WISSENSCHAFTLICHE KOMMENTARE ZU GRIECHISCHEN UND LATEINISCHEN SCHRIFTSTELLERN
L. Annaeus Seneca
Apocolocyntosis Divi Claudii Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von ALLAN A. LUND
HEIDELBERG 1994
UNIVERSITÄTSVERLAG C. WINTER
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme
Lund, Al/an A.: L. Annaeus Seneca, Apocolocyntosis divi Claudii
I
hrsg., übers. und kommentiert von Allan A. Lund. Heidelberg: Winter,
1994
(Wissenschaftliche
Kommentare
zu
griechi
schen und lateinischen Schriftstellern) ISBN
3-8253-0139-7
NE: Seneca, Lucius Annaeus
( Philosophus) : Apo
colocyntosis divi Claudii
Powarad by LATINSCAN
I S B N 3-8253-0139-7 Alle Rechte vorbehalten. © 1994. Universitätsverlag C. Winter Beideiberg GmbH Photomechanische Wiedergabe und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den Verlag lmprime en Allemagne. Printed in Germany
Druck: Strauss Offsetdruck GmbH, 69509 Mörlenbach
FürAnna
Inhalt Praefatio
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Einleitung
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L. Annaei Senecae Divi Claudii Apocolocyntosis: Übersetzung und Text
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Kommentar
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Literaturverzeichnis
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Praefatio Inter fere omnes qui in linguis classicis versantur satis constat libellum qui vulgo inscribitur Apocolocyntosis non facilem esse explicatu. Praebent enim quaedam lectiones diversae (vel variae) et verba corrupta et lacunae codicum extantium non paucis in locis impedimenta editori superanda, quamquam vix superabilia videntur. Quare, cum editorum officium sit opus arduum et difficile, alius alia via loca impeditissima transire conatus est. ltaque alia editio, ut in licentia vetustatis, ab alia non nullis locis abhorret. Quae cum ita sint, in prooemio Germanice scripto infra accuratius exponam qua ratione in textu constituendo USUS sim. Mihi cum difficultatibus locorum, quibus scatet libellus noster, eluctanti alius vir doctus alio modo opem tulit. In primis gratias agere velim hoc loco W. Kierdorf, professori Coloniensi, qui, qua est liberalitate singulari, commentarios manu sua conscriptos mihi ad expilandum tradidit commentariolosque a me ipso factos purgavit nec non A. Städele, doctori Monacensi, qui benigno animo a me composita omnia adhuc expolivit. Praeter hos collegas eruditos etiam gratia mihi habenda est doctissimis viris N. W. Bruun, doctori Hauniensi, et D. Timpe, professori Herbipolensi, et N. Holzberg, professori Monacensi, ipsis quoque de studiis Claudianis bene meritis, nec non R. Köchy, magistro Dachauensi, qui in hoc opusculo conficiendo perficiendoque varie me adiuverunt. Neque omit tenda est mentio Danicae illius fundationis quae earlsbergfandet vocatur, quae mihi stipendium ad novam Senecae libelli qui vulgo inscribitur Apocolocyntosis editionem parandam large effuseque dedit. Scripsimus mense Maio anno 1993 apud Monacos Bavariae.
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Einleitung Datierung und Titel des Werkes
Über den Autor der kleinen satirischen Schrift, die als 'Apocolocyntosis' bekannt ist, herrscht heute unter den Gelehrten weitgehend Einigkeit: Es scheint L. Annaeus Seneca, der Philosoph ( 4-65 n.Chr.), zu sein. 1 Anders verhält es sich mit dem Titel des Werkes: 'Apocolocyntosis', der noch immer die For scher zu neuen, oft ziemlich phantasievollen Erklärungsversuchen anregt? Das ist darauf zurückzuftihren, daß dieser nicht auf dem handschriftlichen Befund beruht, sondern nur indirekt durch Cassius Dio bezeugt ist (60,35,3 ; epit. des Xiphilinus), 3 wo es heißt: 'tt: (ö 'tt: ) ao'tfJp ö KOIJ.TJ'tT]t; ö n OKTJ1t'tÖt; ö f:c; 't& öopuq>o
OÜ'tW IJ.EV ö IUaiiötoc; IJ.E'tf]AACl�t:V, f:c; 'tOih·ö f:1ti dt:io'tov Öq>ßt:ic;, xai..; ljlex&c;..; aiiJ.CX'tWÖT]c;,
ptx& OT]IJ.t:i'a EIJ.1tt:owv, xai ..; au'tÖIJ.CX'toc; •oii vaoii 'tOU ßtöc; 'tOii Ntxaiou ävm�tc;, •6 'tt: OIJ.i'jvoc; •o f:v •ii> o'tpa'to1teöcy ouo•paq>ev, xai Ö'tt f:� a1taowv
'tWV apxwv t:ic; aq> . EKtXO'tT]t; ht:Ät:ii'tT]Ot:V, EÖO�t: OT]IJ.i'jVCl1. huxe öe xai 'ti'jc;
'taq>i'jc; xai •wv &Uwv öawv ö Aüyouo•oc;. Ayp11t1ti'va öe xai ö Nepwv 1tt:Vßt:iv 1tp00t:1t010UV't0 öv cX1tt:K'tÖVt:OClV, i:c; 'tt: 'tOV oupavöv avf)yayov öv EX 'tOU OUIJ.1tOOiou q>optXÖT]V E�t:VT]VÖXt:OClV. ößt:V1tt:p Aoiixtoc; 'Ioiivtoc; raUiwv Ö 'tOU I:evexa aÖt:Aq>Öc; cXO'tt:1Ö'tCl'tÖV 't1 cX1tt:q>ßey�a'to. ouveßT]xt: IJ.EV y&p xai Ö I:evexac; oiiyypCXIJ.IJ.Cl, cX1tOKOAOKUV'tW01V ClU'tO W01tt:p 't1VCt aßavtX't101V övo IJ.tXoac;· f:xt:ivoc; öe f:v ßpaxu'ttX't(jl 1toU& eim�v a1tOIJ.VTJIJ.OVt:iit:'tat. E1tt:1ÖTJ y&p 'tOUt; EV 'tij> Öt:OIJ.W'tT]picy ßaVCl'tOUIJ.CVOUt; ayxio'tpotc; noi IJ.EyiXA.otc; oi ÖTJIJ.101 i:c; 'tt: 'tfJv ayop&v avt:Uxov KcXV'tt:Ußt:v f:c; 'tOV 1tO'tCliJ.OV i:oupov, Elj)T] 'tOV IUaiiötov ayxio'tp(jl f:c; 'tOV oupavöv avevexßi'jva t .
Wenn das Werk nach dem Vorbild einiger menippeischer Satiren Varros einen Doppeltitel trug,4 hat dieser vermutlich so gelautet: A1toxoA.oxiiv'twotc; - 1tt:pi 5 a1toßewoewc; Divi C/audii. Gehen wir von der einschlägigen Stelle bei 'Cassius 1
Dies bezeugen unabhängig voneinander die Inscriptio und die Subscriptio des Codex S (vgl. Anm. 12) sowie die weiter unten zitierte Stelle bei 'Cassius Dio'. Sonst müßte man, wie es N. W. B ruun (per litteras 17. 02. 93 datas) zugespitzt formuliert hat, mit zwei Schriften Senecas über Claudius rechnen. Siehe ferner K. Bringmann ( 1 985) 885914, bes. 885fT. 2 Vgl. K. Bringmann (1985) 889fT . und M. Coffey ( 1 9 6 1 ) 239-27 1 , bes. 245fT . 3 Die Überlieferung ist nicht einhellig : a1tOXOAOXUV'tWO\V (Lb), a1tOXOAOXeV'tWO\V (C). 4 Vgl. L. Alfonsi (1973) 26-59, bes. 27fT. 5 So K. Bringmann (1985) 889.
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Einleitung
Dio' aus, können wir aber folgendes feststellen: zum einen, daß dieser den Titel auf griechisch nennt, zum anderen, daß er sich dabei die Mühe macht, dem grie chischsprachigen Publikum den Sinn und Zweck des merkwürdigen Titels genauer zu erklären. 6 Das erste besagt an sich nichts / das letzte ist in der Tat sehr auffällig. Daher darf man folgern, daß die Bedeutung des Titels für grie chischsprachige Leser keineswegs selbstverständlich war. Es gibt zwei mögliche Erklärungen dafür: 1) Er war wahrscheinlich ursprünglich nicht auf griechisch konzipiert, sondern stellt die griechische Wiedergabe eines lateinischen Wortes bzw. eines römischen Begriffs dar. 8 2) Der Titel, der metaphorisch zu verstehen ist, bietet eine überraschende griechische Metapher. 9 Ist das erste der Fall, ent hält die Stelle bei 'Cassius Dio' mit anderen Worten eine interpretatio Graeca im weiteren Sinne des Ausdrucks. Dessenungeachtet aber, ob dies zutrifft oder nicht, ist klar, daß der griechische Ausdruck per analogiam zu aitav&:notv bzw. anaitav&:ttatv (i.e. apotheosin) steht und doppeldeutig ist: Er ist wahrscheinlich ein Nomen (im konkreten Sinn) gewesen, das gleichzeitig auch metaphorisch aufgefaßt werden konnte. Des weiteren kann man vermuten, daß der ursprüng liche Titel - wie es mit dem Begriff der Apotheose der Fall ist - eine 'Erhebung' oder eher eine 'Erhöhung' mit nachfolgender Erniedrigung bezeichnet hat - wie es gerade ftir die karnevaleske Handlung typisch ist -, 10 die aber keine Apotheose war. 1 1 Hieraus ergibt sich, daß der codex optimus S diesmal kein Zeuge der Wahr heit ist, 1 2 es sei denn die Stelle bei 'Cassius Dio' bezieht sich nicht auf unsere 6
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Apoco locyntosis leitet man gern aus dem griechischen Wort fl.ir Kürbis her: xoA.oxuv-cT], wobei 'Kürbis' fl.ir 'Dummheit' stehen soll, was beides m.E. zweifelhaft bleibt. Den Stand der Forschung faßt J. Adamietz ( 1 986) 356-382, bes. 363 so zusammen: "Das Bild des Kürbisses soll den Eindruck des Lächerlichen erzeugen und den Gedanken nahelegen, daß die Apotheose des Claudius eine Farce sei. Ob darüber hinaus fl.ir den antiken Leser in dem Hinweis auf den Kürbis eine spezielle Pointe lag, ist heute mit dem vorhandenen sprachlichen Material nicht mehr zu erkennen. Alle übrigen Lösun gen werfen noch größere Probleme auf. " Vgl. K.-E. Henriksson ( 1 956) passim. Es ist dagegen wenig wahrscheinlich, daß in Apocolo cyntosis ein mit griechischen Buchstaben geschriebenes lateinisches Wort steckt. Auffällig ist auch, daß die Schrift des Seneca über Claudius im Gegensatz zu den Äußerungen seines Bruders nicht als witzig charakterisiert wird. Vgl. M. M. Bachtin ( 1 990) bes. 50. Man vergleiche dazu etwa die Wiedergabe der Worte des Iunius Gallio bei 'Cassius Dio': eq>TJ -rov KAauötov ayxio-rpcv f;� -rov oupavov avevexßijvat, i . e . Latine oratione directa redditum: Claudius unco in caelum sublatus. Noch interessanter ist die Bemer kung weiter oben ibidem : i:� -re 1:0V oupavov av�yayov, was eine Wiedergabe des Latei nischen in caelum eum deduxerunt ist. S liest Divi Claudii apotheosis per saturam, V bietet Ludus de morte Claudi und L hat Ludus de morte C!audii Caesaris. Keiner dieser Titel stammt vom Autor selbst, vgl. dazu den jüngsten Beitrag von N. W. Bruun ( 1 990a) 69-78, bes. 76ff., der fl.ir Apocolo cyntosis eintritt und den Titel so interpretieren will : Apocolo cyntosis i.e. apotheosis per satiram.
Einleitung
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Schrift, was allerdings eher unwahrscheinlich ist. Auf jeden Fall muß man sich darüber im klaren sein, wenn man an dem mutmaßlichen Titel 'Apocolocyn tosis' herumkorrigiert, daß man dabei im Grunde eine Korrektur an 'Cassius Dio' unternimmt.
Textzeugen und Textkonstitution
Die Herstellung des Textes der 'Apocolocyntosis' beruht auf dem handschrift lichen Befund, d.h. auf drei Handschriften (SVL). Von den beiden ersten stam men alle übrigen ab : L hatte keine Nachkommen. 13
�
S
V
L
Unter ihnen gilt S (St. Gallen 569, s. /XIX) mit Recht durchgehend als die zuver lässigste Hs., während V (Valenciennes 4 11, s. IX ex.) und L (British Library, Add. 11983, fortasse s. XII ineunte) weniger zuverlässig sind. Ihre 'Verwandt schaft', die vor allem aus negativen distinktiven Merkmalen wie etwa gemein samen Lücken hervorgeht, 14 läßt sich so ausdrücken, daß S direkt vom vermute ten Archetyp abstammt, wogegen V und L einen vermuteten Hyparchetyp gemeinsam haben. Da die 'Apocolocyntosis' sehr unsicher und lückenhaft überliefert ist, kommt der Herausgeber nicht umhin, Rechenschaft über sein textkritisches Verfahren abzulegen. Bekanntlich gibt es keine allgemein akzeptierte textkritische Methode, was Anlaß zum Nachdenken gibt; denn erst durch ein methodisch konsequentes textkritisches Verfahren lassen sich willkürliche ad-hoc-Lösungen vermeiden. Seit einigen Jahren ist aber deutlich, daß die Herausgeber jüngerer Texte, etwa im Bereich der Germanistik, Edition als Interpretation auffassen. In diesem Trend steht auch die vorliegende Ausgabe, obwohl die Altphilologen abgesehen von einzelnen Ausnahmen 1 5 - in der Praxis nicht gerne editorische Textentscheidungen auch als Interpretation(en) sehen. Weithin gilt in der Zunft der klassischen Philologen die Textologie, d.h. die Herstellung des Textes, als eine Disziplin, die mit der literarischen Interpretation prinzipiell nicht viel gemeinsam hat. Darin haben sie nur zum Teil Recht, und in der philologischen Praxis spielt diese prinzipielle Unterscheidung bei der Herstellung des Textes, d.h. bei der Textentscheidung, gewöhnlich keine Rolle. Nur relativ selten kommt es vor, daß man sich bei der Textkonstitution auf die folgende zuge13 14 15
Vgl. P. T. Eden ( 1 979) 1 49- 1 6 1 ; L. D. Reynolds ( 1 983) 3 6 1 f. ; R. Roncali ( 1990) pr. Vgl. etwa c. 8 , 1 ; c. 8,2 und c. 1 3 , 1 . Vgl. etwa R . G . M . Nisbet ( 1 991) 65-91; siehe ferner D. L. Seiden ( 1 987) 33-50.
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spitzte Formulierung stützen kann: "Die Handschrift ist der Befund, nicht etwa der Text der Hs. Die Hs. bedarf der Interpretation: das Ergebnis der Interpre tation ist der Text. [ ... ] Von dieser editorischen Interpretation, der Interpretation der Hs., ist zu unterscheiden die Interpretation im herkömmlichen Sinn, die Interpretation des Textes." 16 Dem sei hinzugefügt, daß sich die jüngeren Philo logien generell - anders als die älteren - der ars emendandi gegenüber skepti scher verhalten. 1 7 Für die lateinische Philologie ist und bleibt noch immer die beste Darstel lung des Verfahrens eines Herausgebers im allgemeinen die unverdient in Ver gessenheit geratene Darstellung des deutschen Juristen und Mittellateiners H. Kantorowicz. 1 8 In seiner Arbeit bedient sich dieser u.a. der textkritischen Begriffe 'richtig' und 'echt', die ich auch in meiner Arbeit gern verwende 1 9 jedoch nicht in genau demselben Sinn. Da es sich dabei um präskriptive Defini tionen handelt, wie es in der Wissenschaftstheorie heißt / 0 umschreibe ich hier diese wichtigen Begriffe genauer, weil sie für die Textherstellung und Interpreta tion einer so unsicher überlieferten Schrift wie der 'Apocolocyntosis' wichtig sind. Unter dem textkritischen Begriff 'richtig' verstehe ich eine morphogram matisch, morphosyntaktisch und lexikographisch korrekt überlieferte Schreib weise, unter dem Begriff 'echt' aber verstehe ich eine morphologisch, syntak tisch und lexikographisch korrekt tradierte Lesart, die auch vom Autor selbst stammt, also das Autographon. Die uns überlieferten Manuskripte wimmeln, wie man vermuten darf, von Lesarten, die richtig, jedoch nicht unbedingt auch echt sind. Die Frage nach der Echtheit einer Lesart ist wohl die heikelste Ent scheidung des Herausgebers. Denn es geht dabei nicht darum, ob der auf der Grundlage des handschriftlichen Befundes konstituierte Text für den heutigen Leser verständlich ist, sondern darum, ob er für das antike Publikum sinnvoll war. Der Erwartungshorizont des antiken Publikums war eben anders als der des heutigen Lesers: Für literarische Texte und Gattungen unterschiedlichster Art ist gleichermaßen kennzeichnend, daß sie auf epochenspezifischen Mustern von Wirklichkeit aufbauen. Bei der Interpretation geht es demnach auch um die Wahrnehmung einer anderen Kultur (s.u.). , Die Frage, ob der auf der Basis des handschriftlichen Befundes hergestellte Text sinnvoll sei, ist aber nicht die erste, die sich der Herausgeber eines antiken lateinischen Textes stellen muß : Sie gehört nämlich zur Stufe der literarischen Interpretation. Vorher muß, wie schon oben angedeutet, folgende Frage beant wortet werden: Ist der Text 1) morphogrammatisch, 2) morphosyntaktisch und 3) lexikographisch richtig? 16
Vgl. H. Zeller ( 1966) 15 und W. Woesler ( 1 988) 126- 130, bes. 1 26. Siehe auch H. Zeller ( 1 987) 145- 1 58. 1 7 Vgl. K. Maurer ( 1 984) 324-3 55. 18 Vgl. H. Kantorowicz ( 1 9 2 1 ) 4fT. Noch immer beachtenswerte Lektüre bietet A. E. Hausman ( 1 922) 67-84. 1 9 Vgl. etwa A. A. Lund ( 1 989) 204-2 10; ders., ( 1 989a) 1 1 6- 1 1 9. 20 Vgl. K. Frerichs ( 1 981) 33fT.
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Die beiden ersten Kategorien gehören zum Bereich der Iangue, die dritte zur parole; denn es gibt zwar Ieges syntacticae, jedoch keine Ieges stilisticae, die jeder römische native speaker befolgen mußte. 2 1 (Dies ist selbstverständlich nicht der Fall für Autoren - und Abschreiber - des Mittelalters und der Renaissance, die ja keine native speakers des Lateinischen waren). Was die Wortwahl betrifft, konnte der antike Autor lockerer arbeiten. Diese ersten drei Stufen des methodi schen Verfahrens des Herausgebers bei der Überprüfung des handschriftlichen Befundes befassen sich demnach in erster Linie mit der Frage nach der Richtig keit des zu konstituierenden Textes aus sprachlicher Sicht. Ist der 'Text' sprach lich nicht richtig überliefert, kann er selbstverständlich auch nicht echt sein. 22 Aber selbst wenn sich die oben erwähnten drei Fragen nach der Richtigkeit im konkreten Fall positiv beantworten lassen / 3 heißt das noch nicht, daß der über lieferte Wortlaut auch echt, und schon gar nicht, daß er auch authentisch ist. 24 Erst mit der vierten Stufe kommt der Herausgeber zur Fragestellung, wie das richtig Überlieferte zu interpretieren ist, d.h., ob es aus antiker Sicht sinnvoll ist - und somit echt aus der Optik des heutigen Philologen. Dabei steht der Inter pret auch dem Hauptp roblem der modernen Ethnographie und Kulturanthro pologie gegenüber, wie die andere Kultur, ja Fremdheit überhaupt zu verstehen ist. 2 5 Bei der römischen Kultur kommt bekanntlich noch die Schwierigkeit hinzu, daß wir in manchen Bereichen nur über ein fragmentarisches, trümmer hartes Wissen verfügen. Meistens muß jedoch die Frage, ob der überlieferte Text sinnvoll ist, schon bei der Analyse des handschriftlichen Befundes gestellt und entschieden werden, d.h., ohne inhaltliche Analyse und literarische Inter pretation gibt es oft keine Textentscheidung - und somit auch keine Textedition. Dem sei hinzugefügt, daß es in der philologischen Praxis - jedenfalls in dieser Ausgabe - in hohem Maß um zwei Prozesse geht, die eng miteinander verknüpft sind. Im Fall des Lateinischen steht der Herausgeber und Interpret noch anderen Schwierigkeiten gegenüber. Etwa 80% der lateinischen Wörter, die uns aus der Antike überliefert sind, sind durch weniger als 50 Belegstellen vertreten, die sich außerdem über mehrere Jahrhunderte verteilen. Man kann demnach nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß uns alle Bedeutungsbereiche eines Wortes über21
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Gewöhnlich wird nicht zwischen den beiden Kategorien unterschieden. Zu den son stigen Entscheidungskriterien vgl. P. V. Rubow ( 1 938) 37fT. und 69fT.; P. Maas (41 960); J. Willis ( 1 972) 7 f.; B . Bergh ( 1 979- 1 980) 5 f.; G . Luck ( 1 9 8 1 ) 1 64- 1 94; E. Tov ( 1 982) 429-448; E. Thomassen ( 1 990) 37-64, bes. 59 f. Der deutsche Sprachgebrauch ist insofern ungenau, als 'falsch' ft.i.r 'nicht richtig' und 'nicht echt' überliefert stehen kann. Man muß dabei mit phonologischen, morphologischen und syntaktischen Ambigui täten rechnen. Dieses Problem gehört zu einer anderen Fragestellung, nämlich detjenigen der Glaubwürdigkeit, und hat demnach Belang etwa für historische Texte. Vgl. etwa R. Bettlage ( 1 988) 195-222.
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liefert sind - geschweige denn daß wir alle kennen. Man muß dann je nach Lage der Dinge abschätzen, ob und inwieweit das uns bekannte Sprachmaterial reprä sentativ ist - ganz wie die prähistorischen Archäologen die Repräsentativität der materiellen Funde und Befunde einzuschätzen versuchen. Zu den direkten Belegen kommen noch indirekte wie etwa Synonyme und gelegentlich auch Antonyme, gleichwertige syntaktische Konstruktionen etc. Noch komplizierter wird die Aufgabe des Interpreten und Editors dadurch, daß er sich mit einer anderen Sprache beschäftigt, die in eine andere, d.h. fremde Kultur eingebettet ist. Es geht dabei nicht darum, ob der konstituierte lateinische Text etwa ins Deutsche übersetzbar ist oder nicht, sondern um das Verständnis der römischen Begriffe und Vorstellungen, die Ausdruck einer anderen, einer fremden Menta lität sind. Dabei muß man versuchen, diese zu isolieren, zu beschreiben und konstatierend zu definieren, um die Fremdheit oder Andersartigkeit doch zu veranschaulichen; denn es besteht keine kulturelle Identität zwischen den anti ken Römern und den heutigen Mitteleuropäern.2 6 Bei der Analyse und der Inter pretation des sprachlichen und inhaltlichen Befundes läßt sich demnach etwa Deutsch als Beschreibersprache, Metasprache wenn man so will, verwenden, wenn man die Alienität bzw. Alterität doch irgendwie verständlich zu machen versucht. 27 Bei der Herstellung des Textes bin ich fast überall so verfahren, daß ich Ver besserungsvorschläge nur dann aufgenommen habe, wenn diese aus mehreren Gründen ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für sich haben.2 8 Für diese Berichtigungen habe ich im Kommentar die Bezeichnung Emendation reser viert. Unter Konjekturen dagegen verstehe ich Mutmaßungen, die den richtigen und echten Lesarten wahrscheinlich entsprechen, deren 'Echtheit' sich jedoch nicht genügend erhärten läßt. 29 Nur ausnahmsweise habe ich Konjekturen mein Imprimatur gegeben. 30 Generell werden also keine Konjekturen in den konsti-
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Auch der Leser der 'Apocolocyntosis' muß bedenken, daß sich Begriffe wie 'Grausam keit' und crudelitas nur teilweise decken, siehe J.-L. Voisin ( 1 984) 241 -293, bes. 276fT. Ein weiteres Beispiel ist der Begriff der Wahrheit bei den antiken Historikern, der auf anderen Voraussetzungen beruht, siehe J. Percival ( 1 992) 1 3 - 1 6 . Vgl. H. Turk ( 1990) 8-3 1 . Siehe z. B . c. 1 ,3 : . et illi pro tam bo no nuntio nemo credidit quod iurarat verbis co n ceptis; c. 2, 1 : puto magis intel/igi (posse), si dixero; c. 3 , 1 : nec umquam tam diu cruciatus exeat?; c. 5,2 : nuntiat (is) Jovi venisse quendam bonae staturae, bene canum; c. 6, 1 : Et imposuerat Herculi minime vajro; c. 8, 1 : i/lud eum ab Iove . . . ; c. 8,3 : . quod (hunc) nunc barbari colunt et ut deum orant; c. 9,2 : quacumque visus jert etc. Zu unterscheiden ist zwischen negativen und positiven Korrekturen am handschrift lichen Befund. Das erste betrifft Emendationen und Konjekturen, das zweite Ergän zungen von mutmaßlichen Lücken. Vgl . etwa c. 1 3 ,4 : medius erat in hac cantantium turba Mnester pantomimus, quem Clau dius decoris causa minorem jecerat, et Messalina[m]. Die Korrektur an der Überliefe rung ist lediglich kontextuell bedingt. .
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tuierten Text aufgenommen,3 1 wenn nicht mehrere Gründe bzw. der Kontext eindeutig dafür sprechen. 32 Bei der Textentscheidung spielt in erster Linie der unmittelbare Kontext, d.h. der sprachlich und inhaltlich nächste Zusammen hang, stets eine entscheidende Rolle. 33 Dieser kann jedoch gelegentlich das ganze Werk umfassen. Aber auch Parallelstellen bei anderen antiken Autoren werden dabei berücksichtigt, insofern sie auf identischen oder vergleichbaren Voraussetzungen aufbauen, also homolog oder analog sind. 3 4
Zur A nalyse und Interpretation der 'Apocolocyntosis'
Während sich die Analyse mit dem befaßt, was im 'Text' steht, geht es bei der Interpretation darum, wie dieser zu verstehen ist. Analyse und Interpretation decken sich somit im Prinzip nicht. Um dem Erwartungshorizont des römischen Publikums gerecht zu werden, das, wie wir annehmen dürfen, über ein bestimm tes Vorwissen verfügte, ohne das es den vorgetragenen Text nicht hätte verste hen können, werde ich bei der Interpretation des 'Textes' versuchen, ihn aus sich heraus zu deuten bzw. nur zeitgenössisches Quellenmaterial zur Rekonstruktion des Erwartungshorizontes heranzuziehen. 35 Der Blickwinkel ist demnach vor31
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Eine Ausnahme bildet c. 6, 1 : hunc ego tibi recipio Luguduni natum, ubi Licinus multis annis regnavit, wo ich nur zögernd die Konjektur von Bücheler, Licinus, in den Text aufgenommen habe. Die Hss. (SVL) bieten licinius. Man hätte aber in Verbindung mit regnavit im Kontext im weiteren Sinn ein Wort für 'Dummkopf (vgl. etwa c. 1 , 1 : aut regem aut fatuum) erwarten können. Konjekturen, die sich weder grammatisch noch kontextuell begründen lassen, werden normalerweise auch nicht im Apparat erwähnt. Vgl. etwa c. 14,3, wo viele, einer extrapolierten Mutmaßung Büchelers folgend, so lesen: erant qui dicerent, Si ( syph) um diu laturamfecisse[nt] . . . (siehe Kommentar zur Stelle) . Gleichwohl ist im textkritischen Apparat die Konjektur von Promond zu c. 2,1 erwähnt: Iam Phoebus breviore via co ntraxerat ortum, wo er das sicherlich verderbte ortum durch orbem ersetzen will, obwohl dies eigentlich nur eine "halbe" Konjektur ist. Man hätte dann eher schreiben müssen: /am Phoebus breviore via confecerat orbem. · Methodisch ist aber jede Korrektur an co ntraxerat falsch, weil es im Gegensatz zu crescebant unten steht. c. 9,6 : variae erant sententiae, et videbatur +Claudius sententiam+ vincere. Einiges spricht zwar dafür, daß Claudius sententiam in Clausii [= lani] sententia zu ändern ist, doch ist der Sinn der Fortsetzung nicht eindeutig zu ermitteln. Der Kontext reicht als Entscheidungskriterium im Prinzip nur aus, wenn sich das text kritische Problem in der Mitte des einschlägigen Zusammenhangs befindet. So nehme ich an, daß c. 12,3, Vers 8 nicht ille rebelies fundere Parthos, sondern ille imbelles fundere Parthos zu lesen ist, weil im Nachstehenden vieles dafür spricht. Vgl. etwa c. 9,2 : homo quacumque visus fert, und Kommentar dazu. Die stereotypisierte Charakterschilderung des Claudius in der 'Apocolocyntosis' deckt sich einigermaßen mit dem Bild seiner Person in den zeitgenössischen Quellen (Taci tus; Sueton; Dio Cassius; Plinius d. J.), das ebenfalls einer Typisierung unterliegt. Vgl . V. Y. Mudimbe (1 977) 3 1 5-323, bes. 32 1 und D. Timpe (im Druck) passim. Zu dem
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wiegend synchron, nicht diachron, zumal das Werk - sehen wir von gewissen literarischen Reminiszenzen, Zitaten und Nachahmungen ab, die bestimmt auch eine Rolle ftir das Verständnis spielen 3 6 - in die römische Kultur der frühen Kaiserzeit eingebettet ist. Man soll hier demnach keine Geschichte der menip peischen Satire bei den Römern erwarten, 37 zumal sich der Gattungsbegriff 'menippeische Satire' nicht ohne eine petitio principii38 definieren läßt. 39 Dabei wird Menippeische Satire im engeren Sinne zu Unrecht menippeischen Satiren im weiteren Sinne gleichgesetzt, 4 0 was sich u. a. aus der Vieldeutigkeit des unscharfen Begriffs der Satire erklären läßt. 4 1 Dies ist auch darauf zurückzufüh ren, daß uns außer der 'Apocolocyntosis' nur sehr fragmentarische Überreste der menippeischen Satiren der Vorgänger (Menippos selbst und Varro) überliefert sind. Man wird allenfalls vorsichtig von gewissen Gemeinsamkeiten sprechen können, die die Menippeen aus einem diachronischen Blickwinkel miteinander verbinden etwa im Sinne von familles historiques. 42 Diese verwandtschaftlichen Züge sind eher formell als inhaltlich. 4 3 Auch setzen sie eine gewisse Kontinuität voraus, die fraglich ist. 44 Man kann demnach zwischen Satire als historischer Gattung und gattungsübergreifender Schreibart unterscheiden, wobei sich die
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Begriff normative Erwartung siehe jetzt die gute Zusammenfassung von P. Mauritsch ( 1 992) 7-13, bes. 9. Vgl. etwa J. Blänsdorf ( 1 986) 1 -26. Ich verweise etwa auf U. Knoche e197 1 ) passim; 0 . Weinreich ( 1 923) passim. Vgl. E. P. Kirk ( 1 980) bes. Xf. H. K. Riikonen ( 1 987) 2 1 , der im besonderen den Studien von M. M. Bachthin über die menippeische S atire nachgegangen ist, kommt in Anlehnung an diesen zum folgen den Ergebnis: "Instead of a definition of the genre Bakhtin points out that we can find 'Menippeanism', so to speak, can vary from work to work and from age to age. " Vgl. A. Baumstark ( 1 862) 543-549. Vgl. J. Brummack ( 1 9 7 1 ) 275 : "Er [sc. der Begriff Satire] bezeichnet eine historische Gattung, aber auch ein Ethos, einen Ton, eine Absicht, sowie die in vielerlei Hinsicht höchst verschiedenen Werke, die davon geprägt sind." Siehe auch J. B rummack e1977) 60 1 - 6 1 4, bes. 60 1 f. Vgl. H.-R. Jauss ( 1 970) 79-1 0 1 , bes. 82; siehe auch E. P. Kirk ( 1 980) XI. Vgl. M. Coffey e1 989) bes. 172: "The essential characteristic of the work [sc. Apocolocyntosis] as a Menippean satire is the insertion of original verse into the prose narrative". E. P. Kirk (op. cit., XI) : "The chief mark of Menippean style was unconven tional diction. Neologisms, portmanteau words, macaronics, preciosity, coarse vul garity, catalogues, bombast, mixed languages, and protracted sentences were typical of the genre, sometimes appearing all tagether in the same work. In outward structure, Menippean satire was a medley - usually a medley of alternative prose and verse, sometimes a jumble of flagrantly digressive narrative, or again a potpourri of tales, songs, dialogues, orations, letters, lists, and other brief form, mixed tagether (i. e., fantastic voyages, dreams, visions, talking beasts) and extreme distortions of argument (often, "paradoxes"). In theme, Menippean satire was essentially concerned with right 1earning or right belief." Vgl. H.-R. Jauss ( 1 970) bes. 97.
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historische Gattung wiederum in die römische Verssatire (Lucilius, Horaz, Per sius und Juvenal) und die Menippeische Satire griechischen Ursprungs aufglie dern läßt. 4 5 Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich eine werkimmanente Inter pretation der 'Apocolocyntosis', die auf c/ose-reading beruht. 4 6 Da die sprach liche Begründung der Textkonstitution im Kommentar ausführlich gegeben ist, können wir uns hier auf die inhaltliche Interpretation beschränken. Der historische Hintergrund für die Handlung der 'Apocolocyntosis' ist fol gender: Am 13. Oktober 54 starb Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) anscheinend infolge einer Pilzvergiftung,4 7 die ihm nach den antiken Quellen von seiner Gat tin Agrippina bereitet worden war. 4 8 Die 'Apocolocyntosis' ist wahrscheinlich relativ kurz nach dem Tod des Claudius geschrieben. 49 Einen terminu s post quem bringt der Tod des Narcissus, der als einziger unter den in der Unterwelt (vgl. c. 13,2) Anwesenden, die Claudius dort voller Freude empfangen, ihn kurz über lebte. Das genaue Todesdatum des Narcissus läßt sich aber nicht ermitteln.50 Aus dem Sprachgebrauch der Satire (vgl. c. 2,2 : mensis erat October, dies Ill idus Octobris, und c. 1 , 1 : anno novo, initio saeculi felicissimi) geht jedoch indirekt hervor, daß die Niederschrift nach dem Oktober 54 stattfand. 5 1 Dazu paßt aufder Handlungsebene, was freilich kein Beweis ist, daß Claudius in der Unterwelt wie/als der wiederentdeckte Gott Osiris mit Jubel empfangen wird (vgl. c. 13,4). Diese inventio Osiridis geschah am letzten Tag des Festes der lsia, d. h. am 1 . November. 52 Dazu stimmt die zuerst von H. Furneaux geäußerte, aber nicht beweisbare Annahme, daß die Schrift dem engen Kreis um den neuen Kaiser Nero aus Anlaß der Saturnalien vorgelesen wurde, die am 17. Dezember began nen und drei bis sieben Tage andauerten. 53 Das paßt insofern inhaltlich zur 'Apocolocyntosis', als die Schrift von dem Ende dieses anomalen Zustandes handelt (vgl. c. 12,2: 'dicebam vobis: non semper Saturnalia erunt'). Vorbei ist die Epoche der Diktatur des Kaisers Claudius, der als Saturnalicius princeps negativ charakterisiert wird - sein Regime ist die Kehrseite der Utopie der Saturnia regna 45 46 47
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Vgl. B. Könneker ( 199 1 ) bes. 12. So verfährt auch R. C. Tovar ( 1 986) bes. 1 29-293. Die anregende Arbeit von Tovar geht an vielen Stellen von einer anderen Textherstellung aus. Vgl. A. Mehl ( 1 974) 1 7 5 : "Die Ungewißheit in der Quellenlage ist bei den Berichten über Claudius' Tod nicht geringer als bei den Darstellungen von Messalinas Ende. In der Frage der Historizität ist letztlich keine Entscheidung möglich. " Dies wird neuerdings bezweifelt, vgl. etwa V. Grimm-Samuel ( 1991) 178- 1 82 . Vgl. G. Bagnani (1 954) bes. 20 f. , d e r für November oder Dezember eintritt. Vgl . dazu P. T. Eden ( 1 984) 4: "The sequence of Tacitus' narrative (Ann. 1 2.69-1 3.3) implies that he was driven to suicide even before Claudius' consecration. He may reasonably be presumed quite dead by late October A.D. 54. " Auf der Handlungs ebene wird c. 1 3,4 auf die /sia angespielt, die zwischen dem 28. Oktober und dem 1 . November gefeiert wurden. Vgl. C. F. Russo ( 6 1985) 1 1 . Vgl. S . K. Heyob ( 1 975) bes. 54-56. Vgl. H. Furneaux e 1 896) bes. 23 f.
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gewesen -,54 und der Anfang/die Rückkehr einer neuen Ära, eines neuen Zeit alters wird angekündigt.55 Nun zur Handlung des Werkes, die zuerst auf Erden, dann im Himmel und schließlich in der Unterwelt spielt. 56 Im Prooemium stellt der anonyme Autor fest, worüber er berichten will : Quid actum sit in cae/o ante diem /// idus Octobris anno novo, initio saecu/ife/icissimi, vo/o memoriae tradere (c. 1 ,2). 57 Obwohl aus in caelo die Unverbindlichkeit der Erzählung oder eher des Märchens zur Genüge hervorgeht, stellt der Autor danach, was eigentlich paradox ist, seinen Gewährs mann (nicht für die gesamte Darstellung, sondern lediglich) für die Himmelfahrt des Claudius vor,58 den er anscheinend als einen zuverlässigen Zeitzeugen zeigen will : Dieser ist curator viae Appiae. Das bringt es mit sich, daß der Zeuge, ob er will oder nicht, alle Himmelfahrten beobachtet. Das Werk wird dabei nur dem Anschein nach als Geschichtsschreibung (historia) vorgeführt. Nun konnte aber das römische Publikum, d.h. der enge Kreis der Hofleute um den neuen Kaiser Nero, für die der Text wahrscheinlich ursprünglich bestimmt war,59 gemäß ihrem Vorwissen nicht umhin, den anonymen Informanten mit einer bestimmten historischen Person, nämlich Livius Geminus, zu identifizieren, obwohl er sowie die 250.000 Denare, die er für seine erfreuliche Nachricht von der Himmelfahrt der Drusilla bekam, unerwähnt bleiben. Da der Autor das Gegenteil von dem, was er sagt, erreichen will, ist klar, daß das Werk eben keine Geschichtsschreibung ist, was die einleitenden Worte : Quid actum sit in cae/o . . . 54 55
Vgl. H . S . Versnel ( 1 993) 1 -24. Wie aus c. 4, Vers 25 bis 32 hervorgeht, ist Phoebus gleich Sol gleich Apollon gleich Nero. Vgl. Ed. Norden et958) passim. Dementsprechend geht es c. 2 , 1 um den Unter gang des Claudischen Zeitalters, wie sich c. 4, Vers 25 ff. mit dem Aufgang des glück lichen Neronischen beschäftigt (zur dort verwendeten Bildersprache vgl. L. Bösing [ 1 986] 145-1 78, bes. 1 60fT.). Es besteht demnach eine inhaltliche Analogie zwischen dem Ende und dem Anfang (d. h . lanus Aion) des Sonnenjahres am 24./25. Dezem ber und dem Ende des Claudischen und dem Anfang des Neronischen Zeitalters am 13. Oktober. (Vgl. Ov.fast. 1 , 1 64 f. : 'bruma novi prima est veterisque novissima solis: I principium capiunt Phoebus et annus idem') . Mit dem Beginn der glücklichen Neroni schen Ära nach der unheilvollen Regierungszeit des närrischen Tyrannen Claudius wird ein normaler Zustand wiederhergestellt: eine Apokatastasis, wie die Stoiker mit einer astronomischen Metapher sagten, vgl . Reallexiko n for Antike und Christentum, Bd. 1 , Stuttgart 1950ff. , 5 10 f. Es geht wieder aufwärts, vgl. C. Monteleone ( 1 986) 83137, bes. 129fT. Wenn diese Analyse und Interpretation stichhaltig sind, darf man annehmen, daß die Satire über Kaiser Claudius am 24./25. Dezember vorgelegt wurde, und zwar unter dem Titel Apokata.sta.si.s. Beweisen läßt sich das nicht. Zu diesem für die menippeische S atire typischen Ablauf der Handlung siehe die gute Zusammenfassung der literarischen Studien von M. M. Bachtin durch H. K. Riikonen ( 1 987) bes. 22-3 1 und 4 1 -50. Quid actum .sit bezieht sich wahrscheinlich nur aufdas, was im himmlischen S enat zur Debatte stand. Vgl. Komm. zu c. 1 , 1 . Der Gewährsmann kann nur die Hinfahrt, nicht die Rückfahrt des Claudius bezeugen. Vgl. R. R. Nauta ( 1987) 69-96, bes. 75. =
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auch nicht zu erwarten geben; denn sie lassen eher auf das Gegenteil schließen: auf literarische Fiktion. Aber das ist die Schrift auch nicht ausschließlich. Geht es doch um eine Mischung von realen und fiktiven Komponenten, deren Bezug zueinander das literarische Universum der Satire bildet, nur werden dabei histo rische Fakten gelegentlich auf den Kopf gestellt. Demgemäß wird dem Zeit zeugen Livius Geminus jede Glaubwürdigkeit versagt: Hatte man ihm früher auf jeden Fall offiziell - geglaubt, als er behauptete, die Himmelfahrt Drusillas beobachtet zu haben, 6 0 was sich in einer reichen Belohnung niederschlug, gibt es nach dem anonymen Autor unseres Werkes keinen Grund dazu. 6 1 Die Wirkung der Darstellung beruht auf dem Prinzip der Umkehrung. Dementsprechend fun giert dieser unzuverlässige Augenzeuge als Berichterstatter: ab hoc ego quae cumque audivi certa, clara ajfero (c. 1 ,3). 62 Und dementsprechend heißt es c. 5, 1 : in caelo quae acta sint audite (fides penes auctorem erit): nuntiat (is) Iovi venisse quendam etc. 6 3 Der anonyme Erzähler vermittelt seine Auskünfte gemäß dem distanzierenden Prinzip der antiken Historiker seit Herodot: re/ata rejero. 6 4 Das Ergebnis ist hier eine Karikatur des historischen Genos. Im zweiten Kapitel wechselt die Prosa des historiographischen Genos zum epischen Genre, das ebenfalls parodiert wird. Die Illusion von Geschichtsschrei bung im engeren Sinn wird durch diese Mischung von Stilarten, prosimetrum genannt, die eben für die antike menippeische Satire insgesamt charakteristisch ist, durchbrochen. 6 5 Dementsprechend enthalten cc. 2-4 in einer Rückschau die Voraussetzungen für die im himmlischen Senat ausgetragene Debatte ( cc. 5-1 1). 60
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Die Aussage dieser Augenzeugen war besonders wichtig, weil die Divinisierung davon abhing, vgl. W. Kierdorf (1986) 43-69, bes. 58, Anm. 64: "Das Zeugnis des Senators Livius Geminus ( . . . ), er habe Drusilla zum Himmel aufsteigen sehen, wird über raschend erst nach der Festsetzung der kultischen Ehren nachgetragen. " Wichtig für die Herrschaftslegitimation war auch der Anspruch auf die Bezeichnung Divi fllius, vgl. H. Gesche (1978) 377-390, bes. 379. Vielleicht ist c. 1, 3: nam ex quo in senatu iuravit se Claudium [Hss. Drusillam] vidisse, zu lesen; denn im Fall der Drusilla hat man ihm geglaubt. Vgl. Komm. zu c. 1,2-3. Zur Herstellung der Textstelle vgl. A. Perutelli (1984) 161-169, bes. 162f. Die Herstellung der Textstelle setzt inhaltlich voraus, daß der Gewährsmann (auctor) auch als Subj ekt (sc. is) vorkommt. Es ist dabei grammatisch gleichgültig, ob er mit dem schon c. 1, 2 erwähnten auctor oder, wie ich annehme, mit Ianus, dem ianitor schlechthin, identisch ist. Ist diese Gleichsetzung falsch, dann muß man entweder /anus als Subjekt für nuntiat[ur] ergänzen oder aber eine Lücke in der Überlieferung annehmen (vgl . S. Koster [1979] 70-77, bes. 73f.) und lanus als Subj ekt hinzudenken. Es gibt demnach zwei Augenzeugen bzw. Gewährsmänner (auctores) im Werk, einen für die Himmelfahrt des Claudius (c. 1, 2) und einen für die Ereignisse im Himmel (c. 5, 1). Siehe ferner Komm. zu c. 5, 1. [Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß die Fortsetzung ( c. 1, 2) einen Positionswechsel ausdrückt : Appiae viae curator est, qua scis et divum Augustum et Tiberium Caesarem ad deos isse. ( ...) nam ex quo in senatu iuravit se Drusillam vidisse caelum aseendentern ... , was die Himmelfahrt bezeugt] . Vgl. Herodot 7,152,3. Vgl. D. Bartankova (1976) 65-92, bes. 78ff.; H. K. Riikonen (1987) passim .
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Umschrieben wird bei dieser Rückblende zunächst das Todesdatum des verstor benen Kaisers Claudius durch eine Schilderung der Jahreszeit, die durch den nach dem Herbstaequinoctium stets kürzeren (niedrigeren) Tageslauf der Sonne charakterisiert ist. 66 Dies läßt sich sinnbildlich als eine Anspielung auf den Tod des Claudius deuten, zumal die 'Geburt' einer neuen Ä ra mit dem Amtsantritt des jungen Kaisers anfangt. 67 Die Stelle enthält bei den Römern übliche Vorstel lungen und Metaphern. 6 8 Den Untergang der einen Sonne und den Aufgang der nächsten kann man vielleicht durch 'Der König ist tot. Es lebe der König' ver anschaulichen. 6 9 Auf der analytischen Ebene handelt die Stelle denotativ von dem Anfang einer neuen Epoche, auf der interpretatorischen Stufe schwingt dabei konnotativ der Begriff 'Gerechtigkeit' mit; denn mit dem Begriff initium wird für das römische Publikum auf den Gott allen Anfangs, Ianus, angespielt, der im Bewußtsein der Römer einer Vergangenheit angehörte, in der es Iustitia auf Erden noch gab, was als eine historische Utopie zu deuten ist: 7 0 nondum Iusti tiam facinus mortale fugarat I (ultima de superis illa reliquit humum) (Ov. fast. 1 ,249f.). Vor allem bedeutet der Tod des Claudius, der als Narr und Tyrann zugleich dargestellt wird, das Ende einer unfreien Epoche : ego scio me liberum factum, ex quo suum diem obiit ille qui verum proverbium fecerat, aut regem aut fatuum nasci oportere (c. 1 , 1). 7 1 Vorbei ist die Tyrannei (regnum) des Claudius, der kein rex iustus im Sinne der Stoiker war, und somit auch die Ungerechtigkeit (iniuria). 12 Die Zeit des Claudischen Regimes war wie ein langes, ununterbro chenes Saturnalienfest non semper Saturnalia erunt (c. 1 2,2), weil Claudius der Untertan seiner liberti war. Die Darstellung baut auf der Voraussetzung auf, daß Claudius Narrenkönig (Saturnalicius princeps [c. 8,2]) gewesen ist, wird doch sug geriert, daß die römischen Bürger keine Sklaven mehr sind : populus R. ambu /abat tamquam liber (c. 12,2). Die neugewonnene Freiheit (libertas) des anony men Erzählers setzt frühere Sklaverei (servitus) voraus, wie es gemäß der uto pischen Vorstellung vom glücklichen Zeitalter (aurea aetas) des Saturnus ( Kronos), als lanus noch König auf Erden war, auch der Fall war. 73 Aus der erzähl=
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Siehe Chr. Schäublin ( 1 987) 1 1 8- 1 2 1 und Komm. zu c. 2, 1 . 67 Vgl. c . 1 , 1 : initio saeculi jelicissimi. Das Thema wird weiter ausgesponnen c . 4, Vers 23fT. : '. . . jelicia /assis I saecula praestabit /egumque silentia rumpet. I qua/is discutiens jugientia Lucijer astra I aut qualis surgit redeuntibus Hesperus astris, I qualis, cum primum tenebris Aurora so/utis I induxit rubicunda diem, Sol aspicit orbem I /ucidus et primos a carcere concitat axes: I talis Caesar adest, talem iam Roma Neronem I aspiciet. jlagrat nitidus ju/gore remisso I vultus et adjuso cervix formosa capillo. ' Siehe ferner Ed. Norden e i 958) 1 4fT.; L. Bösing ( 1 968) 145- 178, bes. 160fT. 68 Vgl. etwa M. Clauss ( 1 990) 7 1 -99; V. Buchheit ( 1 986) 245-259, bes. 246; Ed. Norden e1 958) passim. 69 Vgl. A. L. Motto und J. R. C!ark ( 1 983) 29-40, bes. 36. 7 0 Vgl. M. M. Bachtin ( 1 989) 78fT. 7 1 Siehe Komm. zur Stelle. 7 2 Vgl. cc. 10- 1 1 , bes. c. 1 1 ,4: vindicate iniurias meas. 73 Vgl . A. 0. Lovejoy und G. Boas ( 1 973) 55 und 67; RE II A,l 202 .
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ten Wirklichkeit, die auf dem Prinzip der Verkehrung beruht, entsteht eine satirische Darstellung mit imaginären Komponenten. 74 Mit dem dritten Kapitel setzt schließlich das schon im zweiten angedeutete Sterben des Claudius ein: C/audius animam agere coepit nec invenire exitum pot erat (c. 3,1). Dies ist nur teilweise vor der geschichtlichen Tatsache verständlich, daß der Tod des Claudius.ein langwieriger Prozeß war bzw. als solcher dar gestellt wurde. 75 Wie im ersten Kapitel auf einen geistigen Defekt von Claudius dem Trottel (fatuus) angespielt wurde, wird dies hier weiter ausgeführt. Claudius (homo stu/tus) ist nicht in der Lage, den natürlichen Ausgang für seine Seele aus findig zu machen. Dann hilft ihm Mercurius dabei, und seine anima verläßt, wie suggeriert wird, den Körper durch den After (c. 4,2- 3), 7 6 das "gesprächige" und lautstarke Organ des Claudius: u/tima vox eius haec inter homines audita est, cum maiorem sonitum emisisset il/a parte quafacilius loquebatur (c. 4,3). 77 Bei des, das langjährige Ringen des Claudius mit seiner Seele und der Umstand, daß er als physisch defekt dargestellt wird, nimmt inhaltlich das fünfte Kapitel vorweg. Hier wird er klar und deutlich als monstrum oder portenturn mit angeborenen Mißbildungen bezeichnet, 78 und zwar im Sinne von Angehöriger einer Monster rasse, die irgendwie am Rande des Orbis ansässig ist. 7 9 Die antike Denkweise ist physiognomisch: Das mißgebildete Äußere entspricht einem mißgestalteten Inneren, seinem Charakter. 8 0 Mit anderen Worten: Claudius wird alles Mensch liche versagt. Oder eher: Bei näherem Hinschauen stellt sich heraus, daß er fast wie ein richtiger Mensch aussieht. Er wird als quasi homo - 'einem Menschen ähnlich' (c. 5,4)- abqualifiziert, er war ja - so meinte man- nie richtig geboren: nemo enim umquam illum natum putavit (c. 3,2). Die Schilderung der aus römi scher Sicht 'angeborenen' physischen und psychischen Defekte dienen dazu,8 1 74
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Vgl. E. W. Leach ( 1 989) 197-230, bes. 202 f. : " . . . Menippean satire becomes something now frequently likened to science-fiction which penetrates into an unknown, fantastic world . Like all fictive worlds, however, these have points of tangency with the real world. Seneca's satire assumes a middle position between a known world and a fan tastic." Vgl. Svet. Claud. 45. Unsere Stelle (c. 3,1) enthält, wie ich vermute, eine Anspielung darauf, daß die Sterbestunde des Claudius manipuliert wurde, damit sich sein Horo skop und/oder das des Nero erfüllt. Ein wenig anders sieht es D . Timpe ( 1 962) 100: "Unterdessen, so muß man schließen, wurde wohl weniger auf den Eintritt der rich tigen Sternstunde gewartet als vielmehr die Vorbereitung der Akklamation durch die Praetorianer getroffen. " Vgl. 0. Weinreich ( 1 923) 53fT.; H. K. Riikonen (1 987) 43 . Dies enthält selbstverständlich eine Umkehrung des Normalen. Vgl. Svet. Claud. c. 3,2: Mater Antonia portentum eum hominis dictitabat, nec absolutum a natura, sed tantum incohatum. Zum antiken Begriffmo nstrum vgl. etwa P. Mason (199 1 ) 1 -39; A. Perrig (1 987) 3 1 -7 1 ; J. B . Friedman ( 1 98 1 ) bes. 5-25; B. Roy ( 1 975) 7 1 -80; G. Canguilhem (1 962) 27-62. Vgl. E. C. Evans ( 1 969) 1 - 1 0 1 . Daß es sich vielleicht um durch die Littlesche Krankheit erworbene Schwächen han-
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ihn als homo non articulatus darzustellen und aus der Menschheit (humanitas) auszugrenzen: 82 assidue enim caput movere; pedem dextrum trahere. (. . . ) pertur bato sono et voce confusa. ( . . . ) vocem nullius terrestris animalis, sed qualis esse marinis beluis solet, raucam et implicatam (c. 5,2-3). 8 3 Die hybride Gestalt des Claudius ist derart, daß sie keinem Element der Natur angehört. In der Fortsetzung werden die wohlbekannten antiquarischen Interessen des Claudius ironisiert, der sich zu Unrecht als Nachkomme der Trojaner ( !Iiens es) ausgibt (c. 5,4). 84 Dies veranlaßt die Göttin Febris (Malaria) zu einer Berichti gung. Sie verweist darauf, daß Claudius aus der Provinz Gallien stammt, und zwar aus Lugudunum (Lyon). Er wird demnach als ein echter Gallier ( Gallus germanus) eingestuft, 85 d. h., er ist ein Barbar, kein Römer. 8 6 Wiederum eine Ausgrenzung, diesmal aus der gens lulia sowie aus dem zivilisierten Teil der humanitas. Dies bringt es mit sich, daß Claudius zornig wird : excandescit hoc loco Claudius et quanto pofest murmure irascitur (c. 6,2). Seinjähzorniges Naturell und undiszipliniertes Benehmen sowie seine fehlende sprachliche Artikulation, kurz: sein unzivilisiertes Gehabe bestätigen sein Barbarentum. An dieser Stelle erneuert Hercules, der inzwischen aufgetaucht ist, seine Frage nach der Her kunft und Abstammung des Claudius, und zwar in einem brüsken Ton (c. 7). Aufgrund einer Lücke in der Überlieferung zwischen dem 7. und 8 . Kapitel läßt sich nicht sagen, ob sich Claudius dazu noch geäußert hat. Das fragmentarisch überlieferte KapitelSläßt sich nur schwer in den Zusammenhang einordnen und ist für den heutigen Leser ohne Erläuterungen nicht ohne weiteres verständlich: "In der Rede wird ein beträchtliches Bildungsgut aufgeboten. Mit Hilfe der epi kureischen Gottesdefinition soll Claudius als ein Nichts charakterisiert werden, die stoische Definition bietet die Gelegenheit, ihm ein weiteres Mal wesentliche menschliche Eigenschaften abzusprechen." 87 Aber auch des Kaisers Claudius =
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delt (vgl. R. F. Martin [ 1 989]149-1 62), ist natürlich für die literarische Interpretation völlig belanglos. Vgl. A. A. Lund ( 1 993). Es geht dem Autor dabei nicht darum, Claudius mit einem bestimmten Seeungeheuer zu identifizieren, wie es einige Kommentatoren wollen, vgl. etwa P. Robin ( 1 983) 1 8 1 1 9 1 , sondern um seine Ausgrenzung vom genus humanum. Die Schrift ist eine litera rische Satire, keine Satire des Genos naturalis historia. Vgl. D. C. Braund ( 1 980) 420-425. Gemäß dem argumentum etymologicum leitete man in der Antike den Namen der gens Iulia von l/ium her. Vgl. etwa Liv. 1 ,3,2: Haud ambi gam ( . . . ) hicine fuerit Ascanius an maior quam hic, Creusa matre Ilio incolumi natus comesque inde paternae fugae, quem lu/um eundem lulia gens auctorem nominis sui nuncupat. Eine Tradition, der zufolge der O rtsname Lugudunum mit Ilium verknüpft wurde, ist mir nicht bekannt. Siehe ferner S. Koster ( 1 993) [im Druck]. Darauf wird noch c. 7,3 angespielt: Gallum in suo sterquilinio p/urimum passe. Vgl. H. Kloft ( 1 972) 205-222, bes. 2 1 0 : "Die Diffamierung richtet sich aber nur auf die geographische Herkunft ( . . . ) nicht auf seine Abstammung". Diese Unterscheidung dürfte ein Anachronismus sein : Für die Römer waren Benennungen wie Ga/li, Ger mani u. ä. kulturelle und geographische Kategorien, vgl. A. A. Lund ( 1 990) passim. J. Adamietz ( 1 986) 373.
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- für römische Begriffe - inzestuöses Verhältnis wird angeprangert, galt es doch als unrömisch, fremd : A thenis dimidium licet, Alexandriae totum (c. 8,3). 88 Schließlich verspottet der Autor den Anspruch des Claudius auf Göttlichkeit dadurch, daß ihm diese Verehrung nur bei Barbaren zuteil wird, die ihn angeb lich als einen Narrengott anflehen: 8 9 . . . ( hunc) nunc barbari colunt et ut deum orant IJ.Wpoü einA.a-rou -ruxeiv (c. 8,3). 90 Es geht demnach aus römischer Sicht nicht um religio, sondern um superstitio, 91 d.h. einen fremden, nicht römischen Kult. Die Ausgrenzung des Claudius aus dem Römerturn ist damit perfekt. Obwohl das neunte Kapitel im einzelnen durch kleinere Überlieferungsfeh ler gestört ist, ist klar, daß es sich dabei um eine Art von Karikatur einer römi schen Senatsversammlung handelt. 92 Der älteste der Götter und der Gott allen Anfangs, Ianus, der zu Saturnus' Zeiten König war, will mit seinem Beschluß antrag, der tatsächlich einem Privilegium, einer Iex in Claudium lata, gleich kommt, 93 Claudius und allen anderen Sterblichen in Zukunft verbieten, divi zu werden. Das Kapitel enthält eine Reihe von Anspielungen, die uns wegen ihrer Doppeldeutigkeit nicht mehr verständlich sind. 9 4 Zunächst legt Ianus seinen Beschlußantrag vor, dann Diespiter oder eher Dis pater. Jener, der im Himmel ansässig ist, spricht gegen die Aufnahme des Claudius in den Himmel, wogegen dieser, der eigentlich der Unterwelt angehört, dafür eintritt. Beide, sowohl der Gott des echten Saturnischen Zeitalters wie auch der Herrscher der Unterwelt, bei dem Claudius letztendlich als Gallier natürlich landet, versuchen ihn los zuwerden. Die Kapitel 10 und 11 enthalten eine Rede des Kaisers Augustus,9 5 des Vor bildes des Claudius, die gegen seine Person gerichtet ist. Diesen Teil, der nur als Folie der Darstellung vor dem Hintergrund des Verfahrens im römischen Senat verständlich ist, haben vor allem Historiker mit Recht als das Kernstück der 88
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Vgl. Nep. pr. 1,4: neque enim Cimoni fuit turpe, Atheniensium summo viro, sororem ger manam habere in matrimonio, quippe cum cives eius eodem uterentur instituto. Zum Begriff des Inzestuösen siehe K. Hopkins ( 1980) 1 1 3- 143. J. Adamietz ( 1 986) 373 f. : "So wird schließlich dem Anspruch auf einen Sitz unter den Göttern die wirklich angemessene Position entgegengehalten, die Verehrung durch die Barbaren im fernen Britannien als Narrengottheit. " Vgl. D. Fishwick ( 1 99 1 ) 137- 1 4 1 . Vgl. R. Freudenherger e 1969) bes. 1 89- 199; W. Otto ( 1 939) 398-405; S. Calderone ( 1 972) 377-396. Vgl. U. Knoche e 197 1) 66. Vgl. Komm. zu c. 9,3. Der c. 9,4 erwähnte Gott Diespiter bzw. Dis pater, der wie auch Claudius 'Staatsange hörigkeiten' an peregrini verkaufte, enthält eine weitere Anspielung auf die gallische Herkunft des Claudius. Vgl. Caes. Gall. 6, 1 8, 1 : Galli se omnes ab Dite patre prognatos praedicant . . . Vgl. S. Wolf ( 1 986) passim (siehe dazu R. Jakobi [ 1 988] 202-209 und H. Schoonhoven [ 1 992] 257-260); 0. Zwierlein ( 1 982) 1 62-175; U. Knoche ( 1 966) 463-470.
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Schrift bezeichnet. 9 6 Es steht aber nicht kontextlos da, sondern hängt mit einem vorherrschenden Zug in der vorhergehenden satirischen Schilderung des Clau dischen Charakters zusammen, der saevitia, die gemäß der physiognomischen Denkweise zu seiner mißgebildeten Gestalt paßt. Diese hat den Tyrannen dazu gebracht, vornehme Römer, darunter auch Freunde (amici) im allgemeinen sowie Angehörige (necessarii) der domus Iulia im besonderen, hinrichten zu lassen oder in den Tod zu treiben. 9 7 Aus der saevitia des Claudius leitet sich natürlich seine fehlende iustitia her, die seine Verurteilung, Verbannung aus dem Himmel in die dritte Welt, also die Unterwelt, zur Folge hat. Dies geschieht ausgerechnet durch den Beschlußantrag des kaiserlichen Vorbildes des Clau dius, Augustus, den er gern nachahmte und dessen Sippenangehörige (neces sarii) er töten ließ; denn dies ist mit dem Leben unter den wahren Göttern (dii) im Himmel nicht zu vereinbaren - und zeigt, daß Claudius nach menschlichem Dafürhalten zwar divus, jedoch kein deus ist. 9 8 Die Konsequenz, die sich aus der vorgebrachten umständlich formulierten sententia des Augustus ergibt, 99 ist der Verweis des Claudius aus dem himmlischen Bereich in die Unterwelt. 100 Die Verbannung a caelo ad inferos erfolgt auf der Stelle und wird von Mer curius prompt in die Wege geleitet. Der anonyme Autor läßt die beiden unter wegs haltmachen auf der via Sacra, damit Claudius - auf der Handlungsebene die Möglichkeit bekommt, seinem eigenen Begräbnis beizuwohnen. An dieser Stelle der Handlung wird zum ersten Mal deutlich darauf angespielt, daß sich die römische Ö ffentlichkeit über die faktische deificatio des Claudius habe täuschen lassen wegen des mit großem Aufwand arrangierten Begräbnisses eines Gottes: et erat omnium formosissimum et impensa cura, plane ut scires deum efferri (c. 12, 1). Wiederum findet eine Degradierung des Claudius statt. Er, der schwer von Begriff ist, erkennt erst jetzt, daß er gestorben ist: Claudius, ut viditfunus suum, intellexit se mortuum esse (c. 12,3). Gleichzeitig erwachen die wahren Vertreter der Gerechtigkeit und stellen fest, daß die Zeit der 'verkehrten Welt' vorüber ist: 96
Vgl. A. Momigliano (1961) bes. 77 : "It is significant that it should be Augustus who exposes the cantrast - Augustus, the man whom Claudius pretended to imitate and follow. Attention has never been drawn to the fact that this is the real kerne! of the attack on Claudius - the comparison of him with Augustus, the choice of Augustus, whose name was for ever in Claudius' mouth, as Claudius' accuser. The rest of the Apoco/ocyntosis may be Iight-hearted fantasy". 97 Vgl. H. Horstkatte ( 1 989) 1 13- 1 43. Zu den römischen Begriffen domus und necessarii siehe Komm . zu c. 1 0,3 und zu c. 1 1 ,4. 9 8 Vgl. c. 10,4: die mihi, dive C/audi, quare quemquam ex his, quos quasque occidisti, ante quam de causa cognosceres, antequam audires, damnasti? hoc ubifieri so/et? in caelo non fit. 99 Vielleicht enthält die unbeholfene Sprache des Augustus Anspielungen auf die des Claudius. 100 Vgl. c. 1 1 ,5 : p/acet mihi in eum severe animadverti nec illi rerum iudicandarum vacatio nem dari eumque quam primum exportari et cae/o intra tringinta dies excedere, 0/ympo intra diem tertium.
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'dicebarn vobis, non sernper Saturnalia erunt' (c. 12,2). Zur Ehrung eines Toten gehörte im antiken Grabritus außer der laudatiofunebris noch die nenia, ein von einem Chor gesungenes Klagelied. 101 Das vorliegende Klagelied ist eine Parodie der Gattung und bringt eine ironische Huldigung des Claudius: Alles wird auf den Kopf gestellt: Die Tapferkeit des Verstorbenen wird gelobt und seine Schnelligkeit, seine sichere Hand, seine gerechte Tätigkeit als Richter werden hervorgehoben. Dies wird alles geschildert, um die Dummheit und Naivität des Claudius herauszustellen, der es natürlich für bare Münze nimmt: delectabatur laudibus suis Claudius et cupiebat diutius spectare (c. 13,1). Er hat zwar verstan den, daß er gestorben ist, jedoch noch nicht wahrgenommen, daß er lediglich rnortalis gewesen und nicht irnrnortalis geworden ist. Die Menschen auf Erden außer dem Publikum der 'Apocolocyntosis' - erfahren es ja auch nicht: inicit illi rnanurn Talthybius deorurn, nuntius ( . . . ) , 102 et trahit capite obvoluto, ne quis eurn possit agnoscere, per carnpurn Martiurn, et inter Tiberirn et viarn Teetarn descendit ad inferos (c. 13,1). Wie von einem richtigen Gallier nicht anders zu erwarten wäre, landet Claudius schließlich beim pater Dis, wo er mit großer (Schaden-)Freude empfangen wird, als wäre er der wiedergefundene Gott Osiris. 103 Der Kaiser Claudius, dem die Sterblichen auf Erden durch die Apotheose die Unsterblich keit zugesprochen haben, wurde von den Unsterblichen im Himmel abgelehnt und zu seinen natürlichen Genossen weggeschickt. Mit anderen Worten : Er landet aus der Sicht der Götter in der richtigen, aus der Sicht der Menschen aber in der verkehrten Welt, was wiederum eine Umkehrung des Richtigen ist. Im Reich der Toten widerfährt Claudius dasselbe Schicksal, das er selbst vielen anderen hat zukommen lassen ; denn er wird ohne einen richtigen Prozeß ver urteilt: Aeacus, horno iustissirnus, vetat et illurn altera tanturn parte audita condern nat . . . (c. 14,2). Die Gerechtigkeit in der Unterwelt ist somit auch eine 'verkehrte Welt', jedoch gleichzeitig eine Spiegelung der richtigen - jedenfalls so, wie sie war, solange Claudius noch princeps Saturnalicius war. Seine Richtertätigkeit wird somit als eine Karikatur abgestempelt: 10 4 Claudio rnagis iniquurn videbatur quarn novurn (c. 14,3). 10 5 Die Fortsetzung enthält einige Verderbnisse. Der Sinn des Zusammenhangs läuft jedoch wahrscheinlich darauf hinaus, daß man Clau dius zu einer frustrierenden Straf- oder eher Sklavenarbeit verurteilen soll, 106 die analog zu der des Sisyphus ist und die mit einer seiner Leidenschaften verknüpft werden kann. Man entscheidet sich ftir Würfeln mit einem Becher, der ebenso durchlöchert ist wie das doliurn der Danaiden : turn Aeacus iubet illurn alea ludere 101 1 02 1 03 1 04 1 05 1 06
Vgl. W. Kierdorf ( 1 980) 96fT. Zur möglichen Ergänzung der Lücke siehe Komm. zur Stelle. Das Tertium comparationis zwischen Osiris und Claudius dürfte der Begriff Inzest sein. Dieser hatte ein Verhältnis zu seiner Nichte, jener zu seiner Schwester. Vgl. J. G. Wolf ( 1 993) [im Druck] . Zur Herstellung der Textstelle siehe S. Mariotti ( 1 976- 1 977) 4 8 1 -483 . Claudius war nach stoischer Auffassung ein Sklave seiner Leidenschaften, vgl. Cic.fin. 3,75 : (sapiens est) solus /iber nec oboediens cupiditati.
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pertuso fritil/o (c. 14,4). Diese Strafe kommt nicht von ungefähr, sondern ist gezielt gewählt. Auf Erden war das Würfeln nur während des Saturnalienfestes erlaubt, obwohl es das ganze Jahr über ausgeübt wurde. 10 7 Claudius setzt somit gewissermaßen im 'Jenseits' seine Lebensweise im 'Diesseits' fort. War sie auf Erden die verkehrte, ist sie aber dort die richtige Welt, wobei die Ordnung per fekt und die Saturnalien auf Erden vorüber sind. Am Ende der Satire über den toten Kaiser Claudius wird dieser mit einer doppelten Strafe belegt: einer Ewigkeitsstrafe nach dem Muster der Bestraften Tantalus und Ixion und andererseits der Versklavung nach römischem Vor bild. 1 0 8 Geschildert werden die ewige Sisyphusarbeit des Claudius sowie seine Ausgrenzung aus der Gesellschaft der freien Römer, was ftir einen ingenuus schlimmer war als die Ausgrenzung aus der Welt der Zivilisierten (humani tas) : 109 apparuit subito C. Caesar et petere illum in servitutem coepit (c. 1 5,2). Clau dius, der ehemalige Richter, muß demnach Sklavendienst leisten in der Unter welt, und zwar vor Gericht (a cognitionibus) bei einem Freigelassenen, was ftir ihn nicht die verkehrte Welt ist. Er war ja im richtigen Leben Sklave auch dieser Leidenschaft (cupiditas) 110 , d. h. seiner Richtertätigkeit - und der Sklave seiner Freigelassenen. l l l Solange Claudius, der Narr und Tyrann zugleich war, noch lebte, war aber die richtige Welt die verkehrte - ftir das römische Publikum (vgl. c. 12,2). Claudius wird in der ganzen Schrift - wie etwa auch bei Sueton - als homo stultus et saevus dargestellt, was zur Auffassung der Stoiker paßt, daß alle Toren (insipientes) auch wahnsinnig (non sani) sind. Oder wie es einmal Cicero formuliert hat: omnis insipientes esse non sanos ( . . . ) insipientia autem quasi insanitas quaedam, quae est insania eademque dementia (Tusc. 3 , 1 1). Mit anderen Worten : Claudius bildet den Gegenbegriff zum sapiens der Stoiker; denn er ist ein böser Tor, der Verbrechen begeht, und muß demnach wahnsinnig sein: ergo ubi prava I stultitia, hic summa est insania: qui sceleratus, I et furiosus erit (Hor. sat. 2,3,220)_ 1 12 Aus der oben vorgebrachten Deutung der Handlung der 'Apocolocyntosis' geht hervor, daß die ganze Satire sich streckenweise wie eine Invektive gegen die Person des Claudius liest: 1 1 3 Es wird nur Negatives berichtet, und zwar vorwie gend aus der Sicht eines Stoikers. 1 1 4 Claudius, homo stultus et saevus, paßt ja zum Bild des sapiens der Stoiker nicht. 1 1 5 Hauptthema der Satire ist die Ausgren1 07
Vgl. J. Väterlein ( 1 976) bes. 54. Vgl. G. Binder (1991) 54-67. 1 09 Vgl. Y. Thebert ( 1 99 1 ) 1 58-199; J. Andreau ( 199 1) 200-225 . 1 10 Vgl. Svet. Claud. 14. 111 Vgl. Svet. Claud. 40,2. 1 12 Vgl. B. P. Wallace ( 1 990) 17 1-183, bes. 1 74. 1 13 Vgl. S . Koster ( 1 980) bes. 2 8 f. 1 14 Nero hat auch selbst Claudius in derselben verächtlichen und abschätzigen Weise behandelt: certe omnibus rerum verborumque co ntumeliis mortuum insectatus est, modo stultitiae, modo saevitiae arguens (Svet. Nero 3 3 , 1 ) . 115 Vgl. M. Altman ( 1 938) 198-204.
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zung des Narren und Tyrannen Claudius aus dem Römerturn und aus der Welt der Götter, kurz: seine totale Dehumanisierung und Entdivinisierung. Eine poli tische Satire ist die 'Apocolocyntosis' nicht, wenn man darunter negative Kritik an Personen, die noch am Leben sind, versteht: Keine lebenden Personen wer den ja in der Schrift angegriffen. Auf eine politische Zielsetzung läßt die Satire schließen, insofern als die vituperatio Claudii den Iaudes Neronis gegenüber gestellt wird und gegen die Konsekration des aus stoischer Sicht unwürdigen Kaisers Claudius gerichtet ist. 1 1 6 Es darf dabei nicht vergessen werden, daß sich Satire und Geschichtsschreibung generell dadurch berühren, daß sie sich mit einer geschichtlichen Person befassen, nur ist dabei die Perspektive verschieden: Der Historiker sucht die Wahrheit, der Satiriker ist Moralist. Dazu paßt, daß das Ziel der Satire nicht nur das Moralisieren, sondern auch das Unterhalten sein sollte. Ebendas bezwecken die vielen 'spoudaiogeloia', von denen die 'Apocolo cyntosis' voll ist. 1 17
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Zum politischen Hintergrund siehe K. Bringmann ( 1 9 7 1 ) 56-69; M. T. Griffin ( 1 976) bes. 129- 1 3 3 . Vgl. L. Giangrande ( 1 972) b e s . 1 05 fT.
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L. Annaei Senecae Divi Claudii AnoxoÄoxuv't'watc; 1 1. Quid acturn sit in caelo ante diern III idus Octobris anno novo, initio saeculi felicissirni, volo rnernoriae tradere. nihil nec2 offensae nec gratiae dabitur. haec ita vera. si quis quaesiverit unde sciarn, prirnurn, si noluero, non respondebo. quis coacturus est? ego scio rne liberurn facturn, ex quo suurn diern obiit ille qui verurn proverbiurn fecerat, aut 3 regern aut fatuurn nasci oportere. (2) si libuerit respondere, dicarn quod rnihi in buccarn venerit. quis urnquarn ab historico iura tores4 exegit5? tarnen si necesse fuerit auctorern producere, quaerito 6 ab eo qui Drusillarn euntern in caelurn vidit: idern7 Claudiurn vidisse se dicet iter facien tern "non passibus aequis". velit nolit, necesse est illi ornnia videre quae in caelo aguntur8 : Appiae viae curator est, qua scis et divurn Augusturn et Tiberiurn Cae sarern ad deos isse. (3) hunc si interrogaveris, soli narrabit: corarn pluribus nurn quarn verburn faciet. narn ex quo in senatu iuravit se Drusillarn9 vidisse caelurn aseendentern et illi pro tarn bono nuntio nerno credidit quod iurarat 10 verbis con ceptis, affirrnavit se non indicatururn, etiarn si in rnedio foro horninern occisurn vidisset. ab hoc ego quaecurnque 1 1 audivi certa, clara affero, ita illurn salvurn et felicern habearn ! 2.
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Iarn Phoebus breviore via contraxerat +orturn+ 1 2 lucis et obscuri crescebant ternpora Sornni, iarnque suurn victrix augebat Cynthia regnurn Tit. DIVI CLAVDII INCIPIT AII00HOCIC ANNEI SENECE 1!- SATIRÄ S SENECE LVDVS DE MORTE CLAVDII V INCIPIT EIVSDEM SENECE LVDVS DE MORTE CLAVDII CESARI S L. nec S : om. VL. aut . . . aut in et . . . et mutandum suspicor. ab historico iurato (aucto) res Ruhkopf. commendant Mommsen et Flach : an ab historico iurat(os auct) ores scribendum? exegit SV : exigit L. quaerito S : quaerite VL. idern SL : itern V. aguntur S : agantur VL. Drusillarn SVL: suspicor Claudiurn legendum. quod iurarat scripsi : quod viderat Gertz : Quod viderit S : quid viderit VL. quaecurnque VL : quae turn S. orturn SVL : orbern dub. Framond : aueturn conicio.
Übersetzung, Interpretation
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1 , 1 . Was am 1 3 . Oktober im neuen Jahr, am Anfang der allerglücklichsten Ära, im himmlischen Senat behandelt wurde, das will ich hier der Nachwelt überlie fern. Keinesfalls werde ich mich dabei von Haß oder von Zuneigung lenken lassen: Ich berichte die Wahrheit. Fragt man mich, woher ich mein Wissen habe, so werde ich zunächst, wenn ich nicht mag, gar keine Antwort darauf geben: Wer will mich denn dazu zwingen? Ich weiß ja, daß ich ein freier Mann geworden bin seit dem Tag, als jener aus der Welt ging, der das Sprichwort wahr werden ließ : Zum Despoten oder zum Trottel muß man geboren werden. (2) Gefällt es mir aber zu antworten, so sage ich, was mir gerade in den Schnabel kommt. Wer hat denn je von einem Historiker Schwurzeugen verlangt? Wenn es jedoch nötig sein sollte, einen Gewährsmann vorzuführen, dann frage doch den Zeugen, der einst die Himmelfahrt der Drusilla beobachtete : Der wird auch behaupten, er habe Claudius gesehen, wie dieser dorthin unterwegs war
mit humpelnden Schritten.
Ob er will oder nicht, er kann nicht umhin zu sehen, was sich so alles im Himmel ereignet: Er ist Wegbauinspektor der Via Appia, auf der, wie du weißt, schon der göttliche Augustus und Kaiser Tiberius zu den Göttern gegangen sind. (3) Wenn du diesen Zeugen fragst, erzählt er es dir aber nur unter vier Augen; in Gegen wart mehrerer sagt er nie auch nur ein Wort. Denn seitdem er im Senat schwur, er habe Drusilla zum Himmel aufsteigen sehen - und niemand ihm trotz dieser Freudenbotschaft glaubte, was er mit bindendem Eid geschworen hatte, be teuerte er, daß er selbst dann, wenn er auf offener Straße einen Ermordeten sehen sollte, dies nie anzeigen würde. Alles, was ich von ihm erfahren habe, will ich nun klar und deutlich berichten, so wahr ich ihm Glück und Gesundheit wünsche ! Schon in engerem Pfad zog Phoebus zusammen den +Lichtkreis+, I und die Stunden des Schlafs, des finsteren, waren im Wachsen, I schon auch mehrte ihr Reich im Siegeszuge Selene, I und es pflückte der garstige Winter des üppigen 2.
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L. Annaei Senecae
et deformis Hiemps gratos carpebat honores divitis Autumni iussoque senescere Baccho carpebat raras serus vindemitor uvas. (2) puto magis intelligi ( posse ) 13 , si dixero : mensis erat October, dies III idus 1 4 Octobris. horam non possum certarn tibi 15 dicere : facilius inter philosophos quam inter horologia conveniet: tarnen inter sextarn et septimam erat. (3) + nimis rustice + 1 6 adquiescunt omnes poetae, non contenti 17 ortus et occasus describere, ut etiam medium diem inquietent: tu sie transibis horam tarn bonam?' (4) lam medium curru Phoebus diviserat orbem et propior nocti fessas 1 8 quatiebat habenas obliquo flexam deducens tramite lucem: 3. Claudius animam agere coepit nec invenire exitum poterat. turn Mercurius,
qui semper ingenio eius delectatus esset, unam e tribus Parcis seducit 19 et ait: 'quid, femina crudelissima, hominem miserum torqueri pateris? nec umquam tarn diu cruciatus exeae 0 ? annus sexagesimus et quartus est, ex quo cum anima luctatur. quid huic et rei publicae invides? 2 1 (2) patere mathematicos aliquando verum dicere, qui illum, ex quo princeps factus est, omnibus annis omnibus mensibus efferunt. et tarnen non est mirum, si errant et horam eius nemo novit: nemo enim umquam illum natum putavit. fac quod faciendum est: dede neci, melior vacua sine regnet in aula.' (3) sed Clotho 'ego mehercules' 22 inquit 'pusillum temporis adicere illi volebam, dum hos pauculos qui supersunt civitate donaret - constituerat enim omnes Graecos, Gallos, Hispanos, Britannos togatos videre -, sed quoniam placet ali quos peregrinos in semen relinqui et tu ita iubes fieri, fiat!' (4) aperit turn cap sulam et tres fusos profert: unus erat Augurini, alter Babae, tertius Claudii. 'hos' inquit 'tres uno anno exiguis intervallis temporum divisos mori iubebo, nec illum incomitatum dimittam. non oportet enim eum, qui modo se tot milia hominum sequentia videbat, tot praecedentia, tot circumfusa, subito solum destitui. contentus erit his interim convictoribus.' 13 posse addidi. 14 III idus S V : I (spatiuncu/o vacuo insequente) eiusdern L. 15 certarn tibi SV : tibi certarn L. 1 6 locus desperatus. 1 1 contenti VL : conventi S. 1 8 nocti fessas S : noctis fessus VL. 1 9 seducit S : educit VL. 20 exeat Bruun : an anirnus supp/endum ? : esset S VL : (c)esset plerique editores recentiores lunio auctore /egunt. 2 1 et rei publicae invides S : et respondit invides V : invides et respondit L 22 rne hercules S V3 : rnehercule L : rne erculus V.
Übersetzung, Interpretation
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Herbstes I köstliche Zier, und spät erst pflückte der Winzer - von Bacchus I höheres Alter erheischend - die späten, spärlichen Trauben. "Ich denke, es ist leichter verständlich, wenn ich sage: Der Monat war der Oktober, der Tag war der 1 3 . desselben. Die genaue Uhrzeit kann ich dir leider nicht mitteilen: Denn eher werden Philosophen übereinstimmen als Uhren, es muß jedoch zwischen zwölf und eins gewesen sein. (3) + . . . . . + 1 zufriedengeben, so daß sie sogar die Mittagsstunde nicht in Ruhe lassen : Da willst du eine so gute Stunde einfach übergehen? (4) Schon war über die Mitte der Kreisbahn Phoebus gefahren, I und er schüttelte, näher der Nacht schon, die schläfrigen Zügel, I führte auf schrägem Pfade die Sonne im Bogen hinunter: 3. Da fing Claudius an, seine Seele auszuhauchen, konnte aber den Ausgang
nicht finden. Da nahm Mercurius, der schon immer an der Begabung dieses Mannes Freude gefunden hatte, eine der drei Parzen zur Seite und sagte : "Wieso erlaubst du, grausames Weib, daß der arme Kerl gequält wird? Soll er denn, obwohl er schon so lange geplagt worden ist, nie sterben? Seit vierundsechzig Jahren ringt er nun mit seiner Seele. Warum bist du ihm und dem Staat so böse? (2) Laß doch die Astrologen endlich einmal die Wahrheit prophezeien! Sie haben ihn, seitdem er Kaiser ist, jedes Jahr und jeden Monat zu Grabe getragen. Es ist aber kein Wunder, wenn sie irren und niemand seine Stunde kennt. Hat ihn doch niemand je für geboren gehalten. Tue deshalb, was du tun mußt: Weih ihn dem Tod', ein Besserer herrsch ' im geräumten Palaste. (3) Clotho aber erwiderte: "Ich wollte ihm weiß Gott noch ein bißeben Zeit zuge ben, bis er die paar Leutchen, die noch übriggeblieben sind, auch mit dem römi schen Bürgerrecht beschenkt hätte (er hatte sich ja vorgenommen, alle Grie chen, Gallier, Spanier und Britannier in der römischen Toga zu sehen), aber da man offensichtlich will, daß noch einige Nichtrömer übrigbleiben für die Nach zucht, und du es so willst, soll es geschehen." (4) Darauf öffnet sie eine Kapsel und holt drei Spindeln heraus: Die eine war die des Augurinus, die zweite die des Baba, die dritte die des Claudius. "Diese drei", sagte sie, "will ich in einem Jahr kurz nacheinander sterben lassen; denn ich will ihn nicht ohne Gefolgschaft weggehen lassen. Es gehört sich nämlich nicht, daß einer, der sich bis vor kurzem von so vielen tausend Menschen auf allen Seiten umgeben sah, plötzlich ganz allein gelassen wird. Mit dieser Gesellschaft muß er sich vorerst zufrieden geben."
1
Verbesserungsvorschlag : mit der Astrologie.
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L. Annaei Senecae
Haec ait et turpi convolvens stamina fuso abrupit stolidae regalia tempora vitae. at2 3 Lachesis redimita comas2\ ornata capillos, Pieria crtnem lauro frontemque coronans, candida de niveo subtemina2 5 vellere sumit felici moderanda manu, quae ducta colorem assumpsere novum. mirantur pensa sorores: mutatur vilis pretioso lana metallo, aurea formoso descendunt saecula filo. nec modus est illis : felicia vellera ducune 6 et gaudent implere manus: sunt dulcia pensa. sponte sua festinat opus nulloque labore mollia contorto descendunt stamina fuso. vincunt Tithoni, vincunt et Nestoris annos. Phoebus adest cantuque iuvat gaudetque futuris et laetus nunc plectra movet, nunc pensa ministrat: detinet intentas2 7 cantu fallitque laborem. dumque nimis citharam fraternaque carmina laudant, plus solito nevere manus humanaque fata laudatum transcendit opus. 'ne demite, Parcae', Phoebus ait, 'vincat mortalis tempora vitae ille mihi similis vultu similisque decore nec cantu nec voce minor. felicia lassis saecula praestabit legumque silentia rumpet. qualis discutiens fugientia Lucifer astra aut qualis surgit redeuntibus Resperus astris, qualis, cum primum tenebris Aurora solutis induxit rubicunda diem, Sol aspicit orbem lucidus et primos a carcere concitat axes: talis Caesar adest, talem iam Roma Neronem aspiciet. flagrat nitidus fulgore remisso vultus et adfuso cervix formosa capillo.'
(2) Haec Apollo. at Lachesis, quae et ipsa homini formosissimo faveret, fecit illud plena manu et Neroni multos annos de suo donat. Claudium autem iubent omnes
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at S V : et L. comas VL : comes S. subtemina S' V : subtemine S : subtegmitra L. ducunt SL : dicunt V. intentas L : intentus S V. locu m restituit lunius secundum Eur. Cresph. fr. 449 N2 : XAIPON TAIC EYCII H MOYN TAICE SL: XAIPONTAYC EYCII H MOYTAYC V.
Übersetzung, Interpretation
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Sprach's. Und zusammengerollt auf häßlicher Spindel die Fäden, I riß sie sie ab, die Herrschertage des törichten Lebens. I Lachesis aber, die Haare geschmückt, umwunden die Flechten, I Locken und Stirn umrankt vom Kranze pierischen Lorbeers, I nimmt mit glückhaft führender Hand von schneeiger Wolle I gleißende Fäden. Sie wechseln, gesponnen, im Nu ihre Farbe. I Staunen erfüllt nun die ganzen Schwestern ob solchen Gespinstes. I Denn in köstlich Metall verwandelt sich ärmliche Wolle: I Goldene Zeiten, sie steigen herab vom herrlichen Garne. I Endlos spinnen sie fort : Sie ziehen glückselige Fäden, I fül len freudig die Hände, und süß ist ihnen die Arbeit. I Ganz wie von selber eilet das Werk, und mühelos fließen I weich die Fäden herab von emsig rollender Spindel : I Spenden der Jahre mehr als Nestor zählt, als Tithonus. I Phoebus ist nah und hilft mit Gesang und freut sich der Zukunft, I rührt bald fröhlich die Saiten, bald reicht er den Schwestern die Wolle. I Hält mit Gesang sie am Werk und macht sie vergessen die Arbeit. I Während sie Spiel und Gesang des Bruders mit Lob überhäufen, I spinnen sie mehr als gewöhnliches Maß, und mensch liches Schicksal I schon übersteigt ihr gepriesenes Werk. "0 nehmet, ihr Par zen," I sprach da Apoll, "o nehmt nichts hinweg ! In des irdischen Daseins I enge Umgrenzung bannet nicht ihn, der mir ähnlich von Antlitz, I ähnlich an Schön heit, gleich an Gesangskunst! Selige Zeiten I bald wird er bringen den Müden und brechen das Schweigen des Rechtes. I Gleichwie Lucifer, all die fliehenden Sterne verscheuchend, I oder wie Hesperus, kehren sie wieder, die Sterne, emporsteigt, I gleich wie Helios - wenn Aurora, das Dunkel zerstreuend, I rosig geleitet den Tag - im Strahlenkranze den Erdkreis I anschaut und aus den Schranken den Sonnenwagen hervorlenkt: I Solch ein Kaiser ist nahe! So wird jetzt Rom seinen Nero I schauen ! So lieblich erstrahlt im milderen Glanze sein Antlitz I und unter wallendem Haar sein schöngestalteter Nacken! 4.
(2) Also sprach Apollon. Aber Lachesis, die auch selbst dem schmucken Kerl wohlgesinnt war, schenkte großzügig Nero von sich aus noch viele Jahre oben drauf. Claudius dagegen hießen sie alle voll Glück und Freude aus dem Hause tragen.
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L . Annaei Senecae
et ille quidem animam ebulliit, et ex eo desiit vivere videri. expiravit autem dum comoedos audit, ut scias me non sine causa illos timere. (3) ultima vox eius haec inter homines audita est, cum maiorem saniturn emisisset illa parte, qua facilius loquebatur: 'vae me, puto 29 , concacavi me.' quod an fecerit nescio: omnia certe concacavit. 5.
Quae in terris postea sint acta supervacuum est referre. scitis enim optime, nec periculum est ne excidant +quae memoriae gaudium publicum impres serunt+ 30 : nemo felicitatis suae obliviscitur. in caelo quae acta sint audite (fides penes auctorem erit). (2) nuntiat ( is ) 3 1 lovi venisse quendam bonae staturae, bene canum; nescio quid illum minari 3 2, assidue enim caput movere; pedem dextrum trahere. quaesisse se cuius nationis esset: respondisse nescio quid per turbato sono et voce confusa; non intellegere se linguam eius : nec Graecum esse nec Romanum nec ullius gentis notae. (3) turn luppiter Herculem, qui totum orbem terrarum pererraverat et nasse videbatur omnes nationes, iubet ire et explorare quarum hominum esset. turn Hercules prima aspectu sane perturbatus est +ut qui etiam non omnia monstra timuerit+ 33 , ut vidit novi generis faciem3 \ insolitum incessum, vocem nullius terrestris animalis, sed qualis esse marinis beluis solet, raucam et implicatam, putavit sibi tertium decimum laborem venisse. (4) diligentius intuenti visus est quasi homo. accessit itaque et, quod facillimum fuit Graeculo, ait: 'tt<;; 1tößev ei<;; avÖp&v, 1tOtT]
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7tÖAt<;; t, öe 'tOXi'je<;; ;
Claudius gaudet esse illic philologos homines: sperat futurum aliquem historiis suis locum. itaque et ipse Homerico versu Caesarem se esse significans ait: '1At6ßev f.LE q>epwv &vef.Lo<;; Ktxöveom 1teA.aooev. 3 6 - erat autem sequens versus verior, aeque Homericus: evßa ö 'i:yw 7tÖAtV E1tpaßov WAEOIX ö au 't OU<;; 3 7 '
.
6. Et imposuerat Herculi minime vafro 3 8 , nisi fuisset illic Febris, quae fano suo relicto sola cum39 illo venerat: ceteros omnes deos Romae reliquerat. 'iste' inquit 29 puto S VL : pedo hariolor. 3 0 quae memoriae S VL : memoriae quae Bueche/er : impressert S : impresserunt VL. 3 1 is addidi. 3 2 illuminari S : illum mirari VL. 33 timuerit S VL : domuerit Muretus. 34 haud scio an speciem scribendum. 35 7tOtT] Gertz : 1101 H S : 7t6{h 't'Ot codd. Homeri, Od. 1 , 1 70, Rhenanus. 3 6 Homeri Od. 9,39 recognovit lunius. 3 7 Homeri Od. 9,40 agnovit lunius. 3 8 minime vafro /unius : minime fabro SV : minimo discrimine fabros L : nimio fabro Gertz. 39 so1a cum S : so1atum VL.
Übersetzung, Interpretation
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Und er sprudelte seine Seele aus, und von dem Moment an härte sein Schein dasein auf. Seinen letzten Schnaufer aber tat er, während er Komödianten zuhörte. Dies sage ich dir bloß, damit du weißt, ich fürchte derartige Leute nicht ohne Grund. Das letzte, was die Menschen von ihm hört�n, als er sich lautstark äußerte mit jenem Organ, mit dem er sich leicht artikulierte, war folgender Spruch: '0 je, ich denke, ich habe mich beschissen.' Ob er das wirklich getan hat, weiß ich nicht; Tatsache ist aber, daß er aus allem Mist machte. 5,1. Was dann auf Erden weiter geschah, ist müßig zu berichten. Ihr wißt es ja alle, auch besteht keine Gefahr, daß das, +was die öffentliche Freude dem Gedächtnis einmal eingeprägt hat+, in Vergessenheit gerät: Keiner vergißt sein eigenes Glück. Hört dafür, was im Himmel geschah (für die Glaubwürdigkeit verbürgt sich mein Gewährsmann). (2) Dieser berichtet Jupiter, ein großgewach sener Typ mit ganz schön grauen Haaren sei gekommen. Er äußere irgendwelche Drohungen; denn er schüttle stets den Kopf; er ziehe das rechte Bein nach. Er habe ihn gefragt, wo er herkomme; dieser habe irgendetwas Unverständliches und Unartikuliertes geantwortet. Er habe seine Sprache nicht verstanden: Der sei weder Grieche noch Römer noch Angehöriger irgendeines bekannten Vol kes. (3) Da befiehlt Jupiter dem Hercules, der als Weltenbummler anscheinend alle Völker kannte, loszugehen und herauszufinden, woher er stamme. Beim ersten Anblick verlor Hercules freilich die Fassung, +weil er doch nicht alle Monster gefürchtet hatte+2 • Wie er die einmalige Erscheinung bemerkte, den ungewöhnlichen Gang und die Stimme, die keinem auf der Erde lebenden Wesen angehörte, sondern der von Seemonstern glich, d.h. rauh und unartiku liert war, da meinte er, eine dreizehnte Arbeit sei auf ihn zugekommen. (4) Als er aber genauer hinschaute, schien es ihm doch so etwas wie ein Mensch zu sein. Er ging also darauf zu und sagte auf griechisch, was ja für einen waschechten Grie chen überaus leicht ist, folgendes : Wer, wes Volkes bist du ? Wo sind deine Heimat und Eltern ?
Claudius freut sich, daß es im Himmel auch Literaten gibt, und hofft, es werde auch ein Plätzchen für seine Historiae geben. Darum antwortet auch er mit einem Homerzitat und gibt sich dabei als Kaiser zu erkennen: Gleich von I/ion trug mich der Wind zur Stadt der Kikonen.
Der folgende Vers, der gleichfalls aus Homer stammt, wäre aber zutreffender gewesen: Dort verheert' ich die Stadt und würgte die Männer. 6,1. Und er hätte fast den nicht besonders schlauen Hercules hereingelegt, wenn nicht die Fiebergöttin dabei gewesen wäre. Sie hatte ihren Tempel in Rom ver2
Verbesserungsvorschlag : Weil er noch nicht alle Monster kennengelernt hatte.
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L. Annaei Senecae
'mera mendacia narrat. ego tibi dico, quae cum illo tot annis vixi : Luguduni natus est, Araricum4 0 municipem vides. quod tibi narro, ad sexturn decimum lapidem natus est a Vienna, Gallus germanus. itaque quod Gallum facere opor tebat, Romam cepit. hunc ego tibi recipio Luguduni natum, ubi Licinus4 1 multis annis regnavit. tu autem, qui plura loca calcasti quam ullus +mulio perpetua rius+ Lugudunensis42 , scire debes multa43 milia inter Xanthum et Rhodanum interesse.' (2) excandescit hoc loco Claudius et quanto potest murmure irascitur. quid diceret44 nemo intellege bat. ille autem Febrim duci iubebat illo gestu solu tae manus et ad hoc unum satis firmae, quo 45 decollare homines solebat: iusserat illi collum praecidi. putares omnes illius esse libertos, adeo illum nemo curabat. 7. Turn Hercules 'audi me' inquit, 'tu desine fatuari. venisti huc, ubi mures ferrum rodunt. citius mihi verum, ne tibi alogias excutiam.' et, quo terribilior esset, tragicus fit et ait: (2) 'exprome 4 6 propere sede47 qua genitus cluas, hoc ne peremptus stipite ad terram accidas : haec clava reges saepe mactavit feros. quid nunc profatu vocis incerto sonas? quae patria, quae gens nobile 48 eduxit caput? edissere. equidem regna tergemini petens49 ionginqua regis, unde ab Hesperio mari Inachiam5 0 ad urbem mobile 51 advexi pecus, vidi duobus imminens fluviis iugum, quod Phoebus ortu semper obverso videt, ubi Rhodanus ingens amne praerapido fluit Ararque, dubitans quo suos cursus agat, tacitus quietis adluit ripas 52 vadis53 . estne illa tellus spiritus altrix tui?'
40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53
Araricum scripsi : marci S VL. Licinus Buecheler : licinius S VL. Lugudunensis cum Gertz scripsi : Lugudunenses S debes multa S : debes et multa VL. diceret S : dicebat VL. quo SL : quod V. exprome Rhenanus : exprime S VL. sede Rhenanus : sed S VL. nobile SL : mobile V. petens L : potens SV. Inachiam SL : Inachaiam V. mobile V : nobile SL. ripas SL : rapidas V. vadis SV : undis L.
:
Lugdunenses VL.
Übersetzung, Interpretation
39
lassen und war allein von den Göttern mit ihm gekommen: Die übrigen hatte sie alle in Rom zurückgelassen. 'Der da', sagte sie, 'erzählt lauter Märchen. Ich, die so viele Jahre mit ihm verbracht habe, garantiere dir: In Lugdunum ist er gebo ren. Vor dir siehst du einen Anwohner des Arar. Ich sage dir, sechzehn Meilen von Vienne entfernt ist er geboren. Er ist also ein echter Gallier. Darum hat er auch getan, was sich ftir einen Gallier gehört: Er hat Rom eingenommen. Ich garantiere dir, in Lugdunum ist er geboren, wo Licinus so viele Jahre geherrscht hat. Du aber, der du dich mehr herumgetrieben hast als +irgendein professio neller Maultiertreiber+ aus Lugdunum, mußt doch wissen, daß zwischen Xan thos und Rhöne viele tausend Meilen liegen." (2) Da gerät Claudius außer sich vor Wut, und so gut er konnte, grollte er voller Zorn. Was er sagte, hat kein Mensch verstanden. Er befahl aber, die Fiebergöttin abzuführen, und zwar mit jener bekannten Geste seiner Hand; die war zwar zittrig, aber doch stark genug zu diesem einen Winke, mit dem er gern Menschen köpfen ließ. Er hatte tatsäch lich befohlen, ihr den Kopf abzuschneiden. Man hätte glauben können, die Anwesenden seien alle seine Freigelassenen: Sie ignorierten ihn völlig. 7,1 . Da sagte Hercules zu ihm : 'Du da, hör jetzt mit dem Quatsch aufl Du bist hier an einen Ort gekommen, wo die Mäuse Eisen fressen. Sag mir jetzt gleich die Wahrheit, sonst treibe ich dir die Possen aus !" Und um noch furchterregen der zu wirken, wird er hochdramatisch und rezitiert: (2) Sag rasch heraus denn, wo du dich geboren rühmst, I auf daß du nicht, von diesem Strunk zerschmettert, sinkst! I Die Keule hier hat wilde Könige oft zer malmt! I Was knurrst du da mit ungewisser Stimme Ton? I Welch Land, welch Volk erzeugte diesen edlen Kopf? I Sag's an! Als ich dereinst zum fernen Reiche zog I des dreigestaltigen Königs und von dort gen Argos hin I vom Westmeer weg die wandernde Herde trieb, I da sah ich ragen über zweier Flüsse Lauf I ein Bergjoch, welches Phoebus stets beim Aufgehn schaut; I da strömt die mächtige Rhöne reißend schnell dahin, I indes die Saöne, zögernd, unentschiednen Laufs I mit sanften Wellen still der Ufer Rand bespült. I Ist dies das Land, das deines Geistes Amme war?
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L. Annaei Senecae
(3) haec satis animose et fortiter, nihilo minus mentis suae non est et timet Claudius ut vidit virum valentem, oblitus nugarum intellexit neminem sibi Romae 55 parem fuisse, illic non habere se idem5 6 gratiae: gallum in suo sterquilinio plurimum passe. (4) itaque, quantum intelligi potuit, haec visus est dicere : 'ego te, fortissime deorum Hercule, speravi mihi adfuturum apud alias, et, si qui a me notorem petisset, te fui nominaturus, qui me optime nosti. nam, si memoria5 7 repetis, ego eram qui +tibi+ 58 ante templum tuum 5 9 ius dicebam totis diebus mense lulio et Augusto. (5) tu scis quantum illic miseria rum ego pertulerim60 , cum causidicos audirem diem et noctem. in quos6 1 si incidisses, valde fortis licet tibi videaris, maluisses cloacas Augeae purgare : multo plus ego stercoris exhausi. sed quoniam volo*** IJ.<..> p oü 1tATJyiJv 54 .
non mirum quod in curiam impetum fecisti : nihil tibi clausi 62 est. modo die nobis qualem deum istum fieri velis. 'Emxou pe1oc; f}eöc; non potest esse. oÜ"t"e ainöc; 1tpiiy1J.a: exe1 n 63 oü"t"e iiUmc; 64 1ta:pexe1. Stoicus? quomodo potest "rotun dus" esse, ut ait Varro, "sine capite, sine praeputio"? est aliquid in illo Stoici dei, iam video: nec cor nec caput habet. (2) si mehercules a Saturno petisset hoc beneficium, cuius mensem toto anno celebravit Saturnalicius 6 5 princeps, non tulisset. illud eum66 ab love 6 7 , quem 6 8 , quantum quidem in illo fuit, damnavit incesti? Silanum enim generum suum occidit. oro per ( ... ) 69 quod sororem suam, festivissimam omnium puellarum, quam omnes Venerem vocarent, maluit Iunonem vocare. 'quare' inquit 1° 'quaero enim, sororem suam?' stulte, stude : Athenis dimidium licet, Alexandriae totum. (3) quia Romae, inquis, mures molas lingunt, hic nobis curva corriget? 7 1 quid in cubiculo suo faciat nescio 72 , et 8***
54 55 · 56 57 58 59 60 61 62 63
64 65 66 67 68
69 70 71 72
AAQPOYIIAHriN S : AAQPOY IIAHrHN V : AAQPOY TIAHTHN L. sibi Romae VL : Romae sibi S. habere se idem VL : haberes eodem S. memoria S : memoriam VL. sign um corruptelae posui : Tiburi Buecheler, fortasse recte. lectio incerta. pertulerim s : turn tulerim Richmond : contulerim SVL. quos editores plerique : quod S VL. clausi S : clusi VL : jortasse Cl(a)usius legi oportet. cf c. 9, 4. EXEt n Haase : i:xet Rhenanus qui idem verba Graeca restituit (Diog. Laert. 1 0, 139) : -EXIE- S : -EXIETT- V : -EZEIT- L. AAAOIC S : AAAOI L : AAOI V. saturnalicius Buecheler : saturnaliaei' : saturnaliaeius V : saturnalia eius L. illud eum scripsi : illum deum S VL. a(b )iove VL : abiovem S. quem Muretus : qui S VL. praeeun tibus Buecheler et Bruun lacunam indicavi. inquit SVL : inquis Lipsius. corriget Sonntag : corrigit S VL. nescio SVL : nescit Buecheler.
Übersetzung, Interpretation
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(3) So sprach er beherzt und tapfer. Trotzdem ist ihm nicht ganz wohl in seiner Haut; denn er fürchtet "des Narren Streich". Sobald Claudius den kräftigen Bur schen anschaute, vergaß er alle Dummheiten: Er begriff, in Rom sei ihm zwar keiner gleich gewesen, hier aber habe er nicht das Sagen. Auch ein Hahn sei eben nur auf dem eigenen Misthaufen Herr. (4) Denn, soweit man es verstehen konnte, schien er dies sagen zu wollen: "Ich hatte gehofft, Hercules, du tapfer ster aller Götter, du würdest mir bei den anderen Beistand leisten, und wenn einer von mir einen Bürgen verlangt hätte, hätte ich dich genannt. Du kennst mich ja sehr gut. Du weißt ja: Ich war es, der +dir+ vor deinem Tempel ganze Tage lang im Juli uhd August Recht sprach. (5) Du weißt doch, was ich dort alles an Elend habe aushalten müssen, als ich rund um die Uhr die Advokaten anhörte. Wärest du in diese Gesellschaft geraten, du hättest dann, wie tapfer du auch immer nach deinem Dafürhalten bist, viel lieber die Kloaken des Augias gereinigt. Viel mehr Mist habe ich aber hinaustragen müssen. Da ich aber jetzt will" ***
8,1 *** "Kein Wunder, daß du in die Kurie mit Gewalt eingebrochen bist, vor dir ist ja nichts verschlossen ! Nun sag uns, welche Art von Gott du aus dem Typ da machen willst? 'Ein epikureischer Gott' ist nicht möglich: 'Der hat weder selbst etwas zu tun, noch macht er anderen zu schaffen.' Vielleicht ein stoischer? Doch wie könnte er, um mit Varro zu sprechen, 'kugelrund sein, ohne Kopf und ohne Vorhaut?' Und doch hat er etwas von einem stoischen Gott an sich, wie ich sehe : Ihm fehlen Herz wie Kopf. (2) Bei Gott, selbst wenn er Saturn um diese Gnade gebeten hätte, dessen Festmonat er ja das ganze Jahr hindurch als Saturnalien könig feierte, er hätte es nicht erreicht. Hätte er dann dies von Jupiter erreichen sollen, den er doch, soviel an ihm lag, des Inzestes beschuldigte? Er ließ ja seinen Schwiegersohn Silanus hinrichten. Ich schwöre bei ( ... ) , daß er seine Schwester, ein allerliebstes Mädchen, das alle Venus nannten, lieber seine Juno nennen wollte. "Warum gerade seine Schwester", wird er sagen, "das möchte ich gern wissen." Hör gut zu, du Schwachkopf: In Athen ist es halb erlaubt, in Alexandria ganz. (3) "Weil in Rom", sagst du, "die Mäuse die Mühlsteine lecken", deshalb soll der da uns das Krumme gerade machen? Was er in seinem Schlafzimmer treibt, weiß ich nicht, und jetzt durchstöbert er des Himmels Zonen ?
Ein Gott will er werden. Ist es ihm nicht genug, daß er in Britannien einen Tem pel hat, daß ( ihn ) die Barbaren jetzt verehren und wie einen Gott anbeten, um des Dummkopfs Gnade zu erlangen ?"
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L. Annaei Senecae
iam "caeli scrutatur plagas", deus fieri vult: parum est quod templum in Britan nia habet, quod ( hunc ) 73 nunc barbari colunt et ut deum orant J.LWpoü einA.&•ou
•uxeiv? 74
9. Tandem lovi venit in mentem privatis intra curiam morantibus ( .. ys ( se permisisse interrogare nec ? 6 sententiam dicere nec disputare. 'ego' inquit 'p.c., interrogare vobis permiseram, vos mera mapalia fecistis. volo ut servetis discipli nam curiae. hic, qualiscumque est, quid de nobis existimarit?' 77 (2) illo dimisso primus interrogatur sententiam Ianus pater. is designatus erat in kal. lulias post meridianus consul, homo quacumque visus fert 78 , qui semper videt iXJ.La 1tpöoow xai: cl1t ioow 7 9 • is multa diserte, quod in foro +vivat+ 8 0 , dixit, quae notarius per sequi non potuit et ideo non refero 8 1 , ne aliis verbis ponam ( quam ) 82 quae ab illo dicta sunt. (3) multa dixit de magnitudine deorum : non debere hunc vulgo dari honorem. 'olim' inquit 'magna res erat deum fieri : eam fabulam mimi 8 3 fecisti ( s ) 8 4 . itaque, +ne videar in personam, non+ 85 in rem dicere sententiam, Censeo ne QUiS post hunc diem deUS fiat ex his, qui apoUpTJ<; X<Xp1tÖV EÖ OUOtv 8 6 aut ex his, quos alit (eiöwpoc; &poupa 87 • qui contra hoc senatus consultum 88 deus factus dictus pictusve erit, eum dedi larvis et proximo munere inter novos aucto ratos ferulis vapulare placet'. (4) proximus interrogatur sententiam Diespiter +nice pote+ 8 9 filius, et ipse designatus consul, nummariolus90 . hoc quaestu se sustinebat: vendere civitatulas solebat. ad hunc belle accessit Hercules et auri culam illi tetigit. (5) censet itaque in haec verba: 'cum divus Claudius et divum 73
( hunc)
nunc Russo : hunc Lipsius : nunc SVL. S : MOPOY EIAATOYXHIN V : AAQPOY e IAAT OYX HIN L. verba graeca restituit Schneidewin.
74 MQPOYEYEIAATOY rYXHIN 15
76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90
aut senatoribus aut patribus supp/endum est. se permisisse interrogare nec addidi. existimarit scripsi : existimavit S VL : existimabit editores p/erique. quacumque visus fert scripsi : quantum visus fert Ronconi : quantum via sua fert SVL. verba Graeca restituit Rhenanus : AMAIIPOCCOKAIOIIICCQ S : AMAPOCCOKATIACCQ V : AMAPOCCO KATO NICCQ L. /ocus varie vexatus. quae in foro viderat /egendum suspicor : quod in foro vivat SVL. refero S : fero VL. quam supplevi. eam fabulam mimi scripsi : iam famam mimum S : iam fama nimium VL. fecistis Faber : fecisti S VL. signa corrupte/ae posui. suspicor non in nomine mutandum. APOYPHC KAPII�OYCN S : POYPHAKA PONE � OYCIN V : APOYPH QKAPON 8 YEIN L. verba Homeri restituit Rhenanus : ZEI�QPO CAPOYPA S : ZEI�OPQCAPOYPA V : ZEYAQ POCA POYPA L. consultum SL : consilium V. nice pote S : nicepote VL : Victae Potae edd. p/erique. nummariolus cum Bruun secundum S : numulariolus V : nummulariolus L et ceteri editores.
Übersetzung, Interpretation
43
9,1. Endlich erinnerte sich Jupiter daran, solange sich in der Kurie Privatleute befänden, habe er ( den Senatoren nur erlaubt, Fragen vorzubringen ) , aber nicht einen Beschlußantrag zu stellen und nicht zu debattieren. "Ich hatte euch ledig lich gestattet, meine Herren Senatoren", sagte er, "Fragen zu stellen, Ihr aber habt das alles durcheinandergebracht Ich will, daß ihr die Geschäftsordnung der Kurie einhaltet. Welche Meinung wird wohl der da, mag er sein, wer er will, von uns haben?" (2) Daraufhin mußte Claudius den Saal verlassen, wonach als erster Senator Janus nach seiner Meinung gefragt wurde. Der war gerade ftir den ersten Juli zum Nachmittagskonsul designiert worden, ein Mann, der, wohin er auch seinen Blick richtet, immer vorwärts zugleich hinschaut und auch rückwärts.
Dieser sagte nun redegewandt vieles - er +lebt+ ja auf dem Forum -, was der Stenograph nicht mitbekam und ich deshalb nicht berichte, damit ich nicht mit anderen Worten als seinen referiere. (3) Er sprach viel über die Erhabenheit der Götter: Diese Ehre dürfe man jetzt nicht jedem zukommen lassen. "Einst", sagte er, "war es etwas Bedeutendes, Gott zu werden. Daraus habt ihr aber eine Farce gemacht. So, +damit es nicht so aussieht, als ob ich einen Beschlußantrag gegen eine bestimmte Privatperson stelle, nicht+ gegen das Prinzip, lautet mein Antrag, daß vom heutigen Tag an niemand mehr ein Gott werden soll von denen, die essen die Früchte des Feldes
oder von denen, die ernährt die Nahrung spendende Erde. (4) Wer gegen diesen Senatsbeschluß zum Gott gemacht, ernannt oder als sol cher abgebildet wird, der soll den Furien übergeben und beim nächsten Kampf spiel unter den neugeworbenen Gladiatoren mit Ruten ausgepeitscht werden." Als nächster wird Diespiter, Sohn der +nice pote+ \ nach seiner Meinung gefragt, auch er designierter Konsul, ein kleiner korrupter Kerl. Sein Metier war es, Bürgerrechte zu verschachern. An den machte sich Hercules freundlich heran und zupfte ihn am Ohrläppchen. Daher votierte er so: (5) "Weil der gött liche Claudius mit dem göttlichen Augustus blutsverwandt ist sowie mit seiner göttlichen Großmutter Augusta, die er selbst zur Göttin erheben ließ, und weil
3
Verbesserungsvorschlag : der Nacht mächtiger Sohn.
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L. Annaei Senecae
Augustum sanguine contingat nec minus divam Augustam aviam suam, quam ipse deam esse iussit, longeque omnes mortales sapientia antecellat sitque e re publica esse aliquem qui cum Romulo possit "ferventia rapa vorare", censeo uti divus Claudius ex hac die deus sit ita uti 91 ante eum9 2 qui[s] 93 optimo iure factus sit, eamque rem ad Metamorphosis 94 Ovidi 9 5 adiciendam.' 9 6 (6) variae erant sententiae, et videbatur +Claudius sententiam+ 9 7 vincere. Hercules enim, qui videret ferrum suum in igne esse, modo huc modo illuc cursabat et aiebat 9 8 : 'noli mihi invidere, mea res agitur; deinde tu si quid volueris, in vicem faciam; manus manum lavat.' 10. Tunc 99 divus Augustus surrexit sententiae suo 100 loco dicendae et summa facundia disseruit: 'ego' inquit 'p.c., vos testes habeo, ex quo deus factus sum, nullum me verbum fecisse : semper meum negotium ago. at 101 non possum amplius dissimulare et dolorem, quem graviorem pudor facit, continere. (2) in hoc terra marique pacem peperi? ideo civilia bella compescui? ideo legibus urbem fundavi, operibus ornavi, ut 10 2 - quid dicam, p.c., non invenio : omnia infra indignationem verba sunt. confugiendum est itaque ad Messalae Corvini, disertissimi viri, illam sententiam 'pudet 103 imperii'. (3) hic, p.c., qui vobis non posse videtur muscam excitare, tarn facile homines occidebat quam canis adsi dit 104 . sed quid ego de tot ac talibus 10 5 viris dicam? non vacat deflere publicas clades intuenti domestica mala. itaque illa omittam, haec referam; nam etiam si (is) 10 6 sophiam 10 7 Graeca(m ) 10 8 nescit, ego scio: fyytov yövu xviJ f.LTJc; 109 . (4) iste 91 92 93 94 95 96 97
98 99 100 101 1 02 1 03 10 4 10 5 1 06 10 7 10 8 10 9
uti S : ut VL. ante eum L : amte eum S : amtecum V. qui Maehly : quis SVL. metamorphosis VL : moeta morfosis S. Ovidi S : Ovidia VL. adiciendam S : dicendam VL. signa corruptelae posui : sententiam delevit Buecheler praeeunte v. Leutsch. suspicor Cl(a)usii sententia scribendum (cf. c. 8 , 1 ) : post sententiam supplevit Birt Iani : Claudius sententiam SV : Claudius sententia L. aiebat VL : adiebat S. tune SV : turn L. suo v. Russo 6 1 985 p. 142 : suae SVL. a t scripsi : e t S VL : s e d recentiores. ut SV : et L. pudet S : precidet V : precidit ius L. adsidit S : excidit V : exsidit L. ac talibus S : actibus VL. is supplevi. sophiam scripsi : sormea S : for me a V : phor mea L : soror mea recentiores. Graecam emendavi : Graece SVL. Graeca verba restituit Buecheler : ENTYCONTONYKNHAIHC S : ENTYCONTO NIKNNAIHC V : ENTICON TONY KHNAIHC L.
Übersetzung, Interpretation
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er selbst allen Menschen an Weisheit weit überlegen ist und weil es auch im Interesse des Staates liegt, daß jemand da ist, mit dem Romulus gemeinsam glühend heiße Rüben verschlucken
kann, so stelle ich den Beschlußantrag, daß der göttliche Claudius vom heutigen Tag an ein Gott sei, so gut wie alle, die ihm mit Recht vorangegangen sind, und daß dieses Ereignis den Metamorphosen des Ovid hinzugefügt werde." (6) Die beiden Anträge liefen einander zuwider, es schien jedoch, als ob +Claudius seinen Antrag+4 durchsetzen würde. Denn als Hercules erkannte, daß sein Eisen im Feuer war, lief er vom einen zum anderen und sagte: "Sei mir nur nicht miß günstig, um meine Sache geht es jetzt! Ein andermal, wenn du etwas haben willst, werde ich dir daftir helfen: Eine Hand wäscht die andere !" 10,1. Da erhob sich der göttliche Augustus, der jetzt an der Reihe war, um seine Stellungnahme abzugeben, und mit höchster Beredsamkeit sprach er: "Meine Herren Senatoren, ich rufe euch zu Zeugen auf, daß ich, seitdem ich ein Gott geworden bin, mich noch nie zu Wort gemeldet habe. Ich mische mich nicht in die Angelegenheiten anderer ein. Jetzt kann ich mich aber nicht länger gleich gültig geben und den Schmerz beherrschen, der durch mein Ehrgefühl noch gesteigert wird. (2) Dazu habe ich also zu Land und zu Wasser Frieden geschaf fen? Deshalb habe ich Bürgerkriege beendet? Dazu habe ich die Stadt auf dem Fundament der Gesetze gegründet, mit Gebäuden geschmückt, damit - ich weiß nicht, meine Herren Senatoren, was ich sagen soll. Ich finde keine Worte für meine Entrüstung. Ich muß daher Zuflucht nehmen zu jenem bekannten Spruch des großen Redners Messala Corvinus: "Eine Schande mit der Regierung !" (3) Der Mann da, meine Herren Senatoren, der den Eindruck vermittelt, als ob er nicht in der Lage wäre, eine Fliege zu verscheuchen, ließ Menschen so leicht umbringen, wie ein Hund das Bein hebt. Aber wieso soll ich von so bedeutenden Männern sprechen? Die Zeit reicht nicht aus, sein öffentlicth bekanntes Unglück zu beweinen, wenn man die Katastrophen in seiner eigenen Sippe betrachtet; darum will ich jene übergehen und nur über diese sprechen; denn auch wenn (er) die griechische Weisheit nicht kennt, kenne ich sie : "Das Hemd ist mir näher als der Rock." (4) Der Typ, den ihr da seht, der sich so viele Jahre lang
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Verbesserungsvorschlag : der Antrag von Clusius sich.
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L. Annaei Senecae
quem videtis per tot annos sub meo nomine latens hanc mihi gratiam rettulit 1 10 , ut duas lulias 1 1 1 proneptes 1 1 2 meas occideret, alteram ferro, alteram fame, unum abnepotem L. Silanum: videris, luppiter, an in causa mala; certe in tua, si aequos 1 1 3 futurus es 1 1 4 . die mihi, dive Claudi, quare quemquam ex bis, quos quasque occidisti, antequam de causa cognosceres, antequam audires, dam nasti? hoc ubi fieri 1 1 5 solet? in caelo non fit. 1 1 . ecce luppiter, qui tot annos regnat, uni Volcano crus fregit, quem pi'lJre 1tOÖÖc; ,;e·raywv a1tÖ ßTJAOU \1eo1teoiow 1 1 6 , et iratus fuit uxori et suspendit illam: numquid occidit? tu Messalinam, cuius aeque avunculus maior eram quam tuus, occidisti. 'nescio' inquis. di tibi male faciant: adeo istuc1 1 7 turpius est quod nescisti 1 1 8 quam quod occidisti 1 19 . (2) C. Caesarem non desiit mortuum persequi 1 2 0 • occiderat ille socerum: hic et gene rum. Gaius Crassi filium vetuit 1 2 1 Magnum vocari: hic nomen illi reddidit, caput tulit. occidit in una domo Crassum, Magnum, Scriboniam, tris +tio+ neces sarios 1 22 nobiles, tarnen Crassum vero 1 2 3 tarn fatuum, ut etiam regnare posset. (3) hunc nunc deum facere vultis? videte corpus eius dis iratis natum. ad sum mam 1 2\ tria verba cito dicat et servum me ducat 1 2 5 • (4) hunc deum quis colet? quis credet? dum tales deos facitis, nemo vos deos esse credet. summa rei, p.c., si honeste (me ) 1 2 6 inter vos gessi, si nulli clarius 1 2 7 respondi, vindicate iniurias meas. ego pro sententia mea hoc censeo - atque ita ex tabella recitavit : (5) "quandoquidem divus Claudius occidit socerum suum Appium Silanum, gene-
1 10 111 1 12 1 13 1 14 1 15 1 16
1 17 118 1 19 1 20 121 1 22 1 23 1 24
12 5 1 26 1 27
rettulit S : retulit VL. iulias SL : sicilias V. proneptes editores p/erique : pronepotes SVL. aequos S : haecuos V : hic inter vos L. es S : est VL. hoc ubi fieri S : hoc fieri VL. versum Homeri restituit Rhenanus : PI'I'ET ITOßOC TETATQNAITOBHAOYE>EC TOTO S : PIYET TIO ßCTET ATQ NATIOBHAYE>ETOTO V : PIYET I10ß0TETATQNAI10 BHAYE>ECTOTO L. istuc S : istud VL. nescisti S : nesti V : nescis L. occidisti S V : occidisti llla L. persequi S : prosequi VL. vetuit VL : vefuit S. tris +tio+ necessarios temptavi : tristionias assarionam S V : tristioniam assarionem L. vero SVL : unum suspicor /egendum. adsummam S : adsumma V : At summa L. et servum me ducat SL : omisit V. me supp /evit Haase hoc loco. clarius S : darus V : durus L : durius coniecit Rhenanus.
Übersetzung, Interpretation
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hinter meinem Namen verbarg, hat mir dafür dadurch gedankt, daß er meine bei den Urenkelinnen mit Namen Julia umbringen ließ, die eine mit dem Schwert, die andere durch Hunger; und weiterhin einen Urenkel von mir, Lucius Silanus. Jupiter, du entscheidest, ob in einer üblen Sache, aber sicherlich auch in einer Sache, die dich angeht, wenn du gerecht sein willst. Sag mir, göttlicher Claudius, warum hast du jeden von diesen Männern und Frauen, die du töten ließt, ver urteilt, ohne den Sachverhalt zu untersuchen, ohne dir die Sache anzuhören? Wo ist das üblich? Im Himmel wahrlich nicht! 1 1,1. Schau dir bloß Jupiter an, der schon so lange Zeit Herrscher ist. Er hat nur dem Vulkan das Bein gebrochen, als er ihn warf, beim Fuß ihn ergreifend, hinab von der göttlichen Schwelle,
und nur einmal hat er im Zorn seine Frau in der Luft aufgehängt. Aber er hat sie nicht umgebracht ! Du aber hast Messalina getötet, deren Großonkel ich eben sogut war wie der deine. 'Ich habe nichts gewußt', sagst du? Mögen die Götter dich verdammen ! Es ist ja noch schlimmer, daß du nichts gewußt hast, als daß du sie hast töten lassen. (2) Er hat auch nach dem Tod des Gajus nicht aufgehört, diesen nachzuahmen. Der hatte den Schwiegervater ermordet, dieser auch noch den Schwiegersohn. Gajus verbot dem Sohn des Crassus, sich Magnus zu nen nen. Dieser gab ihm den Namen wieder, nahm ihm aber dafür den Kopf. In ein und derselben Familie ließ er Crassus, Magnus und Scribonia töten, alle drei vor nehme Angehörige derselben, aber Crassus dazu noch so ein Volltrottel, daß er sogar hätte König werden können. (3) Diesen Mann wollt ihr jetzt zum Gott machen? Seht euch doch bloß einmal seinen Körper an, den die Götter nur im Zorn geschaffen haben! Kurzum: Wenn er auch nur drei Worte rasch nachein ander zu sprechen in der Lage ist, mag er mich als Sklaven mit sich nehmen. (4) Wer wird wohl den als Gott verehren? Wer wird wohl an ihn glauben? Wenn ihr derartige Gestalten zu Göttern macht, dann wird kein Mensch mehr glauben, daß ihr Götter seid. Kurz und gut, meine Herren Senatoren, wenn ich mich in eurem Kreis stets korrekt benommen habe, wenn ich keinem zu deutlich geant wortet habe, so rächt das Unrecht, das ich erlitten habe. Mein Beschlußantrag lautet folgendermaßen (und so verlas er das, was er aufgezeichnet hatte) : (5) Angesichts der Tatsache, daß der göttliche Claudius ermorden ließ seinen Schwiegervater Appius Silanus, seine beiden Schwiegersöhne Magnus Pompe ius und Lucius Silanus, den Schwiegervater seiner Tochter, Crassus Frugi, einen
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ros duos Magnum Pompeium et L. Silanum, socerum filiae suae Crassum Frugi, hominem tarn similem sibi quam ovo ovum, Scriboniam socrum filiae suae, uxo rem suam Messalinam et ceteros quorum numerus iniri non potuit, placet mihi in eum severe animadverti nec illi rerum iudicandarum vacationem 1 28 dari 1 2 9 eumque quam primum exportari et caelo intra triginta dies excedere, Olympo intra diem tertium".' (6) pedibus in hanc sententiam itum est. nec mora Cylle nius illum collo obtorto trahit ad inferos a caelo unde negant redire quemquam. 12. Dum descendunt per viam Sacram, interrogat Mercurius quid sibi velit ille concursus hominum, num Claudii funus esset. et erat omnium formosissimum et impensa cura, plane 130 ut scires deum efferri : tubicinum, cornicinum, omnis generis aenatorum tanta turba, tantus concentus 131 , ut etiam Claudius audire posset. (2) omnes laeti, hilares: populus Romanus ambulabat 13 2 tamquam liber. Agatho et pauci causidici plorabant, sed plane ex animo. iurisconsulti e tenebris procedebant, pallidi, graciles, vix animam habentes, tamquam qui turn maxime revivescerent 133 • ex bis unus, cum vidisset capita conferentes et fortunas suas deplorantes causidicos, accedit et ait: 'dicebam vobis: non semper Saturnalia erunt.' (3) Claudius, ut vidit funus suum, intellexit se mortuum esse. ingenti 13 4 enim ( ... ) 135 JlEyliA.
nenia cantabatur anapaestis 13 6 :
'fundite fletus, edite planctus, resonet tristi clamore forum : cecidit pulehre cordatus homo, quo non alius fuit in toto fortior orbe. ille citato vincere cursu poterat celeris 1 37 , ille rebelles1 3 8 fundere Parthos levibusque sequi Persida telis, certaque manu tendere nervum, qui praecipites vulnere parvo tigeret hostes 1 28 1 29 1 30 13 1 1 32 1 33 1 34 1 35 1 36 13 7 138
vacationam S : vocationem VL. dari VL : dare S. plane S : planum VL. concentus Lipsius : conventus S VL. ambulabat SL : ambulare V. revivescerent S : reviviscerent VL. ingenti S VL : ingrediente Dieterich. lacunam indicavi. suspicor voce supplendum esse. anapaestis S VL : quidam editores anapaestis uncis secluseruni Heraeo duce. celeris SV : celeres L : in anapaestis discribendis secutus sum 0. Zwierlein (v. praef ad Sen. trag., Oxonii 1986, p. vii). rebelies S VL : imbelles fortasse scribendum.
Übersetzung, Interpretation
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Typ, der ihm so ähnlich sieht wie ein Ei dem anderen, Scribonia, die Schwieger mutter seiner Tochter, seine eigene Frau Messalina und all die anderen, deren Zahl sich nicht ermitteln ließ - so stelle ich den Beschlußantrag, gegen ihn aufs strengste vorzugehen, ihm keinerlei Entlastung im gerichtlichen Verfahren zu gewähren, ihn so schnell wie möglich fortzuschaffen, so daß er den Himmel bin nen dreißig Tagen, den Olymp schon binnen drei Tagen verlassen muß." (6) Alle stimmten für diesen Antrag, und sogleich packt ihn nun Mercurius beim Kragen und schleppt ihn aus dem Himmel in die Unterwelt von wo noch keiner, sagt man, kam zurück. 12,1 . Während sie die Via Sacra hinabgehen, fragt Mercurius, was der Men schenauflauf dort wohl bedeute, ob das etwa das Leichenbegängnis des Claudius sei. Es war in der Tat alles derart prachtvoll und kostspielig, daß man gleich merkte, hier werde ein Gott zu Grab getragen. Von Trompetern, von Hornisten und von Blechbläsern jeder Art, die lautstark spielten, wimmelte es nur so, daß selbst Claudius es hören konnte. (2) Alles war froh und heiter. Das römische Volk spazierte umher wie befreit. Nur Agatho und ein paar Winkeladvokaten heulten, aber das von Herzen. Die wirklichen Juristen traten aus der Finsternis hervor, bleich und dünn, kaum noch atmend, als ob sie erst jetzt wieder aufzu leben begännen. Als einer von ihnen sah, wie die Advokaten die Köpfe zusam mensteckten und ihr Los beklagten, ging er auf sie zu und sagte : 'Das sagte ich euch doch schon immer: Irgendwann hören die Saturnalien auf!' (3) Wie Clau dius nun sein eigenes Leichenbegängnis sah, da erst begriff er, daß er wirklich tot war. Denn ( mit lauter Stimme ) sang ein Riesenchor ein Trauerlied in Ana pästen: ihr Klagen ertönt, Ihr Tränen entströmt, das Forum erschall' : von Jammergeschrei von so herrlichem Geist, Denn es sank uns der Held wie keiner ihm gleich von erhabenem Mut, auf dem Erdball gelebt. in behendestem Lauf Ja er überholt' der Partherrebell'n auch den raschesten stets Mit leichtem Geschoß und zersprengt' ihre Schar. und mit sicherer Hand er die Perser verfolgt', daß den stürzenden Feind den Bogen er spannt', des medischen Körpers im farbigem Schmuck wenn jäh zur Flucht noch treffe der Pfeil, schon der Rücken gewandt. -
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pictaque Medi terga fugacis. ille Britannos ultra noti litora ponti et caeruleos scuta 139 Brigantas dare Romuleis colla catenis iussit et ipsum nova Romanae iura securis tremere Oceanum. deflete virum, quo 1 4 0 non alius potuit citius discere causas, una tantum parte audita, saepe neutra. quis nunc iudex toto lites audiet anno? tibi iam cedet sede relicta qui dat populo iura silenti Cretaea tenens oppida centum. caedite maestis pectora palmis, o causidici, venale genus, vosque poetae lugete novi, vosque in primis, qui concusso magna parastis lucra fritillo.' Delectabatur laudibus suis Claudius et cupiebat diutius spectare. inicit illi manum Talthybius deorum, nuntius 1 4 1 ( . ) 1 42 , et trahit capite obvoluto, ne quis eum possit agnoscere, per campum Martium, et inter Tiberim et viam Teetarn descendit ad inferos. (2) antecesserat iam compendiaria Narcissus libertus ad patronum excipiendum. et venienti nitidus, ut erat a balineo 1 4\ occurrit et ait: 'quid di ad homines?' 'celerius ( praecurre ) ' 1 44 inquit Mercurius, 'et venire nos nuntia.' (3) dicto citius Narcissus evolat. omnia proclivia sunt, facile descenditur. itaque quamvis podagricus esset, momento temporis pervenit ad ianuam Ditis, ubi iacebat Cerberus vel, ut ait Horatius, 'belua centiceps'. pusillum perturbatur (subalbam 1 45 canem in deliciis habere adsueverat 1 4 6), ut illum vidit canem nigrum, villosum, sane non quem velis tibi in tenebris occurrere, et magna voce 'Claudius' inquit 'veniet.' (4) cum plausu procedunt cantantes : eu pf]xaj.LEV, 13.
• •
139 1 40 14 1 14 2 143 144 145 14 6
scuta S VL : cute coniecit Iunius, fortasse recte. quo L : qui S V. nuntius S VL : uncis seclusit Camden. lacunam indicavi. balineo S : baineo VL. praecurre supplevi : i L. perturbatur subalbam S : subperturbatur albam VL. adsueverat S : assueverat VL.
Übersetzung, Interpretation
Auf seinen Befehl am fernsten Gestad und Brigantias Schar unter Romas Joch Ja den Ozean selbst vor des römischen Beils 0 beweinet den Mann, zu künden gewußt wenn nur einer Partei oder keiner wohl auch! jahraus, jahrein Sieh, es weichet dir schon, der im schweigenden Reich und das Recht dort spricht: über Kreta geherrscht. 0 schlaget die Brust Advokatengezücht, Nun trauere auch, und klaget zumal ihr, die ihr reichen Gewinn
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hat weit über See das britannische Volk mit bläulichem Schild den Nacken gebeugt. zu erzittern er zwang nie gekanntem Gesetz. der wie keiner so flink untrügliches Recht, sein Ohr er geneigt, Wer wird im Gericht nun schlichten den Streit? sich erhebend vom Sitz, der Schatten jetzt thront König Minos, der einst mit trauernder Hand, du käufliches Volk! wer ein Modepoet, Spielergeschmeiß, aus dem Würfel gerafft!
13,1. Claudius freute sich über die Lobeshymnen, die ihm zuteil wurden, und wollte sich eigentlich gerne länger das alles anschauen. Da packt ihn aber Talthy bius, der Götterbote ( ... ) , und schleppt ihn fort mit verhülltem Kopf, damit ihn niemand wiedererkennt, über das Marsfeld, und irgendwo zwischen Tiber und der Via Tecta steigt er hinab in die Unterwelt. (2) Vorausgeeilt war schon auf einer Abkürzung Narcissus, ein Freigelassener des Kaisers, um seinen Herrn zu empfangen. Er eilt jetzt, blitzsauber vom Bade, wie er war, ihm entgegen mit den Worten: Wieso kommen die Götter zu den Menschen ?
"Schnell ( eile uns voraus ) ," ruft Mercurius, "und melde unsere Ankunft." (3) Kaum gesagt, da fliegt N arcissus davon: Wo alles bergab geht, steigt man schnell hinab. Trotz seiner Fußgicht erreichte er deshalb bald die Pforte des Dis, wo Cerberus lag oder die hundertköpfige Bestie,
wie Horaz sagt. Narcissus gerät ein bißchen außer Fasssung, wie er den schwar zen, zottigen Köter erblickt, dem man gewiß nicht gerne im Finstern begegnen möchte (sonst war er nur gewöhnt, sein weißes Schoßhündchen zu halten) und mit lauter Stimme verkündet er: "Claudius kommt gleich! " (4) Unter Händeklat schen treten sie singend hervor: Wir haben ihn gefunden, wir freuen uns.
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hic erat C. Silius 1 48 consul designatus, luncus 1 49 praetorius, Sex. 15 0 Traulus , M. Helvius, Trogus, Cotta, Vettius 15 1 Valens, Fabius, equites 1 5 2 R., quos Narcissus duci iusserat. medius erat in hac cantantium 1 5 3 turba Mnester 15 4 pantomimus, quem Claudius decoris causa minorem fecerat, et Messalina[m] 1 55 . (5) cito rumor percrebuit Claudium venisse, convolant 156 primi 15 7 omnium liberti Polybius, Myron, Arpocras 15 8 , Ampheus, +pheronaotus+ 1 5 9 . quos Clau dius omnes, necubi imparatus esset, praemiserat. deinde praefecti duo lustus Catonius et Rufrius Pollio 160 • deinde amici Saturninus 16 1 Lusius et Pedo Pom peius et Lupus et Celer Asinius 162 consulares. novissime fratris filia, sororis filia, generi, soceri, socrus, omnes plane consanguinei. et agmine facto Claudio occur runt. (6) quos cum vidisset Claudius, exclamat : '1t(ivta q>i:Äwv 1t ÄTJ pTJ 163 ! quo modo huc venistis vos? 1 64 turn Pedo Pompeius: 'quid dicis, homo crudelissime? quaeris quomodo? quis enim nos alius huc misit quam tu, omnium amicorum 165 interfector? in ius eamus: ego tibi hic s[t]ellas 166 ostendam.' cruyx;ai:poj..L EV 147 .
Ducit illum ad tribunal Aeaci 167 (is lege Cornelia quae de sicariis lata est quaerebat). postulat, nomen eius recipiat; edit subscriptionem 16 8 : occisos sena tores XXX ( V) 1 6 9 , equites R. CC ( C ) XXI 1 7 0 , ceteros öaa ljrlij..La Mc; tE xövtc; tE 1 7 1 . 14.
1 47 auYXaipo llEV Bueche/er : CYNXAIPQMEN 1 4 8 C. Silius Iunius : consilius SVL. 1 49 1 50 151 1 52 153 154 155 1 6 5 1 57 1 58 1 59 1 60 161 1 62 1 63 1 64 1 65 1 66 1 67 1 68 16 9 1 7° 17
1
SL : CYNXAITPQMEN V.
Iuncus Sonntag : Iunius S : unus VL. TrauJus Iunius : trallus SVL. Vettius Buecheler : tettius S : tectus VL. equites Rhenanus : eques SVL. cantantium SV : cantanturn L. Mnester S : ni't V : fir L. et Messalina[m] scripsi : ad Messalinam SVL. convolant S : convolarunt VL. primi S : primum VL. Arpocras Buecheler : arporas SVL. pheronaotus S : pheronattus V : pheronatius L. Rufrius Pollio Reimar co/1. Dione 60,23,2 : rofius SV : rusius L : pomfilius S : pompei(i) filius VL. saturninus SV : saturninius L. asinius S : asinus VL. Graeca verba restituit /unius : IIANT A
Übersetzung, Interpretation
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Anwesend waren der designierte Konsul Gaius Silius, der gewesene Praetor Iun cus, Sextus Traulus, Marcus Helvius, Trogus, Cotta, Vettius Valens, Fabius, alles römische Ritter, die Narcissus hatte hinrichten lassen. Mitten im Chor stan den auch der Ballettänzer Mnester, den Claudius wegen der Optik und Parität um einen Kopf kleiner gemacht hatte, und Messalina. (5) Das Gerücht, Claudius sei gekommen, hatte sich eilig herumgesprochen. Zu allererst kamen die Frei gelassenen Polybius, Myron, Harpocras, Ampheus, +pheronaotus+. Diese hatte Claudius alle, um nicht ohne Begleitung zu sein, vorausgeschickt. Dann die zwei Präfekten Iustus Catonius und Rufrius Pollio. Ferner seine Freunde Saturninus Lusius und Pedo Pompeius sowie Lupus und Celer Asinius, alles ehemalige Konsuln. Zuallerletzt seines Bruders Tochter, seiner Schwester Tochter, seine Schwiegersöhne, seine Schwiegerväter, seine Schwiegermütter, alles eindeutig Blutsverwandte. (6) In geschlossener Prozession schreiten sie dem Claudius ent gegen. Als er sie erblickte, rief er aus: ,,Alles lauter Freunde!
Wie seid ihr denn hierhergekommen?" Darauf antwortet Pedo Pompeius : "Was redest du da, du brutaler Kerl? Du fragst noch, wie? Wer anders hat uns denn hierhergeschickt als du, der Henker aller deiner Freunde? Gehen wir vor Gericht! Ich zeige dir die Richterstühle." 14,1. Er fUhrt ihn zum Tribunal des Aeacus, der nach der Lex Cornelia gerade Untersuchung hielt über Meuchelmörder. Er verlangt, daß Aeacus die Klage annimmt, und reicht die Klageschrift ein: Ermordet worden seien 35 Senatoren, 321 römische Ritter und von sonstigen Römern soviel wie Sand am Meer.
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L. Annaei Senecae
(2) advocatum non invenit. tandem procedit P. Petronius, vetus convictor eius 17 2 , homo Claudiana lingua disertus, et postulat advocationem. non datur. accusat Pedo Pompeius magnis 1 73 clamoribus. incipit patronus velle respondere. Aeacus, homo iustissimus, vetat et illum, altera tantum parte audita, condemnat et ait:
(3) ingens silentium factum est. stupebant omnes novitate rei attoniti. negabant hoc umquam factum. Claudio iniquum magis 1 75 videbatur quam novum. de genere poenae diu disputatum est, quid illum pati oporteret. erant qui dicerent, +siumdiu laturam fecissent+ 17 6 , Tantalum siti periturum, nisi illi succurrere tur 1 77 , aliquando Ixionis miseri rotam suffiaminandam. (4) non placuit ulli ex veteribus 1 78 missionem dari, ne vel Claudius umquam simile speraret, placuit novam poenam constitui debere : excogitandum 179 illi Iaborern irritum et ali cuius cupiditatis ( . . . ) 1 8 0 spem 1 8 1 sirre effectu 1 82 • turn Aeacus iubet illum alea ludere pertuso 1 8 3 fritillo. et iam coeperat fugientes semper tesseras quaerere et nihil proficere : 15.
1 72 1 73 1 74
1 75 1 76 177 1 78 1 79 0 18 181 1 82 1 83 1 84 1 85 1 86
Nam quotiens missums erat resonante 1 84 fritillo, utraque subducto fugiebat tessera fundo. cumque recollectos 1 85 auderet 1 8 6 mittere talos, lusuro similis semper semperque petenti, decepere fidem : refugit digitosque per ipsos
convictor eius SL : eius convictor V. magnis L : magns S : magis V. versum Hesiodeum dispexit Faber : AlKETTAKTAEPE3ACAlKHEY8lATENOIIO S : MKETAICTAEPEZACLKHEYSlAIENOIIO V : AlKE TAlC TAEPEZAC AlK HEYSlA TE HSIIO L. iniquum magis VL : magis iniquum S. siumdiu laturam fecissent S : siunidii laturam fecissent V : si unius dii laturam fecissent L : locus desperatus varie vexatus : Sisyphum satis diu laturam fecisse Buecheler. succurreretur V : succurretur SL. veteribus S : veteris V : veternis L : locus suspectus. conicio iudicibus. haud scio an scribendum placuit novam poenam constitui: debere excogitari illi Iaborern irritum etc. /acunam indicavi. fortasse explendae supp lendum. spem posui : spes S VL : speciem Scheffer, Buecheler. sine effectu S : sine fine effectus VL. pertuso S : percusso VL. erat resonante VL : fratrae sonante S. recollectos SL : collectos V. auderet S VL : arderet Palmer.
Übersetzung, Interpretation
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(2) Einen Rechtsbeistand findet Claudius nicht. Endlich tritt Publius Petronius auf, ein alter Tischgenosse des Claudius, ein Redner, der so schön spricht wie Claudius, und bittet um Vertagung. Das wird abgelehnt. Die Anklage vertritt Pedo Pompeius unter großem Beifall. Der Verteidiger schickt sich an zu antwor ten. Doch Aeacus, die Gerechtigkeit in Person, untersagt es ihm, und ohne die andere Partei angehört zu haben, fallt er das Urteil : A uge um Auge, Zahn um Zahn, dann geht das Recht seine grade Bahn.
(3) Da entstand ein lautes Schweigen. Alle standen wie gelähmt da und sagten, dies sei etwas völlig Neues. Claudius aber schien es eher ungerecht als neu. Über die Art der Strafe stritt man lange hin und her, was er erleiden solle. Manche sagten + . . .. . .. . . . . + Tantalus werde bald verdursten, wenn man ihm nicht helfe, eines Tages müsse schließlich auch das Rad des armen Ixion gebremst werden. (4) Niemand stimmte ftir Begnadigung, damit Claudius einst nicht Gleiches ftir sich erwarten könne. Man entscheidet sich für eine völlig neue Strafform: Man müsse eine Strafarbeit in der Form einer Hoffnung auf die Befriedigung irgend einer Leidenschaft, ( die nicht befriedigt werden kann, ) ersinnen. Dann ordnet Aeacus an, Claudius müsse mit einem durchlöcherten Becher würfeln. Und schon fing dieser an, die Würfel, die ihm stets entfielen, zu suchen, ohne jedoch etwas zu erreichen: 15,1. Denn sooft er sie hoffte zu werfen aus hallendem Becher, I klappte der Boden zurück, und die Würfel beide entrollten. I Hatt' er sie wieder gesammelt, die Knöchel, und wagt' es aufs neue I - immer zu spielen gewillt und immer zum Fangen gezwungen - , I täuschten sie wieder sein Hoffen. Den eigenen Fingern
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L. Annaei Senecae
fallax adsiduo dilabitur alea furto. sie cum iam summi tanguntur culmina montis, inrita Sisyphio volvuntur pondera collo. (2) apparuit subito C. Caesar et petere illum in servitutem coepit. producit 1 87 testes qui illum viderant ab ipso 1 88 flagris, ferulis, colaphis vapulantem. adiudi catur C. Caesari. Caesar illum Aeaco 1 8 9 donat. is Menandro liberto suo tradidit, ut a cognitionibus esset 190 •
1 87
producit VL : producere S. ipso Maehly : illo SVL. 1 8 9 c caesari caesar illum eaco S : C. Caesar illum eaco V : G. cesari illum eacus L. 1 9 0 esset SV : abesset L. DIVI CLAUDII EXPLICIT APOTHEOSIS ANNEI SENECAE PER SATURAM S : Damnabis numquam longum post tempus amicum Mutavit mores sed pignora prima memento pro subscriptione V : EXPLICIT LUDUS SENECE' DE MORTE CLAUDII CESARIS L. 1 88
'
Übersetzung, Interpretation
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entgleitet, I wie von diebischer Hand entwendet, der tückische Würfel. I So, wenn der Gipfel bereits des gewaltigen Berges erreicht ist, I gleitet, vergeblich gewälzt, von Sisyphus' Nacken die Steinlast (2) Da erschien plötzlich Kaiser Caligula und forderte ihn für sich als Skla ven. Er führt Augenzeugen vor, die gesehen hatten, wie er Claudius mit Peit schenschlägen, Rutenhieben und Ohrfeigen verprügelte. Daraufhin wird er dem Kaiser Caligula zugesprochen. Dieser schenkt ihn Aeacus, der ihn an seinen Freigelassenen Menander weitergibt, damit er diesem bei Gerichtsuntersuchun gen als Diener helfen kann.
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Kommentar
SIGLA
S
=
V
=
s
=
L
=
codex Sangallensis 569, saec. ix ex. codex Valentianensis 4 1 1 , saec. ix ex. codex Londiniensis B . L. Addit. 1 1983, saec. xii in. recentiores.
Kommentar KAPITEL 1
PROÖMIUM. Im Proömium versichert der Ich-Erzähler seinem imaginären
Publikum, daß er eine wahre Geschichte (vera historia) berichten werde : das ist gerade für die Pseudo-Geschichte typisch. Dabei kann er freilich nicht aus Autopsie Bericht erstatten; er ist aber in der Lage, auf einen Augenzeugen zu verweisen, was als zweitbeste (objektive) Quellengattung in der antiken Geschichtsschreibung gilt. Der Gewährsmann des Berichterstatters ist jedoch nicht bereit, als Schwurzeuge aufzutreten, weil dem Ich-Erzähler zufolge seine Glaubwürdigkeit ernsthaft angezweifelt wurde, obwohl er geschworen hatte, die Wahrheit zu erzählen. Das alles läuft darauf hinaus, dem Publikum klarzuma chen, daß es um Fiktion (jabula), nicht um vera historia geht (vgl. 0. WEIN REICH [1923] 12-30). Dazu paßt, daß die Wahrheitsbeteuerung vor allem in Wundergeschichten und der Romanliteratur vorkommt, wie das folgende nega tive Beispiel bei Lukian ver. hist. 1 ,4 ex. indirekt lehrt: ail'tÖ� O IJ.o.A.oywv IJ.T]Öev rt.A.Tjße� .A.eyt:lV, ypciljlW 'tOtVUV 1tt:pi wv IJ.fin: döov IJ.fi'tt: E7taßov IJ.fi'tt: 1t1Xp 'ä.A..A.w v e1tUßöiJ.T]V . . . Siehe ferner M. M. BACHTIN (1987) 345-412 und J. PERCIV AL
( 1992) 13-16. 1 , 1 . Quid actum sit i n caelo ( ... ) volo memoriae tradere) in caelo gibt entweder bloß die Stelle der Ereignisse an oder steht überraschend für in senatu. Dies setzt jedoch voraus, daß actum sit ein t.t. der Sprache der Magistrate ist (vgl. ThLL I 1393,63ff.). Die Ankündigung des (fiktiven) Historikers wird wiederholt c. 5, 1 : in caelo quae acta sint audite (fides penes auctorem erit): nuntiat (is) . . . (diese Stelle zeigt, daß acta in caelo eigentlich erst ab c. 5,2 berichtet werden). Gemeint ist an unserer Stelle, was die Glaubwürdigkeit betrifft, eher das Gegenteil. ante diem III idus Octobris) Claudius starb nach Tac. ann. 12,69, 1 , Svet. Claud. 45 und Cass. Dio 60,34,3 am 1 3 . Oktober. Dazu paßt, daß Neros dies imperii am 13. Okt. gefeiert wurde, vgl. A cta fratr. A rv. p . LXIX, Z. 9ff. Die genaue Datierung dient dazu, dem Leser historische Genauigkeit und Authentizität vorzuspiegeln.
Die Junktur initium saeculi felicissimi bezeichnet den Anfang eines Goldenen Zeitalters (aureum saeculum), d.h. den Beginn der Regierungszeit eines neuen Kaisers, ein Thema, das unten (c. 4, v.
anno novo, initio saeculi felicissimi)
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Kommentar
1fT.) weiter ausgeführt wird : aureaformoso descendunt saeculafilo (c. 4, v. 9). Vgl. auch Tac. Agr. 3 , 1 : nunc demum redit anim us; et quamquam primo statim beatis simi saeculi ortu Nerva Caesar res olim dissociabiles miscuerit, principatum ac libertatem, augeatque cotidiefell'citatem temporum Nerva Traianus . . Ä hnlich Tac. hist. 1 , 1 ,4. Zur Formel annus novus vgl . CIL X 8053,5, Sen. epist. 87,3 und ThLL II 1 1 5,40ff. Zu den Junkturen felicitas saeculi bzw. temporum felicitas, die in poli tischen Kontexten identisch sind (siehe L. ZIESKE [ 1972] 69), in der Kaiserpro paganda vgl. paneg. 2(10),13 , 1 : felix igitur sub talibus principibus Roma; Ov. trist. 1 ,2,103 : hoc duce si dixifelicia saecula; Sen. contr. 2,7( 15)7: 'o nos nimiumfelici et aureo, quod aiunt, saeculo natos ?' (vgl. ThLL VI, 1 432,28ff., vgl. ferner ThLL VI, 1 438,53ff. und 448,7 1ff.). Zur Verbindung initium anni vgl. ThLL VII, 1 1 654,63ff. .
Die mit dem Futur etwa gleichwertige Verbindung volo . . . tradere ist seit alters umgangssprachlich (vgl. A . SZANTYR [ 1 965] 3 14) und nimmt die Futurbildung der romanischen Sprachen vorweg (vgl. W. D. ELCOCK [1 960] 1 06 und E. L Ö FSTEDT [ 1 956] II 63fT.). Zur Junktur memoriae tradere, die für den Historiker typisch ist, vgl. ThLL VIII 677 ,80fT.
volo memoriae tradere)
Zur Unparteilichkeit des Historikers, die seit Polybios (16,14,8) ein Topos der Geschichtsschreibung war, vgl. Tac. hist. 1 , 1 : nec beneficio nec iniuria und neque amore (.. .) et sine odio, und ann. 1 , 1,6: sine ira et studio; Luc. De hist. conscr. 4 1 : ou 1-1ioe1 oUöe qnÄi� n VEI-LWV. Zum ant onymen Wortpaar vgl. C. WEYMAN (1908) 278f. Zu do indulgeo vgl. ThLL V, 1 1 673,43ff.
nihil nec offensae nec gratiae dabitur)
=
i.q. haec ita ut narro vera sunt. Ähnlich Liv. 1 ,55,6: idque ita [sc. ut dieturn est] cecinere vates (vgl. E. L Ö FSTEDT [1950] 7fT.)
haec ita vera)
si quis [sc. a me] quaesiverit a quo sciam, primum, nisi voluero, [sc. ei] non respondebo. Zu unde a quo siehe A. SZANTYR ( 1 965) 208f. und G. LANDGRAF e 1 9 14) 157.
si quis quaesiverit unde sciam, primum, si noluero, non respondebo)
=
=
quis coacturus est?) Die periphrastische Ausdrucksweise des Futurs ist typisch für die Umgangssprache (vgl. A. SCHERER [ 1975] 69, A. SZANTYR [ 1 965] 3 12 und R. WESTMAN [1961] bes. 43).
scio me liberum esse, post quam mortuus est. Der Ausdruck scio me liberum factum gibt die direkte Rede wieder, von der der ex-quo-Satz nicht abhängig ist: liber sum factus, ex quo suum diem obiit. Zu jactus est = est vgl. c. 3,2: ex quo princepsfactus est (= ex quo prin ceps est) und c. 10, 1 : ex quo deus factus sum (= ex quo deus sum ). Der Sinn der Satzkonjunktion ex quo hängt von dem Tempus des jeweiligen Prädikats ab, vgl. c. 1 ,3 : ex quo in senatu iuravit; 3 , 1 : ex quo cum anima luctatur; c. 3 ,2 ; c. 1 0, 1 . Die Bedeutung von ex quo kann deshalb nicht pauschal mit postquam gleichgesetzt
ego scio me libemm factum , ex quo suum diem obiit)
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werden, entspricht es doch entweder der deutschen Konjunktion "nachdem" oder "seit". suum diem obire für supremum bzw.fatalem diem obire ist umgangssprachlich (vgl. ThLL V, 1 1 049,3 1ff. und IX,2 46,34). Durch den Tod des Claudius ist das römische Volk frei geworden (vgl. c. 12,2 : populus Romanus ambulabat tamquam liber; ähnlich heißt es bei Neros Tod, vgl. Svet. Nero 57,1). Es ist uns kein Sprichwort aut regem autfatuum nasci oportet überliefert (vgl. OTTO e t965] Nr. 1535). Am ehesten vergleichbar ist wohl das griechische !J.W pcj) xai ßaat.Aei VÖIJ.O<; ä:ypa<po<; (Porphyr. zu Hor. sat. 2,3,1 88), welches besagt, daß es für Könige (= Diktatoren) und Narren keine Gesetze gebe. Von größerem Belang ist aber der Kontext im weiteren Sinn, d.h. c. 1 1 ,2 : Crassum vero tam fatuum, ut etiam regnare posset. An dieser Textstelle gibt es keinen exklusiven Gegensatz zwi schen rex und fatuus . Die beiden Begriffe schließen sich also gegenseitig nicht aus, wie auch c. 4,1 bestätigt: (Clotho) abrupit stolidae regalia tempora vitae. Rex und fatuus ( stolidus) sind demnach keine Gegenbegriffe. Dementsprechend bezieht sich unsere Stelle indirekt auf Claudius, der beides in einem verkörperte. (Daß er in Wirklichkeit von Geburt an kein rex war, ist für die literarische Fiktion belanglos). Es ist daher eine naheliegende Mutmaßung, daß unsere Stelle falsch überliefert ist, und zwar so, daß et regem etfatuum nasci oportere zu lesen ist, was paläographisch eine winzige Korrektur darstellt. Diese Berichtigung setztjedoch voraus, daß im vorhergehenden ego scio me liberumjactum das Partizipfactum in das Nomen fatuum im Sinne von 'Quatschkopf oder 'Schwätzer' abgeändert wird. [Keiner von den beiden Eingriffen in den überlieferten Wortlaut läßt sich syntaktisch nachweisen]. Denn erst durch den Tod des Claudius hat der Ich Erzähler die Möglichkeit einer freien Wahl bekommen, zu schweigen oder aber zu reden (= quatschen), wie er es will. Er wählt, wie aus der Fortsetzung hervor geht, die letzte Möglichkeit: si /ibuerit respondere, dicam, quod mihi in buccam venerit. ille qui vemm proverbium fecerat, aut regem aut fatuum nasci oportere)
=
si libuerit respondere (vgl. ThLL VII,2 1 325,43ff.) korre spondiert als positive Alternative mit: si noluero, non respondebo, oben.
1 ,2. si libuerit respondere)
Umgangssprachlich für quidquid mihi in mentem venerit (vgl. ThLL II 2226,34ff. und A. OTTO e 1 965) Nr. 273). Zu dem volkstüm lichen bucca, das os allmählich ersetzte und in den romanischen Sprachen noch weiterlebt, siehe W. D. ELCOCK (1960) 154 und 1 57 oder E. LÖ FSTEDT ( 1956) II, 353.
quod mihi in buccam venerit)
iuratores steht anscheinend metapho risch, vgl. Plaut. Poen. 55ff. : nomen iam habetis. nunc rationes ceteras I accipite; nam argumentum hoc hic censebitur: (...) vos iuratores estis. Die Bedeutung von iurator bleibt jedoch aufgrund der wenigen Belegstellen unklar (vgl. ThLL VII,2
quis umquam a b historico iuratores exegit?)
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664,59ff., wo iurator durch qui iurat erklärt wird). Aus dem nachstehenden tarnen si necesse fuerit auctorem producere geht jedoch hervor, daß iuratores irgendwie auctorem vorwegnimmt. Da, wie sich weiter unten herausstellt, der Zeuge (auc tor) des Erzählers, nie wieder als 'Schwurzeuge' aufzutreten bereit ist, ist gut möglich, daß iuratores für 'Schwurzeugen' steht. Dessenungeachtet, ob dies zutrifft oder nicht, kann sein, daß iuratores durch Verlesen aus iuratos auctores ('Schwurzeugen') entstanden ist. [Diese Konjektur wurde teilweise antizipiert von F. E. RUHKOPF (siehe dazu D. FLACH [1973] 73 mit Anmerkung 1 8), der mit einer Verschiebung des Akzentes ab historico iurato ( aucto ) res lesen will). Schließlich sei erwähnt, daß iuratores vielleicht eine an der Etymologie von grie chisch tJ.&pcu pec; orientierte lateinische Wiedergabe ist. Aufjeden Fall ist inhalt lich beachtenswert, daß der Autor von der Mehrzahl zur Einzahl übergeht; denn ein testimonium nur eines Zeugen hatte vor Gericht keinen Aussagewert (vgl. RE V A, 1 023). Der Sinn des ganzen Kapitels läuft darauf hinaus, daß der Erzähler kein wahrer Geschichtsschreiber (historicus) ist, d.h. kein echter Berichterstat ter, kein 'Richter' der Geschichte (res gestae) ; und seine Quellen sind dement sprechend keine Primärquellen. Denn alles ist Fiktion. Er verweist freilich auf einen Augenzeugen als Primärquelle (vgl. c. 1,2: si necessefuerit auctorem produ cere, quaerito ab eo qui Drusillam euntem in caelum vidit etc.), betont jedoch gleichzeitig deutlich dessen Unzuverlässigkeit. Aussagen von Augenzeugen wurden in der Antike hoch eingeschätzt : p/uris est oculatus testis unus quam auriti decem; I qui audiunt audita dicunt, qui vident plane sciunt (Plaut. Truc. 489f.); quia homines amplius ocu/is quam auribus credunt (Sen. epist. 6,5). Die Verbindung in caelum ire (so auch Plin. nat. 35,139; Svet. A ug. 1 00,4; vgl. auch Paneg. 7[6,] 7,2 : iturus ad deos) steht hier für das übliche in caelum ascendere bzw. escendere (vgl. c. 1 ,3). auctorem)
=
testem (vgl. ThLL II 1 199,63ff.). Vgl. c. 5, 1 : fides penes auctorem erit.
Seneca schreibt quaerito (lmperativus futuri) wegen des vorhergehenden Futurum exactum (juerit) (vgl. A. SZANTYR [ 1965] 340f.). Der Satz (is) qui Drusil/am euntem in caelum vidit umschreibt das im Lateinischen fehlende Einzelwort für den Begriff "Augen zeuge", der durch video + Objekt + Partizip Praesens ausgedrückt wird. Vgl. auch c. 15,2: producit testes qui illum viderant ab isto flagris, ferulis, colaphis vapu lantem. Als am 10. Juni 38 n.Chr. Iulia Drusilla, Schwester und Geliebte des Kaisers Gaius (vgl. Svet. Ca/. 24, 1), starb, Aioutöc; nc; retJ.ivwc; ßouAEU't"TJ<; E<; 1"E 1"0V oupa quaerito ab eo qui Dmsillam euntem in caelum vidit)
vöv (XU't"TJV avaßaivouoav xai 1"01'<; U'eotc; ouyytyVOIJ.EVT]V a':wpaxevat WIJ.OOEV, E�W AEl!XV xai a':auc
Cass. 59, 1 1,4). Wie aus dieser Textstelle hervorgeht, hat ein gewisser römischer Senator Livius Gemin[i]us nach dem Staatsbegräbnis (vgl. W. T(JERDORF [1 986] 58f.) ein testimonium abgegeben, wobei er aller Wahrscheinlichkeit nach
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den folgenden Eid leistete oder vielmehr Meineid (periurium) schwur (vgl. Plin. epist. 2,20,5) : *pereamus ego liberique mei, ni verum dico *. Auf diesen Meineid (bzw. Schwur) bezieht sich, wie ich vermute, der Ausdruck iurarat conceptis verbis. [Beim Tod des Augustus hatte ein Praetorier, Numerius Atticus (Cass. Dio 56,46), eine ähnliche Vision gehabt: (Svet. A ug. 100,4) nec defuit vir prae torius, qui se effigiem cremati euntem in caelum vidisse iuraret] . idem . . . dicet bezieht sich auf den oben erwähnten Zeugen, der, so der Ich-Erzähler, auch bereit ist zu behaupten, Claudius gesehen zu haben. Die Worte non passibus aequis sind ein Zitat aus Verg. A en. 2,273 f. : dextrae se parvus lulus I implicuit sequiturque patrem non passibus aequis, wo der kleine Iulus versucht, mit dem Vater Schritt zu halten. Hier enthalten die Worte auch eine für das antike Publi kum komische Anspielung auf Claudius' Hinken, er war ja claudus altero pede (vgl. Svet. Claud. 2 1 ,6: ( Claudius) non sine joeda vacil/atione discurrens; ib. c. 30, 1 : ceterum et ingredientem (sc. C/audium) destituebant popfites minus firmi). Claudius galt als eine Mißbildung, d.h. ein monstrum oder portenturn (siehe Kom mentar zu c . 5,2-3). Physische Mißbildungen gaben in der Antike, im Mittelalter und bis in die Neuzeit Anlaß zum Spott (vgl. Cic. de orat. 2,239 : est etiam dejormi tatis et corporis vitiarum satis bel/a materies ad iocandum). Zur Haltung gegen über Krüppeln oder, wie wir heute aus einer anderen Perspektive lieber sagen würden, Behinderten in der Antike und später siehe L. GIULIANI (1 987) 70 172 1 , M. SCHMIDT (198311984) 133-161 und M. M. BACHTIN (1987) 345-4 12. idem Claudium vidisse se dicet iter facientem "non passibus aequis")
antonymes asyndetisches Wortpaar (vgl. J. B. HOFMANN [2 195 1] § 103 und A. SZANTYR [ 1 965] 6 5 6 f. ) .
velit nolit)
Viele Aufgaben, die in der republikanischen Zeit den Censoren zukamen, wurden in der Kaiserzeit besonderen curatores zugeteilt. Livius Geminus ist der erste uns namentlich bekannte Appiae viae curator (vgl. RE Suppl. XIII 1475,32, wo man sich auf unsere Stelle bezieht). Da sowohl Augustus als auch Tiberius in Kampanien (Nola bzw. Misenum) starben, wur den sie auf der Via Appia nach Rom überführt (vgl. Svet. A ug. 100,2 und id. Tib. 75,3). Der Erzähler unterscheidet hier sprachlich korrekt sehr genau zwischen dem divus Augustus und dem nicht konsekrierten Tiberius (vgl. F. VITTING HOFF [ 1 936] bes. 85-87), für den die Aussage ad deos isse genaugenommen nicht zutrifft (vgl. W. KIERDORF [ 1986] 43-69). Appiae viae curator est)
ad deos isse)
siehe Komm. zu c. 1,2: Drusil/am euntem in caelum vidit.
1 ,3. hunc si interrogaveris, soli narrabit: coram pluribus numquam verbum faciet)
i.q. si is interrogatus erit (num C/audium viderit), non nisi singulis narrabit: p/uri bus (quam uno) praesentibus non iam dicet (se C/audium vidisse). Denn das, was lediglich einer Person gegenüber, d.h. unter vier Augen, erzählt wird, gilt nicht
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als testimonium, weil die Römer immer mindestens zwei Zeugen forderten, um ein testimonium anzuerkennen (vgl. RE V A, 1023). narn ex quo in senatu iuravit se Dmsillarn vidisse caelurn aseendentern et illi pro tarn bono nuntio nerno credidit) siehe Komm. zu c. 1 ,2 : Drusil/am euntem in cae
lum. Die Verbindung pro tam bono nuntio steht etwa für pro ta/i nuntio (der Klas siker). Die Worte tam bonus nuntius sind die römische Wiedergabe des griechi schen Begriffs euayyeA.wv (vgl. 0. WEINREICH [1923] 27). Die einmütig über lieferte Lesart Drusil/am paßt nicht gut zum Kontext (vgl. Komm. zu c. 13,2). Sie läßt sich, wie ich hier vorschlagen möchte, sinnvoll in Claudium ändern; denn oben (c. 1 ,2) wurde Drusilla erwähnt als ein historisches Beispiel für eine Apo theose, die derselbe Schwurzeuge bestätigt hatte, der gegebenenfalls auch bereit wäre, die Himmelfahrt des Claudius zu bezeugen (vgl. c. 1,2 : idem C/audium vidisse se dicet), aber künftig nur einer Person gegenüber, nicht mehr offiziell (in senatu) (c. 1 ,3 : hunc si interrogaveris, soli narrabit) ; denn (so muß angenommen werden) als er im Senat schwur, Claudius gesehen zu haben, hat man ihm nicht geglaubt. (Anders war es ihm im Fall der Drusilla ergangen, wo der historische Geminus ja eine hohe Belohnung vom Kaiser empfing). Deswegen ist er nicht mehr bereit, sein testimonium mehr als einer Person gegenüber (d.h. offiziell) abzulegen, wobei dieses Verfahren ohne jede gerichtliche Gültigkeit ist und der Augenzeuge keinen Anspruch auf eine Belohnung erheben kann. Der Ich Erzähler sagt mit anderen Worten, daß er nie dem historischen Geminus geglaubt hat, obwohl dessen Zeugnis (testimonium) über Drusilla von Caligula positiv auf genommen wurde, wie die großzügige Belohnung, die ihm zuteil wurde, zur Genüge bezeugt. Er bekam ja eine hohe Belohnung vom Kaiser (vgl. Cass. Dio 59, 1 1,4). Man hat ihm also bei jener Gelegenheit offiziell geglaubt. iuriiurando (der Relativsatz fungiert im Satz bauplan als Objekt im Dativ zu credidit). Ich habe das überlieferte viderit (S liest Quod viderit, V L bieten quid viderit) in iurarat geändert (vgl. A. A. LUND [ 1989c] 485f.) vor allem deswegen, weil die feste Junktur verbis conceptis sonst nur in Verbindung mit Ausdrücken des Schwörens wie iusiurandum und periurium belegt ist: (Plaut. Asin. 562) ubi verbis conceptis sciens /ibenterperiuraveris; (Plaut. Cist. 98) at il/e conceptis verbis iuravit; (Plaut. Pseud. 353) nempe conceptis verbis iuravisti; (Plaut. Bacch. 1 028) ego iusiurandum verbis conceptis dedi; (Plaut. Merc. 790) conceptis verbis iam iusiurandum dabo; (Plaut. Cist. 96) at il/e conceptis iura vit verbis; (Cic. C/uent. 134) dixit se scire illum verbis conceptis peierasse; si qui contra vellet dicere, usurum esse eum suo testimonio [vgl. Val. Max. 4, 1 , 1 0 und Quint. inst. 5, 1 1 , 13]; (Cic. o.ff. 3,107) non enimfalsum iurare periurare est, sed quod ex animi tui sententia iuraris, sicut verbis concipitur more nostro . . ); (Liv. 43 ,16,15) conceptis verbis iuravit; (Petron. 1 13 , 13) iurat Eumo/pus verbis conceptissimis; (ib.) 132,2 conceptissimisque verbis iuravit; (Gell. 2,24,2) iurare apud consules verbis conceptis; (Gell. 6, 1 1,9) si tu verbis conceptis coniuravisti. Siehe ferner ThLL IV 55,32ff. Die Herstellung der Stelle : ... et illi pro tam bono nuntio nemo credidit, quod iurarat verbis conceptis)
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quid (alii : quod) viderit verbis conceptis affirrnavit se non indicatururn, nach der quid (alii : quod) viderit als Objekt für indicatururn im Satzbauplan fungiert, ver kennt, daß indicatururn hier im Sinn von indicern jore (s.u.) steht. affirmavit se non indicaturum, etiam si in medio foro hominem occisum vidisset) i.q.
negavit se indicern jore, etiarn si in rnedio joro hornicidiurn jacturn vidisset. (Zu indicare = 'anzeigen' vgl. ThLL VII, 1 1 1 55,20ff.). Die Bemerkung spielt auf das dem römischen Publikum wohlbekannte Faktum an, daß, wer einen Mord anzeigte, eine Belohnung (praerniurn) für sich beanspruchen konnte, wenn er ein freigeborener Mann war; Unfreie konnten kein Zeugnis (testirnoniurn) ablegen (vgl. Th. MOMMSEN [ 1 899] 504ff. und L. SCHUMACHER [1982] 9). Der Erzäh ler, den wir hier mit dem Autor gleichsetzen dürfen, läßt den Schwurzeugen Geminus erklären, er werde in Zukunft auch nicht einen (gewöhnlichen) Mord auf offener Straße (zu in rnedio joro vgl. ThLL VIII 585,66ff.) anzeigen (indicare), weil man ihn im Fall der Drusilla (oder des Claudius, s.o.) für unglaubwürdig hielt. Er verzichtet also künftig auf jede Belohnung. Mit der geschichtlichen Frage, "wie es eigentlich gewesen", hat die Stelle m.E. nichts zu tun. Der Erzäh ler stellt hier mit anderen Worten die geschichtliche Wahrheit auf den Kopf. Er unterstellt dem historischen Geminus, er sei ein Lügner (periurus), der Meineid (periuriurn) gezielt begangen habe. Zu occidere horninern für das wenig gebräuch liche hornicidiurn jacere vgl. ThLL VI,3 2875,4ff. ab hoc ego quaecumque audivi certa, clara affero, ita illum salvum et felicem
Die Stelle verweist auf die nachstehende Erzählung, die demnach als eine non vera historia, d.h. als eine jabula, charakterisiert wird. Die Handschrif ten bieten zweierlei: quaecurnque VL, quae turn S. Die jüngeren Herausgeber lesen alle quae turn. Sie fassen also turn im punktuellen Sinne von tune auf und beziehen es auf das, was der Erzähler vom Schwurzeugen im Senat gehört haben will, als dieser den (falschen) Eid leistete, Drusilla (bzw. Claudius) gesehen zu haben (vgl. c. 1 ,3). Diese sprachliche Analyse bestätigt den Vorschlag zur Ände rung von Drusillarn in Claudiurn (vgl. oben), weil sich quae turn audivi, certa clara affero inhaltlich nicht auf die ganze jabula von der Apotheose des Claudius bezieht, sondern nur mit Bezug auf eine konkrete Situation stehen kann: in senatu iuravit se Claudium vidisse. Wer für die Lesart quae turn eintritt, der befürwortet mit anderen Worten die Konjektur Claudiurn. Zu unserer Stelle siehe auch A. PERUTELLI (1 984) 1 62f., der korrekt auf die folgende sprachliche Parallele verweist: (Cic. A tt. 16,13c,2) tu rnihi de iis rebus quae novantur ornnia certa clara (sc. affer). certa clara ist ein enumeratives asyndetisches Wortpaar (vgl. G. BENDZ [ 1 965] passim). Der Ausdruck ita illurn salvurn et felicern habearn enthält eine feierliche Be teuerung. Die Verwendung von ita - ut in Schwüren und Beteuerungsformeln ist umgangssprachlich (vgl. A. SZANTYR [1965] 634). Gemeint ist das Gegenteil von dem, was gesagt wird. Denn ubi sernel quis peieraverit, ei credi postea, etiarn si per plures deos iuret, non oportet (Cic. Rab. Post. 36) (vgl. A. OTTO [2 1965] Nr. 1 094) . habeam)
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KAPITEL 2
Das ganze 2. Kapitel dient auf den ersten Blick, d.h. auf der Stufe der sprach lichen Analyse, bloß dem Zweck, das schon im ersten Kapitel genannte Datum von Claudius' Tod durch eine Persiflage der in der Dichtung beliebten Periphra sen von Tages- und Jahreszeiten zu wiederholen und zu präzisieren (ähnlich Hor. sat. 1 ,5,9f., Quint. 8,6,60 und Sen. epist. 122, 10-13). Kap. 2,1 enthält dement sprechend anscheinend lediglich eine Umschreibung der Jahreszeit, Kap. 2,2 eine Periphrase der Tageszeit. Auf der interpretatorischen Stufe geht es dabei zunächst um eine metaphorische Darstellung vom Sterben des Jahres und der Natur, der wahrscheinlich auch eine sinnbildliche Bedeutung zukommt. Zur sinnbildlichen Darstellung des sterbenden Jahres in Kapitel 2 paßt die Schilde rung der Geburt einer neuen Ä ra in Kapitel 4. 2,1. Iam Phoebus breviore via contraxerat +ortum+ I lucis et obscuri crescebant tempora Somni) Die Worte besagen, daß die Sonne schon den Herbstanfang, das
aequinoctium autumni bzw. autumnale, passiert hat, quod est ante kal. Oct. (Colum. 9,14,10). Vgl. auch Hyg. astr. 1,8: in Libra autem aequinoctium conficit et autumnum significare incipit. Zum Umlaufkreis der Sonne vgl. etwa Manil. 3 ,247ff. und bes. Vitr. 9,3,1-2; siehe ferner U. LINDGREN (1990) 562-574, bes. 565. Unsere Stelle gehört zu den Hauptschwierigkeiten der ganzen Schrift und ist verschieden geändert worden (FROMOND [1632] orbem, EDEN [ 1984] arcum, SCH ÄUBLIN [ 1 987] horas, LUND [ 1989c] artum). Der überlieferte Wort laut contraxerat ortum lucis ist zwar morphosyntaktisch richtig überliefert, paßt jedoch nicht zum Kontext, und das unabhängig davon, ob man den Text wörtlich versteht oder metaphorisch interpretiert. Vom Sonnenaufgang, wie es die Junk tur ortus lucis erwarten läßt und einige Interpreten wollen (so jüngst N. W. BRUUN [ 1990] 59f.), ist nicht die Rede, sondern von der Jahreszeit, heißt es doch weiter unten so: (c. 2,2) puto magis intelligi (posse) , si dixero: mensis erat October, dies III idus Octobris. Im Kontext gibt es einen Gegensatz zwischen contraxerat ortum lucis und obscuri crescebant tempora Somni, wobei das letzte, das Wachsen der Nacht, das Ergebnis des Vorangehenden (sc. contraxerat) ist. [Die Annahme von G. BINDER (1992) 347, Anm. 8, nach der contraxerat in protraxerat (sie !) zu ändern ist, läuft dem Kontext zuwider]. Logisch erfordert contraxerat ein Akku sativobjekt, das einen Zeitraum (spatium) bezeichnet, der verkürzt wird, wie das nachstehende crescebant tempora Somni bestätigt. contraxerat, das hier für das geläufige decreverat (vgl. ThLL V, 1 2 1 9, 1 l ff.) oder minuerat (vgl. ThLL VIII 1028,23ff.) steht, und crescebant sind Antonyme. An unserer Stelle ist die Verbin dung breviore via [= contractiore cursu (vgl. Vitr. 9,3,3)] contraxerat tautologisch. Zur Junktur brevior via im konkreten Sinn vgl. ThLL II 2 1 80,6ff. und im abstrak ten ib. 2 1 8 1 ,22ff. Die Stelle handelt von dem schon passierten aequinoctium autumni, was mit der sogenannten Ekliptik, dem Kreis am Himmel, den die Sonne scheinbar in einem Jahr durchläuft, zu tun hat (vgl. H. G. GUNDEL [1992] 26ff.). Demnach
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läßt sie sich so emendieren: iam Phoebus breviore via eontraxerat aueturn I lueis... Nach dem aequinoetium autumnale werden die Tage kürzer: . . . ab aequinoetio autumnali die decreseente (Plin. nat. 2,151). Vgl. ferner mutatis mutandis Plin. nat. 2,8 1 : so/ autem ipse quattuor differentias habet, bis aequata noete diei, vere et autumno ... ; bis permutatis spatiis, in aueturn diei bruma ... , noetis vero solstistio . . . inaequalitatis est signiferi. Eine lexikographische Parallele bietet Lucan. 10,2 1 7 : (Nilus) auetusque suos n o n ante eoartat ( eontrahit) ; vgl. auch Plin. epist. 4,30,2 : (lacus) ter in die statis auetibus ae dimunitionibus ereseit deereseitque. Dem sei hinzugefügt, daß eine rein metaphorische Auslegung der Stelle im Kontext, wobei Iux wie öfter ftir vita (vgl. ThLL VII,2 1 9 10,6ff.) steht, auch die folgende Textkonstitution ermöglicht: iam Phoebus breviore via eontraxerat annos I lucis . . . (vgl. ThLL IV 761 ,54ff.). Somnus, das wie Hiem(p)s und A utumnus personifiziert ist, steht metapho risch im Sinn von "Nacht" und läßt konnotativ den Begriff "Tod" mitschwingen; denn Somnus ist der Bruder des Todes, vgl. Sen. Here. f. 1069 : Somne ... frater durae languide mortis; siehe ferner Ov. met. 1 1 ,592ff. Unsere Stelle handelt von der Jahreszeit, symbolisiert jedoch gleichzeitig das jährliche Sterben der Natur. Vgl. etwa Iuv. 4,56ff. : iam letifero eedente pruinis I A utumno, iam quartum speran tibus aegris, I stridebat deformis Hiems praedamque reeentem I servabat. =
Diana, die oft mit Luna identifi ziert wird, heißt Cynthia (vgl. ThLL nom. prop. II 792,83ff.), weil sie auf dem Berg Kynthos auf der griechischen Insel Delos geboren ist und verehrt wurde. Zur Vorstellung von Iuna vietrix vgl. Sen. Thy. 840 und Manil. 3,252 : ... eum lueem vineere noetes I incipiunt. Vgl. ferner Lucr. 5,68 1 : et minui luces, eum sumant augmina noetes. Das Imperfekt ereseebant steht de conatu.
iamque suum victrix augebat Cynthia regnum)
et deformis Hiemps gratos carpebat honores I divitis Autumni)
Die Junktur defor mis hiems auch Sil. 3,489 und Iuv. 4,58. Vgl. auch Hor. 2,10,15. Zu honores divitis A utumni vgl. ThLL VI 3 ,2923,49ff. und VI 1 , 1 591 ,79ff. iussoque senescere Baccho) Gemeint ist entweder, daß dem noch nicht gelesenen Wein vom Winzer (vindemitor ftir vindemiator metri causa) "befohlen" wird, reifer zu werden, oder aber daß die Weinlese schon stattgefunden hat und der Wein gelagert werden soll (vgl. N. W. BRUUN [1 990] 60). Die Weinlese fiel nach dem Codex Theodosianus in die Zeit zwischen dem 23. August und 15. Oktober (siehe jedoch dazu H. H. SCULLARD [ 1985] 266). Nach Varro rust. 1 ,34,2, Colum. 1 1,2,67 und Plin. nat. 18,3 1 9 galten 44 Tage nach dem 24. September als die Zeit der Weinlese.
i.q. puto [sc. ea quae supra iam dixz1 magis inte/ligi passe, si dixero. Nach ThLL VII, 1 2098,53ff. steht das überlieferte puto magis intelligi ftir puto [sc. me] magis intelligi. In Protasis fehlt, so wie die 2,2. puto magis intellegi (posse) , si dixero)
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Textstelle überliefert ist, ein Bezug auf das Futur, das im Lateinischen beson ders in der Volkssprache oft durch passe ausgedrückt wird (siehe ThLL X,2 140, 6 6tf., A. SCHERER [1975] 69 und E. L Ö FSTEDT [ 1 9 1 1] 208f.). Hinzu kommt, daß die Junktur intelligi passe geläufig ist (vgl. c. 7,4). Wer die Überlie ferung im Text behält, der muß Belegstellen für das fehlende Futurum im Hauptsatz in einem konditionalen Satzpaar nachweisen. mensis erat October, dies 111 idus Octobris)
Vgl. c. 1 , 1 .
horam non possum certarn tibi dicere) certa hora heißt die 'genaue Uhrzeit' (vgl. ThLL III 900,50ff.). Der historische Claudius starb früh am Morgen (Svet. Claud. 44,3), aber sein Tod wurde erst inter horam sextarn septimamque bekanntgegeben (Svet. Nero c. 8,1); Tac. ann. 12,69, 1 spricht von medio diei. Die Stelle enthält einen ironischen Hinweis darauf, daß der Tod des Claudius geheimgehalten wurde (Svet. Claud. 45, 1), und ermöglicht zugleich die witzige Fortsetzung. facilius inter philosophos quam inter horologia conveniet) i. fere q. difficilius inter se sapientes ( philosophi) quam mathematici (= astrologi) conveniunt. Unter horologium verstanden die Alten entweder ein horologium solarium oder ein horologium ex aqua. Der Ausdruck inter horologia steht in Bezug auf die Astro logie/ Astronomie (vgl. Vitr. 1 , 1 , 1 0 : ex astrologia autem cognoscitur oriens, occi dens, meridies, septentrio, etiam caeli ratio, aequinoctium, solstitium, astrorum cursus; quarum notitiam si quis non habuerit, horologiorum rationem scire non poterit. Dem sei hinzugefügt, daß incerta est horae mensura neque ullam I altera par sequitur, sed, sicut summa dierum I vertitur, et partes surgunt rursusque recedunt [Manil. 3,237ff.]). Zu den Schwierigkeiten, die genaue Zeit der Geburt festzustel len, vgl. Ptol. tetrabibl. 3,2. Philosophie und Philosophen, wofür die echten lateinischen Wörter sapien tia und sapientes sind (vgl. U. KLIMA [197 1] 1 65), waren bei den Gebildeten im alten Rom ebenso verpönt wie die Astronomie und die Astronomen, die - wie die Astrologen im heutigen Sinne des Wortes - astrologi, mathematici und Chal daei genannt wurden (vgl. W. H ÜBNER [ 1990] passim und J. BLÄNSDORF [199 1 ] bes. 5 1 f.). Zur ersten Kategorie vgl. etwa Cic. off. 2,1 ,2 : vereor ne quibus dam bonis viris philosophiae nomen sit invisum ; Tac. Agr. 4,4 : memoria teneo soli turn ipsum [sc. Agricolam] narrare se prima in iuventa studium philosophiae acrius, ultra quam concessum Rarnano ac senatori, hausisse; siehe ferner L. FRIEDLÄN DER [9 - 10 1 92 1 - 1 922] Bd. 3, 258ff.). Zu den Astrologen im engeren Sinn des Wor tes, die gelegentlich auch genethliaci genannt wurden (siehe ThLL VI,2 1 804,39ff.), vgl. Cic. de orat. 1 , 1 0 : quis ignorat ii qui mathematici vocantur quanta in obscuritate rerum ... versentur. Vgl. auch Cic. div. 1 , 132: non habeo denique nauci Marsum augurem, non vicanos haruspices, non de circa astrologos, non Isiacos coniectores, non interpretes somniorum; non enim sunt hi aut scientia aut arte divini... Uniere Stelle nimmt, wie ich vermute, c. 3,2 vorweg: patere mathema ticos aliquando verum dicere... =
68 conveniet)
Kommentar
Zur Junktur convenire inter siehe ThLL IV 839,72ff.
2,3. +nimis mstice+ adquiescunt omnes poetae, non contenti ortus et occasus describere, ut etiam medium diem inquietent) Die Textstelle ist korrupt. Bei den
vielen vergeblichen Versuchen, sie zu heilen, sind die Philologen gewöhnlich davon ausgegangen, daß adquiescunt im Gegensatz zu inquietent unten steht. Dabei hat man offensichtlich verkannt, daß adquiescunt (vgl. ThLL I 423,78ff.) und non contenti antonyme Ausdrücke sind. Der Sinn des Kontextes läuft aller Wahrscheinlichkeit nach darauf hinaus, daß sich diejenigen Dichter, die sich nicht mit Beschreibungen von Sonnenauf- und untergängen begnügen wollen, gerne gleichzeitig mit etwas anderem befassen. Die Stelle läßt sich vielleicht durch zwei Konjekturen auf ein Mal restituieren : in mathematica adquiescunt omnes poetae, non contenti ortus et occasus describere, ut etiam medium diem inqui rant - "Mit der Astronomie/Astrologie befassen sich diejenigen Dichter, die sich nicht zufriedengeben mit der Beschreibung von Sonnenauf- und untergängen, so daß sie jetzt auch die Mittagsstunde erforschen." Zu inquirere a/iquid vesti gare aliquid vgl. Manil. 4,908 : inquiritque Iovern (i.e. caelum), und Sen. suas. 4,2 : natales (i.e. positus siderum) inquirunt.. . Die oben vorgeschlagenen Änderungen werden dadurch erhärtet, daß ortus et occasus describere t.t. der Astronomie/ Astrologie sind (vgl. ThLL V, l 657, 13ff. und ib. IX,2 340,36ff. sowie ib. IX,2 1067,33ff.). Besonders aufschlußreich ist Quint. inst. 1 ,4,4 : nec . . . poetas intelli gat, qui . . . totiens ortu occasuque signarum in declarandis temporibus utantur. =
sie verweist auf das vorhergehende inquietent (bzw. inquirant). hora bezieht sich auf horologia, siehe ThLL VI,3 2954,45ff. trans ire steht vielleicht hier wie öfter in der nachklassischen Prosa für praetermittere.
tu sie transibis horam tarn bonam)
2,4. Iam medium curru Phoebus diviserat orbem) Zur pleonastischen Ausdrucks weise medium . . . diviserat vgl. ThLL VIII 584,84ff.
Mit der Junktur fessae habenae am nächsten vergleich bar wohl Ov. met. 4,634: fessos axes, und Sen. Thy. 8 1 9 : fessos currus.
fessas quatiebat habenas)
obliquo flexam deducens tramite lucem) Zur Verbindung obliquo . . . tramite vgl. Liv. 5, 16,5 : ob/iquis tramitibus egressi. . . ; Sen. Thy. 844f. : hic qui sacris pervius astris I secat ob/iquo tramite zonas I flectens Iongas signifer annos . . .
KAPITEL 3
Entgegen dem sprachlichen Usus fehlt hier ein cum inversum nach dem vorhergehenden iam (c. 2,4). animam agere ist die übliche Junktur, gesagt von einem Menschen in Ago nie (vgl. ThLL I 1 372,72ff. und ib. II 70,63ff.). anima steht dabei fü r vita wie exitus 3,1 . Claudius animam agere coepit nec invenire exitum poterat)
Kommentar
69
für mors. Da Claudius als ein defekter Mensch, als ein homo non articulatus, geschildert wird, liegt es auf der Hand, daß die Seele ihn nicht durch das natür liche Organ, den Mund (vgl. Sen. epist. 76,3 3), sondern durch das Gegenteil, den After, verläßt. Vgl. c. 4,3 : et ille quidem animam ebulliit, et ex eo desiit vivere videri... ultima vox eius haec inter homines audita est, cum maiorem sonitum emisis set illa parte, qua facilius loquebatur... (c. 4,2-3). turn Mercurius, qui semper ingenio eius delectatus esset, unam e tribus Parcis sedu
Die Szene wechselt schlagartig in den Olymp. Der relative Kausalsatz im Konjunktiv dürfte ironisch gemeint sein. Sonst tritt Mercur Hermes hier als 1Jruxo1tO IJ.1tÖc; auf (vgl. c. 1 1 ,6; c. 1 2, 1 ; c. 1 3 , 1 ) . Die eine der Parzen ist Clotho (vgl. gr. xA.wöw), siehe c. 3 ,3 . Zu delectatus esset laetatus esset siehe ThLL V, 1 cit et ait)
=
=
426,42ff. nec umquam tam diu cmciatus exeat? annus sexagesimus et quartus est, ex quo cum anima luctatur) exeat ist eine Emendation von N. W. BRUUN (s.u.). Die einhellig
überlieferte Lesart esset ist morphosyntaktisch falsch. Einige jüngere Heraus geber wollen esset in (c) esset ändern im Sinne von 'aufhören', was lexikogra phisch sehr zweifelhaft ist und bleibt. Ein guter Vorschlag zur Herstellung der Stelle unter Berücksichtigung des einschlägigen Kontextes ist von N. W. BRUUN ( 1 990) ad loc. vorgebracht, nach dem exeat zu lesen ist, wobei der Kon junktiv in deliberativer Funktion steht. BRUUN faßt exire im Sinne von 'sterben' auf (vgl. Sen. benef 5 , 1 7 ,5 : quis non gemens exit? Siehe ferner ThLL V 2 , 1 3 63 ,47ff.) und bezieht den Inhalt auf Claudius. Vielleicht ist jedoch zu lesen: nec umquam tam diu cruciatus exeat (anim us)? Denn es ist die Seele (animus anima), die den exitus nicht findet. Zur Junktur animus exit vgl. ThLL V,2 1 3 6 1 ,26ff. und zu animus cruciatur siehe ThLL IV 1224 , 1 7ff. Daß animus vor annus leicht hat ausfallen können, liegt auf der Hand. Die Zeitbestimmung annus sexagesimus et quartus est, ex quo cum anima luctatur, umschreibt das Alter des Claudius, der aller Wahrscheinlichkeit nach am 1 . August 10 v.Chr. geboren wurde (vgl. Svet. Claud. 10, 1 und 45 ; Cass. Dio 60,2 , 1 und 60,5,3 ; siehe dazu C. J. SIMPSON [ 1 987] 585-592) . Claudius starb 63 Jahre alt: excessit ... sexagesimo quarto aetatis (Svet. Claud. 45).
=
cum anima luctatur) Zur Verbindung vgl. ThLL VII,2 173 1 , 78ff.
luctari cum morte vom Sterbenden gesagt
quid huic et rei publicae invides?) Die Parze neidet Claudius die Ruhe und dem Staat das Glück, ihn loszuwerden. invidere auch c. 9,6.
i. fere q.fac ut astrologi tandem aliquando se veridicos praestent. Zu mathematici astrologi bzw. Chaldaei siehe oben c. 2,2. aliquando steht hier im Sinn von tandem aliquando (vgl. ThLL I 1 60 1 ,65ff.). Die Junktur verum dicere heißt denotativ die 'Wahrheit sagen', kon-
3,2. patere mathematicos aliquando vemm dicere)
=
70
Kommentar
notativ schwingt jedoch dabei gleichzeitig eine Anspielung auf die Rolle der Astrologen als Wahrsager (i.e. veridici, vgl. OLD, 2037) mit. Die Stelle spielt auf die Tatsache an, daß Astrologen häufiger über das Ende des Kaisers befragt wurden. ex quo princeps factus est)
=
ex qua princeps est.
et tarnen non est mirum, si errant et horam eins nemo novit) et tarnen heißt 'und übrigens', 'übrigens auch' (vgl. E. L Ö FSTEDT [ 1 9 1 1] 3 1ff. ) . Niemand konnte die Todesstunde (hora fatalis) des Claudius vorhersagen, weil auch seine Geburts stunde (hora nata/is), die unumgängliche Voraussetzung ftir ein Horoskop (hora, vgl. ThLL VI,3 2963 , 14ff.), unbekannt war: nerno enirn urnquarn illurn naturn putavit. Zur sogenannten Genethlialogie (Geburtsastrologie) vgl. Manil. 3,5 10ff. und 3,5 1 8ff. Der Astrologe mußte sich oft mit der Frage nach der Lebenserwar tung befassen, vgl. Manil. 3,560ff., zu der sich einige skeptisch verhielten, vgl. etwa Sen. d. Ä . suas. 3,7,4. Zur Rolle des Zodiakos ftir die Horoskopie vgl. H. G. GUNDEL (1992) 32ff., bes. 36f. nemo enim umquam illum natum putavit) Der idiomatische Ausdruck (vgl.
OTTO [2 1965] Nr. 1 195) drückt eine abschätzige, ignorierende Haltung aus. Vgl. Petron. 58, 1 0 : qui te naturn non putat; Mart. 8,64, 1 8 : naturn te, C/yte, nec sernel putabo; Mart. 10,27,4 : nerno tarnen naturn te, Diodore, putat. Hier spielt der Autor viel leicht gleichzeitig auf die Auffassung von Claudius als einem nicht vollständig ausgetragenen rnonstrurn an : rnater A ntonia portenturn eurn horninis dictitabat, nec absoluturn a natura, sed tanturn inchoaturn (Svet. C/aud. 3,2). fac quod faciendum est)
sc. C/audio et reipublicae (vgl. c. 3,2 : quid huic et reipubli
cae invides). 'dede neci, melior vacua sine regnet in aula')
Zitat aus Verg. georg. 4,90.
3,3. mehercules) Aus Gellius
1 1 ,6 geht hervor, daß in Rom in älterer Zeit Männer nur bei Hercules (rnehercules, rnehercu/e, herc/e), Frauen lediglich bei Castor oder Pollux (rnecastor, castor, edepof) schwuren. 'pusillum temporis adicere illi volebam, dum hos pauculos qui supersnot civitate donaret') Die Sprache der Clotho wird durch die im Kontext funktionellen
Deminutiva pusillurn und pauculos sowie durch die Beteuerungsformel rneher cules als Umgangssprache charakterisiert. Zu den Deminutiva siehe A. SZAN TYR (1965) 773ff. und bes. R. HAKAMIES ( 1 95 1 ) 16ff. Das Deminutivum pau cu/us ist seit Cato belegt (vgl. ThLL X, l 800, 13ff.). Zu pusillurn vgl. auch c. 13,3 und Sen. epist. 99,2. constituerat enim omnes Graecos, Gallos, Hispanos, Britannos togatos videre)
togatos, dessen Gegensatz im Kontext peregrinos ist, steht ftir cives Rornanos und
Kommentar
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betont zugleich die Zugehörigkeit zur römischen Zivilisation (pax Romana) : Romanos, rerum dominos gentemque togatarn (Verg. A en. 1 ,282). (Zur toga als Symbol der pax Romana vgl. Cic. Phi/. 2,20, Cic. Pis. 72 und 79). Claudius behan delte im Hinblick auf das römische Bürgerrecht die zivilisierten Griechen nicht anders als die unzivilisierten Gallier, Spanier und Britannier. Die Stelle enthält mit anderen Worten Kritik an der Einbürgerungspolitik des Claudius (vgl. A. MOMIGLIANO [2 196 1] 63ff.; siehe ferner M. HASSALL [ 1987] 685-700). Vgl. auch Sen. benef 6,19,2 : si princeps civitatem dederit omnibus Gal/is, si immuni tatem Hispanis. in semen relinqui)
Metapher aus der Sprache der Landwirtschaft. Vgl. Colum.
2,9, 1 1 . aperit turn capsulam et tres fusos profert)
Zum funktionellen Deminutiv capsula
(aus capsa) vgl. ThLL III 363,32ff. unus erat Augurini, alter Babae, tertius Claudii) Die drei Namen lesen sich, was kaum zufällig ist, wie der Anfang des Alphabets (vgl. F. DORNSEIFF [ 1 922] 148). Die beiden ersten sind wahrscheinlich fiktiv, der dritte echt. Vielleicht beziehen sie sich alle irgendwie auf Claudius, der Augur war, stotterte und hinkte (vgl. R. PAPKE [ 1986] 183-196). Beweisen läßt sich dies nicht. Als Lall name ist Baba jedoch belegt Sen. epist. 1 5,9: quam tu nunc vitam dici existimas stultam ? Babae et Isionis? Möglich ist auch, daß unsere Stelle in Bezug zu einem gewöhnlichen Losorakel steht. 'hos' inquit 'tres uno anno exiguis intervallis temporum divisos mori iubebo')
=
faciam ut hi omnes uno anno intervallis temporum distincti moriantur. Die Junktur intervallis dividere intervallis distinguere (vgl. ThLL VII, 1 2293 ,60ff.) auch Sen. dial. 9,1 1,9: nec magnis ista intervallis divisa. =
i.q. eum sine comitibus non dirniltarn (sc. ad inferos). Zur euphemistischen Ausdrucksweise flir 'in den Tod schicken' vgl. ThLL VII, l 984,8ff. nec illum incomitatum dimittam)
repente ab omnibus relinqui. Am nächsten vergleichbar Quint. decl. 337 p. 329, 15 R: solus relictus sum, solus destitutus sum (vgl. ThLL V, 1 764,5ff.). Zum volkstümlicheren subito, das allmählich das in der höheren Sprache bevorzugte repente verdrängt, siehe E. LÖ FSTEDT ( 1 9 1 1 ) 1 68f. subito solum destitui)
=
i. fere q. contentus sit interim eiusmodi contur bernalibus. Vgl. Tac. Agr. 3,3 : hic interim liber honori Agricolae soceri mei desti natus, professione pietatis aut laudatus erit aut excusatus. Zu interim vgl. ThLL VII, l 2203 ,75ff.99 contentus erit bis interim victoribus)
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Kommentar
KAPITEL 4
Der Inhalt des vierten Kapitels ist eng mit dem Vorhergehenden verbunden, und zwar so, daß hier die Geburt eines neuen Goldenen Zeitalters (aurea aetas) unter dem jungen Kaiser N ero geschildert wird, was einen schönen Gegensatz zu den drei einleitenden Kapiteln bildet, in denen der Tod des alten Claudius symbo lisch durch das Sterben der Natur beschrieben wird. Dem Thema entsprechend wird die Erzählung im epischen Stil des Hexameters fortgesetzt. Die Vorstellung vom Goldenen Zeitalter (aurea aetas) ist römisch - die Gri echen sprachen von einem goldenen Geschlecht (vgl. H. C. BALDRY [ 1 952] 83-92, B. GATZ [1 967] 135fT. und S. BLUNDELL [1986] 135ff.) - und kommt seit Verg. A en. 6,792 vor: A ugustus Caesar divi genus, aurea condet I saecula qui rursus Latio regnata per arva I Saturno quondam .. . Die neue Hoffnung am Beginn der Neronischen Regie rungszeit hat ihre Parallele in der zeitgenössischen Bukolik (vgl. Calp. ecl. 1 ,42ff., 1,7 1 ff., 4, 137ff. und Buc. Eins. 2,2 1ff. ; siehe dazu J. FUGMANN ( 1 992) 202-207, B. LUISELLI [ 1 963] 44-52 und M. T. BOATWRIGHT ( 1986) 10-16 sowie dem Epiker Lucan. 1 ,33ff.) und wird auf Nero übertragen. 4,1 , 1 . Haec ait et turpi convolvens stamina fuso I abmpit stolidae regalia tempora vitae) turpi . . . Juso bildet den Gegensatz zu formoso ... filo (unten Vers 9). Zu stamina ftir die Fäden der Parzen vgl. Tib. 1 ,7,2 : Parcaefatalia nentes stamina; Ov. trist. 4, 1 ,63 : cognosco natalis stamina nostri; Ov. Ibis 242 : Clotho ... nevit et infesta stamina pulla manu; Lucan. 3 , 1 9 : lassant rumpentis stamina Parcas; Sen. Octavia 1 5 : utinam ante manu grandaeva sua mea rupisset stamina Clotho; vgl. ferner OLD, 1 8 1 3 . abrupit stolidae regalia tempora vitae steht etwa ftir (ab)rupit stolidi regis vitam. [Diese Stelle unterstützt die c. 1 , 1 geäußerte Annahme, daß dort et regem et fatuum zu lesen ist; denn Claudius ist gleichzeitig rex und stolidus] . Das Adjektiv stolidus scheint erst ab Liv. 45,3,3 mit Abstrakta verknüpft zu werden. Die Junktur stolidus rex Sen. dial. 2,4,2 und id. nat. 5 , 1 8,10. Zu abrum pere vitam ( lucem bzw. fata) vgl. Sen. epist. 30, 1 5 : non muttos spectavi abrum pentes vitam ? Siehe ferner ThLL I 1 4 1 , 1 9ff. regalia tempora steht hier ftir das in dieser Bedeutung übliche regia ( regis) tempora. Zur Verwendung des Adjektivs statt des Genetivs in der Prosa vgl. E. L Ö FSTEDT e 1956) I, 1 1 7fT. =
=
4,1,3. at Lachesis redimita comas, omata capillos, I Pieria crinem lauro frontemque coronans, I candida de niveo subtemina vellere somit I felici moderanda manu, quae ducta colorem I assumpsere novum) Die Junktur redimire tempora ist auch belegt
Verg. Aen. 3,8 1 und Sen. Oed. 430. Lachesis schmückt sich symbolisch mit dem Lorbeer der Musen (Pieria ... lauro), ApoBon der Gottheit der Dichtung zur Ehre, vgl. Cic. nat. deor. 3,54: (Musae) tertiae Piero natae et A ntiopa, quas Pieridas et Pierias solent poetae appellare. Zu subte(g)men ftir den Faden der Parzen vgl. den Refrain bei Catull. 64,327 u.ö. : currite ducentes subtegmina, currite,fusi. . . , und Hor. epod. 1 3 , 1 5 : unde tibi reditum certo subtemine Parcae I rupere. . . Zu ducere in
Kommentar
73
der Bedeutung 'spinnen' vgl. ThLL V, 1 2 147,3ff. Die Verbindung co/orem assu mere ist nur hier belegt (vgl. ThLL III 1 7 1 6,80). Die Schwestern sind die drei Parzen: Atropus, Clotho und Lachesis. Die Mehrzahl pensa steht metri causa für pensum, was ursprünglich die den Mägden als Tageswerk zugewogene Wolle bezeichnete. Das Wort kommt anscheinend nur hier und unten (Vers 1 6) im Sinn von Lebens faden vor.
4,1,7. mirantur pensa sorores)
4,1,8. mutatur vilis pretioso lana metallo, I aurea formoso descendunt saecula filo)
Die Verwendung des bloßen Ablativs (d.h. ohne die Wiederholung der fakulta tiven Präposition ablexlde) nach descendere ist selten und typisch poetisch (vgl. ThLL V, l 646,56ff.). Zur ungewöhnlichen Verbindung des Adjektivsjormosus in Verbindung mit hergestellten Sachen vgl. ThLL VI, 1 1 1 12,62ff. 4,1,10. nec modus est illis : felicia vellera ducunt I et gaudent implere manus)
nec modus est illis steht für nullus certus modus est Parcis (vgl. ThLL 1269,8ff.). Zu vellera ducunt vgl. v. 5 : subtemina vellere sumit.
4,1,12. sponte sua festinat opus nulloque Iabore I mollia contorto descendunt sta mina fuso) Zur Utopie des Goldenen Zeitalters (aurea aetas) gehört auch die
Vorstellung des autÖ!J.atov, daß alles von selbst läuft. Die aurea aetas wird des halb in utopischen Darstellungen oft als eine Negation der Gesellschaft des Autors dargestellt (vgl. M. DAVIES [ 1987] 265-284). 4,1,14. vincunt Tithoni, vincunt et Nestoris annos) Zur sprichwörtlichen Redensart
als Ausdruck eines sehr hohen Lebensalters vgl. A. OTTO e 1 965) Nr. 1223 und Nr. 1789. Der Ausdruck entspricht etwa unserem "so alt wie Methusalem". Dem Tithonos hatte seine Gattin Eos Unsterblichkeit, aber irrtümlich nicht ewige Jugend erbeten; Nestor stand vor Troja im 3. Lebensalter (I/. 1 ,252). 4,1,15. Phoebus adest cantuque iuvat gaudetque futuris I et laetus nunc plectra movet, nunc pensa ministrat) Phoebus Apollon ist anwesend nicht nur als Mmpa
yhT] c; (Paus. 10,24,4), sondern auch als MouoayetT]c;. Er zeigt sich hier seinem irdischen Liebling Nero, der auf griechischen Münzen als Nepwv A1t6Uwv bezeichnet wird, hilfreich. ministraf steht im Sinne von porrigit, suppeditat (vgl. ThLL VIII 1 02 1 ,7 1ff.).
i. fere q. Sorores velut vinctas (car mine magico) tenetlretinet itaque eas decipit. Zu detinet intentas cantu vgl. ThLL V, 1 8 12,63ff. und VII,1 2 1 1 8,47ff. Phoebus verzaubert mit seinem Gesang die Parzen, die deshalb wie gebannt arbeiten. Vgl. Tib. 1 ,2,53 : haec mihi composuit cantus, quis [= quibus] fal/ere posses. Die Junktur fal/ere Iaborern ist auch belegt Hor. sat. 2,2, 12 und Ov. met. 14, 1 2 1 . Zu den Textvarianten intentas (L) und
4,1,17. detinet intentas cantu fallitque laborem)
74
Kommentar
intentus (SV) stellt P. T. EDEN ( 1984) 77 korrekt folgendes fest: "The presumed reading of the archetype, intentus, must .. be abandoned in favour of the variant intentas." 4,1 ,18. dumque nimis citharam fratemaque carmina laudant, I plus solito nevere manus humanaque fata I Iaudatum transcendit opus) Zu nimis valde in der Vul =
gärsprache vgl. A. SZANTYR ( 1 965) 1 63 . Zur Verwendung des Adjektivs statt des Genetivs vgl. E. L Ö FSTEDT [ 1 9 1 1] 76ff. jraterna gehört sowohl zu citharam als auch zu carmina. Die Parzen (Moipa.t) sind wie Apollon Kinder des Zeus. Das Lebensalter des Nero übersteigt das eines Sterblichen (vgl. v. 2 1). Negierter Imperativ findet sich als Archaismus bei den Dichtern und in den Tragödien Senecas (vgl. A. SZANTYR [1965] 340). Zu demere im Sinn von desecare vg!. ThLL V, 1 496,1 6ff.
4,1,20. 'ne demite, Parcae')
4,1,2 1 . vincat mortalis tempora vitae I ille mihi similis vultu similisque decore I nec cantu nec voce minor) Der Wunsch, daß der neue Kaiser lange Jahre leben
möge, gehört zu den höfischen Glückwunschformeln, vgl. Sen. dial. 1 1, 12,5 : acta hic divi A ugusti aequet, annos vincat. Siehe ferner Ov. met. 15,868, id. trist. 5,5,6 1f. und Hor. carm. 1 ,2,45ff. Zu similis mit Dativ vgl. R. KÜ HNERIC. STEGMANN [7 1 982] II, Bd. 1, 449f. und I. N. MADVIG [ 1 876] 622ff. Über das Äußere Neros schreibt Sueton: (Nero c. 5 1 , 1 ) Staturafuit prope iusta, corpore maculoso etfetido, subflavo capillo, vultu pulchro magis quam venusto, oculis caesis et hebetioribus, cervice obesa, ventre proiecto, gracillimis cruribus, valetudine prospera. Zu nec cantu nec voce minor, das sich auf die Kraft der Stimme (vgl. ThLL X, 1 663,78ff.) oder aber auf deren Qualität (vgl. ThLL X, 1 566,62ff.) bezieht, vgl. auch Svet. Nero c. 20,2 : quamquam exiguae vocis etfuscae (sc. erat), und ib. c. 53,3 : . . . quia Apollinem cantu, Solern aurigando aequiperare existimaretur. Zur Gleichsetzung von Nero mit Apollon und Sol siehe auch Calp. Sie. ecl. 4, 159; Eins. ecl. 1 ,37 und 2,3 8 ; Lucan 1 ,33ff. und 1 ,48ff. 4,1,24. felicia lassis I saecula praestabit legumque silentia rumpet) Der Kaiser wird
als Heilbringer (gr. ow-rf] p) verstanden, der der bedrängten Welt zu Hilfe eilt. Zum Gedanken vgl. Tac. ann. 1 , 1 , 1 (A ugustus) qui cuncta discordiis civilibusfessa nomine principis sub imperium accepit, wo statt des volkstümlichen lassus 'müde' das gehobenere fessus verwendet wird; Tac. ann. 15,50, 1 : ... qui fessis rebus succurreret. Zum Gedanken siehe ferner Sen. dial. 1 1 , 1 3 , 1 : patere illum [sc. Clau dium] generi humano iam diu aegro et adfecto mederi, patere quidquid prioris prin cipis Juror concussit in suum locum restituere ac reponere. sidus hoc, quod praecipi tato in profundum et demerso in tenebras orbi refulsit, semper luceat; ib. 16,6 : hunc principem lassis hominum rebus datum . . Dementsprechend erscheint Nero in der Proklamation eines ägyptischen Strategen zu Neros Regierungsbeginn als veoc; Aya."öc; ßa.if.LWV (P. Oxy. 102 1). Ein saeculumfelix bzw.felicissimum erhoffte man sich bei jedem neuen Regierungsantritt (vgl. bes. Tac. Agr. c. 3 , 1 und hist. 1 , 1 ,4). .
Kommentar
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An Claudius' Regiment wurde besonders die Willkür in der Rechtsprechung kri tisiert, vgl. c. 10,4; c. 12,2 und c. 14,2f. ; Sen. clem. 1 , 1 ,4 sagt Nero u.a. folgendes: sie me custodio, tamquam /egibus, quas ex situ ac tenebris in lucem evocavi, ratio nem redditurus sum; Tac. ann. 1 1 ,5, 1 : cuncta /egum et magistratuum munia in se trahens. Siehe ferner Svet. C/aud. c. 14,2: ius et consul et extra honorem laborio sissime dixit, etiam suis suorumque diebus sollemnibus, nonnumquamfestis quoque antiquitus et re/igiosis. nec semper praescripta legum secutus duritiam lenitatemve multarum ex bono et aequo, perinde ut adficeretur, moderatus est; nam et iis, qui apud privatos iudices plus petendo formula excidissent, restituit actiones et in maiore fraude convictos legitimam poenam supergressus ad bestias condemnavit. 4,1,25. qualis discutiens fugientia Lucifer astra I aut qualis surgit redeuntibus Hesperus astris, I qualis, cum primum tenebris Aurora solutis I induxit rubicunda diem, Sol aspicit orbem l lucidus et primos a carcere concitat axes) N eros Vergleich
mit Sternen und Sonne entstammt dem Herrscherkult (vgl. auch Hor. sat. 1 ,7,24f. : solem Asiae Brutum appel/at stellasque salubris appel/at comites). Mit Lucifer am Morgen und Hesperus am Abend bezeichneten die Alten den Plane ten Venus, vgl. bes. Cic. nat. deor. 2,53 : infima est quinque errantium terraeque proxuma stella Veneris, quae fPwacp6poc; Graece Lucifer Latine dicitur cum ante greditur solem, cum subsequitur autem "Eanep o c; ; siehe ferner RE VIII 125 1 , 1 ff. Zu A urora . . . induxit vgl. Verg. georg. 4,552 : nona suos A urora induxerat ortus. Der Junktur Aurora .. rubicunda am nächsten vergleichbar ist rubicunda dies in einem Zitat bei Sen. epist. 122,12: 'incipit ardentes Phoebus producerej/ammas, spargere ( se) rubicunda dies. [Häufiger wird das Adjektiv roseus in Verbindung mit Aurora verwendet]. Der Ausdruck et primos a carcere concitat axes, wobei axes als pars pro toto für currus bzw. metonymisch für equos steht, ruft die carceres, die Schranken am Start der Rennbahn (circus) (vgl. ThLL III 434,29ff.), in Erinne rung, die hier metonymisch für den Anfang gebraucht werden (vgl. Cic. de sen. 83). 4,1,3 1 . ßagrat nitidus fulgore remisso I vultus et adfuso cervix formosa capillo)
Die Schönheit des Kaisers, vor allem des kaiserlichen Jünglings wird betont (vgl. etwa Tac. hist. 2,1,2; Vell. 2,94,2). Die Junktur flagrat vultus auch Stat. Theb. 1 0,605. Zu fulgore remisso vgl. Sen. dial. 6,1 8,2 : Jene remissumque Iumen (sc. lunae). Zu cervix = collum vgl. ThLL III 946,33ff. Am nächsten vergleichbar ist wohl Ov. am. 2,4,4 1 : pendent nivea pul/i cervice capilli. Die Stelle erinnert an Sen. Oed. 499 : Phoebus ... infusis humero capillis cantat. 4,2. at Lachesis, quae et ipsa homini formosissimo faveret, fecit illud plena manu et Neroni moltos annos de suo donat) Zu et ipsa ipsa quoque der Klassiker vgl. A. =
SZANTYR (1965) 483 und ThLL V,2 909,2 1 ff. Der Relativsatz quae .. . faveret ist kausal und enthält die Begründung für jecit i/lud, d.h. : "Da auch Lachesis (wie Apollon) den schmucken Kerl favorisierte, tat sie so." Zu jacere plena manu vgl. Sen. contr. 4 praef 2: /iberaliter et plena manu faciam; Sen. epist. 33,6. et Neroni
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Kommentar
muttos de suo donat i. fere q. et Neroni muttos annos dedit de suo. Zur Verbindung de suo ('aus ihren Mitteln') vgl. ThLL V, 1 6 1 , 13ff. Claudium autem iubent omnes xaipoV'tac;, euq>T] IJOÜv-cac; ex1tEIJ1tetv ÖÖ!Jwv) i.q. faciunt Lachesis, Apollo, Clotho, Mercurius, ut omnes (Romani) laeti et hilares Claudium efferant. Zu omnes vgl. c. 12,2: omnes laeti, hilares und c. 5, 1 : gaudium publicum. Das griechische Zitat ist Euripides Cresphontes 449,4 N . 2 entnommen:
expfiv yap t'] !JiiC CUÄA.oyov 1totOUIJEVOUC 'tÖV q>UV'tiX ltpT]VeiV eic ÖC ' epxe-cat xaxci, 'tOV ö . au ßavöv-ca xai 1tÖVWV 1tf:1tiXUIJEVOV xaipov-cac eUq>T]IJOÜV'tac; EX1tEIJ1tf:1V ÖÖ!JWV (vgl. auch die Übersetzung bei Cic. Tusc. 1 , 1 1 5 : nam nos decebat coetus
ce/ebrantis domum I lugere, ubi esset aliquis in lucem editus I humanae vitae varia reputantis mala; I at qui Iabores mortefinisset gravis, I hunc omni amicos laude et /aetitia exsequi). Unsere Stelle beschreibt demnach eine Umkehrung des nor malen Verhaltens bei einem Todesfall. et ille quidem animam ebulliit, et ex eo desiit vivere videri) An
die Stelle des übli chen animam efflare (vgl. ThLL V,2 190,34ff.) tritt hier der sehr konkrete, flir die Vulgärsprache typische Ausdruck animam ebullire (vgl. ThLL V,2 17,23ff.). Zu desiit vivere videri vgl. c. 5,4: visus est quasi homo, und c. 3,2 : nem o enim umquam illum natum putavit. i.q. mortuus est comoedos audiens. Die Bemerkung spielt auf folgenden Umstand an: (Svet. Claud. c. 45, 1 ) mors eius celata est, donec circa successorem omnia ordinarentur. Zu diesem Zweck wurden sogar Komödianten in den Palast gebeten, als ob der Kaiser noch lebte und nach ihnen verlangt hätte.
expiravit autem dum comoedos audit)
ultima vox eius haec inter homines audita est, cum maiorem sonitum emisisset illa parte, qua facilius loquebatur) Die Junktur ultima vox ist zweideutig; denn einer
seits steht sie flir 'Laut', andererseits flir 'Ausspruch'. Die Stelle spielt auf die Tatsache an, daß Biographen und Historiker die ultimae voces bedeutender Män ner mitzuteilen pflegten (vgl. Svet. A ug. c. 99, 1 ; id. Nero c. 49,4; id. Vesp. c. 24; Tac. ann. 1 5,64,4 ; Plin. epist. 3,16,6 u. 13; Mart. 1 , 1 3 ; siehe ferner W. SCHMIDT [ 1 9 1 4] passim). Der Satz cum maiorem sonitum emisisset steht überraschend flir das zu erwartende cum animaml animum emisisset (vgl. ThLL V,2 503,54ff.). Die Stelle beschreibt Claudius als homo non articulatus (vgl. A. A. LUND [1993] pas sim) und bestätigt die Annahme, daß c. 2,4: Claudius animam agere coepit nec invenire exitum poterat, mit Bezug auf den Mter des Claudius steht. il/a parte ist eine übliche Periphrase (also keine ad-hoc-Bildung) für einen bestimmten Kör perteil (i.e. artus), um das Wort culus zu vermeiden (siehe J. N. ADAMS [ 1982] 232 und 1 10fT. ; vgl. noch ThLL X, 1 467,83ff.). Formal ähnlich Svet. Vesp. c. 23,4: 'vae', inquit, 'puto, deusfio '. Zur Parataxe statt Hypotaxe vgl. A. SZANTYR (1965) 528. Zum
'vae me, puto, concacavi me')
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Kommentar
seltenen concacare vgl. Phaedr. 4, 1 8, 1 1 : totam concacarunt regionem ; siehe ferner ThLL IV 3,56ff. [Vielleicht kommt con- nur in Perfektbildungen von cacare vor] . Zum volkssprachlichen vae me für das übliche vae mihi siehe A. SZANTYR (1965) 48 und J. B. HOFMANN e 195 1) 106f.
KAPITEL 5 5,1. Quae in terris postea sint acta supervacuum est referre)
postea steht für post
quam Claudius desiit vivere videri. scitis enim optime, nec perleuiom est ne excidant +quae memoriae gaudium publi cum impresserit+) scitis .. optime steht für certissime scitis. Zur prosaischen Junk
tur gaudium publicum, die eine feste Verbindung ist, vgl. ThLL VI, 1 1717,32ff. ; (zum Begriff gaudium publicum vgl. A . ALF Ö LDI [1955] 1 3 1 - 1 50). S o wie die Stelle gemäß dem handschriftlichen Befund (quae memoriae SVL) heute gern konstituiert wird, ist excidant absolut verwendet, wie Liv. 22, 15,6. BÜCHELER konjizierte die Wortfolge memoriae, quae. . . , nach der memoriae als Dativ Komplement fungiert, was wenig plausibel erscheint (siehe ThLL V,2 1239,49). Aber auch der Dativ (sc. memoriae) nach impresserit bzw. impresserunt ist nicht problemlos (vgl. ThLL VII,1 682,70ff.). Vor dem Hintergrund des nicht eindeu tigen handschriftlichen Befundes konjizierte P. T. EDEN (1984) 82 quae memo riae (per) gaudium pub/icum impress(a) erunt, was nur ein Verbesserungsvor schlag unter mehreren möglichen ist.
Mit dieser Phrase, die dem Jargon der Historiker ent nommen ist (vgl. Sall. Iug. c. 17,7 ; Plin. nat. 17,93), greift der Autor auf den Abschluß der Vorrede zurück und distanziert sich klar von seinem dort nicht namentlich erwähnten Gewährsmann, vgl. Sen. nat. 4,3 , 1 : quod historicifaciunt et ipsefaciam; il/i, cum multa mentiti sunt ad arbitrium suum, unam a/iquam rem nolunt spondere sed adiciunt: 'p enes auctores fides erit'.
fides penes auctorem erit)
Die über lieferte Lesart nuntiatur (SVL) kann weder richtig noch echt sein, weil sie einen ganz neuen Abschnitt anfangen läßt, der syntaktisch und inhaltlich ohne jeden Bezug zum Vorhergehenden steht. Abgesehen davon, daß nuntiatur im Kontext nicht erklärbar ist, bereitet vor allem quaesisse se weiter unten Schwierigkeiten; denn se setzt voraus, daß eine im überlieferten Text nicht erwähnte Person in Gedanken ergänzt wird, wie Friedländers Ergänzung (a ianitore) nuntiatur und Wachsmuths nuntiat (ianit) or zeigen. Diese Lösungsvorschläge führen eine sonst weder im unmittelbaren noch im mittelbaren Kontext erwähnte Person ein. Man beachte, daß nuntiatur im Kontext für nuntiatum est steht: in cae/o quae acta sint audite. Es gibt demnach einen inhaltlichen Bruch im Zusammenhang. Denn so, wie die Stelle überliefert ist, kann nuntiatur lovi venisse quendam . nur 5,2. nuntiat (is) Iovi venisse quendam bonae staturae, bene canum)
. .
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Kommentar
als direkte Rede interpretiert werden, und zwar im Sinne von : " nuntiatur [sc. ab auctore] lovi venisse quendam ... " Die Textstelle enthält demnach einen Überlie ferungsfehler, da das Passivum seinem Wesen nach eben keinen spezifischen Agenten hat (vgl. A. SCHERER [ 1975] 59). Um das überlieferte nuntiatur lovi venisse. .. mit dem Vorhergehenden zu verknüpfen, kann man auf zweierlei Art und Weise verfahren. Man kann entweder den Berichterstatter (auctor) direkt im Text erscheinen lassen : nuntiat (is) lovi venisse .. , oder folgendermaßen indirekt zur Rede kommen lassen: nuntiatum [sc. esse] lovi venisse quendam ... Im Kontext ist die persönliche Konstruktion der unpersönlichen wegen quaesisse se und non intellegere se vorzuziehen. (Oratio obliqua ist keine syntaktische Konstruktion, die von einem konkreten Wort abzuhängen braucht, vgl. A. SCHERER [ 1 975] 172). Die Hauptschwierigkeit der Stelle besteht darin, daß es syntaktisch und somit auch inhaltlich keine Verbindung zwischen dem Gewährsmann (auctor) des Erzählers und dem ianitor gibt. [Daraus schließ S. KüSTER (1979) 70-77 folgerichtig, daß es eine Lücke in der Überlieferung gibt] . Diese Diskrepanz ist darauf zurückzuführen, daß man fides penes auctorem erit auf den c. 1 ,2 erwähn ten auctor, der Appiae viae curator est (vgl. Komm. zur Stelle) bezieht. An unserer Stelle geht es aber um einen weiteren Augenzeugen, den ianitor des Himmels. Obwohl sein Name hier fehlt, hat das römische Publikum aus dem Umstand, daß er ianitor cae/estis war, ohne weiteres verstanden, daß es sich um den Gott Ianus handelt, schwingt doch die vis numinis bei dem Begriff ianitor mit. Man ver gleiche dazu Ov. fast. 1 , 1 3 9 : ego (sc. lanus) perspicio caelestis ianitor aulae Eoas partes Hesperiasque simul; und bes. ib. 1, 125 : praesideo (sc. lanus) foribus cae/i cum mitibus Horis I it, redit officio luppiter ipse meo): I inde vocor lanus . . V gl. dazu P. RARDIE ( 1 99 1 ) 47-64, bes. 50 und 60f. Hinzu kommt noch, daß die Senats sitzung so dargestellt wird, als ob sie im Tempel des lanus Geminus stattfinde, vgl. Komm. zu c. 8,1. bonae staturae ist eine volkstümliche Ausdrucksweise für pu/chrae staturae (vgl. ThLL II 2092, 1 lff.). Zum umgangssprachlichen bene valde als Ersatz ftir den fehlenden Superlativ (hier von canus) vgl. ThLL II 2 125,53ff. und J. B. HOF MANN ( 195 1) 74f. .
.
=
Die Hss. bieten zweierlei : illuminari S, illum mirari VL. Claudius hatte ein caput .. cum semper, tum in quantu/oque actu vel maxime tremulum (Svet. C/aud. c. 30,2). Da caput movere als drohender Gestus galt (vgl. Hor. sat. 1 ,5,58ff.), läßt sich die Schreibweise von S sinnvoll in illum minari auflösen (vgl. ThLL VIII 1028,55ff.).
nescioquid illum minari, assidue enim caput movere)
Die Stelle spielt auf die schlechte Motorik des gehbehin derten Claudius an: (Svet. Claud. c. 2 1 ,6) non sinefoeda vacillatione discurrens. Vgl. Komm. ad c. 1 ,2. Die Junktur pedem trahere auch Ov. rem. 378 (im übertra genen Sinne). Diese Stelle zeigt - wie unten das chiastische perturbato sono et voce confusa Claudius als homo non articulatus (vgl. A. A. LUND [ 1993] pas sim). pedem dextmm trahere)
-
79
Kommentar
Sowohl perturbatus als auch conjusus bezeichnen den unartikulierten Laut. sonus und vox sind Syn onyme. Vgl. Sen. dial. 3,3,7 : vox ... non explanabilis et perturbata. Zu vox conjusa vgl. ThLL IV 266,59ff. Vgl. auch c. 5,3. respondisse nescio quid perturbato sono et voce confusa)
non intellegere se linguam eins: nec Graecum esse nec Romanum nec ullius gentis notae) Claudius wird zunächst als Barbar im sprachlichen Sinne des Wortes
beschrieben, dann auch im kulturellen: Er gehört weder zur griechischen noch zur römischen Kultur, ja er kommt dem ersten Eindruck nach von jenseits der bekannten Welt. Zum antiken Barbarenbegriff siehe A. A. LUND ( 1990a) 3-19. 5,3. tum luppiter Herculem, qui totum orbem terrarum pererraverat e t nosse vide batur omnes nationes, iubet ire et explorare quomm hominum esset) Hercules wird
ausgesandt, weil er sich überall auf Erden auskennt, zugleich weil der Autor Claudius dann trefflich als monstrum (s.u.) hinstellen kann. tum Hercules primo aspectu sane perturbatus est, +ut qui etiam non omnia monstra timuerit+) Die Hss. (SVL) bieten turn Hercules primo aspectu sane perturbatus est,
ut qui etiam non omnia monstra timuerit. Zum letzten Satz bemerkt P. T. EDEN (1 984) 84: "a contorted expression, once vexed with a variety of emendations, including the replacement of etiam by uicta (Baehrens), or of non omnia by luno nia (Gronov) or noua lunonia (Orelli) or non enormia (Gertz), or of timuerit by domuerit (Nie. Faber and Lipsius). More recently both Ball 1 76 and Russo 67f. have asserted that the paradosis makes sense, and have made different sense of it. Ball gives 'even though he was one who didn't fear any sort of monsters', taking ut qui as concessive, non with timuerit, and omnia quaequam (!). Russo translates 'come se non avesse ancora affrontato ogni specie di mostri', taking ut qui ut si, etiam non nondum (cf. Plaut. Ps. 280), timuerit with the pregnant sense of sustinuerit (cf. Weinreich 63f.) (!)." Die Stelle enthält zu viele inhaltliche und sprachliche Fragen, als daß sie sich eindeutig korrekt herstellen ließe. Ich vermute jedoch, daß der folgende Vorschlag dem ihr ursprünglich zugedachten Sinn einigermaßen gerecht wird: turn Hercules primo aspectu sane perturbatus est et, qui ( a ) etiam non ( (cog)noverat) omnia monstra, terruit, ut vidit novi generis faciem etc. Diese Vermutung hat zur sprachlichen Voraussetzung, daß etiam non für nondum steht und daß omnia m onstra im Sinne von omnia genera monstrarum zu verstehen ist. Inhaltlich baut sie auf der Tatsache auf, daß Claudius als ein monstrum einer ganz neuen Art (novi generis) beschrieben und Hercules als Entdecker unbekannter Welten (inventor) im antiken Sinne geschildert wird (siehe ferner A. A. LUND [1993] passim und A. KLEINGÜNTHER [1933] pas sim). Die Echtheit der Lesart timuerit (SVL) hat als inhaltliche Voraussetzung, daß Hercules tatsächlich als Feigling dargestellt wird (vgl. 0. WEINREICH [1923] 62ff.). Trifft dies nicht zu, ist domuit eine schon längst geäußerte plausible Mutmaßung, die auf dem Gedanken basiert, daß Hercules im Kontext als aÄt# xaxoc; beschrieben wird (vgl. Lukian Alex. 4). =
=
=
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Kommentar
ut vidit novi generis faciem, insolitum incessum, vocem nullins terrestris animalis, sed qualis esse marinis beluis solet, raucam et implicatam, putavit sibi tertium deci mum Iaborern venisse) Um die Textstelle korrekt zu analysieren, zu interpretie
ren und zu konstituieren, muß man sich vergegenwärtigen, daß die alten Römer - wie viele "primitive" Völker heute - die Lebewesen nach dem Element, in dem sie lebten, gliederten: animalia in tribus locis quod sunt, in aere in aqua in terra (Varro 1. 1. 5,76). Was Hercules vor sich sieht, ist demnach weder ein animal volucre, noch ein animal terrestre, noch ein animal aquatile, sondern ein 'Mischwesen', lateinisch hybrida, monstrum oder portenturn genannt; denn obwohl es ein animal terrestre ist, hat es die Stimme eines animal marinum. (Zum Begriff Mischwesen siehe P. MASON [ 199 1] 1-39). Es geht mit anderen Worten um eine unbekannte Art von Mischwesen, dessen einmalige Eigenart durch die Fortsetzung expliziert wird: insolitum incessum, vocem nullius terrestris animalis, sed qua/is esse marinis beluis solet. Die überlieferte Junktur novi generis faciem besagt lediglich, daß das Erscheinungsbild (statura) des Claudius andersartig sei (vgl. ThLL VI, 1 44,77ff.), sagt aber nichts darüber aus, daß er primo aspectu kei nem animal terrestre ähnlich sieht. Steht der Genetiv novi generis im Sinne von 'einer völlig neuen, unbekannten Art', liegt die folgende Konjektur auf der Hand: novi generis (s) peciem. Dabei wäre species = specimen zu verstehen, und der partitive Genetiv novi generis wäre Oberbegriff, speciem Unterbegriff, vgl. ThLL VI,2 1902,39ff. und A. A. LUND (1993) passim. Zum Begriff vox imp/icata vgl. c. 5,2 : perturbato sono et voce confusa. Unter marinae beluae verstanden die Alten verschiedene im Meer lebende, riesengroße Tiere, wie Walfische (ThLL II 1861 ,75ff.), d.h. monstra, die gelegentlich auch ceti/ceta heißen (vgl. ThLL III 976,45ff.). Unsere Stelle spielt auf die Vorstellung an, daß Hercules außer den 12 kanonischen Arbeiten auch eine 13. hat leisten müssen, vgl. Sen. Herc. f 13 16: eat ad Iabores hic quoque Herculeos Iabor, und ib. : 1282 : ingens opus, Iabore bis seno amplius. Eine 13. Tat wird ausdrücklich erwähnt in Lukian Fug. 23 . Es scheint sich um eine geläufige Redensart zu handeln (vgl. A. P. 16,92,13f. ; Clem. Alex. Protr. 2,24). Der gewöhnliche Ausdruck für die Arbeiten des Hercules ist acta (vgl. ThLL I 1407,76ff.), nicht Iabores. accessit itaque et, quod facillimum fuit Graeculo, ait) Graeculus, aus Graecus deri viert, kommt in den überlieferten Texten nicht besonders häufig vor und ist erst seit Varro und Cicero belegt (vgl. M. DUBUISSON [ 1 991] 3 1 5-335, bes. 323f.). Das Wort läßt gelegentlich negative Konnotationen mitschwingen (vgl. etwa Cic. Phi!. 13,33 und orat. 1 ,47; siehe ferner A. N. SHERWIN-WHITE e 1970] 62ff. und N. K. PETROCHEILOS [1 984] bes. 50-56), was auf die zwiespältige Haltung der Römer zur griechischen Kultur und zur griechischen Sprache zurückzufüh ren ist (vgl. M. DUBUISSON [ 1 98 1 a] 27-45, id. [ 1 98 1b] 274-286, id. [ 1 982] 2 1 -29, id. [1983] 35-47, id. [1 984] 55-68 und id. [1 985] 108- 1 15). Das griechische Zitat stammt aus "Homer" Od. 1, 170, enthält jedoch dem griechischen "Originaltext" gegenüber eine kleine Variante : 7tOt11 statt 1t6ih -cm (so auch Lukian /car. 23). Der Vers galt als "geflügeltes Wort", wie viele spätere Zitate beweisen.
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Kommentar
Claodios gaodet esse illic philologos homines: sperat fotorum aliqoem historiis sois locom) Die Stelle dient dazu, Kaiser Claudius' flir einen Römer auffälliges Inter
esse an griechischer Sprache und Kultur, das dieser sich nicht scheute, öffentlich zu zeigen, negativ zu charakterisieren: nec minore cura Graeca studia secutus est amorem praestantiamque linguae occasione omni professus (Svet. Claud. c. 42, 1). Gleichzeitig wird darauf angespielt, daß Claudius gerne "Homer" zitierte : m ul tum vero pro tribunali etiam Homericis locutus est versibus. Zu Claudius' umfang reicher Schriftstellerei siehe Svet. Claud. cc. 41-42. Zu illic esse adesse vgl. ThLL VII, 1 372, 10ff. und c. 6, 1 . Die Junktur philologi homines auch Cic. ad A tt. 13, 12,3 . =
Das nachstehende Zitat (von Odysseus zu Alkinoos gesagt) aus "Homer" Od. 9,39 erinnerte das römische Publikum daran, daß sich die Julier flir Nachkommen des Aeneas aus Troja (Ilium) hielten. Vgl. Verg. A en. 1 ,267 und 1 ,288; siehe dazu W. SUER BAUM ( 1967) 176-204, bes. 180. Diese Tradition spielte auch flir Claudius, den Antiquar, eine wichtige Rolle : Iliensibus quasi Romanae gentis auctoribus tributa in perpetuum remisit (Svet. Claud. c. 25,3). Vgl. auch Tac. ann. 12,58, 1 : utque studiis honestis ( et) eloquentiae gloria enitesceret, causa lliensium suscepta Roma num Troia demissum et luliae stirpis auctorem A eneam aliaque haud proculfabulis ve ( te) ra jacunde exsecutus perpetrat, ut Ilienses omni publico munere solverentur. Die Kikonen, ein wildes thrakisches "Volk", waren die ersten Barbaren, die Odysseus besuchte, nachdem er Troja verlassen hatte. Der Erzähler läßt an die ser Stelle den Philhellenen Claudius sich mit dem echten Griechen Odysseus identifizieren, und zwar so, daß er dessen hellenischen Barbarenbegriff über nimmt, dem zufolge alle Nichthellenen - und somit auch die Römer - als Bar baren gelten (vgl. A. A. LUND [ 1990] bes. 3ff.). Für den historischen Claudius trifft dies nicht unbedingt zu. Er hielt das Griechische sowie das Lateinische flir die beiden Sprachen der Zivilisierten schlechthin (vgl. M. DUBUISSON [1981] 274-286) : cuidam barbaro Graece et Latine disserenti: " cum utroque", inquit [sc. Claudius], "sermone nostro sis paratus " (Svet. Claud. c. 42, 1). itaqoe et ipse Homerico verso Caesarem se esse significans ait)
KAPITEL 6 6,1. Et imposoerat Hercoli minime vafro, nisi foisset illic Febris, qoae fano soo relicto sola com illo venerat) i .q. et imposuisset re vera Hercu/i homini minime vajro,
nisi adfuisset Febris. (Bei derartigen Appositionen ist ein Bezugswort wie homo nicht obligatorisch, wie die Grammatiken lehren, vgl. Val. Max. 7,3, ext. 8: nisi ... Hannibalis vafri mores fuissent notissimi). Durch den Indikativ des Hauptsatzes, der in einem irrealen konditionalen Satzpaar keineswegs üblich ist (vgl. H. & H. B. ROSEN [ 1980] 1 5ff.) wird betont, daß die Handlung fast geschehen ist (vgl. die Beispiele bei Fr. KNOKE (1925) 17ff.). Hierzu paßt, daß et flir et projecto steht (vgl. ThLL V,2 892,77ff.). Zu imponere im Sinne von "hinters Licht führen"
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Kommentar
vgl. ThLL VII, 1 659,7 1 ff. IUNIUS emendierte minime vafro auf der Basis der ver derbten Überlieferung (minime fabro SV : minimo discrimine L), vgl. Cic. nat. deor. 1 ,85: de homine minime vafro male existimant. Fraglich bleibt, ob die Emen dation minime vafro ( stultissimo) unserer Stelle gerecht wird : Sie enthält für meine Begriffe eher eine nüchterne Feststellung als eine ironische, witzige Bemerkung. minime fungiert hier als Negation (vgl. ThLL X, l 584,52ff.). Die Konjektur von GERTZ ( 1 888) 845, nach der et imposuerat Herculi nimiofabro zu lesen ist, hat demnach einiges für sich. Zur Umschreibung illic esse für das übliche adesse vgl. c. 5,4. Die uralte römische Göttin Febris (i.e. Malaria) (vgl. RE XIV 844,32ff.) hatte u.a. ein Heiligtum auf dem Palatin (vgl. Cic. nat. deor. 3,63 und Plin. nat. 2,16)., wo auch Claudius eine Wohnung hatte. Ihr Auftreten an dieser Stelle erklärt sich vielleicht dadurch, daß Fieber als offizielle Todes ursache des Claudius angegeben worden war oder daß er lange an Malaria gelit ten hatte (vgl. unten: ego tibi dico, quae cum il/o tot annis vixi). =
sc. Febris. Sprachlich schließt das exklu sive ceteros in ceteros omnes deos wohl Claudius als Subjekt aus. ceteros omnes deos Romae reliquerat)
Dieselbe Redensart auch Plaut. Pseud. 943 : mera iam mendacia fundes; Mart. 2,56,3 : mera narrantur mendacia.
'iste' inquit 'mera mendacia narrat)
Der letzte Satz bezieht sich wahrschein lich auf die N achbarschaft von Claudius und Febris auf dem Palatin. Die Junktur annis vivere bei Sen. auch epist. 77,20; 85,23 ; 93,3 ; 93,4; 93, 1 1 . Zur Verwendung des Ablativs in Zeitangaben (volkstümlicher als der Akkusativ) siehe E. L Ö F STEDT [ 19 1 1 ] 5 1 fT., vgl. auch unten: multis annis regnavit. Zur unbestimmten Verwendung von tot vgl. etwa Tac. ann. 1, 12,3 : . . . quaeque in toga per tot annos egregie fecisset admonuit. Eine Abänderung von tot in totis scheint demnach überflüssig. ego tibi dico, quae cum illo tot annis vixi)
Luguduni natus est, Araricum municipem vides) In absichtlichem Mißverstehen von Claudius' Herkunftsangabe nennt Febris den Geburtsort des Kaisers. (Clau dius wurde aller Wahrscheinlichkeit nach am 1 . August 10 v.Chr. in Lyon gebo ren (vgl. Svet. C/aud. c. 2,1 und siehe C. J. SIMPSON [1987] 586-592), als sein Vater Drusus an der germanischen Grenze eingesetzt war). Die Handschriften SVL bieten marci municipem vides, das den meisten Herausgebern unerklärlich vorkommt (RONCALI [ 1990] behält es jedoch im Text) ; es ist deshalb in Marci, Munati und Planci geändert worden. Ein Personenname dürfte, ungeachtet seines möglichen Bezugs zur Provincia Lugdunensis, an dieser Stelle falsch sein, weil es im Kontext um die Angabe des Geburtsortes des Claudius geht. Man müßte dementsprechend die Erwähnung eines spezifischen Ortsnamens vom Typ : (Cic. Rose. 6) Sex. Roscius, pater huiusce, municeps Amerinus fuit erwarten. Dies zeigt sowohl der unmittelbare Kontext vor und nach unserer Stelle : Lugu-
Kommentar
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duni natus ... ad sexturn decimum lapidem natus est a Vienna, Gallus germanus, als auch der mittelbare : (c. 7,2) vidi duobus imm inens f/uviis iugum, I quod Phoebus ortu semper obverso videt, I ubi Rhodanus ingens amne praerapido f/uit I A rarque, dubitans quo suos cursus agat, I tacitus quietis adluit ripas vadis. I estne illa tellus spiritus altrix tui ? Gemeint ist das Ge]?iet zwischen den beiden Flüssen Rhöne und Saöne (d.h. A rar) . Das Adjektiv A raricus ist inschriftlich mehrmals belegt, vgl. ThLL II 397,22ff. und Tac. ann. 15,50, 1 : Vulcacium A raricum. Siehe ferner A. A. LUND (1991) 24lff. quod tibi narro, ad sextum decimum lapidem natus est a Vienna, Gallus germanus)
Zwischen den Einwohnern von Vienna und denen von Lug(u)dunum herrschten starke Spannungen : (Tac. hist. 1 ,65,1) Veterem inter Lugdunenses ( et Viennenses) discordiam proximum bel/um accenderat. Vienna, die Hauptstadt der Allohroger (vgl. etwa Cic. adfam. 10,9,3 ; Mela 2,75 ; Plin. nat. 2,(120) 121 und id. 3,36), lag innerhalb der 27 v. Chr. errichteten Provinz Gallia Narbonensis, Lug(u)dunum außerhalb. Claudius ist demnach ein "echter" (wir würden aus einer anderen Perspektive jedoch eher sagen "waschechter"), d.h. ein unzivilisierter Gallier (vgl. R. SYME [ 1 958] I, 460f.). Der Witz, die Zweideutigkeit der homophonen Wörter Gallus und gallus, erinnert an Cic. Phi!. 1 1 ,14: germanum Cimber occidit, und an den Versuch von Strabon (geogr. 7,1,2 p. 290 C), den Namen der Ger manen als römisch zu erklären: "Darum auch haben meiner Meinung nach die Römer ihnen diesen Namen beigelegt, um sie als echte Galater zu bezeichnen; denn Germani heißt in der Sprache der Römer 'die Echten '. " Die Gallier unter Brennus hatten 387 oder 390 v. Chr. Rom erobert und zerstört. Der Autor spielt mit ande ren Worten auf den metus Gallicus der Römer an. Der Witz war schon c. 5,4 und c. 5,5 vorbereitet. cepit ist zweideutig: Es steht zugleich für 'einnahm' und 'über nahm' (vgl. ThLL III 326,7 und ib. 328, 19).
itaque quod Gallum facere oportebat, Romam cepit)
Febris insistiert nochmals auf der gallischen Herkunft des Claudius. Zur Verbindung tibi recipio + A cl für "ich garantiere, versichere dir, daß ... ", die der Umgangs sprache angehört, vgl. OLD, 1582, lOb. Die Junktur annis regnare kommt vor Seneca nur noch an den folgenden Stellen vor: Liv. 6,40,7 ; id. 45,9,5 ; Vell. 1 , 1 ,3 ; vgl. auch Vell. 1 , 1 ,4. BÜCHELER konjizierte Licinus auf der Basis des hand schriftlichen Befundes: SVL bieten licinius. Die Konjektur ist paläographisch befriedigend (vgl. Sen. epist. 1 19,9 und id. 120, 19, wo der Überlieferungsfehler vorkommt), überzeugt jedoch nicht völlig im Kontext: Licinus, ein Gallier von Geburt und Freigelassener Caesars, "regierte" nur kurz ( 16-1 5 v.Chr.) als Procu rator der gesamten Provinz Gallia Lugudunensis, wobei er sich maßlos berei cherte (vgl. J. F. DRINKWATER [ 1983] S. 25) und zwar so, daß sein Reichtum zu Senecas Zeiten sprichwörtlich war, vgl. A. OTTO e t 965) Nr. 950. hone e g o tibi recipio Luguduni natum, ubi Licinus multis annis regnavit)
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Kommentar
tu autem, qui plura loca calcasti quam ullus +mulio perpetuarius+ Lugudunensis, scire debes multa milia inter Xanthom et Rhodanum interesse) Febris wendet sich
jetzt persönlich an Hercules. Von seinen weiten Reisen war schon c. 5,3 die Rede. Man vergleiche auch Sen. Herc. f. 535 : (Hercules) calcavitfreti terga rigentia et ... mare; Mela 2,36: novissime ca/catum Graio Hercu/i so/um, saltus Oetaeus. Die Textstelle ist verderbt und die übliche Herstellung methodisch nicht einwand frei (siehe A. A. LUND [1992] 2f.) : tu autem, qui p/ura /oca ca/casti quam ullus mulio perpetuarius, [Lugudunenses} scire debes multa milia inter Xanthum et Rho danum interesse. Es ist prinzipiell falsch, ein sprachliches Element (hier: Lugu dunenses) aus dem handschriftlichen Befund auszuklammern, um dadurch ein anderes, zumal unverständliches (hier: perpetuarius, das nur an dieser Stelle in der Literatur belegt ist) doch retten zu können (zu perpetuarii siehe RE XIX 902,60ff.). Da es im unmittelbaren Kontext um Claudius und dessen Herkunfts ort (sc. Lugudunum) geht, liegt die Annahme auf der Hand, daß das überlieferte Lugudunenses irgendwie darauf anspielt. Dieser Bezug läßt sich durch die Ände rung Lugudunensis herstellen (vgl. M. C. GERTZ [1 888] 845). Die Stelle enthält ja einen Vergleich zwischen Hercules und einer anderen Person bzw. einem anderen Lebewesen aus Lugudunum (vgl. tu autem, qui plura loca calcasti quam ullus +mulio perpetuarius+ Lugudunensis). Da der Archetyp in scriptura continua geschrieben war, könnte mulio perpetuarius durch eine Verlesung aus mu/us operarius ('Arbeitsmaultier') oder aber aus mulio operarius entstanden sein (zu operarius vgl. ThLL IX,2 669,57ff. und ib. 67 1,43ff.). Die originale Schreibweise des Autors läßt sich kaum mehr eindeutig korrekt herstellen. Mit multa milia inter Xanthum et Rhodanum wird wiederum auf den falschen und wahren Geburtsort des Claudius angespielt: Er behauptete ja selbst, aus Ilium am Fluß Xanthus (i.e. Skamander) zu stammen, war aber in Lugudunum am Rhodanus geboren (vgl. auch c. 5,4). Zu excan descere 'außer sich vor Wut sein' vgl. ThLL V,2 1200,72ff. murmure irascitur steht, wie aus dem Kontext hervorgeht, für per iram dixit. Am nächsten vergleichbar Sen. clem. 1 ,9,5 : maiore multo voce sibi quam Cinnae irascebatur; 'quid vivis etc. (vgl. ThLL VII,2 373,74ff.). Claudius neigte zu Zornausbrüchen (ira) wegen seiner angeborenen Aggressivität (iracundia), vgl. Svet. C/aud. c. 38,1 : irae atque iracun diae conscius sibi; ib. c. 40,3 : cum excanduisset; Tac. ann. 1 1 ,26,2 : irae properus. 6,2. excandescit hoc loco Claudius et quanto potest murmure irascitur)
ille autem Febrim duci iubebat illo gestu solutae manus et ad hoc unum satis firmae, quo decollare homines solebat: iusserat illi collum praecidi) Claudius wollte (iube
bat) Febris zur Hinrichtung abführen lassen. Zu ducere (sc. ad supplicium) abso lut in dieser Bedeutung vgl. c. 13,4 (siehe ferner ThLL V, 1 2 140,46ff.). Daß die Hand des Claudius zitterte, bezeugt auch Cass. Dio 60,2, 1 . Vgl . auch c. 1 2,3 Vers 9: certaque manu (ironisch). decollare ist volkssprachlich für securi caedere. Zur Junktur collum praecidere vgl. Sen. dial. 3, 16,5 : cervicem noxio imperabo praecidi und ThLL X,2 43 1 ,53ff.
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Kommentar
Es war notorisch, daß der historische Claudius von den Freigelassenen, mit denen er sich umgab, igno riert wurde (vgl. Svet. Claud. c. 25,5 ; c. 29, 1 und Cass. Dio 60,8,4 und 6).
putares omnes illius esse libertos, adeo illum nemo curabat)
KAPITEL 7 7 , 1 . Tom H ercules 'audi me' inquit 'tu desine fatuari. venisti huc, ubi mures ferrum rodunt. citius mihi vemm, ne tibi alogias excutiam.') Hercules wendet sich an
Claudius in betont legerem Stil : Die Formel audi me gehört der Umgangs sprache an und dient dazu, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu gewinnen (vgl. ThLL II 1270,68ff.). Der Imperativ desine (bzw. desinite) + Infinitiv ist gleich einem negierten Imperativ (vgl. ThLL V, 1 726,46ff.). Zur Betonung des Impera tivs durch das persönliche Pronomen in der Umgangssprache vgl. J. B. HOF MANN [1951] 100) . fatuari (i.e . fatui more se gerere) kommt an dieser Stelle zum ersten Mal vor. Die Redensart ubi mures ferrum rodunt ist im Kontext nicht leicht erklärbar (vgl. Th. HOPFNER [ 1 925] 1 16- 120, A. SIZOO [ 1 929] 2 19-220, W. H. ALEXANDER [ 1 935] 350-352, D. KUIJPER [ 1 965] 64-7 1 , J.-Th. PAPADIMI TRIOU [1970] 94- 1 05 und M. MARCOVICH [1977] 85-89), es sei denn, der Umstand, daß das Tierchen Eisen (d.h. Metall) frißt, soll Claudius einschüch tern, weil dies ein schlechtes Omen ist (vgl. Plin. nat. 8,222: . . . mures haud sper nendum in ostentis etiam publicis animal. adrosis Lanuvi clipeis argenteis Marsi cum portendere bel/um . . . Theophrastus auctor est, in Gyara insula, cum incolas fugaverint, ferrum quoque rosisse eos; vgl. auch Liv. 27,23,2 : mures in aede lovis aurum rosisse; siehe ferner ThLL VIII 1 690,7ff.). Zu citius cito vgl. ThLL III 12 1 1,70ff. citius mihi verum steht elliptisch (ergänze die). a/ogiae ist zum ersten Mal hier belegt. Die Stelle Petron. 58,7 ist unsicher überliefert. Mit ne tibi a/ogias excutiam am nächsten vergleichbar ist wohl Cic. Sulla 24: excutient tibi istam verborum iactationem. =
et, quo terribilior esset, tragicus fi t e t ait) Der komische Hercules wechselt jetzt den Charakter: Er wird tragisch (vgl. 0. WEINREICH [1923] 76f.) und befragt Claudius in jambischen Senaren drohend nochmals nach seiner Herkunft. 7,2 v. 1 . 'exprome propere sede qua genitus cluas, I hoc ne peremptus stipite ad terram accidas) Anfang und Ende der metrischen Einlage sind stark rhetorisch
aufgeputzt. Zum gehobenen, ausgesprochen poetischen Vokabular gehören exprome, propere, cluas, profatu, eduxit caput, edissere, altrix. Zu expromere vgl. ThLL V,2 1 804,69ff. Zu propere vgl. Herc. f 1 242 und Tro. 8 1 3 . Zu cluas dicaris vgl. A. SZANTYR [ 1965] 365. Zu cluere, das nur hier bei Seneca belegt ist, vgl. ThLL III 1361,7ff. =
Die Junktur rexjerus ( barbarus) bei Seneca auch Herc. f 5 1 8 . mactavit steht für inteifecit (vgl. ThLL VIII 22,56ff.).
7,2 v. 3. haec clava reges saepe mactavit feros)
=
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Kommentar
profatu begegnet - nur in dieser Form - in der Kaiserzeit (vgl. Stat. silv. 5,3,103 und Gell. 1 8, 1 1 ,2). Zur unartiku lierten Aussprache (profatu incerto) des Claudius vgl. c. 5,3 . 7,2. v. 4. quid nunc profatu vocis incerto sonas?)
Obwohl die Handschriften SL nobile und V mobile bieten, lesen die Herausgeber, die sonst gerne mechanisch verfahren, hier mobile, nicht nobile. Methodisch geht man offensichtlich davon aus, daß die Lesart mobile ... caput die lectio difficilior eoque per se verior ist. Die Junktur mobile caput hat freilich im weiteren Kontext einiges für sich, vgl. c. 5,2 : assidue enim caput movere. I m engeren Kontext geht e s aber an unserer Stelle um die wohlbekannte Frage, woher und von wem eine Person abstammt (vgl. c. 5,4). Aus dieser Sicht ist die Textgestalt: quae patria, quae gens nobile eduxit caput? sinnvoller, weil dadurch die Frage nach der edlen Geburt zum Ausdruck kommt. Es geht mit anderen Worten um eine Enallage adiectivi (sc. gens nobi/is, vgl. ThLL VI,2 1 852,65f.). Abgesehen davon ist die Junktur nobile caput belegt Lucan. 7,7 12f. : vidit prima tuae testis Larisa ruinae I nobile nec victum fatis caput. Dem sei hinzugefügt, daß eduxit für educavit steht (vgl. ThLL V,2 122,75ff. und ib. 1 19,80ff.). 7,2 v. 5. quae patria, quae gens nobile eduxit caput?)
7,2. v . 6. edissere. equidem regna tergemini petens I Ionginqua regis, unde ab Hesperio mari I Inachiam ad urbem mobile advexi pecus) Bei Seneca findet sich
das feierliche edissere noch Oed. 787 und Ag. 966. Hercules führte als seine 10. Arbeit die Rinder des dreileibigen Monsters Geryon von der Insel Eryka nach Argos bzw. Mykene, vgl. Sen. Ag. 840f. : duxitque ad ortus Hesperium pecus, Geryo nae spolium triformis; Herc. f 23 1ff. ; vgl. auch Lucr. 5,28 : quidve tripectora ter gemini vis Geryonai?; Verg. A en. 8,20 1 : nam maximus ultor I tergemini nece Geryo nae spo/iisque superbus Alcides aderat taurosque hac victor agebat ... (Inachia heißt die urbs wegen der Gründung durch den Flußgott und ersten König lnachos. Vgl. Verg. A en. 7,792 und 7,206 ; die Junktur Inachia urbs noch ib. 1 1 ,286). Die Verbin dung Hesperium mare bei Seneca noch Herc. f 1 1 40. Die Lesart mobile (V) ist der Variante nobile (SL) vorzuziehen, weil es um den Raub beweglichen Guts geht, vgl. ThLL X, 1 947,28ff. und ib. VIII 1 1 99,5ff. 7,2 v. 9. vidi duobus imminens fluviis iugum, I quod Phoebus ortu semper obverso videt) Die Stelle enthält eine Umschreibung der geographischen Lage der Stadt
Lug(u)dunum, die auf einem Hügel über dem Zusammenfluß von Rhöne und Saöne lag. (Eine Stelle bei Seneca [epist. 9 1 , 1 0] verrät Ortskenntnis : civitas ... uni tarnen inposita et huic non latissimo monti). quod Phoebus ortu semper obverso videt besagt, daß die Ostseite des Hügels der aufgehenden Sonne zugewandt ist. 7,2 v. 10. ubi Rhodanus ingens amne praerapido fluit I Ararque dubitans quo suos cursus agat, I tacitus quietis adluit ripas vadis) Der langsame Lauf des Arar galt in
der Antike als ein Wunder der Natur: (Caes. Gall. 1,12,1) (A rar) in Rhodanum influit, incredibili lenitate, ita ut oculis in utram partem jluat iudicari non possit. Siehe ferner ThLL II 397,10ff.
Kommentar
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Zur poetischen Junktur vgl. Pacuv. trag. 404: Calydonia a/trix exuperantum virum; Sen. Phaedr. 25 1 und 358. Zu altrix terra u.ä. vgl. ThLL I 1 770,81ff.
7.2 v. 15. estne illa tellos spiritus altrix tui?)
7,3 . haec satis animose et fortiter, nihilo minus mentis suae non est et timet IJ.Wpoü
Das synonyme Wortpaar animose et fortiter bei Sen. noch dia/. 1 ,4,5 ; 7,24,4; epist. 67,4. Man beachte die Ellipse von dixit oder locutus est. Zu mentis suae non est impotens mentis est vgl. ThLL VIII 7 1 8,20ff. IJ.Wpoü 1tATJYTJV steht statt des traditionellen ih:oü nA.T]yf]v, was einen unerwarteten Schicksalsschlag bedeutet, vgl. Lexikon DEMETRAKOU 1 1, 5876. Siehe auch c. 8,3 .
nA.T]yf]v)
=
Claudius u t vidit vimm valentem, oblitus nugamm intellexit neminem sibi Romae parem fuisse, illic non habere se idem gratiae) Als Claudius den starken Mann sah,
vergingen ihm die Possen (zur volkstümlichen Ausdrucksweise oblitus nugarum vgl. Petron. 7 1 ,4 und 136,5 und ThLL IX,2 1 12,48ff.). Die Junktur vir valens schon Cic. Cati/. 2,4: viros . . . valentes, hier wohl der Alliteration wegen statt der übli chen Verbindung homo valens. Zur Verwendung des partitiven Genetivs (sc. gratiae) nach idem vgl. ThLL VII,1 1 86,12ff. Zur Junktur (habere) idem gratiae im Sinne von (habere) eandem auctoritatem vgl. ThLL VI,2 22 1 1, 1 0ff. Zum syn onymen Ausdruck p/urimum posse vgl. ThLL X,2 148,56ff. Das Sprichwort ('Der Hahn ist König auf seinem Miste', vgl. ferner A. OTTO f 1965] Nr. 752) spielt hier mit den ver schiedenen Deutungen der Homonyme ga/lus (gallinaceus) und Ga/Jus, wobei an Claudius den Gallier gedacht ist. Vergleiche dazu Quint. inst. 7,9,2 : singula adfe runt errorem, cum p/uribus rebus aut hominibus eadem appe/latio est (oJ.lOVVJ.lia dicitur), ut gallus avem an gentem an nomen anfortunam corporis significet, incer tum est. Die Schreibweise sterquilinium ersetzt anscheinend stercilinium seit Phaedr. 3,12, 1 . gallum in suo sterquilinio plurimum posse)
Die unverständliche Sprache des Claudius wird wiederum verspottet, vgl. c. 5,2.
7,4. itaque, quantum intelligi potuit, haec visus est dicere)
Die Anredeform Hereule (vgl. die Interjektion hercle) statt Hercules wie Varr. 1. /. 8, 16 nach griechischem Muster.
fortissime deomm Hercule)
notor ("Identitätszeuge"), das hier zum ersten Mal belegt ist, ist eine Neubildung ftir cognitor der Klassiker. Die übrigen Belegstellen sind Sen. epist. 39, 1 ; Petron. 92, 1 1 ; Flor. epit. 3,16, 1 ; Peregr. A eth. 12 und 16,3 .
et, si quis a me notorem petisset, te fui nominatums, qui me optime nosti)
nam, si memoria repetis, ego eram qui +tibi+ ante templum tuum ins dicebam totis diebus mense lulio et Augusto) Zur Verbindung memoria repeto vgl . OLD, 1096
und bes. ib. 1619. totis diebus steht ftir omnibus diebus bzw. in singulos dies, siehe
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Kommentar
A. SZANTYR (1965) 203 (vgl. c. 6,1). Zur Ausdrucksweise mense lulio et A ugusto vgl. ThLL VIII 752,5 1ff. Im Juli waren normalerweise Gerichtsferien, vgl. Plin. epist. 8,2 1 ,2 : Iulio mense, qua maxime lites interquiescunt, und im August gab es zahlreiche Feiertage und dies nefasti. Dies hielt jedoch den historischen Clau dius nicht davon ab, Gerichtsverhandlungen abzuhalten : (Svet. Claud. c. 14,2) ius et consul et extra honorem laboriosissime dixit, etiam suis suorumque diebus sollemnibus, nonnunquam festis quoque antiquitus et religiosis. Vgl. c. 12,3 v. 23 : quis nunc iudex foto lites I audiet anno ? Der "Satzsplitter" ego eram qui . . . ius dice bam für ego . . . ius dicebam wird wohl volkstümlich sein. Im überlieferten tibi ante templum tuum ius dicebam ist tibi (oder aber tuum falsch). Das einhellig über lieferte tibi wollte Bücheler - vielleicht zu Recht - in Tiburi in lokativer Funktion ändern. Er bezog sich dabei auf Svet. A ug. c. 72,2, eine Stelle, die für Claudius vielleicht belanglos ist: praecipue frequentavit [sc. A ugustus] . . . proxima urbi oppida, Lanuvium, Praeneste, Tibur, ubi etiam in porticibus Hercutis templi per saepe ius dixit. Man hätte jedoch auch einen Vokativ nach tibi erwarten können. (Zur syntaktischen Funktion des Vokativs siehe G. SERBAT [ 1987] 7-13 und R. 0. FINK [ 1 972] 61-68). 7,5. tu scis quantum illic misedarum ego pertulerim, cum causidicos audirem diem et noctem) Das überlieferte contulerim (SVL) habe ich in pertulerim ( s) geändert,
vgl. Sen. Thy. 307: leve est miserias ferre, perjerre est grave. Im Kontext wird die Berichtigung weiter unten durch das Synonym exhausi bestätigt (vgl. ThLL V,2 14 1 1 ,38ff.). Die Konjektur von J. A. RICHMOND (vgl. P. T. EDEN [ 1984] 97), nach der contulerim in cum tulerim aufzulösen ist, ist demnach nicht stark genug, um das zu leisten, was Claudius nach seinem Dafürhalten bei den Gerichtshand lungen an 'Elend' und 'Leiden' durchzustehen hat. Für die Verbindung miserias conferre im Sinne von miserias ferre bzw. perferre, wie es der Kontext erfordert, gibt es keine Belegstellen. illic bezieht sich eher auf ante templum tuum als auf cum . . . audirem, steht also lokativisch. causidicus ist ein abschätziger Ausdruck, vgl. c. 12,2, Cic. de or. 1 ,202 und Tac. dial. 1 , 1 . i n quos s i incidisses, valde fortis Iicet tibi videaris, maluisses cloacas Augeae purgare : multo plus ego stercoris exhausi) Die sprichwörtliche Redensart (sc.
cloacas Augeae purgare), die sich auf die siebte Arbeit des Hercules bezieht, d.h. die Reinigung der Ställe der 3000 Rinder des Königs Augeas (vgl. Hyg. fab. 30 und Serv. ad Verg. A en. 8,299), bezeichnet eine Dreck- oder Riesenarbeit, die ertragen werden muß (vgl. gr. avavüw 7tÖvou<;) . In der geläufigen Form lautet das Sprichwort, das hier mit einem komischen Effekt von der dritten in die zweite Person umfunktioniert ist, wohl so : (Varro Men. 70) non Hercules polest, qui A ugeae egessit u6npov, vgl. A. OTTO e 1965) Nr. 206. in quos si incidisses steht für "wenn du unter sie (zwischen sie) geraten wärest", vgl. ThLL VII,1 899,6ff. Zu licet mit Konjunktiv in der Funktion als Satzkonjunktion vgl. ThLL VII,2 l 3 6 1 ,3 1ff. Zu plus ego stercoris exhausi (= plus ego laboris exhausi [sc. quam tu, Hercule], vgl. ThLL V,2 141 1 ,50ff.) im übertragenen Sinne vgl. Chiron 72 1 , wo es
Kommentar
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im konkreten steht: stercora de ano exhaurebis. Zu cloacas purgare/exhaurire vgl. ThLL III 1358,84ff. valde fortis steht für fortissimus. Die Bildung des absoluten Superlativs durch die Umschreibung mit valde ist umgangssprachlich, vgl. J. B. HOFMANN (195 1) 75f. und V. VÄÄN ÄNEN (1967) 126. sed quoniam volo***) An dieser Stelle gibt es eine Lücke unbekannten Umfanges in der Überlieferung : "At least one complete folium of a codex, either the arche type or an ancestor of it, must have been lost" (P. T. EDEN [ 1984] 99). Es fehlt jedenfalls das Ende von Claudius' Rede, der Eintritt in die Götterversammlung und der Anfang der Rede eines unbekannten Gottes, von der ein Teil in Kap. 8 erhalten ist (siehe ferner 0. WEINREICH [1923] 80ff.).
KAPITEL 8 VERHANDLUNGEN IM HIMMLISCHEN SENAT (cc. 8- 1 1 )
Folie der Darstellung ist i n den Kapiteln 8- 1 1 der römische Senat, dessen Geschäftsgang und Verhandlungsprozedur den Erwartungshorizont des römi schen Publikums konstituieren. Schon mit dem Wort curia fallt der erste Hin weis darauf, daß die Götterversammlung nach dem Vorbild des römischen Senats konzipiert ist. Man vergleiche ferner Ausdrücke wie censere, sententiam dicere, e re publica esse, pedibus ire in sententiam, patres conscripti u.ä. (siehe U. KNOCHE [4 1982] 66; vgl. ferner S. WOLF [1986] passim). Aus dem Zusammenhang geht nicht hervor, welche Gottheit im Anschluß an die Lücke das Wort fUhrt. Zur curia als dem Gebäude, in dem sich die Senatoren zu Tagun gen treffen, vgl. ThLL IV 1482,6ff. Hier geht es wahrscheinlich um den Tempel des Ianus Geminus, ein kleines rechteckiges Gebäude mit doppelten Türen, das am Forum in der Nähe der Curia lag (vgl. R. M. OGILVIE [1965] 93f.). Vorausge setzt, daß die Identifikation der curia mit dem Tempel des Ianus Geminus stich haltig ist, liegt die Vermutung nahe, daß die Lesart clausi (S) bzw. die Variante c/usi (VL) in C/usius, ein Cognomen des Ianus, zu ändern ist: nihil tibi C/usius est "Du hältst Clusius ftir ein Nichts" (vgl. Ov. fast. 1 ,3 0 : nomina ridebis: modo namque Patulcius idem et modo sacrifico Clusius ore vocor; siehe ferner Macr. sat. 1 ,9, 1 5 ; Serv. auct. A en. 7,6 1 0). Die Junktur in curiam impetum facere auch SaU. Catil. c. 43 ,3. Zur substantivischen Verwendung des part. perf. pass. clausum vgl. ThLL III 1 3 1 3 ,20ff. Durch fecisti wird Hercules angesprochen. Der Redner bezieht sich nach der üblichen Interpretation der Stelle auf den Umstand, daß Herkules auch die Türe zur Unterwelt zersplittert hat: (Sen. Herc. f 47) effregit ecce firnen inferni Jovis. 8,1. * * * non mimm quod in curiam impetum fecisti: nihil tibi clausi est)
-
"Emxoupewc; tJeoc; non potest esse : oü-ce airr o c; rcpiiyf.La exn n oü-ce iiUOlc; rcapexn)
Gott im epikureischen Sinne des Wortes kann Claudius seinem Wesen nach
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nicht werden. Dies zeigt eine Stelle bei Diog. Laert. 10, 1 3 9 : -cö IJ.O:Xcipwv xo:t ii
rund vorstellten (vgl. Cic. nat. deor. 1 , 1 8 : m undum ipso animo et sensibus prae ditum rutundum ardentem volubilem deum), was den Epikureern Anlaß zu Spott bot (vgl. Cic. nat. deor. 2,46 : hic quam volet Epicurus . . . iocetur et dicat se non posse intellegere qua/is sit volubilis et rotundus deus). caput ist im Kontext zweideutig, wie aus dem nachstehenden praeputium hervorgeht, und steht hier auch ftir den medizinischen Terminus glans (vgl. J. N. ADAMS [ 1 973] 72). Zu praeputium und verwandten Ausdrücken für 'Vorhaut' siehe J. N. ADAMS (1 982) 73f. und J. ANDRE (199 1 ) 176. Claudius wird als excors ( stultus) und amens dargestellt. Zum Wortpaar cor und caput, die beson ders in der Sprache der Auguren vorkamen, wo das Fehlen des caput iecinoris als ein schlimmes Omen galt, siehe vor allem Cic. div. 2,36ff. Vgl. ferner ThLL III 3 86,54ff. und ib. 399,42ff.
est aliquid in illo Stoici dei, iam video: nec cor nec caput habet) =
8,2. si mehercules a Satumo petisset hoc beneficium, cuius mensem toto anno celebravit Satumalicius princeps, non tulisset. illud eum ab Iove, quem, quantum quidem in illo fuit, damnavit incesti?) Das einhellig überlieferte illum deum etc.
(SVL) habe ich folgendermaßen restituiert: illud eum etc., was so zu verstehen ist: illud [sc. beneficium] eum [sc. Claudium] ab Iove [sc. petisse] . Den Infinitiv [sc. petisse] kann man hinzudenken, er braucht nicht ausdrücklich hinzugefügt zu werden, weil ein native speaker ihn ohne weiteres aus dem Vorhergehenden (in Gedanken) hat ergänzen können. Dem irrealen konditionalen Satzpaar si meher cules a Saturno petisset hoc beneficium, ... , non tulisset ist zweifellos zu entneh men, daß selbst eine Bitte des Claudius, der das ganze Jahr hindurch Saturn ver ehrte, von diesem nicht positiv behandelt worden wäre. Die Bemerkung enthält eine irreale Annahme, die sich eindeutig auf die Vergangenheit bezieht. Unter der Voraussetzung, daß unsere Stelle parallel dazu steht, bezieht sie sich auf die Vergangenheit. Ergänzungen wie (fieri ) (so S. MARIOTTI) oder ( induci ) (so P. T. EDEN) sind demnach weniger wahrscheinlich. In a Saturno petisset hoc beneficium ist a Saturno ein Präpositionalobjekt (vgl. U. D ÖNNGES und H. RAPP [1977] 23) - die Junktur heißt ja ab a/iquo petere a/iquid -, demnach muß im parallelen Satz : non tulisset illud ab Iove, auch ab Iove als Präpositionalobjekt fungieren. Das Satzglied ab Iove [S bietet abiovem] ist also kein ab agentis, wie die passiven Ergänzungen (fieri ) bzw. ( induci ) voraussetzen; die Ergänzung durch eine echt passive Verbalform ist auf jeden Fall syntaktisch nicht korrekt.
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Die Lesart Saturnalicius princeps ist eine Emendation von BÜCHELER nach der Vorlage von IUNIUS: Saturnalitius. Überliefert ist saturnaliaeius. Die Berich tigung wird durch mehrere Belegstellen bei Mart. bestätigt (5, 19, 1 1 ; 5,30,8; 7,9 1,2; 10,17, 1 ; 14, 1 82). Am 17. Dezember feierten die Römer dem Gott Saturnus zu Ehren ein Fest, das vier oder mehr Tage dauerte, vgl. Varr. 1. 1. 6,22 : Saturnalia dicta ab Saturno, quod eo dieferiae eius . . ; Liv. 2,21,2: his consu/ibus aedis Saturno dedicata, Saturnalia institutus jestus dies; id. 22, 1 , 1 9 : postremo Decembri iam mense ad aedem Saturni Romae immolatum est, . . . , ac per urbem Saturnalia diem ac noctem clamata, populusque eum diem festurn habere ac servare in perpetuum iussus; Fest. p. 324: Saturno dies festus celebratur mense Decembre quod eo aedis est dedicata; Stat. silv. 1 ,6,4 : Saturnus mihi compede exsoluta I et multo gravidus mero December I et ridens Iocus et Safes protervi adsint... ; Sen. epist. 1 8, 1 : December est mensis: cum maxime civitas sudat. ius luxuriae publice datum est; ingenti appa ratu sonant omnia, tamquam quicquam inter Saturnalia intersit et dies rerum agen darum; adeo nihil interest ut ( non ) videatur mihi errasse qui dixit olim mensem Decembrem fuisse, nunc annum. Der Begriff Saturnalicius princeps steht, wie man vermuten darf, im Sinne von Saturnalicius rex, d.h. 'Narrenkönig', vgl. c. 1 , 1 . .
Claudius' Kritik a n Jupiter wird aus seiner Behandlung des L. Iunius Silanus (s. auch c. 1 0,4, c. 1 1 ,5 und c. 13,5) abge leitet. Dieser, ein Urenkel des Augustus, "war mit Claudius' jüngerer, i.J. 40 geborener Tochter Octavia verlobt. Dann jedoch beschuldigte ihn der Zensor L. Vitellius i. J. 48, mit seiner Schwester Iunia Calvina Inzest begangen zu haben; er wurde deshalb noch einen Tag vor Beendigung seiner Prätur aus dem Senat aus gestoßen, und Claudius hob daraufhin das Verlöbnis auf. Wenig später beging Silanus Selbstmord, ausgerechnet am Hochzeitstag von Claudius und Agrip pina" (H. HORSTKüTTE [ 1989] 12 1). Claudius hatte anscheinend Bedenken gegen diese inzestuöse Ehe : C. Pompeio Q. Veranio consu/ibus inter Claudium et Agrippinam matrimonium iam fama, iam amore in/icito firmabatur; necdum cele brare sollemnia nuptiarum audebant, nullo exemplo deductae in domum patrui fratris filiae: quin et incestum, ac si sperneretur, ne in malum publicum erumperet, metuebatur (Tac. ann. 12,5,1). Zu gener für den Verlobten der Tochter siehe z.B. auch Svet. Claud. c. 27,2 und Tac. ann. 12,4,2. gener steht demnach für futurus gener. 8,2. Silanum enim generum suum occidit)
oro per ( . ) quod sororem suam, festivissimam omnium puellamm, quam omnes Venerem vocarent, maluit Iononern vocare) Die Schwester des Silanus, Iunia .
.
Calvina, charakterisiert Tacitus (ann. 12,4, 1) als sane decora et procax soror. Die überlieferten Worte oro per, an denen die Herausgeber gerne herumkorrigieren, sind kaum zu ändern, weil sie oft eine Beteuerungsformel im Sinne von iuro per bilden (vgl. ThLL IX,2 105 1 , 1 5ff. und bes. ib. 1052,65ff.). Es gibt demnach sehr wahrscheinlich nach oro per eine Lücke unbekannten Umfangs. Der Inhalt dieser Lücke läßt sich nur per divinationem ergänzen. Es ist müßig darüber zu spekulieren, was sich ergänzen läßt. Man könnte jedoch vermuten - mehr nicht -,
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daß unmittelbar nach oro per (Iovem ) zu ergänzen wäre. Denn es war nicht ungebräuchlich, im Falle der Liebe zwischen Geschwistern die Namen luno und luppiter zu verwenden, vgl. etwa [Sen . ] Oct. 2 1 9fT. : tu quoque terris I a/tera luno soror A ugusti coniunxque. Zu festivissimam siehe ThLL VI, I 625,6ff. 'quare', inquit, 'quaero enim, sororem suam'?) sc. lunonem vocavit. Der Text ist zwar einhellig überliefert, die Deutung jedoch umstritten. Bei der Fragestellung geht es darum, ob es sich um einen angenommenen oder einen wirklichen Ein wurf handelt. Unsicher ist auch, ob durch stufte, stude Claudius oder Hercules angesprochen wird. Aus dem in sororem suam enthaltenen Vorwurf geht hervor, daß der Sprecher Claudius' Standpunkt vertritt. Zu quaero enim vgl. ThLL V,2 5 8 1 , 13ff. Athenis dimidium licet, Alexandriae totum) Die Bemerkung spielt wahrscheinlich darauf an, daß sich der Censor Vitellius im Senat fUr die Ehe des Claudius mit Agrippina eingesetzt hatte, wobei er, um das fUr römische Begriffe inzestuöse Verhältnis akzeptabel zu machen, auf die Sitten bei anderen Völkern verwies: sed aliis gentibus (sc. infratrumfilias coniugia) sol/emnia neque lege ulla prohibita (Tac. ann. 12,6,3). In Athen konnten Halbgeschwister mit gemeinsamem Vater (Genitor) heiraten (vgl. K. HOPKINS [1980] 3 1 1f.). Im alten Ägypten kamen Geschwisterehen nicht nur im ägyptischen Königshause vor, sondern umfaßten etwa ein Drittel aller Ehen, nämlich die der griechischen Minderheit (vgl. B. D. SHAW [1992] 267-299). Die Römer verboten dort im Jahre 2 1 5 n.Chr. Geschwi sterehen (vgl. K. HOPKINS [ 1980] 303-354). quia Romae, inquis, mures molas lingunt, hic nobis curva corriget? quid in cubiculo suo faciat nescio, et iam caeli scrutatur plagas) Das überlieferte corrigit hat Sonn
tag in corriget emendiert. Etwas Krummes gerade zu machen galt prinzipiell als unmöglich: conrigi vix tandem quod curvom estfactum, crede (Corp. I 1438). Unse rer Stelle, an der curva für prava steht, am nächsten vergleichbar ist wohl das Sprichwort: (Plin. epist. 5,9,6) invenimus qui curva corrigeret! ... quis autem hic est, qui emendet publicos mores ? Vgl. A. OTTO e 1965) Nr. 490. Vgl. auch Pers. 3,52 : curvos deprendere mores. Der sprachliche Zusammenhang ist problematisch. Die fehlende Übereinstimmung zwischen der ersten Person des Hauptverbs nescio und dem Pronomen suo ( eius) wollte Bücheler durch die einfache Änderung von nescio in nescit normalisieren, was gut zur dritten Person im Nachstehenden paßt (vgl. scrutatur). Aber diesen Verbesserungsvorschlag kann man nicht gutheißen, solange die Fortsetzung nicht erklärt worden ist: mures molas lingunt. cae/i scrutatur p/agas ist ein Zitat aus Ennius' lphigenia (fr. scaen. 244 V), wo der Kontext so lautet: quod est ante pedes, nemo spectat; caeli scrutatur p/agas (hier zitiert nach Cic. rep. 1 ,30). Die Stelle zeigt die Weltfremdheit des gelehrten Claudius, vgl. Plin. nat. 1 8,253 : cur etiamnum a/tius spectes, [sc. rustice], ipsumque caelum scrutere? habes ante pedes tuos ecce vergilias. Zugleich wird auf den Wunsch des Claudius angespielt, ein Gott zu werden: nec sofa fronte deorum I =
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contentus manet, et caelum scrutatur in alvo I cognatumque sequens corpus se quae rit in astris (Manil. 4,909ff.). Vgl. ferner: Manil. 4,93 3 : ne dubites homini divinos credere visus, I iam facit ipse deos mittitque ad sidera numen, I maius et A ugusto crescet sub principe cae/um. pamm est quod templum i n Britannia habet, quod (hunc) nunc barbari colunt e t ut deum orant IJ.Wpoü et n A.&t o u tuxetv ?) Zu ( hunc ) nunc bemerkt P. T. EDEN (1 984)
105 korrekt folgendes: "this suggestion of Russo's should be adopted: cf. hunc nunc at 1 1 .3 . The eum of the s-family MSS shows how awkward the Iack of a direct object of colunt is feit to be". Der Tempel des Claudius in Camulodunum wurde erst nach dessen Tod konstituiert, was nunc inhaltlich unentbehrlich macht; denn es bezieht sich eindeutig auf die Zeit, als die Apocolocyntosis verfaßt wurde, nicht auf die Lebenszeit des Claudius : Er war divus als man ihm den Tempel geweiht hat. Man vergleiche dazu Tac. ann. 14,3 1 ,4: ad hoc templum divo C/audio constitutum quasi arx aeternae dominationis adspiciebatur, delectique sacerdotes specie religionis omnisfortunas effundebant. Siehe dazu D. FISHWICK (1972) 1 64- 1 8 1 und S. FRERE (1987) 3 13f. sowie D. FISHWICK (1991) 137- 1 4 1 . Der Kaiserkult wurde, so scheint es, i n Britannien u m oder kurz nach 4 9 n.Chr. mit Camulodunum als Zentrum eingeführt, wo ein Altar und ein Tempel ent deckt worden sind. Die genaue Art der Dedikation dieses Tempels ist unbe kannt. Unsere Stelle besagt kaum, daß Claudius in Britannien als Gott (deus) verehrt wurde, heißt es doch (Claudium) ut deum orant, nicht C/audium deum orant, vgl. Cic. rep. 1 , 1 8 : ... ut ... Africanum ut deum coleret Lae/ius. Zur Junktur deum oro vgl. ThLL IX,2 1045,38ff. Im griechischen Zitat ersetzt IJ.Wpoü das zu erwartende \}eoü, was einA.&tou, das das lateinische Adjektiv propitius wiedergibt, bestätigt. Jeder neue Gott galt als propitius, vgl. D. FISHWICK (1991) 137-141, bes. 140f. KAPITEL 9 9, 1 . Tandem Iovi venit in mentem privatis intra curiam morantibus ( . . ) (se per misisse interrogare nec) sententiam dicere nec disputare. 'ego' inquit 'p. c., inter rugare vobis permiseram. vos mera mapalia fecistis) Die Stelle enthält eine Lücke, .
die die jüngsten Herausgeber, R. RONCALI (1 990) und N. W. BRUUN (1990), folgendermaßen herstellen: Tandem Iovi venit in mentem, privatis intra curiam morantibus ( non licere) sententiam dicere nec disputare. P. T. EDEN (1 984) ergänzt ( senatoribus non licere) , C. F. RUSSO (6 1985) liest ( non licerepatribus) . Bei diesen Versuchen, die Lücke zu schließen setzt man zu Recht voraus, daß der übliche Geschäftsgang im Senat der Römer die Folie der Darstellung bildet (vgl. S. RIZZO [1976] 485-490), vernachlässigt aber gleichzeitig den Kontext. Die übliche Herstellung unserer Stelle, egal ob mit oder ohne patribus bzw. senatori bus, ist syntaktisch nicht richtig. Der Satz *non licet sententiam d:::ere nec dis putare* läßt sich ja grammatisch nur so analysieren, daß nach nec disputare auch
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non licet hinzugedacht werden muß, was keinen Sinn ergibt. Dazu kommt, daß die übliche Herstellung ( non licere) ein generelles Präsens in der Form eines Verbotes enthält: non licere entspricht ja non licet der direkten Rede. Der Zusam menhang setzt aber voraus, daß der Vorsitzende den Senatoren die Möglichkeit gibt, Fragen an Ausländer (hier: Claudius) zu richten, wie es in solchen Fällen üblich war (vgl. R. HEINZE [ 1 926] 49-78, bes. 62) . Man vergleiche etwa Liv. 3 0,22,5 : cum more tradito patribus potestatem interrogandi, si quis quid ve/let, /egatos praetor fecisset (vgl. interrogare vobis permiseram "Ich hatte euch nur erlaubt, Fragen zu stellen"). Jupiter persönlich hat demnach den göttlichen Senatoren die potestas interrogandi genehmigt. Hieraus ergibt sich, daß sich unsere Stelle so : ( senatoribus se permisisse interrogare nec) bzw. so : (patribus se permisisse interrogare nec) herstellen läßt. Übrigens wurden im römischen Senat nicht nur Fremde eingelassen, sondern auch "coloro ehe avevano chiesto udienza (come nel nostro caso Claudio) e per i quali era stato magari convocato apposita mente i1 senato dovevano essere allontanati prima ehe cominciasse l'interrogatio, cioe prima ehe i senatori fossero chiamati a esprimere il loro parere (sententiam dicere)" (S. RIZZO [ 1 976] bes. 486). Vgl auch RE Suppl. VI 7 1 1 , 1 ff. Vgl. Liv. 30,23 , 1 : emotis deinde curia legatis sententiae interrogari coeptae. interrogare ist ein t.t. der Senatssprache. Der Sinn unserer Stelle läuft demnach darauf hinaus, daß Jupiter den Senat zur Ordnung ruft, weil ein unbekannter Gott, der nach der vor hergehenden Lücke redet, die Grenzen der potestas interrogandi überschreitet und schon anfängt, seine sententia zu äußern. Jupiter unterbricht ihn aber, befiehlt, daß Fremde, hier Claudius, die Senatssitzung verlassen, damit man zum nächsten Punkt, interrogare sententiam, übergehen kann. mera mapalia, ein Ausdruck, der nur hier sicher überliefert ist (siehe jedoch Petron. 5 8 , 1 4 : at nunc mera mapalia: nemo dupondii evadit) bezeichnet wahr scheinlich Unordnung. Man vergleiche dazu Fest. p. 147 : mapalia casae Poenicae appe/lantur, in quibus, quia nihil est secreti, so/et solute viventibus obici id vocabu lum. Diese phönizischen Hütten hießen auch magalia: maga/ia Ajrorum casas: et 'mapa/ia ' idem significant (Serv. auct. A en. 1 ,42 1 ) . -
volo u t servetis disciplinam curiae) Zur syntaktischen Konstruktion vgl. Cic. A tt. 1 0 , 1 6, 1 : velim ut tibi amicus sit; id.fam. 7,3 1 ,2 . Die Junktur disciplina curiae wohl nur an dieser Stelle vgl. ThLL V , 1 1 3 23 ,47f. hic, qualiscumque est, quid de nobis existimarit?) Zur Junktur existimare de vgl. ThLL V,2 1 5 2 1 ,24ff. Die meisten Herausgeber lesen existimabit, was sich leicht aus dem überlieferten existimavit herstellen läßt, das P. T. EDEN ( 1 984) 107 so
erklärt: " existimat . . what opinion has he formed of us?". Diese korrekte Erklä rung der Stelle setzt jedoch voraus, daß eine echte Frage gestellt wird, auf die man eine Antwort erwartet. Nun geht es aber um eine rein rhetorische Frage. Ich habe deshalb existimavit in existimarit geändert. .
Nachdem Claudius aus der Versammlung geführt ist, beginnt die formelle Befragung der Mitglieder
9,2. illo dimisso primus interrogatur sententiam Ianus pater)
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des Senats. interrogare sententiam ist ein nachklassischer t.t. der Senatssprache flir das klassische rogare sententiam, vgl. ThLL VII, 1 2270,8ff. Der Vorsitzende hält sich dabei traditionell an die Rangfolge. /anus pater, der Gott allen Anfangs (vgl. Fest. p. 45 L. : a quo rerum omnium factum putabant initium), legt natürlich als erster seinen Vorschlag vor. Zu Ianus als Gott des Anfangs vgl. ferner Mart. 8,8, 1 ; Ov. fast. 1 ,65 ; ib. 2,5 1 . i s designatus erat i n kal. lulias postmeridianus consul, homo quacumque visus fert, qui semper videt ii!J.a. 7tpÖoow xa.i <'mioow) Ianus pater hat wohl im Hinblick auf
die Geschäftsordnung des irdischen Senats, die die Folie der Darstellung bildet, noch die Position eines consul designatus. Er ist - wie die richtigen consules desi gnati designiert flir den 1 . Juli; daß /anus pater als postmeridianus consul designiert ist, besagt wahrscheinlich, daß er im Grunde nicht viel zu tun hat: qui dam medio die interiunxerunt et in postmeridianas horas a/iquid levioris operae distulerunt. maiores quoque nostri novam relationem post horam decumam in senatufieri vetabant (Sen. dial. 9 , 1 7 , 7). Dazu kommt noch, daß die vielen consules suffecti der Kaiserzeit nur flir eine sehr begrenzte Amtszeit ernannt wurden (vgl. RE IV 1 1 28,7ff.). Demnach ist gut möglich, daß eine spielerische Analogie zwi schen Jahr und Tag beabsichtigt ist: Wer erst am 1. Juli sein Amt antritt, der ist gewissermaßen nur "Nachmittagskonsul". Die Überlieferung (SVL) bietet quantum via sua fert, das RONCALI ( 1 990), RUSSO (6 1 985) und EDEN ( 1 984) flir richtig und echt halten. BRUUN ( 1 990) liest aber mit RHENANUS quantumvis vafer, das lediglich paläographisch beste chend ist. Der Sinn der Konjektur läuft aber dem Kontext zuwider, heißt es doch weiter so : qui semper videt etc. Hieraus kann man folgern, daß in den verderbten Wörtern ein Ausdruck steckt, der etwas Generelles über das Sehvermögen des lanus aussagt; denn semper videt ist ein generelles Präsens, das keine Einschrän kungen zuläßt. Das einschränkende quantum ist demnach falsch. Auch ist ein Subjektwechsel, wie es quantum via sua fert impliziert, wegen der Fernstellung des Relativpronomens qui und des Bezugsworts homo unerträglich. RONCONI ( 1 957) 1 24- 1 3 0, bes. 129f. war deshalb (nur) teilweise auf dem richtigen Weg, als er quantum visusfert konjizierte. Die Stelle muß demnach so emendiert werden, daß sie besagt, dessen ungeachtet, in welche Richtung /anus bicepsl bifrons den Blick/das Gesicht wendet, ist er stets in der Lage zu sehen, was vorne und hinten ist. Drei Möglichkeiten zur Restitution der Stelle bieten sich demnach an: qua cumque Iumina bzw. vultus bzw. visus fert. Von den drei Nomina ist das letzte paläographisch am wahrscheinlichsten. Vgl. Stat. si/v. 4,6,40 : si visus per membra feres (zu ferre a/iquo admovere ThLL VI, 1 542,4 1 ff.). Vgl. ferner Plin. nat. 3 5 , 1 2 0 : (pictoris) huius erat Minerva spectantem spectans, quacumque aspiceretur. Zu quacumquefert vgl. Verg. Aen. 1 1 ,762 ; Man. 5,495. Vgl. ferner Ov. trist. 1 ,2,23 : quocumque aspicio, nihil est, nisi pontus et aer; ib. 1 , 1 1 ,23 : quocumque aspexi, nihil est nisi mortis imago; Sen. suas. 2,7 : quocumque Xerses aspexerit, Spartanos videbit. Das griechische Zitat stammt aus "Homer" (vgl. //. 1 ,343 ; 3 , 109; 1 8,250; Od. 24,452). In allen Fällen geht es um alte oder weise Männer wie etwa Priamos, -
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die Vergangenheit und Zukunft kennen. Während das griechische Zitat meta phorisch verwendet wird, steht es an unserer Stelle - für uns überraschend anscheinend konkret mit Bezug auf das doppelte Antlitz des Ianus biceps, bifor mis, bifrons oder geminus. Es wurde aber in der Antike nicht konkret interpre tiert, vgl . Macr. sat. 1 ,7,20: post ad /anum so/um regnum redactum est, qui creditur geminam faciem praetulisse, ut quae ante quaeque post tergum essent intueretur: quod procul dubio ad prudentiam regis sollertiamque referendum est, qui et praete rita nosset et futura prospiceret. is multa diserte, quod in foro +vivat+, dixit, quae notarios persequi non potuit et ideo non refero, ne aliis verbis ponam (quam) quae ab illo dicta sunt) Der Gott
Ianus bifrons bzw. geminus hatte einen Tempel auf dem Forum vor der curia lulia (RE, Suppl. IV 506,28fi). Die überlieferten Wörter quod in foro vivat enthalten (mindestens) einen Überlieferungsfehler, der anscheinend in vivat steckt, jedoch auch in dem formell korrekten quod liegen kann. Die Stelle läßt sich demnach nicht eindeutig herstellen: quod ist in qui oder quae und vivat in vivit oder vivebat bzw. viveret oder aber viderat zu ändern. (Ich vermute aus dem Kontext, daß quae inforo viderat [= '(mit)erlebt hatte'] zu lesen ist, geht es doch im Fall des Gottes Ianus mit dem zweifachen Gesicht um einen besonders guten A ugenzeugen, vgl. c. 1 ) . Das Adverbium diserte steht ein wenig überraschend für das Adjektiv disertus (vgl. ThLL V, 1 1 3 80,5 8ff.). notarius, d.h. Stenograph, ist hier zum ersten Mal belegt. Der Stenograph galt sonst als schnell (velox), vgl. Mart. 1 0,62,4; id. 14,208; vgl. auch Manil. 4, 1 97 . Die Überlieferung bietet quae . . . non rejero ne a/iis verbis ponam quae ab il/o dicta sunt, was kaum als die Negation von *quae ... refero, ut iisdem verbis ponam (sc. ea), quae il/e dixit* gelten kann; denn ne aliis verbis ponam enthält einen Vergleich mit dem nachstehenden quae ab il/o dicta sunt, das demnach für quae (sc. verba, nicht ea, quae) ab il/o dicta sunt steht. Es geht um die genaue Wieder gabe der gesagten Worte, nicht um ein Referat des Inhalts. Die Stelle läßt sich demnach in der Weise herstellen, daß man vor dem Relativsatz ( quam ) ergänzt. Diese Emendation wird dadurch unterstützt, daß ponere ein Terminus technicus für "zitieren" ist (vgl. etwa Svet. Claud. 3 ,2 ex. ; Gell. 5 , 1 3 ,3 ) . Weiter spricht die folgende - ebenfalls negierte - Parallele für die Einfügung von quam : est videre apud il/os argentea vasa ... non in alia utilitate quam quae humo finguntur (Tac. Germ. c. 5,3). Ohne die Ergänzung ( quam ) ist ne aliis verbis ponam im Sinne von ne alienis verbis ponam zu verstehen: steht also letztlich ohne Bezug zu dem Ich Erzähler, der die Worte des Ianus nicht wiedergeben will, weil er sie nicht anders bringen will, als sie dieser gesagt hat. Als übersorgfältiger Historiker will der Ich Erzähler - gemäß der literarischen Fiktion - das Gesagte in direkter Rede wie dergeben, muß es aber wegen der Schnelligkeit des Sprechenden unterlassen. 9,3. multa dixit de magnitudine deorum : non debere hone vulgo dari honorem. 'olim' inquit 'magna res erat deum fieri, eam fabulam mimi fecisti (s) )
Im über-
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lieferten non debere hunc vulgo dari honorem ist vielleicht hunc in nunc abzu ändern. Die Verwendung des Pronomens hic in Oratio obliqua (vgl. hunc ... honorem) ist - wie die des Zeitadverbiums nunc - an sich wenig auffallend (vgl. A. SZANTYR [ 1965] 182), wenn im Kontext ein Gegensatz vorkommt. Hier drückt hunc aber keinen Gegensatz etwa vom Typ il/e - hic aus : Es geht ja nur um eine an sich ehrenhafte Auszeichnung - honor (sc. dei faciendi). Dagegen würde die Emendation nunc einen Kontrast zum nachstehenden olim . . . magna res erat deum fieri enthalten. Es scheint auf jeden Fall zweifelhaft, ob hic in hunc ... honorem diese zeitliche Einstufung leisten kann (vgl. ThLL VI,3 2729,44ff. und ib. 2720,59ff.); denn das Bezugswort ist dann ein Zeitbegriff. Auch die Fort setzung ist problematisch. Das uns überliefertejamam mimum (S) bzw. die Text variante fama nimium (VL) ist zweifelsohne verderbt. [Ich halte es für metho disch falsch, die ebenfalls verderbte Stelle Cic. Att. 1 , 16,13 heranzuziehen, um die beiden Stellen mit einem Schlag zu emendieren. Jede Stelle muß für sich in ihrem Kontext behandelt werden. Sie sind ja unabhängig voneinander entstan den.] . Ich habe unsere Stelle so hergestellt: eam fabulam mimifecistis, weil feci stis für reddidistis steht und deshalb zwei Akkusativobjektive haben muß, von denen der zweite ein effiziertes Objekt sein muß. iam habe ich in eam geändert. fabulam mimi steht für argumentum mimi. eamfabulam mimifecistis ist so zu ver stehen: eam [sc. magnam rem] in argumentum mimi vertistis. Siehe auch eam rem c. 9,5. [Belege für den Gegensatz zwischen o/im und iam im Sinne von olim ( antea) und nunc ( his temporibus) sind überaus selten (vgl. Cic. orat. 1 6 1 : quod iam subrusticum videtur, olim autem po/itius; Tib. 2,5,79 ; Liv. 1 0,6, 1 1)]. =
=
itaque, +ne videar in personam, non+ in rem dicere sententiam, censeo ne quis post bunc diem deus fiat ex bis, qui apoi>pTJc; xapTIÖV eöoumv aut ex bis quos alit (eiöw
poc; äpou pa) Es geht im Kontext um einen Beschlußantrag (sententia) ganz wie im römischen Senat (vgl. c. 9, 1 ; c. 9,2 ; c. 9,4; c. 9,5 ; c. 9,6). Das überlieferte itaque ne videar in personam, non in rem dicere sententiam, censeo etc. dürfte falsch sein; denn nach vorhergehender Negation (ne videar) kann kein adversativer Satz bzw. Ausdruck stehen, der durch noch eine Negation (hier: non) eingeleitet wird: dann gibt es keinen Gegensatz (siehe R. KÜHNER/C. STEGMANN [6 1982] II, 157 Anm. 6). Die Stelle läßt sich ja syntaktisch nur so analysieren: itaque, ne videar in personam dicere sententiam, non in rem (sc. dicere sententiam), censeo etc. Dabei würde non in rem für neque in rem stehen, was auf der Stufe der inhalt lichen Interpretation sinnlos wäre, weil lanus pater dann einen Beschlußantrag (sententia) vorlegen würde, der sich nicht gegen die Person (sc. des Claudius) (ne videar in personam ... dicere) und/aber auch nicht gegen das Prinzip (non in rem dicere) gerichtet wäre. Es geht um den Gegensatz zwischen dem Sonderfall und dem Prinzip (personaliter:genera/iter). Unsere Stelle ist nur sinnvoll vor dem Hintergrund des allen Römern bekannten Gedankens, daß man kein Privilegium beantragen darf: vetant XII tabulae Ieges privatis hominibus irrogari; id est enim privi/egium (Cic. dom. 43). Vor diesem Hintergrund ist deutlich, daß Ianus pater den Eindruck vermeiden will, er tue ebendies, d.h., er will keine Iex in Claudium
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beantragen. Er stellt deshalb einen Beschlußantrag generellen Inhaltes: censeo ne quis post hunc diern deusfiat etc. Dem obigen sei hinzugefügt, daß persona in in personarn im Sinne von Person steht und sich konkret auf die Person des Clau dius bezieht und somit einen schönen Gegensatz zu dem generellen in rern bildet. Um die komplizierte Stelle zu heilen, kann man auf zweierlei Weise ver fahren: Man kann entweder non im Text behalten und das negative ne videar dadurch neutralisieren, daß man vor ne videar (cavens) oder (veritus) oder (rnetuens) oder ( tirnens) ergänzt: itaque (veritus) ne videar in personarn - non in rern - dicere sententiarn censeo etc. ; denn dadurch ist zu non in rern in Gedanken ut videar zu ergänzen. Oder aber man kann die Stelle so restituieren: itaque (ne videar in personarn no(rnine), in rern dicere sententiarn) censeo etc. apoiipT]<; xap1töv eöouotv ist ein Homer-Zitat (Il. 6, 142, vgl. ferner ib. 1 3 ,322 und 21 ,76), das wie quos a/it (döwpo<; &poupa den Begriff 'Sterbliche' umschreibt. qui contra hoc senatus consultum deus factus dictus pictusve erit, eum dedi larvis et proximo munere inter novos auctoratos ferulis vapulare placet) placet mit Objekt +
Infinitiv steht für censeo ut + Konjunktiv, bezieht sich also auf die Zukunft. Zu dictus appellatus, vocatus vgl. ThLL V, 1 981,18ff. Die Echtheit der Lesart pic tusve wird bestätigt durch Plaut. Asin. 174: nequeficturn usquarnst neque pieturn neque scripturn in poernatis (vgl. A. OTTO [ 2 1 965] Nr. 659). rn unere steht hier für rnunere gladiatorio, vgl. ThLL VIII 1 665,78ff. Die larvae sind für gewöhnlich die Gespenster der Toten, böse Geister und Wiedergänger, die die Ruhe der Nach lebenden stören (vgl. Plaut. capt. 598 ; Amm. 14, 1 1 , 1 7). Zum Begriff auctorati (d.h. professionelle Gladiatoren) vgl. Schol. Hor. sat. 2,7,59 : qui se vendunt ludo, auctorati dicuntur; auctoratio enirn dicitur venditio gladiatorurn. Die Junkturjeru /is vapulare auch c. 1 5,2. =
9,4. proximus interrogatur sententiam Diespiter +nice pote+ filius, et ipse designa tus consul, nummariolus) Nachdem lanus den Antrag des Claudius abgelehnt
hatte, mußte als nächster ein Befürworter sprechen. Zu diesem Zweck wird der alte Gott Diespiter (vgl. RE V, 478ff.) erwähnt, wobei eine gezielte Zweideutig keit entsteht; denn das römische Publikum hat diesen mit dem fast gleichnami gen und homophonen Gott Dis pater Pfauton der Griechen, vgl. Isid. orig. 8,1 1 ,42 : Pluton Graece Latine Diespiter vel Dis pater (s. auch Cic. nat. deor. 2,66 und RE X:X, 1 990ff.) verwechseln können. Der Verdacht, daß mit WISSOWA ( op. cit.) Dis pater zu lesen ist, erübrigt sich vorausgesetzt, daß im überlieferten, verderbten appositiven Ausdruck nice pote (S) bzw. nicepote (VL) die Lesart noc tis potens steckt. Die Herausgeber lesen gewöhnlich Vicae Potae. Vica Pota ist der Name einer alten obskuren Gottheit des glücklichen Erwerbs (vgl. Cic. leg. 2, 1 1 ,28, der den Namen durch vincendi atque potiundi erklärt). Sie hatte einen Tempel am Palatinhügel infra Veliarn (vgl. Liv. 2,7, 12). Zur Lesart nurnrnariolus (S) ('ein kleiner Korruptling'), die wie auch die Variante nurnrnulariolus ('Geldmakler') ein hapax legomenon ist, siehe die Aus führungen von N. W. BRUUN (1990a) 72f. Dem sei hinzugefügt, daß nurnrnula=
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rius erst seit Petron. 56 vorkommt, wogegen nummarius schon ab Novius A te/1. 108 belegt ist. Zu et ipse vgl. Komm. zu c. 4,2 : et ipsa.
Das Deminutivum civita tula als juristischer Terminus im Sinne von 'Bürgerrecht' nur an dieser Stelle (vgl. ThLL III 1240,32ff.). civitatulam vendere steht für das normale civitatem (Romanam) vendere, vgl. etwa Cic. Phi/. 3,10. Bei der ungleichmäßigen Bürger rechtspolitik des Claudius kam es dazu, daß am Hofe Bürgerrechte verschachert wurden (vgl. Cass. Dio 60, 1 7,5ff.). Siehe Komm. zu c. 3,3. hoc quaestu se sustinebat: vendere civitatulas solebat)
Zum volkstümlichen belle vgl. ThLL II 1 858,13ff. Durch die Berührung von Ohr bzw. Ohrläppchen des Diespiter nimmt ihn Hercules als Zeugen, vgl. Plin. nat. 1 1 ,25 1 : est in aure ima memoriae locus, quem tangentes antestamur. Siehe auch Hor. sat. 1 ,9,75. Vgl. A. OTTO e 1 965) Nr. 214. Ob auricula hier für ima auris steht oder als volkstümliche Variante von auris fungiert, ist nicht erkennbar. Zum Verhältnis von auris und der umgangssprachlichen Variante auricula (bzw. oricula), das in den romani schen Sprachen weiterlebt, vgl. E. L Ö FSTEDT e 1 956) II, 52fT. und W. D. ELCOCK (1960) bes. 30f. In keinem der Fälle hat es eine deminutive Funktion. a d hone belle accessit Hercules e t auriculam illi tetigit)
9,5. 'cum divus Claudius et divum Augustum sanguine contingat nec minus divam Augustam aviam suam, quam ipse deam esse iussit, longeque omnes mortales sapientia antecellat sitque e re publica esse aliquem qui cum Romulo possit "fer ventia rapa vorare", censeo uti divus Claudius ex hac die deus sit ita uti ante eum qui(s) optime iure factus sit, eamque rem ad Metamorphosis Ovidi adiciendam')
Diespiter bringt drei Gründe vor, um Claudius' Aufnahme unter die Götter zu rechtfertigen: 1) seine Verwandtschaft mit Augustus und Livia; 2) seine sapien tia, die über Menschenmaß hinausgeht; 3) seine Fähigkeit, Romulus Gesell schaft zu leisten. divus Claudius heißt es hier (bis) und c. 10 sowie c. 1 1 ,5 in Anlehnung an den offiziellen Sprachgebrauch; der himmlische Senat beschließt über den Titel deus. Claudius entstammte der Ehe des Nero Claudius Drusus, des Sohnes der Livia, mit Antonia minor, Tochter der Augustus-Schwester Octa via. Da Claudius' Blutsverwandtschaft (cognatio) mit Augustus nur von der Mutterseite her gegeben ist, wird das Verwandtschaftsverhältnis nur vage ange geben (zu contingere sanguine [= genere] vgl. ThLL IV 716,14ff.); präzise heißt es c. 1 1 , 1 avuncu/us maior. Seine Großmutter Livia ("Augusta" seit 14 n.Chr. durch testamentarische Adoption [vgl. Tac. ann. 1 ,8, 1]) hatte Claudius bald nach seinem Regierungsantritt konsekrieren lassen (vgl. Cass. Dio 60,5,2; Svet. Claud. c. 1 1 ,2). Das Lob der sapientia des Claudius kontrastiert mit seiner Charakteri sierung alsfatuus (vgl. c. 1 , 1 ; c. 7,3 und c. 8,3), ist demnach vom Autor (nicht vom Sprecher) ironisch gemeint. Erinnert sei an die Reaktion der Zuhörer auf Neros Lob von Claudius' sapientia in seiner Iaudatio: (Nero) postquam ad providentiam sapientiamque jlexit, nemo risui temperare (Tac. ann. 13,3, 1). Das offiziell klin-
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gende e re pub/ica (vgl. ThLL V,2 1 10,47ff.) steht in einem komischen Kontrast zum sehr volkstümlichen Ausdruckferventia rapa vorare. Romulus führt auch im Himmel seine bäurische Lebensweise fort, vgl. Mart. 13,16: Haec tibi brumali gaudentiafrigore rapa quae damus, in caelo Romulus esse solet. Vgl. auch Plin. nat. 19,87 . ferventia rapa vorare ist vielleicht ein Zitat aus Lucilius (vgl. 0. SKUTSCH [1 954] bes. 89ff.). censeo uti divus Claudius ex hac die deus sit ist eine Nach ahmung der Senatssprache. Zum archaisierenden uti vgl. A. SZANTYR (1965) 632 . Die variierende Ausdruckweise nach censeo (ut + Konj. bzw. Akk . + fut. Inf. pass.) ist Ausdruck der Variatio sermonis; denn sie sind semantisch gleichwertig (vgl. A. M. BOLKESTEIN [1976a] 1 55-177 und [1976b] 263-29 1 sowie E. RISCH [ 1984] 44). eamque rem ad Metamorphosis Ovidi adiciendam ist vor dem Hinter grund verständlich, daß der Dichter Ovid schon die Apotheosen des Romulus (met. 14,805ff.) und Julius Caesar geschildert (met. 15,745ff.) sowie die des Augu stus (met. 1 5,868ff.) angekündigt hatte. 9,6. variae erant sententiae, et videbatur +Ciaudius sententiam+ vincere) Nach Ausweis des Thesauruszettelmaterials ist die überlieferte Junktur sententiam vinco sonst nirgends belegt (vgl. N. W. BRUUN [1990b] 73). Die Richtigkeit und Echtheit der Lesart sententiam setzt im Kontext voraus, daß Claudius selbst (s)einen Beschlußantrag (sententia) vorgebracht hat, was wenig wahrscheinlich ist (vgl. censeo [sc. Diespiter] uti divus Claudius ex hac die deus sit etc.). Weil die Stelle von den �wei verschiedenen Beschlußanträgen des Ianus pater und des Diespiter handelt variae erant sententiae steht für diversae erant sententiae liegt die Vermutung auf der Hand, daß et videbatur Clausii [= /ani] sententia vincere zu lesen ist. Vgl. Ov. fast. 1 , 127ff. : inde vocor /anus; cui cum Ceriale sacerdos I imponit libum farraque mixta sale, I nomina ridebis: modo namque Patulcius idem I et modo sacrifico Clusius [alii codd.: Clausius] ore vocor. -
-
Hercules enim, qui videret ferrum suum in igne esse, modo huc modo illuc cursabat et aiebat: 'noli mihi invidere, mea res agitur') Die Stelle enthält anscheinend eine
Anspielung auf ein Sprichwort, vgl. Hor. epist. 1 , 1 8,84: nam tua res agitur, paries cum proximus ardet, das Porphyr. so erläuterte : sententia per allegoriam demon strans vicinorum periculum nostrum esse (vgl. A. OTTO e 1965] Nr. 1344). Zur volkstümlichen Junktur meam rem ago vgl. ThLL I 1379,39ff. manus manum lavat) Das abschließende Sprichwort auch Petron. c. 45, 13, vgl. A. OTTO e 1 965) Nr. 1037.
KAPITEL 1 0 REDE DES AUGUSTUS 10,1. tune divus Augustus surrexit sententiae suo loco dicendae et summa facundia disseruit) Als dritter Redner erhebt sich Augustus, um seine Stellungnahme mit
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einer Rede ausfUhrlieh z u begründen (zu surgere in diesem Sinn vgl. Cic. Rose. 59: peraravif a/iquando, adsedit; surrexi ego; siehe ferner OLD 1 887, 1 b). Der finale Dativ, der nur an dieser Stelle in Verbindung mit surgere belegt ist (vgl. N. W. BRUUN [1986] 25), steht flir das geläufige ad sententiam dicendam (vgl. etwa Cic. C/uent. 50). Im Unterschied zu den beiden vorangehenden Sprechern atmet Augustus' Rede am Anfang ernste Würde und Autorität. Die eingestreuten Sprichwörter und Homerzitate entsprechen der Praxis der Menippea, ahmen aber gleichzeitig die rednerische Eigenart des Augustus nach, der gerne Sprich wörter benutzte (vgl. Svet. Aug. 87 und 89) und griechische Wendungen in Sprache und Schrift einflocht (vgl. Svet. A ug. 65,4). Das überlieferte sententiae suae /oco dicendae ist in sententiae suo /oco dicendae zu ändern, denn es geht um einen Terminus technicus der Senatorensprache (vgl. C. F. RUSSO [6 1985] 142) : Sen. contr. 6. exc. 5 : accusator suo /oco dixit, reus suo respondit; Liv. 28,40,5 : (sena tor) suo /oco dicit sententiam; Liv. 28,45,6: .. . tribunos intercedere quaminus suo quisque loco rogatus sententiam diceret. Zur Junktur suo /oco vgl. ferner ThLL VII,2 1 592,43ff. und ib. 1 599,52ff. facundia besagt an sich, daß Augustus von Natur aus redegewandt ist: Es geht um eine angeborene Qualität im Gegensatz zu disertus (vgl. ThLL V, 1 1378, 1 6ff.). Sonst gilt er als geschulter Redner (e/oquens): (Tac. ann. 13,3 ,2) A ugusto prompta ac projluens quaeque deceret principem eloquentia fuit; (Svet. A ug. 86, 1) genus e/oquendi secutus est e/egans. . . 'ego' inqoit 'p.c., vos testes habeo, e x qoo deos factos som)
Zu ex qua deus factus
sum vgl. c. 1 , 1 . at non possom amplios dissimolare e t dolorem, qoem graviorem podor facit, con tinere) Das überlieferte et non possum amplius dissimulare et dolorem ... continere
(SVL) habe ich so emendiert: at non possum amplius dissimulare et etc. at ist eine unbedeutendere Korrektur als (s) ed (so BÜCHELER), weil die Stelle eine gewisse Indignation zum Ausdruck bringt, vgl . ThLL II 995,1ff. dissimulare steht wie öfters absolut, vgl. ThLL V, I 1 480,73ff. Zur Junktur dolorem continere vgl. ThLL IV 708,62ff. non . . . amplius steht im Sinn von non . . . iam, vgl. ThLL I 2014,48ff. Die Verbindung dolorem, quem graviorem pudorfacit setzt die Junktur do/or gravis voraus, die nur bei Cicero belegt ist, vgl. ThLL V, 1 1 85 1, 1 f. 10,2. i n hoc terra mariqoe pacem peperi?) Zur feierlichen Formel vgl. R . Gest. div. A ug. 1 3 : cum (p) er totum i(mperium po)puli Roma(ni t. m.que es) set p. victoriis pax; vgl. ferner ThLL X, 1 869, 1 1 ff. und Liv. 30,45, 1 : pace terra marique parta. ideo bella civilia compescoi?)
Vgl. R. Gest. div. A ug. 34, 1 : bel/a civilia extinxeram.
Die Bemerkung enthält eine Anspielung aufVerg. A en. 6,8 10: . . . qui legibus urbem /fundabit . . . (die Stelle han delt von König Numa). Zur Verbindung /egibus urbem fundare vgl. ThLL VI, 1 1561 ,44ff. Zu operibus ornavi vgl. R. Gest. div. A ug. 19-2 1 . Nach ut bricht die Rede
ideo Iegibos orbem fondavi, operibos omavi, ot -)
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ab. Zur für die Umgangssprache typischen Aposiopese siehe A. SZANTYR (1965) 823f. fortasse i. fere meae paria, vgl. ThLL VII, 1 1 1 8 1 ,2 1 ff.
omnia infra indignationem verba sunt)
q.
desunt verba indignationi
confugiendum est itaque ad Messalae Corvini, disertissimi viri, illam sententiam 'pudet imperii') In seiner Verlegenheit bedient sich Augustus eines Ausspruchs
des M. Valerius Messala Corvinus (cos. suff. 3 1 v.Chr.), den dieser wahrschein lich prägte, als er 26 v.Chr. das Amt des praefectus urbi nach wenigen Tagen niederlegte quasi nescius exercendi, wie es Tac. ann. 6,1 1 ,3 heißt. Vermutlich aus derselben Quelle kommt: Pro pudor imperii! (Sen. cons. Polyb. 17 ,4) anläßlich von Caligulas wenig kaiserlichem Verhalten. 10,3. hic, p.c., qui vobis non posse videtur muscam excitare) Obwohl Claudius aus dem Göttersenat weggeschickt wurde (vgl. c. 9,2), spricht Augustus so, als ob er noch anwesend wäre, vgl. c. 10,4: iste quem videtis; ib. die mihi, dive Claudi; c. 1 1 , 1 : di tibi malefaciant). Die Redensart muscam excitare, die die Harmlosigkeit des Claudius bezeugt (vgl. A. OTTO [2 1965] Nr. 1 1 84), ist sonst nirgends belegt.
homines occidere steht für das in der Umgangssprache wenig gebräuchliche homicidium jacere (vgl. ThLL VI,3 2868,46ff.). Zur proverbialen Redensart vgl. A. OTTO e 1 965) Nr. 7 1 . tarn facile homines occidebat quam canis adsidit)
domestica mala, die Junktur auch Tac. hist. 5,25,3, steht im Gegensatz zu pub/icas clades, vgl. ThLL V, 1 1 869,59ff. und ib. 1 856,50ff. [Zum Begriff domus, der neben dem agnatischen Geschlecht auch Bluts- und Heiratsverwandte bezeichnete, siehe R. P. SALLER (1984) 336-355, P. SETÄLÄ (1987) 3 - 1 6 und M. CORBIER (1990) 3-36]. intuenti steht im Sinne von consideranti, vgl. ThLL VII,2 92,5ff. non vacat deßere publicas clades intuenti domestica mala)
nam etiam si ( is ) sophiam Graecam nescit, ego scio: eyytov yövu xvfli.LT]c;) "Denn selbst wenn er die griechische Weisheit nicht kennt, kenne ich sie : 'das Hemd ist mir näher als der Rock."' Der Sinn der Stelle läuft darauf hinaus, daß die grie chische Weisheit 'das Hemd ist mir näher als der Rock' (= 'Blut ist dicker als Wasser') für Claudius eben kein Begriff, keine Weisheit (sophia) ist. Er tötete ja gern die eigenen Blutsverwandten (cognati, consanguinei), was c. 13,5 zur Ge nüge bestätigt wird: omnes plane consanguinei. Die Hss. bieten folgende Varian ten: sor mea Graece (S), jor me a Graece (V) und phor mea Graece (L), was alles keinen Sinn ergibt. Frühere Herausgeber neigten dazu, Graece als Glossem zu tilgen. Dies ist methodisch falsch : "Sonntag and Buecheler bracketed Graece as a gloss. It is not an indication of omitted Greek, for which the MSS regularly use Graecum, e.g. 8 . 1 ." (P. T. EDEN [1984] 1 1 9). Hieraus ergibt sich, daß sich Graece nicht auf das nachstehende Sprichwort bezieht, sondern mit Bezug zum verderb ten Wort steht, das ein griechischer Begriff sein muß, der jedoch nicht auf grie-
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chisch geschrieben ist und inhaltlich auf das griechische Zitat verweist. Die Ein fügung von ( is) ist nicht nur paläographisch wahrscheinlich, sondern wird durch den Gegensatz zum emphatischen ego syntaktisch bestätigt; geht es doch um den Gegensatz is ... nescit: ego scio. Siehe ferner A. A. LUND [1991] 244ff. und S. WOLF (1 986) 42ff. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß die Gestal tung der Textstelle in den jüngeren Ausgaben weit auseinandergeht: N. W. BRUUN (1990) liest mit BÜCHELER soror mea, R. RONCALI (1 990) versucht es mit der Konjektur von RUSSO sura mea und P. T. EDEN (1984) will mit gleich zwei eigenwilligen Änderungen die Stelle so verbessern: mpupöv meum [Graece]. Vor kurzem hat G. BINDER (1992) 354 die Stelle folgendermaßen heilen wol len: nam etiam si sor(s) mea Graece nescit, ego scio etc., was er so übersetzt : " denn selbst wenn meine Amtspflicht kein Griechisch versteht, ich verstehe es wohl etc." Dieser Restitutionsversuch geht korrekt von der Junktur Graece nescire aus, ver kennt aber wie andere auch, daß nescit ein belebtes Subjekt (animated noun) erfordert. Aus dieser syntaktischen Sicht ist die Konjektur soror sinnvoll. Der Kontext handelt aber von Claudius, und an unserer Stelle geht es nicht darum, ob eine gewisse Person des Griechischen mächtig ist oder nicht, sondern darum, ob Claudius den Sinn eines bestimmten griechischen Sprichworts kennt, das die Bedeutung der Bande des Blutes zeigt. 1 0,4. iste quem videtis per tot annos sub meo nomine latens hanc mihi gratiam rettulit, ut duas lulias proneptes meas occideret, alteram ferro, alteram fame) iste
quem videtis ist eine geläufige Periphrase, keine ad-hoc-Bildung, für den "Ange klagten", was hier komisch vorkommt, weil Claudius gar nicht mehr anwesend ist. nomine steht hier wahrscheinlich - wie öfters - im Sinne von cognomine: Claudius hatte als Kaiser wie seine Vorgänger den Beinamen Augustus über nommen. Als Kaiser nannte er sich Tiberius Claudius Caesar Augustus Ger manicus und schwur gern per A ugustum (Svet. Claud. 1 1 ,2). Nichtsdestoweniger hat er auch die Nachkommen des Augustus umgebracht. Die beiden luliae (vgl. Svet. Claud. 29, 1 : crimine incerto nec defensione ulla data) - nämlich die Tochter des Drusus Caesar und der Livilla (im Jahre 43 n.Chr.) und Iulia Livilla, Tochter des Germanicus und der Agrippina sowie Schwester des Caligula - fielen der Eifersucht der Messalina zum Opfer. Über lulia Livilla heißt es Ps. Sen. Oct. 944: lulia matris fata secuta est; post longa tarnen tempora ferro caesa est, quamvis crimine nullo. Sie waren Urenkelinnen des Augustus, weil Tiberius Adaptivsohn des Augustus und Germanicus Adaptivenkel des Augustus war. Die Germani custochter ist außerdem mütterlicherseits eine leibliche Urenkelin des Augu stus. Siehe ferner H. HORSTKüTTE (1 989) 1 13-143, bes. 127f. Zur Junktur gra tiam referre vgl. ThLL VI,2 2220, 1ff.
L. Iunius Silanus war Sohn der Aemilia Lepida und somit Urenkel des Augustus mütterlicherseits. Er wurde bereits c. 8,2 wegen des angeblichen Verhältnisses mit seiner Schwester erwähnt, worauf auch hier wie der angespielt wird. unum abnepotem L. Silanum)
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videris, luppiter, an in causa mala) i.q. videbis, luppiter, an in causa mala (sc. factum sit). Zum Futurum exactum in der Funktion eines gewöhnlichen Futurs vgl. A. SZANTYR (1965) 324. causa mala ist eine Metapher, ein juristischer Ter minus technicus, dem zufolge der Litigant das Recht gegen sich hat, die Aussicht auf einen siegreichen Prozeß demnach gering ist. Vgl. Ov. Pont. 3 , 1 , 147: nec factum defende meum; mala causa silenda est; siehe ferner Paul. dig. 34,3,30; Ulp. dig. 2 1 ,2,55 pr. Siehe ferner N. W. BRUUN ( 1990a) 74. die mihi, dive Claudi, quare quemquam ex bis, quos quasque occidisti, antequam de causa cognosceres, antequam audires, damnasti?) Zum Indikativ im Fragesatz
wegen der quasi-parataktischen Verwendung vgl. A. SZANTYR (1965) 537f. und B. AXELSON ( 1933) 13f. Die Frage betrifft das auffallende Gerichtsverfahren. Zum ungewöhnlichen Konjunktiv nach antequam vgl . A. SZANTYR (1965) 600. Zur Bedeutung von audires vgl. c. 12,3 v. 2 1 : una tantum parte audita, und c. 14,2 : altera tantum parte audita. Vgl. ferner L. F. van Ryneveld (1988) 83-85. KAPITEL 1 1 1 1 , 1 . Ecce luppiter, qui tot annos regnat, uni Volcano crus fregit) Die Geschichte mit Hephaistos-Vulcanus findet sich im 1 . Buch der llias (1,591). Er wurde, weil er Hera in einem Streit mit Zeus-Iuppiter (vgl. llias 15,1 8ff.) zu Hilfe kommen wollte, dafür bestraft mit dem Ergebnis, daß er zum Krüppel wurde. [Dies ent hält nur indirekt eine Anspielung auf Claudius, der ja von Geburt an tardipes war]. Das macht inhaltlich den Übergang zum Fall der Messalina glatt. Sie ist Urenkelin der Octavia, Claudius ist über seine Mutter Enkel der Octavia, Augu stus demnach einmal Großonkel, einmal Urgroßonkel. Zum Begriff der Ver wandtschaft bei den Römern siehe M. CORBIER ( 1 990) 3-36. numquid occidit?)
i.q. num occidit ?
tu Messalinam, cuius aeque avunculus maior eram quam tuus, occidisti) Die Stelle zeigt, daß Augustus der gemeinsame Vorfahr von Claudius und Messalina war: Er war avunculus magnus im Verhältnis zu Claudius und avunculus maior oder proavunculus im Verhältnis zu Messalina. Das tatsächlich verschiedene Ver wandtschaftsverhältnis der beiden zu Augustus wird hier durch den vergleichen den Ausdruck aeque . . . quam verwischt, der Claudius und Messalina auf dieselbe Stufe des Stammbaums stellt. Es geht dabei weniger darum, daß Claudius Ver wandtenmord begangen hat als daß er Nachkommen von Augustus hat umbrin gen lassen. Zum geschichtlichen Hintergrund vgl. Tac. ann. 1 1 ,26- 1 1,38. Zu aeque . . . quam aeque ac vgl. ThLL I 1 044,24ff. =
'nescio' inquis. di tibi malefaciant: adeo istuc turpius est quod nescisti quam quod occidisti) Die Stelle enthält eine Anspielung darauf, daß Claudius zum einen von
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seinen Freigelassenen überrumpelt wurde (vgl. Tac. ann. 1 1 ,37 ; siehe dazu H. HORSTKüTTE (1989) 1 13 - 143, bes. 123f.), zum anderen überaus vergeBlich war (vgl. bes. Svet. Claud. 39, 1 : occisa Messalina, paulo post quam in triclinio decubuit, cur domina non veniret requisiit; vgl. auch ib. 29, 1 : et quidem inscius plerumque et ignarus). inquis bezeichnet den bloß gedachten Einwand eines Gesprächspart ners, vgl. ThLL VII, 1 1797,47ff. Zur Verwünschungsformel siehe ThLL V, 1 893,57ff. adeo läßt sich wohl am besten mit turpius verknüpfen. 1 1 ,2. C. Caesarem non desiit mortuum persequi) persequi steht hier im Sinne von 'nachahmen', wie die Fortsetzung zeigt, vgl. auch OLD 1354, 9 und N. W. BRUUN ( 1990a) 74f. occiderat ille socerum : hic et generum) M. Iunius Silanus (cos. suff. 15 n.Chr.), Vater von Caligulas erster Frau Iunia Claudia, wurde von Caligula 38 durch Androhung einer Majestätsanklage zur Selbsttötung getrieben (vgl. Svet. Gai. 23,3 ; Cass. Dio 59,8,4). Schwiegervater des Claudius war C. Appius Iunius Sila nus ( cos. ord. 28 n.Chr.), der 41 n.Chr. Domitia Lepida, die Mutter der Messalina, geheiratet hatte und bereits 42 einer Intrige der Messalina zum Opfer fiel (Cass. Dio 60, 14,2ff.). Der Schwiegersohn war der Verlobte der Octavia, L. Iunius Sila nus (vgl. c. 8,2). Zu et in der Bedeutung 'auch noch', 'dazu noch' vgl. ThLL V 908,22ff. Gaius Crassi filium vetuit Magnum vocari) Gaius untersagte einem der Söhne des M. Licinius Crassus Frugi (cos. 27), Cn. Pompeius Magnus, die Führung des Cognomens (vgl. Svet. Ca!. 35, 1 ; Cass. Dio 60,5,8f.). Bei Claudius stand dieser zuerst in allen Ehren und heiratete 41 seine älteste Tochter Antonia (Cass. Dio 60,29,6a u. 3 1 ,8) ; der Kaiser ließ ihn aber später hinrichten. Dasselbe Schicksal traf seine Eltern Crassus und Scribonia, beide von altem Adel (vgl. Tac. hist. 1 , 14,2 : Piso M. Crasso et Scribonia genitus, nobilis utrimque: Scribonias Vater war ein Urenkel des berühmten Feldherrn Pompeius Magnus). Vgl. ferner H. HORSTKüTTE (1989) 1 13- 143, bes. 1 19f. hic nomen illi reddidit, caput tulit)
Zu caput tulit
=
caput abstulit vgl. ThLL VI, 1
556,23ff. occidit in una domo Crassum, Magnum, Scriboniam, tris +tio+ necessarios nobiles, tarnen Crassum vero tarn fatuum, ut etiam regnare posset) Die Handschriften SV
bieten tristionias assarionem nobiles, L tristioniam assarionem nobiles. Die ver derbte Stelle habe ich vor dem Hintergrund des römischen Kontexts teilweise restituiert, in dem es um Mord innerhalb ein- und derselben erweiterten Familie (in una domo) geht, d.h. unter den Bluts- und Heiratsverwandten, nicht bloß innerhalb der Agnaten, der gens. (Zum Begriff der dom us siehe R. P. SALLER [1984] 336-355 und RE XXII, 2 159ff.). Aus dem Kontext ergibt sich, daß Claudius drei Angehörige (i.e. Latine necessarii), die durch Anheirat/Verschwägerung in
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seine 'Familie' aufgenommen waren, getötet hat. Zur Bedeutung von necessarius vgl. Fest. p. 1 62 : necessarii sunt, ut Gallus A elius ait, qui aut cognati aut adfines sunt. . . ; Val. Max. 2, 1,8: . . . cuipraeter cognatos et adfines nerno interponebatur, ut si qua inter necessarias personas querella esset orta. . . ; Liv. 3,58,5 : sed Verginius sui potius ut rnisererentur orabatfi/iaeque, nec gentis C/audiae regnurn in p/ebern sorti tae, sed necessariorurn Verginiae; vgl. ferner die metaphorische Verwendung Caes. Gall. 1 , 1 1,4: A rnbarri, necessarii et consanguinei Haeduorurn. [Die Junktur horno necessarius ist mehrmals belegt bei Cicero ( Verr. 3 , 1 5 3 ; Sull. 20; Plane. 3 1 ; Rab. Post. 4 1 ; /arn. 1 1 ,28,2 ; /arn. 13 ,8,3 ; /arn. 13, 1 1 ,3 ; /arn. 13 ,29,4] . Das einhellig überlieferte tarnen Crassurn vero tarn fatuurn schlage ich vor in tarnen Crassurn unurn tarn fatuurn zu ändern, weil nur einer von den drei dumm genug ist, "Monarch" zu werden (ut etiarn regnare passet) (vgl. c. 1 , 1 ) . Die Alternative wäre, tarnen in tanturn zu ändern, wie es schon in einigen Nachkommen von S vor kommt. Eine klare Entscheidung ist nicht möglich. 1 1 ,3. videte corpus eius dis iratis natum) Die körperliche Mißbildung des Claudius ist wiederum Gegenstand zum Lachen. Vgl. c. 1 ,2; c. 3,2; c. 7,2, v. 4. Zu der volks tümlichen Ausdrucksweise vgl. Phaedr. 4,20, 1 5 : dis est iratis natus; Iuv. 10, 129: dis il/e adversis genitus fatoque sinistro. Siehe ferner dazu A. OTTO C 1965) Nr. 520. Zur Junktur di irati, deren Gegensatz di propitii ist, vgl. ThLL VII,2 374,72ff. ad summam, tria verba cito dicat et servum me ducat) ad surnmarn volkstümliche Ausdrucksweise ftir denique - 'kurz und gut' - vgl. Sen. dial. 8,6,5 ; epist. 3 1 ,2. Die Redensart ist schon bei Cicero belegt (vgl. etwa Cic. A tt. 14, 1 , 1). Der Ausdruck tria verba cito dicat besagt an sich nur, daß Claudius in der Lage nicht sei, drei Wörter im Zusammenhang nacheinander schnell zu äußern (vgl. mut. mutand. Sen. epist. 40,9: tria verba non polest iungere). Der Kontext, servurn rne ducat legt jedoch nahe, daß es um drei besondere Wörter geht, nämlich um die praeto rische Formel do, dico, addico, durch die der Praetor einen Sklaven seinem Besit zer zuerkennt. Vgl. Ov. fast. 1,47; Macr. 1 , 16,14. 1 1 ,4. summa rei, p.c., s i honeste ( me ) inter v o s gessi, s i nulli clarius respondi, vin dicate iniurias meas) sumrna rei muß als eine Art Interjektion verstanden werden.
Es ist kein elliptischer Ausdruck im Sinn von surnrna rei (sc. haec est, wie die Kommentatoren wollen), was syntaktisch nicht möglich ist; denn es fehlt dann eine Wiedergabe des Inhalts von sumrna rei durch eine abhängige Satzkonstruk tion. Inhaltlich läßt sich die Stelle im Kontext als Gegensatz zu c. 10,1 verstehen: 'ego ' inquit 'p. c. 'vos testes habeo, ex quo deusfactus sum, nullurn rne verburnfecisse: sernper rneum negotiurn ago' : Augustus hat sich vorher im himmlischen Senat völ lig passiv verhalten. clarius, die Lesart von S (V bietet darus, L hat durus und RHENANUS konji ziert durius) steht entweder ftir clariore voce oder ftir manifestius. Nur die erste Bedeutung kommt jedoch hier in Frage, vgl. ThLL III 1276,78ff., es sei denn, etwas ist ausgefallen. Aufjeden Fall ist der Komparativ nicht leicht verständlich.
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0. WEINREICH (1923) 144 versteht die Stelle so: "Wenn ich mich je ehrenhaft unter euch aufgeführt habe, wenn ich keinem je zu deutlich meine Meinung gesagt habe." Die Konjektur durius ist problematisch; denn das Eingeständnis des Augustus, daß er vielleicht zu laut, zu schrill (so N. W. BRUUN [ 1990] 100) oder zu unsicher geantwortet habe, spricht nur bedingt für ein solches Verhalten. Vor allem ist es eher unwahrscheinlich, daß selbst in einer fingierten Rede des Augustus eine negative Selbstaussage vorkommt. nulli muß eher so mit einem Wort verknüpft werden, daß die beiden zusammen einen positiven Begriff erge ben. Vielleicht ist dubius ('zweideutig') zu lesen, vgl. ThLL V, l 2 106,32ff., denn dann würde si nulli dubius respondi für si omnibus certa responsa dedi stehen. [Die zu erwägende Alternative wäre, die komparative Funktion von clarius dadurch zu beheben, daß luce ergänzt wird. Zur Formel luce clarius ( clare), siehe ThLL III 1 277,4l ff. und besonders E. L Ö FSTEDT e 1 956) I, 3 1 0fT. Dem sei hinzuge fügt, daß der historische Augustus eine wohlklingende Stimme hatte : pronuntia bat dulci et proprio quodam oris sono . . . (Svet. Aug. 84,4)]. iniurias meas bezieht sich auf die oben erwähnten domestica mala (vgl. S. WOLF [1 986] 95-101). =
atque ita e x tabella recitavit) Es war nicht unüblich,
den Beschlußantrag im Senat nach schriftlicher Vorlage zu verlesen, um das Protokoll zu erleichtern oder die sprachliche Formulierung des Antrags nicht dem Vorsitzenden zu überlassen (vgl. Cic. jam . 10,13, 1 ; Att. 4,3,3 und RE, Suppl. VI 7 1 3,27ff.). Vor allen Dingen entsprach dies aber der Gewohnheit des Augustus (Svet. A ug. 84,2) : ac ne peri culum memoriae adiret aut in ediscendo tempus absumeret, instituit recitare omnia.
l l ,S. quandoquidem divus Claudius occidit socerum suum Appium Silanum, gene ros duos Magnum Pompeium et L. Silanum, socemm filiae suae Crassum Fmgi, hominem tarn similem sibi quam ovo ovum, Scriboniam socmm filiae suae, uxorem suam Messalinam et ceteros quomm numems iniri non potuit, placet mihi in eum severe animadverti nec illi rerum iudicandarum vacationem dari eumque quam primum exportari et caelo intra triginta dies excedere, Olympo intra diem tertium")
Das Senatuskonsult bezieht sich ausschließlich auf Morde innerhalb der Ange hörigen, vgl. H. HORSTKüTTE (1989) 1 13-143 , bes. 1 17f. C. Appius Iunius Sila nus wurde im Jahr 42, bald nach seiner Heirat mit Domitia Lepida, der Mutter Messalinas, auf Befehl des Claudius hingerichtet. Pompeius Magnus war seit 4 1 mit Claudius' Tochter Antonia verheiratet. Zur Junktur quorum numerus iniri non potuit vgl. ThLL V, l 1 298,63ff. Die Lesart vacationem (S) gilt vielleicht zu Unrecht als unsicher u.a. des wegen, weil die Hss. V und L vocationem bieten, wie die folgenden Stellen, die nur sprachliche Parallelen sind, bestätigen: cum citarem iudices, domine, conven tum incohaturus, Flavius A rchippus vacationem petere coepit ut phi/osophus. fue runt qui dicerent non liberandum eum iudicandi necessitate, sed omnino tollendum de iudicum numero . . . (Plin. epist. 10,58, 1); ac p/erique iudicandi munus detractanti bus vix concessit (sc. A ugustus), ut singulis decuriis per vices annua vacatio esset et
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ut solitae agi Novembri ac Decembri mense res omitterentur (Svet. A ug. 32,3). Die Echtheit der Lesart vacationem wird in beiden Fällen durch den Kontext gesi chert, auch bestätigt er die Bedeutung (vgl. A. P. BALL [ 1902] 2 1 9, N. W. BRUUN [ 1986] 1 9-35, bes. 27f. und S. WOLF [ 1 986] 1 06f.). An unserer Stelle fallt auf, daß in nec illi rerum iudicandarum vacationem dari eine mögliche vacatio rerum iudicandarum schon von vornherein, d.h., ohne daß sie beantragt wird, abgelehnt wird. Es erhebt sich somit der Verdacht, daß die Voraussetzung, näm lich die mögliche Beantragung einer Befreiung von der Tätigkeit des Richters, ausgefallen ist. Man hätte demnach die folgende Textgestalt erwarten können: ... nec illi rerum iudicandarum vacationem (petenti) dari; vgl. auch Sen. dial. 5,16,4: qui (sc. Xerses) Pythio quinquefiliorum patri unius vacationem petenti ... Dabei ver hält sich dari zu petenti, wie Futurum I (nec dabitur) zu Futurum perfeeturn (si petierit). Dies wird durch die syntaktische Abhängigkeit von placet verschleiert. Zu exportari expelli vgl. ThLL V,2 1 770,1 l ff. caelo intra triginta dies excedere, 0/ympo inter diem tertium bildet eine ftir das römische Publikum leicht verständliche Analogie zu Rom und Italien, vgl. etwa Liv. 37, 1 ,6: ita infecta pace dimissi urbe eodem die, ltalia intra quindecim dies exce dere iussi. =
1 1 ,6. nec mora Cyllenius illum collo obtorto trahit ad inferos a caelo, unde negant redire quemquam) Die Verbindung nec mora ist hier zum ersten Mal in Prosa
belegt, vgl. ThLL VIII 1 47 1 ,33ff. Cyllenius ist der griechische Beiname des Got tes Hermes (interpretatio Romana = Mercurius), so benannt nach seinem Geburtsort, dem Berg Kyllene in Arkadien, vgl. ThLL onom. II 788,34ff. Zur Junktur collo obtorto trahit vgl. ThLL IX,2 291 ,75ff. unde negant redire quemquam ist ein Zitat aus Catull 3,12. Unsere Stelle ent hält eine Umkehrung: Ist es doch gewöhnlich die Unterwelt (inferi), das Reich der Toten, aus der niemand mehr zurückkehrt.
KAPITEL 12 12, 1 . Dom descendunt per viam Sacram, interrogat Mercurius quid sibi velit ille concursus hominum, num Claudii funus esset) Claudius war in den Himmel auf
gestiegen über die via Appia (vgl. c. 1 ,2), die eine Fortsetzung der via Sacra war. Bei der Rückkehr geht er teilweise denselben Weg zurück, über den viele Lei chenprozessionen prominenter Personen gezogen waren. Die via Sacra verband die östlichen Stadtteile Roms mit dem Forum, wo die laudatiofunebris ftir Clau dius stattfand. Aus descendunt geht hervor, daß die via Sacra gegen das Forum abfallt. Vgl. Cic. Att. 4,3 ,3 : cum Sacra via descenderem ; Hor. epod. 7,7 : . . . intactus aut Britannus descenderet I sacra catenatus via. Die Frage, interrogat Mercurius ('Mercurius erkundigt sich'), ist entweder an irgendeinen Vorbeigehenden, den man nur in Gedanken zu ergänzen braucht, gerichtet oder aber an Claudius. Die übliche Junktur quid sibi vult - 'Was heißt
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denn das?' - ist umgangssprachlich. Der Satz num C/audiifunus esset bereitet im Zusammenhang große syntaktische Schwierigkeiten, weil er wohl (so vermutet BRUUN [ 1990] 1 03) das einzige Beispiel für Variation der Consecutio temporum nach Praesens historicum wäre. Bei genauerem Hinschauen ist jedoch eher quid sibi velit problematisch. Man hätte wohl quid sibi vellet erwarten können. Mit impensa cura am nächsten vergleichbar ist die Junktur impensior cura (s. ThLL VII, l 54874ff. ; vgl. ferner ib. VII, 1 5 5 1 ,69). Zu efferre (sc. sepeliendi causa) vgl. ThLL V,2 32ff. Zum Begräbnis heißt es bei Svet. Claud. 4 5,2 so : (Claudius) funeratusque est sollemni principum pompa; Tac. ann. 12,69,3 bietet folgendes: . . etfuneris sollemne perinde ac divo A ugusto celebratur, aemulante Agrippina proa viae magnificentiam. et erat omnium formosissimom et impensa cora, plane ot scires deom efferri)
.
tobicinom, cornicinom, omnis generis aenatorum tanta torba, tantus concentos, ot etiam Claodios aodire posset) Zur instrumentalen Leichenmusik der Römer vgl.
G. WILLE ( 1967) 69ff., bes. 70f. : "Nach der bei Persius angegebenen Ordnung des römischen Leichenzugs ging der Tubabläser an der Spitze vor Fackelträger, Leiche und Trauergefolge. Beim Begräbnis des Kaisers Claudius läßt Seneca eine solche Masse von Blechbläsern auftreten, daß es der Kaiser noch als Toter hören kann." Die Lesart tantus concentus ist eine überzeugende Emendation von LIPSIUS. Das einmütig überlieferte conventus ist wenig sinnvoll, denn selbst eine große Versammlung von Menschen kann an sich nicht die Konsequenz haben, daß jemand etwas hört. Das kann aber laut gespielte Musik oder eine laut starke Menschenmenge, vgl. ferner ThLL IV 20,2 1ff. 12,2. omnes laeti, hilares: popolos romanos ambulabat tamqoam liber) laeti und hilares sind Synonyme. Zu tamquam /iber vgl. c. 1 , 1 : ego scio me liberum factum.
Agatho ist sonst unbe kannt. Man könnte vermuten, daß der Name eine Anspielung auf das gr. Adjek tiv ayaitöc; enthält. causidicus ist ein in der Kaiserzeit noch abschätziger Aus druck, der jedoch nicht mehr so abwertend ist, wie er es zu Zeiten Ciceros war, vgl. Cic. de or. 1 ,202 : non enim causidicum nescio quem neque clamatorem aut rabulam hoc sermone nostro conquirimus. plorabant ist die volkstümliche Variante flir das literarische flebant, vgl. E. L Ö FSTEDT e 1956) II 44f. ; siehe ferner W. D. ELCOCK ( 1960) 154.
Agatho et paoci caosidici plorabant, sed plane ex animo)
iorisconsulti e tenebris procedebant, pallidi, graciles, vix animam habentes, tam qoam qoi turn maxime revivescerent) e tenebris spielt hier an die Unterwelt, das
Reich der Toten, an, vgl. OLD 1 9 1 8 , 1 a. Zur Verbindung von pallidi, graciles vgl. Sen. epist. 27,8 : hominem aegrum, pallidum, gracilem. ex bis onos, com vidisset capita conferentes et fortonas soas deplorantes caosidicos, accedit et ait) Zu capita conferentes vgl. ThLL IV 178,75ff. jortunas steht für res
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adversas, vgl . ThLL VI, 1 1 1 77,43ff. deplorantes ist die volkstümliche Variante von deflentes, vgl. oben plorare und fiere. non semper Satumalia erunt) Die Regierungszeit und Herrschaft des Claudius, der c. 8,2 als Saturnalicius princeps charakterisiert wurde, werden mit dem Fest der Saturnalien gleichgesetzt. Zur sprichwörtlichen Ausdrucksweise vgl. Petron. 44,4 : isti maiores maxillae semper Saturnalia agunt.
( . . . ) IJ.EyiiA.
xoptx(j> nenia cantabatur anapaestis) Für einen bilin gualen Sprecher, wie es die gebildeten Römer mehr oder weniger waren (vgl. M. DUBUISSON [1981a] 27-45), enthält die Verbindung der Synonyme ingenti ... IJ.EyiiA. eine Tautologie, die unerträglich bzw. nicht erklärbar ist, weil enim dazwischen steht. Daher folgere ich, daß nach ingenti enim ein Wort im Ablativ, das den Begriff Laut/Stimme bezeichnet, ausgefallen ist, wie etwa voce, wodurch die Verbalhandlung cantabatur charakterisiert wird. Vgl. zum sachlichen Inhalt Lucr. 6,1284: namque suos sanguineos aliena rogorum I insuper extructa ingenti clamore locabant. . . ; vgl. zur grammatischen Konstruktionfrg. Non. p. 77 : pueri ... cantarent carmina antiqua ... assa voce... Siehe auch ThLL III 265,3ff. Für Junk turen wie ingens ( magnus) clamor, sonitus, vox etc. gibt es mehrere Belege, siehe ThLL VII, 1 1539,74ff. Die Lesart ingenti . . . voce würde eine weitere Anspie lung auf die Schwerhörigkeit des Claudius enthalten, vgl. c. 1 2, 1 : ... tantus con centus, ut etiam Claudius audire passet. Zu nenia vgl. Cic. leg. 2,62 : eas (sc. Iaudes) etiam cantus ad tibicinem prosequa tur, cui nomen neniae, qua vocabulo etiam apud Graecos cantus lugubres nominan tur; (Paul. Fest. p. 163) nenia est carmen, quod in funere laudandi gratia cantatur ad tibiam. Ein Beispiel dafür liefert Svet. A ug. 100,4 : . .. canentibus neniam prin cipum liberis utriusque sexus. Ob auch bei dem Begräbnis des Claudius ein Toten lied (nenia = carmen funebre) gesungen wurde, ist unbekannt, vgl. W. KIER DORF ( 1980) 96fT. ; siehe ferner G. WILLE (1967) 65fT. Einige Herausgeber klammern anapaestis aus, andere behalten es im Text.
ingenti enim
=
12,3, v. 1. 'fundite ßetus, edite planctus)
Die Verbindung funditefletus auch Sen.
Tro. 13 1 . 12. 3 , v. 3 . cecidit pulehre cordatus homo) cecidit wird gern von dem i m Kampf Gefallenen gesagt, vgl. ThLL III 23,9ff. cordatus ( prudens, sapiens, vgl. IV 949,40ff.) steht im Gegensatz zu c. 8 , 1 , wo es von Claudius heißt: nec cor . . . habet. =
12,3. v. 4. quo non alius fuit in toto I fortior orbe)
Claudius wird hier - ironisch der tapferste Mann in der ganzen Oikumene genannt, was weiter unten an seinen Kämpfen im Westen gegen Brigantier und Britannier, im Osten gegen Parther und Perser dargestellt wird. Ähnlich werden Westen und Osten einander gegen überstellt bei Prop. 2,27,5 : seu pedibus Parthos sequimur seu classe Britannos. . . Zum Begriff orbis vgl. J. VOGT ( 1 929).
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1 2,3, v. 6. ille citato vincere cursu I poterat celeris, I ille rebelies rundere Parthos)
celeris bezieht sich auf Parthos. Gedacht wird dabei an die schnelle und beweg liche Reiterei der Parther. Die Schreibweise Celeres muß abgelehnt werden, weil sich dies auf die römische Reiterei beziehen (vgl. ThLL III 750,50ff.) und an unserer Stelle gewissermaßen einen allgemeinen Oberbegriffbilden würde. Hier geht es dagegen um eine ethnische Großgruppe (Parthi gelegentlich auch Persis genannt, vgl. Plin. nat. 6,4 1 : Persarum regna, quae nunc Parthorum intelligimus, und ib. 6, 1 1 1 : ipsa Persis . . . in Parthorum iam pridem tralata nomen), deren Mobi lität und Schnelligkeit charakterisiert und stereotypisiert werden: Galt dies bei den Römern doch als ein Zeichen der Feigheit (vgl. Tac. Germ. c. 30,3 : eque strium sane virium id proprium, cito parare victoriam, cito cedere: velocitas iuxta formidinem, cunctatio propior constantiae est). Ich vermute aus dem Kontext, daß das einhellig überlieferte rebelies in imbelles zu ändern ist. Es geht hier um das nach römischem Dafürhalten feige Benehmen der Reiterei der Parther (s.o.). Die Stelle enthält eine - für heutige Begriffe - sehr bösartige Anspielung auf Claudius' wegen seiner labilen Kniegelenke (vgl. Svet. Claud. 30) fehlende Agili tät (vgl. c. 1 ,2 etc.). Er ist tardipes. Zur Junktur citatus cursus vgl. ThLL II 1201 ,75ff. Das Adjektiv rebellis ist seit Verg. A en. 6,858 belegt. Die Verbindung rebelies Parthi nur an dieser Stelle. 12,3, v. S. levibusque sequi I Persida telis) Auf der analytischen Ebene besagt
levi bus ... telis lediglich, daß Claudius mit seiner leichten Angriffswaffe nur wenig Schaden anrichtet, vgl. unten vulnere parvo. Da sich dies aber auf der interpreta torischen Stufe als eine erotische bzw. obszöne Bemerkung liest, ist klar, daß auch die arma levia des Claudius so zu verstehen sind: Sie taugen wegen ihrer Kleinheit im Grunde nicht viel, vgl. Liv. 28,33,5 : missis levibus telis quae inritare magis quam decernere pugnam poterant (diese Stelle ist konkret zu verstehen). Persis ftir Persae bei Seneca nur an dieser Stelle. 12,3. v. 9. certaque manu tendere nervum, I qui praecipites vulnere parvo I tigeret hostes) Die Stelle ist gezielt zweideutig. Anscheinend handelt sie nur von der
Verfolgung und Tötung von Feinden, die rasch fliehen (praecipites fugientes tergum dantes), gleichzeitig sind die Begriffe alle als sexuelle Metaphern zu ver stehen. So ist certaque manu tendere nervum konkret als das Spannen des Bogens durch den Bogenschützen zu deuten (vgl. Ov. amor. 3 , 1 0,26: figentem certa terga ferina manu, und ThLL 111 924, 1 8ff.), im übertragenen Sinne steht nervum tendere ftir sexuelle Potenz, Erektion, vgl. Priap. 68,33 : nemo meo melius nervum tendebat Ulixe (vgl. J. N. ADAMS [ 1 982] 2 1 , 25, 38). Vgl. noch Hor. epod. 8 , 1 7 ; Priap. 8 1,2 : huc ades et nervis, tente Priape, fave; ib. 83,40. Die Junktur nervos tendere im kon kreten Sinn auch Lucan 6,755. certaque manu tendere nervum spielt demnach wahrscheinlich auf Masturbation an (zu manus siehe J. N. ADAMS [ 1982] 209). Vgl. Petron. 13 1 : ... admotisque manibus temptare coepit inguinum vires. dicto citius nervi paruerunt imperio manusque aniculae ingenti motu repleverunt. Zu nervi in der konkreten Bedeutung penis vgl. Ov. amor. 3,7,3 5 ; certa manus bildet dem=
=
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nach einen Gegensatz zu Claudius' sonst unsicheren und unkontrollierten Handbewegungen (vgl. c. 6,2 : solutae manus). Auch vulnere parvo figeret hostes steht für heutige Begriffe sensu obsceno da, wie die folgende Parallele bezeugt: L. Habonius sauciat irrumat Caesum Felic(e)m (vgl. J. N. ADAMS [ 1 982] 138 und 1 52). Zur Metonymie von vulnus vgl. Verg. A en. 4, 1 : at regina gravi iam dudum saucia cura vulnus a/it... Zufigere in metaphorischer Verwendung vgl. ThLL VI, 1 7 1 5 ,55ff. Die Stelle spielt darauf an, daß die Völker des Orients wegen des üppi gen Lebens und des ausgeglichenen Klimas generell als feige (imbelles) galten, vgl. I. BORZSAK (1971) 4 1 -55. 12,3. v. 1 2 . pictaque Medi terga fugacis) Die Bedeutung von picta ... terga läßt sich nicht eindeutig festlegen : Entweder steht picta terga für 'gefärbte Rücken' oder aber für 'tätowierte Rücken' : pingere bezieht sich entweder auf Körperbemalung oder auf Tätowierung (vgl. R. ZIMMERMANNIK. ZIMMERMANN [1981] 324330 und F. B. PYATT et alii [1991] 61-73, bes. 66ff. (Aber aufgar keinen Fall steht picta nach Ausweis des Thesauruszettelmaterials für bunte bzw. gefärbte Klei der, wie einige Kommentatoren meinen. Dies verbietet auch schon der Jägeraus druck tigeret ... terga, vgl. Ov. amor. 3 , 1 0,26. Siehe vor allem die metonymische Verwendung von tergum 'Haut' [der Frucht] Colum. 10, v. 1 8 : . . picto quoque Lydia tergo). Bei des, das Bemalen und vor allem die Tätowierung des Körpers, galt bei den antiken Römern und Hellenen als typisch barbarisch. Das Adjektiv fugax scheint nicht eindeutig zu sein. Zum einen kann es eine vorgetäuschte Flucht bezeichnen (vgl. ThLL VI, 1 1473 ,49ff.), zum anderen kann es, wie es wohl hier der Fall ist, für homo imbe/lis ('Schlappschwanz') stehen (vgl . ThLL ib. 36ff.), wie oben praecipites eine Umschreibung für tergum dare a/icui ist. Medi ... fugacis bezeichnet die Schnelligkeit der Meder (vgl. ThLL VI, 1 1474,6 1ff.). .
1 2,3, v. 13. ille Britannos ultra noti I litora ponti I et caeruleos scuta Brigantas I dare Romuleis colla catenis I iussit) Zur Vorstellung von den Britanniern als Rand
völkern, die außerhalb des Erdkreises leben, vgl. etwa Catull. 1 1 , 1 0 : . . . Caesaris visens monimenta magni, I Gal/icum Rhenum horribi/e aequor ulti- I mosque Britannos ... ; Verg. ecl. 1,66 : ... et penitus toto divisos orbe Britannos; Hor. carm. 1 ,35,29 : . . . Caesarem in ultimos I orbis Britannos . ; Flor. epit. 3, 10,2 : . . toto orbe divisi ... Britanni. IUNIUS schlug vor, das einmütig überlieferte caeruleos scuta Brigantas in caeruleos cute Brigantas zu ändern, was tatsächlich einiges für sich hat, vgl. Mart. 1 1 ,53 , 1 : C/audia caeru/eis ... Rufina Britannis edita; siehe auch ThLL III 1 05,58ff. In beiden Fällen bezieht sich caeruleos jedoch nicht auf die Hautfarbe, steht demnach etwa für pictos. Während der ethnische Oberbegriff Britanni seit Catulls Zeit bekannt ist (s.o.), kommt der Name Brigantes zuerst hier vor, vgl. ferner Iuv. 5, 14, 196; Tac. Agr. 17,1 und 3 1 ,4 ; ann. 12,32, 1 ; ib. 12,36, 1 ; ib. 12,40,2 ; hist. 3,45, 1 . Die persön liche Teilnahme des Claudius an der Invasion Britanniens war eher beschränkt, blieb er doch nur insgesamt 16 Tage in Britannien und eroberte, wie Sueton iro nisch bemerkt, einen Teil des Landes, ohne Blut zu vergießen und bekam dafür . .
.
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als erster Kaiser seit langer Zeit einen Triumph zugesprochen: . . sine ullo proelio aut sanguine intra paucissimos dies parte insulae in deditionem recepta, sexto quam profectus erat mense Romam rediit triumphavitque maximo apparatu. Bei Tac. Agr. c. 1 3,3 heißt es so : divus Claudius auctor totius [codd. auctoritate} operis, transvec tis legionibus auxiliisque et adsumpto in partem rerum Vespasiano, quod initium venturae moxfortunaefuit: domitae gentes, capti reges et monstratusfatis Vespasia nus. Siehe weiter S. FRERE e 1 987) 48ff., P. SALWAY e 1984) und A. MOMI GLIANO ( 1 934) 54ff. .
12,3, v. 1 6 . dare Romuleis colla catenis) Romuleis ... catenis steht für das übliche Romanis vinculis. Das poetische Adjektiv Romuleus ist belegt seit Ov. met. 14,845 (siehe jedoch Liv. 10,17,6; ib. 10,17,7; ib. 10,17, 1 1). Zu dare colla catenis vgl. ThLL III 1 660,6 1ff., vgl. auch c. 1 1,6: obtorto collo. 12,3, v. 17 iussit et ipsum nova Romanae I iura securis tremere Oceanum) Sueton ( Claud. 17,3) schreibt über den britannischen Triumph des Claudius: inter hosti lia spolia navalem coronamfastigio Palatinae domus . . .fixit, traiecti et quasi domiti Oceani insigne. securis symbolisiert bei den Römern Macht und Autorität, vgl. Cic. Flac. 1 9 : eos quibus odio sunt nostrae secures; Caes. Gall. 7,77, 16: finitimam Galliae, quae ... securibus subiecta perpetua premitur servitute; unserer Stelle am nächsten vergleichbar ist Hor. carm. saec. 54 (Medus) A lbanas . . . timet securis. Die Junktur timere iura auch Mart. 8,55,7. 12,3, v. 20. potuit citius discere causas)
Vgl. c. 10,4 : antequam ... cognosceres . . .
audires. 12,3, v. 22 quis nunc iudex toto lites I audiet anno ?) Vgl. c. 7,4 : totis diebus mense /ulio. Zur Verbindung lites audire vgl. ThLL VII,2 1497,19ff. 13,3, v. 25. qui dat populo iura silenti I Cretaea tenens oppida centum) Die Stelle enthält eine Umschreibung von Minos, der zusammen mit Aeacus und Rhada manthys als Richter im Reich der Toten galt (populo silenti ist ein Euphemismus für apud inferos), berühmt für seine Gerechtigkeit, vgl. c. 1 4,2 : A eacus, homo iustissimus, vgl. ferner Serv. Aen. 6,566: Rhadamanthus Minos A eacusfilii Iovis et Europaefuerunt: qui posteafacti sunt apud inferos iudices; Ov. met. 13,25 : Aeacus ... iura silentibus reddit; zu iura dare vgl. ThLL VII,2 697,40ff. Die Verbindung oppida cen tum steht für das gr. exa-rÖ!JnoA.tc; (vgl. /Iias 2, 649 und Strab. 8,4, 1 1) das sich auf Kreta, die Heimat des Minos, bezieht. Vgl . ThLL III 826,55ff. 12,3, v. 27. caedite maestis pectora palmis I o causidici, venale genus) Zu causidici vgl. c. 12,2 : causidici plorabant. caedere pectora ist ein Zeichen der Trauer, vgl. ThLL III 59,84ff. und ib. X,1 91 4,47ff. 1 2,3, v. 29. vosque poetae lugete novi) Worauf diese Bemerkung anspielt,
kannt.
ist unbe
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vosque in primis qui concusso I magna parastis lucra fritillo)
Die Bemerkung
bezieht sich auf alle aleatores. Zu fritillus vgl. c. 1 5 , 1 .
KAPITEL 1 3 1 3 , 1 . Delectabatur Iandibos suis Claudius e t cupiebat diutius spectare) laudibus steht für laudibusfunebribus, vgl. ThLL VII,2 1 063, 72fT. Claudius gefällt es offen sichtlich, als Augenzeuge (spectare spectatorem esse) seiner eigenen Iaudatio beizuwohnen. =
inicit illi manum Talthybius deorum, nuntius ( . . ) , et trahit capite obvoluto, ne quis eum possit agnoscere, per campum Martium, et inter Tiberim et viam Teetarn descendit ad inferos) inicere manum alicui ist ein Terminus technicus für den .
Begriff 'festnehmen', vgl. ThLL VIII 360,32ff. und ib. VII,1 1 6 1 3,80ff., steht hier aber wohl eher für das volkstümliche 'am Kragen packen' (vgl. Petron. 1 1 5,5). Die Lesart nuntius ist nach dem Dafürhalten vieler Herausgeber eine spätere Ergänzung, weswegen das Wort gern ausgeklammert wird; denn, so argumen tiert man, der 'Talthybius' der Götter im allgemeinen und des Jupiter im beson deren war Mercurius (vgl. Hor. carm. 1 , 1 0,5 : [vorhergeht Mercuri] nuntius lovis et deorum ; Plaut. Stich. 274: Mercurius lovis qui nuntius perhibetur; zur metony mischen Ausdrucksweise vgl. ferner Ov. ars 1 ,8 : Tiphys et A utomedon dicar Amoris ego). Die Erklärung ist zweifellos teilweise korrekt. Bei der Ausklamme rung von nuntius, die methodisch einen größeren Eingriff in den Text darstellt als die Annahme einer Lücke, fehlt aber ein Bezugswort, eine appositive Ergän zung, die genauer angibt, wer mit Talthybius deorum gemeint ist, oder besser, in welcher Rolle er da ist. Geht es doch um eine metonymische Verwendung, die nur an unserer Stelle belegt ist. Sie dürfte deshalb kaum geläufig gewesen sein. Ich habe demnach den Text so gestaltet: . . . Talthybius deorum, nuntius ( . . . ) , . . . Wahrscheinlich ist, daß die appositive Ergänzung etwas über Mercurius als Boten hat aussagen sollen. Aus dem Text geht weiter unten hervor, daß es sich um eine Freudenbot schaft handelt, obwohl Mercurius den Tod verkündet. Die Ergänzung mortis scheint deshalb weniger wahrscheinlich als etwa laetitiae bzw. gaudiilgaudiorum oder vielmehr laetus (vgl. OLD 1206, 3a; ThLL VI, 1 17 14,83 ; ib. VII,2 887,56). Aber auch bonus kommt in Betracht (vgl. Resch. 6677: EutiyyeA.oc; 6 'Ep�fjc;), obwohl die Junktur bonus nuntius nur im Sinne von 'gute Nachricht' (vgl. Plaut. Amph. 8; Cic. A tt. 3 , 1 1 , 1 ; Sen. Apoc. 1,3) überliefert ist. [Zur zynischen Denk weise vgl. etwa Sall. Catil. 5 1 ,34: quibus Damasippi mors laetitiae fuerat]. Zur Verbindung capite obvoluto vgl. ThLL IX,2 326,73ff. Die Entführung des Claudius mit verhülltem Kopf über das Marsfeld und nachher über die via Tecta ist konkret zu verstehen : Sie bietet die Erklärung dafür, daß die Menschen (vgl. ne quis [sc. mortalium] eum possit agnoscere) von der Katabasis des Claudius in
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die Unterwelt (ad inferos) nichts wußten, sondern bei der falschen Überzeugung blieben, er sei unter die Götter aufgenommen (ad deos isse). Diese Deutung baut auf dem literarischen Universum der Apocolocyntosis auf, in dem es um die Fik tion einer vera historia, die Enthüllung des descensus ad inferos des Claudius geht (vgl. c. 1), die eine wahre Freudenbotschaft darstellt. Die via Tecta, vielleicht eine Arkade, wird auch Mart. 3,5,5 und 8,75,2 erwähnt. Zur Stelle bemerkt C. F. RUSSO (6 1985) 1 16 u.a. folgendes : "Probabil mente la via Tecta va identificata con la via ehe dai portici di Ottavia portava alla fine delle Porticus Maximae), ci doveva essere un passaggio per discendere agli inferi, il cosidetto Tarenturn o Terentum, e ci6 perehe il terreno in quel sito emet teva fumo senza ehe si vedesse fiamma (cf. Val. Max. 2,4,5). Ed ivi era eretta l'ara Ditis patris et Proserpinae e li si celebravano i Iudi saeculares Tarentini (cf. Fest. p. 420 [440] L.: . . . quodpopulus Romanus in !(oco eo antea sacrafecerat et) aram quo que Diti ac (Proserpinae consecraverat, in) extremo Martio campo qui /ocus Taren turn appellatur), dei quali Claudio era stato restauratore (cf. Suet. 2 1)." 13,2. antecesserat iam compendiaria Narcissus libertus ad patronum excipiendum)
antecesserat enthält eine euphemistische Anspielung auf den frühzeitigen Tod des Narcissus, vgl. ThLL II 1 4 1 ,8 1 ff., wie unten c. 13,5 : quos Claudius omnes ... praemiserat. compendiaria (sc. via, vgl . ThLL III 2036, 13ff.) steht konkret für tramite, bringt aber vielleicht eine weitere Anspielung auf den frühzeitigen Tod des Narcissus (was man gewöhnlich durch via brevior mortis ausdrückte). Ist die Stelle konkret zu deuten, bezieht sich der 'Abkürzungsweg' wahrscheinlich auf den Umstand, daß Narcissus erst nach dem Tod des Claudius hingerichtet (vgl. Tac. ann. 1 3 , 1 ,3), jedoch vor diesem begraben wurde: Er hat ja nicht den unnö tigen Umweg über den Himmel mitgemacht. Ist der Ausdruck abstrakt zu verste hen, besagt er lediglich, daß Narcissus eines frühzeitigen Todes gestorben ist. Zum Tode des Narcissus vgl. Tac. ann. 1 3 , 1 ,3 ; siehe ferner RE XVI 170 1 , 1 9ff. ut ist kausal (vgl. A. SZANTYR [ 1965] 635). Der historische Narcissus wurde unmittelbar nach dem Tode des Claudius getötet, während er zur Kur in Sinuessa war, wo er in den Thermen (darauf bezieht sich a balineo) seine Fußgicht (vgl. c. 13,3 : podagricus) behandeln ließ. venienti nitidus, ut erat a balineo, occurrit)
Der Ausdruck steht konkret mit Bezug auf das Gelände und den Abstieg in die Unterwelt (vgl. Verg. Aen. 6, 126 : jacilis Averno descensus), hat jedoch gleichzeitig im übertragenen Sinne sprichwört lichen Charakter, wie aus omnia sowie aus dem generellen Praesens hervorgeht, vgl. mutatis mutandis: facilis enim in proclivi vitiarum decursus est (Sen. dial. 4, 1 , 1).
omnia proclivia sunt, facile descenditur)
sc. veniunt, i.q. cur immortales ad mortales veniunt? Wie derum eine Anspielung auf ein Sprichwort: -ri �EOi 1tpöc; 6:v�p6mouc; (Suidas S 63 p. 3 16,30 A). Die Anwesenheit eines Gottes in der Unterwelt ist - abgesehen
quid d i a d homines?)
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natürlich von Mercurius wuxo1to�1tö<; - überraschend : Handelt es sich doch um ein Phänomen der verkehrten Welt (vgl. J. KROLL [ 1 932] 382ff.). 'celerius (praecurre) ' inquit Mercurius 'et venire nos nuntia') Der Komparativ celerius steht hier für den Positiv ce/eriter, vgl. ThLL III 753,38ff. (Ähnlich wird citius cito c. 7, 1 gebraucht). Nach celerius gibt es, wie ich vermute, eine Lücke in der Überlieferung (oder aber die Lesart et der Handschriften SVL ist eine falsche Ergänzung alten Datums, was weniger wahrscheinlich ist). Der Satz et venire nos nuntia setzt einen parataktischen Hauptsatz voraus, wie et und die Wortstellung venire nos nuntia zeigen. Dabei kann man sich als Herausgeber schwerlich damit begnügen, einen Imperativ wie etwafac oder age, der lediglich den Begriff der Handlung/Bewegung ausdrückt, und schon gar nicht spezifi schere Imperative von Verba agendi bzw. movendi wie abi, curre, festina oder propera in Gedanken zu ergänzen, zumal L die Lesart i bietet. Der Konstruktions typ i et nuntia ist ja in der Volkssprache geläufig, vgl. A. SZANTYR (1965) 783f. Nun steht aber nuntiare nicht parallel dazu und ist auch kein Verbum agendi bzw. movendi (vgl. ThLL III 753ff.). Es fehlt demnach ein zum Imperativ nuntia syntaktisch parallel fungierendes Verb : celerius (inquit) et nuntia -. Dies muß nicht nur eine Aktion ausdrücken, aus der man den Begriff der geschwinden Handlung/Bewegung ergänzen kann, sondern auch inhaltlich die Vorausset zung für nuntia bringen, d.h. es muß semantisch irgendwie den Begriff der Vor zeitigkeit im Verhältnis zu venire nos nuntia beinhalten, geht es doch um zwei parataktische Hauptsätze, die in der gehobenen Sprache gewöhnlich durch Hypotaxe realisiert werden. Aus venire nos nuntia ("verkündige, daß wir gleich kommen/schon unterwegs sind", vgl. c. 13,3 : 'C/audius ' inquit 'veniet ') geht her vor, daß das gesuchte Verb mit dem Praefix prae- anfangen muß : Die anderen kommen ja nach. [Sonst wäre die einfachste Lösung, ce/erius durch accelera zu ersetzen, vgl. Sen. epist. 32,3 : adcelera et evade]. Aus der Fortsetzung: dicto citius Narcissus evolat, läßt sich weiter entnehmen, daß es auch rasende Schnelligkeit ausdrücken muß. Die Editio princeps und RHENANUS lesen celerius praecedito, eine zwar inhaltlich, jedoch nicht morphosyntaktisch (sc. fut. lmp.) und lexika lisch befriedigende Konjektur. Diese Ergänzung wird nur zum Teil lexikogra phisch durch die folgende Stelle unterstützt: . . . ut ante populus Romanus vicisse se quam bellare cognosceret nuntiosque pericu/i victoriae praecederet nuntius! (Vell. 2, 129,3). Dem Verb praecedere fehlt der Begriff der rasanten Eile. Zum Inhalt sei beiläufig hinzugefügt, daß der unmittelbare Kontext eine gewisse religiöse Freude ankündigt/verkündigt, ist es doch anscheinend ein echtes euayyeA.1ov bonus nuntius (vgl. c. 13,4, wo Claudius wie der wiedergefundene Osiris empfan gen wird), obwohl es ein nuntius mortis [sc. Claudii] ist (vgl. c. 1 3 , 1 ) . [Vor allem gibt es inhaltlich einen deutlichen Gegensatz zu c. 1 ,3 : nam ex quo in senatu iura vit se Drusillam vidisse caelum aseendentern - et illi pro tam bono nuntio nemo credidit... , wenn man bereit ist dort Drusillam durch C/audium zu ersetzen] . An unserer Stelle wird die verkehrte Welt in zweifachem, d.h. in konkretem und übertragenem Sinne dargestellt: Einmal spielt sich alles in der Unterwelt ab, =
=
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zum anderen geht es um Schadenfreude. Man vergleiche dazu mutatis mutandis die folgenden Stellen : morte eius ita laetatus est populus, ut ad primum nuntium discurrentes 'Tiberium in Tiberim ! ' clamitarent (Svet. Tib. 75, 1); decem horis noc turnis sex et quinquaginta milia passuum cisiis pervolavit ... , ut exoptatum inimico nuntium primus adjerret (Cic. Rose. 19). Schon aus sprachlichen Gründen ist wahrscheinlich, daß praecurre (nicht praecedito oder, was morphosyntaktisch besser zum Kontext passen würde, praecede) zu ergänzen ist: Geht es doch um einen Eilboten. Zu evo/are vgl. ThLL V,2 1 065,67ff. Man vergleiche ferner die folgenden inhaltlich vergleichbaren Stellen: (Plaut. Stich. 392) ego huc citus prae cucurri, ut nuntiarem nuntium exoptabilem ; (Ter. Hec. 368) postquam me aspexere ancillae advenisse, ilico omnes simul I laetae exclamant "venit" ... una i/larum inte rea propere praecucurrit nuntians I me venisse.. . . ; (Liv. 40,7, 7) praecucurrit index ad Persea . . . nuntians ... quattuor adulescentes venire; vgl. noch ThLL X,2 5 1 6,66ff. et ib. 5 19,3 1f. u. 35f., wo es um spätere Belege religiösen Inhalts geht. Vgl. auch Amm. 1 5 , 1 ,2 : (Apodemius) equorum permutatione veloci ... percursorius index (sc. mortis Gal/i) Mediolanum advenit. [Dem sei hinzugefügt, daß praecurrere als Passiv für praemittere fungiert, vgl. Cic. C/uent. 2 1 : interim venit index ad Dinaeam . . . , qui nuntiaret ei filium eius M. A urium vivere; Liv. 23,7,8 : praemisso nuntio . . . postero die se Capuae futurum ; ib. 39,49,6 : pars nuntios Messenen praemittunt, debellatum esse; Curt. 6,5,25 : praemisit indicantes venisse reginam; vgl. ferner ThLL X,2 706,72ff.]. 13,3. dicto citius Narcissus evolat) Zur Verbindung dicto citius, die sich seit Verg. A en. 1 , 1 42 findet, vgl. ThLL III 12 1 1 ,37ff. und ib. V, l 995,52ff. Zur Verwendung des Ablativus comparationis in ähnlichen festen Redensarten vgl. E. L Ö F STEDT e 1 956) I 304fT. evolat betont die rasante Geschwindigkeit, vgl. ThLL V,2 1 065,67ff. itaque quamvis podagricus esset, momento temporis pervenit ad ianuam Ditis, ubi iacebat Cerberus vel, ut ait Horatius, belua centiceps) podagricus ist seit Vitr. 8,3,5
bei einzelnen Autoren belegt. Zu momento temporis vgl. ThLL VIII 1395, 1 lff. Zu belua centiceps, d.h. 'Ungeheuer' ( monstrum), vgl. Hor. carm. 2,13,34. Zur Verbindung ianua Ditis vgl. Verg. A en. 6, 126f. : .. .jaci/is descensus Averno; I noctes atque dies patet atri ianua Ditis. =
pusillum perturbatur (subalbam canem in deliciis habere adsueverat), ut illum vidit canem nigrum, villosum) Zu pusillum vgl. c. 3,3. Zur Bedeutung des Farbenadjek
tivs subalbus, das nur hier und Varro r.r. 1 ,9,5 belegt ist, vgl. J. ANDRE ( 1949) 226f. Zu deliciae, von Tieren gesagt, vgl. ThLL V, 1 448,37ff., wo auch Belege für die Junktur in deliciis habere zusammengestellt sind. illum . . . canem nigrum villosum bezieht sich auf Cerberus. Die Verbindung villosus canis, von Cer berus gebraucht, findet sich schon Enn. scaen. 415, siehe ferner ThLL III 257, 12ff.
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Kommentar
Zum Gedanken vgl. Iuv. 5,53 : nigri ... Mauri I et cui per mediam nolis occurrere noctem. in tenebris steht zwar mit Bezug auf Dunkelheit im allgemeinen, enhält jedoch zugleich eine witzige Anspielung auf die Unterwelt (Tenebrae), vgl. Plaut. Pseud. 90; Catull 3 , 1 3 ; Lucr. 1 , 1 1 5 ; Hor. carm. 4,7,25 ; Prop. 4,9,9 1 . sane non quem velis tibi in tenebris occurrere)
Die Verbindung cum plausu, die hier, um plaudentes zu vermeiden, steht, noch Cic. Phi/. 2,85 ; Ov. met. 4,735; Liv. 45, 1 , 1 0 ; Petron. 92 ; Plin. nat. 10,193 . Nach G . WILLE ( 1 967) 1 3 9 ist der 'pompöse Freudenchor', der Claudius in der Unterwelt empfängt, eine Karikatur üblicher Begrüßungslieder. Das grie chische Zitat wird als ein Gruß gedeutet, der in der ägyptischen Religion wäh rend der lsisfeier (lsia) vom 28. Oktober bis 1. November bei der Wiederauffin dung des Gottes Osiris üblich war, wobei allerdings der an unserer Stelle überlie ferte Konjunktiv nicht vorkam, vgl. Athenag. supplicat. 22 : [sie nennen] 'ti')v IJ.EV 13,4. cum plausu procedunt cantantes: eupfp(( X IJ.ev ouyxaipo!J.ev)
'tOÜ cri'tOU 01to p&v "Omptv · ÖiJev q>acrtv, IJ.UO'tlXWc;, e1ti 'tij aveu pecre1 'tWV j.Lf:ÄWV i\ 'tWV xap1tWV emÄexiJfjvat 'tij "lcrtÖ1 eupf]Xtxj.Lf:V crunaipOIJ.f:V. Vgl. ferner Schot. Iuv.
8,29 und Firm. err. 2,9. (Siehe auch RE IX 2 1 29). Ich habe deswegen mit BÜCHE LER den Konjunktiv in den Indikativ geändert: Der Osirisgruß dürfte allgemein bekannt gewesen sein, wie die Anspielung darauf luv. 8,29 zeigt: exclamare libet, populus quod clamat Osiri I invento. Hinzu kommt, daß das Zitat in einem sonst religiösen Kontext steht. hic erat C. Silius consul designatus, luncus praetorius, Sex. Traulus, M. Helvius, Trogus, Cotta, Vettius Valens, Fabius eq ( uit ) es R., quos Narcissus duci iusserat)
Die hier aufgelisteten römischen equites waren fast alle ehemalige Liebhaber und Komplizen der Messalina. Nach dem Tod der Messalina im Jahr 48 ließ sie Narcissus umbringen. Zu C. Silius vgl. RE III A 69,54ff. und H. HORSTKüTTE (1989) 129f. Er war wahrscheinlich für Ende 48 als Konsul vorgesehen, daher bei seinem Tode (noch) consul designatus. Zu seiner Ehe mit Messalina und der Hin richtung durch Narcissus siehe Tac. ann. 1 1 ,26-35. Zur Hinrichtung der Sena toren Iuncus Vergilianus (vgl. RE X 955, 1 7ff.), Saufeius Trogus (vgl. RE II A 257,5 1 ff.) und Vettius Valens (vgl. RE VIII A 1869,22ff.) siehe Tac. ann. 1 1 ,35,3, zu Sextus Traulus Montanus (vgl. RE VI A 2232,7ff.) Tac. ann. 1 1 ,36,3 . Von M. Helvius, Cotta und Fabius sind nur die Namen, und zwar nur an dieser Stelle, überliefert. Zu duci iusserat (sc. in mortem) vgl. c. 6,2 : duci iubebat. medius erat in hac cantantium turba Mnester pantomimus, quem Claudius decoris causa minorem fecerat, et Messalina[m)) Mnester war ein berühmter Pantomime
("Ballettänzer"), Liebhaber u.a. von Caligula und Messalina, vgl. Svet. Ca/. 36, 1 : Mnesterum pantomimum . . . dilexissefertur (sc. Caligula) commercio mutui stupri. Claudius ließ ihn auf Anstiften von seinen Freigelassenen umbringen (vgl. Tac. ann. 1 1 ,36,1-2). Vgl. ferner Svet. Ca/. 55,1 und ib. 57,4; Cass. Dio 60,22,3-5 und RE XV 2284,26ff.
Kommentar
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Das überlieferte ad Messalinam habe ich in et Messalina geändert, was paläo graphisch eine winzige Korrektur bedeutet. Die Herausgeber interpungieren die Stelle sehr unterschiedlich, um die Überlieferung zu bewahren. Während die meisten jüngeren den Text so gestalten (A) : . . . quem C/audius decoris causa mino rem fecerat. ad Messalinam - cito rumor percrebuit C/audium venisse - convolant etc., was syntaktisch möglich ist, haben sich andere mit der folgenden Ergänzung versucht (B) : . . . quem C/audius decoris causa minorem fecerat. ( nec non ) ad Mes salinam cito rumor percrebuit C/audium venisse, convolant etc. Andere wiederum lesen (C) : . . . quem Claudius decoris causa minorem fecerat ad Messalinam. cito rumor percrebuit C/audium venisse, convolant etc., was Verständnis für den Kon text zeigt, obwohl ad im Sinn von 'in Vergleich mit' (wie es P. T. EDEN [ 1984] 140 verstehen will) nach vorhergehendem Komparativ kaum möglich ist (vgl. R. KÜHNER/C. STEGMANN [6 1982] I, 522f). Man hätte dann eher a (sc. Messa lina), das nach dem Komparativ minor aber erst spät belegt ist (vgl. ThLL X,1 84ff.), erwarten können. Obwohl sich syntaktisch nicht nachweisen läßt, daß ein Überlieferungsfehler vorliegt, habe ich die Stelle per coniecturam so hergestellt, um dem unmittelbaren Kontext gerecht zu werden: medius erat in hac cantan tium turba Mnester pantomimus, quem Claudius decoris causa minorem fecerat, et Messalina. cito rumor percrebuit C/audium venisse, convolant etc. Diese Text gestaltung hat zur Voraussetzung, daß das (ehemalige) Liebespaar Mnester und Messalina (vgl. Tac. ann. 1 1 ,36, 1 : Mnester ... damitans . . . reminisceretur vocis, qua se obnoxium iussis Messalinae dedisset) für römische Begriffe unterschiedlich groß waren, was durch den (Schönheits)-Eingriff von Claudius korrigiert wurde (vgl. P. T. EDEN [ 1984] 1 40). (decoris causa ist eine Metapher der Rhetorik, vgl. ThLL V, l 209,26ff.). Da uns über die Körpergröße der beiden nichts bekannt ist, bleibt dies eine letztendlich nicht nachweisbare Vermutung. Die Korrektur wird jedoch inhaltlich dadurch unterstützt, daß Messalina wie Mnester natürlich zum vornehmen Empfangskomitee der equites gehören, das aus (ausgewählten) Hin gerichteten besteht, "deren Verurteilung vor allem auf den Einfluß des N arcissus zurückging" (vgl. H. HORSTKüTTE [ 1989] 1 3 1). Messalina ist natürlich Mit glied dieser Gruppe; denn die verbreitetste Textgestaltung (A) leidet (wie auch B) daran, daß sie "dissociates Messalina from the preceding group of victims, with all the identifiable members ofwhich she bad known connections, and asso ciates her with the following group, with most of whose identifiable members she bad none" (P. T. EDEN [ 1984] 141). Dieser Gruppe folgen die liberti, dann kommen die praefecti, danach die amici und schließlich die consanguinei. 13,5. cito rumor percrebuit Claudium venisse, convolant primi omnium liberti Poly bius, Myron, Arpocras, Ampheus, +pheronaotus+. quos Claudius omnes, necubi imparatus esset, praemiserat) Die parataktischen Sätze cito rumor percrebuit Clau
dium venisse, convolant etc. stehen im Sinn von ut prim um fama vulgavit C/au dium venisse, convo/ant etc. Der Freigelassene Polybius (vgl. RE XXI 1 579,5ff.) leitete ein Hofarchiv für Rechtsfragen und befaßte sich mit Bittschriften, die an den Kaiser gerichtet wur-
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den. Zu Arpocras (vgl. RE VII 24 10,1ff.) berichtet Svet. Claud. 28,1 auch folgen des: et Harpocran, cui lectica per urbem vehendi spectaculaque publice edendi ius tribuit, was für einen Freigelassenen sehr ungewöhnlich war (vgl. H. HORST KüTTE [ 1989] 1 3 1 f.). Ibidem heißt es auch von Polybius (vgl. RE XXI 1 579,5ff.) : saepe inter duos consules ambulabat, was eine Umkehrung der normalen Rang ordnung war (vgl. H. HORSTKüTTE [op. cit., ib.]). Von Myron ist nichts bekannt. In dem verderbten pherona otus (S), pheronattus (V), Pheronatius (L) braucht kein Name zu stecken, obwohl die Konjekturen zur Stelle gewöhnlich davon ausgehen: Pheron, Auctus konjizierte HERAEUS, Pheron, Aotus MARIOTTI. Der letzte Teil könnte das Perf. Part. auctus sein, das in den Hss. öfters mit nactus verwechselt wird. Dies bringt uns aber nicht weiter, solange uns die letzt genannte Person Ampheus unbekannt bleibt. Zum finalen necubi + Konj., das seit Varro r.r. 1,45,2 in Prosa belegt ist, vgl. A. SZANTYR (1965) 65 1 . Zum Sinn von necubi imparatus esset vgl. c. 3,4: nec illum incomitatum dimittam. necubi imparatus esset fungiert stilistisch als negativer Finalsatz für den positiven qui omnia (sc. Claudio) quoquo loco pararent, praemi serat, der sich nicht negieren läßt, vgl. J. MAURAIS ( 1 980) 232, was auf die Tie fenstruktur zurückzuführen ist. deinde praefecti duo Iustus Catonius et Rufrius Pollio) Den Catonius lustus, der 43 n.Chr. praejectus praetorio war, ließ Messalina umbringen (Cass. Dio 60, 1 8,3 , vgl. RE III 1794,32ff. und H. HORSTKüTTE [ 1989] 132f.). Rufrius Pollio - der Name wurde von REIMAR nach Cass. Dio 60,23,2 aus dem überlieferten pomjilius (S) hergestellt - war schon 41 n.Chr. Präfekt der kaiserlichen Garde und begleitete Kaiser Claudius auf dessen Feldzug nach Britannien. Über das Jahr seiner Hin richtung ist nichts bekannt (vgl. RE I A 1202,27ff. und H. HORSTKüTTE [ 1989] 132f.). deinde amici Saturninus Lusius et Pedo Pompeius e t Lupus e t Celer Asinius consu lares) "Über (Q. Futius) Lusius Saturninus, Suffektkonsul i.J. 40 oder 4 1 , und
(Cornelius) Lupus, cos. suff. 42, ist sonst nur bekannt, daß sie i.J. 58 im Prozeß gegen Suillius als dessen Opfer hingestellt wurden" (H. HORSTKüTTE [ 1989] 133). Vgl. Tac. ann. 13,43,2. Sex. Asinius Celer war consul 38 (vgl. Frontin. aq. 2, 102). novissime fratris filia, sororis filia, generi, soceri, socrus, omnes plane consangui nei) novissime steht im Gegensatz zu primi omnium c. 13,5 und zu deinde. Zu den
genannten consanguinei vgl. c. 8,2; c. 10,4; c. 1 1 ,2 und c. 1 1 ,5. 13,6. quos cum vidisset, Claudius exclamat: 1tft:v•a
geht dabei, wie man vermuten darf, um einen sprichwörtlichen Ausdruck - man beachte die Alliteration -, der vielleicht, so die Kommentatoren, gezielt verwen-
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det wird, vgl. etwa P . T. EDEN [ 1984] 143 : "more than the surface meaning seems to be conveyed. In the second-century B.C. 'Misanthrope' ( Diehl Anth. Lyr. Graec. 3 1.299), v. 23 runs em1v EXEtc; n, 1t(IV'ta 001 q>lÄwv 1tÄTJ pTJ , when you have something, everything is full of friends for you'. The partial quotation of this here suggests that the amnesiac Claudius imagines hirnself still to be in power and those he sees still to be his friends". =
Zum Ver balsubstantiv interjector, das sozusagen eine permanente Eigenschaft des Mör ders Claudius charakterisiert, vgl. ThLL VII,1 2 1 90,36ff. und A. SZANTYR ( 1 965) 34.
quis enim nos alius huc misit quam tu, omnium amicorum interfector?)
ego tibi s[t)ellas ostendam)
sc. curules. Vgl. ThLL IV 1542,82ff.
KAPITEL 1 4 1 4 , 1 . Ducit illum ad tribunal Aeaci ( i s lege Cornelia quae de sicariis Iata est quaere bat)) ducit steht im Gegensatz zu c. 1 1 ,6 und c. 13,1, wo es beide Male um gewalt
same Entführung geht (trahit). Aeacus spielt als Richter in der Unterwelt bei den Römern eine größere Rolle, als es seine beiden Kollegen Minos und Rhadaman tys bei den alten Hellenen taten (vgl. ThLL I 904,2 1ff.). Nach der Lex Cornelia de sicariis et veneficiis aus dem Jahr 8 1 v.Chr. (vgl. RE XXIV 74 1 ,3ff.) konnte Mord mit dem Tod bestraft werden. Zu quaerebat, von den Funktionen des Vorsitzen den des Tribunals gesagt, vgl. RE 72 1 ,43ff. Aeacus wird als Praetor dargestellt, der einer quaestio perpetua vorsitzt. sc. praetor. "Die technische Bezeichnung für die Einbringung der Klage im Quästionsprozeß ist von Seiten des Klägers nomen deferre und dementsprechend von Seiten des Magistrats nomen recipere" (Th. MOMMSEN [ 1 899] 3 82f. und RE IV 2425,67ff.).
postulat, nomen eins recipiat)
d.h. "er reicht die Klageschrift ein". Zum juristischen Ter minus technicus vgl. ThLL V,2 9 1 ,71ff. und Th. MOMMSEN ( 1 899) 3 84f.
edit subscriptionem)
occisos senatores XXX ( V ) , equites R. CC ( C ) XXI, ceteros öoa lji&IJ.aböc; 'tE xövtc; 'tE)
Die Korrektur der Zahl der ermordeten equites geschieht nach der Angabe von Svet. C/aud. 29,2 : in quinque et triginta senatores trecentosque amplius equites R . ... animadvertit. Tacitus begnügt sich mit der ungenauen Auskunft, Claudius habe römische Ritter haufenweise zum Tode verurteilt: equitum Romanorum agmina damnata (ann. 1 3 ,43,2). Vgl. auch Calp. ecl. 1 ,60ff. Zum griechischen Zitat. das aus llias 9,3 85 bekannt ist, vgl. OTTO e 1 965] Nr. 786. 14,2. advocatum non invenit)
ThLL I 89 1,57ff.
sc. C/audius. Zu advocatus im Sinn von parro n u s \ g: l .
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taodem procedit P. Petronius, vetus convictor eins, homo Claudiana lingua disertus, et postulat advocationem. non datur. accusat Pedo Pompeins magnis clamoribus. incipit patronus velle respondere) Zu P. Petronius vgl. RE XIX 1 199,3 l ff. Vgl. zu
convictor c. 3,4. procedit steht etwa im Sinn von 'tritt hervor', 'meldet sich' (sc. als Verteidiger, i.e. patronus), vgl. OLD 1 466, 4a. Zum Verbalsubstantiv convictor vgl. c. 3,4. Die Junktur lingua disertus noch Sen. contr. 2,4,8 : sua lingua disertus est (vgl. ThLL V, l 1379, 1 8f.). Aus dem Zusammenhang scheint bei unbefangener Lektüre hervorzugehen, daß sich postulat advocationem auf advocatum non invenit bezieht, wird doch der Satz durch tandem eingeleitet. postulat advocationem läßt demnach die Bedeu tung 'er fordert die Verteidigung flir sich' (d.h. o.fficium advocati) erwarten. Dagegen spricht aber eindeutig das nachstehende non datur, das diese Deutung unmöglich macht: "advocatio cannot here mean 'the office of [Claudius'] defend ing counsel' : this is ruled out by non datur followed by incipit patronus velle respondere" (P. T. EDEN [ 1 984] 145). Auch hätte man dann einen Dativ erwarten können, und zwar so : postulat ut sibi o.fficium advocati detur. Man interpretiert deshalb gewöhnlich postulat advocationem folgendermaßen: 'er bittet um Ver tagung' (vgl. Sen. dial. 3 , 1 8, 1 : ratio utrique parti tempus dat, deinde advocationem et sibi petit, ut excutiendae veritati spatium habeat, und ThLL I 890,28ff. sowie Th. MOMMSEN [ 1 899] 382) . [Die Änderung von patronus in P. Petronius, die in eini gen recentiores vorkommt, ist verständlich, jedoch methodisch falsch, weil incipit patronus velle respondere im Gegensatz zu accusat Pedo Pompeius steht]. accusat Pedo Pompeins magnis clamoribus) magnis clamoribus heißt etwa 'unter lautstarken Beifallsäußerungen' (sc. eorum qui aderant) . incipit patronus velle respondere) patronus steht hier fli r advocatus (sermonis variandi causa) vgl. ThLL X, l 785,33ff. und Th. MOMMSEN (1 899) 376. Zur Verbindung incipio velle vgl. Verg. A en. 6,75 1 : ut convexa revisant, rursus et inci piant in corpora velle reverti; Petron. 98,8: Gitana tuum amas, incipe velle servare. Zur Betonung des ingressiven Aspekts durch coepisse und incipere, wie es flir die Volkssprache typisch ist, siehe A. SZANTYR (1965) 3 1 9. Aeacus, homo iustissimus, vetat e t illum, altera taoturn parte audita, condemnat e t ait: cdxe mißmc; 1:& i:pe�ac;, öixT] x 'euße'ia yE:vono) Aeacus folgt dem Gesetz und
behandelt Claudius so, wie dieser andere behandelt hatte. Er zeigt sich demnach als homo iniustissimus, indem er wie einst Claudius, homo iniustissimus, die Angeklagten verurteilt altera tantum parte audita. Vgl. dazu c. 12,3 . Die grie chische sententia ist auch anderswo in der antiken Literatur zitiert wie etwa Ari stot. Eth. Nie. 5,5,3, um den Sinn des Radamanthys flir Gerechtigkeit zu illustrie ren. Es geht dabei um das Prinzip des ius talionis, vgl. Phaedr. 1 ,26, 1 2 : sua quis que exempla debet aequo animo pati; Sen. Herc. f 135 : quod quisquefecit patitur. 14,3. ingens silentium factum est. stupebant omnes novitate rei attoniti, negabant hoc umquam factum) ingens silentium bildet ein Oxymoron. Zu ingens magnum =
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Kommentar
(d.h. 'lautstark') vgl. ThLL VII,1 1539,74ff. und Kommentar zu c. 12,3 . Die Junk tur novitate stupere auch Quint. inst. 12,6,5 : non nulli senes in schola facti stupent novitate; zur Verbindung attonitus und stupere vgl. Curt. 8,2,3 : vigiles attoniti et stupentibus similes ... stabant; vgl. Serv. A en. 3, 172 : attonitus . . . est stupefactus; nam proprie attonitus dicitur, cui casus vicini fulminis et sonitus tonitruum dant stuporem, vgl. ferner ThLL II 1 154,44ff. und bes. 1 155,3ff. Claudio iniquum magis videbatur quam novum) Zu magis ... quam potius quam vgl. ThLL VIII 58,22ff. und A. SZANTYR ( 1965) 497f. Die Hss. VL bieten ini quum magis, S aber magis iniquum. S. MARlOTTI (1976) 48 1 -484 plädiert gemäß dem Prinzip der Lectio difficilior gegen S für die außergewöhnliche Wortstel lung der Hss. VL. =
Den indirekten Fragesatz quid illum pati oporteret kann man als epexegetische Ergänzung auffas sen, was durch ein Komma vor quid ausgedrückt werden muß. Der Fragesatz kommt einigen Interpreten verdächtig vor (so jüngst G. BINDER [ 1992] 356, der die syntaktischen Bezüge der Sätze radikal ändern will : Quid illum pati oporteret, erant qui dicerent. ..). Zur Junktur poenas pati vgl. ThLL X, 1 722,73ff.
de genere poenae diu disputatum est, quid illum pati oporteret)
erant qui dicerent, +sium diu laturam fecissent+, Tantalum siti peritumm, nisi illi succurreretur, aliquando Ixionis miseri rotam sumaminandam) Aus dem verderb
ten siumdiu laturam fecissent (S) : siunidii laturam fecissent (V) : si unius dii latu ram fecissent (L) konjizierte BÜCHELER, dem die meisten Herausgeber gefolgt sind, Si(syph) um (satis) diu laturam fecisse[nt]. Dieser Restitutionsversuch ist methodisch nicht einwandfrei, geht es doch dabei u.a. um drei größere mitein ander verknüpfte Korrekturen zugleich (sc. die Verwandlung von sium in Sisy phum und die davon unabhängige Ergänzung satis sowie die Abänderung von fecissent in fecisse), die nicht syntaktisch, sondern lediglich inhaltlich begründet sind : Sie haben zur Voraussetzung, daß weiter unten (c. 14,4) non placuit ul/i ex veteribus missionem dari für non placuit ul/i ex veteranis missionem dari steht, was allerdings fraglich ist (s.u.). [Die Lesart nec ... ulli ex veteribus ( veteranis) würde ja die vorherige Erwähnung von (mindestens) drei Personen voraussetzen bzw. bestätigen (wie mutatis mutandis nec ... utri ex veteribus zwei, es sei denn die Stelle ist allgemein zu deuten, was weniger wahrscheinlich ist). Wer methodisch korrekt vorgeht, wäre, wenn nec ... ul/i ex veteribus für nec ulli ex veteranis stünde, gezwungen zuzugeben, daß dann im Prinzip alle Konjekturen, die an unserer Stelle keinen (dritten) Namen eines Büßers enthalten, gegen den Kontext ver stoßen, oder aber, daß auch ulli falsch ist, was sich keineswegs nachweisen läßt]. Gegen die U mfunktionierung vonfecissent infecisse spricht der handschriftliche Befund, d.h. der Umstand, daß der in scriptura continua geschriebene Satz durch si (sc. siumdiu S : siunidii V : si unius dii L) eingeleitet wird und wahrscheinlich mit jecissent endet und daß parallel dazu noch ein Bedingungssatz kommt: nisi illi succurreretur etc. [So auch teilweise G. BINDER (1992) 356, der jedoch die =
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Kommentar
syntaktischen Bezüge unserer Stelle auf den Kopf stellt, wenn er folgendes vor schlägt : Quid illum pati oporteret, erant qui dicerent, si iuris dii ia( c) turam fecis sent: Tantalum . . Übersetzung mit Kontext: 'Über die Art der Strafe wurde lange debattiert. Es gab einige, die sich dazu äußerten, was Claudius erleiden solle, wenn die Götter auf ihren Rechtsanspruch verzichteten : Tantalus ... "] . Hinzu kommt inhaltlich, daß es in beiden Fällen um Strafen geht, die über kurz oder lang aufzuhören drohen, nämlich wenn Tantalus vor Durst stirbt und lxians Fol terrad eines Tages (i.e. a!iquando, vgl. ThLL I 1599,77ff.) gebremst wird. Man könnte demnach vermuten, daß unsere Stelle so herzustellen wäre : si unius diei (di) lationem fecissent, Tantalum siti periturum; nisi illi succurreretur, aliquando lxionis miseri rotam su.ffla minandam. Dabei würde illi jedoch Ixion vorwegneh men. Eine derartige substantivische Verwendung von ille, die auf etwas N achste hendes verweist, ist mir unbekannt. Um die Stelle doch zu heilen, wären dann weitere Korrekturen am Überlieferten nötig. Man versieht daher am besten unsere Stelle mit cruces]. sufflaminare ist noch belegt Sen. contr. 4, pr. 7: tanta erat illi [sc. Haterio] velocitas orationis, ut vitium fieret. itaque divus A ugustus optime dixit: Haterius noster su.ffla minandus est. adeo non currere, sed discurrere videbatur. [Der Vollständigkeit halber sei hinzugeftigt, daß latura sonst erst spä ter, d.h. im zweiten oder dritten Jahrhundert, vorkommt, vgl. ThLL VII,2 1 0 19,83ff.]. rota heißt Folterrad (vgl. gr. 'tpoxö<; und Lexikon DEMETRAKOY 14, 73 1 2) und bezieht sich auf das bekannte Torturinstrument, mit dem allen voran Ixion in der Unterwelt gequält wurde : "Ixion and bis wheel do not appear in Hades until the Alexandrian Age (first in Apoll Rhod. 3,62), but the change of place probably goes back to tragedy. Ace. to Hyginus, Fab. 62 (cp. e.g. the well-known picture in the Hause of the Vetti at Pompeii) he was bound to the wheel by Mer cury, according to some (Schal. on Eurip. Phoeniss. 1 1 85) it was of flames, and once (Verg. G. 3 ,39) the additional torture of a serpent is mentioned" (K. F. SMITH [ 1964] 258). Man vergleiche dazu die folgenden Stellen : in rotam - id est genus quoddam tormenti apud Graecos beatam vitam non escendere (Cic. Tusc. 5,24); ... tortosque lxionis anguis I immanemque rotam et non exsuperabile saxum (Verg. georg. 3,39); lxionii vento rota constitit orbis (Verg. georg. 4,484) ; . Ixianis ausi I versantur celeri noxia membra rota (Tib. 1 ,3,74) ; Sisyphus est illic saxum vol vensque petensque, I quique agitur rapidae vinctus ab orbe rotae. . . (Ov. Ib. 1 74) ; Sen. Ag. 1 5 ; Sen. Herc. 0. 1 068. .
. .
14,4. non placuit ulli ex veteribus missionem dari, ne vel Claudius umquam simile speraret, placuit novam poenam constitui debere : excogitandum illi Iaborern irritum et alicuius cupiditatis ( . ) spem sine effectu) non placuit ulli ex veteribus missio .
.
nem dari läßt sich nicht eindeutig interpretieren. Es steht m.E. für placuit nulli ex veteribus (sc. generibus poenae I poenis) missionem dari; denn im Kontext geht es um eine ganz neue Art von Strafe (vgl. novam poenam novum poenae genus) im Gegensatz zu den alten : vetus und novus sind bekanntlich Antonyme. Einen wei teren inhaltlichen Gegensatz drücken non placuit. . . , placuit. . . = non placuit ... , sed =
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Kommentar
placuit aus. Auch war der Ansatz zu dieser Diskussion ja c. 13,3 : de genere poenae diu disputatum est. Unsere Stelle handelt demnach davon, daß man einen Präze denzfall vermeiden will, auf den sich selbst Claudius später würde berufen kön nen. Dies würde dann geschehen können, wenn man Freiheit (missio) von alten bewährten Strafformen gewährte. [Versteht man dagegen veteribus im Sinne von "alte Büßer", dann besagt ne vel Claudius umquam simile speraret, man will dem vorbeugen, daß Claudius die Hoffnung hegt, ulli ex veteribus ( veteranis) missio nem dari. Gemeint ist eher, man will den Präzedenzfall vermeiden, daß Claudius etwas Ähnliches (simile), d.h. Freiheit von Strafe, zuteil wird] . Zur Junktur mis sionem dare vgl. VIII 1 140,53ff. und bes. Ps. Quint. decl. 13,4 p. 249,2 1 : dederam laboribus meis iustam senex missionem. Unsere Stelle steht nicht ganz ohne Bezug zu c. 1 1 ,5 : . . . nec illi rerum iudicandarum vacationem dari (vgl. auch c. 14,2) : Hier wie dort geht es um Freiheit von Strafe. [ veteribus ist die Lesart von S, V bie tet veteris und L veternis. veteribus faßt man gerne im Sinne von veteranis auf, wobei man auf Ov. lb. 187: ... veterum tormenta virorum, und Sen. Herc. f 580: . . veteres excutiunt reos, verweist, obwohl es sich beide Male um eine adjektivische Verwendung handelt. Der Begriff "Büßer" liegt mit anderen Worten nicht im Adjektiv vetus. Es fehlt demnach an unserer Stelle veteribus ein Bezugswort sowie ein Gegensatz. [Die übliche Auslegung der Stelle stammt letztendlich von R. HEINZE (1926) 77 : ,,Also ist an altgediente Soldaten zu denken, für deren Entlassung missio der stehende Ausdruck ist. Daß sie zum Vergleich mit den Hadesbüßern herangezogen werden können, ist bezeichnend genug für die damalige Auffassung vom Soldatendienst Übrigens ist veteranis eine, wie mir scheint, notwendige Besserung (Rhenanus) des überlieferten veteribus."] . Syn taktisch und inhaltlich ist es nicht möglich, den Sinn der Stelle genau zu ermit teln. Zum einen ist der Dativ sowohl nach placet wie nach missionem dare fakul tativ, zum anderen gibt es eine Verderbnis im Vorhergehenden, die für die kor rekte Deutung unserer Stelle entscheidend ist. Möglich ist auch, daß veteribus in iudicibus zu ändern ist. Zu iudices von den Richtern der Unterwelt gesagt vgl. ThLL VII,2 601 ,66ff. Die Stelle wäre dann mit Svet. lul. 19,4 syntaktisch ver gleichbar: . . ne quid ageretur in re publica, quod displicuisset ulli ex tribus (sc. agi) . Zu Iabor irritus vgl. Sen. Med. 749 : vos quoque, urnis quas foratis irritus ludit Iabor, Danaides, coite. Die Wörter placuit novam poenam constitui debere excogitandum illi Iaborern irritum etc. enthalten ein bisher unbeachtetes Problem der Textherstellung. Ein mal ist debere im abgeschwächten, d.h. futurischen Sinne nach placuit überflüs sig bzw. tautologisch, weil es schon an sich mit Bezug auf die Zukunft steht bzw. stehen kann (vgl. A. SZANTYR [1965] 3 14), wobei es freilich besonders mit abhängigem Infinitiv vorkommt (vgl. ThLL V, 1 100,8ff.). Zum anderen nimmt debere, wenn es nicht in abgeschwächter Bedeutung steht, semantisch die Bedeutung des nachstehenden Gerundivums vorweg (vgl. E. RISCH [1 984] 41f. und ib. 49f.). Die Korrektur placuit novam poenam constitui: debere excogitari etc. liegt auf der Hand, die Überlieferung läßt sich aber durch die fol�ende Text gestaltung erklären: placuit novam poenam constitui debere: excogitandum etc., =
.
.
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Kommentar
wo excogitandurn etc. in indirekter Rede den Inhalt des Beschlusses wiedergibt, d.h., das Gerundivum wiederholt den Sinn von debere und bezieht sich auf die Zukunft, fungiert demnach als Fut. Inf. pass. Ein weiteres und schwierigeres Problem der Textkonstitution bietet das überlieferte . . . et a/icuius cupiditatis spes sine ejjectu. Die Hs. S hat spes sine effectu : VL spes sinefine effectus, wo fine aller Wahrscheinlichkeit nach durch Dittogra phie von sine zustande gekommen ist. Die Herausgeber verfahren bei der Text herstellung unterschiedlich: Entweder ändern sie den überlieferten Plural spes in spern oder in speciern, beides paläographisch unbedeutende Korrekturen. (Einige haben sich mit specirnen versucht, was methodisch falsch ist, weil species auch diese Bedeutung haben kann). Bei den Änderungsvorschlägen gehen die Herausgeber anscheinend davon aus, daß et epexegetisch steht: speciern ( speci rnen) spezifiziert sozusagen Iaborern irriturn. [Man hätte dann jedoch eher ut spe ciern erwarten müssen] . Auch hat es den Anschein, als ob sie dabei sine effectu auf Iaborern irriturn beziehen, weil es Sen. dial. 9,12,1 so heißt: Iabor inritus . . . sine effectu. Die Stelle ist keine inhaltliche Parallele. Im Kontext bezeichnet Iaborern irriturn eine 'vergebliche Strafarbeit, die Frust mit sich bringt'. irriturn, das mit dem nachstehenden sine effectu synonym ist, ist demnach ein Terminus tech nicus der Rechtssprache, vgl . ThLL VI1,2 432,3ff. So wie die Stelle überliefert ist, verstehe ich Iaborern irriturn als eine konkrete physische Strafarbeit, die zusätz lich durch eine psychische Frustration verstärkt wird, vergleichbar etwa mit der Füllung des Fasses der Danaiden, vgl. Sen. Med. 749 : vos quoque, urnis quasjora tis irritus /udit Iabor, Danaides, coite. Dabei steht spern sine effectu für spern irri tarnlvanarn (vgl. Liv. 22,20,8 ; Sen. epist. 74,9 und ThLL VII,2 434,5ff.). Voraus gesetzt, daß diese Analyse korrekt ist, ist das Problem der Textherstellung nicht im überlieferten spes bzw. in der Korrektur spern zu suchen, sondern im objek tiven Genetiv alicuius cupiditatis. alicuius cupiditatis spern sine effectu interpre tiert P. T. EDEN [ 1984] 148 so : 'the hope of some object of desire without its achievement'. Er baut dabei offensichtlich auf der Erklärung der Stelle von C. F. RUSSO (6 1985) 128 auf: "alicuius cupiditatis spern : cioe alicuius valde concupitae rei adipiscendae spern." Diese Auslegung der Stelle hat zur Voraussetzung, daß sich alicuius cupiditatis aufirgendeinen konkreten Gegenstand bezieht, d.h. kon kret zu verstehen ist, was im Kontext nicht der Fall ist. In der Fortsetzung geht es um die Leidenschaft (cupiditas), mit der Claudius vergeblich Würfel spielt: turn A eacus iubet illurn alea ludere pertuso fritillo. Bekanntlich war der historische Claudius von mehr Leidenschaften besessen, alicuius cupiditatis besagt dem nach, daß es lediglich um irgendeine davon geht. Dies alles läßt vermuten, daß nach a/icuius cupiditatis etwas ausgefallen ist, wie etwa ein Gerundivum (oder ein auf -bilis ausgehendes negiertes Verbaladjektiv) . Ein Gerundivum kann ja u.a. einen imperfektiven Aspekt ausdrücken (vgl. E. RISCH [ 1984] 29), geht es doch im Kontext um die vergebliche Hoffnung (spern sine effectu spern vanarn spern irritarn) auf die Realisation irgendwelcher Leidenschaft; denn Claudius muß als ewiger Büßer in der Unterwelt würfeln, eine endlose Geschichte. Vgl. zur Verwendung von a/iquis in einem sprachlich fast völlig vergleichbaren Kon=
=
=
Kommentar
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text: quod si nos ad aliquam alicuius commodi aliquando recuperandi spem fortuna reservavit, minus est erratum a nobis (Cic. fam . 14,4, 1). An unserer Stelle könnte demnach ein Gerundivum wie etwa exsatiendae oder implendae (vgl. Sen. epist. 73 ,2) oder explendae (Sen. dial. 5,30,4 und 7,13,4; Svet. A ug. 75,2) oder satiandae (vgl. Tac. hist. 4,38,2) ausgefallen sein. Der per coniecturam resti tuierte Ausdruck alicuius cupiditatis ( explendae) spem sine effectu läßt sich auf deutsch so wiedergeben: "die erfolglose Hoffnung auf die Erfüllung einer seiner Leidenschaften". (Die Lücke ließe sich theoretisch auch durch eine Litotes wie non inexplebilis ergänzen. Man vergleiche Cic. rep. 3 frg. 3 : inexplebiles cupidi tates; Cic. Tusc. 5,16: omnia rabide adpetentem cum inexplebili cupiditate; Tac. hist. 4,38,2 : quorum cupiditates inexplebiles externis quoque inexplebiles nulla umquam civilis victoria satiavit; vgl. ferner Sen. dial. 5,30,4 : quorum non exple verat spes inexplebiles; ib. 7,13,4: voluptates ... quo magis inplentur, eo magis inex plebiles. Vgl. auch die Junktur insatiabilis cupiditas ThLL VII, 1 1 837,48f.). alea wird gern als eine Bezeich nung für das XII-scripta-Spiel (etwa "das Zwölf-Punkte-Spiel") gedeutet, das, man weiß es nicht genau, mit 2 oder 3 Würfeln gespielt wurde, vgl. J. VÄTER LEIN (1976) 56 und 76f. Der Würfelbecher (fritillus) des Claudius ist ebenso durchlöchert wie das dolium oder die urna der Danaiden : urnis scelestae Danai des portant aquas, pertusa nec complere possunt dolia (Phaedr. app. 5, 10) : hae Danaides apud inferos hanc poenam habuisse dicuntur, ut in dolium pertusum mit tant (Serv. A en. 10,497). Zu fritillus vgl. ThLL VI, 1 1341 ,5ff. Zur Spielleiden schaft des historischen Claudius vgl. Svet. Claud. 33,2 : aleam studiosissime lusit, de cuius arte librum quoque emisit, solitus etiam in gestatione ludere, ita essedo alveoque adaptatis ne lusus confunderetur.
tum Aeacus iubet illum alea ludere pertuso fritillo)
et iam coeperat fugientes semper tesseras quaerere et nihil proficere)
Zu jugientes ... tesseras vgl. weiter unten c. 1 5 , 1 vers. 2 : fugiebat tessera. Die Junktur auch Stat. Theb. 7 ,236.
KAPITEL 15 15,1. Nam quotiens missums erat resonante fritillo, I utraque subducto fugiebat tessera fundo) Zu quotiens missurus erat - ,jedes Mal, wenn er beabsichtigte, die
Würfel zu werfen " ergänze tesseras in Gedanken, vgl. Vers 3 und Ov. 3,354: tessera missa. Zufritillus vgl. c. 12,3 : subducto .. .fundo besagt, daß der Boden verschwin det. An dieser Stelle werden tessera und talus ohne Bedeutungsunterschied ver wendet, vgl. J. VÄTERLEIN (1976) 77. Vers 3. cumque recollectos auderet mittere talos) Zur Verbindung mittere talos vgl.
ThLL VIII 1 164,72ff.
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Kommentar
Vers 4. 1usuro similis semper semperque petenti)
Zur Gemination ( semper semper
que) vgl. A. SZANTYR (1965) 808f.
Die Verbindung ja/lax alea auch Ov. Pont. 4,2,41 . Zur adverbialen Verwendung des Ablativsjurto im Sinne von dolose vgl. ThLL VI, 1 1 649, 1 0ff.
Vers 6. fallax adsiduo dilabitur alea furto)
Vers 7f. sie cum iam summi tanguntur culmina montis, I inrita Sisyphio volvuntur pondera collo) Zu inrita ... pondera vgl. c. 14,4. Vgl. Prop. 2,17,7: vel tu Sisyphios
licet admirere Iabores; Ov. Heroid. 12,204 : Sisyphias . . . opes; Sen. Herc. f 75 1 : cervice saxum grande Sisyphia sedet; Sen. Herc. [0.] 942 : Sisyphia cervix cesset et nostros Iapis I impellat humeros. 15,2. apparuit subito C. Caesar et petere illum in servitutem coepit) Zum umgangs sprachlichen subito vgl. c. 3,4. Ebenfalls umgangssprachlich ist die Verwendung von coepi + Inf. für das aoristische Perfekt, vgl. A. SZANTYR (1965) 303. petere . . . i n servitutem ist ein juristischer Terminus technicus. E s wird jetzt ein neuer Pro zeß, eine /ibera/is causa I status quaestio (vgl. M. KASER [ 1 1 1979]) eingeleitet, um den rechtlichen Status des Claudius zu entscheiden, d.h. festzustellen, ob er ingenuus oder servus ist (vgl. N. W. BRUUN [ 1990] 1 1 7). Dabei tritt Caligula als adsertor in servitutem auf (vgl. RE I 422,60ff.), während ein dementsprechender adsertor in /ibertatem, wie ihn das römische Publikum hätte erwarten können, fehlt. "Da der Sklave nicht vor Gericht Partei sein kann, muß ein Gewaltfreier für ihn auftreten, der seine Freiheit behauptet ( adsertor in /ibertatem ) . Der Pro zeß ist vindicatio in /ibertatem, wenn der adsertor als Kläger auftritt gegen den, der den Umstrittenen als seinen Sklaven beansprucht. Bei umgekehrter Vertei lung der Parteirollen ist das Verfahren vindicatio in servitutem " (M. KASER [ 1 1 1 979] 7 1). Dargestellt wird die verkehrte Welt, was sich auch darin nieder schlägt, daß Claudius verurteilt wird altera tantum parte audita, vgl . N. W. BRUUN [ 1986] 29f.
testes qui illum viderant ist eine übliche Periphrase, keine ad-hoc-Bildung für den Begriff "Augenzeuge" (vgl. auch c. 1). ipso ist eine Emendation von M ÄHLY. Das überlieferte il/o verteidigt man gern, indem man auf die Häufung des Pro nomens il/e etwa c. 6,2 verweist (vgl. auch B. AXELSON [1933] 98), die keine Parallele bietet. An unserer Stelle geht es nicht nur darum, zwei Personen aus einanderzuhalten, sondern auch darum, deren soziales und rechtliches Verhält nis zueinander zu definieren: Claudius wird von den Augenzeugen als Sklave des Caligula dargestellt. Kurz: Es geht um den sozialen Gegensatz servus:domi nus. Claudius, der Sklave, wird von seinem Herrn ( ab ipso) verprügelt. Zur Ver wendung von ipse dominus vgl. ThLL VII,2 344, 15ff. Die Stelle setzt Kennt nisse des faktischen Verhaltens Caligulas seinem Onkel gegenüber voraus: C/au dium patruum non nisi in ludibrium reservavit (Svet. Ca/ig. 23,3); ( Ciaudius) interproducit testes qui illum viderant ab ipso ßagris, ferulis, colaphis vapulantem)
=
Kommentar
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dumferulaflagrove velut per /udum excitabatur a copreis (Svet. C/aud. 8); Claudius war im allgemeinen Gegenstand des Spottes am Hofe unter Kaiser Caligula: tum C/audius inter ludibria aulae erat (Svet. Nero 6,2). flagrum ( flagellum) ist eine Peitsche, die in erster Linie zur Bestrafung von Sklaven benutzt wurde, vgl. ThLL VI, 1 848,49ff. Die feru/a scheint eine breitere Verwendung gehabt zu haben, vgl. ThLL VI, 1 599,25ff. =
adiudicatur C. Caesari)
ThLL I 702,25ff. und
adiudicatur steht im technischen rechtlichen Sinn, vgl. I 362f.
RE
Früher hat man den hier erwähnten Freigelassenen Menander mit dem griechischen Komödienautor desselben Namens identifiziert. Diese Gleichsetzung ist inzwischen zu Recht bezweifelt worden, vgl. R. HEINZE (1926) 77f. Zum juridischen Begriff traditio siehe H. HAUSMANINGER/W. SELB e 1985). Zu a cognitionibus esset bemerkt P. T. EDEN (1984) 150: "The separate office of /ibertus a cognitionibus, whose duties bad previously been merged with those of the /ibertus a /ibellis, seems to have been first instituted by Claudius ( CIL VI. 8634)." is Menandro liberto suo tradidit, ut a cognitionibus esset)
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Literaturverzeichnis
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