Berichte und Schrifttumsschau 50 Jahre Deutsche Statistische Gesellschaft T a g u n g e n 1961 und 1962 I. Unter dem bes...
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Berichte und Schrifttumsschau 50 Jahre Deutsche Statistische Gesellschaft T a g u n g e n 1961 und 1962 I. Unter dem besonderen Aspekt einer Jubiliiums-Tagung stand die 32. Jahreshauptversammlung der Deut~chen Statistischen Gesellsehaft, die im Oktober 1961 in Saarbriicken stattgefunden hat. Die im Vergleich zu den anderen in Statistik ffihrenden L~ndern sp~te Grfindung einer deutschen wissenschaftliehen Vereinigung ffir alle Statistiker -- die englische, die amcrikanische und die franz6sisehe statistische Gesellschaft bestehen bereits 100 und mehr Jahre -- ist mit verantwortlieh daffir, dab die modernen statistischen Verfahren in Deutschland relativ lange nicht genfigend Anerkennung und Verbreitung gefunden haben. So konnte auch die in der Grfindungszeit vorherrschende Schule der Stoff- und Begriffsstatistiker die Ffihrung in der Deutschen Statistischen Gesellschaft fibernehmen und lange Zeit behalten. Eine grundlegende Wandlung ist -- nach manchen wieder verkiimmerten Ans~tzen -- erst nach dem Zweiten Weltkrieg nnter dem Einflu$ der angelsiichsischen Schule eingetreten. Neben dem offiziellen Organ der Deutschen Statistischen Gesellsehaft, dem Allgemeinen Statistischen Archly, sind yon dieser Zeit an Einzetschriften erschienen, in denen vor allem mathematisch-statistische Forschungsmethoden behandelt werden. Auflerdem wurde ein Ausschul3 fiir neue statistische Methoden gegriindet (zuerst FachausschuB fiir Stichprobenverfahren), dessen ffihrende Mitglieder seit dem Jahre 1949 das Mitteilungsblat~ fiir Mathematische Statistik herausgeben, das seit 1958 nach Vereinigung mit der sich besonders 6konometrischen Problemen widmenden Wiener Statistischen Vier~eljahresschrift unter dem Namen Metrika erscheint. Die Bildung von Aussehfissen fiir besondere Problemkreise ist ebenfalls eine Neuerung in der Organisation der Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkriege. AuBer dem Ausschul3 fiir neue statistische Methoden bestehen z. Zt. der Ausschul3 ffir Anwendung statistischer Methoden in der Industrie, mit den zwei Unterausschiissen ,,Marktbeobachtung und Marktanalyse" und ,,Innerbetriebliche Statistik" sowie der Arbeitskreis, ,,Regionalstatistik". Auch ffir diese Aussehfisse wurden Schriftenreihen geschaffen, in denen besonders betriebsstatistische Arbeiten erschienen sind. So wird das Ziel der Gesellschaft, zu einem Ausspracheforum aller Kategorien der Statistiker -- der Lehrer der Statistik und der Vertreter der angewandten Statistik -- sowie aller Fachrichtungen zu werden, immer mehr erreicht. Im Dienst dieser Aufgabe stehcn auch die allj~hrlich stattfindenden Tagungen der Gesellschaft. W~hrend fiir die Jahreshauptversammlung Themen yon allgemeinem Interesse gew~hIt werdcn, finden in den Ausschiissen, die auch zwischenzeitlich tagen, aktuelle Sonderprobleme Behandlung. Bei der Jahreshauptversammlung in Saarbrficken hielten Gleitze, K61n, und Raabe, Bonn, Referate zu dem Thema ,,Das Zusammenfiihren volkswirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Aspekte in der Wirtschaftsstatistik". Gleitze hob auf die nur relative Aussagef/~higkeit statistischer Information im Wirtschaftsleben ab; diese sei in der Systembezogenheit der 6konomischen und sozialen Faktoren, in der Konjunkturabhi~ngigkeitder statistischen Daten sowie in dem Funktionswandel, dem statistische Objekte unterliegen k6nnen, begrfindet. Der Referent ging auf die sich hieraus ergebenden Konsequenzen ein ffir die angewandte Statistik im betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Bereich sowie ffir die statistisehe Apparatur sehlechthin und bejahte die M6glichkeit der Konstruktion einer tragfahigen Brficke zwischen volkswirtschaftlieher und betriebswirtschaftlicher Statistik. In seinem Erg/inzungsreferat wies Raabe darauf hin, dab echte Gegens/itze zwischen betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten dort vorhanden seien, wo individuelle einzelwirtschaftliche Belange einer Vereinheitlichung der Begriffe und Definitionen sowie deren Abgrenzungen entgegenstehen. Daneben gebe es eine Anzahl von Divergenzen, die der Referent als ,,Scheingegens~tze" bezeichnete und die auf die verschiedene Abgrenzung der Begriffe zuriickgehen. Hier ware eine Vereinheitlichung mbglich. In der Nachmittagssitzung stand ,,Die Ausbildung und Weiterbildung yon Statistikem" zur ErSrterung. Bartels und Hiifner, beide Wiesbaden, referierten fiber die Aufgaben der zahlengewinnenden Statistiker, Fiirst 5ber ,,Die Weiterbildung und Anstellungsverh~ltnisseder Statistiker im 5ffentlichen Dienst". Riebel, Mannheim, sprach fiber ,,Die Aufgaben des Betriebsstatistikers". Kellerer, Mfinchen, und Blind, Frankfurt/Main, nahmen zu der ,,statistischen Grundausbildung an den 265
wissenschaftlichen Hoehsehulen" Stellung; es standen sich die beiden Auffassungen: Primat der Substanzwissenschaft oder Primat der Statistik gegenfiber. Eines der Ergebnisse der Sitzung war, dab der AussehuB der Deutsehen Statistisehen Gesellschaft fiber Ausbfldungsfragen seine Arbeit wieder aufnehmen soll. Die die Tagung einleitenden und abgrenzenden Sitzungen der Ausschigsse hatten ein vielgestaltiges Programm zum Gegenstand. Im Unterausschul] Marktbeobaehtung und Marktanalyse spraeh Schwenzner, Hamburg, fiber ,,Fragen der Marktforschung der Produktionsgiiterindustrie" und Klauder, Ludwigshafen, fiber ,,Probleme der statistischen Einheit im Hinblick auf die Marktforschung". Schwenzner versuchte, den Begriff ,,Produktionsgut" abzugrenzen und eine eindeutige Terminologie zu entwickeln, die den Marktgegebenheiten Reehnung tr~gt. Es mfiBten mikro- und makroSkonomische Elemente beriicksichtigt werden; dariiber hinaus ergebe sich die Notwendigkeit horizontaler und vertikaler Schichtungen des Marktes sowie differenzierter, auf den Einzelfall abgestellter Verfahren. Klauder betonte die besondere Bedeutung funktioneller Statistiken, unter denen er jene Statistiken versteht, die den Gegenstand der wirtschaftliehen T~tigkeit darstellen, w~hrend bei den institutionellen Statistiken der Tr~ger der wirtsehaftlichen T~tigkeit Darstellungseinheit ist. Nur die funktionellen Statistiken k6nnten die erforderliche gfiterm~Bige Markttransparenz aufweisen. Auch Luda, Mfinehen, stellte sein Referat ,,Programm zur Durchfiihrung yon Regressionsanalysen auf elektronischen Datenverarbeitungsanlagen" auf die Arbeit des Marktforsehers ab. Er ging vonder Bedeutung der Korrelations- und Regressionsanalysen aus und wies die Notwendigkeit der Anwendung elektronischer Datenverarbeitung nach. Die Regressionsanalyse gehSre mit zu den sichersten Verfahren, um eine ZielgrSte zu bestimmen bzw. bei AnschluB eines Prognosenprogramms diese in die Zukunft zu projizieren. In der Sitzung des Arbeitskreises Regionalstatistik sprach Menges, Saarbrficken, ,,Zur europ~ischen Regionalstatistik" und ging dabei von den MSglichkeiten der r~umlichen Detaillierung in Verwaltungsregionen (politisch-administrativ), Funktionalregionen (iiberSrtliche Wechselbeziehungen) und Strukturregionen (gewisse GleichfSrmigkeit) aus. Bei der internationalen Regionalstatistik ist die herkSmmliche Definition, die sich auf kleinere Gebiete bezieht als das Territorium des Staates, auf das Territorium der Staatengesamtheit zu erstrecken, das die jeweilige Statistik zum Gegenstand hat, wobei die Gliederung nach Strukturregionen die wiehtigste und schwierigste ist. Hervorgehoben wurden die Bemfihungen der iibernationalen Organisationen auf diesem Gebiet, wobei der Referent fiber die Arbeiten des Europarats, der EWG-Kommission und des Statistischen Amts der Europiiisehen Gemeinschaften beriehtete. Den letzten Sitzungstag nahmen die Vortriige des Ausschusses ,,Anwendung statistischer Methoden in der Industrie" in Anspruch, in der Vormittagssitzung verbunden mit dem ,,Ausschul3 fiir neue statistische Methoden", naehmitt~gs mit dem Ausschu~ ,,Innerbetriebliche Statistik". Die vier Referate des Vormittags beschifftigten sich mit zwei Arten der repr~sentativen Methode, der Quotenauswahl und dem Stichprobenverfahren. Schmidtchen, Allensbach, gab ,,Beitr~ge zu einer Theorie der repr~sentativen Quotenauswahl". Er vertrat die Meinung, daI] die Quotenauswahl unter ganz bestimmten Voraussetzungen eine praktisch ebenso zuverl~ssige Representation erzielen kSnne wie eine Zufallsauswahl, was das von ihm vertretene Institut ffir Demoskopie experimentell nachgewiesen habe. Man mfisse dabei allerdings zwischen repr~isentativen und niehtrepri~sentativen Quotenverfahren unterseheiden. In dem folgenden Referat ,,Leseranalysen groBer Publikumszeitschriften" wurde von Hess, Frankfurt/Main, ehle Besehreibung der Anlage der Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft Leseranalyse gegeben, wobei ein dreistufiges, geschichtetes Auswahlverfahren Anwendung finder. Die Schichtung wird nach L~ndern und OrtsgrSBen vorgenommen. Die drei Auswahlstufen sind Gemeinden, Zielhaushalte, Befragungspersonen. Die Befragungswellen werden fiber das ganze Jahr verteilt, wobei gleichm~I~ige Verteilung der Interviews auf Befragungswoehen und Befragungstage gefordert wird. ScMiffer, Wiesbaden, entwickelte in seinem Vortrag ,,Bestimmung von Auswahls~tzen nach einer Fehlerabstufung" ein Verfahren, das es erm6glicht, die Genauigkeiten der Teilergebnisse so zu steuern, dab sie einer bestimmten funktionalen Fehlerabstufung entsprechen. Als GenauigkeitsmaI~ legte Schdffer den sogenannten relativen Standardfehler zugrunde. Im letzten Vortrag der Vormittagssitzung sprach Kornd6rfer, Berlin, zu der ,,Abnahmeprfifung mit Stichproben", wobei er ein neues Verfahren fiir den Fall zweiseitiger Toleranzgrenzen darstellte, das drei Qualitiitsstufen vorsieht. Im Untersehied zur Gut/Schlecht-Priifung tritt noch der Wert ,,mittelm~l~ig" auf, wodurch bei gleicher 1)riifschiirfe ein kleinerer Probenumfang genfigt. 266
In der Nachmittagssitzung sprach zuerst Le Noah, Paris, fiber ,,Innerbe~riebliche Statistik in einem franz6sischen GroBunternehmen", d. i. in seiner Firma Pechiney, die das gr6Bte Aluminiumwerk Europas und das grSBte chemische Unternehmen in Frankreich ist. Er erl/~uterte, dab bei den statistischen Untersuchungen ffinf Abh~ngigkeiten zu berficksichtigen seien: yon der Gesamtwirtschaft, yon den Schlfisselbereichen der Wirtschaft und der Entwicklung der Bev61kerung, yon den Zulieferer- und Absatzm/~rkten, yon der Wirtschafts- und W/~hrungspolitik der Regierung, yon der internationalen Wirtschaftslage. Er gab Beispiele aus den Untersuchungen seiner Firma. Abschliel~end sprach M6Uer, Mfinchen, fiber ,,Probleme der Prognose wirtschaftlicher Wachsbumsvorg/inge", wobei ervor allem die wirtschaftstheoretischen Grundlagen wissenschaftlicher Voraussch~tzungen behandelte. Ffir Wirtschaftsprognosen seien letztlich Verhaltenskonstanten entscheidend, n~mlich Regelm~$igkeiten des menschlichen Handelns, dann auch Termindispositionen, das ist die Festlegung zukfinftiger Handlungen in der Gegenwart und die Existenz yon Naturkonstanten. Es werden sowohl 6konomische Theorien als auch statistisches Zahlenmaterial ben6tigt, die sich gegenseitig abstfitzen mfissen. Die derzeit wegen nicht ausreichenden Grundlagen noch bestehende groBe Unsicherheit der Prognosen dfirfte nicht dazu fiihren, das Prognostizieren aufzugeben. In der Mitgliederversammlung, die sich an die Jahreshauptversammlung anschlog, wurde bekanntgegeben, dab die Mitgliederzahl der Gesellschaft nunmehr nahezu 500 erreicht hat, was gegenfiber der Grfindungsversammlungim Jahre 1911 eine Verzehnfachung b edeutet. Ffir die yon zahlreichen in- und ausl/~ndischen Teilnehmern besuchte Tagung bot die Aula der Universit~t Saarbrficken einen geeigneten Rahmen. In die Besonderheit des Tagungsortes erhielten die Teilnehmer einen Einblick durch Besichtigung einer Steinkohlengrube mit Lehrstollen. Die Landesregierung gab einen Empfang im Landtags-Kasino. II. Ebenfalls in der Sicht eines Jubil/iums land die 33. Hauptversammlung der Deutschen Statistischen Gesellschaft start. Das hundertjdhrige Bestehen des BerIiner Statistischen Amts, dam ersten Deutschen st~dtestatistischen Amt, hatte im Jahre 1962 AnlaB gegeben, Berlin als Ort ffir die Statistische Woche zu w~hlen, die yore 8. his 12. Oktober zusammen mit dem Verband Deutscher St~dte-Statistiker abgehalten worden ist und zu der eine groBe Zahl yon deutschen und ausl~ndischen Statistikern erschienen war. Bei der Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft wurden folgende Themenkreise behandelt: 1. 2. 3. 4.
Marktforschung und Verbrauehsforschung, Okonometrie, Moderne Methoden der statistischen Messung und der wirtschaftlichen Prognose, Internationale Industriestatistik.
Zn 1. Im Rahmen der zahlreichen Ausschuf~sitzungen erOffneSe der Unterausschul] Marktbeobachtung und Marktanalyse mi$ zwei Vortr/igen die Reihe. Hilpert, Mfinchen, sprach fiber ,,Marktpsychologie (Motiv- und Verhaltensforschung), ihre Stellung und Bedeutung im Rahmen der Marktforschung", und Baum, Wetzlar, fiber ,,Die Verwendung privater Haushaltsrechnungen ffir die Zwecke der institutionellen Marktforschung". Ursprung und Aufgabe dcr Marktforsehung ist nur auf dem Boden der modernen Industriewirtschaft zu verstehen, denn das fertigungsorientierte Denken hat zu zahlreichen Krisen geffihrt. Bemerkenswert ist, daft die Marktforschung als Motiv- und Verhaltensforschung sich erst Ende der ffinfziger Jahre dnrchgesetzt hat. Der Grund daffir ist, dab der Markts/~ttigung erweiterte Kapazit/~ten der Industrie gegenfiberstanden. AuBerdem ffihrt die Ausstrahlungskraft der EWG zu einer H~rte des Wettbewerbs, wie sie bisher nicht bekannt gewesen ist. Es besteht der Zwang, nicht nut neue M/~rkte zu schaffen, sondern auch neue Produkte zu entwickeln. Bei der institutionellen Marktforschung sind zielgerichtete Untersuchungen vorzunehmen: WerbeeriblgskonSrollen, Substitutionsprobleme und Aussichten fiir den Absatz neuer Produkte. Innerhalb der Hauptversammlung wurden drei Vortr~ge fiber Verbrauch~forschung gehalten von Bartels, Wiesbaden, ,,Ziele und Grenzen der Verbrauchsforschung", Sobotsehinski, Wiesbaden, ,,Neue Methoden der amtlichen Verbrauchsforschung", Behrens, Berlin, ,,Die private Verbrauchs267
forschung". Wesentliche Ziele der Verbrauehsforschung sind Untersuchungen fiber die Stellung des privaten Verbrauchs im Wirtsehaftsablauf und die Messung des Lebensstandards der BevSlkerung. Neben den Daten der Vergangenheit werden aueh Verbrauehsabsiehten und ihre Realisierung erforseht. Als optimale Erhebungstechnik hat sieh bei der amtliehen Verbrauchsforschung eine Kombination yon Haushaltsbfiehern, Interviews und laufender Betreuung durchgesetzt. Dureh Koordination der Einzelstatistiken soil ein Gesamtbild der wirtschaftlichen und sozialen Vorgi~nge gewonnen werden. Die moderne Verbrauehsforschung sieht nieht mehr den homo oeconomicus vor sich, sondern den homo habitualis; das Bild des ausschlieglich wirtschaftlieh handelnden Menschen, wie es am Anfang der Verbrauchsforschung stand, hat sich als wirkliehkeitsfremd erwiesen. Die neue Verbrauchsforschung erkennt den Menschen so, wie er in Wirkliehkeit ist. Hierbei sind gesellschaftliche Leitbilder ebenso bedeutsam wie der demonstrative Konsum. Zu den Grundeinsichten empirischer Verbrauchsforschung gehSrt die Untersuehung des Einflusses der Haushaltsstruktur auf das Verbraucherverhalten, ferner VermSgensbildung und Sparverhalten sowie Ausgabenplanung und Ausgabenrealisierung. Auf Grund der Untersuchung des Instituts ffir Markt- und Meinungsforschung der Freien Universiti~t Berlin kSnnen hinsichtlieh der VermSgensbildung und des Sparverhaltens vier Schichten unterschieden werden: Unterste Gruppe, bei der keine VermSgensbildung mSglich ist; Zweite Gruppe, bei der keine Bereitsehaft zum Sparen vorhanden ist; Dritte Gruppe sind die sogenannten Rfickgriffsparer, bei denen keine Daueransammlung yon VermSgen stattfindet; Vierte Gruppe, Akkumulationssparer. Ffir die Versicherungswirtschaft ist besonders wissenswert, dab das Versicherungssparen hier eine Sonderstellung einnimmt, denn es ist bei allen vier Gruppen eine sehr gleichm~Bige Streuung des Versicherungssparens festzustellen. Zu 2. Als zweites Thema der Hauptversammlung war gestellt ,,Die Grenzen zwischen Statistik und Okonometrie" mit den Referaten yon Streissler, Wien, ,,Was ist 0konometrie, was will sie und was hat sie bisher geleistet ?" und yon Gunzert, Frankfurt/Main, ,,Was erwartet die 0konometrie yon der Statistik ?" Naeh Streissler ist 0konometrie im weiteren Sinne die Theorie und Praxis der sekundiiren Messung wirtschaftlicher Phi~nomene mittels einer mathematisehen Transformation, die ausdrficklich den Zufallscharakter yon MaBgrSgen und/oder Messungsprozessen beriicksichtigt. Es ist ffir die 0konometrie typisch, daft sie die Endstufe eines mehrstufigen Messungsprozesses darstellt: Einzelzahl -I n d e x - 5konometrisehe Verwertung. Augerdem mug stets eine wiederholte Messung desselben Gegenstandes zugrunde liegen, denn nur in diesem Falle kSnnen Zufallsgleiehungen fiberhaupt aufgestellt werden. Erste Aufgabe der 0konometrie ist es, alte 5konomisehe Weisheiten empirisch zu fiberprfifen. Eine zweite Aufgabe liegt darin, der Theorie ungefiihre GrSBenvorstellungen fiber entscheidende volkswirtschaftliche Parameter zu vermitteln. Drittens ist die betriebswirtschaftliche Fragestellung in der 0konometrie erfolgversprechender als die volkswirtschaftliche, denn das Unternehmen weist in ann~hernd idealer Weise die Einheit des Planungssubjektes auf, die das 5konometrische Model1 fast immer impliziert. Schleeht geeignet ist zumindest die gegenwiirtige 0konometrie ffir Zwecke der Prognose. Der Grad der Unsehiirfe solcher Sch~tzungen kann oft sehr grog sein. Von Gunzert wurde besonders auf die Sehwierigkeiten der versehiedenen Begriffsbildung, ,,der logischen Diskrepanz", bei der theoretisehen 0konomie bzw. den Wirtsehaftswissenschaften und der Statistik hingewiesen. Zu den besonderen Wiinschen der 0konometriker an die amtliche Statistik gehSrt die Reehtfertigung des stoehastischen Charakters der verwendeten Gleichungen bzw. der in ihnen verwendeten statistisehen Daten. Als ein aktuelles Beispiel fiir die Schwierigkeit der Adiiquation 5konometrischer Begriffe nannte Gunzert die Ermittlung eines ,,wahren" Lebenshaltungskostenindex. Es tritt hier das Prinzip auf, wie sich ein Mensch zwischen mehreren Waren entscheidet. Man miigte Warenkorberhebungen in k/irzeren Abst/inden durchFfihren, da diese Entscheidungen in raseher Folge weehseln. Unrichtig ist es augerdem, eine Konstanz der Bedfirf268
nisse anzunehmen. Die aul3erordentlichen Schwierigkeiten der Zusammenarbeit zwischen 0konometrie und Statistik wurden yon Gunzert scharf, aber wohl treffend formuliert: ,,Es gibt Gelehrte, die nur deshalb fiber den Dingen sind, weft sie nicht in den Dingen sind." Zu 3. In der gemeinsamen Sitzung der Ausschfisse ,,Anwendung statistischer Methoden in der Industrie" und ,,Aussehuf fiir neue statistische Methoden" behandelten Miinzner, Berlin, ,,Probleme der Konzentrationsmessung", Stsgemann, Berlin, ,,Statistische Methoden zur Messung des Arbeitsplatzwechsels", Gunzert, Frankfurt/Main, ,,MSglichkeiten und Grenzen einer Prognose der Produktion der Kraftfahrzeugindustrie in der Gegenwart" und v. Dohnanyi, Mfinehen, ,,Die Segmentanalyse als Werkzeug der Automobilprognose". Miinuner wies darauf hin, dab die meisten Methoden der Konzentrationsmessung auf der Verteilung 5konomischer Einheiten auf die zugeh6rigen Merkmalstriiger beruhen und entweder aus Kurven oder aus Konzentrationsmal]en bestehen. Die Ursaehe dafiir, dab diese Methoden in manchen F/illen, z. B. bei der Messung der Betriebs- und Kapitalkonzentration, in den einzelnen Wirtschaftszweigen nicht anwendbar sind, liegt darin, dab eine brauchbare Definition der vSlligen Nichtkonzentration noch fehlt. Diese kSnnte bei Gleiehverteilung aller 5konomischen Einheiten auf die vorhandenen Merkmalstr/~ger angenommen werden, wozu es noch der Anzahl der Merkmalstr~ger bedarf, auf die die 5konomischen Einheiten gleich verteilt sein miissen, damit der untere Fixpunkt der MeBskala einwandfrei festgelegt werden kann. Der obere Fixpunkt, die vollst~ndige Konzentration, ergibt sieh, wenn s~imtliche 8konomischen Einheiten auf einen Merkmalstr~ger vereinigt sind. Miinzner legte ein neues KonzentrationsmaB dar, das mit dem Ginichen Konzentrationsverhiiltnis verwandt, ihm aber durch seinen durchsichtigeren Aufbau fiberlegen ist. Stegemann bezeichnete den Arbeitsplatzwechsel als betrieblichen Personal-Umschlagsprozef. Zur Ermittlung des Umfangs des Arbeitsplatzwechsels werden meist statistische Verh/~ltniszahlen, sogenannte Arbeitsplatzwechselziffern, ermittelt, wobei je nach den in Beziehung gesetzten statistischen Massen die verschiedensten Berechnungsverfahren angewendet werden. Es ist insbesondere zu unterscheiden zwischen Messung der H/iufigkeit des Arbeitsplatzwechsels und des Grades der Belegschaftsstabilit/it. Zur Messung dieser GrSfen wird auch die Konstruktion yon Belegschafts-Abgangsordnungen bzw. yon Verbleibenden-Tafeln angewandt. Hier werden analoge Methoden zugrunde gelegt wie bei der Aufstellung von Sterbetafeln. Die mittlere BetriebszugehSrigkeitserwartung entspricht z.B. der mittleren Lebenserwartung. Natfirlich ist diese Methode nur ffir sehr grofe Betriebe anwendbar, da eine Zusammenfassung grSferer Zeitr~ume wegen der starken Ver/~nderungen nicht mSglich ist. Die Wahrscheinlichkeiten des Arbeitsplatzwechsels kSnnen sich starker und bedeutend schneller ver/indem als die Sterbenswahrscheinlichkeiten. Gunzert beschr~nkte seine Betrachtungen auf die Prognosen ffir Personenkraftwagen. Er unterschied dabei Trend-Projektionen und Prognosen auf Grund 5konometrischer Analysen. Von besonderer Bedeutung ist die empirische Nachfrageanalyse, die dureh Verhaltensforschung zu erg/inzen ist. Die Grenzen der Prognose liegen in den Besonderheiten des Marktes ffir Kraftfahrzeuge, n~mlich in seiner Un_homogenit~t sowie in der Unsieherheit fiber die HShe der Ersatzbesehaffungen. Eine detafllierte ,,Absterbeordnung" ist nur in ersten Anf/ingen gegeben. Abschliefend bemerkte der Referent, d a f die Bestimmungsgriinde der Nachfrage so vielschichtig untereinander verbunden sind, daft hSchste Vorsicht bei langfristigen Prognosen geboten ist, insbesondere auch deshalb, weft ein grol3er Tell der K~ufer durch aullerSkonomische Motive an den Markt herangefiihrt wird. ,,Das Auto ist kein Verkehrsmittel, sondern ein Symbol der Wfinsche." v. Dohnanyi ffihrte aus, dal3 in dem yon der Kraftfahrzeugindustrie gegriindeten Institut Arbeitsmethoden ffir die Automobil-Prognose entwickelt werden, die der Komplexitat der Kraftfahrzeugnachfrage gereeht zu werden suchen. An Hand yon graphischen Darstellungen, Tabellen und Schemata wurde ein (~berblick fiber die Vertl/iltnisse am Automobilmarkt gegeben. Es spielen dabei sowohl Methoden quantitativer Natur sowie auch qualitative Daten eine Rolle. Wesentlicher Grund ffir die Anschaffung neuer Fahrzeuge sei der Trend nach grOl3eren Fahrzeugen. Die durchschnittliche Lebensdauer der Fahrzeuge lag im Jahre 1960 bei fund elf Jahren. Neben dem Zuwachs an neuen Wagen mug auch die GrSfe des Austausches beriicksichtigt werden. Ffir 1960 haben die Untersuchungen des Instituts ergeben, dab nut 40o/0 der bisherigen Nicht-Besitzer neue Wagen kaufen. Ffir den 269
Marktanteil der einzelnen Firmen sind die wichtigsten Faktoren das H/indlernetz und der Kundendienst. Der Markenwechsel wird von vielen Autobesitzern besonders in oberen Pkw-Klassen als ein Brueh mit der eigenen Tradition empfunden.
Zu 4. Im UnterausschuB II ,,Innerbetriebliche Statistik" wurden zwei Vortr~ge gehalten. Du Vivier yon der OECD Paris sprach fiber das Thema ,,Input--Output-Untersuchungen in internationaler Sicht". An Stelle von Wagenfiihr (verhindert) referierte Grotius vom Sta~istischen Amt der Europ~ischen Gemeinschaften fiber das Thema ,,Zur Methodologie des internationalen Industriezensus 1963". Einleitend bemerkte Du Vivier, dab die I n p u t - Output-Rechnung eine Technik darstellt, deren Bedeutung dureh die Entwicklung leistungsf~,higer elektronischer Rechenanlagen neuerdings sehr zugenommen hat. Die Input -- Output-Tabellen, auch Matrizen genannt, kSnnen ffir Prognosezwecke dienen. Eine wichtige Verbesserung stellen die sogenannten ,,Dreieektabellen" dar. Ziel dieser Methode ist es, die einzelnen Industriezweige so anzuordnen, daft jeder Sektor der Tabelle nur von nachgeordneten Sektoren beliefert wird. Der Vorzug der Input -- Output-Methode beruht unter internationalen Gesichtspunkten vor allem darin, dab eine gemeinsame Sprache ffir Vergleiche gefunden werden kann. Es wird von dem Vortragenden vorgesehlagen, ein Input -- Output-Handbuch zu entwickeln, das sich mit Fragen der internationalen Vergleichbarkeit besch~ftigt. Einen groBen Fortschritt werde voraussichtlich der Industriezensus bringen. Zur Methodologie des Industriezensus 1963 erw~hnte Grotius einleitend, dab 1962 das Jahr der Zwischenbilanz ffir die EWG sei und diese nun in die zweite Phase eintritt, in den I3bergang vonder Theorie zur Praxis. Die Entwicklung vergleichbarer Unterlagen ffir die EWG-Staaten hiilt bisher nicht Schritt mit dem wirtschaftspolitischen IntegrationsprozeB. Sowohl die statistischen Mittet, die fiir die Konjunkturanalyseyon der Industrie- und Handwerksstatistik zur Verfiigung zu stellen sind, als auch die Strukturstatistik sind Teile einer langfristigen Programmierung des Statistischen Amts der EWG, die sich auch auf die mit dem Industriezensus 1963 zusammenh/ingenden Fragen erstrecken. Prinzip ist, dab die erforderlichen Angaben entweder mit Hilfe eines allgemeinen Industriezensus oder durch Erweiterung laufender Statistiken von den einzelnen EWG-Staaten gewonnen werden. Trotz Anwendung solch verschiedener Methoden mfissen die Ergebnisse vergleichbar werden. Besondere Probleme stellen noch die Aufbereitungs- und VerSffentlichungsarbeiten. In der Mitgliederversammlungwurde vom Vorsitzenden der Deutschen Statistischen Gesellschaft, Fiirst, fiber das abgelaufene Gesch~ftsjahr berichtet. Er betonte, dab die Hauptaktivit/it der Gesellsehaft in der Herausgabe des statistischen Archivs und der Planung der zukiinftigen Arbeiten einschliei~lich der T/itigkeit der Ausschiisse liege. Die n/~chste Jahreshauptversammlung soll in Bonn sein, und zwar vom 9. bis 11. Oktober 1963. Es besteht Einigkeit darfiber, dab in der Hauptversammlung kiinftig nur ein Thema erSrtert werden soil, da sich sonst eine [Jberlastung ergibt. In Aussicht genommen ist die Behandlung des Themas ,,Einkommensstatistik". Im Rahmen der ausgedehnten Tagung, die in der KongreBhalle stattfand, wurde eine eindrucksvoile Stadtrundfahrt veranstaltet, und der Senat der Stadt Berlin hatte zu einem Empfang im Ratskeller des Rathauses SchSneberg geladen. Paula Sehweiger (Karlsruhe) F. A. EX~nLAD: The S t a t i s t i c a l M e t h o d in B u s i n e s s ; Verlag John Wiley & Sons., Inc., London, 1962, 791 S., 64/-- sh. Das Bueh ist naeh den Worten des Verfassers als Einfiihrung in die betriebs- und volkswirtsehaftliehe Statistik gedacht. Aus dem Untertitel ist zu ersehen, dalt es dem Verfasser darauf ankommt, insbesondere die Anwendung der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Theorie der Prognosen wirtsehaftlieher und anderer Vorgiinge darzustellen. Die statistische Methode wird als der einheitliehe Denkorganismus angesehen, der sich mit dem menschlichen Grundproblem der UngewiBheit und damit verbunden mit der Frage der Entseheidung und des Risikos befatt. Der Naehdruek liegt auf ,,Denksystem" und nieht darauf, eine m0glichst umfangreiche Sammlung verschiedener Verfahren zu bieten. Damit ist der Grundtenor des Buehes angegeben, das as seinen Lesern nieht leicht macht und fiberall die Problematik aufzeigt, um so ein tieferes Verstiindnis der Zusammenhiinge zu erreiehen. Der mathematisehe Apparat tritt mit Absieht etwas zurfick, da dem Leser zu 270
der fundamentalen Schwierigkeit des logischen Begreifens nieht noch besondere mathematische Schwierigkeiten bereitet werden sollen. Trotz seines Einffihrungscharakters wird in dem Buche der Problematik des Themas nicht ausgewichen, d.h. den in der Natur der Sache liegenden verschiedenen AnsatzmSglichkeiten. Die statistische Methode wird in dem vorliegenden Werk als integrierender Bestandteil der altgemeinen Frage herausgestellt, wie Menschen Kenntnisse erwerben und sie nutzen. Neben der Einfiihrung in die Elemente der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden die analytischen Hilfsmittel dargestellt, die zu den verschiedenen Verteilungsformen ffihren. Der Verfasser behandelt neben der Normalverteilung u. a. die Binomialverteilung, die Poissonverteilung sowie die •2. und die t-Verteilung. Einen breiten Raum nimmt die Frage der Schliisse auf kfinftige Stichproben aus gegebenen Informationen fiber vergangene Stichproben ein. Dieses allgemeine Problem schlieBt als Spezialf~lle die zwei traditionellen Probleme ein: Schlul] von einer bekannten Grundgesamth e r auf eine Stichprobe und RfickschluB von einer bekannten Stichprobe auf die Grundgesamtheit. Eine Einffihrung wird fiber die Verwendung von Vorhersagen aus Zeitreihen gegeben. Es wird hierbei eine rationale Grundlage entwickelt, um den Grad der UngewiBheit in einer Vorhersage abzusch/~tzen. Sehr ausffihrlich werden die Probleme der statistischen Methode an reichlich und interessant ausgew~hlten Beispielen aus dem Bereich der Glficksspiele und des Gesch/iftslebens dargestellt. Im Text sind zur Erl~uterung der gegebenen Beispiele viele Tabellen und grafische Darstellungen enthalten, die sehr instruktiv sind und auch die einzelnen Schritte, die zum Ergebnis ffihren, berficksichtigen. Im Anhang sind ausffihrliche numerische Darstellungen ffir die verschiedenen Verteilungsformen (auch Z2- und t-Verteilung) sowie eine Tafel der Fl~cheninhalte und Ordinaten der Normalverteilung wiedergegeben. Alles in allem ein Werk, das durch fiberaus grfindliche und auch philosophische Behandlung des Themas sowie seine gute Ausstattung in besonderer Weise Anerkennung verdient. Der Mathematiker k6nnte allerdings stellenwcise eine ausffihrlichere mathematische Begrfindung wfinschen, aber dies wfirde wohl die Grcnzen des Buches tiberschreiten. Hans G/irtner (Karlsruhe) S.S. WILKS: M a t h e m a t i c a l S t a t i s t i c s ; Verlag John Wiley & Sons, Inc., London, 1962,
644 S., 113/-- sh. WILKS hat in diesem Buch die schwierige Aufgabe unternommen, alle wesentlichen Gebiete der mathematischen Statistik in einem einzigen Band zu behandeln. Zusammen mit dem 19 Seiten langen Literaturverzeichnis gibt WILxS eine gl~tnzende (~bersicht fiber die gesamte Literatur fiir den mathematischen Statistiker. Die folgenden Kapitelfiberschriften lassen die Fiille des gebotenen Stoffes erkennen:
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
Preliminaries Distribution functions Mean values and moments of random variables Sequences of random variables Characteristic functions and generating functions Some special discrete distributions Some special continuous distributions Sampling theory Asymptotic sampling theory for large samples Linear statistical estimation Nonparametric statistical estimation Parametric statistical estimation Testing parametric statistical hypotheses Testing nonparametric statistical hypotheses Sequential statistical analysis Statistical decision functions Time series Multivariate statistical theory 271
Am Ende jeden Kapitels befinden sich zahlreiche Ubungsaufgaben, die den Stoff erg~nzen. Welter enth~lt das Buch ein ausgezeichnetes Register. Das Bueh behandelt die mathematische Statistik auf tier Stufe der modemen Wahrscheinlichkeitstheorie. Dabei setzt WILKS laut Einleitung zwar keine Vorkenntnisse der Wahrscheinliehkeitstheorie und Statistik voraus, aber eine gute mathematische Vorbildung (,,good undergraduate background"). Naeh der Auffassung des Referenten mug jedoeh der Leser zum vollen Verst~ndnis des mathematischen Aspekts des in Ftille gebotenen Materials fiber einige Kenntnisse der modernen Wahrscheinliehkeitstheorie (etwa Richters Buell: Wahrscheinlichkeitstheorie) oder wenigstens der MaStheorie verffigen. Zum Verst~ndnis des statistischen Aspekts sind gewisse statistisehe Vorkenntnisse unerl~l~lich (etwa Pfanzagls GSschenbKndehen: ,,Allgemeine Methodenlehre der Statistik", Teil II) 1). Um Beispiele anzugeben, sei im einzelnen dazu bemerkt: Bei der Definition des Wahrscheinliehkeitsfeldes wird nur vorausgesetzt, da$ die Wahrscheinlichkeit auf einem KSrper definiert ist (S. 11). Dabei benStigt man ffir die Definition der zuf~lligen GrSBe auf S. 19, alas die Wahrscheinlichkeit auf einem a-KSrper definiert ist. Auf S. 345 fragt sieh der Leser, wie die Funktion 0~ log dF (x; vq) definiert ist. Auf S. 351, Absatz 2 und S. 352, Absatz 2 werden zwei verschiedene Definitionen yon ,,efficient" gegeben. Die statistische Bedeutung der Definition der verteilungsfreien Toleranzgrenzen auf S. 334 kann der Leser ohne Vorkenntnisse nur erahnen. Im ganzen gesehen ist jedem mathematischen Statistiker die Anschaffung des Buehes zu empfehlen, da es das einzige Buch ist, das auf diesem Niveau alle wesentlichen Gebiete der mathematisehen Statistik behandelt und im fibrigen auf speziellere Arbeiten verweist. Leider ist das Bueh zum ersten Studium der mathematisehen Statistik nur beschr/~nkt geeignet. Rudolf Borges (KSln) I. ESENWEIN-RoTHE: W i r t s e h aft s s t a t i s t ik ; Betriebswirtsehaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden, 1962, 344 S., 27,60 DM (Gebunden 29,80 DM). In der Reihe B ,,Die Wirtschaftswissenschaften" (Volkswirtschaftslehre), Herausgeber Prof. GUTENBERG,ist dieses umfassende Werk ersehienen. Hervorzuheben ist, dab darin der grundlegenden Wandlung der Wirtsehaftsstatistik, die sich in den letzten Jahren mehr und mehr durchgesetzt hat, Rechnung getragen wird. W/ihrend sich nach der alten Auffassung das Wesen der Wirtschaftsstatistik in der Darlegung der statistischen Methode und Technik erschSpft hat, die auf den einzelnen Teilgebieten der Wirtschaftsforschung angewendet werden, erstrebt die moderne totale Deutung eine aUumfassende Betrachtung des volkswirtschaftlichen Prozesses. Den Grundgedanken hierzu hatte bereits Qu~.Sl~Er in der Mitte des 18. Jahrhunderts mit dem Tableau Economigue, das aber u.a. an dem damals fehlenden Zahlenmaterial scheitern mugte. Erst durch den 1. und insbesondere 2. Weltkrieg ist die neue Methode immer weiter ausgebaut worden und es zeigt sich, ,,wie tragfahig die wissensehaftliehe Konzeption einer makroSkonomisch orientierten Wirtsehaftsstatistik gewesen war". Das vorliegende Buch ist als ein Versueh zu werten, die Wirtschaftsstatistik nach diesem Systemgedanken aufzubauen; die Kapiteleinteilung ist entsprechend gew/~hlt und gibt darfiber hinaus auch den aktuellen Stand der statistischen und wirtschaftspolitisehen Diskussion. Nachdem einleitend die wissenschaftssystematische Stellung der Wirtschaftsstatistik, ihre praktische Bedeutung und ihre Trager dargestellt werden, folgen entsprechend der zu Grunde liegenden Systematik ffinf Kapitel. Das 1. Kapitel, Erwerbst/itige BevSlkerung, bringt die begriffliche Klarstellung einzelner Konzeptionen der Statistik fiber ErwerbsbevSlkerung und Erwerbstatigkeit mit dem Erwerbspel~onen-Konzept, dem Labour-Fore-Konzept mit Erfassung des Arbeitskraftevolumens gemag den 0EEC - Empfehlungen, dem Arbeitsmarkt- und BelegschaftsKonzept. Im 2. Kapitel werden die Struktur der produzierenden Wirtschaft mit der kategorialen Gliederung der Wirtschaft, der funktionalen und fachlichen Zuordnung der Einheiten zu Bereichen, 1) Vergleiche diese Zeitscbrift, Bd. V, Heft 4, S. 521. 272
der BetriebsgrfBen-Gtiederung und der Grunds~tze der soziologisehen Gliederung der Wirtsehaft abgehandelt sowie die Erhebungsteehnik und der Aussagewert bei Strukturstatistiken der verschiedenen Wirtschaftszweige und -bereiche. Das 3. Kapitel bringt die sogenannte ProzeBstatistik, die die Leistung der produzierenden Wirtschaft zum Gegenstand hat. Hierbei werden den bisher gebr/~uchlichen Systematiken und den Bemiihungen um eine einheitliche volkswirtschaftliche Grundsystematik ausfiihrliche Darlegungen gewidmet. Die verschiedenen Arten der Produktionsund Umsatzstatistik werden dargelegt. Das 4. Kapitel besch/~ftigt sich mit der Preisstatistik, wobei die Struktur, das Niveau und die Veri~nderung yon Preisen fiir Giiter, Leistungen und Rechte behandelt werden. Von der Verfasserin wird darauf hingewiesen, dal~ die Preisstatistik zunehmendes Interesse im Hinblick auf die zwischenstaatliche Zusammenarbeit Broiler Volkswirtschaften gcwinnt. Das letzte Kapitel hat die wit~schaftlichen Einkiinfte zum Gegenstand. Die kategoriale und prozessuale Gliederung der Einkommensarten, Vergleichbarkeit und Vergleich in der Einkommensstatistik, Erhebungstechnik und Aussagewert der Ergebnisse amtlicher Einkommensstatistiken werden dargestellt. AbschlieBend wird bemerkt, daB die breit ausgefiicherte Lohnstatistik nicht vergessen machen daft, dab den Einkiinften aus Unternehmert~tigkeit und Vermfgen, die etwa 1/3 des gesamten versteuerten Einkommens ausmachen, das derzeitige deutsche Erhebungsprogramm nicht gerecht wird, dab aber anregende Momente von den Anforderungen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auch hierbei ausgehen dfirften, um diese Liicke zu schlieBen. Ein Literaturverzeichnis, das durch die Einteilung nach den Kapiteln des Buches an l~bersichtlichkeit gewinnt, sowie ein Namens- und Sachregister schlieBen das Werk ab, dessen Studium allen an moderner Wirtschaftsstatistik Interessierten empfohlen werden kann. P. FLASKAMPER: B e v f l k e r u n g s s t a t i s t i k ; Verlag Richard Meiner, Hamburg, 1962, XVI, 496 S., 48,--DM (Leinen 56,-- DM). Im Rahmen des Grundrisses der sozialwissenschaftlichen Statistik yon Flaskdmper ist der Teil I, Allgemeine Statistik im Jahre 1944 in erster Auflage erschienen. Vom Teil I], Besondere Statistik ist im Jahre 1962 der Band l, Bev61kerungsstatistik herausgekommen; ein Band 2, Wirtschaftsstatistik ist geplant. In dem vorliegenden Band Bevflkerungsstatistik bemerkt Flaskiimper, dab es in der deutschen Literatur bis jetzt nur ganz wcnige neuc systematische Darstellungen fiber diesen Gegenstand gibt. Auch diese entsprechen--obwohl erst zu Beginn der 50 er Jahre erschienen -- bei der rasch fortschreitenden Entwicklung der Statistik, aueh der Bevflkerungsstatistik, in manchen Tcilen nicht mehr dem neuesten Erkenntnisstand. Flaskdimper 15st sich in seinem Werk vonder fiblichen Zweiteilung der Bevflkerungsstatistik in die Statistik des Bevflkerungsstandes und die Statistik der Bevflkerungsbewegung durch Vorausnahme einer ,,Numcrischen Beschreibung der F1/iche" als I. Teil und durch Hinzufiigung einer ,,Zusammenfassenden Betrachtung des Bevflkerungsproblems" als IV. Teil. Wenn auch die Quantit/it die Rangordnung dieser vier Teile nicht kennzeichnen kann, so ist es nicht nur ein iiulteres Merkmal, dab der I. und IV. Teil zusammen nur rund 40 Seiten ausmachen, wf~hrend sich die beiden anderen Teile fiber fast 400 Seiten erstrecken. Flaskiimper weist selbst darauf hin, dab der synthetische Gesichtspunkt (also Tell IV) schon bei der getrennten Besprechung des Bevflkerungsstandes und der Bevflkerungsbewegung im Hintergrund steht; eine Eingliederung h~itte sich also leicht ergeben. Die Herausstellung der F15che als selbstst~ndigen'yeilder Bevflkerungsstatistik ist bei Flaskgmper tieferliegend begrfindet, da er sich n~mlich davon absentieren will, dab es in der sozialwissenschaftlichen Statistik in erster Linie auf Ergebnisse ankommt, die mit den Methoden der Wahrscheinliehkeitsreehnung oder auch nur unter Zugrundelegung des Wahrscheinlichkeitsgedankens gewonnen sind. Seine Auffassung, dab sehr h/iufig eine zahlenm/illige Beschreibung ausschlaggebend ist, mutet wie ein Naehklang der v. MAY~'schen Schule der Stoffund Begriffsstatistik an und diirfte die moderne statistische Methode zu eng sehen. Man mug es daher dem Verfasser besondcrs werten, dab er in einem Anhang ,,Erg/inzende mathematische Ausfiihrungen" bringt, l%echt instruktiv ist die einleitend gegebene Darstellung der grol3en Inventuraufnahmen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, die leider schon mit dem Jahre 1952 endet, sowie die Angabe der Quellenwerke der sozialwissenschaftlichen Statistik nach deren verschiedenen Tr~gern. Im Rahmen des Bevflkerungsstandes werden Methoden und Technik der Erfassung, Beziehung zwischen Bevflkerung und F1/~chemit verschiedenen Charakteristiken und zahlenm/iBigen Ergebnissen des In- und Auslandes dargestellt. Schade ist es, dab -- erkl/irbar aus der erwi~hnten Ein273
stellung Flaskdmperszu den modernen statistischen Methoden -- der Mikrozensus, dieses neueste Instrument fiir das Studium der sozioSkonomischen Verh/£1tnisse auf reprKsentativer Basis (Stichprobe) zu kurz wegkommt. AuBerdem konnte die Einarbeitung des Makrozensus von 1961 wohl nicht mehr vorgenommen werden. Die BevSlkerungsbewegung umfaSt Methoden und Einteilung, die Statistik der Ehesehliel3ungen und der EhelSsungen, der Geborenen, der Gestorbenen mit besonderer Beriicksichtigung der Si~uglingssterblichkeit, eine Darstellung der Reproduktionskraft einer BevSlkerung und die Statistik der Wanderungen. Ein besonderes Kapitel handelt fiber Sterbetafeln, was den Leserkreis unserer BLATTER interessieren dfirfte, wenn auch die naturgem~l] gedr/ingte Darstellung kein Ersatz, sondern nur Grundlage fiir ein Spezialstudium sein kann. Bei der zusammenfassenden Betrachtung des BevOlkerungsproblems wird ein Rfickblick auf die BevSlkerungsentwicklungin der Vergangenheit und Voraussch/itzungen derselben in die Zukunft gegebeu; auBerdem sind als bevSlkerungsstatistische Teilgebiete die BevSlkerungsverluste der beiden Weltkriege, die Vertriebenen- und Flfichtlingsstatistik behandelt. Ein Namens- und ein Sachverzeichnis schliel]en das Werk ab. Die Knappheit des letzteren wird dureh eine sehr ausfiihrtiche Inhaltsfibersicht, der noch ein Verzeiehnis der Tabelten und der Abbildungen angeffigt ist, nicht nachteilig f~hlbar. Im ganzen handelt es sich um ein Werk, das zur SchlieBung der Lficke in der grundlegenden bevSlkerungsstatistischen Literatur beitriigt. Paula Schweiger (Karlsruhe)
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