Archiv für Religionsgeschichte 2008
Herausgegeben von Jan Assmann et al.
Walter de Gruyter
Archiv für Religionsgeschichte
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Archiv für Religionsgeschichte Herausgegeben von
Jan Assmann Fritz Graf Tonio Hölscher Ludwig Koenen Jörg Rüpke John Scheid Unter Mitwirkung von Mary Beard Philippe Borgeaud David Frankfurter Cristiano Grottanelli Albert Henrichs Alexander Knysh FrancX ois Lissarrague Charles Malamoud Stefan Maul Shaul Shaked Guy Stroumsa Michel Tardieu
Zehnter Band
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Herausgeber: Prof. Dr. J. Assmann, Egger Wiese 13, 78464 Konstanz Prof. Dr. F. Graf, Department of Classic, 414 University Hall, 230 N. Oval Mall, Columbus Ohio 43210-1319 Prof. Dr. T. Hölscher, Archäologisches Institut, Universität Heidelberg, Marstallhof 4, 69117 Heidelberg Prof. Dr. L. Koenen, The University of Michigan, Department of Classical Studies, 2160 Angell Hall, 435 S. State Street, Ann Arbor, MI 48 109-1003 Prof. Dr. Jörg Rüpke, Vergleichende Religionswissenschaft, Universität Erfurt, Postfach 900221, 99105 Erfurt Prof. Dr. J. Scheid, Colle`ge de France, 11 place Marcelin-Berthelot, 75231 Paris Manuskripte werden erbeten an einen der Herausgeber. Durch die Veröffentlichung der Originalarbeiten in diesem Jahrbuch gehen sämtliche Nutzungsrechte an den Beiträgen, einschließlich des Rechtes der Übersetzung, an den Verlag über. Das Werk einschließlich aller Beiträge ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Altjahrgänge können bestellt werden bei: Schmidt Periodicals GmbH, Dettendorf Römerring 12, D-83075 Bad Feilnbach Tel. +498064-221, Fax +498064-557, E-Mail:
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ISSN 1436-3038 ISBN (Print) 978-3-11-020139-0 ISBN (Online) 978-3-11-020288-5 ISBN (Print + Online) 978-3-11-020289-2 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2008 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: Jürgen Franssen Einbandentwurf: Christopher Schneider, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Inhaltsverzeichnis
I. Religion und Raum Fernande und Tonio Hölscher Einleitung ................................................................................................
Joachim Friedrich Quack Lokalressourcen oder Zentraltheologie? Zur Relevanz und Situierung geographisch strukturierter Mythologie im Alten Ägypten .......................
Peter Kopp – Dietrich Raue Reinheit, Verborgenheit, Wirksamkeit. Innen-, An- und Außensichten eines ägyptischen Sanktuars jenseits der zentralen Residenzkulte ..............
Joannis Mylonopoulos Natur als Heiligtum – Natur im Heiligtum ..............................................
Patrick Marchetti Les dieux et héros du dromos dorien I. Réflexions sur les références légendaires de l’espace civique de Sparte et d’Argos chez Pausanias ...................
Diamantis Panagiotopoulos Natur als sakraler Raum in der minoischen Kultur ...................................
Vinciane Pirenne-Delforge Le lexique des lieux de culte dans la Périégèse de Pausanias .......................
Franz Alto Bauer Die Stadt als religiöser Raum in der Spätantike ........................................
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Inhaltsverzeichnis
II. Ritual in Domestic and Civic Spheres David Frankfurter Preface .....................................................................................................
David Frankfurter The Interpenetration of Ritual Spaces in Late Antique Religions: An Overview ...........................................................................................
Blake Leyerle Pilgrim Eulogiae and Domestic Rituals ....................................................
Charlotte E. Fonrobert Neighborhood as Ritual Space: The Case of the Rabbinic Eruv ...............
Jason D. BeDuhn The Domestic Setting of Manichaean Cultic Associations in Roman Late Antiquity .................................................................................................
III. Varia Jens Halfwassen Der Gott des Xenophanes: Überlegungen über Ursprung und Struktur eines philosophischen Monotheismus ......................................................
I. Religion und Raum
Einleitung Fernande und Tonio Hölscher Das erste Rahmenthema dieses Bandes ist dem Phänomen Religion und Raum gewidmet. Dass Räumlichkeit als eine fruchtbare Kategorie von Religion betrachtet werden kann, beruht auf neueren Ansätzen der Raumtheorie im Rahmen der kultur- und sozialgeschichtlichen Wissenschaften. Raum wird in diesem Sinn nicht als abstraktes System von drei Dimensionen, auch nicht als Schale eines nicht näher bestimmten Inhalts betrachtet, sondern als dynamische Konstellation von Lebewesen und Körpern, die in konkreter oder symbolischer Interaktion zueinander in Beziehung treten und dadurch Raum schaffen. Daraus ergibt sich ein Konzept für eine vielfältige Erfassung und Analyse räumlicher Strukturen der religiösen Praxis. Die räumlichen Dimensionen von Religion können in vier konzentrischen Kreisen geordnet werden. Eine erste Kategorie ist der rituelle Raum der sakralen Stätten: Rituelles Handeln entfaltet sich einerseits in einem strukturierten Raum und gibt andererseits diesem Raum eine religiöse Ordnung. Prozessionen und Opfer, Reinigungen und Ausschließungen spielen sich zwischen drinnen und draußen, rechts und links, oben und unten ab. Darüber hinaus geht die Kategorie der religiösen Topographie des Lebensraumes: Das soziale Leben spielt sich in Räumen ab, die durch religiöse Orte, Wege und Grenzen eine signifikante Gliederung erhalten. Stadt, Fruchtland und Wildnis, Berg, Fluss und Meer, sakrale, politische und profane Bereiche werden durch Kultorte und Kulthandlungen definiert. Weiterhin lassen großräumige Gemeinsamkeiten religiöser Vorstellungen eine religiöse Geographie erkennen, die viel über kulturelle Grenzen und Verbindungen aussagt. Schließlich stellt der gesamte Kosmos, mit den Himmelsrichtungen wie mit der Dreiteilung in Himmel, Erde und Unterwelt, einen umfassenden, religiös strukturierten Rahmen des menschlichen Lebens dar. Die Herausgeber haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Beitrag der archäologischen Forschung zu einer integrierten Religionswissenschaft herauszustellen. Die Erforschung der antiken Religionen ist seit ihren Anfängen weitgehend von den Schriftquellen ausgegangen. Diese Tradition ist bis heute vielfach prägend geblieben. Daneben hat aber die Archäologie eine große Fülle von Befunden, Gegenständen und Bildzeugnissen erschlossen und untersucht, die vielfach ganz andere Aspekte der Religion betreffen, welche in den schriftlichen Quellen nicht oder zumindest nicht explizit zur Sprache gebracht werden. Philologische und
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archäologische Forschung zur griechischen und römischen Religion sind darum lange Zeit weitgehend getrennte Wege gegangen: In philologisch ausgerichteten Arbeiten werden archäologische Zeugnisse oft lediglich zur Illustration verwendet, in archäologischen Untersuchungen werden die literarischen und epigraphischen Quellen häufig nur zur Entschlüsselung der Bilder und materiellen Befunde eingesetzt. Eine umfassende neue Grundlage für religionsgeschichtliche Forschungen, die Literatur, Inschriften, Bildwerke, sakrale Gegenstände und Kultstätten als Zeugnisse sui generis werten und zusammenführen, wird gegenwärtig mit dem Thesaurus Cultus et Rituum antiquorum erarbeitet. Die in diesem Band vereinigten Arbeiten erschließen archäologische Befunde im Sinn eines solchen synthetisierenden Ansatzes. Wir danken Dr. Jürgen Franssen herzlich für die sorgfältige, verantwortungsvolle und sachkundige Ausführung des Satzes sowie redaktioneller Arbeiten.
Lokalressourcen oder Zentraltheologie? Zur Relevanz und Situierung geographisch strukturierter Mythologie im Alten Ägypten Joachim Friedrich Quack Der Mythos im Alten Ägypten ist bekanntlich kein ganz einfaches Phänomen. Eine bis heute sehr wirkmächtige Forschungstradition hat von seiner „Verborgenheit“ gesprochen und ihn für das Nilland als dezidiert spätes Phänomen angesehen.¹ Ich selbst sehe diese Fragen durchaus etwas anders und würde die Frage lieber darauf verlagert wissen wollen, in welchen Situationen die Benutzung des Mythos in welchem Medium opportun war.² Heutzutage ist man aus der Außenperspektive geneigt, die Mythen einer Kultur als homogenen Block zu betrachten; und so verpackt kann man sie dann in populären Büchern als Übersetzungssammlung oder lose Nacherzählung kaufen. Unausgesprochene Annahme ist, daß es eine einheitliche, landesweit anerkannte Theologie gibt; d.h. „der alte Ägypter“ hätte das, was man so deklariert, insgesamt als Teil seiner Tradition aufgefaßt und allenfalls noch um Episoden ergänzt, die uns aufgrund von Überlieferungslücken nicht bekannt sind. Nun ist aber „der alte Ägypter“ als solcher ein Konzept, mit dem ich nie sonderlich glücklich geworden bin. Es gab mehrere Millionen Einwohner eines Landes von fast 1000 Kilometer Länge, und diese auch noch in sozial höchst unterschiedlichen Situationen. Es ist nicht ohne Anmaßung, für diese doch zahlenstarke und in sich uneinheitliche Gruppe eine einzige übergreifende Tradition religiösen Wissens zu postulieren. Immerhin ist in der Forschung für andere Kulturen, insbesondere Indien, schon sehr bewußt ein Unterschied zwischen „großen“, also landesübergreifenden, und „kleinen“, also lokalen Traditionen gemacht worden.³ Sicher ist Ägypten in sich weniger disparat als Indien. Es fehlt schon allein alles, was dem dort als „Sanskritisierung“ bezeichneten Vorgang entsprechen könnte, einfach weil die Sprachen
J. Assmann, „Die Verborgenheit des Mythus im Alten Ägypten“, Göttinger Miszellen () -. J. F. Quack, „Erzählen als Preisen. Vom Astartepapyrus zu den koptischen Märtyrerlegenden“, in: H. Roeder (Hg.), Erzählen in frühen Hochkulturen (im Druck). Immer noch eine Standarduntersuchung ist McKim Marriot, „Little Communities in an Indigenous Civilization“, in: McKim Marriot (ed.), Village India. Studies in the Little Community () -.
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situation eine andere ist. Dennoch kann man einmal den Versuch machen, nach ortsspezifischen religiösen Traditionen zu suchen, zumal es durchaus Quellen gibt, welche wenigstens für die späten Epochen Ägyptens, also ab dem 1. Jahrtausend v. Chr., einem solchen Unternehmen Aussicht auf Erfolg geben. Eine ganz spezielle Textgattung, die ohnehin wenig zum Konzept eines angeblich mythenscheuen Ägypten paßt, sind nämlich große textliche Zusammenstellungen von Mythen in geographischer Organisation. Bei diesen wiederum sollte man zwei Basistypen unterscheiden. Zum einen gibt es die übergreifenden Sammlungen, welche für ganz Ägypten oder zumindest für wesentliche Teile davon die relevanten Mythen und religiösen Traditionen zusammenstellen. Musterbeispiele hierfür sind erst rezent zugänglich gemacht worden, besonders zum einen das Mythologische Handbuch, von dem Jürgen Osing inzwischen eine Florentiner Handschrift der Römerzeit publiziert hat,⁴ während weitere noch in Bearbeitung sind, zum anderen ein Handbuch der Mythologie des Deltas, das Dimitri Meeks jüngst nach einer frühsaitischen Handschrift in Brooklyn vorgelegt hat.⁵ Angesichts der fragmentarischen Erhaltung der Handschrift wäre es dabei übrigens nicht auszuschließen, daß sie ursprünglich entweder ganz Ägypten abgedeckt hat oder daß Oberägypten auf einer weiteren, heute verlorenen Rolle behandelt wurde – jedenfalls wäre eine Beschränkung allein auf das Delta nicht wirklich ersichtlich, und an einzelnen Stellen greift der Text sogar evident oberägyptische Traditionen um Oxyrhynchos auf. Neben diesen übergreifenden Darstellungen gibt es als weitere Kategorie die Textsorte, die seit Adolphe Gutbub gerne als „Monographien“ bezeichnet wird.⁶ Sie beschränken sich auf das Territorium eines einzigen Gaues, stellen dessen religiöse Traditionen aber in größerer Ausführlichkeit dar, als es in den oft änigmatisch knapp anmutenden übergreifenden Handbüchern möglich wäre. Vielleicht das bestbekannte Beispiel ist der Papyrus Jumilhac, eine fast neun Meter lange Papyrusrolle, in welcher der 18. oberägyptische Gau sowohl für seinen Hauptort als auch (viel kürzer) für die wichtigsten weiteren Orte abgehandelt wird.⁷ Während es hier nur eine einzige Handschrift gibt, ist das Buch vom Fayum in einer ganzen Reihe von Kopien auf uns gekommen, sowohl in hieroglyphischen und bebilderten Fassungen als auch in rein hieratischen Versionen ohne Bilder, und schließlich (derzeit noch unpubliziert) in einer hieratischen Version mit
J. Osing – G. Rosati, Papiri geroglifici e ieratici da Tebtynis () -. D. Meeks, Mythes et légendes du Delta d’après le papyrus Brooklyn ... Mémoires de l’Institut français d’archéologie orientale du Caire (). A. Gutbub, Textes fondamentaux de la théologie de Kom Ombo. Bibliothèque d’étude, Institut français d’archéologie orientale, Kairo (). J. Vandier, Le papyrus Jumilhac ().
J. F. Quack, Lokalressourcen oder Zentraltheologie?
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demotischer Übersetzung und Kommentierung.⁸ Quasi als Papyrus nennen kann man auch das vieldiskutierte „Denkmal memphitischer Theologie“, das sich selbst als Abschrift von einem Papyrus ausgibt und auch wenig Anlaß zu Zweifeln an dieser Version liefert.⁹ Diesen Text möchte ich als Monographie des memphitischen Raumes interpretieren, was hoffentlich endlich für ein angemesseneres Verständnis und einen besseren Zugang sorgen wird. Diese Textgattung gibt es sowohl auf Papyrus als auch monumentalisiert in den Tempeln, wobei Papyri der Intention nach eine Gesamtschau bieten, während die Steininschriften meist evident abkürzen, d.h. nur einen Einzelteil abbilden. Musterfälle sind hier Inschriften z. B. in den Krypten von Dendara (Dendara VI, 155, 15 - 159, 2 und 165, 10 - 169, 7)¹⁰ oder in den Tempeln von Kom Ombo,¹¹ Tôd¹² Edition H. Beinlich, Das Buch vom Fayum. Zum religiösen Eigenverständnis einer ägyptischen Landschaft. Ägyptologische Abhandlungen (); ergänzend H. Beinlich, „Ein Fragment des Buches vom Fayum (W/P) in Berlin“, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde () -; ders., „Hieratische Fragmente des ‚Buches vom Fayum’ und ein Nachtrag zu BF Carlsberg“, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde () -; ders., „Drei weitere hieratische Fragmente des „Buch vom Fayum“ und Überlegungen zur Meßbarkeit der Unterwelt“, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde () -, Taf. -. Kalkulation der derzeit faßbaren Menge wirklich verschiedener Handschriften bei J. F. Quack, „Die Dienstanweisung des Oberlehrers im Buch vom Tempel“, in: H. Beinlich – J. Hallof – H. Hussy – Chr. von Pfeil (Hgg.), . Ägyptologische Tempeltagung Würzburg, .-. September . Ägypten und Altes Testament / () -, dort S. Anm. ; eine etwas niedrigere Zahl setzt K. Ryholt, „On the Contents and Nature of the Tebtunis Temple Library. A Status Report“, in: S. Lippert – M. Schentuleit (Hgg.), Tebtynis und Soknopaiou Nesos. Leben im römerzeitlichen Fajum () -, dort f. mit Anm. an. Wichtigste Texteditionen und Bemerkungen bei K. Sethe, Dramatische Texte zu altägyptischen Mysterienspielen. Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Ägyptens () -; H. Junker, Die Götterlehre von Memphis (Schabaka-Inschrift). Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften / (); ders., Die politische Lehre von Memphis. Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften / (); J. P. Allen, Genesis in Egypt. The Philosophy of Ancient Egyptian Creation Accounts. Yale Egyptological Studies () - und -; rezente Neubearbeitung durch A. El Hawary, Schöpfung als die letzte (Be)Gründung. Die Memphitische Theologie und die Siegesstele des Pije – zwei Zeugen kultureller Repräsentation in der . Dynastie. Orbis biblicus et orientalis (in Vorbereitung). Zur Datierung und zur Frage der Echtheit der Fundangabe vgl. A. von Lieven, Grundriß des Laufes der Sterne. Das sogenannte Nutbuch, The Carlsberg Papyri . The Carsten Niebuhr Institute of Near Eastern Studies, Publications () -. Diese Texte sind stark auf die Kultnamen der Orte fixiert und enthalten wenig narrative mythische Entwicklungen. Diese bei Gutbub, Textes fondamentaux, a. O. (Anm. ) behandelt, einschließlich einiger sicher nicht zur selben Gattung gehöriger Texte. Ediert in É. Drioton – G. Posener – J. Vandier – J. C. Grenier, Tôd. Les inscriptions du temple ptolémaïque et romain I. La salle hypostyle, textes Nos -. Fouilles de l’Institut français d’archéologie orientale de Cairo / (); Chr. Thiers, Tôd. Les inscriptions du temple
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oder Esna,¹³ in denen bestimmte mythische Episoden erzählt werden. Sehr gerne finden sich diese Monographien gerade in Durchgangssituationen, wo die verfügbaren Flächen des Steines groß angelegte Bildkompositionen schwierig machen, eine textlastige Ausschmückung jedoch dem Auge des Durchschreitenden eine rasche und gründliche Orientierung bieten konnte. Weiterhin finden sich Monographien gerne als Dekoration später Naoi mit Kultstatuen von Gottheiten.¹⁴ Allerdings dürfte es sinnvoll sein, gerade diese Darlegung etwas zu nuancieren. Der Vorgang mag insofern korrekt beschrieben sein, als die Monumentalversionen mutmaßlich tatsächlich von Papyrushandschriften abhängig sind, die als Vorlagen benutzt wurden; und in der modernen Forschung ist sogar evident, daß es etwa Gutbub darum gegangen ist, quasi den Papyrus Jumilhac von Kom Ombo zu rekonstruieren. Jedoch kann man diese Papyrushandschriften nur mit großen Einschränkungen als homogene Kompositionen bezeichnen. Zu offensichtlich ist es, daß sie erst langsam gewachsen sind und auf Einzelpassagen höchst unterschiedlichen Alters zurückgreifen. Ich selbst habe dies vor kurzem für den Papyrus Jumilhac untersucht, wo man mehrere verschiedene Hauptstufen der Redaktion im Neuen Reich mit Weiterarbeit bis in die Spätzeit fassen kann.¹⁵ Für das Buch vom Fayum oder das Handbuch des Deltas wäre diese Arbeit noch zu leisten, könnte aber ohne weiteres durchgeführt werden.¹⁶ Dabei hat man teilweise so eklatante Phänomene zur Hand wie die Tatsache, daß das Handbuch des Deltas in einer Sektion über Heliopolis einige Sätze aus dem epigraphisch seit der 19. Dynastie belegten (aber sicher noch deutlich älteren) Grundriß des Laufes der Sterne aufgreift, diese aber in ihrer Reihenfolge erheblich modifiziert und lexikalisch gelegentlich modernisiert.¹⁷
ptolémaïque et romain II. Textes et scènes nos -. Fouilles de l’Institut français d’archéologie orientale de Cairo / (). Zu Esna vgl. besonders H. Sternberg, Mythische Motive und Mythenbildung in den ägyptischen Tempeln und Papyri der griechisch-römischen Zeit. Göttinger Orientforschungen IV/ (), bes. S. -. Vgl. etwa V. Rondot, „Une monographie bubastide“, Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale () -; ders., „Le naos de Domitian, Toutou et les sept flèches“, Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale () -; G. Goyon, „Les travaux de Chou et les tribulations de Geb d’après le Naos d’Ismailia“, Kêmi () ; Chr. Leitz, Altägyptische Sternuhren. Orientalia Lovaniensia Periodica () -. J. F. Quack, „Corpus oder Membra disjecta. Zur Sprach- und Redaktionskritik des Papyrus Jumilhac“, in: W. Waitkus (Hg.), Diener des Horus. Festschrift für Dieter Kurth zum . Geburtstag. Aegyptiaca Hamburgensia () -. Erinnert sei hier etwa daran, daß die Sektion über die Grenzen Ägyptens im Buch vom Fayum (Ed. Beinlich Z. -) in der Wahl der Präpositionen n-ç#+ „von“ und r-hn-r „bis“ deutlich demotische Spracheinflüsse zeigt. von Lieven, Grundriß des Laufes der Sterne, a. O. (Anm. ) -.
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Als erstes konkretes Fallbeispiel greife ich einen Text aus dem Brooklyner mythologischen Handbuch auf, der unter den Titel „Osiris als Geflügelpastete in Letopolis“ gestellt werden könnte. Der Text lautet im Gesamtzusammenhang der Sektion: „Betreffend das Darreichen der Stäbe: Betreffend den Feiertag, der in Letopolis begangen wird, so heißt er ‚Darreichen der Stäbe‘. Betreffend (?)¹⁸ die beiden Herren, und ebenso(?) ihren Kampf, so war es so, daß es zu einem Heldenwerk überging, wobei sie es gemeinsam als Werk wiederholten beim Vogelfang, als die Seelen seiner Rebellen aufstiegen. Er fing die Seele des Müdherzigen ein, wobei es so war, daß sie
fähige Seelen aufstiegen, wobei es so war, daß er als sein Vater herabschwebte, wobei es so war, daß er ihn heftigst schlug. Sein Vater litt, ohne daß er es wußte. Dann bereitete Horus sein Klappnetz vor, um die Seelen – Variante: Rebellen – einzufangen in Form von (?)¹⁹ Amsti, Hapi, Duamutef und Kebehsenuef, als sie herabschwebten als das, was auffliegt und landet, auf dem Sand des Landes von Letopolis. Die Seele des Müdherzigen ließ sich bei ihnen nieder. Da ließ Horus seinen Strick zur Erde nieder, um die Seelen einzufangen, um seine Feinde zurückzutreiben. Nun kamen die Seelen dieser Götter, indem sie sich bei seinem Fangnetz niederließen. Es ‚war fern davon‘, daß man die Seele seines Vaters schlug. Er verstarb nicht sofort. Da strengte sich Thot gemeinsam mit Horus dabei an, ihn vielfach zu schlagen. Dann ließ Thot ihn in Stoff einwickeln. Man grenzte ihn ab mit der zugehörigen Behandlung im Goldhaus. Seine Einwicklung wurde gemacht, als er aus ihm herauskam. Dann legte er ihn in einen Sarkophag auf dem Feld. Er ist dort bis heute als Serech (Palastfassade) des Herrn von Letopolis. Schentait und Meherchetes grenzen von ihm ab, während sein Sohn Horus von ihm fernhält. Da waren die Gottessubstanzen mit ihm genau so“ (pBrooklyn 47.218.84, 8, 2-11).
Das ist zunächst einmal ein Text, der inhaltlich evident inhomogen und nicht aus einem, ja wahrscheinlich noch nicht einmal aus zwei Güssen ist. Zu deutlich wird, wie er Textbrocken zusammenstoppelt und mehrfach auf dasselbe Thema zu sprechen kommt. Gleichzeitig ist es inhaltlich ein ziemlich unerhörter Text. Zwar kennen wir auch sonst vage Anzeichen dafür, daß Thot sich Osiris gegenüber nicht immer positiv verhalten hat.²⁰ Daß er und vor allem Horus selbst sich des aktiven Totschlags an der Seele des Osiris schuldig gemacht haben, ist jedoch kaum normaler Standard. Selbst wenn man hier das Ganze als Versehen darstellt, bei dem der Ba des Osiris nicht als solcher erkannt wurde, bleibt Horus als derjenige, der seinen Vater tötet statt ihn zu beschützen, doch eine schockierende Gestalt. Die Brutalität der Behandlung des mit vielen kraftvollen Hieben geradezu zu Mus gemachten Gottes kommt hinzu. Man denkt zuerst an eine ganz obskure Hier und an manchen weiteren Stellen der Handschrift (, ; , . (bis); , ) vermute ich, daß |n eine (auch sonst bezeugte) spätzeitliche Orthographie für |r darstellt. Ich würde die Präposition m an dieser Stelle lieber so denn als „zusammen mit“ auffassen. Vgl. G. Meurer, Die Feinde des Königs in den Pyramidentexten. Orbis biblicus et orientalis () -.
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Abb. 1: Götter unter Beteiligung des Horus beim Vogelfang unter Leitung durch Thot, Relief im Tempel von Esna.
lokal entwickelte Konzeption, wenn nicht gar an einen Versuch bewußter Mythenkorrektur. Tatsächlich läßt sich aber zeigen, daß die Situation doch etwas anders gelagert ist. Sinnvollerweise sollte man die Kernepisode des Mythos zunächst im Rahmen sonstiger Ausdeutungen des Vogelfanges mit dem Klappnetz betrachten. Drei Tempelszenen, eine aus dem Neuen Reich in Karnak, zwei weitere in Edfu und Esna aus der griechisch-römischen Zeit, zeigen, wie dieses Bild als Einfangen und Bezwingen von Feinden und Rebellen verstanden wurde.²¹ Die beiden späten Versionen, insbesondere diejenige in Esna, geben auch explizit Letopolis als Schauplatz an,²² was als zusätzliches Zeichen für die feste lokale Fixierung bewertet werden kann (Abb. 1). Die eine Schicht unseres Textes, nämlich die Identifizierung der Vögel als Feindgestalten, läßt sich somit relativ unproblematisch erklären. Heikler ist es mit derjenigen, welche die Vögel zur Seele des Müdherzigen, also des Osiris, sowie meinem Verständnis nach auch zu den Horuskindern macht. Für letztere ist immerhin die Vogelgestalt in einer typischen Szene, nämlich dem Aussenden der vier Vögel in die Himmelsrichtungen, sehr gut belegt; dies wird im Minfest in Medinet Habu (Medinet Habu IV, 205, 14-27; 213, 5-17), in Edfu (Edfou V, 132, 10-133, 4) und in den Osiriskapellen des Tempels von Dendera (Dendara X, 56, 1-4 und 61, 3-6; Taf. 16) dargestellt.²³
M. Alliot,„Les rites de chasse au filet dans les temples de Karnak, d’Edfou et d’Esna“, Revue d’Égyptologie () -; J. F. Quack, „Das Pavianshaar und die Taten des Thot“, Studien zur Altägyptischen Kultur () -, dort f. Meeks, Mythes et légendes, a. O. (Anm. ) . Vgl. etwa O. Keel, Vögel als Boten. Studien zu Ps , -, Gen , -, Koh , und dem Aussenden von Botenvögeln in Ägypten. Orbis biblicus et orientalis (), bes. -.
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Hier sollte auch die Bewertung des Vogelfanges im kürzlich veröffentlichten sogenannten Thotbuch zur Sprache kommen.²⁴ In ihm werden diese Aktionen nämlich auf mehreren Ebenen ausgedeutet. Neben der simplen Option der Nahrungsbeschaffung und der nur leicht präsenten, daß es um Abwehr von Unheil geht, ist die wichtigste Komponente diejenige des Wissenserwerbes, bei dem die Vögel für Wissen stehen bzw. mit der Bezeichnung der fundamentalen Texte als „Seelen des Re“ korreliert werden – und Seelen haben nach ägyptischer Konzeption Vogelgestalt. Gerade diese Konstellation bringt es mit sich, daß die Seelen bzw. Vögel, die gefangen werden, nicht mehr einfach die Seelen der Rebellen sind, sondern auch als die „vortrefflichen Seelen“ verstanden werden können, wie es der Deltapapyrus bereits als Alternative offeriert. Eine derart intellektuelle Ausdeutung wird sicher auch durch die Präsenz des Schreibergottes Thot befördert worden sein, der sehr typisch zur Vogelfangszene hinzugehört. Diese vortrefflichen Seelen sind aber wiederum in ägyptischen religiösen Texten typisch solche, welche Osiris folgen, so daß dessen Präsenz sich mit fast zwingender Logik ergibt. Realer Hintergrund einer solchen Episode sollte zunächst einmal sein, daß im Bereich von Letopolis der Vogelfang eine besondere Rolle spielte. Vogelfang mit Klappnetzen, d. h. in ökonomisch relevanter Massenproduktion,²⁵ ist ein Phänomen, das primär mit den großen Wanderungen zu tun hat, bei denen im Vogelzug große Schwärme gemeinsam eine Landschaft durchziehen, konkret also auf der Route von Europa nach Innerafrika.²⁶ Hier wäre in Zusammenarbeit mit Geographen und Ornithologen zu überprüfen, inwieweit die Sand- und Wasserflächen um Letopolis für die Zugvögel auf Wanderschaft tatsächlich ein besonders geeignetes Rastareal bieten. Ohne dies heute bereits definitiv nachweisen zu können, würde ich es erwarten. Zusammengenommen hat man also eine Lokaltradition, die an spezifisch lokalen landschaftlichen Gegebenheiten und Ressourcen hängt, konkret an geeigneten Vogelfanggründen. Daß eine vor Ort wirtschaftlich wichtige Tätigkeit sich auch im Mythos widerspiegelt, braucht uns nicht zu überraschen; und dieser Mythos kann eigentlich so nur vor Ort entwickelt sein. Zunächst wirkt das also nach Edition R. Jasnow – K.-Th. Zauzich, The Ancient Egyptian Book of Thot. A Demotic Discourse on Knowledge and Pendant to the Classical Hermetica (); vgl. weiter J. F. Quack, „Die Initiation zum Schreiberberuf im Alten Ägypten“, Studien zur Altägyptischen Kultur () - (zum Vogelfang bes. f.); ders., „Ein ägyptischer Dialog über die Schreibkunst und das arkane Wissen“, Archiv für Religionsgeschichte () -. Vgl. O. Mahmoud, Die wirtschaftliche Bedeutung der Vögel im Alten Reich. Europäische Hochschulschriften, Reihe Archäologie, Band (). M. Herb, Der Wettkampf in den Sümpfen. Quellenkritische, naturkundliche und sporthistorische Untersuchungen zu einem altägyptischen Szenentyp. Nikephoros Beiheft () .
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einer lokalen kleinen Tradition. Andererseits ist unübersehbar, daß diese Lokalform schon in der Benennung der Protagonisten als Horus, Thot und Osiris keine ganz unabhängige Entwicklung darstellt, sondern die Kenntnis der landesweiten Grundstrukturen voraussetzt. Ebenso zeigt auch die Tatsache, daß landesweit das Thema „Vogelfang durch Götter“ am Ort Letopolis festgemacht wird, daß es keineswegs auf dem Status einer kleinen Tradition geblieben, sondern Teil der großen geworden ist. Wesentliche Komponenten, insbesondere die changierende Bewertung der gefangenen Vögel, teils als negative, teils als positive Gestalten, ohne welche die Tragik der überlieferten Fassung gar nicht denkbar wäre, scheinen sogar eng an zentral konzipierten Texten zu hängen. Schließlich sollte man beachten, wie im Mythos letztlich eine Erklärung für einen konkreten Zug geliefert wird, der bis zum Zeitpunkt der Niederschrift des Papyrus in der Landschaft wahrzunehmen war, nämlich die Bestattung der Gottessubstanz im Acker von Letopolis. Als zweites Beispiel möchte ich den „Speienden Hund von Assiut“ anführen. Dieser Text ist im Mythologischen Handbuch aus Tebtynis überliefert. Um den Text richtig einzubetten, möchte ich ihn im größeren Zusammenhang zitieren. Es heißt dort: „Betreffend Assiut (und) die (Göttin) von der Küche. Es ist ein geschützter Gau. Man bezeichnet das Bewachen (s#w) der Dinge als ‚Assiut‘ (s#w.t|). Ein Hund ernährte sich davon und spie es aus. Man bezeichnet die Speisen in Einwickelung als ‚Djetef-chent‘. Das ist das Götterbild in Assiut, das man in der Küche der Herrin der 16 aufsucht, bis zum Tag des Dastehens.²⁷ Betreffend²⁸ Hämatit und Gold, so sind es die Knochen des Horus. Betreffend das Eisen (b|#-n-p.t), so ist es die Knochen des Seth. Sie kämpften einmal, so wie sie es seit vordem getan hatten. Upuaut verbarg das Zerstückelte in der Höhle seines Hauses. Horus verbarg ihn / sich und sprang wieder empor, um seinem Vater freie Bewegung zu geben. Er kontrollierte die Rotte des Finsterlings. Er leckte die Fäulnisstoffe (|w.t|w) der Mumie auf. Deswegen kam es, daß der Schakal (s#b), der über der Götterfigur (wrm) ist, hergestellt wird (?).²⁹ Er spie aus, was er verschluckt hatte. Die edle Gestalt wurde festgesetzt. Die Ausflüsse des Gottes wurden bewacht. Er […] die Substanz seines Vaters Osiris. Man nennt ihn: ‚Dieser Hund hat gefressen und ausgespieen und sich umgewandt, um es wieder zu fressen‘, als man ‚Hund‘ (|w|w) sagte, als er kam (|w+), um zu essen, was er
Der „Tag des Dastehens“ (hrw n oHo) wird im Buch vom Tempel als Termin der Amtsübergabe vom Vater auf den Sohn genannt, vgl. J. F. Quack, „Ämtererblichkeit und Abstammungsvorschriften bei Priestern nach dem Buch vom Tempel“, in: M. Fitzenreiter (Hg.), Genealogie – Realität und Fiktion von Identität. Internetbeiträge zur Ägyptologie und Sudanarchäologie V () -, dort . Ungeachtet Osings Lesung für den unpublizierten Paralleltext kann aus inhaltlichen Erwägungen m. E. nichts anderes als |r angesetzt werden. Ich möchte im Zeilenübergang [ms]s.(t)w s#b pw Hr| wrm.t Hr=s lesen; Osings Lesung s |w am Zeilenbeginn ist weder paläographisch evident noch sprachlich sinnvoll analysierbar.
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ausgespieen hatte, wobei er zu(?) seinen Herren kam(?),³⁰ wobei er vor ihm bellte für seine Belohnung. Sein Herr wurde matt. Er fraß nicht und haßte sehr, was er verschlungen hatte; die Ausflüsse, die aus dem Abbild gekommen waren sowie den Fingern des Müdherzigen. Dann spie er sie zu Boden aus. Das ist ein Geben, das er machte, nachdem er sie erneut verzehrt hatte“ (PSI Inv. I 72, x+3, 1-12).
Typisch für den ägyptischen Mythos sind die „Wortspiele“,³¹ mit denen über das Instrumentarium des ähnlichen Klanges inhaltliche Stimmigkeit erzielt wird, hier zwischen „Hund“, „kommen“ und „Fäulnisstoffe“. Auch dies ist ein inhaltlich nicht ganz unproblematischer Text, bedenkt man den Umgang des Hundes mit Osiris. Ihn zu bewachen ist lobenswert und das, was man von einem guten Wachhund erwartet. Auch das erwartungsfrohe Bellen des Hundes, der von seinem Herrn eine Belohnung mit Futter erwartet, scheint braves Verhalten zu sein. Manche Hunde sollen auch eine Vorliebe dafür haben, ihre Herrchen oder sonst beliebte Personen abzuschlecken. Aber richtig Substanz vom Herrn abzulecken, dann auszuspeien und erneut zu verschlingen, zeigt nicht nur schlechte Tafelmanieren, sondern auch einen arg respektlosen Umgang mit dem verstorbenen Gott. Gemildert wird die Sache allenfalls durch die psychologische Ausdeutung, dem Hund sei der Appetit vergangen, als er merkte, daß er von seinem Herren gefressen hatte, und deshalb habe er es wieder ausgespieen. In dieser Passage dürfen wir zunächst einmal die Ätiologie für den Namen der Stadt Assiut (wörtlich „Wächter“) erkennen, wobei der dortige Canidenkult prominent aufgearbeitet wird. Ein in seinem Umkreis hergestelltes Kultbild wird genauer erörtert. Für das Verhalten des Hundes kann man durchaus naturkundliche Parallelen anführen. So wenig dies den meisten heutigen Hundefreunden gefällt, aber Hunde brauchen für ihre Gesundheit ein gewisses Maß an bereits Osings Lesung Hr |@ô überzeugt mich weder paläographisch noch inhaltlich. Ich lese und verstehe m als Schreibung für n. Der Begriff ist natürlich wenig angemessen, da es sich gerade nicht um ein Spiel im „entspannten Bereich“ handelt, sondern um innerkulturell höchst relevante hermeneutische Prozesse. Vgl. zu ägyptischen Wortspielen einstweilen C. E. Sander-Hansen, „Die phonetischen Wortspiele des ältesten Ägyptischen“, Acta Orientalia () -; S. Morenz, „Wortspiele in Ägypten“, in: Festschrift Johannes Jahn zum XXII. November MCMLVII () -; W. Guglielmi, „Zu einigen literarischen Funktionen des Wortspiels“, in: Studien zu Sprache und Religion Ägyptens zu Ehren von Wolfhard Westendorf () ; F. Junge, „Zur ‚Sprachwissenschaft‘ der Ägypter“, in: Studien zu Sprache und Religion Ägyptens zu Ehren von Wolfhard Westendorf () -; A. Loprieno, „Puns and Word Play in Ancient Egyptian“, in: S. B. Noegel (ed.), Puns and Pundits. Wordplay in the Hebrew Bible and Ancient Near Eastern Literature () -; S. B. Noegel, „On Puns and Divination: Egyptian Dream Exegesis from a Comparative Perspective“, in: K. Szpakowska (ed.), Through a Glass Darkly. Magic, Divination & Prophecy in Ancient Egypt () -; S. B. Noegel – K. Szpakowska, „‚Word Play‘ in the Ramesside Dream Manual“, Studien zur Altägyptischen Kultur () -.
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verfaultem Fleisch. Als reales Verhalten kann man zumindest beobachten, daß sie Futter erst einmal im Mund wegtragen, dann ausspucken, vergraben, und erst im richtigen Reifegrad wieder ausbuddeln und verzehren. Gerade der schockierendste Zug von allen, daß nämlich der Hund vom Leichnam und den Fäulnisprodukten des Osiris gefressen hat, ergibt sich einfach mit fast zwingender Logik daraus, daß Caniden eben eine gewisse Vorliebe für verfaultes Fleisch haben, Osiris aber eben der faulende Leichnam par excellence ist.³² Relevant ist hier auch, inwieweit die mittelägyptischen Regionen gerade um Assiut tatsächlich in besonderem Maße ein Lebensraum für bestimmte Caniden sind. Leider dürfte angesichts der völligen Umstrukturierung der Kulturlandschaft im Zusammenhang mit der heutigen weit höheren Bevölkerungszahl wenig Aussicht bestehen, für das Altertum zu verläßlichen Schlußfolgerungen zu kommen. Tatsächlich wird in rezenter Zeit über das Erscheinen eines als „Salawa“ bezeichneten Caniden in der Region von Sohag / Luxor berichtet, bei dem es sich um eine Art Hund, aber mit kräftigerer Schnauze handeln soll.³³ Jedoch mag es sich hier um eine „urban legend“ handeln. Demnach ist dieser Text also lokal basiert in dem Sinne, daß er sicher einen spezifischen Ortskult verarbeitet, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch ein Element der lokalen Fauna, und in gewissem Grad ein reales Verhalten eines Tieres. Es handelt sich aber auch nachweislich um eine überregional bekannte Episode, denn im „Geiertext des Thotbuches“, auf den ich im Folgenden noch eingehen werde, wird gerade zum Gau von Assiut das Motiv des Speiens wieder aufgegriffen.³⁴ Nun ist natürlich das Verhalten eines Caniden gegenüber einem verrottenden Leichnam irgendwie zu erwarten, und von daher überrascht es nicht, daß eine ähnliche Episode auch im Papyrus Jumilhac zu finden ist, nämlich im Zusammenhang einer Klassifizierung der verschiedenen Canidensorten (15, 9-16, 22).³⁵ Diese zeichnet sich zunächst durch eine Fluktuation zwischen positiver und negativer Bewertung ein und desselben Tieres aus, die einen modernen Leser fast zum Wahnsinn treiben kann. Man würde sie a priori auf das Konto redaktioneller Schichten schieben wollen, aber zumindest in sprachlicher Hinsicht gibt es keine Indizien für eine Separierung der Einheiten.³⁶ Hier heißt es dann auch von einem Hund:
Vgl. hierzu S. Banaschak – M. Grothoff, „Osiris – der grüne Totengott“, Göttinger Miszellen () -. http://www.newton.cam.ac.uk/egypt/lxr/Luxor.html. Quack, „Die Initiation zum Schreiberberuf im Alten Ägypten“, a. O. (Anm. ) . Vgl. dazu A. von Lieven, „Das Göttliche in der Natur erkennen. Tiere, Pflanzen und Phänomene der unbelebten Natur als Manifestationen des Göttlichen“, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde () -, dort S. -. Quack, “Corpus oder membra disiecta”, a. O. (Anm. ) f.
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„Der ‚Feind des‘ Osiris³⁷ war es, der bei ihm litt“ (15, 13 f.), von einem anderen, er habe in der Balsamierungsstätte an den Gliedern des Osiris geleckt und sich dabei in den Mumienbinden verheddert – was als Erklärung seiner teilweise weißen Fellfarbe dient (16, 3 f.). Das mythologische Motiv, daß ein Canide sich bei der Behandlung der Osirismumie vergißt und sie als Nahrung statt als schützenswertes Gut behandelt, ist also durchaus an verschiedenen Orten präsent. Mein drittes Beispiel kann man unter die Überschrift „Isis als Ziel der Lust des Seth“ stellen. Der Text steht im Rahmen der mythologischen Lokaltraditionen des Papyrus Jumilhac und lautet: „Dann versammelte Seth seine Rotte erneut. Isis ging gegen ihn los, indem sie sich auf diesem Berg im Süden von Dun-Awi verbarg, und sie verwandelte sich in die Form ihrer Mutter Sachmet.³⁸ Das Feuer kam gegen sie alle hervor; sie wurden verbrannt, sie wurden verzehrt von der Flamme. Man nennt sie ‚Hathor von den beiden Feuerbecken‘. Dann erschuf sie sich dort einen Ort, um zu erkennen, was der Finsterling mit seiner Rotte machte. Man nennt ihn ‚Haus der Herrin der beiden Feuerbecken‘. Betreffend den Priester dieser Göttin, ‚Groß an Fressen‘ ist sein Name. Dann sah Seth Isis an diesem Ort, und er verwandelte sich in einen Stier, der ihr nachlief. Sie veränderte ihre Gestalt in die einer Hündin mit einem Flintmesser an ihrem Schwanz. Sie lief vor ihm her, und er konnte sie nicht erreichen. Da ergoß er seinen Samen zu Boden. Darauf sagte diese Göttin: ‚Es ist Abscheu, daß du Samen ergossen hast‘ (bw.t m wô+=k k#). Da wuchs sein Same als Pflanze auf diesem Berg, und sein Name wurde bôô-k# (Flaschenkürbis?).“ (pJumilhac 2, 21-3, 5)
Nun mag der zentrale Punkt, der Samenerguß des Seth ohne Kopulationserfolg, etwas an die athenische Tradition über Athena und Hephaistos erinnern, dennoch möchte ich hier zunächst auf die lokalspezifischen Punkte fokussieren. Seth als Stier mag uns noch ganz vertraut sein, aber Isis als Hündin ist es schon erheblich weniger. Ebenso ist Sachmet als Mutter der Isis kaum ein Standardmodell. Man kann sogar guten Gewissens die Frage stellen, ob hier in einer früheren Entwicklungsphase vielleicht eine ganz andere lokale Göttin im Plot agierte, die erst später auf das Normmodell von Isis als erfolgreicher Widersacherin des Seth umgeschrieben wurde. Dafür spricht auch, daß die Göttin dieses Ortes auch als Hathor bezeichnet Eine für Ägypten durchaus typische Ausdrucksweise; „Feind des NN“ wird verwendet, wenn einer kulturell positiv konnotierten Person Unheil zustößt. Vgl. G. Posener, „Sur l’emploi euphémique de Xftj(w) ‚ennemi(s)‘“, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde () -; J. F. Borghouts, Lexikon der Ägyptologie III (), Sp. u. Anm. s. v. „Magie“; J. F. Quack, „Sur l’emploi euphémique de Xfß ‚ennemi‘ en démotique“, Revue d’Égyptologie () -; ders., „Ein altägyptisches Sprachtabu“, Lingua Aegyptia () , , dort Anm. (mit weiterer Literatur); ders., „Rezension zu S. Lippert, Ein demotisches juristisches Lehrbuch“, Archiv für Papyrusforschung () ; G. Vittmann, Der demotische Papyrus Rylands . Ägypten und Altes Testament () f. So durch Zusatz eines Suffixes nachträglich aus Mut-Sachmet korrigiert.
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wird. Auf jeden Fall ist deutlich, wie hier der Mythos als Erklärungsmodell eine Sinnhaftigkeit der realen Gegebenheiten produziert: Ein Ort und sein Kult, dessen Namen Assoziationen zu Feuer und Verzehren liefern, wird in einem Mythos vom verzehrenden Feuer, das gegen Feindgestalten wirkt, plausibel gemacht – der konkrete Felstempel ist bis heute erhalten.³⁹ Ein Vegetationszug, daß eine bestimmte Pflanzensorte in einer lokalen Region ein geeignetes Biotop gefunden hat, wird über den Mechanismus des Wortspiels mit deren Namen verkoppelt, und dieses Wortspiel produziert wiederum eine mythische Episode über unangemessenen Samenerguß. Freie Auswahl des Textproduzenten ist natürlich, an welchem Götterpaar das dann konkret festgemacht wird. Daß man Seth als einen Partner wählt, ist vielleicht nicht sehr überraschend, spielt er doch im Mythos auch sonst die Rolle dessen mit übertriebener und ungeordneter Sexualität, der verschiedene Göttinnen vergewaltigt.⁴⁰ Isis ist dagegen etwas weniger evident. Zwar kennen wir aus dem Streit zwischen Horus und Seth das Motiv, daß Isis in Verwandlung als schönes Mädchen ihre weiblichen Reize bei Seth spielen läßt. Aber eine aktive sexuelle Belästigung der Isis durch Seth kennt man sonst nicht einmal aus Texten wie einigen spätzeitlichen Zaubersprüchen, welche Isis sehr durch Seth bedrückt darstellen.⁴¹ Von den Fällen, die ich bislang vorgestellt habe, ist dies wohl derjenige, der am meisten lokal konzipiert wirkt und vielleicht in nicht viel mehr als den Namen der Hauptfiguren an die überregionalen Mythen angeschlossen ist.⁴² Es mag bezeichnend sein, daß der hauptsächliche Kultname der Göttin als „Hathor“, nicht Isis angegeben wird. Mir ist auch derzeit kein sicherer Beleg für eine Rezeption außerhalb des eng begrenzten regionalen Umfelds bekannt. Im Papyrus Jumilhac kann man auch an einer anderen Stelle sehr gut nachverfolgen, wie ein ganz spezifischer Zug der Landschaft, nämlich die Anwesenheit eines Weinberges, eine Wurzel in der Mythologie erhält. Ohne den langen Text (13, 1514, 21) in extenso zitieren zu können, seien die wesentlichsten Punkte resümiert. Ausgangspunkt sind zwei Kästen, in denen sich angeblich die Augen des Horus befunden haben. Sie werden zunächst von Seth geraubt und im Gebirge deponiert, wo er in Form eines Krokodils über sie wacht. Anubis verwandelt sich in eine große Schlange, um sie zu retten. Mit weiteren Schlangen in seinem Gefolge zerstört er Vandier, Papyrus Jumilhac, a. O. (Anm. ) . Meeks, Mythes et légendes, a. O. (Anm. ) f. Hier kann man auch an die Schilderung des ungezügelten Sexualverhaltens des sethianischen Menschen nach pChester Beatty III rt. , f. f. denken. z. B. Metternichstele, Z. -. Vandier, Papyrus Jumilhac, a. O. (Anm. ) f. leistet nicht viel mehr, als die Episode in etwas eigenen Worten nachzuerzählen.
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den Ort des Seth. Nunmehr gibt Anubis den beiden Kästen mit den Augen des Horus einen dauerhaften Ort. Als Isis kommt, um sie zu besichtigen, stellt man fest, daß sie in Weinstöcken ausgetrieben haben. Man baut eine Ansiedlung, wo sich Isis niederläßt und die Pflanzen begießt. Auf Bitte der Isis hin erhält Horus von Re dann auch Augen sowie das Recht auf den Thron seines Vaters Osiris. Letztlich wird damit die Existenz eines Weinberges und eines „Hauses der Gottesgemahlin“ als noch in der Aktualität des Papyrus präsenter Landschaftszüge erklärt, zudem nebenbei auch noch die Palme als Hypostase der Isis sowie die Präsenz einer Stele, die zum Ortsnamen Pa-Ahay, d. h. „die Stele“ führt. Es fällt relativ leicht, die Realien zu erkennen, an denen der Mythos hier aufgehängt ist. Im lokalen Raum gibt es vermutlich einen Ruinenhügel und sicher eine Siedlung, die „Haus der Gottesgemahlin“ heißt, de facto vermutlich, weil sie von einer Gottesgemahlin des Amun bzw. für ihr Gut angelegt wurde.⁴³ Daneben kann man die reale Existenz eines Weinberges plausibel ansetzen. Auch der Ortsname „die Stele“ ist sicher lokal in der Aktualität präsent gewesen. Über die Deutungsschiene des Weines als Horusauge wird aus diesen Realien nunmehr eine Anbindung an den Mythos etabliert. Die Konzeption als solche ist sicher lokal, da sie detailtopographische Realitäten aufgreift, um welche die Zentrale des Landes kaum mit gesteigertem Interesse gewußt haben wird. Die Grundparameter des dann kreierten Mythos bewegen sich jedoch in irgendwie vertrautem Rahmen – das Grundmuster des Streites zwischen Horus und Seth um das Erbe des Osiris und die Hilfe der Isis für Horus sind so präsent, daß man sich diesem Jargon kaum entziehen kann. Auch das Motiv, daß aus den vergrabenen Augen des Horus Pflanzen wachsen, ist sonst z.B. im Papyrus Chester Beatty I (10, 3-5) bekannt.⁴⁴ Lokalkonzeptionen können sich also der Zentraltradition kaum entziehen. Andererseits muß man doch zur Ehrenrettung der lokalen Köpfe sagen, daß sie zumindest einige unkonventionelle Züge in die konkrete Ausformung des Mythos hineingebracht haben. Weder die Krokodilsform des Seth noch die Schlangenform des Anubis sind Fakten, auf die man im ersten Reflex sofort kommen würde. Das Aufgreifen realer geographischer Landschaftszüge läßt sich auch sonst feststellen. Herausgegriffen sei hier eine kurze Notiz aus einer Abfolge von Einträgen, welche die verschiedenen Seen in der Region mit Namen und religiösen Hintergründen präsentiert. „Betreffend den See des Feuers, so ist er im Norden dieses Gaues. Anubis kämpfte an ihm mit Seth. Das Blut des Seth floß in ihn sowie Der Ort ist bereits im pWilbour B , bezeugt, vgl. E. Graefe, Untersuchungen zur Verwaltung und Geschichte der Institution der Gottesgemahlin des Amun vom Beginn des Neuen Reiches bis zur Spätzeit. Ägyptologische Abhandlungen () § . M. Broze, Mythe et roman en Égypte ancienne. Les aventures d’Horus et Seth dans le Papyrus Chester Beatty I. Orientalia Lovaniensia Analecta () f.
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das Blut ‚der Feinde‘ des Horus.⁴⁵ Man nennt ihn See des Feuers bis zum heutigen Tag“ (pJumilhac XI, 17 f.). Einerseits kann man guten Gewissens annehmen, daß sowohl der Name „See des Feuers“ als auch die mythologische Episode vom Fließen des Blutes auf der konkreten Erscheinung des Sees beruhen, dessen Wasser vielleicht infolge der Bodenbeschaffenheit oder eines Algenvorkommens relativ rötlich wirkte. Andererseits ist in der mythologischen Episode selbst ein eklatanter Bruch zu verzeichnen. Einerseits ist die eine Kampfpartei Anubis als Hauptgott des konkreten Gaues, andererseits wird Horus als derjenige bezeichnet, der konkret verletzt wird, also der überregionale Standardgegner des Seth. Ob hier eher eine zentrale Konzeption regionalisiert oder eine regionale an zentrale Normen angeglichen wurde, wird sich schwer absichern lassen, in jedem Fall ist die enge Verzahnung dieser beiden Bereiche unverkennbar. Vielleicht am dezidiertesten auf die Landschaft bezogen sind Traditionen über Mineralvorkommen. Es ist auffällig, wie sehr die Ägypter eine Tendenz haben, die Präsenz farblich auffälliger Mineralien mythisch dadurch zu erklären, daß hier Körperflüssigkeiten ausgelaufen sind. Ein Beispiel ist etwa: „Dann kam die Rotte des Seth, um ihn zu suchen, indem sie sehr zahlreich waren. Sie lagerten auf diesem Berg im Süden von Dun-Awi. Dann ging Anubis in der Nacht gegen sie vor und richtete ein großes Gemetzel unter ihnen an. Er schlug ihre Köpfe mit einem Mal ab. Niemals war er dabei liebenswürdig (?). Ihr Blut floß dann auf diesem Berg. Deshalb entstand das Schesait-Mineral von Dun-Awi bis zum heutigen Tag“ (pJumilhac II, 15-20; ähnlich auch XXII, 10-12). Ein anderes Mineralvorkommen, nämlich das von Mennige (?) (oder Rötel?), wird ebenfalls durch Blut der Feinde produziert, die diesmal von einer Göttin in Skorpions- oder Schlangengestalt gestochen bzw. gebissen werden (pJumilhac III, 10-12; XXIII, 12-16). Derartige Traditionen können nur lokal vor Ort aufgekommen sein, wo die Mineralvorkommen direkt vor Augen standen und nach einer Erklärung schrien. Gerade bei gelb-rötlichen Mineralien lag eine Verbindung mit Blut, das hier vergossen worden war, auf der Hand. Andererseits können sich die möglichen Konstellationen, unter denen dieses Blut konkret vergossen worden war, keineswegs beliebig entfalten, sondern werden an das Normmodell der Feindgestalt des Seth und seiner Anhängerschaft angehängt, denen wiederum Horus oder Isis als positive Helden gegenüberstehen. Vergleichsweise origineller verfährt hier der Papyrus über die Mythologie des Deltas, der die Entstehung bestimmter Mineralien aus den Ausflüssen beim Verlöschen des Auges des Atum (7, 9 f.) sowie den blutigen Ausflüssen der Horit (9, 2 f.) erklärt – beides Traditionen, für welche wirklich ähnliche Motivik in anderen Tex Vgl. für die euphemistische Wendung Anm. .
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ten kaum zu finden ist.⁴⁶ Lokale Herkunft ist hier zweifelsfrei, auch wenn die großen Traditionen bei den Deutungsmustern fallweise behilflich sind. Wie sehr die lokalen religiösen Denker umgekehrt kreativ auf die Tradition des Gesamtlandes zurückgreifen, zeigt sich auch in zwei strukturell hochinteressanten Sektionen im Rahmen des Buches vom Fayum. Die eine betrifft die verschiedenen Siedlungen im Gelände. Im Papyrus sind sie teilweise in den ersten Sektionen zu finden, die – geographisch gesprochen – den Bereich der Zuflüsse des Bahr Yussuf zum Fayumsee betreffen dürften, teilweise an den oberen und unteren Rändern eines Bereiches, der evident eben den See als Mitte der Zeichnung versteht. Sie werden relativ ausführlich thematisiert, wobei es zu jedem Ort einen kurzen „Paß“ gibt, welcher die wichtigste Information zusammenfaßt. Ein Beispiel ist etwa „Dieser Platz, Ideb (?) ist es. Der Tempel des Sobek von Krokodilopolis im südlichen See. Das ist Atum, der vor seinem See ist. Er ist an der südlichen Seite des Sees als Barriere zwischen Seth und Osiris. Imi-netjeri ist der Name des Priesters des Sobek,⁴⁷ Herrn von Ideb. – Re, Herr von Ideb“ (Z. 221-228). In der Nennung eines spezifischen Priestertitels geht dieser Eintrag bereits über das sonst übliche Formular hinaus. Relevant ist vor allem eine ganz essentielle Kenntnis der wichtigsten Elemente: Name des Ortes, ungefähre Lage und religiöse Zuordnung, d. h. Hauptgottheit. Ein wesentlicher Punkt kommt aber noch hinzu: Bei der religiösen Zuordnung wird über den Lokalgott Sobek hinaus der deutlich überregionale Atum bzw. Re genannt. Vor allem werden in vielen Fällen diese nichtregionalen Gottheiten spezifisch auch als Herren einer Ortschaft außerhalb des Fayums selbst bezeichnet. Ihre wirkliche Relevanz gibt diese Art der Zuordnung erst am Ende des ganzen Abschnittes preis. Dort heißt es in einer Beischrift: „Summe der Gaue 60. Gering / gefallen 6, Summe 66. Ober- und Unterägypten 42, Seeland 24. Summe erneut“ (Z. 501). Ebenso einschlägig ist die monumentale Schlußformel der gesamten Sektion des Papyrus: „Willkommen in Frieden mit seinen Gauen und den Göttern und Göttinnen, die ihre Speise Tag für Tag in ihm haben. Jedes Feuchtgebiet von Ober- und Unterägypten lebt von ihm, und das Gottesland ebenso“ (Z. 506-511).⁴⁸ Vgl. Meeks, Mythes et légendes, a. O. (Anm. ) f. und f. Der Satz ist von Beinlich, Buch vom Fayum, a. O. (Anm. ) m. E. mißverstanden worden, da er den auch Z. (im Kolophon) bezeugten Priestertitel |m|-nçr.| nicht erkannt hat, der mit der griechischen Wiedergabe εμνιθις zu identifizieren ist; vgl. J. F. Quack, „Rezension zu S. Lippert – M. Schentuleit, Demotische Dokumente aus Dime I“, Archiv für Papyrusforschung () -; und zusätzlich Papyrus Tebtunis Tait , Z. , s. M. Depauw, The Demotic Letter. A Study of Epistolographic Scribal Traditions against their Intraand Intercultural Background (), S. . Auch in Botti A ist m|t.t |r| zu lesen, Bottis und Beinlichs Umschrift ist zu korrigieren.
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Um diese Aussage ernst zu nehmen, muß man zunächst suchen, wie die im Text real genannten Ortschaften mit den in der Summierung genannten Zahlen korreliert werden können. Das ist gar nicht so einfach. M. E. muß man sich hierfür den gesamten dieser Summierung vorausgehenden Papyrus anschauen, der sich bereits über mehrere Einzelsektionen erstreckt, die auch erkennbar eine Verortung in der Geographie haben bzw. konkreter gesprochen in verschiedenen Bereichen vom Zuflußbereich des Bahr Yussuf und der sonstigen in den See mündenden Wasserläufe bis hin zu einem großen Zentraloval, das den See mit Orten auf seinen Seiten darstellen dürfte. Im Zuflußbereich haben wir zunächst am oberen Rand 5 definierte Orte, dahinter eine monumentalisierte Inschrift, im unteren 8 Orte sowie Freiraum, in dem ein bis zwei weitere untergebracht werden könnten. In einem eigenen Abschnitt direkt vor der großen Figur der Göttin sind jeweils oben und unten ein weiterer Ort untergebracht, hinter der Göttin ist in quergelegter Schrift der Platz der Achtheit eigens definiert. Im Rahmen des Ovals selbst gibt es oben 20 definierte Orte und noch etwas unbenutzten Freiraum, ebenso im unteren Register, zudem „auf Kante“ quer zum Rest ganz am Ende des Ovals noch einen weiteren Ort. Zusammengenommen macht das also für die vorderen Bereiche 16 definierte Orte, für das Oval 41. Insgesamt kommt man auf 57, d. h. knapp unterhalb der in der Summe angegebenen Zahl. Ohne dies leider formal absichern zu können, möchte ich die Frage aufwerfen, ob eventuell aufgrund von Überlieferungsproblemen drei Orte, die im selben Umfang wie die vorhandenen hätten dargestellt werden sollen und für die auch Platz vorhanden wäre, versehentlich ausgefallen sind. Damit käme man auf 60, und die als „gering“ bzw. „gefallen“ angegebenen Orte waren ja logischerweise solche, die keine ausführliche Darstellung erhalten haben. Es scheint mir also zumindest nicht ausgeschlossen, daß die Rechnung früher einmal aufging und tatsächlich 60 Orte mit Bild und Textfeld thematisiert waren, dazu 6 weitere konzeptuell vorhanden, aber aufgrund bestimmter negativer Züge nicht ausgearbeitet.⁴⁹ Die Orte beinhalten einerseits 42, die als Korrelate zu den einzelnen Gauen Ober- und Unterägyptens betrachtet werden, und andererseits 24 – sozusagen die Umkehrzahl dazu –, die als Spezifika der lokalen Umgebung betrachtet werden. Zusammengenommen wird hier also ein zweifellos lokales Element entwickelt, das aber Kenntnis und bewußte Anknüpfung an das Gesamtland voraussetzt: Man sieht sich gleichsam als Keimzelle, in der in nuce neben den regional spezifischen Größen über Kultidentifikationen auch das gesamte Land verfügbar ist.
Man vergleiche damit, wie im Buch vom Fayum zweimal gesagt wird, bestimmte Dinge würden aus religiöser Scheu nicht schriftlich aufgeführt, s. J. F. Quack, „Explizite Aufzeichnungsmeidung im Alten Ägypten“, Lingua Aegyptia () -.
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Wird hiermit also Ägypten in eine einzelne Region und ihre religiöse Topographie hineinprojiziert, so kann man im Buch vom Fayum auch das umgekehrte Phänomen nachweisen, nämlich die Projektion des lokalen Kultes ins ganze Land hinein. Ein Musterbeispiel, wie so etwas geht, stellt die sogenannte Sobeklitanei dar (Z. 590-825). In ihr werden mit Abbildungen und Beischriften 40 verschiedene Krokodilsgottheiten dargestellt. Jede von ihnen wird durch die Inschrift einem bestimmten ägyptischen Gau zugeordnet, als dessen Gottheit bzw. Herr sie deklariert ist. Dahinter zeigt sich also die durchaus anspruchsvolle Position, daß sich hinter der Maske der unterschiedlichen Lokalgötter aller ägyptischen Gaue doch in tieferer Wahrheit stets der eine Gott verbirgt, nämlich der Krokodilsgott Sobek, Herr des Fayums. Eine solche Hochschätzung des Lokalgottes kann kaum anders als vor Ort entstanden sein. Aber sie setzt voraus, daß die Lokalregion nicht als Lokalregion autonom konzipiert wird, sondern man Wissen um das Land im Ganzen einbringt. Zusammenfassend kann man also sehen, und könnte es auch noch mit beliebig viel mehr Beispielen hinterfüttern, wie in diesen Handbüchern eine Interaktion zwischen lokaler und überregionaler Theologie stattfindet. Viele Dinge sind ohne Intimkenntnisse vor Ort, insbesondere über geographische Kleinräume und ihre Ressourcen, überhaupt nicht vorstellbar, dürften also tatsächlich als vor Ort entstandene Konzeptionen einzustufen sein. In ihrer konkret überlieferten Ausprägung sind sie aber kaum ohne eine bereits vollzogene Interaktion mit den gesamtägyptischen religiösen Mustern verständlich. Umgekehrt werden auch vor Ort Kenntnisse um Ägypten insgesamt ausgenutzt, um die eigenen religiösen Traditionen dadurch aufzuwerten und zu überhöhen. Wir können also nur von einer gegenseitigen Beeinflussung reden, eine scharfe Trennung von großer und kleiner Tradition ist dagegen kaum möglich.⁵⁰ Als ganz wichtigen Zug möchte ich betonen, wie sich in der Perspektive dieser Texte der Mythos quasi in das Land Ägypten und seine spezifischen Orte eingeschrieben hat, das mit seinen konkreten Erscheinungen und Ressourcen aus den Ereignissen des Mythos resultiert, sei es mit Mineralvorkommen, Fanggebieten, Fauna, Pflanzenbiotopen, oder Orten und Kultformen. Aber auch wenn wir hier mit lokal entstandenen und allenfalls nachträglich im Sinne der Landesnorm überformten Mythen zu rechnen haben, können wir sie keineswegs ohne weiteres als „Volkstraditionen“ ausgeben. Ein relevanter Punkt, Auch McKim Mariott, in: Village India, a. O. (Anm. ) betont ja die dauernde Interaktion zwischen großer und kleinen Traditionen sowie das Bestehen einer heiligen Literatur, einer Literatenklasse, heiliger Geographie und den damit verbundenen Riten und Zeremonien.
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den man für diese Kompositionen bedenken muß, ist die Frage der Trägerschaft und Verfügbarkeit. Als niedergeschriebene Papyri (bzw. teilweise aus solchen extrahierte Inschriften) sind sie auf Anhieb als Produkt der schriftkundigen Elite zu erkennen. Sofern man ihren Inhalt als Produkt lokaler Volkstraditionen auffassen will, muß man also zum mindesten beachten, daß es sich nicht um ungebrochene Abbilder einer vorgeblich reinen Volkskultur handelt, sondern daß sie durch die Hände von Schreibern und Redakteuren gegangen sind, die mit den landesweiten religiösen Traditionen intim vertraut waren. Die obige Analyse einzelner ausgewählter Passagen hat ja bereits gezeigt, daß sie in ihrer aktuellen Gestalt nur als Ergebnis einer intensiven Interaktion zwischen Lokalgebiet und zentraler Konzeption zu verstehen sind. Ebenso ist zu beachten, daß es sich teilweise ja nicht einfach um die Sammlung der religiösen Bräuche und Traditionen einer spezifischen Region handelt, sondern um größer angelegte Sammelwerke. Das mythologische Handbuch aus Tebtynis ebenso wie das Handbuch über die Mythologie des Delta sind überregionale Kompilationen. Man kann plausibel annehmen, daß derartige Handbücher als Nachschlagewerke landesweit verfügbar waren und somit überall ein Aufgreifen auch spezifisch lokal angebundener Traditionen leicht möglich war. Das Buch vom Fayum ist zwar insofern eine lokale Größe, als alle Kopien einigermaßen verläßlich bekannter Herkunft tatsächlich aus dem Fayum stammen,⁵¹ seine Verfügbarkeit in anderen Regionen läßt sich aber dadurch plausibilisieren, daß Teilbereiche des Textes in einer hieroglyphischen Inschrift im Tempel von Kom Ombo in Oberägypten auftauchen.⁵² Bezugsgröße dürfte hier der in Kom Ombo betriebene Sobekkult gewesen sein, der Verbindungen zum Fayum befördert hat. Wie sehr die lokalen Ausformungen tatsächlich landesweit greifbar waren, kann man auch an einem anderen Punkt illustrieren. In extremster Verknappung, nämlich einer Reduktion auf Dinge wie die wichtigsten Festdaten, spezifische Bezeichnungen der lokalen männlichen und weiblichen Priester, der heiligen Schlangen, heiligen Bäume, heiligen Seen und heiligen Hügel sowie die Namen vom Ackerland und Sumpfgebiet, gibt es ganz manifest Zusammenstellungen, die überall verfügbar waren. Am besten vertraut ist uns eine derartige Sammlung aus dem sogenannten hieroglyphischen Papyrus von Tanis, zu dem inzwischen ein hieroglyphischer und zwei hieratische Paralleltexte aus Tebtynis hinzugetreten Gerade für die besterhaltene hieroglyphische Version, die in Theben angekauft wurde, sind allerdings die Fundumstände in tiefes Dunkel gehüllt, vgl. Beinlich, Buch vom Fayum, a. O. (Anm. ) f. J. Yoyotte, „Processions géographiques mentionnant le Fayoum et ses localités“, Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale () -, dort ; Beinlich, Buch vom Fayum, a. O. (Anm. ) f.
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sind.⁵³ Vor allem kann man sehen, wie im Tempel von Edfu im Soubassement der Außenseite des Sanktuars derartige Angaben ausgezogen und in eine geographische Prozession eingebaut werden (Edfou I², 329-344). Damit ist eine Zugriffsmöglichkeit über fast ganz Ägypten hin faktisch nachgewiesen; man kann guten Gewissens davon ausgehen, daß diese Sammlung wenigstens im späten Ägypten als kanonisches Wissen an jedem wichtigeren religiösen Zentrum verfügbar war. Tatsächlich ist aus dem „Buch vom Tempel“ sogar konkret nachweisbar, daß der Oberlehrer den Dienstauftrag hatte, den Priesterkindern Kenntnisse im Bereich der spezifischen Lokaltraditionen zu vermitteln.⁵⁴ Tatsächlich griff man sogar in einem noch ganz anderen Ausmaß auf lokale religiöse Traditionen zurück. Es gibt eine ganze Reihe von Kompositionen, in denen die Geographie und die an der Geographie hängenden lokalen kultischen und mythologischen Traditionen ein wesentliches Strukturelement sind.⁵⁵ Zuerst nennen möchte ich dabei eine Passage, die ich bereits kurz erwähnt habe, nämlich den Geierinnentext aus dem sogenannten Thotbuch. In ihm geht es darum, daß der Kandidat für den Zutritt zu den Geheimnissen der Schriftkunst seine Kompetenz auch dadurch nachweist, daß er eine Aufzählung von 42 spezifischen Geierinnen mit ihren Jungen vorlegt. Sie sind jeweils in Situationen und Tätigkeiten beschrieben, welche individuell und spezifisch sind. Dabei hängen sie über die Mittel des Wortspiels, der Ausdeutung des Gauzeichens sowie der Aufnahme lokaler Mythen sehr konkret an den religiösen Traditionen des Gaues, dem sie zugeordnet sind. So wird etwa der Gau von Assiut beschrieben als „Eine Geierin, in deren Hand ihr Junges ist, während es das ausspeit, was es gegessen hat – das ist Assi[ut]“.⁵⁶ Hier wird also das oben behandelte Motiv des speienden Hundes aufgegriffen, aber in der spezifischen Perspektive des Geiertextes umgeschrieben. Diesem geht es darum, die Geierin als Protagonistin des Wissens in ganz Ägypten wiederzufinden, und so setzt er die Geierin eben dort ein, wo die eigentliche F. Ll. Griffith – W. M. F. Petrie, Two Hieroglyphic Papyri from Tanis (); J. Osing, Hieratische Texte aus Tebtunis I, The Carlsberg Papyri . The Carsten Niebuhr Institute of Near Eastern Studies, Publications () -; Osing – Rosati, Papiri geroglifici e ieratici, a. O. (Anm. ) -. Vgl. zum Inhalt B. H. Stricker, „Aantekeningen of egyptische literatur- en godsdienstgeschiedenis I-II“, Oudheidkundige Mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden te Leiden () -; J. Yoyotte, „La science sacerdotale égyptienne à l’époque gréco-romaine (le papyrus géographique de Tanis)“, Bulletin de la société Ernest Renan, NS () - = Revue de l’Histoire des Religions () -. Quack, in: Beinlich – Hallof – Hussy – von Pfeil (Hgg.), . Ägyptologische Tempeltagung, a. O. (Anm. ) f. Vgl. J. F. Quack, „Geographie als Struktur in Literatur und Religion“, in: K. Maurer – F. Adrom – A. Schlüter (Hgg.), Altägyptische Weltsichten (im Druck). In der Zählung der Erstedition ist diese Stelle L (VT), x+/.
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Lokaltheologie etwas ganz anderes konzipiert hat. Die regionalen religiösen Traditionen werden somit aufgegriffen, aber gerade zur Verherrlichung einer einzigen Konzeption verwendet, der überregionale, landesweite Relevanz gegeben wird. Besonders häufig ist das Aufgreifen der lokalen religiösen Traditionen im Bereich des Osiris sowie der Funerärkultur. Zumindest in der Spätzeit, für welche man die klarste Dokumentation hat, erhält Osiris einen großen überregionalen Kult, der das Land vereint. Ein gutes Fallbeispiel liefert das sogenannte „Buch vom Durchwandern der Ewigkeit“, das in der Römerzeit recht oft als Text dem Verstorbenen mitgegeben wird.⁵⁷ In ihm geht es darum, daß dem Nutznießer im Verklärungsstil gewünscht wird, an den verschiedensten Orten bei den jeweils bedeutenden lokalen Festen zugegen zu sein. Während manche anderen religiösen Kompositionen der Spätzeit dies in relativ klaren Worten ausdrücken, ergeht sich das Buch vom Durchwandeln der Ewigkeit gerade darin, änigmatisch zu sein und seinen Leser zu fordern. Oft wird nur das absolut nötige Minimum an Informationen geboten, mit dem man bei entsprechend guter Bildung eben noch erschließen kann, wann und wo man sich gerade befindet – und selbstverständlich mit dem Kenntnisschatz eines Alten Ägypters, d. h. für heutige Forscher ist es oft kaum noch absicherbar. Bezeichnend ist, daß es durchaus Diskussionen etwa über die korrekte kalendarische Einordnung bestimmter Sektionen gibt.⁵⁸ Damit wird Wissen um die diversen lokalen Einzeltraditionen gleichsam ein definierendes Kriterium für die Zugehörigkeit zu einer intellektuellen Elite. Noch stärker dürfte der Punkt in den Osirismysterien zu erkennen sein, wie sie besonders in den Osiriskapellen des Tempels von Dendera überliefert sind. Hier werden bewußt die unterschiedlichen Traditionen einzelner Gaue hervorgehoben. Die Hauptkomposition über die Osirismysterien liefert gerade in den ersten Büchern Angaben, die für die wichtigsten Orte des Osiriskultes jeweils spezifische Daten und Verfahren nennt. Das geht bis dahin, daß man etwa in Sais, wie der Text sagt „abweichend von allem anderen“, die Osirisfigurine aus reiner Erde ohne Getreidebeimischung und ohne Model frei skulptiert und nach Ende der Rituale im Wasser des heiligen Sees deponiert.⁵⁹ Bildlich sieht man auch gut, wie in einer der Kammern von Dendera in schon quasi-antiquarischer Sammelarbeit die Iko-
Publikation F.-R. Herbin, Le livre de parcourir l’éternité. Orientalia Lovaniensia Analecta (). J. F. Quack, „Rezension zu Fr.-R. Herbin, Le livre de parcourir l’éternité“, Orientalistische Literaturzeitung () -; ders., „Geographie als Struktur in Literatur und Religion“, im Druck. Vgl. J. F. Quack, „Die rituelle Erneuerung der Osirisfigurinen“, Die Welt des Orients (/) -, bes. f.
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nographie der Osirisformen an verschiedenen Orten nebeneinandergestellt wird (Dendara X, Taf. 251-259).⁶⁰ Gerade bei Osiris liegt eine Frage auf der Hand, die man vielleicht mit dem plakativen Titel „zergliedern und zusammenfügen“⁶¹ überschreiben kann. Inwieweit dient die Betonung der lokalen Eigenheiten dazu, Ägypten als disparate Größe erscheinen zu lassen, oder ist ihr Ziel nicht eher, jenseits aller regionalen Spezifika das Vereinende des ganzen Landes zu finden? Der Punkt, an dem man dies am klarsten wiederfinden kann, sind m.E. die Kanopenprozessionen. In ihnen geht es darum, daß aus allen Gauen Ägyptens in einem spezifischen Gefäß Wasser herbeigebracht wird, das konzeptuell als Körperteilreliquie des Osiris im jeweiligen Gau verstanden wird.⁶² Mit dem Wasser wird dann das Getreide begossen, aus dem der neue Kornosiris hergestellt wird. Und so zeigt das Ritual letztlich deutlich, daß die Vielheit der Weg zur Einheit ist. Aus den Einzelteilen aller Regionen ergibt sich ein kohärentes Gesamtprodukt, das wiederum für das Land Frieden und Wohlstand garantieren soll. Dies ist keineswegs ein Einzelfall, sondern der Grundsatz: Wo immer man liebevoll alle einzelnen Lokalbräuche und Mythen zusammenstellt, steht im Hintergrund eben keine partikulare Aussage, sondern eine Botschaft von zentraler, landesweiter Relevanz. Mehrere Fragen schließen sich sinnvollerweise an diesen Befund an. Zunächst wäre die prinzipielle Frage zu stellen, inwieweit sich hier lokale und zentrale Traditionen gegenseitig beeinflussen. Wie bildet sich überhaupt das, was wir heute als zentrale religiöse Tradition Ägyptens verstehen? Handelt es sich einfach um die ursprünglich lokalen Traditionen der Region, welche politisch dominiert und zur Leitkultur wird? Kandidat wäre hier vor allem die Region um Memphis unter Einschluß von Heliopolis, also der Residenzbereich ab der 1. Dynastie. Dies würde erklären, warum gerade die Götterneunheit von Heliopolis und die sich um sie rankenden Mythen so große Bedeutung gewonnen haben. Aber sind die Dinge nicht noch viel komplizierter? Die memphitische Region mag ab der 1. Dynastie Hauptregierungssitz und Landeszentrum sein, aber sie ist nicht der alte Traditionsgrund, aus dem die Dynastie stammt. Dies ist vielmehr Oberägypten, wohl spezifischer die Region um Abydos, wo der Friedhof der königlichen Linie noch über viele Generationen bleibt.⁶³ Vgl. S. Cauville, Dendara, les chapelles osiriennes. Commentaire. Bibliothèque d’étude, Institut français d’archéologie orientale, Kairo () -. So als Titel des bekannten Aufsatzes von A. Herrmann, „Zergliedern und Zusammenfügen. Religionsgeschichtliches zur Mumifizierung“, Numen () -. Dendara X, -; vgl. auch H. Beinlich, Die „Osirisreliquien“. Zum Motiv der Körperzergliederung in der altägyptischen Religion. Ägyptologische Abhandlungen () -. Vgl. etwa T. Wilkinson, Early Dynastic Egypt () -.
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Zudem kann man ja kaum von der Mythologie der heliopolitanischen Neunheit sprechen, ohne ein Wespennest von Problemen anzustechen. Wir bezeichnen die Neunheit als heliopolitanisch, weil auch die Ägypter selbst sie als Gesamtgröße schon dort verortet haben. Aber es dürfte wenige Forscher geben, welche ernstlich die Theorie vertreten, alle Mitglieder der heliopolitanischen Neunheit seien primär und hauptsächlich in Heliopolis zu Hause.⁶⁴ Isis, Osiris und Horus haben z. B. ausgeprägte Bodenhaftung in den recht nahe beieinander liegenden Regionen von Behbeit el-Hagar, Busiris und Buto im Delta. Nach Heliopolis dürften sie erst sekundär gekommen sein, in dem Maße, wie Re-Atum als verbindlicher Ahn aller Götter festgeschrieben wurde. Das, was wir als zentrale religiöse Konzeptionen Ägyptens verstehen, kann eigentlich erst durch eine spätere Zusammenarbeitung von einst separaten Lokaltraditionen entstanden sein. Ich möchte aber noch auf einen anderen Punkt fokussieren, nämlich die bewußte Interaktion von Lokalität und Universalismus in den oben angesprochenen Kompositionen. Zum einen ist es vielleicht nicht selbstverständlich, wie sehr offiziell und mit Zustimmung und tatkräftiger Mitarbeit aller staatlichen Stellen hier geradezu der Partikularismus zelebriert wird. Man ist geradezu stolz darauf, daß es so viele unterschiedliche lokale Bräuche um Osiris und so viele ortsgebundene Mythenvarianten gibt, und man macht geradezu ihre korrekte Kenntnis zum markierenden Proprium einer Elite. Kulturpolitik eines Staates muß keineswegs zwangsläufig so aussehen, und man kann sicher aus der Moderne genügend Beispiele aufführen, in denen lokale Traditionen und regionale Sprachen ungern gesehen oder sogar aktiv bekämpft werden. Die Behandlung Tibets durch die Chinesen ist ja gerade wieder ins Auge der Welt getreten, und die Behandlung der Kurden durch die Türken ist, wenngleich derzeit etwas weniger schlagzeilenträchtig, doch auch seit Jahrzehnten virulent. Nun ist ein wesentlicher Gesichtspunkt für derart unterschiedliche zentrale Reaktionen natürlich in den realen politischen Gegebenheiten zu suchen. Die Kurden wollen lieber heute als morgen einen eigenen Staat, und die Chinesen glauben derzeit wohl nicht, daß ein kulturell autonomes Tibet in allen machtpolitischen Fragen in ihrer Hand bleiben würde. Dagegen war in Ägypten zumindest in der Spätzeit das Risiko eines ernstlichen Separatismus, in dem Sinne, daß etwa das Fayum sich vom Rest des Landes unabhängig erklären würde, völlig irreal. Was immer an kulturellen Divergenzen und direktem Antagonismus der lokalen Regionen zum Zeitpunkt der Reichseinigung auch vorhanden gewesen sein mag, bis zum vollen Einsetzen der von mir ausgewerteten Quellen im 1. Jahrtausend v. Chr. gibt es keine ernstlich zentrifugalen Kräften, sondern es wird allenfalls als eine Art von gepflegtem Trachtenverein zelebriert. Vgl. etwa die Diskussion bei H. Kees, Der Götterglaube im alten Ägypten () -.
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Wie wenig für die Macht der Zentrale die divergierenden Lokaltraditionen eine Bedrohung darstellten, kann man vielleicht ganz gut gerade an einem Beispiel illustrieren, das zeigt, bis zu welchen Extremen die Kultivierung einer Ortsidentität in religiösen Fragen gehen konnte. Plutarch, De Iside 72 (380 B) überliefert, daß es in der römischen Zeit Streit zwischen den Gauen von Oxyrhynchos und Kynopolis gab. Die Oxyrhynchiten waren darüber erbost, daß die Kynopoliten den ihnen heiligen Fisch als Speise verzehrten, und aus Rache opferten und verspeisten sie selbst einen Hund, der in Kynopolis heilig war. Die Dinge gerieten außer Kontrolle und die Bewohner der beiden Gaue behandelten einander feindselig und gewaltsam,⁶⁵ bis die römische Macht sie zur Ordnung rief.⁶⁶ Ebenso berichtet Juvenal in einer Satire (15, 27 ff.) (und sicher nicht ohne Übertreibung), daß jede ägyptische Stadt die Götter der anderen haßt, und daß in einer Fehde zwischen Dendera und Kom Ombo sogar ein Mensch getötet und verspeist wurde. Vielleicht wäre man geneigt, solche Vorkommnisse zunächst als Beleg gegen meine These zu verwenden, beim genaueren Hinschauen zeigt sich aber gerade ihre Stimmigkeit. Plutarch überliefert diese Episode im Zusammenhang seiner Darlegung des ägyptischen Tierkultes nämlich gerade im Rahmen einer Deutung, welche den lokal aufgefächerten Tierkult als bewußte Aufoktroyierung durch den König und den Zentralstaat versteht. Demnach habe der Herrscher Sorge gehabt, die Ägypter könnten als tendenziell aufsässiges Volk, sofern sie nur eine innere Eintracht gewännen, genügend Macht entwickeln, um ihm gefährlich zu sein. Folglich habe er sie angewiesen, verschiedene Tiere zu verehren, und zwar lokal spezifisch jeweils solche, die von Natur aus denen anderer Orte feindlich seien. Ziel ist somit, ein Maß inneren Zwists in der Bevölkerung der verschiedenen Regionen zu schaffen, das es der Zentrale nach dem Prinzip „divide et impera“ leicht macht, die Dinge ungefährdet unter Kontrolle zu halten. Weiterhin muß man beachten, daß die konzeptuellen geographischen Einheiten Ägyptens, wie sie in der religiösen Topographie hochgehalten werden, herzlich wenig mit den realen Raumstrukturen der Macht zu tun haben. Bezeichnend ist etwa, daß die wichtigste Basistrennung der traditionellen Konzeption Ägyptens die zwischen Ober- und Unterägypten war. Eine solche Organisation ist in der Struktur des Raumes insofern sehr gut nachvollziehbar, als der Kontrast zwischen dem schmalen Alluvialbereich zwischen den Uferbergen einerseits und der weiten Ebene andererseits sehr markant ist. In der politischen Struktur Ägyptens war dies Eine solche Grundeinstellung paßt bestens zum Papyrus Jumilhac, der ja gerade aus dieser Region stammt und von immer neuen Aggressionsversuchen des Seth vom Gau von Oxyrhynchos aus berichtet. Vgl. J. G. Griffiths, Plutarch’s De Iside et Osiride () - und f.; Chr. Froidefond, Plutarque, Œuvres morales, tome V, e partie. Traité . Isis et Osiris (; ²) f. und f.
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aber wohl nicht einmal zum Zeitpunkt der sogenannten Reichseinigung ein wirklich markanter Gegensatz – jedenfalls fehlen derzeit klare Beweise dafür, daß es im Delta ein einheitlich organisiertes protostaatliches Gebilde gegeben hat, das als gleichwertige Größe der Einheit entgegentrat, die durch zunehmende Expansionsund Integrationsprozesse in Oberägypten zusammengewachsen war.⁶⁷ Eine reale politische Situation, in der die südliche Deltagrenze eine politische Wasserscheide war, kann es allenfalls sehr ephemer gegeben haben. Man kann gut sehen, wie in allen Epochen schwacher Zentralstaatlichkeit, die es in der ägyptischen Geschichte gegeben hat – die von Forschern heute als Erste, Zweite und Dritte Zwischenzeit bezeichnet werden – die politischen Hauptgrenzen keineswegs zwischen Delta und Oberägypten verlaufen, sondern in Mittelägypten, sozusagen der Region, wo sich die durch Ressourcen und Distanzen bedingte Kontrollfähigkeit von einem nördlichen und einem südlichen Zentrum begegneten.⁶⁸ Und bei einer noch stärkeren Fragmentierung, die es teilweise auch gegeben hat, waren die alten traditionellen Gaugrenzen herzlich irrelevant. Bezeichnend ist, wie in der Ersten Zwischenzeit ein Festungskommandant von Armant im 4. oberägyptischen Gau einen erfolgreichen Militärführer aus dem 3. oberägyptischen Gau um Hilfe bittet, während andere Teile des 4. Gaues sowie der 5. Gau seine Gegner sind.⁶⁹ Hier möchte ich ein abschließendes Fazit ziehen: Es gibt in Ägypten in nicht geringem Maß Mythen und religiöse Konzeptionen, welche regional verortete lokale Entstehungspunkte haben. Sie hängen oft gut erkennbar an den landschaftlichen Ressourcen und topographischen Gegebenheiten, die sie mit einem bis in die Gegenwart der Textautoren reichenden tiefen Sinn erfüllen: Die Götter und ihre Aktionen hinterlassen unauslöschbare Spuren in der Landschaft. Allerdings ist die Entstehung und Ausformulierung dieser Mythen in Gelehrtenkreisen zu suchen, denen auch die landesweite religiöse Tradition gut vertraut war; als Reflexe lokaler Volkstradition kann man sie nur in dem Maße werten, wie solche Volkstraditionen bis in die regionale intellektuelle Elite aufsteigen können. In jedem Fall kann man Vgl. hier etwa T. Wilkinson, „Political Unification: towards a Reconstruction“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -; B. Kemp, Ancient Egypt. Anatomy of a Civilisation () -. Vgl. hier etwa F. Gomaa, Die libyschen Fürstentümer des Deltas vom Tod Osorkons II. bis zur Wiedervereinigung Ägyptens durch Psametik I. Tübinger Atlas des Vorderen Orients B (); ders., Ägypten während der Ersten Zwischenzeit. Tübinger Atlas des Vorderen Orients B (); K. A. Kitchen, The Third Intermediate Period in Egypt (- BC) (); K. Ryholt, The Political Situation in Egypt during the Second Intermediate Period, c. - B. C. The Carsten Niebuhr Institute of Near Eastern Studies, Publications (). J. Vandier, Mo’alla. La tombe d’Ankhtifi et la tombe de Sébekhotep. Bibliothèque d’étude, Institut français d’archéologie orientale, Kairo () f.
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keine strikt getrennten „großen“ und „kleinen“ Traditionen postulieren, dafür ist die gegenseitige Interaktion viel zu intensiv, die schon vor Einsetzen aller Quellen stattgefunden haben muß. Die Paradierung der regionalen Unterschiede ist keinesfalls ein Ausdruck eines politischen Partikularismus, sondern immer ein Mittel, die letztliche Einheit des Landes darzustellen.
Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack Ägyptologisches Institut Universität Heidelberg Marstallhof 4 D – 69117 Heidelberg Deutschland E-Mail: [email protected] Abbildungsnachweis Abb. 1: nach S. Sauneron, Esna VI/1. Le temple d‘Esna Nos 473-546 (1975) 164.
Reinheit, Verborgenheit, Wirksamkeit Innen-, An- und Außensichten eines ägyptischen Sanktuars jenseits der zentralen Residenzkulte* Peter Kopp und Dietrich Raue Die strukturell aktive Rolle von Denkmälern und Objekten ist im Grunde nicht mehr umstritten, seitdem sich die Altertumswissenschaften mehr den theoretischen Diskursen der Kulturwissenschaften geöffnet haben. Wenngleich die Richtungen im Detail stark divergieren, wird es weitgehend als gegeben angenommen, dass Produkte einer Kultur ihrerseits wieder die Kultur prägen und fortan eine kontinuierliche Wechselwirkung besteht.¹ Zugleich ist auch anhand isolierter Streufunde noch eine kulturelle Gesamtaussage zumindest theoretisch denkbar. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes „Produkt“ der Kultur und somit Ergebnisse eines multifaktoriellen Prozesses, dessen Bestandteile bei entsprechender Beleglage bestimmbar sind.²
1. Wenn die Dinge einmal stehen, wie sie stehen … Zum „Sitz im Leben“ eines derart entstandenen Produkts ist also die Auswirkung auf Denken und Verhalten durch die schiere Präsenz stets eine lohnende Perspektive. Das Produkt wirkt von dem Moment seiner Entstehung an aktiv auf seine Umgebung ein. Eine gewisse Hausform bestimmt beispielsweise fortan die Gestalt festlicher Anlässe, die Größe der Festgemeinschaft und die Frage, welche Feste überhaupt im Haus gefeiert werden können. Es bedarf jeweils gravierender Anlässe, diesen Rahmen wieder zu sprengen. Ein Gebiet, in dem in Ägypten aus wissenschaftsgeschichtlichen Gründen eingehend geforscht wurde, sind die Heiligtümer des Landes. Dabei entsteht in *
Die folgenden Ausführungen basieren auf den jüngeren Untersuchungen im Rahmen des Forschungsclusters „Heiligtümer. Gestalt und Ritual. Kontinuität und Veränderung“ des Deutschen Archäologischen Instituts, siehe http://www.dainst.org/index__de.html. Aus der Vielzahl der Beiträge zu diesem Thema siehe z. B. S. Jones, The Archaeology of Ethnicity (, reprint ) -. H.-P. Wotzka, „‚Kultur‘ in der deutschsprachigen Urgeschichtsforschung“, in: S. Fröhlich (Hg.), Kultur – Ein interdisziplinäres Kolloquium zur Begrifflichkeit, Halle (Saale), .–. Februar () –.
DOI 10.1515/ARG.2008.003
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Abb. 1: Die Insel Elephantine.
der Darstellung ägyptischer Kulte und Königsdogmen häufig der Eindruck, der König würde als Amtsverpflichtung allüberall An- oder Umbauten in den Landestempeln, oder zumindest eine inschriftliche Tätigkeit regulär durchführen. Die Realität sieht jedoch oftmals vollkommen anders aus. Auf der Nilinsel Elephantine (Abb. 1) an der politischen Südgrenze Ägyptens konnte durch die Arbeiten des Deutschen Archäologischen Instituts Abt. Kairo, in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Institut für Ägyptische Bauforschung und Altertumskunde, die Geschichte des Stadttempels der Satet von seinen Anfängen im späteren 4. Jahrtausend v. Chr. bis zum Ende der paganen Kulte Ägyptens am Übergang vom 4. zum 5. Jahrhundert n. Chr. archäologisch untersucht werden.³ Während die frühen Stufen des Tempels aus ungebrannten Lehmziegeln noch häufige Modifikationen und Reparaturen aufweisen, ändert sich das Bild mit den ersten, vollständig aus Stein errichteten Sanktuaren. Im Tempelhaus Sesostris’ I. (um 1950 v. Chr.) wurde während der Dauer von 500 Jahren – und im Anschluss hieran im Tempel der Königin Hatschepsut und ihres Koregenten Thut-
W. Kaiser, Elephantine – Die antike Stadt () -, -; ders., „Satettempel: Gesamtbefund und geplante Dokumentation ausgewählter Entwicklungsphasen“, in: W. Kaiser et al., „Stadt und Tempel von Elephantine. Siebter Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -; ders., „Zu den Erneuerungen des Satettempels in der . Dynastie“, in: W. Kaiser et al., „Stadt und Tempel von Elephantine. ././. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -; G. Dreyer, Elephantine VIII. Der Tempel der Satet – Die Funde I. Archäologische Veröffentlichungen () -.
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mosis III. von etwa 1450 bis 150 v. Chr. – der Götterkult vollzogen.⁴ Es fehlen dort beispielsweise Reliefs berühmter Herrscher wie Amenophis III. oder Ramses II. und eine Dekorationstätigkeit des gesamten 1. Jahrtausends v. Chr.⁵ Für spätere Könige gehörte es ganz selbstverständlich zu ihrer Kultur, bei Tempelbesuchen vor den Bildern alter Könige ihren Opferkult zu vollziehen. Dies gilt in weit größerem Ausmaße auch für Orte wie Theben, Memphis und Heliopolis. Der Bauentwurf der Hatschepsut besaß somit direkten Einfluss z.B. auf die 860 Jahre spätere Festund Prozessionsgestaltung Psammetichs II., und die Vorstellung dieses Königs, wie ein korrekter Heiligtumsbau aussehen könnte oder sollte, orientierte sich um 590 v. Chr. zwangsläufig an der Option des vorbildhaft präsenten Gebäudeentwurfs der Hatschepsut. Dieses bis hierhin rein theoretisch postulierte Verhalten eines Herrschers des 6. Jahrhunderts v. Chr. entzieht sich im Detail aufgrund der Quellenlage unserer Kenntnis. Vor allem die Berichterstattung des Herodot lässt jeoch erahnen, wie sehr das Bewusstsein der Stadtbevölkerungen hiervon mitgetragen wurde. Es mag seine moderne Entsprechung in dem Selbstbewusstsein eines heutigen Bürgers von Rom finden, das sich unter anderem aus der Summe der ihn umgebenden großen Architektur und Kunst zahlreicher Jahrhunderte speist. Aber auch auf konkret politische Entscheidungen können derartige Gebäude einwirken, wie das aktuelle Beispiel des Streits um die Gebäudehöhe im inneren Stadtgebiet von Köln zeigt. Das Ideal eines vom Dom bestimmten Stadtbildes führt derzeit von einem postmodern geprägten Panoramabedürfnis zu einer Bauschicht des 21. Jahrhunderts ohne die großen Neubauten der Wirtschaftswelt in einer innerstädtischen Architekturform der Moderne, dem Hochhaus. An letzteren Beispielen ist ersichtlich, wie Produkte der Kultur wiederum auf Mentalität und Verhalten einwirken. Die Sichtbarkeit entwickelt sich lange nach Abschluss der letzten Bauarbeiten zum Agens, und das Spannende dieser Komponente ist: Sie ist nur begrenzt vorhersehbar und ganz sicher nicht planbar. Das Phänomen des Zusammenspiels optischer Reize und Wahrnehmungen wurde vor Längerem im Rahmen einer Vorlesung an der Universität Heidelberg von Tonio
W. Kaiser, „Satettempel: Architektur und Reliefdekor des Tempels der . Dynastie“, in: W. Kaiser et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – Achter Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -. Lediglich an den Pfeilern vor dem Eingang zum Tempelhaus fügte ein Wesir Psammetichs I. seine Darstellungen ein. Vor dem Tempeleingang wurde um v. Chr. eine Kolonnade von König Amasis zur festlichen Ausgestaltung des Prozessionsweges, und möglicherweise eines ersten Barkenstandortes errichtet: W. Kaiser, „Zum Satettempel des Neuen Reiches und der Spätzeit“, in: W. Kaiser et al., „Stadt und Tempel von Elephantine. ././. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -.
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Hölscher mit Bezug auf die Wirkung einer römischen Anlage wie des TraiansForums in Rom als „visueller Sound“ bezeichnet. Die Sphären, in die damit eingegriffen wird, gehören gleichzeitig auch in die Matrix, auf der religiöses Agieren stattfindet. Eine christliche Formulierung hierfür wurde 1529 von Martin Luther mit den Zeilen „Ein feste Burg ist unser Gott“ geprägt. Die Beispiele, in denen einer / der Hochgottheit herrschaftliche Höhensitze eingeräumt und vorbehalten werden, sind allgegenwärtig und werden als selbstverständlich wahrgenommen; sie reichen von Jupiter Capitolinus in Rom bis zu den muslimischen Gebetshäusern auf den Höhepunkten von Städten wie Kairo, Istanbul und Jerusalem. Sie können, bei entsprechender Verquickung, auch den wirtschaftlichen Hort mit bedeutenden spirituellen Zentren verbinden, wie die alles überschauenden Bauten der Akropolis mit dem Parthenon in Athen. Wo steht nun in diesem Rahmen der altägyptische Tempel des 3. Jahrtausends v. Chr. und wie ist seine Außenwirkung konzipiert?
2. Bauen mit Lehm – Reinheit und ihre Folgen Die Betrachtung ägyptischer Heiligtümer führt zu dem Ergebnis, dass hier vieles anders verlaufen sein muss. Herodot beschreibt dies aus eigener Anschauung nach seinen Erfahrungen in Bubastis, einer der wichtigsten Großstädte Unterägyptens: Der Tempel der Bastet liegt in der Stadtmitte und ist von allen Seiten einsehbar, da er in einer Senke liegt, die durch die Entwicklung der umliegenden Stadt entstand.⁶ Einen guten Eindruck von dieser Situation erhält der Besucher noch heute in einem oberägyptischen Ort wie Syene / Assuan:⁷ Vielerorts stieg man zum ägyptischen Tempel hinab. Der Hauptgrund für die eingetiefte Lage altägyptischer Tempel ist das Baumaterial. Die Tempel der ägyptischen Städte werden bis in das späte 3. Jahrtausend v. Chr. grundsätzlich aus ungebrannten Lehmziegeln errichtet. Im Tempel wird handwerklich sauber gearbeitet, ordentlich verfugt, Baumüll entsorgt, und vor allem: Es wird regelmäßig gereinigt. Das Niveau hält sich auf diese Weise über lange Zeiträume auf konstant gleichbleibender Höhe. Direkt vor der Türe zeigt sich aber eine gänzlich andere Situation: Lehmziegelarchitektur hat auf der Seite der positiven Eigenschaften ihre Klimagerechtheit, die einfache Beschaffung des Baumaterials und die einfache Modifizierbarkeit der Entwürfe. Auf der Gegenseite dieser Medaille befinden sich dagegen schnell akkumu
Herodot, Historien , . K.-Chr. Bruhn, „Investigating the Isis Temple“, in: C. von Pilgrim et al., „The Town of Syene – Report on the rd and t Season in Aswan“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -, Taf. b-c.
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lierende Vergängnisprodukte wie Ziegelbruch oder Staub, sowie Wandabrieb und andere mechanische Oberflächenverluste. Als direkte Folge wächst das Niveau der Stadt ungleich schneller als die vergleichbaren Entwicklungen einer Steinsiedlung. Zwar kann man ein solches Höhenwachstum nicht in Formeln verallgemeinern, aber auf Elephantine lassen sich mehrere Beispiele anführen, für die 1–2 cm pro Jahr ein realistisches Szenario sind.⁸ Mit einem derartigen Wachstum, 40–50 cm in der Lebenszeit eines Menschen, ist man aus der täglichen individuellen Beobachtung herausgetreten und im visuellen Gedächtnis der Gemeinschaft angelangt. Und dieses Gedächtnis wird in der Regel nicht aktiv, um die logische Folge dieses Prozesses regelmäßig durch Planierungen zu verhindern: Der ägyptische, städtische Göttertempel liegt sehr oft in grubenartigen Situationen! Es stellt sich die Frage, ob es im Ägypten des 3. Jahrtausends v. Chr. nicht auch topographische Höhenlagen für die Gottheiten gibt.⁹ Diese Frage kann sofort positiv beantwortet werden. Die Hochgottheit des Alten Reiches erhält selbstverständlich einen topographischen Höhenpunkt, der nicht von anderen Gebäuden visuell überwachsen wird: Die Pyramiden des Alten Reichs, Sinnbild eines ins Absolute gesteigerten Gottkönigtums, die gebaute Entsprechung eines Gedankens der absoluten Verfügbarkeit aller Menschen hinsichtlich ihrer jenseitigen Versorgung durch IHN, den Großen Gott. Diese Bezeichnung wird im Kontext der ägyptischen Opferformel erstmals durch König Snofru, den Erbauer dreier großer Pyramiden, gebraucht.¹⁰ In den Gräbern seiner Familie findet sich gleich zweimal der Beweis für die Identität des Großen Gottes in der Frühzeit des Begriffs: Während es zehn Jahre später heißt „Ein Opfer, das der König gibt“, steht zu Beginn der traditionsreichen und mit mehr als 2500 Jahren Laufzeit überaus langlebigen Spruchformel die Einleitung „Ein Opfer, das König Snofru, der Große Gott, gibt“. Die Denkmäler dieses Herrschers verbinden in Dahschur den Höhenplatz mit
Vgl. C. von Pilgrim, „Zur Stadtentwicklung nach dem Alten Reich“, in: G. Dreyer et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – ././. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () - mit Taf. a. Zum Niveauanstieg in Bereich XXIV-XXX-XXXI siehe D. Raue, „Untersuchungen in der Stadt des . Jahrtausends v. Chr. “, in: G. Dreyer et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – ././. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () im Druck. Zur einer der wenigen Ausnahmen siehe G. Vörös, „Hungarian Excavations on Thot Hill at the Temple of Pharaoh Montuhotep Sankhkara in Thebes (-)“, in: H. Beinlich – J. Hallof – H. Hussy – Chr. von Pfeil (Hgg.), . Ägyptologische Tempeltagung, Würzburg, .-. September () -. D. Raue, „Mastaba III/“, in: R. Stadelmann et al., „Pyramiden und Nekropole des Snofru in Dahschur. Dritter Vorbericht über die Grabungen des Deutschen Archäologischen Instituts in Dahschur“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () . Anhand der Relieffragmente kann diese spezielle Opferformel inzwischen auch für eine Inschrift an Mastaba I/ (ebd., -) rekonstruiert werden.
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einer Art Bannmeile: Anders als später üblich scheint es eine Tabuzone von mindestens 500 m im Umkreis des Herrschergrabes gegeben zu haben.¹¹ Die derartig landschaftlich visualisierte Herrschaft spiegelt sich auch in der Namensgebung – oder besser: Namensannahme – wider, in der Snofru in Gestalt der basilophoren Namen von Personen¹² und den Pyramidenstädten¹³ nun selbstverständlich aufscheint. Auf Elephantine zeigt sich ein gegenteiliges Bild: Die archäologische Evidenz kennt im 3. Jahrtausend nur ein Heiligtum, den Tempel der Satet. In einer natürlich gebildeten Felsnische befindet sich das einzige nachweisbare, spirituelle Zentrum der Stadt. Doch bestimmt Satet deshalb auch das Stadtbild? Dies kann man während des 3. Jahrtausends v. Chr. gesichert ausschließen. Es ist notwendig, sich in diesem Zusammenhang den relativ geringen Umfang der Siedlungsgröße an der ägyptischen Südgrenze im 3. Jahrtausend v. Chr. vor Augen zu führen. Der Durchmesser der Stadt Elephantine entspricht mit 250 m in Berlin ungefähr 16 Hausnummern am Prenzlauer Berg. Auch die Befunde der Umgebung erfordern sehr moderate Bevölkerungsschätzungen. Mit der Annahme von 1200 gleichzeitig lebenden Personen für den Bereich Elephantine/WestAssuan dürfte man nicht allzu weit von der Realität entfernt sein.¹⁴ Der Tempel der Satet befindet sich im nördlichen Drittel der Stadt (Abb. 2). Verfolgt man die Inselkontur und die Bebauungsgrenzen, so ist auszuschließen, dass das Heiligtum vom Fluss oder aus den meisten Himmelsrichtungen zu sehen gewesen ist. Einzig von Nordwesten gab es möglicherweise Blickwinkel, von denen aus das sakrale Gebiet hinter der Stadtmauer zu erahnen war. Die Stadtansicht war geprägt von der Umfassungsmauer und von der nach außen schmucklosen Parzellenbebauung der Wirtschafts- und Verwaltungskomplexe, die auch den höchsten Punkt der Insel einnahmen.¹⁵ In der Stadtmitte erhob sich etwa unter dem heutigen Portal der Vorhalle des 2000 Jahre jüngeren spätzeitlichen Chnumtempels, eine Gebäudeeinheit mit Höfen und Speichern. Sie stand 6 m höher als das Stadttor des Alten R. Stadelmann – N. Alexanian, „Die Friedhöfe des Alten und Mittleren Reiches in Dahschur“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () . z. B. Snofru-ini-ischetef: J. de Morgan, Fouilles à Dahchour en - () -. Inschriftlich ist schon in der Nähe der Pyramide des Snofru in Medum eine Pyramidenstadt mit diesem Namensmuster (Djed-Snofru) belegt: R. Bussmann, „Siedlungen im Kontext der Pyramiden des Alten Reiches“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -. Für den Hinweis auf diese Schätzung sowie weitere Informationen aus den Publikationsvorbereitungen der Felsnekropole von Assuan danken wir Karl-Joachim Seyfried. D. Raue, „Untersuchungen in der Stadt des . Jahrtausends v. Chr.“, in: G. Dreyer et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – . / . / . Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () im Druck.
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Reiches im Südwesten, 10 m höher als die Gebäude der Vorstadt – und überschattete wohl um die spätere Mittagszeit schon den Tempel der Satet, der nach Norden hin 7,5 m tiefer lag. Die Inselsiedlung Elephantine bestand für den Ankommenden zuallererst einmal aus einer ummauerten, maximal zweistöckigen Bebauung von gleichförmigen, mit einfachen Geäst-Matten-Dachkon struktionen gedeckten Gebäudeeinheiten. Die reguläre Reinigung des sakralen Bereiches hat Abb. 2: Elephantine im späten Alten Reich (um 2200 v. Chr.). somit, im Verbund mit den zuvor beschriebenen Gesetzmäßigkeiten des Baumaterials, jährlich den Effekt der Verborgenheit des Tempels verstärkt. Die Außenwirkung der Stadt muss ausgesprochen dominant profan gewirkt haben (Abb. 1),¹⁶ je nach Wasserstand thronten die Verwaltungs- und Produktionsstätten bis zu 20 m oberhalb des Wasserspiegels. Das Alltagsleben ist folglich zu keinem Zeitpunkt durch visuelle Reize religiöser Architektur beeinflusst oder geformt worden. Das Sanktuar lag schachtartig zwischen den rasch wachsenden Gebäudeniveaus. Es bedurfte daher u. E. der gravierenden, alle Lebensbereiche betreffenden Verwerfungen der kommenden Jahrhunderte, um die Ortsgottheit in allen Lebensbereichen zur Stadtgottheit ihrer Bewohner werden zu lassen.
Einen Eindruck hiervon kann die Rekonstruktion der kleinteiligeren Bebauung der frühdynastischen Zeit vermitteln, siehe M. Ziermann, Elephantine XXVIII. Die Baustrukturen der älteren Stadt (Frühzeit und Altes Reich). Archäologische Veröffentlichungen () Abb. .
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3. Der Fall Elephantine: Verborgenheit und Publikum eines Heiligtums Die Außenwirkung des Hauptheiligtums von Elephantine funktioniert offensichtlich nicht über seine Ansichtigkeit. Welche Gradmesser für die Auswirkung der Verborgenheit stehen im 3. Jahrtausend zur Verfügung? Es erscheint lohnenswert, vor diesem Hintergrund zum einen die Personennamen, die dort vergeben wurden, zum anderen die materielle Kultur des Heiligtums vor Ort zu betrachten. Das traditionelle Bild einer Stadtgottheit würde u.a. möglich erscheinen lassen, dass sich der Name der Satet auch statistisch in den Personennamen niederschlüge, wie es in der memphitischen Region beispielsweise im 3. Jahrtausend mit der Präsenz des Gottes Ptah in der lokalen Namensgebung geschieht. Unter den Inschriften einer benachbarten Insel von Elephantine, Sehel, erscheinen neben einem Stadtkommandanten von Elephantine namens Hetepneb (4.–5. Dynastie¹⁷) Personen aus dem Umkreis der Expeditionsleiter der 6. Dynastie (ab ca. 2350 v. Chr.): Chunes, Idu, Ipi, Teti, Abebi, Iqeri, Intefi, Mechu, Sabni, Metjenu, Nebi, Chui, Meri, Senui, Haau, Schemai, Anu; als Götternamen werden zweimal Sobek und dreimal Chnum erwähnt, zwei basilophore Namen nennen den König Pepi.¹⁸ Im Satettempel der 4. Dynastie arbeitet der Prophetenvorsteher Ima-Chufu sowie ein Prophet namens Iku.¹⁹ Erst in der 6. Dynastie erscheinen Familienverbände von Satetpriestern, die derartige Familiennamen kennen:²⁰ Der Prophetenvorsteher Hotep nennt unter seinen zahlreichen Angehörigen als Sohn den Aufseher und Königsaufwärter: Usersatet. Der Name des Sohnes erscheint ein weiteres Mal als Prophetenvorsteher und dessen Sohn führt gleichfalls den Namen Usersatet; in seiner Begleitung erscheint ein Mann hohen Ranges namens Chnumhotep. Wenngleich diese Beispiele zahlenmäßig sehr gering sind, so zeigen sie dennoch, dass es für den engeren Kreis der Tempelangehörigen die Möglichkeit gab, durch eine Namensnennung ein Kind unter den Schutz der Stadtgottheit zu stellen²¹ – aber dies wird, zumindest im Inschriftenkorpus von Sehel, eben nur von der direkt angeschlossenen Priesterschaft wahrgenommen. Die Inschriften des Alten Reiches auf Elephantine – im Tempel gibt es lediglich königliche Inschriften – setzen dieses Bild fort, wobei in diesem Zusammenhang natürlich auch eine Anbringung der Texte durch Externe, im königlichen Auftrag reisende Personen in Betracht zu ziehen ist.²² A. Gasse – V. Rondot, Les inscriptions de Séhel. Memoires de l´Institut Français d´Archéologie Orientale () , Inscr. SEH . Gasse – Rondot, Inscriptions, a. O. (Anm. ): –, Inscr. SEH –. Gasse – Rondot, Inscriptions, a. O. (Anm. ): –, Inscr. SEH –. Gasse – Rondot, Inscriptions, a. O. (Anm. ): –, Inscr. SEH –. H. Ranke, Die Ägyptischen Personennamen II () -. Vgl. z. B. St. J. Seidlmayer, „Eine Gruppe von Felsinschriften des Alten Reichs“, in: G. Dreyer et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – ./. Grabungsbericht“, Mittei-
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Auf sicherem Boden befindet man sich mit den Namen und Titeln, die zu Hunderten auf den beschrifteten Töpfen aus den Felsgräbern der späten 6. Dynastie auf der Westseite von Assuan, gegenüber von Elephantine, erhalten sind. Unter ihnen erscheint nur dreimal ein theophorer Frauenname „Satet-hetep“.²³ Die verwandtschaftlich wohl verbundenen Damen gehören einem Stifterverband an, engere Beziehungen zum Tempel der Satet lassen sich nicht erkennen. Innerhalb der Topfaufschriften sowie der Namen, Titel und Inschriften der Qubbet el-Hawa stehen sie gleichfalls alleine.²⁴ Satet ist sicherlich im 3. Jahrtausend v. Chr. als Bestandteil der Personennamen eine Ausnahme. Allein die räumlichen Voraussetzungen des Tempels von Elephantine geben für Zutrittsberechtigte einen engen quantitativen Rahmen. Kaum mehr als 25 Personen werden gleichzeitig im Heiligtum Platz gefunden haben, ein großräumigerer Vorplatz existierte zu dieser Zeit nicht. Auch die Zahl der Votivgaben, die in den Abfallhalden und den Objektdeponien des Tempels gefunden wurden, sprechen für ein bescheideneres Votivaufkommen.²⁵ Ein kalendarisch-fixiertes, obligatorisches Votivbrauchtum kann angesichts der Zahlen beispielsweise für die Stadtlungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -, mit einem Angehörigen der Pyramidenstiftung des Teti, der unter Pepi I. in Elephantine an der südlichen Anlegestelle seine Inschrift hinterließ. Die Situation vor der . Dynastie ist weniger deutlich. Hier erscheint in den Siegeln von Elephantine in keinem der mehr als Abrollungen die Göttin Satet. Lediglich in einem Fall der . Dynastie wird ein „Prophet der Göttin“ erwähnt. J.-P. Pätznick geht von Tabu-Regelungen im Alten Reich aus und untermauerte diese Vermutung mit dem Verweis auf Elkab, wo gleichfalls die Stadtgöttin Nechbet in keinem Fall in den Siegelungen erscheint. Eine Umschreibungsmöglichkeit erkennt er in dem Zeichen der Göttin Neith, womit sich die Frage nach der konkreten Identität der Kultinhaberin im frühen Alten Reich stellt, siehe J.-P. Pätznick, Die Siegelabrollungen und Rollsiegel der Stadt Elephantine im . Jahrtausend v. Chr., British Archaeological Reports - International Series () –. Für männliche Gottheiten wie Chnum und Sobek scheinen keinerlei kulturimmanente Restriktionen zu gelten, allerdings ist grundsätzlich auch auf die Konsonantenschreibung von Götternamen wie Horus zu verweisen, siehe H. Ranke, Die Ägyptischen Personennamen I () -. E. Edel, Die Felsgräbernekropole der Qubbet el-Hawa bei Assuan, II. Abteilung Band . Die Topfaufschriften aus den Grabungsjahren – und () No. –, , , Taf. sowie – mit Stiftertabelle –; ders., Die Felsgräbernekropole der Qubbet elHawa bei Assuan, II. Abteilung. Die althieratischen Topfaufschriften aus den Grabungsjahren und () X, Taf. –, –, –. Für eine Durchsicht der z. T. noch unpublizierten prosopographischen Daten danken wir K.-J. Seyfried. Unter der Vielzahl von Personennamen, die aus den Gräbern überliefert sind, kann jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass hinter dem einen oder anderen Kurznamen zeitspezielle Abkürzungen und Andeutungen standen, die einen Bezug zu Satet herstellten. G. Dreyer, Elephantine VIII. Der Tempel der Satet – Die Funde I. Archäologische Veröffentlichungen (). Durch die aktuellen Grabungen erhöhte sich die Zahl der Votivgaben nochmals, siehe P. Kopp, in: D. Raue et al., „Report on the t season of excavation and
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bevölkerung insgesamt, aber auch für die Eliten vor Ort, ausgeschlossen werden. Die Gottheit ist auch im Fundgut der Insel im 3. Jahrtausend v. Chr. de facto nicht existent. Hierfür können eine Reihe von Vermutungen angestellt werden (siehe unten, Abschnitt 4). Generell entsteht der Anschein, als würde das Stadtbild sich nicht nur in der Namenswirkung sondern auch in den Votivgaben spiegeln: Der Kultbezug ist ähnlich verborgen wie das Sanktuar in der Stadt. Die Gottheit Satet ist auf Elephantine mit dem Flutgeschehen verbunden.²⁶ Ihr Tempel liegt auf Elephantine im südlichsten Randgebiet Oberägyptens am Einstieg in den Ersten Katarakt. Wenig weiter flussaufwärts befindet sich die Insel Sehel, auf der der Tempel der Anuket stand. Ihr Name beinhaltet das Abschwellen der Pegelhöhen. Beide Inseln stehen in einem kulttopographischen Zusammenhang. Die kultische Inszenierung des hydrologischen Gleichgewichts ist das zentrale Thema der expliziten Religionsausübung am Ersten Katarakt. Die Flussprozessionen setzen den Gedanken der Harmonisierung des Flutanstiegs (Satet) mit dem des Abschwellens der Flut (Anuket) eins.²⁷ Als weitere Kraft erscheint am Ersten Katarakt die Gottheit Chnum. Chnum, Herr der Kataraktenlandschaft, gehört zum ältesten Bestand der Kulttopographie und als „Gastgottheit“ wohl auch auf Elephantine zu den frühesten Kultempfängern.²⁸ Sein Name („der Zusammenführende“, „der Vereinigende“) könnte hier gleichfalls in seiner theologischen Ausdeutung auf eine verbindend-vereinigende, harmonisierende Funktion hindeuten. Doch für wen besaß dies existenzielle Bedeutung? Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen dieser Region sind hier äußerst begrenzt und zum Teil nur wenige Meter breit. Auf der Westseite eröffnet sich ein etwas breiterer Streifen Ackerlands, der jedoch, dies zeigen die jüngsten Surveys,²⁹ deutlich schmaler war als es das heutige Aussehen suggeriert. Hier findet sich der Hauptgrund für die relativ geringe Bevölkerungsdichte. Die Flut war entscheidend für den Ausgang des landwirtschaftlichen Jahres in Ägypten – jedoch wird die Qualität des Ausgangs sehr
restoration on the island of Elephantine“, Annales du service des antiquités de l´Égypte (im Druck), siehe vorläufig: http://www.dainst.org/medien/en/daik_ele_rep_en.pdf. St. J. Seidlmayer, „Landschaft und Religion“, Archäologischer Anzeiger , -. Seidlmayer, „Landschaft und Religion“, a. O. (Anm. ) -. W. Kaiser, „Die Entwicklung des Satettempels in der . Dynastie“, in: W. Kaiser et al., „Stadt und Tempel von Elephantine. ./. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () . In Zusammenarbeit mit dem italienisch-englischen Survey auf dem Westufer des Nils (siehe M. Gatto, „Survey between Aswan and Kom Ombo”, Egyptian Archaeology. The Bulletin of the Egypt Exploration Society [] -) wurde nördlich der Felsgräber im Frühjahr im Rahmen des DAI-Forschungsclusters „Politische Räume“ ein Bohrungssurvey begonnen. Die Hinweise auf die ersten Ergebnisse dieses großflächigen Ansatzes einer Landschaftsrekonstruktion werden I. Klose und M. De Dapper verdankt.
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unterschiedlich zu spüren gewesen sein. Von deutlichen Auswirkungen kann wohl schon in oberägyptischen Ballungsräumen wie Hierakonpolis / Elkab, der Thebais oder der abydenischen Schwemmebene ausgegangen werden. Dramatisch hingegen muss die Situation im Umkreis der Residenz und der Pyramidenstädte, und flächendeckend schließlich im unterägyptischen Delta gewesen sein.³⁰ Das korrekte Zusammenwirken dieser Naturkraftkonstellation ist somit für das zentrale Herrschertum im Norden von entscheidender Bedeutung – und wohl auch für die Expeditionsleiter, die von dort in den Süden geschickt werden. Am Ersten Katarakt selbst ermöglichte eine Vielzahl von Inseln mit unterschiedlich hoch anstehenden Sedimenthöhen wohl bei fast jedem Wasserstand die Ernährung der ohnehin nicht hohen Bevölkerungsanzahl. Der Gedanke liegt daher nahe, vor allem die Zentralgewalt und ihre Repräsentanten für jede Form von größeren Investitionen und Votivgaben verantwortlich zu machen. Dies hätte zur Folge, dass auch ein Teil der Votive des Tempels weniger auf die religiöse Ausrichtung der Ortsbevölkerung als auf externe Kultteilnehmer zurückgeht.³¹ Einen gesicherten Beleg liefert beispielsweise ein Steingefäßfragment mit dem Namen von Prinz Seschemnefer (um 2500 v. Chr.), dessen Weihung am Tempel gefunden wurde.³² Vieles spricht auch dafür, in der Votivgruppe der sog. Igelboote eine Gabe zu sehen, die von An- und Durchreisenden im Tempel, möglicherweise mit der konkreten Bitte um unversehrten Reiseverlauf, deponiert wurde.³³ Gleiches gilt für die aufwendigen Ausstattungsrenovierungen des früheren 3. Jahrtausends v. Chr., wie etwa die Kacheln aus der Regierungszeit des Djoser (um 2650 v. Chr.),³⁴ möglicherweise für eine Gruppe von Ständern aus der fortgeschrittenen 2. Dynastie (um 2750 v. Chr.)³⁵ und sicher für die Umbauten unter St. J. Seidlmayer, Historische und Moderne Nilstände () -. Dies schließt, wie generell an allen Sanktuaren mit überregionaler Bedeutung, die Ortsbevölkerung als Kultteilnehmer nicht aus. Die hier angestellten Überlegungen beziehen sich vor allem auf die höherwertigen und archäologisch nachweisbaren Weihegaben; zum Gesamtspektrum der Weihegaben, vgl. R. Bussmann, „The Social Setting of the temple of Satet in the rd Millennium“, in: D. Raue – St. J. Seidlmayer – Ph. Speiser (Hgg.), The First Cataract: One Region – Various Perspectives. Sonderschriften des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo (im Druck); siehe auch unten, Abschnitt . G. Dreyer, Elephantine VIII. Der Tempel der Satet – Die Funde I. Archäologische Veröffentlichungen () No. . Dreyer, Elephantine VIII, a. O. (Anm. ) -. Dreyer, Elephantine VIII, a. O. (Anm. ) -. D. Raue, „Centre and Periphery – Elephantine and its Surroundings in the Third Millennium BC“, in: Raue – Seidlmayer – Speiser (Hgg.), The First Cataract, a. O. (Anm. ); G. Dreyer, „Satettempel: Die ältere Entwicklung“, in: W. Kaiser et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – Siebter Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () Taf. d.
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Pepi I. (um 2325 v. Chr.),³⁶ die auf Initiative der zentralen Herrschaft in Auftrag gegeben werden – und zumindest im letzten Fall mit einem Regierungsjubiläum in Zusammenhang stehen. Offensichtlich war es ausschließlich dem König möglich, in der Felsnische Inschriften zu hinterlassen.³⁷ Die Außenwirkung des Tempels scheint sich somit ausschließlich über die Funktionalität der Kult-Ursache zu entfalten – und könnte damit einhergehend im 3. Jahrtausend v. Chr. auf jegliche lokal-visuelle Komponente verzichtet haben. Da hiermit die zentrale Verbindlichkeit der Satet für die Religiosität der Bevölkerung von Elephantine zumindest relativiert wird und ihr Hauptpublikum im 3. Jahrtausend v. Chr. auch außerhalb der Insel gesucht wird, so muss natürlich mit einigen Sätzen beschrieben werden, welche Felder der Religionsausübung für die einfachere Bevölkerung zu konstatieren sind. Parallel zu diesem hochtheologischen Konstrukt existierten sicher zwei weitere Sphären. Zum einen ist stark verallgemeinernd eine grundsätzlich beseelt vorzustellende Umgebung anzunehmen. Gerade die Kleinkunst des 3. Jahrtausends gibt zumindest Anhaltspunkte für einen komplementären Kosmos der Dämonen und Geister, wie sie etwa in der Siegelwelt erscheint.³⁸ Die zweite Gruppe, die für die Bewohner eine alltägliche Relevanz hatte, entstammt den Eliten. Die Expeditionsleiter des späten Alten Reiches bleiben im späteren Alten Reich, anders als ihre Vorgänger, in der Region und lassen sich auch vor Ort bestatten.³⁹ Die Nekropolenfeste mit dem Kult der Eliten an der Spitze – dies lassen die Reliefs der Felsgräber gegenüber von Elephantine erahnen – strukturierten das tägliche Leben der ortsansässigen Personen tiefgreifend. Objekte aus diesem Prozessionsgeschehen wurden in der Stadt gefunden.⁴⁰ Die Wirkungstiefe dieser Beziehung lässt sich an der Kontinuität ermessen, die der Dreyer, Elephantine VIII, a. O. (Anm. ) -. G. Dreyer, „Satettempel: Felsnische“, in: W. Kaiser et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – Sechster Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -. Zur Anbringung von Felsinschriften der . Dynastie im unmittelbaren Vorfeld des Anukettempels von Sehel, siehe Seidlmayer, „Landschaft und Religion“, a. O. (Anm. ) - und Gasse – Rondot, Inscriptions, a. O. (Anm.) -. A. Wiese, Die Anfänge der ägyptischen Stempelsiegel-Amulette. Orbis Biblicus et Orientalis – Seria Archaeologica () -; D. Ben-Tor, „Scararabs of the Middle Kingdom: Historical and Cultural Implications“, Bulletin of the Egyptological Seminar () - mit Fig. , und . D. Raue, „Who was who in rd millennium Elephantine“, British Museum Studies in Ancient Egypt and Sudan () -. A. Dorn, Die Funde aus dem älteren Heqaibheiligtum auf Elephantine, unpublizierte Lizenziatsarbeit Basel, ; C. von Pilgrim, „Zur Entwicklung der Verehrungsstätten des Heqaib in Elephantine“, in: E. Czerny et al. (Hgg.), Timelines. Studies in Honour of Manfred Bietak I. Orientalia Lovaniensia Analecta () –; C. von Pilgrim, „Palast und früheste Verehrungsstätte des Heqaib im Siedlungsbereich südlich des späten Chnumtempels“, in:
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Kult des Expeditionsleiters Heqaib in Elephantine bis in die Zweite Zwischenzeit (um 1700/1650 v. Chr.) besaß. Es bedarf der Implosion des radikal formulierten Gottkönigtums zum Ende des Alten Reiches, um das Ungleichgewicht zwischen der Götterwelt in seinen Ziegeltempeln und den Kultorten der Gottkönige mit ihren Höhenheiligtümern und -grabstätten zu nivellieren und in einem weiteren Schritt umzukehren. Gut 150 Jahre nach den Ausstattungsarbeiten Pepis I. erscheint auf der Insel erstmals eine explizite Anrufung der Satet als Stadtgottheit,⁴¹ nochmals weitere gut 100 Jahre bedarf es, bis in einem königlichen Text unter Sesostris I. die Schutzfunktion der Satet für ihre Stadt ausgeführt wird.⁴² Seit dem frühen 2. Jahrtausend erhält der Gott Chnum ein eigenes Tempelhaus. Die Wechselbeziehungen zwischen Satet und Chnum werden in der Stadt fortan auch mit offenen Wasserrinnen bei Festanlässen vor Augen geführt.⁴³ Zwar bleiben aufgrund der Gesetzmäßigkeiten des Baumaterials die Tempel im Schatten der Städte, der Verwaltung und ihrer eigenen Umfassungsmauern,⁴⁴ jedoch muss sich das neu begründete zentrale Königtum des Mittleren Reiches in ganz neuer Form auf die Ortsgötter berufen, die königliche Totenkultstätte wird fortan von den großen Heiligtümern des Sonnengottes in Heliopolis und Karnak an Größe weit übertroffen, die Namensgebung spie-
W. Kaiser et al. „Stadt und Tempel von Elephantine – ././. Grabungsbericht”, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () –. D. Raue, „Éléphantine: Cinq campagnes de fouilles dans la ville du ème millénaire avant J.-C.“, Bulletin de la Societé Française d´Égyptologie () -, fig. . xwj.t njw.t=s „die ihre Stadt schützt“. Die Publikation dieser Darstellung ist in Vorbereitung, zum Barkensanktuar Sesostris´ I., siehe W. Kaiser, Elephantine – Die antike Stadt () . M. Bommas, „Untersuchungen im Bereich der Verbindungstreppe zwischen den Tempeln des Chnum und der Satet“, in: W. Kaiser et al. „Stadt und Tempel von Elephantine – ./. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () , Abb. ; C. von Pilgrim, „Untersuchungen im Stadtgebiet westlich des Satettempels“, in: W. Kaiser et al. „Stadt und Tempel von Elephantine – . / . Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -, Abb. ; W. Kaiser, „Zum Chnumtempel des Mittleren Reichs“, in: W. Kaiser et al. „Stadt und Tempel von Elephantine – . /. /. Grabungsbericht”, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () -. Vgl. Turmbauten der Tempelverwaltung, die vielerorts das eigentliche Tempelhaus verdeckten: Turmhaus K auf Elephantine: F. Arnold, „Der Bezirk des Chnumtempels: Stratigraphische Untersuchungen südlich des Tempelhauses“, in: G. Dreyer et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – ././. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () im Druck; zum drei- bis vierstöckigen Turmhaus H, siehe F. Arnold, „The Khnum Temple Precinct in the Ptolemaic-Roman period“, in: D. Raue et al., „Report on the t season of excavation and restoration on the island of Elephantine“, Annales du service des antiquités de l´Égypte (im Druck), siehe vorläufig: http://www.dainst.org/medien/en/daik_ele_rep_en.pdf.
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gelt immer deutlicher die Präsenz einer schützenden Stadtgottheit wider⁴⁵ und der Stadtgottgedanke wird seit der 1. Zwischenzeit in allen Metropolen Ägyptens explizit von der Bevölkerung mit Leben erfüllt.
4. Kontexte der Wirksamkeit: Votive im späteren 2. Jahrtausend v. Chr. Gut 500 Jahre später haben sich die Verschiebungen, die im frühen Mittleren Reich ihren Ausgang nahmen, verfestigt und lassen sich auf breiterer Ebene im Neuen Reich ab 1550 v. Chr. verfolgen. Aus einer ganzen Reihe ägyptischer Göttertempel sind verschiedenste Arten von Votivgaben bekannt. Sie waren für einen gewissen Zeitraum in den Tempeln aufgestellt: entweder wurden sie im öffentlich zugänglichen Bereich deponiert oder Priester platzierten sie näher am Sanktuar. Danach wurden sie innerhalb des Tempelareals entsorgt. Bekannte Beispiele für diese Praxis sind die Cachettes im Luxor- und im Karnaktempel, in denen jeweils eine größere Anzahl von steinernen Statuen vergraben wurde.⁴⁶ Aber auch die einfachen, kleineren Votive wurden an mehreren Orten in Abfalldepots von Tempeln gefunden, die zwischen Heiligtümern verschiedener Gottheiten und Regionen deutliche Übereinstimmungen im Inventar zeigen. So sind als typische Kleinfunde aus einem ägyptischen Tempel des Neuen Reiches (ca. 1550–1070 v. Chr.), insbesondere aber der frühen 18. Dynastie (1550–1492 v. Chr.), Perlen und Amulette, weibliche Figurinen, kleine Fayencegefäße sowie auffällig geformte Steine anzuführen (Abb. 3). Hinzu kommen verschiedene andere Funde, die jedoch überwiegend als Einzelstücke oder in geringer Anzahl vorhanden sind und zudem nicht regelmäßig in Tempeln auftreten. Schmuck ist durch zahllose Perlen belegt (Abb. 3.1–2), die größtenteils aus Fayence hergestellt sind und das gängige Formenspektrum dieser Zeit abdecken.⁴⁷ Nur in wenigen Fällen waren die Perlen noch aufgefädelt oder lagen so zusammen, dass sich darüber Aufschluss gewinnen ließ, von welcher Art von Schmuckstücken sie stammten. Sie gehörten überwiegend zu einfachen Ketten, gelegentlich auch zu komplizierter zusammengesetzten Schmuckbändern. Durch die Funde von Meniten, den Gegengewichten von breiten, um den Hals zu tragenden Ketten, sind auch die sog. Halskragen belegt, die darüber hinaus als Musikinstrumente zum Rasseln benutzt wurden. Amulette, d. h. Anhänger und Perlen in figürlicher Zu einigen Verteilungsmustern in der . Hälfte des . Jahrtausends, siehe D. Raue, „Namen in einer heiligen Stadt“, in: S. Meyer (Hg.), Egypt – Temple of the Whole World. Studies in Honour of Jan Assmann () -. M. El-Saghir, La découverte de la cachette des statues du temple de Luxor (); J. C. Goyon – C. Cardin et al., Trésors d’Égypte: La cachette de Karnak (). G. Pinch, Votive Offerings to Hathor () –.
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Abb. 3: Votive der 18. Dynastie aus dem Chnum- und Satettempel von Elephantine: 1 Fayenceperle (KF-Nr. 1860); 2 Fayenceperle (KF-Nr. 1863); 3 Fayencefigurine (KF-Nr. 1858); 4 Fayencefigurine (Fund-Nr. 27605G/c-9); 5 Skarabäus (Fund-Nr. 27604Q/b-1); 6 Fayenceschale (Fund-Nr. 27605F/d-6); 7 Steinkugel (KF-Nr. 1863).
Form, sind dagegen deutlich seltener belegt⁴⁸ und scheinen im Vergleich zu in Siedlungen gefundenem Material unterrepräsentiert zu sein. Auffällig ist, dass die auf dem Amulett dargestellte Gottheit nicht zwingend jener entsprechen muß, der der Tempel geweiht ist. Mit Ausnahme der Hathortempel muss man innerhalb dieser Gruppe von Funden von einer relativen Abwesenheit von Darstellungen der Götter, die mit den jeweiligen lokalen Gottheiten in Verbindung gebracht werden können, sprechen. Diese Beobachtung trifft auch auf frühere Zeiten zu, etwa auf die Tempelinventare der Frühzeit und des Alten Reiches (ca. 3000–2200 v. Chr.) von Hierakonpolis, Abydos, Elephantine und Tell Ibrahim Awad.⁴⁹ Während sich im Satettempel von Elephantine mit seiner Kapelle für den widderköpfigen Gott Chnum in der Ersten Zwischenzeit (um 2200–2050 v. Chr.) noch vier kleine Amulette in der Form von Widderhörnern fanden, fehlen derartige Verbindungen aus späterer Zeit vollständig. Dagegen erscheinen in dem Material Amulette anderer Götter wie Hathor, Sachmet / Bastet und von Nilpferdgottheiten sowie Personifikationen der Dauer wie Heh (Abb. 4), ein Befund, der auch in anderen Tempeln belegt ist. So kamen in Hathortempeln ebenfalls Amulette in der Form von Bes und Thoeris zutage. Nur in den dieser Göttin geweihten Tempeln finden sich mit Stelen, Hathormasken, bemalten Stoffen und Figuren von Hathor in Kuhgestalt regelmäßig Objekte mit einer direkten Verbindung zu der verehrten Gottheit.
Pinch, Votive Offerings, a. O. (Anm. ) –. G. Dreyer, Elephantine VIII. Der Tempel der Satet – Die Funde I. Archäologische Veröffentlichungen () –; W. M. van Haarlem, „Temple Deposits at Tell Ibrahim Awad – A Preliminary Report“, Göttinger Miszellen () –; ders., „Temple Deposits at Tell Ibrahim Awad II. – An Update“, Göttinger Miszellen () –; B. J. Kemp, Ancient Egypt, Anatomy of a Civilisation () –.
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Abb. 4: Anhänger aus dem Satettempel von Elephantine: 1 Nilpferdgottheit, 1. Zwzt. (KF-Nr. 663); 2 Hathormaske, Neues Reich (KF-Nr. 732); 3 Sechmet/Bastet, 3. Zwzt. (KF-Nr. 1651).
Wie die Amulette sind auch die Skarabäen als Teile von Schmuckstücken anzusehen (Abb. 3. 5).⁵⁰ Sie treten in allen Tempeln zahlreich auf, wobei einige kleinere Exemplare Fruchtbarkeitsfigurinen als Schmuck dienten. Obwohl Skarabäen auch zum Siegeln benutzt wurden,⁵¹ steht außer Frage, dass die Masse der im Tempelbereich gefundenen Stücke als Amulette getragen wurden und in dieser Funktion ein Symbol für Erneuerung und Wiedergeburt darstellten. Eine andere Art von Votivgaben in Tempeln sind weibliche Figurinen. Die typische Form in der frühen 18. Dynastie ist eine in offenen Modeln hergestellte und somit nur einseitig reliefierte Massenware (Abb. 3. 3–4). Sie stellen eine nackte Frau dar und sind überwiegend aus blauer Fayence, seltener aus Keramik geformt. Die meist 5–10 cm hohen Figuren gehören vornehmlich in die Sphäre der magischreligiösen Praxis und sollen die Fruchtbarkeit der Frau fördern und schützen, wobei der Begriff Fruchtbarkeit den gesamten Bereich von der Empfängnis bis zum Stillen des Säuglings beinhaltet. Fruchtbarkeitsfigurinen treten häufig in Tempeln der Göttin Hathor auf, jener Gottheit, die am engsten mit den Aspekten der Fruchtbarkeit assoziiert ist, wurden aber ebenso in Tempeln der Gottheiten Nechbet, Min, Satet und Chnum gefunden.⁵² Pinch, Votive Offerings, a. O. (Anm. ) –; W. M. F. Petrie, Koptos () pls. XXIV–XXV. Auf Elephantine stammen drei Skarabäen aus dem Satettempel sowie zwei weitere aus dem Bereich des Chnumtempels. C. von Pilgrim, Elephantine XVIII. Untersuchungen in der Stadt des Mittleren Reiches und der Zweiten Zwischenzeit. Archäologische Veröffentlichungen () -. Pinch, Votive Offerings, a. O. (Anm. ) . Auch die Figurinen aus Koptos, die in einer Grube entsorgt wurden, sind als Votivgaben anzusehen. Die Zusammensetzung der Funde spricht eindeutig gegen die Deutung von Petrie, a. O. (Anm. ) und J. M. Weinstein, Foundation Deposits in Ancient Egypt, Diss. University of Pennsylvania () als Gründungsdepot. Auf Elephantine wurden Fragmente von Fayencefigurinen gefunden, die sich dem Chnumtempel zuordnen ließen, sowie neun weitere im Bereich des Satettempels.
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Unter den Funden in Tempeln verschiedener Gottheiten sind in der Regel Fayencegefäße (Abb. 3. 6), besonders häufig blaue Fayenceschalen, die eine dunkelblaue bis schwarze Bemalung zeigen.⁵³ Diese besteht meist aus einfachen Mustern aus Lotosblütenblättern auf der Außenseite und innen einem radial um die Mitte angeordnetem Muster aus Lotos- und Papyruspflanzen, Laichkraut und gelegentlich auch Darstellungen der Göttin Hathor oder der Fischart Tilapia. Die Größe der Schalen liegt häufig bei einem Durchmesser um die 15 cm, sie können aber auch Größen von 35 – 40 cm erreichen. Unklar ist, ob die Schalen zumindest teilweise als Votivgabe in den Tempel gelangten, wofür ihre Vergesellschaftung mit anderen Votiven spricht, oder ob sie als Behälter für Opfer dienten. Die Fayenceschalen werden aufgrund ihrer Bemalung mit den Göttinnen Hathor und / oder dem Urgewässer Nun in Verbindung gebracht. Nicht an allen Orten wurden im Bereich der Tempel auffällig geformte Steine und Steinkügelchen beobachtet (Abb. 3. 7). Belegt ist ihr Vorkommen in den Hathortempeln von Mirgissa und Timna, dem Osiristempel von Abydos sowie dem Satet- und Chnumtempel auf Elephantine.⁵⁴ An anderen Orten mögen sie von den Ausgräbern u.U. nicht als Besonderheit wahrgenommen worden sein. Wohl aufgrund ihrer teilweise speziellen Form wurden die Steine als einfache Figurinen angesehen.⁵⁵ Die Abwesenheit von Darstellungen lokaler Gottheiten wie auch die Gleichförmigkeit der Fundensembles in den verschiedenen Tempeln dürfte ein Resultat der gleichen Ursache sein. Zahlreiche Funde von Amuletten und Fruchtbarkeitsfigurinen innerhalb von Siedlungen belegen, dass man die gleichen Objektarten, wie sie als Votive verwendeten wurden, auch außerhalb von Tempeln als wirksam ansah. Magische Sprüche bezeugen ebenfalls den Glauben an das Wirken der Götter und Amulette außerhalb von Tempeln.⁵⁶ Nicht erst das Überführen eines Objektes aus dem Bereich des Menschen als Gabe an einen Gott erbrachte die Funktion eines Stückes, vielmehr war es bereits zuvor wirksam. Die Nähe zu einem Gott im Tempel steigerte jedoch seine Wirkung, worin sich deutlich die starke Verquickung von Magie und Religion im Alten Ägypten zeigt.
Pinch, Votive Offerings, a. O. (Anm. ) –. Pinch, Votive Offerings, a. O. (Anm. ) –; G. Dreyer, Elephantine VIII. Der Tempel der Satet – Die Funde I. Archäologische Veröffentlichungen () , –. Im Satetund im Chnumtempel des Neuen Reiches von Elephantine wurden rund Stück identifiziert, insbesondere einfache Kugeln. Siehe hierzu insbesondere den durch Einritzungen zu einer Figurine umgearbeiteten Stein in P. Kopp, „Zu den Kleinfunden: Weibliche Figurinen“, in: G. Dreyer et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – ./. Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () Abb. . . A. G. McDowell, Village Life in Ancient Egypt () –, insbesondere Nr. .
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Eine weniger tragende Rolle scheint der Punkt, welchem Gott der Tempel offiziell geweiht war, gespielt zu haben. Wie sich zeigte, sind verschiedene Objektgattungen wie Fruchtbarkeitsfigurinen oder die bemalten Fayenceschalen, die deutlich mit der Göttin Hathor assoziiert sind, auch in Tempeln der Gottheiten Nechbet, Min, Satet und Chnum dargereicht worden. Der Tempel fungiert also für die lokale Bevölkerung als Schnittstelle zwischen den Menschen und allen Göttern, ungeachtet seines offiziellen Kults. Somit ist es wenig verwunderlich, dass auch Amulette in der Form „ortsfremder“ Götter in einem Tempel gefunden wurden. Untermauert wird diese Annahme durch Votivinschriften, die Besucher in Tempeln hinterlassen haben. So sind im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari auch Inschriften zu finden, die Osiris anrufen⁵⁷ und nicht, wie zu erwarten wäre, Hathor oder Amun. Ein weiteres Beispiel sind die gelegentlich in Tempeln auftretenden Amulette in Form des Gottes Bes oder der Nilpferdgöttin Thoeris. Beide entstammen dem Mythenkreis um Hathor und sind volkstümliche Götter, die insbesondere während der Schwangerschaft und Geburt Schutz gewähren. Da Bes keinen offiziellen Kult hatte und Thoeris offenbar nur an wenigen Orten Tempel geweiht waren, wurden ihnen bestimmte Votive auch in Tempeln anderer Gottheiten aufgestellt. Hieraus erklärt sich zudem die Uniformität der Inventare an verschiedenen Orten. Die Masse der Votive läßt sich mit der Göttin Hathor in Verbindung bringen. Dies gilt sowohl für die in Hathortempeln wie anderen Göttertempeln gefundenen Votivgaben. Auch bei letzteren ist davon auszugehen, dass sie zwar tatsächlich der Göttin Hathor geweiht waren, aber trotzdem in Göttertempeln mit anderem offiziellen Kult aufgestellt werden konnten. Der Tempel als Mikrokosmos garantierte die Nähe zu den Göttern und verstärkte damit die magisch-religiöse Wirksamkeit des Objektes.
5. Ausblick. Die mittel- wie unmittelbaren Folgen von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, wie sie am Beispiel des Tempels der Satet auf Elephantine skizziert wurden, können über den hier behandelten Zeitraum hinaus und in weitere Teilbereiche der ägyptischen Kultur verfolgt werden. Um 2300 v. Chr. wird eine dominierende Höhenlage auf dem Westufer des Flusses von der Felsnekropole der Eliten des späten Alten Reichs eingenommen. Die diachrone Sicht zeigt, dass in der Namensgebung der folgenden 1. Zwischenzeit und des frühen Mittleren Reichs (2100-2000 v. Chr.) auf Elephantine einige z. B. A. I. Sadek, „An Attempt to Translate the Corpus of the Deir el-Bahari Hieratic Inscriptions“, Göttinger Miszellen () , DB .
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Namen dieser älteren Grabbesitzer zwischenzeitlich eine auffallende Präsenz einnehmen.⁵⁸ Hierzu mag auch die dominierende Höhenlage dieser Gräber der lokalen Oberschicht des späten Alten Reiches beigetragen und auf das Alltagsleben eingewirkt haben. Parallel hierzu wird der Kult dieser Privatpersonen des Alten Reiches von der Gemeinschaft getragen, bis sich schließlich aus einer Reihe von Personen der Expeditionsleiter Heqa-ib zu einem Schutzheiligen von Elephantine entwickelt hat.⁵⁹ In der synchronen Perspektive kann der Umstand der Unsichtbarkeit und Verborgenheit, des räumlichen Abstiegs und der Suggestion der Nähe zum Originalen auch die religiöse Substanz des Kultes weiterentwickeln. Eine Vorstellung, die möglicherweise durch diese sehr eindrücklichen Situationen⁶⁰ evoziert werden konnte, zeichnet sich im Bereich der ‚Ritualarchaistik‘ ab und deutet auf eine Wechselbeziehung zwischen zeitlicher und räumlicher Tiefe hin. Intentionell werden hier um 2750 v. Chr. auf Elephantine und andernorts Dekorationstechniken und Farbeffekte nachgearbeitet, die in einer gut vierhundert Jahre älteren materiellen Kultur allgegenwärtig waren und die nun in den kontemporären Corpora der Siedlungskeramik fehlen. Zur Zeit werden derartige Indizien, die für eine Inszenierung der ägyptischen Vorzeit in der Felsnische des Tempels sprechen, weiterverfolgt. Dies betrifft primär die Gottesvorstellung des früheren 3. Jahrtausends v. Chr., aus der in einem weiteren Schritt im 2. Jahrtausend die textlich auf breiter Basis belegte Annahme einer urzeitlichen Existenzform des ägyptischen Pantheons in den Tempeln abgeleitet worden sein könnte.
H.-W. Fischer-Elfert, „Hieratische Schriftzeugnisse“, in: G. Dreyer et al., „Stadt und Tempel von Elephantine – . / . / . Grabungsbericht“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo () . A. Dorn, Die Funde aus dem älteren Heqaibheiligtum auf Elephantine, unpublizierte Lizenziatsarbeit Basel, ; C. von Pilgrim, „Zur Entwicklung der Verehrungsstätten des Heqaib in Elephantine“, in: E. Czerny et al. (Hgg.), Timelines. Studies in Honour of Manfred Bietak I. Orientalia Lovaniensia Analecta () –; D. Franke, Das Heiligtum des Heqaib auf Elephantine, Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens () -. Ein vergleichbarer Befund liegt in Tell Ibrahim Awad im Ostdelta vor: D. Eigner, „Design, Space and Function: The Old Kingdom Temple of Tell Ibrahim Awad“, in: B. J. J. Haring – A. Klug, Akten der ägyptologischen Tempeltagung : Funktion und Gebrauch altägyptischer Tempelräume, Leiden, . – . September , Königtum, Staat und Gesellschaft früher Hochkulturen () -.
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Dr. Peter Kopp Schwalbenweg 10 D – 21502 Geesthacht Deutschland [email protected]
Dr. Dietrich Raue Deutsches Archäologisches Institut, Abt. Kairo 31, Sh. Abu el-Feda EG – 11211 Cairo Ägypten [email protected]
Abbildungsnachweis Abb. 1-4: Deutsches Archäologisches Institut, Abt. Kairo.
Natur als Heiligtum – Natur im Heiligtum* Joannis Mylonopoulos Seule la nature est inspiratrice, est vraie, et peut-être le support de l’œuvre humaine. Mais ne faites pas la nature à la manière des paysagistes qui n’en montrent que l’aspect. Scrutez-en la cause, la forme, le développement vital et faites-en la synthèse en créant des ornements. Charles l’Eplattenier¹
Charles l’Eplattenier, der Lehrer Le Corbusiers, bezieht sich in der zitieren Passage auf die Natur als Quelle der Inspiration für das Erschaffen von Architektur und nicht als Prototyp, den es zu imitieren und sklavisch „à la manière des paysagistes“ zu reproduzieren gilt. Natur sollte in architektonischen Formen symbolhaft, ornamental umgewandelt werden. Solche Lehren kombiniert mit einer profunden Kenntnis der antiken griechischen Architektur und Philosophie haben Le Corbusier, für den Natur eine elementare Basis des architektonischen Schaffens bilden sollte, geprägt.² Natur wurde von Le Corbusier nicht nur als Rahmen, sondern vielmehr als Material, geometrische Form, mathematische Gesetzmäßigkeit und lineare Abstraktion verstanden und so in Architektur transformiert bzw. mit Architektur harmonisch kombiniert. Eine solche Vorstellung von den Interaktionsmöglichkeiten zwischen gebauter Wirklichkeit und Natur darf für die antike Welt nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden.³ Auch wenn die Anleihen *
Eine frühere Version dieses Beitrags wurde im Mai unter dem Titel „Imitation und Integration landschaftlicher Elemente in griechischen Heiligtümern“ in Stuttgart im Rahmen des . Historisch-Geographischen Kolloquiums „Die Landschaft und die Religion“ vorgetragen. Ich möchte mich sehr herzlich bei dem Organisator der Tagung, Eckart Olshausen, und den Teilnehmern für die wertvollen Diskussionsbeiträge bedanken. Mein Dank gilt auch Fernande und Tonio Hölscher, die mich eingeladen haben, meine Gedanken zu diesem Thema in dem vorliegenden Sammelband zu veröffentlichen. Le Corbusier, L’Art décoratif d’aujourd’hui () . Siehe allgemein hierzu S. Menin – F. Samuel, Nature and Space: Aalto and Le Corbusier (). Zum Thema ‚Natur‘ in der griechischen Welt siehe zuletzt A. L. Giesecke, The Epic City. Urbanism, Utopia, and the Garden in Ancient Greece and Rome () -; P. Horden – N. Purcell, The Corrupting Sea. A Study of the Mediterranean History () - bieten eine allgemeine und doch provozierende Sicht auf das Thema ‚Landschaft und Religion‘.
DOI 10.1515/ARG.2008.004
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aus der Natur in der Formung und künstlerischen Ausprägung des korinthischen Kapitells – wodurch l’Eplatteniers Aufruf nach dem Beitrag der Natur „en créant des ornements“ bereits in der Antike wahr geworden wäre – offensichtlich sind und keiner eingehenden Diskussion bedürfen, hatte das Zusammenspiel zwischen Architektur und Natur in der antiken griechischen Welt noch nicht eine solche Ebene der Abstraktion und der vollständigen Abstimmung von natürlichen und von Menschen kreierten Elementen erreicht. Im antiken Griechenland war die natürliche Umgebung primär und aus guten Gründen eine großartige Kulisse für architektonisches Schaffen. Dass hierbei mit Architektur in erster Linie Tempelarchitektur gemeint ist, sollte besonders betont werden. Kein Altertumswissenschaftler wird der Aussage Walter Burkerts widersprechen können, dass die griechische Welt eindeutig als Tempelkultur charakterisiert werden sollte.⁴ Der Tempel des Poseidon auf dem Kap Sounion und die Heiligtümer des Apollon im Ptoon und in Delphi – um lediglich drei der bekanntesten Beispiele zu nennen – zeugen von der bewussten Wahl einer Örtlichkeit für die Gründung einer Kultstätte und der eindrucksvollen Verbindung von Architektur und Natur zum Zweck der Betonung und Erhöhung der sakralen Aura eines heiligen, von Menschen beeinflussten Ortes (Abb. 1).⁵ Die enge Verknüpfung zwischen landschaftlicher Umgebung und Religion wird noch heute jedem, der den heiligen Berg Athos besucht, aufs eindrucksvollste bewusst. Zu den imposantesten Bauten auf dem Athos gehört mit Sicherheit das Kloster Simonos Petra, das der Legende nach um die Mitte des 14. Jhs. n. Chr. gegründet wurde, nachdem der Asket Simon ein Licht auf dem Felsen erblickte, auf dem später das Kloster errich-
W. Burkert, „The Meaning and Function of the Temple in Classical Greece“, in: M. V. Fox (Hg.), Temple in Society () . Jedes dieser drei Heiligtümer demonstriert auf eine leicht unterschiedliche Art, wie sakrale Architektur Natur als erhöhenden Rahmen optimal nutzt und dadurch selbst zu einem optischen, künstlich erschaffenen Referenzpunkt in der natürlichen Umgebung wird: Der Tempel des Poseidon auf Sounion thront majestätisch auf dem Kap; es wundert nicht weiter, dass die allerersten Worte des Periegeten Pausanias (I, , ) dem Kap Sounion und seinem Tempel gewidmet sind (von Pausanias mit dem Tempel der Athena Sounias identifiziert): Τῆς ἠπείρου τῆς Ἑλληνικῆς κατὰ νήσους τὰς Κυκλάδας καὶ πέλαγος τὸ
Αἰγαῖον ἄκρα Σούνιον πρόκειται γῆς τῆς Ἀττικῆς· καὶ λιμήν τε παραπλεύσαντι τὴν ἄκραν ἐστὶ καὶ ναὸς Ἀθηνᾶς Σουνιάδος ἐπὶ κορυφῇ τῆς ἄκρας. Das Apollonheiligtum im Ptoon befindet sich auf einem Berg und bietet einen atemberaubenden Blick auf den Kopais-See und die sich davor erstreckende Ebene. Das Apollonheiligtum in Delphi – die vielleicht landschaftlich imposanteste Kultstätte der antiken griechischen Welt – schmiegt sich wie eine Theateranlage an die zerklüftete, fast senkrecht abfallende südliche Seite des Parnassos, direkt unterhalb der Phädriaden, und präsentierte sich in der Antike in mehreren Ebenen sowohl den Besuchern, die von Osten die Landstraße nehmend kamen, als auch denen, die auf dem Seeweg und über Kirrha das Heiligtum erreichten.
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Abb. 1: Oben: Blick auf das Poseidonheiligtum auf Kap Sounion; Mitte: Blick vom Apollonheiligtum im Ptoon; unten: Blick auf das Apollonheiligtum in Delphi.
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tet werden sollte.⁶ In der antiken griechischen Tradition würde man von einer Kratophanie, vergleichbar mit den Zeus’schen Blitzeinschlägen, sprechen, welche die Örtlichkeit geheiligt hat. Dieselbe Verknüpfung zwischen Natur und Religion lässt sich in Le Corbusiers fast surrealistischer Kirche Notre Dame du Haut im französischen Ronchamp ablesen. Im Sinne antiker Vorstellungen befindet sich die nicht besonders große Kirche erhöht auf einem Hügel mit freiem Blick in alle vier Himmelsrichtungen.⁷ Allerdings steht im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags nicht die Positionierung von Heiligtümern in einem räumlichen Kontext, sondern die Frage nach der Funktion von landschaftlichen Elementen als eigenständigen Kultplätzen, weiterhin nach ihrer Integration in einen größeren Komplex und schließlich nach ihrer mehr abstrakten, symbolhaften als genauen Imitation im Kontext eines architektonisch definierten und definierbaren Heiligtums.
Natur als Heiligtum Eine wertvolle Innenansicht zum antiken Verständnis der Verbindung zwischen Landschaft und Religion erlaubt uns Seneca in einem seiner Briefe an Lucilius: Kommst Du in einen Hain, dicht bestanden mit alten Bäumen, die das gewöhnliche Höhenmaß überschreiten, wird dir der Anblick des Himmels entzogen durch das Gewirr mächtiger, einander verdeckender Zweige, dann wird die Erhabenheit des Waldes, das Geheimnisvolle des Ortes und das Staunen über das dichte, ununterbrochene Schattendach unter freiem Himmel in dir den Glauben an die Gottheit wachrufen. Findest du eine Grotte, die durch zerklüftete, ausgefressene Felsen den Berg bis tief hinein unterhöhlt hat, nicht von Menschenhand geschaffen, sondern durch Naturkräfte in solcher Größe ausgearbeitet, dann wird die Ahnung einer göttlichen Kraft deine Seele erfüllen. Wir verehren die Quellen großer Flüsse als heilige Stätten. Die plötzliche Entstehung eines
F. Spunda, Der heilige Berg Athos. Landschaft und Legende () f.: „Simonos Petra aber geht über unsere Vorstellungskraft hinaus durch das Wuchern seiner Steilheits-Idee; es ist ein Zerbrechen aller räumlichen Baubegriffe, fast schon ein Frevel […] Von unten, von der gestaffelten Bucht […] erscheint das Kloster wie eine gemalte Kulisse […] Vor mir aber flammt Simonos Petras Steilwand wie weißglühendes Eisen“. Trotz der romantisierenden Beschreibung kommt man nicht umhin, bereits im Vorfeld die Planung einer zu erzielenden Wirkung solch sakraler Gebäude in einer dermaßen imposanten natürlichen Umgebung anzunehmen. H. Hertzberger, Space and the Architect () : „Whether or not you find it beautiful, you may wonder if that is the way to crown the top of a hill, like an untamed species of Parthenon. You can advocate or vilify it but it is impossible to ignore it.“ Hertzberger spricht mit diesen zwei kurzen Sätzen Aspekte wie die Positionierung der Kirche sowie die Anspielung auf die antike griechische sakrale Architektur und ihre kommunikative Interaktion mit der natürlichen Umgebung an.
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gewaltigen Stromes, aus dem Unbekannten heraus, läßt uns Altäre gründen. Verehrung finden die heißen Quellen, und manchem stehenden Gewässer hat die schattige Lage oder die unergründliche Tiefe Weihe verliehen (E. Glaser-Gerhard).⁸
Senecas Text ist in vielerlei Hinsicht außerordentlich interessant: Der Leser wird in einer ersten, relativ direkten Ebene über die Mannigfaltigkeit potentieller heiliger Naturräume informiert; es handelt sich um Haine, Grotten, die Quellen von Flüssen, Wasserströme, Quellen und Seen. Und doch erläutert Seneca in einer weiteren, quasi exegetischen Ebene die besonderen Charakteristika, die aus einem Ort der Natur einen Sitz des Heiligen machen können. Die Bäume solcher Haine bilden eine undurchdringbare, fast unheimlich wirkende Trennung zwischen Erde und Himmel; Grotten reichen tief und in wilden Felsformationen bis in die Unterwelt, aber vor allem sind sie nicht von Menschen geschaffen; Flüsse und Wasserströme sind in ihrer Größe imposant; die Quellen sind heiß und stellen hierdurch eine Ausnahme von der Regel kühlender Wasserquellen dar, während Seen dunkel wirken und unergründlich tief sein sollen. Das Unerwartete, das Außergewöhnliche, das Unheimliche, die Abwesenheit menschlichen Wirkens in der Entstehungsgeschichte dieser Naturerscheinungen lässt in Senecas Worten die Seelen der Sterblichen von göttlicher Kraft erfüllt werden. Die Übertragung von Informationen, die man dem Werk eines lateinischen Autors entnehmen kann, auf die antike griechische Realität könnte zumindest methodisch als problematisch angesehen werden. Und doch gibt es einige, wenn auch nicht so ausführliche griechische Texte, die eindeutig in dieselbe Richtung weisen und das Besondere, das ‚Heilige‘ einer Landschaft oder eines speziellen landschaftlichen Elements preisen. Der platonische Dialog Phaedrus findet unter einer Platane in der Nähe einer Quelle statt, und Sokrates verherrlicht die Schönheit und die Höhe des Schatten spendenden Baums, den Duft der Blüten, die erfrischende Wirkung des kalten Wassers der Quelle, die angenehme Luft, die ‚Musik‘ der Zikaden und das wunderbar anmutende Gras. Der einzige Eingriff des Menschen scheinen Votive zu sein, die Sokrates dazu verleiten, in dem offensichtlich sonst unberührten Ort eine Kultstätte des Acheloos und der Musen zu vermuten.⁹
Seneca, Epistulae morales , : Si tibi occurrerit vetustis arboribus et solitam altitudinem egressis frequens lucus et conspectum caeli ramorum aliorum alios protegentium summovens obtentu, illa proceritas silvae et secretum loci et admiratio umbrae in aperto tam densae atque continuae fidem tibi numinis faciet. Si quis specus saxis penitus exesis montem suspenderit, non manu factus, sed naturalibus causis in tantam laxitatem excavatus, animum tuum quadam religionis suspicione percutiet. Magnorum fluminum capita veneramur; subita ex abdito vasti amnis eruptio aras habet; coluntur aquarum calentium fontes, et stagna quaedam vel opacitas vel inmensa altitudo sacravit. Plato, Phaedrus b-c: Νὴ τὴν Ἥραν, καλή γε ἡ καταγωγή. ἥ τε γὰρ πλάτανος αὕτη μάλ’ ἀμφιλαφής τε καὶ ὑψηλή, τοῦ τε ἄγνου τὸ ὕψος καὶ τὸ σύσκιον πάγκαλον, καὶ ὡς
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Wie Mircea Eliade treffend bemerkte, kann der Mensch, „welche Spannung nun auch zwischen dem heiligen und dem profanen Raum bestehe, nicht ohne einen solchen heiligen Raum leben“.¹⁰ Aber was macht eine Örtlichkeit heilig und lässt eine andere ‚profan‘ bleiben? Sind bestimmte Orte oder Naturerscheinungen per se heilig oder werden sie von Menschen entdeckt, als heilig erklärt und durch rituelle Handlungen geheiligt? Eliade, der sich intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt hatte, war der Auffassung, dass ein Ort allein durch seine natürliche Erscheinung heilig sein kann; es gäbe eine absolute Idee des „Heiligen Ortes“, dessen physische Manifestationen erst durch das Eingreifen des Menschen zu geheiligten Orten werden.¹¹ In einfachen Worten: Eine geheimnisvolle Grotte, eine natürliche Quelle, ein Hain sind durch ihre Erscheinung per se im Sinne Senecas heilige Orte. In der Tat aber ist es die menschliche Aktivität an solchen Orten, die sie zu geheiligten Plätzen, zu Kultstätten macht. Nicht jede Grotte oder Quelle wird zum Bestandteil einer Kultstätte, wie auch Senecas Text impliziert, aber sie haben das Potential dazu. Im Folgenden soll auf verschiedene Elemente der natürlichen Umgebung des Menschen kurz eingegangen werden, die mehr oder weniger in ihrer Eigenständigkeit als Kultstätten verstanden und verwendet wurden.
Grotten Bereits in neolithischer Zeit werden in Griechenland Grotten von Menschen intensiv genutzt. In dieser Zeit dienen sie selten als Behausungen, vor allem dagegen als Grabstätten.¹² Eine religiöse Konnotation durch die Verbindung mit der Welt der Toten lässt sich also schon zu diesem frühen Zeitpunkt erkennen. Die Vorstellung von Grotten als transzendentalem Punkt zwischen Ober- und Unterwelt wird sich
ἀκμὴν ἔχει τῆς ἄνθης, ὡς ἂν εὐωδέστατον παρέχοι τὸν τόπον ἥ τε αὖ πηγὴ χαριεστάτη ὑπὸ τῆς πλατάνου ῥεῖ μάλα ψυχροῦ ὕδατος, ὥστε γε τῷ ποδὶ τεκμήρασθαι. Νυμφῶν τέ τινων καὶ Ἀχελῴου ἱερὸν ἀπὸ τῶν κορῶν τε καὶ ἀγαλμάτων ἔοικεν εἶναι. εἰ δ’ αὖ βούλει, τὸ εὔπνουν τοῦ τόπου ὡς ἀγαπητὸν καὶ σφόδρα ἡδύ· θερινόν τε καὶ λιγυρὸν ὑπηχεῖ τῷ τῶν τεττίγων χορῷ. πάντων δὲ κομψότατον τὸ τῆς πόας, ὅτι ἐν ἠρέμα προσάντει ἱκανὴ πέφυκε κατακλινέντι τὴν κεφαλὴν παγκάλως ἔχειν. M. Eliade, Die Religionen und das Heilige. Elemente der Religionsgeschichte () . Ebenda : „Der Ort wird keinesfalls vom Menschen ‚gewählt‘, er wird nur von ihm ‚entdeckt‘; anders ausgedrückt, der sakrale Raum offenbart sich ihm auf die eine oder andere Weise.“ A. Zois, Κρήτη – Ἐποχή τοῦ Λίθου () sammelte zuletzt die Daten zur kultischen Nutzung kretischer Grotten in der Steinzeit (z. B. Agios Ioannis: ; Ellinospilios (?): ; Koumarospilios: ; Platyvola (?): ; Skaphidia: f.; Stravomiti: ).
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hartnäckig bis in die Spätantike erhalten.¹³ Zahlreiche Grotten wurden im Altertum als Pforten in das Reich des Hades angesehen;¹⁴ zwei der berühmtesten befanden sich im Heiligtum der Demeter in Eleusis¹⁵ und im Heiligtum des Poseidon Tainarios in Lakonien (Abb. 2);¹⁶ es handelt sich allerdings um prominente Beispiele für die Integration landschaftlicher Merkmale in eine Kultstätte und nicht um eigenständige Kult- Abb. 2: Der innere Bereich des Poseidonheiligtums am Kap Tainaron. grotten.¹⁷ Die bedeutendste Kultgrotte der Antike war mit Sicherheit die Idäische Zeusgrotte auf Kreta. Hier versteckte Rhea den kleinen Zeus vor seinem Vater Kronos.¹⁸ Nach einer anderen, weniger verbreiteten Variante des Mythos wurde Zeus in dieser Grotte nicht nur versteckt, sondern auch geboren.¹⁹ Berühmt sind unter den zahlreichen Funden die spätgeometrisch / archaischen Votivschilde
Vgl. bes. P. Faure, Fonctions des cavernes cretoises () -. Faure präsentiert eine Liste aller ihm bekannten Grotten auf Kreta, die als Grabstätten, Behausungen und Kultstätten zwischen der Neolithischen und der Kaiserzeit benutzt wurden. Siehe allgemein U. Egelhaaf-Gaiser – J. Rüpke, „Orte des Erscheinens – Orte des Verbergens. Höhlen in Kult und Theologie“, Orbis Terrarum () -, wobei der Gleichsetzung des Totenorakels am Acheron mit dem von Sotirios Dakaris ausgegrabenen Gebäude zu widersprechen wäre (s. u.). K. Clinton, Myth and Cult. The Iconography of the Eleusinian Mysteries () -. J. Mylonopoulos, Πελοπόννησος οἰκητήριον Ποσειδῶνος. Heiligtümer und Kulte des Poseidon auf der Peloponnes. Kernos, Suppl. () -. K. Sporn, „Höhlenheiligtümer in Griechenland“, in: Chr. Frevel – H. v. Hesberg (Hgg.), Kult und Kommunikation. Medien in Heiligtümern der Antike () - macht keine Unterscheidung zwischen Kulthöhlen als Teil eines größeren Komplexes und solchen, die eigenständig als Kultstätten benutzt wurden. Diodor , , -: δοῦναι λάθρᾳ τοῖς Κούρησιν ἐκθρέψαι τοῖς κατοικοῦσι πλησίον ὄρους τῆς Ἴδης. τούτους δ’ ἀπενέγκαντας εἴς τι ἄντρον παραδοῦναι ταῖς Νύμφαις, παρακελευσαμένους τὴν πᾶσαν ἐπιμέλειαν αὐτοῦ ποιεῖσθαι. Kallimachos, In Jovem , : Ζεῦ, σὲ μὲν Ἰδαίοισιν ἐν οὔρεσί φασι γενέσθαι. Ausführlicher zu den verschiedenen kretischen mythologischen Traditionen siehe H. Verbruggen, Le Zeus Cretois () -.
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aus Bronze, hergestellt teilweise auf Kreta teilweise im Orient.²⁰ Das reiche archäologische Material und die literarischen Quellen verraten uns, dass die Idäische Grotte eine internationale Pilgerstätte war, in der nach Hendrik Verbruggen unter anderem auch Initiationen kollektiven Charakters stattfanden.²¹ So groß war die Bedeutung und die Ausstrahlung dieser Kultgrotte, dass sie als Ort der religiösen Kultausübung bis in das 12. Jh. n. Chr. Erwähnung in den literarischen Quellen findet.²² Am häufigsten wird allerdings ein anderer Gott in Grotten verehrt: der theriomorphe Pan. Neben Arkadien war sein Kult besonders in Attika verbreitet. Mehrere Kultgrotten in dieser Landschaft waren Pan geweiht.²³ In der Landschaft Phokis deuten das archäologische Material sowie die Einrichtung eines Weges, der Delphi mit der Korykeischen Grotte verband, darauf hin, dass diese Grotte als eine der bedeutendsten Kultstätten des Pan und der Nymphen angesehen werden muss.²⁴ Nach Katja Sporns Überblick waren in der Tat die meisten Grotten Pan und den Nymphen geweiht,²⁵ während andere Gottheiten oft später dazu gesellt wur H. Matthäus, „Die idäische Zeus-Grotte auf Kreta. Griechenland und der Vordere Orient im frühen . Jahrtausend v. Chr.“, Archäologischer Anzeiger , - bes. . Jüngst interpretierte N. C. Stampolides, „Από την Ελεύθερνα και το Ιδαίον: μια απόπειρα ερμηνείας χαμένων τελετουργιών“, Eulimene - (-) - die Votivschilde aus der Idäischen Grotte auf der Basis ähnlicher Funde aus der Nekropole von Eleutherna als Deckel von Graburnen oder von Bronzekesseln. Da solche Objekte als multifunktional angesehen werden sollten – auch Bronzephialen wurden als Deckel von Grabamphoren verwendet –, schließen sich die zwei Deutungen nicht gegenseitig aus. Für die kunsthistorische Auswertung dieser Objekte bleibt E. Kunze, Kretische Bronzereliefs () die Referenzarbeit. Verbruggen, Zeus Cretois, a. O. (Anm. ) - bes. -. Riten initiatorischen Charakters werden auch für die Pan-Grotte in Vari angenommen, siehe G. Schörner – H. R. Goette, Die Pan-Grotte von Vari () . A. Chaniotis, „Μια άγνωστη πηγή για τη λατρεία στο Ιδαίο Άντρο στην ύστερη αρχαιότητα“, in: Πεπραγμένα του Στ΄ Διεθνούς Κρητολογικού Συνεδρίου () . Ph. Borgeaud, Recherches sur le dieu Pan (). Der Autor konzentriert sich fast ausschließlich auf den arkadischen Kult des Gottes; zu Pan in Athen S. -. Zum gemeinsamen Kult der Nymphen mit Pan in attischen Grotten siehe zuletzt J. Larson, Greek Nymphs. Myth, Cult, Lore () -. Die Grotte gehört darüber hinaus auch zu den besterforschten Kultgrotten Griechenlands, vgl. L’antre corycien I, Bulletin de correspondance hellénique, Suppl. () und L’antre corycien II, Bulletin de correspondance hellénique, Suppl. (). Sporn, „Höhlenheiligtümer“, a. O. (Anm. ) f. Allerdings ist keineswegs immer sicher, ob sich die verschiedenen Dedikationen auf Mitinhaber der Kultstätte beziehen oder ob solche Gottheiten von den Dedikanten einmalig und nur im Rahmen der eigenen individuellen Weihung erwähnt werden. Ein großes Heiligtum mit panhellenischer Wirkung wie das Asklepieion in Epidauros liefert ein gutes Beispiel für diese Haltung: Obwohl die ‚offi-
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den.²⁶ Von den Beispielen, die Sporn in Bezug auf andere individuell in Grotten verehrte Götter erwähnt, erscheinen vor allem die Grotte des Herakles Bouraïkos in Boura und die Grotte der Aphrodite in Naupaktos besonders interessant. Die Herakles-Grotte funktionierte als ein manteion, in dem Orakel mit Hilfe von Astragalen erteilt wurden,²⁷ während in Naupaktos Frauen und vor allem Witwen zur Aphrodite-Grotte gingen, um eine baldige Hochzeit zu erbitten.²⁸ Im Gegensatz zu Sporns Annahme erwähnt Pausanias keine Grotte in Bezug auf den Demeterkult auf dem megarischen Hügel Ikaria, sondern spricht ganz explizit von einem „gemachten“ megaron.²⁹ Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Kreta mit ihren unzähligen Kultgrotten eindeutig eine Ausnahme darstellt, sollte man sich die Frage stellen, ob Gottheiten außer Pan und den Nymphen, die in einer Grotte Verehrung fanden, in der lokalen Ausprägung ihres Kults außergewöhnliche Merkmale besaßen, wie die persönliche und sehr direkte Zukunftsbefragung vor der Statue des Herakles in Boura oder die erwähnenswerte Affinität der Witwen zum Aphroditekult in Naupaktos.³⁰
ziellen‘ Kultinhaber im epidaurischen Heiligtum Apollon Maleatas und Asklepios waren, sind unzählige Dedikationsinschriften überliefert, welche sich an die verschiedensten Gottheiten wenden. Das von Sporn angeführte Beispiel einer Dedikations-Felsinschrift aus dem . Jh. in Pharsalos ist in dieser Hinsicht problematisch, denn in einer älteren Felsinschrift wird eine Weihung ausschließlich an die Nymphen verewigt. Es ist vielleicht von Bedeutung, dass in der von Sporn zitierten Inschrift nur von Opfern an Pan die Rede ist, während die Existenz der Götter neben Pan und den Nymphen sehr poetisch durch ideelle Geschenke (Kraft, Gesundheit, Weisheit u. ä.) erklärt wird, die diese Götter Pantalkes, der Person der ersten Felsinschrift aus dem . Jh. gewährt hätten. Offensichtlich hielt der „Autor“ der zweiten Inschrift Pantalkes für den Gründer der Kultstätte; die zwei Inschriften stellen auf jeden Fall einen interessanten Fall von Intertextualität dar. Ausführlicher zu den zwei thessalischen Felsinschriften siehe J.-C. Decourt, Inscriptions de Thessalie I. Les cités de la vallée de l’Énipeus () -, Nr. . . Für die Pan-Grotte in Vari sind z. B. neben Pan und den Nymphen auch die Chariten, Apollon und ein Heros (?) namens Hersos überliefert, vgl. Schörner – Goette, Pan-Grotte, a. O. (Anm. ) -. Pausanias VII, , : Ἡρακλῆς οὐ μέγας ἐστὶν ἐν σπηλαίῳ· ἐπίκλησις μὲν καὶ τούτου Βουραϊκός, μαντείας δὲ ἐπὶ πίνακί τε καὶ ἀστραγάλοις ἔστι <λαβεῖν>. εὔχεται μὲν γὰρ πρὸ τοῦ ἀγάλματος ὁ τῷ θεῷ χρώμενος, ἐπὶ δὲ τῇ εὐχῇ λαβὼν ἀστραγάλους – οἱ δὲ ἄφθονοι παρὰ τῷ Ἡρακλεῖ κεῖνται – τέσσαρας ἀφίησιν ἐπὶ τῆς τραπέζης· ἐπὶ δὲ παντὶ ἀστραγάλου σχήματι γεγραμμένα ἐν πίνακι ἐπίτηδες ἐξήγησιν ἔχει τοῦ σχήματος. Pausanias X, , : Ἀφροδίτη δὲ ἔχει μὲν ἐν σπηλαίῳ τιμάς εὔχονται δὲ καὶ ἄλλων εἵνεκα καὶ αἱ γυναῖκες μάλιστα αἱ χῆραι γάμον αἰτοῦσι παρὰ τῆς θεοῦ. Sporn, „Höhlenheiligtümer“, a. O. (Anm. ) Anm. . Pausanias I, , : καὶ τῆς Δήμητρος τὸ καλούμενον μέγαρον· ποιῆσαι δὲ αὐτὸ βασιλεύοντα Κᾶρα ἔλεγον. Der Kult der Aphrodite in einer Grotte am libanesischen Mazraat el-Ouasta wird z. B. durch ihre Gleichsetzung mit Astarte erklärt, vgl. P.-L. Gatier, „Inscriptions grecques et
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Haine Trotz der Bedeutung und der internationalen Ausstrahlung einer Kultstätte wie der Idäischen Grotte sowie der häufigen Verehrung Pans in Grotten, spielen Haine als heilige Orte in der Antike eine weitaus wichtigere Rolle, da sie in kaum einem griechischen Heiligtum gefehlt haben. Was macht aber die Heiligkeit von Bäumen aus? In der spätgeometrischen und orientalisierenden Epoche finden wir häufig auf Gefäßen die Darstellung des sog. Lebensbaumes.³¹ Der Begriff „Lebensbaum“ ist in der Tat nicht zufällig gewählt, denn hier liegt die Erklärung für die Heiligkeit der Bäume: Sie sind eng mit dem Lebenszyklus verbunden, sie manifestieren die kontinuierliche Erneuerung der Natur.³² Wegen der heiligen Aura der Bäume eigneten sich Haine vorzüglich als Orte der Götterverehrung. Der in der Antike geläufige griechische Begriff für die Bezeichnung eines bewaldeten Landstücks mit eindeutig sakraler Nutzung war alsos. Allerdings konnte Darice Elisabeth Birge demonstrieren, dass der Begriff alsos doch mehrdeutig sein kann.³³ Bereits in den homerischen Epen wird dieser Begriff benutzt, und obwohl seine Bedeutung im Laufe der Zeit erweitert wird, bleibt die enge Verbindung zu einem aus Bäumen bestehenden sakralen Raum bestehen. Eine Stelle bei Lukian spricht von Hainen als dem anfänglichen Haus der Götter: Zuerst haben sie (die Menschen) für die Götter Haine abgesondert, Höhen geweiht, Vögel geheiligt und jeder Gottheit eine besondere Pflanze beigelegt; und dann habe jedes Volk für sich eine Gottheit verehrt und sie als bei sich wohnend betrachtet […]. Zuletzt endlich habe man den Göttern erst Tempel errichtet, damit sie nicht ohne Haus und ohne Herd sind, sowie Bilder, welche die Götter darstellten.³⁴
Die Forschung des 19. Jahrhunderts hat die heiligen Haine in Anlehnung an Lukian und weitere griechische und lateinische Autoren als eine frühe, vielleicht
latines du Proche-Orient: Questions de provenance“, Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik () . P. J. Russell, „Tracing the routes of the tree of life from the Near East to Greece in the Iron Age“, in: Πρακτικά του Δεύτερου Κυπριολογικού Συνεδρίου, Λευκωσία 20-25 Απριλίου 1982, Band () -. Siehe allgemein die kulturvergleichende Studie von E. O. James, The Tree of Life (). D. E. Birge, Sacred Groves in the Ancient Greek World, Diss. UC Berkeley (). In einem hilfreichen Appendix liefert die Autorin die relevanten epigraphischen und literarischen Zeugnisse; siehe auch D. E. Birge, „Trees in the Landscape of Pausanias’ ‚Periegesis’“, in: S. E. Alcock – R. Osborne (Hgg.), Placing the Gods. Sanctuaries and the Sacred Space in Ancient Greece () -. Lukian, De sacrificiis -: καὶ πρῶτον μὲν ὕλας ἀπετέμοντο καὶ ὄρη ἀνέθεσαν καὶ ὄρνεα καθιέρωσαν καὶ φυτὰ ἐπεφήμισαν ἑκάστῳ θεῷ. μετὰ δὲ νειμάμενοι κατὰ ἔθνη σέβουσι καὶ πολίτας αὐτῶν ἀποφαίνουσιν […] Ἔπειτα δὲ ναοὺς ἐγείραντες ἵνα αὐτοῖς μὴ ἄοικοι μηδὲ ἀνέστιοι δῆθεν ὦσιν, εἰκόνας αὐτοῖς ἀπεικάζουσιν.
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sogar die ursprüngliche Form des sakralen Raumes angesehen.³⁵ Man wird jedoch in den heiligen Hainen lediglich eine der mannigfaltigen Formen des Sakralraums und keine frühe Entwicklungsstufe des griechischen Heiligtums im Sinne eines linearen Prozesses erkennen können. Ein Hain kann in manchen Fällen die eigentliche Kultstätte und in anderen wiederum einen wichtigen, aber doch nur einen manchmal sehr kleinen Teil eines Heiligtums darstellen. Viele der Sakralgesetze, die sich intensiv mit den verschiedenen Angelegenheiten einer Kultstätte auseinandersetzen, beschäftigen sich auch mit dem Schutz und der Nutzung der in den Heiligtümern vorhandenen Haine.³⁶ Zu den Gottheiten, die häufig in einem heiligen Hain verehrt werden oder Kultstätten besitzen, die einen Hain als wichtigen Bestandteil ihres Gesamtbildes aufweisen, gehören Artemis, Apollon, Demeter und Poseidon.³⁷ Die zwei berühmtesten heiligen Haine auf dem griechischen Festland waren die olympische Altis, die Teil eines größeren baulichen Zusammenhangs war und der Poseidonhain im böotischen Onchestos mit seinem berühmten rituellen Wagenrennen, der bereits in archaischer Zeit im homerischen Hymnus an Apollon eine wichtige Rolle spielt.³⁸ Im Gegensatz zu Olympia bestand die Kultstätte in Onchestos ausschließlich aus dem heiligen Hain. Archäologisch lassen sich heilige Haine äußerst schwer oder gar nicht nachweisen; die meisten uns bekannten Haine sind literarisch oder epigraphisch überliefert. Eine erfreuliche Ausnahme stellt in dieser Hinsicht der Poseidonhain beim korinthischen Penteskouphia dar. Hier wurden 1879 zahlreiche Votivpinakes des 7. und 6. Jhs. in einem tiefen Bachbett gefunden, die inzwischen in Berlin, Paris und Korinth aufbewahrt werden. In der Nähe des Fundortes konnten überhaupt keine architektonischen Reste entdeckt werden, so dass Adolf Furtwängler, der sich als erster mit den Pinakes auseinandergesetzt hat, die Vermutung äußerte, bei Penteskouphia sollte man einen Hain annehmen.³⁹ Allem Anschein nach wurde die Kultstätte vorwiegend von den Malern und Töpfern Korinths fre C. Boetticher, Der Baumkultus der Hellenen nach den gottesdienstlichen Gebräuchen und den überlieferten Bildwerken () -. M. P. J. Dillon, „The Ecology of the Greek Sanctuary“, Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik () -; M. Horster, Landbesitz griechischer Heiligtümer in archaischer und klassischer Zeit () -; E. Lupu, Greek Sacred Law. A Collection of New Documents () f. Chr. Jacob, „Paysage et bois sacré dans la Périégèse de la Grèce de Pausanias“, in: O. de Cazanove – J. Scheid (Hgg.), Les bois sacrés. Actes du colloque international de Naples () -, bes. -; Horster, Landbesitz, a. O. (Anm. ) Anm. ; Mylonopoulos, Heiligtümer und Kulte des Poseidon, a. O. (Anm. ) -. G. Roux, „Sur deux passages de l’Hymne homérique à Apollon“, Revue des Études Grecques () -; A. Schachter, „Homeric Hymn to Apollo, lines - (the Onchestos episode). Another Interpretation“, Bulletin of the Institute of Classical Studies of the University of London () -. Mylonopoulos, Heiligtümer uund Kulte des Poseidon, a. O. (Anm. ) -.
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quentiert. Die große Mehrheit der Pinakes weist runde Löcher zum Durchziehen einer Schnur auf. Offensichtlich waren die Votivobjekte zum Aufhängen bestimmt, am wahrscheinlichsten an den Bäumen des Haines.⁴⁰ In der Antike scheint es eine bemerkenswerte Verbindung zwischen Hainen und Grabanlagen gegeben zu haben, die bereits von Carl Boetticher thematisiert und untersucht wurde, wobei in seiner Untersuchung keine strikte Unterscheidung zwischen Hainen für Heroen und den seltenen Beispielen für Sterbliche vorgenommen wird.⁴¹ In seinen Nomoi empfiehlt auch Platon die Anlegung von Hainen um ein Grab.⁴² Eine kleine Anzahl von weißgrundigen Grablekyhen liefert interessante visuelle Hinweise auf diese inhaltliche Verbindung zwischen Baum und Grab. Eine Lekythos des sog. Vogel-Malers im Athener Abb. 3: Weißgrundige Lekythos des sog. Nationalmuseum (Inv.-Nr. 19338, Abb. 3)⁴³ Vogel-Malers, 430-420 v. Chr., Athen, zeigt zwei weibliche Figuren in einer Szene, Nationalmuseum, Inv.-Nr. 19338. die strukturell eindeutig zu den bekannten Szenen des Grabbesuchs gehört: Beide Figuren sind mit kurz geschnittenen Haaren dargestellt – ein Zeichen der tiefen Trauer, bekannt aus der Welt der attischen Tragödie. Die eine Figur kniet auf dem Boden und rauft sich die Haare in einem Moment intensiver Emotionalität, während die zweite Frau kontemplativ stehend und mit einem Alabastron in der rechten Hand dargestellt wird. Was diese Szene von der Mehrheit solcher Grabbesuchsszenen⁴⁴ abhebt, ist die Tatsache, dass die Eine rotfigurige Oinochoe im Louvre (L ) ist eines der vielen Beispiele in der Vasenmalerei, die einen Baum mit an seinen Zweigen hängenden Pinakes als Chiffre für das Gesamtheiligtum verwenden, siehe z. B. Thesaurus Cultus et Rituum Antiquorum IV () Nr. b, Taf. s. v. „Darstellungen von Kultorten“ (A. Kossatz-Deissmann). Boetticher, Baumkultus, a. O. (Anm. ) -. Plato, Leges e: πέριξ δένδρων ἄλσος περιφυτεύσουσι πλὴν κώλου ἑνός. J. D. Beazley, Attic Red-Figure Vase Painters² () f. Nr. schrieb das Gefäss dem Vogel-Maler zu. D. C. Kurtz, Athenian White Lekythoi. Potters and Painters () versuchte – m. E. wenig überzeugend – die Lekythos mit dem sog. Schilf-Maler in Verbindung zu bringen. Zuletzt führte J. H. Oakley, Picturing Death in Classical Athens. The Evidence of the White Lekythoi () Nr. das Gefäss in einer Liste auf und schrieb es erneut dem Vogel-Maler zu, ohne allerdings im Text darauf näher einzugehen. Zu solchen Szenen siehe zuletzt Oakley, Picturing Death, a. O. (Anm. ) -. Es ist bemerkenswert, dass in dieser ersten, sehr detaillierten und reich bebilderten ikonogra-
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sog. Trauerrituale nicht vor einem Grabmonument, sondern vor einem Baum stattfinden, der auf einer niedrigen Erdanhäufung steht. Der einzelne Baum steht nicht nur als Bildchiffre für einen anzunehmenden Hain, sondern übernimmt vielmehr die eigentliche Rolle des Grabmonuments. Der Baum ist auf diesem und vergleichbaren Bildern vollständig an die Stelle des funerären Semas getreten; er wird ikonographisch durch die Bänder, die an seinen Zweigen hängen, explizit als „natürliche Grabstele“ aufgefasst. Das Anbinden von Bändern um das Grabmonument bzw. die bereits vom Grabmonument herabhängenden Bänder sind ein omnipräsentes Thema in Grabbesuchsszenen auf weißgrundigen Lekythen,⁴⁵ obwohl keine einzige Passage in den erhaltenen Tragödien diesen rituellen Akt dokumentiert.⁴⁶ Solche Bilder sind sicherlich keine realistischen Dokumente für die Verwendung einzelner Bäume als Grabmonumente, sondern verweisen bildlich auf Heroisierungsvorstellungen, da nach den schriftlichen Quellen Haine im funerären Kontext fast ausschließlich mit Heroengräbern in Verbindung stehen.⁴⁷
Berggipfel In den meisten antiken Kulturen symbolisiert der heilige Berg das Zentrum der Welt, die axis mundi, an der Himmel, Erde und Unterwelt aufeinander treffen. Tempel und königliche Residenzen werden häufig als symbolische Spitze eines heiligen Berges verstanden und übernehmen dadurch ebenfalls die Eigenschaften einer Mitte der Welt.⁴⁸ Im antiken Griechenland werden zwar Berge häufig als heilige, transzendierende Orte angesehen, aber nicht als Zentrum der Welt; nur vom Apollonheiligtum in Delphi berichten die antiken Quellen von dem Anspruch, Nabel der Welt zu sein, aber hier fehlt die Konzeption des heiligen Berges. Die enge Verbindung zwischen der Götterwelt und den Bergen manifestiert sich in
phischen Untersuchung der weißgrundigen Lekythen das Thema des Baumes als ‚Grabmonument‘ in einem einzigen Satz abgehandelt wird: „In other cases, a tree serves to mark the grave“ (S. ). Wegen der besonders auffälligen Zahl der Bänder um die dargestellte Grabstele stellt eine Lekythos des sog. Vouni-Malers im Metropolitan Museum in New York (Inv. Nr. ..) einen sehr anschaulichen Fall für einen solchen rituellen Akt dar. Siehe demnächst J. Mylonopoulos, „Remember the dead! Private post-burial rituals in the light of literary sources and white-ground lekythoi“, in: M. Gaifman – I. Rutherford (Hgg.), Perceptions of polis-religion: inside/outside. A symposium in memory of Christiane Sourvinou-Inwood. J. Fabricius, Die hellenistischen Totenmahlreliefs. Grabrepräsentation und Wertvorstellungen in ostgriechischen Städten () - bes. . Fabricius betont zu Recht die Verbindung zwischen Heroen und Bäumen bzw. alse, weist aber nicht auf die Verwendung des BaumMotivs bereits auf weißgrundigen Lekythen hin. Eliade, Religionen und das Heilige, a. O. (Anm. ) -.
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der Tatsache, dass der thessalische Berg Olymp als der Sitz der Götter angesehen wurde. Und doch gab es in Griechenland im Gegensatz zu Flüssen oder Quellen keine Personifikationen von Bergen, die eine kultische Verehrung erfuhren.⁴⁹ Hier unterscheidet sich die griechische Kultur grundsätzlich von Kulturen des Vorderen Orients, wo Berge in menschlicher Gestalt dargestellt und verehrt werden.⁵⁰ Interessanterweise gehören Berggipfel außerhalb von Städten im Normalfall zum Machtbereich des Zeus. Obwohl er, unter anderem mit den Kultepitheta Polieus oder Agoraios, fast in jeder griechischen Polis anzutreffen ist, besitzt er sehr wichtige alte Kultplätze auf Bergen; hierzu gehören das Heiligtum des Zeus Hellanios auf der Insel Ägina,⁵¹ das Heiligtum auf dem attischen Berg Hymettos⁵² oder die Kultstätte auf dem arkadischen Lykaion, für die sogar Menschenopfer literarisch überliefert sind.⁵³ Zeus wird an solchen Kultorten als Wolkensammler und Regenspender verehrt. Häufig sind mit dieser Vorstellung eigenartige, altertümlich wirkende Rituale verbunden: Zu Ehren des Zeus Akraios in Thessalien begaben sich im Hochsommer Männer in frischen Widderfellen auf den höchsten Gipfel des Pelion, um von Zeus Regen zu erflehen.⁵⁴ Schriftliche Quellen überliefern auch die Tradition um das Opfer des Aiakos an Zeus Hellanios, wodurch Regen für ganz Griechenland erfleht wurde, offensichtlich ein mythisches pangriechisches Opfer.⁵⁵ Wie wichtig Berge für religiöse Vorstellungen sein können, zeigt sich häufig in den Fällen, in denen religiöse oder ethnische Gruppierungen außerhalb ihres sozialen Kontextes existieren müssen: Die Samariter, die auf Delos lebten, waren so eng mit dem heiligen Berg ihres Heimatlandes verbunden, dass sie sich selbst
M. Clarke, „Gods and mountains in Greek myth and poetry“, in: A. B. Lloyd (Hg.), What is a God? Studies in the Nature of Greek Divinity () -. S. Lloyd, Early Highland Peoples of Anatolia () ; V. Haas, Hethitische Berggötter und Hurritische Steindämonen () . H. R. Goette, Athen – Attika – Megaris () -; E. Walter-Karydi, How the Aiginetans Formed Their Identity () f. mit Anm. . M. K. Langdon, A Sanctuary of Zeus on Mount Hymettos. Hesperia, Suppl. (). N. Kreutz, Zeus und die griechischen Poleis. Topographische und religionsgeschichtliche Untersuchungen von archaischer bis in hellenistische Zeit () -; speziell zu den literarisch überlieferten Menschenopfern siehe zuletzt M. Jost, „The Religious System in Arcadia“, in: D. Ogden (Hg.), A Companion to Greek Religion () f. W. Burkert, Homo Necans. Interpretationen altgriechischer Opferriten und Mythen () f. Das Opfer des Aiakos wird unter anderem von Isokrates (Evagoras -), Diodor (, ) und Pausanias (II, , -) überliefert. Isokrates bezeichnet sogar das Heiligtum des Zeus auf Ägina als eine Kultstätte, die von allen Griechen gegründet war.
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relativ umständlich als „diejenigen, die auf dem Berg Argarizein opfern“ bezeichneten.⁵⁶
Quellen und Flüsse Im Gegensatz zu Grotten, Bäumen oder Bergen werden Quellen und Flüsse im antiken Griechenland häufig personifiziert, anthropomorph oder wie im Falle des Acheloos halbtheriomorph dargestellt und in manchen Fällen auch kultisch verehrt. Bereits Homer weiß über den Kult von Flüssen zu berichten. Die Trojaner opferten Skamandros, indem sie lebende Pferde in seine Fluten warfen,⁵⁷ ein Opferritual, das auf dem griechischen Festland und zwar in der Argolis auch mit Poseidon in Verbindung gebracht wird.⁵⁸ Die Tatsache, dass Peleus Schafe ausgerechnet an den Quellen des Spercheios opfert,⁵⁹ ist ein interessantes Detail, das an die anfangs zitierte Seneca-Passage erinnert. Kein anderer Fluss genoss einen solch verbreiteten Kult wie der Acheloos, wie sowohl literarische als auch archäologische Quellen beeindruckend belegen, so dass mit dem Wort Acheloos sogar sehr allgemein von Wasser gesprochen werden konnte.⁶⁰ Ein irritierendes Dokument aus dem Ende des 5. Jhs. bezeugt die einzige uns bekannte Kultstätte für den Fluss Kephisos in Athen. Es handelt sich um ein 1909 in der Nähe des antiken Flussbettes von Kephisos gefundenes und in seiner Ikonographie einzigartiges Weihrelief, das eine Götterversammlung zeigt, in derer Mitte eine Sterbliche ihr kleines Kind einem Gott, höchstwahrscheinlich dem personifizierten Kephisos selbst, präsentiert (Athen, Nationalmuseum Inv.-Nr. 2756).⁶¹ Die Situation wird dadurch verkompliziert, dass die Stifterin, eine Frau namens Xenokrateia, in der Begleitinschrift explizit schreiben ließ, dass sie das Heiligtum des Flusses Kephisos, das sich an der Fundstelle des Reliefs befand, selber gegründet hatte.⁶² Die Gründung eines Heiligtums durch eine Frau, die mit Sicherheit Ph. Bruneau, „Les Israélites de Délos et la juiverie délienne“, Bulletin de correspondance hellénique () -; Supplementum Epigraphicum Graecum XXXII : οἱ ἐν Δήλῳ Ἰσραελεῖται οἱ ἀ|παρχόμενοι εἰς ἱερὸν Ἀργα|ριζείν; Supplementum Epigraphicum Graecum XXXII : [οἱ ἐν Δήλῳ] | Ἰσραηλῖται οἱ ἀπαρχόμενοι εἰς ἱερὸν ἅγιον Ἀρ|γαριζείν. Homer, Ilias , : ζωοὺς δ’ ἐν δίνῃσι καθίετε μώνυχας ἵππους. Mylonopoulos, Heiligtümer und Kulte des Poseidon, a. O. (Anm. ) -. Homer, Ilias , f.: πεντήκοντα δ’ ἔνορχα παρ’ αὐτόθι μῆλ’ ἱερεύσειν ἐς πηγάς. H. P. Isler, Acheloos () -. G. Güntner, Göttervereine und Götterversammlungen auf attischen Weihreliefs () -; N. Kaltsas, Sculpture in the National Archaeological Museum, Athens () Nr. . Inscriptiones Graecae I³ : Ξενοκράτεια Κηφισοῦ ἱερ|ὸν ἱδρύσατο καὶ ἀνέθηκεν | ξυμβώμοις τε θεοῖς διδασκαλ|ίας τόδε δῶρον, Ξενιάδο θυγάτ|ηρ καὶ μήτηρ ἐκ Χολλειδῶν | θύεν τῶι βουλομένωι ἐπὶ | τελεστῶν ἀγαθῶν.
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die Bewilligung durch die männliche Bürgerschaft erhielt, bleibt für diese Zeit ein absolutes und wegen des Fehlens weiterer Quellen unerklärliches Unikum. In der Forschung wird die Einmaligkeit der Gründung des Kephisosheiligtums durch Xenokrateia entweder stillschweigend übergangen oder sogar die Gründung als Ganzes bestritten.⁶³ Es Abb. 4: Weißgrundige Lekythos des sog. Malers von München 2335, scheint allerdings, dass ein 430 v. Chr., New York, The Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. gewisser Kephisodotos – 09.221.44 man beachte den Namen – an der Gründung beteiligt war,⁶⁴ denn eine in der Nähe gefundene Inschrift berichtet von seiner Stiftung eines Altars.⁶⁵ Der Text der Xenokrateia-Inschrift und die Ungewöhnlichkeit des Weihreliefs weisen m. E. eindeutig darauf hin, dass das Heiligtum von Xenokrateia gestiftet wurde; wenig später folgte die Stiftung des Kephisodotos. Im Altertum hatten Quellen und Flüsse für die Griechen eine liminale Bedeutung, da ihr Ursprung aus den Tiefen der Erde ihnen eine eindeutig chthonische Konnotation verlieh. Es ist in dieser Hinsicht besonders aussagekräftig, dass die Reise in die Welt der Toten durch die Reise über den Fluss Acheron symbolisiert wird. Hermes Psychopompos brachte die Toten bis zu den Ufern dieses Flusses, wo Charon mit seinem Boot wartete, um die Seele auf die andere Seite des Acheron zu bringen. Es verwundert daher nicht, dass die letzte Reise der menschlichen Seele zu den beliebtesten Themen gehört, die auf weißgrundigen Lekythen zu sehen sind (Abb. 4).⁶⁶ Flüsse markieren in der realen Welt häufig, wenn auch keineswegs aus R. Parker, Polytheism and Society at Athens () Anm. lehnt die Vorstellung ab, dass Xenokrateia das Heiligtum gegründet hat, weil seiner Meinung nach die Lesung des Anfangs der Inschrift falsch sei. L. Beschi, „Culti stranieri e fondazioni private nell’Attica classica: alcuni casi“, Annuario della Scuola Archeologica di Atene e delle Missioni Italiane in Oriente () - geht von einer gemeinsamen, zeitgleichen Stiftung des Kephisodotos und der Xenokrateia aus. Inscriptiones Graecae I³ A: Κηφισόδοτος Δεμογένος | Βουτάδες ἱδρύσατο | καὶ τὸν βωμόν. Chr. Sourvinou-Inwood, ‘Reading’ Greek Death to the End of the Classical Period () -; Oakley, Picturing Death, a. O. (Anm. ) -.
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schließlich Grenzpunkte; oft verlaufen die Grenzen einer Stadt oder einer Landschaft entlang eines Flusses.⁶⁷ Jede Überquerung eines größeren Wasserstroms war zugleich eine bedrohliche Handlung, die durch eine Opferung neutralisiert werden musste.⁶⁸ Der chthonische Charakter von Quellen und in einem weiteren Sinne von Brunnen manifestiert sich auch in der Tatsache, dass sie in der Antike beliebte Plätze für die Deponierung von defixiones waren.⁶⁹ Nach den antiken religiösen Vorstellungen sind solche Wünsche, die einem Feind Schaden zufügen sollten, durch die Deponierung an bzw. in einer Quelle schneller und direkter zu den Mächten der Unterwelt gebracht worden. In dieser Hinsicht lassen sich Quellen / Brunnen mit Gräbern vergleichen, die zumindest in klassischer Zeit der bei weitem beliebteste Ort für die Deponierung von Fluchtäfelchen gewesen sind.⁷⁰ Nach den Grotten und teilweise den Bäumen begegnet uns mit den Flüssen und Quellen ein weiteres landschaftliches Element, das einen potentiell unheimlichen Aspekt in sich zu tragen scheint.
Natur im Heiligtum Integration Obwohl landschaftliche Elemente offensichtlich ohne begleitende Architektur als Kultplätze fungieren konnten, begegnen uns Bäume, Grotten oder Quellen meistens als integraler Bestandteil eines größeren Heiligtums. Ein flüchtiger Blick in die Periegese des Pausanias offenbart, dass es kaum ein griechisches Heiligtum gegeben hat, dass nicht ein alsos einschloß. Prominent hierunter waren die Haine in den vier panhellenischen Heiligtümern, in denen das Kultgeschehen sich deutlich heiliger Bäume bediente: Die Kränze für die Sieger bei den dazugehörigen Agonen bestanden aus Zweigen von eben diesen Bäumen.⁷¹ Noch interessanter erscheinen vereinzelte Bäume innerhalb einer Kultstätte. Bedeutendste Beispiele Siehe vor allem R. von Scheliha, Die Wassergrenze im Altertum (). In der Ilias (, ) opfern die Pylier einen Stier an Alpheios beim Überqueren der Grenze zu Elis, die vom Fluss markiert wird. D. R. Jordan, „A survey of Greek defixiones not included in the special corpora“, Greek, Roman, and Byzantine Studies () -. Eine sehr große Zahl der attischen defixiones, die Jordan aufführt, stammt entweder aus dem Kerameikos (Nr. -) oder aus verschiedenen Brunnen auf der Agora (Nr. -). Siehe allgemeiner F. Graf, Gottesnähe und Schadenszauber. Die Magie in der griechisch-römischen Antike () mit Anm. . R. Wünsch, Defixionum tabellae (= Inscriptiones Graecae III.) (). Die Mehrzahl der attischen defixiones mit bekannter Provenienz wurde in Gräbern entdeckt. M. Blech, Studien zum Kranz bei den Griechen () -.
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hierfür sind mit Sicherheit die lygos im samischen Heraion,⁷² der Olivenbaum auf der Athener Akropolis⁷³ oder die Eiche im Zeusheiligtum von Dodona.⁷⁴ Im Falle des dodonäischen Kultortes sind wir sogar in der Lage nachzuvollziehen, wie ein Naturheiligtum, bestehend ursprünglich aus einem einzigen Baum, im Laufe der Zeit zu einem der architektonisch imposantesten Kultplätze Griechenlands wird, da die „Steinwerdung“ des Kultes sehr spät einsetzt. Erst am Ende des 5. Jhs. entsteht neben der heiligen Eiche ein bescheidener Naiskos. In dieser Zeit dürfen wir lediglich von einer Koexistenz von Naturerscheinung und menschlichem Eingreifen sprechen. Erst mit der Errichtung einer niedrigen Temenosmauer in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. werden Kultbau und Baum zu einer Einheit. Die weitere Entwicklung der Zeusanlage zu einem Peristylheiligtum im 3. Jh. offenbart die immer deutlichere Integration der Eiche in einen größeren architektonischen Kontext. Der Peristylhof betont die Zusammengehörigkeit des Tempels und der Eiche und schirmt gleichzeitig beide vom restlichen erweiterten Heiligtum ab.⁷⁵ Abgesehen von den angesprochenen heiligen Bäumen sind Haine meistens ein landschaftliches Element, das die Sakralität des Ortes betont, eine Art heilige Kulisse.⁷⁶ In ihrer Berühmtheit als eigenständige Kultstätten sind der heilige Hain H. J. Kienast, „Zum heiligen Baum der Hera auf Samos“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung () -; H. Kyrieleis, „The Heraion at Samos“, in: N. Marinatos – R. Hägg (Hgg.), Greek Sanctuaries. New Approaches () . Nicht nur die zentrale Positionierung des heiligen Olivenbaums im Westgiebel des Parthenon, sondern auch seine Darstellung auf Reliefs, die wichtige attische Urkunden krönten, betonen die Bedeutung des im oder am Erechtheion wachsenden Olivenbaums (Pausanias I, , -) für die attische Identität, vgl. C. L. Lawton, Attic Document Reliefs. Art and Politics in Ancient Athens () f. Taf. . Es ist m. E. von Bedeutung, dass antike AkropolisBesucher nach dem Durchschreiten der Propyläen mittels des parthenonischen Westgiebels mit dem Mythos um den heiligen Olivenbaum und den Beginn der ‚Beziehung‘ Athenas zu ihrer Stadt visuell konfrontiert wurden. P. R. Parke, „Das Taubenorakel zu Dodona und die Eiche als der heilige Baum des Zeus Naios“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung () -. J. Mylonopoulos, „Das Zeusheiligtum in Dodona: Zwischen Orakel und venatio“, in: J. Mylonopoulos – H. Roeder (Hgg.), Archäologie und Ritual. Auf der Suche nach der rituellen Handlung in den antiken Kulturen Ägyptens und Griechenlands () - bes. -. Jüngst spekulierte P. Bonnechere, „The Place of the Sacred Grove (Alsos) in the Mantic Rituals of Greece: The Example of the Alsos of Trophonios at Lebadeia (Boeotia)“ in: M. Conan (Hg.), Sacred Gardens and Landscapes: Ritual and Agency () - bes. über die Funktion von alse und brachte sie schließlich mit Mysterien, Divination (siehe hierzu auch F. Graf, „Bois sacrés et oracles en Asie Mineure“, in: de Cazanove – Scheid [Hgg.], Les bois sacrés, a. O. [Anm. ] -) und Initiation in Verbindung. Das häufige Vorhandensein von heiligen Hainen in Heiligtümern solchen Charakters sagt m. E. sehr wenig über die Funktion von Hainen im Allgemeinen aus. Wie soll dieser Deutungsansatz
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des Poseidon in Onchestos mit dem paradox anmutenden Ritual der Durchquerung des Haines durch einen führerlosen diphros⁷⁷ oder der Eichenwald in der Nähe des böotischen Alalkomenai, der das Holz für die Erschaffung der Daidala für das gleichnamige platäische bzw. panböotische Fest lieferte,⁷⁸ eher die Ausnahmen. Und doch wird das Heiligtum des Trophonios in Lebadeia von Pausanias als alsos und nicht als hieron bezeichnet, obwohl der Perieget explizit den Tempel und die praxitelische Statue des Trophonios erwähnt.⁷⁹ Grotten bzw. Erdspalten werden ebenfalls sehr häufig zu einem integralen Bestandteil einer Kultstätte und spielen im rituellen Alltag in den meisten Fällen eine wichtigere Rolle als die heiligen Haine. Vor allem mit Totenorakeln werden Grotten in Verbindung gebracht. Von der Existenz einer Grotte, in der die Begegnung zwischen Lebenden und Toten stattzufinden hat, berichten literarische Quellen in Bezug auf die vier berühmtesten Totenorakel der Antike, bei dem See Avernus in der Nähe von Cumae, beim Acheron in Epirus, im Poseidonheiligtum auf dem Kap Tainaron und in Herakleia Pontike.⁸⁰ Relativ sichere archäologische Zeugnisse besitzen wir lediglich für Tainaron und Herakleia Pontike, da für das Orakel von Avernus nur literarische Quellen existieren,⁸¹ während die von Sotirios Dakaris vorgeschlagene Identifizierung eines Gebäudes in Ephyra mit dem Totenorakel des Acheron mehr als fraglich erscheint.⁸² Die von Wolfram Hoepfner mit dem Totenorakel von Herakleia Pontike identifizierte Grotte präsentiert sich im Sinne der kretischen Idäischen Grotte
Haine in Kultstätten für Ares, Asklepios, Athena, Hera oder Poseidon beleuchten? Solche Interpretationen, die mit der Überbetonung einzelner Aspekte eines Kultes einhergehen, können m. E. ein so allgemeines Phänomen wie die Existenz von Hainen in Heiligtümern nicht adäquat erklären. A. Teffeteller, „The Chariot Rite at Onchestos: Homeric Hymn to Apollo -“, Journal of Hellenic Studies () - argumentiert für einen mykenischen Ursprung des gefährlichen Rituals im Hain des Poseidon Gaiochos. A. Chaniotis, „Ritual Dynamics: The Boiotian Festival of the Daidala“, in: H. F. J. Horstmanshoff u. a. (Hgg.), Kykeon. Studies in Honour of H. S. Versnel () -. Pausanias IX, , : κεκόσμηται μὲν δὴ τὰ ἄλλα σφίσιν ἡ πόλις ὁμοίως τοῖς Ἑλλήνων μάλιστα εὐδαίμοσι, διείργει δὲ ἀπ’ αὐτῆς τὸ ἄλσος τοῦ Τροφωνίου. , , : τὰ δὲ ἐπιφανέστατα ἐν τῷ ἄλσει Τροφωνίου ναὸς καὶ ἄγαλμά ἐστιν, Ἀσκληπιῷ καὶ τοῦτο εἰκασμένον· Πραξιτέλης δὲ ἐποίησε τὸ ἄγαλμα. Der Perieget bezeichent auch das Heiligtum des Apollon Maleatas und des Asklepios in Epidauros als alsos (s. u.). Allgemein zu den vier wichtigsten Totenorakeln der griechisch-römischen Welt, siehe D. Ogden, Greek and Roman Necromancy () -. Die längste Beschreibung findet sich bei Strabo (, , ). S. I. Dakaris, „Das Taubenorakel von Dodona und das Totenorakel bei Ephyra“, in: Neue Ausgrabungen in Griechenland. Antike Kunst, Beih. () -; D. Baatz, „Hellenistische Katapulte aus Ephyra (Epirus)“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung () -; ders., „Wehrhaftes Wohnen. Ein befestigter Adelssitz bei Ephyra (Nordgriechenland)“, Antike Welt () - zeigte völlig
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als eine eigenständige Kultstätte.⁸³ Die Grotte auf Tainaron wurde dagegen in eine größere Kultstätte integriert, denn das Heiligtum bestand nicht nur aus der Grotte, sondern aus einem lang gestreckten Gebäude (Abb. 2), einem kleinen späthellenistischen Naiskos und mehreren Nebengebäuden. Eine ähnliche Integration erfuhr allem Anschein nach eine kleine Höhle im Orakelheiligtum des Trophonios bei Lebadeia. Sowohl die Gestaltung der trophonischen Kultstätte als auch der Kultablauf lassen sich ausschließlich anhand der literarischen Quellen rekonstruieren.⁸⁴ Im Zentrum der Kultstätte befand sich der Eingang in die unterirdische Höhle des Trophonios, in der bemerkenswerterweise der Ratsuchende direkt mit dem Orakel gebenden Heros in Verbindung trat.⁸⁵ Außerhalb der Orakelkultstätten begegnen uns interessante Beispiele für die Integration von Grotten im Demeterheiligtum von Eleusis und im Poseidonheiligtum von Isthmia. In Eleusis wurde die Grotte nordöstlich des Telesterion traditionell als ein Kultplatz zu Ehren des Hades angesprochen;⁸⁶ hier befand sich einer der zahlreichen Eingänge in die Unterwelt. Kevin Clinton identifizierte allerdings diesen Platz mit der berühmten agelastos petra.⁸⁷ Es spricht einiges dafür, dass hier in einer Art mimetischer Kulthandlung die anodos der Kore in Begleitung des Eubuleus zu ihrer auf der agelastos petra sitzenden Mutter zelebriert wurde. So wurde die natürliche Grotte nicht nur in die mythische Tradition des Heiligtums, sondern auch in den rituellen Alltag integriert.⁸⁸ Eine Besonderheit liefert
überzeugend, dass es sich bei dem von Dakaris ausgegrabenen „nekyomanteion“ in Wirklichkeit um ein frühhellenistisches befestigtes Turmgehöft handelt. Unter den drei in der Gegend von Herakleia Pontike untersuchten Grotten identifizierte W. Hoepfner, „Topographische Forschungen“, in: D. Asheri – W. Hoepfner – A. Erichsen, Forschungen an der Nordküste Kleinasiens I () f. die Höhle II mit dem Totenorakel. In einem Vortrag am Seminar für Religionswissenschaft der Universität Erfurt hat Pauline Hanesworth (Exeter) aufgrund aller relevanten schriftlichen Quellen Hoepfners Identifizierung überzeugend abgelehnt. Wie so häufig ist die längste und an Details reichste antike Quelle der Bericht des Pausanias (IX, , – , ). Spätere Quellen berichten auch von der Existenz von Mysterien im Heiligtum des Trophonios, siehe dazu P. Bonnechere, „Trophonius of Lebadea. Mystery Aspects of an Oracular Cult in Boeotia“, in: M. B. Cosmopoulos (Hg.), Greek Mysteries. The Archaeology and Ritual of Ancient Greek Secret Cults () -. P. Bonnechere, Trophonios de Lébadée. Cultes et mythes d’une cité béotienne au miroir de la mentalité antique () -. F. Noack, Eleusis. Die baugeschichtliche Entwicklung des Heiligtums () -; G. E. Mylonas, Eleusis and the Eleusinian Mysteries () f. Clinton, Myth and Cult, a. O. (Anm. ) -. Zu den mimetischen Handlungen in Eleusis ohne eine topographische Verankerung siehe Chr. Sourvinou-Inwood, „Festival and Mysteries. Aspects of the Eleusinian Cult“, in: Cosmopoulos (Hg.), Greek Mysteries, a. O. (Anm. ) -. Dagegen vermutet I. Nielsen, Cultic Theatres and Ritual Drama () f., dass die eleusinischen rituellen dramata am theaterförmigen Platz südlich des Telesterion stattgefunden haben. Es ist m. E. sehr
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die Integration der Kultgrotten im isthmischen Heiligtum des Poseidon. Es handelt sich um natürliche Grotten, die allerdings mit aus dem Felsen gehauenen Klinen ausgestattet waren, wodurch sie zu einer Art von Banketträumen umgestaltet wurden. In der Forschung werden diese Grotten meistens mit Poseidon oder mit Melikertes / Palaimon in Verbindung gebracht.⁸⁹ In meiner Interpretation dienten sie dem gemeinsamen Mahl einer Kultgemeinschaft zu Ehren des heroisierten Kindes Melikertes / Palaimon und des Dionysos im 5. und 4. Jh. v. Chr.⁹⁰ Die rituelle Waschung vor dem Eintritt in eine Kultstätte machte die Existenz von Wasser in oder bei einem Heiligtum unabdingbar. Die Positionierung vieler Heiligtümer lässt sich sinnvoll durch Wasservorkommen in Form von Quellen oder Flüssen erklären. Die Gründung z. B. des Demeterheiligtums von Korinth an einem Ort, der für fast jeden Bau erhebliche Terrassierungsmaßnahmen erforderte, lässt sich sicherlich nicht nur durch die relative Abgeschiedenheit des Ortes, die für Demeterkultplätze so typisch erscheint,⁹¹ sondern auch durch die Existenz einer Quelle in der unmittelbaren Nähe erklären.⁹² Sucht man nach Gruppen von Heiligtümern, die in einer besonderen Art und Weise Quellen integrierten, begegnen einem vorwiegend Orakel und Heilkultstätten. Im Orakelheiligtum des Apollon im kleinasiatischen Klaros wurde neben einem heiligen Hain, in dem angeblich keine Schlangen, Skorpione oder sonstigen giftigen Tiere lebten, eine Grotte mit einer Quelle unterhalb des Tempels integriert. Der Prophetes musste hinabsteigen und vom Wasser der Quelle trinken, um weissagen zu können.⁹³ Quellen innerhalb der Kultstätte waren ebenfalls integraler Bestandteil der Orakelbefragung im lebadeischen Trophoneion: Vor der Begeg-
wahrscheinlich, dass verschiedene Teile der eleusinischen Mythenwelt an unterschiedlichen Orten innerhalb des Heiligtums mimetisch aufgeführt wurden. Für die anodos der Persephone aus der Unterwelt ist die Grotte bei den kleinen Propyläen weit geeigneter. E. R. Gebhard, „Caves and Cults at the Isthmian Sanctuary of Poseidon“, in: R. Hägg (Hg.), Peloponnesian Sanctuaries and Cults () - brachte neben Poseidon und Palaimon eine „hereditary group (phratry or tribe)“ und eine „society who worshipped a particular hero“ in die Diskussion. Mylonopoulos, Heiligtümer und Kulte des Poseidon, a. O. (Anm. ) -. S. G. Cole, „Demeter in the Ancient Greek City and its Countryside“, in: Alcock – Osborne (Hgg.), Placing the Gods, a. O. (Anm. ) -. N. Bookidis – R. S. Stroud, The Sanctuary of Demeter and Kore. Topography and Architecture, Corinth XVIII. () f. betonen zwar die Existenz einer Quelle nur bis m unterhalb des Heiligtums, aber bleiben wegen des relativ steilen Abhangs, der den Transport des Wassers ins Heiligtum erschwert hätte, skeptisch, ob die Quelle tatsächlich eine Rolle bei der Wahl des Platzes gespielt hat. Plinius, Naturalis historia , : Colophone in Apollinis Clarii specu lacuna est, cuius potu mira reddentur oracula, bibentium breviore vita. Tacitus, Annales . : tum in specum degressus, hausta fontis arcani aqua, ignarus plerumque litterarum et carminum edit responsa versibus compositis super rebus quas quis mente concepit.
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nung mit dem Heros, aber auch danach musste das Wasser des Vergessens bzw. des Erinnerns getrunken werden.⁹⁴ Auch für Didyma überliefern die Gründungsmythen und die rituelle Praxis die enge Verbindung zwischen der apollinischen Kultstätte und einer Quelle.⁹⁵ Nach den Berichten einiger antiker Autoren spielte diese Quelle eine besondere Rolle bei der Erteilung von Orakeln: Das Einatmen des Dunstes aus der heiligen Quelle rief Ekstase hervor, die wiederum zur Weissagung führte.⁹⁶ Die Bedeutung des Wassers allgemein im didymäischen Heiligtum belegt auch die Bezeichnung der Priesterinnen der Artemis als Hydrophoren.⁹⁷ Innerhalb des Heiligtums hat es nachweislich auch ein hieron der Artemis gegeben, das allerdings nach den neuesten Untersuchungen von Helga Bumke nicht mit dem sog. Heiligtum auf der Felsbarre direkt an der Heiligen Straße von Milet nach Didyma zu identifizieren ist.⁹⁸ Ob die Hydrophoren der Artemis mit der apollinischen Hydromantik in Verbindung stehen, lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Allerdings deutet unter anderem die Kultepiklese Pytheie für die didymäische Artemis doch darauf hin.⁹⁹ Auch für das berühmteste Orakelheiligtum der antiken Welt, für Delphi, sind mehrere Quellen namentlich überliefert, darunter zwei, die Kastalia und die Kassotis, die im rituellen Alltag Delphis eine wichtige Rolle spielten. Die meisten antiken Zeugnisse bringen die Quelle Kastalia,¹⁰⁰ die sich außerhalb des Temenos befindet, mit der Orakel gebenden Funktion des Heiligtums in Verbindung: Bereits Pindar spricht in seiner vierten pythischen Ode vom „Orakel bei der Kastalia“.¹⁰¹ Dagegen war laut Pausanias die Quelle Kassotis in der Nähe der nordöstlichen Pausanias IX, , -: τὸ ἐντεῦθεν ὑπὸ τῶν ἱερέων οὐκ αὐτίκα ἐπὶ τὸ μαντεῖον, ἐπὶ δὲ ὕδατος πηγὰς ἄγεται· αἱ δὲ ἐγγύτατά εἰσιν ἀλλήλων. ἐνταῦθα δὴ χρὴ πιεῖν αὐτὸν Λήθης τε ὕδωρ καλούμενον, ἵνα λήθη γένηταί οἱ πάντων ἃ τέως ἐφρόντιζε, καὶ ἐπὶ τῷδε ἄλλο αὖθις ὕδωρ πίνειν Μνημοσύνης· ἀπὸ τούτου τε μνημονεύει τὰ ὀφθέντα οἱ καταβάντι. W. Günther, Das Orakel von Didyma in hellenistischer Zeit. Eine Interpretation von SteinUrkunden. Istanbuler Mitteilungen, Beih. () mit Anm. . J. Fontenrose, Didyma. Apollo’s Oracle, Cult, and Companions () -. M. C. Marcellesi, „Les hydrophores d’Artémis Pythiè à Milet“, in: M.-F. Baslez (Hg.), Prosopographie et histoire religieuse () - bes. f. Die Autorin sieht die Funktion der Hydrophoren im Kontext von Mysterien, Opfern, Libationen und διανομαί. H. Bumke, „Die Schwester des Orakelgottes. Zum Artemiskult in Didyma“, in: Mylonopoulos – Roeder (Hgg.), Archäologie und Ritual, a. O. (Anm. ) -. Ebenda f. H. W. Parke, „Castalia“, Bulletin de correspondance hellénique () -. Zum archäologischen Befund der sog. Alten (fontaine archaïque) und Neuen (fontaine rupestre) Kastalia siehe P. Amandry, „Notes de topographie et d’architecture delphiques. VI. La fontaine Castalie“, in: Études Delphiques. Bulletin de correspondance hellénique, Suppl. () -; „Notes de topographie et d’architecture delphiques. VII. La fontaine Castalie (compléments)“, Bulletin de correspondance hellénique () -. Pindar, Pyth. , f.: μεμάντευμαι δ’ ἐπὶ Κασταλίᾳ, εἰ μετάλλατόν τι.
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Ecke des Tempels diejenige Quelle, die der Priesterin die Gabe der Weissagung verlieh, da nach dem antiken Periegeten ihr Wasser unterirdisch das Adyton des Tempels erreichte.¹⁰² Genauso divergierend sind auch die Forschungsmeinungen: Michael Maass bringt die Kastalia mit der Orakelfunktion in Verbindung;¹⁰³ Veit Rosenberger folgt dagegen dem Bericht des Pausanias und sieht in der Kassotis die delphische Orakelquelle, während nach ihm in Anlehnung an Euripides’ Ion das Wasser der Kastalia „zur kultischen Reinigung verwendet“ wurde.¹⁰⁴ Trotz dieser Problematik lässt sich festhalten, dass auch in Delphi eine Quelle eine eminente Bedeutung bei der wichtigsten Funktion der Kultstätte hatte. Die real und symbolisch reinigende oder heilende Wirkung des Wassers machte Quellen und ihre unmittelbare Umgebung zu hervorragenden Plätzen für die Gründung von Heilkultstätten.¹⁰⁵ Bekanntlich war Asklepios die wichtigste Heilgottheit des antiken Griechenland. Ein unabdingbares Element seiner Kultstätten war die Existenz von Wasser und von entsprechenden Anlagen.¹⁰⁶ In Epidauros, dem wohl berühmtesten Asklepieion der antiken Welt, befand sich ganz in der Nähe der Hallen, wo die Patienten den heilenden Schlaf vollzogen, eine Badanlage, während mindestens sechs Quell- und Brunnenhäuser sich über den gesamten Bereich des Heiligtums verteilten.¹⁰⁷ Der Kult des epidaurischen Asklepios wird im ausgehenden 5. Jh. in Athen eingeführt. Die berühmte Telemachosstele liefert wertvolle Informationen zur Gründung der Kultstätte am Südabhang der Akropolis.¹⁰⁸ In dem athenischen Asklepieion wurde kongenial die alte, seit archaischer Zeit benutzte heilige Quelle Hallirhotis im späten 5. Jh. allgemein in die Topogra Pausanias X, , : ἰοῦσι δὲ ὡς ἐπὶ τὸν ναὸν αὖθις μετὰ τοῦ λίθου τὴν θέαν ἐστὶν ἡ Κασσοτὶς καλουμένη πηγή· τεῖχος δὲ οὐ μέγα ἐπ’ αὐτῇ καὶ ἡ ἄνοδος διὰ τοῦ τείχους ἐστὶν ἐπὶ τὴν πηγήν. ταύτης τῆς Κασσοτίδος δύεσθαί τε κατὰ τῆς γῆς λέγουσι τὸ ὕδωρ καὶ ἐν τῷ ἀδύτῳ τοῦ θεοῦ τὰς γυναῖκας μαντικὰς ποιεῖν. M. Maass, Das antike Delphi. Orakel, Schätze und Monumente () -. V. Rosenberger, Griechische Orakel. Eine Kulturgeschichte () , . Euripides, Ion -: ἀλλ’ ἐκπαύσω γὰρ μόχθους δάφνας ὁλκοῖς, χρυσέων δ’ ἐκ τευχέων ῥίψω γαίας παγάν, ἃν ἀποχεύονται Κασταλίας δῖναι, νοτερὸν ὕδωρ βάλλων, ὅσιος ἀπ’ εὐνᾶς ὤν. Hinweise auf die kultisch reinigende Funktion der Kastalia gibt es auch in den Phoinissai -: ἔτι δὲ Κασταλίας ὕδωρ περιμένει με κόμας ἐμᾶς δεῦσαι παρθένιον χλιδὰν Φοιβείαισι λατρείαις. R. Ginouvès, „L’eau dans les sanctuaires médicaux“, in: R. Ginouvès u. a. (Hgg.), L’eau, la santé et la maladie dans le monde grec. Bulletin de correspondance hellénique, Suppl. () -. J. Riethmüller, Asklepios. Heiligtümer und Kulte (). V. Lambrinoudakis, „L’eau médicale à Épidaure“, in: Ginouvès u. a. (Hgg.), L’Eau, a. O. (Anm. ) -. L. Beschi, „Il monumento di Telemachos, fondatore dell’Asklepieion Ateniese“, Annuario della Scuola Archeologica di Atene e delle Missioni Italiane in Oriente / (/) ; K. Clinton, „The Epidauria and the Arrival of Aclepius in Athens“, in: R. Hägg (Hg.), Ancient Greek Cult Practice from the Epigraphical Evidence () -.
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phie der Kultstätte und im späten 4. Jh. ganz konkret in eine wichtige Architektur integriert: Im 5. Jh. war die Quelle offensichtlich ein selbstständiges Element des Heiligtums, vielleicht auch der Grund für die Errichtung der Kultstätte an diesem Platz. Bei der Errichtung der Abb. 5: Das Heiligtum des Asklepios in Athen. großen Inkubationshalle im späten 4. Jh. wurde die Quelle in diesen neuen Bau integriert und war nur noch über diese Halle zugänglich (Abb. 5). Die zwei wichtigsten Elemente des Heilungsprozesses, die rituelle Reinigung durch Wasser und der Schlaf, waren somit auch architektonisch eng miteinander verbunden.¹⁰⁹ Quellen scheinen viel eindeutiger als bei anderen Kulten ein konstitutives Element für den Asklepioskult gewesen zu sein, denn Ähnliches lässt sich unter anderem für die Asklepieia in Korinth, Troizen, Kos oder Pergamon nachweisen.¹¹⁰ In der Heilkultstätte des Amphiaraos in Oropos, an der Grenze zwischen Attika und Böotien,¹¹¹ begegnet uns eine unterschiedliche Nutzung einer heiligen Quelle. Obwohl auch in diesem Heiligtum eine rituelle Reinigung als Voraussetzung für die Heilung angesehen wurde, geschah dies seltsamerweise nicht durch ein Bad mit Wasser aus der heiligen Quelle, sondern durch ein Tieropfer an dem Altar. Altar und Quelle lagen dicht beieinander vor dem Tempel. Pausanias liefert uns die Erklärung dieser kleinen ‚Anomalie‘ im rituellen Geschehen: In Oropos ist aber auch eine Quelle in der Nähe des Tempels, die sie Amphiaraos-Quelle nennen; sie opfern ihr nichts und halten es nicht für erlaubt, sie für Reinigungen oder als Weihwasser zu benutzen. Wenn aber jemand aufgrund des Orakels von einer Krankheit
Riethmüller, Asklepios, a. O. (Anm. ) -, bes. zur Hallirhotis. In S. B. Aleshire, The Athenian Asklepieion. The People, their Dedications, and the Inventories () - findet sich ebenfalls eine Rekonstruktion der historischen Entwicklung des Heiligtums, allerdings ausschließlich auf der Basis der literarischen und inschriftlichen Zeugnisse. F. Graf, „Heiligtum und Ritual. Das Beispiel der griechisch-römischen Asklepieia“, in: A. Schachter – J. Bingen (Hgg.), Le sanctuaire grec () -. V. C. Petrakos, Ὁ Ὠρωπὸς καὶ τὸ ἱερὸν τοῦ Ἀμφιαράου (). Siehe allgemeiner zum Kult des Amphiaraos P. Sineux, Amphiaraos. Guerrier, devin et guérisseur ().
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genesen ist, wirft er ein silbernes oder goldenes Geldstück in die Quelle, denn hier soll Amphiaraos bereits als Gott aufgetaucht sein (Ernst Meyer).¹¹²
Die Quelle markierte also den Ort der ersten Epiphanie des verehrten Gottes, wodurch der gesamte Platz geheiligt wurde. Aus diesem Grund durfte auch das Wasser aus dieser Quelle nicht für praktische Zwecke verwendet werden. Die Quelle im Amphiareion als permanente visuelle Markierung der epiphanischen Präsenz des Kultinhabers lässt sich mit der Salzwasserquelle und dem Olivenbaum auf der Athener Akropolis sowie der Stelle des Einschlags von Zeus’ Blitz in Olympia vergleichen, obwohl im Amphiareion durch die Quelle eine Epiphanie und nicht nur eine Kratophanie zelebriert wurde.
Imitation Die kurz gezeichneten Fallbeispiele zeigten die eigenständige kultische Nutzung von Landschaftselementen bzw. ihre Integration in eine Kultstätte. Kann aber Natur künstlich in dem sakralen Kontext eines Heiligtums hergestellt werden? Sind natürliche Elemente einer Kultstätte wie Haine, Quellen oder Grotten so eminent wichtig, dass, wenn ein Kulttransfer stattfindet, nicht nur die religiösen Vorstellungen und rituellen Praktiken verpflanzt, sondern auch der landschaftliche Kontext in irgendeiner Form transferiert wird? Falls Letzteres zutrifft, haben wir es mit einem wörtlichen Zitat oder eher mit einer symbolisch wirksamen Übertragung von landschaftlichen Elementen zu tun? Ein Blick zurück auf das athenische Asklepieion erlaubt eine ungefähre Vorstellung von den Mechanismen einer Filialgründung. Die Doppelnatur des epidaurischen Asklepios fand bekanntlich ihren Niederschlag in der Verehrung des Gottes Asklepios in dem Tempel und des Heros Asklepios in der Tholos. Diese Rezeption des Gottes wurde in dem athenischen Filialheiligtum sowohl in der rituellen Praxis als auch in der architektonischen Gestaltung der Kultstätte übernommen: Neben dem kleinen Tempel wurde der Heros Asklepios auf der sog. Bothrosterrasse verehrt (Abb. 5).¹¹³ Beinhaltete aber der Transfer des Asklepioskultes nach Pausanias I, , : ἔστι δὲ Ὠρωπίοις πηγὴ πλησίον τοῦ ναοῦ, ἣν Ἀμφιαράου καλοῦσιν, οὔτε θύοντες οὐδὲν ἐς αὐτὴν οὔτ’ ἐπὶ καθαρσίοις ἢ χέρνιβι χρῆσθαι νομίζοντες· νόσου δὲ ἀκεσθείσης ἀνδρὶ μαντεύματος γενομένου καθέστηκεν ἄργυρον ἀφεῖναι καὶ χρυσὸν ἐπίσημον ἐς τὴν πηγήν, ταύτῃ γὰρ ἀνελθεῖν τὸν Ἀμφιάραον λέγουσιν ἤδη θεόν. J. Riethmüller, „Bothros and Tetrastyle: The Heroon of Asclepius in Athens“, in: R. Hägg (Hgg.), Ancient Greek Hero Cult () -. A. Verbanck-Piérard, „Les héros guérisseurs: des dieux comme les autres! À propos des cultes médicaux dans l’Attique classique“, in: V. Pirenne-Delforge – E. Suárez de la Torre (Hgg.), Héros et héroïnes dans les mythes et les cultes grecs. Kernos, Suppl. () - lehnte die Thesen Riethmüllers ab; ihre
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Athen auch die Übernahme von landschaftlichen Elementen? Die bereits angesprochene Telemachosstele liefert vielleicht einen Hinweis hierauf: Im Jahre 413/12 v. Chr., unter dem Archon Kleokritos, sollten die Pflanzung eines Haines sowie weitere dekorative Maßnahmen erfolgen.¹¹⁴ Fritz Graf wies darauf hin, dass heilige Haine sehr wahrscheinlich konstitutive Elemente griechischer Asklepieia gewesen sein könnten;¹¹⁵ in Epidauros gab es sicherlich einen Hain, denn Pausanias verwendet häufig den Begriff alsos, um das gesamte Heiligtum zu umschreiben.¹¹⁶ Auch wenn es keine Belege für die Anlegung eines Haines im athenischen Asklepieion in Anlehnung an Epidauros gibt, deuten alle Indizien doch darauf hin, dass die bewusste Pflanzung des neuen Haines am Südabhang der Akropolis einen Akt der imitatio darstellt.¹¹⁷ Eine artifizielle Erschaffung eines Haines kann man archäologisch sehr gut am Beispiel des „Gartens“ um den Hephaistostempel an der Athener Agora nachweisen, der aller Wahrscheinlichkeit nach im frühen 3. Jh. angelegt wurde, und am heiligen Hain südöstlich des Zeustempels in Nemea, der im 5. und 4. Jh. entstand.¹¹⁸ Schwer erklärbar erscheint die sehr späte literarische Überlieferung über die Existenz einer Quelle namens Kastalia im oder beim Apollonheiligtum des syrischen Daphne bei Antiocheia. Die bloße Nennung der syrischen Quelle in der Suda¹¹⁹ erlaubt keinen Aufschluss darüber, ob zwischen dem delphischen und dem daphnischen Apollonheiligtum je eine Verbindung existiert hat. Die Berichte
Argumente sind m. E. wenig überzeugend. Ausführlicher hierzu in J. Mylonopoulos, „The Dynamics of Ritual Space in the Hellenistic and Roman East“, Kernos (). Inscriptiones Graecae II² : Κλε]όκριτος· ἐπ[ὶ τού] / [το] ἐφύτευσε καὶ [κατέσ] / τησε κοσμήσας τ[ὸ τέμε] / νος ἅπαν τέλει τῶι ἑαυ] / [τ]ô. Graf, „Heiligtum und Ritual“, a. O. (Anm. ) -. Pausanias II, , : τὸ δὲ ἱερὸν ἄλσος τοῦ Ἀσκληπιοῦ περιέχουσιν ὅροι πανταχόθεν. Siehe auch P. Kavvadias, Τὸ ἱερὸν τοῦ Ἀσκληπιοῦ ἐν Ἐπιδαύρῳ καὶ ἡ θεραπεία τῶν ἀσθενῶν () . Interessanterweise hat Riethmüller, Asklepios, a. O. (Anm. ) f. in seiner monumentalen Arbeit sowohl auf die Existenz und Bedeutung von Hainen in Asklepieia in Anlehnung an Fritz Graf hingewiesen als auch die enge architektonische und strukturelle Verbindung zwischen Athen und Epidauros vorbildlich herausgearbeitet. Und dennoch hat Riethmüller den Hain des Athener Asklepieion nicht im Kontext des Transfers gesehen. Athen: D. Burr Thompson, „The Garden of Hephaistos“, Hesperia () -. Ich halte den Begriff „Garten“ für problematisch, da er romantisierende, quasi „arkadische“ Assoziationen hervorruft. Es handelt sich m. E. um die künstliche Erschaffung eines kleinen heiligen Haines, der den vorhandenen Platz um den Tempel optimal zu nutzen scheint. Der Hain im Athener Asklepieion kann aus reinen Platzgründen auch nicht viel größer gewesen sein. Nemea: D. E. Birge – L. H. Kraynak – S. Miller, Nemea I: Topographical and Architectural Studies: The Sacred Square, the Xenon, and the Bath () -. Suda s. v. „Κασταλία“: πηγὴ ἦν ἐν τῇ καλουμένη Δάφνῃ ἐν ᾗ ἐλέγετο παρεδρεύειν τὸν Ἀπόλλωνα καὶ χρησμολογεῖν, αὔρας καὶ πνοῆς ἐκ τοῦ ὕδατος ἀναδιδομένης. ἐξ ὧν οἱ περὶ τὴν πηγὴν ἔλεγον, ἅπερ οἱ δαίμονες ἔλεγον.
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des Prokopios¹²⁰ und des Pseudo-Nonnos¹²¹ aus dem 5./6. Jh. n. Chr. muten wie eine literarische bricolage an, in der eine womöglich existierende Quelle mit rituellen Akten in Verbindung gebracht wurde, die traditionell für die zwei wichtigsten Apollonorakelheiligtümer der antiken Welt überliefert wurden. Man muss allerdings nicht, wie Herbert W. Parke, von einer „mental confusion“ der Autoren ausgehen.¹²² Es ist m. E. wahrscheinlicher, dass die mantische Quelle im Apollonheiligtum von Daphne bewusst mit der delphischen Kastalia onomastisch gleichgesetzt wurde. Die Verbindung der aus Didyma und Delphi bekannten Riten mit der Quelle in Daphne vervollständigte dann die symbolische lokale imitatio des berühmten Vorbilds. In diesem Fall wurde nicht, wie im athenischen Asklepieion, ein landschaftliches Element neu geschaffen, sondern vielmehr für ein bereits existierendes eine neue Tradition erfunden. Die überwiegende Mehrzahl der Heiligtümer der ägyptischen Gottheiten weisen Wassereinrichtugen auf,¹²³ und dies hängt sicherlich eng mit der ursprünglichen Bedeutung des Nils in der ägyptischen Religion zusammen.¹²⁴ Die relevanten literarischen Quellen bestätigen die antike religiöse Vorstellung, dass das Wasser in solchen Kultstätten tatsächlich als Nilwasser aufgefasst wurde.¹²⁵ Die virtuelle Präsenz des Nils zeigt sich am eindrucksvollsten am Beispiel des imposanten und in seiner architektonischen Konzeption einzigartigen Komplexes hadrianischer Zeit für die
Prokopios, Epist. : Σὺ μὲν ἔτι σιγᾷς, καὶ ταῦτα τὴν Δάφνην οἰκῶν, τὸ λάλον ὕδωρ ἐκεῖνο καὶ μαντικόν […] ἀλλ’ ἤδη που τάχα τὸ πρᾶγμα μαντεύομαι, μηδὲ τῆς ὑμετέρας Δάφνης πιών. Pseudo-Nonnos, Schol. myth. , : Ἑξκαιδεκάτη ἐστὶν ἱστορία ἡ περὶ τῆς Κασταλίας. ἔστι δὲ αὕτη. Πηγή ἐστιν ἐν Ἀντιοχείᾳ ἐν ᾗ λέγεται τὸν Ἀπόλλωνα παρεδρεύειν, καὶ μαντείας καὶ χρησμοὺς τοῖς ἐρχομένοις περὶ τὸ ὕδωρ λέγεσθαι. λέγεται δὲ ὅτι, ἡνίκα ἐμαντεύετό τις, αὔρας καὶ πνοὰς τὸ ὕδωρ ἀνεδίδου. καὶ ἀναδιδομένων τῶν τοιούτων πνευμάτων, οἱ ἱερεῖς οἱ περὶ τὴν πηγὴν ἔλεγον ἃ ἤθελεν ὁ δαίμων. , : Τεσσαρεσκαιδεκάτη ἐστὶν ἱστορία ἡ περὶ τῆς Κασταλίας. Ἔστι δὲ αὕτη πηγὴ περὶ τὴν Ἀντιόχειαν ἐν ᾗ ὁ Ἀπόλλων ἐφορεύει. ἐν ᾗ πηγῇ μαντεία τις ἐξεφέρετο κατὰ τὴν τοιάνδε ἐκροὴν τοῦ ὕδατος, οὐ κατὰ φωνήν. οὐ γὰρ φωνή τις ἐξηχεῖτο, ἀλλ’ ἁπλῶς ἤχου τινὸς καὶ πνεύματος ἀναδιδομένου καὶ ἐκροῆς, πρὸς ἅ τινες ἱστάμενοι καὶ νοοῦντες τὰ σύμβολα ταῦτα ἔλεγον τὰ μέλλοντα. Parke, „Castalia“, a. O. (Anm. ) . M. Bommas, Heiligtum und Mysterium. Griechenland und seine ägyptischen Gottheiten (). B. Gessler-Löhr, Die heiligen Seen ägyptischer Tempel: Ein Beitrag zur Deutung sakraler Baukunst im Alten Ägypten (); K. Lembke, „The Relevance of Water in Religious Worship of Ancient Egypt and the Middle East“, in: H.-D. Bienert – J. Häser (Hgg.), Men of Dikes and Canals. The Archaeology of Water in the Middle East () -. Der kleine Fluss Inopos, von dem das Wasserreservoir unter dem Serapeion A auf Delos gespeist wird, war nach einigen Autoren mit dem Nil direkt verbunden, siehe R. A. Wild, Water in the Cultic Worship of Isis and Sarapis () mit Anm .
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ägyptischen Götter in Pergamon (Abb. 6).¹²⁶ Neben ägyptisierenden Stützfiguren in den Seitenhöfen der Gesamtanlage offenbaren die wasserbezogenen Einrichtungen (Becken verschiedener Größe, Überbrückung des Selinous) den Versuch, eine nilotisch anmutende Umgebung zu schaffen.¹²⁷ Denkt Abb. 6: Das Heiligtum der ägyptischen Götter in Pergamon. man an die Funktion und Gestaltung des großen Isisheiligtums in Rom, als Heiligtum und zugleich als öffentlichen ägyptisierenden „Erholungspark“,¹²⁸ dürfte man auch für die sog. Rote Halle entsprechende Bepflanzung annehmen, die den Eindruck einer ägyptischen Umgebung erhöhen sollte. Das pergamenische Heiligtum für die ägyptischen Götter offenbart einen in der Tat architektonisch und symbolisch beeindruckenden Umgang mit der Natur. Durch die Eingliederung des Flusses Selinous in die architektonische Konzeption und die Erschaffung von Zisternen und Wasserbassins bedient man sich sowohl des Mittels der Integration als auch der Imitation. Besonders aufschlussreich für das Phänomen der Imitation und der künstlichen Erschaffung von landschaftlichen Elementen im religiösen Kontext sind die gebauten Grotten im Kult des Dionysos und des Mithras, wobei im Falle der Mithräen ein kurzer Ausflug in den römischen Kulturkreis unabdingbar erscheint. In diesem Zusammenhang sollten noch die gebauten Grotten unter dem Tempel des Apollon in Klaros wohl aus dem 3. Jh. v. Chr.¹²⁹ und dem jüngst in die flavische W. Radt, Pergamon. Geschichte und Bauten einer antiken Metropole () -. Die meisten Beiträge in A. Hoffmann (Hg.), Ägyptische Kulte und ihre Heiligtümer im Osten des römischen Reiches, Byzas () konzentrieren sich auf die sog. Rote Halle. U. Mania, „Neue Ausgrabungen – neue Aspekte in der Erforschung der Roten Halle“, in: Hoffmann (Hg.), Ägyptische Kulte, a. O. (Anm. ) -. K. Lembke, Das Iseum Campense in Rom. Studie über den Isiskult unter Domitian () : „Die Römer, die kein Interesse am Isiskult hatten, konnten die Anlage auf dem Marsfeld als Erholungspark genießen und die Exotik der Objekte bewundern; für die Isiaci waren die ägyptischen Objekte Teile der Heiligtümer des Mutterlandes“. L. Robert, Les fouilles de Claros () . Jüngst schlug Y. Ustinova, „Truth lies at the bottom of a cave: Apollo Pholeuterios, the pholarchs of the Eleats, and subterranean oracles“, La Parola del Passato () - vor, dass Apollon Pholeuterios in Histria in einer Grotte verehrt wurde, die als manteion diente. Auch ein Ärztekollegium um den Kult des
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Zeit datierten Tempel des Zeus in Aizanoi¹³⁰ erwähnt werden. Wie bereits angesprochen, war die klarische „Grotte“ in die Orakelbefragungsprozesse unmittelbar eingebunden, so dass ihre Existenz leicht erklärbar wäre. Dagegen erscheint mir die Verbindung des unterirdischen Raumes in Aizanoi mit dem Kult der Meter Steunene unhaltbar;¹³¹ diese Hypothese stützt sich auf eine weibliche Büste im Mittelakroter des Westgiebels, derer Deutung als Kybele mehr als problematisch ist.¹³² Die Gründe für die Einrichtung des unterirdischen Raumes müssen im Kult des Zeus (Mantik?) gesucht werden. Die Bedeutung natürlicher Grotten im dionysischen Kult ist bekannt und hängt natürlich eng mit dem mythischen „Lebenslauf“ des Gottes zusammen.¹³³ Epigraphische Zeugnisse belegen aber auch die Existenz künstlicher Grotten: Offensichtlich gab es in Kallatis bereits am Ende des 3. Jhs. v. Chr. eine artifizielle Grotte, die vom lokalen thiasos des Dionysos als naos angesprochen und verwendet wurde.¹³⁴ Verglichen allerdings mit der engen Verbindung der Nymphen und des Pan mit Höhlen, die auch im realen alltäglichen Kultgeschehen ihren Niederschlag findet, bleibt m. E. der Zusammenhang zwischen Dionysos und den Grotten viel deutlicher ein literarischer und mythologischer Topos denn eine archäologisch nachvollziehbare Realität. Unabhängig von der Frage nach dem Ursprung der Mithras-Mysterien, die nach der Publikation der Mithräen im kommagenischen Doliche durch Anke Schütte-Maischatz und Engelbert Winter in jedem Fall neu aufgerollt werden sollte,¹³⁵ ist die Tatsache besonders auffällig, dass
Apollon Oulios in Elea traf sich höchst wahrscheinlich in einem unterirdischen Raum (Supplementum Epigraphicum Graecum , ). R. Naumann, Der Zeustempel zu Aizanoi () f. Zur neuen Datierung siehe R. Posamentir – M. Wörrle, „Der Zeustempel von Aizanoi, ein Großbau flavischer Zeit“, Istanbuler Mitteilungen () -. Naumann, Zeustempel, a. O. (Anm. ) . K. Rheidt, „Ländlicher Kult und städtische Siedlung: Aizanoi in Phrygien“, in: E.-L. Schwandner – K. Rheidt (Hgg.), Stadt und Umland. Neue Ergebnisse der archäologischen Bau- und Siedlungsforschung () f. hat sich auf der Basis der „Entwicklung und Struktur der Stadt“ ebenfalls gegen eine Verbindung zwischen dem Zeustempel und dem Meterkult ausgesprochen. Naumann, Zeustempel, a. O. (Anm. ) Taf. a. Es gibt keinen einzigen sicheren ikonographischen Hinweis auf Kybele. P. Boyancé, „L’antre dans les mystères de Dionysos“, Rendiconti. Atti della Pontificia accademia romana di archeologia (-) -. A.-F. Jaccottet, Choisir Dionysos. Les associations dionysiaques ou la face cachée du dionysisme () -. Es handelt sich nicht um natürliche Höhlen, sondern um artifiziell zum Zwecke des Steinabbaus entstandene Stollen, die zu einem späteren Zeitpunkt in Mithräen umgewandelt wurden. A. Schütte-Maischatz – E. Winter, Doliche – Eine kommagenische Stadt und ihre Götter. Mithras und Iupiter Dolichenus () -. - datieren die zwei Komplexe in das . Jh. v. Chr. In seinem Rezensionsbeitrag lehnt R. Gordon, „Mithras in Dolichê: issues of date and origin“, Journal of Roman Archaeology () - diese Datietung
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bei der Gründung von Mithräen in landschaftlichen Kontexten, die keine geeigneten natürlichen Grotten aufzuweisen hatten, der Versuch unternommen wurde, eine solche räumliche Umgebung künstlich zu schaffen. Es lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten, ob die Schaffung einer Grotte ausschließlich auf religiöse Vorstellungen (Tötung des Stieres durch Mithras in einer Höhle) oder auch auf ein als „Prototyp“ wirkendes Mutterheiligtum zurückgeht. In jedem Falle betont Porphyrios im 3. Jh. n. Chr., daß die allererste Verehrung des Gottes in einer natürlichen Grotte stattgefunden habe, und fügt allerdings in derselben Passage hinzu, dass danach der Kult sowohl in natürlichen als auch in „von Händen geschaffenen“ Höhlen stattgefunden hat.¹³⁶ Wichtig für unsere Fragestellung ist, dass die Kultgemeinde in Porphyrios’ Sinne in der Tat entweder natürliche Höhlen gefunden, aus- bzw. umgebaut und schließlich als Mithräen benutzt hat (z. B. in Angera, Saarbrücken, Carnuntum oder Prilep), oder – und viel wichtiger – diese offensichtlich normative natürliche Umgebung zu imitieren und künstlich zu erschaffen gesucht hat (z. B. in Perge, Ostia, Capua oder Aigion).
Schlussbetrachtung In einem für ein solch umfangreiches Thema doch kurzen Beitrag kann aus offensichtlichen Gründen auf eine große Anzahl interessanter Aspekte nicht eingegangen werden. Die Präsenz landschaftlicher Elemente in der griechischen Bilderwelt wurde zwar kurz angesprochen, aber keineswegs ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt.¹³⁷ Es würde den Rahmen des vorliegenden Beitrages bei weitem sprenkomplett ab und vermutet stattdessen, dass die Mithräen erst im . Jh. n. Chr. entstanden sind. Die vorgelegten Grabungsbefunde offenbaren eine so stark gestörte Stratigraphie, dass weder für die frühe noch für die späte Datierung genügend Argumente vorhanden sind. Porphyrios, De antro nympharum : πρώτου μέν, ὡς ἔφη Εὔβουλος, Ζωροάστρου αὐτοφυὲς σπήλαιον ἐν τοῖς πλησίον ὄρεσι τῆς Περσίδος ἀνθηρὸν καὶ πηγὰς ἔχον ἀνιερώσαντος εἰς τιμὴν τοῦ πάντων ποιητοῦ καὶ πατρὸς Μίθρου, εἰκόνα φέροντος αὐτῷ τοῦ σπηλαίου τοῦ κόσμου, ὃν ὁ Μίθρας ἐδημιούργησε, τῶν δ’ ἐντὸς κατὰ συμμέτρους ἀποστάσεις σύμβολα φερόντων τῶν κοσμικῶν στοιχείων καὶ κλιμάτων· μετὰ δὲ τοῦτον τὸν Ζωροάστρην κρατήσαντος καὶ παρὰ τοῖς ἄλλοις, δι’ ἄντρων καὶ σπηλαίων εἴτ’ οὖν αὐτοφυῶν εἴτε χειροποιήτων τὰς τελετὰς ἀποδιδόναι. Überhaupt ist Porphyrios’ Text in seiner Gesamtheit sehr wichtig für die hier angesprochenen Phänomene. Zu diesem unerschöpflichen Thema siehe unter anderem S. Wegener, Funktion und Bedeutung landschaftlicher Elemente in der griechischen Reliefkunst archaischer bis hellenistischer Zeit (); mehrere Beiträge in G. Siebert (Hg.), Nature et paysage dans la pensée et l’environnement des civilisations antiques () widmen sich dem Thema „Kunst und Natur“.
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gen, wenn man die Naturphilosophie der Vorsokratiker¹³⁸ oder die Behandlung und symbolhafte Verwendung von Natur in den unterschiedlichen literarischen Gattungen¹³⁹ auch nur anzusprechen versucht hätte. Aber auch in dem hier untersuchten Kontext wurden interessante Fallbeispiele wie die rätselhafte Krypta unter dem Zeustempel in Nemea, die Grotte des Euripides auf Salamis, die genaue Verbindung zwischen dem heiligen Olivenbaum Athens und dem Erechtheion, die auffällige Konzentration von Nymphengrotten auf Kephallonia und Ithaka, die besondere Nutzung der Nymphengrotte im zyprischen Kafizin von Töpfern, die Rolle von unterirdischen Kammern in den katabaseis von Figuren wie Zalmoxis oder Pythagoras oder die visionäre Kommunikation zwischen Epimenides und den Göttern in der Diktäischen Grotte auf Kreta nicht thematisiert. Man muss sich nicht totemistischer oder animistischer Ansätze bedienen, um behaupten zu können, dass Grotten, Quellen, Flüsse, Berggipfel oder Haine die Aura des Heiligen umgab und dass dieser Umstand sich eindeutig nicht ausschließlich auf die griechisch-römische Antike beschränkt. Die Einbindung der Klöster auf dem Berg Athos in die sie umgebende Landschaft, die Bedeutung der Grotte des Apostels Johannes auf Patmos oder die transzendierende Funktion von Grotten in der Religion und Kultausübung in Tibet zeugen von der diachronen und universellen Interaktion zwischen Landschaft und Religion. Man muss allerdings nicht wie Sporn annehmen, „der Gott wurde durch den Naturraum verkörpert“.¹⁴⁰ Auch wenn im mythologischen Geschehen göttliche Transformationen in Pflanzen, Bäume oder Quellen eine wichtige Rolle spielten, handelte es sich im religiösen bzw. kultischen Kontext weniger um Verkörperung durch die Natur als vielmehr um die Evokation des Göttlichen durch das Unberührbare, Unheimliche, Andersartige der Natur im Sinne Senecas. Und dennoch wurde Natur in der Antike über das „Andere“ bzw. das „Fremde“ hinaus verstanden. Sie wurde nicht nur als natürliche, manchmal Gefahren bringende manchmal ökonomisch nutzbare Umgebung oder als Akkumulation einzelner, auffälliger landschaftlicher Komponenten gesehen, sondern vielmehr als ein geologisch, geographisch, klimatisch aber auch sozial und kulturell definiertes System von Interdependenzen zwischen Menschen und ihrem physischen Aktionskontext konzeptuell aufgefasst. Aus diesem Grund war es erst möglich, dass natürliche landschaftliche Elemente transformiert und in den von Menschen konzipierten sozialen Raum integriert werden konnten, ohne ihre religiöse bzw. kultische Relevanz einzubüssen. Die natürliche Unberührtheit einer Landschaft konnte bis zu einem gewissen Grad kulturell definiert und neu konstruiert werden; antike Quellen scheinen deshalb nicht immer strikt zwischen „artifiziell“ und „natürlich“ zu differenzieren, denn Siehe zuletzt J. Warren, Presocratics. Natural Philosophers before Sokrates (). Siehe z. B. W. Elliger, Die Darstellung der Landschaft in der griechischen Dichtung (). Sporn, „Höhlenheiligtümer“, a. O. (Anm. ) .
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Natur wurde definitiv nicht als eine statische und unveränderbare Größe konzeptualisiert. Naturräume konnten im antiken Griechenland auf zweierlei Arten kultisch genutzt werden: zum einen als unveränderte Naturerscheinung, in oder bei der die rituellen Abläufe stattfanden, und zum anderen als Kulisse für die Errichtung von Altären und Tempeln; im zweiten Fall darf der Begriff „Kulisse“ uns nicht in die Irre leiten, denn nur die physische Umgebung legitimierte und erklärte manchmal das menschliche, religiös konnotierte Eingreifen in das natürliche Landschaftsbild und übernahm demnach die Rolle eines den Kult konstituierenden Elements. Diese natürliche Umgebung bekommt manchmal eine solch wichtige Bedeutung, dass sie beim Transfer von Kulten in einen anderen geographischen und kulturellen Kontext imitiert bzw. konstruiert wird. Als mehr oder weniger naturbelassene Kultstätten treten vorwiegend Grotten und heilige Haine in Erscheinung. Diese landschaftlichen Elemente, aber auch Quellen werden am häufigsten in einen größeren baulich geformten Komplex integriert. Hierbei muss allerdings eine semantische Differenzierung vorgenommen werden: Während Grotten und Quellen in die rituellen Handlungen explizit eingebunden werden, man denke z. B. an die Totenorakel oder an die Asklepieia, dienen die heiligen Haine „unmittelbar der Verherrlichung einer Gottheit“, wie Marietta Horster es treffend formulierte.¹⁴¹ In Bezug auf die Imitation von landschaftlichen Elementen, wobei der Begriff „Imitation“ keineswegs als eine direkte Übertragung verstanden werden sollte, begegnen uns erneut vorwiegend Wassereinrichtungen und Grotten. Es handelte sich in diesen Fällen um Landschaftsmerkmale, die für das rituelle Leben offensichtlich eine fast normative Bedeutung hatten und durch ihre künstliche, bewusste Schaffung die enge Verbindung zwischen Natur und Religion am deutlichsten demonstrieren.
Prof. Joannis Mylonopoulos Greek Art and Archaeology Department of Art History and Archaeology Columbia University 903 Schermerhorm Hall 1190 Amsterdam Ave. New York, NY 10027 USA [email protected]
Horster, Landbesitz griechischer Heiligtümer, a. O. (Anm. ) .
J. Mylonopoulos, Natur als Heiligtum – Natur im Heiligtum
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Abbildungsnachweis Abb. 1: Verf. Abb. 2: nach L. Moschou, „Τοπογραφικὰ Μάνης“, Ἀρχαιολογικὰ Ἀνάλεκτα ἐξ Ἀθηνῶν 8 (1975) 168, Abb. 5. Abb. 3: Verf. Abb. 4: Verf. Abb. 5: nach J. Riethmüller, Asklepios. Heiligtümer und Kulte, Bd. I (2005) 253, Abb. 36. Abb. 6: nach W. Radt, Pergamon. Geschichte und Bauten einer antiken Metropole (1999) 202, Abb. 144.
Les dieux et héros du dromos dorien I. Réflexions sur les références légendaires de l’espace civique de Sparte et d’Argos chez Pausanias Patrick Marchetti Pour étudier la religion d’une cité grecque, on peut, par exemple, inventorier la théorie des dieux et déesses qui constituent les cultes civiques¹ ou se concentrer sur son panthéon,² on peut s’intéresser plus particulièrement à l’un ou l’autre d’entre eux – le panthéon d’Argos a donc lui aussi été dépecé³ –, on peut aussi, plus
À l’image du monument fourni par L. R. Farnell, The Cults of the Greek States (). À l’exemple de W. Burkert, « La Cité d’Argos entre la tradition mycénienne, dorienne et homérique », dans : V. Pirenne-Delforge (éd.), Les Panthéons des cités, des origines à la « Périégèse » de Pausanias. Actes du colloque organisé à l’Université de Valladolid, du au mai . Kernos, suppl. () -, qui offre de ce type d’inventaire l’analyse la plus complète. Dans le même volume la contribution de Cl. Calame, « Logique du temps légendaire et de l’espace cultuel selon Pausanias : une représentation discursive du ‹panthéon› de Trézène », - propose une approche sémiotique intéressante d’un site très proche d’Argos. Par ex. M. Detienne, Dionysos mis à mort () ; W. F. Otto, Dionysos, Mythos und Kultus. Frankfurter Studien zur Religion und Kultur der Antike () ; V. Pirenne-Delforge, L’Aphrodite grecque : contributions à l’étude de ses cultes et de sa personnalité dans le panthéon archaïque et classique. Kernos, suppl. () ; J. Mylonopoulos, Πελοπόννησος οἰκητήριον Ποσειδῶνος. Heiligtümer und Kulte des Poseidon auf der Peloponnes. Kernos, suppl. () ; M. Detienne, Apollon, le couteau à la main : une approche expérimentale du polythéisme grec () ; R. M. Cook, Zeus. A Study of Ancient Religion, vol. () (au titre si évocateur : « A Study of Ancient Greek Religion », pour une étude globale menée à partir d’un dieu), où les dieux d’Argos se retrouvent peu ou prou, tandis qu’ils sont traités pour eux-mêmes chez M. Piérart, « La mort de Dionysos à Argos », dans : R. Hägg (éd.), The Role of Religion in the Early Greek Polis. Proceedings of the Third Intern. Seminar on Ancient Greek Cult organized by the Swedish Institute at Athens, - Oct. () - et M. Piérart, « Le culte de Dionysos à Argos », Kernos () - ; M.-F. Billot, « Sanctuaires et cultes d’Athéna à Argos », Opuscula Atheniensia - (-) - ou, dans leur environnement régional, chez P. Sauzeau, Les Partages d’Argos : sur les pas des Danaïdes (), qui, au terme d’une analyse purement philologique, isole deux divinités du panthéon (Héra et Poseidon), opposées certes dans une lutte symbolique pour le contrôle de la plaine argienne, mais les prend pour prétextes de gloses sans fin, dans le prolongement des termes dérivés de la racine *arg. L’étroitesse du propos explique l’anathème jeté d’emblée sur tout autre type d’analyse.
DOI 10.1515/ARG.2008.005
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efficacement, les étudier dans le cadre de comportements sociaux, comme ceux liés à ce que l’on appelle l’initiation ;⁴ on peut, enfin, reconstituer la légende héroïque locale⁵ pour retrouver les fondements d’une pensée où les actes des vivants, en s’articulant au monde des héros et des dieux, trouvent à s’inscrire dans des schémas qui les transcendent, ou encore dresser plus simplement l’inventaire des cycles pour ordonner la matière et penser l’organisation des lieux.⁶ En chacune de ces approches singulières, la tâche première de l’historien se confond nécessairement avec une heuristique des données d’abord, qu’il convient ensuite de soumettre à une analyse systématique. La dispersion des informations est telle, en effet, qu’une perception globale et immédiate de la pensée religieuse et des actes qui l’inspirent est audelà de ce que nos connaissances autorisent. À défaut, on a très opportunément compensé cette impossibilité exégétique en éclairant les récits étiologiques et les rituels qu’ils impliquent au moyen des leçons tirées de l’étude anthropologique⁷ qui parvient effectivement à mettre en perspective des comportements jugés, avant cela, étranges, voire incompréhensibles, mais rend mieux compte surtout des structures des récits qui soutiennent les rituels. Voies multiples où chacun s’engage et souvent s’enlise, n’hésitant pas dans le pire des cas à exiger d’autrui qu’il partage ses choix méthodologiques, comme pour se rassurer, démarche injustifiable toutefois tant la recherche a démontré qu’en matière d’histoire des religions, et singulièrement de la religion grecque, il n’est pas une voie qui puisse être privilégiée et que les règles de la critique historique classique, ici comme en tout autre secteur de la recherche historique, gardent tous leurs droits. L’homme antique vit tant avec ses dieux, s’en imprègne si profondément que ceux-ci ont constamment été visités, repensés, modifiés. Il suffit de songer à quel point le théâtre athénien a réinvesti les mythes d’autrui, du Péloponnèse et de
Par ex. chez H. Jeanmaire, Couroi et Courètes () ou A. Brelich, Paides e Parthenoi (). La synthèse de P. Chuvin, La mythologie grecque () est, à cet égard, intéressante, comme ultime essai de reconstitution du monde de l’épopée et des légendes. On y mesure efficacement l’importance et la richesse des mythes péloponnésiens dans la constitution d’un vaste univers imaginaire. Ainsi M. Piérart, « ‹Argos assoiffée› et ‹Argos riche en cavales›. Provinces culturelles à l’époque protohistorique », dans : M. Piérart (éd.), Polydipsion Argos : Argos de la fin des palais mycéniens à la constitution de l’État classique. Table ronde, Fribourg (Suisse), - mai () - parmi bien d’autres contributions (l’auteur est convaincu que les héros de l’espace argien sont disposés le long d’itinéraires qui mènent aux différents centres héroïques ou religieux, dans le prolongement des analyses de Robert notamment). La liste est longue des émules de J. G. Frazer, Le Rameau d’or : Étude sur la magie et la religion (trad. de l’anglais par R. Stiebel – J. Toutin [-]). Le plus marquant est W. Burkert, Homo Necans () et l’on trouvera dans M. Detienne, Les Grecs et nous : une anthropologie comparée de la Grèce ancienne () des réflexions récentes sur ce type d’approche.
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Béotie essentiellement, pour comprendre que si l’anthropologie peut expliquer des rites et des histoires, avant de lui fournir les matériaux historiques de ses investigations, il faut au préalable soumettre ceux-ci à une analyse et à une reconstruction historiques et philologiques classiques : les témoignages qui nous en informent sont le produit d’un temps, d’une société, d’un écrivain. Avant de les exploiter, il faut en saisir la dimension particulière, en tenant compte qu’à l’instar des sociétés qui la produisent, la pensée religieuse évolue avec le temps, qu’elle recycle aussi en permanence des éléments historiques, qui finissent par s’empiler comme les strates constamment perturbées d’un niveau archéologique.⁸ Les constructions ainsi élaborées restent vivantes aussi longtemps que les sociétés s’y reconnaissent et y retrouvent les échos de pratiques sociales réelles. À cet égard, le témoignage livré par Pausanias est exemplaire :⁹ Le Périégète visite des cités à la recherche du passé ; il en retrouve les traces derrière le tissu des villes visitées dont le « présent » ne l’intéresse qu’indirectement, sans toujours comprendre que ce présent a laminé les souvenirs du passé. Tout ce qu’il voit est éclairé par Homère, Hérodote, les poètes ou exégètes locaux ; il ne fait pas, lui, d’anthropologie, mais de l’histoire, parce que les mythes et rites intégrés par les Grecs, quelle qu’en soit l’origine lointaine, ont été si bien assimilés qu’ils ont fini par être réorganisés en systèmes, progressivement élaborés. Pausanias s’y intéresse à une époque où ils ont cessé d’être productifs et n’en saisit plus que l’aspect « culturel ». Ses commentaires sont des gloses, comme celles dont Plutarque se nourrit au même moment. Ce qu’il nous dit d’Aphrodite ou d’Athéna, par exemple, relève d’une curiosité érudite, mais ne s’enracine plus dans une expérience concrète
Dans ces démarches multiples, à vrai dire complémentaires, l’historien trouvera toujours à s’investir, quitte à s’arrêter – nous y sommes désormais contraints – à faire l’histoire de l’histoire des religions : la nouvelle revue de l’Université de Toulouse, Anabases, rend d’éminents services, autant que la réédition commentée des travaux de F. Cumont. Il est désormais indispensable, en effet, de comprendre d’où nous sont venues nos obsessions. Les analyses de ce texte majeur pour l’histoire de la religion grecque ne cessent de se multiplier, depuis J. G. Frazer, Pausanias. Description of Greece III : Commentary on books II-V () et J. G. Frazer, Maps and Plans to illustrate Pausanias’ Description of Greece, with explanatory text by A. W. Buren (). Q’il s’intéresse aux schémas et mises en scène littéraires (comme C. Robert, Pausanias als Schriftsteller : Studien und Beobachtungen [] ou J. Heer, La Personnalité de Pausanias []), au rapport avec le pouvoir romain (comme chez K. W. Arafat, Pausanias’ Greece : Ancient artists and Roman rulers []), au caractère plus historique des notices (comme K. Pritchett, Pausanias Periegetes II []) ou, plus simplement, à une analyse de l’œuvre (Ch. Habicht, Pausanias’ Guide to Ancient Greece. Sather Classical Lectures [] ; O. Reverdin – B. Grange, Pausanias Historien. Entretiens Hardt []) et à des commentaires systématiques (D. Musti – M. Torelli [éds.], Pausania, Guida della Grecia II, La Corinzia et l’Argolide [] ; III, La Laconia [], outre les volumes en cours de parution dans la collection des Universités de France), l’historien d’Argos trouve à glaner chez chacun.
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d’hommes qui savent pourquoi ils rendent hommage à ces divinités que d’autres, alors, remplaçent. Foin de cela, ceux qui exploitent le Périégète pour écrire une histoire des dieux ou de l’un d’eux se contentent souvent de le paraphraser, de l’exploiter au premier degré,¹⁰ alors que Pausanias s’est constamment heurté en son temps, d’une ville à l’autre, à des incohérences, a dû constater les contradictions, n’a pu que souligner la vanité des prétentions locales, témoignant ainsi de l’extrême difficulté que l’on rencontrait au IIe siècle à comprendre la réelle organisation religieuse des cités les plus vénérables : sous l’Empire, la Grèce archaïque survit à peine et les souvenirs qu’on en conserve sont le plus souvent dénaturés. Partant de là, on peut interroger Pausanias de deux façons : comme le témoin des ignorances ou des propagandes de son temps¹¹ ou pour extraire de descriptions honnêtes les linéaments d’une reconstruction du passé. À cet égard le cas du dromos argien est réellement exemplaire : nous en avons retrouvé les éléments essentiels – piste de course, orchestra, palestre / gymnase notamment¹² –, mais Pausanias qui a visité Argos n’en a pas parlé, parce que de son temps le souvenir du dromos s’était estompé. Il a donc décrit les lieux comme représentatifs d’une « agora »,¹³ mais la comparaison avec Sparte ne laisse aucun doute sur l’identité structurelle des espaces publics, de part et d’autre. À Sparte, cité plus conservatrice ou plus superficiellement traditionnelle, le dromos est resté un élément identifiable, que Pausanias, toutefois, ici non plus, ne distingue pas d’abord de l’agora, avant d’en faire état comme en un remords et de récapituler ce qui le caractérise (14, 6 ss.). Il suffit de confronter sa perception d’Argos avec sa description de Sparte pour réaliser à quel point le témoignage du Périégète demande à être dépecé pour progresser dans notre reconstruction du passé religieux des cités grecques, car le dromos était, à Sparte comme à Argos, le Le travail de Pirenne-Delforge, Aphrodite, op. cit. (note ) est de ce point de vue symptomatique. L’Aphrodite grecque y est étudiée avant tout au départ et au fil des notices de Pausanias. Ainsi F. Jourdan, « Orphée, sorcier ou mage », Revue de l’histoire des religions () - ; surtout -, qui tient Pausanias pour le témoin d’une réhabilitation à l’époque impériale de l’Orphée thrace et mage. C’est dans la même perspective que se place O. Gengler, « Héraklès, Tyndare et Hippocoon dans la description de Sparte par Pausanias : mise en espace d’une tradition mythique », Kernos () -. Voir la maquette dans L’Espace grec : ans de fouilles de l’Ecole française d’Athènes () et, pour une première approche du dromos, P. Marchetti – K. Kolokotsas, Le Nymphée de l’agora d’Argos : fouille, étude architecturale et historique () -, où l’on souligne la « restauration » de ces édifices à l’époque impériale. Désormais restreinte à un espace de plus en plus étriqué, envahi par les constructions romaines, au point que Pausanias nous empêche littéralement de comprendre que la cité d’Argos était à l’époque classique un vaste espace ouvert. Pour restituer le modèle originel, nous avons intérêt à méditer sur les analyses particulièrement judicieuses de T. Hölscher, Öffentliche Räume in frühen griechischen Städten ().
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lieu névralgique de la cité,¹⁴ celui où se trouvaient implantés les sanctuaires qui définissaient l’horizon religieux d’une cité dorienne, dont l’identité, a-t-on écrit récemment, ne serait qu’une construction culturelle, sans base ethnique.¹⁵ Du passé dorien d’Argos et de Sparte il reste beaucoup d’éléments dans la description de Pausanias, mais qui ne sont plus chez lui que les bribes d’un passé qu’il reste à reconstruire à partir d’elles. Et nous n’avons pas le droit de préférer la paraphrase à la reconstruction. La première est plus confortable, mais vaine ; la seconde est périlleuse, mais correspond, seule, au travail de l’historien et demande à ce que l’on remette souvent le travail sur le métier, ce qui convient peu aux gens pressés. Fort heureusement, à ceux qui les perçoivent, les éléments de ressemblance entre les dieux et héros du dromos de Sparte et leurs homologues de l’« agora » d’Argos sont toutefois si nets et si nombreux que la comparaison des deux ensembles s’impose. Elle révèle les éléments d’une construction religieuse de toute première importance, qui renvoie à la constitution politique des cités doriennes, dont il ressort une profonde identité culturelle et religieuse entre les deux cités-mères, Sparte et Argos, qu’on se plaît pourtant à opposer systématiquement. En guise d’introduction à une telle exploitation des données, nous proposons ici, après avoir rappelé quelques données essentielles sur la nature du dromos dorien, de reprendre d’abord l’analyse de la description de Sparte par Pausanias, pour démontrer à nouveau, c’est nécessaire,¹⁶ à quel point agora et dromos s’y confondent. Nous pourrons ensuite examiner les références légendaires qui habillent le dromos spartiate et les comparer à celles d’Argos, pour retrouver les points communs et les mettre en perspective. Convaincus de la profonde identité structurelle des lieux définis comme agora ou dromos à Sparte et à Argos, nous pourrons – et le ferons dans une prochaine livraison – étudier l’articulation de part et d’autre, non pas de panthéons différents, mais d’un panthéon de base identique qui, sans surprise, a évolué autrement d’une cité à l’autre.
P. Marchetti, « Le dromos au cœur de l’agora de Sparte. Les dieux protecteurs de l’éducation en pays dorien. Points de vue nouveaux », Kernos () -. J. M. Hall, Ethnic Identity in Greek Antiquity (). Le concept d’« ethnicité » est devenu un thème à la mode (cf. e. a. I. Malkin (éd.), Ancient Perceptions of Greek Ethnicity []), qui, comme toutes les modes, entraîne les auteurs à quelques excès, non sans attirer efficacement l’attention sur le caractère « culturel » de nombreuses reconstructions historiques. Dans la mesure où de récentes études sur la topographie de Sparte, comme celle de E. Kourinou, Σπάρτη : συμβολή στη μνημειακή τοπογραφία της () par ex., en s’inscrivant dans des schémas erronés (C. M. Stibbe, « Beobachtungen zur Topographie des antiken Sparta », Bulletin Antieke Beschaving [) -) négligent encore ce préalable essentiel à toute reconstruction de la ville de Sparte à partir de Pausanias, qui reste, bien entendu, notre source quasi-unique.
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Préalable : ‹dromos› et ‹dromeus› en milieu dorien Dans plusieurs documents épigraphiques émanant de cités crétoises, on trouve mention de citoyens définis comme des « dromeis ».¹⁷ Que « dromeus » soit un titre caractéristique des citoyens crétois, notamment, ne fait pas de doute.¹⁸ Des dromeis tiennent, entre autres, le rôle d’indispensables témoins en cas de contestation d’héritage. Mais le dromeus, à Gortyne, est aussi contraint d’épouser la fille patroiôkos,¹⁹ preuve qu’un dromeus, normalement, est un citoyen qui a atteint l’âge du mariage. Pourquoi l’appelle-t-on dromeus ? Son nom dérive manifestement de dromos : les clauses d’un traité entre Hiérapytna et Praisos²⁰ atteste que choros et dromos, dans certaines cités doriennes, étaient deux lieux auxquels l’accès définissait la citoyenneté. On peut en conclure qu’un dromeus n’est pas seulement un citoyen adulte, mais avant tout un citoyen admis au dromos. Malgré les rapprochements établis de longue date, par R. Willetts notamment, on n’a toutefois guère approfondi la question,²¹ alors que nous étions invités depuis lors à étudier de plus près ce que pouvait être ce lieu appelé dromos, si caractéristique des citoyens crétois ou, plus largement, doriens. Il suffit de rapprocher le mot dromeus de l’épithète dromaios que l’on donnait à l’Apollon Karneios, à Sparte comme en Crète,²² pour saisir que le dromos n’est pas seulement un endroit où l’on court,²³ mais qu’il est avant tout un lieu sacralisé par Voir P. Marchetti, « Le dromos au cœur de l’agora de Sparte. Les dieux protecteurs de l’éducation en pays dorien. Points de vue nouveaux », Kernos () ; R. F. Willetts, Aristocratic Society in Ancient Greece () - ; R. F. Willetts, Ancient Crete : A social history from early times until the Roman occupation () . On y ajoutera H. van Effenterre et al., ΕΛΕΥΘΕΡΝΑ II () -. Nous ne pouvons que renvoyer aux riches pages de Willetts, Aristocratic Society, op. cit. (note ) - et passim. Dans les lois de Gortyne, cf. M. Guarducci, Inscriptiones Creticae IV () , vii, ss. ; R. F. Willetts (éd.), The Law Code of Gortyn. Kadmos, suppl. () - et, pour le Code, , .-, et H. van Effenterre – F. Ruzé (éds.), Nomima : Recueil d’inscriptions politiques et juridiques de l’archaïsme grec II. Collection de l’Ecole Française de Rome , (-) . Il est question à cinq reprises du dromeus dans les lois de Gortyne. Guarducci, ICret., op. cit. (note ) III, iv, B, l. - ; cf. Brelich, Paides, op. cit. (note ) . Dans Effenterre – Ruzé (éds.), Nomima II, op. cit. (note ), dont les auteurs rééditent certains des textes les plus intéressants, le mot est banalisé. Plutarque, Moralia C. Pour Sparte et l’épithète donnée à Apollon Karneios dans les inscriptions impériales relatives aux prêtrises de l’Hélos, cf. infra, et note . Comme il ressort de l’étymologie du mot : δρομή et δρόμος sont deux noms d’action, d’où un sens non équivoque de « course », de « lieu où l’on court », mais il est symptomatique que la Souda fasse du second le synonyme de γυμνάσιον. En grec moderne, le mot désigne une rue, une route, sens qui s’accorde étonnamment bien avec celui du dromos antique, que parcourait une piste, identifiée à Sparte par Pausanias à la rue Aphétaïde (III, , ). De
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les dieux qui le patronnent. Au nombre de ceux-ci on peut, à partir d’une certaine époque du moins, inscrire Héra, qu’à Sicyone, au voisinage d’Apollon Karneios, on appelait prodromia,²⁴ tandis qu’à Thèra une dédicace à Apollon Karneios se trouve gravée sur le même fragment de colonne que la mention d’honneurs décernés à Héra dromaia.²⁵ Ces deux témoignages complémentaires, notamment, confirment le rapport très étroit qui s’établit entre Apollon Karneios et d’autres dieux associés au dromos, parmi lesquels figurent encore les Dioscures ou Artémis, puisque les courses en armes qui se déroulaient au dromos spartiate étaient, d’après Platon, placées sous leur patronage.²⁶ Le dromos est donc bien un lieu « sacré » où les hommes visitent leurs dieux. Le plus important est manifestement Apollon, qui est aussi sans aucun doute le « premier » de tous, celui sur lequel les autres se sont greffés. Pour les repérer efficacement, la première démarche consiste à réinvestir la description que nous propose Pausanias du dromos de Sparte, qui offre l’unique possibilité de les identifier au sein d’un ensemble constitué.
1. Le doublet agora-dromos dans la description de Pausanias²⁷ La description de Sparte par Pausanias présente plus d’une difficulté, qui ont compliqué la perception de l’espace politico-religieux. Le texte décrit apparemment deux quartiers au cœur de la cité : l’agora d’un côté (III, 11 à 14, 5), le dromos de l’autre (ibid., 14, 6 à 15, 7), auxquels s’ajoutent, ici comme ailleurs, des notes hors contexte pour évoquer tout ce qui n’a pas fait l’objet de mentions appropriées dans les chapitres précédents (ibid., 15, 8 à 18, 5). Des chapitres 12 à 16, on repère toutefois trois ensembles qui ressemblent à des « itinéraires » différents,²⁸ sans qu’il s’agisse à proprement parler de « parcours » organisés. Ce ne sont que les chapitres
nombreuses pistes qui traversaient les agoras grecques étaient, tout naturellement, aussi des rues. Pausanias II, , . Inscriptiones Graecae XII , . Qu’Héra ait porté cette épiclèse de dromaia ne doit pas surprendre : la déesse, à l’époque classique au plus tard, a patronné des courses de jeunes filles à Élis / Olympie et ailleurs, cf. Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) . Lois VII, b. Nous reprenons en partie et approfondissons ici l’analyse proposée déjà dans Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ). Nous les avions appelés « circuits » et « itinéraires » dans Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) -. Le mot « itinéraire », qui s’inscrit dans une longue tradition d’analyse du texte de Pausanias (Robert, Pausanias, op. cit. [note ] et M. Piérart, « Deux notes sur l’itinéraire argien de Pausanias », Bulletin de correspondance hellénique [], -) peut toutefois prêter à confusion.
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distincts d’un texte plus brouillon et moins bien élaboré qu’il n’y paraît :²⁹ en séparant la description de l’« Aphétaïde » (12. 1 – 12. 9) de celle du dromos (14. 6 – 15. 6), le Périégète a durablement contribué à brouiller les pistes, dans la mesure où ses exégètes reproduisent inlassablement ses propos, incapables de sortir du piège d’une description compliquée. Les difficultés particulières que pose ce texte doivent trouver leur explication dans les conditions mêmes de son élaboration : ce n’est pas à Sparte que la présentation du site a été rédigée en l’état où nous la lisons, mais plus tard, lors d’une édition³⁰ qui a succédé à la visite des lieux, quand le Périégète³¹ a mis par écrit les notes accumulées au cours de ses périples, à un moment où les souvenirs de tant de lieux visités devaient s’embrouiller dans sa mémoire. Les contraintes liées à la production d’un texte dans l’Antiquité, sur des matériaux coûteux, ne devaient pas faciliter les réécritures mais entraîner inévitablement des juxtapositions de notes plutôt qu’une élaboration systématique, comme l’apprend la pratique de la plupart des historiens, surtout des compilateurs, que l’on dépèce si aisément en « fragments ». De fait, le texte même de Pausanias, pour Sparte en particulier, trahit clairement une telle accumulation de notices autour d’un concept assez vague, l’« agora », et l’on démontre sans trop de peine que le dromos ne doit pas en être détaché, qu’il en constitue un élément majeur.³² Ce que Pausanias appelle à Sparte, et ailleurs, « agora », est avant tout le centre urbain où se localisent les temples, sanctuaires et édifices publics. À cet égard la ville de Sparte devait ressembler à ses correspondants en d’autres cités, mais Sparte – et elle seule probablement à cette époque – conservait au centre de la Cité une structure, devenue exceptionnelle à l’époque de Pau Pace P. Sauzeau, Les Partages d’Argos : sur les pas des Danaïdes () qui, à la suite de J. Heer, La Personnalité de Pausanias (), reconnaît volontiers à Pausanias, à partir de ses introductions, des qualités de construction littéraire, ce qui l’entraîne à surévaluer les talents du Périégète. L’intérêt de ses notices vient moins de la qualité du texte que des innombrables détails livrés par un chercheur d’antiquités, fort heureusement honnête dans sa démarche. Il est notoire en tout cas qu’il n’a pas impressionné ses contemporains et qu’on ne l’a guère lu avant le IVe siècle, voir Ch. Habicht, Pausanias’ Guide to Ancient Greece. Sather Classical Lectures (). Dont le plan a dû être dessiné assez tôt, cf. Habicht, Pausanias’ Guide, op. cit. (note ) . Les introductions historiques aux différents livres ont pu avoir préparé le voyage. Elles sont, en général, bien charpentées. Notons que « by the time Pausanias wrote (the first book), he had already seen a good part of Egypt but also most of Greece » (ibid. ). Mais est-ce bien le même qui a composé les notes au moment de la visite des lieux et qui, en un second temps, a rassemblé l’ensemble pour en faire la « Périégèse » que nous lisons ? N’oublions pas que l’auteur ne se nomme jamais. La question n’a jamais été posée, ce qui inquiète, car les désordres de la description, quel que soit le lieu concerné, sont patents. Pour comprendre cette structure des lieux, il importe, bien entendu, de ne pas avoir de l’espace une vision étriquée, mais voir en Sparte comme en Argos des villes « largement ouvertes », comme le préconise à juste titre Hölscher, Öffentliche Räume, op. cit. (note ).
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sanias : le dromos, que le Périégète ne peut décrire autrement que le lieu où « de son temps encore » les jeunes s’exercent à la course : καλοῦσι δὲ Λακεδαιμόνιοι Δρόμον‚ ἔνθα τοῖς νέοις καὶ ἐφ᾿ ἡμῶν ἔτι δρόμου μελέτη καθέστηκεν (14, 6). Son concept d’agora³³ s’y heurtait donc à cette réalité singulière. Le fil du texte de Pausanias montre bien qu’il se préparait d’emblée à parler de l’agora (le chapitre 11 en constitue la présentation liminaire, l’introduction en réalité et non pas, comme tel, le début de la description), c’est-à-dire de l’ensemble des lieux publics et que c’est dans cette présentation de l’« agora » qu’il faut situer les « fragments » de texte qui suivent, notamment la description de l’Aphétaïde et du dromos, la mention de ce dernier, à la fin de sa description seulement, présentant toutes les allures d’un « repentir », comme si, in fine, il s’avisait un peu tard qu’il allait omettre d’en parler. Il ne fait aucun doute que si Pausanias avait correctement perçu la nature des lieux et rassemblé des notes moins confuses, il n’aurait pas distingué l’Aphétaïde du dromos, car ces lieux se confondent, comme l’indique la mention des Dioscures « Aphétériens » – les patrons de l’Aphétaïde –, qui se dressaient, nous dit le Périégète (14, 7), « au début du dromos » : les Dioscures « Aphétériens » ne sauraient non plus être séparés de la statue d’Aphétaïos qui marquait le départ de la course des prétendants de Pénélope, et que le Périégète avait précédemment signalée « près du Karnéion » (13, 6). Une preuve que Pausanias ne maîtrisait plus ses notes, s’extrait donc tout naturellement de son texte, en rapprochant la mention des Dioscures Aphétériens « vers le début du dromos » (14, 7 : πρὸς δὲ τοῦ Δρόμου τῇ ἀρχῇ Διόσκουροι τέ εἰσιν Ἀφετήριοι) avec ce qui était dit quelques lignes plus haut (14, 6) : « En quittant le dromos on trouve le sanctuaire des Dioscures […] et celui d’Apollon Karneios […] » (προελθόντι δὲ ἀπὸ τοῦ Δρόμου Διοσκούρων ἱερὸν καὶ Χαρίτων, τὸ δὲ Εἰλειθυίας ἐστὶν Ἀπόλλωνός τε Καρνείου), d’où il résulte très clairement qu’à cet endroit du texte les notices « en quittant le dromos » ou « vers le début du dromos » sont, en réalité, deux repères topographiques rigoureusement identiques, confondus par le Périégète. Une conclusion s’impose, une seule : à Sparte le dromos est l’élément essentiel de ce que Pausanias appelle plus volontiers l’agora, mais qu’il n’a pas d’emblée correctement identifié. Il ne faut donc pas s’étonner des recoupements incessants que nous sommes amenés à établir à l’intérieur du texte de Pausanias,³⁴ comme celui qui concerne le local des Bidiéens. Pausanias le localise clairement sur l’agora (ibid., 11, 2), mais le situe aussi le long de l’Aphétaïde (ibid., 12, 3-4), « avant » le sanctuaire d’Athéna Kéleutheia dont la statue est reliée à Ulysse, lequel, en la consacrant, Qui a trouvé un zélateur en la personne de son commentateur C. Robert, Pausanias als Schriftsteller : Studien und Beobachtungen (). Il nous paraît utile de développer ici ce qui n’a été qu’esquissé dans P. Marchetti, « Le dromos au cœur de l’agora de Sparte. Les dieux protecteurs de l’éducation en pays dorien. Points de vue nouveaux », Kernos () -.
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aurait commémoré sa victoire à la course des prétendants. D’autre part, Pausanias « présente » Apollon Karneios (13, 3-5) en le reliant à Aphétaïos et à la course des prétendants (13, 6) remportée par Ulysse, mais jamais ne nous dit, ce qu’heureusement nous savons par ailleurs,³⁵ qu’Apollon Karneios s’appelait aussi dromaios, c’est-à-dire qu’il était effectivement le protecteur du dromos ! Bref, c’est à nous qu’il revient d’intégrer les deux « fragments de texte » précédents (12, 1-9 et 12, 10-13. 6) à la description du dromos, tardivement identifié (en 14, 6 seulement). Et en relevant que la « Colline » est toute proche d’Aphétaïos et des dieux « Amboulioi » (relier 13, 6 à 13, 7) on se gardera bien de dissocier de cet ensemble les dieux « de la Colline », Dionysos Colonatas et les différentes Héra : « Argienne », Hypercheira ou Aphrodite-Héra (ibid., 13, 7-9).³⁶ C’est à nous qu’il revient aussi de comprendre que l’essentiel de la description de Pausanias, dès le départ, porte en réalité sur le dromos lui-même, qui est bien dans l’horizon de Sparte l’élément majeur du centre urbain. Il n’est donc pas surprenant que le témoignage des inscriptions qui mentionnent l’Hélos de Sparte³⁷ et les dieux qui s’y trouvent regroupés confirme l’impossibilité d’éparpiller les curiosités énumérées par le Périégète, moins encore de distinguer le dromos de l’agora. Les dieux associés dans les prêtrises communes de l’Hélos sont
Grâce à l’inscription qui mentionne les dieux de l’Hélos : Inscriptiones Graecae V , , citée in extenso par O. Gengler, « Héraklès, Tyndare et Hippocoon dans la description de Sparte par Pausanias : mise en espace d’une tradition mythique », Kernos () ; l’analyse en a été reprise par A. Hupfloher, Kulte im kaiserzeitlichen Sparta. Eine Rekonstruktion anhand der Priesterämter () -, dont le titre est explicite. D’autres inscriptions complètent la précédente, notamment Inscriptiones Graecae V , , surtout, . Pour les familles romaines de cette époque, on verra maintenant A. D. Rizakis – S. Zoumbaki, Roman Peloponese : Roman personal names in their social context (Laconia and Messenia). Mélétèmata (). Pausanias paraît distinguer deux collines, celle de Dionysos et une autre où se dresserait le temple d’Héra, mais nous aurions tort de nous laisser berner, cf. Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) - : cette unique colline est un lieu stratégique, qui domine la limnè / Hélos de Sparte et où doit aussi prendre place Artémis Issôria (ibid., , ), d’où la certitude qu’elle est proche du théâtre. Non pas, bien entendu l’Hélos du littoral, comme on s’obstine à le penser (not. Hupfloher, Kulte, op. cit. [note ]) mais la limnè de l’agora, comme cela se démontre assez aisément et comme l’avait, du reste, fort bien compris A. Boeckh, dès la publication dans le Corpus Inscriptionum Graecarum I, . Il n’y a pas de raison de pêcher par excès de prudence, comme le fait encore Gengler, « Héraklès », op. cit. (note ) . Le doute, en effet, n’est pas permis. Tous les dieux de l’Hélos se retrouvent dans la description de Sparte par Pausanias, ce qui n’est pas fortuit et interdit de confondre l’Hélos des inscriptions de Sparte avec la ville homonyme du littoral (en ruines à l’époque de Pausanias [III, . ] et, par ailleurs, trop insignifiante pour que les plus hauts personnages de Sparte se préoccupassent de ces cultes-là).
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en effet : Karneios Oikétas, Corè Soteira,³⁸ Apollon Karneios Dromaios, Poseidon Dômatitès, Aphrodite en armes et les Moires, que l’on trouvait dispersés dans la description du Périégète, en 11, 11 (Moires sur l’agora), en 13, 2 (Corè Soteira, avant Karneios Oikétas et Apollon Karneios), en 14, 8 (Poseidon Dômatitès, vers le début du dromos) et 15, 10 (Aphrodite en armes, sur la petite colline proche du théâtre). Tout l’intérêt de ce regroupement des dieux autour de l’Hélos³⁹ est d’entraîner dans son sillage Aphétaïos (proche du Karneion, 13, 6), Aphrodite Olympienne (« en face de » Corè Soteira, 13, 2), le Plataniste et les Dioscures Aphétériens (voisins de Poseidon Dômatitès, 14, 7), Zeus Xénios et Athéna Xénia et, à partir d’eux, d’autres dieux « de l’agora » (11, 11). Ainsi se confirme – sans le moindre doute, nous ne pourrions trop y insister – l’impossibilité de détacher l’agora du dromos, ce qui nous amène à une perception plus concrète des lieux décrits par Pausanias : les sanctuaires énumérés « au sortir du dromos » sont en réalité situés à la lisière de celui-ci ;⁴⁰ ils en définissent le périmètre. À deux reprises au moins, quand Pausanias dit « sortir de l’agora », il « pénètre » en réalité, chaque fois par un passage différent, dans l’espace du dromos, le cœur religieux de Sparte, ainsi en 12, 1, puis en 12, 10, et aussi en 14, 1, où après avoir de nouveau quitté l’agora « vers l’Ouest » il finit par aboutir au sanctuaire de Déméter chthonia (14, 5) et se retrouver […] au dromos (14, 6). Tous les lieux décrits comme appartenant à l’agora ou au dromos et à l’Aphétaïde sont proches, aussi, du théâtre⁴¹ et s’accrochent manifestement aux collines qui constituent l’acropole de Sparte, au sommet desquelles fut construit le temple d’Athéna chalkioikos. Autrement dit agora et dromos sont à situer en priorité près des vestiges, certains très imposants, découverts dans la zone où D. Musti et M. Torelli⁴² proposaient d’installer le portique des Perses et l’agora précisément. Une La procession qui menait les Spartiates de la Corè Soteira (la Corè de l’Hélos) à l’Eleusinion du Taygète partait évidemment de Sparte. Nous avons là, du reste, une clé précieuse pour comprendre la véritable nature des lieux sacralisés du dromos. Car l’Eleusinion du Taygète est un sanctuaire très caractéristique, bien connu depuis les fouilles de l’École anglaise. Voir le rapport détaillé de C. M. Stibbe, « Das Eleusinion am Fusse des Taygetos in Lakonien », Bulletin Antieke Beschaving () -. Le nom du quartier est limpide. Cet Hélos ne pouvait qu’être un ancien marécage. Ce n’est donc pas uniquement leur regroupement dans des prêtrises exercées par des titulaires uniques, mais aussi leur implantation dans un Hélos unique, qui nous assurent que les sanctuaires concernés se localisent en un seul quartier, cf. Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) -. Le parallèle avec Argos, où le sanctuaire d’Apollon Lycien jouxte et domine tout à la fois le dromos, est éclairant, cf. infra, - et fig. . Voir Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) . Une confirmation en est donnée par Hérodote VI, (voir ibid., n. ). C’est là aussi que se situe le Choros. Pausania, Guida della Grecia III (). Sur ce que nous pensons de l’identification de la Stoa Persikè, voir O. Gengler – P. Marchetti, « Sparte hellénistique et romaine. Dix années de recherche (-) », Topoi () -, où l’on trouvera d’utiles compléments
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erreur impardonnable consisterait à s’en écarter par trop et à déployer agora et dromos sur un trop vaste espace,⁴³ ce qui nous éloignerait irrémédiablement d’une perception correcte du dromos, que des dieux, pas n’importe lesquels, sacralisent et dont des héros, bien spécifiques, définissent la nature. Nous nous attacherons ici aux seconds avant de reprendre, dans une prochaine étude, l’analyse de la concaténation des premiers autour d’Apollon.
2. Le complexe héroïque du dromos spartiate Il est difficile de trouver en une autre ville grecque un ensemble héroïque aussi cohérent que celui dont le souvenir était entretenu à Sparte. Tous les héros présents, sans exception, proviennent d’une unique famille légendaire (voir tableau), comme le révèle le seul inventaire des personnages héroïques mentionnés par Pausanias.
Les deux époux de Gorgophonè, Oibalos et Périérès, ont fini par recevoir le même père : Kynortas. Pausanias⁴⁴ le présente comme père d’Oibalos (III, 1, 3), mais à bibliographiques. L’identification du Plataniste n’est pas davantage assurée, cf. Gengler – Marchetti, op. cit. , n. . Comme le proposait C. M. Stibbe, « Beobachtungen zur Topographie des antiken Sparta », Bulletin Antieke Beschaving () - et, à sa suite, E. Kourinou, Σπάρτη : συμβολή στη μνημειακή τοπογραφία της (). Pausanias lui consacre une partie de son introduction au livre III, tournée essentiellement sur une évocation des guerres de Messénie qui ont « écartelé » la famille légendaire (là-dessus Gengler, « Héraklès », op. cit. [note ]). Nous ne nous y attarderons pas ici : intégrer cet ex-cursus à l’analyse de l’agora de Sparte nous détournerait de l’essentiel. Il est très probable que les enfants de Gorgophonè se partageaient au départ entre la Laconie et la
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la même époque le Pseudo-Apollodore fait état d’une autre tradition en laquelle Kynortas devient le père de Périérès (I, 9, 5 ; III, 10, 3),⁴⁵ lui-même père d’Oibalos.⁴⁶ Dans les deux traditions, Kynortas est le personnage-pivot. Il n’est donc pas sans intérêt d’apprendre que les Spartiates possédaient sa tombe, à côté du mnéma de Castor et de la tombe des Apharétides Idas et Lyncée (Pausanias III, 13, 1). Le personnage de Kynortas fait en réalité le lien entre Sparte et la famille « argienne » d’Acrisios, de laquelle il devait de tout temps avoir été proche.⁴⁷ Toutefois, pour en faire à Sparte un enfant du pays, on lui a fabriqué – mais à quelle époque ?⁴⁸ – une ascendance limpide, dont font état⁴⁹ Pausanias (III, 1, 1 ss.) et le pseudoApollodore (III, 10, 3) : fils (?) d’Amyklas, petit-fils de Lacédémon et de Sparta, arrière-petit-fils de Taygetè et d’Eurotas, l’une fille d’Atlas, l’autre fils de Lélex. L’hérôon d’Iops et de Lélex (12, 5)⁵⁰ est évidemment à replacer dans ce schéma.⁵¹ L’ascendance spartiate de Kynortas est, sans surprise, particulièrement artificielle, car Kynortas venait d’ailleurs, en réalité de l’argeia mycénienne,⁵² comme l’épouse de son aïeul Acrisios, Eurydikè, qu’on a aussi transformée en « spartiate », sans faire illusion. Acrisios reste un roi éminemment « argien » : petit-fils de Lyncée et d’Hypermnestre, fils d’Abas, père de Danaè, grand-père de Persée, arrière-grand-
Messénie, avant que la conquête de la Messénie les rapatrie tous à Sparte, en ce compris d’autres descendants d’Oibalos, les Hippocoontides. Dans tous les cas de figure, Kynortas et Gorgophonè sont les personnages incontournables de cette saga et là est l’essentiel, pour le moment. Roscher II (-) s. v. « Kynortas ». Pseudo-Apollodore III, , , et scholie à Euripide, Oreste, v. . Le rapport entre Kynortas et le Kynortion est indéniable. Or, le Kynortion n’est autre que le promontoire où se trouvait Apollon Maléate, près d’Épidaure et de Trézène (Pausanias II, , ). On n’est donc pas surpris de trouver à Sparte un Apollon Maléate (Pausanias III, , ). Toutes les sources qui le concernent sont tardives. Avec de légères variantes sans conséquence, qui soulignent la fragilité de ces reconstructions épichoriques. À compléter par III, , . Sur ces constructions généalogiques spartiates, voir I. Malkin, La Méditerranée spartiate : mythe et territoire (traduit par O. Meslier) () et, du même, « The Polis between Myths of Land and Territory », dans : R. Hägg, (éd.), The Role of Religion in the Early Greek Polis. Proceedings of the Third Intern. Seminar on Ancient Greek Cult organized by the Swedish Institute at Athens, - Oct. () -, surtout -, ainsi que C. Calame, « Le récit généalogique spartiate. La représentation mythologique d’une organisation spatiale », Quaderni di Storia () -. Qu’on aura soin de ne pas confondre avec la ville dorienne d’Argos, cf. P. Marchetti, « Homère, Diomède et l’Argos polydipsion : de la guerre thébaine à la guerre de Troie », dans : L. Isebaert – R. Lebrun (éds.), Quaestiones homericae. Acta colloquii namurcensis habiti diebus - mensis septembriis anni () -. Le nom de sa mère, Diomèdè, confirme le rapport avec l’argeia.
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père de Gorgophonè. De Gorgophonè sont finalement issus quatre fils : Apharée et Leucippos, de son mariage avec Périérès, Tyndare et Icarios, de son mariage avec Oibalos⁵³ (15, 10), généralement tenu aussi comme le père d’Hippocôon, avant son remariage avec Gorgophonè. Comme on le constate, Kynortas et Oibalos mènent avant tout au personnage, tout à fait central, de Gorgophonè, la fille de Persée, dont la descendance, omniprésente à Sparte, structure tout l’espace héroïque. Tous les héros du dromos / agora de Sparte appartiennent, en effet, à la seconde génération issue de Gorgophonè, à savoir les Tyndarides (Castor et Pollux, Hélène), les Leucippides (Hilaira et Phoibè, épouses des Tyndarides, mais aussi Arsinoè, mère à Sparte et à Messène d’Asclépios), les Apharétides (Idas et Lyncée, adversaires de Castor et Pollux) et, enfin, Pénélope, la fille d’Icarios. Ces « Gorgophonides » sont omniprésents dans la description du Périégète, ce qui confirme bien qu’il est allé à l’aventure, à la découverte de la ville, sans en avoir préalablement étudié ou compris la trame,⁵⁴ car tous ces héros forment la structure légendaire du dromos et de l’Aphétaïde, comme on le vérifie en revisitant Sparte : 1. Le mnéma de Castor et la tombe d’Idas et Lyncée (13, 1) sont voisins du temple d’Aphrodite et Zeus Olympiens (12, 11 et 13, 2) et proches d’Apollon Karneios (13, 3-6), donc à proximité de la statue d’Aphétaïos qui marquait le début de la course des prétendants (13, 6). C’est aussi en liaison étroite avec le dromos qu’est signalé le trophée qui rappelait la victoire de Pollux sur Lyncée (14, 7). 2. À l’autre bout de l’Aphétaïde, on trouvait le sanctuaire d’Arsinoè, sœur des Leucippides (12, 8). 3. Le sanctuaire double d’Aphrodite en armes, situé sur une petite colline voisine du dromos, possédait à l’étage inférieur une statue de la déesse enchaînée (15, 10). On expliqua à Pausanias que les chaînes lui avaient été posées par Tyndare qui voulait ainsi stigmatiser la fidélité que les épouses devaient à leurs maris ! Référence matrimoniale claire qui renvoie bien évidemment à l’horizon caractéristique du dromos et de l’Aphétaïde. C’est, sans surprise, à proximité du sanctuaire d’Aphrodite que se trouvait le sanctuaire des Leucippides (Hilaira et Phoibè), dont Pausanias rappelle que d’après les Cypria elles étaient réputées filles d’Apollon ; dans la légende spartiate elles restaient manifestement filles de Leucippos, vénérées toutefois comme des déesses. Leur service était assuré par des prêtresses dénommées « Leucippides ». Ici aussi les versions varient. Il ne pouvait en aller autrement, en raison du va-et-vient entre Sparte et Messène. Insistons-y : l’essentiel est que, à Sparte comme à Messène, puis à Sparte seule, la légitimité dorienne procédait de Gorgophonè, une « argienne » (Pausanias III, , ). Ceci en contradiction flagrante avec son introduction au livre III, où le Périégète attire fortement l’attention sur eux.
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4. Les filles de Leucippos sont les épouses des Tyndarides, Castor et Pollux, qu’ils enlevèrent au terme d’un agôn qui les opposa à leurs cousins, les Apharétides. Mais ce rapt, une évocation avant tout du mariage « par enlèvement » comme celui des épouses que l’on gagne à la course,⁵⁵ était préparé à Sparte par des cérémonies où les jeunes filles, appelées « Leucippides », étaient associées à des Dionysiades […] qui couraient (13, 7), coutume qui trouve un correspondant limpide à Élis.⁵⁶ Dionysiades et Leucippides sont rattachées au temple du Dionysos « de la Colline », tandis que le sanctuaire des Leucippides se trouve à proximité de celui d’Aphrodite, où l’on conservait une statue consacrée par Tyndare, érigé sur une « petite colline ». Comment hésiter à installer Dionysos et Aphrodite sur la même colline ? Le point commun qui les relie, outre la mention de la « colline », est évidemment la présence, dans l’un et l’autre sanctuaire, des Leucippides.⁵⁷ On aurait tort aussi de situer la « colline » de Dionysos et d’Aphrodite loin du dromos : les Leucippides sont, en effet, les épouses des Dioscures […] « Aphétériens », installés au début de l’Aphétaïde, donc « au début du dromos » (14, 7). Il n’est guère aventureux, à ce stade, de conclure qu’aux Dioscures, installés en tête de la piste, devait répondre, en fin de piste, le sanctuaire des Leucippides, près du temple de Dionysos « de la Colline », où elles étaient effectivement associées aux Dionysiades. 5. C’est au même horizon mythique qu’il faut aussi rattacher les consécrations à Léda et Hélène. Léda, épouse de Tyndare, rappelons-le, aimée de Zeus métamorphosé en cygne, était réputée avoir pondu l’œuf d’où sortirent Castor et Pollux. Cet œuf « de Léda », enveloppé de bandelettes, dont l’Orphisme s’emparera,⁵⁸ était suspendu dans le sanctuaire des Leucippides (16, 1). C’est l’importance de Léda comme mère des Tyndarides qui rend compte de l’hérôon spartiate de Pleuron (13, 8), à propos duquel le Périégète, très opportunément, cite un poème d’Asios qui rattache Pleuron à Agénor et en fait le père de Léda. Ce qu’avait bien compris A. Hermary, Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae III () s. v. « Dioskouroi ». Voir Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) . On ne peut manquer de rapprocher ces Dionysiades des Haliées d’Argos et, à partir de là, lire sans peine la course des Dionysiades comme une mise en scène symbolique d’une expulsion comparable à celle des Haliées. Sparte nous offre ainsi, nonobstant le désordre de Pausanias, un indice très clair de l’association, au sein de ce panthéon, de deux divinités majeures du dromos : Dionysos et Aphrodite, réellement inséparables avant qu’Héra vienne troubler leur conjonction très nette. Nous examinerons cela dans la prochaine étude. La référence à Orphée est d’autant moins déplacée ici qu’on lui attribuait à Sparte la fondation des sanctuaires de Démèter et Corè. Il est temps de se souvenir que les fragmenta Orphica et ceux attribués à Epiménidès se recoupent, cf. Marchetti « Le dromos au cœur de l’agora de Sparte », op. cit. (note ) n. .
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6. Avant son mariage avec Gorgophonè, Oibalos était réputé avoir été le père d’Hippocôon qui à sa mort s’emparera du trône de Sparte, déclenchant l’intervention d’Héraklès qui tuera ses douze fils et restaurera Tyndare sur le trône, le roi légitime issu de Gorgophonè. Pausanias inscrit l’intervention d’Héraklès dans une vengeance du héros pour punir les Spartiates pré-doriens de l’avoir rejeté de leur ville (15, 3). Il n’y a pas, en réalité, de meilleure mise en scène de la conquête de Sparte par les Héraclides doriens.⁵⁹ Rien de surprenant donc à trouver dans le paysage spartiate tant d’évocations de la lutte d’Héraklès contre les Hippocoontides (14, 6-7 ; 15, 1-2 ; 15, 3-5 ; 15, 6), jusqu’à la consécration par le héros d’un sanctuaire d’Héra « Aigophage »,⁶⁰ en commémoration de sa lutte victorieuse (15, 9). Toutes les consécrations liées à la mort des Hippocoontides se regroupent aisément en un faisceau clairement articulé au dromos. Il n’est pas vain de constater que cette légende est associée à un rite d’intégration majeur, celui des Sphaireis, qui rendent un sacrifice au pied de la statue d’Héraklès, sans aucun doute l’Héraklès génarchas de l’Hélos.⁶¹ Dans ce rite on verra, sans hésiter, une cérémonie caractéristique destinée à sacraliser le passage de la classe des éphèbes⁶² à celle des andres, des neoi ou des δέκα ἀφ᾿ ἥβης, comme les appelait Xénophon⁶³ et qui ne sont autres, quel que soit leur nom d’une époque à l’autre, que les Spartiates installés dans le dromos.
Qui se trouve évoquée, à propos de Sparte, à plusieurs endroits du texte, d’abord dans l’introduction au livre III, puis en , (rencontre entre les éclaireurs doriens et la fille de Karneios oikétas, récit classique d’une conquête de ville, qui trouve un équivalent dans la légende de Tarpeia à Rome, notamment) et en , (légende étiologique du sanctuaire de Zeus tropaios). C’est aussi à ce même fonds légendaire, plus clairement articulé encore à la légende des Héraclides, que l’on attachera l’héroôn de Kléodaios, fils de Hyllos (, ). On ne peut manquer de constater que la conquête de Sparte par Héraklès ne s’inscrit pas dans le schéma bien connu de la descente des Héraclides. Avons-nous ici la preuve que la légende des Héraclides serait postérieure à l’installation des Doriens à Sparte, comme le concluait F. Prinz, Gründungsmythen und Sagenchronologie () ? On rattache souvent l’extermination des Hippocoontides et la restauration de Tyndare à la conquête spartiate de la Messénie, mais le lien avec Messène est, à vrai dire, secondaire à tous points de vue. La lutte contre les Hippocoontides est incompréhensible sans la référence à la légende dorienne et, à côté de Sparte et de Messène, c’est aussi l’histoire d’Argos qui s’y dessine en filigrane. La seule épiclèse de la déesse révèle à la fois son étrangeté (Héra n’a que faire de chèvres), l’association très claire de la déesse « aigophage » primitive avec Dionysos et son rapport aussi avec la Juno lanuvina qu’un syncrétisme tardif a assimilée à Héra. Celui mentionné dans Inscriptiones Graecae V , , l. , à côté de Poseidon dômatitès. Que Pausanias évoque en , , à propos du Choros où, nous dit-il, ils dansent en l’honneur d’Apollon lors des gymnopédies. Agésilaos, , et Hellenika III, , .
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La geste d’Héraklès d’un côté, les rapports entre Dioscures, Leucippides et Apharétides de l’autre, forment la trame des légendes spartiates, sans aucune interférence avec d’autres mythes ou récits. Rien d’étonnant à les retrouver l’une et l’autre, à l’exclusion de toute autre, dans la décoration du temple d’Athéna Chalkioikos, qui se dressait « sur la plus haute colline de Sparte » (17, 2). Face à ces références héroïques il en est une autre, semi-légendaire, qui ne passe pas inaperçue : le renvoi fait au Crétois Épiménidès. Son mnéma est mentionné en 11, 11 et c’est à lui que les Spartiates attribuaient l’installation de l’édifice circulaire⁶⁴ abritant les statues de Zeus et Aphrodite Olympiens (12, 11), ce qui fait de ces derniers assurément les dieux-phares de la constitution spartiate, car le « sage » Épiménidès est avant tout un législateur.
3. De Sparte à Argos : les concordances⁶⁵ Si l’on compare la description que Pausanias nous donne de Sparte avec celle d’Argos, sans perdre de vue qu’il a visité ces cités à la fin du IIe s. ap. J.-C., c’est-àdire près d’un millénaire après la mise en place des « agoras » de part et d’autre, on ne peut manquer de relever entre les deux d’étonnantes ressemblances, que nous avons soulignées déjà, et qu’il est temps de récapituler. L’existence d’un dromos à Argos ne fait aucun doute : une orchestra, une piste de course, un gymnase / palestre, mais aussi un nymphée autorisent à le localiser avec certitude (fig. 1).⁶⁶ Ce dromos, qui a été réactivé au Ier s. ap. J.-C., était ensuite rapidement tombé à nouveau en désuétude. Nous n’en trouvons aucun écho chez le Périégète. Cette absence de toute référence explicite chez Pausanias confirme son incapacité à analyser correctement les lieux visités. Tout ce qui l’a intéressé à Argos relève pour lui d’une « agora ». Et il s’en est fallu de peu, nous l’avons vu, qu’il eût fait de même à Sparte, pour laquelle nous avons constaté que derrière sa description de l’« agora » se cache très souvent, en filigrane, celle du dromos. Pour Argos donc, c’est dans les chapitres relatifs à l’agora qu’il faut rechercher le souvenir des éléments référentiels qui, aux époques archaïque et classique, ont défini le dromos argien. Tous ceux qui Qu’on a proposé, sans indice probant, de situer sur la base circulaire, près du théâtre, cf. C. M. Stibbe, « Beobachtungen zur Topographie des antiken Sparta », Bulletin Antieke Beschaving () -. Nous prolongeons ici Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) -. La maquette du site est à cet égard explicite, cf. L’Espace grec : ans de fouilles de l’Ecole française d’Athènes () -, que l’on complètera pour une approche plus pointue du site par P. Marchetti – Y. Rizakis, « Recherches sur les mythes et la topographie d’Argos. IV. L’agora revisitée », Bulletin de correspondance hellénique () - dont nous reproduisons ici la fig. .
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Fig. 1 : Plan général de l’agora d’Argos.
trouvent écho à Sparte constituent évidemment les repères les plus sûrs. Les plus caractéristiques sont : 1. le personnage de Danaos en premier lieu, qui, avec ses cinquante filles, occupe une grande partie de l’espace. L’édifice le plus important qui lui reste attaché est son mnéma (II, 19, 5), que nous n’avons pas encore localisé avec certitude, mais que de forts indices amènent à identifier à la salle hypostyle⁶⁷ qui domine la piste de course, celle que les Argiens et tous les Doriens qui prenaient exemple sur ce prototype référaient à la course des Danaïdes. C’est évidemment la proximité de l’édifice et de la piste de course, dans un environnement sacralisé par la légende des Danaïdes, qui invite à « consacrer » résolument à Danaos la salle hypostyle. Parmi les filles de Danaos ont toujours été distinguées Hypermnestre et Amymonè. Certaines consécrations attribuées à Hypermnestre, en relation P. Marchetti, « Recherches sur les mythes et la topographie d’Argos II. Présentations du site, III. Le téménos de Zeus », Bulletin de correspondance hellénique () . L’édifice a été publié dans la série des Études Péloponnésiennes de l’École Française d’Athènes (vol. X []) par J.-Fr. Bommelaer et J. Descourtils.
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avec le kritérion de Pausanias, ont été localisées, grâce aux objets découverts dans la fosse aux tortues, qui ne peuvent être que ceux déposés sous les statues d’Hermès et d’Aphrodite Nicéphore (II, 19, 6).⁶⁸ Ces découvertes majeures permettent de situer avec une quasi-certitude le temple d’Apollon Lycien – l’équivalent du Karneion spartiate – , en l’honneur duquel étaient célébrés à Argos les karneia doriens, sur la vaste terrasse qui surplombe l’orchestra.⁶⁹ D’où l’on peut vérifier comment le sanctuaire d’Apollon s’articule au dromos : il en est indissociable, tout en étant situé, comme il se devait, à la périphérie. La structure des lieux argiens montre, mieux que tout discours, comment un sanctuaire d’Apollon peut être isolé, dans une description de la ville, du dromos qu’il protège. L’autre fille de Danaos, Amymonè, a laissé son nom au nymphée⁷⁰ du dromos, l’un des quatre nymphées identifiés par le nom d’une Danaïde,⁷¹ l’équivalent argien du dorkeion spartiate. Le lien indissoluble qui unit Amymonè à Poseidon permet de rapprocher de ce nymphée Poseidon prosklystios (22, 4), dont on fit l’adversaire d’Héra à Argos comme à Sparte.⁷² C’est donc, sans le moindre doute, du côté du nymphée qu’il faut installer les dieux et héros de P. Marchetti, « Recherches sur les mythes et la topographie d’Argos. I. Hermès et Aphrodite », Bulletin de correspondance hellénique () -. Voir notamment Marchetti – Rizakis, « Recherches IV », op. cit. (note ) - et -, même si tous n’en sont pas convaincus : Ch. Pitéros, « Συμβολή στην αργειακή τοπογραφία », dans : A. Pariente – G. Touchais (éds.), Argos et l’Argolide : topographie et urbanisme. Actes de la table-ronde internationale, Athènes-Argos, avril-er mai () - fait une autre proposition, tandis que l’ouvrage de M. Piérart – G. Touchais, Argos : une ville grecque de ans () est venu brouiller les pistes assez sournoisement, cf. P. Marchetti, « Recherches sur les mythes et la topographie d’Argos V. Quelques mises au point sur les rues d’Argos », Bulletin de correspondance hellénique () - et alors que le lieu de trouvaille de l’épigramme de Phoronée (une pierre errante pourtant) entraîne de nouvelles propositions de la part de son inventeur, voir O. Psychogiou, « Επιτύμβια επιγραφή του Φορωνέος από την οδό Γούναρη στο ´Аργος », dans : Αʹ Αρχαιολογικη Συνοδος Νοτιας και Δυτικης Ελλαδος. Πρακτικα () - sur lesquelles nous reviendrons prochainement à l’occasion d’une sixième livraison de nos études de topographie argienne, dans le Bulletin de correspondance hellénique. Que certains s’obstinent, malgré la dédicace très explicite de l’édifice (voir Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. [note ] pl. , fig. ), à interpréter comme le mnéma de Danaos (M. Piérart, « Deux notes sur l’itinéraire argien de Pausanias », Bulletin de correspondance hellénique [] -) ou une tombe (Pitéros, dans : Pariente – Touchais [éds.], Argos et l’Argolide, op. cit. [note ]). Celui-là même qui fait l’objet de l’étude de Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ). Pour l’identification, ibid., -. Pour Poseidon, on se réfèrera désormais à J. Mylonopoulos, Πελοπόννησος οἰκητήριον Ποσειδῶνος : Heiligtümer und Kulte des Poseidon auf der Peloponnes. Kernos, suppl. () qui constitue une très ample récolte d’informations sur le culte du dieu dans le Péloponnèse, mais où Argos (-) ne reçoit pas l’attention qui eût convenu.
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l’« agora » voisins de Poseidon : parmi les premiers Déméter, Corè, Léto⁷³ et Ilithyie, au nombre des seconds : Persée.⁷⁴ 2. Le personnage de Persée ne surprend pas, au cœur du dromos argien : il est l’élément central de la dynastie fondée par Acrisios. À Argos, sa légende s’articule à des « Dionysiades » d’un type particulier,⁷⁵ les Haliées, associant ainsi, très étroitement ici aussi, Dionysos aux autres dieux et héros du dromos. À Argos, Persée occupe la place dévolue, à Sparte, à Héraklès. C’est la différence la plus nette, mais la moins significative, entre les deux cités : si Héraklès est absent de la description d’Argos chez Pausanias,⁷⁶ il n’y était pas moins honoré⁷⁷ et il n’est pas fortuit que les deux héros aient été confondus comme prototypes héroïques, à tel point qu’à l’époque impériale on les associera dans la collation d’honneurs caractéristiques décernés aux meilleurs citoyens.⁷⁸ Le prototype originel, dans l’horizon du dromos, était certainement Persée, en tant que père de Les trois divinités sont évoquées l’une après l’autre, après la mention de la tombe de Gorgophonè : d’abord Léto (, ), puis Déméter (, ) et Corè (, ) en l’honneur de laquelle étaient organisées des courses aux flambeaux conformément à un rite institué par Nicostratos qui ne devrait être autre que le fils d’Hélène et de Ménélas (Realencyklopädie der classischen Altertumswissenschaft XVII/ [] - s. v. « Nikostratos » [R. Hanslik]), avant d’arriver à Poseidon prosklystios (, ), au-delà duquel Pausanias mentionne alors le temple des Dioscures (, ) et le sanctuaire d’Ilithyie (, ). Il faut être aveugle pour ne pas réaliser à quel point cet environnement est cohérent. Il n’y manque à cet endroit qu’un temple de Dionysos. Il ne saurait être loin : Héra antheia (, ), dont l’épiclèse est plus significative que le nom de la déesse, y renvoie d’autant plus manifestement que c’est « devant le temple » de cette Antheia que l’on montrait la tombe des Haliées, les compagnes du dieu symboliquement refoulées par Persée. Insistons ici : la chaïne qui, chez Pausanias, mène de la tombe de Gorgophonè (, ) au sanctuaire d’Ilithyie (, ) est la plus dense de toute la description. Évoqué entre les sanctuaires d’Héra antheia et de Déméter pélasgis (, ). On ne peut trop insister ici sur l’intérêt que présente, pour comprendre les légendes dionysiaques argiennes, la lecture attentive des livres à des Dionysiaques de Nonnos de Panopolis qui rassemble très utilement, fût-ce à époque tardive, tous les souvenirs des hauts faits prêtés au dieu. L’évocation d’Amymonè derrière Béroè et le récit de la lutte qui opposa Poseidon et Dionysos sont du plus haut intérêt. Cet épyllion est décrit par Nonnos lui-même comme l’hymne d’Amymonè ! Si l’on fait exception de sa mention dans l’exposé introducteur (II, , ), consacré au partage entre les Héraclides, où l’on découvre aisément la raison du silence de Pausanias. Cf. e. a. J.-Ch. Moretti, dans : Pariente – Touchais (éds.), Argos et l’Argolide, op. cit. (note ) et le monument delphique des « Rois d’Argos » (J.-Fr. Bommelaer, Guide de Delphes [] -). Sur ces honneurs, M. Piérart, « Les honneurs de Persée et Héraklès », dans : C. Bonnet – Cl. Jourdain-Annequin (éds.), Héraklès : d’une rive à l’autre de la Méditerranée. Bilans et perspectives. Institut Historique Belge de Rome, Études de philologie, d’archéologie et d’histoire ancienne () -, et Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) , n. .
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Gorgophonè et donc ancêtre des familles issues d’elle. Si Héraklès a davantage émergé à Sparte, en relation avec une version locale de la conquête dorienne de la Laconie et de la Messénie, nous aurions tort d’en faire un cas d’espèce : Persée et Héraklès sont équivalents, complémentaires et non concurrents. Quand l’on vient de Sparte, la présence de Gorgophonè est, de prime abord, insolite à Argos. On attendrait a priori sa tombe à Sparte, puisqu’elle est mère des quatre héros fondateurs des dynasties légendaires qui y étaient vénérées. Il est donc très révélateur d’en trouver la tombe à Argos (21, 7). Nous tenons là l’indice le plus clair qu’à époque ancienne, Gorgophonè était, pour les Argiens, aussi essentielle à la définition de leur dromos qu’elle l’était pour les Spartiates et il est intéressant de relever à son propos que Pausanias rappelait, dans son introduction au livre III (1, 4), qu’elle était une γυναῖκα ἐξ Ἄργους. Les Argiens conservaient encore d’elle, à l’époque impériale, le souvenir de ses mariages successifs, avec Périérès⁷⁹ et Oibalos (ibid.). Nous avons vu plus haut qu’ils sont indispensables pour recréer à partir d’elle les quatre familles apparentées desquelles sortirent les Dioscures, leurs cousines-épouses – les Leucippides – , leurs cousins – les Apharétides – et Pénélope. La notice de Pausanias (21, 7) n’est donc pas fortuite et révèle que Gorgophonè tenait à Argos le même rôle qu’à Sparte, que Sparte autrement dit était une autre Argos. Il n’est pas surprenant, dès lors, de constater combien importants aussi étaient les Tyndarides dans l’univers argien. Les témoignages de la vénération dont on les entourait surgissent régulièrement⁸⁰ et nous savons par Pausanias qu’un temple leur avait été consacré où on les avait représentés en compagnie de leurs épouses, les Leucippides (22, 5). Ce temple qui abritait des statues en ébène révèle que le dromos argien, comme celui de Sparte, était, dès l’origine, la demeure des Dioscures.⁸¹ 3. Le troisième personnage caractéristique est celui d’Épiménidès, le législateur crétois dont les Argiens prétendaient posséder la tombe (21, 3), en racontant qu’il fut tué par les Spartiates. Querelle de clochers, sans intérêt ici, mais qui ne doit pas dissimuler l’importance de cette référence commune à un législateur unique. Rien n’indique plus clairement que si les lieux de Sparte et d’Argos se ressemblent tant, cela est dû à une structure sociale, politique et religieuse de
Qui est dit « fils d’Aiolos » et non d’Oibalos, comme dans d’autres versions, voir supra, n. . Voir Archaiologikon Deltion (-), B’, -, et J.-Ch. Moretti, « L’implantation du théâtre d’Argos dans un lieu plein de sanctuaires », dans : Pariente – Touchais (éds.), Argos et l’Argolide, op. cit. (note ) - ; M. Piérart, « Un oracle d’Apollon à Argos », Kernos () , n. . Voir aussi la Xe Néméenne de Pindare. Ce que confirment des fêtes anciennes en leur honneur, attestées par Inscriptiones Graecae IV, (L. Moretti, Iscrizioni agonistiche greche [] n° ).
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même nature et de même origine : le personnage d’Épiménidès est une clé de cette identité. Danaos, Persée et Gorgophonè, les Dioscures associés aux Leucippides, Épiménidès enfin, démontrent la parfaite correspondance, au niveau des référents légendaires, entre le dromos argien et celui de Sparte. Cette strate fondatrice a toutefois été perturbée et en partie oblitérée par des intrus qui ont fini, à Argos, par prendre beaucoup de place, notamment les héros de la guerre thébaine et Phoronée. Les premiers, pour importants qu’ils y soient,⁸² n’en sont pas moins des étrangers qui n’ont pu envahir le dromos (20, 5) qu’après la conquête du pays trézénien⁸³ et en exploitant habilement la légende troyenne,⁸⁴ comme maints indices le trahissent encore. Le second, auquel une épopée avait été consacrée⁸⁵ et dont on fait un peu rapidement le « premier argien »,⁸⁶ est avant tout un sicyonien, la référence à l’ὀρείη Ἀδραστεῖα dans le fragment conservé de l’épopée⁸⁷ ne laissant là-dessus aucun doute.⁸⁸ Son transfert à Argos, lié à l’extension du pouvoir argien sur Sicyone,⁸⁹ a été d’autant plus aisé qu’il s’articulait assez bien avec la geste thébaine. Il n’est pas difficile de constater comment ces transferts secondaires ont dû perturber les références primitives du dromos argien. Nous en prendrons ici deux exemples, sans nous y attarder exagérément : la femme de Phoronée s’appelait tan-
La découverte d’une borne de l’hérôon des Thébains a amené M. Piérart à organiser un colloque à Fribourg, qui leur a été pour ainsi dire entièrement consacré : M. Piérart (éd.), Polydipsion Argos : Argos de la fin des palais mycéniens à la constitution de l’État classique. Table ronde, Fribourg/Suisse, - mai . Bulletin de correspondance hellénique, suppl. (). Les éléments liés à ce transfert ont été étudiés par M.-F. Billot, « Apollon Pythéen et l’Argolide archaïque : histoire et mythes », Archaiognôsia (-) - et nous-mêmes, Marchetti, « Homère, Diomède et l’Argos polydipsion », op. cit. (note ). Très présente aussi dans l’horizon spartiate, au point qu’il est opportun de se demander si ce ne sont pas les Doriens de Sparte et d’Argos qui ont été, en Grèce, les auditeurs les plus précoces et les plus assidus de l’épopée homérique. De la Phoronis, il nous reste un grand fragment : G. Kinkel, Epicorum Graecorum fragmenta I () -. P. Chuvin, La mythologie grecque (). À la l. du fragment. Que les Argiens en aient fait le fils d’Inachos (Pausanias II, , ) et le fondateur de la cité d’Inachie (comme le dit une épigramme, récemment publiée, dont le texte est donné dans Psychogiou, « Επιτύμβια », op. cit. [note ] , l. , et réf. complémentaires n. ) ne signifie rien. Il s’agit clairement d’une propagande qui doit s’analyser en fonction de la date de l’épigramme (IIe s. av. J.-C.), non d’une référence ancienne. Et nous savons, par un passage célèbre d’Hérodote (VI, ss.), que l’épopée et la légende avaient été exploitées par les Argiens pour fonder leurs prétentions à l’hégémonie sur le pays.
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tôt Cerdô, tantôt Peithô,⁹⁰ deux noms qu’évoque Pausanias quand de l’Aphrodision il « se rend à nouveau sur l’agora » (21, 1) : « Cerdô, femme de Phoronée », nous dit-il, a reçu les honneurs d’un mnéma, tandis que Peithô se retrouve comme épiclèse, bien singulière, d’Artémis, que l’on comprend mieux en la référant à la femme de Phoronée, à tout le moins en regardant vers Sicyone, l’authentique patrie de Phoronée.⁹¹ Ce « premier homme » était aussi le père d’une fille, Niobè, qui a subi, à Argos, bien des avatars au cours du temps. On a donné à cette Niobè un fils, Argos, « fils de Zeus et de Niobè, fille de Phoronée » nous dit Pausanias (22, 5). Mais nous savons que cet Argos avait un frère, Pélasgos,⁹² duquel les Argiens dérivaient l’épiclèse de Déméter pélasgis (22, 1). Pausanias, à son propos, a reproduit l’étrange filiation qu’on lui en a proposée : Pélasgos était le fils de Triopas, mais le Périégète ne l’avait pas mentionné à ce titre dans la descendance de Phoronée (II, 16, 1),⁹³ autant dire que ce Triopas père de Pélasgos est bien étrange. Pour peu que l’on soit versé dans la mythologie argienne, il n’est pas difficile de reconnaître en ce « Triopas », ce mystérieux « Trois Yeux », le Zeus vénéré sur la Larissa d’Ar L’épigramme, nouvellement découverte à Argos (supra, n. ) et qui dans l’Antiquité était inscrite sur la tombe de Phoronée, la mentionne expressément, voir le texte dans Psychogiou, « Επιτύμβια », op. cit. (note ) , l. , où, p. , n. , sont analysées toutes les sources connues précédemment. La troisième épouse de Phoronée, Télédikè, est beaucoup plus évanescente. Il est particulièrement étrange de retrouver sur l’agora d’Argos un mnèma de Cerdô, femme de Phoronée, alors que l’épigramme gravée sur la tombe de Phoronée lui donne pour unique épouse Peithô ! Pausanias, et d’autres indices le prouvent, n’a manifestement pas pris la peine de lire l’inscription ! Peithô était à Sicyone inséparable d’Apollon (voir Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft XIX/ [] s. v. « Peitho » [Voigt]), mais, comme épiclèse, convenait mieux à Aphrodite (ibid., col. -), voir V. Pirenne-Delforge, « Le culte de la Persuasion. Peithô en Grèce ancienne », Revue de l’histoire des religions () - et Pirenne-Delforge, Aphrodite op. cit. (note ) (où est évoqué le lien d’Hermès et d’Aphrodite Peithô, mais l’auteur oublie le couple très éloquent que forment à Argos Hermès et la déesse, cf. P. Marchetti, « Recherches sur les mythes et la topographie d’Argos. I. Hermès et Aphrodite », Bulletin de correspondance hellénique [] -). Dont l’identification a été brouillée dans nos sources. Il n’est rien de plus complexe que les tribulations dont le ou les Pélasgos ont fait l’objet au gré des reconstructions généalogiques, cf. Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft XIX/ () - s. v. « Pelasgos » (J. Krischan). Il est, toutefois, mentionné comme fils de Phorbas et père de Pélasgos, dans une scholie à l’Oreste d’Euripide, (Scholia in Euripidem, éd. E. Schwartz [] ), mais on ne peut manquer de constater que le témoignage de cette scholie s’accorde, pratiquement en tous points, avec celui de l’épigramme publiée par Psychogiou, « Επιτύμβια », op. cit. (note ), ce qui permet de dater au plus tard des environs de av. J.-C. la mise au point de cette généalogie particulière et suspecte, absente des sources plus anciennes. Dans la scholie comme dans l’épigramme, Phoronée n’a qu’une unique épouse : Peithô, mère d’Argos. Rien n’est plus fluctuant que les généalogies de l’Argolide, cf. J. M. Hall, Ethnic Identity in Greek Antiquity ().
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gos,⁹⁴ dont le xoanon portait deux yeux normaux et un troisième sur le front (24, 2) et, ainsi, de retrouver dans ce fils de Zeus triopas l’autre enfant mâle de Niobè, « la première mortelle a être entrée au lit de Zeus », comme le rappelle l’épigramme récemment découverte.⁹⁵ On constate ainsi que des personnages comme Pélasgos n’avaient pas la même consistance que les authentiques et vénérables patrons du dromos. Les explications artificielles que l’on en donnait étaient aussi fragiles qu’était factice leur intégration en un lieu qui n’était pas le leur. Elles ont évolué au goût des modes, comme le montre tout autant l’histoire de la Chloris / Mélibée argienne. Cette pauvre Chloris était, disait-on, elle aussi fille d’une Niobè (21, 9). À l’époque impériale, la Tantalide Niobè, épouse d’Amphion, était devenue si célèbre comme malheureuse mère des Niobides que les Argiens se sont mis au goût du jour en faisant de leur Chloris, « fille de Niobè », une miraculeuse survivante au massacre de ses frères et sœurs. Ce qui rendait Pausanias bien perplexe, lui qui, citant Homère, rappelle que « la maison d’Amphion fut détruite de fond en comble » (21, 10). Autant dire que les enfants d’Amphion n’ont pas leur place à Argos. Nous pouvons en tirer la certitude qu’avant d’être artificiellement assimilée aux Niobides, Chloris n’était pas la petite-fille de Tantale,⁹⁶ que sa mère n’était pas l’épouse d’Amphion, mais la fille de Phoronée. Pour retrouver l’histoire primitive de cette Chloris changée en Mélibée, on devrait toutefois remonter plus haut encore : cette Chloris, si bien à sa place en compagnie de Léto (21, 8-9) et de Déméter (22, 1), ne devait avoir au départ aucun lien avec Phoronée, mais être associée, de quelque manière, à une fête des Chloia : c’est la Chloris patronne des courses de jeunes filles.⁹⁷ Et elle n’était pas seule : elle était, en effet, inséparable d’Amyklas, qui se confondait très probablement avec le père de Kynortas, dont le souvenir était conservé à Sparte (III, 13, 1). Que ce soit du côté de l’argeia primitive qu’il faille chercher les éléments originels de la légende ne surprendra pas. On vérifie ici, sans trop de peine, comment l’intrusion de la légende phoronéenne dans le tissu légendaire primitif a entraîné, en cascade, ces curieuses réinterprétations qui brouillent les pistes, mais dont le caractère artificiel est dénoncé par Pausanias luimême et ne peut faire illusion. C’est de la même manière que l’on rendrait aisément compte d’autres consécrations adventices liées à la conquête des Jeux Néméens ou au contrôle exercé sur
Triopas ne s’est affranchi de Zeus qu’après l’intégration de Phoronée, comme cela ressort de la généalogie transmise par Pausanias (II, , ). Psychogiou, « Επιτύμβια », op. cit. (note ) , l. . Que l’on retrouve, tout aussi étrangement intégré sur l’agora d’Argos, que sa fausse petitefille. Ici aussi Pausanias (, ) n’a pas été dupe. Marchetti – Kolokotsas, Le Nymphée, op. cit. (note ) .
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l’Héraion après la prise de Mycènes, en 462.⁹⁸ Pour saisir la nature primitive du dromos argien il faut s’en affranchir. La comparaison avec Sparte nous y aide beaucoup. Mais que faire des éléments anciens ainsi identifiés ?
4. Constitution de l’identité dorienne en Péloponnèse⁹⁹ Pour saisir la portée historique de ces ressemblances entre les tissus civiques de Sparte et d’Argos, il faut nécessairement, logiquement, remonter à un temps où Argos et Sparte n’étaient pas encore deux cités ennemies. À un temps qui est celui de la constitution de l’identité dorienne. L’ethnos existait¹⁰⁰ et le groupe s’identifiait, sans peine, par l’appartenance à des tribus communes, par les clans au sein de celles-ci, par le dialecte, mais pour s’enraciner dans les pays de tradition mycénienne il lui manquait des structures. C’est autour d’Apollon, leur dieu et leur point de ralliement, qu’ils allaient les construire, par un double processus, en renforçant les liens communautaires autour du dromos où se regroupaient les andres¹⁰¹ et en enrichissant leur imaginaire de références « argiennes », c’est-à-dire issues de l’argeia. Dans la définition du dromos, la Crète¹⁰² a joué un rôle décisif, comme en fait foi la référence commune au législateur Épiménidès. Le dromos était le lieu par excellence de la vie communautaire des Doriens, patronnée par Apollon. On y pratiquait les mariages collectifs par agelai, qui devaient constituer l’une des coutumes les plus caractéristiques des peuples pastoraux. C’est dans la mise au point Ch. Kritzas, « Aspects de la vie d’Argos au Ve s. av. J.-C. », dans : Piérart, Polydipsion Argos, op. cit. (note ) - ; M. Piérart, « L’attitude d’Argos à l’égard des autres cités d’Argolide », dans : M. H. Hansen (éd.), The Polis as an Urban Centre and as a Political Community. Symposium, August -, . Acts of the Copenhagen Polis Center () - (voir aussi M. Piérart – G. Touchais, Argos : une ville grecque de ans []) me paraît avoir tort lorsqu’il confond en une même histoire l’intégration de Tirynthe et de Mycènes au territoire argien dès l’époque archaïque. Nous ne pouvons qu’inviter le lecteur à confronter le schéma ici proposé avec l’analyse, en partie différente, qu’en a proposée Hall, Ethnic Identity, op. cit. (note ) dans son quatrième chapitre (Ethnography and Genealogy : an Argolic Case-Study). Nous sommes sur ce point en net désaccord avec Hall (note ). Comme l’a très bien expliqué, e. a., R. Willetts, dans ses différents travaux (notes e ; id., Cretan Cults and Festivals []). Une Crète historique, qui se profile solidement derrière la Crète idéale, telle que l’ont imaginée les philosophes (là-dessus, voir P. Perlman, « Imagining Crete », dans : M. H. Hansen (éd.), The Imaginary Polis. Symposium, January -, , Acts of the Copenhagen Polis Center [] -). La fascination exercée par la Crète sur les philosophes et historiens postérieurs ne se comprendrait pas si les Doriens de l’île n’avaient pas offert, dans la réalité, des modèles politiques très construits.
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de ces rites et leur transfert dans un nouvel horizon, celui de la polis, que la Crète a dû occuper une place éminente, elle qui est restée, dans le souvenir des Doriens, comme la mère patrie, d’où provenaient les législateurs et donc les prototypes. Les traditions communautaires doriennes et les coutumes matrimoniales qui en étaient la plus forte expression allaient, par agglomération, s’enrichir assez facilement des légendes de l’argeia mycénienne, qui toutes, elles aussi, tournaient peu ou prou autour du mariage ou des naissances perturbées, sans que cela doive nous surprendre : la base de toute société, de toute communauté humaine traditionnelle, est la nécessaire union des hommes et des femmes. Inévitablement l’histoire d’une société est donc celle des générations qui se succèdent, de pères et mères en filles et fils : Pausanias n’est guère plus que le témoin tardif de la mise en scène de ces innombrables filiations à l’origine des cités, chaque fois particulières certes, mais constamment répétées à l’identique. C’est donc en analysant prioritairement les familles légendaires que l’on peut réinvestir leur histoire. Quand elle s’écrit par le truchement de héros, elle n’est pas directement réelle, mais nous renseigne sur les strates référentielles d’une construction médiatisée par les mythes. Les références aux données légendaires deviennent ainsi fondamentalement « historiques » : même si elles ne s’inscrivent pas dans un donné immédiatement temporel, elles nous indiquent les différents « moments » d’une construction symbolique, à ce titre plus authentique que la banale réalité. C’est l’Argolide qui de toute évidence a été le point de convergence mythique de cette construction consciente, avec deux pôles : Lerne et sa légende des Danaïdes d’une part,¹⁰³ l’argeia mycénienne et la légende de Persée-Gorgophonè d’autre part. Du premier complexe viennent Démèter, Poseidon, Dionysos¹⁰⁴ et Aphrodite, non point en ordre dispersé mais comme éléments constitutifs d’un mini-panthéon, au caractère « éleusinien » très marqué,¹⁰⁵ dont les Doriens ont souligné la cohérence et le caractère infernal par
Sur l’intégration des Danaïdes comme ancêtres fictifs à Argos, voir l’étude de C. Auffarth, « Constructing the Identity of the Polis : The Danaides as ‹Ancestors› », dans : R. Hägg (éd.), Ancient Greek Hero Cult. Proceedings of the Fifth International Seminar on Ancient Greek Cult, - April () -. Sur l’importance de Dionysos à Lerne, voir Ch. Sourvinou-Inwood, Hylas, the Nymphs, Dionysos and Others. Myth, Ritual, Ethnicity () -. De ce point de vue il n’est pas fortuit qu’Ilithyie soit présente aussi bien à Sparte (Pausanias III, , ) qu’à Argos (Pausanias II, , ), elle dont dérive précisément le nom d’Eleusinion qui a fini par devenir celui des sanctuaires où elle était vénérée. De ce point de vue le rapport entre la Corè soteira de l’Hélos de Sparte et l’Eleusinion du Taygète à Sparte est décisif, voir supra, n. . Pour l’Éleusis attique, rappelons que les traces de culte n’y remontent pas avant l’époque archaïque, voir e. a. J. Binder, « The Early History of the Demeter and Kore Sanctuary at Eleusis », dans : R. Hägg, Ancient Greek Cult Practice from the Archaeological Evidence. Proceedings of the Fourth International Seminar on Ancient Greek Cult, - October () -. Fort heureusement Pausanias était attiré par les divinités éleusi-
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référence au personnage d’Orphée.¹⁰⁶ Que la légende de Lerne ait sacralisé des rituels matrimoniaux n’a guère besoin de démonstration : l’histoire des Danaïdes, de ce point de vue, est éloquente. Il faut voir au départ dans l’histoire de Persée une légende concurrente à celle des Danaïdes, en tenant les Haliées de Dionysos que combattait le héros pour des Amazones aussi rebelles au mariage que les Danaïdes : leur ancrage auprès du fabuleux lac Tritonis est symptomatique. Cette concurrence n’est en rien surprenante : les traditions légendaires de Lerne ou de l’argeia pouvaient être indépendantes, elles n’étaient au fond que des variations sur un même thème.¹⁰⁷ C’est nécessairement après ce temps d’imprégnation « argienne » que les Doriens se sont partagé le Péloponnèse, comme en atteste l’inscription de ce partage dans les traditions de l’argeia mycénienne, dans cette « histoire » bien connue du Retour des Héraclides.¹⁰⁸ Héraklès est très honoré à Sparte, à première vue¹⁰⁹ moins à Argos. Rien de plus naturel : les Doriens restés à Argos n’avaient pas à quitter leur pays et donc pas à justifier la conquête, ceux de Sparte par contre devaient l’emporter sur de précédents occupants, identifiés aux Hippocoontides de la légende.¹¹⁰ Le massacre des Hippocoontides est, avant tout, la version locale de l’implantation dorienne à Sparte,¹¹¹ dont il ne faut pas attendre d’équivalent argien, tout de même qu’il ne faut pas attendre à Sparte de héros comparable au sicyonien Phoronée¹¹² ou au trézénien Diomède, intégrés, comme des trophées, au tissu argien, après la prise de Sicyone, de Tirynthe et de l’argeia péninsulaire.
niennes et nous a particulièrement bien informé à cet égard, voir J. Heer, La Personnalité de Pausanias () -, not. p. -. Oublié par Pausanias pour Argos, mais dont le souvenir est resté vivace à Sparte. Et en cet Orphée du dromos on verra évidemment l’Orphée primitif, celui dont les chants « initiaient », même si Pausanias, victime de son temps, en fait un Orphée « thrace ». La légende de Persée s’est incrustée facilement dans l’horizon dorien, à côté de celle des Danaïdes, tout de même que l’agôn dromou institué par Danaos devient à Sparte une course des prétendants à la main de Pénélope, avec référence fondatrice à Danaos. Dont les différents éléments ont été utilement rassemblés et étudiés par F. Prinz, Gründungsmythen und Sagenchronologie () que développe pour l’Argolide M. Piérart, « Deux notes sur l’itinéraire argien de Pausanias », Bulletin de correspondance hellénique () -. Mais des trouvailles viennent régulièrement rappeler que la discrétion de Pausanias ne doit pas être surestimée, cf. J.-Ch. Moretti, dans : Pariente – Touchais (éds.), Argos et l’Argolide, op. cit. (note ) . Hippocôon, fils d’Oibalos, deuxième époux de Gorgophonè, était en vérité au départ certainement indépendant, mais en le donnant pour époux à Gorgophonè, on confisquait le héros local en l’articulant à la légende fondatrice mise au point en pays argien. Et aussi à Messène. C’est la conquête ultérieure de la Messénie qui est venue brouiller les cartes. L’épigramme récemment découverte (Psychogiou, « Επιτύμβια », op. cit. [note ]) est venue rappeler l’importance accordée par les Argiens à ce personnage central de l’Adrasteia.
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Il suffit de comparer les éléments de Sparte et d’Argos pour constater que les personnages de la Phoronis et ceux liés aux familles de l’expédition contre Thèbes sont venus se surimposer, à Argos seulement, aux souvenirs des Danaïdes et de Persée, au point de les estomper en partie. Ces deux ensembles légendaires complémentaires sont toutefois secondaires : leur absence de l’horizon spartiate le démontre à suffisance. Ils n’appartiennent pas au fonds structurel du dromos, mais n’en sont qu’un décor adventice, avant tout les témoins des conquêtes argiennes. On peut donc conclure que la structure mythico-religieuse originale du dromos « dorien », celle qui s’articule dans le souvenir des Spartiates comme des Argiens à Épiménidès s’est restructurée autour de Persée et de sa fille Gorgophonè d’un côté, des Danaïdes de l’autre. L’adaptation de la course matrimoniale à Sparte (elle devient, à l’imitation de Danaos, une course pour le mariage de Pénélope) ne doit pas nous détourner de l’essentiel : le prototype qui a servi de référence est bien celui des Danaïdes, comme le démontre définitivement le même type d’adaptation réalisé à Cyrène où c’est aussi « à l’imitation de Danaos » qu’Antée a marié sa fille.¹¹³ Le référent de base se trouve donc, chaque fois, adapté à des légendes épichoriques mais il reste bien le prototype. L’habillage héroïque commun des structures du dromos, à Sparte comme à Argos, montre assez, par ailleurs, que c’est en Argolide, du moins à partir de mythes et légendes de l’endroit – Persée est un héros mycénien, la légende des Danaïdes est incrustée à Lerne – que le dromos a reçu ses lettres de noblesse dans le Péloponnèse. Nous retrouvons là des éléments essentiels de l’habillage culturel des Doriens du Péloponnèse, quand les Doriens y ont nourri de légendes issues de l’argeia,¹¹⁴ des us et coutumes qui leur étaient propres.¹¹⁵ On ne doutera pas un seul instant, en effet, que les « rites » du dromos fussent typiquement doriens : leur caractère fortement communautaire ne s’accorde pas avec les traditions aristocratiques caractéristiques de l’épopée. Ne craignons pas de conclure : c’est en Crète, en milieu dorien, que les institutions qui aboutirent à définir le citoyen comme un dromeus ont, logiquement, été structurées, pour devenir un modèle socio-politique accompli. C’est de Crète que ce modèle définitivement élaboré a, logiquement, été transféré dans le Péloponnèse, comme le révèle la référence à Épiménidès. Mais dans le Péloponnèse les coutumes du dromos ont reçu L’inscription date des années av. J.-C., c’est-à-dire d’un temps où Argos disputait l’hégémonie de la ligue achéenne à Sicyone. Comme le narre Pindare, à la fin de la IXe Pythique. Celle de laquelle dérivait le nom d’« Argiens » donnés aux héros des gestes thébaines et troyennes. Ce qui n’a pas exclu qu’on les imite ensuite, notamment à Athènes (qu’il suffise ici de renvoyer à Cl. Calame, Thésée et l’imaginaire athénien [], qui révèle comment la cité d’Athènes a construit son univers référentiel), ni que le modèle se propage loin, jusqu’en Macédoine, où de récentes découvertes offrent des champs nouveaux à la recherche, voir M. Hatzopoulos, Cultes et rites de passage en Macédoine. Mélétémata ().
P. Marchetti, Les dieux et héros du dromos dorien
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un nouvel habillage légendaire qui installait définitivement les Doriens de Sparte et d’Argos en maîtres des lieux. En repérant quels éléments proprement péloponnésiens ont ainsi enrichi le dromos crétois, nous cernons, en réalité, la deuxième étape dans l’élaboration du système politico-religieux qui a mené à la polis.¹¹⁶ L’intégration du complexe « lernéen » a été décisive et, avec elle, une pensée religieuse particulière qui autour des Danaïdes s’articulait à un panthéon homogène : Démèter, Poseidon et Dionysos, mais aussi Aphrodite (!), y tiennent des rôles qui seront, à époque classique, ceux d’une « initiation » parfaitement intégrée, qu’un sanctuaire comme celui d’Éleusis qui en est l’héritier¹¹⁷ contribuera à fixer définitivement, voire même à fossiliser, à tel point que c’est en cet état que la Rome Augustéenne en héritera :¹¹⁸ on y retrouve alors, sans surprise, dans la peinture et les reliefs, des scènes que l’on pourrait transférer telles quelles dans le monde des sanctuaires à mystères grecs, au nombre desquels il faut, en priorité, inscrire les dromoi des cités doriennes. Nous étudierons cela dans une prochaine étude, où nous nous efforcerons aussi de comprendre comment Athéna et Héra ont été greffées à la théorie divine de Lerne.
Prof. Dr. Patrick Marchetti Département de Langues et littératures classiques Facultés Universitaires Notre-Dame de la Paix 61, rue de Bruxelles BE – 5000 Namur Belgique [email protected] Crédits des images Fig. 1 : P. Marchetti - Y. Rizakis, « Recherches sur les mythes et la topographie d’Argos IV. L’agora revisitée », Bulletin de correspondance hellénique 119 (1995), p. 438 fig. 1.
Qu’il conviendra de confronter systématiquement avec le riche matériau rassemblé et les stimulantes réflexions proposées dans les volumes des Actes du Copenhagen Polis Center. On aura soin de ne pas oublier qu’Éleusis était d’abord un sanctuaire dorien. Cf. R. Turcan, Liturgies de l’initiation bacchique à l’époque romaine. Mémoires de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres () dont le commentaire de la documentation figurée de la Villa Farnésine, p. - et -, relaie l’analyse subtile et adéquate de la mégalographie de la Villa des Mystères, p. -, tandis que la documentation épigraphique, examinée p. -, révèle nettement la nécessité de recourir au vocabulaire grec pour une exégèse correcte des scènes figurées.
Natur als sakraler Raum in der minoischen Kultur Diamantis Panagiotopoulos „ … keine kulturanthropologische Forschung scheint bei der Bestimmung von ‚Religion‘ auf die Scheidung in einen profanen und einen sakralen Bereich verzichten zu können.“1
1. Vorbemerkung zu den methodischen Zwängen des historischen Kontextes Unsere Vorstellung von der Andersartigkeit der minoischen Kultur ist sowohl auf konkreter Evidenz als auch auf deren Fehlen begründet: Nicht nur die vorhandenen archäologischen und ikonographischen Zeugnisse, sondern auch eine Reihe von kulturellen Erscheinungen, die trotz intensiver Forschungsaktivität nicht dokumentiert werden konnten, haben die wissenschaftliche Erkenntnis einer bronzezeitlichen Gesellschaft mit einer ganz besonderen Mentalität genährt. Zu den auffälligsten Lücken in der archäologischen Überlieferung zählt das Fehlen von Tempeln, jenem monumentalen Aspekt religiöser Praxis, der im Kontext der orientalischen Kulturen das Erscheinungsbild einer Stadt oder eines Heiligtums entscheidend prägte. Der künstlich erschaffene sakrale Raum hat in der minoischen Kultur tatsächlich nur spärliche archäologische Spuren hinterlassen. Sieht man von einzelnen ‚Kultbauten‘ ab, die als architektonisches Konzept sehr bescheiden und keineswegs distinktiv sind,2 gibt es eigentlich kaum freistehende Tempel. Folgende Abkürzungen werden verwendet: Eliade, Das Heilige
M. Eliade, Das Heilige und das Profane. Vom Wesen des Religiösen () Bollnow, Mensch und Raum O. F. Bollnow, Mensch und Raum (⁷) Fickeler, Religionsgeographie P. Fickeler, „Grundfragen der Religionsgeographie“, in: M. Schwind (Hg.), Religionsgeographie () - (Nachdruck der in Erdkunde [] - veröffentlichen Originalfassung) Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe IV () s. v. „Raum“ (R. Gehlen). Der wichtigste dieser aus architektonischer Sicht eher unscheinbaren sakralen Räume ist der sogenannte Tempel von Anemospilia, dessen freigelegter Teil dem Grundrissplan eines DOI 10.1515/ARG.2008.006
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Minoische Heiligtümer sind uns etwas besser bekannt, doch beschränkt sich hier die architektonische oder künstlerische Formung der sakralen Sphäre auf umfriedete Kultbezirke oder die Konstruktion von Gebäuden, die verschiedene Zwecke erfüllten, nur nicht den eines sakralen Raumes für die Austragung von kultischen Handlungen.3 Kleine Schreine oder Kapellen, die in größere Baukomplexe eingebettet sind, sowie Kulträume in elitären Häusern, Villen oder kleinen Dörfern sind weniger mit gemeinschaftlicher kultischer Aktivität und kollektiver religiöser Erfahrung, als vielmehr mit den Belangen einer privaten Pietät zu verknüpfen.4 In all diesen Fällen lässt sich kein religiöses Konzept erkennen, das in architektonischen Formen Ausdruck gefunden hat. Jeder Versuch, dieser recht bescheidenen und rein zweckmäßigen Architektur symbolische Bedeutung abzugewinnen, wäre zwecklos gewesen.5 Das rätselhafte Fehlen einer ausgeprägten, symbolisch beladenen sakralen Baukunst wird umso problematischer, wenn man an die sehr aufwendige architektonische Ummantelung des elitären Lebensraumes denkt, die sich nicht nur im minoischen Palast, sondern auch in den anspruchsvollen Innenräumen von Villen und vornehmen Privathäusern manifestiert. Bei diesen Bauten kann man die klare Umsetzung eines idealtypischen bautechnischen Konzeptes erkennen, das man im sakralen Kontext vermisst. Hat sich tatsächlich in der minoischen Kultur keine sakrale Architektur entfaltet, wie wir sie aus anderen Kulturregionen des östlichen Mittelmeers kennen? Trotz des eindeutig negativen archäologischen Befundes ist bei der Beantwortung dieser Frage Vorsicht geboten. Was uns zur Vorsicht mahnt, sind verschiedene Architekturdarstellungen, die als Fassaden
Magazintraktes ähnelt und z. T. auch tatsächlich diese Funktion erfüllte, s. hierzu Y. Sakellarakis – E. Sakellarakis, Archanes. Minoan Crete in a New Light () -. A. Lebessi – P. Muhly, „Aspects of Minoan Cult. Sacred Enclosures. The Evidence from the Syme Sanctuary (Crete)“, Archäologischer Anzeiger , -; A. Lebessi, „A Minoan Architectural Model from the Syme Sanctuary, Crete“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung () -. Zu den minoischen Okkupationsphasen dieses Heiligtums liegen uns sonst nur Vorberichte vor, s. A. Lebessi u. a., „The Runner’s Ring, a Minoan Athlete’s Dedication at the Syme Sanctuary, Crete“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung () Anm. -. Vgl. ferner die minoischen Höhenheiligtümer, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. G. C. Gesell, Town, Palace, and House Cult in Minoan Crete. Studies in Mediterranean Archaeology (); L. A. Hitchcock, Minoan Architecture. A Contextual Analysis () -. Problematisch bleibt die Deutung von Kulträumen in den Palästen von Phaistos und Malia, die nur von außen zugänglich sind und folglich einen öffentlicheren Charakter gehabt zu haben scheinen, s. hierzu Hitchcock, a. O. -. Zur Bedeutung der Architekturcodes (Absonderung, optische Qualifizierung, Monumentalität), die den Tempel und seinen Bezirk als sakrale Sphäre in seiner praktischen und symbolischen Funktion vom übrigen Stadtbild abheben, s. z. B. B. Pongratz-Leisten, Ina šulmi īrub. Die kulturtopographische und ideologische Programmatik der akītu-Prozession in Babylonien und Assyrien. Bagdader Forschungen () .
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kultischer Gebäude gedeutet werden.6 Eine Auseinandersetzung mit den Debatten, die diese ikonographischen Zeugnisse ausgelöst haben, würde den Rahmen des vorliegenden Beitrags sprengen. Halten wir hier fest, dass die Fokussierung auf die Natur als sakralen Raum im minoischen Kreta zum jetzigen Kenntnisstand alternativlos ist, da es keine sichere Grundlage für die Untersuchung einer sakralen Architektur gibt. Im Versuch, aus dieser forschungsgeschichtlich bedingten Not eine Tugend zu machen, konzentrieren sich folgende Überlegungen auf den tatsächlich besonderen religiösen Umgang der Minoer mit ihrer natürlichen Umgebung.
2. Sakraler Raum: Versuch einer Definition Fangen wir mit einem Axiom an, das eigentlich den Charakter einer Selbstverständlichkeit hat: Jede vormoderne Gesellschaft hat ihre Natur in irgendeiner Weise sakralisiert. Die Vorstellung vom sakralen Charakter der Natur, von der Heiligkeit der Mutter Erde, mag sicherlich in den verschiedenen vormodernen Kulturen in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung auftreten, ist allerdings überall präsent.7 Insbesondere die religiösen Vorstellungen der Naturvölker sind durch einen starken seelischen Bezug der Menschen zu ihrer Umwelt geprägt. Dieser Grundgedanke über die sakralisierte Natur als Kern des religiösen Kosmos, den wir auch im Kontext der minoischen Kultur voraussetzten dürfen, kann uns eigentlich wegen seiner Allgemeinheit nicht wesentlich weiter bringen, wenn es
Es handelt sich in erster Linie um Darstellungen des sogenannten dreiteiligen Säulenheiligtums, s. Th. Nörling, Altägäische Architekturbilder. Archaeologica Heidelbergensia () -; Hitchcock, Minoan Architecture, a. O. (Anm. ) -. Zu einer profanen Deutung dieses Motivs als ‚Piktogramm‘ des Palastes s. K. Krattenmaker, „Palace, Peak and Sceptre: The Iconography of Legitimacy“, in: P. Rehak (Hg.), The Role of the Ruler in the Prehistoric Aegean. Proceedings of a Panel Discussion Presented at the Annual Meeting of the Archaeological Institute of America, New Orleans, Louisiana, December , with Additions. Aegaeum () -. Zu alternativen Interpretationen des Gebäudes auf dem reliefierten Rhyton aus Kato Zakros, das als eines der bekanntesten Beispiele des ‚dreiteiligen Säulenheiligtums‘ gilt, s. ferner E. E. Bloedow, „The Sanctuary Rhyton from Zakros: what do the Goats mean?“, Aegaeum () -; Λ. Πλάτων, „Το ανάγλυφο ρυτό της Ζάκρου, κάτω από ένα νέο σημασιολογικό πρίσμα“, in: A. Βλαχόπουλος – Κ. Μπίρταχα (Hgg.), Αργοναύτης. Τιμητικός Τόμος για τον καθηγητή Χρίστο Γ. Ντούμα από τους μαθητές του στο Πανεπιστήμιο Αθηνών () -. Erwähnenswert ist schließlich in diesem Zusammenhang ein Tonmodell aus dem Höhenheiligtum von Petsophas, das ein sakrales (?) Gebäude in Kulthörnerform darstellt, s. N. Marinatos, Ritual, Image, and Symbol () Abb. . Eliade, Das Heilige .
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uns darum geht, das Verhältnis zwischen Mensch und Naturraum in einem spezifischen kulturellen Kontext zu ergründen. Eine weitaus größere Bedeutung hat in unserem Zusammenhang die Erkenntnis, dass der erlebte Raum und dadurch auch die Natur nicht homogen sind. Die religiöse Bedeutungsgliederung des Raumes hat E. Cassirer in seiner „Philosophie der symbolischen Formen“ explizit gemacht: „Die Heiligung beginnt damit, dass aus dem Ganzen des Raumes ein bestimmtes Gebiet herausgelöst, von anderen Gebieten unterschieden und gewissermaßen religiös umfriedet und umhegt wird.“8 Dieses dualistische Konzept der Strukturierung des erlebten Raumes fand später durch M. Eliade in seiner bahnbrechenden Abhandlung „Das Heilige und das Profane“ eine eingehende Behandlung. Das erste Kapitel von Eliades nunmehr klassischem Text beginnt mit folgenden Worten, die uns eine sehr einfache aber auch luzide Definition der Spaltung des vom Menschen erlebten Raumes in zwei Sphären bieten: „Für den religiösen Menschen ist der Raum nicht homogen; er weist Brüche und Risse auf: er enthält Teile, die von den übrigen qualitativ verschieden sind […]. Es gibt also einen heiligen, d. h. ‚starken‘, bedeutungsvollen Raum, und es gibt andere Räume, die nicht heilig und folglich ohne Struktur und Festigkeit, in einem Wort amorph sind. Mehr noch: diese Inhomogenität des Raumes erlebt der religiöse Mensch als einen Gegensatz zwischen dem heiligen, d. h. dem allein wirklichen, wirklich existierenden Raum und allem übrigen, was ihn als formlose Weite umgibt.“9 Wir dürfen also davon ausgehen, dass jede vormoderne Gesellschaft ihren Naturraum in einen sakralen und profanen Raum strukturiert hat. Der sakrale Raum besteht aus religiösen Bedeutungsorten als Formen ritueller Bündelung und Verdichtung, Orte, die einen Bruch in der Homogenität des Raums darstellen.10 Eine sakrale Landschaft ist allerdings weit mehr als die Summe der E. Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen () (zitiert in Bollnow, Mensch und Raum -). Zum Begriffspaar Heiliges und Profanes als grundlegendem Unterscheidungsmerkmal religiösen Denkens s. bereits E. Durkheim, Die elementaren Formen des religiösen Lebens () -. Eliade, Das Heilige . Zu profaner und sakraler Raumqualität s. auch A. Schart, „Die Entgrenzung des heiligen Raumes. Tempelkonzept und Tempelkritik in der biblischen Tradition“, Pastoraltheologie () : „Der Raum gewinnt seine Gestalt durch die dynamischen Potenzen, die ihn erfüllen. Eine ganz wesentliche Raumstruktur wird hervorgerufen durch die Anwesenheit des Heiligen. Die Manifestation des Heiligen schafft eine heilige Stätte, die sich scharf aus der profanen Sphäre ausgrenzt. Sie stellt den absoluten Fixpunkt dar, der zielgerichteter menschlicher Bewegung die Orientierung ermöglicht.“ Eliade, Das Heilige . Zu diesem dualistischen Raumschema und der daraus resultierenden Strukturierung von Alltags- und Sakraltopographien s. ferner B. Hauser-Schäublin, „Raum, Ritual und Gesellschaft. Religiöse Zentren und sozio-religiöse Verdichtungen im Ritual“, in: Dies. – M. Dickhardt (Hgg.), Kulturelle Räume – räumliche Kultur. Zur Neubestimmung des Verhältnisses zweier fundamentaler Kategorien menschlicher Praxis. Göttinger Studien zur Ethnologie () bes. -. Nach Hauser-Schäublin sind sakrale Land
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aus ihrer profanen Umgebung herausgehobenen heiligen Stätten. Durch heilige Prozessionen und Pilgerreisen, die als ‚Kraftlinien‘ die heiligen Orte miteinander und mit den Besiedlungszentren verbinden, werden sakrale Plätze in ein kultreligiöses ‚Kraftfeld‘ verwoben.11 Durch ihr zeremonielles Durchschreiten gewinnt die sakrale Landschaft Textur. Neben ihrer Ausgrenzung aus dem übrigen amorphen Raum zeichnen sich heilige Räume besonders durch ihren Schwellencharakter aus. Sie sind liminale Orte, die nicht nur den Göttern vorbehalten sind, sondern ihre primäre Funktion als Zwischenräume, Schnittpunkte und Schwellen zwischen den beiden Welten erfüllen: zwischen den Menschen auf dieser Erde und den Göttern, die immer in einer ganz anderen Sphäre angesiedelt sind. Wie kann man nun erklären, dass an bestimmten Orten eine besondere, religiöse Bedeutung haftet? Was macht aus einem Ort einen kraftgeladenen, bedeutungsvollen Raum? Woraus schöpfen sakrale Stätten ihre symbolische Valenz? Für die Zweiteilung des erlebten Raumes in eine sakrale und eine profane Sphäre durch die Überhöhung von bestimmten Stätten zu heiligen Plätzen bestehen grundsätzlich drei Optionen: Die Sakralität eines Ortes kann a) von der Landschaftsphysiognomie, in anderen Worten von der Lage oder der besonderen atmosphärischen Wirkung eines Ortes, abhängen,12 b) mit dem Wirken einer Person oder mit einer Begebenheit verknüpft sein13 oder c) durch Rituale pauschal bzw. repetitiv erzeugt werden.14 Sakralität erweist sich hier verschiedentlich als Resultat der kognitiven Wahrnehmung (a), der Erinnerung (b) oder der Ritualaktion (c).15 Im Fall des
schaften als ‚leere Stellen‘ der Alltagstopographie zu begreifen, die menschlichem Handeln auf permanenter oder temporärer Basis nicht zugänglich sind. Zu heiligen Orten als herausgehobenen Stätten s. ferner Bollnow, Mensch und Raum, . s. Fickeler, Religionsgeographie ; ferner R. Gehlen, Welt und Ordnung. Zur soziokulturellen Dimension von Raum in frühen Gesellschaften () -. s. auch Fickeler, Religionsgeographie . Zu Naturheiligtümern s. ferner G. van der Leeuw, Phänomenologie der Religion () -. Diese beiden ersten Parameter der Sakralität können als ‚naturhaft-magische’ und ‚geschichtlich-religiöse Heiligkeit‘ bezeichnet werden, s. Fickeler, Religionsgeographie . Zu einer stark anthropo- bzw. theozentrisch geprägten Definition des sakralen Ortes, die nicht vom Potential der Orte selbst ausgeht, s. S. Japhet, „Some Biblical Concepts of Sacred Place“, in: B. Z. Kedar – R. J. Zwi Werblowsky (Hgg.), Sacred Space. Shrine, City, Land () -. Ein gutes Beispiel für diese Option bietet die christliche Liturgiefeier, die nicht auf einen sakralen Raum angewiesen ist, sondern ihn um sich schafft. Zu religiösen Ritualen als Auslösern eines eigenständigen Raumverständnisses, s. R. Volp, „Das offene Labyrinth. Über den Wechselbezug zwischen Raum- und Ritualbewusstsein“, in: Th. Nißlmüller – R. Volp (Hgg.), Raum als Zeichen. Wahrnehmung und Erkenntnis von Räumlichkei. Ästhetik – Theologie – Liturgik () . s. hierzu auch H. Cancik, „Rome as Sacred Landscape. Varro and the End of Republican Religion in Rome“, Visible Religion - (-) : „Sacred landscape is a constellation of natural phenomena constituted as a meaningful system by means of artificial and
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minoischen Kreta könnte man mit guten Gründen für erstere Option plädieren und die sakrale Potenz der minoischen heiligen Stätten mit der besonderen physiognomischen Qualität eines Ortes in Beziehung setzen. Was uns dazu veranlasst, ist vordergründig der besondere Charakter der kretischen Landschaft, auf den im Folgenden näher eingegangen wird. Gemäß dieser Deutung wären die minoischen Rituale keine Mittel zur Erzeugung von Sakralität, sondern schlicht eine Bestätigung dieser Sakralität. Dabei lässt sich natürlich keineswegs ausschließen, dass auch in der minoischen Gesellschaft sakrale Orte entweder als Schauplätze einer mythischen Episode begriffen oder durch Rituale an einer beliebigen Stelle des homogenen Raumes erzeugt werden konnten. Diese beiden Optionen der Sakralisierung lassen sich allerdings ohne schriftliche Quellen kaum belegen.
3. Die kretische Landschaft: Diversität der Natur und ihr sakrales Potential Verlassen wir diese theoretische Ebene und versuchen wir in einem ersten Anlauf zu unserer Problematik einen kursorischen Blick auf die Materialität der kretischen Landschaft zu werfen.16 Welche sind die natürlichen Eigenschaften dieses Naturraumes und wie helfen sie uns, das Spezifikum der minoischen naturnahen Religion greifbar zu machen? Die kretische Landschaft zeichnet sich besonders durch Vielfalt und einen menschlichen Maßstab der Dinge aus. Vielfalt erkennt man an den stets abwechselnden naturräumlichen Elementen, an den zahlreichen Bezugspunkten des Blickes, an den bewegten und immer ungeraden Linien der Hügel und Berge, die das Erscheinungsbild der Insel dominieren (Abb. 1). Die Landschaftsformen haben durch ihre Kleinkammerigkeit einen menschlichen Maßstab, da religious signs, by telling names or etiological stories fixed to certain places, and by rituals which actualize the space.“ Pongratz-Leisten unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen zwei Formen der Sakralisierung eines Ortes: a) eine ‚Mythologisierung‘, die sich auf die Ebene der mythischen Erzählungen bezieht, und b) eine ‚Ritualisierung‘, die sich durch symbolische Handlungen vollzieht, s. Pongratz-Leisten, Ina šulmi īrub, a. O. (Anm. ) . Diese begriffliche Unterscheidung zeigt eine spürbare Referenz zur Zweiteilung der numinosen Orte K. Hübners in solche, die in den profanen Raum eingebettet sind, und solche, die für die Menschen unzugänglich sind, s. K. Hübner, Die Wahrheit des Mythos () f. Man darf hier vermuten, dass Erstere in der Regel ritualisiert, Letztere hingegen mythologisiert wurden. Hier muss einleitend angemerkt werden, dass im Fall Kretas, einer dramatischen Insellandschaft voller Kontraste und enormer Höhenunterschiede, die Diskrepanz zwischen dem abstrakten geometrischen Raum, den unsere Karten wiedergeben, und dem hodologischen Raum, nämlich dem erlebten, durch Wege erschlossenen geographischen Raum, gravierend ist. Täler, Schluchten, kleine Anhöhen, Hügel und Bergketten machen das kretische Land weitaus größer, vielfältiger und letztendlich ganz andersartig als das durch Karten vermittelte Bild. Zum hodologischen Raum s. Bollnow, Mensch und Raum -.
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jede Region klein, in sich geschlossen und überschaubar ist. Ihre Grenzen können schnell, höchstens im Fußmarsch eines Tages erreicht werden. Der Mensch lebt im Zentrum einer kleinen geographischen Einheit, die er immer mit seinem Blick erfassen bzw. mit wenig Mühe begehen kann, und fühlt sich daher als Maß aller Dinge, was in ihm das Gefühl eines sehr harmonischen Verhältnisses zur Natur hervorruft. Dieses immer neu aufgefaltete Abb. 1: Kretische Landschaft. Blick vom minoischen Palast von Land mit seinen abrupten Phaistos auf das Ida-Bergmassiv. oder fließenden Übergängen besitzt eine Fülle von besonderen Orten, die über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende hinweg als Fixpunkte religiöser Erfahrungen fungierten.17 Kleine abgelegene Buchten, markante Erhebungen in den zahlreichen Ebenen und Tälern der Insel, aber vor allem besondere Orte in der Abgeschiedenheit der Berge wie Felsen, Steine, Karstdepressionen, Poljen, Hochebenen, Höhlen, Quellen und Bäume entfalten eine ganz besondere atmosphärische Wirkung.18 Es grenzt sicherlich an Banalität festzustel Die Sakralität, die einem besonderen Ort von Natur aus anhaftet, seine ‚naturhaftmagische‘ Heiligkeit (s. o. Anm. ), kann man als eine zeit- und religionsunabhängige Konstante betrachten, s. Bollnow, Mensch und Raum . Zu dieser ‚Beharrungsregel‘ sakraler Räume s. Fickeler, Religionsgeographie . Zum Naturraum als ästhetischer Kategorie s. G. Böhme, Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik () -. Landschaftsformationen, die von der Phantasie der Menschen belebt und mit dem Numinosen in Verbindung gebracht werden, bilden seit jeher die religiösen Verankerungsorte der erfahrbaren und konstruierten Welt einer gesellschaftlichen Gruppe. Zur Landschaft und Religion s. u. a. van der Leeuw, Phänomenologie, a. O. (Anm. ) ; G. Rinschede, Religionsgeographie () -; ferner A. Michaels, „The Sacredness of (Himalayan) Landscapes“, in: N. Gutschow u. a. (Hgg.), Sacred Landscape of the Himalaya. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse. Denkschriften () . Als Bestandteil der imaginären religiösen Topographie des minoischen Kreta darf auch das Meer betrachtet werden. Auffallend ist in diesem Zusammenhang die Dominanz von
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len, dass der genius loci Ausgangspunkt einer religiösen Empfindung und damit der Sakralisierung eines Ortes sein kann. In einer in rezenten Studien viel zitierten Passage aus seinen Briefen hat Seneca den numinosen Charakter und die Atmosphäre von Naturorten sehr treffend erfasst: „Wenn du einem Haine nahest, der durch zahlreiche alte und ungewöhnlich hohe Bäume ausgezeichnet ist und in dem der Schatten der einander bedeckenden Zweige den Eindruck des Himmelsdaches hervorruft: die schlanke Höhe der Bäume, das geheimnisvolle Dunkel des Orts, die Bewunderung des so augenscheinlich dichten und durch nichts unterbrochenen Schattens ruft in dir den Glauben an eine Gottheit wach. Und wo eine tiefe Grotte sich unter überhängenden Felsen in den Berg hineinzieht, nicht von Menschen gemacht, sondern durch Naturkräfte so weit ausgehöhlt, wird deine Seele von der Ahnung des Göttlichen durchlebt werden. Großer Flüsse Ursprung verehren wir. Wo irgendwo unvermittelt ein gewaltiger Strom hervortritt, stehen Altäre. Verehrungswürdig sind warme Quellen, und manchen Seen hat schattiges Dunkel oder unergründliche Tiefe Heiligkeit verliehen.“19 Die kretische Landschaft besitzt eine Fülle von solchen Orten, die einen idealen Schauplatz für die Begegnung mit dem Numinosen bieten, und hat somit ein hohes sakrales Potential.20 Trotz der Gefahr, in einen geodeterministischen Ansatz zu verfallen, dürfte man eine Gegenüberstellung zwischen der kretischen und der ägyptischen Landschaft bezüglich ihres potentiellen Einflusses auf die religiöse Praxis wagen. Der Vielfalt und Abwechselung, den bewegenden Umrissen, den zahlreichen und klar abgegrenzten besonderen Orten Kretas steht die Einförmigkeit der Nillandschaft mit den sich ins Unendliche fortsetzenden horizontalen Achsen der Landschaftselemente gegenüber: der Fluss, der schmale fruchtbare Landstrich an seinen Ufern und die Wüste. Der Nil, die Lebensquelle Ägyptens, fließt langsam, größtenteils geradlinig, in einer festgesetzten, unveränderten Richtung und strahlt keine DynaMeeresmotiven im Keramikdekor der letzten Phase der kretischen Neupalastzeit. Diese Meeresornamentik könnte z. T. einen sakralen Hintergrund gehabt haben, s. W. Müller, Kretische Tongefäße mit Meeresdekor. Entwicklung und Stellung innerhalb der Feinen Keramik von Spätminoisch I B auf Kreta. Archäologische Forschungen () -. -. Seneca, epistulae , (), (Übers. O. Kern; zitiert in van der Leeuw, Phänomenologie a. O. [Anm. ] ). G. Böhme spricht in Bezug auf solche atmosphärischen Orte über „unbestimmt in die Weite ergossene Gefühle, die als ergreifende Mächte erfahren werden“, s. G. Böhme, „Atmosphären kirchlicher Räume“, Kunst und Kirche (/) . Dass Raumwahrnehmung keine bloß rezeptive, sondern eine schöpferische Aktivität ist, betont s. D. Ipsen, Ort und Landschaft () . Von einem wahrnehmungspsychologischen Standpunkt aus könnte man folglich bestimmte Kultpraktiken, die sich in Naturräumen vollziehen, als eine Art ritueller Bändigung dieses schöpferischen Elements des Erlebens und Deutens der natürlichen Umgebung betrachten. Die Beziehung zwischen naturräumlicher Vielfalt und hoher Anzahl von potentiellen sakralen Orten machen auch P. Horden – N. Purcell, The Corrupting Sea. A Study of Mediterranean History () - explizit.
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mik, sondern Beständigkeit aus. In diesem sehr stark homogenen Naturraum sind besondere Orte, die sich durch einen wirkungsvollen genius loci von der Einförmigkeit ihrer Umgebung auszeichnen, rar. Es wäre nicht ganz abwegig zu vermuten, dass man in einer solchen natürlichen Umgebung den sakralen Raum in den meisten Fällen künstlich erschaffen, d. h. architektonisch gestalten musste, damit er als ein bedeutungsvoller Ort, als Haus Gottes oder als Schnittstelle zwischen Gott und Mensch wahrgenommen werden konnte. Im geographischen Kontext der minoischen Kultur scheint auf der anderen Seite ein solcher architektonischer Eingriff in das natürliche Milieu meist überflüssig gewesen zu sein. Vielleicht hatten die Minoer kein besonders ausgeprägtes Bedürfnis, einen Tempel als Haus Gottes und Kristallisationspunkt religiöser Erfahrung zu bauen, da ihnen die Natur so viele Orte mit enormer suggestiver Kraft bot. Diese Gegenüberstellung mag vielleicht zu vereinfacht klingen, doch kann es keinen Zweifel daran geben, dass die natürliche Umwelt einen gewissen Einfluss auf religiöse Vorstellungen ausübt. Damit berühren wir eine Frage, die noch im Mittelpunkt aktueller theologischer und religionsgeschichtlicher Debatten steht.21 Der dialektische Prozess zwischen einem religiösen Menschen und der Natur ist dabei unumstritten – das Problem ist allerdings, wie stark das geographische Milieu die Essenz einer Religion beeinflusst. Es besteht ein gewisser Konsens darüber, dass die Gestalt des Naturraumes das religiöse Verhalten zwar nicht formt, es dafür aber auf eine ganz besondere Weise färbt und ihm je nach geographischem Raum und Gesellschaft ein besonderes Lokalkolorit verleiht.22 Es wäre daher legitim zu vermuten, dass sich die Wirkung der Geofaktoren vordergründig im Bereich der Handlungsweisen (Riten) und nicht in dem der Glaubensvorstellungen entfaltet.23 Auf diese Prämisse stützen sich nachfolgende Überlegungen zu den Interdependenzen zwischen Religion und Raum in der minoischen Kultur.
Zu einer sehr einleuchtenden Behandlung dieses Problems s. Gehlen, Welt und Ordnung, a. O. (Anm. ) -, der eine sehr vorsichtige Haltung gegenüber Theorien zur Umweltabhängigkeit der Religion einnimmt; s. ferner Rinschede, Religionsgeographie, a. O. (Anm. ) -; M. Schwind, „Einleitung: Über die Aufgaben der Religionsgeographie“, in: Ders. (Hg.), Religionsgeographie () -. Zu einer überblickenden Darstellung über die Entstehung und Entwicklung derartiger religionsgeographischer Vorstellungen von der Antike bis in die Gegenwart s. Rinschede, Religionsgeographie, a. O. (Anm. ) . s. hierzu Rinschede, Religionsgeographie, a. O. (Anm. ) . -; Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) : „Expression of religious feeling is, to a great extent, induced and shaped by the natural environment.“ Zu diesen beiden elementaren Kategorien religiöser Phänomene s. Durkheim, Die elementaren Formen, a. O. (Anm. ) .
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4. Die symbolische Strukturierung des geographischen Realmilieus Wie wurde die spannungsgeladene Landschaft Kretas in minoischer Zeit erfahren und durch Bezug auf das Gesamtgefüge einer symbolischen Ordnung strukturiert? Als Leitbilder der imaginären räumlichen Ordnung in allen Perioden der kretischen Geschichte dienten zweifellos die Berge. Die Bedeutung des Berges als vertikaler Verankerung des Göttlichen ist eine religionsanthropologische Konstante.24 In allen Kulturen, deren Lebensraum von Gebirgen geprägt war, werden die Berge sakralisiert. Die Frage, warum die Vertikalachse eine so große Signifikanz in verschiedenen Religionen besitzt, ist von Theologen und Religionswissenschaftlern eingehend behandelt worden. Es gibt eine Reihe von geomorphologischen und kosmologischen Gründen, die zur Bergverehrung führen. Viel wichtiger als terrestrische und wahrnehmungspsychologische Gesichtspunkte, nämlich ihre große Höhe und Prägnanzform, deren Wirkungskraft durch die wechselnden Farben der Jahreszeiten (Schneekuppen oder Wolkenhüllen) verstärkt wird, ist dabei die kosmologische Vorstellung eines axis mundi,25 welcher die Erde mit dem Himmel verbindet und die Nähe zur göttlichen Sphäre ermöglicht. Entscheidend ist dabei, dass nach einer geographisch und zeitlich sehr verbreiteten Vorstellung die Götter im Himmel leben.26 Ihre Sakralität wurde auch mythologisch begründet, denn sie besaßen eine primordiale Bedeutung als Orte der ersten menschlichen Die einzige umfassende ethnologische Studie zur Bergverehrung liegt bereits über ein Jahrhundert zurück, s. F. v. Andrian, Der Höhencultus asiatischer und europäischer Völker. Eine ethnologische Studie (), bes. S. XIII-XXXIV; s. ferner F. Tichy, Die geordnete Welt indianischer Völker. Ein Beispiel von Raumordnung und Zeitordnung im vorkolumbianischen Mexiko () -; E. Bernbaum, Sacred Mountains of the World () [dem Verf. nicht zugänglich]; A. Cooper, Sacred Mountains. Ancient Wisdom and Modern Meanings (). Zur kosmologischen und rituellen Bedeutung der Berge in verschiedenen Religionen s. Fickeler, Religionsgeographie -; I. Hori, Folk Religion in Japan. Continuity and Change () -; P. Gerlitz, „Buddhisten in Shintoschreinen“, in: M. Büttner (Hg.), Miteinander, Nebeneinander, Gegeneinander. Vielfalt religiöser, ethnischer, kultureller Gruppen und deren Beziehung zueinander im gemeinsamen Lebensraum. Ein Beitrag zur Geographie der Geisteshaltung () -; Rinschede, Religionsgeographie, a. O. (Anm. ) -; Horden – Purcell, Corrupting Sea, a. O. (Anm. ) -. Zur Bedeutung der Höhendimension in der biblischen Religion s. Schart, „Die Entgrenzung des heiligen Raumes“, a. O. (Anm. ) -. Zur mythischen bzw. sakralen Dimension der Berge im antiken Griechenland s. R. G. A. Buxton, „Imaginary Greek Mountains“, Journal of Hellenic Studies () -; ders., Imaginary Greece () -. -. Eliade, Das Heilige . s. v. Andrian, Höhencultus, a. O. (Anm. ) S. XVI: „Die an den Berggipfeln hervortretenden Lichterscheinungen, das wechselvolle Spiel der Wolken an den Höhen bezeugen gleichsam das innige Verhältnis der Berge zu dem Himmel. Dieser überirdische Charakter wird durch die Schwierigkeit der Annäherung, durch die über hohen Bergspitzen ausgegossene erhabene Ruhe noch verstärkt.“
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Besiedlung und als Lebensraum, in dem die Götter ihre Jugend verbrachten.27 Ihre Entfernung von der urbanen Sphäre, ihre Abgeschiedenheit, das was Horden und Purcell sehr treffend als „frightening detachment from the normal conditions of life“28 bezeichneten, machen die Berge zu den wichtigsten Schauplätzen religiöser und mythischer Aktion. Die in der kretischen Landschaft sehr klar umrissenen Grenzen zwischen Flachtälern und Bergketten fassen die verschiedenen menschlichen Lebens- und Wirkungsbereiche sehr klar ein, unterscheiden den auf intensive Weise wirtschaftlich erschlossenen und bewohnbaren Lebensraum von der Wildnis der Berge und verstärken dadurch den Eindruck einer bedeutungsvollen räumlichen Differenzierung, einer primordial strukturierten Welt. Der Berganstieg ist auf Kreta immer eine ganz besondere Erfahrung, das Eindringen in eine andere Welt, gewesen. Es liegt daher nahe zu vermuten, dass sich auch auf Kreta der größte Teil des religiösen Geschehens in den Bergen abgespielt hat und dass diese Gebirgsräume die Regionen waren, die dichter mit sakralen Orten besetzt wurden. Die Ebenen gehörten offensichtlich größtenteils zum – im Sinne Eliades – amorphen, symbolisch nur schwach besetzten und strukturlosen Teil des erlebten Raumes, eine ‚profane Provinz‘, die sich vor allem nicht durch Ritualaktion, sondern durch „zweckrational und technologisch motiviertes Handeln“29 zur Bewältigung des Alltags auszeichnete. Als eine Versinnbildlichung der Sakralität der kretischen Berge oder eines bestimmten kretischen Berges in minoischer Zeit könnte ein neupalastzeitlicher Siegelring betrachtet werden, von dem nur seine Abdrücke aus dem Palast von Knossos bekannt sind: Eine Göttin (Mother of the Mountain) steht auf einem kegelförmigen Steingebilde – offensichtlich einem Hügel oder Berg –, an deren beiden Seiten sich je ein Löwe mit den Pfoten aufstützt (Abb. 2).30 In einer ähnlichen Darstellung (Master Impression) sehen wir eine männliche Gestalt in einem gebieterischen Gestus, die auf einem Gebäude steht, welches ebenfalls auf einem Hügel bzw. einer Felsstruktur errichtet ist.31 Auch wenn die Entzifferung der hier entfalte s. R. G. A. Buxton, Imaginary Greece () . Horden – Purcell, Corrupting Sea, a. O. (Anm. ) ; s. ferner R. G. A. Buxton, „Imaginary Greek Mountains“, a. O. (Anm. ) : „Mountains are unsettling, for those in settlements; they are to be viewed from afar, visited only to be left again“. Pongratz-Leisten, Ina šulmi īrub, a. O. (Anm. ) . Diese Zweiteilung des von Menschen angeeigneten physischen Raumes wird dadurch augenscheinlicher, dass heilige Berge oft tabuisiert wurden, indem man ihr Betreten und ihre wirtschaftliche Nutzung durch rituelle Vorschriften regelte, s. v. Andrian, Höhencultus, a. O. (Anm. ) S. XVII. s. M. A. V. Gill – W. Müller – I Pini, Corpus der minoischen und mykenischen Siegel II . Iraklion, Archäologisches Museum. Die Siegelabdrücke von Knossos () Nr. (mit ausführlichen Literaturangaben). E. Hallager, The Master Impression. A Clay Sealing from the Greek-Swedish Excavations at Kastelli, Khania. Studies in Mediterranean Archaeology (); I. Pini (Hg.), Corpus der minoischen und mykenischen Siegel V, Suppl. A () Nr. .
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ten symbolischen Sprache keine leichte Angelegenheit ist, darf eine Verbindung des Göttlichen mit dem Berg oder zumindest mit der Höhendimension als die plausibelste Interpretation der intendierten semantischen Botschaft beider Bilder gelten. Einen unmissverständlichen Beleg dieser Verbindung finden wir in der späteren griechischen Überlieferung, die um die Person des mythischen Königs Minos kreist. Alle Abb. 2: ‚Mother of the Mountain‘: Siegelabdruck neun Jahre, im ‚Großen Jahr‘, suchte aus dem Palast von Knossos. Minos die Höhle und Geburtsstätte des kretischen Zeus in der Nida-Hochebene auf, um dort, in der Abgeschiedenheit der Berge, wie ein zweiter Moses seinem Gott zu begegnen und von ihm belehrt zu werden.32 Es kann keinen Zweifel daran geben, dass die Idäische Zeus-Grotte und die Nida-Hochebene, eine ganz besondere Landschaft, 1538 m über dem Meeresspiegel, einen der Mittelpunkte der imaginären Kartographie der frühkretischen Religion im 1. Jt. v. Chr. bildete.33 Dass die Idäische Grotte diese Bedeutung bereits in minoischer Zeit erlangt hatte, lässt sich durch einige Funde mit religiösen Konnotationen plausibel machen.34 Doch gibt es einen anderen Berg, der – obwohl kleiner als der Ida – wegen seiner Lage und Form als der minoische heilige Berg geradezu prädestiniert war. Es handelt sich um den Jouchtas-Berg, der in der unmittelbaren Nähe und in Sichtweite des Palastes von Knossos lag und eine sehr markante geographische Erhebung bildete (Abb. 3). Es ist sicherlich kein Zufall, dass auf dessen Gipfel eines der wichtigsten minoischen Höhenheiligtümer lag.35
s. hierzu H. Verbruggen, Le Zeus crétois () -, mit Verweisen auf die einschlägigen antiken Quellen. s. zuletzt K. Sporn, Heiligtümer und Kulte Kretas in klassischer und hellenistischer Zeit. Studien zu Antiken Heiligtümern () - (mit ausführlichen Literaturangaben). Γ. Σακελλαράκης, „Εκατό χρόνια έρευνας στο Ιδαίο Άντρο“, Archaiologike Ephemeris () . A. Karetsou, „The Peak Sanctuary of Mt. Juktas“, in: R. Hägg – N. Marinatos (Hgg.), Sanctuaries and Cults in the Aegean Bronze Age. Proceedings of the First International Symposium at the Swedish Institute in Athens, - May . Acta Instituti Atheniensis regni Sueciae , () -. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Überlieferung vom Berg Jouchtas als Grabstätte des kretischen Zeus, die sich allerdings nicht bis in die Antike verfolgen lässt, s. hierzu Sakellarakis – Sakellarakis, Archanes, a. O. (Anm. ) -; Verbruggen, Zeus Crétois, a. O. (Anm. ) -.
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Wie wurde innerhalb dieser gebirgigen Regionen der Landschaftsraum religiös und rituell besetzt? Welche waren die Fixpunkte der transzendentalen Erfahrung der Minoer in der Abgeschiedenheit der Berge? Die Entstehung sakraler Orte im kretischen Gebirgsraum scheint vor allem von zwei Faktoren abhängig gemacht worden zu sein: a) der besonderen räumlichen Spannungskapazität und b) der Liminalität bzw. dem Brückencharakter zwischen zwei verschiedenen Sphären. Der erste Parameter bezieht sich auf die kognitive Raumwahrnehmung, der zweite auf die Verschränkung zwischen religiösen Vorstellungen und sozio-ökonomischer Realität. Die Landschaftsphysiognomie, die Lage und vor allem die besondere Abb. 3: Der minoische Palast von Knossos (von N). Im atmosphärische Wirkung einer Hintergrund der Berg Jouchtas. Lokalität, die nicht nur Staunen hervorriefen, sondern auch die Präsenz oder das Wirken des Numinosen nahe legten, waren sicherlich, wie bereits erwähnt, wichtige Faktoren für die Sakralisierung eines Ortes. Von besonderem Interesse ist allerdings die Tatsache, dass sich die sakralen Orte in den kretischen Bergen immer innerhalb einer Zone befanden, die dem Radius menschlicher Aktivität entsprach und daher nicht schwer zugänglich war – und damit kommen wir zum zweiten Parameter, dem der Liminalität. Der sakrale Ort als Schnittstelle zwischen der menschlichen und göttlichen Sphäre musste in einer realgeographischen oder imaginären Randzone gelegen sein, die für die Menschen leicht zugänglich oder zumindest gut sichtbar war. Aus diesem Grund wurden die schwer erreichbaren Gipfel der kretischen Bergketten, d. h. ihre markantesten geographischen Punkte, offensichtlich nie zu wichtigen sakralen Orten überhöht, weder in minoischer Zeit noch in späteren Perioden. Der Grund ist, dass sie entweder schwer zugänglich oder von den bewohnten Regionen aus nicht sichtbar waren.
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Die Signifikanz dieser geographischen Faktoren lässt sich sehr gut im Fall der minoischen Höhenheiligtümer nachvollziehen. Sie stellen den wichtigsten Typus eines minoischen Heiligtums dar, den man archäologisch gut fassen kann.36 Solche Höhenheiligtümer sind auf der ganzen Insel verstreut und zeigen in ihrer überwiegenden Mehrheit eine minimale bauliche Ausgestaltung – sie werden nicht einmal durch eine Temenos-Mauer vom profanen homogenen Raum ausgegrenzt. Auch in den wenigen Höhenheiligtümern, die mit einfachen Bauten ausgestattet waren, fanden die Kultaktivitäten offensichtlich im Freien statt. Diese sakralen Orte lagen – bis auf vereinzelte Ausnahmen – nicht auf den höchsten Gipfeln der kretischen Bergketten, sondern auf niedriger gelegenen Anhöhen, die vor allem folgende Voraussetzungen erfüllten mussten: a) prominente Lage (auffallende, dominante, weithin sichtbare Gipfel oder Anhöhen), b) Visibilität (Blickkontakt zu einer oder mehreren Siedlungen oder zu einem oder mehreren Höhenheiligtümern), c) leichter Zugang von den benachbarten Siedlungen aus, d) Nähe zu Acker- oder Weideland und somit zur Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung.37 Es wird dadurch ersichtlich, dass zur Auswahl des heiligen Ortes keine kosmologische, sondern vor allem wahrnehmungspsychologische oder ganz pragmatische Überlegungen ausschlaggebend waren.38 Die symbolische Strukturierung der kreti Zu den minoischen Höhenheiligtümern s. B. Rutkowski, Cult Places in the Aegean World () -; A. D. Peatfield, „The Topography of Minoan Peak Sanctuaries“, The Annual of the British School at Athens () -; ders., „Minoan Peak Sanctuaries: History and Society“, Opuscula Atheniensia () -; ders., „Rural Ritual in Bronze Age Crete: The Peak Sanctuary at Atsipadhes“, Cambridge Archaeological Journal () -; ders., „Divinity and Performance on Minoan Peak Sanctuaries“, in: R. Laffineur – R. Hägg (Hgg.), POTNIA. Deities and Religion in the Aegean Bronze Age. Proceedings of the th International Aegean Conference, Göteborg University, - April . Aegaeum () -; L. V. Watrous, “Some Observations on Minoan Peak Sanctuaries”, in: R. Laffineur – W.-D. Niemeier (Hgg.), POLITEIA. Society and State in the Aegean Bronze Age. Proceedings of the th International Aegean Conference, University of Heidelberg, Archäologisches Institut, - April . Aegaeum () -; K. Nowicki, “Minoan Peak Sanctuaries: Reassessing their Origins”, in: Laffineur – Hägg, a. O. -; E. Kyriakidis, Ritual in the Bronze Age Aegean. The Minoan Peak Sanctuaries (). Zu diesen vier wichtigen Faktoren zur Ortsauswahl eines minoischen Höhenheiligtums s. A. D. Peatfield, „Rural Ritual in Bronze Age Crete: The Peak Sanctuary at Atsipadhes“, Cambridge Archaeological Journal () . Dass die Visibilität und die Höhe über der sichtbaren Umgebung wichtiger als die absolute Höhe sind, unterstreicht auch P. Fickeler, Religionsgeographie . Zu einer interessanten Fallstudie zur sakralen Topographie des neuzeitlichen und modernen Kreta s. L. Nixon, Making a Landscape Sacred. Outlying Churches and Icon Stands in Sphakia, Southwestern Crete () bes. -. -.
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schen Landschaft war also nicht nur religiösen, sondern auch sozio-ökonomischen Ordnungsprinzipien unterworfen.39 Neben den Höhenheiligtümern boten Höhlen einen bevorzugten Ort kultischer Aktivität.40 Höhlen besitzen von Natur aus einen liminalen Charakter und können daher als Schnittstellen zwischen der realen und der transzendentalen Welt fungieren.41 Der Abstieg in eine große Kulthöhle war sicherlich eine besondere Erfahrung. Kein gebauter Tempel kann suggestiver wirken als ein dunkler, feuchter, unterirdischer Raum, dessen tief gelegenen Kultplatz man durch einen engen, steil absteigenden Korridor erreichte. Stalagmiten, die eine menschen- oder tierähnliche Form aufwiesen, erhielten offensichtlich eine religiöse oder kultische Bedeutung als göttliche Erscheinungen und wurden entweder innerhalb einer Höhle durch Weihungen markiert oder durch eine Temenos-Mauer hervorgehoben. In der Psychro-Kulthöhle waren Doppeläxte als Votive oder sakrale Markierungen in die Stalagmiten eingetieft.42 In der Eileithyia-Höhle in Amnissos waren zwei Stalagmiten vielleicht bereits in minoischer Zeit durch eine kleine Temenos-Mauer eingegrenzt.43 Das nach unserem jetzigen Kenntnisstand bedeutendste eigenständige – d. h. nicht in einen profanen architektonischen Komplex eingebettete – minoische Hei-
s. hierzu L. V. Watrous, The Cave Sanctuary of Zeus at Psychro. A Study of Extra-urban Sanctuaries in Minoan and Early Iron Age Crete. Aegaeum () -; A. Peatfield, „After the ‚Big Bang‘ - What? or Minoan Symbol and Shrines beyond Palatial Collapse“, in: S. E. Alcock – R. Osborne (Hgg.), Placing the Gods. Sanctuaries and Sacred Space in Ancient Greece () . Interessanterweise haben ähnliche Überlegungen die Auswahl sakraler Orte auf Kreta auch in späteren Perioden, sogar bis in die Gegenwart, geleitet. Die neuzeitlichen oder modernen kleinen Kapellen, die überall auf der Insel verstreut sind, fehlen merkwürdigerweise in den hohen, schwer zugänglichen und ökonomisch uninteressanten Regionen des Psiloritis und der Weißen Berge. In Madares, einer kahlen und im Winter unzugänglichen Region der Weißen Berge, gibt es keine einzige Kapelle, s. Nixon, Making a Landscape Sacred, a. O. (Anm. ) -. Zu kretischen Höhlen als Kultstätten in minoischer Zeit s. Rutkowski, Cult Places, a. O. (Anm. ) -; Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) -; Watrous, Cave Sanctuary, a. O. (Anm. ) -. Zu Höhlen als Schnittstellen zwischen der menschlichen und der göttlichen Sphäre, s. E. L. Tyree, „Diachronic Changes in Minoan Cave Cult“, in: Laffineur – Hägg, POTNIA, a. O. (Anm. ) . Zur mythischen und kultischen Bedeutung von Höhlen im antiken Griechenland s. R. G. A. Buxton, Imaginary Greece () -. Rutkowski, Cult Places, a. O. (Anm. ) -. Zum minoischen Kult in Psychro s. Watrous, Cave Sanctuary, a. O. (Anm. ) -. Zur kultischen Bedeutung von Stalagmiten s. N. E. Πλάτων, „Περὶ τῆς ἐν Κρήτη λατρείας τῶν σταλακτιτῶν“, Archaiologike Ephemeris () -. s. Πλάτων, „Περὶ τῆς λατρείας“, a. O. (Anm. ) - Abb. ; Rutkowski, Cult Places, a. O. (Anm. ) -.
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ligtum befindet sich in Symi Viannou (Ost-Kreta).44 Die Kultterrasse und der / die Kultgebäude der minoischen Benutzungsphase liegen unterhalb jüngerer Schichten aus dem 1. Jt. v. Chr., als dieses Quellheiligtum als Kultstätte von Hermes und Aphrodite besondere Bedeutung erlangte.45 An dieser Stelle muss betont werden, dass dieses eindrucksvolle Bild einer Kultkontinuität keine Regel, sondern eher die Ausnahme darstellt. Es ist sicherlich merkwürdig, dass es auf fast keinem einzigen minoischen Höhenheiligtum Anzeichen eines Kultes nach dem Ende der minoischen Ära gibt.46 Die einzige plausible Erklärung für diesen Umstand wäre die vorhin angesprochene Bedeutung der sozio-ökonomischen Aspekte des Kultes, wonach die Auswahl der Kultplätze nicht nur von religiösen oder kosmologischen Überlegungen, sondern auch von den Besiedlungsmustern determiniert wurde.
5. Sakrale (Tat-)Orte Werfen wir nun einen Blick auf das Individuum und die Interaktion zwischen Mensch und Raum innerhalb einer sakralen Sphäre. Die Bilderwelt belehrt uns, dass die wichtigsten Zeremonien der minoischen Religion stets in eine landschaftliche Umgebung eingebettet waren und im Freien, in einigen Fällen vor einem Kultbau oder Schrein, stattfanden.47 Auf einem reliefierten Steingefäß aus Knossos wird die Kulisse dieser Rituale mit semantisch sehr klaren Mitteln ins Bild gesetzt:48 Wir sehen eine Temenos-Mauer, die den Bereich des Heiligtums abgrenzt, in dessen Mitte ein Altar steht (Abb. 4). Im Hintergrund erscheint ein Baum, der vielleicht in einem inneren Bereich des Heiligtums – vermutlich einem heiligen Hain – lag. Im Mittelpunkt dieser Kultpraxis stand ein ekstatisches Ritual, bei dem Adoranten bzw. Priester als Hauptakteure aufgetreten sind.49 Die hier stattfindende Ritualaktion hatte drei Bestandteile: das kräftige Schütteln eines Baums, einen ekstatischen Tanz oder kräftiges Schwingen des Körpers sowie das Berühren, Umar-
s. o. Anm. ; ferner Watrous, Cave Sanctuary, a. O. (Anm. ) -. A. Λεμπέση, Το ιερό του Ερμή και της Αφροδίτης στη Σύμη Βιάννου Ι 1. Χάλκινα κρητικά τορεύματα, Βιβλιοθήκη της εν Αθήναις Αρχαιολογικής Εταιρείας (). Nixon, Making a Landscape Sacred, a. O. (Anm. ) Anm. . P. Warren, Minoan Religion as Ritual Action () . A. Evans, The Palace of Minos at Knossos II () - Abb. . Tyree, „Diachronic Changes“, a. O. (Anm. ) ; Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) . Zu einer umfassenden und konzisen Studie der religiösen Ekstase s. I. M. Lewis, An Anthropologic Study of Spirit Possession and Shamanism ().
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men bzw. Küssen eines Steinmals (Baitylos).50 Die scheinbar unkontrollierbaren Bewegungen der Personen, die an diesen Handlungen beteiligt waren, versinnbildlichen den orgiastischen Charakter der religiösen Erfahrung (Abb. 5).51 Es herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass der Sinn des dargestellten Rituals das Heraufbeschwören der göttlichen Erscheinung war.52 In einigen dieser Szenen steigt tatsächlich die Gottheit – in kleinerem Format dargestellt – aus dem Himmel herab und wird offensichtlich von den in einem Trance-Zustand befindlichen Akteuren des Rituals visuell wahrgenommen.53 Die bildliche Umsetzung dieses EpiphanieRituals54 ist uns in verschiedenen Varianten – mit oder ohne göttliche Erscheinung, mit einer oder allen drei rituellen Handlungen – bekannt.55 Wie das Ritual tatsächlich abgelaufen ist und wie die Kultgemeinde an der Epiphanie der Gottheit Zu den Baityloi s. Warren, Minoan Religion, a. O. (Anm. ) -; ders., „Of Baetyls“, Opuscula Atheniensia () -; Θ. Ηλιόπουλος, „Ο Υστερομινωικός ΙΙΙΓ ‚ομφαλόεις‘ βωμός της Κεφάλας Βασιλικής“, in: Βλαχόπουλος – Μπίρταχα, Αργοναύτης, a. O. (Anm. ) -. Zu heiligen Bäumen und ihrer kultischen Verehrung s. M. P. Nilsson, The Minoan-Mycenaean Religion and its Survival in Greek Religion² () -; B. Rutkowski, „Der Baumkult in der Ägäis“, Visible Religion () -; Eliade, Das Heilige ; N. Marinatos, „The Tree as a Focus of Ritual Action in Minoan Glyptic Art“, in: W. Müller (Hg.), Fragen und Probleme der bronzezeitlichen ägäischen Glyptik. Beiträge zum . Internationalen Marburger Siegel-Symposium, .-. September . Corpus minoischer und mykenischer Siegel, Beih. () -; W. Pötscher, Aspekte und Probleme der minoischen Religion. Ein Versuch () . „[…] con furore orgiastico“ wie es L. Savignoni treffend ausdrückte, s. L. Savignoni, „Scavi e scoperte nella necropoli di Phaestos“, Monumenti antichi () (zitiert in Warren, Minoan Religion, a. O. [Anm. ] ). Nilsson, Minoan-Mycenaean Religion, a. O. (Anm. ) -; R. Hägg, „Die göttliche Epiphanie im minoischen Ritual“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung () . ; A. Evans, The Palace of Minos at Knossos III () -. ; Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) ; B. Gladigow, „Epiphanie, Statuette, Kultbild. Griechische Gottesvorstellungen im Wechsel von Kontext und Medium“, Visible Religion () . Zum Epiphanie-Gestus der am Ritualgeschehen beteiligten Personen s. Gladigow, „Epiphanie“, a. O. (Anm. ) . ; zur spiegelbildlichen Symmetrie des Gestus der Göttin und der Kultpersonen s. auch E. Brandt, Gruß und Gebet. Eine Studie zu Gebärden in der minoisch-mykenischen und frühgriechischen Kunst () -. Hier soll angemerkt werden, dass der von Eliade bevorzugte Begriff ‚Hierophanie‘, die „von Menschen wahrnehmbare oder empfundene Manifestation des Heiligen“, eine bessere Alternative als das semantisch neutrale Wort ‚Epiphanie‘ bietet, s. Eliade, Das Heilige . Das bekannteste Beispiel dieser Epiphanie-Szenen stellt der Goldring aus dem Kammergrab von Isopata dar. Zu dieser Darstellung und den damit verbundenen Interpretationsproblemen s. C. D. Cain, „Dancing in the Dark: Deconstructing a Narrative of Epiphany on the Isopata Ring“, American Journal of Archaeology () -. Trotz Cains berechtigter Kritik an bisherigen Versuchen, die narrative Struktur dieser Szene zu rekonstruieren, bleibt die traditionelle Deutung als göttliche Epiphanie die plausibelste.
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– an diesem Einbruch des Heiligen in die wahrnehmbare Welt – teilhatte, lässt sich natürlich aus diesen kursorischen Darstellungen nicht sagen. Man darf allerdings vermuten, dass sich auch die passiven Teilnehmer dieses ekstatischen Ritualdramas seiner enormen suggestiven Kraft nicht entziehen konnten. Die offensichtlich echte Ekstase56 der Akteure war genug, um die Mitglieder der beiwohnenden religiösen Gemeinschaft zu überzeugen, dass sich die göttliche Epiphanie gerade vor ihren Augen vollzog, auch wenn sie von ihnen visuell nicht wahrgenommen werden konnte.57 Wenn wir diese Szenen als zentrale Bildmanifestationen der minoischen Kultpraxis Abb. 4: Fragment eines reliefierten betrachten möchten, können wir einige Hypo- Steingefäßes mit Darstellung eines thesen über die besondere Essenz des mino- Altars im umfriedeten Bezirk eines ischen religiösen Glaubens aufstellen. Das, was ‚Temenos‘. diese Bilder implizieren, ist eine Religion, die mit den stark theozentrischen jüdischen und christlichen Glaubensvorstellungen wenig gemeinsam hat, eine Religion, in der schamanistische oder orgiastische Elemente überwiegen.58 Nicht der Gott und die aus Beten, Flehen und Weihen geprägte Kultpraxis anderer Religionen stehen hier im Mittelpunkt, sondern Ritualhandlungen, bei denen der menschliche Körper das Medium der transzendentalen Erfahrung, ein Kanal der einverleibten Wahr-
Anstelle des Begriffs ‚Ekstase‘ bevorzugen Chr. Morris und A. Peatfield den neutraleren Terminus altered state of consciousness, s. Chr. Morris – A. Peatfield, „Feeling through the Body. Gesture in Cretan Bronze Age Religion“, in: Y. Hamilakis – M. Pluciennik – S. Tarlow (Hgg.), Thinking through the Body. Archaeologies of Corporeality () ; s. hierzu auch C. T. Tart (Hg.), Altered States of Consciousness (). s. hierzu auch F. Matz, Göttererscheinung und Kultbild im minoischen Kreta. Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse () ; ferner Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) . Entscheidend ist aus soziologischer Sicht nicht der Trance-Zustand des Einzelnen, sondern die religiöse Exaltation der dem Ritual beiwohnenden Gruppe, s. Lewis, Anthropologic Study, a. O. (Anm. ) -. Diese orgiastischen oder schamanistischen Aspekte der minoischen Religion, die bereits von A. Evans und seiner Generation erkannt wurden, rückten erst in den letzten Jahren wieder in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit, s. A. Peatfield, „Divinity and Performance on Minoan Peak Sanctuaries“, in: Laffineur – Hägg, POTNIA, a. O. (Anm. ) -.
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nehmung des Numinosen, war.59 Es wäre sicherlich anmaßend, zu glauben, dass wir mit diesen ekstatischen Ritualen das Wesen der minoischen Religion vollständig erfassen können. Diese Szenen geben uns Einblick auf nur einen Aspekt der minoischen Religion. Doch scheint dieser Aspekt, wenn man von den Bildträgern ausgeht (Goldringe, d. h. Insignien der palatialen oder priesterlichen Elite), recht bedeutend gewesen zu sein. In diesem Abb. 5: Goldring aus dem Tholosgrab A von Zusammenhang ist der Tanz als Ritu- Phourni bei Archanes mit der Darstellung eines orgiastischen Rituals. alaktion von entscheidender Bedeutung, wenn es uns darum geht, das Dreieck ‚sakraler Ort – Mensch – religiöse Erfahrung‘ greifbar zu machen. Einen Schlüssel zum Verständnis der Ereigniskette Tanz – Ekstase – Epiphanie bietet ein älterer Aufsatz von E. Straus, dem O. F. Bollnow in seiner – immer noch grundlegenden – phänomenologischen Studie „Mensch und Raum“ besondere Beachtung schenkte.60 Straus unternahm hier eine raum- bzw. körperbezogene Auslegung des Tanzes und ging von der Prämisse aus, dass sich Zweckbewegung und Tanz als zwei Bewegungsformen grundsätzlich voneinander unterscheiden, da sie „auf zwei ganz
s. Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) . Zum enthusiastischen Charakter des minoischen Glaubens s. Warren, Minoan Religion, a. O. (Anm. ) : „Religion was not the opium of the Minoan people. Rather, practicing their rituals among stalagmites and dark pools within the earth, or in built subterranean chambers, on windy mountain peak or mountain side, in rural temple or palace or house or urban shrine, the Minoans display a positive, enquiring response, a proto-European attempt to understand and explain their environment and their cosmos.“ Dies hat bereits Matz unterstrichen: „Es ist ein enthusiastischer Glaube. Schon an den ekstatischen Formen des Kultes sieht man es […] Man hat angesichts der minoischen Bilderwelt überhaupt und schon ohne auf ihre Formstruktur zurückzugreifen den Eindruck eines von Begeisterung und vibrierendem Temperament erfüllten und getriebenen menschlichen Wesens“, s. Matz, Göttererscheinung, a. O. (Anm. ) . Folgerichtig interpretieren C. Morris und A. Peatfield Gestik und Haltung der Tonstatuetten der minoischen Gipfelheiligtümer nicht als Anbetungs-, sondern als ekstatische Gesten, s. Morris – Peatfield, „Feeling through the Body“, a. O. (Anm. ) -. Auch diese Interpretationsmöglichkeit war Matz, Göttererscheinung, a. O. (Anm. ) nicht entgangen. E. Straus, „Die Formen des Räumlichen. Ihre Bedeutung für die Motorik und die Wahrnehmung“, in: Ders., Psychologie der menschlichen Welt. Gesammelte Schriften () ; s. ferner Bollnow, Mensch und Raum -.
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verschiedene Modi des Räumlichen bezogen sind“.61 Er unterstrich, dass man mit dem Tanz ein verändertes Verhältnis zum Raum gewinne: „Beim Gehen bewegen wir uns durch den Raum, von einem Ort zum andern, beim Tanzen bewegen wir uns im Raum.“62 In diesem durch das Tanzen erschaffenen und erlebten Raum, der sich vom alltäglichen Zweckraum absetzt, vollzieht sich die „Aufhebung der zwischen Subjekt und Objekt, Ich und Welt bestehenden Spannung“ – der Mensch wird selber gewissermaßen ein Teil dieses Raums.63 Eine weitere Beobachtung von Straus ist schließlich im Kontext der minoischen ekstatischen Rituale von besonderen Bedeutung: „Dass die Tanzbewegung keine zeitliche Grenze kennt, dass sie erst durch die Erschöpfung oder Ekstase beendet wird, das ist überall zu beobachten, wo der Tanz noch nicht zum Gesellschafts- oder Kunsttanz geworden ist.“64 Der aus räumlicher Sicht zweckfreie Tanz, diese in B. Waldenfels’ Worten „Suspendierung von Bewegungszielen und Bewegungsumständen“,65 trägt als Medium eines veränderten Verhältnisses zum Raum das Potential einer tiefen metaphysischen Erfahrung.66 Diese religiöse Sinndimension des Tanzens wäre mit dem oben erläuterten Charakter der minoischen heiligen Räume als Stimmungsräume, die ihre Sakralität der atmosphärischen Wirkung der von Menschen wahrgenommen Natur verdankten, völlig kongruent. Der ekstatische Tanz als Entrücken von der alltäglich-praktischen Welt des zweckhaften Handelns, als tiefe metaphysische Erfahrung, war herausgehoben aus dem historischen Geschehen67 und zielte auf die Vereinigung des Menschen mit dem Raum. Diese nachvollziehbare körperliche und mentale Erfahrung dürfte man als reale Grundlage des minoischen Epiphanie-Rituals betrachten: Raumwahrnehmung als Ausgangspunkt des Sakralen, zweckfreies Bewegen in diesem Raum mit dem Ziel, eins mit diesem Raum zu werden, ekstatische Erfahrung als Höhepunkt dieser Erfahrung, die schließlich in der visionären Erscheinung des Göttlichen gipfelte. Es ist vielleicht überflüssig auf den krassen Gegensatz hinzuweisen zwischen diesem ekstatischen Ritual, dessen Potenz in leiblich ergreifenden Gefühlen besteht, und einer kultischen Prozession, Straus, „Formen des Räumlichen“, a. O. (Anm. ) ; s. hierzu auch B. Waldenfels, „Sichbewegen“, in: G. Brandstetter – Chr. Wulf (Hgg.), Tanz als Anthropologie () : „Der Tanz lebt von den Überschüssen einer Beweglichkeit, die sich nicht in Zwecken und Regeln fassen lässt. Er ist zweck- und regellos, gemessen an den Zwecken und Regeln des gewöhnlichen Lebens.“ Straus, „Formen des Räumlichen“, a. O. (Anm. ) . Bollnow, Mensch und Raum . Wenn der Mensch eins mit dem Raum wird, lässt sich Natur nicht als ‚Umwelt‘, sondern als ‚Mitwelt‘ – eine in vielen vormodernen Gesellschaft übliche Vorstellung – begreifen. Straus „Formen des Räumlichen“, a. O. (Anm. ) . Waldenfels, „Sichbewegen“, a. O. (Anm. ) . s. auch Bollnow, Mensch und Raum, -. Straus, „Formen des Räumlichen“, a. O. (Anm. ) nennt diese aus dem historischen Geschehen herausgehobene Zeitdimension ‚präsentische Zeit‘.
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der Quintessenz einer eher nüchternen Beziehung zwischen Mensch und Gott, die ihren Sinn in der Versorgung des Letzteren durch Ersteren im Rahmen eines dout-des-Verhältnisses findet. Eine Prozession, das zweckgerichtete Fortbewegen mit der konkreten Absicht der Darbringung der Gaben, wäre im Rahmen dieser sehr schöpferischen Raumwahrnehmung in Naturräumen fehl am Platz.
6. ‚Miniaturlandschaften‘ und die Relokalisierung des Naturkultes Es gibt eine Reihe von Indizien aus der kretischen Neupalastzeit, wonach die Durchführung der orgiastischen Riten und die damit verbundenen transzendentalen Erfahrungen nicht nur in der kretischen Wildnis möglich waren. Spätestens in der Neupalastzeit stellen wir fest, dass einige Elemente dieses sehr naturnahen Rituals ihre standörtliche Verbundenheit verloren und in die ‚urbane‘ Landschaft der minoischen Siedlungszentren verpflanzt wurden. Steine und Stalagmiten wurden z. B. als Gegenstände religiöser Verehrung in offenen oder inneren Räumen einer Siedlung aufgestellt.68 Welche Rituale sich in diesen Räumen vollzogen und inwieweit diese Räume sakralisiert wurden, lässt sich allerdings nicht sagen. Die bloße Existenz eines Gegenstandes religiöser Verehrung ist sicherlich nicht ausreichend, um das unmittelbare räumliche Umfeld dieses Objekts als sakrale Sphäre zu deklarieren. Auf etwas sichererem Boden stehen wir in einem besonders interessanten Fall, dem des Zentralhofs des Palastes von Malia. Ein großer runder Stein, der zur Hälfte in die festgetretene Erde des Hofs eingetieft war, ist offensichtlich ein Baitylos, der interessanterweise nicht im Zentrum des Zentralhofs, sondern in gleicher Flucht mit einer Loggia am Westflügel des Palastes lag.69 Diese Loggia diente offensichtlich als Tribüne für die residierende Elite, die an dieser Stelle Ritualen und Zeremonien im Zentralhof des Palastes beiwohnte. Die Vermutung liegt daher nahe, dass sich das ursprünglich in Naturräumen angesiedelte ekstatische Ritual, das wir aus der Ikonographie kennen, auch innerhalb eines städtischen Kontextes, ja sogar innerhalb eines größeren architektonischen Komplexes vollzog. In derselben Zeit, in der wir eine Übertragung von Elementen des orgiastischen Kultes auf die urbane Sphäre dingfest machen können, ergriff die Naturwelt Besitz von dem privaten oder semiprivaten Lebensraum der minoischen Elite. Zahlreiche Räume in Palästen und elitären Privathäusern wurden nämlich mit einem malerischen Raumdekor ausgestattet, der die Natur verherrlichte. In vielen Fällen handelt es sich um einen erdachten Biotop mit einer Fülle von Tieren, Vögeln und Pflanzen, die in der Natur nicht gemeinsam vorkommen, eine gemischte Flora
Πλάτων, „σταλακτιτών“, a. O. (Anm. ) -. P. Warren, „Of Baetyls“, Opuscula Atheniensia () .
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und Fauna aus der Berg- und Flusswelt.70 In einigen Fällen wurden diese ‘Traumlandschaften’ mit einem Aktionsbild, offensichtlich einem Ritual, belebt. Hinter diesem sehr beliebten Darstellungstypus erkannten verschiedene Forscher – etwas voreilig – Bilder von sakralen Landschaften, eine Meinung, die sich hartnäckig bis heute hält. Doch sind eine rituelle Deutung der Bildthemen selbst, der Räume, in denen sie sich befinden, ja sogar des Mediums der Freskomalerei nichts anderes als methodisch unzulässige Verallgemeinerungen. Die Frage nach dem sakralen Charakter der dargestellten Natur muss in jedem einzelnen Fall separat und zwar durch einen kontextimmanenten Ansatz beantwortet werden. Nicht jede Landschaftsdarstellung im Raum eines Hauses oder Palastes muss religiös konnotiert gewesen sein.71 Daher empfiehlt es sich in unserem Zusammenhang, nur auf einige dieser Bilder zu fokussieren, für die ein sakraler Gehalt sehr wahrscheinlich erscheint. Dabei handelt es sich um eine kleine homogene Gruppe von Wandmalereien in Erdgeschossräumen von elitären Häusern auf Kreta und auf der benachbarten Insel Thera, deren kontextbezogene Betrachtung uns zunächst mit einem Paradoxon konfrontiert. Diese Räume, die nicht größer als 4 bis 6 m² sind, wurden vollständig mit Naturszenen ausgemalt.72 Ihr besonderes Merkmal besteht darin, dass es sich dabei um fensterlose oder schlecht beleuchtete Kammern handelt, in denen die prächtigen Farben der Wandmalereien, ja sogar das Bildthema selbst nur mit der Hilfe von Kunstlicht visuell wahrgenommen werden konnte. Das beste kretische Beispiel bietet Raum 14 der Villa von Ajia Triada, der lediglich 1,60 × 2,35 m misst (also 3,76 m² groß ist)73. Drei Wände dieses fensterlosen Raumes waren vollständig ausgemalt, die vierte nahm zwei Türen eines Polythyron ein, von denen eine als Eingang diente. Die Beleuchtung dieses Raumes war nur mit Kunstlicht möglich gewesen, weil sich die schmale Tür gegen eine Vorhalle und nicht zu einem offenen Raum öffnete.74 Die Darstellung nahm ursprünglich eine Höhe von ca. 2,20 m ein. Auf der O-Wand sehen wir eine sehr anmutige landschaftliche Szenerie mit reichem vegetabilem Dekor, in der eine fein bekleidete Frau barfuss in einer eigenartigen Haltung vor einer Mauer steht. Die Fresken der Seitenwände s. Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) -; s. ferner P. Schmitz-Pillmann, Landschaftselemente in der minoisch-mykenischen Wandmalerei. Winckelmann-Institut der HumboldtUniversität zu Berlin (). s. A. Chapin, „A Re-Examination of the Floral Fresco from the Unexplored Mansion at Knossos“, Annual of the British School at Athens () -. Zu einer Zusammenstellung und Diskussion der relevanten Befunde s. V. Stürmer, „‚Naturkulträume‘ auf Kreta und Thera: Ausstattung, Definition und Funktion“, in: Laffineur – Hägg, POTNIA, a. O. (Anm. ) -. P. Militello, Haghia Triada I. Gli Affreschi. Monografie della Scuola archeologica di Atene e delle missioni italiane in Oriente () -. -; Stürmer, „‚Naturkulträume‘“, a. O. (Anm. ) -. Stürmer, „‚Naturkulträume‘“, a. O. (Anm. ) .
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Abb. 6: Akrotiri (Thera): Das ‚Lilienzimmer‘ (Raum 2) von Gebäudekomplex Delta.
zeigen unterschiedliche Landschaften: zum einen eine Felsenlandschaft mit Tieren (Süd) und zum anderen eine Gartenlandschaft mit Krokussen und Lilien auf blauem Hintergrund (Nord). Die N-Wand trägt das Bild einer ‚knieenden‘ Frau, die zwischen Krokussen und Lilien dargestellt ist. Ähnliche, vollständig mit Fresken bemalte kleine Räume sind uns aus Akrotiri auf Thera bekannt.75 Das ‚Lilienzimmer‘ in Raum 2 von Haus Delta (Abb. 6) zeigt eine dem Ajia Triada-Raum entsprechende Größe (2,20 × 2,60 m, die eine Fläche von 5,72 m² ergeben). Es weist eine durchgehende Verzierung der Wände mit einer Felsenlandschaft auf, in der Lilien wachsen und Schwalben fliegen.76 Auch in diesem Fall war die Beleuchtung des Raumes schlecht und nur durch Öllampen möglich.77 Die plausible Interpretation dieser Räume und insbesondere der Inkompatibilität zwischen anspruchsvoller Ausstattung und schlechter visueller Wahrnehmung stellt uns sicherlich vor eine große Herausforderung, die wir nach dem jetzigen Kenntnisstand und ohne schriftliche Quellen schwer bewältigen können. Stürmer, „‚Naturkulträume‘“, a. O. (Anm. ) -. Chr. Doumas, The Wall-Paintings of Thera () - Abb. -. Stürmer, „‚Naturkulträume‘“, a. O. (Anm. ) .
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Die Raumfunktion bleibt problematisch.78 Wie kann man die Tatsache erklären, dass die Minoer einen kleinen schlecht beleuchteten Raum, der architektonisch schlicht und unauffällig gestaltet war, mit einem Bildteppich in Freskotechnik ausmalten? Der Widerspruch zwischen Größe und ästhetischer Qualität der gemalten Bilder zum einen und ihrer visuellen Wahrnehmung nur durch künstliches Licht zum anderen, scheint einen rein profanen Charakter dieser Räume auszuschließen. Die vollständige Übermalung der Wände eines kleinen fensterlosen Raumes legt die Vermutung nahe, dass man hier eine Naturwelt in Miniatur schaffen wollte, einen Illusionsraum, den man im Anschluss an M. Foucault als ‚Heterotopie‘ einer sakralen Landschaft bezeichnen dürfte.79 Worin könnte der religiöse oder rituelle Sinn einer solchen ‚Heterotopie‘ bestanden haben? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese Räume als künstlich erschaffene Kulisse für die Durchführung des ekstatischen Rituals fungieren konnten. Obwohl im Mittelpunkt dieses Rituals der Trance-Zustand der Akteure stand, wie bereits angesprochen, war die Ritualaktion offensichtlich nicht introvertiert. Sie muss ihren Sinn nicht in der transzendentalen Erfahrung des Einen, sondern in der Teilhabe und Ergriffenheit der Kultgemeinde erfüllt haben, eine Kultgemeinde, die – wenn auch passiv – diesem Ritual beiwohnte. Die Vorstellung eines orgiastischen Tanzes in einer dunklen, 4 m² großen Kammer ist in jeder Hinsicht ‚unnatürlich‘ und wäre nur im Rahmen eines Mysterienkultes denkbar, an dem nur ein sehr kleiner Personenkreis teilgenommen hätte. Aus diesem Grund erscheint die von V. Stürmer geäußerte Hypothese eines Meditationsraumes für einen minoischen Priester, Schamanen oder eine andere Person nicht ganz abwegig zu sein.80 Es ist möglich, dass die Minoer im urbanen Kontext – und zwar in einer dunklen Kammer – einen künstlichen Naturraum, einen abgeschotteten ‚Erlebnisraum‘ erschufen, in dem Priester, Akteure des ekstatischen Rituals oder sogar der Lokalherrscher selbst umgeben von Bildern einer paradiesischen Landschaft, die sie unter dem gedämpften Licht einer Öllampe Eine Deutung dieser Kammern als luxuriöse Schlafräume wegen der vermuteten oder erwiesenen Existenz von Betten kann kaum befriedigend sein, s. Stürmer, „‚Naturkulträume‘“, a. O. (Anm. ) . Das einzige Bett, das tatsächlich in einem dieser Räume entdeckt wurde (‘Lilienzimmer’ in Gebäudekomplex Delta von Akrotiri) entsprach offensichtlich nicht der ursprünglichen Funktion dieses kleinen Raumes. M. Foucault, „Andere Räume“, in: M. Wentz (Hg.), Stadt-Räume () : „Es gibt gleichfalls – und das wohl in jeder Kultur, in jeder Zivilisation – wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können“. Stürmer, „‚Naturkulträume‘“, a. O. (Anm. ) . Aufgrund des häufigen Vorkommens von Wandschränken bzw. -nischen mit Tongefäßen schlägt er ferner eine zusätzliche Funktion als Sakristei vor.
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betrachteten, innehalten konnten.81 Der Zweck dieses Meditationsraumes könnte die Aufhebung des Abstands vom dargestellten Prototyp, also der Natur, sowohl in räumlichem als auch in zeitlichem Sinne gewesen sein: räumlich als Überbrückung der geographischen Entfernung von der Wildnis der Berge und zeitlich als Überbrückung der kalten Wintermonate, die den wiederkehrenden Tod der Natur markierten.82 Diese Hypothese zur Funktionsdeutung der kleinen vollständig ausgemalten Räume gewinnt an Plausibilität, weil sie als einzige mit dem oben vorgeschlagenen Charakter der minoischen religiösen Mentalität konform ist, einer Mentalität, die – gemäß der hier vertretenen Deutung – durch die schöpferische Raumwahrnehmung und die kognitive Erzeugung einer neuen Raumdimension geprägt war. Der zeitliche Rahmen dieses Prozesses der ‚Domestizierung‘ der naturnahen Riten, ihrer Verpflanzung von der Wildnis der Natur in die geordnete Welt des städtischen Kontextes lässt sich leider nicht mit Sicherheit abstecken. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die sich hier abzeichnende Tendenz, Riten, die ursprünglich außerhalb der Stadt durchgeführt wurden, innerhalb der Grenzen des urbanen Territoriums zu platzieren, eine spätere Entwicklung war, die von einem Wechsel der religiösen Mentalität der Minoer eingeleitet worden wäre. Der einzige Anhaltspunkt für eine solche Vermutung wäre das etwas abrupte Ende der Kultpraxis in den meisten Höhenheiligtümern am Übergang von der Alt- in die Neupalastzeit, das allerdings auch von ganz anderen Faktoren ausgelöst sein könnte. Möglich ist, dass diese beiden Traditionen einer auf die Natur bezogenen Ritualpraxis, die ganz unterschiedlich verortet waren, zeitlich parallel zueinander gelaufen sind. Eine besondere Erwähnung verdient schließlich in diesem Zusammenhang ein sehr interessanter Einzelfall der bildlichen Raumausstattung. Es handelt sich um ein sehr umfassendes Bildprogramm, in dessen Mittelpunkt wiederum eine Landschaft stand, das jedoch einen ganz anderen rituellen Hintergrund als die oben angesprochenen Szenen hatte. Dieses Bildprogramm erstreckt sich auf mehrere Räume und zwei Stockwerke von Xeste 3, ein Gebäude mit offensichtlich kultischer Funktion in Akrotiri auf Thera.83 Inhaltlicher Kern dieses zusammen Die punktuelle bzw. graduelle visuelle Wahrnehmung der Wandbilder mit Hilfe des künstlichen Lichts einer Öllampe, diese Inszenierung des Erlebens einer konstruierten Landschaft, hätte zweifellos seine suggestive Wirkung auf den Betrachter gesteigert. Eine überlegenswerte Parallele für die Erschaffung solcher künstlichen Miniaturwelten bieten die seit dem . Jh. belegten Anlagen von Gärten in Wasserbecken bei chinesischen Gelehrten, s. Eliade, Das Heilige -. Ziel dieser Miniaturlandschaften, die aus Felsen mit Zwergbäumen, Blumen, Miniaturhäusern, Pagoden, Brücken und menschlichen Figuren bestanden, war, einen künstlichen Stimmungsraum zu schaffen, in dem man durch Meditation zur Harmonie mit der Welt gelangen konnte. Doumas, Wall-Paintings of Thera, a. O. (Anm. ) - Abb. -; Marinatos, Ritual, a. O. (Anm. ) -; A. G. Vlachopoulos, „The Wall Paintings from the Xeste Buil-
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hängenden Bildensembles ist das Sammeln von Krokusblüten in einer landschaftlichen Szenerie durch Frauen, die festlich gekleidet sind. Das gesamte Bildprogramm kulminiert in der Szene des Obergeschosses, wo eine Göttin – die größte erhaltene Abbildung einer Gottheit in der ägäischen Kunst –, die von einem Affen und einem Greifen flankiert ist, die Gaben der Krokuspflückerinnen entgegennimmt. Worin besteht der besondere Charakter dieser Bilder in Bezug auf unser Thema, die Sakralisierung der Natur? Sicherlich nicht in der Tatsache, dass der Gottheit Blumen als nicht-blutige Opfer dargebracht werden, eine Praxis, die uns in zahlreichen anderen Kontexten sehr gut dokumentiert ist und kein zwingendes Argument für die Sakralisierung der Landschaft bieten kann. Das ägäische oder minoische Spezifikum besteht hier in der zeitlichen und räumlichen Ausdehnung des Rituals und somit der sakralen Sphäre selbst. Die rituelle Aktion ist nicht auf das Innere bzw. die unmittelbare Umgebung eines Heiligtums bzw. seines Altars beschränkt, sondern beginnt bereits in der Wildnis, mit dem Pflücken oder Auflesen der Gaben der Natur. Dass diese in einem anderen Kontext sicherlich als rein profan betrachtete Aktivität Bestandteil des Rituals war, zeigt nicht nur die große Fläche, die die Bilder des Krokuspflückens in diesem Gebäude einnehmen – und die sicherlich mit ihrer besonderen Bedeutung konform war –, sondern auch die festliche, außeralltägliche Tracht der Krokuspflückerinnen.84 Als raumrelevantes Verhalten besitzt die hier geschilderte rituelle Aktion eine ganz besondere Aussagekraft für die Sakralisierung der Landschaft in der ägäischen Bronzezeit.
7. Die Erschütterung einer vollkommenen Welt? Als am Allerheiligen-Tag 1755 Lissabon nach drei kurz aufeinander folgenden heftigen Erdstößen und einer gewaltigen Flutwelle in Trümmern lag, waren nicht nur eine der bedeutendsten europäischen Handelsmetropolen zerstört und, nach schwankenden Schätzungen, 30.000 bis 60.000 Menschen getötet worden. Die schreckliche Naturkatastrophe erschütterte auch die Fundamente des christlichen Glaubens im gesamten Europa und stellte die damals noch junge TheodizeeDebatte auf eine völlig neue Grundlage.85 Von einer ähnlichen, wenn nicht noch schrecklicheren Naturkatastrophe wurde auch die minoische Welt heimgesucht: ding at Akrotiri: Towards an Interpretation of the Iconographic Programme“, in: N. Brodie u. a. (Hgg.), Horizon. A Colloquium on the Prehistory of the Cyclades () -. Interessant ist in diesem Fall der Vergleich mit dem Pflücken von Krokussen auf Thera in unserer Zeit, das trotz seines außeralltäglichen Rahmens als eine rein profane Aktivität empfunden wird, s. I. Τζαχίλη, „Αρχαίες και σύγχρονες κροκοσυλλέκτριες από το Ακρωτήρι της Σαντορίνης“, Ariadne () -. W. Breidert (Hg.), Die Erschütterung der vollkommenen Welt. Die Wirkung des Erdbebens von Lissabon im Spiegel europäischer Zeitgenossen ().
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dem Vulkanausbruch von Thera. Auch wenn wir nicht unbedingt die Meinung einiger Naturwissenschaftler teilen müssen, wonach es sich dabei um eine der verheerendsten Naturkatastrophen handelte, die die Menschheit erlebte, kann es keinen Zweifel daran geben, dass diese Vulkaneruption dramatische Auswirkungen auf Landschaft und Menschen hatte. Wie stark die minoischen Zentren in Mitleidenschaft gezogen wurden durch Tsunamis, Erdbeben oder Aschenregen, die das Klima in der Region über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg beeinträchtigt haben müssen, lässt sich immer noch nicht eindeutig sagen. Was in unserem Zusammenhang von besonderem Interesse ist, bezieht sich weniger auf die materiellen Folgen des Vulkanausbruchs, sondern vielmehr auf ihren psychologischen Effekt auf die Gesellschaft, die diese sintflutartige Katastrophe erlebte. Viele Kulturen und Religionen haben gewisse Strategien zur rituellen und sozialen Bewältigung elementarer Gewalten entwickelt. Dasselbe haben sicherlich auch die Minoer im Fall der wiederkehrenden Erdbeben getan. Es ist allerdings sehr zweifelhaft, dass die etablierten Mittel der priesterlichen Elite zur psychologischen Bewältigung von Naturkatastrophen imstande waren, mit dem in ihrer Art und ihrem Ausmaß völlig unfassbaren Vulkanausbruch von Thera zurecht zu kommen. Dieses tragische Ereignis, das sicherlich keinem vorhandenen theologischen Deutungsschema passte, könnte die Fundamente des religiösen Glaubens der Minoer so stark erschüttert haben, so dass ihr harmonisches und rituell überbautes Verhältnis zur Natur auf psychologischer Ebene ‚kontaminiert‘ wurde. Dennoch, trotz der hohen Plausibilität einer sozialen bzw. religiösen Krise, die durch die Thera-Eruption und ihre Folgen ausgelöst wurde, stellt man fest, dass das vermutete kollektive Trauma keine deutlichen Spuren in der archäologischen Überlieferung hinterlassen hat. Es gibt nichts in der minoischen Kunst in der Zeit nach dieser Katastrophe, dass auf ein solches dramatisches Ereignis hinweist.86 Einige Jahrzehnte nach dieser Katastrophe bricht die neupalastzeitliche Kultur Kretas zusammen. Im Zuge eines allgemeinen Mentalitätswechsels, dessen Ursachen wir nicht leicht nachvollziehen können, wird die materielle Kultur der Insel von mykenischen Elementen dominiert. Die dinglichen Spuren des Kultes gehören nun einem ganz anderen Kulturhorizont an, den Anfängen der frühgriechischen Geschichte, die uns wesentlich weniger Raum für Spekulationen lässt, als die Zeit, die im Mittelpunkt dieses Beitrags stand.
Als einzige mögliche Ausnahme könnte die Beliebtheit der ‚Meeresstil‘-Keramik auf der Insel unmittelbar nach der Vulkaneruption betrachtet werden, hinter der man eine religiös motivierte Reaktion auf dieses Naturereignis erkennen möchte, s. hierzu J. Driessen – C. MacDonald, The Troubled Island. Minoan Crete before and after the Santorini Eruption. Aegaeum () ; ferner Müller, Kretische Tongefäße, a. O. (Anm. ) .
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Prof. Dr. Diamantis Panagiotopoulos Institut für Klassische Archäologie Universität Heidelberg Marstallhof 4 D – 69117 Heidelberg Deutschland [email protected] Abbildungsnachweis: Abb. 1: Sp. Marinatos, Kreta, Thera und das mykenische Hellas (1973²) Taf. I. Abb. 2: M. A. V. Gill – W. Müller – I Pini, Corpus der minoischen und mykenischen Siegel II 8. Iraklion, Archäologisches Museum. Die Siegelabdrücke von Knossos (2002) Nr. 256. Abb. 3: H. Siebenmorgen (Hg.), Im Labyrinth des Minos. Kreta – die erste europäische Hochkultur (2000) 228, Abb. 186. Abb. 4: A. Evans, The Palace of Minos at Knossos 2 (1928) 614, Abb. 386. Abb. 5: J. – E. Sakellarakis, Kreta. Archanes (1991) 79, Abb. 53. Abb. 6: Sp. Marinatos, Kreta, Thera und das mykenische Hellas (19732) Taf. XXXVII.
Le lexique des lieux de culte dans la Périégèse de Pausanias* Vinciane Pirenne-Delforge
Quiconque a déjà étudié l’un ou l’autre aspect de cet ensemble complexe qu’est la religion des anciens Grecs n’a sans doute pas échappé à la consultation de la Périégèse de Pausanias. Cette œuvre du iie siècle de notre ère est une source fondamentale pour appréhender le paysage religieux de la Grèce. Toutefois, le cadre chronologique de ce texte – à savoir la période romaine impériale – impose une sorte de doute méthodique quant à l’ancienneté des données qui s’y trouvent. Un autre problème, inhérent à l’œuvre elle-même, vient doubler celui de la chronologie : Pausanias est volontairement sélectif et il opère des choix qui livrent une image forcément tronquée des réalités du terrain. À cela s’ajoute une utilisation problématique de la Périégèse par ses lecteurs modernes. Ainsi, la consultation ponctuelle et souvent morcelée de ce vaste ensemble ne permet guère de mesurer l’exacte portée des informations obtenues. Pour affiner l’analyse, il convient de replacer la Périégèse dans son contexte romain, de tenir compte du caractère sélectif des descriptions proposées, mais aussi de prendre en compte l’ensemble des données d’un même type au fil des dix livres rédigés par l’érudit voyageur. Pour ce dernier point, l’étude du lexique religieux est une option intéressante : elle permet d’éviter le caractère aléatoire des choix qui ne seraient guidés que par une nécessité particulière et elle contraint l’interprète à tenir compte de la totalité de l’œuvre. Dans cette perspective, le vocabulaire est devenu le fil rouge d’une enquête menée sur les relations entre Pausanias et ce que l’on appelle conventionnellement « la religion grecque » : la représentation du monde des dieux, la description des statues, des sacrifices, des fêtes, ainsi que l’évocation des cultes à mystères ont été abordées en partant du vocabulaire employé par Pausanias.1 Un tel lexique religieux comprend aussi le vocabulaire varié servant à désigner les lieux de culte. Or la Périégèse compte des centaines de sanctuaires qui sont tantôt simplement mentionnés en passant, tantôt décrits avec plus ou moins de détails selon les cas. *
1
Cette étude a bénéficié de la lecture et des conseils de Pierre Bonnechere (Université de Montréal) et de Gérald Purnelle (Université de Liège). Qu’ils en soient tous deux remerciés. Je suis également très reconnaissante à Fernande et Tonio Hölscher de m’avoir associée à ce volume de l’Archiv für Religionsgeschichte. V. Pirenne-Delforge, Retour à la source. Pausanias et la religion grecque, Kernos supplément 20 (2008).
DOI 10.1515/ARG.2008.007
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Dès lors, l’ambition de cet article est de fournir le cadre « interne » de l’utilisation du vocabulaire des lieux de culte dans l’œuvre de Pausanias. Il s’agit de mettre en perspective l’ensemble des occurrences de ce lexique pour en déduire des lignes de force. On pourra peut-être s’étonner de l’absence de recours systématique aux fouilles archéologiques menées sur certains des sites que compte la description de Pausanias. Ce choix est délibéré pour d’évidentes raisons pratiques : la confrontation avec le terrain reviendrait à produire un commentaire archéologique systématique de la Périégèse, ce qui est un autre travail. Au-delà des raisons pratiques, toutefois, ce choix relève surtout d’un impératif de méthode. En effet, le risque de raisonnement circulaire qu’impliquerait une telle démarche n’est pas mince. Bon nombre de fouilles sur le continent grec ont été guidées par les comptes rendus des visites de Pausanias et bien des structures ont été identifiées en fonction des renseignements qu’il a livrés. En privilégiant l’analyse interne du lexique, on peut espérer sortir des cercles vicieux de l’identification, fondée sur le texte de Pausanias, d’une structure mise au jour et contribuant, à son tour, à donner son sens au vocabulaire utilisé par Pausanias pour désigner ladite structure … Cependant, il est clair qu’une telle adéquation est parfois possible et a donné de bons résultats.2 On ne se privera dès lors pas de faire parfois appel aux données du terrain lorsque les certitudes d’une identification ne reposeront pas sur le seul Pausanias. Mais au-delà de l’éventuel ancrage matériel de l’argumentation, l’objectif du présent article est de fournir une base de travail qui permette à d’autres d’élargir l’enquête aux données de terrain et d’affiner les résultats de la présente analyse interne du lexique des lieux de culte.3 La langue grecque dispose d’un vocabulaire varié pour désigner les lieux du culte.4 Pour rendre compte de ces réalités qui hantent les lieux visités, Pausanias suit le principe directeur général de sa présentation de « ce qu’il faut voir » :5 il sélectionne l’information qui lui semble digne d’intérêt et de mémoire, sans s’arrêter toujours à une description précise. Cela ne manque pas de poser bien des problèmes à l’interprète moderne. 2 3
4
5
Un exemple parmi d’autres : le « megaron » de Lykosoura. Voir M. Jost, Sanctuaires et cultes d’Arcadie (1985) 177 et fig. 1-3, pl. 46. Les comptages qui apparaissent dans la suite sont fondés sur l’index lemmatisé de la Périégèse réalisé au Laboratoire d’Analyse Statistique des Langues Anciennes (LASLA) de l’Université de Liège : V. Pirenne-Delforge – G. Purnelle, Pausanias, Periegesis. Index verborum, Liste de fréquence, Index nominum (1997). Cet index se fonde sur l’édition en trois volumes, parus chez Teubner, de M. Rocha-Pereira, Pausanias Graeciae Descriptio (1989-1990²). Cf. Pollux I, 6-10. – M. Morani, « Sull’espressione linguistica dell’idea di ‹santuario› nelle civiltà classiche », in : M. Sordi (éd.), Santuari e politica nel mondo antico (1983) 5-32 ; M. Casevitz, « Temples et sanctuaires : ce qu’apprend l’étude lexicologique », in : G. Roux (éd.), Temples et sanctuaires. Séminaire de recherche 1981-1983 (1984) 81-95. Paus. I, 39, 3 ; III, 11, 1.
V. Pirenne-Delforge, Le lexique des lieux de culte dans la Périégèse de Pausanias
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Pausanias utilise, pour ce type de description, une bonne part des ressources du vocabulaire par l’emploi des mots6 ἱερόν (675), ναός (446), ἄλσος (85), τέμενος (58), ἡρῷον (42), ἄδυτον (23), ἄντρον (16), μέγαρον (10), μαντεῖον (31) et χρηστήριον (16), auxquels on ajoutera le περίβολος (70) qui désigne surtout l’enclos des sanctuaires.7 On sera amenée à nuancer ces chiffres en cours de route car toutes les occurrences de certains termes n’ont pas nécessairement une portée religieuse et certaines occurrences entrent dans des citations et non dans des descriptions.
1. Le sanctuaire en ses termes génériques 1. 1. Ἱερόν8 Depuis l’époque classique, la forme substantivée τὸ ἱερόν désigne le sanctuaire dans son acception la plus générale et la plus vague.9 Le caractère sacré du lieu prédomine dans l’emploi de ce terme pouvant recouvrir des réalités très diverses. Il sert donc admirablement les buts de Pausanias qui y recourt très fréquemment. Quand il ne l’utilise pas simplement au pluriel comme générique de différents lieux consacrés,10 les emplois sont divers : (1) le hieron apparaît en alternance avec d’autres termes désignant diverses réalités religieuses dans une séquence simplement énonciative – des préoccupations stylistiques guident alors le choix de son vocabulaire – ou pour affirmer l’existence d’un sanctuaire sans autre précision ; (2) le hieron désigne un lieu sacré clairement dépourvu de naos, (3) ou, au contraire, un sanctuaire avec une structure bâtie, (4) soit, enfin, le naos lui-même. Certains de ces emplois pouvant se recouper, une telle distinction est surtout pragmatique et opératoire. (1) Dans les énumérations de lieux sacrés, il est souvent difficile de préciser à quelles réalités topographiques ou architecturales correspond le hieron. En effet, 6
Le chiffre indiqué entre parenthèses correspond à l’ensemble des occurrences du mot qui précède. 7 La limite physique de l’enclos est parfois une « barrière de pierres » (θριγκὸς λίθων) : I, 42, 7 ; II, 15, 3 ; 35, 10 ; V, 13, 1 ; VI, 20, 7 ; 25, 1 ; VIII, 31, 5 ; 37, 10 ; X, 38, 6 (2 occ.). 8 675 occurrences, dont une restitution. 9 Casevitz, « Temples et sanctuaires », loc. cit. (note 4) 82-85. – En Linéaire B, le neutre substantivé apparaît, mais chez Homère, τὰ ἱερά désigne les cérémonies sacrées et τὸ ἱερόν n’est pas employé (ibid. 82-83). Cf. aussi J. Rudhardt, Notions fondamentales de la pensée religieuse et actes constitutifs du culte dans la Grèce classique (1958, 1992²) 23, 26-27. 10 Paus. I, 2, 5 ; 5, 5 ; 13, 8 ; 21, 7 ; 29, 2 ; 29, 3 ; II, 5, 5 ; 20, 9 ; 30, 10 ; 34, 10 ; III, 21, 4 ; IV, 5, 9 ; 7, 10 ; 23, 8 ; 27, 5-7 ; 29, 10 ; 34, 11 ; V, 5, 6 ; 20, 5 ; VI, 18, 4 ; VII, 5, 4 ; 15, 10 ; 25, 8 ; VIII, 21, 3 ; IX, 1, 8 ; 7, 6 ; 22, 2 ; 30, 11 ; 37, 5 ; X, 19, 8 ; 22, 6 ; 33, 4 ; 35, 2.
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son caractère général offre une belle opportunité de variatio sermonis dans une série de termes plus spécialisés. Ainsi, dans l’ancien port athénien du Phalère, se trouvent un hieron de Déméter, un naos d’Athéna Skiras, un autre de Zeus, des autels,11 sans qu’il soit possible de préciser quel type de sanctuaire était dédié à Déméter. De même – et l’on pourrait multiplier les exemples12 –, au flanc sud de l’acropole athénienne se succèdent un hieron d’Asclépios, un naos de Thémis, un mnèma d’Hippolyte, des statues d’Aphrodite Pandemos et de Peitho, un hieron de Déméter Chloè et Gè Kourotrophos.13 Le sanctuaire d’Asclépios a été fouillé et comprenait plusieurs édifices construits,14 tandis que les statues d’Aphrodite et de Peithô désignent par synecdoque le petit temple qui les accueillait.15 Le vocabulaire employé par Pausanias ne permet donc pas d’identifier l’apparence des éléments qu’il désigne de la sorte. De la même manière, au sommet de l’acropole Karia de Mégare se succèdent un naos de Dionysos Nyktelios, un hieron d’Aphrodite, un manteion de la Nuit, un naos de Zeus Konios, des agalmata d’Asclépios et Hygie réalisées par Bryaxis, un megaron de Déméter.16 L’archéologie n’est d’aucun secours et l’on ne peut guère déterminer à quoi ressemblait le hieron d’Aphrodite ou quelle structure accueillait les statues de Bryaxis, si c’était bien le cas.17 Une telle incertitude n’est cependant pas le seul fait d’un hieron s’inscrivant dans une série descriptive. On rencontre de nombreux cas où la mention isolée d’un hieron, en l’absence de tout indice complémentaire, ne permet pas de dépasser le simple constat de l’existence d’un « sanctuaire » en ce lieu.18 (2) Tout aussi nombreux sont les cas où l’on est incapable d’affirmer, sans autre élément pour asseoir une quelconque certitude, que hieron désigne un sanctuaire dépourvu de temple, à l’exception du hieron d’Apollon situé dans une grotte du 11 12 13
Paus. I, 1, 4. E. g. Paus. II, 23, 2-4 ; 24, 1-2 ; 27, 5 ; VII, 21, 10-11 ; 23, 9 ; 24, 1 ; X, 38, 12. Paus. I, 22, 1-3 : μετὰ δὲ τὸ ἱερὸν τοῦ Ἀσκληπιοῦ […] Θέμιδος ναός ἐστι. κέχωσται δὲ πρὸ αὐτοῦ μνῆμα Ἱππολύτῳ (suit l’histoire du héros). 3. Ἀφροδίτην δὲ τὴν Πάνδημον, ἐπεί τε Ἀθηναίους Θησεὺς ἐς μίαν ἤγαγεν ἀπὸ τῶν δήμων πόλιν, αὐτήν τε σέβεσθαι καὶ Πειθὼ κατέστησε· τὰ μὲν δὴ παλαιὰ ἀγάλματα οὐκ ἦν ἐπ’ ἐμοῦ, τὰ δὲ ἐπ’ ἐμοῦ τεχνιτῶν ἦν οὐ τῶν ἀφανεστάτων. ἔστι δὲ καὶ Γῆς Κουροτρόφου καὶ Δήμητρος ἱερὸν Χλόης. 14 Cf. J. W. Riethmüller, Asklepios. Heiligtümer und Kulte I (2005) 250-273. 15 Cf. V. Pirenne-Delforge, L’Aphrodite grecque (1994) 26-34. 16 Paus. I, 40, 6 : ἔστι μὲν Διονύσου ναὸς Νυκτελίου, πεποίηται δὲ Ἀφροδίτης Ἐπιστροφίας ἱερὸν καὶ Νυκτὸς καλούμενόν ἐστι μαντεῖον καὶ Διὸς Κονίου ναὸς οὐκ ἔχων ὄροφον. τοῦ δὲ Ἀσκληπιοῦ τὸ ἄγαλμα Βρύαξις καὶ αὐτὸ καὶ τὴν Ὑγείαν ἐποίησεν. ἐνταῦθα καὶ τῆς Δήμητρος τὸ καλούμενον μέγαρον. 17 A. Muller, « Megarika I-II », Bulletin de Correspondance Hellénique 104 (1980) 83-92. 18 E. g. le hieron de Peitho à Sicyone (II, 7, 7-8) ; celui d’Artémis Peitho à Argos (II, 21, 1) ; celui d’Aphrodite Nymphia entre Hermione et Trézène (II, 32, 7) ; ceux de Poséidon et Artémis à Sparte (III, 14, 2) ; ceux d’Asclépios et Aphrodite à Cyllène (VI, 26, 5) ; ceux de Dionysos et Artémis à Phelloè (VII, 26, 11) ; ceux de Déméter, Dionysos et Sarapis à Kopai (IX, 24, 1).
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flanc sud de l’acropole d’Athènes,19 ou de celui des Praxidikai d’Haliarte que Pausanias localise en plein air.20 La seule mention de statues ou d’autels dans un hieron n’implique pas nécessairement l’absence d’une structure bâtie de plus grande envergure, dans la mesure où les sélections opérées par le visiteur lui font souvent préférer la partie au tout, laissé dans l’ombre d’une appellation générique commode.21 (3) Ce générique peut aussi s’appliquer à un ensemble consacré dont les composantes sont clairement décrites. La mention d’un hieron sert alors d’introduction à un panorama plus précis. Le sanctuaire de Dionysos au pied de l’acropole athénienne en offre un très bel exemple. Qualifiant tout d’abord le hieron de très ancien, Pausanias précise que deux naoi s’élèvent dans le peribolos, pour terminer par l’évocation des deux statues de culte et la description de peintures.22 De la même manière, le hieron d’Amphiaraos à Oropos accueillait un naos, une statue en marbre blanc et Pausanias décrit également l’autel compartimenté.23 De tels emplois sont heureusement nombreux24 et confirment le caractère général de l’appellation, que ce soit dans les parties descriptives de l’œuvre ou dans ses narrations.25 (4) Néanmoins, la signification de « temple », et donc la synonymie avec naos, est bien attestée. La variatio sermonis dans la description d’un même sanctuaire peut justifier un tel usage. À Hermione, le hieron de Déméter Chthonia est remarquable, de même que la fête qui s’y tient tous les ans. Dans la description du mode de sacrifice en l’honneur de la déesse, Pausanias alterne l’utilisation de hieron et de naos pour désigner le temple de Déméter où les animaux pénètrent avant d’être 19 Paus. I, 28, 4 : Ἀπόλλωνος ἱερὸν ἐν σπηλαίῳ. 20 Paus. IX, 33, 3 : Ἁλιαρτίοις δέ ἐστιν ἐν ὑπαίθρῳ θεῶν ἱερὸν ἃς Πραξιδίκας καλοῦσιν. 21 E. g. Paus. I, 17, 2 ; 19, 3 ; 23, 7 ; 28, 6 ; 33, 2 (Némésis à Rhamnonte, où les fouilles ont mis au jour des restes de temple) ; I, 40, 2 ; II, 33, 3 ; III, 22, 8 ; VII, 23, 7 ; VIII, 37, 11 ; X, 34, 7. 22 Paus. I, 20, 3 : τοῦ Διονύσου δέ ἐστι πρὸς τῷ θεάτρῳ τὸ ἀρχαιότατον ἱερόν δύο δέ εἰσιν ἐντὸς τοῦ περιβόλου ναοὶ καὶ Διόνυσοι, ὅ τε Ἐλευθερεὺς καὶ ὃν Ἀλκαμένης ἐποίησεν ἐλέφαντος καὶ χρυσοῦ· γραφαὶ δὲ αὐτόθι […]. 23 Paus. I, 34, 1 : ἀπέχει δὲ δώδεκα τῆς πόλεως σταδίους μάλιστα ἱερὸν τοῦ Ἀμφιαράου ; I, 34, 2-3 : (après le récit des aventures d’Amphiaraos, la description reprend) καὶ Ὠρωπίοις ναός τέ ἐστιν Ἀμφιαράου καὶ ἄγαλμα λευκοῦ λίθου. παρέχεται δὲ ὁ βωμὸς μέρη […]. 24 E. g. Paus. I, 8, 4 (Arès à Athènes) ; I, 18, 6 (Zeus Olympien à Athènes) ; II, 1, 7 (Poséidon sur l’Isthme) ; Apollon Lykios à Argos (II, 19, 3-7) ; II, 26, 1 (Asclépios à Épidaure) ; III, 16, 6 (Lycurgue à Sparte) ; III, 26, 1 (Ino sur la route entre Oitylos et Thalamai) ; VI, 20, 2 (Ilithyie à Olympie) ; VIII, 37, 1 (Despoina à Lykosoura) ; X, 2, 2 (et tout au long du livre X, Apollon à Delphes). 25 E. g. Paus. I, 36, 4 par rapport à I, 1, 4 pour l’Athéna du Phalère ; I, 41, 3, naos d’Artémis et Apollon à Mégare, hieron pour conclure le mythe fondateur ; II, 5, 6 par rapport à II, 11, 1 pour l’Athéna de Sicyone ; VI, 25, 2 par rapport à VI, 25, 3 pour l’Hadès d’Élis ; VII, 19, 3 par rapport à VII, 22, 11 pour l’Artémis Triklaria à Patras ; VIII, 4, 8 par rapport à VIII, 45, 4-5 pour l’Athéna Alea de Tégée.
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égorgés.26 Dans d’autres cas, plus nombreux, le détail de la description montre que Pausanias parle d’un naos sous le terme hieron : un toit,27 des portes,28 un plafond,29 des colonnes,30 des briques31 sont autant d’indices clairs de cette synonymie. Un hieron en ruines semble de même n’être souvent qu’un naos ayant subi les outrages du temps ou des hommes.32 Un hieron dont on ne peut voir l’intérieur à la suite d’un interdit peut éventuellement être un naos, mais aussi un espace enclos d’un mur suffisamment haut pour entraver la vue de l’intérieur.33 Enfin, quand une description fait suivre la mention du hieron du groupe καὶ ἕτερος ναός, on a affaire à deux temples.34 Il reste à envisager quelques passages complexes. Le premier apparaît au livre II, lors de la visite de Sicyone. À la faveur de la mention d’une statue d’Héraclès dans le gymnase de l’agora, Pausanias enchaîne en précisant que : Ailleurs se trouve un hieron d’Héraclès ; ils appellent Paidizè tout le peribolos à cet endroit, au milieu duquel se trouve le hieron avec un xoanon ancien à l’intérieur, une œuvre de Laphaès de Phlionte.35
Si tout le peribolos est bien consacré à Héraclès,36 le premier hieron désigne le sanctuaire au sens large, et le second, le temple dans lequel se trouve le xoanon. En revanche, si le Paidizè n’est pas comme tel un « sanctuaire d’Héraclès », les deux mentions de hieron désignent le lieu consacré à l’intérieur d’une enceinte « profane » et rien ne permet de l’identifier à un temple. La première hypothèse semble la plus probable, comme le montre la suite immédiate de la visite de Pausanias. Une route le conduit, en effet, vers le hieron d’Asclépios : 26 Paus. II, 35, 6 : ἐλάσαντες δὲ πρὸς τὸν ναὸν οἱ μὲν ἔσω φέρεσθαι τὴν βοῦν ἐς τὸ ἱερὸν ἀνῆκαν ἐκ τῶν δεσμῶν […] ἐπειδὰν τὴν βοῦν ἴδωσιν ἐντὸς τοῦ ναοῦ, προσέθεσαν τὰς θύρας. – Bon nombre d’occurrences en alternance avec naos pour un même sanctuaire ne permettent cependant pas d’être aussi affirmatif : hieron est soit le générique qui désigne le sanctuaire intégrant le temple, soit le temple lui-même ; e. g. II, 21, 8-10 et 22, 1 ; III, 17, 2 ; VIII, 25, 4 & 6 ; 31, 5-6 ; IX, 33, 5-6. 27 Paus. I, 44, 3 ; II, 34, 10 ; III, 22, 10. 28 Paus. II, 21, 4. 29 Paus. III, 16, 1. 30 Paus. VIII, 44, 2. 31 Paus. V, 5, 6 ; IX, 19, 5 ; 25, 3 ; X, 36, 8. Cf. IX, 16, 6. 32 Paus. II, 9, 7 ; 36, 8 ; VI, 20, 6 ; 21, 3 ; VI, 21, 6 ; VIII, 12, 9 ; 24, 6 ; 25, 3 ; 31, 9 ; 32, 2 (mention du pronaos) ; VIII, 54, 5. Cf. aussi l’autel d’Arès à Mantinée (VIII, 32, 3 : ἐλέγετο δὲ ὡς καὶ ἱερὸν ἐξ ἀρχῆς οἰκοδομηθείη τῷ θεῷ). 33 Paus. III, 20, 8 ; VIII, 41, 4 ; IX, 19, 5 ; 25, 3. Cf. IX, 16, 6 et X, 35, 7, où le naos apparaît comme tel. 34 E. g. Paus. II, 25, 6. 35 Paus. II, 10, 1 : ἔστι μὲν πάντα ἐνταῦθα περίβολον Παιδιζὴν ὀνομάζουσιν, ἐν μέσῳ δέ ἐστι τῷ περιβόλῳ τὸ ἱερόν, ἐν δὲ αὐτῷ ξόανον ἀρχαῖον, τέχνη Φλιασίου Λαφάους. 36 Cf. infra, pour l’étude du mot.
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En entrant dans le peribolos se trouve sur la gauche un bâtiment double […] à l’entrée de l’Asclépieion s’élèvent de part et d’autre de l’entrée une statue de Pan assis et une Artémis debout ; à l’intérieur se trouve le dieu, imberbe, fait d’or et d’ivoire, une œuvre de Kalamis.37
Le hieron introductif qualifie le peribolos dans sa totalité et la mention de l’Asclépieion fait surgir le temple dans la description. Le vocabulaire du paragraphe suivant est similaire : le peribolos voisin est consacré à Aphrodite, enferme une statue d’Antiope et, enfin, le hieron d’Aphrodite. Ce hieron est sans conteste le temple, puisque tout le peribolos est consacré à la déesse. De surcroît, Pausanias précise que les fidèles doivent prier la déesse en regardant la statue « depuis l’entrée ». Comme la statue était chryséléphantine et devait donc être protégée, l’entrée en question doit être celle du naos. En outre, une plante qui intervient dans le sacrifice pour la déesse ne pousse nulle part ailleurs que dans la partie à l’air libre du peribolos :38 cela implique l’existence de constructions en son sein. Toujours au livre II, sur la route de Mycènes à Argos, se trouve un hieron de Déméter Mysia, dont l’épiclèse rappelle l’hospitalité que lui accorda jadis l’Argien Mysios. Le toit a disparu, « et à l’intérieur se trouve un autre naos en briques cuites ».39 Le hieron est donc bien un naos endommagé à l’intérieur duquel un nouveau temple a vu le jour. Dans le même ordre d’idée, une structure célèbre se situe sur la route de Mantinée à Tégée, en Arcadie. Pausanias y évoque le hieron de Poséidon Hippios frappé d’un lourd interdit. Il s’agit d’une construction de l’empereur Hadrien qui s’est faite sous « haute sécurité », dans la mesure où aucun ouvrier n’avait le droit de jeter un œil sur les débris de l’ancien hieron ni d’en déplacer le moindre reste. Dès lors, le nouveau naos a été bâti tout autour des ruines dont l’origine remontait à la structure de poutres en chêne ajustée par Agamédès et Trophonios.40 Chaque occurrence du mot hieron renvoie à un naos, l’ancien et le nouveau qui l’englobe. 37 Paus. II, 10, 2 : ἐντεῦθέν ἐστιν ὁδὸς ἐς ἱερὸν Ἀσκληπιοῦ. παρελθοῦσι δὲ ἐς τὸν περίβολον ἐν ἀριστερᾷ διπλοῦν ἐστιν οἴκημα […] ἐς δὲ τὸ Ἀσκληπιεῖον ἐσιοῦσι καθ’ ἑκάτερον τῆς ἐσόδου τῇ μὲν Πανὸς καθήμενον ἄγαλμά ἐστι, τῇ δὲ Ἄρτεμις ἕστηκεν. II, 10, 3 : ἐσελθοῦσι δὲ ὁ θεός ἐστιν οὐκ ἔχων γένεια, χρυσοῦ καὶ ἐλέφαντος, Καλάμιδος δὲ ἔργον. 38 Paus. II, 10, 4-6 : δι’ αὐτοῦ δὲ ἄλλο ἐστὶν Ἀφροδίτης ἱερόν ἐν δὲ αὐτῷ πρῶτον ἄγαλμά ἐστιν Ἀντιόπης […] μετὰ τοῦτο ἤδη τὸ τῆς Ἀφροδίτης ἐστὶν ἱερόν. ἐσίασι μὲν δὴ ἐς αὐτὸ γυνή τε νεωκόρος, […] τοῖς δὲ ἄλλοις κατὰ ταὐτὰ καὶ ὁρᾶν ἀπὸ τῆς ἐσόδου τὴν θεὸν καὶ αὐτόθεν προσεύχεσθαι. […] 6. ἔνεστι δὲ ὁ παιδέρως ἐν ὑπαίθρῳ τοῦ περιβόλου πόα […]. 39 Paus. II, 18, 3 : […] Δήμητρος Μυσίας ἱερὸν […] τούτῳ μὲν οὖν οὐκ ἔπεστιν ὄροφος· ἐν δὲ αὐτῷ ναός ἐστιν ἄλλος ἑπτῆς πλίνθου […]. 40 Cf. Paus. VIII, 10, 2 : […] τοῦ Ποσειδῶνός ἐστι τοῦ Ἱππίου τὸ ἱερόν […] τὸ μὲν δὴ ἱερὸν τὸ ἐφ’ ἡμῶν ᾠκοδομήσατο Ἀδριανὸς […] τὸ ἱερὸν τὸ ἀρχαῖον […] πέριξ δὲ ἐκέλευε τὸν ναὸν σφᾶς οἰκοδομείσθαι τὸν καινόν.
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La grande majorité des emplois de hieron, quand le mot est déterminé par le nom de son propriétaire, concerne des divinités, locales ou olympiennes. À quelques reprises, cependant, Pausanias parle du hieron d’un personnage que nous qualifions d’héroïque41 et pour lequel on s’attendrait davantage à la mention d’un hèrôon. Ce dernier mot sera envisagé plus loin,42 mais tentons dès à présent de comprendre le choix de la désignation en hieron. Une telle attribution peut s’expliquer par l’interprétation divine du personnage à l’échelon du culte local.43 C’est le cas pour le hieron que les Spartiates ont élevé au législateur Lycurgue « comme à un dieu »44 et aux différents héros guérisseurs apparentés à Asclépios.45 Quant à Baton, le cocher d’Amphiaraos, peut-être son statut est-il assimilé à celui de son maître : tous deux ont été aspirés par la terre entrouverte.46 Dans ce cas précis, l’absence de tombeau est un critère important. C’est probablement le cas aussi pour le hieron de Kychreus, à Salamine, que l’oracle de Delphes avait identifié sous les traits d’un serpent apparu pendant la bataille de Salamine.47 Son lieu de culte sur l’île était indépendant de tout tombeau. Le cas de Thésée à Athènes montre toutefois qu’une telle explication ne peut être appliquée de façon mécanique. Pausanias consacre cinq paragraphes au récit des exploits du héros à la faveur de la description de son sanctuaire de l’agora.48 Il s’agit d’un hieron accueillant les représentations peintes de ses hauts faits. C’est après le débarquement des Mèdes à Marathon qu’a été dédié le σηκός,49 c’est-à-dire l’enceinte pour Thésée. C’est la seule occurrence de sèkos dans toute la Périégèse. Aux dires de Pollux, le σηκός est réservé au culte des héros, mais nous savons que 41 Thésée à Athènes (I, 17, 2) ; le héros Kychreus à Salamine, sorte de démon ophidien (I, 36, 1), Métanire près d’Éleusis (I, 39, 2), les Leucippides (III, 12, 8 ; 16, 1), Achille (III, 20, 8) et Hélène (III, 15, 3) à Sparte, Dryops à Asinè (IV, 34, 11). Cf. aussi notes suivantes. – Indépendamment d’une description directe est encore mentionné le hieron d’Hélène à Rhodes (III, 19, 10). 42 Cf. infra, p. 163-165. 43 Sur les variations rituelles dans le culte des « héros », voir notamment G. Ekroth, The Sacrificial Rituals of Greek Hero-Cults (2002). 44 Paus. III, 16, 6 : […] οἶα δὴ θεῷ πεποιήκασι καὶ τούτῳ ἱερόν et il s’avère un peu plus loin qu’il comprend même un temple (ὄπισθε μὲν τοῦ ναοῦ […]). 45 Machaon (III, 26, 9), ses enfants (IV, 3, 2), Polémokratos (II, 38, 6). Peut-être Mélampous à Aigosthènes entre-t-il dans cette catégorie (I, 44, 5). 46 Paus. II, 23, 2. 47 Paus. I, 36, 1 : καὶ Κυχρέως ἐστὶν ἱερόν. ναυμαχούντων δὲ Ἀθηναίων πρὸς Μήδους δράκοντα ἐν ταῖς ναυσὶ λέγεται φανῆναι· τοῦτον ὁ θεὸς ἔχρησεν Ἀθηναίοις Κυχρέα εἶναι τὸν ἥρωα. 48 Paus. I, 17, 2-6. 49 Paus. I, 17, 6 : ὁ μὲν δὴ Θησέως σηκὸς Ἀθηναίοις ἐγένετο ὕστερον ἢ Μῆδοι Μαραθῶνι ἔσχον, Κίμωνος τοῦ Μιλτιάδου Σκυρίους ποιήσαντος ἀναστάτους – δίκην δὴ τοῦ Θησέως θανάτου – καὶ τὰ ὀστᾶ κομίσαντος ἐς Ἀθήνας.
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les poètes parlent aussi de sèkos des dieux.50 Le Theseion remontant au moins au milieu du vie siècle,51 le sèkos est peut-être l’enclos aménagé à l’intérieur du hieron lors du rapatriement des ossements du héros par Cimon peu après 476.52 Quoi qu’il en soit, ce passage est manifestement inspiré de la Vie de Cimon de Plutarque qui parle lui aussi d’un sèkos pour Thésée.53 * Le hieron est donc le lieu sacré par excellence et son attribution à une personnalité divine est largement prédominante, même si le terme n’est pas incompatible avec un propriétaire « héroïque ». Son emploi par Pausanias rencontre à la fois le souci de varier son style et de rendre compte des realia du terrain. Toutefois, cette dernière préoccupation est parfois fortement compromise par la première. Il ne faut pas en outre exclure la volonté, affichée par l’auteur, de négliger des informations jugées inutiles. Bon nombre d’occurrences conduisent dès lors au simple constat de l’existence d’un sanctuaire dont l’ordonnancement reste obscur.
1. 2. Ναός54 Le mot désigne toujours un édifice construit, qu’il forme le sanctuaire à lui seul ou qu’il en soit la réalisation architecturale maîtresse.55 Pausanias ne prend que rarement la peine de décrire le naos avec précision, mais deux passages permettent de 50 Pollux I, 6. – Une inscription de Lébadée (Inscriptiones Graecae VII 3077, l. 2) datée de la fin du ier s. – début iie s. ap. J.-C. évoque les réparations à effectuer au péribole (? le mot est restitué) du sèkos sacré de Zeus Trophonios. Il devait s’agir de la grille qui entourait l’entrée de l’adyton, dont l’appellation locale fait donc un sèkos. Cf. M.-Chr. Hellmann, Choix d’inscriptions architecturales grecques traduites et commentées (1999) n° 13. Pausanias n’utilise pas le terme de sèkos à Lébadée (cf. infra, n. 187). 51 En relation avec la prise de pouvoir de Pisistrate : Aristote, Athenaion Politeia 15, 4. Cf. aussi Thucidide VI, 61 ; Andocide, Sur les mystères 45. 52 Le point sur la question chez Cl. Calame, Thésée et l’imaginaire athénien (1990) 154 et n. 32, 180-181. 53 Plutarque, Cimon 8, 7 : τότε δὴ πολλῇ φιλοτιμίᾳ τοῦ σηκοῦ μόγις ἐξευρεθέντος, ἐνθέμενος ὁ Κίμων εἰς τὴν αὑτοῦ τριήρη τὰ ὀστᾶ καὶ τἆλλα κοσμήσας μεγαλοπρεπῶς, κατήγαγεν εἰς τὸ ἄστυ δι᾿ ἐτῶν σχεδὸν τετρακοσίων. 54 446 occurrences dont 3 citations. 55 C’est la raison pour laquelle il n’est guère évident, en se fondant sur son témoignage, de considérer que le naos d’Athéna Polias qu’il situe sur l’acropole d’Athènes est inclus dans l’Érechtheion (I, 27, 2). Je reprends ce dossier dans une étude spécifique à paraître dans les Mélanges en l’honneur de Madeleine Jost. La discussion a été récemment ranimée par des études fouillées : e. g. M. Osanna, « Pausania sull’Acropoli: tra l’Atene di Endoios e l’agalma caduto dal cielo », Mélanges de l’École Française de Rome, Antiquité 113 (2001) 321-
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dessiner le noyau minimal de la structure qu’il désigne sous ce terme. Tout d’abord à Sicyone, évoquant une forme particulière de sépulture, il explique que les gens du lieu « ensevelissent le corps en pleine terre et construisent par dessus un soubassement de pierre qui porte des colonnes surmontées d’un couronnement, reproduisant à peu près les frontons des temples (κατὰ τοὺς ἀετοὺς μάλιστα τοὺς ἐν τοῖς ναοῖς) ».56 Ensuite, lors de sa visite d’Olympie, le visiteur évoque un monument funéraire « en forme de naos : il n’est pas très haut, il n’a pas de mur et des colonnes de chêne soutiennent le toit ».57 Pausanias ne fera pas le lien entre les traditions sicyoniennes et ce tombeau anonyme, mais le rapprochement de ces deux passages livre la structure architecturale minimale qui commande l’usage du terme de naos : un soubassement, des colonnes et des frontons. Mais, une fois cette architecture repérée – fût-ce avec toutes les variations qu’atteste pour nous l’architecture religieuse,58 – encore faut-il que le propriétaire du lieu soit une divinité : colonnes et frontons de propylées, par exemple, ne pourront évidemment suffire. Les évocations de naoi restent souvent désespérément allusives. On apprend parfois que la construction n’est pas grande59 ou, au contraire, que sa taille est exceptionnelle,60 que le temple est en briques,61 en marbre,62 ou même en pierre locale.63 Il lui arrive de préciser qu’il est inachevé,64 endommagé,65 ruiné,66 qu’il a été foudroyé67 ou simplement qu’il est ancien.68 Un aménagement particulier reçoit aussi une attention plus précise : à Sparte, un des sanctuaires d’Aphrodite est un
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340 ; G. Ferrari, « The Ancient Temple on the Acropolis at Athens », American Journal of Archaeology 106 (2002) 11-35 ; J. Pakkanen, « The Erechtheion Construction Work Inventory (IG I³ 474) and the Dörpfeld Temple », American Journal of Archaeology 110 (2006) 275-281 ; H. Gerding, « The Erechtheion and the Panathenaic procession », American Journal of Archaeology 110 (2006) 389-401 (avec une bibliographie complémentaire). Paus. II, 7, 2 (trad. G. Roux, infra n. 83, p. 54). Paus. VI, 24, 10 : ναοῦ σχῆμα· ἔστι δὲ οὐχ ὑψηλόν, καὶ τοῖχοι μὲν οὐκ εἰσί, τὸν ὄροφον δὲ δρυὸς ἀνέχουσιν εἰργασμένοι κίονες. τοῦτο εἶναι μὲν ὁμολογοῦσιν οἱ ἐπιχώριοι μνῆμα, ὅτου δὲ οὐ μνημονεύουσιν. Sur ce point, la synthèse de M. Chr. Hellmann est particulièrement éclairante : L’architecture grecque. 2. Architecture religieuse et funéraire (2006) 28-34. Paus. I, 29, 2 ; V, 20, 9 ; IX, 27, 5 ; X, 35, 4. Paus. IV, 31, 8 ; VIII, 45, 4-5 ; IX, 2, 7 ; X, 35, 4. Paus. I, 42, 5 ; II, 18, 3. Paus. I, 42, 5 ; VIII, 28, 1 ; 41, 7. Paus. VI, 27, 2. Paus. IX, 4, 4 ; 39, 4. Paus. I, 1, 5 ; 40, 6 ; II, 7, 6 ; 5, 5 ; 7, 9 ; 11, 2 ; 12, 2 ; 18, 3 ; 24, 3 ; 34, 10 ; 36, 2 ; III, 21, 8 ; VI, 24, 10 ; VIII, 41, 10 ; 44, 3 ; IX, 33, 3 et 7; X, 35, 2. Paus. VIII, 9, 6 ; 14, 4 ; 15, 5 ; 26, 2 ; 30, 6 ; 31, 9 ; 32, 3 ; 36, 8 ; 53, 11 ; X, 8, 6. Paus. II, 11, 1 ; VIII, 32, 3. Paus. VIII, 22, 7.
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temple à étage, ce que Pausanias affirme n’avoir jamais vu ailleurs ;69 toujours en Laconie, au cap Ténare, s’élève un naos en forme de grotte, précédé d’une statue de Poséidon ;70 à Mantinée, Léto et ses enfants partagent avec Asclépios un naos double divisé par un mur.71 Même quand l’importance du culte ou la beauté du temple le conduit à s’arrêter plus longuement sur l’apparence d’un édifice, Pausanias, fidèle en cela aux principes généraux de son ouvrage, sélectionne l’information. Le Parthénon se voit ainsi gratifié de la seule évocation du thème de ses frontons : la naissance d’Athéna et la querelle entre la déesse et Poséidon pour la possession de l’Attique.72 L’Héraion argien se résume à quelques-unes de ses décorations sculptées : la naissance de Zeus, la gigantomachie, la guerre de Troie.73 La description du temple de Zeus à Olympie est davantage détaillée : l’édifice est dorique, périptère, en calcaire local ; on en connaît les mesures ; ses tuiles sont en marbre pentélique et les décorations sculptées extérieures sont passées en revue. Véritable écrin pour la gigantesque statue du dieu, l’intérieur du temple est brièvement évoqué et la statue décrite.74 Également situé dans l’Altis, l’Héraion, dont Pausanias précise aussi la taille, est dorique, périptère et l’une des colonnes de l’opisthodome est en chêne.75 La description du naos proprement dit s’arrêtera là. Selon Pausanias, de tous ceux du Péloponnèse, le temple d’Apollon à Bassai est le premier, après celui de Tégée, par la beauté de ses pierres et l’harmonie de ses proportions,76 mais on n’en saura pas plus. Quant à ce temple d’Athéna Alea à Tégée, dont – Pausanias l’affirme une fois encore – la structure et la taille sont exceptionnelles, il apparaît plus précisément dans une description attentive : la première rangée de colonnes est dorique et la suivante, corinthienne ; à l’intérieur, l’ordre est ionique. Les frontons sont également décrits : chasse de Kalydon d’un côté, combat de Télèphe et d’Achille de l’autre.77 Comme pour le hieron, les propriétaires de ces naoi énumérés par le visiteur sont essentiellement des divinités, locales ou olympiennes. Les quelques « héros » qui s’en voient attribuer en certains endroits assument à l’échelon local un statut
69 Paus. III, 15, 10 : ἐπὶ δὲ αὐτῷ ναὸς ἀρχαῖος καὶ Ἀφροδίτης ξόανον ὡπλισμένης. ναῶν δὲ ὧν οἶδα μόνῳ τούτῳ καὶ ὑπερῷον ἄλλο ἐπῳκοδόμηται Μορφοῦς ἱερόν. 70 Paus. III, 25, 4 : ἐπὶ δὲ τῇ ἄκρῳ ναὸς εἰκασμένος σπηλαίῳ καὶ πρὸ αὐτοῦ Ποσειδῶνος ἄγαλμα. 71 Paus. VIII, 9, 1 : ναὸς διπλοῦς μάλιστά που κατὰ μέσον τοίχῳ διειργόμενος. 72 Paus. I, 24, 5. 73 Paus. II, 17, 3. 74 Paus. V, 10, 2-10. 75 Paus. V, 16, 1. 76 Paus. VIII, 41, 8. 77 Paus. VIII, 45, 5-7.
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différent. C’est le cas, notamment, d’Ajax à Salamine,78 d’Hippolyte à Trézène,79 d’Hélène et Ménélas à Thérapnè,80 ou de Cassandre à Amyclées.81
1. 3. Ἄλσος82 Pausanias donne le nom d’alsos à un lieu boisé83 auquel la présence d’un ou de plusieurs sanctuaires confère sa sacralité.84 Grand amateur d’arbres particuliers,85 il précise à plusieurs reprises l’essence ou les essences de ceux qui poussent dans l’alsos, mais aussi le fait que les arbres soient tous ou en partie plantés de main d’homme, tous de la même essence ou non.86 Il procède de la même manière dans 78 79 80 81 82
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Paus. I, 35, 3. Paus. II, 32, 1. Paus. III, 19, 2. Paus. III, 26, 5. Sur 85 occurrences, 67 emplois s’inscrivent dans une description et concernent 44 endroits différents, 17 fois le mot est employé hors de toute description pour évoquer 11 lieux différents, et il apparaît également dans une citation. À deux reprises, sans préciser l’espèce des arbres, il détermine ἄλσος par δένδρων (VIII, 35, 6 ; VIII, 38, 5). Il serait absurde d’en déduire que l’alsos indéterminé n’était pas nécessairement boisé. Cf. les emplois repris chez Casevitz, « Temples et anctuaires », loc. cit. (note 4) 91-93. À cinq reprises, Pausanias qualifie ἄλσος d’ἱερόν (II, 27, 1 : τὸ δὲ ἱερὸν ἄλσος τοῦ Ἀσκληπιοῦ à Épidaure ; II, 36, 8 : l’alsos de Lerne où Déméter et Dionysos étaient particulièrement honorés ; III, 4, 1 : l’alsos d’Argos, hors description ; V, 10, 1 : τὸ δὲ ἄλσος τοῦ Διός, c’est-à-dire l’Altis d’Olympie ; VIII, 37, 10 : ἄλσος τῆς Δεσποίνης ἱερόν), et pas en II, 11, 3 comme l’affirme Chr. Jacob, « Paysage et bois sacrés : ἄλσος dans la Périégèse de la Grèce de Pausanias », in : O. de Cazenove – J. Scheid (éds.), Les Bois sacrés. Actes du Colloque International organisé par le Centre Jean Bérard et l’École Pratique des Hautes Études (Ve section) (1993) 31-44, spéc. 34. Pour une tentative de définition de l’alsos, voir P. Bonnechere, « The Place of the sacred grove (alsos) in the mantic rituals of Greece : the example of the oracle of Trophonios at Lebadeia (Boeotia) », in : M. Conan (éd.), Sacred Gardens and Landscapes : Ritual and Agency (2007) 17-41, spéc. 41. G. Roux, Pausanias en Corinthie (Livre II, 1 à 15) (1958) 96, a bien mis cette prédilection en évidence. Cf. plus récemment D. Birge, « Trees in the Landscape of Pausanias’ Periegesis », in : S. Alcock – R. Osborne (éds.), Placing the Gods. Sanctuaries and Sacred Space in Ancient Greece (1994) 231-245 et A. Jacquemin, « Les curiosités naturelles chez Pausanias », in : G. Siebert (éd.), Nature et paysage dans la pensée et l’environnement des civilisations antiques. Actes du Colloque de Strasbourg 11-12 juin 1992 (1996) 121-128. Paus. II, 2, 4 : κυπαρίσσων […] ἄλσος ; II, 11, 4 : ἄλσος πρίνων ; II, 13, 3 et 15, 2 : κυπαρίσσων ἄλσος ; II, 37, 1 : ἄλσος […] πλατάνων τὸ πολύ ; IV, 33, 4 : ἄλσος, κυπαρίσσων μάλιστα πλῆρες ; VII, 22, 1 : πλατάνων […] ἄλσος ; VII, 22, 5 : δάφναι μάλιστα ἐν αὐτῷ πεφύκασι ; VII, 27, 9 : δένδρα ὁμοίως τὰ πάντα ; VIII, 37, 10 : δένδρα καὶ ἄλλα καὶ ἐλαία καὶ πρῖνος ἐκ ῥίζης μιᾶς πεφύκασι ; VIII, 42, 12 : δρυῶν ἄλσος ; VIII, 54, 5 : ἄλσος δρυῶν ; IX, 24, 4 : ἤμερα δὲ ὁμοίως πάντα ἐν τῷ ἄλσει δένδρα ;
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l’évocation de ses visites en Asie Mineure.87 Un aménagement particulier du site ou la présence d’une source d’eau vive peuvent aussi être signalés.88 À une exception près,89 toutes les occurrences d’alsos dans la Périégèse présentent un rapport topographique immédiat, direct avec un ou plusieurs lieux de culte. Toutefois le rapport aux sanctuaires varie, sans qu’il soit jamais abusif de concevoir l’alsos comme un « bois sacré ». Parfois baptisé d’un nom particulier – Kraneion,90 Pyraia,91 Karnasion92 –, l’alsos peut, (1) soit accueillir différents sanctuaires, (2) soit être explicitement consacré à une divinité particulière ou à plusieurs dont le lien est affirmé, (3) soit renfermer un élément « religieux » sans que la relation entre les deux puisse être clairement établie, (4) soit abriter un sanctuaire de plus grande envergure, attribué de façon générique à un dieu, mais pouvant en accueillir d’autres, ou, enfin, (5) être intégré dans un sanctuaire sans se confondre avec lui. (1) Dans le premier cas,93 la sacralité de l’alsos n’est pas explicitement affirmée dans un rapport privilégié à un seul culte. Le bois est alors conçu comme un lieu sacré, tout comme l’acropole d’une cité, dans sa concentration religieuse, peut être ainsi envisagée. (2) Dans le deuxième cas, les expressions les plus claires attribuent comme déterminant à alsos le nom du dieu au génitif.94 Quand le déterminant divin pré-
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IX, 24, 5 : δένδρων ἄλσος οὐχ ἡμέρων· πρῖνοι τὸ πολύ εἰσι ; X, 38, 9 : κυπαρίσσου τε ἀναμὶξ καὶ τῆς πίτυός ἐστιν ἄλσος. Paus. I, 21, 7 (à Gryneion en Éolide) : κάλλιστον ἄλσος δένδρων καὶ ἡμέρων καὶ ὅσα τῶν ἀκάρπων ὀσμῆς παρέχεταί τινα ἢ θέας ἡδονήν ; VII, 5, 10 (à Colophon) : ἄλσος […] δένδρα μελίαι. Cf. aussi des références littéraires : III, 13, 5 ; X, 30, 6. Paus. III, 22, 8 : ἄλσος παρεχόμενον πηγάς ; IV, 31, 1 : ὕδατος ἐν αὐτῷ πηγή ; VII, 27, 3 : ἄλσος περιωκοδομημένον τείχει ; VII, 27, 9 : ὕδωρ ἄφθονον ἄνεισιν ἐκ πηγῶν ; VIII, 31, 5 : ἄλσος οὐ μέγα, θριγκῷ περιεχόμενον ; VIII, 37, 10 : ἄλσος […] θριγκῷ λίθων περιεχόμενον ; IX, 24, 4 : ὕδωρ ψυχρὸν ἐκ πέτρας ἀνερχόμενον. Sur la route vers Pharai, en Achaïe, Pausanias a vu un alsos de platanes que le temps a creusés et tellement grands que les gens pique-niquent ou dorment dans leurs troncs (VII, 22, 1). – L’analyse qui suit prend uniquement en compte les 42 bois sacrés inclus dans une description topographique, et non les évocations de mémoire ou littéraires. Paus. II, 2, 4. Paus. II, 11, 3. Paus. IV, 33, 4. Paus. II, 2, 4 : dans l’alsos appelé Kraneion, à l’extérieur de Corinthe, se trouvent un temenos de Bellérophon, un naos d’Aphrodite et un taphos de Laïs ; VII, 21, 11 : au rivage de Patras, en Achaïe, un alsos aux promenades rafraîchissantes en été abrite des temples de dieux, en l’occurrence Apollon et Aphrodite. Paus. I, 30, 4 : ἄλσος τοῦ Ποσειδῶνος ; II, 27, 1 : ἄλσος τοῦ Ἀσκληπιοῦ ; II, 29, 1 : Ἀρτέμιδός ἐστιν ἄλσος ; IV, 31, 1 : Ἀπόλλωνος ἄλσος ἐστι Καρνείου ; VII, 22, 5 : ἄλσος Διοσκούρων ; VII, 23, 9 : Ἥρας ἐστὶν ἄλσος ; VII, 24, 12 : τὸ ἄλσος τοῦ Ποσειδῶνος ; VII, 27, 3 : ἄλσος […] Σωτείρας ἐπίκλησιν Ἀρτέμιδος ; VIII, 10, 1 : Δήμητρος ἄλσος ;
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cède le groupe ναὸς καὶ ἄλσος, le bois appartient également au dieu en question.95 Parfois, des explications complémentaires viennent affirmer ce rapport. Ainsi sur l’acropole de Phlionte96 se trouvent un κυπαρίσσων ἄλσος καὶ ἱερὸν ἀγιώτατον ἐκ παλαιοῦ dont la propriétaire est Ganyméda, variante locale de Hèbè.97 Bienveillante pour les fuyards suppliants, la déesse reçoit l’hommage des anciens prisonniers qui suspendent aux arbres de l’alsos les liens qu’ils portaient aux pieds. L’alsos est incontestablement consacré à Hèbè puisqu’il accueille les marques d’action de grâce qui lui sont destinées. Quant au « sanctuaire très saint de longue date », il semble renvoyer aux structures qui aménagent le lieu sacré de Ganyméda sur l’acropole de Phlionte, que ce soit dans l’alsos ou à côté de lui. Il n’est toutefois pas assuré que, dans ce cas précis, hieron soit le terme non marqué pour désigner un naos. En effet, à la fin de l’évocation du lieu et de sa déesse, Pausanias précise qu’il n’y a pas de statue, ni dans un endroit caché ni à la vue de tous, et qu’une telle absence fait localement l’objet d’un hieros logos.98 Une statue peut s’élever à l’air libre, mais a fortiori, lorsque le hieron qui s’ajoute à l’alsos est dépourvu de statue, il est d’autant moins certain que ce hieron soit un naos proprement dit. Sur la route de Titanè, Pausanias a vu l’alsos de pins et le naos des déesses que les Sicyoniens appellent Euménides. Après avoir décrit le rite sacrificiel particulier qu’accueille leur autel, il conclut sur l’identité du rituel réservé aux Moires ἐν ὑπαίθρῳ τοῦ ἄλσους.99 Les affinités de fonction des deux groupes de déesses, présentes dans les Euménides d’Eschyle,100 permettent d’affirmer la cohérence cultuelle du bois sacré et son statut de sanctuaire conjoint des Euménides et des Moires. À Lerne, la configuration du lieu est plus complexe. L’alsos est vaste et Pausanias en indique les limites : le mont Pontinos, la mer, les fleuves Amymoné et Pontinos.101 On y trouve des agalmata de Déméter Prosymné, de Dionysos, et un petit agalma
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VIII, 23, 6 : Ἀρτέμιδος ἄλσος ; VIII, 38, 2 : Ἀπόλλωνος ἄλσους ἐπίκλησιν Παρρασίου ; IX, 8, 1 : ἄλσος Δήμητρος καὶ Κόρης ; IX, 25, 5 : Δήμητρος Καβειρίας καὶ Κόρης ἐστὶν ἄλσος ; IX, 39, 2 : τὸ ἄλσος τοῦ Τροφωνίου (id. IX, 39, 4) ; X, 33, 12 : Ἀπόλλωνος […] ἄλσος καὶ βωμοί. À ces références, il faut ajouter les cas repris supra, à la note 84 et infra, n. 95. Paus. III, 22, 6 : Ἄρεως ναὸς καὶ ἄλσος ; III, 26, 5 : Ἔρωτός ἐστιν […] ναὸς καὶ ἄλσος ; VIII, 36, 6 : Δήμητρος καλουμένης ἐν ἕλει ναός τε καὶ ἄλσος ; IX, 24, 4 : Ἀπόλλωνος […] ναός τε καὶ ἄλσος. Dans ces deux derniers cas la conjonction τε καὶ rend la relation entre le naos et l’alsos tout à fait claire. Paus. II, 13, 3-4. Si l’on en croit Strabon, Dia est le nom local d’Hèbè (VIII, 6, 24). Il use du terme hieron pour évoquer son sanctuaire. Paus. II, 13, 4 : ἄγαλμα δὲ οὔτε ἐν ἀπορρήτῳ φυλάσσουσιν οὐδὲν οὔτε ἐστὶν ἐν φανερῷ δεικνύμενον – ἐφ’ ὅτῳ δὲ οὕτω νομίζουσιν, ἱερός ἐστιν αὐτοῖς λόγος. Paus. II, 11, 4. Eschyle, Euménides 956-967. Paus. II, 37, 1.
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assis de Déméter. Ailleurs, dans un temple, il y a un xoanon assis de Dionysos Saôtès et un agalma d’Aphrodite « sur la mer » en pierre.102 Pausanias évoque, peu après les mystères de Lerne, une célébration que patronne Déméter et tenue dans l’alsos, de même qu’un rituel secret pour Dionysos.103 Cet alsos a une tonalité mystérique qui pourrait expliquer pourquoi Pausanias le qualifie de hieron juste avant d’en entreprendre la description.104 Les occurrences d’alsos au livre X méritent un traitement à part. Elles sont au nombre de quatre, relevant directement d’une description. À Tithoréa, cité en déclin à l’époque, Pausanias décrit, en fait, de curiosités remarquables, Ἀθηνᾶς […] ἄλσος καὶ ναός τε καὶ ἄγαλμα.105 À la frontière entre Tithronion et Drymaia, ἔστιν Ἀπόλλωνος Τιθρωνεῦσιν ἐνταῦθα ἄλσος τε καὶ βωμοί. Pausanias mentionne encore un temple, mais sans statue.106 À Myonia, en Locride, ἄλσος καὶ βωμὸς θεῶν Μειλιχίων ἐστί,107 et au-dessus de la cité d’Oianthéa, ἐστιν ἄλσος καὶ ναός τε Ἀρτέμιδος καὶ ἄγαλμα ἐν τῷ ἄλσει.108 Ces quatre passages s’articulent sur un même schéma de juxtaposition des éléments qu’intègrent les « bois sacrés » de Phocide et de Locride. La pauvreté des environs de Delphes, que Pausanias parcourt pourtant, explique sans doute une description plus « mécanique » qu’en d’autres lieux foisonnants de ces curiosités dignes de mémoire. (3) Pausanias signale parfois l’existence d’un alsos autour d’un hieron, d’un naos, d’un bômos,109 d’un agalma. Dans bon nombre d’endroits, le bois faisait sans doute partie intégrante du sanctuaire, mais les soucis stylistiques de l’auteur ne permettent pas toujours de l’affirmer avec certitude. Le cas de Némée est exemplaire. Le visiteur décrit le naos de Zeus qui vaut la peine d’être vu, même si le toit s’est effondré et si l’agalma a disparu. Et il enchaîne, κυπαρίσσων τε ἄλσος ἐστὶ περὶ τὸν ναόν. La mention de l’alsos à cet endroit sert de transition entre la description du lieu et l’histoire d’Opheltès, déposé sur l’herbe par sa nourrice et mordu par un serpent.110 L’alsos faisait probablement partie intégrante du sanctuaire, mais ne se confondait pas nécessairement avec la totalité du site. En revanche, dans les cas où
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Paus. II, 37, 2. Paus. II, 37, 2-6. Paus. II, 36, 8. Paus. X, 32, 10. Paus. X, 33, 12. Paus. X, 38, 8. Paus. X, 38, 9. Il précise que les murs étaient recouverts de peintures, mais que les effets du temps les ont effacées. 109 Le cas des Dioscures des environs de Pharai en Achaïe est clair : l’alsos leur appartient et on n’y trouve plus ni temple, ni statues, mais bien un autel ; Paus. VII, 22, 5. 110 Paus. II, 15, 2 et 9.
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l’alsos est dit se situer περὶ τὸ ἱερόν,111 il est probable que le sanctuaire, qu’il soit ou non affecté d’un naos, se confondait avec l’alsos. La formulation de l’ordonnancement peut également s’inverser : le hieron est alors situé à l’intérieur d’un alsos. Ainsi, sur la route entre Sicyone et Phlionte s’élève l’alsos Pyraia, avec un ἱερὸν δὲ ἐν αὐτῷ Προστασίας Δήμητρος καὶ Κόρης. La structuration des lieux devait être complexe car Pausanias précise que les hommes y célèbrent une fête entre eux, laissant aux femmes le Nymphôn qui abrite des statues de Dionysos, de Déméter et de Korè dont seuls les visages sont apparents.112 Le Nymphôn est vraisemblablement un bâtiment laissé à la disposition des femmes. Quant à la fête des hommes, si elle n’était pas frappée d’un quelconque interdit, elle pouvait se tenir à l’air libre. Le statut de l’alsos Pyraia semble intimement lié au culte de Déméter et de sa fille, mais leur hieron pouvait être une zone plus réduite à l’intérieur du bois. Entre Tégée et Argos, un alsos de chênes abrite un naos de Déméter ἐν Κορυθεῦσι et Pausanias d’enchaîner : πλησίον δὲ ἄλλο ἐστὶν ἱερὸν Διονύσου Μύστου.113 Deux interprétations sont possibles, en fonction du sens de hieron dans cette phrase. Soit hieron est synonyme de naos et le temple de Dionysos se trouve dans l’alsos en tant qu’« autre » temple, soit hieron est utilisé comme générique, ce qui fait du lieu de culte de Dionysos le pendant sacré de l’alsos de Déméter entendu comme « sanctuaire ». Dans ce cas précis, la qualité d’« initié » de Dionysos instaure un lien privilégié entre son culte et celui de Déméter. Il est donc probable que la première interprétation est la bonne.114 Pausanias ne fait parfois référence qu’à un autel ou à une statue présents dans un alsos. Ainsi, à un demi-stade de Korseia, en Béotie, se trouve un alsos de pins sauvages où s’élève un agalma d’Hermès οὐ μέγα ἐν ὑπαίθρῳ τοῦ ἄλσους.115 La statue est manifestement indépendante de toute construction et rien ne permet de préciser les relations existant entre l’alsos et Hermès. (4) Le quatrième cas de figure fait d’un alsos de grande taille la structure d’accueil d’un lieu de culte important auquel sont subordonnés toute une série de divinités ou de héros. Les deux exemples les plus célèbres sont le sanctuaire d’Asclépios
111 Paus., III, 22, 8 : ἱερόν ἐστιν αὐτόθι ἀρχαῖον κοινὸν θεῶν ἁπάντων καὶ περὶ αὐτὸ ἄλσος παρεχόμενον πηγάς ; VIII, 35, 6 : ἔτι ἐπὶ λόφου Ποσειδῶνος ἱερὸν καὶ ἄγαλμα τετράγωνον, καὶ δένδρων περὶ τὸ ἱερόν ἐστιν ἄλσος. VIII, 42, 12 : ἔστι δὲ δρυῶν τε ἄλσος περὶ τὸ σπήλαιον καὶ ὕδωρ ψυχρὸν ἄνεισι ἐκ τῆς γῆς ; IX, 22, 5 : Καβείρων ἱερὸν καὶ ἄλσος περὶ αὐτό. 112 Paus. II, 11, 3. 113 Paus. VIII, 54, 5. 114 Sur Dionysos Mystès, voir Jost, Sanctuaires, op. cit. (note 2) 435-436. 115 Paus. IX, 24, 5.
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à Épidaure116 et celui de Zeus à Olympie.117 Pausanias précise même à leur propos que l’ἄλσος est ἱερόν, soulignant ainsi le caractère particulièrement vénérable des lieux. La description de ce que Pausanias appelle « l’alsos de Trophonios » montre néanmoins la difficulté d’apprécier à leur juste mesure les emplois du mot. En effet, après avoir par deux fois désigné le sanctuaire de cette manière,118 il précise que le manteion – incontestablement le cœur du lieu sacré – se trouve ὑπὲρ τὸ ἄλσος ἐπὶ τοῦ ὄρους.119 L’ensemble du sanctuaire n’est pas concentré dans l’alsos, mais l’importance de ce dernier est telle qu’il a donné son nom au tout. De la même manière, le sanctuaire des Muses de l’Hélicon est constamment désigné par Pausanias du nom d’alsos des Muses.120 Ces sanctuaires pourraient donc tout autant s’inscrire dans la cinquième et dernière catégorie qu’il s’agit à présent d’évoquer. (5) L’alsos peut s’élever dans une partie seulement d’un ensemble plus vaste et ne pas se confondre avec le sanctuaire. À soixante stades de Pellène en Achaïe se trouve le Mysaion, un sanctuaire de Déméter Mysia, et dans ce Mysaion s’élève un alsos aux arbres variés et à la source d’eau vive.121 De même, dans l’enceinte des Grandes déesses de Mégalopolis, un petit alsos entouré d’une barrière (θριγκός) est inaccessible. Dans le sanctuaire de Despoina à Lykosoura en Arcadie, enfin, audessus du megaron, un ἄλσος τῆς Δεσποίνης ἱερὸν θριγκῷ λίθων περιεχόμενον renferme une curiosité botanique : un olivier et un pin puisant naturellement leur substance à la même racine.122 Le fait que ces trois descriptions concernent l’intérieur d’un sanctuaire de Déméter ou de sa fille relève tout d’abord de l’intérêt particulier de Pausanias pour ces déesses, et donc de son souci de précision quand aucun interdit ne le contraint au silence. Ces évocations soulignent aussi les caractéristiques topographiques particulières aux sanctuaires à vocation mystérique des deux déesses.123 D’autres divinités que Déméter voient leur alsos frappé d’un interdit ou dissimuler un objet de culte invisible au profane. Ainsi, l’alsos d’Arès à Geronthrai est interdit aux femmes pendant la fête annuelle.124 Dans celui d’Artémis Sôteira
116 Paus. II, 27, 1 ; 27, 5 ; 27, 7. 117 Paus. V, 10, 1. L’appellation conventionnelle d’Altis serait une déformation du mot ἄλσος : τὸ δὲ ἄλσος τὸ ἱερὸν τοῦ Διὸς παραποιήσαντες τὸ ὄνομα Ἄλτιν ἐκ παλαιοῦ καλοῦσι. Cf. Casevitz, « Temples et sanctuaries », loc. cit. (note 4) 93, note 78. 118 Paus. IX, 39, 2 ; 39, 4. 119 Paus. IX, 39, 9. 120 Paus. IX, 29, 5 (2 occ.) ; IX, 31, 3 (2 occ.). 121 Paus. VII, 27, 9. 122 Paus. VIII, 37, 10. 123 Paus. II, 22, 3 ; VIII, 31, 5 ; VIII, 36, 6 ; IX, 25, 5. Cf. Pirenne-Delforge, Retour à la source, op. cit. (note 1) chap. VI. 124 Paus. III, 22, 6-7.
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à Pellène ne peuvent pénétrer que les prêtres125 et la statue d’Héra dans l’alsos de la déesse à Aigion n’est visible que par la prêtresse.126 L’alsos est un lieu naturellement circonscrit dans le paysage, où la présence divine a pu être ressentie avec une intensité particulière.127 Pausanias est très sensible au charme de ces endroits ombragés et frais auxquels arbres et sources confèrent une ancienneté tangible, indépendamment des constructions humaines. Hormis l’alsos d’Argos le Niobide, dont il ne parle que dans les récits sur le sacrilège de Cléomène de Sparte,128 Pausanias ne décrit d’alsos qu’en référence à des dieux ou, dans le cas de Trophonios, à un héros dont le culte est manifestement divin,129 à l’instar de celui d’Héraclès ou d’Asclépios. Jamais les groupements d’arbres autour d’un tombeau héroïque ne reçoivent le nom d’alsos sous sa plume.130 Dans le cas de l’Altis, le nom d’alsos relève autant de la convention que de la réalité du paysage. Pausanias se fait l’écho d’un usage. Établir une telle distinction pour d’autres lieux n’est guère aussi aisé. Ainsi, de vieux cyprès poussent dans l’Asclépieion de Titanè et des oliviers dans celui d’Épidaura Limera. Une frondaison touffue de cyprès entoure le sanctuaire d’Eurynomè à Phigalie et des palmiers poussent devant le sanctuaire d’Artémis à Aulis.131 Les oliviers peuvent éventuellement appartenir à des parcelles dont l’affermage permettait d’accroître les revenus du sanctuaire et l’exploitation du bois d’autres arbres pouvait également y contribuer.132 Dans ce dernier cas, l’emploi du terme d’alsos, avec sa dimension religieuse, ne devait pas correspondre, dans la perspective de Pausanias, aux réalités du terrain. 125 Paus. VII, 27, 3. 126 Paus. VII, 23, 9. 127 P. Bonnechere fait l’hypothèse que l’alsos était « a natural and divine manifestation of a median place between two worlds » : « The place of the sacred grove », loc. cit. (note 84) 41. 128 Paus. II, 20, 8 ; III, 4, 1. Cf. Birge, « Trees », loc. cit. (note 85) 238. 129 Paus. IX, 39, 2 et 4. La même explication a été avancée pour l’attribution de hiera ou de naoi à des personnages que nous qualifions d’héroïques. Cf. supra, p. 150. – Dans le cas du temenos de Bellérophon dans l’alsos Kraneion de Corinthe (II, 2, 4), il entre dans la première catégorie développée ci-dessus et ne justifie pas de qualifier l’alsos d’héroïque (ce que fait Jacob, « Paysage et bois sacré », loc. cit. [note 84] 36). 130 E. g. Paus. I, 42, 7 ; II, 28, 7 ; IV, 1, 5-6 ; V, 13, 1 ; VIII, 35, 8. Cf. Birge, « Trees », loc. cit. (note 85) 236-237. – Des textes contemporains associent pourtant le terme d’alsos à un tombeau héroïque, ce qui laisse penser que Pausanias a fait ce choix sciemment : e. g. Inscriptiones Graecae II2, 3819 (époque impériale), pour un philosophe. Je remercie Pierre Bonnechere pour cette indication. 131 Paus. II, 11, 6 : κυπαρίσσων ἐστὶν ἐντὸς τοῦ περιβόλου δένδρα ἀρχαῖα ; III, 23, 7 : βωμοί τέ εἰσιν Ἀσκληπιοῦ καὶ ἐλαῖαι περὶ αὐτοὺς πεφύκασιν ; VIII, 41, 4 : […] τῆς Εὐρυνόμης τὸ ἱερόν, ἅγιόν τε ἐκ παλαιοῦ […] περὶ αὐτὸ καὶ κυπάρισσοι πεφύκασι πολλαί τε καὶ ἀλλήλαις συνεχεῖς ; IX, 19, 8 : φοινίνικες δὲ πρὸ τοῦ ἱεροῦ πεφύκασιν […]. 132 M. P. J. Dillon, « The Ecology of the Greek Sanctuary », Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 118 (1997) 113-127, spéc. 116-119 ; G. Ragone, « Dentro l’ἄλσος. Economia e tutela
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Mais une telle hypothèse ne peut s’appliquer systématiquement aux différents lieux boisés d’un sanctuaire dont le visiteur ne fait pas un alsos.133
1. 4. Τέμενος134 Si le terme n’eut pas, à l’origine, une signification religieuse,135 c’est pourtant une telle connotation – et rien qu’elle – que reçoit le mot dans les descriptions et les évocations de Pausanias. La notion de « découpage », présente dans son sens étymologique, permet de comprendre bon nombre d’emplois de temenos par rapport à ceux de hieron : c’est l’espace sacré, le terrain réservé à un dieu ou à un héros qui est ainsi mis en évidence, et pas seulement la sacralité du lieu. De surcroît – contrairement aux doutes que suscite de ce point de vue l’usage de hieron –, la présence d’un naos n’est pas une hypothèse nécessaire en l’absence d’une référence explicite. À Athènes, le grand sanctuaire de Zeus Olympien accueille bon nombre d’antiquités, un Zeus en bronze, un naos de Cronos et Rhéa, un temenos de la Terre Olympienne.136 C’est à cet endroit qu’une ouverture d’une coudée dans le sol aurait absorbé les flots du déluge. Le temenos est ici un espace non bâti, clairement délimité au sein d’un ensemble plus vaste. L’explication par le souci stylistique d’une variatio sermonis137 (hieron de Zeus, naos de Cronos et Rhéa, temenos de Gè) n’est peut-être pas absent du choix de désigner ainsi le sanctuaire de Gè, mais l’espace non construit qui accueille une faille ancestrale reçoit de la sorte une dimension davantage explicite de domaine réservé à la puissance primordiale de la Terre au sein même du sanctuaire de Zeus.
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del bosco sacro nell’antichità classica », in : C. A. Livadie – F. Ortolani, Il sistema uomoambiente tra passato e presente (1998) 11-25. Pour une tentative de classer les caractéristiques de l’alsos chez Pausanias, voir Birge, « Trees », loc. cit. (note 85) 240-245. Sur 58 occurrences, 44 emplois s’inscrivent dans une description et concernent 34 endroits différents, 10 fois le mot est employé hors de toute description pour évoquer 10 lieux différents, et il apparaît également dans 3 citations. Casevitz, « Temples et sanctuaires », loc. cit. (note 4) 85-87 : « On explique par les exemples anciens comment un temenos a pu se spécialiser au sens d’enceinte consacrée : c’est à l’origine une terre prélevée pour honorer et assurer les revenus d’un homme puis d’un dieu » (p. 87). Cf. W. Donlan, « Homeric temenos and the Land Economy of the Dark Age », Museum Helveticum 46 (1989) 129-146. Paus. I, 18, 7 : Ζεὺς χαλκοῦς καὶ ναὸς Κρόνου καὶ Ῥέας καὶ τέμενος <Γῆς> [τῆς] ἐπίκλησιν Ὀλυμπίας. Une occurrence de temenos semble relever d’un tel souci : dans le récit de la pétrification de la prêtresse d’Athéna Itonia, Pausanias utilise temenos juste après avoir désigné le sanctuaire à l’aide des termes hieron et naos (IX, 34, 2). Cf. aussi IX, 10, 5.
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La topographie à Olympie est pareillement complexe. Dans l’Altis, les cultes sont nombreux. Un héros s’y distingue pourtant par l’importance de son culte : Pélops.138 Le Pélopion, comme l’identifie Pausanias, est un espace réservé dans le vaste sanctuaire de Zeus : Πέλοπι ἀποτετμημένον τέμενος,139 expression encore renforcée par la description du mur de pierres qui ceint le temenos.140 Inversement, dans deux cas, Hippolyte à Trézène141 et Apollon à Delphes,142 temenos désigne le sanctuaire dans toute la complexité d’une implantation « polythéiste ». C’est par l’expression ἱερὸς περίβολος τοῦ Ἀπόλλωνος que Pausanias avait introduit l’évocation du sanctuaire delphique dont il loue tant la grandeur que la localisation particulière.143 Quant à la description proprement dite, elle commence dès l’entrée dans le temenos, dans le domaine réservé au dieu pourvoyeur d’oracles.144 Le sanctuaire de Zeus Lykaios sur le mont du même nom est représentatif de ces lieux de la chôra qui inscrivent dans le paysage un espace consacré à un dieu. Parmi les merveilles du mont Lycée, Pausanias place en tête le temenos inaccessible de Zeus. Or, à quatre reprises dans le même paragraphe, il l’évoque sous ce nom,145 ce qui donne à penser qu’il n’a pas sacrifié au style la technicité de son vocabulaire.146 Les fouilles ont révélé une structure assez vaste (55 u 120 m) qui ne semble pas avoir accueilli de temple.147 En revanche, dans ce cas précis, le terme de temenos ne désigne pas l’ensemble du sanctuaire : le tertre de terre monumental qui fait office d’autel se situe au sommet de la montagne, à l’extérieur du temenos. Dans d’autres régions visitées par Pausanias, semblables temenè, hors-les-murs des cités, dépourvus de temple et vraisemblablement délimités par une enceinte, ont retenu l’attention du visiteur : dans la plaine sur la route du Taygète en Laconie, le temenos de Zeus Messapien,148 celui de Kranios Stemmatios sur la route de
138 Paus. V, 13, 1. 139 Ibid. 140 À deux reprises encore, le Pélopion sera évoqué sous le nom de τέμενος : V, 14, 10 (τοῦ Πέλοπος) et 27, 1 (τῷ Πέλοπι). Les autres mentions du sanctuaire le qualifient simplement de Pélopion (V, 13, 1 ; 13, 8 ; 24, 5). 141 Paus. II, 32, 1. 142 Paus. X, 9, 3. 143 Paus. X, 9, 1. 144 En X, 37, 6, Pausanias se fait l’écho d’un oracle qui désigne le sanctuaire delphique d’Apollon par le terme de temenos, que le Périégète paraphrase en utilisant le même mot. De même, l’épigramme d’un ex-voto de l’Altis désigne le sanctuaire de Zeus à Olympie comme temenos (VI, 3, 14). 145 Paus. VIII, 38, 6. 146 Même en dehors d’une description, le sanctuaire arcadien est temenos : IV, 22, 7. 147 Jost, Sanctuaires, op. cit. (note 2) 180-181. 148 Paus. III, 20, 3.
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Sparte vers l’Arcadie,149 le temenos des Néréides au bord de la côte laconienne,150 celui de Télèphe sur le mont Parthénion en Arcadie,151 le temenos de Zeus Laphystios entre Koronée et le mont Laphystion en Béotie.152 L’utilisation du terme n’est cependant pas exclusive des enceintes extraurbaines. Pausanias énumère des temenè dans les cités ou à leur périphérie immédiate. Ainsi, à Myonia en Locride, un temenos appelé Poseidonion et situé ὑπὲρ τὴν πόλιν accueille un temple de Poséidon,153 à Mégare, au pied de l’acropole Karia, l’Olympieion, un temenos de Zeus, abrite également un temple digne d’attention.154 En face de l’agora de Patras, la structure est plus complexe : le temenos d’Artémis accueille un naos de la Limnatis, mais d’autres hiera s’y trouvent, associés à une structure de portiques.155 Hormis ces sanctuaires, au sein desquels Pausanias signale la présence d’un temple, les temenè urbains ne semblent pas plus que les grandes enceintes de la chôra avoir accueilli de naos. Le sanctuaire d’Athéna Sôteira et Zeus Sôter au Pirée était le plus important du port athénien.156 Pausanias y décrit la statue de chacune des deux divinités du lieu et évoque la présence de peintures.157 Au centre d’Athènes, ὑπὲρ τῶν Διοσκούρων τὸ ἱερὸν Ἀγλαύρου τέμενός ἐστιν.158 Grâce aux fouilles de G. Dontas, le sanctuaire d’Aglauros est aujourd’hui localisé avec certitude près du péripatos de l’Acropole en son flanc ouest.159 Le temenos en question était donc 149 Paus. III, 20, 9. Ce Kranios semble être une version locale d’Apollon Karneios : D. Musti – M. Torelli, Pausania. Guida della Grecia. Libro III : La Laconia (1991, 1992²) 259. 150 Paus. III, 26, 7. En II, 1, 8, Pausanias décrit le socle d’une des statues du sanctuaire de Poséidon sur l’Isthme où apparaissent les Néréides. Saisissant l’occasion de cette mention, il précise que ces déesses reçoivent des honneurs en maintes places et que, notamment, on leur dédie des temenè près des ports. – À Patras, près du port, un temenos d’Aphrodite accueillait une statue acrolithe de la déesse (VII, 21, 10). 151 Paus. VIII, 54, 6. 152 Paus. IX, 34, 5. – Le sanctuaire de Zeus sur le mont Ithomè en Messénie ne fait pas l’objet d’une description directe, mais se voit évoqué à maintes reprises au fil des récits sur les guerres avec Sparte qui occupent la majeure partie du livre IV. Pausanias use une fois du mot temenos (IV, 3, 9) et deux fois de hieron (IV, 12, 8 ; 33, 1) pour le désigner. 153 Paus. X, 38, 8 : ἐν δὲ αὐτῷ ναὸς […]. 154 Paus. I, 40, 4 et 6. 155 Paus. VII, 20, 7-9 : τῆς δὲ ἀγορᾶς ἄντικρυς κατὰ ταύτην τὴν διέξοδον τέμενός ἐστιν Ἀρτέμιδος καὶ ναὸς Λιμνάτιδος […] τούτου δὲ τοῦ τεμένους ἐστί καὶ ἄλλα τοῖς Πατρεύσιν ἱερά […]. 156 I, 1, 3. Cf. D. Musti – L. Beschi, Pausania. Guida della Grecia. Libro I : L’Attica (1982, 19954) 254. – Un temenos était consacré au même Zeus Sôter, avec des agalmata, à Aigion (VII, 23, 9). 157 Strabon (IX, 15 [C396]) évoque pareillement le hieron accueillant de petits portiques avec des peintures et des statues à l’air libre. 158 Paus. I, 18, 2. 159 G. Dontas, « The True Aglaurion », Hesperia 52 (1983) 48-63.
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un espace réduit, ménagé pour le culte en fonction du relief rocailleux du flanc de la citadelle. C’est bien la notion d’espace consacré que souligne l’emploi de temenos, sans qu’un temple soit seulement envisageable dans ce cas. Dans la montée de l’Acrocorinthe, Pausanias mentionnera aussi des temenè, deux pour Isis et deux pour Sarapis, sans doute des espaces du même type que celui d’Aglauros à Athènes, réservés au culte des divinités égyptiennes, clairement délimités mais sans structure bâtie d’envergure.160 À Sparte, sur l’Aphétaïs, une des grandes artères de la cité, se trouvait un temenos de Poséidon du Ténare, rappel citadin du célèbre sanctuaire du cap ainsi dénommé.161 C’est de cette manière aussi qu’était désigné le sanctuaire urbain de Zeus Lykaios à Mégalopolis.162 Néanmoins, dans le cas de Poséidon Tainarios, le sanctuaire de la chôra n’est pas appelé temenos : il s’agit d’un naos en forme de grotte.163 L’enceinte de l’Aphétaïs accueillait Poséidon dans la cité sans proposer l’image fidèle de son sanctuaire du bord de mer. À la sortie de Mégalopolis, les habitants sacrifiaient chaque année à Borée dans son temenos pour lui rendre grâce du salut accordé lors d’un conflit avec les Spartiates.164 Les autres temenè évoqués par Pausanias dans les cités et à leurs abords immédiats sont majoritairement dédiés à des héros et à Asclépios. Ce dernier se voit attribuer un temenos à Argos,165 dans la cité d’Épidaure,166 à Aigion,167 à Mégalopolis.168 Quant aux temenè de héros, Lakios en possède un sur la voie sacrée athénienne,169 Bellérophon aux abords de Corinthe,170 un héros anonyme proche de Dionysos à Sparte,171 une femme indigène également proche de Dionysos à Patras,172 Phylakos à Delphes.173 Est encore évoqué, lorsque Pausanias mentionne le hèrôon de Persée
160 Paus. II, 4, 6 : un temenos d’Isis Pelagia, l’autre d’Isis Égyptienne, un temenos de Sarapis ἐν Κανώβῳ et l’autre du même dieu sans qualification particulière. 161 Paus. III, 12, 5. 162 Paus. VIII, 30, 2-3 : sur l’agora, περίβολος δέ ἐστιν ἐν ταύτῃ λίθων καὶ ἱερὸν Λυκαίου Διός, ἔσοδος δὲ ἐς αὐτὸ οὐκ ἔστι. Suit alors la description de ce qu’on aperçoit depuis l’extérieur. Et Pausanias d’enchaîner, ἔστι δὲ πρὸ τοῦ τεμένους τούτου […]. 163 Paus. III, 25, 4 : ἐπὶ δὲ τῇ ἄκρῳ ναὸς εἰκασμένος σπηλαίῳ καὶ πρὸ αὐτοῦ Ποσειδῶνος ἄγαλμα. 164 Paus. VIII, 36, 6. Pour le récit de cette victoire, cf. VIII, 27, 14. 165 Paus. II, 23, 2. 166 Paus. II, 29, 1. 167 Paus. VII, 23, 7. 168 Paus. VIII, 32, 4. 169 Paus. I, 37, 2. 170 Paus. II, 2, 4. 171 Paus. III, 13, 7. 172 Paus. VII, 21, 6. 173 Paus. X, 8, 7.
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sur la route de Mycènes, le temenos du héros à Athènes.174 Rappelons également le Pélopion d’Olympie mentionné plus haut. Des enceintes en l’honneur de héros aux statuts divers recevaient donc volontiers le nom de temenos quand elles étaient dépourvues de temples – et sans doute aussi de tombeau, du moins dans l’appréciation que Pausanias fait des lieux. Quelques derniers exemples vont nous aider à mieux cerner encore les différentes applications de la notion chez Pausanias. À Athènes, la maison qui avait abrité le scandale de la parodie des mystères d’Éleusis à la fin du ve siècle est du temps de Pausanias consacrée à Dionysos. Et Pausanias d’enchaîner, « après le temenos de Dionysos […] ».175 De la même manière, l’oikia du tyran Cléon à Sicyone est devenue un temenos réservé aux empereurs romains.176 Ces deux maisons « profanes » passées intégralement au domaine « sacré » reçoivent dans leur nouveau statut l’appellation de temenos : une fois encore la « coupure » dans l’espace est mise en évidence.177 Un tel souci apparaissait dans la description du Pélopion à Olympie ; on le retrouve dans le récit des honneurs rendus par les Argiens à Dionysos après sa guerre contre Persée. En effet, si c’est bien un naos que Pausanias voit dans la cité, dans le récit, c’est un τέμενος ἐξαίρετον qu’ont accordé les Argiens au dieu lorsqu’il eût rejeté sa colère.178 Ils lui ont donné, entre autres honneurs d’envergure, une parcelle du territoire qui lui appartient désormais en propre. Cet exemple évoque la signification ancienne du temenos comme « domaine prélevé, réservé hors de l’ensemble des terres ».179 Pour terminer, venons-en à la visite de Pausanias sur l’agora d’Élis.180
174 Paus. II, 18, 1. – Dans le récit des aventures d’Euthymos de Locres à Témessa, Pausanias rapporte un oracle de la Pythie qui ordonna aux gens du lieu de se rendre le daimôn Hérô favorable en lui « découpant » (ἀποτεμομένους) un temenos et en y construisant un temple (VI, 6, 8). 175 Paus. I, 2, 5 : ἐπ’ ἐμοῦ δὲ ἀνεῖτο Διονύσῳ […] μετὰ δὲ τὸ τοῦ Διονύσου τέμενός […]. 176 Paus. II, 8, 2 : τὸ ἐγγὺς τέμενος ἀνειμένον βασιλεῦσι Ῥωμαίων οἰκία ποτὲ ἦν Κλέωνος τυράννου. 177 À Thèbes, la maison de Kadmos et de ses descendants serait devenue le hieron de Déméter Thesmophoros (IX, 16, 5). 178 Paus. II, 23, 7. 179 Casevitz, « Temples et sanctuaires », loc. cit. (note 4) 86 ; Donlan, « Homeric temenos », loc. cit. (note 135) 145. 180 Paus. VI, 25, 1 : ἔστι δὲ τῆς στοᾶς ὀπίσω τῆς ἀπὸ τῶν λαφύρων τῶν ἐκ Κορκύρας Ἀφροδίτης ναός, τὸ δὲ ἐν ὑπαίθρῳ τέμενος οὐ πολὺ ἀφεστηκὸς ἀπὸ τοῦ ναοῦ. καὶ τὴν μὲν ἐν τῷ ναῷ καλοῦσιν Οὐρανίαν, ἐλέφαντος δέ ἐστι καὶ χρυσοῦ, τέχνη Φειδίου, τῷ δὲ ἑτέρῳ ποδὶ ἐπὶ χελώνης βέβηκε· τῆς δὲ περιέχεται μὲν τὸ τέμενος θριγκῷ, κρηπὶς δὲ ἐντὸς τοῦ τεμένους πεποίηται καὶ ἐπὶ τῇ κρηπῖδι ἄγαλμα Ἀφροδίτης χαλκοῦν ἐπὶ τράγῳ κάθηται χαλκῷ· Σκόπα τοῦτο ἔργον, Ἀφροδίτην δὲ Πάνδημον ὀνομάζουσι. τὰ δὲ ἐπὶ τῇ χελώνῃ τε καὶ ἐς τὸν τράγον παρίημι τοῖς θέλουσιν εἰκάζειν.
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Derrière le portique construit avec le butin pris à Corcyre, il y a un temple d’Aphrodite et, se trouvant non loin du temple, le temenos à l’air libre. Celle qui se trouve dans le temple, ils l’appellent Ourania, elle est en ivoire et en or, et due à l’art de Phidias ; elle pose l’un des deux pieds sur une tortue. Le temenos de l’autre est entouré d’un mur. À l’intérieur du temenos se trouve une krepis et, sur la krepis, une statue d’Aphrodite en bronze est assise sur un bouc en bronze. L’œuvre est de Scopas et ils nomment Aphrodite Pandèmos. Quant à la signification de la tortue et du bouc, je laisse à ceux qui le désirent le soin de la conjecturer.
Il s’agit donc manifestement d’un sanctuaire d’Aphrodite accueillant deux statues de la déesse, diversement qualifiées : l’Ourania de Phidias s’élève dans le temple, la Pandèmos de Scopas se situe dans le temenos, qui sert en quelque sorte d’écrin à cette seule statue et non d’enceinte englobant la totalité du sanctuaire.181 De la même manière, le temenos extra-urbain de Zeus Lykaios était indépendant de l’autel. * L’utilisation du mot temenos dans la Périégèse ne paraît donc pas, au terme de ce parcours, relever d’un choix arbitraire de l’auteur ou du seul souci de travailler son style en variant son vocabulaire. Temenos désigne un espace consacré dont la délimitation est manifeste, et qui, sans autre précision dans la description, ne semble pas avoir accueilli de temple. Il sert aussi à désigner un bâtiment qui est passé d’un usage profane à un usage sacré, comme dans le cas de la maison où les mystères d’Éleusis avaient été parodiés à Athènes et dans celui de la maison du tyran Kléon à Sicyone. Dans un tiers des occurrences, il est utilisé pour désigner le lieu de culte d’un héros. Là encore, la notion de « domaine réservé » pourrait être entrée en résonance avec les emplois anciens du terme de temenos qui concernaient les figures royales de l’épopée. C’est peut-être la raison pour laquelle Pausanias a ainsi qualifié le sanctuaire athénien d’Aglauros : ni hieron (qui est avant tout divin, nous a-t-il semblé), ni hèrôon (puisqu’il n’enferme aucune tombe), le lieu de culte de la princesse athénienne était tout simplement l’espace que la cité lui réservait pour l’honorer : un temenos, un domaine circonscrit au flanc de la prestigieuse citadelle. Quant aux temenè divins, qu’ils fussent ou non construits, c’est sans doute davantage leur apparence qui devait faire surgir l’appellation, celle d’un espace bien délimité, ainsi que va davantage encore l’évoquer l’utilisation du mot περίβολος en alternance avec temenos.
181 Sur ces deux statues, voir V. Pirenne-Delforge, « Des épithètes exclusives dans la Grèce polythéiste ? L’exemple d’Ourania », in : N. Belayche – P. Brulé – G. Freyburger – Y. Lehmann – L. Pernot – F. Prost (éds.), Nommer les dieux. Théonymes, épithètes, épiclèses dans l’Antiquité (2005) 271-290, spéc. 283-286.
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1. 5. Περίβολος Le mot, qui désigne une enceinte, n’appartient pas à proprement parler au vocabulaire religieux. Ainsi, sur 70 occurrences, 14 désignent des remparts,182 quatre des enclos où s’exercent des athlètes,183 deux des enceintes d’agora.184 Toutefois, la prise en considération du mot dans le contexte qui nous occupe n’est pas négligeable puisque 50 emplois entrent en ligne de compte pour la description de sanctuaires.185 Le peribolos désigne aussi bien la vaste enceinte d’un sanctuaire important186 que les quelques pierres qui enserrent une béance réputée pour ses liens avec l’au-delà.187 Le choix du terme relève d’un souci d’exactitude dans la description puisqu’il fait référence à une réalité topographique tangible ; il articule également la présentation des diverses composantes d’un sanctuaire. Ainsi, près du théâtre d’Athènes s’élève, au dire de Pausanias, le plus ancien hieron de Dionysos188 et à l’intérieur de son peribolos se trouvent deux temples, l’un pour le Dionysos d’Éleuthères, l’autre abritant une réalisation d’Alkamène. Le propos passe donc graduellement du générique d’un lieu sacré au particulier des statues de culte. La référence au peribolos permet de situer les temples jumeaux dans une même structure sans recourir à nouveau à l’emploi de hieron. 182 Paus. I, 25, 8 ; 41, 6 ; II, 3, 3 ; 16, 5 ; IV, 9, 2 ; 27, 7 ; VI, 19, 11 ; VII, 18, 5 (2 occ.) ; VIII, 13, 2 ; 38, 1 ; IX, 7, 4 ; 8, 4 ; X, 4, 2. 183 Paus. VI, 21, 2 ; 23, 1 et 4-5. 184 Paus. VII, 22, 2 ; X, 32, 10. 185 46 emplois s’inscrivent dans une description et concernent 31 endroits différents, 4 fois le mot est employé en dehors d’une description. Pour les descriptions, il faut préciser que près de la moitié des periboloi apparaissent au livre II (21 occurrences pour 14 lieux). 186 Paus. I, 18, 6 et 7 : Zeus Olympien à Athènes ; II, 2, 1 : Poséidon sur l’Isthme ; II, 27, 1 et 3 : l’alsos sacré d’Asclépios à Épidaure ; II, 33, 3 : Poséidon à Kalaurie ; V, 4, 8 ; 15, 2 ; 27, 11 : Zeus à Olympie ; VIII, 31, 1 et 4 et 5 et 7 : les Grandes déesses à Mégalopolis ; VIII, 37, 1 et 3 : Despoina à Lykosoura ; X, 9, 1 ; 32, 1 : Apollon à Delphes ; X, 32, 12 : Asclépios à Tithoréa ; X, 32, 13 : Isis à Tithoréa. – Pour désigner l’intérieur du sanctuaire de Déméter à Éleusis, Pausanias écrira ἐντὸς τοῦ τεῖχους τοῦ ἱεροῦ (I, 38, 7). 187 Paus. II, 15, 3 : dans le district de Némée, le tombeau d’Opheltès est une béance entourée d’un mur de pierres intégrant des autels ; Paus. II, 36, 7 : aux environs de Lerne, un peribolos de pierres désigne le lieu où Plouton a enlevé Korè ; IX, 8, 3 : sur la route de Potniai à Thèbes. À ces diverses enceintes, on peut ajouter le peribolos du manteion de Trophonios à Lébadée : le manteion est ici le lieu même de la consultation, c’est-à-dire le χάσμα γῆς artificiel par lequel descendent les consultants et autour duquel devait s’élever une barrière (IX, 39, 9), et peut-être même des periboloi où s’accomplissent de mystérieux rituels en l’honneur de Déméter à Hermione (II, 34, 10). Soulignons enfin, pour clore cette énumération, qu’à Élis, Hadès a un hieros peribolos et un naos, affirmation que Pausanias répète afin d’en souligner le caractère exceptionnel (VI, 25, 2). 188 Paus. I, 20, 3 : τοῦ Διονύσου […] τὸ ἀρχαιότατον ἱερον.
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À l’instar de ses temenè, les periboloi d’Asclépios sont plus nombreux que pour n’importe quelle autre divinité : à Sicyone,189 à Titanè,190 à Épidaure,191 à Tithoréa,192 ce qui tend à confirmer la similitude de caractère des lieux sacrés que Pausanias désigne du nom de temenos et de hieron enclos, à l’exception de la présence d’un temple qui est assurée dans les quatre periboloi. Cette similitude est encore attestée par la description du sanctuaire urbain de Zeus Lykaios, sur l’agora de Mégalopolis.193 Pausanias y a vu un peribolos de pierres et un hieron du dieu dont l’entrée est interdite. Il décrit néanmoins ce qu’il y voit de l’extérieur, ce qui laisse clairement entendre que le hieron n’est pas, dans ce cas, un naos. Il clôt sa description par la mention du temenos de Zeus, appellation générique du hieron enclos d’un peribolos qu’il attribue explicitement au dieu six paragraphes plus loin.194 Cet exemple vient confirmer l’interprétation du hieron d’Héraclès donnée plus haut :195 le mot hieron désigne tout d’abord l’ensemble du sanctuaire, que Pausanias détaille par l’énumération du peribolos Paidizè, dans lequel se trouve le hieron qui, cette fois, est le temple dans lequel s’élève le xoanon.196 C’est donc bien tout le peribolos qui est le hieron d’Héraclès, comme le peribolos de l’agora mégalopolitaine est consacré à Zeus.
2. Les sanctuaires particuliers ou spécialisés 2. 1. Ἡρῷον197 (et un aperçu de μνῆμα et τάφος) La signification du terme hèrôon est donnée par sa formation même. Il s’agit du lieu où l’on honore un être humain auquel sa mort a conféré un statut héroïque, qu’il s’agisse d’un personnage épique ou d’un individu dont l’historicité n’est pas contestable.198
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Paus. II, 10, 2 et 4. Paus. II, 1, 6 et 8. Paus. II, 27, 1 et 3. Paus. X, 32, 12. Paus. VIII, 30, 2 : περίβολος δέ ἐστιν ἐν ταύτῃ λίθων καὶ ἱερὸν Λυκαίου Διός. Paus. VIII, 30, 8 : ὄπισθεν τοῦ περιβόλου τοῦ ἀνειμένου τῷ Λυκαίῳ Διὶ […]. Cf. supra, note 4. Paus. II, 10, 1. Sur 42 occurrences, 39 emplois s’inscrivent dans une description (7 occurrences apparaissent au pluriel) et concernent 36 endroits différents, 3 fois le mot est employé en dehors d’une description. 198 Une telle dichotomie n’est évidemment pas le fait de Pausanias pour qui l’historicité d’Agamemnon ou de Persée n’est pas douteuse.
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Mais l’utilisation d’un vocabulaire diversifié pour désigner le sanctuaire d’un héros (hieron, naos, temenos) laisse penser que le hèrôon est une structure dont la spécificité ne tient pas seulement à la qualité héroïque de celui qui s’y voit honoré. Pausanias n’explicite guère ce qu’il entend exactement par une telle évocation et se limite le plus souvent, pour qualifier le lieu du culte héroïque, à déterminer le mot hèrôon du nom de son propriétaire. Il précisera parfois, çà et là, que le hèrôon d’Ino à Mégare est entouré d’un mur de pierres et que des oliviers y poussent aussi,199 que celui d’Hyrnetho dans la région d’Épidaure comprend des oliviers dont il est interdit d’emmener les branchages, même tombés à terre,200 ou bien que les hèrôa des fils de Psophis, l’éponyme de la ville arcadienne, n’étaient plus fameux de son temps.201 Une lecture attentive permet néanmoins de confirmer ce que le statut héroïque laissait déjà entendre : la mort étant à l’origine des honneurs rendus, c’est une tombe, réelle ou supposée, qui détermine l’établissement d’un hèrôon. Plusieurs exemples l’attestent. Ino et Iphigénie possèdent chacune un hèrôon à Mégare car, nous dit Pausanias, elles auraient été inhumées en ce lieu ;202 Aigialeus, fils d’Adraste, est enterré à Pagai et son hèrôon s’appelle encore Aigialeion ;203 de la même manière, Aratos a été enterré à Sicyone et son hèrôon porte le nom d’Arateion ;204 les frères d’Hyrnetho ont emmené le cadavre de leur sœur à l’endroit désormais appelé Hyrnethion et ont établi un hèrôon.205 Une confirmation a contrario est apportée par la mention du hèrôon d’Iolaos à Thèbes : Pausanias l’assortit d’une réserve puisque les Thébains eux-mêmes admettent qu’il est mort en Sardaigne,206 preuve que le hèrôon implique la mort, ou du moins l’ensevelissement, sur place. L’exemple du héros archégète de Tronis en Daulide est le plus explicite. L’identité de l’archégète en question est controversée, mais le rituel est décrit : quotidiennement les Phocidiens apportent des victimes sacrificielles dont le sang s’écoule dans une ouverture pratiquée dans la tombe.207 C’est donc le taphos qui est au centre du hèrôon.
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Paus. I, 42, 7. Paus. II, 28, 7. Paus. VIII, 24, 7 : οὐκ ἐπιφανῆ κατ’ ἐμὲ ἔτι ἦν ἡρῷα. Paus. I, 42, 7 ; I, 43, 1. Paus. I, 44, 4. Paus. II, 8, 1 ; II, 9, 4. Paus. II, 28, 6-7. Paus. IX, 23, 1. Il en va de même pour Pandion, dont Pausanias mentionne le hèrôon mégarien, tout en soulignant qu’il est enterré ailleurs (I, 41, 6). 207 Paus. X, 4, 11.
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Les nombreuses tombes de héros relevées au passage par Pausanias,208 sans qu’il soit fait mention d’un hèrôon, font parfois l’objet d’un rituel particulier,209 quand ce ne sont pas leurs caractéristiques formelles210 qui reçoivent une attention spéciale dans la description. Sans prétendre qu’aucune de ces tombes ne puisse être qualifiée de hèrôon en l’absence d’une telle notation, et donc que Pausanias ait fait preuve de la rigueur la plus grande dans l’évocation de ces réalités héroïques, on est tenté de concevoir, là où il parle d’un hèrôon, l’existence d’une structure bâtie autour ou à l’entour du tombeau. Car, à une exception près, quand il parle d’un mnèma ou d’un taphos isolé, jamais une telle structure n’apparaît. L’exception concerne Castor à Sparte, qui possède un μνῆμα sur lequel un hieron a été établi.211 L’explication d’une telle structuration du lieu sacré réside dans le processus de divinisation qui a frappé les Tyndarides.212 Par analogie, on peut supposer que le hèrôon est une structure bâtie sur – ou à côté de – certaines tombes de héros pour accroître le prestige de leur statut. Et le fait que le hèrôon d’Alkathoos soit devenu un dépôt d’archives lorsque Pausanias visite Mégare viendrait confirmer cette hypothèse.213
208 218 occurrences pour μνῆμα (dont 3 citations et une restitution), 163 pour τάφος, 6 pour σῆμα (dont 2 citations). L’utilisation respective de μνῆμα et de τάφος ne semble pas traduire une différence formelle (les équivalents français « tombeau » et « tombe » seraient pareillement interchangeables) car, à de nombreuses reprises, les deux termes interviennent dans la description d’un même monument et répondent donc à des impératifs plus stylistiques que sémantiques (e.g. II, 11, 1 ; 22, 1 ; V, 6, 6 ; VI, 21, 3 ; VII, 17, 8 ; 25, 13 ; VIII, 11, 8 ; 13, 5 ; 26, 4 ; IX, 17, 6 ; 22, 6 ; X, 24, 6). S’il faut tout de même refléter dans la traduction la différence de terme, on peut traduire taphos par « tombe / tombeau » et mnèma par « monument funéraire ». Cf. M. Jost, in : M. Casevitz – M. Jost, Pausanias. Description de la Grèce, tome VIII. Livre VIII : L’Arcadie (1998) xlii : tombe et monument. 209 E. g. Paus. I, 41, 9 (le tombeau de Térée à Mégare) ; II, 20, 3 (Phoroneus à Argos) ; IV, 32, 3 (Aristomène à Messène) ; VII, 17, 8 (Sostratos peu avant Dymaion) ; VII, 20, 9 (Preugénès à Patras) ; IX, 18, 3 (les enfants d’Œdipe sur la route de Thèbes à Chalcis). 210 E. g. Paus. I, 43, 8 (le tombeau de Koroibos sur l’agora de Mégare) ; I, 44, 6 (Kar sur la route de Mégare à Corinthe) ; II, 2, 4 (Laïs dans le Kraneion aux abords de Corinthe) ; II, 15, 3 (Opheltès dans le hieron de Zeus à Némée) ; II, 29, 9 (Phokos à Égine) ; VIII, 16, 5 (une Hélène indigène de Jérusalem). 211 Paus. III, 13, 1 : ἔστι δὲ Κάστορος μνῆμα, ἐπὶ δὲ αὐτῷ καὶ ἱερὸν πεποίηται. 212 Ibid. : τεσσαρακοστῷ γὰρ ὕστερον ἔτει τῆς μάχης τῆς πρὸς Ἴδαν καὶ Λυγκέα θεοὺς τοὺς Τυνδάρεω παῖδας καὶ οὐ πρότερον νομισθῆναι φασι. 213 Paus. I, 43, 4 : ἐντεῦθεν πρὸς τὸ Ἀλκάθου βαδίζουσιν ἡρῷον, ᾧ Μεγαρεῖς ἐς γραμμάτων φυλακὴν ἐχρῶντο ἐπ’ ἐμοῦ. Comme la formulation est différente dans le cas du Bouleutèrion de Mégare, qui est venu surplomber des tombeaux héroïques, on peut supposer que c’est la structure bâtie du hèrôon qui accueillait les archives (I, 43, 3 : βουλευτήριον ἐνταῦθα ᾠκοδόμησαν, ἵνα σφίσιν ὁ τάφος τῶν ἡρώων ἐντὸς τοῦ βουλευτηρίου γένηται). Sur les formes diverses des hèroa, voir Hellmann, L’architecture grecque, op. cit. (note 58) 281287.
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2. 2. Ἄδυτον214 À la manière de hieron, adyton désigne, par la forme neutre de l’adjectif, la qualité prédominante d’un lieu. Hieron en souligne le caractère sacré, adyton en marque l’inaccessibilité, fût-elle conditionnelle. En outre, la formation de l’adjectif luimême laisse entendre que l’endroit réservé d’accès implique d’y descendre. Et c’est bien le cas dans la Périégèse. L’adyton y apparaît comme un terme technique essentiellement appliqué à une catégorie de sanctuaires bien déterminée et peu représentée : les espaces souterrains qui dissimulent aux regards des pratiques tombant sous le coup d’un secret, d’un interdit ou procurant une révélation. C’est clair dans le cas du culte de Palaimon sur l’Isthme qui, outre un naos, compte « ce que l’on appelle un adyton »215 dont l’entrée passe sous la terre et où, « dit-on », Palaimon a été caché. De même, à Lébadée, l’adyton sacré de Trophonios est un antre souterrain.216 À Pellène aussi, l’adyton d’Athéna s’enfonce dans la terre sous la statue de culte chryséléphantine, lui fournissant l’humidité nécessaire à sa bonne conservation ;217 quant à savoir si ce dernier adyton avait une fonction cultuelle particulière, seul le nom permettrait de le penser. La nature de l’adyton d’Isis à Tithoréa dont Pausanias évoque longuement le culte n’est pas précisée, mais on peut en déduire le caractère souterrain par la comparaison qu’opère Pausanias avec le culte de la déesse à Koptos en Égypte : il faut « descendre » pour atteindre l’adyton d’Isis.218 Quant aux adyta des dieux katachthonioi des cités sur le Méandre en Asie Mineure, le nom de leurs propriétaires laisse entendre qu’ils se situaient également sous terre.219 Le célèbre adyton d’Apollon à Delphes surgit une seule fois dans la Périégèse et, singulièrement, il apparaît hors description. En effet, c’est à la faveur de l’évocation 214 23 occurrences pour 8 lieux différents. – Ἄβατον n’apparaît que trois fois et une seule occurrence concerne un sanctuaire : Pausanias l’utilise pour qualifier le thalamos de Sémélè à Thèbes (IX, 12, 3). Cf. M. B. Hollinshead, « ‹Adyton›, ‹Opisthodomos›, and the Inner Room of the Greek Temple », Hesperia 68 (1999) 189-218. 215 Paus. II, 2, 1 : τοῦ περιβόλου δέ ἐστιν ἐντὸς Παλαίμονος ἐν ἀριστερᾷ ναός, ἀγάλματα δὲ ἐν αὐτῷ Ποσειδῶν καὶ Λευκοθέα καὶ αὐτὸς Παλαίμων. ἔστι δὲ καὶ ἄλλο Ἄδυτον καλούμενον, κάθοδος δὲ ἐς αὐτὸ ὑπόγεως, ἐνθα δὴ τὸν Παλαίμονα κεκρύφθαι φασίν. 216 Paus. IV, 16, 7 : καταβὰς ἐς τὸ ἄδυτον ἱερὸν τοῦ Τροφωνίου τὸ ἐν Λεβαδείῳ […] ; IX, 39, 13 : τὸν δὲ ἀναβάντα παρὰ τοῦ Τροφωνίου […]. 217 Paus. VII, 27, 2 : λέγουσι δὲ οἱ Πελληνεῖς καὶ ἄδυτον τῆς Ἀθηνᾶς καθήκειν ἐς βάθος τῆς γῆς, εἶναι δε τὸ ἄδυτον τοῦτο ὑπὸ τοῦ ἀγάλματος τῷ βάθρῳ, καὶ τὸν ἀέρα ἐκ τοῦ ἀδύτου νότιόν τε εἶναι καὶ δι’ αὐτὸ τῷ ἐλέφαντι ἐπιτήδειον. 218 Paus. X, 32, 18 : […] ἐς τὸ ἄδυτον καταπέμψαι τῆς Ἴσιδος τὸ ἐν Κόπτῳ […] ἀνέστρεψε ἐκ τοῦ ἀδύτου. 219 Paus. X, 32, 13 : τὸ δὲ αὐτὸ καὶ ἐν ταῖς ὑπὲρ Μαιάνδρου πόλεσι θεοὶ ποιοῦσιν οἱ καταχθόνιοι· οὓς γὰρ ἂν ἐς τὰ ἄδυτα ἐσιέναι θελήσωσιν, ἀποστέλλουσιν αὐτοῖς ὀνειράτων ὄψεις.
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de la fontaine Kassotis que Pausanias associe adyton et inspiration divine : l’eau en question rentre sous terre et c’est elle qui « fait des femmes des prophétesses dans l’adyton du dieu ».220 En revanche, deux paragraphes plus haut, décrivant le temple lui-même, Pausanias évoque simplement « la partie la plus reculée du temple, où n’ont accès qu’un petit nombre de gens » et où se trouve une statue d’Apollon en or.221 Cette partie du temple était sans doute l’adyton, mais l’autopsie des lieux, forcément limitée par les restrictions d’accès, n’a pas fait surgir la notion dans la description. En revanche, le cours souterrain des eaux de Kassotis appelait, lui, ce nom, certes traditionnel, mais aussi techniquement adéquat pour désigner un lieu où la tradition antérieure à Pausanias précise qu’il fallait « descendre » pour consulter le dieu.222 Au vu de tous ces exemples, l’adyton de Dionysos à Amphikleia,223 pour lequel Pausanias ne donne aucun indice topographique, impliquait manifestement de « descendre » pour l’atteindre. Et il n’est pas impossible d’y voir un de ces antres dionysiaques – éventuellement souterrains – dont il convient de parler brièvement.
2. 3. Ἄντρον224 L’antre est une grotte vouée au culte d’une ou de plusieurs divinité(s),225 Dionysos s’y voit représenté sur le coffre de Kypsélos226 et, en Laconie, les gens de Brasiai ont montré au visiteur l’antre où Ino éleva le dieu.227 La grotte de Déméter Melaina à Phigalie est ainsi désignée dans un oracle de Delphes228 et Pausanias use de la même appellation.229 L’antre des nymphes coryciennes, rendu célèbre par les fouilles de l’École française, se taille une part de choix dans l’ensemble des occurrences du mot (5) et d’autres nymphes, sphragidiennes, trouvent également refuge dans un 220 Paus. X, 24, 7 : ταύτης τῆς Κασσοτίδος δύεθαί τε κατὰ τῆς γῆς λέγουσι τὸ ὕδωρ καὶ ἐν τῷ ἀδύτῳ τοῦ θεοῦ τὰς γυναῖκας μαντικὰς ποιεῖν. 221 Paus. X, 24, 5. 222 Cf. G. Daux, Delphes, son oracle et ses dieux (1976) 105-110. 223 Paus. X, 33, 11 : θέας δὲ μάλιστα ἄξια Διονύσῳ δρῶσιν ὄργια, ἔσοδος δὲ ἐς τὸ ἄδυτον <οὐκ ἔστι> οὐδὲ ἐν φανερῷ σφισιν ἄγαλμα [οὐκ ἔστι]. 224 16 occurrences (dont une citation) pour 9 lieux différents, dont 4 sont indépendants d’une description directe. 225 À propos de Clazomènes, Pausanias évoque l’existence d’un antre « de la mère de Pyrrhos » et une histoire locale sur le berger Pyrrhos (VII, 5, 11). 226 Paus. V, 19, 6. 227 Paus. III, 24, 4. 228 Paus. VIII, 42, 6. 229 Paus. VIII, 42, 1.
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antre, sur le Cithéron.230 Toujours en Béotie, à Lébadée, une grotte vouée à des dieux guérisseurs est appelée antron dans le récit mythique de sa découverte.231 Pausanias mentionne également deux antres de Phrygie232 dont la description intervient parmi celle d’autres grottes remarquables. Toute grotte vouée à un dieu ne reçoit cependant pas systématiquement le nom d’ἄντρον dans la Périégèse233 et le mot n’est pas limité à la désignation d’un sanctuaire.
2. 4. Μέγαρον234 Le megaron ancien est une vaste salle du palais mycénien comportant un foyer, parfois l’appartement des femmes.235 Hormis les deux extraits des Ehoai que cite Pausanias,236 ce sens archaïque n’apparaît pas dans le texte. Au livre I, parlant du toponyme Μέγαρα, Pausanias se lance dans une explication étymologique du nom de la cité. C’est sous le règne du roi Kar que, pour la première fois, apparurent des hiera de Déméter et que les hommes usèrent du nom de Megara.237 Que le μέγαρον soit bien, à l’origine, un sanctuaire de Déméter, dans l’esprit du Périégète, est confirmé lors de la description de l’acropole Karia de Mégare où se trouve τῆς Δήμητρος τὸ καλούμενον μέγαρον qui fut établi au temps du roi éponyme de la citadelle.238 Quant à savoir quelle réalité topographique ou architecturale une telle appellation recouvre, Pausanias n’en offre guère la possibilité, pas plus à Mégare qu’ailleurs. L’évocation du megaron de la déesse à Kainèpolis en Laconie ne dépasse pas le simple énoncé,239 mais la juxtaposition d’un naos d’Aphrodite laisse entendre que l’édifice pour Déméter n’est pas identifiable à un « temple » au sens strict. L’apparence des megara attribués à d’autres dieux n’est pas plus claire. Les Méliastes de Dionysos célèbrent les orgia du dieu dans la campagne de Mantinée ; une fontaine porte leur nom et près d’elle se trouve un megaron de Diony230 231 232 233 234 235 236 237 238 239
Paus. IX, 3, 9. Paus. IX, 39, 2. Paus. X, 32, 3-4. E. g. Paus. II, 23, 1 : Διονύσου σπήλαιον ; III, 24, 2 : σπήλαιον ἱερὸν Ἀσκληπιοῦ ; V, 5, 11 : σπήλαιον […] καλούμενον Ἀνιγρίδων νυμφῶν ; VIII, 36, 3 : σπήλαιον τῆς Ῥέας. 11 occurrences, dont 2 citations des Ehoai et une restitution. 7 occurrences relèvent d’une description pour 6 endroits différents. P. Chantraine, Dictionnaire étymologique de la langue grecque (1968) 674. Paus. IX, 36, 7 ; 40, 6. Paus. I, 39, 5 : τότε πρῶτον λέγουσιν ἱερὰ γενέσθαι Δήμητρος αὐτοῖς, τότε ἀνθρώπους ὀνομάσαι Μέγαρα. Paus. I, 40, 6. Paus. III, 25, 9 : ἐν αὐτῇ δὲ μέγαρον Δήμητρος […].
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sos,240 sans plus de précision. Les Kourètes de Messène possèdent un megaron et « là on fait se consumer des animaux de toutes sortes ».241 Un sacrifice particulier est également en vigueur dans le megaron du sanctuaire de Despoina à Lykosoura, ainsi que la célébration des mystères.242 Dans ce dernier cas, le megaron devait être une structure bâtie d’envergure puisqu’il fallait y rassembler les mystes à l’abri des indiscrétions. Les fouilles à Lykosoura ont mis au jour, en un lieu conforme à la description de Pausanias,243 une construction – sans doute à ciel ouvert – dont la complexité pourrait expliquer que, les deux fois où il l’évoque, Pausanias le qualifie de καλούμενον μέγαρον. Le terme de megaron ne semble donc pas désigner une disposition topographique systématique ou un édifice « canonique », même s’il apparaît dans le cadre de cultes à vocation mystérique ou orgiastique. Dans le cas des Kourètes de Messène et de la Despoina de Lykosoura, un sacrifice hors norme implique une mise en évidence du foyer qui constitue le cœur de la procédure. Serait-ce également cette disposition qui caractérise les différentes occurrences d’un megaron pour Déméter et celui des Méliastes de Dionysos ? On peut au moins en faire l’hypothèse, qui a le mérite de renvoyer au foyer central du megaron dans son acception ancienne. Elle trouve également un écho dans un fragment d’Ammonios de Lamptres : τὸ δὲ μέγαρον, ἡ περιῳκοδομημένη ἑστία, ἔνθα τὰ μυστικὰ τῆς Δήμητρος.244 Une seule fois, Pausanias évoque la précipitation des porcelets « dans ce que l’on appelle des megara »245 dans le cadre du culte de Déméter et Korè à Potniai en Béotie, sans doute en contexte thesmophoriaque.246 Dans ce cadre précis, le terme de megaron s’est substitué à celui de bothros.247 Mais les megara architec240 Paus. VIII, 6, 5 : οἱ Μελιασταὶ δὲ οὗτοι δρῶσι τὰ ὄργια τοῦ Διονύσου, καὶ Διονύσου τε μέγαρον πρὸς τῇ κρήνῃ […]. 241 Paus. IV, 31, 9 : πλησίον δὲ Κουρήτων μέγαρον, ἔνθα ζῷα τὰ πάντα ὁμοίως καθαγίζουσιν. 242 Paus. VIII, 37, 8 : παρὰ δὲ τὸν ναὸν τῆς Δεσποίνης ὀλίγον ἐπαναβάντι ἐν δεξιᾷ Μέγαρόν ἐστι καλούμενον, καὶ τελετήν τε δρῶσιν ἐνταῦθα καὶ τῇ Δεσποίνῃ θύουσιν ἱερεῖα οἱ Ἀρκάδες πολλά τε καὶ ἄφθονα (cf. aussi VIII, 37, 10). – Par analogie avec ce passage, on a restitué un megaron pour l’initiation dans la description du sanctuaire des Grandes déesses à Mégalopolis (VIII, 31, 7). 243 Cf. Jost, Sanctuaires, op. cit. (note 2) 177, qui argumente en faveur d’une telle identification. 244 A. Tresp, Die Fragmente der griechischen Kultschriftsteller (1914) 90-96, fr. I. Cf. L. Robert, « Sur deux inscriptions grecques », in : Mélanges Bidez (Annuaire de l’Institut de Philologie et d’Histoire orientales) 2 (1934) 793-812 (= Opera Minora Selecta II [1969] 988-1007), spéc. 810-812. 245 Paus. IX, 8, 1 : ἐν χρόνῳ δὲ εἰρημένῳ δρῶσι καὶ ἄλλα ὁπόσα καθέστηκέ σφισι καὶ ἐς τὰ μέγαρα καλούμενα ἀφιᾶσιν ὗς τῶν νεογνῶν. 246 W. Burkert, Greek Religion (1985) 242-243. 247 Le mot bothros peut être qualifié de « technique » et désigne un trou, une fosse qui accueille un rituel particulier. Les bômoi portent en hauteur les parts sacrificielles. Le mouvement du
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turaux que croise Pausanias ne sont pas assimilables, ipso facto, à des structures souterraines.248
2. 5. Μαντεῖον249 et χρηστήριον250 À l’instar du mot français « oracle », l’emploi de μαντεῖον et de χρηστήριον dans la Périégèse mêle les notions de « sanctuaire oraculaire » et d’« instance oraculaire ». Ces deux termes ne recouvrent pas, en revanche, le troisième sens du mot français « oracle », à savoir la sentence oraculaire251, rendue par μάντευμα, μαντεία et χρησμός.252 L’oracle de Delphes se taille la plus grande partie des emplois de μαντεῖον et de χρηστήριον, suivi par celui de Trophonios à Lébadée.253 À quelques reprises, des préoccupations stylistiques ont conduit Pausanias à utiliser les
248
249 250 251 252 253
bothros est inverse, s’enfonçant dans les profondeurs du sol pour en atteindre les puissances spécifiques. Les bômoi sont récurrents dans les descriptions de Pausanias ; les bothroi sont des curiosités rares. À Argos, c’est un certain Nikostratos qui a instauré le rituel du bothros et, à l’époque de Pausanias, les Argiens y jettent encore des torches enflammées en l’honneur de Korè (II, 22, 3). À Olympie, dans le temenos de Pélops, le sacrifice d’un bélier noir a lieu au-dessus d’un bothros (V, 13, 2). À Lébadée, à l’endroit où Trophonios a été englouti, se trouve le bothros dit « d’Agamédès ». Ce détail ressort du récit des mésaventures du héros et de son frère Agamédès (IX, 37, 7), et le bothros réapparaît lors de la description minutieuse des procédures de consultation (IX, 39, 6). À Titanè, un bômos des Vents accueille une nuit par an un sacrifice, tandis que quatre bothroi sont le lieu d’un rite secret pour se concilier ces dieux, accompagné de formules magiques « de Médée » (II, 12, 1). Robert, « Sur deux inscriptions », loc. cit. (note 244) 810-812, évoque une construction cultuelle qui était, en tout ou en partie, une crypte. A. Henrichs, « Μέγαρον im Orakel des Apollon Kareios », Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 4 (1969) 31-37 est plus circonspect. Pour E. Volanaiki-Kontoleontos, qui analyse soigneusement la documentation archéologique et épigraphique sur le thème et fournit un status quaestionis auquel je renvoie, rien ne permet d’identifier le megaron avec une structure souterraine (« Μεγάρου Ἐπίσκεψις Ι », Horos 10-12 [1992-98] 473-490). Une telle adéquation se fonde sur une extension abusive de l’image des fosses que doivent être les megara thesmophoriaques. 31 occurrences pour 11 oracles différents. 16 occurrences (+ 1 citation) pour 7 oracles différents. Une exception pour χρηστήριον en X, 15, 3. Respectivement 50, 24 et 57 emplois. Manteion de Delphes : I, 2, 5 ; III, 1, 6 ; 4, 6 ; 10, 4 ; VIII, 24, 8 ; X, 5, 5-7 (5 occ.) ; 6, 6 ; 24, 4 ; chrèstèrion de Delphes : III, 4, 4 ; 11, 8 ; VII, 1, 8 ; 2, 1 ; 19, 4 ; X, 5, 5 ; 13, 8 ; 22, 12. – Manteion de Lébadée : IX, 39, 4-9 (5 occ.) ; 40, 1-2 (3 occ.) ; chrèstèrion de Lébadée : IV, 32, 5 ; IX, 40, 2. – Manteion d’Amphilochos en Cilice (I, 34, 3) ; de la Nuit à Mégare (I, 40, 6) ; d’Ammon en Libye (III, 18, 3 ; V, 15, 11 ; VI, 8, 3) ; d’Ino à Thalamai (III, 26, 1) ; de Gè à Olympie (V, 14, 10) ; d’Apollon à Didymes (VII, 2, 6) ; d’Apollon à Claros (VII, 3, 1) ; de Déméter (ou Gè ?) à Patras (VII, 21, 12) ; d’Apollon Ptoïos (IX, 23, 6). – Chrèstèrion de Dodone (VII, 21, 2) ; d’Apollon en Lycie (VII, 21, 13) ; d’Hermès à Pharai (VII, 22, 2) ; d’Apollon à Claros (VIII, 29, 4) ; d’Apollon à Abai (X, 35, 1).
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deux termes en alternance pour évoquer Delphes et Lébadée,254 et l’on ne peut que constater la parfaite synonymie de ce couple de mots dans son texte. L’ambivalence de la notion d’« oracle » provient de l’ancrage local des instances divinatoires évoquées par manteion et chrèstèrion. Les sentences ou les signes éclairants des dieux sont délivrés dans un sanctuaire, mais rien ne permet d’en déduire que les deux termes font référence à une forme architecturale ou à un complexe naturel déterminés. Manteion et chrèstèrion désignent avant tout l’« institution » oraculaire associée à un endroit donné, ce qui explique pourquoi Pausanias peut se permettre de qualifier un manteion d’ἀψευδές255 ou d’en faire le sujet d’une action.256 Un exemple de l’emploi de chacun des termes devrait permettre d’en comprendre davantage encore la portée et l’ambiguïté. À Lébadée, où Pausanias s’est lui-même soumis aux procédures oraculaires, le parcours de sa visite est tout entier orienté vers le manteion dont il décrit, d’une part le mode de consultation et, d’autre part, l’apparence formelle, rassemblant dès lors sous une même appellation l’idée de révélation et celle de lieu.257 Sur l’agora de Pharai, Pausanias a vu un pilier hermaïque d’Hermès barbu portant l’épiclèse d’Agoraios. Et il enchaîne,« à côté de lui est établi un chrèstèrion ». Il s’agit en fait d’un foyer en pierre situé devant la statue et auquel sont scellées deux lampes en bronze. S’ensuit alors la description du rituel oraculaire. La notion de chrestèrion mêle à la fois la donnée concrète de l’hestia sur laquelle le consultant brûle de l’encens et la notion abstraite d’instance oraculaire à laquelle préside la statue d’Hermès.258 En d’autres sanctuaires, le manteion ou le chrèstèrion est caractérisé par une source,259 une béance géologique260 ou par la conviction que les rêves faits en un tel lieu offrent une réponse aux questions.261 * L’utilisation du vocabulaire du sanctuaire dans la Périégèse répond généralement à des critères rigoureux. Pausanias ne sacrifie pas volontiers, semble-t-il, la précision d’une désignation à des impératifs de style.262 Il n’en reste pas moins que l’utilisa254 255 256 257 258 259 260 261 262
Paus. III, 4, 4 et 6 ; 10, 4; 11, 8 ; IX, 40, 2 ; X, 5, 5. Paus. I, 34, 3 ; VII, 21, 12 ; IX, 23, 6. Paus. I, 2, 5. Paus. IX, 39, 4-5 ; 39, 9. Paus. VII, 22, 2-3 : παρὰ δὲ αὐτῷ καὶ χρηστήριον καθέστηκε. Paus. VII, 21, 12. Paus. IX, 39, 9 ; 40, 2. Paus. III, 18, 3. Voir aussi M. Moggi, « Il lessico del paesaggio in Pausania », in : P. Radici Colaci (éd.), Atti del II seminario internazionale di Studi sui lessici tecnici greci e latini, Messina, 14-16 dic. 1995 (1997) 189-205, spéc. 204-205.
V. Pirenne-Delforge, Le lexique des lieux de culte dans la Périégèse de Pausanias
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tion fréquente du mot ἱερόν dans une perspective générique ne permet pas, dans bon nombre de cas, de concevoir la réalité topographique que dissimule le mot. Le recours à des termes comme ναός, ἄλσος, ἡρῷον, ἄδυτον, ἄντρον, μέγαρον renvoie à un lexique plus ou moins « technique » : le sanctuaire ainsi dénommé, en tout ou en partie, comporte l’un ou l’autre élément particulier ou se signale globalement par sa forme singulière. Mais une telle « technicité » reste toute relative dans des descriptions souvent allusives. Des réalités diverses peuvent se cacher derrière un label de ce type. Ainsi, le ναός renvoie à la notion générique de temple, dont l’utilisation implique une structure architecturale spécifique – c’est le ναοῦ σχῆμα de certaines tombes –, mais cette donnée n’est pas pour autant « canonique ». L’ἄλσος implique un cadre arboré et sacralisé, mais il est des cas où la description semble appeler une désignation en ἄλσος que Pausanias n’utilise pas dans le contexte apparemment adéquat. Le ἡρῷον, quant à lui, est l’appellation générique des aménagements entrepris autour d’un tombeau héroïque : le terme est donc technique, mais les réalités concrètes auxquelles ils renvoient sont sans doute plus complexes et plus variées que ne laisse entendre l’usage un peu mécanique du mot par Pausanias. L’ἄδυτον renvoie, lui, à un espace souterrain, quel qu’il soit, et l’ἄντρον, à un espace naturel auquel le nom de σπήλαιον semble convenir tout autant. Le μέγαρον, pour sa part, renvoie à des données architecturales fuyantes, mais le plus petit commun dénominateur des occurrences du terme pourrait être, comme l’affirmait Ammonios de Lamptres, l’existence d’un foyer à la structure monumentalisée. Les cas où apparaît un τέμενος renvoient essentiellement – mais pas uniquement – à un espace non construit qui tient lieu de « domaine » dévolu à un dieu ou à un héros. Ce sens est également perceptible quand un bâtiment profane passe dans le domaine du culte. D’autres occurrences de temenè divins devaient relever de l’apparence des lieux : il y a fort à parier que le sanctuaire delphique d’Apollon reçoit l’appellation de temenos au vu de la situation particulière de ce vaste ensemble foisonnant qui devait contraster fortement, au temps de sa splendeur, avec l’âpre flanc montagneux du Parnasse. Les conclusions qu’il est possible de tirer de ce parcours lexical restent certes limitées, et un usage rigoureux de son vocabulaire par Pausanais ne signifie pas que le lecteur moderne puisse systématiquement postuler une même réalité derrière un même mot. De plus, invoquer les nécessités de style pour expliquer nos incompréhensions n’apporte guère d’explication satisfaisante dans bon nombre de cas. En appeler à une logique religieuse dont Pausanias ne ferait pas clairement état semble tout aussi peu convaincant.
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Quoi qu’il en soit, si un tel parcours permettait aux utilisateurs de la Périégèse d’y voir un peu plus clair sur tel ou tel emploi, en donnant d’emblée une vision d’ensemble de tel champ lexical, le présent article aurait atteint son objectif.
Dr. Vinciane Pirenne-Delforge F. R. S. – FNRS (Université de Liège) Département des Sciences de l’Antiquité 7, place du 20-Août BE – 4000 Liège Belgique [email protected]
Die Stadt als religiöser Raum in der Spätantike* Franz Alto Bauer Einführung: Die Siebenschläferlegende Will man der bekannten Legende der Siebenschläfer Glauben schenken, dann ereigneten sich unter Kaiser Decius (249-251) grausame Christenverfolgungen.¹ Angeblich war Decius im Jahre 251 nach Ephesos gekommen, um persönlich über die Opfer an die Götter zu wachen. Sieben Christen jedoch, Palastdiener des Kaisers, weigerten sich, ihrer Opferpflicht nachzukommen. Der Kaiser, der im Begriff war Ephesos für einige Zeit zu verlassen, räumte ihnen Bedenkzeit bis zu seiner Rückkunft ein. Nicht willens, ihrem christlichen Glauben abzuschwören, zogen es die Sieben vor, sich in einer Höhle im Berg Anchilus zu verstecken, um ungestört zu Gott beten zu können. Da Nahrungsmittel beschafft werden mußten, ging der jüngste regelmäßig als Bettler verkleidet in die Stadt. Als er sah, daß Decius nach Ephesos zurückgekehrt war, beeilte er sich, zu den anderen zurückzugehen, und konnte nur wenig Brot mitbringen. Nachdem der spärliche Vorrat unter Wehklagen aufgezehrt worden war, fielen die Sieben in Schlaf. Decius wiederum machte sich auf die Suche nach seinen Palastdienern und fand ihr Versteck erst, als er deren Vätern Folter androhte. Daraufhin ließ er den Höhleneingang verschließen, um sie lebend zu begraben. Theodorus und Rufinus, zwei weitere christliche Diener des Kaisers, schrieben das Geschehene heimlich auf bleiernen Tafeln nieder und versteckten diese unter den Steinen am Höhleneingang. Bald darauf starb Decius. Fast zwei Jahrhunderte später, unter der Regierung des Kaisers Theodosius II. (408-450), führte man einen heftigen Disput über Fragen der Auferstehung nach dem Tode. Häretiker bestritten die leibliche Auferstehung, und selbst Theodosius II. war sich nicht mehr sicher. Da geschah es, daß in Ephesos ein gewisser Adolius einen Viehstall errichten und dabei Steine vom Eingang der Siebenschläfer*
Für Hilfe und Anregungen danke ich Frau Ilse Rollé-Ditzler, M. A. Älteste erhaltene Version in Syrisch überliefert bei Jakob von Sarug (gest. /), lat. Übers. in Acta Sanctorum, . Juli, -. Lateinische Version überliefert bei: Gregor von Tours, Passio septem Dormientium. Monumenta Germaniae Historica script. rer. Merov. I. , -. Deutsche Übersetzung der lateinischen Version in: Das Cömeterium der Sieben Schläfer. Forschungen in Ephesos IV, () -. Dazu J. Koch, Die Siebenschläferlegende, ihr Ursprung und ihre Verbreitung. Eine mythologisch-literaturgeschichtliche Studie ().
DOI 10.1515/ARG.2008.008
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höhle verwenden ließ. Als dabei die Höhle geöffnet wurde, wachten die Sieben auf, erkannten aber nicht, fast zwei Jahrhunderte geschlafen zu haben. Abermals machte sich also der jüngste nach Ephesos auf, um Nahrungsmittel zu besorgen. Doch hatte sich das Erscheinungsbild der Stadt verändert:² „Als er sich dem Stadttor näherte, sah er Kreuze über dem Tor, und voller Verwunderung sprach er zu sich: ‚Was geschah seit dem gestrigen Sonnenuntergang, als ich die Stadt verließ? Ließ sich das Herz des Decius erweichen, daß er das Stadttor mit dem Zeichen des Kreuzes versah?‘ Und als er die Stadt betrat, bemerkte er, wie Menschen auf den Namen Christi schworen und zur Kirche blickten, wie sich Kleriker durch die Stadt bewegten und die Stadtmauer erneuerten. Voller Erstaunen sprach er zu sich selbst: ‚Glaubst Du, eine andere Stadt betreten zu haben?‘“ Der Händler, bei dem er Brote kaufen wollte, konnte sich die Herkunft der alten Münzen mit dem Bild des Kaisers Decius nicht erklären und schöpfte Verdacht. Man nahm den Jüngling also fest und führte ihn vor den Bischof und den Statthalter. Jetzt erst erfuhr er, daß Decius schon lange tot war, daß er mit seinen Gefährten fast zwei Jahrhunderte geschlafen hatte. Er führte Statthalter, Bischof und Volk zur Höhle, man entdeckte die unter einem Stein verborgene Tafel mit dem Bericht von der Zumauerung der Höhle. Sogar Kaiser Theodosius II. kam nach Ephesos, um sich von dem Wunder zu überzeugen. Die Sieben bezeugten vor dem Herrscher ihre Auferweckung und entschliefen dann endgültig. Theodosius, nunmehr überzeugt von der leiblichen Auferstehung, ließ über der Höhle eine Kirche errichten. Die Siebenschläferlegende ist zunächst ein eindrucksvolles Zeugnis, wie Heiligenerzählungen in religionspolitischen Auseinandersetzungen instrumentalisiert wurden: noch vor der Räubersynode des Jahres 439 entstanden, in der sich die monophysitische Naturenlehre durchgesetzt hatte, nahm sie Bezug auf einen theologischen Streit bezüglich der leiblichen Auferstehung und bildete anschaulichen ‚Beleg‘ für die Auferstehung nach dem Tode.³ Darüber hinaus ist die Erzählung in besonderer Art geeignet, in das Problem der Christianisierung der spätantiken Stadt einzuführen. Denn der Plot der Geschichte besteht ja in einer Zeitreise, im unbewußten Überdauern einer Zeitspanne, in der das Heidentum seinen Einfluß
Gregor von Tours, Passio septem Dormientium, a. O. (Anm. ) 27-6: Appropinquans autem ad portam civitatis, vidit signum crucis supra portam, et stupefactus, miratus est, dicens infra se: ‚numquid ab die hesterna post solis occasum, cum ego egrediebar de urbe, cor Decii inmutatum est, ut crucis signaculo portam civitatis muniret?‘ Ingressusque urbem, audivit homines per Christi nomen iurare atque ad eclesiam aspicere clericosque per urbem discurrere moeniaque renovare, stupensque magis, dicebat ad semet ipsum: ‚putasne, quia in aliam urbem ingressus es?‘ E. Honigmann, „Stephen of Ephesus and the Seven Sleepers“, in: Ders., Patristic Studies () -.
F. A. Bauer, Die Stadt als religiöser Raum in der Spätantike
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verlor und sich das Christentum als vorherrschende Religion etablierte – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Stadtbild, auf die Vorgänge in der Stadt und die religiöse Artikulation ihrer Bewohner. Kreuze zierten das Stadttor, Kirchen bereicherten die Stadtlandschaft, Kleriker eilten durch die Stadt, und die öffentlichen Diskurse betrafen Fragen des christlichen Glaubens. Damit sind wesentliche Kategorien der Definition der spätantiken Stadt als religiöser Raum genannt, die wir im folgenden in einen breiteren Kontext stellen wollen.
… Menschen blickten zur Kirche … Kirchenbauten in der spätantiken Stadt Zu den Veränderungen, die unser zeitreisender Jüngling beim Betreten der Stadt Ephesos bemerkte, zählten die Kirchenbauten. Er nennt damit ein wesentliches Kriterium, das auch in der modernen Forschung immer wieder als Grundlage für die ‚Christianisierung‘ einer Stadt angeführt wird: Lage und Häufigkeit von Kirchenbauten.⁴ Dabei wird der Begriff ‚Christianisierung‘ oft in einem sehr abstrakten Sinne verstanden, als sei die Stadt ein Organismus, der einer schleichenden Veränderung unterzogen wurde, als sei das Symptom dieses Prozesses die Häufigkeit zentral gelegener Kirchen.⁵ Dabei sind die Voraussetzungen von Stadt zu Stadt höchst unterschiedlich: Lage, Größe und Ausstattung eines Baus hingen zunächst von den Besitzverhältnissen und von der ökonomischen (und politischen) Potenz des Stifters ab. Ferner spielten die urbanistischen Rahmenbedingungen eine Rolle: Konnte man funktionslose Bauten oder verfallene Areale übernehmen? Und wenn ja: Wo befanden sich diese? Und schließlich wird auch die öffentliche Akzeptanz eine Rolle gespielt haben: Gab es Bereiche, in denen gerade Nichtchristen die Errichtung einer Kirche verhindern wollten? Gab es christliche, heidnische oder jüdische Stadtviertel?
Die Lage der Kirchen in der Stadt Die Lage der Kirchen innerhalb einer Stadt ist nur sehr bedingt Ausdruck einer wachsenden Macht der Amtskirche oder einer bestimmten Strategie visueller Bekehrung von Nichtchristen. Sie ist zunächst Folge spezifischer regionaler Voraus
Vgl. etwa Reallexikon für Antike und Christentum II () - s. v. „Christianisierung“ (F. W. Deichmann). Vgl. die Kritik am Begriff ‚Christianisierung‘ bei B. Brenk, „Zur Christianisierung der spätrömischen Stadt im östlichen Mittelmeerraum“, in: G. Brands – H.-G. Severin (Hgg.), Die spätantike Stadt und ihre Christianisierung () -, hier -; B. Brenk, Die Christianisierung der spätrömischen Welt () -.
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setzungen.⁶ Rom kam als ideeller Herrschersitz und Heimstatt bedeutender Märtyrer in den besonderen Genuß der kaiserlichen Patronage. Konstantin ließ im Südosten der Stadt eine gewaltige Bischofskirche errichten. Deren Lage war wiederum bestimmt durch die castra nova equitum singularium: Konstantin ließ die Kaserne der Reitereinheit, die auf Seiten Abb. 1: Lageplan des Laterans in der Spätantike mit Angabe der des Maxentius gekämpft castra nova equitum singularium und der Lateransbasilika. hatte, niederlegen, um darüber – demonstrativ – die Basilica Salvatoris zu errichten (Abb. 1).⁷ Wie es scheint, spielten weniger der Wunsch nach möglichst zentraler Positionierung der Kathedrale eine Rolle, sondern bestehende Besitzverhältnisse und funktionslos gewordene Bauten und Areale. Dies war auch beim Bau der Bischofskirche von Tyros der Fall: Die Kirche wurde Euseb zufolge an der Stelle einer älteren, vorkonstantinischen Kirche errichtet.⁸ Der Kaiser scheint dem Bischof und der Christengemeinde beim Bau der Kathedrale behilflich gewesen zu sein, das Areal innerhalb der Stadt war aber schon länger im Besitz der Kirche. Anderenorts wiederum spielten Besitzverhältnisse keine Rolle. Bei der Neugründung von Konstantinopel mußte Konstantin keine große Rücksicht auf die bestehende Stadtstruktur nehmen: Die Bischofskirche konnte im Stadtzentrum errichtet werden, in unmittelbarer Nähe der (späteren) Hagia Sophia, des Augusteions und des Kaiserpalastes.⁹ Wollten Bischöfe, Amtsträger und private Stifter eine Kirche errichten, so mußte Baugrund zur Verfügung stehen oder aber ein älterer Bau, der in eine Kirche umgewandelt werden konnte. Gallicanus, der Konsul des Jahres 330, besaß im Süden Ostias eine Bauparzelle, über der mit kaiserlicher Unterstützung die
Reallexikon für Antike und Christentum XXII () - s. v. „Kultgebäude“ (S. de Blaauw). H. Brandenburg, Die frühchristlichen Kirchen in Rom () -. Eusebius, Historia Ecclesiastica X, , -. Vgl. C. Mango, Le développement urbain de Constantinople (IVe – VIIe siècle). Travaux et Mémoires, Monographies (²) .
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Abb. 2: Stadtplan des spätantiken Ephesos mit Angabe christlicher Kultanlagen.
Bischofskirche der Hafenstadt errichtet wurde.¹⁰ In Mailand scheint bereits um die Mitte des vierten Jahrhunderts ein großes, zentral gelegenes Areal freigegeben worden zu sein, auf dem die Bischofskirche des Ortes erbaut werden konnte.¹¹ Leider fehlen uns Hinweise, in wessen Besitz sich der Baugrund befand. In Ephesos wiederum wurde die einzige bislang nachgewiesene innerstädtische Kirche, die Marienkirche, wohl erst gegen Ende des 5. Jhs. in die dreischiffige Südhalle des Olympieion, eines Kaiserkultbezirks für Hadrian, eingebaut (Abb. 2).¹² Eine allseits sichtbare, im Stadtbild markant hervortretende Kirche fehlte im Stadtgebiet von Ephesos: Zumindest in diesem Punkt übertreibt die Siebenschläferlegende. F. A. Bauer – M. Heinzelmann – A. Schaub – A. Martin, „Untersuchungen im Bereich der Konstantinischen Bischofskirche Ostias. Vorbericht zur ersten Grabungskampagne “, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung () , hier . Vgl. R. Krautheimer, Three Christian Capitals. Topography and Politics () -; A. Haug, Die Stadt als Lebensraum. Eine kulturhistorische Analyse zum spätantiken Stadtleben in Norditalien () -. St. Karwiese, Die Marienkirche in Ephesos. Erster vorläufiger Gesamtbericht über die Wiederaufnahme der archäologischen Untersuchung -. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Denkschriften (); Ders., „Die Marienkirche und das dritte Ölumenische Konzil“, in: R. Pillinger – O. Kresten – F. Krinzinger – E. Russo (Hgg.), Efeso paleocristiana e bizantina – Frühchristliches und byzantinisches Ephesos () -.
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An anderen Orten ist überhaupt kein christlicher Kultbau innerhalb der Stadtmauern nachzuweisen. Alle bekannten Kirchen Korinths befinden sich außerhalb der Stadt, zumeist im Bereich der Nekropolen.¹³ Dies mag damit zusammenhängen, daß sich im suburbium neue Siedlungszentren herausbildeten.¹⁴ Doch befanden sich Abb. 3: Rom, Sankt Peter: Rekonstruktion des Kirchenbaus um 400 (Sp. Corbett – R. Krautheimer). in den vorstädtischen Nekropolen auch die Gräber der verehrten Heiligen, über denen nun Memorialbasiliken errichtet wurden. Die Präsenz verehrter Gräber oder verehrter Orte war üblicherweise der Nukleus für Memorialkirchen. Vor den Mauern Roms wurden seit konstantinischer Zeit Memorialkirchen errichtet, wobei die Position eines Heiligengrabs oder verehrten Orts die Lage der Kirche bestimmte.¹⁵ Um eine Kirche über dem mutmaßlichen Grab des hl. Petrus am Abhang des Vatikans zu bauen, mußte man gewaltige Substruktionen errichten (Abb. 3):¹⁶ Der authentische Verehrungsort ragte nun, von einem Schrein ummantelt, in das Innere des Baus. Andere Städte zogen gleich: Bischof Ambrosius ließ in offensichtlicher Analogie zum Ausbau der Heiligengräber in Rom seine Stadt Mailand mit bedeutenden Kultmalen versehen.¹⁷ Da in Mailand keine originalen Heiligengräber aus der Verfolgungszeit erhalten waren, mußte Ambrosius sich mit Translationen behelfen.¹⁸ Die 386 geweihte Apostelkirche vor der Porta Romana erhielt Reliquien der Apostel Andreas, Thomas und
R. M. Rothaus, Corinth: The First City of Greece. An Urban History of Late Antique Cult and Religion () -. Vgl. H.-R. Meier, „Zentrumsverlagerung oder Deurbanisierung? Eine Frage zur ‚Christianisierung‘ der spätantiken Stadt“, in: G. Brands – H.-G. Severin (Hgg.), Die spätantike Stadt und ihre Christianisierung () -. Zur Frage der Besitzverhältnisse s. R. Krautheimer, „The Ecclesiastical Building Policy of Constantine“, in: G. Bonamente – F. Fusco (Hgg.) Costantino il Grande dall’antichità all’umanesimo II () -. A. Arbeiter, Alt-St. Peter in Geschichte und Wissenschaft (). Vgl. hierzu R. Krautheimer, Three Christian Capitals. Topography and Politics () . Vgl. hierzu E. Dassmann, „Ambrosius und die Märtyrer“, Jahrbuch für Antike und Christentum () -.
F. A. Bauer, Die Stadt als religiöser Raum in der Spätantike
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Abb. 4: Mailand, San Nazaro (Basilica Apostolorum): isometrische Rekonstruktion (R. Krautheimer).
Johannes (Abb. 4).¹⁹ Wenig später, im Jahr 395, kamen noch die Reliquien des hl. Nazarius hinzu; man hatte die Reliquien in einem Garten vor den Mauern der Stadt ‚gefunden‘.²⁰ Die 386/87 fertiggestellte Basilica Martyrum (Sant’Ambrogio) erhielt die Gebeine der hll. Gervasius und Protasius; man hatte sie zuvor bei der benachbarten Basilica der hll. Nabor und Felix entdeckt.²¹ Das reliquienlose Stadtinnere war für die Gläubigen weniger attraktiv; die größte Anziehung besaßen die Verehrungsorte außerhalb der Stadt, im Bereich der Nekropolen.
Paulinus, vita Ambrosii , p. Pellegrino: quo in tempore sancti Nazarii martyris corpus, quod erat in hortum positum extra civitatem, levatum ad basilicam apostolorum quae est Romana, transtulit. Ibid. , p. Pellegrino: translato itaque corpore martyris ad basilicam Apostolorum ubi pridem sanctorum apostolorum reliquiae summa omnium devotione depositae fuerant, cum tractaret episcopus, quidem de populo repletus spiritu immondo, clamare coepit se torqueri ab Ambrosio. Zu San Nazaro zuletzt Haug, Stadt, a. O. (Anm. ) - (mit ausführlichen Literaturangaben). Paulinus, vita Ambrosii (s. vorangehende Anmerkung). Dassmann, „Ambrosius“, a. O. (Anm. ) . Ambrosius, epistulae , - (Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum , , ). Haug, Stadt, a. O. (Anm. ) -. Dassmann, „Ambrosius“, a. O. (Anm. ) -.
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Erscheinungsformen christlicher Kultbauten Doch bedeutet die bloße Errichtung von Kirchenbauten eine sichtbare Christianisierung des städtischen Raums? Bedeutet die Existenz eines Kultbaus auch die öffentliche Wahrnehmbarkeit desselben?²² Gewiß nicht: Denn so wie es weithin sichtbare Kultbauten gab, die für eine Stadt identitätsstiftende Funktion haben konnten, so gab es zahlreiche Kultbauten im Verborgenen, Kultbauten, die von außen als solche nicht wahrgenommen werden konnten und wollten. Versammlungen christlicher Gemeinden fanden ja zunächst im Rahmen des römischen Hauses statt.²³ Wenn wir den Befund von Dura Europos verallgemeinern dürfen, dann handelte es sich um Versammlungsräume, auch Taufräume, die sich in den domus etablierten (Abb. 5).²⁴ Von außen gesehen, wies nichts auf einen christlichen Kultraum hin. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, daß man den Versammlungsort geheim halten mußte,²⁵ denn auch die jüdische Gemeinde von Dura Europos traf sich unter ähnlichen Bedingungen. Offenbar bestand für die überschaubare Christengemeinde von Dura gar nicht das Bedürfnis, sich öffentlich zu manifestieren. Mit dem frühen vierten Jahrhundert änderte sich die architektonische Form christlicher Kultbauten. Man errichtete – unter Rückgriff auf eine Architekturform, die von profanen Marktbasiliken und Empfangsaulen bekannt war – mehrschiffige Apsidenhallen, in denen sich eine stetig wachsende Ge- Abb. 5: Dura Europos, Hauskirche: isometrische meinde versammeln konnte.²⁶ Nach all Ansicht (J. W. Crowfoot). Vgl. hierzu Reallexikon für Antike und Christentum XXII () - s. v. „Kultgebäude“ (S. de Blaauw). Vgl. Reallexikon für Antike und Christentum XXII () - s. v. „Kultgebäude“ (S. de Blaauw). Zu Dura vgl. C. H. Kraeling, The Excavation at Dura Europos. Final Report VIII/: The Christian Building (); B. Brenk, Die Christianisierung der spätrömischen Welt () -. Vgl. Brenk, Christianisierung, a. O. (Anm. ) . Zur architektonischen und funktionalen Genese der christlichen Basilika s. Reallexikon für Antike und Christentum I () - s. v. „Basilika“ (E. Langlotz – F. W. Deich-
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dem, was wir über die Außengestaltung der ältesten Kirchenbasiliken wissen, handelte es sich mehrheitlich um unverputzte Ziegelbauten, die keinerlei Dekor aufwiesen, oder aber um Quaderbauten mit unspezifischem Dekor, die somit nicht auf den ersten Blick als christliche Kultbauten erkennbar waren.²⁷ Was unseren heutigen Sehgewohnheiten entsprechend einen Bau als Kirche klassifiziert, der Kirchenturm, prominent angebrachte Kreuze und entsprechender Fassaden- Abb. 6: Apameia, Kathedralkomplex: Grundriß (B. Brenk). dekor in Malerei oder Plastik, all das gab es zunächst noch nicht. Hinzu kam, daß selbst prominente und aufwendig errichtete Bauten im Stadtbild kaum wahrgenommen wurden: Große Kultanlagen mit vorgelagertem Atriumvorhof wie der Kathedralkomplex von Apameia traten innerhalb des Stadtbilds kaum als christliche Kultbauten in Erscheinung (Abb. 6).²⁸ Sie wurden in einer insula mit Rahmenbebauung errichtet und waren entsprechend verdeckt. Portikusstraßen verstärkten diesen Effekt; sie blendeten die Bebauung jenseits der Säulenhallen aus dem Stadtbild aus. Hinzu kommt, daß sich innerhalb der spätantiken Stadt wie auch innerhalb der spätantiken Architektur eine Tendenz zur Betonung von Innenräumen gegenüber der Außenwelt abzeichnet.²⁹ Man hat diese Tendenz als Interiorisierung mann); Reallexikon zur byzantinischen Kunst I () - s. v. „Basilika“ (C. Delvoye); R. Krautheimer, Early Christian and Byzantine Architecture (⁴) -; J. G. Deckers, „Constantin und Christus. Das Bildprogramm in Kaiserkulträumen und Kirchen“, in: Spätantike und Frühes Christentum () -. Vgl. H. Brandenburg, Die frühchristlichen Kirchen in Rom () u. , sowie – allgemeiner – Reallexikon für Antike und Christentum XXII () - s. v. „Kultgebäude“ (S. de Blaauw). Brenk, Christianisierung,, a. O. (Anm. ) -. Vgl. M. F. Hansen, „Meanings of Style. On the ‚Interiorization‘ of Late Antique Architecture“, in: J. Fleischer – J. Lund – M. Nielsen (Hgg.), Late Antiquity – Art in Context ()
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bezeichnet und meint damit eine besonders prächtige Ausstattung von Innenräumen bei weitgehender Vernachlässigung der Außenfassaden. Die Wahrnehmung verlagerte sich auf abgeschlossene Idealbereiche, der Zwiespalt zwischen draußen und drinnen wuchs, der städtische Raum verlor seine Kohärenz. Die Kirche Ss. Cosma e Damiano am Forum Romanum mag dies illustrieren:³⁰ Papst Felix IV. ließ 526-530 einen älteren Bau, einen Nebensaal des Forum Pacis, in eine Kirche umwandeln. Man betrat den Bau über ein rundes Vestibül, Abb. 7: Rom, Ss. Cosma e Damiano: Grundriß der Kirche das in der älteren Forschung und Nachbarbebauung. gerne als Tempel des Romulus bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um einen Rundbau, der unter Maxentius (306-312) errichtet und wenig später, unter Konstantin (306-337), umgestaltet wurde (Abb. 7).³¹ Die dabei angebrachten Gebälkinschriften mit der Widmung an den siegreichen Konstantin sah man noch im 16. Jahrhundert. Nichts deutete im sechsten Jahrhundert darauf hin, daß sich hinter dem Vestibül eine Kirche befand; die Umwandlung in eine Kirche erfolgte nur im Rauminneren, nicht am Außenbau. Vergleichbare Fälle von Kirchenbauten, die innerhalb des Stadtbilds kaum hervortraten, ließen sich in großer Zahl anführen. In Gerasa befand sich seit dem 1. / 2. Jh. in unmittelbarem Anschluß an die nordsüdlich verlaufende Säulenstraße, jedoch hinter einer Reihe von Läden, ein Tempel der Artemis, der über ein Prunkportal und einen Treppenaufgang erreicht werden konnte. Im frühen fünften Jahr-; Reallexikon für Antike und Christentum XXII () - s. v. „Kultgebäude“ (S. de Blaauw). R. Krautheimer, Corpus Basilicarum Christianarum Romae I () -; Lexicon Topographicum Urbis Romae I () - s. v. “Ss. Cosmas et Damianus, basilica” (S. Episcopo). Zu dem Rundbau jüngst H. Leppin – H. Ziemssen, Maxentius. Der letzte Kaiser in Rom () -. S. ferner F. A. Bauer, Stadt, Platz und Denkmal in der Spätantike () ; Lexicon Topographicum Urbis Romae IV () - s. v. „Romulus, divus, templum“ (E. Papi).
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Abb. 8: Athen, Kirche im Parthenon: Rekonstruktion (M. Korres).
hundert wurde – wohl auf Initiative des Bischofs Plakkos – der Tempel niedergelegt und darüber eine dreischiffige Kathedrale errichtet. Dabei beließ man das alte Portal und die Treppe und übernahm somit eine Zugangssituation, die bislang auf einen Tempel hinführte:³² „Da man die Kirche wegen der steilen Treppe vom Cardo aus nicht sehen konnte, änderte sich aus der Sicht der Passanten nicht viel.“³³ Dieser ‚Effekt‘ wurde verstärkt, indem die Kirche geostet wurde, indem man also zunächst um den Kirchenbau herumgehen mußte, bevor man das Atrium betreten konnte. Nur wer wußte, daß sich hinter der Treppe eine Kirche verbarg, assoziierte die Repräsentativität des Zugangs mit der christlichen Kultanlage. Besonders deutlich wird dieser bewußte Verzicht auf Neugestaltung des städtischen Umfelds dann, wenn ältere Tempel in christliche Kultbauten umgewandelt werden. Der Parthenon von Athen, allseits sichtbar auf der Akropolis gelegen, wurde vermutlich im sechsten Jahrhundert in eine Kirche zu Ehren der Muttergottes umgestaltet (Abb. 8).³⁴ Die Cella des Parthenon bot sich aufgrund ihrer dreischiffigen Struktur für eine Umwandlung in eine Emporenkirche an: Man errichtete drei Türöffnungen im Westen und erweiterte den Ostzugang, um eine Apsis anfügen zu können. Eigens eingebrochene Fenster im Dach beleuchteten den Innenraum. Von außen war der Wandel jedoch kaum festzustellen: Die Ringhalle blieb weitgehend unverändert und auch der Skulpturenschmuck, der Pan Brenk, Christianisierung, a. O. (Anm. ) -. Brenk, Christianisierung, a. O. (Anm. ) . F. W. Deichmann, „Die Basilika im Parthenon“, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung / (/) -, hier ; Ders., „Frühchristliche Kirchen in antiken Heiligtümern“, in: F. W. Deichmann, Rom, Ravenna, Konstantinopel, Naher Osten. Gesammelte Studien zur spätantiken Architektur, Kunst und Geschichte () -. M. Korres, „The Parthenon from Antiquity to the t Century“, in: P. Tournikiotis (Hg.), The Parthenon and its Impacts on Modern Times () -; R. Ousterhout, „The Parthenon after Antiquity“, in: J. Neils (Hg.), The Parthenon from Antiquity to the Present () -.
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athenäenfries, blieb an Ort und Stelle, vielleicht zunächst auch die Metopen.³⁵ Der Parthenon blieb der Parthenon, auch wenn nun Gottesdienste im Tempelinneren stattfanden. Die Bürger des spätantiken Athen wußten natürlich, daß sich in dem Tempel eine Kirche der Muttergottes befand, doch resultierte diese religiöse Zuordnung eines Baus nicht aus seiner Erscheinung, sondern aus der Erfahrung und dem Wissen der Stadtbewohner.
… Kreuze über dem Stadttor … Das Kreuz als Ausdruck der Christianisierung einer Stadt Voller Verwunderung nahm unser Siebenschläfer bei seinem erneuten Besuch der Stadt Ephesos Kreuze auf den Stadtmauern wahr. Wie konnte es sein – so fragte er sich –, daß man das christliche Heilszeichen in einer Stadt sah, in der eben noch Christenverfolgungen stattgefunden hatten? Wer die Hauptstraßen des spätantiken Ephesos entlangging, der bewegte sich in einer Stadt, die von den Repräsentations- und Kultbauten der vorchristlichen Zeit bestimmt war: Die bereits erwähnte Marienkirche lag in einer weniger frequentierten Gegend nördlich der Constantius-Thermen und der Palästra. Alle anderen christlichen Kultbauten befanden sich außerhalb des Stadtareals, die Johanneskirche auf dem Ayasoluk-Hügel, die Siebenschläfergrotte am Panayır Dağ, die Paulus-Grotte am Abhang des Bülbül Dağ (Abb. 2). Und doch ließen sich auf den Straßen und Plätzen von Ephesos zahlreiche Hinweise auf eine Christianisierung der Stadt feststellen, nur waren diese Hinweise nicht architektonischer Natur, sondern eher dekorativer Art: Es waren Kreuzzeichen, die in den verschiedensten Kontexten begegnen. Dem Passanten im spätantiken Ephesos werden vor allem die Straßenbrunnen mit Kreuzdekor aufgefallen sein.³⁶ Die Beckeneinfassung einer Brunnenanlage, die vermutlich im sechsten Jahrhundert vor dem Heroon des Androklos am Embolos errichtet wurde, wurde aus Schrankenplatten errichtet, die mit Kreuzen verziert waren (Abb. 9).³⁷ Etwas früher entstand wohl ein weiteres Nymphäum am Südhang des gegenüber dem Stadion gelegenen Hügels: Hier errichtete man Die Metopen weisen bis auf jene der Südseite intentionelle Zerstörungen auf, die einer oft wiederholten Hypothese C. Praschnikers als antiheidnische Maßnahme von Seiten der Christen Athens zu werten sind: C. Praschniker, Parthenonstudien () -. Ob die Zerstörung bereits zum Zeitpunkt der Umwandlung in eine Kirche erfolgte, ist bislang ungeklärt, ebenso die Frage, warum die Südmetopen intakt blieben. E. Russo, „La scultura a Efeso in età paleocristiana e bizantina. Primi lineamenti“, in: R. Pillinger – O. Kresten – F. Krinzinger – E. Russo (Hgg.), Efeso paleocristiana e bizantina – Frühchristliches und byzantinisches Ephesos () -. Datierung: Russo, „La scultura“, a. O. (Anm. ) .
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vor einer Nischenwand mit Skulpturenschmuck ein Brunnenbecken, das in gleicher Weise von Schrankenplatten mit Kreuzdekor eingefaßt war.³⁸ Der Wasserreichtum dieser Nymphäen konnte in Verbindung mit diesem Dekor in sehr allgemeiner Weise auf die segensreiche christliche Religion verweisen. Kreuze konnten auch als freistehende Monumente oder Abb. 9: Ephesos, Embolos: spätantike Brunneneinfassung als Bekrönung von Ehrensäulen vor dem Heroon des Androklos. errichtet werden. Theodosius II. stiftete in Jerusalem ein monumentales Prachtkreuz, das von verzierten Schrankenplatten eingefaßt war.³⁹ Hieronymos nennt bereits zuvor ein „glänzendes Kreuz auf dem Ölberg“.⁴⁰ Angeblich ersetzte man 553 die Statue Julians auf einer Ehrensäule in Konstantinopel durch ein freistehendes Kreuz.⁴¹ Daß Stadttore – wie der Verfasser der Siebenschläferlegende berichtet – Kreuze trugen, muß daher nicht verwundern. Kreuze wurden als sehr allgemeine Zeichen des Schutzes und der Siegeszuversicht begriffen. Daneben existieren auch Kreuzzeichen mit antipaganer Aussage: Ein Christ namens Demeas ließ im fünften oder sechsten Jahrhundert eine Statue der Artemis von der Fassade des Hadrianstores in Ephesos entfernen.⁴² An ihre Stelle trat das Kreuzzeichen, wie aus der Inschrift auf dem Sockel hervorgeht: „Nachdem er das trügerische Bild des Dämons Artemis entfernt hatte, stellte Demeas dieses Zeichen auf: das Bild des göttlichen und verehrungswürdigen Kreuzes, des siegbringenden und unsterblichen Zeichens Christi.“ Das Kreuzzeichen hatte also die Funktion, einen Daimon zu vertreiben und den Ort zu entsühnen. In dieser Funktion finden wir das Kreuzzeichnen immer wieder – vor allem im Osten des Reichs – an Zugängen zu einstmals paganen W. Jobst, „Ein spätantiker Straßenbrunnen in Ephesos“, in: Studien zur spätantiken und byzantinischen Kunst Friedrich Wilhelm Deichmann gewidmet I () -. Theophanes p. 26 de Boor; Breviarium de Hierosolyma, Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum , p. -. Hieronymus, epistulae , (ibid. , p. ). Johannes Malalas p. Thurn. Inschriften von Ephesos IV () ; vgl. H. Thür, „Die spätantike Bauphase der Kuretenstraße“, in: R. Pillinger – O. Kresten – F. Krinzinger – E. Russo (Hgg.), Efeso paleocristiana e bizantina –Frühchristliches und byzantinisches Ephesos () -, hier -.
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Kultbauten, selbst wenn diese nicht in Kirchen umgewandelt wurden.⁴³ Aus Ägypten sind zahlreiche derartige Entsühnungen durch Anbringung von Kreuzen bekannt (Abb. 10), aber auch aus Sardis und Ancyra: In die Außenwand der Cella des Artemistempels von Sardis wurden 25 Kreuze eingeritzt, vermutlich um 400, als man vor dem Ostteil des Tempels eine Kirche errichtete.⁴⁴ Kreuze meißelte man auch in die Wände des Augustustempels von Ancyra, als man ihn in eine Kirche umwandelte.⁴⁵ Vielleicht ist auch das Kreuz auf dem Tetrapylon von Aphrodisias ein solches Entsühnungszeichen (Abb. 11): Man hatte nachträglich in das Lünettenfeld der Westfassade ein Kreuz eingemeißelt, vielleicht um die Bogenanlage, die wohl einen Zugang zum Heiligtum der Aphrodite bildete, zu christianisieren, Abb. 10: Philae, Isis-Tempel: nachträgvielleicht auch um auf den neuen Namen der liche Anbringung eines Kreuzes am Stadt, Stauroupolis, Stadt des Kreuzes, Bezug zu Zugang zur Tempelanlage. nehmen.⁴⁶ Auch öffentlich aufgestellte Götter- und Kaiserbilder entsühnte man durch die Anbringung von Kreuzzeichen:⁴⁷ Den Bildnissen des Augustus und der Livia meißelte man Kreuze in die Stirn, als sie noch in der Basilika am sog. Staatsmarkt von Ephesus öffentlich aufgestellt waren. Reallexikon zur byzantinischen Kunst V () - s. v. „Kreuz“ (E. Dinkler – E. Dinkler-v. Schubert); F. W. Deichmann, „Frühchristliche Kirchen in alten Heiligtümern“, in: Ders., Rom, Ravenna, Konstantinopel, Naher Osten. Gesammelte Studien zur spätantiken Architektur, Kunst und Geschichte () -, hier -. C. Foss, Byzantine and Turkish Sardis () . Deichmann, „Frühchristliche Kirchen“, a. O. (Anm. ) Nr. . G. Paul, „Die Anastylose des Tetrapylons in Aphrodisias“, in: Chr. Roueché – R. R. R. Smith (Hgg.), Aphrodisias Papers . The Setting and Quarries, Mythological and Other Sculptural Decoration, Architectural Development, Portico of Tiberius, and Tetrapylon () ; A. Chaniotis, „Zwischen Konfrontation und Interaktion: Christen, Juden und Heiden im spätantiken Aphrodisias“, in: A. Ackermann – K. E. Müller (Hgg.), Patchwork: Dimensionen multikultureller Gesellschaften. Geschichte, Problematik und Chancen () -, hier . C. A. Marinescu, „Transformations: Classical Objects and their Re-Use during Late Antiquity“, in: R. W. Mathisen – H. S. Sivan (Hgg.), Shifting Frontiers in Late Antiquity () -; F. A. Bauer – Chr. Witschel, „Statuen in der Spätantike“, in: F. A. Bauer – Chr. Witschel (Hgg.), Statuen in der Spätantike () -, hier (mit weiteren Angaben). Vgl. des weiteren den Befund in Korinth: R. M. Rothaus, Corinth: The First City of Greece. An Urban History of Late Antique Cult and Religion () -.
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Abb. 11 a, b: Aphrodisias, Tetrapylon: Westfassade mit nachträglich in die Bogenlünette eingemeißeltem Kreuzzeichen.
Neben diesen vereinzelten Beispielen bewußter Entsühnung und demonstrativer Christianisierung begegnet das Kreuzzeichen häufig als Graffito, als spontanes Zeichen religiöser Selbstzuordnung, oft in Verbindung mit einer Anrufung. Der öffentliche Raum der Stadt Aphrodisias war geradezu übersät mit Kreuzen. Zumeist begegnen sie im Zusammenhang mit kurzen Gebetsformeln, Anrufungen und Gelübden:⁴⁸ Ein Metzger namens Theophilos meißelte ein Kreuzzeichen und eine Anrufung an Gott am Zugang zur Tempel-Kirche ein.⁴⁹ Theophanes, Romanos und Philippos ritzten das Kreuzzeichen und ihre Namen mit der Bitte um Vergebung ihrer Sünden in eine Säule des Apsidenkomplexes westlich des Theaters.⁵⁰ Kreuze mit Anrufung an den siegreichen Christus begegnen am Osttor der Stadt,⁵¹ und Anrufungen mit Kreuzzeichen finden sich auch in den Theaterthermen.⁵² Einzelne Individuen empfahlen sich Gott über allerorts angebrachte Graffiti und Kreuzzeichen; die Stadt, jedenfalls die Bereiche, in denen man sich bewegte, füllte sich mit dem christlichen Heilszeichen.
C. Roueché, Aphrodisias in Late Antiquity () -. Jüdische Graffiti (Menorah und andere jüdische Symbole) zusammengefaßt bei Chaniotis, „Konfrontation“, a. O. (Anm. ) -. Roueché, Aphrodisias, a. O. (Anm. ) Nr. . Roueché, Aphrodisias, a. O. (Anm. ) - Nr. . Roueché, Aphrodisias, a. O. (Anm. ) Nr. . Roueché, Aphrodisias, a. O. (Anm. ) - Nr. -.
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… Kleriker bewegten sich durch die Stadt … Öffentliche Inszenierung kirchlicher Würdenträger Die Christianisierung der Stadt Ephesos erkannte der Siebenschläfer u. a. auch daran, daß Kleriker durch die Straßen eilten. Geistliche Würdenträger in ihrer spezifischen Kleidung bestimmten das Stadtbild und signalisierten die religiöse Vereinnahmung des öffentlichen Raums durch die Amtskirche. Wollen wir versuchen, das öffentliche Auftreten kirchlicher Würdenträger zu rekonstruieren, so lassen uns archäologische Befunde vor Ort im Stich. Es sind vielmehr bildliche Darstellungen, mehr aber noch literarische Quellen, die uns Aufschluß über ein wachsendes christliches Prozessionswesen geben. Im Domschatz von Trier befindet sich eine Elfenbeintafel, deren Entstehungsdatum eifrig diskutiert wird (Abb. 12).⁵³ Das Elfenbein ist insofern von Bedeutung, als es eine der wenigen Darstellungen einer religiösen Prozession ist, also einer kollektiven Begehung der Stadt. Links im Bild ist ein Gespann zu sehen, auf dem sich zwei Kleriker mit einem Reliquiar befinden. Ein Zug von Begleitern mit Kerzen geht dem Gespann voraus, darunter auch der Kaiser. Die Kaiserin wiederum scheint den Zug zu empfangen. Rechts im Bild ist die Kirche, das Ziel der Prozession, zu sehen. Dachdecker sind damit beschäftigt, die Arbeiten an dem offenbar eben erst errichteten Bau zu vollenden. Die Architekturkulisse deutet darauf hin, daß sich die Kirche im Kaiserpalast befunden haben muß. In den Fensteröffnungen sehen wir Personen mit Weihrauchfässern. Andere fassen sich mit der Hand an die Wange; offenbar soll dadurch Gesang, vielleicht auch Staunen angedeutet werden. Dargestellt ist die Prozession aus Anlaß einer Reliquienüberführung, also ein ephemerer Vorgang, eine temporäre Versammlung und Prozession aus Anlaß eines bestimmten Ereignisses. Solche kollektiven Rituale scheint es häufiger gegeben zu haben:⁵⁴ Der Konstantinopler Patriarch Johannes Chrysostomos begab sich zu bestimmen Jahrestagen im Rahmen von Prozessionen zu verschiedenen Vereh-
W. F. Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des frühen Mittelalters () - Nr. ; W. Weber, „Die Reliquienprozession auf der Elfenbeintafel des Trierer Domschatzes und das kaiserliche Hofzeremoniell“, Trierer Zeitschrift () -; K. G. Holum – G. Vikan, „The Trier Ivory, Adventus Ceremonial and the Relics of S. Stephen“, Dumbarton Oaks Papers () -; Chr. Stiegemann – M. Wemhoff (Hgg.), – Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo in Paderborn. Ausstellungskatalog Paderborn I () - (A. Lohbeck); A. Demandt – J. Engemann (Hgg.), Konstantin der Große. Ausstellungskatalog Trier (), Begleit-CD Kat. Nr. II. . (W. Weber). Für Konstantinopel s. J. F. Baldovin, The Urban Character of Christian Worship. The Origins, Development, and Meaning of Stational Liturgy. Orientalia Christiana Analecta () .
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Abb. 12.: Trier, Domschatz: Elfenbeintafel mit Darstellung einer Reliquienprozession (6.-9. Jh.).
rungsstätt en innerhalb und außerhalb der Stadt.⁵⁵ Hinzu kamen jene Prozessionen aus Anlaß von Überführungen von Heiligenreliquien, an denen ein Großteil der Bevölkerung und auch der Kaiser teilnahmen.⁵⁶ Daneben organisierten aber auch rivalisierende Sekten Prozessionen, um ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen und sich öffentlich zu profilieren. Nachdem den Arianern verboten wurde, innerhalb der Stadt Gottesdienste zu feiern, organisierten sie nächtliche Prozessionszüge innerhalb der Mauern, bevor sie außerhalb der Mauern ihren Gottesdienst feierten. Als Reaktion hierauf organisierte Johannes Chrysostomos Gegenprozessionen, deren Teilnehmer nikänische Psalmen sangen. Wir sehen: Das expandierende Prozessionswesen in Konstantinopel kann auch als Folge der Rivalität zwischen Nikänern und Arianern erklärt werden. Daß sie nicht die einzigen waren, zeigt ein Verbot des Jahres 396, in dem Häretikern, Manichäern, Donatisten und Samaritern, öffentliche Kundgebungen in Form von religiösen Prozessionen verboten wurden.⁵⁷ Folge der mit den Prozessionen oftmals verbundenen Unruhen war, daß der Kaiser kirchliche Prozessionen unter die Kontrolle des Stadtpräfekten stellte. Dissens wurde offenbar sehr stark ins Religiöse ausgelagert; die Austragung des Dissenses erfolgte in kollektiven Begehungen der Stadt.⁵⁸ Wie sehr das Prozessionswesen im Verhalten der Konstantinopler Bevölkerung verankert war, zeigen jene Prozessionen, die sich spontan konstituierten, etwa aus Baldovin, Urban Character, a. O. (Anm. ) -. F. A. Bauer, „Urban Space and Ritual. Constantinople in Late Antiquity“, in: J. R. Brandt – O. Steen (Hgg.), Imperial Art as Christian Art – Christian Art as Imperial Art. Acta ad Archaeologiam et Artium Historiam pertinentia N. S. () -, hier -. Codex Theodosianus XVI, , (= Codex Justinianus . . ). Vgl. Baldovin, Urban Character, a. O. (Anm. ) .
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Anlaß unvorhergesehener Katastrophen und Bedrohungen.⁵⁹ Das schwere Erdbeben des Jahres 431 bewog die Einwohner dazu, umgehend die Stadt zu verlassen und zur Johanneskirche des Hebdomons zu ziehen, um dort Tag und Nacht Gott um Gnade anzuflehen.⁶⁰ Das Erdbeben des Jahres 447 hatte zur Folge, daß man sich vor den Stadtmauern sammelte und fortwährend Litaneien sang.⁶¹ Im Jahre 450, als ein gewaltiges Erdbeben schwere Zerstörungen hervorrief, verließ das Volk spontan die Stadt, um sich vor den Stadtmauern zu versammeln und Tag und Nacht Litaneien anzustimmen.⁶² Die Überzeugung, einer gottgewollten Strafe ausgesetzt zu sein, hatte stets eine spontane Organisation im Kollektiv zur Folge: Versammlung, Prozession und gemeinsames Bittflehen. In der Spontaneität, mit der sich Prozessionszüge formierten und durch die Straßen zogen, spiegelt sich die ständige Prozessionspraxis, die fortdauernde Organisation des Einzelnen im Kollektiv, das geordnet in die Öffentlichkeit trat.
… Menschen schworen auf den Namen Christi Religiöse Diskurse in der spätantiken Stadt Schließlich wundert sich unser Siebenschläfer auch über die Christianisierung der Alltagskommunikation: Menschen schworen auf den Namen Christi, religiöser und moralischer Bezugspunkt waren nicht mehr die heidnischen Götter, sondern der Christengott. Wie sehr christliche Anschauungen und theologische Fragen das Alltagsgespräch bestimmten, illustriert ein vielzitierter Ausspruch Gregors von Nyssa:⁶³ „Denn alle Orte der Stadt, alle Winkel, Märkte, Plätze und Abzweigungen sind mit solchen (scil. Hobby-Theologen) angefüllt, Kleiderhändler, Geldwechsler und Imbißverkäufer. Bittest du einen von ihnen, dir eine Münze zu wechseln, so belehrt er dich über die geborene und die ungeborene Natur. Fragst du nach dem Preis eines Brotlaibes, so gibt man dir zur Antwort, daß der Sohn unter dem Vater Bauer, „Urban Space“, a. O. (Anm. ) -. Theophanes p. 5-20 de Boor. Chronicon Paschale p. Dindorf; Marcellinus Comes, ed. Th. Mommsen, Chronica Minora II () - ad an. . Nach anderen d. J. : Chronicon Paschale p. Dindorf; Johannes Malalas p. - Thurn. Gregor von Nyssa, oratio de deitate filii et spiritus sancti, PG , B: Πάντα γὰρ τὰ κατὰ τὴν πόλιν τῶν τοιούτων πεπλήρωται, οἱ στενωποὶ, αἱ ἀγοραὶ, αἱ πλατεῖαι, τὰ ἄμφοδα· οἱ τῶν ἱματίων κάπηλοι, οἱ ταῖς τραπέζαις ἐφεστηκότες, οἱ τὰ ἐδώδιμα ἡμῖν ἀπεμπολοῦντες. Ἐὰν περὶ τῶν ὀβολῶν ἐρωτήσῃς, ὁ δέ σοι περὶ γεννητοῦ καὶ ἀγεννήτου ἐφιλοσόφησε· κἂν περὶ τιμήματος ἄρτου πύθοιο, Μείζων ὁ Πατὴρ, ἀποκρίνεται, καὶ ὁ Υἱὸς ὑποχείριος. Εἰ δὲ τὸ λουτρὸν ἐπιτήδειόν ἐστιν, εἴποις, ὁ δὲ ἐξ οὐκ ὄντων τὸν Υἱὸν εἶναι διωπίσατο. Οὐκ οἶδα τί χρὴ τὸ κακὸν τοῦτο ὀνομάσαι, φρενῖτιν ἢ μανίαν, ἢ τι τοιοῦτον κακὸν ἐπιδήμιον, ὃ τῶν λογισμῶν τὴν παραφορὰν ἐξεργάζεται.
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sei, und erkundigst du dich danach, ob das Bad bereit sei, so erwidert man dir, daß der Sohn aus dem Nichts erzeugt worden sei. Ich weiß nicht, wie man dieses Übel benennen soll, Fieber oder Wahnsinn, und welches andere verbreitete Übel größere Verwirrung stiftet.“ Theologische Fragen wurden offenbar breit diskutiert; die Meinungsbildung scheint sich zu einem Gutteil vom Politischen ins Religiöse verlagert zu haben. Entsprechend griff der spätantike Kaiser regulierend ein. Ein Erlaß des Jahres 452 an den Prätorianerpräfekten von Konstantinopel verbat Geistlichen und Laien öffentliche Reden zu religiösen Fragen, da man Massenaufläufe fürchtete.⁶⁴ Wie sehr theologische Fragen zum Inhalt öffentlicher Diskurse wurden, zeigt ein einzigartiger Befund aus Aphrodisias: Man hatte in den Porträtkopf der Statue des Statthalters Oikumenios nachträglich die Abkürzung ΧΜΓ – wohl Χ(ριστὸν) Μ(αρία) Γ(εννᾷ) – eingemeißelt.⁶⁵ Was auch immer Intention und Umstände dieser für den vor der Statue stehenden Betrachter unsichtbaren Kennzeichnung waren, sie muß nicht als gegen die aphrodisischen Heiden gerichtet verstanden werden. Hierfür hätte sich das Kreuz besser geeignet.⁶⁶ Vermutlich handelt es sich um den Ausdruck einer Parteinahme innerhalb verschiedener christlicher Positionen zur Naturenfrage Christi oder Muttergottesschaft Mariens. Die Kennzeichnung ΧΜΓ wäre dann kein gegen die Heiden gerichtetes ‚Zeichen‘, sondern Ausdruck eines innerchristlichen Konflikts.
Heidentum und Christentum – zwei entgegengesetzte Pole? Befunde wie diese sollten uns davor warnen, Heidentum und Christentum als unversöhnliche, einander entgegengestellte Pole in der spätantiken Gesellschaft anzusehen. Bis in die jüngste Zeit sind gerade Instandhaltungen von Tempeln bzw. deren Zerstörung und Umnutzung als Konflikt zwischen Christentum und Heidentum hingestellt worden. Das ist auch nicht von der Hand zu weisen, doch wurden einige dieser Bauten – zusammen mit anderen Repräsentationsbauten nichtkultischer Natur – auch als ornamenta urbis renoviert, als repräsentative, identitätsstiftende Bauten, an denen sich die Geschichtlichkeit und die Bedeutung Codex Justinuanus I , . R. R. R. Smith, „The Statue Monument of Oecumenius: A New Portrait of a Late Antique Governor from Aphrodisias“, Journal of Roman Studies () -, hier -. Zur Auflösung der Abbreviatur ΧΜΓ s. Ch. Roueché, Aphrodisias in Late Antiquity () -. vgl. hierzu A. Chaniotis, „Zwischen Konfrontation und Interaktion: Christen, Juden und Heiden im spätantiken Aphrodisias“, in: A. Ackermann – K. E. Müller (Hgg.), Patchwork: Dimensionen multikultureller Gesellschaften. Geschichte, Problematik und Chancen () -, hier -.
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einer Stadt festmachte.⁶⁷ Das Forum Romanum in Rom war ein solcher Bereich: Hier wurden auf Betreiben des Senats bzw. der Senatsaristokratie in der 2. Hälfte des 4. Jhs. der Tempel des Saturn (Abb. 13) wiedererrichtet und die Porticus Deorum Consentium instandgesetzt. Ob diese Bauten in der Folgezeit kultisch genutzt wurden, ist nicht sicher; wahrscheinlich waren ihre traditionsreiche Erscheinung und identitätsstiftende Funktion für alle Römer Grund genug für eine Wiederherstellung.⁶⁸ Man könnte sich entsprechend fragen, ob nicht auch bestimmte religiöse Praktiken und Riten, die im öffentlichen Raum vollzogen wurden, den Charakter von Traditionserhalt besaßen. Dies sei im folgenden an zwei ebenfalls stadtrömischen Beispielen herausgestellt. Das erste Beispiel betrifft den bekannten Streit um den Victoriaaltar in der Kurie.⁶⁹ Der Altar befand sich vor jener Victoriastatue, die Augustus 29 v. Chr. zur Feier seines Sieges bei Actium im Gebäude des Senats hatte aufstellen lassen. Seither war es Sitte, der Göttin vor jeder Sitzung auf dem eigens dazu errichteten Altar ein Rauchopfer darzubringen. Der eigentliche Streit um den Altar wurde im Jahr 357 ausgelöst, als Kaiser Constantius II. (337-361) ihn entfernen ließ. Sein Nachfolger Julian (361-363) machte diese Entscheidung noch einmal rückgängig, aber 382/83 ordnete Gratian (375-383) die erneute Ent- Abb. 13: Rom, Forum Romanum: Tempel des Saturn (wiedererrichfernung von Altar und tet im späten 4. Jh.). Vgl. F. A. Bauer, „Beatitudo temporum. Die Gegenwart der Vergangenheit im Stadtbild des spätantiken Rom“, in: F. A. Bauer – N. Zimmermann (Hgg.), Epochenwandel? Kunst und Kultur zwischen Antike und Mittelalter () -. Porticus Deorum Consentium: Lexicon Topographicum Urbis Romae II () - s. v. „Dei consentes, aedes“ (G. Nieddu); Saturntempel: P. Pensabene, Tempio di Saturno (). R. Klein, Der Streit um den Victoriaaltar ().
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Statue an. Nachdem eine erste Petition heidnischer Senatoren abschlägig beschieden worden war, schrieb der Stadtpräfekt Symmachus eine relatio, in der er Valentinian II. (375-392) um die Rücknahme der Entscheidung bat.⁷⁰ Dieser relatio trat Bischof Ambrosius von Mailand in zwei Briefen energisch entgegen.⁷¹ Erst unter dem Usurpator Eugenius (392-394) scheint der Altar wieder aufgerichtet worden zu sein; wann er endgültig entfernt wurde, ist nicht bekannt. Der literarisch ausgetragene Disput um den Altar war nur teilweise eine religiöse bzw. religionspolitische Auseinandersetzung. Symmachus forderte nicht die Vormachtstellung des heidnischen Glaubens; in seiner Rede artikuliert sich vielmehr die Bitte um Wahrung der traditionsreichen Riten Roms, aus denen das spätantike Rom seine Identität bezog.⁷² Das Eintreten für traditionelle Werte war notwendigerweise mit der Verteidigung heidnischer Kultpraktiken verbunden. Der Streit um den Victoriaaltar geriet so zu einem Mißverständnis, da der Altar der einen Seite als Monument des Götzenglaubens, der anderen Seite als Sinnbild altehrwürdiger Grundwerte galt, die von niemandem – auch nicht von den christlichen Römern – in Frage zu stellen waren. Wie sehr gerade traditionelle Riten Selbstgefühl stärkten, zeigt ein zweites Beispiel, eine Episode, die sich in einer Zeit akuter Bedrohung Roms ereignete:⁷³ Alarich belagerte 408 ein erstes Mal die Stadt Rom, und angesichts dieser Bedrohung hatte der Stadtpräfekt Pompeianus folgende Idee: Er traf Seher aus Etrurien, die ihren Aussagen zufolge die Stadt Narni durch ‚altväterliche Zeremonien‘ vor den Angriffen der Barbaren bewahrt hatten, und überlegte, ob solch ein Vorgehen nicht auch Rom retten könnte. Um aber nicht in Konflikt mit den Christen zu kommen, richtete er eine Anfrage an den Papst, und dieser „stellte die Rettung der Stadt über seinen eigenen Glauben“ und erlaubte den Zauber, sofern er heimlich vonstatten ginge. Als die Etrusker jedoch erwiderten, dies habe in der Öffentlichkeit, auf den Plätzen der Stadt stattzufinden, da blies man die Sache ab. Man könnte diese Episode als Beleg für das Verbot heidnischer Kultpraktiken in der Öffentlichkeit in Anspruch nehmen, man kann darin aber auch einen Hinweis auf traditionelle, nichtchristliche Kultpraktiken als Mittel zur Abwehr von Bedrohung und Stiftung von Sicherheit und Selbstgefühl sehen. Das Wirken der Stadtpräfekten und der Senatsaristokratie ist in erster Linie als Bemühung um die Wahrung der stadtrömischen kulturellen und historischen Identität aufzufassen. Vermutlich ist es diese traditionelle statt religiöse Komponente ‚heidnischen‘ Brauchtums, die immer wieder Mißverständnisse und Anklagen provozierte: Sal Ediert und übersetzt bei Klein, Victoriaaltar, a. O. (Anm. ) -. Ediert und übersetzt bei Klein, Victoriaaltar, a. O. (Anm. ) -. Vgl. hierzu die einschlägige Passage relatio III, - (= Klein, Victoriaaltar, a. O. [Anm. ] -), in der Symmachus die betagte Roma auftreten läßt. Zosimus, Historia V, .
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vian klagte die Christen Nordafrikas an, heimlich die Dea Caelestis zu verehren.⁷⁴ Theodoret bezeichnet die Bewohner von Heliopolis-Baalbek um 450 als Götterdiener.⁷⁵ Vermutlich handelt es sich in beiden Fällen um einstmals pagane Riten, die, ihrer religiösen Komponente beraubt, auch von Christen weitergeführt wurden. Gerade lokale Kulte, die an bedeutende Kultmale gebunden waren, mochten so im Gewand des Brauchtums von Christen weitertradiert worden sein. Dies soll nicht ausschließen, daß es zum Teil erhebliche religiöse Konflikte in der Spätantike gab. Vor allem aus dem Nahen Osten hören wir immer wieder von zum Teil blutigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Bevölkerungsgruppen nach ihrer religiösen Zuordnung verfolgt wurden. Da sich seit dem vierten Jahrhundert auch Nachrichten über Verfolgungen von Juden und Zerstörungen von Synagogen häufen, kann der Konflikt nicht nur auf die Pole Christentum und Heidentum und auf religiöse Motive reduziert werden. Die Zerstörung einer Synagoge von Kallinikon durch den dortigen Bischof und die durch Ambrosius von Mailand erzwungene Billigung durch den Kaiser Theodosius I. sind nur zwei Fälle von vielen.⁷⁶ In Apameia am Orontes hat man vermutlich im frühen fünften Jahrhundert eine an der Hauptstraße gelegene Synagoge bis auf die Grundmauern geschleift, um darüber eine Kirche zu errichten.⁷⁷ Auch aus Antiochia sind mehrfach zum Teil gewaltsame Konflikte zwischen Heiden, Juden und Christen überliefert. Als Bischof Porphyrios 402 mit kaiserlichen Truppen in Gaza einzog, provozierte er durch die Zerstörung einer heidnischen Kultstatue einen Tumult, der zahlreiche Menschenleben kostete.⁷⁸ In Alexandria ließ Bischof Theophilos mit Billigung des Kaisers und mit Hilfe des Militärs Tempel und Kultbilder zerstören, darunter das berühmte Serapeion, über dessen Ruinen eine Kirche zu Ehren des Kaisers Arcadius errichtet wurde.⁷⁹ In der christlichen Geschichtsschreibung sind diese Zerstörungen von Tempeln und Kultbildern Etappen einer Ausrottung des Irrglaubens; in vielen Fällen jedoch dürften wirtschaftliche Krisen und ökonomischer Druck, Bedrohungen, Katastrophen und die Suche nach Sündenböcken Ursachen gewesen sein.
Salvian, De gubernatione Dei VIII, f. Theodoret, Historia Ecclesiastica IV, . Ambrosius, epistulae , - (Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum , , -). A. Demandt, Die Spätantike. Handbuch der Altertumswissenschaft III. () . Brenk, Christianisierung, a. O.(Anm. ) . Marcus Diaconus, Vita Porphyrii -. C. Haas, Alexandria in Late Antiquity. Topography and Social Conflict () -.
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… glaubst Du, eine andere Stadt betreten zu haben? Die Christianisierung der Wahrnehmung Die Siebenschläferlegende in der bei Gregor von Tours überlieferten Version ist insofern einzigartig, als sie versucht, einen Betrachter zu rekonstruieren, dessen Sehgewohnheiten nicht aktuellen Sehgewohnheiten entsprachen. Der Plot der Geschichte besteht ja darin, innerhalb der Banalität eigener Wahrnehmung Besonderheiten zu definieren, bestimmte epochenspezifische Charakteristika, die eine Innovation gegenüber der Vergangenheit bedeuteten und entsprechend auch von Zeitreisenden wie den Siebenschläfern als unerklärliche Neuerung wahrgenommen wurden. Damit haben wir den Bereich der vermeintlich objektiven Beschreibung der Stadt als eines religiösen Raumes verlassen und wollen nach der subjektiven Wahrnehmung fragen. Die sichtbare Christianisierung einer Stadt und die Wahrnehmung eines Umfelds als christlich sind zwei unterschiedliche Dinge. Erstere Kategorie beruht auf scheinbar objektiven Kriterien wie christlichen Symbolen oder eindeutig religiös konnotierten Zeichen, letztere Kategorie fragt danach, wie ein Betrachter das, was er sieht, religiös klassifiziert. Gerade die oft tendenziös eingefärbten Heiligenlegenden lassen immer wieder erkennen, wie unspezifische Befunde, Monumente wie Bauten, ‚christianisiert‘ wurden, indem man sie mit Passion, Tod und Bestattung von Heiligen in Verbindung bringt. Diese Wechselwirkung zwischen Stadtbild und Heiligenlegenden läßt sich am Beispiel Ostias, der Hafenstadt Roms, gut verfolgen, einer Stadt, die sowohl archäologisch gut bekannt ist, als auch über mehrere Heilige und Heiligenlegenden verfügt.⁸⁰ Diese Heiligenlegenden nennen, wenn es um die Hinrichtung und die anschließende Bestattung geht, konkrete Ortsangaben und Monumente. So werden bestimmte Bauten christianisiert, nicht aber durch eine bauliche oder dekorative Veränderung, sondern durch die Verknüpfung mit einer Heiligenlegende. In den Akten der hl. Aurea und weiterer Ostienser Märtyrer ist von einem Ostienser Bischof namens Cyriacus die Rede, der zusammen mit weiteren Gefährten unter Kaiser Claudius Gothicus das Martyrium erlitt:⁸¹ „Zu dieser Stunde befahl er (scil. Claudius), sie zu dem Bogen vor dem Theater zu führen und dort das Todesurteil zu vollstrecken. Daraufhin sprachen sie wie aus einem Mund: Allmächtiger Herr und Gott, Empfänger unschuldiger Seelen, nimm unseren Geist auf. Und so Vgl. hierzu F. A. Bauer, „Stadtbild und Heiligenlegenden. Die Christianisierung Ostias in der spätantiken Gedankenwelt“, in: G. Brands – H.-G. Severin (Hgg.), Die spätantike Stadt und ihre Christianisierung () -. Acta Sanctorum, . Aug., B § : Eadem hora iussit eos duci ad arcum ante theatrum et ibi eos capitalem fecit subire sententiam. Tunc omnes quasi ex uno ore dixerunt: Domine Deus omnipotens, receptor innocentium animarum, suscipe spiritum nostrum. Et decollati sunt in eodem loco, gratias agentes Deo.
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wurden sie am selben Ort enthauptet, während sie Gott Dank sagten.“ Mit dem arcus ante theatrum ist offensichtlich der Ehrenbogen des Kaisers Caracalla am Theater gemeint.⁸² Einzelne Bauten und Monumente innerhalb des Stadtbilds wurden somit zum ‚Beleg‘ für Heiligenlegenden, Heiligenlegenden wiederum gaben bestimmten Bauten und Monumenten Sinn als Zeugen einer Geschichte der Christenverfolgung. Das Stadtbild wurde, ohne sich zu verändern, zur anschaulichen Entsprechung einer christlichen Sakraltopographie. Wie ein zunächst nichtchristlicher Befund zum Nukleus eines christli- Abb. 14. Philippi, Agora: hellenistisches Heroon chen Kultorts wurde, sei am Beispiel und Basilika des Paulus. der Stadt Philippi in Nordostgriechenland gezeigt:⁸³ Östlich des Forums der Stadt befand sich seit hellenistischer Zeit eine unterirdische Kammer mit Kistengrab und Beigabentisch – vielleicht ein Heroengrab (Abb. 14)⁸⁴ Über dem Grab erhob sich vermutlich eine Ädicula; eine Umfassungsmauer grenzte das Temenos ab. In der Spätantike wurde südlich an das Heroon ein rechteckiger Apsidensaal angebaut, dessen Mosaik eine Inschrift mit Nennung eines Bischofs Porphyrios aufweist, der im 4. Jh. den Mosaikboden in der „Basilika des Paulos“ gestiftet hat.⁸⁵ Der Name des Baus, βασιλικὴ Παύλου, nimmt offenbar auf den Apostel Paulus Bezug, der laut Apostelgeschichte in Philippi eine christliche Gemeinde gegründet haben soll.⁸⁶ Als Paulus und sein Begleiter Silas dem Besitzer einer wahrsagenden Sklavin durch Austreibung des F. Zevi – P. Pensabene, „Un arco in onore di Caracalla ad Ostia“, Rendiconti dell’Accademia Nazionale dei Lincei, ser. , Band () -, bes. -. Brenk, Christianisierung, a. O. (Anm. ) -. D. Lazarides, Archaiologikon Deltion () -; S. Pelekanidis, „Kultprobleme im Apostel-Paulus-Oktogon von Philippi im Zusammenhang mit einem älteren Heroenkult“, in: Atti del . congresso internazionale di Archeologia Cristiana II () -, hier -. S. Pelekanides, „Ἀνασκαφὴ Φιλίππων“, Praktika tēs en Athēnais Archaiologikēs Hetaireias () -, hier -; S. Pelekanides, „Ἀνασκαφὴ Φιλίππων“, Praktika tēs en Athēnais Archaiologikēs Hetaireias () -. Inschrift: Πορ[φύ]ριος ἐπίσκο|πος τὴ[ν κ]έντησιν βασιλικῆ|ς Παύλο[υ ἐπ]οίησεν ἐν Χρ(ιστ)ῷ. Apostelgeschichte , –.
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Wahrsagegeistes sein Geschäft verdarben, zeigte dieser sie wegen Aufwiegelung der Bevölkerung an. Kaum waren sie ins Gefängnis geworfen, erschütterte ein Erdbeben das Gefängnis, alle Türen öffneten sich, alle Ketten wurden gesprengt, doch die Gefangenen, anstatt zu entfliehen, warteten auf den Aufseher. Dieser wurde hierauf zum Christentum bekehrt und nahm die Gefangenen bei sich auf. Als die Stadtoberen erfuhren, daß Paulus römischer Bürger war, ließen sie ihn ziehen. Man könnte nun vermuten, bei der Basilika des vierten Jahrhunderts habe es sich um einen Bau gehandelt, der an die Anwesenheit des Paulus, seine Verurteilung auf der Agora und seine Gefangennahme erinnerte.⁸⁷ Als Ort der Gefangennahme des Paulus war Philippi bekannt: Das 333 verfaßte Itinerarium Burdigalense erwähnt als Pilgerstation civitas Philippis ubi Paulus et Sileas in carcere fuerunt.⁸⁸ Das unterirdische Heroon mochte entsprechend als Verlies interpretiert worden sein und somit als visueller ‚Beleg‘ für den Aufenthalt des Apostels in Philippi.⁸⁹ Doch hing dies ganz von der Erwartung des Bewohners bzw. Besuchers Philippis ab: Wer mit der Hoffnung, Spuren des Paulus zu finden, dorthin kam, der fand den sichtbaren Beleg für die Anwesenheit des Apostels; wer diese Spuren nicht suchte, der nahm keine derartigen ‚Belege‘ wahr, der sah eine andere Stadt.
Schluß: Die Siebenschläfergrotte in Ephesos Wie sehr, ausgehend von einer bestimmten Erwartungshaltung, die willentliche Konstruktion eines Belegs auch die moderne archäologische Forschung bestimmt, sei an einem letzten Beispiel illustriert – der Siebenschläfergrotte in Ephesos: Westlich außerhalb des Stadtgebiets von Ephesos, am Abhang des Panayır Dağ (Abb. 2), entdeckte man ein ausgedehntes Bestattungsareal, das sich um eine tief in den Berg hineinreichende Höhle mit zehn (!) unterirdischen Kammergräbern entwickelte (Abb. 15).⁹⁰ Vermutlich gehören zur ältesten Bauphase die beiden großen BestatVgl. hierzu Brenk, Christianisierung, a. O. (Anm. ) , der von einer „Memorialkirche“ spricht: „Wie es scheint, fand man in dem hellenistischen Heroon einen Anknüpfungspunkt, denn man hat dort die Memoria des Apostels Paulus angesiedelt.“ Itinerarium Burdigalense 10-1 = Itinera et alia geographica. Corpus Christianorum, series latina () . Auch eine Zisterne rechts des Aufgangs zur Basilika A wurde als Gefängnis des Paulus interpretiert; doch ist diese Tradition erst seit dem Mittelalter greifbar: S. Pelekanides, „Η κατά την παράδοση φυλακή του Αποστόλου Παύλου στους Φιλίππους“, in: Η Καβάλα και η περιοχή της. Ist Local Symposium, Kavala - April () -. Zum späteren Ausbau der Anlage s. E. Pelekanidou – A. Mentzos, „Οκτάγωνο Φιλίππων· Πρώτα συμπεράσματα μετά τις νεότερες έρευνες“, in: Μνήμη τής Δ. Λαζαρίδη () , hier -. F. Miltner, Das Cömeterium der Sieben Schläfer. Forschungen in Ephesos IV, () (Baubefund) u. - (Rekonstruktion der Bauabfolge); Reallexikon zur byzantinischen
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tungssäle, der tiefgelegene Apsidensaal im Norden und der etwas höher gelegene Bestattungssaal mit den zehn ‚Katakombengräbern‘ im Süden.⁹¹ In einer späteren Phase wurde über dem südlichen Bestattungssaal eine Kirche errichtet, die über eine Treppe mit der unterirdischen Anlage in Verbindung stand. Zugleich entstanden auf der sog. Nordterrasse, also in dem Bereich nördlich und oberhalb des Apsidensaals, zahlreiche weitere Bestattungssäle und Mausoleen. In einer späten Bauphase, wohl bereits im sechsten Jahrhundert, ließ ein gewisser Abradas im Süden des Gesamtkomplexes ein kreuzförmiges, überkuppeltes Mausoleum errichten. Über 400 Bestattungen zählten die Ausgräber: Bodengräber, Wandgräber, Einzelgräber, Sammelgräber, einfache Bestattungen und aufwendige Mausoleen. Allerdings steht die Identifikation als Coemeterium der Siebenschläfer auf wackligen Füßen. Im Grunde deuten nur die Lage bei Ephesus, das Vorhandensein einer natürlichen Höhle und die mit der Legende gut zu verbindende über dem Komplex errichtete Kirche auf diese Identifizierung. Die zehn ‚Katakombengräber‘ im Boden des Bestattungssaals, die man gerne als Grablegen der Siebenschläfer und damit als Nukleus der Anlage ansah, geben kaum Anlaß zur Identifizierung mit der Siebenschläfergrotte. Andererseits ist es durchaus möglich, daß man bereits in der Spätantike einen zunächst unauffälligen Bestattungskomplex ‚christianisierte‘, indem man in ihn die Siebenschläfer hineindachte oder aber die Legende auf einen solchen Befund gründete: „Man könnte eher daran denken, daß der ganze christliche Komplex sich an einen bereits vorhandenen Grabbezirk angelehnt hat, die Legende also an einem plausiblen Platz fixiert und lokalisiert wurde.“⁹² Die Legende hätte Bestattungen – gewissermaßen ad sanctos – nach sich gezogen, die wiederum ‚anschaulicher Beleg‘ für die Richtigkeit der Legende waren. Wir sehen am Beispiel des Coemeteriums der Siebenschläfer in Ephesos, am Ende dieses Rundgangs durch verschiedenste spätantike Städte und ihre religiösen Räume, daß es mehrere Ebenen von Wahrheit gibt, Wahrheiten, die sich auf einer vermeintlich historisch-faktischen Ebene bewegen, Wahrheiten, die sich die Bewohner der spätantiken Stadt zurechtlegten, und Wahrheiten, mit denen wir heute vergangene Befunde erklären. Historisch gesicherte Erkenntnis scheint das Vorhandensein eines Bestattungsareals aus der Zeit vor der Entstehung der Siebenschläferlegende. Eine historische Erkenntnis wäre es auch, wenn wir heute beweisen könnten, daß man in der Spätantike auf der Grundlage bestimmter Befunde Legenden konstruierte oder aber – determiniert durch die Kenntnis einer Legende wie der Siebenschläfer – in unterirdischen Bestattungsräumen die Höhle Kunst II () - s. v. „Ephesos“ (M. Restle); W. Jobst, „Zur Bestattungskirche der Sieben Schläfer in Ephesos“, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts (-) Beiblatt -. Vgl. die revidierte Chronologie bei Restle, a. O. (Anm. ) . Restle, „Ephesos“, a. O. (Anm. ) .
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Abb. 15 a, b: Ephesos, Siebenschläfer-Coemeterium: Ansicht und Grundriß der Gesamtanlage.
der sieben Jünglinge erkennen wollte. Aber wir können es eben nicht beweisen, wir können es bestenfalls plausibel machen. Und genau hier verhalten wir uns nicht anders als die Christen des spätantiken Ephesos: Unsere Kenntnis von einer Heiligenlegende verführt uns dazu, Befunde christlich zu etikettieren. Die Definition einer Stadt als religiöser Raum beruht nicht auf objektiven Kriterien, weder heute noch damals. Religiöse Räume definierten sich in erster Linie durch Erwartungshaltungen, durch willentliche religiöse Klassifizierungen, die weniger in der Stadt selbst als in der Gedankenwelt der Bewohner und Besucher vorgegeben waren.
Prof. Dr. Franz Alto Bauer Institut für Byzantinistik, Byzantinische Kunstgeschichte und Neogräzistik Universität München Geschwister-Scholl-Platz 1 D-80539 München Deutschland [email protected] Abbildungsnachweis Abb. 1: H. Brandenburg, Die frühchristlichen Kirchen in Rom (2004) 259 Abb. 1. Abb. 2: P. Scherrer (Hg.), Ephesos. Der Neue Führer (1995) Plan im Anhang (Überarbeitung Verf.). Abb. 3: R. Krautheimer, Early Christian and Byzantine Architecture (1986⁴) 55 Abb. 21. Abb. 4: ibid. 82 Abb. 38.
206 Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8:
Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11 a: Abb. 11 b:
Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14. Abb. 15 a: Abb. 15 b:
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ibid. 27 Abb. 1. B. Brenk, Die Christianisierung der spätrömischen Welt (2003) 262 Abb. 53. P. B. Whitehead, American Journal of Archaeology 31 (1927) Taf. 1 (Überarbeitung Verf.). M. Korres, „The Parthenon from Antiquity to the 19th Century“, in: P. Tournikiotis (Hg.), The Parthenon and ist Impacts on Modern Times (1994) 146-147 Abb. 12-13. Verf. Verf. Verf. G. Paul, „Die Anastylose des Tetrapylons in Aphrodisias“, in: Chr. Roueché – R. R. R. Smith (Hgg.), Aphrodisias Papers 3. The Setting and Quarries, Mythological and Other Sculptural Decoration, Architectural Development, Portico of Tiberius, and Tetrapylon (1996) 203 Abb. 2. R. Delbrueck, Die Konsulardiptychen und verwandte Denkmäler (1929) Taf. 67. Verf. S. Pelekanides, Praktika 1978, 71 Abb. 1. Verf. Reallexikon zur byzantinischen Kunst II (1971) 194 Abb. 13.
II. Ritual in Domestic and Civic Spheres
Preface David Frankfurter The study of religion in late antiquity has seen a resurgent discussion over the past few decades about private and domestic piety. Not only the new series A People’s History of Christianity but also The Cambridge History of Christianity and the Journal of Early Christian Studies have given special attention to the forms of religious practice that arise around – or are advised to be established in – the home. Students of early Judaism, long acquainted with the domesticization of cult ritual, now enjoy conversation with students of early Christianity increasingly interested in the vitality of religious spheres beyond the church and procession, and also with students of Roman and other religious systems in the Mediterranean world, as attention to women, slaves, and subalterns (as well as to magic and sexuality) has broadened the questions these specialists ask of archaeological and textual materials. Virtually all students of domestic forms of piety have shown a mature, critical sensibility towards the definition of “domestic”, the “home”, and the “private” as zones hardly isolated from the public or civic. Most, indeed, would admit important overlaps across these zones; and in fact many scholars have scrutinized the very discourse of the “domestic” in various times and places as historically and ideologically contingent. Still, the very discussion of such a (relatively) discrete sphere of religion as the domestic encourages us to look comparatively at other spheres, to redefine how religion might differ according to different spaces, with different authorities and social groupings. The discussion of domestic religion, that is, should inspire us to redefine civic religion. It is in this context that the ongoing study group “Religious World of Late Antiquity” of the Society of Biblical Literature held a session at its 2006 Annual Meeting on “Ritual in Domestic and Civic Spheres,” to discuss how rituals might shift and change between these two worlds of religious practice. Papers by Frankfurter (with a theoretical introduction), Leyerle (on private uses of pilgrims’ souvenirs), Fonrobert (on the dynamics of the eruv in rabbinic discussion), and BeDuhn (on the use of domestic spaces in Manichaean missions) each examined particular ways in which these major religious movements allowed ritual practices to flow between domestic and public spaces, and they were followed by active discussion with an audience of scholars deeply engaged in questions of domestic religion, its definition and features. It is to further this discussion and refine its terms that we present the papers here in ARG. DOI 10.1515/ARG.2008.009
The Interpenetration of Ritual Spaces in Late Antique Religions: An Overview David Frankfurter Rituals in the home, rituals in the square, rituals in the temple, the church, or the synagogue – how do they influence each other? It used to be that the world of domestic piety was cast in terms of fertility, children, and hearth, the purview of women, or else (in Weberian terms) the heterodox thinking of maverick craftsmen and intellectuals.¹ Civic piety then comprised public sacrifice, liturgical mysteries, high-minded theology, and the space of men. While there may be some truth to these broad contours, work on the character of piety across these domains has dissolved simplistic contrasts between public and private. Our now requisite attention to pilgrimage, festival, and procession has complicated the picture of public piety, while new studies on how domestic space was represented in Christian and rabbinic literature show the complex interpenetration of institutional ideology and domestic sphere. The home is not isolated from public religion but, as in rabbinic Judaism and Manichaism, the place where religion is thought out, texts are exchanged, ideology is formulated, and individual piety modelled.² Yet the point of models like “domestic” and “civic” religion is to be heuristic, not absolute or polarized; and it is in this regard that we profit from Jonathan Z. Smith’s recent essay “Here, There, and Everywhere”, in which he sketches the different religious values and concerns revolving around home, temple, and that intermediary phenomenon of the Greco-Roman age, the cult association.³ These religious spheres have a certain bottom-line reality to them, since homes are indeed
Recent descriptions of domestic religion include K. van der Toorn, Family Religion in Babylonia, Syria, and Israel: Continuity and Change in the Forms of Religious Life (), with summary in “Religious Practices of the Individual and Family: Introduction”, in: S. Johnston (ed.), Religions of the Ancient World: A Guide () -; J. Bodel – S. Olyan (eds.), Household and Family Religion in Antiquity (), with their useful essay on “Comparative Perspectives”, op. cit. -. See now C. Baker, Rebuilding the House of Israel: Architectures of Gender in Jewish Antiquity (); G. Frank, “From Antioch to Arles: Lay Devotion in Context”, in: A. Casiday – F. Norris (eds.), The Cambridge History of Christianity : Constantine to c. () -; and essays in Journal of Early Christian Studies , (). J. Z. Smith, “Here, There, and Everywhere”, in: J. Z. Smith, Relating Religion: Essays in the Study of Religion () -.
DOI 10.1515/ARG.2008.010
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set-off from a civic sphere, and Roman and Near Eastern towns alike did have temples and public shrines. But setting them up as distinct spheres, as heuristic opposites, allows Smith to see their creative synthesis in the world of cult associations, which claim cosmic authority like a temple cult while revolving around meals, fictive kinship, and private (even secret) gatherings like a family. In what follows I develop some general points about the sphere of domestic ritual in order to frame some important ways that ritual action could extend between the two spheres. I will first review the characteristics of domestic religion and ritual action. Then, looking at festivals, I will discuss the penetration of the civic sphere by the domestic sphere, with people moving from the home into public spaces for purposes we might call domestic. Finally, I will look at the interpenetration of the domestic sphere by civic forms of ritual: bringing institutional piety and teaching into the home, but considering how the domestic sphere might affect that piety.
A. Ritual in the Domestic Sphere What is it, then, that characterizes domestic religion and the gestures and habits that constitute this sphere? Beginning with a point of Smith’s, we may say that domestic religion, in its embracing of family line, health, and fortune, is deeply concerned with the protection of space: the absolute division of outside from inside through (a) threshold rites and protective symbols like mezuzot, and (b) the security of the interior through exorcistic rites. People in late antique Syria placed inscribed bowls in corners of their houses to eliminate demonic forces, sometimes specified and sometimes general, while many Christian structures had apotropaic crosses and adjurations inscribed on their lintels: “My master Jesus Christ, the Son of God, dwells inside! Let nothing evil enter!”⁴ Such apotropaic powers worked inversely as well, with Martin of Tours unable to enter a heathen house disturbed by a demoniac.⁵ There is also an attention to the arrangement of space: that the layout of a typical Roman or Syrian house makes sense in the way a temple’s does, protecting and delineating (in this case) generational continuity and hierarchy.⁶
W. Prentice, “Magical Formulae on Lintels of the Christian Period in Syria”, American Journal of Archaeology () - (inscription from Herakeh, ce, ibid. ). On apotropaic bowls see esp. M. Morony, “Magic and Society in Late Sasanian Iraq”, in: S. Noegel – J. Walker – B. Wheeler (eds.), Prayer, Magic, and the Stars in the Ancient and Late Antique World () -. Sulpicius Severus, vita Martini . In general on the protection of the house from disruptive spirits see M. Jaffee, Early Judaism: Religious Worlds of the First Judaic Millennium (ⁿd ed. ) -, and comparatively C. Lecouteux, La maison et ses génies: croyances d’hier et d’aujourd’hui (). See P. Zanker, Pompeii: Public and Private Life (tr. D. Schneider ).
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And in some relationship to this spatial arrangement we inevitably find domestic constructions of sacred centers, either by symbolically demarcating the hearth or cubiculum or by making actual altars. The larger civic religion may provide pantheon and official iconography, but the domestic altar serves as the very axis of domestic agency, for here the family selects from those official symbols and images, and here the family impacts their meaning. Which image (or attribute) of Isis or Harpocrates? Which form of cross, or what kind of oil-lamp?⁷ Hnana from which holy man, preserved in what kind of container? Memorials from which ancestors? Which flowers and fruit, set out at which festival? A scrap of writing from which book? Excavations of homes from Pompeii, Karanis, and elsewhere reveal wall-niches, aediculae, small murals, and even entire rooms for domestic devotions, with which are associated the diverse little altars and terracotta or marble figurines of gods also dug up. These shrines are located especially in kitchen areas and gardens – also shops. Residues in the altars as well as depictions of offerings – bread-loaves, for example, stacked beside a Bes figurine, or eggs painted alongside the Lar – show that the domestic shrine was a focus for devotional activity. The range of images found in homes in Roman Egypt shows that the shrine would often combine familiar protectors like Harpocrates and Bes with authoritative gods of the wider Roman world, like Sarapis and Isis.⁸ Indeed, to grasp the complex iconic and devotional world of the domestic shrine – how it mediates visually between the ancestral and the institutional – we can learn much from studies of domestic altars in Latin American and Caribbean cultures, which show the essence of religious bricolage keyed to family needs and histories, to festival life, and to historical developments in the institution: the national rise
Oil lamps: D. Jordan, “Inscribed Lamps from a Cult at Corinth in Late Antiquity”, Harvard Theological Review () -; J. Hermann Jr. – A. van den Hoek (eds.), Light from the Age of Augustine: Late Antique Ceramics from North Africa (ⁿd ed. ); and in general F. Dunand, “Lanternes gréco-romaines d’Égypte”, Dialogues d’histoire ancienne . Annales littéraires de l’Université de Besançon () -. In general, see D. Orr, “Roman Domestic Religion: The Evidence of the Household Shrines”, Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II.. () -; Y. Thébert, “Private Life and Domestic Architecture in Roman Africa”, in: P. Veyne (ed.), A History of Private Life I: From Pagan Rome to Byzantium () -, -; J. Bakker, Living and Working with the Gods: Studies of Evidence for Private Religion and Its Material Environment in the City of Ostia (); P. Foss, “Watchful Lares: Roman Household Organization and the Rituals of Cooking and Eating”, in: R. Laurence – A. Wallace-Hadrill (eds.), Domestic Space in the Roman World: Pompeii and Beyond. Journal of Roman Archaeology, Suppl. () -; and M. Lipka, “Notes on Pompeian Domestic Cults”, Numen () -; with G. Nachtergael, “Les terres cuites du Fayoum dans les maisons de l’Égypte romaine”, Chronique d’Égypte () - and D. Frankfurter, Religion in Roman Egypt: Assimilation and Resistance () -.
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of certain saints or restricted popularity of others, new forms of votive offering, iconography, or souvenir.⁹ Within this world of acute spatial attentiveness there is ceremony. “Every day”, a man writes his father-in-law in second-century Egypt, “I do [my wife’s] proskynēmata before the god Lord Sarapis” (P. Oxy. 59.3992, 13-16). Ritual acts in the home – at the altar or threshold, in the evening or at a holiday – have a quite overt link to the fortune and safety of the home: “Today is the worship of [the god] Shai, or Shai of the village or Shai of the home”, people in fifth-century Egypt were supposed to say “while burning lamps […] and offering incense”.¹⁰ John Chrysostom, Shenoute of Atripe, and others castigate mothers for their obsessive attention to child-protective rites.¹¹ For people to neglect ritual in this sphere, it seems, is even more dangerous than to let the road-side shrine collapse, for – in the words of another letter from Roman Egypt, from a man reporting on his family’s recent illnesses – “our ancestral gods assist us always, granting us health and safety” (P. Oxy. 4.935). It is important to recognize that ritual acts in the domestic sphere invariably extend from quotidian activities. Smith notes the perennial importance of the meal as a ceremony that brings together generations, the living and the dead. The meal, Smith points out, “acknowledges who is there”.¹² And the meal as domestic ritual phenomenon extends to those chief forms of domestic propitiation of gods and ancestors in antiquity: bread, cakes, fruit, milk, wine. The meal serves as idiom, as vehicle for inviting our supernatural friends and protectors. “As long as we made cakes for the Queen of heaven, marked with her image”, said the despondent Judeans to the prophet Jeremiah, “we had plenty of food, and we prospered and saw no misfortune” (paraphrasing Jeremiah 44, 17-19). Basic domestic food-production, performed festally across the community, changes into a sacrifice upon E. g. E. Vogt, Tortillas for the Gods: A Symbolic Analysis of Zinacanteco Rituals (); S. Feuchtwang, “Domestic and Communal Worship in Taiwan”, in: A. Wolf (ed.), Religion and Ritual in Chinese Society () -; R. Thompson, Face of the Gods: Art and Altars of Africa and the African-Americas (); William H. Beezley, “Home Altars: Private Reflections of Public Life”, in: D. Salvo (ed.), Home Altars of Mexico () ; C. Pinney, “Paper Gods”, in: H. Dehejia (ed.), Gods Beyond Temples () -. In general on the “public” and historical context of particular domestic traditions see esp. R. Orsi, Thank You, St. Jude: Women’s Devotion to the Patron Saint of Hopeless Causes () and F. Graziano, Cultures of Devotion: Folk Saints in Spanish America (). Shenoute of Atripe, The Lord Thundered p. , ed. E. Amélineau, Oeuvres de Shenoudi () . Chrysostomos, In epistulam ad Corinthios (Patrologia Graeca [] ), with B. Leyerle, “Appealing to Children”, Journal of Early Christian Studies () -. See also sources on popular religious practices in fifth-century Egypt in: R. Valantasis (ed.), Religions of Late Antiquity in Practice () -. Smith, “Here, There, and Everywhere”, op. cit. (note ) .
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which all domestic fortunes depend. This feature of domestic piety, down to the stamped image of the god on bread, seems to be distinctive across the religions of the Mediterranean world.¹³ Libanius sees the holiday sacrifice and feast “at the home of some village notable” as the centerpoint of traditional religion near Antioch in the fourth century, everybody joining together with hymns and incense and invocations to the gods, and adoration of the domestic altar (Oratio 30, 17). There is inevitably a feedback between the ceremonial and the quotidian sphere of action. As folklorists have noted, everyday acts like hearth-stoking, pot-stirring, lamp-lighting, hair-combing, sewing cloth, and forging iron can all be appropriated as ritual media – forms of attention, turned to divination or magical binding or protection. You could light household lamps, as Christians did in Antioch, and assign a holy name to each one; and whichever burns the longest is the name your baby should bear – the quotidian turned into the revelatory.¹⁴ On the other hand, overt threshold gestures like those remembered for the god Agathos Daimon in a fifth-century Egyptian village, bowing before an image in a wall-niche, are as integral to the act of entering a house as wiping your feet.¹⁵ In the same way, a fourthcentury Alexandrian philosopher accused of subversive inquiries of the god Bes defended himself to inquisitors by claiming that he had propitiated the god “from early youth” – that is, as a custom, a gesture of tradition and adulthood, not occult experimentation.¹⁶ In these cases, the gestures of domestic ritual are embedded in the gestures of domestic life overall. The domestic sphere seeks renewal through festivals – cultural, regional, local, institutional. For whatever story is told or god or hero is celebrated, the domestic sphere responds with special foods, lights, and temporary symbols. At these times also, the domestic sphere seeks interconnection with society through activities of the public sphere: flowers from a procession, images or foods from festival mer See Jaffee, Early Judaism, op. cit. (note ) - (excellent discussion of domestic breadrites in rabbinic Judaism). On bread stamps: S. Hirsch, “Spätantike Brotstempel mit der Maske des ägyptischen Gottes Bes”, in: M. Immerzeel – J. van der Vliet (eds.), Coptic Studies on the Threshold of a New Millennium. Orientalia Lovaniensia Analecta () -. Chrysostomos, In epistulam ad Corinthios . (op. cit. note ). See S. Golopentia, “Towards a Typology of Romanian Love Charms”, in: J. Roper (ed.), Charms and Charming in Europe () -. Valerie Flint attests also to the use of weaving/binding spells in the late antique western empire: The Rise of Magic in Early Medieval Europe () . Panegyric on Macarius of Tkōw ., in: Religions of Late Antiquity in Practice, -. See now D. Frankfurter, “Illuminating the Cult of Kothos: The Panegryic on Macarius and Local Religion in Fifth-Century Egypt”, in: J. Goehring – J. Timbie (eds.), The World of Early Egyptian Christianity: Language, Literature, and Social Context. Essays in Honor of David W. Johnson () -, esp. -. Ammianus Marcellinus . . .
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chants, and all the multiple gifts and exchanges by which the home opens itself up to festival time.¹⁷
B. Domestic Rituals in the Civic/Institutional Sphere This brings us to the topic of the interpenetration of domestic and civic spheres of religion, for festivals especially show the degree to which domestic religion does not wall itself off from, but actively asserts itself on, multiple aspects of civic ritual. However carefully a festival may be designed to celebrate the scriptural traditions and ideology of a religious institution – a martyr’s noble death, the Savior’s birth, the god Amun’s prestige in the region, or the virtues of some holy man –, a festival inevitably invites local customs like feasting, dance, singing, and gender display that gradually permeate and even come to define festival rites. Sozomen thus describes the shrine of Mamre, which was shared among diverse religious communities: [Here] the inhabitants of the country and of the regions round Palestine […] assemble annually during the summer season to keep a brilliant feast; and many others, both buyers and sellers, resort thither on account of the fair. Indeed, this feast is diligently frequented by all nations. […] Here some prayed to the God of all; some called upon the angels, poured out wine, burnt incense, or offered an ox, or a he-goat, a sheep, or a cock. Each one made some beautiful product of his labor, and after carefully husbanding it through the entire year, he offered it according to promise as provision for that feast, both for himself and his dependents. […] Nor, if they chanced to appear and to take part in the public processions, did they act at all licentiously. […] [And at the sacred well of Abraham] some placed burning lamps near it; some poured out wine, or cast in cakes; and others, coins, myrrh, or incense.¹⁸
The very diversity of ritual acts – invocations, votive offerings, sacrifices, meals, gestures – reflect the active importation of local traditions, including domestically-based traditions, into the space of festival. Even in a smaller catchment-area like that of the festival of St. Cyprian in sixth-century Lucania (Italy), according to King Athalaric, self-expression at the festival reflects domestic and village traditions of dress, meal, sexual display, and mercantilism: There you may see wide meadows gleaming with the loveliest of market-stalls, temporary homes quickly woven from leafy and beautiful branches, and a coming and going of people who sing and rejoice. […] Boys and girls are on display, marked out by their differences in sex and age, brought on the market not as captives, but by freedom […]. Why should
Frankfurter, Religion in Roman Egypt, op. cit. (note ) -. Cf. Feuchtwang, “Domestic and Communal Worship”, op. cit. (note ). Sozomen, Ecclesiastical History . , tr. Hartranft, Nicene and Post-Nicene Fathers, ser. () , .
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I mention the clothes, interwoven with a countless variety of threads? Why the sleek and well-fed animals of various kinds? […] No-one will leave that fair in discontent.”¹⁹
In the festival some awesome myth becomes an opportunity to feast – an exportation and expansion of the domestic meal. At fifth-century Nola (Italy), the custom – heartily encouraged by the cleric Paulinus – was for each local group to bring a prize hog or heifer from home to slaughter at the shrine of St. Felix, where the meat would be cooked and distributed to other pilgrims.²⁰ In some cases the holiday sanctions the appropriation of public spaces like the cemetery into the domestic altar, with graveside meals. In other cases these spaces become theaters for communitas – the frivolity and antistructure laden in collective effervescence.²¹ Women and men dance, sing, drink and flirt. The deity or saint becomes the axis for impulses and gestures rooted in (if sometimes inverting) everyday domestic life and its gendered expressions, leading some church fathers like Epiphanius to speak of “the orgies of Memphis and Heliopolis, where the tambourine and the flute capture hearts, and the dancing girls, and the triennial festivals of Batheia and Menouthis where women abandon their modesty and their customary state”²². Festivals in such public spaces, and even at more local sites like cemeteries and shrines, are often the culmination of pilgrims’ journeys and so point to pilgrimage itself as the preeminent interpenetration of domestic ritual and civic ritual. An offi Cassiodorus, Variae . , tr. S. Barnish () -. In general on festival structure in late antiquity see Frankfurter, Religion in Roman Egypt, op. cit. (note ) -; J. Leemans, “General Introduction”, in: J. Leemans et al. (eds.), ‘Let Us Die That We May Live’: Greek Homilies on Christian Martyrs from Asia Minor, Palestine, and Syria, c. AD – AD () -; N. Belayche, “Pagan Festivals in Fourth-Century Gaza”, in: B. Bitton-Ashkelony – A. Kofsky (eds.), Christian Gaza in Late Antiquity, Jerusalem Studies in Religion and Culture () -; J. Skedros, “Shrines, Festivals, and the ‘Undistinguished Mob’”, in: D. Krueger (ed.), People’s History of Christianity : Byzantine Christianity () -; A. Petsalis-Diomidis, “The Body in Space: Visual Dynamics in Graeco-Roman Healing Pilgrimage”, in: J. Elsner – I. Rutherford (eds.), Pilgrimage in Graeco-Roman and Early Christian Antiquity: Seeing the Gods () -; and more theoretically, A. Weingrod, The Saint of Beersheba () -, and A. Cuffel, “From Practice to Polemic: Shared Saints and Festivals as ‘Women’s Religion’ in the Medieval Mediterranean”, Bulletin of the School of Oriental and African Studies () -. Paulinus, carmen , on which see D. Trout, “Christianizing the Nolan Countryside: Animal Sacrifice at the Tomb of St. Felix”, Journal of Early Christian Studies , () . See V. Turner, “Passages, Margins, and Poverty: Religious Symbols of Communitas”, in: V. Turner, Dramas, Fields, and Metaphors: Symbolic Action in Human Society () -, with important remarks on social antistructure by J. Kelly – M. Kaplan, “History, Structure, and Ritual”, Annual Review of Anthropology () -, esp. -. Epiphanius, De fide ., trans. A. Bernand, Le delta égyptien d’après des textes grecs, vol. I: Les confins libyques. Memoires de l’Institut Français d’Archéologie Orientale () .
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cial procession, or shrine buildings with didactic iconography, become objects of a popular agency that is rooted in the domestic sphere. In Gregory of Tours’ description of miracles around the cult of St. Martin we find supplicants touching, taking, ripping and rubbing the structures and furnishings. They lay claim to spaces for their own private communications, like the deposit of some votive object, as the sixth-century bishop Gallus encountered on a boyhood trip to Cologne: “A [traditional] temple there filled with various adornments”, where devout and hopeful visitors “placed there wooden models of parts of the human body wherever some part of their body was touched by pain”.²³ In such votive objects visitors beseech saint or god for the sake of their households: protect my womb! Heal my child’s eyes! Dust, cloth, oil, and even answers are demanded: Oh God of St. Colluthus, should I leave my home?²⁴ As we know from archaeology and saints’ lives, shrines came to accomodate these demands, as individualized and intimate as they were, setting up ticket-oracles or, in earlier temples, setting up healing stelae. If the officers of the shrine did not accommodate these demands, pilgrims gouged sand or stole oil anyway.²⁵ The interpenetration of domestic ritual and civic space in pilgrimage points to an assertiveness, even voraciousness, in domestic religion, as it imposes itself on various public spaces to resolve crises. Women are excoriated in a Coptic homily for “abluting their children in water from the arena, from the theater”. An Egyptian woman visits a small Osiris shrine out among the tombs to complain that her husband won’t impregnate her, and she leaves her own letter to that effect. On the festival night of St. Simeon, people herd their livestock up to his mountain basilica and around his pillar in the rotunda. Statuary, springs, rocks are all appropriated as places to visit from the home to perform ritual gestures.²⁶ And of course there were
Gregory of Tours, Vitae patrum . , tr. E. James () . C. Sotinel, “Les lieux de culte chrétiens et le sacré dans l’Antiquité tardive”, Revue de l’Histoire des Religions () -. See D. Frankfurter, “Voices, Books, and Dreams: The Diversification of Divination Media in Late Antique Egypt”, in: S. Johnston – P. Struck (eds.), Mantikē: Studies in Ancient Divination. Religions in the Graeco-Roman World () -. See C. Traunecker, “Une pratique de magie populaire dans les temples de Karnak”, in: A. Roccati – A. Siliotti (eds.), La Magia in Egitto ai Tempi dei Faraoni () -, and in general on pilgrims’ souvenir eulogia, see Frank, “From Antioch to Arles”, op. cit. (note ) -. Religions of Late Antiquity in Practice: ch. (abluting children), (Osiris complaint); Evagrius, Ecclesiastical History . (Simeon’s pillar). Statuary: Eusebius, Ecclesiastical History . , and Surid legend discussed in Frankfurter, Religion in Roman Egypt, op. cit. (note ) . Compare A. H. Betteridge, “Specialists in Miraculous Action: Some Shrines in Shiraz”, in: A. Morinis (ed.), Sacred Journeys: The Anthropology of Pilgrimage () .
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the holy men, whose lives virtually sanction a piety of aggressive agency by mothers, fathers, daughters, demanding blessings or grabbing dirt or hair or phlegm.²⁷ Of course, it might be stretching the definition of “ritual” here to include the simple procurement of healing substances like dust, oil, or hair, usually to bring back into the domestic sphere (as Blake Leyerle describes in her paper, this volume: see below). Maybe gouging sand or stealing wooden altar-rails do not strike us as ritual; but the acts do show ritual attention, and they show the domestic sphere’s extension to various public spheres – that the ritual and symbolic repertoire that we associate with family and household draws in spaces well beyond the house itself. We can even see the penetration of civic by domestic sphere in the use and resignification of objects associated with the domestic sphere for public or institutional expression. For example, in late antique eastern Christianity bread loaves, probably stamped with crosses or words, came to represent eulogia in a virtual economy of materialized blessings that circulated between church, monastery, and homes.²⁸ Of course, as we recognize this assertive expansion of domestic ritual interests in late antique religions we also must confront intermediary spaces like courtyards, neighborhoods, marketplaces, and cemeteries that oscillate in function and significance, sometimes (as Charlotte E. Fonrobert describes in her essay, this volume: see below) extending the boundaries demarcating “domestic-type” ritual, while at other times – a holiday procession, a military curfew, or a religious pogrom, for example – extending civic/institutional ritual boundaries into the neighborhood and up to and even across the thresholds of the house. And at other times neighborhoods, markets, and cemeteries would constitute an entirely third space of ritual, encompassing what is communal yet local.
C. Civic / Institutional Ritual in the Domestic Sphere What of the penetration of the domestic sphere by civic ritual? Many western church fathers, of course, sought to press the christianization of the domestic sphere by advocating forms of private penitence, prayer, and moderate ascetic regimens that could be conducted in the inner confines of the home.²⁹ But there are other See D. Frankfurter, “Syncretism and the Holy Man in Late Antique Egypt”, Journal of Early Christian Studies , () -. See D. Caner, “Towards a Miraculous Economy: Christian Gifts and Material ‘Blessings’ in Late Antiquity”, Journal of Early Christian Studies , () -, esp. -. See K. Cooper, The Virgin and the Bride: Idealized Womanhood in Late Antiquity (); P. Miller, “The Blazing Body: Ascetic Desire in Jerome’s Letter to Eustochium”, in: P. Miller, The Poetry of Thought in Late Antiquity: Essays in Imagination and Religion () -;
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situations where rituals and ritual values we associate with civic or institutional spheres penetrate the domestic sphere. Ritual speech and sacrifices proper to civic or temple-cult could be self-consciously approximated and miniaturized to take place in domestic space. Healing rituals in Egypt and in early Judaism, both cultures with authoritative stories linked to sacred writing traditions, often condensed official mythic narratives for application to suffering bodies.³⁰ We know of intellectual pagans of the fourth and fifth centuries who tried to maintain the elements of official cult in their homes when it was proscribed in public. For some this use of domestic space to maintain traditional cult might have extended the idea of the philosophical school, which sages like Sosipatra held “in her own house”.³¹ The corpora of spells compiled as the Greek Magical Papyri also seem to reflect this phenomenon, although not always in domestic spaces.³² The endeavor of rabbinic Judaism lay precisely in the relocation to the home, its life patterns, and its immediate environs of sacred categories from the cultic world of the Jerusalem temple, as reconceptualized and codified in the rarefied world of the study house. In this regard the invention of the eruv that Fonrobert discusses in her essay, in which the domestic space was extended into a portion of the civic sphere to resolve particular halakhic points, externalized to the neighborhood ritual categories and issues that had already been systematically domesticized in the rabbinic project.³³ The point is, whether under persecution or for lack of a temple (as also in cases of immigrant communities even today), the domestic sphere is temporarily transformed into an official civic sphere, propitiating gods for the fortune of the cosmos
K. Sessa, “Christianity and the Cubiculum: Spiritual Politics and Domestic Space in Late Antique Rome”, Journal of Early Christian Studies , () -. See texts in J. Borghouts, Ancient Egyptian Magical Texts (); texts and discussion in L. Schiffman – M. Swartz, Hebrew and Aramaic Incantation Texts from the Cairo Genizah (); and analysis in D. Frankfurter, “Narrating Power: The Theory and Practice of the Magical Historiola in Ritual Spells”, in: M. Meyer – P. Mirecki (eds.), Ancient Magic and Ritual Power. Religions in the Graeco-Roman World () -. Eunapius, Vitae philosophorum , ed. W. C. Wright, The Loeb Classical Library, . Domesticization/secrecy of civic cult under persecution: H. Cancik, “Occulte adhuc colunt: Repression und Metamorphose der römischen Religion in der Spätantike”, in: H. Kippenberg – G. Stroumsa (eds.), Secrecy and Concealment: Studies in the History of Mediterranean and Near Eastern Religions. Studies in the History of Religions () -. On the secret domestic preservation of forms of civic / temple religion see now S. Emmel, “From the Other Side of the Nile: Shenute and Panopolis”, in: A. Egberts – B. Muhs – J. van der Vliet (eds.), Perspectives on Panopolis: An Egyptian Town from Alexander the Great to the Arab Conquest. Papyrologica Lugduno-Batava () -. Miniaturization / domesticization in Egyptian magical texts: J. Assmann, “Magic and Theology in Ancient Egypt”, in: P. Schäfer – H. Kippenberg (eds.), Envisioning Magic: A Princeton Seminar and Symposium. Studies in the History of Religions () -; and J. Z. Smith, “Trading Places”, in: J. Z. Smith, Relating Religion: Essays in the Study of Religion () -. See also Baker, House of Israel, op. cit. (note ).
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and the community, not just the household.³⁴ The house becomes, not the spatial symbol of domestic tradition, gender and procreation, health and prosperity, and relations among the living and the dead, but rather the protective enclosure for civic rites. Somewhere in between the institutional “conversion” of the home and the relegation of the house interior to official cult lies, perhaps, the phenomenon of the private or secret study group – where the home becomes the place of sharing, reading, interpreting, and writing texts. “Whoever has the martyrdom [of St. Athenogenes] read aloud in the home” will have his or her sins forgiven, promises this saint’s martyrology.³⁵ Yet bishops had long harbored suspicions about the home as a breeding ground for heresy and subversion; and the evidence of Manichaean religious culture that Jason D. BeDuhn discusses in his essay (this volume, see below) would endorse their suspicions: texts and evangelists operated largely among homes. The privacy of the domus remained a challenge to any region’s ideological purity. On the other hand, it allowed the integration of religious ideas and gestures at many levels – textual and oral, personal and familial, magical and spiritual – and their perpetuation in the face of powerful opposition from prevailing institutions.³⁶ Still, the interest here lies not in the flow or concentration of ideas per se but in the shifts and transformation of ritual action. What is the ritual nature of reading religious texts in the home? How does reading itself transform space or bring fortune to the family? What ritual differences arise if the book is secret or avowedly heterodox or if it is understood as mainstream? What, in fact, are the rituals of reading? Are there ceremonies around a codex’s or scroll’s presentation, opening, and touching? Or is it, like some modern vernacular study Bible, regarded only in “informative” terms, as a repository of ideas, with little regard for magical or “performative” significance?³⁷ On the use of homes in modern immigrant communities for official worship ceremonies see P. Belluck, “Visiting a Room Upstairs to View the Man Upstairs”, New York Times (//) , . Passion of St. Athenogenes , ed. P. Maraval, La passion inédite de S. Athénogène de Pédachthoé en Cappadoce. Subsidia Hagiographica () . H. Maier, “Religious Dissent, Heresy and Households in Late Antiquity”, Vigiliae Christianae () -, and “Heresy, Households, and the Disciplining of Diversity”, in: V. Burrus (ed.), People’s History of Christianity : Late Ancient Christianity () -; K. Bowes, “Personal Devotions and Private Chapels”, People’s History of Christianity , , and “‘Christianization’ and the Rural Home,” Journal of Early Christian Studies , () -. Cf. S. Lieu, Manichaeism in Mesopotamia and the Roman East () . See R. Lane Fox, “Literacy and Power in Early Christianity”, in: A. Bowman – G. Woolf (eds.), Literacy and Power in the Ancient World () -, esp. -. On “informative” vs. “performative” uses of sacred texts see S. Gill, “Nonliterate Traditions and Holy
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D. Conclusion Examining the ritual continuities between domestic and civic spheres allows us to appreciate these spheres as discrete worlds of ceremony and focus even while accepting their interrelationship. Certainly over history the religion of the civic sphere might dwindle or be replaced, requiring homes either to change accordingly, or to isolate themselves in an effort to preserve forms of traditional devotion. But homes inevitably depend on a social dimension for their distinctive practices – to reinforce calendars, holy places, traditions of ritual efficacy, and memories – and in that way the domestic sphere is never entirely discrete. The other dynamic that emerges in the examination of ritual continuity between domestic and civic spheres is the agency of the domestic sphere. Where scholars have classically viewed the home as a passive repository of superstition and the civic realm (or church, or rabbinate, or Ulamaa) as a vital font of instruction and theological coherence, what we see “on the ground,” as it were, is the domestic sphere’s inevitable and continual exertion of interests on the civic sphere. As we have seen, demands for healing oil and amuletic scripture, blessings for boats and livestock, festivals, and oracles have a tremendous influence on the shape of religion in an area from an early point in time.
Prof. David Frankfurter Department of History University of New Hampshire Durham, NH 03824 USA [email protected]
Books: Toward a New Model”, in: F. Denny – R. Taylor (eds.), The Holy Book in Comparative Perspective () -.
Pilgrim Eulogiae and Domestic Rituals Blake Leyerle
Pilgrims traveled, sometimes to distant shrines, in search of blessings.¹ The eulogiae they brought back home were often tangible.² Egeria, for example, mentions fruit, twigs and a text;³ the more appetitive Piacenza pilgrim, oil, earth, rocks, water, dew, wine, “manna”, measures, cloth, and, again, local fruit.⁴ But while both travelers record the acquisition of eulogiae, neither gives much information about their domestic storage or use. We learn from the Piacenza pilgrim that measures taken from the pillar at which Jesus was scourged were worn around the neck and were curative of “any kind of disease”,⁵ and that cloth immersed in the Jordan River was used for burial shrouds. He also tells us that he obtained a one-pound date from Jericho to give to his “nobleman, Paterius”.⁶ And from Egeria we are given 1
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This paper was originally presented in a session sponsored by the Europe and the Mediterranean in Late Antiquity Group on domestic and civic ritual at the annual meeting of the Society of Biblical Literature in November of 2007. I thank David Frankfurter for inviting me to participate in that session and Patrick Martin for his keen editorial eye, incisive comments and consistent encouragement. The standard survey is A. Stuiber, “Eulogia,” Reallexikon für Antike und Christentum 6 (1966) 900-928. Cf. P. Maraval, Lieux saints et pèlerinages d’Orient: histoire et géographie des origines à la conquête arabe (1985) 237-41; B. Kötting, Peregrinatio religiosa: Wallfahrten in der Antike und das Pilgerwesen in der alten Kirche (1950) 403-13; G. Vikan, Byzantine Pilgrimage Art (1982) 10-14. Fruit: Itinerarium Egeriae 3.6, 11.1, 15.6, 21.3. P. Maraval (ed.), Sources chrétiennes 296 (1982) 134, 170-72, 190, 222 (hereafter Itin. Eg.). Twigs: Itin. Eg. 8. 3 (SC 296.160). Text: Itin. Eg. 19. 19 (SC 296.212). Daniel Caner suggests that Egeria received bread eulogia from the monks in Palestine and the Sinai, but this is only an inference (“Towards a Miraculous Economy: Christian Gifts and Material ‘Blessings’ in Late Antiquity”, Journal of Early Christian Studies 14 [2006] 345). Oil: Antonini Placentini Itinerarium 42; P. Geyer – O. Cuntz (eds.), Corpus Christianorum, Series Latina 175 (1965), 151 (hereafter Itin. Plac.). Earth: Itin. Plac. 18, 46 (CCSL 175.138, 152). Water: (for bathing) Itin. Plac. 4, 7, 20, 24 (CCSL 175.130, 133, 139, 142); (for drinking) Itin. Plac. 28 (CCSL 175.143). Dew: Itin. Plac. 9 (CCSL 175.133-34). Rocks: Itin. Plac. 3 (CCSL 175.130). Wine: Itin. Plac. 14 (CCSL 175.137). “Manna”: Itin. Plac. 38-39 (CCSL 175.149). “Measures”: Itin. Plac. 22-23 (CCSL 175.140). Cloth: Itin. Plac. 11 (CCSL 175.135). Fruit: Itin. Plac. 14 (CCSL 175.137). It is possible that the anti-venom serum he mentions should also be understood as a eulogia: Itin. Plac. 12 (CCSL 175.136). Itin. Plac. 22-23 (CCSL 175.140). Itin. Plac. 11 (CCSL 175.135).
DOI 10.1515/ARG.2008.011
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to understand that she intends to share the text she received from the bishop of Edessa with her sisters back home.⁷ But neither pilgrim describes the housing of these precious bits and pieces. On the topic of household shrines, they remain chastely silent. But if we are willing to widen our purview to include another kind of pilgrimage record, we can know something more about the domestic use of eulogiae. Building upon the work of Georgia Frank,⁸ we might turn to the pilgrimage accounts embedded in hagiographical texts such as that of Theodoret of Cyrrhus.⁹ From his Religious History, we discover that eulogiae were employed to meet needs in three primary areas: the bed, the threshold, and the fields. This list is hardly surprising: the classic work of Fustel de Coulanges would have led us to expect nothing else.¹⁰ But it does direct our attention back to the largely familial orientation of the holy men. In their preference for strict enclosure, fierce concentration on food preparation and consumption, and attention to generation (adoptive as well as biological), they are strikingly domestic.¹¹ In addition to being a repository of information on the small-scale rituals of household religion, Theodoret’s text is itself an act of devotion, as Derek Krueger has argued.¹² For into his account of the Syrian ascetics, he has woven his own household’s story; and he concludes each portrait with a request for personal blessing. Thus an analysis of the Religious History promises to shed light on various aspects of domestic ritual. What we discover, however, is that the more closely we focus on the familial uses of pilgrim blessings, the more clearly we perceive their tendency to move outside the household and into the civic realm. To see this dynamic in action, we turn to Theodoret’s comments linking eulogiae and the bed.
Itin. Eg. 19.19 (SC 296.212). G. Frank, The Memory of the Eyes: Pilgrims to Living Saints in Christian Late Antiquity (2000). 9 P. Canivet – A. Leroy-Molinghen (eds.), Théodoret de Cyr: Histoire des Moines de Syrie. Sources chrétiennes 234 and 257 (1977, 1979) (hereafter HR). Canivet and Leroy-Molinghen list forty-six occurrences of the word eulogia in the HR (2 : 391). The translation used here is, with occasional modification, that of R. M. Price, Theodoret of Cyrrhus: A History of the Monks of Syria (1985). Price dates the work to C. E. 440 (pp. xiii-xv); P. Canivet argues for 444 (“Le monachisme syrien selon Théodoret de Cyr”, Théologie historique 42 [1977] 3135). 10 N. D. Fustel de Coulanges, La Cité antique (1984). One does not, however, find a concentration on the hearth. 11 Clothing is also a significant topic: Maësymas (HR 14.2 [SC 257.10]), Eusebius (HR 18.1 [SC 257.54]). 12 D. Krueger, “Writing as Devotion: Hagiographical Composition and the Cult of the Saints in Theodoret of Cyrrhus and Cyril of Scythopolis”, Church History 66.4 (1997) 708-13.
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The bed In one of his few comments on the domestic disposition of pilgrim blessings, Theodoret describes his own bed. Over it hung a flask of “oil of the martyrs” and under his pillow “lay an old cloak of the great James”. Together they formed an effective prophylaxis against demonic attacks.¹³ In addition to the ampulla of oil and the cloak, Theodoret’s family possessed a piece of Peter the Galatian’s belt; this last item was presumably used, and perhaps even stored, in the bedroom. For we are told that whenever family members fell ill, Theodoret’s mother wrapped the belt around their waists and “thereby expelled disease”.¹⁴ Each of these objects was acquired through pilgrimage. Theodoret and his family enjoyed an exceptionally close relationship with the holy men, but he is clear that eulogiae were readily available to others. Of James of Cyrhhestica, he writes: As a result of these labors he has culled the gifts of divine grace, and these are shared by all who desire it. Through his blessing many fevers have been quenched – and still are –, many agues have abated or departed completely, many demons have been forced to flee; and water blessed by his hand becomes a preventive medicine. (HR 21.14 [SC 257.90], emphasis added).¹⁵
Pilgrims could obtain eulogiae for others, either overtly or by subterfuge.¹⁶ When a noblemen failed to obtain a cure for his daughter, who “for a long time had been delirious and raving”, he prevailed upon Marcianus’ servant to leave a small flask of oil overnight by the door of his cell. When the old man discovered the ruse, he was annoyed; but the oil had nevertheless absorbed enough power to expel the demon from a distance of four days’ journey.¹⁷ Unlike the prescriptions and treatments of doctors, moreover, the prayers and eulogiae of holy men were a true panacea.¹⁸ Sometimes the holy men were willing to come in person. When doctors despaired of saving Theodoret’s mother from puerperal fever, Peter the Galatian did not hesitate to travel right to her bedside; nor was he reluctant to come multiple times to assuage the pain of a woman with breast cancer.¹⁹ These stories indi13
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HR 21.15 (SC 257.94). The cloak is subsequently described as “stronger than any defenses of steel” (HR 21.16 [SC 257.96]). Compare the use of soil taken from Jerusalem (Augustine, Civitas Dei 22.8). HR 9.15 (SC 234.434). People were thus understandably upset when they were later “driven away without even a blessing” (HR 21.33 [SC 257.118-20]). HR 24.7, 26.16, 26.20, 26.21 (SC 257.148, 194, 202). HR 3.9 (SC 234.260-64). When a neighbor failed to return Peter the Galatian’s belt, its efficacy remained (HR 9.7 [SC 234.434]). Cf. Kötting, Peregrinatio religiosa, op. cit. (note 2) 198. HR 16.2 (SC 257.30); cf. HR 9.7 (SC 234.420). HR 9.14, 9.13 (SC 234.430-32). Julian Saba healed a man “who had been appointed to very great authority and entrusted to control the rudder of the east” (HR 2.20 [SC 234.240]).
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cate the porousness of the late antique bedroom: although often private, this place of sickness and potential healing could also be a venue for the reception of honored visitors.²⁰ A demon’s description of Theodoret as sleeping among “the choir of the martyrs with James” invites us to understand Theodoret’s eulogiae in precisely this way.²¹ They are not just a threadbare garment and an oil-flask made of clay, glass or metal,²² but distinguished guests. In addition to being a site of convalescence, the bed was the place of procreation. As such, it marks the moral center of the home.²³ Unlike other hagiographies, Theodoret’s work does not stress the denial of sexual desire.²⁴ He recounts stories of both women and men seeking help for infertility or with the premature death of their children.²⁵ Lineage issues may inform the curious request of a noblewoman who approached Aphrahat. She suspected that her husband had been bewitched, on the grounds that he had developed an attachment to his concubine and hostility towards herself, his lawfully wedded wife. The holy man, we are told, took pity on the woman, said a prayer, blessed a flask of oil and told her to anoint herself with it. Exactly where on her body or in which part of her house she was to do this, we are not told. But the result was as desired: “the woman transferred to herself her husband’s love”.²⁶ While positioned as an exorcism, this action looks remarkably like the concoction of an aphrodisiac, appropriate to a bedroom locale. The importance of the bed, as the guarantor of lineage, is seen perhaps most clearly in the conflicts that arise over the burial of the holy men. The tomb is a
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Macedonius also made housecalls (HR 13.3, 13.9, 13.13, 13.17 [SC 234.478, 492, 498, 504]); he was even willing to appear in court to cure a young girl possessed by a demon (HR 13.10-11 [SC 234.492-94]). The most common miracles attributed to the holy men are exorcism and healing (Canivet, Le monachisme syrien, op. cit. [note 9] 117-45; A. Adnès – P. Canivet, “Guérisons miraculeuses et exorcisme dans l’histoire Philothée de Théodoret”, Revue de l’Histoire des Religions 171 [1967] 53-82, 150-179). A. M. Riggsby, “ ‘Private’ and ‘Public’ in Roman Culture: the case of the cubiculum”, Journal of Roman Archaeology 10 (1997) 41-42; K. Sessa, “Christianity and the cubiculum: Spiritual Politics and Domestic Space in Late Antique Rome”, Journal of Early Christian Studies 15, 2 (2007) esp. 177-86. Both scholars focus on the Roman cubiculum, but their observations may be more widely applicable. HR 21.15 (SC 257.94). A. Grabar, Ampoules de Terre Sainte (1958); D. Barag, “Glass Pilgrim Vessels from Jerusalem”, Journal of Glass Studies 12 and 13 (1970, 1971) 35-63, 45-63. A point made for the Roman west by Riggsby, “‘Private’ and Public’”, op. cit. (note 20) 40. Th. Urbainczyk, Theodoret of Cyrrhus: The Bishop and the Holy Man (2002) 35. James is credited with resurrecting a dead child whose parents “had begotten many children and escorted them all prematurely to the grave” (HR 21.14 [SC 257.90-92]). HR 8.13 (SC 234.400). Macedonius cured a young girl possessed by an erotic demon (HR 13.10-11 [SC 234.492-94]).
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final bed, but a bed nonetheless. In these stories, the claims of blood relatives or distant nobility are routinely dismissed in favor of the holy men’s spiritual family: his “sons” (usually his disciples, but occasionally local inhabitants) or his “fathers” (the martyrs or other holy men).²⁷ But holy bodies, like their eulogiae, could be taken by force. After Maron died, a bitter feud broke out. “One of the adjacent villages that was well-populated came out in mass, drove off the others and seized this thrice desired treasure; building a great shrine, they reap benefit therefrom even to this day”.²⁸ Theodoret recounts the violent removal of the saint’s body as an outrage, similar in kind to that which his own family sustained. For when acquaintances learned of the efficacy of Peter the Galatian’s belt, they began to borrow it “constantly”. Eventually, it was not returned.²⁹ In both situations, the rightful heirs were deprived of the remains of their “father”. The most fully elaborated lineage in the Historia Religiosa is indeed that of Theodoret’s own family. Into the portraits of the ascetics, he has woven his own family story: his mother’s conversion to ascetic Christianity;³⁰ her on-going interaction with the holy men;³¹ his parents’ disparate reactions to their infertility;³² the circumstances surrounding Theodoret’s birth;³³ his upbringing and continued
27 Marcianus (HR 3.18 [SC 234.280-82]); Abraham (HR 17.10 [SC 257.46-48]); Theodosius (HR 10.8 [SC 234.450]). Acepsimas (HR 15.5 [SC 257.22-24]); Zebinas (HR 24.2 [SC 257.140]). Philip Rousseau has noted how Theodoret’s text not only acknowledges the lineage created by the disciples of ascetic masters, but actually replicates it by the careful tracing of anecdotal transmission (“The Identity of the Ascetic Master in the Historia Religiosa of Theodoret of Cyrrhus: A New Paideia?”, Mediterranean Archaeology 11 [1998] 235-36; cf. D. Krueger, “Typological Figuration in Theodoret of Cyrrhus’s Religious History and the Art of Postbiblical Narrative”, Journal of Early Christian Studies 5 [1997] 409, 416; Urbainczyk, Theodoret, op. cit. [note 24] 35). 28 HR 16.4 (SC 257.32). Fights erupted over the burial of James (HR 21.5, 9 [SC 257.76, 82]), Abraham (HR 17.10 [SC 257.46-48]) and Theodosius (HR 10.8 [SC 234.450]). While still alive, Salamanes was carried back and forth between villages (HR 19.3 [SC 257.60]). For the holy man as village patron, see the classic studies by Peter Brown, “Rise and Function of the Holy Man in Late Antiquity” and “Town, Village and Holy Man: The Case of Syria”, in: P. Brown, Society and the Holy in Late Antiquity (1982) 103-52, 153-65. 29 HR 9.15 (SC 234.434). 30 An eye-infection first brought to Peter; her complete healing entailed her renunciation of cosmetics and fine clothing (HR 9.5-8 [SC 234.414-22]). Peter also exorcised the family’s cook (HR 9.9 [SC 234.422]) 31 With Symeon the elder (HR 6.14 [SC 234.364]); with Macedonius, whom she supplied with food (HR 13.3 [SC 234.476-78]). 32 Theodoret’s father was distressed, but his mother “was not greatly troubled”; when in danger of a miscarriage, she even claimed that “she had not wanted to become the mother of children” (HR 13.16-17 [SC 234.502-04]). 33 HR 13.17 (SC 234.504-06).
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interaction with the holy men.³⁴ This textual strategy, as Derek Krueger has convincingly argued, makes the writing of this work into a devotional gesture, comparable to the act of pilgrimage. The completed text becomes itself a eulogia designed to circulate, a source of blessing for readers as well as for the author.³⁵ A sharpened appreciation for Theodoret’s authorial act should not deflect our attention away from the role his text plays in domestic religion. It preserves and recreates his family’s story. Born belatedly and an only child, Theodoret’s decision to enter orders would have signaled genealogical oblivion, had he not written a work perpetuating his family’s memory.³⁶ As Jonathan Z. Smith notes, “to any list of threats to domestic continuity must be added the danger of forgetfulness; hence, the importance of formal and informal genealogies as well as family sagas”.³⁷ The stories effectively insert Theodoret into a group of spiritual ancestors. The physical instantiations of this spiritual genealogy are the eulogiae surrounding his bed. Every time Theodoret rests his head on Peter’s cloak, he performs a dynamic domestic ritual of family remembrance and belonging. The requests for prayers and blessings, with which he concludes each portrait, exercise a claim upon future generations.³⁸ The intergenerational aspect of his nightly ritual links Theodoret’s bed to the grave. We know that pilgrims sometimes deliberately created blessings for their tombs. The Piacenza pilgrim tells us that, after celebrating Epiphany at the Jordan River, “every one goes down into the river to gain a blessing. Some wear linen, and some other materials which will serve as their shrouds for burial”.³⁹ These cloths, 34 Theodoret visited Peter the Glatian as a child (HR 9.4, 9.15 [SC 234.414, 434]); and Aphrahat as an adolescent (HR 8.15 [SC 234.402]; cf. Price, Theodoret of Cyrrhus, op. cit. [note 9] 80 n. 15. With a group of friends, he made a retreat at the monastic community at Teleda (HR 4.10-12 [SC 234.312-14]). As a lector, he sought information from Zeno about the monastic life (HR 12.4 [SC 234.464]); as bishop, he visited local monks frequently (HR 20.4, 21.8, 21.11 [SC 257.66-68, 80-82, 84-86]). 35 Theodoret concludes his account of Macedonius thus: “We, on bringing this narrative to an end, have reaped the fragrance that comes from narrating it” (HR 13.19 [SC 234.508]). Krueger, “Writing as Devotion”, op. cit. (note 12) 708-13. For the work’s wide circulation, see idem, “Typological Figuration”, op. cit. (note 27) 395. 36 Theodoret ends the account of the theft of Maron’s body with the words: “We ourselves reap his blessing even at a distance; for sufficient for us instead of his tomb is his memory.” (HR 16.4) 37 J. Z. Smith, “Here, There, and Anywhere”, in: J. Z. Smith, Relating Religion: Essays in the Study of Religion (2004) 327. 38 P. Devos, “La structure de l’Histoire Philothée de Théodoret de Cyr: Le nombre des chapitres”, Analecta Bollandiana 97 (1979) 319-335; Krueger, “Writing as Devotion”, op. cit. (note 12) 711-12. 39 Itin. Plac. 11 (CCSL 175.135). Gregory of Nyssa stipulated that his reliquary of the martyrs be buried with him (Kötting, Peregrinatio religiosa, op. cit. [note 2] 310).
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like Theodoret’s eulogiae, offer protection by asserting family membership.⁴⁰ The ritual of their creation – and of their later use – fuses remembrance of the past with a claim upon the future in a humble, thoroughly domestic object.⁴¹ A desire to fulfill the demands of domestic piety, however pressing, was not the only reason that prompted Theodoret to write the Religious History. He also aimed to achieve wider ecclesiastical aims. “This work”, as Theresa Urbainczyk has argued, “is a serious political tract which demonstrates Syria’s importance in producing holy men, the church’s importance in mediating with them, and Theodoret’s unique position as a local bishop who has known some of these remarkable […] individuals all his life”.⁴² Unlike other hagiographers, therefore, Theodoret mutes the contrast between the desert and the city.⁴³ Whether living in the suburban periphery or in the countryside, the holy men remain closely tied to the urban churches and their clergy. Indeed, the very closeness of this bond invites a consideration of the point that connects and separates the familial and the civic.
The threshold We have less information connecting pilgrimage eulogiae with domestic threshold rites, but what we do have is very suggestive. Theodoret tells us that Symeon Stylites “became so celebrated in the great city of Rome that at the entrance of all the workshops men have set up small representations of him, to provide thereby some protection and safety for themselves”.⁴⁴ The placement of apotropaic objects at doorways has ancient roots. But Symeon’s particular reputation as an effective guardian may spring from his ascetic practice of vigilance, from the widespread
40 For eulogia of garments, see HR 26.12 (SC 257.184); cf. HR 9.15 (SC 234.434). 41 C. Hahn, “Loca Sancta Souvenirs: Sealing the Pilgrim’s Experience”, in: R. Ousterhout (ed.), The Blessings of Pilgrimage. Illinois Byzantine Studies 1 (1990) 87, 91, 95 n. 23; cf. Vikan, Byzantine Pilgrimage Art, op. cit. (note 2) 42-43; Maraval, Lieux saints, op. cit. (note 2) 240. 42 Urbainczyk, Theodoret of Cyrrhus, op. cit. (note 24) 33. The work also stresses the good relationship that exists between the Antiochene clergy, including Theodoret, and the local monks (see H. Leppin, “Zum kirchenpolitischen Kontext von Theodorets Mönchgeschichte”, Klio 78 [1996] 214). As Rousseau notes, “It is striking how much aristocracy one can find in the HR, once one begins to look for it” (“The Identity of the Ascetic Master”, op. cit. [note 27] 234-35). 43 Urbainczyk, Theodoret of Cyrrhus, op. cit. (note 24) 37. 44 HR 26.11 (SC 257.182). The affixing of votive tablets featuring pillars is ancient, see F. van Straten, “Votives and Votaries in Greek Sanctuaries”, in: A. Schachter – J. Bingen (eds.), Le Sanctuaire grec (1992) 247-284.
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knowledge that he would stand “all night, neither beguiled by sleep nor overcome by exertion”.⁴⁵ The holy men were, in general, very attentive to their domestic arrangements. Some moved repeatedly in search of an ideal home.⁴⁶ Others built customized cells.⁴⁷ Of these, none expended more thought and labor than Thalelaeus: Making two wheels of two cubits in diameter, he joined both wheels together with planks not fitted to each other but separated apart. Then seating himself inside and fixing these separated planks firmly with bolts and nails, he hung the wheel up in the air. Fixing three other tall wooden stakes in the ground and connecting their upper ends with other pieces of wood, he fastened the double wheel in the midst of them and raised it up, the inside of the wheel having a height of two cubits and a breadth of a cubit. Sitting or rather suspended in this, he has spent ten years up till now (HR 28.3 [SC 257.226-28]).
The narrow suspended cylinder in which Thalelaeus made his ascetic home resembles nothing so much as an outsized amulet.⁴⁸ Access to ascetic domiciles was usually restricted.⁴⁹ Aphrahat and Symeon never admitted women.⁵⁰ Marana and Cyra would not interact with men. Limnaeus would only open his small door, sealed with mud, to Theodoret.⁵¹ The more 45 HR 26.24, 26 (SC 257.208, 210). D. G. Orr, “Roman Domestic Religion: The Evidence of the Household Shrines”, in: Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt II 16.2 (1978) 15571591. See also the cultural context of Symeon’s actions, as explored by D. T. M. Frankfurter, “Stylites and Phallobates: Pillar Religions in Late Antique Syria”, Vigiliae Christianae 44.2 (1990) 168-198. 46 Symeon is the classic example. He lives first with some neighboring ascetics, before joining a monastery; from there, he moves briefly into an abandoned cistern, and then into a tiny cottage; after three years, he relocates to a hill top, where he orders a circular enclosure to be made. Finally, he devised a pillar, on which he spent the rest of his life; though its height needed to be modified three times (HR 26.4-7, 10, 12 [SC 257.164-76, 178-80, 184]). 47 Baradatus (HR 27.2 [SC 257.218-20]), Marcianus (HR 3.2 [SC 234.248]), Eusebius (HR 18.1 [SC 257.52]), Marana and Cyra (HR 29.1-2 [SC 257.234]) and, of course, Symeon, whose odd choice of a pillar for a home evokes sustained apology (HR 26.12, 26.22 [SC 257. 18690, 204-06]). Penance was often the reason prompting unusual domestic arrangements (HR 28.4 [SC 257.228]). 48 Usually a tubular capsule (R. Kotansky, “Incantations and Prayers for Salvation on Inscribed Greek Amulets”, in: Ch. A. Faraone – D. Obbink [eds.], Magika Hiera: Ancient Greek Magic and Religion [1991] 111, 114). 49 The recluse, as Theodoret observes, opens the door when he wishes and “delays as long as he wants” (HR 21.32 [SC 257.118]). Other ascetics, like James of Cyrrhestica, chose the asceticism of living always in the public eye (ibid.). 50 An unknown woman had to appeal to Aphrahat standing in front of the outer door (HR 8.13 [SC 234.400]). To Theodoret’s mother, he would only “half-open” his door (HR 8.15 [SC 234.402]); cf. Symeon Stylites (HR 26.21 [SC 257.202-04]). 51 HR 22.3 (SC 257.126); cf. Eusebius (HR 18.2 [SC 257.54]), James (HR 25.2 [SC 257.156]), Marana and Cyra (HR 29.5 [SC 257.236]).
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enterprising among the laity had recourse to peering in through windows or making their appeals through the servants of the holy men.⁵² The threshold is central, Jonathan Z. Smith contends, inasmuch as it distinguishes “those who belong or who are welcome […] from those who are not”.⁵³ The central locus of this difference is the meal: only those welcome at table are allowed to cross the threshold. The holy men thus tend to show great hospitality to one another. Marcianus welcomed Avitus with the words: “Come over here, my best of friends, and let us share this table.”⁵⁴ The bread they served their visitors was also called eulogiae.⁵⁵ Even the ascetics who repelled all others welcomed Theodoret; in part, presumably, because of their desire to share with him a Eucharistic table.⁵⁶ It comes as no surprise, therefore, that one of the domestic uses of pilgrim eulogiae was the reparation of commensality. When a high born woman, named Astrion, developed an aversion to all food or drink, as well as an inability to recognize close household members, she was cured by the application of water blessed by Macedonius.⁵⁷ In a similar fashion, the holy man cured the wife of a nobleman who had fallen prey to a “morbid gluttony” (adephagias), such that even thirty chickens a day could not satisfy her hunger. Her family, fearing the exhaustion of their resources, sent for Macedonius, who gave her blessed water to drink. The eulogia curbed her appetite so effectively that “thereafter a small piece of chicken each day satisfied her need for food”.⁵⁸ Here, the protection of the family group merges imperceptibly with the safeguarding of the family assets. Pervasive concerns for the creation and preservation of domestic enclosure would seem to support the ascription of a largely protective function to the miniature statues of the stylite. Like the flasks of oil around Theodoret’s bed, they were positioned to avert malevolent forces. But these small figurines could bear additional meanings. 52 Access through a window (HR 3.6 [SC 234.256]); appeal to servants (HR 3.9 [SC 234.260]); people trying to crowd in after Theodoret (HR 22.3 [SC 257.128]). 53 “Here, There, and Anywhere”, op. cit. (note 37) 327. Egeria notes that “it is customary” for monks to give eulogia “to those whom they gladly receive in their monastic cells” (Itin. Eg. 21.3, cf. 11.1 [SC 296.222, 170-72]). 54 HR 3.12 (SC 234.270); cf. Maësymas (HR 14.2 [SC 257.10]); Domnina (HR 30.3 [SC 257.244]). While Abraham followed a regime of strict fasting, he was graciously hospitable to others (HR 17.7 [SC 257.414]). 55 Caner, “Towards a Miraculous Economy”, op. cit. (note 3) 345-49. For this reason, Caner believes that the monks of Palestine gave Egeria bread eulogia; but her text does not specify the form of the “blessing” that she received (Itin. Eg. 11.1, 21.3 [SC 296. 170-72, 222]). 56 Maris (HR 20.4 [SC 257.66-68]); cf. Limnaeus (HR 22.3 [SC 257.126]); Marana and Cyra (HR 29.5 [SC 257.236]); James (HR 25.2 [SC 257.156]); Symeon (HR 26.7, 14 [SC 257.174, 192). 57 HR 13.13 (SC 234.496-98). 58 HR 13.9 (SC 234.490-92).
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Theodoret celebrates Symeon, above all, as a ceaseless laborer. One index of his fidelity to routine tasks was the one thousand, two hundred and forty-four prostrations he made each day.⁵⁹ One could not imagine a better patron for workers in a factory who were, according to the late antique expression, “nailed” to their work.⁶⁰ He was a figure of perseverance and ascetic industry. Other holy men were directly involved in productive ventures. In addition to farming, Theodosius’ disciples wove sails, hair coats, mats and baskets. The holy man exhorted them to work harder by reminding them of the hardscrabble life of small householders. While those engaged in life toil and labor to support children and wives, and in addition pay taxes and are dunned for tribute, and also offer the first-fruits to God and supply the needs of beggars as far as they are able, it would be absurd for us not to supply our essential needs from labor – especially since we use scanty and simple food and simple dress –, but to sit indoors with our arms crossed, reaping the handiwork of others (HR 10.3 [SC 234.442]).
Like the head of any workshop, Theodosius examined the monks’ finished work “minutely, checking to see if each detail was carried out in accordance with the rules laid down”. With the surplus goods produced, he started an import-export business. The volume of trade was significant enough that he built a landing place for the use of merchants. Like Symeon, his reputation was widespread: sailors “even more than a thousand stades away” invoked “the God of Theodosius” to calm storms.⁶¹ His business revenues may well have been substantial, for “the leaders of the church” began to fear that he might be kidnapped by the Isaurians for a huge ransom.⁶² Kidnapping is an appalling violation, but circulation remains a defining characteristic of holy objects. Eulogiae, like relics, were intended “to render the sanctity 59 HR 26.22 (SC 257.204). Ascetic labor exhibits the logic of sacrifice: it functions, in the words of Smith “to bring the ‘below’ ever closer to the ‘above’ through ritual acts of repetition and […] rectification” (“Here, There, and Anywhere”, op. cit. [note 37] 328). 60 Binding rituals were frequent in ancient magic; they were used to ensure permanence and stability or to promote business profit (J. J. Winkler, “The Constraints of Eros”, in: Pharaone – Obbink (eds.), Magika Hiera, op. cit. [note 48] 220, 233). 61 HR 10.4 (SC 234.444). 62 HR 10.6 (SC 234.446). Theodoret attributes Theodosius’ value to his holiness rather than to his wealth. But other, arguably more renowned, ascetics did not arouse similar fears. The account seems a remarkable illustration of the ascetic basis of the production of capital, for which see G. G. Harpham, The Ascetic Imperative in Culture and Criticism (1987) 29-30, 62-64. See also the remarks of C. Rapp on the merging of production and consumption in monastic copying (“Christians and their Manuscripts in the Greek East in the Fourth Century”, in: G. Cavallo – G. de Gregorio – M. Maniaci (eds.), Scritture, Libri e Testi nelle Aree Provinciali di Bisanzio (1991) 1:142-44. Theodoret’s portrait of Domnina blends consumption with production: the property spent by her reaps a blessing (HR 30.3 [SC257.244]).
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of holy places mobile”.63 Theodoret’s own frequent recourse to metaphors of trade, when speaking of ascetic labor and its virtuous results, suggests an awareness of a market in blessings. To Publius, he attributes one of the more elaborated examples of this kind of language. Exhorting his disciples, he said: It is by getting what we lack from others […] that we shall achieve the most perfect virtue. Just as in city markets one sells bread, another vegetables, one trades in clothes while another makes shoes, and so supplying their needs from each other they live more contentedly – the one who provides a piece of clothing receives a pair of shoes in exchange, while the one who buys vegetables supplies bread –, so it is right that we should supply each other with the precious components of virtue (HR 5.4 [SC 234.334]).
The economic ideal was one of “equilibrium and flow”.⁶⁴ From this perspective, one could see Symeon, whose images were perched outside of workshops on the other side of the Mediterranean, as the saint, not of enclosure, but of connectivity.⁶⁵ This term, as used by Peregrine Horden and Nicholas Purcell, describes “the various ways in which [Mediterranean] microregions cohere, both internally and also one with another”.⁶⁶ Certainly Symeon drew local people into his ambit. Indeed, Theodoret insists that the entire inhabited world could be found around the foot of his pillar: Ishmaelites, Persians, Armenians, Iberians, Homerites, Spaniards, Britons, Gauls and Italians.⁶⁷ From this perspective, Symeon himself resembles a city, defined in terms of its religious organization by Horden and Purcell as a “‘densening’ of the texture of the fabric of interdependence”.⁶⁸ His statues in the Roman workshops emphasize the nature of the sill as a point of contact rather than of separation. The threshold’s tendency towards expansion is most evident, however, closer to home, in the rituals designed to protect the family’s agricultural holdings. And it is to this topic that we now turn. 63 P. Horden – N. Purcell, The Corrupting Sea: A Study of Mediterranean History (2000) 458; R. F. Taft, S. J. notes that originally bread eulogia was distributed as a sign of unity (“One Bread, One Body: Ritual Symbols of Eclessial Communion in the Patristic Period”, in: D. Kries – C. Brown Tkacz (eds.), Nova Doctrina Vetusque: Essays on Early Christianity in Honor of Frederic W. Schlatter, S. J. [1999] 28-32). 64 Caner, “Towards a Miraculous Economy”, op. cit. (note 3) 329-77, esp. 351-52, 360. Some pilgrim tokens bear a palm imprint on their backs; for the use of clay sealings to secure merchandise, see Vikan, Byzantine Pilgrimage Art, op. cit. (note 2) 38. 65 His pillar, as Frankfurter notes, was placed “on a mountain top in full view of the major Syrian trade routes and of a substantial village below” (“Stylites and Phallobates”, op. cit. [note 45]189). 66 Horden – Purcell, The Corrupting Sea, op. cit. (note 63) 123: ”Some of the most eloquent evidence of connectivity maintained across the Mediterranean”, they assert, “comes from hagiography” (ibid., 161). 67 HR 26.11 (SC 257.180-82). 68 Horden – Purcell, The Corrupting Sea, op. cit. (note 63) 451.
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The fields According to the Religious History, pilgrims removed soil from the mountain where James of Cyrrhestica lived. Theodoret does not specify how this eulogia was used, claiming only that it was “beneficial” (opheleian). But his description of the mountain as “formerly undistinguished and sterile” (asemon … akarpon) suggests that it might have been used to increase crop yields.⁶⁹ Eulogiae were certainly used to good effect on animals. A horse suffering from urinary blockage was cured by the application of water and oil blessed by Aphrahat.⁷⁰ And Thalelaeus was widely known for healing camels, asses, and mules.⁷¹ Small landowners were especially vulnerable to environmental disruptions. Theodoret tells us of a farmer who sought help from Aphrahat in protecting his “crops, plants, marshlands, woods and meadows” from a plague of locusts.⁷² Figured as demons, the insects fall directly under the purview of the holy man.⁷³ He [i. e., Aphrahat,] ordered a gallon of water to be brought to him. When the petitioner had brought the gallon, he placed his hand over it and besought God to fill the water with divine power; then on finishing the prayer he told the man to sprinkle the water round the boundaries of his property (tois tou choriou horois). The man took it and did as instructed, and it served as an invincible and inviolable defense for those fields, for the locusts, while crawling or flying like armies up to this boundary, retreated backwards in fear at the blessing placed upon it, restrained as it were by a curb and prevented from advancing forwards (HR 8.14 [SC 234.402]).⁷⁴
Like the oil of the martyrs around Theodoret’s bed, Aphrahat’s blessed water forms a repellent barrier. Sprinkled around the perimeter of the fields, the eulogia effectively extends the threshold. And indeed the farmer had appealed to Aphrahat
69 HR 21.4 (SC 257.74); cf. a request to Polychronius for blessed oil to counteract a drought (HR 24.7 [SC 257.148]). Caner argues that notions of agricultural fertility and abundance are implicit in the scriptural understanding of blessing (Caner, “Towards a Miraculous Economy”, op. cit. [note 3] 334-40). 70 HR 8.11 (SC 234.396-98). 71 HR 28.5 (SC 257.230). 72 Horden and Purcell draw attention to the interesting inclusion of “wetlands” in the list of vulnerable assets (The Corrupting Sea, op. cit. [note 63] 418). 73 Demons were blamed for the uprooting of five hundred olive and fig trees (HR 28.1 [SC 257.224-26]) 74 Crop protection may have been an expected part of the duties of a holy man. Theodoret makes a metaphorical appeal for this type of blessing when he asks James “to beg the God of the universe to make the crop clear of weeds and free it altogether from the seeds of heresy” (HR 21.19 [SC 257.100]).
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precisely on this basis, noting the smallness of his holdings and the magnitude of his household needs.⁷⁵ James of Nisibis was also celebrated for his control over insects. But the boundary he reinforced was civic, rather than domestic. When Sapor, king of the Persians, besieged Nisibis with troops and even elephants, James mounted the city wall and called down upon the invaders an ineluctable army of gnats and mosquitoes.⁷⁶ From Egeria comes a similar story of miraculous, civic protection. When the Persians encircled the city of Edessa, King Abgar carried the letter, believed to be from Jesus himself, to the gate of the city. “Lord Jesus”, he cried, “You promised us that no enemy would enter this city. But look, at this moment the Persians are attacking us.” And he held up the open letter. Immediately, darkness descended and threw the Persians into confusion. According to the bishop who recounted this story, Abgar’s action established a ritual pattern: whenever an enemy subsequently attacked the city, the letter was brought out and read at the gate. The gate itself gradually became a holy object, through which no person who was “unclean”, “dead” or “in mourning” was allowed to pass.⁷⁷ The bishop then gave Egeria a copy of this correspondence as a eulogia.⁷⁸ She was delighted to receive the text, because it was “more extensive” (amplius) than the version she had back home. And in a tantalizing aside, she promises that she will share it with the women to whom she writes.⁷⁹ While we do not know what domestic rituals might have surrounded the reading of this text, its characterization as “more extensive” recalls the material splendor of Abgar’s palace that Egeria has described.⁸⁰ What we can know with certainty is that Egeria’s expressed intent to share the letters with her “sisters” signals the domestication of a civic ritual. The possession of this text would seem, at least theoretically, to offer both protection and abundance – a combination that must now strike us as typical of eulogiae.
75 He had only “a single farm from which to support himself, wife, children and household and in addition pay imperial taxes” (HR 8.14 [SC 234.400]). 76 HR 1.11-12 (SC 234.186-88). For an analysis of the Biblical typology of this account, see Krueger “Typological Figuration”, op. cit. (note 27) 409-11. 77 Itin. Eg. 19.8-17 (SC 296.208-12). The translation used here follows that of G. E. Gingras, Egeria: Diary of a Pilgrimage. Ancient Christian Writers 38 (1970) 78-80. 78 Itin. Eg. 19.19 (SC 296.212). 79 Dominae animae meae (Itin. Eg. 19.19 [SC 296.212]). 80 Her description dwells on iridescent marble statues, streams like silver, and pools of remarkable fish (Itin. Eg. 19.6-7 [SC 296.204-06]). Gingras’ translation seems better, because more global, than that of John Wilkinson, who translates amplius as simply “longer” (Egeria’s Travel, 3rd ed. [1999] 136).
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Conclusion: Mobility and Connection The most striking feature of eulogiae may be this blend of domestic and civic use.⁸¹ Obtained from people known largely for their stability, pilgrim blessings were humble objects that served largely familial ends. They protected the bed, the threshold and the fields. The rituals of their use were small-scale, often variants of common daily actions such as drinking or anointing; they were not dependent upon specialized technologies like writing. The space of their ritual performance was primarily domestic.⁸² At the same time, the holy men who provided pilgrims with eulogiae present a studied contrast to familial life; they were not concerned to foster the growth of their biological family or of their assets. Despite their occasionally claustrophobic dimensions, their dwellings often have a public air.⁸³ Like other places of civic religion, their architecture favors walls and gates and nested interiors.⁸⁴ Eulogiae were used in civic rituals, occasionally to protect urban enclosures, and routinely to express lines of dependency and proximity to power.⁸⁵ They circulated across the Empire in the form not only of statues and ampullae but also of texts like Theodoret’s own Religious History.⁸⁶ 81 82
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I owe many of the terms of this contrast to Smith’s analysis (“Here, There, and Anywhere”, op. cit. [note 37] 323-39). Compare Fritz Graf ’s comments on the Greek Magical Papyri (“Prayer in Magic and Religious Ritual”, in: Magika Hiera, op. cit. [note 48] 195-96; cf. J. Z. Smith, “Trading Places”, in: J. Z. Smith, Relating Religion: Essays in the Study of Religion [2004] 222-27. In Smith’s schema, pilgrim blessing belong firmly to the religion of “Here” [333]). Theodoret’s use of spectacular, athletic imagery has often been noted; for example, he begins the section of his work on contemporary ascetics with the words: “Now that we have proceeded through the contests of the athletes of virtue described above, narrating in summary their laborious exercises, their exertions in the contests and their most glorious and splendid victories, let us now record […] the way of life of those still living, who contend magnificently and strive to surpass their predecessors in exertion” (HR 21.1 [SC 257.70]). As Rousseau notes, “One became an ascetic in public, as part of a dialogue between one’s own energy and the expectations of others” (“The Identity of the Ascetic Master”, op. cit. [note 27] 230). Smith, “Here, There and Anywhere”, op. cit. (note 37) 328. They were part of the larger gift exchange by which advancement and gain were achieved and status maintained. See Caner, “Towards a Miraculous Economy”, op. cit. (note 3) 35570. As we meet them in Theodoret’s text, the holy men are indissociably tied to literacy and urbanism. On Theodoret’s erudite style, see Canivet, Le monachisme syrien, op. cit. (note 9) 51-54; Rousseau, “Identity of the Ascetic Master”, op. cit. (note 27) 229-32; E. Patlagean, “Ancient Byzantine Hagiography and Social History”, trans. St. Wilson, Saints and Their Cults: Studies in Religious Sociology, Folklore and History (1983) 101-21. Krueger, “Typological Figuration”, op. cit. (note 27) 394-395.
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Certainly one of the draws of pilgrimage was its remarkable ability to join the domestic and the public. Through their travels and in their devotional gestures at holy sites, pilgrims brought their pressing domestic needs into public view and, in turn, took home a token from these civic spaces to serve their private ends. Even when eulogiae were installed within homes, however, they continued to express a fundamental mobility.
Prof. Blake Leyerle Department of Theology University of Notre Dame Notre Dame, IN 46617 USA [email protected]
Neighborhood as Ritual Space: The Case of the Rabbinic Eruv* Charlotte Elisheva Fonrobert
Introduction: Rabbinic Judaism and J. Z. Smith’s “Here, There and Anywhere” As pointed out by David Frankfurter in his essay, J. Z. Smith’s model of the juxtaposition of domestic and civic religion is meant to operate as a heuristic model, rather than as “an absolute model”. Heuristic or absolute, the question to be examined here is how helpful Smith’s model might be for gaining insights into some of the permutations of Judaism in Late Antiquity, in particular the religion of the rabbinic sages. Most obviously, since the destruction of the Temple in Jerusalem and the loss of Jewish political control over Jerusalem to the Romans, Smith’s “there”, “the sphere of civic and national religion”¹ associated with temples, courts and public square, lay beyond the grasp of any pragmatic law-oriented rabbinic design and concern.² In concrete terms the rabbinic sages devote much more attention to *
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For the purposes of this essay I am citing rabbinic texts in the following manner: Mishnah, Tosefta, Babylonian Talmud and Palestinian Talmud will be abbreviated by first letter, followed by the name of the tractate. For instance: Mishnah Eruvin will be cited as M.Eruvin, followed by number chapter and paragraph. Tractate Berakhot in the Babylonian Talmud will be cited as B.Berakhot, followed by folio and page number. J. Z. Smith, “Here, There, and Anywhere”, in: Relating Religion: Essays in the Study of Religion (2004) 323-340. The Temple in Jerusalem does, of course, persist as memory (throughout the Mishnah, but especially in the orders of Kodashim and Tohorot), as a space of rabbinic halakhic imagination (spelled out especially in the mishnaic tractate Middot), and as an imaginary “there”, perhaps holding out a promise for the future. See B. Z. Wacholder, Messianism and Mishnah. Time and Place in the Early Halakhah (1979). On the role of the Temple in early rabbinic Judaism (a. o.), particularly with respect to the spatial imaginary, see F. Schmidt, How the Temple Thinks. Identity and Social Cohesion in Ancient Judaism (2001). In addition, the distinctiveness of a priestly class is maintained as group status in rabbinic law, which plays a significant role in rabbinic marital law – and not only here – perhaps as a sort of bridge from the past to the future Temple. The literature on the Temple as paradigm for the institution of the synagogue both in the textual and the archaeological sources is voluminous and beyond the scope of this article. See the section on “Die Synagoge und die rabbinische Literatur”, in: B. Ego – A. Lange – P. Pilhofer (eds.), Gemeinde ohne Tempel – Community without Tempel. Zur Substituierung und Transformation des Jerusalemer Tempels und seines Kults im Alten Testament, antiken Judentum und frühen Christentum (1999) 323-395, as well
DOI 10.1515/ARG.2008.012
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“here”, to the religious domain of the household, to regulating marriage, offspring, the extended family (kinship), food practices, and holiday observance transferred from the Temple into the home.³ Yet, the rabbinic movement as a whole is not confined to and circumscribed by the “here”. Indeed, even as much of the rabbis’ normative thinking is devoted to the domestic sphere, the normative thinking itself is not rooted in the domestic sphere. Rather, it is the product of a culture of learning and study that is marked precisely by transcending the domestic sphere, and that morphs from early masterdisciple relationships to more institutionalized forms of learning later on.⁴ This transcendence of the domestic sphere by the scholastic culture of rabbinic learning seems to be captured by the third category in J. Z. Smith’s model, namely, what he deems the religion of “anywhere”, where the various religious formations “occupy an interstitial space between these other two loci”.⁵ Smith considers the rise to prominence of the religious sphere of “anywhere” as a marker of Late Antique religious culture, pointing to the so-called cult associations or religious clubs as examples of the creative synthesis between “here” and “there”. This “third pattern of religion […] takes many forms, but has in common the element that it is tied to no particular place. It is, in the strict sense, ‘neither here nor there’”.⁶ In certain ways, rabbinic halakhah exemplifies this “interstitial space”. Indeed, the rabbis themselves capture the spatial dimension in the famous talmudic dictum that “since the day that the Temple was destroyed, the Holy One Blessed Be He
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as importantly S. Schwartz, Imperialism and Jewish Society: 200 B. C. E. to 640 C. E. (2001) 230-239. The case has been made early on by J. Neusner, From Politics to Piety: The Emergence of Pharisaic Judaism (1973). The classic talmudic statement that captures this dynamic is this: “Rabbi Yohanan and Rabbi Ele’azar both explain that as long as the Temple stood, the altar atoned for Israel, but now a man’s table atones for him” (B.Berakhot 55a), cited by Neusner in “Judaism after the desctruction of the Temple”, in: J. H. Hayes – J. M. Miller (eds.), Israelite and Judaean History (1977) 671.This is the case also with the Passover ritual which permutates from sacrificial ritual at the Temple to a ritual meal in the home in the tenth chapter of the mishnaic tractate of the same name, Mishnah Pesahim 10. For the by now classic analysis of this text in terms of its ritual character see B. Bokser, The Origins of the Seder (2002 reprint). A. Sivertsev, Households, Sects, and the Origins of Rabbinic Judaism. Supplement to Journal for the Study of Judaism (2005) argues that for much of the Second Temple period and into the era of rabbinic ascendancy the Jewish culture of learning in Greco-Roman Palestine was actually rooted in the domestic sphere. However, even early on the study of Torah connected various rabbinic scholars beyond the domestic sphere. C. Hezser, The Social Structure of the Rabbinic Movement in Roman Palestine (1997) puts forth a plea for using a social network theory in order to understand this phenomenon. Smith, “Here, There, and Anywhere”, op. cit. (note 1) 325. Smith, “Here, There, and Anywhere”, op. cit. (note 1) 330.
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has nothing in the world but the four cubits of halakhah alone”.⁷ Halakhah is not bound to any place, although as practice it is to be instantiated anywhere. Anywhere? What then lies beyond the domestic sphere in terms of ritual practice after the Temple, in the absence of “there”? I would like to propose here that the rabbinic sages addressed the loss of “there” – the civic / institutional sphere – not only by preserving its memory or holding on to the promise of its return, but by instituting a third sphere, an inbetween or interstitial sphere as ritual sphere, one that is neither civic nor domestic, at least not in the conventional sense. That sphere is what I will broadly refer to as the neighborhood,⁸ specifically the residential neighborhood. The neighborhood, I wish to suggest, operates as a ritualized socio-spatial framework for the rabbinic thinking about the interaction between domestic and by and large non-Jewish civic or public sphere.
Neither Domestic nor Civic: The Transformation of Neighborhood into Ritual Space From the legislative discourse of the Mishnah onwards, the late antique rabbinic sages were quite conscious of the neighborhood as a social space for communal life, as a space where domestic and communal life intersected and where boundaries between the two were fluid. Cynthia Baker has already demonstrated elegantly the importance of the shared courtyard (and by extension the alleyways linking such courtyards) of Mediterranean urban architectural design in the textual imaginings of the rabbinic corpus. In her critique of the often simplistic narratives of public and private life in Roman Palestine, Baker foregrounds the shared or jointly owned courtyard as a hybrid space, or, as she would have it, as “socio-spatial borderland” with a “chimerical” quality that negotiates private and public.⁹ In Baker’s account the multiple apparitions of the (shared) courtyard and alleyway operate as socio-historical backdrop to early rabbinic legal discourse (as in the Mishnah 7
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B.Berakhot 8a. In its context, the dictum, attributed to Ulla, a Babylonian authority and cited by other authorities there, is meant to juxtapose learning (halakhah) to synagogue. That is, it is meant to elevate the enterprise of study and the house of (rabbinic) study above the synagogue as a place of worship. But the dictum has often been cited independently to emphasize precisely the disconnection from any particular place as sacred space in rabbinic Judaism. Although rabbinic Hebrew does have terms for “neighborhood” (shekhunah, makom, etc.), we will see that the texts think mostly in terms of urban architectural environment, i. e., the joined courtyard or the alleyway with its adjacent joined courtyards, rather than theorizing the “neighborhood” per se. C. Baker, Rebuilding the House of Israel. Architecture of Gender in Jewish Antiquity (2002) 113 and 118.
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and beyond), and demonstrate precisely that any simple narrative of private versus public space (whether for an analysis of the rabbinic texts or for an analysis of the archaeological remains in Roman Palestine) cannot hold. Building on Baker’s work, we can push the issue a bit further, beyond the nature of the courtyard as social space to the neighborhood as ritual space, if we consider a fascinating and rather creative ritual system¹⁰ which the rabbis of the Mishnah (and onward) devise from scratch, not from biblical precedent, that is. The rabbinic sages devote a considerable amount of creative energy to this ritual system, which they refer to as the eruv hatzerot or the “eruv of courtyards”, and the shittuf mevo’ot or “partnership of alleyways” on a slightly larger scale. The two spatial frameworks are not exactly parallel, since the ritual script differs slightly in each case, but the Mishnah explicitly correlates both: “The alleyway is to the joined courtyards (that it links), as a joined courtyard is to the houses (that are connected to it)” (M.Eruvin 6:8).¹¹ These ritual scripts establish a participatory community of sorts, the “eruv community” for the purposes of the communal observance of the Sabbath. The point of this excursion will be precisely to consider the neighborhood as a ritualized space, as an intermediate space in which domestic religion is turned into some form of public religion and the domestic domain is expanded to lay claim to the public domain; in which the rabbinic religion of Torah is mapped onto the neighborhood to provide a proximate spatial framework for a communal life of Torah. Towards that end we may consider Bert Lott’s study of The Neighborhoods of Augustan Rome,¹² in which he analyzes the neighborhoods of the city of Rome (the vici) as institutions, as quasi cultic associations. According to Lott, these Roman urban neighborhoods were focused around (and the neighborhood identity of any 10 Ritual system seems to be an appropriate designation, when there are a variety of acts that are connected and that are required towards the fulfillment of a specific script of ritual behavior. This variety of interconnected acts involved in the case under discussions will be demonstrated further below. 11 It should be mentioned that Cynthia Baker does touch upon the eruv hatzerot (“eruv of courtyards”) and shittuf mevo’ot (“partnership of alleyways”) in her careful analysis of the socio-historical physiognomy of the courtyard. If I understand her correctly, the point of her brief excursion into this area of rabbinic ritual or law making is to insist that “this entire subset of the laws of ‘erub presumes the joint ownership and sharing of courtyard space among non-kin households, for when ‘brothers’ are the sole occupants of a shared courtyard, ‘they need not make an ‘erub’” (op. cit. 120, my emphasis). That is, the courtyard is socially speaking a space that is shared by many people beyond immediate kin and as such functions as hybrid space. 12 B. Lott, The Neighborhoods of Augustan Rome (2004). Parallel to what Baker has written with regard to the rabbinic courtyard community, Lott, p. 26 argues that the Roman neighborhoods “were interstitial spaces between and among the public monuments of the official city”, lacking any monumental focus.
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given vicus established by) a compitum (or crossroad) where people would offer sacrifices on the state holiday for the neighborhoods’ protective spirit, the compitalia.¹³ Obviously, the case of Rome is historically speaking a particular urban case, where the vici also served an important administrative function, providing thereby the opportunity for ritualization. In that sense, we cannot simply extrapolate from the vici in Rome and regard them a paradigm for neighborhood religion, or neighborhood as religious space in the Roman world.¹⁴ But the point to be made here is that the neighborhood appears as an interstitial sphere where “civic / public” (or rather imperial) and “domestic” religiosity meet and are negotiated with each other, an interstitial sphere which allows for a communal identity formation of sorts. Something similar applies to the rabbis further east in the Mediterranean world.
The Rabbinic Eruv as Ritual System By way of introduction, I propose to consider the ritual system of the eruv as a (rabbinic) theory of Jewish neighborhood, as a tool of ritualizing Jewish neighborhood, and perhaps not so much establishing rather than providing an affirmation and ritual formalization of the neighborhood.¹⁵ The eruv has remained largely under-analyzed and under-theorized, for various reasons, partially due to an
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In addition to the traditional winter date of this holiday, Augustus instituted two new dates for the compitalia in May and June (Lott, Neighborhoods, op. cit. [note 12] 115-117). In general, Lott’s book focuses on the reforms instituted by Augustus in 7 B. C. E. when he redistricted the city of Rome, and on the role that the neighborhoods played in the Augustan transition from Republican to Imperial forms of governance. Accordingly, he argues that Augustus’ new compitalia linked the traditional neighborhood rituals more closely to other civic cults, thus emphasizing the political importance of the neighborhoods in the administration of the city. Indeed, Lott argues that the Augustan neighborhoods were endowed with an increasingly bureaucratic role in the administration of the City of Rome, critiquing those scholars who disconnect the religious aspects of neighborhood rituals from their public role in the city’s governance (Lott, Neighborhoods, op. cit. [note 12] 127). 14 Lott, Neighborhoods, op. cit. (note 12) 174, points out that while the division of the city into vici with compital shrines was not unique to Rome, “it does not seem to have ever been standard in Roman Italy or the provinces. Indeed, only the largest of urban centers would have benefited from the division into smaller units for purposes of urban administration and imperial honorific”. 15 Much as Lott, Neighborhoods, op. cit. (note 12) 177, argues about the Agustan reforms, namely that neither the Augustan neighborhood nor their cults were new creations. Instead, “the emperor’s attention to the neighborhoods must be judged as both an affirmation and an adjustment of earlier practices”.
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extremely complicated textual situation,¹⁶ and partially because it is so arcane or so “very rabbinic”, in the sense that it does not lend itself easily to comparison or contextualization of any sort in Late Antique culture. Let me therefore begin with a preliminary definition. Within the logic of the rabbinic thinking the eruv represents what could be called a legal fiction¹⁷ that enables something that is normally prohibited on the Sabbath, namely carrying from one “domain” into another, e. g., from inside the house to the outside, from one residential space to the neighboring one, from a private into the public domain.¹⁸ The term eruv itself is a mishnaic neologism, a noun derived from the Hebrew verb for mixing, mingling, merging. In the nominal formation of the word the object of this implied act of mixing and merging remains open, is not spelled out in the early texts, and is in fact variable due to the symbolic nature of the entire system. Several options exist: what is merged is a) food, via the collection of food contributions from the participating residents as prescribed in the Mishnah; b) domains, as symbolically the borders between what are technically private and at the very least semi-public domains, such as the shared courtyard and the alleyways, are dissolved; and c) people, as the participating residents form an eruv-community or a Sabbath community, to be discussed in more detail shortly. In its very nature then the eruv as a ritual system is about hybridity, about undoing categories, boundaries, divisions, prohibitions, the letter of the law. In terms of methodology, we must remember that the rabbinic texts themselves operate much more in the realm of theory than in the realm of historical, descriptive representation. Most of the late antique rabbinic textual material at our disposal, certainly with regard to the eruv, lays out what should be taken into consideration when the ritual of the eruv is to be enacted, rather than describing what actually happened when one was established. In that sense, the rabbinic text operate more like a ritual script than an ethnographic report. Further, contra the archaeological evidence that, for instance, Bert Lott can work with, in our case there is no such evidence to be drawn on, no trace in the built environment that would allow us to reflect on the potential practical reality of this ritual system in its late antique apparition.¹⁹ However, we do have evidence that the eruv has been 16 While the manuscript situation for the mishnaic tractate of Eruvin is not any more complicate than for other mishnaic tractates, the story is different for the talmudic tractates, especially Tractate Eruvin in the Palestinian Talmud. However, this article focuses mostly on the earlier rabbinic tradition, namely Mishnah and Tosefta. 17 One of the classic works on the genre of legal fiction is L. L. Fuller’s Legal Fictions (1967). 18 Mishnah Shabbat 1 : 1, 7 : 2, 11 : 2 a. o. On the terminology for domains see further below. 19 Lott, Neighborhoods, op. cit. (note 12) draws on inscriptions, altars, bases for statues with inscriptions, compital shrines, in addition to the vast Roman literature, such as Suetonius, Ovid, Dionysius of Halicarnassus and the like. Jewishly speaking, only D. Syon and Z. Yavor suggest that at Gamla there might be archaeological evidence for something like
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instituted from medieval times onwards, down to this day, and this fact would seem to indicate that to the late antique rabbinic sages the eruv does not function as an entirely ephemeral theory either. At the very least, I would suggest, we can study the ways in which the rabbis imagined a place for the practice of Judaism beyond the domestic sphere they envisioned it in the world of the Roman Empire, in a world, that is, that had erased the political-territorial boundaries for Jews or Judaism.
“Private” and “Public” Domain in Early Rabbinic Culture In order to make the case and to clarify what is at stake, the various presuppositions, strategies and practices that are part of the eruv and that are pertinent for our discussion at hand need to be laid out. To begin with, rabbinic traditions and thinking often emphasize and mark the distinction between “private” and “public” domains loosely defined. To name but a few examples, the practice of affixing a mezuzah to the doorpost, a practice based on biblical law and already mentioned by David Frankfurter, can easily be read as one important ritual tool of border symbolism, of marking the boundary between the public and private domain, and therefore highlighting it.²⁰ But further, rabbinic legal texts draw clear distinctions an eruv, namely, an eruv doorframe at the entrance to an alleyway. This would supply important evidence for rabbinic presence in Gamla. See D. Syon – Z. Yavor, “Gamla – Old and New”, Qadmoniot 34 (2001) 2-33, and already earlier Sh. Gutman’s Gamla – A City in Rebellion (1994) 144-46. I thank Prof. Zeev Weiss for the reference and Danny Syon for his written communication regarding his work. I remain somewhat sceptical, since Gamla was abandoned in 67 C. E., after the destruction by Vespasian and the X. Legion during the early phase of the Roman-Jewish War. The entrance to the alleyway in Gamla would therefore provide pre-rabbinic evidence for a ritual system that seems otherwise to be an entirely rabbinic invention. Further, J. B. Humbert attributes to the long walls at the archaeological site of Qumran a “religious” function similar to that of the eruv, namely to enclose a larger area along the coast of the Dead Sea for the purposes of Shabbat. See his article “Some Remarks on the Archaeology of Qumran”, in: K. Galor – J.-B. Humbert - J. Zangenberg (eds.), The Site of the Dead Sea Scrolls: Archaeological Interpretations and Debates, Proceedings of a Conference held at Brown University, Nov 17-19, 2002 (2006) 19-41, reiterating his argument originaly developed in “L’éspace sacré à Qumrân: Propositions pour l’archéologie”, Revue Biblique 101 (1994) 161-214. But the analogy he makes is rather loose, since he refers to the contemporary eruv in Jerusalem, rather than to any practice contemporary to the Qumranites themselves. So this hardly presents a historical argument, his appellation of the wall as “the eruv of Qumran” notwithstanding, see his subscript to the map (Fig. 1.3) of the wall on p. 28 of the English article. 20 See also J. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen (1992) 219, who classifies the mezuzah as what he identifies as “limitische Symbolik” (symbolism of limits). The rabbinic sages themselves later provided dif-
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between what it calls the reshut ha-rabbim and the reshut ha-yahid, the “domain of the many”, usually translated as “public domain” or “sphere”, and the domain of the individual, usually translated as “private domain” or “sphere”.²¹ These translations may prove to be problematic since they evoke contemporary understandings of private and public, because our current notions of private versus public domains have much more to do with the concept of property and property laws, of ownership, while the rabbinic reshuyot or domains are based on the notion of accessibility. The latter does not necessarily and certainly not completely overlap with the notion of ownership.²² A “private domain” for instance is defined as a space that is either surrounded by walls or fences that are about 80 cm to 1 m in height, or by drops or ditches that are at least that deep, such as in the case of a mound in the middle of a public domain (T.Shabbat 1 : 1, cited on B.Shabbat 6a). The enclosed space needs to have a minimum square footage (approximately 16 square inches), but can be quite large. Thus, for certain purposes a town with walls can count as a “private” domain, as long as the gates can be closed at night. As far as the “domain of the many” or “public” domain is concerned, the early rabbinic texts supply only concrete examples of urban space, rather than abstract measurements, namely “the strata and platea [of Roman urban architecture] or a thoroughfare” (T.Shabbat 1 : 2). Finally, we may argue, this distinction between domains is only further highlighted by the prohibition of carrying (i. e., transfer of an object) from one domain ferent sorts of interpretations of the practice, such as the suggestion that the mezuzah (which contains a small parchment inscribed with sections from Deuteronomy 6 : 4-9 and 11:13-21, referring to the biblical practice) has the pedagogical function of reminding one to refrain from transgressions as one embarks on entering the world (B.Menahot 43b). On the function of the mezuzah as a tool of visibly establishing domestic space as sacred in contemporary Jewish practice see E. Meitner, “American Judaism and Constructions of Domestic Sacred Space,” in: L. P. Nelson (ed.), American Sanctuary. Understanding Sacred Space (2006) 182-203. 21 The distinction into private and public domain plays a role in different legal contexts, namely, the Sabbath prohibitions as will be discussed shortly; the laws of ritual purity (e. g., M.Eduyot 3 : 7, M.Tohorot 6 : 9 et. al.), and the laws of findings. For the requirements of returning lost property it makes a difference whether an object is found in a “public” or “private” domain (M.Bava Metzia 2 : 1). 22 See also C. Hezser, “‘Privat’ und ‘öffentlich’ im Talmud Yerushalmi und in der griechischrömischen Antike,” in: P. Schäfer (ed.), The Talmud Yerushalmi and Graeco-Roman Culture I (1998) 423-579. She compares the rabbinic spaces to the idealized urban architecture in Vitruv’s De Architectura, 443-445. Hezser 445-46 claims that while the rabbinic “private” and “public” domains are defined spatially, they cohere with definitions by ownership in Roman law: “Der durch Gräben und Zäune eingegrenzte Bereich des einzelnen der Tosefta ist identisch mit dem Privatgrundstück (locus privatus). Sich nicht im Privatbesitz befindliche Strassen einer Stadt werden auch im römischen Recht als öffentliches bzw. städtisches Eigentum (locus publicus) gesehen”.
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into another on the Sabbath, or for that matter of transferring an object from one private domain into another or into the public sphere. As I have discussed elsewhere, this prohibition is widely shared by Second Temple sources and hence not distinctive of rabbinic culture.²³ Evidence can be found in the biblical books of Jeremiah (17 : 21) and Nehemiah (13 : 15), as well as post-biblical literature such as Jubilees (2 : 29-30, 50 : 8), and in the Damascus Scroll (CD 11 : 7-9).²⁴ What we can glean from this evidence is that the prohibition of carrying itself is not a specifically rabbinic phenomenon, even as the rabbis devote considerable space of their discussions of the laws and practices of the Sabbath to this particular prohibition – what can be carried, which items should not be carried, etc.²⁵ Indeed, we may regard the prohibition of transferring an object from inside to the outside on the Sabbath (“carrying”) as a pan-Jewish custom that came down to the rabbinic sages from Second Temple times. It was part of general Jewish Sabbath observance, before the Temple was destroyed and before rabbis came onto the scene. Which is to say, in certain respects the continued rabbinic interest in this Jewish tradition provides
23 The abstract language of “private” and “public” domain or reshut ha-yahid and reshut harabbim is distinctive of rabbinic literature. All the other texts that precede the rabbinic ones, to be cited momentarily, use examples of concrete spatial structures, such as house, tent, or sukkah. The Mishnah in its (arguably) earliest citation of the prohibition uses the language of “inside” and “outside,” while the Tosefta provides the most comprehensive definition of the various spheres while drawing on the abstract language. On the connections and differences in the Shabbat traditions of various Jewish literatures of Second Temple times and during the early rabbinic period see L. Doering, Schabbat. Sabbathalachah und -praxis im antiken Judentum und Urchristentum. Texts and Studies in Ancient Judaism 78 (1999). 24 See my article “From Separatism to Urbanism: The Dead Sea Scrolls and the Origins of the Rabbinic Eruv,” Dead Sea Discoveries 11 : 1 (2004) 43-71. None of these sources, including the rabbinic ones, provide a rationale for the prohibition, other than in the rabbinic case the talmudic argument that it is derived from rabbinic hermeneutics, namely midrashic exegesis of Exodus 16 : 29-30. It has been surmised that the particular context in Nehemiah suggests a commercial context for the prohibition: if people carry into the city of Jerusalem on the Sabbath in order to sell their burden, then carrying should be prohibited altogether. See J. R. Lundblom, Jeremiah 1-20: A New Translation with Introduction and Commentary, The Anchor Bible 21A (1999) 806-809. However, I am not convinced that this explains the wide-spread agreement in the Second Temple sources on the absolute prohibition of carrying out of one’s house / tent / sukkah. See my discussion in “From Separatism to Urbanism”, op. cit. (above) 48 n. 18. 25 Here again, Cynthia Baker has demonstrated quite beautifully how gendered these discussions are. See her Rebuilding the House of Israel, op. cit. (note 9) 122-144. Her book which focuses on the legal and prescriptive discourse of the early rabbinic texts, can be supplemented by G. Hasan-Rokem’s Tales of the Neighborhood: Jewish Narrative Dialogues in Late Antiquity (2003), which analyzes some of narrative rabbinic material. On women neighbors see especially Chapters 1 and 2.
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a clear case for retaining the distinction between domestic and public, between “here” and out “there” even in post-Temple times. But at the same time, the rabbinic sages do something else, and perfectly counterintuitive: while focusing much of their concern about Sabbath observance on the prohibition of carrying in their Sabbath laws, they simultaneously provide a mechanism for circumventing just that, namely the eruv of courtyards, or the neighborhood eruv.²⁶ In this context, the overt halakhic or legislative purpose of the eruv as a system is to allow carrying to those who are comprised by and within it. Once an eruv is put into place, that which was hitherto forbidden (carrying to the outside and vice versa, as well as within the public domain), becomes permitted. I have already argued in print²⁷ that the creativity and complexity of the system simply exceeds this overt rabbinic halakhic purpose of the ritual system, and that while relative leniency characterizes the rabbinic legal approach in general, the eruv would represent an extreme case of rabbinic legal lenience. This argument need not be repeated here, but the complexity of the ritual system as a system requires a further, albeit brief descriptive analysis in order to advance the case for “neighborhood” as ritual space, or for “neighborhood religion” in the rabbinic case. I will focus on two aspects of the ritual system, the food symbolism and the border symbolism involved in the institution of an eruv community.
The Food Symbolism: Rabbinic Neighborhood Religion Part One As the earliest text to lay out the ritual prescriptions involved in establishing the neighborhood as “eruv-community” or Sabbath community, the Mishnah prescribes that food – and more specifically bread – should be collected from every resident participant: With all kinds (of food) may they perform an eruv (of the courtyard) or shittuf [of the alleyway) [me’arvin u-mishtatfin], except with water or salt; thus according to Rabbi Eliezer. Rabbi Joshua disagrees: A loaf of bread is a valid eruv [kikar hu eruv]. Even if it is baked from one se’ah [of flour], but is broken [prussah], one cannot effect an eruv with it. If it is a loaf the size of an issar, but is whole [shalem], one can effect an eruv with it (M.Eruvin 7 : 10).
This brief mishnaic paragraph of rabbinic disagreement has to be considered a key text for decoding the eruv as a ritual system, first of all because it contains one of the few definitional statements in the tractate: an eruv “is” a loaf of bread. I. e., whatever the eruv is as a communal principle, it is represented by the loaf of bread. 26 As opposed to the eruv of distance (eruv tehumim), the eruv that allows one to walk further than the permitted two thousand cubits. 27 “From Separatism to Urbanism”, op. cit. (note 24) 43-71.
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Further, I would suggest that as a ritual script the purely halakhic or normative discourse is transcended and embedded in it we find a reflection on the nature of symbolic representation of the ritual act. How so? Both sages whose opinions are recorded here agree that it is food which is to serve as the center of the ritual system, as that which establishes the neighborhood as ritual community, for the purposes of its Sabbath observance. In fact, eruv is the term for the food: “a (whole) loaf of bread is a valid eruv.”²⁸ A (whole) loaf of bread, purposefully baked and set aside prior to the Sabbath, establishes and represents the collective will and action of the courtyard community of residents, with the effect of allowing them to carry on the Sabbath from one residence into the next in that neighborhood. Is this yet another example of Smith’s argument that cultic associations are typically organized around food? The neighborhood converges for a Sabbath meal and thereby establishes its Sabbath cult of sorts? Food is involved. At the same time, however, that food is not consumed (communally or at all), but is deposited in one of the neighbor’s homes.²⁹ I. e., the collection of food or bread (for the purposes of the eruv) does not so much establish commensality, but if anything serves as a symbolic representation thereof. This point is only underlined by the fact that Rabbi Joshua’s statement touches not only upon the nature of the food (bread versus food in general), but on the shape of bread. He emphatically privileges shape over quantity as a requirement for the contribu28 The medieval commentators on this passage differ as to the number of loaves that are intended here. According to Rashi (Rabbi Shlomo bar Yitzhaq, d. 1105), there have to be enough loaves, or enough of a loaf, to fulfill the minimum of a halakhic measurement for each of the residents (B.Eruvin 81a, ad loc.). See also M.Eruvin 7 : 8. Maimonides, on the other hand, understands this mishnah to rule that one loaf of bread, regardless of size, would be sufficient, as long as it is whole: “An eruv [joining together] the inhabitants of a courtyard may not be made with anything other than a whole loaf of bread (pat shlemah). Even if a loaf of bread is a se’ah in size, but it is sliced, it may not be used for an eruv. If it is whole, even if it is as small as an isar, it may be used for an eruv” (Mishneh Torah, Hilkhot Eruvin 1 : 8). 29 See for instance Mishnah Eruvin 8 : 4 which specifies spaces where the eruv food may be deposited: “If someone deposited his eruv in the gate house, the akhsadra, or a marpeset , it is not a valid eruv […]. If (however), he deposited his eruv in a straw shed, a cattle shed, a wood-shed or a storage chamber (in the shared courtyard), it is a valid eruv […].” An akhsadra (Greek, exedra) is the place in front of the house entrance, bordered by pillars, while the marpeset is the upper gallery or balcony, also shared by various residents. What seems to be at stake here is the question of what counts as a residential space and what does not, or what is part of a residential space and what is not. The symbolic food, therefore, needs to be deposited in a residential space. See also Tosefta Eruvin 5 : 11: “The house(hold) where they deposit the eruv does not [itself ] need to set aside a loaf (kikar). One establishes the eruv in the house where it was previously established (lit., the old house), in order to preserve the peace [of the community] (lit., because of the ways of peace)”. None of these texts assume that the food will be consumed, at least not for the duration of the Sabbath.
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tion: a gigantic piece of bread broken off from the loaf remains ineffective, while a penny-size whole “loaf ” is sufficient.³⁰ It is noteworthy that this rhetoric echoes the language of what Smith would consider a cult association, one in cultural proximity to the rabbis that privileged bread as one of its central food rituals, namely the Pauline communities. In his description of the “Lord’s Supper” in 1 Corinthians 10 : 16-18 Paul similarly emphasizes the unifying force of the bread for the community: “The bread which we break, is it not a participation in the body of Christ? Because there is one bread, we who are many are one body, for we all partake of the one bread” (1 Corinthians 10 : 17).³¹ Just as the one bread makes the bread breaking participants of the ritual members of the “one body” of Christ, the whole loaf (eruv) of bread is made to represent the residential neighborhood as one unified Sabbath community. Both texts suggest a corporate symbolism of the bread. The one difference is that Paul’s text spells out the meaning of the ritual script, of the ritual food, while the Mishnah abides by the ritual script itself and only implies its meaning. I do not intend to insist on a genealogical connection between the two “ritual theories” of Paul and the Mishnah or more precisely Rabbi Joshua in the Mishnah here, although the parallelism is intriguing.³² But what can also be learned from the comparison between the two is precisely where they differ. Paul immediately proceeds to develop the sacrificial symbolism of the food practice here: “Consider 30 One of the differences between the shittuf (partnership) of the alleyways and the eruv of courtyards lies in the kind of food permissible for the symbolic unification. In the case of the eruv the preference is given clearly to bread (as in M.Eruvin 7 : 10 discussed above), while the shittuf can be established by any variety of food items, such as for instance by wine or oil (see for instance M.Eruvin 3 : 1, 7 : 6-10). See also the talmudic discussion on B.Eruvin 71b, as well as the halakhic summary by Maimonides in his Mishneh Torah, Hilkhot Eruvin 1 : 8. 31 For a detailed and enlightening discussion of this passage in terms of ritual theory, as well as of Paul’s entire theory of the “Lord’s Supper” see I. Gruenwald, “The ‘Lord’s Supper’ and Ritual Theory,” Chapter 6 in his Rituals and Ritual Theory in Ancient Israel (2003). 32 This would be a case of the “Christian” source, i. e., Paul, preceding the rabbinic one, as Paul can be dated to the first century C. E. For an argument for the mutual formation of Judaism and Christianity in terms of ritual formations, see I. Yuval, Two Nations in Your Womb. Perceptions of Jews and Christians in Late Antiquity and the Middle Ages (2006, Hebrew edition 2000). Yuval assumes mutual influences by Jews and Christians in ritual areas such as Easter and Passover. He touches upon the ritual of the eruv only in passing in a much later, medieval, albeit rather interesting case of Christian misreadings of the symbolism of the eruv bread. Most analyses of Paul’s text that seek Jewish parallels or background to the ritual of what will become the eucharist, resort to rabbinic discussions of the Passover meal and the prominence of the mazzah in that meal. See for instance G. Feeley-Harnik, The Lord’s Table. Eucharist and Passover in Early Christianity (1981). I would consider the rabbinic concept of the Sabbath community, underwritten by the ritual script for the eruv community, to be the comparandum.
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the people of Israel: are not those who eat the sacrifices partners in the altar?” (1 Corinthians 10 : 18), which would indicate that his concept of the Christian community so to speak “brings home” the Temple, the religion of “there”.³³ The sacrificial aspect is absent from the symbolic rhetoric of the rabbis as far as the food symbolism of the eruv is concerned. Instead, the rabbinic sources emphasize that the bread should be deposited in one of the residents’ houses, an insistence that underlines a symbolism that is essentially domestic. The early rabbinic texts do not yet have the conceptual language for creating a collective domestic space, or of domesticating the neighborhood, although that might very well be implied in the mishnaic script. It is only in the later talmudic discussions that we find this spelled out. Accordingly, for the purposes of the Sabbath everyone in the neighborhood now lives symbolically in the house where the bread is deposited.³⁴ The residences involved are all linked to each other by means of the loaf of bread. Thereby, the boundaries between individual residences, and between private space and shared courtyard are dissolved, since now everyone in the “commingled” courtyard community can carry into and out of everyone’s house. In Smith’s terms we could say that the “here” is now extended to include the (Jewish) neighbors within the household. The legal fiction of the eruv community creates one large (communal) household out of a Jewish neighborhood of previously distinct, separated Jewish residences. So far then, the eruv-community would seem to operate as just one other example of an “association”, about whom Smith claims that, “as religions of anywhere”, they “may be understood primarily as re-placements of the religion of ‘here’ in modes appropriate to the new world order”.³⁵ However, the rabbis add a further step that takes the eruv-community of the neighborhood beyond the model of Paul’s community of the “one bread”. That is, rather than contenting themselves with the symbolic force of the bread alone to establish the neighborhood as collective household, the rabbis further develop the ritual script to include the drawing of boundaries. The neighborhood does not just provide the opportunity for social unification via the ritual food collection. Rather, the collective household requires a symbolic home.
Which is precisely what Smith, “Here, There, and Anywhere”, op. cit. (note 1) 333 elevates to the status of essence of the religion of “anywhere”, or of the late antique cultic “associations”: “The meal shared by these ‘brothers’ and ‘sisters’ continues to be the prime repetitive ritual for expressing their relations, now undertaken in the setting of a privately owned cult place or burial site, at times with hieratic practices that reflect priestly concerns characteristic of the religions of ‘there’.” 34 B.Eruvin 49a. The phrasing is that “all [the residential neighbors participating in the eruv] live there”. 35 Smith, “Here, There, and Anywhere”, op. cit. (note 1) 332. 33
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The Border Symbolism: Rabbinic Neighborhood Religion Part Two The mishnaic-talmudic tractate dealing with matters related to the eruv opens with the following text: A [cross-beam spanning the] entrance [to a cul-de-sac alleyway] at a height of more than twenty cubits³⁶ should be lowered [for the purposes of establishing an eruv in the neighborhood]. Rabbi Yehudah disagrees: This is unnecessary. And if it is wider than ten cubits it should be reduced [in width]; but if it has the shape of a doorway there is no need to reduce it even though it is wider than ten cubits. (M.Eruvin 1 : 1, my emphasis)
This text harbors a number of linguistic difficulties that need not deter us here in detail.³⁷ Most importantly, we should take note that the tractate that deals with matters pertaining to the eruv is opened with reporting a discussion about the spatial boundaries of the neighborhood, or the residential community in the alleyway. In particular, it is the shape of the entry into the neighborhood that concerns the rabbinic sages, here imagined as placed at the opening into the alleyway from which in turn the smaller courtyard-communities branch off. The question behind this elliptic ruling is at what point the built environment of the alleyway requires manipulation for the purposes of preparing the spatial perimeters of the eruv-community.³⁸ For the rabbinic formulators of the Mishnah, the alleyway is presumed to preexist. It is imagined as having an entry through which the resident or visitor would come from the larger public domain, such as for example the shuq (market-place) 36 This would presumably amount to roughly ten meters. 37 One linguistic issue with this text is that the mishnaic word for alleyway and entrance to the alleyway is potentially the same. Here, the mishnaic editors clearly refer to the entrance rather than to the entire length of the alleyway. Further, I have supplied the cross-beam as that which is implied in our mishnaic paragraph, since the subsequent paragraph, discussed further below, explicates the necessity of a cross-beam, and most of the classic medieval commentators assume that this is what is referred to in this discussion. However, this is not the only option of reading the text, as Abraham Goldberg points out in his critical edition and commentary The Mishna Treatise Eruvin (1986) 2. 38 The Mishnah discusses the boundary marking mostly with reference to the alleyway, i. e., the shittuf mevo’ot, while the social aspect of the unification, the eruv community, is framed within the joined courtyard. For the latter, the assumption throughout is that it is walled, as is for that matter the alleyway, which is imagined as a cul-de-sac. At this point, I remain uncertain whether this observation is meaningful and requires explanation. The joined courtyard elicits comment on boundary marking only when its walls are breached (see M.Eruvin 9 : 2-3). There may simply be practical reasons at play here, such as joined ownership of space in the case of the courtyard, versus joined use of space, as in the case of the alleyway. Another aspect may be the difference of scale. On the importance of scale for thinking about social spaces see D. Harvey, Spaces of Hope (2000).
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or the cardo of Roman towns. An entry, and no separate exit! The prescribed culde-sac or dead-end implies a definite sense of entering into a circumscribed, selfcontained space. The alleyway is surrounded by enclosures on three sides, as alleyways often still are in the urban architecture of the Middle East today. The opening mishnaic paragraph therefore contemplates the requirements for designing or redesigning the point of entry, which serves also as exit – just like the doorway of a house – in order to allow for the courtyard communities of residents within its walled perimeters to form the eruv-community. One requirement for the entryway is a maximum measurement of both height and width of the entryway that cannot be surpassed. Accordingly, the measurements of a pre-existing entryway are to be adjusted. Another requirement is that the entryway somehow forms a gateway. That is, it must be covered by a sort of cross-beam,³⁹ if that does not already exist, presumably creating the appearance of a “shape of a doorway”. This is further spelled out in the second paragraph of the chapter, immediately following the one cited above, which opens: Concerning the preparation of an alleyway [for the purposes of establishing a shittuf] – The school of Shammai says: a side-post and a cross-beam [are required]. The school of Hillel says: a side-post or a cross-beam [are required] (M.Eruvin 1 : 2).
An additional manipulation of the entryway may be required beyond the crossbeam and much further discussion is devoted to the nature of the side-post, its height and width (M.Eruvin 1 : 6), and the material it is made from (M.Eruvin 1 : 7).⁴⁰ Again, for our purposes I am not interested in the particulars of the halakhic disagreement between the school of Shammai and the school of Hillel, but in the fact that the rabbinic sages require an additional marking of sorts for the entry into the alleyway at all, before the symbolic food collection for the alleyway can take hold. Once again we (as much as the talmudic discussions of our mishnaic fragments) are left to ponder the thinking behind these texts, the rationale for the particular measurements for the entryway invoked, or for the side-posts, as the mishnaic editors themselves refuse to provide any further explanation. We have the ritual script, but the intent and the meaning are not spelled out. 39 The subsequent paragraphs in the mishnaic chapter discuss the character of this crossbeam, such as its minimum width, the material from which it is made (even straw or reed (!), M.Eruvin 1 : 5). Cross-“beam” therefore should be understood broadly, it appears. See also the interesting provision made in T.Bava Metsia 11 : 18 that “the residents of a shared courtyard can coerce each other to provide a cross-beam or side-post”. 40 It is this “side-post” which D. Syon and Z. Yavor imagine to have identified in the archaeological remains of the city of Gamla in northern Israel (see note 19). Again, while this is not entirely impossible, I find this to be so counter-intertuitive (as if some rabbinic sages of the first century of whose existence we have no evidence, were to use the Mishnah as a handbook, to influence the design of the entrance to the alleyway) as to remain uncertain at this point.
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A comparison with Lott’s case for the neighborhoods or vici of the city of Rome may again prove to be helpful, this time by way of contrast. Lott points out that there is no evidence of boundary markers for the Roman vici, even though their boundaries were supposedly known approximately. To that purpose, he discusses for instance the Severan Marble Plan (Forma Urbis Romae), a large marble map of the city installed on a wall in the Temple of Peace in the early third century C. E. and one of the most important topographical sources for ancient Rome.⁴¹ Lott observes that “the names of four individual vici were listed on the map. Since the map evidently identified relatively few urban features and monuments by name, the inscriptions underscore the centrality of the neighborhoods in the conceived form of the urbs. These names were inscribed in every instance down the course of a street. Neighborhood borders and neighborhood shrines, however, do not appear to have been regularly indicated on the map”.⁴² In the end, Lott acknowledges, the precise borders of any specific neighborhood remain unknown. He concludes that even in the regularized Augustan neighborhoods, boundaries were most likely unstable, and not commonly agreed upon by those who inhabited them: “There is no evidence that stable neighborhood boundaries were manifest in Rome’s physical cityscapes or the mental cityscapes of its inhabitants.”⁴³ The contrast between neighborhood in Augustan Rome and the rabbinic theory of neighborhood is perhaps instructive. The Roman vici’s identity is centered, while the boundaries are less important, or at least they seem to be less important, based on the traces they left. The domain of the neighborhood merely spreads out from the central shrine or compitum. In the rabbinic case, the walls and gates, the boundaries are important, for lack of a central shrine. Nowhere in the Mishnah do we learn that the rabbinic neighborhoods were focused around a physical feature, or even an institution such as the synagogue or house of study. What then is the importance of the boundary and its marking, ephemeral as it may be? I want to suggest a parallelism with the mezuzah, depending on how conspicuous or inconspicuous the markers at the entry of the alleyway of Jewish residents are imagined to be. Just as the mezuzah, whatever else its theological significance might be, subtly but outwardly marks a residence more or less visibly as a law-observant Jewish residence (observant mostly in the rabbinic sense), the boundary-markers of the eruv-community designate a neighborhood as a lawobservant Jewish neighborhood (again, observant mostly in the rabbinic sense).⁴⁴ This suggestion may be strengthened by the guiding-metaphor of the border-mark41 42 43 44
Lott, Neighborhoods, op. cit. (note 12) 15. Lott, Neighborhoods, op. cit. (note 12) 16. Lott, Neighborhoods, op. cit. (note 12) 17. To be sure, this is not the function that the talmudic discussions of the Mishnah have in mind, certainly not overtly, as is the case with the mezuzah mentioned above.
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ing introduced in the first mishnaic fragment cited above, the door-way: As long as the entrance has the shape of a doorway the built structure of the entrance to the alleyway serves its symbolic purpose well, or else needs to be manipulated in order to be able to do so.⁴⁵ These various aspects taken together underline the symbolic work of the eruv as domestic, as home-making, as providing a home for the (Jewish) community in the public, “alien” world of the Roman Empire. This suggestion hinges of course on the question about the visibility of the boundary-marker. Unless the sign is visible it can hardly serve as a boundary marker, let alone a marker that “identifies” a space as collective Jewish space, law observant or otherwise. This is precisely an issue the Babylonian Talmud raises in its discussion of the measurements cited in the first mishnaic paragraph. After first considering the parallelism with other built structures,⁴⁶ the discussions in the Babylonian Talmud conclude that the maximum measurement of the height of the entry to the alleyway has to do with visibility or recognition. According to a statement attributed to Rav Nahman bar Yitzhaq⁴⁷ “[…] the reason of the rabbis (in our mishnaic paragraph 1 : 1 which limited the height to twenty cubits) is that there should be a distinguishing mark”. People (presumably Jews, that is) should be able to see or recognize it in order to be reminded that they enter into a set-off, distinguishable space. To be more precise, Jews – at least those who care 45 As in the case of late antique urban architecture. In contemporary cases the shape of the doorway is often built from scratch or mapped onto existing structures such as telephone poles and wires. 46 The talmudic discussion opens with suggesting a technical parallelism with the sukkah, which requires an equal height (M.Sukkah 1 : 1). It further explores a physical parallelism with the measurements for the gates of the Temple (M.Middot 4 : 1), which according to mishnaic calculations were also 20 by 10 cubits, as if the Temple gates served as a model for the parameters of the making of the eruv. This latter intriguing parallelism is first suggested in the Toseftan parallel to our mishnaic paragraph which suggests that “if the entry to the alleyway is higher than twenty cubits, [that is] higher than the gates to the Temple, one needs to lower it […] if the entry to the alleyway is wider than ten cubits, [that is] wider than the gates to the Temple, one needs to narrow it” (T.Eruvin 1 : 1, my emphasis). The German architect Manuel Herz suggests that the eruv, therefore, “is a tool to project a vision of ancient Jerusalem and its Temple onto the banality and the mundane of the everyday city”: “Institutionalized Experiment: The Politics of ‘Jewish Architecture’ in Germany”, Jewish Social Studies 11 : 3 (2005) 58. All these parallels are highly evocative and deserve further exploration. But again that would go beyond the framework of this article. In the end, after much discussion, the talmudic discussions end up rejecting the Temple measurements as the source for the mishnaic measurements, but – to be sure – only after greatly developing this possibility. 47 A Babylonian rabbinic scholar of the 4t generation, which would locate him somewhere in the 4t century. While his is the opinion of one individual voice in the talmudic discourse, this is the opinion that is valorized by the editorial layers of the Talmudic discussions and by the later halakhic discourse.
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about rabbinic Sabbath observance – should be able to see the boundary marker in order to remember – so the rabbinic logic – how far they can carry, where the border between the public domain (where she cannot carry) and the now privatized domain (where she can carry) lies. The question which is not considered in the talmudic discussions is whether other people (non-Jews) would also be able to recognize or see the markers, a fact which is noteworthy in so far, as this has become a highly contentious issue in the current enactment and institution of eruvin around the world.⁴⁸ Not a single story of halakhic reflection in the Talmud is concerned about what the non-Jewish reaction to the placement of such boundary markers might be. Conflict with non-Jews is imagined in the Talmud only around the establishment of the eruv community or ritual community by means of the food or bread collection, but not arround the marking of the boundaries. We must ask whether this lack of concern in the rabbinic sources is an indicator of a) the nature of the urban space in the late antique world that the rabbis inhabited – i. e., no one would care what people put up in the shared urban environment, certainly not if it is something as inconspicuous as a cross-beam (or reed for that matter) and a minor marking on the side of an entry gate to a neighborhood; or of b) the possibility that Jews lived in separated quarters and there they could do whatever they desired to their residential environment; or of c) the theoretical nature of the discussions – i. e., the rabbis did not rise to leadership of the Jewish community till late in what we consider the late antique period,⁴⁹ and therefore a shittuf or let alone the boundary markings required for the institution of a shittuf would not have happened till perhaps even after the talmudic period. The last argument is not convincing to me and anyhow irrelevant, since what we are ultimately concerned with (or rather all we can be concerned with, given the nature of our sources) is where the rabbinic sages imagined or foresaw conflict and where they did not. This applies to the second argument as well, even if it were true that Jews lived largely in separated quarters. In fact, the Mishnah certainly envisions the possibility and, I assume, reflects the reality that Jews lived in close proximity with non-Jews, even in the same shared courtyard community.⁵⁰ 48 In the eruv controversies in the U. S. and in the London case the placement of boundary markers in general and their visibility and therefore supposed disruption of the urban landscape has played a significant role. On the analysis of the London controversy, see R. Cousineau, “Rabbinic Urbanism in London”, Jewish Social Studies 11 : 3 (2003) 36-57 49 For a recent argument in that regard see S. Schwartz, Imperialism and Jewish Society: 200 B. C. E. to 640 C. E. (2001) 50 See for instance M.Eruvin 6 : 1 which discusses what is to happen in matters regarding the eruv community if a non-Jew lives in the shared courtyard.
Ch. E. Fonrobert, Neighborhood as Ritual Space
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Which leaves the first argument: the nature of the urban space is imagined as such that no one else (outside the Jewish community rabbinically defined) would care about the presence of some boundary markers, especially if they are inconspicuous to all but those who would know what to look for (i. e., Jews who care about the institution of an eruv). In this reading, the rabbis opted for marking their presence in the urban fabric of the late antique world (whether that be Roman Palestine or later the Persian Empire) inconspicuously, almost in the mode of tricksters. Not large buildings that inscribe the landscape as beholden to this god or that, to any one divinized emperor in particular. Rather, a side post and a cross beam, or a mezuzah on the door post of indivual residences, an almost invisible script that nonetheless marks a presence.
Conclusion In summary, what I have argued here is a) that the ritual system of the eruv is not just another example of rabbinic legal lenience vis a vis the strict letter of biblical law (which it may also be), but rather that b) the ritual script of the eruv establishes a system of signs (food and boundary markers⁵¹ as well as others such as a rental transaction with non-Jews, discussed elsewhere, and a system of communication not yet accounted for) that are about place-making, about ritualizing the neighborhood, about making neighborhood matter to religious life (the life of Torah), by establishing a communal intent. This then is the rabbinic version of neighborhood religion. Jewish neighborhoods existed long before the Mishnah and its delineation of neighborhood in rabbinic terms, and for a long time extra-rabbinically during the talmudic period.⁵² Jews did have a preference for residential patterns of neighbor51
There are other “signs” or symbolic acts that have not been accounted for in this article, because of the focus on neighborhood as ritual community and neighborhood religion chosen here. For instance, the ritual script further institutes a fascinating system of communication that requires further study. 52 For Alexandria see Chr. Haas, Alexandria in Late Antiquity: Topography and Social Conflict (1997) especially 94-99. Haas writes: “As was common in other large Mediterranean cities of the first century A. D., the Jews, like other groups of foreigners, tended to settle in definable enclaves within Alexandria” (95), without further substantiating this claim. On Antioch, see G. Downey, A History of Antioch in Syria: From Seleucus to the Arab Conquest (1961) 77-80, who makes the oft repeated claim that the Jews of Antioch used to live in the southeastern corner of the city. For the case of the city of Rome, see the collection of essays in K. P. Donfried – P. Richardson (eds.), Judaism and Christianity in First-Century Rome (1998), especially J. S. Jeffers on “Jewish and Christian Families in First-Century Rome”,
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hood (although not necessarily all Jews), and had many reason to do so. So I am certainly not claiming that the concept of the eruv motivated anyone to move into a particular courtyard, alleyway or neighborhood in Late Antiquity. The sources do not yield such information, and even in the contemporary arena demographic studies have not been done to investigate whether the existence of an eruv motivates observant Jews to move to Boston, Washington or Los Angeles. Jewish neighborhoods were known because Jews lived there, not because the boundaries were marked, whether recognizably or not. But the rabbinic sages thought up a ritual system that provided (and continues to provide) a rabbinic signature to Jewish neighborhood, that turns neighborhood into what we may paradoxically designate as a Sabbath territory. As such, neighborhood is turned into an essential communal buffer-zone between exposure to the public world of the non-Jewish world which is the space of the other(s), and the Jewish household which tugs Jewish practice safely between its four walls. It is the neighborhood where rabbinic Judaism claims a place of its own.
Prof. Charlotte E. Fonrobert Department of Religious Studies Stanford University Stanford, CA 94305-2165 USA [email protected]
ibid. 128-151. Jeffers p. 131 claims: “Even more than other foreign groups, the Jews lived together. The oldest and largest settlement of Jews was in Transtiberim (modern Trastevere), across the Tiber River from the center of Rome.” All of these cases precede the period when the rabbinic movement began putting together its library.
The Domestic Setting of Manichaean Cultic Associations in Roman Late Antiquity Jason David BeDuhn
Our information on Manichaean religious practices in the Roman Empire comes from a variety of sources. Manichaean literary texts include the fourth century Coptic Medinet Madi library recovered from the ruins of a private home in the Fayum region of Egypt,¹ and several literary fragments in Syriac and Coptic also from private homes in Kellis in the Egyptian Dakhkeh Oasis.² Also from late fourth or early fifth century Algeria we have the Latin Tebessa Codex. And from an undetermined location in Egypt the Greek Cologne Mani Codex which, although it very likely post-dates the late antique period,³ attests the continuance of characteristically Manichaean practices discussed here. The content of these texts reflect the conditions of their original composition, which in many cases, of course, falls outside of the Roman Empire. But at the very least they inform us of what was being copied and read by Manichaeans inside the Roman domains, as well as the choices that were being made to convey Manichaean ideas in local terms and languages. In addition to such literary sources, documentary evidence is now at our disposal from a mid-to-late fourth century multi-generational Manichaean community located at the previously mentioned site of Kellis, all from a neighborhood of private homes.⁴ Finally, we have polemical accounts of Manichaean practices from their religious rivals – most importantly from the former Manichaean Augustine of Hippo – along with anti-Manichaean legislation issued by the Roman government. This evidence unequivocally attests that Manichaeism within the Roman Empire operated as a cultic association largely confined to the domestic sphere, lacking any 1
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See J. Robinson, “The Fate of the Manichaean Codices of Medinet Madi 1929-1989”, in: G. Wiessner – H.-J. Klimkeit (eds.), Studia Manichaica. II. Internationaler Kongress zum Manichäismus (1992) 19-62. See I. Gardner, “The Manichaean Community at Kellis: A Progress Report”, in: P. Mirecki – J. BeDuhn (eds.), Emerging from Darkness: Studies in the Recovery of Manichaean Sources (1997) 161-175. B. L. Fonkič – F. B. Poljakov, “Paläographische Grundlagen der Datierung des Kölner Mani-Kodex”, Byzantinische Zeitschrift 83 (1990) 22-30. I. Gardner – A. Alcock – W.-P. Funk, Coptic Documentary Texts from Kellis, vol. 1 (1999).
DOI 10.1515/ARG.2008.013
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civic or public component. There were few if any Manichaean churches, sacred sites, pilgrimages, or processions. To a significant degree, this domestic character was a response to legal proscriptions against the religion, starting within a generation of its introduction from beyond the eastern frontier. We know that outside of the arm of the Roman state, Manichaeans did establish centers of religious observance, sometimes referred to as manistans. Similar religious centers appear to have been attempted from time to time in the west, particularly during the period of relative tolerance by the Roman government in the mid-fourth century (313-372). We find vague references in Egyptian sources to “places” (Coptic: ma) for Manichaean meetings; and now a documentary reference to a manistan, that is, a topos mani, apparently situated on a private estate near Kellis, on which rent was paid.⁵ For the most part, however, Manichaeans did not rely on such meeting places, but instead met in private homes. Related pieces of evidence are the Roman anti-Manichaean laws that target estates on which the Manichaeans have been allowed to meet.⁶ They thus continued to operate in a mode once shared with Christians, but now left behind by the latter as they entered into mainstream society and power. Two aspects of this domestically-bound religion will help us to understand both the distinctive characteristics of Manichaeism as a lived community and its participation in a larger religious and secular culture. The first is the central role of the mobile Elect as holy persons around whom the Manichaean project was formed. The second is the place of texts – read, recited, and copied – as instruments of the inscribing of Manichaean identity on the individual believer.
The Elect as an Itinerant Holy Person Local Manichaean communities were organized as cells around itinerant holy persons, the Elect.⁷ A small network of family and friends added the religious bond of their sponsorship of the Elect to the other social and business links that 5
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It is listed in a business ledger that records rent being paid on it by the monachos Petros (R. S. Bagnall, The Kellis agricultural account book [1997] II, 975-976, cf. 1109, 1433; see Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 76). P. Kell. Copt. 12 speaks of a “father Pebok” at “the monastery” (t.henete). Likewise Ephrem alludes to Manichaean “place[s] of assembly”, Second Discourse to Hypatius (C. W. Mitchell, S. Ephraim’s Prose Refutations of Mani, Marcion, and Bardaisan [1912]) xlvii. E. g. Codex Theodosianus 16.5.3, 16.5.40 (7). A figure called Apa Lysimachos had extensive interaction with the cell at Kellis, moving between there, Antinoopolis, and Alexandria, and traveling for a time in the company of the Teacher (P. Kell. Copt. 21, 24, 29, 30; Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 31, 172-174, 182-186, 202-206). There is no reason to think that the latter ever came to Kellis.
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connected them. The relative intimacy of these groups provided a private, smallscale social reinforcement of their commitment to the religion, which in its often illicit character in turn fostered the bonds of the group.⁸ Careful organization and communication was necessary to prepare for the arrival and hosting of an Elect, and is attested by the documents from Kellis. The Elect depended entirely on the ordinary adherent for safety, housing, food, clothing, and other supplies necessary to the Manichaean mission. These responsibilities continued to some extent even after the Elect had departed, as the Manichaean families would continue to provide needed items as requested by letter and messenger.⁹ So Manichaeism participated in that watershed development in late antique spirituality by which the mobile holy person became the center of religious authority and practice. In the words of Peter Brown, “[T]he emergence of the holy man at the expense of the temple marks the end of the classical world”,¹⁰ and “The predominance of the holy man […] marked out late antiquity as a distinct phase of religious history”.¹¹ Although Brown has given particular attention to the “holy man” as that figure emerged in post-Constantinian Christian life, Jonathan Smith and others have demonstrated the broader phenomenon of itinerant religious authority that displaced more fixed, institutional forms with increasing success across religious boundaries in the Roman imperial and late antique periods. All are examples of more mobile, entrepreneurial substitutes for temple-bound priesthoods discussed by Smith in a series of articles in the 1970s. Of course there had always been ‘freelance’ shamans, wonder workers, and diviners alongside of the temple-based cults.¹² We are witness in late antiquity to the reassertion of their prominence in the face of an erosion in the position of the local temple cults, an erosion connected to Roman policies that undermined and compromised the standing and functioning of the temples in their local context. Smith affirms Brown’s identification of the shift from the temple to the holy man, but whereas Brown wants to distinguish the Christian holy man from antecedents, Smith sees 8
In the Kellis letters we find extensive greetings to large numbers of mothers, fathers, sisters, brothers, daughters, and sons, who apparently are not actual biological relatives, but rather the extended spiritual family of the Manichaean community (see, e. g., P. Kell. Copt. 19; Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 156-165). 9 Letters from Kellis show that while local people no doubt contributed fresh fruit and vegetables, more distant adherents were able to participate by sending less perishable contributions, such as wheat and oil (e. g., P. Kell. Copt. 32; Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 213-217). 10 P. Brown, The World of Late Antiquity (1971) 103. 11 P. Brown, “Rise and Function of the Holy Man in Late Antiquity”, Journal of Roman Studies 61 (1971) 100. “The rise of the holy man is the leitmotiv of the religious revolution of Late Antiquity” (Brown, ibid. 99). 12 See E. R. Dodds, The Greeks and the Irrational (1951); Graham Anderson, Sage, Saint and Sophist: Holy Men and their associates in the Early Roman Empire (1994).
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continuity. The Manichaean evidence in significant ways bridges the gap between Smith’s “magicians” and Brown’s “saints”, by showing a more low-key petit-holiness operating in homes and local communities without the high-drama of representing whole communities to institutions of power that forms such a defining characteristic of Brown’s subject matter. Yet the common elements of this shift of the location of holiness in all its forms seem perfectly clear. “One way of stating this shift is to note that the cosmos has become anthropologized.”¹³ The temple spins out cultic associations that gradually define themselves independently of its authority; in the process, they turn from the institutionalized priesthoods to freelance figures tied to traditions with varying degrees of organization. Rather than a sacred place, the new center and chief means of access to divinity will be a divine man, a magician, who will function, by and large, as an entrepreneur […]. Rather than celebration, purification and pilgrimage, the new rituals will be those of conversion, of initiation into the secret society or identification with the divine man. As a part of this fundamental shift, the archaic language and ideology of the cult will be revalorized – only those elements which contribute to this new, anthropological and highly mobile understanding of religion will be retained.¹⁴
Smith alludes here to shifts in cultic practices concomitant to the uprooting of fixed sacred space, a so-called “spiritualization of the cult”, in which feeding and supplying the holy person is believed to generate the sort of spiritual capital formerly associated with the sacrificial rite. This alternative to altar-based practice, too, had long existed side by side and even integrated with its more dominant rival, and displaces it as we pass into late antiquity.¹⁵ The Manichaean Elect fit the bill as quintessential spiritual virtuosi, taking on various sorts of ascetic and purificatory disciplines ordinary people would and could not – in short, religious professionals unattached to local traditional institutions. They also match the type in a manner particularly galling to Augustine of Hippo, namely in being holy in their own person, as “athletes” who had achieved spiritual victory by their own heroic efforts.¹⁶ A comparison of the holy person in Christianity and Manichaeism would offer a chance to explore the different circumstances of negotiating the opposition posited by both Brown and Smith
J. Z. Smith, “The Temple and the Magician”, in: J. Z. Smith, Map is not Territory: Studies in the History of Religions (1978) 187. 14 Smith, “The Temple”, op. cit. (note 13) 187-188. 15 See J. BeDuhn, “Digesting the Sacrifices: Ritual Internalization in Jewish, Hindu, and Manichaean Traditions”, in: St. Lindquist (ed.), Essays in Honor of Patrick Olivelle (forthcoming). 16 Brown, “Rise and Function”, op. cit. (note 11) 96-97.
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between the Temple and the Holy Man or Magician as the case may be.¹⁷ For with legalization and enfranchisement in the fourth century, Christianity rapidly returned to the Temple, to public and civic forms of religion, even while giving recognition to various freelance holy men and women. Manichaeism, without the same civil acceptance, continued down the road with the dis-located Holy person or Magician, who was nonetheless thoroughly integrated into the traditions and organization of the Manichaean sect. The close contact and interaction that occurred when a Manichaean Elect was present in a home or set of homes no doubt raised the level of excitement as well as activity around Manichaean identity. This relationship built upon the cultural prestige of hosting guests, adding to it the sense of participating in an important, often clandestine, sacred mission. The Elect offered in his or her own person a living example of ideal embodiment, displaying the proven possibility of overcoming the evil forces embedded in all humans. As such the Elect was reverenced as a living saint, even a divine being. In the words of Peter Brown, “the holy man was expected to establish himself almost as a ‘blessed object’ in the midst of his fellows”.¹⁸ Feeding such a person was a holy act of the utmost merit, and was conducted as a formal ritual once each day, referred to in sources from Egypt using the term for Christian sacred meals, agape.¹⁹ As long as the Elect remained, the laypeople who fed him or her were active participants in a mystery that served towards the liberation of their own souls, as well as the souls of all living beings. Angels literally filled the room where such a sacred meal was occurring,²⁰ activating a portal between sacred and profane dimensions of reality. Other acts of support to the Elect, such as an annual bestowal of new clothing or the designation of a member of the household to be a traveling companion, were regarded as high honors for the donor. The Elect offered instruction, moral counseling, and assessment of the spiritual condition of the members of the local cell, initiation of new converts or additions to the family, and blessings or protective magic for individuals and households. Direct evidence of instruction practices includes the discovery at Kellis of wooden “flip-cards” containing theological content.²¹ Augustine attests to instruction by means of hymn-singing,²² and at Kellis wooden prompt boards have been found containing the beginning of each stanza of hymns to aid the memory of singers
17 Smith, “The Temple”, op. cit. (note 13) 189 calls it “one of the characteristic antinomies of Late Antique religious life”. 18 Brown, “Rise and Function”, op. cit. (note 11) 97. 19 Kephalaia 279. 11-19 (I. Gardner, The Kephalaia of the Teacher [1995] 283); P. Kell. Copt. 15, 17, 44, 47 (See Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 70-71). 20 Kephalaia 193.23 - 196.31; Gardner, The Kephalaia, op. cit. (note 19) 202-205. 21 E. g., T. Kell. Copt. 1; I. Gardner, Kellis Literary Texts, vol. 1 (1996) 1-7. 22 Confessiones 3.7.14, 10.33.49; Contra Faustum 13.18; 15.15; Enarrationes in Psalmos 140.11.
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in performance.²³ The formal practice of confession and absolution was central to this program of spiritual development. The initial confession of a new convert provided an opportunity to review past conduct not just for personal sinfulness, but for evidence that confirmed the Manichaean view of the nature of evil, as I would argue is the case with Augustine’s recollection of his teenage theft of pears in book 2 of the Confessions. After initiation, confession continued to be a regular part of Manichaean practice, both privately and individually and collectively on the occasion of community meetings.²⁴ As a means of expiating spiritual guilt and pollution, the Manichaean ritual of confession and absolution most certainly offered a hot commodity that the Elect were pressed to offer wherever they appeared. In addition to relieving the ubiquitous anxiety over inadvertent violations of the sacred in daily life, confession served a key function in supporting the Manichaean regime of personal transformation. It offered a concrete means of constantly sifting one’s character and identity in order to distinguish and positively reinforce those traits indicative of the good true self, while drawing attention to those other traits indicative of evil within that must be isolated and eradicated. Through both individualized confessional dialogues and communal recitation of confessional formulas, laypeople received, internalized, and became transmitters of Manichaean ethical paradigms and models of self-understanding. As I have argued elsewhere, the Manichaean system of practice strives to create perfectly conformed and ritualized embodiment.²⁵ At every moment, the Manichaean must be prepared to put into action specified modes of thought and behavior to ward off and defeat the rebellion of evil from within. Codes of conduct for the ordinary adherent were much less stringent than those for the Elect, but still involved concern with the “Three Seals” of mouth, hand, and heart, governing right speech, right diet (including abstention from alcohol), non-violence, regulation of desire, and the like. Regular confession served as an apparatus for scrutinizing one’s own conformity to the good, and as an act of truth before the gaze of the revered Elect. Laypeople were enjoined to always act as if the Elect were present and observing.²⁶ And yet the close contact of the domestic sphere meant that the Elect, in turn, were subject to the scrutinizing gaze of the laypeople. The intimate domestic sphere of the relations binding together the Manichaean community meant for either class of believer that there was no place to hide. One of the recently discovered letters from the Manichaean cell in Kellis refers to a conflict arising out of 23 24 25 26
T. Kell. Copt. 2; Gardner, Kellis Literary Texts, op. cit. (note 21) 8-30. See Augustine, Epistulae 236. J. BeDuhn, The Manichaean Body: In Discipline and Ritual (2000). In P. Kell. Copt. 19, Makarios quotes to his son Matheos a saying of Mani (“the Paraclete”): “The disciple of righteousness is found with the fear of his teacher upon him (even) while he is far from him” (Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 160).
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the conduct of a “deacon” as observed and faulted by the layperson Makarios. As a result, the deacon was “turned away” and complained to Makarios, “What do you have against me?” The latter remonstrance was made “during his practice”, either of fasting or receiving confession, and Makarios adds this to his faults, that he was angry during his religious observances.²⁷ Similar tensions between the lay Auditors and the holy Elect in their mutual visibility form matters of discussion in both authorized Manichaean literature and anti-Manichaean polemics. This factor of visibility and intimacy touches upon something mentioned, but often neglected, in Peter Brown’s now classic discussion of the roles of the holy man. Brown speaks of the holy man as “a man who could be closely observed to be in the act of forging total dissociation in himself […] from a lifetime of asceticism”.²⁸ Brown goes on to briefly discuss the necessary cultivation by the holy person of a performed selfhood, and to refer to “the moulding force of the expectations and practices of Late Roman society in forming the image and the habits of the holy man”,²⁹ such as taking on the vir gravis et sanctus of the philosopher, of the person apart from worldly concerns. All of which leads Brown to refer to the holy man’s “ritual of self-definition”, or “the lifetime’s work of true professionals at selfdefinition”.³⁰ Both our Egyptian and our North African sources grapple with the effects of the occasional failure of individual Elect in their performance of perfected humanity.³¹ It is therefore important for us to note the consequences of mutual scrutiny for the distribution of power between Elect and Auditors. While Mani is reported to have encouraged both classes to exercise patience with the faults they would inevitably find in each other,³² it was the Auditors who by their scrutiny of Elect conduct (as well as the mutual scrutiny of Elect themselves) enforced the code that made one a holy person. So while the Elect, as the sacerdotal class, ostensibly held spiritual authority, the Auditors exercised a counterbalancing practical authority that served to maintain discipline in the community, and kept the Elect from concentrating all forms of power in their own hands. Among the “magical” services offered by the Elect, we find in correspondence prayers for the physical well-being of addressees, invoking the blessings of the divine forces on their life,³³ as well as the occasional spell for the use of the recipient in
P. Kell. Copt. 19; Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. (note 4) 161. Brown, Late Antiquity, op. cit. (note 10) 93. Brown, Late Antiquity, op. cit. (note 10) 93-94. Brown, Late Antiquity, op. cit. (note 10) 93. Augustine reviews his experience of imperfections in Elect conduct in De moribus Manichaeorum. 32 Kepahalaia 219.1 – 22.17; Gardner, The Kephalaia, op. cit. (note 19) 226-228. 33 E. g., P. Kell. Copt. 31, 32; Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. (note 4) 207-217.
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quite mundane matters.³⁴ The manufacture and use of amulets is attested.³⁵ Similarly, in Mesopotamia just beyond the Roman frontier Manichaeans were involved in the preparation and ritual installation of magic bowls intended to safeguard the domestic space from harmful spirits.³⁶ In another vein, it was important to involve the Elect in the funerary rites when a Manichaean died by sponsoring a sacred meal ritual, at which one or a number of Elect recite specific prayers for the dead.³⁷ The Manichaean cultic association gathered as a community for certain holy days, involving fasting and the observance of vigils. Once per year the religion’s entire ritual repertoire was deployed at the springtime Bema festival.³⁸ Following a month-long lenten fast, all of the Elect and laypeople in an area assembled for a commemoration of Mani’s ascent to heaven, with confession, hymn-singing, a bit of high liturgical ceremony, and, of course, a sacred meal. This annual observance was the closest thing Manichaeans had to a public component to their religion. Hymns were composed especially for the occasion. The Manichaean calendar was based upon how many annual Bemas had been celebrated since the death of Mani. Even if the Elect made only periodic appearances in a given community, at least one of them must have been present annually for this symbolic renewal of the cultic association. When an Elect moved on from one community to the next, the way was prepared by networks established among the Auditors. Those left behind shifted to alternative modes of activity by which they maintained their Manichaean identity and practice. Certain practices were suspended without an Elect present to play an essential role. Other activities filled the gap, by which the local cell became the sustainers of their own identification with the elusive world Manichaean organization and world mission. They maintained their prayers, their hymn-singing, their reading, and the production of all the supplies and instruments of religious life – most of all the texts by which Manichaean discourse was perpetuated even without the living voice of its authoritative representatives.
34 See P. Mirecki – I. Gardner – A. Alcock, “Magical Spell, Manichaean Letter”, in: P. Mirecki – J. BeDuhn (eds.), Emerging from Darkness: Studies in the Recovery of Manichaean Sources (1997) 1-32. 35 E. g., P. Kell. Gr. 91 (Gardner, Kellis Literary Texts, op. cit. [note 21] 132-136). 36 J. BeDuhn, “Magical Bowls and Manichaeans”, in: M. Meyer – P. Mirecki (eds.), Ancient Magic and Ritual Power (1995) 419-434. 37 Funerary hymns are found in the Coptic Psalm-Book from Medinet Madi, and among the literary texts recovered from Kellis (T. Kell. Copt. 2, Text A5, Gardner, Kellis Literary Texts, op. cit. [note 21] 13-15, 25-30). Reference to Elect gathered around a dying person is found in P. Kell. Copt. 25 (Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 187-193). 38 See G. Wurst, Das Bemafest der ägyptischen Manichäer (1995).
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The Book as a Religious Instrument Manichaeism was famously a religion of the book. Witnesses throughout the history and geographic spread of the faith attest to its distinctive connection to bookculture. A long debate in modern scholarship over just how much the layperson was involved in this book-culture seems to have been settled by the new material from Kellis. That evidence shows a local group of Manichaean laypeople energetically engaged in copying books, and learning all the skills required for that task, including not only book-making techniques and scribal art, but even the learning of foreign languages (both Syriac from the preceding phase of the mission and Latin for its forward thrust).³⁹ Manichaeans appear to have been encouraged to become literate, and to deliver their children to the Elect for tutoring.⁴⁰ Letters from Manichaean parents to relatively mature children encourage them to do a bit of text copying every day. Study [your] psalms, whether Greek or Coptic, <every> day […]. Do not abandon your vow. Here, the Judgement of Peter is with you. [Do the] Apostle, or else master the Great Prayers and the Greek Psalms. Here too, the Sayings are with you: study them! Here are the Prostrations (n.klisis). Write a little from time to time, more and more. Write a daily example, for I need you to write books here.⁴¹
The important role of reading for the laity offers a good explanation for the energy Manichaeans put into translation. If reading had remained the exclusive purview of a small spiritual elite, as it did in Medieval Europe, we might expect a conservative maintenance of a holy language in its original form. Instead we find Manichaeans avidly rendering their texts into local vernaculars, even introducing scripts
39 Gardner notes the variety of unpracticed hands copying psalms at Kellis (Gardner, Kellis Literary Texts, op. cit. [note 21] vii). Besides psalms, the local Manichaeans copied New Testament texts. Fragments of Romans and Hebrews have been found, along with a reference in a letter to copying the entire Apostle. Additionally, there is a reference to copying the Gospel – perhaps biblical, perhaps Mani’s. Two fragmentary codices of Mani’s Epistles have been found as well; see I. Gardner, Kellis Literary Texts, vol. 2 (2007). Bilingual phrases are found written out on wooden boards for instruction in translation, e. g., T. Kell. Syr. / Copt. 1 and 2; I. Gardner, Kellis Literary Texts, vol. 1 (1996) 105-126. 40 The practice, encouraged in Manichaean literature (Kephalaia 193. 4-6; Gardner, The Kephalaia, op. cit.[note 19] 202), was already attested in Augustine, Confessions 3.12, on the testimony of the bishop of Thagaste, who recalled his youth in the company of the Elect, copying manuscripts. Several documents from Kellis refer to the same practice. Piene, a young son of the family of Makarios, was taken by Apa Lysimachos to meet the Teacher, and to accompany the latter to Alexandria and learn Latin (P. Kell. Copt. 24, 25, 29; Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 182-193, 202-204). 41 P. Kell. Copt. 19, from Makarios to his son Matheos; Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. (note 4) 156-165.
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to formerly predominantly oral cultures outside the Roman Empire.⁴² Even when especially reverenced texts were copied and read out in their original (or presumed original) language, parallel and interlinear translation into the vernacular was typically provided. It was essential to their formative role in the life of the Manichaean that the texts be understood and engage the conscious mind, so that they could inscribe particular patterns of thought within the adherent. Manichaeans quickly adapted from their original Syriac to Greek, Coptic, and Latin in the west, and to Parthian, Persian, Turkic, and Chinese in Asia. Nor was this simply a matter of linguistic adaptation. Manichaean missions systematically appropriated existing local religious and philosophical concepts to convey essential Manichaean ideas to new populations. The centrality of books to Manichaean identity also manifested itself in the production of miniature books for ease of transport and concealment. Several of the smallest manuscripts in the world are Manichaean. The Cologne Mani Codex, at 4. 5 cm by 3. 5 cm, is comparable to other examples known from Central Asia of roughly the same period. Nothing else this small is found before the age of the printing press. Other Christian groups in Egypt also made use of miniature codices, although none at the extreme of the Cologne Mani Codex. As reported by Malcolm Choat, more than two dozen books in Coptic of less than 10 cm on a side from the fourth through the eighth centuries are known.⁴³ The sometimes heard suggestion that such miniature books were used as amulets rather than reading texts reflects assumptions from other, less-literate religious traditions. None of the Manichaean miniature manuscripts show the degradation of the text or script often seen in amulets. Nor does their content correspond to the prayer formulas or other short passages typical of amulet texts. The Cologne Mani Codex, of course, is a 192 page book. It is quite clear that we are dealing with books for private devotion. Reading to oneself or to the family served an important role in filling one’s head with Manichaean thoughts, in a manner closely paralleling the development
42 Linguists studying the Iranian and Turkic languages of Central Asia have long known that Manichaean texts offer the best window into the actual spoken language of their time, carrying none of the antiquating conventions used in texts associated with other traditions. 43 “Miniature Codices in Coptic”, paper delivered at the Annual Meeting of the Society of Biblical Literature, 2007. In a paper delivered at the same meeting, “Miniature Codices: Methodological and Historical Questions”, Kim Haines-Eitzen reported that one quarter of manuscripts of the apocryphal acts from the fifth century or earlier come from miniature codices. It may be time to reconsider the religious provenance of some of these texts, just as Iain Gardner has revisited some of the earliest “Christian” letters from Egypt and determined that they are likely to be Manichaean; see I. Gardner – A. Nobbs – M. Choat, “P. Harr. 107: Is this another Greek Manichaean letter?”, Zeitschrift für Papyrolgie und Epigraphik 131 (2000) 118-124.
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of the reading of the Bible and devotional literature in lay Christian families in the late medieval and Reformation period.⁴⁴ We lack specifics on the ritual framing of reading texts in the home. We find no reference to formal opening or closing prayers, or prescriptions for handling the manuscripts. We do find various markers of organizing texts for collective recitation, such as dividing them into reading portions, or synaxeis, formatting hymns and prayers in antiphonal structures for performance between a leader and respondents, or between Elect and laypeople, using prompt boards providing the first words of each verse in a hymn for group performance, and so forth. What role does all this reading and copying of texts have in the development of the Manichaean? The Manichaean case allows us to dwell on the shift from oral to written religious culture. What does writing provide to the toolkit of religious functions that was not otherwise present? It provides for private, individualized spiritual development, for the permanent access of the individual to religious instruction even in the absence of religious authorities and professionals. The written text offers a means of remembering, and the Manichaean emphasis on reading seems to be aiming at a saturation in discourse that makes the person a product of the sanctioned memory. Just as the writing of a text reduces, limits, and fixes the unfettered flow of discourse in an economy of focused attention, producing canonical discourse – so the constant and repeated reading of text works towards canonical thinking, setting limits to the disordered congenital mind and self and bringing into existence a conformed content of thought.⁴⁵ All of the references to reading or copying texts in the Kellis documents seem to assume private study, and the late antique world fully appreciated the self-formative power of reading.⁴⁶ The well attested obligation of the Manichaean to read or recite Manichaean texts is only the most evident stage of a process intended to implant in the individual the “mind of light” directly from Mani’s revelatory discourse. The written word is the marvelous instrument of the letter from heaven, able to make present to the reader the distant authoritative mind. Even though the perfect understanding of the truth occurred in Mani’s mind, he has rendered and reduced it first to discourse and then to text. And even though that text is an impoverishment of what Mani knows, it is sufficient in its codified, translated content to provide the material to be recited as an illocutionary obligation by the Manichaean adherent, which in turn is intended to yield, as a perlocutionary consequence, the fixation or inscription of the text within the readers’ psyche as the content of their thoughts. 44 See J. Bryan, Looking Inward: Devotional Reading and the Private Self (2008). 45 See Paul Ricœur, Interpretation Theory: Discourse and the Surplus of Meaning (1976) 26-29. 46 So, for example, Gregory the Great could say that in reading the biblical text, “we should transform what we read within ourselves, so that the mind, roused by the ears, brings together and puts into practice what we have heard by means of our way of life” (Moralia in Iob 1. 33). Private reading was also done aloud.
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In this way, the disjointed and conflicted thought of the individual is brought into alignment and conformity with true Manichaean selfhood by a process of entextualising the self. Reading therefore becomes a key ritual activity of the Manichaean Auditors in the absence of the Elect, by which they maintain exposure to the authoritative voice of the tradition, and in this way work upon themselves the religion’s project of bringing themselves into identification with and conformity to its discourse.⁴⁷
Conclusions What then can we conclude about the significance and consequences of the primarily domestic setting of Manichaeism? In both the panoptic interactions with the visiting Elect and the practice of reading in their absence, as well as other practices I have not had time to detail,⁴⁸ we see a system designed to saturate and invest the individual with a delimited set of thoughts and behaviors that become the Manichaean self. By its domestic location, this system of practice does not allocate religious performance to a public sphere where the broader society’s gaze plays a role in affirming a selfhood in conformity to social norms. On the contrary, the confinement of Manichaeism to the domestic sphere marks a division and separation of the Manichaean from that social gaze and norm, into a more intimate sphere of affirmation and reinforcement in the close-knit family or even in the private space of the individual alone with herself between contacts with visiting Elect. One’s religious identity, then, cannot be dissociated from oneself in time and place as mere convention or as part of public role playing. If there is Manichaeism present, it is private and personal, permanent and ever-present, with no space into which one may withdraw and remove religious commitment as a performative mask. It is a voluntary self-subjection in which one forms a power relationship 47 See G. Flood, The Ascetic Self: Subjectivity, Memory and Tradition (2004) esp. 211-234. 48 Among non-textual domestic practices in the Manichaean home, one should mention daily prayers very similar to the pattern practiced by Muslims at set times of the day. Although we have no confirmation of those set times in western testimony, we do have references to multiple daily prayers directed to the sun during the day and the moon at night. Since such prayers could not be said facing in a standard direction, but had to be recited while in direct sight of the appropriate celestial body, we no doubt are dealing with a practice of rooftop prayer, as suggested also by certain polemical allusions (sunrise and sunset prayers are attested, probably ruling out courtyard settings). These would be perhaps the most public religious act a Manichaean would make. The Arabic writer an-Nadim quotes texts recited with each prostration of these prayer-times. Similar texts may be referred to in P. Kell. Copt. 19, where among the texts to be studied and copied is listed “The Prostrations” (Gardner – Alcock – Funk, Coptic Texts, op. cit. [note 4] 160, 163).
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with oneself, which by that fact provides the system with greater access and ability to penetrate and permeate the self. This certainly looks to be a very effective means of inculcating religious identity within the person, and may explain the dogged persistence of Manichaeism in the face of a nearly perpetual state of persecution. And yet, in the end, the disconnect between the private and public spheres of identity eventually did its corrosive work, as attested in the case of Augustine;⁴⁹ and we may ask if Manichaeism failed because its adherents were denied public forms of expressing their private religious commitment. This is part of a broader question of the specific conditions that pertain to situations of Marranism throughout history, whether it be the Jewish Marranos in Spain, the secret Christians of Japan, or the Manichaeans seemingly everywhere and always. Marranism must be distinguished from other forms of persecution where despite the loss of equality and other rights an actual public denial of identity is not necessitated.⁵⁰ In all three cases of Marranism I have mentioned, we see persistence of faith among some, to be sure, but also significant erosion of clandestine religious identity among many. This may point to an essential need for integrity and coordination of public and private religious identity. While the unbeliever appears able to easily assume the public role of the believer for a few hours a week as a social nicety with no great strain on his or her identity, perhaps the true believer labors under different psychic pressures, and cannot long sustain the same sort of double life. Even being able to publicly express difference from the social norm seems to work just fine. So we are not talking simply of the pressure to conform. Instead we are dealing with something about the integration of private and public identity somehow essential to religious commitment.
Prof. Jason BeDuhn Department of Humanities, Arts, and Religion Northern Arizona University Flagstaff, AZ 86011 USA [email protected]
49 See J. BeDuhn, Augustine’s Manichaean Odyssey (2009). 50 For the idea of applying the concept of Marranism to the Manichaean situation in the late antique Roman world, see G. Stroumsa, “Monachisme et ‘Marranisme’ chez les Manichéens d’Égypte”, Numen 29 (1983) 184-201.
III. Varia
Der Gott des Xenophanes: Überlegungen über Ursprung und Struktur eines philosophischen Monotheismus Jens Halfwassen Jan Assmann zum 70. Geburtstag
I Der Vorsokratiker Xenophanes von Kolophon aus dem 6. vorchristlichen Jahrhundert gilt als der Begründer eines philosophischen Monotheismus, der unabhängig vom Monotheismus der hebräischen Bibel aus dem Denken entstand.¹ Aber war Xenophanes wirklich Monotheist?² Diese Frage soll im folgenden beantwortet werden. Dazu muß aber vorab der Begriff des Monotheismus geklärt werden.³ „Monotheismus“ ist ein Oppositionsbegriff, dessen Bedeutung durch seine Beziehung zum Gegenbegriff des Polytheismus festgelegt wird. Monotheismus ist durch die Verneinung des Polytheismus definiert.⁴ Doch läßt sich diese Verneinung auf verschiedene Weisen verstehen, nämlich entweder als ausschließende oder als aufhebende, das Verneinte also zugleich bewahrende Verneinung; daraus ergeben sich zwei verschiedene Typen des Monotheismus. Der Polytheismus läßt sich
Besonders pointiert und wirkungsmächtig in diesem Sinne schon E. Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Band I (, Nachdruck ) . Die umfangreiche und kontroverse Forschung dazu wird gut diskutiert bei Ch. Schäfer, Xenophanes von Kolophon. Ein Vorsokratiker zwischen Mythos und Philosophie () und bei Th. Schirren, „Xenophanes“, in: D. Bremer (Hg.), Ueberwegs Grundriß der Geschichte der Philosophie, Band : Vorsokratiker (im Druck; mir durch die Freundlichkeit des Verf.s im Manuskript bekannt). – Nach wie vor wichtig sind W. Jaeger, Die Theologie der frühen griechischen Denker () -; K. von Fritz, „Xenophanes“, in: Paulys Realencyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft, Band IX A () -; E. Heitsch, Xenophanes. Die Fragmente (); ders., Xenophanes und die Anfänge kritischen Denkens (). Die aktuelle Debatte um den Monotheismus wird wesentlich durch die Beiträge von Jan Assmann bestimmt, vor allem durch sein Buch: Moses der Ägypter (). Vgl. zum folgenden bes. J. Assmann, Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus (). Vgl. dazu und zum folgenden Assmann, Mosaische Unterscheidung, a. O. (Anm. ) -.
DOI 10.1515/ARG.2008.014
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nämlich einerseits so verneinen, daß die Existenz der vielen Götter grundsätzlich geleugnet wird. Der Eine Gott schließt dann eine Vielheit von Göttern neben oder unter ihm aus. Dies ist der exklusive Monotheismus, den ich den Monotheismus im starken Sinne nennen möchte; paradigmatisch für ihn sind die mosaischen Religionen, besonders das nachexilische Judentum und der Islam. Er läßt sich auf die Formel bringen: „Es ist kein Gott außer Gott.“ Der Polytheismus läßt sich andererseits aber auch so verneinen, daß die vielen Götter zu Momenten, Erscheinungen oder Manifestationsformen des Einen Gottes herabgesetzt werden.⁵ Die Existenz und Göttlichkeit der vielen Götter wird dabei nicht geleugnet, die Vielheit der Götter also nicht ausgeschlossen, sondern im Hegelschen Dreifachsinn in die Einheit Gottes aufgehoben:⁶ Der Eine Gott hat die vielen Götter zwar nicht neben sich, aber entweder unter sich oder in sich. Dies ist der inklusive Monotheismus, den ich den weichen Monotheismus nennen möchte. Ein solcher inklusiver Monotheismus begegnet unter den Religionen der klassischen und vorklassischen Antike wie unter den Religionen Indiens recht häufig. Er charakterisiert die Spätphase sowohl der ägyptischen als auch der griechischen Religion.⁷ Er behält eine gewisse Nähe zum Henotheismus, der keine Verneinung des Polytheismus impliziert, sondern mit diesem kompatibel bleibt. Im Henotheismus nämlich wird die Vielheit der Götter weder ausgeschlossen noch aufgehoben, sondern bloß relativiert durch einen höchsten Gott, der die übrigen Götter nicht einfach als der höchste und mächtigste übertrifft, sondern sie so überragt, daß er in einer nicht bloß graduell, sondern qualitativ anderen Weise Gott ist als alle anderen Götter. Die Hochgötter vieler polytheistischer Göttersysteme besitzen in diesem Sinne henotheistische Züge. Besonders deutlich ist das bei Homer zu beobachten, dessen Zeus nicht einfach ein primus inter pares ist, sondern als „Vater der Götter und Menschen“ in einem qualitativ anderen Sinne Gott ist als alle anderen Götter. Dies zeigt nicht nur sein Vater- und Königstitel, sondern die Ilias bringt das auch im Bild vom goldenen Seil, an dem Zeus allein die ganze Erde samt allen Göttern und Göttinen hält, unübertrefflich zum Ausdruck.⁸ Von einem
Vgl. dazu vor allem J. Assmann, Theologie und Weisheit im alten Ägypten (), bes. - sowie ders., Monotheismus und Kosmotheismus. Altägyptische Formen eines Denkens des Einen und ihre europäische Wirkungsgeschichte (). Vgl. zu Hegels eigener Deutung des Verhältnisses von Einheit und Vielheit des Göttlichen J. Halfwassen, Hegel und der spätantike Neuplatonismus. Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung (²) -. Dazu Assmann, Theologie und Weisheit, a. O. (Anm. ) - sowie M. P. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion, Band (²) -. Homer, Ilias VIII, -: „Hängt ein goldenes Seil an den Himmel, hängt euch alle daran, Götter und Göttinen: Nicht könntet ihr vom Himmel auf die Erde Zeus, den Höchsten Herrn, hinabziehen, auch wenn ihr euch viel plagtet; aber wenn ich entschlossen ziehen wollte, würde ich euch samt Erde und Meer emporziehen. Ich wickelte um den Gipfel des
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solchen Henotheismus ist es oft nur noch ein Schritt zum inklusiven Monotheismus, in dem die vielen Götter in der Einheit Gottes ihre Selbständigkeit verlieren.⁹ Doch leugnet der inklusive Monotheismus sowenig wie der Henotheismus die Existenz der Götter oder ihre göttliche Macht und Wirksamkeit. Dagegen tut der strenge, exklusive Monotheismus genau dies. Das trennt ihn prinzipiell vom Henotheismus wie vom inklusiven Monotheismus. Der exklusive Monotheismus kann darum mit Jan Assmann und Theo Sundermeier als „Gegenreligion“ charakterisiert worden.¹⁰ Er setzt den Einen Gott als den einzigen und einzig wahren Gott gegen die Vielheit der Götter, die in Wahrheit gar keine Götter sind. Damit führt er die „Parmenideische Unterscheidung“ von wahr und falsch in die Religion ein: er unterscheidet zwischen der einen wahren Religion des Einen Gottes und den vielen falschen Religionen der vielen Götter, wie Jan Assmann gezeigt hat.¹¹ Der exklusive Monotheismus ist aber auch noch in einem weiteren Sinne „Gegenreligion“. Denn er unterscheidet kategorisch zwischen Gott und Welt.¹² Die Götter des Polytheismus sind welthafte Götter, denn sie sind die bestimmenden Mächte einer menschlichen Lebenswelt, die vom mythologischen Bewußtsein als übermächtige und darum göttliche Wesen erlebt werden; sie sind Götter, aber genau darum sind sie von dieser Welt.¹³ Der Eine Gott des exklusiven Monotheismus ist dagegen prinzipiell nicht von dieser Welt. Er ist keine lebensweltliche Macht, sondern tritt der Welt als ganzer als ihr Schöpfer oder mindestens als ihr Herr gegenüber. Der Eine Gott ist überweltlich oder er ist gar nicht Gott. Darum wendet sich der exklusive Monotheismus nicht nur gegen die Vielheit der mythologischen Götter, sondern auch und besonders gegen jenen Zug an ihnen, der sie als Mächte der Welt erkennen läßt: ihre menschliche (oder gegebenenfalls tierische) Gestalt. Das Bilderverbot der Bibel und des Korans hat genau diesen Sinn, eine anthropo- oder theriomorphe Gestalt Gottes, die sich im Bild darstellen ließe,
hohen Olympos das Seil sodann und sähe schweben das Meer und die Erd‘ und die Götter. So viel mächtiger bin ich als alle Götter und Menschen.“ So z. B. in dem berühmten orphischen Zeushymnos Orph. Fr. a Kern; ebenso Orph. Fr. Kern: „Einer ist Zeus, Hades, Helios und Dionysos“. Noch stärker Aischylos, Heliaden Fr. Nauck: „Zeus ist Äther, Zeus Erde, Zeus Himmel, Zeus die Gesamtheit aller Dinge und was noch höher ist als sie.“ Assmann, Mosaische Unterscheidung, a. O. (Anm. ) ; Assman bezieht sich im Kontext auf die Unterscheidung zwischen „primären“ und „sekundären“ Religionen bei Th. Sundermeier, „Religion, Religionen“, in: K. Müller – Th. Sundermeier (Hgg.), Lexikon missionstheologischer Grundbegriffe () -; vgl. auch ders., Was ist Religion? Religionswissenschaft im theologischen Kontext (). Assmann, Mosaische Unterscheidung, a. O. (Anm. ), bes. -. Vgl. dazu F. Stolz, Weltbilder der Religionen () -: Monotheismus als „Unterscheidung von Gott und Welt“. Vgl. für die griechischen Götter etwa W. F. Otto, Die Götter Griechenlands ().
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auszuschließen.¹⁴ Strenger Monotheismus bedeutet Exklusion nicht nur der Pluralität, sondern auch und vor allem des Anthropomorphismus der Gottheit. Insofern ist dem exklusiven Monotheismus ein Zug negativer Theologie eingeschrieben, der für ihn konstitutiv ist, weil ohne die Negation der Welt Gott seine Überweltlichkeit und damit seine Gottheit verlöre. Darum ist der Pantheismus, der Gott und Welt miteinander identifiziert, auch kein Monotheismus im strikten, exklusiven Sinne, obwohl er nur einen einzigen Gott annimmt. Das Gleiche gilt auch für den Kosmotheismus im Sinne von Jan Assmann, der die Gleichsetzung von Gott und Weltganzem einschließen kann, aber nicht muß.¹⁵ Dem Kosmotheismus ist nämlich die monotheistische Entgegensetzung von Gott und Welt fremd. Er konzipiert die Gottheit als welthaft wie der Mythos, dessen religiöse Vorstellungen er darum auch integrieren kann. Sein Gottesbegriff liegt somit noch in der Fluchtlinie des welthaften Gottesbegriffs des Mythos; der strenge Monotheismus ist dagegen gerade der Bruch mit diesem.¹⁶ Im Folgenden soll nun die These vertreten werden, daß Xenophanes den Einen Gott, den er der mythischen Götterwelt entgegensetzt, durchaus im Sinne eines strengen, also exklusiven Monotheismus konzipiert hat. Ich werde darum zu zeigen versuchen, daß Xenophanes nicht nur den Anthropomorphismus der Homerischen Götter kritisiert, sondern daß er implizit ihre Existenz leugnet. Darüber hinaus werde ich zu zeigen versuchen, daß Xenophanes seinen Einen Gott nicht nur als den einzigen wahren Gott angesehen hat, sondern daß er ihn auch von der Welt strikt unterschieden hat. Eine solche Deutung der Theologie des Xenophanes ist zwar nicht ohne Vorläufer,¹⁷ sie wendet sich jedoch gegen eine dominante Strömung in der neueren Forschung; diese deutet Xenophanes als einen Henotheisten, der den seit Homer virulenten Zug zur Einheit Gottes radikalisiert habe, ohne jedoch die Vielheit der Götter zu leugnen.¹⁸ Darum seien zunächst einige Pro-
Dazu Assmann, Mosaische Unterscheidung, a. O. (Anm. ) -. Vgl. z. B. Assmann, Theologie und Weisheit, a. O. (Anm. ) -, -, -. Dazu Assmann, Monotheismus und Kosmotheismus, a. O. (Anm. ); ders., Mosaische Unterscheidung, a. O. (Anm. ), bes. - („Monotheismus als Anti-Kosmotheismus“). So namentlich G. S. Kirk – J. E. Raven – M. Schofield, Die Vorsokratischen Philosophen (engl. zuerst ), ins Deutsche übers. von K. Hülser () -. – E. Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Band I (, Nachdruck ) - setzt den Einen Gott des Xenophanes mit Berufung auf die Doxographie mit dem Weltganzen gleich, deutet Xenophanes also als Pantheisten, worin ihm der größte Teil der älteren Forschung gefolgt ist. So neben anderen E. Heitsch, Xenophanes. Die Fragmente () -; Ch. Schäfer, Xenophanes von Kolophon. Ein Vorsokratiker zwischen Mythos und Philosophie () ; M. Enders, Natürliche Theologie im Denken der Griechen () -. – Anders jetzt Schirren, „Xenophanes“, a. O. (Anm. ) Ms. : „Trotz aller gebotenen Vorsicht angesichts der Überlieferungslage ist doch erkennbar, daß Kriterien für eine monotheistische Theolo-
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bleme zur Sprache gebracht, die einer monotheistischen Deutung des Xenophanes zu widersprechen scheinen.
II Xenophanes war zweifellos der erste, der eine scharfe, ja vernichtende Kritik am Mythos und an den mythischen Göttervorstellungen formulierte. Ebenso unbestritten ist, daß er den Göttern des Mythos einen philosophisch gereinigten Gottesbegriff entgegensetzte, der von dem Anthropomorphismus frei ist, den Xenophanes an den Göttern Homers und Hesiods kritisiert. Doch führt er den Einen Gott als „den größten unter Göttern und Menschen“ ein,¹⁹ gebraucht also einen typisch Homerischen Superlativ zu seiner Charakterisierung. Hat Xenophanes also doch Götter im Plural neben oder unter dem Einen Gott angenommen? War er Henotheist, nicht Monotheist? Hinzu kommt eine weitere Schwierigkeit: Die antiken Doxographen setzen den Einen Gott des Xenophanes mit dem Weltganzen gleich.²⁰ Diese Gleichsetzung hat freilich in den wörtlich erhaltenen Fragmenten des Xenophanes keinen Anhaltspunkt. Der Verdacht liegt darum nahe, die hellenistischen und kaiserzeitlichen Doxographen hätten den stoischen Pantheismus, dessen Gott, der weltdurchwaltende Logos, in der Tat mit dem Weltganzen identisch ist, auf den frühen Vorsokratiker zurückdatiert. Doch scheint die Gleichsetzung von Gott und Weltganzem für Xenophanes schon von Aristoteles zumindest nahegelegt zu werden, der schreibt, im Blick auf das Weltganze habe Xenophanes das Eine Gott genannt,²¹ eine Formulierung, die eine pantheistische Deutung sicher nicht erzwingt, wohl aber zuläßt; eine ähnlich zweideutige Äußerung wird von seinem Schüler Theophrast überliefert.²² War Xenophanes also Pantheist?
gie durchaus in der Ablehnung traditioneller Religiosität zu erkennen sind.“ Ähnlich Ms. mit Bezug auf Assmanns Monotheismusbegriff. Xenophanes, Fr. B Diels – Kranz. Vgl. dazu die Stellen aus Homer und Hesiod bei E. Heitsch, Xenophanes. Die Fragmente () -. Vgl. die Berichte über Xenophanes bei Diogenes Laertios (Diels – Kranz A ), Hippolytos (Diels – Kranz A ), Cicero (Diels – Kranz A ), Galen, Timon und Sextus Empiricus (Diels – Kranz A ). Aristoteles, Metaphysik b - (Diels – Kranz A ): Ξενοφάνης δὲ […] εἰς τὸν ὅλον οὐρανὸν ἀποβλέψας τὸ ἓν εἶναί φησι τὸν θεόν. Simplikios, In Phys. , ff. (Diels – Kranz A ): „Theophrast berichtet, Xenophanes aus Kolophon, der Lehrer des Parmenides, habe gelehrt, daß es nur einen einzigen Urgrund gebe und daß das Seiende und Ganze Eines sei (und zwar weder begrenzt noch unbegrenzt, weder bewegt noch ruhend); dabei räumt Theophrast ein, daß von der Lehre des Xenophanes zu berichten, einem anderen Gebiet angehöre als der Naturphilosophie.“ Diese letzte Bemerkung spricht dagegen, daß Theophrast der Meinung war, Xenophanes habe Gott
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Zu diesen Schwierigkeiten, den Gottesbegriff des Xenophanes genauer einzuordnen, kommt eine problematische Quellenlage hinzu. Neben den wenigen, aber freilich sehr aussagestarken Orginialfragmenten haben wir eine doxographische Überlieferung, die sich anhand der Originalfragmente großenteils nicht verifizieren läßt und deren Zuverlässigkeit in der Forschung darum bis heute äußerst umstritten ist. Das gilt vor allem für das wichtigste und ausführlichste indirekte Zeugnis, das umfangreiche Xenophanes-Referat in der Pseudo-Aristotelischen Schrift Über Melissos, Xenophanes und Gorgias (Diels – Kranz 21 A 28). Dieses Referat wäre für die Entscheidung der Frage, ob Xenophanes nun Monotheist, Henotheist oder Pantheist war, von größter Wichtigkeit, denn es schreibt Xenophanes einen Beweis für die Einzigkeit Gottes zu: Weil Gott allmächtig (ἁπάντων κράτιστον) sei, könne es nur einen einzigen Gott geben, denn mehrere Götter würden sich in ihrer Macht gegenseitig begrenzen.²³ Doch wie zuverlässig ist das Referat eigentlich? Es steht fest, daß die Schrift Über Melissos, Xenophanes und Gorgias nicht von Aristoteles selbst und auch nicht aus seinem unmittelbaren Umkreis stammt, sondern frühestens im dritten, möglicherweise sogar erst im ersten vorchristlichen Jahrhundert anzusetzen ist.²⁴ Das Xenophanes-Referat ist besonders deshalb verdächtig, weil es Xenophanes eine negative Theologie unterstellt, die in ihrer Radikalität nicht nur über die Aussagen der Originalfragmente hinausgeht, sondern ihnen teilweise direkt widerspricht. So spricht das Referat dem Einen Gott nicht nur wie die Originalfragmente jede Bewegung und Veränderung ab, sondern ebenso auch die Ruhe, welche jene Gott ausdrücklich zuschreiben, darüber hinaus behauptet es, Gott sei weder begrenzt noch unbegrenzt.²⁵ Aufs Ganze gesehen scheint mir der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, daß das Referat eine genuin Platonische negative Theologie und Henologie auf Xenophanes als den ersten Vertreter der Henologie, als der er schon von Platon angesprochen wird,²⁶ zurückdatiert. Dabei ist auffällig, daß das Referat dem Einen Gott des Xenophanes entgegensetzte Bestimmungen wie
mit dem Weltganzen identifiziert, vielmehr scheint Theophrast hier Gott und Physis zu unterscheiden. Ps.-Aristoteles, De Melisso a -. Maßgeblich sind dazu die Arbeiten von J. Wiesner, Pseudo-Aristoteles, MXG: Der historische Wert des Xenophanes-Referates (); J. Mansfeld, „Theophrastus and the Xenophanes Doxography“, Mnemosyne () -; ders., „De Melisso Xenophane Gorgia: Pyrrhonizing Aristotelianism“, Rheinisches Museum () - (beide Aufsätze auch in ders., Studies in the Historiography of Greek Philosophy []). Wiesner datiert die Schrift ins dritte, Mansfeld ins erste vorchristliche Jahrhundert, beide verneinen ihren Quellenwert für den historischen Xenophanes. Ps.-Aristoteles, De Melisso b -. Die gleichzeitige Verneinung von Begrenztheit und Unbegrenztheit, Bewegung und Ruhe soll nach Simplikios schon Theophrast Xenophanes zugeschrieben haben: Diels – Kranz A (oben Anm. ). Platon, Sophistes CD (Diels – Kranz A ).
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Ruhe und Bewegung sowie Begrenztheit und Unbegrenztheit zugleich abspricht. Diese Negationsweise kennen wir aus der ersten Hypothesis von Platons Parmenides (137 C – 142 A);²⁷ sie dient dort zur Herausstellung der Transzendenz des absoluten Einen über alle grundlegenden Bestimmungen des Seins und des Denkens.²⁸ Dagegen begegnen wir dieser Denkform bei keinem Vorsokratiker. Noch des Xenophanes angeblichem Schüler Parmenides ist sie ganz fremd; er spricht dem Einen Sein die in seinen Augen ontologisch negativen Bestimmungen wie Bewegung, Nichtsein, Verschiedenheit und Unähnlichkeit ab, die diesen entgegengesetzten positiven Bestimmungen wie Ruhe, Sein, Identität und Ähnlichkeit bzw. Gleichheit jedoch zu (Fr. B 8 Diels – Kranz). Ganz ähnlich sprechen die Originalfragmente des Xenophanes Gott bestimmte positive Prädikate zu und andere, die offenbar einen Mangel ausdrücken, ab. Die gleichzeitige Verneinung beider Gegensatzbestimmungen scheint mithin eine Innovation Platons zu sein, um die Absolutheit des Einen ex negativo herauszustellen.²⁹ Sie darf darum nicht schon Xenophanes zugeschrieben werden, und zwar auch dann nicht, wenn man mit Platon und Aristoteles in dessen Gottesgedanken den Beginn der henologischen Tradition sehen will (Diels – Kranz 21 A 29 und 30).³⁰
Vgl. speziell Platon, Parmenides D – B zur Negation von Grenze, Gestalt, Inetwas-Sein, Bewegung und Ruhe mit De Melisso b -. Die Übereinstimmungen sind so auffällig, daß man auf eine direkte oder (eher) indirekte Abhängigkeit von Platon schließen muß. Dazu unten Anm. . Dazu J. Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin (²) -; zu Parm. D – B , speziell -. Vgl. dazu Halfwassen, Aufstieg zum Einen, a. O. (Anm. ) -. Mansfeld, „Theophrastus“, a. O. (Anm. ) - bestreitet denn auch, daß Simplikios (Diels – Kranz A ) die gleichzeitige Verneinung der Gegensatzpaare „begrenzt – unbegrenzt“ und „bewegt – unbewegt“ zu recht Theophrast zuschreibt, vielmehr handle es sich um die eigene Xenophanes-Deutung des Simplikios, der den Einen Gott neuplatonisch im Sinne des übergegensätzlichen absoluten Einen deute. J. Mansfeld, „Compatible Alternatives: Middle Platonist Theology and the Xenophanes Reception“, in: R. van den Broeck (Hg.), Knowledge of God in the Graeco-Roman World () -, bes. verweist zudem auf Simplikios, In Phys. , -, wo das Eine des Xenophanes ganz im Sinne der ersten Hypothesis des Platonischen Parmenides als jenseits aller Gegensätze stehend apostrophiert wird. Simplikios führt das überseiende absolute Eine Platons damit auf Xenophanes (als den vermeintlichen Urheber der Metaphysik des Einen) zurück, ganz ähnlich wie Eudoros von Alexandria (. Jh. v. Chr.) bei Simplikios, In Phys. , - die Lehre vom übergegensätzlichen Einen auf die Pythagoreer zurückdatiert (vgl. Mansfeld, „Compatible Alternatives“, a. O. -). Mansfeld (ebd. -) schließt aus dieser Übereinstimmung sowie daraus, daß Eudoros als erster das übergegensätzliche Eine mit dem „transzendenten Gott“ (ὑπεράνω θεός) gleichgesetzt habe, daß die gleichzeitige Negation entgegengesetzter Bestimmungen von dem Gott des Xenophanes bei Simplikios und in MXG die Henologie des Eudoros voraussetze und direkt oder indirekt auf Eudoros zurückgehe.
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Die Frage, ob Xenophanes seinen Gott als den einzigen Gott angesehen und ob er ihn von der Welt unterschieden hat, muß darum unter Hintanstellung der doxographischen Überlieferung ausschließlich anhand der im Wortlaut überlieferten Originalfragmente diskutiert und entschieden werden. Ich bin davon überzeugt, daß die originalen Zeugnisse eine sichere Antwort auf beide Fragen erlauben. Diese Antwort scheint mir so eindeutig und klar, daß sie durch die indirekte Überlieferung allenfalls noch zusätzlich erhärtet, aber nicht mehr prinzipiell umgestoßen werden kann.
III Wenden wir uns zunächst der Mythenkritik des Xenophanes zu.³¹ Diese Kritik ist die früheste und zugleich auch die schärfste und kompromißloseste Grundsatzkritik am mythologischen Bild der Götter, die in der gesamten antiken Philosophie geäußert wurde. Sie umfaßt zwei zentrale Kritikpunkte: Sie wendet sich einerseits gegen die Amoralität der mythischen Göttergeschichten; und sie wendet sich andererseits gegen den Anthropomorphismus der mythischen Göttergestalten. Die Amoralitätskritik besagt, Homer und Hesiod hätten ihren Göttern Handlungen zugeschrieben, die unter Menschen als moralisch verwerflich gelten, wie Diebstahl, Betrug und Ehebruch.³² Aus dieser Kritik folgt nicht, daß die Götter, über die diese Geschichten erzählt werden, nicht existieren, sondern sie besagt nur, daß diese Geschichten nicht wahr sind, daß also die Götter nicht so sein können, wie sie in den mythischen Erzählungen vorgestellt werden. Für die Frage, ob Xenophanes die Götter Homers und Hesiods als wirklich und existierend angesehen hat oder nicht, gibt seine Amoralitätskritik also nichts her. Dennoch ist sie für unsere Frage wichtig, weil sie zeigt, daß Xenophanes mit dem Gottesbild des Mythos grundsätzlich bricht; denn für dieses Gottesbild ist es gerade konstitutiv, daß die Götter den moralischen Maßstäben, die für die Menschen gelten, nicht unterliegen. Im Mythos ist die Amoralität der Götter gerade ein Ausweis ihrer Übermenschlichkeit. Entscheidend für unsere Frage ist Xenophanes’ Kritik am Anthropomorphismus. Sie besagt auf den ersten Blick, daß die Götter keine menschliche Gestalt Dazu grundsätzlich W. Jaeger, Die Theologie der frühen griechischen Denker () -; E. Heitsch, Xenophanes und die Anfänge kritischen Denkens (); Ch. Schäfer, Xenophanes von Kolophon. Ein Vorsokratiker zwischen Mythos und Philosophie () -. – Der verbreiteten Ansicht, „daß Xenophanes Homer und Hesiod nicht in Bausch und Bogen verwirft […], sondern fast ausschließlich moralische Kritik an ihnen übt“ (Schäfer, a. O. ), muß allerdings widersprochen werden: die Kritik am Anthropomorphismus der Homerischen Götter ist mindestens so zentral wie die Kritik an ihrer Amoralität. Xenophanes, Fr. B und B Diels – Kranz.
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haben und nicht wie Menschen geboren werden.³³ Auf den zweiten Blick aber besagt sie, daß die (tier- und) menschengestaltigen Götter, von denen die Mythen aller Völker berichten, überhaupt nicht wirklich existieren, sondern Ausgeburten der menschlichen Einbildungskraft sind, Produkte der mythenbildenden Phantasie. Xenophanes geht von der Beobachtung aus, daß die verschiedenen Völker nicht nur verschiedene Götter haben, sondern daß sich jedes Volk seine Götter auch so vorstellt, wie es selbst ist. Die Thraker verehren rothaarige und blauäugige Götter, die Äthiopier dagegen schwarze und stumpfnasige.³⁴ Diese religionsethnologische Beobachtung übersteigert Xenophanes nun gezielt zur Burleske, indem er sie auf die Tiere überträgt: Hätten Rinder, Pferde und Löwen Hände und könnten damit Götterbilder herstellen wie die Menschen, dann würden die Pferde Pferdegötter und die Kühe Kuhgötter erschaffen.³⁵ Gerade diese Übertragung auf die Tiere aber gibt dem Gedanken seine eigentliche Schärfe. Sie zeigt nämlich, daß Xenophanes die Menschen- und Tiergestalt der Götter nicht bloß als unangemessen oder blaßphemisch ansieht, sondern daß er sie als Phantasieprodukte durchschaut, sie als bloße Projektionen erkennt.³⁶ Die Götter sind nicht nur nicht so, wie die Menschen und gegebenenfalls die Tiere sie sich vorstellen, sondern diese menschen- und tiergestaltigen Götter existieren überhaupt nicht wirklich, sie sind nichts als Projektionen ihrer Verehrer. Xenophanes formuliert somit zweieinhalb Jahrtausende vor Ludwig Feuerbach eine Projektionstheorie der Religion. Diese zielt bei ihm freilich nur gegen den mythologischen Polytheismus und nicht gegen die Wirklichkeit des Göttlichen Vgl. Xenophanes, Fr. B Diels – Kranz: „Doch die Sterblichen wähnen, die Götter würden geboren und hätten Gewand, Stimme und Gestalt ähnlich wie sie selber.“ (Übers. W. Capelle, Die Vorsokratiker [] ). Xenophanes, Fr. B Diels – Kranz: „Die Äthiopier stellen sich ihre Götter schwarz und stumpfnasig vor, die Thraker dagegen blauäugig und rothaarig.“ (Übers. nach W. Capelle ebd.). Xenophanes, Fr. B Diels – Kranz: „Wenn Kühe, Pferde oder Löwen Hände hätten und damit malen und Werke wie die Menschen schaffen könnten, dann würden die Pferde pferdeähnliche, die Kühe kuhähnliche Götterbilder malen und solche Gestalten schaffen, wie sie selber haben.“ (Übers. nach W. Capelle ebd.). Für Griechen versteht es sich von selbst, daß Götter keine Tiergestalt haben können bzw. daß tiergestaltige Götter eben keine Götter sind. Da Xenophanes nun die Tiergestalt der Götter auf die gleiche Ursache zurückführt wie ihre Menschengestalt, nämlich die Projektion ihrer Verehrer, hält er die menschengestaltigen Götter Homers offenbar für ebenso unwirklich und ungöttlich wie die Griechen allgemein die tiergestaltigen Götter z. B. der Ägypter. Es scheint mir darum hochgradig unlogisch, zu glauben, Xenophanes habe zwar Apis oder Anubis nicht als Götter angesehen, wohl aber Zeus und Apollon. – Zur Bedeutung der Menschengestalt der Götter für die griechische Mythologie jetzt M. Gabriel, Der Mensch im Mythos. Untersuchungen über Ontotheologie, Anthropologie und Selbstbewußtseinsgeschichte in Schellings „Philosophie der Mythologie“ (), bes. -.
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schlechthin. Denn die Konsequenz, die Xenophanes aus seiner Einsicht in den Projektionscharakter der mythischen Götter zieht, ist nicht der Atheismus, sondern der Monotheismus. Gerade die klare Formulierung der Projektionsthese, die wir bei Xenophanes finden, schließt nämlich aus, daß er die vielen Götter doch als irgendwie existent und wirkmächtig angesehen hätte.³⁷ Wer den psychischen Mechanismus durchschaut, dem die Götter des Mythos ihre Gestalt verdanken, für den versinken diese Götter im Nichts. Was bleibt, ist allein der Eine Gott, der „den Sterblichen weder an Gestalt noch an Gedanken ähnlich ist“ (οὔτι δέμας θνητοῖσι ὁμοίιος οὔτε νόημα, Fr. B 23), und gegen den sich genau darum kein Projektionsverdacht äußern läßt. Aus der Einsicht in den Projektionscharakter der mythologischen Götterbilder folgt also, daß Xenophanes den Göttern des Mythos die Existenz abgesprochen und nur den Einen Gott als seiend, wirkmächtig und göttlich anerkannt hat. Wie ist es dann aber zu verstehen, daß er buchstäblich in demselben Atemzug, mit dem er den Einen Gott einführt, auch die Götter im Plural nennt: εἷς θ εὸς ἔν τε θεοῖσι καὶ ἀνθρώποισι μέγιστος.³⁸ Wie ist diese Phrase zu übersetzen: „Ein Gott ist unter Göttern und Menschen der größte“?³⁹ Oder: „Ist (existiert) doch nur Ein (einziger) Gott, der größte unter Göttern und Menschen“?⁴⁰ Mir scheint allein die zweite Übersetzung den Sinn zu treffen. Denn die erste vergißt die Radikalität der Anthropomorphismuskritik und die in ihr formulierte Projektionsthese. Sie ist außerdem im griechischen Kontext eine Banalität. Daß nur ein Gott unter Göttern und Menschen der größte ist (nämlich Zeus), ist für Homer und Hesiod eine Selbstverständlichkeit. Das Pathos, mit dem Xenophanes seinen Gott den Göttern Homers und Hesiods entgegensetzt, wird vollkommen zerstört, wenn man seinen Satz in dieser verharmlosenden Weise versteht und übersetzt. Wenn der Satz aber so zu verstehen ist, daß Xenophanes die Einheit und Einzigkeit Gottes der mythologischen Vielheit der Götter entgegensetzt, wie kann er dann den Einen Gott noch den „größten unter Göttern und Menschen“ nennen? Verrät Xenophanes seinen Gedanken von der Einzigkeit Gottes nicht gleich wie-
Dem entspricht es durchaus, daß Xenophanes Sonne, Mond und Gestirne nicht als Götter ansieht wie der Mythos, sondern sie für verdichtete und glühende Wolken hält, die jeden Tag aufs neue entstehen: Diels – Kranz A , , , . Auch im Blitz und im Regenbogen sieht er keine Götter (Zeus, Iris) wirken, sondern hält sie ebenfalls für Wolken: Diels – Kranz A ; Fr. B . Xenophanes, Fr. B Diels – Kranz (überliefert bei Clemens Alex., Strom. V ; Eusebios, Praep. Ev. XIII , ). So E. Heitsch, Xenophanes. Die Fragmente () . Vgl. auch die Übersetzung von Capelle: „herrscht doch nur ein einziger Gott, unter Göttern und Menschen der größte, […].“ (Die Vorsokratiker [] ).
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der, indem er ihn formuliert, und in dieser (für uns mißverständlichen) Weise formuliert? Mir scheint das nicht der Fall zu sein. Xenophanes will offenbar sagen, der Eine Gott sei der größte schlechthin.⁴¹ Ein abstrakter zusammenfassender Ausdruck für das Ganze der Wirklichkeit wie τὸ πᾶν oder ὁ κόσμος steht Xenophanes aber noch nicht zur Verfügung. Ouranos meint im Homerischen Sprachgebrauch, in dem sich Xenophanes, der von Beruf Rhapsode war, noch ganz selbstverständlich bewegt, nicht das Weltganze, sondern den Himmel in Abgrenzung von der Erde. Um das Ganze der Wirklichkeit zu benennen, muß Xenophanes darum, dem Sprachgebrauch des Mythos folgend, die wichtigsten artikulierenden Bestandteile dieses Ganzen aufzählen. In mythischer Sprache sind das Himmel und Erde, Götter und Menschen, die einander jeweils polar entgegengesetzt werden.⁴² „Der größte unter Göttern und Menschen“ bedeutet darum nicht, wie der Wortlaut nahezulegen scheint, daß es außer dem Einen Gott noch andere Götter gäbe, denen gegenüber der Eine Gott der größte wäre. Die „Götter“ im Plural in der Formel, mit der Xenophanes die Größe des Einen Gottes formulieren will, sind eine reine façon de parler und nicht wörtlich zu nehmen. Der Eine Gott ist „der größte unter Göttern und Menschen“, also nicht nur den Göttern, sondern auch den Menschen gegenüber der größte. Warum sagt Xenophanes das? Wörtlich verstanden, würde das ja bedeuten, daß Gott selber ein Mensch oder wenigstens menschenartig wäre, so daß man ihn mit den Menschen vergleichen kann, wie es bei den Göttern des Mythos der Fall ist. Gerade das schließt aber die zweite Zeile desselben Fragments kategorisch aus. In ihr sagt Xenophanes nämlich, der Eine Gott sei „den Sterblichen weder an Gestalt ähnlich noch an Gedanken“ (Fr. 23). Der Fortgang des Verses negiert also den Zusammenhang sofort wieder, in den er den Einen Gott anfänglich zu stellen scheint, wenn er ihn den „größten unter Göttern und Menschen“ nennt. Sowenig Xenophanes meint, daß Gott ein Mensch oder mit Menschen vergleichbar ist, sowenig will er ihn mit anderen Göttern außer und neben ihm vergleichen. Der zweite Halbsatz des Verses beweist, daß der Ausdruck ἐν ἀνθρώποισι μέγιστος nicht wörtlich, sondern im uneigentlichen Sinne zu verstehen ist;⁴³ dann ist aber auch der Ausdruck ἔν τε θεοῖσι μέγιστος so zu verstehen. So schon, mit treffender Begründung und Verweis auf den polaren Sprachgebrauch Homers, E. Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Band I (, Nachdruck ) - mit Anm. . Zu dieser zuerst im Alten Orient gebräuchlichen polaren Aufzählung der wichtigsten Bestandteile zur Bezeichnung des Ganzen, für das erst die vorsokratische Philosophie des . Jahrhunderts den Begriff „Welt“ oder „All“ findet, vgl. R. Brague, Die Weisheit der Welt. Kosmos und Welterfahrung im westlichen Denken (franz. zuerst , dt. ) -. G. S. Kirk – J. E. Raven – M. Schofield, Die Vorsokratischen Philosophen (engl. zuerst ), ins Deutsche übers. von K. Hülser (), und schon Zeller, Philosophie der Griechen,
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„Der größte unter Göttern und Menschen“ besagt in polarem Sprachgebrauch vielmehr, daß der Eine Gott der größte ist im Hinblick auf das Göttliche und das Menschliche als die beiden grundlegenden Bestandteile des Weltganzen: also der größte schlechthin. Was Xenophanes damit ausdrücken will, ist kein Vergleich Gottes mit anderen, seien es andere Götter oder Menschen, sondern gerade seine Unvergleichbarkeit. Der Eine Gott des Xenophanes ist gerade nicht in dem Sinne der größte der Götter und Menschen, in dem dies der Zeus Homers und Hesiods ist. Er ist vielmehr unendlich und unvergleichlich größer als die Menschen und als die Götter, welche die Menschen sich vorzustellen vermögen. Und genau darum ist er den Menschen weder an Gestalt noch an Gedanken ähnlich, also weder äußerlich noch innerlich. Deus semper maior. Das ist es, was Xenophanes in einer Sprache zu sagen versucht, die noch die polare Sprache Homers ist. Die kategorische Abhebung Gottes von den Menschen durch die Aussage, er sei den Sterblichen weder an Gestalt noch an Gedanken ähnlich, beweist im übrigen, daß der ganze Vers in den Kontext der Anthropomorphismuskritik des Xenophanes gehört. Die Verkündung des Einen Gottes, der ganz anders ist als alle menschlichen Vorstellungen, antwortet auf seine Kritik an der Menschengestalt der mythologischen Götter und auf ihre Verwerfung als Projektionen der menschlichen Phantasie. An die Stelle der vernichteten Göttervielheit tritt der Eine Gott. Er unterscheidet sich von den Menschen nicht wie die Götter des Mythos nur durch Unsterblichkeit, sondern ungleich radikaler durch gänzliche Unvorstellbarkeit.⁴⁴ Der Eine Gott wird von Xenophanes gleich bei seiner Einführung zugleich positiv und negativ charakterisiert: positiv durch seine Größe oder Größtheit, negativ aber durch seine unvorstellbare Andersheit. Aber es ist diese negative Charakterisierung, die ihn von dem höchsten Gott des Mythos unterscheidet und diesem gegenüber als den einzig wahren Gott auszeichnet. Denn „der Größte“ war auch Zeus, der den Menschen an Gestalt und Gedanken so ähnliche, der genau darum für Xenophanes nicht der wahre Gott sein kann.⁴⁵
a. O. (Anm. ) Anm. verweisen dazu auf die parallele Formulierung bei Heraklit, Fr. B : „Diese Weltordnung (κόσμος) hier hat weder einer der Götter noch einer der Menschen geschaffen.“ Doch ist auch schon Homers Apostrophierung von Zeus als „Vater der Götter und Menschen“ nicht wörtlich zu verstehen: Zeus ist keineswegs der Vater aller Götter und noch viel weniger der aller Menschen, auch ist er nicht der Schöpfer von Göttern und Menschen (wie später Platons Demiurg). Von den Göttern des Mythos unterscheidet er sich ferner auch dadurch grundlegend, daß er nicht entstanden ist, vgl. Fr. B . Dagegen ist in der griechischen Mythologie jeder Gott entstanden, und selbst das Chaos, der Uranfang in Hesiods Theogonie, ist nicht immer schon, sondern nur als erstes entstanden (Theogonie : πρώτιστα Χάος γένετ᾿). Bezeichnend ist auch, daß der Eine Gott anders als Zeus und alle anderen mythischen Götter keinen Eigennamen hat.
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Der Eine Gott, der unvorstellbar anders ist als alle menschlichen Vorstellungen, ist also der einzige Gott, den Xenophanes anerkennt. Wo er die Götter im Plural nennt, handelt es sich um konventionelle Redewendungen, die der Rhapsode nicht vermeiden kann, die aber keine Rückschlüsse auf seine eigene theologische Position zulassen.⁴⁶ Mit der Einsicht in den Projektionscharakter der mythischen Gottesvorstellungen und der Verkündung der Einheit Gottes ist der Polytheismus für Xenophanes verabschiedet.
IV Xenophanes unterscheidet Gott mit der äußersten denkbaren Schärfe von allen menschlichen Vorstellungen. Aber unterscheidet er ihn auch von der Welt? Weder daß Gott der größte ist, noch daß er den Menschen weder an Gestalt noch an Gedanken ähnlich ist, schließt seine Gleichsetzung mit dem Weltganzen aus, von der die doxographische Überlieferung zu wissen glaubt. Um die Frage entscheiden zu können, ob Xenophanes Gott und Welt unterschieden oder gleichgesetzt hat, ob er also Monotheist oder Pantheist war, müssen wir uns seine Charakterisierung des Einen Gottes im Zusammenhang ansehen. Sammeln wir also seine Aussagen über Gott: 1) Er ist der Eine (Fr. B 23); 2) Er ist der größte unter Göttern und Menschen (Fr. B 23); 3) Er ist den Sterblichen weder an Gestalt noch an Gedanken ähnlich (Fr. B 23);⁴⁷ 4) ganz sieht Er, ganz erkennt Er, ganz hört Er (Fr. B 24);⁴⁸ 5) ewig ruht Er in demselben (Fr. B 26); 6) Er bewegt sich überhaupt nicht, denn Veränderung geziemt Ihm nicht (Fr. B 26);⁴⁹ 7) ohne Mühe allein mit der Einsicht seines Geistes erschüttert Er alles (Fr. B 25).⁵⁰
So schon Zeller, Philosophie der Griechen, a. O. (Anm. ) mit Anm. und - mit Anm. und mit zahlreichen erhellenden Parallelen. Zeller erklärt auch den Gebrauch des Plurals „Götter“ in den Fragmenten B , und , der immer wieder irritiert hat, völlig überzeugend. Xenophanes, Fr. B : εἷς θεὸς ἔν τε θεοῖσι καὶ ἀνθρώποισι μέγιστος, οὔτι δέμας θνητοῖσι ὁμοίιος οὔτε νόημα. Xenophanes, Fr. B : οὖλος ὁρᾷ, οὖλος δὲ νοεῖ, οὖλος δέ τ᾿ ἀκούει. Xenophanes, Fr. B : αἰεὶ δ᾿ ἐν ταὐτῷ μίμνει κινούμενος οὐδέν, οὐδὲ μετέρχεσθαί μιν ἐπιπρέπει ἄλλοτε ἄλλῃ. Xenophanes, Fr. B : ἀλλ᾿ ἀπάνευθε πόνοιο νόου φρενὶ πάντα κραδαίνει.
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Betrachten wir diese Aussagen im Zusammenhang, so fällt zweierlei sofort ins Auge: 1. Die Charakterisierung als Vater und König, die für den Hochgott des Mythos konstitutiv ist, fehlt samt allen ihren moralischen und politischen Konnotationen völlig. Obwohl er die Götter des Mythos auch wegen ihrer Amoralität verwirft, schreibt Xenophanes seinem Gott keine moralischen Eigenschaften zu. Weder Gerechtigkeit noch Barmherzigkeit, weder Güte noch Liebe gehören zu den Prädikaten des Einen Gottes. Derartige moralische Qualifikationen machen Gott mit den Menschen vergleichbar, denn Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Güte und Liebe gibt es auch unter Menschen, wenn auch in unvollkommener Weise. Genau darum hat es Xenophanes offenbar vermieden, sie seinem Gott zuzusprechen. Sein Gott ist jenseits aller moralischen Qualitäten, weil er allen menschlichen Vorstellungen gegenüber unvergleichbar anders ist. 2. Abgesehen von der traditionellen Bezeichnung Gottes als des Größten und der Hervorhebung seiner unvorstellbaren Andersheit sind ausnahmslos alle Bestimmungen, die Xenophanes Gott zuspricht, ontologische Bestimmungen. Zusammengenommen charakterisieren sie Gottes Sein als absolut vollkommen. Dabei scheint für Xenophanes der Gedanke der Einheit Gottes (1) leitend gewesen zu sein. Denn diese Einheit meint nicht nur die Einzigkeit Gottes, sondern ebenso auch seine vollkommene Ganzheitlichkeit (4).⁵¹ Diese aber schließt eine Vielheit von unterschiedenen Teilen in Gott aus, so daß Gott alles, was er tut, als ganzer tut. Darum sieht, hört und erkennt Gott immer als ganzer. Er braucht also keine Augen, um zu sehen, und keine Ohren, um zu hören, wie die Menschen und die menschengestaltigen Götter des Mythos. Seine Ganzheitlichkeit bringt somit gerade seine unvorstellbare Andersheit auf den Begriff. Daß Gott überhaupt nicht nur erkennt (νοεῖ),⁵² sondern auch sieht und hört, könnte als ein von Xenopha Zur Bedeutungsvielfalt und zur geschichtlichen Entwicklung des Einheitsbegriffs zusammenfassend W. Beierwaltes, „Hen“, in: Reallexikon für Antike und Christentum, Band () -; speziell für die Vorsokratik M. E. Stokes, One and Many in Presocratic Philosophy (). Zur Entwicklung der Bedeutung von νοῦς und νοεῖν von Homer an ist grundlegend K. von Fritz, „Die Rolle des ΝΟΥΣ“ (engl. zuerst //), in: H. G. Gadamer (Hg.), Um die Begriffswelt der Vorsokratiker () -, zu Xenophanes spez. -. Danach haben νοῦς und νοεῖν vor Parmenides niemals die Bedeutung eines unsinnlichen, rein geistigen Erfassens im Sinne des späteren griechischen Begriffs von „Denken“, sondern bedeuten stets ein mit sinnlicher Wahrnehmung verbundenes, vornehmlich intuitives Erfassen, ein unmittelbares Innesein oder plötzliches Innewerden der Realität, das darum bei Xenophanes ganz selbstverständlich in Verbindung mit dem Sehen und Hören auftritt. Von Fritz konstatiert zu recht, daß Xenophanes anders als Homer νοῦς und νοεῖν nirgendwo den Menschen, sondern ausschließlich Gott zuschreibt. Darum beginne bei ihm eine Entwicklung, in der νοῦς und νοεῖν die Bedeutung einer übermenschlichen, göttlichen Erkenntnis annehmen, die dann von Parmenides bis Platon durch ihre prinzipielle Unterscheidung von aller Wahrnehmung zu einer rein geistigen Einsicht sublimiert werde, die aber mit der
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nes noch nicht durchschauter Anthropomorphismus angesehen werden, wenn nicht die Betonung der Ganzheitlichkeit dieses Sehens und Hörens es von allem menschlich vorstellbaren Sehen und Hören strikt unterschiede. Gottes Sehen, Hören und Einsehen (oder Erkennen) verschmelzen durch die Ganzheitlichkeit ihres jeweiligen Vollzugs zu einer einzigen Ganzheit, einer ganzheitlichen Tätigkeit, die den Gedanken einer intellektuellen Anschauung evoziert: einer ganzheitlichen, intuitiven Erfassung der Wahrheit auf einen Schlag. Seit Platon und Aristoteles nimmt die Philosophie an, daß Gott auf diese Weise erkennt.⁵³ Aus Gottes Einheit und Ganzheit ergibt sich ferner seine Identität, sein ewiges Bleiben in demselben (5), und in einem damit seine Unveränderlichkeit, also der Ausschluß jeder Bewegung und Veränderung von Gott (6). Denn Bewegung und Veränderung bedeuten, daß das, was sich bewegt oder verändert, gerade nicht in demselben bleibt, also nicht in einem absoluten Sinne mit sich selbst identisch ist. Gottes strenge Einheit und Ganzheit schließt aber aus, daß seine Identität sich in irgendeiner Weise mit Anderem vermischen könnte; Gottes Identität mit sich ist keine relative wie die alles Bewegten und Veränderlichen, sondern absolute Identität (5), und das bedeutet: absolute Unveränderlichkeit (6). Aufgrund seiner Unveränderlichkeit kann dem Einen Gott auch kein Werden zukommen wie den Göttern des Mythos (vgl. Fr. B 14); weil er immer in demselben bleibt, kennt er keinen Übergang vom Nichtsein ins Sein, sondern ist anfangslos und ungeworden immer schon, also unvordenklich seiend.⁵⁴ Seine Unvergänglichkeit liegt in seiner Unveränderlichkeit so selbstverständlich, daß Xenophanes sie nicht einmal eigens ausspricht. Schließlich ist auch Gottes kosmologische Funktion als Beweger des Alls nicht mit einer Bewegung in Gott selber verbunden, sondern erfolgt ohne jede Veränderung in Gott selbst rein geistig und darum auch ohne Mühe (7).⁵⁵ älteren Bedeutung durch ihren intuitiven Charakter verbunden bleibt sowie dadurch, daß im νοῦς und νοεῖν immer Wahrheit bzw. Realität erkannt wird; sie sind darum noch für Platon und Aristoteles irrtumsfrei und unfehlbar. Dazu die Standardwerke von K. Oehler, Die Lehre vom Noetischen und Dianoetischen Denken bei Platon und Aristoteles (²) und H.-J. Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik (²). Im Unterschied zu den gewordenen Göttern des griechischen Mythos kennt die altägyptische Theogonie den ungewordenen Urgott Atum. Dieser wird als „der Nichtseiende“ gedacht, der sich in einer Selbstzeugung, die zugleich Erschaffung der Welt ist, aus seiner Präexistenz in die Existenz erhebt (als Sonnengott Re). Der ungewordene Urgott macht hier also einen Wandlungsprozeß durch, der in drastisch anthropomorphen und zoomorphen Bildern vorgestellt wird. Erst in der Theologie der Ramessidenzeit ist der mit Atum gleichgesetzte Amun die verborgene Einheit hinter aller Göttervielheit der Welt, die in ihrer Weltwerdung zugleich verborgen bleibt und so in gewisser Weise transzendent ist. Dazu J. Assmann, Theologie und Weisheit im alten Ägypten () - und -. Aufgrund der komplexen Bedeutungsvielfalt der Wortverbindung νόου φρενὶ mit ihren intellektuellen und voluntativen Komponenten im älteren Sprachgebrauch übersetzt von
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Gott ist für Xenophanes der unbewegte Beweger der Welt, ähnlich wie später für Aristoteles. Ebenso wie die Einheit und Ganzheit Gottes, so unterscheiden ihn auch seine absolute Identität und Unveränderlichkeit von allen menschlichen Vorstellungen und von der Wandelbarkeit der mythologischen Götter in der radikalsten nur denkbaren Weise. Der Sinn dieser ontologischen Bestimmungen liegt ganz unverkennbar darin, die Seinsweise Gottes von der Seinsweise der Welt als eine vollständig andere zu unterscheiden. Die zuletzt genannte Bestimmung macht die ontologische Differenz zwischen Gott und Welt denn auch explizit: Gott verursacht die Bewegung der Welt, aber er tut dies, ohne sich selbst zu bewegen, allein durch die Kraft seines Geistes. Gott und Welt treten damit als Unbewegtes und Bewegtes, Unveränderliches und Veränderliches auseinander und einander gegenüber. Der Sinn der ontologischen Charakterisierung Gottes, die Xenophanes vornimmt, liegt offensichtlich darin, die seinsmäßige Unvollkommenheit der welthaften Wirklichkeit, die sich in ihrer Veränderlichkeit und Vergänglichkeit am augenfälligsten manifestiert, von Gott fernzuhalten.⁵⁶ Darum muß Gottes Seinsweise eine fundamental andere sein als die der Welt. Unsere Frage, ob Xenophanes Gott und die Welt als Monotheist unterscheidet oder ob er sie als Pantheist identifiziert, findet also in den Originalfragmenten eine Antwort, deren Eindeutigkeit für Zweifel keinen Raum läßt. Wenn Gott die Weltbewegung verursacht, ohne sich selbst zu bewegen, dann kann er mit dem bewegten Weltganzen nicht identisch sein. Wenn er sich selbst unveränderlich und unwandelbar gleichbleibt, dann kann er mit der veränderlichen Welt, in der alles permanent anders wird, nicht identisch sein. Wenn er vollkommen und unteilbar einheitlich und ganz ist, dann kann er mit der durch Vielheit und Trennung der Teile bestimmten Welt nicht identisch sein. Xenophanes hat Gott und die Welt nicht nur unterschieden, er hat sie als erster in der Menschheitsgeschichte kategorial unterschieden, durch eine ontologische Differenz, indem er Gott eine vollkommen andere Seinsweise zuschrieb als der Welt. Fritz, „Die Rolle des ΝΟΥΣ“, a. O. (Anm. ) Fr. B folgendermaßen: „Er erschüttert die Welt durch seinen tätigen Willen (oder Impuls), der von seiner alles durchdringenden Einsicht ausgeht.“ – Wie ein Echo hieran klingt Aischylos, Supplices -: „Er (Zeus) stürzt völlig verdorbene Menschen hinab von ihren hochgetürmten Hoffnungen, rüstet aber keine Gewalt. Alles von den Göttern wirkt mühelos. Sitzend setzt er sein Denken (φρόνημα) gleichwohl von heiligem Throne aus auf irgendeine Weise unverzüglich ins Werk.“ In diesem Sinne verstehe ich auch Xenophanes’ Begriff des „Geziemenden“, wenn er in Fr. B sagt, es gezieme sich (ἐπιπρέπει) für Gott nicht, einmal dem und einmal dem nachzugehen: Denn Veränderung bedeutet eben immer eine Unvollkommenheit dessen, der sich verändert, sei es, daß er etwas gewinnt, das er vorher nicht hatte, sei es, daß er etwas verliert.
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Xenophanes ist also nicht nur Monotheist, er hat den Monotheismus auch in seiner ganzen Radikalität erfaßt und zuendegedacht, und dies, wie es scheint, als erster. Sein philosophischer Monotheismus unterscheidet sich von den gleichzeitigen oder früheren Monotheismen des Orients vor allem darin, daß diese die Unterscheidung Gottes von der Welt nicht durch ontologische Bestimmungen beschreiben, Gott also keine prinzipiell andere Seinsweise zuschreiben als der Welt. Die Trennung von Gott und Welt wird aber dann am konsequentesten vollzogen, wenn sie ontologisch gedacht wird, wenn also Gott und Welt durch ihre Seinsweisen unterschieden werden.
V Xenophanes hat Gott und die Welt ontologisch voneinander geschieden, indem er Gott ein Sein zuschrieb, das sich durch strenge Einheit, Ganzheit, Identität und Unveränderlichkeit auszeichnet und sich eben dadurch vom Sein der Welt fundamental und kategorisch unterscheidet. Indem Xenophanes als erster aus der Einheit Gottes seine teillose Ganzheit, seine strenge Identität mit sich selbst und seine absolute Unveränderlichkeit ableitete, wurde er zum Wegbereiter des Seinsgedankens des Parmenides. Die monotheistische Theologie des Xenophanes gebiert die Ontologie des Einen, ewigen und unveränderlichen Seins, von dem Parmenides spricht. Wie immer es um das Lehrer-Schüler-Verhältnis der beiden, von dem die Doxographen zu wissen vorgeben, auch bestellt sein mag, eines ist ganz unverkennbar: Die ontologischen Bestimmungen des Einen Gottes sind die ontologischen Bestimmungen des Einen Seins.⁵⁷ Die Ontologie der Eleaten ist insofern bereits eine Ontotheologie, weil sie dem Sein die Charaktere des Einen wahren Gottes zuschreibt. Parmenides tut dabei explizit, was Xenophanes (jedenfalls in den uns erhaltenen Fragmenten) nur zwischen den Zeilen suggeriert: Er leitet alle ontolgischen Vollkommenheitscharaktere in einer einheitlichen Gedankensequenz aus der Einheit her, die er als absolute, d. h. als teillose und ununterschiedene Ganzheit auffaßt.⁵⁸ Parmenides zog aus dem Einheitsgedanken des Xenophanes freilich noch eine andere ontologische Konsequenz, welche den Monotheismus, für den das Gegenüber von Gott und Welt konstitutiv ist, wieder aufhebt, und zwar durch die Radi Vgl. Parmenides, Fr. B , -: Einheit, Ganzheit und Vollkommenheit des Seins; Fr. B , : Unentstandenheit und Unvergänglichkeit des Seins; Fr. B , -: Identität des Seins mit sich selbst; Fr. B , -: Unveränderlichkeit des Seins; Fr. B , -: Einzigkeit und Geistigkeit des Seins. Dazu im einzelnen K. Bormann, Parmenides. Untersuchungen zu den Fragmenten () -.
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kalisierung der ihm zugrundeliegenden Intuition. Die Entgöttlichung der Welt und die Entweltlichung der Gottheit, die der Monotheismus vollzieht, führt, ontologisch konsequent zuendegeführt, zur Annulierung oder besser Annihilierung der Welt. Wenn das wahre Sein durch die Charaktere des Einen Gottes bestimmt ist, und wenn diese Charaktere das Sein strikt von aller Wirklichkeit der Welt unterscheiden, dann schließt Parmenides daraus, daß die Welt nicht nur nicht göttlich ist, sondern daß sie überhaupt nicht ist. Vor der Einheit des Seins versinken nicht nur die Götter des Mythos im Nichts, die Welt der Erscheinungen, der Vielheit, des Werdens und der Veränderung versinkt selber und als ganze im Nichts, ihr Sein dekouvriert sich als wesenloser Schein (δόξα).⁵⁹ Wie für Xenophanes die Götter Produkte eines menschlichen Irrtums sind, so erweisen die Eleaten die erscheinende Welt selber, deren bestimmende Mächte diese Götter waren, als das Scheinprodukt irrenden menschlichen Meinens. Dieser Schein läßt sich durch Nachdenken argumentierend auflösen: Vielheit, Werden und Bewegung, wie sie die erscheinende Welt charakterisieren, sind nämlich überhaupt nicht widerspruchsfrei denkbar, wie die Paradoxien Zenons zu beweisen beanspruchen.⁶⁰ Sein, das widerspruchsfrei, nämlich durch Exklusion allen Nichtseins, gedacht werden kann, ist differenzlose Einheit. Der ontologisch radikalisierte Einheitsgedanke führt so in einen akosmistischen Monismus. Es bedurfte der ganzen gewaltigen Denkenergie eines Platon, um die Welt vor dem ontologischen Vernichtungsurteil zu retten, das der göttliche Parmenides über sie ausgesprochen hatte.⁶¹ Xenophanes’ evidente Verbindung zur eleatischen Ontologie hat bei manchen seiner späteren Leser offenbar dazu geführt, daß sie seine Theologie als monistische All-Einheitslehre deuteten, was die Xenophaneische Philosophie der Unterscheidung von Gott und Welt gerade nicht ist. Aristoteles’ Formulierung, im Blick auf das Weltganze habe Xenophanes das Eine Gott genannt, scheint einen eleatisierenden Blick auf den vermeintlichen Anherrn des Eleatismus zu verraten. Das dann naheliegende Mißverständnis, Xenophanes habe das göttliche Eine mit dem Weltganzen gleichgesetzt, finden wir bei den Doxographen, sicherlich verstärkt durch den stoischen Pantheismus, der sich auf Xenophanes’ jüngeren Zeitgenossen Heraklit als seinen Anherrn berief. Denn Aristoteles scheint mit seiner kryptischen Formulierung Xenophanes von dem Vorwurf des Akosmismus auszunehmen, den er Parmenides und Melissos macht.⁶² Wir haben in der Tat keinerlei Grund zu der Annahme, daß Xenophanes den eleatischen Schluß auf die Nichtigkeit der Welt geteilt hätte. Sein Gedanke lief, Parmenides, Fr. B , ; Fr. B ; Fr. B ; Fr. B , ff. So Platons Charakterisierung der Beweisabsicht Zenons Parmenides E - D. Grundlegend dazu noch immer H.-J. Krämer, Arete bei Platon und Aristoteles. Zum Wesen und zur Geschichte der platonischen Ontologie () -. Aristoteles, Metaphysik b -; vgl. Physik a ff.
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wie die Fragmente beweisen, gerade anders herum: Aus der Nichtigkeit der als Projektionen durchschauten Götter ergab sich Xenophanes die Einheit Gottes und aus dieser die ontologische Differenz von Gott und Welt. Xenophanes ontologisiert den Gottesbegriff, um die Einheit Gottes anthropomorphismusfrei denken zu können, aber er annihiliert nicht die Welt. Sein Gott bleibt als unbewegter Beweger auf die Welt bezogen. Er verursacht die Bewegung der Welt, deren Realität Xenophanes nicht geleugnet hat. Daß er die Welt auch erschaffe, sagt Xenophanes in den erhaltenen Fragmenten nirgends,⁶³ vielleicht weil ihm die Vorstellung einer göttlichen Weltdemiurgie,⁶⁴ wie sie den Kosmogonien des Orients geläufig war, als Anthropomorphismus erschien. Die einzige nicht-anthropomorphe Vorstellung vom Göttlichen, die Xenophanes kennen konnte, war die Ursprungsspekulation Anaximanders. Anaximander dachte als Urgrund und Ursprung der Welt das Apeiron (ἄπειρον), das Grenzenlose und Unendliche, aus dem die Gegensätze, welche die strukturierte Welt ausmachen, entstehen und in das sie durch ihre wechselseitige Vernichtung auch wieder vergehen.⁶⁵ Auf die altorientalischen und altägyptischen Hintergründe dieser Ursprungsspekulation hat Uvo Hölscher schon vor langer Zeit hingewiesen.⁶⁶ Als Ursprung aller Weltgestalten entsteht und vergeht das Apeiron selber nicht, sondern bleibt als einziges bestehen. Charakterisiert ist dieser Ursprung nur negativ, durch die Verneinung aller Weltstruktur. Aristoteles berichtet, Anaximander habe das Apeiron aufgrund seiner Unvergänglichkeit mit einem abstrakten Neutrum „das Göttliche“ genannt und von ihm gesagt, es umfasse und regiere oder lenke die Welt (περιέχειν ἅπαντα καὶ πάντα κυβερνᾶν).⁶⁷ Diese Nachricht paßt gut zu den ägyptischen Vorstellungen von einer verborgenen, aber im Verborgenen lenkend wirksamen göttlichen Einheit hinter aller Vielheit der Welt,⁶⁸ die Anaximander vermutlich aufnimmt. Vielleicht knüpft Xenophanes hieran an, wenn er von seinem Gott sagt, er erschüttere alles (πάντα κραδαίνει), bewege also die Welt.⁶⁹ Xenophanes sagt in Fr. B immerhin, Gott habe den gelben Honig erschaffen (ἔφυσε). Da Gott hier im Singular steht, liegt es nahe, die Aussage auf den Einen Gott zu beziehen und sie theologisch ernstzunehmen. Man kann jedenfalls nicht ausschließen, daß Xenophanes den Gedanken generalisiert und Gott als Schöpfer der Welt angesehen hat. Vgl. nur den überaus materialreichen Artikel von H. Schwabl, „Weltschöpfung“, in: Paulys Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft, Supplementband IX () . Anaximander, Fr. B ; vgl. zum Kontext Simplikios, In Phys. , ff. (Diels – Kranz A ). U. Hölscher, „Anaximander und die Anfänge der Philosophie“ (zuerst ), in: H. G. Gadamer (Hg.), Um die Begriffswelt der Vorsokratiker () -, bes. -. Aristoteles, Physik b - (Diels – Kranz A ). Dazu J. Assmann, Theologie und Weisheit im alten Ägypten () -. In einem ganz ähnlichen Kontext sagt Heraklit, Diels – Kranz B , das Eine Weise (d. h. Gott) steuere (ἐκυβέρνησε) alles durch alles hindurch.
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Aber der Gott des Xenophanes ist Geist (νόος) und kein anonymer Abgrund der Welt wie das göttliche Apeiron Anaximanders. Er ist von der Welt durch seine Seinsweise prinzipiell verschieden, also transzendent. Mit Xenophanes beginnt darum etwas wahrhaft Neues, dessen Geschichtsmächtigkeit gar nicht überschätzt werden kann: ein Monotheismus durch Ontologie. Die Verwandlung von Theologie in Ontologie auf der Grundlage des Einheitsgedankens, die sich bei Xenophanes anbahnt und dann von Parmenides vollstreckt wird, ist für den Gottesbegriff der Metaphysik dauerhaft bestimmend geworden,⁷⁰ bis hin zu Hegel und Schelling, und bis zu den ontotheologischen Denkversuchen der Gegenwart. Die jüdische, christliche und islamische Rezeption der griechischen Metaphysik hat diese Umwandlung auf dem Boden der drei mosaischen Religionen nachvollzogen: sie vollzieht die Einschmelzung des überweltlichen Gottes der Bibel und des Korans in eine henologische Ontotheologie durch seine konsequente Reinigung von allen anthropomorphen Vorstellungsresten unter dem Vorzeichen einer negativen Theologie. Insofern hatte Nikolaus von Kues durchaus recht, wenn er bei Christen, Juden, Moslems und Philosophen denselben Gott fand, denn sie alle verehren den Einen Gott, mehr noch, sie verehren in Gott das Eine.⁷¹
Prof. Dr. Jens Halfwassen Philosophisches Seminar Universität Heidelberg Schulgasse 6 D – 69117 Heidelberg Deutschland [email protected]
Grundlegend bleibt dazu D. Henrich, Der ontologische Gottesbeweis. Sein Problem und seine Geschichte in der Neuzeit (²). Vgl. auch J. Halfwassen, „Sein als uneingeschränkte Fülle. Zur Vorgeschichte des ontologischen Gottesbeweises im antiken Platonismus“, Zeitschrift für philosophische Forschung () -. Vgl. z. B. Nikolaus von Kues, De docta ignorantia, Liber I, cap. -.