Siegfried Glutsch | Ines Otte | Bernd Schult Das neue Unternehmensteuerrecht
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Siegfried Glutsch | Ines Otte | Bernd Schult Das neue Unternehmensteuerrecht
Siegfried Glutsch | Ines Otte | Bernd Schult
Das neue Unternehmensteuerrecht Richtig beraten nach der Unternehmensteuerreform 2008
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: RA Andreas Funk Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0675-5
Vorwort „Soll ein Steuergesetz für die Pflichtigen und für die Verwaltung verständlich und durchführbar sein und soll es für alle Steuerpflichtigen gleichmäßig wirken, so muss es klare Normen darüber schaffen, was überhaupt für die Besteuerung in Frage kommt, was bei den einzelnen Gruppen von Steuerpflichtigen als Einkommen zugrunde zu legen ist und wie die Bewertung vorzunehmen ist …“1 Diesen Gedanken aufgreifend, haben die Autoren dieses Buches versucht, das Unternehmensteuerreformgesetz 2008, welches am 17. August 2007 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde2, zu analysieren, in seinen Auswirkungen zu verstehen und darzustellen. Das Buch soll einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen im Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuerrecht verschaffen und zugleich einzelne ausgewählte Regelungen, wie z. B. die zur Thesaurierungsbegünstigung und zur Zinsschranke, vertiefter darstellen. Ziel ist es, eine Vorstellung über den Anwendungsbereich der neuen Vorschriften zu vermitteln sowie Anregungen für die praktische Handhabung zu geben und erste Gestaltungsüberlegungen anzustellen. Ein Buch über eine Steuerreform kann nur fragmentarischen Charakter haben. Die Verabschiedung der Unternehmensteuerreform ist erst der Anfang der Reform, die in den nächsten Jahren in ihrer praktischen Anwendung Konturen bekommen wird. Die Literatur war und ist bereits fleißig bemüht, Inhalt, Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung zu ergründen. Die Finanzverwaltung wird versuchen, in Form von Verwaltungsanweisungen die gesetzliche Neuregelung für die Steuerveranlagung umzusetzen. Die Rechtsprechung wird in den Folgejahren Gelegenheit haben, die mannigfaltigen Zweifels- und Streitfragen zu prüfen und in die eine oder andere Richtung zu entscheiden. Auch der Gesetzgeber scheint noch nicht völlig überzeugt zu sein, dass die Unternehmensteuerform einen Abschluss gefunden hat. Erste „Baustellen“ werden mit dem Gesetzentwurf zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG)3 und dem Entwurf eines Jahressteuergesetzes 20084 bearbeitet. Das vorliegende Buch soll deshalb kein abgeschlossenes Kompendium zur Unternehmensteuerreform darstellen, sondern einen Diskussionsbeitrag zur Vorbereitung auf das Jahr 2008 und die kommenden Jahre liefern, in denen die Steuerreform wirksam wird. An dieser Stelle möchten wir die Gelegenheit nutzen und allen Kollegen der RöverBrönner KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft danken, die uns mit wertvollen Anregungen, Diskussionen und Hinweisen bei der Bearbeitung des Manuskripts aufopferungsvoll unterstützt haben und ohne deren Hilfe das Buch nicht zustande gekommen wäre. Der Dank gilt Herrn Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwalt Dr. Christoph Regierer, Herrn Steuerberater Michael Buchterkirche, Herrn Wirtschaftsprüfer Steuerberater Dirk Schulz, Herrn Rechtsanwalt Oliver Quentin, Herrn Rechtsreferendar Simon Daumenlang, unseren Praktikanten Herrn Marco Brackrogge und Herrn Christian Klink, unserem Sekretariat, insbesondere Frau Anja Neuhaus und Frau Anka Richtsteig, stellvertretend für unsere Studenten Herrn Michael Eckhardt und seinen Mitarbeitern. Nicht zuletzt danken wir unseren Familien, die uns während der letzten Wochen „ausgehalten“ haben. Berlin, Anfang September 2007 Ines Otte Siegfried Glutsch Bernd Schult 1 2 3 4
Amtliche Begründung zum EStG 1925, zitiert nach Prof. Dr. Joachim Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, Köln 1981, 1. Kapitel A II, Fn. 46 BGBl I 2007, 1912 ff. BR-Drs. 567/07 BR-Drs. 544/07
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Inhaltsübersicht Vorwort 5 Abkürzungsverzeichnis 14 Literaturverzeichnis 17 Bearbeiterverzeichnis 25 §1 Einführung 27 A. Eine kleine Steuergeschichte der Großen Koalition 27 B. Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 im System der Änderungen 30 §2 Die Unternehmensteuerreform 2008 34 A. Die Vorgeschichte 34 I. Der Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 34 II. Das Gesetzgebungsverfahren 36 B. Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick 37 I. Einkommensteuer 37 1. Einführung einer Zinsschranke zur Erhöhung der Standortattraktivität Deutschlands (§ 4h EStG n. F.) 37 2. Maßnahmen für die Belastungsneutralität der unterschiedlichen Rechtsformen 38 a) Thesaurierungsbegünstigung bei Personenunternehmen(§ 34a EStG n. F.) 38 b) Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen(§ 7g EStG n. F.) 39 3. Gegenfinanzierungsmaßnahmen 40 a) Abschaffung der degressiven AfA (§ 7 Abs. 2 und 3 EStG a. F.) 40 b) Einschränkung der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 und 2a EStG n. F.) 40 II. Abgeltungsteuer 40 III. Körperschaftsteuer 42 1. Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % zur Erhöhung der Standortattraktivität Deutschlands(§ 23 Abs. 1 KStG n. F.) 42 2. Gegenfinanzierungsmaßnahmen 42 a) Modifizierung der Zinsschranke für Kapitalgesellschaften 42 b) Neuregelung zum Mantelkauf (§ 8c KStG n. F.) 43 c) Neuregelung der Wertpapierleihe (§ 8b Abs. 10 KStG n. F.) 44 IV. Gewerbesteuer 44 1. Senkung der Gewerbesteuermesszahl zur Erhöhung der Standortattraktivität Deutschlands 44 2. Gegenfinanzierungsmaßnahmen 44 V. Neuregelung zur Besteuerung grenzüberschreitender Geschäfte 45 VI. Inkrafttreten 46 VII. Abschließende Hinweise 47 7
Inhaltsübersicht
§3
§4
8
Senkung der Steuersätze 48 A. Körperschaftsteuer und Einkommensteuer 48 I. Senkung der Körperschaftsteuer 48 II. Änderungen der Einkommensteuer 48 B. Gewerbesteuer und Gewerbesteueranrechnung 49 I. Vorbemerkung und Überblick 49 II. Änderung der Steuermesszahl 51 III. Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe 51 IV. Auswirkungen 52 V. Gewerbesteueranrechnung 52 1. Funktionsweise des § 35 EStG 52 2. Erhöhung des Anrechnungsfaktors und Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer 53 3. Auswirkungen auf Anrechnungsüberhänge 55 C. Auswirkungen der Senkung der Steuersätze 56 I. Natürliche Personen/Personengesellschaften 56 II. Kapitalgesellschaften 57 Die Abgeltungsteuer 58 A. Hintergrund der Abgeltungsteuer 58 B. Die Grundstruktur der Abgeltungsteuer 60 I. Das bisherige Besteuerungssystem 60 II. Das neue Besteuerungssystem 61 1. Pauschale Besteuerung mit Abgeltungswirkung und Quellensteuercharakter 61 2. Unveränderter Vorrang anderer Einkunftsarten gem. § 20 Abs. 8 EStG n. F. 62 3. Beschränkung des Verlustausgleichs (§§ 20 Abs. 6, 43a Abs. 3 EStG n. F.) 62 a) Grundsätzliche Beschränkung des Verlustausgleichs 62 b) Verlustausgleichsbeschränkung bei Aktienveräußerungen 62 c) Verlustübertrag beim Kapitalertragsteuerabzug 62 d) Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 20 Abs. 6 S. 1 EStG n. F.) 63 4. Die Berücksichtigung ausländischer Steuern (§§ 32d Abs. 5 EStG n. F.) 63 5. Werbungskostenabzug/Sparer-Pauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG n. F.) 63 6. Ausweitung des Katalogs der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG n. F.) 64 a) Stillhalteprämien bei Optionsgeschäften (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG n. F.) 64 b) Ausländische Dividenden (§ 43 Abs. 1 Nr. 6 EStG n. F.) 65 c) Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG n. F.) 65
Inhaltsübersicht
§5
§6
§7
d) Weitere als Kapitalerträge erfasste Veräußerungsgewinne und Vorgänge (§ 20 Abs. 2 EStG n. F.) e) Verkauf von Lebensversicherungen (§ 20 Abs. 2 Nr. 6 EStG n. F.) 7. Kapitalertragsteuerabzug C. Einzelaspekte zur Abgeltungsteuer I. Formale Aspekte 1. Abgeltungsteuer verfassungswidrig? 2. Keine Anonymität des Steuerpflichtigen 3. Kirchensteuer 4. Wegfall der Jahresbescheinigung (§ 24c EStG a. F.) II. Auswirkungen auf einzelne Anlageformen III. Gestaltungsaspekte für zukünftige Kapitalanlagen Neuregelungen zur Abschreibung A. Neuregelungen zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter I. Bisherige Rechtslage II. Einzelheiten der Neuregelung III. Auswirkungen auf die Handelsbilanz IV. Keine Änderung bei der Investitionszulage B. Abschaffung der degressiven Abschreibung I. Bisherige Rechtslage II. Auswirkungen der Neuregelung Änderungen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen in den §§ 8, 9 GewStG A. Überblick und Vergleich B. Die Hinzurechnung von Finanzierungskosten I. Vorbemerkung II. Hinzurechnung von Entgelten für Schulden, § 8 Nr. 1a) GewStG III. Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten, § 8 Nr. 1 b) GewStG IV. Hinzurechnung des Gewinnanteils eines stillen Gesellschafters, § 8 Nr. 1 c) GewStG V. Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen § 8 Nr. 1 d) + 1 e) GewStG VI. Hinzurechnung von Lizenzen § 8 Nr. 1 f) GewStG C. Die Erhöhung der Mindestbeteiligungsquote für das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg, § 9 Nr. 2a, 7, 8 GewStG D. Zeitliche Anwendung Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung A. Bisherige Rechtslage und Ziele der Neuregelung I. Bisherige Rechtslage II. Ziele der Neuregelung B. Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung I. Voraussetzungen für die Begünstigung
65 65 66 67 67 67 68 68 68 68 70 73 73 74 74 78 79 79 79 80 81 81 83 83 84 85 86 86 87 88 89 90 90 90 92 93 94 9
Inhaltsübersicht
§8
10
1. Gewinneinkünfte und Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich 2. Ausnahmen von der Begünstigung 3. Nicht entnommener Gewinn a) Legaldefinition b) Besonderheiten bei Mitunternehmern c) Behandlung steuerfreier Einnahmen d) Behandlung nichtabziehbarer Betriebsausgaben e) Behandlung der Gewerbesteuer 4. Antrag des Steuerpflichtigen II. Rechtsfolgen bei Inanspruchnahme der Begünstigung 1. Begünstigungsbetrag 2. Thesaurierungssteuersatz 3. Nachversteuerungspflichtiger Betrag a) Begriff b) Gesonderte Feststellung c) Jährliche Fortschreibung III. Voraussetzungen für die Nachversteuerung 1. Festgestellter nachversteuerungspflichtiger Betrag und auslösende Tatbestände a) Anteilige Nachversteuerung bei schädlicher Entnahme aa) Besonderheiten bei Mitunternehmern bb) Entnahmereihenfolge b) Vollständige Nachversteuerung mit besonderer Stundungsmöglichkeit c) Vollständige Nachversteuerung ohne besondere Stundungsmöglichkeit 2. Ausnahmen von der Nachversteuerung 3. Keine Nachversteuerung bei Übertragung oder Einbringung zu Buchwerten IV. Die Nachversteuerung 1. Steuersatz für die Nachversteuerung 2. Gesamtbelastung aus Thesaurierungsbesteuerung und Nachversteuerung C. Ausgewählte Probleme I. Erhöhung der Gesamtsteuerbelastung durch die Thesaurierungsbegünstigung II. Unmöglichkeit der Vollthesaurierung III. Voll versteuerte Altrücklagen IV. Überblick über weitere Problemfelder D. Gestaltungsüberlegungen E. Zusammenfassende Einschätzung Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG A. Allgemeine Wirkungsweise der Zinsschranke B. Die Wirkungsweise der Zinsschranke
94 95 95 95 96 97 97 98 99 101 101 102 103 103 103 103 104 104 105 105 105 107 107 108 109 109 109 110 112 112 114 118 118 118 119 121 121 123
Inhaltsübersicht I. II.
Einkunftsart und Gewinnermittlung Anwendungsbereich der Zinsschranke 1. Person des Darlehensgebers 2. Zinsaufwand und Zinsertrag 3. Definition des Begriffs „Betrieb“ III. Die Berechnung der Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 EStG 1. Saldierung von Zinsaufwand und Zinsertrag 2. Maßgeblicher Gewinn 3. Berechnung der Zinsschranke C. Ausnahmen von der Zinsschranke I. Freigrenze von € 1 Mio. der Nettozinsaufwendungen II. Sachliche Ausnahmen nach § 4h Abs. 2 b) und 2 c) EStG 1. Vorbemerkung zur Konzernzugehörigkeit und zum steuerlichen Konzernbegriff a) Betriebsbezogenheit der Zinsschranke und Einbeziehung in einen Konzern b) Die handelsrechtliche Konzernrechnungslegungspflicht und der nach § 4h Abs. 2 c) EStG relevante Rechnungslegungsstandard 2. Der steuerliche Konzernbegriff im Einzelnen a) Bedeutung des „steuerlichen“ Konzernbegriffs im Rahmen der Zinsschranke b) Tatsächliche Einbeziehung in einen Konzernabschluss, § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG c) Mögliche Einbeziehung in einen Konzernabschluss, § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG d) Einheitliche Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren Betrieben, § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG e) Natürliche Personen als Konzernspitze f) GmbH & Co. KG g) Besonderheiten bei Körperschaften des öffentlichen Rechts h) Zweckgesellschaften 3. Sachliche Ausnahme I: Konzernzugehörigkeit und teilweise Konzernzugehörigkeit 4. Sachliche Ausnahme II: Vergleich der Eigenkapitalquoten bei Konzernzugehörigkeit (Escape-Klausel) a) Korrektur des im Konzernabschluss ausgewiesenen Geschäfts- oder Firmenwertes (Goodwill) b) Hinzurechnung von 50 % eines Sonderpostens mit Rücklageanteil c) Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt, sofern es sich nicht um stimmrechtslose Vorzugsaktien handelt d) Kürzung um Anteile an anderen Konzerngesellschaften e) Kapitalforderungen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten in mindestens gleicher Höhe gegenüber stehen
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Inhaltsübersicht
§9
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f) Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag 5. Zeitpunkt 6. Feststellungslast für Ausnahmen von der Zinsschranke 7. Fehlerhafte Abschlüsse III. Rechtsfolgen der Anwendung der Zinsschranke IV. Verhältnis zur Gewerbesteuer D. Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke I. Zinsschranke und Betriebsstättenbesteuerung 1. Grundsatz 2. Behandlung ausländischer Betriebsstätten inländischer Unternehmer 3. Inländische Betriebsstätten eines beschränkt Steuerpflichtigen II. Besonderheiten bei Personengesellschaften 1. Mitunternehmerschaften a) Betrieb der Mitunternehmerschaft b) Zuordnung von Zinsaufwendungen c) Anwendung der Freigrenze des § 4h Abs. 2a EStG bei Mitunternehmerschaften d) Anwendung der Escape-Klausel bei Mitunternehmerschaften e) Auswirkungen auf den maßgeblichen Gewinn des Mitunternehmers 2. Vermögensverwaltende Personengesellschaften III. Zinsschranke bei Körperschaften 1. Die bisherige Regelung des § 8a KStG (Überblick) 2. Anwendungsbereich der Zinsschranke für Körperschaften 3. Betrieb einer Körperschaft 4. Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zinsschranke 5. Freigrenze des § 4h Abs. 2a) EStG 6. Sachliche Ausnahmen von der Zinsschranke a) Nicht konzernzugehörige Körperschaft b) Konzernzugehörige Körperschaft c) Nachgeschaltete Personengesellschaft 7. Organschaft E. Zeitlicher Anwendungsbereichdes § 4h EStG und des § 8a KStG n. F. Investionsanreize für kleinere Unternehmen A. Investionsabzugsbetrag I. Bisherige Rechtslage und Ziele der Neuregelung 1. Bisherige Rechtslage 2. Ziele der Neuregelung II. Einzelheiten der Neuregelung 1. Veränderungen gegenüber dem bisherigen Recht 2. Gründe der Modifizierung 3. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugs a) Objektive Voraussetzungen
162 162 163 164 164 168 168 168 168 169 170 171 172 172 173 176 177 181 182 182 183 184 185 185 185 186 186 188 192 194 197 198 198 198 198 199 200 200 200 201 201
Inhaltsübersicht aa) Begünstigtes Investitionsgut und Möglichkeit der Investition bb) Gewinneinkünfte cc) Einhaltung der Größenmerkmale dd) Angaben gegenüber dem Finanzamt ee) Einhaltung des Höchstbetrages für Investitionsabzüge innerhalb des Vierjahreszeitraums b) Subjektive Voraussetzungen aa) Anschaffungsabsicht bb) Nutzungsabsicht 4. Rechtsfolgen bei Inanspruchnahme des Investitionsabzugs 5. Rückgängigmachung des Investitionsabzugs a) Rückgängigmachung wegen Nichtinvestition b) Rückgängigmachung wegen Nichteinhaltung der Nutzungsvorgaben c) Freiwillige (vorzeitige) Rückgängigmachung d) Zeitliche Auswirkung der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages B. Sonderabschreibungen I. Bisherige Rechtslage II. Einzelheiten der Neuregelung 1. Veränderungen gegenüber der alten Rechtslage 2. Voraussetzungen der neuen Sonderabschreibungen a) Begünstigte Steuerpflichtige b) Begünstigte Wirtschaftsgüter c) Nutzungsanforderungen 3. Rechtsfolgen bei Nutzung der neuen Sonderabschreibungen § 10 Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften A. Vorbemerkung B. Bisherige Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. I. Anteilsübertragung II. Betriebsvermögenszuführung III. Sanierungsklausel IV. Übergangsregelung für § 8 Abs. 4 KStG a. F. C. Künftige Regelung des § 8c KStG I. Anteilsübertragung 1. Gegenstand der Übertragung 2. Mittelbare Anteilsübertragungen 3. Rechtsgeschäftliche Übertragung II. Person des Erwerbers III. Schädliche Anteilsübertragungen und Rechtsfolgen IV. Zeitliche Anwendung des § 8c KStG V. Sonstige Regelungen D. Ausblick Stichwortverzeichnis
201 201 202 203 203 204 204 205 205 208 208 209 209 210 213 213 213 213 214 214 214 214 215 217 217 218 219 219 221 221 222 223 223 224 225 228 229 232 233 233 235 13
Abkürzungsverzeichnis a. F. a.a.O. AfA AG Ak AktG AO AStG BaFin BB BBEV BBK BewG BFH BFH/NV BGB BGBl BMF BMG BR-Drs. BVI BStBl BT-Drs. bzw. DB DBA d.h. DIHK DStR DStZ DSW EFG EK ErbStG ESt EStB EStDV EStG EStR EU EuGH evtl. 14
Alte Fassung am angeführten Ort Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft Anschaffungskosten Aktiengesetz Abgabenordnung Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebsberater (Zeitschrift) BeraterBrief Erben und Vermögen (Zeitschrift) Buchführung, Bilanz, Kostenrechnung (Zeitschrift) Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (mit allen amtlich und nicht amtlich veröffentlichten Entscheidungen) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesminister der Finanzen Bemessungsgrundlage Bundesratsdrucksache Bundesverband Investment und Asset-Management Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache beziehungsweise Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen das heißt Deutsche Industrie- und Handelskammer Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz Entscheidungen der Finanzgerichte Eigenkapital Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Einkommensteuer Der Ertrag-Steuer-Berater (Zeitschrift) Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien Europäische Union Europäischer Gerichtshof eventuell
Abkürzungsverzeichnis FAZ FG FinMin Fn FR
Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzgericht Finanzministerium Fußnote Finanz-Rundschau für Einkommensteuer mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer (Zeitschrift) gem. gemäß ggf. gegebenenfalls GewSt Gewerbesteuer GewStG Gewerbesteuergesetz GewSt-MB Gewerbesteuermessbeträge GewStR Gewerbesteuer-Richtlinien GG Grundgesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH & Co. KG Kommanditgesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GmbH-StB GmbH-Steuerberater (Zeitschrift) GoB Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung GStB Gestaltende Steuerberatung (Zeitschrift) HGB Handelsgesetzbuch Hk Herstellungskosten Hs Hebesätze (bei der Gewerbesteuer) IAS-VO Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.07.2002 IAS International Accounting Standards i.d.R. in der Regel IFRS International Financial Reporting Standards INF Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) InvZulG2007 Investitionszulagengesetz 2007 i. S. d. im Sinne des IStR Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) i. V. m. in Verbindung mit IWB Internationale Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) KG Kommanditgesellschaft KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KösDl Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) Kon(z)BetrVO Verordnung über befreiende Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte von Mutterunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat KSt Körperschaftsteuer KStG Körperschaftsteuergesetz KStR Körperschaftsteuer-Richtlinien LStR Lohnsteuer-Richtlinien max. maximal m.E. meines Erachtens m.w.N. mit weiteren Nachweisen n. F. neue Fassung 15
Abkürzungsverzeichnis NWB OECD-MA OFD p.a. PublG R rd. rkr. SEStEG
SIC sog. SolZ Stbg StuB StuW u.a. u.Ä. u.E. UmwG UmwStG US-GAAP vgl. WPg z. B. z. T. ZEV ZEW
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Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und des Vermögens Oberfinanzdirektion pro annum Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen Richtlinie(n) rund Rechtskräftig Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften Standing Interpretations Committee so genannte Solidaritätszuschlag Die Steuerberatung (Zeitschrift) Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) unter anderem und Ähnliches unseres Erachtens Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz United States Generally Accepted Accounting Principles vergleiche Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
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Bearbeiterverzeichnis Es wurden bearbeitet von RA/StB Siegfried Glutsch RAin Ines Otte RA/StB Bernd Schult
§§ 3, 6, 8, 10 §§ 5, 7, 9 §§ 1, 2, 4
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§ 1 Einführung A.
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Eine kleine Steuergeschichte der Großen Koalition
A
Die Große Koalition hat sich schon von Beginn ihrer Regierungstätigkeit an als sehr fleißiger Steuergesetzgeber erwiesen. Die nachfolgende kleine Steuergeschichte der Großen Koalition zeigt, was Unternehmen, Bürger und Berater seit Dezember 2005 alles verarbeiten mussten. Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.20071 reiht sich da nur in eine lange Schlange von Steuergesetzen ein. Das heiße Wahlkampfthema „Steuervereinfachung“ ist dabei auf der Strecke geblieben. Und der für die Wirtschaft so wichtige Aspekt der Planungssicherheit ebenfalls. Ständige Änderungen der Rahmenbedingungen erhöhen den Steuerverdruss gerade bei den Unternehmen, die sich lieber um das operative Geschäft als um ständig neue steuerliche Rahmenbedingungen kümmern würden. Im Handelsblatt vom 14.09.2007 war vom Allianz-Vorstand Helmut Perlet gar der Ruf nach mehr Betriebsprüfern zu lesen, nur um den ständigen Änderungen der Steuergesetze zu entgehen. Böse Zungen könnten das als „Verzweiflungstat“ der Wirtschaft ansehen. In einem ersten Schritt wurden bereits Ende 2005 drei Steuergesetze verabschiedet, die der Verbreiterung und Stabilisierung der Steuerbasis dienen sollten. Das Gesetz zur Abschaffung der Eigenheimzulage2, das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm3 und das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen4 sind am 22.12.2005 verabschiedet worden. Wesentliche Neuerungen des Gesetzes zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm waren die Abschaffung der Freibeträge für Abfindungen und Übergangshilfen sowie die Abschaffung der degressiven Abschreibung für Mietwohngebäude und des Sonderausgabenabzugs für Steuerberatungskosten. Anfang Mai 2006 wurden mit dem Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen5 und dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung6 zwei weitere Steuergesetze im Bundesgesetzblatt verkündet. Wesentliche Regelungen dieses Gesetzes betreffen die Anpassung der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, die Beschränkung der sog. 1-%-Regelung auf Fahrzeuge des notwendigen Betriebsvermögens (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) und die Ahndung unberechtigter Belegweitergabe (§ 379 AO). Ferner beinhalteten sie die Berücksichtigung erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten (§§ 4f, 9 Abs. 5, 9a, 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8, 12, 33c Abs. 1 EStG), die befristete Erhöhung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 7 Abs. 2 EStG), die Ausweitung der Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen und die zusätzliche Förderung privater Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen (§ 35a Abs. 2 EStG), die Verdoppelung der Umsatzgrenze bei der Ist-Versteuerung in den alten Bundesländern (§ 20 Abs. 1 UStG) sowie die Verlängerung der Sonderregelung zur Umsatzgrenze bei der Ist-Versteuerung in den neuen Bundesländern (§ 20 Abs. 2 UStG). Im Juni 2006 wurde das Haushaltsbegleitgesetz 20067 verabschiedet. Dadurch wurden der allgemeine Umsatzsteuersatz und der Regelsatz der Versicherungsteuer zum 01.01.2007 von 16 % 1 2 3 4 5 6 7
BGBl I 2007, 1912. BGBl I 2005, 3680. BGBl I 2005, 3682. BGBl I 2005, 3683. BGBl I 2006, 1095. BGBl I 2006, 1091. BGBl I 2006, 1402.
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auf 19 % angehoben. Die Sozialversicherungsfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen wurde auf einen Grundlohn von € 25 die Stunde begrenzt. Deren Steuerfreiheit blieb aber unverändert erhalten. Für geringfügig Beschäftigte („Mini-Jobs“) wurde der pauschale Beitragssatz zum 01.07.2006 von 25 % auf 30 % erhöht. Das Steueränderungsgesetz 20078 wurde im Juli 2006 verkündet. Kernpunkte dieses Gesetzes waren die Beschränkung des Abzugs von Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer, die Senkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung als Kind, die Zuordnung der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- bzw. Arbeitsstätte zum Privatbereich (Entfernungspauschale erst ab dem 21. Entfernungskilometer), die Absenkung des Sparerfreibetrags, die Einführung der sog. „Reichensteuer“ mit befristeter Ausnahme für Gewinneinkünfte, die Abschaffung der Bergmannsprämie, die Ausdehnung der beschränkten Steuerpflicht auf die verbrauchende Überlassung von Rechten sowie die Besteuerung inländischer Einkünfte des beschränkt steuerpflichtigen Bordpersonals von Flugzeugen. Im Juli 2006 wurden ferner das Investitionszulagengesetz 20079 und das Mittelstandsentlastungsgesetz10 („Erstes Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft“) verabschiedet. Durch das Investitionszulagengesetz wurde die Investitionszulage über 2006 hinaus bis Ende 2009 verlängert. Das Mittelstandsentlastungsgesetz beinhaltete Erleichterungen bei der Vorsteuerberichtigung, eine Erhöhung der Grenze für Kleinbetragsrechnungen von bisher € 100 auf € 150 sowie die Anhebung der steuerlichen Buchführungspflichtgrenze auf € 500.000 Umsatzerlöse. Am 07.07.2006 hat der Bundesrat dem vom Bundestag am 30.06.2006 verabschiedeten Förderalismus-Begleitgesetz11 zugestimmt. Das Gesetz enthielt hauptsächlich Folgeregelungen zur Änderung des Grundgesetzes im Rahmen der Föderalismusreform. Daneben wurde durch dieses Gesetz in § 89 Abs. 2 AO das Institut der verbindlichen Auskunft erstmals im Gesetz selbst geregelt. Anfang November 2006 wurde das Gesetz zur Einführung des Elterngeldes12 verabschiedet. Damit wurde das Bundeserziehungsgeld für Eltern ab 2007 neugeborener Kinder durch das einkommensabhängige Elterngeld abgelöst. Das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften13 (SEStEG) ist am 12.12.2006 im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Das SEStEG setzt die EU-Verschmelzungsrichtlinie um. Es soll grenzüberschreitende Umwandlungen ermöglichen, die freie Wahl der Rechtsform erleichtern und dabei das deutsche Besteuerungsrecht sicherstellen. Außerdem wurde das deutsche Steuerrecht an neuere EU-rechtliche Entwicklungen im Gesellschafts- und Steuerrecht (Fusionsrichtlinie, EuGH-Rechtsprechung zur Wegzugsbesteuerung) angepasst. Das Jahressteuergesetz 200714 wurde gleichfalls noch im Dezember 2006 im Bundesgesetzblatt verkündet. Durch dieses Gesetz wurde eine Vielzahl fachlich erforderlicher steuerlicher Maßnahmen umgesetzt, die auf Grund des vorzeitigen Endes der 15. Legislaturperiode nicht mehr im Jahr 2005 verabschiedet werden konnten. Es handelt sich insbesondere um Anpassungen an das EU-Recht, redaktionelle Änderungen und Reaktionen auf die Rechtsprechung des BFH. Die ein8 9 10 11 12 13 14
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BGBl I 2006, 1652. BGBl I 2006, 1614. BGBl I 2006, 1970. BGBl I 2006, 2098. BGBl I 2006, 2748. BGBl I 2006, 2782. BGBl I 2006, 2878.
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A Eine kleine Steuergeschichte der Großen Koalition geschränkte Verlustberücksichtigung bei Steuerstundungsgestaltungen wurde auf alle Einkünfte aus Kapitalvermögen (entsprechende Anwendung des § 15b EStG) ausgedehnt. Das Gesetz enthielt ferner eine neue Korrekturvorschrift zur korrespondierenden Besteuerung verdeckter Gewinnausschüttungen bei Gesellschaft und Gesellschafter (§ 32a KStG). Des Weiteren wurde die Freistellung gemäß einem DBA ausgeschlossen, wenn die Einkünfte im anderen Staat gar nicht besteuert werden. In § 10a GewStG wurde die Auffassung der Finanzverwaltung gesetzlich verankert, wonach der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel Maßstab für die Ermittlung eines dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnenden Verlustvortrags ist. Ferner wurde gesetzlich festgeschrieben, dass eine Bilanzberichtigung nur solange zulässig ist, wie eine darauf beruhende Steuerfestsetzung noch änderbar ist (§ 4 Abs. 2 EStG). In § 37b EStG wurde zudem die Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen gesondert geregelt. Schließlich wurde eine Gebührenpflicht für die Beantragung verbindlicher Auskünfte eingeführt. Am 30.12.2006 folgte das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 200715. Dieses sah die Anpassung des Investitionszulagengesetzes an Forderungen der Europäischen Kommission sowie die Änderung einzelner Paragraphen und der Anlage vor. Am 30.03.2007 passierte das Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen16 den Bundesrat. Es beinhaltet gesellschafts- und steuerrechtliche Regelungen zur Einführung eines deutschen REIT (Real Estate Investment Trust). Weitere Gesetzesvorhaben sind bereits auf dem Weg durch die Institutionen. Seit dem 25.10.2006 liegt der Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge17 vor. Die geplanten Neuregelungen sollen vor allem die Unternehmensnachfolge, insbesondere bei kleinen und mittleren Familienunternehmen, erleichtern. Kern des Gesetzentwurfs ist die Einführung eines „Stundungs- und Abschmelzungsmodells“, wonach die Erbschaft- oder Schenkungsteuer auf produktives Betriebsvermögen über einen Zeitraum von 10 Jahren zinslos gestundet und für jedes Jahr der Betriebsfortführung in Höhe von einem Zehntel erlassen werden soll. Eine Koch-Steinbrück-Arbeitsgruppe nimmt sich dieses Gesetzesentwurfs gerade an. Nach den bisherigen Äußerungen wird das „Stundungs- und Abschmelzungsmodell“ u. a. aufgrund der mit ihm verbundenen zahlreichen Abgrenzungsprobleme durch eine andere Lösung ersetzt werden. Favorit soll derzeit ein Niedrigtarifmodell sein. Zudem steht eine grundlegende Änderung des Bewertungsgesetzes als Folge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung vom 07.11.200618 im Raum. Ein Gesetzesentwurf lag hierzu bei Redaktionsschluss zwar noch nicht vor, ist aber bereits für Herbst 2007 angekündigt. Schließlich hat die Bundesregierung bereits einen Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 200819 vom 08.08.2007 vorgelegt. Vorgesehen sind u. a. eine Regelung zur außerbilanziellen Hinzurechnung von Teilwertabschreibungen und anderen Gewinnminderungen bei eigenkapitalersetzenden Darlehen. Ferner soll es zur Zwangsrealisation des Körperschaftsteuererhöhungspotenzials der EK 02-Bestände kommen. Außerdem soll eine Anpassung der Hinzurechnungsbesteuerung an die Cadbury Schweppes-Entscheidung des EuGH erfolgen. Ungeliebter Kern dieses Gesetzesvorhabens ist die Neuregelung des § 42 AO20. Die bisherige Regelung sanktioniert den 15 16 17 18 19 20
BGBl I 2006, 3406. BGBl I 2007, 914. BR-Drs. 778/06. BVerfG 1 BvL 10/02 vom 7.11.2006, ZEV 2007, 76. BR-Drs. 544/07; erste Erläuterungen dazu bei Häuselmann, BB 2007, 1533; Merker, StuB 2007, 601. Dazu Crezelius, DB 2007, 1428.
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Missbrauch von bestehenden rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die zur Umgehung der Steuergesetze eingesetzt werden. Diese Generalklausel wird von der Gesamtplanrechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit flankiert. Nach dem ersten Entwurf für die Neuregelung des § 42 AO soll der Steuerpflichtige vereinfacht gesagt, der Finanzverwaltung nachweisen, dass er keine Steuerumgehung betreibt, wenn sich nicht die Steuerbelastung ergibt, die sich der Fiskus bei Erlass seiner Regelungen gewünscht hat. Hintergrund dafür ist der Wunsch der Finanzverwaltung nach einer steuerlichen Generalklausel, um nicht weiterhin alle denkbaren Ausweichmanöver der Steuerpflichtigen in den einzelnen Regelungen berücksichtigen zu müssen. Eine solche Generalklausel würde sicherlich eine Vereinfachung von Einzelregelungen herbeiführen. Im Zivilrecht haben wir bisher auch gute Erfahrungen mit Generalklauseln wie § 138 BGB (Verstoß gegen die guten Sitten) und § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben) gemacht. Allerdings handelt es sich beim Steuerrecht um Eingriffsrecht des Staates und nicht um die Spielregeln zwischen, im BGBIdealfall, gleich starken Partnern, die freiwillig miteinander einen Vertrag eingehen. Im BGB dienen die Generalklauseln neben zahlreichen Einzelschutzklauseln dazu, das freie Spiel der Kräfte zu begrenzen, weil sich die beiden Partner in der Realität oftmals nicht gleich stark gegenüber stehen. Im Steuerrecht ist (zumindest in Deutschland) ein Aushandeln der steuerlichen Belastung zwischen Staat und Bürger nicht möglich. Der staatliche Eingriff muss daher, ebenso wie beim Strafrecht, für den Bürger vorhersehbar sein. Der Finanzausschuss hat den ersten Entwurf für die Neufassung des § 42 AO zutreffend zurückgewiesen, zugleich aber betont, dass er eine Neufassung für erforderlich hält und auf einen zweiten Entwurf wartet, wie man der FAZ vom 14.09.2007 entnehmen konnte. Schließlich liegt noch der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen21 vom 15.08.2007 vor. Dieser Entwurf enthält u. a. eine Erhöhung des Freibetrags gemäß § 17 Abs. 3 EStG von € 9.060 auf € 20.000 zur Stärkung von Business Angels, legt Voraussetzungen fest, bei deren Einhaltung die Tätigkeit von Wagniskapitalgesellschaften als vermögensverwaltend gilt, um eine transparente Besteuerung direkt beim Gesellschafter zu ermöglichen und senkt den steuerfreien Anteil des Carried Interest (§§ 18 Abs. 1 Nr. 4, 3 Nr. 40a EStG) dem Prinzip des neuen Teileinkünfteverfahrens folgend von 50 % auf 40 %. Für die Unternehmensteuerreform 2008 von entscheidender Bedeutung ist die vorgesehene Modifizierung der neuen Mantelkaufregelung in § 8c KStG n. F. Beteiligt sich eine Wagniskapitalgesellschaft an einer Körperschaft, besteht die Möglichkeit, dass die bis zur Beteiligung aufgelaufenen Verluste trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 8c KStG n. F. bis zur Höhe der vorhandenen stillen Reserven erhalten bleiben. Damit erfolgt die erste Reparatur des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008.
B.
Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 im System der Änderungen
Anders als bei den vielen stückwerkartigen Einzeleingriffen in die Steuergesetze, die oftmals erfolgten, um tatsächliche oder vermeintliche Missbrauchsmöglichkeiten zu beseitigen oder die Einnahmenseite für die zweifellos notwendige Haushaltskonsolidierung zu sichern, wird mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 auch ein grundlegender Systemwechsel verfolgt. Ähnlich wie bei der Unternehmensteuerreform 2000 erfolgt auch eine Abkehr von bisher ehernen Prinzipien des deutschen Steuerrechts. Die Reform der Unternehmensbesteuerung hatte die Große 21 Siehe unter www.bundesfinanzministerium.de; erste Erläuterungen dazu bei Hörster, NWB Nr. 36/2007, 3101; Regierer/Volkmann/Quentin, BB 2007,1763; Watrin/Wittkowski/Pott, DB 2007, 1939.
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B Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 im System der Änderungen Koalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 als konkretes Reformziel angekündigt. Einfacher, moderner und international wettbewerbsfähiger soll das deutsche Steuerrecht werden. Deutschland soll als Wirtschaftsstandort eine attraktive Steuerbelastung als Anreiz für Investitionen und zugleich zur Verhinderung der Steuerflucht ins Ausland erhalten.22 Für diese Zwecke wurde nicht nur der Körperschaftsteuersatz deutlich abgesenkt und eine pauschale Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte eingeführt, sondern zugleich eine allgemeine Zinsschranke und eine Thesaurierungsbegünstigung für nicht entnommene Gewinne von Personengesellschaften als neue zentrale Elemente der Unternehmensbesteuerung in die Steuergesetze aufgenommen. Der neu geregelten Zinsschranke wird allerdings bereits entgegengehalten, dass sie über das international Übliche hinausgeht23, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht erhöhen würde. Von dem alten Zopf Gewerbesteuer konnte man sich hingegen nicht trennen. Sie bleibt nicht nur als bürokratischer Hemmschuh für viele Unternehmen bestehen, die sich mit der Zerlegung ihres Gewerbeertrags auf eine Vielzahl von Gemeinden vergnügen, sondern ist auch gegenüber ausländischen Investoren erklärungsbedürftig. Gerade die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen zwischen Einkommen-/Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer machen das deutsche System des Dualismus von Einkommen-/Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer international so ungewohnt gegenüber anderen Systemen mit Bundes-, Landes- und Gemeindesteuern. Hieran hat sich durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 nichts zum Guten gewendet. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Unterschiede weiter ausgebaut. Die Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände u. a. auf 25 % der Aufwendungen für die befristete Überlassung von Rechten (Lizenzen, Konzessionen) dürfte der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland nicht gut tun. Forschung und Entwicklung erfolgen heutzutage regelmäßig vernetzt. Lizenzen und Konzessionen, sei es konzernintern oder von Dritten, sind für eigene Entwicklungen notwendig. Führt dies nun zu (gewerbe-)steuerlichen Mehrbelastungen, so könnten international agierende Konzerne bei ihren Forschungsaktivitäten künftig einen Bogen um Deutschland machen. Für national operierende Unternehmen, die der Gewerbesteuer nicht ausweichen können, bedeutet die Mehrbelastung einen Wettbewerbsnachteil. Zudem ist die Gewerbesteuer systemwidrig zum bisherigen dogmatischen Ansatz für ihre Rechtfertigung nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar. Wenn der Gesetzgeber eine politische Notwendigkeit zum Festhalten an der Gewerbesteuer zur Finanzierung der Kommunen sieht, sollte er für eine einheitliche Bemessungsgrundlage bei Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer Sorge tragen. Das wäre für die Unternehmen und den Standort Deutschland ein Schritt in die richtige Richtung. Noch besser wären für die Unternehmen die Abschaffung der Gewerbesteuer und eine staatsinterne Lösung des Aspekts der Finanzierung der Kommunen über einen Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für die Gemeinden. Den Unternehmen bliebe dann nicht nur die separate Gewerbesteuerveranlagung erspart. § 35 EStG wäre gleichfalls obsolet. Schließlich wäre auch der in den letzten Jahren immer mal wieder in die Diskussion geworfene gesetzgeberische Wunsch, alle Wirtschaftsunternehmen und nicht nur jene mit gewerblichen Einkünften an der Gemeindefinanzierung zu beteiligen, realisierbar, ohne noch mehr Unternehmen in die Gewerbesteuer zu pressen. Auch eine rechtsformneutrale Besteuerung der Gesellschaften wäre der neuen komplexen Thesaurierungsbegünstigung bei Personengesellschaften eindeutig vorzuziehen. Zudem ist bei der Betrachtung der Mitunternehmerschaften zu berücksichtigen, dass die Tarifbegrenzung gem. § 32c EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2008 entfällt und die Reichensteuer zum Tragen kommt. Für Mitunternehmer, die dem Spitzensteuersatz unterliegen, heißt das, dass ihr Steuersatz von 42 % auf 45 % ansteigt. 22 BR-Drs. 220/07, 1 f. 23 Kessler/Köhler/Knörzer, IStR 2007, 418.
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Einfacher ist das deutsche Steuerrecht durch die Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte geworden. Die Pauschalierung bei der Besteuerung der Kapitaleinkünfte hat aber bereits Kritiker auf den Plan gerufen. Verfassungsrechtliche Bedenken werden erhoben. Ungerechtfertigte Ungleichheit zwischen betrieblichen und privaten Dividendenbeziehern sowie ein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip durch die Pauschalierung werden gegen die Abgeltungssteuer geltend gemacht. Vereinfachungen haben es naturgemäß an sich, dass die Individualität der Rechtsfolgen verloren geht. Damit ist der Konflikt mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vorprogrammiert. Man kann sich angesichts dieser Situation fragen, ob das deutsche Steuerrecht aufgrund der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen überhaupt geeignet ist, drastisch vereinfacht zu werden. Der Streichung verkappter Subventionen im Steuerrecht steht die Verfassung übrigens nicht entgegen. Auch die neue Mantelkaufregelung, die für den Erhalt oder Untergang der aufgelaufenen Verluste allein auf die Beteiligungsidentität abstellt, stellt eine Vereinfachung des deutschen Steuerrechts dar. Allerdings hat diese Vereinfachung des Wegfalls des Verlustvortrags beim bloßen Wechsel der Anteilseigner sogar „interne“ Kritik beim Bundesrat hervorgerufen. Junge Unternehmen sind auf Finanzierungsrunden angewiesen. Der Untergang der aufgelaufenen Verlustvorträge ist eine Hypothek bei der Suche nach Investoren. Wirtschaftlich ist dieser Untergang der Verluste auch nicht gerechtfertigt, da die Wachstumsfinanzierung nichts an der Identität des Unternehmens ändert, das diese Verluste getragen hat. Bedenkenswert ist dabei, dass die Eigenkapitalfinanzierung von Unternehmen durch Investoren steuerlich durch die Mantelkaufregelung sanktioniert wird, während die Fremdfinanzierung durch die Zinsschranke steuerlich „bedroht“ ist. Hier sollte der Gesetzgeber noch einmal in sich gehen. Die aktuellen Regelungen sind ein zu starker, rein fiskalisch motivierter Eingriff in den Grundsatz der Finanzierungsfreiheit der Unternehmen. Für eine umfassende bzw. endgültige Bewertung des Reformvorhabens dürfte es noch zu früh sein. Noch hat sich der Nebel über den Wechselwirkungen der Steueränderungen nicht gelichtet. Die bisherigen Urteile über die Reform gehen so weit auseinander, dass man sich fragen könnte, ob die Wertungen wirklich das gleiche Gesetz betreffen. Die Bundesregierung sieht in der Reform einen wichtigen Beitrag für mehr Wachstum und Beschäftigung und eine Investition in den Standort Deutschland.24 Für eine Stärkung des Standortes Deutschland hält auch Wiegard25 die Unternehmenssteuerreform 2008, sieht aber auch bedenkliche Maßnahmen darin enthalten. Fiskalisches Pflasterkleben wirft hingegen die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel, der Bundesregierung in einem Interview in Markt und Mittelstand Heft 8/2007 vor. Als Standortnachteil hat Haarmann das Reformwerk im Vorwort zu Heft 8/2007 der WPg eingeschätzt. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) bewertet die Reform in seiner Presseinformation vom 25.05.2007 nicht so negativ, sieht aber noch punktuellen Nachbesserungsbedarf. Über das Steuerrecht in Deutschland eine einhellige Meinung zu erwarten, wäre wohl auch vermessen. Zu unterschiedlich sind naturgemäß die verschiedenen Interessenlagen. Entscheidend für die Akzeptanz der neuen Regelungen und die Dauerhaftigkeit der neuen systematischen Ansätze dürfte unseres Erachtens nach die bisher signalisierte Bereitschaft des Gesetzgebers zu punktuellen Verbesserungen seiner Arbeit sein. Dort, wo eine Überregulierung erfolgt ist oder sich die Regelung als unpraktikabel erweist, muss Abhilfe geschaffen werden. Gleiches gilt für nicht gewollte übermäßige Belastungen einzelner Gruppen oder Branchen. Bevor der Gesetzgeber wieder zu neuen Ufern aufbricht, sollte er sich unbedingt die Zeit nehmen, an dieser Reform weiter zu arbeiten und die grundsätzlichen Rahmenbedingungen zur Abwechslung stabiler halten, als in der 24 Pressemitteilung Nr. 77/2007 im BMF-Newsletter vom 6.7.2007. 25 Unternehmermagazin 5/2007, 24.
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B Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 im System der Änderungen Vergangenheit. Ein Jahr ohne Jahressteuergesetz ist für die Wirtschaft kein verlorenes Jahr. Dass von einzelnen Mitgliedern des Bundestags bereits jetzt über die Steuerpolitik ihrer Partei für die nächste Legislaturperiode gesprochen wird, lässt aber nichts Gutes ahnen, auch wenn von Steuersenkungen gesprochen wird. Die nächste Gegenfinanzierung oder Beseitigung vermeintlicher Steuerschlupflöcher kommt bestimmt. Ein aus unserer Sicht wichtiger Schritt für die Stärkung der internationalen steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit wäre die Abschaffung der Gebührenpflichtigkeit der verbindlichen Auskunft bei den Finanzbehörden gem. § 89 Abs. 3-5 AO. Gerade inländischen Investoren ist an einer klaren steuerlichen Situation und absehbaren steuerlichen Folgen für ihre Investition gelegen. Die zahlreichen Neuregelungen der letzten Jahre, die sich auch in der vorliegenden Unternehmensteuerreform 2008 und den bereits angekündigten weiteren Steuergesetzen fortsetzen, bieten diese Investitionssicherheit nicht. Da viele dieser Neuregelungen ausgesprochen komplex sind, klärende BMF-Schreiben zur Auslegung der Vorschriften aus der Sicht der Finanzverwaltung noch etliche Monate auf sich warten lassen werden und Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit schon gar nicht in Sicht ist, können auch die steuerlichen Berater oft nur Steine statt Brot liefern. An erläuternder Fachliteratur fehlt es dabei oft nicht. Was die Einschätzung von Beraterseite aber nicht ersetzen kann, ist eine verbindliche Rechtsauffassung, die später auch in Form eines Bescheides vorliegt. Diese Kompetenz liegt wiederum allein bei der Finanzverwaltung. Für einen Investor stellt sich die Situation überspitzt gesagt dergestalt dar, dass der deutsche Gesetzgeber die Investition gerne sieht, die steuerlichen Rahmenbedingungen dafür zuletzt mehrfach im Jahr verändert hat, dabei neue steuerliche Fragestellungen und Auslegungsunsicherheiten aufwirft, deren Beantwortung er sich anschließend noch bezahlen lässt, wenn man nicht warten möchte oder kann, bis die Veranlagung, tatsächlich aber meist noch weitere Jahre später die Betriebsprüfung erfolgt. Erst im Rahmen der Betriebsprüfung erfolgt regelmäßig die Klärung der schwierigen Fälle. Folgt die Finanzverwaltung einer anderen Auffassung als der Steuerpflichtige eingeschätzt hat, ist das Kind bereits für mehrere Jahre in den Brunnen gefallen. Ein mehrjähriger Finanzprozess verlängert die Unsicherheitsphase nur, ist also alles andere als ein Allheilmittel. Führt man sich zugleich vor Augen, wie schnell und unkompliziert man ein Ruling in der Schweiz oder Luxemburg erhält, hat man auf deutscher Seite einen erheblichen Standortnachteil. Dem Investor geht es in erster Linie längst nicht immer darum, eine bestimmte Rechtsauffassung bestätigt zu bekommen, wenngleich er natürlich auf die für ihn und sein Investment günstigste hofft. Eine Investition, die primär von einer bestimmten steuerlichen Behandlung abhängt, wird sich nur selten nach Deutschland verirren. An erster Stelle steht oft die Rechts- und Planungssicherheit. Denn auch ein Investor hat regelmäßig dahinter stehende Beteiligte oder Fremdkapitalgeber, denen er Rechenschaft und Planungen schuldet. Nachlaufende Korrekturen stärken bei den Kapitalgebern nicht unbedingt das Vertrauen darin, dass die Investition in Deutschland der richtige Schritt war.
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§ 2 Die Unternehmensteuerreform 2008 2 A
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A.
Die Vorgeschichte
I.
Der Koalitionsvertrag vom 11.11.2005
Bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005 wurden die grundlegenden Ziele für die jetzt vorliegende Unternehmensteuerreform 2008 festgehalten. So heißt es dort u.a: „Die Bundesregierung setzt ihre Reformen des Steuerrechts mit dem Ziel fort, das deutsche Steuerrecht zu vereinfachen und international wettbewerbsfähig zu gestalten.“ An dieser Stelle kann schon vorweggenommen werden, dass von einer Vereinfachung des Steuerrechts keine Rede sein kann. Hat sich der Leser erst einmal mit der Zinsschranke und der Thesaurierungsbegünstigung bei Personengesellschaften beschäftigt, wird er den Autoren zweifellos zustimmen, dass diese Regelungen alles andere als Vereinfachungen des deutschen Steuerrechts sind. Ohne die zuverlässige Unterstützung durch seinen steuerlichen Berater wird kaum ein Unternehmen in der Lage sein, mit diesen Regelungen eigenständig umzugehen. Zur angestrebten internationalen Wettbewerbsfähigkeit konnte man überraschenderweise bereits am 13.11.2006 im Handelsblatt lesen: „Die Steuerreform wirkt tatsächlich.“ Nach einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) soll sich die effektive Steuerbelastung einer typischen mittelständischen Kapitalgesellschaft im verarbeitenden Gewerbe durch die Reform um rund ein Viertel verringern. Deutschland wurde im Standort-Ranking einen Sprung nach vorne, noch vor die Nachbarstaaten Niederlande und Österreich, prognostiziert. Die effektive Steuerbelastung einer typischen Kapitalgesellschaft im verarbeitenden Gewerbe soll bei einer 10Jahresraum-Betrachtung in Deutschland von € 1,84 Mio. (Stand 2005) auf € 1,38 Mio. (Stand 2008) sinken. Für die Niederlande wird eine Steuerbelastung von € 1,43 Mio. und für Österreich von € 1,72 Mio. angegeben. Für Polen wird eine effektive Steuerbelastung von € 0,93 Mio., für Irland gar von € 0,66 Mio. angegeben. Dieses Ergebnis überrascht insofern, als doch allgemein bekannt war, dass die Unternehmensteuerreform 2008 nicht mehr als € 5 Milliarden kosten dürfe. Der erheblichen Steuersatzsenkung bei der Körperschaftsteuer von 25 % auf 15 % stehen zahlreiche, schwer kalkulierbare Gegenfinanzierungsmaßnahmen entgegen. Wer großer oder kleiner Gewinner der Reform sein wird und ob es auch Verlierer der Reform geben wird, steht noch nicht endgültig fest. Der Nebel wird sich erst lichten, wenn die Unternehmen ihre Steuerprognosen für die kommenden Jahre gerechnet haben. Ungeachtet der tatsächlichen effektiven Steuerbelastung scheint bereits die deutliche Absenkung des Steuersatzes bei der Körperschaftsteuer ein positives Signal an internationale Investoren zu sein. Ferner wird im Koalitionsvertrag zur Reform der Unternehmensbesteuerung ausgeführt: “Deutschland muss auch in Zukunft im internationalen Steuerwettbewerb bestehen können. Deshalb werden wir in dieser Legislaturperiode zum 01. Januar 2008 das Unternehmensteuerrecht grundlegend fortentwickeln und international wettbewerbsfähige Steuern realisieren. Diese Reform muss neben den Körperschaften auch die Personenunternehmen erfassen, da deutsche Unternehmen zu mehr als 80 % in dieser Rechtsform organisiert sind. Dabei werden uns insbesondere folgende Zielsetzungen leiten: 34
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Die Vorgeschichte
■
Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Europatauglichkeit, ■ weitgehende Rechtsform- und Finanzierungsneutralität, ■ Einschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten, ■ Verbesserung der Planungssicherheit für Unternehmen und öffentlicher Haushalte, ■ nachhaltige Sicherung der deutschen Steuerbasis.“ Die bessere Europatauglichkeit ist sicherlich eine wichtige Zielsetzung. Schließlich hat der Europäische Gerichtshof der deutschen Politik und, wie zunehmend sichtbar wird, der deutschen Finanzgerichtsbarkeit zuletzt zunehmend Verdruss bereitet. Fraglos sind Eingriffe des Europäischen Gerichtshofs in das deutsche Steuerrecht für jeden Haushälter auf Bundes- und Landesebene ein GAU. Aber natürlich müssen Politik und Gerichtsbarkeit auch akzeptieren, dass wir in ein europäisches System eingebunden sind. Dass der Gesetzgeber wegen der Blickrichtung auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Europatauglichkeit möglicherweise vereinzelt die Verfassungsmäßigkeit1 nicht hinreichend beachtet hat2, wird bereits in der Fachliteratur angesprochen. Aber auch unter europarechtlicher Betrachtung ist die Unternehmensteuerreform 2008 nicht unumstritten. So werden in der Literatur Zweifel an der Europarechtskonformität der Zinsschranke erhoben3. Entsprechende Hinweise geben wir bei den jeweiligen Regelungen. Für den steuerlichen Berater bedeutet dies wieder die leidvolle Aufgabe, entsprechende Veranlagungen ggf. vorsorglich bis zu einer Klärung der Frage der Verfassungsmäßigkeit offen zuhalten. Eine „Wartezeit“ auf diese Klärung von fünf, sechs Jahren, ist dabei erfahrungsgemäß nicht ungewöhnlich. Eine weitgehende Rechtsformneutralität hat der Gesetzgeber mit der Unternehmensteuerreform 2008 zweifellos nicht erreicht. Diese uralte Forderung im deutschen Steuerrecht, Unternehmen rechtsformneutral zu besteuern, ist weiterhin Utopie. Auch wenn die Thesaurierungsbegünstigung bei Personenunternehmen hinsichtlich der Steuerbelastung dafür sorgt, dass sich diese in vergleichbaren Größenordnungen zu der von Kapitalgesellschaften bewegt, führt dies längst nicht zu einer Rechtsformneutralität. Zu groß sind die Unterschiede bei den Voraussetzungen für die Thesaurierungsbegünstigung bei Personenunternehmen einerseits und der Definitivbesteuerung bei Kapitalgesellschaften andererseits. Ob die Unternehmensteuerreform im Ergebnis zu einer Einschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten führt, werden die steuerlichen Berater zu beantworten haben. Hinsichtlich der Neuregelung der Besteuerung der Kapitalerträge durch die Abgeltungsteuer sind auf dem Finanzsektor bereits emsige Bemühungen zu spüren, neue steueroptimierte Produkte zu entwickeln. Die bisherigen Gestaltungsansätze aus der Fachliteratur haben wir hoffentlich möglichst vollständig in unseren Erläuterungen berücksichtigt. Als weiteres Ziel wird im Koalitionsvertrag formuliert: “Wesentliches Element einer grundlegenden Unternehmensteuerreform wird auch die steuerliche Gewinnermittlung sein. Die Arbeiten auf EU-Ebene zur Schaffung einer einheitlichen konsolidierten Bemessungsgrundlage werden wir aktiv mitgestalten, um ein modernes und wettbewerbsfähiges Bilanzsteuerrecht zu entwickeln.“ Die Verwirklichung dieses Ziels bleibt einem späteren Gesetzesvorhaben vorbehalten. Eine einheitliche europäische steuerliche Gewinnermittlung wird aber zweifellos nicht mehr in dieser Legislaturperiode zu erreichen sein. 1 2 3
Aktuell zu Verfassungsrecht und Steuerpolitik der Aufsatz des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Papier in DStR 2007, 973. Hey, BB 2007, 1303; Intemann, DB 2007, 1658. Führich, IStR 2007, 341; zu europarechtlichen Aspekten der Reform siehe Dörr/Fehling, NWB Fach 2, 9375 .
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§ 2 Die Unternehmensteuerreform 2008
II. 2
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Das Gesetzgebungsverfahren
Auch in der Begründung zum Regierungsentwurf zum Unternehmensteuerreformgesetz 20084 weist die Bundesregierung als Ziele für die Reform auf die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland hin. Ferner soll mit der Reform die Verminderung der Steuerflucht ins Ausland erreicht werden. Aus diesem Grund wurde auch die Abgeltungsteuer für die Kapitalerträge von Privatpersonen in das Reformwerk aufgenommen. Am 06.07.2007 hat der Bundesrat der Unternehmensteuerreform ohne weitere Änderungen zugestimmt und eine bemerkenswerte, begleitende Entschließung gefasst. Daraufhin trat das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 am 18.08.2007, dem Tag nach der Verkündung im BGBl I 2007, 1912, in Kraft. Es ist in der Regel ab 2008 und teils ab 2009 (Abgeltungsteuer) anzuwenden. Der Bundestag hatte den Entwurf des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 am 25.05.2007 in der Fassung des Finanzausschusses5 angenommen. Es war schon in der Zeit nach dem Bundestagsbeschluss in den Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Finanzverwaltung zu spüren, dass zwar eine Offenheit für kritische Anmerkungen zu einzelnen Regelungen bestand, aber keine Bereitschaft zu weiteren Änderungen in diesem Gesetzgebungsverfahren. Das Projekt „Reform der Unternehmensbesteuerung“ sollte keinesfalls über die parlamentarische Sommerpause hin zerredet werden. Bei Bedarf soll es ein späteres Reparaturgesetz richten. In Richtung Reparaturgesetz weist auch die begleitende Entschließung des Bundesrats. Darin äußert der Bundesrat die Sorge, dass kleine und mittlere Unternehmen durch die für sie insgesamt belastenden Maßnahmen benachteiligt werden könnten und dass es zu mehr Bürokratie kommen könnte. Er bittet die Bundesregierung deshalb um eine Überprüfung der Auswirkungen der Unternehmensteuerreform im Jahr 2009. Kritisch sieht der Bundesrat auch die Regelung zum so genannten Mantelkauf. Insbesondere jungen innovativen Unternehmen seien durch den vollständigen Untergang des Verlustvortragspotentials bei einer Übernahme von mehr als 50 % der Anteile durch einen Investor wesentliche Teile des Kapitalmarkts verschlossen. Der Bundesrat erwartet daher, dass die Bundesregierung diese Problematik im anstehenden Gesetzgebungsverfahren zur Förderung von Wagniskapital6 aufgreift. Dieser Aspekt wurde im Referentenentwurf als erste Reparatur zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 aufgenommen. Auch der Handel mahnt bereits Reparaturen an. Wie im Handelsblatt vom 13.09.2007 zu lesen war, kann die Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände bei der Gewerbesteuer trotz Steuersatzsenkungen bei Einzelhandels-Filialgeschäften zu erheblichen existenzgefährdenden steuerlichen Mehrbelastungen führen. Der Handelsverband HDE und der DIHK haben errechnet, dass sich bei kleinen Kapitalgesellschaften mit einem Gewinn bis zu € 100.000 bei den untersuchten Unternehmen eine durchschnittliche Steuerlast von 67 % ergibt. Dies ist sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers. Hintergrund für die gravierenden negativen Folgen ist der Umstand, dass die neuen Hinzurechnungen bei Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzen gerade bei Einzelhandels-Filialgeschäften nach den Personalkosten die wichtigsten Kostenblöcke und damit deren Nerv treffen. Ob und wie der Gesetzgeber dieser branchenspezifischen Auswirkung der Unternehmensteuerreform 2008 begegnet, war bei Redaktionsschluss noch nicht absehbar. 4 5 6
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BR-Drs. 220/07. BT-Drs. 16/5452. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen vom 15.08.2007; siehe unter www.bundesfinanzministerium.de; erste Erläuterungen dazu bei Hörster, NWB Nr. 36/2007, 3101; Regierer/Volkmann/Quentin, BB 2007,1763; Watrin/Wittkowski/Pott, DB 2007, 1939.
2
B Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick Schaut man sich das bisherige Tempo der Steuergesetzgebung der Großen Koalition an, so muss man Sorge haben, dass keine Zeit für Reparaturen bleibt. Denn noch sind nicht alle steuerlichen Ziele des Koalitionsvertrages abgearbeitet. Und erfahrungsgemäß wird der Wahlkampf zum Ende der Legislaturperiode die gesetzgeberische Schaffenskraft jäh zum Erlahmen bringen.
B.
Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick
B
Nachfolgend haben wir den wesentlichen Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 für den schnellen Überblick dargestellt. In den folgenden Kapiteln sind die wesentlichen Änderungen ausführlich erläutert. Die Sortierung der Änderungen erfolgt anhand der vom Gesetzgeber mit der jeweiligen Regelung verfolgten Ziele.
I.
Einkommensteuer
1.
Einführung einer Zinsschranke zur Erhöhung der Standortattraktivität Deutschlands (§ 4h EStG n. F.)
2
Für Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften erfolgt eine Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs von Zinsaufwendungen für sämtliche Fremdfinanzierungen durch Einführung der sog. Zinsschranke (§ 4h EStG n. F.).
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Tabellarische Übersicht in Stichworten: Allgemeine Zinsschranke ■ ■ ■
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Einführung einer sog. Zinsschranke zur Vermeidung übermäßiger Fremdkapitalfinanzierung für alle Unternehmen (§ 4h EStG n. F.). 1. Stufe der Beschränkung des Zinsabzugs: Zinsabzug nur bis zur Höhe des Zinsertrags desselben Jahres. 2. Stufe der Beschränkung des Zinsabzugs: Beschränkung des Zinsabzugs auf 30 % des um Zinsaufwendungen und Abschreibungen sowie Anschaffungs- und Herstellungskosten für geringwertige Wirtschaftsgüter (bis € 150) und den Auflösungsbetrag des Sammelpostens für nicht mehr geringwertige Wirtschaftsgüter (€ 150 – 1.000) erhöhten und um Zinserträge verminderten Gewinns (EBITDA7). Freigrenze: Keine Beschränkung des Zinsabzugs, wenn die Zinsaufwendungen die Zinserträge um weniger als € 1 Mio. übersteigen. Wichtig: Kein Freibetrag ! Ein Überschreiten der Freigrenze führt dazu, dass die gesamten Zinsaufwendungen unter die Zinsschranke fallen und nicht nur der übersteigende Betrag. Ausnahme: Keine Zinsschranke bei Betrieben ohne oder mit nur anteilsmäßiger Konzernzugehörigkeit (erweiterter Konzernbegriff). Escape-Klausel für Konzernunternehmen: Keine Zinsschranke, wenn Eigenkapitalquote des Unternehmens Eigenkapitalquote des Konzerns nicht oder höchstens um 1 % unterschreitet. Zinsvortrag: Infolge der Zinsschranke nichtabziehbare Zinsaufwendungen werden gesondert festgestellt und unbegrenzt in Folgejahre vorgetragen. Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization.
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2
§ 2 Die Unternehmensteuerreform 2008
2.
Maßnahmen für die Belastungsneutralität der unterschiedlichen Rechtsformen
a)
Thesaurierungsbegünstigung bei Personenunternehmen (§ 34a EStG n. F.)
2
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Um der steuerlichen Gleichstellung von Personen- mit Kapitalgesellschaften wenigstens für den Fall, dass die erwirtschafteten Gewinne im Unternehmen verbleiben, näher zu kommen, wurde eine Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen eingeführt. Nicht entnommene Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit bei Einzelund Mitunternehmern, auch in mehrstöckigen Personengesellschaften, werden künftig auf Antrag und bei Vorliegen der im Gesetz näher genannten Voraussetzungen, nur noch mit 28,25 % Einkommensteuer zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag darauf besteuert (§ 34a EStG n. F.). Bei einer späteren Entnahme werden die der Thesaurierungsbegünstigung unterworfenen Gewinne mit 25 % Einkommensteuer zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag darauf nachversteuert. Zur Nachversteuerung kommt es auch bei Betriebsveräußerung oder -aufgabe, Einbringung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, bei Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft sowie bei Änderung der Gewinnermittlungsart oder auf Antrag. Bei Einbringung eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils in eine Mitunternehmerschaft nach § 24 UmwStG sowie bei unentgeltlicher Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG wird zunächst keine Nachversteuerung ausgelöst. Allerdings wird der nachversteuerungspflichtige Betrag vom Rechtsnachfolger bei unentgeltlicher Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils (z. B. durch Erbschaft) nach § 6 Abs. 3 EStG fortgeführt. Im Falle der Einbringung eines Betriebes oder eines Mitunternehmeranteils nach § 24 UmwStG geht ebenfalls der nachversteuerungspflichtige Betrag auf den neuen Mitunternehmeranteil über (§ 34a Abs. 7 EStG n. F.). Zur Nachversteuerung kommt es dann später, wenn der Rechtsnachfolger bzw. der bisherige Inhaber in der aufnehmenden (neuen) Mitunternehmerschaft einen der oben genannten Nachversteuerungstatbestände verwirklicht. Einbringung bzw. unentgeltliche Übertragung führen also nicht zur Vermeidung der Nachversteuerung, sondern lediglich zu einem zeitlichen Hinausschieben der Nachversteuerung. Tabellarische Übersicht in Stichworten: Thesaurierungsbegünstigung bei Personenunternehmen ■
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Begünstigung nicht entnommener Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit bei Einzel- und Mitunternehmern auch in mehrstöckigen Personengesellschaften (Steuersatz: 28,25 % zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag; § 34a EStG n. F.). Nachversteuerung mit 25 % bei späterer Entnahme, Betriebsveräußerung oder -aufgabe, Einbringung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft/Genossenschaft, Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft/Genossenschaft, Änderung der Gewinnermittlungsart oder auf Antrag. Keine Nachversteuerung bei Einbringung nach § 24 UmwStG, unentgeltlicher Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG.
2
B Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick
b)
Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen (§ 7g EStG n. F.)
Mit den Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g EStG n. F.) wird die bisherige Investitionsbegünstigung kleinerer und mittlerer Unternehmen durch § 7g EStG („Ansparabschreibung“) erweitert. Für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens können bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abgezogen werden. Dieser Investitionsabzugsbetrag kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die nachfolgenden Größenmerkmale nicht überschritten werden: Für Gewerbetreibende und Freiberufler, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, darf das Betriebsvermögen max. € 235.000 betragen. Für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft darf der Wirtschaftswert max. € 125.00 betragen. Überschussrechner nach § 4 Abs. 3 EStG mit einem Gewinn von bis zu € 100.000 können ebenfalls von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen Gebrauch machen. Die Investition soll voraussichtlich in den folgenden drei Jahren getätigt werden. Es findet keine Unterscheidung zwischen neuwertigen und gebrauchten Wirtschaftsgütern statt. Das geplante Wirtschaftsgut muss nur noch seiner Funktion nach benannt werden. Die Regelung gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 17.08.2007 enden (§ 52 Abs. 23 EStG n. F.). Die maximale Summe der in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträge beträgt € 200.000 je Betrieb. Der steuerliche Abzug der Investitionsabzugsbeträge ist außerbilanziell vorzunehmen. Nach Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes, das zu mindestens 90 % im Jahr der Anschaffung und im Folgejahr im Inland betrieblich genutzt werden muss, können bei Anschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2007 Sonderabschreibungen in Höhe von bis zu 20 % der um den Investitionsabzugsbetrag verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend gemacht werden. Daneben ist zudem die lineare Abschreibung zulässig.
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Tabellarische Übersicht in Stichworten: Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen ■ ■ ■ ■ ■ ■
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Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g EStG n. F.), wenn die Investition in den folgenden drei Jahren geplant ist. Anwendergruppe I: Gewerbetreibende und Freiberufler, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, bis zu einem Betriebsvermögen von € 235.000,-. Anwendergruppe II: Betriebe der Land- und Forstwirtschaft mit einem Wirtschaftswert von bis zu € 125.000,-. Anwendergruppe III: Überschussrechner mit einem Gewinn von bis zu € 100.000,-. Außerbilanzieller Abzug von bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (max. € 200.000,-) eines beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens (muss kein neues sein) Sonder-AfA von bis zu 20 %, wenn das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung/Herstellung und im Folgejahr zu mindestens 90 % im Inland betrieblich genutzt wird.
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2
2
§ 2 Die Unternehmensteuerreform 2008
2 17
3.
Gegenfinanzierungsmaßnahmen
a)
Abschaffung der degressiven AfA (§ 7 Abs. 2 und 3 EStG a. F.)
Die Möglichkeit Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens degressiv, also mit fallenden Sätzen abzuschreiben (§ 7 Abs. 2 und 3 EStG a. F.), wurde, nachdem sie noch zuletzt ausgedehnt wurde, ersatzlos gestrichen.
b) 18
Die bisherige Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) gilt gem. § 6 Abs. 2 EStG n. F.) nur noch für Wirtschaftsgüter bis zu einem Wert von max. € 150 (bisher € 410). Für Zugänge von Wirtschaftsgütern mit einem Wert von mehr als € 150 bis max. € 1.000 ist ein jährlicher Sammelposten zu bilden, der über einen Zeitraum von fünf Jahren, ungeachtet von Abgängen, Veräußerungen oder Wertminderungen, gewinnmindernd aufzulösen ist (§ 6 Abs. 2a EStG n. F.).
II. 19
Einschränkung der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 und 2a EStG n. F.)
Abgeltungsteuer
Mit der Abgeltungsteuer hat der Gesetzgeber eine pauschale Regelung für eine ganze Einkunftsart geschaffen. Der Tatbestand der Kapitaleinkünfte wurde dabei um Veräußerungsgeschäfte erweitert (§ 20 Abs. 2 EStG n. F.). Damit besteht eine einheitliche Besteuerung für alle im Privatvermögen zufließenden Kapitaleinkünfte. Sämtliche Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften (GmbH, AG) sind, soweit sie nicht bereits als wesentliche Beteiligungen nach § 17 EStG gelten (ab 1 %), keine privaten Veräußerungsgeschäfte mehr, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die neue Steuerpflicht gilt unabhängig von der vorherigen Haltedauer. Die Einkunftsarten gem. den §§ 13 (Land- und Forstwirtschaft), 15 (Gewerbebetrieb), 18 (Selbständige Arbeit) und 21 EStG (Vermietung und Verpachtung) haben Vorrang vor § 20 EStG (Kapitalvermögen). Kapitaleinkünfte, die einer dieser Einkunftsarten zuzuordnen sind, unterfallen nicht der Abgeltungsteuer (§ 20 Abs. 8 EStG n. F.). Die nach altem Recht geltende Steuerfreiheit für Wertzuwächse aus privaten Veräußerungsgeschäften von Wertpapieren/nicht wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die der Veräußerer zuvor mehr als 12 Monate lang gehalten hat, entfällt für alle Erwerbe ab dem 01.01.2009 (z. B. für Aktien und GmbH-Anteile). Nicht davon betroffen sind Gewinne oder Verluste aus Immobilienveräußerungen. Für sie gilt auch weiterhin die zehnjährige Spekulationsfrist gem. § 23 EStG. Nach Ablauf der zehnjährigen Haltedauer können Immobilien unverändert steuerfrei veräußert werden. Mit der Einführung der Abgeltungsteuer wird das Halbeinkünfteverfahren abgeschafft. Im Privatvermögen wird es für Kapitaleinkünfte durch die Abgeltungsteuer mit einem Steuersatz von 25 % zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag und im Betriebsvermögen durch das sog. Teileinkünfteverfahren abgelöst, soweit nicht § 8b KStG gilt. Beim Teileinkünfteverfahren wird die bislang geltende Steuerfreistellung von 50 % auf 40 % zurückgeführt, 60 % der Einnahmen sind damit künftig steuerpflichtig. 40
2
B Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick Der Steuerpflichtige hat weiterhin die Möglichkeit, seine Kapitaleinkünfte im Wege der Veranlagung zusammen mit seinen anderen Einkünften nach der allgemeinen tariflichen Einkommensteuer zu versteuern (Günstigkeitsprinzip). Ein Verlustausgleich mit anderen Einkunftsarten ist nicht möglich. Verluste aus Aktienveräußerungen dürfen nur mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden: § 10d EStG findet keine Anwendung. Stattdessen regelt ein neu eingeführter § 20 Abs. 6 EStG die Vortragsfähigkeit nicht ausgeglichener Verluste. Bis zum 31.12.2008 bestehende Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften (i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 9 u. 10 EStG) werden bis zum Veranlagungszeitraum 2013 vorrangig mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet. Ohne Veranlagung erfolgt die Besteuerung durch den Kapitalertragsteuerabzug unter Ausgleich positiver und negativer Kapitalerträge eines Kalenderjahres bei der gleichen auszahlenden Stelle sowie unter Berücksichtigung der ausländischen Quellensteuer auch bei ausländischen Dividenden. Dies wird durch die auszahlende Stelle nach § 43a Abs. 3 EStG n. F. vorgenommen, sie überträgt nicht ausgeglichene Verluste auf das nächste Kalenderjahr. Schließlich werden der bisherige Sparer-Freibetrag in Höhe von € 750 und der bisherige Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von € 51 zu einem einheitlichen jährlichen SparerPauschbetrag in Höhe von € 801 zusammengelegt. Der Ansatz der tatsächlichen Werbungskosten ist künftig nicht mehr möglich. Der Steuerpflichtige muss sich mit dem Sparer-Pauschbetrag begnügen. Im Betriebsvermögen, für das das Teileinkünfteverfahren gilt, ist der Werbungskosten-/ Betriebsausgabenabzug zu 60 % möglich. 20
Tabellarische Übersicht in Stichworten: Abgeltungsteuer ■ ■ ■ ■
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Einheitliche Besteuerung aller im Privatvermögen zufließenden Kapitaleinkünfte durch die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % der Kapitaleinkünfte (§ 32d EStG n. F.). Abschaffung des Halbeinkünfteverfahrens für Einkünfte des Privatvermögens. Reduzierung des Halbeinkünfteverfahrens auf ein Teileinkünfteverfahren (60 % steuerpflichtig, 40 % steuerfrei) im betrieblichen Bereich, sofern nicht § 8b KStG gilt. Wertzuwächse aus Veräußerungen von Kapitalanlagen (z. B. Aktien, GmbH-Anteile, Wertpapiere) sind künftig (bei Erwerb ab 01.01.2009) unabhängig von der Haltedauer im Privatvermögen steuerpflichtig (§ 20 Abs. 2 EStG n. F.). Ohne Veranlagung: Endgültige Besteuerung durch Kapitalertragsteuerabzug unter Ausgleich positiver und negativer Kapitalerträge eines Kalenderjahres bei der gleichen auszahlenden Stelle sowie unter Berücksichtigung der ausländischen Quellensteuer auch bei ausländischen Dividenden (sog. Verlustverrechnungstopf nach § 43a Abs. 3 EStG n. F.) durch auszahlende Stelle vorzunehmen Option zur Veranlagung: Kein Verlustausgleich mit anderen Einkünften, kein Abzug nach § 10d EStG; stattdessen Minderung künftiger Kapitaleinkünfte (gewissermaßen eigenständiger Verlustvortrag entsprechend § 10d Abs. 4 EStG). Verluste aus einer Aktienveräußerung dürfen nur mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden. Vorrangig erfolgt eine Verrechnung von positiven Kapitaleinkünften mit sog. Altverlusten bis 2013, d.h. Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften, die vor dem Jahr 2008 entstanden sind, nach § 23 Abs. 3 S. 9, 10 EStG. Ausschließlich einheitlicher jährlicher Sparer-Pauschbetrag von € 801,- (Zusammenlegung SparerFreibetrag von € 750,- und Werbungskostenpauschbetrag von € 51,-); kein Ansatz der tatsächlichen Werbungskosten. Wahlmöglichkeit des Steuerpflichtigen, seine Kapitaleinkünfte der allgemeinen tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen (Günstigkeitsprinzip).
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2
§ 2 Die Unternehmensteuerreform 2008
2
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III.
Körperschaftsteuer
1.
Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % zur Erhöhung der Standortattraktivität Deutschlands (§ 23 Abs. 1 KStG n. F.)
Der Körperschaftsteuersatz für Kapitalgesellschaften wird von 25 % auf 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag gesenkt (§ 23 Abs. 1 KStG n. F.).
2.
Gegenfinanzierungsmaßnahmen
a)
Modifizierung der Zinsschranke für Kapitalgesellschaften
Für Kapitalgesellschaften und nachgeordnete Personengesellschaften gilt eine modifizierte Zinsschranke (§ 8a KStG n. F. i. V. m. § 4h Abs. 2 S. 11 EStG n. F.), denn § 8a KStG beinhaltet ergänzende Regelungen für Gesellschafter-Fremdfinanzierungen und schränkt die Anwendung der zweiten und dritten oben aufgeführten Ausnahmeregelung weiter ein: ■ Erweiterter Konzernbegriff bei einer nicht zu einem Konzern gehörenden Kapitalgesellschaft: Bei unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung eines Gesellschafters (oder einer diesem steuerlich gleichgestellten Person) von mehr als 25 % kommt der unbeschränkte Zinsabzug nur in Betracht, wenn die dafür aufgewendeten Zinsen nicht mehr als 10 % des Nettozinsaufwandes betragen (ansonsten schädliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung). ■ Escape Klausel: Bei einem Konzern führt eine schädliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung, an einen Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft zur Anwendung der Zinsschranke bei allen Gesellschaften des Konzerns, wenn die dafür aufgewendeten Zinsen mehr als 10 % des Nettozinsaufwandes für im voll konsolidierten Konzernabschluss ausgewiesene Verbindlichkeiten betragen. Tabellarische Übersicht in Stichworten: Modifizierung der Zinsschranke für Kapitalgesellschaften und nachgeordnete Personengesellschaften ■ ■ ■
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Modifizierung der Zinsschranke für Kapitalgesellschaften und nachgeordnete Personengesellschaften durch § 8a KStG n. F. i. V. m. 4h Abs. 2 S. 11 EStG n.F. Keine Ausnahme von der Zinsschranke und keine Escape-Klausel bei Gesellschafterfremdfinanzierung. Es gilt nur die Freigrenze von € 1 Mio. Schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung I: Die schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung einer Konzerngesellschaft führt zur Anwendung der Zinsschranke bei allen Gesellschaften des Konzerns. Schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung II: Zinsaufwendungen für Gesellschafterfremdfinanzierung überschreiten 10 % der Nettozinsaufwendungen
2
B Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick
b)
Neuregelung zum Mantelkauf (§ 8c KStG n. F.)
Die für Kapitalgesellschaften bestehende Regelung zum sog. Mantelkauf (bisher § 8 Abs. 4 KStG) ist durch den § 8c KStG n. F. neu gefasst worden. Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ist maßgebliches Kriterium für die Verlustabzugsbeschränkung noch nicht genutzter Verluste, der qualifizierte Anteilseignerwechsel (sog. schädlicher Beteiligungserwerb) von dem auch Kapitalerhöhungen erfasst sein können, die zu einer Änderung der Beteiligungsquote geführt haben. Eine zweistufige Verlustabzugsbeschränkung, die auch bei mittelbaren Anteilsübertragungen greift, kommt zur Anwendung: ■ Bei Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen zwischen 25 % und 50 % – innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums – an einen Erwerber, eine diesem nahe stehende Person oder eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen, geht der bis dahin noch nicht genutzte Verlust quotal unter/verloren. ■ Bei Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen über 50 % – innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums – an einen Erwerber, eine diesem nahe stehende Person oder eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen, geht der bis dahin noch nicht genutzte Verlust vollständig unter/ verloren. Eine Übergangsregelung sieht vor, dass der aufgehobene § 8 Abs. 4 KStG neben dem § 8c KStG n. F. für die Fälle weiter gilt, bei denen mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums, der vor dem 01.01.2008 beginnt, übertragen werden und die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft vor dem 01.01.2013 entfällt. Davon betroffen ist auch ein vorhandener Gewerbeverlust.
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Tabellarische Übersicht in Stichworten: Mantelkauf ■ ■
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Neuregelung zum Mantelkauf (§ 8c KStG n. F.) Verlustabzugsbeschränkung allein bei Anteilseignerwechsel (sog. schädlicher Beteiligungserwerb, auch Kapitalerhöhungen, wenn Änderung der Beteiligungsquote), betrifft Verlustvortrag und laufenden Verlust bis zum schädlichen Erwerb, jedoch nur noch nicht genutzte Verluste. Sowohl unmittelbare als auch mittelbare Anteilsübertragungen fallen unter die Neuregelung. Retrospektive Betrachtung über 5-Jahres-Zeitraum Quotaler Verlustabzugsuntergang bei Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen zwischen 25 % und 50 % an einen Erwerber, diesem nahe stehende Personen oder eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen. Vollständiger Verlustabzugsuntergang bei Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen über 50 % an einen Erwerber, diesem nahe stehende Personen oder eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen. Übergangsregelung: Keine sofortige Aufhebung von § 8 Abs. 4 KStG. § 8 Abs. 4 KStG gilt neben § 8c KStG n. F. weiter, wenn innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums, der vor 2008 beginnt, mehr als 50 % der Anteile übertragen werden und die wirtschaftliche Identität bis Anfang 2013 verloren geht (gilt auch für den Gewerbeverlust).
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2
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§ 2 Die Unternehmensteuerreform 2008
c) 2
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Bisher besteht die Möglichkeit, dass eine Körperschaft als Entleiher von Wertpapieren/Aktien mittels Wertpapierleihe (eigentlich Wertpapierdarlehen) ansonsten körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte wegen der Privilegierung von Dividenden gem. § 8b Abs. 1 und 5 KStG steuerlich neutralisieren konnte (steuerbegünstigte Dividendeneinnahme einerseits, voll als Betriebsausgabe abziehbare Dividendenausgleichszahlung andererseits). Infolge der Neuregelung zur Wertpapierleihe (§ 8b Abs. 10 KStG n. F.)8 besteht ein Betriebsausgabenabzugsverbot für Entgelte des Entleihers. Das Betriebsausgabenabzugsverbot gilt auch bei Wertpapierpensionsgeschäften i. S. d. § 340b HGB. Die neuen Regelungen zur Wertpapierleihe gelten bereits für den Veranlagungszeitraum 2007 (§ 34 Abs. 7 S. 8 KStG n. F.). Gegen diese Rückwirkung werden verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.9
IV.
Gewerbesteuer
1.
Senkung der Gewerbesteuermesszahl zur Erhöhung der Standortattraktivität Deutschlands
Senkung der Gewerbesteuermesszahl von 5 % auf einheitlich 3,5 % für alle Gewerbebetriebe. Die nominelle Gesamtsteuerbelastung beträgt für Kapitalgesellschaften dann 29,83 % (vormals 38,65 %) bei einem durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz von 400 % (14 % Gewerbesteuer + 15 % Körperschaftsteuer + 0,83 % Solidaritätszuschlag (das entspricht + 5,5 % auf die Körperschaftsteuer).
2. 28
Neuregelung der Wertpapierleihe (§ 8b Abs. 10 KStG n. F.)
Gegenfinanzierungsmaßnahmen
Die bisherige Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe wurde sowohl für Personenals auch für Kapitalgesellschaften gestrichen (§ 4 Abs. 5b EStG n. F.). Der bisher für Einzelunternehmen und Personengesellschaften geltende Staffeltarif entfällt. Der Anrechnungsfaktor der Gewerbesteuer von Personenunternehmen auf die Einkommensteuer erhöht sich von 1,8 auf 3,8 (Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer des Unternehmens) nach § 35 Abs. 1 EStG n. F. Bei der Gewerbesteuer sind die Hinzurechnungstatbestände zu dem Gewinn aus Gewerbebetrieb auf die nachfolgenden Aufwendungen ausgeweitet worden (§ 8 Nr. 1 GewStG n. F.). Hinzuzurechnen sind demnach jeweils 25 % der nachfolgenden Beträge: ■ die Entgelte für Schulden, unabhängig von der Behandlung beim Gläubiger und von der Überlassungsdauer (auch ungewöhnliche Skonti und Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen); ■ die gesamten Aufwendungen aus Renten und dauernden Lasten (ausgenommen Pensionsverpflichtungen aus Direktzusagen gegenüber Arbeitnehmern); 8 9
44
Dazu Häuselmann, DStR 2007, 1379; Obermann/Brill/Fürbier, BB 2007, 1647; Wagner, Der Konzern 2007, 505. Obermann/Brill/Fürbier, BB 2007, 1647; Wagner, Der Konzern 2007, 505.
2
B Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick ■
die Gewinnanteile stiller Gesellschafter; ■ 20 % der Miet- und Pachtzinsen (einschl. Leasingraten) für die Benutzung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens; ■ 75 % für Miet- und Pachtzinsen (einschl. Leasingraten) für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens; ■ 25 % der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (Lizenzen, Konzessionen) mit Ausnahme von Vertriebsverträgen. Eine Hinzurechnung erfolgt nur, soweit die Summe der Hinzurechnungsbeträge € 100.000 übersteigt. 29
Tabellarische Übersicht in Stichworten: Gewerbesteuer ■
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V.
2
Verringerung des Hinzurechnungsfaktors auf 25 % bei gleichzeitiger Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände (siehe nachfolgend) auf den Gewerbeertrag bei der Bemessung der Gewerbesteuer (§ 8 Nr. 1 GewStG n. F.). Hinzurechnung I: Entgelte für Schulden (unabhängig von Behandlung beim Gläubiger und von der Überlassungsdauer): z. B. ungewöhnliche Skonti, Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechselund anderen Geldforderungen. Hinzurechnung II: Renten und dauernde Lasten außer Pensionsverpflichtungen aus Direktzusagen gegenüber Arbeitnehmern. Hinzurechnung III: Gewinnanteile des stillen Gesellschafters. Hinzurechnung IV: 20 % der Miet- und Pachtzinsen (einschl. Leasingraten) bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Hinzurechnung V: 75 % der Miet- und Pachtzinsen (einschl. Leasingraten) bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Hinzurechnung VI: 25 % der Aufwendungen für die befristete Überlassung von Rechten (Lizenzen, Konzessionen) mit Ausnahme von Vertriebsverträgen. Einführung eines Hinzurechnungsfreibetrags in Höhe von € 100.000,- (§ 8 Nr. 1 GewStG n. F.). Einheitliche Steuermesszahl für den Gewerbeertrag von 3,5 % (§ 11 Abs. 2 GewStG n. F.; Abschaffung des Staffeltarifs für Personenunternehmen). Personenunternehmen: Erhöhung des Faktors bei der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die tarifliche Einkommensteuer auf 3,8. Begrenzung der Anrechnung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer des Unternehmens (§ 35 Abs. 1 EStG n. F.). Abschaffung des Betriebsausgabenabzugs für Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 5b EStG n. F.)
Neuregelung zur Besteuerung grenzüberschreitender Geschäfte
Im Rahmen der Neuregelung zur Besteuerung grenzüberschreitender Geschäfte10 zwischen nahe stehenden Personen bzw. Unternehmensteilen erhalten die Begriffe „Fremdvergleichsgrundsatz“, „Verrechnungspreise“ (§ 1 Abs. 1 AStG n. F.) sowie „Funktionsverlagerung“ (§ 1 Abs. 3 AStG n. F.) ihre Legaldefinition im Außensteuergesetz.
10 Ausführlich dazu Jenzen, NWB Fach 2, 9419; Baumhoff/Dietz/Greinert, DStR 2007, 1461; Frischmuth, StuB 2007, 386; Naumann, Status Recht 2007, 2007, 203; Wilmanns, Status Recht 2007, 201; Freytag, IWB Fach 3, Gruppe 1, 2193.
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§ 2 Die Unternehmensteuerreform 2008 Ferner wurde festgehalten, dass bei Preisen aus Geschäftsbeziehungen eines Steuerpflichtigen zum Ausland mit einer nahe stehenden Person, die einem Fremdvergleich nicht standhalten, und zu einer Minderung der Einkünfte dieses Steuerpflichtigen geführt haben, die Verrechnungspreise vorrangig nach der Preisvergleichsmethode zu bestimmen sind. Der Gesetzgeber hat eine Ermächtigung in das Gesetz aufgenommen, die es der Finanzverwaltung ermöglicht, durch Rechtsverordnung, Einzelheiten zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes festzulegen. Rechtsverordnung nebst Verwaltungsschreiben sollen folgen. Ein soweit ersichtlich bisher unveröffentlichter erster Entwurf der sog. Funktionsverlagerungsverordnung liegt bemerkenswerter Weise bereits seit dem 04.06.2007, also noch vor Zustimmung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 durch den Bundesrat, vor. Dessen Überarbeitung hat die Finanzverwaltung bereits angekündigt. Die Frist zur Vorlage von Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, wurde auf 30 Tage gekürzt (§ 90 Abs. 3 S. 9 AO). Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Unterlagen Anhaltspunkte dafür, dass die Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher gewesen wären, und können diese Zweifel wegen der Verletzung von Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten nicht beseitigt werden, darf der Fiskus die Einkünfte schätzen. Davon betroffen sind hauptsächlich Funktionsverlagerungen ins Ausland (§ 162 Abs. 3 AO n. F.)
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Tabellarische Übersicht in Stichworten: Grenzüberschreitende Geschäfte ■ ■ ■ ■ ■ ■
Neuregelung der Besteuerung grenzüberschreitender Geschäfte zwischen nahe stehenden Personen bzw. Unternehmensteilen. Legaldefinition der Begriffe „Fremdvergleichsgrundsatz“ und „Verrechnungspreise“ (§ 1 Abs. 1 AStG n. F.) sowie „Funktionsverlagerung“ (§ 1 Abs. 3 AStG n. F.). Vorrangige Anwendung der Preisvergleichsmethode. Ermächtigungsgrundlage für Rechtsverordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes (§ 1 Abs. 3 S. 9 AStG n. F.); Rechtsverordnung und Verwaltungsschreiben sollen folgen. Verkürzung der Frist zur Vorlage von Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle auf 30 Tage (§ 90 Abs. 3 S. 8 EStG). Schätzung trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen, wenn Fremdvergleich höhere Einkünfte vermuten lässt (betrifft vor allem Funktionsverlagerungen ins Ausland; § 162 Abs. 3 AO).
VI. 32
Inkrafttreten
Die Reform ist am 18.08.2007 nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten (BGBl I 2007, 1912). In der Regel ist das Gesetz zur Unternehmensteuerreform ab dem 01.01.2008 und bei abweichendem Wirtschaftsjahr bereits für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 anzuwenden. Die Neuregelungen zur Besteuerung von Kapitaleinkünften gelten ab dem 01.01.2009. Die Neuregelungen zur Wertpapierleihe gelten bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2007. Die Neufassung des §7g EStG gilt grundsätzlich für alle nach dem 17.08.2007 endenden Wirtschaftsjahre. Nur hinsichtlich der Sonderabschreibungen gilt § 7g EStG n. F. erst für nach dem 31.12.2007 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter.
46
2
B Der Inhalt der Unternehmensteuerreform 2008 im Überblick
33
Tabellarische Übersicht in Stichworten: Inkrafttreten ■ ■ ■ ■ ■ ■
Verkündung im Bundesgesetzblatt am 17.08.2007; Inkrafttreten am 18.08.2007 (Art. 14 Abs. 1 Unternehmensteuerreformgesetz 2008). Anwendbar ab dem Wirtschaftsjahr 2008 bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr. Anwendbar für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr. Die Abgeltungsteuer gilt ab dem 01.01.2009 (§ 52a EStG n. F.). Die Regelungen zur Wertpapierleihe gelten bereits für den Veranlagungszeitraum 2007 (§ 34 Abs. 7 S. 8 KStG n. F.). Neuer Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG für nach dem 17.08.2007 endende Wirtschaftsjahre; neue Sonderabschreibungen gem. § 7g EStG für nach dem 31.12.2007 angeschaffene oder hergestellte Wirtschaftsgüter.
VII.
2
Abschließende Hinweise
Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 enthält noch weitere Änderungen, z. B. der Abgabenordnung,11 auf die in den folgenden Kapiteln nur vereinzelt hingewiesen wird. Die materiellen Änderungen haben auch Folgewirkungen auf beratungsrelevante Themen, wie z. B. den Rechtsformvergleich bzw. die Rechtsformwahl12 oder die Unternehmensbewertung.13 Auch diesen Themen sind keine gesonderten Kapitel gewidmet. Diese Themen werden in den einzelnen Kapiteln angesprochen, wo es uns erforderlich erschien. In dem umfassenden Literaturverzeichnis finden Sie zudem Literaturnachweise zu Spezialthemen. In der Online-Plattform zu diesem Buch finden Sie Materialien, Hinweise zu Änderungen, Aktualisierungen und Arbeitshilfen.
11 Dazu Baum, NWB Fach 2, 9361; von Wedelstädt, DB 2007, 1828. 12 Günther, EStB 2007, 99; Homburg/Houben/Maiterth, WPg 2007, 376; Kaminski/Hofmann/Kaminskaite, Stbg 2007, 161 und 210; Lühn/Lühn, StuB 2007, 253; Schiffers, GmbH-StB 2007, 505; Weber, NWB Fach 18, 4509. 13 Dazu Wiese, WPg 2007, 368.
47
3
§ 3 Senkung der Steuersätze 3
A
1
A.
Körperschaftsteuer und Einkommensteuer
I.
Senkung der Körperschaftsteuer
Zentraler Aspekt der Unternehmensteuerreform ist die Senkung der Steuersätze. Das betrifft die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % und die Einführung der Abgeltungsteuer für die Besteuerung von Dividenden (siehe dazu § 4). Die Senkung des Steuersatzes gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2008, § 34 Abs. 11a KStG. Für Körperschaften mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr gilt der Körperschaftsteuersatz von 15 % bereits für das Wirtschaftsjahr 2007/2008. ! Praxishinweis: Die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr kann von Vorteil sein, da zu einem früheren Zeitpunkt von der Reduzierung des Steuersatzes profitiert werden kann. Aus bilanzpolitischer Sicht sollte über Gewinnverlagerungen in das Wirtschaftsjahr 2008 nachgedacht werden.
II. 2
3
Änderungen der Einkommensteuer1
Der Einkommensteuertarif natürlicher Personen nach § 32a EStG bleibt unverändert. Eine „Änderung“ ergibt sich, als die für den Veranlagungszeitraum 2007 eingeführte Erhöhung des Steuersatzes auf 45 % ab einem Einkommen größer € 250.000 (sog. „Reichensteuer“) bestehen bleibt und künftig alle Einkunftsarten betrifft. Für Gewinneinkünfte (gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) gab es für den Veranlagungszeitraum 2007 eine Tarifbegrenzung nach § 32c EStG, so dass Gewinneinkünfte dem Höchststeuersatz von nur 42 % unterlagen. Diese Sonderregelung für Gewinneinkünfte sollte nur im Veranlagungszeitraum 2007 gelten, § 52 Abs. 44 EStG. Das Unternehmensteuerreformgesetz hat diese Ausnahmeregelung nicht verlängert, so dass ab 2008 die Tarifbegrenzung für Gewinneinkünfte nicht mehr gilt. Ab 2008 beträgt der Spitzensteuersatz 45 % für sämtliche Einkünfte ab € 250.000. Zur Vervollständigung der Abgeltungsteuer wird mit Wirkung ab 2009 mit § 32d EStG ein Sondersteuersatz von 25 % für Einkünfte aus Kapitalvermögen eingeführt. Dieser Sondersteuersatz gilt nicht für Gewinneinkunftsarten, z. B. für Zinseinnahmen aus einer betrieblichen Darlehensforderung. Auch diejenigen Einkünfte aus Kapitalvermögen, die z. B. nicht bereits im Wege des Quellensteuerabzugs mit 25 % besteuert werden, sollen nur dem Sondertarif von 25 % unterliegen. Nach § 32d Abs. 6 EStG kann der Steuerpflichtige statt der Anwendung des Sondersteuersatzes von 25 % die Einbeziehung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Einkommensteuerveranlagung beantragen und diese Einkünfte mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern. Da 1
48
Aus Vereinfachungsgründen wurde bei den Berechnungen der Einkommensteuer in den nachfolgenden Kapiteln die Kirchensteuer nicht mit berücksichtigt.
B
3
Gewerbesteuer und Gewerbesteueranrechnung
in derartigen Fällen der jeweilige persönliche Einkommensteuersatz unter 25 % liegen wird, stellt die Grenze von 25 % faktisch den Spitzensteuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen dar.
Gewinneinkünfte Einkünfte aus Kapitalvermögen Dividenden Zinseinkünfte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Spitzensteuersatz in 2007
Spitzensteuersatz ab 2008
Spitzensteuersatz ab 2009
42,0 % 45,0 % 22,5 % 45,0 % 45,0 %
45,0 % 45,0 % 22,5 % 45,0 % 45,0 %
45,0 % 25,0 % 25,0 % 25,0 % 45,0 %
45,0 %
45,0 %
45,0 %
3
Nicht der Abgeltungsteuersatz von 25 %, sondern der reguläre Einkommensteuersatz gilt bei der Besteuerung von Zinseinnahmen aus bestimmten Darlehensbeziehungen bzw. Einkünften aus einer typisch stillen Beteiligung (§ 32d Abs. 2 EStG). Das betrifft: ■ Finanzierungsbeziehungen zwischen nahe stehenden Personen, ■ Finazierung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft durch einen zu mindestens 10 % beteiligten Gesellschafter bzw. eine diesem nahe stehende Person, ■ Finanzierung durch einen Dritten (z. B.) eines Betriebs, einer Mitunternehmerschaft, einer Kapitalgesellschaft oder genossenschaft, wenn der Betriebsinhaber, Mitunternehmer oder Gesellschafter Zinseinnahmen von dem gleichen Dritten (Identität ist erforderlich) bezieht („back-to-back Finanzierung“). Voraussetzung ist wiederum eine Mindestbeteiligung von 10 %. Gleiches gilt, wenn statt des Gesellschafters eine nahe stehende Person z. B. Zinserträge bei einer Bank erzielt und die Bank auf diese nahe stehende Person zurückgreifen kann. § 32d Abs. 2 c) Satz 3 EStg dehnt das auf Fälle aus, bei denen z. B. die Finanzierung durch die Bank nicht der Erzielung betrieblicher Einkünfte, sondern der Erzielung von Überschusseinkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG dient. Das ist beispielsweise der Fall, wenn das bankdarlehen zur Finanzierung von vermieteten Immobilien aufgenommen wird.
B.
Gewerbesteuer und Gewerbesteueranrechnung
I.
Vorbemerkung und Überblick
B
Die Gewerbesteuer ist seit jeher eine heftig umstrittene Steuer. Einigkeit bestand bei den Diskussionen zur Unternehmensteuerreform, dass die Gewerbesteuer grundlegend zu reformieren ist. An Reformvorschlägen mangelte es nicht.2 Sie reichten von der Abschaffung der Gewerbesteuer unter Änderung der Einkommensteuerumlage bis zu verschiedenen Modellen einer kommunalen Steuer in Form einer Wertschöpfungssteuer, einer kommunalen Bürgersteuer oder einer kommunalen Unternehmensteuer.3 Diese Reformüberlegungen gingen einher mit den Bestrebungen, die 2 3
Knirsch/Niemann, StuW 2006, 278; Hey StuW 2002, 314; Herzig/Bohn, DB 2006, 1. Zu den verschiedenen Reformmodellen und insbesondere auch den Vorstellungen der politischen Parteien vgl. die Darstellung bei Knirsch/Niemann, StuW 2006, 278 ff.
49
4
3
3
§ 3 Senkung der Steuersätze Unternehmensteuern rechtsformneutral auszugestalten.4 Sicherlich auch aufgrund der höheren Steuereinnahmen aus dieser Quelle unterblieb eine derartige Reform.5 Die durch das Unternehmensteuerreformgesetz erfolgten Änderungen führen sogar dazu, dass die Gewerbesteuer an Bedeutung gewinnt. Teilweise wurde deshalb von einer „Revitalisierung“ der Gewerbesteuer gesprochen.6 Die Hinzurechnungstatbestände wurden bei der Hinzurechnung von Finanzierungskosten wesentlich modifiziert (Zu den Änderungen der Hinzurechnungs- und Kürzungstatbeständen der §§ 8, 9 GewStG im Einzelnen: siehe § 6). Kernpunkt der Kritik an der Gewerbesteuer ist vor allem die Besteuerung ertragsunabhängiger Elemente, die zu einer Substanzbesteuerung führen würden.7 So beinhaltet die Entschließung des Bundesrates im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Unternehmensteuerreform den Hinweis, dass die Ausweitung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer nicht zu einer Substanzbesteuerung führen darf. Das grundlegende Prinzip der Gewerbesteuer als Steuer auf den Unternehmensgewinn müsse erhalten bleiben.8 Nachfolgend sollen die Änderungen beim Gewerbesteuertarif und der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG dargestellt werden. Steuermesszahl
Verzahnung mit dem Einkommensteuerund Körperschaftsteuerrecht
Bisheriges Recht bis 2007
Künftiges Recht ab 2008
Staffeltarif für natürliche Personen und Personengesellschaften: 1 % bis 5 %
Rechtsformunabhängig: 3,5 %
Für Körperschaften: 5 % Gewerbesteuer ist als Betriebsausgabe abzugsfähig und mindert sowohl ihre eigene Bemessungsgrundlage wie auch die Bemessungsgrundlage der Einkommen- und Körperschaftsteuer Bei natürlichen Personen:
4 5 6 7 8
50
Die Gewerbesteuer ist nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig, § 4 Abs. 5b EStG und mindert weder die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer, noch für die Einkommen- und Körperschaftsteuer Bei natürlichen Personen:
Pauschale Anrechnung der Gewerbesteuer in Höhe des 1,8fachen des der natürlichen Person zuzurechnenden Gewerbesteuermessbetrags auf die tarifliche Einkommensteuer.
Pauschale Anrechnung der Gewerbesteuer in Höhe des 3,8fachen des der natürlichen Person zuzurechnenden Gewerbesteuermessbetrags auf die tarifliche Einkommensteuer. Die Erhöhung dieses Faktors bewirkt keine zusätzliche Entlastung für gewerbliche Einkünfte, sondern korrigiert die Belastungswirkung aus der fehlenden Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe.
Keine Beschränkung auf den tatsächlich zu zahlenden Betrag der Gewerbesteuer
Beschränkung auf den tatsächlich zu zahlenden Betrag der Gewerbesteuer
Hervorzuheben ist das Reformkonzept der Stiftung Marktwirtschaft, dazu: Herzig/Bohn, DB 2006, 1. Herzig, DB 2007, 1541. Herzig, DB 2007, 1541 mit umfangreichen Berechnungen zur künftigen Bedeutung der Gewerbesteuer. Kußmaul/Zabel, BB 2007, 967, 973. BR-Drs. 384/07, S. 2.
B
II.
3
Gewerbesteuer und Gewerbesteueranrechnung
Änderung der Steuermesszahl
Die Steuermesszahl wird einheitlich mit 3,5 % festgesetzt (§ 11 Abs. 2 GewStG). Die bisherige Staffelung bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften entfällt. Danach betrug die Steuermesszahl 1 % für die ersten € 12.000 des Gewerbeertrags und erhöhten sich jeweils um 1 % für jede weiteren € 12.000 bis zu 5 %. Bei Körperschaften betrug die Steuermesszahl einheitlich 5 %. Unverändert bleiben die bisherigen gewerbesteuerlichen Freibeträge in Höhe von € 24.500 für natürliche Personen und Personengesellschaften, sowie € 3.900 für bestimmte Unternehmen (§ 11 Abs. 1 GewStG). Die Abschaffung des Staffeltarifs wirkt sich vor allem für kleinere Unternehmen aus, deren Gewinn vor Gewerbesteuer unter € 100.000 liegt. Aufgrund des höheren Staffeltarifs wird deren Gewerbesteuerbelastung, verglichen mit der bis 2007 geltenden Rechtslage, ansteigen.9 Diese Mehrbelastung wird durch die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer (teilweise) kompensiert. Die Senkung und die Vereinheitlichung der Steuermesszahl gelten ab dem Erhebungszeitraum 2008, § 36 Abs. 9a GewStG.
III.
5
3
Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe
Die Gewerbesteuer ist künftig nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig (§ 4 Abs. 5b EStG). Ziel dieser Regelung ist die Verbesserung der „Steuerbelastungstransparenz“.10 Bislang war die Gewerbesteuer eine abzugsfähige Betriebsausgabe. Sie minderte sowohl die steuerpflichtigen Einkünfte bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer als auch die eigene Bemessungsgrundlage. Als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe ist die Gewerbesteuer dem Gewinn außerbilanziell hinzuzurechnen. Die mit der Gewerbesteuer zusammenhängenden Nebenleistungen stellen keine steuerlich abzugsfähigen Betriebsausgaben dar. Soweit die Gewerbesteuer oder eine damit zusammenhängende Nebenleistung erstattet wird, ist die Erstattung keine steuerpflichtige Betriebseinnahme, wenn die vorausgehenden Aufwendungen nichtabzugsfähig waren.11
6
! Praxishinweis Die Gewerbesteuerschuld sollte innerhalb der Karenzfrist des § 233a AO (15 Monate) beglichen werden. Die auf die Gewerbesteuerschuld festgesetzten Zinsen von 6 % p.a. sind künftig nichtabzugsfähige Betriebsausgaben. Nach der Gesetzesformulierung ist unklar, ob die Gewerbesteuer künftig nicht mehr als betrieblich veranlasste Ausgabe anzusehen ist oder eine betrieblich veranlasste Ausgabe darstellt, die jedoch aus steuerlichen Gründen nichtabzugsfähig ist. Bedeutung hat diese Unterscheidung für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG (Einschränkung des betrieblichen Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen). Würde die Gewerbesteuer nicht als betrieblich veranlasst gewertet werden, wäre sie steuerlich wie eine Entnahme zu behandeln und würde in die Ermittlung von Überentnahmen des § 4 Abs. 4a EStG einbezogen werden. Zutreffend ist die Behandlung als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe. An dem tatsächlich gegebenen betrieblichen Veranlassungszusammenhang bestehen aufgrund des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer keine Zweifel. Die gesetzliche Formulierung, dass die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben sind, kann nur so verstanden werden, dass die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden darf und eine nichtabzugsfähige Betriebsausgabe darstellt. 9 Siehe die Vergleichsberechnungen von Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693, 694 f. 10 BT-Drs. 16/4841, S. 47. 11 Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693f.
51
7
3
§ 3 Senkung der Steuersätze Die Umqualifizierung der Gewerbesteuer in eine nichtabzugsfähige Betriebsausgabe gilt erstmals bei der Festsetzung der Gewerbesteuer für Erhebungszeiträume, die nach dem 31.12.2007 enden, § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG.
IV.
3 8
9
Auswirkungen
Aus der Änderung der Gewerbesteuermesszahl und der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe ergeben sich in Abhängigkeit von den festgesetzten Hebesätzen folgende Auswirkungen: Hebesatz
200 %
300 %
350 %
380 %
400 %
450 %
490 %
Gewerbesteuer bis 2007 Gewerbesteuer ab 2008 Veränderung
9,09 %
13,04 %
14,89 %
15,97 %
16,67 %
18,37 %
19,68 %
7,00 %
10,50 %
12,25 %
13,30 %
14 %
15,75 %
17,15 %
-2,09 %
-2,54 %
-2,64 %
-2,67 %
-2,67 %
-2,62 %
-2,53 %
Nach § 19 Abs. 3 Satz 5 GewStG können Gewerbetreibende, die ihren Gewinn im Wege des Bestandsvergleichs ermitteln, bei der Festsetzung des Messbetrags für Zwecke der Gewerbesteuervorauszahlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beantragen, dass die Änderungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz berücksichtigt werden. Das Finanzamt kann den Steuerpflichtigen zur Abgabe des Vordrucks auffordern. ! Praxishinweis Gewerbetreibende sollten die Be- und Entlastungswirkungen der Unternehmensteuerreform anhand des in 2007 erzielten voraussichtlichen Gewinns planen und ggf. einen entsprechenden Antrag beim Finanzamt stellen, um die Gewerbesteuervorauszahlungen zu reduzieren und die Liquiditätslage des Unternehmens zu entlasten. Bei den Planrechnungen sollten nicht nur die tariflichen Erleichterungen berücksichtigt werden, sondern auch die Erhöhungen der Bemessungsgrundlage durch Anwendung der Zinsschranke und der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen.
10
V.
Gewerbesteueranrechnung
1.
Funktionsweise des § 35 EStG
Nach § 35 EStG wird die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer pauschal angerechnet. Das geschieht technisch, indem sich die tarifliche Einkommensteuer um den mit einem Faktor multiplizierten Gewerbesteuermessbetrag mindert. Die Gewerbesteueranrechnung ist bisher in zweierlei Hinsicht begrenzt: ■ Die Gewerbesteueranrechnung wird auf die tarifliche Einkommensteuer vorgenommen. Ist diese z. B. aufgrund von Verlustverrechnungen € 0, dann geht die Gewerbesteueranrechnung ins Leere (absoluter Anrechnungshöchstbetrag).
52
B
3
Gewerbesteuer und Gewerbesteueranrechnung
■
Die Gewerbesteueranrechnung ist außerdem auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte begrenzt (relativer Anrechnungshöchstbetrag). Es erfolgt eine Höchstbetragsrechnung, indem die gewerblichen Einkünfte zur Summe der Einkünfte ins Verhältnis gesetzt werden (nicht: zu versteuerndes Einkommen).12 Kann aufgrund der Anrechnungshöchstbeträge keine vollständige Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer erfolgen, entsteht ein Anrechnungsüberhang. Ein solcher Anrechnungsüberhang verfällt. Er kann nicht in Folgejahren genutzt werden.
2.
3
Erhöhung des Anrechnungsfaktors und Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer
Der Anrechnungsfaktor wird von 1,8 auf 3,8 erhöht. Zugleich besteht künftig eine dritte Begrenzung der Gewerbesteueranrechnung. Die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer stellt die Obergrenze für die Gewerbesteueranrechnung dar, § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG. Bislang erfolgte die Anrechnung unabhängig von der tatsächlichen Gewerbesteuerbelastung. Ob eine Kompensation der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer bewirkt wurde, hing von den Hebesätzen in den einzelnen Gemeinden ab. Die pauschale Gewerbesteueranrechnung konnte eine Überkompensation bewirken, wenn die Hebesätze besonders niedrig waren. In diesem Fall war die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer niedriger als die Reduzierung der Einkommensteuer infolge der Gewerbesteueranrechnung. Die pauschale Gewerbesteueranrechnung konnte aber auch eine Unterkompensation begründen, weil aufgrund hoher Hebesätze die Einkommensteuer nicht vollständig von der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer entlastet wurde. In der Vergangenheit hatte das dazu geführt, dass Gemeinden ihr Hebesatzrecht nutzten, um durch Herabsetzung der Hebesätze die Attraktivität ihrer Gemeinde als Wirtschaftsstandort zu erhöhen. Teilweise waren die Hebesätze bis auf 0 % reduziert worden. Eine Anrechnung der „fiktiven“ Gewerbesteuer erfolgte, ohne dass sich eine nennenswerte tatsächliche Gewerbesteuerbelastung ergab. Dagegen hat der Gesetzgeber mehrfach interveniert, zuletzt durch die Bestimmung eines Mindesthebesatzes von 200 %, § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG, so dass eine Überkompensation bei Hebesätzen zwischen 200 % bis ca. 390 % möglich war. Mit der Unternehmensteuerreform ist auch diese Möglichkeit einer Überkompensation und der damit verbundenen Reduzierung der Gesamtsteuerbelastung entfallen. Künftig bildet die tatsächliche Gewerbesteuerbelastung die Obergrenze für die Anrechnung der Gewerbesteuer. Da es im Übrigen bei einer pauschalierten Form der Gewerbesteueranrechnung bleibt, kann es weiterhin zu Unterkompensationen, d.h. zu einer nicht vollständigen Entlastung der Einkommensteuer von der Gewerbesteuer kommen. Der Grenzhebesatz liegt bei ca. 400 %.
12 Glanegger, in: Schmidt, EStG, § 35 Rn 12; Förster, DB 2007, 760, 761; BFH, Urteil vom 27.09.2006, BFH/NV 2007, 811.
53
11
12
3
§ 3 Senkung der Steuersätze
Hebesatz
3
200 %
350 %
380 %
400 %
450 %
490 %
500 %
Einkommensteuerbelastung für nicht gewerbliche Einkünfte Solidaritätszuschlag
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
2,48 %
2,48 %
2,48 %
2,48 %
2,48 %
2,48 %
2,48 %
Gesamtsteuerbelastung
47,48 %
47,48 %
47,48 %
47,48 %
47,48 %
47,48 %
47,48 %
Gewerbesteuer ab 2008 Einkommensteuer (vor Anrechnung der Gewerbesteuer)
7,00 %
12,25 %
13,30 %
14,00 %
15,75 %
17,15 %
17,50 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
45,00 %
-7,00 %
-12,25 %
-13,30 %
-13,30 %
-13,30 %
-13,30 %
-13,30 %
38,00 %
32,75 %
31,70 %
31,70 %
31,70 %
31,70 %
31,70 %
2,09 %
1,80 %
1,74 %
1,74 %
1,74 %
1,74 %
1,74 %
47,09 %
46,80 %
46,74 %
47,44 %
49,19 %
50,59 %
50,94 %
-0,39 %
-0,67 %
-0,73 %
-0,03 %
1,72 %
3,12 %
3,47 %
Anrechnung der Gewerbesteuer Einkommensteuerbelastung Solidaritätszuschlag Gesamtsteuerbelastung Über- und Unterkompensation der Gewerbesteueranrechnung
13
Die geringfügige Überkompensationswirkung aufgrund niedriger Hebesätze resultiert daraus, dass sich die Gewerbesteueranrechnung, anders als bei der Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2 Satz 3 EStG), nach § 2 Abs. 3 SolZG auf die Bemessung des Solidaritätszuschlags auswirkt.13 Da die Gewerbesteueranrechnung nicht mehr dazu führen kann, dass der Anrechnungsbetrag die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer übersteigt, wäre es naheliegend gewesen, den Gemeinden das uneingeschränkte Hebesatzrecht zu gewähren und den Mindesthebesatz von 200 % abzuschaffen. Das ist bislang nicht erfolgt. Verfahrensrechtliche Konsequenz der Begrenzung der Gewerbesteueranrechnung auf die Gewerbesteuer ist, dass bei Mitunternehmerschaften und für den persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien nicht nur der auf den einzelnen Mitunternehmer bzw. persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA zu verteilende Gewerbesteuermessbetrag, sondern zusätzlich die tatsächliche Gewerbesteuerbelastung einheitlich und gesondert festgestellt wird. Künftig wird der Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde, in dem die Gewerbesteuer für die Mitunternehmerschaft bzw. KGaA festgesetzt wird, Grundlagenbescheid für den Bescheid, der die Aufteilung der Gewerbesteuerbelastung festsetzt.14 Für die Aufteilung der Gewerbesteuer ist nicht die Gemeinde zuständig, die die Gewerbesteuer festsetzt, sondern das nach § 35 Abs. 3 EStG für die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Mitunternehmerschaft bzw. KGaA zuständige Finanzamt. 13 Zu den weiteren Entlastungswirkungen vgl. Herzig/Lochmann, DB 2007, 1037 ff. 14 BT-Drs 16/4841, S. 65.
54
B
3.
3
Gewerbesteuer und Gewerbesteueranrechnung
Auswirkungen auf Anrechnungsüberhänge
Die Gewerbesteueranrechnung ist bereits nach dem bis Ende 2007 geltenden Recht auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte begrenzt. Der Anrechnungsbetrag wird durch die tarifliche Einkommensteuer (absoluter Anrechnungshöchstbetrag) und durch die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte im Verhältnis zur Summe der Einkünfte begrenzt (relativer Anrechnungshöchstbetrag).15 Die Summe der Einkünfte wird nach einem Verlustausgleich des jeweils laufenden Veranlagungszeitraums mit Verlusten aus anderen Einkunftsquellen (anderer Gewerbebetrieb, anderen Einkunftsarten) gebildet.16 Bei der Verrechnung eines laufenden Verlustes zwischen den verschiedenen Einkunftsarten bestanden unterschiedliche Auffassungen zwischen Finanzverwaltung und Rechtsprechung. Nach Ansicht der Rechtsprechung hat vorrangig eine Verrechnung des Verlustes mit den nichtgewerblichen anderen Einkunftsarten zu erfolgen.17 Die Finanzverwaltung ging von einer Aufteilung des Verlustes entsprechend dem vorgenannten relativen Anrechnungshöchstbetrags aus. Der Verlust wird mit den gewerblichen Einkünften im Verhältnis dieser Einkünfte zur Summe der positiven Einkünfte der anderen Einkunftsarten verrechnet.18 Die Finanzverwaltung folt nunmehr in dem jüngst veröffentlichten Schreiben vom 19.09.2007 der Rechtssprechung. Keine Verlustverrechnung bzw. nur eine eingeschränkte Verlustverrechnung mit gewerblichen Einkünften dürfte ab 2009 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen möglich sein. Auch wenn eine Einbeziehung in die Veranlagung nach § 32d EStG erfolgt, ist u.E. die Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 20 Abs. 6 EStG auch für Zwecke der Gewerbesteueranrechnung zu beachten.19 Ein Anrechnungsüberhang kann entstehen, wenn sich das aus dem Gewerbesteuermessbetrag ergebende Anrechnungsvolumen größer ist als die anteilige tarifliche Einkommensteuer.20 Gründe für einen Anrechnungsüberhang können sein:21 ■ Abweichungen zwischen der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer und der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, z. B. aufgrund von gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen nach § 8 GewStG. ■ Minderung der tariflichen Einkommensteuer aufgrund der Verrechnung mit Verlustvorträgen, dem Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. ■ Minderung der tariflichen Einkommensteuer durch Steuerermäßigungen nach § 34f EStG und § 34g EStG. Eine weitere Quelle für Anrechnungsüberhänge auf der einen Seite und zu geringe Anrechnungsbeträge auf der anderen Seite kann sich aus den Besonderheiten der Gewinnermittlung für Mitunternehmerschaften ergeben. Z. B. kann sich durch das Ergebnis der Ergänzungs- oder Sonderbilanzen die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage der Mitunternehmerschaft verbreitern. Am Gewerbesteuermessbetrag der Mitunternehmerschaft partizipiert jeder Gesellschafter entsprechend seiner Beteiligungsquote. Die einem Mitunternehmer zuzurechnenden Anrechnungsüberhänge gehen verloren, während bei einem anderen Mitunternehmer keine vollständige Kompensation der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer erreicht wird. Dieser Umstand führte bereits in der Vergangenheit zu Anpassungsnotwendigkeiten bei der Gestaltung der Gewinnverteilungsabreden in Gesellschaftsverträgen. 15 16 17 18 19 20 21
BFH, Urteil vom 27.09.2006, BFH/NV 2007, 811. BFH, Urteil vom 27.09.2006, BFH/NV 2007, 811. BFH, Urteil vom 27.09.2006, BFH/NV 2007, 811. BMF, Schreiben vom 12.01.2007, BStBl. I 2007, 109; zur Kritik an der Finanzverwaltung: Förster, DB 2007, 760, 762. Vgl. dazu Förster, DB 2007, 760, 762; siehe oben Rn. 10. Förster, DB 2007, 760, 761. Vgl. die Aufzählung bei Förster, DB 2007, 760, 761.
55
14
3
15
16
3
§ 3 Senkung der Steuersätze Mit der Einführung einer weiteren Begrenzung der Gewerbesteueranrechnung gewinnen die Anrechnungsüberhänge weiter an Bedeutung.22 ! Praxishinweis: Bestehende Gesellschaftsverträge sollten diesbezüglich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Soweit bereits eine Regelung zu § 35 EStG getroffen worden ist, sollte überprüft werden, ob sich aus der Neufassung des Gesetzes zusätzlicher Anpassungsbedarf ergibt.
3 17
Zu beachten sind die Auswirkungen der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG auf die Gewerbesteueranrechnung (zur Thesaurierungsbegünstigung siehe ausführlich § 7). Gewinne, die dem Sondertarif des § 34a EStG unterliegen, nehmen nicht am Verlustausgleich und Verlustabzug teil. Aus der sich daraus ergebenden Verschiebung der Verlustverrechnung können sich nicht nutzbare Anrechnungsüberhänge ergeben.23 Der Nachversteuerungsbetrag nach § 34a Abs. 4 EStG erhöht wiederum die tarifliche Einkommensteuer, und damit die Anrechnungshöchstgrenze.24 ! Praxishinweis: Aus steuerplanerischer Sicht sollten diese Wirkungen der Gewerbesteueranrechnung bei der Frage, ob die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung für den Steuerpflichtigen vorteilhaft ist, berücksichtigt werden. Insbesondere sollte geprüft werden, ob nicht zusätzliche Anrechnungsüberhänge entstehen, die nicht genutzt werden können und dadurch eine nicht vollständige Kompensation der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer bewirken. Nach der allgemeinen Regelung des § 52 Abs. 1 EStG gelten die Änderungen der Gewerbesteueranrechnung ab 2008.
C
18
C.
Auswirkungen der Senkung der Steuersätze
I.
Natürliche Personen/Personengesellschaften
Bei Personenunternehmen (Einzelunternehmer, Personengesellschaft mit natürlichen Personen als Gesellschafter) ergibt sich künftig folgende steuerliche Belastung: Gewinn vor Steuern
bis 2007 100,00 %
ab 2008 100,00 %
Differenz 0,00 %
Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %)
-16,67 %
-14 %
-2,67 %
83,33 %
86 %
-2,67 %
-37,50 %
-45,00 %
7,50 %
7,50 %
13,30 %
-5,80 %
-30,00 %
-31,70 %
1,70 %
tarifliche Einkommensteuer (45 %) Gewerbesteueranrechnung festzusetzende Einkommensteuer Solidaritätszuschlag
-1,65 %
-1,74 %
0,09 %
Gesamtsteuerbelastung
-48,32 %
-47,44 %
-0,87 %
22 Förster, DB 2007, 760, 761. 23 Förster, DB 2007, 760, 764. 24 Förster, DB 2007, 760, 764.
56
3
C Auswirkungen der Senkung der Steuersätze
II.
Kapitalgesellschaften
Für die Steuerbelastung wirkt sich vor allem die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % aus. Insgesamt ergibt sich folgende Reduzierung der tariflichen Steuerbelastung auf Ebene der Körperschaft (Thesaurierungsfall):
19
3 bis 2007
ab 2008
Differenz
Gewinn vor Steuern
100,00 %
100,00 %
0,00 %
Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %)
-16,67 %
-14,00 %
-2,67 %
83,33 %
86,00 %
-2,67 %
Festzusetzende Körperschaftsteuer
-20,83 %
-15,00 %
-5,83 %
Solidaritätszuschlag
-1,15 %
-0,83 %
-0,32 %
Gesamtsteuerbelastung
-38,65 %
-29,83 %
-8,82 %
Unter Berücksichtung von Gewinnausschüttungen ergibt sich im Vergleich zwischen Kapital- und Personengesellschaft ab 2009 (Geltung der Abgeltungsteuer) folgende Steuerbelastung: Personengesellschaft/ Einzelunternehmer Ebene der Gesellschaft Gewinn vor Steuern Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %) Körperschaftsteuer (15 %) Solidaritätszuschlag (5,5 %) Steuerbelastung auf Ebene der Gesellschaft
100,00 % -14,00 %
Kapitalgesellschaft
-14,00 %
100,00 % -14,00 % -15,00 % -0,83 % -29,83 %
Ebene des Gesellschafters Dividende tarifliche Einkommensteuer/Abgeltungsteuer
-45,00 %
70,18 % -17,54 %
Anrechnung der Gewerbesteuer festgesetzte Einkommensteuer Solidaritätszuschlag Steuerbelastung auf Ebene des Gesellschafters
13,30 % -31,70 % -1,74 % -33,44 %
-17,54 % -0,96 % -18,51 %
Steuerbelastung insgesamt
-47,44 %
-48,33 %
57
20
4
§ 4 Die Abgeltungsteuer A 1
4
2
A.
Hintergrund der Abgeltungsteuer
In zahlreichen europäischen Staaten gibt es sie bereits,1 ab 2009 auch in Deutschland: Die Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge. Während es in Luxemburg und Griechenland für Zinsen eine Abgeltungsteuer von 10 %, in Belgien und Malta von 15 % gibt, folgt Deutschland dem Beispiel von Österreich, wo es bereits seit 1996 eine Abgeltungsteuer von 25 % gibt. Nach dem Leitbild Österreich wird in Deutschland für Zinsen und Dividenden eine Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %, mit der Optionsmöglichkeit für den Steuerpflichtigen zur Versteuerung der Kapitalerträge nach seinem persönlichen Steuersatz im Veranlagungsverfahren, ab dem Veranlagungszeitraum 2009 eingeführt. Die Abgeltungsteuer erhöht sich um den Solidaritätszuschlag von 5,5 % und auf Antrag auch um die Kirchensteuer. Ohne entsprechenden Antrag erfolgt eine reguläre Veranlagung zur Kirchensteuer. Die Abgeltungsteuer betrifft keine Unternehmen, sodass sie wie ein Fremdkörper im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wirkt. Sie wurde zur Verfolgung des zweiten Hauptziels der Unternehmensteuerreform, der Verminderung der Steuerflucht ins Ausland, ins Gesetz aufgenommen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das Interesse der hiesigen Steuerpflichtigen, ihr Kapital allein aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern, durch die Einführung der Abgeltungsteuer sinken wird.2 Wie in der FAZ und der Börsen-Zeitung vom 08.03.2007 zu lesen war, warnte die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) demgegenüber bereits vor einer Schädigung der Aktienkultur aufgrund der Höhe des Abgeltungssatzes, der bei vielen Aktionären zu deutlichen steuerlichen Mehrbelastungen auf die Dividenden führen wird. Nach dem Halbeinkünfteverfahren wurden Dividenden bei Höchststeuersatz (durch Reichensteuer ab 2007) inkl. Solidaritätszuschlag max. mit 23,7375 % (bis 2006: 22,155 %) belastet. Infolge der Abgeltungsteuer beträgt die Steuerbelastung inkl. Solidaritätszuschlag 26,375 %. Fraglich ist, ob dies durch höhere Gewinnausschüttungen aufgrund des gleichzeitig sinkenden Körperschaftsteuersatzes zumindest teilweise kompensiert wird. Wenger rät deutschen Aktionären angesichts der Steuererhöhung für die Dividenden in der FAZ vom 28.06.2007 gar, die Koffer zu packen. Der Bundesverband Investment und Asset-Management (BVI) hat sich in der Financial Times Deutschland vom 23.03.2007 gegen den nach seiner Einschätzung international unüblichen Einbezug der Wertzuwächse in die Abgeltungsteuer gewendet und Vertrauensschutz für bereits laufende Dauerverträge gefordert. Er sieht darin einen Nachteil für die politisch geforderte private Altersversorgung. Durch die Optionsmöglichkeit zur Veranlagung mit dem persönlichen Steuersatz bietet der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen das Günstigkeitsprinzip, was allerdings nicht bedeutet, dass die Steuerfolgen im Verhältnis zu den bestehenden Regelungen unbedingt günstig sind. Denn mit der Einführung der Abgeltungsteuer ist der Abschied vom günstigeren Halbeinkünfteverfahren für Dividenden bei Privatanlegern verbunden. Ferner bringt die Abgeltungsteuer eine Erweiterung der Steuertatbestände mit sich. 1 2
58
Übersicht bei Wagner, Stbg 2007, 313, 314. BR-Drs. 220/07, 2.
4
A Hintergrund der Abgeltungsteuer Ob die Gewährleistung der Anonymität des Steuerpflichtigen infolge der abschließenden Besteuerung durch den Kapitalertragsteuerabzug für die Steuerpflichtigen zum einen als großer Standortvorteil Deutschlands erscheint und zum anderen von ihnen als sicher angesehen wird, ist zu bezweifeln. Denn der Kontenabruf wird durch die Abgeltungsteuer nicht obsolet, verliert aber seine Breitenwirkung. Und mit dem Vertrauen in die Stetigkeit der deutschen Steuergesetze dürfte es nicht so weit her sein. Der Gesetzgeber täte gut daran, bei seinen Hochrechnungen künftiger Einnahmen einen Mißtrauensabschlag der Steuerpflichtigen einzukalkulieren. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005 wird die Abgeltungsteuer noch nicht explizit erwähnt. Dort wird als Ziel der Reformtätigkeit des Gesetzgebers die Vereinfachung und internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Steuerrechts ausgesprochen. Hinsichtlich der Einkommensteuer wird die Einführung von Typisierungen und Pauschalierungen zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens und zum Abbau von Bürokratie angekündigt. Ferner sollen vorhandene Steuerquellen besser ausgeschöpft und Besteuerungsrechte entschlossen durchgesetzt werden. Die Abgeltungsteuer ist zweifellos eine Pauschalierung mit enormer Reichweite, umfasst sie doch eine komplette Einkunftsart. Ob sie auch eine Modernisierung der Besteuerung privater Kapitaleinkommen darstellt, vermögen wir nicht zu sagen. Das hängt davon ab, was man als modern ansieht. Die bessere Ausschöpfung der Steuerquelle Kapital wird nach der Erwartung des Gesetzgebers mit der Abgeltungsteuer jedenfalls erreicht. Denn der Gesetzgeber beruft sich bei der Einführung der Abgeltungsteuer auf die guten Erfahrungen, die andere EU-Staaten bereits mit einer vergleichbaren Steuer gemacht haben. Dabei bleibt nicht unerwähnt, dass sich in Österreich das Steueraufkommen aus Kapitalerträgen nach der Einführung der Abgeltungsteuer sehr stark erhöht hat.3 Insgesamt geht der Gesetzgeber davon aus, dass er dem Steuerpflichtigen mit der deutlichen Absenkung der Steuersätze für Kapitalgesellschaften und der Einführung der Abgeltungsteuer etwas Gutes tut, sodass sich der Abschied der Privatanleger vom Halbeinkünfteverfahren bei Gewinnausschüttungen verschmerzen lassen soll.
3
> Praxisbeispiel: Dividendenbesteuerung nach altem und nach neuem Recht4 Nachfolgend wird einmal vereinfacht skizziert, welche steuerlichen Folgen sich schematisch aus den Änderungen der Unternehmensteuerreform 2008 beim Bezug von Dividenden einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Gesellschaftsund Anteilseignerebene ergeben. Handicap dieser schematischen Vergleiche ist, dass man die Gegenfinanzierungsmaßnahmen nicht abbilden kann. Damit ist bereits die Ausgangsgröße Gewinn irreführend. Gewinn 100 ist vor und nach der Reform nicht gleich Gewinn 100. Man kann auf Gesellschaftsebene nicht zugrunde legen, dass der Gewinn vor und nach der Reform gleich ist. Denn die weiteren Maßnahmen der Reform haben durch ihren Einfluss auf die Bemessungsgrundlage erhebliche Auswirkungen auf die Höhe des Gewinns der Unternehmen. Dabei kann es zu größeren oder kleineren Verbesserungen oder Verschlechterungen der Ertragssituation kommen. Daher kann dieser Einfluss auch nicht durch eine pauschale Korrektur der Ausgangsgröße berücksichtigt werden. Insoweit sei vorweg genommen, dass der nachfolgende Vergleich hinkt. Ferner bleibt der Wegfall des Werbungskostenabzugs bei der Abgeltungsteuer unberücksichtig. Auch dieser Faktor kann je nach Finanzierung der Einkunftsquelle ganz erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Belastung des Anteilseigners haben.
6
3 4
BR-Drs 220/07, 52. Pflüger, GStB-Sonderdruck Unternehmensteuerreform 2008, 31.
59
4
5
4
4
§ 4 Die Abgeltungssteuer Halbeinkünfteverfahren Gewinn Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer Gewinnausschüttung Einkommensteuer Solidaritätsabschlag Nettoausschüttung
Steuerbelastung Gesellschaft Steuerbelastung Anteilseigner Gesamtsteuerbelastung
4 7
100 29,8
61,3 13,8 0,8
70,2 17,6 1
46,7
51,6
38,7 14,6
29,8 18,6
53,3
48,4
> Praxisbeispiel: Dividendenbesteuerung in der betrieblichen und in der privaten Sphäre im neuen System5 Im zweiten Beispiel wird einmal skizziert, wie sich die unterschiedliche Dividendenbesteuerung ab 2009 auswirkt. Während die Dividendenbesteuerung in der privaten Sphäre durch die Abgeltungsteuer erfolgt, ist für die Dividendenbesteuerung in der betrieblichen Sphäre das Teileinkünfteverfahren anwendbar. Auch hier muss der Faktor des unterschiedlichen Werbungskostenabzugs unberücksichtigt bleiben. Während bei der Abgeltungsteuer ein Ausschluss des Werbungskostenabzugs gilt, können im Teileinkünfteverfahren 60 % der Werbungskosten abgezogen werden. Teileinkünfteverfahren (betriebliche Sphäre) Gewinn Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer auf Gesellschaftsebene Gewinnausschüttung Einkommensteuer/Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer auf der Ebene des Dividendenempfängers Solidaritätsabschlag Nettoausschüttung Steuerbelastung Gesellschaft Steuerbelastung Anteilseigner Gesamtsteuerbelastung
B
8
Abgeltungsteuer
100 38,7
Abgeltungsteuer (private Sphäre)
100 29,8
100 29,8
70,2
70,2
12,6 0,7
17,6 1
56,8
51,6
29,8 13,4
29,8 18,6
43,2
48,4
B.
Die Grundstruktur der Abgeltungsteuer
I.
Das bisherige Besteuerungssystem
Nach dem bisherigen Besteuerungssystem werden die Kapitalerträge nach dem Nettoprinzip, also unter Berücksichtigung der Werbungskosten gemäß § 20 EStG regelmäßig mit dem individuellen Steuersatz (max. 45 % zzgl. Solidaritätszuschlag), versteuert. Für Dividenden gilt gemäß § 3 Nr. 40d EStG i. V. m. § 3c EStG das Halbeinkünfteverfahren (max. Steuersatz 22,5 % zzgl. Solidaritätszuschlag). Gewinne aus Veräußerung von den in Privatvermögen gehaltenen Kapitalanlagen sind nur nach den §§ 17, 23 EStG zu versteuern. Bei § 23 EStG winkt dabei die Steuerfreiheit nach Ablauf der einjährigen Haltefrist.
5
60
Siehe auch die Beispielsrechnung bei Geurts, DStZ 2007, 341, 342.
4
B Die Grundstruktur der Abgeltungsteuer
II.
Das neue Besteuerungssystem
1.
Pauschale Besteuerung mit Abgeltungswirkung und Quellensteuercharakter
Nach dem neuen Besteuerungssystem werden sowohl die Kapitalerträge als auch die Gewinne aus der Veräußerung der Kapitalanlage ab 2009 einheitlich als Kapitalerträge gemäß § 20 EStG besteuert. Unabhängig davon, ob diese Erträge bis 2008 mit dem jeweiligen individuellen Steuersatz besteuert wurden oder für sie das Halbeinkünfteverfahren galt, erfolgt zukünftig eine pauschale Besteuerung mit dem gesonderten Steuersatz von 25 % (§ 32d Abs. 1 S. 1 EStG n. F.). Systematisch erinnert die steuerliche Verbindung von laufenden Erträgen und Veräußerungsgewinnen an die Einführung des § 8b KStG im Jahr 2000. Auch dort wurden die beiden Einkommenstypen Dividende und Veräußerungsgewinne in § 8b Abs. 1 und 2 KStG hinsichtlich ihrer Besteuerung gleich gestellt. Nach der gesetzgeberischen Konzeption soll das Besteuerungsverfahren bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Regelfall mit dem Kapitalertragsteuerabzug erledigt sein. Die dabei erfolgende pauschale Besteuerung an der Quelle soll abschließend sein (Abgeltungswirkung gem. § 43 Abs. 5 EStG n. F.). Auf die individuellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen kommt es nicht an. Die dem Kapitalertragsteuerabzug unterworfenen Einkünfte sind auch nicht mehr in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Dadurch hat die Abgeltungsteuer Quellensteuercharakter.6 Nur wenn der Steuerpflichtige von seinem Optionsrecht auf reguläre Veranlagung gem. § 32d Abs. 6 EStG n. F. Gebrauch macht, kommt es zu einer Besteuerung nach den individuellen Verhältnissen einschließlich Sonderausgaben (Veranlagung statt Abgeltungsteuer). Unterlagen steuerpflichtige Kapitalerträge nicht dem Kapitalertragsteuerabzug, kommt es zwar zu deren Berücksichtigung in der regulären Einkommensteuerveranlagung; allerdings bleibt es bei der pauschalen Versteuerung mit 25 % (Veranlagung mit Abgeltungsteuer gem. § 32d Abs. 3 EStG n. F.). ! Praxishinweis: Der Steuerpflichtige muss nicht selber rechnen, um abzuwägen, ob er mit der Pauschalregelung der Abgeltungsteuer oder der Veranlagung zum individuellen Steuersatz besser fährt. In § 32d Abs. 6 S. 1 EStG n. F. ist das Günstigkeitsprinzip verankert. Das Finanzamt ist auf Antrag des Steuerpflichtigen gehalten, zu prüfen, welche der beiden Varianten sich für den Steuerpflichtigen günstiger auswirkt (Günstigerprüfung) und diese dann der Besteuerung zugrunde zu legen. Bei Unsicherheiten oder Zweifelsfällen kann/sollte der Steuerpflichtige vorsorglich einen Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 S. 1 EStG n. F. stellen. Potenzielle Wermutstropfen bei diesem Antrag: Zum einen kann der Antrag nur einheitlich für alle Kapitalerträge zusammen und nicht nur für einzelne Erträge gestellt werden (§ 32d Abs. 6 S. 2 EStG n. F.). Bei zusammenveranlagten Eheleuten sind dabei alle Kapitalerträge beider Eheleute zusammen zu nehmen (§ 32d Abs. 6 S. 3 EStG n. F.). Zum anderen beseitigt der Antrag beim Finanzamt die Anonymität des Steuerpflichtigen, die ihm die Abgeltungsteuer in stärkerem Maße als bisher bringt. ! Praxishinweis GmbH-Gesellschafter können sich in 2008 die Vorteile des Halbeinkünfteverfahrens durch Vorabausschüttungen sichern. 6
Pflüger, GStB 2007,89, 93; Volb, Unternehmensteuerreform 2008, 125.
61
9
4
4
§ 4 Die Abgeltungssteuer
2. 10
4
11
Die Einkunftsarten gem. den §§ 13 (Land- und Forstwirtschaft), 15 ff (Gewerbebetrieb), vor allem § 17, 18 (Selbständige Arbeit) und 21 EStG (Vermietung und Verpachtung) haben gem. § 20 Abs. 8 EStG n. F. unverändert Vorrang vor § 20 EStG (Kapitalvermögen). Kapitaleinkünfte, die einer dieser Einkunftsarten zuzuordnen sind, unterfallen nicht der Abgeltungsteuer. Sie sind mit dem individuellen Steuersatz als Teil der vorrangigen Einkunftsarten zu versteuern. Die bisherige Regelung in § 20 Abs. 3 EStG a. F. wurde nur innerhalb der Regelung versetzt und findet sich nunmehr in § 20 Abs. 8 EStG n. F.
3.
Beschränkung des Verlustausgleichs (§§ 20 Abs. 6, 43a Abs. 3 EStG n. F.)
a)
Grundsätzliche Beschränkung des Verlustausgleichs
Dass der Gesetzgeber offenbar ein großes Misstrauen gegenüber der Einkunftsart Kapitalvermögen hegt, zeigt sich in der Beschränkung des Verlustausgleichs/-abzugs. Verluste aus Kapitalvermögen dürfen grundsätzlich nicht mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnet bzw. nach § 10d EStG abgezogen werden (§ 20 Abs. 6 S. 2 EStG n. F.). Es besteht die Möglichkeit des uneingeschränkten Verlustvortrags (§ 20 Abs. 6 S. 3 EStG n. F.). Der Verlustvortrag ist entsprechend § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen (§ 20 Abs. 6 S. 4 EStG n. F.).
b) 12
Verlustausgleichsbeschränkung bei Aktienveräußerungen
Für Verluste aus Aktienverkäufen besteht noch eine weitere Einschränkung. Diese Verluste dürfen gar nur mit anderen Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien ausgeglichen werden (§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG n. F.). Auch hier besteht die Möglichkeit des uneingeschränkten Verlustvortrags sowie der Bedarf an einer gesonderten Feststellung des Verlustvortrags (§ 20 Abs. 6 S. 6 EStG n. F.).
c) 13
Unveränderter Vorrang anderer Einkunftsarten gem. § 20 Abs. 8 EStG n. F.
Verlustübertrag beim Kapitalertragsteuerabzug
Besonderheiten gelten gem. § 43a Abs. 3 EStG n. F. noch für den Verlustausgleich bei Einkünften aus Kapitalvermögen, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Die auszahlende Stelle hat positive und negative Kapitalerträge (einschließlich gezahlter Stückzinsen) miteinander auszugleichen (§ 43a Abs. 3 S. 2 EStG n. F.). Ein Überhangverlust ist von der auszahlenden Stelle auf das folgende Jahr als sog. Verlustübertrag zu übertragen (§ 43a Abs. 3 S. 3 EStG n. F.). Vertraut der Steuerpflichtige nicht auf die Ertragskraft der bei der auszahlenden Stelle verwalteten Kapitalanlagen, kann er sich den Verlustüberhang auch bescheinigen lassen (Verlustbescheinigung), um die Verluste gem. § 20 Abs. 6 S. 6 EStG n. F. zum Ausgleich anderer Kapitalerträge einzusetzen (§ 43a Abs. 3 S. 4 EStG n. F.). Der Verlustübertrag in das Folgejahr bei der auszahlenden Stelle scheidet dann aus (§ 43a Abs. 3 S. 5 EStG n. F.). Sie wird beim nächsten Kapitalertragsteuerabzug davon ausgehen, dass die Verluste anderweitig verbraucht wurden und sie daher nicht berücksichtigen. 62
4
B Die Grundstruktur der Abgeltungsteuer ! Praxishinweis: Der Antrag auf Verlustbescheinigung der nicht genutzten Verluste sollte gut und rechtzeitig überlegt werden. Denn zum einen ist der Antrag unwiderruflich und zum anderen muss er bis zum 15.12. des laufenden Jahres der auszahlenden Stelle zugehen (§ 43a Abs. 3 S. 6 EStG n. F.). ! Praxishinweis: Beim Wechsel des gesamten Depots zu einem anderen Verwalter ist keine Verlustbescheinigung erforderlich. Hier reicht es für den Verlustübertrag aus, dass der bisherige Depotverwalter dem neuen Depotverwalter den Verlustübertrag mitteilt (§ 43a Abs. 3 S. 7 EStG n. F.).
d)
Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 20 Abs. 6 S. 1 EStG n. F.)
Die Umgliederung der Veräußerung von Wertpapieren von den privaten Veräußerungsgeschäften zu den Kapitalerträgen hat auch eine vorübergehende Auswirkung auf die Möglichkeiten der Verwendung alter Verluste. Bis zum 31.12.2008 bestehende Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 9 und 10 EStG werden bis zum Veranlagungszeitraum 2013 vorrangig mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet (§ 52 Abs. 11 S. 11 EStG n. F.).
4.
15
Werbungskostenabzug/Sparer-Pauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG n. F.)
Der bisherige Sparer-Freibetrag in Höhe von € 750 bei Einzelveranlagung/€ 1.500 bei Zusammenveranlagung von Eheleuten (§ 20 Abs. 4 EStG a. F.) und der bisherige Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von € 51/€ 102 (§ 9a Nr. 2 EStG a. F.) werden zu einem einheitlichen jährlichen Sparer-Pauschbetrag in Höhe von € 801/€ 1.602 zusammengelegt (§ 20 Abs. 9 EStG n. F.). Der Ansatz der tatsächlichen Werbungskosten ist künftig nicht mehr möglich (§ 20 Abs. 9 EStG n. F.). Hintergrund dafür ist die Auffassung des Gesetzgebers, dass der neue Pauschbetrag für die unteren Einkommensgruppen erfahrungsgemäß ausreichend sei und die Werbungskosten bei den oberen Einkommensgruppen durch das Entgegenkommen des Gesetzgebers in Form des niedrigen pauschalen Steuersatz von 25 % mit abgegolten seien.7 Insbesondere Finanzierungskosten gehen dadurch steuerlich verloren. Wie bisher können Berücksichtungen des Sparer-Pauschbetrags Freistellungsaufträge gem. § 44a EStG gestellt werden.8 Zur alten Rechtslage gestellte Freistellungsaufträge gelten weiter. 7 8
14
Die Berücksichtigung ausländischer Steuern (§§ 32d Abs. 5 EStG n. F.)
§ 32d Abs. 5 EStG n. F. regelt die Anrechnung der ausländischen Steuer auf Kapitalerträge entsprechend § 34c Abs. 1 S. 1 EStG. Bei jedem ausländischen Kapitalertrag ist die jeweilige ausländische Steuer auf die deutsche Steuer anzurechnen.
5.
4
BR-Drs. 220/07, 92. Gemmel/Hoffmann-Fölkersamb, NWB Fach3, 14695, 14703; Paukstadt/Luckner, BBEV 2007, 105, 107.
63
16
4
§ 4 Die Abgeltungssteuer ! Praxishinweis:9 Bei nicht wesentlichen Anteilen an Kapitalgesellschaften mit hoher Fremdfinanzierung ist zu überlegen, ob sie in ein Betriebsvermögen (z. B. gewerblich geprägte GmbH & Co. KG) eingelegt werden sollten. Dann würde nicht die Abgeltungsteuer, sondern das Teileinkünfteverfahren gem. den §§ 3 Nr. 40 a) und b), 3c Abs. 2 EStG n. F. gelten. Folge wäre, dass die Erträge einschließlich der Veräußerungsgewinne zu 60 % mit dem individuellen Steuersatz zu versteuern wären. Korrespondierend wäre dann ein steuerlicher Abzug von 60 % der Werbungskosten möglich. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs gilt im Übrigen auch, wenn der Steuerpflichtige von seinem Optionsrecht auf reguläre Veranlagung nach den individuellen Verhältnissen zu seinem persönlichen Steuersatz gem. § 32d Abs. 6 EStG n. F. Gebrauch macht.10
4
! Praxishinweis: Schöpft der Steuerpflichtige seinen Sparer-Pauschbetrag im Rahmen der gestellten Freistellungsaufträge nicht aus und hat er gleichzeitig weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen, die in vollem Umfang der Abgeltungsteuer unterworfen wurden, besteht die Möglichkeit der Ausschöpfung des Sparer-Pauschbetrags durch Veranlagung gem. § 32d Abs. 4 EStG n. F. (Veranlagung mit Abgeltungsteuer).
6. 17
Zweck der Ausweitung des Katalogs der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist die Schaffung einer einheitlichen Besteuerung aller im Privatvermögen zufließenden Kapitaleinkünfte. Insbesondere sämtliche Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften (GmbH, AG) sind, soweit sie nicht als relevante Beteiligungen nach § 17 EStG gelten, Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dabei greift die Steuerpflicht unabhängig davon ein, wie lange die Anteile vor der Veräußerung gehalten wurden. Die nach altem Recht geltende Steuerfreiheit für Wertzuwächse aus Veräußerungsgeschäften im Privatvermögen bei einer Haltedauer von über 12 Monaten entfällt bei Erwerb ab dem 01.01.2009 (z. B. für Aktien und GmbH-Anteile). Nicht davon betroffen sind Gewinne oder Verluste aus Immobilienveräußerungen, für sie gilt auch weiterhin die 10-jährige Spekulationsfrist. Nach der Systematik des Gesetzes enthält § 20 Abs. 1 EStG n. F. die Tatbestände für die laufenden Erträge und § 20 Abs. 2 EStG n. F. die Tatbestände der Veräußerung der Quellen, aus denen die laufenden Erträge fließen.11 Der bisher in § 20 EStG enthaltene Katalog der Einkünfte aus Kapitalvermögen wird wie folgt erweitert/modifiziert:
a) 18
Ausweitung des Katalogs der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG n. F.)
Stillhalteprämien bei Optionsgeschäften (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG n. F.)
Ab 2009 sind die bisher bei den sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG a. F. erfassten Stillhalteprämien bei Optionsgeschäften vom Stillhalter als Kapitalerträge nach der Abgeltungsteuer zu versteuern. Der Stillhalter kann von ihm gezahlte Glattstellungsprämien steuerlich von den erhaltenen Prämien abziehen. 9 Pflüger, GStB-Sonderdruck Unternehmensteuerreform 2008, 34; Maier/Wengenroth, EStB 2007, 89, 90. 10 Behrens, BB 2007, 1025, 1028. 11 Maier/Wengenroth, EStB 2007, 89.
64
4
B Die Grundstruktur der Abgeltungsteuer ! Praxishinweis: Die Neuregelung gilt erstmals für Stillhalterprämien, die nach dem 31.12.2008 zufließen (§ 52a Abs. 9 EStG n. F.). Der Stillhalter sollte also wegen des Zuflussprinzips darauf achten, seine Zahlungstermine um die Jahreswende herum in den Dezember zu legen, wenn er Wert auf die Besteuerung nach altem Regime legt.
b)
Ausländische Dividenden (§ 43 Abs. 1 Nr. 6 EStG n. F.)
Ab 2009 unterliegen auch die Dividenden von ausländischen Gesellschaften dem Kapitalertragsteuerabzug. Die inländische auszahlende Stelle ist zur Einbehaltung der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Erfolgt dabei kein Kapitalertragsteuerabzug, hat der Steuerpflichtige die Einkünfte gem. § 32d Abs. 3 EStG n. F. bei seiner Veranlagung anzugeben, bei sie der Abgeltungsteuer unterworfen werden (Veranlagung mit Abgeltungsteuer).12
c)
Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG n. F.)
Die bisher als private Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a. F. nur bei Veräußerung innerhalb einer Jahresfrist steuerpflichtigen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, sind ab 2009 unabhängig von der Dauer der vorhergehenden Haltefrist als Kapitalerträge zu versteuern. Ab 2009 sind die Gewinne aus der Veräußerung eines Wertpapiers damit auch zu versteuern, wenn dieses Wertpapier länger als ein Jahr gehalten wurde. Dabei ist zu beachten, dass dies nur für nicht wesentliche Beteiligungen gilt. Für die wesentlichen Beteiligungen gilt unverändert § 17 EStG (§ 20 Abs. 8 EStG n. F.). Die Neuregelung ist erstmals auf die Veräußerung von Anteilen, die nach dem 31.12.2008 erworben werden (§ 52a Abs. 10 S. 1 EStG n. F.) anzuwenden. Die Börse wird sich über diese Anwendungsregelung freuen. Dadurch ist die Jahresend-Ralley für das kommende Jahr gesichert.
d)
20
21
Weitere als Kapitalerträge erfasste Veräußerungsgewinne und Vorgänge (§ 20 Abs. 2 EStG n. F.)
Gewinne aus der Veräußerung von Genussrechten, Anwartschaften auf Anteile an Kapitalgesellschaften, Dividendenscheinen, Zinsscheinen und Zinsforderungen bei Veräußerung zusammen mit der zugehörigen Schuldverschreibung werden ebenfalls als Kapitalerträge erfasst (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EStG n. F.). Gleiches gilt für Gewinne bei Termingeschäften und aus der Veräußerung von Finanzinstrumenten, die als Termingeschäft ausgestaltet wurden (§ 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG n. F.). In § 20 Abs. 2 Nr. 4-8 EStG n. F. sind die Gewinne aus weiteren Übertragungen von Wirtschaftsgütern und Rechten, aus denen Kapitalerträge fließen, als Kapitalerträge definiert.
e)
19
22
Verkauf von Lebensversicherungen (§ 20 Abs. 2 Nr. 6 EStG n. F.)
Gewinne aus dem Verkauf von Lebensversicherungen sind ab 2009 gem. § 20 Abs. 2 Nr. 6 EStG n. F. steuerpflichtig. Betroffen sind davon vor allem Versicherungsverträge, die nach dem 31.12.2004 12 Volb, Unternehmensteuerreform 2008, 127; Pflüger, GStB-Sonderdruck Unternehmensteuerreform 2008, 32.
65
23
4
4
§ 4 Die Abgeltungssteuer abgeschlossen wurden. Vorher abgeschlossene Verträge werden nur erfasst, wenn deren Erträge bei einem gedachten Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 steuerpflichtig wären (§ 52a Abs. 10 S. 5 EStG n. F.). Der Veräußerungsgewinn ist als Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung und den Veräußerungskosten sowie den entrichteten Beiträgen zu ermitteln (§ 20 Abs. 4 S. 1 und 4 EStG n. F.). Hat der Verkäufer die Lebensversicherung seinerseits entgeltlich erworben, kann er auch noch seine früheren Erwerbskosten vom Veräußerungspreis abziehen. Zum Nachweis der entrichteten Beiträge hat das Versicherungsunternehmen dem Steuerpflichtigen auf seine Anfrage hin eine Bescheinigung über die Höhe der bis zur Veräußerung entrichteten Beiträge zu übermitteln. Das Versicherungsunternehmen hat das für den Verkäufer zuständige Finanzamt über die Veräußerung zu informieren. Ein Kapitalertragsteuerabzug erfolgt nicht. Die pauschale Besteuerung mit der Abgeltungsteuer erfolgt im Rahmen der Veranlagung gem. § 32d Abs. 3 EStG n. F.
4
7. 24
Kapitalertragsteuerabzug
Während in den §§ 43, 43a und 43b EStG dezidiert geregelt ist, für welche Kapitalerträge welcher Steuerabzug erfolgt, enthält § 44 EStG Regelungen dazu, wann die auszahlende Stelle und wann der Schuldner der Kapitalerträge zum Steuerabzug verpflichtet ist. In der nachfolgenden tabellarischen Übersicht wird ein Überblick über für die Praxis bedeutsame Tatbestände und deren Behandlung beim Kapitalertragsteuerabzug und bei der (Pflicht-)Veranlagung gegeben.13 Kapitaleinkünfte nach der Reform (ab 2009): verschiedene Besteuerungsarten Tatbestand Beschreibung z. B. Veranlagung KapESt Steuersatz § 43 Abs. 5 EStG
echte Abgeltungsteuer
§ 32d Abs. 3 EStG § 32d Abs. 4 EStG
Kapitalerträge ohne KapESt Kapitalerträge mit unzutreffendem KapEStAbzug
§ 32d Abs. 6 EStG
Einbeziehung der Kapitalerträge in den allgemeinen Steuertarif (Günstigerprüfung)
Dividenden aus Aktien; Veräußerungsgewinn aus Aktien (bei hohem Gesamteinkommen) Veräußerung GmbHAnteile < 1 % Veräußerungsgewinn aus Aktien mit Verlustvortrag oder Ersatzbemessungsgrundlage Dividenden, Veräußerungsgewinne; Zinsen (bei niedrigem Gesamteinkommen)
13 Siehe auch Melchior, DStR 2007, 1229, 1234 f.
66
nein
ja
25 %
ja
nein
25 %
ja
ja
25 %
ja
ja
0 – 25 %
4
C Einzelaspekte zur Abgeltungsteuer
Kapitaleinkünfte nach der Reform (ab 2009): verschiedene Besteuerungsarten Tatbestand Beschreibung z. B. Veranlagung KapESt Steuersatz § 32d Abs. 2 EStG
Ausnahme bei nahe stehenden Personen
§ 17 EStG
Veräußerung wesentlicher Beteiligung im Privatvermögen
Betrifft nur Einnahmen aus Darlehen und stiller Beteiligung bei nahe stehenden Personen Veräußerungsgewinn GmbH-Anteile > 1 %
ja
ja
0 – 45 %
ja
nein
0 – 45 %, aber Teileinkünfteverfahren (60 %)
4
Die Kapitalertragsteuer beträgt grundsätzlich 25 % und nur in den Fällen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7b und 7c EStG (Kapitalerträge von nicht steuerbefreiten Betrieben gewerblicher Art) 15 %. Im Falle der Kirchensteuerpflicht ermäßigt sich die Kapitalertragsteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer (§ 43a Abs. 1 S. 2 EStG n. F.).
C.
Einzelaspekte zur Abgeltungsteuer
I.
Formale Aspekte
1.
Abgeltungsteuer verfassungswidrig?
25
C
In Anlehnung an die Zulässigkeit der früheren Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte gem. § 32c EStG a. F. soll die Einführung der Abgeltungsteuer zur Verminderung der Steuerflucht ins Ausland verfassungsgemäß sein.14 Sie stellt zwar einen Verstoß gegen das Nettoprinzip dar, den das BVerfG aber wohl nicht ahnden würde, da das objektive Nettoprinzip nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht unmittelbar aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ableitbar ist.15 Andere Stimmen halten die Abgeltungsteuer aus einem ganz anderen Grund für verfassungswidrig. Die ungleiche Dividendenbesteuerung, im privaten Bereich durch die Abgeltungsteuer und im betrieblichen Bereich nach dem Teileinkünfteverfahren, soll mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren sein.16 ! Praxishinweis: Für die steuerlichen Berater bedeutet die unklare verfassungsrechtliche Situation wieder einmal Mustereinsprüche vorzubereiten, um Veranlagungen offen zu halten, bei denen die Abgeltungsteuer zu erheblichen Mehrbelastungen führt.
14 Axer, Stbg 2007, 201. 15 Hey, BB 2007, 1303, 1308. 16 Intemann, DB 2007, 1658, Rädler, DB 2007, 988, 993.
67
26
4
§ 4 Die Abgeltungssteuer
2. 27
4
Aufgrund der Abgeltungswirkung und dem Quellensteuercharakter der Abgeltungswirkung gibt es auf den ersten Blick keinen Grund für eine Kontrolle des Steuerpflichtigen aus steuerlichen Gründen. Dem Fiskus dürfte die Kontrolle der auszahlenden Stelle, die er sich als Helfer gesetzlich verpflichtet hat, ausreichen. Gleichwohl bietet die Abgeltungsteuer dem Steuerpflichtigen keine Anonymität.17 So müssen die Kreditinstitute weiterhin ihren durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 modifizierten Mitteilungspflichten gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern über die Person des Steuerpflichtigen und seine Kapitalerträge (§ 45d EStG) nachkommen. Ferner verbleibt das Prüfrecht der Finanzbehörden gem. § 50b EStG. Der Kontenabruf wird nur unwesentlich eingeschränkt.
3. 28
Wegfall der Jahresbescheinigung (§ 24c EStG a. F.)
§ 24c EStG a. F., der die Kreditinstitute und Finanzdienstleister zur Ausstellung einer Jahresbescheinigung über Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne verpflichtet, wird bei Einführung der Abgeltungsteuer aufgehoben. An die Stelle der Jahresbescheinigung tritt die Steuerbescheinigung gem. § 45a Abs. 2 EStG n. F.
II. 30
Kirchensteuer
Ab 2009 kann der Steuerpflichtige wählen, ob er die Kirchensteuer im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs mit Abgeltungswirkung mit einbehalten lassen oder die Kirchensteuer unter Vorlage einer Bescheinigung der auszahlenden Stelle über die einbehaltene Abgeltungsteuer vom Finanzamt veranlagen lassen will. Wird die Abgeltung im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs gewählt, ermäßigt sich die Kapitalertragsteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer (§ 43a Abs. 1 S. 2 EStG n. F.).18 Ab 2011 soll die Veranlagung der Kirchensteuer generell durch Steuerabzug an der Quelle erfolgen. Das Bundeszentralamt für Steuern baut dafür eine Datensammlung auf.19
4. 29
Keine Anonymität des Steuerpflichtigen
Auswirkungen auf einzelne Anlageformen
Nachfolgend werden in Anlehnung an die tabellarische Übersicht von Kracht20 die Anwendung und Auswirkungen des neuen Besteuerungssystems auf ausgewählte Kapitalanlagen dargestellt.21 Für die aufgeführten Kapitalanlagen gelten ab 2009 die Abgeltungsteuer und der Kapitalertragsteuerabzug, soweit nichts Gegenteiliges angeführt wird.
17 18 19 20 21
68
Kracht, GStB 2007, 133. Zur berechnung siehe Ravenstein, StuB 2007, 343, 347 Kracht, GStB 2007, 133, 136. Kracht, GStB 2007, 133, 136 ff. Zu einzelnen Anlageprodukten siehe ferner Haisch, BBEV 2007, 145; Luckner, BBEV 2007, 280; Luckner/Wunderlich, BBEV 2007, 148; Ebner, NWB Fach 3, 14709; Kracht, BBEV 2007, 251, Lemaitre, BBEV 2007, 195.
4
C Einzelaspekte zur Abgeltungsteuer
Einordnung ausgewählter Kapitalanlagen in das neue Besteuerungssystem Kapitalanlage/ Besteuerung im neuen Bemerkungen Kapitaleinnahme System Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften
Abgeltungsteuer
partiarische Darlehen und stille Gesellschaften
Abgeltungsteuer auf laufende Einnahmen und Verkauf. Kapitalertragssteuerabzug nur bei den laufenden Einnahmen.
Hypotheken- und Grundschulden
Zinsen und Veräußerungsgewinne sind steuerpflichtig; kein Kapitalertragssteuerabzug. Veräußerungsgewinne sind steuerpflichtig; kein Kapitalertragssteuerabzug.
Kapitallebensversicherungen
Kapitalforderungen
Stillhalteprämien
Erweiterung der steuerpflichtigen Kapitalerträge auf Finanzinnovationen, bei denen sowohl die Höhe des Entgelts als auch die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängen. Abgeltungsteuer auf Auskehrungen (§ 20 Abs. 2 Nr. 8 EStG n. F.). Ab 2009 Abgeltungsteuer.
Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Ab 2009 Abgeltungsteuer auf Veräußerungsgewinne.
Genussrechte und Anwartschaften auf Anteile an Kapitalgesellschaften
Abgeltungsteuer für Veräußerungsgewinne bei ab 2009 erworbenen Rechten.
sonstige Körperschaften (Verein/Stiftungen)
Ab 2009 Steuerabzug auch bei Auslandsdividenden, Teileinkünfteverfahren bei Anteilen im Betriebsvermögen. Keine Abgeltungsteuer, sondern individuelle Besteuerung, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind oder eine wesentliche Beteiligung vorliegt. Veräußerungsgewinne sind erst bei erworbenen Rechten ab 2009 steuerpflichtig. Steuerpflicht gilt grundsätzlich nur für Verträge, die nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden; nur ausnahmsweise auch für vorher abgeschlossene Verträge, kein Kapitalertragsteuerabzug, Abgeltungsteuer im Rahmen der Veranlagung. Abgeltungsteuer auf den Veräußerungsgewinn bei ab 2009 erworbenen Kapitalforderungen. Vor 2009 ist § 23 EStG zu beachten.
Für Erträge aus Privatstiftungen gilt weiterhin § 22 EStG. Bis 2008 sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Für bis zum 31.12.2008 angeschaffte Anteile gilt weiterhin § 23 EStG, Vorrang von § 17 EStG bei wesentlichen Beteiligungen (ab 1 %) zu beachten.
69
4
4
§ 4 Die Abgeltungssteuer
Einordnung ausgewählter Kapitalanlagen in das neue Besteuerungssystem Kapitalanlage/ Besteuerung im neuen Bemerkungen Kapitaleinnahme System Veräußerung von Dividenden- und Zinsscheinen Termingeschäfte
4 Finanzinnovationen
Riester- und Rürup-Verträge
ausschüttende Investmentfonds
thesaurierende Investmentfonds
offene Immobilienfonds
geschlossene Fondsbeteiligungen
III. 31
Abgeltungsteuer bei Veräußerung ohne Stammrecht. Abgeltungsteuer für Gewinne aus Termingeschäften und Veräußerungsgewinne von Finanzinstrumenten, die als Termingeschäft ausgestaltet sind. Abgeltungsteuer für laufende Einnahmen und realisierte Kurserträge. Keine Kapitalerträge gemäß § 20 EStG, Abgeltungsteuer bei schädlicher Verwendung, wenn dabei Kapitalerträge entstehen. Abgeltungsteuer auf Gewinnausschüttungen und Kapitalerträge auf Fondsebene. Keine Abgeltungsteuer für die auf Fondsebene realisierten Gewinne. Abgeltungsteuer auf Veräußerungsgewinne des Anlegers für ab 2009 erworbene Beteiligungen. Vorrang der Einkunftsarten Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung, Abgeltungsteuer nur bei sonstigen vermögensverwaltenden Tätigkeiten.
Kapitalertragssteuerabzug bei Zinsscheinen Für bis 31.12.2008 abgeschlossene Termingeschäfte ist § 23 EStG weiterhin zu beachten.
Weiterhin nachgelagerte Besteuerung gemäß § 22 Nr. 5 EStG
Wegfall des Fondsprivilegs.
Abgeltungsteuer auf Veräußerungsgewinne des Anlegers bei ab 2009 erworbenen Anteilen. Auf den Verkauf von Immobilien auf Fondsebene ist weiterhin § 23 EStG anwendbar. Für den Verkauf von Immobilien gilt weiterhin § 23 EStG. Beim Handel mit beweglichen Wirtschaftsgütern erhöht sich die Spekulationsfrist auf zehn Jahre.
Gestaltungsaspekte für zukünftige Kapitalanlagen
Naturgemäß bereitet sich der Markt bereits auf die zukünftige Abgeltungsteuer vor. Über neue Produkte wird nachgedacht, aber auch bestehende Produkte werden auf ihre Vorteilhaftigkeit im Hinblick auf das neue Besteuerungssystem untersucht. So widmete u. a. FOCUS-MONEY bereits zwei Ausgaben22 der Vermeidung bzw. Ausnutzung der Abgeltungsteuer, die hier gleichfalls berücksichtigt werden. In der nachfolgen Tabelle werden ausgewählte Produkte, die in der lau22 Zuletzt Heft 13/2007.
70
4
C Einzelaspekte zur Abgeltungsteuer fenden Diskussion immer wieder genannt werden, aufgeführt23. Dabei werden hier nur die steuerlichen Aspekte berücksichtigt. Ob derartige Produkte unter anderen Gesichtspunkte – insbesondere Ertragsaussichten, Risiken, Laufzeit und Marktfungibilität – sinnvoll sind, wird diesseits außer Acht gelassen. Anlageform
Steuerlich vorteilhafte Anlageformen Bemerkungen
Riester- und Rürup-Verträge ausländische Lebensversicherungen
ausländische Spezialfonds
vermögensverwaltende GmbH
inländische Lebensversicherungen
private Rentenversicherung Dachfonds offene Immobilienfonds
geschlossene Immobilienfonds
Schiffsfonds
Nachgelagerte Besteuerung mit individueller Progression gemäß § 22 Nr. 5 EStG. Z. B. bei Luxemburger Lebensversicherungen ist es möglich, die konkreten Anlagegegenstände des Versicherungsdepots zu bestimmen. Da die Besteuerung erst mit der Versicherungsleistung erfolgt, ergibt sich ein Steuerstundungseffekt und damit verbunden ein höheres Anlagekapital. Luxemburger Spezialfonds ermöglichen bei einem Vermögen von mehr als € 1,25 Mio. eine unmittelbare Anlagepolitik des Anlegers. Auch hier kann ein Steuerstundungseffekt und eine damit verbundene höhere Anlagesumme erzielt werden. Aufgrund des geringen Körperschaftsteuersatzes von 15 % sowie der weitgehenden Steuerfreistellung gemäß § 8b KStG für Dividenden, die andere Kapitalgesellschaften an die GmbH zahlen, lässt sich auch hier ein Steuerstundungseffekt verbunden mit einer höheren Anlagesumme erzielen. Ferner sind die Vermögensverwaltungskosten der GmbH bei dieser gewinnmindernde Betriebsausgabe. Allerdings ist die Gewerbesteuerpflicht bei der Steuerbelastung auf GmbH-Ebene zu berücksichtigen. Bei Lebensversicherungen mit einer mindestens zwölfjährigen Laufzeit, deren Versicherungssumme frühestens fällig wird, wenn der Begünstigte 60 Jahre alt ist, ist der Ertrag aus der Lebensversicherung weiterhin nur zur Hälfte steuerpflichtig. Bei lebenslanger Rentenzahlung muss nur der Ertragsanteil individuell versteuert werden. Die Umschichtungen unterhalb des Dachfonds unterliegen nicht der Abgeltungsteuer. Die Abgeltungsteuer fällt erst an, wenn der Anleger seine Fondsanteile veräußert. Es lässt sich somit ein Steuerstundungseffekt erzielen. Auf Fondsebene gilt § 23 EStG bei Immobilienverkäufen. Für diese Fonds gilt weiterhin § 23 EStG. Nach zehnjähriger Haltedauer ist ein Gewinn aus der Veräußerung der Immobilie oder der Fondsbeteiligung steuerfrei. Sie unterliegen nicht der Abgeltungsteuer, sondern weiterhin der günstigen Tonnagesteuer gem. § 5a EStG.
23 Zu einzelnen Anlageprodukten siehe Haisch, BBEV 2007, 145; Luckner, BBEV 2007, 280; Luckner/Wunderlich, BBEV 2007, 148; Ebner, NWB Fach 3, 14709; Kracht, BBEV 2007, 251, Lemaitre, BBEV 2007, 195.
71
4
4
§ 4 Die Abgeltungssteuer
Anlageform Bundesschatzbriefe
4
Finanzierungsschätze
Null-Coupon-Anleihen
Steuerlich vorteilhafte Anlageformen Bemerkungen Beim Bundesschatzbrief Typ B werden die Zinsen angesammelt, so dass es zu einer steuerpflichtigen Realisierung erst bei Verkauf des Bundesschatzbriefes oder dessen Fälligkeit kommt. Damit lässt sich ein Steuerstundungseffekt sowie eine Zinsverschiebung erzielen. Bei den abgezinsten Finanzierungsschätzen des Bundes erfolgt die Besteuerung im Jahr der Fälligkeit. Für die Steuerpflichtigen, bei denen die Abgeltungsteuer zu einer Minderung der Steuerlast führt, bieten Finanzierungsschätze die Möglichkeit, die Zinsversteuerung in den Zeitraum ab 2009 zu verschieben. Zudem ergibt sich ein Steuerstundungseffekt. Wie bei den Finanzierungsschätzen erfolgt auch hier eine Besteuerung mit der Abgeltungsteuer erst bei Veräußerung oder Fälligkeit des Coupons. Damit lässt sich gleichfalls eine Verschiebung der steuerpflichtigen Kapitalerträge in den Anwendungszeitraum der Abgeltungsteuer sowie ein Steuerstundungseffekt erreichen.
! Praxishinweis Der Gesetzgeber behält die vorteilhaften Gestaltungen im Auge, um die Regelungen zur Abgeltungsteuer noch zu modifizieren. So hat der Bundesrat bereits angeregt, die Anwendung der Abgeltungsteuer auf Luxemburger Spezialfonds zu erweitern. Vor langfristigen Kapitalanlagen sind unbedingt die aktuellen Gesetzesplanungen auf „unauffällige“ Nebenregelungen zur Abgeltungsteuer zu prüfen.
72
5
§ 5 Neuregelungen zur Abschreibung A.
Neuregelungen zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter
A
Die sofortige Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für so genannte geringwertige Wirtschaftsgüter wird für Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften durch die Neufassung von § 6 Abs. 2 EStG erheblich eingeschränkt. Die Einschränkung gilt nur für Gewinneinkünfte, nicht jedoch für Überschusseinkünfte. Künftig dürfen Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts nur noch sofort als Betriebsausgaben abziehen, wenn sie € 150,- nicht übersteigen. Das wird für viele Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften zu einer deutlichen Verringerung des Volumens der sofort abzugsfähigen Anschaffungskosten führen.1 Für Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten mehr als € 150,- aber nicht mehr als € 1.000,- betragen, muss nach der Reform ein Sammelposten gebildet werden (§ 6 Abs. 2a EStG n. F.). Dieser ist ab dem Jahr der Bildung über fünf Jahre gleichmäßig gewinnmindernd aufzulösen. Die Einschränkung des Sofortabzugs von Aufwendungen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bei Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften und der neue Sammelposten dienen der Finanzierung der Unternehmensteuerreform 2008, vor allem der Senkung des Körperschaftsteuersatzes.2 Sie sind allein durch Haushaltsgründe bedingt3 und sollen dazu beitragen, die Steuermindereinnahmen aufgrund der Unternehmensteuerreform auf € 5 Mrd. zu beschränken. Die Neuregelungen zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter sind auf Wirtschaftsgüter anzuwenden, die ab 2008 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 52 Abs. 16 S. 17 EStG n. F.). Schematische Darstellung: Künftige Differenzierung nach Einkunftsarten bei der Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter
Geringwertige Wirtschaftsgüter
1 2 3
Gewinneinkünfte § 6 Abs. 2 EStG
Überschusseinkünfte § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 S. 2 EStG
Sofortabzug bis € 150,- (netto)
Sofortabzug bis € 410,- (netto)
Hörster, NWB Fach 3, 14665, 14667. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, I. Allgemeiner Teil, 2.e), S. 60. Söffing, BB 2007, 1032, 1033.
73
1
5
5
§ 5 Neuregelungen zur Abschreibung
I. 2
5
Nach § 6 Abs. 2 S. 1 EStG a. F. konnten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für selbständig nutzungsfähige, bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens von Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften und Überschusseinkünften gleichermaßen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung vollständig als Betriebsausgaben/Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie für das einzelne Wirtschaftsgut höchstens € 410,- betrugen. Dabei handelte es sich um eine Option, wonach der Steuerpflichtige anstelle der Aktivierung und Aufwandsverteilung nach § 7 EStG in Verbindung mit der Handelsbilanz (Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer) den Sofortabzug wählen konnte.4 Der Sofortabzug war mit besonderen Aufzeichnungspflichten verbunden. So mussten die Wirtschaftsgüter, deren Kosten sofort nach § 6 Abs. 2 S. 1 EStG a. F. abgezogen werden sollten, grundsätzlich in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen werden (§ 6 Abs. 2 S. 4 EStG a. F.). Dort mussten sie unter Angabe des Anschaffungs- oder Herstellungsdatums und ihres Wertes aufgeführt werden. Die Führung eines solchen Verzeichnisses war entbehrlich, wenn die geforderten Angaben, aus der Buchführung ersichtlich waren (§ 6 Abs. 2 S. 5 EStG a. F.). Hierfür waren die geringwertigen Wirtschaftsgüter regelmäßig in einem gesonderten Konto zu erfassen (R 6.13 Abs. 2 S. 1 EStR). Ein besonderes Verzeichnis war auch dann nicht erforderlich, wenn sich die Angaben aus dem Bestandsverzeichnis (Inventar) ergaben. Bei Wirtschaftsgütern, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten € 60 nicht überschritten, verzichtete die Finanzverwaltung bisher aus Vereinfachungsgründen ganz auf die Angaben nach § 6 Abs. 2 S. 4 EStG a. F. (R 6.13 Abs. 2 S. 2 EStR). § 6 Abs. 2 EStG a. F. war eine Vereinfachungsregel, die eine Arbeitserleichterung für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung bezweckte. Buchführung und Bilanz sollten nicht durch die große Masse der geringwertigen Wirtschaftsgüter belastet werden. Erfahrungsgemäß besteht das Anlagevermögen nämlich zu einem hohen Anteil aus geringwertigen Wirtschaftsgütern, während ihr Gesamtwert im Verhältnis zum gesamten Anlagevermögen eher gering ist.5
II. 3
Bisherige Rechtslage
Einzelheiten der Neuregelung
Künftig sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, im Jahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder Eröffnung des Betriebs in voller Höhe als Betriebsausgaben abzusetzen, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um einen darin enthaltenden Vorsteuerbetrag (§ 9b Abs. 1 EStG) für das einzelne Wirtschaftsgut € 150,- nicht übersteigen (§ 6 Abs. 2 S. 1 EStG n. F.). Das führt zu einer Steuerverschärfung, denn Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwischen € 150,- und € 410,- können in Zukunft nicht mehr sofort abgeschrieben werden. Sie müssen aktiviert werden. Dadurch geht der bislang bestehende Vereinfachungseffekt, der sich aus einer Entlastung der Buchführung und Bilanz ergab, weitgehend verloren.6 Außerdem verschlechtern sich dadurch die Selbstfinanzierungsmöglichkeiten der Unternehmer.7 Nach Neuordnung der Regelungen zur Sofortabschreibung so genannter geringwertiger Wirtschaftsgüter für Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften ist der Sofortabzug für geringwertige 4 5 6 7
74
Glanegger, in: Schmidt, EStG, 26. Auflage 2007, § 6 Rn 455. Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn I 12. Söffing, BB 2007, 1032, 1033. Gaillinger, BBK Fach 13, 5021, 5024.
A
5
Neuregelungen zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter
Wirtschaftsgüter nicht mehr als Wahlrecht ausgestaltet. Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit einem Anschaffungswert von bis zu € 150,- (netto) müssen sofort in voller Höhe abgeschrieben werden. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der selbständigen Nutzungsfähigkeit ergeben sich durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 keine Änderungen. Auf die bisher geltenden besonderen Aufzeichnungspflichten wird vollständig verzichtet. Da nur noch Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten jeweils € 150,- nicht übersteigen, als geringwertig angesehen werden, sollen Wirtschaftsgüter von derart geringfügigem Wert die Buchführung der Betriebe nicht mehr belasten8. Steuerpflichtige mit Überschusseinkünften (z. B. aus Vermietung und Verpachtung oder nichtselbständiger Arbeit) können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein einzelnes Wirtschaftsgut weiterhin bis zu € 410,- sofort als Werbungskosten absetzen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 S. 2 EStG n. F.). Für diese Steuerpflichtigen bleibt es auch bei einem Wahlrecht. Nach dem Gesetzeswortlaut können sie zumindest bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwischen € 150,- und € 410,- wählen, ob sie die Kosten sofort als Werbungskosten abziehen. Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften haben bewegliche abnutzbare selbständig nutzungsfähige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von mehr als € 150,- bis zu € 1.000,- (im Folgenden auch als „geringwertige Wirtschaftsgüter zweiter Klasse“ bezeichnet9) künftig zu aktivieren. Um den Mehraufwand in Grenzen zu halten, sind diese Wirtschaftgüter in einen jahrgangsbezogenen Sammelposten einzustellen. Es sind also die Anschaffungs- und Herstellungskosten aller Wirtschaftsgüter zweiter Klasse eines Jahres für den Sammelposten zu addieren. Dieser Sammelposten, der auch als Pool bezeichnet wird, ist über eine Dauer von fünf Jahren gleichmäßig verteilt, also jährlich mit jeweils einem Fünftel, gewinnmindernd aufzulösen (Poolabschreibung). Die Auflösung beginnt im Jahr der Bildung des Sammelpostens. Das gilt auch, wenn in den Sammelposten Wirtschaftsgüter eingegangen sind, die erst am Ende des Wirtschaftsjahres angeschafft wurden. Mit der Poolabschreibung nach § 6 Abs. 2a EStG n. F. wurde eine neue Kategorie der Anlagegüter bei Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften geschaffen, für die besondere Abschreibungsregeln gelten. Danach kann jetzt von einer „Wirtschaftsgut-Trias“ des beweglichen (selbständig nutzbaren) Anlagevermögens gesprochen werden.10 Schematische Darstellung: Dreiteilung des beweglichen selbständig nutzbaren Anlagevermögens bei Gewinneinkünften 1.
AK/HK (netto) ≤ € 150,-
→ Sofortabzug als Betriebsausgaben
(geringwertige Wirtschaftsgüter 1. Klasse)
2.
3.
€ 150,- < AK/HK (netto) ≤ € 1.000,-
→ Bildung eines Sammelpostens
(geringwertige Wirtschaftsgüter 2. Klasse)
→ Abschreibung über fünf Jahre
AK/HK (netto) > € 1.000,-
→ Aktivierung des Einzelwirtschaftsguts → Lineare Abschreibung über Nutzungsdauer
8 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 8, S. 80. 9 Begriff übernommen von Söffing, BB 2007, 1032, 1033. 10 Preißer, in: Preißer/von Rönn/Schultz-Aßberg, Unternehmensteuerreform 2008, A II 1.2.2.1, S. 33.
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5
4
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§ 5 Neuregelungen zur Abschreibung Geringwertige Wirtschaftgüter zweiter Klasse sollen künftig nur noch bei ihrem Zugang durch Einbeziehung in den Sammelposten buchmäßig erfasst werden. Weitere Dokumentationspflichten bestehen nicht. Auch der Abgang eines in den Sammelposten einbezogenen Wirtschaftsguts braucht und kann steuerlich nicht besonders erfasst werden. Die Einbeziehung der Wirtschaftsgüter in einen Sammelposten führt zu einer zusammenfassenden Behandlung der einzelnen Wirtschaftsgüter. Sie werden im Prinzip wie ein Wirtschaftsgut behandelt.11 Durch Veräußerungen, Entnahmen oder Wertminderungen wird der Wert des Sammelpostens nicht beeinflusst.12 Diese Sammelerfassung geringwertiger Wirtschaftgüter zweiter Klasse soll nach Ansicht der Bundesregierung zu einer deutlichen Senkung des Verwaltungsaufwands der Unternehmen führen.13
5
> Beispiel: Der Einzelhändler E schafft im Jahr 2008 mehrere neue Einrichtungsgegenstände für sein Ladengeschäft an. Im Einzelnen handelt es sich dabei um ein neues Verkaufsregal zum Preis von € 250,- netto, einen Zeitungsdrehständer zum Preis von € 160,- netto, eine Vitrine zum Preis von € 680,- netto, eine Kassentheke zum Preis von € 370,- netto. Außerdem erwirbt er ein Notebook, das er ausschließlich für betriebliche Zwecke (z. B. für das Erstellen seiner Abrechnungen, Bestellungen und Geschäftskorrespondenz) nutzt. Dafür wendet er € 870,- netto auf. Weitere Anschaffungen für sein Anlagevermögen tätigt E im Jahr 2008 nicht. Die Vitrine veräußert E noch im Jahr 2008 wieder, da er sein Sortiment umstellt. Der Zeitungsdrehständer geht bereits Ende 2008 irreparabel kaputt. Das Notebook ersetzt er planmäßig im Jahr 2011 durch ein neues Gerät. Die Kosten sämtlicher Anschaffungen bewegen sich jeweils im Bereich der Wirtschaftgüter zweiter Klasse (über € 150,bis € 1.000,-). Deshalb kann E für keines der Wirtschaftgüter die Anschaffungskosten sofort als Betriebsausgaben abziehen. Er muss einen Sammelposten nach § 6 Abs. 2a EStG n. F. bilden und diesen über fünf Jahre zu jeweils 20 % gewinnmindernd auflösen. Der von E zu bildende Sammelposten setzt sich wie folgt zusammen: Verkaufsregal € 250,Zeitungsdrehständer € 160,Vitrine € 680,Kassentheke € 370,Notebook € 870,Summe € 2.330,Diesen Sammelposten von € 2.330,- hat E in den Jahren 2008 bis 2012 um je ein Fünftel (€ 466,-) gewinnmindernd aufzulösen. E kann in 2008 wegen der oben aufgeführten Anschaffungen also nur € 466,- als Betriebsausgaben abziehen. Zum Jahresende 2008 hat der von E gebildete Sammelposten demnach einen Wert von € 1.864,-. Der Wert des Sammelpostens ist dann wie folgt fortzuführen: Bildung in 2008: € 2.330,Auflösung in 2008: ./. € 466,Buchwert Ende 2008: € 1.864,Auflösung in 2009: ./. € 466,Buchwert Ende 2009: € 1.398,Auflösung in 2010: ./. € 466,Buchwert Ende 2010: € 932,Auflösung in 2011: ./. € 466,Buchwert Ende 2011: € 466,Auflösung in 2012: ./. € 466,Buchwert Ende 2012: € 0,11 Hörster, NWB Fach 3, 14668. 12 Pflüger, Unternehmensteuerreform 2008, GStB-Sonderdruck, S. 14; Christoffel, Haufe-Steueroffice, Dok. 1697442. 13 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 8, S. 80.
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A
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Neuregelungen zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter
Nach der bisherigen Regelung hätte E im Jahr 2008 die Kosten für das Regal, den Zeitungsständer und die Kassentheke (insgesamt € 780,-) sofort abziehen können. Die Kosten für die Vitrine (€ 680,-) und das Notebook (€ 870,-) hätte er über die betriebsgewöhliche Nutzungsdauer abschreiben müssen. Die Veräußerung der Vitrine und der Verlust des Zeitungsständers haben keine Auswirkung auf die Höhe des Sammelpostens. Den Erlös aus der Veräußerung der Vitrine muss E aber als Betriebseinnahme erfassen. Durch die Bildung des Sammelpostens und dessen einheitliche Abschreibung wird die Abschreibungsdauer für Wirtschaftsgüter zweiter Klasse von der tatsächlichen Nutzungsdauer losgelöst und eine pauschale Nutzungsdauer von fünf Jahren unterstellt.14 Das kann je nach betriebsgewöhlicher Nutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsguts zu einer Verkürzung oder Verlängerung der Abschreibungsdauer führen. Im obigen Beispiel verlängert sich die Abschreibungsdauer für das Notebook von drei Jahren (gemäß AfA-Tabelle) auf fünf Jahre und für die Vitrine verkürzt sie sich von neun Jahren (gemäß AfA-Tabelle) auf fünf Jahre. Auch auf Sacheinlagen und gebraucht angeschaffte Wirtschaftgüter kommt § 6 Abs. 2a EStG n. F. zur Anwendung. Sie sind demzufolge auch in den Sammelposten einzubeziehen, wenn sich ihre Anschaffungskosten bzw. ihr Wert in dem relevanten Bereich von über € 150,- bis € 1.000,- bewegt. ! Praxishinweis: Wegen der Änderungen zur Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftgüter ist die Buchführung umzustellen. Da die bisherigen Dokumentationspflichten nach § 6 Abs. 2 S. 4 EStG a. F. entfallen und Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungswert von € 150,- bis € 1.000,- künftig nur noch bei ihrer Anschaffung in den jährlichen Sammelposten eingehen, wird es zu einer merklichen Erleichterung der Buchführung und steuerlichen Dokumentation bei Unternehmern kommen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die geplante oder absehbare Anschaffung von Wirtschaftsgütern mit Anschaffungskosten im Bereich von über € 150,- bis € 410,- in das Jahr 2007 vorgezogen werden kann und sollte, um noch vom Sofortabzug für geringwertige Wirtschaftgüter zu profitieren. Umgekehrt sollte bei Wirtschaftgütern mit Kosten über € 410,- aber höchstens € 1.000,-, deren betriebsgewöhliche Nutzungsdauer mehr als fünf Jahre beträgt, überlegt werden, ob ihre Anschaffung in das Jahr 2008 hinausgeschoben wird, da sich dann für solche Wirtschaftgüter günstigere Abschreibungsbedingungen bieten (Verkürzung der Abschreibedauer auf fünf Jahre). Bei einem Übergang des Betriebs oder eines Teilbetriebs ist im Hinblick auf den bzw. die bestehenden Sammelposten nach § 6 Abs. 2a EStG n. F. zu unterscheiden, ob es sich um einen entgeltlichen oder unentgeltlichen Vorgang handelt. Bei einer entgeltlichen Übertragung erwirbt der Rechtsnachfolger, die einzelnen Wirtschaftsgüter, die im Sammelposten enthalten sind. Für diese muss er dann seinerseits einen Sammelposten nach § 6 Abs. 2a EStG n. F. bilden, wenn seine auf das einzelne Wirtschaftsgut entfallenden Anschaffungskosten im Bereich von über € 150,- bis € 1.000,- liegen. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb hingegen unentgeltlich übertragen, werden die jeweiligen Sammelposten mit ihren Buchwerten fortgeführt.
14 Hörster, a. a. O., NWB Fach 3, 14668.
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5
5
§ 5 Neuregelungen zur Abschreibung Schematische Darstellung: Sammelposten bei Übertragung eines (Teil-)Betriebs
(Teil-)Betriebsübertragung
Entgeltlich
Unentgeltlich
Bildung eines neuen Sammelpostens durch den Erwerber
Fortführung der bestehenden Sammelposten
5
> Beispiel: Der Einzelhändler E aus dem obigen Beispiel muss im Jahr 2009 einen Sammelposten in Höhe von € 800,- bilden, der zum Jahresende mit einem Wert von € 640,- ausgewiesen ist. Im Jahr 2010 tätigt E keine Anschaffungen für das Anlagevermögen und überträgt seinen Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seinen Sohn S. S muss die von E in 2008 und 2009 gebildeten Sammelposten fortführen und in 2010 jeweils zu einem Fünftel des ursprünglichen Werts gewinnerhöhend auflösen. Zum Jahresende 2010 weist S folglich den Sammelposten08 mit € 932,den Sammelposten09 mit € 480,- und gegebenenfalls einen von ihm zu bildenden Sammelposten für das Jahr 2010 aus.
III. 5
Auswirkungen auf die Handelsbilanz
Bei der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter handelte es sich bisher um ein steuerliches Wahlrecht, das nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben war. Die Neuregelungen zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (erster und zweiter Klasse) bei Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften sind jetzt als zwingende Regelungen ausgestaltet. § 6 Abs. 2, 2a EStG n. F. enthält damit nun spezielle steuerliche Bewertungsregeln für geringwertige Wirtschaftgüter, für die die umgekehrte Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG nicht gilt. Geringwertige Wirtschaftsgüter müssten ab 2008 folglich in der Handels- und Steuerbilanz unterschiedlich behandelt werden, was zu einer weiteren Aushöhlung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes führt.15 Um einen bürokratischen Mehraufwand aufgrund des Abweichens von Handels- und Steuerbilanz zu vermeiden, müssten die neuen steuerlichen Regeln auch für die Handelsbilanz übernommen werden. Die Übernahme der neuen Wertgrenze für sofort abzuschreibende geringwertige Wirtschaftsgüter (€ 150,-) in die handelsrechtliche Bilanzierung wird in der Literatur für zulässig und für mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung vereinbar gehalten.16 Ob auch der Sammelposten (immer) in der Handelsbilanz gebildet und einheitlich über fünf Jahre abgeschrieben werden kann, wird hingegen kritisch gesehen.17 Im Bericht des Finanzausschusses zum 15 Gaillinger, BBK Fach 13, 5021, 5025. 16 Gaillinger, a. a. O., 5025; Kölpin, StuB 2007, 525, 527. 17 Gaillinger, a. a. O., 5025; Kölpin, a. a. O., 527.
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5
B Abschaffung der degressiven Abschreibung Entwurf des Unternehmensteuerreformgesetzes heißt es dazu nur, die Koalitionsfraktionen hätten festgestellt, dass der Sammelposten nach § 6 Abs. 2a EStG n. F. auch handelsrechtlich gebildet werden könne und dass damit Gleichklang zwischen Handels- und Steuerbilanz bestehe.18 Die Einschränkung der steuerlichen Dokumentationspflichten für geringwertige Wirtschaftsgüter erster Klasse wird nur dann tatsächlich zu einer Entlastung der Unternehmen vom bisherigen Verwaltungsaufwand führen, wenn diese auch nicht im Anlagenspiegel nach § 268 Abs. 2 HGB auszuweisen sind. Bisher brauchten Vermögensgegenstände des Anlagevermögens mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von nicht mehr als € 60,- in Übereinstimmung mit den steuerlichen Regelungen (R 6.13 Abs. 2 S. 2 EStR) dort nicht als Zugang erfasst werden.19 Es erscheint sinnvoll, die bisherige Grenze für die Nichterfassung im Anlagenspiegel nach § 268 Abs. 2 HGB von € 60 auf € 150 zu erhöhen, um den bisherigen steuerlichen und handelsrechtlichen Gleichklang beibehalten zu können.20
IV.
Keine Änderung bei der Investitionszulage
Die Neuregelungen zum Sofortabzug der Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftgüter haben keine Auswirkungen auf die Investitionszulage. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 InvZulG 2007 sind geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 EStG von der Begünstigung ausgeschlossen. Durch die Absenkung der Wertgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter in § 6 Abs. 2 EStG von bisher € 410,- auf € 150,- wären nach der Reform ohne Änderung des Investitionszulagengesetzes bereits Wirtschaftsgüter mit einem Wert von € 150,- begünstigungsfähig. Um das zu verhindern wurde § 2 Abs. 1 S. 2 InvZulG 2007 geändert. Danach bleibt es dabei, dass geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 EStG bis zu einem Wert von € 410,- nicht begünstigt sind.
B.
Abschaffung der degressiven Abschreibung
7
Bisherige Rechtslage
Nach § 7 Abs. 2 S. 1 EStG a. F. konnten Steuerpflichtige bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens statt linear auch degressiv abschreiben, also den Abschreibungssatz nicht auf den gleich bleibenden Ursprungswert des Wirtschaftsguts, sondern auf den jeweiligen Restbuchwert 18 19 20 21
6
B
Durch die Unternehmensteuerreform 2008 wird die Möglichkeit der degressiven Abschreibung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (§ 7 Abs. 2, 3 EStG a. F.) abgeschafft. Die Abschaffung dient der Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform und wird damit begründet, dass es eine weltweite Tendenz gebe, Ausnahmen abzuschaffen und dafür die Steuersätze zu senken. Außerdem sei der mit der degressiven AfA verbundene Zinsvorteil nach der erheblichen Verbesserung der Besteuerung durch die Steuerreform nicht mehr erforderlich.21 Die degressive Abschreibung ist nur noch für Wirtschaftsgüter anwendbar, die bis Ende 2007 angeschafft oder hergestellt wurden (§ 52 Abs. 21a EStG n. F.). Ab dem 01.01.2008 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter können dann ausschließlich linear abgeschrieben werden.
I.
5
Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 16/5491, 14. Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, § 42 Rn 61. Gaillinger, a. a. O., 5025. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 10, S. 81.
79
8
5
§ 5 Neuregelungen zur Abschreibung anwenden. Dabei durfte die Abschreibung höchstens 20 % und maximal das Doppelte der linearen Absetzung betragen. Für die Wirtschaftsjahre 2006 und 2007 gelten Sonderregelungen, wonach die Abschreibung höchstens 30 % und maximal das Dreifache der linearen Abschreibung betragen darf.
II. 9
5
Auswirkungen der Neuregelung
Die Bedeutung der degressiven Abschreibung lag vor allem in ihrer Finanzierungsfunktion. Sie ermöglichte es Unternehmern, ihren Gewinn in zeitlicher Nähe zur Investition zu mindern und dadurch einen Liquiditätsvorteil zu erlangen. Außerdem bildete die degressive Abschreibungsmethode am Besten die Tatsache ab, dass viele Wirtschaftsgüter in den ersten Jahren ihrer Nutzung einer besonders hohen Wertminderung unterliegen.22 Die Abschaffung der Möglichkeit, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens degressiv abzuschreiben, kann den Investitionsanreiz verringern, da sie die Steuerbemessungsgrundlage der Unternehmen verbreitert. Bei kleinen und mittleren Unternehmen kann der Wegfall der degressiven Abschreibung durch die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5-7 EStG n. F. ausgeglichen werden.23 ! Praxishinweis: Um die degressive Abschreibung noch nutzen zu können, müssten Investitionen in das Jahr 2007 vorgezogen werden. Da auf die Lieferung abzustellen ist (§ 9a EStDV), kommt es entscheidend darauf an, dass der Unternehmer noch im Jahr 2007 die Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut erlangt. Die bloße Bestellung eines Wirtschaftguts bis zum 31.12.2007 ist daher nicht ausreichend. Soll ein Wirtschaftsgut hergestellt werden, muss es noch im Jahr 2007 fertig gestellt werden.
10
Für Wirtschaftsgüter, die noch vor dem 01.01.2008 angeschafft wurden und für die die degressive Abschreibungsmethode gewählt wurde, kann trotz Abschaffung von § 7 Abs. 3 EStG a. F. auch ab 2008 noch zur linearen Abschreibung übergegangen werden, da auch insoweit die Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 21a EStG n. F. eingreift.
22 Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 7 Rn 130. 23 Siehe hierzu § 9 Rn 26ff.
80
6
§ 6 Änderungen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen in den §§ 8, 9 GewStG A.
Überblick und Vergleich
A.
Nach § 7 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteueroder Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Die letztgenannten Hinzurechnungen und Kürzungen wurden durch die Unternehmensteuerreform erheblich modifiziert, wie der nachfolgende Überblick und Vergleich zur bisherigen Rechtslage zeigt: Bisheriges Recht bis 2007
Künftiges Recht ab 2008
Hinzurechnungen nach § 8 GewStG Hinzurechnung von Zinsaufwand, § 8 Nr. 1 GewStG a. F.; § 8 Nr. 1a) GewStG Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten, § 8 Nr. 2 GewStG a. F.; § 8 Nr. 1b GewStG
Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen in Höhe von 50 %.
Hinzurechnung sämtlicher Zinsen zu 25 % (= 25 % x 100 %).
Vollständige Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten, die wirtschaftlich mit dem Erwerb des Betriebs, Teilbetriebs oder Betriebsanteils zusammenhängen, wenn die Leistungen beim Empfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
Hinzurechnung von Gewinnanteilen stiller Gesellschafter, § 8 Nr. 3 GewStG a. F.; § 8 Nr. 1c GewStG
Gewinnanteile stiller Gesellschafter sind hinzuzurechnen, wenn sie sich beim stillen Gesellschafter gewerbesteuerlich nicht auswirken.
Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten zu 25 % (= 25 % x 100 %), unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Empfänger der Leistung. Ausgenommen davon sind Pensionszusagen an Arbeitnehmer unmittelbar durch den Arbeitgeber. Hinzurechnung von Gewinnanteilen zu 25 %, unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim stillen Gesellschafter.
81
1
6
6
§ 6 Änderungen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen in den §§ 8, 9 GewStG
Bisheriges Recht bis 2007 Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für die Vermietung von Anlagevermögen, § 8 Nr. 7 GewStG a. F.; § 8 Nr. 1 d) bis f) GewStG
6
50 % der Miet- und Pachtzinsen für die nicht in der Benutzung von Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Voraussetzung ist, dass beim Vermieter/Verpächter die Miet- und Pachteinnahmen nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Unabhängig von der Gewerbesteuerpflicht der Miet- und Pachteinnahmen besteht eine Hinzurechnungspflicht bei Verpachtung eines Betriebs oder Teilbetriebs, wenn die Miet- oder Pachtzinsen höher als € 125.000 sind. Dem korrespondiert eine Kürzung der Miet- und Pachtzinsen beim Empfänger.
Freibetrag für die Hinzurechnungen, § 8 Nr. 1 GewStG
Kein Freibetrag.
Kürzung für Grundvermögen, § 9 Nr. 1 GewStG
Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wurde für Grundvermögen generell eine Kürzung von 1,2 % des Einheitswertes vorgenommen, unabhängig von der Belastung des Grundstücks mit Grundsteuer. Kürzung von Dividenden aus Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften, wenn zum Beginn des Erhebungszeitraums eine Beteiligung von mindestens 10 % besteht.
Künftiges Recht ab 2008 5 % (= 25 % x 20 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. 18,75 % (= 25 % x 75 %) der Mietund Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. 6,25 % (= 25 % x 25 %) der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (insbesondere Konzessionen und Lizenzen, sofern diese nicht ausschließlich eine Unterlizenzierung ermöglichen). Davon ausgenommen sind Aufwendungen nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes. Es gilt ein Grundfreibetrag von € 100.000, wenn sämtliche der vorgenannten Aufwendungen zusammen diesen Betrag nicht übersteigen.
Kürzungen nach § 9 GewStG
Kürzung inländischer Dividendenerträge, § 9 Nr. 2a GewStG
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Die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG erfolgt nur, wenn keine Grundsteuerbefreiung besteht.
Kürzung von Dividenden aus Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften, wenn zum Beginn des Erhebungszeitraums eine Beteiligung von mindestens 15 % besteht.
6
B Die Hinzurechnung von Finanzierungskosten
Kürzung ausländischer Dividendenerträge, § 9 Nr. 7 und Nr. 8 GewStG
Bisheriges Recht bis 2007
Künftiges Recht ab 2008
Kürzung von Dividenden aus Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften, wenn zum Beginn des Erhebungszeitraums eine Beteiligung von mindestens 10 % besteht und entweder aufgrund eines anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens die Dividende steuerfrei zu stellen ist (§ 9 Nr. 8 GewStG) oder bestimmte Aktivitätsvoraussetzungen nach § 8 Nr. 1 bis 6 AStG von der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt werden (§ 9 Nr. 7 GewStG).
Kürzung von Dividenden aus Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften, wenn zum Beginn des Erhebungszeitraums eine Beteiligung von mindestens 15 % besteht und entweder aufgrund eines anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens die Dividende steuerfrei zu stellen ist (§ 9 Nr. 8 GewStG) oder bestimmte Aktivitätsvoraussetzungen nach § 8 Nr. 1 bis 6 AStG von der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt werden (§ 9 Nr. 7 GewStG).
6
Resultiert die Steuerfreistellung aus einem Doppelbesteuerungsabkommen und sieht dieses Doppelbesteuerungsabkommen eine niedrigere Mindestbeteiligungsquote vor, dann ist für die Steuerfreistellung die niedrigere Mindestbeteiligungsquote maßgebend.
B.
Die Hinzurechnung von Finanzierungskosten
I.
Vorbemerkung
B
Die bisherigen Hinzurechnungsnormen in § 8 Nr. 1, 2, 3 und 7 GewStG werden einheitlich zusammengefasst und die Tatbestände modifiziert und ausgeweitet. Eine Hinzurechnung erfolgt, soweit die Summe der entsprechenden Aufwendungen insgesamt einen Betrag von € 100.000 nicht übersteigt. Insoweit handelt es sich um einen Freibetrag. Die Hinzurechnung beträgt 25 % der im Einzelnen in § 8 Nr. 1 GewStG aufgeführten Aufwendungen. Während die Zinsaufwendungen, Renten, dauernde Lasten und der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters in voller Höhe in die Bezugsgröße der Hinzurechnung eingehen, ist das bei Mietund Pachtzinsen sowie bei Aufwendungen für die Überlassung von Rechten und Lizenzen nur in Höhe des in diesen Aufwendungen enthaltenen Finanzierungsanteils der Fall. Dieser Finanzierungsanteil wird pauschal vorgegeben. Bei der Hinzurechnung des Gewinnanteils eines stillen Gesellschafters, von Renten und dauernden Lasten sowie Miet- und Pachtzinsen, ergibt sich eine Verschärfung gegenüber der bisherigen Rechtslage, als diese Hinzurechnungen künftig unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung auf Ebene des jeweiligen Leistungsempfängers erfolgt. Damit soll vor allem der euro83
2
6
§ 6 Änderungen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen in den §§ 8, 9 GewStG parechtlichen Problematik derartiger Hinzurechnungen begegnet werden.1 Ausnahmen von den Hinzurechnungen ergeben sich weiterhin nach § 35c GewStG i. V. m. § 19 GewStDV für Kreditinstitute. Die Belastungswirkungen der Hinzurechnungen lassen sich wie folgt quantifizieren (Hebesatz 400 %, Messzahl 3,5 %, Freibetrag überschritten):2 Fiktiver Zinsanteil Zinsen, Renten, dauernde Lasten, Gewinnanteile stiller Gesellschafter Mieten, Pachten, Leasingraten beweglicher WG des Anlagevermögens Mieten, Pachten, Leasingraten unbeweglicher WG des Anlagevermögens Lizenzen
6
II. 3
Hinzurechnungsbetrag
Gewerbesteuerbelastung
100,00 %
25,00 %
3,50 %
20,00 %
5,00 %
0,70 %
75,00 % 25,00 %
18,75 % 6,25 %
2,63 % 0,88 %
Hinzurechnung von Entgelten für Schulden, § 8 Nr. 1a) GewStG
Die hälftige Hinzurechnung von Dauerschulden entfällt künftig und wird ersetzt durch die Hinzurechnung von 25 % der Entgelte für Schulden, d.h. sämtlicher Zinsaufwendungen. Damit entfällt zugleich die mitunter schwierige Abgrenzung zwischen Entgelte für Dauerschulden und sonstigem Zinsaufwand. Die Qualität der aufgenommenen Fremdfinanzierung als nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals ist ebenso wenig von Bedeutung wie die Frage, ob die Schulden mit der Gründung oder Erweiterung/Verbesserung des Betriebs zusammenhängen.3 Zinsaufwendungen für die Finanzierung von Umlaufvermögen und kurzfristige Kredite, Kontokorrentverbindlichkeiten usw. sind künftig bei der Hinzurechnung der Zinsaufwendungen zu berücksichtigen. > Beispiel: Ein Grundstücksunternehmen betreibt einen gewerblichen Grundstückshandel. Der Erwerb der Grundstücke wurde fremdfinanziert. Da die Grundstücke Umlaufvermögen darstellten, waren die Kredite keine Dauerschulden, so dass für die Zinsaufwendungen keine Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen erfolgte. Gleiches gilt für die Berücksichtigung von durchlaufenden Krediten. Nach der bisherigen Rechtslage waren Zinsaufwendungen für durchlaufende Kredite keine Dauerschuldzinsen, wenn sie nur zu dem Zweck aufgenommen wurden, den entsprechenden Betrag umgehend als Kredit weiterzugeben.4 Die Zinseinnahmen und Zinsaufwendungen aus einem durchlaufenden Kredit konnten saldiert werden, ohne dass auf Ebene des Unternehmens, das die Kredite weitergeleitet hatte, eine zusätzliche gewerbesteuerliche Belastung aufgrund der Hinzurechnung von Entgelten für Dauerschulden nach § 8 Nr. 1 GewStG a. F. entstand. 1 2 3 4
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BT-Drs. 16/4841, S. 79. Nach Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 523. Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693, 696. Güroff, in : Glanegger/Güroff/Selder, § 8 Nr. 1, Rn. 48ff. m. w. N.
6
B Die Hinzurechnung von Finanzierungskosten Der Begriff des Zinsaufwands wird weit gefasst („Entgelt für Schulden“). Skonti und vergleichbare wirtschaftliche Vorteile im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit gelten als Entgelt für Schulden. Diese Vorteile sind rechtlich Entgeltbestandteile. Nach § 8 Nr. 1a) Satz 2 GewStG werden sie künftig als Finanzierungsaufwendungen fingiert. Sie sollen wirtschaftlich ein Entgelt dafür darstellen, dass dem Betrieb vorzeitig Geldkapital zugeführt wird.5 Auf Initiative des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages wurde die Hinzurechnung der Skonti und vergleichbarer wirtschaftlicher Vorteile von der Hinzurechnung ausgenommen, soweit diese im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden. Hintergrund für diese Einschränkung ist, dass derartige Vorteile mit Rücksicht auf die Begründung und Aufrechterhaltung einer bestehenden Geschäftsbeziehung gewährt werden und keinen Finanzierungseffekt bewirken.6 Nicht unter diese Fiktion sollen Treurabatte u. ä. fallen. Es liege insoweit kein Entgelt dafür vor, dass dem Betrieb vorzeitig Geldkapital zugeführt worden ist.7 Desgleichen gelten Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen als Entgelte für Schulden. Betroffen sind z. B. Abschläge aus dem Verkauf von Forderungen, wie der Forfaitierung künftiger Forderungen aus einem Leasingverhältnis.8 Soweit Gegenstand der Veräußerung eine Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis ist, gilt die Differenz zwischen dem Wert der Forderung aus dem schwebenden Vertragsverhältnis, wie ihn die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu Grunde gelegt haben, und dem vereinbarten Veräußerungserlös bei der Ermittlung des Gewinns, als abgesetzt. Aufwand, der aus der Abzinsung von Verbindlichkeiten entsteht, stellt – wie bisher9 – kein Entgelt für Schulden dar.10 Dieser Aufwand unterliegt nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1a) GewStG. Zu beachten ist, dass die Definition des Entgeltes für Schulden von dem Begriff des Zinsaufwands in § 4h Abs. 3 EStG (Regelung zur Zinsschranke) abweicht. Nach § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG zählen die Aufwendungen und Erträge aus der Auf- und Abzinsung niedrig verzinslicher oder unverzinslicher Forderungen und Verbindlichkeiten ebenfalls zu dem für die Anwendung der Zinsschranke maßgeblichen Zinsaufwand bzw. Zinsertrag (zur Zinsschranke siehe § 8). Werden Zinsen nach § 255 Abs. 3 HGB in Übereinstimmung mit R 6.3. Abs. 4 EStR 2005 in der Steuerbilanz aktiviert, sind sie nicht bei der Hinzurechnung der Entgelte für Schulden zu berücksichtigen.11
III.
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5
6
Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten, § 8 Nr. 1 b) GewStG
Renten und dauernde Lasten sind künftig unabhängig vom wirtschaftlichen Anlass ihrer Gewährung zu 25 % dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, § 8 Nr. 1 b) GewStG. Bislang bestand eine Hinzurechnungspflicht für 100 % der Renten und dauernden Lasten, wenn diese wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs, Teilbetriebs oder dem Anteil am Betrieb zusammenhängen, § 8 Nr. 2 Satz 1 GewStG a. F. Des Weiteren erfolgte die Hinzurechnung nur dann, 5 6 7 8
BT-Drs. 16/4841, S. 79. BT-Drs. 16/5491, S. 23. BT-Drs. 16/4841, S. 79. BT-Drs. 16/4841, S. 79; Zur steuerbilanziellen Behandlung der Forfaitierung von Leasingforderungen: Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn 732. 9 BMF, Schreiben vom 26. Mai 2005, BStBl. I 2005, 699, Rn 39. 10 BT-Drs. 16/4841, S. 79. 11 BFH, Urteil vom 30.03.2003, BStBl. II, 192, sowie die Ausführungen zur Zinsschranke in § 8, Rn., 9.
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7
6
6
§ 6 Änderungen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen in den §§ 8, 9 GewStG wenn die entsprechenden Beträge beim Empfänger nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen waren, § 8 Nr. 2 Satz 2 GewStG a. F. Diese Einschränkungen gelten künftig nicht mehr, so dass sämtliche Renten und dauernde Lasten dem Gewerbeertrag – allerdings nur zu 25 % – hinzuzurechnen sind. Eine Ausnahme gilt für Pensionszahlungen auf Grund einer unmittelbar vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage, § 8 Nr. 1b Satz 2 GewStG, um insoweit diesen Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung nicht schlechter zu stellen.12
IV. 8
6
Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters wird ebenfalls zu 25 % hinzugerechnet, § 8 Nr. 1 c) GewStG. Die in § 8 Nr. 3 GewStG a. F. bestehende Hinzurechnung von Gewinnanteilen eines stillen Gesellschafters knüpfte daran an, dass die Gewinnanteile beim stillen Gesellschafter nicht zur Gewerbesteuer heranzuziehen waren. Diese Regelung betrifft typisch stille Gesellschaften, nicht hingegen atypisch stille Gesellschaften, die als Mitunternehmerschaft anzusehen sind.
V. 9
Hinzurechnung des Gewinnanteils eines stillen Gesellschafters, § 8 Nr. 1 c) GewStG
Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen § 8 Nr. 1 d) + 1 e) GewStG
Eine weitere Änderung betrifft die 25 %ige Hinzurechnung des Finanzierungsanteils von Mietund Pachtzinsen. Nach § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG a. F. erfolgte die hälftige Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Davon ausgenommen waren Miet- und Pachtzinsen, die beim Vermieter oder Verpächter der Gewerbesteuer unterlagen. Infolge des EuGH-Urteils in Sachen „Eurowings“13 galt die Zurechnung in zwei Fällen unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Vermieter oder Verpächter, nämlich wenn ein Betrieb oder Teilbetrieb vermietet oder verpachtet wurde (Fälle der Betriebsverpachtung) oder wenn der Betrag der Miet- und Pachtzinsen € 125.000 übersteigt, § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG a. F. In diesen Fällen galt auf Ebene des Vermieters oder Verpächters eine korrespondierende Kürzungsvorschrift in § 9 Nr. 4 GewStG a. F. Diese Kürzungsvorschrift wurde ersatzlos aufgehoben. Geblieben ist nach der Neuregelung die Begrenzung der Hinzurechnung auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Es werden jedoch nicht nur die Miet- und Pachtzinsen für die Vermietung und Verpachtung beweglicher Wirtschaftsgüter hinzugerechnet (§ 8 Nr. 1 d) GewStG), sondern auch die Miet- und Pachtzinsen unbeweglicher Wirtschaftsgüter (§ 8 Nr. 1 e) GewStG). Leasingraten werden ebenfalls hinzugerechnet, wenn der Leasinggeber wirtschaftlicher Eigentümer des Leasinggutes ist.14 Voraussetzung der Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen ist, dass die überlassenen Wirtschaftsgüter im Eigentum eines anderen stehen. Ist der Leasingnehmer wirtschaftlicher Eigentümer, wird das Leasingverhältnis wie ein Darlehensverhältnis behandelt und der Finanzierungsanteil in den Leasingraten stellt Zinsaufwand dar, der nach § 8 Nr. 1 a) GewStG als Entgelt für Schulden zu 25 % dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen ist. 12 BT-Drs. 16/4841, S. 80. 13 EuGH, Urteil vom 26.10.1999, BStBl. II, 851. 14 BMF, Schreiben vom 19.04.1971, BStBl. I, 264; BMF, Schreiben vom 21.03.1972, BStBl. I, 188; BMF, Schreiben vom 22.12.1975, DB 1976, 172; BMF, Schreiben vom 23.12.1991, BStBl. I, 1992, 13.
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6
B Die Hinzurechnung von Finanzierungskosten Auch Erbbauzinsen sind wohl dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen. Erbbauzinsen sollen ein Entgelt für die Nutzung des Grundstücks darstellen.15 Keinesfalls stellen Erbbauzinsen eine dauernde Last im Sinne des § 8 Nr. 1b) GewStG dar.16 Die Hinzurechnung von 25 % bezieht sich bei der Vermietung und Verpachtung beweglicher Wirtschaftsgüter auf ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen, so dass insgesamt 5 % dieser Mietund Pachtzinsen hinzugerechnet werden. Bei der Vermietung und Verpachtung unbeweglicher Wirtschaftsgüter bezieht sich die Hinzurechnung von 25 % auf drei Viertel der Miet- und Pachtzinsen, so dass insgesamt 18,75 % dieser Miet- und Pachtzinsen hinzugerechnet werden.
10
! Praxishinweis: Auswirkungen hat die erweiterte Einbeziehung von Miet- und Pachtzinsen vor allem in den Fällen der Betriebsverpachtung und Betriebsaufspaltung. Während es bei der Betriebsaufspaltung bislang keine Hinzurechnung gab, galt in Fällen der Betriebsverpachtung bereits nach der bisherigen Regelung eine Hinzurechnung von 50 % für die Vermietung des beweglichen Anlagevermögens; dem stand jedoch eine entsprechende Kürzung des Gewerbeertrags beim Verpächter gegenüber. Diese Kürzung ist entfallen, so dass die Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen zu einer definitiven Belastung des Unternehmens führt. Darüber hinaus bezieht sich die Hinzurechnung künftig auch auf die Vermietung und Verpachtung der Betriebsgrundstücke.
VI.
6
Hinzurechnung von Lizenzen § 8 Nr. 1 f) GewStG
Eine weitere Hinzurechnung betrifft Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, § 8 Nr. 1 f) GewStG, die den Kreis der hinzurechnungspflichtigen Tatbestände, z. B. Entgelte für Softwarelizenzen, ausweitet. Grund für die Einbeziehung dieser Tatbestände in die Hinzurechnung war, dass es sich um Sachüberlassungen handelt. Eine Ausnahme gilt für Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen. Derartige Lizenzverträge sollen nicht Gegenstand einer Sachüberlassung sein, sondern wirtschaftlich Vertriebsverträge darstellen, so dass insoweit die Ausnahme gerechtfertigt sei.17 Die Hinzurechnung erfolgt nicht, wenn es sich um Aufwendungen handelt, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind.18 Das betrifft z. B. Honorare an Werbeunternehmen für die Überlassung von Urheberrechten an deren Werbeprodukten. Die Hinzurechnung von 25 % bezieht sich auf ein Viertel der vorgenannten Aufwendungen und beträgt daher 6,25 % dieser Aufwendungen.
15 BFH, Urteil vom 07.03.2007, BFH/NV, 2007, 1424. 16 BFH, Urteil vom 07.03.2007, BFH/NV, 2007, 1424. 17 BT-Drs. 16/4841, S. 80; sowie BT-Drs. 16/5491, S. 23, zu dem gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf geänderten Wortlaut. 18 Vgl. zu dieser auf Initiative des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages eingefügten Ausnahme BT-Drs. 16/5491, S. 23.
87
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6
§ 6 Änderungen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen in den §§ 8, 9 GewStG
C
12
6
C.
Die Erhöhung der Mindestbeteiligungsquote für das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg, § 9 Nr. 2a, 7, 8 GewStG
Für die gewerbesteuerliche Erfassung von Dividenden aus inländischen oder ausländischen Kapitalgesellschaften bestehen Schachtelprivilegien. Danach wird die Dividende nach § 9 Nr. 2a, Nr. 7 und Nr. 8 GewStG aus dem Gewerbeertrag im Sinne des § 7 GewStG gekürzt. Bislang setzte die Gewährung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs voraus, dass zum Beginn des Erhebungszeitraums eine Mindestbeteiligungsquote an der ausschüttenden Kapitalgesellschaft von 10 % bestanden hatte. Das galt für Dividenden inländischer Kapitalgesellschaften nach § 9 Nr. 2a GewStG ebenso, wie für Dividenden ausländischer Kapitalgesellschaften, die nach § 9 Nr. 7 oder Nr. 8 GewStG in den Anwendungsbereich des internationalen Schachtelprivilegs fielen. Auch nach der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens hatten das nationale und internationale Schachtelprivileg Bedeutung für die gewerbesteuerliche Behandlung von Dividendenerträgen. Bei der Einkommensteuer sind die Dividenden zu 50 % (ab 2009 zu 40 %) steuerfrei; bei der Körperschaftsteuer blieben die Dividenden zu 95 % steuerfrei. Die Steuerfreistellung von Dividenden bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer gilt bei der Gewerbesteuer nur dann, wenn zugleich die Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs vorlagen. Andernfalls war der steuerfreie Teil der Dividende nach § 8 Nr. 5 GewStG hinzuzurechnen und unterlag der Gewerbesteuer. > Beispiel: An der A-GmbH sind die B-GmbH zu 94 % und die C-GmbH zu 6 % beteiligt. Die Beteiligungen bestehen bereits zum Beginn des Wirtschaftsjahres. Bei Ausschüttungen der A-GmbH sind die an B-GmbH und C-GmbH gezahlten Dividenden bei der Körperschaftsteuer nach § 8b Abs. 1 KStG zu 95 % steuerfrei. Das gilt bei der Gewerbesteuer nur, wenn zugleich die Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs erfüllt sind. Das ist bei der B-GmbH der Fall, da sie zu 94 % und nach bisheriger Rechtslage zu mindestens 10 % zum Beginn des Erhebungszeitraums an der A-GmbH beteiligt ist. Bei der C-GmbH ist das hingegen nicht der Fall, da bereits nach bisheriger Rechtslage die Mindestbeteiligungsquote nicht erreicht wird. Während bei der B-GmbH die Ausschüttungen aus der A-GmbH auch für Zwecke der Gewerbesteuer zu 95 % befreit sind, unterliegen diese Ausschüttungen bei der C-GmbH in voller Höhe der Gewerbesteuer.
13
14
Diese Mindestbeteiligungsquote wird in § 9 Nr. 2a, Nr. 7 und Nr. 8 GewStG von 10 % auf 15 % erhöht. Das gilt sowohl für das nationale Schachtelprivileg, also bei Ausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften, als auch bei den internationalen Schachtelprivilegien nach § 9 Nr. 7 GewStG und – mit einer Einschränkung nach § 9 Nr. 8 GewStG. § 9 Nr. 8 GewStG bezieht sich auf Doppelbesteuerungsabkommen und übernimmt die darin vereinbarten Schachtelprivilegien für die Gewerbesteuer. Mitunter bestimmen die Doppelbesteuerungsabkommen ihrerseits eine eigene Mindestbeteiligungsquote für die Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft, um die Steuerfreistellung beanspruchen zu können. Ist diese Mindestbeteiligungsquote höher als die nunmehr nach § 9 Nr. 8 GewStG geltenden 15 %, gilt die niedrigere Mindestbeteiligungsquote des § 9 Nr. 8 GewStG. Ist die Mindestbeteiligungsquote des Doppelbesteuerungsabkommens niedriger als 15 %, gilt nach § 9 Nr. 8 GewStG die niedrigere Mindestbeteiligungsquote des Doppelbesteuerungsabkommens. Anders verhält es sich bei § 9 Nr. 7 GewStG. Die Kürzung ausländischer Dividenden hängt unabhängig von bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen davon ab, dass die ausländische Ka88
6
C Zeitliche Anwendung pitalgesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten bezieht.19 Die Mindestbeteiligungsquote von 15 % für dieses gewerbesteuerliche Schachtelprivileg gilt uneingeschränkt in allen Fällen. Nach dem Entwurf eines Jahressteuergesetzes 200820 soll § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG erneut geändert werden. Die Mindestbeteiligungsquote des § 9 Nr. 7 GewStG wird aufgespaltet: ■ Für Gewinnausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften, die innerhalb der EU ansässig sind, gilt eine Mindestbeteiligungsquote von 10 %. ■ Für Gewinnausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften, die außerhalb der EU ansässig sind, gilt eine Mindestbeteiligungsquote von 15 %. > Beispiel: An der A-GmbH sind die B-GmbH zu 90 % und die C-GmbH zu 10 % beteiligt. Ab 2008 unterliegen Gewinnausschüttungen der A-GmbH bei der C-GmbH der Gewerbesteuer, da sie am 01.01.2008 nicht zu mindestens 15 % an der A-GmbH beteiligt ist.
15
6
! Praxishinweis: Sofern eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von weniger als 15 % besteht, kann durch die Bündelung der Beteiligungen in einer gewerblichen Personengesellschaft (z. B. gewerblich geprägte GmbH & Co. KG) oder einer Kapitalgesellschaft eine Beteiligungsstruktur begründet werden, die eine durchgängige Anwendung des nationalen Schachtelprivilegs ermöglicht. Allerdings ist zu prüfen, ob die Übertragung steuerneutral möglich ist und ob sich anderweitig (Grunderwerbsteuer, Anwendung der Zinsschranke usw.) Auswirkungen ergeben. Im vorgenannten Beispiel könnten die B-GmbH 45 % und die C-GmbH die 10 % der Beteiligung an der A-GmbH in eine zwischengeschaltete GmbH nach § 21 UmwStG zum Buchwert einbringen. Die zwischengeschaltete GmbH wäre zu 55 % an der A-GmbH beteiligt, so dass bei Einbringung der Anteile in 2007 Ausschüttungen der A-GmbH ab 2008 sowohl bei der B-GmbH (45 %) als auch bei der zwischengeschalteten GmbH gewerbesteuerfrei wären. An der zwischengeschalteten GmbH wären die B-GmbH mit ca. 82 % und die C-GmbH mit ca. 18 % beteiligt, so dass die Weiterleitung der Ausschüttungen durch die zwischengeschaltete GmbH an die B-GmbH und die C-GmbH das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg in Anspruch genommen werden könnte. Gegenzurechnen wäre die Begründung von 5 % nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben auf Ebene der zwischengeschalteten GmbH nach § 8b Abs. 5 KStG, die auf Basis der „durchlaufenden“ Dividende der A-GmbH erhoben würde. Insgesamt ergäbe sich auf die Dividende bei Weiterleitung bis zur Ebene der B-GmbH und C-GmbH eine Steuerbelastung in Höhe von ca. 3 %.21
D.
Zeitliche Anwendung
D
Die Neuregelungen für die Gewerbesteuer sollen erstmals für den Erhebungszeitraum 2008 gelten, § 36 Abs. 5a, 6a, 8, 8a GewStG. Sofern das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, gilt die Neuregelung für das Wirtschaftsjahr 2008. Bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr gilt die Neuregelung erstmals für Wirtschaftsjahre, die in 2008 enden.22
19 Zu den weiteren Tatbestandsmerkmalen und Anwendungsbereich des § 9 Nr. 7 GewStG siehe die Kommentierung von Güroff, in: Glanegger/Güroff/Selder, § 9 Nr. 7 GewStG. 20 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 16.08.2007, BR-Drs. 544/07. 21 Vgl. aber zu § 42 AO das Urteil des FG Münster vom 30.05.2006 (DStRE 2007, 218) sowie die geplante Neufassung des § 42 Ao im Jahressteuergesetz 2008. 22 Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 523.
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7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung 1
7
A.
2
Durch § 34a EStG n. F. wird eine Begünstigung für die Reinvestition von erwirtschafteten Gewinnen bei Einzel- und Mitunternehmern1 eingeführt. Diese Steuerpflichtigen erhalten auf Antrag einen Liquiditätsvorteil durch die ermäßigte Besteuerung im Unternehmen belassener Gewinne. Es handelt sich dabei um ein Wahlrecht, das es dem Steuerpflichtigen überlässt, die Begünstigung in Anspruch zu nehmen oder darauf zu verzichten. Nach der neuen so genannten „Thesaurierungsbegünstigung“ unterliegt der Anteil des Gewinns aus einem Betrieb oder einem Mitunternehmeranteil, den der Steuerpflichtige im Wirtschaftsjahr nicht entnimmt, auf Antrag nicht mehr dem (i. d. R. höheren) persönlichen progressiven Steuersatz des Steuerpflichtigen, sondern einem ermäßigten Steuersatz von 28,25 % zuzüglich des Solidaritätszuschlags. Bei späterer Entnahme kommt es jedoch zu einer Nachversteuerung mit 25 % zuzüglich des Solidaritätszuschlags. Die Regelung betrifft ausschließlich Gewinneinkünfte (d. h. Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit). Ziel der Regelung ist es, für nicht entnommene Gewinne von Einzel- oder Mitunternehmern eine vergleichbare tarifliche Belastung wie für das Einkommen von Kapitalgesellschaften herbeizuführen. Darüber hinaus sollen die Eigenkapitalquoten von Personenunternehmen dadurch gestärkt werden, dass der Verzicht auf die Entnahme und private Verwendung von Gewinnen steuerlich begünstigt wird. Der Gesetzgeber erwartet, dass das die Investitionsmöglichkeiten von Personenunternehmen verbessert.2 Die Thesaurierungsbegünstigung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden (§ 52 Abs. 48 EStG n. F.). Bei abweichendem Wirtschaftsjahr kann die Thesaurierungsbegünstigung schon für das Wirtschaftsjahr 2007/08 angewandt werden.
A.
Bisherige Rechtslage und Ziele der Neuregelung
I.
Bisherige Rechtslage
Bislang wurden Gewinne von Einzel- und Mitunternehmern unabhängig von Entnahme oder Reinvestition im Jahr ihrer Erwirtschaftung nach den persönlichen Merkmalen des einzelnen Unternehmers (progressiver Einkommensteuer-Tarif) der Besteuerung unterworfen. Insbesondere bei Personengesellschaften spielte es bisher – anders als bei Kapitalgesellschaften – keine Rolle, ob die von der Gesellschaft erwirtschafteten Gewinne im Betriebsvermögen verblieben. Der Grund hierfür liegt in dem für Personengesellschaften geltenden Transparenzprinzip, wonach das im Rahmen der Tätigkeit einer Personengesellschaft erzielte Einkommen nicht als Einkommen der Gesellschaft selbst, sondern als unmittelbar von dem einzelnen Gesellschafter als Mitunternehmer (natürliche Person) erzieltes Einkommen angesehen und direkt bei diesem versteuert wird.
1 2
90
Einzelunternehmer und Mitunternehmerschaften werden im Folgenden zusammen als Personenunternehmen bezeichnet. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 23, S. 101.
A.
7
Bisherige Rechtslage und Ziele der Neuregelung
Bei Kapitalgesellschaften kommt demgegenüber das Trennungsprinzip zur Anwendung. Danach werden Kapitalgesellschaften als eigenständige Steuersubjekte behandelt, die ihr Einkommen selbst zu versteuern haben. Den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften werden dann nur die Ausschüttungsbeträge (Dividenden) direkt zugerechnet. Hier kommt es zu einer zweimaligen Besteuerung, zuerst bei Gewinnerzielung auf Ebene der Gesellschaft und dann bei Ausschüttung auf Ebene der Gesellschafter (Klassisches Körperschaftsteuersystem). Um dabei eine wirtschaftliche Doppelbelastung zu vermeiden, wurde das klassische System durch das so genannte „Halbeinkünfteverfahren“ abgemildert3. Nach diesem bis Ende 2008 geltenden Halbeinkünfteverfahren wurde zunächst das Einkommen der Körperschaft mit einer definitiven Körperschaftsteuer von 25 % belastet (§ 23 Abs. 1 KStG a. F.) und dann die Hälfte des Ausschüttungsbetrages (§ 3 Nr. 40 EStG a. F.) beim Gesellschafter mit dessen persönlichem Steuersatz besteuert. Das hat dazu geführt, dass die Einbehaltung von Gewinnen bei Kapitalgesellschaften steuerlich günstiger ist als die Ausschüttung. Daran hat sich durch die Unternehmensteuerreform im Prinzip nichts geändert. Das Halbeinkünfteverfahren wurde aber für Beteiligungen, die im Betriebsvermögen gehalten werden, durch ein Teileinkünfteverfahren4 ersetzt, wonach der Anteilseigner künftig 60 % des Ausschüttungsbetrages individuell zu versteuern hat (§ 3 Nr. 40 EStG n. F.). Für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen gilt ab 2009 die Abgeltungsteuer.5 Durch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % erhöht sich dieser Vorteil der Kapitalgesellschaften noch erheblich. Das erschien wettbewerbspolitisch nicht tragbar und rief eine entsprechende Begünstigung der Thesaurierung bei Personenunternehmen hervor.6 Die unterschiedliche Besteuerung im Unternehmen belassener Gewinne bei Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen war bisher ein wesentlicher Grund für den häufig beklagten Mangel an Rechtsformneutralität bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen. Daher wurde im Vorfeld der Unternehmensteuerreform 2008 eifrig diskutiert, wie die Rechtsformwahl von steuerlichen Faktoren entlastet werden könne. Die Unterschiede in der steuerlichen Behandlung sollten künftig nicht mehr ausschlaggebendes Kriterium für die Wahl der Unternehmensform sein. Wie sich die unterschiedliche Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften bei Vollthesaurierung bislang auf die nominellen Steuersätze auswirken konnte, verdeutlicht das folgende stark vereinfachte Beispiel. > Beispiel: Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften bei Vollthesaurierung nach bisheriger Rechtslage Das Beispiel ist stark vereinfacht und auf die unterschiedliche Besteuerung einbehaltener Gewinne fokussiert. Es lässt sowohl die Gewerbesteuer, die sich bei Personen- und Kapitalgesellschaften wegen der Anrechnung (§ 35 EStG) unterschiedlich auswirkt, als auch die spätere Besteuerung der Dividenden bzw. der Liquidationsgewinne bei der Kapitalgesellschaft außer Acht. Es wird unterstellt, dass die Einkünfte des Personengesellschafters aus der Gesellschaft dem bisherigen Spitzensteuersatz für gewerbliche Einkünfte von 42 % unterliegen.
3 4 5 6
Hey, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. KSt Rn 199. Siehe hierzu auch § 4. Siehe hierzu auch § 4. Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 523, 526.
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3
4
7
5
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung
Kapitalgesellschaft Gewinn nach GewSt
Personengesellschaft 100
100
1. Gesellschaftsebene ./. KSt (25 %) ./. SolZ (5,5 %)
./. 25,00 ./. 1,37
Zwischensumme (1.)
./. 26,37
Entfällt wegen Transparenz
2. Gesellschafterebene ./. ESt (42 %) ./. SolZ (5,5 %)
Entfällt zunächst wegen Thesaurierung
Zwischensumme (2.) Gesamtbelastung bei Vollthesaurierung
II.
7 6
26,37
./. 42,00 ./. 2,31 ./. 44,31 44,31
Ziele der Neuregelung
Nachdem ursprünglich darüber diskutiert worden war, wie durch die Unternehmensteuerreform 2008 Rechtsformneutralität zu erzielen sei, hieß es im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vom 11.11.2005 noch, man wolle sich von dem Ziel „weitgehender Rechtsform- und Finanzierungsneutralität“ leiten lassen7. Bei der Vorbereitung und während des Gesetzgebungsverfahrens waren die Ziele bereits niedriger gesteckt. In den Eckpunkten, die das Bundeskabinett am 12.07.2006 beschlossen hat, hieß es, dass angesichts der Senkung des Körperschaftsteuersatzes auch die Personengesellschaften von der Unternehmensteuerreform profitieren sollten.8 Nach den Äußerungen aus dem Bundesfinanzministerium vom Juli 2006 wurde „bewusst auf eine Gesamtrevision des Steuersystems sowie die damit verbundenen, unkalkulierbaren Anpassungskosten und Strukturbrüche verzichtet“. Beabsichtigt war eine faktische Rechtsformneutralität ohne komplizierten bürokratischen Aufwand in der jeweiligen Belastungswirkung auf Inhaber- oder Anlegerebene.9 Damit wurde bereits klar, dass es dem Gesetzgeber nicht um wirkliche Rechtsformneutralität, sondern allenfalls um den Abbau von Belastungsunterschieden zwischen Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften ging. Die Eckpunkte vom Juli 2006 lassen darauf schließen, dass durch die Einführung einer Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen verhindert werden sollte, dass ertragstarke Personengesellschaften infolge der Absenkung der Tarifbelastung von Kapitalgesellschaften faktisch zur Umwandlung gezwungen würden. Da es nicht um völlige Rechtsformneutralität ging, konnten auch bestehende Vorteile der Personengesellschaft beibehalten werden.10 Im Bundesfinanzministerium sah man keinen Bedarf, Personenunternehmen steuerlich zu entlasten, da deren steuerliche Belastungssituation bereits bisher günstig gewesen sei.11 Folgerichtig standen im Gesetzgebungsverfahren andere Ziele im Vordergrund. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zur Unternehmensteuerreform 2008 geht deutlich hervor, dass die Neuregelung in 7 8
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005, S. 69, Z. 3406. Eckpunkte zur Unternehmensteuerreform, Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen Nr. 88/2006 vom 12.07.2006, Eckpunkt 2. 9 Eckpunkte zur Unternehmensteuerreform, Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen Nr. 88/2006 vom 12.07.2006, Anlage 3, S. 1. 10 Hey, DStR 2007, 925, 926. 11 Bundesministerium der Finanzen, Wachstumsorientierte Unternehmensteuerreform für Deutschland, Mitteilung vom 12.07.2006.
92
7
B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung § 34a EStG n. F. vordergründig eine Verbesserung der „Innenfinanzierungsmöglichkeiten von Investitionen“12 bezweckt, auch wenn die Überschrift „Belastungsneutralität der unterschiedlichen Rechtsformen“ lautet.13 Durch § 34a EStG n. F. soll die Eigenkapitalbildung bei Personenunternehmen gefördert werden, da Eigenkapital zur Finanzierung neuer Investitionen notwendig ist und in Krisensituationen die Gefahr der Insolvenz der Unternehmen verringert.14 § 34a EStG n. F. zielt demnach nicht auf Rechtsformneutralität bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen. Die Neuregelung muss vorerst vielmehr als Abschied vom Ziel eines rechtsformneutralen Unternehmensteuerrechts angesehen werden. Durch sie wird das Nebeneinander von transparenter Mitunternehmerbesteuerung und der Körperschaftsbesteuerung nach dem Trennungsprinzip nicht beseitigt, sondern sogar bekräftigt. Damit haben die Regierungsparteien die von ihnen im Koalitionsvertrag angekündigte Grundsatzentscheidung15 zu Gunsten der dualen Einkommensbesteuerung im Unternehmensteuerrecht getroffen.
B.
Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung
B
Die neue Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen wird nach der Begründung zum Gesetzentwurf dadurch gerechtfertigt, dass derjenige, der seinem Betrieb erwirtschaftetes Kapital weiterhin zur Verfügung stellt, die Eigenkapitalbasis seines Unternehmens nachhaltig stärkt16. Dementsprechend wird die Einbehaltung im laufenden Wirtschaftsjahr erwirtschafteter Gewinne zunächst steuerlich gefördert. Eine Entnahme in späteren Wirtschaftsjahren unterliegt einer Nachversteuerung, da sie die Eigenkapitalbasis wieder schwächt und damit den Begünstigungsgrund entfallen lässt. Der neue § 34a EStG regelt folglich zwei zeitlich auseinanderfallende Besteuerungsvorgänge für einbehaltene Gewinne, erstens die begünstigte Besteuerung im Wirtschaftsjahr der Thesaurierung und zweitens die spätere Nachversteuerung. Das lässt bereits erkennen, dass sich ein Vorteil der Thesaurierungsbegünstigung vor allem aus einer teilweisen Stundung der Steuer bis zur späteren Nachversteuerung ergeben kann (vorübergehender Liquiditätsvorteil). Eine weitere Rechtsfolge der Thesaurierungsbegünstigung besteht darin, dass negative Einkünfte nicht mit den begünstigt besteuerten Gewinnen verrechnet werden dürfen. So schließt die Inanspruchnahme der Begünstigung auch den Verlustrücktrag im Folgejahr in Höhe des Begünstigungsbetrags aus. Werden Gewinne des laufenden Wirtschaftsjahrs sofort entnommen oder wird der Antrag auf Begünstigung nach § 34a EStG nicht gestellt, so unterliegen die Gewinne von Personenunternehmen weiterhin nur einmal der Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz des einzelnen Unternehmers.
12 13 14 15 16
Formulierung von Hey, a. a. O., 926. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, I. Allgemeiner Teil, 2.b), S. 55. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, I. Allgemeiner Teil, 2.b), S. 55. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005, S. 69, Z. 3412 f. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 23, S. 101.
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7
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§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung
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I.
Voraussetzungen für die Begünstigung
1.
Gewinneinkünfte und Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich
Die anfängliche Steuerbegünstigung setzt zunächst voraus, dass ein Einzel- oder Mitunternehmer Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt hat und dass in seinem zu versteuernden Einkommen nicht entnommene Gewinne enthalten sind. Die Begünstigung ist betriebs- und personenbezogen ausgestaltet, so dass für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil des Steuerpflichtigen gesondert zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung vorliegen. Die Thesaurierungsbegünstigung kann demzufolge z. B. auch nur für einen von mehreren Betrieben eines Steuerpflichtigen oder nur von einem Mitunternehmer allein beansprucht werden. > Beispiel: Tischlermeister T betreibt als Einzelunternehmer einen Einzelhandel für Tür- und Fensterrahmen. Daneben unterhält er einen Betrieb zur Restaurierung alter Möbel. Darüber hinaus führt er zusammen mit seinem Sohn einen weiteren Baubetrieb in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, an dem er als typischer Kommanditist beteiligt ist. Außerdem ist T an einem Immobilienfonds (gewerblich geprägte GmbH & Co. KG) beteiligt. Sein Gewinnteil daraus beläuft sich auf ca. € 12.500,jährlich. T kann für jeden seiner beiden Betriebe (Einzelhandel und Restaurierungsbetrieb) und für jeden seiner Mitunternehmeranteile gesondert entscheiden, ob er bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34a EStG die Thesaurierungsbegünstigung in Anspruch nehmen möchte. Hinsichtlich seiner Mitunternehmeranteile ist er dabei auch nicht an die Entscheidung der anderen Mitunternehmer gebunden.
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Die auf den einzelnen (Mit-)Unternehmer abstellende Begünstigung macht deutlich, dass es sich bei der Thesaurierungssteuer um eine Steuer des Unternehmers und nicht um eine Steuer des Unternehmens handelt. Ihre Begleichung mit Mitteln aus dem Betriebsvermögen führt deshalb zu einer Entnahme. Die Konsequenz daraus ist, dass der zur Begleichung der Steuer verwendete Gewinn nicht begünstigungsfähig ist, wenn die Entnahme nicht durch eine Einlage kompensiert wird.17 Die Begünstigung kann nur für den nicht entnommenen Gewinn eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils, der durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG) ermittelt wurde, in Anspruch genommen werden. Sie scheidet aus, wenn der Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) oder nach den §§ 5a und 13a EStG pauschaliert ermittelt wird. ! Praxishinweis: Die Thesaurierungsbegünstigung kann auch von selbständigen Freiberuflern genutzt werden, wenn sie ihren Gewinn durch Bilanzierung ermitteln. Ob sich deshalb ein Wechsel der Gewinnermittlungsart hin zur Bilanzierung lohnt, muss im Einzelfall entschieden werden. Dabei ist neben den allgemeinen Überlegungen, die vor der Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung anzustellen sind18, der durch die Bilanzierung verursachte Mehraufwand zu berücksichtigen. 17 Hey, DStR 2007, 925, 927; siehe hierzu auch Rn 11, 40. 18 Siehe hierzu auch Praxishinweis in Rn 39.
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B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung Für angestellte Freiberufler stellt sich diese Frage nicht. Sie sind von der Thesaurierungsbegünstigung von vornherein ausgeschlossen. Es ist zweifelhaft, ob sich diese steuerliche Ungleichbehandlung von selbständigen und angestellten Freiberuflern rechtfertigen lässt.19
2.
Ausnahmen von der Begünstigung
Die Begünstigung ist auch dann ausgeschlossen, wenn es sich bei dem steuerlichen Gewinn um einen von einer vermögensverwaltenden Wagniskapitalgesellschaft gezahlten Carried Interest, also eine erfolgsabhängige Vergütung, handelt. Dieser wird bereits durch die hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40a EStG begünstigt.20 Für begünstigte Veräußerungsgewinne (§ 34 Abs. 3 oder § 16 Abs. 4 EStG) kann die Thesaurierungsbegünstigung ebenfalls nicht genutzt werden. Sind in dem steuerlichen Gewinn auch Veräußerungs- oder Aufgabegewinne enthalten, kann die Begünstigung jedoch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige auf den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sowie die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG verzichtet. Dies kann z. B. bei doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaften, die den Anteil an der Untergesellschaft veräußern, relevant werden. Wird jedoch der Betrieb der Obergesellschaft oder der Anteil an ihr selbst aufgegeben bzw. veräußert, ist die Thesaurierungsbegünstigung immer ausgeschlossen.
3.
Nicht entnommener Gewinn
a)
Legaldefinition
Der Begriff des „nicht entnommenen Gewinns“ wird in § 34a Abs. 2 EStG n. F. legal definiert. Es handelt sich dabei um den durch Betriebsvermögensvergleich ermittelten Gewinn (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) und Einlagen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) des Wirtschaftsjahres21. Der ermittelte Gewinn verringert sich also nur, wenn die Entnahmen eines Wirtschaftsjahres höher sind als die Einlagen. Sind die Einlagen eines Wirtschaftsjahres höher als die Entnahmen, so ist der gesamte durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn begünstigungsfähiger nicht entnommener Gewinn. Anderenfalls ist nur der Differenzbetrag zwischen ermitteltem Gewinn und Nettoentnahmen begünstigungsfähig. Übersteigen die Nettoentnahmen den ermittelten Gewinn, gibt es keinen begünstigungsfähigen Gewinn. Schematische Darstellung: Nicht entnommener Gewinn Nicht entnommener Gewinn
=
Steuerbilanzgewinn
./.
Positiver Saldo der Entnahmen und Einlagen
19 Hey, DStR 2007, 925, 931. 20 Auch diese Regelung soll an das Teileinkünfteverfahren angepasst werden. So sieht der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaG) nur noch eine Steuerbefreiung von 40 % vor (Art. 3 Nrn. 1, 3; BR-Drs. 567/07 vom 16.08.2007, S. 12). Die Beschränkung der Steuerbefreiung auf 40 % soll für Vergütungen von vermögensverwaltenden Gesellschaften oder Gemeinschaften gelten, die nach dem 31.12.2007 gegründet werden. 21 Der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen wird im Folgenden auch als Nettoentnahmen bezeichnet.
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7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung Daraus ergeben sich 3 Möglichkeiten hinsichtlich der Begünstigungsfähigkeit des Steuerbilanzgewinns: 1. Einlagen > Entnahmen
→
Begünstigung des vollen Gewinns möglich
2. Entnahmen ./. Einlagen < Steuerbilanzgewinn
→
Begünstigung des verminderten Gewinns möglich
3. Entnahmen ./. Einlagen ≥ Steuerbilanzgewinn
→
keine Begünstigung möglich
Mangels besonderer Begriffsbestimmungen sind für die Begriffe „Entnahmen“ und „Einlagen“ die allgemeinen Bestimmungen (§ 4 Abs. 1 S. 2-4 und 7 EStG) ausschlaggebend. Danach steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts der Entnahme gleich. Folglich ist die Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte auch für die Anwendung des § 34a EStG als Entnahme zu berücksichtigen. Umgekehrt ist die Zuführung von Wirtschaftsgütern aus dem Ausland als Einlage anzusehen. Daraus wird gefolgert, dass eine ausländische Betriebsstätte für die Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung selbst dann als selbständiger Betrieb zu beurteilen ist, wenn es sich um den unselbständigen Teil eines inländischen Personenunternehmens handelt.22
7
b) 12
Besonderheiten bei Mitunternehmern
Ausgangspunkt für die Ermittlung des begünstigungsfähigen Gewinns ist der Steuerbilanzgewinn (§ 4 Abs. 1 S. 1, § 5 EStG). Da in diesen bei Mitunternehmern auch die Ergebnisse der Ergänzungsund Sonderbilanzen einfließen, berührt der Transfer von Vermögen zwischen dem Gesamthandsvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen den begünstigungsfähigen Gewinn nicht. Die Ergebnisse der Ergänzungs- und Sonderbilanzen können den begünstigungsfähigen Gewinn aber modifizieren. So kann es einerseits an einem begünstigungsfähigen Gewinn eines Mitunternehmers aufgrund einer positiven Ergänzungsbilanz fehlen, obwohl die Gesellschaft Gewinne erwirtschaftet hat und keine Entnahmen vorgenommen wurden. Andererseits kann ein Begünstigungsbetrag durch eine negative Ergänzungsbilanz entstehen, obwohl der gesamte Gewinn entnommen wurde.23 Sondervergütungen (z. B. Geschäftsführervergütungen) führen nur dann zu einer Entnahme, die den begünstigungsfähigen Gewinn mindert, wenn sie ins Privatvermögen des Mitunternehmers gelangen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Erfassung der Sondervergütung auf einem bloßen Geldkonto des Mitunternehmers im Sonderbetriebsvermögen die Privatentnahme nicht verhindern kann. Nach Sinn und Zweck des § 34a EStG sollen die Gewinne begünstigt werden, die die Investitionsmöglichkeiten von Personenunternehmen verbessern.24 Deshalb kann die Einbehaltung von Sondervergütungen auf dem bloßen Geldkonto im Sonderbetriebsvermögen nicht begünstigungsfähig sein, weil es nicht Investitionszwecken dient.25 Auch Sonderbetriebsausgaben können sich negativ auf den begünstigungsfähigen Gewinn eines Mitunternehmers auswirken. Beispielsweise mindern Darlehensaufwendungen eines Mitunternehmers seinen begünstigungsfähigen Gewinn, wenn er seinen Mitunternehmeranteil oder sein Sonderbetriebsvermögen fremdfinanziert hat.26 22 23 24 25 26
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Grützner, StuB 2007, 445, 447. Hey, DStR 2007, 925, 928. Siehe oben Rn 6. Hey, DStR 2007, 925, 928. Weber, NWB Fach 18, 4509, 4523; Schulze zur Wiesche, DB 2007,1610, 1611.
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B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung
c)
Behandlung steuerfreier Einnahmen
Der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn kann auch steuerfreie Einnahmen wie z. B. Auslandsgewinnanteile enthalten. Ebenso erhöht der nach dem Teileinkünfteverfahren steuerfreie Gewinnanteil von Dividendenausschüttungen bei im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Höhe von 40 % den durch Betriebsvermögensvergleich ermittelten Gewinn, ohne selbst steuerpflichtig zu sein. Diese steuerfreien Einnahmen können daher auch zu einem nicht entnommenen Gewinn im oben dargestellten Sinn führen. Bei steuerfreien Einnahmen geht die Thesaurierungsbegünstigung jedoch ins Leere, da sie überhaupt keiner und damit auch keiner begünstigten Besteuerung unterliegen. Sind im Gewinn sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Gewinnanteile enthalten, stellt sich die Frage, ob die Nettoentnahmen von beiden Gewinnanteilen (steuerfreien und steuerpflichtigen) gleichermaßen abzuziehen sind. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf ergibt sich aber eine Art Verwendungsreihenfolge, wonach die Entnahmen vorrangig von den steuerfreien Gewinnanteilen des Wirtschaftsjahres abzuziehen sind, so dass dem Steuerpflichtigen im Ergebnis ein höheres Thesaurierungsvolumen zur Verfügung steht.
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7
> Beispiel: Der Steuerpflichtige erzielt einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von insgesamt 100. Darin sind steuerfreie Gewinne in Höhe von 20 enthalten. Im selben Wirtschaftsjahr tätigt der Steuerpflichtige Einlagen in Höhe von 20 und Entnahmen von 50. Zunächst sind die Nettoentnahmen (Entnahmen ./. Einlagen) zu ermitteln. Die Nettoentnahmen in Höhe von 30 sind dann vorrangig von den steuerfreien Gewinnanteilen abzuziehen. Anschließend sind die verbleibenden Restentnahmen in Höhe von 10 von dem steuerpflichtigen Gewinn abzuziehen, so dass sich der steuerpflichtige nicht entnommene Gewinn im Ergebnis auf 70 mindert. Der maximale Begünstigungsbetrag beläuft sich damit auf 70. 100 20 80
Steuerbilanzgewinn insgesamt – davon steuerfrei – davon steuerpflichtig
Entnahmen
50
Einlagen
20
Berechnung des maximalen Begünstigungsbetrages bei steuerfreien Gewinnanteilen 1. 2. 3.
d)
Entnahmen 50 Steuerfreier Gewinn 20 Steuerpflichtiger Gewinn 80
./. ./. ./.
Einlagen 20 Nettoentnahmen 30 Restentnahmen 10
= = =
Nettoentnahmen 30 Restentnahmen - 10 Maximaler Begünstigungsbetrag 70
Behandlung nichtabziehbarer Betriebsausgaben
Im zu versteuernden Einkommen eines Steuerpflichtigen können auch Gewinne enthalten sein, die aufgrund außerbilanzieller Hinzurechnungen entstanden sind. Das betrifft vor allem die nicht abziehbaren Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG wie z. B. Geschenk- und Bewirtungsaufwendungen. Für solche Gewinnbestandteile kann die Thesaurierungsbegünstigung nicht genutzt werden, da die Beträge tatsächlich verausgabt wurden und deshalb nicht mehr einbehalten oder entnommen werden können.27 Der begünstigungsfähige Betrag wird also auch durch diese Betriebsausgaben gemindert. Dass außerbilanzielle Korrekturen bei der Ermittlung des be27
Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 23, S. 102f.
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7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung günstigungsfähigen Gewinns nicht zu berücksichtigen sind, ergibt sich bereits daraus, dass von dem nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG ermittelten Gewinn, dem Steuerbilanzgewinn, auszugehen ist und außerbilanzielle Korrekturen diesen nicht berühren. Folgende Aufwendungen mindern daher im Ergebnis den begünstigungsfähigen Gewinn eines Unternehmers: ■ nach § 3c Abs. 1, 2 EStG nicht berücksichtigungsfähige Betriebsausgaben ■ Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ■ nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG ■ Zinsaufwendungen, die der Zinsschranke nach § 4h EStG n. F. unterfallen Nicht abziehbare Betriebsausgaben können auch nicht durch Einlagen ausgeglichen werden. Da es sich um Betriebsausgaben handelt, liegen keine Entnahmen vor.28 Nur diese können aber durch Einlagen kompensiert werden, denn der begünstigungsfähige nicht entnommene Gewinn ergibt sich aus dem Steuerbilanzgewinn durch Abzug des positiven Saldos der Entnahmen und Einlagen. Ein Einlagenüberhang (negativer Saldo aus Entnahmen und Einlagen) führt folglich nicht zu einem höheren begünstigungsfähigen Betrag. Einlagen, die die Entnahmen des Wirtschaftsjahres übersteigen, wirken sich demnach nicht auf die Höhe des begünstigungsfähigen Betrags aus und haben auch – anders als die Unterentnahmen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG beim Schuldzinsenabzug – keine Bedeutung für folgende Wirtschaftsjahre.
7
e) 15
Behandlung der Gewerbesteuer
Fraglich ist, ob der für die nichtabziehbaren Betriebsausgaben geltende Begünstigungsausschluss auch für die Gewerbesteuer gilt. Das wird im bisher dazu vorliegenden Schrifttum wohl überwiegend so gesehen29, auch wenn diese Begünstigungsbeschränkung für nicht sachgerecht gehalten wird. Gegen die Beschränkung wird eingewandt, dass es sich bei der Gewerbesteuer wegen der betrieblichen Veranlassung um eine Betriebsausgabe handele, die nur einem Abzugsverbot unterliege. Als solche kann sie aber keine Entnahme sein, so dass sie den nicht entnommenen Gewinn nicht schmälern sollte.30 In der Begründung zum Gesetzentwurf wird im Zusammenhang mit dem Begünstigungsausschluss für außerbilanzielle Hinzurechnungen beispielhaft nur auf die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 5 EStG Bezug genommen. Die Gewerbesteuer wird nicht ausdrücklich genannt, obwohl sie wegen der Neuregelung in § 4 Abs. 5b EStG n. F. im Fokus des Gesetzgebers gestanden haben sollte. Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 5b EStG n. F. ist die Gewerbesteuer keine Betriebsausgabe. Da die Gewerbesteuer jedoch zu einem Abfluss aus dem Betriebsvermögen führt, soweit sie aus betrieblichen Mitteln gezahlt wird, müsste es sich folglich um eine Entnahme handeln.31 Dann müsste sie aber durch Einlagen ausgeglichen werden können. Theoretisch müsste sich also der begünstigungsfähige Gewinn dadurch erhöhen lassen, dass der Unternehmer den Abfluss der Gewerbesteuer durch eine entsprechende Einlage ausgleicht.
28 Heinicke, in: Schmidt, EStG, 26. Auflage 2007, § 4 Rn 525; Cordes, WPg 2007, 526, 527, Fn 10. 29 Gragert/Wißborn NWB Fach 3, 14621, 14629; Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 523, 526; von Rönn, in: Preißer/von Rönn/Schultz-Aßberg, Unternehmensteuerreform 2008, C III 3.1, S. 154; Weber, NWB Fach 18, 4509, 4517. 30 Hey, DStR 2007, 925, 928. 31 Siehe hierzu auch § 3 B.III Rn 6f.
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B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung Gegen die Buchung der Gewerbesteuerzahlungen als Entnahme wird hingegen vorgebracht, dass die betriebliche Veranlassung der Gewerbesteuer trotz des Wortlauts von § 4 Abs. 5b EStG n. F. nicht in Frage gestellt werden könne und damit die Tatbestandsmerkmale einer Privatentnahme (Verwendung für betriebsfremde Zwecke, § 4 Abs. 1 S. 2 EStG) zu verneinen seien. Gegen die Behandlung als Entnahme wird auch angeführt, dass Gewerbesteuerzahlungen anderenfalls eine Nachversteuerung in den Folgejahren einer ermäßigten Thesaurierungsbesteuerung auslösen könnten. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Qualifizierung der Gewerbesteuerzahlungen von Personenunternehmen als Entnahmen zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den Kapitalgesellschaften führen würde, die aufgrund ihrer Rechtsnatur keine Privatsphäre haben und daher auch keine Privatentnahmen kennen.32 Es bleibt abzuwarten, welche Rechtsauffassung sich in der Finanzveraltung, der Literatur und Rechtsprechung letztlich durchsetzen wird. Der Wortlaut und die Tatsache, dass der Gesetzgeber bewusst von den bereits bestehenden Formulierungen zu nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben abgewichen ist, sprechen eher dafür, die Gewerbesteuerzahlungen als Entnahmen anzusehen.
7
Schematische Darstellung: Verwendungsreihenfolge des Gewinns bei Ermittlung des begünstigungsfähigen Betrags Begünstigungsfähiger Gewinn
4.
=
Steuerbilanzgewinn ./.
Vergütungen eines Beteiligten an einer Wagniskapitalgesellschaft (§ 3 Nr. 40a EStG)
./.
Begünstigte Veräußerungsgewinne (§§ 34 Abs. 3, 16 Abs. 4 EStG)
./.
Nicht abziehbare Betriebsausgaben
./.
Positiver Saldo aus Entnahmen (einschließlich GewSt) und Einlagen
Antrag des Steuerpflichtigen
Enthält das zu versteuernde Einkommen nicht entnommene Gewinne, so ist für die steuerliche Begünstigung ein Antrag des Steuerpflichtigen erforderlich. Dabei kann der Steuerpflichtige für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil wählen, ob er den gesamten nicht entnommenen Gewinn eines Wirtschaftsjahres oder nur einen Teil davon dem günstigeren Steuersatz von 28,25 % unterwerfen will. Diese Option ist im Zusammenhang mit der späteren Nachversteuerung zu sehen. Die Thesaurierungsbegünstigung führt zusammen mit der Nachversteuerung zu einer prozentual höheren Steuerbelastung als die Regelbesteuerung ohne Thesaurierungsbegünstigung. Bei nur kurzfristigem Stehenlassen der Gewinne (Entnahme im nächsten oder übernächsten Jahr) wirkt sich die Inanspruchnahme des Sondersteuertarifs nach § 34a EStG n. F. in der Regel für den Steuerpflichtigen insgesamt ungünstiger aus, als wenn die Gewinne im Thesaurierungsjahr dem regulären Steuersatz unterlegen hätten.33 Deshalb sollte die Thesaurierungsbegünstigung nur für die nicht entnommenen Gewinne beantragt werden, die voraussichtlich langfristig reinvestiert werden und über mehrere Jahre im Betrieb verbleiben, so dass sich ein spürbarer Zinseffekt ergibt. 32 Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, 14621, 14629. 33 Siehe hierzu Rn 39.
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§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung 17
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7
Der Antrag ist für jeden Veranlagungszeitraum gesondert zu stellen. Die einmalige Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung hat also keine Bindungswirkung für die Zukunft. Der Steuerpflichtige kann jedes Jahr von neuem entscheiden, ob und in welchem Umfang er die Thesaurierungsbegünstigung nutzen möchte. Antragsberechtigt ist zunächst jeder Einzelunternehmer unabhängig von der Höhe seines Gewinns. Bei Mitunternehmerschaften kann der Steuerpflichtige den Antrag nur stellen, wenn sein Anteil am steuerlichen Gewinn (§ 4 Abs. 1 S. 1 bzw. § 5 EStG) mehr als zehn Prozent beträgt oder € 10.000,- übersteigt. Diese Regelung dient vor allem der Verwaltungsvereinfachung. Es soll auch verhindert werden, dass Mitunternehmer mit minimaler Beteiligung und Unternehmerinitiative von der Thesaurierungsbegünstigung profitieren. Nach der Begründung zum Entwurf des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ist es nicht bezweckt, Beteiligungen an Publikumsgesellschaften (z. B. Beteiligungen an Medienfonds oder Windkraftfonds) nach § 34a EStG n. F. zu begünstigen.34 Der Antrag ist bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen. Es bietet sich daher an, ihn zusammen mit der Einkommensteuererklärung einzureichen. Die Antragstellung ist an keine bestimmte Frist gebunden. Daher ist davon auszugehen, dass der Antrag solange gestellt werden kann, wie der Einkommensteuerbescheid für den betreffenden Zeitraum noch nicht bestandskräftig ist. Bei einer Änderung eines Einkommensteuerbescheides ist nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen zu prüfen, ob der Antrag nach § 34a EStG n. F. nachgeholt, zurückgenommen oder ebenfalls geändert werden kann.35 ! Praxishinweis: Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form für die Antragstellung vor. Es ist aber anzunehmen, dass die Finanzverwaltung hierfür eine gesonderte Anlage zur Einkommensteuererklärung entwickeln wird. Wie derartige Vordrucke im einzelnen ausgestaltet sein werden, bleibt abzuwarten.36
20
Der Antrag kann vom Steuerpflichtigen bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den nächsten Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Die Rücknahmemöglichkeit dient der Vermeidung unbilliger Härten in Fällen, in denen es im Folgejahr der Thesaurierung zu unvorhergesehenen Verlusten kommt. Hintergrund für diese Regelung ist das Verbot, negative Einkünfte mit begünstigt besteuerten Gewinnen auszugleichen. Nach § 34a Abs. 8 in Verbindung mit § 10d Abs. 1 S. 2 EStG n. F. können insbesondere Verluste eines Wirtschaftsjahres nicht auf Gewinne des Vorjahres zurückgetragen werden, wenn diese der Thesaurierungsbegünstigung unterlegen haben. ! Praxishinweis: Der Antrag auf steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne nach § 34a EStG n. F. kann auch gestellt werden, wenn es im nächsten Jahr möglicherweise zu Verlusten kommen kann, für die dann ein Verlustrücktrag genutzt werden soll. Kommt es im Folgejahr der Begünstigung tatsächlich zu Verlusten, kann der Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung zurückgenommen werden. Das hat dann aber in der Regel nachträglich eine Erhöhung des Steuertarifs (auf den Regeltarif) für das Vorjahr zur Folge. Es ist daher zu prüfen, ob die Verringerung der Bemessungsgrundlage durch den Verlustrücktrag diesen Nachteil kompensiert.
34 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 23, S. 102. 35 Grützner, StuB 2007, 445, 449. 36 Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, 14621, 14624.
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B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung Schematische Darstellung: Antrag auf steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne nach § 34a EStG n. F. Inhalt
Umfang – zeitlich – sachlich Berechtigung
Adressat Frist Rücknahmemöglichkeit
Antrag auf vollständige oder teilweise Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns durch Versteuerung mit 28,25 % zzgl. SolZ
Abs. 1 S. 1
gesonderter Antrag für jeden Veranlagungszeitraum gesonderter Antrag für jeden Betrieb/Mitunternehmeranteil ■ jeder Einzelunternehmer ist berechtigt ■ ein Mitunternehmer ist nur berechtigt, wenn – sein Anteil am Steuerbilanzgewinn > 10 % oder – sein Anteil am Steuerbilanzgewinn > € 10.000,das für die Einkommensbesteuerung des (Mit-)Unternehmers zuständige Finanzamt Keine spezielle ■ ganz oder teilweise ■ durch Steuerpflichtigen ■ bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides für den nächsten Veranlagungszeitraum
Abs. 1 S. 2
Beachte: Ausschluss des Verlustrücktrags im Folgejahr der Begünstigung
II.
Abs. 1 S. 3
Abs. 1 S. 2
Abs. 1 S. 4
Abs. 8 i. V. m. § 10d Abs. 1 S. 2
Rechtsfolgen bei Inanspruchnahme der Begünstigung
Liegen begünstigungsfähige nicht entnommene Gewinne im Sinne des § 34a EStG n. F. sowie ein Antrag des Steuerpflichtigen vor, ergeben sich als Rechtsfolgen zum einen die begünstigte Besteuerung des Begünstigungsbetrages und zum anderen die gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrages.
1.
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Begünstigungsbetrag
Der Begünstigungsbetrag ist der Anteil des nicht entnommenen Gewinns, für den der Steuerpflichtige die Begünstigung aufgrund seines Wahlrechts beantragt hat. Dieser Begünstigungsbetrag ist dann aus dem nach allgemeinen Grundsätzen ermittelten zu versteuernden Einkommen herauszurechnen und mit dem ermäßigten Steuersatz von 28,25 % zuzüglich des Solidaritätszuschlags (insgesamt rd. 29,81 %) zu versteuern. Die Thesaurierungsbegünstigung ist daher nur für solche Steuerpflichtige interessant, deren persönlicher Steuersatz darüber liegt. ! Praxishinweis: Die Begünstigung nicht entnommener Gewinne nach § 34a EStG besteht darin, dass der Begünstigungsbetrag nicht mit dem persönlichen Steuersatz des Steuerpflichtigen, sondern mit 28,25 % versteuert wird. Deshalb kommt die Thesaurierungsbegünstigung von vornherein nur für solche Steuerpflichtige in Betracht, deren persönlicher Steuersatz über 28,25 % liegt. 101
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7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung
2. 23
7
Thesaurierungssteuersatz
Durch den vom Gesetzgeber gewählten Steuersatz von 28,25 % sollen die einbehaltenen betrieblichen Gewinne in vergleichbarer Weise wie das Einkommen von Kapitalgesellschaften besteuert werden. Er setzt sich rechnerisch aus dem neuen Körperschaftsteuersatz von 15 % und der durchschnittlichen Gewerbesteuerbelastung zusammen, heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf.37 An anderer Stelle der Begründung wird ausgeführt, dass von einem bundesweit durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz von 400 % auszugehen sei.38 Zieht man jedoch den Körperschaftsteuersatz (15 %) von dem Thesaurierungssteuersatz ab, verbleibt eine fiktive Gewerbesteuerbelastung von 13,25 %, was einem Hebesatz von ungefähr 379 % (378,6 %) entspricht. Das lässt vermuten, dass bei der Festlegung des Thesaurierungssteuersatzes vor allem ergebnisorientiert auf die betragsmäßig fast gleichhohe Thesaurierungsbesteuerung bei Kapitalgesellschaften (ESt zzgl. SolZ, 29,83 %)39 und Personengesellschaften (ESt zzgl. SolZ, 29,77 %)40 und nicht auf die rechnerische Zusammensetzung geachtet wurde. Bei Zusammenrechnung des neuen Körperschaftsteuersatzes und der durchschnittlichen Gewerbesteuerbelastung müsste der Thesaurierungssteuersatz eigentlich bei 29 % (KSt 15 % + durchschnittliche GewSt 14 % = 29 %, zzgl. SolZ 1,6 % = 30,6 %) liegen. Schematische Darstellung: Zusammensetzung des Thesaurierungssteuersatzes41 Thesaurierungssteuersatz 28,25 %
=
KSt-Satz 15 %
+
GewSt 13,25 %
Gew 13,25 %
=
Messbetrag (Messzahl x Gewerbeertrag) 3,5 (3,5 % x 10040)
x
Hebesatz 378,6 %
Dass für den Thesaurierungssteuersatz nicht allein auf den neuen Körperschaftsteuersatz von 15 % abgestellt werden konnte, liegt an der Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG, die Einzel- und Mitunternehmer bei ihrer Einkommensteuerveranlagung in Anspruch nehmen können. Um die Gewerbesteueranrechnung nicht durch die Thesaurierungsbegünstigung zu verkomplizieren, musste die Gewerbesteuerbelastung/-anrechnung beim Thesaurierungssteuersatz berücksichtigt werden.42 ! Praxishinweis: Freiberufler, die nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliegen und deshalb keine Gewerbesteueranrechnungsmöglichkeit haben, werden durch die Zusammensetzung des Thesaurierungssteuersatzes aus Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer im Ergebnis ungefähr genauso belastet wie Gewerbetreibende bei Gewerbesteuerhebesätzen bis ca. 400 %, die die tatsächlich gezahlte Gewebesteuer durch die Anrechnung bei der Einkommensteuer nach § 35 EStG kompensieren können. Erst bei höheren Gewerbesteuerhebesätzen werden Gewerbetreibende insgesamt mehr belastet als Freiberufler. Insoweit ergeben sich durch die Thesaurierungsbegünstigung aber keine weiteren Besonderheiten gegenüber der Regelsteuerung (vgl. Rn 42).
37 38 39 40 41 42
102
Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 23, S. 102. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, I. Allgemeiner Teil, 2.b), S. 55. KSt 15 % + SolZ 0,825 % + GewSt 14 % = 29,825 %. ESt 28,25 % + SolZ 1,55 % = 29,80 %; siehe hierzu auch das Beispiel in Rn 39. Es wird beispielhaft von einem Gewerbeertrag von 100,- ausgegangen. Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, 14621,14622.
7
B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung
3.
Nachversteuerungspflichtiger Betrag
a)
Begriff
Wurde von der Thesaurierungsbegünstigung Gebrauch gemacht, ist der nachversteuerungspflichtige Betrag festzustellen, um die spätere Nachversteuerung sicherzustellen. Er leitet sich aus dem Begünstigungsbetrag ab (§ 34a Abs. 3 S. 2 EStG n. F.). Da für den Begünstigungsbetrag bereits die ermäßigte Steuer (28,25 %) und der darauf entfallende Solidaritätszuschlag zu entrichten sind, wird für die Ermittlung des nachversteuerungspflichtigen Betrags der Begünstigungsbetrag um diese Steuerbelastung vermindert.
24
Schematische Darstellung: Nachversteuerungspflichtiger Betrag Nachversteuerungspflichtiger Betrag
b)
=
Begünstigungsbetrag
./.
Darauf entrichtete ermäßigte Steuer (28,25 % ESt zzgl. SolZ)
Gesonderte Feststellung
Der nachversteuerungspflichtige Betrag wird jährlich zum Ende des Veranlagungszeitraums grundsätzlich mittels eines gesonderten Verwaltungsaktes festgestellt. Er kann aber auch mit dem Einkommensteuerbescheid verbunden werden. Die Feststellung erfolgt für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil des Steuerpflichtigen gesondert. Zuständig ist das für die Einkommensbesteuerung zuständige Finanzamt.
c)
7
25
Jährliche Fortschreibung
Der nachversteuerungspflichtige Betrag ist jährlich fortzuschreiben. Dazu wird der zum Ende des vorigen Veranlagungszeitraums festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag um den nachversteuerungspflichtigen Betrag des endenden Veranlagungszeitraums erhöht, wenn zum Schluss dieses Zeitraums ein Antrag auf die Steuerbegünstigung nach § 34a EStG n. F. gestellt worden ist. Wurde in dem endenden Jahr eine Nachversteuerung durchgeführt, ist der im Vorjahr festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag um den Nachversteuerungsbetrag zu mindern. Der nachverteuerungspflichtige Betrag kann sich auch durch die Übertragung nachversteuerungspflichtiger (Teil-)Beträge erhöhen oder vermindern. Eine solche Übertragung nachversteuerungspflichtiger Beträge kommt in Betracht, wenn ein einzelnes Wirtschaftsgut nach § 6 Abs. 5 EStG zwischen verschiedenen (Sonder-) Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen, innerhalb von Mitunternehmerschaften oder zwischen Gesamthandsvermögen von Mitunternehmerschaften, an denen der Steuerpflichtige beteiligt ist, übertragen bzw. überführt wird. In diesen Fällen kann der Steuerpflichtige die Übertragung des anteiligen nachversteuerungspflichtigen Betrages beantragen. Ein nachversteuerungspflichtiger Betrag kann dann in Höhe des Buchwertes des übertragenen bzw. überführten Wirtschaftsguts, höchstens jedoch in Höhe des Nachversteuerungsbetrages, den die Übertragung bzw. Überführung ausgelöst hätte, übertragen werden.
103
26
27
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung Schematische Darstellung: Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrags Fortzuschreibender nachversteuerungspflichtiger Betrag02
Nachversteuerungspflichtiger Betrag01
=
+
Nachversteuerungspflichtiger Betrag02
./.
Nachversteuerungsbetrag02
+ / ./.
28
7
Übertragener nachversteuerungspflichtiger Betrag auf/von anderen/m Betrieb
Bei der Prüfung eines Feststellungsbescheides über den nachversteuerungspflichtigen Betrag ist zu beachten, dass die Feststellung immer nur insoweit angegriffen werden kann, als sich der nachversteuerungspflichtige Betrag gegenüber dem Vorjahr verändert hat. Fehler aus früheren Jahren, die sich erst bei der späteren Nachversteuerung auswirken, können bei der Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrages nicht mehr geltend gemacht werden. ! Praxishinweis: Der Bescheid über die Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrages ist bereits bei seinem Erlass sorgfältig zu prüfen, auch wenn er sich erst bei einer späteren Nachversteuerung auswirkt. Im Zeitpunkt der Nachversteuerung kann ein bestandskräftiger Bescheid über die Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrages nämlich nicht mehr angegriffen werden.
29
III.
Voraussetzungen für die Nachversteuerung
1.
Festgestellter nachversteuerungspflichtiger Betrag und auslösende Tatbestände
Eine Nachversteuerung findet nur statt, wenn zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein nachversteuerungspflichtiger Betrag festgestellt wurde. Ist diese Voraussetzung gegeben, lösen folgende Tatbestände eine teilweise oder vollständige Nachversteuerung aus: ■ Schädliche Entnahme ■ Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe ■ Einbringung oder Formwechsel in Kapitalgesellschaft/Genossenschaft ■ Wechsel der Gewinnermittlungsart ■ Antrag des Steuerpflichtigen Ein Verlust als solcher führt demgegenüber zu keiner Nachversteuerung.
104
7
B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung
a)
Anteilige Nachversteuerung bei schädlicher Entnahme
Eine schädliche, zur Nachversteuerung führende Entnahme liegt vor, wenn der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen eines Wirtschaftjahres bei einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil den nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG ermittelten Gewinn übersteigt. Der übersteigende Betrag ist der Nachversteuerungsbetrag. Der zum Ende des Vorjahres festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag ist bis zur Höhe des Nachversteuerungsbetrages nachzuversteuern. Bei einer schädlichen Entnahme wird es also häufig zu einer teilweisen Nachversteuerung kommen. Nur wenn der Nachversteuerungsbetrag die Höhe des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrages erreicht, kommt es zu einer vollständigen Nachversteuerung. Übersteigt der Nachverteuerungsbetrag den festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrag, findet die Nachversteuerung nur bis zur Obergrenze des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrages statt.
30
Schematische Darstellung:
7
Nachversteuerungsbetrag Nachversteuerungsbetrag (Nachversteuerung nur bis zur Obergrenze des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrags)
=
Positiver Saldo der Entnahmen und Einlagen
./.
Steuerbilanzgewinn
(Voraussetzung: Nettoeinnahmen > Steuerbilanzgewinn)
Denkbar sind drei Fallgestaltungen: 1. Einlagen > Entnahmen → keine Nachversteuerung 2. Entnahmen ./. Einlagen ≤ Steuerbilanzgewinn → keine Nachversteuerung 3. Entnahmen ./. Einlagen > Steuerbilanzgewinn → Nachversteuerung aa) Besonderheiten bei Mitunternehmern Bei Mitunternehmern führt die Überführung von Vermögen aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt zu keiner Entnahme, da das Vermögen im Betriebsvermögen des Unternehmers bleibt und nicht in sein Privatvermögen gelangt. Auch Sondervergütungen eines Mitunternehmers führen nur dann zu einer Entnahme, wenn sie auf einem Privatkonto des Gesellschafters erfasst werden. Es ist davon auszugehen, dass eine Erfassung auf einem bloßen Geldkonto im Sonderbetriebsvermögen ebenfalls als Privatentnahme anzusehen ist.43 Die Überführung in ein anderes Betriebsvermögen, z. B. das einer anderen Mitunternehmerschaft desselben Unternehmers (§ 6 Abs. 5 S. 1 EStG), löst grundsätzlich die Nachversteuerung aus, wenn es sich dabei um eine schädliche Entnahme handelt. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn die Ausnahmeregelung des § 34a Abs. 5 S. 2 EStG n. F. eingreift. bb) Entnahmereihenfolge Bei der Prüfung, ob eine schädliche Entnahme gegeben ist, wird eine bestimmte Entnahmereihenfolge unterstellt. Danach ist davon auszugehen, dass in jedem Wirtschaftsjahr zunächst die Gewinne des laufenden Jahres und danach die in den Vorjahren nach § 34a EStG n. F. begünsti43 Siehe oben Rn 12.
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31
32
7
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung gten thesaurierten Gewinne entnommen werden. Bereits bestehende, voll versteuerte Altrücklagen werden hingegen nicht berücksichtigt. Diese können, solange ein nachversteuerungspflichtiger Betrag festgestellt ist, nicht ohne Nachversteuerung entnommen werden. Deshalb wird auch eine „Einsperrung“ versteuerter Altgewinne, regelbesteuerter bzw. steuerfreier Gewinne, die nicht sofort entnommen wurden, beklagt.44 Es kann daher sinnvoll sein, spätestens ein Jahr bevor die Thesaurierungsbegünstigung genutzt werden soll, sämtliche bisher nicht entnommenen voll versteuerten Gewinne zu entnehmen. Wenn eine Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung im Einzelfall ab 2008 in Betracht gezogen wird, sollten möglichst noch vor dem 01.01.2008 Altrücklagen entnommen werden. Dabei sind aber die Regelungen des § 4 Abs. 4a EStG zu beachten. Um nicht durch eine im Folgejahr notwendig werdende Entnahme steuerlich unerwünschte Folgen (Verminderung des Begünstigungsvolumens oder Auslösen einer Nachversteuerung) zu riskieren, sollten in Zukunft die im laufenden Gewinn enthaltenen steuerfreien Gewinne spätestens zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres entnommen werden. Dieses sich angesichts der Neuregelung aufdrängende Vorgehen steht jedoch im Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber angestrebten Ziel der Eigenkapitalstärkung bei Personenunternehmen.45 Damit ist die bisher bestehende Verwendungsneutralität, die als ein großer Vorzug des Transparenzprinzips bei der Besteuerung von Personenunternehmen angesehen werden konnte, bei Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung nicht mehr gegeben. Schematische Darstellung: Entnahmereihenfolge zur Prüfung einer die Nachversteuerung auslösenden Entnahme 1. Gewinn des laufenden Wirtschaftsjahres
→ Keine Nachversteuerung
(steuerfreie und steuerpflichtige Gewinnanteile)
2. Begünstigte Gewinne der Vorjahre
→ Nachversteuerung
(bis zur Obergrenze des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrags)
3. Altrücklagen
→ Keine Nachversteuerung
(sowohl vor der Unternehmensteuerreform nicht entnommene Gewinne, als auch Gewinne, die nach der Reform nicht entnommen aber der Regelbesteuerung unterworfen wurden oder steuerfrei waren)
! Praxishinweis: Angesichts der oben beschriebenen Entnahmereihenfolge kann es sich empfehlen, bei Bestehen eines nachversteuerungspflichtigen Betrages bzw. beabsichtigter Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung in folgenden Jahren steuerfreie Gewinne immer im Jahr der Erzielung zu entnehmen. Auf diese Weise lässt sich der „Lock-in-Effekt“ vermeiden. Außerdem sollte geprüft werden, inwieweit aktuell bestehende Gesellschafterdarlehen noch im Jahr 2007 zurückzuführen sind, falls 2008 eine Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung in Betracht kommen könnte, da spätere Rückzahlungen zu Entnahmen aus dem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers führen.46
44 Von Rönn, a. a. O., B IV2.3.2.2, S. 129. 45 Hey, DStR 2007, 925, 929. 46 Forst/Schaaf, EStB 2007, 263, 267.
106
7
B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung
b)
Vollständige Nachversteuerung mit besonderer Stundungsmöglichkeit
In den folgenden Fällen ist der gesamte zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag zu versteuern: ■ Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe im Sinne der §§ 14, 16 Abs. 1 und 3 sowie des § 18 Abs. 3 EStG ■ Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft ■ Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft In diesen Fällen kann die Nachsteuer aber für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren zinslos gestundet werden, wenn die alsbaldige Einziehung der Steuer mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden wäre. Die Nachsteuer muss dann in regelmäßigen Teilzahlungen innerhalb von maximal zehn Jahren seit der ersten Fälligkeit gezahlt werden.
33
7
! Praxishinweis: Bei der Stundungsmöglichkeit nach § 34a Abs. 6 S. 2 EStG n. F. handelt es sich um eine Billigkeitsmaßnahme. Wegen der unbestimmten Formulierung der Tatbestandvoraussetzungen kann es bei der Anwendung zu Rechtsunsicherheit kommen. Deshalb muss bei vorsichtiger Betrachtung davon ausgegangen werden, dass es auch in den oben aufgeführten Fällen grundsätzlich zu einer Sofortversteuerung des gesamten nachversteuerungspflichtigen Betrages kommt.47 Im Gegensatz zu den weitgehend nachversteuerungsfrei möglichen Umstrukturierungen bei Personengesellschaften können Einbringungen von Betrieben und Mitunternehmeranteilen in Kapitalgesellschaften beziehungsweise Umwandlungen in Kapitalgesellschaften durch eine vorangegangene längerfristige Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung erheblich erschwert oder sogar verhindert werden.48 Werden über viele Jahre Gewinne thesauriert und jeweils die Begünstigung nach § 34a EStG n. F. in Anspruch genommen, können sich beträchtliche nachversteuerungspflichtige Beträge ansammeln, die dann auf einmal nachzuversteuern wären.
c)
Vollständige Nachversteuerung ohne besondere Stundungsmöglichkeit
Der gesamte zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag ist auch bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart oder einem Antrag des Steuerpflichtigen nachzuversteuern. ! Praxishinweis: Wurde von der Thesaurierungsbegünstigung Gebrauch gemacht, ist in besonderem Maße auf eine ordnungsgemäße Bilanzierung zu achten, da auch eine Schätzung aufgrund von Buchführungsmängeln eine Nachversteuerung bewirken dürfte.49
47 Hey, DStR 2007, 925, 930. 48 Cordes, WPg 2007, 526, 529f. 49 Grützner, StuB 2007, 445, 450.
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34
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung In den beiden zuletzt aufgeführten Fällen gibt es keine besondere Stundungsmöglichkeit. Es kann daher nur im Einzelfall geprüft werden, ob ausnahmsweise die allgemeinen Voraussetzungen für eine Stundung nach § 222 AO vorliegen. In der Regel wird dies aber nicht der Fall sein, da der Steuerpflichtige die Nachversteuerung bewusst und bei einem eigenen Antrag gezielt zu einem bestimmten Zeitpunkt auslöst. Ein Antrag des Steuerpflichtigen auf Nachversteuerung kann zum Beispiel dann in Betracht kommen, wenn der Betrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen und der Rechtsnachfolger nicht mit der Nachsteuer belastet werden soll. Er kann auch dann sinnvoll sein, wenn es in absehbarer Zeit zu einem erhöhten Entnahmebedarf (z. B. wegen Sanierungsbedarf am privaten Wohnhaus) kommen wird, um die Nachsteuerbelastung über mehrere Jahre zu strecken.50 ! Praxishinweis: Ein Antrag auf Nachversteuerung oder eine gezielte Mehrentnahme kann auch genutzt werden, um eventuelle Anrechnungsüberhänge bei der Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG zu vermeiden.51
7
2. 35
Ausnahmen von der Nachversteuerung
Ausnahmen von der Nachversteuerung sind in zwei Fällen vorgesehen. Zum einen führen Entnahmen zur Begleichung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer anlässlich der Übertragung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils zu keiner Nachsteuer. Derartige Entnahmen sind vom Nachversteuerungsbetrag abzuziehen. Die Entnahmen aus einem Betrieb zur Begleichung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer wegen des Übergangs eines anderen Betriebsvermögens auf denselben Steuerpflichtigen fallen nicht unter die Ausnahmeregelung und können daher die Nachversteuerung auslösen.52 Die Ausnahmeregelung verhindert, dass in Personengesellschaften vielfach gebildete Rücklagen für künftige Erbschaftsteuerzahlungen vor Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung auf Privatkonten überführt werden, was den Entzug von Eigenkapital bedeuten würde.53 ! Praxishinweis: Es ist darauf zu achten, dass Entnahmen zur Begleichung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer aus dem Betriebsvermögen erfolgen, dessen Übergang die Steuer ausgelöst hat, da anderenfalls die Ausnahmeregelung nach § 34a Abs. 4 S. 3 EStG n. F. nicht eingreift. Zum anderen unterbleibt eine Nachversteuerung auf Antrag des Steuerpflichtigen, wenn er ein einzelnes Wirtschaftsgut entnimmt, um es nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert zu übertragen/ überführen. In den Fällen des § 6 Abs. 5 EStG wird auf eine daraus resultierende Nachversteuerung verzichtet, da die Wirtschaftsgüter weiterhin betrieblich genutzt werden und der Übertragungs- oder Überführungsvorgang lediglich buchungstechnisch als Entnahme behandelt wird. Der festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag ist in diesem Fall aber anteilig mit zu übertragen. Der nachversteuerungspflichtige Betrag wird insoweit auf den das Wirtschaftsgut übernehmenden Betrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen und führt dort bei späterer Entnahme zu einer Nachversteuerung. 50 51 52 53
108
Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, 14621, 14645. Siehe hierzu auch oben § 3 Rn 17. Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, 14621, 14639. Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 99.
7
B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung
3.
Keine Nachversteuerung bei Übertragung oder Einbringung zu Buchwerten
Die Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG und die Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils zu Buchwerten nach § 24 UmwStG lösen keine Nachversteuerung aus. In diesen Fällen geht der nachversteuerungspflichtige Betrag auf den Rechtsnachfolger über (§ 34a Abs. 7 EStG n. F.) und führt bei diesem später zu einer Nachversteuerung, wenn er einen der oben aufgeführten Nachversteuerungstatbestände verwirklicht. Nicht geregelt ist der Fall einer teilweisen unentgeltlichen Übertragung eines Betriebes oder Mitunternehmeranteils. Für diese Fälle stellt sich die Frage, ob der nachversteuerungspflichtige Betrag anteilig nachzuversteuern ist, ob er anteilig auf den Erwerber übergeht oder insgesamt beim Übertragenden verbleibt. Der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich für dieses Problem nichts Näheres entnehmen. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 11.05.2007 um Prüfung gebeten, ob § 34a EStG nicht dahingehend ergänzt werden solle, dass er auch auf Teilbetriebe und Teile von Mitunternehmeranteilen anzuwenden ist.54 Dieser Vorschlag wurde vom Finanzausschuss des Bundestages jedoch ohne weitere Begründung nicht aufgegriffen.55 Es bleibt daher abzuwarten, wie ein nachversteuerungspflichtiger Betrag bei der unentgeltlichen Übertragung von Teilbetrieben oder Teilen von Mitunternehmeranteilen in der Praxis behandelt werden wird. Da der Übernehmende bezüglich des Teilbetriebes bzw. Teils eines Mitunternehmeranteils Rechtsnachfolger des Übertragenden wird, erscheint ein anteiliger Übergang des nachversteuerungspflichtigen Betrages sachgerecht.56 Insoweit wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber oder die Finanzverwaltung wünschenswert.
36
7
! Praxishinweis: Nach dem Gesetzeswortlaut muss derzeit davon ausgegangen werden, dass die unentgeltliche Übertragung eines Teilbetriebes oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils bei Bestehen eines nachversteuerungspflichtigen Betrages eine Nachversteuerung auslöst, da es für diese Fälle an einer Ausnahmeregelung fehlt.
IV.
Die Nachversteuerung
1.
Steuersatz für die Nachversteuerung
Die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung führt später zu einer Nachversteuerung der zunächst begünstigt besteuerten Gewinne. Die Nachversteuerung erfolgt zum Sondertarif von 25 % zuzüglich des Solidaritätszuschlags. Der Steuersatz von 25 % ist an den Abgeltungsteuersatz, der für Dividendenausschüttungen bei Kapitalgesellschaften ab 2009 zur Anwendung kommt57,
54 55 56 57
BT-Drs. 16/5377, Anlage 4, S. 20f Nr. 17. Bericht des Finanzausschusses vom 24.05.2007, BT-Drs. 16/5491. Grützner, StuB 2007, 445, 451; Cordes, WPg 2007, 526, 529. Siehe § 4 Rn 9.
109
37
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung angelehnt. Im Unterschied zur Abgeltungsteuer58 kann der Steuerpflichtige statt der Nachversteuerung mit 25 % aber keine Veranlagung wählen, wenn seine tarifliche Einkommensteuer (persönlicher Steuersatz) im Nachversteuerungsjahr günstiger wäre. Die Nachversteuerung erfolgt also immer zum Steuersatz von 25 %. Dass Einzel- und Mitunternehmer anders als Kapitalgesellschafter kein Antragsrecht auf Anwendung ihres individuellen Einkommensteuersatzes haben, lässt sich kaum rechtfertigen.59 Es ist davon auszugehen, dass der Verzicht auf eine § 32d Abs. 6 EStG entsprechende Regelung fiskalisch motiviert ist. ! Praxishinweis: Der feststehende Steuersatz für die Nachversteuerung kann dazu führen, dass sich die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung im Nachhinein als nachteilig herausstellt. Ändern sich die persönlichen Einkommensverhältnisse eines Personenunternehmers in für ihn unvorhersehbarer Weise, kann die konstant hohe Nachversteuerung für ihn eine unerwartet schwer zu verkraftende Belastung darstellen.
7
2. 38
Gesamtbelastung aus Thesaurierungsbesteuerung und Nachversteuerung
Die Gesamtsteuerbelastung aus Thesaurierungsbesteuerung (einschließlich SolZ 29,80 %) und Nachversteuerung (einschließlich SolZ 26,375 %) bei Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 34a EStG n. F. liegt auf den gesamten Begünstigungsbetrag bezogen bei 48,31 % und damit über dem Spitzensteuersatz bei der Regelbesteuerung. Die Gesamtsteuerbelastung ergibt sich dabei nicht aus einer einfachen Addition der Steuersätze von Thesaurierungssteuer und Nachsteuer, da die Bemessungsgrundlage für die Nachsteuer eine andere ist. Die Nachsteuerbemessungsgrundlage ergibt sich aus dem Begünstigungsbetrag durch Abzug der bereits entrichteten ermäßigten Steuer. > Beispiel: Grundprinzip der Thesaurierungsbegünstigung und Nachversteuerung60 Der Gewerbetreibende G erzielt im Wirtschaftsjahr 01 einen durch Bilanzierung ermittelten Gewinn von 100, den er vollständig thesauriert. In 01 tätigt G weder Einlagen noch Entnahmen. Er stellt am Ende des Jahres 01 für den gesamten nicht entnommenen Gewinn den Antrag auf Begünstigung nach § 34a EStG n. F. Im Jahr 02 entnimmt G neben dem Gewinn dieses Jahres den in 01 einbehaltenen Gewinn vollständig. Einlagen tätigt er auch in 02 keine. In 01 wurde der gesamte durch Bilanzierung ermittelte Gewinn nicht entnommen und ist daher begünstigungsfähig. Da G die vollständige Begünstigung beantragt hat, deckt sich der Begünstigungsbetrag mit dem ermittelten Gewinn. Die ermäßigte Steuer in 01 beträgt daher 29,80. Der gesondert festzustellende nachverteuerungspflichtige Betrag (Begünstigungsbetrag ./. darauf gezahlte Steuer) beläuft sich auf 70,20. In 02 wird durch die Entnahme der Gewinne aus 01 und 02 die Nachversteuerung ausgelöst, da die Nettoentnahmen den Gewinn aus 02 übersteigen. Der übersteigende Betrag entspricht dem nachverteuerungspflichtigen Betrag (70,20), so dass dieser vollständig in 02 nachzuversteuern ist. Die Nachversteuerung erfolgt zum Steuersatz von 25 % (einschließlich SolZ 26,375 %). Bezogen auf die Bemessungsgrundlage von 70,20 beträgt die Nachsteuer 18,51. 58 § 32d Abs. 6 EStG n. F.; siehe auch § 4 Rn 9. 59 Hey, DStR 2007, 925, 929. 60 Vereinfachtes Beispiel unter Vernachlässigung der notwendigen Entnahmen für Steuerzahlungen (insbesondere Gewerbesteuer) sowie der Gewerbesteueranrechnung; siehe auch Beispiel in Rn 42; Eventuell anfallende Kirchensteuer wird hier, wie in den folgenden Beispielen, vernachlässigt.
110
B Funktionsweise der neuen Thesaurierungsbegünstigung
7
Die Gesamtsteuerbelastung des zunächst thesaurierten und dann entnommenen Gewinns beläuft sich folglich auf 48,31 % (29,80 % + 18,51 %) und liegt damit über dem Steuersatz, mit dem G seinen Gewinn in 01 ohne die Thesaurierungsbegünstigung hätte versteuern müssen. Der Spitzensteuersatz für zu versteuernde Einkommen von über € 250.000,liegt bei 45 % („Reichensteuer“). Daraus ergibt sich ohne Thesaurierung eine maximale Steuerbelastung (einschließlich SolZ) von 47,48 %. Daran zeigt sich, dass die Thesaurierungsbegünstigung nur in einem Steuerstundungseffekt bestehen kann und dass sie in Fällen einer baldigen Entnahme der einbehaltenen Gewinne zu einer Verschlechterung gegenüber der Regelbesteuerung führen kann.61 I. Begünstigte Besteuerung bei Thesaurierung 1. 2. 3.
Nicht entnommener Gewinn (= gesamter Gewinn, da Vollthesaurierung) Begünstigungsbetrag (= nicht entnommener Gewinn, da Antrag auf vollständige Begünstigung) Ermäßigte Besteuerung ./. ESt (28,25 %) ./. SolZ (5,5 %)
Prozent 100,00 100,00 ./. 29,80 28,25 1,55
II. Spätere Nachversteuerung 1.
Nachversteuerungspflichtiger Betrag01 (Begünstigungsbetrag ./. darauf entrichtete Steuer) 2. Nachversteuerungbetrag (= nachversteuerungspflichtiger Betrag, da Vollentnahme) 3. Nachversteuerung ./. ESt (25 %) ./. SolZ (5,5 %) Gesamtbelastung des thesaurierten Gewinns (ermäßigte Steuer 01 + Nachsteuer 02)
29,80
Prozent 70,20 70,20 ./. 18.51 17,55 0,9661 48,31
18,51 48,31
! Praxishinweis: Da der Vorteil der Thesaurierungsbegünstigung allein in einem vorübergehenden Liquiditätsvorteil (Steuerstundung) bis zur späteren Nachversteuerung besteht und die Gesamtbelastung von Thesaurierungsbegünstigung und Nachsteuer über der Regelsteuer liegt, rentiert sich die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung nur, wenn der Liquiditätsvorteil im Unternehmen einen Mehrertrag generiert und über einen längeren Zeitraum genutzt werden kann. Von einer kurzfristigen Entnahme begünstigt besteuerter Gewinne ist daher abzuraten.
61 Abrundung auf volle Cents gemäß § 4 S. 3 SolZG.
111
7
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung § 34a EStG n. F. (Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne) 1. Begünstigte Besteuerung bei Thesaurierung
Normen
Voraussetzungen
§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-3
Ausnahmen Rechtsfolgen
■ Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit ■ Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG ■ Nicht entnommene Gewinne im zu versteuernden Einkommen ■ Antrag des Steuerpflichtigen beim für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt ■ Inanspruchnahme des Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG ■ Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG ■ Gewinne i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ■ Besteuerung des Begünstigungsbetrages mit 28,25 % zzgl. SolZ
■ Gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrages ■ Verbot des Ausgleichs mit negativen Einkünften (Ausschluss des Verlustrücktrags bezogen auf Begünstigungsbetrag des Vorjahres)
7
Normen
Voraussetzungen und
§ 34a Abs. 4 S. 1
Ausnahmen
Rechtsfolgen
39
§ 34a Abs. 1 S. 1 § 34a Abs. 1 S. 1 § 34a Abs. 1 S. 1 § 34a Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 § 34a Abs. 3 S. 2, 3 § 34a Abs. 8, § 10d Abs. 1 S. 2
2. Spätere Nachversteuerung
alternativ
C
§ 34a Abs. 2 § 34a Abs. 2 § 34a Abs. 1 S. 2
■ Nachversteuerungspflichtiger Betrag zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellt ■ Schädliche Entnahme (Nettoentnahmen übersteigen den Gewinn) ■ Betriebsveräußerung oder -aufgabe i. S. d. §§ 14, 16 Abs. 1, 3 und § 18 Abs. 3 EStG ■ Einbringung oder Formwechsel in Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ■ Wechsel der Gewinnermittlungsart ■ Antrag des Steuerpflichtigen ■ Keine Nachversteuerung der Beträge, die für ErbSt/ SchenkSt anlässlich Betriebs-/Anteilsübertragung entnommen ■ Auf Antrag bei Übertragung/ Überführung eines Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 EStG, wenn nachversteuerungspflichtiger Betrag mit übertragen wird ■ Nachversteuerung des Nachversteuerungsbetrages mit 25 % zzgl. SolZ ■ Bei Betriebsveräußerung, -aufgabe, Einbringung und Formwechsel auf Antrag Stundung möglich
§ 34a Abs. 4 S. 1 § 34a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 § 34a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 § 34a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 § 34a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 § 34a Abs. 4 S. 3 § 34a Abs. 5 S. 2 § 34a Abs. 4 S. 2 § 34a Abs. 6 S. 2
C.
Ausgewählte Probleme
I.
Erhöhung der Gesamtsteuerbelastung durch die Thesaurierungsbegünstigung
Durch die Thesaurierungsbegünstigung ist es Einzel- und Mitunternehmern nach der Reform möglich, nicht entnommene Gewinne einem ermäßigtem Steuersatz zu unterwerfen und dadurch eine vergleichbare Steuerbelastung wie bei Kapitalgesellschaften zu erlangen. Die Gesamtsteuerbelastung für Personengesellschafter bleibt bei Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung (48,30 %) sogar geringfügig hinter der von Kapitalgesellschaften (48,33 % bei Anwendung der Abgeltungsteuer) zurück. Die Gesamtsteuerbelastung für Personengesellschafter erhöht sich aber gegenüber derjenigen, die sich ohne Inanspruchnahme der Begünstigung ergibt. Im folgenden Beispiel ist die Erhöhung nur gering (0,86 %). Das liegt daran, dass im Beispiel bei der Ermittlung der Steuerbelastung ohne Thesaurierungsbegünstigung von dem höchst möglichen persönlichen Steuersatz (sog. Reichensteuer, 45 %) ausgegangen wurde. Bei einem geringeren 112
C
Ausgewählte Probleme
7
perönlichen Steuersatz wäre der Unterschied erheblicher. Bei einem persönlichen Steuersatz von beispielsweise 35 % ergäbe sich durch Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung insgesamt eine steuerliche Mehrbelastung von 11,40 %. > Beispiel: Verglichen wird die steuerliche Gesamtbelastung bei einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter mit der eines Personengesellschafters (Mitunternehmers). Dabei wird davon ausgegangen, dass der Kapitalgesellschafter seine Beteiligung im Privatvermögen hält, so dass die ausgeschütteten Gewinne ab 2009 der Abgeltungsteuer unterliegen. Für den Mitunternehmer wird angenommen, dass sein persönlicher Steuersatz bei 45 % liegt. Für die Gewerbesteuer wird der durchschnittliche Hebesatz von 400 % unterstellt. Vergleich der Gesamtsteuerbelastung von Kapital- und Personengesellschaften nach der Unternehmensteuerreform (ab 2009 unter Geltung der Abgeltungsteuer) Kapitalgesellschaft Gewerbliche Personengesellschaft Ohne Thesaurierungsbegünstigung Gewinn vor Steuern ./. GewSt Hebesatz 400 % ./. KSt bzw. ESt und SolZ
100,00
100,00
Mit Thesaurierungsbegünstigung des vollen Gewinns 100,00
./. 14,00
./. 14,00
./. 14,00
Gesellschaftsebene bzw. ermäßigte Steuer ./. KSt (15 %) ./. ESt (28,25 %) + GewSt-Anrechnung (3,8 x GewSt-MB) BMG für SolZ ./. SolZ (5,5 %) Zwischensumme
./. 15,00
entfällt ./. 28,25 + 13,30
15,00 ./. 0,83 29,83
14,95 ./. 0,82 29,77
Gesellschafterebene bzw. Nachsteuer ./. ESt (45 %) (persönlicher Steuersatz) + GewSt-Anrechnung (3,8 x GewSt-MB) Ausschüttungsbzw. Nachversteuerungsbetrag ./. Abgeltungsteuer bzw. Nachsteuer (25 %) BMG für SolZ ./. SolZ (5,5 %) Zwischensumme
entfällt
./. 45,00
entfällt
+ 13,30 70,17
70,23
17,54
17,56
17,54 0,96 18,50
31,70 1,74 33,44
17,56 0,97 18,53
Gesamtbelastung
48,33
47,44
48,30
Gewinn nach Steuern
51,67
52,56
51,70
! Praxishinweise: Da die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung wegen der späteren Nachversteuerung immer zu einer Erhöhung der Gesamtsteuerbelastung gegenüber der Regelbesteuerung führt, sollte die als Begünstigung bezeichnete Regelung nicht unbedacht genutzt werden. Für die Frage der Rechtsformwahl wird der Thesaurierungsbegünstigung nur in wenigen Fällen entscheidende Bedeutung zu kommen. 113
7
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung Steuerpflichtigen deren persönlicher Steuersatz unter 28,25 % oder nur wenig darüber liegt, d. h. die nach der Grundtabelle ein zu versteuerndes Einkommen von ungefähr € 25.000,- bzw. bei Zusammenveranlagung von ungefähr € 52.500,- erzielen, bringt die Thesaurierungsbegünstigung keinen Vorteil. Für diese Personen dürfte aber auch die Rechtsform der Kapitalgesellschaft i. d. R. nicht ratsam sein. Für Unternehmer, die dem Spitzensteuersatz von 45 % unterliegen und deren Liquiditätslage es zulässt, nicht entnommene Gewinne langfristig im Unternehmen stehen zu lassen, ist die Rechtsform der Personengesellschaft auch angesichts der Senkung des Körperschaftsteuersatzes weiterhin attraktiv. Bei dieser Personengruppe ist der Unterschied zwischen sofortiger Regelbesteuerung und der Gesamtbelastung, die sich aus der Sondertarifbesteuerung nach § 34a EStG n. F. im Jahr der Gewinnentstehung sowie der späteren Nachversteuerung ergibt, relativ gering. Der aus der erhöhten Gesamtbelastung resultierende Nachteil wird bereits nach kurzer Thesaurierungszeit durch den Zinsvorteil aus der vorübergehenden Steuerermäßigung kompensiert. Liegt der individuelle Einkommensteuersatz im mittleren Bereich zwischen 28,25 % 45 %, ist eine pauschale Aussage über die Vorteilhaftigkeit der Thesaurierungsbegünstigung nicht möglich. Der Unternehmer sollte seine Entscheidung über eine Inanspruchnahme der Sondertarifbesteuerung nicht entnommener Gewinne nur auf Basis verlässlicher Planungen durchführen. Die spätere Entnahme zunächst tarifbegünstigter Gewinne führt für diese Gewinne zu einer Gesamtsteuerbelastung von 48,3 %. Liegt der persönliche Steuersatz deutlich unter dem Spitzensteuersatz, kann es insgesamt nur dann zu einen Vorteil aus der Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung kommen, wenn der Unternehmer mit den nicht entnommenen Gewinnen einen ausreichend hohen Mehrwert im Unternehmen erwirtschaften kann und der Zinsvorteil den Nachteil der hohen Nachversteuerung überkompensiert. Eine Aussage über die Vorteilhaftigkeit einer bestimmten Rechtsform ist bei mittleren persönlichen Steuersätzen nur dann möglich, wenn in (verlässlichen) Planungsrechnungen Steuerbelastungsvergleiche durchgerechnet werden.
7
II. 40
41
Unmöglichkeit der Vollthesaurierung
Die Thesaurierungsbegünstigung würde – wie sich aus dem Beispiel in Randnummer 38 ergibt – bei Vollthesaurierung und voller Inanspruchnahme der Begünstigung zu einer fast gleichen Steuerbelastung wie bei einer Kapitalgesellschaft führen. Eine Vollthesaurierung wird aber nur theoretisch möglich sein. Zum einen mindern nicht abziehbare Betriebsausgaben den begünstigungsfähigen Betrag62 und zum anderen werden Einzel- und Mitunternehmer i. d. R. den Betrag, den sie zur Begleichung ihrer Steuerschulden (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag) benötigen, aus dem Betriebsvermögen entnehmen müssen. Das hat zur Folge, dass auch diese Beträge nicht thesauriert werden können. Hinzu kommt, dass eine Vielzahl der Unternehmer auch ihren Lebensunterhalt aus den Gewinnen bestreiten muss, so dass sich der tatsächliche Anwendungsbereich für die Begünstigung nach § 34a EStG n. F. stark einschränkt. Eine besondere Rolle bei der Ermittlung des begünstigungsfähigen Betrages spielen die Einkommensteuervorauszahlungen. Die Vorauszahlungen, die der Steuerpflichtige nach § 37 Abs. 1 EStG jedes Quartal auf die voraussichtliche Einkommensteuer des laufenden Veranlagungszeitraums zu entrichten hat, wird er in der Regel aus dem Betriebsvermögen entnehmen. Dadurch mindert sich der am Ende des Jahres begünstigungsfähige nicht entnommene Gewinn. Die Höhe der ESt-Vorauszahlungen bemisst sich nach der Einkommensteuer, die bei der letzten Veranlagung festgesetzt wurde (§ 37 Abs. 3 S. 2 EStG). Die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG bleibt bei der Bemessung der ESt-Vorauszahlungen außer Ansatz (§ 37 Abs. 3 S. 6 EStG n. F.). Das bedeutet, dass ein Unternehmer, der von der Thesaurierungsbegünstigung profitieren möchte, im laufenden Jahr noch keinen Liquiditätsvorteil erreichen kann. Er muss zunächst wie 62 Siehe Rn 6.
114
C
7
Ausgewählte Probleme
gewohnt seine Vorauszahlungen bezogen auf die zu erwartende Regel-Steuer (progressiver Steuersatz) leisten. Erst im Rahmen der Einkommensteuerklärung kann er den Antrag auf begünstigte Besteuerung nach § 34a EStG stellen. Im Entwurf zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wird das damit begründet, dass vorher der Umfang der Begünstigung noch nicht bestimmt werden könne.63 Diese Begründung ist nicht überzeugend.64 Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich nicht, dass der Antrag erst am Ende des Wirtschaftsjahres gestellt werden kann. Es ist durchaus denkbar, dass ein Steuerpflichtiger die Begünstigung von beispielsweise 20 % seines Gewinns, der sich durch Schätzung aufgrund des Vorjahresergebnisses ergibt, beantragt. Für die Höhe der Vorauszahlungen ist ja auch die Einkommensteuer des Vorjahres maßgebend. Der Vorteil aus der Thesaurierungsbegünstigung wirkt sich erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Unternehmers aus. Dabei wird es regelmäßig über die Erstattung von Vorauszahlungen zur Verlagerung betrieblicher Mittel auf die Privatebene kommen.65 Auch in soweit ist fraglich, ob das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel der verbesserten Eigenkapitalausstattung erreicht wird. Das folgende Beispiel zeigt, in welchem Umfang ein gewerblicher Unternehmer oder ein bilanzierender Freiberufler von der Thesaurierungsbegünstigung profitieren kann, wenn er die Gewerbesteuer und die ESt-Vorauszahlungen aus dem Betriebsvermögen bestreitet und seinen Gewinn ansonsten vollständig im Betriebsvermögen belässt. Dem wird die Steuerbelastung ohne Begünstigung bei einem Steuerpflichtigen mit dem persönlichen Steuersatz von 35 % und einem, der dem Reichensteuersatz von 45 % unterliegt, gegenübergestellt. Im Jahr der Thesaurierung ermäßigt sich die Steuer bei dem Steuerpflichtigen, auf den bei der Regelbesteuerung der Reichensteuersatz zur Anwendung käme, um knapp 9,3 % und bei der Nachversteuerung ergibt sich eine um knapp ein halbes Prozent erhöhte Gesamtsteuerbelastung. Bei einem geringeren persönlichen Steuersatz des Unternehmers verringert sich der mögliche Vorteil. Bei einem Steuerpflichtigen mit dem persönlichen Steuersatz von 35 % liegt der vorübergehende steuerliche Vorteil im Jahr der Thesaurierung lediglich bei ca. 4,5 %. Die spätere Nachversteuerung führt bei geringerem persönlichen Steuersatz zu einer um 7,2 % erhöhten Gesamtsteuerbelastung. > Beispiel: Es wird die Gesamtsteuerbelastung für einen Gewerbetreibenden und einen Freiberufler mit und ohne Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung verglichen, wobei der Steuerpflichtige jeweils nur die Beträge, die er zur Begleichung seiner Einkommensteuervorauszahlungen und der Gewerbesteuerschuld benötigt, entnimmt. Im Übrigen belässt er den gesamten Gewinn des Jahres im Betriebsvermögen. Es wird unterstellt, dass dieser gesamte Thesaurierungsbetrag auch begünstigungsfähig ist. Für die Höhe der Einkommensteuervorauszahlungen wird allein auf die Einkünfte aus dem betrachteten Betrieb abgestellt. Das Beispiel geht zur Vereinfachung davon aus, dass der Steuerpflichtige in dem Jahr, das der Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung vorausgeht, einen Gewinn in gleicher Höhe wie im Jahr der Begünstigungsinanspruchnahme erzielt hat. Weiter wird angenommen, dass die für das Jahr der Inanspruchnahme festgesetzten Einkommensteuervorauszahlungen bereits so bemessen waren, dass sie insgesamt der Steuerbelastung entsprechen, die sich für den Steuerpflichtigen im Jahr der Inanspruchnahme bei einer Regelbesteuerung ergeben würde. Demzufolge wird für den Gewerbetreibenden von Einkommensteuervorauszahlungen von 22,89 (ESt 21,70 + SolZ 1,19) bzw. 33,44 (ESt 31,70 + SolZ 1,74) und für den Freiberufler von 36,93 (ESt 35,00 + SolZ 1,93) bzw. 47,48 (ESt 45,00 + SolZ 2,48) ausgegangen. Diese Beträge werden entnommen. Der Gewerbetreibende entnimmt außerdem den Betrag für die Gewerbesteuer von 14,00. 63 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 26, S. 105. 64 Von Rönn, a. a. O., B IV 2.4., S. 131. 65 Schultes-Schnitzlein/Keese, NWB Fach 3, 14683, 14689.
115
42
7
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung Das führt insgesamt zu Entnahmen in Höhe von 36,89 (GewSt 14,00 + ESt 21,70 + SolZ 1,19) bzw. 47,44 (GewSt 14,00 + ESt 31,70 + SolZ 1,74) beim Gewerbetreibenden und beim Freiberufler von 36,93 (ESt 35,00 + SolZ 1,93) bzw. 47,48 (ESt 45,00 + SolZ 2,48). Diese Entnahmen mindern in den Fällen mit Begünstigung nach § 34a EStG n. F. die Bemessungsgrundlage für die ermäßigte Steuer, den Begünstigungsbetrag. Daher ergibt sich z. B. für den Gewerbetreibenden mit dem persönlichen Steuersatz von 35 % ein Begünstigungsbetrag von 63,11 (Gewinn vor Steuern 100,00 ./. Entnahmen 36,89). Ohne Begünstigung nach § 34a Art der Einkünfte
Gewerblich 35 % 45 %
Freiberuflich 35 %
45 %
Mit Begünstigung nach § 34a Gewerblich 35 %
45 %
freiberuflich 35 %
45 %
1. Besteuerung im Jahr der Einkünfteerzielung Gewinn vor Steuern ./. GewSt (Hebesatz 400 %) Gewinn nach GewSt ./. ESt und SolZ a) Ermäßigte Steuer Bemessungsgrundlage
7
./. ESt (28,25 %) b) Regelsteuer Bemessungsgrundlage
./. ESt (35 %, 45 %) + GewSt-Anrechnung (3,8 x GewSt-MB) Zuzahlende ESt (= BMG für SolZ) ./. SolZ (5,5 %) Gesamtbelastung (1.) Gewinn nach Steuern
100,00 ./. 14,00 86,00
entfällt
100,00 entfällt
./. 14,00 86,00
entfällt
Gesamtgewinn
100,00
Begünstigungsbetr.
Gesamtgewinn
100,00 entfällt
Begünstigungsbetr.
63,11
52,56
63,07
52,52
./. 17,83
./. 14,85
./. 17,82
./. 14,84
Entnahmen GewSt, ESt-Vorausz. 36,89
47,44
Entnahmen ESt-Vorauszahlung
100,00
100,00
36,93
47,48
./. 35,00 ./. 45,00 + 13,30
./. 35,00 ./. 45,00 entfällt
./. 12,91 ./. 21,35 + 13,30
./. 12,93 ./. 21,37 entfällt
./. 21,70
./. 31,70
./. 35,00
./. 45,00
./. 17,44
./. 22,90
./. 30,75
./. 36,21
./. 1,19
./. 1,74
./. 1,93
./. 2,48
./. 0,96
./. 1,26
./. 1,69
./. 1,99
36,89 63,11
47,44 52,56
36,93 63,07
47,48 52,52
32,40 67,60
38,16 61,84
32,44 67,56
38,20 61,80
63,11 ./. 18,81
52,56 ./. 15,67
63,07 ./. 18,80
52,52 ./. 15,66
44,30 ./. 11,08 ./. 0,61 11,69
36,89 ./. 9,22 ./.0,51 ./. 9,73
44,27 ./. 11,07 ./. 0,61 11,68
36,86 ./. 9,22 ./. 0,51 ./. 9,73
44,09 52,08
47,89 52,11
44,12 55,88
47,93 52,07
2. Besteuerung bei späterer Entnahme (Nachversteuerung) Begünstigungsbetrag ./. darauf entrichtete Steuer (ESt + SolZ) Nachversteuerungsbetrag
entfällt
entfällt
./. Nachsteuer (25 %) ./. SolZ (5,5 %) Gesamtbelastung (2.) Gesamtbelastung (1. + 2.) Gewinn nach Steuern
43
36,89 63,11
47,44 52,56
36,93 63,07
47,48 52,52
Wie sich die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes auf die Vorteilhaftigkeit der Thesaurierungsbegünstigung auswirkt, verdeutlicht das folgende Beispiel für einen Gewerbetreibenden mit dem persönlichen Steuersatz von 45 %. Verglichen werden die steuerliche Belastung bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 300 % und 490 % jeweils mit und ohne Inanspruchnahme der Begünstigung 116
C
Ausgewählte Probleme
7
nach § 34a EStG n. F.. Es zeigt sich, dass sich die die Thesaurierungsbegünstigung bei einem relativ niedrigen Gewerbesteuerhebesatz besonders vorteilhaft auswirkt. Im Beispiel ergibt sich im Jahr der Thesaurierung durch die ermäßigte Thesaurierungsbesteuerung (37,52 %) bei einem Hebesatz von 300 % ein Steuervorteil von 9,38 % gegenüber der Regelbesteuerung (46,9 %). Bei einem Hebesatz von 490 % liegt der Vorteil im Thesaurierungsjahr bei 8,72 % (50,59 % ./. 41,87 %). Die Nachsteuer führt bei dem höheren Hebesatz zu einer etwas höheren Gesamtbelastung als der niedrige Hebesatz. Im Beispiel beträgt die Differenz bei der Gesamtbelastung für den Hebesatz 300 % 0,5 % (47,35 % ./. 47,10 %) und für den Hebesatz 490 % ca. 0,43 % (51,02 ./. 50,59). > Beispiel: Für dieses Beispiel gelten die gleichen Annahmen wie für das vorangegangene. Es werden lediglich die Gewerbesteuerhebesätze verändert. Ohne Begünstigung nach § 34a Art der Einkünfte
Gewerblich (HS: 300 %)
Gewerblich (HS: 490 %)
Mit Begünstigung nach § 34a Gewerblich (HS: 300 %)
Gewerblich (HS: 490 %)
1. Besteuerung im Jahr der Einkünfteerzielung Gewinn vor Steuern ./. GewSt Hebesatz 300 % / 490 % Gewinn nach GewSt ./. ESt und SolZ a) Ermäßigte Steuer Bemessungsgrundlage
100,00
100,00
100,00
100,00
./. 10,50 89,50
./. 17,15 82,85
./. 10,50 89,50
./. 17,15 82,85
entfällt
entfällt
./. ESt (28,25 %) ./. SolZ Zwischensumme b) Regelsteuer Bemessungsgrundlage ./. ESt (45 %) + GewSt-Anrechnung (3,8 x GewSt-MB) Zuzahlende ESt (= BMG für SolZ) ./. SolZ (5,5 %) Zwischensumme Gesamtbelastung (1.) Gewinn nach Steuern
Begünstigungsbetr.
Begünstigungsbetr.
53,10 ./. 15,00 ./. 0,83 15,83
49,41 ./. 13,96 ./. 0,77 14,73
Gesamtgewinn 100,00 ./. 45,00 + 10,50
Gesamtgewinn 100,00 ./. 45,00 + 13,30
Entnahmen 46,90 GewSt, ESt-Vorauszahlung ./. 21,11 + 10,50
Entnahmen 50,59 GewSt, ESt-Vorauszahlung ./. 22,97 + 13,30
./. 34,50
./. 31,70
./. 10,61
./. 9,47
./. 1,90 46,90
./. 1,74 50,59
./. 0,58 11,19
./. 0,52 9,99
46,90 53,10
50,59 49,41
37,52 62,48
41,87 58,13
53,10 ./. 15,83
49,41 ./. 14,73
37,27 9,32 0,51 9,83
34,68 8,67 0,48 9,15
47,35 52,65
51,02 48,98
2. Besteuerung bei späterer Entnahme (Nachversteuerung) Begünstigungsbetrag ./. darauf entrichtete Steuer (ESt + SolZ) Nachversteuerungsbetrag ./. Nachsteuer (25 %) ./. SolZ (5,5 %) Gesamtbelastung (2.) Gesamtbelastung (1. + 2.) Gewinn nach Steuern
entfällt
47,10 53,10
entfällt
50,59 49,41
117
7
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung
III. 44
7
Die Regelungen des § 34a EStG n. F. sehen vor, dass aufgrund der Verwendungsreihenfolge ein positiver Saldo der Entnahmen und Einlagen vorrangig aus dem laufenden Gewinn entnommen wird. Nach § 34a Abs. 4 EStG n. F. erfolgt eine Nachversteuerung des nicht entnommenen Gewinns erst dann, wenn der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen den laufenden Gewinn übersteigt. Diese Verwendungsreihenfolge ist nachteilig, wenn Altrücklagen (z. B. aus nicht entnommenen, aber voll versteuerten Gewinnen der Vorjahre) bestehen, da auch eine Entnahme dieser Altrücklagen den nicht entnommenen Gewinn für die Anwendung des Sondertarifs nach § 34a EStG n. F. mindert.66 Im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens war noch angekündigt worden, dass die Entnahme von normal besteuerten Gewinnen aus Jahren vor Einführung der Thesaurierungsbegünstigung keine Auswirkungen auf die Nachversteuerung haben solle. Dies ist nicht umgesetzt worden, was einerseits zur Vereinfachung der Neuregelung beiträgt, aber den Gesetzeszweck verfehlt67, da so zunächst die Entnahme von Eigenkapital angeregt wird. Vor der erstmaligen Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung ist zu überlegen, ob die Altrücklagen aus dem Unternehmen entnommen werden sollten.
IV. 45
Überblick über weitere Problemfelder
Die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbesteuerung kann zu folgenden weiteren Schwierigkeiten führen: ■ hoher administrativer Aufwand bei Gesellschaften mit vielen Gesellschaftern ■ verkomplizierter Steuerausgleich unter Gesellschaftern (ggf. Anpassungsbedarf bei Gesellschaftsverträgen) ■ Erschwerung von Umwandlungen in Kapitalgesellschaften ■ Notwendigkeit langfristiger, komplexer Planungsrechnungen/Steuerbelastungsvergleiche
D. 46
Voll versteuerte Altrücklagen
Gestaltungsüberlegungen
Um in Zukunft die begünstigungsfähigen Gewinne einer Personengesellschaft zu erhöhen, könnten im Jahr vor der ersten Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung – vorausgesetzt die Gesellschaft verfügt über ausreichende Liquidität – freie Mittel entnommen und in eine Parallelgesellschaft eingebracht werden. Von dieser Parallelgesellschaft könnte dann in späteren Jahren die Einkommensteuer der Mitunternehmer bezahlt werden, so dass in der Ursprungsgesellschaft zumindest annähernde Vollthesaurierung möglich wäre. Handelt es sich bei der Parallelgesellschaft um eine vermögensverwaltende Gesellschaft, kann dort ab 2009 von der Abgeltungsteuer profitiert werden. Bei der Gründung einer Parallelgesellschaft zur Optimierung des begünstigungsfähigen Gewinns in der Ursprungsgesellschaft ist aber zu beachten, dass die Anteile an der Parallelgesellschaft nicht im Sonderbetriebsvermögen der Ursprungsgesellschaft gehalten werden, denn dann würden sich Entnahmen aus der Parallelgesellschaft zugleich Entnahmen aus dem Sonderbetriebsvermögen der Ursprungsgesellschaft darstellen und den begünstigungsfähigen Gewinn dennoch mindern. Zu der 66 Hey, DStR 2007, 925, 929. 67 Thiel/Sterner, DB 2007, 1099, 1101.
118
E.
nicht gewollten Qualifizierung als Sonderbetriebsvermögen der Ursprungsgesellschaft kann es bereits dann kommen, wenn sich die Gesellschafter der vermögensverwaltenden Gesellschaft verpflichten, die Mittel der Ursprungsgesellschaft auf Anforderung wieder zur Verfügung zu stellen.68 Durch das Modell der personengleichen Schwestergesellschaft, in die die entnommenen Altrücklagen der Ursprungsgesellschaft eingebracht werden und aus der der künftige Kapitalbedarf der Gesellschafter gedeckt wird, verliert die Ursprungsgesellschaft die Erträge des entnommenen Kapitals. Deshalb ist zu beachten, dass bei der Ursprungsgesellschaft nur dann eine Erhöhung des nicht entnommenen und damit begünstigungsfähigen Gewinns eintritt, wenn der jährliche Kapitalbedarf der Gesellschafter regelmäßig höher ist, als die Erträge des entnommenen Kapitals.69 Denkbar wäre auch, die in einem Personenunternehmen vorhandene oder durch Kreditaufnahme beschaffte Liquidität im Jahr vor der erstmaligen Inanspruchnahme von § 34a EStG n. F. an die Gesellschafter auszuzahlen bzw. zu entnehmen und nach dem Stichtag, zu dem die Thesaurierungsbegünstigung genutzt werden soll, wieder einzulegen. In den Folgejahren müsste dann ebenso verfahren werden. Dadurch könnte der Kapitalbedarf der Unternehmer gedeckt werden, ohne dass der laufende Gewinn entnommen werden muss. Es würde auch nur kurzfristig am Bilanzstichtag eine Eigenkapital- oder Liquiditätslücke bestehen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dieses Verfahren nicht anerkannt werden wird, da dem Hin- und Herzahlen der wirtschaftliche Grund fehlt.70
E.
Zusammenfassende Einschätzung
47
7
E.
Die neue Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen stellt eine Verbesserung der Investitionsbedingungen für Unternehmer dar, die dem Einkommensteuerspitzensatz unterliegen und die die Gewinne langfristig im Betriebsvermögen belassen können. Für Personenunternehmer, deren persönlicher Steuersatz über 28,25 % aber unter dem Spitzensteuersatz liegt, bedarf die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung einer sorgfältigen Analyse, wie lange der begünstigte Gewinn einbehalten werden kann. Die Analyse sollte auf einer aussagefähigen Planungsrechnung beruhen und Steuerbelastungsvergleiche beinhalten. Durch die Entnahme zunächst begünstigt besteuerter Gewinne kommt es immer zu einer Steuergesamtbelastung von 48,3 %. Das bedeutet vor allem für Unternehmer, deren persönlicher Steuersatz deutlich unterhalb des Spitzensteuersatzes liegt, eine erheblich höhere Gesamtbelastung als die Regelbesteuerung. Diese höhere Gesamtbelastung lässt sich nur durch die Zinsvorteile langfristiger Einbehaltung kompensieren.71 Insoweit verkompliziert die neue Thesaurierungsbegünstigung die Rechtsformwahl und die Gewinnverwendungsentscheidung. Auf der anderen Seite sinkt der Vorteil aus der Thesaurierungsbegünstigung mit dem persönlichen Steuersatz des Unternehmers, da er allein in der Differenz zwischen dem ermäßigten Thesaurierungsteuersatz (einschließlich SolZ 29,8 %) und dem persönlichen Steuersatz besteht. Dieser vorübergehende Liquiditätsvorteil kann auch nur bei nachhaltig guter Ertragslage des Unternehmens signifikante Wirkung entfalten. Vor der Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung sollten die steuerlichen Folgen späterer Entnahmen bedacht werden. Die Nachversteuerung mit 25 % wird oft Unternehmen gerade in der Krise treffen und kann dann deren Untergang beschleunigen.72 68 69 70 71 72
7
Zusammenfassende Einschätzung
Weber, NWB Fach 18, 4509, 4521. Thiel/Sterner, DB 2007, 1099, 1106. Thiel/Sterner, DB 2007, 1099, 1106. Hey, DStR 2007, 925, 929. Schulze zur Wiesche, DB 2007, 1610, 1612.
119
48
49
7
§ 7 Die Regelungen zur Thesaurierungsbegünstigung
50
7
Durch die neue Thesaurierungsbegünstigung wird die bereits komplizierte Besteuerung von Personenunternehmen, bei denen Ergänzungs- und Sonderbilanzen, die Regelungen zu Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG sowie zur Verlustverrechnung nach § 15a EStG zu berücksichtigen sind, noch durch die Feststellung und Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrags erschwert. In der Praxis wird die Thesaurierungsbegünstigung mit einem beträchtlichen Arbeitsaufwand verbunden sein.73 Es bleibt abzuwarten, ob sich die hoch komplexe und schwierige Vorschrift des § 34a EStG n. F. in der Praxis der Steuerberaterschaft und bei den Finanzbehörden bewähren wird. Es ist noch nicht absehbar, ob die Neuregelung bei den Steuerpflichtigen auf breites Interesse stoßen wird. Es ist aber damit zu rechnen, dass deren Interesse angesichts der komplizierten Regelung und der aufwendigen Planungen vor Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung sowie zahlreicher Unwägbarkeiten in vielen Fällen schnell verblassen wird. Durch die neue Thesaurierungsbegünstigung wird die Ertragsbesteuerung der Personenunternehmen differenzierter.74 Es ist zwischen drei Fällen zu unterscheiden: ■ Regelbesteuerung (individueller Steuersatz) ■ Ermäßigte Thesaurierungsbesteuerung (28,25 %) ■ Pauschale Nachversteuerung (25 %) Künftig können sich für den einzelnen Personenunternehmer statt des bisher einheitlichen persönlichen Steuersatzes drei verschiedene Steuersätze bei seiner Einkommensbesteuerung ergeben.
73 Weber, NWB Fach 18, 4509, 4523. 74 Lühn/Lühn, StuB 2007,253, 259.
120
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG A.
Allgemeine Wirkungsweise der Zinsschranke
A.
Ein Unternehmen ist frei in der Entscheidung, ob es sich mittels Eigenkapital oder mittels Fremdkapital finanziert. Das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht folgt dem nur eingeschränkt, wie die Vorschriften des § 4 Abs. 4a EStG und des § 8a KStG a. F. zeigen. Mit § 4h EStG wird eine neue Vorschrift in das Einkommensteuergesetz eingeführt, die zur Beschränkung der steuerlichen Abziehbarkeit von Zinsaufwand führt. § 4h EStG gilt für alle Unternehmen. Neben § 4h EStG wurde § 8a KStG a. F., der Regelungen zur steuerlichen Abzugsfähigkeit für Zinsaufwand aufgrund der Gesellschafterfremdfinanzierung einer Kapitalgesellschaft enthielt, abgeschafft und durch eine neuen § 8a KStG ersetzt. Der neue § 8a KStG erweitert den Anwendungsbereich der Zinsschranke für Körperschaften in Fällen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung. Ziel der Zinsschranke ist die Sicherung des inländischen Steuersubstrats.1 Damit hat sich der Gesetzgeber, wohl in Anlehnung an die US-amerikanischen „Earning Stripping Rules“2 für die Zinsschranke entschieden, da die gewinnabhängige Abzugsbeschränkung einem Konzern Anreize gebe, Gewinne ins Inland zu verlagern.3 Die Kritik an dieser Regelung geht dahin, dass ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vorliege und die Zinsschranke die Gefahr einer Substanzbesteuerung begründe.4 Risiken würden vor allem für Unternehmen begründet, die sich in einer angespannten wirtschaftlichen Situation befinden und zusätzliche Liquidität für Steuerzahllasten auf nicht bestehende Gewinne aufzubringen hätten.5 Vor allem wird der Betrag der Kappungsgrenze in Höhe von 30 % des EBITDA, statt 60 % oder 70 % als zu hoch empfunden, so dass es sich weniger um eine Vorschrift mit (positiver) Anreizwirkung für die Eigenkapitalausstattung von Unternehmen handelt, sondern um eine steuerverschärfende Gegenfinanzierungsmaßnahme.6 Die Regelungen zur Zinsschranke bewirken eine Kappung des steuerlich abziehbaren Zinsaufwandes eines Wirtschaftsjahres in Abhängigkeit vom Gewinn des Unternehmens. Bezugsgröße ist das für steuerliche Zwecke modifizierte EBITDA. Der zulässige Zinsabzug wird – nach Verrechnung mit den Zinserträgen – auf 30 % des EBITDA beschränkt. Es gibt eine quantitative Ausnahme in Form einer Freigrenze von € 1 Mio. bezogen auf den Nettozinsaufwand und es gibt eine sachliche Ausnahme in Form einer Escape-Klausel, die an die Konzernzugehörigkeit und den Vergleich der Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses mit dem Konzernabschluss anknüpft.
1 2 3 4 5 6
BT-Drs. 14/4841, 48. Thiel, FR 2007, 729; zum Vergleich mit ähnlichen Regelungen in anderen Staaten siehe Kessler/Köhler/Knörzer, IStR 2007, 418. BT-Drs. 14/4841, 48; zu den Fallgruppen, die aus fiskalischer Sicht als problematisch angesehen werden, Rödder/ Stangl, DB 2007, 479. Hallerbach, StuB 2007, 487. Hallerbach, StuB 2007, 487, 488. Thiel, FR 2007, 729, 730.
121
1
2
8
3
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG Prüfungsschema für den Grundfall (ohne die Besonderheiten des § 8a UStG) der Zinsschranke:
Zinsaufwand ist nach Abzug des Zinsertrages > € 1 Mio.
nein
ja
Der Betrieb gehört zu einem Konzern?
nein
ja
Die Eigenkapitalquote des Konzerns ./ 1% ฺ als die Eigenkapitalquote des Betriebs?
nein
Zinsschranke ist nicht anwendbar; vollständiger Zinsabzug
4
ja
8
Zinsaufwand ist nach Abzug des Zinsertrages ist > 30 % des EBIDTA?
nein
ja
Verbleibender Zinsaufwand ist nicht abziehbar; Zinsvortrag als Zinsaufwand künftiger Wirtschaftsjahre
5
Dazu einige Beispiele: > Beispiel: Die A-GmbH hat Verbindlichkeiten über € 15 Mio., die mit 5 % verzinst werden. Zinserträge erzielt die A-GmbH nicht. Die A-GmbH hat jährlich einen Nettozinsaufwand über € 0,750 Mio. Die Freigrenze von € 1 Mio. wird nicht überschritten. Die Zinsschranke ist auf die A-GmbH nicht anwendbar. Die A-GmbH kann die Zinsen in voller Höhe bei der Körperschaftsteuer abziehen. > Beispiel: Der Einzelunternehmer A hat in seinem Einzelunternehmen Verbindlichkeiten in Höhe von € 25 Mio., die mit 5 % verzinst werden. Er hat Zinserträge in Höhe von € 0,1 Mio. A ist nicht an Personen- oder Kapitalgesellschaften beteiligt. Die Zinsaufwendungen des A betragen € 1,25 Mio. Auch nach Abzug der Zinserträge verbleibt ein Nettozinsaufwand von € 1,15 Mio., so dass die Freigrenze überschritten wird. Der Betrieb des A ist jedoch nicht konzernangehörig, da er über keine weiteren Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften verfügt. Daher ist auch für den Betrieb des A die Zinsschranke nicht anzuwenden und A kann den Zinsaufwand in voller Höhe abziehen. > Beispiel: Die A-GmbH ist an der B-GmbH und der C-GmbH zu 100 % beteiligt. Bei der B-GmbH bestehen Verbindlichkeiten über € 22 Mio., die mit 5 % verzinst werden. Die B-GmbH erzielt keine Zinserträge. Die Voraussetzungen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung im Sinne des § 8a KStG n. F. liegen nicht vor. Die A-GmbH stellt einen Konzernabschluss 122
B
8
Die Wirkungsweise der Zinsschranke
auf, in den die B-GmbH einbezogen wird. Die Eigenkapitalquote nach dem Konzernabschluss der A-GmbH beträgt 20 % und die Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses der B-GmbH beträgt 19 %. Der Nettozinsaufwand der B-GmbH beträgt € 1,1 Mio. Die Freigrenze von € 1 Mio. wird daher überschritten. Die B-GmbH ist konzernangehörig. Die Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses ist zwar niedriger als die Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses, die Toleranzgrenze von 1 % wird aber nicht überschritten, so dass die Zinsschranke nicht anwendbar ist und die B-GmbH ihren Zinsaufwand in voller Höhe abziehen kann. > Beispiel: Die A-GmbH ist an der B-GmbH und der C-GmbH zu 100 % beteiligt. Bei der B-GmbH bestehen Verbindlichkeiten über € 25 Mio., die mit 5 % verzinst werden. Die B-GmbH erzielt Zinserträge in Höhe von € 0,1 Mio. Die Voraussetzungen des § 8a KStG einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung liegen nicht vor. Die A-GmbH stellt einen Konzernabschluss auf, in den die B-GmbH einbezogen wird. Die Eigenkapitalquote nach dem Konzernabschluss der A-GmbH beträgt 20 % und die Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses der B-GmbH beträgt 15 %. Der EBITDA der B-GmbH beträgt € 2,15 Mio. Der Zinsaufwand der B-GmbH beträgt 1,25 Mio. Nach Abzug der Zinserträge ergibt sich ein Nettozinsaufwand in Höhe von € 1,15 Mio. Die Freigrenze von € 1 Mio. wird überschritten. Die B-GmbH ist konzernangehörig. Die Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses ist niedriger als die Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses. Die Toleranzgrenze von 1 % wird überschritten. Die Zinsschranke ist daher anwendbar. Die B-GmbH kann bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer7 folgenden Zinsaufwand abziehen: in € Mio. Zinsaufwand 1,250 abzüglich Zinserträge -0,100 Nettozinsaufwand 1,150 EBITDA 2,150 davon 30 % 0,645
8
Die B-GmbH kann daher insgesamt € 0,745 Mio. ihres Zinsaufwandes, nämlich in Höhe der Zinserträge zuzüglich 30 % des steuerlichen EBITDA, in dem betreffenden Wirtschaftsjahr steuerlich abziehen. Der darüber hinausgehende Zinsaufwand in Höhe von € 0,505 Mio. wird als Zinsvortrag einheitlich und gesondert festgestellt. Er erhöht in den folgenden Wirtschaftsjahren den Zinsaufwand und ist im Rahmen der für die jeweils folgenden Wirtschaftsjahre geltenden Zinsschrankenregelungen abzugsfähig.
B.
Die Wirkungsweise der Zinsschranke
I.
Einkunftsart und Gewinnermittlung
B
Die Zinsschrankenregelung ist systematisch im Kapitel zur Gewinnermittlung aufgenommen worden. Sie betrifft ausschließlich Einkünfte, die im Bereich der Gewinneinkunftsarten erzielt werden, also Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft und aus selbständiger Arbeit. Die Vorschrift knüpft an keine bestimmte Gewinnermittlungsart an. Es spielt für die Anwendung der Zinsschrankenregelung keine Rolle, ob der Steuerpflichtige seinen Gewinn im Wege des Betriebsvermögensvergleichs oder nach § 4 Abs. 3 EStG im Wege der EinnahmenÜberschuss-Rechnung ermittelt. In Abhängigkeit von der Art der Gewinnermittlung können sich unterschiedliche Auswirkungen ergeben. 7
Die Hinzurechnungsregelungen des § 8 Nr. 1 GewStG n. F. sind anschließend zu beachten.
123
6
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG > Beispiel: Der Freiberufler A hat einen Bankkredit über € 20 Mio. aufgenommen. Ihm entstehen jährlich Zinsaufwendungen in Höhe von 6 %, mithin € 1,2 Mio. Die Zinsen werden im Jahr 01 in voller Höhe gezahlt. A erwirtschaftet in 01 einen Umsatz von € 5 Mio. und in 02 einen Umsatz von € 4 Mio. und hat jährlich Kosten von ca. € 0,5 Mio. 30 % seines Umsatzes besteht in Forderungen, die im Folgejahr gezahlt werden. Abschreibungen auf Anlagevermögen gibt es nicht. Die Voraussetzungen von § 4h Abs. 2 b) und c) werden von A nicht erfüllt. Ermittelt A seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ergibt sich folgendes Bild: Jahr 01 Jahr 02 Betriebseinnahmen 3.500 4.300 Betriebsausgaben laufende Ausgaben -500 -500 Zinsaufwand -1.200 -1.200 Gewinn 1.800 2.600
8
Zinsabzug nach Zinsschranke maßgeblicher Gewinn davon 30 %
3.000 900
3.800 1.140
zu versteuerndes Einkommen Zinsvortrag nach § 4h EStG
2.100 -300
2.660 -360
Jahr 01 5.000
Jahr 02 4.000
-500 -1.200 3.300
-500 -1.200 2.300
Zinsabzug nach Zinsschranke maßgeblicher Gewinn abzugsfähig nach § 4h EStG:
4.500 1.200
3.500 1.050
zu versteuerndes Einkommen Zinsvortrag nach § 4h EStG
3.300 0
2.450 150
Abzugsfähige Zinsen bei Bilanzierung: Umsatzerlöse Betriebsausgaben laufende Ausgaben Zinsaufwand Gewinn
Im Falle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist nur auf die in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr gezahlten und erhaltenen Zinsen abzustellen.
7
II.
Anwendungsbereich der Zinsschranke
1.
Person des Darlehensgebers
Anders als § 8a KStG a. F. differenziert § 4h KStG nicht nach der Person des Kapitalgebers und nach der Dauer der Kapitalüberlassung. Jegliches Fremdkapital wird in die Betrachtung des 124
B
8
Die Wirkungsweise der Zinsschranke
§ 4h EStG einbezogen, d. h. Bankdarlehen, Gesellschafterdarlehen, kurz- und langfristige Darlehen und durchlaufende Darlehen sind Gegenstand des § 4h EStG.8 Für durchlaufende Darlehen ergeben sich keine Besonderheiten, da eine uneingeschränkte Verrechnung von Zinsertrag und Zinsaufwand möglich ist. Für Kapitalgesellschaften spielt die Gesellschafterfremdfinanzierung weiterhin eine Rolle, da § 8a KStG die sachlichen Ausnahmen von der Zinsschranke davon abhängig macht, dass keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt.
2.
Zinsaufwand und Zinsertrag
Gegenstand der Zinsschrankenregelungen sind die Zinsaufwendungen eines Betriebs. Zinsaufwand ist in § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG definiert als Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Es muss sich um betrieblich veranlassten Zinsaufwand handeln, denn soweit der Zinsaufwand nicht betrieblich veranlasst ist, kann er steuerlich nicht abgezogen werden. Zinsaufwendungen, die nach anderen Vorschriften steuerlich nicht abzugsfähig sind, z. B. nach § 3c EStG, werden in die Betrachtung des § 4h EStG nicht einbezogen.9 Zinsertrag wird definiert als Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben. Zum Zinsaufwand und Zinsertrag gehört auch die Auf- und Abzinsung von Kapitalforderungen und Verbindlichkeiten, § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG.10 Die gesetzliche Formulierung entspricht der früheren Formulierung in § 8a KStG a. F., so dass Fremdkapital alle passivierungsfähigen Kapitalzuführungen in Geld sind, die nach steuerrechtlichen Grundsätzen nicht zum Eigenkapital gehören.11 Kein Fremdkapital im Sinne des § 4h EStG stellt die Gebrauchsüberlassung von Wirtschafsgütern und Rechten, d. h. insbesondere aus Miete, Pacht und Leasing12, dar. Unerheblich ist, für welche Zwecke die Kapitalzuführung verwendet wird.13 Auch variable Zinsen werden von der Regelung erfasst.14 Werden Zinsen nach § 255 Abs. 3 HGB aktiviert, soll das nach R 6.3. Abs. 4 EStR 2005 auch für die Steuerbilanz gelten. Die Zinsen verlieren in diesem Fall endgültig ihren Charakter als Entgelt.15 Sie stellen keinen Zinsaufwand im Sinne des § 4h EStG dar und sind deshalb nicht in die Regelung der Zinsschranke einzubeziehen. ! Praxishinweis: Vor diesem Hintergrund kann sich die Aktivierung von Bauzeitzinsen empfehlen. Diese gehören nicht mehr zum relevanten Zinsaufwand. Sie gehen nicht in die Berechnung der Freigrenze ein. Sie wirken sich ggf. über die Gebäudeabschreibungen steuerlich aus und erhöhen in diesem Fall das steuerliche EBITDA und die Bemessungsgrundlage der Zinsschranke.
8 Köhler, DStR 2007, 597; Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1496. 9 Köhler, DStR 2007, 597 598; Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1497f. 10 Kritisch dazu, sofern das Auf- und Abzinsungsgebot auf steuerbilanziellen Vorschriften beruht: Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1496. 11 BMF, Schreiben vom 15. Dezember 1994, BStBl. I 1995, 25, berichtigt S. 176, Rn 44, ebenso: Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1496. 12 Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1498; vgl. zu § 8a KStG: Dötsch, KStG, § 8a Rn 91. 13 Vgl. zu § 8a KStG: Dötsch, a.a.O. 14 Middendorf/Stegemann, INF 2007 305, 307. 15 BFH, Urteil vom 30.04.2003, BStBl. II 2004, 192; BFH, Urteil vom 10.03.1993, BFH/NV 1993, 561, jeweils zur Hinzurechnung als Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG a. F., sowie Gosch, KStG, § 8a Rn 151 zu § 8a KStG a. F.
125
8
9
8
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG 10
Der für die Definition von Zinsertrag verwendete Begriff der Kapitalforderungen ist kongruent zum Begriff des Fremdkapitals zu verstehen.16 Unerheblich ist, ob die Höhe des Entgeltes von einem ungewissen Ereignis abhängt.17 Damit wird an die Definition der Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG angeknüpft. Kein Zinsertrag bzw. -aufwand sind Zinsen nach § 233 AO, Skonti, Boni und Dividenden. Ebenso stellt die Abzinsung von Rückstellungen keinen Zinsaufwand dar.18
3. 11
8
12
13
Definition des Begriffs „Betrieb“
Die Regelung des § 4h Abs. 1 EStG bezieht sich auf die Zinsaufwendungen eines Betriebs. Anknüpfungspunkt ist nicht die Rechtsform eines Unternehmens (natürliche Person, Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft), sondern das sachliche Besteuerungsobjekt „Betrieb“. Die Bestimmung des Betriebs hat für die Anwendung der Zinsschranke auf verschiedenen Ebenen Auswirkungen und beinhaltet eine zentrale Weichenstellung für die Auswirkungen der Zinsschranke: ■ Die Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen bestimmt sich anhand der Bemessungsgrundlage des maßgeblichen Gewinns eines Betriebs. ■ Die Freigrenze nach § 4h Abs. 2 a) EStG gilt für jeden Betrieb, ist also ebenfalls betriebsbezogen zu ermitteln. ■ Für die Anwendung der Escape-Klausel ist maßgebend, ob es sich um einen konzernzugehörigen oder einen nicht konzernzugehörigen Betrieb handelt. Der Begriff „Betrieb“ wird gesetzlich nicht definiert. In der Literatur wird auf den Betriebsbegriff der §§ 16 EStG, 20 UmwStG verwiesen.19 Der Begriff des Betriebs bildet die Grundlage für die gesamte Gewinnermittlung. Er dient der Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen, von Entnahmen und Einlagen, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben.20 Insbesondere zur Bestimmung und Definition von Entnahmen hatten sich im Wesentlichen drei Ansichten herausgebildet, die einen engen, einen weiten und einen mittleren Betriebsbegriff umfassen. Nach dem weiten Betriebsbegriff ist das gesamte Betriebsvermögen als Betrieb anzusehen. Nach dem mittleren Betriebsbegriff ist der Betrieb einkunftsartenbezogen zu verstehen und nach dem engen Betriebsbegriff ist jeder Einzelbetrieb ein Betrieb.21 Relevant werden die unterschiedlichen Betriebsbegriffe bei Einzelunternehmern. > Beispiel: A betreibt im Ort I eine Autowäscherei und im Ort II eine Reparaturwerkstatt. Die beiden Unternehmen sind räumlich getrennt und organisatorisch selbständig. Für jeden dieser Unternehmen tritt A jeweils mit einer eigenen im Handelsregister eingetragenen Firma auf. Für die Anwendung der Zinsschrankenregelung stellt sich die Frage, ob es sich um einen Betrieb oder um mehrere Betriebe im Sinne des § 4h EStG handelt. Würde nur ein Betrieb angenommen, wäre die Freigrenze von € 1 Mio. nur einmal anzuwenden. Würden zwei Betriebe anzunehmen sein, könnte A für jeden der Betriebe die Freigrenze von € 1 Mio. in Anspruch nehmen.
16 17 18 19 20 21
126
Köhler, DStR 2007, 597, 598. BT-Drs 16/4841, S. 49. Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1498. Köhler, DStR 2007, 597, 598. Schmidt, EStG, § 4 Rn 25; Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Vor §§ 4-7 EStG Rn 85. Vgl. die Übersicht bei Herrmann/Heuer/Raupach, Vor §§ 4-7 EStG Rn 89 f.
B
Die Rechtsprechung hat sich bei der Definition der Entnahme aus einem Betrieb nach § 4 Satz 2 EStG auf keinen Betriebsbegriff eindeutig festgelegt.22 Andererseits hat der BFH für Einkünfte nach § 15 EStG entschieden, dass ein Einzelunternehmen mehrere selbständige Gewerbebetriebe unterhalten kann.23 Ob mehrere gewerbliche Betätigungen selbständige Gewerbebetriebe sind oder ob es sich um unselbständige Betriebsstätten oder Teilbetriebe eines Gewerbebetriebs handelt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände, wie Art der Betätigung, räumliche Trennung der Betriebe, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen usw., zu beurteilen.24 Diese Rechtsprechung erging jedoch zum BewG und zur Gewerbesteuer mit dem Ziel der zutreffenden Bestimmung des jeweiligen Besteuerungsobjektes. Für die einkommensteuerliche Beurteilung des Betriebsbegriffs ist die Rechtsprechung nur begrenzt aussagefähig. Eine gesetzliche Definition des Betriebs wäre daher wünschenswert gewesen, ist jedoch unterblieben. Auch aus der Gesetzesbegründung lassen sich nur wenige Hinweise entnehmen, welcher Betriebsbegriff der Zinsschranke zu Grunde zu legen ist. Die Ausführungen zur Konzernklausel deuten auf die Anwendung des engen Betriebsbegriffes hin.25 Zutreffend ist deshalb der von der bislang überwiegenden Literatur vertretene enge Betriebsbegriff mit der Folge, dass ein Einzelunternehmer mehrere Betriebe einer Einkunftsart haben kann.26 Für jeden dieser Betriebe gilt die Freigrenze von € 1 Mio., da es sich um eine sachliche und keine personenbezogene Freigrenze handelt. Zugleich ist für jeden Betrieb gesondert die Escape-Klausel zu prüfen. Sofern ein Einzelunternehmer mehrere Betriebe hat, liegt nach der Gesetzesbegründung kein Konzern vor.27
III.
14
15
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Die Berechnung der Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 EStG
Der Zinsaufwand kann in voller Höhe mit dem Zinsertrag verrechnet werden. Ein darüber hinaus gehender Betrag der Nettozinsaufwendungen ist nur in Höhe von 30 % der entsprechenden Bezugsgröße abzugsfähig. Diese Bezugsgröße bestimmt sich wie folgt: Maßgeblicher Gewinn + Zinsaufwendungen ./. Zinsertrag + Abschreibungen nach § 7 EStG + Abschreibungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und § 6 Abs. 2a Satz 2 EStG = steuerliches EBITDA
1.
8
Die Wirkungsweise der Zinsschranke
16
Saldierung von Zinsaufwand und Zinsertrag
Zinsaufwand und Zinsertrag sind in einem ersten Schritt zu saldieren. Soweit ein Unternehmen Zinserträge erzielt, unterliegen Zinsaufwendungen bis zur Höhe der Zinserträge keinen Abzugsbeschränkungen. Die Zinsschranke bezieht sich auf den Nettozinsaufwand. 22 Vgl. BFH, Beschluss vom 07.10.1974, BStBl. II 1975, 168. 23 BFH, Urteil vom 09.08.1989, BStBl. II 1989, 901; BFH, Urteil vom 08.03.1989, BStBl. II 1989, 572; BFH, Beschluss vom 16.06.1999, BFH/NV 1999, 1455. 24 Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn 125. 25 BT-Drs. 16/4841, S. 50. 26 Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305, 307; Köhler DStR 2007, 597, 598; Grotherr IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1498. 27 BT-Drs. 16/4841, S. 50.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG > Beispiel: Die A-GmbH ist an diversen Tochtergesellschaften beteiligt, die sie finanziert. Sie nimmt hierfür Bankdarlehen auf. Gewährt die A-GmbH den Tochtergesellschaften Gesellschafterdarlehen, kann die A-GmbH die Zinseinnahmen aus diesen Gesellschafterdarlehen mit dem bei ihr entstehenden Zinsaufwand aus den Bankverbindlichkeiten uneingeschränkt verrechnen. Bei der Gewerbesteuer ist die Hinzurechnungsregelung des § 8 Nr. 1 GewStG zu beachten, wonach 25 % des bei der Einkommen- und Körperschaftssteuer abzugsfähigen Zinsaufwandes (nicht des Nettozinsaufwandes) hinzuzurechnen sind. Die Abzugsfähigkeit des Zinsaufwandes aus den Gesellschafterdarlehen ist zugleich auf der Ebene der Tochtergesellschaften entsprechend der Zinsschranke zu prüfen.
2. 18
8
19
Maßgeblicher Gewinn
Bezugsgröße für die Berechnung der 30 %-Kappung des abzugsfähigen Zinsaufwandes ist der maßgebliche Gewinn, der in § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG definiert wird, als der nach den Vorschriften des EStG ermittelte steuerpflichtige Gewinn. Die Beschränkung auf den steuerpflichtigen Gewinn beinhaltet die Einbeziehung steuerbilanzieller und außerbilanzieller Korrekturen. Bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns werden die Auswirkungen der Zinsschranke nicht berücksichtigt. Die Definition des maßgeblichen Gewinns hat eine weitere Bedeutung bei der Definition des für Zwecke des § 4h Abs. 1 EStG relevanten Zinsaufwandes und -ertrages. Soweit Zinsaufwendungen steuerlich nicht abzugsfähig sind, haben sie den maßgeblichen Gewinn nicht gemindert und bleiben bei den Regelungen zur Zinsschranke nach § 4h EStG außen vor. Nichtabzugsfähige Betriebsausgaben erhöhen den maßgeblichen Gewinn. Die Umqualifizierung von Zinsaufwendungen in nichtabzugsfähige Betriebsausgaben führt einerseits dazu, dass für diese Zinsaufwendungen die Zinsschranke nicht gilt und andererseits zur Erhöhung des steuerlichen EBITDA als Bemessungsgrundlage für die Kappungsgrenze von 30 %. Dazu zählen:28 ■ nichtabzugsfähige Betriebsausgaben, nach § 3c EStG; ■ nichtabzugsfähige Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG. ■ nichtabzugsfähige Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG; § 4 Abs. 4a EStG geht daher der Anwendung der Regelungen zur Zinsschranke vor. ■ Zinsen, die als verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert worden sind. Die Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung gehen den Regelungen der Zinsschranke vor. ■ Ertragsteueraufwand (z. B. Gewerbesteuer nach § 4 Abs. 5b EStG). ■ Spenden nach § 10b EStG. Gleichermaßen mindern steuerfreie Einnahmen den maßgeblichen Gewinn und damit die Bezugsgröße für die Zinsschranke. Dazu zählen insbesondere: ■ steuerfreie Einnahmen im Sinne des § 3 EStG, insbesondere Dividenden und Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, soweit sie steuerfrei sind, § 3 Nr. 40 EStG. Im Betriebsvermögen bezogene Dividenden und Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften erhöhen in Höhe von 50 % bzw. ab 2009 in Höhe von 60 % die Bemessungsgrundlage für die Zinsschranke. Gleiches gilt für von Kapitalgesellschaften bezogene Dividenden, soweit sie nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei sind. Das gilt bei Dividenden unabhängig davon, ob diese Dividenden der Gewerbesteuer unterliegen, weil sie die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs erfüllen oder nicht. 28 Vgl. auch die Aufzählung von Köhler, DStR 2007, 597, 599.
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B
8
Die Wirkungsweise der Zinsschranke
■
Gewinne aus ausländischen Betriebsstätten, die nach dem entsprechenden DBA von der inländischen Besteuerung frei zustellen sind. Bei ausländischen Betriebsstätten für die die Anrechnungsmethode gilt, d. h. bei Betriebsstätten in Nicht-DBA-Ländern, bei Betriebsstätten in Ländern bei denen das DBA generell oder bei entsprechenden passiven Einkünften die Anrechnungsmethode vorsieht bzw. bei Betriebsstätten, die passive Einkünfte nach § 8 AStG beziehen und für die nach § 20 Abs. 2 AStG die Anrechnungsmethode gilt. ■ Investitionszulage, § 12 InvZulG Der maßgebliche Gewinn wird ermittelt vor Verrechnung mit steuerlichen Verlustvorträgen bzw. einem Verlustrücktrag nach § 10d EStG.
3.
Berechnung der Zinsschranke
Grundlage für die Ermittlung der Kappungsgrenze von 30 % ist der steuerpflichtige Gewinn vor Abzug der Absetzungen für Abnutzungen anch §§ 6 Abs. 2, Abs. 2a und 7 EStG und des Finanzergebnisses (EBITDA). In dem ursprünglichen Gesetzentwurf hatten Abschreibungen die Bezugsgröße für die Zinsschranke noch gemindert, so dass nur das EBIT Bezugsgröße der Zinsschranke war. Die Berücksichtigung der Abschreibungen erfolgte erst auf Initiative des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages. Es sollte ein zusätzlicher Anreiz für Anlageinvestitionen in Deutschland geschaffen werden.29 Diese Regelung greift allerdings zu kurz, als beispielsweise die Anschaffungs- und Herstellungskosten für nicht aktivierungsfähige selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, § 248 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 2 EStG die Bemessungsgrundlage für die Zinsschranke mindern, obwohl es sich um Investitionen in Anlagevermögen handelt.30 Unklar ist der Hinweis des Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, dass die Abzugsfähigkeit von Finanzierungsaufwand von der Abschreibung inländischer Wirtschaftsgüter abhänge.31 Eine derartige Beschränkung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Hinweis muss wohl so verstanden werden, dass Abschreibungen nach deutschen steuerlichen Vorschriften gemeint sind. Ausländische Wirtschaftsgüter werden im Falle von Direktinvestitionen oder bei Zuordnung zu einer ausländischen Betriebsstätte, für die die Anrechnungsmethode gilt, ebenso wie inländische Wirtschaftsgüter nach den Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4ff EStG abgeschrieben. Diese Abschreibungen sind in die Bemessung der 30 %-Kappung einzubeziehen. > Beispiel: Für die konzernzugehörige Gesellschaft X-GmbH ergibt sich in der Handelsbilanz (=Steuerbilanz) ein Jahresüberschuss von T€ 8.000 (Alle nachfolgenden Zahlenangaben in T€). Darin enthalten sind ein Zinsaufwand von 5.500 und ein Zinsertrag von 500. Davon werden 500 als verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs.3 Satz 2 KStG umqualifiziert. Die X-GmbH hat eine Investitionszulage von 500 erhalten. Außerdem sind im Jahresüberschuss Beteiligungserträge aus inländischen Kapitalgesellschaften in Höhe von 4.000 enthalten. Der im Jahresüberschuss enthaltene Steueraufwand für Gewerbe- und Körperschaftsteuer beträgt 3.200. Die Abschreibungen in der GuV betragen 2.000. Außerdem wurde der Jahresüberschuss durch Aufwendungen für ein selbstgeschaffenes Patent um 10.000 gemindert. Die Voraussetzungen der Escape-Klausel liegen nicht vor. Da die Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 EStG nicht vorliegen, ist der Zinsaufwand nur teilweise abzugsfähig. Die Zinsschranke gilt nur für Zinsaufwand, der den maßgeblichen Gewinn gemindert hat. Nach anderen Vorschriften nichtabzugsfähiger Zinsaufwand ist in die Zinsschranke nicht einzubeziehen: 29 BT-Drs. 16/5491, S. 17. 30 Die Nichtberücksichtigung von Forschungs- und Entwicklungskosten bei der Zinsschranke ist auch einer der Kritikpunkte an der gesetzlichen Regelung, vgl. Hallerbach, StuB 2007, 487. 31 BT-Drs. 16/5491, S. 17.
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8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG Zinsaufwand im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG Zinsaufwendungen insgesamt nach § 8 Abs. 3 Satz2 KStG nichtabzugsfähiger Zinsaufwand
5.500 ./.500 5.000
Der Zinsaufwand von 5.000 kann in voller Höhe mit dem Zinsertrag in Höhe von 500 verrechnet werden. Die Zinsschranke des § 4h EStG gilt für einen Zinsaufwand in Höhe von 4.500. Von dem Nettozinsaufwand sind 30 % des steuerlichen EBITDA abzugsfähig. Ausgangsgröße ist der maßgebliche Gewinn, der sich wie folgt ermittelt: Jahresüberschuss 8.000 + Aufwand für Gewerbe- und Körperschaftsteuer (§ 4 Abs. 5b EStG, § 10 Nr. 2 KStG) 3.200 ./. Investitionszulage ./.500 + verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 500 ./. steuerfreie Beteiligungserträge ./.4.000 + 5 % nichtabzugsfähige Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG +200 maßgeblicher Gewinn 7.400
8
Daraus ergibt sich folgende Zinsschranke: Maßgeblicher Gewinn + abzugsfähige Zinsaufwendungen im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG ./. Zinsertrag im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG + Abschreibungen nach § 7 EStG = Steuerliches EBITDA Davon sind höchstens 30 % abzugsfähig
7.400 5.000 ./.500 + 2.000 13.900 4.170
Von den verbliebenen 4.500 Zinsaufwand ist ein Betrag in Höhe von 4.170 abzugsfähig. Die Differenz in Höhe von 330 wird als Zinsvortrag festgestellt, § 4h Abs. 4 EStG. Der Aufwand für das selbstgeschaffene Patent erhöht das Volumen der abzugsfähigen Zinsen nicht, sondern vermindert das Abzugsvolumen. Aufgrund des Aktivierungsverbotes des § 248 HGB bzw. § 5 Abs. 2 EStG kann das Patent nicht in der Steuerbilanz aktiviert und nach § 7 EStG abgeschrieben werden. Die Herstellungskosten stellen unmittelbar abzugsfähige Betriebsausgaben dar. > Beispiel: Wie vorheriges Beispiel nur mit dem Unterschied, dass der Jahresüberschuss 18.000 beträgt, da das Patent im Rahmen eines Werkvertrages von einem Dritten für 10.000 erworben wurde. Das Patent hat eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 5 Jahren und wird linear abgeschrieben. Von dem Nettozinsaufwand nach Verrechnung mit den Zinserträgen im Sinne des § 4h EStG in Höhe von 4.500 sind 30 % der maßgebenden Bezugsgröße abzugsfähig. Ausgangsgröße ist der maßgebliche Gewinn: Jahresüberschuss 18.000 + Aufwand für Gewerbe- und Körperschaftsteuer (§ 4 Abs. 5b EStG, § 10 Nr. 2 KStG) 3.200 ./. Investitionszulage ./.500 + verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 KStG 500 ./. steuerfreie Beteiligungserträge ./.4.000 + 5 % nichtabzugsfähige Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG +200 maßgeblicher Gewinn 17.400 130
B
8
Die Wirkungsweise der Zinsschranke
Daraus ergibt sich folgende Begrenzung des Zinsabzugs: Maßgeblicher Gewinn + abzugsfähige Zinsaufwendungen im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG ./. Zinsertrag im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG + Abschreibungen nach § 7 EStG (ohne Abschreibungen auf das Patent) + Abschreibungen auf das Patent = Steuerliches EBITDA Davon sind höchstens 30 % abzugsfähig
17.400 5.000 ./.500 + 2.000 +2.000 25.900 7.770
In diesem Fall können daher die Zinsen in voller Höhe abgezogen werden. Der Aufwand aus der Anschaffung des Patents erhöht im Rahmen der linearen Abschreibungen den steuerlichen EBITDA. Die hinzuzurechnenden Abschreibungen umfassen die Absetzungen für Abnutzung nach § 7 EStG, nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG, nach § 6 Abs. 2a Satz 2 EStG. Die beiden letztgenannten Vorschriften beziehen sich auf die Berücksichtigung der Anschaffungs- und Herstellungskosten geringwertiger Wirtschaftsgüter und zwar entsprechend der gesetzlichen Neuregelung (siehe dazu § 5). § 7 EStG umfasst die lineare und degressive Abschreibung entsprechend der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern, deren Verwendung und Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt. Zu den nach § 4h Abs. 1 EStG den steuerlichen EBITDA erhöhenden Abschreibungen zählt nicht die Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 4, Nr. 2 Satz 2 EStG von Wirtschaftsgütern des Anlage- und Umlaufvermögens. Das ist nachvollziehbar, sofern zu einem späteren Zeitpunkt eine Wertzuschreibung zu erfolgen hat,32 die den maßgeblichen Gewinn nach § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG in dem betreffenden Jahr erhöht. Auch in diesem Fall erfolgt die Wertzuschreibung nur bis zu den fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten. Nach einer Teilwertabschreibung ist bei Gebäuden die Abschreibungsbemessungsgrundlage aus den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten abzüglich Teilwertabschreibung zu ermitteln § 11c Abs. 2 EStDV. Bei anderen Wirtschaftsgütern ist der um die Teilwertabschreibung reduzierte Buchwert Abschreibungsbemessungsgrundlage, der auf die betriebliche Restnutzungsdauer verteilt wird. Die Nichtberücksichtung von Teilwertabschreibungen kann dazu führen, dass nicht sämtliche Anschaffungs- und Herstellungskosten die Bemessungsgrundlage der Zinsschranke erhöhen. > Beispiel: Die A-GmbH hat einen LKW zu einem Kaufpreis von € 100.000 angeschafft (Alle nachfolgenden Angaben erfolgen in €). Der LKW wird linear auf 5 Jahre abgeschrieben. Im Jahr 02 erfolgt eine Teilwertabschreibung auf einen Buchwert von 20.000. Variante 1: Ohne Teilwertabschreibung
Jahr 01
Jahr 02
Jahr 03
Jahr 04
Jahr 05
Buchwert am Anfang des Jahres
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
Abschreibungen linear
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
Buchwert am Ende des Jahres
80.000
60.000
40.000
20.000
0
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
In den steuerlichen EBITDA einzubeziehen wären
32 Zum Prinzip der Wertzuschreibung in der Steuerbilanz: Schmidt, EStG, § 6 Rn 50.
131
21
8
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
Variante 2: Mit Teilwertabschreibung
Jahr 01
Jahr 02
Buchwert am Anfang des Jahres
100.000
lineare Abschreibungen
-20.000
Teilwertabschreibung Buchwert am Ende des Jahres
Jahr 03
Jahr 04
Jahr 05
80.000
20.000
13.333
6.667
-20.000
-6.667
-6.667
-6.667
-40.000 80.000
20.000
13.333
6.667
0
In den steuerlichen EBITDA einzubeziehen wären
-20.000
-20.000
-6.667
-6.667
-6.667
Bei Ermittlung des EBITDA nach § 4h EStG nicht berücksichtigte Abschreibungen
0
0
-13.333
-13.333
-13.333
Summe
0
0
-13.333
-26.667
-40.000
Es geht daher Abschreibungsvolumen in Höhe von insgesamt 40.000, nämlich in Höhe der erfolgten Teilwertabschreibung, „verloren“, da sich die Bemessungsgrundlage der Zinsschranke durch die Teilwertabschreibung nicht erhöht und zugleich die Bemessungsgrundlage für künftige Abschreibungen mindert.
8
> Beispiel: Die A-GmbH hat einen LKW zu einem Kaufpreis von 100.000 angeschafft. Der LKW wird linear über 5 Jahre abgeschrieben. Im Jahr 02 erfolgt eine Teilwertabschreibung auf einen Buchwert von 20.000. Im Jahr 04 ist der Wert des LKW auf 30.000 gestiegen. Es ist daher eine Wertzuschreibung bis zur Höhe der ursprünglichen fortgeschriebenen Anschaffungskosten vorzunehmen. Variante 1: Ohne Teilwertabschreibung
Jahr 01
Jahr 02
Jahr 03
Jahr 04
Jahr 05
Buchwert am Anfang des Jahres
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
Abschreibungen linear
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
Buchwert am Ende des Jahres
80.000
60.000
40.000
20.000
0
In den steuerlichen EBITDA einzubeziehen wären
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
-20.000
Variante 2: Mit Teilwertabschreibung
Jahr 01
Jahr 02
Jahr 03
Jahr 04
Jahr 05
Buchwert am Anfang des Jahres
100.000
80.000
20.000
13.333
20.000
lineare Abschreibungen
-20.000
-20.000
-6.667
-6.667
-20.000
Teilwertabschreibung Buchwert am Ende des Jahres (Vor Wertberichtigung)
-40.000 80.000
20.000
13.333
Wertzuschreibung zum 31.12.
6.667 13.333
0
In den steuerlichen EBITDA einzubeziehen wären
-20.000
-20.000
-6.667
-20.000
-20.000
Bei Ermittlung des EBITDA nach § 4h EStG nicht berücksichtigte Abschreibungen
0
0
-13.333
0
0
Summe
0
0
-13.333
-13.333
-13.333
Auch wenn die Wertzuschreibung den sich aus der Teilwertabschreibung ergebenden Effekt in Bezug auf die Bemessungsgrundlage der Zinsschranke abmildert, geht ein Teil des gesamten Abschreibungsvolumens „verloren“. Systematischer wäre gewesen, Teilwertabschreibungen dem steuerlichen EBITDA hinzuzurechnen und lediglich Wertzuschreibungen abzuziehen. 132
C
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
! Praxishinweis: Die Grenze von 30 % des steuerlichen EBITDA z. B. anhand der Planzahlen 2007 und 2008 sollte für die einzelnen Unternehmen überprüft werden. Ist der Nettozinsaufwand niedriger als 30 % des steuerlichen EBITDA, ergeben sich für das Unternehmen aus der Anwendung der Zinsschranke keine Probleme. Bei geplanten Investitionen empfiehlt sich folgende Überlegung: Bei einer Fremdfinanzierung der Investition ergeben sich aus der Zinsschranke regelmäßig keine Schwierigkeiten, wenn 30 % der jährlichen Abschreibungen dem Finanzierungsaufwand entsprechen und die Verbindlichkeit innerhalb des Abschreibungszeitraums zurückgeführt wird. Voraussetzung ist, dass sich das Unternehmen in einer Gewinnphase befindet. Die Zinsschranke führt vor allem bei ertragschwachen Unternehmen zu Problemen.
C.
Ausnahmen von der Zinsschranke
C
Nach § 4h Abs. 2 EStG gibt es folgende Grundausnahmen von der Anwendung des § 4h Abs. 1 EStG: ■ Eine Freigrenze von € 1 Mio. Sind die Nettozinsaufwendungen eines Betriebs nicht höher als € 1 Mio. ist die Zinsschranke nicht anzuwenden, § 4h Abs. 2 a) EStG. ■ Sachliche Ausnahme in Abhängigkeit vom Umfang der Einbeziehung eines Betriebs in einen Konzern, § 4h Abs. 2 b) und 2 c) EStG. ■ Gehört der Betrieb nicht oder nur teilweise zu einem Konzern, gilt die Zinsschranke nicht, § 4h Abs. 2 b) EStG. Bei Kapitalgesellschaften darf zusätzlich keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a Abs. 2 KStG vorliegen. ■ Gehört der Betrieb zu einem Konzern, gilt die Zinsschranke nicht, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns. Es gilt eine Toleranzgrenze von 1 %, um die die Eigenkapitalquote des Betriebs die Eigenkapitalquote des Konzerns unterschreiten darf. Die Regelungen zu dieser sog. Escape-Klausel sind sehr umfangreich und kompliziert. Es wird auf handelsrechtliche Rechnungslegungsvorschriften verwiesen und zwar aufgrund der weltweiten Betrachtung auf nationale, wie auch internationale Rechnungslegungsstandards. Die Konzernzugehörigkeit wird einerseits aufgrund dieser handelsrechtlichen Rechnungslegungsstandards definiert und andererseits im Rahmen eines steuerlichen Konzernbegriffs erweitert, § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG. Da der steuerliche Konzernbegriff weiter gefasst ist, als der Konzernbegriff in einzelnen Rechnungslegungsstandards, hat das Auswirkungen auf den maßgeblichen Konsolidierungskreis.
I.
22
8
Freigrenze von € 1 Mio. der Nettozinsaufwendungen
Eine Ausnahme für die Zinsschranke wird statuiert, wenn der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, nicht mehr als € 1 Mio. beträgt. Bezugsgröße für die Freigrenze ist nicht der Zinsaufwand als solcher, sondern der Nettozinsaufwand nach Verrechnung mit entsprechenden Zinserträgen. Fraglich ist, ob ein Zinsvortrag, d. h. in Vorjahren aufgrund der Zinsschranke nicht abzugsfähiger Zinsaufwand, in den für die Bestimmung des Überschreitens der Freigrenze maßgeblichen Betrag einzubeziehen ist. Das ist zu bejahen, da nach
133
23
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG bestimmt wird, dass ein Zinsvortrag die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre erhöht, nicht aber den maßgeblichen Gewinn.33 ! Praxishinweis: Als Richtschnur für die Frage, ob die Zinsschrankenregelung für ein Unternehmen relevant werden kann, sollte die Überlegung dienen, dass bei einer Fremdfinanzierung von ca. € 20 Mio. und einer Verzinsung von 5 % ein Zinsaufwand von € 1 Mio. entsteht und die Freigrenze nicht überschritten wird. Bestehende Finanzierungsstrukturen sind auf die Höhe der Zinssätze und vor allem variable Zinssätze zu überprüfen. Mitunter sind in Abhängigkeit von bestimmten Unternehmenskennzahlen Zinszuschläge zu entrichten, die eine Prognose darüber erschweren, ob die Freigrenze überschritten wird oder nicht. 24
8
Der Betrag von € 1 Mio. ist eine Freigrenze, kein Freibetrag. Wird dieser Betrag überschritten, ist die Zinsschranke in vollem Umfang anwendbar. Beträgt der Nettozinsaufwand genau € 1 Mio. gilt die Zinsschranke nicht; beträgt der Zinsaufwand mehr als € 1 Mio. gilt die Zinsschranke. Das ist in der Literatur kritisiert worden.34 Gemessen an dem Ziel der Entlastung kleinerer und mittlerer Betriebe von den Regelungen der Zinsschranke,35 wäre ein Freibetrag sicherlich sinnvoller gewesen, da das durch die Freigrenze vorgegebene Prinzip des „Alles oder Nichts“ gerade im Grenzbereich eines Nettozinsaufwandes von € 1 Mio. zu Härten führen kann. > Beispiel: Bei dem Unternehmen A beträgt der Nettozinsaufwand € 1 Mio., bei Unternehmen B beträgt der Nettozinsaufwand € 1,1 Mio. Bei beiden Unternehmen betrage der maßgebliche Gewinn vor Abschreibungen € 1 Mio. Während bei Unternehmen A die Zinsschranke nicht anzuwenden ist, ist bei Unternehmen B die Freigrenze überschritten und die Zinsschranke – unterstellt, dass die sachlichen Ausnahmeregelungen nicht eingreifen – findet Anwendung. Unternehmen A kann den Zinsaufwand vollständig als Betriebsausgabe steuerlich abziehen. Bei Unternehmen B können 30 % des maßgeblichen Gewinns vor Abschreibungen in Höhe von € 1 Mio. zuzüglich des Nettozinsaufwandes von € 1,1 Mio. als Betriebsausgabe abgezogen werden, d. h. 30 % von € 2,2 Mio. = € 0,66 Mio.; während € 0,44 Mio. nicht abzugsfähig sind, was bei Unternehmen B – bei einem unterstellten effektiven Steuersatz von 30 % – eine Mehrbelastung im Jahr 01 von € 0,132 Mio. bedeutet.
25
Nach der Gesetzesbegründung ist nur der Teil des Zinsaufwandes bei der Freigrenze zu berücksichtigen, der Teil einer inländischen Gewinnermittlung ist.36 Dafür findet sich im Gesetz keine hinreichende Grundlage.37 Nach § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG sind Zinsaufwendungen Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben, d. h. der einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnende Zinsaufwand ist nur dann bei der Berechnung der Freigrenze nicht zu berücksichtigen, wenn das Betriebsstättenergebnis aufgrund des maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommens von der deutschen Steuer freizustellen ist. In diesem Fall haben die Zinsaufwendungen in der ausländischen Betriebsstätte den maßgeblichen Gewinn nicht gemindert. Sofern die Anrechnungsmethode für das Betriebsstättenergebnis anzuwenden ist, wirken sich die Zinsaufwendungen in der ausländischen Betriebsstätte auch auf den maßgeblichen Gewinn aus. Daher sind sie auch bei der Ermittlung der Freigrenze zu berücksichtigen. 33 Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1500. 34 Herzig/Bohn, DB 2007, 1, 2; Köhler, DStR 2007, 597, 598; kritisch auch Grotherr, IWB Gruppe 3, Fach 3, 1489, 1499 f. 35 BT-Drs. 16/4841, 48. 36 BT-Drs. 16/4841, S. 48. 37 Köhler, DStR 2007, 597, 599.
134
C
Sachliche Ausnahmen nach § 4h Abs. 2 b) und 2 c) EStG Nur bei Kapitalgesellschaften oder einer Kapitalgesellschaft nachgeordneten Personengesellschaften Der Betrieb gehört zu einem Konzern
nein ja
Die an Gesellschafter oder gleichgestellte Personen gezahlten Zinsaufwendungen sind mehr als 10% der gesamten Nettozinsaufwendungen
nein
ja
Eigenkapitalquote des Konzerns ./. 1% ฺ der Eigenkapitalquote des Betriebs
ja
nein
Die an Gesellschafter oder gleichgestellte Personen gezahlten Zinsaufwendungen einer Konzerngesellschaft sind mehr als 10% der gesamten Nettozinsaufwendungen
nein
Die Zinsschranke ist nicht anwendbar
II.
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
8
ja
Die Zinsschranke ist anwendbar
1.
Vorbemerkung zur Konzernzugehörigkeit und zum steuerlichen Konzernbegriff
Die Frage der Konzernzugehörigkeit ist nach dem in § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG enthaltenen „steuerlichen Konzernbegriff “38 zu beantworten. § 4h Abs. 2 b) und c) EStG knüpfen nicht an den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff an, wie er in § 18 AktG definiert ist, sondern nehmen als Ausgangspunkt den Konzernbegriff, der sich aus den handelsrechtlichen Rechnungslegungsstandards ergibt, auf die § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff. EStG verweist. Der Betrieb gehört nach § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 zu einem Konzern, wenn er nach einem der nach § 4h Abs. 2 c) EStG anzuwendenden Konzernrechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder konsolidiert werden könnte. Ein Betrieb gehört auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann, § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG. § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG: Verweis auf den nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff. EStG anzuwendenden Rechnungslegungsstandard Der Betrieb ist in einen Konzernabschluss einbezogen worden, § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG
Der Betrieb könnte in einen Konzernabschluss einbezogen werden, § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG.
§ 4h Abs. 3 Satz 6 EStG: Steuerliche Bestimmung des Konzernbegriffs („auch“) Die Finanz- und Geschäftspolitik des Betriebs kann auch mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden (vgl. IAS 27.3).
38 Köhler, DStR 2007 597, 599.
135
26
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
a) 27
Betriebsbezogenheit der Zinsschranke und Einbeziehung in einen Konzern
Wenn das Gesetz von der Konzernzugehörigkeit eines Betriebs spricht, können nur die Unternehmensrechtsträger, denen der betreffende Betrieb im Sinne des § 4h EStG zuzurechnen ist, Konzernunternehmen sein. Für diese Unternehmensrechtsträger ist die Konzernzugehörigkeit zu bestimmen. > Beispiel: Der A betreibt in dem Ort I eine Autowäscherei und in dem Ort II eine Reparaturwerkstatt. Die beiden Unternehmen sind räumlich getrennt und organisatorisch selbständig. Für jedes dieser Unternehmen tritt A jeweils mit einer eigenen im Handelsregister eingetragenen Firma auf. Weitere unternehmerische Aktivitäten übt A nicht aus und ist nicht an Personen- und Kapitalgesellschaften beteiligt. Der A unterhält zwar mehrere Betriebe, die Frage der Konzernzugehörigkeit richtet sich jedoch nach dem Rechtsträger, in diesem Fall die natürliche Person A. Da A keine anderen Beteiligungen hält und er ausschließlich Einzelunternehmer ist, ist er keine Konzernmutter und folglich deshalb nicht konzernzugehörig. Auch wenn A zwei Betriebe im Sinne des § 4h EStG unterhält, sind beide Betriebe nicht konzernzugehörig, so dass insoweit die Zinsschrankenregelung nicht anwendbar ist.39
8
b) 28
Die handelsrechtliche Konzernrechnungslegungspflicht und der nach § 4h Abs. 2 c) EStG relevante Rechnungslegungsstandard
Betrachtet man § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG und § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff. EStG näher, ist festzustellen, dass auf verschiedene handelsrechtliche Konzernrechnungslegungsstandards verwiesen wird. Ob ein inländischer Rechtsträger handelsrechtlich als Mutterunternehmen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist, richtet sich ausschließlich nach §§ 290 – 293 HGB und nach § 11 PublG.40 Nach § 315a HGB (i. V. m. § 11 Abs. 6 Nr. 2 PublG) richtet sich anschließend die Frage, nach welchem Rechnungslegungsstandard der betreffende Konzernabschluss aufzustellen ist. Dieser Rechnungslegungsstandard bestimmt den handelsrechtlich relevanten Konsolidierungskreis.41 Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses richtet sich nach §§ 290 – 293 HGB, § 11 PublG Verpflichtung zur Aufstellung Keine Verpflichtung eines IFRS-Konzernabschlusses zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses § 315a Abs. 1 HGB, § 11 Abs. 6 Nr. 2 Pu- Freiwillige Aufstellung eines Keine Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses blG: Mutterunternehmen im Sinne des IFRS-Konzernabschlusses Art 4 IAS-VO Nr. 1606/200241 nach § 315a Abs. 3 HGB Konsolidierungskreis bestimmt sich nach IFRS Konsolidierungskreis bestimmt sich nach HGB
39 So auch die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/4841, S. 50. 40 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rn 102. 41 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.07.2002, ABl. L 243.
136
C
Dem Grundsatz nach ist ein Konzernabschluss nach HGB aufzustellen und zu veröffentlichen. Die Verpflichtung zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses besteht nur in Ausnahmefällen bei kapitalmarktorientierten Unternehmen. Alle anderen Mutterunternehmen haben ein Wahlrecht, ob sie einen Konzernabschluss nach IFRS oder einen Konzernabschluss nach HGB aufstellen. Welcher handelsrechtliche Rechnungslegungsstandard für die Escape-Klausel des § 4h Abs. 2 c) EStG maßgebend ist, ergibt sich aus § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff. EStG. In § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG wird wiederum für die Bestimmung der Konzernzugehörigkeit auf den nach § 4h Abs. 2 c) EStG anzuwendenden Rechnungslegungsstandard verwiesen. Die für den Eigenkapitalquotenvergleich relevanten Abschlüsse sind nach den International Reporting Standards (IFRS) zu erstellen, § 4h Abs. 2 c) Satz 8 EStG. IFRS sind die internationalen Rechnungslegungsstandards, die nach Art 2, 3, 6 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.07.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandard übernommen wurden (Endorsement-Verfahren).42 Alternativ können folgende Rechnungslegungsstandards herangezogen werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Maßgebender Rechnungslegungsstandard HGB-Konzernabschluss
■
Konzernabschlüsse nach dem Recht eines der Mitgliedstaaten der EU
29
8
Voraussetzungen für die Anwendung ■
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
Es besteht keine Verpflichtung einen IFRS-Konzernabschluss zu erstellen und offen zu legen und für die letzten fünf Wirtschaftsjahre wurde kein IFRSKonzernabschluss erstellt.
Hierbei handelt es sich um ein Wahlrecht. ■ Es besteht keine Verpflichtung einen IFRS-Konzernabschluss zu erstellen und offenzulegen und ■ für die letzten fünf Wirtschaftsjahre wurde kein IFRSKonzernabschluss erstellt und ■ der Konzernabschluss ist gleichwertig zu einem Konzernabschluss nach § 290 HGB oder hätte nach § 291 HGB befreiende Wirkung Hierbei handelt es sich um ein Wahlrecht.
42 ABl. EG Nr. L 243. 1, in der jeweils geltenden Fassung der Verordnung Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29.09.2003, ABl. EU Nr. L 261, 1; zum Endorsement-Verfahren: Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Kommentar, § 32 Rn 8.
137
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
Maßgebender Rechnungslegungsstandard US-GAAP
Voraussetzungen für die Anwendung ■
■
■
Es besteht eine Verpflichtung zur Aufstellung und Offenlegung eines US-GAAP Abschlusses und es ist kein Konzernabschluss nach IFRS oder nach dem Handelsrecht eines EU-Mitgliedstaates aufzustellen. und der Konzernabschluss genügt den Regelungen des § 290 HGB und hätte nach § 292 HGB i. V. m. der KonzBefrVO befreiende Wirkung
In diesem Fall besteht eine Verpflichtung zur Verwendung des US-GAAP Konzernabschlusses.
30
Die Reichweite der Wahlmöglichkeiten nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff. EStG zwischen IFRS-Konzernabschluss und HGB-Konzernabschluss ergibt sich wie folgt: Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses richtet sich nach §§ 290 – 293 HGB, § 11 PublG
8
Verpflichtung zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses § 315a Abs. 1 HGB, § 11 Abs. 6 Nr. 2 PublG: Mutterunternehmen im Sinne des Art 4 IAS-VO Nr. 1606/2002 § 315a Abs. 2 HGB, § 11 Abs. 6 Nr. 2 Satz 2 PublG: sonstige kapitalmarktorientierte Unternehmen.
Keine Verpflichtung zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses Keine Aufstellung eines Freiwillige Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses. IFRS-Konzernabschlusses nach § 315a Abs. 3 HGB.
Für die Anwendung der Zinsschranke ist der IFRS-Konzernabschluss allein maßgebend; es besteht kein Wahlrecht.
Aufgrund der Verpflichtung zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses besteht auch in zukünftigen Jahren keine Wahlmöglichkeit.
138
Es besteht eine Bindung von fünf Jahren für die Verwendung einer IFRS-Konzernbilanz für Zwecke des Eigenkapitalvergleichs.
Es besteht ein Wahlrecht, ob der HGB-Konzernabschluss oder ein für Zwecke der Zinsschranke aufgestellter IFRS-Konzernabschluss für Zwecke des Eigenkapitalvergleichs verwendet wird. Es besteht keine Bindung an diese Wahl. Es kann jederzeit in den Folgejahren auf IFRS umgestellt werden.
C
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
> Beispiel: Die A-GmbH ist als Mutterunternehmen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach § 290 HGB verpflichtet. Da sie nicht kapitalmarktorientiert ist, kann die A-GmbH nach § 315a HGB einen Konzernabschluss entsprechend den §§ 294 ff HGB oder nach IFRS aufstellen. In den Konzernabschluss der A-GmbH ist die B-GmbH einbezogen worden. Die Konzernzugehörigkeit der B-GmbH ergibt sich nach § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG daraus, dass die B-GmbH in den Konzernabschluss der A-GmbH einbezogen wurde. Für die Bestimmung der Eigenkapitalquote des Konzerns nach § 4h Abs. 2 c) EStG besteht aber ein Wahlrecht. Die A-GmbH kann die bestehende Konzernbilanz nach HGB zu Grunde legen. Die A-GmbH kann eine Konzernbilanz nach einem Recht eines EU-Mitgliedstaates oder nach IFRS erstellen. § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG bestimmt nur den Konsolidierungskreis, nicht das Regelungswerk, nach dem die Konsolidierung zu erfolgen hat. Die Wahlmöglichkeit für die Verwendung eines Konzernabschlusses nach HGB bzw. dem Recht eines EU-Mitgliedstaates besteht dann, wenn für die letzten fünf Wirtschaftsjahre kein IFRS-Konzernabschluss erstellt wurde. Anknüpfungspunkt für diese Regelung ist wohl § 315a Abs. 3 HGB, der es Mutterunternehmen erlaubt, freiwillig einen Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen. Dieser Konzernabschluss gilt in diesem Fall als ein Konzernabschluss nach den §§ 290 ff. HGB.43 § 4h Abs. 2 c) Satz 9 EStG bindet – im Gegensatz zu § 315a Abs. 3 HGB – den Steuerpflichtigen für die folgenden 5 Jahre an diese Entscheidung, wenn nach § 315a HGB freiwillig ein IFRS-Konzernabschluss aufgestellt wurde. Ein IFRS-Konzernabschluss für die letzten fünf Jahre sollte nur dann als „aufgestellt“ gelten, wenn es sich handelsrechtlich um einen Konzernabschluss z. B. im Sinne des § 315a HGB oder einer vergleichbaren Regelung in einem anderen EU-Staat handelt. Kein „aufgestellter“ Konzernabschluss im Sinne des § 4h Abs. 2 c) Satz 9 EStG ist ein parallel erstellter IFRS-Konzernabschluss, der jedoch nicht geprüft und entsprechend § 325 HGB offengelegt wird, oder der ausschließlich für Zwecke des § 4h Abs. 2 c) EStG erstellt wird. > Beispiel: Die H-GmbH (kein Mutterunternehmen im Sinne des § 315a Abs. 1 und Abs. 2 HGB) veröffentlicht jährlich im Internet einen Geschäftsbericht. Dabei wird der nach § 325 HGB offengelegte Konzernabschluss bestehend aus Konzernbilanz, Konzerngewinn- und -verlust-Rechnung, Konzernanhang und Konzernlagebericht abgedruckt. Der Geschäftsbericht wird ergänzt um eine IFRS-Konzernbilanz und eine IFRS-Konzerngewinn- und -verlustrechnung. Für den erstmaligen Eigenkapitalvergleich kann sowohl der Konzernabschluss nach HGB als auch der Konzernabschluss nach IFRS zu Grunde gelegt werden. Eine Verpflichtung den Konzernabschluss nach IFRS zu verwenden besteht nicht, da keine Verpflichtung nach § 315a HGB besteht, einen IFRS-Konzernabschluss aufzustellen und zu veröffentlichen und auch in den letzten fünf Jahren kein IFRS-Konzernabschluss aufgestellt wurde. Die Angaben in dem Geschäftsbericht stellen keinen Konzernabschluss im Sinne des §§ 315a, 290 HGB dar. Die für Informationszwecke in dem Geschäftsbericht veröffentlichte Konzernbilanz und Konzerngewinn- und -verlustrechnung sind kein formeller Konzernabschluss. Es fehlt an der Erfüllung der gesetzlichen Offenlegungspflichten nach § 325 HGB. Diese Verpflichtungen wurden mittels eines HGB-Konzernabschlusses erfüllt. > Beispiel: Die A-GmbH stellt als Konzernmutter in den Jahren 01 bis 03 nach § 315a HGB einen IFRS-Konzernabschluss auf, obwohl sie dazu nicht verpflichtet ist. Ab dem Jahr 04 stellt die A-GmbH ihren Konzernabschluss wieder auf HGB um und stellt keinen IFRS-Konzernabschluss mehr auf. Nach § 4h Abs. 2 c) Satz 9 EStG ist in den Jahren 01 bis 03 zwingend ein IFRSKonzernabschluss für den Eigenkapitalvergleich zu Grunde zu legen. Gleiches gilt für die Jahre 04 bis 07, da insoweit für 43 Hoyos/Ritter-Thiele, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 315a HGB Rn 14.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG eines der letzten fünf Wirtschaftsjahre, nämlich das Wirtschaftsjahr 03 ein IFRS-Konzernabschluss aufgestellt wurde. Ab dem Jahr 08 ist hingegen diese Wahlmöglichkeit wieder eröffnet (sofern nicht zwischenzeitlich die gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses besteht). Dass in der Zwischenzeit IFRS-Konzernbilanzen dem Eigenkapitalquotenvergleich zu Grunde gelegt wurden, führte nicht dazu, dass auch in den Jahren 04 bis 07 ein IFRSKonzernabschluss im Sinne des § 4h Abs. 2 c) Satz 9 EStG aufgestellt wurde. ! Praxishinweis: Der Aufwand für die Umstellung auf IFRS und wieder zurück sollte nicht unterschätzt werden. Zudem gibt es für die Überleitung von IFRS- auf HGB-Abschlüsse kaum verlässliche Regelungen44. Soweit nach § 4h EStG eine Anknüpfung an die bisher verwendeten Abschlüsse erlaubt ist, sollten diese möglichst verwendet werden. Das wird im mittelständischen nicht kapitalmarktorientierten Bereich regelmäßig noch der HGB-Konzernabschluss sein. Die IFRS-Regelungen werden allerdings bei der Interpretation des steuerlichen Konzernbegriffs eine Rolle spielen.
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2.
Der steuerliche Konzernbegriff im Einzelnen
a)
Bedeutung des „steuerlichen“ Konzernbegriffs im Rahmen der Zinsschranke
Der „steuerliche“ Konzernbegriff des § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG hat nicht nur Bedeutung für die Bestimmung der Konzernzugehörigkeit eines Betriebs. Er hat zugleich Bedeutung für die Bestimmung des Konsolidierungskreises, d. h. des Kreises derjenigen Unternehmen, die in eine Konzernbilanz einzubeziehen sind, die dem Eigenkapitalvergleich zu Grunde gelegt wird. Der steuerliche Konzernbegriff ist insoweit problematisch, weil er nur teilweise auf die nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff. EStG im Falle eines Eigenkapitalvergleichs anzuwendenden Rechnungslegungsstandards verweist. Die Verbindung zwischen der handelsrechtlichen Konzernrechnungslegung nach diversen Rechnungslegungsstandards mit diesem erweiterten steuerrechtlichen Konzernbegriff erweist sich deshalb als außerordentlich schwierig. Ist in einen handelsrechtlichen Konzernabschluss ein Unternehmensträger nicht einbezogen worden, wird dessen Betrieb aber nach dem steuerlichen Konzernbegriff als konzernzugehörig behandelt, ist der Konsolidierungskreis für den nach § 4h Abs. 2 c) EStG maßgeblichen Konzernabschluss unter Berücksichtigung des steuerlichen Konzernbegriffs zu erweitern. Daraus kann sich ein Widerspruch zu diesem Rechnungslegungsstandard ergeben, wenn ein Einbeziehungsverbot besteht. Der Konzernabschluss würde bei Erweiterung des Konsolidierungskreises nicht mehr dem maßgeblichen Rechnungslegungsstandard entsprechen. Diesen Widerspruch löst das Gesetz nicht unmittelbar auf. Daher wären zwei Lesarten denkbar: ■ Die Konzernzugehörigkeit wird nach dem erweiterten steuerlichen Konzernbegriff ermittelt. Die Eigenkapitalquote wird anhand eines Konzernabschlusses ermittelt, dessen Konsolidierungskreis dem angewandten Rechnungslegungsstandard entspricht. Das kann in Einzelfällen dazu führen, dass der Vergleich der Eigenkapitalquoten mit einem Konzernabschluss erfolgt, in den der Betrieb nicht im Wege der Vollkonsolidierung einbezogen wurde.
44 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Komentar, § 7 Rn 18 ff.
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Ausnahmen von der Zinsschranke
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■
Der Konsolidierungskreis wird ausschließlich nach den steuerlichen Regelungen ermittelt. Alle nach dem steuerlichen Konzernbegriff zu einem Konzern gehörenden Betriebe sind zu konsolidieren und dem Eigenkapitalquotenvergleich zu Grunde zu legen. Der steuerliche Konsolidierungskreis verdrängt den nach den jeweiligen handelsrechtlichen Vorschriften anzuwendenden Konsolidierungskreis. Letztgenannte Ansicht entspricht wohl der Intention des Gesetzes. Das ergibt sich aus § 4h Abs. 2 c) Satz 3, zweiter Halbsatz EStG, wonach sich die Eigenkapitalquote des Konzerns „nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst“, bemisst. Nach der Gesetzesbegründung ist immer der größtmögliche Konsolidierungskreis mit dem sich für diesen Konsolidierungskreis ergebenden obersten Rechtsträger zu Grunde zu legen.45 Das führe in vielen Fällen zu einer Erweiterung des Konsolidierungskreises. In den Konsolidierungskreis seien alle Betriebe einzubeziehen, die eine der genannten Konsolidierungsvoraussetzungen erfüllen.46 Das spricht dafür, dass der Gesetzgeber nicht nur die Konzernzugehörigkeit, sondern auch die Bestimmung des Konsolidierungskreises ausschließlich anhand der steuerlichen Regelungen der § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG vornimmt.47 Dieser steuerbestimmte Konsolidierungskreis geht einer handelsrechtlichen Bestimmung des Konsolidierungskreises vor.48 Es müssen folglich anhand des steuerlichen Konzernbegriffs folgende Fragen beantwortet werden: ■ Ist das Unternehmen, für dessen Betrieb die Anwendung der Zinsschranke geprüft wird, konzernzugehörig? ■ Wird das bejaht: Welche weiteren Unternehmen gehören zu dem Konzern, dem das betreffende Unternehmen, für das die Zinsschranke geprüft wird, angehört? ■ Nach welchem Rechnungslegungsstandard sind diese Unternehmen im Konzernabschluss für Zwecke des Eigenkapitalvergleichs zu konsolidieren? > Beispiel: Die A-GmbH ist an der B-GmbH und der C-GmbH beteiligt. Für Zwecke der Zinsschrankenregelung bei der B-GmbH muss nicht nur ermittelt werden, ob die B-GmbH konzernzugehörig ist, sondern auch, ob die A-GmbH und die B-GmbH konzernzugehörig sind. Nur wenn zugleich festgestellt wird, dass die A-GmbH als Konzernmutter die B-GmbH und die CGmbH in ihren Konzernabschluss einzubeziehen hat, kann der später erforderliche Eigenkapitalvergleich geführt werden. Regelmäßig wird, z. B. in diesem Fall für die A-GmbH, ein Konzernabschluss vorliegen. ! Praxishinweis: Der einem tatsächlichen Konzernabschluss zu Grunde liegende Konsolidierungskreis wird in der Praxis regelmäßig dem für steuerliche Zwecke relevanten Konsolidierungskreis entsprechen, so dass an die bisherige Konsolidierungspraxis angeknüpft werden kann. Im Regelfall wird vor allem die Ausübung von Einbeziehungswahlrechten auf dem Prüfstand stehen. Probleme kann es in den Grenzfällen geben, in denen HGB-Konsolidierungskreis und IFRS-Konsolidierungskreis sich nicht entsprechen und bei Rechtsträgern und deren Tochtergesellschaften, die bisher keinen Konzernabschluss aufstellen mussten.
45 BT-Drs. 16/4841, S. 50; kritisch zu dem „steuerlichen Konzernbegriff “: Köhler, DStR 2007, 597, 599; Rödder/Stangl, DB 2007,479, 480. 46 BT-Drs. 16/4841, S. 50. 47 So auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 155 f. 48 Zur Problematik im Zusammenhang mit § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG: s.u. Rn 43.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG > Beispiel: Die A-GmbH ist an der B-GmbH und der C-GmbH beteiligt. Die A-GmbH stellt einen Konzernabschluss auf. Die B-GmbH wird nach § 296 HGB nicht in den Konzernabschluss der A-GmbH einbezogen. Für Zwecke des § 4h EStG ist nicht nur die A-GmbH und die C-GmbH als konzernzugehörig, sondern auch die B-GmbH als konzernzugehörig anzusehen. Die AGmbH muss daher für diese steuerlichen Zwecke einen Konzernabschluss aufstellen unter Einbeziehung auch der B-GmbH (zur Frage der Ausübung des Wahlrechtes siehe Rn 39). 35
In § 4h EStG wird eine weltweite Betrachtung zu Grunde gelegt. > Beispiel: Die A-GmbH, mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland, ist zu 10 % an der B-GmbH beteiligt. Die B-GmbH, mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland, ist wiederum zu 100 % an der C-GmbH, mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Österreich beteiligt. Gesellschafter der A-GmbH ist die Z-Corporation mit 20 %, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich in den USA befindet, sowie die Y-Ltd., deren Satzungssitz und Ort der Geschäftsleitung sich in UK befindet. Die Y-Ltd. hält auch die restlichen 90 % der Anteile an der B-GmbH. Die Y-Ltd. stellt einen Konzernabschluss nach englischem Recht auf, in den die A-GmbH, die B-GmbH und die C-GmbH einbezogen worden sind. Die Konzernzugehörigkeit ergibt sich sowohl für die A-GmbH, die B-GmbH und C-GmbH aufgrund ihrer Eigenschaft als Tochterunternehmen der Y-Ltd. Auch die Y-Ltd. ist konzernzugehörig, da sie das oberste Mutterunternehmen ist. Die Konzernzugehörigkeit der genannten Unternehmen besteht unabhängig davon, in welchem Land sie ansässig sind. Die Konzernzugehörigkeit der B-GmbH ist nicht etwa deshalb zu verneinen, weil eine deutsche Gesellschaft nur zu 10 % an der B-GmbH beteiligt ist, für die sich deshalb nach § 290 HGB keinerlei Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses ergibt.
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Tatsächliche Einbeziehung in einen Konzernabschluss, § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG
Ein Betrieb ist konzernzugehörig, wenn der Rechtsträger, dem der Betrieb zuzurechnen ist, in einen Konzernabschluss einbezogen wurde, § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG. Hat ein Mutterunternehmen nach handelsrechtlichen Verpflichtungen einen Konzernabschluss aufgestellt und die Tochterunternehmen dem entsprechend in den Konsolidierungskreis dieses Konzernabschlusses einbezogen, ist die Konzernzugehörigkeit des Mutterunternehmens und der einbezogenen Tochterunternehmen zweifelsohne festzustellen. Gleichwohl ist die Folgefrage, ob der in diesem Konzernabschluss zu Grunde gelegte Konsolidierungskreis bereits der für die Zwecke der Zinsschrankenregelung relevante Konsolidierungskreis ist, noch nicht vollständig beantwortet. Für den Konsolidierungskreis ist § 4h Abs. 5 Satz 3 zweite Alternative EStG, sowie § 4h Abs. 5 Satz 6 EStG weiter zu prüfen. Bei mehrstufigen Unternehmensverbindungen kann ein Mutterunternehmen zugleich Tochterunternehmen des ihr übergeordneten Rechtsträgers sein. Gleichwohl besteht handelsrechtlich der Grundsatz, dass jedes Mutterunternehmen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist („Tannenbaumprinzip“).49 Stellt ein Mutterunternehmen für den ihm nachgeordneten Teilkonzern einen Konzernabschluss auf und wird es zugleich in den Konzernabschluss des ihr übergeordneten Unternehmens einbezogen, hat sich an der Konzernzugehörigkeit nichts geändert. Für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs ist der Konsolidierungskreis nach dem für die oberste Muttergesellschaft relevanten Konsolidierungskreis zu bestimmen, in den der Teilkonzern ein49 WP-Handbuch Teil I (2006), Rn M 59 ff für § 290 Abs. 2 HGB; Rn M 37 zum Streitstand in Bezug auf § 290 Abs. 1 HGB.
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bezogen wurde.50 Die Möglichkeit der Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses begründet keine Gestaltungsmöglichkeit, um den Konsolidierungskreis für Zwecke des § 4h Abs. 2 c) EStG zu beeinflussen. > Beispiel: An der A-GmbH ist zu 100 % die B-GmbH beteiligt. An der B-GmbH ist zu 100 % die C-GmbH beteiligt. Sowohl die B-GmbH als auch die C-GmbH sind zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet. Die C-GmbH stellt einen Konzernabschluss und die B-GmbH stellt einen Teilkonzernabschluss auf. Alle drei Gesellschaften sind konzernzugehörig im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG. Für den Eigenkapitalvergleich im Sinne des § 4h Abs. 2 c) EStG ist der Konzernabschluss der C-GmbH heranzuziehen. Durch die Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses kann die B-GmbH nicht erreichen, dass der Eigenkapitalvergleich für die B-GmbH und die A-GmbH auf Basis des Teilkonzernabschlusses der B-GmbH erfolgt. In vielen Fällen besteht bei mehrstufigen Unternehmensverbindungen eine Befreiungsmöglichkeit für die Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses. Derartige Regelungen enthalten die §§ 291 und 292 HGB, sowie IAS 27.10. Voraussetzung ist u. a., dass ein übergeordnetes Mutterunternehmen einen entsprechenden Konzernabschluss mit befreiender Wirkung aufgestellt hat. Aufgrund dessen wird der dem befreienden Konzernabschluss zu Grunde liegende Konsolidierungskreis regelmäßig dem nach § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG relevanten Konsolidierungskreis entsprechen.
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Mögliche Einbeziehung in einen Konzernabschluss, § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG
Nach § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG ist ein Betrieb als konzernzugehörig anzusehen, wenn er in einen Konzernabschluss (im Wege der Konsolidierung) einbezogen werden könnte. Damit handelt es sich um eine erste Erweiterung des steuerlichen Konzernbegriffs gegenüber dem handelsrechtlichen Konzernbegriff. § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG verweist auf den nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff EStG maßgeblichen Rechnungslegungsstandard. Die Reichweite dieser Verweisung führt zu einer Art Zirkelschluss: Erst aufgrund der Konzernzugehörigkeit kann bestimmt werden, nach welchem Rechnungslegungsstandard der Konzernabschluss aufzustellen ist. Wie soll sich nach diesem Rechnungslegungsstandard dann bestimmen können, ob eine Einbeziehung in den Konzern erfolgen könnte? Ist die Verweisung als eine Globalverweisung auf sämtliche nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 EStG mögliche Rechnungslegungsstandards zu verstehen? U. E. ist für Mutter- und Tochterunternehmen wie folgt zu differenzieren: ■ Ein Mutterunternehmen könnte in einen Konzernabschluss einbezogen werden, wenn das Mutterunternehmen eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses trifft und von dieser Verpflichtung unter bestimmten Voraussetzungen wieder frei wird. Bei inländischen Mutterunternehmen wäre allein § 293 HGB relevant, der eine größenabhängige Befreiung vorsieht. Nach § 315a HGB bleibt handelsrechtlich das Wahlrecht eröffnet, einen Abschluss nach HGB oder nach IFRS aufzustellen. Diese Wahlmöglichkeit bleibt unter den jeweiligen besonderen Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff EStG erhalten. Ob ein Mutterunternehmen nach § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG in einen Konzernabschluss einbezogen werden könnte, ist anhand der jeweiligen gesetzlichen Verpflichtung zur Aufstel50 So auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 155.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
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lung eines Konzernabschlusses zu beurteilen. Die in IAS 27 geregelte Konzernabschlusspflicht würde deshalb für deutsche Mutterunternehmen ins Leere gehen, da die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses in § 290 HGB und § 11 PublG geregelt ist. Ist z. B. § 290 HGB aufgrund der Rechtsform für den betreffenden Rechtsträger nicht anwendbar, kann aus § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG keine Konzernzugehörigkeit hergeleitet werden. In diesem Fall ist die Qualifikation als Konzernspitze nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG zu beurteilen.51 ■ Hat ein Mutterunternehmen aufgrund der Befreiungsvorschrift keinen Konzernabschluss aufgestellt, müssen deren Tochterunternehmen noch identifiziert werden. Ein Rechnungslegungsstandard, den das Mutterunternehmen anwendet liegt noch nicht vor. U. E. ist in diesem Fall auf den Konsolidierungskreis nach dem Rechnungslegungsstandard abzustellen, den das Mutterunternehmen handelsrechtlich zu Grunde legen könnte und den es nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8ff EStG verwenden darf. Bei Tochterunternehmen inländischer Mutterunternehmen wird sowohl nach § 315a Abs. 3 HGB als auch nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff EStG ein Konzernabschluss nach HGB als auch nach IFRS möglich sein. Insoweit wird nach beiden Rechnungslegungsstandards geprüft werden müssen, ob das Tochterunternehmen in einen Konzernabschluss einbezogen werden könnte. ■ Das Mutterunternehmen, das einen Konzernabschluss aufstellt, kann ein Wahlrecht haben, ob ein Tochterunternehmen in diesen Konzernabschluss einbezogen wird. Ein derartiges Wahlrecht besteht z. B. nach § 296 HGB. Das Tochterunternehmen wird in diesem Fall nicht in einen Konzernabschluss einbezogen, könnte aber einbezogen werden, so dass es als konzernzugehörig nach § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG gilt. Es stellt sich die praktische Folgefrage, ob das Mutterunternehmen bei der Aufstellung des Konzernabschlusses im Sinne des § 4h Abs. 2 c) EStG diese Wahlmöglichkeiten in Anspruch nehmen kann oder, ob es allein aufgrund der steuerlichen Festlegung, dass ein Tochterunternehmen konzernzugehörig ist automatisch gezwungen ist das Tochterunternehmen vollständig zu konsolidieren, um den Eigenkapitalquotenvergleich zu führen. § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG beseitigt für steuerliche Zwecke die handelsrechtlich bestehende Wahlmöglichkeit eines Mutterunternehmens einen Konzernabschluss aufzustellen. Handelsrechtlich gegebene Wahlmöglichkeiten des Mutterunternehmens, ein Tochterunternehmen in den Konzernabschluss einzubeziehen oder nicht, bleiben weiterhin bestehen, da sie Teil des vom Mutterunternehmen angewandten Rechnungslegungsstandards sind, auf den § 4h Abs. 2 c) Satz 8 EStG verweist. § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG beseitigt lediglich die Abhängigkeit der Konzernzugehörigkeit eines Tochterunternehmens von der Ausübung handelsrechtlicher Einbeziehungswahlrechte. > Beispiel: Die A-GmbH ist an diversen in- und ausländischen Gesellschaften beteiligt. Sie ist nicht nach IFRS zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet und hat auch in den letzten fünf Jahren keinen IFRS-Konzernabschluss aufgestellt. Die A-GmbH ist u. a. an der B-GmbH beteiligt, deren Anteile allein für Zwecke der Weiterveräußerung gehalten werden. Die A-GmbH ist nach § 290 HGB zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet. Dieser Konzernabschluss der A-GmbH kann für Zwecke der Zinsschrankenregelung auch zu Grunde gelegt werden. Nach § 296 Abs. 1 Nr. 3 HGB braucht die BGmbH nicht in den Konzernabschluss der A-GmbH einbezogen zu werden. Sie könnte jedoch in den Konzernabschluss der A-GmbH einbezogen werden. Daher ist die B-GmbH für Zwecke der Zinsschranke nach § 4h Abs. 3 Satz 5 letzte Alternative EStG als konzernzugehörig zu betrachten. 51 Siehe dazu Rn 41 ff.
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Ausnahmen von der Zinsschranke
> Beispiel: Die B-Close Limited Liability Company („B-Company“) mit Sitz in Nepal ist ein Tochterunternehmen der A-AG. Die A-AG ist zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach § 290 HGB verpflichtet. Die A-AG stellt einen entsprechenden Konzernabschluss auf. Die für die Einbeziehung der B-Company erforderlichen Angaben sind nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten und Verzögerungen zu erhalten. Nach § 296 Abs. 1 Nr. 2 HGB verzichtet die A-AG auf die Einbeziehung der B-Company in den Konzernabschluss. Die B-Company ist konzernzugehörig. Muss die A-AG zur zutreffenden Bestimmung der Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses die B-Company mit einbeziehen oder kann sie auch in diesem Fall das Wahlrecht des § 296 HGB ausüben? Das Wahlrecht des § 296 HGB muss u. E. bei Aufstellung des für den Eigenkapitalquotenvergleich des § 4h Abs. 2 c) EStG relevanten Konzernabschlusses ausgeübt werden können. Im Sinne des § 4h Abs. 2 c) Satz 3 zweiter Halbsatz EStG umfasst auch dieser Konzernabschluss alle relevanten Betriebe, wenn eine Konsolidierung nach § 296 HGB unterblieben ist. ! Praxishinweis: Es sollten die Auswirkungen des Wahlrechts nach § 296 HGB auf die Eigenkapitalquote des Konzerns geprüft werden. Sofern sich dadurch eine Reduzierung der Eigenkapitalquote des Konzerns ergibt, kann sich in den Fällen des § 296 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 HGB eine Einbeziehung in den Konzernabschluss empfehlen.
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Einheitliche Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren Betrieben, § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG
Nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG gehört ein Betrieb auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann. In diesem Fall wird nicht auf den nach § 4h Abs. 2 c) S. 8 ff EStG anzuwendenden Rechnungslegungsstandard verwiesen.52 § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG soll nach der Gesetzesbegründung an die Definition eines Beherrschungsverhältnisses in IAS 27 anknüpfen.53 Eine explizite Verweisung auf IAS 27.4 enthält § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG nicht und auch die Definition der Beherrschung wird nur unvollständig aus IAS 27.4 übernommen. IAS 27.4 definiert rechtsformunabhängig den Begriff der Beherrschung. Darunter ist die Möglichkeit zu verstehen, die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens zu bestimmen, um aus dessen Tätigkeit Nutzen zu ziehen. Dieses zweite Tatbestandsmerkmal der Beherrschungsdefinition in IAS 27.4 der Nutzenziehung fehlt in § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG. Dieses Merkmal hat den Zweck, zu vermeiden, dass treuhänderisch gehaltene Anteile nicht dem Treugeber, sondern dem Treuhänder zuzurechnen sind.54 Für die abstrakte Bestimmung der Konzernzugehörigkeit ist diese Anlehnung an IAS 27 noch unproblematisch. Schwieriger ist die Frage, welcher Konsolidierungskreis einem im Sinne des § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff EStG richtigen Konzernabschluss zu Grunde liegen muss. Wird tatsächlich ein Konzernabschluss nach IFRS aufgestellt, ist der Konsolidierungskreis nach IAS 27 zu bestimmen und mit einem sich nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG ergebenden Konsolidierungskreis identisch, so dass sich keine Schwierigkeiten ergeben.
52 So auch Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636 f. und die Formulierung in der Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/4841, S. 50: „Daneben wird ein Konzern für Zwecke der Zinsschranke aber auch angenommen, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.“ 53 BT-Drs. 16/4841, S. 50; zur Redundanz dieser Formulierung siehe Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636 f. 54 Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Kommentar, § 32 Rn 9.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG Nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff EStG können andere Rechnungslegungsstandards statt IFRS angewandt werden. Diese Rechnungslegungsstandards können den relevanten Konsolidierungskreis anders definieren, als das bei IAS 27 der Fall ist. Als Beispiel diene die Bestimmung des Konsolidierungskreises nach HGB und nach IAS 27 (vereinfacht): Konsolidierungskreis nach HGB Konzept der einheitlichen Leitung nach § 290 Abs. 1 HGB Control-Konzept nach § 290 Abs. 2 HGB Mit Stimmrechtsmehrheit Formelle Stimmrechtsmehrheit ausreichend, unabhängig von tatsächlicher Beherrschung
Ohne Stimmrechtsmehrheit Benennungsrecht für Geschäftsleitungs- und Aufsichtsorgane des Tochterunternehmens
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Konsolidierungskreis nach IAS 27
Control-Konzept aufgrund der Möglichkeit der Beherrschung Mit Stimmrechtsmehrheit Materielle Stimmrechtsmehrheit in Abhängigkeit von der tatsächlichen Beherrschung Gegenbeweis möglich
Beherrschungsvertrag mit Tochtergesellschaft
Beherrschung aufgrund von Satzungsregelungen einer Tochtergesellschaft Keine faktische Beherrschung aufgrund von Präsenzmehrheit (aber in diesem Fall § 290 Abs. 1 HGB prüfen).
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Ohne Stimmrechtsmehrheit Benennungsrecht für Geschäftsleitungs- und Aufsichtsorgane des Tochterunternehmens Möglichkeit, die Mehrheit der Stimmen bei Sitzungen der Geschäftsleitungs- und Aufsichtsorgane des Tochterunternehmens zu bestimmen Beherrschung aufgrund von Vereinbarungen mit einer Tochtergesellschaft (einschließlich Beherrschungsvertrag) Beherrschung aufgrund von Satzungsregelungen einer Tochtergesellschaft Faktische Beherrschung (z. B. aufgrund Präsenzmehrheit in Hauptversammlung)
Betrachtet man die verschiedenen Konzernebenen, ergeben sich folgende Fallkonstellationen: ■ Ein Mutterunternehmen hat einen Konzernabschluss nach HGB aufgestellt. Das Mutterunternehmen ist an Unternehmen beteiligt, die nach HGB nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden dürfen. Nach IAS 27 hätte eine Einbeziehung des Tochterunternehmens in den Konzernabschluss zu erfolgen. Dieses Tochterunternehmen ist nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG konzernzugehörig. Muss das Mutterunternehmen den HGB-Konzernabschluss unter Verstoß 146
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gegen die Normen zur Bestimmung des Konsolidierungskreises nach HGB aufstellen?55 Wird die Wahlmöglichkeit nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff EStG beseitigt, einen HGB-Konzernabschluss dem Eigenkapitalquotenvergleich zu Grunde zu legen, weil der nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG i. V. m. IAS 27 ermittelte Konsolidierungskreis anders definiert wird? ■ Ein Rechtsträger ist handelsrechtlich nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet, d. h. die Aufstellung des Konzernabschlusses ist nicht nur fakultativ möglich (dann wäre § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG anwendbar), sondern es besteht von vornherein keinerlei Aufstellungspflicht. Die Aufstellungspflicht kann z. B. deshalb fehlen, weil der Rechtsträger aufgrund seiner Rechtsform nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist (z. B. Einzelunternehmer, Stiftung). Nach IAS 27 wäre dieser Rechtsträger als Konzernmutter anzusehen, so dass er im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG konzernzugehörig ist. Muss der Rechtsträger einen Konzernabschluss aufstellen? Hat er eine Wahlmöglichkeit nach welchem Rechnungslegungsstandard der Konzernabschluss aufgestellt wird oder ist er aufgrund des in § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG an IAS 27 angelehnten Konzernbegriffs zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses verpflichtet?56 Die Beantwortung dieser Fragen bereitet einige Mühe. Wie bereits festgestellt, soll der Konsolidierungskreis des Konzernabschlusses, der dem Eigenkapitalquotenvergleich nach § 4h Abs. 2 c) Satz 8 ff EStG zu Grund liegt, mit dem Kreis der nach § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG als konzernzugehörig definierten Unternehmen identisch sein.57 Ein nach diesen Regelungen bestimmter Konsolidierungskreis würde allerdings nicht mehr dem Rechnungslegungsstandard entsprechen, auf dessen Grundlage der Konzernabschluss aufgestellt wurde. Nach § 4h Abs. 2 c) Satz 9 EStG muss ein Konzernabschluss den Anforderungen an die handelsrechtliche Konzernrechnungslegung genügen oder die Voraussetzungen erfüllen, unter denen ein Abschluss nach den §§ 291, 292 HGB befreiende Wirkung hätte. Kann daher der Konzernabschluss noch nach HGB aufgestellt werden, wenn ihm ein Konsolidierungskreis zu Grunde liegt, der IAS 27 entspricht, jedoch weiter ist als der nach § 290 HGB bestimmte Konsolidierungskreis? U. E. wird die Wahlmöglichkeit, einen Konzernabschluss nach HGB und nicht nach IFRS dem Eigenkapitalquotenvergleich zu Grunde zu legen, nicht beseitigt. Auch dem Erfordernis eines berücksichtigungsfähigen Konzernabschlusses ist Genüge getan, da die Einbeziehung der weiteren Tochterunternehmen auf der speziellen steuerrechtlichen Vorschrift des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG beruht.
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! Praxishinweis: Im Regelfall entsprechen sich der Konsolidierungskreis nach HGB und der Konsolidierungskreis nach IFRS, so dass diese schwierige Abgrenzungsfrage wenig praktische Relevanz entfalten wird. In den seltenen praktischen Fällen, bei denen es zu einem Auseinanderfallen von handels- und steuerrechtlichen Konsolidierungskreis kommt, läuft diese Ansicht darauf hinaus, dass der handelsrechtliche Konzernabschluss, der zu prüfen und offenzulegen ist, in einen Konzernabschluss für steuerrechtliche Zwecke des § 4h EStG übergeleitet wird, der den weiteren steuerrechtlichen Konsolidierungskreis umfasst58.
e)
Natürliche Personen als Konzernspitze
Für Einzelunternehmer gibt es handelsrechtlich keine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses. Erst wenn die in § 11 PublG genannten Größenmerkmale überschritten werden, besteht für einen Einzelunternehmer eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzern55 56 57 58
Kritisch: Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 637. Zweifelnd: Dörfler/Vogl. BB 2007, 1084, 1085. Siehe oben Rn 34. Zu den sich daraus ergebenden praktischen Schwierigkeiten: Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 640.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG abschlusses.59 Da dem Grunde nach keine Konzernabschlusspflicht besteht, kann sich für den Einzelunternehmer eine Konzernzugehörigkeit ausschließlich nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG ergeben. § 11 PublG ist keine Befreiungsvorschrift, so dass § 4h Abs. 5 2. Alternative EStG – anders als bei den Fällen des § 293 HGB – nicht anwendbar ist. > Beispiel: Die A-GmbH ist an der B-GmbH und der C-GmbH beteiligt. A-GmbH stellt einen Konzernabschluss unter Einbeziehung der B-GmbH und der C-GmbH auf. An der A-GmbH ist die natürliche Person A zu 100 % beteiligt. A hält zwei weitere GmbHBeteiligungen zu jeweils 100 %. Die Frage nach der Konzernzugehörigkeit erweitert sich um die Frage, ob die weiteren von A gehaltenen Beteiligungen in den Konzernabschluss einzubeziehen sind. Unterstellt, dass die Größenmerkmale des § 11 PublG nicht überschritten werden, besteht weder nach § 290 HGB noch nach § 11 PublG eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses für A. Für die A-GmbH besteht hingegen nach § 290 HGB eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, so dass sowohl die A-GmbH, als auch deren Tochterunternehmen B-GmbH und C-GmbH konzernzugehörig sind. Nicht entschieden ist damit die Folgefrage, ob der von der A-GmbH in ihrem Konzernabschluss zu Grunde gelegte Konsolidierungskreis für Zwecke des § 4h Abs. 2 c) EStG relevant ist oder, ob A als oberste Konzernspitze anzusehen ist. Das ist nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG zu beurteilen.
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Sowohl § 11 PublG, § 290 HGB als auch IAS 27 beziehen sich darauf, dass ein Mutterunternehmen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist.60 Ein Einzelunternehmer kann Mutterunternehmen sein, da er im Sinne dieser Vorschriften Unternehmer ist. In diesem Sinne ist die Gesetzesbegründung zu verstehen, dass der Betrieb eines Einzelunternehmers, der neben seinem Einzelunternehmen eine (konzernrelevante) Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält, konzernzugehörig ist. Gleiches gilt für den Betrieb der Kapitalgesellschaft. Kann eine natürliche Person, die lediglich Anteile an Kapitalgesellschaften in ihrem Privatvermögen hält, Konzernspitze sein? Wie verhält es sich mit einer natürlichen Person, die nicht nur Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sondern Anteile an einer Mitunternehmerschaft hält?61 Für eine Privatperson soll die Unternehmenseigenschaft gegeben sein, wenn die Privatperson nicht lediglich vermögensverwaltend, sondern einheitlich leitend tätig ist.62 Nach der Gesetzesbegründung zu § 4h Abs. 3 EStG soll eine natürliche Person, die an mehr als einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist und diese beherrscht, Konzernspitze63 sein. Eine weitere Differenzierung erfolgt nicht. U. E. ist diese Frage anhand des steuerlichen Konzernbegriffs zu klären. Dieser knüpft in § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG daran an, dass ein Betrieb zu einem Konzern gehört, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann. Eine natürliche Person kann folglich nur dann konzernzugehörig sein, wenn sie über einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG verfügt. Werden die Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen gehalten, gibt es keinen Betrieb der natürlichen Person, der im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG konsolidierungsfähig wäre. Eine Konzernzugehörigkeit der Gesellschaften, an denen die natürliche Person beteiligt ist, könnte sich aus dem Gesichtspunkt des Gleichordnungskonzerns ergeben.64 Nach IAS 27 gibt es 59 Am Tag des Ablaufs eines Geschäftsjahres und für die zwei darauf folgenden Abschlussstichtage jeweils zwei von drei der Größenmerkmale: Bilanzsumme: € 65 Mio., Umsatzerlöse: € 130 Mio., durchschnittlich mehr als fünftausend Arbeitnehmer. 60 Dörfler/Vogl, BB 2007, 1084, 1085; Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 137 f. 61 Siehe dazu nachfolgend g) bzgl. GmbH & Co. KG. 62 WP-Handbuch Bd. I (2006), Rn O 9 zum Streitstand und Rn T 46 zur Diskussion im Zusammenhang mit dem aktienrechtlichen Unternehmensbegriff. 63 BT-Drs. 16/4841, S. 50. 64 So wohl Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 637.
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Ausnahmen von der Zinsschranke
keinen Gleichordnungskonzern,65 so dass aus § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG die Konzernzugehörigkeit der betreffenden Gesellschaften nicht abgeleitet werden kann. Ob ein Gleichordnungskonzern nach § 290 HGB konzernrechnungslegungspflichtig wäre, ist umstritten.66 Eine derartige Konzernrechnungslegungspflicht wird teilweise bejaht, wenn eine Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland ein anderes Unternehmen einheitlich leitet, ohne dass diese von ihr abhängig ist. Es muss eine Leitungsgesellschaft existierten, die ihrerseits aufgrund ihrer Rechtsform, Größe usw. konzernrechnungslegungspflichtig sein kann.67 In diesem Fall würde sich aus § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG eine Konzernzugehörigkeit der Schwesterkapitalgesellschaften ergeben, da § 290 HGB eine Konzerrechnungslegungspflicht für die Kapitalgesellschaft begründet, die die Leitungsmacht ausübt. Geht die Leitungsmacht von der darüber stehenden natürlichen Person aus, wird es in der Regel nicht möglich sein, die Leitungsmacht einer der beiden beteiligten Schwestergesellschaften zuzuordnen, so dass sich aus dem Gesichtspunkt eines Gleichordnungskonzerns keine Konzernzugehörigkeit herleiten lässt.68 Keine Konzernzugehörigkeit soll nach der Gesetzesbegründung vorliegen, wenn sich die Gewerblichkeit eines Besitzunternehmens allein aufgrund einer Betriebsaufspaltung ergibt, weil das Besitz- und das Betriebsunternehmen personell und sachlich miteinander verflochten sind.69
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> Beispiel: Der A ist Eigentümer eines Grundstücks. Das Grundstück vermietet A als einziges Betriebsgrundstück an die von ihm zu 100 % beherrschte A-GmbH. Zwischen A und der A-GmbH besteht eine Betriebsaufspaltung. Die Einkünfte des A aus der Vermietung der Immobilie sind gewerbliche Einkünfte. Damit liegt ein Betrieb des Einzelbesitzunternehmens des A und der Betrieb der A-GmbH vor, so dass nach dem Wortlaut des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG gerade in diesem Fall die Konzernzugehörigkeit der A-GmbH gegeben ist, da A die Finanz- und Geschäftspolitik sowohl des Besitz- als auch des Betriebsunternehmens miteinander abstimmen kann und wird. Die Gesetzesbegründung ist wohl dahingehend zu verstehen, dass Besitz- und Betriebsunternehmen bei einer Betriebsaufspaltung nur einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG bilden können und deshalb keine Konzernzugehörigkeit der beiden Unternehmen besteht. Allerdings könnte dann auch die Freigrenze von € 1 Mio. für das Besitz- und Betriebsunternehmen insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden. Das kann relevant werden, wenn z. B. das Betriebsunternehmen weitere Beteiligungen hält, sich aufgrund dessen die Konzernzugehörigkeit ergibt und bei Überschreiten der Eigenkapitalquote die Escape-Klausel nicht anwendbar ist.
f)
GmbH & Co. KG
Bei einer GmbH & Co. KG stellen sich bezüglich der Konzernzugehörigkeit und der Anwendung der Zinsschranke folgende Fragen: ■ Für die GmbH & Co. KG ist § 8a KStG anwendbar, da die GmbH & Co. KG einer GmbH (Komplementärin) nachgeordnet ist (siehe zu § 8a KStG, Rn 121 ff, 136). ■ Die Komplementär-GmbH kann einen Konzern mit der GmbH & Co. KG als Tochterunternehmen bilden, so dass jede GmbH & Co. KG konzernzugehörig wäre. ■ Auch für den (Mehrheits-)Gesellschafter einer GmbH & Co. KG kann sich die Frage ergeben, ob er Konzernspitze ist, wenn er sowohl die Beteiligung an der GmbH & Co. KG als auch die Anteile an der Komplementär-GmbH hält. 65 66 67 68 69
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Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Kommentar § 32 Rn 84. Hoyos/Ritter-Thiele, in: Beckscher Bilanzkommentar, § 290 Rn 26; WP-Handbuch I (2006), Rn M 77 ff. WP-Handbuch I (2006), Rn M 78. Vgl. auch Blumenberg/Lechner in: Blumenberg/Benz, S. 138. BT-Drs. 16/4841, S. 50.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG 48
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Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass eine Komplementär-GmbH nach § 290 HGB Konzernmutter sein kann. Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses kann sich nach § 290 Abs. 1 HGB und § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB ergeben. § 290 Abs. 1 HGB setzt voraus, dass die Komplementär-GmbH neben einem Beteiligungsverhältnis die einheitliche Leitung gegenüber der GmbH & Co. KG ausübt. Ein Beteiligungsverhältnis soll bei der KomplementärGmbH gegenüber der GmbH & Co. KG unabhängig von der Beteiligungsquote bestehen70. Ob die Komplementär-GmbH eine einheitliche Leitung ausübt, wird anhand der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung der Geschäftsführungsbefugnisse der GmbH beantwortet. Ist diese z. B. aufgrund entsprechender Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung lediglich ein „weisungsabhängiges Organ“ kann eine einheitliche Leitung der GmbH & Co. KG durch die KomplementärGmbH nicht bejaht werden.71 Nach § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB kann die GmbH Mutterunternehmen sein, wenn ihr die Befugnis zusteht, die Leitungsorgane zu bestellen. Da die GmbH ihrerseits als Komplementärin der GmbH & Co. KG das entscheidende Vertretungsorgan ist, soll diese gesetzliche Organstellung sogar stärker sein als nur die Befugnis Leitungsorgane zu bestellen.72 Besteht bereits nach § 290 HGB eine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses für die GmbH, sind die Komplementär-GmbH und die GmbH & Co. KG nach § 4h Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG konzernzugehörig. U. E. wird sich die Konzernzugehörigkeit einer GmbH & Co. KG im Regelfall bereits nach § 264b Nr. 1 HGB ergeben. Wenn die GmbH & Co. KG mit befreiender Wirkung in einen Konzernabschluss der persönlich haftenden Gesellschafterin einbezogen werden kann, ist u. E. die Voraussetzung des § 4 Abs. 3 Satz 5 zweite Alternative EStG erfüllt. Zur Interpretation von IAS 27 wird in Anlehnung an die entsprechende Interpretation der USGAAP vertreten, dass eine Vermutung dafür bestehe, die Komplementär-GmbH als Konzernmutter zu behandeln, die widerlegt werde,73 ■ wenn entweder die Mehrheit der Gesellschafter eine Liquidation der Gesellschaft, eine Kündigung oder den Ausschluss der Komplementärin ohne Vorliegen besonderer Gründe verlangen können oder ■ wenn die Kommanditisten substanzielle Mitwirkungsrechte im laufenden Geschäft haben (Auswahl, Vergütung der Geschäftsführung, Zustimmungspflichten zu operativen, investiven und finanziell bedeutsamen Geschäften). Ausreichend sind Zustimmungspflichten, die sich auf die von der Komplementärin vorzulegende Wirtschafts- und Finanzpläne bezieht. Ergäbe sich die Konzernzugehörigkeit nicht bereits aus § 290 HGB, wäre nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG entsprechend den Auslegungen von IAS 27 i. V. m. § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG die Konzernzugehörigkeit der Komplementär-GmbH und der GmbH & Co. KG zu beurteilen. ! Praxishinweis: Die Konzernzugehörigkeit der Komplementär-GmbH und der GmbH & Co. KG wird regelmäßig zu bejahen sein. Die Zinsschranke ist bei Überschreiten der Freigrenze von € 1 Mio. anzuwenden, wenn der Eigenkapitalquotentest nicht gelingt. Für den Regelfall wird die Konzernzugehörigkeit von Komplementär-GmbH und GmbH & Co. KG keine Probleme aufweisen, gleichwohl sollte dieses Thema nicht unterschätzt werden. Das Eigenkapital in der Konzernbilanz wird sich regelmäßig aus dem Eigenkapital der GmbH zuzüglich dem Kommanditkapital der GmbH & Co. KG zusammensetzen. Das Kommanditkapital wird als Anteile anderer Gesellschafter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 HGB im Konzerneigenkapital ausgewiesen74. Das Konzerneigenkapital 70 Adler/Düring/Schmaltz, § 290 Rn 122 m.w.N. 71 Hoyos/Ritter-Thiele, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 290 Rn 30; Adler/Düring/Schmaltz, § 290 Rn 119. 72 Hoyos/Ritter-Thiele, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 290 Rn 57; Adler/Düring/Schmaltz, § 290 Rn 123; a.A. Herrmann, WPg 2001, 271, 280. 73 Vgl. dazu Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Kommentar, § 32 Rn 41. 74 Förschle/Deubert, in: Beck‘scher Bilanzkommentar, § 264b, Rn. 36.
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C
Ausnahmen von der Zinsschranke
wird höher sein als das Eigenkapital der GmbH & Co. KG. Sofern die Differenz auf der Stammkapitalziffer der KomplementärGmbH von € 25.000,00 beruht, werden sich im Regelfall Abweichungen innerhalb der Toleranzgrenze von 1 % ergeben. Verfügt die Komplementär-GmbH z. B. über Gewinnrücklagen oder ein höheres Stammkapital können die Eigenkapitalquoten zwischen Einzel- und Konzernabschluss um mehr als 1 % voneinander abweichen. Verfügt z. B. die GmbH & Co. KG über ein Kommanditkapital von € 5 Mio. und eine Eigenkapitalquote von 50 % würde ein Eigenkapital der Komplementär-GmbH von € 1.200.000,00 dazu führen, dass die Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses um mehr als 1 % höher ist als das Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses. Dieses Ergebnis entspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 4h EStG. Der Betrieb im Sinne des § 4h EStG, den die Komplementär-GmbH hält, ist Teil des Betriebs der GmbH & Co. KG. Üblicherweise hat die Komplementär-GmbH keine eigenen wirtschaftlichen Interessen außer der Führung der Geschäfte der GmbH & Co. KG. Der Einzelabschluss der GmbH & Co. KG sollte deshalb von vornherein für Zwecke des § 4h EStG einer konsolidierten Betrachtung aus GmbH und GmbH & Co. KG entsprechen, als ob das Vermögen der Komplementärin dem Betrieb der GmbH & Co. KG zuzuordnen ist. Schwierigkeiten bereiten außerdem die Fallkonstellationen, bei denen die Komplementärin ihrerseits konzernzugehörig ist und das Mutterunternehmen der Komplementär-GmbH die GmbH & Co. KG insgesamt in ihren Konzernabschluss einbeziehen muss, obwohl keine oder nur eine geringe Beteiligung an der GmbH & Co. KG besteht. In diesen Fällen könnte darüber nachgedacht werden, die GmbH-Anteile in die Personengesellschaft einzubringen, so dass die GmbH & Co. KG eine Einheitsgesellschaft darstellt75. Andererseits kann die Konzernzugehörigkeit ein Vorteil sein, wenn die Vorschrift des § 8a KStG in die Betrachtung einbezogen wird,76 wie folgendes Beispiel zeigt: An der A-GmbH & Co. KG ist A als alleiniger Kommanditist beteiligt. A hält zugleich sämtliche Anteile an der Komplementär GmbH. Die B-Bank hat der A-GmbH & Co. KG ein Darlehen gegeben. Der Nettozinsaufwand ist größer als € 1 Mio. Aufgrund der persönlichen Haftung der Komplementär-GmbH kann die B-Bank auf die Komplementärin zurückgreifen. Nach § 8a KStG könnte die Bank daher rückgriffsberechtigter Dritter sein77. Die GmbH & Co. KG ist eine einer Körperschaft nachgeordnete Personengesellschaft, da die Komplementär-GmbH an der GmbH & Co. KG beteiligt ist. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es nicht auf eine bestimmte Beteiligungsquote an, so dass für die Personengesellschaft § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG anwendbar ist, § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG. Die Komplementär-GmbH ist eine dem Gesellschafter der A-GmbH & Co. KG nahe stehende Person, bei der die B-Bank ein Rückgriffsrecht hätte. Ist die Komplementär-GmbH Konzermutter der GmbH & Co. KG, besteht dieses Rückgriffsrecht nicht gegenüber einem Konzernfremden, § 8a Abs. 3 Satz 2 KStG. Diese Rückgriffsberechtigung wäre daher keine schädliche Fremdfinanzierung im Sinne des § 8a Abs. 3 KStG. Ist die Komplementär-GmbH nicht als Konzernmutter anzusehen, wäre § 8a Abs. 2 KStG anwendbar. Die GmbH & Co. KG wäre nicht konzernzugehörig, könnte aber die sachliche Befreiung des § 4h Abs. 2 b) EStG nicht in Anspruch nehmen, da die Haftung der Komplementär-GmbH dazu führt, dass die Bank für eine Verbindlichkeit der GmbH & Co. KG auf eine dem Gesellschafter der GmbH & Co. KG nahe stehende Person zurückgreifen kann. Sofern die GmbH & Co. KG ihrerseits Mutterunternehmen ist, kann die Aufstellung eines Konzernabschlusses durch die Komplementär-GmbH sogar dazu führen, dass in deren Konzernabschluss ein niedrigeres Konzerneigenkapital und eine niedrigere Konzernbilanzsumme auszuweisen sind, als bei der GmbH & Co. KG. Grund hierfür ist, das nach h. M. stille Reserven nicht auszuweisen sind, soweit sie auf Anteile anderer Gesellschafter (d. h. Kommanditisten) entfallen.78 Die Konzerneigenkapitalquote kann infolge dessen auf Ebene der Komplementär-GmbH kleiner sein als auf Ebene der GmbH & Co. KG.79
75 Förschle/Deubert, in: Beck‘scher Bilanzkommentar, § 264b HGB, Rn. 27 zur Einheitsgesellschaft. 76 Siehe Rn 136 zur Anwendung des § 8a KStG bei nachgeschalteten Personengesellschaften. 77 A. A. Blumberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 149 f, der bei einer gesellschaftsrechtlichen Haftung nicht von einer relevanten Rückgriffsberechtigung ausgehen will. Für diese Ansicht spricht, dass sich die Auswirkungen einer derartigen Rückgriffsberechtigung im Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft ergeben und deshalb die Rückgriffsberechtigung nur innerhalb des Betriebs der Personengesellschaft besteht; siehe Rn 140 zur Qualifikation des Rückgriffrechts als irrelevant i.S.d. § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG. 78 Zum Streitstand: Förschle/Hoffmann, in: Beck‘scher Bilanzkommentar, § 307 HGB, Rn 35 ff. 79 Vgl. das Beispiel bei Herrmann, WPg 2001, 271, 280.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG 50
Für den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG kann sich die Frage ergeben, ob er als Gesellschafter der Komplementär-GmbH und als Kommanditist der GmbH & Co. KG Konzernspitze im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG sein kann80. Hat der Gesellschafter nur diese beiden Beteiligungen und keinen eigenen Betrieb im Sinne des § 4h EStG, muss das verneint werden. Der Gesellschafter erzielt zwar aus der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG, so dass für ihn § 4h EStG anwendbar wäre, die Mitunternehmerschaft hat aber einen eigenen Betrieb. Die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft ist kein eigener Betrieb des Mitunternehmers im Sinne des § 4h Abs. 1 EStG. Die Beteiligung an der KomplementärGmbH stellt Sonderbetriebsvermögen bei der Mitunternehmerschaft dar. Damit zählt diese Beteiligung zum Betrieb der Mitunternehmerschaft. Allein aus dem Umstand, dass eine natürliche Person an einer Mitunternehmerschaft und an der Komplementär-GmbH beteiligt ist, wird für die natürliche Person kein Betrieb im Sinne des § 4h EStG begründet. Soweit die natürliche Person keinen eigenen Betrieb hat, kann sich keine Konzernzugehörigkeit zwischen natürlicher Person, Komplementär-GmbH und Personengesellschaft ergeben. > Beispiel: Das Unternehmen des A befindet sich in Familienbesitz. A ist alleiniger Kommanditist der Unternehmensholding, der AGmbH & Co. KG. Er hält zudem sämtliche Anteile an der Komplementär-GmbH. Bezüglich der Geschäftsführungsbefugnis der Komplementär-GmbH gibt es keine gesellschaftsvertraglichen Einschränkungen. Die Komplementär-GmbH wäre in diesem Fall Konzernspitze nach § 290 Abs. 1 HGB und begründet die Konzernzugehörigkeit der Komplementärin wie auch der GmbH & Co. KG und deren Tochtergesellschaften. A ist hingegen nicht als Konzernspitze anzusehen. Bei ihm besteht kein eigener Betrieb, der mit anderen Betrieben nach § 4h Abs. 3 Satz 5 oder Satz 6 EStG konsolidiert werden könnte. „Oberster Betrieb“ des Konzerns ist der Betrieb der GmbH & Co. KG, der das Sonderbetriebsvermögen der GmbH & Co. KG und damit die von A an der Komplementär-GmbH gehaltenen Anteile umfasst.
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g) 51
Besonderheiten bei Körperschaften des öffentlichen Rechts
Eine weitere Besonderheit ergibt sich für Körperschaften öffentlichen Rechts. Während nach gesellschaftsrechtlicher Sichtweise Körperschaften des öffentlichen Rechts Konzernträger sein können,81 sollen Körperschaften öffentlichen Rechts nicht befähigt sein, einen handelsrechtlichen Konzernabschluss aufzustellen.82 In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die von Körperschaften des öffentlichen Rechts gehaltenen Beteiligungsgesellschaften oder Betriebe gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG konzernzugehörig nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG sind. > Beispiel: Die Gemeinde X betreibt ein Schwimmbad und eine Stadthalle. Daneben ist sie zu 100 % an einer GmbH beteiligt, die den öffentlichen Nahverkehr betreibt. Es besteht eine Beteiligung an einer Holding-GmbH, die wiederum weitere Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften hält, die städtische Immobilien halten und verwalten. Zugleich ist die Gemeinde Alleingesellschafterin der Stadtwerke AG. Es stellt sich die Frage, ob aus Sicht des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG die Betriebe gewerblicher Art und die tochtergesellschaften der Gemeinde X einen Konzern bilden.
80 Vgl. Förschle/Deubert, in: Beck‘scher Bilanzkommentar, § 264b HGB, Rn. 29f., die bei fehlendem wirtschaftlichen Eigeninteresse der Komplementär-GmbH deren Rechte an der GmbH & Co. KG nach § 290 Abs. 3 Satz 2 HGB dem Kommanditisten zurechnen wollen, sofern er Unternehmer ist. 81 BGH, Urteil vom 13.10.1977, BGHZ 69, 334; BGH, Urteil vom 17.03.1997, BGHZ 135, 107. 82 Adler/Düring/Schmaltz, § 11 PublG Rn 10; WP-Handbuch I (2006), Rn O 9.
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Nach den Aussagen des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags sollen die Körperschaften des öffentlichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher Art und ihren Beteiligungen keinen Konzern bilden.83 Das läuft darauf hinaus, dass den Körperschaften des öffentlichen Rechts die „Konzernrechtsfähigkeit“ generell abgesprochen wird. Das ist im Ergebnis sicherlich wünschenswert, wenn auch nicht ohne weiteres dem Gesetz zu entnehmen. Fehlt es an der „Konzernrechtsfähigkeit“ der Körperschaften des öffentlichen Rechts, so ist es zumindest ausgeschlossen, dass Tochtergesellschaften mit anderen Betrieben nach handelsrechtlichen Regelungen konsolidiert werden könnten. Gleichwohl erscheint denkbar, das die Finanz- und Geschäftspolitik der Beteiligungsgesellschaften einheitlich, nämlich von der Körperschaft des öffentlichen Rechts, bestimmt werden kann, so dass nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG die Konzernzugehörigkeit zu bejahen wäre. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG einschränkend auszulegen. Insoweit wäre eine Regelung im Gesetz aus Gründen der Rechtssicherheit vorteilhafter gewesen.
h)
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Ausnahmen von der Zinsschranke 52
Zweckgesellschaften
Unterschiede zwischen der Bestimmung des Konsolidierungskreises nach HGB und IFRS können sich für sog. Zweckgesellschaften („Special Purpose Vehicle“ –SPV-) ergeben.84 Dabei handelt es sich um Unternehmen mit einem engen und genau definierten Ziel ihrer Unternehmenstätigkeit. Derartige Zweckgesellschaften finden sich in der Praxis z. B. als Leasingobjektgesellschaften und als Verbriefungsgesellschaften (ABS-Gesellschaften), bei denen der Erwerb bestimmter Wirtschaftsgüter (z. B. Forderungen) durch eine Verbriefung finanziert wird. Zweckgesellschaften werden im alleinigen Interesse des betreffenden Initiators installiert, der regelmäßig nicht die Stimmrechtsmehrheit an der betreffenden Gesellschaft hält.
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> Beispiel: Die A-GmbH ist die Muttergesellschaft eines Konzerns. Sie ist nicht zur Aufstellung eines IFRS-Abschlusses verpflichtet und hat auch in den vergangenen fünf Jahren keinen IFRS-Abschluss aufgestellt. Die A-GmbH verkauft ihre Betriebsimmobilie an eine GmbH & Co. KG und least diese Immobilie wieder zurück („sale and lease back“). Die Regelungen des Leasingvertrages sind so ausgestaltet, dass die GmbH & Co. KG wirtschaftlicher Eigentümer der Immobilie ist. Die gesellschaftsrechtliche Struktur der GmbH & Co. KG ist so ausgestaltet, dass die Komplementär GmbH über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, jedoch durch die finanzierende Bank (oder einer Tochtergesellschaft) gehalten wird, während die Kommanditanteile von der A-GmbH gehalten werden, die allein am Vermögen der GmbH & Co. KG wirtschaftlich beteiligt ist und z. B. aufgrund entsprechender Bürgschaften das alleinige Risiko der Immobilie trägt. Während nach § 290 HGB eine Einbeziehung der GmbH & Co. KG in den HGB-Konzernabschluss möglicherweise nicht zu erfolgen hat,85 hat ggf. nach SIC-12 eine Einbeziehung der Zweckgesellschaft in den Konsolidierungskreis nach IAS 27 zu erfolgen. Die Konzernzugehörigkeit der Zweckgesellschaft ergäbe sich aus § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG, der unabhängig von dem für die A-GmbH maßgebenden Rechnungslegungsstandard den Konsolidierungskreis für Zwecke des § 4h EStG erweitert. Nach der Gesetzesbegründung sollen Verbriefungszweckgesellschaften im Rahmen von ABSKonstruktionen nicht konzernzugehörig sein. Das soll sogar gelten, wenn eine Einbeziehung in einen Konzernabschluss (z. B. in den maßgebenden IFRS-Abschluss) aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der Nutzen- und Risikoverteilung erfolgte. In83 BT-Drs. 16/5491, S. 11. 84 Zu dieser Thematik vgl. Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 637; Dörfler/Vogl, BB 2007, 1084, 1086. 85 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 637; nach Beck’schem Bilanzkommentar, § 290 Rn 31, 77, erfolgt aber eine Stimmrechtszurechnung bei fehlendem wirtschaftlichen Gesellschaftereigeninteresse der Bank unabhängig von deren gesellschaftsrechtlicher Stimmrechtsmacht, so dass sich IFRS und HGB insoweit annähern.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
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8
wieweit sich diese Ansicht aus dem Gesetz begründen lässt, ist nicht ersichtlich. Wenn die Einbeziehung einer Zweckgesellschaft in einen Konzernabschluss tatsächlich erfolgte, ergibt sich deren Konzernzugehörigkeit nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut aus § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG. Darüber hinaus bestimmt sich die Frage der Konzernzugehörigkeit wie auch die Abgrenzung des maßgeblichen Konsolidierungskreises nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG. Diese Vorschrift kann indes den Konsolidierungskreis nur erweitern, nicht jedoch einschränken. Sofern für die Auslegung von § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG die Beherrschungsdefinition von IAS 27 und deren Auslegungshilfe in SIC 12 heranzuziehen ist, wird sich die Konzernzugehörigkeit einer Zweckgesellschaft nach SIC 12 bestimmen. Zweckgesellschaften wären nach dem Gesetzeswortlaut als konzernzugehörig anzusehen und in den maßgeblichen Konzernabschluss einzubeziehen, wenn sich nach IAS 27 i. V. m. SIC 12 eine derartige Einbeziehungspflicht ergibt. Eine Ausnahme für die Praxis kann sich folglich nur durch einschränkende Auslegung ergeben, für die die Gesetzesbegründung einen Anhaltspunkt nur in Bezug auf verbriefungsgesellschaften bietet.86 Ebenso wenig ist ersichtlich, warum nach der Art der Zweckgesellschaft zu unterscheiden ist und Leasingzweckgesellschaften anders zu behandeln sein sollen als Verbriefungsgesellschaften.87
3. 56
Sachliche Ausnahme I: Konzernzugehörigkeit und teilweise Konzernzugehörigkeit
Für die Anwendung der Escape-Klausel wird danach unterschieden, ob der Betrieb ganz oder teilweise nicht zu einem Konzern gehört. Danach kann jeder Betrieb (bzw. der Unternehmensrechtsträger, dem der Betrieb zugerechnet wird) nur durch einen einzelnen unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafter beherrscht werden.88 Assoziierte Unternehmen (§ 311 HGB und IAS 28) sind keine Konzernunternehmen und bereits deshalb nicht konzernzugehörig.89 Als teilweise konzernzugehörig sind Gemeinschaftsunternehmen nach § 310 HGB bzw. IAS 31 anzusehen. Gemeinschaftsunternehmen ist ein Unternehmen, das der Führung von zwei Unternehmen gemeinsam unterworfen ist, die ihrerseits voneinander unabhängig sind. Für derartige Unternehmen besteht ein Wahlrecht. Sie können im Wege der Quotenkonsolidierungsmethode oder der Equity-Methode in den Konzernabschluss einbezogen werden (§ 310 HGB bzw. IAS 31),90 so dass sie insoweit teilweise konzernzugehörig sind. Infolgedessen gilt für diese Unternehmen die Zinsschranke nicht, da auch bei nur teilweiser Konzernzugehörigkeit eines Betriebs nach § 4h Abs. 2b) EStG unabhängig von dessen Eigenkapitalquote die Zinsschranke keine Anwendung findet.91
86 87 88 89 90 91
154
Kritisch dazu auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 142. Kritisch auch Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 637. BT-Drs. 14/4841, S. 50. Winkeljohann/Böcker, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 311 Rn 5; WP-Handbuch I (2006), Rn T 469. Vgl. Winkeljohann/Böcker, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 310 Rn 8. BT-Drs. 14/4841, S. 50; Grotherr, IWB Gruppe 3 Fach 3, 1489, 1500, der die Ansicht vertritt, das Vermögen eines Gemeinschaftsunternehmens sei aus dem Konzernabschluss herauszurechnen.
C
4.
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
Sachliche Ausnahme II: Vergleich der Eigenkapitalquoten bei Konzernzugehörigkeit (Escape-Klausel)
Wird ein Betrieb als konzernzugehörig qualifiziert, hängt die Anwendung der Zinsschranke von dessen Eigenkapitalquote ab. Nach § 4c Abs. 2c) Satz 1 EStG muss die Eigenkapitalquote des Betriebs gleich hoch sein wie die Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses. Unschädlich ist, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs bis zu 1 % niedriger ist als die Konzerneigenkapitalquote. Die Eigenkapitalquote ist eine Kennzahl, die sich aus der Bilanz ableiten lässt, indem das bilanzielle Eigenkapital ins Verhältnis gesetzt wird zur Bilanzsumme (§ 4h Abs. 2 c) Satz 3 EStG). Maßgebend sind die Konzernbilanz und der handelsrechtliche Einzelabschluss, nicht hingegen die Steuerbilanz für den jeweiligen Betrieb. Gleichwohl erfolgen für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs nach § 4h Abs. 2 c) EStG Korrekturen bei den beiden zueinander ins Verhältnis zu setzenden Größen „Eigenkapital“ und „Bilanzsumme“. Der Einzelabschluss ist für Zwecke der Ermittlung der Eigenkapitalquote nach dem Regelungswerk aufzustellen, nach dem der zu Grunde gelegte Konzernabschluss aufgestellt wurde. Richtet sich der Konzernabschluss nach IFRS, dann richtet sich auch der Einzelabschluss nach IFRS. Richtet sich der Konzernabschluss nach US-GAAP, dann ist auch der Einzelabschluss nach USGAAP aufzustellen. Sofern ein Einzelabschluss nach einem anderen Rechnungslegungsstandard vorliegt, reicht es aus, wenn eine Überleitungsrechnung nach dem für den Konzernabschluss geltenden Rechnungsstandard erfolgt. Wahlrechte sind in dem zu vergleichenden Einzel- und Konzernabschluss einheitlich auszuüben. Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen. Eine prüferische Durchsicht ist keine Abschlussprüfung, sondern eine kritische Würdigung eines Abschlusses auf der Grundlage einer Plausibilitätsbeurteilung.92 Eine Prüfung durch einen Abschlussprüfer im Sinne des § 319 HGB kann aber von der Finanzbehörde verlangt werden. Für eine derartige Prüfung gelten insbesondere auch die Ausschlussgründe des § 319 Abs. 2 bis Abs. 3 HGB. Nicht dem Gesetz zu entnehmen ist, wer den Abschlussprüfer auswählt, bestellt und dessen Vergütung zu tragen hat. Zutreffend ist, dass der Steuerpflichtige in der Auswahl des Abschlussprüfers frei ist und dass die Bestellung und die Vergütung durch den Steuerpflichtigen erfolgt. Das Verlangen nach einer Abschlussprüfung der Überleitungsrechnung ist eine Ermessensentscheidung seitens der Finanzverwaltung. Ermessen kann nicht willkürlich ausgeübt werden. Insbesondere die für den Steuerpflichtigen mit einer derartigen Prüfung verbundenen Kosten sollten bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden. Nach § 4h Abs. 2 c) Satz 4 letzter Halbsatz EStG ist als Eigenkapital sowohl im Einzel- wie auch im Konzernabschluss mindestens das Eigenkapital nach HGB anzusetzen, wenn gesellschaftsrechtliche Kündigungsrechte bestehen. Diese Regelung wurde auf Initiative des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags eingefügt.93 Hintergrund ist, dass nach IAS 32 die Abgrenzung von Eigenund Fremdkapital danach erfolgt, ob ein individueller Rückzahlungsanspruch für das der Gesellschaft überlassene Kapital besteht (insbes. IAS 32.16 und IAS 32.18b). Bei Personengesellschaften und Genossenschaften kann gesellschaftsrechtlich jeder Gesellschafter seine Beteiligung kündigen. Damit erwirbt der Gesellschafter einen individuellen Abfindungsanspruch. Folglich ist das von einem Gesellschafter einer Personengesellschaft überlassene Kapital nach IFRS regelmäßig 92 IDW PS 900. 93 BT-Drs. 16/5491, S. 17.
155
57
58
8
59
60
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
61
kein Eigenkapital sondern Fremdkapital.94 Für die Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs soll hingegen entsprechend den Regelungen des HGB von Eigenkapital ausgegangen werden. Diese Regelung betrifft ausschließlich Kapitalüberlassungen, die auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgen. Die Qualifikation z. B. von Mezzaninen-Kapital in Form von Genussrechten, Nachrangdarlehen usw. richtet sich uneingeschränkt nach dem Rechnungslegungsstandard, der dem maßgeblichen Konzern- und Einzelabschluss zu Grunde gelegt wird.95 Zweifelhaft ist das bei stillen Beteiligungen. Auch hier handelt es sich um gesellschaftsrechtliche Beteiligungen, § 230 HGB und damit um gesellschaftsrechtliche Kündigungsrechte, so dass diese stillen Beteiligungen Eigenkapital sind, wenn sie nach handelsrechtlichen Grundsätzen Eigenkapital wären. Das Eigenkapital im Konzernabschluss umfasst den Ausweis der Anteile anderer Gesellschafter nach § 307 Abs. 1 Satz 2 HGB. Bei Personengesellschaften gilt das zuvor Gesagte, wonach für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs von den Regelungen des HGB für die Bestimmung von Eigenkapital ausgegangen wird. Kommanditkapital, das Minderheitsgesellschaftern zugerechnet wird, ist ebenfalls als Konzerneigenkapital unter Anteilen anderer Gesellschafter auszuweisen. Folgende Korrekturen der Größen „Eigenkapital“ und „Bilanzsumme“ sind beim Einzelabschluss vorzunehmen:
8
Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses: +
+ ./.
./. ./.
=
62
Eigenkapital laut Einzelabschluss Firmenwert, der im Konzernabschluss ausgewiesen wird und auf den betreffenden Betrieb entfällt 50 % eines Sonderpostens mit Rücklageanteil nach § 273 HGB Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt, sofern es sich nicht um stimmrechtslose Vorzugsaktien handelt Anteile an anderen Konzerngesellschaften Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen/Ausschüttungen innerhalb von sechs Monaten nach dem Abschlussstichtag gegenüber stehen Maßgebliches Eigenkapital des Einzelabschlusses
./.
=
Bilanzsumme des Einzelabschlusses Kapitalforderungen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten in mindestens gleicher Höhe gegenüber stehen
Maßgebliche Bilanzsumme des Einzelabschlusses
Das auf diesem Weg ermittelte Eigenkapital ist in das Verhältnis zu der entsprechend korrigierten Bilanzsumme zu setzen. Zu den Korrekturen im Einzelnen:
94 Heuser/Theile, IFRS Handbuch, Rn 20.30; Lüdenbach/Hoffmann, IFRS-Kommentar, § 20 Rn 18; zu den sich abzeichnenden Änderungen siehe Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rn. 20.50; siehe dazu auch die Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, der insoweit nur von einer klarstellenden Regelung spricht. 95 Siehe aber die nachfolgende Korrektur des Eigenkapitals des Einzelabschlusses in Bezug auf Mezzanines Kapital.
156
C
a)
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
Korrektur des im Konzernabschluss ausgewiesenen Geschäftsoder Firmenwertes (Goodwill)
Die Vergleichbarkeit des Einzel- und des Konzernabschlusses ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn das Tochterunternehmen käuflich erworben wurde. Regelmäßig werden mit dem Kaufpreis stille Reserven des Tochterunternehmens abgegolten. Im Rahmen der Erstkonsolidierung des Tochterunternehmens ist bei der Kapitalkonsolidierung der Wertansatz der Anteile an dem Tochterunternehmen, die vom Mutterunternehmen gehalten werden, mit dem Eigenkapital des Tochterunternehmens zu verrechnen. Im Buchwert (= Anschaffungskosten) der Anteile an dem Tochterunternehmen sind die beim Kauf bezahlten stillen Reserven mit enthalten. Diese stillen Reserven werden im Konzernabschluss in einem ersten Schritt auf die Wirtschaftsgüter des Tochterunternehmens verteilt. Ein darüber hinaus gehender Betrag wird als Goodwill aktiviert, sofern er nicht z. B. nach § 309 HGB mit den Rücklagen des Mutterunternehmens offen verrechnet wird. Im Eigenkapital des Konzernabschlusses sind die bezahlten stillen Reserven des Tochterunternehmens offen ausgewiesen, während das im Einzelabschluss nicht der Fall ist. Infolgedessen ist das Eigenkapital laut Konzernabschluss bereits aus diesem Grund höher als das Eigenkapital des Einzelabschlusses. Sofern für das betreffende Tochterunternehmen ein entsprechender Goodwill ausgewiesen wird, ist dieser bei der Ermittlung des Eigenkapitals für den Einzelabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 5 EStG zu kürzen, um auf diesem Weg die bessere Vergleichbarkeit von Einzel- und Konzernabschluss zu ermöglichen. Diese Kürzung ist insoweit unvollständig, da der Goodwill nur eine Residualgröße ist. Die stillen Reserven sind vorrangig auf die einzelnen Vermögensgegenstände zu verteilen. Die einzelnen Vermögensgegenstände werden im Einzelabschluss mit einem niedrigeren Wert ausgewiesen als im Konzernabschluss, so dass sich eine Differenz bei der Bestimmung des Eigenkapitals ergibt, die die Vergleichbarkeit der Eigenkapitalquoten beseitigt. Nach dem Gesetzeswortlaut erfolgt keine Anpassung, auch wenn die Gesetzesverfasser bei der Gesetzesbegründung möglicherweise davon ausgegangen waren, dass eine Anpassung der Wertansätze der einzelnen Vermögensgegenstände im Einzelabschluss an die Vermögensgegenstände des Konzernabschlusses zu erfolgen hat.96 > Beispiel: Die M-GmbH hat die Anteile an der T-GmbH für T€ 1.000 (Alle Angaben in T€) erworben. Der Kaufpreis wurde ausschließlich über Eigenkapital finanziert. Im Kaufpreis mit abgegolten sind stille Reserven bei der T-GmbH in Höhe von 750. Davon entfallen 700 auf die einzelnen Vermögenswerte der T-GmbH und 50 auf einen Geschäfts- oder Firmenwert. Der Einzelabschluss der T-GmbH und der M-GmbH sieht wie folgt aus:
96 BT-Drs. 16/4841, S. 49: „Vermögenswerte und Schulden einschließlich Rückstellungen, Bilanzierungshilfen, Rechnungsabgrenzungsposten u.Ä. sind im Einzelabschluss mit den Werten auszuweisen, mit denen sie im Konzernabschluss ausgewiesen sind.“; dazu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 639.
157
63
8
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
M-GmbH
T-GmbH
Aktiva Goodwill Beteiligung T-GmbH sonstige Aktiva
1.000 200
500
1.200
500
Passiva Eigenkapital Verbindlichkeiten
1.000
250
200
250
1.200
500
Daraus ergibt sich folgender Konzernabschluss: M-GmbH
8
T-GmbH
SummenBilanz
Konsolidierungsbuchung
Konzern
Aktiva Goodwill Beteiligung T-GmbH sonstige Aktiva
1.000
50
50
1.000
-1.000
0
200
500
700
700
1.400
1.200
500
1.700
-250
1.450
1.000
250
1.250
-250
1.000
200
250
450
1.200
500
1.700
Passiva Eigenkapital Verbindlichkeiten
450 -250
1.450
Betrachtet man den Einzelabschluss der T-GmbH vor der Korrektur, ergibt sich eine Eigenkapitalquote von 50 %; im Konzernabschluss beträgt die Eigenkapitalquote ca. 69 %. Die Voraussetzungen der Escape-Klausel wären danach nicht erfüllt. Für die Zinsschrankenberechnung ist das Eigenkapital laut Einzelabschluss um den Betrag des Geschäftswertes zu erhöhen, der auf die T-GmbH entfällt. Damit ergibt sich folgende Eigenkapitalquote bei der T-GmbH: Eigenkapital laut Einzelabschluss
250
zuzüglich Geschäftswert
50
Eigenkapital nach § 4h EStG
300
Bezogen auf die Bilanzsumme von 500 ergibt sich eine Eigenkapitalquote von 60 %. Diese Eigenkapitalquote liegt weiterhin um mehr als 1 % unter der Eigenkapitalquote des Konzerns, so dass die Escape-Klausel nicht eingreift. Wäre der Einzelabschluss unter Berücksichtigung sämtlicher stiller Reserven der T-GmbH aufgestellt worden, die im Konzernabschluss offen ausgewiesen sind, ergäbe sich hingegen eine Eigenkapitalquote von 80 %, die über der des Konzernabschlusses liegt, so dass die Escape-Klausel anzuwenden wäre. Dieses Ergebnis wäre sachgerechter, da die stillen Reserven der T-GmbH vollständig eigenfinanziert sind. 158
C
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
T-GmbH Aktiva Geschäftswert sonstige Aktiva
50 1.200 1.250
Passiva Eigenkapital
1.000
Verbindlichkeiten
250 1.250
Daraus ist zu ersehen, dass die Kürzung des Eigenkapitals im Einzelabschluss nur um den Geschäftswert die Vergleichbarkeit von Einzel- und Konzernabschluss nicht vollständig begründet.
b)
64
Hinzurechnung von 50 % eines Sonderpostens mit Rücklageanteil
Dem Eigenkapital des Einzelabschlusses werden 50 % des Sonderpostens mit Rücklageanteil nach § 273 HGB hinzugerechnet. Ein derartiger Sonderposten mit Rücklageanteil ist in der Handelsbilanz für steuerfreie Rücklagen z. B. nach § 6b EStG, § 7g EStG, nach R 6.6 EStR 2005 (steuerfreie Rücklage für Ersatzbeschaffung) und nach R 6.5. EStR 2005 (Zuschüsse zur Anschaffung und Herstellung von Anlagegütern) zu bilden, soweit die steuerlichen Vorschriften die steuerliche Anerkennung von der Bildung eines entsprechenden Postens in der Handelsbilanz abhängig machen. Ein Sonderposten mit Rücklageanteil kann nach § 281 HGB ausgewiesen werden. Hierbei handelt es sich um einen Unterschiedsbetrag zwischen handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Bewertung, der sich ergibt, wenn die steuerrechtlichen Abschreibungen höher sind als die handelsrechtlichen Abschreibungen (z. B. aufgrund von steuerrechtlichen Sonderabschreibungen). § 4h Abs. 2c Satz 5 EStG verweist nur auf den Sonderposten nach § 273 HGB. Gleichwohl sollte insoweit eine Hinzurechnung erfolgen, da unversteuertes Eigenkapital vorliegt. Nach IFRS gibt es einen derartigen Sonderposten mit Rücklagenanteil nicht.97 Bei der Überleitungsrechnung in einen IFRS-Abschluss ist der Sonderposten in einen Fremdkapitalanteil, der der latenten Steuerbelastung dieses Sonderpostens entspricht und in einen Eigenkapitalanteil aufzuspalten.98 Grundlage für die Bildung eines derartigen Sonderpostens wird regelmäßig ein Einzelabschluss nach HGB sein, für den eine Überleitungsrechnung nach § 4h Abs. 2 c) Satz 10 EStG vorzunehmen ist. In dieser Überleitungsrechnung sollte die vorgenannte Aufspaltung des Sonderpostens erfolgen. Die Bildung der Sonderposten erfolgt regelmäßig nur deshalb, weil das Steuerrecht einen derartigen Sonderposten in der Handelsbilanz für die steuerliche Anerkennung verlangt. Bei bestehenden IFRS-Einzelabschlüssen wird diese Frage daher nicht relevant werden, so dass bei diesen Einzelabschlüssen eine Hinzurechnung nicht erforderlich ist.99
97 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rn 330; zu Zuwendungen der öffentlichen Hand vgl. IAS 20. 98 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rn 330. 99 A.A. wohl Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636, 638; Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 162.
159
8 65
66
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
c) 67
8
68
Diese Korrekturvorschrift bezieht sich auf Mezzanines Kapital, das im handelsrechtlichen Abschluss als Eigenkapital ausgewiesen ist. Betroffen sind davon vor allem Genussrechte, Nachrangdarlehen und typisch stille Beteiligungen. In Höhe des Mezzaninen Kapitals mindert sich das Eigenkapital des Einzelabschlusses. Diese Regelung soll die Anwendung der Zinsschranke in den Fällen sicherstellen, in denen Mezzanines Kapital einerseits handelsrechtlich als Eigenkapital und andererseits steuerlich als Fremdkapital behandelt wird und die entsprechenden Vergütungen steuerlich abzugsfähig sind.100 Allerdings ist diese Regelung unvollständig, denn es fehlt eine entsprechende Kürzung für das Eigenkapital des Konzernabschlusses. Von dieser Kürzung sind nach dem Wortlaut des Gesetzes auch die Fälle betroffen, in denen Mezzanines Kapital steuerlich als Eigenkapital behandelt wird, z. B. bei Genussrechten, die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG aufgrund ihrer Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös als Eigenkapital anzusehen sind, so dass die entsprechenden Genussrechtsvergütungen wie verdeckte Gewinnausschüttungen und nicht wie Zinsaufwand behandelt werden. Insoweit sollte im Wege der teleologischen Reduktion die Kürzung unterbleiben, da es sich steuerlich um Eigenkapital handelt. Eine Einschränkung enthält der Gesetzestext, als keine Kürzung des Eigenkapitals des Einzelabschlusses erfolgt, wenn die Stimmrechtslosigkeit des Eigenkapitals auf Vorzugsaktien beruht. Dabei sollten nicht nur Vorzugsaktien, sondern sämtliche gesellschaftsrechtlichen stimmrechtlosen Anteile und Beteiligungen bei GmbH und Personengesellschaften von der Kürzung ausgenommen werden.
d) 69
Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt, sofern es sich nicht um stimmrechtslose Vorzugsaktien handelt
Kürzung um Anteile an anderen Konzerngesellschaften
Der Buchwert von Anteilen an anderen Konzerngesellschaften ist vom Eigenkapital des Einzelabschlusses abzuziehen. Ziel dieser Kürzungsvorschrift ist es, ungewollte Kaskadeneffekte zu vermeiden.101 Hiervon sind insbesondere Muttergesellschaften betroffen, die die Akquisition von Anteilen an Tochtergesellschaften fremdfinanziert haben.102 > Beispiel: Die A-GmbH erwirbt die Anteile an der B-GmbH und an der C-GmbH. Der Anteilserwerb wird fremdfinanziert. Eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung besteht nicht. Die Zinsaufwendungen für das Akquisitionsdarlehen seien höher als € 1 Mio. Die A-GmbH ist konzernzugehörig. Für die A-GmbH ist daher ein Eigenkapitalvergleich zu ermitteln. Die Bilanz der A-GmbH sieht wie folgt aus: Aktiva Grundstücke Sonstiges Anlagevermögen Beteiligungen an B-GmbH und C-GmbH Umlaufvermögen
100 BT-Drs. 16/4841, S. 49; BT-Drs.16/5491, S. 17. 101 BT-Drs. 16/4841, S. 49. 102 Reiche/Kroschewski, DStR 2007, 1330, 1333.
160
in € 10 Mio. 25 Mio. 10 Mio. 5 Mio. 50 Mio.
Passiva Eigenkapital
in € 40 Mio.
Verbindlichkeiten
10 Mio. 50 Mio.
C
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
Die Eigenkapitalquote der A-GmbH beträgt nach dieser Bilanz 80 %. Nach § 4h Abs. 2c Satz 5 EStG sind jedoch aus dem Eigenkapital die Anteile an anderen Konzerngesellschaften zu kürzen. Daher reduziert sich das Eigenkapital von € 40 Mio. um € 10 Mio. auf € 30 Mio. und die Eigenkapitalquote im Sinne des § 4h Abs. 2c EStG beträgt nur noch 60 %. Daneben wird der Konzernabschluss betrachtet. Die identischen Bilanzen der B-GmbH und der C-GmbH sollen wie folgt aussehen: Aktiva Anlage- und Umlaufvermögen
in € 5 Mio. 5 Mio.
Passiva Eigenkapital
in € 5 Mio. 5 Mio.
Daraus ergibt sich folgende Konzernbilanz, der mangels Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung und mangels weiterer erforderlicher Konsolidierungsmaßnahmen der Einzelbilanz der A-GmbH entspricht: Aktiva Grundstücke Sonstiges Anlagevermögen Aktiva der B-GmbH und der C-GmbH Umlaufvermögen
in € 10 Mio. 25 Mio. 10 Mio. 5 Mio. 50 Mio.
Passiva Eigenkapital
in € 40 Mio.
Verbindlichkeiten
10 Mio. 50 Mio.
8
Die Konzernbilanz weist eine Eigenkapitalquote von 80 % aus, so dass der Eigenkapitalvergleich für die A-GmbH nicht gelingt, da die Eigenkapitalquote der Einzelbilanz um mehr als 1 % niedriger ist als die Eigenkapitalquote der Konzernbilanz. Die A-GmbH kann von den Zinsaufwendungen aus der Akquisitionsfinanzierung lediglich 30 % des steuerlichen EBITDA abziehen. In diesem Fall kommt hinzu, dass Gewinnausschüttungen aus der C-GmbH und der B-GmbH nach § 8b Abs. 1 KStG bei der A-GmbH steuerfrei sind und daher den maßgeblichen Gewinn als Bemessungsgrundlage für die 30 % – Grenze nicht erhöhen. Für die A-GmbH könnte sich empfehlen, eine ertragsteuerliche Organschaft mit der B-GmbH und der C-GmbH zu begründen. Dadurch besteht in Gestalt des Organkreises nur noch ein Betrieb, der nicht konzernzugehörig ist und vorausgesetzt, es liegt keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a Abs. 2 KStG vor unabhängig von den jeweiligen Eigenkapitalquoten nicht der Zinsschranke unterliegt. Die Kürzung betrifft nur Anteile an anderen Konzerngesellschaften. Es muss sich daher um Anteile an Gesellschaften handeln, die ihrerseits konzernzugehörig sind.103 Eine teilweise Konzernzugehörigkeit reicht nicht aus. Nicht unter die Kürzung fallen Anteile an Organgesellschaften und eigene Anteile. Organgesellschaft und Organträger stellen nach § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG einen Betrieb dar. Bei eigenen Anteilen handelt es sich nicht um Anteile an einer anderen Konzerngesellschaft. Zur Kürzung von Beteiligungen an Mitunternehmerschaften siehe Rn. 102. Zu kürzen sind Beteiligungen an vermögensverwaltenden Personengesellschaften, da vermögensverwaltende Personengesellschaften steuerlich nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO transparent sind und nicht den Sonderregelungen von Mitunternehmerschaften unterliegen.
103 Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 164.
161
70
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
e)
71
Von der Bilanzsumme des Einzelabschlusses sind Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten in mindestens gleicher Höhe gegenüber stehen. Damit soll gewährleistet werden, dass Fremdkapital, das ein einzelnes Konzernunternehmen aufgenommen und an ein anderes Konzernunternehmen weitergeleitet hat, nicht die Eigenkapitalquote des Betriebs belastet.104
f) 72
8
Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag
Erhöhte sich das Eigenkapital des Einzelabschlusses um Einlagen der Gesellschafter, die innerhalb der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag geleistet wurden, sind diese aus dem Eigenkapital des Einzelabschlusses herauszurechnen, wenn innerhalb von sechs Monaten nach dem Abschlussstichtag Entnahmen oder Gewinnausschüttungen erfolgten. Ziel dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass vor dem entsprechenden Abschlussstichtag das Eigenkapital erhöht wird, um die Eigenkapitalquote des Einzelabschlusses zur Vermeidung der Zinsschrankenregelung zu erhöhen und anschließend wieder zurückzuführen.105 Es handelt sich um eine pauschale Missbrauchsvorschrift.
5. 73
Kapitalforderungen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten in mindestens gleicher Höhe gegenüber stehen
Zeitpunkt
In § 4h Abs. 2 c) Satz 1 EStG wird darauf abgestellt, dass die „Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages“ der Eigenkapitalquote des Konzerns entspricht oder höher ist. Da sich nach § 4h Abs. 2 c) Satz 3 letzter Halbsatz EStG die Eigenkapitalquote nach dem Konzernabschluss richtet, in den der Betrieb einbezogen wurde, muss der Stichtag der relevanten Konzernbilanz identisch sein mit dem Stichtag für die Prüfung der Konzernzugehörigkeit. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass bei der Prüfung der Konzernzugehörigkeit auf eine stichtagsbezogene Betrachtung abgestellt wird und eine zeitraumbezogene Betrachtung ausscheidet.106 > Beispiel Im Jahr 2008 erwirbt die A-AG eine Beteiligung an der B-GmbH zu 100 %, die im Konzernabschluss zum 31.12.2008 konsolidiert wird. Für die Anwendung der Zinsschranke ist zur Ermittlung der Konzernzugehörigkeit der B-GmbH auf den 31.12.2007 abzustellen. Soweit die B-GmbH zu einem Konzern gehörte, z. B. dem des Verkäufers, bestimmt sich die Eigenkapitalquote nach dem Konzernabschluss zum 31.12.2007, in den die B-GmbH einbezogen wurde. Da anders als bei § 8a KStG a. F. die Eigenkapitalquote nicht gesellschafterbezogen ermittelt wird, ist die zu dem betreffenden Abschlussstichtag bestehende Konzernzugehörigkeit und Eigenkapitalquote entscheidend.
104 BT-Drs. 16/4841, S. 49. 105 BT-Drs. 16/4841, S. 49. 106 So auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 158.
162
C
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
Schwierigkeiten bereitet die Frage, auf welchen Stichtag abzustellen ist, wenn der Einzelabschluss des Unternehmens, auf dessen Konzernzugehörigkeit abgestellt wird, von dem Stichtag des Konzernabschlusses abweicht, weil unterschiedliche Wirtschaftsjahre bestehen. Nach dem Gesetzeswortlaut wird auf den Abschlussstichtag des Betriebs abgestellt, § 4h Abs. 2c Satz 1 EStG. Bezogen auf diesen Stichtag wird regelmäßig kein Konzernabschluss vorliegen, so dass die Eigenkapitalquote des Konzerns nicht ermittelt werden kann. Eine Überleitung der Konzernbilanz auf den Stichtag des Einzelabschlusses erscheint nicht praktikabel, so dass auf einen Stichtag des Konzernabschluss abgestellt werden sollte und eine Überleitung des Einzelabschlusses des Betriebs auf diesen Stichtag erfolgen muss.107 Das wird regelmäßig im Rahmen der Aufstellung des relevanten Konzernabschlusses der Fall sein. Die bestehenden handelsrechtlichen Erleichterungen bei Abweichungen der Stichtage um bis zu drei Monaten sollten anwendbar sein (z. B. § 299 Abs. 2 Satz 2 HGB). Die Frage ist, ob auf den Stichtag des Konzernabschlusses abgestellt wird, der dem Abschlussstichtag des Betriebs vorhergeht, oder auf den Konzernabschlussstichtag abzustellen ist, der dem Abschlussstichtag des Einzelabschlusses nachfolgt. Richtigerweise ist auf den späteren Abschlussstichtag abzustellen.108 Das ergibt sich aus dem Gesetz, denn abgestellt wird auf den zum Ende des Veranlagungszeitraums vorangegangenen Abschlussstichtag (des Konzerns). Dieser Stichtag wird dem Abschlussstichtag des Einzelunternehmens nachfolgen. Damit lassen sich die Fälle der Neugründung eines Unternehmens mit abweichendem Wirtschaftsjahr erfassen.
74
75
8
> Beispiel: Die A-GmbH hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Die A-GmbH ist eine Tochtergesellschaft des Konzerns der A-AG. Das Wirtschaftsjahr der A-AG entspricht dem Kalenderjahr. Im Wirtschaftsjahr 2007/2008 ist für die A-GmbH die Zinsschranke erstmals anwendbar. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres 2007/2008 wird im Veranlagungszeitraum 2008 besteuert (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG). Auf den 30.06.2007 als dem aus Sicht der A-GmbH vorangegangenen Stichtag des Einzelabschlusses ist kein Konzernabschluss erstellt worden, so dass die Eigenkapitalquote des Konzerns auf diesen Stichtag nicht ermittelt werden kann. Der letzte vorangegangene Stichtag des Konzernabschluss bezogen auf den Veranlagungszeitraum 2008 ist der 31.12.2007. Dieser Stichtag ist für die Konzernzugehörigkeit und den Eigenkapitalvergleich zu Grunde zu legen. > Beispiel: Die A-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr gleich dem Kalenderjahr. Der Konzern, zu dem die A-GmbH gehört, hat ein Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Für die Konzernzugehörigkeit der A-GmbH und den relevanten Eigenkapitalquotenvergleich besteht im Veranlagungszeitraum 2008 zum vorangegangenen Stichtag des Einzelabschlusses, dem 31.12.2007, kein Konzernabschluss, der die Ermittlung einer Konzerneigenkapitalquote ermöglicht. Daher ist auf den dem Ende des Veranlagungszeitraums vorangegangenen Konzernabschlussstichtag abzustellen, d. h. es sind die Konzernzugehörigkeit und die relevanten Eigenkapitalquoten auf den 30.06.2008 zu ermitteln.
6.
Feststellungslast für Ausnahmen von der Zinsschranke
Die Voraussetzungen des Vorliegens der sachlichen Befreiungen von der Zinsschranke nach § 4h Abs. 2 b) und c) EStG müssen vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Die Feststellungslast liegt beim Steuerpflichtigen.109 In Konzernfällen kann das zu praktischen Schwierigkeiten führen, wenn kein Konzernabschluss veröffentlicht werden muss und nur aufgrund des erweiterten „steuerlichen Konzernbegriffs“ eine Konzernbilanz erforderlich ist. 107 Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 158. 108 A.A. Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 158. 109 Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 146.
163
76
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG > Beispiel: Die A-GmbH & Co. KG ist eine vermögensverwaltende Fondsgesellschaft (nicht gewerblich geprägt). Sie hat eine Vielzahl von Beteiligungen erworben und erfüllt nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG den Konzernbegriff. Die A-GmbH & Co. KG ist nicht zur Veröffentlichung eines Konzernabschlusses verpflichtet und beabsichtigt auch nicht einen Konzernabschluss zu veröffentlichen oder ihren Beteiligungsunternehmen zur Verfügung zu stellen. Die Beteiligungsgesellschaften könnten allenfalls darüber nachdenken, die entsprechenden Informationen und Unterlagen einzufordern und sich hierbei auf gesellschaftsrechtliche Treuepflichten der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft berufen.
7. 77
8
78
Sanktioniert wird der Umstand, dass die für die Anwendung der Escape-Klausel zu Grunde gelegten Konzern- und Einzelabschlüsse fehlerhaft sind. Ist danach ein zu Grunde gelegter Abschluss unrichtig, wird ein Zuschlag nach § 162 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AO festgesetzt. § 162 Abs. Sätze 4 bis 6 AO gelten entsprechend. Voraussetzung für die Festsetzung dieses Strafzuschlages ist, dass bei Zugrundelegung des richtigen Abschlusses ein höherer Betrag der Zinsaufwendungen nach § 4h Abs. 1 EStG nichtabzugsfähig wäre. Der Strafzuschlag beträgt mindestens € 5.000. Er kann darüber hinausgehen, wenn 5 % bis 10 % der Bezugsgröße des Strafzuschlages höher als € 5.000 sind. Bezugsgröße für den Strafzuschlag ist der Betrag der nach Abs. 1 insgesamt nicht abziehbaren Zinsaufwendungen. Soweit in § 162 Abs. 4 Satz 2 AO nur von dem Mehrbetrag der Einkünfte gesprochen wird, wird dieser Mehrbetrag identisch sein mit den insgesamt nicht abziehbaren Zinsaufwendungen.110 Dieser Strafzuschlag wird in den Fällen zur Anwendung kommen, in denen aufgrund des unrichtigen Abschlusses nach § 4h Abs. 2c) EStG die Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 EStG nicht angewandt wurde und bei Zugrundelegung des zutreffenden Abschlusses die Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 EStG hingegen anzuwenden ist, weil die Voraussetzungen der Escape-Klausel nicht vorliegen. Offen bleibt, wann ein Abschluss unrichtig ist. Dabei wird man nur dann davon ausgehen können, wenn ein Abschluss, der auf Verlangen der Finanzbehörden geprüft wurde, von dem Abschluss, der nach prüferischer Durchsicht durch den Steuerpflichtigen vorgelegt wurde, abweicht. Eine weitergehende Prüfungskompetenz des Finanzamtes für handelsrechtliche Jahresabschlüsse sollte hingegen nicht bestehen.
III. 79
Fehlerhafte Abschlüsse
Rechtsfolgen der Anwendung der Zinsschranke
Der Betrag der Zinsaufwendungen, der nach § 4h Abs. 1 EStG nicht abzugsfähig ist, wird nach § 4h Abs. 4 Satz 1 EStG als Zinsvortrag in die folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen. Die Versagung des Betriebausgabenabzugs in dem betreffenden Veranlagungszeitraum soll nach der Grundintention des Gesetzes nicht endgültig sein. Nichtabzugsfähiger Zinsaufwand führt zu einer Erhöhung des Gewinns und des Gesamtbetrags der Einkünfte vor Verrechnung mit einem Verlustvortrag oder -rücktrag. Eine Erhöhung des Gesamtbetrags der Einkünfte um die nichtabzugsfähigen Zinsaufwendungen kann im Rahmen der Regelungen zur Mindestbesteuerung mit Verlustvortrag und -rücktrag verrechnet werden. Entsprechendes gilt für die Gewerbesteuer für die Verrechnung von Verlustvorträgen im Rahmen des § 10a GewStG.
110 Zur Doppeldeutigkeit der Bemessungsgrundlage für den Strafzuschlag: Töben/Fischer, BB 2007, 974, 977.
164
C
Ausnahmen von der Zinsschranke
8
> Beispiel: Für die nachfolgende Berechnung sollen folgende Annahmen gelten: Ein Einzelunternehmer, der weitere Mehrheitsbeteiligungen hält (Konzernzugehörig; Escape-Klausel nicht anwendbar), verfügt über einkommensteuerliche Verlustvorträge und keine gewerbesteuerlichen Verlustvorträge. In dem relevanten Jahr erzielt er ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Kirchensteuer bleibt aus Vereinfachungsgründen außer Betracht, ebenso die in § 2 Abs. 3 bis 5 EStG genannten Abzüge. Zinsschranke anwendbar 1.
Zinsschrankenberechnung
in T€
maßgeblicher Gewinn
5.000,0
Abschreibungen
1.000,0
Zinsaufwand (=Nettozinsaufwand)
4.000,0 10.000,0
davon 30 %
2.
3.000,0
Berechnung der Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %) Gewinn nach Zinsabzug, vor Einkommen- und Gewerbesteuer
5.000,0
zuzüglich Zinsaufwand
4.000,0
abzüglich nach § 4h EStG abzugsfähiger Zinsaufwand
-3.000,0
Hinzurechnung von 25 % auf abzugsfähigen Zinsaufwand
750,0
Gewerbeertrag abzüglich Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG
6.750,0 -24,5 6.725,5 941,6
Gewerbesteuer
3.
1.000,0
Berechnung der Einkommensteuer Gewinn nach Zinsabzug
5.000,0
zuzüglich Nettozinsaufwand
4.000,0
abzüglich nach Zinsschranke abziehbarer Zins
-3.000,0
steuerpflichtiger Gewinn
6.000,0
abzüglich Verlustvortrag
2.000,0
Sockelbetrag
-1.000,0
-1.000,0
1.000,0
5.000,0
-1.000,0
-1.000,0
60 % des verbleibenden Gewinns; höchstens den bestehenden Verlustvortrag zu versteuerndes Einkommen
4.000,0 165
8
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
tarifliche Einkommensteuer (45 %)
1.800,0
Gewerbesteueranrechnung (3,8 * Gewerbesteuermessbetrag) festgesetzte Einkommensteuer Solidaritätszuschlag
-894,5 905,5 49,8
Steuerbelastung gesamt Steuerbelastung bezogen auf Gewinn nach Zinsaufwand, vor Steuern verbleibender Verlustvortrag Zinsvortrag
1.896,9 37,94 % 0,0 1.000,0
Zinsschranke nicht anwendbar
8 1.
Berechnung der Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %) Gewinn nach Zinsabzug, vor Einkommen- und Gewerbesteuer
5.000,0
zuzüglich Zinsaufwand
4.000,0
abzüglich nach § 4h EStG abzugsfähiger Zinsaufwand
-4.000,0
1.000,0
Gewerbeertrag abzüglich Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG
6.000,0 -24,5 5.975,5 836,6
Gewerbesteuer
2.
Berechnung des zu versteuernden Einkommens steuerpflichtiger Gewinn
5.000,0
abzüglich Verlustvortrag
2.000,0
Sockelbetrag
-1.000,0
-1.000,0
1.000,0
4.000,0
60 % des verbleibenden Gewinns; höchstens den bestehenden Verlustvortrag zu versteuerndes Einkommen
166
0,0
Hinzurechnung von 25 % auf abzugsfähigen Zinsaufwand
-1.000,0
-1.000,0 3.000,0
C tarifliche Einkommensteuer (45 %) Gewerbesteueranrechnung (3,8 * Gewerbesteuermessbetrag) festgesetzte Einkommensteuer Solidaritätszuschlag
1.350,0 -794,7 555,3 30,5
Steuerbelastung gesamt
1.422,4
Steuerbelastung bezogen auf Gewinn nach Zinsaufwand, vor Steuern
28,45 %
verbleibender Verlustvortrag
0
Zinsvortrag
0
Der Zinsvortrag wird gesondert festgestellt. Die Feststellung des Zinsvortrages erfolgt betriebsbezogen.111 Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung oder – soweit das z. B. bei Personengesellschaften erfolgt – das für die Feststellung von Gewinn und Verlust zuständige Finanzamt, § 4h Abs. 4 Satz 2 EStG. Für den Zinsvortrag gilt § 10d Abs. 4 EStG entsprechend. Der Zinsvortrag erhöht nach § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG die Zinsaufwendungen der folgenden Wirtschaftsjahre, nicht aber den maßgeblichen Gewinn. Er ist daher in den folgenden Wirtschaftsjahren in die Prüfung der Anwendbarkeit der Zinsschranke nach § 4h Abs. 2 EStG und der Höhe der Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen nach § 4h Abs. 1 EStG einzubeziehen. Insbesondere erhöht ein Zinsvortrag, die für die Anwendung der Freigrenze zu prüfenden Nettozinsaufwendungen. Der Zinsvortrag erhöht hingegen nicht den maßgeblichen Gewinn, § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG.112 Das ist sprachlich etwas irreführend.113 Ein Zinsvortrag wird als fiktiver Zinsaufwand qualifiziert und könnte als fiktiver Zinsaufwand den maßgeblichen Gewinn mindern. Gemeint ist, dass der Zinsvortrag die Bemessungsgrundlage für die Berechnungen der 30 %-Kappungsgrenze nicht beeinflusst. Er mindert weder den maßgeblichen Gewinn noch ist der Zinsvortrag dem maßgeblichen Gewinn nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG hinzuzurechnen. Sofern die Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 EStG in den folgenden Wirtschaftsjahren anzuwenden ist und die Ausnahmen des § 4h Abs. 2 EStG nicht eingreifen, kann der Zinsvortrag bei Unternehmen nur dann genutzt werden, wenn der Gewinn sich deutlich erhöht oder die Zinsbelastung signifikant sinkt.114 Der Zinsvortrag geht in folgenden Fällen verloren: ■ Aufgabe und Übertragung des Betriebs, § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG. Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Personengesellschaft aus, geht der Zinsvortrag anteilig in Höhe der Quote des ausscheidenden Gesellschafters unter, § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG. Auch die Einbringung eines Betriebs und eines Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG oder in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG ist eine Übertragung eines Betriebs bzw. führt zum Ausscheiden eines Mitunternehmers, so dass in diesen Fällen der Zinsvortrag nach § 4h Abs. 5 ganz oder bei Mitunternehmeranteil anteilig untergeht. Nach § 20 Abs. 9 und § 24 Abs. 6 UmwStG geht der Zinsvortrag auch nicht auf den übernehmenden Rechtsträger über. Wird ein Teilbetrieb nach § 16 EStG verkauft oder auf eine Kapital- oder Personengesellschaft nach §§ 20, 24 UmwStG übertragen, verbleibt der Zinsvortrag bei dem Veräußerer. Zu einer Kürzung des Zinsvortrages kommt es nicht. 111 112 113 114
8
Ausnahmen von der Zinsschranke
BT-Drs. 14/4841, S. 50. Offen gelassen: Grotherr, IWB Gruppe 3 Fach 3, 1489, 1500. Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz S. 119 f., spricht von einer klarstellenden Regelung. Köhler, DStR 2007, 597, 603.
167
80
81
8
82
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG ■ ■
Anwendung des § 8c KStG bei der Kapitalgesellschaft, die über einen Zinsvortrag verfügt, § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG. Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (Formwechsel, Verschmelzung), § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG bzw. bei einer Verschmelzung, Ab- und Aufspaltung einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft, § 12 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, § 15 Abs. 3 UmwStG.
IV. 83
8
D.
84
Verhältnis zur Gewerbesteuer
Neben den Abzugsbeschränkungen aufgrund des § 4h EStG bestehen bei der Gewerbesteuer Hinzurechnungen für Zinsaufwand nach § 8 Nr. 1 GewStG. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG setzt voraus, dass der Zinsaufwand den Gewerbeertrag tatsächlich gemindert hat. Nach § 7 GewStG ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn. Die Zinsaufwendungen, die nach der Zinsschrankenregelung nicht abzugsfähig waren, haben daher den für die Gewerbesteuer maßgebenden Gewinn nicht gemindert. Der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegt daher nur derjenige Zinsaufwand, der bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer abzugsfähig war. Ein Unterschied ergibt sich bei der Bemessungsgrundlage: Der Zinsschranke unterliegen die Nettozinsaufwendungen. Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG knüpft an den Zinsaufwand, d. h. vor Verrechnung mit Zinserträgen, an. Soweit nach § 4h EStG Zinsaufwendungen mit Zinserträgen uneingeschränkt verrechnet werden können, ist für diese Zinsaufwendungen bei der Gewerbesteuer immer die Hinzurechnung von 25 % des Zinsaufwandes vorzunehmen.
D.
Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
I.
Zinsschranke und Betriebsstättenbesteuerung
1.
Grundsatz
Betriebsstätten im Sinne des § 12 AO bzw. Art. 5 OECD-MA sind unselbständige Bestandteile eines Betriebs und deshalb nicht als Betriebe im Sinne des § 4h EStG anzusehen.115 Für inländische Unternehmen mit mehreren inländischen Betriebsstätten ergeben sich keine Besonderheiten. Es liegt ein Betrieb vor, auf den § 4h EStG anzuwenden ist. Im jeweiligen Einzelfall ist zu prüfen, ob es sich um eine unselbständige Betriebsstätte oder einen selbständigen Betrieb handelt (siehe oben Rn 11 ff). Komplizierter stellt sich die Rechtslage für inländische Betriebsstätten ausländischer Rechtsträger und für ausländische Betriebsstätten inländischer Rechtsträger dar. Dabei muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen der Einbeziehung des Betriebsstättenergebnisses in die deutsche Besteuerung und der Gewinnabgrenzung des Betriebsstättenergebnisses von dem des deutschen Stammhauses. 115 Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305, 307.
168
D.
Die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte erfolgt nach inländischen Besteuerungsgrundsätzen.116 Der Betriebsstättenerlass bestimmt, dass eine Betriebsstätte über das zur Erfüllung ihrer Funktionen erforderliche Dotationskapital verfügen muss. Entspricht das Dotationskapital nicht diesen Voraussetzungen, sind Gewinn und Vermögen der Betriebsstätte so zu ermitteln, als ob ihr ein angemessenes Dotationskapital zur Verfügung gestellt worden wäre. Das Fremdkapital einer Betriebsstätte wird in diesem Fall wie Eigenkapital der Betriebsstätte behandelt117 und als Fremdkapital des Stammhauses und nicht der Betriebsstätte angesehen. Der Zuordnung des Fremdkapitals nach der steuerlichen Betriebsstättenbilanz entspricht die Zuordnung des Zinsaufwandes zum Gewinn der Betriebsstätte oder des Stammhauses. Von dieser Zuordnung hängt ab, ob und in welchem Umfang der entsprechende Fremdfinanzierungsaufwand beim Stammhaus oder bei der Betriebsstätte steuerlich abzugsfähig ist. Da Zinsaufwand nur die Vergütungen sind, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben (§ 4h Abs. 3 Satz 2 EStG), ist die Aufteilung des Unternehmensgewinns zwischen Stammhaus und Betriebsstätte vorrangig gegenüber der Anwendung des § 4h EStG.118
2.
8
Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke 85
Behandlung ausländischer Betriebsstätten inländischer Unternehmer
8
Befindet sich die ausländische Betriebsstätte in einem Land, mit dem kein DBA besteht, oder besteht zwar ein DBA, aber es findet die Anrechnungsmethode Anwendung, geht der Gewinn aus der ausländischen Betriebsstätte in die deutsche steuerliche Bemessungsgrundlage des Stammhauses ein. Der Zinsaufwand ist in Deutschland steuerlich abzugsfähig, soweit er nach den Dotationsregelungen des Betriebsstättenerlasses der ausländischen Betriebsstätte zugeordnet werden muss. Er hat den maßgeblichen Gewinn gemindert.119 Folglich sind sämtliche Zinsaufwendungen und -erträge bei der Ermittlung der Freigrenze von € 1 Mio. zu berücksichtigen. Da das Betriebsstättenergebnis den maßgeblichen Gewinn erhöht, ist dieser Zinsaufwand in der Bemessungsgrundlage für die Zinsschranke (30 % des maßgeblichen Gewinns erhöht um Zinsaufwand und Abschreibungen, reduziert um Zinsertrag) enthalten. Anders verhält es sich, wenn die Betriebsstätte in einem Staat liegt, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, nach dem die Freistellungsmethode anzuwenden ist. > Beispiel: Der Unternehmer A unterhält im Inland und Ausland jeweils eine Betriebsstätte. A hat sämtliche Fremdverbindlichkeiten der deutschen Betriebsstätte zugeordnet. Angemessen wäre ein Dotationskapital von 30 %, so dass nach dem Betriebsstättenerlass 70 % der Fremdverbindlichkeiten der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Befindet sich die ausländische Betriebsstätte in einem Land, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat und gilt für diese Betriebsstätte die Freistellungsmethode, so ist das gesamte Betriebsstättenergebnis von der deutschen Besteuerung frei zustellen. Der Zinsaufwand ist, soweit er auf 30 % der Verbindlichkeiten entfällt, im Inland steuerlich abzugsfähig. 70 % 116 Schreiben betr. Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen vom 24. Dezember 1999, BStBl. I 1999, 1076 (nachfolgend: „Betriebsstättenerlass“), Tz. 2.1. 117 Betriebsstättenerlass, Tz. 2.5.1. mit weiteren Einzelheiten, sowie für international tätige Kreditinstitute siehe: BMF, Schreiben vom 29.09.2004, BStBl. I 2004, 917. 118 So wohl auch die Begründung zum Gesetzentwurf in BT-Drs. 16/4841, S. 50. 119 Kritisch zur Gesetzesformulierung und Begründung: Köhler, DStR 2007, 598, 599; Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305, 307.
169
86
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG des Zinsaufwandes haben den maßgebenden Gewinn im Sinne des § 4h Abs. 1 EStG nicht gemindert. Daher kann die Zinsschrankenregelung in Bezug auf diesen Zinsaufwand nicht gelten. Nur in Bezug auf den in die inländische Gewinnermittlung einbezogenen Zinsaufwand und dementsprechend dem Zinsertrag gilt die Freigrenze des § 4h Abs. 2a) EStG. Der der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnende Zinsaufwand ist ebenso wenig in die Ermittlung der Freigrenze von € 1 Mio. einzubeziehen, wie der der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnende Zinsertrag. Da das Betriebsstättenergebnis den maßgebenden Gewinn nicht erhöht, ist in der Bemessungsgrundlage für die Zinsschranke (30 % des maßgebenden Gewinns erhöht um Zinsaufwand und Abschreibungen, reduziert um Zinsertrag) dieser Zinsaufwand nicht enthalten. Gleichwohl stellt das gesamte Unternehmen des A einen Betrieb dar, d. h. sowohl die inländische wie auch die ausländische Betriebsstätte umfassen einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG. Allein die Aufteilung des Unternehmens des A in zwei Betriebsstätten führt nicht zu einer Konzernzugehörigkeit des Betriebs des A. Auch für die Ermittlung der Eigenkapitalquote nach § 4h Abs. 2c) EStG ist der Betrieb insgesamt als ein Betrieb zu sehen. Soweit dem A kein weiterer Betrieb zuzurechnen ist, hat der A einen Betrieb, bestehend aus der inländischen und ausländischen Betriebsstätte, der nicht konzernzugehörig ist und für den nach § 4h Abs. 2b) EStG die Zinsschrankenregelung nicht anwendbar ist.
3. 8 87
Inländische Betriebsstätten eines beschränkt Steuerpflichtigen
Für einen beschränkt Steuerpflichtigen, der im Inland eine Betriebsstätte unterhält, beziehen sich die Regelungen zur Zinsschranke ausschließlich auf die in dieser inländischen Betriebsstätte erzielten Einkünfte.120 Betriebsstätte und Stammhaus bilden zwar insgesamt einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG. Den maßgeblichen Gewinn des beschränkt Steuerpflichtigen haben jedoch nur die der inländischen Betriebsstätte zugeordneten Zinsaufwendungen gemindert. Bei der Zuordnung des Zinsaufwandes zum Gewinn der deutschen Betriebsstätte sind die Grundsätze über das Dotationskapital anzuwenden. Für den sich anschließend bei der Betriebsstätte ergebenden Zinsaufwand kann die Zinsschranke anwendbar sein.121 > Beispiel: Der im Ausland ansässige Unternehmer A unterhält im Inland und Ausland jeweils eine Betriebsstätte. A hat sämtliche Fremdverbindlichkeiten der deutschen Betriebsstätte zugeordnet. Angemessen wäre aber nur ein Dotationskapital von 30 %, so dass nach dem Betriebsstättenerlass 70 % der Fremdverbindlichkeiten der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Im Beispielsfall ist A im Inland nicht unbeschränkt, sondern mit seinen Betriebsstätteneinkünften beschränkt steuerpflichtig, § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG. Nach dem Betriebsstättenerlass ist eine Gewinn- und Vermögensabgrenzung vorzunehmen. Danach ist der deutschen Betriebsstätte nicht sämtliches Fremdkapital, sondern nur 30 % des Fremdkapitals zuzuordnen. Folglich sind nur 30 % des Zinsaufwandes des A in Deutschland bei der Betriebsstättengewinnermittlung abzugsfähig. Die Gewinnermittlung für die deutsche Betriebsstätte richtet sich nach den §§ 4 ff. EStG. Die Zinsschrankenregelung des § 4h EStG findet auch für den beschränkt Steuerpflichtigen A grundsätzlich Anwendung. § 4h EStG bezieht sich indes nur auf den inländischen Gewinn und deshalb auf dem der inländischen Betriebsstätte zugeordneten Zinsaufwand.122 Die Bemessungsgrundlage für die Zinsschranke ist auf der Grundlage des inländischen Betriebsstättenergebnisses zu ermitteln.
120 A.A. wohl Grotherr, IWB Gruppe 3 Fach 3, 1489, 1498f.; Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305, 307, die von der Nichtanwendbarkeit der Zinsschranke in diesem Fall auszugehen scheinen; vgl. aber das Beispiel in der Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 16/4841, S. 77. 121 So im Ergebnis auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 115. 122 Begründung zum Gesetzentwurf in BT-Drs. 16/4841, S. 48; dazu: Rödder/Stangl, DB 2007, 479, 480.
170
D.
8
Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
Die Freigrenze von € 1 Mio. gilt nur für den Teil des Nettozinsaufwandes, der bei der inländischen Betriebsstätte abzugsfähig ist. Zinserträge des beschränkt Steuerpflichtigen können mit dem Zinsaufwand verrechnet werden, soweit die Zinserträge der inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind. Zinserträge und Zinsaufwendungen mehrerer inländischer Betriebsstätten des beschränkt Steuerpflichtigen sind zusammenzufassen. Schwierigkeiten bereitet die Frage, ob die inländische Betriebsstätte im Sinne des § 4h Abs. 2b) und 2c) EStG konzernzugehörig ist oder nicht. Bei dieser Frage wird darauf abzustellen sein, dass Stammhaus und Betriebsstätte ein Betrieb im Sinne des § 4h EStG darstellen. Danach wäre es folgerichtig, wenn bei der Frage der Konzernzugehörigkeit die Verhältnisse des Stammhauses mit zu berücksichtigen sind. Ist der ausländische Rechtsträger kein Konzernunternehmen, resultiert allein aus der Aufteilung des Vermögens in inländisches Betriebsstättenvermögen und ausländisches Stammhaus und umgekehrt keine Konzernzugehörigkeit.
88
> Beispiel: A ist beschränkt steuerpflichtiger Einzelunternehmer. Er unterhält neben seiner ausländischen Betriebsstätte eine inländische Betriebsstätte. Die Konzernzugehörigkeit des Betriebs ergibt sich nicht allein daraus, dass A mehrere Betriebsstätten unterhält. Das gilt auch, wenn es sich um eine inländische und eine ausländische Betriebsstätte handelt.
8 Ist der ausländische Rechtsträger seinerseits ein Konzernunternehmen, weil z. B. seine Muttergesellschaft einen Konzernabschluss aufstellt, so ist sein Betrieb ebenfalls konzernzugehörig. In diesem Fall hängt die Anwendbarkeit der Zinsschranke aufgrund der Escape-Klausel von der Eigenkapitalquote des Betriebs im Verhältnis zu dem des Konzerns ab (zur Vorfrage der schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a KStG siehe u. Rn 108 ff). > Beispiel Die A-Ltd. ist eine beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft. Sie unterhält im Inland eine Betriebsstätte. Alleiniger Gesellschafter der A-Ltd. ist die P-Corp. mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in den USA, die weitere diverse Beteiligungen in den USA und in anderen Ländern hält. Sie stellt einen Konzernabschluss nach US-GAAP auf. Die Konzernzugehörigkeit wird für den Betrieb ermittelt, ebenso der Eigenkapitalquotenvergleich nach § 4h Abs. 2c) EStG. Betrieb in diesem Sinne ist die Einheit bestehend aus Stammhaus und inländischer Betriebsstätte. Bei diesem Eigenkapitalquotenvergleich ist nicht die Eigenkapitalquote der inländischen Betriebsstätte entsprechend den Regelungen des Betriebsstättenerlasses zum Dotationskapital zu Grunde zulegen, sondern die Eigenkapitalquote entsprechend der Handelsbilanz des ausländischen Rechtsträgers, dem die inländische Betriebsstätte zugerechnet wird. Das entspricht der Gesetzessystematik, da der Vergleich der Eigenkapitalquoten anhand von handelsrechtlichen Abschlüssen erfolgt. Das Dotationskapital ist eine steuerbilanzielle Größe und dient der Aufteilung der Betriebsstättenergebnisse eines Betriebs.
II.
89
Besonderheiten bei Personengesellschaften
Für Personengesellschaften enthält § 4h EStG nur rudimentäre Regelungen. Die Sonderbestimmungen betreffen:123
123 Vgl. die Zusammenstellung bei Wagner/Fischer, BB 2007, 1811.
171
90
8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG ■
91
Den Mindestansatz des handelsbilanziellen Eigenkapitals einer Personengesellschaft für Zwecke des Eigenkapitalvergleichs (s.o.) ■ Die Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens bei Personengesellschaften für Zwecke des Eigenkapitalvergleichs auf Ebene der Personengesellschaft, § 4h Abs. 2c) Satz 7 EStG. ■ Die Anwendbarkeit des § 8a KStG in Bezug auf die einer Kapitalgesellschaft nachgeordneten Personengesellschaften, § 4h Abs. 2 Satz 2 KStG. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Mitunternehmerschaften, die unmittelbar Gewinneinkünfte erzielen und vermögensverwaltenden Personengesellschaften, deren Gesellschafter Gewinneinkünfte erzielen und die die Beteiligung an der Personengesellschaft im Betriebsvermögen halten (Zebragesellschaften).
1. 92
8
93
Mitunternehmerschaften sind nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 EStG partielle Steuersubjekte. Sie erzielen selbst gewerbliche Einkünfte. Die Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO findet auf Personengesellschaften keine Anwendung. Die Gewinnermittlung einer Mitunternehmerschaft erfolgt zweistufig.124 ■ Auf einer ersten Stufe wird der Gewinn auf Ebene der Gesamthand entsprechend der Gesamthandsbilanz einschließlich des Ergebnisses etwaiger Ergänzungsbilanzen ermittelt. ■ Auf zweiter Stufe wird der Gewinn um Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben der Mitunternehmer bzw. das Ergebnis aus den Sonderbilanzen der Mitunternehmer ermittelt. Die Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft125 setzt sich daher aus der Gesamthandsbilanz, den Sonderbilanzen der Mitunternehmer und den Ergänzungsbilanzen der Mitunternehmer zusammen. Damit stellen sich für die Anwendung der Zinsschranke vor allem folgende Fragen: Ist die Mitunternehmerschaft ein Betrieb? Auf welcher Ebene sind die Zinsaufwendungen von Mitunternehmern, die Sonderbetriebsausgaben darstellen, in die Prüfung der Zinsschrankenregelung einzubeziehen? Wie wird der Eigenkapitalvergleich bei einer Personengesellschaft vorgenommen?
a) 94
Mitunternehmerschaften
Betrieb der Mitunternehmerschaft
Eine Mitunternehmerschaft hat einen eigenen Geschäftsbetrieb und damit einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG.126 Die Mitunternehmerschaft kann nur über einen Betrieb verfügen. Der Betrieb umfasst die gesamte Tätigkeit der Mitunternehmerschaft. Zum Betrieb der Mitunternehmerschaft zählt neben dem Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft das aktive und passive Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer.
124 Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn 401. 125 Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn 401. 126 Wagner/Fischer, BB 2007, 1811.
172
D.
b)
8
Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
Zuordnung von Zinsaufwendungen
Aufgrund der betriebsbezogenen Betrachtungsweise des § 4h EStG ist die Zinsschranke bei Mitunternehmerschaften unter Einbeziehung von Ergänzungs- und Sonderbilanzen der Mitunternehmer vorzunehmen.127 Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: Zinszahlungen der Personengesellschaft an den Mitunternehmer stellen keine relevanten Zinsen für die Bestimmung der Zinsschranke dar, da die Zinseinnahmen als Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG den Gewinn der Mitunternehmerschaft nicht mindern und deshalb der maßgebliche Gewinn der Mitunternehmerschaft durch diese Zinsen nicht belastet wird.128
95
96
> Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG ist A als alleiniger Kommanditist beteiligt. A hat zugleich ein Einzelunternehmen. Er hat der A-GmbH & Co. KG ein Gesellschafterdarlehen gewährt. Für die Anwendung der Zinsschranke stellt sich die Frage, ob die Zinsaufwendungen der A-GmbH & Co. KG im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG relevanter Zinsaufwand sind und ob die Zinserträge des A bei ihm Zinserträge im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG darstellen. Das Gesellschafterdarlehen des A ist Sonderbetriebsvermögen des A bei der A-GmbH & Co. KG. Die Zinseinnahmen des A sind Sonderbetriebseinnahmen und werden in die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft einbezogen. Bei der Prüfung der Zinsschrankenregelung für den Betrieb des A sind sie nicht zu berücksichtigen. Da die Zinsaufwendungen aus dem Gesamthandsvermögen und Zinseinnahmen als Sonderbetriebseinnahmen bei der Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft saldiert werden, haben sie den Gewinn der Personengesellschaft nicht gemindert. Zinsaufwendungen können zugleich Sonderbetriebsausgaben eines Mitunternehmers sein. Das kann der Fall sein, wenn der Mitunternehmer den Erwerb seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft fremdfinanziert hat oder wenn der Erwerb von Sonderbetriebsbetriebsvermögen fremdfinanziert wird (z. B. Refinanzierung eines Gesellschafterdarlehens).
8
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> Beispiel: Der A hat eine Beteiligung an der A-GmbH & Co. KG erworben und den Kaufpreis durch ein Bankdarlehen fremdfinanziert. Das Darlehen stellt passives Sonderbetriebsvermögen des A bei der A-GmbH & Co. KG dar. Die Darlehenszinsen, die A an die Bank leistet, stellen Sonderbetriebsausgaben dar. Sie sind daher für die Anwendung der Zinsschrankenregelung auf Ebene der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen; nicht etwa für den Betrieb des A. Wie diese Zinsaufwendungen als Sonderbetriebsausgaben in die Zinsschranke einzubeziehen sind, ist umstritten.129 Es lassen sich zwei Grundansichten voneinander unterscheiden: ■ Die Sonderbetriebsausgaben sind für Zwecke der Zinsschrankenregelung dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzurechnen und nicht dem Betrieb des Mitunternehmers.130 Diese Ansicht stößt auf praktische Schwierigkeiten bei der Zuordnung und Aufteilung des abzugsfähigen und nichtabzugsfähigen Zinsaufwandes im Sinne des § 4h EStG auf die Gesellschafter. Da der Gewinn der Personengesellschaft auf Ebene der Gesellschafter der Einkommen- und Körperschaftsteuer unterliegt, müssen die nichtabzugsfähigen Zinsaufwendungen und ein entsprechender Zinsvortrag den einzelnen Gesellschaftern zugerechnet werden.131 127 128 129 130 131
Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305, 307; im Ergebnis ebenso: Wagner/Fischer, BB 2007, 1811. Wagner/Fischer, BB 2007, 1811; Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 124. Ausführlich zu möglichen Berechnungsmodellen: Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 125 ff. So auch Wagner/Fischer, BB 2007, 1811; a.A: Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 127. Zu dieser Problematik: Herzig/Bohn, DB 2007, 1, 3; Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1812; Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305, 307 mit einem entsprechendem Beispiel.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG ■
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Nach einer Ansicht (Meinung 1) soll der jeweils vom Gesellschafter verursachte Beitrag zu den anteiligen Nettozinsaufwendungen verursachungsgerecht aufgeteilt werden. Ein Zuteilungsmaßstab müsse berücksichtigen, wie hoch der vom einzelnen Gesellschafter verursachte anteilige Nettozinsaufwand und das anteilig auf ihn entfallende EBITDA sind. Vorgeschlagen wird, dass die gesamten Nettozinsaufwendungen und das EBITDA der Personengesellschaft zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, um aus der so gewonnenen Quote eine Aufteilung an die einzelnen Gesellschafter vorzunehmen.132 ■ Nach einer weiteren Ansicht (Meinung 2) ist der sich auf Ebene der Mitunternehmerschaft ergebende nichtabzugsfähige Zinsaufwand entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel den Gesellschaftern zuzurechnen, da Grundlage für Gewinnverteilungen immer der Gesellschaftsvertrag sein sollte.133 ■ Eine dritte Ansicht (Meinung 3) will hingegen die Ermittlung der abzugsfähigen und nichtabzugsfähigen Zinsaufwendungen für den Gesellschafter gesondert vornehmen. Danach wäre wie folgt vorzugehen: ■ Die Freigrenze von € 1 Mio. wird auf Ebene der Personengesellschaft ermittelt, ohne dass die Zinsaufwendungen eines Gesellschafters, die Sonderbetriebsausgaben darstellen, einbezogen werden. Auf Ebene des Gesellschafters wird bezüglich seiner Sonderbetriebsausgaben die Zinsschranke erneut ermittelt.134 Diese Sonderbetriebsausgaben wären in die Prüfung der Freigrenze von € 1 Mio. auf Ebene des Gesellschafters einzubeziehen. ■ Die Kappung von 30 % wird ebenfalls auf Ebene der Gesellschaft bezüglich der Zinsen des Gesamthandsvermögens vorgenommen. Bezogen auf den Anteil des Gesellschafters EBITDA der Gesamthand wird für den Gesellschafter zusätzlich die 30 %-Kappung ermittelt.135 Diese letztgenannte Ansicht führt zu einer verursachungsgerechten Lösung, soweit dadurch die steuerliche Abzugsfähigkeit des Zinsaufwandes im Gesamthandsvermögen nicht durch Zinsaufwand, der Sonderbetriebsaufwand darstellt, beeinflusst wird. Diese Ansicht passt jedoch nicht zu der Betriebsbezogenheit der Zinsschrankenregelung, denn es würde ein Betrieb „Sonderbetriebsvermögen II“ des jeweiligen Gesellschafters begründet. Die betriebsbezogene Betrachtungsweise legt nahe, dass die Finanzverwaltung nach der in Meinung 2 dargestellten Betrachtungsweise verfährt. Als rechtlich greifbarer Aufteilungsmaßstab stehen lediglich die Gewinnverteilungsregelungen des Gesellschaftsvertrags zur Verfügung. Für Meinung 3 spricht allerdings das Urteil des BFH vom 29.03.2007 zu § 4 Abs. 4a EStG136, in dem gesellschafterbezogen eine Aufteilung von Über- und Unterentnahmen auf die einzelnen Mitunternehmer vorgenommen wird. > Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG sind B und C zu jeweils 50 % beteiligt. Die A-GmbH & Co. KG hat Zinsaufwendungen in Höhe von € 2.500.000. B hat der A-GmbH & Co. KG ein Darlehen überlassen. Der Zinsaufwand der Personengesellschaft und der Zinsertrag des B betragen € 3.000.000. Die Refinanzierung erfolgte über ein Bankdarlehen. Dem B entsteht ein Zinsaufwand von € 3.000.000. Der Gewinn der A-GmbH & Co. KG (vor Aufwand aus Ertragsteuern) betrage € 1.000.000. Die Abschreibungen betragen ebenfalls € 1.000.000. Die A- GmbH & Co. KG sei konzernzugehörig und erfülle die Voraussetzungen der Escape-Klausel nicht. 132 133 134 135 136
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So wohl Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1812. Middendorf/Stegemann, INF 2007, 305, 307. Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 132. So wohl Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 127. BFH, Urteil vom 29.03.2007, BB 2007, 1932, 1934.
D.
Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
8
Die Gewinnermittlung und -verteilung vor Steuern bestimmt sich wie folgt: Gesamt
B
C
Gewinn des Gesamthandsvermögens
1.000.000
500.000
zuzüglich Sonderbetriebsvermögen des B aus Gesellschafterdarlehen
3.000.000
3.000.000
abzüglich Sonderbetriebsausgaben des B aus Refinanzierung
-3.000.000
-3.000.000
Gewinn vor Anwendung der Zinsschranke
1.000.000
500.000
500.000
500.000
Nach den dargestellten Ansichten wird der abzugsfähige Zinsaufwand wie folgt ermittelt: Meinung 1 und Meinung 2
Meinung 3
Ermittlung des abzugsfähigen Zinsaufwandes nach der Zinsschranke Ebene der Personengesellschaft Gesamthandsgewinn (vor Berücksichtigung von Ertragsteueraufwand)
1.000.000
1.000.000
zuzüglich Zinsaufwand aus dem Gesellschafterdarlehen
3.000.000
3.000.000
maßgeblicher Gewinn
4.000.000
4.000.000
zuzüglich Abschreibungen
1.000.000
1.000.000
zuzüglich Zinsaufwand des Gesamthandsvermögen
2.500.000
2.500.000
zuzüglich bei B entstehende Sonderbetriebsausgabe
3.000.000
0
10.500.000
7.500.000
3.150.000
2.250.000
davon 30 %
Ebene des Gesellschafters B (nur nach Meinung 3) Anteil des Gesellschafters am steuerlichen EBITDA
3.750.000
Zinsaufwand, soweit es sich um Sonderbetriebsausgaben handelt
3.000.000 6.750.000
davon 30 %
abzugsfähiger Zinsaufwand nach § 4h EStG insgesamt
2.025.000
3.150.000
4.275.000
Nach Meinung 3 ist mit dieser Berechnung zugleich die Verteilung des abzugsfähigen und nichtabzugsfähigen Zinsaufwandes erfolgt. Nach Meinung 1 und Meinung 2 muss diese Aufteilung entsprechend dem jeweils vorgeschlagenen Aufteilungsmaßstab noch erfolgen.
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8
§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG ! Praxishinweis: Die Anwendung der Zinsschrankenregelung auf Ebene der Mitunternehmerschaft kann daher bei Anwendung von Meinung 1 oder Meinung 2 zu Benachteiligungen einzelner Mitunternehmer führen. Bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen sollten diese Wirkungen bei der Regelung der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung mit bedacht werden. 99
Diese Problemstellung setzt sich bei doppel- und mehrstöckigen Personengesellschaften fort, bei denen eine Zuordnung der relevanten Zinsaufwendungen und Zinserträge auf jeder Ebene zu erfolgen hat. > Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG ist die B-GmbH & Co. KG beteiligt. Die Anteile an der A-GmbH & Co. KG werden von B erworben. Der Kaufpreis entfällt zu 50 % auf den Geschäftsbetrieb der A-GmbH & Co. KG und zu 50 % auf den Geschäftsbetrieb der B-GmbH & Co. KG. Der Kaufpreis wird in voller Höhe fremdfinanziert. B gewährt zusätzlich der A-GmbH & Co. KG ein Darlehen. Das von B aufgenommene Darlehen für den Erwerb der A-GmbH & Co. KG und damit mittelbar der B-GmbH & Co. KG stellt passives Sonderbetriebsvermögen dar. Zweifelhaft ist, ob dieses Darlehen aufzuteilen ist. Es würde sich um passives Sonderbetriebsvermögen des B bei der B-GmbH & Co. KG handeln, soweit das Darlehen der Finanzierung des Kaufpreises dient, der auf den Geschäftsbetrieb der B-GmbH & Co. KG entfällt und es wäre passives Sonderbetriebsvermögen des B bei der A-GmbH & Co. KG, soweit es der Finanzierung des Kaufpreises dient, der auf den Geschäftsbetrieb der A-GmbH & Co. KG entfällt.137 Die Zinsen für das Darlehen müssten für Zwecke des § 4h EStG zu 50 % dem Betrieb der A-GmbH & Co. KG und zu 50 % dem Betrieb der B-GmbH & Co. KG zugeordnet werden. Das von B an die B-GmbH & Co. KG überlassene Darlehen stellt Sonderbetriebsvermögen des B bei der B-GmbH & Co. KG dar, § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, so dass es auf Ebene der B-GmbH & Co. KG neutralisiert wird.
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c) 100
Anwendung der Freigrenze des § 4h Abs. 2a EStG bei Mitunternehmerschaften
Da die Mitunternehmerschaft einen eigenen Betrieb hat, steht ihr ein eigener Freibetrag in Höhe von € 1 Mio. zu, der allerdings auf den gesamten Zinsaufwand der Mitunternehmerschaft einschließlich der Zinsaufwendungen des Sonderbetriebsvermögens138 bezogen wird. Mitunternehmerschaften sind nicht nur Gesamthandsgesellschaften, sondern z. B. auch atypisch stille Gesellschaften. Auch die atypisch stillen Gesellschaften haben einen eigenen Betrieb im Sinne des § 4h EStG. Wird z. B. bei einer GmbH & atypisch still die atypisch stille Beteiligung nur auf einen Teilbereich des Geschäftsbetriebs der GmbH bezogen, besteht ein Betrieb einer Mitunternehmerschaft im Sinne des § 4h Abs. 1 EStG, auf den sich die atypisch stille Beteiligung bezieht und der eigene Betrieb im Sinne des § 4h Abs. 1 EStG der GmbH. Infolgedessen kann es zu einer Verdoppelung der Freigrenze in Höhe von € 1 Mio. kommen. > Beispiel: An der A-GmbH ist der X zu 100 % beteiligt. Die A-GmbH hat einen Teilbetrieb in dem Ort X und einen weiteren Teilbetrieb in dem Ort Y. Die Nettozinsaufwendungen der A-GmbH betragen € 1,5 Mio. Davon entfallen 50 % auf den Teilbetrieb im Ort X und 50 % im Ort Y. An der A-GmbH beteiligt sich der B atypisch still mit der Maßgabe, dass er am Gewinn und Verlust sowie den stillen Reserven des Teilbetriebs am Ort Y beteiligt ist. Ihm werden diesbezüglich entsprechende Informa137 Zu Sonderbetriebsvermögen II bei doppelstöckigen Personengesellschaften: Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn 617. 138 Gegen die Einbeziehung von Zinsen, die Sonderbetriebsausgaben des Gesellschafters darstellen: Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 132; zu dieser Ansicht siehe oben Rn 98.
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D.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
tions- und Mitspracherechte eingeräumt. Die atypisch stille Beteiligung stellt eine Mitunternehmerschaft dar. Betrieb der Mitunternehmerschaft ist der Teilbetrieb am Ort Y. Der diesem Teilbetrieb zuzuordnende Zinsaufwand beträgt € 750.000. Die Freigrenze des § 4h Abs. 2a EStG wird nicht erreicht, so dass die Zinsschranke nicht anwendbar ist. Der Betrieb der A-GmbH entspricht dem Teilbetrieb am Ort X, dem ebenfalls nur ein Zinsaufwand im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG in Höhe von € 750.000 zuzurechnen ist, der die Freigrenze nicht übersteigt. Auch wenn die A-GmbH insgesamt Nettozinsaufwendungen hat, die größer sind als € 1 Mio., ist die Zinsschranke nicht anwendbar.
d)
Anwendung der Escape-Klausel bei Mitunternehmerschaften
Wird die Mitunternehmerschaft als konzernzugehörig angesehen, ist die Eigenkapitalquote der Mitunternehmerschaft zu ermitteln und mit der Eigenkapitalquote des Konzerns, der die Mitunternehmerschaft angehört, zu vergleichen. Sonderbetriebsvermögen ist bei Ermittlung der maßgeblichen Eigenkapitalquoten auf Ebene der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist, § 4h Abs. 2 c) Satz 7 EStG. Zum Sonderbetriebsvermögen zählen Wirtschaftsgüter im Eigentum des Gesellschafters, wenn sie dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder wenn sie der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft zumindest förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II).139 Sonderbetriebsvermögen I sind z. B. vom Gesellschafter an die Personengesellschaft vermietete Grundstücke oder der Personengesellschaft gewährte Darlehen.140 Sonderbetriebsvermögen II sind z. B. die Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH141 oder Verbindlichkeiten, die der Finanzierung des Erwerbs der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Erwerbs von Sonderbetriebsvermögen I dienen.142 Die in § 4h Abs. 2 c) Satz 7 EStG enthaltene Zuordnungsregelung betrifft die Zuordnung und Abgrenzung der in den Einzelabschlüssen ausgewiesenen Wirtschaftsgütern. Betroffen ist zum einen der Einzelabschluss der Personengesellschaft, der als Mitunternehmerschaft das Sonderbetriebsvermögen zugerechnet wird; betroffen ist zum anderen der Einzelabschluss des Gesellschafters, in dem eine Beteiligung an der Personengesellschaft und ggf. das Sonderbetriebsvermögen ausgewiesen wird. Sonderbetriebsvermögen ist eine steuerbilanzielle Größe; dem Eigenkapitalvergleich werden handelsrechtliche Abschlüsse nämlich nach HGB, IAS, US-GAAP oder dem Recht eines EU-Mitgliedstaates zu Grunde gelegt. Die entsprechenden Rechnungslegungsstandards kennen kein Sonderbetriebsvermögen. Die gesetzliche Zuordnungsregelung des § 4h Abs. 2 c) Satz 7 EStG ist wohl so zu verstehen, dass die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens aus der Einzelbilanz des Mitunternehmers gekürzt wird und im Einzelabschluss der Mitunternehmerschaft als Aktiva oder Passiva zusätzlich auszuweisen sind. Die Entfernung dieser Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens aus dem Einzelabschluss des Mitunternehmers mindert dessen Eigenkapital und Bilanzsumme.143 Die Einbeziehung dieser Wirtschaftsgüter in den Einzelabschluss der Personengesellschaft erhöht deren Eigenkapital und Bilanzsumme. Offen lässt der Gesetzeswortlaut, ob diese Zuordnungsregel für die Beteiligung an der Personengesellschaft gilt. Ist die Beteiligung an der Personengesellschaft aus der Bilanz des Gesellschafters herauszurechnen, so dass sich Eigenkapital und Bilanzsumme reduzieren oder ist die Beteiligung 139 140 141 142 143
Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rn 506. Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rn 514. Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rn 517. Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rn 521. Zweifelnd: Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1815.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
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nach § 4h Abs. 2 Satz 5 EStG144 als Anteil an einer Konzerngesellschaft nur beim Eigenkapital zu kürzen? Zutreffend ist die erstgenannte Alternative.145 Abzustellen ist auf die betriebsbezogene Sichtweise des § 4h EStG. Nach § 4h Abs. 2 c) EStG ist das Eigenkapital des Betriebs zu ermitteln. Die Mitunternehmerschaft verfügt über einen eigenen Betrieb. Der handelsrechtliche Einzelabschluss weist den Betrieb des Mitunternehmers und den Betrieb der Mitunternehmerschaft (= Beteiligung an der Personengesellschaft) aus. Da sowohl für den Betrieb des Mitunternehmers als auch den Betrieb der Mitunternehmerschaft die Eigenkapitalquote zu ermitteln ist, muss der Betrieb der Mitunternehmerschaft vom Betrieb des Mitunternehmers bilanziell getrennt werden, so dass die Beteiligung aus der Bilanz des Mitunternehmers herauszurechnen ist und sowohl das Eigenkapital als auch die Bilanzsumme des Einzelabschlusses des Mitunternehmers verändert.146 Aus dem Zusammenhang mit § 4h Abs. 2 c) EStG, der die persönliche Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen regelt, wenn es im Konzern enthalten ist, kann die Beteiligung aus dem Einzelabschluss des Mitunternehmers nur in dem Fall herausgenommen werden, wenn auch die Personengesellschaft konzernzugehörig ist. Insoweit beschränkt § 4h Abs. 2 c) Satz 5 EStG die betriebsbezogene Betrachtung und die bilanzielle Trennung der Betriebe auf Betriebe, die zu einem Konzern gehören. Auch in diesem Fall führt die steuerliche Zuordnungsregelung des § 4h EStG dazu, dass die Vorschriften über den Ansatz von Aktiva und Passiva des jeweils anzuwendenden Rechnungslegungsstandards überlagert wird (ohne dass die Bilanzen deshalb falsch im Sinne des § 4h Abs. 2 c) Satz 13 EStG werden können). § 4h Abs. 2 c) Satz 5 EStG enthält eine Regelung über die persönliche Zuordnung der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögen. Der Ansatz und die Bewertung dieser Wirtschaftsgüter haben darüber hinaus auf der Grundlage der entsprechenden Rechnungslegungsstandards zu erfolgen.147 > Beispiel: Die A-GmbH & Co. KG ist eine Konzerngesellschaft des Konzerns der A-AG. Die A-AG stellt einen Konzernabschluss nach HGB auf. Alleiniger Mitunternehmer der A-GmbH & Co. KG ist die B-GmbH, die ebenfalls ein Konzernunternehmen der A-AG ist. Die B-GmbH verfügt über ein Grundstück, dass der A-GmbH & Co. KG überlassen wurde. Die Bilanzen nach HGB der B-GmbH und der A-GmbH & Co. KG sehen wie folgt aus: B-GmbH: Aktiva Grundstück Sonstiges Anlagevermögen Beteiligung an der Personengesellschaft Umlaufvermögen
in € 10 Mio. 25 Mio. 5 Mio. 5 Mio. 45 Mio.
Passiva Eigenkapital
in € 20 Mio.
Verbindlichkeiten
25 Mio. 45 Mio.
Die Eigenkapitalquote der A-GmbH & Co. KG:beträgt danach 44,44 %.
144 BT-Drs. 16/4841, S. 49 zum Regierungsentwurf, der sich noch auf Konzernkapitalgesellschaften bezog und BT-Drs. 16/5491, S. 17 mit der Bemerkung, dass es sich um redaktionelle Änderungen handle. 145 A.A.: Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 167, die auf die Kürzungsvorschrift abstellen, wonach Anteile an anderen Konzerngesellschaften vom Eigenkapital zu kürzen sind. 146 Ebenso wohl im Ergebnis, jedoch mit anderer Begründung: Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1816. 147 Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1815.
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D.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
A-GmbH & Co. KG: Aktiva Anlagevermögen Umlaufvermögen
in € 25 Mio. 25 Mio. 50 Mio.
Passiva Eigenkapital Verbindlichkeiten
in € 25 Mio. 25 Mio. 50 Mio.
Die Eigenkapitalquote beträgt danach 50 %. Das Grundstück stellt Sonderbetriebsvermögen der B-GmbH bei der A-GmbH & Co. KG dar und ist daher ebenso wie die Beteiligung an der A-GmbH & Co. KG aus dem Einzelabschluss der B-GmbH zu eliminieren. Das Grundstück ist auf Ebene der Personengesellschaft zu berücksichtigen. Daraus ergeben sich für den Eigenkapitalvergleich folgende relevante Bilanzen: B-GmbH: Aktiva Grundstück Sonstiges Anlagevermögen Beteiligung an der Personengesellschaft Umlaufvermögen
in € 0 Mio. 25 Mio. 0 Mio. 5 Mio. 30 Mio.
Passiva Eigenkapital
Verbindlichkeiten
in € 5 Mio.
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25 Mio. 30 Mio.
Die für Zwecke des § 4h EStG relevante Eigenkapitalquote beträgt danach bei der A-GmbH & Co. KG nur noch 16,67 %. A-GmbH & Co. KG: Aktiva Grundstück Anlagevermögen Umlaufvermögen
in € 10 Mio. 25 Mio. 25 Mio. 60 Mio.
Passiva Eigenkapital Verbindlichkeiten
in € 35 Mio. 25 Mio. 60 Mio.
Die Eigenkapitalquote der A-GmbH & Co. KG beträgt für Zwecke der Zinsschranke 58,33 %. Eine Sonderstellung nehmen Forderungen des Gesellschafters gegen die Personengesellschaft ein. Diese Forderungen sind Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der Personengesellschaft als Mitunternehmerschaft, so dass sie nach § 4h Abs. 2 c) Satz 7 EStG in die Einzelbilanz der Personengesellschaft einzubeziehen sind, soweit sie im Konzernvermögen enthalten sind. Dabei stellt sich die Frage, ob sie in dieser für § 4h EStG relevanten Einzelbilanz aktiviert werden (Bilanzverlängerung) oder gegen die entsprechende Verbindlichkeit verrechnet werden müssen (Bilanzverkürzung). Wären sie zu aktivieren, dann müsste nach § 4h Abs. 2 c) Satz 6 EStG wiederum eine Kürzung dieser Forderung von der Bilanzsumme erfolgen, wenn Verbindlichkeiten in mindestens gleicher Höhe im Konzernabschluss bestehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Forderung des Gesellschafters und die Verbindlichkeit nicht im Konzernabschluss enthalten sein werden. Das spricht dafür, eine konsolidierte Betrachtung auf Ebene der Personengesellschaft anzuwenden.148 § 4h Abs. 2 c) Satz 6 EStG käme nicht zur Anwendung.
148 So wohl auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 167; A.A. wohl Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1815.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG > Beispiel: Die B-GmbH, eine Konzerntochter der A-AG, ist an der A-GmbH & Co. KG beteiligt und hat ihr ein Gesellschafterdarlehen gewährt. Die für den Eigenkapitalvergleich relevanten Bilanzen der B-GmbH sehen wie folgt aus: B-GmbH: Aktiva Anlagevermögen Beteiligung an der Personengesellschaft Forderung gegen die Personengesellschaft Sonstiges Umlaufvermögen
in € 25 Mio. 5 Mio. 10 Mio. 5 Mio. 45 Mio.
Passiva Eigenkapital
in € 20 Mio.
Verbindlichkeiten
25 Mio. 45 Mio.
Die Eigenkapitalquote der A-GmbH & Co. KG beträgt danach 44,44 %. A-GmbH & Co. KG:
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Aktiva Anlagevermögen
in € 25 Mio.
Umlaufvermögen
25 Mio. 50 Mio.
Passiva Eigenkapital Verbindlichkeit gegen B-GmbH Verbindlichkeiten
in € 25 Mio. 10 Mio. 15 Mio. 50 Mio.
Die Eigenkapitalquote beträgt danach 50 %. Die Forderung stellt Sonderbetriebsvermögen der B-GmbH bei der A-GmbH & Co. KG dar und ist daher ebenso wie die Beteiligung an der A-GmbH & Co. KG aus dem Einzelabschluss der B-GmbH zu eliminieren. Da in diesem Fall in ihrer Bilanz die A-GmbH & Co. KG eine Forderung gegen sich selbst auszuweisen hat, sind Forderung und Verbindlichkeit zu konsolidieren, so dass sich für Zwecke des Eigenkapitalvergleichs folgende Bilanzen ergeben. B-GmbH: Aktiva Anlagevermögen Beteiligung an Personengesellschaft Forderung gegen die Personengesellschaft Sonstiges Umlaufvermögen
in € 25 Mio. 0 Mio. 0 Mio. 5 Mio. 30 Mio.
Passiva Eigenkapital
Verbindlichkeiten
in € 5 Mio.
25 Mio. 30 Mio.
Die für Zwecke des § 4h EStG relevante Eigenkapitalquote beträgt danach bei der B-GmbH nur noch 16,67 %. A-GmbH & Co. KG: Aktiva Anlagevermögen
in € 25 Mio.
Umlaufvermögen
25 Mio. 50 Mio.
Passiva Eigenkapital Verbindlichkeit gegen B-GmbH Verbindlichkeiten
Die Eigenkapitalquote der A-GmbH & Co. KG beträgt für Zwecke der Zinsschranke 70,00 %. 180
in € 35 Mio. 0 Mio. 15 Mio. 50 Mio.
D.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
Voraussetzung für die Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens zum Einzelabschluss der Personengesellschaft ist, dass das Sonderbetriebsvermögen im Konzernvermögen enthalten ist. Die Personengesellschaft und der Gesellschafter müssen zum gleichen Konzern gehören. Gehört die Personengesellschaft zu keinem Konzern, nur teilweise zu einem Konzern oder zu einem anderen Konzern als der Gesellschafter, ist diese Zuordnungsregelung nicht anzuwenden. Das Sonderbetriebsvermögen ist weiterhin dem Gesellschafter zuzuordnen und in seinem Einzelabschluss auszuweisen. Gleiches gilt für die Beteiligung an der Personengesellschaft, die im Einzelabschluss des Gesellschafters ausgewiesen wird, solange die Personengesellschaft nicht dem Konzern des Gesellschafters zugerechnet wird. Forderungen und Verbindlichkeiten zählen selbst dann zum Konzernvermögen, wenn sie aufgrund von Konsolidierungsmaßnahmen im Konzernabschluss nicht ausgewiesen sind.
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> Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG (Mitunternehmerschaft) ist B mit 20 % und die C-GmbH mit 80 % beteiligt. Die C-GmbH gehört zum Konzern der A-AG. Sowohl die C-GmbH als auch die A-GmbH & Co. KG werden in den Konzernabschluss der A-AG einbezogen. Die Beteiligung des B wird in diesem Konzernabschluss als Anteile anderer Gesellschafter ausgewiesen (vgl. § 307 HGB). B und C-GmbH haben die A-GmbH & Co. KG über beteiligungskongruente Gesellschafterdarlehen finanziert. Für Zwecke des Eigenkapitalvergleichs nach § 4h Abs. 2c EStG wird das Darlehen der C-GmbH dem Einzelabschluss der AGmbH & Co. KG hinzugerechnet. Das Darlehen des B, das ebenfalls Sonderbetriebsvermögen des B bei der A-GmbH & Co. KG darstellt, wird hingegen nicht hinzugerechnet, da es nicht zum Konzernvermögen des Konzerns der A-AG gehört, denn das Vermögen des B wird nicht in den Konzernabschluss der A-AG einbezogen. Gleichwohl zählt dieses Sonderbetriebsvermögen des B zum Betrieb der A-GmbH & Co. KG im Sinne des § 4h Abs. 1 EStG, so dass kein relevanter Zinsaufwand und Zinsertrag vorliegt. Obwohl es sich bei steuerlicher Betrachtung um Eigenkapital der Mitunternehmerschaft handelt, wird das Sonderbetriebsvermögen des B im Einzelabschluss der Personengesellschaft als Fremdkapital angesetzt. Da an der A-GmbH & Co. KG die C-GmbH als eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, handelt es sich bei der Personengesellschaft um eine einer Kapitalgesellschaft nachgeordnete Mitunternehmerschaft, so dass für die A-GmbH & Co. KG § 8a KStG anzuwenden ist. Die Forderung des B wird als Gesellschafterdarlehen zu einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung führen können.
e)
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Auswirkungen auf den maßgeblichen Gewinn des Mitunternehmers
Eine weitere Folgefrage ist, ob der Gewinnanteil des Gesellschafters aus der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft im maßgeblichen Gewinn des Gesellschafters im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG enthalten ist oder ob dieser Gewinn herauszurechnen ist. Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften des EStG mit Ausnahme des § 4h Abs. 1 EStG ermittelte steuerpflichtige Gewinn. Der steuerpflichtige Gewinnanteil aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft erhöht den steuerpflichtigen Gewinn des Mitunternehmers. Nach der Definition des maßgeblichen Gewinns in § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG zählt der Gewinnanteil des Mitunternehmers zum maßgeblichen Gewinn des Mitunternehmers. Eine Kürzungsvorschrift besteht nach § 4h Abs. 1 EStG nicht. Dagegen könnte sprechen, dass aufgrund der Betriebsbezogenheit der Zinsschrankenregelung lediglich der maßgebliche Gewinn des jeweiligen Betriebs der Berechnung der Zinsschranke zu Grunde gelegt wird. Da die Mitunternehmerschaft selbst über einen Betrieb verfügt,
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG würde der Gewinnanteil des Mitunternehmers nicht zum Betrieb des Mitunternehmers gehören und wäre bei der Berechnung des steuerlichen EBITDA für den jeweiligen Gesellschafter nicht zu berücksichtigen.149 > Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG ist A (Konzernzugehörigkeit und Scheitern des Eigenkapitalvergleichs unterstellt) beteiligt. Er hat Nettozinsaufwendungen in Höhe von € 3 Mio. Der A erzielt in seinem Betrieb einen Gewinn von € 7 Mio. (vor Abschreibungen). Der Gewinn setzt sich zusammen aus einem Gewinnanteil aus der Beteiligung an der Personengesellschaft in Höhe von € 5 Mio. und einem Gewinn aus dem eigenen Betrieb des A in Höhe von € 2 Mio. Die Nettozinsaufwendungen stellen keine Sonderbetriebseinnahmen bzw. -ausgaben dar. Wird der gesamte Gewinn des A der Berechnung der Zinsschranke zu Grunde gelegt, kann A von € 7 Mio. + € 3 Mio. = € 10 Mio.; € 10 Mio. x 30 % = € 3 Mio. und damit seine Zinsaufwendungen in voller Höhe steuerlich abziehen. Wird hingegen der Gewinnanteil aus der Personengesellschaft herausgerechnet, so kann A von € 2 Mio. + € 3 Mio. = € 5 Mio.; € 5 Mio. x 30 % = € 1,5 Mio. des Nettozinsaufwandes steuerlich abziehen, während € 1,5 Mio. nichtabzugsfähig sind und als Zinsvortrag in künftige Veranlagungszeiträume vorgetragen werden.
2.
8 107
Vermögensverwaltende Personengesellschaften erzielen keine Einkünfte aus einer Gewinneinkunftsart, so dass § 4h EStG auf Ebene der Personengesellschaft nicht anzuwenden ist. Gesellschafter der Personengesellschaft können die Beteiligung im Betriebsvermögen halten, so dass auf Ebene des Gesellschafters die Einkünfte aus der Personengesellschaft in z. B. gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden können (Zebragesellschaft). Für diese Gesellschafter findet § 4h EStG dem Grunde nach Anwendung. Da die Personengesellschaft als vermögensverwaltende Personengesellschaft über keinen Betrieb im Sinne des § 4h Abs. 1 EStG verfügt, ist entsprechend § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO eine Bruchteilsbetrachtung anzuwenden und es sind die Aktiva und Passiva der Personengesellschaft dem Betrieb des Gesellschafters anteilig zuzurechnen.150 Das wird auch für die Zinsaufwendungen und die Zinserträge der Personengesellschaft gelten, die anteilig dem betrieblich beteiligten Gesellschafter zugerechnet werden und dessen Zinsaufwand und Zinsertrag dementsprechend erhöhen. Gesellschafterdarlehen des betrieblich beteiligten Gesellschafters werden hinsichtlich des auf Ebene der Personengesellschaft entstehenden Zinsaufwandes zu einer quotalen Zurechnung auf Ebene des Gesellschafters führen, während die Zinsen aus dem Gesellschafterdarlehen in voller Höhe Zinsertrag beim Gesellschafter darstellen.151
III. 108
Vermögensverwaltende Personengesellschaften
Zinsschranke bei Körperschaften
Die Vorschrift des § 8a KStG ergänzt den Anwendungsbereich der Zinsschranke nach § 4h EStG für Körperschaften (d. h. nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern für alle Körperschaften). Die bisherige Regelung des § 8a KStG galt nach ihrer Ausdehnung auf sämtliche Kapitalgesell149 A.A. wohl Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 127 f, der bereits bei der gesellschafterbezogenen Ermittlung des abzugsfähigen Zinsaufwandes für Sonderbetriebsausgaben diesen Kaskadeneffekt zugunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt. 150 Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 115. 151 Zu den Problemen von Private Equity Gesellschaften siehe Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 156ff; Töben/Fischer, BB 2007, 974, 977.
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D.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
schaften ab dem Veranlagungszeitraum 2004 als praktisch nicht durchführbar und daher gescheitert.152 Die Abschaffung dieser Regelung wurde insgesamt begrüßt.153
1.
Die bisherige Regelung des § 8a KStG (Überblick)
Dem bisherigen § 8a KStG a. F. galt seit der Änderung durch das „Korb II Gesetz“154 nicht nur für Zinszahlungen an ausländische oder steuerbefreite Kapitalgesellschaft sondern für sämtliche Zinszahlungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter. Dieser Vorschrift lag eine andere Regelungstechnik zu Grunde. Nach § 8a KStG a. F. wurden im Falle einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung die Zinszahlungen einer Körperschaft in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert. Das implizierte neben der Notwendigkeit auf diese Zinszahlungen Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen, die Notwendigkeit zu prüfen, welche Rechtsfolgen sich auf Ebene des Anteilseigners bzw. – soweit nicht identisch – auf Ebene des Zahlungsempfängers ergaben.155
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> Beispiel: Die A-GmbH gewährte ihrer Tochtergesellschaft B-GmbH ein Darlehen. Die Zinszahlungen auf dieses Darlehen werden nach § 8a KStG in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert. Die B-GmbH kann die Zinsen steuerlich nicht abziehen (außerbilanzielle Hinzurechnung).156 Sie hat auf die Zahlung der Zinsen Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag einzubehalten und abzuführen. Die A-GmbH hat die Zinsen der B-GmbH nicht als Zinseinnahmen, sondern als verdeckte Gewinnausschüttungen zu versteuern. Die Zinsen sind bei der A-GmbH zu 95 % steuerfrei. Eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung eines unmittelbar oder mittelbar wesentlich beteiligten Gesellschafters (Beteiligungsquote > 25 %) lag nach § 8a KStG a. F. vor, ■ bei gewinnabhängiger Verzinsung („nicht in einem Bruchteil des Kapitals bemessenen Vergütung“) eines Darlehens (Genussrechte, typisch stille Beteiligung), ■ wenn und soweit bei gewinnunabhängiger Verzinsung („in einem Bruchteil des Kapitals bemessenen Vergütung“) eines Darlehens das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital größer war als 1:1,5 („safe haven“). Eine Ausnahme galt, wenn die Kapitalgesellschaft dieses Fremdkapital bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten hätte erhalten können. Es galt eine Freigrenze von € 250.000. Der Finanzierung durch den wesentlich beteiligten Gesellschafter gleichgestellt war die Finanzierung durch eine dem wesentlich beteiligten Gesellschafter nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 AStG), also z. B. durch eine andere Konzerngesellschaft oder die Finanzierung durch einen Dritten, der auf den wesentlich beteiligten Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person Rückgriff nehmen konnte. Sonderregelungen galten für Holdinggesellschaften, nachgeschaltete Personengesellschaften und fremdfinanzierte konzerninterne Anteilsverkäufe an Konzernkapitalgesellschaften, § 8a Abs. 4 bis 6 KStG a. F., auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden soll. 152 Thiel, FR 2007, 729. 153 Thiel, a.a.O. 154 Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2840. 155 Dötsch, KStG, § 8a a. F. Rn. 266 ff; a.A.: z. B. Wassermeyer, DStR 2004, 749; Gosch, KStG, § 8a Rn 152. 156 Gosch, KStG, § 8a Rn 150.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG 113
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Die Neuregelung des § 8a KStG knüpft nunmehr an die für alle Unternehmen geltende Zinsschranke an. In § 8a Abs. 1 KStG wird der Anwendungsbereich der Zinsschranke für Körperschaften weiter definiert. In § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG wird die schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung anhand ähnlicher Tatbestandsmerkmale im Vergleich zur Regelung des § 8a KStG a. F. bestimmt. Die schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung führt nunmehr nicht zu verdeckten Gewinnausschüttungen, sondern versperrt der Körperschaft die Möglichkeit, sich auf die sachlichen Ausnahmen der Zinsschranke in Fällen der fehlenden Konzernzugehörigkeit bzw. des erfolgreichen Eigenkapitalvergleichs nach § 4h Abs. 2b) und Abs. 2c) EStG zu berufen.157 Sofern nach allgemeinen Regelungen eine verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen ist, z. B. bei überhöhten Zinszahlungen an einen Gesellschafter, bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Regelungen und damit der Qualifikation als verdeckte Gewinnausschüttung. Die als verdeckte Gewinnausschüttung umqualifizierten Zinsen sind nicht in die Zinsschranke einzubeziehen. > Beispiel: Die A-GmbH gewährt ihrem Gesellschafter ein Darlehen, das mit 10 % verzinst wird. 4 % der Zinsen sind verdeckte Gewinnausschüttung. Diese 4 % bleiben künftig verdeckte Gewinnausschüttung. Für die Ermittlung der Freigrenze, der schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung im Sinne des § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG n. F. und der 30 %-Kappung der Zinsschranke sind lediglich die verbliebenen 6 % der Zinsen zu betrachten, da nur diese Zinsen den maßgeblichen Gewinn nach § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG gemindert haben.
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2. 115
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Anwendungsbereich der Zinsschranke für Körperschaften
Aufgrund der Verweisung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG gilt § 4h EStG auch für Körperschaften, sofern sie Gewinneinkünfte beziehen. Das gilt für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften generell nach § 8 Abs. 2 KStG. Für alle anderen Körperschaften gilt das nur, soweit sie aufgrund ihrer Tätigkeit Gewinneinkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielen. Eine Stiftung oder ein Verein, der z. B. nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 4h EStG. Für eine beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft ist § 4h EStG unmittelbar anwendbar, wenn sie nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG inländische Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit bezieht. Der Anwendungsbereich der Zinsschranke ist nicht nur auf beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften begrenzt, die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten, sondern auch die anderen in § 49 Abs. 1 Nr. 2 b) bis f) EStG genannten gewerblichen Einkünfte führen zur Anwendung des § 4h EStG für beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften. § 8a Abs. 1 Satz 4 EStG ist anwendbar, wenn eine Kapitalgesellschaft ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG (Überschusseinkünfte) ermittelt. Da die gesetzlichen Regelungen sich nur auf Kapitalgesellschaften und nicht auf Körperschaften beziehen, wird z. B. ein Verein, der ausschließlich Einkünfte aus Vermietungs- und Verpachtungstätigkeiten hat, nicht generell mit allen Einkünften in den Anwendungsbereich des § 4h EStG einbezogen. Die Zinsschranke ist für den Verein in dem Umfang anwendbar, wie er Gewinneinkünfte erzielt. Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften erzielen nach § 8 Abs. 2 KStG aufgrund ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte. Für sie 157 Thiel, FR 2007, 729,731 f.: „…Kapitalgesellschaften, die von den genannten Escape-Möglichkeiten Gebrauch machen wollen, müssen zunächst die Barriere des neuen § 8a KStG überwinden.“
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
kann § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG keine Wirkung entfalten. Folglich kann sich § 8a Abs. 1 Satz 4 EStG nur auf beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften beziehen, die nicht kraft ihrer Rechtsform gewerblich tätig sind. Sie können z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG erzielen. Auf diesem Wege wird § 4h EStG auf sämtliche Einkünfte einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft ausgedehnt.158 ! Praxishinweis: Davon betroffen sind insbesondere Investitionen ausländischer Kapitalgesellschaften in Immobilienvermögen, das in Deutschland belegen ist. Die Anwendung der Zinsschrankenregelung des § 4h EStG auf diese Kapitalgesellschaften ändert aber nichts daran, dass die Einkünfte dieser Gesellschaften nach § 21 EStG zu ermitteln sind.
3.
Betrieb einer Körperschaft
Kapitalgesellschaften haben einen einheitlichen Geschäftsbetrieb, so dass jede Kapitalgesellschaft über einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG verfügt.159 Das gilt für beschränkt wie unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften gleichermaßen. Bei anderen Körperschaften, die auch Einkünfte aus anderen Einkunftsarten beziehen können, ist der Umfang eines Betriebs wie bei natürlichen Personen zu bestimmen.
4.
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Freigrenze des § 4h Abs. 2a) EStG
Auch wenn in § 8a KStG nicht explizit auf § 4h Abs. 2a) EStG verwiesen wird, ist aufgrund der Verweisung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG bzw. der erweiterten Verweisung in § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG die Vorschrift des § 4h EStG insgesamt anzuwenden, so dass für Körperschaften die Freigrenze von € 1 Mio. des Nettozinsaufwandes gilt.161 Da Kapitalgesellschaften nur einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG haben, gilt für jede Kapitalgesellschaft diese Freigrenze einmal. Bei sonstigen Körperschaften, die über mehrere Betriebe verfügen können, gilt die Freigrenze für jeden einzelnen Betrieb.
158 159 160 161
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Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zinsschranke
Soweit § 4h EStG für eine Körperschaft Anwendung findet, ist Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zinsschranke nicht der maßgebliche Gewinn im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG, sondern das maßgebliche Einkommen, § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG. Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen vor Anwendung des § 4h EStG, vor Abzug von körperschaftsteuerlichen Verlustvorträgen und vor Abzug von Spenden nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG, § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG. Spenden erhöhen das steuerlich zulässige Abzugsvolumen des Zinsaufwands.160
5.
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Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 129. Rödder/Stangl, DB 2007, 479, 480; Köhler, DStR 2007, 597, 598. BT-Drs. 16/4841, 74. Töben/Fischer, BB 2007, 974, 975; Rödder/Stangl, DB 2007, 479, 480.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG
6. 121
Die sachlichen Ausnahmen der Zinsschranke („Escape-Klausel“) werden für Körperschaften zusätzlich eingeschränkt. Die Escape-Klausel findet nur dann Anwendung, wenn keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung im Sinne des § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG vorliegt und die Körperschaft es nachweist.162
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Sachliche Ausnahmen von der Zinsschranke
Nicht konzernzugehörige Körperschaft
Bei nicht konzernangehörigen Körperschaften liegt eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vor, wenn mehr als 10 % der Nettozinsaufwendungen der Körperschaft an Anteilseigner gezahlt werden, die unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 25 % am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft beteiligt sind. Der Zahlung an den Anteilseigner gleich gestellt ist die Zahlung an dem Anteilseigner nahe stehende Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG und die Zahlung an Dritte, die entweder auf den Anteilseigner oder diesem nahe stehende Personen zurückgreifen können. Eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung liegt vor, wenn Vergütungen für Fremdkapital an einen Gesellschafter gezahlt werden, der zu mehr als 25 % an der Körperschaft beteiligt ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 8a KStG für eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung identisch mit den Voraussetzungen des früheren § 8a KStG. Die Beteiligung kann unmittelbar oder mittelbar sein. Sofern unmittelbare und mittelbare Beteiligung nebeneinander bestehen, sind diese zusammenzurechnen. Bei mittelbaren Beteiligungen wird nach den entsprechenden Beteiligungsquoten durchgerechnet. Ausreichend ist, wenn die Beteiligung zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des betreffenden Wirtschaftsjahres mehr als 25 % betragen hat.163 Für die Berechnung der Beteiligungshöhe wird nicht auf die Stimmrechte, sondern auf die Kapitalbeteiligung abzustellen sein. Maßgebend ist das wirtschaftliche Eigentum an den Geschäftsanteilen.164 Bezugsgröße für die schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung ist im Gegensatz zu § 8a KStG a. F. nicht die Eigenkapital-Fremdkapital-Relation nach der Handelsbilanz. Der gegenüber dem qualifiziert beteiligten Gesellschafter bzw. diesem gleich gestellte Personen entstehende Zinsaufwand wird auf den gesamten Nettozinsaufwand der Körperschaft, d. h. den Zinsaufwand nach Verrechnung mit entsprechenden Zinserträgen, bezogen. Zum Zinsaufwand zählt auch ein Zinsvorttrag, § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG. Ob in diesem Zinsvortrag Zinsaufwand aus einer Gesellschaftsfremdfinanzierung enthalten ist, ist u. E. unerheblich, da § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG insoweit eine Fiktion enthält, deren Reichweite begrenzt ist. Beträgt der Zinsaufwand gegenüber dem Gesellschafter mehr als 10 % der gesamten Nettozinsaufwendungen der Körperschaft, bleibt die Zinsschranke anwendbar. Die Ausnahme nach § 4h Abs. 2b) EStG gilt nicht. Die Zahlung von Vergütungen an nahe stehende Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG wird ebenfalls in die Betrachtung einbezogen. Als nahe stehend im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG werden definiert: ■ wenn die betreffende Person zu mindestens einem Viertel unmittelbar oder mittelbar an dem betreffenden Anteilseigner beteiligt ist oder auf den Anteilseigner unmittelbar oder mittelbar 162 Zur Nachweisproblematik siehe Schaden/Käshammer, in: Ernst & Young/BDI, Teil II D, Rn 163 f. 163 A.A: Schaden/Käshammer, in: Ernst & Young/BDI, Teil II D, Rn 151 unter Verweis auf den vom § 8a Abs. 1 KStG a. F. abweichenden Gesetzeswortlaut. 164 Vgl. Dötsch, KStG, § 8a Rn 384 ff. zu § 8a Abs. 3 KStG a. F.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
einen beherrschenden Einfluss ausüben kann bzw. umgekehrt der Anteilseigner an der betreffenden Person zu mindestens einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist bzw. einen beherrschenden Einfluss nehmen kann, ■ eine dritte Person sowohl an der betreffenden Person als auch auf die Person des Anteilseigners wesentlich beteiligt ist oder unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, ■ die betreffende Person oder der Anteilseigner imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Anteilseigner oder die betreffende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn eine der beteiligten Personen ein eigenes Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Auch die Figur des rückgriffsberechtigten Dritten ist aus der früheren Fassung des § 8a KStG bekannt. Die Rückgriffsberechtigung eines Dritten setzte einen rechtlichen Anspruch des Dritten gegen den Anteilseigner oder die ihm nahe stehende Person voraus. Ein derartiger Anspruch kann sich z. B. aus dinglichen Sicherheiten, Bürgschaften usw. ergeben.165 Die Finanzverwaltung hatte zu § 8a KStG a. F. eine Beschränkung dahingehend vorgenommen, dass nur Fälle einer sog. back-to-back Finanzierung als Rückgriffsfälle anzusehen waren. Voraussetzung für eine schädliche Rückgriffsberechtigung war, dass die Vergütungen aus der Kapitalüberlassung durch den rückgriffsberechtigten Dritten nicht mit Vergütungen für nicht nur kurzfristige Einlagen oder sonstige nicht nur kurzfristige Kapitalüberlassungen im Zusammenhang stand, deren unmittelbarer oder mittelbarer Empfänger der wesentlich beteiligte Anteilseigener oder eine ihm nahe stehende Person ist.166 Die Feststellungslast, dass keine back-to-back Finanzierung vorlag, oblag dem Steuerpflichtigen.167 Diese Voraussetzungen wurden weitergehend konkretisiert. Von einer schädlichen back-to-back Finanzierung konnte nur dann ausgegangen werden, wenn für die vorgenannte Kapitalforderung eine Verfügungsbeschränkung zugunsten des rückgriffsberechtigten Dritten bestand.168 Das war der Fall einer „Doppelverpflichtung“ des Gesellschafters bzw. der nahe stehenden Person. Zum Ersten musste der Dritte auf den Anteilseigner oder der ihm nahe stehenden Person aufgrund eines rechtlichen Anspruchs (Bürgschaft, dingliche Sicherheit) Rückgriff nehmen können und zum Zweiten musste ein rechtlicher Anspruch des Dritten bestehen, über die Einlage/Kapitalforderung des Anteilseigners bzw. der ihm nahe stehenden Person bei dem Dritten zu verfügen bzw. darauf zugreifen zu können.
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> Beispiel: An der A-GmbH ist B zu 30 % beteiligt. B unterhält bei der B-Bank ein Bankkonto, dass ein Guthaben ausweist. Die AGmbH nimmt ein Bankdarlehen bei der B-Bank auf. B verpfändet zur Sicherheit für diese Verbindlichkeit der A-GmbH sein Bankguthaben bei der B-Bank. Da die B-Bank sowohl auf B Rückgriff nehmen und auch unmittelbar aufgrund des Pfandrechts auf das Bankguthaben zugreifen konnte, handelte es sich bei der B-Bank um einen rückgriffsberechtigten Dritten im Sinne des § 8a KStG a. F. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll diese Einschränkung auf back-to-back-Finanzierungen bei der Qualifikation eines Dritten als rückgriffsberechtigt nicht mehr gelten.169 Vielmehr soll es ausreichen, wenn der Dritte faktisch auf den Anteilseigner oder die ihm nahe stehende Person 165 166 167 168 169
BMF, Schreiben vom 15.07.2004, BStBl. I 2004, 593, Tz 19. BMF, Schreiben vom 15.07.2004, BStBl. I 2004, 593, Tz 20. BMF, Schreiben vom 15.07.2004, BStBl. I 2004, 593, Tz 20. BMF, Schreiben vom 22.07.2005, BStBl. I 2005, 829. BT-Drs. 16/4841, S. 75; kritisch: Rödder/Stangl, DB 2007, 479, 481; Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 147; Töben/Fischer, BB 2007, 974, 976; Köhler, DStR 2007, 597, 599.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG zurückgreifen kann.170 Beispielsfälle sind eine Garantieerklärung, eine Bürgschaft, eine dingliche Sicherheit wie Grundschuld oder Sicherungseigentum oder eine harte Patronatserklärung.171 Sogar eine weiche Patronatserklärung, aus der sich unmittelbar kein Zahlungsanspruch des Dritten bzw. des Schuldners, zu dessen Gunsten die Patronatserklärung abgegeben wurde, herleiten lässt, soll ausreichen.172 Auch eine Vermerkpflicht in der Bilanz nach § 251 HGB soll eine Rückgriffsberechtigung begründen können.173 > Beispiel: An der A-GmbH ist der B zu 30 % beteiligt. Die A-GmbH nimmt ein Bankdarlehen bei der B-Bank auf. B steht zu dieser Bank persönlich in keinerlei Geschäftsbeziehung. Da die A-GmbH aufgrund erheblicher Anfangsverluste bilanziell überschuldet ist, hat B eine harte Patronatserklärung gegenüber der A-GmbH abgegeben, um eine insolvenzrechtliche Überschuldung von vornherein zu vermeiden. Nach dem bisherigen § 8a KStG war die B-Bank nicht als rückgriffsberechtigter Dritter anzusehen, so dass insoweit keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorlag. Nach dem neuen § 8a Abs. 2 KStG würde die B-Bank als rückgriffsberechtigter Dritter anzusehen sein. Sofern an die B-Bank mehr als 10 % des Zinsaufwandes der A-GmbH gezahlt werden, kann die A-GmbH nicht die sachliche Befreiung von der Zinsschrankenregelung anwenden.
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Als Sonderfall ergibt sich die Frage, ob die Gewährung von Bürgschaften durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Gemeinde, Land) zugunsten ihrer Beteiligungsgesellschaften zu einer Rückgriffsberechtigung der die Beteiligungsgesellschaft finanzierenden Banken führen. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat aufgrund der Einwendungen der kommunalen Spitzenverbände die Ansicht vertreten, dass derartige Bürgschaften zu keiner schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung führen.174 Zur Begründung wird ausgeführt, dass die öffentliche Hand insoweit die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben der Daseinsvorsorge erfülle und der Kommunalaufsicht unterliege. Eine Anwendung der Regelungen zur Gesellschafterfremdfinanzierung auf diese öffentlich-rechtlich veranlassten Bürgschaftsgewährungen sei nicht zu vertreten.175 Es erscheint zweifelhaft, ob diese Ansicht im Gesetz hinreichend zum Ausdruck gekommen ist. Die öffentlich-rechtliche Gewährträgerhaftung z. B. bei Sparkassen wird sehr wohl als Rückgriffsmöglichkeit angesehen, wie die Übergangsregelung in § 34 Abs. 6a KStG zeigt. Die Herausnahme von Bürgschaften öffentlich-rechtlicher Körperschaften aus dem Anwendungsbereich des § 8a KStG n. F. wird sich wohl nur aufgrund des subventionsähnlichen Charakters derartiger Bürgschaften rechtfertigen lassen. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn dazu eine klare Regelung getroffen worden wäre, denn für die betreffenden Beteiligungsgesellschaften ist die Rechtslage keineswegs eindeutig.
b) 129
Konzernzugehörige Körperschaft
Bei konzernzugehörigen Körperschaften hängt die Anwendung der Escape-Klausel, d. h. die Möglichkeit einer sachlichen Befreiung von der Zinsschranke aufgrund eines Vergleichs der Eigenkapitalquoten zwischen Konzern- und Einzelabschluss, davon ab, ob eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt. Nach § 8a Abs. 3 KStG liegt eine schädliche Gesellschafter170 171 172 173 174 175
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BT-Drs. 16/4841, S. 75. BT-Drs. 16/4841, S. 75. BT-Drs. 16/4841, S. 75. BT-Drs. 16/4841, S. 75. BT-Drs. 16/5491, S. 11. BT-Drs. 16/5491, S. 11.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
fremdfinanzierung vor, wenn eine Konzerngesellschaft Zinsaufwendungen, die mehr als 10 % des Nettozinsaufwandes umfassen, an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital176 beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft leistet.177 Dem Gesellschafter gleich gestellt sind nahe stehende Personen und rückgriffsberechtigte Dritte. Die Voraussetzungen des § 8a Abs. 3 KStG sind bezogen auf das Erfordernis einer Beteiligung von mehr als 25 %, der Einbeziehung nahe stehender Personen und rückgriffsberechtigter Dritter identisch mit den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen bei konzernunabhängigen Körperschaften nach § 8a Abs. 2 KStG, so dass auf die vorstehenden Ausführungen in den Rn. 122-128 verwiesen wird. § 8a Abs. 3 KStG stellt auf eine konzernweite Sichtweise ab. Wenn bereits bei einer Konzerngesellschaft, gleich welcher Rechtsform,178 die 10 %-Grenze überschritten wird, ist für sämtliche Konzerngesellschaften nach § 8a Abs. 3 KStG die Escape-Klausel nicht anwendbar. Es reicht nicht aus, wenn die 10 %-Grenze nur bei der Gesellschaft nicht überschritten wird, für die die Anwendung der Escape-Klausel in Frage steht, sondern es wird eine „globale Konzernbetrachtung“179 vorgenommen. Auf die Gewichtigkeit der Konzerngesellschaft für den Konzern kommt es ebenso wenig an, wie auf die Frage, ob die schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung bei einer inländischen oder einer ausländischen Konzerngesellschaft besteht.180
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> Beispiel: Die A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH und zu 70 % an der C-GmbH beteiligt. Die A-GmbH hat die B-GmbH und die C-GmbH in ihren Konzernabschluss einbezogen und vollständig konsolidiert. An der C-GmbH ist C zu 30 % beteiligt, der der C-GmbH Darlehen gewährt hat. Bei der C-GmbH umfassen die an C gezahlten Zinsaufwendungen mehr als 10 % der Nettozinsaufwendungen. Die nach § 4h EStG maßgebende Eigenkapitalquote laut Konzernabschluss der A-GmbH beträgt 20 % und nach dem Einzelabschluss der B-GmbH 21 %. Die sachlichen Voraussetzungen der Escape-Klausel für die B-GmbH liegen vor, so dass sich die Frage stellt, ob nach § 8a Abs. 3 KStG die Escape-Klausel anzuwenden ist. Da bei der C-GmbH, einer Konzerngesellschaft, eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt – die C-GmbH zahlt mehr als 10 % des Nettozinsaufwandes an einen zu mehr als 25 % beteiligten Gesellschafter – ist die Escape-Klausel des § 4h Abs. 2c EStG für die B-GmbH nicht anzuwenden. Die nach § 8a Abs. 3 KStG geltende Konzernbetrachtung wirkt sich auf die B-GmbH aus, obwohl bei der B-GmbH keine schädliche Gesellschafterfinanzierung besteht. Für die Abgrenzung des Konzerns ist auf den Konzernbegriff des § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG abzustellen. Eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung kann bei allen Gesellschaften gegeben sein, die im Wege der Vollkonsolidierung in den Konzernabschluss einzubeziehen sind. Ist eine Konzerngesellschaft an einer anderen Gesellschaft beteiligt, die als assoziiertes Unternehmen nur teilweise konzernzugehörig ist, sind von dem assoziierten Unternehmen aufgenommene Gesellschafterdarlehen für die Frage der schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung des Konzerns grundsätzlich irrelevant. Für die Anwendung der Zinsschranke auf der Ebene des assoziierten Unternehmens kann diese Gesellschafterfinanzierung sehr wohl Bedeutung haben. Das assoziierte Unternehmen kann zugleich im Verhältnis zum Konzerngesellschafter eine nahe stehende 176 Anders als in § 8a Abs. 2 KStG wird in § 8a Abs. 3 KStG nicht auf das Grund- oder Stammkapital abgestellt, sondern auf die Beteiligung am Kapital. U. E. ist dieses Tatbestandsmerkmal so auszulegen, dass auf das Nennkapital oder eine ähnliche Größe abzustellen ist, die dem Grund- und Stammkapital am nächsten kommt. 177 Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 171, schlagen vor, dass die 10 %-Grenze nicht auf den Rechtsträger bezogen wird, sondern auf den Konzern, d. h. den kumulierten Nettozinsaufwand aller konzernzugehörigen Rechtsträger. Das würde der konzernweiten Betrachtung des § 8a Abs. 3 KStG sicher eher entsprechen. U.E. ist der Wortlaut des Gesetzes eindeutig im Sinne einer rechtsträgerbezogenen Betrachtungsweise zu verstehen. 178 In § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG wird von einem anderen Rechtsträger gesprochen, der zu demselben Konzern gehört. 179 Köhler, DStR 2007, 597, 600. 180 Reiche/Kroschewski, DStR 2007, 1330, 1333; Köhler, DStR 2007, 597, 600; Grotherr, IWB Gruppe 3 Fach 3, 1489, 1502.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG Person sein. Hat eine Konzerngesellschaft Zinsaufwendungen im Verhältnis zu dem assoziierten Unternehmen, liegen Zinsaufwendungen an eine dem Gesellschafter des Konzerns nahe stehende Person vor. Diese Zinsaufwendungen sind nach § 8a Abs. 3 KStG relevant. > Beispiel: Zum Konzern der A-AG gehört u. a. die B-GmbH. An der A-AG ist A zu 100 % beteiligt. Die A-AG ist an der D-Bank zu 30 % beteiligt. Die B-GmbH hat bei der D-Bank ein Darlehen aufgenommen. Die Zinszahlungen der B-GmbH auf dieses Darlehen sind höher als € 1 Mio. Weitere Verbindlichkeiten hat die B-GmbH nicht. Da die A-AG zu 30 % an der D-Bank beteiligt ist, wird nach § 311 Abs. 1 Satz 2 HGB vermutet, dass die D-Bank ein assoziiertes Unternehmen ist. Die D-Bank ist nicht nach § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG insgesamt, sondern nur teilweise konzernzugehörig. Infolge der Beteiligungsstrukturen ist die D-Bank nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG im Verhältnis zu A eine nahe stehende Person. Die Zinsen der B-GmbH werden an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person geleistet. Da die B-GmbH keine weitere Finanzierung aufgenommen hat, ist die schädliche Grenze von 10 % des Nettozinsaufwandes überschritten und für sämtliche Konzernunternehmen ist die Escape-Klausel des § 4h Abs.2c) EStG nicht anwendbar. ! Praxishinweis: Wäre in dem Beispielsfall die D-Bank ein konzernzugehöriges Unternehmen, würden die Zinszahlungen der B-GmbH nicht zu einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung führen. In vergleichbaren Fällen sollte daher geprüft werden, ob nicht eine Einbeziehung des finanzierenden Unternehmens in den Konzern denkbar oder gestaltbar erscheint. Eine Ausdehnung des Konsolidierungskreises kann in diesem Fall von Vorteil sein.
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Eine Einschränkung erfäht die Betrachtung der Gesellschafterfremdfinanzierung bei konzernzugehörigen Gesellschaften. Konzerninterne Verbindlichkeiten werden im Rahmen des § 8a Abs. 3 KStG nicht berücksichtigt. Nach § 8a Abs. 3 Satz 2 KStG gilt die 10 %-Grenze nur in Bezug auf Zinsaufwendungen aus verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 c) EStG ausgewiesen sind. Fraglich ist, ob diese Einschränkung eine doppelte Wirkung hat: Soweit einer gesellschaft Zinsaufwendungen gegenüber einer anderen Konzerngesellschaft entstehen, werden diese Zinsaufwendungen nicht nach § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG als Teil einer relevanten Gesellschafterfremdfinanzierung angesehen.181 Da § 8a Abs. 3 Satz 2 KStG generell darauf verweist, dass S. 1 nur für Zinsaufwand gilt, die im Konzernabschluss ausgewiesen sind, könnten diese konzerninternen Zinsaufwendungen zugleich die Bezugsgröße für die 10 %-Grenze mindern. Zinsaufwand gegenüber anderen Konzerngesellschaften müsste bei der Ermittlung des im Sinne des § 8a Abs. 3 relevanten Nettozinsaufwandes des Rechtsträgers vollständig außer Betracht bleiben. U. E. gehören Zinsaufwendungen aus konzerninternen Verbindlichkeiten zum Nettozinsaufwand des jeweiligen Rechtsträgers. > Beispiel: Die A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH und zu 100 % an der C-GmbH beteiligt. Die A-GmbH hat die B-GmbH und die C-GmbH in ihren Konzernabschluss einbezogen und vollständig konsolidiert. Die B-GmbH zahlt an die C-GmbH Zinsen, die mehr als 10 % des Nettozinsaufwandes der B-GmbH umfassen. Die nach § 4h EStG maßgebende Eigenkapitalquote nach der Konzernbilanz der A-GmbH beträgt 20 % und nach der Einzelbilanz der B-GmbH 21 %, so dass für die B-GmbH die Voraussetzungen der Escape-Klausel nach § 4h Abs. 2c EStG vorliegen. Die Zinszahlungen an die C-GmbH stellen keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung dar. Im Konzernabschluss der A-GmbH sind die Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen C-GmbH und B-GmbH eliminiert worden und deshalb nicht enthalten. Die Zinsaufwendungen der B-GmbH an die C-GmbH führen nicht zu einer für Zwecke des § 8a Abs. 3 KStG maßgeblichen Gesellschafterfremdfinan181 Reiche/Kroschewski, DStR 2007, 1330, 1333; Köhler DStR 2007, 597, 600.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
zierung, § 8a Abs. 3 Satz 2 KStG. Folglich kann die B-GmbH die Escape-Klausel anwenden, so dass die Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 KStG für die B-GmbH nicht anzuwenden ist. > Beispiel: An der A-GmbH ist A zu 26 % beteiligt. Zu 74 % ist die A-AG beteiligt, eine Konzerngesellschaft der Z-AG. Die A-GmbH wird in den Konzernabschluss der Z-AG einbezogen und ist daher als konzernzugehörig nach § 4h Abs. 3 Satz 5 erste Alternative EStG zu betrachten. Die A-AG hat ebenso wie A der A-GmbH Gesellschafterdarlehen gewährt. Dabei umfassen die von der A-AG gewährten Gesellschafterdarlehen die überwiegende Finanzierung der A-GmbH. Die für diese Darlehen der A-AG entstehenden Zinsaufwendungen betragen 95 % des gesamten Zinsaufwandes der A-GmbH, die keine Zinserträge erzielt. Die restlichen 5 % der Zinsaufwendungen der A-GmbH entstehen durch das Gesellschafterdarlehen des A. A ist ein konzernfremder wesentlich beteiligter Gesellschafter an der A-GmbH und damit ein wesentlich beteiligter Gesellschafter an einer Gesellschaft des Konzerns der Z-AG. Der Zinsaufwand für das Gesellschafterdarlehen des A beträgt nicht mehr als 10 % des gesamten Nettozinsaufwandes der A-GmbH. Fraglich ist, ob trotzdem eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung seitens des A vorliegt. Wären die Zinsaufwendungen für das Gesellschafterdarlehen der A-AG bei der Bestimmung der relevanten Nettozinsaufwendungen nicht mitzuzählen, weil die Forderung und die Verbindlichkeit zwischen der A-AG und der A-GmbH in der Konzernbilanz der Z-AG nicht enthalten sind, würden die Zinszahlungen an A sämtliche Zinszahlungen auf im Konzernabschluss ausgewiesene Verbindlichkeiten der A-GmbH umfassen. Die Grenze von 10 % wäre folglich überschritten und für sämtliche Konzerngesellschaften der Z-AG käme die Escape-Klausel als einer sachlichen Ausnahme von der Zinsschranke nicht zur Anwendung. Dieses Ergebnis ist sinnwidrig. U. E. ist die Verweisung in § 8a Abs. 3 Satz 2 KStG so zu verstehen, dass nach § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG nur bei Zinsaufwendung aus im Konzernabschluss ausgewiesenen Verbindlichkeiten eine Gesellschafterfremdfinanzierung bestehen kann. Bezugsgröße für die Grenze von 10 % ist der gesamte Nettozinsaufwand des Rechtsträgers einschließlich des Zinsaufwandes aus konzerninternen Verbindlichkeiten. Daher liegt im Beispielsfall keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung im Sinne des § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG vor und die Escape-Klausel ist anzuwenden. Besteht bei einer im Konzernabschluss ausgewiesenen Verbindlichkeit eine Rückgriffsberechtigung eines Dritten, sind die Zinsaufwendungen aus dieser Verbindlichkeit nur dann nicht in die Berechnung der 10 %-Grenze einzubeziehen, wenn der Dritte auf nicht in den Konzern einbezogene Gesellschafter oder ihnen nahe stehende Personen zurückgreifen kann, § 8a Abs. 3 Satz 2 zweite Alternative KStG. > Beispiel: Die A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH und zu 100 % an der C-GmbH beteiligt. Die A-GmbH hat die B-GmbH und die C-GmbH in ihren Konzernabschluss einbezogen und vollständig konsolidiert. Die B-GmbH zahlt an die C-Bank Zinsen, die mehr als 10 % des Nettozinsaufwandes der B-GmbH umfassen. Die A-GmbH hat sich für die Verbindlichkeit der B-GmbH verbürgt. Die nach § 4h EStG maßgebende Eigenkapitalquote des Konzernabschlusses der A-GmbH beträgt 20 % und nach dem Einzelabschluss der B-GmbH 21 %, so dass für die B-GmbH die Voraussetzungen der Escape-Klausel nach § 4h Abs. 2c) EStG vorliegen. Die Zinszahlungen an die C-Bank stellen keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung dar. Die Verbindlichkeit gegenüber der C-Bank ist zwar im Konzernabschluss der A-GmbH ausgewiesen. Die C-Bank kann jedoch allein gegen die Konzernmuttergesellschaft und damit nicht gegen einen konzernfremden Gesellschafter oder einer konzernfremden dem Gesellschafter nahe stehende Person Rückgriff nehmen. Infolgedessen ist trotz der Rückgriffsmöglichkeit der C-Bank auf die A-GmbH als dem Gesellschafter der B-GmbH keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung gegeben. Würde die C-Bank hingegen auf den Gesellschafter der A-GmbH Rückgriff nehmen können, der zu mehr als 25 % an der A-GmbH beteiligt ist, dann läge eine Verbindlichkeit eines rückgriffsberechtigten Dritten und damit eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vor. 191
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Der Wortlaut des § 8a Abs. 3 Satz 2 zweite Alternative KStG ist nicht eindeutig. Nahe stehende Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG sind in Bezug auf außerhalb des Konzerns stehende Gesellschafter regelmäßig auch die Konzerngesellschaften, so dass es sich um nahe stehende Personen zu einem nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter handelt. Dieses Verständnis widerspricht jedoch dem Sinn und Zweck des § 8a Abs. 3 Satz 2 KStG nur eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung eines außerhalb des Konzerns stehenden Gesellschafters der Zinsschranke zu unterwerfen. Der Konzern wird insoweit als eine Einheit gesehen. Die Formulierung des Gesetzes „nicht zum Konzern gehörend“ bezieht sich daher nicht nur auf die Person des Gesellschafters, sondern auch auf die ihm nahe stehende Person.182 Die Feststellungslast für das Nichtvorliegen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a Abs. 2 und 3 KStG liegt beim Steuerpflichtigen.183 Konzerngesellschaften werden häufig gar nicht wissen, welche Gesellschaften noch zum Konzern gehören, dem sie nach dem steuerlichen Konzernbegriff des § 4h Abs. 3 Satz 5 und Satz 6 EStG zugerechnet werden und auch die Finanzierungsstrukturen der Konzerngesellschaften nicht kennen. Aufgrund des weiten steuerlichen Konzernbegriffs bietet der veröffentlichte Konzernabschluss – sofern eine Aufstellungsund Veröffentlichungspflicht für die betreffende Konzernmutter handelsrechtlich besteht – nur eine begrenzte Aussagekraft, da keine Gewähr gegeben ist, dass alle steuerlich relevanten Konzerngesellschaften in den Konzernabschluss einbezogen sind oder dass die richtige Konzernmutter den Abschluss aufgestellt hat. Insbesondere bei internationalen Konzernen können sich für die deutschen Konzerngesellschaften praktische Schwierigkeiten ergeben, den entsprechenden Nachweis zu führen. Ein bestehender, geprüfter Konzernabschluss sollte zumindest hinsichtlich der Bildung des Konsolidierungskreises den Beweis des ersten Anscheins ermöglichen.
c) 136
Nachgeschaltete Personengesellschaft
Wie bei dem früheren § 8a Abs. 5 KStG sollen die körperschaftsteuerlichen Regelungen für eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung nicht durch Zwischenschaltung einer Personengesellschaft umgangen werden, die ihrerseits die entsprechende Gesellschafterfinanzierung aufnimmt. Danach galt § 8a Abs. 1 bis 4 KStG a. F. entsprechend, wenn das Fremdkapital einer Personengesellschaft überlassen wurde, an der die Kapitalgesellschaft allein oder zusammen mit ihr nahe stehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel beteiligt ist. In diesem Fall galt nach § 8a Abs. 5 Satz 2 KStG a. F. das Fremdkapital als der Kapitalgesellschaft überlassen. > Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG ist als alleinige Kommanditistin die B-GmbH beteiligt. Deren alleiniger Gesellschafter B überlässt der A-GmbH & Co. KG ein Darlehen. Nach § 8a Abs. 5 Satz 1 KStG a. F. handelte es sich bei der A-GmbH & Co. KG um eine nachgeordnete Personengesellschaft. Das Darlehen des B galt nach § 8a Abs. 5 Satz 2 KStG der B-GmbH überlassen; als ob ein Gesellschafterdarlehen des B an die B-GmbH bestünde. Für Zinsen auf das Darlehen an die A-GmbH & Co. KG war § 8a Abs. 1 KStG a. F. anzuwenden.
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Nach § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG soll bei einer Mitunternehmerschaft § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG gelten, wenn sie einer Körperschaft nachgeordnet ist. Die Körperschaft muss ihrerseits Mitunternehmer sein. § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG gilt unmittelbar auf Ebene der Personengesellschaft. 182 Köhler, DStR 2007, 597, 600, Fn. 14; so auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 169. 183 BT-Drs. 16/4841, S. 74; Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 150.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
Anders als bei § 8a Abs. 5 KStG a. F. erfolgt keine Zurechnung der Verbindlichkeit zu der Körperschaft, der die Personengesellschaft nachgeordnet ist. Nachgeordnete vermögensverwaltende Personengesellschaften unterliegen nicht den Regelungen des § 8a KStG, der nur für Mitunternehmerschaften gilt.184 Die Betrachtung nachgeordneter Mitunternehmerschaften ist abzugrenzen vom unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8a Abs. 3 KStG. Für eine Körperschaft findet die Escape-Klausel nach § 8a Abs. 3 KStG unmittelbar keine Anwendung, wenn ein Rechtsträger der demselben Konzern zugehörig ist, eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung aufweist. Rechtsträger in diesem Sinne können auch Personengesellschaften sein und zwar sowohl vermögensverwaltende Personengesellschaften, wie auch Mitunternehmerschaften. Das gilt unabhängig davon, ob sie einer Körperschaft nachgeordnet sind. Eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung bei einer konzernzugehörigen Personengesellschaft hat in diesem Fall aber nur unmittelbare Auswirkungen auf die Anwendung der Escape-Klausel bei einer konzernzugehörigen Körperschaft, nicht hingegen bei der betreffenden konzernzugehörigen Personengesellschaft. Erst durch die Verweisung des § 4h Abs. 2 Satz EStG kann bei einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung auch für eine Mitunternehmerschaft die Anwendung der Escape-Klausel ausgeschlossen sein. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um eine Mitunternehmerschaft handelt, die einer Körperschaft nachgeordnet ist. Die gesetzliche Regelung enthält keine Definition des Begriffs der nachgeordneten Personengesellschaft. Das Gesetz enthält keine Angabe über den Umfang der Beteiligung der Körperschaft an der Personengesellschaft, um sie als nachgeordnete Personengesellschaft zu qualifizieren. Reicht bereits die Beteiligung einer Komplementär-GmbH an der Personengesellschaft ohne Leistung einer Einlage und ohne Beteiligung am Vermögen der GmbH & Co. KG aus? Nach dem Gesetzeszweck ist Letzteres wohl zu bejahen.185 Die Vorschrift des § 4h Abs. 2 Satz 2 KStG enthält eine Rechtsgrundverweisung auf § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG. Aus Sicht der Mitunternehmerschaft wird geprüft, ob die Konzernzugehörigkeit gegeben ist und ob für die Mitunternehmerschaft eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt.186 An der Personengesellschaft muss unmittelbar oder mittelbar ein Gesellschafter zu mehr als 25 % beteiligt sind, dessen Gesellschafterfremdfinanzierung wird in die Prüfung der Grenze von 10 % einbezogen.187 Die Gesellschafter der Körperschaft, der die Mitunternehmerschaft nachgeordnet ist, sind insoweit als mittelbar beteiligte Gesellschafter anzusehen. > Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG ist als Kommanditistin die B-GmbH mit 10 % beteiligt. Deren alleiniger Gesellschafter B überlässt der A-GmbH & Co. KG ein Darlehen. Die Zinsaufwendungen aus diesem Darlehen übersteigen 10 % des gesamten Nettozinsaufwandes der A-GmbH & Co. KG. Der Nettozinsaufwand der A-GmbH & Co. KG ist größer als € 1 Mio. Die AGmbH & Co. KG ist keine konzernzugehörige Gesellschaft. Die A-GmbH & Co. KG ist nach § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG der B-GmbH nachgeordnet. Daher ist § 8a Abs. 2 KStG dem Grunde nach auf die A-GmbH & Co. KG anzuwenden. Das Darlehen des B stellt keine schädliche Gesellschafterfinanzierung dar, da B nicht mittelbar zu mehr als einem Viertel, sondern mittelbar nur zu 10 % an der A-GmbH & Co. KG beteiligt ist. Nach § 8a Abs. 2 KStG liegt keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vor. 184 Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1812, Fn. 5. 185 Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1812; a.A.: Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S.149, der darauf abstellt, dass eine Körperschaft zu mehr als 25 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt sein muss. 186 Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1813. 187 A.A. Schaden/Käshammer, in: Ernst & Young/BDI, Teil II D, Rn 158 und 169, die bezüglich § 8a Abs. 2 KStG die Qualifikation als wesentlich beteiligter Gesellschafter auf die Ebene der vorgeschalteten Körperschaft abstellen. Für die Anwendung des § 8a Abs. 3 KStG soll aufgrund der rechtsträgerbezogenen Betrachtung auf die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft abzustellen sein.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG 140
Gesellschafterdarlehen eines Mitunternehmers der nachgeordneten Personengesellschaft sind keine im Sinne des § 8a KStG relevanten Gesellschafterdarlehen.188 Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt es sich bei diesen Darlehen um Sonderbetriebsvermögen, das weder zu relevantem Zinsaufwand oder Zinsertrag führt. Die Anwendung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG geht der Anwendung des § 8a KStG vor. Das gilt u. E. bei Rückgriffsrechten Dritter auch für passives Sonderbetriebsvermögen, wenn die Rückgriffsmöglichkeit des Dritten diese Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen begründet.189 > Beispiel: An der A-GmbH & Co. KG ist A als Kommanditist zu 50 % beteiligt. Die A-GmbH & Co. KG hat bei der B-Bank ein Darlehen aufgenommen, für das sich die A verbürgt hat. Komplementärin der A-GmbH & Co. KG ist die A-GmbH. Die A-GmbH & Co. KG ist eine einer Körperschaft nachgeordnete Personengesellschaft, da die Komplementär-GmbH an ihr beteiligt ist. A ist als Kommanditist zu 50 % an der A-GmbH & Co. KG beteiligt. Die B-Bank kann daher auf einen wesentlich beteiligten Gesellschafter Rückgriff nehmen.190 Die Bürgschaft stellt Sonderbetriebsvermögen II des A bei der GmbH & Co. KG dar.191 Daher liegt steuerlich kein Rückgriff auf einen Gesellschafter, sondern auf die Mitunternehmerschaft vor. Es handelt sich nicht um eine nach § 8a Abs. 2 KStG relevante Rückgriffsberechtigung. Eine weitere Frage ist, ob die Rückgriffsberechtigung eines Dritten auch dann besteht, wenn der Gesellschafter entsprechend dem Haftungssystem der Personengesellschaft kraft Gesetzes persönlich haftet. Nach dem Gesetzeswortlaut und dem angesprochenen weiten Verständnis der Rück-
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griffsberechtigung, reicht auch die gesetzliche Haftung des Gesellschafters einer Personengesellschaft aus. Das führt zu unangemessenen Rechtsfolgen, so dass eine einschränkende Auslegung empfehlenswert wäre.192 ! Praxishinweis: § 8a KStG wäre bei einer GmbH & Co. KG anwendbar, sobald ein Gesellschafter mit mehr als 25 % als Kommanditist beteiligt ist. Die Finanzierungsstrukturen der GmbH & Co. KG sollten überprüft werden. Im Regelfall werden die der GmbH & Co. KG gewährten Darlehen Sonderbetriebsvermögen darstellen, die keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung begründen können.
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Organschaft
Eine Sonderregelung für die Zinsschranke in Fällen einer ertragsteuerlichen Organschaft enthält § 15 Nr. 3 KStG. Danach ist § 4h EStG bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Organträger und Organgesellschaft gelten als ein Betrieb im Sinne des § 4h EStG. Sind in dem dem Organträger zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft Zinsaufwendungen und Zinserträge im Sinne des § 4h Abs. 3 EStG enthalten, sind diese bei Anwendung des § 4h Abs. 1 EStG für den Organträger einzubeziehen.
188 BT-Drs. 16/4841, S. 48; Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 149; Wagner/Fischer, BB 2007, 1811, 1813. 189 Vgl. Wacker, in: Schmidt, § 15 EStG, Rn. 524 für Bürgschaftsschulden. 190 A. A. Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 149, die auf die Ebene der wesentlich beteiligten Körperschaft abgestellt wird, der die Personengesellschaft nachgeordnet ist. 191 Wacker, in: Schmidt, § 15 EStG, Rn. 524 192 Eine einschränkende Auslegung befürwortet auch Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 150.
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Es gilt eine Bruttobetrachtung. Grundsätzlich ist das Einkommen von Organgesellschaft und Organträger getrennt zu ermitteln. Daher hätte es nahe gelegen, die Voraussetzungen der Zinsschranke auf Ebene der Organgesellschaft und des Organträgers jeweils gesondert zu prüfen, da es sich bei § 4h EStG um eine Gewinnermittlungsvorschrift handelt. Die Voraussetzungen der Zinsschranke sind erst auf Ebene des Organträgers zu prüfen. Organträger und Organgesellschaften werden als ein Betrieb im Sinne des § 4h EStG angesehen. Zinsaufwendungen und Zinserträge werden im Sinne des § 4h EStG von Organträger und Organgesellschaft addiert und auf Ebene des Organträgers der Zinsschrankenregelung unterworfen. Die Zusammenfassung von Organträger und Organgesellschaft als ein Betrieb hat deshalb folgende Auswirkungen auf die Anwendung der Zinsschranke: ■ Zinsaufwand und Zinsertrag, die zwischen Organträger und Organgesellschaft gezahlt werden, bleiben bei der Betrachtung der Zinsschranke unberücksichtigt.193 ■ Innerhalb eines Organkreises gilt die Freigrenze in Höhe von € 1 Mio. bezogen auf den Nettozinsaufwand nur einmal.194 ■ Die Konzernzugehörigkeit ist in Bezug auf den Organkreis zu prüfen. Auch wenn z. B. Organträger und Organgesellschaft einen Konzern bilden und der Organträger zur Aufstellung eines Konzernabschlusses unter Einbeziehung der Organgesellschaft verpflichtet ist, ergibt sich allein daraus noch keine Konzernzugehörigkeit von Organgesellschaft und Organträger. Sofern ein Konzern zugleich einen vollständigen Organkreis bildet, so ist er für Zwecke des § 4h Abs. 2b) und c) EStG nicht als konzernzugehörig anzusehen und unabhängig von der Eigenkapitalquote des Organkreises findet die Zinsschranke auf die Zinsaufwendungen des Organkreises keine Anwendung. ■ Soweit der Organkreis konzernzugehörig ist, findet die Zinsschranke keine Anwendung, wenn der Eigenkapitalquotenvergleich erfolgreich ist. Da der Organkreis als ein Betrieb anzusehen ist, ist für den Organkreis eine konsolidierte Bilanz unter Einbeziehung von Organträger und Organgesellschaft zu bilden, die für Zwecke des § 4h Abs. 2c EStG als maßgeblicher Einzelabschluss gilt.195 Sofern daher Teilkonzerne einen Organkreis bilden ist für diesen Teilkonzern ein separater Konzernabschluss aufzustellen. ■ Darlehen zwischen Organträger der Organgesellschaft, bzw. zwischen den Organgesellschaften sind keine für Zwecke des § 8a KStG relevanten Gesellschafterfinanzierungen. Die Quote der Ermittlung des für Zwecke des § 8a KStG relevanten Nettozinsaufwandes aus der Gesellschafterfremdfinanzierung ist anhand des gesamten (konsolidierten) Nettozinsaufwandes des Organkreises zu ermitteln. Es wird nicht auf den einzelnen Rechtsträger innerhalb des Organverbundes abgestellt.196 Das gilt uneingeschränkt für den Fall, dass der Organkreis nicht konzernzugehörig ist. Bei einem konzernzugehörigen Organkreis ist der Gesetzeswortlaut nicht eindeutig. In § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG wird nicht auf den einzelnen Betrieb, sondern auf den „Rechtsträger“ verwiesen. Gleichwohl entspricht es dem Gesetzeszweck insoweit nur den Organkreis als eine Einheit zu behandeln.
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Rechtsformspezifische Besonderheiten der Zinsschranke
Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 121. Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Benz, S. 131. Köhler, DStR 2007, 597, 600; Töben/Fischer, BB 2007, 974, 977. Köhler, DStR 2007, 597, 599; Töben/Fischer, BB 2007, 974, 976.
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§ 8 Die Zinsschranke, § 4h EStG und § 8a KStG > Beispiel: Die sich im Streubesitz befindende A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH beteiligt. Weitere gesellschaftsrechtliche Verflechtungen bestehen nicht. Die Nettozinsaufwendungen der A-GmbH betragen € 600.000 und die Nettozinsaufwendungen der B-GmbH betragen € 1,1 Mio. Ohne eine Organschaft ist für die A-GmbH die Zinsschranke nicht anwendbar, da der Nettozinsaufwand der A-GmbH nicht größer ist als € 1 Mio., § 4h Abs. 2a EStG. Für die B-GmbH ist jedoch die Zinsschranke anwendbar, da deren Nettozinsaufwand größer als € 1 Mio. ist. Die B-GmbH ist auch konzernangehörig, da die A-GmbH ihr Mutterunternehmen ist, so dass die weitere Anwendbarkeit der Zinsschranke für die B-GmbH davon abhängt, ob der Eigenkapitalvergleich gelingt bzw. ein ausreichender EBITDA besteht. Begründen die A-GmbH und die B-GmbH eine Organschaft, so bilden A-GmbH und B-GmbH als Organkreis einen Betrieb. Eine Folge ist, dass die Freigrenze auf den Organkreis nur einmal anzuwenden ist und daher die Zinsaufwendungen des Organkreises insgesamt in Höhe von € 1,7 Mio. in den Anwendungsbereich der Zinsschranke fallen. Der Organkreis ist jedoch nicht konzernangehörig. Sofern daher keine nach § 8a Abs. 2 KStG schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung bezogen auf den Organkreis vorliegt, ist für den Organkreis mangels Konzernzugehörigkeit nach § 4h Abs. 2b EStG die Zinsschranke nicht anwendbar und es ist sowohl der Nettozinsaufwand der A-GmbH als auch der B-GmbH insgesamt steuerlich abzugsfähig. ! Praxishinweis: Durch die Begründung von Organschaften können sich Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Ist ein Konzern mit einem Organkreis identisch, gibt es in Gestalt des Organkreises nur einen Betrieb, so dass der Organkreis nicht konzernzugehörig ist und nach § 4h Abs. 2b EStG die Zinsschranke nicht anwendbar ist. Auch die Gesellschafterfremdfinanzierung im Sinne des § 8a Abs. 2 KStG wird auf den Nettozinsaufwand des Organkreises bezogen, so dass es nicht mehr auf die Finanzierung der einzelnen Konzerngesellschaft ankommt. Diese Gestaltungsmöglichkeit besteht uneingeschränkt für Konzerne mit ausschließlich inländischen Kapitalgesellschaften. Bestehen Beteiligungen an Personengesellschaften oder an ausländischen Gesellschaften, gibt es außerhalb des Organkreis stehende Unternehmen, die zum Konzern gehören.
8
144
Einen Sonderfall des § 18 KStG ist in der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung erwähnt.197 Nach § 18 KStG kann ein ausländisches Unternehmen Organträgerin einer inländischen Kapitalgesellschaft sein. Voraussetzung hierfür ist, dass im Inland eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung besteht, die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft für die inländische Zweigniederlassung besteht und der Gewinnabführungsvertrag mit der inländischen Zweigniederlassung abgeschlossen wurde. Die inländische Zweigniederlassung stellt eine inländische Betriebsstätte des ausländischen Unternehmens dar. Der Gewinn der Organgesellschaft wird in diesem Fall dem Gewinn der inländischen Betriebsstätte zugerechnet. Bei einer solchen Konstellation soll die inländische Betriebsstätte und die Organgesellschaft einen Betrieb im Sinne des § 4h EStG darstellen und die restlichen Betriebsstätten des ausländischen Unternehmens einen zweiten Betrieb. Insoweit wird die inländische Organträgerbetriebsstätte aus dem Betrieb des ausländischen Unternehmens herausgelöst. In zeitlicher Hinsicht ist entscheidend, dass die Organschaft in dem Veranlagungszeitraum besteht, für den die Zinsschranke anzuwenden ist. Das gilt u. E. auch für den Eigenkapitalquotenvergleich und die Konzernzugehörigkeit des Organkreises, die auf den vorhergehenden Abschlussstichtag zu bestimmen sind. Wird z. B. im Jahr 2008 eine ertragsteuerliche Organschaft begründet, dann ist für die Escape-Klausel die Konzernzugehörigkeit und der Eigenkapitalquotenvergleich auf den 31.12.2007 vorzunehmen. Bei der Anwendung der Escape-Klausel sind u. E. Organträger und Organgesellschaft bereits als ein Organkreis zum 31.12.2007 anzusehen.
197 BT-Drs. 16/4841, S. 77.
196
8
E Zeitlicher Anwendungsbereichdes § 4h EStG und des § 8a KStG n. F.
E.
Zeitlicher Anwendungsbereich des § 4h EStG und des § 8a KStG n. F.
E
Nach § 52 Abs. 12d EStG ist § 4h EStG und § 8a KStG n. F. erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 24.05.2007 (Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages) beginnen und nicht vor dem 01.01.2008 enden. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, ist die Neuregelung erstmals für das Wirtschaftsjahr 2008 anzuwenden. Entspricht das Wirtschaftsjahr nicht dem Kalenderjahr, findet die Neuregelung erstmals für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 Anwendung, sofern das Wirtschaftsjahr nach dem 24.05.2007 beginnt. Beginnt z. B. das Wirtschafsjahr am 01.02. eines Jahres und endet am 31.01. des Folgejahres, findet die Neuregelung zur Zinsschranke erstmals Anwendung für das Wirtschaftsjahr 2008/2009. Beginnt das Wirtschaftsjahr am 01.07. und endet am 30.06. des Folgejahres, gilt die Neuregelung für das Wirtschaftsjahr 2007/2008. Bei Rumpfwirtschaftsjahren, die z. B. am 01.06.2007 beginnen und bis zum 31.12.2007 enden, gilt die Neuregelung zu § 4h EStG und § 8a KStG noch nicht. Eine Sonderbestimmung enthält § 8a Abs. 2 und Abs. 3 KStG für die Fälle der Gewährträgerhaftung einer Gebietskörperschaft (z. B. für Sparkassen). Die Neuregelung des § 8a KStG ist anzuwenden, wenn die Rückgriffsmöglichkeit eines Dritten ausschließlich auf der Gewährträgerhaftung einer Gebietskörperschaft oder anderen Einrichtung des öffentlichen Rechts beruht und die Verbindlichkeit, für die die Gewährträgerhaftung besteht, bis zum 18.07.2001 vereinbart war bzw., wenn die Verbindlichkeit bis zum 18.07.2005 vereinbart war, deren Laufzeit nicht über den 31.12.2015 hinausgeht.
197
145
8
9
§ 9 Investionsanreize für kleinere Unternehmen A. 1
9
2
A.
Investionsabzugsbetrag
Durch die Unternehmensteuerreform 2008 wurde § 7g EStG grundlegend überarbeitet und neu konzipiert. In § 7g Abs. 1 - 4 EStG n. F. finden sich jetzt die Regelungen zu dem neu eingeführten Investitionsabzugsbetrag. Dabei handelt es sich um eine Steuerstundungsmöglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen zur Förderung von künftigen Investitionen. Die steuerliche Begünstigung kann in Zukunft für die Anschaffung und/oder Herstellung von beweglichen Anlagegütern mit einem Gesamtwert von bis zu € 200.000,- je Betrieb bezogen auf einen Vierjahreszeitraum genutzt werden. Der Investitionsabzugsbetrag ist im Gegensatz zu den bisherigen so genannten Ansparabschreibungen als außerbilanzielle gewinnmindernde Korrektur ausgestaltet. Die bislang mögliche Existenzgründerrücklage (§ 7g Abs. 7 EStG a. F.) sowie die speziellen Ausschlussregeln für so genannte sensible Sektoren, wie z. B. die Stahlindustrie und den Schiffbau (§ 7g Abs. 8 EStG a. F.), wurden abgeschafft. Durch die Änderungen in § 7g EStG sollen auch kleinere Unternehmen von der Unternehmensteuerreform profitieren. Der neue Investitionsabzugsbetrag kann erstmals für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden, die nach dem 17.08.2007, dem Tag der Verkündung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 im Bundesgesetzblatt1, enden (§ 52 Abs. 23 S. 1 EStG n. F.). Damit kann der Investitionsabzugsbetrag bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr noch im Jahr 2007 genutzt werden. Für Ansparabschreibungen, die in vor dem 17.08.2007 endenden Wirtschaftsjahren gebildet wurden, gelten noch die bisherigen Regelungen fort (§ 52 Abs. 23 S. 3 EStG n. F.). Bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr konnten daher letztmalig im Jahr 2006 Ansparabschreibungen gebildet werden.
I.
Bisherige Rechtslage und Ziele der Neuregelung
1.
Bisherige Rechtslage
Bereits bisher konnten kleine und mittelständische Gewerbetreibende, Selbständige sowie Landund Forstwirte nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. für geplante Investitionen eine gewinnmindernde und damit eigenkapitalschonende Investitionsrücklage (sog. „Ansparabschreibung“) bilden. Sie bewirkte ähnlich wie der neue Investitionsabzugsbetrag ein Vorziehen der Aufwandswirkung eines Teils der späteren Absetzungen für Abnutzungen und führte daher zu einem Steuerstundungseffekt.2 Die Ansparabschreibung konnte von Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften in Anspruch genommen werden, die ihren Gewinn durch Bilanzierung oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelten. Sie war betriebs-, nicht personenbezogen und konnte schon bisher von bilanzierenden Steuerpflichtigen nur gebildet werden, wenn ihr Betrieb bestimmte Größenmerkmale nicht über1 2
198
BGBl, I 2007,1912ff. Kulosa, in: Schmidt, EStG, 26. Auflage 2007, § 7g Rn 25.
A.
9
Investionsabzugsbetrag
schritt. So durfte das Betriebsvermögen von bilanzierenden Gewerbetreibenden und Selbständigen am Schluss des der Rücklagenbildung vorangegangenen Wirtschaftsjahres € 204.517,- nicht übersteigen. Land- und Forstwirte konnten von der Ansparabschreibung nur profitieren, wenn der Einheitswert ihres Betriebes höchstens € 122.710,- betrug. Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, konnten die Ansparabschreibung bisher ohne Größenbeschränkungen nutzen. Begünstigt war die künftige Anschaffung oder Herstellung neuer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, wenn sie voraussichtlich bis zum Ende des zweiten der Rücklagenbildung folgenden Jahres angeschafft oder hergestellt werden sollten. Für Existenzgründer lief die Investitionsfrist sogar über fünf Jahre. Die spätere Erfüllung besonderer Nutzungsvoraussetzungen war für die Inanspruchnahme der Ansparabschreibung nicht erforderlich.3 Bislang musste die geplante Investition genau bezeichnet werden. Daneben waren Angaben zur Funktion des anzuschaffenden Wirtschaftsguts und zur Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten erforderlich. Außerdem musste die beabsichtigte Investition objektiv möglich sein. Die Ansparrücklage konnte bis zu 40 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des anzuschaffenden Wirtschaftsguts betragen. Die Summe aller Ansparabschreibungen eines Betriebes durfte am Bilanzstichtag € 154.000,- nicht übersteigen. Bei Vornahme der Investition war die Ansparrücklage aufzulösen. Das führte im Anschaffungs- bzw. Herstellungsjahr zu einem Ertrag, dem jedoch die vorzunehmende Abschreibung für Abnutzungen auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gegenüberstand.
2.
Ziele der Neuregelung
Der neue Investitionsabzugsbetrag ist nach seiner Einordnung in der Begründung zum Gesetzentwurf als Beitrag zur Belastungsneutralität der unterschiedlichen Rechtsformen gedacht. Für kleine und mittlere Betriebe soll die steuerliche Begünstigung von Investitionen verbessert werden.4 Ziel der Regelungen in § 7g Abs. 1 - 4 EStG n. F. sind insbesondere die Verbesserung der Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe, die Unterstützung ihrer Liquidität und Eigenkapitalbildung sowie die Stärkung ihrer Investitions- und Innovationskraft. Das entspricht im Wesentlichen den Zielen, die bereits mit der Einfügung des ursprünglichen § 7g in das Einkommensteuergesetz verfolgt wurden.5 Der modifizierte § 7g EStG soll nunmehr aber „zielgenauer“ sein.6 Eine allgemeine Liquiditätsverbesserung wird jedoch nicht angestrebt. Die neu gefasste Vorschrift bezweckt vielmehr eine Steuerstundungsmöglichkeit, die es den begünstigten Unternehmen erlaubt, Mittel anzusparen, um die Finanzierung von Investitionen zu erleichtern. Die Umgestaltung der bisherigen Regelungen über Ansparabschreibungen hin zu einem Investitionsabzugsbetrag soll zu einer deutlichen Vereinfachung führen, musste aber aufkommensneutral geschehen.7
3 4 5 6 7
9
Kulosa, a. a. O., § 7g Rn 33; BMF, Schreiben vom 25.02.2004 - IV A 6 - S - 2183b - 1/04, BStBl. I 2004, 337 Tz 4. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, I. Allgemeiner Teil, 2.b), S. 55. Gesetzentwurf der Bundesregierung betreffend das Gesetz zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen vom 02.09.1983, BT-Drs. 10/336, Begründung, A. Allgemeiner Teil, I., S. 13. Höreth/Stelzer, in: Ernst & Young/ BDI, Unternehmensteuerreform 2008, Teil II, A.IV.2, Rn 136, S. 53. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 81.
199
3
9
§9
4
9
II.
Einzelheiten der Neuregelung
1.
Veränderungen gegenüber dem bisherigen Recht
Gegenüber dem bislang geltenden Recht ergeben sich durch die Unternehmensteuerreform 2008 und den neuen Investitionsabzugsbetrag folgende Verbesserungen: ■ Erhöhung des Höchstbetrages aller in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträge auf € 200.000,- (nach altem Recht: Ansparabschreibungen bis € 154.000,-) ■ Ausweitung der Begünstigung auf gebrauchte Wirtschaftsgüter ■ Verlängerung des Investitionszeitraums von zwei Jahren auf drei Jahre ■ Leichte Anhebung der Größenmerkmale für Bilanzierende sowie Land- und Forstwirte Allerdings stehen diesen Verbesserungen auch Verschlechterungen gegenüber, da die Modifizierung bezüglich der Steuereinnahmen insgesamt aufkommensneutral sein soll: ■ Größenbeschränkung für Einnahmen-Überschuss-Rechner: Gewinn bis € 100.000,■ Größenmerkmale im Jahr des Abzugs entscheidend, nicht mehr die des vorangegangenen Jahres ■ Keine Minderung des für die Größenbeschränkung maßgeblichen Gewinns durch den Abzugsbetrag ■ Betrachtungszeitraum von vier Jahren für Höchstbetrag aller in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträge ■ Abschaffung der Existenzgründerrücklage ■ Rückwirkende Auflösung des Investitionsabzugsbetrags, wenn keine oder nur geringere Investition (Verzinsung) ■ Wohl keine Möglichkeit, freiwilliger sukzessiver Auflösung/Rückgängigmachung über mehrere Jahre
2. 5
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Gründe der Modifizierung
Durch den neuen Investitionsabzugsbetrag, der außerbilanziell gewinnmindernd abzuziehen ist, entfällt die bisherige buchmäßige Bildung von Rücklagen (sog. Ansparabschreibungen). Der systematische Wechsel war zum einen wegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung geboten. So hatte der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 31.08.2006 darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung der Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. als Ansparabschreibung missverständlich sei und der Gedanke der Vorwegnahme späterer Absetzungen für Abnutzungen im Gesetzeswortlaut keinen ausreichenden Niederschlag gefunden habe.8 Zum anderen kennt das Einkommensteuerrecht grundsätzlich nur Gewinnrücklagen, die auf bereits realisierten Gewinnen beruhen. Ferner werden durch den außerbilanziellen Abzug bilanztechnische Probleme vermieden, die z. B. bei Bilanzberichtigungen auftreten oder sich im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die steuerliche Gewinnermittlung ergeben.9 8 9
200
BFH, Urteil vom 31.08.2006 - IV R 26/05, BStBl. II 2006, 910, 911. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 82.
A.
Die Regelungen zum Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1-4 EStG n. F.) wurden denen zu Sonderabschreibungen (§ 7g Abs. 5, 6 EStG n. F.) jetzt aus systematischen Gründen vorangestellt, da die Vorverlagerung von Abschreibungspotential durch den Investitionsabzugsbetrag zeitlich gesehen vor der Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen bei Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts liegt.10
3.
7
Objektive Voraussetzungen
aa) Begünstigtes Investitionsgut und Möglichkeit der Investition Begünstigt wird die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Dabei muss es sich nicht mehr um die Anschaffung eines neuen oder neuwertigen Wirtschaftsguts handeln, sondern es wird auch der Erwerb eines gebrauchten Gegenstands begünstigt. Der Verzicht auf die Forderung der Neuwertigkeit der künftigen Investition weitet den Anwendungsbereich des Investitionsabzugsbetrages gegenüber der früheren Ansparabschreibung deutlich aus und bringt erhebliche Vereinfachungseffekte.11 Die Hinzufügung des Kriteriums „abnutzbar“ dürfte nur eine Klarstellung bedeuten.12 Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter wie Bargeld oder Wertpapiere wurden bereits bisher nicht nach § 7g EStG a. F. gefördert. Da auch nach der Neuregelung die künftige Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern vorausgesetzt wird, ist davon auszugehen, dass das beabsichtigte Leasen von Anlagegegenständen grundsätzlich nicht nach § 7g Abs. 1 EStG begünstigt ist.13 Die voraussichtliche Investition muss am Ende des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen werden soll, hinreichend konkret sein. Dafür ist weiterhin eine Prognoseentscheidung über das künftige Investitionsverhalten des Steuerpflichtigen zu fordern.14 Danach muss die beabsichtigte Investition aller Voraussicht nach zumindest möglich und durchführbar sein.15 Nach den Gesetzesmaterialien wird die Vorlage eines Investitionsplanes oder eine feste Bestellung eines bestimmten Wirtschaftsguts auch weiterhin regelmäßig nicht gefordert.16 bb) Gewinneinkünfte Der Investitionsabzug kann nur von Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften genutzt werden. Begünstigt sind also Betriebe von Gewerbetreibenden, Selbständigen sowie Land- und Forstwirten. Auf eine bestimmte Gewinnermittlungsart kommt es nicht an. Diese spielt aber bei den Größenmerkmalen eine Rolle. 10 11 12 13 14 15 16
6
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugs
Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages nach § 7g Abs. 1-4 EStG n. F. lassen sich danach unterscheiden ob sie von objektiven, äußeren Umständen oder von subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen abhängen.
a)
9
Investionsabzugsbetrag
Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 81. Pitzke, NWB Fach 3, 14671, 14672. Höreth/Stelzer, a. a. O., Teil II, A.IV.3b), Rn 146, S. 56. Höreth/Stelzer, a. a. O., Teil II, A.IV.3b), Rn 145, S. 55. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 82. BFH, Urteil vom 19.09.2002 – X R 51/00, BStBl. II 2004, 184, 186. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 82.
201
8
9
9
9
§9
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Der Investitionsabzugsbetrag kann nicht nur von Einzelpersonen, sondern auch von Personengesellschaften oder Gemeinschaften in Anspruch genommen werden (§ 7g Abs. 7 EStG n. F.). Bei diesen findet der Investitionsabzug dann auf Ebene der Gesellschaft/Gemeinschaft und nicht auf Ebene des Steuerpflichtigen statt.17 Auch Kapitalgesellschaften wie z. B. die GmbH können weiterhin von den Regelungen des § 7g EStG profitieren, wenn sie die Größenmerkmale nicht überschreiten. Sie werden bereits vom Begriff des „Steuerpflichtigen“ erfasst.18 10
9
cc) Einhaltung der Größenmerkmale Die Vornahme des Investitionsabzugs setzt weiter voraus, dass folgende Größenmerkmale nicht überschritten werden: ■ Ein Betriebsvermögen von € 235.000,- bei Gewerbetreibenden und Selbständigen, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln ■ Ein Wirtschafts- oder Ersatzwirtschaftswert von € 125.000,- bei Land- und Forstwirten ■ Ein Gewinn von € 100.000,- bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln ! Praxishinweis: Die neue Größenbegrenzung für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, kann für diese Steuerpflichtigen dazu führen, dass sie ihre nach altem Recht gebildeten Ansparabschreibungen wegen Nichtinvestition bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr spätestens in 2008 und bei abweichendem (Ende des Wirtschaftsjahres 2006/2007 vor dem 17.08.) spätestens in 2009 auflösen müssen, ohne die dadurch hervorgerufene Gewinnerhöhung durch Neubildung einer Rücklage bzw. durch den neuen Investitionsabzug ausgleichen zu können. In solchen Fällen sollte ggf. geprüft werden, ob die Ansparrücklage noch über mehrere Jahre (z. B. 2006 bis 2008) sukzessive aufgelöst werden kann, um eine Progressionsmilderung zu erreichen.19 Bei Einnahmen-Überschuss-Rechnern, deren Gewinn € 100.000,- übersteigt, die jedoch ein Betriebsvermögen von weniger als € 235.000,- haben, könnte über einen Wechsel der Gewinnermittlungsart nachgedacht werden. Dabei ist aber der durch Bilanzierung regelmäßig verursachte Mehraufwand zu beachten. Die Größenmerkmale sind nach der neuen Regelung am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, einzuhalten. Außerdem müssen die Größenvorgaben ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrages erfüllt sein. ! Praxishinweis: Zukünftig ist im Einzelfall zu überlegen, ob durch bilanzpolitische Maßnahmen im Jahr der beabsichtigten Inanspruchnahme darauf hingewirkt werden kann, dass die Größenmerkmale eingehalten werden. Bei Saisonbetrieben kann ein Abweichen vom kalendergleichen Wirtschaftsjahr ratsam sein, um in den Genuss des neuen § 7g Abs. 1 EStG zu kommen.20 Da der Investitionsabzug auch von Personengesellschaften, aber nicht vom einzelnen Mitunternehmer, genutzt werden kann, ist das Betriebsvermögen bzw. der (Ersatz-) Wirtschaftswert der Personengesellschaft auch dann maßgebend, wenn der Investitionsabzugsbetrag für die Investition in Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens eines Mitunternehmers 17 18 19 20
202
Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 114. Pitzke, NWB Fach 3, 14671, 14673. Christoffel, Haufe-Steueroffice, Dok. 1697442, 1.; Höreth/Stelzer, a. a. O., Teil II, A.IV.3c), Rn 154, S. 58. Weßling/Romswinkel, Stbg 2007, 177, 178.
A.
9
Investionsabzugsbetrag
beansprucht wird. Bei Vorliegen einer Organschaft sind die Größenmerkmale für Organträger und Organgesellschaft gesondert zu prüfen. Ebenso sind bei einer Betriebsaufspaltung Betriebsund Besitzunternehmen getrennt zu beurteilen.21 dd) Angaben gegenüber dem Finanzamt Der Steuerpflichtige, der einen Investitionsabzugsbetrag geltend machen will, muss das anzuschaffende oder herzustellende Wirtschaftsgut in den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennen und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angeben (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG n. F.). Dabei ist grundsätzlich jede geplante Investition gesondert aufzuführen. Sammelbezeichnungen wie „Maschinen“ oder „Fuhrpark“ sind nicht ausreichend. Die Angabe des Jahres, in dem die Investition erfolgen soll, ist entbehrlich. Die geforderten Angaben sollen in den nach § 60 EStDV einzureichenden Unterlagen, also in der Regel in der Bilanz oder in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach amtlichem Vordruck, mitgeteilt werden.22 Abweichend von der ursprünglichen Formulierung im Gesetzentwurf ist es nicht mehr erforderlich, das jeweilige Wirtschaftsgut individuell genau zu bezeichnen. Diese auf Empfehlung des Finanzausschusses vorgenommene Änderung23 bringt eine gewisse Flexibilität mit sich. So soll jetzt z. B. die Angabe „landwirtschaftliches Nutzfahrzeug“ oder „Transportfahrzeug“ bei der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages genügen. Als landwirtschaftliches Nutzfahrzeug könnte dann im Investitionsjahr ein Traktor, ein Mähdrescher oder auch ein Anhänger steuerbegünstigt erworben werden. Die Investition in eine Melkmaschine wäre hingegen nicht begünstigt. Als Transportfahrzeug käme ein Gabelstapler ebenso wie ein Lastkraftwagen oder ein Anhänger in Betracht. Die tatsächliche Anschaffung eines Personenkraftwagens wäre aber steuerschädlich.24
11
9
! Praxishinweis: Das Wirtschaftsgut, für das der Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wird, braucht in Zukunft nur noch seiner Funktion nach benannt zu werden. Dadurch kommt es auf der einen Seite zu einer Flexibilisierung hinsichtlich der späteren Investition. Auf der anderen Seite ergibt sich dadurch aber auch Streitpotential, da es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt über die Funktionsbeschreibung kommen kann.25 ee)
Einhaltung des Höchstbetrages für Investitionsabzüge innerhalb des Vierjahreszeitraums Der Höchstbetrag für die insgesamt innerhalb von vier Jahren, d. h. im Abzugsjahr und den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren abgezogenen Investitionsabzugsbeträge, liegt bei € 200.000,-. Abzugsbeträge, die nach getätigter Investition gemäß § 7g Abs. 2 EStG n. F. wieder hinzugerechnet wurden, sind dabei nicht einzubeziehen. Das gilt auch für Abzugsbeträge, die wieder rückgängig gemacht wurden. Noch bestehende Ansparabschreibungen nach bisherigem Recht mindern in der Übergangsphase den Höchstbetrag für Investitionsabzugsbeträge nach der neuen Rechtslage (§ 52 Abs. 23 S. 4 EStG n. F.).
21 Höreth/Stelzer, a. a. O., Teil II, A.IV.3c), Rn 156, S. 58. 22 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 83. 23 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 23.05.2007, BT-Drs. 16/5452, Zusammenstellung, Art. 1 Nr. 11, S. 15. 24 Bericht des Finanzausschusses vom 24.05.2007, BT-Drs. 16/5491, V.B., zu Art. 1 Nr. 11, S. 42. 25 Pitzke, NWB Fach 3, 14675.
203
12
9
§9
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
> Beispiel: Der Landwirt B, der die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1b) EStG n. F. in den Jahren 01-03 nicht überschreitet, beabsichtigt in den nächsten Jahren einige Neuanschaffungen für seinen Betrieb sowie die Aufzucht von Milchkühen. Im Jahr 01 teilt er seinem Finanzamt mit, dass er in den nächsten drei Jahren 20 Milchkühe aufziehen will. Als Herstellungskosten gibt er dafür € 24.000,- (20 x € 1.200,-) an. Außerdem plant er im Jahr 02 eine Melkanlage (€ 20.000,-) sowie vier Milchkühltanks (4 x € 5.000 = € 20.000,-) anzuschaffen. Dementsprechend nimmt B im Jahr 01 erstmals einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von € 25.600,- (40 % von 64.000,-) vor. Bei der Prüfung, ob der Höchstbetrag eingehalten wird, sind grundsätzlich auch die drei vorangegangenen Jahre zu betrachten. Da B aber in 01 erstmals einen Investitionsabzug vornimmt, kommt es für den Höchstbetrag nur auf den Abzugsbetrag dieses Jahres an. Im Jahr 02 beschließt B, spätestens im Jahr 05 eine neue Lagerhalle zu errichten. Die Kosten dafür werden sich voraussichtlich auf € 75.000,- belaufen. Ferner will er im Jahr 04 einen neuen Traktor für ca. € 120.000,- erwerben. Diese Investitionsvorhaben benennt er seinem Finanzamt im Jahr 02 und nimmt einen Investitionsabzugsbetrag von € 78.000,- (40 % von € 195.000,-) in Anspruch. Im Jahr 02 schafft B planmäßig sowohl die Melkanlage (€ 20.000,-) als auch die Milchkühltanks (€ 20.000,-) an und zieht bereits zehn Milchkühe auf, was ihn € 12.000,- kostet. Die dafür im Jahr 01 abgezogenen Investitionsabzugsbeträge rechnet er vorschriftsmäßig in Höhe von 20.800,- (40% von € 52.000,-) seinem Gewinn hinzu. Die für den Höchstbetrag relevante Summe der von B in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträge beläuft sich in 02 daher auf € 82.800,-. € 25.600,Investitionsabzugsbetrag01 + Investitionsabzugsbetrag02 € 78.000,./. Hinzurechnung02 € 20.800,Summe € 82.800,Im Jahr 03 stellt B fest, dass er im Jahr 06 voraussichtlich weitere landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge und eine neue Futteranlage benötigen wird. Er rechnet dafür mit Kosten von insgesamt € 250.000,-. Dies teilt er seinem Finanzamt mit und zieht im Jahr 03 € 100.000,- für künftige Investitionen nach § 7g Abs. 1 EStG n. F. ab. Damit beläuft sich die Summe der von B in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträge im Jahr 03 auf € 182.800,-. Der zulässige Höchstbetrag ist nicht überschritten.
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! Praxishinweis: Für die Einhaltung des Höchstbetrages sind jetzt die vorangegangenen drei Jahre zu berücksichtigen, statt bisher der zwei vorangegangenen Jahre bei den Ansparabschreibungen. In der Übergangsphase bis zur endgültigen Auflösung aller Ansparabschreibungen nach altem Recht ist zu beachten, dass sich der Höchstbetrag von € 200.000,- für alle Investitionsabzugsbeträge um noch bestehende Ansparabschreibungen verringert.
b) 13
Subjektive Voraussetzungen
aa) Anschaffungsabsicht Die Geltendmachung des Abzugsbetrages setzt die Absicht des Steuerpflichtigen voraus, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Abzugsjahr folgenden drei Jahren anzuschaffen oder herzustellen (Investitionszeitraum). Für den Abzug muss es sich um eine noch bevorste204
A.
9
Investionsabzugsbetrag
hende Investition handeln. Ein Investitionsabzug im Jahr der Anschaffung oder Herstellung ist damit - wie bisher bei den Ansparabschreibungen - ausgeschlossen.26 Der Investitionszeitraum wurde auf Empfehlung des Finanzausschusses des Bundestages von zwei Jahren auf drei Jahre verlängert.27 Die Verlängerung wurde im Interesse der Unternehmen vorgenommen, da viele Betriebe längere Zeiträume für die Umsetzung einer geplanten Investition benötigen (z. B. wegen längerer Lieferfristen, verzögerter Kreditvergabe, fehlender Genehmigungen oder langer Antragsdauer bei Fördermittelvergabe).28 bb) Nutzungsabsicht Für den Investitionsabzug wird ferner die Absicht des Steuerpflichtigen gefordert, das begünstigte Wirtschaftsgut nach der Anschaffung oder Herstellung mindestens bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres betrieblich zu nutzen, wobei es sich um eine ausschließliche bzw. fast ausschließliche betriebliche Nutzung handeln muss. Außerdem muss die Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte beabsichtigt sein. Nach der Begründung zum Entwurf des Unternehmensteuerreformgesetzes wird für eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung gefordert, dass das Wirtschaftsgut zu mindestens 90 % für betriebliche Zwecke eingesetzt wird.29
4.
14
Rechtsfolgen bei Inanspruchnahme des Investitionsabzugs
Liegen die Voraussetzungen für den Investitionsabzug vor, können bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten außerbilanziell gewinnmindernd abgezogen werden. Der Investitionsabzug ist auch möglich, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g Abs. 1 S. 3 EStG n. F.). Der Steuerpflichtige kann wählen, ob und in welcher Höhe er den Investitionsabzugsbetrag nutzt. Der Abzug von 40 % der voraussichtlichen Kosten ist nicht zwingend, sondern lediglich die Obergrenze.30 Der neue Investitionsabzugsbetrag wird im Gegensatz zur bisherigen Ansparabschreibung nicht mehr in der Buchhaltung des Unternehmens verbucht, sondern nur noch im Rahmen der Steuererklärung bzw. Steuerveranlagung berücksichtigt.31 Wurde der Investitionsabzug vorgenommen und die beabsichtigte Investition planmäßig getätigt, ist der in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag im Investitionsjahr gewinnerhöhend hinzuzurechnen. Gleichzeitig können aber bis zu 40 % der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts, höchstens jedoch der hinzugerechnete Betrag, gewinnmindernd herabgesetzt werden. Dadurch verringern sich die Anschaffungs- und Herstellungskosten, mit denen das begünstigte Wirtschaftsgut zu aktivieren ist. Ebenso mindert sich die Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzung und Sonderabschreibungen. > Beispiel: Der Haustechniker und Heizungsinstallateur H hat im Jahr 01 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von € 800,- für die in 02 geplante Anschaffung eines Kompressors zum Preis von € 2.000,- vorgenommen. Er hat also von seinem Gewinn außerbilanziell € 800,- abgezogen. 26 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 82. 27 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 23.05.2007, BT-Drs. 16/5452, Zusammenstellung, Art. 1 Nr. 11, S. 15. 28 Bericht des Finanzausschusses vom 24.05.2007, BT-Drs. 16/5491, V.B., zu Art. 1 Nr. 11, S. 41. 29 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 83. 30 Schoor, StuB 2007, 453. 31 Weßling/Romswinkel, Stbg 2007, 177, 179.
205
15
9
9
§9
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Nachdem H den Kompressor im Jahr 02 angeschafft hat, muss er den in 01 in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag 02 zunächst seinem Gewinn außerbilanziell wieder hinzurechnen. Danach entscheidet sich H dafür, die Anschaffungskosten, mit denen er den Kompressor erfasst, gewinnmindernd um 40 % (€ 800,-) herabzusetzen. Er aktiviert den Kompressor folglich mit € 1.200,- und behandelt den Herabsetzungsbetrag in Höhe von € 800,- als Aufwand. Damit ist die Anschaffung des Kompressors im Jahr 02 gewinnneutral. Die Bemessungsgrundlage für die AfA bzgl. des Kompressors beträgt damit auch € 1.200,-. Gewinnauswirkungen: 01: Investitionsabzug ./. € 800,02: Hinzurechnung Aufwand 16
9
17
+ € 800,./. € 800,€ 0,-
Entsprechen die bei Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages prognostizierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten dem tatsächlichen Investitionsaufwand, ergeben sich im Investitionsjahr bei Inanspruchnahme der maximalen Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten - wie das vorstehende Beispiel zeigt - keine Gewinnauswirkungen. Die außerbilanzielle gewinnerhöhende Hinzurechnung kann durch die gewinnmindernde Kürzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts vollständig kompensiert werden. Sind die tatsächlichen Kosten höher als der prognostizierte Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand, können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch höchstens um den in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag gewinnmindernd gekürzt werden. Die Differenz zwischen den prognostizierten und den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöht damit im Ergebnis den Wert, mit dem das Investitionsgut aktiviert werden muss. Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf sollte die Differenz noch zu einem gewinnmindernden Aufwand führen. > Beispiel: H erwirbt den Kompressor im Jahr 02 nicht wie geplant für € 2.000,-, sondern muss € 2.500,- dafür aufwenden. Er muss in 02 zunächst € 800,- seinem Gewinn hinzurechnen und kann dann die Anschaffungskosten für den Kompressor nicht um 40 % der tatsächlichen Anschaffungskosten (€ 1.000,-), sondern nur um den in 01 in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag (€ 800,-) kürzen. Damit bleibt die Anschaffung des Kompressors auch in diesem Fall in 02 ohne Gewinnauswirkungen. Der Kompressor ist mit € 1.700,- zu aktivieren. Dieser Betrag stellt auch die Bemessungsgrundlage für die AfA dar. Im Gesetzgebungsverfahren wurde durch die jetzige Formulierung sichergestellt, dass die im Investitionsjahr mögliche gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht höher als der tatsächlich in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag ist. Anderenfalls hätte sich ein Spielraum für Gestaltungsmissbräuche ergeben, den es aus Sicht des Gesetzgebers zu verhindern galt. Es wurde befürchtet, dass für geplante Investitionen zunächst nur ein geringer Investitionsabzugsbetrag (z. B. € 1,-) in Anspruch genommen, bei Investition dann jedoch 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden könnten.32 Das hätte im Ergebnis zu einer nicht gewollten fast 40-%igen Sofortabschreibung der Investitionsgüter geführt. 32 Bericht des Finanzausschusses vom 24.05.2007, BT-Drs. 16/5491, V.B., zu Art. 1 Nr. 11, S. 42.
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A.
9
Investionsabzugsbetrag
Wurden die voraussichtlichen Kosten zu hoch geschätzt, kann ein maximal beanspruchter Investitionsabzugsbetrag nicht vollständig hinzugerechnet werden, da die Hinzurechnung auf 40 % der (geringeren) Investitionskosten beschränkt ist. Der verbleibende Restbetrag ist spätestens nach Ablauf der Investitionsfrist gemäß § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2a) i. V. m. Abs. 3 EStG n. F. rückwirkend gewinnerhöhend zu erfassen. Diese rückwirkende Hinzurechnung entfällt nur dann, wenn innerhalb des verbleibenden Investitionszeitraumes nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne von § 255 Abs. 1 HGB für das begünstigte Wirtschaftsgut anfallen, die entsprechend den „Hauptkosten“ zu behandeln sind (Berücksichtigung zu 40 %).33
18
> Beispiel: Der bilanzierende Tierarzt T nahm im Jahr 01 für die beabsichtigte Investition in ein Röntgengerät einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von € 20.000,- (prognostizierte Kosten: € 50.000,-) in Anspruch. Im Jahr 03 erwarb er ein gebrauchtes Gerät für € 30.000,-. Dieses Gerät musste bereits im Jahr 04 generalüberholt werden, was T € 10.000,- kostete. Die Generalüberholung führte zur Verlängerung der technischen Nutzungsdauer des Geräts, so dass sie zu aktivieren ist. Im Jahr 03 muss T zunächst € 12.000,- seinem Gewinn außerbilanziell hinzurechnen, da die Hinzurechnung auf 40 % der tatsächlichen Kosten (€ 30.000,-) beschränkt ist. Gleichzeitig kann er die Anschaffungskosten um € 12.000,- mindern und das Gerät mit € 18.000,- aktivieren. Im Jahr 04 muss T die nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe von € 10.000,- zu 40 % (€ 4.000,-) seinem Gewinn außerbilanziell hinzurechnen und den Investitionsabzug in 01 bezüglich der Differenz zwischen den prognostizierten (€ 50.000,-) und den gesamten tatsächlichen Anschaffungskosten (€ 40.000,-) korrigieren. Sein Gewinn des Jahres 01 erhöht sich deshalb nachträglich um € 4.000,- (40 % von 10.000,-). Im Zusammenhang mit der Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Investitionsjahr sind auch die Regelungen zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2, 2a EStG n. F.34 zu beachten. Durch eine Ergänzung des neuen § 7g Abs. 2 S. 2 EStG n. F. um den Verweis auf § 6 Abs. 2, 2a EStG n. F. im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde klargestellt, dass sich die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Investitionsjahr auf die Anwendung der Regeln zur Bilanzierung von geringwertigen Wirtschaftsgütern auswirken kann. Sinken die Anschaffungskosten für ein Investitionsobjekt wegen der Herabsetzung beispielsweise unter € 150,-, sind diese nach § 6 Abs. 2 EStG n. F. sofort aufwandswirksam abzuziehen.35 > Beispiel: Der bilanzierende Allgemeinmediziner A nimmt im Jahr 01 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von insgesamt € 1.392,- in Anspruch, weil er im Jahr 02 die Anschaffung einer neuen Behandlungsliege (€ 3.000,-), eines Blutentnahmestuhls (€ 260,-) und eines Röntgenfilmbetrachtungsgeräts (€ 220,-) vorhat. Im Jahr 02 schafft er diese Gegenstände wie geplant an. In 02 muss A deshalb zunächst eine außerbilanzielle Hinzurechnung in Höhe von € 1.392,- vornehmen. Außerdem entscheidet sich A dafür, von der maximalen Herabsetzungsmöglichkeit (40 %) bei den Anschaffungskosten Gebrauch zu machen. Danach ergeben sich folgende Anschaffungskosten: Behandlungsliege (€ 3.000 ./. 40 %) € 1.800,Blutentnahmestuhl (€ 260 ./. 40 %) € 156,33 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 84. 34 Siehe hierzu § 5 Rn 1ff. 35 Bericht des Finanzausschusses vom 24.05.2007, BT-Drs. 16/5491, V.B., zu Art. 1 Nr. 11, S. 42.
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9 19
9
§9
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Röntgenfilmbetrachtungsgerät (€ 220 ./. 40 %) € 132,Die Behandlungsliege muss er mit den herabgesetzten Anschaffungskosten aktivieren. Den Blutentnahmestuhl muss er in den Sammelposten für geringwertige Wirtschaftsgüter zweiter Klasse nach § 6 Abs. 2a EStG n. F. aufnehmen, da seine Anschaffungskosten zwischen € 150,- und 1.000,- liegen. Die Kosten für das Röntgenfilmbetrachtungsgerät kann er in 02 sofort als Betriebsausgaben absetzen, da es sich um ein geringwertiges Wirtschaftsgut erster Klasse handelt (Anschaffungskosten bis € 150,-).
20
9
5.
Rückgängigmachung des Investitionsabzugs
a)
Rückgängigmachung wegen Nichtinvestition
Der Investitionsabzug muss rückgängig gemacht werden, wenn die geplante Investition bis zum Ende des Investitionszeitraums, d. h. zum Ende des dritten auf das Abzugsjahr folgenden Wirtschaftsjahres, nicht getätigt wurde und deshalb keine gewinnerhöhende Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrages erfolgte. Aus welchem Grund die Investition unterbleibt, ist unerheblich.36 Zur Rückabwicklung kommt es auch, wenn die durchgeführte Investition der geplanten nicht gleichartig ist.37 Der für eine bestimmte künftige Investition berücksichtigte Abzugsbetrag darf weder ganz noch teilweise für Investitionen anderer Art verwendet werden. Das bei Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages benannte Wirtschaftsgut und das später tatsächlich angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut müssen zumindest funktionsgleich sein.38 > Beispiel: Der Dachdecker D plant, im Jahr 04 einen kleineren Lastkraftwagen eines bestimmten Herstellers für seinen Betrieb anzuschaffen und gibt das gegenüber seinem Finanzamt im Jahr 01 an. Die Anschaffungskosten werden sich voraussichtlich auf € 100.000,- belaufen. Im Jahr 01 nimmt er daher einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von € 40.000,- in Anspruch. Im Jahr 04 entscheidet er sich aber für den Lastkraftwagen eines anderen Herstellers und erwirbt diesen zum Preis von € 100.000,- für seinen Betrieb. Das zunächst benannte Wirtschaftsgut und das schließlich angeschaffte sind funktionsgleich, so dass der ursprüngliche Investitionsabzug nicht rückgängig zu machen ist. Abwandlung 1: D gibt im Jahr 01 gegenüber seinem Finanzamt an, dass er in den nächsten drei Jahren ein Transportfahrzeug anschaffen will. Im Jahr 04 beschafft sich D dann einen gebrauchten Anhänger für ein bereits vorhandenes Fahrzeug. Auf den Anhänger passt die Funktionsbezeichnung Transportfahrzeug, so dass der Investitionsabzug zulässig bleibt. Abwandlung 2: D schafft im Jahr 04 einen Personenkraftwagen für seinen Betrieb an. Unabhängig davon, ob D im Jahr 01 angab, einen Lastkraftwagen oder ein Transportfahrzeug anschaffen zu wollen, fehlt es bei einem Personenkraftwagen an der Funktionsgleichheit von beabsichtigtem Investitionsobjekt und tatsächlich getätigter Investition. Der Investitionsabzug im Jahr 01 muss deshalb nachträglich korrigiert werden. 36 Volb, a. a. O., S. 117. 37 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 84. 38 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 84.
208
A.
9
Investionsabzugsbetrag
! Praxishinweis: Bei der Angabe der beabsichtigten Investition gegenüber den Finanzbehörden sollte künftig also eine möglichst weite Funktionsbezeichnung gewählt werden, um sich für die spätere Investition größtmögliche Flexibilität zu erhalten. Die Rückgängigmachung führt zu einer Korrektur im Abzugsjahr. Der ursprüngliche Abzug des Investitionsabzugsbetrages darf in diesem Veranlagungszeitraum nicht mehr berücksichtigt werden, was nachträglich eine Gewinnerhöhung im Abzugsjahr hervorruft. Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid selbst bei bereits eingetretener Bestandskraft entsprechend zu ändern (§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG n. F.). § 7g Abs. 3 S. 3 EStG n. F. enthält die dafür erforderlichen Verfahrensvorschriften. So endet die Festsetzungsfrist für Bescheide des Abzugsjahres erst mit der für das dritte Folgejahr. Da die Korrektur für das Abzugsjahr vorzunehmen ist, können für die daraus resultierenden Steuernachforderungen Zinsen nach § 233a AO entstehen.
b)
Rückgängigmachung wegen Nichteinhaltung der Nutzungsvorgaben
Gemäß § 7g Abs. 4 EStG n. F. muss der Investitionsabzug auch dann rückgängig gemacht werden, wenn nach Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts gegen folgende Nutzungsvorgaben des § 7g EStG n. F. verstoßen wird: ■ Betriebliche Nutzung mindestens bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres ■ Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte ■ Nutzung ausschließlich oder fast ausschließlich (mindestens 90 %) betrieblich In einem solchen Fall sind auch die Hinzurechnung im Investitionsjahr und ggf. die Verringerung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Verringerung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen zu korrigieren. Auch hier kommt es zu einer auf das Abzugsjahr und das Investitionsjahr rückwirkenden Korrektur. Bereits bestandskräftige Bescheide sind nachträglich zu ändern, solange die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die Festsetzungsverjährung endet in diesen Fällen erst mit Ablauf der Festsetzungsfrist für das Jahr, in dem erstmals gegen die Nutzungsvorgaben verstoßen wurde. Für die Rückgängigmachung wegen Nichteinhaltung der Nutzungsvorgaben wurde die Anwendbarkeit von § 233a AO ausdrücklich ausgeschlossen (§ 7g Abs. 4 S. 3 EStG n. F.). Es fallen daher keine Zinsen für die Steuernachforderungen an.
c)
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22
23
Freiwillige (vorzeitige) Rückgängigmachung
Ob der Steuerpflichtige den Investitionsabzug vor Ablauf der Investitionsfrist freiwillig rückgängig machen kann, wenn er von dem ursprünglichen Investitionsvorhaben Abstand nimmt, ist fraglich.39 Bei den Ansparabschreibungen war eine freiwillige gewinnerhöhende Auflösung gebildeter Rücklagen oder Teilrücklagen möglich.40 Die Rückgängigmachung des Investitionsabzugs dürfte aber nur insgesamt möglich sein.41 39 Schoor, StuB 2007, 453, 457; Volb, a. a. O., S. 118. 40 BMF, Schreiben vom 25.02.2004 - IV A 6 - S - 2183b - 1/04, BStBl. I 2004, 337 Tz 28. 41 Volb, a. a. O., S. 118.
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§9
d) 25
9
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Zeitliche Auswirkung der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages
Das folgende Beispiel zeigt, für welche Zeiträume die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages Bedeutung erlangen kann. > Beispiel: Relevante Zeiträume bei der Inanspruchnahme des Investitionsabzugs Der Steuerpflichtige S beschließt Ende 04, einen Investitionsabzugsbetrag in Anspruch zu nehmen. Mit seiner Steuererklärung für 04 erklärt er dem zuständigen Finanzamt, dass er in den nächsten drei Jahren eine bestimmte Investition tätigen will (z. B. Erwerb einer Produktionsanlage). Für die Zulässigkeit des Investitionsabzugs in 04 muss zunächst geprüft werden, ob S den Höchstbetrag von € 200.000,für die Summe aller Investitionsabzugsbeträge innerhalb des Vierjahreszeitraums einhält. Dazu müssen alle Investitionsabzugsbeträge (in der Übergangsphase auch die alten Ansparabschreibungen) in den Jahren 01 - 04 betrachtet werden (Betrachtungszeitraum zur Einhaltung des Höchstbetrages). Ab dem Investitionsabzug zum Ende des Jahres 04 beginnt dann der dreijährige Investitionszeitraum, in dem S die beabsichtigte Investition vornehmen kann/muss. Tätigt S die geplante Investition nicht bis zum Ende des Investitionszeitraums, muss der Investitionsabzug in 04 nachträglich rückgängig gemacht werden. Hat S die Investition planmäßig Ende 07 getätigt, beginnt der Zeitraum, für den das Gesetz besondere Nutzungsvorgaben enthält (Nutzungszeitraum). So muss das begünstigte Wirtschaftsgut nach § 7g Abs. 4 S. 1 EStG n. F. bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres betrieblich genutzt werden. Bei einem Verstoß gegen die Nutzungsvorgaben müsste S den Investitionsabzug in 04 rückgängig machen. Damit die Möglichkeit der Rückgängigmachung auch verfahrensmäßig sichergestellt ist, enthält § 7g EStG n. F. spezielle Korrekturvorschriften sowie Regelungen zur Verlängerung der Festsetzungsfrist für das Jahr des Investitionsabzugs. Danach ergibt sich ein Korrekturzeitraum, innerhalb dessen die Rückgängigmachung des Investitionsabzugs verfahrensrechtlich möglich ist. Dabei lässt sich danach unterscheiden, ob die Rückgängigmachung durch das Unterbleiben der geplanten Investition oder erst durch einen Verstoß gegen die Nutzungsvorgaben nach getätigter Investition ausgelöst wird. Nimmt S bis zum Ende des Jahres 07 keine Investition vor, gilt für 04 (Jahr des Investitionsabzugs) die Festsetzungsfrist, die für das Jahr 07 anzuwenden ist. Damit läuft die Festsetzungsfrist für 04 erst in 12 ab, wenn S seine Steuererklärung für 07 im Jahr 08 abgibt. Verstößt S nach im Jahr 07 getätigter Investition im Jahr 08 gegen die Nutzungsvorgaben, dann gilt für 04 (Jahr des Investitionsabzugs) die Festsetzungsfrist für 08. Gibt S seine Steuerklärung für 08 dann z. B. erst im Jahr 10 ab, läuft die Festsetzungsfrist für 04 bis zum Ende des Jahres 14.
210
A.
Investionsabzugsbetrag
9
Schematische Darstellung: Überblick über die Zeiträume, die bei der Inanspruchnahme des Investitionsabzugs relevant werden 1. Betrachtungszeitraum für den Höchstbetrag aller Abzugsbeträge Investitionsabzug Summe aller Abzugsbeträge max. € 200.000,-
01
02
03
t
04
2. Investitionszeitraum Investitionsabzug
Letzter Zeitpunkt für planmäßige Investition
Investitionszeitraum
04
05
06
t
07
9 3. Nutzungszeitraum Investition
Ende der Nutzungsvorgaben
Nutzungszeitraum
07
t
08
4. Korrekturzeitraum/Festsetzungsfrist (beispielhaft) a) Rückgängigmachung wegen Nichtinvestition Investitionsabzug
Feststehen der Nichtinvestition
Abgabe Steuererklärung 07
Ende der Festsetzungsfrist für 04
Korrekturzeitraum
04
05
06
07
08
09
10
11
t
12
b) Rückgängigmachung wegen Nichteinhaltung der Nutzungsvorgaben
Investition
Investitionsabzug
Verstoß gegen Nutzungsvorgaben
Abgabe Steuererklärung 08
Ende der Festsetzungsfrist für 04
Korrekturzeitraum
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
211
9
§9
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1-4 EStG n. F.) 1. Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages Voraussetzungen objektive
9
subjektive
Rechtsfolgen Im Abzugsjahr
Im Anschaffungs- bzw. Herstellungsjahr
■
Möglichkeit, ein bewegliches Wirtschaftsgut für das Anlagevermögen künftig anzuschaffen bzw. herzustellen ■ Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit ■ Einhaltung folgender Größenmerkmale am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug erfolgen soll – Betriebsvermögen ≤ € 235.000,- bei Bilanzierenden – Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ≤ € 100.000,– (Ersatz-) Wirtschaftswert ≤ € 125.000,bei Land- und Forstwirten ■ Angabe der Funktion und der voraussichtlichen Kosten des Wirtschaftsguts gegenüber dem Finanzamt ■ Summe der Abzugsbeträge des Wirtschaftsjahres und der drei vorangegangenen Jahre ≤ € 200.000,- je Betrieb ■ Absicht, das Wirtschaftsgut in den drei folgenden Wirtschaftsjahren anzuschaffen bzw. herzustellen (Anschaffungsabsicht) ■ Absicht, das Wirtschaftsgut – mindestens bis zum Ende des der Anschaffung bzw. Herstellung folgenden Jahres zu nutzen – ausschließlich bzw. fast ausschließlich betrieblich zu nutzen – in einer inländischen Betriebsstätte zu nutzen (Nutzungsabsicht)
§ 7g Abs. 1 S. 1
■
§ 7g Abs. 1 S. 1
■ ■
Gewinnmindernder Abzug von bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Investitionsabzugsbetrag) Gewinnerhöhende Hinzurechnung des in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrages Option, zur gewinnmindernden Herabsetzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten um 40 %, max. jedoch um hinzugerechneten Investitionsabzugsbetrag (Verringerung der AfA-Bemessungsgrundlage)
2. Rückgängigmachung des Abzugs Voraussetzung
■ ■
Rechtsfolge
212
Normen
■
Keine Investition bis zum Ende des 3. Jahres nach Abzug Nach Investition Nichteinhaltung der Nutzungsvorgaben Rückgängigmachung des Abzugs und ggf. der Hinzurechnung sowie Herabsetzung bei Investition, auch bei bestandskräftigen Bescheiden (Verlängerung der Festsetzungsfrist)
§ 7g Abs. 1 S. 2 § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1
§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 3 § 7g Abs. 1 S. 4 § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2a) § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2b)
§ 7g Abs. 2 S. 1 § 7g Abs. 2 S. 2
Normen § 7g Abs. 3 S. 1 § 7g Abs. 4 § 7g Abs. 3 S. 2, 3
B
B.
Sonderabschreibungen
B
Durch die Unternehmensteuerreform wurden im Zuge der Modifizierung des § 7g EStG auch die Regelungen zu den Sonderabschreibungen verändert. Die diesbezüglichen Vorschriften finden sich jetzt in § 7g Abs. 5, 6 EStG n. F.. Kleine und mittlere Unternehmen können danach weiterhin für die Anschaffung oder Herstellung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Jahr der Investition und in den vier Folgejahren Sonderabschreibungen in Höhe von 20 % der Investitionskosten vornehmen. Die neuen Regeln zu den Sonderabschreibungen sind erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die ab 2008 angeschafft oder hergestellt werden (§ 52 Abs. 23 S. 2 EStG n. F.).
I.
9
Sonderabschreibungen
1
Bisherige Rechtslage
Bisher konnten Steuerpflichtige, die die Größenmerkmale des § 7g Abs. 2 EStG a. F. nicht überschritten bei neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 oder 2 EStG a. F. (lineare oder degressive AfA) 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Sonderabschreibungen berücksichtigen. Nach den bisherigen Größenbegrenzungen durfte das Betriebsvermögen von bilanzierenden Gewerbetreibenden und Selbständigen am Schluss des der Anschaffung oder Herstellung vorangegangenen Wirtschaftsjahres € 204.517,- nicht übersteigen. Land- und Forstwirte konnten von der Sonderabschreibung nur profitieren, wenn der Einheitswert ihres Betriebes im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung höchstens € 122.710,- betrug. Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, konnten die Sonderabschreibung bisher ohne Größenbeschränkungen nutzen. Weitere Voraussetzung für die Sonderabschreibungen war, dass der Steuerpflichtige zuvor eine Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. gebildet hatte.
II.
Einzelheiten der Neuregelung
1.
Veränderungen gegenüber der alten Rechtslage
Nach der Unternehmensteuerreform 2008 kommt es bei den Sonderabschreibungen im Wesentlichen zu folgenden Verbesserungen für Steuerpflichtige: ■ Sonderabschreibungen setzen keine vorherige Ansparabschreibung bzw. keinen vorherigen Investitionsabzug voraus ■ Ausdehnung der Begünstigung auf gebrauchte Wirtschaftsgüter ■ Leichte Anhebung der Größenmerkmale für Bilanzierende sowie Land- und Forstwirte Dem stehen folgende Verschlechterungen gegenüber, da die Modifizierung von § 7g EStG bezüglich der Steuereinnahmen insgesamt aufkommensneutral sein soll: ■ Größenbeschränkung für Einnahmen-Überschuss-Rechner: Gewinn bis € 100.000,■ Verlängerung des Mindestnutzungszeitraums von zwölf Monaten bis zum Ende des der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres 213
27
9
28
9
§9
29
9
2.
Voraussetzungen der neuen Sonderabschreibungen
a)
Begünstigte Steuerpflichtige
Die Sonderabschreibungen können, wie der Investitionsabzugsbetrag, von Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften genutzt werden. Begünstigt sind also Betriebe von Gewerbetreibenden, Selbständigen sowie Land- und Forstwirten. Auf eine bestimmte Gewinnermittlungsart kommt es nicht an. Diese spielt aber bei den Größenmerkmalen eine Rolle. § 7g Abs. 5, 6 n. F. kann auch von Personengesellschaften oder Gemeinschaften (§ 7g Abs. 7 EStG n. F.) und kleinen Kapitalgesellschaften in Anspruch genommen werden. Die Begünstigung ist von der Einhaltung folgender Größenmerkmale abhängig: ■ Betriebsvermögen von max. € 235.000,- bei Gewerbetreibenden und Selbständigen, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln ■ Wirtschafts- oder Ersatzwirtschaftswert von max. € 125.000,- bei Land- und Forstwirten ■ Gewinn von max. € 100.000,- bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch EinnahmenÜberschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln Die Größenmerkmale müssen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen weiterhin zum Schluss des Wirtschaftsjahres eingehalten werden, dass der Anschaffung oder Herstellung vorangeht.
b) 30
Begünstigte Wirtschaftsgüter
Durch Sonderabschreibungen wird die Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens begünstigt. Es kann sich dabei neuerdings auch um gebrauchte Gegenstände handeln.
c) 31
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Nutzungsanforderungen
Für die Berechtigung zur Sonderabschreibung müssen darüber hinaus folgende Nutzungsanforderungen beachtet werden: ■ Betriebliche Nutzung mindestens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr ■ Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen ■ Nutzung ausschließlich oder fast ausschließlich (mindestens 90 %) betrieblich Ein Verstoß gegen die Nutzungsvorgaben führt zur Rückgängigmachung der Sonderabschreibungen (§ 7g Abs. 6 Nr. 2 i. V. m. Abs. 4 EStG n. F.). Wie bei der Rückgängigmachung des Investitionsabzugs sind selbst bestandkräftige Bescheide zu ändern. Die Festsetzungsverjährung endet in diesen Fällen erst mit Ablauf der Festsetzungsfrist für das Jahr, in dem erstmals gegen die Nutzungsvorgaben verstoßen wurde. Für die Rückgängigmachung wegen Nichteinhaltung der Nutzungsvorgaben wurde die Anwendbarkeit von § 233a AO ausdrücklich ausgeschlossen (§ 7g Abs. 4 S. 3 EStG n. F.). Es fallen daher keine Zinsen für die Steuernachforderungen an.
214
B
3.
9
Sonderabschreibungen
Rechtsfolgen bei Nutzung der neuen Sonderabschreibungen
Liegen die Voraussetzungen des § 7g Abs. 5, 6 EStG n. F. vor, kann der Steuerpflichtige bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden vier Jahren abschreiben (Wahlrecht). Die Abschreibungen nach § 7 EStG bleiben davon unberührt. Werden zusätzlich zu den Sonderabschreibungen der Investitionsabzugsbetrag und die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die reguläre Abschreibung vorgenommen, kommt es bis zum Ende des Investitionsjahres regelmäßig mindestens zu einer Gesamtabschreibung von 52 % (zgl. lineare AfA). Nach Ansicht der Bundesregierung handelt es sich deshalb bei der Neukonzeption von § 7g EStG um eine entscheidende Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Investitionen des Mittelstandes und damit um eine wichtige Maßnahme der Unternehmensteuerreform.42 > Beispiel: Der Malermeister M schafft im Januar 04 einen neuen Kleintransporter für seinen Betrieb zum Preis von € 65.000,- an. Dafür hatte er im Jahr 01 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von € 26.000,- (40 % von € 65.000,-) geltend gemacht. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Kleintransporters beträgt acht Jahre. Im Jahr 04 muss M zunächst den in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von € 26.000,- außerbilanziell seinem Gewinn hinzurechnen. Außerdem macht er von dem Wahlrecht Gebrauch, die Anschaffungskosten in gleicher Höhe herabzusetzen. Ferner nimmt er die Sonderabschreibungen in Anspruch. Nach Vornahme der linearen AfA beläuft sich der Buchwert des Transporters zum Schluss des Jahres 04 auf € 27.300,-. Die im Jahr 04 durchgeführte Gesamtabschreibung beträgt € 37.700,- und damit 58 %. Bewertung des Investitionsobjekts Tatsächliche Anschaffungskosten Herabsetzung um 40 % nach § 7g Abs. 2 S. 2 EStG n. F. Herabgesetzte Anschaffungskosten Sonderabschreibung um 20 % nach § 7g Abs. 5, 6 EStG n. F. Verbleibende Anschaffungskosten Lineare AfA um 12,5 % nach § 7 Abs. 1 EStG Verbleibender Buchwert
Gewinnauswirkung € 65.000,./. € 26.000,€ 39.000,./. € 7.800,€ 31.200,./. € 3.900,€ 27.300,-
./. € 26.000,./. € 7.800,./. € 3.900,-
42 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 220/07, Begründung, II. Besonderer Teil, zu Art. 1 Nr. 11, S. 85.
215
32
9
9
§9
Investionsanreize für kleinere Unternehmen
Sonderabschreibungen (§ 7g Abs. 5, 6 EStG n. F.) Normen Voraussetzungen
Rechtsfolge
9
216
■ Anschaffung oder Herstellung eines beweglichen Wirtschaftsguts für das Anlagevermögen ■ Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit ■ Einhaltung folgender Größenmerkmale am Schluss des Wirtschaftsjahres, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht – Betriebsvermögen ≤ € 235.000,- bei Bilanzierenden – Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ≤ € 100.000,– (Ersatz-) Wirtschaftswert ≤ € 125.000,bei Land- und Forstwirten ■ Nutzung des Wirtschaftsguts – mindestens bis zum Ende des der Anschaffung bzw. Herstellung folgenden Jahres – ausschließlich bzw. fast ausschließlich (90 %) betrieblich – in einer inländischen Betriebsstätte ■ Sonderabschreibung um bis zu 20 % der AK/HK in den ersten vier Jahren
§ 7g Abs. 5 § 7g Abs. 6 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 2 § 7g Abs. 6 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 S. 2 Nr. 1
§ 7g Abs. 6 Nr. 2 i. V. m. Abs. 5
§ 7g Abs. 5
10
§ 10 Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften A.
Vorbemerkung
A.
Werden bei einem Unternehmenskauf, bei einem Unternehmensübergang im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder einer Unternehmensumstrukturierung Anteile an einer Körperschaft übertragen, steht der Erwerber vor der Frage, ob die Zielgesellschaft etwaige steuerliche Verlustvorträge in Zukunft nutzen kann. Die Möglichkeit der Nutzung von Verlustvorträgen entfiel, wenn der Übertragungsvorgang als Mantelkauf nach § 8 Abs. 4 KStG a. F. qualifiziert wurde. Das war von den geplanten Investitionen und den nach dem Erwerb sich ergebenden Änderungen der Finanzierungsstruktur der Körperschaft abhängig. Mit der Unternehmensteuerreform ändern sich die Parameter für die Beurteilung als Mantelkauf. Die bisherige Regelung in § 8 Abs. 4 KStG a. F. wird durch einen neuen § 8c KStG ersetzt. Änderungen der Finanzierungsstruktur einer Körperschaft nach einer Anteilsübertragung sind für die Anwendung des § 8c KStG unerheblich. Bereits die Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. führte zu einer Vielzahl von Zweifelsfragen, die in der Praxis erhebliche Unsicherheiten über die Nutzbarkeit von körperschaftsteuerlichen und – aufgrund der Verweisung in § 10a GewStG – auch von gewerbesteuerlichen Verlustvorträgen begründeten. Mit Beschluss vom 22.08.20061 legte der BFH dem Bundesverfassungsgericht2 die Frage vor, ob die Änderung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform3 formell verfassungsgemäß zustande gekommen war.4 Daraus ergab sich eine weitere Rechtsunsicherheit über die praktische Anwendung und die Auswirkungen des § 8 Abs. 4 KStG a. F. Die gesetzliche Neuregelung in § 8c KStG bewirkt eine gewisse Vereinfachung. Es wird auf eines der umstrittensten Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 4 KStG a. F., die Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens bei einer Kapitalgesellschaft, verzichtet. Das Bemühen des Gesetzgebers um eine Vereinfachung der gesetzlichen Regelung wurde dementsprechend begrüßt.5 Diese Vereinfachung geht einher mit einer Ausweitung des Tatbestands der schädlichen Anteilsübertragung und führt zu einer Verschärfung gegenüber der bisherigen Rechtslage.6 Diese resultiert vor allem daraus, dass das ursprüngliche Grundprinzip des § 8 Abs. 4 KStG a. F., wonach es auf die wirtschaftliche Identität des Unternehmens der Körperschaft ankam, aufgegeben wird. Die Änderung der wirtschaftlichen Identität einer Körperschaft war das zentrale Tatbestandsmerkmal, das zur Versagung von deren Verlustvorträgen führte. Unter Negierung der steuerrechtlichen Eigenständigkeit der Körperschaft stellt die gesetzliche Neufassung des § 8c KStG allein auf die Veränderung der Gesellschafterstruktur ab.7 Gibt es einen neuen Mehrheitsgesellschafter oder erwirbt ein neuer Gesellschafter eine Sperrminorität an einer Körperschaft, geht der Verlustvortrag ganz oder teilweise verloren, als ob der Verlustvortrag den zuvor beteiligten Gesellschaftern zuzurechnen gewesen wäre.8 1 2 3 4 5 6 7 8
BFH, Beschluss vom 22.08.2006, BFH/NV 2006, 2376. Aktenzeichen des BVerfG: 2 BvL 61/06. Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. Siehe BFH, Beschluss vom 22.08.2006, BFH/NV 2006, 2376. Lenz/Ribbrock, BB 2007, 587, 589. Vgl. die Kritik von Lenz/Ribbrock, BB 2007, 587, 589ff. BT-Drs. 16/4841, S. 75. Zur Kritik an der Durchbrechung des Trennungsprinzips: Dörfler/Wittkowski, GmbHR 2007, 513, 514.
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§ 10 3
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B 6
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
Der Grundtatbestand, dass eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Identität der Körperschaft die Möglichkeit nehme, bestehende Verlustvorträge weiter zu nutzen, war ursprünglich von der Rechtsprechung als Korrektiv gegen den Handel mit Verlustmänteln aufgestellt worden.9 Im Jahr 1986 hatte der Bundesfinanzhof diese Rechtsprechung aufgegeben und für die Möglichkeit der Verlustverrechnung allein auf den Fortbestand der zivilrechtlichen Identität abgestellt.10 In Reaktion darauf führte der Gesetzgeber den in § 8 Abs. 4 KStG a. F. enthaltenen Tatbestand der Änderung der wirtschaftlichen Identität ein. Dessen gravierendster Nachteil lag in seiner Unbestimmtheit, so dass § 8 Abs. 4 KStG a. F. aufgrund der Vielzahl von Zweifelsfragen immer wieder geändert wurde.11 Das in § 8 Abs. 4 KStG a. F. geregelte Tatbestandsmerkmal der Zuführung schädlichen Betriebsvermögens bestach sicherlich nicht durch klare Konturen. Gleichwohl verdeutlichte es eine wesentliche Rechtfertigung für die Versagung des Verlustabzugs. Die Körperschaft ist Rechtsträger eines Unternehmens. Von einem Verlustmantel kann nur dann gesprochen werden, wenn zwar der Rechtsträger, quasi als rechtliche Hülle, zivilrechtlich unverändert bleibt, jedoch das ihm zuzurechnende Unternehmen nicht mit dem ursprünglich geführten Unternehmen dieses Rechtsträgers identisch ist. Die wirtschaftliche Identität des Unternehmens ist durch deren Geschäftsbetrieb, den Unternehmensgegenstand und das Betriebsvermögen charakterisiert,12 so dass die in der Größe „Betriebsvermögen“ zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Identität zumindest einen Anhaltspunkt dafür liefert, ob ein Verlustmantel vorliegt oder nicht. Den Handel mit Verlustvorträgen zu unterbinden, stellte die seinerzeitige Rechtfertigung für die steuerliche Belastung der Körperschaft dar. Für die gesetzliche Neuregelung des § 8c KStG ist eine Rechtfertigung der Belastungsentscheidung des Gesetzgebers nicht erkennbar.13 § 8c KStG hat nicht mehr den Handel mit einem Verlustmantel zum Gegenstand, sondern die Übertragung von Anteilen an einer Körperschaft. Diese Vorschrift ist gekennzeichnet durch einen Paradigmenwechsel bei der Behandlung steuerlicher Verlustvorträge einer Körperschaft. Da für eine Übergangszeit die Regelungen des § 8 Abs. 4 KStG a. F. weiter anzuwenden sind, sollen diese skizziert und der verbleibende zeitliche Anwendungsrahmen dargestellt werden.
B.
Bisherige Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F.
Nach § 8 Abs. 4 KStG a. F. war Voraussetzung für den Abzug eines steuerlichen Verlustvortrages, dass die Körperschaft, die den Verlust erlitten hat, wirtschaftlich und rechtlich mit der Körperschaft identisch war, die den Verlust mit Gewinnen verrechnete, § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG a. F. Die wirtschaftliche Identität bei einer Kapitalgesellschaft hatte sich nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG a. F. insbesondere dann geändert, wenn zwei Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt waren: ■ Es wurden mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen. ■ Es wurde der Kapitalgesellschaft überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt. Diese beiden Tatbestandsmerkmale enthielten ein Regelbeispiel für den Verlust der wirtschaftlichen Identität und zwar nur in Bezug auf Kapitalgesellschaften, so dass weitere Fälle denkbar 9 10 11 12 13
218
BFH, Urteil vom 15.02.1966, BStBl. II 1966, 315; BFH, Urteil vom 19.12.1973, BStBl. II 1974, 181. BFH, Urteil vom 29.10.1986, BStBl. II 1987, 308. Vgl. die Übersicht und Darstellung der Rechtsentwicklung zu § 8 Abs. 4 KStG: Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 18ff. Vgl. die Kritik von Neyer, BB 2007, 1415. Zur Kritik an dieser Neuausrichtung des § 8c KStG: Lenz/Ribbrock, BB 2007, 587, 590; Neyer, BB 2007, 1415; Wiese, DStR 2007, 741, 744.
10
B Bisherige Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. waren, die zu einem Verlust der wirtschaftlichen Identität führen konnten.14 Der Bundesfinanzhof verstand dieses Regelbeispiel als eine Grundwertung für die Bestimmung der wirtschaftlichen Identität, um auf diesem Wege den unbestimmten Rechtsbegriff „wirtschaftliche Identität“ einzugrenzen.15
I.
Anteilsübertragung
Eine Anteilsübertragung von mehr als 50 % lag zunächst vor, wenn innerhalb eines zeitlichen Zusammenhangs Anteile auf neue oder andere Gesellschafter übergingen.16 Maßgebend für die Anteilszurechnung war das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen. Die Beteiligungsquote wurde anhand der Beteiligung am Nennkapital bestimmt.17 Die Finanzverwaltung bejahte einen zeitlichen Zusammenhang bei Anteilsübertragungen, die innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgten.18 In die Betrachtung wurden ausschließlich unmittelbare Anteilsübertragungen einbezogen. Die ursprünglich davon abweichende Ansicht der Finanzverwaltung19 wurde von der Rechtsprechung nicht bestätigt20 und zwischenzeitlich aufgegeben.21 Als Übertragungen angesehen wurden entgeltliche wie auch unentgeltliche Übertragungen.22 Maßgebend war, dass es sich um rechtsgeschäftliche Übertragungen handelte. Der Anteilsübergang im Erbfall unterlag nicht § 8 Abs. 4 KStG a. F., jedoch der Anteilsübergang bei Umwandlungen nach dem UmwG. Gleichgültig war, wer die Anteile erwarb und in welchem Umfang der einzelne Erwerber sich an der Kapitalgesellschaft beteiligte. Wenn Anteile sukzessiv auf verschiedene Gesellschafter übertragen wurden, konnte eine schädliche Anteilsübertragung vorliegen, sofern innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren insgesamt mehr als 50 % der Anteile übertragen wurden. Ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen den verschiedenen Anteilsübertragungen bestanden hatte, war unerheblich. Einer Anteilsübertragung war der Erwerb von Gesellschaftsanteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung gleichgestellt, sofern die neu eintretenden Gesellschafter nach der Kapitalerhöhung zu mehr als 50 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt waren oder wenn sich zugunsten bisher beteiligter Gesellschafter die Beteiligungsquote um mehr als 50 % verschoben hatte.23
II.
7
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10
Betriebsvermögenszuführung
Weiteres Tatbestandsmerkmal des § 8 Abs. 4 KStG a. F. war die Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens. Unter Betriebsvermögen wurde nicht das Eigenkapital der Kapitalgesellschaft verstanden, sondern deren Aktivvermögen.24 Umstritten war die Frage, ob ausschließlich das Anlagevermögen oder auch das Umlaufvermögen in die Betrachtung einzubeziehen war.25 14 Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 36; Roser, in: Gosch, KStG, § 8a Rn 1408ff, auch zum Verhältnis von § 8 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 KStG a. F. 15 BFH, Urteil vom 20.08.2003, BStBl. II 2004, 616; kritsch: Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 36, 37. 16 Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 61. 17 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 3 . 18 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 6. 19 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 28. 20 BFH, Urteil vom 20.08.2003, BStBl. II 2004, 616. 21 Die Finanzverwaltung hat das vorgenannte BFH–Urteil im BStBl. veröffentlicht und deshalb anerkannt, vgl. dazu: Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 58. 22 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 4. 23 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 25 mit weiteren Sonderfällen. 24 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 9. 25 Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 76ff; Roser, in: Gosch, KStG, § 8 Rn 1431.
219
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§ 10
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12
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
Vorgänge auf der Passivseite (z. B. Forderungsverzicht) waren, von Missbrauchsfällen nach § 42 AO abgesehen, irrelevant. In die Betrachtung wurden sämtliche Außenfinanzierungsmaßnahmen einbezogen. Unerheblich war, ob zusätzliche Mittel z. B. durch Aufnahme eines Bankkredits, über ein Gesellschafterdarlehen oder über eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB beschafft wurden.26 Bei der Bestimmung, wann eine Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens erfolgte, existierten unterschiedliche Ansichten zwischen Finanzverwaltung und Rechtsprechung. Nach Ansicht der Finanzverwaltung27 war die Prüfung der Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens wertmäßig zu bestimmen. Die im Zeitpunkt des schädlichen Anteilseignerwechsels vorhandenen Aktiva wurden ermittelt und mit dem Teilwert bewertet (Vergleichsgröße I). Nicht in der Bilanz ausgewiesene Aktiva, wie selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter oder ein Geschäfts- oder Firmenwert, waren in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen. Der Teilwert der Summe sämtlicher Betriebsvermögenszuführungen, die innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgten, wurde dazu in Bezug gesetzt (Vergleichsgröße II). Innenfinanzierungen waren nicht in die Betrachtung einzubeziehen28. Erschwert wurde die Betrachtung dadurch, dass ein Zeitraum von fünf Jahren zu Grunde gelegt wurde, innerhalb dessen die Betriebsvermögenszuführungen zu betrachten waren. Eine Ausnahme galt für den Branchenwechsel.29 Die Rechtsprechung stellte auf eine funktionale bzw. gegenständliche Betrachtungsweise ab.30 Die wirtschaftliche Identität entfiel nicht nur dann, wenn der Wert des neuen Aktivvermögens den Wert des bisherigen Aktivvermögens überstiegen hatte und die Gesellschaft mit überwiegend neuem Betriebsvermögen ihre Tätigkeit ausübte. Es war das im Zeitpunkt der Zuführung des Betriebsvermögens vorhandene Betriebsvermögen in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen, da in diesem Fall die Geschäftstätigkeit des Unternehmens mit überwiegend neuem Aktivvermögen ausgeübt wurde. Das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen hatte keine wesentliche Funktion für die Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft, so dass die wirtschaftliche Identität verloren ging.31 Anders als die Finanzverwaltung beantwortete die Rechtsprechung die Frage, wie die schädliche Anteilsübertragung und die Betriebsvermögenszuführung zusammen hängen müssen. Nach der ursprünglichen Ansicht der Finanzverwaltung war allein auf einen zeitlichen Zusammenhang abzustellen, der bei einem Zeitraum von fünf Jahren noch gegeben war.32 Die Rechtsprechung33 forderte hingegen, dass sowohl ein sachlicher wie auch ein zeitlicher Zusammenhang bestehen müsse. Dem Zeitablauf komme lediglich indizielle Bedeutung zu. Bei einem Zeitraum bis zu einem Jahr zwischen Anteilsübertragung und Betriebsvermögenszuführung bestehe eine Vermutung für einen sachlichen Zusammenhang; darüber hinaus jedoch nicht. Abzustellen sei auf die Umstän26 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 9; Roser, in: Gosch, KStG, § 8 Rn 1420; Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 83ff, auch zu der Streitfrage, ob Innenfinanzierungen in die Betrachtung mit einzubeziehen sind. 27 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 7-9; ausführlich: Dötsch, KStG, § 8 Abs. 4 Rn 90ff. 28 Rosner, in: Gosch, KStG, § 8 Rn 1420, auch unter Verweis auf die Unsicherheiten, die durch den Beschluss des BFH vom 19.12.2001, BStBl. II 2002, 395, entstanden waren. 29 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. 1999 I, 455, Tz 10. 30 BFH, Urteil vom 13.08.1997, BStBl. II 1997, 829; Urteil vom 08.08.2001, BStBl. II 2002, 392; Im Beschluss vom 19.12.2001, BStBl. II 2002, 395, werden allerdings Zweifel an der eigenen Ansicht laut, ohne dass insoweit eine abschließende Meinungsbildung erfolgte, da das entsprechende Verfahren nicht durch Urteil, sondern anderweitig endete. 31 Rosner, in: Gosch, KStG, § 8 Rn 1434, allerdings ebenso wie die Finanzverwaltung diese Ansicht einschränkend auf den Fall eines Branchenwechsels. 32 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz 12. 33 BFH, Urteil vom 26.05.2004, BStBl. II 2004, 1085; Beschluss vom 15.12.2004, BStBl. II 2005, 528; Urteil vom 14.03.2006, BFH/NV 2006, 1419 (zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen).
220
10
B Bisherige Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. de des Einzelfalls. Die Finanzverwaltung hat, wenn auch „zähneknirschend“, die Rechtsprechung zumindest teilweise akzeptiert. Danach wird auch auf den sachlichen Zusammenhang rekurriert, der bei einem Zeitraum von zwei Jahren zwischen schädlicher Anteilsübertragung und Betriebsvermögenszuführung zu vermuten sei.34 War danach die wirtschaftliche Identität der Körperschaft nicht mehr gegeben, konnte der Verlustvortrag der Körperschaft nicht mehr mit Gewinnen der Körperschaft verrechnet werden. Maßgebender Zeitpunkt war nach Ansicht der Finanzverwaltung der Zeitpunkt, zu dem die schädliche Betriebsvermögenszuführung eingetreten war. Gewinne, die die Körperschaft zwischen schädlicher Anteilsübertragung und schädlicher Betriebsvermögenszuführung erzielte, konnten mit den Verlustvorträgen verrechnet werden.35 Nach § 10a Satz 8 GewStG war § 8 Abs. 4 KStG a. F. ebenso für die Behandlung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge anzuwenden.
III.
Sanierungsklausel
War die wirtschaftliche Identität einer Körperschaft nicht mehr gewährleistet, konnte in sog. Sanierungsfällen der Verlustvortrag weiterhin mit Gewinnen verrechnet werden. Nach § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG a. F. war Voraussetzung, dass die Zuführung neuen Betriebsvermögens allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs diente und der Geschäftsbetrieb von der Körperschaft in den folgenden fünf Jahren in vergleichbarem Umfang fortgeführt wurde.
IV.
13
14
Übergangsregelung für § 8 Abs. 4 KStG a. F.
10
Die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. wurde vollständig aufgehoben. § 8 Abs. 4 KStG a. F. gilt für eine Übergangszeit weiterhin. Voraussetzung ist nach § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG, dass die Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile vor dem 01.01.2008 beginnt und der Verlust der wirtschaftlichen Identität vor dem 01.01.2013 eintritt. Infolgedessen können § 8c KStG und § 8 Abs. 4 KStG a. F. nebeneinander anwendbar sein.36 > Beispiel: Die Anteile an der A-GmbH, die über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt, wurden zu 35 % auf einen neuen Gesellschafter im Jahr 2007 übertragen. Im Jahr 2008 wurden weitere 20 % der Anteile der A-GmbH an andere Gesellschafter übertragen. In den Jahren 2008 bis 2009 nimmt die A-GmbH Kredite auf, die den Wert des Aktivvermögens übersteigen. Die Voraussetzungen der Sanierungsklausel sind nicht gegeben. Die Verlustvorträge der A-GmbH entfallen nach dem bisherigen § 8 Abs. 4 KStG a. F. im Jahr 2009. Es werden mehr als 50 % der Anteile übertragen und es wird innerhalb von zwei Jahren überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt. § 8 Abs. 4 KStG a. F. ist in zeitlicher Hinsicht anwendbar, da, aufgrund der Übertragung von 30 % der Anteile in 2007, mit den Anteilsübertragungen vor dem 01.01.2008 begonnen wurde und der Verlust der wirtschaftlichen Identität vor dem 31.12.2013 eintritt. Die in 2008 erfolgte Anteilsübertragung ist bereits nach § 8c KStG relevant. Da aber die schädliche Grenze von 25 % nicht überschritten wird, ergeben sich für den Verlustvortrag der A-GmbH in 2008 keine Auswirkungen.
34 BMF, Schreiben vom 02.08.2007, BStBl. I 2007, 624. 35 BMF, Schreiben vom 16.04.1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 33. 36 Neyer, BB 2007, 1415, 1420; Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 198.
221
15
10
§ 10
C 16
10
C.
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
Künftige Regelung des § 8c KStG
Die Neuregelung des § 8c KStG stellt ausschließlich auf Anteilsübertragungen an Körperschaften ab. Das Tatbestandsmerkmal der Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens entfällt. Darüber hinaus kann in Abhängigkeit vom Umfang der Anteilsübertragungen der Verlustvortrag ganz oder teilweise entfallen. Der Tatbestand der Anteilsübertragung wird wesentlich modifiziert und erweitert. ■ Maßgeblich sind sowohl unmittelbare als auch mittelbare Anteilsübertragungen. ■ Gegenstand der Anteilsübertragungen sind nicht nur die Übertragungen der Beteiligung bezogen auf das Nennkapital, sondern zugleich die Übertragung von Mitgliedschaftsrechten, Beteiligungsrechten oder Stimmrechten an einer Körperschaft. Vergleichbare Sachverhalte sind mit zu berücksichtigen. ■ Die Übertragung muss an einen Erwerber bzw. ihm nahe stehende Personen erfolgen. Es wird auf die Person des Erwerbers der Anteile abgestellt, der Anteile im schädlichen Umfang erwerben muss. Z. B. wird die permanente Übertragung von Kleinbeteiligungen an der Börse für § 8c KStG künftig ohne Bedeutung sein, sofern nicht gezielt von einem Erwerber größere Aktienpakete aufgekauft werden. Als ein Erwerber im Sinne dieser Vorschrift gilt auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen, § 8c Satz 2 KStG. ■ Eine Kapitalerhöhung gilt als Anteilsübertragung, wenn und soweit sie zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten an der Körperschaft führt, § 8c Satz 3 KStG. ■ Abgestellt wird auf einen Zeitraum von fünf Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums werden Anteilsübertragungen an einen Erwerber addiert, bis die schädliche Übertragungsquote überschritten wird. Der ursprünglich von der Finanzverwaltung typisierend zu Grunde gelegte Zeitraum von fünf Jahren wird nunmehr im Gesetz verankert. ■ Werden mehr als 25 % der Anteile übertragen, geht der Verlustvortrag anteilig in Höhe der übertragenen Beteiligungsquote unter. Werden mehr als 50 % der Anteile innerhalb des FünfJahreszeitraums übertragen, geht der Verlustvortrag vollständig unter. Es kann infolge des Anteilsübergangs zum anteiligen oder zum vollständigen Untergang des Verlustvortrages kommen. ■ Eine Sonderregelung für Sanierungsfälle besteht nicht. Hierfür verweist die Gesetzesbegründung auf die Möglichkeit entsprechender Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsfällen nach dem BMF-Schreiben vom 27.03.2003, BStBl. I 240.37 Dieses BMF-Schreiben hat allerdings nur die Behandlung von Sanierungsgewinnen und deren Steuerfreistellung zum Gegenstand, nicht hingegen die Fortführung von Verlustvorträgen bei einer Gesellschaft, deren wirtschaftliche Identität sich ändert.
37 BT-Drs. 14/4841, 76.
222
C
I.
Anteilsübertragung
1.
Gegenstand der Übertragung
10
Künftige Regelung des § 8c KStG
Der Tatbestand der Anteilsübertragung wird durch die Neuregelung ausgeweitet, um Umgehungen zu verhindern. Die Reichweite der maßgeblichen Anteilsübertragungen ist relativ unbestimmt. § 8c Satz 1 KStG definiert die Übertragung des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder Stimmrechte sowie vergleichbarer Sachverhalte als relevant. Mitgliedschaftsrechte sind neben den explizit in § 8c Satz 1 KStG genannten Stimmrechten alle aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung dem Anteilseigner erwachsenden Rechte.38 Folgende Übertragungsfälle sind z. B. von § 8c KStG betroffen: der Abschluss von Stimmpoolverträgen, die Einräumung von Mehrstimmrechten, Vollmachten zur Stimmrechtsausübung, die Vereinbarung disquotaler Gewinnausschüttungen, die Einräumung eines Nießbrauchs an Anteilen, die Verpfändung der Anteile und die Einräumung von Unterbeteiligungen.39 Als vergleichbare Sachverhalte könnten Kapitalherabsetzungen oder der Erwerb eigener Anteile anzusehen sein, sofern dadurch eine Verschiebung der Beteiligungsquoten herbeigeführt wird.40 Die Errichtung von Treuhandverhältnissen wird ebenfalls zu einer Anteilsübertragung führen, da nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO regelmäßig das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen auf eine andere Person, nämlich den Treugeber, übergeht. In § 8c KStG wird die Übertragung von Beteiligungsrechten erwähnt. Insoweit handelt es sich um die Benennung der Gesellschaftsrechte bei Körperschaften, die keine Kapitalgesellschaften sind.41
17
10
> Beispiel: An der A–GmbH ist die B-GmbH zu 100 % beteiligt. Die B-GmbH überträgt im Jahr 01 insgesamt 20 % der Anteile sowie sämtliche Stimmrechte auf die C-GmbH. Nach 5 Jahren hat die C-GmbH eine Option auf den Kauf weiterer 20 % der Anteile sowie nach 7 Jahren eine Option auf den Erwerb der restlichen 60 %. Die A-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge, die innerhalb von 6 Jahren voraussichtlich aufgebraucht sind. Nach § 8c KStG liegt ein schädlicher Anteilseignerwechsel vor. Zwar werden innerhalb des Zeitraums von 5 Jahren lediglich 20 % der Anteile übertragen und erst nach 7 Jahren – wenn keine Verlustvorträge mehr bestehen – die restlichen Anteile. Die BGmbH überträgt jedoch innerhalb des Zeitraums von 5 Jahren sämtliche Stimmrechte, die ihr aus den Anteilen zustehen. Das erfüllt nach § 8c KStG den Tatbestand einer schädlichen Anteilsübertragung, so dass der Verlustvortrag der A-GmbH im Jahr 01 in voller Höhe verloren geht. Die Einbeziehung von „vergleichbaren Sachverhalten“ in den Tatbestand der Anteilsübertragung führt zu Unsicherheiten, wie sich Finanzierungsmaßnahmen der Körperschaft auf die Anwendung des § 8c KStG auswirken, bei denen die Gegenleistung für die Kapitalüberlassung gewinnabhängig ausgestaltet ist. Angesprochen sind die Ausgabe von Genussrechten, das Eingehen stiller Beteiligungen, die Vereinbarung eines partiarischen Darlehens und andere Formen der mezzaninen Finanzierung.
38 Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 175. 39 Vgl. Rödl & Partner, Anmerkungen zur öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Koalititonsfraktionen, „Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes vom 20.04.2007“, in http://www.bundestag.de/ausschuesse/a07/anhoerungen/056/Stellungnahmen/55-R__dl___Partner.pdf. 40 Neyer, BB 2007, 1415, 1416. 41 Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 175.
223
18
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§ 10 19
20
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
Wird bei einer mezzaninen Finanzierung ein sog. „Equity Kicker“, z. B. in Form eines Wandlungsrechts des gewährten Genussrechts in Anteilen an der Körperschaft vereinbart, liegt eine im Sinne des § 8c KStG relevante Anteilsübertragung vor, wenn das Wandlungsrecht ausgeübt wird. Die Einräumung der Wandlungsoption stellt kein Anteilsübertragung dar und ist kein einer Anteilsübertragung vergleichbarer Sachverhalt und im Rahmen des § 8c KStG unbeachtlich. Eine Ausnahme kann gelten, wenn statt eines Wandlungsrechts eine Wandlungspflicht vereinbart wird. Kennzeichen einer Anteilsübertragung ist, dass die Verfügung über die Rechtsposition vom Gesellschafter ausgeht, sich dessen Gesellschaftsrechte mindern und er eine etwaig vereinbarte Gegenleistung erhält. Bei Finanzierungsmaßnahmen der Gesellschaft ist die Gesellschaftsebene betroffen, da der Körperschaft neues Kapital zugeführt wird. Derartige Finanzierungsmaßnahmen können u. E. nicht als ein einer Anteilsübertragung vergleichbarer Sachverhalt gewertet werden. Einzige Ausnahme ist die in § 8c Satz 3 KStG erwähnte Kapitalerhöhung. Das gilt insbesondere für stille Beteiligungen an der Körperschaft und für von der Körperschaft ausgegebene Genussrechte. Bei Genussrechten und stillen Beteiligungen haben die Gesellschafter keine Rechte übertragen und eine Gegenleistung erhalten, selbst wenn die Berechtigten zu Lasten der Gesellschafter einen Gewinnanteil oder einen Anteil am Liquidationserlös erhalten.42 > Beispiel: An der A–GmbH ist die B-GmbH zu 100 % beteiligt. Die C-GmbH beteiligt sich über Genussrechte an der A-GmbH, so dass ihr wirtschaftlich 40 % der Vermögensrechte der A-GmbH zustehen. Die A-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge, die aufgrund der Ertragslage der A-GmbH voraussichtlich innerhalb von 6 Jahren aufgebraucht sind. Ob die Gewährung der Genussrechte nach § 8c KStG einem schädlichen Anteilseignerwechsel vergleichbar ist, erscheint zweifelhaft, da die B-GmbH der C-GmbH keine gesellschaftsrechtliche Position überträgt. Die Genussrechte begründen lediglich eine schuldrechtliche Beziehung zwischen der A-GmbH und der C-GmbH. Die A-GmbH erhält selbst die Gegenleistung in Form der Kapitalüberlassung. Daher ist § 8c KStG nicht anwendbar.
10
2. 21
Mittelbare Anteilsübertragungen
Zukünftig werden unmittelbare Anteilsübertragungen und mittelbare Anteilsübertragungen in die Betrachtung mit einbezogen. Keine Erleichterungen gibt es für Anteilsübertragungen im Konzern. In der Begründung des Regierungsentwurfes wird dazu ausgeführt, dass eine unmittelbare Veränderung der Beteiligungsquote nicht deswegen unberücksichtigt bleibe, weil sich die mittelbare Beteiligung nicht ändere.43 Das gelte gleichermaßen für mittelbare Anteilsübertragungen im Konzern.44 > Beispiel: Die A-GmbH ist an der B-GmbH und der C-GmbH jeweils zu 100 % beteiligt. Die B-GmbH hält wiederum 100 % der Anteile an der D-GmbH, die über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt. Die A-GmbH überträgt ihre Anteile an der B-GmbH auf die C-GmbH. Mittelbar werden damit die Anteile an der D-GmbH zu mehr als 50 % auf einen Erwerber übertragen, so dass nach dem Wortlaut und wohl auch dem Willen der Gesetzesverfasser von einem schädlichen Anteilserwerb nach § 8c Satz 1 KStG auszugehen ist.
42 Benz/Rosenberg, a.a.O. 43 BT-Drs. 14/4841, S. 76. 44 Neyer, BB 2007, 1415, 1416.
224
C
10
Künftige Regelung des § 8c KStG
> Beispiel: Die A-GmbH ist an der C-GmbH und der B-GmbH jeweils zu 100 % beteiligt. Die C-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Die A-GmbH überträgt die Anteile an der C-GmbH auf die B-GmbH. Auch wenn mittelbar die A-GmbH weiterhin zu 100 % beteiligt ist, liegt ein Fall des § 8c KStG vor, so dass der Verlustvortrag der C-GmbH in vollem Umfang untergeht, da mehr als 50 % der Anteile auf die B-GmbH, d.h. einen Erwerber, übertragen werden. Davon sind auch internationale mehrstufige Konzernbeziehungen betroffen. Die deutsche Tochter- bzw. Enkelgesellschaft, deren Verlustvorträge gefährdet sind, wird häufig keine Kenntnis von den entsprechenden Anteilsübertragungen der ihr vorgeordneten Gesellschaften haben.45 Ob verwaltungstechnisch ein gleichmäßiger Vollzug des § 8c KStG möglich ist, erscheint zweifelhaft. Das nährt wiederum Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 8c KStG.46 Mittelbare und unmittelbare Anteilsübertragung können zusammentreffen. Offen bleibt die Frage, wie die mehrfache Übertragung des nämlichen Anteils zu bewerten ist, wenn sie mittelbar und unmittelbar erfolgt.
22
> Beispiel: Die A-GmbH ist an der C-GmbH zu 100 % beteiligt. Die C-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Die A-GmbH überträgt 30 % ihrer Anteile an der C-GmbH auf die B-GmbH, an der wiederum die Z-GmbH zu 100 % beteiligt ist. An der Z-GmbH ist als alleiniger Gesellschafter die Y-GmbH beteiligt, die die Anteile an der Z-GmbH im Folgejahr an ihren alleinigen Gesellschafter X-AG überträgt. Mit der Übertragung von 30 % der Anteile an der C-GmbH geht der Verlustvortrag der C-GmbH zu 30 % verloren, da mehr als 25 % der Anteile unmittelbar übertragen werden. Im Folgejahr werden 100 % der Anteile an der Z-GmbH und folglich mittelbar 30 % der Anteile an der C-GmbH übertragen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wären innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile an der C-GmbH übertragen worden. Die Übertragung erfolgt jeweils an einen Erwerber bzw. eine ihm nahe stehende Person. Allerdings werden unmittelbar und mittelbar die gleichen Anteile an der C-GmbH zweimal übertragen. U.E. darf diese Anteilsübertragung nicht mehrfach zählen, so dass die zweite mittelbare Übertragung der Anteile an der C-GmbH für Zwecke des § 8c KStG ohne Auswirkungen bleibt.
3.
10
Rechtsgeschäftliche Übertragung
Da das Gesetz allgemein nur von Anteilsübertragungen spricht, spielt es keine Rolle, ob die Anteilsübertragungen unentgeltlich oder entgeltlich erfolgen. Daher sind auch Anteilsschenkungen für die Anwendung des § 8c KStG relevant. Nicht erfasst wird der Übergang von Anteilen im Erbfall, da es sich um keine rechtsgeschäftliche Übertragung handelt. > Beispiel: Der A ist an der A-GmbH zu 100 % beteiligt. Die A-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Da A sich zur Ruhe setzen möchte, schenkt er die Anteile zu jeweils gleichen Teilen seinen drei Kindern. Es liegt ein Fall des § 8c KStG vor. Gleichgültig ist in diesem Fall, ob die Kinder als eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen anzusehen sind und deshalb eine Übertragung von mehr als 50 % auf eine Erwerbergruppe vorliegt. Auch wenn man von drei Übertragungen der Anteile auf je einen Erwerber zu je 33 1/3 % ausgeht, würden dreimal 33 1/3 % des Verlustvortrages der A-GmbH und damit der gesamte Verlustvortrag untergehen. 45 Dieterlen/Winkler, GmbHR 2007, 815, 816. 46 Vgl. auch die Kritik von Neyer in BB 2007, 1415, 1416, sowie die Stellungnahme des Bundesrats vom 11.05.2007, BRDrs. 220/07, und die Gegenäußerung der Bundesregierung.
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§ 10 24
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
Von § 8c KStG erfasst wird der Übergang von Anteilen aufgrund von Umwandlungs- und Einbringungsvorgängen.47 > Beispiel: Die A-GmbH ist an der B-GmbH zu 100 % beteiligt. Die B-GmbH ist wiederum an der C-GmbH und diese wiederum an der D-GmbH zu 100 % beteiligt. Die D-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Die B-GmbH wird nach §§ 2ff UmwG auf die C-GmbH verschmolzen, an der die A-GmbH ebenfalls zu 100 % beteiligt ist. Die Verschmelzung führt zu einer mittelbaren Anteilsübertragung bei der D-GmbH. Da mehr als 50 % der Anteile auf einen Erwerber übergehen, geht nach § 8c Satz 1 KStG der Verlustvortrag der D-GmbH verloren.
25
Kapitalerhöhungen stehen nach § 8c Satz 3 KStG einer Übertragung des gezeichneten Kapitals gleich, soweit sie zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten am Kapital der Körperschaft geführt haben. > Beispiel: An der A-GmbH sind B und C zu jeweils 50 % beteiligt. Die A-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Bei der A-GmbH wird eine Kapitalerhöhung vorgenommen, an der lediglich B teilnimmt. Infolge der Kapitalerhöhung schmilzt die Beteiligungsquote des C auf 20 % ab. Es liegt ein Fall des § 8c Satz 3 KStG vor, da sich die Beteiligung des B infolge der Kapitalerhöhung von 50 % um 30 % auf 80 % erhöht, so dass der Verlustvortrag der A-GmbH im Umfang von 30 % verloren geht. > Beispiel: An der A-GmbH sind B und C zu je 50 % beteiligt. Die A-GmbH verfügt über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Bei der A-GmbH wird eine Kapitalerhöhung vorgenommen, an der B und C entsprechend ihrer Beteiligungsquote teilnehmen. Es liegt kein Fall des § 8c Satz 3 KStG vor. Auch wenn infolge der Kapitalerhöhung neue Anteile an der A-GmbH geschaffen werden, die B und C erhalten, verändern sich die Beteiligungsquoten der beiden Gesellschafter nicht, so dass kein schädlicher Anteilseignerwechsel vorliegt.
10
26
Vor allem bei Umwandlungen nach dem UmwG ist die Regelung des § 8c Satz 3 KStG im Zusammenhang mit den Verlustabzugsbeschränkungen nach dem UmwStG zu sehen. Nach den Vorschriften des UmwStG gehen die Verlustvorträge eines übertragenden Rechtsträgers nicht auf den übernehmenden Rechtsträger über. Das betrifft für die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft folgende Konstellationen: Umwandlungsart
Vorschriften des UmwStG
Behandlung der Verlustvorträge
Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft
§ 3ff UmwStG
Gehen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG unter.
§ 3ff UmwStG
Gehen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG unter.
§§ 11ff UmwStG
Gehen nach § 12 Abs. 3 letzter Halbsatz i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG unter.
47 Neyer, BB 2007, 1415; Dieterlen/Winkler, GmbHR 2007, 815, 816; Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S.176.
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C
Umwandlungsart
Vorschriften des UmwStG
Behandlung der Verlustvorträge
Ab- und Aufspaltung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft Ab- und Aufspaltung einer Kapitalgesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft
§§ 16, 3ff, 15 UmwStG
Ausgliederung einer Kapitalgesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft Ausgliederung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft
§ 20ff UmwStG
Gehen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nicht über, bei der übertragenden Kapitalgesellschaft reduziert sich nach § 15 Abs. 3 UmwStG der Verlustvortrag anteilig. Gehen nach § 12 Abs. 3 letzter Halbsatz i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nicht über, bei der übertragenden Kapitalgesellschaft reduziert sich nach § 15 Abs. 3 UmwStG der Verlustvortrag anteilig. Geht nicht auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über, sondern verbleibt bei der übertragenden Kapitalgesellschaft. Geht nicht auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über, sondern verbleibt bei der übertragenden Kapitalgesellschaft.
§§ 15, 11ff UmwStG
§ 24ff UmwStG
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Künftige Regelung des § 8c KStG
Bei der Umwandlung auf eine Kapitalgesellschaft als übernehmender Rechtsträger kann zugleich § 8c KStG anwendbar sein. Desgleichen ist § 8c KStG anwendbar, wenn Anteile an einer Körperschaft, die sich im Betriebsvermögen der übertragenden Kapitalgesellschaft befinden, infolge der Umwandlung auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. > Beispiel: Die A-GmbH, die über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt, soll auf die B-GmbH, die ebenfalls über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt, verschmolzen werden. Variante 1: Die Gesellschafter der A-GmbH sind personenidentisch mit den Gesellschaftern der B-GmbH. Variante 2: Die Gesellschafter der A-GmbH sind nicht personenidentisch mit den Gesellschaftern der B-GmbH. In beiden Fällen gehen nach § 12 Abs. 3 UmwStG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG die Verlustvorträge der A-GmbH nicht auf die übernehmende B-GmbH über. Wird bei Variante 1 eine Sachkapitalerhöhung48 der B-GmbH vorgenommen, verschieben sich die Anteilsquoten an der B-GmbH nicht, so dass nach § 8c Satz 3 KStG kein schädlicher Anteilseignerwechsel vorliegt. Wird bei Variante 2 eine Sachkapitalerhöhung vorgenommen, kann es aufgrund der unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse zu einer Verschiebung der Beteiligungsquoten kommen, die für die Anwendung des § 8c Satz 3 KStG relevant wäre. ! Praxishinweis: Die A-GmbH kann bei der Verschmelzung den gemeinen Wert ihres Vermögens auf Antrag einen Zwischenwert, vorausgesetzt die weiteren Voraussetzungen des § 11 UmwStG liegen vor, in ihrer Übertragungsbilanz ansetzen. Ein dadurch entstehender Gewinn kann in den Grenzen der Regelungen zur Mindestbesteuerung in § 10d EStG, § 10a GewStG mit den Verlustvorträgen genutzt und in Bezug auf die abschreibungsfähigen Wirtschaftsgüter in Abschreibungsvolumen umgewandelt werden.
48 Nach § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG in der Fassung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.04.2007, BGBl. I, 542ff darf die übernehmende GmbH von der Gewährung neuer Anteile absehen, wenn alle Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers darauf verzichten. Der Verzicht bedarf notarieller Beurkundung.
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§ 10
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
> Beispiel: Die A-GmbH wird auf die B-GmbH verschmolzen. Die A-GmbH hält 100 % der Anteile an der X-GmbH, die über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt. Die Anteile an der X-GmbH gehen aufgrund der Verschmelzung auf die B-GmbH über, so dass nach § 8c Satz 2 KStG sämtliche Verlustvorträge der X-GmbH untergehen. > Beispiel: Die A-GmbH, die an der B-GmbH zu 100 % beteiligt ist, soll auf die B-GmbH, die über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt, verschmolzen werden. Es handelt sich um einen Down-Stream-Merger, auf den die §§ 11ff UmwStG ebenfalls anwendbar sind. Bei der B-GmbH muss nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwG keine Kapitalerhöhung vorgenommen werden. Die Anteile an der B-GmbH gehen jedoch unmittelbar auf die Gesellschafter der A-GmbH über. Folglich führt der Vorgang unmittelbar zu einer schädlichen Anteilsübertragung nach § 8c Satz 1 KStG, so dass die Verlustvorträge der B-GmbH untergehen. ! Praxishinweis: Bei Umwandlungen sind immer mehrere Ebenen zu prüfen: ■ Verlustvorträge des übertragenden Rechtsträgers: Diese Verlustvorträge gehen regelmäßig nach den Vorschriften des UmwStG unter. ■ Verlustvorträge von Tochter- und Enkelgesellschaften des übertragenden Rechtsträgers: Der Vermögensübergang des übertragenden Rechtsträgers kann eine unmittelbare oder mittelbare Anteilsübertragung nach § 8c KStG sein. ■ Verlustvorträge der übernehmenden Körperschaft: Kapitalmaßnahmen oder Anteilsübertragungen im Zusammenhang bei der übernehmenden Körperschaft können eine schädliche Anteilsübertragung nach § 8c Satz 1 KStG oder Satz 3 KStG sein. ■ Verlustvorträge von Tochter- und Enkelgesellschaften des übernehmenden Rechtsträgers: Kapitalmaßnahmen oder Anteilsübertragungen im Zusammenhang bei der übernehmenden Körperschaft können eine mittelbare schädliche Anteilsübertragung nach § 8c Satz 1 KStG oder Satz 3 KStG sein.
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II. 28
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Person des Erwerbers
Nicht jede beliebige Anteilsübertragung wird als relevant im Sinne des § 8c KStG bewertet. Erforderlich ist nunmehr, dass ein Erwerber oder ihm nahe stehende Personen die Anteile erwerben. Einem Erwerber gleich gestellt wird eine Gruppe von mehreren Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen, § 8c Satz 2 KStG. Eine Definition des Begriffs der nahe stehenden Person enthält § 8c KStG im Gegensatz zu § 8a KStG nicht. Diesbezüglich wird auf die in § 1 Abs. 2 AStG enthaltene Definition der nahe stehenden Person zurückzugreifen sein.49 Einem Erwerber gleichgestellt wird der Erwerb durch eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen. Diese Regelung wurde auf Initiative des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages eingefügt. Zur Begründung wird angeführt, dass dadurch Umgehungsgestaltungen vermieden werden sollen, indem z. B. vier einander nicht nahe stehende Personen die Anteile an einer Körperschaft erwerben, wobei jeder Erwerber eine Beteiligung von genau 25 % erwirbt.50 Voraussetzung für die Zusammenrechung der Anteilserwerbe durch mehrere Erwerber ist, dass diese Erwerber gleichgerichtete Interessen verfolgen. Das soll der Fall sein, wenn die Körperschaft von den Erwerbern gemeinsam beherrscht wird.51 49 Neyer, BB 2007, 1415, 1418; Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 184. 50 BT-Drs. 15/5491, 22. 51 BT-Drs. 15/5491, 22.
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C
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Künftige Regelung des § 8c KStG
Man wird für die Annahme gleichgerichteter Interessen zumindest verlangen müssen, dass das gemeinsame Beherrschen durch vertragliche Vereinbarungen, z. B. einen Konsortialvertrag, rechtlich begründet wird. Ein nur faktisch abgestimmtes Verhalten in Einzelfällen nach Anteilserwerb wird für eine gemeinsame Beherrschung nicht ausreichen.52 Wann eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen besteht, kann im Übrigen anhand der im Recht der Betriebsaufspaltung geltenden Gruppentheorie des BFH ermittelt werden.53 > Beispiel: Die Anteile an der A-GmbH, die über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt, werden von A, B, C und D, die keine zueinander nahe stehenden Personen sind, zu je 25 % erworben. Die vier Erwerber haben vorher vereinbart, die A-GmbH gemeinsam zu führen und in einem Konsortialvertrag weitere Verpflichtungen z. B. im Falle eines Zerwürfnisses, des Verkaufs der Anteile und des Abstimmungsverhaltens geregelt. In diesem Fall wurden die Anteile an der A-GmbH durch eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen erworben, so dass der Verlustvortrag der A-GmbH untergeht. > Beispiel: Die Anteile an der A-GmbH werden zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb von zwei Jahren von A, B, C und D, die keine einander nahe stehenden Personen sind, erworben. Die Gesellschafter treffen regelmäßig einstimmige Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung und stimmen sich regelmäßig vor den Gesellschafterversammlungen zu den einzelnen Sachthemen ab. Es liegt kein Erwerb durch eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen vor, da das Handeln der Gesellschafter auf Verhaltensweisen beruht, die nicht mit dem Anteilserwerb zusammenhängen54. Die Gesellschafter haben vielleicht ein gemeinsames Interesse an der Handlungsfähigkeit der GmbH, jedoch keine gleichgerichteten Interessen in Bezug auf den Erwerb der Anteile an der GmbH.
10
Auch in H 36 Abs. 4 KStR 2004 „Gleichgerichtete Interessen“ finden sich Anhaltspunkte für die Bestimmung des Begriffs beherrschender Gesellschafter.55 Die Tatsache, dass die Gesellschafter nahe Angehörige sind, reicht nicht aus, um von gleichgerichteten Interessen auszugehen, ohne dass weitere Anhaltspunkte hinzukommen.56
III.
Schädliche Anteilsübertragungen und Rechtsfolgen
Die Rechtsfolgen des § 8c KStG sind gestuft: Werden innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als 25 % der Anteile auf einen Erwerber übertragen, geht der Verlustvortrag nur in Höhe der maßgebenden Beteiligungsquote verloren. ■ Werden innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile auf einen Erwerber übertragen, dann geht der gesamte Verlustvortrag verloren. Die Fünf-Jahresfrist ist personenbezogen auf die jeweilige Person des Erwerbers bzw. der entsprechenden Personengruppe anzuwenden.57 Werden innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren mehr als 25 % oder 50 % der Anteile an verschiedene Erwerber veräußert und beträgt die jeweils an
30
■
52 53 54 55 56 57
Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 185. Vgl. dazu Schmidt, EStG, § 15 Rn 823. Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 184f. Neyer, BB 2007, 1415, 1417; Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 184. H 36 Abs IV KStR 2004 „Gleichgerichtete Interessen“. Wiese, DStR 2007, 741, 742.
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31
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§ 10
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
unterschiedliche Erwerber (aber: keine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen) veräußerte Beteiligungsquote weniger als 25 %, erfolgt keine Zusammenrechnung, so dass der Verlustvortrag der Gesellschaft nicht beeinträchtigt wird. > Beispiel: An der A-GmbH, die über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge verfügt, ist der C zu 100 % beteiligt. C veräußert im Jahr 01 10 % an den D, im Jahr 02 veräußert er 20 % an den E und im Jahr 03 veräußert er 22 % an den F. D, E und F werden nicht als nahe stehende Personen angesehen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei D, E und F um eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen handelt. Weder liegt im Jahr 02 eine schädliche Anteilsübertragung von mehr als 25 % vor, noch ist im Jahr 03 von einer schädlichen Anteilsübertragung von mehr als 50 % auszugehen, obwohl innerhalb von fünf Jahren insgesamt mehr als 25 % bzw. 50 % der Anteile übertragen werden. 32
Für jeden Erwerber beginnt eine Frist von fünf Jahren, innerhalb der weitere Erwerbe durch den jeweiligen Erwerber mit den vorhergehenden Erwerben zusammen gerechnet werden. Wird die schädliche Grenze von einem Erwerber überschritten, greift § 8c KStG ein. Die Frist von fünf Jahren beginnt mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen58. > Beispiel: Im Jahr 01 werden 27 % der Anteile an der A-GmbH, die über Verlustvorträge verfügt, auf den B übertragen. Der C erwirbt im Jahr 02 ebenfalls 27 %. Im Jahr 06 tauschen B und C ihre zuvor in 01 und 02 erworbenen Anteile im Umfang von jeweils 27 %. B und C sind weder zueinander nahe stehende Personen noch eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen. Im Jahr 01 sind 27 % der Anteile auf einen Erwerber übertragen worden, so dass 27 % des Verlustvortrages der A-GmbH untergehen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt für die von B erworbenen Anteile eine Frist von fünf Jahren. Im Jahr 02 sind weitere 27 % der Anteile auf einen Erwerber übertragen worden. Es gehen weitere 27 % des Verlustvortrages der A-GmbH verloren. Es handelt sich um keine Übertragung von mehr als 50 % der Anteile. Es werden zwar insgesamt 54 % der Anteile übertragen; es liegt jedoch keine Übertragung an einen Erwerber, sondern an zwei unterschiedliche Erwerber vor, die weder einander nahe stehend sind, noch nach § 8c Satz 2 KStG als Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen anzusehen sind. Im Jahr 06 liegt bezüglich der von B hinzu erworbenen Anteile ebenfalls keine Übertragung einer Mehrheit von 50 % der Anteile vor. Die Frist von fünf Jahren ist für B bereits abgelaufen. Insoweit handelt es sich für B um die Übertragung von weiteren 27 % der Anteile, so dass wiederum 27 % des in 06 bestehenden Verlustvortrages untergehen wird. Für C ist die Frist von fünf Jahren noch nicht abgelaufen. C hat innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile an der A-GmbH erworben, so dass deshalb der gesamte Verlustvortrag der A-GmbH untergehen wird.
10
33
Für jeden Erwerber beginnen ab dem Erwerb von Anteilen zwei Fünf-Jahres-Fristen:59 ■ Eine Frist von fünf Jahren beginnt für den Erwerb von mehr als 25 % der Anteile. ■ Eine Frist von fünf Jahren beginnt für den Erwerb von mehr als 50 % der Anteile. Anteilsübertragungen, die innerhalb der Frist von fünf Jahren erfolgen, nachdem die Grenze von 25 % einmal überschritten ist, haben solange keine Auswirkungen, bis der betreffende Erwerber die zweite Erwerbsschwelle von 50 % der Anteile überschritten hat. 58 Neyer, BB 2007, 1415, 1417; Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 180, auch zum Fristbeginn bei weiteren Anteilsübertragungen. 59 Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 191.
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C
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Künftige Regelung des § 8c KStG
> Beispiel: Die Anteile an der A-GmbH, die über Verlustvorträge verfügt, werden im Jahr 01 zu 27 % auf den C übertragen. In den Jahren 02 und 03 erwirbt C jeweils weitere 10 % hinzu. Infolge der Übertragung im Jahr 01 werden mehr als 25 % der Anteile auf einen Erwerber übertragen, so dass 27 % des Verlustvortrages der A-GmbH untergehen. Die Anteilsübertragungen im Jahr 02 und Jahr 03 sind hingegen noch ohne Bedeutung. Insbesondere wird der Betrag des untergehenden Verlustvortrages nicht sukzessive um jährlich 10 % erhöht.60 Würde C im Jahr 04 weitere 10 % hinzu erwerben, wären innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile auf den C übertragen worden, so dass der gesamte Verlustvortrag der A-GmbH untergeht. Erwirbt der C hingegen erst im Jahr 06 weitere 10 % hinzu, dann ist die Fünf-Jahres-Frist für den Erwerb der Anteile des Jahres 01 bereits abgelaufen, so dass es an einer Übertragung der Anteilsmehrheit fehlt. Allerdings wurden in den Jahren 02 und 03 insgesamt 20 % der Anteile übertragen, so dass insoweit mit der Übertragung im Jahr 06 30 % der Anteile und damit wiederum mehr als 25 % der Anteile auf einen Erwerber übertragen wurden. Insoweit gehen 30 % des Verlustvortrages unter. Erst eine weitere Übertragung im Jahre 07 bleibt für die Anwendung des § 8c KStG ohne Folgen. Bezogen auf das Jahr 02 ist die Frist von fünf Jahren abgelaufen, so dass lediglich eine Zusammenrechnung mit der Anteilsübertragung des Jahres 03 erfolgt und nur 20 % der Anteile übertragen worden sind und die Grenze von 25 % nicht überschritten wird. ! Praxishinweis: Dadurch können sich in Bezug auf sukzessive Anteilsübertragungen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, vor allem, wenn die Übertragung von weniger als 50 % der Anteile beabsichtigt ist, in dem im Jahr 01 nur wenig mehr als 25 % der Anteile übertragen werden und im Jahr 02 die restlichen Anteile, so dass lediglich ca. 25 % des Verlustvortrages verloren gehen und nicht z. B. 40 %. Allerdings besteht bei einer derartigen Gestaltung das Risiko, dass die Finanzverwaltung den Plan eines auf diese Weise gestuften Anteilseignerwechsels als einen einer Anteilsübertragung vergleichbaren Sachverhalt behandelt und deshalb im Umfang von z. B. 40 % die Nutzung des Verlustvortrages versagt.61 Die Versagung des Verlustabzugs nach § 8c KStG bezieht sich jeweils auf die Verluste, die im Zeitpunkt der schädlichen Anteilsübertragung, also dem Zeitpunkt zu dem innerhalb der Frist von fünf Jahren mehr als 25 % bzw. 50 % auf einen Erwerber übertragen wurden. Damit sind nicht nur bestehende Verlustvorträge, sondern auch laufende Verluste des Wirtschaftsjahres mit einzubeziehen, in dem die schädliche Anteilsübertragung erfolgt. Veränderungen der Verlustvorträge zwischen zwei schädlichen Ereignissen, insbesondere zwischenzeitliche Gewinnverrechnungen bei einem zuerst teilweisen Untergang des Verlustvortrages, wirken sich folglich aus.62 Ebenso werden während der jeweiligen Frist von fünf Jahren zusätzlich entstehende Verlustvorträge von § 8c KStG erfasst.63 > Beispiel: Am 31.12.01 überträgt B sämtliche Anteile an der A-GmbH auf den C. Die A-GmbH verfügt über Verlustvorträge. Im Jahr 01 erzielt die A-GmbH insgesamt einen Verlust. Von der schädlichen Anteilsübertragung betroffen sind nicht nur die Verlustvorträge der A-GmbH, sondern auch der im Jahr 01 erzielte Verlust. > Beispiel: Am 31.12.01 überträgt B 30 % der Anteile an der A-GmbH auf den C. Am 31.12.02 überträgt der B weitere 30 % der Anteile auf den A und am 31.12.03 überträgt der B wiederum 30 % auf den C. Die A-GmbH verfügt über Verlustvorträge. Im Jahr 01 erzielt die A-GmbH insgesamt einen Verlust. Im Jahr 02 und im Jahr 03 erzielt die A-GmbH jeweils einen Gewinn. 60 61 62 63
BT-Drs. 16/4841, 76. Vgl. auch das Beispiel bei Neyer, BB 2007, 1415, 1417. Neyer, BB 2007, 1415, 1418; Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 187. Wiese, DStR 2007, 741, 743; Benz/Rosenberg, in: Blumenberg/Benz, S. 188; Neyer, BB 2007, 1415, 1419.
231
10 34
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§ 10
Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
Von der schädlichen Anteilsübertragung in Höhe von 30 % betroffen sind nicht nur die Verlustvorträge der A-GmbH, sondern auch der im Jahr 01 erzielte Verlust, so dass davon 30 % nicht mehr genutzt werden können. Die verbliebenen 70 % des Verlustvortrages können mit dem Gewinn des Jahres 02 verrechnet werden. Der danach verbleibende Verlustvortrag geht aufgrund der wiederum schädlichen Anteilsübertragung an A zu 30 % verloren. Es liegt noch keine Übertragung der Anteilsmehrheit vor, weil es sich bei den Erwerbern in den Jahren 01 und 02 um verschiedene Erwerber handelt. Im Jahr 03 hat C weitere 30 % und damit in den Jahren 01 und 03 insgesamt 60 % erworben, so dass zum 31.12.03 der gesamte Verlustvortrag untergeht. Allerdings kann der bis dahin erzielte Gewinn des Jahres 03 noch mit dem verbliebenen, um 30 % aufgrund der Anteilsübertragung in 02 an A gekürzten, Verlustvortrag verrechnet werden.
IV. 35
Zeitliche Anwendung des § 8c KStG
§ 8c KStG findet nach § 34 Abs. 7b KStG Anwendung für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen, die nach dem 31.12.2007 erfolgen. Die letztgenannte Voraussetzung ist vor allem für Körperschaften relevant, bei denen das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht. Abzustellen ist auf das Wirtschaftsjahr der Körperschaft, deren Anteile übertragen werden. Deren Verlustvortrag ist von der Neuregelung betroffen und sie ist Normadressat des § 8c KStG. > Beispiel: Die A-GmbH verfügt über Verlustvorträge. Das Wirtschaftsjahr der A-GmbH beginnt am 01.02. eines Jahres und endet am 31.01. des jeweiligen Folgejahres. Am 02.02.2007 werden 30 % der Anteile an der A-GmbH auf den B übertragen. Die Anteilsübertragung erfolgt bereits im Veranlagungszeitraum 2008, da der Gewinn des Wirtschafsjahres 2007/2008 bei der A-GmbH nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG im Veranlagungszeitraum bezogen wird. Da die Anteilsübertragung nicht nach dem 31.12.2007, sondern bereits am 02.02.2007 erfolgte, ist für diese Anteilsübertragung die Neuregelung des § 8c KStG nicht anzuwenden.
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Offen ist nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung, ob nicht eine begrenzte Rückwirkung erzeugt wird, weil Anteilsübertragungen innerhalb einer Frist von fünf Jahren zusammengerechnet werden. > Beispiel: Die A-GmbH verfügt über Verlustvorträge. Im Jahr 2007 werden 10 % der Anteile an der A-GmbH auf den B übertragen. Im Jahr 2008 erwirbt B weitere 20 % hinzu. Der Tatbestand des § 8c Satz 1 EStG ist erfüllt, da mehr als 25 % der Anteile innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren auf einen Erwerber übergehen. Fraglich ist, ob die Übertragung der Anteile in 2007 in die Betrachtung mit einzubeziehen ist oder ob § 8c KStG insgesamt nur auf die ab 2008 erfolgte Anteilsübertragung angewandt werden kann.
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Die Übergangsregelung des § 34 Abs. 7b KStG ist so zu verstehen, dass § 8c KStG nur auf Anteilsübertragungen anzuwenden ist, die nach dem 01.01.2008 erfolgen. Eine Frist von fünf Jahren für die Betrachtung von Anteilsübertragungen beginnt frühestens ab dem 01.01.2008. Anteilsübertragungen zu einem früheren Zeitpunkt bleiben für Zwecke des § 8c KStG unberücksichtigt. In dem vorgenannten Beispielsfall führt die Übertragung von 20 % der Anteile in 2008 nicht zum anteiligen Untergang der Verlustvorträge. ! Praxishinweis: Geplante Anteilsübertragungen sollten möglichst noch in 2007 erfolgen, um die Rechtsfolge des § 8c KStG zu vermeiden. Zugleich ist § 8 Abs. 4 KStG a. F. zu beachten. 232
D.
V.
Sonstige Regelungen
Nach § 10a GewStG findet die körperschaftsteuerliche Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG auf gewerbesteuerliche Verlustvorträge Anwendung. § 8c KStG gilt ebenfalls für Zinsvorträge, die nach § 4h KStG entstehen, § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG (zur Zinsschranke siehe § 8).
D.
Ausblick
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D.
Vor allem für junge Unternehmen mit z. T. hohen Anlaufverlusten und Unternehmen mit hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen wird diese gesetzliche Neuregelungen zu Härten führen.64 Das gilt insbesondere dann, wenn der zusätzliche Finanzierungsbedarf über Beteiligungsgesellschaften zur Verfügung gestellt wird, da in diesen Fällen schädliche Anteilsübertragungen vorliegen können, die zu einem vollständigen oder teilweisen Untergang der Verlustvorträge führen. Auf dieses Risiko hatte insbesondere der Bundesrat hingewiesen, da vor allem jungen innovativen Unternehmen wesentliche Teile des Kapitalmarktes verschlossen bleiben könnten.65 Der Bundesrat hatte zugleich die Erwartung formuliert, „dass die Bundesregierung diese Problematik und Analyse der tatsächlichen Auswirkungen im Rahmen des anstehenden Gesetzgebungsverfahrens zur Förderung von Wagniskapital aufgreift, um so evtl. festgestellte unerwünschte Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelung zum Mantelkauf zu eliminieren“.66 Auf Basis des entsprechenden Referentenentwurfes67 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) verabschiedet.68 Kernbestandteil dieses Gesetzentwurfes ist ein neues Gesetz zur Förderung vom Wagniskapitalbeteiligungen (Wagniskapitalbeteiligungsgesetz – WKBG). Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzentwurfes sind Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften Gesellschaften, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft und nicht gleichzeitig als Unternehmensbeteiligungsgesellschaft anerkannt worden sind. Die Anerkennung durch die BaFin hat nach § 14 Abs. 3 WKBG zu erfolgen, wenn bestimmte materielle Voraussetzungen vorliegen. Dazu zählt insbesondere, dass der Unternehmensgegenstand auf das Eingehen von Wagniskapitalbeteiligungen gerichtet ist, § 4 WKBG. Wagniskapitalbeteiligungen werden in § 2 Abs. 2 und Abs. 3 WKBG näher definiert. Zentrales Kriterium ist, dass die Zielgesellschaft nicht älter als zehn Jahre sein darf und über ein Eigenkapital von nicht mehr als € 20 Mio. verfügen darf, § 2 Abs. 3 Nr. 2 und Nr.3 WKBG.69 Für derartige Zielgesellschaften wird in Bezug auf den durch eine Wagniskapitalgesellschaft erfolgenden Beteiligungserwerb § 8c KStG um einen § 8c Abs. 2 KStG ergänzt. Danach geht entgegen der allgemeinen Regelung des § 8c Abs. 1 KStG ein Verlustvortrag nicht unter, wenn eine Wagniskapitalgesellschaft Anteile an einer Zielgesellschaft erwirbt und der Verlust auf stille Reserven des steuerpflichtigen inländischen Betriebsvermögens entfällt. Veräußert die Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft zu einem späteren Zeitpunkt ihren Anteil an der Zielgesellschaft an einen 64 65 66 67 68 69
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Ausblick
Beußer, DB 2007, 1549, 1552; Dörfler/Wittkowski, GmbHR 2007, 513, 516. Vgl. Beschluss des Bundesrates vom 06.07.2007, BR-Drs. 384/07, S. 3. Vgl. Beschluss des Bundesrates vom 06.07.2007, BR-Drs. 384/07, S. 3. Dazu: Regierer/Volkmann/Quentin, BB 2007, 1763 ff; Watrin/Wittkowski/Pott, DB 2007, 1939. Gesetzentwurf der Bundesregierung BR-Drs. 567/07. Regierer/Volkmann/Quentin, BB 2007, 1763ff, zu den weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft.
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§ 10
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Neuregelungen zum Verlustabzug bei Körperschaften
anderen Erwerber, der nicht als Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft qualifiziert wird, so geht der Verlustvortrag der Zielgesellschaft nicht unter, wenn die Zielgesellschaft bei diesem Weiterverkauf über ein Eigenkapital von nicht mehr als € 20 Mio. verfügt oder – sofern das Eigenkapital größer als € 20 Mio. und kleiner als € 100 Mio. ist – dieser Mehrwert des Eigenkapitals auf den Jahresüberschüssen der vorangegangenen vier Geschäftsjahren beruht, § 8c Abs. 2 Satz 2 KStG in der Entwurfsfassung. Der Zeitraum zwischen Anschaffung durch die Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft und der Weiterveräußerung darf vier Jahre nicht unterschreiten. Die Möglichkeit der Verlustnutzung wird zeitlich gestreckt. Wäre ein Verlust nach § 8c Abs. 1 KStG nicht abzugsfähig, jedoch aufgrund des neu eingefügten § 8c Abs. 2 KStG-E abzugsfähig, kann er im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs zu 1/5 genutzt werden. Dieser Abzugsbetrag erhöht sich in den folgenden Jahren jeweils um 1/5, so dass – sofern zwischenzeitlich keine Verlustverrechnung erfolgte – erst nach fünf Jahren der vollständige Verlustabzug „freigegeben“ wird. Zugleich wird die zeitliche Übergangsregelung für die Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. in § 34 Abs. 6 Satz 5 und Satz 6 KStG dahingehend ergänzt, dass – wenn § 8 Abs. 4 KStG a. F. noch anwendbar wäre – der Verlustvortrag unter den gleichen Voraussetzungen wie nach § 8c Abs. 2 KStG-E nutzbar ist. Eine dementsprechende Anpassung erfolgte auch in § 36 Abs. 9 Satz 2 ff. GewStG für die Gewerbesteuer. Hinzuweisen ist auf § 17 Abs. 3 Satz 2 WKBG, der im Falle einer Aufhebung der Anerkennung als Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft eine Übertragung der Anteile an der Wagniskapitalbeteiligung fingiert, so dass die jeweilige Zielgesellschaft das Risiko der Anerkennung als Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft trägt.
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Stichwortverzeichnis
A Abgeltungssteuer 2 19, 20; 7 45 – Abgeltungswirkung 4 7 – Anonymität 4 24 – Anrechnung der ausländischen Steuer 4 13 – Beschränkung des Verlustausgleichs 4 9 – Kapitalertragsteuerabzug 4 22 – Kirchensteuer 4 26 – Optionsrecht 4 7 – Quellensteuercharakter 4 7 – Sparer-Freibetrag 4 14 – Sparer-Pauschbetrag 4 14 – Steuersatz 4 6 – Thesaurierungsbegünstigung 7 37 – Verfassungswidrigkeit 4 23 – Verlustbescheinigung 4 11 – Verlustübertrag 4 11 – Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften 4 12 – Werbungskosten 4 14 – Werbungskostenpauschbetrag 4 14 Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter 5 3 Abschreibung 5 1 Abschreibungsbemessungsgrundlage 8 21 Abzinsung 8 9 – Rückstellungen 8 10 Abzugsfähigkeit von Zinsaufwand 8 1 Altgewinne 7 32 Altrücklagen 7 32, 44 Anrechnungsfaktor 3 10 Anrechnungsmethode 8 19 Anrechnungsüberhang 3 13, 14 Anschaffungsabsicht 9 7 Ansparabschreibungen 9 1 Anteilsübertragung 10 7, 18, 19, 32 – Kapitalerhöhung 10 23 – Mittelbare Anteilsübertragung 10 20, 21 – Rechtsgeschäftliche Übertragung 10 22
– Unmittelbare Anteilsübertragung 10 20, 21 Antrag des Steuerpflichtigen 7 16 Assoziierte Unternehmen Zinsschranke 8 56 Atypisch stille Gesellschaften Zinsschranke 8 100 Aufzinsung 8 9 Außerbilanzieller Abzug 2 16 Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände 2 9
B Begünstigungsausschluss Thesaurierungsbegünstigung 7 15 Begünstigungsbetrag 7 22 Begünstigungsfähige Gewinne Thesaurierungsbegünstigung 7 45 Beherrschung 8 41 Beherrschungsverhältnis 8 41 Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zinsschranke Maßgeblicher Gewinn 8 119 Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zinsschranke Maßgebliches Einkommen 8 119 Beschränkt Steuerpflichtig 8 87 Besteuerung grenzüberschreitender Geschäfte 2 30 Beteiligung an der Personengesellschaft 8 102 Betrieb 8 10, 11 – Enger Betriebsbegriff 8 12 – Mittlerer Betriebsbegriff 8 12 – Weiter Betriebsbegriff 8 12 Betriebsaufspaltung 6 10 Betriebsausgabenabzugsverbot 2 26 Betriebsstätten 8 84 Betriebsstättenerlass 8 85 Betriebsvermögenszuführung 10 7, 17 Betriebsverpachtung 6 10 Bilanzverkürzung 8 104 Bilanzverlängerung 8 104 235
Stichwortverzeichnis
C Carried Interest 7 10 DDegressive Abschreibung 5 7, 9 Diskontbeträge 6 5 Doppel- und mehrstöckigen Personengesellschaften Zinsschranke 8 99
E EBITDA 2 12; 8 2, 3, 5, 20, 98, 106 Eigenkapitalquote 8 3 Einkommensteuervorauszahlungen 7 41f Einlagen 7 11 Endorsment-Verfahren 8 29 Entgelt für Schulden 6 3, 4 Entgelt – Dauernde Lasten 2 29 – Renten 2 29 – Schulden 2 29 Entnahmen 7 11 – Zur Begleichung der Erbschaftoder Schenkungsteuer 7 35 Entnahmereihenfolge 7 32 Erweiterter Konzernbegriff 2 12, 22; 8 76 Erwerber – Beherrschender Gesellschafter 10 27 – nahe stehende Personen 10 26 – Sukzessive Anteilsübertragungen 10 31 Escape-Klausel 2 12, 23; 8 3, 22, 88, 121 – Zinsschranke 8 15
F Fast ausschließlich betriebliche Nutzung 9 9 Freigrenze 2 12; 8 5, 21, 22 – Zinsschranke 8 3 Fünf-Jahresfrist 10 29
G Genussrechte 10 19 Geringwertige Wirtschaftsgüter – Poolabschreibung 5 4 – Sammelposten 5 4 – Sofortabschreibung 5 1 – Zweiter Klasse 5 1 Gesamtsteuerbelastung – Thesaurierungsbegünstigung 7 38, 39, 42 236
Gesellschafterfremdfinanzierung 8 1, 7 – Toleranzgrenze von 1 % 8 22 Gewerbeertrag 6 7 Gewerbesteuer 7 15; 8 5, 83 – Anrechnung 2 29; 3 9, 11 – Betriebsausgabenabzug 2 29 – Schachtelprivileg 6 12 Gewerbesteuerhebesatz – Thesaurierungsbegünstigung 7 43 Gewerbesteuermessbetrag 3 9, 13 Gewerbesteuerschuld – Thesaurierungsbegünstigung 7 42 Gewinn – begünstigungsfähig 7 12 – Nicht entnommen 7 11 Gewinnermittlungsart – Zinsschranke 8 6 Gleichordnungskonzern 8 45 GmbH & Co. KG – Zinsschranke 8 47 Goodwill 8 63 Grenzüberschreitende Geschäfte 2 31 Grundfreibetrag 6 2 Gültigkeitsprinzip 2 19, 20
HHalbeinkünfteverfahren 2 19, 20; 7 3, 4 Hebesätze 3 10 Hinzurechnungsfreibetrag 2 29
I IFRS-Konzernabschluss 8 30 Investitionsabzugsbetrag 2 15; 9 1ff Investitionsverhalten 9 7 Investitionszeitraum 9 3 Investitionszulage 5 6
K Kapitalforderungen 8 10 Kappungsgrenze 8 20 Kommanditisten einer GmbH & Co. KG – Zinsschranke 8 50 Konsolidierungskreis 8 33 Konzernbegriff 8 226 Konzernrechnungslegungsstandard 8 28 Konzernspitze – Natürliche Personen 8 44 Konzernzugehörigkeit 8 3, 36 Konzessionen 6 11
Stichwortverzeichnis Körperschaften – Zinsschranke 8 21 Körperschaften öffentlichen Rechts – Zinsschranke 8 51 Körperschaftsteuer – Zinsschranke 8 5 Körperschaftsteuersatz 3 16
L Leasingobjektgesellschaften – Zinsschranke 8 53 Leistungsfähigkeitsprinzip 1 18 Lizenzen 6 11
MMantelkauf 2 9, 24, 25 Mantelkaufregelung 1 18 Maßgeblicher Gewinn 8 106 – Zinsschranke 8 18 Mezzanines Kapital 8 67 – Zinsschranke 8 60 Miet- und Pachtzinsen – Finanzierungsanteil 6 9 Mindestbeteiligungsquote 6 13, 14 Mittelbare Anteilsübertragungen 2 25 Mitunternehmer 7 12; 8 102 – Thesaurierungsbegünstigung 7 31 Mitunternehmerschaft 8 102 – Zinsschranke 8 92
NNachsteuerbemessungsgrundlage 7 38 Nachversteuerung 2 14; 7 7, 28, 29, 44 – Ausnahme 7 35 Nachversteuerungsbetrag 7 30 Nachversteuerungspflichtiger Betrag 7 24, 25, 27, 28, 33, 36 Nettozinsaufwand 8 3 Nicht entnommener Gewinn 7 11, 19 Nutzungsabsicht 9 7
O Objektives Nettoprinzip 8 2 Organschaft 8 141
P Parallelgesellschaft 7 45 Poolabschreibung 5 4 Prognoseentscheidung 9 7
R Rechtsformneutralität 2 5
Rechtsformneutralität 7 6 Rechtsformwahl 7 39 Renten und dauernde Lasten 6 7 Rückwirkung 10 34
S Sale and lease back – Zinsschranke 8 53 Sammelbezeichnungen 9 7 Sammelposten 5 4 Sanierungsfälle 10 15, 17 Schachtelprivileg 6 13 Schädliche Entnahme 7 30, 32 Schädliche Gesellschafterfremd-Finanzierung I 2 23 Schädliche Gesellschafterfremd-Finanzierung II 2 23 Schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung 8 1, 5 – Back-to-back Finanzierung 8 127 – Konzernzugehörige Körperschaften 8 129 Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter 2 18 Sonderabschreibungen 2 15 Sonder-AfA 2 16 Sonderbetriebsausgaben 7 12 Sonderbetriebsvermögen I – Zinsschranke 8 101 Sonderbetriebsvermögen II – Zinsschranke 8 101 Sondersteuersatz 3 1 Sparer-Freibetrag 2 19 Sparer-Pauschbetrag 2 20 Spitzensteuersatz 3 1 Staffeltarif 3 4 Stammhaus – Zinsschranke 8 84f, 88 Steuerbelastungstransparenz 8 5 Steuerfreie Einnahmen 7 13 Steuermesszahl 3 4 – einheitliche 2 29 Steuersatz – Thesaurierungsbegünstigung 7 37 Steuersätze 3 1 Steuerstundungsmöglichkeit 9 1 Stille Beteiligung 10 19 – Zinsschranke 8 60 237
Stichwortverzeichnis Stiller Gesellschafter – Gewinnanteil 6 8 Strafzuschlag 8 77 Stundungsmöglichkeit 7 32f Substanzbesteuerung 8 2
T Teileinkünfteverfahren 2 20 Teilwertabschreibung 8 21 Thesaurierungsbegünstigung 2 13; 3 14; 7 1, 7, 9, 44 Thesaurierungssteuersatz 7 23 Trennungsprinzip 7 3
UÜbertragung – Betrieb 7 36 – Mitunternehmeranteil 7 36 – Beteiligungsrechte 10 19 Unmittelbare Anteilübertragungen 2 25 Unternehmensbesteuerung 3 1
V Verbriefungsgesellschaften – Zinsschranke 8 53 Verdeckte Gewinnausschüttung 8 114 Verlustabzugsbeschränkung allein bei Anteilseignerwechsel 2 25 Verlustabzugsuntergang – Quotal 2 25 Verlustabzugsuntergang – Vollständig 2 25 Verlustausgleich 2 20 Verlustausgleich 3 12 Verlustvortrag 10 17 Vermögensverwaltende Personengesellschaften – Zinsschranke 8 21
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Verringerung des Hinzurechnungsfaktors 2 29 Verwendungsreihenfolge 7 44 Vollthesaurierung 7 5 Vorübergehender Liquiditätsvorteil 7 7
WWagniskapitalbeteiligung 10 36 Wagniskapitalbeteiligung 10 38 Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften 10 36 Wagniskapitalgesellschaft 10 36 Werbungskostenpauschbetrag 2 19 Wertpapierleihe 2 26 Wertpapierleihe 2 32 Wertzuschreibung 8 21 Wirtschaftsgüter – Gebrauchsüberlassung 8 9
Z Zeitlicher Anwendungsbereich 8 145 Zinsaufwand 6 4; 8 1, 3, 5, 9 Zinsaufwendungen 8 6, 8, 81, 97 Zinsen – Bauzeitzinsen 8 9 Zinsertrag 8 3, 5, 8, 9 Zinsschranke 2 10, 22; 8 1 Zinsvortrag 2 12 Zinsvortrag 8 5 Zinsvortrag 8 79 Zinsvortrag 8 80 Zinsvortrag 8 81 Zulässiger Höchstbetrag 9 3 Zweckgesellschaften – Zinsschranke 8 53