M . Harmann, M. A. Pabst,
Dohr
Zytologi~,
Histolog•e und Mlkroskl>pische Anatomie licht- und elektronenmlkroslcoplscher Bildatlas lnld. Obungs-DVD
Zytologie, H1stologte und Mikroskopische Anatomte Institut fOr Zellblolog1e, Histologie und Embryologie Medizinische Universität Graz Der Bildatlas 1st e1n interaktives Lernprogrammtor Studentinnen der Med1zm. MedtZ•msch Technische Analytikertnnen und Ätztlnnen. Oie lichtmikroskopischen Aufnahmen stammen b1s auf wenige Ausnahmen von Hämatoxy1m-Eosin (H.E.}gefärbten Präparaten. Angegebene VergrOßerungen beziehen sich auf das zur Aufnahme verwendete Objektiv.
'
Autorinnen Mlchaele Hartmann Mana-Anna Pabst Gottfried Oohr Technische Assistenz
Rudo4f Schmied Hans-Chnshan Caluba Wir danken Astrid Blaschitz, Elisabeth Bock , lrmgard Ghassempur, Sabine Richter und Margarethe Wagnertor d1e Anfertigung der histologischen Präparate sowte Herrn Ao Univ -Prof. Or. Albert WOfler (Universitatskbnik tor Innere MediZin, Klinische Abtedung fOr Hämatolog18) fur dl8 BereitStellung der Knochenmaf1(sausstnche
Allen Menschen. deren Gewebe zur Herstellung histologischer Präparate verwendet wurde, danken Wir respektvoll.
Systemvoraussetzungen IBM-kompatibler PC mit Pentium II Prozessor ab 400 Mhz ab Windows 95 64MBRam 24 lach CO-Rom und OVO Laufwerk VGA-Monitor, AuflOsung 800x600 (High Color, 16 Bit) Maus
Achtung: COs und OVO selbststartend, im Programm Schaltflichen, Pfeile und Bilder nur einmal m it der Maus anklicken, in Abhängigkelt der Geschwindigkeit von Rechner, CD und DVD Laufwerk wird die Seite geladen. (Kann einige Sekunden daueml) Info: Es können auch langsamere Rechner verwendet werden, Ladezeit entsprechend länger! Keine Haftung fOr Folgeschäden: Der Hersteller d ieser CDs und DVD haftet keinesfalls für d irekte oder Indirekte Schäden , gleich welcher Art, welche durch die Anwendung dieses Programms entstehen können.
M. Hartmann, M.A. Pabst, G. Dohr R. Schmied, H.-C. Caluba
Zytologie, Histologie und Mikroskopische Anatomie Licht- und elektronenmikroskopischer Bildatlas
5., überarbeitete Auflage
inkl. Übungs-DVD
facultas.wuv
Autorlnnen:
Ass.-Prof. Dr. med.univ. Mic haele Hartmann Univ.-Prof. i.R Mag. Dr. rer.nat. Maria-Anna Pabst 0. Univ.-Prof. Dr. med.univ. Gottfried Dohr Technische Assistenz:
Rudolf Schmied, BMA Hans-Christlan Caluba (ehem. Mitarbeiter) Institut für Zellb1olog1e, Histologie und Embryologie, Medizmische Universität Graz
B1bhografische Information der Deutschen Nallonalblbhothek D1e Deutsche Nallonalb1bliothek verzeichnet d1ese Pubhkalion '" der Deutschen Nahonalblbliografie, detaillierte bibliografische Daten s1nd 1m Internetuber hhp1/dnb d-nb de abrufbar
5 , Oberarbettete Auflage 2011 Copynght Cl 2002 Hartmannet al., lnst1tut fur H1stolog1e und Embryolog•e. Ka~-Franzens-Un1versttat Graz Alle Rechte. Insbesondere das Recht der Verv1elfältJgung und der Verbrettung sowie das Recht der Übersetzung, stnd vorbehalten. Druck Facultas Ve~ags- und Buchhandels AG CD-Rom-ProduktiOn d1scexpress W1en Pnnted 1n Austna ISBN 978-3 7089-0682-9
Seite 1 ZYTOLOGIE 1 Zelle 1.1.Zellmembranen 1.2.0berflächend ifferenzierungen 1.2.1 Mikroplicae 1.2.2 Mikrovilli 1.2.3 Stereozilien 1.2.4 Kinozilien 1.2.5 Geißel 1.2.6. Crusta 1.2.7. Vergrößerungen derbasolateralen Membranoberfläche 1.3 Zytoskelett 1.31 Aktinfilamente 1.3.2 Mikrotubuli 1.3.3 Zentrosom, Zentriol 1.3.4 Intermediärfilamente 1.4 Zellkontakte 1.4.1 Haftkontakte 1.4 2 Verschlusskontakte 1.4 3 Kommunikationskontakte 1.5. Zellorganellen 1.5.1 Mrtochondrien 1.5.2 Endoplasmatisches Retikulum und Ribosomen 1.5.3 Golgi-Apparat 1.5.4 Lysosomen 1.5.5 Peroxisomen 1.6 Transportprozesse 1.6 1 Endozytose 1.6 2 Exozytose 1.6 3 Transzytose 1.7 Zytosol 1.7.1 Glykogenpartikel 1.7.2 Lipidtropfen 1.7.3 Eiweißkristalle 1.7.4 Pigmente 1.7 5 Proteasomen 1.8 Zellkern 1.9 Zelltod HISTOLOGIE und MIKROSKOPISCHE ANATOMIE GEWEBE und ORGANE 2 Epithelgewebe 2.1 Oberflächenepithel 2.1 1 einschichtige Eprthelien 2 .1.2 mehrschichtige Epithelien 2 1.3 Übergangsepithel (Urothel) 2.2 Dniseneprthei!Drusen 2.2.1 exoknne Drüsen 2.2.2 endokrrne Drüsen 3 Binde- und Stützgewebe 3.1 Bindegewebe 3.1 1 Bauelemente des lockeren kollagenen Bindegewebes 3.1 2 Brndegewebsformen 3.2. Knorpelgewebe
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r.> Hartmann er al lnst•lut fur Zellb•olog•e. H1s1olog•e und Embryotog•e. Med•z•msche Umvers•tat Graz
Seite 2 3.2.1 Hyaliner Knorpel 3.2.2 Elastischer Knorpel 3.2.3 Faserknorpel 3.3. Knochengewebe 3.3.1 Geflechtknochen (Faserknochen) 3.3.2 Lamellenknochen 3.3.3 Knochenbildung 4 Muskelgewebe 4.1 Skelettmuskulatur 4.2 Glatte Muskulatur 4.3 Herzmuskulatur 5 Herz 6 Nervengewebe 6.1 Nervenzellen (Neurone) 6.2 Gliazellen 7 Nervensystem 7.1 PNS 7.1.1 Nerven 7.1.2 Ganglien 7.2 ZNS 7 .2.1 Rückenmark 7.2.2 Großhirn 7.2.3 Kleinhirn 7.2.4 Hirnhäute 8 Blutgefäße und Lymphgefäße 9 Blut und Blutbildung 9.1 Blutausstrich 9.2 Knochenmark 9.2.1 Knochenmarksausstrich 10 Lymphatische Organe 10.1 Tonsillen 10.1.1 Tonsilla palatine 10.2 Lymphknoten 10.3 Milz 10.4 Thymus 11 Endokrine Organe 11 .1 Hypophyse 11 .2 Epiphyse 11 .3 Schilddrüse 11.4 Epithelkörperchen 11 .5 Nebenniere 12 Respirationstrakt 12 1 Nasenhöhle 12.2 Rachen 12.3 Kehlkopf 12.4 Trachea 12.5 Lunge 13 Harntrakt 13 1 Niere 13 2 Ablettende Harnwege 13 2.1 Ureter 13.2.2 Harnblase 13.2.3 Urethra Cl Hartmann et al lnstolUI fur ZeDboolog1e, H1slolog e und Embryologoe. MediZiniSche Umversrtal Graz
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Seite 3 14 Männliche Geschlechtsorgane 14.1 Hoden 14.2 Nebenhoden 14.3 Ductus deferens 14.4 Samenblase 14.5 Prostata 14.6 Penis 15 Weibliche Geschlechtsorgane 15.1 Ovar 15.2 Tuba uterina 15.3 Uterus 15.4 Vagina 16 Plazenta 16.1 Bauelemente der Plazenta 16.2 Reife Plazenta 16.3 Nabelstrang 17 Verdauungstrakt 17.1 Mundhöhle 17 .1.1 Speicheldrüsen 17.1.2 Zunge 17.1 .3 Gaumen 17 .1.4 Zahne 17.2 Ösophagus und Magen-Darmkanal 17.2 1 Ösophagus 17.2.2 Magen 17.2 3 Dünndarm 17.2.4 Dickdarm 17.3 Pankreas 17.4 Leber und Gallenblase 18 Haut und Hautanhangsgebilde 18.1 Haut 18.2 Hautanhangsgebilde 18.2.1 Schweißdrüsen 18.2.2 Duftdrüsen 18.2.3 Talgdrüsen 18.2.4 Brustdrüsen 18.2 5 Haare 18.3 Differenzialdiagnose verschiedener Hautpräparate 19 Augenlid und Auge 19.1 Augenlid 19.2 Auge
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Anmerkungen· 01e Abbildungen m der vorhegenden Broschure smd nur e•ne Auswahl von Blidem. die m der C01 und C02 enthalten s1nd Allen Menschen. deren Gewebe zur Herstellung h1stolog1scher Präparate verwendet wurde. danken wir respektvoll ~ Hartmann
et al. , lnst•tut fur Zellbtolog•e. H•stolog•e und Embryologie Mediz•n•sche UnrverSitat Graz
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ZYTOLOGIE 1 Zelle Eine Zelle besteht aus einem Zellleib (Zytoplasma) und einem Zellkern. Das Zytoplasma beinhaltet das Zytosol, Zellorganellen und das Zytoskelett. Der Zellleib ist von der Zellmembran (Piasmamembran) umgeben, der Zellkern von der Kernmembran.
1.1 Zellmembranen Jede Zelle wird an ihrer Oberfläche durch eine Zellmembran (Piasmamembran, Plasmalemm) begrenzt. Diese besteht im Wesentlichen aus polaren Lipiden (hauptsächlich Phospholipiden) und Protemen. Phospholipidmoleküle bilden eme flexible Doppelschicht, wobei die hydrophilen Anteile der Moleküle nach außen weisen, während ihr jeweiliger hydrophober Molekülanteil das Innere der Doppelschicht bildet. Diese Lipid-Doppelschicht bildet die Grundstruktur von biologischen Membranen. Sie muss flexibel sein, sich zum Beispiel Formveränderungen der Zelle anpassen können. Dazu müssen dte Lipidmoleküle innerhalb threr Ebene beweglich sem (Fluidität der Btomembranen). Cholesterinmoleküle innerhalb der Membran vermindern diese Fluidität, sie dienen der Verfestigung, Versteifung der Membran. ln die Lipid-Doppelschicht stnd Proteme eingelagert. Ein Teil der Proteine reicht durch die LipidDoppelschicht hmdurch (integrale Membranproteme), andere sind der Lipidschicht angelagert (penphere Membranprotetne). Die Membranproteine sind für die metsten Funkttonen der Membran verantwortlich. Sie fungieren als Strukturproteme, Enzyme, Kanäle, Transporter, Pumpen und als Rezeptoren (z.B. Endozytoserezeptoren. Hormonrezeptoren, Neurotransmitterrezeptoren, lmmunrezeptoren). Die Glykokalix ist Bestandteil der Plasmamembran. Glykolipide in der äußeren Ltpidschtcht tragen an ihrem nach außen weisenden Ende Zuckerketten, Oligosaccharide. Ebenso besitzen manche der integralen Membranproteine Zuckerketten (Glykoproteine, Proteoglykane), mit denen sie über die äußere Lipidsehtchi hinausragen können. Dte Gesamtheit aller dteser Zuckerketten an der äußeren Oberfläche der Plasmamembran wird als Glykokalix bezeichnet und 1st für jede Zellart charakteristisch. Neben der Zellmembran an der Oberfläche sind auch 1m Inneren der Zelle derartige Membranen vorhanden, die den Zellkern und eintge Zellorganellen (z.B. Mttochondrien, endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat, Lysosomen, Peroxtsomen) begrenzen Durch diese Membranen werden in der Zelle verschiedene Reakttonsräume oder Kompartimente geschaffen. Darstellung der Zellmembran Bet der Fixterung von Zellen mit Osmiumtetroxid steht man dte Ltpiddoppelschtcht tn Ultradünnschmtten 1m Transmissionselektronenmikroskop (bei starken Vergrößerungen) als zwei elektronendichte, dunkle Linien, die durch eine dazwischen liegende helle Zone voneinander getrennt smd (Abb. 1) Die Glykokalix erschetnt in solchen elektronenmikroskopischen SchmUbildern als filzarttge Auflagerung an der Außensatte der Zellmembran. Im Gefnerätzpräparat steht man dte Membranproteine als kleine, meist punktförmige Erhebungen aus der Lipidschicht herausragen. COI Hartmann et al • tnst11Ul fur Zellb10log1e, H1stolog1e und Embryologie, Med12on1sche Unlversltat Graz
Seite 6 Dte lichtmikroskopisch stehtbare Zellmembran ist ein Artefakt der Histotechnik. Dteser entsteht dadurch, dass sich Proteine des Zytoplasmas an die Membran anlagern und sie dadurch deutlicher erscheinen lassen.
1.2 Oberflächendifferenzierungen Jede Körperzelle hat speztfische Aufgaben zu erfüllen. tntt mit threm Umfeld - m1t anderen Zellen und mit dem Extrazellulärraum- in Wechselbeziehung, und besitzt dazu (neben ihrer Ausstattung mit bestimmten Rezeptoren und Kanalproteinen) speziell d1fferenz1erte Strukturen an ihrer Oberfläche. Viele Zellen sind polar dtfferenziert, msbesondere tnfft dtes auf Epithelzellen zu. An diesen Zellen kann ein apikaler von emem basalen Pol unterschteden werden. An den jeweiligen Bereichen der Oberflächenmembran (apikal, lateral und basal) finden sich unterschiedliche Differenzierungen
1.2.1 Mikroplicae sind kleine faltenförmige Aufwertungen der Oberflächenmembran. die - wie Mikrovilli Aktinfilamente enthalten und der Oberflächenvergrößerung dienen 1.2.2 Mikrovilli sind etwa 0,1 IJm dtcke, fingerförmige. 1-2 IJm lange Fortsätze an der aptkalen Zelloberfläche. die ebenfalls der Vergrößerung der Zelloberfläche dienen. Sie besitzen etn inneres Stützgerüst aus Aktinfilamenten. (Abb. 1) ln kleiner Anzahl finden Steh Mikrovtlli bei unterschiedlichen Zellarten, w1e zum Beisptel bei Endothelzellen, Lymphozyten oder Leberzellen. Manche dteser Mtkrovtlli stnd mogllcherwetse nur temporär vorhandene Strukturen. Bei Zellen, die vorrangtg 1m Dienste der Resorption stehen - Darmepithelzellen, Epithelzellen des Tubulus proximalis der Niere-, bilden Mikrovilli einen dtchten Rasen an der Zelloberfläche. 1n der Lichtmikroskopie als BOrstensaum bezetchnet Diese Mtkrovllli bes1tzen em 1nneres Stützskelett aus Aktmfilamentbundeln, dte von der Spttze der Mikrovilli bis in den apikalen Zytoplasmabereich retchen und hier 1n emem Filamentnetz (Terminal web) verankert sind. Ci Hartmann el al , lnslllul fur Zetlb!Oiog1e. H1Stologoe und Embryologoe MediZiniSChe Un•verSilal Graz
Seite 7 ln die vergrößerte Oberflächenmembran dieser Zellen sind für spezifische Resorptionsprozesse verschiedene Enzyme und Transportproleine eingebaut. Im Gefrierbruchpräparal treten sie als kleine Partikel in Erscheinung. An der Mtkrovilhmembran tsl eine besonders deutlich ausgebildete Glykokalix vorhanden. 1.2.3 Stereozilien sind ebenfalls fingerförmige, 0,2 ~m dicke und bis zu 10 ~m lange Fortsätze und besitzen - wie Mikrovilh- ein Btnnengerüst aus Akllnfilamenten. Samenweg-Stereozilien kommen an der apikalen Oberfläche der Epithelzellen des Ductus epididymidis und am Beginn des Ductus deferens vor. Sie bilden häufig Büschel, die aus einem gemeinsamen Sockel kommen können. Büschel solcher Stereozilien sind lichtmikroskopisch zu sehen. Innenohr-Stereozilien an Sinneszellen (Haarzellen) des Innenohres sind steife Stereozilien. Sie besitzen ein Skelett aus auffallend vielen, dicht gepackten Aktinfilamenten, die in einer sogenannten Kutikularplatte (entspricht dem Terminal web bei Epithelzellen) verankert sind. Sie sind sowohl am Hörvorgang als auch an der Funktion des Gleichgewichtsorgans beteiligt
1.2.4 Kinozilien (.,Flimmerhärchen") sind etwa 0,25 ~m dicke, bis 5 ~m lange, wimpernförmige Zellfortsätze. die mit einem axialen Mikrotubulus-Dynein-Bewegungsapparat schlagende Bewegungen ausführen können Epithelzellen mit vielen Kmozilien an der apikalen Oberfläche (Abb. 2) werden als Flimmerzellen bezeichnet. Sie kommen im Epithel der Atemwege, des Eileiters und der Ductuli efferentes des Nebenhodens vor. Jeweils ein Kinozilium ist an den Sinneszellen des Gleichgewichtsorgans im Innenohr vorhanden. Dte Bewegung eines Kinoziliums besteht aus einem raschen Schlag und einer langsamen Rückholbewegung. Alle Kinozilien einer Zelle bzw. eines Zellverbandes schlagen rhythmisch in einer genetisch festgelegten Richtung, die Schläge erfolgen koordiniert nacheinander, metachron. Der Bewegungsapparat einer Kinoztlie wird aus Mtkrotubult und dem Motorprotein Dynein gebildet. Das Mikrotubulussystem im Inneren einer Kinozilie besteht aus einer zylinderförmigen Anordnung von 9 Mikrotubulus-Paaren (Doubletten) und 2 zentral gelegenen Einzeltubuli (9x2plus2-Struktur). Bei den Doubletten ist jeweils ein Mikrotubulus mit 13 Prolofilamenten vollständig ausgebildet: A-Tubulus. Der zweite, 8-Tubulus, ist mit 11 Prolofilamenten inkomplett und mit dem A-Tubulus verbunden. Das Mikrotubulusgerüst der Kinozilie ist aus dem knapp unterhalb der Basis der Kinozilie im apikalen Zytoplasma gelegenen Kinetosom ausgewachsen. Ein Kinetosom (Basalkörperchen) ist aufgebaut wie ein Zentriol, zylinderförmig, mit einer Wand bestehend aus 9 längsver1aufenden M1krotubulus-Tripletten, wobet jeweils eme Tnplette aus emem kompletten A-Tubulus, einem inkompletten B-Tubulus und eineminkompletten C-Tubulus besteht (9x3-Struktur). Die 9 Mikrotubulusdoubletten der Kinozilie sind jeweils Fortsetzungen der A- und B-Tubuli des zugehörigen Kinetosoms D1e Bewegung von Kmozilien erfolgt durch Gleitbewegungen zwischen benachbarten Tubulusdoubletten, die durch das Motorprotein Dynein verursacht werden. An jedem A-Tubulus sind .Dyneinarme" befestigt, die- unter Spaltung von ATP- an den B-Tubuli der jeweils benachbarten Doublette Richtung Basts der Kinozilie entlangwandern, wodurch Doubletten gegenemander ,gleiten". Da die M1krotubulus-Doubletten der Kinozilie jedoch nicht frei beweglich, sondern mit den M1krotubuli des Kinetosoms verbunden sind, wird aus der Gleitbewegung Cl Hartmann et al lnst•tut fur Zeflblologte, Htslologte und Embryologte. Medtztntsche Untvers•tal Graz
Seite 8 eine Verbiegung. Diese findet abwechselnd in der einen bzw. anderen Hälfte der Zilie statt, was einen Vor- bzw. Rückschlag bewirkt. Die Kinozilien von Flimmerzellen stnd lichtmikroskopisch erkennbar. An der Basts der Kinozilien ist ein stärker färbbarer Streifen zu sehen, der durch die Summe der Kinetasomen (Basalkörperchen} hervorgerufen wird. 1.2.5 Geißel (Flagellum) Eine Geißel ist eine einzelne, extrem lange, speztalisierte Kinozilie im etwa 55 1-1m langen Schwanzstück eines Spermiums, mit deren Hilfe sich das Spermium vorwärts bewegen kann. 1.2.6 Crusta ist ein lichtmikroskopischer Begnff für spezielle Oberflächendifferenzierungen an der apikalen Oberfläche von Deckzellen des Urothels (Obergangsepithels): der apikale Zytoplasmasaum dieser Zellen färbt sich stärker an als der übrige Zellleib. An der apikalen Zellmembran der Deckzellen smd dtcht anetnander liegende, plattenförmige Areale (Plaques} ausgebildet, zwischen diesen sind jeweils schmale, flexible Membrananteile (Gelenke} gelegen. Im Bereich der Plaques sind in der Plasmamembran dicht gepackte, integrale Membranproteine (Uroplakine} vorhanden. Diese Plaques können eingestülpt und in Form von scheibenförmtgen Vestkeln im Zytoplasma unterhalb der Zellmembran .gespeichert" und bei Bedarf wieder in die Plasamamembran emgefügt werden. Die Vesikal, wie auch ein im apikalen Zytoplasma vorhandenes dichtes Netz von lntermedtärund Aktinfilamenten sind ursächlich für die stärkere Anfärbbarkeit des oberflächlichen Zytoplasmas, dte im Lichtmikroskop als Crusta gesehen wird. Die Crusta dient in den harnableitenden Organen (Nierenbecken, Ureter, Harnblase, proxtmaler Beretch der Urethra} als Schutz vor potentiell schädtgenden Substanzen im Harn. mit dem dieses Epithel ständig in Kontakt ist. 1.2.7 Vergrößerungen derbasolateralen Membranoberfläche Nachbarzellen können lateral mehr oder mtnder kompliztert durch Einfaltungen und Ausstülpungen miteinander verschränkt sein (z.B. im Nieren- und Darmepithel}, was zu einer Vergrößerung der Oberfläche führt. ln Nierenkanälchen (proximaler und distaler Tubulus) und im Streifenstück des Ausführungsgangsystems von Spateheldrüsen gtbt es zur basalen Oberflächenvergrößerung basale Einfaltungen der Zellmembran, die Platz fur Ionenpumpen schaffen. Zwischen den Membraneinstülpungen sind in Reihen viele Mitochondnen angeordnet Beide Strukturen zusammen bilden die lichtmikroskopisch sichtbare basale Stre1fung Wettere Betsptele für Strukturen zur Membranoberflachenvergrößerung stnd schlauchförmige Einsenkungen der Zellmembran (T-Tubuli) in Skelettmuskulatur und Herzmuskulatur
1.3 Zytoskelett Im Zytoplasma von Zellen tst elektronenmikroskopisch em Netzwerk von Filamenten und Tubuh zu sehen. das einen internen Stütz- und Bewegungsapparat, das Zytoskelett oder Zellskelett. btldet. Das Zytoskelett tst verantwortlich für die mechanische Stabilisierung einer Zelle und ihrer äußeren Form, für Bewegungen der Zelle (Muskelkontrakllon. Zellwanderung; Kmozilienbewegung) und für Transportvorgange tnnerhalb der Zelle. C> Hartmann el al • lnst~ut lur Zellb1olog1e. H1stolog1e und Embryologie Med1Z1n1sche UmverSilat Graz
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Seite 9 Zum Zytoskelett gehören: Aktinfilamente oder Mikrofilamente (7nm Durchmesser) Intermediärfilamente (1 Onm Durchmesser) Mikrotubuli (25nm Durchmesser) Alle Elemente des Zytoskeletts bestehen aus Einzelbausteinen (Proteinen). die sich zu Filamenten zusammenlagern (polymerisieren) und auch wieder auseinander fallen (depolymerisieren) können. Für jedes Filamentsystem gibt es spezifische Begleitproteine, die Polymensabon und Depolymerisation, wie auch Anordnung und Stabililtät des Filamentsystems regulieren. ln Verbindung mit Motorproteinen dienen Aktinfilamente und Mikrotubuli der Bewegung von Zellen selbst und Bewegungsabläufen innerhalb der Zelle, z.B. dem Intrazellularen Transport von Zellorganellen. ln gebündelter Form können Filamente und Tubuli auch lichtmikroskopisch als .Fibrillen" sichtbar sein (z.B. Neurofibrillen in Nervenzellen, Tonefibrillen in Epithelzellen).
1.3.1 Aktinfilamente oder Mikrofilamente Aktinfilamente sind in allen Zellen vorhanden. Sie bilden s1ch durch Aneinanderlagerung globularer Aktinmoleküle (G-Aktin), von denen es verschiedene Isoformen gibt. Zwei a-helikal umeinander gewundene Stränge bilden ein Aktinfilament (F-Aktin) mit einem Durchmesser von 7nm. Aktinfilamente sind polar gebaut: am (+)-Ende (Plus-Ende) können sie sich rasch verlängern. aber auch ebenso rasch wieder zerfallen, am (-)-Ende (Minus-Ende) laufen die Vorgänge langsamer ab. Verschiedene Aktin-Begleitproteine regulieren Umbau und Zerfall der Akt~nfilamente, verbinden die Filamente zu Bündeln oder Netzen und verankern sie an Transmembranproteinen der Plasmamembran. D1e Motorproteine der Aktinfilamente sind die Myosine. Myosine, von denen es viele verschiedene Klassen und Unterklassen gibt, finden sich in fast jeder Zelle und sind in Verbindung mit Aktinfilamenten die Voraussetzung für die Kontraktilität von nicht-muskulären Zellen und Muskelzellen. ln Muskelzellen b1lden Myos1ne d1cke Myosinfilamente. Aktinfilamente können einzeln oder 1n Bündeln durch das gesamte Zytoplasma z1ehen und finden sich bei den meisten Zellen als dichtes Netz unter der Zellmembran (kortikales Netz). Es ist für die Aufrechterhaltung der Zellform und -durch rasche Umgestaltung der Aktinfilamente- für akt1ve Formveränderungen von Zellen verantwortlich, z.B. werden bei der Phagozytose und Zellwanderung kurzlebige Fortsätzen w1e Pseudopodien bzw. Lamellipod1en gebildet. Aktinfilamente d1enen auch der Stabilisierung von Mikrovillt und Stereoztften und Sind Baubestandteile von Zellkontakten (Zonulae adhaerentes, Fasc1ae adhaerentes, Fokalkontakten).
1.3.2 Mikrotubuli bestehen aus starren, unterschiedlich langen Röhrchen, d1e jewe1ls e1nen Durchmesser von 25 nm bes1tzen. Ihre Wand wird aus Molekülen der globularen Proteine a-Tubulin und ß-Tubulin gebildet, die zu Tubulin-Dimeren zusammengelagert sind. Die Tubulin-Dimere aggregieren zu langen Strängen, den Protofilamenten. 13 solcher Prolofilamente bilden einen vollständigen M1krotubulus. • Hartmann el al , lnsbiUifur Zellboolog>e, Hoslolog•e und Embryolog•e. Medozonrsclle Unovers11ä1 Graz
Seite 10 Mikrotubuli haben ebenso wie Aktinfilamente ein (+)-Ende, an dem sie sehr schnell aufgebaut werden können und sehr schnell wieder zerfallen, und ein (- )-Ende, an dem die Vorgänge langsamer ablau fen. Die Regulierung erfolgt über Begfeitproteine (Mikrotubulus-assoziierte Proteine). D1e Motorproteine der M1krotubuh smd Kinesine und Dyneine. Sie sind für den gerichteten Transport von Zellorganellen und Sekretvesikeln entlang den Mikrotubuli, die als Transportschienen dienen, verantwortlich. Mikrotubuli sind Bestandteile der Zentriolen und Kinetosomen. Zusammen mit dem Motorprotein Dynein bilden sie den Bewegungsapparat von Kinozilien und Geißeln. Bei der Zellteilung bilden Mikrotubuli die Mitosespindel und sind für den Chromosomentransport zuständig. Mikrotubuli tragen auch zur Form und mechanischen Stabilisierung einer Zelle bei und sind an Veränderungen der Zellform beteiligt. Die Neubildung von Mikrotubuli geht vom Zentrosom aus (Mikrotubulus-Organisations-Zentrum). 1.3.3 Zentrosom, Zentriol Zentriolen sind 0,2 I.Jm dicke und 0.5 I.Jm lange Hohlzylinder. Sie liegen in der Regel paarweise (auch als Diplosem bezeichnet) in der Nähe des Zellkerns, in enger Lagebeziehung zum GolgiApparat. Die Längsachsen der beiden Zentriolen bilden zueinander e1nen rechten Winkel. Die Wand eines Zentriols ist aus 9 längsverlaufenden Mikrotubulus-Tnpletten aufgebaut (9x3Struktur). Die Tripletten bestehen aus einem vollständigen A-Mikrotubulus (13 Protofilamente) und zwei inkompletten A· und 8-Tubuli mit je 11 Protofilamenten. Em Zentrosom besteht aus zwei Zentriolen und einer sie umhüllenden Prote1nwolke, der peri· Zentriolären Matrix. Von der perizentriolären Matrix gehen die Neuentstehung und das Wachstum von Mikrotubuli für die Bildung des Zytoskeletts, der Mitose-Spindelrasern und d1e Neubildung von Zentriolen aus. Ein Zentrosom gilt somit als MikrotubulusOrga n isationszentru m. Vor jeder Zellteilung verdoppeln sich die Zentriolen, es entstehen zwe1 Zentrosomen. d1e an die gegenüberliegenden Zellpole wandern und für die Ausbildung der Mitosespindel verantwortlich sind. 1.3.4 Intermediärfilamente Ihr Name leitet sich von ihrem Filamentdurchmesser (10nm) ab, der zwischen dem der M1krotubuli und jenem der Mikrofilamente liegt. Intermediärfilamente smd aus länglichen Proteinunterheiten aufgebaut, die aus einem Kopfte1l und emem Schwanzteil bestehen und zu Tetrameren zusammengelagert sind. Diese Tetramare polymerisieren zu Filamenten. Durch Begfeitproteine werden Intermediärfilamente häufig zu Bündel zusammengefasst. können an Plasmamembran-Proteine angeheftet und m1t dem Aktinfilament- und M1krotubulussystem verbunden werden. Intermediärfilamente sind zugfest Sie stellen die stabilste Komponente des Zytoskeletts dar und sind an mechan1sch besonders beanspruchten Stellen im Zytoplasma anzutreffen. S1e smd am Bau von Zellkontakten (Desmosomen, Hemidesmosomen) beteiligt. Morphologisch stellen Intermediärfilamente eine einheitliche Gruppe dar. biochemisch unterscheiden sie sich jedoch. Viele Intermediärfilament-Proteine sind jewe1ls für e1ne bestimmte Zellart bzw. em best1mmtes Gewebe typisch (praktische Bedeutung in der Tumord1agnost1k) C Hanmann el al , Insblut fur Zellboologoe. Hostologoe und Emboyologoe. Medozonrsche Universotat Graz
Seite 11 ln Epithelzellen sind Intermediärfilamente aus verschiedenen Zytokeratinen (Keratinen} aufgebaut: Zytokeratinfilamente (auch .Tonofilamente"). Zellen, die sich vom Mesenchym ableiten, wie z.B. Bindegewebszellen, Fettzellen, Knorpel- und Knochenzellen, Endothelzellen, enthalten Vimentinfilamente, die aus dem Protein Vimentin aufgebaut sind Muskelzellen enthalten Intermediärfilamente aus Desmin (Desminfilamente). Astrozyten enthalten Gliafilamente, die aus glial fibrillary acidic protein bestehen. Nervenzellen enthalten Neurofilamente aus neurofilament triplet protein. Im Zellkern, unter der inneren Kernmembran, befinden sich Filamente aus Laminen.
1.4 Zellkontakte Zellkontakte sind strukturell definierte Zellverbindungen. Unabhängig davon bilden fast alle Zellen vorübergehende oder dauerhafte Kontakte zu Nachbarzellen oder zu ihrer Umgebung aus Viele d1eser Verbindungen zeigen jedoch keine ultrastrukturell nachweisbaren, auffälligen Spezialisierungen. Zellkontakte sind dynamische Strukturen, sie können umgebaut. oder aber auch aufgelöst und w1eder neu gebildet werden. Man kann Zellkontakte nach 1hrer Bauwe1se und 1hrer Funktion in drei Typen unterteilen: Haftkontakte oder Adhäsionskontakte verbinden Zellen zur mechanischen Haftung mit Nachbarzellen (Zeii-Zeii-Haftkontakte. Desmosomen und Adhärenskontakte - Zonula adhaerens und Fasc1a adhaerens} oder m1t der extrazellulären Matnx (Zeii-Matrix-Haftkontakte Hem1desmosom. Fokalkontakt) Verschlus skontakte oder Barrierenkontakte (Tight junctions, gürtelförmige Tight junctions = Zonulae occludentes} verschließen den Interzellularspalt Kommunikationskontakt (Nexus = Gap junc!lon) erlaubt den Durchtntt kleiner Moleküle und Ionen zw1schen benachbarten Zellen und dient daher der interzellulären Kommunikation und Signalübertragung.
1.4.1 Haftkontakte Haftkontakte finden s1ch vorw1egend 1n Ep1thelien. d1e starken mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind. Im Bereich der Haftkontakte ist intrazellulär, der Zellmembran innen angelagert, eine elektronendichte Haftplatte (Plaque) ausgebildet. Sie besteht aus Plaque-Proteinen (Anheftungsproteinen}, die in Kontakt mit Filamenten des Zytoskeletts (Aktin- oder lntermediärfilamenten} stehen. Spezifische Transmembranproteine (Cadherine, lntegrine) der Zellmembran sind einerseits mit Plaque-Proteinen der Haftplatte verbunden und andererseits - bei Zell-Zell-Kontakten - mit Transmembranprotemen der Nachbarzellmembran (Cadherine}, bei Zell-Matrix-Kontakten - mit der extrazellulären Matnx (lntegnne}. Desmosomen (Abb. 3) sind fleckförm1ge (deshalb auch Maculae adhaerentes bezeichnet), rundliche Zell-Zell-Kontakte mit einem Durchmesser von etwa 0,3 1Jm. Der Abstand zwischen den benachbarten Zellmembranen, der lnterzellularspalt. ist 1m Bereich der Kontaktstelle auf 2535 nm erwe1tert. Er 1st von femfibnllärem Matenal durchsetzt, das einen mittleren, dunklen Stre1fen aufweist, der der Grenze zwischen den Glykokalices der aneinandergrenzenden Zelloberflächen entspricht. ln den auffälligen, elektronendichten Haftplatten (Plaques) sind Intermediärfilamente befestigt Desmosomen kommen hauptsächlich in Epithelien in Verbmdung C> Hartmann et al. , tnsbtul fur Zellboologoe. H1stolog1e und EmbfyOlog>e, MediZinische Unoversotat Graz
Seite 12 mit Zytokerat1nfilamenten vor, besonders reichlich 1n mehrsch1chltgen Plattenepithelien (v.a. Epidermis). aber auch zwischen Herzmuskelzellen (in Verbindung mit Desminfilamenten). Zonulae adhaerentes sind Adhärenskontakte, die gürtelförmig - rund um die Zelle herum ausgebildet s1nd, sodass eine Zelle rundum mit allen benachbarten Zellen verbunden wird An der Innenseite der Zellmembran ist ebenfalls eine Haftplatte (Plaque) ausgebildet, die aber mcht so elektronendicht, daher weniger auffällig als die eines Desmosoms ist. Hier inserieren Aktinfilamente, die parallel zur Oberflächenmembran verlaufen. Zonulae adhaerentes weisen e1nen gleichmäßig weiten 15-20 nm breiten interzellulären Spalt auf. Zonulae adhaerentes kommen bei allen einschichtigen Eptthelien einschließlich Gefäßendothel und Mesothel vor. Fasciae adhaerentes sind flächenhafte Adhärenskontakte, ebenfalls mit einstrahlenden Aktinfilamenten, die in den Disci intercalares der Herzmuskulatur vorkommen. Hemidesmosomen sind Zell-Matrix-Kontakte, die Epithelzellen an der Basallam1na verankern. Morphologisch gleichen sie halben Desmosomen. Die am Bau beteiligten Transmembranproteine sind lntegrine. An den Haftplatten (Plaques) inserieren lntermediärfilamente. Sie kommen in allen Epithelien vor, d1e vermehrt Scherkräften ausgesetzt sind. Fokalkontakte sind ebenfalls Zell-Matrix-Kontakte und den Adhaerenskontakten ähnlich. Sie kommen zum Beispiel im Endothel von Arterien, an Sehnen-Muskelübergängen und in der Herzmuskulatur vor.
1.4.2 Verschlusskontakte (Barrierenkontakte) Tight junctions sind meist als Zonulae occludentes (Abb. 4) gürtelförmig um d1e Zelle herum ausgebildet. kommen jedoch auch fleckförm1g (Macula occludens) und streifenförm1g (Fascia occludens) vor. Im Bere1ch d1eses Zellkontaktes sind die benachbarten Zellmembranen so dicht miteinander verbunden, dass der Interzellularspalt verschlossen ist. Der Verschluss des Interzellularspalts betrifft Jedoch nicht den gesamten Bereich der Tight junction. Im Gefrierbruchpräparat sieht man im Bereich dieses Zellkontakts netzartig angeordnete Membranpartikel Es handelt sich dabei um integrale Membranproteine (Ciaud1ne. Occludine), die mit solchen der Nachbarmembran leistenartig verbunden s1nd. Nur 1n d1esem Bereich ist der Interzellularraum komplett verschlossen. Im Schnittbild s1eht man daher punklförm1ge
Hartmann el al lnshtut fur Zellboologte, Hostolog•e und Embryologte. Medt4tnoselle Unoversotat Graz
Seite 13 "Membranverschmelzungen" (Anschnrtte von Verschlusslersten), dazwrschen Abschnitte, 1n denen der Interzellularspalt noch sichtbar ist. An der Innenseite der Plasmamembranen findet sich eine Haftplatte (Plaque), die im Vergleich mit Haftkontakten wenig auffällig ist. in welcher Aktinfilamente inserieren. Tight junctrons srnd in ernschrchtigen Epithelien (ernschließlich Endothel) und einigen mehrschichtigen Eprthelien vorhanden. Sie sind wrchtlg für dre Aufrechterhaltung von Konzentratrensunterschieden kleiner hydrophiler Moleküle zwischen dem apikalen, lumenseiligen Bereich und dem basalen, abluminalen Bereich eines Epithelverbandes. Es wird also eine Barriere gegen den unkontrollierten Stoffübertritt geschaffen. Weiters verhindern Tight junctions eme Verlagerung von Membranproteinen (Transportprotemen, Enzymen, Rezeptorproteinen) zwrschen aprkaler und basolateraler Zellmembran. Dadurch wird der polare Charakter von Zellen (z.B. resorbierenden oder sezernierenden Epilhelzellen) erhalten. Tight junctions sind in unterschiedlichen Epithelien unterschiedlich durchlässig. Tighl junctions der Endothelzellen von Hirnkaprllaren sind sehr dicht. 1.4.3 Kommunikationskontakte Gap junctions oder Nexus sind die häufigsten Zellkontakte. Sie verbinden Zellen desselben Typs, aber auch Zellen verschiedener Gewebe. Im Bereich der Gap junction sind die benachbarten Zellmembranen emander stark angenähert. Der interzelluläre Spalt beträgt 2-4 nm. Gap junctlons sind von unterschiedlicher Größe und Form. Im Elektronenmikroskop (Gefnerbruch) sieht man eine sehr dichte und regelmäßige Anordnung von Membranpartikeln. Jedes dieser Membranpartikel besteht aus sechs Transmembranproteinen (Connexinen), die ein Connexon bilden. Dieses ist mit einem Connexon der Nachbarzellmembran verbunden, dadurch entsteht ein Kanal von ca. 1,5nm Durchmesser Vrele solcher Connexon-Connexon-Verbindungen bilden eme Gap junction. Durch die Verbindungskanäle können Ionen und kleine Moleküle (Monosaccharide, Aminosäuren, Nucleotide) in Nachbarzellen übertreten. Nexus können rasch gebildet und wieder abgebaut werden Sre drenen dem Stofftransport von Zelle zu Zelle und sind bei elektrophysrologischen Abläufen (z.B. eiekinsehe Synapse) beteiligt. Durch sie werden Aktivrtäten benachbarter Zellen koordinrert und Zellen zu größeren Funktionsemheilen zusammengeschlossen. Schlussl ei stenkomplexe sind gürtelförmrg um dre Zelle vorhanden und befinden sich rm apikalen Bereich von Eprthelzellen. Ein Schlusslerstenkomplex besteht aus: Zonula occludens, Zonula adhaerens und Desmosom.
1.5 Zellorganellen 1.5.1 Mitoc hondrien Mitochondrien kommen in allen kernhaltigen Zellen vor. Sie sind die wesentlichsten Energieproduzenten der Zelle und Ort der Zellatmung. Die Energie der hier durch biologische Oxrdallon abgebauten Moleküle wird in Form von ATP gespeichert und der Zelle zur Verfügung gestellt. Je nach Energiebedarf erner Zelle rsl eine unterschiedlich große Zahl von Mitochondnen vorhanden. Mitochondrien sind meistlängliche (bis 20 ~m lange, 0,5~m dicke) Organellen, die lichtmikroskopisch zwar rm Phasenkontrastmikroskop zu sehen sind, in H.E-gefärbten Sehnriten Jedoch nicht als emzelne Strukturen erkannt werden können. Die Femstruktur wird erst im Elektronenmikroskop sichtbar. Die Wand eines Mitochondriums besteht aus zwei funktronell unterschiedlichen Membranen, der äußeren und der inneren Membran. Die äußere Membran grenzt das Mitochondrium zur Umgebung ab. Die innere Membran begrenzt die mitochondriale C Hartmann er al., l ns~IUI fur ZeUboologoe, Hostologoe und Embtyolog•e. Medozonosche Unoversotat Graz
Seite 14 Matrix. Zwischen beiden ist ein schmaler intermembranärer Raum vorhanden. Im Inneren eines Mitochondriums - begrenzt von der inneren Membran - befindet sich die mitochondriale Matrix. Die innere Membran bildet zur Oberflächenvergrößerung Einfaltungen, deren Anzahl von der Aktivität der Zelle abhängt. Die Eintallungen können leistenartig {Cnstae) oder auch röhrchenförmig (Tubuh) sein. ln den meisten Zellen sind Mitochondrien vom Crista-Typ (Abb. 5) vorhanden. Mitochondrien vom Tubulus-Typ sind in Steroidhormon-produzierenden Zellen (z.B. Leydig-Zellen des Hodens, Zellen der Nebennierenrinde) zu finden. ln die innere Membran sind die Enzyme der Atmungskette eingebaut und an ihrer Matrixseite befinden sich kleine ElementarpartikeL Sie entsprechen einem Proteinkomplex, der die ATP-Synthase, ein Enzym zur Bildung von ATP aus ADP und Phosphat, enthält. Im Matrixraum findet sich ein feingranuliertes Material, in dem die meisten Enzyme des Citratzyklus und der ß-Oxidation der Fettsäuren lokalisiert sind. Außerdem sind hier auch kleine, elektronendichte Körnchen {Granula mitochondnalia) anzutreffen, die als Calzium-Speicher {als Ca-Phosphat) d1enen. Im Matrixraum sind auch eine ringförmige mitochondriale DNA {mtDNA)wie in Bakterien -, RNA und Ribosomen zur Erzeugung eimger mitochondrialer Proteine vorhanden. Die durchschnittliche Lebensdauer von Mitochondrien wird mit 10 bis 20 Tagen angenommen. Danach werden sie in Lysosomen abgebaut. Mitochondrien vermehren sich durch Wachstum und Querteilung aus vorhandenen Mitochondnen. Herkunft der Mitochondrien: Mitochondrien der Zygote stammen von der Eizelle, werden also von der Mutter an das neue Individuum weitergegeben. Defekte der mtDNA werden von der Mutter vererbt.
1.5.2 Endoplasmatisches Retikulum und Ribosomen Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist e1n dreidimensionales Netzwerk membranbegrenzter. zusammenhängender Zisternen und Schläuche. Elektronenmikroskopisch kann man zwei unterschiedliche Formen unterscheiden, das raue endoplasmatische Retikulum (rER), an dem auf der zytosolischen Seite der Membranen kleine elektronendichte Körnchen, die Ribosomen, angeheftet sind (Abb. 5) und das glatte ER (gER). dem die Ribosomen fehlen. Ribosomen d1enen der Proteinsynthese. Ein Ribosom besteht aus emer großen und einer kleinen Unterem heil. Jede Untereinheit besteht aus ribosomaler RNA {rRNA) und Protemen D1e
0 Hartmann el al Ins11M for Zellboolog.e. Hoslologoe und Embryolog-e Medizonische un,verMal Graz
Seite 15 beiden Untereinheiten werden aus dem Kern durch die Kernporen ins Zytosol ausgeschleust Sie lagern sich dann zu einem kompletten Ribosom zusammen, wenn die kleinere der beiden Untereinheiten an eine Boten-RNA (mRNA) gebunden hat und die Proteinsynthese beginnt. Ribosomen, die sich an die Membranen des rER anheften, dienen vorwiegend zur Produktion von Proteinen, dte für die Sekretion bestimmt sind, in Membranen eingebaut werden oder Iysosomaie Proteine sind. Nicht Membran-gebundene Ribosomen sind im Zytosol über einen Strang von mRNA zu spiraligen oder kettenförmtgen Ribosomengruppen (Polyribosomen) verbunden. Hier erfolgt die Synthese von Proteinen für das Zytosol der Zelle. Größere Ansammlungen von rER (lichtmikroskopisch als Ergastaplasma bezeichnet) finden sich z.B. in exokrinen Drüsenzellen des Pankreas, in Plasmazellen oder in Nervenzellen (hier in mehrere größere Felder - Nissi-Schollen - aufgeteilt) und sind ein Zetchen für Proteinsyntheseaktivität. Alle Rtbosomen-reichen Zellen, d.h. auch Zellen, in denen die Proteinsynthese an Polyribosomen stattfindet, zeigen lichtmikroskopisch ein basophiles Zytoplasma. Dte Membranen des rER stehen in kontinuierlicher Verbindung mit der äußeren Kernhülle und mit den Schläuchen des gER Das gER ist nicht mit Ribosomen besetzt. Es besitzt Enzyme, die für die Synthese von Lipiden Membranlipiden (Phospholiptden, Cholesterin) und Spetcher1iptden (Triglyceride) - notwendtg sind. Besonders stark ausgebildet tst es in Zellen, die Steroidhonnone erzeugen (Nebennierenrinde, Hoden, Ovar) und in Leberzellen (Cholesterinsynthese). Es ist es am Glykogenstoffwechsel beteiligt (Leber, Tubuli der Nierenrinde), dient in der Muskulatur als Speicher für Kalziumionen und hat speziell in Leberzellen Entgiftungsfunktion. 1.5.3 Golgi-Apparat Der Golgi-Apparat ist in allen kernhaltigen Zellen vorhanden. Seine Lokalisation ist in verschiedenen Zellarten unterschiedlich. Häufig liegt er jedoch in der Nähe des Zellkerns. Seine Hauptfunktion besteht darin, die im rER synthetisierten, noch unretfen Proteine schrittweise zu modifizieren, und die reifen Proteine in Transportvesikal zu verpacken. Dadurch spielt der GolgiApparat eine zentrale Rolle bei der Sortierung von Proteinen mit verschiedenen Bestimmungsorten. Der Golgt-Apparat besteht aus Stapel von 3 bis 10 glattwandtgen, am Rand meist bläschenförmig erweiterten Membransäcken (Zisternen), die nicht miteinander in Kontakt sind. Die Anzahl der Golgi-Stapel (Golgi-Felder) variiert je nach Zelltyp. Der Stapel von Membransäcken ist leicht gebogen, vergleichbar mit einem Tellerstapel, sodass eine konvexe und eine konkave Seite unterschieden werden kann. ln der Umgebung der Ztsternen finden sich zahlreiche Bläschen (Vesikel), die für den Transport von Proteinen und Lipoproteinen vom und zum Golgi-Apparat und zwischen den Zisternen vorhanden sind. Der Golgi-Apparat (Abb. 6) ist polar organisiert. Die konvexe Seite ist die Aufnahmeseite oder cis-Seile. Hier treten die vom ER abgeschnürten Bläschen über das Cis-Golgi-Netz (CGN) an den Zisternenstapel heran. Jede Zisterne hat ihre eigene Enzymausstattung und bildet daher ein eigenes Kompartiment, in dem es jeweils zu Veränderungen der aus dem ER stammenden Moleküle kommt (MehrschrittVerarbeitungssystem). Die Moleküle werden am Rande der Membransäcke über Transportvesikal von einer Zisterne zur nächsten gebracht. Auf diese Weise werden aus dem ER stammende Moleküle u.a . glykosyliert und sulfatiert, sodass Glykoproteine, Proteoglykane und Glykoliptde entstehen. Die konkave Seite ist die Abgabeseite oder trans-Seile. Die Membransäcke gliedern sich hier schließlich 1n ein Netz aus Schläuchen (Trans-Golgi-Netz; C Hanmann et at tnsutul fur Zellboolog1e, H1stolog1e und Embryologie. MediZinosehe Unrvers•tat Graz
Seite 16 TGN). Im TGN werden die fertigen Golgi-Produkte (lysosomale Transportvesikel, sekretorische Vesikel und Material für die Erneuerung der Oberflächenmembran) nach ihrem Bestimmungsort sortiert und abgeschnürt. 1.5.4 Lysosomen sind meist rundliche, membranbegrenzte Zellorganellen unterschiedlicher Größe (mittlerer Durchmesser 0,5 IJm). Sie enthalten eine große Anzahl verschiedener hydrolytischer Enzyme (saure Hydrolasen) mit einem pH-Optimum unter 6, die dem Abbau von Makromolekülen, also der intrazytoplasmatischen Verdauung dienen. Abgebaut wird sowohl zelleigenes als auch über Endozytose aus dem Extrazellulärraum aufgenommenes Material. Die beim enzymatischen Abbau entstandenen Spaltprodukte (Aminosäuren, Fettsäuren, Monosaccharide, Nucleoside etc.) können die Lysosomen mtt Hilfe von speztfischen Transportern wteder verlassen und gelangen ins Zytosol. Unverdauliche Stoffe verbleiben in der Zelle als Telalysosomen (Residualkörper).
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Lysosomale Enzyme werden in Vestkeln vom Golgt-Apparat abgeschnürt: Iysosomale TransportvesikaL ln den Transportvesikeln Sind die noch inaktiven lysosomalen Enzyme an Rezeptoren (Mannose-6-Phosphat-Rezeptoren) gebunden. Lysosomale Transportvesikal fusionieren mit Endesomen . Aufgrund des niedrigen pH-Wertes in den Endesomen dissoziieren die Enzyme von den Rezeptoren. Von Endesomen werden reife Lysosomen, in denen die Enzyme akttv s~nd, abgeschnürt. Dtese fusionteren mtt autophagischen oder heterophagischen Vakuolen (Autophagosomen bzw. Heterophagesomen - siehe Transportvorgänge) zu Autolysosomen bzw. Phagolysosomen. Unverdauliche, von den lysosomalen Enzymen nicht weiter abbaubare Stoffe. verbleiben in den Lysosomen. Solche Lysomen werden dann Telolysosomen genannt Lichtmikroskopisch treten ste z.B. als Ltpofuszmgranula '" Erschemung. Die morphologische Beschreibung verwendet die Begriffe primäres und sekundäres Lysososom. Im Elektronenmikroskop zeigen Lyosomen. die noch kein abzubauendes Material enthaltenpnm:ire Lysosomen-. einen mehr oder mmder elektronendichten, homogenen Inhalt (saure Hydrolasen). Die begrenzende Membran enthält eine deutlich sichtbare innere Glykokahx, dte als helle schmale Zone zum nach innen anschließenden dunkleren Inhalt der Lysosomen erkennbar ist. Lysosomen, die abzubauendes Material enthalten - sekundäre Lysosomen- sind durch das Vorhandensein hellerer und dunklerar Inhalte, ev mit Strukturresten, erkennbar ln Telolysomen finden sich, ähnlich wte tn sekundären Lysosomen, unterschiedlich elektronendichte und unterschiedlich geformte Bestandtetle. 1.5.5 Peroxisomen Peroxtsomen sind membranbegrenzte, runde Zellorganellen, dte durch Abschnürungen von Aussackungen e1nes schlauchförmtgen Membransystems (wahrscheinlich ER) entstehen. Peroxisomen mit einem Durchmesser von 0,2-1.5 1-1m finden sich tn größerer Anzahl vor allem tn Leberzellen und Zellen der proximalen Nterentubuh. Peroxtsomen mtt emem Durchmesser unter 0,2 1-1m werden als Mikroperoxtsomen bezetchnet und stnd wett verbrettet. Dte Matrix von Peroxisomen zeigt e~ne feingranuherte, elektronendichte Struktur, die auf das Vorhandensetn von zahlreichen Enzymen zurückzuführen 1st Peroxisomen enthalten Oxtdasen für den oxidativen Abbau von - bevorzugt verzweigten und langketttgen - Fettsäuren Lettenzym der Peroxtsomen 1st dte Katalase, die das Zellgtft Wasserstoffperoxid (H202l abbaut.
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Hartmann et al • lnsl•tul fur Zellboolog1e. H•slolog•e und Embryolog•e. Me
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1.6 Transportprozesse 1.6.1 Endozytose ist der Überbegriff für alle Vorgänge, bei denen Stoffe aus dem Extrazellulärraum in die Zelle aufgenommen (internalisiert) werden. Das betrifft Stoffe, die die Plasmamembran nicht passiv pass1eren können und auch nicht mit Hilfe eines Membrantransporters aufgenommen werden können. Dazu wird das aufzunehmende Material von einem bestimmten Abschnitt der Plasmamembran umschlossen. der sich dann in das Zytoplasma einstülpt und als Vesikel abschnürt. Grob können zwei Typen von endozytollschen Vorgängen unterschieden werden: Pinozytose und Phagozyt ose. Bei der Pinozytose (pinein gr. trinken) wird Flüssigkeit und in ihr gelöste Moleküle in kle1nen endozytotische Ves1kel in die Zelle aufgenommen. ln den meisten Zellen erfolgt die Aufnahme über die Rezeptor-vermittelte Endozytose, die ein sehr selektiver und effektiver Aufnahmemechanismus ist. Die aufzunehmenden Moleküle werden an entsprechende Rezeptoren der Zellmembran gebunden. Diese Membranareale werden an der Zytoplasmatischen Se1te m1t einer spez1ellen Protein-Hülle aus Clathnn, - Clathrin-vermittelte Endozytose versehen und als .coated vesicles" (Stachelsaumvesikel) abgeschnürt. Die aufgenommen Moleküle gelangen für den Abbau zunächst in Endesomen und schließlich in Lysosomen. Bei der Clathrin-unabhängigen Endozytose werden .glatte" Vesikel abgeschnürt. Diese Art der Endozytose ist kein einheitlicher Typ. Sie kann über morphologisch uncharakteristische Vesikel - Rezeptor-verm1ttelt oder unspazifisch-oder über Caveolae erfolgen. Caveolae sind 0-förmige Grübchen an der Zellmembran, für deren Bildung und Stabilisierung das Protein Caveolin verantwortlich ist. Caveolae entstehen auch bei anderen Zellprozessen (siehe Lehrbücher). Zur Phagozytose (phagein gr. fressen) sind nur wenige Zellen befäh1gt. Makrophagen. Zellen des mononukleären Phagozytensystems, phagozytieren größere Zelltrümmer oder ganze, gealterte oder geschädigte Zellen, aber auch nicht-biologische, unverdauliche Stoffe (z.B. Kohlepartikel, Tuschepartikel). Neutraphila Granulozyten phagozytieren kleinere Partikel wie z.B. Bakterien. Dendritische Zellen nehmen Antigene auf (siehe Lehrbücher). Bei der Phagozytose werden die aufzunehmenden Partikel zunächst an Rezeptoren an der Oberfläche des Phagozyten gebunden, dann von sich bildenden Fortsätzen (Pseudopodien) des Phagozyten umfasst, und allmählich -durch Fusion der Pseudopodienränder- als heterophagische Vakuole oder Heterophagesem in d1e Zelle eingeschlossen. Durch Fusion mit emem Lysosom entsteht ein Phagolysosom, in dem das aufgenommene Material - soweit möglich verdaut wird. A uto phagie: Überalterte oder überflüssige intrazelluläre Bestandteile (Ribosomen, Mitochondrien) werden durch Autophagie in eine autophagische Vakuole oder Autophagosom eingeschlossen und vom übngen Zytoplasma abgesondert. Durch Fus1on m1t einem Lysosom entsteht ein Autolysosom, in dem der Inhalt enzymatisch abgebaut wird.
1.6.2 Exozytose Durch Exozytose werden von der Zelle m Ves1kel verpackte Stoffe in den Extrazellulärraum abgegeben. Dazu fusionieren Vesikalmembran und Plasmamembran. es entsteht eine Öffnung, durch die der Inhalt der Vesikel in den Extrazellulärraum gelangt. Die Vesikalmembran wird C Hartmann el al .. lnsl~ul fur Zellbtolog•e HostOiogoe und Emb
Seite 18 dabei vorübergehend in die Plasmamembran eingebaut. Die Exozytose ist der häufigste Sekretionsmechanismus, durch den der Inhalt von Sekretvesikeln oder Sekretgranula abgegeben wird.
1.6.3 Transzytose Das Durchschleusen von Vesikal-verpackten Molekülen durch die Zelle - also eine Kombination von Endo- und Exozytose- wird Transzytose genannt. An einem Pol der Zelle werden die Moleküle durch Endozytose aufgenommen, am gegenüberliegenden Zellpol durch Exozytose freigesetzt.
1.7 Zytosol Als Zytosol (Hyaloplasma) wird das wässrige, proteinreiche Med1um bezeichnet. 1n das alle Zellorganellen und das Zytoskelett eingebettet sind. Im Zytosol sind zahlreiche Enzyme für die Synthese von Aminosäuren, Monosacchariden, Nukleoliden und Fettsäuren vorhanden. Im Zytosol finden weiterhin noch folgende Prozesse statt: Glykolyse, Synthese und Speicherung von Glykogen und Neutralfetten. Proteinsynthese an Polyribosomen, Abbau von zytosolischen Protemen in Proteasomen. Morphologisch erkennbare Strukturen im Zytosol (zytoplasmatische Einschlüsse, auch als Paraplasma bezeichnet) sind Glykogenpartikel, Lipidtropfen, kristalline Proteineinschlüsse, Ribosomen, Pigmente, Proteasomen, Sekretgranula. 1.7 .1 Glykogenpartikel
Glukosemoleküle werden durch Enzyme im Zytosol in die hochmolekulare Speicherform Glykogen überführt. Bei Bedarf kann dieses sehr schnell durch Enzyme im Zytosol und im gER wieder zu Glukose abgebaut werden Glykogen ist in größeren Mengen in der Herz- und Skelettmuskulatur und in der Leber anzutreffen. Elektronenmikroskopisch 1st Glykogen 1n Form von 20-30 nm großen elektronendichten Partikeln zu erkennen. D1ese können einzeln liegen oder z.B. in Leberzellen rosettenförmig zusammengelagert sein.
1.7.2 lipidtropfen Lipidtropfen unterschiedlicher Größe s1nd in vielen Zellen anzutreffen (Abb. 7). Vor allem in Fettzellen und steroidhormonbildenden Zellen (Nebennierenrinde, Corpus luteum. Leydig-Zellen) können sie einen erheblichen Teil des Zytoplasmas einnehmen. Während des Einbettvorgangs in Paraffin oder Cellotdln werden Lipide durch Alkohole und Intermedien aus den Zellen herausgelöst, sodass an deren Stellen leere Vakuolen zu sehen sind. E1ne Darstellung von Lipiden in der Lichtmikroskopie ist nur durch Färbung von Gefrierschnitten mit Fettfarbstoffen (Sudan 111, Sudanschwarz-B) möglich. Im elektronenmikroskopischen SchmUpräparat erscheinen Lipidtropfen durch Fixierung m1t Osm1umtetroxid als dunkle, runde Tropfen Lipidtropfen sind von keiner Membran umgeben.
1.7.3 Eiweißkristalle Knstal hne Proteineinschlusse kommen z.B. in den Leydtg-Zellen des Hodens vor. S1e hegen frei im Zytoplasma oder liegen im rER. ln den Granula der eos1nophilen Granulozyten s1nd Knstalle von stark zytotoxisch wirkenden, basischen Prote1nen vorhanden Proteinkristalle dienen wahrscheinlich der Speicherung von Proteinen.
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1.7.4 Pigmente Pigmente sind Stoffe, die aufgrund ihrer Eigenfarbe in ungefärbten Präparaten erkannt werden können. Endogene Pigmente werden 1m Organismus selbst synthetisiert, exogene Pigmente von außen in den Körper aufgenommen. Melanin ist ein braunschwarzes Pigment, das von Melanozyten aus der Aminosäure Tyrosin gebildet wird. Die Synthese erfolgt in mehreren Schritten und Stadien in membranumschlossenen Organellen, den Melanosomen. Melanin findet sich in der Epidermis der Haut, in Haaren, im Pigmentepithel und Melanozyten des Auges. Es d1ent in der Haut als Schutz vor UV-Strahlung, im Pigmentepithel verhindert es störende Lichtreflexionen. Albinismus (siehe Lehrbücher). Lipofuszin ist ein gelb-braunes Pigment, das 1n Lysosomen aus nicht weiter abbaubarem Matenal entsteht. Chemisch handelt es sich dabei um noch mcht genau definierbare, unlösliche Lipid-Protem-Komplexe. Sofern dieses Material nicht über Exozytose in den Extrazellulärraum abgegeben werden kann. verbleiben die Lysosomen als Telalysosomen (Residualkörper) im Zytoplasma und smd als Lipofuszingranula in den Zellen sichtbar, insbesondere in Herzmuskelzellen und Nervenzellen, in denen der Lipofuszingehalt im Lauf des Lebens zunimmt (Aiterspigment). Porphyrine Die rote Farbe der Erythrozyten wird durch den Blutfarbstoff Häm (Porphyrinring m1t gebundenem Fe2+) hervorgerufen, der an Globin gebunden ist: Hämoglobin . Ähnlich ist der Muskelfarbstoff Myoglobin aufgebaut. Die bräunliche Farbkomponente der Muskulatur, sowie die braune Farbe des braunen Fettgewebes werden durch die dort vorhandenen zahlreichen Mitochondrien hervorgerufen, die ebenfalls Fe2+_Porphynnringe besitzen, die an verschiedene Zytochrome (Atmungspigmente) gebunden sind. Durch den Abbau des Hämoglobins entstehen die hämoglobmogenen Pigmente. Zu ihnen zählen das eisenhaltige Hämosiderin und eisenfreie Pigmente wie die Gallenfarbstoffe Biliverdin und B ilirubin Bilirubin wird von der Leber über d1e Gallenflüssigkeit in das Dünndarmlumen abgegeben. Das dort entstehende Stercobilin und Urobilin ist für d1e Farbe des Stuhls verantwortlich. Bilirubin kann in Makrophagen, wenn diese Erythrozyten abbauen, intrazelluläre kristalloide Aggegrate (Hämatoidin) bilden, z.B. bei Blutergüssen. Zu den exogenen anorganischen P1gmenten gehören Ruß- und Staubpartikel, d1e über die Atemluft in die Lungen gelangen (anthrakotisches Pigment) und Farbstoffe, die durch Tätowierung in der Haut abgelagert werden Organische exogene Pigmente werden über die Nahrung in den Körper aufgenommen. V1tamin A (Karotin) ist lipophil und wird u.a auch im Fettgewebe gespeichert. Der Gehalt an Vitamin A und dessen Metabolite bestimmt die gelbliche Farbe des Fettgewebes.
1.7.5 Proteasomen Proteasomen sind Schreddermaschinen für Prote1ne, die nicht mehr gebraucht werden bzw. falsch gefaltet oder geschädigt sind. Es handelt sich dabei um Proteinkomplexe mit ProteaseEigenschaften in Form von Hohlzylindern. Die zu beseitigenden Proteine werden an Ubiquitin gebunden und durch das Hohlzylinder-förm1ge Proteasom hindurch gefädelt und dabei zerstückelt C> Hartmann et al . lnslllul fOr ZellbiOlogie H1stologte und EmbryolOgie. Medoz,nlsche Umvers1ta1 Graz
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1.8 Zellkern Der Zellkern oder Nukleus (Abb. 8) enthalt die Chromosomen, deren wesentltche Bestandteile Desoxynbonuklemsäuren (DNA) sind, dte auf Protetnkomplexe, Histone, aufgewickelt stnd. Dte Erbinformalton ist in Form der Basensequenz der DNA festgelegt. Der Kern einer normalen Körperzelle enthält 46 Chromosomen (diploider Chromosomensatz). Anzahl der Zellkerne: ln der Regel ist m Jeder Körperzelle ein Zellkern vorhanden (Ausnahmen: retfe Erythrozyten, verhornte Zellen der Epidermts, Linsenfasern). Zellen können auch mehrere Zellkerne besitzen: zwei Zellkerne können z.B. in Leberzellen, Deckzellen des Urothels und Belegzellen in den Magenhauptdrüsen vorhanden sein. Viele Zellkerne finden sich in Osteoklasten und in quergestreiften Skelettmuskelfasern. Mehrkernige Zellen, die durch Fuston von Einzelzellen entstanden sind, bezetchnet man als Synzytium: Osteoklasten, Skelettmuskelfasern , Synzytiotrophoblast der Plazenta. Als Plasmodium wird eine mehrkerntge Zelle bezeichnet, wenn sie durch mitotische Teilung der Zellkerne ohne anschließende Zytokinese entstanden ist. Plasmodienbildung kommt in der Leber vor. 1st jedoch sonst tn gesunden Zellen selten Größe der Zellkerne: Zellkerne können unterschtedhch groß setn (durchschmtthch 5-15 iJm) und ihre Größe steht in Beziehung zur Zellgröße: die Kerngröße beträgt 10-25% des Zellvolumens (Kern-Plasma-Re/al/On) Abwetchungen: Skelettmuskelfasern. Fettzellen. kleine Lymphozyten. Zellkerne von metabolisch akttven Zellen (hohe SyntheseaktiVItät, rasches Wachstum) und Vorläuferzellen (Proerythroblast, Myeloblast) stnd generell großer als dte von weniger aktiven Zellen bzw. ausdifferenzierten Zellen. Zellkerne mit einem Mehrfachen des normalen diplotden Chromosomensatzes werden als polyploid bezeichnet und kommen in manchen Zellen regelmäßtg vor (Leberzellen, Megakaryozyten). Sie smd entsprechend größer. Form der Zellkerne. Die Kernform passt sich innerhalb bestimmter Grenzen der Zellform an und ist vielfach zelltypisch Zum Beispiel 1st der Zellkern tn emer erschlafften glatten Muskelzelle C Hartmann et al lnst•tut lur ZeUbJOiog•e. H•stolog•e ur>O Embryologie. Moo•z•n•sche Unovers•lat Graz
Seite 21 z1garrenfönnig, in einer kontrahierten korkzieherartig gewunden; Kerne mit mehreren Segmenten finden sich bei reifen neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. Lage der Zellkerne: Die Lage des Zellkerns ist ebenfalls typisch für bestimmte Zellen. So haben kubische Zellen einen runden zentralliegenden Kern, hochpnsmatische Zellen einen länglichen, oft basalliegenden Kern. Zellkerne im Zellzyklus: Der Zellkern kann in zwei Zustandsformen vorliegen: als Interphasenkern (Arbeitskern) und als Teilungskern. Der Interphasenkern (Abb. 8) 1st zwischen zwei Teilungen anzutreffen. ln der Interphase führt die Zelle ihre zellspezifischen Arbeiten durch. Nur in dieser Phase ist der Zellkern als abgegrenzte Einheit vorhanden. Er wird von zwei Membranen umhüllt. Die äußere Kernmembran ist m1t Ribosomen besetzt und setzt s1ch in d1e Membranen des rER fort. Die beiden Kernmembranen verschmelzen stellenweise kreisförm1g und bilden zusammen mit angelagerten granulären Protetnen die Kernporen (Abb. 8). Diese stellen eine Verbindung zwischen dem Kerninnenraum und dem Zytoplasma her und erlauben einen kontrollierten Durchtritt von Substanzen in beide Richtungen. Je aktiver eine Zelle ist, desto mehr Kernporen sind vorhanden. Im Kernraum befindet sich das genetische Material. Die Chromosomen liegen in der Interphase als lange, mehr oder weniger entspiralisierte Fibrillen vor. Dieses Knäuel von DNA-Proteinfäden (Chromatinfibrillen) wird insgesamt als Chromatin bezeichnet. Locker gepackte Anteile des Chromatins färben SICh schwach und werden Euchromatin (Abb. 8) genannt. Be1 akt1ven Zellen ist der Anteil an Euchromatin hoch. in Teilen des Euchromatins kann die genetische Information für die Bildung eines bestimmten Proteins abgelesen werden (Transkription). Das Heterochromatin (Abb. 8) ist dicht gepackt und daher stärker gefärbt (basophil). Es findet sich vermehrt in inaktiven Zellen. Heterochromatin tritt oft an der Peripherie der Zellkerne und in der Nähe des Kernkörperchans (s.u.) auf Für besttmmte Zellen ist das Verteilungsmuster von Euchromatin und Heterochromaltn so charakteristisch, dass es zur Zelldiagnose herangezogen werden kann (Radspeichenstruktur bei Plasmazellen). Ein geschlechtsspezifisches Heterochromatin ist das Sexchromatin. Es ist bei weiblichen Individuen anzutreffen, da Teile eines der beiden X-Chromosomen dicht gepackt vorliegen und daher genetisch tna kltv s1nd. Das Sexchromatin legt sich als Barr-Körperchen der tnneren Kernmembran an. Bei 3% der neutrophilen Granulozyten ist es als trommelschlägelartiger Anhang (drumstick) am segmentierten Kern zu sehen. An der Peripherie des Kerns nehmen die dicht gepackten Chromatinfibrillen Kontakt mit Lam1nen auf, die eine Schicht (Lamina fibrosa) an der inneren Kernmembran bilden und die Kernhülle stabilisieren. Im Kernraum können ein oder mehrere Kernkörperehen (Nukleolen) (Abb. 8) vorhanden sein. Es sind rundliche, schon lichtmikroskopiSCh gut sichtbare Gebilde, die wegen ihres hohen RNAGehaltes stark basophil sind Nukleolen werden an spez1ellen Chromosomenabschnitten, den Nukleolus-Organisator-Regionen, gebildet. Hier liegen die Gene für die Bildung der beiden Hauptkomponenten der r-RNA. D1e transkribierte r-RNA sammelt sich in diesen Chromosomenbereichen an. Nukleolen sind elektronenmikroskopisch durch ein oder mehrere helle, fibnlläre Zentren, d1e von elektronendichterem, fibnllären Material umgeben sind, zu erkennen (Pars filamentosa). Innerhalb des Nukleolus kommt es zur Bindung der r-RNA an spezifische Proteine (diese werden im Zytoplasma gebildet und 1n den Kern transportiert) und so zur Bildung der Untereinheiten der Ribosomen. Dieser Bereich des Nukleolus erscheint elektronenmtkroskoptsch granulär (Pars granulosa) Die Unteretnheiten der Ribosomen werden über dte Kern poren tn das Zytoplasma ausgeschleust
0 Hartmann el al .. Insblut fOr ZellbiOiogte. H1SIOiog1e und Embryologte MediZinische UmverSIIQI Graz
Seite 22 Ein Teilungskern liegt während einer Mitose vor. Bei der Kernteilung kommt es zu einer erbgleichen Verteilung der im Zellkern lokalisierten Gene. Dazu müssen sich die Chromosomen vor jeder Mitose reduplizieren, sodass sie jeweils aus zwei identischen Chromatiden bestehen. Durch Spiralisierung der Chromatinfibrillen werden in der Prophase der Mitose die Chromosomen als fadenförmige Strukturen sichtbar, die sich gut mit bastschen Farbstoffen anfärben. ln der Prophase verschwinden die Nukleolen weitgehend, Oberflächenstrukturen von Zellen (z.B. Mikrovilli) bilden sich zurück, im Zytoplasma zerfällt der Golgi-Apparat in kleine Fragmente, das ER wird größtenteils zurückgebildet und die Mikrotubuh des Zytoskeletts werden abgebaut. Die beiden Zentnolen haben stch beretls vor Beginn der Mitose verdoppelt. Jedes Zentriolenpaar wandert an einen Zellpol und beginnt schon während der Wanderung mtl der Bildung der Teilungsspindel. ln der Prometaphase löst sich die Kernmembran auf, sodass Spindelmikrotubuli Kontakt mit den Chromosomen aufnehmen können. Mit ihrer Hilfe werden in der Metaphase die Chromosomen in der Äquatorialebene der Zelle angeordnet. ln der anschließenden Anaphase werden die beiden Chromatiden jedes Chromosoms getrennt. S1e werden durch die Mikrotubuli an die beiden Zellpole gezogen. ln der Telophase sind die Tochterchromatiden (man kann sie jetzt wieder als Chromosomen bezeichnen) an den Zellpolen angelangt. Es bildet s1ch um diese Chromosomen wieder eine Kernhülle aus, die Chromosomen dekondensieren und die Nukleolen werden neu gebildet. Dte abgebauten Zellorganellen werden rekonstruiert. ln enger Beziehung zur Kernteilung (Mitose) erfolgt die Aufteilung des Zytoplasmas der Mutterzelle in zwei Tochterzellen, die als Zytokinese bezeichnet wird. Die Teilung der Keimzellen unterliegt einem speziellen Teilungsprozess, der als Meiose bezeichnet wird. Ziele der Meiose sind die Reduktion des diploiden auf einen haploiden Chromosomensatz sowie die Rekombination des genetischen Materials (siehe Lehrbücher).
1.9 Zelltod Zellen können durch Nekrose oder Apoptose zugrunde gehen. Nekrose ist die Folge einer irreversiblen Zellschädigung. Ursachen können Gtfte, Sauerstoffmangel, Httze, Kälte, chemtsche Noxen oder mechanische Schädigungen setn Dabei kommt es zur Schädtgung der Plasmamembran und Membranen von Zellorganellen. W1rd dte Lysosomenmembran zerstört, treten Enzyme aus und es kommt es zum Abbau intrazytoplasmatischer Proteine. Nachfolgender Einstrom von Wasser führt zur Schwellung der betroffenen Zelle, dte schließlich zerfällt Meist Sind größere Gewebsareale davon betroffen. Im Zuge der Nekrose treten Entzündungsreaktionen auf. Apoptose wird auch als programmierter Zelltod bezeichnet. d.h. die Zelle lötet sich selbst. Das Apoptoseprogramm kann durch unterschtedhche externe und tnlerne Sltmuli, aktiviert werden. Externe Stimuli stnd z.B das Fehlen von für dte Zelle notwendigen Hormonen, oder werden 1m Rahmen von lmmunreaklionen wirksam. Interne Stimuli ergeben stch nach Schädtgungen von Mitochondrien oder DNA-Defekten. ln der Zelle werden daraufhin Caspasen (Proteasen) aktiv. die eine Kaskade von Reaktionen auslösen. Meist Sind nur Einzelzellen betroffen Die Zelle schrumpft, zerfällttn einzelne. Membran-umschlossene. apoptolische Körperchen, d1e von Makrophagen phagozytiert werden. Be1 d1esem Vorgang treten keine Entzündungsreaktionen auf. Apoptose hat eine wichtige Funktion während der Embryonalentwicklung und zur Aufrechterhaltung der Zellzahl im adulten Organismus. Be1 den metsten Tumoren ist der Apoptose-Stgnalweg gestört. C Hartmann e1 a1. Insblut tur Zetlbtolog•e. H•stolog.e und Embryolog•e, Medoz•ntSche Un•verSJtal Graz
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HISTOLOGIE und MIKROSKOPISCHE ANATOMIE GEWEBE und ORGANE Gewebe sind Verbände von gleichartig differenzierten Zellen und ihrer Interzellularsubstanzen (extrazellulären Matrix). Man unterscheidet vier Grundgewebe: Epithelgewebe Bindegewebe- und Stützgewebe Mu skelgewebe Nervengewebe Diese vier Grundgewebe liefern die Bauelemente für die Organe. Das für das jeweilige Organ spezifische Gewebe bezeichnet man als Parenchym, das strukturbildende Bindegewebe als Stroma des Organs.
2 Epithelgewebe Epithelgewebe besteht aus Epithelzellen, die eng aneinander angrenzen (zwischen den Zellen ist nur in geringer Menge extrazelluläre Matrix vorhanden) und durch Zellkontakte miteinander und über eine Basalmembran (Basallamina + Lamina fibroreticularis) mit ihrer Unterlage verbunden sind. Epithelzellen sind in der Regel polar gebaut: Man unterscheidet einen apikalen und einen basalen ZellpoL Entwicklungsgeschichtlich können Epithelien aus allen drei Keimblättern Ektoderm, Entoderm und Mesoderm - stammen. Grob unterscheidet man zwei große Gruppen von Epithelien: Oberflächenepithelien und Drüsenepithelien. Oberflächenepithelien bedecken die äußere Oberfläche des Körpers und kleiden innere Hohlräume, Hohlorgane und Gangsysteme aus. Drüsenepithelien und Drüsen entwickeln sich aus dem OberflächenepitheL Es handelt sich dabei um Epithelzellen bzw. strukturierte Verbände von Epithelzellen, deren Hauptaufgabe d1e Sekretion ist. Nicht immer ist eine eindeutige Abgrenzung zwischen Oberflächenepithel und Drüsenepithel möglich. Es gibt Oberflächenepithelien. die gleichzeitig Drüsenfunktion haben. Ein Be1spiel dafür ist das Magenoberflächenep1thel: Die Epithelzellen des einschichtig hochprismatischen Epithels sind gle1chze1tig Drüsenzellen (Fiächendrüse). Auch in vielen anderen Oberflächenepithelien sind Drüsenzellen zu finden, z. B. Becherzellen im mehrreihig hochprismatischen Epithel der Atemwege oder im einschichtig hochprismatischen Epithel des Dünn- und Dickdarms. Ebenfalls zum Epithelgewebe zählen spez1elle Formen, wie Sinnesep1lhelien, Myoepithelzellen, sowie atypische Epithelien. Sinnesepithelien sind spezialisierte Epithelabschnitte z.B. in der Zunge und im lnnenohr, die Rezeptorzellen für Geschmack, akustische Reize und Gleichgewichtssinn tragen. Diese Epithelabschnitte bestehen aus Sinneszellen und Stützzellen. C> Harlmann et al.
lns~tul
fur Zellbtologte. Htstolog•e und Embryologie, Medoztnlsche Universitat Graz
Seite 24 Myoepithelzellen sind kontraktile Epithelzellen im Bereich von Drüsenendstücken der Schweißund Duftdrüsen, Mundspeicheldrüsen, Tränendrüsen und Milchdrüsen. Durch ihre Kontraktion werden die Drüsenendstücke zusammengepresst und so der Sekretabfluss erleichtert. Atypische Epithelien: an einigen Stellen des Körpers verlieren die vom Oberflächenepithel abzuleitenden Zellen ihre epitheliale, d.h. geschlossene Anordnung (Schmelzpulpa der Zahnanlage, Thymusepithelzellen) oder ihre ursprüngliche Gestalt (Linsenfasern der Augen linse).
2.1 Oberflächenepithel Oberflächenepithelien bedecken äußere und innere Körperoberflächen. Sie bilden- mit wenigen Ausnahmen - gefäßlose Zellverbände, die ein oder mehrere Zelllagen dick sein können. Mit dem unterlagerten Bindegewebe sind sie durch eine Basalmembran verbunden. Oberflächenepithelien können nach der Zellform und nach der Anzahl der Zelllagen (Schichtung) eingeteilt werden. Einteilung nach der Zellform platt: der Durchmesser der Basis der Zellen ist wesentlich größer als ihre Höhe. isoprismatisch (kubisch}: Breite und Höhe der Zellen sind in etwa gleich. hochprismatisch (zylindrisch}: die Zellen sind höher als breit. Einteilung nach der Schichtung 2.1.1 Einschichtige Epithelien bestehen aus nur einer Lage von Zellen, die alle der Basalmembran aufliegen. ln einfachen Epithelien sind die Zetllen alle gleich groß und erreichen alle die freie Epitheloberfläche, die Zellkerne lieQJen in einer Reihe (1) einschichtig (einfach) platt - z:.B. Alveolarepithel, Endothel der Blut- und Lymphgefäße (Abb. 9a). Mesothel (Pleura. Peritoneum. Perikard), Hornhautendothel (Abb. 9b}. (2) einschichtig (einfach) isoprisrm atisc h (kubisch )- z.B. verschiedene Abschnttte der Nierenkanälchen; Pigmenteptthe der Netzhaut; vorderes Linsenepithel (Abb. 10}, klemere Drüsenausführungsgänge, Peritone•alüberzug des Ovars.
IAbb. 9b . Hornhautendothel: einschichtig platt Cl Har1mann et al lnst•tut for Zellbtolog•e. H tslOkojjte und Embryologte, Med•ztn•sche Umversttat Graz
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Epithel (3) einschichtig (einfach) hochprismatisch - z.B. Magenoberflächenepithel (Abb. 19), größere Sammalrohre und Ductus papillares der Niere; mit Mikrovilli: Darm (Bürstensaum), Gallenblase (Abb.11 ); mit Kinozilien: Eileiter, periphere Abschnitte des Bronchialbaums (Bronch1oli). Mehrreihige Epithelien sind Epithelien, bei denen ebenfalls alle Zellen Kontakt mit der Basalmembran haben (einschichtig), aber nicht alle die freie Epitheloberfläche erreichen. Hochprismatische Zellen erstrecken sich durch die ganze Epithelhöhe, dazwischen liegen basal kleinere Zellen, die die fre1e Epitheloberfläche nicht erreichen. Da die Kerne der Zellen in unterschiedlichen Höhen angeordnet sind, sieht man im Schnittbild mehrere Reihen von Zellkernen. (1) zweireihig hochprismatisch mit Stereozilien: Nebenhodengang (Abb. 12). (2) mehrreihig hochprismatisch - z.B. Urethra (zum Teil); mit Kinozilien: respiratorisches Epithel in den luftleitenden Atemwegen - Nasenhöhle, Nasopharynx, Larynx, Trachea (Abb. 13), Hauptbronchien und intrapulmonal gelegene Bronchien.
Abb 13· Trachea: mehrrethtg hochpnsmatisches
matisches Epithel mit Stereozilien
Eptthel m1t Flimmer· und Becherzellen
2.1.2 Mehrschichtige (geschichtete) Epithelien bestehen aus mehreren, übereinander geschichteten Lagen von Zellen. Nur die unterste Zelllage liegt der Basalmembran auf und nur die Zellen der obersten Lage erreichen die freie Cl Hartmann et al lns111u1 IOr ZellbiOiogle. H1SIOiog1e und Embryologie, MediZinische Umversllät Graz
Seite 26 Epitheloberfläche. Ein mehrschichtiges Epithel wird nach der Form der Zellen der obersten Zelllagen benannt. (1) mehrschichtige Plattenepithelien (1.1) unverhorntes mehrschichtiges Plattenepithel - z.B. Mundhöhle {Abb 15). Ösophagus. Vagina, Bindehaut des Augenbulbus (Conjunctiva bulbi) und des Augenlides (Conjunctiva palpebrae), Fossa navicularis der Urethra. Folgende Schichten können unterschieden werden: Stratum basale: eine Lage hochprismatischer Zellen, die der Basalmembran aufsitzen Stratum intermedium: mehrere Lagen polygonaler Zellen Stratum superficiale: einige Lagen platter Zellen (1.2) verhorntes mehrschichtiges Plattenepithel - Epidermis der Haut - Leistenhaut (Abb. 16) und Felderhaut (Abb. 17), Haut-Schleimhaut-Übergänge (z.B. Llppenrot) Folgende Schichten können unterschieden werden: Stratum basale: eine Lage hochprismatischer Zellen, die der Basalmembran aufsitzen Stratum spinosum: mehrere Lagen polygonaler Zellen Stratum granulosum: ein- bts mehrere Lagen von zunehmend platten Zellen, dte in ihrem Zytoplasma Keratohyalingranula enthalten Stratum lucidum: zellkernfreie Schicht zwischen Stratum granulosum und Stratum corneum, die nur in der Leistenhaut (Handinnenflächen, Fußsohlen) vorkommt; Stratum corneum, Hornschicht: mehrere Lagen von kernfreien. platten. verhornten Zellen Hornzellen (Hornschuppen). Stratum basale und Stratum spinosum werden zusammen auch als Stratum germinativum bezeichnet. (2) zwetschtchllges isoprismatisches Epithel - z.B. Ausführungsgänge von Schweiß- und Duftdrüsen. (3) mehrschichtiges hochprismatisches Epithel - selten! Z.B. Forntx conjunctivae (Übergang Conjunctiva bulbi in Conjunctiva palpebrae); Epiglottis (Übergang geschichtetes unverhorntes Plattenepithel in respiratorisches Epithel), Urethra (teil· weise in der Pars spongiosa).
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Platteneptthel, unverhornt c Hartmann e1 al lnslllul fur ZellbtOiogoe. H1stolog1e und Embryologie, Med1z•n•sche Un1vers1tat Graz
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• -· . Abb. 17. Kopfhaut. Felderhaut mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel
2.1.3 Übergangsepithel (Urothel) ist ein teils mehrschichtiges. teils mehrreihiges Epithel, das nur in den ableitenden Harnwegen vorkommt- im Nierenbecken, Harnleiter (Ureter- Abb. 14), Harnblase und Anfangsteil der Harnröhre (Urethra). Dte oberste Zelllage des Epithels bilden auffallend große, oft zweikernige Deckzellen, die an ihrer apikalen Oberfläche eine lichtmikroskopische Crusta (siehe Oberflächendifferenzierungen) zeigen. Das Epithel muss sich speziell in der Harnblase Größenveränderungen des Organs (Füllung und Entleerung) anpassen. Dabei ändert sich die Epithelhöhe: ln der leeren (entspannten) Harnblase scheint das Epithel aus mehreren Zelllagen zu bestehen, in der gefüllten (gedehnten) Harnblase aus nur wenigen. Je nach Dehnungszustand findet man die Deckzellen halbkugelig vorwölbt oder flächenhaft ausgebreitet
2.2 Drüsenepithel/Drüsen Drüsenepithelzellen sind Ep1thelzellen, dte Sekrete bilden und abgeben können. Drüsen (Giandulae) sind Verbände von Drüsenepithelzellen und entwicklungsgeschichtlich aus dem Oberflächenepithel entstanden. Exo kri ne Drüsen bleiben mit dem Oberflächenepithel - meist über einen Ausführungsgang - in offener Verbindung. Endokrine Drüsen verlieren im Lauf ihrer wetteren Entwicklung die Verbindung zum Oberflächenepithel, ihre Sekrete (Hormone) gelangen in die Blutbahn.
2.2.1 Exokrine Drüsen bilden Sekrete, die über emen Ausführungsgang bzw. ein Ausführungsgangsystem an eine äußere oder innere Körperoberfläche abgegeben werden. Z.B. äußere Körperoberfläche: Haut Schweißdrüsen, z. B. innere Körperoberfläche Mundhöhle - Speicheldrüsen. Einzelne Drüsenepithelzellen oder -Zellgruppen. die endeepithelial (intraepithelial), also innerhalb des Oberflächenepithels, gelegen smd, wte zum Setspiel Becherzellen, geben ihr Sekret direkt an die Oberfläche ab. Systematis che Einteilung v on exokrinen Drüsen Für die Einteilung von exoknnen Drüsen gtbt es viele verschiedene Klassifizierungsmöglichkeiten. Ein1ge davon werden hier angeführt. Es lassen sich aber nicht alle Drüsen des Körpers den gegebenen schematischen Einteilungen zuordnen. Cl Har1mann el al lnst1tut rur Zellbtologoe. H'stolog1e und Emb
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2.2.1 .1 Lage zum Oberflächenepithel Endoepitheliale (intraepitheliale) Drüsen: darunter versteht man Drüsenepithelzellen, die innerhalb eines Oberflächenepithels liegen. Sie können als Einzelzellen, wie z.B. Schleimstoffe (Muzine) sezernierende Becherzellen der Schleimhautepithelien im Darm und in den Atemwegen (Abb 13), oder in Zellgruppen vorkommen: z.B. Gruppen von Schleim-bildenden Zellen im Epithel der Harnröhre (Abb. 18), Becherzellgruppen in der Nasenschleimhaut. Bei diesen endeepithelial gelegenen Drüsenzellen bzw. Drüsen wird das Sekret dtrekt an die freie Oberfläche des Epithels abgegeben. Ein Oberflächenepithelien, das gleichzeitig Drüsenfunktion hat, ist das Magenoberflächenepithel, dessen Epithelzellen Schleim sezernieren (Fiächendrüse) (Abb 19).
Gruppe von Drüsenzellen 1m Epithel
Exoepitheliale (extraepithelale) Drüsen: diese sind gewöhnlich mit dem Ausdruck Drüsen gemeint. Sie liegen im Bindegewebe unterhalb des Oberflächenepithels, aus dem sie entstanden sind. Die Drüsenepithelzellen bilden die Drüsenendstücke. von ihnen wtrd das jewetlige Sekret gebildet und sezerntert. Über thren Ausführungsgang bzw. - bet großen Drüsen - ein gegliedertes Ausführungsgangsystem stehen sie mtt dem Oberflächenepithel in offener Verbindung. Er leitet das Sekret an die jeweilige äußere oder innere Körperoberfläche ab.
2.2.1.2 Form der Endstücke Oie Endstücke bestehen (mit Ausnahme der mehrschichttgen Talgdrüsen) aus etner etnzelnen Lage von meist hochprismatischen Orüsenepithelzellen, die einer Basallamina aufsitzen. Mit ihren aptkalen Zelloberflächen begrenzen die Drüsenepithelzellen ein Lumen, in das sie das Sekret abgeben. Endstücke können verschiedene Formen haben: Tubulös - schlauch- oder röhrenförmig, das Lumen ist im Vergleich mtt dem azinöser Endstücke eher wett Z.B Endstücke von Schleimbildenden Drüsen, Endstücke von Schweißdrüsen, Magendrüsen. Drüsen der Uterusschletmhaut. C Hartmann et al • Institut fur ZellbiOlogie H1stolog1e und Embryologie. MediZtnlsel'le Unovers1tat Graz
Seite 29 Acinös - beerenförmig, enges Lumen, z.B. seröse Endstücke in Parotis und Pankreas. Alveolär - bläschenförmig, weites Lumen ln Mischformen sind zwei Endstückformen innerhalb eines Endstückes kombiniert: tubuloacinös - z.B. in seromukösen Drüsen der Atemwege; in Glandula submandibularis und sublingualis. tubuloalveolär (Tubuli mit bläschenartigen Erweiterungen) in der laktierenden Brustdrüse
2.2.1.3 Architektur der Drüse Einzeldrüsen Einfache Drüsen können nur aus einem Endstück bestehen, wie zum Beispiel die einfach tubulösen Drüsen der Uterusschleimhaut (Giandulae uterinae - Abb. 20). Ein eigentlicher Ausführungsgang 1st hier nicht vorhanden, das Drüsenlumen öffnet sich an der Epitheloberfläche. Schweißdrüsen und Duftdrüsen bestehen aus einem - stark aufgeknäuelten - tubulösen Endstück und einem Ausführungsgang. Verzweigte Einzeldrüsen sind Drüsen, die aus einer mehr oder m1nder großen Anzahl von Endstücken und emem Ausführungsgang aufgebaut sind. Einzeldrüsen sind überwiegend kleine Drüsen, die meist in einer größeren Anzahl über eine bestimmte Oberfläche verteilt vorkommen (z.B. kleine Speicheldrüsen, Schweißdrüsen, Drüsen der Atemwege). Sie sind meist in den dem jeweiligen Epithel unterlagerten Bindegewebsschichten zu finden und der Zusammenhang mit der Epitheloberfläche ist in den meisten Präparaten direkt zu erkennen. Zusammengesetzte Drüsen besitzen eine Vielzahl von Sekret-produzierenden Endstücken und ein in verschiedene Abschnitte gegliedertes Ausführungsgangsystem, das nach Art eines Baumes verzweigt ist. An die Endstücke schließen d1e kleinen Ausführungsgange an, die sich zu immer größeren Ausführungsgangabschnitten vereinigen. Der Hauptausführungsgang steht mit dem Oberflächenepithel in offener Verbindung. Meist handelt es sich hier um große Drüsen, die gleichzeitig auch eine Gliederung in Lappen (Lobi) und Läppchen (Lobuli) zeigen und eigenständige Organe bilden (große Mundspeicheldrüsen, Pankreas, Milchdrüsen).
2.2.1.4 Beschaffenheit des Sekrets serös: die Drüsenepithelzellen produzieren ein dünnflüssiges, proteinreiches Sekret. Morphologie seröser Endstücke: azinöse Form, enges Lumen, hochprismatische Drüsenepithelzellen mit kugeligen Zellkernen, die in der basalen Hälfte der Zellen liegen. Seröse Drilsen: Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse- Abb. 21 ), Tränendrüse, Pankreas- exokriner Teil, Spüldrüsen des Geruchs- und Geschmacksorgans. mukös: die Drüsenepithelzellen produzieren einen sauren, zähflüssigen Schleim. Morphologie muköser Endstücke: tubulöse Form, weites Lumen, Drüsenepithelzellen meist etwas niedriger als bei serösen Endstücken, Zellgrenzen deutlich zu sehen, die Zellkerne liegen an der Basis der Zellen und sind oft abgeplattet. Der Schleim verhält sich färbarisch basophil, ist aber meist ausgewaschen, daher sehen die Drüsen/-endstücke im Präparat hell und wabig aus. Muköse Drüsen: Glandulae linguales posterioras (Abb 22) und Glandulae palatinae. Auch Becherzellen produzieren ein muköses Sekret. mukoid· d1e Drüsenepithelzellen produzieren ebenfalls Schleimstoffe (Muzme). ihr Sekret unterscheidet sich jedoch bezüglich des pH-Werts. C Hartmannetal. Institut for Zellbtolog1e. HostOiogoe und Embryologoe Medizomsche Unrvers~at Graz
Seite 30 Morphologie mukoider Endstücke: Endstücke mukoider Drüsen zeigen das gleiche Aussehen wie muköse Endstücke. Sie werden von vielen Autoren ebenfalls als mukös bezeichnet. Mukoide Drüsen: im Verdauungstrakt (Giandulae card1acae. pyloricae, duodenales), im Genitaltrakt (Giandulae bulbourethrales. vestibulares). gemischt (seromukös ): Morphologie gemischter Endstücke: von gemischten (seromukösen) Endstücken spricht man, wenn Drüsenendstücke neben mukösen auch seröse Drüsenepithelzellen besitzen. Den tubulösen, mukösen Endstücken liegen außen kappenartig bzw. halbmondförmig Gruppen von serösen Endstückepithelzellen (Ebner-Halbmond) auf. Gemischte Drüsen: Atemwege (Nasenhöhle: Glandulae nasales, Larynx: Glandulae laryngeae. Trachea: Glandulae tracheales, Bronchi: G landulae bronchiales). Mundhöhle: gemischte kleine Speicheldrüsen wie Glandulae labiales, buccales, linguales antenores (Abb. 23); gemischte große Mundspeicheldrüsen: Glandula submandibularis und Glandula sublingualis. Homokrine Drüsen: die Endstücke besitzen nur eine Art von Drüsenzellen. die alle das gleiche Sekret produzieren. Heterokrine Drüsen: die Endstücke bestehen aus verschiedenen Drüsenzellen, die jeweils unterschiedliche Sekrete produzieren. z.B. Magenhauptdrüsen (Giandulae gastricae propriaeAbb. 24)
gem1schte Endstücke Cl
heteroknne Drüsen
Hanmann et al Insblut fur Zetlboolog1e, H1stolog1e und Embryologie. MediZin•sche Un1vers1tat Graz
Seite 31 2.2.1.5 Art der Sekretabgabe Holo krin: Die ganze Drüsenepithelzelle geht während des Sekretionsvorganges durch Apoptose zugrunde. Dieser Sekretionsmechanismus findet sich nur bei den (mehrschichtigen) Talgdrüsen (Abb 223 - Haut). Apokrin: Zusammen mit dem eigentlichen Sekret werden von der Drüsenepithelzelle auch Zytoplasmabestandteile mit abgegeben, die die Zelle nach Sekretabgabe wieder regenerieren muss. Beispiel ist die laktierende Brustdrüse - Fettbestandteile der Milch werden apokrin sezerntert, dabet werden die Fetttröpfchen samt einer umhüllenden Plasmamembran als Sekret abgegeben. Merokrin. Abgabe des Sekretes (Proteine) durch Exozytose Ekkrin: Sekretion von Wasser und Ionen. Die meisten exokrinen Drüsen geben ihr Sekret per Exozytose- merokrin -ab, wobei gleic hzeitig Wasser - ekkrin - sezerniert wird. 2.2.1.6 Lokalisation Schleimhautdrüsen und Hautdrüsen: Schleimhautdrüsen - kleine Drüsen der Schleimhaut des Verdauungs-, Respirations- und Urogenitaltraktes. Hautdrüsen- Schweißdrüsen. Duftdrüsen. Talgdrüsen, Milchdrüsen
2.2.2 Endokrine Drüsen besitzen keine Ausführungsgänge. Sie bilden Hormone, welche meist unmittelbar nach ihrer Synthese in Blutgefäße gelangen und über das Kreislaufsystem zu ihrem Wirkungsort gebracht werden. Endokrine Drüsen haben ein gut entwickeltes Kapillarsystem, in das die Hormone abgegeben werden. Diese Kapillaren sind auch häufig erweitert (sinusoide Kapillaren). Endokrine Drüsen bzw. endokrine Organe (siehe dort) sind Hypophyse, Epiphyse, Nebennieren, Schilddrüse (Follikel, in denen Hormone gespeichert werden- Abb. 25) und Nebenschilddrüsen. Hormonbildende Drüsenepithelzellen kommen aber auch in vielen anderen Organen vor: z.B. Bauchspeicheldrüse (Langerhans-lnseln - Abb. 26), Hoden (Leydig-Zellen - Abb. 135 und 139 männliche Geschlechtsorgane). Ovar (Corpus luteum - Abb.157 - weibliche Geschlechtsorgane); endo(intra)epitheliale endokrine Zellen in allen Abschnitte des MagenDarm-Traktes (enteroendokrine Zellen), im Respirallons- und Urogenitaltrakt.
C Hartmann el al lnshtut fOr ZeltbiOiogoe. H1stologoe und Embryologoe. MediZinische Umversotat Graz
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3 Bindegewebe und Stützgewebe Bindegewebe und Stützgewebe (Knorpelgewebe und Knochengewebe) stammen entwicklungsgeschichtlich hauptsächlich vom Mesoderm und in weiterer Folge vom Mesenchym ab. Charakteristisch ist, dass zwischen den jeweiligen Zellen (verschiedene Arten von Bindegewebszellen, Knorpelzellen. Knochenzellen) meist reichlich lnterzellularsubstanzen, die unter dem Begriff extrazellultire Matnx (Extrazellultirmatrix) zusammengefasst werden, vorhanden ist. Im Knochengewebe ist die extrazelluläre Matrix mineralisiert, sie enthält HydroxylapatitKristalle.
3.1 Bindegewebe Bindegewebe kommt überall im Körper in unterschiedlicher Zusammensetzung und Menge vor. Bestandteile des Bindegewebes sind Zellen und Interzellularsubstanzen (Extrazellulärmatrix). Man unterscheidet fixe (ortssttindige) Bindegewebszellen. die Interzellularsubstanzen produzieren, von sog. freien (mobilen) Zellen, die vor allem aus dem Blut in das Bindegewebe eingewandert sind und der Abwehr dienen. Interzellularsubstanzen bestehen im Wesentlichen aus amorpher Grundsubstanz und Fibrillen bzw. Fasern. Als Beispiel für das Bauprinzip der Bindegewebe wird zunächst das lockere kollagene Bindegewebe beschrieben.
3.1.1 Bauelemente des lockeren kollagenen Bindegewebes 3.1.1.1 Fixe (ortsständige) Zellen Fibroblast/Fibrozyt: es handelt sich hier um zwei verschiedene Funktionszustände desselben Zelltyps. Der Fibroblast ist die aktive, Extrazellulärmatrix bildende, der Fibrozyt die ruhende Zellform (geringe Syntheseaktivität). Die Zellen sind verzweigt und stehen durch Fortsätze miteinander in Verbindung. ln den üblichen Schnittpräparaten ist das Zytoplasma kaum angefärbt Der Zellkern eines Fibroblasten (Abb 27) ist groß. oval, hell - chromatinarm - und enthält e1n bis mehrere Nukleoli. Der Zellkern eines Fibrozyten (Abb. 28) 1st kleiner, spindeiförmig und dunkler- chromatinreich. Zwischen Fibroblasten und Fibrozyten gibt es zahlreiche Übergangsformen .
Flbroblaslenkern
Abb 28. Lockeres Bindegewebe Fibrozytenkern
Q Hartmann et al , Institut fur ZellbiOlogie H1stolog1e und Embryologie, MediZiniSChe Umversrtat Graz
Seite 33 Myofibroblast. modifizierter Fibroblast, der Extrazellulärmatrix bildet und zugleich Ähnlichkeiten mit einer glatten Muskelzelle (kontraktile Eigenschaft) aufweist.
3.1.1.2 Freie (mobile) Zellen Lymphozyt (Abb 29): kleine Zelle mit einem runden, chromatinreichen Zellkern. Der schmale basophile Zytoplasmasaum ist lichtmikroskopisch meist nicht zu sehen. Eosinophiler Granulozyt (Abb 29 und Abb. 30): Der Zellkern besteht meist aus zwei Kernsegmenten (hantelförmig). Im Zytoplasma finden sich mit Eosm 1ntens1v anfärbbare Granula. Sie enthalten basische, zytotoxische Proteine und Iysosomaie Enzyme. Im Elektronenmikroskop ist in den Granula ein kristalloides Zentrum zu sehen. Neutrophiler Granulozyt (Abb 31 ): ist an der Form seines Zellkerns zu erkennen. Dieser ist segmentiert und besteht in der Regel aus drei, seltener aus zwei bis fünf Kernsegmenten, die über feine Chromatinbrücken miteinander verbunden sind (segmentkemiger neutrophiler Granulozyt). Das Zytoplasma mit den feinen neutrophilen Granula ist lichtmikroskopisch nicht immer erkennbar. Man unterscheidet zwei Granula-Typen: azurophile und spezifische Granula mit Enzymen zum Abbau von Bakterien und Zellfragmenten. Mastzelle (Abb 32): zeigt 1n H.E.-gefärbten Präparaten große, rote Granula im Zytoplasma, ist aber meist größer als ein eosinophiler Granulozyt. Die Granula enthalten u.a. Heparin und Histamin. Die Zellform ist häufig rundlich, manchmal polymorph. ln Relation zum Zytoplasma ist der Zellkern eher klein, rund bis leicht oval und nicht selten exzentrisch gelegen.
C Hartmann et al InsblUt tur Zellboologie, Histologie und Embryologie, Med,zomsche Unoversotat Graz
Seite 34 Plasmazelle (Abb 33 und Abb. 34): rundliche bis leicht ovale Zelle mit basephilern Zytoplasma (große Mengen an rER zur Bildung von Antikörpern), wobei der Zellkern von einem hellen Hof (Golgi-Apparat) umgeben ist. Der Zellkern liegt exzentrisch und zeigt typischerweise ein Radspeichenmuster (durch die Anordnung keilförmiger Heterochromatinareale an der Innenseite der Kemmembran).
Makrophage: vielgestaltige Zelle mit unregelmäßig geformtem, oft eingebuchtetem Zellkern. Im routinehistologischen Präparat sind Makrophagen nur dann sicher von anderen Zellen zu unterscheiden, wenn sie phagozytiertes Material enthalten. Elektronenmikroskopisch fallen sie durch zahlreiche große Lysosomen in ihrem Zytoplasma auf.
3.1.1.3 Extrazellulärmatrix (lnterzellularsubstanz) Grundsubstanz Wesentliche Bestandteile sind Glykoproteine (z.B. Adhäsionsproteine), sowie Glukosaminoglykane und Proteoglykane. D1ese Makromoleküle ze1chnen sich durch ein hohes Wasserbindungsvermögen aus und sind wichtig für den Stoffaustausch zwischen Kapillarblut und Zellen. Menge und Zusammensetzung zeigen lokale und funktionelle Unterschiede. Fibrillen und Fasern kollagene Fasern bestehen- je nach Dicke der Faser - aus unterschiedlich vielen, parallel angeordneten kollagenen Fibr illen, die elektronenmikroskopisch eine Querstreifung zeigen (Abb. 35a,b) F1bnllen bestehen aus Kollagenmolekülen (am häufigsten Typ I, II, 111). 01e Fasern können s1ch zu kleineren und größeren Faserbündeln zusammenlagern, d1e einen gewellten Verlauf zeigen. Kollagenfasern sind zugfest, die mechanische Beanspruchbarkeil hängt von der Menge und der Anordnung der Faserbündel ab. Kollagenfibrillen/Kollagenfasern kommen im Bindegewebe, Knorpel und Knochen vor. retikuläre Fasern sind eine spezielle Form der kollagenen Fasern (bestehen hauptsächlich aus Kollagentyp 111) und sind ebenfalls aus Fibrillen aufgebaut. Sie s~nd dünner als kollagene Fasern und bilden Netze. Da s1e sich mit Silbersalzen darstellen lassen. werden sie auch als argyrophile Fasern bezeichnet. Retikuläre Fasern kommen geme~nsam m1t kollagenen Fasern in Bindegeweben vor. ln Form von flächigen Netzen sind s1e Bestandtell von Basalmembranen (Lamina fibroreticularis) und bilden zarte Stützgerüste um Kap1llaren und um periphere C Hartmannetal , Ins11M 1\lr Zellboologoe Hrstologoe und Embryologoe. Medrz1nrsche Unovor~rtat Graz
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Nervenfasern, um Epithelzellverbände in vielen Organen (Drüsen, Leber, Niere etc.), um Muskelfasern und um Fettzellen. Im retikulären Bindegewebe bilden sie räumliche Netze.
elastische Fasern (Abb. 35a) bestehen ultrastrukturell nachweisbar aus amorphem Elastin und Mikrofibnllen. Sie zeigen unterschiedliche Dicke, verzweigen sich und bilden Netze. Sie sind reversibel dehnbar. Für die lichtmikroskopische Darstellung werden Elastika-Färbungen (z.B. Orcein) verwendet. Elastische Fasern kommen meist gemeinsam mit Kollagenfasern in Bindegeweben und im elastischen Knorpel vor. Besonders reich an elastischen Fasern sind z.B. das Bindegewebe in der Lunge und elastische Bänder. Die Wand von elastischen Arterien enthält in der Tunica media elastische Lamellen oder Membranen, dte ebenfalls aus Elashn und Mtkrofibrillen aufgebaut stnd. 3.1.2 Bindegewebsformen Die üblichen Einteilungen in verschiedene Bindegewebsarten berücksichtigen im Wesentlichen die Art und Menge an fixen und freien Zellen, die Art, Menge und Anordnung von Bindegewebsfasern, sowie die Menge und Zusammensetzung der Grundsubstanz. Zum Beispiel besitzen embryonale Bindegewebe wie Mesenchym und gallertiges Bindegewebe sehr viel Grundsubstanz, beim zellreichen Bindegewebe stehen die Zellen quantitativ im Vordergrund, beim Iasengen Bindegewebe die Bindegewebsfasern Darüber hinaus hat jedes Btndegewebe bestimmte Struktur- und Funktionseigentümlichkeiten. Zum Großteil handelt es sich bei den verschiedenen Bindegeweben um Mischformen. So gibt es zum Beispiel zwischen dem lockeren und straffen Bindegewebe fließende Übergänge. Fettzellen kommen nicht nur im Fettgewebe, sondern einzeln oder tn kleinen Gruppen auch im lockeren Bindegewebe vor.
3.1.2.1 Embryonale Bindegewebe Mesenchym besteht aus Mesenchymzellen, die durch Fortsätze miteinander in Verbtndung stehen und ein wetträumiges dreidimensionales Netzwerk bilden. Dazwischen findet sich Grundsubstanz (v.a. Hyaluronsäure), in der noch keine Fasern nachweisbar sind. Aus dem Mesenchym entwickeln sich alle Binde- und Stützgewebe. Cl Hartmann el at.. lnstrtut fur ZellbiOlogie H1stotog1e und Embryologie. Me
Sei te 36 Gallertiges Bindegewebe kommt • als Wharton-Sulze bezeichnet - in der Nabelschnur vor. Zwischen spindeiförmigen Fibroblasten mit zahlreichen Fortsätzen, die einen weitmaschigen Verband bilden, befindet sich reichlich gallertige lnterzellularsubstanz, die große Mengen an Hyaluronsäure sowie kollagene und retikuläre Fasern enthält.
3.1.2.2 Zellreiche Bindegewebe Das spinozelluläre Bindegewebe in der Rinde des Ovars {Abb. 150 -weibliche Geschlechtsorgane) besteht aus dicht liegenden, spindeiförmigen Fibroblasten, zwischen denen nur wenig Interzellularsubstanz mit retikulären und kollagenen Fasern liegt. Die Zellen zeigen eine sehr charakteristische, ihre Verlaufsrichtung immer wieder wechselnde Anordnung {"Wirbelbildung"). Aus diesen Bindegewebszellen können sich die hormonproduzierenden Thekazellen entwickeln. Ein sehr zellreiches Bindegewebe findet sich auch in der Lamina propria der Uterusschleimhaut Dieses Bindegewebe unterliegt im Rahmen des Menstruationszyklus periodischen Veränderungen. Im Zuge einer Schwangerschaft können sich diese Bindegewebszellen zu Deziduazellen differenzieren.
3.1.2.3 Faserige kollagene Bindegewebe Nach der Menge und Anordnung der Bindegewebsfasern unterscheidet man lockeres und straffes kollagenes Bindegewebe. Lockeres {faserarmes) kollagenes Bindegewebe ist im Organismus sehr weit verbreitet. Es verbindet Organe und Organteile, füllt Lücken innerhalb und zwischen verschiedenen Geweben aus (interstitielles Bindegewebe), dient als Verschiebeschicht zwischen Strukturen (z B Muskelfaserbündel können sich gegeneinander verschieben), umhüllt Nerven, Blut- und Lymphgefäße und bildet das Stroma vieler Organe. Das lockere Bmdegewebe ist von wesentlicher Bedeutung für Wasserhaushalt, Stoffwechsel-, Abwehr- und Regenerationsvorgänge des Organismus. Im lockeren Bindegewebe {Abb. 36) bilden die fixen Bindegewebszellen (Fibroblasten/ Fibrozyten) mit ihren Fortsätzen ein weiträumiges Maschenwerk. Im Interzellularraum finden sich locker angeordnet vor allem kollagene, aber auch retikuläre und elastische Fasern, sowie reichlich Grundsubstanz. Hier kommen alle Arten von freien Bindegewebszellen vor. Ihr Anteil kann sehr hoch sein (z.B. in der Lamina propria von Schleimhäuten). Häufig finden sich 1m lockeren Bindegewebe auch Fettzellen. Straffes {faserreiches) kollagenes Bindegewebe kommt im Organismus dort vor, wo eine hohe mechanische Beanspruchung besteht. Mengenmäßig überwiegen h1er kollagene Bindegewebsfasern (vorwiegend Kollagen Typ 1), die zu dicken Bündeln zusammengelagert sind. D1e Anzahl an freien Zellen ist gering. Im straffen geflechtartigen Bindegewebe {Abb. 37) verlaufen die Kollagenfaserbündel einander kreuzend und bilden so ein dreidimensionales Geflecht. das in alle Richtungen auf Zug beanspruchbar ist Diese Bindegewebsform bildet die Kapseln v1eler Organe, Stratum reticulare der Haut, Sklera des Augenbulbus, Dura materdes ZNS, Bindegewebskapseln der Gelenke. Muskelfaszien, Penost, Penchondnum etc. Im straffen parallelfaserigen Bindegewebe verlaufen die Kollagenfaserbündel parallel, es ist daher in eine Richtung auf Zug beanspruchbar, z.B. Sehnen und Bänder
Q Ha11mann el al
lnsi•IUI fur Zetlbiologl6, HIStologie und Embryologie. MedtZ•n•sche Un•verSttat Graz
Seite 37 Sehnen sind aufgebaut aus Sehnenfasern (Kollagenfaserbündel) und Sehnenzellen oder Tendinozyten (langestreckte Fibroblasten, aufgrund des Schnittbildes auch als .Fiügelzellen"bezeichnet). Elastische Bänder besitzen einen hohen Anteil an dicht gelagerten elastischen Fasern, weshalb sie makroskopisch gelblich aussehen, Ligamenta flava zwischen den Wirbelbögen.
3.1.2.4 Retikuläre Bindegewebe Fortsatzreiche, faserbildende (fibroblastische) Retikulumzellen bilden miteinander ein weitmaschiges Netzwerk. Die retikulären Fasern bilden ihrerseits ebenfalls ein Netzwerk und werden von Fortsätzen der Retikulumzellen eingehüllt. ln den weiten Zwischenräumen finden sich zahlreiche freie Zellen. Retikuläres Bindegewebe bildet das Grundgewebe des Knochenmarks und der lymphatischen Organe (Ausnahme Thymus). ln lymphatischen Organen und Geweben wird es- aufgrund des hohen Anteils an Lymphozyten- auch als lymphoretikuläres Bindegewebe bezeichnet. ln den Routinepräparaten sind Retikulumzellen an ihren großen, meist ovalen, chromatinarmen Zellkernen zu erkennen. die Zellkerne der Lymphozyten sind klein, rund und chromatinreich (Abb 38).
3.1.2.5 Fettgewebe Fettgewebe kommt in zwei Formen, als weißes (univakuoläres) und als braunes (plurivakuoläres) Fettgewebe. vor. Das Fettgewebe des erwachsenen Organismus 1st überwiegend weißes Fettgewebe (Baufett und Speicherfett - Abb 39). 0 Hartmannetal. lnstotul tor ZellbiOiog•e. Hostologoe und Embryologie. Medozonosche UnoverßoUit Graz
Seite 38 Die Fettzellen (Adipozyten oder Lipozyten) des weißen Fettgewebes sind große, runde bis polygonale Zellen, die fast vollständig von einem großen Fetttropfen ausgefüllt werden (univakuolär). Das Zytoplasma und der abgeflachte Zellkern sind an den Rand der Zelle verlagert. ln routinehistologischen Präparaten wird das Fett durch organische Lösungsmittel herausgelöst. Zurück bleiben der schmale lichtmikroskopisch kaum sichtbare Zytoplasmasaum und der an den Rand gedrängte Zellkern (,Siegelringform"). An der Stelle des Fetttropfens ist ein leerer Raum (Vakuole) vorhanden. Der in der Aufsicht ovale Zellkern scheint gelegentlich durchlocht ( ..Lochkern"). Jede Fettzelle wird von einer Basallamina und retikulären Fasern, die ein Netzwerk bilden, umschlossen. Fettzellen kommen einzeln oder in kleineren Gruppen im lockeren Bindegewebe vor. Das eigentliche Fettgewebe (z.B. Subkutanfett) ist durch Septen aus kollagenem Bindegewebe in Läppchen gegliedert.
3.2 Knorpelgewebe Knorpelgewebe besteht aus Zellen (Chondroblasten, Chondrozyten) und Extrazellulärmatrix (Knorpelmatrix)- v.a. Proteoglykane und Hyaluronsäure (hohes Wasserbindungsvermögen) sowie kollagenen Fibrillen und Fasern. Elastischer Knorpel enthält zusätzlich elastische Fasern. Knorpel entsteht - wie alle Binde- und Stützgewebe - aus Mesenchym. Mesenchymzellen differenzieren sich zu rasch proliferierenden Chondroblasten, die Knorpelmatrix bilden. Solange die Knorpelmatrix noch weich ist, können sich die neu entstandenen Chondroblasten voneinander entfernen und sich weiter teilen (interstitielles Wachstum). Mit Abschluss des interstitiellen Knorpelwachstums und Reifung der Matrix bleiben die aus den letzten Zellteilungen hervorgegangenen Knorpelzellen in sogenannten isogenen Gruppen zusammen und werden zu nicht mehr te1lungsfäh1gen Chondrozyten. An der Oberfläche des Knorpels wird aus dem Mesenchym die bindegewebige Knorpelhaut. das Perichondrium, gebildet, aus dessen innerster Schicht sich Zellen zu Chondroblasten differenzieren, Matrix bilden und so für ein appositionelles Wachstum sorgen. D1e 1sogenen Gruppen von Chondrozyten werden als Chondrone bezeichnet. Ein einzelner Chondrozyt ist von perizellulärer Matrix (Knorpelkapsel) umgeben, ein Chondron von temtoria/er Matrix (Knorpelhof, Zellhof). Die dazwischen liegende Knorpelmatrix ist die interterritoriale Matrix. Das Perichondrium (Knorpelhaut) umgibt den Knorpel außen und geht kontinuier1ich in das Knorpelgewebe über. Ausnahme 1st der Gelenkknorpel, er bes1tzt kein Perichondrium. Knorpelgewebe 1st in der Regel gefäßlos. Die Ernährung erfolgt durch D1ffus1on aus den Kapillaren des Perichondriums oder beim Gelenkknorpel aus der Synovialflüssigkeit. Knorpel hat auch keine Lymphgefäße und Nerven. Knorpelgewebe kommt 1n dre1 Arten vor hyaliner Knorpel, elastischer Knorpel und FaserknorpeL
3.2.1 Hyaliner Knorpel (Abb 40 und Abb. 41) ist die meistverbreitete Art von Knorpelgewebe: Gelenkknorpel, Rippenknorpel, Nasenknorpel, Großteil des Kehlkopfskeletts, Luftröhre und größere Bronch1en. ln der Embryonalzeit bildet hyaliner Knorpel den größten Te1l des Skeletts. Im hyalinen Knorpel finden sich zellreiche Chondrone, Gruppen von bis zu 8 Knorpelzellen. Die Knorpelmatrix erscheint bei Betrachtung im gewöhnlichen Licht völlig homogen, die kollagenen Fasern (Fibrillen), v.a. aus Kollagen Typ II bestehend, Sind .maskiert" Die an die Kollagenfibnllen gebundenen Proteoglykane binden Wasser und es kommt zum Aufquellen der Fibrillen. Das führt zur Angleichung der optischen Eigenschaften von aufgequollenen Fibnllen und Grundsubstanz, die Fasern können nicht mehr als eigene Strukturen wahrgenommen werC Har1t11ann e1 al , lnsl•lullur ZellbiOiogle, Hlslologie und Embryologie. MediZiniSChe Umvers11:11 Graz
Seite 39 den. Im Alter, wenn die Menge an Proteoglykanen und der Wassergehalt abnehmen, kommt es stellenweise zur ..Demaskierung" der Fasern (,Asbestfasem.- Abb. 41 ). 3.2.2 Elastischer Knorpel (Abb 42) Elastischer Knorpel findet sich als Ohrknorpel, in Teilen des Kehlkopfskeletts (z.B. Epiglottis), als elastische Knorpelstuckehen in der Wand kleinster Bronchien. Die Chondrone sind zellanm, sie enthalten 1 bis 2, maximal 3 große Chondrozyten. ln der Knorpelmatrix finden sich neben kollagenen Fasern (Fibrillen) zahlreiche, netzartig angeordnete, elastische Fasern, die sich mit Elastika-Färbungen darstellen lassen. 3.2.3 Faser knorpel (Abb 43) Faserknorpel findet sich z.B. als Symphysenknorpel und Bandscheibenknorpel. Mengenmäßig dominieren hier nicht maskierte kollagene Fasern vom Typ I. Die Chondrozyten sind länglich und liegen vorwiegend einzeln in der Matrix.
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IAbb. 43· Faserknorpel
3.3 Knochengewebe Knochengewebe besteht aus Zellen (Osteoblasten. Osteozyten, Osteoklasten) und Extrazellullärmatrix (Knochenmatnx). Osteoblasten entstehen aus Mesenchymzellen und sind für die Synthese und Sekretion von Osteoid zuständig. Dieses wird anschließend mineralisiert. die eingemauerten Osteoblasten C Hartmann et al . Ins11M for Zellblotogoe. Hrstologoe und Emb
Seite 40 werden zu Osteozyten. Diese liegen in Knochenhöhlen und besitzen zahlreiche lange Fortsätze, die in Knochenkanälchen liegen. Über ihre Fortsätze stehen benachbarte Osteozyten miteinander in Verbindung. Ostecklasten sind große vielkernige Zellen, die Knochensubstanz enzymatisch abbauen können. Sie entstehen aus Monozyten und zählen zum mononukleären Phagozytensystem. Die Extrazellulärmatrix (= Knochenmatrix) besteht aus organischen und anorganischen Komponenten. Organische Bestandteile der Knochenmatrix werden als Osteoid bezeichnet: Es handelt sich dabei um Proteoglykane. Glykoproteine etc. und kollagene Fibrillen (Kollagen Typ 1). Die anorganischen, mtneralischen Komponenten bilden Hydroxylapatit-Kristalle. Strukturell lassen sich zwei Arten von Knochengewebe unterscheiden, Geflechtknochen (Faserknochen) und lamellenknochen.
3.3.1 Geflechtknochen (Faserknochen) ist die Art von Knochengewebe, die im Zuge von Knochenneubildung in der Embryonalzeit und meist im Rahmen von Frakturheilungen entsteht. Im Geflechtknochen sind die kollagenen Fibrillen zu Bündel zusammengelagert und in der mineralisierten Matnx wte bei einem Bindegewebe geflechtartig angeordnet, sie zeigen keine bestimmte Verlaufsrichtung. Geflechtknochen wird - mit wenigen Ausnahmen - im lauf der Entwicklung zu Lamellenknochen umgebaut. aus dem der größte Teil des reifen Skeletts besteht.
3.3.2 Lamellenknochen ist das reife Knochengewebe, das im erwachsenen Organismus bei weitem überwiegt. Hier sind die kollagenen Fibrillen in sich regelmäßig wiederholenden Struktureinheiten, den Knochenlamellen, angeordnet. Eine Knochenlamelle besteht aus Knochenmatrix, tn der die Kollagenfibnllen tn mehr oder weniger steilen Schraubentouren parallel verlaufen. in der benachbarten Lamelle ändert sich dann die Verlaufsrichtung (Sperrholzprinzip). Zwischen den Lamellen liegen die Zellleiber der Osteozyten. Ein Knochen besteht makroskopisch aus kompaktem Knochen, Substantia compacta oder Kompakta, und spongiösem Knochen, Substantia spongiosa oder Spongiosa. Die Kompakta bildet die äußere Schicht eines Knochens, die Spongiosa bildet tm Inneren ein Bälkchen- bzw. Trabekelwerk. Die Hohlräume zwischen den Spongiosabälkchen und - tn langen Knochen (Extremitätenknochen) - dte zusammenhängende Markhöhle enthalten Knochenmark. Histologisch bestehen sowohl Kompakta wie auch Spongiosa aus Lamellenknochen. in der Kompakta sind dte Knochenlamellen zu konzentrischen lamellensystemen, den Osteonen oder Havers-Systemen (s.u.) angeordnet. ln den Bälkchen der Spongiosa sind die Knochenlamellen meist flächtg zu halbmondförmigen Lamellenpaketen geschichtet, Osteone fehlen weitgehend. Die strukturelle Grundeinheit der Kompakta (Abb. 44 und Abb. 45) ist ein Osteon (HaversSystem). ln der Längsausdehnung sind Osteone annähernd zylinderförmig, lassen sich aber in Längsrichtung nicht klar als einzelne Gebilde voneinander abgrenzen, da sie ineinander übergehen und dem Verzweigungsmuster der Blutgefäße folgen . Im Querschmt1 sind sie rund oder oval. Im Zentrum eines Osteons findet sich der Havers-Kanal, der von Endost (s.u.) ausgeklet· det ist und in dem Blutgefäße sowie Nervenfasern verlaufen. Er ist von etwa 10 konzentrisch angeordneten Knochenlamellen (Speziallamellen) umgeben. Zwischen den Lamellen finden sich - ebenfalls in konzentrischen Anordnung - die Osteozyten. Ihre Zellletbar hegen in Knochenhöhlen (Lakunen), ihre langen und zahlreichen Fortsatze. über die sie mttemander C> Hartmann et al , lnstotul fur Zellboologoe. Hostologte und Embfyolog•e. Medozomsche Unoversotat Graz
Seite 41 durch Gap junctions in Verbindung stehen, in Knochenkanälchen. Diese Knochenkanälchen kommunizieren mit dem Havers-Kanal (Ernährung der Osteozyten). Zwischen den Osteonen liegen Sc haltlamellen. Es handelt sich dabei um Reste von älteren, im Zuge des stetigen Knochenumbaus nicht vollständig abgebauten Osteonen. Osteone sind gegeneinander und gegen die Schaltlamellen durch stärker färbbare Linien, sogenannte Kittlinien (auch Zementlinien) abgegrenzt.
Abb. 44· Volkmann-Kanal Volkmann-Kanäle sind Querverbindungen zwischen den Havers-Kanälen und zwischen diesen und dem Periost. Sie sind ebenfalls von Endost ausgekleidet und führen Blutgefäße. Sie sind nicht von konzentrischen Lamellen umgeben (Abb. 45). An Querschnitten durch die Substantia compacta eines Knochens findet man in ihrem oberflächlichen, direkt unter dem Periost gelegenen, Bereich Knochenlamellen, die parallel zur Oberfläche des Knochens vertaufen und nicht um Blutgefäße herum orientiert sind, die äußeren Generallamellen. ln manchen Knochen findet man auch (unregelmäßiger) innere Generallamellen, die die Substantia compacta gegen die Markhöhle zu begrenzen und parallel zu den äußeren Generallamellen orientiert sind. Sämtliche inneren Oberflächen des Knochens (Markraum, Havers- und Volkmann-Kanäle) sind von Endost bedeckt. Dieses besteht aus einer dünnen Lage nicht mmeralisierter Matrix und einer kontinuierlichen Lage von endostalen Zellen (Saumzellen). Es handelt sich dabei um ruhende Vorläuferzellen, aus ihnen können Osteoblasten entstehen. An seiner äußeren Oberfläche ist der Knochen vom Periost (Knochenhaut) bedeckt. Man unterscheidet zwei Schichten, ein inneres Stratum osteogenicum, welches ebenfalls osteogene Vortäuferzellen enthält, und ein aus straffem Bindegewebe bestehendes äußeres Stratum fibrosum, das mit dem Knochen durch Sharpey-Fasern (kollagene Fasern) verbunden ist. Das Periost ist reich an Blutgefäßen und Nerven. 3.3.3 Knochenbildung (Os sifikation, Osteogenese) Ossifikation: Bildung von Knochengewebe Osteogenese: Entstehung eines Knochens Die Entstehung emes Knochens aus Mesenchym kann auf zwei Arten erfolgen. C> Hartmannetal
lns~tut
ror ZeQbtOiog•e. H•stolog.e und Emblyolog•e. Med•zlmsche Un•vers.tat Graz
Seite 42 Die direkte Knochenbildung aus dem embryonalen Bindegewebe (Mesenchym) wtrd als desmale Ossifikation (Osteogenese) bezeichnet. Die Bildung von Knochen über ein knorpeliges Vorstadium (indirekt} erfolgt durch chondrale Ossifikation (Osteogenese). Neben der Neubildung von Knochengewebe muss hier gleichzetlig Knorpel abgebaut werden. Auf beiden Wegen entsteht zunächst Geflechtknochen (Faserknochen). Dieser wird später zum größten Teil in Lamellenknochen umgebaut. 3.3.3.1 Desmale Ossifikation Durch desmale Ossifikation entstehen die platten Knochen des Schädeldachs und des Gesichtsschädels. Mesenchymzellen differenzieren sich am Ort des späteren Knochens zu Osteoblasten. Diese synthetisieren Osteoid, das anschließend mineralisiert wird. Wenn Osteoblasten rundum Osteoid abgeschieden haben, werden sie darin eingemauert und damit zu Osteozyten, die durch lange Fortsätze miteinander in Verbindung bleiben. An der Oberfläche der so entstandenen Knochenbälkchen (Abb. 46 und Abb. 47) entstehen aus Mesenchymzellen neue Osteoblasten, die weiteres Knochengewebe anlagern. Dadurch werden die Knochenbälkchen immer dicker. Die Form der Knochen und die Anpassung an die Größenzunahme der von ihnen eingeschlossenen Organe (z.B. platte Schädelknochen- Gehirn) entsteht im Verlauf der Entwicklung und des Wachstums dadurch, dass an der Außenseite durch Osteoblasten Knochengewebe angebaut, auf der Innensatte durch Osteoklasten Knochengewebe abgebaut wtrd. ln lichtmikroskopischen Präparaten sind an der Außensatte der Knochenbälkchen epithelar!Jg angeordnet die basophilen Osteoblasten zu sehen, darunter ein Osteoidstreifen, der meist heller als das mineralisierte Knochengewebe gefärbt ist. An der Innenseite findet man Osteoklasten (Abb. 47), große, vtelkernige, meist mit Eosin deutlich angefärbte Zellen. Sie liegen häufig in Einbuchtungen, den sog. Howshtp-lakunen, Resorpbonslakunen, die durch enzymatischen Knochenabbau entstanden smd.
3.3.3.2 Chondrale Ossifikation Der größte Tetl des menschlichen Skeletts wtrd knorpelig vorgebtldet. Am Ort des künfttgen Knochens differenzieren sich Mesenchymzellen zu Chondroblasten, die ein Modell des jeweiligen Knochens aus hyalinem Knorpel bilden Das knorpelige Modell wird anschließend zum Knochen umgebaut C> Hartmann et al lnst•tut fur Zellb•ologoe, Hostolog e und Embryolog•e. Med•z•msche Umversrtat Graz
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D1e chondrale Osteogenese besteht aus zwei Vorgängen, der perichondralen und der enchondralen Ossifikation. Die perichondrale Oss1fikat1on (an der Oberfläche des Knorpelmodells) läuft grundsätzlich gleich ab wie die desmale, direkte Ossifikation. Die enchondrale Ossifikation (im Inneren des Knorpels) ist eine indirekte Ossifikation, da durch Auflösung von Knorpelgewebe erst Platz geschaffen werden muss, bevor Knochengewebe abgelagert werden kann Die chondrale Osteogenese lässt sich am besten am Beispiel eines Röhrenknochens beschreiben. (Abb. 48) Mesenchymzellen des Penchondnums des Knorpelmodels d1fferenz1eren sich zu Osteoblasten, d1e 1m Bereich der späteren Diaphyse außen an den Knorpel Knochengewebe anlagern. Auf d1ese Weise entsteht e1ne perichondrale Knochenmansc hette. Das dem perichondralen Knochen außen anliegende Bindegewebe wird zum Periost. Von ihm geht das weitere Dickenwachstum der Knochenmanschette aus. Unter der Knochenmanschette kommt es im Inneren des Knorpelmodells zu charakteristischen Veränderungen. Die Knorpelzellen vergrößern sich, hypertrophieren, und die Knorpelhöhlen werden erweitert. ln weiterer Folge kommt es zur Mineralisierung der Knorpelmatrix. Nun bauen an umschriebenen Stellen der perichondralen Knochenmanschette Osteoklasten Knochensubstanz ab, sodass Löcher in der Knochenmanschette entstehen. Durch diese wachsen aus dem Penost Blutgefäße, begleitet von Mesenchymzellen, in den verkalkten Knorpel em. Chondroklasten (große vielkernige Zellen -entsprechen Osteoklasten) beginnen, mineralisierte Knorpelmatrix abzubauen. ln die dadurch entstehenden Hohlräume wachsen Blutkapillaren und Mesenchymzellen ein. Im Bereich der Diaphyse entsteht so allmählich eine Höhle, die primäre Markhöhle. S1e wird zunächst von blutgefäßreichem Mesenchym ausgefüllt. Sobald 1m Mesenchym die Blutzellbildung einsetzt- 5. Monat- spncht man von einer sekundären Markhöhle. Das Dickenwachstum des Diaphysenschaftes und parallel dazu die Erweiterung der (primären und spater sekundären) Markhöhle erfolgt dadurch, dass an der Außenseite der Knochenmanschette von Osteoblasten neues Knochengewebe gebildet wird, während gleichzeitig auf der Innenseite Ostecklasten Knochen abbauen. Besondere Bedeutung für das Längenwachstum des Knochens hat die Zone zwischen der Anlage des Knochenschaftes (Diaphyse) und der - zunachst noch zur Gänze knorpeligenKnochenenden (Epiphysen). Hier können von der Epiphyse Richtung Diaphyse folgende Zonen unterschieden werden (Abb 49 und Abb. 50):
0 Hartmann etal lnsbtut fOr Zellbtologoe. HIStologoe und Embryologte. Med1Z1nische Un•vers1tat Graz
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Gelenkknorpel (G)
(1) Reservezone (Zone des ruhenden Knorpels) hier liegt hyaliner Knorpel mit mitotisch weniger aktiven Knorpelzellen vor. ln frühen Entwicklungsstadien nimmt diese Zone die ganze Epiphyse ein. (2) Proliferationszone (Zone des Säulenknorpels} hier erfolgt das Knorpelwachstum, d.h. die Knorpelzellen teilen sich lebhaft. Da die Knochenmanschette eine seitliche Ausdeh nung des Knorpels verhindert, ordnen sich die Knorpelzellen entlang der Längsachse des Knochens säulenartig an. Die Teilungstätigkeit der Knorpelzellen in dieser Zone gewährteistet das Längenwachstum des Knochens. (3 Hypertrophe Zone (Zone des g roßblasigen Knorpels ) M1t Annäherung an d1e Markhöhle nehmen die Knorpelzellen erheblich an Größe zu (hypertrophieren), wobei die säulenartige Anordnung der Zellen größtenteils erhalten bleibt. Die Knorpelmatrix zwischen den Zellsäulen im Bereich der letzten 1 bis 3 Zellreihen verkalkt. {4) Zone des Knorpelabbaus (Eröffnungszone) und der enchondralen Knochenbildung (Ossifikationszone)
(4.1) Eröffnungszone ln dieser Zone werden durch Abbau der parizellulären {unverkalkten) Matrix und Untergang der Chondrozyten die Knorpelhöhlen eröffnet. Blutkapillaren sowie Mesenchymzellen können einwachsen. Die untergegangenen Chondrozyten und Teile der verkalkten Matrixsepten werden von Chondroklasten abgebaut. (4.2) Ossifikationszone Aus Mesenchymzellen entstehen Osteoblasten, die sich an d1e Oberfläche der bälkchen- bzw. septenartigen Reste der verkalkten Knorpelmatnx anlagern und dort enchondralen Knochen bilden. Im Zuge des Längenwachstums des Knochens wird der 1n den Zonen ablaufende Prozess kontinuierlich fortgesetzt: Vermehrung von Knorpelgewebe, Minerahs1erung der Knorpelmatrix , Abbau von mineralisierter Knorpelmatrix, enchondrale Knochenbildung, Abbau von Knochen , usw. Zu einem spateren Zeltpunkt beginnt auch der Epiphysenknorpel im Inneren zu verkalken. wird abgebaut und durch enchondralen Knochen ersetzt. C Hartmann e1 al . lnslolul fur Zellb!Oiogoe Hosl ologle und Embryologoe. Medoz•nosche Unoversl13t Graz
Seite 45 Erhalten bleibt zwischen Epiphyse (Abb. 51) und Diaphyse die Wachstums platte (auch Wachstumsfuge, Epiphysenscheibe oder Epiphysenfuge), eine hyaline Knorpelplatte mit teilungsbereiten Knorpelzellen samt angrenzenden epiphysären und diaphysären enchondralen Ossifikationsbereichen mit den oben beschnebenen Zonen. Solange der Epiphysenknorpel durch Teilung seiner Knorpelzellen wächst und damit immer neues Material zum Abbau und anschließendem Ersatz durch Knochengewebe bereitgestellt wird, ist ein Längenwachstum des Knochens möglich. Wenn die Knorpelzellen ihr Wachstum etnstellen, werden auch die Wachstumsplatten durch Knochen ersetzt (.die Epiphysenfugen schließen sich") und das Längenwachstum ist beendet. Der Knorpel an der Oberfläche der Epiphysen bleibt als Gelenkknorpel erhalten.
4 Muskelgewebe Muskelgewebe besteht aus Muskelzellen. Die Muskelzellen der Skelettmuskulatur werden als Muskelfasern bezeichnet. Muskelzellen können sich aktiv verkürzen (kontrahteren). Dazu besitzen alle Muskelzellen in ihrem Zytoplasma Myofibrillen aus Aktin- und Myosinfilamenten. Entwicklungsgeschichtlich entsteht das Muskelgewebe mit wenigen Ausnahmen aus dem Mesoderm. Man unterscheidet drei Arten von Muskelgewebe: Skelettmuskulatur, glatte Muskulatur und Herzmuskulatur. Skelettmuskulatur und Herzmuskulatur werden aufgrund ihrer lichtmikroskopisch sichtbaren Querstreifung gemeinsam als quergestreifte Muskulatur bezeichnet. Die meisten Skelettmuskeln können bewusst gesteuert werden (Willkürmuskulatur), Herzmuskulatur und glatte Muskulatur nicht (autonome Muskulatur).
4.1 Skelettmuskulatur Die Skelettmuskulatur ist mengenmäßig im Körper am stärksten vertreten. Größtenteils ist sie Bestandteil der Muskeln des Bewegungsapparates, doch sind auch die Gesichtsmuskeln, die Muskulatur der Zunge und des Gaumens, die Schlundmuskulatur und die Muskulatur des oberen Teils des Ösophagus, die Muskulatur von Kehlkopf, Zwerchfell und Beckenboden, der M. sphtncter urethrae, M. sphmcter an1 externus und M. cremaster sowte dte äußeren Augenmuskeln und die Mittelohrmuskeln quergestreift. Eine Skelettmuskelfaser ist durch Fusion von Einzelzellen, Myoblasten, entstanden. Sie kann bts mehrere Zentimeter lang sein und ist10-100 IJm dick. Je nach Länge kann sie Hunderte von Zellkernen enthalten. Die Zellkerne smd oval und liegen randständig unter der Zellmembran (Sarkolemm) mitthrer Längsachse parallel zur Längsachse der Muskelfaser. Die Zellkerne können sich nicht mehr teilen. Es sind jedoch den Skelettmuskelfasern an ihrer Oberfläche Satellitenzellen angelagert, ruhende Myoblasten, dte bei Bedarf proliferieren und mit der Muskelfaser fusionieren können. Dte Satellitenzellen liegen innerhalb der Basalmembran, die Jede Skelettmuskelfaser umgtbt Die Myofibrillen im Zytoplasma (Sarkoplasma) durchziehen die gesamte Länge der Muskelfaser und sind über Desminfilamente untereinander verbunden und am Sarkolemm befestigt. Etne Myofibnlle besteht aus längs orientierten, regelmäßig in Sarkomeren angeordneten Myosin- und Aktinfilamenten. Die Sarkomare aller Myofibrillen hegen jeweils auf gleicher Höhe. Dadurch entsteht im lichtmikroskopischen Bild die Querstreifung der Skelettmuskelfaser. Dunkler gefärbte A -Banden wechseln mit helleren I-Banden ab. Diese Querstreifung ist an ~ Hanmann
et al, lnstotull\.ir Zellbtologoe. Hoslologoe und Embryologie Medozonosche Unrversotäl Graz
Seite 46 längs- und auch an Schrägschnitten zu sehen (Abb. 52a). Querschnitte durch Muskelfasern zeigen die Myofibrillen lichtmikroskopisch als Punlctierung (Abb. 52b). Im Elektronenmikroskop sieht man innerhalb der I-Banden den Z-Streifen. in den A-Banden eine hellere H-Zone. in deren Zentrum ein dunklarer M-Streifen zu sehen ist (Abb. 53). Der Abschnitt zwischen zwei Z-Streifen wird als Sarkomer bezeichnet. Am Kontraktionsvorgang beteiligte Strukturen sind das Sarkoplasmatische Retikulum (entspricht dem glatten ER) und Transversaltubuli. Das Sarkoplasmatische Retikulum dient als intrazellulärer ca2+ -Speicher und ist ein membranbegrenztes Hohlraumsystem aus Schlliuchen ( entlang erner Myofibnlle longitudinal onentrert) und terminalen Zisternen (zrrkulär um dre Myofibrille herum verlaufend). Die Transversai-Tubuli (T-Tubuli) sind Einstulpungen des Sarkolemms in das Sarkoplasma und verlaufen transversal zur Längsachse der Myofibrillen, an der Grenze zwischen A- und 1- Bande. Der T-Tubulus und die beiden angrenzenden terminalen Zisternen bilden jeweils eine Triade. Aufbau eines Muskels ln den Muskeln des Bewegungsapparates sind quergestreifte Muskelfasern und gefäß- und nervenführendes Brndegewebe morphologisch und funktionell miteinander verbunden. Zwischen einzelnen Skelettmuskelfasern findet sich ein sehr kapillarreiches, lockeres Bindegewebe mit retikulären Fasern, das Endomysium. Gruppen von Muskelfasern werden von Perimysium, einem lockeren kollagenen Bindegewebe, zu Primär- und Sekundärbündeln zusammengefasst. Alle Muskelbündel eines Muskels werden außen von Epimysium (lockeres kollagenes Bmdegewebe) umhüllt, das den Muskel mit seiner Faszie (straffes, geflechtartiges kollagenes Bindegewebe) verbindet, die den Muskel oberflächlich bedeckt.
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I-Streifen(- ). A-Streifen (<:IQ), Z-Strerfen A )
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C Hanmann el al . lnslllul fur Zellboologoe, Hostologoe und Embryologoe, Medtztnosche Unoversot~r Graz
Seite 47 Muskelspindeln (Abb. 54) sind Dehnungsrezeptoren, die der Regulation der Spannung des jeweiligen Muskels dienen, und liefern Informationen über Stellung und Bewegung der Extremitäten und die Haltung des Körpers. Sie liegen im Perimysium und bestehen aus einer Gruppe von besonders differenzierten, kleinkalibrigen Skelettmuskelfasern (intrafusalen Fasern), die von einer Bindegewebskapsel umgeben sand und mit afferenten und efferenten Nervenfasern in Verbindung stehen.
4.2 Glatte Muskulatur Glatte Muskulatur findet man in der Wand von Blut- und Lymphgefäßen, in der Wand des Verdauungskanals (Ösophagus, Magen, Dünndarm, Dickdarm und Rektum bts zum Anus; Gallenblase), der Luftwege (Trachea; Bronchi und Bronchioli der Lunge bis zu den Alveolen: Basalringe), in den ableitenden Harnwegen (Ureter, Harnblase, Urethra), im männlichen Genitaltrakt (Ductus epididymidis, Ductus deferens, Samenblase, Prostata, Corpus cavernosum penis, Skrotalhaut- Tunica dartos) und im weiblichen Genitaltrakt (Eileater, Uterus, Vagina). Glatte Muskeln sand auch M. sphincter und M.dilatator pupillae, M. ciliaris, M. orbitalis, Mm. tarsales und in der Haut die Mm. arrectores pilorum.
Glatte Muskelzellen (Abb. 55 und Abb. 56} sind langgestreckte, spindelförm1ge Zellen (20-200 tJm- im schwangeren Uterus bis 800 iJm- lang, 5-10 iJm dick) mit nur einem einzigen, zentral gelegenen, stäbchenförmigen (zigarrenförmigen) Zellkern, der bei stark kontrahierten Muskelzellen eine geschlängelte b1s schraubag gewundene Form annehmen kann. Jede Muskelzelle ist von einer Basalmembran umgeben, zwaschen den Muskelzellen finden sich retikuläre Fasern. Glatte Muskelzellen können auch ihre extrazelluläre Matrix selbst synthetisieren. Glatte Muskelzellen bilden in der Regel Bündel, in denen die Muskelzellen jeweils parallel ausgerachtet sind. Die Bündel können zu Schichten angeordnet sein (z.B. im Verdauungskanal}. ln glatten Muskelzellen sand die Aktan- und Myosanfilamente nicht zu Sarkomeren angeordnet, die Organisation ist weniger klar ersichtlich. D1e Zellen zeigen keine lichtmakroskopische Querstreifung, deshalb .glatte• Muskulatur. Ultrastrukturell finden sich an der Oberfläche der Zelle zahlreiche 0-förmige Einstülpungen der Plasmamembran, Caveo/ae, 1m Zytoplasma manchmal schlauchförmige Membransysteme. Dae Mehrzahl der Zellorganellen liegt in kappenförmigen Zytoplasmaarealen an beiden Polen des Zellkerns. Im Zytoplasma und an der Innenseite der Plasmamembran sind zahlreiche Verdichtungszonen zu sehen, im Zytoplasma als dense bod ies, an der Plasmamembran als C Hartmann et al • Institut fOr Zellboologl9. H•stOiogoe und Embryologie, Med1Z101sehe Unlvers1tat Graz
Seite 48 Anheftungsplaques bezeichnet. Es sind Verankerungsstellen für Aktinfilamente und für ein Netz aus Intermediärfilamenten (Desmin}, das die Zelle durchzieht. Die Aktin- und Myosinfilamente sind annähernd in Längsrichtung der Zelle orientiert. Glatte Muskelzellen sind häufig über Gap junctions miteinander funktionell verbunden.
4.3 Herzmuskulatur Die Herzmuskulatur ist - wie die Skelettmuskulatur - eine quergestreifte Muskulatur, jedoch unwillkürlich und in ihrem Vorkommen ausschließlich auf das Herz beschränkt. Hier findet sie sich im Myokard der Herzwand. Herzmuskulatur besteht aus verzweigten Herzmuskelzellen (Abb. 59, 60 und 61 ). Dtese besitzen jeweils emen zentral gelegenen Zellkern (gelegentlich auch zwei Zellkerne). Um den Zellkern findet sich ein spindelförmiger, myofibrillenfreier Zytoplasmabereich, das Endoplasma. Hier liegen Zellorganellen, wie z.B. rER und Golgi-Apparat, sowie Lipofuszingranula, deren Menge mit dem Alter zunimmt. Die Anordnung der Akttn- und Myostnfilamente m den Myofibnllen tst ähnlich wte die in der Skelettmuskulatur. ln Längsschnitten ist dte Querstrettung sowie- als. Besonderheit der Herzmuskulatur - die Glanzstreifen (Disci intercalares) zu sehen. Gewöhnlich treppenförmig abgestuft gliedern sie als Zellgrenzen das Herzmuskelgewebe in etwa 100 ~-tm lange Abschnitte. Hier sind Haftkontakte (Fasciae adhaerentes und Desmosomen) und Kommunikaltonskontakte (Gap junctions) ausgebildet. Durch die Glanzstreifen werden die Herzmuskelzellen zu verzweigten faserförmigen Ketten (.Herzmuskelfasern") verbunden, die jeweils von einer gemeinsamen Basalmembran umgeben sind. Sarkoplasmatisches Retikulum und T-Tubuli sind in der Herzmuskelzelle ebenso wie in der Skelettmuskulatur vorhanden, doch ist das Sarkoplasmattsche Retikulum nur spärlich ausgebildet, die transversal verlaufenden T-Tubuli sindwetterund umgeben dte Myofibrillen jeweils m der Höhe eines Z-Streifens.
5 Herz Das Herz tst ein muskuläres Hohlorgan, das sich rhythmisch kontrahiert und Blut in den Körperkreislauf (großer Kreislauf) und den Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf) pumpt (Abb. 57). Histologisch ist die Herzwand aus drei Schichten aufgebaut. deren stärkste das Myokard ist. Auf
Truncus pulmonahs
Abb 57: Schema. Herz: großer (Körper-)Kreislauf und kleiner (Lungen-)Kreislauf reA. ~ rechtes Atnum h.A = 11nkes Atnum rechter Ventnkel
Imker Ventnkel
Cl Hartmann et al. lnsutul fur ZellbiOlogie H1slolog1e und Embryologie, Med•z•msche Umvers1tat Graz
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dieses folgt innen das Endokard und außen das Epikard. Umhüllt wird das Herz vom Herzbeutel, dem Perikard. Zw1schen Penkard und Epikard findet SICh em flüss1gkeitsgefüllter, kaplllärer Spalt, die Perikardhöhle. Epika rd Das Ep1kard (Abb. 58) 1st die der Außenfläche des Herzens aufliegende seröse Haut. Es besteht aus einem einschichtigen, platten Epithel (Mesothel), das einer Basallamina aufs1tzt, und einer dünnen anschließenden Bindegewebsschicht. Mit dem Myokard ist das Epikard durch das subepikardiale Bindegewebe (entsprechend einer Subserosa) verbunden, das reichlich C Hartmannet al. Insblut hlr ZellbtOiogoe. Hostologoe und Embryologoe. Medoz•nosche Unlversitat Graz
Seite 50 Fettgewebe enthält. ln das subepikardiale Binde- und Fettgewebe sind Blutgefäße und Nerven eingelagert. Myokard Hauptbestandteil des Myokards ist Herzmuskulatur (Arbeitsmuskulatur- Abb. 59 und 60), bestehend aus einzelnen Herzmuskelzellen, die über Glanzstreifen miteinander zu langen, verzweigten Ketten verbunden sind. Zwischen ihnen findet sich lockeres Bindegewebe, das Endomysium, das sowohl mit dem subepikardialen als auch mit dem subendokardialen Bindegewebe in Verbindung steht. Hier sind auffallend viele Blutkapillaren vorhanden, die parallel zu den Herzmuskelzellen verlaufen. Endokard Das Endokard (Abb. 62) bildet die innere Oberfläche des Herzens. Es besteht aus einem einschichtig platten Epithel, dem Endothel, und einer unterlagerten subendothelialen Schicht, die kollagene und elastische Fasern, wie auch vereinzelt glatte Muskelzellen enthält. Darunter findet sich eine unregelmäßig dicke Bindegewebsschicht, das subendekardiale Bindegewebe, das sich kontinuierlich in das Endomysium des Myokards fortsetzt. Hier finden sich Gefäße und Nerven, sowie Purkinje-Fasern, die Endaufzweigungen des Erregungsbildungs· und Erregungsleitungssystems. Verg lichen mit der Arbeitsmuskulatur des Myokards haben die Purkinje-Muskelfasern (kettenförmig aneinander gelagerte spezialisierte Herzmuskelzellen) in der Regel einen deutlich größeren Durchmesser und sind in histologischen Präparaten heller gefärbt, da sie weniger Myofibrillen und mehr Glykogen enthalten (Abb. 63). Das Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystem des Herzens ist verantwortlich fGr die Entstehung von elektrischen Impulsen sowie deren Fortleitung und Verteilung. Dazu zählen Sinusknoten, Atrioventrikularknoten (AV-Knoten), AtrioventrikularbOndel (His-Bündel), Kammerschenkel und Purkinje-Fasern. Manche Herzmuskelzellen des Vorhofmyokards können auch Hormone bilden, sie sezernieren atriales natriuretisches Peptid (ANP).
6 Nervengewebe Das Nervengewebe liefert d1e Bauelemente für das zentrale Nervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem (PNS). Es besteht aus Nervenzellen (Neuronen) und Gliazellen. Entwicklungsgeschichtlich stammen die Zellen des Nervengewebes aus dem Ektoderm, in weiterer Folge aus dem Neuralrohr und den Neuralleisten (Ausnahme Mikrogliazellen)
6.1 Nervenzellen (Neurone) Sie s1nd d1e spezifischen, erregungsbildenden, -leitenden und informationsverarbeitenden Zellen des Nervengewebes. S1e stehen untereinander oder m1t anderen Zellen über Synapsen in Verbindung (siehe Lehrbücher). Nervenzellen sind von sehr unterschiedlicher Größe und zeigen einen außerordentlichen Formenreichtum, das Bauprinzip ist jedoch immer gleich. Der Zellleib der Nervenzelle 1st das Perikaryon, das den Zellkern enthält. Dieser ist typischerweise rund , chromatmarm, mit e1nem auffällig großen Nukleolus (Abb. 64 und Abb. 68). Im Zytoplasma finden sich basophile Körnchen oder Schollen, die Niss I-Schollen (Nissi-Färbung m1t basischen Farbstoffen). Elektronenmikroskopisch entsprechen diesen Nissi-Schollen Areale mit stark entC Hartmann et al • lnshlul fur Zellb10log1e.
H1stolog•e und Embryologie, Med1z1msche Umvers•lät Graz
Seite 51 wiekeitern rER. Nissi-Schollen-frei ist nur der Ursprungskegel des Neuriten. Neben anderen Zellorganellen (Golgi-Apparat mit vielen Golgi-Stapeln, Mitochondrien, Lysosomen) enthält das Parikaryen auch in unterschiedlicher Menge Lipofuszingranula (Telolysosomen). gelbbräunliche Körnchen, deren Menge mot dem Alter zunimmt. Mit Spezoalfärbungen sind lichtmikroskopisch sog. "Neurofibnllen" darstellbar. die elektronenmikroskopisch dem Zytoskelett entsprechen: Mikrotubuli (Neurotubuli), Intermediärfilamente (Neurofilamente) und Aktinfilamente. Vom Perikaryon gehen zwei Typen von Fortsätzen aus, Dendnte (meist mehrere) und eon Neunt (=Axon). Die Dendrite sind in der Regel baumartig verzweigte, verästelte Fortsätze des Perikaryons. ln ihrem breitbasigen Ursprung und den anfänglichen Verzweigungen sind NissiSchollen vorhanden. An den Oberflächen der verzweigten Dendritenbäume besitzen sie kleine stachelartige Fortsätze- Domen (dendritic spines), die Orte von synaptlschen Kontakten sind. Dendnte empfangen Erregungen von anderen Nervenzellen und leoten sie zum Parikaryen hin (afferent).
Der Neurit (=Axon) ist e1n stets in der E~nzahl vorhandener, oft sehr langer Fortsatz. Er entspringt vom Perikaryon mit einem Ursprungskegel (Axonhügel), der keine Nissi-Schollen enthält. Sein distales Ende ist in kleine Äste verzweigt (Telodendron). Entlang des Neuriten wird die Erregung vom Perikaryon weg (efferent) über längere Strecken fortgeleitet und an den Endverzweigungen oder Kollateralen über Synapsen auf nachgeschaltete Nervenzellen oder andere Zellen (Effektoren, z.B Muskelfasern) übertragen. Die Übertragung erfolgt fast immer über Neurotransmitter. Nervenfaser Neunte besitzen e~ne Scheide (Umhüllung), doe von Gliazellen (s.u ) gebildet word. Ein Neurit zusammen mit se~ner Gliascheide wird als Nervenfaser bezeichnet (sowohl 1m PNS wie auch im ZNS). Je nachdem, ob in dieser Gliascheide eine Markscheide(= Myelinscheide) ausgebildet ist oder nicht, unterscheidet man markhaltige (myelinisierte) Nervenfasern (Abb. 65 und Abb 67) und marklose (nicht myelinisierte) Nervenfasern. Aufgrund der Anzahl der Fortsätze können verschoedene Bautypen von Nervenzellen unterschieden werden. Multipolare Nervenzellen: ein Neurit, zahlreiche Dendnte. Multipolare Nervenzellen kommen im ZNS und PNS am häufigsten vor. Bipolare Nervenzellen: e1n Neunt, eon Dendnt. (lnnenohr, Retina) C Hartmannetal • lnstJIUt fur Zellbtotogte HISiologte und Emb
Seite 52 Pseudounipolare Nervenzellen: vom Perikaryon geht nur ein Fortsatz ab, der sich T-förmig in einen Neurit und einen Dendrit aufteilt. (Spinalganglien) Unipolare Nervenzellen: z.B. Stäbchen- und Zapfenzellen der Retina besitzen nur einen Neuriten.
6.2 Gliazellen Gliazellen kommen im Nervengewebe bis zu zehnmal häufiger vor als Nervenzellen. Sie umhüllen die Nervenzellen, dienen der Isolierung, füllen den Raum zwischen den Nervenzellen aus, grenzen das Nervengewebe gegen andere Gewebe ab und haben Bedeutung für den Stoffwechsel der Nervenzellen. 6.2.1 Gliazellen im peripheren Nervensystem (PNS ) Im PNS werden die Nervenzellen von Schwann-Zellen und Mantelzellen (Satellitenzellen) umhüllt. Schwann-Zellen umhüllen den Neurit, Mantelzellen das Penkaryon der Nervenzelle. Im Anschluss ist jeweils eine Basallamina vorhanden. Schwann-Zellen bilden die Gliascheide um die Neurite von Nervenzellen. Bei der Entstehung von markhaltigen (myelinisierten) Nervenfasern umhüllt eine SchwannZelle jeweils eine Teilstrecke eines Neuriten und umwickelt ihn mit einem Teil ihres Zellleibs,
Abb. 66. Nervengewebe: Schema Schwann-Zelle: Markscheide
Abb 71 : Nervengewebe: ZNS Schema Oligodendrozyt 0 Hanmann et al. Institut ltJr Zellb
Seite 53 sodass eine kleinere oder größere Anzahl von konzentrischen Lipid-Protein-Lamellen (entsprechend der Zellmembran der Schwann-Zelle) entsteht. Diese besonders lipidreichen Membranlamellen ergeben in Summe die Markscheide (= Myelinscheide - Abb. 66, Abb. 67). Der Zellkern der Schwann-Zelle liegt an der Peripherie der Zelle. ln routinehistologischen Präparaten sind die Lipide der Markscheide durch organische Lösungsmittel herausgelöst, von der Markscheide bleiben die Proteinbestandteile als netzartiges sog .•Neurokeratingerüst" erhalten. Da jede Schwann-Zelle nur eine Teilstrecke eines Neuriten mit einer Markscheide versorgt, ist zwischen den einzelnen Schwann-Zellen die Markscheide unterbrochen. Lichtmikroskopisch erscheinen diese Stellen als Emschnürungen, Ranvier-Schnürringe. Der Abstand zwischen zwei Schnürringen wird als Internodium bezeichnet; ein Internodium entspricht so der Länge einer Schwann-Zelle. Die Erregungsleitung läuft nicht kontinuierlich, sondern springt gewissermaßen von einem Schnürring zum anderen: saltatorische Erregungsleitung. Bei marklosen (nicht myelinisierten) Nervenfasern (Abb. 67) wird von den Schwann-Zellen keine Myelinscheide gebildet. Hier sind mehrere (6-12) Neurite in eine Schwann-Zelle emgebettet. Sie liegen in Einsenkungen der Zellmembran der Schwann-Zelle. Der Zellkern liegt hier in der Mitte der Zelle. Die Erregung wird bei marklosen Nervenfasern kontinuierlich fortgeleitet Im PNS ist jede Nervenfaser- markhaltig oder marklos- von einer Basallamina umgeben, die von Schwann-Zellen gebildet wird Mantelzellen (Satellitenzellen, Amphizyten) umhüllen epithelartig die Parikaryen von Nervenzellen. Nach außen liegt den Mantelzellen eine Basallamina an. Mantelzellen sind überwiegend platte Zellen, im Bereich des meist rundlichen, chromatinreichen Zellkerns etwas verbreitert (Abb. 68). 6.2.2 Gliazellen im zentralen Nervensystem (ZNS) Im ZNS stehen d1e Nervenzellen in engem Kontakt m1t Oligodendrozyten (sie bilden Markscheiden) und Astrozyten. Ependymzellen kleiden die inneren Liquorraume aus. Ebenfalls zu den Gliazellen des zentralen Nervensystems zählen Mikroglia- oder Hortega-Zellen. Oligodendrozyten (Oiigodendrogliazellen) sind 1n routinehistologischen Präparaten an ihren kleinen, runden, chromatinreichen Zellkernen zu erkennen (Abb. 70). Sie bilden die Markscheiden zentraler Nervenfasern: Ein Oligodendrozyt besitzt mehrere breitflächige Fortsätze und kann mit jedem dieser Fortsätze an mehreren, unterschiedlichen Neuriten jeweils die Markscheide eines Internodiums bilden (Abb. 71).
Parikaryen ( ! )
Oligodendrozyt( ~ ), Astrozyt( )- ),
C Hartmann et al .• lnst1tut ror Zellboologoe. H1stologoe und Embtyologoe. Med1Z1n1sche Un~vers,tat Graz
Seite 54 Astrozyten (Astrogliazellen) haben im Vergleich zu Oligodendrozyten deutlich größere, runde, chromatinarme Zellkerne mit einem oft exzentrisch liegenden Nukleolus (Abb. 70). Astrozyten sind die häufigsten Gliazellen im ZNS. Sie bes1tzen zahlreiche Fortsätze (.Sternzellen") und sind durch Gap junctlons untereinander verbunden. Mit den verbreiterten Enden 1hrer Fortsätze umgeben ste d1e Parikaryen von Nervenzellen, bedecken Dendrite und Synapsen. Ebenso erreichen sie mit Fortsätzen die Oberflächen von Blutkapillaren (bilden hier die Membrana limitans glialis perivascularis) und grenzen das ZNS an seiner Oberfläche gegen die Hirnhäute ab (Membrana limitans g/ialis superficialis). Flächige Fortsätze von Astrozyten umfassen Gruppen von marl<Josen Nervenfasern. Je nach Menge ihrer Intermediärfilamente (aus glial fibrillary acidic protein) können fibrilläre und protoplasmafische Astrozyten unterschieden werden. Mikrogliazellen = Hortega-Zellen sind vielgestaltig mit länglichen, mäßig chromatinreichen Zellkernen (Abb. 70). Hortega-Zellen sind bewegliche Zellen, sie können phagozytieren und speichern. Sie sind mesenchymaler Herkunft (werden auch als Mesoglia bezeichnet), ihre Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark und sind großteils schon während der Fetalzeit in das ZNS eingewandert. Sie zählen zum mononukleären Phagozytensystem. Ependymzellen sind hochprismatische Zellen, die als einschichtige Lage die inneren Liquorräume des ZNS auskleiden. Den Ependymzellen verwandt sind die Epithelzellen des Plexus choroideus (sezernieren Liquor) sowie die Tanyzyten (kleiden den Boden des 111 Ventrikels aus). Wettere, aus Astrozyten differenzierte Gliazellen: Müller-Zellen, Bergmann-Zellen, PltUJzyten, etc.
7 Nervensystem Topographisch wtrd das Nervensystem eingeteilt in das zentrale Nervensystem (ZNS ), zu dem Gehirn und Rückenmark zählen, und das penphere Nervensystem (PNS), das alle Teile des Nervensystems außerhalb des ZNS umfasst: Spmalnerven mit afferenten und efferenten Fasern, Htrnnerven (111-XII), Ganglien (Sptnalganglien, vegetative Ganglien), intramurale Nervengeflechte (z. B. Plexus myentericus - Abb. 77a, Abb. 77b- S.122) des Enterischen Nervensystems im Verdauungstrakt, efferente Nervenfasern mit motorischen Endplatten und afferente Nervenfasern aus Rezeptororganen z .B Muskelspindeln (Abb. 54), Meissner-Tastkörperchen (Abb. 78), Vater-Pacm1-Lamellenkörperchen (Abb. 79). Funktionell kann das Nervensystem in ein somatisches (animales) Nervensystem und ein vegetatives (autonomes) Nervensystem gegliedert werden. Sowohl das somatische als auch das vegetative Nervensystem besttzen zentrale und penphere Antetle Die Leistungen des somatischen Nervensystems geschehen zum größten Teil auf der Ebene des Bewusstsetns, das vegetative Nervensystem regelt vorwiegend die Funkttonen der inneren Organe, ohne dass seine Tätigkeit im Einzelnen bewusst wird. Zwischen beiden Systemen bestehen jedoch enge Verbindungen (Siehe Lehrbücher) C> Hartmann et al lnst•tut fur Zeltboologoe. HIStologoe und Emb
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7.1 PNS 7 .1.1 Nel"'en
Ein größerer peripherer Nerv (Abb. 72- N. ischiadicus) besteht aus mehreren Nel"'enfaserbündeln. Ein Nervenfaserbündel besteht aus markhaltigen und marklosen Nel"'enfasern. Die Nervenfasern verlaufen innerhalb eines Bündels (Abb. 73) leicht gewellt und sind eingebettet in ein lockeres Bindegewebe, das Endoneurium. Eine einzelne markhaltige Nervenfaser besteht aus einem Neurit (Axon) und der in den Präparaten oft netzartig strukturiert erscheinenden Hülle aus Schwann-Zellen (.Neurokeratingerüst• - bleibt nach Extraktion der Lipidbestandteile von der Markscheide übrig). Zellkerne innerhalb des Nervenfaserbündels können im lichtmikroskopischen Präparat nicht eindeutig zugeordnet werden, sie gehören zu Schwann-Zellen oder zu Zellen des Endoneuriums (Bindegewebe, Kapillaren ). Jedes Nervenfaserbündel wird an seiner Oberfläche von einem Perineurium (Perineuralscheide) umhüllt. Das Perineurium besteht aus mehreren Lamellen von epithelartig differenzierten Bindegewebszellen. Das Epineurium. ein lockeres Bindegewebe mit Fettzellen, verbindet mehrere vom Perineurium umgebene Nervenfaserbündel miteinander und überzieht die Oberfläche der größeren Nerven. Kleinere periphere Nerven bestehen aus nur einem NervenfaserbOndel, das vom Perineurium umgeben ist (Abb. 74a,b).
0 Hanmann et al • lnsbl\Jt fllr Zellboologoe. H•stologte und EmbrtoiOgle. Med121n1sche Univers•tat Graz
Seite 56 7.1.2 Ganglien Ganglien (Spinalganglien, vegetative Ganglien) sind Ansammlungen von Perikaryen von Nervenzellen. Spinalganglien (Abb. 75 und Abb. 76) liegen in der dorsalen Wurzel der Spinalnerven. Sie sind an der Oberfläche von einer Bindegewebskapsel bedeckt. Im Inneren des Spinalganglions finden sich Gruppen von (überwiegend pseudounipolaren) Nervenzellen mit sehr großen Perikaryen und einem kugeligen, meist chromatinarmen Zellkern mit deutlichem Nukleolus. Im Zytoplasma kann man fein verteilte (staubförmige) Nissi-Schollen und eventuell Lipofuszingranula sehen. Die Perikaryen der Nervenzellen werden von einer Schicht flacher Gliazellen, den Mantelzellen (Satellitenzellen) umgeben, von denen im lichtmikroskopischen Präparat meist nur die runden, chromatinreichen Zellkerne zu sehen sind (Abb. 68). Zwischen den Parikaryen finden SICh häufig gebündelt verlaufende, meist markhaltige Nervenfasern, eingebettet in ein zartes, an Blutkapillaren reiches Bindegewebe (entsprechend dem Endoneurium).
Spinalganglion
Nervenendigungen
Spinalganglion·
intramuraler
Nervenendigungen Vater-Pacim-Lamel l<>n ~llrn..•·,.h••n
Cl Hartmann el al Institut fur Zellboologoe Hostologoe und Emtxyologoe. Medozonosche Umversotat Graz
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7.2 ZNS Weiße und graue Substanz Schnitte durch das ZNS (Gehirn und Rückenmark) zeigen im Frischpräparat makroskopisch eine Gliederung in weiße Substanz und graue Substanz. Die weiße Substanz (Substantia alba) enthält Gliazellen und neben marklosen, vorwiegend markhaltige Nervenfasern (Abb. 65). Aufgrund des Fettgehalts der Markscheiden erscheinen Ansammlungen von solchen Nervenfasern 1m Frischpräparat weiß. ln der grauen Substanz (Substantia grisea) finden sich (neben Gliazellen und Nervenfasern) überwiegend Perikaryen von Nervenzellen (Abb. 64). Ansammlungen von Parikaryen zeigen im Frischpräparat einen grauen Farbton. Im Gehirn liegt die graue Substanz als Cortex (Rinde) an der Oberfläche, die weiße Substanz Ansammlungen von Nervenfasern, die Faserbahnen (Tractus) oder Bündel (Fasciculi) bildenüberwiegend im Inneren. Im Inneren, eingelagert in die weiße Substanz, findet sich graue Substanz in Form von Kernen (Nuclei). Im Rückenmark liegt die graue Substanz innen, dte weiße Substanz an der Oberfläche. Mit der Eisenhämatoxilinfärbung (Heidenhain) lässt sich lichtmikroskopisch die Anordnung der grauen und weißen Substanz gut erkennen. Eisenhämatoxilin färbt - neben Zellkernen und Erythrozyten - die Markscheiden von Nervenfasern. Die weiße Substanz wird also mit dieser Färbung schwarz-blau, die graue Substanz jedoch kaum gefärbt. Für zytoarchitektonische Studien eignet sich die Nissi-Färbung, bei der mit einem basischen Thtazinfarbstoff (z.B. Kresylviolett. Methylenblau oder Toluidmblau) selektiv die Perikaryen (Zellkern, Nissi-Schollen im Zytoplasma) dargestellt werden können.
7.2.1 Rückenmark (Medulla spinalis) Querschnitte durch das Rückenmark (Halsmark - Abb. 80, Brustmark- Abb. 81) zeigen in seinem gesamten Verlauf einen prinzipiell gleichen Aufbau. Sie sind rund bis oval und weisen ventral etnen liefen Etnschnitt (Fissura mediana ventralis) auf. Dorsal1st medtan eine seichte Furche (Sulcus medianus dorsalis) ausgebildet, von dort geht das Septum medianum dorsale aus. Zusammen teilen sie das Rückenmark in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften. Die graue Substanz (Substantia grisea) liegt innen und bildet eine schmetterlingsförmige Ftgur, die den Zentralkanal umschließt. Sie gliedert stch 1m Querschnittsbild beiderseits tn je ein Vorderhorn und ein Hinterhorn. Der zwischen Vorder- und Hinterhorn liegende Teil der grauen Substanz ist die Pars intermedia. Aus ihr geht im Bereich des Brustmarks lateralwärts jederseits das Seitenhorn hervor. (ln der Längsausdehnung des Rückenmarks bilden Vorderhorn, Hinterhorn. Pars intermedia und Sattenhorn Säulen: Columna anterior, posterior, intermedia. lateralis). Der unpaare Teil der Pars intermedta, der die paarigen grauen Teile miteinander verbtndet und den Zentralkanal enthält, wird auch als Commissura grisea bezeichnet. Der Zentralkanal ist von Ependymzellen ausgekleidet und enthält Liquor cerebrospinalis. Die Nervenzellperikaryen tn der grauen Substanz sind von unterschiedlicher Größe, Form und Funktton und nicht gletchmäßtg verteilt, sondern können Schichten (Laminae} bilden oder stnd zu Kernen (Nuclei} gruppiert. Im lichtmikroskopischen Präparat auffallend ist eine Gruppe von relativ großen Nervenzellperikaryen an der Basis des Hinterhorns im Bereich des Brustmarks, der Nucleus thoracicus. Cl Hartmann et al • Insblut fur Zeflb1olog1e. HIStologie und Embryologie, Med1Zon1sche UntvefSI~I Graz
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IAbb. 81: Die weiße Substanz (Substantia alba) umgibt außen die graue Substanz. Diese gliedert sich beiderseits in je einen Hinterstrang, Vorderstrang und Seitenstrang (letztere auch gemeinsam als Vorderseitenstrang bezeichnet), die jeweils aus gebündelten, vorwiegend längsverlaufenden markhaltigen Nervenfasern (Tractus oder Fasciculi) bestehen. Die beiden Vorderstränge stehen über die Commissura a/ba miteinander in Verbindung. Die Radix dorsalis (hintere Spinalnervenwurzel) enthält Neurite von Spinalganglienzellen, die in das Rückenmark eintreten. Die Radix ventralis (vordere Spinalnervenwurzel) enthält Neurite von Wurzelzellen aus dem Vorderhorn (und aus dem Seitenhorn), die das Rückenmark verlassen. 7.2.2 Großhirn (Cerebrum) Das Großh1rn (auch Endhirn, Telencephalon) bildet in Form der beiden Großhirnhälften (Hemisphären), verbunden durch das Corpus callosum, den größten Teil des Zentralnervensystems. Durch die Ausbildung von mehr oder weniger tief einschneidenden Furchen (Fissurae und Sulci) und Windungen (Gyri) wird eine starke Vergrößerung der Großhirnoberfläche erreicht. Im Unterschied zum Rückenmark liegt h1er- wie auch be1m Kleinhirn- der überwiegende Teil der grauen Substanz als Rinde (Cortex) an der Oberfläche, die weiße Substanz als Marklager im Inneren. Der größte Teil (lsocortex) der Großhirnrinde (Abb. 82) kann aufgrundder unterschiedlichen Form, Größe und Lagerungsdichte der Pankaryen in sechs Ineinander übergehende horizontale Schichten (Laminae) gegliedert werden. Diese werden traditionell nach dem Aussehen der Parikaryen in der N1ssi-Färbung (Zellfärbung) benannt, woraus aber nicht auf die jeweilige Funktion dieser Nervenzellen geschlossen werden kann. Lamina molecularis (I). Die Molekularschicht ist die oberflächlichste Schicht der Grasshirnrinde S1e enthält nur wen1ge kleine, oft spindeiförmige Nervenzellen Lamina granularis externa (II). ln der äußeren Körnerschicht liegen d1cht gelagert relat1v kleine, oft kugelförmige Nervenzellen. Lamina pyramidalis externa (111): ln der äußeren Pyramidenzellschicht finden sich kleine und mittelgroße (10-40 11m) pyramidenförmige Nervenzellen. Lamina granularis interna (IV): Die innere Körnerschicht mit d1cht gelagerten, kleinen Nervenzellen 1st - w1e auch die Lamina granularis externa - in den einzelnen Rmdenarealen unterschiedlich ausgebildet. Sie kann in sensorischen Rindenarealen sehr gut entwickelt se1n, in motorischen weitgehend fehlen. Lamina pyramidalis interna (V) D1e mnere Pyramidenzellschicht enthält mittelgroße Pyramidenzellen, in molansehen Rindenarealen auch große Pyramidenzellen (BetzRiesenpyramidenzellen). Sie können eme Größe von 100 11m und mehr erreichen. 0 Hartmann el al. lnslllut fur Zellboo!ogoe. H1siOIOQie und Embryologie. Med1Z1n1sch& Un1v&rs11ä1 Graz
Seite 59 Lamina multiformis (VI): Oie multiforme Schicht enthält mtttelgroße, unterschiedlich geformte, häufig spindeiförmige Nervenzellen. Mit der Markscheidenfärbung werden aus der weißen Substanz radiär m die Rinde einstrahlende markhaltige Faserbündel (Radiärfaserbündel, Markfaserbündel) und parallel zur Rindenoberfläche, tangential verlaufende Geflechte markhaitigar Nervenfasern dargestellt.
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7.2.3 Kleinhirn (Cerebellum ) Wie das Großhirn besitzt auch das Kleinhirn zwei Hemisphären. Sie sind durch einen unpaaren mittleren Teil, den Wurm miteinander verbunden. Oie Oberfläche des Kleinhirns ist durch querverlaufende Windungen (Folia), die von tiefen Furchen (Fissurae) begrenzt werden, stark vergrößert Auch das Klemhirn besttzt außen eine graue nervenzellreiche Rinde (Cortex cerebelli), tnnen e1n wetßes nervenfaserreiches Mark. Oie Kleinhirnrinde (Abb. 83) zeigt zytoarchitektonisch überall einheitlich eine Gliederung in drei Schichten. Stratum moleculare (Molekularschicht)· hier finden sich verhältnismäßig wenige Nervenzellen Korbzellen - 1m inneren Drittel der Molekularsehtchi - und Sternzellen- 1n der äußeren Hälfte der Molekularschicht Stratumganglionare (Purkinje-Zellschicht): wird von einer Reihe großer Nervenzellen, den Purkinje-Zellen, gebildet Von ihrem Penkaryon gehen zwei kräfttge Dendritenäste weg, die sich spalierbaumartig in der Molekularschicht verzweigen. Stratum granulosum (Körnerschicht): besteht aus dicht gelagerten, sehr klemen Nervenzellen, 0 Hartmannetal . lnstotut fur Zellbiologie. Hlslologie und EmbryolOgie, Med,z~nosche Unoversotal Graz
Seite 60 den kleinen Körnerzellen. Daneben finden sich in geringerer Anzahl auch große Körnerzellen (Go/gi-Zellen). Kleine zellkernfreie Areale werden als Glomerulicerebellares (auch Parenchyminseln) bezeichnet. 7.2.4 Hirnhäute (Meninges) sind bindegewebige Hüllen, die das ZNS umgeben. Sie gliedern sich in Pachymenlnx (Dura mater) = harte Hirnhaut und Leptameninx = weiche Hirnhaut. Die Leptameninx besteht aus Arachnoidea und Pia mater. Zwischen beiden liegt der Subarachnoidalraum, der mit Liquor cerebrospinalis gefüllt ist. Der Liquor cerebrospinalis wird vom Plexus choroideus gebildet, gelangt in das Ventrikelsystem und von dort in den Subarachnoidalraum.
8 Blutgefäße- und Lymphgefäße Blutgefäße sind Arterien (elastischer und muskulärer Typ), Arteriolen, Kapillaren, Venolen und Venen. Die Arterien sind die vom Herzen wegführenden Gefäße. Sie haben die Aufgabe, Blut zu den Organen zu transportieren. Sie verzweigen sich und werden mit fortschreitender Aufteilung 1mmer dünnwandiger und enger, der Gesamtquerschnitt der Strombahn nimmt jedoch zu; dies führt zur Ver1angsamung der Blutströmungsgeschwindigkeit Die kleinsten arteriellen Gefäßabschnitte, die den Kapillaren vorgeschaltet sind, sind die Arteriolen. Kapillaren liegen zwischen arteriellem und venösem Teil des Blu tkreislaufs (Ausnahmen sind portale Gefäßsysteme, Glomeruli in der Niere) und bilden nahezu überall im Körper ein dichtes, reich verzweigtes Maschenwerk. Sie besitzen eine sehr dünne Wand, durch d1e der Stoff- und Gasaustausch zwischen Blut und Gewebe erfolgen kann. Die kleinsten Abschnitte des venösen Gefäßsystems sind die Venolen, die das aus den Kapillaren kommende Blut sammeln. Sie schließen sich zunächst zu kleinen, dann zu immer weitlumigeren und dickwandigeren Venen zusammen, die das Blut w1eder zum Herzen zurückführen. Das Lymphgefäßsystem beginnt peripher m1t Netzen von Lymphkapillaren, die die Lymphe aus dem extrazellulären Raum ableiten (Drainagesystem). Lymphe ist ein Filtrat des Blutes und beinhaltet u.a. Plasmaproteine und Zellen der Abwehr. Über kleinere, mittlere und größere Lymphgefäße (Sammelgefäße), die sich schließlich zu zwei großen Lymphgängen (Ductus lymphabcus dexter, Ductus thorac1cus) zusammenschließen, gelangt die Lymphe wieder in den Blutkreislauf. Allgemeiner Schichtenbau der Artenen-, Venen- und Lymphgefäßwand (Abb. 84) Tunica intima (Intima): besteht aus einem Endothel (einschichtiges, plattes Epithel), das einer Basallamina aufsitzt. Darunter findet sich eine dünne subendotheliale Schicht, die kollagene und elastische Fasern enthält. Endothelzellen sowie Bindegewebsfasern s1nd mehr oder mmder in Richtung der Gefäßachse onent1ert. Tunica media (Media): besteht aus glatten Muskelzellen und Bindegewebsfasern Muskelzellen und Bindegewebsfasern sind annähernd zirkulär um das Gefäßlumen angeordnet. Tunica adventitia (Adventitia ) oder Tunica externa 1st eine Bindegewebsschicht. Bindegewebsfasern (und 1n größeren Venen auch glatte Muske/ze//en) s1nd w1e in der Tun1ca mtima annähernd in der Richtung der Gefäßachse angeordnet. C Hartmann el al , lnst11Ut fur Zellbtolog1e H1stolog.e und Embryologie Medozonosehe Umveos1tät Graz
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--····--- .. Endothel der -+~~.:..:...·:::,, Tunica intima Membrana elaslica interna --i~O.I..,~'c~
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Abb 84· Schema: Schichtenbau einer Arterie vom muskulären Typ An der Grenze zwischen Tunica media und Tunica adventitia und in den äußeren Mediaschichten sind Vasa vasorum (Versorgungsgefäße der Gefäßwand) zu finden. Arterien vom elastischen Typ Große herznahe Artenen smd nach diesem Typ gebaut. Die breite Tumca media besteht, neben glatten Muskelzellen, hauptsächlich aus elastischen Membranen. Zwischen elastischem und muskulärem Bautyp findet ein allmählicher Übergang statt, wobei der Anteil an glatter Muskulatur in der Media zu-. der Anteil an elastischen Membranen abnimmt. Arterien vom muskulären Typ Die Dreischichtung der Wand ist hier besonders deutlich zu erkennen (Abb. 84 und Abb. 85). Zwischen Tunica intima und Tunica media ist eine elastische Membran ausgebildet, die Membrana e/astica interna. Die Tunica media - bei Arterien die dickste der drei Schichten- ist aus mehreren Lagen dicht gepackten, fast konzentrisch angeordneten glatten Muskelzellen mit nur wenig dazwischenliegenden Bindegewebsfasern aufgebaut. Die Tunica externa kann von der Tunica media durch eine - nicht regelmäßig vorhandene - Membrana elastica externa abgegrenzt sein. Sonderformen von Artenen send Sperrarterien mit verdickter Media oder/und Intima. Venen Da in Venen der Blutdruck niedriger und die Strömungsgeschwindigkeit langsamer ist, sind Venen im Vergleich zu Arterien in der Regel dünnwandiger und weitlumiger. Die Dreischichtung der Wand ist nicht so deutlich zu erkennen (Abb. 86). Venen besitzen in der Regel keine Membrana elastica interna. Die Tunica intima ist stets schmäler als in entsprechend großen Arterien. ln der Tunica media findet man neben glatter Muskulatur reichlich Bindegewebe. Bec den meisten Venen ist die Tunica adventitia besser entwickelt als die Tunica media. Vor allem bei größeren Venen der unteren Körperhälfte kann man hier neben reichlich Bindegewebe auch Bündel von längsverlaufenden glatten Muskelzellen finden. ln Venen (besonders der unteren Körperhälfte) kommen ebenso wie cn Lymphgefäßen Klappen vor. Sonderformen von Venen sind Drosselvenen mit zusätzlichen longitudinal ausgerichteten glatten Muskelbündeln im inneren und äußerenBerecch der Media und/oder Adventitia. Arteriovenöse Anastomosen sind Kurzschlussverbindungen zwcschen klemen Arterien und Venen. C Hartmann et al , lnshiUI ror ZetlbiOiogoe. HostOiogoe und EmbryolOgie. MediZinische Un1vers1tat Graz
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Lymphgefäße (Sammelgefäße) Lymphgefäße sind in der Regel noch dünnwandiger als Venen. Dte Schtchtung ist be1 kleineren und m1ttleren Lymphgefäßen praktisch nicht mehr zu erkennen (Abb. 87). ln der Tunica media tritt die glatte Muskulatur mengenmäßig noch stärker zurück, es überwiegt das Bindegewebe. Lymphgefäße sind von Blutgefäßen (Verwechslung mit dünnwandigen Venen möglich) in lichtmikroskopischen Präparaten auch an ihrem Inhalt zu unterscheiden: Lymphe 1st H.E.-Schnitten homogen blass rötlich gefärbt, an zellulären Bestandteilen können Lymphozyten gefunden werden, jedoch keine Erythrozyten. Arteriolen
C Hanmann et al • InsioM fOr Zellbooklgoe HostoiOgoe und EmbryolOg-e Medozornsche Unoversoläl Graz
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Seite 63 Arteriolen sind die kleinsten Äste des arteriellen Gefäßbaumes. Die Media einer Arteriole besitzt nur noch eine (bis zwei) geschlossene Lagen ringförmig angeordneter glatter Muskelzellen (Abb. 88b und Abb. 90). Wurden die glatten Muskelzellen in kontrahiertem Zustand fixiert, erscheint in den histologischen Präparaten das Lumen einer Arteriole oft sehr klein. Kapillaren Die Wand von Kapillaren (Abb. 88a und Abb. 89) besteht aus Endothel und einer Basallamina. ln der Regel sind zusätzlich noch Perizyten vorhanden, kontraktile Bindegewebszellen mit eigener Basallamina, die mit zahlreichen Fortsätzen die Kapillarwand außen tellweise umgreifen. Der mittlere Durchmesser von Kapillaren liegt bei etwa 7 ~m. Eine typische Kapillare ist gerade so weit, dass ein Erythrozyt hindurchpasst, bei engeren Kapillaren müssen sich die Erythrozyten verformen. Sinusoide Kapillaren können einen Durchmesser von 20-30 ~m haben. Man unterscheidet drei Grundtypen von Kapillarendothelien: kontinuierliches Endothel (ist am häufigsten), fenestriertes Endothel (z.B. Kapillaren in endokrinen Drusen, in neurohämalen Regionen des ZNS) und diskontinuierliches Epithel (selten, in Lebersinusoiden, Knochenmarkssinusoiden). Venolen Die auf die Kapillaren folgenden postkapillären Venolen haben bis zu einem Durchmesser von etwa 30 ~m einen Wandaufbau wie Kapillaren und nehmen auch am Stoffaustausch teil (Abb. 90). Die folgenden Abschnitte der Venolen mit einem Durchmesser von etwa 50 ~m haben ebenfalls eme sehr dünne Wand, jedoch bereits vereinzelt glatte Muskelzellen 1n e1ner dünnen Media.
9 Blut und Blutbildung Das Blut besteht aus dem flüssigen Blutplasma und den darin suspendierten Blutzellen (Blutkörperchen). Blutzellen lassen sich unterteilen in: rote Blutzellen (Erythrozyten): 4,8-5,4 Millionen/~! Blut, dienen dem Sauerstofftransport. weiße Blutzellen (Leukozyten): 5000-10000/~1 Blut, weiße Blutzellen sind Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten, sie alle dienen der Abwehr. Nur ein kleiner Teil der im Körper vorhandenen Leukozyten zirkuliert im Blut. der weitaus größere Teil befindet sich in den lymphatischen Organen und im Bindegewebe. Blutplättchen (Thrombozyten): 150000-300000/~1 Blut, smd an der Blutgerinnung beteiligt. Die Neubildung der Blutzellen erfolgt im roten Knochenmark (pränatal auch 1m Dottersack, in der Leber und in der Milz).
9.1 Blutausstrich Rote Blutzellen (Erythrozyten) Reife Erythrozyten besitzen keinen Zellkern. Sie haben die Form von bikonkaven Scheiben, in der Flächenansicht ist ihr (dünneres) Zentrum heller gefärbt. Ihr Durchmesser beträgt 7,5 ~m. Weiße Blutzellen (Leukozyten)besitzen alle emen Zellkern. 1) Granulozyten neutrophile Granulozyten (50-75% aller Leukozyten): 10-12 ~m Durchmesser; Zytoplasma schwach az1dophil mit sehr feinen neutrophilen - schwach rötlich-violett gefärbten - Granula. 0 Hartmann el al. lnsiiiUI fur Zellb
Seite 64 Überwiegend segmentkernige Neutrophile: segmentierter Zellkern mit 3-4 Kernsegmenten, dazwischen faden förmige Einschnürungen. Junge Formen mit einem länglichen, gebogenen Zellkern, noch ohne deutliche Einschnürungen sind stabkernige Neutrophile. eosinophile Granulozyten (1-4%): mit 12-14 ~o~m Durchmesser größer als die Neutrophilen; im Zytoplasma dicht gepackte, grobe eosinophile- rot gefärbte - Granula.; segmentierter Zellkern mit meist 2 (Hantelform), manchmal auch 3 Kernsegmenten. basophile Granulozyten (0-1%): mit 8-10 ~o~m Durchmesser kleiner als die anderen Granulozyten; die groben dunkel-violetten Granula Obertagern oft den Zellkern, der etwas gelappt sein kann. 2) Lymphozyten (20-40%): die meisten sind kleine Lymphozyten mit 7-10 ~o~m Durchmesser; annähernd runder bis leicht ovaler Zellkern mit dichter scholliger Chromatinstruktur, der in etwa die Größe eines Erythrozyten hat; schmaler, manchmal kaum erkennbarer basophiler Zytoplasmasaum; große Lymphozyten (bis 15 ~o~m Durchmesser) haben einen breiteren basophilen Zytoplasmasaum. 3) Monozyten (2-8%): sind mit 14-20 ~o~m Durchmesser die größten Zellen, ihre Form ist vielfältig, sie können manchmal auch etwas unregelmäßig begrenzt sein; ihr Zellkern ist oft exzentrisch gelegen, vielgestaltig, meist eingekerbt, "nierenförmig", oder gelappt m1t feinerer Chromatinstruktur (heller) als der Zellkern der Lymphozyten; ihr Zytoplasma ist schwach basophil. Blutplättchen (Thrombozyten) Bei Thrombozyten handelt es nicht um Zellen, sondern um Zytoplasmaabschnürungen von Megakaryozyten. Ihre Größe variiert ZWISchen 1-4 ~o~m. Im Blutausstrich sind sie oft in Gruppen zusammengelagert. Sie sind basoph1l und lassen ev. einen stärker basophilen, körn igen, zentralen Anteil - Granulomer- und ein schwächer basophiles, peripheres Hya/omer erkennen.
9.2 Knochenmark Im roten Knochenmark findet die Blutbildung (Häma topo1ese) statt. Das Grundgewebe des roten Knochenmarks 1st ein retikuläres Bindegewebe. Fortsatzre1che, fibroblast1sche Retikumzellen und retikuläre Fasern bilden ein Netzwerk, in dessen Maschen die unreifen und reifen Blutzellen der verschiedenen Blutzellreihen liegen. Außerdem kommen Fettzellen und zahlreiche Makrophagen vor. Durchzogen wird das Knochenmark von weiten sinusoiden Kapillaren (Knochenmarkss1nus) einschließlich der zu- und abführenden Gefäße. Das Endothel der sinusoiden Kapillaren weist große Poren auf, eine Basallamina fehlt weitgehend (diskontinuierliches Endothel). Si!mtliche Blutzellen leiten sich von einer Population multipotenter hämatopoietischer Stammzellen ab. Aus 1hr gehen mehrere Generat1onen von Vorläuferzellen (Progenitorzellen) hervor, deren D1fferenzierungsm6glichke1ten immer we1ter emgeschränkt werden. Im Knochenmarksausstrich kann man nur die relativ we1t entwickelten Vorstufen erkennen.
9.2.1 Knochenmarksausstrich Erythropoiese Bildung der roten Blutzellen Alle Reifungsstufen haben emen runden Zellkern, d1e 1m Vertauf der Differenzierung 1mmer klemer und kompakter und schließlich ausgestoßen wird. Das niCht-granulierte Zytoplasma wechselt von anfangs basophil zu oxiphil (Abnahme des rER und der Polyribosomen. Zunahme der Hämoglobinmenge).
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Hanmann e1 al lnslolul fur ZeUboologoe, Hlslologoe und Embryologoe Medozonosche Unoversolai Graz
Seite 65 (1) Proerythroblast größte Zelle dieser Reihe, Durchmesser 14-19 ~m. großer runder Zellkern mit feiner, dichter Chromatinstruktur und - oft nur undeutlich - 2-3 Nukleolen; schmaler tiefblauer Zytoplasmasaum, oft mit einer perlnuklearen Aufhellung. Erythroblasten/Normoblasten (2) basophiler Erythroblast: 13-16 ~m Durchmesser; runder Zellkern mtt grobscholliger Chromatinstruktur, Nukleolen fehlen meist; basophiles Zytoplasma. (3 und 4) polychromatischer Erythroblast / Normoblast: 12-15 IJm Durchmesser; Zellkern rund, deutlich kleiner und dichter; Zytoplasma wird mit fortschreitender Harneglobinsynthese abnehmend basophtl und zunehmend azidophil. (5) oxiphiler (azidophiler oder orthochromatischer) Normoblast letzte kernhaltige Reifungsstufe der Erythropoiese, nicht mehr teilungsfahig, 8-10 ~m Durchmesser; manchmal exzentrisch liegender, noch kleinerer, intensiv gefarbter, pyknotischer Zellkern; azidophiles Zytoplasma. Der Zellkern wtrd ausgestossen. Mit dem Verlust des Zellkerns werden die Normoblasten zu Retikulozyten (ca 1% im Blut) und schließlich zu reifen Erythrozyten. Thrombozytapolese Megakaryozyten: entwickeln sich aus Megakaryoblasten. Sie sind die größten Zellen des Knochenmarks mit bis 100 IJm Durchmesser; sehr großer, vielgestaltiger, oft mehrfach gelappter Zellkern; basophiles Zytoplasma mit feiner violetter Granulierung. Nach Zerfall des Zytoplasmas in Thrombozyten bletbt der Zellkern zurück und wird von Makrophagen abgeraumt. Granulozytopalese Bildung der Granulozyten. Mit Ausnahme des Myeloblasten ist das Zytoplasma der Zellen granuliert. (1) Myeloblast: 10-20 1-1m Durchmesser; großer, runder Zellkern mit sehr feiner Chromatinstruktur und 2-3 deutlichen Nukleolen; schmales basophiles Zytoplasma (aber nicht so tiefblau wie bei Proerythroblast), meist perlnukleare Aufhellung zu sehen. {2) Promyelozyten: größte Zellen der Granulopoiese, 20-25 !Jm Durchmesser; runder, meist exzentrisch gelegener Zellkern mit feiner Chromatinstruktur und Nukleolen; vergleichsweise viel Zytoplasma. Das Zytoplasma ist basophil und enthält grobe, rote (azurophile), unspazifische Granula; parinukleare Aufhellung. (3) Myelozyten: 10-12 ~m Durchmesser; Zellkern mit zunehmend gröberer Chromatinstruktur, Nukleolen meist nicht mehr zu sehen, der Zellkern ist rund bis oval, z.T. einseitig abgeplattet bts leicht eingedrückt; das Zytoplasma wird mit fortschreitender Reifung abnehmend basophil und zunehmend azidophil, die roten Azurgranvia nehmen ab, die spezifischen Granula (neutrophil, eosinophil oder basophil) treten in den Vordergrund. (Neutrophile, eosinophile und basophile Myelozyten) (4) Metamyelozyt: Zytoplasma azidophil mit spezifischen Granula; plumper Zellkern mit unterschiedlicher Form von leicht eingekerbt bis nierenförmig. Der Übergang zum stabkernigen Granulozyten mit einem länglichen, gebogenen Zellkern ist fließend. Durch Kerneinschnürungen (Segmentierung) wird dieser zum reifen segmentkernigen Granulozyten. Monozytapolese Vorstufen sind im üblichen Knochenmarksausstrich nicht eindeutig erkennbar. Die Monozyten des Knochenmarks unterscheiden sich nicht von Monozyten im Blut. Im Knochenmark finden sich wetters: Lymphozyten (Vorstufen verschiedener Lymphozytenpopulationen sind im C Hartmann el al. lnsbtut fOr Zellbiologl8, Histologie u nd Embryologoe Med•zin•sdle Un1Vers1tat Graz
Seite 66 Knochenmarksausstrich rein morphologisch nicht identifizierbar, lmmunzytologie) Plasmazellen (differenzieren sich aus 6-Lymphozyten), runder, exzentrisch gelegener Zellkern mit grobscholliger Chromatinstruktur, deutlich basophiles Zytoplasma mit perinukleärer Aufhellung. Makrophagen: unspazifische Kernform, Einschlüsse im Zytoplasma (phagozyt.1ertes Matenal). Mastzellen: sehr dicht gepackte basophile Granula im Zytoplasma, von Vorstufen der basophilen Granulopoiese schwer zu unterscheiden.
10 Lymphatische Organe Die lymphatischen Organe gehören zum Immunsystem, dessen Aufgabe es ist, den Organismus gegen schädigende körperfremde und auch veränderte körpere1gene Substanzen/Zellen zu schützen. Das Immunsystem besteht aus zwei großen Abwehrsystemen, dem System der angeborenen (natürlichen) Abwehr und dem System der adaptiven (erworbenen) Abwehr. Beide Systeme funktionieren nicht getrennt voneinander, sondern arbeiten Hand in Hand und bedienen sich humoraler und zellulärer Mechanismen. Das System der angeborenen (natürlichen) Abwehr ist von Geburt an funktionstüchtig. Eingedrungene pathogene Mikroorganismen können relativ unspezifisch, jedoch rasch unschädlich gemacht werden. Zu den Zellen der angeborene Abwehr zählen Mikrophagen (in erster Linie neutrophile Granulozyten, aber auch eosinophile Granulozyten), Makrophagen und NK (Natural Killer)-Zellen (NK-Zellen sind Lymphozyten, die Virus-infizierte oder entartete Zellen erkennen und abtöten). Das System der erworbenen (adaptiven) Abwehr kommt erst nach der Geburt in Gang. Zuständige Zellen sind überwiegend Lymphozyten: T-Lymphozyten (T-Helfer-Zellen und zytotoxische T-Lymphozyten) und 8 -Lymphozyten (Effektorzellen, die sich aus den B-Lymphozyten differenzieren, sind die Plasmazellen). Beide Zellformen sind imstande, körperfremde von körpereigenen Molekülen zu unterscheiden (d.h. sie sind immunkompetent) und können ganz spezifisch Antigene erkennen und mit einer Immunantwort reagieren. ln der Art ihrer Immunantwort unterscheiden sich T- und 6Lymphozyten: zellvermittelt (zelluläre) Immunität- T-Lymphozyten; humorale Immunität - B- Lymphozyten. Zellen, d1e in belden Abwehrsystemen aktiv Sind, Sind dendritische Zellen und Makrophagen ln den primtiren lymphatischen Organen, Thymus und Knochenmark, differenzieren sich die Lymphozyten aus lymphatischen Vorläuferzellen (Progenitorzellen), d1e aus dem Knochenmark stammen. Von hier aus verteilen s1ch d1e Lymphozyten über den Blutweg im ganzen Körper und gelangen 1n d1e sekundtiren lymphatischen Organe (Tonsillen, Lymphknoten, Milz) und Gewebe (lymphatisches Gewebe Jn den Schleimhäuten des Verdauungstraktes, des Respirationsiraktes und des Urogenitaltraktes). Das Grundgerüst der lymphatischen Organe (Ausnahme: Thymus) bildet ein lymphoretikuläres Bindegewebe: fibroblastische Retikulumzellen (ovaler, großer, chromalmarmer Zellkern) und retikuläre Fasern bilden ein dreidimensionales Maschenwerk, in welches überwiegend Lymphozyten (kleiner, runder, chromatinreicher Zellkern) teils regellos, teils in Form von Knötchen (=Lymphfollikel), Strangen (1m Lymphknotenmark) oder Gefäßscheiden (in der Milz) emgelagert sind. C Hartmann el al. Insblut fOr Zellboolog•e. Hos1olog1e und Embryologoe . MediZinische Umvers•tat Graz
Seite 67 Lymphfollikel sind knötchenförmige bzw. kugelförmige Ansammlungen von Lymphozyten. ln den Primärfollikeln sind die Lymphozyten gleichmäßig dicht verteilt. Aus einem Primärfollikel entwickelt sich nach Antigenkontakt ein SekundärfollikeL Sekundärfollikel zeigen ein lymphozytenärmeres Zentrum (Reaktions- oder Ke1mzentrum ) umgeben von e1nem Mantel aus dicht gelagerten Lymphozyten.
Sekundärfollikel
10.1.Tonsillen Tonsillen finden s1ch am Übergang des Mund- und Nasenraumes 1n den Rachen Sie bestehen aus lymphatischem Gewebe in enger räumlicher und funktioneller Beziehung zum jeweiligen OberflächenepitheL Die Tonsillae palatinae (Gaumenmandeln), die Tonsilla pharyngealis (Rachenmandel), die Tonsilla Iinguaiis und die Tonsillae tubariae werden zum lymphatischen Rachenring (Waldeyer-Schlundring) zusammengefasst. S1e kommen mit Krankheitserregern, die über Mund und Nase eindringen, unmittelbar in Kontakt. 10.1.2 Tonsilla palatina
An der Oberfläche der Tonsilla palatina (Abb. 91 und Abb. 92) findet sich ein geschichtetes unverhomtes Plattenepithel, welches sich zu 10-15tiefen, eventuell verzweigten Krypten einsenkt. ln den Krypten können Pfröpfe aus abgeschilferten Ep1thelzellen, abgestorbenen Leukozyten und Baktenen (sog. Detntus) vorhanden sein. Unmittelbar unter dem Epithelliegt das lymphoretikuläre Gewebe mit zahlreichen großen Sekundärfolflkeln. D1e zwischen den Lymphfollikeln gelegene interfollikuläre Zone entspricht der T-Zone, hier sind hochofJndotheliale Venolen zu finden. Gegen die Umgebung wird die Tonsille durch ein kapselartiges Bindegewebe abgegrenzt, von dem Septen in das Organ Richtung Oberflache z1ehen Das Epithel wird von 0 Hanmann el al . InsblUt fur Zellbiologte. H1slolog1e und EmbryologiE!. Med1zon1sche Un1ve<s1ta1 Graz
Seite 68 Lymphozyten durchwandert (Lymphodiapedese), die auf diesem Weg in die Mundhöhle gelangen. ln den Krypten ist das mehrschichtige Plattenepithel oft so reichlich mit Lymphozyten, aber auch neutrophilen Granulozyten und Makrophagen durchsetzt, dass es kaum noch als Epithel erkannt werden kann. Gegen das Kryptenlumen zu ist die Oberfläche nur mit wenigen Lagen platter Zellen abgedeckt.
10.2 Lymphknoten Lymphknoten (Abb. 97- Schema) sind rundliche bis bohnenförmige Organe von unterschiedlicher Größe (wenige mm bis zu 2-3cm). Am Hilus des Lymphknotens (von außen als Einziehung der Lymphknotenoberfläche zu erkennen) findet man die ein- und austretenden Blutgefäße, sowie wegführende Lymphgefäße (Vasa efferentia). Ein Lymphknoten wird außen von einer bindegewebigen Kapsel umgeben, von der Trabekel (Abb. 94) ins Innere des Organs ziehen. Zusammen mit Trabekeln, die vom Hilusbindegewebe ausgehen, bilden sie ein grobes Gerüstwerk, in das die Lymphsinus und das lymphatische Gewebe eingelagert sind. Das Lymphknotenparenchym kann in Rinde (Cortex), parakortikale Zone (Paracortex) und Mark (Medulla) gegliedert werden (Abb. 93). ln der Rinde sind die Lymphozyten in Lymphfollike/n, Primär und Sekundärfollikel, angeordnet. (Abb. 93 und Abb. 94). Die Rinde entspricht der 8-Zone. An die Rinde schließt die parakortikale Zone an, hier sind keine Lymphfollikel ausgebildet, die Lymphozyten liegen gleichmäßig dicht beieinander. Die parakortikale Zone entspricht der T-Zone, hier sind auch hoch-endotheliale Venolen zu finden . Sie lässt sich in Routinefärbungen nicht deutlich begrenzen. Das Mark
Lymphknoten Kapsel. Rands1nus, Rinde 0 Hartmann et al lnstrtut fur Zellbrologre, Hrslologre und Embryologte. Medrzrnrsche Unrversrtat Graz
Seite 69 besteht aus verzwe1gten Strängen lymphatischen Gewebes, den Marl<stmngen, die untereinander und mit der Parakortikalzone und Rinde zusammenhängen. Zwischen den Marksträngen liegen die Marksinus (Abb. 93 und Abb. 96). Lymphsinus Lymphknoten sind in das Lymphgefäßsystem als biologische Filter eingeschaltet. Die Lymphe durchströmt langsam die Lymphsinus des Lymphknotens und dabei werden Fremdpartikel, lnfektionserreger, aber auch z.B. Tumorzellen aus der Lymphe von Makrophagen abgefangen und wenn möglich phagozytiert Alle Lymphsinus sind von einem Endothel (Sinusendothel ) ausgekleidet. Fortsätze von Retikulumzellen und retikuläre Fasern bilden innerhalb der Sinus eine Art Reusensystem, das zur Filterwirkung des Lymphknotens beiträgt. Im Sinuslumen sind v.a. Lymphozyten und Makrophagen vorhanden. An der konvexen Oberfläche des Lymphknotens durchbrechen zahlreiche zuführende Lymphgefäße- Vasa afferentia (Abb. 94)- die Kapsel und münden in den Randsinus, der zwischen Kapsel und Rinde gelegen 1st (Abb. 95). Vom Randsinus fließt die Lymphe über wenige, unauffällige Intermediärsinus (in der Rinde gelegen, können von Trabekeln begleitet sein) in die weiten, verzweigten, miteinander kommunizierenden Marksinus (Abb. 96). Der Abfluss der Lymphe erfolgt im Hilusbereich über wenige Vasa efferentia. tntennell~ar - - ,
sinus
Marlesinus
v -.s efferens
Abb. 97 Lymphatische Organe: Lymphknoten Schema
Abb. 98: Lymphattsche Organe: M1lz - Schema der Gefäße
10.3 Milz Im Unterschied zu den Lymphknoten ist die Milz als Filterstation in den Blutkreislauf eingeschaltet. Neben Abwehrfunktionen hat die Milz auch die Aufgabe des Abbaus von Erythrozyten. Die Milz besitzt außen eine Kapsel aus straffem Bindegewebe, die oberflächlich von einem Pentonealepithel (Mesothel) bedeckt ist. Vom Hilus der M1lz ziehen kräfttge Bindegewebsbalken, Trabekel, in das Innere des Organs in Richtung Kapsel. Diese Trabekel, in denen zunächst die größeren Äste der Milzarterie und Milzvene verlaufen, verzweigen sich in zunehmend kleinere (gefäßlose) TrabekeL Innerhalb dieses groben bindegewebigen Gerostwerks liegt das retikuläre Bindegewebe (fibroblastische Retikulumzellen und retikuläre Fasern) der Milz, das von zahlreichen venösen Sinus, den Milzsinus, durchsetzt ist. Wegen seiner weichen Konsistenz bezeichnet man das Parenchym der Milz als Pulpa. lnfolge des hohen Blutgehaltes in den Milzsinus und im retikulären Maschenwerk der Pulpastränge zwischen den Milzsinus 1st im Frischpräparat die Milzpulpa von roter Farbe- rote Pulpa. Makroskopisch sind innerhalb d1eser roten Pulpa kletne we1ßgraue Knötchen sichtbar, die C Hartmann el at • lnslotut fur Zetlbtologoe. H1Siolog1e und Embryologie, MediZifUSChe Umversttal Graz
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.Milzknötchen" (Lymphfollikel), deren Gesamtheit- zusammen m1t den panarteriellen lymphatischen Scheiden- die weiße Pulpa, das lymphatische Gewebe der Milz, bilden. Blutgefäßsystem der Milz (Abb. 98) Die großen Äste der am Hilus ein- bzw. austretenden A. und V. lienalis verlaufen zunächst gemeinsam in großen Bindegewebstrabekeln und verzweigen sich mit diesen ln mittelgroßen Trabekeln findet man gewöhnlich eine Arterie oder eine Vene allem. Kieme Trabekel sind gefäßlos. Trabekelarterien (Abb. 99) erkennt man an ihrer deutlich ausgebildeten muskulären Tunica media, während Trabekelvenen (Abb. 102) nur eine Tunica intima besitzen und vom Bindegewebe der Trabel umhüllt sind. Äste der Trabekelarterien verlassen die Trabekel und treten in die we1ße Pulpa ein: sofort nach ihrem Austritt aus dem Trabekel sind sie von lymphatischem Gewebe in Form einer pariarteriellen lymphatischen Scheide (überwiegend T-Lymphozyten) umgeben und werden Zentralarterien (Abb. 100) genannt. An die lymphatische Scheide stnd Lymphfollikel (überwiegend 8-Lymphozyten) angelagert, um d1e herum eine (hellere) Marginalzone ausgebildet ist (überwiegend 8 -Lymphozyten). Beim Verlassen der lymphatischen Scheide teilt sich die Zentralarterie in zahlreiche Pinselarteriolen auf, die schließlich in Kapillaren übergehen. Zum Teil besitzen die Kapillaren abschmttsweise um ihre Wand eine Manschette aus kontraktilen Zellen und Makrophagen (Hülsenkapillaren). Ein Teil der Kapillaren mündet direkt in die verzweigten, miteinander anastomosierenden Milzsinus- .,geschlossener Kreislauf'.
C Hartmann el al • lns!JIUI fOr ZellbOO!Ogoe HJS!ologte und Embryologie Med•z•n•sche Unl\lers•läl Graz
Seite 71 Die Wand der Milzsinus besteht aus Endothelzellen, zwischen denen Lücken vorhanden sind. Die Basallamina ist auf schmale Streifen reduziert. Die Zellkerne der Endothelzellen sind gegen das Lumen vorgewölbt {Abb. 101 ). Aus anderen Kapillaren fließt das Blut zunächst in das retikuläre Maschenwerk der Pulpastränge zwischen den Sinus und gelangt von dort - durch die Lücken zwischen den Endothelzellen der Sinuswand -in die Milzsinus und damit ins Gefäßsystem zurück - .,offener Kreislauf". Das Blut aus den Milzsinus sammelt sich in dünnwandigen, muskelfreien Pulpavenen {Abb. 102), die in Trabekelvenen münden
10.4 Thymus Der Thymus (Abb. 103) liegt hinter dem oberen Teil des Brustbeins und besteht aus zwei meist ungleich großen Lappen. Das Organ ist nur bis zur Geschlechtsreife voll ausgebildet. Unter dem Einfluss der Geschlechtshormone kommt es zu einer teilweisen Rückbildung des Thymusparenchyms und zur Entstehung eines retrosternalen Fettkörpers. An seiner Oberfläche besitzt der Thymus eine Bindegewebskapsel, von der kurze Bindegewebssepten ausgehen. Das Grundgewebe des Thymus besteht aus epitheliogenen {entodermalen, aus dem Epithel der 111. Schlundtasche stammenden) Retikulumzellen, Thymusepithelzellen, die mit ihren Fortsätzen ein dreidimensionales Netzwerk bilden, in welches - neben Makrophagen - zahlreiche _"., unreife (T-) Lymphozyten eingelagert sind. Man unterscheidet eine äußere, lymphozytenreiche Rinde {Abb. 104) von einem zentral gelegenen, relativ lymphozytenarmen Mark, in dem die auffälligen Hassall-Körperehen (Abb.1 05) vorkommen. Sie bestehen aus abgeflachten, konzentrisch geschichteten Epithelzellen. Ihre Funktion ist noch unklar. Hormone, die im Thymus produziert werden,sind u.a. Thymosin und Thymopoetin.
C Hartmann et al , Institut fur Zetlboolog~e. H1stotog10 und Embryologie. Medl>:•mselle Umvers1tat Graz
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11 Endokrine Organe Zum endokrinen System gehören Zellen und Organe, die Hormone produzieren: Endokrine Zellen im Oberflächenepithel aller Abschnitte des Magen-Darm-Trakts (enteroendokrine Zellen), des Respirations- und Urogenitaltrakts, endokrine Zellen bzw. Zellgruppen in Pankreas (Langerhans-lnseln), Hoden (Leydig-Zellen), Ovar (Granulosazellen, Theka-Zellen, Corpus luteum), Hypothalamus (hormonbildende Nervenzellen), Herz (Herzmuskelzellen im Vorhof}, Niere (interstitielle Zellen der Nierenrinde, Epithelzellen des Tubulus proximalis). Endokrine Organe (oder auch endokrine Drüsen) sind Hypophyse (Giandula pituitaria), Epiphyse (Corpus pineale, Zirbeldrüse), Schilddrüse (Giandula thyreoidea), Epithelkörperchen (Giandulae parathyreoideae) und Nebennieren (Giandulae suprarenales). Hormone sind körpereigene Botenstoffe (chemische lnformationsträger), die in sehr geringen Konzentrationen wirksam sind. Sie werden von den endokrinen Zellen fre igesetzt und gelangen me1st auf dem Blutweg zu ihren Zielorganen bzw. Zielzellen. Hormone üben ihre Wirkung nur an solchen Zellen aus, d1e den entsprechenden Rezeptor für das jeweilige Hormon besitzen. Hypothalamus-Hypophysen-System Der Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) beeinflusst mit seinen Steuerhormonen. die über ein portales Gefäßsystem von der Eminentia mediana zur Adenohypophyse gelangen, die Bildung und Abgabe we1terer Steuerhormone (glandotrope Hormone) aus der Adenohypophyse. Diese glandotropen Hormone der Adenohypophyse steuern wiederum die Bildung und Abgabe von Effektorhormonen in bestimmten peripheren endokrinen Drüsen (z.B. Schilddrüse, Nebenniere). Die Effektorhormone dieser peripheren endokrinen Drüsen führen in den entsprechenden Zielgeweben und Organen zu bestimmten physiologischen Wirkungen, und können ihrerseits 1m Sinne einer positiven oder negativen Rückkoppelung Hypothalamus und Adenohypophyse beeinflussen. Neben Steuerhormonen bilden Hypothalamus und Adenohypophyse auch Effektorhormone. Im Hypothalamus werden in speziellen Nervenzellen des Nucleus supraopticus und paraventricularis Oxytocin und Adiuretin (antiddiuretisches Hormon = ADH, Vasopressin) gebildet. Steuerhormone und Effektorhormone der Adenohypophyse s.u.
11 .1 Hypophyse Die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse - Abb. 106) besteht aus zwe1 entwicklungsgeschichtlich, morphologisch und funktionell verschiedenen Anteilen: Adenohypophyse (Drüsenteil) und Neurohypophyse (Hirnteil).
11.1.1 Adenohypophyse Die Adenohypophyse gliedert sich in Lobus anterior (Hypophysenvorderlappen), Pars tuberalis (Trichterlappen) und Pars intermedia (Zwischenlappen). Der Lobus anterior besteht aus unregelmäßig gestalteten, miteinander zusammenhängenden Strängen von verschiedenen Drüsenep1thelzellen. Dazwischen liegen weJtlumJge, sinuso1de Kapillaren (Abb. 107). Pseudofollikel sind Kolloidtropfen unterschiedlicher Größe, die von Drüsenepithelzellen umgeben werden. Aufgrund der Ahnliehkeil mit Schilddrüsenfollikeln werden sie als Pseudofollikel bezeichnet. 0 Hartmannet al • lnsbtut fur Zellb1olog1e. Hostotogoe und Embryotog1e. Med1Z1n1sche Un•vers•t3t Graz
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Seite 73 Alle Hormone der Adenohypophyse sind Proteine bzw. Glykoproteinhormone, die in Form von membranbegrenzten Granula im Zytoplasma der Drüsenepithelzellen gespeichert werden. Ultrastrukturell lassen sich fünf verschiedene Zelltypen beschreiben. Lichtmikroskopisch, in H.E.gefärbten Schnittpraparaten. lassen sich aufgrund der verschiedenen Anfärbbarkeit der Granula folgende Typen von Drüsenepithelzellen (die jedoch keine einhartliehen Populationen darstellen) differenzieren: Azidophile Zellen (Abb. 107- A) sind rundliche Zellen mit eosinophilen Granula im Zytoplasma und einem kugel igen Zellkern: mammotrope und somatotrope Zellen, die nicht-glandotrope Hormone (Effektorhormone ) bilden. Basophile Zellen (Abb. 107 - 8) kommen weniger häufig als die azidophilen Zellen vor und besitzen basophile Granula im Zytoplasma und einen kugeligen Zellkern: kortikotrope, thyrotrope und gonadotrope Zelllen, die glandotrope Hormone (Steuerhormone) bilden. Azidophile und basophile Zellen werden auch als chromophile Zellen bezeichnet. Chromophobe Zellen (Abb. 107- C) sind keine morphologisch einheitliche Zellpopulatron. Zur Gruppe der chromophoben Zellen werden degranulierte chromophile Zellen (in Größe und Form etwa den chromophilen Zellen entsprechend, jedoch keine anfärbbaren Granula im Zytoplasma) und undifferenzierte Stammzellen (kleinere. zytoplasmaarme. nicht granulierte Zellen) gezählt. Ebenfalls farbscheu srnd sog. Sternzellen, verzwergte Zellen, die mit langen dünnen Fortsätzen Gruppen von Drüsenepithelzellen umgeben. Die Pars tuberalis (Trichterlappen) ist dem Hypophysenstiel angelagert. Sie besteht vorwiegend aus Strängen von chromophoben Zellen. Dte Pars intermedia (Zwrschenlappen) tsl eine schmale Zone der Adenohypophyse, die direkt an die Neurohypophyse angrenzt. Hter überwiegen die basophilen Zellen. An einigen Stellen
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Abb. 108 Hypophyse. Pars intermedia: Zysten (Z). Basophilenrnvasion (BI)
Acervulus cerebri
0 Hartmannetal lnst11U1 fOr Zellbtolog>e H1stolog>e und EmbryologlEI Med1zmlsche Un1vers1tat Graz
Seite 74 überschreiten sie die Grenze und dringen bis in die Neurohypophyse vor. Dieses Phänomen wird als Basophileninvasion bezeichnet. Die auffälligsten Strukturen der Pars Intermedia sind von flachem Epithel ausgekleidete, mit Flüssigkeit gefüllte Zysten (Abb. 108). Hormone der Adenohypophyse Steuerhormone (glandotrope Hormone): Kortikotropin (Adrenocorticotropes Hormon- ACTH), Thyrotropin (Thyroidea stimulierendes Hormon - TSH), Follitropin (Follikel stimulierendes Hormon - FSH) und Lutropin (Luteinisierendes Hormon - LH = Interstitielle Zellen stimulierendes Hormon - ICSH). EffektorlJormone: Somatotropin (Somatotropes Hormon- STH, growth hormone- GH, Wachstumshormon), Prolaktin (laktotropes Hormon- LTH), Melanotropin (Melanozyten stimulierenes Hormon - MSH) 11 .1.2 Neurohypophyse Die Neurohypophyse besteht aus dem Lobus posterior (Hypophysenhinterlappen) und dem lnfundibulum (Hypophysenstiel), über welches der Lobus posterior mit dem Hypothalamus verbunden ist. ln der Neurohypophyse finden sich Pituizyten (spezielle fortsatzreiche Gliazellen) und marklose Nervenfasern. Über die Neurite dieser Nervenfasern werden die im Hypothalamus von Nervenzellperikaryen gebildeten Hormone Oxytocin und Adiuretin in die Neurohypophyse transportiert. Hier werden sie gestapelt, freigesetzt und in Kapillaren abgegeben (neurohämale Kontakzone). Dte Neurohypophyse bildet keine eigenen Hormone.
11.2 Epiphyse Die Epiphyse (Epiphysis cerebri, Corpus pineale, Pinealorgan, Zirbeldrüse, Glandula pinealis) ist eine zapfenförmige Bildung des Zwtschenhirns. An der Oberfläche ist die Eptphyse von einem zarten gefäßretchen Bindegewebe umgeben, von dem fetne Septen ausgehen, dte das Parenchym 1n unregelmäßige, nur unvollständtg vonemander getrennte Läppchen gliedern. Die Hauptmasse des Parenchyms bilden endokrin aktive Nervenzellen, die Pinealozyten. Sie sind vielgestaltige Zellen mit einem meist chromatinarmen, größerem Zellkern mit meist deutlichem Nukleolus. Die Kernmembran kann unregelmäßig eingefaltet sein Im Elektronenmikroskop sieht man, dass Pinealozyten mtt ihren Fortsätzen eine enge Beztehung zu Kapillaren etngehen (neurohämale Kontaktzone). Die Ptnealozyten sind ein dichtes Gerüstwerk aus Gliazellen (Astrozyten) eingebaut. Weiters finden sich in der Epiphyse markhaltige und marklose Nervenfasern, sowie veremzelt andere Nervenzellen. Auffällig sind verkalkte Konkremente. Corpora arenacea auch Htrnsand oder Acervulus cerebri (Abb 109). Pmealozyten bilden Melatonin
11 .3 Schilddrüse Dte Schilddrüse (Giandula thyreotda) besteht aus zwet größeren - rechts und links neben Schtld- und Rmgknorpel und den oberen Trachealknorpeln gelegenen - Lappen, die durch etnen Isthmus miteinander verbunden sind. Selten kann em Lobus pyramtdalls vorhanden sem. Im Gegensatz zu anderen endokrinen Organen. die in der Regel die Hormone nach Bedarf bilden und ms Blut abgeben, können Hormone der Schilddrüse 1n großen Mengen m Follikeln gespeichert werden 0 Hartmann et al • lnst•tut fur Zellboologoe. H1stotog•e und Embryotogoe, Med•z•nosc/1e Unovers~ät Graz
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Follikeleptlhelzellen und C-Zelle (C) Die Hormone Thyroxm (T4} und Trijodthyronin (T3) werden von endokrinen Drüsenzellen, die die epitheliale Auskleidung der Schilddrüsenfollikel bilden, synthetisiert, und als Bestandteile des Protetns Thyroglobulin in den Follikeln als Kolloid gespeichert. Bei Bedarf nehmen die Schilddrüsenepithelzellen Kolloid wieder in ihr Zytoplasma auf, die Hormone werden aus dem Thyroglobulln abgespalten und anschließend 1n Kapillaren abgegeben. Dte endokrine Aktivität der follikulären Schilddrüsenepithelzellen wird von TSH aus der Adenohyophyse gesteuert. Calcitonin wird von den morphologisch und funktionell eigenständigen, parafollikulären Zellen oder C-Zellen produztert und ohne wettere Speicherung an das Blut abgegeben. Dte Schtlddrüse ist von einer zweiblättrigen Bindegewebskapsel umgeben, vom inneren Blatt führen gefäß- und nervenhaltige Trabekel in das Innere und unterteilen das Parenchym in unregelmäßige Läppchen (Lobult). Dte Läppchen enthalten d1e für d1e Schilddrüse typischen, unterschiedlich großen. mtt Kolloid gefüllten, kugelförmigen Follikel. Die Wand der Follikel wird aus einer einschichtigen Lage von follikulären Schilddrüsenepithelzellen gebildet (Abb. 110}. Diese zeigen je nach Funktionszustand eine wechselnde Höhe: Während der Hormonbildung, und während das in den Follikeln gespeicherte Hormon wieder rückresorbiert und an die Kapillaren abgegeben wird, sind die (aktiven) Zellen kubisch bis hochprismatisch, während der Hormonspeicherung ist das (inaktive) Eptthel abgeplattet. Die einzelnen Schilddrüsenfollikel werden von einem dichten Netz von Kapillaren umgeben. C-Zellen (parafollikuläre Zellen) sind größer und heller als die Drüsenepithelzellen der Follikel. Ste liegen im zarten Bindegewebe zwischen den Follikeln (parafollikulär} und auch im Follikelepithel, erre1chen aber nicht das Follikellumen (Abb. 111 }.
11 .4 Epithelkörperchen Die v1er Epithelkörperchen (Giandulae parathyreoideae, Nebenschilddrüsen} sind etwa linsengroße Gebilde. S1e liegen der Schilddrüse dorsal an, wobei sie zwischen den beiden Blättern der bmdegewebigen Kapsel der Schilddrüse lokalisiert sind E1n Epithelkörperchen wird von einer eigenen dünnen Bindegewebskapsel umgeben. Von hier aus ziehen zarte Bindegewebsepten ins Innere der Drüse. Das Parenchym besteht aus polygonalen Ep1thelzellen. die in engem Kontakt mtt einem dtchten Kaptllarnetz stehen. Man unterscheidet zwei Zelltypen. Die mengenmäßig llberwtegenden Hauptzellen sind verhältnismäßig kleme, polygonale, te1ls hellere, teils dunklere Epithelzellen mit kugeligen, mäßig chromatinreiC> Hartmannet al. Insblut fur Zellboolog•e H•stolog•e und Embryolog•e . MediZinische Unrvers~tat Graz
Seite 76 chen Zellkernen. Sie produzieren Parathormon. Oxiphile Zellen sind größer, zeigen ein deutlich azidophiles Zytoplasma und einen dichteren, verhältnismäßig kleinen Zellkern. Sie liegen meist in Gruppen oder auch einzeln zwischen den Hauptzellen. Im Epithelkörperchen finden sich meist viele Fettzellen.
11 .5 Nebenniere
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Die Nebennieren (Giandulae suprarenales) liegen jeweils kappenarttg den oberen Polen der Nieren auf und werden von der Fettkapsel der jeweiligen Niere mit umschlossen. Die Nebennieren bestehen aus zwei entwicklungsgeschichtlich und .... funktionell verschiedenen Anteilen. Die peripher liegende Nebennierenrinde entwickelt sich aus dem Zölomepithel (Mesoderm), das zentral gelegene Nebennierenmark entsteht aus der Neuralleiste (Neuroektoderm). Drei Nebennierenarterien (A. suprarenalis superior, media und inferior) versorgen die Nebenniere: Über Artenoien gelangt das Blut in sinusoide Kaptllaren der Nebennierennnde. Von hier über Kapillaren des Marks in die Markvene (V. central is), wo es gesammelt wtrd und über die V. suprarenalis das Organ verlässt. Einzelne dünne Arterienäste gelangen von der Oberfläche der Nebenniere direkt in das Mark. Jede Nebenniere ist an ihrer Oberfläche von etner Bindegewebskapsel umgeben, von der feine Septen in die Nebennierenrinde ziehen. Dte Nebennierenrinde besteht aus Strängen von Drüsenepithelzellen mtt dazwischen liegenden weitlumigen Kapillaren. Nach Anordnung dieser Zellstränge und dem Aussehen der Zellen können von außen in Richtung Mark drei verschiedene - aber nicht deutlich voneinander abgrenzbare Zonen unterschieden werden Dte Hormone aller drei Zonen stnd • Sterotdhormone. • Zona glomerulosa: besteht aus knäuelartig gewundenen Drüsenepithelzellsträngen. Die Zellen sind eher klein, azidophil und enthalten nur wentg Lipidtröpfchen (Abb 112-ZG) Die Zellen produzteren Mtneralokorttkoide (Aldosteron) und werden durch Angtotenstn zur Produktton sttmultert. Zona fasciculata : tst die breiteste der drei Rindenzonen. ste besteht aus parallel verlaufenden, zwei bis drei Zellen bretten Zellsträngen. Dte dazwischen hegenden stnusotden Kaptllaren verlaufen ebenfalls radiär markwärts. Dte relativ großen Zellen der Zona fasctculata enthalten zahlratehe Lipidtröpfchen (Steroidhormone) in ihrem Zytoplasma. Diese sind jedoch in den Routinepräparaten durch organische Lösungsmittel herausgelöst. i • • ~ sodass das Zytoplasma wabenarttg durchlöchert erscheint Dte -~~~~ ·!WZellen werden deshalb auch als Spongtozyten bezetchnet (Abb. Abb 112 Endoknne Organe 112-ZF). Ste produzieren Glukortokoide (Cortisol) und werden Nebenmere. durch ACTH stimuliert. Rinde und Mark (M}
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Seite 77 Zona reticularis: 1st die innerste Schicht an der Grenze zum Nebenn1erenmark. Die Drüsenepilhelzellstränge sind hierschmälerund netzartig miteinander verbunden. Die Zellen dieser Zone sind klein, azidophil und enthalten häufig lipofuszin (Abb. 112-ZR). Sie produzieren schwach wirksame Androgene. Auch sie werden von ACTH beeinflusst.
Nervenzellen
Mark: Markvene
Das Nebennierenmark besteht aus einem Netzwerk von vielgestaltigen, fein granulierten, epithelartigen, hormonbildenden Zellen mit verschieden großen, chromatinarmen Zellkernen. Sie stammen aus der Neuralleisie und sind Abkömmlinge von Sympathikoblasten Daneben finden s1ch em dichtes Geflecht von vegetativen Nervenfasern und vereinzelte, nicht hormonbildende vegetative Nervenzellen (Abb. 113a). Dazwischen liegen weite Kapillaren, die über kleinere und größere Venen in die zentrale Markvene (Abb. 113b) münden. Diese besitzt 1n ihrer Wand Längsmuskelpolster (Drosselvene). D1e Zellen des Nebenmerenmarks bilden die Katecholamme Adrenalin und Noradrenalin. Die Bildung und Freisatzung dieser Hormone erfolgt unter dem Einfluss des vegetativen Nervensystems.
12 Respirationstrakt Die Hauptaufgabe des Respirationstraklas ist es. Sauerstoff aus der Luft aufzunehmen und Kohlendioxid abzugeben. ln den msgesamt etwa 300 Millionen Lungenbläschen oder Alveolen der Lunge (Pulmo) findet über 0JffusJon der Gasaustausch zwischen der eingeatmeten Luft und dem Blut in den Kapillaren des Lungenkreislaufs statt. Aus der eingeatmeten Luft in den Alveolen wird 02 in die Kapillaren aufgenommen, C02 abgegeben. Die Luft wird über extra- und intrapulmonal gelegene Atemwege, wo sie angefeuchtet, erwärmt und gerein1gt w1rd, in die Alveolen geleitet. Luftleitende Atemwege Extrapulmonal: Nasenvorhof, Nasenhöhle, Rachen (Pharynx), Kehlkopf (Larynx). Luftröhre (Trachea). Hauptbronchien Intrapulmonal: Bronchialbaum m11 Bronchien und Bronch1oh Gasaustausch Bronch1oh respiratorii (Alveolen) und Ductus alveolares Die luftleitenden Atemwege sind mit Schleimhaut ausgekleidet. D1e Lamina epithelialis der Schleimhaut nahezu der gesamten Atemwege bis einschließlich der Bronchien ist e1n mehrre1hiC Hartmann et al • lnstttut fur
ZellbiOiog~e .
HtstologiE! und Embtyologte. Medtztntsche Untvers.tat Graz
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Abb. 114: Respirationstrakt respiratorisches Epithel: Fhmmer(F)- und Becherzellen(B) ges Flimmerepithel mit eingestreuten Becherzellen. Man bezeichnet dieses Epithel auch als respiratorisches Epithel (Abb. 114 und Abb. 115), da es im menschlichen Körper ausschließlich im Atmungstrakt vorkommt. Flimmerzellen haben an ihrer Oberfläche bewegliche Zellfortsätze, Kinozilien oder Flimmerhärchen (siehe Oberflächendifferenzierungen), Becherzellen sind endoepitheliale, exokrine Drüsenzellen, die Schleimstoffe (Muzine) bilden und an die Epitheloberfläche abgeben. Die Basalzellen des Epithels sind klemer und erreichen nicht die freie Epitheloberfläche, sie können proliferieren und werden als Vorläufer der anderen Zelltypen angesehen. Im Epithel der Atemwege sind überall auch Hormon-bildende Zellen vorhanden, neuroendokrine Zellen, die jedoch im Routinepräparat nicht zu erkennen sind. Das Epithel sitzt einer auffallend dicken Basalmembran auf. Im Bindegewebe der darunter gelegenen Lamina propria der Schleimhaut sind zahlreiche trete Bindegewebszellen und auch gelegentlich Lymphfollikel vorhanden. Hter oder auch in tteferen Wandschichten hegen dte für dte Atemwege typischen gemischten, seromukösen Drüsen (Giandulae nasales, laryngeales, tracheales, bronchiales). Das Epithel ist an seiner Oberfläche von einem Schleimteppich bedeckt Die Schleimstoffe (Muzme) werden von den Becherzellen des Epithels und von den seromukösen Drüsen produziert. Die oberflächliche Schleimschtcht, m der Staubteilchen der eingeatmeten Luft haften bleiben, wird durch die Schlagbewegung der Kinozilien kontmuierlich rachenwärts transportiert und verschluckt oder ausgehustet.
12.1 Nasenhöhle Dte Nasenhöhle wird durch die Nasenscheidewand m eine rechte und eme hnke Nasenhohle unterteilt. Die Seitenwand jeder Nasenhöhle trägt die drei übereinanderliegenden Nasenmuscheln. Conchae nasales, die sich nach medial und unten vorwölben. Die Nasenhöhle wtrd von Schleimhaut ausgekleidet, deren Eptthel zum größten Teil e1n resptratonsches Eptthel ist - Regio respiratoria. Nur ein kleiner Tetl der Nasenschleimhaut im Beretch des Daches der Nasenhöhle ist als Riechschleimhaut ausgebildet und besitzt Riechepithel (Regio olfactoria). Dte Nasenmusc heln (Abb. 116) bestehen aus gebogenen dünnen Knochenplatten (Lamellenknochen), die von etner dicken Schleimhaut überzogen sind An der Oberfläche findet sich ein respiratorisches Epithel mit Flimmerzellen und vtelen Becherzellen. die nicht nur emzeln liegen, sondern öfters auch in Gruppen als endoepitheliale mehrzellige Schleimdrüsen vorkommen. Die dem Epithel unterlagerte Basalmembran ist auffallend dick. Das lockere Bindegewebe CHanmannetal lnstrtut tur Zellbtolog1e. H1stolog1e und Embryologie. MediZinische Unrvers•tat Graz
Seite 79 der Lamina propria enthält viele freie Bindegewebszellen, v.a. Lymphozyten. in der Lamina propria sind die seromukösen Glandulae nasales zu finden, sowie auffallend viele weillumige Venen, die miteinander ein Venengeflecht (Schwellkörper) bilden.
12.2 Rachen (Pharynx) Der oberste Teil des Pharynx, Epipharynx (Pars nasalis pharyngis, Nasenrachenraum). tst Luftweg mit respiratorischem Epithel und seromukösen Drüsen. Mesopharynx (Pars oralis) und Hypopharynx (Pars laryngea) sind gleichzeitig Luft- und Nahrungsweg mit mehrschichtigem unverhornten PlattenepitheL
Nasenmuschel
12.3 Kehlkopf (Larynx) Der Kehlkopf dient der Luftleitung, aber auch der Stimmbildung (Glottis) Der überwiegende Teil der Kehlkopfschleimhaut bestlzt etn respiratorisches Eptthel. Während des Schluckakts wird der Kehlkopfeingang vom Kehldeckel, der Epiglottis, verschlossen, damit die Nahrung in die Speiseröhre und nicht in die unteren Luftwege gelangt. Epiglottis Das Skelett des Kehldeckels bildet ein elastischer Knorpel (Carttlago epiglottica). Er tst auf bet· den Seiten von Schleimhaut überzogen (Abb. 117). Auf der dem Zungengrund zugewandten lingualen (oralen) Oberfläche der Epiglottis ist ein hohes geschichtetes, unverhomtes Platteneptthel vorhanden. das Bindegewebspapillen aufsitzt. An der laryngealen Oberfläche tst das geschichtete unverhornte Platteneptthel deutlich niedriger, man findet hier in der Regel keine Bindegewebspapillen, es kommen jedoch nicht selten Geschmacksknospen im Epithel vor. An der Basis der Epiglottis geht das geschichtete unverhornte Platteneptthel der laryngealen Sette tn em resptratonsches Eptthel Ober. ln der Lamma propria der Schleimhaut smd beiderseits - häufig in Einbuchtungen oder Lücken des Knorpels - seromuköse Glandulae laryngeae zu finden, die über Ausführungsgänge an die laryngeale Epiglottisoberfläche ausmünden. C Hanmann el al lnsutut fOr Zellboologoe Hostologoe und Embryologie, Medozonosche Unoversltilt Graz
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12.4 Trachea Die Trachea oder Luftröhre (Abb.118) ist ein elastisches Rohr, das durch 16-20 in seine Wand eingebaute, hufeisenf6rmige Trachealknorpel (Cartilagines tracheales) den Luftweg dauernd offen halt. Die Trachealknorpel bestehen aus hyalinem Knorpel. Sie sind untereinander in Längsrichtung der Trachea durch Ligamenta anularia verbunden, Bandstrukturen aus faserreichem kollagenem Bindegewebe mit d1chten elastischen Fasernetzen. Die Knorpelspangen umfassen nurVorder-und Seitenwand der Trachea, die Hinterwand der Trachea, Paries membranaceus, ist knorpelfrei und besteht aus Bindegewebe und vorwiegend querverlaufenden glatten Muskelzellbündeln (M. trachealis). Knorpelspangen mit Ligamenta anularia und Paries membranaceus werden zusammen als Tunica fibromusculocartilaginea bezeichnet. Diese ist innen mit einer Schleimhaut bedeckt, die respiratonsches Epithel besitzt. Ihre Lamina propria ist reich an elastischen Fasern, hier liegen die seromukösen Glandulae tracheales, besonders zahlreich im Bereich des knorpelfreien Paries membranaceus, hier allerdings auch im Bindegewebe zwischen den glatten Muskelzellbündeln. An der äußeren Oberfläche der Trachea findet sich eine Tunica adventitia aus lockerem Bindegewebe. Die Trachea teilt sich an ihrem unteren Ende in die extrapulmonal gelegenen zwei Hauptbronchien, die histologisch den gleichen Aufbau wie die Trachea zeigen.
Trachea
Bronchiolus
12.5 Lunge Von den Hauptbronchien gelangt d1e Luft über einen re1ch verzweigten 1n v1ele Teilungsgeneralionen aufgespaltenen Bronchialbaum 1n die Alveolen. Alle Aste des Bronchialbaums, die in ihrer Wand Knorpel und gemischte Drüsen enthalten, sind Bronchi. Äste, die 1n ihrer Wand keinen Knorpel und keme gemischten Drüsen mehr enthalten. sind Bronchioli. Das Bindegewebe der Lunge ist auffallend re1ch an elastischen Fasern. Bronchi D1e Schleimhaut der Wand eines Bronchus w1rd von respiratorischem Epithel, das mit abnehmendem Durchmesser der Bronch1 medriger w1rd, und e1ner Lamina propna m1t vielen elastischen Fasern gebildet Anschließend findet s1ch e1ne Sch1cht von Zirkulär angeordneter glatter Muskulatur (Tun1ca musculans). S1e 1st mit der darunterhegenden Tun1ca fibrocartilaginea verII:> Hartmann el al, lnsl1tut lur Zellboolog19, H1slol0goe und Embryologie. MedlllniScl\e Umvers1tät Graz
Seite 81 bunden, einer Bindegewebsschicht mit vielen elastischen Fasernetzen, in die Knorpel eingelagert ist. Bei großen Bronchi sind dies noch Knorpelspangen, mit abnehmendem Durchmesser der Bronchi wird die Form der Knorpel zunehmend unregelmäßiger, es sind dann unterschiedlich geformte Knorpelstückehen emgefügt. Diese Knorpelstückehen bestehen zunächst aus hyalmem, in kleineren und kleinsten Bronchi aus elastischem Knorpel. Die seromukösen Glandulae bronchiales liegen meist im Bindegewebe zwischen den Knorpelstücken. Das paribronchiale Bindegewebe umgibt die Verzweigungen des Bronchialbaums. Es ist ein lockeres Bindegewebe mit reichlich elast1schen Fasern, fre1en Bindegewebszellen und gelegentlich vorkommenden Lymphfolhkeln, 1n das d1e Bronchialgefäße, sowie die Äste der Lungenarterien eingebettet sind. Bronchioli Bronchioli (Durchmesser weniger als 1 mm) haben in 1hrer Wand keine Knorpeleinlagerungen mehr. D1e glatte Muskulatur der Tunica muscularis ist verhältnismäßig gut entwickelt, be1 ihrer Kontraktion entstehen Schleimhautfalten (sternförmiges Lumen der Bronchioli im Schnittbild Abb. 119 und Abb. 120). Drüsen fehlen. Das Flimmerepithel ist einschichtig, Becherzellen sind kaum noch vorhanden. stattdessen treten im Epithel einzelne sekretorische Zellen. ClaraZellen, auf. Die Endaufzweigungen der Bronchioli sind die Bronchioli terminales. Bronc hioli respiratorii gehen durch Teilung aus den Bronch1oh terminales hervor. ln ihrer Wand sind bereits einzelne
nge Bronchiolus resp1ratorius
Typ II ..........
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Typ I
't' Hartmann et al lnsbtul tor ZellbiOiogte, Hostologle und Embryologoe. Medozonosche UnrversoUII Graz
Seite 82 Alveolen vorhanden (Abb 121 ). Zwischen den Öffnungen der Alveolen findet sich einfach kubisches Epithel. Nach etwa drei Teilungsgenerationen gehen die Bronchioli respiratorii über in Ductus alveolares. Ductus alveolares sind verzweigte Gänge aus aneinandergereihten Alveolen. Die Endverzweigungen der Ductus · alveofares· enden fn' Sacculi alveolares. · · · Die Wand der Ductus alveolares besteht aus dicht nebeneinander gelegenen Zugängen zu Alveolen (Abb 122). Die Eingänge in Alveolen werden umfasst von Basalringen mit kollagenen und elastischen Fasern sowie glatten Muskelzellen. Der Durchmesser der mehr oder minder polygonalen Alveolen liegt beim erwachsenen Menschen in der Größenordnung von 0,2 bis 0,5 mm. Benachbarte Alveolen haben jeweils eine gemeinsame Wand (lnteralveolarseptum). Die Alveolarwände enthalten das engmaschige Blutkapillarnetz des Lungenkreislaufs. Ausgekleidet werden die Alveolen von einschichtigem Alveolarepithel mit den Alveolarepithelzellen (Pneumozyten) vom Typ I und Typ II (Abb. 123). Alveolarepithelzellen vom Typ I sind großfläche, sehr dünne Zellen, die fast die gesamte Oberfläche der Alveolen bedecken, Alveolarepithelzellen vom Typ II sind kubische Zellen, die Surfactant produzieren. An den dünnsten Stellen der Blut-Luft-Schranke sind die Basallamina des Alveolarepithels und die Basallamina des Kapillarendothels miteinander verschmolzen. Das bindegewebige Grundgerüst der Alveolarwände besteht aus kollagenen Fibrillen und elastischen Fasern. Alveolarmakrophagen sind aus den Kapillaren ausgewanderte Monozyten, die in die Alveolen gelangte Staub-, Ruß-, Kohleteilchen u.a. phagozytieren können (Staubzellen). Zum Teil werden diese Alveolarmakrophagen ausgehustet. Sie können aber auch in das Bindegewebe der Lunge zurückwandern, hier abgelagert werden (anthrakotisches Pigment) oder auf dem Lymphweg in die regionären Lymphknoten gelangen Pleura Die Pleura pulmonalis überz1eht als seröse Haut die Lungenoberfläche. Sie besteht aus einem einschichtigen Plattenepithel (Mesothel) und einer unterlagerten Bindegewebsschicht mit vielen elastischen Fasernetzen. Blutgefäße der Lunge Lungenarterien (Aa. Pulmonales) und ihre Äste, d1e in ihrem Verlauf den Aufzweigungen des Bronchialbaums folgen und sich in die alveolären Kapillarnetze aufzweigen, und Venen, die das nun 02-reiche Blut aus den Kapillaren aufnehmen und in die Pulmonalvenen (Vv. Pulmonales) führen (,.Arbeitskre1slauf'), werden als Vasa publica der Lunge bezeichnet und zählen zum Lungenkreislauf. Bronchialarterien (Rami bronchiales) und Bronchialvenen (Vv. pulmonales), auch Vasa privata, sind Teil des Körperkreislaufs und versorgen d1e Gewebe des Bronchialbaums mit Sauerstoff und Nährstoffen - .Ernährungskreislauf'.
13 Harntrakt Harn-bereitende Organe sind die be1den Nieren. Harn-ableitende Strukturen Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase und Harnröhre. ln den Nierenkörperehen der N1ere w1rd aus dem Blutplasma der Pnmärham fi ltriert, in den anschließenden Tubuli und Sammelrohren entsteht durch Rückresorptions- und Sekretionsvorgänge der Endharn, der über Ductus papillares in das Nierenbecken gele1tet wird, von dort über den Harnleiter in die Harnblase, aus der er über d1e Harnröhre entleert wird C Hanmann e1 al.
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fur Zellb10logoe, Hosl ologoe und Embryologoe. Medozonosche Unoversolai Graz
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13.1 Niere
Abb. 124.Harntrakt Niere 1 - Markpyramide 2 - Columnae renales 3 - Nierenkelche 4 • Nterenbecken 5 - Nierenpapillen
6 - A. renalis 7 - V. renalis
Die Ntere (Ren oder Nephros) ist an ihrer Oberfläche von einer dünnen Kapsel aus straffem Bindegewebe, der Capsula fibrosa, überzogen. Gemeinsam mit der Nebenniere ist sie zusätzlich tn etne Fettkapsel, die Capsula adiposa, eingeschlossen. Das Nierenparenchym wird in Nierenmark (Medulla) und Nierenrinde (Cortex) untergliedert (Abb 124). Das Nierenmark besteht aus meist 6-8 fetn gestreiften Markpyramiden, die mtl ihrer Spitze, den Nierenpapillen (Papillae renales), in die Nierenkelche des Nierenbeckens hineinragen. Die Nierenrinde liegt zwischen der Bindegewebskapsel und der Basis der Markpyramiden und - als Columnae renales zwischen den Markpyramiden. Der oberflächliche gelegene Rindenanteil tst nicht einheitlich gebaut. Man findet hier fetn gestreifte Markstrahlen, die von der Basis der Markpyramiden Richtung Nierenoberfläche ziehen. Das zwischen den Markstrahlen gelegene Rindengewebe wird als Rindenlabyrinth bezeichnet.
Der Sinus renalis, der sich am Nierenhilus nach außen öffnet, enthält das Nierenbecken (Pelvts renalls) mit den Nterenkelchen (Calices renales) sowie Gefäße, Nerven und Fettgewebe. Wesentliche Bauelemente der Niere sind Nephrone, Sammalrohre und Blutgefäße, die in der Niere nicht nur versorgende Aufgaben haben, sondern in die Funktion des Organs unmittelbar integriert sind. 13.1.1 Nephron Ein Nephron besteht aus einem Nierenkörperehen (Corpuseulum renale) und einem daran anschließenden langen Kanälchen. dem Tubulus renalis , der in verschiedene Abschnitte, teils gewunden. teils gerade verlaufend, gegliedert ist. Er mündet in ein Sammelrohr. 13.1.1 .1 Nierenkörperehen (Abb. 126) Dte Nierenkörperehen liegen alle tn der Nterenrinde Ein Nterenkörperchen besteht aus e~nem Gefäßknäuel, dem Glomerulus, und der Bowman-Kapsel. Der Glomerulus enthält Kaptllarschlingen, die Blut aus der Arteriola afferenserhalten und es in die Arteriola efferens weiterleiten. Seide Arteriolen liegen am Gefäßpol des Nierenkörperehen nebeneinander. Zwischen den Kapillarschlingen findet sich das intraglomeruläre Mesangium, an dem die Kaptllarschhngen befestigt sind. Es besteht aus sternförmtgen, kontraktilen Zellen mesenchymaler Herkunft und Extrazellularmatrix. Diese intraglomerulären Mesangtumzellen stabilisieren die Kaptllarwände und sind durch phagozy1otische Aktivitäten an der Regeneration der glomerulären Cl Hanmann et at. Insblut tur Zetlbtologoe. Hostologoe und Embryologoe, Medozonoscl1e Universotat Graz
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Basalmembran beteiligt. (Extraglomeruläre Mesangiumzellen sind zwischen Arteriola afferens und efferens gelegen und gehören zum juxtaglomerulären Apparat.) Die Bowman-Kapsel umgibt den Glomerulus. Sie besteht aus einem inneren und einem äußeren Blatt. Das innere Blatt bilden die Podozyten, die der Basalmembran der Kapillaren außen aufliegen und mit fingerförmigen Fortsätzen die Kapillaren so dicht umgreifen, dass zwischen den Fortsätzen nur mehr schlitzförmige Öffnungen bleiben (Abb 125a,b). Am Gefäßpol werden die Podozyten durch ein einschichtiges Plattenepithel abgelöst, das gemeinsam mit einer Basalmembran das äußere Blatt der Bowman-Kapsel bildet. Zwischen dem inneren und äußeren Blatt liegt der spaltförmige Kapse/raum, in den hinein der Primärharn filtriert wird. Dem Gefäßpol gegenüber liegt der Harnpol des N1erenkörperchens, über den der vom Glomerulus abtiltnerte Pnmärham 1n das zugehänge Nierenkanälchen geleitet wird. Hier setzt sich das einschichtige Epithel des äußeren Blattes der Bowman-Kapsel in das Epithel des anschließenden Tubulus proximalis fort. Bei der Filtration des Pnmärharns aus dem Blut müssen d1e abgetilterten Stoffe folgende Schichten passieren: Kapillarendothel, glomeruläre Basalmembran und Schlitzporen, die von den Fortsätzen aneinandergrenzender Podozyten gebildet werden. Der juxtaglomeruläre Apparat 1st am Gefäßpol des Nierenkörperchans gelegen und umfasst verschiedene Strukturen, die Einfluss auf den Filtrationsdruck und dam1t auf die Primärharnbildung 1m Glomerulus eines Nierenkörperchens, sowie Einfluss auf den systemischen Blutdruck nehmen. Folgende Strukturen zählen zum juxtaglomerularen Apparat: 1. juxtaglomeruläre, granulierte Zellen (.Polklssen")- Gruppe von spezialisierten glatten Muskelzellen in der Wand der Arteriola afferens. die Ren in bilden und als Druckrezeptoren fungieren. 2. Macula densa des Tubulus distalis (s.u ) - liegt den extraglomerulären Mesangiumzellen außen an, .missr den Salzgehalt (NaCI-Konzentration) des Tubulusharns am Ende der HenleSchleife. 3. extraglomeruläre Mesangiumzellen (Goormatigh-Zellen) zwischen Macula densa und der Gefäßgabel, d1e von Arteriola afferens und efferens gebildet w1rd . Ihre Funklien 1st noch nicht klar
Q Hartmann el al , lnst•IUI fur ZeRbtolog•e. H•slolog•e und Embryolog•e. Medlz•n•sche Un•vers•tal Graz
Seite 85 13.1.1.2 Tubulus renalis Der Tubulus renalis eines Nephrons ist in mehrere Abschnitte unterteilt, die teils gewunden, tetls gestreckt vertaufen und teils in der Rinde, teils im Mark gelegen sind. (Abb. 127). Nach der Lage der Nterenkörperchen m der Rinde, mehr oberflächlich oder nahe am Mark, untert> scheidet man oberflächliche und juxtac medulläre Nephrone. Die Tubuli der ober11:: flächlichen Nephrone bilden kurze HenleSchleifen (s.u.), die juxtamedullären Nephrone lange Henle-Schleifen. Am Harnpol des Nierenkörperchans beginnt der Tubulus proximalis (Abb. 128). Sein Anfangsteil verläuft stark gewunden. Dieser Abschnitt hegt in der Nterenrinde und wird Pars convoluta (Tubulus contortus proximalis) genannt. Er setzt sich fort in einen gestreckt verlaufenden Teil, Pars recta (Tubulus rectus 1 proximalis), der Richtung Mark zieht. Der Tubulus proximalis besitzt ein einschichtiges, isoprismatisches Epithel mit dicht stehenden langen Mikrovilli (Bürstensaum) an der Oberfläche, wodurch lichtmikroskopisch das Lumen unscharf begrenzt erscheint. Die großen Zellen sind deuUich mit Eosin anfärbbar, haben kugelige Zellkerne und besttzen eine basale Streifung, die durch viele Mitochondrien zwischen den basalen Einfaltungen der Zellmembran hervorgerufen wird. Die Zellgrenzen zwischen benachbarten Epithelzellen stnd ntcht zu erkennen. An die Pars recta des Tubulus proximalis schließt der Tubulus intermedius (Abb. 129) an. Er vertauft Richtung Spitze der Abb. 127. Harntrakt Ntere Schema des Tubulus- und Markpyramide (Pars descendens), btegt Gefäßsystems hier haarnadelförmig um und zieht wieder 7 - Arteriolae rectae zurück in Richtung Rinde (Pars ascen1 - Tubulus proximalis 2 - Tubulus tntermedtus 8 - Venulae rectae dens). Der äußere Durchmesser dieses 3 - Tubulus dtstahs 9 - Vena arcuata Kanälchenabschnitts ist gering (nur 1/4 4 - Sammalrohr 10 - Arteria arcuata bts 1/3 des proximalen Tubulus), die 5 - Arteriola afferens Weite des Lumens 1st jedoch im 6 - Artenola efferens Vergleich zu den anderen Abschmtten kaum vermindert, da die Epithelzellen des emschtchhgen Epithels stark abgeplattet sind, nur der kernhaltlge Tetl der Zelle ist etwas bretter und gegen das Lumen vorgebuchtet
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C Hartmann et al • lnst•tut !ur Zellbtologoe, H•stolog•e und Embryolog•e.
MediZinische UnrYers•tat Graz
Seite 86 Der Tubulus distalis (Abb. 128) schließt mit einem gestreckt verlaufenden Teil, Pars recta (Tubulus rectus distalis), an den Tubulus intermedius an, zieht- aus dem Mark kommend- zum Gefäßpol seines zugehörigen Nierenkörperchans in die Rinde und setzt sich hier in einen gewundenen Teil, Pars convoluta (Tubulus contortus distalis). fort. Der Tubulus distalis besttzt einschichtig kubisches Epithel mit - im Vergleich zum Tubulus proxtmalis - kleineren und heller gefärbten Epithelzellen, die ebenso wie die Epithelzellen des Tubulus proximalis eine basale Streifung (hohe basale Eintallungen und Mitochondrienreichtum) aufweisen. Sie besitzen jedoch keinen Bürstensaum, das Lumen erscheint scharf begrenzt. Zellgrenzen stnd ntcht deutlich zu erkennen. An jener Stelle, wo sich der Tubulus distalis am Gefäßpol seines zugehörigen Nierenkörperchans an die extraglomerulären Mesangiumzellen anlagert, ist innerhalb seines Epithels die Macula densa ausgebildet. Das ist eine Epithelplatte von etwa 20-30 hochprismatischen, schmalen Zellen. Im Präparat erscheinen die Zellkerne dicht nebeneinander liegend. Sie zählt zum juxtaglomerulären Apparat. Als Henle-Schleife werden alle gestreckt verlaufenden, ab- und aufsteigenden Tubulusabschnitte zusammengefasst: Pars recta des Tubulus proximalis, Pars descendens und Pars aseendans des Tubulus intermedius und Pars recta des Tubulus distalis. Der Endabschnitt des Nephrons, der Verblndungstubulus, mtt unauffälligem kubtschem Epithel, verbindet den distalen Tubulus mit einem Sammelrohr. 13.1.2 Sammelrohr (Abb. 130) Dte Sammalrohre sind durch Konzentrierung des Harns wesentlich an der Endharnbildung beteiligt (Steuerung durch ADH =Antidiuretisches Hormon). Sie nehmen die Verbindungstubuli auf, \
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C Hartmann et al lnst1tul for Zellb1ol0gie. HIStolOgie und EmbryolOgie. MediZiniSche Univ~1tat Graz
Seite 87 ziehen ins Mark und und vereinigen sich im inneren Mark zu immer größeren Sammalrohren und schließlich zu den Ductus papillares, die im Bereich der Papillae renales in die Nierenkelche des Nierenbeckens münden. Das Epithel der Sammalrohre besteht aus hellen, farbscheuen Zellen mit deutlichen Zellgrenzen (Hauptzellen). Die Höhe der Epithelzellen nimmt mit der Größe der Kanälchen zu: rn den Initialen Sammalrohren (Markstrahl) sind sie noch kubisch, in den größeren Sammalrohren (Mark) hochprismatisch. in initialen Sammalrohren sind im Epithel zusätzlich noch dunklere Schaltzellen vorhanden. 13.1.3 Blutgefäße (Abb. 127). Die Äste der Arteria renalis, die sich im Bereich des Sinus renalis aufteilt, verlaufen zunächst als Arteriae interlobares zwischen den Markpyramiden in den Columnae renales. dann teilen sie sich rn Arteriae arcuatae auf, die bogenförmig zwischen Pyramidenbasis und oberflächlicher Rindenschicht verlaufen. Von den Arteriae arcuatae entspringen die Arteriae cortica/es radiatae (Aa interfobulares). Diese ziehen zwischen den Markstrahlen radiär kapselwarts und geben die Arteriolae afferentes für die Glomeruli der Nierenkörperehen ab Nach Durchströmung der Kapillarschlingen der Glomeruli mit einem für Kapillaren hohen Druck (Filtrationsdruck) fließt das immer noch sauerstoffreiche Blut über die Arteriolae efferentes ab. Die Arteriolae efferentes der oberflächlichen Glomeruli (in subkapsulären und mittleren Rindenschichten gelegen) versorgen die paritubulären Kapillarnetze der Rinde. Die Arteriolae efferentes aus den juxtamedullären Glomeruli (in marknahen Rindenschrchten gelegen) zrehen ins Mark, teilen sich in ein Bündel von langen Gefäßen. die Arteriolae rectae (absteigende Vasa recta), die geradlinig in Richtung Pyramidenspitze ziehen und dabei die paritubulären Kapillarnetze des Marks versorgen. Über Venu/ae rectae (aufsteigende Vasa recta) gelangt das Blut zurück in abführende Venen Arterielle und venöse, ab- und aufsteigende Vasa recta zeigen den Wandbau von Kapillaren, sind zu Gefäßbündeln zusammengefasst und brlden Gefäßschleifen. Sie sprelen eine wesentliche Rolle bei der Brldung des Endharns (srehe Lehrbücher der Physiologie)
13.2 Ableitende Harnwege Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase und der Anfangsteil der Harnröhre sind mit Übergangsepithel (Urothel) (Abb. 131), ausgekleidet, welches in der Lagerst, sich versehredenen Dehnungszuständen der Wand anzupassen (Harnblase). Es ist ein teils mehrreihiges, teils mehrschichtiges Epithel, dessen oberste Zelllage die Deckzellen bilden. Deckzellen sind große, verformbare, oft zweikernige Zellen, die durch Tight junctions und Haftkontakte miteinander verbunden srnd und lichtmikroskopisch an der aprkalen Oberfläche eine Verdrchtung ihres Zytoplasmas. erne Crusta, erkennen lassen (srehe Oberflächendifferenzierungen).
13.2.1 Ureter Die beiden jeweils etwa 25-30 cm langen Ureteren oder Harnleiter (Abb. 132) lerten den Harn aus den Nrerenbecken in die Harnblase Die Wand des Ureters ist aus Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica adventitia aufgebaut. Die Tunica mucosa: besteht aus Übergangsepithel (Urothel) und einer unterlagerten bindegewebigen Lamina propria mit vielen elastischen Fasern. Sie bildet längsverlaufende Falten (im Schnittbrld sternförmiges Lumen), die bei Dehnung des Ureters verstreichen. Die Tunica muscularis aus glatten Muskelbündeln, zwrschen denen srch Bindegewebe findet, lässt in den oberen C Hartmann et al • lnslltut fur Zellblologie. H1stologle und Embryologie Med1Z1n1sche Un1Vers1tat Graz
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zwei Dritteln eine innere Längsmuskelschicht und eine äußere Ringmuskelschicht erkennen, die jedoch nicht streng voneinander getrennt sind. Im unteren Drittel des Ureters kommen außen noch longitudinal verlaufende Muskelzellbündel dazu, während dte Zirkulär verlaufende Muskulatur abnimmt. Die Tunica adventitia ist eine äußere Bindegewebsschicht, die Nerven, sowie größere Blut- und Lymphgefäße enthält und den Ureter mit der Umgebung verbindet.
13.2.2 Harnblase Die Harnblase (Vesica urinaria) zeigt einen ähnlichen Wandaufbau wie der Harnleiter. Die Tunica mucosa bestehend aus Übergangsepithel (Urothel) und e1ner breiten Lamina propria aus lockerem Bindegewebe mit elastischen Fasern, bildet bei leerer Blase Falten, die bei zunehmender Füllung verstreichen Die kräftige Tunica musculans besteht aus glatten Muskelzell bündeln, die ähnlich wie im dtstalen Ureter innen und außen vorwiegend längs, dazwischen annähernd zirkulär verlaufen. Zwischen den Muskelbündeln ist oft reichlich Bindegewebe vorhanden. Als äußerste Wandsehtchi findet sich eine Tunica adventifta oder - in den von Pentoneum überzogenen Abschnitten - eine Tela subserosa und Tunica serosa.
13.2.3 Urethra Die Urethra oder Harnröhre lettel den Harn von der Harnblase nach außen ab. Die weibliche Urethra hat eme Länge von durchschnittlich 3-5 cm und mündet in das Vestibulum vaginae. Ihre Schletmhaut 1st im geschlossenen Zustand 1n Falten gelegt und besitzt im Anfangsteil noch Übergangsepithel (Urothel), das sich in mehrschichtiges unverhorntes Platteneptthel fortsetzt in der Lamina propna finden sich Schletm-bildende Glandulae urethrales. Die männliche Urethra ist mit etwa 20 cm wesentlich länger als dte weibliche und wird durch die Einmündung der Ductus ejaculatorii zur Harnsamenröhre, die an der Penisspitze ausmündet Man unterscheidet verschiedene Abschnitte der Urethra Der erste Abschnitt, dte Pars intramuralis, liegt m Wand der Harnblase. Die Pars prostatica durchsetzt die Prostata. in dtesem Abschnitt münden die beiden Ductus eJaculatorii und dte Ausführungsgänge der Prostatadrüsen in die Urethra e1n. Die Urethra wtrd anfangs von einem Übergangsepithel (Urothel) ausgekleidet, das aber schon in der Pars prostatica von emem teils mehrreihtgem. teils mehrschichtigem hochpnsmahschen Epithel abgelöst w1rd. Auf dte Pars prostallca folgt dte Pars membranacea, em kurzer enger Abschntlt, mit dem dte Urethra durch das Dtaphragma urogenitale (Beckenboden) tritt. Hier münden d1e Glandulae bulbourethrales in die Urethra ein. Q Hartmann et al , lnst
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Die Pars spongios a (Abb. 133a) ist der längste Abschnitt der Urethra. Sie liegt im Corpus spongiosum penis (siehe männliche Geschlechtsorgane) und endet an der Penisspitze mit der Fossa naviculans. 01e Schleimhaut der Pars spong1osa •st im ungedehnten Zustand in Längsfalten gelegt, ihr Oberflächenepithel ist teils mehrreihig, teils mehrschichtig hochprismatisch. Innerhalb des Epithels sind einzeln oder häufiger in Gruppen Schleim-produzierende Drüsenzellen (intraepitheliale Drüsen) vorhanden. Epitheleinsenkungen 1n die Lamina propriawerden als Lacunae urethrales bezeichnet. D1e Lam1na propriader Schleimhaut enthält zahlreiche weitlumige dünnwandige Venen sowie verzweigte Schleimdrüsen, Glandulae urethrales (Abb. 133b), die häufig in Lacunae urethrales münden. Der erweiterte Endabschnitt der Urethra, die Fossa navicularis, besitzt ein unverhorntes geschichtetes Plattenepithel, das am Ostium urethrae externum in das verhornte Plattenepithel der Glans pems übergeht.
14 Männliche Geschlechtsorgane Die männlichen Geschlechtsorgane dienen der Bildung von Samenzellen (Spermien) und Samenflüssigkeit (Seminalplasma) sowie deren Übertragung in den weiblichen Genitaltrakt Im Hoden erfolgt auch die Bildung von Hormonen, z.B. Testosteron. D1e Bildung der Sperm1en erfolgt m den gewundenen Samenkanälchen des Hodens. Samenwege: Aus dem Kanälchensystem des Hodennetzes (Rete testis) gelangen die Spermien über Ductuli efferentes testis in den Nebenhodengang, Ductus epididymidis. Dieser setzt sich fort in den Samenleiter, Ductus deferens, der in die Pars prostatica der Harnröhre einmündet. Über die Harnröhre, d1e ab der Einmündung des Endabschnitts des Samenleiters auch als Harnsamenröhre bezeichnet wird, können die Spermien den Körper verlassen. Zu den akzessorischen Geschlechtsdrüsen zählen Samenblasen, Prostata- und Bulbourethraldrüsen (Giandulae bulbourethrales oder Cowper-Drüsen). Ihre Sekrete smd ein wesentlicher Bestandteil der Samenflüssigkeit Das Ejakulat oder Sperma besteht aus den Samenzellen und der Samenflüssigkeil (Semina/plasma). Letztere stammt aus Hoden und Nebenhoden, aus den Samenbläschen und der Prostata (liefern den Hauptanteil), sowie den Glandulae bulbourethrales und Glandulae urethrales. C Hartmann el al • lnsl•tut ror Zellblologoe. HostOiogoe und Emll
Un~vers1ta1
Graz
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14.1 Hoden Der Hoden (Testis, Orchis - Abb. 134) 1st von emer Kapsel aus straffem kollagenen Bindegewebe umgeben, die als Tunica albuginea bezeichnet wird. Sie bildet am Hodenhilus das Mediastinum testis, in dem das Rete testis liegt. Vom Mediastinum testis aus ziehen radiär dünne Bindegewebssepten (Septula testis) zur Tunica albuginea und unterteilen das Hodenparenchym in unvollständig voneinander getrennte Hodenläppchen (Lobuli testis). Die Hodenläppchen enthalten die stark gewundenen Samenkanälchen (Tubuli seminiferi contorti), in denen die Samenzellen gebildet werden. Über kurze, gerade verlaufende Tubuli recti werden die Samenzellen in das Rete testis geleitet. Im lockeren Bindegewebe zwischen den Samenkanälchen liegen Gruppen von Leydig-Zellen, die Testosteron bilden (Abb. 135 und Abb. 139).
Tubuli seminifen, Leydig-Zellen (LZ)
Spermatogenese (Samenzellbildung) Ab der Pubertät teilen sich Spermatogonien. die sich von den Urkeimzellen ableiten, mitotisch (Vermehrungsperiode). Ein Teil der Tochterzellen bleibt als Stammzellpopulation erhalten. aus den anderen entstehen die Spermatozyten I. Ordnung Diese besitzen einen regulären diploiden Chromosomensatz (22 Paare homologe Chromosomen oder Autosomen + 1 Paar Geschlechtschromosomen oder Gonosomen), haben aber unmittelbar vor 1hrer Entstehung ihren DNA-Gehalt verdoppelt, d.h. jedes Chromosomenpaar besteht aus 4 Chromatiden, und treten in die Prophase der 1. Reifeteilung ein. Im Verlau f dieser langen Prophase (sie dauert etwa 3 Wochen ) lagern s1ch homologe Chromosomen paarwe1se ane1nander und tauschen DNAAbschmtte unteremander aus. D1e an d1e Prophase anschließenden Phasen der 1. Re1fete1lung (Meta-. Ana -. Telophase) verlaufen sehr rasch. Es entstehen aus einem Spermatozyt I. Ordnung jeweils zwe1, nicht erbgleiche Spermatozyten II. Ordnung Jede Spermatozyte II besitzt einen haplOiden Chromosomensatz (22 Autosomen + 1 Geschlechtschromosom). jedes Chromosom besteht aus 2 Chromatiden An die 1. Reifeteilung schließt SICh unmittelbar die 2. Reifeteilung an. ohne dass es vorher zu einer Verdoppelung der DNA-Menge kommt- jeder Spermatozyt II. Ordnung te1lt sich in jeweils zwei Spermatiden. Spermiogenese: Im Verlauf der anschließenden D1fferenz1erungspenode, der Sperm1ogenese, werden d1e Spermatiden zu Spermien umgeformt. Ihr Kem verkleinert und verdichtet sich auf etwa ein Zehntel seiner Ausgangsgröße. aus dem Golgi-Apparat entsteht das Akrosom. ein modifiziertes Cl Hartmannet al . lnsutut fOr ZellbiOIOgte Hostologte und Embryologte. Medozonosclle Unoversltat Graz
Seite 91 Lysosom, das sich kappenförmig der Kernoberfläche anlagert, und es bildet sich der Schwanz des Spermiums, dessen Bewegungsapparat aus Mikrotubuli und Dynein (Axonema) aus einem der beiden Zentriolen auswächst. Die zunächst noch funktionell unreifen, befruchtungs-und bewegungsunfähigen Spermien werden aus dem Ketmeptthel freigesetzt und in den Nebenhoden transportiert, wo sie ausreifen und gespeichert werden. Die Spermatogenese von Spermatogonie bis zur reifen Samenzelle dauert etwa 80 Tage. Tubuli seminiferi contorti und Keimepithel Die Wand der gewundenen Samenkanälchen, Tubuli seminiferi contorti, besteht aus dem Keimepithel, das einer Basalmembran aufsitzt, und einer Lamina propria, einer dünnen Bindegewebsschicht mit eingelagerten Myofibroblasten. Das Keimepithel setzt sich aus zwei verschiedenen Zellpopulationen zusammen, den SertoliZellen (Stützzellen) und Keimzellen in verschiedenen Stadien der Entwicklung Spermatogonien, Spermatozyten I und II, Spermatiden und Spermien. Sertoli-Zellen sitzen der Basalmembran breitbasig auf und erstrecken sich durch die gesamte Höhe des Epithels bis zum Tubuluslumen. Sie stehen untereinander mit ihren zahlreichen Fortsätzen in Kontakt und bilden so ein schwammartiges Gerüstwerk, in das die verschiedenen Generationen der Keimzellen eingelagert sind. Neben dieser Stützfunktion haben Sertoli-Zellen noch viele andere Funktionen zu erfüllen. Im basalen Bereich des Keimepithels sind benachbarte Sertolizellen über Tight junctions miteinander verbunden und bilden die Blut-Hoden-Schranke. Sertoli-Zellen bilden Tubulusflüssigkeit, versorgen die Keimzellen mit Nährstoffen und phagozytieren die bei der Spermiogenese anfallenden Zytoplasmareste der Spermatiden und bauen sie ab. Außerdem bilden sie das Androgen-bindende-Protein (ANP) und lnhibin. Sie werden von FSH beeinflusst. Sertoli-Zellen erkennt man im Keimepithel an ihrem ellipsotdalen, hellen, chromatinarmen Zellkern mit großem Nukleolus und einer deutlicher Kernmembran. Der Zellkern der SertoliZellen findet sich gewöhnlich im basalen Drittel des Keimepithels (Abb. 136, Abb. 137 und Abb. 138). Spermatogonien liegen an und nahe an der Basalmembran des Tubulusepithels und bes1tzen kugelige, mäßig chromatinreiche Zellkerne (Abb. 136, Abb. 137 und Abb. 138) Spermatozyten I. Ordnung sind auffallend große Zellen mit großen Zellkernen, in denen die im Lauf der Prophase dichter und dicker werdenden Chromosomen als fädige Chromatinstrukturen sichtbar sind. Sie sind im mittleren Bereich des Tubulusepithels zu finden und werden 1n Anschnitten der Samenkanälchen sehr häufig angetroffen, da die Prophase der ersten Reifeteilung lange dauert (Abb. 136 und Abb. 138) Spermatozyten II. Ordnung besitzen einen mäßig chromatinreichen, kugeligen Zellkern, der in Größe und Aussehen dem der Sperrnatogenien ähnelt und in Lumennähe gelegen ist. (Abb. 137). Spermatozyten II. Ordnung existieren nur für sehr kurze Zeit - nur wenige Stunden, da die 2. Reifeteilung unmittelbar an die 1. anschließt, und sind deshalb in Tubulusanschnitten nur selten zu finden Spermatiden sind deutlich kletnere Zellen mit runden Zellkernen. Ihr Zellkern verkleinert und verdichtet sich im Zuge der Spermiogenese (Abb. 136 und Abb. 137). Spermien haben sehr kletne, stark angefärbte, abgeflachte, im Schnitt oft dretecktge Zellkerne (Abb. 136 und Abb. 138). Bei starker Vergrößerung sind auch die Spermienschwänze zu erkennen. Den Feinbau eines Spermiums sieht man erst im Elektronenmikroskop. Ein Spermium besteht aus Spermienkopf, Hals, Mtttelstück, Hauptstuck und Endstück. Mtttelstück, Hauptstuck und Endstück btlden den Spermienschwanz. 0 Hanmann et al , Insblut ftlr Zellboologie, Histologie und Embryologoe. Medozonosehe Universltat Graz
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Abb. 136 bis 138. Hoden: Tubulus seminiferus Zellen der Spermatogenese: 1- Spermatogonien, 2- Spermatozyten I. Ordnung 3- Spermatozyten II. Ordnung, 4- Spermatiden, 5- Spermien, 6- Sertoli-Zellen Tubuli recti sind kurze, gerade verlaufende Kanälchen, über welche die Spermien aus den Tubuli seminiferi contorti in das Rete testis transportiert werden. Sie haben ein einschichtiges Isoprismatisches Epithel. Das Rete testis liegt im Mediastinum testis. Es besteht aus netzartig miteinander verbundenen Kanälchen und Spalträumen, die von einem einschichtigen Epithel. das platt bis isoprismatisch, stellenweise auch hochprismatisch ist, ausgekleidet sind. Leydig-Zellen liegen in kleineren und größeren Gruppen im lockeren Bindegewebe zwischen den Tubuli seminiferi. Leydig-Zellen sind endokrine Drüsenzellen, die das männliche Geschlechtshormon Testosteron produzieren Ihr Zytoplasma ist me1st stärker als das übnge Hodenparenchym m1t Eosin gefärbt, die Zellkerne sind kugelig und zeigen oft emen deutlichen Nukleolus (Abb. 135 und Abb. 139). Sie werden von LH stimuliert. Tunica vaginalis testis Die Tunica vaginahs test1s 1st eine seröse Haut, die 1m Rahmen des Descensus testis aus dem Bauchraum m1t dem Hoden in das Skrotum verlagert wird. Sie besteht aus einem einschichtigen Plattenepithel (Mesothel) und subserösem Bindegewebe. Man unterscheidet ein viszerales und " Hanmann e1 al Insblut fur Zellboologoe. Hostolog•e und Embryologoe. Medozonrsche Unoversotat Graz
Seite 93 ein parietales Blatt. Das Epiorc hium (viszerales Blatt) bedeckt fast vollständig die Oberfläche des Hodens und zum großen Teil auch die des Nebenhodens. Es geht in das Periorchium (parietales Blatt) Ober. Seide Blätter begrenzen einen ßüssigkeitsgefüllten Spalt, die Cavitas vaginalis testis
14.2 Nebenhoden Der Nebenhoden (Epididymis) dient der funktionellen Ausreifung und Speicherung der Samenzellen. Er 1st dem Hoden angelagert und lasst sich makroskopisch in Kopf (Caput), Körper (Corpus) und Schwanz (Cauda) gliedern. An seiner Oberfläche 1st er von einer dünnen Bindegewebskapsel (und teilweise vom viszeralen Blatt der Tunica vaginalis testis) bedeckt. Der Nebenhoden besteht aus mehren Ductu li efferentes (nur im Nebenhodenkopf vorhanden) und dem Ductus epid idy mid is. die in Bmdegewebe eingebettet sind. Ductuli efferentes Die 8-12 Ductuli efferentes sind gewunden verlaufende Gänge, die im Nebenhodenkopf liegen. Sie transportieren die Samenzellen aus dem Rete teshs in den Anfangsteil des Ductus epididymidis. Die Wand der Ductuli efferentes besteht aus Epithel, einer dünnen bindegewebigen Lamina propria sowie ringförmig angeordneten Myofibroblasten und glatten Muskelzellen. Das Epithel ist unterschiedlich hoch, sodass die Begrenzung des Lumens im Schnitt wellenförmig erscheint. ln den Nischen findet man eine einfache Lage kubischer, heller Zellen mit meist chro-
Nebenhoden. Ductus Cl Hartmannetal lnst•tut fur ZeUbtolog•e. Hostolog•e und Embryolog•e. Medozonosclle Unoversotal Graz
Sei te 94 matinarmen kugeligen Kernen. An den sich vorwölbenden Stellen ist das Epithel mehrreihig hochprismatisch und enthält schmale, häufig kinozilientragende Zellen mit chromatinreicheren, in der Mehrzahl länglichen Zellkernen (Abb. 140 und Abb. 141 ). Ductus epididymi dis Der Ductus epididymidis ist ein einziger, stark aufgeknäuelter, in gestrecktem Zustand insgesamt 5-6 m langer Gang, der sich in den Ductus deferens fortsetzt. Die Wand des Ductus epididymidis besteht aus Epithel, Lamina propria und ringförmig angeordneten glatten Muskelzellen. Die Muskulatur wird gegen das Ende des Ductus epididymidis zu immer dicker, und zusätzlich zur zirkulären Schicht treten außen auch längsverlaufende Muskelzellbündel hinzu. Das Epithel ist zweireihig hochprismatisch: es besteht aus Basalzellen mit kugeligen Zellkernen und hochprismatischen Zellen mit länglichen Zellkernen und Stereozilien an der Oberfläche. Im Vergleich zur gewellten Epitheloberfläche der Ductuli efferentes erscheint die Lumenbegrenzung des Ductus epididymidis auffallend glatt (Abb. 140 und Abb. 142).
14.3 Ductus deferens Der etwa 40 cm lange Ductus deferens oder Samenleiter setzt den Ductus epididymidis fort. Er verläuft zunächst extraabdominal im Samenstrang (Funiculus spermaticus) gelegen und z1eht dann durch den Leistenkanal ins kleine Becken. Vor dem Eintritt in die Prostata ist er zur Ampulla ductus deferentis erweitert. Der anschließende enge letzte Abschnitt des Samenleiters wird - ab Einmündung der Samenblase - als Ductus ejaculatorius bezeichnet. Er zieht durch die Prostata und mündet in die Urethra. (Abb 144) Der Ductus deferens (Abb. 143) hat eine außerordentlich dicke Wand, d1e aus einer Tunica mucosa (Epithel und Lamina propria), Tunica muscularis und Tunica adventitia besteht. Die Tunica mucosa des Samenleiters zeigt gewöhnlich einige wenige niedrige Längsfalten und ist im Verhältnis zur Gesamtdicke der Wand sehr dünn. Das Epithel ist wie im Nebenhodengang zweireihtg hochprismatisch. Stereozilien kommen nur im Anfangsteil noch regelmäßig vor, im weiteren Verlauf verschwinden s1e. Den Hauptanteil der Wand bildet d1e Tunica muscularis, deren glatte Muskelzellbündel drei Hauptverlaufsrichtungen (längs- rings- längs) zeigen. Die Tunica adventitia, die die größeren Gefäße und Nerven enthält, setzt sich in das Bindegewebe der Umgebung fort. Samenstrang Außer dem Samenleiter enthält der Samenstrang zahlreiche Arterien, ein Geflecht muskelstarker Venen (Plexus pampiniformis), Lymphgefäße und Nerven. Hier findet man auch den quergestreiften M. cremaster.
14.4 Samenblase Die Samenblasen oder Samenbläschen (Vesiculae seminales, Glandulae vesiculosae, Bläschendrüsen) gehören zu den akzessorischen Geschlechtsdrüsen und bilden ein gelatinöses, alkalisches, Fructose-haltiges Sekret, das für die Bewegungsfähigkeit der Spermien wichtig ist. Dieses Sekret w1rd in den Ductus deferens knapp vor dessen Eintntt 1n d1e Prostata abgegeben. Die Samenblase (Abb. 145) besteht aus einem, etwa 15 cm langen, mehrfach gewunden verlaufenden Drüsengang mit einer gut entwickelten Tunica muscularis . Er ist in ein Bindegewebe eingebettet, das SICh an der Oberfläche zu e1ner Kapsel verdichtet D1e Tunlca mucosa des Drüsenganges bildet reich verzweigte Falten, wodurch die sezermerende Schleimhautoberflache C Hartmann el al Institut lur Zellbiologoe. Hostologoe und Embryologoe. Medozonosclle Unoversotat Graz
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Samenblase Ductus ejaculatorius Prostata - - - - -- ' Glandula bulbourethralis Corpus spongiosum Nebenhoden------------------~
~-- Corpus
cavernosum Harnröhre
Glans penis
IAbb 144 männliche Geschlechtsorgane: Schema stark vergrößert wird. Das sezernierende Epithel ist iso- bis hochprismatisch, ein- bis zweireihig, und enthalt oft Lipofuszingranula.
14.5 Prostata Die Prostata liegt zwischen Harnblase und Diaphragma urogenitale und wtrd von der Urethra und den beiden Ductuli ejaculatorii durchzogen. Sie besteht aus 30-50 verzweigten tubuloalveolären Prostatadrüsen (Abb. 146), die ein dünnflüssiges, milchiges, schwach saures Sekret, das Prostata-spezifisches Antigen (PSA) und Prostata-spezifische saure Phosphatase enthält, produzieren. Ste münden mtt 15-30 Ausführungsgängen in die Urethra. Die verzweigten Drüsenschläuche sind verschieden wett und auch die Epithelhöhe ist unterschiedlich: zwei- bis mehrreihig iso-bis hochprismatisch. Häufig sind Falten zu sehen, die ein zartes Bindegewebe mit Kapillaren enthalten. Auf den Falten ist das Epithel gewöhnlich höher als in den dazwischen liegenden Buchten. Im Lumen der Drüsen kann man aus eingedicktem Sekret entstandene, kon-
Cl Hartmannet al. tnstrtut fur Zellboologoe. HIStologoe und Embfyologoe, MediZinische UnMlrsotat Graz
Seite 96 zentnsch geschichtete, gelegentlich verkalkte Pr ostatasteine finden . Das Stroma der Prostata macht mengenmäßig ungefähr ein Viertel bis ein Drittel des Organs aus. Charakteristisch sind die zahlreichen Bündel glatter Muskelzellen im Bindegewebe. Oberflächlich besitzt die Prostata eine ebenfalls aus straffem Bindegewebe und glatter Muskulatur bestehende K apsel. Die Prostata kann topographisch und aufgrund unterschiedlicher Ansprachbarkeil auf Geschlechtshormone in verschiedene Zonen eingeteilt werden: periphere Zone, zentrale Zone, Pariurethralzone und Transitionszone. Die gutartige Prostatahyperplasie betrifft Prostataanteile. die mehr zentral -an die Urethra anschließend -gelegen sind, das Prostatakarzinom geht von peripher gelegen Drüsenantetlen aus (PSA-Konzentration tm Blut als etn dtagnostischer Parameter bei Vorliegen eines Prostatakarzinoms.)
14.6 Penis Der Penis besitzt zwei unterschiedlich gebaute Schwellkörper, Corpus cavernosum und Corpus spongiosum (Abb. 147 CC und CS). Das Corpus cavernosum penis ist von einer sehr kräfttgen Tunica albuginea aus straffem, kollagenem Bindegewebe umgeben. Von ihr geht in der Medianebene von ventral her das Septum penis (Septum pectiniforme) aus, welches das Corpus cavernosum unvollständig in zwei Hälften unterteilt. Das Schwallgewebe des Corpus cavernosum (Abb. 148) besteht aus vielgestaltigen, mit Endothel ausgekleideten, anastomosierenden kavernösen Räumen (Cavernae). Sie sind in ein Gerüstwerk aus Bindegewebstrabekeln, die reichlich glatte Muskelzellbündel enthalten, eingelagert. Zwischen den Kavernen sind Rankenarterien (= Aa. helicinae - Äste der A. profunda penis; Sperrarterien) zu finden , die ihr Blut bei der Erektion des Penis direkt in die Kavernen ergteßen. Das Corpus spongi osum penis liegt der unteren Seite des Corpus cavernosum an. Es umgibt die Pars spongiosa urethrae und endet an der Penisspitze mit der Glans penis. Es ist ebenfalls von einer Tunica albuginea umgeben, die jedoch wesentlich dünner ist. Für das Schwallgewebe des Corpus spongtosum (Abb. 149) charaktenstisch stnd wettlumige, mitetnander anastomosterende Venen, dte in etn lockeres Btndegewebe eingelagert stnd. Dte glatte Muskulatur im Corpus spongiosum ist in der Regel Bestandteil der Venenwände und besteht großteils aus längsverlaufenden Muskelbündeln, die sich häufig wulstartig in die Venenlumina vorwölben (Sperreinnchtungen, Drosselvenen) Bei der Erektion des Penis wtrd auch das Venengeflecht des Corpus spongtosum und der Glans pents mtt Blut gefüllt, bletbt aber wetch, sodass dte Urethra (Harnsamenrohre) tmmer durchgangtg bleibt.
Abb. 147:mannliche Geschlechtsorgane. Pents
cavemosum: kavernöse Raume
C Hartmannetal tnslltutlur Zellb•ologte H1slolog1e und Embryologie, Med1Z1n1sche Universll
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15 Weibliche Geschlechtsorgane Zu den weiblichen Geschlechtsorganen zählen die paarigen Ovarien (Eierstöcke), Tubae uterinae (Eileiter), der Uterus (Gebärmutter), die Vagina (Scheide) und die Vulva (äußeres Genitale - Clitoris, große und kleine Labien, Vestibulum vaginae mit Glandulae vestibularas und Mündungsöffnungen von Vagina und Harnröhre). ln den Ovarien erfolgt die Bildung der weiblichen Sexualhormone und hier entstehen befruchtbare Erzellen (Oozyten), die über die Tubae uterinae in den Uterus transportiert werden. Im Fall einer Befruchtung der Eizelle findet diese in der Regel in einer Tuba uterina statt, während des Transports entwickelt sich die Zygote bis zum Blastenzystenstadium und nistet sich dann in die Uterusschleimhaut ein.
15.1 Ovar Das Ovar erner geschlechtsreifen Frau ist nahezu an seiner gesamten Oberfläche von einem einschichtig kubischen Epithel (Peritonealepithel) überzogen. Darunter findet sich eine schwach ausgebildete Tunica albuginea (Bindegewebskapsel). An Schnitten durch das Ovar kann man - unscharf voneinander abgegrenzt - ein inneres Mark und eine äußere Rrnde unterscheiden. Das Mark besteht aus lockerem Brndegewebe mit zahlreichen geschlängelt verlaufenden Blutgefäßen, Lymphgefäßen. sowie Nerven. ln der Rinde findet sich ein auffallend zellreiches, spinozelluläres Bindegewebe, das die verschiedenen Rerfestadien (und Atresrestadien) der Ovanalfollikel. sowie die aus den Tertiärfollikeln hervorgegangenen Strukturen, Corpus luteum und Corpus albicans, enthält. Ein Follikel besteht aus einer heranreifenden Eizelle (Oozyte) und Follikelepithel, und in späteren Entwicklungsstadien zusätzlich einer Theka. Dre Oogenese (Entwicklung der Eizelle) und die Follikulogenese (Entwicklung der Follikel vom Primordral- über den Sekundär- und Terträrfollikel zum sprungrerfen Follikel) gehen Hand in Hand. Oogenese Dre mitollsehe Vermehrung der Oogonien (entwickeln s1ch aus den eingewanderten Urkeimzellen) und ihre anschließende Entwicklung zu Oozyten I. Ordnung finden bereits vor der Geburt statt. Zum Zeitpunkt der Geburt befindet sich jede Oozyte I. Ordnung in einem speziellen Ruhestadium am Ende der Prophase der 1 Reifeteilung, dem Diktyotänstadium, und ist von einer ernschrchtrgen Lage platter Follikelpithelzellen umgeben (Pnmordialfollrkel). Im Zuge der Follikelrerfung (Follikulogenese) vergrößert srch die Oozyte I. Ordnung (im sprungreifen Follikel bis über 120 J.Jm Durchmesser), verbleibt aber noch im Diktyotänstadium. Erst knapp vor der Ovulation wird die 1. Reifeteilung abgeschlossen. es entsteht eine Oozyte II. Ordnung. Drese begrnnt unmrttelbar anschließend mit der 2. Rerfeterlung, dre rn der Metaphase zum Stillstand kommt. Nur 1m Falle des Erndnngens emes Spermienkopfes wird dre 2. Rerfeterlung fortgesetzt. Es entsteht eine reife Eizelle, deren Kern zum weiblichen Vorkern wird, der mit dem männlichen Vorkern. der sich aus dem Kopf des Spermiums entwickelt, fusioniert. Durch die berden Reifeteilungen entstehen bei den Eizellen nrcht vrer glerchgroße Zellen wre bei der Spermatogenese. sondern es wird bei jedem Teilungsschritt der Me1ose nur e1n kleines Polkörperehen abgeschnürt, sodass der Eizelle das Zytoplasma fast vollständig erhalten bleibt.
C Hartmannetal .
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fur Zellblolog1e. H1stolog1e und Embryologie, Medaz1n•sche Unoversotat Graz
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Follikulogenese Primordialfollikel (Abb. 150). besteht aus einer Eizelle (Oozyte !.Ordnung im Diktyotänstadium), die von einer Schicht pla tter Follikelepithelzellen umgeben ist (Durchmesser 30-50 ~m) Primärfollikel (Abb. 151): E1zelle (Oozy1e I) und e1nsch1chllg kubisches b1s hochpnsmatisches FollikelepitheL (Durchmesser bis 100 ~m) Sekundärfollikel (Abb. 152): Eizelle (Oozy1e I) umgeben von einem mehrschichtigen Follikelepi thel Das mehrsch1cht1ge Follikelepithel wird auch als Stratum granulosum, d1e Follikelepithelzellen auch als Granulosazellen beze1chnet. Zw1schen Eizelle und Granulosazellen ist eme helle, glykoproteinre1che Schicht, d1e Zona pellucida, entstanden. Das dem Follikel unmittelbar anliegende Bindegewebe. vom Follikelepithel durch eme Basalmembran abgegrenzt, d1fferenz1ert SICh zur Theca folliculi Sekundärfollikel s1nd deutlich größer als Primärfollikel (Durchmesser b1s 200 ~m) Tertiärfollikel (Abb. 153, Abb. 154 und Abb. 155): Im Zuge der we1teren Entwicklung treten ZWIschen den Granulosazellen flüssigkeitsgefüllte (Liquor folliculi) Spalträume auf, die zu einem einheitlichen Hohlraum, als Follikelhöhle oder Antrum folliculi bezeichnet, zusammenfließen. Durch d1e Entstehung des Antrum follicuh gerät die Eizelle (Oozy1e I ), die jetzt 1hre endgültige Größe von 120 ~m erre1cht hat, 1n e1ne exzentrische Lage. Sie liegt an der Wand des Tert1ärfolhkels 1n einer Anhäufung von Granulosazellen, dem Cumulus oophorus oder E1hügel. der in das Antrum folliculi vorspringt. Die die Eizelle im Anschluss an die Zona pellucida unmittelbar umgebenden hochprismatischen Granulosazellen sind radiar zu ihr ausgenchtet und wer den als Corona radiata beze1chnet. Cl Hanmann et al . lnstolUI fur Zellb!Oiogoe. Hoslologoe und Embryologoe , Medozomsche Unoversotal Graz
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Abb.155 .wetbhche Geschlechtsorgane Ovar Tertiärollikel, Cumulus oophorus D1e Wand des Tert1ärfollikels, die das Antrum follicult umschließt, besteht aus dem Stratum granulosum und der aus dem umgebenden Bindegewebe entstandenen Theca folltculi, die sich in Theca folliculi interna und Theca folliculi externa gliedert. Die Theca folliculi interna ist die innere zellreiche Schicht mit großen polygonalen Zellen und enthält zahlreiche Kapillaren. Sie dient der Ernährung des Follikels (der Follikel selbst ist gefäßlos) und beteiligt sich an der Bildung von weiblichen Geschlechtshormonen. Vom Stratum granulosum ist sie durch eine Basalmembran getrennt. Die Theca folliculi externa tst die äußere faserreichere, zellärmere Schicht. Die heranwachsenden Tertiärfollikel erreichen einen Durchmesser von 2-5 mm. Unter Einnuss von FSH beginnen dann etliche dieser Tertiärfollikel rasch an Größe zuzunehmen Innerhalb einer Woche erreichen sie einen Durchmesser b1s 8 mm. Dte Produktion von Östrogen erfolgt durch Kooperation von Theca interna- und Granulosazellen. Aus d1eser Gruppe von rasch wachsenden Tertiärfollikeln wird ein einziger zum dominanten Follikel und wächst innerhalb einer weiteren Woche zum sprungreifen Follikel heran. Sprungreifer Tertiärfollikel (Graaf-Folltkel): durch weitere mitotische Vermehrung der Granulosazellen, vor allem aber durch Zunahme des Liquor folliculi erreicht der sprungreife Follikel einen Durchmesser von 2-2,5 cm und wölbt die Oberfläche des Ovars vor. Durch einen steilen Anstieg der LH Konzentration (LH-peak- 12 Stunden vor Ovulation) treten im Cumulus oophorus Oüsstgkeitsgefi.illte Lücken auf, durch welche die Verbindung zwischen Eizelle und Follikelwand gelockert wird. D1e E1zelle löst sich vom Cumulus oophorus und schw1mmt im Liquor. (Die Oozyte I. Ordnung vollendet die 1. Reifeteilung, die entstehende Oozyte II Ordnung tritt in die 2. Reifeteilung ein, die in der Metaphase zum Stillstand kommt.) Follikelsprung und Ovulation Aufgrund der zunehmenden Größe des sprungreifen Tertiärfollikels wird das Gewebe zwischen Follikel und Oberfläche des Ovars immer dünner, es wird durch proteelytische Enzyme abgebaut und reißt schließlich durch den erhöhten Druck im Inneren des Follikels an der am wettasten vorspnngenden Stelle etn (Follikelsprung). Mit dem Liquor folliculi wird die Eizelle (Oozyte II. Ordnung in der Metaphase) samt den sie umgebenden Corona radiata-Zellen hinaus gespült und vom abdominalen Ende des Eileiters aufgenommen (Ovulation). Corpus luteum (Abb. 156 und Abb. 157) Nach der Ovulation bleibt die kollabterte, faltige Follikelwand im Ovar zurück. Aus ihr entsteht
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das Corpus luteum oder Gelbkörper, eine temporäre endokrine Drüse, die hauptsächlich Progesteron, aber auch Östrogene sezerniert. Aus den Eptthelzellen des Stratum granulosum entstehen die Granulosa-Lutelnzellen, große helle Zellen, dte etn 10-15 Zellschichten breites, gefälteltes Band bilden. Aus den Bindegewebszellen der Theca interna entstehen die Theca -Luteinzellen, die im Vergletch zu den Granulosa Luteinzellen deutlich kletner und stärker anfärbbar smd. Aus der ehemaligen Theca mterna wachsen zahlratehe Blutgefäße in das Corpus luteum ein. Das Corpus luteum wird- wenn keme Befruchtung stattfindet- nach etwa 12 Tagen abgebaut und durch kollagenfaserreiches, sehr zellarmes Bindegewebe ersetzt. Diese durch dieses Narbengewebe entstehende Struktur bezetchnet man als Corpus albicans (Abb. 158). Follikelatresie Pro Zyklus wachsttn der Regel nur ein Follikel (dominanter Follikel) aus der Gruppe der Tertiärfollikel zu einem sprungreifen Terttärfollikel heran. Die meisten Follikel gelangen nicht zur Ovulation und gehen schon als Primordialfollikel, Primärfollikel oder in einem späteren Entwtcklungsstadium, als Sekundärfollikel oder Tertiärfollikel, zugrunde. Dtesen Vorgang bezeichnet man als Follikelatresie Atresie der Primordia/follikel, Primär- und Sekundärfollikel: sie gehen zugrunde, ohne morphologisch stehtbare Spuren zu hinterlassen. Aireste der Terttärfollikel Granulosazellen lösen sich aus dem Zellverband, gelangen in den Liquor follicuh und gehen zugrunde. ebenso dte Etzelle. Der degenenerende Follikel Wird von Bindegewebe durchwachsen (Corpus atreticum) Die ursprünglich zwischen Follikelepithel und c:> Hartmann et al • InsNut fur Zellb1olog1e, H1stotog1e und Embryotog1e, Med1z1msche Umvers1tät Graz
Seite 101 Theca intema gelegene Basalmembran verdickt sich im Zuge der Follikelatresie. Diese verdickte Basalmembran (Giashaut) ist noch einige Zeit lang als gewundenes homogenes Band (Siavianski-Membran) im Gewebe zu erkennen (Abb. 159).
15.2 Tuba uterina Die Tuba uterina (Salpinx, Eileiter) nimmt dte Eizelle samt anhaftenden Corona radiata-Zellen nach der Ovulation auf und transportiert sie in den Uterus. Sie kann makroskopisch in vier Abschnitte gegliedert werden: lnfundibulum - trichterförmiger Anfangsteil, dessen abdominale Öffnung von Fimbnen umgeben ist, Ampulla - längster Abschnitt, Isthmus und Pars uterina - durchsetzt die Uteruswand und mündet in das Uteruslumen. Die Tubenwand ist aus Tuntca mucosa, Tunica muscularis, Tela subserosa und Tunica serosa aufgebaut. Die Tubenschleimhaut, Tunica mucosa, bestehend aus einem einschichtigen, hochprismatischen Epithel und einer Lamina propria, bildet- besonders ausgeprägt in der Ampulla- zahlreiche hohe, mehrfach verzweigte Falten die das Lumen der Tube fast ganz ausfüllen (Abb. 160). Im einschichten Eptthel (Abb. 161) sind Flimmerzellen mit Kinozilien, die uteruswärts schlagen, und keulenförmige sezernierende Zellen vorhanden, die gegen das Lumen vorgewölbt sein können und ein schleimiges Sekret produzieren. Das Mengenverhältnis von Flimmerzellen und Drüsenzellen ist abhängig vom untersuchten Tubenabschnitt (Anzahl der Flimmerzellen nimmt Richtung Isthmus ab) und von der Zyklusphase (in der zweiten Zyklushälfte nimmt die Anzahl der sezemterenden Zellen zu). Stiftehenzellen stnd schmale Zellen mtt dichten, länglichen Kernen. Sie werden besonders in der prämenstruellen Phase gefunden und als zugrundegehende Drüsenzellen gedeutet. Die Tunica musc ularis enthält die tubeneigene Muskulatur, die aus zwei einander durchflechtenden Spiralsystemen von glatten Muskelzellbündeln besteht (Peristaltik- Keimtransport). Im außen angrenzenden Btndegewebe, das tn das Bindegewebe der Tela subserosa übergeht, finden sich längsvertaufende Muskelzellbündel, die die sogenannte subperitoneale Muskulatur bilden (Lageveränderungen der Tube- Eiabnahmemechanismus). Das Bindegewebe der Tela subserosa enthält zahlreiche Blut- und Lymphgefäße sowie Nerven. Außen ist die Tube von einer Tuni ca serosa mit einem einschichtig platten Serosaepithel (Peritonealepithel) überzogen.
Abb. 160: wetbliche Geschlechtsorgane· Tuba uterina
Tuba uterina, Lamma epithellalis, Stiftehenzelle ( 1) ), Flimmerzelle ( ..., ), Drüsenzelle (o )
C Hartmann et al Insblu t fur Ze!lb1ologoe. Histologie und Em bryologie. Med,z1n1sche Umve<Sltllt Graz
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15.3 Uterus Gebärmutter {Uterus, griechisch: Metra) ist ein birnenförmiges Hohlorgan, das sich makroskopisch in Fundus, Corpus, Isthmus und Cervix untergliedern lässt. Die Portio vaginalis der Cervix ragt in die Vagina vor. Die Schleimhaut {Tunica mucosa) von Fundus und Corpus uteri ist das Endometrium, dessen funktionelle Schicht im Rahmen des Menstruationszyklus zyklisch aufgebaut und wieder abgestoßen wird {s.u.). Die Schleimhaut der Zervix uteri zeigt zwar auch zyklische Veränderungen, wird jedoch bei der Menstruation nicht abgestoßen. D1e Muskelschicht (Tunica muscularis) ist das Myometrium. Es btldet die Hauptmasse des Organs und ist aus eng durchflochtenen Bündeln von glatten Muskelzellen aufgebaut; die in der Schwangerschaft an Menge und Größe zunehmen. Das Myomatrium enthält zahlreiche Blutgefäße. Das Perimetrium {Tunica serosa und Tela subserosa) bedeckt Fundus sowie Vorder- und Htnterfläche des Korpus. Die bindegewebige Verbindung zwischen Uterus und seiner Umgebung erfolgt durch das Parametrium. 15.3.1 Endometrium und Menstruationszyklus Im Endometrium des Corpus und Fundus uteri spielen steh im fortpflanzungsfähigen Alter allmonatlich die periodischen Veränderungen des Menstruationszyklus (in Abhängigkeit vom ovariellen Zyklus) ab, um- im Fall einer Befruchtung der Eizelle -die Voraussetzung für die mögliche Einntstung einer Blastozyste zu schaffen Menstruationsphase (Desquamationsphase): 1.-4.Tag Proliferationsphase: 5.-14.Tag Sekretionsphase: 15.-28.Tag Das Oberflächeneptthel des Endometnums ist ein einschichtig hochpnsmatisches Epithel Stellenweise {vor allem im Bereich der Einmündungsstellen der Tuben) tragen die Zellen Kinozilien, die vaginalwärts schlagen. Darunter liegt eine Lamina propria aus sehr zellreichem Bindegewebe. Hier finden sich die tubulösen Glandulae uterinae. die bts zur Muskelschicht und sogar tn d1e Muskelschicht htnein reichen können. Im Endometrium unterscheidet man zwe1verschiedene Schichten: Stratum basale (Basalis): basal gelegene, an das Myomatrium angrenzende Schicht, die nicht abgestoßen wird. Von ihr geht in jedem Zyklus der Wiederaufbau der Funktionalls aus. Stratum functionale {Funktionalis): oberflächliche Sch1cht, dte zyklisch aufgebaut und- wenn keine Befruchtung erfolgt - während der Menstruationsphase w1eder abgestoßen wtrd. 15.3.1 Menstruationsphase Abstoßung der Funkttonalis und Ausscheidung zusammen mtt Menstruationsblut Dte Basalis bletbt mtt einer Wundfläche zurück. 15.3.2 Proliferationsphase ln der Prollferationsphase {Abb. 162 und Abb. 163) wirdem neues Stratum funcllonale aufgebaut. Diese Phase wird von Östrogen gesteuert. Zunächst bildet sich nach Ablösung des Stratum functionale in der Menstruationsphase mnerhalb wen1ger Tage - ausgehend von Drüsenstümpfen des Stratum basale - ein die Wundfläche C Hartmann et al • lnstrtut fur Ze4lblologre Hrslologre und Embryologie. Medlzrnosche Umversrtjjt Graz
Seite 103 bedeckendes Epithel. Durch Proliferation von Drüsenepithelzellen und Bindegewebszellen, sowie Aussprossung neuer Gefäße wird das Endometrium zunehmend dicker und es entstehen langgestreckte, gegen Ende der Proliferationsphase geschlängelt verlaufende Drüsen.
1 5.3.2 Sekretio ns phase (Abb. 164, Abb. 165, Abb. 166 und Abb. 167) Nach der Ovulation lagern die Drüsenzellen zunächst große Mengen Glykogen 1n 1hr Zytoplasma e1n. Die Drüsen werden weitlumiger und immer stärker gefältelt. Wenige Tage danach beginnen sie mit der Sekretion eines glykoproteinreichen, schleimigen Sekrets. Dies erfolgt unter Einfluss von Progesteron. Auf dem Höhepunkt der Sekretionsphase zeigt die Wand der Drüsen im Längsschnitt ein sägeblattartiges Aussehen . Die das Stratum functionale versorgenden Arterien nehmen einen spiralig gewunden Ver1auf an (Sp1ralarterien). Das Stratum functionale lässt sich in dieser Phase in eine äußere Zona compacta und eine anschließende Zona spongiosa gliedern. ln der Zona compacta (Abb. 165) liegen die schlankeren und weiter auseinander liegenden Drüsenhälse. Die Bindegewebszellen der Lamina propria werden insbesondere in dieser Zone durch Speicherung von Glykogen und Lipiden auffallend groß und lagern s1ch eng aneinander. Sie werden wegen ihrer Ähnlichkeit m1t den in der Schwangerschaft entstehenden Deziduazellen auch als .Pseudodeziduazellen" bezeichnet. Die anschließende breitere Zone des Stratum functionale zeigt durch die weitlumigen, gefältelten Drüsenschläuche ein schwammartiges Aussehen: Zona spongiosa (Abb. 166). Die im Stratum basale gelegen Drüsen bleiben während der zyklischen Veränderungen mehr
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Stratum functionale
Stratum basale
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oder minder unverändert (Abb. 167). Das Stratum basale wird von eigenen Blutgefäßen versorgt. Wird die Eizelle befruchtet und kommt es zur Einnistung der Blastozyste 1n das Endometrium, so entwickelt sich das Stratum functionale des Endometriums zur Dezidua. Die Bindegewebszellen werden zu großen, dicht gelagerten, glykogenreichen Deziduszellen und später zu einem Bestandteil der Plazenta. Kommt es zu keiner Befruchtung, wird- durch Abfall von Progesteron -ein Gefäßspasmus der Spiralarterien erzeugt, es kommt zur Ischämie und zum Untergang der Funktionahs. Die Menstruationsblutung setzt ein.
15.4 Vagina D1e Vagina (Scheide, griechisch· Kolpos ) begmnt m1t dem Scheidengewölbe (Fornix vagmae), das die Portio vaginalis der Cervix uteri umfasst, und mündet m das Vestibulum vaginae. D1e Wand der Vagina besteht aus Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica adventitia. Die Schichten sind gegeneinander nicht scharf abgegrenzt. Die Tumca mucosa besteht aus einem geschichteten unverhornten Plattenepithel und einer bindegeweb•gen Lam1na propna. An derVorder-und Hinterwand der Vagma bildet die Schleimhaut Querfalten. Das Vaginalepithel. das auch d1e Port1o vaginahs der Zerv1x überzieht, zeigt zyklusabhängige Veränderungen. Epithel-Abstriche von Port1o bzw. innerem Muttermund werden zytologisch untersucht und dienen der Früherkennung von Cervixkarzinomen. Das in Vaginalepithelzellen eingelagerte Glykogen w1rd durch Zerfall von abgestoßenen Zellen freigesetzt und von M1lchsäurebaktenen in Milchsäure umgewandelt (saures Vag1nalmiheu). ln der Tun1ca muscularis smd glatte Muskelzellbündel, die sich in verschiedenen Richtungen durchflechten, dazwischen reichlich Bindegewebe mit Gefäßen und Nerven zu finden.
16 Plazenta Die Plazenta ist das Austauschorgan (Gas- und Stoffaustausch) zwtschen Mutter und ungeborenem Kind. Sie w1rd von zwei getrennten Blutkreisläufen, dem der Mutter und dem des Kindes. versorgt. Sie entsteht aus zwei genet•sch unterschiedlichen Geweben. dem kindlichen (fetalen) und dem mütterlichen Gewebe. 0 Hanmann e1 al lns11tu1 tur Zellb10log1e H1s1ologoe und Embryologie. Med•z•n•sehe Unoversolai Graz
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16.1 Bauelemente der Plazenta Amnion (fetales Gewebe) besteht aus dem meist einschichtig kubisch bis hochprismatischem Amnionepi thel und dem darunterliegenden gefäßlosen Amnion-Bindegewebe. Chorion (fetales Gewebe): Chanon-Bindegewebe (mtt fetalen Blutgefäßen) und Trophoblast. Chorion frondosum oder villosum: Zotten(baum)-tragendes Chorion - bildet zusammen mit dem Amnion und der Decidua basalis die Plazenta. Chorion laeve: glattes Chorion - bildet zusammen mit dem Amnion und der Decidua capsularis und panetalis die Eihäute. (Abb. 168) Trophoblast: steht einem Epithelgewebe nahe. Kommt in verschiedenen Formen vor. Zytotrophoblast: zellig gegliederter Trophoblast (Trophoblastzellen). findet sich als villöser Zytotrophoblast (auch als Langhans-Zellen bezeichnet) an der Oberfläche der Zotten unterhalb des Synzyttotrophoblast. Am Begtnn der Schwangerschaft bildet er hier etnen mehr oder minder geschlossenen Zellbelag, im Zuge der Plazentareifung nimmt die Anzahl der Zellen immer mehr ab. Trophoblastzellen, die außerhalb der Zotten vorkommen, werden in ihrer Gesamtheit als extravillöser Zytotrophoblast bezeichnet. Man findet solche Trophoblastzellen in der Chorionplatte, der Basalplatte und in den Eihäuten. Synzytiotrophoblast: entsteht aus dem Zytotrophoblast durch Zellfusion Der Synzytiotrophoblast stellt eine vielkernige Zytoplasmamasse dar, welche die Oberfläche der Zotten. sowie die dem intervillösen Raum zugewandten Oberflächen von Chorionplatte und Basalplatte überzteht und so dtrekt mit dem mütter1tchen Blut in Kontakt kommt Durch Zellteilung der unterlagerten Zytotrophoblastzellen und anschließender Fusion der Tochterzellen mit dem Synzytiotrophoblast werden diesem tmmer wieder neue Zellen angegliedert. Trophoblast-Riesenzellen sind große mehrkernige Trophoblastzellen, die man in der Basalplatte finden kann. Dezidua (mütterliches Gewebe): Entsteht aus der Funktionalis der Uterusschleimhaut bei Eintritt einer Schwangerschaft. Je nach Lagebeziehung zum implantierten Keim wird sie als Decidua basalis, capsularis oder parietalis bezetchnet (Abb 168)
Decidua basalis
Chorionhöhle Chorion laevae Dectdua capsularis Decidua parietalis
~ ~ I ~ (~
I
Chorion frondosum
\
~
Dottersack Cavumuteri
.,
Plazenta
... •
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Amnionhöhle Eihäute I
IAbb. 168. Strukturelemente der Plazenta: Schema c Hartmann el al lnsi•tuiiur Zellb•ologie, Hislolog•e und Embryolog•e. MediZinosehe Umvers•läl Graz
Seite 106 Fibrinoid ist eine fibrinahnliche, im Lichtmikroskop homogene, mit Eosin anfärbbare Substanz, die in ihrer Zusammensetzung und ihrer Entstehung heterogen ist. Fibrineid kommt 1m Bereich verschiedener Strukturen der Plazenta vor, ersetzt stellenweise den oberflächlichen Synzyllotrophoblast, und kann je nach Lokalisatton unterschiedlich benannt werden: Langhans-Fibrineid an der dem intervillösen Raum zugewandten Oberfläche der Chorionplatte, Rohr-Fibrineid an der dem intervillösen Raum zugewandten Oberfläche der Basalplatte, Nitabuch-Fibrinoid innerhalb der Basalplatte, sowie Zottenfibrineid im Bereich der Zottenbäume.
16.2 Reife Plazenta Die reife , geborene Plazenta ist scheibenfönmig mit einem Durchmesser von etwa 20 cm. Die in vivoder Amnionhöhle (Fruchthöhle) zugewandte fetale Seite der Plazenta. an der der Nabelstrang inseriert, wird von der Chorionplatte gebildet, die gegenüberliegende von der Basalplatte. Zwischen Chorionplatte und Basalplatte ist der mit mütterlichem Blut gefüllte intervillöse Raum, der die reich verzweigten Zottenbäume enthält. D1ese Zottenbäume sind m1t Zottenstämmen an der Chorionplatte verankert und mit kleinen Haftzotten an der Basalplatte und den Plazentasepten befestigt. (Abb. 169) Fetaler Blutkreislauf: Die Plazenta ist über den Nabelstrang mit dem Fetus verbunden. Im Nabelstrang finden sich zwei Nabelstrangarianen und eine Nabelstrangvene. Die beiden venöses Blut führenden Nabelstrangarterien verzweigen sich zunächst sternförmig in der ChorionplaNe, von dort biegen sie in die ZoNenstämme um und verzweigen sich entsprechend den größeren und kleineren Asten des Zottenbaumes. Im Bereich der Terminalzotten (Hauptort des Gas- und Stoffaustausches) bilden sie welflum1ge, nahe der Zottenoberfläche gelegene Kapillaren. Über kleinere und größere Venen, die ebenso wie die Arterien den Verzweigungen des Zottenbaumes folgen, wird das jetzt m1t Sauerstoff und Nährstoffen angereicherte Blut zur Nabelschnurvene geleitet.
Amnionhöhle mit Fnscht\\asser
IAbb. 169: Plazenta: Schema Cl Hartmannetal . lnstotut tor ZellbiOiog.e. Hostologoe und Emblyologoe. Medozonosche Unoversotät Graz
Seite 107 Mütterlicher Blutkreislauf: Durch die Basalplatte hindurch ziehen uteroplazentare Arterien (entwickeln sich aus den Spiralarterien) und geben ihr Blut in den intervillösen Raum ab. Das Blut umspült hier die Zottenoberflachen, wobei im Bere1ch der Terminalzotten der Stoff- und Gasaustausch stattfindet: aus den fetalen Kapillaren werden Kohlendioxid und auszuscheidende Stoffe in das mütterliche Blut abgegeben, Sauerstoff und Nährstoffe aus dem mütterlichen Blut werden in die fetalen Kapillaren aufgenommen. Über uteroplazentare Venen wird das Blut aus dem intervillösen Raum wieder abgeleitet und in den mütterlichen Kreislauf zurückgeführt. Chorionplatte Die Chorionplatte (Abb. 170) ist an ihrer der Amnionhöhle (Fruchthöhle) zugewandten Oberfläche von Amnion bedeckt. Die Chorionplatte besteht aus einer Bindegewebsplatte, in der die Verzweigungen der Nabelstranggeftlße zu sehen sind. Gegen den Intervillösen Raum zu ist d1e Chononplatte von emer F1bnnoidsch1cht bedeckt, dem Langhans-Fibnnoid. Zwischen Chorionbindegewebe und Fibrino1d sowie innerhalb des Fibrineids kann man Trophoblastzellen (extravillöser Zytotrophoblast) finden . Zottenbäume Die Zottenbäume s1nd m1t Zottenstämmen an der Chononplatte verankert. Sie verzweigen sich in zunächst größere, dann 1mmer klemere Zottenäste. Endverzweigungen sind die Terminalzotten. Innerhalb der Zottenbäume verzweigen sich die fetalen Blutgeftlße. Während die Zottenstämme und ihre größeren Äste vorwiegend für die mechan1sche Stabilität der Zottenbäume verantwortlich smd, sind die Terminalzotten Hauptort des Gas- und Stoffaustausches. An der Basalplatte und den Plazentasepten sind die Zottenbäume mit speziellen Zottenästen, den Haftzotten, befestigt. Bau einer Zotte:(Abb. 171) Im Inneren findet sich Zottenbindegewebe m1t fetalen Blutgefäßen, an der Oberfläche e1n Überzug von Synzytiotrophoblast. Unterhalb des Synzyt1otrophoblast liegen vereinzelt Trophoblastzellen (villöser Zytotrotrophoblast). Stellenweise kann der Synzytiotrophoblastüberzug durch Zotten-Fibrineid ersetzt sein. ln Zottenstämmen und größeren Ästen des Zottenbaumes (Stammzotten) findet man relativ viel Zottenb1ndegewebe, die Blutgefäße hegen h1er mehr oder minder zentral. ln Terminalzotten ist wenig Bindegewebe vorhanden, die weitlum1gen Kapillaren liegen an der Oberfläche direkt unter dem Synzytiotrophoblast, der zellkernlose Areale und Abschnitte mit regelmäßig verteilten Zellkernen unterscheiden läßt, sowie Zellkernanhäufungen (Synzytialknoten), die sich abschnüren und in den matemalen Kreislauf gelangen. Basalplatte Die Basalplatte (Abb. 172) bildet den Boden des intervillösen Raums. Sie besteht aus Trophoblastzellen (extravillöser Zytotrophoblast und Trophoblast-Riesenzellen) und Zellen der mütter1tchen Decidua basalis. Weiters sind h1er mütterliche Blutgefäße sowie F1brinoid vorhanden. Trophoblastzellen (extravillöser Zytotrophoblast): größere, polygonale, me1st basophile Zellen mit annähernd kugeligen Zellkernen (Abb. 173). Trophoblast-Riesenzellen (Abb. 174): auffallend große vielkernige Trophoblastzellen. Deziduazellen (Abb. 174): große, blasse, verzweigte, oft fischzugartig angeordnete Zellen mit meist ovalen Zellkernen. Fibrinoid: Rohr-Fibrin01d (Abb. 172) findet sich an der dem intervillösen Raum zugewandten Oberfläche, Nitabuch-Fibrinoid (Abb. 172) innerhalb der Basalplatte (entsteht im Bereich der Kontaktzone zwischen fetalem und mütterlichem Gewebe). Von der Basalplatte ragen 1n unregelmäßigen Abständen größere und klemere Erhebungen in den intervillösen Raum R1chtung Chononplatte, ohne s1e aber zu erre1chen. S1e zeigen den gleichen Aufbau wie d1e Basalplatte und werden als Plazentasepten bezeichnet. C Hartmann
e1 al
Insblut fur Zellbiolog1e. H1StOiog1e und Emb
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Abb. 173.Basalplatte: Trophoblastzellen
A:174.Deziduazellen (0), Trophoblastriesenzell. (T)
Zellinseln sind annähernd kugel ige Gebilde 1m intervillösen Raum. S1e bestehen aus Fibnnoid, in dem Trophoblastzellen (extravillöser Zytotrophoblast) und eventuell auch Deziduazellen zu finden sind. Solche Zellinseln können durch weitere Auflagerung von Fibrinoid sowie Anlagerung benachbarter Zotten, die dann in die Fibrinoidmasse einbezogen werden , eine beachtliche Größe erre1chen.
16.3 Nabelstrang Der Nabelstrang besteht aus gallertigem Bindegewebe, das als Wharton-Sulze bezeichnet w1rd. ln d1esem Bindegewebe finden s1ch d1e Nabelstranggefäße, zwet Artenen und eme Vene, sow1e manchmal noch der Urachus, ein Rest des Allantoisganges. An seiner Oberfläche 1st der Nabelstrang von Amnionepithel überzogen.
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17 Verdauungstrakt 17.1 Mundhöhle 17.1.1 Speicheldrüsen 17.1.1.1 Große Mundspeic heldrüsen Be1 den drei paang vorkommenden großen Mundspeicheldrüsen, Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse), Glandula submandibularis (Unterkieferspeicheldrüse) und Glandula sub· Iinguaiis (Unterzungenspeicheldrüse) handelt sich um zusammengesetzte Drüsen mit einem mehrfach verzweigten und in verschiedene Abschnitte gegliederten Ausführungsgangsystem (Schaltstücke-.Streifenstücke- interlobuläre Ausführungsgänge-+Hauptausführungsgang), die eigenständige Organe bilden. Von einer Bindegewebskapsel ausgehend unterteilen gefäß- und nervenführende bindegewebige Septen das Organ in Läppchen (lobuh). ln dem inter1obulären Bindegewebe liegen - neben Gefäßen und Nerven • die kleineren und größeren Aufzweigungen der Ausführungsgänge. Der Hauptausführungsgang der GI. parotis mündet in das Vestibulum oris, dte Hauptausführungsgänge von GI. submandtbularis und GI. Sublingualis unterhalb der Zunge in die Mundhöhle. Drüsenendstücke Die rein seröse Glandula parotis besitzt ausschließlich seröse Drüsenendstücke, die gemischte Glandula submandibularis vorwtegend ser6se Endstücke, hier kommen Jedoch auch gemischte (seromuköse) Endstücke vor, bei denen seröse Endstückepithelzellen als Ebner-Halbmonde den schlauchförmigen mukösen Endstücken außen aufsitzen (Abb. 175). Die ebenfalls gemischte Glandula Sublingualis besitzt vorwiegend muköse, daneben auch gemischte Endstücke. Die Endstücke der Mundspeicheldrüsen smd von Myoeptlhelzellen umgeben. Ausführungsgangsystem Schaltstücke (Abb. 176) sind - nur in serösen Drüsenabschnitten vorhandene - verzweigte Gänge, die das Sekret mehrerer seröser Endstücke zusammenführen. Schaltstücke haben ein enges Lumen und ein einschichtiges, meist plattes bis isoprismatisches Eptthel. Mehrere Schaltstücke münden in ein Stretfenstück. Streifenstücke (=Sekretrohre - Abb.177) sind ebenfalls verzweigt, ihr Durchmesser ist mehr als doppelt so groß wie jener der SchaUstücke. Sie haben in der Regel ein iso- bis hochprismatisches, stark azidophiles Epithel, das eine lichtmikroskopisch sichtbare basale Streifung (basale
0 Hanmann et al . lnstotut fur Zellboologoe. Histologoe und Embryologoe. MedtZonosche Unoversotat Graz
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Eintallungen der Plasmamembran mit dazwischen liegenden Mitochondrien) aufwe1st. Schaltstücke und Streifenstücke liegen zwischen den Endstücken im Drüsenläppchen (intralobulär). Die Ausführungsgänge (Abb 178) sind ebenfalls verzweigt und liegen mehrheitlich im Bindegewebe zwischen den Drüsenläppchen (interlobulär). ln den kleineren Gängen ist das Epithel zunächst einschichtig isoprismatisch, dann hochprismatisch. Mit der Größenzunahme der Gänge wird es meist zweireihig hochprismatisch. Das Epithel der Hauptausführungsgänge der großen Mundspeicheldrüsen geht unmittelbar vor der Mündung in ein unverhorntes Plattenepithel über.
17.1.1.2 Kleine Mundspeicheldrüsen Dazu zählen Glandulae labiales der Lippen (gemischt}, Glandulae buccales der Wangen (gemischt), Glandulae linguales anteriores (gemischt}, Ebner-Spüldrüsen (serös) und Glandulae linguales posterioras der Zunge (mukös) sowie Glandulae palatmae des Gaumens (mukös). S1e bestehen Jeweils aus einer mehr oder m1nder großen Anzahl von Endstücken und einem einzigen, n1cht nennenswert gegliederten Ausführungsgang.
17.1.2 Zunge 01e Zunge (Lingua) ist ein mit Schleimhaut überzogenes, hauptsächlich aus Skelettmuskulatur bestehendes Organ. wobei die Muskelfaserbündel verschiedene. aufeinander senkrecht stehende Verlaufsrichtungen zeigen. Das die Muskelfaserbündel umgebende Bindegewebe bildet zusammen m1t dem Septum und der Aponeurosis linguae das Bindegewebsgerüst der Zunge. D1e Aponeuros1s hnguae besteht aus straffem Bindegewebe und liegt d1rekt unter der Schleimhaut des Zungenrückens. Das Septum hnguae steht senkrecht zur Zungenoberfläche und teilt die Zunge unvollständig in zwei Hälften. An der Zungenspitze findet sich beidseits des Septum hnguae jeweils eine gemischte Drüse, die Glandula Iingualis anterior. D1e Schleimhaut des Zungenrückens ist unverschiebhch m1t der Aponeurose verbunden und bildet d1e verschiedenen Zungenpapillen (Papillae linguales): Papillae filiformes, Papillae funglformes, Paplllae vallatae und Papillae foliatae (seltener). Die Zungenpapillen bestehen aus dem Oberflächenepithel. einem geschichteten unverhomten Plattenepithel, und einem vom Bindegewebe der Lamina propria gebildeten Papillenstock (Primärpap1lle) mit Sekund/Jrpapillen Papillae filiformes (Abb 179). fadenförm1ge Papillen, sind sehr zahlreich und über den ganzen Zungenrücken verte1lt. Sie besitzen e1nen nach oben zu schmäler werdenden bmdegewebigen Papillenstock mit Sekundärpapillen. Das geschichtete Plattenepithel der Oberfläche bildet an der C Hartmannetal . lnstiiUI ror Zellb
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Papillae vallatae. Geschmacksknospen Spitze der Papillen verhornte, oft aufgesplitterte, fadenförmige Fortsätze, die rachenwärts geneigt sind. Papillae fungiformes (Abb. 180), pilzf6rmige Papillen. sind spärlicher und kommen vor allem an Zungenrand und Zungenspitze vor. Der Papillenstock mit Sekundärpapillen verbreitert sich nach oben. Ihre Oberfläche ist von geschichtetem, unverhorntem Platteneptthel bedeckt. Papillae vallatae (Abb 181 und Abb. 182), 6-12 umwallte Papillen, sind die größten Zungenpapillen und am hinteren Ende des ZungenrOckens zu finden. Sie ragen kaum über die Zungenoberfläche vor und sind nngsum von einem Graben und einem anschließenden ebenfalls nngförmtgen Wall umgeben. Im geschichteten unverhornten Platteneptthel batder Grabenwände liegen Geschmacksknospen. ln den Graben münden die Ausführungsgänge von serösen Drüsen, den Ebner-SpOidrüsen. Papillae foliatae sind blattförmtge Zungenpapillen am hinteren Sattenrand der Zunge, die ebenfalls Geschmacksknospen im Eptthel besttzen. Der Zungengrund trägt keine Papillen mehr Hier findet sich in der Schleimhaut, unterhalb des Epithels, das zu Krypten e~ngesenkt ist, ratchiich lymphattsches Gewebe. Folliculi linguales oder Zungenbälge (werden tn ihrer Gesamtheit als Tonsilla Iinguaiis bezeichnet und zählen zum lymphatischen Rachennng). Ebenfalls tm Zungengrund stnd muköse Drüsen (Giandulae linguales posteriores, Weber-Drüsen) vorhanden, die zwischen den Krypten der Tonsilla Iinguaiis ausmünden. C Hartmannet al., lnslllut fur ZellbiOiogoe. Histologie und Embryologie, MediZinische Un1Vers1tät Graz
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17.1.3 Gaumen Oie zur Mundhöhle gewandte Schleimhaut des harten Gaumens (Palatum durum) besitzt ein unverhomtes geschichtetes Plattenepithel an ihrer Oberfläche und ist mit der knöchernen Unterlage unverschieblich verbunden. 01e den Boden der Nasenhöhle bildende Seite trägt respiratorisches Epithel. Der weiche Gaumen (Palatum molle} schließt nach hinten an den harten Gaumen an. Er besitzt ein Grundgerüst aus straffem Bindegewebe und Skelettmuskulatur. das auf beiden Seiten von Schleimhaut bedeckt ist. Auf der oralen Seite findet sich Mundschleimhaut m1t einem geschichteten unverhomten Plattenepithel und einem Schleimhautbindegewebe, in dem zahlreiche kleine muköse Speicheldrüsen (Giandulae palatinae) liegen. Die nasale (oder pharyngeale) Seite ist von respiratorischem Epithel (mehrreihig hochprismatisches Epithel mit Flimmerzellen und Becherzellen) bedeckt. Im unterlagerten Schleimhautbindegewebe smd kleine gemischte Drüsen zu finden
17.1.4 Zähne 17 .1.4.1 Zahnentwicklung Im Bereich des späteren Zahnbogens wächst im 2. Embryonalmonat aus dem Oberflächenektodem der Mundhöhle die Zahnleiste in das darunterliegende Mesenchym ein. Aus ihr entstehen in bestimmten Abständen die Anlagen der epithelialen Schmelzorgane, zunächst als knospenartige Verdickungen. Diese nehmen dann Kappen- und schließlich Glockenform an, die der späteren Form der Zahnkrone des betreffenden Zahnes entspricht. Das Mesenchym im Inneren der Glocke (entsteht aus der Neuralleiste) w1rd zur Zahnpapille, aus der später die Zahnpulpa und die Odontoblasten entstehen. Die Odontoblasten differenzieren s1ch aus den d~rekt an das Schmelzorgan angrenzenden Mesenchymzellen und bilden Dentin Im Inneren der Schmelzorgane w~rd das Epithel aufgelockert, die Epithelzellen bilden einen Verband von sternförmig verzweigten Zellen, es entsteht die Schmelzpulpa oder mittleres Schmelzepithel zwischen dem äußeren Schmelzepithel und dem inneren SchmelzepitheL Aus dem inneren Schmelzepithel differenzieren sich die Adamantoblasten (oder Ameloblasten), die den Schmelz der Zahnkrone bilden. (Abb. 183 und Abb. 184) Um jedes Schmelzorgan und die dazugehörige Zahnpapille bildet s1ch eine
184. Verdauungstrakt Zahnentwicklung 1 -äußeres 2 - mittleres ~"'~;:;l!)o...., 3- 1nneres Schmelzepithel 4- Dentm 5- Schmelz
~t~~~~[~ 6-- Adamantoblasten Zahnpapille
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- Odontoblasten C Hanmann e1 al . lns~lul ftir Zellboologoe. Hostologoe und Embryologoe. Med•zonosche Universität Graz
Seite 113 Mesenchymverdichtung, das Zahnsäckchen. Bei der späteren Entwicklung der Zahnwurzel (erst nach der Geburt!) entstehen aus der inneren Schicht des Zahnsäckchens die Zementoblasten, die das Zement (Cementum) der Zahnwurzel bilden. Aus der äußeren Schicht entsteht die Wurzelhaut (Penodontium oder Desmodont). Nach Ausb ildung der Schmelzorgane begtnnl sich die Zahnleiste zwischen Oberflächenepithel und Schmelzorganen zurückzubilden und in Epithelinseln aufzulösen. Der freie Rand der Zahnleiste wächst jedoch weiter in den Kiefer vor und wird zur Ersatzzahnleiste (für die Ersatzzahnanlagen). Zahnhart.s ubstanzen Dentin (Zahnbein, Dentinum -Abb. 184, 185, 186, 187) Ende des 4. Fetalmonats begmnt an der Spitze der mesenchymalen Zahnpapille die Dentinbildung durch Odontoblasten. Im Zuge der Dentinsynthese bilden die Odentoblasten Fortsätze aus, die 1m Dentin verbleiben und mit zunehmender Dicke der Dentinschicht immer länger werden. Diese Odontoblastenfortsätze, die auch als Zahnbeinfasern oder Tomes-Fasern bezeichnet werden, liegen 1n Dentinkanälchen. Die Extrazellulärmatrix des Dentins besteht vor allem aus Kollagenfibnllen (Typ I Kollagen) und Hydroxylapatti-Kristallen. Denim wird von den Odentoblasten zunächst als nicht mineralistarte Vorstufe, Prädentin, gebildet. Schmelz (Enamelum, Substantia adamantina- Abb. 184, 185,186, 188) Sobald das Prädentin mineralisiert wird setzt die Schmelzbildung ein. Der Schmelz besteht aus
0 Hartmann et al , lns~tut für Zellblologoe. Hostologoe und Embryologoe, Medozonosche Unove<sot31 Graz
Seite 114 Schmelzpris men, die von den Adamantoblasten (Ameloblasten) des inneren Schmelzepithels gebildet werden Ein fertiges Schmelzprisma besteht aus langen, parallel angeordneten Hydroxylapatit-Kristallen Schmelz enthalt weder Kanälchen, noch Zellen oder kollagene Ftbrillen. Die Schmelzbildung ist vor dem Durchbruch der Zähne abgeschlossen Zement (Cementum - Abb. 189,190) Zement entsteht bei der Wurzelbildung. also erst nach der Geburt. Zunächst wächst der Umschlagsrand des glockenförmigen Schmelzorgans als Epithelscheide tn die Tiefe. Diese Eptthelscheide löst dte Differenzierung von Odontoblasten aus. die das Wurzeldentin bilden. Anschließend degeneriert die Epithelscheide und die außen angrenzenden mesenchymalen Zellen des Zahnsäckchens differenzieren sich zu Zementoblasten. die Zement bilden. das außen an das Wurzeldentin angelagert wird. Zement ähnelt einem Geflechtknochen, in den in der unteren Hälfte der Wurzel Zementozyten eingemauert smd (zelluläres Zement) ln der oberen Hälfte der Wurzel fehlen dte Zellen (azelluläres Zement).
17.1.4.2 Zahn Ein Zahn besteht zum größten Teil aus Dentin, das im Bereich der Zahnkrone (sichtbarer Teil des Zahns oberhalb der Gingiva) von Schmelz, im Bereich der Zahnwurzel/n von Zement über-
g1ngivales B1ndegewebe(g8) Dentin(D). Schmelz(S). 1nneres Saumepithel(iSe). äußeres Saumep1thel(äSe)
Grenze(t ) gingivales B1ndegewebe(g8), Dent1n(D) inneres Saumep1thel(iSe). äußeres Saumepithel(äSe)
c Hartmann et al lnstotut fur ZellbiOIOgiEl Hostotogoe und Embryotogoe, Medozonosche Untversnat Graz
Seite 115 zogen 1st. Der Zahnhals ist jener Bereich, wo Schmelz und Zement aneinandergrenzen und der von der Gingiva umschlossen wird. Durch ein System von Kollagenfaserbündeln (Wurzelhaut, Periodontium oder Desmodont), die sowohl im Zement als auch im Alveolarknochen verankert sind, sind die Zahnwurzelfn in derfden knöchernen Alveolefn federnd aufgehängt. Im Inneren des Zahns, von Dentin umgeben, liegt die Pulpahöhle (Abb. 185). S1e enthält die Zahnpulpa, ein lockeres. gefäß- und nervenfaserreiches Bindegewebe. Gefäße und Nerven erreichen die Pulpahöhle über den Wurzelkanal. An der inneren Dentinoberfläche liegen zeitlebens d1e das Dentin bildenden Odontoblasten. Ihre Fortsätze liegen in DentmkaniJichen (Abb. 186 und Abb 187) und re1chen b1s zur Dentin-Schmelz- bzw. Denlln-Zementgrenze. Die oberflächlich gelegene, weniger dicht mineralisierte Dentinschicht, die an Schmelz bzw. Zement angrenzt, wird als Manteldentin bezeichnet. Die Zahnkrone wird an der Oberfläche von Schmelz überzogen und reicht bis zum Zahnhals. Im Schliffpräparat s1eht man- bedingt durch d1e Anordnung der Schmelzpnsmen -jeweils Gruppen von quergetroffenen (Diazon1en) und längs getroffenen Schmelzpnsmen (Parazomen). (Abb. 186 und Abb. 188) Das Zement überzieht das Dentin im Bereich der Zahnwurzel vom Zahnhals bis zur Wurzelspitze. wo es seine größte D1cke erreicht (Abb 189 und Abb. 190) Zum Zahnhalteapparat (Parodontium) werden folgende Strukturen gezählt (Abb. 190): (1) Zement der Zahnwurzel (2) Periodontium (=Desmodont=Wurzelhaut): straffe Bündel kollagener Fasern. die einerseits in das Zement, andererseits in den Alveolarknochen einstrahlen (3) Alveolarknochen. (4) Gingiva (Abb. 189, Abb. 191 und Abb. 192): bedeckt den Alveolarknochen und umschließt den Zahnhals. Das innere Saumepithel umgibt ringförmig den Zahnhals und erstreckt sich von der Zement-Schmelz-Grenze bis zum Boden des Sulcus gingivalis. Dem inneren Saumepithel schließt sich das äußere Saumepithel der Gingiva an, welches mit dem darunter liegenden Bindegewebe eng verzahnt 1st und Verhornungszeichen ze1gt. Das gingivale Bindegewebe enthält zahlreiche kollagene Faserbündel, die zur Verankerung des Zahnes im Alveolarknochen beitragen.
17.2 Ösophagus und Magen-Darmkanal (Rumpfdarm) Allgemeiner Schichtenbau Alle Abschnitte des Verdauungskanals- Ösophagus, Magen. Dünndarm (Duodenum, Jejunum, Ileum) und Dickdarm (Caecum und Appendix, Colon). sowie auch Rectum und Analkanal haben im Pnnz1p einen gleichartigen Wandbau. (Abb. 194) Tunica mucosa (Schleimhaut) Lamina epithelialis mucosae = Oberf/IJchenepithel. Das Oberflächenepithel zeigt- den jeweiligen Anforderungen entsprechend - regionale Unterschiede. Der Ösophagus besitzt ein unverhorntes geschichtetes Plattenepithel. Magen, Dünndarm und Dickdarm bis zum Analkanal sind mit emem einschtchtigen, hochprismatischen Epithel ausgekleidet. Im Analkanal erfolgt ein allmählicher Übergang des einschichtig hochprismatischen Darmepithels in das geschichtete Plattenepithel der äußeren Haut. Lamina propria mucosae· besteht aus einem lockeren Bindegewebe mit zahlreichen retikulären Fasern, das v1ele freie Zellen v.a. Lymphozyten enthält. Im Magen-Darm-Trakt wird es von manchen Autoren auch als lymphoretikuläres Bindegewebe beschrieben. Hier finden sich die kleineren Blut- und Lymphgefäße, Lymphfollikel und - regional unterschiedlich - auch Drüsen. 0 Hanmann el al , lnst•tul tur ZeUboologle. H•slologoe und Embryolog•e. Med•zomsche Unoverslllll Graz
Seite 116 Lamina muscularis mucosae: ist eine zusammenhängende Schicht aus spiralig, hauptsächlich längsorientierten glatten Muskelzellen und ermöglicht der Schleimhaut eine gewisse Eigenbeweglichkeit Tela submucosa besteht aus lockerem Bindegewebe, das auch Fettzellen enthält. ln der Tela submucosa finden sich in allen Abschnitten des Verdauungskanals größere Blut- und Lymphgefäße, ein vegetativer Nervenplexus (Plexus submucosus, Meißner-Plexus) und stellenweise auch DrOsen und/oder Lymphfolllkel. Tunica muscularis Muskelhaut, besorgt das Durchmischen und Weiterbefördern des Darminhaltes (Peristaltik). Mit Ausnahme des oberen und teilweise mittleren Drittels des Ösophagus besteht die Muskularis des Verdauungskanals aus glatter Muskulatur. Es lässt sich eine innere Ringmuskelschicht (Stratum circulare) mit vorwiegend zirkulär verlaufenden Muskelbündeln und eine äußere Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale) unterscheiden. Im Bindegewebe zwischen beiden Muskelschichten ist- vom Pharynx bis zum Rectum- ein vegetativer intramuraler Nervenplexus, der Plexus myentericus (Auerbach), zu finden. Je nach topographischer Lage des jeweiligen Darmabschnittes folgt auf die Muskelschicht nach außen entweder eine Tunica serosa (Peritoneum viscerale) unterlagert von einer Tela subserosa, oder aber eine Tunica advent11ia. Das Peritoneum oder Bauchfell ist eine seröse Haut. Es überzieht als Peritoneum parietale die Innenwand der Bauchhöhle und als Peritoneum viscerale die in der Bauchhöhle - intraperitoneal -gelegenen Teile der Bauch- und Beckenorgane. Die seröse Haut, die Tunica serosa. besteht aus einem einschichtigen, platten Epithel (Mesothel), das von einer dünnen Bindegewebsschicht (Lamina propria serosae) unterlagert wird. Eine Tela subserosa verbindet d1e seröse Haut m1t der Muskelhaut. Sie ist eme aus lockerem Bmdegewebe bestehende Verschiebeschicht und enthält auch Fettzellen. Diese Schicht ermöglicht dem betreffenden Organ eine gewisse Bewegungsfreiheit gegenüber dem Peritoneum. Wo ein Pentonealüberzug fehlt - Hals- und Brustteil des Ösophagus, Teile des Duodenums und des Enddarms -sind Tun1ca serosa und Tela subserosa durch eme Tunica adventitia aus lockerem Bmdegewebe ersetzt. Lymphatisches Gewebe ist in der Schleimhaut des gesamten Verdauungskanals vorhanden. besonders reichlich 1m Ileum (Peyer-Piaques oder Noduh lymphatic1 aggregali) und in der
T"''"'" adventoha Tunoca m11:scularos Tela
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unteres Dnttel: Schichtenbau 1:. Har1mann et al lnstotul fur ZellbiOlogie H1slolog1e und Embryologie, Medozon•sdle Un~vers1Jat Graz
Seite 117 AppendiX vermiformis. Hier reichen die Lymphfollikel jeweils bis in die Tela submucosa. Einzelne Lymphfollikel (Noduli lymphatici solitarii) finden sich in Ösophagus. Magen, Duodenum und Jejunum vorwiegend in der Lamina propria, im Colon auch in der Tela submucosa. Enteroendokrine Zellen ln der Schleimhaut aller Abschnitte des Magen-Darm-Traktes kommen verschiedene hormonproduzierende Zellen vor. Sie liegen im Oberflächen- und/oder Drüsenepi thel und ihre Wirkstoffe sind an der Regulation der Verdauungsvorgänge bete11tgt. Enterisches Nervensystem - intramurale Nervenplexus Geflechte aus vegetativen Nervenfasern und Nervenzellen, die sich in verschiedenen Schichten der Ösophagus-, Magen- und Darmwand finden. (Abb. 77a S. 56, Abb. 77b S.122). Plexus submucosus (Meissner-Piexus) in der Tela submucosa. Plexus myentericus (Auerbach-Piexus ) zwischen den Muskelschichten der Tunica muscularis. Interstitielle Zellen von Cajal. Zellen mesenchymaler Herkunft, übernehmen in der Tunica muscularis wahrscheinlich Vermittlerfunktion zwischen glatten Muskelzellen und Enterischem Nervensystem. Ihnen kommt eine Schnttmacherfunktion im Rahmen der gastro1ntestinalen Penstaltik zu. 17.2.1 Ösophagus (Abb 193 und Abb. 194) Durch die Speiseröhre (Ösophagus) wird die feste und flüssige Nahrung vom Pharynx in den Magen befördert. Anatomisch unterscheidet man im Verlauf des Ösophagus einen kurzen Halsteil, Pars cervicalis. etnen langen Brusttetl, Pars thoracica, und einen kurzen Bauchteil, Pars abdominalis. der den Abschnitt vom Durchtritt durch das Zwerchfell b1s zum Mageneingang umfasst D1e Lam1na ep1theliahs der Tunica mucosa 1st etn geschichtetes unverhorntes Plattenepithel, das mit der Lamina propna durch Bindegewebspapillen fest verzahnt ist (mechanische Beanspruchung durch verschluckte Nahrung). ln der Lamina propria kann man Lymphfollikel finden und im Endabschnitt des Ösophagus mukoide Glandulae cardiacae. Die Lamina musculans mucosae 1st me1st erst 1m unteren Abschnitt des Ösophagus deutlich ausgebildet. Im Bindegewebe der Tela submucosa liegen muköse Drüsen, die Glandulae oesophageae, deren Sekret über Ausführungsgänge an die Epitheloberfläche geleitet wird. Die Tunica muscularis besteht im oberen Drittel des Ösophagus aus quergestreifter Muskulatur (als Fortsetzung der Schlundmuskulatur); die Tuntca muscularis des m1ttleren Drittels ist gemischt, sie besteht teils aus glatter, teils aus quergestreifter Muskulatur, im unteren Drittel des Ösophagus findet sich nur noch glatte Muskulatur. Der größte Teil des Ösophagus liegt im Brustraum und wird dort durch eine bindegewebige Tunica adventitia in die Umgebung eingebaut Der kurze abdomtnale Teil des Ösophagus w1rd nach Durchtntt durch das Zwerchfell außen von e1ner Tela subserosa und Tunica serosa umgeben. 17.2.2 Magen Im Magen (Ventnculus, Gaster) wird d1e aufgenommene Nahrung m1t dem Sekret der Magenschleimhaut, das Säure und Enzyme enthält, durchmischt Der so entstandene Speisebrei (Chymus) wird aus dem Magen durch den Pförtner, Pylorus, in kleinen Portionen an das Duodenum weitergegeben. Der Magen kann 1n mehrere Abschnitte gegliedert werden ICi Hartmannetal Institut fur Zellblolog1e. H1stolog1e und Embryologie, Med1Z1n1SCtle Un1ver~;,tat Graz
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Oesophagus Pars card1aca
Corpus
(Abb. 195): Die Pars cardiaca befindet sich am Mageneingang. Anschließend folgen Fundus und Corpus ventriculi und in Richtung Magenausgang d1e Pars pylorica. Oie Pars pylorica lässt sich weiter untergliedern in ein Antrum pyloricum (schließt an das Corpus an) und einen Canalis pyloricus. Am Magenausgang, dem Pylorus. bildet die Ringmuskulatur den Musculus sph~ncter pylon. Tunica mucosa- Magenschleimhaut
01e Magenoberfläche ist mit einer d1cken IAbb 195:Verdauungstrakt: Magen· Schema Schleimschicht bedeckt. Bei Lupenbetrachtung der Schleimhautoberfläche des Magens sieht man. dass diese durch tiefere Furchen in Felder - Areae gastricae- gegliedert ist. Auf den Feldern endigen punktförmig die Magengrübchen - Foveolae gastricae. Das einschichtig hochprismatische Epithel besteht aus Magenschleim- produzierenden Drüsenzellen (das Oberflächenepithel ist hier also gleichzeitig auch ein Drüsenepithel - Abb. 19 - Epithelgewebe). Der Magenschleim ist in Salzsäure unlöslich und schützt die Magenwand vor Selbstverdauung. Das Oberflächenepithel senkt sich zu schlauchförmigen Foveolae gastricae in die Lamina propria mucosae ein. ln diese Foveolae gastricae münden die in der Lamina propria gelegenen tubulösen Magendrüsen, die sich in den verschiedenen Abschnitten des Magens voneinander unterscheiden Drüsen der Pars cardiaca Glandulae cardiacae oder Kardiadrüsen sind am Mageneingang gelegen und enthalten nur einen Typ von mukoiden Drüsenzellen, die Schleimstoffe sezernieren Drüsen von Fundus und Corpus sind die Glandulae gastricae propriae oder Magenhauptdrüsen -dicht gelagerte, zumeist gestreckt verlaufende, wenig verzweigte, englumige Orüsenschläuche. Das einschichtige Drüsenepithel enthält verschiedene Arten von Orüsenzellen, d1e auch verschiedene Sekrete produzieren- heterokrine Drüsen. Nebenzellen s1nd am zahlreichsten in dem an die Foveolae anschließenden Abschnitt e1ner Drüse (Drüsenhals). Oie kleinen Zellen sind im Schnittbild annähernd tütenförm1g, sie sind apikal breiter als basal, das Zytoplasma ist in der H.E. Färbung in der Regel kaum gefärbt, der Zellkern hegt me1stens basal (Abb. 196) Nebenzellen bilden ebenfalls Schleimstoffe (Muzine), die zum oberflächlichen Magenschleim beltragen Belegzellen (Parietalzellen) kommen in der oberen Hälfte eines Drüsenschlauchs häufiger vor, finden sich jedoch auch im unteren Drüsenabschnitt (Abb. 197). Sie sind große, im Schnitt rundliche. m1t Eosin intensiv anfärbbare Zellen Sie haben e~nen, n1cht selten auch zwe1, kugelige Zellkerne D1e Belegzellen können anderen Drüsenzellen außen aufgelagert se1n (.Belegzellen") Die Eos~nophilie ist durch zahlreiche Mitochondnen bedingt, die rund um Intrazelluläre Sekretkanälchen = Einstülpungen der apikalen Plasmamembran (Sitz einer Protonenpumpe) lokalisiert s1nd (Abb.198). Belegzellen sezernieren H+-1onen und Cl--Ionen (Salzsäure), sow1e lntrinsic factor (notwendig für die Resorption von Vitamin B12 im Ileum). Die Regulierung der Salzsäuresekretion erfolgt durch das vegetative Nervensystem. das enterische Nervensystem sow1e durch Hormone der entereendokrinen Zellen. Cl Hartmann et al , lnsutut ftir ZellbiOiogoe H1stologoe und Embryologoe. Medo.zoniSChe Unoversitl!l Graz
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Magen· Magenhauptdrusen Nebenzellen(N)
Magen Hauptzellen(H) Belegzellen(B)
Magen· Belegzelle
Hauptzellen srnd 1n den unteren Abschmtten der Drüsen zu finden. Es srnd zylindrische Zellen mit kugeligen Zellkernen. Das Zytoplasma ist auffallend basophil, da die Zellen reichlich rER besitzen (Abb. 197). Die Hauptzellen sezernieren Pepsinogene, inaktive Vorstufen (,.Zymogene") von Peps1nen, proteelytischen Enzymen des Magensaftes. Drüsen der Pars pylorica Glandulae pyloricae oder Pylorusdrüsen sind ebenfalls schlauchförmig (tubulös) und münden in die Foveolae gastricae. Die Foveolae gastricae sind hier jedoch t1efer als im Fundusund Corpusbereich, d1e Drüsenschläuche sind entsprechend kürzer, verzweigt, gewundener verlaufend und etwas we1Uum1ger als die Magenhauptdrüsen {Abb 1g9). Es handelt sich hier um mukoide Drüsen mit nur einer Art von Drüsenzellen (Abb. 200), die Schleimstoffe sezernieren. Tel a submucosa (so.) Tunica muscularis Zusätzlich zur Längs- und Ringmuskulatur kommen in der Magenwand als innersie
Magen: Pars pylonca Tumca mucosa
Magen Pars pylorica Glandulae nvl,n rir"""
C Hartmann el al • lnslrtul fur Zellboologte Htslolog•e und Embryologie. Medtztntsclle UniVersttal Graz
Seite 120 Schicht schräg verlaufende Züge glatter Muskulatur, Fibrae obliquae, vor. Die Ringmuskulatur ist am Magenausgang, dem Pylorus, verdickt und bildet den M. sphincter pylori. Tela subserosa und Tunica serosa (s.o.)
17.2.3 Dünndarm Der Dünndarm ist der längste Abschnitt des Darmrohres (3-5 m) und gliedert sich in Duodenum, Jejunum und Ileum. Er ist em wichtiges Organ für die Verdauung und Resorption der Nahrung. Diese wurde vorher im Mund zerkleinert und mit Amylase (Kohlenhydratspaltung), im Magen mit Pepsinen (Eiweißspaltung) versetzt und durchmischt Der so entstandene Nahrungsbrei wird im Dünndarm mit dem Pankreassekret (Bauchspeichel), mit Galle und Sekreten des Darmepithels durchmischt Nach Spaltung der Proteine, Fette und Kohlenhydrate · durch die Pankreasenzyme und Enzyme der Mikrovillimembran der Enterozyten (Saumzellen) werden die Einzelbausteine (vor allem Aminosäuren, Fettsäuren, Monoacylglycerine, Monosaccharide) zum Teil durch spezifische Transportproteine in die Zellen aufgenommen. Außerdem werden Vitamine, Elektrolyte und Wasser resorbiert. Der größte Teil der resorbierten Stoffe gelangt über Kaplilaren in das venöse Blut und von dort über die Vena portae zur Leber. Durch Falten, Zotten und Krypten, sowie Mikrovilli der Enterozyten wird eine gewaltige Vergrößerung der Schleimhautoberfläche erreicht Plicae circulares (Kerckring-Falten) sind ortsständ1ge, d.h. nicht verstreichbare, nngförmige, quer zur Längsachse des Darms orientierte Falten. Die an der Faltenbildung beteiligten Schichten sind die Tela submucosa und d1e Tunica mucosa. Die Falten werden ab der Mitte des Jejunums n1edriger und wen1ger Im unteren Ileum fehlen s1e meist schon. Zotten (Villi 1nteshnales) s1nd finger-oder blattförmige Vorstülpungen der Lamina propria und der Lamina epithelialis der Tunica mucosa. Die Dichte und Länge der Zotten nimmt Richtung Ileum ab. Unmittelbar unter dem Zottenepithel findet sich 1m Zottenstroma ein Blutkapillametz, das durch Arteriolen von der Zottenspitze her gefüllt wird. Etwa in der Zottenachse verläuft ein Lymphgefäß, das sog. zentrale Chylusgefäß, in welches resorbierte Fette (in Form vom Chylomikronen) gelangen (Abb. 201 ). D1e Zotten enthalten überdies glatte Muskelzellen, die rhythmische Kontraktionen ausführen (.Zottenpumpe") Krypten (Kryptae intestinales, L1eberkühn-Krypten, auch Glandulae intestinales) sind röhrenförm1ge Einsenkungen der Lamina epithelialis in die Lamina propria. die bis zur Muscularis mucosae reichen Die Enterozyten des Zottenepithels tragen lange, dichtstehende Mikrovilli (in Summe e1nen Bürstensaum) an 1hrer apikalen Zelloberfläche (Abb 202). Diese Mikrovilli sind lichtmikroskopisch als stärker färbbarer Saum zu sehen Saumzellen.
Zotte
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Becherzellen
Saumzellen
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Blutkap1llametz und zentrales Chylusgefäß ( • ) Krypte
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Paneth· Körnerzellen
Abb 201 Verdauungstrakt Dunndarm Schema· Zotte und Krypte
c Hanmann et al , lnslllutlur Zellb1ol0g1e. H1stolog1e und Embryologie. MediZmosche Umvers1tat Graz
Seite 121 Lamina epithelialis des Dünndarms Im einschichtig hochprismatischen Oberflächenepithel des Dünndarms findet man verschiedene Zelltypen. Zwtschen den resorbierenden Saumzellen (Enterozyten) sind schleimbildende Becherzellen vorhanden (Abb. 203). Die Anzahl der Becherzellen 1m Eptthel nimmt analwärts zu. Im Epithel der Krypten finden sich zusätzlich undifferenzierte Zellen, Stammzellen, von denen die Regeneration des Darmepithels ausgeht. Hier sind häufig Mitosen zu sehen. Ebenfalls im Epithel der Krypten, meist am Grund der Krypten, sind Paneth-Körnerzellen vorhanden, exokrine Drüsenzellen mit azidophtlen Granula im aptkalen Zytoplasma (die Sekretkörnchen enthalten unter anderem Lysozym). Sie sind im Jejunum und Ileum zahlreicher als im Duodenum. (Im Dickdarm kommen sie- ausgenommen Appendix - nicht vor). Im Epithel der Krypten, seltener auch dem der Zotten, kommen in allen Dünn- (und Dickdarmabschnitten) enteroendokrine Zellen vor. Sie haben einen chromatinarmen Zellkern und ein helles Zytoplasma. M-Zellen sind Antigen-transportierende Zellen, die im Epithel direkt über Lymphfollikeln (Domepithel) gefunden werden.
Differenzialdiagnose der Dünndarmabschnitte Duodenum (Zwölffingerdarm) (Abb. 204 und Abb. 205a,b) Hier finden sich hohe und breite Plicae ctrculares mtt dicht gestellten, tm Vergleich mtt dem Jejunum - eher plumpen Zotten. Kennzetchnend für das Duodenum stnd dte Brunner-Drüsen (Giandulae duodenales), mukoide Drüsen, die zum Teil in der Lamina propria, vorwiegend aber in der Tela submucosa gelegen sind und in die Krypten münden. Die Lamina muscularis mucosae wird dadurch mehrfach unterbrochen. Sie sezernieren Schleimstoffe und Bikarbonat-Jonen. Jejunum (Leerdarm) (Abb. 206 und Abb. 207) Im Anfangsteil des Jejunums finden sich sehr hohe, schmale, dicht stehende Plicae circulares, m der unteren Hälfte werden sie dann niedriger und seltener. Das Jejunum hat lange, fingerförmige Zotten. Die Anzahl der Becherzellen im Epithel nimmt im Verlauf des Jejunums zu. Ileum (Krummdarm ) (Abb. 208 und 209) Niedrige, nur noch 1m Anfangsteil vorhandene Plicae circulares. Die Zotten sind hier plumper und kürzer. Die Anzahl der Becherzellen im Eptthel ist deutlich vermehrt. Kennzeichnend für das Cl Hartmann el a1 , lnslttut fur Zellboologoe. HtSiolog>e und Embryolog>e, Medtztntsche Untversrtal Graz
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Hartmann e1 al lnshlul fur Zellbiologte. Htslologte und Embryologoe. Medozontsche Untverstlal Graz
Seite 123 Ileum sind die gegenüber dem Mesenterialansatz gelegenen Peyer-Piaques (Noduli lymphatici aggregati) aus zusammengelagerten Lymphfollikeln, die bis in die Tela submucosa reichen. Die Lamina muscularis mucosae ist an diesen Stellen unterbrochen. Das Oberflächenepithel, das d1rekt an die Lymphfollikel der Peyer-Piaques grenzt, Domepithel, enthält M-Zellen. 17.2.4 Dickdarm Zum Dickdarm zählen Caecum (Blinddarm) m1t Appendix vermiform1s (Wurmfortsatz) und Colon (Grimmdarm), der längste D1ckdarmabschnitt. Im D1ckdarm werden hauptsächlich Wasser und Elektrolyte resorbiert. Hier findet die bakterielle Zersetzung nicht abgebauter Nahrungsbestandteile statt. Der eingedickte Dickdarminhalt (Faeces) wird mit Schleim (viele Becherzellen im Epithel) durchsetzt und gleitfähig gemacht. 17.2.4.1 Colon Die Tunica mucosa des Colon (Abb. 210) hat keine Plicae circulares (enden bereits im Ileum) und keine Zotten mehr. Es sind jedoch zahlreiche tiefe Krypten vorhanden, d1e 1m Colon sehr regelmäßig angeordnet, enger gestellt und länger sind als im Dünndarm. D1e Tiefe der Krypten n1mmt analwärts zu. Das einschichtig hochpnsmatische Epithel ist außerordentlich reich an Becherzellen. Daneben kommen Saumzellen, undifferenzierte Zellen (Stammzellen), entereendokrine Zellen, aber keine Paneth-Körnerzellen vor. Die Tela submucosa ist breiter als im Dünndarm und enthält m der Regel mehr Fettzellen. Lymphfollikel kommen im Colon nicht nur in der Lamma propria, sondern auch in der Tela submucosa vor. Wie alle anderen Abschnitte des Rumpfdarms zeigt die Tunica muscularis des Colons eine äußere Längs- und innere Ringmuskulatur. Während aber die Ringmuskulatur überall gleichmäßig dick ist, ist die Längsmuskulatur zu drei parallel zur Längsrichtung des Darms verlaufenden bandartigen Strukturen, den Taenien, verdickt, dazwischen ist sie sehr dünn. Das Colon liegt teilweise retroperitoneal, bes1tzt also in diesen Abschmtten eme Tumca adventia. Der größere Teil jedoch liegt intraperitoneal, diese Abschnitte haben außen einen Serosaüberzug (Tunica serosa) unterlagert von einer Tela subserosa, die oft reichlich Fettzellen enthält Charakteristisch für das Colon sind Appendices epiploicae, von Serosa überzogene Fettgewebsanhängsel an der Außenseite des Colon. 17.2.4.2 Appendix W1e auch im Colon sind in der AppendiX verm1formis keme Falten und keine Zotten, sondern nur Krypten vorhanden, d1e hier aber kürzer und unregelmäßiger sind. Im Kryptenepithel findet man
1Atib.21iifv'SrijiäUiJriiiStiik!t'C~;-:"l Abb. 211: Verdauungstrakt Tunica mucosa, Krypten
Appendix:
Abb. 212.Appendix: Lymphfollikel
C Hartmann el al • Insblut für Zellboologoe. HIStologie und Emb
Seite 124 Paneth-Körnerzellen. Charakteristisch sind zahlreiche große Lymphfollikel, dte - um das gesamte Lumen verteilt - von der Laminapropria bis in die Tela submucosa reichen (Abb. 211 und Abb. 212). Die Lamina muscularis mucosae ist an diesen Stellen unterbrochen. Im Epithel direkt über den Lymphfollikeln sind M-Zellen vorhanden. Ring- und Längsmuskulatur der Tunica muscularis sind gleichmäßig breit. Es sind hier keine Taenien ausgebtldet.
17.3 Pankreas Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) besteht aus zwei morphologisch und funktionell unterschiedlichen Anteilen. dem exokrinen Pankreas, das die Hauptmasse des Organs ausmacht, und dem endokrinen Pankreas (Langerhans-lnseln). 17.3.1 Exokriner Antei l des Pankreas Der exokrine Anteil ist eme retn seröse, zusammengesetzte Drüse, die makroskopisch 1n Caput, Corpus und Cauda gegliedert werden kann. Sie besitzt an threr Oberfläche eine dünne Bindegewebskapsel und ist durch Bindegewebssepten in Läppchen (lobuli) gegliedert. ln den Läppchen finden sich die serösen Drüsenendstücke, die ein alkalisches, enzymhaltiges Sekret (Bauchspeichef) produzieren, das über den Ductus pancreaticus (und den Ductus pancreaticus accessorius) in das Duodenum geleitet wird. Die Verdauungsenzyme (u. a. Trypsin, Pankreasamylase und -Iipase) werden als inaktive Vorstufen (Zymogene) sezerniert. Ihre
0 Hartmann et al lnst>tul fur Zellbtolog>e. H1stolog1e und Embryologie. MediZimsche Umverstt
Seite 125 Aktivierung erfolgt erst im Darmlumen. Die Sekretion wird durch Hormone enteroendokriner Zellen sowie durch das vegetative Nervensystem stimuliert. Die Drüsenzellen der azinösen, serösen Endstücke (Abb. 213 und Abb. 214) zeigen im apikalen Zytoplasma aztdophile Granula (Zymogengranula). Das basale Zytoplasma ist deutlich basophil (reichlich r ER). Die Zellkerne sind kugelig und hegen basal. Ote Anfänge der Schaltstücke sind häufig etwas in das Lumen der Endstücke hineingeschoben. Man sieht daher am Schnittpräparat lumenwärts von den Endstückzellen (im Zentrum der azinösen Endstücke) helle Zellen, dte Schaltstückepithelzellen entsprechen: zentroazinäre Zellen. Ote Schaltstücke zeigen em emschichtiges, plattes bis kubisches Eptthel. Sie münden dtrekt tn dte Ausführungsgänge. Streifenstücke fehlen im Pankreas. Oie Ausführungsgänge beginnen bereits intralobulär, die größeren Ausführungsgänge liegen dann im interlobulären Bindegewebe. Oie Wand der Ausführungsgänge besteht aus einem Epithel und emer unterlagerten Bindegewebsschicht Das etnschichtige Epithel ist anfangs isoprismatisch und dann -allmählich an Höhe zunehmend- hochpnsmatisch. 17.3.2 Endokriner Anteil des Pankreas Der endokrine Anteil des Pankreas besteht aus hellen, verschteden großen Epithelkomplexen, den Langerhans-lnseln, die in den Drüsenläppchen zwischen den exokrinen Drüsenanteilen liegen (Abb. 26- Epithelgewebe, Abb. 215 und Abb. 216). ln den Langerhans-Inseln findet man Stränge oder Gruppen von schwach gefärbten Drüsenepithelzellen mit dazwischen liegenden weitlumigen 8/utkapi//aren. Durch geeignete htstologische Färbungen und elektronenmikroskopisch lassen sich verschiedene endokrine Zelltypen unterscheiden. Sie produzieren u. a. die blutzuckerregulierenden Hormone Insulin (B-Zellen) und Glucagon (A-Zellen), sowie Somatostatin (O-Zellen) und das pankreatische Polypeplid (PP-Zellen).
17.4 Leber und Gallenblase Die Leber (Hepar) ist dte größte Drüse und das zentrale Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers. Vtele Blut- und Gerinnungsproteine sowie Cholesterin werden von Leberzellen (Hepatozyten) synthetisiert und in das Blut abgegeben. Über die Pfortader erhält die Leber venöses Blut aus den Kapillargebieten von Milz und Pankreas sowie dem Magen-Darmtrakt (die resorbierten Stoffe gelangen so direkt zu den Leberzellen). Für Glukose dient die Leber als Speicherorgan (Giykogenspetcherung). Die Leber sezerniert die Galle, dte über intra- und extrahepatische Gallenwege zunächst in die Gallenblase gelangt und in den Dünndarm abgegeben wird. Die Leber ist notwendig für Abbau und Entgiftung körpereigener und körperfremder Substanzen, deren Metaboliten zum Teil in die Galle abgegeben werden, zum Teil über die Niere ausgeschieden werden. Während der Embryonalzeit 1st die Leber zusätzlich zu threr Funktion als Stoffwechselorgan etn wichtiger Ort der Blutbildung.
17.4.1 Leber Die Leber besttzl an ihrer Oberfläche eine Kapsel aus straffem Btndegewebe (Capsula fibrosa oder Glisson-Kapsel) und 1st- abgesehen von der Verwachsungsfläche mit dem Zwerchfell und der Gallenblase - mtt einer Tunica serosa überzogen. Mit den Gefäßästen setzt sich das Bindegewebe der Kapsel an der Leberpforte ins Innere des Organs fort und umgtbt als Capsula fibrosa penvascularis (Bmdegewebe der Panportalfelder 1m Schntttbtld) die Blutgefäße und Gallengänge. Leberläppchen Ote morphologischen Bauemhetten der Leber smd dte Leberläppchen (Abb. 217) C Hartmann el al • lnshiUI fur Zellblologte. H1s10iog1e und Emb
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Ein klassisches Leberläppchen (Zentralvenen-Uippchen) ist von unregelmäßiger Form -im Schnitt polygonal - und hat einen Quer- und Längsdurchmesser von 1-2 mm. Im Zentrum des Läppchens befindet sich eine Zentralvene, in welche die radiär auf die Zentralvene ausgerichteten Lebersinus (sinusoide Kapillaren, Sinusoide) einmünden. Diese vielfach miteinander anastomosierenden Blutgefäße besitzen eine Wand aus dünnen Endothelzellen, die große Poren aufweisen, eine Basallamina fehlt hier (diskontinuierliches Endothel). Der Iumenwariigen Fläche des Endothels sind phagozy1terende Kupffer-Zellen angelagert. Jede Leberzelle hat mmdestens auf einer Seite Kontakt zu einer sinusoiden Kapillare. Zwischen der Zellmembran der Leberzellen, die hier Mikrovilli aufweist, und dem Sinusendothelliegt der Ort des Stoffaustausches, der Disse-Raum. Im Disse-Raum kommen lto-Zellen (perisinusoidale Zellen, Fettspeicherzellen. Sternzellen), fortsatzratehe Zellen mesenchymaler Herkunft vor, die in ihrem Zy1oplasma Fetttröpfchen enthalten können, in denen Vttamin A gespeichert 1st. Zwischen den Lebersinus bilden Hepatozyten (Leberzellen) eine dreidimensionale Struktur von verzweigten - meist ein bis zwei Zellen breiten - ebenfalls radiär ausgerichteten Platten bzw. Balken. Leberzellen stnd große, polygonale Zellen mit kugeligen , oft polyploiden Zellkernen. Auch zwetkemige Leberzellen sind häufig. Mt! einem Teil ihrer Oberflache grenzt jede Leberzelle an einen Lebersinus bzw. den Disse-Raum. Hier werden Stoffe aus dem Blut aufgenommen (z.B. Glukose, Aminosäuren, auszuscheidende Stoffe) und Syntheseprodukte (z.B. Proteine) und Glukose an das Blut abgegeben. Mtt einem anderen Teil ihrer Oberfläche grenzt die Leberzelle an etne benachbarte Leberzelle. Zwischen den Zellmembranen der Jewetls benachbarten Zellen werden - durch Tight junctions und Haftkontakte abgeschlossen Gallenkanälchen gebildet, in die hmein die Galle sezerniert wird. Diese verlaufen zwischen den Leberzellen Richtung Läppchenpenphene und münden in die tntralobulären Gallengänge. Pariportales Feld (Periportalfeld) Überall dort, wo drei und mehr Läppchen mtt ihren Kanten zusammenstoßen, bildet die Capsula fibrosa perivascularis emen Bindegewebszwickel, ein periportales Feld oder Pariportalfeld (Abb. 218). Hier hegen dte zuführenden Blutgefäße- Venae interlobu/ares und Arteriae interlobulares - sowie die ablettenden Gallengänge (Ductus interlobulares bilifen). Diese dret Strukturen werden als Glisson-Trias bezeichnet. Die Vena tnterlobularis 1st wettlumtg und dünnwandig, die Arteria interlobularis auffallend klein, besitzt aber eine verhältnismäßig dicke Tunica media aus glatter Muskulatur. Der Ductus interlobularis biliferi (tnterlobulärer Gallengang) 1st an setnem einschichtig kubtsch bis hochpnsmatischen Epithel mit hellen Zellen und kugeligen Zellkernen zu erkennen.
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Seite 127 Blutkreislauf der Leber - Arbeitskreislauf und Ernährungskreislauf D1e Pfortader (Vena portae) bnngt venöses Blut aus dem Magen-Darm-Kanal (enthält die resorbierten Nährstoffe) sowie venöses Blut aus Pankreas und Milz zur Leber. Das Pfortaderblut gelangt in die Venae interlobulares der periportalen Felder und über Venolen an der Läppchenoberfläche in die Lebersinus (Arbeitskreislauf). Das Pfortaderblut ist als venöses Blut relativ sauerstoffarm. Sauerstoffreiches Blut bringt d1e Leberarterie, Arteria hepatica propria, zur Leber. Ihre kle1nen, aber verhältnismäßig muskelstarken Aste verlaufen als Arteriae interlobulares ebenfalls im Bindegewebe der Periportalfelder. Über Arteriolen an der Läppchenoberfläche gelangt so zusätzlich arterielles Blut in die Lebersinus (Ernährungskre1slauf). Das Mischblut in den Lebersinus fließt auf die 1n der Läppchenachse gelegene Vena centralis zu. Mehrere Zentralvenen vereinigen sich zu einer Sammelvene. Die Wand der Zentral- und Sammalvenen scheint lichtmikroskopisch muskelfrei. Über Venae hepaticae (Lebervenen) gelangt das Blut schließlich in die Vena cava inferior Gallenwege Intrahepatische Gallenwege. GallenkanlJichen (Canaliculi biliferi) besitzen keine eigene Wand, sondern ihre Wand wird durch Einbuchtungen an der Oberfläche von jeweils benachbarten Leberzellen gebildet. Zw1schen den Leberzellen verlaufen s1e Richtung Läppchenoberfläche und münden schließlich in die Ductus interlobulares biliferi, die in den periportalen Feldern liegen. Aus dem Zusammenfluss der interlobulären und der dann folgenden immer größeren Gallengänge bilden sich schließlich der Ductus hepaticus dexter und sinister. D1ese vereinigen sich an der Leberpforte zum Ductus hepaticus communis, der den Anfangsteil des extrahepatischen Gallengangsystems b1ldet. Vom Ductus hepaticus gelangt die Galle über den Ductus cysticus in d1e Gallenblase. Der Ductus hepaticus setzt sich nach Einmündung des Ductus Cysticus in den Ductus cho/edochus fort, der- meist gemeinsam mit dem Hauptausführungsgang der Bauchspeicheldrüse (Ductus pancreaticus)- auf der Papilla duoden1 major in das Duodenum mündet.
17 .4.2 Gallenblase Pro Tag werden von der Leber etwa 500-800 ml Gallenflüssigkeit produziert, die über den Ductus hepaticus und Ductus cyst1cus 1n d1e Gallenblase (Ves1ca b1liaris) gelangt. ln der Gallenblase wird die Galle hauptsächlich durch Wasserentzug eingedickt und gespeichert. Werden z.B. im Anschluss an eine (fettreiche) Mahlzeit Gallensäuren zur Emulgierung der Fette benötigt, wird die Gallenblase durch Kontraktionen ihrer glatten Muskulatur entleert, und die Galle gelangt Ober den Ductus cysbcus zum Ductus choledochus. Wandbau der Gallenblase Die Tunica mucosa bildet netzartig miteinander verbundene, je nach Dehnungszustand unterschiedlich hohe Falten. Sie besteht aus emem einschichtig hochprismatischen OberfUicheneplthel, das emen Bürstensaum besitzt, und einer bindegewebigen Lamina propria (Abb. 11 - Epithelgewebe). Die Tunica muscularis besteht aus Bindegewebe und sich durchflechtenden glatten Muskelbündeln. Eme Tunica adventitia findet sich im Bereich der Verwachsungsfläche der Gallenblase mit der Leber Die dem Darm zugewandte Oberfläche der Gallenblase 1st von emer Tela subserosa und Tumca serosa überzogen.
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18 Haut und Hautanhangsgebilde Die Kutis (Haut) besteht aus der epithelialen Eptdermis (Oberhaut) und der bindegewebigen Dermis (Corium oder Lederhaut). Darunter liegt dte Subkutis (Unterhaut). Die Haut (Kutis) bildet zusammen mit der darunterliegenden Unterhaut (Subkutis) die Hautdecke (lntegumentum commune). Da Haut und Unterhaut zusammen eine funktionelle Einh911 bilden, werden oft dte Begriffe Haut und Hautdecke nicht streng getrennt. Mit Haut ist im praktischen Sprachgebrauch meist die Hautdecke gemeint. Zu den Hautanhangsgebilden, die sich aus der Epidermis entwickeln, zählt man Haare, Nägel, Talgdrüsen, Schweißdrüsen und Brustdrüsen (siehe auch Lehrbücher). Oie Haut ist ein flächenhaftes Organ, das die äußere Bedeckung und Abdeckung des Körpers bildet. Sie bietet einen wirksamen Schutz gegen schädliche physikalische und chemische Einflüsse und verhindert das Eindringen von Mikroorganismen. Sie trägt zur Regulierung der Körpertemperatur bei und hat wichtige Funktion für den Wasser- und Elektrolyt-Haushalt (schützt den Körper vor Austrocknung und gibt andererseits über ihre Drüsen Flüssigkeit und Salze nach außen ab). Ote Haut ist Sitz einer Reihe von Sinnesrezeptoren. spielt eine wesentliche kommunikative Rolle und ist an immunologischen Vorgängen beteiligt. An den Körperöffnungen geht die Haut kontinuierlich in die Schleimhaut über.
18.1 Haut 18.1.1 Epidermis Oie Epidermis (Oberhaut) 1st ein geschichtetes verhorntes Plattenepithel, das sich überwiegend aus Keratinozyten in verschiedenen Stadien ihrer Differenzierung zu Hornzellen zusammensetzt. Ziel der Differenzierung ist die Bildung etner Hornschicht Folgende verschiedenen Schtchten können unterschieden werden (Letstenhaut- Abb. 219 und Abb. 220 1-5): Stratum basale (1):besteht aus einer Lage hochprismatischer Zellen, die mit der Basallamina über Hemidesmosomen in Kontakt stehen. Im Stratum basale findet die Mehrzahl der Mttosen statt, die für die ständtge Regeneration der EpidermiS notwendtg sind. Von den bei der Zellteilung entstehenden Tochterzellen wandert eine Rtchtung Epitheloberfläche und tritt 1n den Verhornungsprozess ein, die andere bleibt als Stammzelle im Stratum basale und kann sich erneut teilen.
Fingerbeere Leistenhaut. Schichtenbau
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Seite 129 Stratum spinosum (2): besteht aus mehreren Lagen polygonaler Zellen, die sich mit zunehmender Verlagerung nach oben abflachen. Die Zellen stehen über zahlreiche Desmosomen miteinander in Verbindung. (ln den Präparaten sind die Keratinozyten infolge Wasserentzugs geschrumpft und zeigen im Bereich 1hrer Desmosomenkontakte kleine Fortsätze Stachelzellschicht). Auch in den unteren Zelllagen des Stratum spinosum können noch Mitosen stattfinden. Stratum basale und Stratum spinosum werden daher zusammen auch als Stratum germinativum (Keimschicht) bezeichnet. Stratum granulosum (3): besteht aus ein- bis mehreren Lagen flacher Zellen, die in ihrem Zytoplasma lichtmikroskopisch sichtbare, mit Hämatox1hn gefärbte Keratohyalingranula als Zeichen des beginnenden Verhornungsprozesses enthalten. Stratum lucidum (4): meist zellkernfreie, lichtmikroskopisch homogen erscheinende, eosinophi· le Schicht zwischen Stratum granulosum und Stratum corneum, die nur in der Leistenhaut vorkommt Stratum corneum (Hornschicht) (5): Die Zellen haben s1ch zu kernfreien, polygonalen, plättchenartigen Hornschuppen (Hornzellen, Korneozyten) entwickelt, die an der Oberfläche ständig abschilfern. Lichtmikroskopisch erscheint die Hornschicht eosinophil und lamellenartig struktunert. Neben Keratinozyten kommen 1n der Epidermis noch we1tere Zelltypen vor: Melanozyten, Merkeizellen und Langerhans-Zellen (siehe Lehrbücher). Der größte Teil der Körperoberfläche 1st von Felderhaut (Abb 17- Epithelgewebe) bedeckt. D1e Hautoberfläche zeigt 1n der Aufsicht eine Gliederung 1n rhombische Felder, die von Furchen begrenzt sind. Auf den Feldern münden die Schweißdrüsen, in den Furchen treten die Haare aus. Außer Schweißdrüsen finden sich in der Felderhaut Talgdrüsen und - in bestimmten Körperregionen - zusätzlich Duftdrüsen. Die D1cke der EpidermiS der Felderhaut variiert an verschiedenen Stellen der Körperoberfläche. Sie ist aber immer dünner als d1e Leistenhaut Die Haut der Handinnenflächen und Fußsohlen ist eine Leistenhaut (Abb. 16- Epithelgewebe, Abb. 219 und Abb. 220). Das Anordnungsmuster der Leisten 1st genetisch festgelegt und bei jedem Menschen verschieden (Fingerabdruck). Auf der Höhe der Leisten münden die hier zahlreich vorkommenden Schweißdrüsen. Haare, Talgdrüsen und Duftdrüsen fehlen. Die Epidermis der Leistenhaut ist bis zu zehnmal dicker als die der Felderhaut, zwischen Stratum granulosum und dem auffallend dicken Stratum corneum ist ein Stratum lucidum ausgebildet.
18.1.2 Dermis (Corium, Lederhaut) Epidermis und Dermis sind m1temander durch Bindegewebspapillen der Derm1s und Epithelleisten der Epidermis eng verzahnt. Die Gesamtheit der Bindegewebspapillen bildet das Stratum papillare der Dermis, ein zellreiches. lockeres Bindegewebe mit zahlreichen Blutkapillaren. ln den Papillen der Le1stenhaut liegen Meissner-Tastkörperchen. Unter dem Stratum papillare liegt das Stratum retlculare der Derm1s, ein zellarmes, straffes, geflechtartiges Bindegewebe, das für d1e mechanische Widerstandsfähigkeit der Haut verantwortlich ist.
18.1.3 Subkutis D1e Subkutis verbmdet die Haut m1t der jeweiligen Unterlage und ermöglicht ihre Verschiebhchkeit. Sie besteht gewöhnlich aus lockerem Bmdegewebe mit Einlagerungen von Fettgewebe. ln der Subkutis liegen die größeren Blutgefäße und Nerven, sowie Sinnesrezeptoren CHanmann el al .,
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18.2 Hautanhangsgebilde 18.2.1 Schweißdrüsen (kleine Schweißdrüsen) (Abb. 221b) kommen fast überall in der Haut vor, besonders zahlreich im Bereich der Handinnenflächen und Fußsohlen (Leistenhaut). Schweißdrüsen sind unverzweigte, schlauchförmige (tubulöse) Drüsen. An der Grenze von Kutis und Subkutis liegt das stark aufgeknäuelte Endstück. Dieses hat ein enges Lumen, das Drüsenepithel ist einschichtig hochprismatisch mit schwach angefärbten. gleichbleibend hohen Zellen. Den Endstückepithelien liegen außen Myoepithelzellen an, kontraktile Epithelzelien, ähnlich glatten Muskelzelien, die durch ihre Kontraktion die Sekretabgabe fördern können. Der Durchmesser des Ausführungsganges ist immer kleiner als der des Endstückes. Ausführungsgänge haben ein zweischichtiges, kubisches Epithel. Im gefärbten Präparat erscheinen sie im meist dunkler, da die Zellen ihres Epithels kleiner sind, und daher die Zellkerne enger zusammengelagert erscheinen als in den Endstücken. Die Ausführungsgänge verlaufen spiralig gewunden durch die Epidermis und münden an der freien Hautoberfläche. Im Stratum corneum besitzt der Ausführungsgang keine eigene Epithelauskleidung mehr. 18.2.2 Duftdrüsen (große Schweißdrüsen, sogenannte apokrine Schweißdrüsen) (Abb. 221a und Abb. 222) sezernieren ein Duftstoffe enthaltendes Sekret und kommen beim Menschen nur in bestimmten Hautgegenden vor: Achselhöhle, parianal (Giandulae circumanales), Mons pubis, Labium majus, Brustwarzenhof (Giandulae areolares mammae). Skrotalhaut, Vestibulum nast, äußerer Gehörgang und Augenlid (Giandulae ciliares, Moli-Drüsen). Sie beginnen thre sekretorische Tätigkeit erst mtt der Pubertät. Duftdrüsen sind ebenfalls tubulöse Drüsen, ihre Endstücke liegen aufgeknäuelt in der Subkutis und haben ein deutlich w911eres Lumen als die der Schweißdrüsen. Das einschichtige Drüseneptthel zetgt unterschiedliche Zelihöhe. Myoepithelzellen stnd hter stärker ausgebildet. Die Ausführungsgänge der Duftdrüsen sind etwas weiter als die der Schweißdrüsen. Ste münden knapp oberhalb der Talgdrüsenmündung in die Haartrichter. 18.2.3 Talgdrüsen (Abb. 221a und Abb. 223) Sind fast über dte ganze Körperoberfläche verbrettet (Ausnahme Handinnenflächen und Fußsohlen) und kommen in der Regel gemeinsam mit Haaren vor und münden in den Haartrichter. Fre1e Talgdrüsen, Talgdrüsen ohne Beziehung zu Haaren, finden stch metst tm Übergangsbereich von äußerer Haut zu Schletmhaut: z.B. Lippen, Augenlid (Giandulae tarsales oder MetbomDrüsen), Labium minus, Anus, Brustwarze, Glans penis, Praeputium. Talgdrüsen stnd ein- bts mehrlapptge Drüsen, die tm Corium liegen Dte Endstücke sind mehrschtchtlg. ln der äußeren, der Basalmembran aufsitzenden Ketmschtcht (Basalzelien) teilen sich dte Zellen mttotisch. Eme der betden Tochterzellen verbletbtm der Ketmschicht, die andere begtnnt mit der Sekretbildung. Das entstehende Sekret wird im Zytoplasma angehäuft, solange, bis im Zuge der Sekretbildung die Zelle zugrunde geht und stch allmählich auflöst (holokrine Sekretion). Der anfangs runde Zellkern wird dabei pyknohsch und verschwindet schließlich ganz, wenn dte Zelle absttrbt. Sekret und Zellreste werden gemeinsam als Talg über kurze Ausführungsgänge entweder in dte Haartrichter oder- bei freien Talgdrüsen - direkt an die freie Hautoberfläche abgegeben.
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18.2.4 Brustdrüsen Die Brustdrüse (Milchdrüse, Mamma) besteht aus 10 b1s 20 Einzeldrüsen (Lappen, Lobi). die jeweils mit einem Hauptausführungsgang (Ductus lactlfer coihgens) an der Spitze der Brustwarze (Mamilla) ausmünden. Zwischen den Drüsen findet sich das bindegewebige Stroma, das auch Fettgewebe enthält. Ruhende Brustdrüse Das Gangsystem einer Einzeldrüse kann folgendermaßen untergliedert werden: Der Hauptausführungsgang (Ductus lactifer colligens) liegt in der Brustwarze und mündet mit einem Milchperus an der Sp1tze der Brustwarze Kurz vor dem Eintritt in die Brustwarze ist er zum S1nus Iachter (M1Ichsäckchen) erwe1tert Nach peripher zwe1gt sich der Hauptausführungsgang mehrfach 1n zunehmend kleinere Ductus lactiferi (Milchgänge) auf. Von den kleinen Ductus lactiferi gehen die terminalen Ductus ab, die für jeweils einen Lobulus zuständig Sind. (Ein Lobulus umfasst jeweils alle Endstücke, die von einem Termmalductus drain1ert werden.) Termmaler Ductus und Lobulus bilden die sekretensehe Funktionseinheit der Brustdrüse. Der termmale Ductus besteht aus e1nem extralobulären und einem intraiobulären Abschnitt Vom intralobulären Abschnitt gehen die, in der ruhenden Brustdrüse nur rudimentär vorhandenen, zum Teil als kleine Tubuh, zum Teil als noch nicht kanalisierte Epithelknospen vorliegenden, Endstücke ab. Alveoltir erwe1terte Endstücke fehlen in der ruhenden Drüse. Im intralobulären Te1l des terminalen Ductus liegen Stammzel/en. Von diesen geht das weitere Wachstum des Ganges und die Proliferation und Differenzierung der sekretorischen Endstücke C Hartmannetal lns~tut fur ZeHbiologoe, Hostologoe und Embryologoe Medozonoscl1e Unrversotat Graz
Seite 132 während der Schwangerschaft in Vorbereitung auf die Lakaiion aus. (Von diesem Eptthel gehen auch die meisten Mammakarzinome aus.) Die Epithelauskleidung des Gangsystems besteht aus zwei Schichten: innen aus einem hochprismatischen. in kleineren Gangabschnitten kubischem Epithel und einer außen liegenden geschlossenen Lage von Myoeptlhelzellen. Auch dte Endstocke besitzen eine geschlossene Lage von Myoepithelzellen. Die terminalen Ductus und Endstücke der lobuli sind in ein fettfreies, zellreiches, lockeres Bindegewebe eingebettet, das intralobullire Bindegewebe oder Manie/bindegewebe. Zwischen den lobuli ist sehr viel zellarmes, faserreiches Bindegewebe mit Fettzellen (Stroma, interfobullires Bindegewebe) vorhanden, hier liegen die größeren und kleineren Ductus lactiferi. ln der Schwangerschaft kommtes-hormonell gesteuert (Östrogen, Progesteron; Prolaktin) zur Proliferation des Gangsystems, zur Proliferation und Differenzierung der Endstücke, sowie zur Reduktion des Bindegewebes zu Gunsten der epithelialen Anteile. Das erste Sekret, das dte Milchdrüse in der letzten Zeit der Schwangerschaft und in den ersten Tagen nach der Geburt bildet, ist das Kolostrum. laktierende Brustdrüse ln der laktierenden Brustdrüse sind die lobuli um ein Vielfaches größer als in der ruhenden Brustdrüse und enthalten dicht liegende, weitlumige alveollire Endstücke mit einschichtigem, unterschiedlich hohen Eptthel, das die Milchbestandteile synthetisiert und sezerniert. Milchfett wird apokrin sezerniert, Milcheiweiße merokrin. Nach dem Abstillen kommt es zur Rückbildung in den ruhenden Zustand. 18.2.5 Haare kommen überall in der Felderhaut vor, fehlen an Handinnenflächen und Fußsohlen (leistenhaut), am lippenrot. Glans penis, Präputium von Penis und Clitoris, Labia minora und Innenseite der Labia majora. Lanugohaare: in der Fetalzeit Flaumhaare oder Vellushaare: stnd ähnlich den fetalen lanugohaaren, kurz, dünn, meist emzeln stehend, bedecken beim Ktnd und bei Frauen sowie bei alten Menschen den größten Teil des Körpers. Terminalhaare - Kopfhaare (langhaare), Achselhaare, Barthaare. Schamhaare, Augenbrauen, Wtmpern, Haare des äußeren Gehörgangs und des Naseneingangs länger, dtcker. stnd meist zu Gruppen von Jeweils mehreren Haaren zusammengefasst. Ein Haar (Abb. 224b) gliedert sich in den frei aus der Haut herausragenden Haarschaft (Scapus) und die Haarwurzel (Radix), die schräg in der Haut steckt. Die Haarwurzel ist an threm unteren Ende zur Haarzwiebel (Bulbus) verdickt. Die Haarzwiebel enthält die undifferenzterten Matnxzellen (Epithelzellen, die das Haar. die Haarepidermtcula und dte innere epttheliale Haarwurzelschetde bilden) sowte Melanozyten. Die bindegewebige Haarpapille tst von unten in dte Haarwurzel etngestülpt. Die Haarwurzel ist von der Wurzelscheide (siehe unten) umschlossen. Ab der Mündung der Talgdrüse ist die Wurzelscheide gegen die Hautoberfläche zu trichterförmig erweitert- Haartrichter. Der glatte Haarmuskel, M. arrector pili, insenert an der bindegewebtgen Wurzelscheide unterhalb der Talgdrüsenmündung und setzt mit elashschen Sehnen unter der Eptdermts im Bindegewebe des Coriums an. Durch Kontraktion des Muskels wtrd die Haut an der Ansatzstelle etwas eingezogen ("Gänsehaut"). Etn Haar (Abb. 225 und Abb. 226) besteht aus folgenden Schtchten: Haarepidermicula, Rinde und Mark. Den größten Tetl des Haarquerschnitts bildet die Rtnde. Im Bereich der Haarzwiebel sind alle Schichten noch unverhornt, gegen die Hautoberfläche zu verhornen ste und btlden außerhalb der Haut den Haarschaft. C Hartmann et al , Insblut tur Zellbtolog•e. Hostologoe und Emb
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Abb 224a· Haut und Hautanhangsgebilde· Kopfhaut
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Haarwurzelscheide: bindegewebige Wurzelscheide(bgW) Basalmembran( 'r) äußere epitheliale Wurzelscheide(äeW), innere eptthellale Wurzelschetde(ieW) verhornt, Rtnde(R) und Mark(M) - verhornt
Haarwurzel scheide, 1 -Rinde 2 • Haarepidermicula 3 - Scheideneptdermtcula 4 - Huxley-Schicht 5 - Henle-Schicht 6 • äußere epitheliale Wurzelschetde
Innerhalb der Hautast das Haar von der Haarwurzelscheide (Abb. 225 und Abb. 226) umgeben. Diese gliedert sich tn eane annere und eine äußere epatheliale und eine bindegewebige Wurzel scheide. Die innere epitheliale Wurzelscheide besteht aus drei Schichten, die alle tm Bereich der Haarzwiebel noch unverhornt sind, gegen d1e Hautoberfläche zu aber sehr bald verhornen. Scheidenepidermicula: dünne, etnschichtige Zelllage, schließt an dae Haarepidermicula an. Haarepidermicula und Scheidenepidermicula sind im Bereich der Haarwurzel ineinander verzahnt. Huxley-Schicht. ein- bis zwei Zelllagen breite Schicht, die Zellen zeigen schon in der Nähe der Haarzwiebel mit Eosan anfärbbare Trichohyalink6mchen in ihrem Zytoplasma. c Hartmannetal , lnsntut fllr Zellb1ologoe. H1stolog1e und Emboyologle. Medau\osche UniVersität Graz
Seite 134 Henle-Sc hicht: besteht aus einer Lage platter Zellen. Die Henle-Schicht verhornt von allen drei Schichten am frühesten . Die innere epitheliale Wurzelscheide reicht hautwarts bis zur Höhe der Talgdrüseneinmündung bzw. bis zum Haartnchter. Die äußere epitheliale Wurzelscheide besteht aus mehreren Schichten nicht verhornender Zellen, die sich in Stratum basale und Stratum spinosum der Epidermis fortsetzen. Die bindegewebige Wurzelscheide differenziert sich aus dem Stratum papillare der Dermis. Zwischen epithelialer und bindegewebiger Wurzelscheide liegt eine Basalmembran, die sich im Zuge eines Haarwechsels zu einer Glashaut verdickt.
18.3 Differenzialdiagnose verschiedener Hautpräparate 18.3.1 Fingerbeere Leistenhaut Epidermis mit Stratum lucidum und auffallend dickem Stratum corneum. Im Stratum comeum sind häufig korkzieherartig geschlängelte, daher im Schnitt mehrfach getroffene Schweißdrüsenausführungsgänge zu finden. die hier keine eigene Wand mehr haben. Zahlreiche Schweißdrüsen, aber keine Haare, Talgdrüsen oder Duftdrüsen. ln den Bindegewebspapillen des Stratum papillare direkt unter der Epidermis liegen MeissnerTa stkö rperchen (Abb. 78 - Nervensystem). Es sind ovale bis längliche, mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche orientierte Gebilde, die aus übereinander geschichteten, hellen, keilförmigen Zellen (Schwann-Zellen) bestehen, zwischen denen marklose Nervenfasern ein Geflecht bilden. Außen werden die Körperehen teilweise von emer dünnen Bindegewebskapsel umgeben. Me1ssner-Tastkörperchen sind vorwiegend Berührungsrezeptoren. ln der Subkutis sind Vater-Pacini-Lamellenkörperc hen (Abb. 79 - Nervensystem) vorhanden. große (3-4 mm lange), im Längsschnitt elhpt1sche, im Querschnitt runde Geb1lde. S1e smd aus zwiebelschalenartig aufeinander geschichteten Lamellen (abgeplattete Penneuralzellen) aufgebaut. Im Zentrum liegt der etwas stärker anfärbbare sog. Innenkolben (aus Schwann-Zellen), in dem eine marklose Nervenfaser verläuft, oberflächlich eine BindegewebskapseL Vater-PaciniKörperchen sind Rezeptoren vorwiegend für Vibrationsreize. 18.3.2 Kopfhaut (Abb. 224a) Felderhaut im Vergleich zur Leistenhaut insgesamt dünnere Epidermis. v.a . dünne Hornschicht. kein Stratum lucidum. Haare. TalgdrOsen. SchweißdrOsen 18.3.3 Ac hselhaut (Abb. 221a) Felderhaut mit Haaren, Talgdrüsen, Schweißdrüsen und - differentialdiagnostisch wichtig - vielen Duftdrüsen. 18.3.4 Skrotalhaut Felderhaut, m der die basalen Epidermisschichten oft stark pigmentiert sem können. Es finden sich vereinzelt Haare, Talgdrüsen, Schweißdrüsen und Duftdrüsen. Charakteristisch für die Skrotalhaut sind glatte Muskelzellbündel im Bindegewebe des Stratum reticulare und der Subkutis - Tunica dartos (Fie1schhaut).
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18.3.5 Labium minus Die kleinen Schamlippen, Labia minora pudendi, sind Hautfalten, die den vorderen Abschnitt des Scheidenvorhofs, Vestibulum vaginae, sattlieh begrenzen. Das Eptthel der kleinen Schamlippen besteht aus einem meist stärker pigmentierten dünnen. geschichteten, an der Außenseite verhornten Platteneptthel. Im Inneren findet sich etn fettzellfreies Bindegewebe. Charakteristisch sind freie Talgdrüsen (Abb. 226b). Haare, Schweißoder Duftdrüsen kommen nicht vor.
19 Augenlid und Auge 19.1 Augenlid Ein Augenlid {Abb. 227a,b) 1st jeweils durch eine Platte aus straffem kollagenem Bindegewebe, den Tarsus, versteift. Der Tarsus enthält die Glandulae tarsales (Meibom-Drüsen), verzweigte freie TalgdrOsen, die im Bereich der inneren Lidkante ausmünden. Vor dem Tarsus liegt der quergestreifte M. orbicularis oculi. Ein Augenlid ist an der Außenseite mit Haut, an der Innenseite mtt Bindehaut bedeckt. Dte Haut des Lides mit Haaren (Vellushaaren) und Hautdrüsen ist dünn und nur schwach verhornt. An der inneren Lidkante hört die Verhornung auf und die äußere Haut geht über in die Bindehaut des Lides (Tunica conjunctiva palpebrae), die die Hinterfläche des Augenlides bedeckt. Sie besteht aus einem unverhomten geschichteten Plattenepithel und einer Lamina propna. Im Bereich des Fornix conjunctivae - hier findet sich ein geschichtetes hochprismattsches Epithel mit einzelnen Becherzellen - geht sie in die Bindehaut des Augapfels (Tunica conjunctiva bulbi) über. Am Lidrand sind 2-4 Reihen von Wimpern (Zilien) vorhanden. Zu den Wimpern gehören Talgdrusen (Zeiss-Drüsen) und auch DuftdrOsen, Glandulae ciliares (Moll-Drüsen). ln der Lamtna propria der Tunica conjunctiva • insbesondere des Oberlides- finden sich kleine, seröse Drusen, die akzessorischen Tränendrüsen (Krause-Drüsen).
0 Hartmann et al .• Institut tor Zellbtolog1e, H1stologoe und Embryologoe Medlzinisdle Unrvers~at Graz
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19.2 Auge Schema (Abb.228) Die Wand des Bulbus oculi (Augapfel) kann in eine äußere, mittlere und innere Augenhaut untergliedert werden: Tunica fibrosa bulbi, Tunica vasculosa bulbi, Tunica interna bulbi.
19.2.1 Äußere Augenhaut (Tunica fibrosa bulbi) Die äußere Augenhaut (Abb. 229 und Abb. 230) setzt sich aus der Sklera (Lederhaut) und der Kornea (Hornhaut) zusammen. Die Grenze zwischen beiden liegt am Limbus corneae. Sklera (Lederhaut): ist undurchsichtig und besteht aus e1nem straffen geflechtartigen Bindegewebe. Im vorderen Bulbus ist sie außen von der Conjunctiva bulbi bedeckt, deren unverhorntes geschichtetes Plattenepithel die Fortsetzung des Korneaepithels ist. An der Durchtrittsstelle des Nervus opticus ist die Sklera siebartig durchlöchert (Lamina cribrosa). Kornea (Hornhaut): durchsichtiger, gefäßloser, vorderster Abschnitt der äußeren Augenhaut Von vorne nach hinten können an der Hornhaut verschiedene Schichten unterschieden werden: (Vorderes) Homhautepithel: mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel Bowman-Membran: zellfreier, lichtmikroskopisch homogen erscheinender oberster Stromabereich mit dünnen Kollagenfibrillen (entspricht der Lamina fibroreticularis der Basalmembran des Epithels) Stroma (Substantia propria corneae): spezifische, durchsichtige Bindegewebsschicht Descemet-Membran: dicke Basalmembran des Hornhautendothels Hornhautendothel (hinteres Hornhautepithel): einschichtig plattes Epithel (Abb. 9 Epithelgewebe)
19.2.2 Mittlere Augenhaut (Tunica vasculosa bulbi, Uvea) Zur mittleren Augenhaut (Abb. 229 und Abb. 230) zählen Choroidea, sowie die nicht-epithelialen Anteile von Corpus clliare und Iris. Choroidea (Aderhaut) Die Choroidea ist eine blutgefäßreiche Bindegewebsschicht mit meist vielen Melanozyten zwischen der Sklera und dem lichtempfindlichen Teil (Pars opllca) der Netzhaut. Von hier aus Ora serrata ---------~~jjiiii!iiiiiiiii~-- Ziliarkörper - - - - - - - - - - - . (Corpus ciliare)
Linse - - - - - - -
~-----
Lederhaut (Sclera) """'- : - - - - - - Aderhaut (Chorioidea) " " - - - - - Netzhaut (Retina Pars optica) .....___ ~=•~v••"' centralis
Regenbogenhaut (Iris) _ _ ....._" Fibrae zonulares -----'t~+- Schlemm-Kanal Bindehaut (Conjunctiva) - - - \ 1Abb. 228 .Auge Schema
Hartmannetal
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Seite 137 erfolgt die Ernährung der äußeren gefäßlosen Netzhautschichten. An der Choroidea kann man drei Anteile unterscheiden: Lamina choroidocapillaris (choriocapillaris) : schließt an das Pigmentepithel der Netzhaut an und enthält em dtchtes Kapillarnetz. Lamina vasculosa: mittlere Schicht, enthält kletnere Blutgefäße, Arteriolen. Lamina suprachoroidea: grenzt an die Sclera, hier liegen die größere Blutgefäße. Zwischen der Lamma choroidocapillans und dem Pigmentepithel der Retina liegt die BruchMembran, die auch dem Epithel der Pars plana des Ziliarkörpers unterlagert ist, und ein Netz aus elastischen Fasern enthält. Corpus ciliare (Ziliarkörper, Strahlenkörper) An der Ora serrata (siehe unten) geht die Choroidea in das Corpus ciliare über, das den glatten Musculus ciliaris {Akkomoda!lonsmuskel) enthält. Das Corpus cihare ist von dem zweischichtigen Epithel der Pars ciliaris retinae (Ziliarepithel - Teil der inneren Augen haut) überzogen: die äußere Epithelschicht ist pigmentiert (Pigmentepithel der Retina), die innere Epithelschicht ist nicht pigmentiert. ln setnem vorderen Abschnitt (Pars phcata) btldet das Corpus cliiare leistenartige Erhebungen, d1e Processus ciliares. Hier erfolgt die Bildung des Kammerwassers, an der vor allem das nichtpigmentierte Epithel beteiligt ist. Der hintere Abschnitt des Corpus ciliare ist eben (Pars plana). An der Pars plana und zwischen den Einsenkungen der Processus ciliares der Pars plicata sind dte Aufhängefasern der Linse, Fibrae zonulares (Zonulafasern) , am Ziliarepithel fixiert . Augenlinse (Lens, Abb. 229) liegt zwischen Glaskörper und Iris und entwickelt sich aus dem Oberflächenektoderm. Sie ist bikonvex, durchsichtig, gefäß- und nervenfrei und von weicher Konsistenz. Sie ist von der Linsenkapsel (entsprechend einer dicken Basallamina) umgeben, an deren äußerster Sehtchi im Beretch des Äquators der Linse die Zonulafasern befestigt sind. An der Vorderfläche der Linse ist die Linsenkapsel deutlich dtcker als an der Htnterfläche. Das darunter befindliche Linsenepithel ist einschichtig kubisch {Abb. 10 - Epithelgewebe) und nur an der Vorderfläche der Linse vorhanden, da die Epithelzellen am Äquator der Linse sich zu Linsenfasern (Fibrae lentis) differenzieren, die den größten Tetl der Linse ausmachen.
Abb. 229.Auge. 1 - Lederhaut
Abb 230 Auge. 1 - Lederhaut
2 - Ziliarkörper
2 - Ziliarkorper
3 - Hornhaut 4 - Regenbogenhaut 5 - vordere Augenkammer 6 - Lmse
3 - Hornhaut 4 - Regenbogenhaut 5 - Processus eilrares 6 - Schlemm-Kanal
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Hlstolog~e
und Embryolog•e. Medtz•n•sche Un•versuät Graz
I Seite 138 Iris (Regenbogenhaut) Die Iris ist der am weitesten vorne gelegene Anteil der mittleren Augenhaut und umschließt die Pupille. Sie besteht aus lockerem Bindegewebe, dem lrisstroma, das in unterschiedlicher Menge (Augenfarbe) Melanozyten enthält. An der Vorderfläche der Ins s1nd dte Bindegewebszellen epithelartig ausgebreitet. Die Hinterfläche der Ins wird von dem zweischichtlgen Epithel der Pars iridica retinae (lrisepithel- Teil der inneren Augenhaut) überzogen: anders als beim Ziliarepithel sind hier beide Epithelschichten pigmentiert. Die Iris enthält den glatten M. sphincter pupillae und M. dilatator pupil/ae. Das Kammerwasser wird vom Ziliarepithel der Processus ciliares produziert und strömt aus der hinteren Augenkammer (zwischen Glaskörper und Iris) durch die Pupille in die vordere Augenkammer (zwischen Iris und Kornea ) und fließt im Kammerwinkel ab. Als Kammerwinkel (Angulus iridocornealis) w1rd jene Stelle beZeichnet, an der d1e Vorderfläche der Iriswurzel m1t der Sklera unmittelbar vor deren Übergang in die Kornea zusammentrifft. H1er findet sich ein mesothaiüberzogenes bindegewebiges Trabekelwerk, das Reticulum trabeculare, durch dessen Lücken das Kammerwasser aus der vorderen Augenkammer in den mit Endothel ausgekleideten Schlemm-Kanal und von dort in Venen abfließen kann. Der gallertige, durchsichtige Glaskörper (Corpus vitreum) füllt den Augenbulbus ZWISchen Linse und Netzhaut aus. Er enthält Hyaluronsäure und besteht insgesamt zu 99% aus Wasser.
19.2.3 Innere Augenhaut - Retina Die Retina entwickelt sich aus dem Augenbläschen (Ausstülpung des ZNS). Wenn sich das Augenbläschen zum Augenbecher einstülpt, liegen zwei Blätter aufeinander. das innere Blatt wird zum Stratum nervosum retinae, das äußere Blatt zum Stratum pigmentosum retinae (Pigmentep1thel). Jener Teil der Retma. der das Corpus c1hare und dte Hinterfläche der Ins bedeckt, differenziert sich nicht zu einem neuronalen Netzwerk, sondern bleibt zweischichtig, mit einem inneren Blatt als Fortsetzung des Stratum nervosum und einem äußeren pigmentierten Blatt, dem Stratum pigmentosum (Ptgmentepithel ). Da dieser Teil keine Photorezeptorzellen enthält, wird er als blinder Tetl, Pars caeca bezeichnet. D1e Pars caeca lässt sich in die Pars ciliaris (Zthareptthel) und die Pars iridica (lrisepithel) we1ter untergliedern. Der vielschichtige lichtempfindliche Teil der Retina ist die Pars optica, die Photorezeptorzellen enthält: Sttibchenzellen für das Hell-, Dunkel- sowie Dämmerungssehen und Zapfenzellen für das Farbsehen An der Ora serrata geht die Pars optica in die Pars caeca über. (ln diesem Bereich finden sich die sog. Blessig-Zysten.) Pars optica retinae (Abb. 231, 1-10) besteht aus dem Stratum pigmentosum (Pigmentep1thel) und dem Stratum nervosum. Stratum pigmentosum (1) Stratum p1gmentosum Pigmentepithel· emschichtiges kubisches Epithel m1t Pigmentgranula (Melanin), das der Lamma chorotdocaptllans der Choro1dea unter Vermittlung der Bruch-Membran aufliegt. Stratum nervosum (2) Sehtchi der Stäbchen und Zapfen - h1er hegen (nur) die Außenglieder und Innenglieder der Photorezeptorzellen (Stäbchen und Zapfen) (3) äußere Ghagrenzmembran: Stratum hm1tans externum (äußere Grenzschicht)
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IAbb 231 :Auge: Schema und Schichtenbau
(4) äußere Körnerschicht- Perikaryen der Photorezeptorzellen (1 . Neuron der Sehbahn) (5) äußere plexiforme Schicht - Synapsen zwischen Axonen der Sahzellen und Dendriten der bipolaren Nervenzellen der inneren Körnerschicht (6) innere Körnerschicht- Pankaryen der bipolaren Nervenzellen (2. Neuron der Sehbahn), außerdem Parikaryen von amakrinen Zellen und Horizonte/zellen, lnterneurone, die mit ihren Fortsätzen Querverbindungen herstellen. ln dieser Schicht sind auch die Zellkerne von MüllerZellen gelegen. Dabei handelt es s1ch um langgestreckte Gliazellen (Sonderform der Astroglia). die die Netzhaut radiär von der mneren b1s zur äußeren Gliagrenzmembran durchziehen. Die Fortsätze der Müller-Zellen füllen die Räume zwischen den Nervenzellen der Retina aus. (7) innere plexiforme Schicht - Synapsen zwischen Axonen der bipolaren Nervenzellen und Dendriten der multipolaren Nervenzellen der Ganglienzellschicht (8) Ganglienzellschicht- Parikaryen von multipolaren Nervenzellen (3. Neuron der Sehbahn) (9) Nervenfaserschicht -Axone der mult1polaren Nervenzellen (10) innere Gliagrenzmembran: Stratum limitans internum (innere Grenzschicht) Die Axone der muftipolaren Nervenzellen bilden zusammen den Nervus opticus. ln der Retina sind die Axone noch marklos, nach Durchtritt durch die Lamina cnbrosa der Sklera erhalten sie eme Markscheide. Außen w1rd der Nervus opticus von bmdegewebigen Scheiden (Pia mater, Arachnoidea, Dura mater) umhüllt, die den Hüllen des Gehirns entsprechen und sich in diese fortsetzen . Im Zentrum des Nervus opticus liegen A. und V centralis retinae. Die Austrittsstelle des Sehnervs w1rd als Papilla nervi optici (blinder Fleck - ke1ne Photorezeptorzellen) bezeichnet. Die Macula lutea mit der Fovea centralis liegt temporal der Austrittsstelle des Sehnervs und ist d1e Stelle mit der höchsten Sehschärfe Hier finden sich fast ausschließlich Zapfenzellen, d1e 1:1 mit den Nervenzellen verschaltet sind
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ZellbiOlog~e,
Hostologle und Embryologoe, Medozonosche UnoversiiJjJ Graz