Business Engineering Herausgegeben von H. Österle, R. Winter, W. Brenner
Business Engineering H. Österle, R. Winter (Hrsg.) Business Engineering, 2. Auflage 2003. ISBN 978-3-540-00049-5 R. Jung, R. Winter (Hrsg.) Data-Warehousing-Strategie 2000. ISBN 978-3-540-67308-8 E. Fleisch Das Netzwerkunternehmen 2001. ISBN 978-3-540-41154-3 H. Österle, E. Fleisch, R. Alt Business Networking in der Praxis 2001. ISBN 978-3-540-41370-7 S. Leist, R. Winter (Hrsg.) Retail Banking im Informationszeitalter 2002. ISBN 978-3-540-42776-6 C. Reichmayr Collaboration und WebServices 2003. ISBN 978-3-540-44291-2 O. Christ Content-Management in der Praxis 2003. ISBN 978-3-540-00103-4 E. von Maur, R. Winter (Hrsg.) Data Warehouse Management 2003. ISBN 978-3-540-00585-8 L. M. Kolbe, H. Österle, W. Brenner (Hrsg.) Customer Knowledge Management 2003. ISBN 978-3-540-00541-4 R. Alt, H. Österle Real-time Business 2003. ISBN 978-3-540-44099-4 G. Riempp Integrierte Wissensmanagement-Systeme 2004. ISBN 978-3-540-20495-4 T. Puschmann Prozessportale 2004. ISBN 978-3-540-20715-3
H. Österle, A. Back, R. Winter, W. Brenner (Hrsg.) Business Engineering − Die ersten 15 Jahre 2004. ISBN 978-3-540-22051-0 R. Zarnekow, W. Brenner, U. Pilgram Integriertes Informationsmanagement 2005. ISBN 978-3-540-23303-9 U. Baumöl, H. Österle, R. Winter (Hrsg.) Business Engineering in der Praxis 2005. ISBN 978-3-540-20517-3 R. Zarnekow, A. Hochstein, W. Brenner Serviceorientiertes IT-Management 2005. ISBN 978-3-540-20532-6 J. Schelp, R. Winter (Hrsg.) Integrationsmanagement 2005. ISBN 978-3-540-20506-7 R. Zarnekow, W. Brenner, U. Pilgram Integrated Information Management 2006. 978-3-540-32306-8 R. Zarnekow Produktionsmanagement von IT-Dienstleistungen 2007. ISBN 978-3-540-47457-9 R. Heutschi Serviceorientierte Architektur 2007. ISBN 978-3-540-72357-8 W. Brenner, R. Wenger (Hrsg.) Elektronische Beschaffung 2007. ISBN 978-3-540-34017-1 B. Dinter, R. Winter (Hrsg.) Integrierte Informationslogistik 2008. ISBN 978-3-540-77577-5 J. W. Schemm Zwischenbetriebliches Stammdatenmanagement 2009. ISBN 978-3-540-89029-4
Jan Werner Schemm
Zwischenbetriebliches Stammdatenmanagement Lösungen für die Datensynchronisation zwischen Handel und Konsumgüterindustrie
123
Dr. Jan Werner Schemm Obere Heslibachstr. 70 8700 Küsnacht Schweiz
[email protected]
ISBN 978-3-540-89029-4
e-ISBN 978-3-540-89030-0
DOI 10.1007/978-3-540-89030-0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2009 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Herstellung: le-tex publishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de
Geleitwort Handelsunternehmen gelten, verglichen etwa zu Banken, als extrem kostenbewusst. Sie arbeiten mit sehr tiefen Margen und hohen Volumina. Ähnliches gilt für die Innovation der Produkte. Ein grosser Teil des Sortiments wechselt sehr schnell, sei es das Produkt selbst, sei es die Verpackung oder seien es die Preiskonditionen. Wenn trotz der Transaktionszahlen, des Zeitdrucks und trotz des Kostenbewusstseins Hersteller von Konsumgütern und Handelsunternehmen heute nur etwa 20 % der Stammdaten elektronisch und damit mit geringem Personalaufwand austauschen, ist das ein Indiz, dass der Abgleich von Stammdaten in dieser Value Chain schwer zu automatisieren ist. Die Gründe dafür liegen einerseits in der Komplexität von Sortimenten, andererseits in den Verhandlungsprozessen zwischen Herstellern und Händlern und den unterschiedlichen Interessen, insbesondere hinsichtlich Transparenz. Seit Jahren versuchen Handelsunternehmen, Produzenten, Branchenverbände, unabhängige Dienstleister und seit einigen Jahren elektronische Marktplätze bzw. Handelsplattformen den Informationsfluss in ihrer Value Chain zu beschleunigen. Neue logistische Konzepte basierend auf RFID-Etiketten an Gebinden verstärken in jüngster Zeit zusätzlich den Druck auf die unternehmensübergreifende Nutzung von Stammdaten. Jan Schemm gibt in dieser Publikation einen breiten Überblick über die vielfältigen Ansätze zur Automation des zwischenbetrieblichen Stammdatenmanagements. Er vergleicht Alternativen wie etwa die Standardisierung von Daten und Nachrichten für den bilateralen Stammdatenaustausch, die Zentralisierung in Stammdatenpools und föderierte Ansätze wie das Global Data Synchronization Network (GDSN) oder GEPIR, die Information Registry von GS1. Schemm fasst aber nicht nur den Stand der Entwicklung übersichtlich zusammen, er liefert eine vollständige Architektur für das Stammdatenmanagement und kommt zu konkreten Empfehlungen bei deren Einführung. Dazu analysiert er die Wirkung verschiedener organisatorischer Varianten des Stammdatenmanagements auf die Kooperationsprozesse zwischen Produzenten und Händlern. Er entwickelt ein Kennzahlensystem, das die Qualität des Stammdatenmanagements und damit dessen Fortschritte messbar macht und einen Ausgangspunkt für betriebsspezifische Managementsysteme bilden kann. Die in der Publikation vorgestellten Muster für die Stammdatenhaltung und -verteilung auf Systemebene bieten eine Orientierungshilfe für die Entwicklung langfristiger Zielarchitekturen. Die vorliegende Arbeit wird dadurch besonders wertvoll, als die Fragestellungen, aber auch die Lösungsvorschläge anhand von mehreren praktischen Fällen aus grossen Unternehmen erhoben und überprüft wurden. Das Buch ist somit für jedes Unternehmen, das intensiv mit dem Stammdatenmanagement, insbesondere dem zwischenbetrieblichen Datenaustausch konfrontiert ist, eine äusserst wertvolle Arbeitsbasis. So hilft es u. a. die Realisierbarkeit von Geschäftsmodellen, die auf
VI
Geleitwort
elektronischen Märkten basieren, besser zu beurteilen, Chancen, aber auch Grenzen zu erkennen. Es liefert aber auch Grundlagen für zentrale Themen der wissenschaftlichen Disziplinen Wirtschafts- und Kerninformatik, wie beispielsweise zu Synchronisationsmechanismen von Stammdaten in verteilten Organisationen. Es ist damit eine hervorragende Ergänzung für Grundlagenwerke der Informatik, die meist nur auf Konzepte für Datenmodellierung im Kleinen eingehen. St. Gallen, im Oktober 2008
Hubert Österle
Vorwort Die vorliegende Publikation entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Kompetenzzentren Business Networking 3 und Corporate Data Quality des Forschungsprogramms Business Engineering HSG am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Hubert Österle. Er war mir ein wichtiger Mentor und hat die Entstehung dieser Arbeit durch seine konstruktiven Anregungen sowie das praxisnahe Forschungsumfeld an seinem Lehrstuhl gefördert. Prof. Dr. Elgar Fleisch danke ich herzlich für die Übernahme des Korreferats und seine wertvollen Impulse für die Arbeit. Besonders danken möchte ich auch Dr. Christine Legner und Dr. Boris Otto für die lehrreiche und freudvolle Arbeit in den Kompetenzzentren. Beide haben immer Zeit für fachliche und persönliche Gespräche gefunden und eine sehr freundschaftliche und fördernde Arbeitsumgebung geschaffen. Meinen Freunden und Kollegen am Institut verdanke ich viele schöne Stunden inner- und ausserhalb der Arbeitszeit, an die ich gerne zurückdenke. Besonderer Dank gilt meinen Teamkollegen Dr. Marc Cäsar, Dr. Dimitrios Gizanis, Dr. Daniel Hanhart, Dr. Roger Heutschi, Frank Höning, Kai Hüner, Cornel Loser, Philipp Osl, Ernst Sassen, Alexander Schmidt, Tobias Vogel, Kristin Weber und Dr. Oliver Wilke für die gute Zusammenarbeit und die gemeinsame, humorvolle Zeit. Dr. Ernst Ensslin (Geschäftsführung), Caroline Andenmatten, Rita Bruderer, Katharina Brühwiler und Susanne Gmünder (Sekretariat) sowie Markus Handke, Dani Seiler und Roman Thies (Infrastruktur) standen mir immer hilfreich zu Seite. Stellvertretend für alle weiteren Kollegen am Institut danke ich Dr. Malte Dous, Dr. Annette Reichold, Dr. Stefan Reitbauer, Dr. Harald Salomann, Dr. Ragnar Schierholz, Dr. Enrico Senger, Dr. Christian Wilhelmi und Dr. Felix Wortmann für viel Spass bei den gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Anwendungsorientierte Forschung lebt von der Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft. Die Projektarbeit mit Thomas Bühler und Rudolf Zurmühlen (ETA SA Manufacture Horlogère Suisse) sowie Erwin Moser und Marcel Schaniel (Migros-Genossenschafts-Bund) hat mir grosse Freude bereitet. Ihnen danke ich stellvertretend für alle weiteren Projektbeteiligten für zahlreiche Anregungen und die Möglichkeit, Ideen in der Praxis umzusetzen. Den Fallstudien- und Interviewpartnern danke ich für ihre investierte Zeit und die Einblicke in ihre Unternehmen. Von ganzem Herzen danke ich meiner Freundin Marion Stallmeister für Unterstützung, Verständnis und Rückhalt während der Entstehung dieses Buches. Meinen Eltern Annette und Jan-Dirk Schemm danke ich für ihre fortwährende, uneingeschränkte Unterstützung und Förderung auf meinem Weg. Ihnen ist dieses Buch gewidmet. Küsnacht, im Oktober 2008
Jan Werner Schemm
Inhaltsverzeichnis 1
Einleitung.......................................................................................................1 1.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf.....................................................1 1.2 Zielsetzung und Adressaten ..................................................................3 1.3 Entstehung der Publikation ...................................................................4 1.4 Inhalt im Überblick...............................................................................5
2
Grundlagen....................................................................................................7 2.1 Efficient Consumer Response...............................................................7 2.1.1 Ziele und Aufgaben ..................................................................7 2.1.2 Koordinationsbereiche..............................................................8 2.1.3 Stand der Umsetzung..............................................................13 2.1.4 Erfolgsfaktoren und Trends ....................................................17 2.2 Betriebliches Datenmanagement ........................................................19 2.2.1 Ziele und Aufgaben ................................................................19 2.2.2 Definition und Abgrenzung von Datenarten...........................19 2.2.3 Organisation des Datenmanagements .....................................20 2.2.4 Datenmodell ...........................................................................22 2.3 Unternehmens- und Referenzarchitekturen ........................................24 2.3.1 Unternehmensarchitekturen....................................................24 2.3.2 Referenzarchitekturen.............................................................25 2.4 Zusammenfassung ..............................................................................26
3
Stand der Praxis ..........................................................................................29 3.1 Stammdatensynchronisation ...............................................................29 3.1.1 Grundlagen .............................................................................29 3.1.2 Stammdatenobjekte ................................................................30 3.1.3 Synchronisationsbedarfe.........................................................36 3.2 Standardisierung .................................................................................38 3.2.1 Standardisierungstypen...........................................................38 3.2.2 Standardisierung im Stammdatenmanagement.......................40 3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network...............50 3.3.1 Multilaterale Stammdatensynchronisation .............................50 3.3.2 Einordnung und historische Entwicklung...............................51 3.3.3 Aktueller Entwicklungsstand..................................................54 3.3.4 Verbreitung.............................................................................65 3.4 Fallbeispiel..........................................................................................67 3.4.1 Unternehmen und Geschäftsbeziehungen...............................67 3.4.2 Ist-Situation im überbetrieblichen Stammdatenmanagement .68 3.4.3 Handlungsfelder......................................................................75 3.5 Zusammenfassung und Folgerungen ..................................................76
4
Architektur für das Stammdatenmanagement.........................................79 4.1 Ordnungsrahmen.................................................................................79
X
Inhaltsverzeichnis 4.2
4.3
4.4
5
Stammdatenmanagement-Vision ........................................................ 81 4.2.1 Grundlagen ............................................................................. 81 4.2.2 Inhalte einer Stammdatenmanagement-Vision ....................... 82 4.2.3 Fallbeispiele............................................................................ 82 4.2.4 Zusammenfassung und Folgerungen ...................................... 85 Organisation des Stammdatenmanagements....................................... 85 4.3.1 Führungssystem...................................................................... 86 4.3.2 Prozessarchitektur................................................................. 115 4.3.3 Organisationsstruktur ........................................................... 155 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement ........................ 164 4.4.1 Stammdatenlogistik .............................................................. 164 4.4.2 Funktionsarchitektur............................................................. 202
Zusammenfassung und Ausblick............................................................. 215 5.1 Ergebnisse der Publikation ............................................................... 215 5.2 Weitergehende Themen .................................................................... 216 5.3 Technologische Trends..................................................................... 216 5.3.1 Content Integration am POS................................................. 217 5.3.2 EPC Information Service...................................................... 219 5.3.3 Serviceorientierte Architekturen........................................... 222
Anhang A Dokumentation zur Entstehung des Buches ............................. 225 Anhang A.1 Projekte ................................................................................ 225 Anhang A.2 Fallstudien ............................................................................ 227 Anhang A.3 Expertengespräche................................................................ 229 Anhang B Unternehmensprofile .................................................................. 230 Anhang B.1 Beiersdorf ............................................................................. 230 Anhang B.2 Henkel .................................................................................. 231 Anhang B.3 Karstadt ................................................................................ 232 Anhang B.4 Mars...................................................................................... 233 Anhang B.5 Metro .................................................................................... 234 Anhang B.6 Migros .................................................................................. 235 Anhang C Notationen ................................................................................... 236 Anhang C.1 Prozesslandkarte................................................................... 236 Anhang C.2 Aufgabenkettendiagramm .................................................... 236 Anhang D
Rollen im Stammdatenmanagement ......................................... 237
Anhang E Applikationstypen in Industrie und Handel ............................. 239 Anhang E.1 Applikationstypen in der Industrie ....................................... 239 Anhang E.2 Applikationstypen im Handel............................................... 241 Literaturverzeichnis.......................................................................................... 243 Sachverzeichnis.................................................................................................. 271
Abkürzungsverzeichnis ALE
Application Linking and Embedding
BA
Büroanwendung
BCI
Business Collaboration Infrastructure
BI
Business Intelligence
BMI
Buyer Managed Inventory
BN
Business Networking
BNS
Business Networking System
BPM
Business Process Management
BSC
Balanced Scorecard
BSS
Beiersdorf Shared Services
CAD
Computer Assisted Design
CCG
Zentrale für Koorganisation
CFPD
Customer Facing Product Data
CM
Category Management
CM
Content Management
CMI
Co-Managed Inventory
CMS
Content Management System
CPE
Customer Private Exchange
CPFR
Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment
CRM
Customer Relationship Management
DIY
Do-It-Yourself
DNS
Domain Name Service
DPR
Direkte Produktrentabilität
DW
Data Warehouse
EAN
Europäische Artikelnummer
EC
Electronic Commerce
ECR
Efficient Consumer Response
EDI
Electronic Data Interchange
XII
Abkürzungsverzeichnis
EDIFACT
Electronic Data Interchange Format for Administration, Commerce and Transport
EK
Einkauf
EPAP
European Pipeline Activity Planing
EPC
Electronic Product Code
EPCIS
EPC Information Service
ERP
Enterprise Resource Planning
GD
Gemeinsame Daten
GDD
Global Data Dictionary
GDSN
Global Data Synchronization Network
GEPIR
Global GS1 Electronic Party Information Registry
GLN
Global Location Number
GMA
Grocery Manufacturers of America
GPC
Global Product Classification
GPC
Global Product Code
GRD
Global Reference Data
GS1
Global Standards One
GTIN
Global Trade Item Identification Number
ILN
Internationale Lokationsnummer
KMU
Klein- und mittelständische Unternehmen
LVS
Lagerverwaltungssystem
MDM
Master Data Management
MGBI
METRO Group Buying International
MMS-CAT
METRO Merchandise System-Catalog
NAIRDS
North American Item Reference Data System
ONS
Object Naming Service
OOS
Out-of-Stock
OWL
Web Ontology Language
PCM
Product Content Management
PIM
Product Information Management
Abkürzungsverzeichnis
XIII
PLM
Product Lifecycle Management
POS
Point-of-Sale
RDF
Resource Description Framework
RFID
Radio Frequency Identification
SCM
Supply Chain Management
SDP
Synchronization Data Pool
SMI
Supermarket Institute
SOA
Serviceorientierte Architektur
SRM
Supplier Relationship Management
SSCC
Serial Shipping Container Code
UC
Ubiquitous Computing
UCC
Uniform Code Council
UNSPSC
United Nations Standard Product and Services Code
UPC
Universal Product Code
VMI
Vendor Managed Inventory
VOC
Volatile Organic Compound
WFM
Workflow Management
WM
Warehouse Management
WMS
Warehouse Management System
XML
Extensible Markup Language
1
Einleitung
1.1
Ausgangslage und Handlungsbedarf
Der Begriff Efficient Consumer Response (ECR) steht seit über fünfzehn Jahren für einen wegweisenden Ansatz zur Neugestaltung der wertschöpfenden Prozesse in der Konsumgüterbranche. Das Ziel von ECR ist eine effektivere Befriedigung der Konsumentenbedürfnisse bei gleichzeitiger Kostensenkung durch eine intensivere Zusammenarbeit auf sämtlichen Stufen der Wertschöpfungskette [s. Schmickler/Rudolph 2002, 22]. ECR bietet Handels- und Industrieunternehmen eine Möglichkeit, das in vielen Konsumgütersektoren zu beobachtende Spannungsfeld zwischen stagnierenden Umsätzen und steigenden Marktbearbeitungskosten durch eine intensivere, informationssystemgestützte Zusammenarbeit zu überwinden. Während im Supply Management (kooperative Logistik) vor allem die Kostenreduzierung durch Verbesserungen in der Beschaffungs- und Distributionslogistik im Vordergrund steht, zielt das kooperative Marketing (Demand Management) auf Umsatzsteigerungen durch eine abgestimmte Produkt- bzw. Sortimentspolitik ab. Die nach wie vor hohe strategische Bedeutung des Konzepts kommt in Aussagen von Vertretern führender Industrie- und Handelsunternehmen [s. GS1 Germany et al. 2005, 7; Thonemann et al. 2005, 24ff.] und in zahlreichen Umsetzungsbeispielen [s. Akademische Partnerschaft ECR Deutschland et al. 2006] zum Ausdruck. Elektronische Kooperationsprozesse, wie sie ECR vorschlägt, erfordern unternehmensübergreifend abgestimmte Stammdaten. Anwendungen auf Industrie- und Handelsseite können Prozesse nur durchgehend unterstützen, wenn sie auf denselben Daten zu Produkten, Kunden, Lieferanten, Lokationen etc. arbeiten. Mangelhaft abgestimmte Stammdaten stellen eines der grössten Hemmnisse der elektronischen Kooperation zwischen Industrie und Handel dar: Sie führen zu hohen Fehlerquoten in den überbetrieblichen Geschäftsprozessen und erheblichen manuellen Bearbeitungsaufwänden [s. Kapell 2005b; Thonemann et al. 2005, 105f.]. Die Ergebnisse aktueller Pilotprojekte illustrieren beispielhaft die vielfältigen Nutzenpotenziale eines zunehmend automatisierten Stammdatenabgleichs [vgl. Capgemini/GCI 2005; Accenture 2006]: •
Der Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson konnte in einem Stammdatensynchronisationsprojekt mit dem Handelsunternehmen WalMart sein Fehlmengenvolumen (Out-of-Stocks) um 2,5 % reduzieren.
•
Der niederländische Lebensmittelhändler Albert Heijn reduzierte seine Datenpflegeaufwände durch eine Automation der Artikelstammdatenübernahme in Projekten mit vier Lieferanten um 30 %.
•
Das US-amerikanische Handelsunternehmen Wegmans rechnet mit einer Verbesserung der Transportmittelauslastung auf Basis genauerer Abmessungs- und Gewichtsdaten um ca. 18 %, was ungefähr 100 Filialanlieferungen pro Woche entspricht.
2
1 Einleitung
Die Bedeutung der überbetrieblichen Stammdatensynchronisation zwischen Industrie und Handel wird in Zukunft weiter zunehmen, wie folgende Entwicklungstendenzen beispielhaft verdeutlichen: •
Kurze Sortimentszyklen. Allein im deutschen Lebensmitteleinzelhandel steigerte sich die Anzahl neu eingeführter Produkte im Zeitraum von 2002 bis 2006 um jährlich durchschnittlich ca. 10 % auf knapp 34'500 Neueinführungen in 20061. Etliche dieser Produkte sind Saisonartikel oder Sondereditionen, deren Marktaustritt bereits mit der Produkteinführung geplant ist und oft noch im selben Jahr liegt [s. Schröder/Rödl 2006, 569]. Die weitaus höhere Komplexität in anderen Warengruppen wie bspw. Textilien oder Elektronik mit teilweise monatlich wechselnden Sortimenten und einer hohen Artikelanzahl unterstreicht das Automatisierungspotenzial im Bereich der Stammdatenverwaltung.
•
Multichannel-Retailing. Einzelhandelsunternehmen setzen sowohl im Vertrieb als auch in der Beschaffung verstärkt auf den parallelen Einsatz unterschiedlicher Beschaffungs- bzw. Absatzkanäle [s. Rudolph/Loos 2003, 12ff.; Schramm-Klein 2006, 504ff.]. Im Vertrieb kann das bspw. eine Kombination aus Internet-Vertrieb, stationären Geschäften und traditionellem Versandhandel bedeuten. Zur konsistenten Abstimmung der verschiedenen Kanäle muss insbesondere die Verteilung von Informationen zu Produkten, Konditionen und Kunden über die Beschaffungs- und Vertriebsschienen geregelt werden.
•
Informationsbedarf der Konsumenten. Verbraucher fordern in höherem Umfang aktuelle Produktinformationen [s. GCI et al. 2006, 26ff.]. Während Kunden in der Vergangenheit mit den begrenzten Produktinformationen auf der Verpackung zufriedenzustellen waren, fordert der Konsument von heute eine Vielzahl zusätzlicher Informationen bspw. zu Inhaltsstoffen, Allergieprofilen, Herkunftsländern, Herstellerzertifizierungen, Testergebnissen, CO2-Emmissionsangaben usw. Der Handel ist gezwungen, dem Konsumenten diese Informationen in enger Abstimmung mit der Industrie über verschiedenste Kommunikationskanäle zur Verfügung zu stellen.
•
Automatische Produktidentifikation. Die Nutzung automatischer Identifikationstechnologien wie Radio Frequency Identification (RFID) verspricht die Realisierung von Nutzenpotenzialen in verschiedenen Einsatzszenarien in der Wertschöpfungskette zwischen Konsumgüterindustrie und Einzelhandel [s. Tellkamp/Haller 2005, 227ff.]. Eine Vielzahl der Einsatzbereiche wie bspw. automatisierter Wareneingang und -ausgang, automatisierte Lagerbestandsaufnahme, Diebstahlschutz, Self-Check-Out oder Rückverfolgbarkeit setzt eine Identifikation und Datenhaltung auf Produktinstanzebene voraus. Bezogen auf das Stammdatenmanagement bedeutet dieser Übergang von der Typ- auf die Instanzebene eine enorme Komplexitätszunahme der Datenhaltung und -verteilung innerhalb der Wertschöpfungskette.
1
Die Abschätzung basiert auf einer mit Unterstützung der GfK Panel Services Deutschland GmbH durchgeführten Analyse von Verbraucherpaneldaten.
1.2 Zielsetzung und Adressaten
3
Vor dem beschriebenen Hintergrund erstaunt der geringe Umsetzungsgrad von systemgestützten Lösungen für das überbetriebliche Stammdatenmanagement in der Praxis: Jüngste Studien illustrieren, dass Industrie- und Handelsunternehmen trotz verfügbarer Lösungsansätze in Form verbreiteter Standards und externer Dienstleister (Datenpools) heute noch knapp 80 % ihrer Stammdaten manuell oder in nicht-standardisierten elektronischen Formaten (bspw. Email, Spreadsheets) abgleichen [s. GS1 Germany 2007, 18]. Diese Situation legt den Schluss nahe, dass viele Industrie- und Handelsunternehmen noch nicht die unternehmensinternen Voraussetzungen für die durchgängige Umsetzung überbetrieblicher Stammdatenmanagement-Prozesse geschaffen haben. Das vorliegende Buch setzt an diesem Punkt an und entwickelt organisatorische und informationstechnische Handlungsempfehlungen, die Industrieund Handelsunternehmen eine Hilfestellung bei der Umsetzung und verbreiteten Einführung von Lösungen für das überbetriebliche Stammdatenmanagement bieten.
1.2
Zielsetzung und Adressaten
Ziel des Buches ist es, die für einen wirkungsvollen und wirtschaftlichen Abgleich von Stammdaten zwischen Industrie und Handel ausschlaggebenden Handlungsfelder („Stellschrauben“) zu identifizieren und Vorschläge für den Entwurf konkreter Lösungen abzuleiten. Zu diesem Zweck entwickelt das Buch eine Referenzarchitektur, welche die wesentlichen Gestaltungsbereiche für Verbesserungen im überbetrieblichen Stammdatenmanagement systematisiert und allgemeingültige Lösungsskizzen für die adressierten Themen entwickelt. Sie kann als Ausgangsbasis für den Entwurf unternehmensindividueller Lösungen dienen und damit Qualität und Geschwindigkeit von Umsetzungsprojekten steigern. Im Einzelnen liefert das Buch folgende Kernergebnisse: •
Der Überblick zum Stand der Praxis fasst die Grundlagen der Stammdatensynchronisation sowie wichtige Standards und Umsetzungsvarianten zusammen.
•
Der Ordnungsrahmen systematisiert die wesentlichen Gestaltungsbereiche im überbetrieblichen Stammdatenmanagement. Als leicht kommunizierbarer Einstiegspunkt in die Architektur verschafft er einen Überblick über die Handlungsmöglichkeiten in dem komplexen Themenumfeld.
•
Die Organisation des Stammdatenmanagements liefert Empfehlungen für organisatorische Abläufe, Zuständigkeiten und Kontrolle der Stammdatenverwaltung: Stammdatenmanagement-Prozesse definieren unternehmensinterne und -übergreifende Abläufe, ein Rollenmodell unterstützt die Verankerung in der Organisationsstruktur und ein kennzahlenbasiertes Führungssystem ermöglicht eine leistungsorientierte Führung und Entwicklung des Stammdatenmanagements.
4
1 Einleitung
•
Die Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement liefert Lösungsvorschläge für die Stammdatenhaltung und -verteilung auf Systemebene, identifiziert Funktionsbereiche von Stammdatenmanagement-Systemen und liefert einen Überblick über das Angebot an Standardsoftware zur Unterstützung des Stammdatenmanagements.
•
Fallbeispiele unterstreichen die Praxistauglichkeit der Ergebnisse und illustrieren konkrete Umsetzungen in Industrie- und Handelsunternehmen. Das Buch richtet sich an Adressaten aus Praxis und Wissenschaft, die sich mit dem Themengebiet Stammdatenmanagement beschäftigen: •
Entscheidungsträger in Handel und Industrie erhalten Empfehlungen für den Entwurf von Prozessen und Informationssystemen im Stammdatenmanagement ihres Unternehmens. Neben Rollenprofilen mit spezieller Verantwortung für das unternehmensweite Stammdatenmanagement oder für ECR-Programme adressiert das Buch in erster Linie Projektleiter sowie Fachbereichsund Prozessverantwortliche aus den Funktionen Einkauf (Handel) bzw. Vertrieb (Industrie), Logistik / Supply Chain Management und Informatik.
•
Beratungsunternehmen helfen die vorgestellten Ergebnisse bei der Akquise und Strukturierung entsprechender Projekte.
•
Softwareanbieter können von den Inhalten im Hinblick auf die Weiterentwicklung und Vermarktung ihrer Stammdatenmanagement-Produkte profitieren.
•
Wissenschaftler erhalten einen strukturierten Überblick über ein in der wissenschaftlichen Literatur bisher vernachlässigtes Themengebiet mit hoher praktischer Bedeutung. Die entwickelte Architektur kann als Ausgangspunkt für eine vertiefte wissenschaftliche Bearbeitung einzelner Themenbereiche dienen. Darüber hinaus bieten sich einzelne Inhalte als erste Lösungsansätze für die Übertragung auf andere Branchen an.
1.3
Entstehung der Publikation
Diese Publikation entstand im Rahmen der Kompetenzzentren Business Networking 3 (CC BN3, 2004-2006) sowie Corporate Data Quality (CC CDQ, 20062008) am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen (IWI-HSG). In Kompetenzzentren erarbeiten Wissenschaftler in enger Zusammenarbeit mit Unternehmensvertretern in einer Kombination aus bilateralen Projekten und gemeinsamen Workshops Lösungen für Problemstellungen in der Praxis. Eine Kombination verschiedener Methoden diente der induktiven Entwicklung der Inhalte des Buches mit Projektpartnern in den Kompetenzzentren und weiteren Unternehmen aus Industrie und Handel: •
Projekte liefern Ergebnisse aus der aktiven Aufnahme und Lösung von aktuellen Problemstellungen im Stammdatenmanagement von Industrie- und
1.4 Inhalt im Überblick
5
Handelsunternehmen. Anhang A.1 dokumentiert ausgewählte, im Rahmen der Buchentstehung durchgeführte Projekte. •
Fallstudien ergänzen die Projektergebnisse um die Beobachtung von existierenden Praxislösungen im Stammdatenmanagement. Anhang A.2 dokumentiert die im Rahmen der Buchentstehung aufgenommenen Fallstudien.
•
Querschnittsanalysen vertiefen ausgewählte Fragestellungen über qualitative Erhebungstechniken wie bspw. Fragebögen und Experteninterviews. Das Buch analysiert bspw. das Dienstleistungsangebots und die Erlösmodelle von Datenpools auf Basis einer Querschnittsanalyse ausgewählter Anbieter. Anhang A.3 dokumentiert die im Rahmen der Datenerhebung durchgeführten Experteninterviews. Den Bezugsrahmen des Buches bildet das Business Engineering. Es bezeichnet die „methoden- und modellbasierte Konstruktionslehre für Unternehmen des Informationszeitalters“ [s. Österle/Winter 2003, 7] und unterstützt die Arbeit durch einen strukturierten, methoden- und modellgestützten Entwicklungsansatz [vgl. Österle/Blessing 2003, 67ff.; Winter 2003b, 91ff.].
1.4
Inhalt im Überblick
Das Buch gliedert sich in fünf Kapitel (s. Abbildung 1-1). Die abgeschlossene Einleitung motiviert Inhalt sowie Zielsetzung und erläutert die Entstehung des Buches. Kapitel 2 fasst Grundlagen zusammen, die im Entwurf der Architektur Verwendung finden. Kapitel 3 erarbeitet auf Basis von Literaturanalysen und Experteninterviews den aktuellen Stand der Praxis im überbetrieblichen Stammdatenmanagement zwischen Industrie und Handel. Die Ergebnisse eines Aktionsforschungsprojekts in Zusammenarbeit mit den Unternehmen Beiersdorf, Henkel und Migros konkretisieren die Problembereiche der bestehenden Ansätze und formulieren Anforderungen an die Referenzarchitektur. Kapitel 4 entwirft die Referenzarchitektur für das überbetriebliche Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Der Ordnungsrahmen dient als Einstiegspunkt in die Architektur und positioniert die auf Basis der Anforderungen entworfenen Architekturelemente und deren Beziehungen im Gesamtzusammenhang. Im Anschluss entwirft das Kapitel die einzelnen Architekturelemente in den Bereichen Vision, Organisation und Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement. Fallbeispiele aus Industrie und Handel illustrieren Ausprägungen der entwickelten Referenzlösungen in der Praxis. Das abschliessende fünfte Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen und diskutiert weitergehende Themen im Stammdatenmanagement sowie technologische Entwicklungen mit Auswirkungen auf das überbetriebliche Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie.
6
1 Einleitung
Einleitung
1 1.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
1.2
1.3
Zielsetzung und Adressaten
Entstehung der Publikation
1.4 Der Inhalt im Überblick
Motivation, Zielsetzung und Entstehung
Grundlagen
2 2.1
2.2 Betriebliches Datenmanagement
Efficient Consumer Response
2.3 Unternehmensund Referenzarchitekturen
Grundlagen mit Bezug zum Buch Stand der Praxis
3 3.1
3.2
Stammdatensynchronisation
Standardisierung
3.4 Fallbeispiel
Defizite bestehender Ansätze und Anforderungen an die Architektur
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
3.3 Datenpools und das GDSN
4.1 Ordnungsrahmen 4.2
4.3 Vision
Organisation
4.4 Systemarchitektur
Entwurf der Architektur Zusammenfassung
5 5.1 Ergebnisse
5.2 Weitergehende Themen
Abbildung 1-1: Aufbau des Buches
5.3 Technologische Trends
2
Grundlagen
Efficient Consumer Response definiert Integrationsbereiche, in denen sich eine engere Zusammenarbeit von Handel und Konsumgüterindustrie für beide Seiten lohnt (s. Abschnitt 2.1). Die Kooperationsmassnahmen in Logistik und Marketing sind ein wesentlicher Treiber für die überbetriebliche Stammdatensynchronisation. Das betriebliche Datenmanagement beschäftigt sich mit der organisatorischen und technischen Verwaltung von Daten in Unternehmen (s. Abschnitt 2.2). Erkenntnisse aus den Bereichen der Ablauf- und Aufbauorganisation sowie der Datenmodelle eignen sich für die Übertragung und Anpassung auf den Spezialbereich des Stammdatenmanagements. Das Kernergebnis des Buches ist eine Referenzarchitektur für das überbetriebliche Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Abschnitt 2.3 erklärt die notwendigen Grundlagen zu Aufgaben und Strukturen von Architekturen.
2.1
Efficient Consumer Response
2.1.1
Ziele und Aufgaben
Efficient Consumer Response (ECR) ist ein Ansatz zur Neugestaltung der wertschöpfenden Prozesse in der Konsumgüterwirtschaft [s. Schmickler/Rudolph 2002, 22; Reyes/Bhutta 2005, 347]. Ausgelöst durch die Erfolge des Händlers Wal-Mart mit Crossdocking, abgestimmten Promotionsplanungen und integrierter Informationstechnologie [vgl. Stalk 1992, 58ff.] und aufbauend auf dem Quick Response-Ansatz der Textilindustrie [vgl. Hammond/Kelly 1990] fasste eine Arbeitsgruppe der US-amerikanischen Lebensmittelindustrie Anfang der 90er Jahre Empfehlungen für die zukünftige Gestaltung der Wertschöpfungskette zwischen Industrie und Handel unter der Bezeichnung ECR zusammen [vgl. Kurt Salmon Associates 1993]. ECR bündelt verschiedene Massnahmen zur Abstimmung von Logistik- und Marketingaktivitäten zwischen Industrie und Handel und wird inzwischen länderübergreifend in sämtlichen Konsumgüterwarengruppen angewandt. Grundlegendes Ziel von ECR ist eine effektivere Befriedigung der Konsumentenbedürfnisse bei einer gleichzeitigen Kostensenkung durch eine intensivere Zusammenarbeit auf sämtlichen Stufen der Wertschöpfungskette [s. Reyes/Bhutta 2005, 347f.; Seifert 2006, 49ff.]. Der Ansatz stellt den Verbraucher mit seinen Bedürfnissen und seinem Kaufverhalten in den Mittelpunkt der Betrachtung. In Umkehrung des traditionell vom Hersteller ausgehenden Drucks der Ware durch die Distributionskanäle (Push-Prinzip) dominiert das Pull-Prinzip die ECR-Versorgungskette (vgl. Abbildung 2-1). Basierend auf Analysen via Marktforschung oder Auswertungen von Scannerdaten synchronisieren Industrie und Handel die Produktion und Distribution in der Wertschöpfungskette mit der Konsumentennachfrage. Durch eine intensivere Kooperation in Marketing und Logistik ver-
8
2 Grundlagen
bunden mit einem kontinuierlichen und präzisen Informationsaustausch verspricht ECR die Verringerung von Lagerbeständen auf allen Wertschöpfungsstufen, eine verbesserte Produktionsplanung und einen erhöhten Servicegrad. Eine Verteilung des durch die Kooperation erschaffenen Mehrwerts auf Hersteller, Händler und Konsumenten soll eine „Win-Win-Win-Situation“ schaffen1.
Abbildung 2-1: ECR-Versorgungskette [s. Wagener 2000, 209]
2.1.2
Koordinationsbereiche
Die ECR-Aktivitäten lassen sich in vier Bereiche (s. Abbildung 2-2) zusammenfassen, in denen Industrie- und Handelsunternehmen Nutzenpotenziale durch eine engere Zusammenarbeit realisieren können [s. Bell/Cuthbertson 2004, 63f.; Corsten 2004, 19; Fernie 2004, 36f.; GCI 2007b]. Den Schwerpunkt bilden Kooperationsmassnahmen in den überbetrieblichen Leistungsprozessen: Während die Zusammenarbeit in der Logistik (Supply Management) primär Kosten reduzieren soll, zielt das kooperative Marketing (Demand Management) auf Umsatzsteigerungen durch eine abgestimmte Produkt- bzw. Sortimentspolitik ab. Die übergreifenden Bereiche unterstützen sowohl die Logistik- als auch die Marketingprozesse durch überbetrieblich abgestimmte Informationstechnologien (Enabler) sowie organisatorische Werkzeuge (Integratoren). Die folgenden Abschnitte stellen die wesentlichen Massnahmen in den genannten Bereichen vor.
1
[Becker/Schütte 2004, 682 ff.] diskutiert Zielkonflikte zwischen Handel und Konsumgüterindustrie, welche die Umsetzung von ECR-Konzepten behindern.
2.1 Efficient Consumer Response
9
Abbildung 2-2: ECR-Koordinationsbereiche [vgl. Reyes/Bhutta 2005, 350; GCI 2007c]
2.1.2.1 Supply Management Die Zielsetzung von kooperativen Massnahmen in der Logistik ist die Kostenreduzierung durch eine verbesserte Koordination der Waren- und Informationsflüsse zwischen Hersteller und Händler. Eine effiziente Steuerung des Warennachschubs (Efficient Replenishment) soll im Sinne einer Just-in-time-Versorgung die Aufwendungen in Form von Logistikkosten sowie Lagerbeständen verringern und gleichzeitig das Servicelevel in Form der Regalverfügbarkeit in den Filialen erhöhen [s. Schmickler/Rudolph 2002, 44; Reyes/Bhutta 2005, 351]. Die wesentlichen Massnahmen zur verbesserten Abstimmung der Nachschubsteuerung zwischen Industrie und Handel fallen in drei Bereiche (vgl. Tabelle 2-1): •
Das Bestandsmanagement (Continuous Replenishment) automatisiert die Disposition durch computergestützte Bestellungen bzw. Bestellvorschläge auf der Basis von Abverkaufsdaten oder Nachfrageprognosen [s. Angerer 2006, 6f.; Seifert 2006, 119f.]. Die Entscheidungshoheit bei der automatischen Disposition unterscheidet die drei Formen des Buyer, Vendor und Co-Managed Inventory [vgl. Schmickler 2001, 175; Becker/Schütte 2004, 703; Hertel et al. 2005, 192].
•
Die Belieferungsformen (Product Flow Techniques) unterscheiden verschiedene Wege, auf denen die Ware vom Hersteller in die Filiale gelangt. Die Direktbelieferung eignet sich insbesondere für die Anlieferung von volumenstarker, schnelldrehender Ware bei grossflächigen Vertriebstypen [s. Schmickler 2001, 172; Thonemann et al. 2005, 72; Barth et al. 2007, 368]. Die heute dominierende Form der Zentrallagerbelieferung liefert dem Handel eine bessere Möglichkeit zum Ausgleich von Nachfrageschwankungen und bietet sich im Fall von langen Lieferzeiten, Kostenvorteilen bei hohen Bestellmengen bzw. Mindestbestellmengen an [s. Thonemann et al. 2005, 70 ff.]. Crossdocking hat sich seit Anfang der 90er Jahre zu einer alternativen Belieferungsform für nachbestellbare Artikel mit konstantem Absatz und einer hohen Kooperationsbereitschaft und -kompetenz beim Hersteller entwickelt [s. Thonemann et al. 2005, 72]. Im Fall des in jüngster Zeit populären
10
2 Grundlagen Konzepts der Abhollogistik übernimmt das Handelsunternehmen die Steuerung des Warenflusses vom Hersteller in die Handelslager [s. Hertel et al. 2005, 143ff.; Thonemann et al. 2005, 80ff.]. Das Transportmanagement reduziert die Kosten für den Warentransport durch kooperative Massnahmen zur Transportoptimierung (Transport Optimization) und die Vereinheitlichung von logistischen Einheiten (Efficient Unit Loads) [vgl. Becker/Schütte 2004, 704f.; Seifert 2006, 142ff.].
Bestandsmanagement
Bereich
Belieferungsformen
•
Massnahme
Beschreibung
Buyer Managed Inventory (BMI)
Im Fall des Buyer Managed Inventory disponiert das Handelsunternehmen selbstständig. In Abhängigkeit vom Lagerbestand oder Abverkaufsdaten ermittelt der Händler die notwendigen Nachschubbestellungen, wobei i. d. R. eine Bestandsverdichtung über ein Zentrallager stattfindet.
Vendor Managed Inventory (VMI)
Im Fall des Vendor Managed Inventory ist der Hersteller verantwortlich für die Bewirtschaftung des Lagers. Er übernimmt die Dispositionsfunktion für den Händler und löst Nachschubbestellungen basierend auf Lagerbestandsund Abverkaufsdaten des Handelsunternehmens selbstständig aus.
Co-Managed Inventory (CMI)
Das Co-Managed Inventory ist eine Mischform zwischen BMI und VMI. Der Hersteller generiert in diesem Fall Bestellvorschläge auf Basis von Lagerbestands- und Abverkaufsdaten des Händlers. Das Handelsunternehmen übt jedoch eine Kontrollfunktion aus, indem es die endgültige Freigabe der Dispositionsaufträge steuert.
Direktbelieferung
Im Fall der Direktlieferung (auch Streckengeschäft oder Direct Store Delivery) liefert der Hersteller direkt an die Filialen des Handelunternehmens.
Zentrallagerbelieferung
Im Fall der Zentrallagerbelieferung liefert der Hersteller i. d. R. artikelreine Ladungsträger an ein Zentrallager des Händlers. Der Händler lagert die Ware ein und liefert sie bei Bedarf filialgerecht kommissioniert an die einzelnen Verkaufsstellen. Regionallager ergänzen die Belieferung über Zentrallager falls die Geschwindigkeit einer Lieferung von besonderer Bedeutung ist (bspw. bei Frischwaren) oder bei einer zu grossen Entfernung zwischen Zentrallager und den einzelnen Filialen.
2.1 Efficient Consumer Response Massnahme
Beschreibung
Crossdocking
Im Fall des Crossdocking beliefert der Händler seine Filialen über einen Umschlagspunkt ohne Zwischenlagerung. Die Lagerhaltung wird vermieden, indem die Herstellerlieferungen an den Umschlagspunkt mit den Auslieferungen an die Filialen genau aufeinander abgestimmt werden. Beim 1-stufigen Crossdocking kommissioniert der Hersteller bereits filialgerecht. Der Händler konsolidiert die für eine Filiale bestimmten Ladungsträger am Umschlagspunkt und liefert diese aus, wobei die Zusammensetzung der Ladungsträger unverändert bleibt. Beim 2-stufigen Crossdocking (auch Transit oder Transshipment) kommissioniert der Hersteller artikelreine Ladungsträger für den Umschlagspunkt. Der Händler bricht die Ladungsträger am Umschlagspunkt auf und kommissioniert die Ware filialbezogen neu bevor er sie an die Verkaufsstellen ausliefert.
Abhollogistik
Im Fall der Abhollogistik übernimmt das Handelsunternehmen die Ware direkt beim Hersteller (bspw. an Fabriken, Distributionszentren oder Importhäfen) und steuert den weiteren Warenfluss bis in die Filialen.
Transportoptimierung
Die Massnahmen im Bereich der Transportoptimierung streben eine Verbesserung der Transportmittelauslastung in Bezug auf Fahrzeugkapazitätsauslastung, Leerfahrten und Standzeiten an. Beispiele sind abgestimmte Transportplanungen und die Nutzung von Transportmarktplätzen.
Standardisierung logistischer Einheiten
Die Nutzung standardisierter logistischer Einheiten unterstützt effizientere Warenflüsse zwischen Industrie und Handel. Vereinheitlichte Transportmittel, Mehrwegverpackungen oder Rollcontainer für die Filialbelieferung vereinfachen die Warenein- und Warenausgangsprozesse in allen bestandsführenden Einheiten und ermöglichen eine verbesserte Kapazitätsausnutzung.
Transportmanagement
Belieferungsformen
Bereich
11
Tabelle 2-1: ECR-Massnahmen zur Steuerung des Warennachschubs
2.1.2.2 Demand Management Die Zielsetzung des Demand Managements ist die Umsatz- bzw. Deckungsbeitragssteigerung durch eine Abstimmung von Marketingmassnahmen zwischen Hersteller und Händler.
12
2 Grundlagen
Die Sortimentspolitik steht im Mittelpunkt der Kooperation: das Category Management2 (CM) richtet das Angebot eines Handelsunternehmens in Zusammenarbeit mit den Lieferanten konsequent an den Bedürfnissen der Konsumenten aus [vgl. Dussart 1998, 51; Dupre/Gruen 2004, 445]. Eine Kategorie bzw. Warengruppe3 zum Thema „Rund um das Haar“ kann bspw. aus Färbeprodukten (Anzahl der Farben, Haltbarkeit etc.), des Stylings (Haarsprays/Lacke, Haarfestiger, Gele/Wachse/Cremes, etc.) und der Pflege (Shampoos, Spülungen, Kuren, etc.) bestehen und zusätzlich Kämme, Bürsten, Lockenwickler, Haarspangen und Haartrockner umfassen [s. Schröder/Rödl 2006, 571]. Die Abstimmung zwischen Industrie- und Handelsunternehmen konzentriert sich im CM auf die folgenden drei Bereiche [vgl. Holzkämper 1999, 81ff.; Schmickler/Rudolph 2002, 77ff.; Seifert 2006, 187ff.]: •
Die Sortimentsplanung bzw. -neuausrichtung (Efficient Assortment) legt die konsumentenorientierte Zusammensetzung des Sortiments fest. Zentrale Steuerungsgrössen dieser originären Handelsaufgabe sind Sortimentsbreite und -tiefe. Die Sortimentsbreite definiert die Anzahl „unterschiedlicher“ Güter im Leistungsangebot und damit die Vielfalt der angebotenen Warengruppen. Die Sortimentstiefe hingegen kennzeichnet die Anzahl der Varianten pro Produkt und damit die Reichhaltigkeit innerhalb einer Warengruppe. Ausgewählte Hersteller übernehmen im Fall der kooperativen Sortimentsplanung die Rolle eines Category Captains, indem sie den Händler durch spezifische Informationen und Markt-Know-how in der Sortimentsentscheidung beratend unterstützen [s. Kurtulus/Toktay 2004, 27ff.; Schröder/Rödl 2006, 578].
•
Abgestimmte Verkaufsförderungsaktionen (Efficient Promotions) sollen durch verschiedene Marketinginstrumente den Absatz steigern und die Konsumenten insbesondere zu Probierkäufen bzw. einem Mehrkonsum animieren. Zum Einsatz kommen dabei bspw. Preissenkungen, Rückvergütungen, Sonderverpackungen, Produktzugaben, Preisausschreiben, TV-Werbung oder Direct-Mailing-Aktionen. Im ECR-Idealfall führen Industrie und Handel die Planung, Durchführung und Kontrolle von Aktionen gemeinsam durch.
•
Die Produktentwicklung und -einführung (Efficient Product Introduction) ist traditionell eine zentrale Aufgabe im Marketingmix des Herstellers. Heute gewinnt jedoch der Handel in vielen Warengruppen nicht zuletzt durch Eigenmarken zunehmende Bedeutung in der Produktpolitik. Neben der zwangsläufigen Kooperation in der Produkteinführung arbeiten Industrie und Handel zunehmend auch in vorgelagerten Aufgabenbereichen wie bspw. Neuproduktstrategieentwicklung, Ideen- und Konzeptgenerierung, Wirtschaftlichkeitsbewertung oder Markttests zusammen.
2
CM bedingt nicht zwangsläufig eine Kooperation zwischen Industrie und Handel. Neben dem klassischen rein händlerorientierten CM betreiben auch zunehmend Hersteller ein eigenständiges CM [vgl. Holzkämper 1999, 48 ff.; Schmickler/Rudolph 2002, 67]. Diese Arbeit konzentriert sich auf das kooperative CM. Das Buch verwendet die Begriffe Warengruppe und Kategorie synonym.
3
2.1 Efficient Consumer Response
13
2.1.2.3 Enabler Innovationen in der Informationstechnologie bilden als Enabler die Grundlage für die Umsetzung von ECR-Massnahmen in Marketing und Logistik [s. Keh 1998, 201ff.; van der Heydt 1998, 173ff.; Schmickler/Rudolph 2002, 53ff.]. Überbetriebliche Prozesse setzen den Austausch von Informationen zwischen Industrie und Handel voraus. Zentrale ECR-Enabler sind folglich Standards für die überbetriebliche Kommunikation4: •
Identifikationsstandards dienen der eindeutigen Auszeichnung und Erkennung von Objekten wie bspw. Artikeln oder Lokationen.
•
Nachrichtenstandards vereinheitlichen Meldungen bzw. Dokumente zur überbetrieblichen Auftragsabwicklung (bspw. Bestellung, Lieferankündigung, Rechnung) oder Planung (bspw. Lagerbestände, Bedarfsprognosen). Weitere Beispiele für technologische ECR-Enabler sind die automatisierte Datenerfassung am Point-of-Sale über Scannertechnologie, die Konsumentenidentifikation über Kundenkarten und Entscheidungsunterstützungssysteme für Planungsprozesse wie bspw. Data Warehouse (DW) oder Business Intelligence (BI) Systeme. In der aktuellen ECR-Entwicklung steht der Enabler Radio Frequency Identification (RFID) im Mittelpunkt (s. Abschnitt 2.1.4). 2.1.2.4 Integratoren Übergreifende organisatorische Werkzeuge verbinden als Integratoren die kooperativen Marketing- und Logistikprozesse [vgl. Corsten 2004, 37ff.; GCI 2007b]. Der bekannteste Ansatz betrifft die Einbeziehung von Bedarfsprognosen in die Nachschubsteuerung: Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment (CPFR) steuert den Warennachschub über gemeinsam geplante Abverkaufsprognosen in einem mehrstufigen Planungsprozess [vgl. Stank et al. 1999, 76ff.; Seifert 2002, 55ff.]. Instrumente zum Controlling der ECR-Massnahmen wie die Prozesskostenrechnung (Activity Based Costing) oder die Kundenwertmessung (Consumer Value Management) sollen eine verbesserte Grundlage für Kooperationsentscheidungen bieten.
2.1.3
Stand der Umsetzung
ECR hat sich seit seiner Entstehung zu einem Konzept mit globaler Popularität entwickelt: Industrie- und Handelsunternehmen arbeiten weltweit an der Umsetzung ausgewählter Kooperationsmassnahmen. Dieser Abschnitt liefert zunächst einen Überblick über den Stand der globalen ECR-Umsetzung und charakterisiert
4
Abschnitt 3.2 klassifiziert und beschreibt die für diese Arbeit bedeutenden Standards detaillierter. Die häufig ebenfalls als Enabler charakterisierten Lösungen zur multilateralen Stammdatensynchronisation (Datenpools) beschreibt Abschnitt 3.3.
14
2 Grundlagen
im Anschluss den Status in Europa mit einem Schwerpunkt auf Deutschland, dem grössten europäischen Markt und Vorreiter bei der Umsetzung von ECR-Massnahmen [vgl. ECR Europe 2005, 8ff.]. Globale Umsetzung Die Global ECR Scorecard [s. GCI 2007a] ist ein Internet-basiertes Werkzeug zur Bewertung der ECR-Kompetenzen von Unternehmen. Sie organisiert die verschiedenen ECR-Bereiche und -Massnahmen in einer einheitlichen Struktur und unterstützt die Bewertung der Umsetzung auf einer Skala von 0 („nicht geplant oder umgesetzt“) bis 4 („vollständig implementiert“) zu Auswertungs- und Benchmarking-Zwecken5. Eine Menge von zusätzlich erfassbaren Messgrössen setzt die ECR-Kompetenzen in Bezug zu verbreiteten Leistungskennzahlen. Eine Auswertung für das Jahr 2007 zeigt, dass Industrie- und Handelsunternehmen in den USA eine führende Rolle bei der Umsetzung von logistikorientierten ECR-Massnahmen einnehmen (vgl. Abbildung 2-3): Sie befinden sich in vielen Fällen bereits in der Einführungsphase (Rollout) der beschriebenen Lösungen. Der Abstand der USA lässt sich u. a. durch die hohe Handelskonzentration erklären: grosse Handelsunternehmen wie bspw. Wal-Mart profitieren am stärksten von Logistiklösungen zur Nachschubsteuerung und drängen die Lieferanten zur Umsetzung [vgl. Kurnia/Johnston 2003, 255ff.; Corsten/Kumar 2005, 90]. In Europa zeigt sich aufgrund der unterschiedlichen Distributionsstrukturen in den einzelnen Ländern eine hohe Vielfalt an Umsetzungsstufen, wobei sich der Durchschnitt der Unternehmen mit der Übernahme von ECR-Piloten in den operativen Tagesbetrieb beschäftigt. Während Australien durch handelsgetriebene Initiativen zu Europa aufschliesst [vgl. Kurnia et al. 2002, 116ff.; ECR Australasia 2006, 15], liegt Asien bei der Umsetzung von logistischen ECR-Massnahmen noch weit zurück. Das Beispiel Japan signalisiert die Annahme von ECR-Konzepten in asiatischen Ländern: Während das japanische Distributionssystem traditionell durch eine Vielzahl von Vertriebskanälen und Händlern geprägt ist, fördert die in den letzten Jahren zu beobachtende Konzentration der Handelsunternehmen die zunehmende Implementierung von ECR-Massnahmen [vgl. Fernie 1994, 42; Lohtia/ Subramaniam 2000, 333ff.; Lohtia et al. 2004, 309]. Die Implementierung von CM-Massnahmen zeigt geringe Abweichungen in den einzelnen Regionen. Der im Vergleich zur Logistik höhere Umsetzungsgrad erklärt sich durch niedrigere Anforderungen an IT- und Logistikinvestitionen [vgl. ECR Europe 2005, 10] und die geringere Anzahl potenzieller Kooperationspartner.
5
Die Zuverlässigkeit und Validität der mittels der Scorecard gesammelten Daten kann kritisch hinterfragt werden [vgl. Corsten 2004, 74f.; ECR Europe 2005, 83ff.]. Die derzeit insgesamt über 1200 Datensätze bilden jedoch die weltweit umfangreichste Informationsbasis zur Bewertung der globalen Umsetzung von ECR-Massnahmen.
2.1 Efficient Consumer Response
15
Abbildung 2-3: Globale Umsetzung von kooperativen Logistik- und Marketingmassnahmen in 2007 6
Umsetzung in Deutschland und Europa Europäische Industrie- und Handelsunternehmen schätzen die Bedeutung von ECR-Massnahmen nach wie vor als sehr hoch ein [s. GS1 Germany et al. 2005, 7; Thonemann et al. 2005, 24ff.]. Deutsche Unternehmen rechnen mit realisierbaren Kostensenkungs- und Umsatzsteigerungspotenzialen von jeweils 1-2 %, wobei sie der kooperativen Logistik durchgehend mehr Potenzial als dem kooperativen Marketing zurechnen [s. GS1 Germany et al. 2005, 9]. Der heutige Umsetzungsgrad von ECR-Massnahmen steht hingegen teilweise im klaren Widerspruch zu den Potenzialeinschätzungen. Im Logistikbereich sind kooperative Formen des Bestandsmanagements trotz ihrer Kostensenkungspotenziale noch nicht weit über das Pilotstadium hinausgekommen, wobei der Handel für die Zukunft das CMI-Modell favorisiert (vgl. Abbildung 2-4). Das Zentrallager dominiert bei den Belieferungsformen das Streckengeschäft. Crossdocking und die Abhollogistik spielen eine immer entscheidendere Rolle in der Logistik [vgl. Thonemann et al. 2005, 68ff.]. CM-Massnahmen gehören für etwas über die Hälfte der Unternehmen zum Tagesgeschäft, wobei die Kooperationsschwerpunkte in der Sortimentsplanung und Verkaufsförderung liegen [s. GS1 Germany 2007, 60f.].
6
Auswertung auf Basis von Daten der Global ECR Scorecard [s. GCI 2007a].
16
2 Grundlagen
Bestandsmanagement Anteil Handelsumsatz (%) Buyer Managed Inventory
2007
94,7
3,2
2,1 Co-Managed Inventory
Zielgrösse
84,6
10,7
4,7 Vendor Managed Inventory
Belieferungsformen Anteil Handelsumsatz (%) 2007 Zielgrösse (n=43)
Zentrallagerbelieferung
52 35
29 21
16 38
3 6
Direktbelieferung Crossdocking Abhollogistik
Abbildung 2-4: Umsetzung von ECR-Logistikmassnahmen in Deutschland [vgl. GS1 Germany 2007]
Im Bereich der Enabler dominiert der Austausch von Nachrichten über Electronic Data Interchange (EDI) im EANCOM-Format (vgl. Abbildung 2-5). Die elektronische Übermittlung von Auftragsabwicklungsnachrichten wie Bestellungen, Lieferankündigungen und Rechnungen sowie Planungsnachrichten wie Lagerbestandsdaten ist bereits weit verbreitet und wird zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen [vgl. Thonemann et al. 2005, 117f.]. Neben Nachrichten im XMLFormat spielen in der Zukunft insbesondere Mechanismen zur Mensch-MaschineIntegration wie Web EDI und Portale eine wichtige Rolle [s. GS1 Germany et al. 2005, 18f.]. Die Studien täuschen nicht darüber hinweg, dass nach wie vor ca. ein Drittel der Transaktionen auf manuellem Datenaustausch über Telefon, Fax, Email, usw. beruhen [s. GS1 Germany et al. 2005, 18f.]. Die technische und organisatorische Verbindung von Supply und Demand Management über Integratoren ist heute unzureichend umgesetzt: Logistik und Marketing arbeiten häufig auf getrennten Systemen und integrierte Ansätze wie CPFR sind häufig zu kompliziert und kostenintensiv für die Umsetzung in der täglichen Praxis [vgl. Fernie 2004, 34; Thonemann et al. 2005, 123f.].
2.1 Efficient Consumer Response
17
Abbildung 2-5: Nutzung ausgewählter EANCOM-Nachrichten in Deutschland [vgl. GS1 Germany 2007]
2.1.4
Erfolgsfaktoren und Trends
Erfolgsfaktoren Die Literatur diskutiert eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die sich positiv oder negativ auf die Umsetzung von ECR-Kooperationen auswirken und die skizzierte Abweichung zwischen Relevanzeinschätzung und Umsetzungsgrad erklären [vgl. van der Heydt 1998, ; Kurnia/Johnston 2000, 2ff.; Schmickler/Rudolph 2002, 105ff.; Corsten/Kumar 2005, 82; Seifert 2006, 261ff.]. Eine Vielzahl der genannten Erfolgsfaktoren sind praktisch gültig für jedes Transformationsprojekt und betreffen Einflussgrössen wie bspw. die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter, die Management-Unterstützung oder Ziel- bzw. Prioritätenkonflikte. Unter den spezifischeren, organisatorischen und technischen Voraussetzungen für erfolgreiche ECR-Kooperationen tritt die Verfügbarkeit und Qualität der ausgetauschten Daten hervor [vgl. Lebensmittel Zeitung et al. 2004, 33; GS1 Germany et al. 2005, 21; GS1 Germany 2007, 69f.]: Wesentliche Schwierigkeiten bei der Realisierung vieler ECR-Massnahmen liegen in Datenproblemen begründet (vgl. Abbildung 2-6). Insbesondere fehlerhafte Stammdaten führen zu hohen Fehlerquoten und manuellen Nachbearbeitungsaufwänden in ECR-Prozessen [s. Capgemini/GCI 2005, 6ff.; Accenture 2006, 7ff.]. Fehlerfreie und synchronisierte Stammdaten zwischen Handel- und Industrieunternehmen stehen als kritischer Erfolgsfaktor im Mittelpunkt von erfolgreichen ECR-Kooperationen [vgl. Thonemann et al. 2005, 105].
18
2 Grundlagen
Hemmnisse EDI / Supply Management Top-3-Nennungen Industrie (%)
Top-3-Nennungen Handel (%)
(n=84)
(n=43)
86
Datenprobleme Kosten & Aufwand Bereitschaft der Partner
27 27
Kosten & Aufwand Datenprobleme Fähigkeit der Partner
65 42 29
Hemmnisse Category Management
Datenprobleme Umsetzung der Vereinbarungen Bereitschaft der Partner
Top-3-Nennungen Industrie (%)
Top-3-Nennungen Handel (%)
(n=84)
(n=43)
56 44 22
Datenprobleme Bereitschaft der Partner Umsetzung der Vereinbarungen
36 21 14
Abbildung 2-6: Hemmnisse der ECR-Umsetzung in Deutschland [vgl. GS1 Germany 2007]
Trends Die grundlegenden ECR-Koordinationsbereiche und -massnahmen haben sich im Zeitablauf seit ihrer Entwicklung nicht massgeblich verändert [vgl. Reyes/Bhutta 2005] und Unternehmen sind nach wie vor mit der Umsetzung beschäftigt. Die bedeutendste Entwicklung mit ECR-Bezug in den letzten Jahre ist Radio Frequency Identification (RFID): Die Auszeichnung von Objekten mit RFIDTranspondern erlaubt es Informationssystemen, Objektdaten über funkwellenbasierte Lesegeräte automatisch in Echtzeit und zu einem Bruchteil der manuellen Erfassungskosten zu sammeln [vgl. Fleisch et al. 2005, 3ff.]. Die Möglichkeit der wirtschaftlicheren Erfassung feingranularer Daten zur Prozesssteuerung macht RFID zu einem wesentlichen ECR-Enabler. Der Schwerpunkt heutiger operativer RFID-Anwendungen liegt dabei in der Leistungssteigerung bestehender Prozesse: RFID-Pioniere wie Wal-Mart und Metro nutzen bspw. die Möglichkeiten der automatischen Datenerfassung in der Logistik zur Reduktion von Arbeitskosten, Beständen, Warenschwund und Fehlmengen7 [vgl. Tellkamp/Haller 2005, 227f.; Lee/Özer 2007, 41f.]. Umfangreiche strukturelle Prozessinnovationen auf der Basis von RFID sind in der Praxis hingegen noch nicht zu beobachten [vgl. Lee 2007, 67f.]. Eine von führenden Industrie- und Handelsunternehmen gemeinsam entwickelte ECR-Vision für das Jahr 2016 fasst weitere in der Zukunft bedeutende Kooperationsthemen zusammen [s. GCI 2006; Jordan/van der Pluijm 2007]. Trends in der Logistik umfassen die stärkere Integration der Vorlieferanten von Rohmaterialien 7
Durch RFID-unterstützte Regalbefüllungsprozesse in 12 Filialen konnte Wal-Mart bspw. die durchschnittlichen Fehlmengen (Out-of-Stocks) der insgesamt 4'554 untersuchten Produkte im Vergleich zu den Filialen der Kontrollgruppe um knapp ein Drittel senken [s. Hardgrave et al. 2006, 8f.].
2.2 Betriebliches Datenmanagement
19
und Verpackungen in die Bedarfs- und Transportplanung (Synchronized Production / Gobal Upstream Integration) sowie eine Zunahme von Heimlieferservices (Home Fulfillment) verbunden mit ökologisch nachhaltigen Logistikkooperationen (Integrated / Sustainable Logistics) wie bspw. Pick-Point-Konzepten oder unternehmensübergreifenden City-Logistik-Modellen. Auf der Marketingseite steht die engere Kommunikation mit dem Konsumenten (Shopper Dialogue) im Mittelpunkt: der technologiegestützte Dialog mit dem Kunden verbunden mit einem besseren Informationsaustausch zwischen Industrie und Handel soll die Entwicklung kundenorientierter Angebote verbessern.
2.2
Betriebliches Datenmanagement
2.2.1
Ziele und Aufgaben
Das betriebliche Datenmanagement ist Bestandteil des Informationsmanagements [vgl. Krcmar 2005, 47ff.]. Primäres Ziel der Funktion ist die effektive Nutzung von Daten im Unternehmen [s. Krcmar 2005, 111]. Vor diesem Hintergrund umfasst das Datenmanagement als Unterstützungsprozess alle organisatorischen und technischen Aufgaben, die der Planung, Beschaffung, Organisation, Nutzung und Entsorgung von Daten im Unternehmen dienen [vgl. Schulte 1987; Dippold et al. 2005, 21]. Neben der Definition einer Datenstrategie umfassen zentrale Aufgabenbereiche des Datenmanagements (1) die Festlegung der organisatorischen Verantwortung der Datenverwaltung und (2) die Entwicklung eines Datenmodells [vgl. Krcmar 2005, 111]. Im Anschluss an die Abgrenzung der wesentlichen Arten von Daten beschreiben die folgenden Abschnitte die Inhalte der genannten Aufgabenbereiche detaillierter.
2.2.2
Definition und Abgrenzung von Datenarten
Daten stellen Informationen in einer maschinell verarbeitbaren Form dar [s. Hansen/Neumann 2005, 6]. Sie bilden die Grundlage der betrieblichen Informationsverarbeitung. Abbildung 2-7 unterscheidet nach dem Verwendungszweck und der Veränderbarkeit von Daten vier grundlegende Arten [s. Wedekind 2001, 72; Hansen/Neumann 2005, 8f.; Lassmann 2006, 218]: •
Stammdaten (engl.: master data) sind zustandsorientierte Daten, welche die Kernentitäten bzw. -objekte eines Unternehmens beschreiben. Die wichtigsten Stammdatenobjekte sind Kunden, Lieferanten, Produkte, Anlagegüter, Personal und Konten [vgl. Mertens 2004, 21; White et al. 2004, 3f.]. Stammdaten bleiben im Volumen über den Zeitablauf relativ konstant und weisen eine vergleichsweise geringe Änderungshäufigkeit auf. Eine spezielle Form von Stammdaten sind Referenzdaten. Sie dienen ausschliesslich der Klassifi-
20
2 Grundlagen zierung von Stammdatenobjekten mittels extern verwalteter Codelisten bzw. -tabellen [s. Chisholm 2000, 2f.; Chisholm 2006; Künsch 2006]. Sehr oft fliessen Ergebnisse von Standardisierungsinitiativen in die Referenzdaten ein. Beispiele sind Codes für Länder, Währungen oder Sprachen der Internationalen Organisation für Normung (ISO) sowie Produktklassifikationen oder Gefahrgutklassen.
•
Bestandsdaten (engl.: inventory data) sind zustandsorientierte Daten, die die betriebliche Mengen- und Wertestruktur beschreiben. Typische Bestandsdaten sind Lagerbestände, Kontostände oder Produktionskapazitäten. Die Bestandsdaten unterliegen durch das Betriebsgeschehen einer systematischen Veränderung, sodass sie im Zeitablauf eine hohe Änderungshäufigkeit aufweisen. Im Volumen bleiben sie relativ konstant.
•
Bewegungsdaten (engl.: transaction data) sind abwicklungsorientierte Daten, die betriebswirtschaftliche Vorgänge beschreiben. Typische Bewegungsdaten sind Aufträge, Lagerbewegungen oder Rechnungen. Bewegungsdaten entstehen immer wieder neu im Rahmen der Geschäftstätigkeit, d. h. sie verändern sich im Zeitablauf häufig und nehmen im Volumen mit dem Geschäftsverlauf zu. Bewegungsdaten verändern die Bestandsdaten.
•
Änderungsdaten (engl.: change data) sind abwicklungsorientierte Daten, die eine Änderung der Stammdaten auslösen. Beispiele sind die Änderung einer Kundenadresse oder die Einführung einer neuen Produktverpackung. Änderungsdaten wachsen im Zeitverlauf, die Volumensteigerung und Änderungshäufigkeit ist jedoch deutlich geringer als bei den Bewegungsdaten.
Abbildung 2-7: Typologie von Datenarten
2.2.3
Organisation des Datenmanagements
Datenbezogene Aufgaben können im betrieblichen Alltag über eine Vielzahl von Organisationseinheiten und Prozessen verteilt sein. Die Organisation des Datenmanagements gewährleistet über einen Ordnungsrahmen die Verwaltung von Daten bei verteilter Verantwortung [vgl. Legner/Otto 2007, 6].
2.2 Betriebliches Datenmanagement
21
Sie definiert die Abläufe bzw. Prozesse im Datenmanagement (Ablauforganisation) sowie die strukturorganisatorische Einbindung des Datenmanagements in das Unternehmen (Aufbauorganisation) [vgl. Schulte 1987, 27; Gemünden/Schmitt 1991, 24; Meier 1994, 456ff.]. Ablauforganisation Die Datenmanagement-Prozesse definieren die wesentlichen Leistungen und Aufgabenfolgen der betrieblichen Datenverarbeitung. Abbildung 2-8 zeigt die grundlegenden Teilprozesse im Datenmanagement [vgl. Dippold et al. 2005, 14ff.]: •
Die Datenplanung sichert die bedarfsgerechte Versorgung der Geschäftsprozesse mit den benötigten Daten. Der Prozess regelt unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und in Abstimmung mit der Datenstrategie den Abgleich von objektivem Bedarf, Nachfrage und Angebot von Daten [vgl. Dippold et al. 2005, 15; Krcmar 2005, 59ff.].
•
Die Datenbeschaffung regelt alle Aufgaben zur Besorgung der in der Datenplanung identifizierten Daten aus unternehmensinternen oder -externen Datenquellen.
•
Die Datenorganisation steuert die Verwaltung der Daten im engeren Sinn. Neben der Strukturierung und Speicherung von Datenobjekten zählen hierzu bspw. Abläufe zur Ergänzung, Änderung und Verteilung von Daten. Probleme der Datensicherheit und des Zugriffsschutzes fallen ebenfalls in diesen Bereich.
•
Die Datennutzung liefert die Daten als Schnittstelle zu den Geschäftsprozessen an die berechtigten Personen und Systeme aus. Durch die Nutzung der Daten können neue Anforderungen entstehen, die wiederum in die Datenplanung und -beschaffung einfliessen.
•
Die Datenentsorgung steuert Auslauf und Löschung von nicht mehr benötigten Daten.
•
Das Datenqualitätsmanagement kontrolliert die Qualität der verwendeten Daten. Es definiert Qualitätsanforderungen, misst deren Erfüllung anhand entsprechender Messgrössen, analysiert potenzielle Soll-Ist-Abweichungen und leitet Verbesserungsmassnahmen ein [s. Helfert 2000, 68; Auth 2004, 190].
•
Das Datencontrolling ist der Führungsprozess des Datenmanagements. Es steuert und entwickelt die anderen Teilprozesse anhand von Führungsgrössen in den Dimensionen Zeit, Qualität und Kosten.
22
2 Grundlagen
Abbildung 2-8: Teilprozesse im Stammdatenmanagement
Aufbauorganisation Die Organisationsstruktur verankert die Datenmanagementaufgaben in der Aufbauorganisation des Unternehmens. Verbreitet sind drei Varianten der aufbauorganisatorischen Eingliederung des Datenmanagements im Unternehmen [vgl. Gemünden/ Schmitt 1991, 28; Meier 1994, 457f.]: •
Die Organisation als Stabsstelle der Unternehmensleitung verschafft dem Datenmanagement auf den ersten Blick den grössten Einfluss durch direkteren Zugang zu den höchsten Leitungsebenen. In der Praxis haben Stabsstellen jedoch häufig Schwierigkeiten in der Durchsetzung von Lösungen, da sie zu weit entfernt von den operativen Linien arbeiten [s. Meier 1994, 457].
•
Die Organisation als eigene Abteilung positioniert das Datenmanagement i. d. R. im Informatikbereich. In der Praxis bewährt hat sich die Einordnung in einem Architekturbereich oder als Stabsstelle der Informatik-Leitung [vgl. Meier 1994, 457; Mertens/Knolmayer 1998, 75].
•
Die Organisation als Matrix positioniert das Datenmanagement als Bindeglied zwischen Fachbereich und Informatik. Durch die Präsenz in den Fachbereichen erhält das Datenmanagement einen besseren Überblick über die datenbezogenen Aktivitäten im Unternehmen.
2.2.4
Datenmodell
Das Datenmodell stellt die im Rahmen der Datenstrategie und -planung identifizierten Datenobjekte mit ihren Beziehungen dar [vgl. Krcmar 2005, 112]. Ziel des Modells ist die konzeptionelle, implementierungsunabhängige, semantische Beschreibung der Datenobjekte im Unternehmen. Basierend auf definierten fachlichen Begriffen bildet es die gemeinsame Kommunikationsbasis der am Datenmanagement beteiligten Personen und dient als Grundlage für die systemseitige Implementierung von Datenstrukturen und -verteilung [vgl. Gemünden/Schmitt 1991, 25]. Wichtige Unterscheidungsmerkmale von Datenmodellen sind das Anwendungsgebiet und die Art der Dokumentation.
2.2 Betriebliches Datenmanagement
23
Anwendungsgebiet Unternehmen setzen Datenmodelle zu unterschiedlichen Zwecken ein. Abbildung 2-9 unterscheidet die verschiedenen Anwendungsgebiete von Datenmodellen [vgl. Dippold et al. 2005, 77f.; Krcmar 2005, 113]: •
Unternehmensdatenmodelle beschreiben die wesentlichen Daten eines Unternehmens auf einem hohen Abstraktionsniveau um ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln und eine Begriffsnormierung der wichtigsten Datenklassen durchzusetzen.
•
Bereichsdatenmodelle bilden sämtliche relevanten Datenobjekte eines Unternehmensbereichs detailliert ab8. Die sehr umfangreichen Modelle eignen sich zum Entwurf integrierter Anwendungen.
•
Anwendungsdatenmodelle spezialisieren Bereichsdatenmodelle durch Daten für einzelne Anwendungen.
•
Datenbankmodelle implementieren die Anwendungsdatenmodelle auf der Systemebene. Der Erfolg eines Datenmodells hängt insbesondere auf der Normierungs- und Erklärungsebene wesentlich von einer zweckmässigen Fokussierung ab. So sind die Mitte der 80er Jahre unternommenen, aufwendigen Versuche der (Eigen-)Entwicklung detaillierter unternehmensweiter Datenmodelle in der Praxis gescheitert. Anstelle des Versuchs sämtliche Datenanforderungen des Unternehmens in einem Modell zu integrieren, konzentriert sich ein Erfolg versprechendes Modell nach dem Prinzip eines Kerndatenmodells [vgl. Dippold et al. 2005, 82ff.] unter Kombination aus einem Top-down- und Bottom-up-Entwurf auf die in der Datenstrategie identifizierten zentralen Objekte und Attribute.
Abbildung 2-9: Anwendungsgebiete betrieblicher Datenmodelle
8
Umfasst der modellierte Bereich das gesamte Unternehmen bezeichnet die Literatur den Modelltyp auch als unternehmensweites Datenmodell [vgl. Gemünden/Schmitt 1991, 26 ff.; Dippold et al. 2005, 78].
24
2 Grundlagen
Dokumentation Datenmodelle lassen sich auf verschiedene Arten dokumentieren. Die Alternativen der Modellbeschreibung unterscheiden sich in ihrer Ausdrucksstärke (vgl. Abbildung 2-10). Während natürlichsprachliche Beschreibungen von Datenmodellen bspw. in Form von Texten oder Glossaren grosse Interpretationsspielräume lassen, unterstützen verbreitete Modellierungssprachen wie das Entity Relationship Diagramm (ERD) oder die Unified Modelling Language (UML) eine präzisere Datendefinition. Die Vision des Semantic Web [s. Berners-Lee et al. 2001] stellt ausdrucksstärkere Modellierungsformen ins Zentrum der Forschung: Ontologien beschreiben Objekte eines Anwendungsbereichs unter Nutzung formaler, logikbasierter Modellierungssprachen wie bspw. der Web Ontology Language (OWL) [vgl. Daconta et al. 2003, 181ff.; Fensel 2004, 10ff.]. Die Modellierung in Form von logischen Theorien mit unterstützenden Inferenzmaschinen verlagert die Interpretation von Daten aus den datennutzenden Anwendungen in die Datenmodelle selbst. Diese Technologie soll die Integration von Daten aus verschiedenen Quellen in Anwendungsbereichen wie Wissensmanagement und B2B-Integration vereinfachen [vgl. Mädche et al. 2001, 394f.; Fensel 2004, 89ff.].
Abbildung 2-10: Beispielhafte Möglichkeiten zur Dokumentation von Datenmodellen [vgl. Daconta et al. 2003, 157; Uschold/Gruninger 2004, 59]
2.3
Unternehmens- und Referenzarchitekturen
2.3.1
Unternehmensarchitekturen
Unternehmensarchitekturen sind zentrale Modelle des Business Engineering, welche ausgewählte Bestandteile eines Unternehmens mit ihren Beziehungen darstellen. Aus Gründen der Komplexitätsreduktion und Beherrschbarkeit umfassen Unternehmensarchitekturen i. d. R. mehrere Teilmodelle, welche ein Unternehmen in verschiedenen Perspektiven darstellen [vgl. Sinz 1999, 1036ff.]. Beziehungen zwischen den einzelnen Teilarchitekturen stellen die Konsistenz der Gesamtarchitektur sicher.
2.3 Unternehmens- und Referenzarchitekturen
25
Einem Top-down-Ansatz folgend beschreiben bzw. entwerfen Architekturebenen ein Unternehmen in zunehmender Implementierungsnähe aus strategischer, organisatorischer und systemseitiger Perspektive [s. Alt et al. 2004, 24ff.]: •
Geschäftsarchitekturen definieren die Grundsätze des Geschäfts. Im Mittelpunkt des Entwurfs stehen Kundensegmente, Geschäftsfelder und Wertschöpfungsmodelle [vgl. Winter 2003b 95ff.; Alt et al. 2004 24ff.].
•
Prozessarchitekturen beschreiben den Gesamtzusammenhang von Leistungsentwicklung, -erstellung und -vertrieb [s. Winter 2004 318]. Sie spezifizieren Leistungen, Abläufe, Führung und organisatorische Verteilung von Prozessen in Unternehmen und Geschäftsnetzwerken [vgl. Winter 2003b 103ff.].
•
Applikationsarchitekturen beschreiben in einer funktionalen, logischen Perspektive Integrationsbereiche auf der Ebene des Informationssystems [vgl. Alt et al. 2004, 43; vgl. Puschmann 2004, 26f.]. Sie spezifizieren Anwendungssysteme, die Funktionen und Daten zur Unterstützung betrieblicher Aufgaben bündeln.
•
Integrationsarchitekturen beschreiben die Verbindung von Funktionen und Daten verteilter Anwendungen [vgl. Alt et al. 2004, 46; vgl. Puschmann 2004, 27; Schwinn 2005, 27]. Sie spezifizieren die Kommunikation zwischen Anwendungen über standardisierte Schnittstellen.
•
Infrastrukturarchitekturen bilden die Grundlage von Applikations- und Integrationsarchitekturen. Sie spezifizieren mit Plattform- und Netzwerkkomponenten den physischen Betrieb von Anwendungen und Middleware [vgl. Puschmann 2004 33ff.]. Die einzelnen Ebenen ergänzende Architektursichten detaillieren je nach Bedarf ausgewählte Teilaspekte innerhalb der Ebenen oder auch Ebenen übergreifend [vgl. Sinz 1999, 1036f.; Winter/Fischer 2007, 9]. Beispiele für typische Sichten sind Sicher-heits-, Daten- oder Kommunikationsarchitekturen [s. Hafner 2005, 34ff.].
2.3.2
Referenzarchitekturen
Referenzarchitekturen bilden eine spezielle Klasse von Informationsmodellen. Während unternehmensspezifische Architekturen Lösungen für konkrete Unternehmen beschreiben oder entwerfen, formulieren Referenzarchitekturen Empfehlungen für eine Klasse von Unternehmen [vgl. Schütte 1998, 66; Becker et al. 2002, 1392]. Sie unterstützen die Konstruktion unternehmensspezifischer Architekturen, indem sie als Ausgangslösung die Ableitung individueller, konkretisierter Lösungen vereinfachen [vgl. Thomas 2006, 16f.]. Ein Vorgehen zur Referenzmodellierung umfasst die in Abbildung 2-11 gezeigten Prozesse der Architekturentwicklung und -anwendung [vgl. Schlagheck 2000, 78; Fettke/Loos 2005, 22f.]. Die Architekturentwicklung entwirft eine Referenzarchitektur. Typische Aufgabenbereiche des Entwurfsprozesses sind Problemdefinition, Analyse und Entwicklung, Bewertung sowie die Pflege bzw. Weiterentwicklung
26
2 Grundlagen
der Architektur. Die Architekturanwendung verwendet eine Referenzarchitektur als Ausgangsbasis für den Entwurf einer unternehmensspezifischen Lösung. Aufgabenbereiche umfassen die Problemdefinition, die Suche und Auswahl geeigneter Referenzarchitekturen, die Anpassung und Entwicklung sowie die Nutzung der angepassten Architektur.
Abbildung 2-11: Vorgehen der Referenzmodellierung
Die Nutzung von Referenzarchitekturen beschleunigt Business Engineering-Projekte und steigert die Qualität der umgesetzten Lösung durch einen Transfer von betriebswirtschaftlichem Know-how [vgl. Becker et al. 2002; Fettke/Loos 2005, 20; Scheer/Thomas 2006, 1392].
2.4
Zusammenfassung
ECR ist ein Ansatz zur Neugestaltung der wertschöpfenden Prozesse zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Das Konzept verspricht die Realisierung von beiderseitigen Kosten- und Umsatzvorteilen durch eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Logistik, Marketing und Informationsmanagement. ECR ist ein wesentlicher Treiber für das überbetriebliche Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie: Fehlerfreie und synchronisierte Stammdaten sind ein kritischer Erfolgsfaktor für sämtliche ECR-Kooperationen. Das betriebliche Datenmanagement umfasst als Bestandteil des Informationsmanagements sämtliche organisatorischen und technischen Aufgaben, die der Planung, Beschaffung, Organisation, Nutzung und Entsorgung von Daten im Unternehmen dienen. Lösungen in den zentralen Aufgabenbereichen Organisation und Datenmodell bieten sich als Referenzpunkte für die Übertragung auf den Spezialfall des überbetrieblichen Stammdatenmanagements an.
2.4 Zusammenfassung
27
Unternehmensarchitekturen sind zentrale Modelle des Business Engineering. Sie unterstützen eine ingenieurwissenschaftliche Umsetzung von Geschäftslösungen auf strategischer, organisatorischer und informationstechnischer Ebene durch die durchgängige Beschreibung von Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven. Referenzarchitekturen formulieren allgemeingültige Empfehlungen für eine Klasse von Unternehmen. Dieses Buch entwickelt eine Referenzarchitektur für das Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Sie bietet Unternehmen aus diesen Branchen Hilfestellung durch Gestaltungsempfehlungen auf der Prozess- und Integrationsebene. Das in der Architektur gebündelte Knowhow beschleunigt Umsetzungsprojekte und steigert die Qualität der entwickelten Stammdatenmanagement-Lösungen. Tabelle 2-2 fasst den Beitrag der erarbeiteten Grundlagen für dieses Buch zusammen. Grundlage
Beitrag für das Buch
Efficient Consumer Response
Als wesentliche Treiber des Themas unterstreichen die ECR-Konzepte die Notwendigkeit leistungsfähiger Lösungen für das überbetriebliche Stammdatenmanagement. Die einzelnen ECR-Integrationsbereiche und Kooperationsmassnahmen unterstützen die Ableitung von Synchronisationsbedarfen in Abschnitt 3.1.3.
Betriebliches Datenmanagement
Das betriebliche Datenmanagement erlaubt die Übertragung und Anpassung bestehender Lösungskonzepte auf den Bereich des Stammdatenmanagements. Wesentliche Beiträge betreffen die Strukturierung des Ordnungsrahmens in Abschnitt 4.1, die Identifikation und -abgrenzung von Stammdatenmanagement-Prozessen in Abschnitt 4.3.2.2 und die Definition einer Organisationsstruktur in Abschnitt 4.3.3.
Unternehmensund Referenzarchitekturen
Kernergebnis des Buches ist eine Referenzarchitektur für das überbetriebliche Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Die eingeführten Architekturebenen und -sichten dienen der Strukturierung des Ordnungsrahmens der Referenzarchitektur in Abschnitt 4.1. Gleichzeitig definieren sie als Leitlinie die grundlegenden Gestaltungselemente der einzelnen Architekturbereiche in den Abschnitten 4.2 bis 4.4. Tabelle 2-2: Beitrag der Grundlagen für dieses Buch
3
Stand der Praxis
Die überbetriebliche Stammdatensynchronisation garantiert die einheitliche Interpretation von Transaktionsdaten durch den transaktionsunabhängigen Austausch von Stamm- und Änderungsdaten. Nach einer Beschreibung und Eingrenzung der zwischen Industrie und Handel abzugleichenden Stammdatenobjekte und -attribute (s. Abschnitt 3.1) systematisiert das Kapitel bestehende Standards, die den überbetrieblichen Stammdatenaustausch vereinfachen (s. Abschnitt 3.2). Die multilaterale Stammdatensynchronisation über zentrale Datenpools bietet sich als Alternative zum bilateralen Datenabgleich an. Eine Studie der aktuellen Marktsituation charakterisiert das Leistungsangebot und die Verbreitung von Stammdatenpools (s. Abschnitt 3.3). Ergebnisse eines Aktionsforschungsprojekts verdeutlichen die grundlegenden Problembereiche des überbetrieblichen Stammdatenmanagements in der heutigen Praxis und dienen als Basis für die Ableitung von Anforderungen an die Referenzarchitektur (s. Abschnitt 3.4).
3.1
Stammdatensynchronisation
3.1.1
Grundlagen
Stammdatensynchronisation
Stammdatensynchronisation
Zur Umsetzung von kooperativen ECR-Prozessen implementieren Industrie und Handel zwei komplementäre Datenaustauschbeziehungen (vgl. Abbildung 3-1). Der Transaktionsdatenaustausch koordiniert durch die Übermittlung von Bewegungs- oder Bestandsdaten die überbetrieblichen Leistungsprozesse. Typische Nachrichten sind Aufträge, Rechnungen, Liefermeldungen oder Lagerbestandsberichte.
Abbildung 3-1: Stammdatensynchronisation als Basis der Prozessintegration
30
3 Stand der Praxis
Um eine einheitliche Interpretation der Nachrichten auf beiden Seiten zu gewährleisten, ist zusätzlich eine Übermittlung von Stamm- und Änderungsdaten notwendig [vgl. Vermeer 2001, 58f.]. Eine typische Auftragsnachricht enthält bspw. eine Kunden- und Produktidentifikation sowie Mengen- und Preisinformationen. Da die Nachricht keine weiteren Informationen beinhaltet, können die Geschäftspartner die Transaktion nur korrekt abwickeln wenn sie vorgängig Informationen bspw. zum Geschäftspartner (Wohin soll geliefert werden? Wie erfolgt die Bezahlung?), Produkt (Welche Produkte werden angeboten / bestellt? Wie sind diese identifiziert? In welchen Mengeneinheiten soll geliefert werden?) und Konditionen (Wie sind die Skontobedingungen? Ist der vereinbarte Mengenrabatt erreicht?) ausgetauscht haben. Der Abgleich dieser Kontextinformationen1 durch den transaktionsunabhängigen Austausch von Stamm- und Änderungsdaten wird als Stammdatensynchronisation (engl.: master data synchronization) oder Stammdatenabgleich (engl.: master data alignment) bezeichnet [vgl. Vermeer 2001, 58f.].
3.1.2
Stammdatenobjekte
Überbetriebliche Marketing- und Logistikprozesse setzen den Abgleich von Stammdaten zu Produkten, Geschäftspartnern und Konditionen voraus [vgl. Nakatani et al. 2006, 974f.]. Abbildung 3-2 zeigt die wesentlichen zwischen Handel und Konsumgüterindustrie abzugleichenden Stammdatenobjekte mit ihren Beziehungen in Notation eines UML Klassendiagramms [vgl. Balzert 2005, 24].
1
[Siegel/Madnick 1991; Madnick 1995] führen das Thema Datensynchronisation unter der Bezeichnung Context Interchange ein.
3.1 Stammdatensynchronisation
31 Set, Lot, Display, Sammelartikel, Leergutartikel
Grunddaten, Bestelldaten, Logistikdaten, Spezifikationsdaten
Warengruppenhierarchie
0..1
Warengruppe
Verpackungshierarchie
Artikelstruktur
0..n
0..n 1
Einzelstück, Karton, Lage, Palette
0..n
Artikel
0..n
0..n 0..n
0..n
1..n
Logistische Einheit
0..n
0..n 0..n
0..n
Konditionsbedingung
Zeit
0..n 0..n 0..n
Geschäftspartnerrolle
1..n
0..n 0..n
0..n
Geschäftspartner
Massintervall
0..n
Konditionsfolge
Geschäftspartnerstruktur 0..1
Kondition
0..n
Abbildung 3-2: Abzugleichende Stammdatenobjekte und -strukturen
Artikelstammdaten Der Artikel2 bildet als zentrales Stammdatenobjekt der Warenwirtschaft den Kern der auszutauschenden Stammdaten. Aufgrund der Verwendung des Datenobjekts in nahezu sämtlichen betrieblichen Funktionen existiert eine Vielzahl von Attributen zu seiner Beschreibung. Grundsätzlich lassen sich die Artikelstammdaten dahin gehend unterscheiden, ob sie von Industrie- oder Handelsprozessen verwendet werden. Die Industriedaten unterteilen sich weiter in zwei Verwendungsbereiche [vgl. Scheer 1997, 91f.; Mertens 2004, 24ff.]: •
Betriebswirtschaftlich-planerische Daten unterstützen die auftragsbezogenen Prozesse vom Vertrieb über Fertigungsplanung, Materialbeschaffung, Produktion und Versand bis zum Service.
2
Während auf Handelsseite der Begriff Artikel dominiert, spricht die Industrie i. d. R. vom (Fertig-)Produkt. Das Buch verwendet beide Begriffe synonym.
32
3 Stand der Praxis
•
Produktorientiert-technische Daten unterstützen den Entwicklungs- und Herstellungsprozess in Bereichen wie Marketing, Forschung und Produktentwicklung. Die genannten drei Verwendungsbereiche sind nicht überschneidungsfrei. Abbildung 3-3 illustriert eine erweiterte Kategorisierung der Artikelstammdaten in Form eines Mengendiagramms. betriebswirtschaftlich-planerische Industriedaten
5: Industrieinterne Daten (betriebswirtschaftlich) 2: Bestell- und Logistikdaten 6: Industrieinterne Daten (übergreifend)
1: Grunddaten
4: Handelsinterne Daten
Handelsdaten
3: Spezifikationsdaten 7: Industrieinterne Daten (technisch)
produktorientiert-technische Industriedaten
Abbildung 3-3: Datenbereiche der Artikelstammdaten
Die Schnittmengen zwischen Industrie- und Handelsdaten definieren die Datenbereiche mit Abstimmungsbedarfen (vgl. Tabelle 3-1): •
Die Grunddaten umfassen die identifizierenden und allgemein beschreibenden Attribute eines Artikels wie bspw. Artikelnummer und Basistexte. Klassifizierende Daten zur Artikelgruppierung (Produkt- bzw. Warengruppenzuordnung) sind ebenfalls Teil der Grunddaten.
•
Die Bestelldaten setzen sich aus Attributen mit Verwendung in Ein- und Verkaufsprozessen zusammen. Beispiele sind Preise, Vertriebstexte, Bestellmengeneinheiten oder Planlieferzeiten.
•
Die Logistikdaten fassen Informationen eines Produkts mit Einfluss auf die logistische Abwicklung zusammen. Beispiele sind Gewichts- und Volumendaten sowie spezielle Transport- und Lagerungsanforderungen. Die Verbindungen zu logistischen Einheiten (Verpackungshierarchie) sind ebenfalls Teil der Logistikdaten.
•
Die Spezifikationsdaten beschreiben die grundlegenden Eigenschaften des Produkts. Sie sind sortiments- bzw. warengruppenspezifisch und enthalten
3.1 Stammdatensynchronisation
33
Attribute, die aus Konsumentensicht entscheidende Eigenschaften des Produkts beschreiben und damit Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Neben strukturierten Merkmalen enthalten die Spezifikationsdaten häufig semistrukturierte Attribute wie bspw. Produktbilder, Datenblätter oder Broschüren. Die weiteren Datenbereiche umfassen Artikelstammdaten mit ausschliesslicher Verwendung auf Industrie- oder Handelsseite. Beispiele für handelsinterne Daten sind filialbezogene Attribute wie bspw. Verkaufspreise und -konditionen, Bontexte für die Kassensysteme oder Listungsdaten mit der Zuordnung von Artikeln zu Sortimentsbausteinen / Sortimenten oder Verkaufsstätten. Die industrieinternen Daten umfassen betriebswirtschaftliche Daten wie bspw. Kalkulationen, technische Daten wie bspw. Zeichnungen und übergreifende Daten wie bspw. Produktionsstücklisten oder Rezepturen (vgl. Tabelle 3-1). Datenbereich
Bezeichnung
Beispiel
1
Grunddaten
Identifikation, Kurztext, Klassifikation, Basismengeneinheit
2
Bestelldaten
Vertriebstexte, Preise, Bestellmengeneinheit, Planlieferzeiten
Logistikdaten
Gewicht, Abmessungen, Verpackungshierarchie, Herkunftsland, Gefahrgutklassifizierung, Behandlungsvorschriften, Transporthilfsmittel
3
Spezifikationsdaten
Bilder, Produktspezifikationen, Broschüren, Marketingtexte, Multimediadaten
4
Handelsinterne Daten
Bontexte, Verkaufspreise, Listungsdaten, Einkäufergruppe
5
Industrieinterne Daten (betriebswirtschaftlich)
Kalkulationsdaten, Prüfmerkmale und -pläne, Fertigungszeiten, Rüstzeiten, Dispositionsverfahren
6
Industrieinterne Daten (übergreifend)
Produktionsstücklisten, Rezepturen
7
Industrieinterne Daten (technisch)
Konstruktionsstücklisten, Zeichnungen, Geometriedaten, Simulationsdaten
Tabelle 3-1: Bezeichnung und Beispiele für die einzelnen Datenbereiche
34
3 Stand der Praxis
Neben der Beschreibung von Einzelartikeln3 müssen Konsumgüterindustrie und Handel auch Informationen zur Artikelstruktur für die Abbildung verschiedener Formen strukturierter Artikel austauschen. Tabelle 2-2 fasst verbreitete Formen strukturierter Artikel zusammen [vgl. Hertel 1999, 218ff.; Becker/Schütte 2004, 251f.; Schütte/Vering 2004, 188ff.]. Zur Vereinfachung und Strukturierung der Artikelverwaltung sind Artikel jeweils einer Warengruppe innerhalb einer Warengruppenhierarchie zugeordnet. Die Beschaffung, Lagerung und Distribution von Artikeln in der gesamten Logistikkette ist nicht auf eine Mengeneinheit beschränkt. Die logistischen Einheiten sind Zusammenfassungen von Artikeln in Um- oder Transportverpackungen. Typische logistische Einheiten sind die Palette, der Umkarton oder die Lage. Logistikeinheiten können in Form der sog. Verpackungshierarchie4 hierarchisch zueinander angeordnet sein (bspw. Einzelstück, 6er-Karton, Lage, Palette).
3
4
Artikelform
Beschreibung
Set
Sets gruppieren mehrere Einzelartikel zu einer Verkaufseinheit. Beispiele sind ein Geschenkkorb im Lebensmitteleinzelhandel oder die Kombination von Rasierschaum und Aftershave im Kosmetikbereich. Während bei Einkaufssets die Industrie die Artikel bündelt und der Handel das Set ein- und verkauft, wird ein Verkaufsset erst im Handelsunternehmen zusammengestellt.
Lot
Lots sind strukturierte Artikel mit hoher Verbreitung in der Textilbranche. Sie fassen Varianten eines Artikels zur Vereinfachung der logistischen Abläufe zusammen. Um bspw. die Grössen bei der Bestellung nicht individuell zusammenstellen zu müssen, besteht ein typisches 12er-Lot im Bereich Damenschuhe aus 1 x Grösse 36, 2 x Grösse 37, 3 x Grösse 38, 3 x Grösse 39, 2 x Grösse 40 und 1 x Grösse 41.
Display
Displays fassen Artikel zum Zweck der Verkaufsförderung zusammen. Der Handel bestellt und lagert sie i. d. R. als Stücklistenartikel und löst die Einzelartikelmengen erst in der filialbezogenen Bestandsführung auf. Ein Beispiel für ein Display ist die in der Filiale präsentierte „Lila Kuh“ mit einer Vielzahl unterschiedlicher Schokoladensorten.
Einzelartikel sind Artikel, die in der gleichen Art und Weise gekauft und wieder verkauft werden. Es sind die kleinsten verwendbaren oder handelbaren Einheiten eines Produkts [s. Becker/Schütte 2004, 250]. Synonyme sind bspw. die Bezeichnungen Basisartikel, Verbrauchereinheit oder Konsumenteneinheit. Die Verpackungshierarchie ist keine strenge Hierarchie. Ein Artikel kann bspw. gleichzeitig in einem 6er- und 8er-Karton geführt werden.
3.1 Stammdatensynchronisation
35
Artikelform
Beschreibung
Sammelartikel
Sammelartikel fassen Artikel mit unterschiedlichen Ausprägungen (Varianten) in einer Stückliste zusammen. Einzelne warenwirtschaftliche Funktionen wie bspw. Disposition oder Bestandsführung erfolgen dabei auf Einzelartikelebene, während andere Funktionen wie bspw. statistische Auswertungen sich auf den Sammelartikel beziehen. Ein Beispiel für Sammelartikel sind Jeans, die sich in Farbe, Bundweite und Beinlänge unterscheiden.
Leergutartikel
Leergutartikel bilden Pfandstrukturen für die Retourenabwicklung ab. Bspw. löst sich eine Kiste Bier zweistufig in die vollen Flaschen und den Kasten sowie in die Flaschenfüllung und die leeren Flaschen auf. Tabelle 3-2: Formen strukturierter Artikel
Geschäftspartnerstammdaten Neben den Artikelstammdaten gleichen Industrie und Handel unternehmensbezogene Daten ab. Ein Geschäftspartner kann abhängig von seiner Funktion im Warenwirtschaftsprozess unterschiedliche Geschäftspartnerrollen einnehmen. Typische Beispiele für Rollen aus Sicht des Handelsunternehmens sind Bestellempfänger, Warenlieferant, Rechnungssteller, Konditionsgewährer, Zahlungsempfänger und Bonuskreditor [s. Schütte/Vering 2004, 200 f.]. Vertriebs- bzw. Bezugsnachweise stellen die Verbindung zu den Artikelstammdaten her. Geschäftspartnerstrukturen erlauben die Abbildung von Kunden-Lieferanten-Beziehungen auf unterschiedlichen Hierarchiestufen der beteiligten Unternehmen, bspw. zur Ermittlung von Gesamtumsatzvolumen oder zum Abschluss von konzernweiten Kontrakten. Typische Datenbereiche bzw. Sichten der Geschäftspartnerstammdaten sind Adress- und Kontaktdaten sowie Zahlungs- und Steuerdaten. Konditionen Konditionen sind nach Artikeln und Geschäftspartnern die bedeutendsten Datenobjekte im Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Sie umfassen zwischen Händler und Hersteller vereinbarte, beziehungsindividuelle Modifikationen der sonst üblichen (Standard-)Transaktionsleistungen [vgl. Steffenhagen 1995, 37]. Wesentliche Einflussgrössen auf die Konditionsgestaltung (Konditionsbedingungen) sind Geschäftspartner, Artikel, logistische Einheiten, Zeitpunkte und -spannen sowie mengen- oder wertbezogene Massintervalle [vgl. Becker/Schütte 2004, 275ff.]. Konditionsfolgen verknüpfen mehrere Konditionen in einer festgelegten Reihenfolge. Der vielfältige Einsatz von unterschiedlichsten Konditionen im Handel lässt sich auf die zunehmende Markt- und Rabattmacht des Handels, eine bewusst beabsichtigte Intransparenz der Transaktionsleistungen und das Festhalten an allen
36
3 Stand der Praxis
einmal erreichten Konditionen zurückführen [s. Schütte/Vering 2004, 208]. Tabelle 3-3 verdeutlicht das Ausmass der Konditionskomplexität am Beispiel konkreter Konditionsforderungen zweier Handelskonzerne gegenüber ihren Lieferanten. Neben der reinen Konditionsanzahl erschweren die inhaltlich-strukturellen Unterschiede der einzelnen Konditionen und deren zeitliche Überlappung den Abgleich und die systemseitige Umsetzung. Konditionsforderungen Handelsunternehmen A
Konditionsforderungen Handelsunternehmen B
Umsatzerhaltungsbonus, Grundbonus, Umsatzbezogene Bonusstaffel, Steigerungsbonus, Zielprämie, Sortimentsbonus, Stammplatzsicherungsvergütung, Distributionsbonus, Konzentrationsbonus, Verkaufsförderungszuschuss, Kostenausgleich für Verwaltungsaufwand, Frachtvergütung, Zentrallagervergütung, Dispositionsvergütung, Retourenvergütung, Zweitplatzierungsrabatt, Insertionszuschuss, PoS Vergütung, Skonto, Skontoausgleich, Delkredere, Valuta, Lagerservice, Kostenbeteiligung für Auszeichnungsgeräte, Rabatte (Grundkonditionen, Sonderkonditionen), Einführungsrabatt, Vergütung für das Anbringen von Regalstoppern, Druckkostenbeteiligung, Ordersatzdruckkostenbeteiligung, Neueröffnungsrabatt je Filiale, Listungszuschuss, Kostenübernahme Regalschienensystem, Kostenanteil Produktinformation in Hauszeitschrift
Sonderkondition, Bezugsmengenrabatt, Sofortabzugsrabatt, Boni für Direktbezug, Artikelgruppenrabatt, Boni für Lagerbezug, Steigerungsvergütung auf Gesamtumsatz, Zentralvergütung, Leistungsvergütung, Sortiments-Koordinations-Vergütung, Jahresbonus, Kleinstreklamationsvergütung, Delkredere-Ausgleich, Skonto, Verlängertes Zahlungsziel, Muster kostenlos, Preiserhöhung Mindestvorlauf zwölf Wochen, Aktionskonditionen (Laufzeit sechs Wochen), Paletten Werbekostenzuschuss, Bei Weitergabe von Informationen an Dritte Schadensersatzanspruch von ein Prozent auf Jahresbrutto-Umsatz, Eröffnungskonditionen je Grösse des Marktes in EUR absolut, Wiedereröffnungskondition, Valuta, Vergütung für produktbegleitenden Service, Vergütung für Preisauszeichnung und Regalpflege, Werbevergütung (ohne Insertion, mit Insertion), Distributionsrabatt, Listungsrabatt / Werbekostenzuschuss, Artikelsofortrabatt
Tabelle 3-3: Konditionsforderungen in der Praxis [s. Steffenhagen 1995, 39f.]
3.1.3
Synchronisationsbedarfe
Art und Umfang der zwischen Hersteller und Händler abzugleichenden Stammdaten hängen u. a. von den implementierten kooperativen Prozessen in der jeweiligen Geschäftsbeziehung ab. Tabelle 3-4 bewertet die Anforderungen an die Synchronisation der wesentlichen Datenobjekte und -sichten in Abhängigkeit vom umgesetzten ECR-Koordinationsbereich zwischen den Geschäftspartnern (vgl. Abschnitt 2.1).
3.1 Stammdatensynchronisation
37
Demand Management
Sortimentsplanung Verkaufsförderung Produktentwicklung
Konditionen
Transportmanagement
Partnerdaten
Belieferungsformen
Spezifikationsdaten
Bestandsverwaltung
Logistikdaten
Supply Management
Bestelldaten
ECR-Koordinationsbereich
Artikeldaten
Grunddaten
Stammdatenobjekt / -sicht
0 0 0 + 0 +
0 &
& 0 0 &
& + 0
! & 0 &
+ +
Legende: kein Synchronisationsbedarf … 0 hoher Synchronisationsbedarf
Tabelle 3-4: Synchronisationsbedarfe in Abhängigkeit vom ECR-Koordinationsbereich
Vollständig synchronisierte Grunddaten sind die Voraussetzung für nahezu sämtliche ECR-Massnahmen, insbesondere in der Logistik. Das Category Management hingegen kann auf einige Attribute verzichten, so benötigen bspw. kooperative Sortimentsplanungen oder Produktentwicklungen i. d. R. keine Informationen zur Verpackungshierarchie. Eine Abstimmung von Bestelldaten ist insbesondere für die Bestandsverwaltung notwendig. Weitere logistische Abstimmungsbedarfe ergeben sich bspw. im Fall der Etikettierung inkl. Verkaufspreisauszeichnung durch den Lieferanten. Logistikdaten haben nach den Grunddaten den höchsten Synchronisationsbedarf. In den Logistikprozessen ergeben sich Unterschiede hauptsächlich in Abhängigkeit von der Belieferungsform. Im Fall einer Direktbelieferung benötigt der Handel weit weniger Logistikdaten vom Hersteller, da dieser den Warenfluss bis in die Filialen steuert. Höhere Datenanforderungen ergeben sich im Fall von Crossdocking- oder Zentrallagerprozessen, bspw. in Form von Lagerungsbedingungen. Im Marketingbereich ergeben sich Synchronisationsbedarfe in der Sortimentsplanung (bspw. Abmessungen von Konsumenteneinheiten für die Flächenoptimierung) und der Verkaufsförderung (bspw. Abmessungen der gesamten Verpackungshierarchie für die logistische Planung). Spezifikationsdaten müssen nur zur Unterstützung von CM-Prozessen synchronisiert werden. Den höchsten Bedarf generieren gemeinsame Aktionen zur Verkaufsförderung, bspw. in Form von abgestimmten Bildern, Handzetteln oder Werbetexten. Auch Entscheidungen in der Produktentwicklung oder Sortimentsplanung basieren auf gemeinsamen Stammdaten.
38
3 Stand der Praxis
Abgestimmte Geschäftspartnerdaten spielen hauptsächlich in der Logistik eine Rolle. Abhängig von der Zahl der Belieferungspunkte steigt bspw. der Umfang der abzugleichenden Daten zu Standorten, Öffnungszeiten und Anlieferfenstern. Filialdaten können ferner eine Rolle in der kooperativen Sortimentsplanung (Flächenoptimierung) oder Verkaufsförderung spielen. Die Synchronisationsbedarfe zu Konditionen beschränken sich in den ECR-Bereichen auf die Sortimentsplanung und Verkaufsförderung. Artikelstammdaten stellen bezogen auf Anzahl, Umfang und Änderungshäufigkeit die höchsten Anforderungen an die Stammdatensynchronisation zwischen Industrie und Handel. Das Buch konzentriert sich folglich im Weiteren auf das überbetriebliche Management von Informationen zu Artikeln.
3.2
Standardisierung
3.2.1
Standardisierungstypen
Standards bilden eine Voraussetzung für eine effiziente und flexible Stammdatensynchronisation. Sie vereinheitlichen allgemein Objekte innerhalb eines bestimmten Anwenderkreises [Buxmann 1996, 10; vgl. Huber et al. 2002, 253]. Standards spielen eine entscheidende Rolle im überbetrieblichen Stammdatenmanagement, indem sie eine gemeinsame Sprache zwischen Industrie und Handel definieren. Durch die ex ante Definition einheitlicher Regeln für den Informationsaustausch vereinfachen sie die Kommunikation zwischen den beteiligten Menschen oder Maschinen [s. Buxmann et al. 1999; Buxmann 2001, 434f.]. Das Standardisierungsobjekt unterscheidet verschiedene Arten von Standards [vgl. Heutschi et al. 2004, 134f.; Kagermann/Österle 2006, 227]: •
Formatstandards vereinheitlichen die syntaktische Codierung von Daten. Durch Definition von Reihenfolge, Länge und Typ der gespeicherten Datenelemente erlauben sie das richtige Lesen von Daten.
•
Datenstandards vereinheitlichen die Struktur und Semantik von Daten. Durch eine Definition der Bedeutung einzelner Datenelemente erlauben sie die richtige Interpretation von Daten.
•
Nachrichten- oder auch Dokumentenstandards vereinheitlichen Kombinationen von Datenelementen für die Übertragung und unterstützen damit einstufige Interaktionen.
•
Prozessstandards vereinheitlichen organisatorische Abläufe und Aufgaben. Durch die Definition von Abhängigkeiten der einzelnen Prozessschritte koordinieren sie mehrstufige Transaktionen.
•
Geschäftsstandards regeln rechtliche Rahmenbedingungen wie bspw. die Verbindlichkeit ausgetauschter Nachrichten, Gefahrenübergänge oder Haftungsfragen.
3.2 Standardisierung
39
Der Zweck der Standardisierung differenziert weitere Typen von Datenstandards [vgl. Otto et al. 2002, 16 ff; Quantz/Wichmann 2003, 32ff.]: •
Identifikationsstandards dienen der eindeutigen Auszeichnung und Erkennung von Objekten. Über die Vergabe eindeutiger Kennungen unterstützen sie eine globale Identifikation.
•
Klassifikationsstandards sind Generalisierungen von Identifikationsstandards [vgl. Hepp 2005, 5ff.]. Sie beschreiben Gruppen von Objekten mit einheitlichen Eigenschaften anhand definierter Kriterien und erlauben eine hierarchische Ordnung (Taxonomie) der Objekte.
•
Beschreibungs- oder auch Vokabularstandards dienen der inhaltlichen Definition von Datenelementen [vgl. Dorloff et al. 2001, 1530]. Sie bieten ein Baukastensystem von semantischen Daten- und Objektdefinitionen für bestimmte Anwendungsbereiche. Vokabularstandards bauen häufig aufeinander auf, so beziehen sich viele Standards bspw. auf von der ISO standardisierte Grössen- und Bezugssysteme zur Definition von Währungen, Massen, Ländern oder Zeitzonen. Die in Tabelle 3-5 zusammengefassten Arten von Standards bauen aufeinander auf. So können Nachrichten und Daten nur semantisch standardisiert werden, wenn die zugrunde liegenden Formate definiert sind, und eine Prozessstandardisierung setzt bestehende Daten- und Nachrichtenstandards voraus. Die Standardisierungsebene bestimmt den möglichen Automationsgrad einer Kommunikationsbeziehung bzw. Schnittstelle [vgl. Brousseau 1994, 320 f.; McAfee 2005a, 11ff.]. Nicht- bzw. teilautomatisierte Mensch-Mensch- bzw. Mensch-Maschine-Schnittstellen5 setzen bis auf eine menschliche Sprache keine Standardisierung voraus. Der an der Schnittstelle beteiligte Mensch kann die übertragenen Daten flexibel interpretieren und benötigt i. d. R. keine ex ante Definition von Absicht, Inhalt und Struktur einer Nachricht. Automatisierte Maschine-Maschine-Schnittstellen setzen hingegen eine vorab präzise definierte Syntax und Semantik der Datenübertragung voraus. Im Fall von automatisierten Schnittstellen mit mehrstufiger Interaktion müssen zusätzlich die Aktions-Reaktions-Muster in Form von Prozessen standardisiert sein.
5
Abschnitt 4.4.1.1 beschreibt die genannten Schnittstellenarten und korrespondierende Integrationsmechanismen detaillierter.
40
3 Stand der Praxis
Standardisierungsobjekt
Standardisierungstyp
Beispiele
Handelsvereinbarung
Geschäftsstandard
EDI Musterrahmenverträge
Prozess
Prozessstandard
RosettaNet PIPs, CPFR
Nachricht
Nachrichtenstandard
EDIFACT, EANCOM, openTRANS, BMECat
Daten
Beschreibungsstandard
GS1 GDD, UN/CCL, xCBL
Klassifikationsstandard
UN/SPSC, eCl@ss, GPC
Identifikationsstandard
GTIN, D-U-N-S
Formatstandard
XML, CSV
Format
Tabelle 3-5: Standardisierungstypen
3.2.2
Standardisierung im Stammdatenmanagement
3.2.2.1 Entwicklung und Überblick Das bedeutendste Standardisierungsgremium in den Bereichen Konsumgüterindustrie und Handel ist Global Standards One (GS1). GS1 ist eine gemeinnützige (Non-Profit) Organisation mit je einer Zentrale in Brüssel (BE) und Lawrenceville (USA) sowie eigenständigen Landesgesellschaften in über 100 Ländern. Die globale Geschäftsführung besteht aus Vertretern von Konsumgüterherstellern, Handelsunternehmen, Logistikdienstleistern und GS1-Ländergesellschaften. Die Vision von GS1 ist die Vereinfachung des globalen Handels durch eine Verbindung von Informations- und Warenfluss auf Basis globaler Standards. Zu diesem Zweck entwickelt die Organisation in ihrer Kernaufgabe ein System von Standards in den vier Bereichen Identifikation (Barcodes & Identification), Datenaustausch (eCom), Stammdatenabgleich (Global Data Synchronization Network) und Hochfrequenztechnologie (EPCglobal). Ds Buch beschränkt sich im Folgenden auf die für das Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie bedeutenden Standards. Tabelle 3-6 zeigt die ausgewählten Standards unter Angabe des ihnen zuzuordnenden Standardisierungstyps.
3.2 Standardisierung
41
Standard
Identifikationsstandard
Klassifikationsstandard
Beschreibungsstandard
Nachrichtenstandard
Prozessstandard
Geschäftsstandard
Standardisierungstyp
Global Trade Item Identification Number (GTIN)
0
0
0
0 &
0 0
& &
&
Global Location Number (GLN) Global Product Classification (GPC) Global Data Dictionary (GDD) EANCOM GS1 XML EDI-Musterrahmenvertrag
Legende: 0 Schwerpunktabdeckung, & Teilabdeckung, keine Abdeckung
Tabelle 3-6: Bedeutende Standards im Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie
3.2.2.2 Identifikationsstandards Zwei Identifikationsstandards bilden den Kern der GS1-Nummernsysteme [s. GS1 Germany 2006b, 9]: •
•
Die Global Location Number (GLN) ist eine international eindeutige Nummer zur Kennzeichnung von Adressinformationen (Lokationen). Neben der Identifikation von physischen Adressen eines Unternehmens dient sie zur Kennzeichnung weiterer funktions- bzw. ablauforientierter Einheiten wie bspw. Lager, Abteilungen, Produktionsstrassen, Lieferpunkte oder Anwendungen.
Die Global Trade Item Identification Number (GTIN) dient der weltweit eindeutigen Identifikation von Artikeln. Aufgrund ihrer Verwendung in warenwirtschaftlichen Prozessen muss sie jede warenwirtschaftlich relevante Einheit eines Artikels kennzeichnen. Das bedeutet, dass alle Elemente strukturierter Artikel wie bspw. Sets, Lots oder Displays sowie alle logistischen Einheiten wie bspw. Verkaufseinheit, Karton und Palette jeweils durch eine unterschiedliche GTIN gekennzeichnet werden. Weitere Identifikationsstandards identifizieren weltweit eindeutig Versandeinheiten, Mehrweg-Transportverpackungen, Objekte und Behälter sowie Servicebeziehungen [s. GS1 Germany 2006b, 9]. Im Kontext von RFID-Anwendungen
42
3 Stand der Praxis
erhält der Electronic Product Code (EPC) zunehmende Bedeutung. Im Gegensatz zu den genannten Identifikationsstandards kennzeichnet der EPC einzelne Objekte, d. h. jedes mit einem Transponder ausgestatte Objekt trägt eine eigene Identifikation, die es von Objekten der gleichen Klasse unterscheidet. Der EPC kann verschiedene bestehende Identifikationsstandards, wie bspw. die GTIN oder die Nummer der Versandeinheit (Serial Shipping Container Code (SSCC)), einbinden. Die Nummerierungen vereinfachen die elektronische Kommunikation im Geschäftsnetzwerk und unterstützen in Kombination mit maschinell lesbaren Datenträgern wie Strichcodes oder Funketiketten eine automatisierte Datenerfassung. Dieses Buch konzentriert sich auf die im Stammdatenmanagement entscheidenden Standards GLN und GTIN. Weitergehende Details zu deren Aufbau, Varianten und Funktion liefert [GS1 Germany 2006a]. 3.2.2.3 Klassifikationsstandards Der internationale GS1-Standard zur Klassifikation von Produkten ist die Global Product Classification (GPC). Sie unterstützt auf der feinsten Klassifikationsstufe die Zuordnung eines Produkts zu einem standardisierten Warengruppenbaustein (Brick) [s. GS1 2006b, 5ff.]. Den einzelnen Bausteinen zugeordnete Merkmalleisten [vgl. Otto/Beckmann 2001, 352; Hepp 2003, 91] erlauben die weitergehende Charakterisierung eines Produkts über Attribute. Eine Warengruppenhierarchie [vgl. Otto/Beckmann 2001, 352; Hepp 2003, 91] mit den drei weiteren Stufen Class, Family und Segment vereinfacht das Einordnen und Auffinden von Produkten. Die Warengruppenhierarchie nutzt die bestehende Klassenhierarchie des United Nations Standard Product and Services Code (UNSPSC), einem aus Bestrebungen der UN und der Firma Dun & Bradstreet hervorgegangenen Klassifikationsstandard [vgl. Otto/Beckmann 2001, 353f.; Hepp 2003, 157ff.]. Durch die Integration mit UNSPSC kann GPC die etablierte Klassenhierarchie nutzen und gleichzeitig den Detaillierungsgrad von UNSPSC in den aktuell 36 definierten Konsumgütersegmenten erhöhen. Abbildung 3-4 zeigt beispielhaft die Klassifikation eines Artikels in GPC. Neben dem GPC existieren teilweise parallele Klassifikationsstandards der lokalen GS1-Ländergesellschaften. So lehnen sich bspw. viele Handelsunternehmen im deutschsprachigen Raum an die bereits 1978 eingeführte Standard-Warengruppendefinition von GS1 Germany an [s. GS1 Germany 2006c]. Sie definiert eine 3-stufige Warengruppenhierarchie ohne zusätzliche Merkmalleisten mit knapp 100 Klassen auf der obersten Ebene.
3.2 Standardisierung
43
Abbildung 3-4: Beispielklassifikation in GPC
3.2.2.4 Beschreibungsstandards Das Global Data Dictionary (GDD) bildet die Basis für einheitliche semantische Daten- und Objektdefinitionen im Umfeld der GS1-Standards [s. GS1 2007e]. Das GDD sorgt für eine eindeutige Definition und Verwendung von Datenelementen in Nachrichten bzw. Dokumenten und unterstützt als globales Wörterbuch den Standardisierungsprozess von GS1. Der Anfang 2002 entwickelte Datenkatalog enthält die Definitionen sämtlicher Datenelemente, die in den XML-Standards von GS1 verwendet werden [s. Georg 2006, 149f.]. Das Datenmodell ist im UMLFormat dokumentiert (vgl. Abschnitt 2.2.4) und zusätzlich in einer tabellarischen Darstellung abrufbar. Über Querbezüge verweisen die inhaltichen Datendefinitionen auf ihre Verwendung in den verschiedenen standardisierten Nachrichten. GS1 unterstützt die einheitliche Interpretation des GDD durch zusätzliche Dokumentationen: •
Querbezüge zu inhaltlich gleichen Datenelementen in weiteren Standards wie bspw. EANCOM präzisieren die Datendefinition.
•
Leitfäden definieren umfassende Regeln für die Belegung zentraler Attribute wie bspw. Produktidentifikationen [vgl. GS1 2007i] oder Abmessungen logistischer Einheiten [vgl. GS1 2007c].
• Codelisten definieren gültige Werte für Referenzdatenattribute. Ontologiebasierte Datenmodelle (vgl. Abschnitt 2.2.4) sind trotz der in der Literatur zugesicherten Vereinfachung des überbetrieblichen (Stamm-)Datenaustauschs [vgl. Fensel et al. 2001; Tu et al. 2004] in der Praxis bisher nicht im Einsatz. Der Autor dieses Buches bezweifelt, dass die bestehenden Technologien einen Mehrwert liefern können, der die mit ihnen verbundenen Zusatzaufwände rechtfertigt. Die inhaltliche Bedeutung von Daten lässt sich über eine formale Definition von
44
3 Stand der Praxis
Objekten, Beziehungen und Regeln nicht ausreichend beschreiben, sondern hängt immer von der Verwendung im konkreten Anwendungskontext ab. Der GS1-Leitfaden zur Bestimmung der Abmessungen logistischer Einheiten illustriert die Feinheiten semantischer Interpretationen bei auf den ersten Blick einfach zu standardisierenden Attributen [vgl. GS1 2007c]. Probleme wie bspw. abweichende Dimensionsfestlegungen (Welche Achse ist Höhe, welche Breite, welche Tiefe?) oder verwendungsabhängige Werte (bspw. bei stapel- oder aufhängbaren Artikeln) erschliessen sich nur durch sukzessives Testen und Anpassen der in den beteiligten Anwendungen implementierten Datenverwendung. Die folgende Beschreibung des GDD konzentriert sich auf das Modell zur Beschreibung von Artikeln6. Das Artikeldatenmodell bildet den Schwerpunkt der im GDD definierten Stammdatenobjekte. Es unterscheidet zwei Klassen von Attributen [s. Jilovec 2004, 83; GS1 2005, 12f.]: •
Kernattribute (core attributes) definieren Artikeleigenschaften, die für eine Vielzahl von Branchen, Regionen und Geschäftsbeziehungen gültig sind. Beispiele für Kernattribute sind die Produktidentifikation und -klassifikation, Stücklisteninformationen und Masseinheiten.
•
Erweiterungsattribute (extensions) definieren Artikeleigenschaften, deren Verwendung auf spezifische Branchen oder Anwendungsfälle beschränkt ist. Beispiele sind Haltbarkeitsangaben oder Ernährungshinweise für Lebensmittel und Garantieinformationen für Elektronikartikel. Der Standard klassifiziert die Kern- und Erweiterungsattribute weitergehend in Bezug auf folgende Eigenschaften [s. GS1 2005, 12ff.]: •
Die Verbindlichkeit definiert, ob ein Attribut angegeben werden muss (mandatory), kann (optional) oder abhängig von der Angabe eines anderen Attributs gefüllt werden muss (dependent).
•
Die Gültigkeit definiert die geographische Reichweite von Attributen. Globale Attribute wie bspw. die Produktidentifikation sind weltweit gültig und dürfen global nur einen eindeutigen Wert annehmen. Global-lokale Attribute wie bspw. Steuersätze sind ebenfalls weltweit gültig, können jedoch lokal verschiedene Ausprägungen annehmen. Lokale Attribute wie bspw. der Grüne Punkt sind nur innerhalb bestimmter Länder oder Regionen wirksam.
•
Die Beziehungsabhängigkeit definiert das Verhältnis der Attributausprägung zur Geschäftsbeziehung. Die Ausprägungen geschäftsbeziehungsneutraler Attribute wie bspw. Produktidentifikationen oder -beschreibungen sind unabhängig von der konkreten Geschäftsbeziehung. Geschäftsbeziehungsabhängige Attribute wie bspw. Preise variieren hingegen in ihren wertmässigen Ausprägungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Geschäftsbeziehung, d. h. sie können je Datenempfänger einen anderen Wert annehmen.
6
Das GDD standardisiert zusätzlich bspw. Daten zur Beschreibung von Geschäftspartnern und Konditionen.
3.2 Standardisierung •
45
Die Produkthierarchieklassifikation definiert, für welche Ebenen der Verpackungshierarchie ein Attribut gilt. Einige Attribute wie bspw. die Nettofüllmenge beziehen sich nur auf eine Verpackungsebene (bspw. Verbrauchereinheit), während andere Attribute Gültigkeit über mehrere Hierarchiestufen besitzen. Letztere können auf den verschiedenen Stufen einheitliche (bspw. Lieferzeit) oder unterschiedliche (bspw. Bruttogewicht) Werte annehmen. Das Kerndatenmodell beschreibt aktuell 220 Attribute [s. GS1 2005]. Zusätzlich sind neun branchen- und sechs anwendungsspezifische Erweiterungsmengen definiert. Abbildung 3-5 zeigt das Datenmodell in Notation eines UML Klassendiagramms im Überblick. Die Darstellung beschränkt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die als obligatorisch kategorisierten Kernattribute sowie die speziell für den multilateralen Datenaustausch über das GDSN (vgl. Abschnitt 4.4.1.3) notwendigen Daten. Der Artikel (TradeItem) bildet den Kern des Datenmodells. Das obligatorische Attribut tradeItemUnitDescriptor beschreibt die Verpackungseinheit des Artikels und eine Referenz verweist auf seine identifizierende GTIN. Eine optionale Referenz auf ein Objekt der Klasse NextLowerLevelTradeItemInformation bildet die Verpackungshierarchie ab. Es enthält Anzahl und Verweise auf die hierarchisch untergeordneten Artikel (ChildTradeItem), die ebenfalls per Verweis auf eine GTIN eindeutig identifiziert sind. Das referenzierte Objekt TradeItemInformation fasst alle weitergehenden Beschreibungen des Artikels zusammen. Zusätzlich zur textuellen Beschreibung von Marke, Funktion und Variante (TradeItemDescriptionInformation) enthält das Objekt einen Verweis auf den Namen und die GLN des Dateneigners. Im Datenmodell optional, für den Einsatz im GDSN jedoch zwingend, lassen sich Angaben zu den Zielmärkten (TargetMarketInformation) und zur Artikelklassifikation gemäss GPC (TradeItemClassification) abbilden. Ein Verweis auf ein Objekt der Klasse TradingPartnerNeutralTradeItemInformation bündelt den Zugang zu sämtlichen weiteren Attributen. Obligatorisch sind Angaben zum Ursprungsland, zur prozessbezogenen Verwendung der Artikeleinheit (TradeItemUnitIndicator), zu Masseinheiten (TradeItemMeasurements) sowie Verpackungskennzeichnungen (PackagingMarking). Verschiedene Datumsangaben (TradeItemDateInformation) definieren die zeitliche Gültigkeit der Artikeldaten. Das Objekt TradingPartnerNeutralTradeItemInformation kann zusätzlich auf eine Vielzahl nicht dargestellter weiterer Objekte verweisen, die zusätzliche Attribute des Artikeldatenmodells zusammenfassen. Ein optionaler Verweis auf ein Objekt der Klasse PrivateInformation steuert die Sichtbarkeit der Daten im multilateralen Austausch (vgl. Abschnitt 3.3): Eine referenzierte GLN-Liste berechtigt die entsprechenden Geschäftspartner zum Zugriff auf die Daten. Die Sichtbarkeit folgt dabei der Verpackungshierarchie: Alle übergeordneten Artikel eines privaten Artikels sind ebenfalls privat, während die untergeordneten Artikel öffentlich sein können.
46
3 Stand der Praxis ChildTradeItem quantityOfNextLowerLevelTradeItem
1..* NextLowerLevelTradeItemInformation quantityOfChildren totalQuantityOfNextLowerLevelTradeItem
0..1
1 1
1
PartyIdentification
TradeItem
globalLocationNumber
TradeItemIdentification
tradeItemUnitDescriptor
1
globalTradeItemNumber
1 1
InformationProvider
TradeItemInformation
nameOfInformationProvider
0..1
1
0..*
TradeItemClassification
TradeItemDescriptionInformation
TargetMarketInformation
classificationCategoryName classificationCategoryDefinition
brandName functionalName tradeItemDescription
targetMarketCountryCode targetMarketDescription
PrivateInformation
0..*
TradingPartnerNeutralTrade ItemInformation
1
countryOfOrigin
1 TradeItemUnitIndicator isTradeItemABaseUnit isTradeItemAConsumerUnit isTradeItemADespatchUnit isTradeItemAnInvoiceUnit isTradeItemAnOrderableUnit isTradeItemAVariableUnit
1 TradeItemMeasurements depth height width
0..1
1 PackagingMarking isBarCodeOnThePackage isPackagingMarkedReturnable
TradeItemDateInformation effectiveDate lastChangeDateTime publicationDate startAvailabilityDateTime
Abbildung 3-5: Überblick Artikeldatenmodell GS1
3.2.2.5 Nachrichtenstandards Auf der Nachrichtenebene bietet GS1 zwei unterschiedliche Standards an. Der derzeit verbreitetste Nachrichtenstandard ist EANCOM [s. Hertel et al. 2005, 213f.; Kotzab 2005, 115]. Der Standard ist eine auf die Anforderungen der Branche angepasste Untermenge (Subset) von EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport). Daneben existiert GS1 XML als eine Weiterentwicklung der EANCOM-Standards [s. Hertel et al. 2005, 215; Kotzab 2005, 118]. Durch eine syntaktische Darstellung der Nachrichten in XML, die Verwendung bestehender XML-Vokabulare und die Nutzung des Internets als Übertragungskanal soll der Standard den elektronischen Datenaustausch im Vergleich zu EANCOM flexibilisieren und insbesondere die Einstiegs- und Betriebskosten senken [vgl. Buxmann et al. 2005, 414]. Die beiden Standards wurden unabhängig voneinander entwickelt und sind somit nicht direkt ineinander überführbar. Für einzelne Nachrichtenkategorien, bspw. in der Stammdatensynchronisation, definiert GS1 Vorschläge für Übersetzungsregeln (Mappings) [vgl. GS1 2007b].
3.2 Standardisierung
47
EANCOM Der 1990 eingeführte Standard definiert aktuell 47 Nachrichten in den folgenden vier Kategorien [s. Kotzab 2005, 115f.]: •
Stammdatennachrichten übertragen Stammdaten zu Produkten und Geschäftspartnern.
•
Transaktionsnachrichten übertragen Bewegungsdaten zur Beschreibung von Aufträgen, Rechnungen, Lieferscheinen usw.
•
Berichts- und Planungsnachrichten übertragen Bestands- und Planungsdaten wie Lagerbestände, Bedarfsprognosen usw.
•
Allgemeine Nachrichten fassen alle weiteren zu übertragenden Daten zusammen. Beispiele sind Sicherheits- und Verschlüsselungsinformationen. Tabelle 3-7 fasst die für dieses Buch relevanten Stammdatennachrichten mit ihren wesentlichen Inhalten zusammen [vgl. EAN 2002]. Neben den Inhalten definiert EANCOM die syntaktische Darstellung der einzelnen Nachrichten. Sie sind in einer Abfolge von verschiedenen Nachrichtensegmenten strukturiert. Nachrichtenkennung
Nachrichtenname
Nachrichteninhalt (Auszug)
PRICAT
Preisliste / Katalog
Name, Adresse, Kontaktinformationen, Datumsangaben, Steuerinformationen, Währungen, Lieferbedingungen, Transportbedingungen, Zahlungsbedingungen, Rabattstrukturen, Produktgruppen, Preise, Preisdetails, Produkte, Mengenangaben, Mindestbestellmengen, Abmessungen, Verpackungsinformationen, Transportanweisungen, Angaben zu externen Dateien, Handhabungsinstruktionen, Lokationsdaten
PROINQ
Produktdatenanfrage
Name, Adresse, Kontaktinformationen, Produktbeschreibung, Produktidentifikation, Abmessungen, Produktgruppe, Preisangaben
PRODAT
Produktstammdaten
Name, Adresse, Kontaktinformationen, Produktbeschreibung, Produktidentifikation, Produktgruppe, Abmessungen, Handhabungsinstruktionen, Mengenangaben, Transportanweisungen, Verpackungsangaben, Verpackungshierarchiedaten, Produkthierarchieangaben, Gefahrgutdaten
Tabelle 3-7: Produktbezogene Stammdatennachrichten in EANCOM
48
3 Stand der Praxis
GS1 XML Der Standard definiert derzeit insgesamt 99 Business Message Standards (BMS), wobei jeder dieser Standards mehrere Nachrichtendefinitionen enthalten kann [s. GS1 2007g]. Die Abfolge im Auftragsabwicklungsprozess unterteilt die Nachrichten in die folgenden sechs Kategorien: •
Stammdatennachrichten übertragen Stammdaten zu Produkten, Geschäftspartnern, oder Konditionen.
•
Berichts- und Planungsnachrichten übertragen Bestands- und Planungsdaten wie bspw. Lagerbestände oder Bedarfsprognosen.
•
Auftragsnachrichten übertragen verschiedene Typen von Aufträgen und Auftragsbestätigungen.
•
Liefernachrichten übertragen transportbezogene Daten wie bspw. Lieferankündigungen und -bestätigungen oder Frachtbriefe.
•
Zahlungsnachrichten übertragen finanzbezogene Daten wie bspw. Rechnungen, Gutschriftanzeigen oder Zahlungsbestätigungen.
•
Sonstige Nachrichten übertragen Daten, die in keiner der übrigen Nachrichtenklassen enthalten sind. Beispiele sind technische Empfangsbestätigungen oder Nachrichten zur Übermittlung von Referenzdaten. Die Nachrichten kombinieren jeweils verschiedene der im GDD definierten Datenelemente in XML-basierten Dokumenten. Tabelle 3-8 fasst die für dieses Buch relevanten Stammdatennachrichten mit ihren wesentlichen Inhalten zusammen7.
7
Die Auswahl konzentriert sich auf die wesentlichen im GDSN verwendeten Nachrichten (vgl. Abschnitt 4.4.1.3). Die standardisierten XML-Nachrichten für den bilateralen Datenaustausch [GS1 2007h] werden von GS1 aufgrund einer Fokussierung auf das GDSN nicht weiterentwickelt.
3.2 Standardisierung
49
Nachrichtenkennung
Nachrichtenbeschreibung
Nachrichteninhalt (Auszug)
Catalogue Item Notification
Übertragung von Artikelstamm- und Änderungsdaten von Datenquelle an Datenempfänger
Artikel, Artikelstatus, Datumsangaben
Registry Catalogue Item
Registrierung eines Artikels in der Global Registry
Artikelidentifikation, Datumsangaben
Catalogue Item Registration Response
Bekanntgabe des Registrierungsstatus eines Artikels in der Global Registry
Artikelidentifikation, Registrierungsstatus, Datumsangaben
Catalogue Item Publication
Freigabe / Publikation eines Artikels für eine Menge von Datenempfängern
Artikel, Datenempfänger, Zielmarkt
Catalogue Item Subscription
Abonnierung von Artikelstammdaten
Datenquelle, Datenempfänger, Artikelidentifikation
Catalogue Item Confirmation
Bestätigungs- und Statusmeldung von Datenempfänger an Datenquelle
Artikelidentifikation, Artikelstatus
Tabelle 3-8: Ausgewählte Stammdatennachrichten in GS1 XML [vgl. GS1 2006a, 234ff.]
3.2.2.6 Prozessstandards Prozessabläufe für den Austausch von Stammdaten werden von GS1 nicht ausdrücklich standardisiert. Jeder Nachrichtenstandard enthält hingegen einen kurzen Abschnitt über den „Geschäftskontext“, in dem teilweise auf mögliche vor- oder nachgelagerte Nachrichten verwiesen wird. Eine Ausnahme bildet die Spezifikation des GDSN, die eine genauere Definition des Nachrichtenaustauschs beim Stammdatenabgleich über mehrere Datenpools beinhaltet8. 3.2.2.7 Geschäftsstandards Auf der Geschäftsebene regeln bilaterale Verträge zwischen den beteiligten Parteien die rechtlichen Rahmenbedingungen für den elektronischen Stammdatenabgleich. Standardisierend wirken auf dieser Ebene Musterrahmenverträge, die eine vertragliche Basis für den elektronischen Datenaustausch bereitstellen und den Anwendern damit den vollständigen Entwurf eigener Vereinbarungen und die damit verbundene Doppelarbeit ersparen. Beispiele für Musterrahmenverträge sind die Europäische Mustervereinbarung über den elektronischen Datenaus-
8
Abschnitt 4.4.1.3 schildert die standardisierte Nachrichteninteraktion im GDSN detaillierter.
50
3 Stand der Praxis
tausch [EG 1994] oder der Deutsche EDI-Rahmenvertrag [AWV 1994]. Die Musterverträge enthalten bspw. Regelungen zu verwendeten Nachrichtenformaten, rechtlichen Verbindlichkeiten von Nachrichten, Nachrichtenverarbeitung und Empfangsbestätigungen, Datensicherheit, Aufbewahrungsfristen und Systemverfügbarkeit.
3.3
Datenpools und das Global Data Synchronization Network
3.3.1
Multilaterale Stammdatensynchronisation
Als Alternative zum Stammdatenabgleich über bilateral zwischen Industrie- und Handelsunternehmen abgestimmte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen bietet sich die multilaterale Datensynchronisation über zentrale Stammdatenpools an (vgl. Abbildung 3-6).
Abbildung 3-6: Bilaterale vs. multilaterale Stammdatensynchronisation
Die Abwicklung der gesamten Datenkommunikation über eine zentrale Plattform verspricht eine vereinfachte Datensynchronisation durch ein einheitlich implementiertes Datenmodell und eine reduzierte Schnittstellenanzahl im Geschäftsnetzwerk [vgl. Wagener 2000, 212f.; Hertel et al. 2005, 215ff.]. Nutzen zwei Geschäftspartner verschiedene Datenpools, so können sie ihre Stammdaten unter Nutzung des Global Data Synchronization Network (GDSN) abgleichen9. Das Netzwerk verbindet mehrere Datenpools föderativ über standardisierte Nachrichten und ein zentrales Verzeichnis [vgl. Nakatani et al. 2006, 972ff.]. 9
Abschnitt 4.4.1.3 differenziert und beschreibt die technischen Varianten für den überbetrieblichen Datenaustausch, wie bspw. das GDSN, detaillierter inkl. der Interaktionsmuster für den Nachrichtenaustausch.
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network 3.3.2
51
Einordnung und historische Entwicklung
Stammdatenpools unterstützen als spezielle Form von Exchanges den überbetrieblichen Stammdatenabgleich zwischen Industrie und Handel. Exchanges sind externe Dienstleister, die überbetriebliche Prozesse durch standardisierte elektronische Dienste unterstützen. Im Gegensatz zu den elektronischen Marktplätzen der 90er Jahre beschränken sie sich nicht auf reine Aggregationsfunktionen10, sondern unterstützen durch das Angebot von Integrationsfunktionen komplette Prozesse [vgl. Davenport et al. 2001, 1; Österle 2004a, 163ff.; Christiaanse 2005, 96]. Sie bieten elektronische Dienste in Form einer zentralen Kooperationsinfrastruktur bzw. Business Collaboration Infrastructure (BCI) [vgl. Leser 2005, 21ff.] an und senken dadurch die Transaktionskosten für die angeschlossenen Geschäftspartner. Neben dem Leistungsangebot sind die Besitzverhältnisse das entscheidende Differenzierungskriterium für Exchanges. Tabelle 3-9 charakterisiert die wesentlichen Typen von Exchanges [vgl. Hoffman et al. 2002, 98f.; Soh/Markus 2002, 78ff.; Ranganathan 2003, 24ff.]: •
Öffentliche Exchanges haben die grösste Ähnlichkeit zu früheren Marktplatzkonzepten. Sie werden von unabhängigen Parteien betrieben und fokussieren sich tendenziell auf Aggregationsfunktionen wie bspw. Informationssuche oder Beschaffungsauktionen.
•
Konsortialplattformen befinden sich im gemeinsamen Besitz von grösseren Branchenvertretern und stehen Kapitalgebern und ihren Geschäftspartnern oder der gesamten Branche offen.
•
Private Exchanges werden von einzelnen Unternehmen betrieben und realisieren 1:n-Verbindungen zu den jeweiligen Geschäftspartnern. Durch die konsequente Ausrichtung auf die Prozesse des Eigentümers realisieren sie den höchsten Grad an Integrationsfunktionen.
10
Aggregationsfunktionen unterstützen den Abgleich von Angebot und Nachfrage in den frühen Informations- und Vereinbarungsphasen einer Transaktion bspw. durch Informations- oder Auktionsdienste. Die Entwicklung der elektronischen Marktplätze zeigte, dass der Wert dieser Funktionen als zu hoch eingeschätzt wurde und sie sich nur in wenigen Bereichen wie bspw. der Beschaffung unkritischer Bedarfsgüter durchgesetzt haben. In einer Anfang 2001 beginnenden starken Bereinigungsphase verschwand die Mehrzahl der Anbieter vom Markt [vgl. Day et al. 2003, 133 ff.].
52
3 Stand der Praxis Exchange-Typ
Merkmal
Öffentliche Exchange
Konsortialplattform
Private Exchange
Besitzverhältnis
Unabhängige dritte Partei
Gemeinsamer Besitz mehrerer Branchenunternehmen
Besitz eines Branchenunternehmens
Zugang
Öffentlich
Kapitalgeber und ausgewählte Geschäftspartner
Geschäftspartner des Besitzers
Funktionaler Fokus
Aggregation
Aggregation, Integration
Integration
Prozesse
Standardisiert, nicht-proprietär
Standardisiert, nicht-proprietär
Massgeschneidert auf Prozesse des Besitzers
Beispiel
www.retail.com
Agentrics, 1SYNC
Wal-Mart RetailLink, Metro Link
Tabelle 3-9: Typen von Exchanges
Stammdatenpools sind mit wenigen Ausnahmen konsortial geführt. Die historische Entwicklung von Stammdatenpools lässt sich in eine Pionier-, Expansionsund Konsolidierungs- bzw. Kollaborationsphase einteilen (vgl. Abbildung 3-7). Die Pionierphase begann kurz nach Einführung und Durchsetzung des EDI-basierten Nachrichtenaustauschs auf Basis von EANCOM Anfang der neunziger Jahre. Um eine fehlerfreie EDI-Kommunikation zu ermöglichen, gründeten Standardisierungsorganisationen in verschiedenen Ländern EANCOM-basierte Stammdatenpools zur multilateralen Synchronisation von Stammdaten. Ein typisches Beispiel für einen Datenpool aus der Pionierphase ist der 1992 von der deutschen Zentrale für Koorganisation (CCG)11 gegründete Datenpool SINFOS. Die Expansionsphase setzte Anfang des neuen Jahrtausends im allgemeinen Hype der Marktplatzentwicklung ein. Neben lokalen Standardisierungsorganisationen mit Datenpools wie bspw. UCCnet (USA), DAS (Niederlande) oder Parangon (Frankreich) bestimmten vier konsortial geführte Exchanges das Geschehen [vgl. Axelsson/Robertsson 2001, 2ff.; Corsten/Hofstetter 2001, 53]: führende Handelsunternehmen wie Carrefour, Ahold und Tesco beteiligten sich an der Gründung der handelsseitigen Plattformen Worldwide Retail Exchange (WWRE) und Global Net Exchange (GNX), während die herstellerorientierten Marktplätze Transora und CPGmarket von führenden Herstellern wie Nestlé, Procter & Gamble und Unilever finanziert wurden. Neben dem Abgleich von Stammdaten boten diese Exchanges Dienste in den Bereichen Beschaffung und Logistik an
11
Die CCG wurde 2005 in GS1 Germany umbenannt.
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network
53
[s. Axelsson/Robertsson 2001, 2ff.; Barbieux 2002, 395ff.; Jueptner/Kahmann 2002, 375ff.]. Im Anschluss an die Expansion setzte eine aus anderen Anwendungsbereichen von elektronischen Märkten bekannte Phase der Konsolidierung und Kollaboration unter den Datenpoolanbietern ein [vgl. Brooks/Cantrell 2001, 1ff.; Day et al. 2003, 133ff.; White/Daniel 2003, 250 ff.]. Den Beginn der Konsolidierung markierte Anfang 2005 die Übernahme von CPGmarket durch den Beratungs- und ITDienstleister Accenture [s. Rode 2005, 28]. Im selben Jahr fusionierten Transora und UCCnet zu 1SYNC [s. Ebbmeyer 2005, 29] und die Handelsplattformen WWRE und GNX schlossen sich zu Agentrics zusammen [s. Kapell 2005a, 25]. Die Marktkonsolidierung scheint mit diesen Entwicklungen noch nicht abgeschlossen zu sein. So übernahm bspw. der IT- und EDI-Dienstleister GXS Ende 2006 den britischen Stammdatendienst UDEX [s. Rode 2006, 23] und SINFOS und Agentrics kündigten 2007 eine Zusammenlegung ihrer Stammdatendienste an [s. Rode 2007a, 24]. Parallel zur Konsolidierung beginnt die Zusammenarbeit der Datenpools über das GDSN. Es entstehen Pool-zu-Pool-Verbindungen, die eine Datensynchronisation zwischen Unternehmen mit verschiedenen primären Dienstleistungsanbietern ermöglichen.
Abbildung 3-7: Zeitliche Entwicklung ausgewählter Stammdatenpools
54
3 Stand der Praxis
3.3.3
Aktueller Entwicklungsstand
3.3.3.1 Marktüberblick und Stichprobe In 2007 bieten über 20 Datenpools stammdatenbezogene Dienstleistungen an. Abbildung 3-8 zeigt die Anbieter mit ihren Firmensitzen im Überblick12. Die Mehrzahl der Anbieter sind Konsortialplattformen im Besitz der lokalen GS1Ländergesellschaften. Lediglich drei Datenpools sind im Sinn einer öffentlichen Exchange von unabhängigen Parteien geführt: Commport Communications, Big Hammer und UDEX. Bei einigen Anbietern sind die Besitzverhältnisse gemischt, so befindet sich bspw. der deutsche Datenpool SINFOS im Besitz von GS1 Germany und dem privatwirtschaftlichen Unternehmen Pironet NDH. Die folgende Analyse des Dienstleistungsangebots und der Erlösmodelle von Stammdatenpools beruht auf einer Studie unter ausgewählten Datenpoolbetreibern. Die Ergebnisse basieren auf strukturierten Interviews13 mit Vertretern der in Tabelle 3-10 aufgelisteten Anbieter. Die Stichprobe deckt 43 % der dargestellten Datenpools und 98 % der in der GS1 Global Registry registrierten Artikel ab [vgl. GS1 2007f] und vermittelt damit ein kennzeichnendes Bild der aktuellen Marktsituation. Die folgenden Abschnitte beschreiben die Studienergebnisse in Bezug auf Kundenbasis, Angebotsportfolio sowie Erlösmodell und leiten eine Segmentierung des Markts in zwei Gruppen von Anbietern ab. Global Exchange Services (GXS)
Agentrics
UDEX
GS1 UK
GS1 Netherlands
GS1 Belgium & Luxembourg
GS1 Canada
SINFOS
GS1 France
GS1 Slovakia
Commport Communications
GS1 Spain
Big Hammer GS1 Malta 1SYNC KOEB GS1 Mexico GS1 Taiwan GS1 Venezuela
GS1 Colombia
GS1 Hong Kong
GS1 Argentina
GS1 Australia
Abbildung 3-8: Anbieter von Datenpools in 2007
12 13
Die Übersicht basiert auf einer Liste der in 2007 GDSN-zertifizierten Datenpools [s. GS1 2007a]. Anhang A.3 fasst Interviewpartner und -termine zusammen.
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network
55
Anzahl Industriekunden
Chicago, US
Konsortial
945
3555
13
SINFOS
SINFOS
Köln, DE
Konsortial + unabhängige dritte Partei
157
1923
4
Agentrics
Gensync
Alexandria, US
Konsortial
15
135
4
GS1 Colombia
CABASnet
Bogotá, CO
Konsortial
10
1200
3
GS1 Netherlands
GS1 DAS
Amsterdam, NL
Konsortial
12
571
3
GS1 France
Parangon
Issy-lesMoulineaux, FR
Konsortial
5
295
1
Anonym
anonym
anonym
Konsortial
1
150
3
GS1 Belgium & Luxembourg
CDB
Brüssel, BE
Konsortial
8
52
3
Commport Communications
CGS datapool services
Aurora, CA
Unabhängige dritte Partei
4
54
1
GS1 Malta
MEMA Data Pool
Ta’Xbiex, MT
Konsortial
2
0
0
Tabelle 3-10: Überblick der befragten Datenpoolanbieter
Anzahl produktiver GDSN-Verbindungen
Anzahl Handelskunden
Item Management, 1SYNC UCCnet
Anbieter
Firmensitz
1SYNC
Produkt
Besitzverhältnis
Merkmal
56
3 Stand der Praxis
3.3.3.2 Kundenbasis Die meisten der untersuchten Anbieter beschränken ihren Dienst zur Synchronisation von Artikeldaten auf Kunden aus dem Bereich schnell drehender Konsumgüter des täglichen Bedarfs in den Warengruppen Food und Nonfood14 (vgl. Abbildung 3-9). Lediglich 1SYNC, SINFOS, Agentrics und GS1 Kolumbien zeigen eine Diversifikation in mehrere Branchen bzw. Warengruppen, während Commport sich fast ausschliesslich auf Bürobedarf spezialisiert. Der Wertbeitrag eines Datenpools hängt in erster Linie von seiner Reichweite ab, d.h. der Anzahl angeschlossener Handels- bzw. Industrieunternehmen. Die Reichweite der untersuchten Anbieter variiert stark (vgl. Tabelle 3-10): 1SYNC verfügt mit Abstand über die höchste Zahl angeschlossener Kunden bei einem klaren Fokus auf US-amerikanische Unternehmen. Es folgen SINFOS und GS1 Kolumbien, die Unternehmen in multinationalen Regionen versorgen. Mit einer signifikant geringeren Kundenbasis ist Agentrics derzeit der einzige Anbieter, der Kunden in drei Kontinenten bedient. Die übrigen Datenpools verbinden Händler und Hersteller lokal in einem Land oder einer Menge benachbarter Länder und verfügen über eine deutlich geringere Reichweite. Durch das GDSN ist die Reichweite eines Datenpools nicht auf seine direkten Kunden beschränkt, sondern lässt sich über Föderation auf die Kundenbasis verbundener Dienstleister ausweiten. Analog zur direkten Kundenbasis zeigen sich auch bei den Pool-zu-Pool-Verbindungen starke Differenzen zwischen den Anbietern (vgl. Tabelle 3-10): Während 1SYNC insgesamt 13 Verbindungen zu anderen Datenpools implementiert hat, sind die übrigen Anbieter jeweils mit nicht mehr als vier Pools verbunden.
14
Diese Warengruppen werden häufig auch als Fast Moving Consumer Goods (FMCG) oder Consumer Packaged Goods (CPG) bezeichnet [vgl. Tellkamp 2006, 25].
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network
57
1SYNC SINFOS Agentrics Datenpool
GS1 Colombia GS1 Netherlands GS1 France Anonym GS1 Belgilux Commport GS1 Malta 0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Kundenanteil FMCG
Hartw aren
Mode & Sport
Elektronik
Bürobedarf
Andere
Abbildung 3-9: Branchenverteilung der Datenpoolkunden
3.3.3.3 Dienstleistungsportfolio Die Ebene der Leistungserbringung erlaubt die Unterscheidung von drei Klassen von Diensten bzw. Services zur Unterstützung überbetrieblicher Prozesse [vgl. Österle/Reichmayr 2003, 580 ff.; Alt 2004, 165f.]: •
Prozessservices übernehmen Aufgaben in verteilten Leistungsprozessen wie bspw. Einkauf, Produktion, Vertrieb, Marketing und Kundendienst. Beispiele für Prozessservices im Einkauf sind die Auktionsdurchführung, die Zahlungsabwicklung oder die online Paketverfolgung während des Warentransports [vgl. Reichmayr 2003, 120].
•
Koordinationsservices sind nicht spezifisch für einen Leistungsprozess. Sie übernehmen Unterstützungsaufgaben wie bspw. das Katalogmanagement oder den Betrieb von Community- bzw. Projektplattformen.
•
Integrationsservices unterstützen die elektronische Verbindung von Prozessund Koordinationsdiensten. Beispiele sind Transformationsdienste zur Konvertierung von Nachrichtenformaten, Dienste zur Suche und Identifikation von Geschäftspartnern sowie Sicherheitsdienste. [Leser 2005, 108ff.] ergänzt die beschriebenen Dienstklassen um Transformationsdienste. Diese unterstützen das Anwenderunternehmen beim Prozess der Leistungsauslagerung selbst. Typische Leistungen sind bspw. Strategie- oder Prozessberatung, die Moderation von Standardisierungsprozessen mit Partnern oder das Management von Geschäftspartnerbeziehungen während der Einführung einer neuen Lösung.
58
3 Stand der Praxis
Die untersuchten Datenpools bieten Koordinations-, Integrations- und Transformationsdienste zur Unterstützung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements an. Koordinationsservices Koordinationsdienste übernehmen Unterstützungsaufgaben für das globale Stammdatenmanagement zwischen Handel und Industrie. Die Art der ausgetauschten Daten unterscheidet die Dienste (vgl. Tabelle 3-11).
Agentrics GS1 Colombia GS1 Netherlands GS1 France Anonym GS1 Belgilux Commport GS1 Malta
Dokumente
SINFOS
Konditionen
1SYNC
Geschäftspartner
Datenpool
Datensynchronisation
Artikel
Dienst
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0
0 0 0 0
Legende: 0 Dienst angeboten, Dienst nicht angeboten
Tabelle 3-11: Koordinationsservices der untersuchten Datenpools
Die Synchronisation von Artikelstammdaten ist die grundlegende Dienstleistung, die sämtliche untersuchten Datenpools anbieten. Alle Dienstleister unterstützen die ca. 220 Artikelattribute des GDSN-Datenmodells (vgl. Abschnitt 3.2.2.4) und bieten zusätzliche branchen- oder landesspezifische Erweiterungen. Obwohl einige Datenpools wie bspw. 1SYNC mehr als 1000 Artikelattribute verwalten, zeigt die Studie, dass der durchschnittliche Kunde nur ca. 30-50 Attribute nutzt. In der Regel handelt es sich dabei um Grunddaten zur Identifikation und Klassifikation sowie Logistikdaten wie Abmessungen und Gewichte.
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network
59
Die Mehrheit der Datenpools bietet zusätzlich einen Dienst zum Abgleich von Attributen zu Geschäftspartnern wie bspw. Kontakt- oder Lokationsdaten an. Ausserdem wächst die Unterstützung für die Synchronisation von Preisen und Konditionen: fünf Dienstleister bieten diesen Dienst - teilweise unter Nutzung proprietärer Technologie - bereits an. Weitere Anbieter befinden sich aktuell in der Implementierung des Preis- und Konditionenabgleichs. In Ergänzung zum strukturierten Datenabgleich bieten 1SYNC, SINFOS, GS1 Kolumbien sowie GS1 Belgien & Luxemburg Services für den Austausch von semistrukturierten Dokumenten. Der Schwerpunkt liegt auf Produktbildern in verschiedenen Auflösungen und Sicherheitsdatenblättern für Gefahrgut. Integrationsservices Integrationsdienste unterstützen die elektronische Integration der Stammdatensynchronisation zwischen Handel und Industrie. Der Vergleich der Datenpools konzentriert sich auf Leistungen in den Bereichen Schnittstellenmanagement und Standardisierung bzw. Übersetzung (vgl. Tabelle 3-12). Die Schnittstellendienste bieten dem Kunden den Zugriff auf die Koordinationsdienste des Datenpools über verschiedene Kommunikationskanäle. Der Automationsgrad der Schnittstellen unterscheidet die Arten der Mensch-Mensch-, Mensch-Maschine- und Maschine-Maschine-Schnittstellen15. SINFOS unterstützt als einziger Anbieter eine nicht automatisierte Schnittstelle: Der kostenpflichtige Erfassungsservice ist ein Angebot für Industrieunternehmen, die die Erfassung und Pflege der Stammdaten bzw. die Programmierung und Konvertierung von Schnittstellen nicht selbst übernehmen möchten. Die Kunden reichen ihre Artikelstammdaten auf Erfassungsbögen ein und Mitarbeiter von SINFOS überprüfen und erfassen die Daten in der Anwendung. Die Bedeutung der halb- bzw. vollautomatischen Schnittstellen variiert zwischen den einzelnen Datenpools (vgl. Abbildung 3-10). Während GS1 Frankreich und Commport nur maschinelle Schnittstellen anbieten, nutzen die Kunden der Datenpools mit beiden Schnittstellenvarianten mit Ausnahme von GS1 Kolumbien häufiger die Mensch-Maschine-Schnittstelle bspw. in Form von Portaloberflächen. Der damit verbundene geringe Automationsgrad legt den Schluss nahe, dass die Mehrzahl der Handels- und Industrieunternehmen die überbetriebliche Datensynchronisation noch nicht mit ihren internen Backend-Systemen integriert hat.
15
Abschnitt 4.4.1.1 beschreibt die genannten Schnittstellenarten und korrespondierende Integrationsmechanismen detaillierter.
60
3 Stand der Praxis
Klassifikation
GPC CCG Sonstige
Beschreibung
GS1 GDD
Nachrichten
GS1 XML
Sonstige
PRICAT Sonstige
GS1 Malta
Sonstige
Commport
DUNS
GS1 Belgilux
GLN
Anonym
GTIN
GS1 France
Standardisierung / Übersetzung
Identifikation
GS1 Netherlands
Maschine-Maschine
GS1 Colombia
Mensch-Maschine
Agentrics
Mensch-Mensch
SINFOS
Schnittstellen
Dienst
1SYNC
Datenpool
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Legende: 0 Dienst angeboten, Dienst nicht angeboten
Tabelle 3-12: Integrationsservices der untersuchten Anbieter
Standardisierungs- bzw. Übersetzungsdienste reduzieren die Schnittstellenkomplexität für den Kunden. Über ihre angebotenen Schnittstellen standardisieren die Datenpools de facto den überbetrieblichen Stammdatenaustausch zwischen Industrie und Handel. Die Anbieter unterstützen alle im Rahmen der GDSN-Zertifizierung geprüften GS1-Standards zur Identifikation, Klassifikation, Beschreibung und Nachrichtendefinition (vgl. Tabelle 3-12). Zusätzlich bieten sie auf den verschiedenen Ebenen weitere, häufig eher lokale Standards an. Beispiele für alternativ angebotene Standards sind die deutsche Warenklassifikation der CCG oder die Identifikation von Geschäftspartnern mittels der DUNS-Nummer. Durch die
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network
61
Übersetzung dieser Standards auf die verpflichtenden globalen GS1-Standards vereinfachen die Datenpools den globalen Datenaustausch [vgl. Bussler 2001, 16].
Abbildung 3-10: Bedeutung der Schnittstellentypen 16
Transformationsservices Transformationsservices unterstützen Industrie- und Handelsunternehmen bei der Anbindung an einen Datenpool und der Pflege der bestehenden Datenaustauschverbindungen. Das Angebot umfasst Dienste in den Bereichen Datenqualitätssicherung, Aus- und Weiterbildung sowie Beratung und Implementierung (vgl. Tabelle 3-13). Im Bereich der Datenqualitätssicherung implementieren sämtliche Anbieter Validierungsdienste zur automatischen Überprüfung der Daten auf syntaktische Genauigkeit und Konsistenz17. Zusätzlich bieten einige Datenpools ergänzende Leistungen zur Sicherstellung der inhaltlichen Korrektheit der Daten: Mitarbeiter prüfen in diesem Fall Produktmuster mittels physischer Vermessung bspw. auf korrekte Identifikation und Abmessungen oder gleichen die Daten im System durch Inspektionen vor Ort mit der Realität ab. Die Hälfte der Datenpools bietet weitergehende Dienste zur Verbesserung der Datenqualität aus Kundensicht: Die Anbieter analysieren die Stammdatenqualität in Handelssystemen und realisieren Projekte zur Ursachenbehebung gemeinsam mit den Lieferanten. Aus- und Weiterbildungsdienste sowie Beratungs- und Implementierungsleistungen rund um die Anbindung an den Datenpool (Onboarding) runden das Dienstleistungsportfolio der meisten Anbieter ab.
16 17
1SYNC, SINFOS und GS1 Malta konnten keine genauen Angaben zur Verteilung der Schnittstellennutzung machen. Abschnitt 4.3.1.2 erläutert Führungsgrössen zur Messung von Stammdatenqualität.
62
3 Stand der Praxis
GS1 Colombia GS1 Netherlands GS1 France Anonym GS1 Belgilux Commport GS1 Malta
Beratung und Implementierung
Agentrics
Aus- und Weiterbildung
SINFOS
Projekte
1SYNC
Vermessung
Datenpool
Datenqualitätssicherung
Validierung
Dienst
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0
0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0 0
Legende: 0 Dienst angeboten, Dienst nicht angeboten
Tabelle 3-13: Transformationsservices der untersuchten Datenpools
3.3.3.4 Erlösmodelle Die Mehrheit der untersuchten Datenpools berechnet ihren Kunden eine Jahresgebühr in Abhängigkeit von der Kundengrösse gemessen am Gesamtjahresumsatz (vgl. Tabelle 3-14). GS1 Frankreich und Commport richten die Gebühr stattdessen an der Anzahl der verwalteten Datenobjekte aus. Andere Anbieter beziehen weitere Faktoren wie die Anzahl an Transaktionen, die Anzahl verbundener Geschäftspartner oder die Art der Schnittstellentechnologie (XML vs. Portal) mit ein. Viele Erlösmodelle kombinieren mehrere Faktoren, wie das Beispiel SINFOS verdeutlicht: SINFOS unterscheidet drei Arten von Lizenzgebühren, die in Summe die gesamten Kosten für die Datenpoolnutzung ausmachen [vgl. Städler 2005, 17ff.]: •
Die Höhe der einmaligen Einrichtungsgebühr richtet sich nach dem Jahresumsatz für das Land, in dem die an SINFOS gelieferten Artikeldaten genutzt werden sollen. Die gestaffelte Einrichtungsgebühr reicht von € 100
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network
63
bei einem Umsatz von bis zu € 0,5 Mio. bis zu einem Betrag von € 5'000 bei einem Umsatz von mehr als € 5 Mrd. •
Die jährliche Grundlizenz richtet sich wie die einmalige Einrichtungsgebühr nach der Höhe des Jahresumsatzes für das Zielland. Sie bewegt sich in einem Korridor von € 400 im günstigsten Fall bis € 19'900 bei einem Umsatz von mehr als € 5 Mrd.
•
Die leistungsabhängigen Gebühren variieren abhängig von der Anzahl Transaktionen (Datenlieferung, Testnachricht, Datenlöschung, etc.) und der Menge gespeicherter Artikel. Der Preis je Transaktion liegt bei € 30 mit einem Höchstbetrag von € 3’000 pro Jahr. Die mengenabhängige Gebühr je gespeichertem Artikel wird anhand der Anzahl Konsumenteneinheiten in einer degressiven Staffel berechnet: die ersten 10 Artikel kosten je € 10, während ab dem 2'001. Artikel noch € 0,01 berechnet werden. Eine Besonderheit stellt das Erlösmodell von GS1 Kolumbien dar: Die Ländergesellschaft bietet ihren Mitgliedern den Datenpool kostenfrei an und finanziert ihn über die regulären GS1-Mitgliedsbeiträge.
GS1 Netherlands GS1 France Anonym GS1 Belgilux Commport GS1 Malta
Genutzte Schnittstellentechnologie
GS1 Colombia
Anzahl Geschäftspartner
Agentrics
Anzahl Datenobjekte
SINFOS
Genutzte Dienste
1SYNC
Anzahl Transaktionen
Datenpool
Kundenumsatz (gesamt)
Faktor des Erlösmodells
0 0 0 0 0 0 0
0
0 0 0
0 0 0 0 0
0
0
Legende: 0 Teil des Erlösmodells, kein Teil des Erlösmodells
Tabelle 3-14: Erlösmodelle der untersuchten Datenpools
64
3 Stand der Praxis
3.3.3.5 Marktsegmentierung Die Studienergebnisse unterstützen die Segmentierung der untersuchten Datenpools anhand ihrer Marktpräsenz in drei Gruppen (vgl. Abbildung 3-11): •
Die globalen Anbieter 1SYNC, SINFOS und Agentrics operieren in mehreren Ländern und Kontinenten. Sie bieten ihre Dienste in verschiedenen Branchen und Warengruppen an und haben - mit Ausnahme von Agentrics - eine im Vergleich zu den übrigen Datenpools signifikant höhere Kundenbasis akquiriert.
•
Die lokalen Anbieter wie bspw. GS1 Netherlands oder Commport fokussieren sich auf ein Land und i. d. R. auf eine Branche bzw. Warengruppe, wodurch sie zwangsläufig über eine geringere Kundenbasis verfügen.
•
Die regionalen Anbieter wie bspw. GS1 Colombia bieten ihre Dienstleistungen in einer Menge von benachbarten Ländern an. 5000
Kundenanzahl
4000
1SYNC SINFOS Agentrics
3000
GS1 Colombia GS1 Netherlands 2000
GS1 France Anonym GS1 Belgilux
1000
Commport GS1 Malta
0
0.5
1.5
2.5
3.5
Abbildung 3-11: Segmentierung der Datenpools18
Das Muster der entstehenden aktiven GDSN-Verbindungen stützt die eingeführte Einteilung der Datenpools (vgl. Abbildung 3-12). Die globalen Anbieter 1SYNC, SINFOS und Agentrics haben signifikant mehr aktive Verbindungen zu anderen Datenpools als die übrigen Dienstleister. Sie bilden das Zentrum des entstehenden Datennetzwerks: Fast sämtliche Dienstleister haben bereits Verbindungen zu ihnen implementiert oder planen dies in naher Zukunft zu tun.
18
Der Durchmesser der Cluster illustriert die Anzahl der unterstützten Branchen.
3.3 Datenpools und das Global Data Synchronization Network
65
Abbildung 3-12: Aktive und geplante GDSN-Verbindungen
Bis auf Verbindungen zu den globalen Pools sind die lokalen bzw. regionalen Anbieter so gut wie nicht vernetzt. Ausnahmen bilden regional benachbarte Datenpools wie die GS1-Länderorganisationen Frankreich, Belgien & Luxemburg sowie Niederlande.
3.3.4
Verbreitung
Die multilaterale Stammdatensynchronisation konnte sich trotz der mehrjährigen Marktpräsenz von Datenpools und dem GDSN bis heute nicht durchsetzen. Obwohl einige Dienstleister wie bspw. SINFOS eine beachtliche Anzahl an Kunden und gespeicherten Datenobjekten vorweisen können, läuft der Grossteil des operativen Stammdatenaustauschs an den zentralen Plattformen vorbei. Eine aktuelle Studie zur ECR-Umsetzung in Deutschland verdeutlicht die Dominanz des bilateralen Stammdatenaustauschs: Industrie- und Handelsunternehmen gleichen heute über 90 % ihrer Stammdaten bilateral ab (vgl. Abbildung 3-13). Die Hälfte dieser Daten (46 %) wird dabei nicht elektronisch, sondern bspw. in Papierform übermittelt. Im Fall der elektronischen Datenübermittlung dominieren nicht-standardisierte Formate (bspw. Excel-Tabellen) die standardisierten Nachrichten (bspw. PRICAT). Datenpools spielen mit einem Synchronisationsanteil von durchschnittlich 5,8 % der Stammdaten eine vernachlässigbare Rolle in der überbetrieblichen Datensynchronisation.
66
3 Stand der Praxis
Abbildung 3-13: Umsetzungsstand der Stammdatensynchronisation im deutschen Handel [vgl. GS1 Germany 2007, 18]
Daten zur internationalen Verbreitung der multilateralen Stammdatensynchronisation bestätigen die Aussage, wobei US-amerikanische Unternehmen Datenpools in deutlich höherem Umfang nutzen (s. Abbildung 3-14). Zusätzlich fällt die hohe Abweichung zwischen publizierten und synchronisierten Artikeln auf. Dies bedeutet, dass Industrieunternehmen ihre Daten zwar in einen Pool einstellen, der Handel diese jedoch nicht von dort abholt.
Abbildung 3-14: Nutzung der multilateralen Stammdatensynchronisation durch Konsumgüterindustrieunternehmen in 2007 19
Die multilaterale und die bilaterale Stammdatensynchronisation können aufgrund der vielfachen Einflussfaktoren nur unternehmensindividuell vergleichend bewertet werden. Abschnitt 4.3.2.4 entwirft einen unterstützenden Kriterienkatalog. Der folgende Abschnitt verdeutlicht die Herausforderungen des überbetrieblichen Stammdatenmanagements anhand eines Beispiel aus der Praxis.
19
Auswertung auf Basis von Daten der Global ECR Scorecard [s. GCI 2007a]
3.4 Fallbeispiel
3.4
Fallbeispiel
3.4.1
Unternehmen und Geschäftsbeziehungen
67
Das überbetriebliche Stammdatenmanagement ist ein wesentliches Hindernis für die Verbreitung durchgängiger elektronischer Geschäftsprozesse zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Die grundlegenden Problembereiche lassen sich anhand konkreter Beispiele aus der betrieblichen Praxis analysieren. Ein Handelsunternehmen und zwei seiner Lieferanten unterstützten eine kritische Bestandsaufnahme: •
Migros ist das führende Einzelhandelsunternehmen der Schweiz. Das Unternehmen betreibt 590 Vertriebsstandorte in den Sortimenten Food, Nearfood, Nonfood, Baumarkt, Möbel, Sport und Elektronik. Anhang B.6 liefert Hintergrundinformationen zum Unternehmen in Form eines kurzen Profils.
•
Beiersdorf ist ein globales Industrieunternehmen mit über 150 Tochtergesellschaften und ca. 17'000 Mitarbeitern in 58 Ländern. Im Geschäftsbereich Consumer bietet das Unternehmen kosmetische und medizinische Produkte für die Haut- und Schönheitspflege mit bekannten Marken wie bspw. Nivea an (vgl. Anhang B.1).
•
Henkel zählt mit über 50'000 Mitarbeitern in 125 Ländern zu den Fortune Global 500 Unternehmen (vgl. Anhang B.2). Der Düsseldorfer Konzern ist aktiv in drei strategischen Geschäftsfeldern: Wasch-/Reinigungsmittel, Kosmetik/Körperpflege sowie Klebstoffe, Dichtstoffe und Oberflächentechnik. Ziel der von Dezember 2005 bis März 2006 in Zusammenarbeit mit den Unternehmen erhobenen Studie war es, am Beispiel der konkreten Geschäftsbeziehungen zwischen den Studienteilnehmern den aktuellen Stand im überbetrieblichen Stammdatenmanagement darzustellen, Problembereiche zu identifizieren und Handlungsfelder aufzuzeigen. Tabelle 3-15 charakterisiert die Geschäftsbeziehungen zwischen den Studienteilnehmern zum Zeitpunkt der Datenerhebung. Beiersdorf beliefert Migros mit Markenartikeln im Sortiment Hygiene/Kosmetik/Selfcare über VMI. Mit einem Sortimentsanteil von ca. 10 % der Artikel ist Beiersdorf ein für diese Warengruppe bedeutender Lieferant. Henkel stellt für Migros Klebeprodukte in den Hartwarenund Baumarktsortimenten her. Die als Handelsmarken vertriebenen Artikel20 machen bezogen auf die Anzahl nur ca. 0,2 % des Sortiments aus, erzielen jedoch hohe und stabile Umsätze. Die Lagerbestandsverwaltung ist klassisch, d. h. Migros disponiert selbstständig.
20
Henkel beliefert Migros auch mit einigen Markenartikeln. Der Abschnitt konzentriert sich in dieser Geschäftsbeziehung auf die Handelsmarken, um Unterschiede im Stammdatenmanagement aufzuzeigen.
68
3 Stand der Praxis Geschäftsbeziehung
Beiersdorf - Migros
Henkel - Migros
Sortiment
Hygiene / Kosmetik / Selfcare
Hartwaren & DIY (Klebeprodukte)
Anzahl Artikel
ca. 540
ca. 40
Anteil am Gesamtsortiment
ca. 10 %
ca. 0,2 %
Artikelart
Markenartikel
Handelsmarke
Bestandsverwaltung
Vendor Managed Inventory
Buyer Managed Inventory
Eigenschaft
Tabelle 3-15: Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen
3.4.2
Ist-Situation im überbetrieblichen Stammdatenmanagement
3.4.2.1 Stammdatenmanagement-Prozesse Die stammdatenbezogenen Abläufe zwischen den beteiligten Akteuren waren vor der Studie nicht explizit entworfen oder definiert. Die Studie konzentrierte sich auf die Ist-Aufnahme der folgenden Stammdatenmanagement-Prozesse: •
Die Artikelanlage umfasst alle stammdatenbezogenen Aufgaben, die im Rahmen der Aufnahme eines neuen Artikels in das Sortiment von Migros anfallen.
•
Die Artikeländerung steuert die notwendigen Aufgaben zur Bearbeitung von Änderungen an Artikeln, die bereits bei Migros gelistet sind. Die Abläufe zum Artikelauslauf wurden aus Zeit- und Kapazitätsgründen nicht analysiert. Die folgende Beschreibung der Anlage- und Änderungsprozesse konzentriert sich auf die Abläufe zwischen Beiersdorf und Migros. Im Anschluss schildert der Abschnitt die Abweichungen im Fall der Geschäftsbeziehung zu Henkel. Artikelanlage Abbildung 3-15 zeigt den überbetrieblichen Ablauf der Anlage eines neuen Artikels zwischen Beiersdorf und Migros in der Notation eines Aufgabenkettendiagramms [vgl. Österle 1995, 95f.; Gadatsch 2005, 84f.]. Anhang C.2 erklärt die Notation.
3.4 Fallbeispiel
69 Beiersdorf
Zentralfunktionen
Produktion (lokal)
Globale Artikeleröffnung
Migros Distribution (lokal)
Category Management
Category Field Planning
Stammdatenpflege
Artikeldaten ergänzen
Artikeldaten ergänzen
Globale Artikeleröffnung
Stammdaten verteilen Lokale Artikeleröffnung
Lokale Artikeleröffnung
Produktion
Artikel vorstellen
Sortimentsplanung ist eingeleitet
Logistische Daten ergänzen
Artikel prüfen
Offerte erstellen
Artikel ausgewählt
Offerte
Sortimentsplanung
Listungsentscheid gefallen
Artikeldaten aufbereiten
Artikeldaten anfordern
Artikelpass
Artikeldaten ergänzen
Artikelanlage
Konditionen pflegen Listungsdaten erfassen
VMI-Blatt
Artikel listen
Listungsdaten aufbereiten
Artikel lieferbereit
Abbildung 3-15: Artikelstammdatenanlage zwischen Beiersdorf und Migros
Der Prozess beinhaltet auf Industrie- und Handelsseite interne Aufgabenfolgen, in die jeweils mehrere unterschiedliche Organisationseinheiten involviert sind. Auf Seite von Beiersdorf sind neben zentralen Funktionen wie Marketing, Supply Chain Management, F&E sowie zentrales Datenmanagement lokale Produktionsund Distributionseinheiten am Prozess beteiligt. Category Management, Category Field Planning und Stammdatenpflege sind die beteiligten Organisationseinheiten auf Handelsseite. Der erste Interaktionspunkt im Prozess ist das im Einzelhandel übliche Jahresgespräch: In regelmässigen Zeitabständen, die vom Sortimentsplanungszyklus des Handels abhängen, treffen sich Vertriebsmitarbeiter von Beiersdorf und Category
70
3 Stand der Praxis
Manager von Migros, um die neue Beiersdorf-Produktpalette im Rahmen einer Produktvorstellung zu evaluieren. Vorgängig haben die Zentralfunktionen von Beiersdorf den globalen Artikelstamm des Sortiments eröffnet und die Vertriebsgesellschaften haben diesen durch lokale Attribute ergänzt. Im Anschluss an die Produktvorstellung fordert das Category Management Offerten zu Teilen des vorgestellten Produktsortiments an. Der Vertrieb übermittelt Offerten mit einigen Artikelstammdaten wie bspw. Artikelnummern, Mengenverhältnissen logistischer Einheiten und Preisen per Email, Telefax oder Post an die Migros. Basierend auf den vorliegenden Offerten plant das Category Management das Sortiment und fällt einen Listungsentscheid für bestimmte Produkte. Für die zu listenden Produkte fordert Migros über einen Artikelpass im Excel-Format per Email 38 Stammdatenattribute, schwerpunktmässig Logistikdaten, vom Hersteller an. Nach Übermittlung des ausgefüllten Artikelpasses ergänzen die händlerseitigen Rollen die Stammdaten sukzessive um weitere 45 händlerspezifische Attribute wie bspw. Listungs-, Verkaufs- und POS-Daten, bevor die zentrale Stammdatenpflege den Artikelstamm im zentralen Warenwirtschaftssystem erfasst. Im Anschluss an die Konditionspflege und die Artikellistung ist das Produkt im Warenwirtschaftssystem bestellbereit. Das Category Management übermittelt im Anschluss Listungsdaten wie bspw. die Anzahl der Filialen an die Distribution von Beiersdorf, die diese primär für die Erstbestückung des VMI-Lagers benötigt. Artikeländerung Die Analyse identifizierte die folgenden häufigsten Auslöser für Änderungen am gelisteten Artikelstamm: •
Geringfügige Änderungen wirken sich nicht direkt auf den Handel oder den Endkonsumenten aus. Beiersdorf kommuniziert diese Änderungen somit nicht direkt sondern lediglich bei Bedarf im Rahmen der Jahresgespräche an Migros. Beispiele sind geringfügige Verpackungs- oder Rezepturänderungen eines Produkts.
•
Umfangreiche Änderungen haben direkte Auswirkungen auf den Handel oder den Endkonsumenten und erzwingen die Anlage eines Nachfolgeartikels (Relaunch). Beispiele sind wesentliche Verpackungsänderungen, die Änderung des Produktnamens oder die Einführung einer Promotionsvariante.
•
Änderungen logistischer Einheiten erfordern die Vergabe neuer GTINs für die betroffenen Stufen der Verpackungshierarchie.
•
Änderungen des Verkaufspreises gehen von Migros aus. Beiersdorf benötigt die Daten, um den Etikettendruck anzupassen. Beiersdorf informiert das Category Management von Migros über Nachfolgeartikel oder logistische Änderungen i. d. R. per Email. Hierzu übermittelt das Distributionscenter den Migros-Artikelpass mit Angabe des Änderungsdatums
3.4 Fallbeispiel
71
(Liefer- bzw. Einführungsdatum), der Artikelidentifikation sowie der geänderten Attribute an Migros. Im Fall von Verkaufspreisänderungen übermittelt Migros den Artikelpass analog an Beiersdorf. Die unterschiedlichen Typen von Änderungen setzen verschiedene Vorlaufzeiten bei den beteiligten Parteien voraus. So benötigt Beiersdorf im Fall von Verkaufspreisänderungen ca. drei Wochen Vorlauf, während eine Änderung von logistischen Einheiten durch den Lieferanten bis zu drei Tagen vor dem Änderungsdatum kommuniziert werden kann. Um Fehler in den Änderungsprozessen zu vermeiden, informiert Beiersdorf den Kunden mehrfach, d. h. die Distribution verschickt jeweils Erinnerungsmails kurz vor Inkrafttreten der Änderungen. Abweichungen in der Geschäftsbeziehung mit Henkel Der Ablauf der Anlage und Änderung von Artikeln zwischen Henkel und Migros verläuft in grossen Teilen analog zur Geschäftsbeziehung mit Beiersdorf, die Analyse der Stammdatenmanagement-Prozesse verdeutlichte jedoch Unterschiede in den Abläufen und Attributvergaben zwischen Markenartikeln und Handelsmarken: •
Initiative durch den Handel. Im Gegensatz zur Geschäftsbeziehung mit Beiersdorf übernimmt Migros in einer frühen Phase der Sortimentsplanung die Initiative: Das Category Management spezifiziert den gewünschten Artikel und fordert ein Angebot von Henkel an.
•
Geringerer Umfang des Stammdatenaustauschs. Henkel übermittelt im Vergleich zu Markenprodukten einen deutlich geringeren Anteil Stammdatenattribute an Migros. Bspw. beschränkt sich der Lieferant bei der Definition der Logistikdaten auf die Konsumenteneinheit und vergibt keine GTIN für den Artikel. In der anschliessenden internen Datenergänzung vergibt der Händler eine grössere Anzahl an Attributen selbst, wie bspw. die GTINs oder die Angaben zur Verpackungshierarchie.
•
Kein „Rückfluss“ von Stammdaten an den Lieferanten. Der Händler übermittelt keine Listungs- und Verkaufsdaten an Henkel, da Migros den Verpackungsprozess und die Etikettierung der Ware selbst steuert und die Artikel nicht über VMI disponiert werden.
3.4.2.2 Synchronisationsbedarfe Der von Migros im Sortiment Hygiene/Kosmetik/Selfcare eingesetzte Artikelpass umfasst insgesamt 83 Stammdatenattribute, von denen Migros 38 vom Lieferanten einfordert (vgl. Tabelle 3-16). Den Grossteil dieser Attribute bilden Logistikdaten, gefolgt von Grunddaten wie Artikelnummern und -texten. Die restlichen 45 Datenfelder des Artikelpasses vergibt Migros intern.
72
3 Stand der Praxis
Datenbereich
Anzahl Attribute
Beispiele
Grunddaten
4
Artikelnummer, Artikelbeschreibung
Logistikdaten
30
Verpackungshierarchie, Abmessungen, Gewichte, Herkunftsland
Bestelldaten
4
Währung, Preis, Planlieferzeit
Handelsinterne Daten
45
Interne Artikelnummer, Artikelart, Sortimentsstufe, Kassenbontext
Tabelle 3-16: Stammdatenattribute im Migros-Artikelpass
Ein Abgleich der vom Lieferanten geforderten Stammdatenattribute mit dem GS1 GDD (vgl. Abschnitt 3.2.2.4) zeigt eine relativ hohe Abdeckung des Standards: 32 der 38 geforderten Attribute liessen sich direkt einem Element im GDD zuordnen. Gleichwohl sind einige der eingeforderten Attribute nicht im GDD abbildbar. Beispiele sind die Kennzeichnung der Chargenpflicht eines Artikels oder die in der Schweiz gesetzlich verpflichtende Angabe zum Gehalt flüchtiger organischer Verbindungen. 3.4.2.3 Systemunterstützung Die Systemunterstützung im überbetrieblichen Stammdatenmanagement ist geprägt von Medienbrüchen und redundanter Datenhaltung. Abbildung 3-16 zeigt den Stammdatenfluss mit den beteiligten Anwendungen und Rollen im Überblick.
Abbildung 3-16: Überbetrieblicher Stammdatenfluss zwischen den Studienteilnehmern
3.4 Fallbeispiel
73
Die Industrieunternehmen pflegen globale Artikeldaten in einem zentralen Stammdatensystem. Es handelt sich hierbei um eine Instanz eines ERP-Systems auf Basis von SAP R/3, die im Kern für die Verwaltung der globalen Stammdatenattribute, wie bspw. Produktnummern, -beschreibungen, und -klassifikationen genutzt wird. Das zentrale Stammdatensystem verteilt die globalen Stammdaten regelmässig in die ERP-Systeme der verschiedenen Produktions- und Vertriebsorganisationen. Die lokalen Organisationen ergänzen die globalen Stammdatenattribute um lokale Attribute wie bspw. Produktions- und Vertriebsdaten. Auf Händlerseite bietet sich ein ähnliches Bild: Migros verwaltet globale Artikelstammdaten führend in einem zentralen Warenwirtschaftssystem, welches Teile der Artikelstämme an die Systeme in den Verteilzentren und Filialen verteilt. Aufgrund der zentralisierten Warenwirtschaftsprozesse führt Migros den Grossteil der Stammdaten global und ergänzt nur wenige Attribute in den lokalen Systemen. Die Systemunterstützung des zwischenbetrieblichen Datenflusses beschränkt sich auf Tabellenkalkulationsformate wie Microsoft Excel. Auf Herstellerseite übertragen Vertriebsmitarbeiter die händlerrelevanten Stammdatenattribute in spezielle Excel-Datenbanken, auf deren Basis sie die vom Händler geforderten Stammdaten nach seinen Vorgaben (Templates) kundenspezifisch aufbereiten. Das Category Management nimmt die per Email übermittelten Tabellen auf Händlerseite entgegen und konsolidiert sowie ergänzt die Stammdaten in verschiedenen ExcelListen vor der Erfassung im zentralen Warenwirtschaftssystem. 3.4.2.4 Auswirkungen und Nutzenpotenziale Die beteiligten Unternehmen verfügten zum Zeitpunkt der Datenerhebung über keine kennzahlenorientierten Führungssysteme zur Bewertung von Auswirkungen und zur Steuerung des Stammdatenmanagements, sodass sich die Untersuchung auf zwei Aspekte konzentrierte: •
•
Aufwandsreduktion in administrativen Prozessen. Nutzenpotenziale einer Automatisierung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements liegen u. a. in der Reduktion administrativer Aufwände und einer damit verbundenen Beschleunigung von Stammdatenpflege und -austausch.
Effektivere und effizientere Geschäftsprozesse. Eine erhöhte Stammdatenqualität wirkt sich positiv auf die Effektivität und Effizienz von Geschäftsprozessen, bspw. im Logistik- und Marketingbereich, aus. Der Aufwand in den administrativen Prozessen lässt sich durch eine Betrachtung der eingesetzten Mitarbeiterkapazitäten für Datenaufbereitung und -bereitstellung auf Herstellerseite sowie für Datensammlung, -konsolidierung und -erfassung auf Händlerseite quantifizieren. Da die Stammdatenbearbeitung oft nur einen kleinen Anteil des Aufgabenspektrums der Mitarbeiter ausmacht und eine Vielzahl von Stellen in die Stammdatenmanagement-Prozesse eingebunden ist, konnten die bestehenden Aufwände nur sehr eingeschränkt erfasst werden. Eine Abschätzung der Lieferantenseite illustriert jedoch die Grössenordnung: Beiersdorf Schweiz veranschlagt den Aufwand der Stammdatenbearbeitung für die Geschäftsbezie-
74
3 Stand der Praxis
hung mit Migros in den Bereichen Vertrieb und VMI-Disposition mit 0,2 bzw. 0,1 Mitarbeiterkapazitäten (Full Time Equivalents). Neben Effizienzsteigerungen in den administrativen Prozessen verspricht die durch ein verbessertes Stammdatenmanagement realisierbare höhere Qualität der Stammdaten eine Reduktion von Fehlern und Aufwänden in der Logistik sowie Umsatzsteigerungen durch effektivere und innovative Marketing- und Verkaufsprozesse. Einen Anhaltspunkt für die Quantifizierung von Fehlern in Logistikprozessen aufgrund mangelhafter Stammdatenqualität liefert eine Analyse des EDI-Monitors von Migros. Die Auswertung in Abbildung 3-17 veranschaulicht, dass die Hälfte der fehlerhaften EDI-Transaktionen auf mangelhaft abgestimmte Stammdaten zurückzuführen sind. Die Gesamtzahl der stammdatenbedingten EDIFehler ist vergleichsweise gering, da die Qualität der zwischen Migros und Beiersdorf ausgetauschten Stammdaten über dem Niveau anderer Geschäftsbeziehungen liegt. Die Auswirkungen und Nutzenpotenziale des Stammdatenmanagements lassen sich auf Basis einzelner Geschäftsbeziehungen nur eingeschränkt bewerten, da die Grössenordnungen erst in der Multiplikation auf die gesamte Kunden- bzw. Lieferantenbasis deutlich werden. Einen Anhaltspunkt für die Bewertung der Auswirkungen fehlerhafter Stammdaten bietet der Rechnungsprüfungsprozess von Migros: Allein im ersten Halbjahr 2005 musste Migros bezogen auf alle Lieferanten ca. 2'200 Rechnungen nachbearbeiten, in denen Fehler durch Stammdatenprobleme aufgetreten sind.
Abbildung 3-17: Stammdatenfehler in den EDI-Transaktionen zwischen Beiersdorf und Migros
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Quantifizierung der Auswirkungen mangelhaft abgestimmter Stammdaten und der damit verbundenen Nutzenpotenziale von Verbesserungen im überbetrieblichen Stammdatenmanagement mit Schwierigkeiten verbunden ist. Die beteiligten Unternehmen haben in diesem Bereich bisher keine systematischen Führungs- und Kennzahlensysteme etabliert.
3.4 Fallbeispiel 3.4.3
75
Handlungsfelder
Die Analyse der konkreten Geschäftsbeziehungen und Lösungen zwischen den beteiligten Unternehmen illustriert zwei grundlegende Handlungsfelder zur Verbesserung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements zwischen Industrie und Handel: •
Organisation des Stammdatenmanagements. Die organisatorischen Abläufe im überbetrieblichen Stammdatenmanagement gehen über eine einmalige Kopplung von Datenlieferung und -empfang hinaus. Die Analyse des überbetrieblichen Artikelanlageprozesses zeigt, dass verschiedene Rollen im Zeitablauf an Aufbereitung, Austausch und Ergänzung unterschiedlicher Mengen von Stammdatenattributen beteiligt sind. Eine effektive überbetriebliche Stammdatensynchronisation setzt ein gemeinsames Verständnis darüber voraus, zu welchem Zeitpunkt welche Stammdatenattribute in welcher Qualität geliefert bzw. abgeglichen werden müssen. Die Analyse legt nahe, dass Anlagevarianten in Abhängigkeit von Einflussfaktoren wie Sortimenten oder Geschäftsbeziehungen bestehen. Zusätzlich sind überbetriebliche Abläufe für Stammdatenänderungen und die Auslaufsteuerung zu strukturieren. Systematische organisatorische Verbesserungen sind nur mit Messungen möglich. Das Fallbeispiel verdeutlicht Schwierigkeiten in der Messung und Bewertung geschäftsorientierter Auswirkungen von Stammdatenqualität. Die Definition von Erfolgsfaktoren und Führungsgrössen ist für eine Steuerung und Entwicklung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements unerlässlich.
•
Systemunterstützung für das Stammdatenmanagement. Heutige Anwendungssysteme sind mit einem starken Transaktions- und Prozessfokus entwickelt, wobei (Stamm-)Datenmanagementfunktionen in den Hintergrund getreten sind. Trotz bestehender interner Lösungen für die Stammdatenhaltung und -verteilung sowie existierender Standards und Dienstleister für die Datenübertragung basiert der überbetriebliche Stammdatenabgleich zwischen Handel und Industrie heute noch zum Grossteil auf manuell aufbereiteten Artikelpässen. Grundlegende Basis für eine effizientere Stammdatensynchronisation sind eine umfangreichere Funktionsunterstützung für Stammdatenmanagement-Prozesse und eine klare Regelung für die Stammdatenhaltung und -verteilung.
76
3.5
3 Stand der Praxis
Zusammenfassung und Folgerungen
Die überbetriebliche Stammdatensynchronisation sichert die einheitliche Interpretation von Transaktionsdaten durch den transaktionsunabhängigen Austausch von Stamm- und Änderungsdaten zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Artikel, Geschäftspartner und Konditionen sind die abzugleichenden Stammdatenobjekte zur Umsetzung von ECR-Prozessen im Logistik- oder Marketingbereich. Artikelstammdaten haben aufgrund ihrer Bedeutung für die zwischenbetrieblichen Kooperationsmassnahmen, dem Datenvolumen und der Änderungshäufigkeit den höchsten Synchronisationsbedarf. Die Standardisierung ist im Bereich des Stammdatenmanagements zwischen Handel und Industrie weit fortgeschritten. Die dominierende Standardisierungsorganisation GS1 liefert umfangreiche und in der Branche etablierte Standards zur Identifikation, Klassifikation und Beschreibung von Artikeln. Nachrichtendefinitionen und standardisierte Prozessabläufe (GDSN) vereinheitlichen darüber hinaus die Interaktionen in der überbetrieblichen Stammdatensynchronisation. Als Alternative zur bilateralen Datensynchronisation unterstützen verschiedene Stammdatenpools weltweit die Auslagerung von Stammdatenmanagementaufgaben durch Koordinations-, Integrations- und Transformationsdienste. Den Schwerpunkt des Dienstleistungsangebots bilden standardisierte Schnittstellen für verschiedene Integrationsmechanismen sowie Übersetzungsdienste zur Vereinfachung der Artikelstammdatensynchronisation. Ergänzende Aus- und Weiterbildungsangebote sowie Beratungs- und Implementierungsleistungen vereinfachen die Anbindung an den Datenpool. Die Dienstleister befinden sich in einer starken Konsolidierungsphase und sind zur Kollaboration über das GDSN gezwungen. Die Anbieter 1SYNC, SINFOS und Agentrics agieren global in verschiedenen Brachen und Warengruppen und konnten u. a. durch Fusionen eine im Vergleich zu den lokal operierenden Konkurrenten signifikant höhere Kundenbasis akquirieren. Sie bilden mit der Mehrzahl aktiver Verbindungen das Zentrum des entstehenden Datennetzwerks GDSN. Die mangelnde Durchsetzung der Stammdatenpools trotz mehrjähriger Marktpräsenz stellt den vielfach zitierten Mehrwert des zentralisierten Datenaustauschs in Frage. Eine Analyse des aktuellen Umsetzungsstands des überbetrieblichen Stammdatenmanagements anhand eines konkreten Fallbeispiels verdeutlicht die grundlegenden Problembereiche: •
Die organisatorischen Abläufe im überbetrieblichen Stammdatenmanagement lassen sich nicht auf eine einmalige Kopplung von Datenlieferung und -empfang reduzieren. In Abhängigkeit von Einflussfaktoren wie Warengruppen oder Geschäftsbeziehungen bestehen hingegen bisher unstrukturierte Prozessvarianten für die überbetriebliche Anlage, Änderung und den Auslauf von Artikeln mit entsprechenden Aufgaben, Rollen und Interaktionspunkten. Eine Umsetzung dieser Stammdatenmanagement-Prozesse setzt neben dem Prozessentwurf ein umfassendes Führungssystem mit Kennzahlen für das
3.5 Zusammenfassung und Folgerungen
77
Stammdatenmanagement sowie eine Organisationsstruktur mit klaren Rollen und Verantwortlichkeiten voraus. •
Auf der Systemebene unterstreicht die Analyse des Fallbeispiels eine für die überbetriebliche Integration typische Problemstellung [vgl. Truman 2000, 215ff.]: Die mangelnde Integration des überbetrieblichen Datenaustauschs mit den weiterverarbeitenden, internen Anwendungssystemen führt zu einem hohen Anteil an manuellen Transaktionen. Als Resultat tauschen Industrieund Handelsunternehmen trotz des hohen Standardisierungsgrads und der Existenz zentraler Lösungen wie Datenpools immer noch ca. 80 % ihrer Artikelstammdaten in Form von Papierdokumenten oder Excel-Tabellen aus. Grundlage einer Effizienzsteigerung im überbetrieblichen Stammdatenmanagement ist eine durchgängige Implementierung der internen Stammdatenhaltung und -verteilung verbunden mit einer besseren funktionalen Unterstützung für Datenpflegeprozesse21. Die im folgenden Kapitel entwickelte Referenzarchitektur adressiert die skizzierten Problembereiche durch organisatorische und informationstechnische Gestaltungsempfehlungen. Die beschriebenen Musterlösungen sollen einen Beitrag dazu leisten, den Umsetzungsgrad durchgängiger, informationssystemgestützter Stammdatenmanagement-Prozesse zwischen Industrie und Handel langfristig zu erhöhen.
21
Eine durchgängige Automatisierung überbetrieblicher StammdatenmanagementProzesse ist nur in Ausnahmefällen betriebswirtschaftlich sinnvoll. Abschnitt 4.3.2.5 erarbeitet Empfehlungen für vernünftige Automationsgrade der verschiedenen Abläufe im überbetrieblichen Stammdatenmanagement.
4
Architektur für das Stammdatenmanagement
Die Referenzarchitektur liefert Vorschläge für den Entwurf des überbetrieblichen Stammdatenmanagements zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Ein Ordnungsrahmen dient als Einstiegspunkt in die Architektur und positioniert die auf Basis der Anforderungen entworfenen Architekturelemente und deren Beziehungen im Gesamtzusammenhang (s. Abschnitt 4.1). Im Anschluss entwirft das Kapitel die einzelnen Architekturelemente auf strategischer (s. Abschnitt 4.2), organisatorischer (s. Abschnitt 4.3) und informationstechnischer (s. Abschnitt 4.4) Ebene. Fallbeispiele aus Industrie und andel illustrieren Ausprägungen der entwickelten Referenzlösungen in der Praxis.
4.1
Ordnungsrahmen
Standards
Prozessschnittstellen Systemschnittstellen
Systemschnittstellen
Abbildung 4-1: Ordnungsrahmen der Referenzarchitektur
Stammdatenmodell
Prozessschnittstellen
Stammdatenmodell
Abbildung 4-1 zeigt den Ordnungsrahmen der Referenzarchitektur für das Stammdatenmanagement zwischen Industrie und Handel. Ein Ordnungsrahmen gliedert die wesentlichen Elemente eines Modells auf einem hohen Abstraktionsniveau [s. Meise 2001, 61ff.; Becker/Meise 2002, 95f.; vom Brocke 2003, 128ff.]. Als Einstiegspunkt oder Generalbebauungsplan vermittelt er einen Überblick über das Modell und positioniert einzelne Modellelemente und deren Beziehungen in einem Gesamtzusammenhang. Neben der strukturgebenden Wirkung und der Funktion als Ausgangspunkt zur Verzweigung in detaillierte Modellbestandteile dienen Ordnungsrahmen auch als Kommunikationsinstrument und Markenzeichen von Modellen.
80
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Den drei Ebenen des Business Engineering folgend, unterteilt die Architektur die Lösungsbausteine im Stammdatenmanagement auf Industrie- und Handelsseite in strategische, organisatorische und informationstechnische Bereiche [vgl. Österle/ Winter 2003, 11ff.]. Den Schwerpunkt der Architektur bilden die identifizierten Handlungsfelder im Bereich der Organisation und der Systemarchitektur (vgl. Abschnitt 3.5). Die Prozessarchitektur entwirft als Kern der organisatorischen Architekturebene die Abläufe im Stammdatenmanagement. Prozessschnittstellen koordinieren die internen Stammdatenmanagement-Prozesse unternehmensübergreifend und definieren damit überbetriebliche Referenzprozesse für die Anlage, Änderung und Auslaufsteuerung von Stammdaten. Die Organisationsstruktur unterstützt die Verankerung der Stammdatenmanagement-Prozesse in der Aufbauorganisation durch eine rollenbasierte Definition von Zuständigkeiten. Das kennzahlenbasierte Führungssystem ermöglicht eine Bewertung und Entwicklung der Leistungen des Stammdatenmanagements. Auf der Systemebene identifiziert und bewertet die Stammdatenlogistik typische Muster für die Stammdatenhaltung und -verteilung. Ausgehend von der internen Stammdatenlogistik leitet sie einen effizienten Entwurf der Schnittstellen für die überbetriebliche Stammdatensynchronisation ab. Die Funktionsarchitektur identifiziert funktionale Bestandteile zur Unterstützung des Stammdatenmanagements und bietet einen Überblick über den Markt standardisierter Systeme. Die ergänzende Stammdatenmanagement-Vision legt auf strategischer Ebene die wesentlichen Ziele und Richtlinien für den Umgang mit Stammdaten im Unternehmen fest. Ausgehend von der Geschäfts- und Leistungsprozessarchitektur definiert sie in Form von Leitlinien die organisatorischen und informationstechnischen Eckpunkte des Stammdatenmanagements und unterstützt damit die Entwicklung der übrigen Gestaltungsbereiche der Architektur in grossen Unternehmen. Das Stammdatenmodell beschreibt die Stammdatenobjekte mit ihren Attributen und Beziehungen. Es unterstützt das Stammdatenmanagement durch verschiedene Teilmodelle auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen: •
Auf strategischer Ebene grenzt das Stammdatenmodell die im Betrachtungsraum liegenden Datenobjekte und -attribute ab.
•
Auf organisatorischer Ebene definieren Datenmodelle organisatorische Gültigkeitsbereiche sowie damit verbundene Integrations- oder Standardisierungsanforderungen der Stammdaten. Zusätzlich unterstützen sie bspw. die Definition von Zuständigkeiten sowie den Entwurf mehrstufiger Pflegeprozesse.
•
Auf der Ebene des Informationssystems unterstützen logische und physische Datenmodelle die Datenverwaltung durch Anwendungen. Eine über die in Abschnitt 1 beschriebenen Datenobjekte, -sichten und -standards hinausgehende Entwicklung von Datenmodellen als Bestandteil der Referenzarchitektur ist nicht sinnvoll. Auf den hohen Abstraktionsebenen hängen die internen Datenmodelle von Faktoren wie dem jeweiligen Fokus des Stammdatenma-
4.2 Stammdatenmanagement-Vision
81
nagements oder der Organisationsstruktur des Unternehmens ab und sind damit sehr unternehmensspezifisch. Mit zunehmender Implementierungsnähe verhindern allein die Komplexität der Datenmodelle und unternehmensindividuelle Abhängigkeiten bspw. in Form eingesetzter Standardsoftware eine nutzbringende Verallgemeinerung. Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich folglich auf die Inhalte der Stammdatenmanagement-Vision, -Organisation und -Systemarchitektur. Der Bezug auf Datenmodelle beschränkt sich auf die eingeführten Objekte, Sichten und Standards (vgl. Abschnitt 1).
4.2
Stammdatenmanagement-Vision
Visionen bzw. Leitbilder sind Instrumente zur Steuerung von Transformationsprozessen. Nach einer Einführung in die grundlegenden Funktionen und Inhalte von Leitbildern (s. Abschnitt 4.2.1) beschränkt sich das Buch auf eine Beschreibung der grundlegenden Themenbereiche, die eine Vision für das Stammdatenmanagement adressieren sollte (s. Abschnitt 4.2.2). Fallbeispiele illustrieren im Anschluss die Ausprägung von Stammdatenmanagement-Visionen in der Praxis (s. Abschnitt 4.2.3).
4.2.1
Grundlagen
Die Umsetzung neuer Lösungen im Stammdatenmanagement bedingt organisatorische Veränderungen. Die Managementlehre schlägt unternehmerische Visionen als Instrumente zur Steuerung der Unternehmensentwicklung vor [s. Bleicher 1994, 101ff.; Hinterhuber 2004, 73ff.]. Visionen formulieren die Eckpunkte langfristig angestrebter Veränderungen. Sie entwerfen Leitideen und unterstützen damit organisatorische Transformationen in drei Funktionsbereichen [s. MüllerStewens/Lechner 2005, 235]: •
Sinnvermittlung. Visionen erklären Auslöser und Ziel einer Veränderung und schaffen damit Ordnung, Orientierung und Akzeptanz in komplexen Situationen.
•
Motivation. Visionen entwerfen ein Bild der Zukunft, das die Begeisterung einer Organisation für die Veränderung weckt.
•
Handlungsleitung. Visionen stimmen durch die Definition der Eckpunkte der Veränderung die Aktionen der beteiligten Aufgabenträger auf ein gemeinsames Ziel ab. Schriftliche und umfassend dokumentierte Visionen werden auch als Leitbilder bezeichnet [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2005, 235]. Sie umfassen mindestens zwei inhaltliche Teilbereiche [vgl. Müller-Stewens/Lechner 2005, 242]: •
Die Einleitung fasst die Motivation der Leitbildentwicklung zusammen. Sie liefert Antworten für die grundlegenden Fragen bei Veränderungsprozessen:
82
4 Architektur für das Stammdatenmanagement den Anlass / Treiber der Veränderung („Warum muss sich etwas ändern?“), die Ausgangsposition („Wo steht das Unternehmen heute?“) und den Zielzustand des Unternehmens („Was ist das Ziel der Veränderung?“).
•
Das Kernleitbild formuliert die zentralen Aussagen der Vision untergliedert in die einzelnen Themenbereiche. Ein erweitertes Leitbild vertieft die Aussagen jedes Themenbereichs.
4.2.2
Inhalte einer Stammdatenmanagement-Vision
Da die Vision die Eckpunkte der zukünftigen Lösung im Stammdatenmanagement formuliert, ergeben sich die wesentlichen Themenbereiche des Leitbilds aus den Gestaltungselementen der Architektur (vgl. Abschnitt 4.1). Das Kernleitbild formuliert Grundsätze in den Bereichen Stammdatenmodell, Organisation sowie Systemarchitektur und dient als übergeordnete Leitlinie für den detaillierten Entwurf der genannten Gestaltungsbereiche: •
Im Bereich Stammdatenmodell grenzt die Stammdatenmanagement-Vision ausgehend von Anforderungen aus der Geschäfts- und Prozessarchitektur die im Mittelpunkt der Initiative stehenden Datenobjekte und -attribute ab.
•
Verantwortungsbezogene Leitlinien skizzieren in groben Zügen die zukünftige Organisationsstruktur des Stammdatenmanagements. Sie definieren die grobe Verteilung von Zuständigkeiten und liefern Anhaltspunkte zur Erfolgsbeurteilung der Stammdateninitiative. Je nach Detaillierungsgrad nehmen leistungsbezogene Leitlinien ausgewählte Kennzahlen des Führungssystems vorweg.
•
Grundsätze im Gestaltungsbereich des Informationssystems definieren Vorgaben bzgl. der zu verwendenden unternehmensinternen oder überbetrieblichen Standards und Systeme.
4.2.3
Fallbeispiele
Fallbeispiel METRO Group Die METRO Group gehört zu den weltweit grössten Handelsunternehmen und operiert international in verschiedenen Vertriebstypen. Anhang B.5 liefert weitergehende Informationen zum Unternehmen in Form eines kurzen Profils. Der Konzern formulierte in 2007 ein Leitbild für die Stammdatenqualität [s. METRO Group 2007a]. Das Unternehmen beurteilt die den internationalen Vertriebslinien in der Vergangenheit eingeräumten weitgehenden Freiräume als eine wesentliche Grundlage des Geschäftserfolgs. Andererseits sieht die METRO Group für die Zukunft hohe Synergiepotenziale in einer Harmonisierung der Querschnittsfunktionen auf internationaler Ebene. Die Stammdatenqualitätsinitia-
4.2 Stammdatenmanagement-Vision
83
tive soll durch eine harmonisierte, qualitativ hochwertige Stammdatenbasis die Voraussetzung für eine stärkere Integration der Unternehmensbereiche schaffen. Das Ziel der Vision ist die Steigerung der Stammdatenqualität. Das Unternehmen definiert Stammdatenqualität als den Grad an Genauigkeit (engl.: accuracy) der Daten. Die Genauigkeit umfasst die Eigenschaften der Fehlerfreiheit, Vollständigkeit, Standard-Konformität, Aktualität, Konsistenz, Redundanzfreiheit und Datentypdefinition. Der Fokus der Initiative liegt zunächst auf den für die Logistikprozesse relevanten Artikeldaten. Die Verantwortung zur Umsetzung von Massnahmen gemäss der in Tabelle 4-1 zusammengefassten Leitlinien liegt bei den einzelnen Ländergesellschaften des Konzerns. Ein im erweiterten Leitbild definiertes Rollenmodell (vgl. Abschnitt 4.3.3.4) konkretisiert die Verantwortungsbereiche bei der Umsetzung der einzelnen Leitlinien. Nr.
Leitlinie
1
Jede Gesellschaft ist verantwortlich für die Qualität der Stammdaten in ihren Systemen.
2
GS1-Standards werden im Tagesgeschäft und für die Entwicklung neuer Systeme übernommen.
3
Die zentrale Einkaufsgesellschaft METRO Group Buying International (MGBI) ist der Lösungsanbieter für die Synchronisation von Lieferanten- und Artikeldaten. Sämtliche EDI-Aktivitäten werden in Koordination mit MGBI abgewickelt.
4
Validierungsprozeduren für Stammdaten werden eingerichtet. Sämtliche Daten werden auf die Übereinstimmung mit internen Standards geprüft.
5
Freigabeprozeduren für Stammdaten werden eingerichtet. Sämtliche Stammdaten werden von internen Einheiten auf Korrektheit geprüft.
6
Veraltete Daten werden regelmässig aus den Systemen entfernt.
7
Die Entwicklung neuer Strategien, Prozesse und Systeme orientiert sich an den Stammdatenqualitätsleitlinien. Tabelle 4-1: Leitlinien zur Stammdatenqualität der METRO Group
Fallbeispiel Unilever Der britische Konzern Unilever beschäftigt ca. 223'000 Mitarbeitern in über 100 Ländern und gehört zu den weltweit grössten Konsumgüterherstellern mit einem Produktschwerpunkt in den Warengruppen Lebensmittel, Reinigungsmittel und Körperpflegeprodukte. In 2006 formulierte das Unternehmen eine Vision zur nachhaltigen Qualitätssteigerung der mit dem Handel ausgetauschten Produktinformationen unter der Bezeichnung Customer Facing Product Data (CFPD) [s. Bagley 2006a; Unilever 2006]. Die Visionseinleitung nennt als Treiber der Initiative negative Auswirkun-
84
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
gen mangelhafter Artikeldatenqualität auf die Qualität der Leistungsprozesse und die Kundenbeziehungen. Die Konsequenzen reichten in einigen Fällen bis zur Listungsabsage durch den Handel. Unilever schätzt seine aktuelle Situation als vergleichbar mit ähnlichen Industrieunternehmen ein und hat bereits verschiedene lokale und regionale Programme zur Datenqualitätsverbesserung initiiert. Die CFPD-Initiative soll durch entsprechende Standards und Prinzipien einen konzernweit einheitlichen Ansatz zur Verwaltung kundenorientierter Artikeldaten durchsetzen. Im Fokus stehen zunächst Attribute der Grund- und Logistikdaten, die derzeit die meisten Fehler in Prozessen mit dem Handel verursachen: Artikelidentifikation, -klassifikation, -kurzbeschreibung, Gewichte, Abmessungen und Daten zur Verpackungsstückliste. Die regionalen Gesellschaften tragen die Verantwortung für die Umsetzung der in Tabelle 4-2 zusammengefassten Leitlinien. Sie verpflichten sich auf einen Umsetzungszeitrahmen und liefern regelmässig standardisierte Fortschrittsberichte mit einer aggregierten Datenqualitätskennzahl an die Zentrale.
Regionales Datenmanagement- Framework
Bereich
Leitlinie Eine regionale CFPD Leitlinie wird etabliert. Operative Prozesse und Prozeduren mit Auswirkungen auf CFPD werden identifiziert und dokumentiert. Ein kontinuierliches Verbesserungsprogramm für CFPD wird etabliert. Das CFPD-Programm und die CFPD-Prozeduren werden regelmässig mit den GS1 Datenqualitätsprotokollen abgeglichen. Revisionspfade für die Anlage oder Änderung sämtlicher CFPD-Attribute werden definiert.
Verwaltungsstandards
Für jedes CFPD-Attribut müssen Dateneigner identifiziert werden. Für jedes CFPD-Attribut muss eine Datenquelle identifiziert werden. CFPD-Attribute werden am Ort der Datenentstehung validiert. Dateneigner bestätigen periodisch die Korrektheit der Daten. Eine stichprobenbasierte Inspektion überprüft periodisch die physischen Produktabmessungen.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
Umsetzung von Industriestandards
Bereich
85
Leitlinie GTINs werden vergeben oder geändert anhand der entsprechenden GS1Standards. Alle Artikel werden mit einem GPC-Code auf Ebene Brick klassifiziert. Die physische Vermessung von Artikeln orientiert sich an den entsprechenden GS1-Regeln. Die Informationsmanagementprozesse und -prozeduren mit Auswirkungen auf CFPD werden mit den GS1-Datenqualitätsprotokollen übereinstimmen. Die Artikelkurzbeschreibung basiert auf den entsprechenden GS1-Standards. Tabelle 4-2: CFPD-Leitlinien von Unilever [vgl. Unilever 2006, 7ff.]
4.2.4
Zusammenfassung und Folgerungen
Stammdatenmanagement-Visionen formulieren die Eckpunkte der angestrebten Entwicklungen im Stammdatenmanagement und unterstützen damit die notwendigen organisatorischen Transformationsprozesse. Die Visionseinleitung motiviert die Veränderung durch eine Darstellung von Veränderungstreibern, Ausgangsposition und Zielzustand des Unternehmens. Das Kernleitbild formuliert die wesentlichen Leitlinien der Vision in den Bereichen Stammdatenmodell, Organisation / Verantwortung und Informationssystem. Die Fallbeispiele verdeutlichen, dass die Auswirkungen mangelhafter Stammdatenqualität in den inner- und überbetrieblichen (ECR) Leistungsprozessen ein wesentlicher Treiber für Veränderungen im Stammdatenmanagement sind. Weitere Gemeinsamkeiten sind die Festlegung lokaler Stammdatenverantwortung und die starke Orientierung an GS1-Standards.
4.3
Organisation des Stammdatenmanagements
Die Organisation des Stammdatenmanagements unterstützt eine wirkungsvolle Stammdatenverwaltung. Das kennzahlenbasierte Führungssystem ermöglicht eine Messung und Entwicklung der Leistung im Stammdatenmanagement (s. Abschnitt 4.3.1). Die Prozessarchitektur entwirft als Kern der organisatorischen Architekturebene die Abläufe im Stammdatenmanagement (s. Abschnitt 4.3.2). Die Organisationsstruktur unterstützt die Verankerung der Stammdatenmanagement-Prozesse in der Aufbauorganisation (s. Abschnitt 4.3.3).
86
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
4.3.1
Führungssystem
Ein Führungssystem erlaubt eine systematische Steuerung und Entwicklung des Stammdatenmanagements. Nach einer Einführung in grundlegende Struktur und Funktion von kennzahlenorientierten Führungssystemen (s. Abschnitt 4.3.1.1) entwickelt das Buch ein Kennzahlensystem für das Stammdatenmanagement nach dem Muster einer Balanced Scorecard (s. Abschnitt 4.3.1.2). Das Kennzahlensystem konzentriert sich auf die Identifikation von Erfolgsfaktoren und Kennzahlen für das Stammdatenmanagement im Handel1 und illustriert Wirkungszusammenhänge zwischen den einzelnen Messgrössen. Das Fallbeispiel der Karstadt Warenhaus GmbH illustriert die Ausprägung eines Kennzahlensystems für das Stammdatenmanagement in der Praxis (s. Abschnitt 4.3.1.3). 4.3.1.1 Grundlagen Ziel eines Führungssystems ist die kontinuierliche Weiterentwicklung von Effektivität und Effizienz der Leistungserstellung [s. Hess 1996, 115]. Führungsgrössen bzw. Kennzahlen2 sind die zentralen Instrumente eines Führungssystems [s. Mende 1995, 4]. Sie beschreiben in komprimierter Form quantitativ messbare Merkmale betrieblicher Sachverhalte [vgl. Reichmann 2001, 19; Weber 2004, 241]. Als Basis von Kennzahlensystemen bilden sie die Grundlage für die zyklische Planung, Steuerung und Kontrolle der Leistungserstellung als Kernfunktion des Führungssystems (vgl. Abbildung 4-2). In der Praxis dominierten lange Zeit rein finanzielle bzw. kostenorientierte Kennzahlensysteme3. Die ausschliessliche Leistungsmessung anhand von monetären Grössen wie Umsatz, Gewinn oder Rentabilität eignet sich jedoch nur bedingt zur Leistungssteuerung, wie folgende Eigenschaften monetärer Kennzahlensysteme belegen [Eccles 1991, 131ff.; vgl. Hess 1996, 226; Wiese 2000, 63ff.; Gleich 2001, 8f.]: •
Vergangenheitsorientierung. Monetäre Kennzahlensysteme vermitteln die Ergebnisse historischer Entscheidungen, lassen jedoch keine Rückschlüsse auf deren Ursachen zu. Sie fördern damit vergangenheitsorientierte Entscheidungen und reduzieren den Spielraum für steuernde Eingriffe.
•
Abstraktion. Monetäre Kennzahlen sind stark aggregiert und damit abstrakt. Sie haben keinen direkten Bezug zu den Leistungen einzelner Abteilungen und Mitarbeiter.
1
Struktur und ausgewählte Kennzahlen des Führungssystems lassen sich auf die Konsumgüterindustrie übertragen. Das Buch verwendet die Begriffe Führungsgrösse, Kennzahl und Messgrösse synonym. [Aichele 1996, 84 ff.] liefert einen Überblick monetärer Kennzahlensysteme.
2 3
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements •
87
Einseitige Ausrichtung. Monetäre Kennzahlensysteme konzentrieren sich auf interne Anspruchsgruppen und vernachlässigen die externen Markt- und Kundenperspektiven.
Abbildung 4-2: Führungsfunktionen [vgl. Ulrich 1990, 15]
Aufgrund möglicher Fehlsteuerungen bei der alleinigen Verwendung von finanziellen Kennzahlen kombinieren neuere Ansätze unter der Bezeichnung Performance Measurement die monetäre Leistungsmessung mit nicht-monetären Kennzahlen [vgl. Klingebiel 1999, 22ff.; Gleich 2001, 11ff.]. Diese Führungsgrössen beziehen sich direkt auf die Leistungserstellung und ermöglichen damit als Vorlaufindikatoren eine Reaktion auf Probleme, bevor sich diese auf das finanzielle Ergebnis auswirken. Im Vergleich zu den finanziellen Kennzahlen lassen die direkten Führungsgrössen mehr Rückschlüsse auf Probleme zu, sind zukunftsorientierter und weniger hoch verdichtet. Das Buch orientiert sich bei der Entwicklung des Führungssystems an der Balanced Scorecard (BSC) [s. Kaplan/Norton 1992], dem bekanntesten Performance Measurement-Ansatz4.
4
Eine Übersicht und Beschreibung weiterer Performance Measurement-Ansätze liefern bspw. [Klingebiel 1999, 55 ff.; Gleich 2001, 45 ff.].
88
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
4.3.1.2 Kennzahlensystem Kritische Erfolgsfaktoren und Führungsgrössen Grundstruktur Kennzahlensysteme sind aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren auf die Leistungserstellung schwierig festzulegen. Der Umweg über die Identifikation zentraler Einflussfaktoren hilft bei der Konzentration auf die wesentlichen Einflussgrössen und Kennzahlen. Das Konzept geht von der Annahme aus, dass der Erfolg einer Leistungserstellung von wenigen zentralen Einflussfaktoren, den kritischen Erfolgsfaktoren, abhängt [vgl. Rockart 1979, 85 f; Bullen/Rockart 1981, 3ff.]. Die Analyse der kritischen Erfolgsfaktoren und deren Wechselwirkungen liefert ein Verständnis der erfolgsrelevanten Einflüsse und bildet den Ausgangspunkt für die Ableitung eines Kennzahlensystems [s. Mende 1995, 36]. Der BSC-Ansatz gruppiert die kritischen Erfolgsfaktoren in verschiedene Betrachtungsbereiche, sog. Perspektiven. Die Perspektiven spannen den Suchraum der Analyse auf und fördern damit ein vernetztes Denken bei der Ableitung der Erfolgsfaktoren und deren Wechselwirkungen. Neben der finanziellen Perspektive berücksichtigt die BSC drei weitere Dimensionen der Leistungserstellung, die vorwiegend durch nicht-finanzielle Kennzahlen charakterisiert werden: die Kundenperspektive, die interne Prozessperspektive sowie die Innovationsperspektive [s. Kaplan/Norton 1992, 71ff.]. Die entwickelte Stammdatenmanagement-Scorecard ergänzt diese vier Dimensionen um Perspektiven zur Leistungsbeurteilung des Stammdatenmanagements (s. Abbildung 4-3). Die zusätzlichen beiden Perspektiven gruppieren Erfolgsfaktoren und Kennzahlen für das Stammdatenmanagement, die sich als Treibergrössen direkt oder indirekt auf die Geschäftsperspektiven auswirken: •
Die Stammdatenmanagement-Prozessperspektive fasst Kennzahlen zur Leistungssteuerung der Abläufe im Stammdatenmanagement zusammen. Die Leistungsfähigkeit der Stammdatenmanagement-Prozesse in den Dimensionen Zeit, Qualität, Kosten und Flexibilität wirkt sich auf die Qualität der verwalteten Stammdaten aus.
•
Die Stammdatenqualitätsperspektive misst die Güte der Stammdaten in den Dimensionen Genauigkeit, Vollständigkeit, Konsistenz und Zeitnähe. Sie beeinflusst die Leistungsfähigkeit der auf den Stammdaten operierenden Geschäftsprozesse.
89
Treibergrössen
Stammdatenmanagementperspektiven
Geschäftsperspektiven
Ergebnisgrössen
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
Abbildung 4-3: Grundstruktur der Stammdatenmanagement-Scorecard
Die Geschäftsperspektiven gruppieren Erfolgsfaktoren und Ergebnisgrössen in den von [Kaplan/Norton 1992] eingeführten Perspektiven. Sie beschränken sich dabei auf Führungsgrössen, die direkt oder indirekt durch das Stammdatenmanagement beeinflussbar sind: •
Die (Leistungs-)Prozessperspektive liefert Indikatoren zur Beurteilung der Wirksamkeit operativer Leistungsprozesse in Beschaffung, Lagerhaltung und Distribution.
•
Die Kundenperspektive dokumentiert, inwieweit die Leistungen des Unternehmens einen nachhaltigen Mehrwert für den Kunden bieten und damit Kundenakquisition, -zufriedenheit und -bindung erhöhen.
•
Die Innovationsperspektive beurteilt die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens an veränderte Marktanforderungen, bspw. durch effizient eingeführte neue Produkte und Dienstleistungen.
•
Die Finanzperspektive zeigt die Auswirkungen der Vorlaufindikatoren in den übrigen Perspektiven auf Kosten-, Umsatz- und Ergebnisgrössen in der betriebswirtschaftlichen Ergebnisrechnung.
90
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Stammdatenmanagement-Prozessperspektive Die Leistungsfähigkeit der datenverwaltenden Prozesse ist ein kritischer Erfolgsfaktor im Stammdatenmanagement. Die Befriedigung der Kundenwünsche ist primäres Ziel jedes Prozesses, woraus vier allgemeingültige Dimensionen des Prozesserfolgs resultieren [vgl. Gaitanides et al. 1994, 12; Mende 1995, 47ff.; Österle 1995, 109]: •
Zeit: Der Prozess erbringt die geforderte Leistung schnell.
•
Qualität: Der Prozess läuft reibungslos bzw. fehlerfrei ab und erfüllt mit seiner Leistung die Kundenbedürfnisse.
•
Kosten: Der Prozess erbringt die Leistung effizient, womit sie einen wettbewerbsfähigen Preis hat.
• Flexibilität: Der Prozess geht auf variierende Anforderungen der Kunden ein. Tabelle 4-10 fasst kritische Erfolgsfaktoren für die Stammdatenmanagement-Prozesse in den genannten Dimensionen zusammen. Die Durchlaufzeit von Stammdatenmanagement-Prozessen ist erfolgsentscheidend. Eine Minimierung der Bearbeitungs-, Transfer- und Liegezeiten speziell in den Datenbeschaffungs- und Anlageprozessen beschleunigt die Verfügbarkeit von Stammdaten und reduziert damit Wartezeiten in den Geschäftsprozessen. Die schnelle Aktualisierung von Stammdaten verhindert eine Nutzung fehlerhafter Daten mit potenziellen Folgefehlern. Durch eine Workflowunterstützung und -überwachung des Stammdatenanlageprozesses schliesst der Molkereikonzern Unternehmensgruppe Theo Müller die Artikelanlage für über 80% seiner Fertigartikel in maximal 7 Tagen ab [s. Kratzer 2006, 25]. Vor dem Projekt benötigte die Anlage für 20% der Fertigartikel zwischen 8 und 14 Tagen und über 40% der Anlageprozesse benötigten mehr als 14 Tage bis zur kompletten Stammdatenpflege. Die Qualität von Stammdatenmanagement-Prozessen wird entscheidend von der Prozesssicherheit und -transparenz geprägt. Die Prozesssicherheit äussert sich in einem reibungslosen, fehlerfreien Ablauf der Stammdatenverwaltung [vgl. Gaitanides 2007, 208]. Sie lässt sich bspw. in Form der Nachbearbeitungsquote von Stammdaten messen. Die Prozesstransparenz, die das Verständnis über den Prozessablauf beschreibt, ist grundsätzlich schwierig zu messen. Mögliche Führungsgrössen sind der anhand von Benchmarks oder Reifegradmodellen gemessene Grad der Prozessdokumentation oder die Schulungsquote der Prozessmitarbeiter. Auf der Kostenseite ist die Einsparung von Personalkosten bzw. die Erhöhung der Mitarbeiterproduktivität durch eine zunehmende Automation der Stammdatenmanagement-Prozesse entscheidend für den Erfolg. Der Anteil der Prozessvarianten pro Kunden eignet sich als Indikator für die Flexibilität der Stammdatenmanagement-Prozesse.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
91
Dimension
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Formel
Zeit
Durchlaufzeit
Durchlaufzeit Stammdatenanlage
Dauer vom Listungsentscheid bis zur operativen Verfügbarkeit der Stammdaten
Durchlaufzeit Stammdatenänderung
Dauer vom Änderungsauslöser bis zur Umsetzung in den operativen Systemen
Durchlaufzeit Stammdatenauslauf
Dauer vom Auslistungsentscheid bis zur vollständigen Entfernung der Stammdaten
Qualität
Prozesssicherheit
Nachbearbeitungsquote
Prozesstransparenz
Dokumentationsgrad Schulungsquote
Anzahl Nachbearbeitungen Anzahl Bearbeitungen Benchmark / Reifegradmodell Anzahl besuchter Schulungen Anzahl Prozessmitarbeiter
Kosten
Flexibilität
Automation
Prozessvarianten
Mitarbeiterproduktivität
Anzahl Prozessdurchläufe
Prozessvariantenquote
Anzahl Prozessvarianten
Personalstunden
Anzahl Prozesskunden
Tabelle 4-3: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen für die Stammdatenmanagement-Prozesse
Stammdatenqualitätsperspektive Die Literatur liefert eine Vielzahl an Einfluss- und Messgrössen für die Beurteilung der Qualität von Daten5. Eine vergleichende Analyse und Konzentration auf die in der Praxis umsetzbaren Grössen erlaubt eine Reduktion auf vier kritische Erfolgsfaktoren [vgl. Redman 1996, 254ff.; Batini/Scannapieco 2006, 19ff.]: Genauigkeit (Accuracy), Vollständigkeit (Completeness), Konsistenz (Consistency) und Aktualität (Timeliness). Tabelle 4-4 fasst im Folgenden erläuterte Kennzahlen zur Operationalisierung der genannten Faktoren zusammen.
5
[Helfert 2002, 69 ff.] liefert eine umfassende Zusammenstellung und einen Vergleich bestehender Ansätze.
92
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Konsistenz
Vollständigkeit
Genauigkeit
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Formel
Syntaktische Attributgenauigkeit
1-
∑ ( Distanzfkt. ( Attributwert, Referenzattributwert ) ) Anzahl Attributwerte
Syntaktische Objektgenauigkeit
Syntaktische Attributgenauigkeit pro Datenobjekt
Semantische Attributgenauigkeit
Anzahl semantisch korrekter Werte eines Attributs
Semantische Objektgenauigkeit
Anz. Datenobjekte mit vollst. semantisch korr. Attributen
Schemavollständigkeit
Anzahl Attribute im Datenmodell
Attributvollständigkeit Objektvollständigkeit Regelkonsistenz Gesamtkonsistenz
Gesamtanzahl Datenobjekte
Gesamtanzahl Werte
Gesamtanzahl Datenobjekte
Anzahl notwendiger Attribute 1-
Anzahl Nullwerte eines Attributs Gesamtanzahl Attributwerte
∑ ( Attributvollständigkeit pro Datenobjekt ) Anzahl Datenobjekte 1-
Anzahl Regelverletzungen Anzahl geprüfte Datensätze
∑ ( Regelkonsistenz )
Zeitnähe
Anzahl Regeln Attributvolatilität
(Durchschnittliche) Gültigkeitszeit eines Attributs
Objektvolatilität
Minimale Volatilität der Attribute des Datenobjekts
Zeitnähe Attribut
Aktuelles Datum - letztes Änderungsdatum
Zeitnähe Objekt
Minimale Zeitnähe der Attribute des Datenobjekts
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements Erfolgsfaktor
Kennzahl
Zeitnähe
Pünktlichkeit
93
Formel
⎧ ⎩
max ⎨0, 1 -
⎫ ⎬ Volatilität ⎭ Zeitnähe
Tabelle 4-4: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen für Datenqualität
Genauigkeit Daten sind genau, wenn sie die durch sie beschriebenen Objekte der Realwelt möglichst korrekt abbilden [s. Redman 1996, 255; English 1999, 147; Batini/Scannapieco 2006, 20]. Die Betrachtungsebene unterscheidet zwei Arten der Genauigkeit [vgl. English 1999, 146f.; Batini/Scannapieco 2006, 20 f.]: Ein Wert ist syntaktisch genau, falls er in den vorgesehenen Wertebereich des Attributs fällt, während die wahre Ausprägung eines Attributs einen semantisch genauen Wert charakterisiert. Eine automatisierte Prüfung von Stammdaten auf syntaktische Genauigkeit setzt einen Referenzdatenbestand voraus [vgl. English 1999, 146; Batini/Scannapieco 2006, 20]. Ein Vergleich der Stammdatensätze mit den Referenzdaten mittels Distanzfunktionen6 erlaubt die Messung der syntaktischen Stammdatengenauigkeit anhand der in Tabelle 4-4 definierten Kennzahlen. Die semantische Genauigkeit eines Werts ist lediglich manuell überprüfbar, d. h. der Mensch muss den Datenwert mit der realen Gegenwart vergleichen. Eine Maschine kann bspw. die korrekte Klassifikation eines Artikels oder seine Textbeschreibung nicht automatisiert auf Korrektheit überprüfen. In einigen Fällen wie bspw. Gewichten oder Abmessungen können Messeinrichtungen die Überprüfung zumindest teilweise automatisieren. Das britische Unternehmen UDEX bietet Dienstleistungen im Bereich Datenqualitätssicherung für Handels- und Industrieunternehmen an. In 2003 analysierte die Firma 17 im GS1 GDD (vgl. Abschnitt 3.2.2.4) enthaltene Attribute einer Stichprobe von Handels- und Konsumenteneinheiten auf Genauigkeit. Abbildung 4-4 veranschaulicht, dass lediglich 49 % der Konsumenteneinheiten und 66 % der Handelseinheiten vollständig korrekte Werte in den untersuchten Stammdatenattributen aufwiesen [vgl. Capgemini/GCI 2004, 11; vgl. Kuipers 2004, 76].
6
Distanzfunktionen bewerten die Abweichung eines Stammdatenwerts vom entsprechenden Wert im Referenzdatenbestand. Einfache Distanzfunktionen liefern als Ergebnis des Vergleichs die Wahrheitswerte gleich oder ungleich, während kompliziertere Distanzfunktionen bspw. für String-Datentypen die Abweichung in Form eines Zahlenwerts ausdrücken.
94
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-4: Genauigkeit von Artikelstammdaten
Vollständigkeit Daten sind vollständig, wenn sie für die Aufgabenerfüllung in ausreichender Breite und Tiefe zur Verfügung stehen [s. Pipino et al. 2002, 212]. Die Vollständigkeit von Stammdaten kann in drei Perspektiven gemessen werden: •
Die Schemavollständigkeit misst den Grad der Vollständigkeit des Datenmodells [s. Pipino et al. 2002, 213]. Die Kennzahl ist nur manuell unter Abgleich mit den Datenanforderungen zu erheben.
•
Die Attributvollständigkeit misst den Grad der Vollständigkeit eines Attributs anhand der Anzahl fehlender Ausprägungen [s. Pipino et al. 2002, 213]. Die Anwendbarkeit der Kennzahl beschränkt sich auf obligatorische oder bedingt-obligatorische Attribute [vgl. Redman 1996, 256f.].
•
Die Objektvollständigkeit misst den durchschnittlichen Vollständigkeitsgrad der Beschreibung eines Datenobjekts. Analog zur Attribut-Vollständigkeit beschränkt sich die Anwendbarkeit auf obligatorische oder bedingt-obligatorische Attribute.
Konsistenz Daten sind konsistent, wenn sie die über ihnen definierten semantischen Regeln bzw. Integritätsbedingungen erfüllen [vgl. English 1999, 145; Batini/Scannapieco 2006, 30]. Konsistenzregeln lassen sich in zwei Kategorien einteilen: •
Objektbezogene Regeln definieren Einschränkungen für ein Attribut oder mehrere Attribute desselben Datenobjekts. Eine objektbezogene Regel kann bspw. definieren, dass das Volumen einer logistischen Einheit gleich dem Produkt aus Länge, Breite und Höhe ist.
•
Objektübergreifende Regeln umfassen Attribute mehrerer Datenobjekte. Eine objektübergreifende Regel kann bspw. definieren, dass die Abmessungen einer Konsumenteneinheit immer kleiner sind als die Abmessungen einer Handelseinheit.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
95
Zwei Führungsgrössen erlauben die Messung der Datenkonsistenz: Die Kennzahl Regelkonsistenz prüft die Einhaltung einer bestimmten Regel [vgl. Pipino et al. 2002, 213], während die Gesamtkonsistenz die Messung über die gesamte Regelbasis verdichtet. Die GDSN Validation Rules von GS1 standardisieren Konsistenzregeln für das im GS1 GDD definierte Stammdatenmodell (vgl. Abschnitt 3.2.2.4). Das gegenwärtig über hundert Einträge umfassende Regelwerk wird von den am GDSN teilnehmenden Datenpools implementiert und soll die Konsistenz der synchronisierten Stammdaten sicherstellen [s. GS1 2007d]. Aktualität Daten sind aktuell, wenn sich Änderungen am realen Datenobjekt mit geringem Zeitverzug im Datenbestand widerspiegeln. Aktualität lässt sich weitergehend in drei Dimensionen charakterisieren [s. Batini/Scannapieco 2006, 28ff.]: •
Die Volatilität beschreibt die Änderungshäufigkeit von Daten im Zeitablauf. Sie lässt sich durch die Gültigkeitsperiode eines Datums messen. Ist die Gültigkeit eines Werts nicht definiert bzw. ändern sich die untersuchten Daten nicht regelmässig, so kann mit Durchschnittswerten gearbeitet werden.
•
Die Zeitnähe betrifft die Geschwindigkeit von Datenänderungen. Sie wird typischerweise in Bezug zu einem letzten Änderungsdatum gemessen.
•
Die Pünktlichkeit ergänzt die Aktualität um den Nutzungsaspekt von Daten: Sie prüft, ob Daten rechtzeitig vor ihrer Nutzung aktualisiert sind. Die in Tabelle 4-4 angegebene Kennzahl normiert die Pünktlichkeit eines Attributs oder Datenobjekts im Bereich zwischen 0 (schlecht) und 1 (gut) [vgl. Ballou et al. 1998, 468f.].
Prozessperspektive Mangelnde Stammdatenqualität wirkt sich negativ auf die Leistungen von Geschäftsprozessen aus. Im Mittelpunkt der folgenden Betrachtung stehen Indikatoren für die Leistungsfähigkeit der grundlegenden warenwirtschaftlichen Prozesse im Handel. Als Struktur dient die in Abbildung 4-5 dargestellte Einteilung der warenwirtschaftlichen Abläufe und Funktionen in die Prozesse der Beschaffung und Distribution, die durch den logistischen Prozess der Lagerung verbunden sind7.
7
[Becker/Schütte 2004, 259 ff.] liefert eine detaillierte Beschreibung der dargestellten Prozesse und Teilfunktionen.
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Distribution
Beschaffung
96
Abbildung 4-5: Warenwirtschaftliche Prozesse und Funktionen im Handel [vgl. Becker/Schütte 2004, 42f.]
Beschaffung Der Beschaffungsprozess sichert die bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung des Handelsunternehmens mit Waren [s. Becker/Schütte 2004, 259ff.; Schütte/Vering 2004, 198]. Tabelle 4-5 fasst Erfolgsfaktoren und Kennzahlen für die Teilprozesse Einkauf, Disposition, Wareneingang und Rechnungsprüfung zusammen. Ein kritischer Erfolgsfaktor des Einkaufs ist die möglichst kostengünstige Realisierung eines bestimmten Einkaufsvolumens durch erzielte Einsparungen bzw. Preisnachlässe [vgl. Gritzmann 1991, 269]. Eine Kennzahl zur Messung der Einsparungen ist die Preisnachlassquote, welche die erzielten Preisnachlässe ins Verhältnis zum Einkaufsvolumen setzt [vgl. Gritzmann 1991, 270 ff.; Becker/ Winkelmann 2006, 153]. Bei Bedarf lässt sich die Kennzahl in ihre Komponenten Rabattquote, Bonusquote und Skontoquote verfeinern. Die Einkaufsrentabilität setzt als alternative Kennzahl die Preisnachlässe ins Verhältnis zu den Kosten des Einkaufs.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
Teilprozess
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Einkauf
Preisnachlässe
Preisnachlassquote Einkaufsrentabilität
Disposition
Gesamtbestand
Bestandsreichweite Umschlagshäufigkeit
Wareneingang
97
Formel Preisnachlässe Einkaufsvolumen Preisnachlässe Einkaufskosten Durchschnittlicher Lagerbestand Durchschnittlicher Umsatz
Umsatz einer Periode Durchschnittl. Lagerbestand der Periode
Regalverfügbarkeit
Out-ofStock
Anzahl nicht verfügbarer Artikel
Automation des Wareneingangs
Quote elektronischer Lieferscheine
Anzahl elektronischer Lieferscheine
Quote ausgezeichneter Lieferungen
Anzahl ausgezeichneter Lieferungen
Mitarbeiterproduktivität
Anzahl Wareneingänge
Reklamationsquote
Anzahl Reklamationen
Genaue Wareneingangsbuchung
Quote artikelgenauer Wareneingänge
Anzahl gelisteter Artikel
Anzahl Wareneingänge
Anzahl Wareneingänge
Personalstunden
Anzahl Wareneingänge Mengenmässig erf. Wareneingang (Wert) Gesamter Wareneingang (Wert)
98
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Teilprozess
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Rechnungsprüfung
Automation der Rechnungsprüfung
Quote elektronischer Rechnungen
Anzahl elektronischer Rechnungen
Mitarbeiterproduktivität
Anzahl Rechnungseingänge
Rechnungsfehlerquote
Formel
Anzahl Rechnungseingänge
Personalstunden
Anzahl Rechnungsfehler Anzahl Rechnungseingänge
Tabelle 4-5: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen für den Beschaffungsprozess
Das zentrale Ziel der Disposition ist die Sicherstellung der Verkaufsbereitschaft bei gleichzeitiger Minimierung der Lagerkosten [s. Barth et al. 2007, 328]. Daraus ergeben sich zwei kritische Erfolgsfaktoren dieses Teilprozesses: •
Der Gesamtbestand ist als Summe der Bestände in den Lägern und Filialen eines Handelsunternehmens ein Indikator für die Lagerkosten [vgl. Magnus 2007, 35]. Eine im Handel sehr verbreitete Kennzahl zur Messung des Gesamtbestands ist die Bestandsreichweite. Sie misst die Anzahl an Tagen, über die der durchschnittliche Tagesumsatz aus dem durchschnittlichen Bestand gedeckt werden kann [Gudehus 2005, 327; Magnus 2007, 35]. Eine weitere gebräuchliche Kennzahl für den Gesamtbestand ist der Lagerumschlag. Die Grösse misst, wie häufig der Lagerbestand durch den Verkauf verbraucht bzw. umgeschlagen wird [vgl. Müller-Hagedorn 1998, 650; Gudehus 2005, 373; Becker/Winkelmann 2006, 311; Magnus 2007, 35].
•
Die Regalverfügbarkeit bewertet die Leistung der Disposition im Hinblick auf die Sicherstellung der Verkaufsbereitschaft. Als zentrale Kennzahl hat sich die Führungsgrösse Out-of-Stock (OOS) etabliert, welche die Anzahl der nicht im Regal für den Konsumenten verfügbaren Artikel ins Verhältnis zur Gesamtzahl gelisteter Artikel setzt [vgl. Seifert 2006, 111; Magnus 2007, 32]. Der Wareneingang ist ein arbeits- und damit kostenintensiver Prozess: [Becker/Schütte 2004, 352] illustrieren ein Beispiel mit jährlichen Kosten i. H. v. EUR 1,4 Mio. alleine für die Wareneingangserfassung8. Die Automation des Wareneingangs ist folglich durch das damit verbundene Kosteneinsparungspotenzial ein kritischer Erfolgsfaktor dieses Prozesses. Die elektronische Avisierung von Lieferscheinen (bspw. in Form der EDI-Nachricht DESADV) ermöglicht im Zusammenspiel mit einer standardisierten Auszeichnung von Sendungen und dem
8
Die Analyse basiert auf folgenden Abschätzungen: 7 Cent Erfassungskosten pro Lieferposition, 20 Positionen pro Wareneingang und 1 Mio. Lieferscheine im Streckengeschäft.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
99
Einsatz von Lesegeräten eine Eliminierung operativer Aufgaben in der Warenannahme und -kontrolle [s. Becker/Schütte 2004, 330 f.]. Der Anteil elektronischer Lieferscheine und der Anteil ausgezeichneter Sendungen lassen sich folglich als Indikatoren für die Automatisierung des Wareneingangs verwenden. Weitere Kennzahlen mit Aussagekraft für die Automation des Wareneingangs sind die Mitarbeiterproduktivität sowie die Reklamationsquote [vgl. Becker/Winkelmann 2006, 187ff.]. Kritisch für den Erfolg sind darüber hinaus genaue Wareneingangsbuchungen: Sie wirken sich über die resultierende genaue Bestandsführung auf die Präzision des Warennachschubs aus. Aufgrund des hohen Rechnungsaufkommens im Handel9 ist ein kritischer Erfolgsfaktor der Rechnungsprüfung analog zum Wareneingang die Automation. Die elektronische Übermittlung von Rechnungen und die medienbruchfreie Weiterverarbeitung senkt die Übermittlungs- und Erfassungskosten, beschleunigt die Verarbeitung und reduziert Fehler [vgl. Becker/Winkelmann 2006, 202]. Kennzahlen zur Steuerung der automatisierten Rechnungsprüfung sind die Quote elektronischer Rechnungen, die Mitarbeiterproduktivität sowie die Rechnungsfehlerquote (vgl. Tabelle 4-5). Lagerverwaltung Neben den im Beschaffungs- bzw. Distributionsprozess beschriebenen Funktionen zur Warenein- bzw. Warenauslagerung steuert die Lagerverwaltung Umlagerungen und -buchungen sowie Inventuren [vgl. Becker/Schütte 2004, 504ff.]. Die Genauigkeit der Bestandsführung ist aufgrund der Steuerungsfunktion des Lagerbestands für den Warennachschub ein kritischer Erfolgsfaktor der Lagerverwaltung (vgl. Tabelle 4-6). Als Kennzahl eignet sich die Inventurdifferenz bezogen auf den Sollbestand oder den Umsatz [vgl. Becker/Winkelmann 2006, 320]. Eine weitere relevante Führungsgrösse ist der Anteil des Lagerbestands mit artikelgenauer Bestandsführung: mengen- und wertmässig geführte Bestände erlauben im Gegensatz zu rein wertmässig geführten Beständen eine genauere Steuerung des Warennachschubs.
9
Eine Anzahl von einer Million Rechnungen pro Jahr ist auch für mittelständische Handelsunternehmen keine Seltenheit [s. Becker/Schütte 2004, 361].
100
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Genaue Bestandsführung
Prozentuale Inventurdifferenz
Formel Inventurdifferenz (Wert) Soll - Lagerbestand (Wert)
Inventurdifferenz zum Umsatz
Inventurdifferenz (Wert)
Quote artikelgenauer Bestandsführung
Mengen - und wertmässig geführter Bestand (Wert)
Umsatz
Gesamtbestand
Tabelle 4-6: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen für die Lagerverwaltung
Distribution Der Distributionsprozess umfasst alle Aufgaben, die mit dem Weg einer Ware zum Konsumenten in Zusammenhang stehen [vgl. Meffert 2000, 600]. Neben der physischen Bewegung der Ware im Rahmen der Distributionslogistik steuert der Prozess sämtliche für den Verkauf von Ware an den Konsumenten notwendigen Informations- und Zahlungsströme [vgl. Becker/Schütte 2004, 396ff.]. Tabelle 4-7 fasst Erfolgsfaktoren und Kennzahlen für die einzelnen Funktionsbereiche der Distribution auf Zentral- oder Filialebene10 zusammen. Der Marketingbegriff konzentriert sich in diesem Buch auf taktische und operative Aufgaben der Absatzvorbereitung bzw. Verkaufsunterstützung mit den Instrumenten der Produkt- bzw. Sortimentspolitik, der Preispolitik, der Absatzwegebzw. Standortpolitik und der Kommunikationspolitik [vgl. Becker/Schütte 2004, 397ff.; Müller-Hagedorn 2005, 7ff.]. Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Produktvielfalt in allen Konsumgütersortimenten gewinnt die Qualität der Werbemassnahmen in der Kommunikationspolitik des Handels an Bedeutung. Mögliche Indikatoren für diesen Erfolgsfaktor sind die Erstkaufrate oder der Bekanntheitsgrad eines Produkts sowie die Eindrucksqualität der Werbung [vgl. Becker/ Winkelmann 2006, 251].
10
Die Vertriebsabwicklung unterscheidet sich grundsätzlich in Abhängigkeit von der Betriebsform bzw. der Handelsstufe: während in der Zentrale bzw. im Grosshandel die Schwerpunkte im Marketing und der Auftragsabwicklung liegen, ist die Hauptaufgabe der Filialen im Einzelhandel der Verkauf [vgl. Rotthowe 1998, 20 ff.]. Das warenwirtschaftliche Filialmanagement ist ein spezieller Distributionsprozess, in dem Verkauf, Warenausgang und Fakturierung am Point-of-Sale (POS) in der Kassenverarbeitung zusammenfallen [vgl. Rotthowe 1998, 21; Hertel 1999, 179 ff.; Becker/Schütte 2004, 396f.].
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements Teilprozess
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Marketing
Werbequalität
Erstkaufrate
101
Formel Anzahl Produkterstkäufer Anzahl Gesamtkunden
Bekanntheitsgrad
Verkauf
Warenausgang
Fakturierung
Anz. Konsumenten, die ein Prod. kennen Stichprobenumfang
Eindrucksqualität
Befragungen
Beratungsqualität
Beratungsqualitätsindex
Befragungen, Testkäufe
Verkaufsgeschwindigkeit
Dauer Kassiervorgang
Gesamtdauer Kassiervorgänge
Warteschlange
Anzahl wartender Kunden
Genaue Warenausgangsbuchung
Quote artikelgenauer Warenausgänge
Mengenmässig erf. Warenausgang (Wert)
Effiziente Versandabwicklung
Transportmittelauslastung
Genutzte Transportkapazität
Genaue Fakturierung
Rechnungsfehlerquote
Anzahl Rechnungsfehler
Anzahl bediente Kunden
Länge der Kassenöffnung
Gesamter Warenausgang (Wert)
Gesamte Transportkapazität
Gesamtanzahl Rechnungen
Tabelle 4-7: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen für die Distribution
Im Verkauf bietet der bspw. über Kundenbefragungen oder Testkäufe quantifizierbare Erfolgsfaktor Beratungsqualität bestimmten Betriebstypen wie bspw. Warenhäusern, Fachgeschäften oder Supermärkten die Möglichkeit, sich vom Discount-Modell abzugrenzen und damit gezielt bestimmte Kundensegmente anzusprechen [s. Bosch 2006, 1]. In der Filiale ist darüber hinaus die Geschwindigkeit des Verkaufsvorgangs ein entscheidender Erfolgsfaktor [vgl. Litfin/ Wolfram 2006, 153ff.]. Geeignete Kennzahlen sind die durchschnittliche Warteschlangenlänge vor den Kassen und die durchschnittliche Dauer des Kassiervorgangs [vgl. Becker/Winkelmann 2006, 263].
102
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Die Genauigkeit der Warenausgangserfassung ist sowohl im Zentrallager wie auch in der Filiale ein kritischer Erfolgsfaktor: Über die anschliessende Bestandsbuchung und Bedarfsrechnung hat sie direkten Einfluss auf die Steuerung des Warennachschubs. Die Transportmittelauslastung erlaubt als weitere Führungsgrösse des Warenausgangs eine Effizienzbeurteilung der Versandabwicklung. Die Fakturierung ist der spiegelbildliche Prozess zur Rechnungsstellung und -prüfung, im Einzelhandel fällt sie mit dem Verkauf am POS zusammen. Neben den auch im Verkauf bzw. dem Warenausgang wichtigen Faktoren der Geschwindigkeit bzw. Automation ist die Genauigkeit aus Kundensicht der zentrale Erfolgsfaktor der Rechnungsstellung [vgl. Becker/Winkelmann 2006, 299]. Sie lässt sich anhand der Rechnungsfehlerquote quantifizieren. Kundenperspektive Die Kundenperspektive bewertet das Leistungsangebot des Unternehmens aus Sicht seiner Kunden. Neben der Kundenakquisition ist die Kundenzufriedenheit hierbei der wesentliche Erfolgsfaktor im Handel [vgl. Eschenbach/Haddad 1999, 110; Möhlenbruch/Wurm 2002, 34]. Sie führt im Fall einer positiven individuellen Bewertung der Handelsleistung zur Kundenbindung mit Verhaltensabsichten wie bspw. Wiederkauf, Cross Buying oder Weiterempfehlungen und damit zu ökonomischem Erfolg [s. Homburg/Bruhn 2005, 9f.]. Der Erhebungszeitpunkt von Kennzahlen zur Messung der Effektivität der Erfolgsfaktoren Kundenakquisition, -zufriedenheit und -bindung unterscheidet zwei Arten von Messgrössen [s. Homburg/Bruhn 2005, 27f.]: •
•
Intentionale Kennzahlen erfassen das nur indirekt messbare, beabsichtigte Kaufverhalten der Kunden. Beispiele sind Befragungen über Weiterempfehlungs- bzw. Wiederkaufsabsichten oder die Ermittlung von Kundenzufriedenheitsindizes.
Faktische Kennzahlen messen das tatsächliche Verhalten, bspw. über Anzahl oder den Umsatz von Kauf- oder Wiederkaufvorgängen. Tabelle 4-8 fasst ausgewählte Kennzahlen zur Messung der genannten Erfolgsfaktoren zusammen [vgl. Reinecke 2004, 264ff.].
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
103
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Formel
Kundenakquisition
Neukundenanzahl
Anzahl Neukunden
Neukundenanteil Erstkaufumsatz Kundenzufrie denheit und Kundenbindung
Umsatz pro Kauf Wiederkaufrate
Anzahl Neukunden Anzahl Gesamtkunden
Durchschnittliche Umsatzhöhe des Erstkaufs Umsatz Anzahl Kaufvorgänge Anzahl Kunden, die Wiederkäufe tätigen Anzahl Gesamtkunden Umsatz mit vorhandenen Kunden (Wiederkäufer) Gesamtumsatz
Kundendurchdringungsrate (Share of Wallet)
Anteil Bedarfsdeckung des Kunden beim Unternehmen
Stammkundenanteil
Anzahl Stammkunden
Gesamtbedarf des Kunden
Anzahl Gesamtkunden Stammkundenumsatz Gesamtumsatz
Beschwerdequote Kundenzufriedenheitsindex
Anzahl Beschwerden Anzahl Kundenkontakte
Befragungen
Tabelle 4-8: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen der Kundenperspektive
104
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Innovationsperspektive Die Innovationsperspektive beurteilt die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens an veränderte Marktanforderungen. Im Handel bezieht sich dies in erster Linie auf die Entwicklung neuer Betriebsformen, Dienstleistungen oder Sortimente [s. Müller-Hagedorn 1999, 734]. Der einzige durch das Stammdatenmanagement beeinflussbare Erfolgsfaktor der Leistungsinnovation ist die Innovationseffizienz (vgl. Tabelle 4-9). Die Geschwindigkeit und Frequenz der Einführung neuer Produkte ist für den Handel insbesondere in Sortimenten mit kurzen Produktlebenszyklen wie bspw. Elektronik oder Mode ein zentraler Erfolgsfaktor. Händlern, die neue Produkte schneller als die Konkurrenz in ihren Filialen präsentieren, gelingt häufig eine Umleitung von Käuferströmen mit entsprechenden Umsatzwirkungen [vgl. Seifert 2006, 218]. Erfolgsfaktor
Kennzahl
Formel
Innovationseffizienz
Produkteinführungsgeschwindigkeit (Time-to-Market)
Datum erster Produktpräsenz im Regal Datum Listungsentscheid
Innovationsfrequenz
Anzahl neu eingeführter Produkte Zeiteinheit
Tabelle 4-9: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen der Innovationsperspektive
Finanzperspektive Im Mittelpunkt der finanziellen Perspektive stehen die Erfolgsfaktoren der betriebswirtschaftlichen Ergebnisrechnung: der Umsatz, die Kosten und das resultierende Ergebnis [vgl. Müller-Hagedorn 1998, 643; Weber 2004, 189f.]. Tabelle 4-10 fasst im Handel verbreitete Kennzahlen zur Messung der drei genannten Faktoren zusammen [vgl. Schröder 2001, 783; Rudolph 2005, 153]. Der Brutto- bzw. Nettoumsatz eignet sich zur Kontrolle der Erlössituation, wobei die Führungsgrössen i. d. R. in verschiedenen Dimensionen wie Zeit, Warengruppe, Filiale, usw. detailliert werden. Auf der Kostenseite ist im Handel die Zweiteilung in Wareneinsatz- und Handlungskosten charakteristisch [s. MüllerHagedorn 1998, 594]. Der Wareneinsatz repräsentiert die Kosten, die für die Waren im Umsatzprozess anzusetzen sind, während die Handlungskosten alle weiteren Kosten für den Betrieb des Handelsunternehmens umfassen [vgl. MüllerHagedorn 1998, 594; Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution 2006, 77].
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
105
Erfolgsfaktor
Kennzahl
Formel
Umsatz
Bruttoumsatz
Absatzmenge x Verkaufspreis
Nettoumsatz
Absatzmenge x Verkaufspreis - Umsatzsteuer
Wareneinsatzkosten
Summe der Einkaufsrechnungen + Bezugskosten - Preisnachlässe
Handlungskosten
Personalkosten + Raumkosten + Kapitalkosten + sonstige Kosten
Handelsspanne
Nettoumsatz - Einstandskosten
Kosten
Ergebnis
Handelsspannenabschlag
Nettoumsatz - Einstandskosten
Handelsspannenaufschlag
Nettoumsatz - Einstandskosten
Deckungsbeitrag BruttoRentabilität Netto-Rentabilität
Nettoumsatz
Wareneinsatz
Nettoumsatz - variable Kosten Handelsspanne durchschnittlicher Warenbestand Deckungsbeitrag durchschnittlicher Warenbestand
Direkter Produktprofit
Netto-Verkaufspreis - Netto-Netto-Einkaufspreis - direkt zurechenbare Handlungskosten
Tabelle 4-10: Erfolgsfaktoren und ausgewählte Kennzahlen der Finanzperspektive
Die Handelsspanne bzw. der Rohertrag ist eine weitverbreitete Kennzahl zur Ergebnisbeurteilung. Mit der Differenz zwischen Nettoumsatz und Wareneinstandskosten muss ein Handelsunternehmen die Handlungskosten decken und Gewinne erzielen [vgl. Müller-Hagedorn 1998, 594; Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution 2006, 100]. Die Führungsgrösse kann entweder als absolute Zahl oder in Relation zum Nettoumsatz bzw. Wareneinsatz eingesetzt werden. Der Deckungsbeitrag reduziert die Handelsspanne um zusätzliche variable Kosten [vgl. Rudolph 2005, 154ff.]. Im Verhältnis zum Wert des durchschnittlichen Warenbestands definiert er die Netto-Rentabilität, während die Handelspanne analog in die Ermittlung der Brutto-Rentabilität einfliesst. Der direkte Produktprofit ist ein prozesskostenorientierter Ansatz zur differenzierten Ermittlung und Zuordnung von Handlungskosten eines Artikels [vgl. Müller-Hagedorn 1998, 615].
106
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Wirkungszusammenhänge Die abgeleiteten kritischen Erfolgsfaktoren in den einzelnen Perspektiven stehen nicht losgelöst und unabhängig nebeneinander, sondern beeinflussen sich wechselseitig. Die Darstellung von Wirkungszusammenhängen zwischen den einzelnen Erfolgsfaktoren ist zentrales Element einer Balanced Scorecard [vgl. Wiese 2000, 77ff.; Horváth & Partner 2001, 179ff.]. Das Aufzeigen von Zusammenhängen und Abhängigkeiten liefert ein Erklärungsmodell für das Zusammenspiel der verschiedenen Erfolgsfaktoren und schafft damit ein funktionsübergreifendes Verständnis für das Führungssystem. Abbildung 4-6 zeigt die Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen den identifizierten Erfolgsfaktoren im Überblick. Die folgenden Abschnitte diskutieren ausgewählte kosten- und umsatzwirksame Kausalketten auf der Beschaffungs- bzw. Distributionsseite11. Finanzperspektive
-
Kosten
+
Ergebnis
+
+
Preisnachlässe
-
Gesamtbestand
+
Innovationseffizienz
Automation Rechnungsprüfung
Regalverfügbarkeit
-
-
Genaue Bestandsführung
+
Genaue Eingangserfassung
Automation Wareneingang
+ Genaue Ausgangserfassung
+
+ + + +
+
+ Kundenbindung
Kundenakquisition
+
+
+
+
+
+ +
Kundenzufriedenheit
Genaue Fakturierung
+
+ +
Innovationsperspektive
Werbe- / Beratungsqualität
Verkaufsgeschwindig.
Prozessperspektive
+
+
Effiziente Versandabwicklung
+
+ +
+
+
-
Umsatz
Kundenperspektive
+
+
Vollständigkeit Genauigkeit
Zeitnähe Konsistenz
Stammdatenqualitätsperspektive
+
+
+ Varianten
Automation
+
+
Durchlaufzeit
+ Sicherheit
+
+ Transparenz
Stammdatenprozessperspektive
Abbildung 4-6: Kausaldiagramm der Erfolgsfaktoren
11
Neben der Stammdatenqualität wirken vielfältige weitere Einflussfaktoren auf die Führungsgrössen in den Geschäftsperspektiven. Der Abschnitt konzentriert sich auf den Einfluss der Stammdatenqualität, eine Diskussion zusätzlicher Einflussgrössen ist nicht Inhalt dieses Buches.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
107
Kausalketten in der Beschaffung Eine zunehmende Automation der Stammdatenmanagement-Prozesse erlaubt direkte Kosteneinsparungen durch den Abbau bzw. die Umdisposition von Personal, wie folgende Beispiele verdeutlichen: •
Das japanische Handelsunternehmen AEON berichtet von jährlichen Einsparungen i. H. v. US-$ 2 Mio. durch automatisierte Artikelstammdatenpflege [s. Capgemini/GCI 2005, 13].
•
Der niederländische Lebensmittelhändler Albert Heijn reduzierte seine Datenpflegeaufwände durch eine Automation der Artikelstammdatenübernahme und -pflege um dreissig Prozent [s. Capgemini/GCI 2005, 15]. Neben der direkten Kostenwirkung verbessert die Automation der Stammdatenmanagement-Prozesse die Vollständigkeit, Genauigkeit und Konsistenz der Stammdaten. Vollständige Stammdaten können zur Realisierung von Kostenvorteilen in der Beschaffung genutzt werden. So bietet ein vollständiger, konsolidierter Lieferantenstamm die Möglichkeit der Bündelung von Einkaufsvolumen mit entsprechenden Kostenvorteilen: Die KarstadtQuelle AG harmonisierte in 2005 die Lieferanten- und Konditionenverwaltung auf Konzernebene in einem zentralen Stammdatensystem. Die konsolidierte Einkaufssicht auf vollständige Stammsätze zu Lieferanten und Konditionen erlaubte die Realisierung von Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe [vgl. Rau 2006; Ochs 2007; Schlautmann 2007]. Der Wareneingang ist in besonderem Masse anfällig für mangelnde Stammdatenqualität. Fehler in den Lieferungen oder begleitenden Dokumenten führen zu Unterbrechungen des Warenflusses: Die Lieferungen werden aus der Warenannahme ausgeschleust und bis zur Erkennung und Behebung des Problems separat bearbeitet. Zusatzkosten und Verzögerungen in der Lieferkette sind die Folgen. Untersuchungen belegen, dass sich ein signifikanter Anteil der Fehlerfälle im Wareneingang auf Probleme im Stammdatenabgleich zurückführen lässt: Ca. 8 % der eingehenden Aufträge in einem Verteilzentrum eines untersuchten amerikanischen Handelsunternehmens mit 700 Filialen weisen Fehler auf [vgl. DeHoratius 2006, 24ff.]. Im Durchschnitt verursacht jeder Fehler einen Problemlösungsaufwand von zwei Personaltagen. Eine Analyse der Ursachen zeigt, dass ca. 22 % der Fehler auf Stammdatenprobleme zurückzuführen sind (vgl. Abbildung 4-7).
108
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-7: Stammdatenprobleme als Ursache für Wareneingangsfehler
Neben Kostensenkungen im Wareneingang bewirkt eine hohe Stammdatenqualität indirekt auch Leistungssteigerungen in der Disposition. Eine präzise Bedarfsrechnung hängt entscheidend von einer genauen Lagerbestandsführung ab. Diese wiederum setzt genaue Wareneingangs- und Warenausgangsbuchungen voraus, welche nur mit vollständigen, korrekten und konsistenten Artikelstammdaten möglich sind. Wird bspw. ein Wareneingang aufgrund fehlerhafter Stammdaten nicht korrekt und rechtzeitig erfasst, ist der in der Warenwirtschaft registrierte Bestand geringer als der tatsächliche Bestand, im Extremfall sogar negativ (Minusbestand) [vgl. Thonemann et al. 2005, 136]. In Abhängigkeit vom System der Nachschubsteuerung kann dies einen Dispositionsstopp oder zu hohe Nachbestellungen auslösen. Die Folgen sind Regallücken oder Überlieferungen, die zu unnötigen Beständen und damit Kosten führen. Aktuelle Studien beziffern die durchschnittliche Out-of-Stock-Quote im europäischen Einzelhandel auf 8,6 % [s. Gruen et al. 2002, 11] bzw. 4,1 % [s. Thonemann et al. 2005, 19]. Abbildung 4-8 zeigt die Auswirkungen leerer Regale auf Basis einer internationalen und sortimentsübergreifenden Untersuchung von 600 Filialen und einer Befragung von 71'000 Konsumenten [vgl. Gruen et al. 2002, 22; Angerer 2004, 20]. Die Untersuchung zeigt, dass Regallücken in 40 % der Fälle zum direkten Umsatzverlust führen. 15 % der Konsumenten verschieben ihren Kauf und 45 % substituieren den geplanten Kauf mit einem anderen Produkt, wobei sie sich häufig für ein günstigeres Produkt entscheiden. Zusätzlich erhöhen häufige Regallücken die Gefahr der langfristigen Abwanderung von Konsumenten [s. Angerer 2004, 20 f.].
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
109
Abbildung 4-8: Kundenreaktionen auf Regallücken
Stammdatenqualitätsprobleme in der Filiale, im Verteilzentrum, in der Handelszentrale oder beim Lieferanten sind eine der Grundursachen für Out-of-StockSituationen [vgl. Corsten/Gruen 2003, 611; Gruen/Corsten 2007, 25f.]. Folgende Beispiele verdeutlichen den indirekten Einfluss der Stammdatenqualität auf Regalverfügbarkeit und Umsatz: •
Analysen des amerikanischen Handelsunternehmens Wegmans ergaben, dass ca. 5 % der Regallücken auf Datenqualitätsprobleme zurückzuführen sind [s. GMA et al. 2003, 5].
•
Der Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson konnte in einem Stammdatensynchronisationsprojekt mit dem Handelsunternehmen Wal-Mart sein Fehlmengenvolumen (Out-of-Stocks) um 2,5 % reduzieren [s. Capgemini/ GCI 2005, 19].
•
Das Industrieunternehmen Procter & Gamble konnte durch Stammdatenmanagement-Initiativen mit mehreren Handelskunden in Südamerika die Out-of-Stock-Rate der betroffenen Warengruppen von 8 % auf 3 % senken [s. Capgemini/GCI 2005, 21].
•
Die amerikanische Supermarktkette Shaw’s schätzt den Anteil der durch Datenqualitätsprobleme verursachten Out-of-Stock-Situationen auf 3 % [s. GMA et al. 2003, 17]. In der Rechnungsprüfung wirkt sich die Genauigkeit der Stammdaten zu Konditionen und Lieferanten aus. Genaue Daten erlauben eine zunehmende Automation der Rechnungsprüfung und eine damit verbundene Kostensenkung. Der amerikanische Lebensmittelhändler Wegmans schätzt seine durch eine erhöhte Stammdatenqualität realisierten Einsparungen in den Bereichen Rechnungsprüfung und Bearbeitung nachträglicher Vergütungen auf ca. 8 % [s. Accenture 2006, 8].
110
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Kausalketten in der Distribution Eine schnelle Produkteinführung (Innovationseffizienz) hat insbesondere in Sortimenten mit kurzen Lebenszyklen wie bspw. Elektronik oder modischer Bekleidung entscheidenden Einfluss auf den Erlös. Die Durchlaufzeit der vorgelagerten Stammdatenmanagement-Prozesse und die damit verbundene zeitnahe Verfügbarkeit der Artikelstammdaten ist eine Voraussetzung für die Geschwindigkeit der Produkteinführung. •
Das japanische Handelsunternehmen AEON beschleunigte seine Artikeleinführungen aufgrund schnellerer Stammdatenmanagement-Prozesse in den Sortimenten Kosmetik bzw. Lebensmittel um 19 bzw. 12 Tage. Im Eigenmarkenbereich rechnet das Unternehmen mit einer daraus resultierenden Erlössteigerung von 3,8 % [s. Capgemini/GCI 2005, 13] .
•
Der amerikanische Handelskonzern Wal-Mart konnte in einem Pilotprojekt mit dem Konsumgüterlieferanten Procter & Gamble die benötigte Vorlaufzeit der Artikelstammdatenpflege durch automatisierten Datenaustausch von 15-30 Tagen auf einen Tag reduzieren. Die beschleunigte Einführung eines Produkts resultierte in einem um 10 % gesteigerten Marktanteil in den ersten Wochen nach der Einführung [s. Stelzer 2003, 4]. Die Genauigkeit der Warenausgangserfassung wirkt sich analog zum Wareneingang über die Nachschubsteuerung auf den Gesamtbestand und die Regalverfügbarkeit aus [vgl. Raman et al. 2001, 141f.]. Ein typisches stammdatenbezogenes Problem im Einzelhandel sind falsche oder fehlende Artikelnummern im Kassensystem. Die Kasse kann in diesem Fall die gescannten Artikel nicht zuordnen und bucht stattdessen einen wertmässigen Warenausgang auf einen Sammelartikel oder auf Warengruppenebene, was eine fehlerhafte Bestandsführung zur Folge hat. Weitere Kostensenkungspotenziale durch konsistente und genaue Stammdaten liegen in der Versandabwicklung. Fehler in logistischen Stammdaten wie Abmessungen oder Gewichtsangaben führen häufig zu einer verringerten Transportmittelauslastung. Das amerikanische Handelsunternehmen Wegmans veranschlagt das Verbesserungspotenzial der Transportmittelauslastung auf Basis genauerer Abmessungs- und Gewichtsdaten auf ca. 18 %. Diese Grösse entspricht ca. 100 Filialanlieferungen pro Woche [s. Accenture 2006, 13]. In der Fakturierung wirken sich genaue und zeitnahe Preisinformationen positiv auf den Erlös aus. Zeitverzögerungen und Übertragungsfehler in den Stammdatenmanagement-Prozessen führen zu Differenzen bspw. zwischen Preisschildern in der Filiale und dem Kassensystem oder den Angaben im Online-Shop und Verkaufspreisen im Warenwirtschaftssystem. Fakturierungsfehler sind die Folge. In einer mehrjährigen Studie unter Beteiligung von ca. 2'400 amerikanischen Handelsfilialen wiesen insgesamt knapp 3,9 % der untersuchten Artikel Preisdifferenzen auf, wobei 2,2 % zu günstig und 1,7 % zu teuer fakturiert wurden
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
111
[s. Clodfelter 2004, 274]. Während die zu niedrigen Rechnungen sich direkt negativ auf den Umsatz auswirken, sind im Fall der zu hohen Fakturierung langfristig Umsatzeinbussen aufgrund einer sinkenden Kundenzufriedenheit zu erwarten. 4.3.1.3 Fallbeispiel Ausgangssituation Die Karstadt Warenhaus GmbH verantwortet mit insgesamt 120 Warenhäusern und dem Online-Vertrieb über das Portal www.karstadt.de das Warenhausgeschäft der KarstadtQuelle AG. Das Unternehmen erwirtschaftete im Jahr 2006 mit rund 27'000 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp EUR 4,9 Mrd. und ist damit Marktführer im deutschen Kauf- und Warenhausgeschäft sowie in den Warengruppen Fashion und Sport des deutschen Einzelhandels. Anhang B.3 liefert weitergehende Informationen zu Karstadt in Form eines kurzen Unternehmensprofils. Im Jahr 2002 entschied sich Karstadt für die Einführung eines neuen Warenwirtschaftssystems. Ziel des Projekts FORWARD ist es, sämtliche warenwirtschaftlichen Prozesse durchgängig in einem integrierten System abzubilden. Das Stammdatenmanagement bildete als Unterstützungsprozess der Warenwirtschaft einen kritischen Erfolgsfaktor bei der Implementierung des neuen Warenwirtschaftssystems. Das im Folgenden beschriebene Kennzahlensystem erlaubt Karstadt eine systematische Führung und Kontrolle des Stammdatenmanagements. Kennzahlensystem Parallel mit der Einführung des neuen Warenwirtschaftssystems implementierte Karstadt ein Führungssystem zur Messung und kontinuierlichen Verbesserung der Stammdatenqualität. Das entwickelte Kennzahlensystem konzentriert sich auf die wichtigsten und direkt messbaren Auswirkungen mangelhafter Stammdaten in den operativen Warenwirtschaftsprozessen (vgl. Tabelle 4-11). Den Kern des Führungssystems bilden Kennzahlen zur Steuerung der Bestandsführung und des nachgelagerten Warennachschubs. Karstadt erhebt in diesem Bereich zwei Kennzahlen zur Genauigkeit der Warenausgangserfassung in der Filiale: •
Im Fall eines Formatwechsels verbuchen die Kassierer den nicht erkannten Artikel rein wertmässig unter Angabe von Abteilung, Preis und Menge. Diese rein finanzwirtschaftliche Buchung führt zu einer Divergenz zwischen Finanz- und Warenwirtschaft. Die Kennzahl setzt die wertmässige Summe aller Formatwechsel ins Verhältnis zum gesamten warenwirtschaftlichen Umsatz.
•
Im Fall einer Pseudo-Bepo verbuchen die Kassierer den nicht erkannten Artikel unter Angabe von Preis und Menge auf einer Pseudo-Artikelnummer. Analog zum Formatwechsel führt diese Buchung zu einem fehlerhaften Bestand, die Buchung ist jedoch in der Warenwirtschaft abgebildet und nach-
112
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
vollziehbar. Die Kennzahl setzt den Wert aller Pseudo-Bestellpositionen ins Verhältnis zum Wert der gesamten Bestellpositionen. Die durch Formatwechsel und Pseudo-Bestellpositionen beeinflussten Bestandswerte misst Karstadt zusätzlich direkt durch zwei Qualitätskennzahlen: •
Der Minusbestand setzt die Anzahl aller Bestellpositionen mit negativen Beständen ins Verhältnis zur Gesamtanzahl der Bestellpositionen.
•
Der Inventurbestand ohne Bepo misst einmal pro Jahr den wertmässigen Anteil des nicht warenwirtschaftlich erfassten Inventurbestands. Kennzahl
Berechnungsvorschrift
Formatwechsel
Absolutwert der Formatwechsel Umsatz
Pseudo-Bepo
Wert Pseudo - Bepo Wert Bepo Gesamt
Minusbestand
Anzahl Bepo ohne Bestand Anzahl Bepo Gesamt
Inventurbestand ohne Bestellpositionen
Inventurbestand ohne Bepo
EK-Differenzen
Anzahl fehlerhafte Repo
Inventurbestand
Ebene
Periodizität
Filiale, Abteilung
Monatlich
Filiale, Abteilung
Monatlich
Filiale, Abteilung
Monatlich
Filiale, Abteilung
Jährlich
Abteilung
Monatlich
Filiale, Abteilung
Monatlich
Filiale, Abteilung
Monatlich
Filiale, Abteilung
Monatlich
Anzahl Repo Gesamt Rechnungen ohne Auftrag
Anzahl Rechnungen ohne Auftrag
Fehlerlisten
Absolutwert der Menge mit Fehlern
Anzahl Rechnungen Gesamt
Absolutwert der Gesamtmenge StapfKorrekturen
Wert der nachträglichen Ergebniskorrekturen
Abkürzungen: Bepo = Bestellposition, Repo = Rechungsposition, EK = Einkauf; Stapf = Statistisches Auswertungsprogramm Fililalen
Tabelle 4-11: Kennzahlen zur Messung der Stammdatenqualität
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
113
Auf der Beschaffungsseite misst Karstadt den Anteil fehlerhafter Rechnungspositionen (EK-Differenzen) sowie die Anzahl an Rechnungen ohne Auftrag. Über Fehlerlisten erfasst das Unternehmen darüber hinaus alle weiteren warenwirtschaftlichen Vorgänge, die aufgrund von Datenfehlern nicht verbucht werden können und i. d. R. manuell nachbearbeitet werden müssen. Die Kennzahl StapfKorrekturen erfasst alle notwendigen nachträglichen Korrekturen in der Ergebnisrechnung. Karstadt konsolidiert die beschriebenen Führungsgrössen in einem zweistufigen Verfahren. Die Werte der einzelnen Kennzahlen werden zunächst anhand des um Ausreisser bereinigten maximalen Fehlerwerts auf 100 % skaliert. Mit einer zusätzlichen Gewichtung der Kennzahlen verdichtet Karstadt die einzelnen Grössen anschliessend zu einer aggregierten Kennzahl für die Stammdatenqualität im Bereich zwischen 0 % und 100 %. Organisation und Ergebnisse Ein Regelkreissystem soll sicherstellen, dass der aggregierte Wert der Stammdatenqualität kontinuierlich auf über 95 % gehalten wird. Eine Stabsstelle im Bereich Finanzen / Controlling ermittelt und verdichtet hierzu die einzelnen Kennzahlen unter Nutzung der Daten aus dem Warenwirtschaftssystem. Sie verteilt die Daten im Anschluss per Email an die Einkaufsabteilungen und Filialleiter, welche Massnahmen zur Ursachenanalyse und Fehlerbehebung einleiten sollen. Die Erfahrung seit der Einführung des Führungssystems im zweiten Quartal 2005 hat gezeigt, dass bei den Adressaten der Führungsgrössen mit der Zeit ein gewisser Ermüdungseffekt eintritt: Im operativen Tagesgeschäft rutscht die Priorität des Themas Stammdatenqualität neben zahlreichen anderen Aufgaben nach unten. Zur Lösung dieses Problems verfolgt Karstadt zwei Strategien: •
•
Persönliche Ansprache. Neben der regulären Verteilung der Führungsgrössen sprechen Mitarbeiter der Stabsorganisation die betroffenen Einkaufs- und Verkaufsmitarbeiter direkt auf bestimmte Problembereiche an, um die Verbesserungen zu beschleunigen.
Kopplung an Entlohnungssystem. Zukünftig sollen die Stammdatenqualitätszahlen in die Entlohnung der Bereiche Prozessorganisation Einkauf und Prozessorganisation Verkauf einfliessen und somit einen verstärkten Anreiz zur Verbesserung der Stammdatenqualität bieten. Abbildung 4-9 veranschaulicht die Wirkung des eingeführten Führungssystems beispielhaft anhand der Entwicklung des Minusbestands in sieben ab April 2005 auf die neue Warenwirtschaft umgestellten Abteilungen. Die Auswertung zeigt, dass der Minusbestand durch die Messung und eingeleitete Korrekturmassnahmen im Zeitablauf deutlich von über 15 % auf Werte unter 5 % gesenkt werden konnte.
114
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
30
25
Minusbestand
20
15
10
5
0 05
06
07
08
09
10
11
12
01
02
03
04
05
2005
06
07
08
09
10
11
12
2006
01
02
03
04
2007
Jahr / Monat
Abbildung 4-9: Entwicklung der Kennzahl Minusbestand
4.3.1.4 Zusammenfassung und Folgerungen Systematische Verbesserungen im Stammdatenmanagement setzen mess- und beeinflussbare Kenngrössen voraus. Das entwickelte Führungssystem für das Stammdatenmanagement im Handel gruppiert Erfolgsfaktoren und Kennzahlen zur Beurteilung der Stammdatenverwaltung in verschiedenen Dimensionen. Die beiden Stammdatenmanagementperspektiven bewerten die Leistungsfähigkeit der Stammdatenmanagement-Prozesse und die resultierende Qualität der Stammdaten. Sie beinhalten Treibergrössen, die sich direkt und indirekt auf Messgrössen in den klassischen BSC-Dimensionen der Geschäftsprozess-, Kunden-, Innovations- und Finanzperspektive auswirken. Eine Diskussion ausgewählter Kausalketten verdeutlicht die Wirkungszusammenhänge zwischen den Faktoren und Kennzahlen der einzelnen Perspektiven. Das Fallbeispiel Karstadt unterstreicht die Bedeutung der Geschäftsprozessperspektive in einem Führungssystem für das Stammdatenmanagement: Kennzahlen in den kausal vorgelagerten Perspektiven zu Stammdatenmanagement-Prozessen und -qualität sind teilweise kompliziert zu erheben und noch schwieriger zu kommunizieren bzw. aus geschäftlicher Sicht zu interpretieren. Auswirkungen eines unzureichenden Stammdatenmanagements in wesentlichen Leistungsprozessen wie Beschaffung, Lagerverwaltung und Distribution erlauben hingegen eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Entwicklung der Stammdatenverwaltung und sind beteiligten Mitarbeitern und Entscheidungsträgern besser vermittelbar.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
115
Unternehmen sollten sich beim Aufbau eines Führungssystems für das Stammdatenmanagement auf eine überschaubare Auswahl der für sie bedeutendsten Führungsgrössen konzentrieren. Ein grosser Teil der vorgestellten Kennzahlen wird sich in vielen Fällen automatisiert durch Anwendungen erheben lassen. Führungsgrössen in den Geschäftsperspektiven werden ggf. ohnehin bereits gemessen, d. h. die bestehenden Systeme lassen sich um Stammdatenmanagement-Perspektiven ergänzen. Dennoch verursacht die Umsetzung eines Führungssystems zusätzlichen Arbeitsaufwand und bindet Management-Kapazität. Der entsprechende Nutzen eines Führungssystems hängt von der Bedeutung des Stammdatenmanagements für das jeweilige Unternehmen ab. Sie steigt mit Faktoren wie dem Sortimentsumfang und der Sortimentsvolatilität, dem Anteil und der Bedeutung globaler bzw. unternehmensübergreifender Prozesse (bspw. ECR) oder dem Abdeckungsgrad von Prozessen durch integrierte Anwendungen (bspw. ERP- oder Warenwirtschaftssysteme). Unternehmen müssen Aufwand und Nutzen abwägen: Ohne eine systematische Messung und Führung des Stammdatenmanagements werden sie keine erhöhte Stammdatenqualität und damit keine Veränderung der Auswirkungen in den Geschäftsprozessen erreichen. Der mit einem Führungssystem verbundene Arbeitsaufwand wird sich zum Teil direkt durch reduzierten Aufwand für die Bearbeitung von Prozessfehlern bspw. in der Logistik (EDIFehler, falsche Anlieferungen, usw.) kompensieren lassen. Neben der Verwendung zum Aufbau eines Führungssystems kann das entwickelte Kennzahlensystem als Grundlage für eine initiale Bewertung der Leistungsfähigkeit des Stammdatenmanagements in einem Unternehmen dienen und damit bspw. die Entscheidung für Investitionen in diesem Bereich unterstützen.
4.3.2
Prozessarchitektur
Die Prozessarchitektur organisiert die Abläufe im überbetrieblichen Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Eine Einführung beschreibt kurz grundlegende Typen und Verteilungsformen von Prozessen (s. Abschnitt 4.3.2.1). Im Anschluss identifiziert das Buch zunächst ausgehend von den leistungsempfangenden (Kunden-)Prozessen auf der Handelsseite industrieinterne Prozesse sowie global koordinierende Abläufe und ihre jeweiligen Leistungsaustauschbeziehungen (s. Abschnitt 4.3.2.2). Ausgehend von den identifizierten überbetrieblichen Stammdatenmanagement-Prozessen detailliert Abschnitt 4.3.2.3 den Prozessentwurf durch eine Variantenbildung (Segmentierung) und Ablaufdefinition. Fallbeispiele illustrieren die Ausprägung der einzelnen Referenzprozesse in der Praxis. Abschnitt 4.3.2.4 diskutiert Entscheidungskriterien für oder gegen die Auslagerung einzelner Prozessbestandteile (Outtasking) an externe Dienstleister (Stammdatenpools). Eine durchgängige informationstechnische Unterstützung der entworfenen Stammdatenmanagement-Prozesse ist nicht in jedem Fall sinnvoll: Empfehlungen zur sinnvollen Automation schliessen die Prozessarchitektur ab (s. Abschnitt 4.3.2.5).
116
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
4.3.2.1 Grundlagen Prozesse und Prozesstypen Prozessarchitekturen definieren die ablauforientierte Organisation der Leistungserstellung eines Unternehmens. Ein Prozess ist eine Folge von Aufgaben, die Leistungen erzeugt und konsumiert [Davenport 1993, 5; Österle 1995, 19; Becker/Kahn 2002, 6]. Die Art der Leistungsbeziehungen unterscheidet Kunden-, Leistungs-, Unterstützungs- und Führungsprozesse (vgl. Tabelle 4-12). Prozesstyp
Beschreibung
Kundenprozess
Kundenprozesse definieren die Leistungsanforderungen an Geschäftsprozesse aus Kundensicht. Sie umfassen alle Aufgaben des Kunden, die Leistungen vom Markt in Anspruch nehmen [vgl. Österle 2002, 20 f.].
Leistungsprozess
Leistungs- bzw. Geschäftsprozesse umfassen wertschöpfende Aufgaben mit einem direkten Bezug zu Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie erzeugen Leistungen für Kunden [vgl. Hess 1996, 111; Becker/Kahn 2002, 7; Rüegg-Stürm 2004, 116f.]. Typische Leistungsprozesse umfassen Aufgaben in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Marketing, Vertrieb oder Kundendienst.
Unterstützungsprozess
Unterstützungsprozesse sind aus Kundensicht nicht wertschöpfend. Sie erzeugen unterstützende Leistungen für die Leistungsprozesse [vgl. Hess 1996, 111f.; Becker/Kahn 2002, 7; Rüegg-Stürm 2004, 117f.]. Beispiele für unterstützende Bereiche sind Personalwirtschaft, Rechnungswesen, Recht und Informationsmanagement.
Führungsprozess
Führungsprozesse fassen prozessübergreifende dispositive Aufgaben zusammen. Sie führen und steuern die Leistungserstellungs- und Unterstützungsprozesse über Anweisungen und Umsetzungsinformationen [Hess 1996, 112; Rüegg-Stürm 2004, 113f.]. Beispiele sind die Strategieentwicklung oder die Unternehmensplanung. Tabelle 4-12: Prozesstypen
Prozessverteilung Die Prozessverteilung definiert die Aufteilung einzelner Prozessaufgaben oder gesamter Prozesse auf Organisationseinheiten. Eine Organisationseinheit ist ein eigenständiger, permanenter Teil der Aufbauorganisation eines Unternehmens [vgl. Österle 1995, 51; Hess 1996, 123]. Sie kann innerhalb (bspw. Abteilung, Unternehmensbereich oder verbundenes Unternehmen) oder ausserhalb des Unternehmens (bspw. Kunde, Lieferant oder Dienstleister) liegen. Die organisatorische Verteilung und die Gültigkeitsbereiche von betrieblichen Abläufen unterscheiden vier Kategorien von Prozessen (vgl. Abbildung 4-10): •
Lokale Prozesse laufen innerhalb einer Organisationseinheit ab [vgl. Pohland 2000, 120 f.; Pohland/Fleisch 2002, 382f. ]. Die organisationsinternen Ab-
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
117
läufe führen zu keinen direkten Abhängigkeiten mit anderen Einheiten. Analoge Prozesse laufen in den verschiedenen Organisationseinheiten gleich ab. Unabhängige Prozesse laufen hingegen verschieden, d.h. nicht abgestimmt mit anderen Organisationseinheiten, innerhalb einer Einheit ab. Globale Prozesse betreffen immer mehrere Organisationseinheiten [vgl. Pohland 2000, 120 f.; Pohland/Fleisch 2002, 382f. ]. Die Aufgaben organisationsübergreifender Prozesse können verschiedenen Organisationseinheiten zugeteilt sein. In diesem Fall läuft der verteilte Prozess [s. Hess 1996, 164] in mehreren Einheiten ab. Alternativ sind alle Aufgaben eines globalen Prozesses in einer Organisationseinheit zentralisiert. Ein zentraler Prozess läuft somit nur an einer Stelle im Unternehmen oder Geschäftsnetzwerk ab.
Prozess läuft ab in ... mehreren Organisationseinheiten. einer Organisationseinheit.
•
Abbildung 4-10: Möglichkeiten der Prozessverteilung
Zentrale Prozesse sind häufig in Form von Shared Services organisiert. Unternehmensinterne Dienstleister übernehmen in diesem Fall standardisierte Prozesse wie bspw. Personalmanagement, Finanzwesen, IT oder Einkauf für mehrere Organisationseinheiten und senken damit Komplexität und Kosten im Unternehmen [vgl. Kagelmann 2001, 49f.]. Einen Schritt weiter geht das Outsourcing von Prozessen: in diesem Fall verlagert ein Unternehmen bisher intern bearbeitete Prozesse an Dritte, wobei es sich i. d. R. um externe Unternehmen handelt [vgl. Picot/Reichwald 1994, 560; Kagermann/Österle 2006, 188]. Im Gegensatz zum zentralen Prozess sind die einzelnen Aufgaben bei einem verteilten Prozess verschiedenen Organisationseinheiten zugewiesen. Das sog. Out-
118
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
tasking bezeichnet die Vergabe einzelner Aufgaben eines verteilten Prozesses an Dritte [vgl. Keen/Mc Donald 2000, 196f.; Österle/Reichmayr 2003, 567f.]. Bei dieser speziellen Form des Outsourcing unterstützen externe Dienstleister isolierbare Aufgaben verteilter Prozesse durch elektronisch erbrachte Leistungen12 gegen Bezahlung. 4.3.2.2 Prozessidentifikation und -abgrenzung Eine Prozesslandkarte stellt die identifizierten Prozesse im Stammdatenmanagement und ihre Koordination über den Leistungsaustausch dar [vgl. Österle 1995, 61f.]. Anhang C.1 erklärt die verwendete Notation. Die Prozesslandkarte unterscheidet drei Prozessbereiche (vgl. Abbildung 4-11): •
Die handelsinternen Prozesse definieren im Sinne von Kundenprozessen die leistungsbezogenen Anforderungen an das inner- und überbetriebliche Stammdatenmanagement.
•
Die industrieinternen Prozesse steuern die Stammdatenverwaltung im Industrieunternehmen und versorgen die Handelsprozesse mit den benötigten Stammdaten.
•
Die überbetrieblichen Stammdatenmanagement-Prozesse umfassen die aufeinander abgestimmten Aufgaben der Stammdatenverwaltung in Industrie und Handel13. Sie steuern den unternehmensübergreifenden Abgleich von Stammdaten zwischen den Geschäftspartnern. Im Sinne von „End-to-EndProzessen“ koordinieren die global verteilten Abläufe sämtliche Aufgaben einer durchgehenden Stammdatenverwaltung von der Datenentstehung im Industrieunternehmen über die operative Verwendung bis zur Entsorgung der Daten auf Handelsseite.
12
Die Art der extern erbrachten Leistung unterscheidet Prozess-, Koordinations-, Integrations- und Transformationsdienste (vgl. Abschnitt 3.3.3.3). Die Literatur bezeichnet die unternehmensübergreifende Koordination von (Leistungs)Prozessen auch als Koordinationsbereich [s. Fleisch 2001, 155 ff.] bzw. Kooperationsprozess [s. Alt 2004, 149; Senger 2004, 33f.].
13
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
119
Anlage Änderung Auslauf
Abbildung 4-11: Prozesslandkarte des Stammdatenmanagements zwischen Industrie und Handel
Handelsinterne Prozesse Auf der Handelsseite lassen sich drei Gruppen von Prozessen unterscheiden: Der Sortimentsplanungs- und Einkaufsprozess, die weiteren Leistungsprozesse und die Stammdatenmanagement-Prozesse. Sortimentsplanung und Einkauf Die Sortimentsplanung legt das Angebot eines Handelsunternehmens in Form von Waren und Dienstleistungen fest [vgl. Möhlenbruch 1994, 19]. Der Prozess ist sehr eng mit dem Stammdatenmanagement verbunden: Er liefert gemeinsam mit dem Einkauf Vorleistungen für die Stammdatenverwaltung und löst eine Vielzahl von Abläufen im Stammdatenmanagement aus. Abbildung 4-12 veranschaulicht, dass Handelsunternehmen Sortimentsentscheidungen mehrstufig treffen [vgl. Schröder 2002, 76; Barth et al. 2007, 173]. Die strategische Sortimentsplanung definiert das Rahmensortiment, d. h. die grundlegende Ausrichtung und Breite des Angebots auf Warengruppenebene. Das Rahmensortiment dient dem Einkauf als Orientierung für die Lieferantensuche und -selektion [vgl. Rudolph 2005, 109]. Die operative Sortimentsplanung steuert hingegen die Zusammensetzung des Detailsortiments auf Artikelebene. Auf Basis der vom Einkauf organisierten Produktkataloge und Lieferantenangebote trifft sie
120
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
als Kernleistung drei grundlegende Entscheidungen [vgl. Möhlenbruch 1994, 20 f.; Müller-Hagedorn 2005, 224; Barth et al. 2007, 174f.]: •
Die Sortimentsexpansion erweitert das Sortiment in der Breite (Anzahl Warengruppen) oder Tiefe (Anzahl Artikel pro Warengruppe). Sie ist ein Auslöser für die Beschaffung und Anlage von Artikelstammdaten.
•
Die Sortimentsreduktion eliminiert Artikel aus dem Sortiment. Sie löst die Entsorgung der entsprechenden Stammdaten aus.
•
Die Sortimentsvariation verändert die Zusammensetzung des Sortiments bei gleich bleibender Zahl der Artikel. Sie kann Neuanlagen, Änderungen und Entsorgungen von Artikelstammdaten nach sich ziehen.
Abbildung 4-12: Ebenen der Sortimentsplanung [vgl. Möhlenbruch 1994, 105]
Leistungsprozesse In den Leistungsprozessen fasst die Prozesslandkarte sämtliche weiteren Geschäftsprozesse des Handels mit Ausnahme von Sortimentsplanung und Einkauf zusammen. Die Prozesse in den Bereichen Beschaffung, Lagerhaltung und Distribution definieren Anforderungen an das Stammdatenmanagement in Form verschiedener Datenbedarfe und beziehen neu angelegte oder geänderte Stammdaten für die Leistungserstellung. Stammdatenmanagement-Prozesse Die Stammdatenmanagement-Prozesse erzeugen und konsumieren als Unterstützungsprozesse Leistungen mit direktem Bezug zur Stammdatenverwaltung. Sie fassen bestehende Aufgaben der Stammdatenverwaltung zusammen, die über verschiedene Funktionen bzw. Leistungsprozesse verteilt sind. Der ausdrückliche Entwurf dieser prozessorientierten Sicht auf das Stammdatenmanagement erlaubt eine gezielte Steuerung und Entwicklung der Stammdatenverwaltung. Die Leistungsanalyse differenziert vier Stammdatenmanagement-Prozesse:
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
121
•
Die Stammdatenbeschaffung besorgt alle von den Leistungsprozessen benötigten Stammdaten aus unternehmensinternen und -externen Quellen. Sie verwaltet Produktkataloge als Basis für die Sortimentsplanung und fordert im Fall von Sortimentsexpansionen zusätzlich benötigte Stammdaten vom Lieferanten an.
•
Die Stammdatenanlage steuert die Erfassung und Verteilung von neuen Artikelstammdaten in den operativen Systemen des Handelsunternehmens. Mit Abschluss dieses Prozesses stehen die Stammdaten den Geschäftsprozessen für die operative Leistungserstellung zur Verfügung.
•
Die Stammdatenänderung steuert die Modifikation bereits erfasster Stammdaten in den operativen Systemen des Handelsunternehmens. Der Prozess stellt sicher, dass unternehmensintern oder extern ausgelöste Datenänderungen den Leistungsprozessen schnell zur Verfügung stehen. Erfordern Änderungen die Anlage neuer Datensätze, so stösst der Prozess die Stammdatenanlage an.
•
Die Stammdatenentsorgung steuert die sukzessive Sperrung, Löschung und ggf. Archivierung nicht mehr benötigter Stammdaten. Die Entfernung der Daten aus den operativen Systemen kann durch die Sortimentsplanung oder den Lieferanten ausgelöst werden.
Industrieinterne Prozesse Die identifizierten Handelsprozesse definieren Leistungsanforderungen an das Stammdatenmanagement der Industrie. Die abgeleiteten Industrieprozesse sind analog zur Handelsseite in drei Gruppen unterteilt (vgl. Abbildung 4-11): den Produktmanagement- und Verkaufsprozess, die Leistungsprozesse und die Stammdatenmanagement-Prozesse. Produktmanagement und Verkauf Das Produkt- bzw. Programmmanagement14 ist verantwortlich für die marktgerechte Gestaltung aller vom Industrieunternehmen angebotenen Produkte bzw. Leistungen [vgl. Meffert 2000, 327]. Analog zur Sortimentsplanung auf der Handelsseite steht das industrielle Produktmanagement in enger Wechselwirkung mit den Stammdatenmanagement-Prozessen des Herstellers. Eine produktlebenszyklusorientierte Leistungsanalyse unterteilt das Produktmanagement in drei Teilprozesse: 14
Während das Produktmanagement operative Entscheidungen über die Innovation, Modifikation und Eliminierung von Produkten fällt, steuert das Programmmanagement die längerfristige Entwicklung von Produktlinien und -programmen [vgl. Meffert 2000, 334f.]. Die Leistungsbeziehungen zum Stammdatenmanagement sind in beiden Prozessen dieselben, so dass sich die Arbeit im Folgenden auf das Produktmanagement konzentriert.
122
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
•
Die Produktinnovation steuert die Entwicklung und Einführung neuer Produkte [vgl. Meffert 2000, 373]. Sie ist i. d. R. in Form eines Stage-GateProzesses organisiert: Die Innovationen durchlaufen mehrere, über Entscheidungstore verbundene Phasen bzw. Teilprozesse von der Ideenfindung über die Ideenprüfung und die Ideenrealisation bis hin zur Markteinführung [vgl.Witt 1996, 7ff.; Meffert 2000, 380 ff.; Cooper 2001, 129ff.]. Die Phasen erzeugen schrittweise genauere Daten zu den entstehenden Produkten, die sie dem Stammdatenmanagement zur Verfügung stellen. Während bspw. in den frühen Phasen Daten wie Produktbezeichnungen, -spezifikationen und -klassifikationen in Form von Produktideen bzw. -konzepten entstehen, ergänzen die späteren Phasen die Informationen um Stammdaten wie bspw. Abmessungen, Gewichte oder Produktions- und Distributionsstandorte.
•
Die Produktmodifikation führt veränderte Produkte ein, um den Lebenszyklus eines Produkts zu verlängern und die Umsatz- und Gewinnentwicklung positiv zu beeinflussen [Tennagen 1993, 18ff.; Meffert 2000, 437f.]. Produktmodifikationen treten in zwei Typen auf. Die Produktvariation15 verändert bzw. ersetzt ein bereits im Markt eingeführtes Produkt [vgl. Meffert 2000, 437ff.]. In Abhängigkeit vom Umfang der Modifikation führt sie zu Datenänderungen oder zur Anlage von neuen Stammdaten. Die Produktdifferenzierung führt Produktvarianten parallel zu den im Markt befindlichen Produkten ein [vgl. Meffert 2000, 439ff.]. Sie führt somit immer zur Anlage neuer Stammdaten.
•
Die Produkteliminierung entfernt Produkte aus dem Programm des Unternehmens [vgl. Meffert 2000, 450 ff.]. Sie löst die Entsorgung der entsprechenden Stammdaten aus. Der Verkauf bündelt sämtliche Aufgaben und Leistungen, die einen Verkaufsabschluss bewirken können [vgl. Meffert 2000, 886]. Der Prozess übermittelt vom Stammdatenmanagement organisierte Daten in Form von Produktkatalogen und Angeboten an den Einkauf des Handels.
Leistungsprozesse Die Leistungsprozesse umfassen die weiteren operativen Geschäftsprozesse des Industrieunternehmens wie bspw. Beschaffung, Logistik oder Kundendienst. Sie melden Datenbedarfe an das Stammdatenmanagement und werden von diesem mit operativ nutzbaren Daten versorgt. Stammdatenmanagement-Prozesse Die Stammdatenmanagement-Prozesse unterteilen sich analog zum Handel in vier Teilprozesse: 15
Die Produktvariation wird häufig auch als Relaunch bezeichnet [vgl. Tennagen 1993, 18 ff.].
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
123
•
Die Stammdatensammlung organisiert den schrittweisen Aufbau von Daten zu neu entstehenden oder veränderten Produkten. In enger Interaktion mit dem Produktmanagement sammelt der Prozess die Produktinformationen aus den unterschiedlichen datenerzeugenden Prozessen ein und hält diese für die weitere Bearbeitung und Ergänzung vor. Die Stammdatensammlung begleitet das Produkt über den gesamten Lebenszyklus und liefert nachfragenden internen und externen Prozessen jeweils aktuelle Produktdaten.
•
Die Stammdatenanlage erfasst und verteilt Produktstammdaten in den operativen Systemen des Industrieunternehmens. Mit Abschluss dieses Prozesses stehen die Stammdaten den Geschäftsprozessen für die operative Leistungserstellung zur Verfügung.
•
Die Stammdatenänderung steuert die bei Produktvariationen notwendigen Modifikationen der Produktdaten in den operativen Systemen. Der Prozess kommuniziert relevante Änderungen an die entsprechenden internen Prozesse und die betroffenen Handelskunden. Falls notwendig stösst er die Anlage neuer Datensätze an.
•
Die Stammdatenentsorgung steuert die sukzessive Sperrung, Löschung und Archivierung von Daten im Fall einer Produktelimination. Der Prozess gibt die notwendigen Informationen an den Handel weiter.
Überbetriebliche Prozesse zwischen Konsumgüterindustrie und Handel Die überbetrieblichen Leistungsbündel im Stammdatenmanagement grenzen drei globale Koordinationsbereiche ab: •
Die überbetriebliche Stammdatenanlage steuert Datenobjekte vom Zeitpunkt ihrer Entstehung auf der Industrieseite bis zur operativen Verwendung im Handelsunternehmen. Der Prozess koordiniert Aufgaben des Produktmanagements, des Verkaufs, der Stammdatenbereitstellung und -anlage auf Seite der Industrie mit Abläufen im Einkauf, der Sortimentsplanung, der Stammdatenbeschaffung und -anlage zur Versorgung der operativen Handelsprozesse mit Produktdaten.
•
Die überbetriebliche Stammdatenänderung steuert die unternehmensübergreifende Verteilung von Datenänderungen. Der Prozess koordiniert die industriellen Produktvariationen mit den resultierenden Anpassungsaufgaben im Handel.
•
Der überbetriebliche Stammdatenauslauf koordiniert die Entsorgung von Stammdaten im Geschäftsnetzwerk. Ausgehend von Produkteliminationen in der Industrie oder Sortimentsreduktionen im Handel steuert der Prozess die Information der betroffenen Geschäftspartner und die Entfernung der Daten aus den jeweiligen internen Systemen.
124
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
4.3.2.3 Prozessvarianten und -abläufe Dieser Abschnitt entwirft Varianten und Abläufe der abgegrenzten überbetrieblichen Prozesse im Stammdatenmanagement. Die konstruierten Public Processes [vgl. Legner/Vogel 2007, 5; Legner/Wende 2007, 10] beschreiben stabile Interaktionsmuster des überbetrieblichen Stammdatenmanagements und bilden eine Basis für die Integration in interne Abläufe und die Entwicklung von unterstützenden Systemen. Überbetriebliche Stammdatenanlage Segmentierungsfaktoren und Prozessvarianten Der wesentliche Einflussfaktor zur Abgrenzung von Varianten der überbetrieblichen Stammdatenanlage ist das Sortiment. Während die unterschiedlichen Warengruppen direkten Einfluss auf das Stammdatenmodell und damit die auszutauschenden Attribute haben, bestimmt die im Category Management bestimmte Rolle des Sortiments aus Handelssicht Unterschiede in den Abläufen der Stammdatenanlage. Ein Portfoliomodell16 klassifiziert Sortimentstypen mit Einfluss auf die Stammdatenmanagement-Prozesse anhand von zwei Dimensionen (vgl. Abbildung 4-13): •
Die absatzmarktorientierte Profilierungsrelevanz bewertet die Bedeutung bzw. Rolle einer Warengruppe aus Sicht der Sortimentsplanung vereinfacht als hoch (bspw. Warengruppen in der Profilierungs- oder Pflichtrolle) oder niedrig (bspw. Warengruppen in der Ergänzungsrolle). Auf die Profilierungsrelevanz wirken Einflussfaktoren, die sich aus den Kundenbedürfnissen ergeben wie bspw. Preis- und Qualitätsanforderungen, Product Involvement oder Modetrends [vgl. Zentes/Bartsch 2002, 39; Loos-Neidhart 2005, 188f.].
•
Die Komplexität des Beschaffungsmarkts umfasst Einflussfaktoren wie bspw. die Transparenz über mögliche Beschaffungsquellen oder die Anzahl und Leistungsfähigkeit potenzieller Lieferanten [vgl. Zentes/Bartsch 2002, 39; Loos-Neidhart 2005, 188f.].
16
[Janz 2004, 45 ff.] diskutiert weitere Portfoliomodelle aus Sicht der Beschaffung im Einzelhandel.
hoch
125
niedrig
Absatzmarktorientierte Profilierungsrelevanz
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
Abbildung 4-13: Sortimentstypenportfolio [vgl. Kraljic 1984, 5; Zentes/Bartsch 2002, 44]
Die Kombination aus Profilierungsrelevanz und Beschaffungskomplexität ergibt die in Tabelle 4-13 charakterisierten vier Sortimentstypen [vgl. Loos-Neidhart 2005, 190 ff.]. Sortimentstyp
Beschreibung
Massen- bzw. Standardsortiment
Das Massen- bzw. Standardsortiment erlaubt dem Händler eine hohe Profilierung bei geringer Beschaffungskomplexität. Viele Markenartikelbereiche fallen in diesen Sortimentstyp. Sie sind als Sortimentsbestandteil für viele Handelsunternehmen unabdingbar und werden meist von wenigen nationalen oder internationalen Herstellern mit starken Marken kontrolliert.
Strategisches Sortiment
Das strategische Sortiment ist profilierungswirksam aber gleichzeitig komplex in der Beschaffung. Ein typisches Beispiel sind Handelsmarken, bei denen eine weitgehende Rückwärtsintegration des Handels - bspw. durch Einfluss auf die Produktentwicklung vorliegt.
126
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Sortimentstyp
Beschreibung
Engpasssortiment
Das Engpasssortiment kennzeichnet niedrige Profilierungsrelevanz bei hoher Beschaffungskomplexität. Diese Situation ist typisch für Zusatzsortimente oder Saison- und Impulsartikel. Häufig werden Artikel dieser Warengruppen mit geringer Markenbedeutung von einer Vielzahl an weltweit verstreuten Lieferanten angeboten, so dass keine Transparenz potenzieller Beschaffungsquellen gegeben ist. Auch wenn die absatzmarktorientierte Profilierungsrelevanz von Engpasssortimenten als eher gering eingestuft wird, sind Ergänzungs- oder Saisonartikel in ihrer Kundenwirkung nicht zu unterschätzen.
Unkritisches Standardsortiment
Das unkritische Standardsortiment ist durch eine niedrige Profilierungsrelevanz bei niedriger Beschaffungskomplexität charakterisiert. In diesen Bereich fallen typischerweise Commodities, d. h. Warengruppen mit einer hohen Artikelanzahl und geringer Umsatzbedeutung, die das Handelssortiment vervollständigen sollen. Tabelle 4-13: Sortimentstypen
Die Sortimentstypen haben Einfluss auf die gewählte Form der überbetrieblichen Artikelstammdatenanlage. Tabelle 4-14 fasst die vier in der Praxis identifizierten Prozessvarianten der Anlage von Artikelstammdaten zwischen Handel und Industrie und ihre Eignung für die verschiedenen Sortimentstypen zusammen: •
Die katalogbasierte Anlage stützt sich auf Lieferantenkataloge als Datengrundlage ab. Die Prozessvariante ist verbreitet in Sortimenten mit einem hohen Anteil an Markenartikeln. Die Markenhersteller bieten dem Handel standardisierte, katalogbasierte Produktinformationen als Grundlage für Verhandlungen in Form von Jahresgesprächen, Aktionsplanungen oder Neuprodukteinführungen an. Die Beschaffung von Commodities bildet eine Variante der katalogbasierten Anlage: Informationen zu Artikeln mit geringer Priorität kann der Händler aus elektronischen Beschaffungssystemen entnehmen.
•
Die spezifikationsbasierte Anlage eignet sich in erster Linie für den Handelsmarkenbereich. Der Einfluss des Handels auf die Produktentwicklung bedingt eine stärkere Zusammenarbeit mit der Industrie, d. h. in der Artikelanlage werden im Vergleich zu Markenartikeln mehr und andere Informationen ausgetauscht [vgl. Johansson 2001, 339 f.]. Das Handelsunternehmen spezifiziert hierbei einen Grossteil der Daten im Voraus als Anforderungen, die vom Lieferanten in Form eines Angebots bestätigt bzw. modifiziert werden. Eine Variante des Prozesses eignet sich auch für unkritische Standardsortimente: Im Fall der Beschaffung über elektronische Auktionen übernehmen Handelsunternehmen die anzulegenden Stammdaten direkt aus den Angeboten.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
127
•
Die lieferantengeführte Anlage verlagert die Sortimentssteuerung auf die Lieferantenseite. Die Prozessvariante eignet sich für die Anlage von unkritischen Standardsortimenten, in denen Handelsunternehmen die Sortimentsverantwortung an Systemlieferanten17 auslagern [vgl. Kaipia/Tanskanen 2003, 172f.; Loos-Neidhart 2005, 192]. Das Outsourcing der Anlage von umfangreichen Zusatzsortimenten mit geringer Umsatzbedeutung in Kooperationsszenarien wie Rack Jobbing oder Service Merchandising reduziert die Prozesskomplexität für den Händler ohne die Sortimentsbreite aus Konsumentensicht einzuschränken. Vor dem Hintergrund der gewünschten Prozesskostenreduktion sind lieferantengeführte Anlageprozesse häufig stark automatisiert.
•
Die bedarfsgetriebene Anlage steuert die Aufnahme von Stammdaten als Reaktion auf Konsumentenanfragen. Sie kommt in Engpasssortimenten zum Einsatz, in denen der Händler spezifische Kundenwünsche durch Ergänzungs-, Saison- oder Impulsartikel bedient.
Lieferantengeführte Anlage Bedarfsgetriebene Anlage
Unkritisches Standardsortiment
Spezifikationsbasierte Anlage
Engpasssortiment
Katalogbasierte Anlage
Strategisches Sortiment
Prozessvariante
Massen-/ Standardsortiment
Sortimentstyp
0
0
0
& & 0
Legende: 0 Prozessvariante geeignet, Prozessvariante nicht geeignet, & Prozessvariante bedingt geeignet
Tabelle 4-14: Anlagevarianten in Abhängigkeit vom Sortimentstyp
Die folgenden Abschnitte entwickeln die skizzierten Prozessvarianten im Detail. Fallbeispiele ergänzen die beschriebenen Referenzprozesse um konkrete Ausprägungen in der Praxis.
17
Systemlieferanten mit (Teil-)Sortimentsverantwortung sind i. d. R. Grosshandelsunternehmen, Importeure oder Hersteller, die ihr Produktionsprogramm durch Handelsware ergänzen [vgl. Loos-Neidhart 2005, 192].
128
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Katalogbasierte Anlage Referenzprozess Im Fall der katalogbasierten Anlage unterstützt der Lieferant die Stammdatenmanagement-Prozesse des Kunden durch die Übermittlung und Aktualisierung seines Produktangebots in Form von Katalogen (vgl. Abbildung 4-14).
Abbildung 4-14: Referenzprozess Katalogbasierte Anlage
Der Prozess beginnt mit der strategischen Sortimentsplanung auf Handelsseite. Nach Festlegung des Rahmensortiments und der Lieferantenidentifikation übermittelt das Industrieunternehmen auf Aufforderung Artikeldaten in Form eines Katalogs an den Händler. Der Katalog enthält die Produktattribute, die vom Handelsunternehmen in der Sortimentsplanung benötigt werden. Typische Anforderungen zu diesem Zeitpunkt sind Produktidentifikationen und -namen, Preise sowie ausgewählte logistische Daten wie Abmessungen oder Mengenverhältnisse.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
129
Der lieferanteninterne Prozess der Datenbereitstellung konsolidiert die skizzierten Daten für die Katalogübermittlung. Auf Basis der übernommenen Kataloge setzt der Händler die Sortimentsplanung auf der operativen Ebene fort. Abhängig von der Neuheit der ausgewählten Artikel ist ggf. eine Aktualisierung der Katalogdaten notwendig. Speziell bei Produktneueinführungen stehen zum Zeitpunkt der erstmaligen Katalogübermittlung auf Lieferantenseite in vielen Fällen noch nicht alle benötigten Stammdaten zur Verfügung. Die Industrie aktualisiert bspw. finale Angaben zu Gewichten häufig erst nach der erstmaligen Produktion. Die lieferanteninterne Datenanlage liefert die ergänzenden operativen Daten für die Katalogaktualisierung. Sind die Katalogdaten vollständig, ergänzt das Handelsunternehmen die Datensätze um interne Attribute und legt sie in den operativen Systemen an. Fallbeispiel METRO Group Abbildung 4-15 illustriert die Ausprägung der katalogbasierten Artikelanlage bei der METRO Group. Der Einkauf des Handelsunternehmens fordert ausgehend von der strategischen Sortimentsplanung aktuelle Produktkataloge von den identifizierten Lieferanten an. Ein internes Katalogsystem unterstützt eine medienbruchfrei Datenbeschaffung: Die Lieferanten können ihre Artikeldaten wahlweise in einer Portaloberfläche erfassen oder über den Datenpool SINFOS bzw. weitere, über das GDSN verbundene Datenpools, liefern. Nach Prüfung und Übernahme der Daten gibt der Einkauf die Artikel für die weitere Verwendung im Katalogsystem frei. Der Lieferant kann ab diesem Zeitpunkt beginnen, die Artikel für die Musterung in der operativen Sortimentsplanung zusammenzustellen. Das Katalogsystem bietet zusätzlich zum Stammdatenaustausch unterstützende Funktionen für die Sortimentsplanung wie bspw. den Etikettendruck. Die etikettenbasierte Auszeichnung des Mustersortiments ermöglicht es dem Einkauf, die in der physischen Musterung ausgewählten Artikel direkt per Scanner in das Sortiment aufzunehmen. Der Einkauf bietet die zusammengestellten Sortimente den einzelnen Vertriebslinien zur Auswahl an, welche eine Teilmenge der Artikel für die Listung auswählen. Der Einkauf prüft, ob die Lieferanten der gelisteten Artikel ihre Daten in der Zwischenzeit aktualisiert haben und gibt die Artikel im Anschluss frei. Mit Freigabe der Artikel verteilt das Katalogsystem die gelisteten Artikel an die operativen Warenwirtschaftssysteme. Mitarbeiter des Einkaufs ergänzen einkaufsrelevante Daten im Einkaufssystem, während die verschiedenen Vertriebslinien nach der Verteilung der Artikel Daten in den operativen Vertriebssystemen ergänzen. Mit der Verteilung der Artikel in die nachgelagerten Filial- und Logistiksysteme ist die Stammdatenanlage abgeschlossen.
130
4 Architektur für das Stammdatenmanagement Lieferant Vertrieb
Einkauf
METRO Group
Datenbereitstellung
Sortimentsplanung
Katalog übermitteln
Katalog anfordern
Katalog
Vertrieb
Katalog prüfen
Katalog übernehmen Muster zusammenstellen
Katalog freigeben
Musterung
Artikel auswählen Einkaufssortiment anbieten
Datenanlage
Daten aktualisieren
KatalogUpdate
Artikel auswählen
Änderungen prüfen Artikel freigeben und verteilen Daten ergänzen
Artikel verteilen
Daten ergänzen
Artikel verteilen
Abbildung 4-15: Katalogbasierte Anlage bei der METRO Group
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
131
Spezifikationsbasierte Anlage Referenzprozess Die Erstellung und Verteilung von Artikeldaten beginnt im Fall der spezifikationsbasierten Anlage mit der Definition von gewünschten Produkteigenschaften auf der Handelsseite (vgl. Abbildung 4-16). Im Gegensatz zur katalogbasierten Anlage selektiert das Handelsunternehmen die Artikel nicht aus einer von der Industrie zusammengestellten Liste, sondern spezifiziert die Anforderungen an den Artikel und die von der Industrie zu liefernden Daten ausgehend von der Sortimentsplanung proaktiv. Basierend auf der ausgeschriebenen Spezifikation liefert die Industrie die geforderten Daten in Form eines Angebots. Im Fall der Auftragserteilung ergänzt der Handel die Artikel um interne Attribute und legt sie in den operativen Systemen an.
Abbildung 4-16: Referenzprozess Spezifikationsbasierte Anlage
132
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Fallbeispiel Migros Migros ist Marktführer im Schweizer Einzelhandel (vgl. Anhang B.6). Eine Besonderheit im Geschäftsmodell des Handelsunternehmens besteht darin, dass Handelsmarken einen Grossteil des Sortiments ausmachen. Abbildung 4-17 zeigt den Ablauf der spezifikationsbasierten Artikelanlage am Beispiel von Handelsmarken im Bereich Nonfood18. Lieferant
Migros
Vertrieb
Category Planning
Einkauf
Category Management Sortimentsplanung Artikelrumpfdaten anlegen
Artikel spezifizieren
Artikel spezifizieren Artikelspezifikation ergänzen
Angebot erstellen
Artikelbestätigung prüfen
Spezifikation
Artikel ausschreiben
Angebot
Angebot prüfen
Artikelbestätigung
Artikel bestätigen
Mengen planen
Artikeldaten übernehmen
Artikeldaten ergänzen
Artikeldaten verteilen
Abbildung 4-17: Spezifikationsbasierte Artikelanlage bei Migros
18
Die beschriebene Systemunterstützung des Prozesses basiert auf einem Business Blueprint, den Migros derzeit implementiert.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
133
Mit Abschluss der Sortimentsplanung legt das Category Management Rumpfdaten für die in das Sortiment aufzunehmenden Artikel in einem Katalogsystem an. Die Daten beschränken sich zunächst auf eine kurze Beschreibung und Sortimentszuordnung der Artikel. Im Anschluss spezifiziert das Category Management - ggf. bereits in enger Zusammenarbeit mit dem Lieferanten - die Anforderungen an den zu beschaffenden Artikel. Neben Vorgabe-Attributen in Abhängigkeit von der Warengruppe erlaubt die Anwendung die Ergänzung der Spezifikation um dynamische Datenelemente. Der Category Manager kann die einzelnen Attribute als Anforderungsdefinition mit Werten belegen oder zur Befüllung durch den Lieferanten offen lassen. Nach Ergänzung der Spezifikation schreibt der Einkauf den Artikel über eine Portalanwendung aus. Der Lieferant arbeitet die Spezifikation im Portal in ein Angebot um, je nach Einstellung kann er hierzu Attribute befüllen und Vorgabewerte anpassen. Nach Annahme eines Angebots bestätigt der Einkauf dem Lieferanten den um die Mengenplanung ergänzten Auftrag. Nach Rückbestätigung des Lieferanten übernimmt das Category Management die Artikel über eine automatisierte Schnittstelle in das Warenwirtschaftssystem. Mit der Ergänzung interner Attribute und der Verteilung in nachgelagerte Systeme sind die Artikeldaten operativ verwendbar. Lieferantengeführte Anlage Referenzprozess Die lieferantengeführte Anlage ist eine Prozessvariante zur Verteilung von Artikeldaten im Fall einer Sortimentsplanung durch die Industrie (vgl. Abbildung 4-18). Die Industrie übernimmt für ausgewählte Warengruppen die operative Sortimentsplanung, d. h. sie entscheidet im Rahmen einer vorgegebenen Rahmenvereinbarung eigenständig über Sortimentsexpansionen, -variationen oder -reduktionen. Im Fall von Sortimentsveränderungen überträgt die Industrie die neuen Artikeldaten an das Handelsunternehmen. Der Händler ergänzt die Datensätze um interne Attribute und eröffnet diese in den verschiedenen operativen Systemen. Übernahme, Ergänzung und Anlage sind bei der lieferantengeführten Anlage auf der Handelsseite i. d. R. automatisiert.
134
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-18: Referenzprozess Lieferantengeführte Anlage
Fallbeispiel Migros Migros hat die lieferantengeführte Anlage auf Basis von EDI mit zwei Lieferanten in den Sortimenten Software/Medien und Schmuck implementiert (vgl. Abbildung 4-19). Da die Sortimente des Lieferanten bei Migros sehr umfangreich sind (ca. 30'000 Artikel) und die Zusammensetzung sich häufig ändert, sendet das Unternehmen die Artikelstammdaten per EDI als PRICAT-Nachricht. Vorgängig sind die Datensätze um kundenspezifische Attribute erweitert worden, die eine automatische Verarbeitung auf Seite des Händlers erlauben. So vergibt der Lieferant bspw. auf Basis eines Nummernkontingents bereits die Migros-Artikelnummer und ordnet die Artikel in die Warengruppenhierarchie des Händlers ein. Basierend auf diesen Informationen und definierten Vorlageartikeln ergänzt das Warenwirtschaftssystem von Migros die neuen Artikel nach Empfang der PRICAT-Nachricht automatisch um interne Attribute und legt sie im Artikelstamm an. Nach Verteilung der Daten stehen die Artikel den Filialsystemen für die Verkaufsabwicklung zur Verfügung.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
135
Abbildung 4-19: Lieferantengeführte Anlage bei Migros
Fallbeispiel Karstadt Die Karstadt Warenhaus GmbH setzt die lieferantengesteuerte Anlage im Fall von Konzessionsgeschäften mittels sog. Branchendepots auf der Verkaufsfläche ein [vgl. Schemm/Otto 2007, 6]. Analog zum Prozess bei Migros werden die vom Lieferanten per EDI elektronisch übertragenen Daten automatisch ins Warenwirtschaftssystem übernommen und an die Filialsysteme verteilt. Karstadt bewirtschaftet über diese Prozessvariante momentan ca. 5% der Artikel bzw. 3% des Einkaufsvolumens. Bedarfsgetriebene Anlage Referenzprozess Die Anfrage eines Konsumenten nach Artikeln ausserhalb des Handelssortiments löst die bedarfsgetriebene Anlage aus (vgl. Abbildung 4-20).
136
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Industrieunternehmen
Handelsunternehmen
Datenanlage
Kundenanfrage aufnehmen
Katalog bereitstellen
Katalog
Artikel suchen
Sortimentsplanung
Datenanlage
keine Sortimentsexpansion
Sortimentsexpansion
Angebot erstellen
Abbildung 4-20: Referenzprozess Bedarfsgetriebene Anlage
Nach Aufnahme der Anfrage sucht der Händler den vom Kunden gewünschten Artikel in einem oder mehreren Lieferantenkatalogen. Ist der Artikel gefunden, entscheidet die Sortimentssteuerung, ob der Artikel ins Sortiment aufgenommen werden soll. Im Fall einer Sortimentsexpansion legt der Händler zunächst die vollständigen Stammdaten an und erstellt im Anschluss das Angebot für den Kunden. Die Alternative besteht darin, auf die Artikelanlage und -listung zu verzichten und das Angebot ohne konkreten Artikelbezug rein wertmässig abzuwickeln [vgl. Hertel 1999, 223f.]. Fallbeispiel Beta Das europäische Buchhandelsunternehmen Beta19 ist mit insgesamt 60 Filialen Marktführer in seinem Land. Die Unternehmensstrategie setzt zur Abgrenzung von Wettbewerbern, insbesondere vom Online-Buchhandel, auf einen leistungsfähigen Kundendienst. Die Fähigkeit, dem Konsumenten zusätzlich zum Kernsortiment auch weniger verbreitete Bücher wie bspw. akademische oder ausländische Titel schnell zu beschaffen, ist ein wichtiger Bestandteil von Betas Geschäftsmodell. Abbildung 4-21 zeigt den von Beta implementierten Prozess der bedarfsgesteuerten Artikelanlage zur Unterstützung der Beschaffung von Büchern ausserhalb des Kernsortiments. 19
Das Fallbeispiel ist aus Vertraulichkeitsgründen anonymisiert.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
137
Artikel gefunden
Abbildung 4-21: Bedarfsgetriebene Anlage bei Beta
Mit Aufnahme der Kundenanfrage nach einem nicht vorhandenen Buch suchen die Verkaufsmitarbeiter den gewünschten Artikel zunächst im Filialsystem. Zusätzlich zur Suche im operativen Artikelbestand der Warenwirtschaft bietet ihnen die Anwendung Zugriff auf einen unternehmensinternen Katalog. Das Katalogsystem verwaltet über fünf Millionen Artikel inkl. Beschaffungs- und Verfügbarkeitsinformationen und wird regelmässig via elektronischer Datenübertragung von insgesamt fünf angeschlossenen Grosshändlern und Informationsdienstleistern20 aktualisiert. Findet der Filialmitarbeiter das gewünschte Buch nicht, erfasst er im Filialsystem eine vorläufiges Angebot und leitet dieses elektronisch an eine interne Abteilung für die zentrale Artikelverwaltung weiter. Mitarbeiter dieses Bereichs suchen den beschriebenen Artikel in weiteren Katalogen bspw. von Grosshändlern, Verlagen oder Büchereien. Ist das Buch gefunden, legen sie den Artikel im internen Katalogsystem an und verteilen die Daten an das Filialsystem. Die Filiale wird automatisch informiert und kann das Angebot basierend auf dem erweiterten Artikelstamm anlegen.
20
Nielsen Book Data (http://www.nielsenbookdata.co.uk) ist ein Beispiel für einen angeschlossenen Dienstleister. Das britische Unternehmen bietet über verschiedene Kommunikationskanäle Zugriff auf einen aktuellen Katalog von über sechs Millionen englischsprachigen Büchern.
138
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Überbetriebliche Stammdatenänderung Segmentierungsfaktoren und Prozessvarianten Die Abläufe der Bearbeitung von Stammdatenänderungen zwischen Handel und Industrie unterscheiden sich in Abhängigkeit von der Art der Änderung und der damit verbundenen warenwirtschaftlichen Auswirkungen. Die interne Bearbeitung der Änderung auf Industrie- und Handelsseite unterscheidet drei grundlegende Änderungstypen und resultierende Prozesse (vgl. Tabelle 4-15): •
Verkaufsrelevante Änderungen eines Artikels sind sämtliche Modifikationen, die die charakteristischen Eigenschaften des Produkts aus Konsumentensicht verändern. Typische Beispiele sind vom Konsumenten differenzierbare Änderungen an der Rezeptur bzw. Funktion eines Produkts oder wesentliche Änderungen am Inhalt der Verbrauchereinheit (vgl. Tabelle 4-16).
•
Logistikrelevante Änderungen betreffen die logistischen Abläufe zwischen Industrie und Handel, haben jedoch keine Auswirkungen auf den Konsumenten. Ein typisches Beispiel ist eine Änderung im Mengenverhältnis von Verbrauchereinheit und Handelseinheit (vgl. Tabelle 4-16).
•
Sonstige Änderungen haben weder Einfluss auf die Produktcharakteristika noch auf die logistische Abwicklung. Ein typisches Beispiel sind Änderungen von Preisen oder Konditionen (vgl. Tabelle 4-16). Geschäftspartner
Industrie
Handel
Änderungstyp Verkaufsrelevante Änderung
Neuanlage
Neuanlage
Logistikrelevante Änderung
Neuanlage oder Änderung
Änderung
Geringfügige Änderung
Änderung
Änderung
Tabelle 4-15: Bearbeitung verschiedener Änderungstypen in Industrie und Handel
Die folgenden Abschnitte beschreiben Referenzabläufe für die genannten Änderungsvarianten. Die in der Praxis beobachteten überbetrieblichen Änderungsprozesse sind weder explizit entworfen bzw. modelliert noch durchgängig IT-unterstützt, d. h. die Änderungen werden i. d. R. spontan durch Mitarbeiter unter Nutzung verschiedener Systeme bearbeitet. Das Buch verzichtet daher auf Praxisbeispiele zur Konkretisierung der Referenzabläufe für die Stammdatenänderung.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements Änderungstyp
Änderungsobjekt
Beispiel
Verkaufsrelevante Änderung
Produktbezeichnung
Änderung des Produktnamens
Verpackung (Verbrauchereinheit)
Änderung der Abmessungen von mehr als 20%
Rezeptur / Funktion
Neuer Geschmack / neues Aroma im Lebensmittelbereich
139
Änderung der Markenbezeichnung
Bruttogewichtsänderungen von mehr als 20%
Regulierte Rezepturänderung im Gesundheitswesen Neue Softwareversion Inhalt
Änderung von Nettogewichten oder Stückzahlen innerhalb einer Verpackungseinheit Änderung der Farb- oder Grössenzusammensetzung bei Bekleidungsartikeln
Logistikrelevante Änderung
Sonstige Änderung
Verpackungsstückliste
Änderung im Mengenverhältnis Verbrauchereinheit / Handelseinheit. Änderung der Umverpackungen
Herkunftsort
Änderung der Produktions- oder Distributionsstandorte
Preis
Änderung des Einkaufspreises Änderung des Verkaufspreises
Tabelle 4-16: Typische Änderungen nach Änderungstyp und -objekt [vgl. GS1 2007i]
Verkaufsrelevante Änderung Verkaufsrelevante Änderungen müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifizierbar sein, d. h. sie führen sowohl in der Industrie wie auch im Handel zur Anlage neuer Produktvarianten (vgl. Abbildung 4-22).
140
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Industrieunternehmen
Handelsunternehmen
Produktmanagement
Artikelanlage
VorgängerBeziehung pflegen
Änderung
Artikelanlage
Auslauf Vorgänger
Abbildung 4-22: Referenzprozess verkaufsrelevante Änderung
Die Entscheidung für eine Variation im Produktmanagement führt in diesem Fall im Industrieunternehmen zur Anlage eines neuen Artikels inklusive der kompletten Verpackungshierarchie. Die Pflege und Integration der Vorgängerbeziehung in die Änderungsmeldung erlaubt dem Handel den Anstoss der Auslaufsteuerung des alten Artikels im Anschluss an die Neuanlage der Änderung. Logistikrelevante Änderung Logistikrelevante Änderungen betreffen die logistischen Abläufe zwischen Industrie und Handel, haben jedoch keine Auswirkungen auf den Konsumenten (vgl. Abbildung 4-23). Die vom Produktmanagement ausgehende Variation führt im Industrieunternehmen ggf. zur internen Anlage eines neuen Artikels. Das Handelsunternehmen ergänzt die geänderten Logistikdaten im Warenwirtschaftssystem. Abhängig von der Art der logistischen Änderung sind im Anschluss ggf. mehrfache, zeitlich verzögerte Anpassungen der verwendeten Ein- und Verkaufsmengeneinheiten in den verschiedenen bestandsführenden Einheiten notwendig.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
141
Abbildung 4-23: Referenzprozess logistikrelevante Änderung
Sonstige Änderungen Sonstige Änderungen haben weder Einfluss auf die Produktcharakteristika noch auf die logistische Abwicklung. Sie werden von der Industrie übermittelt und direkt im Warenwirtschaftssystem des Handels eingepflegt (vgl. Abbildung 4-24).
Abbildung 4-24: Referenzprozess Sonstige Änderung
142
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Überbetrieblicher Stammdatenauslauf Referenzprozess Die überbetriebliche Auslaufsteuerung von Stammdaten zwischen Handel und Industrie unterscheidet im Gegensatz zu den Anlage- und Änderungsabläufen keine signifikanten Prozessvarianten. Abbildung 4-25 zeigt den idealtypischen Ablauf im Überblick. Auslöser des Prozesses sind Entscheidungen zur Produktelimination bzw. Sortimentsreduktion auf Seite der Industrie bzw. des Handels. Nimmt die Industrie ein Produkt vom Markt, informiert sie den Handel in Form einer Löschnachricht über den verbleibenden Bestellzeitraum. Basierend auf dieser Information oder auf geplanten Sortimentsreduktionen sperrt der Handel den betreffenden Artikel für die Beschaffung. Im Anschluss starten beide Geschäftspartner die interne Auslaufsteuerung, d. h. sie reduzieren die Lagerbestände der betroffenen Artikel über Mechanismen wie Liquidationen, Rückzüge oder Verschrottung. Sind alle Lagerbestände beseitigt, so können die Artikelstammdaten archiviert21 und aus den operativen Systemen gelöscht werden. Die grundlegende Komplexität des überbetrieblichen Stammdatenauslaufs liegt in der Realisierung einer möglichst automatisierten Auslaufsteuerung über mehrstufige Lagerhaltungssysteme. Das folgende Fallbeispiel illustriert die Umsetzung des Artikelauslaufs über ein mehrstufiges Statuskonzept in der Praxis. Industrieunternehmen
Handelsunternehmen
Produktmanagement
Sortimentsplanung
Produktauslauf
Löschung
Artikel sperren
Datenarchivierung
Artikelauslauf
Produkt löschen
Datenarchivierung
Abbildung 4-25: Referenzprozess überbetrieblicher Auslauf 21
Die Stammdatenarchivierung selbst ist in integrierten Systemen aufgrund der vielfältigen Datenbeziehungen ein durchaus komplexer Prozess. [Stefani 2007, 67 ff.] beschreibt den Ablauf der Datenarchivierung am Beispiel des ERP-Systems mySAP ERP 2005.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
143
Fallbeispiel Migros Das Handelsunternehmen Migros steuert den Auslauf von Artikeln über einen mehrstufigen, teilautomatisierten Prozess (vgl. Abbildung 4-25). In Abhängigkeit der Eigenschaften des Artikels unterscheidet das Handelsunternehmen in der Warengruppe Nonfood drei Varianten der Auslaufsteuerung: •
Der Liquidationsprozess ist der Standardablauf. Migros forciert in diesem Fall den Abbau der Lagerbestände durch ggf. mehrstufige Preisreduktionen der betroffenen Artikel. Nach Ablauf einer bestimmten Zeit werden die verbleibenden Bestände aus den Filialen zurückgezogen und verschrottet, womit die zugehörigen Stammdaten archiviert und aus der Warenwirtschaft gelöscht werden können.
•
Der Saisonrückzug ist eine Auslaufvariante für höherwertige, wiederkehrende Saisonartikel. Migros zieht in diesem Fall die Artikel über Retouren in das Verteilzentrum zurück und listet die Artikel in den Filialen aus. Die Artikel verbleiben zunächst in der Warenwirtschaft, da sie ggf. in der nächsten Saison reaktiviert werden.
•
Der Filialauslauf eignet sich für schnell drehende Güter des täglichen Bedarfs. Der Händler sperrt in diesem Fall zunächst die externe Warenbeschaffung und verkauft die Bestände weiterhin normal ab. Mit Abverkauf des letzten Lagerbestands im Verteilzentrum sperrt das Category Planning den Warennachschub. Eine gleichzeitige Inventur im Verteilzentrum stellt die Übereinstimmung von Buch- und Inventurbestand sicher. Der weitere Verkauf der Filialbestände erlaubt die sukzessive Auslistung des Artikels in den einzelnen Verkaufsstellen, bis der Artikel unternehmensweit ausgelistet, archiviert und gelöscht werden kann. Migros implementiert den beschriebenen Prozess teilautomatisiert über ein Artikelstatuskonzept. Der Status bildet den Zustand eines Artikels über seinen gesamten Lebenszyklus im Warenwirtschaftssystem ab und kontrolliert die jeweils zulässigen Prozesse bzw. Funktionen. Aufgrund des mehrstufigen Warenwirtschaftssystems ist der Artikelstatus abhängig von der organisatorischen Einheit: Der globale Status gibt den konzernweiten Zustand eines Artikels wieder, während derselbe Artikel in verschiedenen bestandsführenden Einheiten wie Verteilzentren oder Filialen unterschiedliche lokale Zustände einnehmen kann. Abbildung 4-27 illustriert die Auslaufsteuerung über das mehrstufige Statuskonzept in Form eines Ausschnitts für den Filialauslauf. Die Notation orientiert sich an einem UML-Zustandsdiagramm [vgl. Balzert 2005, 36ff.].
144
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Lieferant
Migros Category Planning
Category Mgmt Produktmanagement
Produktauslauf
Datenarchivierung
Verteilzentrum
Sortimentsplanung
Löschung
Artikel sperren Auslaufvariante bestimmen
Produkt löschen
Liquidation
Saisonrückzug
Filialauslauf
Beschaffung sperren
Beschaffung sperren
Beschaffung sperren
Artikel zurückziehen
Artikel zurückziehen
Nachschub sperren
Artikel verschrotten
Filialen auslisten
Filialen auslisten
Artikel abschreiben
Inventur
Artikel reaktivieren
Datenarchivierung
Abbildung 4-26: Artikelauslauf im Bereich Nonfood der Migros
Mit Anlage und Verteilung des Artikels ist dieser im Warenwirtschaftssystem aktiv, d. h. er kann auf allen bestandsführenden Stufen operativ bewirtschaftet werden (vgl. Tabelle 4-17). Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, über manuelle Statuswechsel die Bewirtschaftung aktiver Artikel zu beeinflussen, bspw. durch einen globalen Lieferunterbruch, die Sperrung einzelner Filialen oder der gesamten externen Beschaffung. Die manuelle Sperrung der externen Beschaffung leitet den Filialauslauf ein, ab diesem Zeitpunkt sind neue Lieferantenbestellungen unterbunden (vgl. Tabelle 4-17). Nach kompletter Auslieferung des Buchbestands im Verteilzentrum wird manuell der Nachschub gesperrt und gleichzeitig eine Inventur ausgelöst. Abhängig vom Inventurergebnis wird der Nachschub reaktiviert oder der Filialauslauf fortgesetzt. Die folgenden Statuswechsel vom Auslauf in der Filiale über die lokale und globale Auslistung bis zur Archivierung des Artikels führt das Warenwirtschaftssystem automatisch aus.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
Abbildung 4-27: Ausschnitt Artikelstatuskonzept für Filialauslauf
145
146
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Löschung vorgemerkt Gelöscht
Filialauftrag
Ext. Beschaffung gesperrt
Nachschub
Disposition gesperrt
Bestandsführung
Lieferunterbruch
Bestellung
Bestellbereit
Aufteilung
Artikelstatus
Bedarfsrechnung
Funktion
0 &
0 0 0
0 & 0
0 0 0 0 0 0
0
0 & & &
Legende: 0 Funktion aktiv, & Funktion aktiv mit Warnmeldung, Funktion gesperrt
Tabelle 4-17: Statusbasierte Funktionssteuerung
4.3.2.4 Outtasking Die Implementierung überbetrieblicher Stammdatenmanagement-Prozesse stellt Industrie- und Handelsunternehmen vor die Entscheidung, ob sie Dienste von Stammdatenpools nutzen22 oder die Abläufe eigenständig implementieren sollen, bspw. durch den Aufbau einer privaten Exchange, die Nutzung der Exchanges von Lieferanten oder Kunden oder den Verzicht auf differenzierte IT-Unterstützung. Die betriebswirtschaftliche Theorie unterstützt Entscheidungen zur Fremdvergabe von Leistungen durch zwei Arten von Modellen23: quantitative Ansätze wie bspw. statische oder dynamische Kostenvergleiche bewerten die monetären Konsequenzen der Entscheidungsalternativen während qualitative Ansätze wie bspw. Portfoliomodelle oder Nutzwertanalysen zusätzliche nicht-monetäre Faktoren berücksichtigen. Die Outtasking-Entscheidung im Stammdatenmanagment kann in der betrieblichen Praxis von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren abhängen und ist nicht allgemeingültig, sondern nur aus Sicht des individuellen Unternehmens zu beurteilen. Das Buch beschränkt sich daher auf die Diskussion quantitativer und qualitativer Entscheidungskriterien, die die wesentlichen Einflussfaktoren und Konsequenzen einer Outtasking-Entscheidung aufzeigen. Sie dienen dem Ent-
22 23
Abschnitt 3.3.3.3 liefert einen Überblick über das Dienstleistungsportfolio von Stammdatenpools. Eine weitergehende Diskussion von theoretischen Modellen zur Bewertung von Outsourcing-Entscheidungen liefern bspw. [Picot/Maier 1992, 14 ff.; Knolmayer 1993, 70 ff.; Mertens/Knolmayer 1998, 21 ff.; Kagelmann 2001, 143 ff.].
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
147
scheidungsträger in einer Bewertungssituation als Ausgangsbasis für eine vertiefte Analyse und zum Aufbau von Entscheidungshilfen wie Argumentenbilanzen oder Checklisten. In Anlehnung an [Pohland 2000, 138ff.] sind die Kriterien in sechs Klassen bzw. Treiber eingeteilt: Geschäfts- und Vernetzungstreiber, Politiktreiber, Kostentreiber, System- und Techniktreiber sowie Projektreiber. Tabelle 4-18 fasst Entscheidungskriterien in den einzelnen Klassen mit beispielhafen Fragestellungen zusammen.
Geschäfts- und Vernetzungstreiber
Klasse
Kriterium
Beispiele für Fragen
Machtverteilung im Geschäftsnetzwerk
Welche Strategie verfolgen die wichtigsten Kunden und Lieferanten?
Leistungsabdeckung des Datenpools
Hat das Unternehmen die Macht, globale Prozesse im Stammdatenmanagement zu diktieren? Unterstützt der Datenpool die geforderten Stammdatenmanagement-Prozesse? Unterstützt der Datenpool die abzugleichenden Stammdatenobjekte und -attribute? Unterstützt der Datenpool die gewünschten Schnittstellentypen? Welche zusätzlichen Transformationsdienste bietet der Datenpool?
Verbreitung des Datenpools im Geschäftsnetzwerk Risikoeinschätzung
Wie viele Kunden / Lieferanten sind über den Datenpool erreichbar? Wie viele Artikel können über den Datenpool synchronisiert werden? Wie minimiert der Datenpool das operative Ausfallrisiko? Ist die Vertraulichkeit der übermittelten Stammdaten im Datenpool gesichert? Wie ist die langfristige finanzielle Überlebensfähigkeit des Datenpools einzuschätzen?
148
Politiktreiber
Klasse
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Kriterium
Beispiele für Fragen
Branchenverhalten / Verhalten von Mitbewerbern
Welche Strategien verfolgen die wichtigsten Mitbewerber oder führende Branchenunternehmen? Welche Entwicklungstendenzen charakterisieren die Branche?
Profilierungswunsch
Möchte das Unternehmen als Innovator wahrgenommen werden?
Beziehungen zu Datenpoolanbietern
Arbeitet das Unternehmen bereits in anderen Bereichen erfolgreich mit einem Datenpoolanbieter zusammen?
Kostentreiber
Projekttreiber
System- und Techniktreiber
Ist das Unternehmen direkt oder indirekt an einem Datenpool beteiligt? Eigene Fähigkeiten und Resourcen
Hat das Unternehmen ausreichende interne Fähigkeiten und Ressourcen, um bilaterale Anbindungen oder eine private Exchange aufzubauen und zu betreiben?
Anforderungsabdeckung
Wie decken sich die vom Datenpool implementierten Funktionen und nicht-funktionalen Eigenschaften mit den Anforderungen des Unternehmens?
Projekterfahrung
Welche Projekterfahrungen kann ein Datenpoolanbieter einbringen?
Ressourcenverfügbarkeit
Verfügt das Unternehmen über genügend Mitarbeiter mit dem entsprechenden Know How? Bietet der Datenpool Unterstützung im Rollout der Lösung?
Entwicklungskosten
Wie verhalten sich die einmaligen Entwicklungskosten einer Datenpoolanbindung zu den Kosten einer Eigenlösung?
Betriebskosten
Wie verhalten sich die laufenden Betriebskosten einer Datenpoolanbindung zu den Kosten einer Eigenlösung?
Anbindungskosten
Welche Kosten für die Anbindung eines zusätzlichen Geschäftspartners sind in in beiden Varianten zu erwarten?
Tabelle 4-18: Kriterienkatalog für die Outtasking-Entscheidung
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
149
Geschäfts- und Vernetzungstreiber Geschäfts- und Vernetzungstreiber fassen betriebswirtschaftliche Entscheidungsfaktoren zusammen. Einen wesentlichen Einflusss auf die Entscheidung für oder gegen die Nutzung eines Datenpools hat die Machtposition des betrachteten Unternehmens in seiner Wertschöpfungskette [vgl. Hoffman et al. 2002, 101f.; Wang et al. 2006; White et al. 2007, 93]. Häufig bestimmen die Kunden mit einer grossen Einkaufsmacht die Art der Stammdatenübermittlung. Entsprechende ITRessourcen vorausgesetzt, kann die Nutzung einer privaten Exchange für den Stammdatenaustausch für sie vorteilhaft sein, da sie hiermit die globalen Stammdatenmanagement-Prozesse diktieren und in ihrer Systemlandschaft umsetzen können [vgl. Christiaanse/Markus 2002, 9; Hoffman et al. 2002, 102]. Die Geschäftspartner mit einer schwächeren Machtposition werden den Vorgaben für einen Datenpool oder einem bilateralen Austausch folgen: für sie reduziert sich die Entscheidung im Extremfall darauf, ob sie im Geschäft bleiben möchten oder nicht. Neben der Machtfrage ist die Verbreitung bzw. Reichweite des Datenpools ein wesentliches Entscheidungskriterium [vgl. Daniel et al. 2004, 283; Wang et al. 2006, 342]. Aufgrund positiver Netzwerkeffekte [s. Katz/Shapiro 1985, 424; Weitzel/König 2003, 11ff.] wird die Datenpool-Alternative für ein Unternehmen umso interessanter, je mehr Geschäftspartner den Pool bereits nutzen. Zusätzlich zu der Anzahl direkter Kunden des jeweiligen Anbieters sind bestehende oder geplante GDSN-Verbindungen mit in die Entscheidung einzubeziehen. Im Bereich der Leistungsabdeckung des Datenpools sind die unterstützten Stammdatenmanagement-Prozesse, -objekte und -attribute zu prüfen. Ein Handelsunternehmen mit einem hohen Anteil an Handelsmarken sollte bspw. sicherstellen, dass der Anbieter Abläufe zur spezifikationsbasierten Anlage unterstützt (vgl. Abschnitt 4.3.2.3). Für kleine und mittelständische Unternehmen können die angebotenen Transformationsdienste wie bspw. Onboarding-Unterstützung entscheidend sein. Mit der Outtasking-Entscheidung gibt das Unternehmen einen Teil der Kontrolle im Stammdatenmanagement an eine unabhängige dritte Partei ab. Die Risikoeinschätzung ist folglich ein weiterer wesentlicher Einflussfaktor bei der Entscheidung für oder gegen die Nutzung eines Datenpools [vgl. White et al. 2007, 92]. Risiken betreffen bspw. den Ausfall des Datenpools im operativen Betrieb oder die Vertraulichkeit von Daten, insbesondere im Fall von Konditionen. Zusätzlich sollten Unternehmen ihren Investitionsschutz im Sinn der langfristigen finanziellen Überlebensfähigkeit des Datenpools beurteilen.
150
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Politiktreiber Unternehmerische Entscheidungen fallen nicht ausschliesslich auf Basis rationaler, betriebswirtschaftlicher Kriterien. Politiktreiber beziehen sich auf die Akzeptanz der Outtasking-Entscheidung durch unternehmensinterne und -externe Anspruchsgruppen. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Outtasking-Entscheidung hat bspw. das Verhalten von führenden Unternehmen oder Mitbewerbern in der Branche, das die Unternehmensentscheidungen mit prägt [vgl. Wang et al. 2006, 344; White et al. 2007, 93]. Verstärkt wird dieser gruppendynamische Prozess durch unternehmensübergreifende Organisationen wie GS1, die bestimmte Entscheidungsalternativen (wie bspw. eine Datenpoolanbindung) fördern. Insbesondere bei Grossunternehmen kann zusätzlich die Profilierung gegenüber Anspruchsgruppen wie Kunden oder Kapitalgebern einen Einfluss auf die Outtasking-Entscheidung haben. Einige Unternehmen möchten als technologische Innovatoren wahrgenommen werden und folgen daher schnell aktuellen Trends und Ansätzen wie dem GDSN. Zusätzlich können bestehende Beziehungen zu Datenpoolanbietern in Form bestehender Kooperationen oder Beteiligungsverhältnissen Einfluss auf die Outtasking-Entscheidung ausüben [vgl. Wang et al. 2006, 345]. System- und Techniktreiber System- und Techniktreiber betrachten die technischen Rahmenbedingungen der Outtasking-Entscheidung. Für eine Datenpool-Nutzung sprechen - insbesondere aus Sicht von kleinen und mittelständischen Unternehmen - die geringeren Anforderungen an eigene IT-Resourcen für den Aufbau und Betrieb der Lösung. Zusätzlich hat ein Abgleich von Funktionen und nicht-funktionalen Eigenschaften des Datenpools wie bspw. Systemverfügbarkeit und Sicherheit mit den Unternehmensanforderungen Auswirkungen auf die Entscheidung. Projekttreiber Projekttreiber fassen umsetzungsbezogene Einflussfaktoren zusammen. Eine Wirkung auf die Outtasking-Entscheidung hat die Projekterfahrung des Datenpoolanbieters: Eine Historie von erfolgreichen Implementierungen reduziert das Projektrisiko und fördert eine schnelle Realisierung. Zusätzlich kann der Datenpoolanbieter Vorteile in Form von Resourcen wie bspw. Know-how und Mitarbeiterkapazität einbringen. Insbesondere in der Phase der Einführung der Lösung, d. h. der Koordination und Anbindung der verschiedenen Geschäftspartner, kann ein Datenpool bei entsprechendem Angebot von Schulungs- und Onboarding-Diensten Vorteile bieten.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
151
Kostentreiber Kostentreiber bieten die Kostenperspektive auf die weiteren genannten Einflussgrössen. Das Unternehmen hat grundsätzlich die einmaligen Entwicklungs- und laufenden Betriebskosten einer Eigenlösung gegen die Kosten für die Nutzung eines Datenpools abzuwägen. Die Datenpool-Alternative bietet insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen mit einer rudimentär ausgeprägten ITInfrastruktur Vorteile. Bei Grossunternehmen befinden sich hingegen häufig bereits Lösungskomponenten wie Portale oder Exchanges im Einsatz und die Datenpoolnutzung kann abhängig vom Lizenzmodell einen beachtlichen Betrag ausmachen, so dass ein detaillierter Kostenvergleich notwendig ist. Neben den Kosten für Entwicklung und Betrieb einer Lösung sind die Aufwände für die Anbindung eines zusätzlichen Geschäftspartners ein wesentlicher Faktor bei überbetrieblichen Lösungen [s. Markus/Basheim 2006, i]. Erfahrungen aus EDI-Implementierungen24 zeigen, dass insbesondere bei automatischen Schnittstellen trotz Nutzung etablierter Standards wesentliche Anbindungskosten durch notwendige Abstimmungen mit dem jeweiligen Geschäftspartner entstehen [vgl. McAfee et al. 2007, 14ff.]. Die Anpassung der verwendeten Standards führt zu beziehungsspezifischen Schnittstellen, die hohe Transaktions- bzw. Koordinationskosten bei jeder neuen Anbindung verursachen25 [vgl. Brousseau 1994, 324ff.; Damsgaard/Truex 2000, 180 f.; Christiaanse/Markus 2002, 6]. Im Vergleich zur bilateralen Kommunikation senken Datenpools diese Transaktionskosten, indem sie die Schnittstellenanzahl für ein angebundenes Unternehmen im Idealfall auf eins reduzieren und die Datenübermittlung durch zentrale technische und inhaltliche Übersetzungsdienste unterstützen. In der Praxis sollten Unternehmen die zu erwartenden Kostenvorteile dennoch detailliert analysieren: selbst jüngste GDSN-Implementierung zwischen Branchengrössen wie Nestlé, Metro und Procter & Gamble zeigen, das auch die Stammdatensynchronisation über Datenpools nicht ohne eine bilaterale Abstimmung von Dateninhalten auskommt [vgl. Akademische Partnerschaft ECR Deutschland 2007; Rode 2007b, 28]. Im Extremfall können die Transaktionskosten in diesem Fall sogar höher ausfallen, da neben den beiden Geschäftspartnern ein Datenpool (oder im Fall von GDSN mehrere Datenpools) an der Schnittstellenabstimmung beteiligt ist und Kosten verursacht.
24
25
Neuere Schnittstellentechnologien wie XML oder Web Services können zwar die Aufwände zur Abstimmung von technischen Schnittstellendetails reduzieren [vgl. Christiaanse et al. 2004, 156], eine erhebliche Einsparung von Kosten für die inhaltliche Schnittstellenabstimmung ist von ihnen jedoch nicht zu erwarten [vgl. McAfee 2005b, 83; McAfee et al. 2007, 34]. Hat ein Unternehmen die Macht, „seine“ Schnittstellendefinitionen durchzusetzen, fällt der Grossteil der Anpassungsaufwände nur auf der Gegenseite an.
152
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
4.3.2.5 Automation Die informationstechnische Unterstützung von Stammdatenmanagement-Prozessen26 ist nicht in jedem Fall sinnvoll. Eine Automation lohnt sich betriebswirtschaftlich nur, wenn ein Informationssystem die übernommenen Aufgaben besser oder kostengünstiger ausführt. Die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine unterscheidet verschiedene Stufen der Prozessautomation [s. Mertens 2004, 8f.]: •
Im Fall der Vollautomation arbeitet das Informationssystem die Prozessaufgaben ohne menschliche Intervention eigenständig ab.
•
Im Fall der Teilautomation arbeiten Mensch und Maschine im Dialog zusammen. Teilautomatische Lösungen unterscheiden sich in Abhängigkeit vom Auslöser („Trigger“) der Aufgaben: Während die Anwendung im Fall der Programmunterstützung Aufgaben anstösst, Vorschläge zur Lösung generiert oder komplette Aufgabenketten steuert (bspw. über Workflows) beschränkt sich die Registrierung auf die Übernahme und Weiterverarbeitung von Benutzereingaben.
•
Keine Automation liegt vor, wenn sich die Systemunterstützung auf reine Kommunikationsfunktionen wie bspw. Email beschränkt. Die Wahl eines sinnvollen Automationsgrads der überbetrieblichen Stammdatenprozesse hängt in erster Linie von den Eigenschaften des zu unterstützenden Sortiments ab. Den grössten Einfluss auf die Entscheidung haben dabei die folgenden drei Merkmale: •
Die Sortimentsvolatilität beschreibt die Änderung des Sortiments im Zeitablauf. Sie beinflusst die Häufigkeit von Anlage-, Änderungs- und Auslaufprozessen.
•
Der Sortimentsumfang beschreibt die Gesamtanzahl an Artikeln im Sortiment. Er beeinflusst durch die Menge der entsprechenden Stammdatensätze den Arbeitsaufwand in der Stammdatenverwaltung.
•
Die Spezifikationstiefe des Sortiments beschreibt die Anzahl der aus Konsumentensicht entscheidenden Artikeleigenschaften. Die Spezifikationsdaten (vgl. Abschnitt 3.1.2) bestimmen den Umfang der Artikelbeschreibung und damit den Verwaltungsaufwand27. Tabelle 4-19 fasst Empfehlungen für eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Automation der entworfenen (Teil-)Prozesse im überbetrieblichen Stammdatenmanagement in Abhängigkeit der genannten Sortimentseigenschaften zusammen. Die Zusammenstellung gruppiert die Sortimente dabei in drei Kategorien:
26 27
Abschnitt 4.4.2 geht detaillierter auf Funktionsbereiche zur informationstechnischen Unterstützung des Stammdatenmanagements ein. Die Attributanzahl an Grund-, Logistik- und Bestelldaten variiert nicht mit der Warengruppe, sondern allenfalls geringfügig mit den eingesetzten Logistikprozessen.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
153
•
Sortimente mit niedriger Volatität und Spezifikationstiefe sowie wenigen Artikeln stellen geringe Anforderungen an die Automatisierung der Stammdatenmanagement-Prozesse. Diese Charakteristika treffen bspw. auf Hersteller von schnelldrehenden Sortimenten des täglichen Bedarfs (Food, Nonfood) mit einem beschränkten Produktprogramm oder Lebensmittel-Discounter mit einem geringen Anteil an Trend-, Saison- oder Aktionsartikeln zu. Für diese Unternehmen lohnt sich eine über die Standard-Funktionen der ERP- oder Warenwirtschaftssysteme (interne Registrierung) hinausgehende Automatisierung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements i. d. R. nicht.
•
Umfangreichere Sortimente mit einer höheren Volatilität profitieren von einer zunehmenden Automatisierung der Anlageprozesse. Für global tätige Konsumgüterhersteller mit einem breiten Produktangebot lohnt sich bspw. die Investition in Workflow-gestützte Anlageprozesse und eine frühe Registrierung von Stammdaten in der Bereitstellung [vgl. Korfmacher/Brandt 2004; Scheer et al. 2006, 231ff.]. Ab einer gewissen Sortimentskomplexität im Handel (bspw. in den Betriebsformen Verbrauchermarkt oder Warenhaus) reduziert eine teilautomatische, medienbruchfreie Stammdatenbeschaffung verbunden mit einer Programmunterstützung für die Stammdatenergänzung den Aufwand für die Stammdatenpflege28. Änderungsprozesse sind aufgrund der verschiedenen Änderungstypen (vgl. Abschnitt 4.3.2.3) nur aufwendig zu automatisieren. Einen Mehrwert liefert eine zeitnahe Registrierung und automatische Weiterleitung durch die Industrie verbunden mit einer programmgestützten Benachrichtigung und manuellen Weiterbearbeitung auf Handelsseite. Für die Unterstützung der Auslaufprozesse bietet sich in Industrie und Handel eine teilautomatisierte Lösung über mehrstufige Statuskonzepte an, wie das o. g. Beispiel Migros verdeutlicht.
•
Vollautomatische Anlage- und Änderungsprozesse sind extrem aufwendig zu realisieren, da detaillierte Regeln für Themen wie die Nummernvergabe, die Datenergänzung beim Handel, verschiedene Änderungstypen usw. spezifiziert und informationstechnisch implementiert werden müssen. Die Vollautomation lohnt sich nur in Sortimenten mit einer sehr hohen Volatilität und Artikelzahl wie bspw. Elektronik, Textil oder Einrichtung/DIY. Beispiele sind der Rackjobbing-Prozess für Medien bei Migros oder die Textil-Branchendepots auf der Verkaufsfläche von Karstadt (vgl. Abschnitt 4.3.2.3).
28
Beispiele für solche teilautomatisierten Prozesse der Stammdatenbeschaffung und -anlage im Handel liefern Metro (vgl. Abschnitt 3.4.2.1) und Karstadt [vgl. Schemm/ Otto 2007, 7ff.].
154
4 Architektur für das Stammdatenmanagement Sortimentsvolatilität, -umfang und -spezifikationstiefe
Stammdatenmanagement-Prozess Anlage
Bereitstellung (Industrie) Anlage (Industrie) Beschaffung (Handel) Anlage (Handel)
Änderung
Änderung (Industrie) Änderung (Handel)
Auslauf
Entsorgung (Industrie) Entsorgung (Handel)
Gering
Mittel
Hoch
! ! ! ! ! !
! + + + ! + + +
! + 0 0 ! 0 + +
Legende: keine Automation, ! Registrierung, + Programmunterstützung, 0 Vollautomation
Tabelle 4-19: Empfehlung für die Automation der Stammdatenmanagement-Prozesse
4.3.2.6 Zusammenfassung und Folgerungen Die Leistungsanforderungen der Handelsprozesse bestimmen drei unternehmensübergreifende Koordinationsbereiche, welche die überbetriebliche Anlage, Änderung und den Auslauf von Artikelstammdaten steuern. Der Sortimentstyp determiniert aus Handelssicht geeignete Prozessvarianten für die überbetriebliche Artikelanlage mit spezifischen Aufgabenfolgen und Interaktionspunkten: Die katalogbasierte, die spezifikationsbasierte, die lieferantengeführte und die bedarfsgetriebene Anlage. Artikelvariationen bestimmen durch ihre Auswirkungen in den Logistik- und Verkaufsprozessen Varianten in den überbetrieblichen Abläufen zur Stammdatenänderung. Die Herausforderung des unternehmensübergreifenden Stammdatenauslaufs liegt in der Realisierung einer statusbasierten Auslaufsteuerung über mehrstufige Lagerhaltungssysteme. Der Entscheid für oder gegen die Nutzung eines Datenpools kann nur unternehmensindividuell gefällt werden. Eine Zusammenstellung und Diskussion geschäftlicher, vernetzungsbasierter, politischer, kostenorientierter, system- und technikbezogener sowie projektorientierter Entscheidungskriterien dient Unternehmen in einer Bewertungssituation als Ausgangsbasis für den Aufbau von Entscheidungshilfen wie Argumentenbilanzen oder Checklisten. Sortimentsvolatilität, -umfang und -spezifikationstiefe bestimmen den sinnvollen Automationsgrad der entworfenen Stammdatenmanagement-Prozesse. Während eine Automation in einfachen Sortimenten wie bspw. im Discount-Modell nicht notwendig ist, profitieren Unternehmen ab einer gewissen Sortimentskomplexität
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
155
von einer teilautomatischen Programmunterstützung der Anlage-, Änderungs- und Auslaufprozesse. Eine Vollautomation des Stammdatenmanagements bietet sich nur in Spezialfällen an.
4.3.3
Organisationsstruktur
Die Organisationsstruktur ordnet Zuständigkeiten im Stammdatenmanagement betrieblichen Aufgabenträgern zu. Nach einer kurzen Einführung in Rollenmodelle und -verteilung als grundlegende Elemente einer Organisationsstruktur (s. Abschnitt 4.3.3.1) entwickelt das Buch ein Rollenmodell mit einer typischen Bündelung von Aufgaben und Entscheidungsbefugnissen im Stammdatenmanagement (s. Abschnitt 4.3.3.2). Der folgende Abschnitt 4.3.3.3 skizziert ein idealtypisches Verteilungsmodell für die Zuordnung der Rollen auf zentrale und dezentrale ITbzw. Fachbereiche. Fallbeispiele aus Industrie und Handel veranschaulichen etablierte Organisationsstrukturen des Stammdatenmanagements in der Praxis (s. Abschnitt 4.3.3.4). 4.3.3.1 Grundlagen Rollenmodelle Die Organisationsstruktur ordnet die Aufgaben im Stammdatenmanagement betrieblichen Aufgabenträgern zu [vgl. Kugeler/Vieting 2002, 216]. Ein wesentliches Instrument zur Umsetzung von Organisationsstrukturen sind Rollenmodelle. Rollen fassen Aufgaben zusammen, die von einer Person oder Organisationseinheit bearbeitet werden [vgl. Kaiser 2000, 100; Kugeler/Vieting 2002, 250; Österle 2004b, 515]. Sie sind zunächst unabhängig von organisatorischen Einheiten als permanenten Teilen der Aufbauorganisation: Eine organisatorische Einheit oder Stelle kann mehrere Rollen gleichzeitig einnehmen. Ein Rollenmodell erlaubt damit die Definition einer sekundären Organisationsstruktur [vgl. Schmidt 2002, 71ff.], die sich durch eine Zuordnung von Rollen zu Organisationseinheiten in verschiedene primäre Aufbauorganisationen einbetten lässt [vgl. Kaiser 2000, 129f.]. Gremien bzw. Ausschüsse institutionalisieren die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Rollen. Rollenverteilung Eine Grundsatzfrage bei der Implementierung eines Rollenmodells bezieht sich darauf, wie stark die einzelnen Rollen mit ihren Entscheidungsbefugnissen und Aufgaben in einem Unternehmen zentralisiert oder dezentralisiert werden sollen [vgl. Hungenberg 1995, 45; Kagelmann 2001, 29]. Abbildung 4-28 veranschaulicht das Entscheidungsproblem für eine idealtypische Organisation eines Grossunternehmens mit zentralen und dezentralen Bereichen [vgl. Hungenberg 1995, 49].
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Dezentralisierung
Zentralisierung
156
Abbildung 4-28: Organisatorischer Kontext der Rollenzuordnung
Im Fall einer Dezentralisierung sind die Rollen mit ihren Entscheidungsrechten und Aufgaben dezentralen Bereichen zugeordnet. Hierbei kann es sich bspw. um Konzerntöchter, Divisionen oder funktional strukturierte Regionalorganisationen handeln. Die Zentralisierung hingegen verankert die Rollen in Funktionen der Unternehmensleitung oder Zentralbereichen, die bereichsübergreifende Funktionen bündeln. Da in der Praxis von Grossunternehmen die beiden Extreme der zentralen oder dezentralen Organisation nicht realisierbar sind, dominieren hybride Ansätze, die Rollen auf verschiedene zentrale und dezentrale Bereiche verteilen [vgl. Hungenberg 1995, 48]. Eng verbunden mit der Strukturfrage der Zentralisierung oder Dezentralisierung ist im Stammdatenmanagement die Festlegung der Aufgabenteilung zwischen Fachbereich und IT-Abteilung [vgl. Mertens/Knolmayer 1998, 49]. Analog zur Wahl des Zentralisierungsgrads regeln Verteilungsmodelle die Zuordnung von Rollen auf IT- oder Fachbereiche. 4.3.3.2 Rollenmodell Ein auf Basis von Literatur- und Praxisanalysen abgeleitetes Rollenmodell definiert typische Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse im Stammdatenmanagement. Das Modell umfasst sechs Rollen, die über fachliche Führungsbeziehungen miteinander verbunden sind (vgl. Abbildung 4-29). Ein zentrales Gremium koordiniert die Zusammenarbeit der Rollen: •
Der Executive Sponsor sichert die erfolgskritische Unterstützung des Stammdatenmanagements durch die Unternehmensleitung [vgl. Bitterer/Newman 2007, 4f.]. Er entwirft in Zusammenarbeit mit dem Corporate Steward die Stammdatenmanagement-Vision und vertritt das Thema in Entscheidungsgremien der Unternehmensleitung. Neben seiner Rolle als oberste Entscheidungsinstanz im Master Data Board unterstützt er den Corporate Steward in Aufgabenbereichen wie bspw. Finanzierung, Kommunikation und strategische Entwicklung.
•
Der Corporate Steward ist verantwortlich für die Organisation des Stammdatenmanagements im Unternehmen [vgl. Swanton 2005, 1f.]. Im
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
157
Sinn eines globalen Prozessmanagers ist er die zentrale Anlaufstelle für alle stammdatenbezogenen Fragestellungen im Unternehmen. Der fachliche Stammdatenexperte ist einbezogen in die wesentlichen Fach- und IT-Projekte mit Bezug zum Stammdatenmanagement und zeichnet verantwortlich für die Planung und Umsetzung von Führungssystem, Prozessarchitektur und Organisationsstruktur. Er koordiniert die verschiedenen Data Stewards. •
Der Data Steward besetzt eine Schlüsselposition im Stammdatenmanagement [vgl. Adelman et al. 2005, 151ff.; Dyché/Levy 2006, 167ff.; Bitterer/ Newman 2007, 5]. Er ist zuständig für eine Klasse von Datenobjekten (Produkte, Kunden, etc.) und kontrolliert die Verwaltung der Stammdaten über deren gesamten Lebenszyklus. Als funktionsübergreifender Experte für die durchgängige Bearbeitung und Verwendung von Stammdaten nimmt er führende Aufgaben in Entwurf, Kontrolle und Weiterentwicklung von Stammdatenmanagement-Prozessen wahr. Er ist zentraler Ansprechpartner für Data Owner und Data Maintainer bei stammdatenbezogenen Problemen im Tagesgeschäft.
•
Der Technical Steward ist verantwortlich für die informationstechnische Umsetzung des Stammdatenmanagements. Als Gegenpart des Data Stewards entwirft er die Systemarchitektur und leitet die Implementierung von Funktionen und Datenverteilung zur Unterstützung der StammdatenmanagementProzesse.
•
Der Data Owner verantwortet die Datenqualität einer Menge von Stammdatenobjekten [vgl. Duff 2005, 8]. Obwohl das Eigentum an einem Datenobjekt i. d. R. nicht eindeutig zuzuweisen ist [vgl. Bitterer/Newman 2007, 5], fördert die Definition einer zentralen Verantwortung die Datenqualität. Der Data Owner übernimmt diese übergreifende Verantwortung: Im Sinne eines Case Managers [vgl. Schantin 2004, 50 ff.] legt er ein Datenobjekt initial an und bleibt bis zum Auslauf der zentrale Ansprechpartner für inhaltliche Fragestellungen rund um dieses Objekt. Datenqualitätsprobleme löst er in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Data Maintainern.
•
Der Data Maintainer bearbeitet Stammdaten im Tagesgeschäft. Die Rolle ist typischerweise weiter unterteilt in Verantwortungen für einzelne Stammdatensichten wie bspw. Einkauf, Logistik und Verkauf. Sie übernimmt die Pflege der Attribute in diesen Sichten und ist verantwortlich für die Qualität der gespeicherten Daten.
•
Das Master Data Board ist das zentrale Gremium zur Verabschiedung und Kontrolle von Massnahmen im Stammdatenmanagement. Der Corporate Steward leitet das Gremium unter Vorsitz des Executive Sponsors. Data Stewards sind ständige Mitglieder, während die Technical Stewards je nach Bedarf hinzugezogen werden.
158
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-29: Rollenmodell für das Stammdatenmanagement
Tabelle 4-20 fasst die skizzierten Zuständigkeiten der beschriebenen Rollen in einem Funktionsdiagramm gruppiert nach den grundlegenden Gestaltungselementen der Referenzarchitektur (vgl. Abschnitt 4.1) zusammen. Anhang D enthält eine ergänzende tabellarische Zusammenstellung der skizzierten Rollen mit ihren Aufgabenbereichen und synonymen Bezeichnungen in der Literatur.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
Stammdatenmanagement-Vision
Führungssystem
Prozessarchitektur
Organisationsstruktur
Funktionsarchitektur
Stammdatenlogistik
Stammdatenmodell
Elemente der Architektur
159
Executive Sponsor
P
M
-
-
-
-
-
Corporate Steward
P, U
P,U
P
P,U
M
M
P
Data Steward
M
M,U
M,U
-
M
M
M
Technical Steward
-
M
-
-
P,U
P,U
M,U
Data Owner
-
-
U
-
-
-
-
Data Maintainer
-
-
U
-
-
-
-
V,K
V,K
V,K
V,K
V,K
V,K
V,K
Rolle / Gremium
Master Data Board
Legende: P = Planung, V = Verabschiedung, U = Umsetzung, K = Kontrolle, M = Mitwirkung
Tabelle 4-20: Funktionsdiagramm
4.3.3.3 Rollenverteilung Die typische Rollenverteilung des Stammdatenmanagements in Grossunternehmen zeigt eine Koordination von zentralen und dezentralen Bereichen (vgl. Tabelle 4-21). Die koordinierenden Aufgabenbereiche des Corporate Stewards bedingen die Verankerung in einem Zentralbereich. In der Regel übernehmen diese Rolle zentrale Fachbereiche, die einen Grossteil der unternehmensweit harmonisierten Stammdatenattribute erzeugen bzw. nutzen. Kandidaten auf der Handelsseite sind Einkauf und Logistik, während in der Industrie häufig ein zentraler Logistikbereich den Corporate Steward stellt.
Corporate Steward Data Steward Technical Steward Data Owner Data Maintainer
Dezentraler IT-Bereich
Executive Sponsor
Zentraler IT-Bereich
Rolle
Dezentraler Fachbereich
Unternehmensbereich
Zentraler Fachbereich
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Unternehmensleitung
160
&
0 0 & 0 &
0 & 0
0
&
Legende: 0 Typische Rollenzuordnung, & Variante der Rollenzuordnung
Tabelle 4-21: Typische Rollenverteilung
Als Executive Sponsor eignet sich der Leiter des Zentralbereichs, der auch den Corporate Steward stellt. Alternativ ist die Verankerung in der obersten Unternehmensleitung denkbar, wobei diese Rollenverteilung aufgrund der vielfältigen und höher priorisierten Aufgabenbereiche von Geschäftsleitungsmitgliedern eher die Ausnahme darstellt. Die Data Stewards sind Ansprechpartner für das zentrale Stammdatenmanagement in den verschiedenen Unternehmensbereichen. Es bietet sich die Definition eines Data Stewards pro dezentralem Fachbereich an, je nach Primärorganisation können diese bspw. in Landesgesellschaften, Divisionen oder Funktionsbereichen eingesetzt werden. Abhängig von der Applikationslandschaft bündeln Unternehmen vielfach auch Data Stewards auf Ebene der wichtigsten lokalen Anwendung, bspw. regionaler oder produktbereichsbezogener ERP-Systeme. Der Data Steward koordiniert in diesem Fall sämtliche von der Anwendung unterstützten Produktbereiche oder Regionen. Liegen bestimmte Stammdatenattribute in der Verantwortung von Zentralbereichen, so stellen diese zusätzliche Data Stewards. Typische Beispiele in Industrieunternehmen sind die Bereiche Marketing, Verpackungsentwicklung oder Qualitätsmanagement. Das Aufgabenprofil des Technical Stewards spricht für die Positionierung in der IT-Funktion. Aufgrund des bereichsübergreifenden Charakters des Stammdatenmanagements übernimmt diese Rolle typischerweise ein zentraler IT-Bereich. Im Bereich der Datenpflege hat sich in der Praxis eine Verantwortung am Ort der Datenentstehung bewährt [vgl. Scheer et al. 2006, 18]. Diesem Prinzip folgend sind die Data Maintainer quer über die Organisation sowohl in zentralen wie auch in dezentralen Fachbereichen verteilt. Die Positionierung der Pflegeverantwortung
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
161
direkt bei den Know-how-Trägern für die entsprechenden Datensichten und -attribute sichert eine hohe Datenqualität und zeitnahe Datenpflege. Data Owner sollten in Organisationsbereichen mit durchgehender Verantwortung für die entsprechenden Datenobjekte verankert sein. Es eignen sich bspw. Zentralbereiche wie Produktmanagement auf Industrieseite oder Category Management im Handelsbereich. 4.3.3.4 Fallbeispiele Organisationsstruktur der METRO Group Das operative Geschäft der METRO Group verantworten mehrere Vertriebslinien, die international tätig und über eine Management-Holding verbunden sind. Vertriebslinienübergreifende Funktionen in Bereichen wie bspw. Einkauf, Logistik und Informatik sind in selbstständigen Querschnittsgesellschaften zentralisiert. Die Einkaufsgesellschaft MGBI nimmt eine führende Rolle im Stammdatenmanagement der METRO Group ein. Eine Abteilung für Prozess- und Informationsmanagement innerhalb des Zentraleinkaufs stellt den Corporate Steward, der Expertenwissen bündelt und den zentralen Anlaufpunkt für stammdatenbezogene Themen im Konzern darstellt. Der Leiter der Abteilung ist direkter Vorgesetzter des Corporate Steward und berichtet in der Rolle eines Executive Sponsors an ein Steuerungsgremium, welches sich aus den Geschäftsführern der einzelnen Landesgesellschaften zusammensetzt. Zusätzlich fördert das Management der METRO Group das Stammdatenmanagement durch konzernweite Kommunikationsmassnahmen, wie bspw. die Leitlinien zum Stammdatenqualitätsmanagement (vgl. Abschnitt 4.2.3). Data Stewards bilden die lokalen Ansprechpartner für den zentralen Corporate Steward. Die METRO Group definiert einen Data Steward je Vertriebsgesellschaft und Land. In Ländern mit Zentraleinkauf werden die Mitarbeiter durch einen zusätzlichen Data Steward aus dem Einkauf unterstützt. Die Data Stewards sind verantwortlich für die Entwicklung von Schulungen und Arbeitsanweisungen bspw. für den Umgang mit externen Standards oder die Umsetzung von Lösungen zur Stammdatenarchivierung und gleichen laufende IT-Projekte mit den Anforderungen an die Stammdatenqualität ab. Zusätzlich überprüfen sie im Rahmen einer Kontrollfunktion (Data Audit) die Qualität der Stammdaten in ihrem Zuständigkeitsbereich. Die Datenpflege liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Einkaufs. Die Mitarbeiter sind verantwortlich für die Teilnahme an stammdatenbezogenen Schulungen und die Umsetzung der vermittelten Inhalte im Tagesgeschäft. Organisationsstruktur bei Beiersdorf Organisatorisch ist Beiersdorf in die funktionalen Zentralbereiche Brands (Marketing, Vertrieb, Forschung & Entwicklung), Supply Chain (Plan & Deliver, Ma-
162
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
nufacturing, Procurement, Quality), Finance und Human Resources gegliedert. Tabelle 4-22 zeigt die etablierten Rollen im Stammdatenmanagement bei Beiersdorf und deren Verteilung in der primären Organisationsstruktur.
Data Steward Technical Steward Data Owner Data Maintainer
Materialmanagement (dezentral)
Corporate Steward
Beiersdorf Shared Services (zentral)
Executive Sponsor
Brands (zentral)
Rolle
Supply Chain (zentral)
Unternehmensbereich
0 0 0 0
0 0 0
0
0 0 0
Legende: 0 Rollenzuordnung
Tabelle 4-22: Etablierte Rollen und organisatorische Verteilung bei Beiersdorf29
Die im zentralen Supply Chain-Bereich angesiedelte Organisationseinheit Data Process Management trägt Verantwortung für Organisation und Systemunterstützung des konzernweiten Stammdatenmanagements. Der Verantwortungsbereich umfasst typische Aufgabengebiete eines Corporate Stewards wie bspw. die strategische Entwicklung des Stammdatenmanagements, die Weiterentwicklung und den Rollout des zentralen Stammdatensystems oder die Schaffung von konzernweiten Standards zur Harmonisierung von Datenobjekten. Die Organisationseinheit unterteilt sich in zwei Bereiche: •
Der Teilbereich Projekte ist mit insgesamt drei Stellen in erster Linie verantwortlich für die Planung und Durchführung von stammdatenbezogenen Projekten wie bspw. dem Rollout des zentralen Stammdatensystems.
•
Die insgesamt sechs Stellen im Teilbereich Data Integrity and Documentation kümmern sich um eher operative Aufgaben. Sie überprüfen bspw. die korrekte Pflege wichtiger Datenobjekte wie Artikelnummern und Stücklisten
29
Nicht alle vorhandenen Rollen sind im Stammdatenmanagement von Beiersdorf explizit benannt. Tabelle 4-22 verwendet die in dieser Arbeit entworfenen Rollenbezeichnungen für übereinstimmende Zuständigkeiten bei Beiersdorf. Falls vorhanden, nennt der folgende Text die Originalbezeichnungen.
4.3 Organisation des Stammdatenmanagements
163
und stehen den lokalen Funktionen und Gesellschaften als Ansprechpartner für stammdatenbezogene Fragestellungen zur Verfügung. Darüber hinaus entwickeln sie in Zusammenarbeit mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung Vorgaben für die extern vorgegebene Dokumentation von Materialeigenschaften wie bspw. CE-Normen im medizinischen Bereich. Der Leiter des Zentralbereichs Supply Chain vertritt das Thema Stammdatenmanagement in der Rolle eines Executive Sponsors. Das Gegenstück zu der zentralen Organisationseinheit bilden Ansprechpartner in den verschiedenen zentralen oder lokalen Funktionsbereichen. Sie übernehmen im Sinne eines Data Stewards eine Koordinationsfunktion für alle stammdatenbezogenen Themen. Die Rolle wird von verschiedenen zentralen und lokalen Organisationseinheiten wahrgenommen: auf Konzernebene ist je ein Verantwortlicher pro Markenbereich (bspw. Nivea Sun, Nivea Body, Nivea Visage) in der Organisationseinheit Marketing als Gegenpart zum Corporate Steward definiert. Auf Ebene der Tochtergesellschaften ist i.d.R. pro Land ein Data Steward aus dem Bereich Materialmanagement definiert. Steuert ein ERP-System mehrere Länder, so ist die Prozesskoordination häufig auch auf Systemebene in einer Stelle gebündelt. Aktuell übernehmen ca. 30-40 lokale und 25 zentrale Stellen die Rolle des Data Stewards. Die Verantwortung für die Anlage eines Artikels (Data Owner) ist abhängig vom Zielmarkt des Produkts: Nationale Artikel werden von den lokalen Tochtergesellschaften angelegt, während internationale Artikel vom Zentralbereich Brands erstellt werden. Die weitere Datenpflege orientiert sich am Ort der Datenentstehung: in den Zentralbereichen sind ca. 200 Mitarbeiter an der Pflege globaler Datenattribute beteiligt, in den dezentralen Bereichen übernehmen i. d. R. Mitarbeiter aus dem Materialmanagement die lokale Ergänzung der Stammdaten. Die Datenpflege wird über eine Zuweisung von Berechtigungen zur Einsicht, Anlage, Änderung oder Löschung von Stammdaten in den einzelnen Anwendungen kontrolliert. Die Berechtigungsvergabe ist weitgehend dezentral organisiert: einzelne Mitarbeiter aus den zentralen Funktionen und lokalen Gesellschaften vergeben die Berechtigungen für ihren Verantwortungsbereich. Beiersdorf Shared Services (BSS), dem zentralen IT-Dienstleister des Konzerns, kommt die Rolle der langfristigen Architekturplanung und Implementierung von Stammdatenlösungen (Technical Steward) zu. 4.3.3.5 Zusammenfassung und Folgerungen Die Organisationsstruktur regelt die Zuordnung von Verantwortlichkeiten zu betrieblichen Aufgabenträgern. Das entwickelte Rollenmodell für das Stammdatenmanagement bündelt typische Aufgabenbereiche und Entscheidungsbefugnisse und erlaubt eine Umsetzung in verschiedenen Formen der primären Aufbauorganisation. Die Verwendung globaler Stammdaten in nahezu sämtlichen Bereichen eines Unternehmens bedingt eine zentrale, übergreifende Verantwortung für das Stammdatenmanagement in der Rolle des Corporate Stewards. Data Stewards bilden die Kontaktpunkte für die Umsetzung von Stammdatenmanagement-Pro-
164
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
zessen in dezentralen Unternehmensbereichen. Neben den fachlichen Führungsund Organisationsaufgaben ist die Festlegung und Kontrolle von Verantwortlichkeiten für Dateninhalte durch die klare Zuordnung von Dateneignern (Data Owner) und -pflegern (Data Maintainer) Voraussetzung für eine langfristig gesicherte Stammdatenqualität. Ziel der Organisationsstruktur ist nicht, einen bürokratischen Wasserkopf in Form umfangreicher Stabsstellen für das Stammdatenmanagement zu etablieren. Die Fallbeispiele aus der Praxis zeigen jedoch, dass klar definierte und kontrollierbare zentrale und dezentrale Verantwortungsbereiche eine elementare Voraussetzung für ein erfolgreiches Stammdatenmanagement in Grossunternehmen sind. Das Rollenmodell ermöglicht eine flexible Verantwortungsverteilung auf bestehende organisatorische Einheiten oder Stellen. Die Übernahme von Verantwortung durch bestehende Aufgabenträger stellt eine hohe Stammdatenqualität sicher und unterstützt gleichzeitig eine schlanke Organisation.
4.4
Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
Die Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement entwirft die funktionale Unterstützung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements auf der Ebene des Informationssystems. Die Stammdatenlogistik identifiziert und bewertet typische Muster für die Stammdatenhaltung und -verteilung (s. Abschnitt 4.4.1). Die Funktionsarchitektur definiert funktionale Bestandteile zur Unterstützung des Stammdatenmanagements und bietet einen Überblick über den Markt standardisierter Systeme (s. Abschnitt 4.4.2).
4.4.1
Stammdatenlogistik
Die Stammdatenlogistik steuert als Bestandteil der Integrationsarchitektur die Verteilung von Stammdaten zwischen unternehmensinternen und -externen Anwendungen. Nach einer Einführung in Aufgaben und Bewertungskriterien der Stammdatenlogistik sowie grundlegende Integrationsformen auf der Systemebene (s. Abschnitt 4.4.1.1) charakterisiert das Buch Ansätze zur Implementierung der internen Stammdatenlogistik und deren Ausprägungen in Industrie- und Handelsunternehmen (s. Abschnitt 4.4.1.2). Eine Systematisierung und Bewertung von Ansätzen für die überbetriebliche Stammdatensynchronisation bildet den Ausgangspunkt für die Ableitung der grundlegenden Herausforderungen in der überbetrieblichen Stammdatenlogistik und den Entwurf eines Lösungsvorschlags (s. Abschnitt 4.4.1.3). Die Fallbeispiele in Abschnitt 4.4.1.4 veranschaulichen die Umsetzung des Lösungsansatzes in der Praxis anhand konkreter Anwendungsfälle.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
165
4.4.1.1 Grundlagen Stammdatenlogistik Die Stammdatenlogistik ist ein Bestandteil der Integrationsarchitektur. Sie steuert die für die Implementierung von Integrationsbereichen notwendigen Stammdatenflüsse zwischen unternehmensinternen und -externen Anwendungen [vgl. Krcmar 1992, 74ff.; Szyperski/Klein 1993, 187f.; Heine 1999, 86f.; Voß/Gutenschwager 2001, 307]. Primärer Aufgabenbereich der Stammdatenlogistik ist die Strukturierung der Stammdatenverteilung (Transport) [vgl. Heine 1999, 88; Voß/Gutenschwager 2001, 309ff.; Krcmar 2005, 55]. Damit verbunden hat sie die Datenhaltung und -speicherung (Lager) sowie ggf. notwendige Datenverarbeitungen (Umschlag) festzulegen. Der Nutzen einer effizienten Stammdatenlogistik äussert sich in einer vereinfachten Anwendungsintegration. Die Beurteilung der Stammdatenlogistik orientiert sich daher an Bewertungskriterien aus der innerund überbetrieblichen Anwendungsintegration [vgl. Alt/Fleisch 2003, 361; Schwinn/Winter 2007, 24ff.]: •
Die Integrationskosten und -dauer bewerten die Aufwände für die Implementierung der Stammdatenlogistik. Sie umfassen sowohl die Entwicklungsaufwände (bspw. zur Anbindung einer zusätzlichen internen oder externen Anwendung) als auch die Betriebs- und Wartungsaufwände (bspw. die Kosten für die Datenübertragung über eine manuelle Schnittstelle oder die Anpassungen einer EDI-Verbindung).
•
Die Komplexität der Stammdatenlogistik bewertet die Anzahl und Heterogenität (im Hinblick auf Inhalt und Technologie) von Schnittstellen und Datenspeichern. Sie hat direkten Einfluss auf Integrationskosten und -dauer [vgl. Schwinn/Winter 2007, 31f.].
•
Die Redundanz bewertet die unbeabsichtigte, mehrfache Implementierung gleicher Daten und Funktionen. Die Wiederverwendung zentralisierter Daten und Funktionen senkt die Komplexität und Integrationskosten der Stammdatenlogistik [vgl. Schwinn/Winter 2007, 30 ff.].
Integrationsformen Das übergeordnete Ziel der Stammdatenlogistik ist die Prozessintegration, d. h. die durchgängige Systemunterstützung von betrieblichen Abläufen über Abteilungs-, Funktions- oder Unternehmensgrenzen hinweg [vgl. Mertens 2004 9]. Geschäftsprozesse definieren die Integrationsbereiche eines Unternehmens, d. h. die Aufgabenbereiche, die aufgrund ausgeprägter Abhängigkeiten hohe Synergiepotenziale bei einer integrierten informationstechnischen Unterstützung versprechen [s. Österle et al. 1991 67f.]. Die (Stamm-)Datenintegration ist die Basis jeder Integration [vgl. Schumann 1992, 6f.]. Sie bildet durch die informationstechnische Verbindung verschiedener Datenbestände die Voraussetzung für die Verknüpfung von Funktionen (Funktionsintegration) oder Vorgängen (Prozessintegration) [vgl.
166
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Rosemann 1999 7f.; Mertens 2004, 1]. Auf der Ebene des Informationssystems lassen sich zwei Formen der Integration30 unterscheiden [s. Winter 2003a, 2]: •
Die Anwendungsbildung fasst alle benötigten Daten eines Integrationsbereichs in einer einzigen Anwendung mit einer Datenstruktur zusammen. Ziel ist es, eng gekoppelte Integrationsbereiche in Form einer Anwendung zusammenzufassen und schwächere Integrationsbereiche aus Komplexitätsgründen in verschiedene Anwendungen zu trennen.
•
Die Anwendungsintegration implementiert Prozesse über Integrationsbeziehungen zwischen getrennten Anwendungen. Sie verbindet die im Rahmen der Anwendungsbildung „zerschnittenen“ Integrationsbereiche durch den Austausch von Daten über Schnittstellen [s. Huber 2000, 143f.].
Strukturdimensionen der Anwendungsbildung Die Integration über eine zentrale Anwendung bildet die Idealform der Unterstützung eines Integrationsbereiches und vermeidet Probleme aus redundanter Datenhaltung sowie aus der zeitlichen Verzögerung eines Datenaustauschs zwischen verteilten Anwendungen [s. Österle 1996 13]. Zudem stellt sie sicher, dass alle Funktionen dieselbe Bedeutung mit den gespeicherten Daten verbinden. Informationssystemarchitekturen heutiger Grossunternehmen zeigen die Grenze der Integration in einzelnen Anwendungen auf: Prozesse von Unternehmen einer gewissen Grösse und Komplexität lassen sich nicht mehr betriebswirtschaftlich sinnvoll in einem integrierten System abbilden. Neben technischen Restriktionen wie bspw. Performance oder Ausfallsicherheit begrenzen organisatorische Rahmenbedingungen wie die Durchsetzbarkeit einer integrierten Lösung oder eine zu hohe Projektkomplexität den Umfang integrierter Anwendungen [s. Pohland/ Fleisch 2002, 384]. Die Restriktionen bewirken einen Abgleich von betriebswirtschaftlich gewünschter sowie informationstechnisch und organisatorisch umsetzbarer Integration. Das Resultat sind Cluster von Applikationen in Bereichen mit einem hohen Integrationsbedarf, die an den Anwendungsgrenzen über Schnittstellen verbunden sind. Abbildung 4-30 fasst typische Strukturmuster von Applikationsarchitekturen in Grossunternehmen zusammen [vgl. Pohland 2000, 156ff.].
30
Die Literatur bezeichnet die Anwendungsbildung auch als Integration über Vereinigung und die Anwendungsintegration als Integration über Verbindung [vgl. Picot/Reichwald 1991 286; Rosemann 1999 5f.; Fischer et al. 2006, 432 ff.].
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
167
Abbildung 4-30: Typische Anwendungscluster in Grossunternehmen [vgl. Pohland 2000, 160 ff.]
Eine strukturgebende Dimension bzw. „Sollbruchstelle“ der Anwendungscluster sind typischerweise Divisionen bzw. Unternehmensbereiche, die bspw. nach Produkten oder Regionen gebildet sind. Eine weitere Dimension bilden Verantwortungsbereiche wie bspw. Gesellschaften, Standorte oder organisatorische Einheiten, die für einen oder mehrere Unternehmensbereiche tätig sind. Die beiden Dimensionen grenzen typische Anwendungscluster ab [s. Pohland 2000, 156ff.]: •
Eine Unternehmensbereichsintegration fasst Daten und Funktionen in Anwendungen entlang von Produktbereichen oder Regionen zusammen. Ziel ist eine gesellschafts- und standortübergreifende, durchgängige Unterstützung von globalen Prozessen.
•
Verantwortungsbereichsspezifische Anwendungen fassen Daten und Funktionen für einzelne Verantwortungsbereiche wie bspw. Gesellschaften zusammen. Gründe können bspw. lokale Verantwortungsstrukturen (Controlling) oder gesetzliche Vorschriften (länderspezifisches Rechnungswesen) sein.
•
Unternehmensbereichsspezifsche Anwendungen decken individuelle Prozesse einzelner Unternehmensbereiche ab. Ein Beispiel ist eine globale Planung, die für jeden Unternehmensbereich separat durchgeführt wird.
•
Zentrale Anwendungen unterstützen zentrale Prozesse wie bspw. einen zentralen Einkauf oder eine zentrale Logistik für mehrere Unternehmensbereiche. Sie können in einer eigenen Gesellschaft (bspw. Zentraleinkauf oder Logistikdienstleister) oder auf der Konzernebene in Form von globalen Anwendungen (bspw. Reporting, Konsolidierung) angesiedelt sein.
168
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Schnittstellenarten und Integrationsmechanismen der Anwendungsintegration Im Fall der Integration über separate Anwendungen definiert ein Integrationsbereich ein oder mehrere Schnittstellen. Sie implementieren den für die Integration notwendigen Austausch von Daten zwischen den Anwendungen über einen Kommunikationskanal [s. Buxmann 1996, 12f.]. Der Automationsgrad unterscheidet die in Tabelle 4-23 skizzierten grundlegenden Schnittstellenarten [Buxmann 1996, 13f.; Fleisch 2001, 134ff.; Mertens 2004, 8f.; McAfee 2005a, 7ff.]: •
Die Mensch-Mensch-Schnittstelle implementiert den Informationsaustausch ausschliesslich über Menschen, die zu integrierenden Anwendungen kommunizieren nicht direkt miteinander. Ein oder mehrere Mitarbeiter integrieren die Anwendungen im Prozess durch die manuelle Übertragung von Daten zwischen den einzelnen Applikationen. Diese Form der Integration ist durch die „flexible Schnittstelle Sachbearbeiter“ [s. Fischer 1993, 241] sehr anpassungsfähig und eignet sich zur schnellen Umsetzung sowohl einfacher als auch komplexer Integrationsbeziehungen. Der Einsatz menschlicher Arbeitskraft verursacht jedoch eine hohe Fehleranfälligkeit sowie Zeitverzögerungen und hohe Kosten bei Integrationsbeziehungen mit einem grossen Transaktionsaufkommen.
•
Bei der Mensch-Maschine-Schnittstelle lassen sich zwei Untervarianten unterscheiden. Im weniger automatisierten Fall verbindet ein einzelner Mitarbeiter die Anwendungen über einen direkten Zugriff [vgl. Fleisch 2001, 135f.]. Die Alternative bildet die sog. Desktop- bzw. Frontendintegration. In diesem Fall unterstützen spezielle Integrationsanwendungen den Mitarbeiter bei der Informationsübertragung. Sie integrieren alle betroffenen Anwendungen am elektronischen Arbeitsplatz des Mitarbeiters in einer einheitlichen Benutzeroberfläche [s. Grossmann/Koschek 2005, 25; Vogler 2006, 55f.]. Der Mensch trägt analog zur Mensch-Mensch-Schnittstelle oder zur Integration über direkten Anwendungszugriff nach wie vor den Hauptteil der in diesem Fall teilautomatisierten Integrationsleistung. Durch die Zusammenführung der zu integrierenden Anwendungen in einer Oberfläche und die Steuerung von Abläufen über Work- oder Taskflows reduzieren sich jedoch Aufwendungen und Fehleranfälligkeit der Integration.
•
Die Maschine-Maschine-Schnittstelle verbindet die beteiligten Anwendungen ohne menschliche Beteiligung direkt miteinander. Diese vollautomatisierte Umsetzung der (Backend-)Integration bedingt einen hohen Grad an Standardisierung der Datenaustauschbeziehungen [s. Heutschi et al. 2004, 134ff.; McAfee 2005b, 80]. Sie ist daher wenig flexibel und in der Umsetzung kostenintensiv. Die Integration über Anwendungsschnittstellen eignet sich für Integrationsbereiche mit einer hohen und beständigen Transaktionshäufigkeit.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement Eigenschaft
Skizze
169
Automationsgrad
Integrationsmechanismen
Beispiele
• manuell
• Kommunikationstechnologie (Telefon, Fax, Email, Instant Messaging, Groupware)
• Versand eines Artikelpasses per Fax
Integration über direkten Anwendungszugriff
• Standardbüroanwendungen • Halbautomatisch
• Portal • Workflow Management
• Erfassung und Email-Versand von Artikelstammdaten in einer Excel-Datei • Erfassung von Daten in einem Kundenportal • Übernahme von Daten aus einem Lieferantenportal
FrontendIntegration
MaschineMaschineSchnittstelle
Mensch-Maschine-Schnittstelle
Mensch-MenschSchnittstelle
Schnittstellenart
• Workflowgesteuerte Artikelanlage über mehrere Anwendungen • vollautomatisch
• Datenintegration • Funktionsintegration • Präsentationsintegration
• Übermittlung eines Produktkatalogs per EDI in Form einer PRICATNachricht
Tabelle 4-23: Grundlegende Schnittstellenarten und Integrationsmechanismen
Die skizzierten Schnittstellenarten greifen auf Integrationsmechanismen zurück, die standardisierte Dienste und Protokolle zur Implementierung der Datenaustauschbeziehungen bereitstellen [vgl. Mantel et al. 2004, 4]: •
Die Mensch-Mensch-Schnittstellen stützen sich zum Grossteil auf verbreitete Kommunikationstechnologien und Standardbüroanwendungen. Mitarbeiter koordinieren die Integrationsbereiche bspw. durch Abstimmungen per Tele-
170
4 Architektur für das Stammdatenmanagement fon, Telefax oder Email und tauschen die benötigten Daten in Form von Dokumenten aus.
•
Die Frontendintegration bedient sich heute i. d. R. der Portaltechnologie [s. Vogler 2006, 55]. Portale bilden technisch gesehen ein Fenster zu Daten und Funktionen aus unterschiedlichen Anwendungen [s. Österle 2002, 23]. Als internetbasiertes, personalisierbares und integriertes Zugangssystem bieten sie dem Mitarbeiter Zugang zu verschiedenen unternehmensinternen und -externen Informationsquellen und Anwendungen [Raol et al. 2002, 391f.; Schelp/Winter 2002, 7; Puschmann 2004, 7; Grossmann/Koschek 2005, 28]. Neben Portalen ist das Workflow Management (WFM) ein verbreiteter Integrationsmechanismus für die Implementierung von MenschMaschine-Schnittstellen. Ein Workflow ist ein automatisierter (Teil-)Prozess, bei dem ein System die Übergänge von einer Aufgabe zur nächsten steuert [s. Stohr/Zhao 2001, 282]. Während Portale die Daten und Funktionen separater Anwendungen für die Mitarbeiter in einer Oberfläche zusammenfassen, koordinieren Workflows die Abarbeitung von Aufgaben über mehrere Anwendungen und reichen die jeweils benötigten Daten an die Mitarbeiter weiter.
•
Bei der Integration über Anwendungsschnittstellen differenzieren die logischen Anwendungsebenen die drei Typen der Daten-, Funktions- und Präsentationsintegration [s. Kaib 2002, 60ff.].
4.4.1.2 Interne Stammdatenlogistik Grundlegende Ansätze Zur Umsetzung der Stammdatenlogistik in einer verteilten Anwendungslandschaft bieten sich die in Tabelle 4-24 beschriebenen Ansätze an31: •
Das zentrale System bietet eine in der Praxis weit verbreitete Möglichkeit, Stammdaten unternehmensweit zu vereinheitlichen [vgl. Pohland 2000, 188f.; Legner/Otto 2007, 9]. Eine zentrale, separate Anwendung hält in die-
31
Die Literatur nennt drei weitere Ansätze, auf deren separate Beschreibung das Buch aus den im folgenden genannten Gründen verzichtet: Der mit (1) Konsolidierung [s. Heilig et al. 2006, 75; Radcliffe et al. 2006, 3f.] bezeichnete Ansatz stellt einen Spezialfall des Abstimmungsknotens dar. Er beschränkt sich auf Zusammenführung von Stammdaten in einer zentralen Anwendung zur Versorgung von Berichts- und Kontrollsystemen. Der (2) Transaction Server [s. Radcliffe et al. 2006, 6f.] ist ein Spezialfall eines zentralen Systems, bei dem die angeschlossenen Anwendungen in Echtzeit lesend und schreibend auf die zentralen Stammdaten zugreifen. Dieser Ansatz ist mit heutigen Anwendungen nicht realisierbar, da diese i. d. R. lokale Datenkopien benötigen. Der mit (3) Standards [s. Loser et al. 2004, 3; Legner/Otto 2007, 9f.] bezeichnete Ansatz beschränkt sich auf die unternehmensweite Standardisierung von Stammdatenattributen. Es handelt sich um einen rein organisatorischen Ansatz, eine Verteilung von Stammdaten findet nicht statt.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
171
sem Fall alle zu verteilenden Stammdaten vor. Von dort aus verteilt das zentrale System die Daten an die verschiedenen Anwendungen, oder diese rufen die Daten entsprechend ab. Das führende System ist ein vergleichbarer Ansatz [vgl. Loser et al. 2004, 3; Legner/Otto 2007, 9]. In diesem Fall ist kein dedizierter Stammdatenserver vorhanden, sondern eine der bestehenden Anwendungen ist für eine bestimmte Stammdatenklasse als führendes System definiert und bildet somit den Ausgangspunkt für die Stammdatenpflege und -verteilung. •
Der Abstimmungsknoten (engl.: Coexistance Hub oder Reconciliation Hub) konsolidiert die Stammdaten mehrerer Anwendungen an einer zentralen Stelle [vgl. Radcliffe et al. 2006, 5f.; Berson/Dubov 2007, 122]. Im Gegensatz zum zentralen bzw. führenden System werden die Stammdaten in diesem Ansatz nicht zentral, sondern in verteilten Anwendungen angelegt. Der zentrale Abstimmungsknoten übernimmt die Stammdaten aus den einzelnen Systemen und bildet den Ausgangspunkt für die weitere Verteilung der Daten.
•
Das Verzeichnis (engl.: Registry oder Repository) liefert in Form eines zentralen Indexservers Verweise auf die in verteilten Anwendungen gepflegten und gespeicherten Stammdaten [vgl. Pohland 2000, 189; Loser et al. 2004, 4; Legner/Otto 2007, 10]. Über eine Anfrage an das Verzeichnis kann eine Anwendung den Ort der Datenspeicherung ermitteln und die Stammdaten direkt von der entsprechenden Anwendung oder über das Verzeichnis beziehen. Ansatz
Zentrales System / Führendes System
Abstimmungsknoten
Verzeichnis
Merkmal Skizze
Anwendung
Zentrales System
Anwendung
Verzeichnis
Schnittstellen Schnittstellen
Abstimmungsknoten
Schnittstellen
Schnittstellen Anwendung
Anwendung
Anwendung
Anwendung
Anwendung
Anwendung
Datenerfassung
Zentral
Dezentral + optionale zentrale Ergänzung
Dezentral + Verweis in Verzeichnis
Datenhaltung
Mehrfach
Mehrfach
Einmal
Datenverteilung
Zentral gesteuert
Zentral gesteuert
Dezentral gesteuert
Tabelle 4-24: Ansätze zur Stammdatenhaltung und -verteilung
172
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Das zentrale bzw. führende System ist die bevorzugte Variante zur Umsetzung der internen Stammdatenlogistik. Die Erfassung der Stammdaten in einer einheitlichen Datenbank und die zentrale Steuerung der Datenverteilung sichert die anwendungsübergreifende Konsistenz der verteilten Stammdaten. Die übrigen Varianten stellen Kompromisse für den Fall dar, dass eine zentrale Lösung aus organisatorischen oder technischen Gründen nicht durchsetzbar ist. Lassen sich keine führenden Systeme für einzelne Stammdatenklassen definieren, eignet sich der Abstimmungsknoten als Umsetzungsvariante. Die Anbindung der datenliefernden Systeme verursacht im Vergleich zum zentralen Ansatz erhöhte Implementierungs- und Wartungsaufwände und die dezentrale Datenpflege in mehreren Datenbanken erhöht die Fehleranfälligkeit der Lösung. Das Verzeichnis wird typischerweise bei sehr grossen und verteilten Datenbeständen eingesetzt. Die dezentrale Steuerung der Datenverteilung verursacht vergleichsweise hohe Implementierungs- und Wartungsaufwände und erschwert die Sicherstellung der anwendungsübergreifenden Datenkonsistenz. Ausprägungen in Industrie und Handel Interne Stammdatenlogistik in der Industrie Die Grundlage zur Beschreibung der Stammdatenlogistik in Industrieunternehmen bildet eine Menge etablierter Applikationstypen. Grundsätzlich lassen sich die operativen Systeme in prozessorientierte, vertikale Geschäftsanwendungen und prozessunabhängige, horizontale Anwendungen32 differenzieren [s. Fingar et al. 2000, 60; Alt et al. 2004, 44]: •
Den Grossteil der prozessorientierten Funktionen decken heute Enterprise Resource Planning (ERP)-Systeme ab. Neben Spezialanwendungen wie bspw. Lagerverwaltungssystemen (LVS) haben sich zunehmend Applikationen zur Unterstützung überbetrieblicher Prozesse etabliert. Zu den unter den Sammelbegriffen ERP II [s. Weston 2003, 50 f.; Theling et al. 2005, 5ff.] oder Business Networking Systeme (BNS) [s. Alt/Fleisch 2000, 7ff.] zusammengefassten Lösungen zählen Electronic Commerce (EC)-, Supply Chain Management (SCM)-, Customer Relationship Management (CRM)und Supplier Relationship Management (SRM)-Systeme.
•
Die Querschnittsanwendungen bündeln dagegen übergreifenden Funktionen bspw. in Form von Product Lifecycle Management (PLM)- oder Content Management (CM)-Systemen sowie Büroanwendungen (BA). Für Industrieunternehmen ist die Steuerung der Stammdatenverteilung zwischen den verschiedenen Anwendungstypen über ein zentrales System charakteristisch (vgl. Abbildung 4-31).
32
Anhang E.1 charakterisiert die im Folgenden genannten Applikationstypen detaillierter.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
173
Abbildung 4-31: Charakteristische Stammdatenlogistik in der Konsumgüterindustrie
Der globale Stammdatenserver erlaubt eine zentrale Dateneingabe und gewährleistet die konzernweite Übereinstimmung der harmonisierten Attribute, typischerweise Grund- und Logistikdaten [vgl. Scheer et al. 2006, 232]. Der Server basiert auf einem eigenständigen ERP- oder PLM-System und verteilt neue und geänderte Stammdaten über einen Replikationsmechanismus automatisch an verschiedene Anwendungen. Primäre Datenempfänger sind die nach Regionen oder Produktbereichen organisierten lokalen ERP-Systeme sowie Lagerverwaltungssysteme in den verschiedenen Produktions- und Distributionsstandorten. Zusätzlich versorgt das Stammdatensystem häufig zentrale BN-Anwendungen wie bspw. logistische Planungs- oder zentrale Einkaufssysteme mit den benötigten Stammdaten. Eine Bearbeitungssperre der globalen Daten in den empfangenden Systemen stellt die unternehmensweite Konsistenz der harmonisierten Stammdaten sicher. Der Konsumgüterhersteller Beiersdorf verwaltet globale Stammdaten wie bspw. Artikelnummern, Logistikdaten, Produkthierarchien und Stücklisten in einem 2004 eingeführten zentralen System [s. Rupprecht 2007]. Die Anwendung auf Basis von SAP PLM verteilt neue und geänderte Stammdaten periodisch alle drei Stunden über einen ALE-Verteilungsmechanismus an fünf regional organisierte ERP-Systeme und eine Menge von globalen Anwendungen wie bspw. das SCM-System SAP APO. Eine direkte Verbuchung der Daten in den empfangenden Systemen stellt einen einheitlichen Datenbestand sicher. Frühe Phasen des Produktinnovations- und Entwicklungsprozesses wie bspw. das Ideenmanagement oder die Konzeptentwicklung werden häufig von separaten, nicht integrierten Anwendungen auf Basis von CM-Systemen oder Büroanwendungen unterstützt. Als Folge liegen in den frühen Entwicklungsphasen entste-
174
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
hende Stammdaten wie bspw. Teile der Grunddaten oder technische Spezifikationen in verschiedenen Datenbanken, Serververzeichnissen oder Dokumenten verteilt, was die Stammdatenabstimmung zwischen Produktentwicklung und den logistischen Prozessen erschwert [vgl. Scheer et al. 2006, 218]. Mit dem Realisierungsentscheid für ein Produkt überträgt das Produktmanagement die bestehenden Stammdaten manuell oder über halbautomatische Schnittstellen in das zentrale Stammdatensystem, wo sie um die weiteren globalen Attribute ergänzt werden. Das Unternehmen Henkel steuert die Phase der frühen Stammdatenbeschaffung über individuell entwickelte Formulare und Workflow-Funktionen in Lotus Notes [s. Korfmacher/Brandt 2004]. Mit Anforderung der internen Artikelnummer übermittelt eine automatische Schnittstelle die gesammelten Daten an einen zentralen Stammdatenserver auf Basis von SAP R/3, der die weitere Pflege der globalen Daten und die Verteilung an die lokalen ERP-Systeme steuert. Lokales Marketing und Vertrieb nutzen gewöhnlich zusätzliche Büroanwendungen oder CM-Systeme für die Verwaltung von Produktstammdaten. Diese lokalen marktorientierten Anwendungen sind im Regelfall nicht über automatisierte Schnittstellen in die Stammdatenlogistik eingebunden, sondern werden manuell von den Benutzern mit Daten versorgt. Eine Reihe von Gründen erklären die Entwicklung dieses schwach integrierten und individuell entwickelten Anwendungsclusters, der in vielen Fällen auch den Ausgangspunkt für die Datenübermittlung an den Handel bildet: •
Zusätzliche Datenbedarfe. Marketing bzw. Vertrieb benötigt zusätzliche Daten, die in den operativen Geschäftssystemen nicht vorhanden sind. Typische Beispiele sind marktbezogene Spezifikationsdaten wie kundenorientierte Produktspezifikationen oder Marketingtexte. Darüber hinaus sind semistrukturierte Daten wie Bilder, Produktbroschüren, Gebrauchsanweisungen, Zertifikate etc. typischerweise in lokalen Verzeichnis- oder CM-Systemen gespeichert.
•
Reduktion und Filterung. Stammdatensätze der operativen Geschäftssysteme enthalten eine Vielzahl von Attributen, die für den Vertrieb nicht relevant sind. Mitarbeiter nutzen häufig manuell gepflegte „Produktlisten“, die ihre Arbeit durch eine Zusammenfassung aller wesentlichen Attribute ihres Produktbereichs vereinfachen.
•
Vereinfachte Datenbearbeitung. Der Zugriff auf und die Bearbeitung von Daten in ERP-Systemen ist kompliziert. Die von einer bestimmten Rolle benötigten Attribute sind häufig auf verschiedene Bildschirmmasken verteilt und die Benutzerführung ist gewöhnungsbedürftig. Die verbreitete Verwendung von Büroanwendungen wie Microsoft Excel zur Aufbereitung und Verwaltung von Produktstammdaten verdeutlicht den Bedarf nach einfach zu bedienenden Benutzerschnittstellen. Das beschriebene Muster der internen Stammdatenlogistik erklärt sich betriebswirtschaftlich durch die fortschreitende Internationalisierung der Konsumgüterhersteller. Global tätige Industrieunternehmen haben in den vergangenen Jahren
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
175
insbesondere ihre Logistikprozesse standort- oder produktbereichsübergreifend harmonisiert. So versorgen international tätige Konsumgüterhersteller bspw. ihre europäischen Landesgesellschaften immer häufiger über regionale Verteilzentren mit einheitlichen Produkten aus zentralen Produktionsstätten ausserhalb des jeweiligen Landes [s. Morschett/Schramm-Klein 2003, 49f.]. Die systemseitige Abbildung solcher globaler Logistikprozesse verlangt dieselben logistischen Produktstammdaten in allen beteiligten Anwendungen. Die Steuerung der internen Stammdatenlogistik über einen zentralen Stammdatenserver erfüllt diese Anforderung. Stammdatenlogistik im Handel Die Applikationstypen im Handel lassen sich analog zur Industrie in Geschäftsund Querschnittsanwendungen differenzieren33. Querschnittsfunktionen werden in erster Linie über CM-Systeme und Büroanwendungen abgedeckt. Den Kern der prozessorientierten Anwendungslandschaft eines Handelsunternehmens bildet das Warenwirtschaftssystem mit der Abdeckung der warenwirtschaftlichen Prozesse (Beschaffung, Lagerhaltung, Distribution). Warenwirtschaftssysteme sind entweder Bestandteil umfassenderer, spezialisierter ERP-Systeme für den Handel oder ausschliesslich auf Warenwirtschaftsfunktionen spezialisiert [s. Schütte/ Vering 2004, 26]. Im letzteren Fall bilden Handelsunternehmen ergänzende Funktionen wie bspw. Personal- oder Rechnungswesen über zusätzliche ERPSysteme ab. Filialsysteme ergänzen das zentrale Warenwirtschaftssystem um dezentrale Funktionen [s. Becker/Schütte 2004, 433]. Neben Kassensystemen zur Unterstützung von Verkauf und Zahlungsabwicklung bieten Filialwarenwirtschaftssysteme zusätzliche Funktionen in Bereichen wie Bestandsführung, Lagerverwaltung und Disposition. Darüber hinaus gewinnen multimediale Kiosksysteme in den Handelsfilialen an Bedeutung. Sie bieten dem Konsumenten Funktionen in den Bereichen Information (bspw. POS-Werbung, individualisierte Angebote, Wegleitsystem), Beratung (bspw. Produktinformation und -konfiguration) und Transaktion (bspw. Self-Checkout, Filmentwicklung, Gutscheinerwerb) an [vgl. Rowley/Slack 2003, 330 ff.]. Neben den beschriebenen Kernapplikationen decken Zusatzsysteme weitere spezifische Funktionsbereiche ab. Beispiele sind CMS- und EC-Systeme für die Umsetzung von Multikanal-Strategien, Regaloptimierungsysteme für die Verkaufsflächenoptimierung oder CRM-Systeme für die Unterstützung von Kundenloyalitätsprogrammen. Im Vergleich zur Industrie dominieren in Handelskonzernen führende Systeme je Unternehmensbereich die Lösungen in der Stammdatenlogistik34 (vgl. Abbildung 4-32). Handelsunternehmen legen die kompletten Artikelstammdaten i. d. R. füh33 34
Anhang E.2 charakterisiert die im Folgenden genannten Applikationstypen detaillierter. In vielen Fällen steuern Abstimmungsknoten die Stammdatenverteilung zwischen führenden und empfangenden Systemen. Die Abbildung verzichtet auf ihre Darstellung aus Gründen der Lesbarkeit.
176
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
rend in einem Warenwirtschaftssystem an. Abhängig von der Grösse und Organisation des Unternehmens existieren mehrere Systeme, die die Warenwirtschaft für einzelne Sortimentsbereiche (Food, Nonfood, etc.), Vertriebstypen (Supermarkt, Cash & Carry, Warenhaus, etc.) oder Regionen steuern. Grundsätzlich versorgt das Warenwirtschaftssystem die angeschlossenen Anwendungen in den Zentral- und Regionallagern sowie den Filialen automatisiert mit den jeweils benötigten Grund-, Logistik- und Verkaufsdaten35 [s. Becker/Schütte 2004, 433]. Ausnahmen bilden dezentral organisierte Handelsunternehmen, in denen die Filialen Entscheidungsfreiräume in der Sortiments- und Preispolitik nutzen [vgl. Rotthowe 1998, 125f.]. In diesen Fällen werden bspw. Verkaufspreisänderungen oder Artikelgrunddaten von Regionalsortimenten in den Filialsystemen erfasst und an die zentrale Warenwirtschaft übermittelt [vgl. Rotthowe 1998, 148ff.]. Handelsunternehmen Unternehmensbereich Verantwortungsbereich
Unternehmensbereichsübergreifend
Unternehmensbereich 1
Unternehmensbereich 2
Unternehmensbereich 3
Unternehmensbereich m
ERP
BA/CMS/EC (Mkt./Vertr.)
BA/CMS/EC (Mkt./Vertr.)
BA/CMS/EC (Mkt./Vertr.)
BA/CMS/EC (Mkt./Vertr.)
S Gesellschaftsübergreifend
S
S
S
G ERP II / BNS G,B,L
Warenwirtschaftssystem
Filialsystem
G,B,L
G,V
Warenwirtschaftssystem
Warenwirtschaftssystem
Warenwirtschaftssystem
G,V G,L
Gesellschaft n
G,B,L
G,V
Filialsystem Gesellschaft 2 Gesellschaft 3
G,B,L G,V
Gesellschaft 1
G,L
G,L
LVS
G,L LVS
automatische semiautomatische Anwendungscluster Schnittstelle Schnittstelle G=Grunddaten, L=Logistikdaten, B=Bestelldaten, S=Spezifikationsdaten, V=Verkaufsdaten, BA=Büroanwendung, BNS=Business Networking System, CMS=Content Management System, EC = Electronic Commercem, ERP=Enterprise Resource Planning, LVS=Lagerverwaltungssystem
Abbildung 4-32: Charakteristische Stammdatenlogistik im Handel
Globale Systeme, bspw. für das Finanzwesen oder das Kundenbeziehungsmanagement, werden ebenfalls von den Warenwirtschaftssystemen mit Grunddaten versorgt. Die handelsinterne Haltung und Verteilung von Spezifikationsdaten ist weit weniger integriert. Marketing und Vertriebsfunktionen nutzen typischerweise eine Menge von Büroanwendungen, CMS- und EC-Systemen für die Verwaltung von 35
[Becker/Schütte 2004, 433 ff.; Schütte/Vering 2004, 340 ff.] beschreiben verbreitete Integrationsmöglichkeiten zur Verbindung von zentraler Warenwirtschaft und Filialsystemen.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
177
marktorientierten Stammdaten bspw. für Portale oder Online-Shops. Das Anwendungscluster wird manuell oder halbautomatisch mit Grund-, Verkaufs- und Logistikdaten aus dem führenden ERP-System versorgt. Kiosksysteme in den Filialen erhalten ihre Stammdaten häufig automatisch über die CM-Systeme. Das beschriebene Muster der internen Stammdatenlogistik erklärt sich betriebswirtschaftlich dadurch, dass Handelsunternehmen trotz der in den letzten Jahren verstärkt einsetzenden Internationalisierung von Handelsvertriebsschienen im Vergleich zur Konsumgüterindustrie noch stark lokal agieren [s. Rugman/Girod 2003, 24ff.]. Während internationale Händler ihre Betriebstypen weitgehend standardisieren, dominiert gleichzeitig häufig eine differenzierte, d. h. lokal angepasste Sortimentspolitik [s. Zentes/Swoboda 1998, 18; Lingenfelder 2006, 335]. Zusätzlich organisieren Handelsunternehmen selbst bei internationaler Tätigkeit ihre Logistik in vielen Fällen noch lokal, d. h. sie versorgen ihre Filialen über nahegelegene Lager unter weitgehender Vermeidung von Querlieferungen [s. Morschett/Schramm-Klein 2003]. Für die Stammdatenlogistik bedeuten diese lokalen Prozesse einen geringen Bedarf an gemeinsamen, globalen Stammdaten. Die global abzugleichenden Attribute beschränken sich auf einfache Grunddaten wie Warengruppenkennzeichen zur Verwendung im Finanz- oder Rechnungswesen. In Zukunft werden global harmonisierte Stammdaten im Handel jedoch aufgrund von Entwicklungen wie der bereichsübergreifenden Beschaffung oder Logistik an Bedeutung gewinnen. 4.4.1.3 Überbetriebliche Stammdatenlogistik Grundlegende Ansätze Variantenabgrenzung Das entscheidende Kriterium zur Differenzierung verschiedener Ansätze der überbetrieblichen Stammdatensynchronisation zwischen Industrie und Handel ist die Datenhaltung im Geschäftsnetzwerk. Grundsätzlich lassen sich hierbei zwei Gruppen von Daten unterschieden: Während der Grossteil der eigentlichen Stammdaten allein der Objektbeschreibung dient, unterstützen die zugehörigen Metadaten36 zusätzlich die Suche und das Auffinden der Stammdaten im Geschäftsnetzwerk. Beispiele für typische Metadaten zur Produktbeschreibung sind Artikelnummern und -klassifikationen sowie Kurzbeschreibungen. Stammund Metadaten können jeweils unterschiedlich im Geschäftsnetzwerk verteilt sein: Bei der zentralen Datenhaltung liegen Stamm- bzw. Metadaten in einer Organisationseinheit, während die dezentrale Datenhaltung Stamm- bzw. Metadaten auf verschiedene Organisationseinheiten verteilt.
36
Der Begriff Metadaten beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf Informationen, die dem Auffinden der beschriebenen Daten dienen [vgl. Schoder/Fischbach 2002, 589].
178
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
In Anlehnung an verwandte Ansätze aus dem Bereich der Datenintegration [vgl. Benlian/Hess 2004, 17ff.; Jung 2006, 194ff.] stellen die Kriterien eine Grundlage für die Bildung allgemeingültiger Verteilungstopologien dar. Die Kombination aus Verteilungsobjekt (Stamm- vs. Metadaten) und Art der Datenhaltung (zentral vs. dezentral) führt zu den in Abbildung 4-33 skizzierten drei idealtypischen Formen der Stammdatensynchronisation: •
Die dezentralisierte Synchronisation hält sowohl Stamm- als auch Metadaten vollkommen verteilt. Im Sinn einer Peer-to-Peer-Architektur [vgl. Bussler 2002, 305ff.] tauschen die Organisationen im Geschäftsnetzwerk die Stammdaten direkt, d. h. ohne Zwischenschaltung einer zentralen Organisation aus. Zusätzlich zur Übertragung der Stammdaten muss der Ort der Datenhaltung über Metadaten multilateral abgestimmt werden.
•
Die zentralisierte Synchronisation hält sämtliche abzugleichenden Stammdaten inklusive der Metadaten an einem zentralen Ort im Geschäftsnetzwerk. Der Hub vereinfacht das globale Auffinden von Stammdaten und steuert als zentrale Schaltzentrale den Datenaustausch zwischen den beteiligten Organisationseinheiten [vgl. Bussler 2002, 305ff.].
•
Die hybride Synchronisation hält als Mischform die Metadaten zentral und die Stammdaten dezentral. In der auch als Föderation [vgl. Jung 2006, 195] bezeichneten Variante enthält ein zentrales Verzeichnis (engl.: registry) sämtliche zum Auffinden eines Datensatzes notwendigen Attribute. Nach Lokalisierung der gesuchten Daten synchronisieren die beteiligten Geschäftspartner die Stammdaten über direkte Verbindungen.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
179
Zentralisierte Synchronisation
Stammdatenhaltung
zentral
S M Handel
Kombination nicht sinnvoll
S M Handel
S
M Hub
Industrie S M
Dezentralisierte Synchronisation
Hybride Synchronisation
S M Handel
S M Handel
dezentral
S M Handel
Industrie S M
S M Handel
M Verzeichnis
Industrie S M
Industrie S M
Industrie S M
dezentral
Industrie S M
zentral Metadatenhaltung
Organisation
S
Stammdaten
M
Metadaten
Stammdatenfluss
Metadatenfluss
Abbildung 4-33: Topologien der überbetrieblichen Stammdatensynchronisation
Abbildung 4-34 ordnet die in der Praxis verbreiteten Umsetzungsvarianten der überbetrieblichen Stammdatensynchronisation in die entwickelten Topologien ein: •
Die bilaterale Stammdatensynchronisation implementiert einen komplett dezentralen Datenaustausch über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen.
•
Stammdatenpools unterstützen die zentralisierte Synchronisation. Als zentrale Punkte im Geschäftsnetzwerk koordinieren sie den übertrieblichen Datenaustausch.
•
Das Global Data Synchronization Network (GDSN) ergänzt die zentrale Synchronisation um zusätzlich zentralisierte Metadaten. Es verbindet mehrere Datenpools über ein zentrales Verzeichnis.
•
Die Global GS1 Electronic Party Information Registry (GEPIR) vereinfacht die bilaterale Stammdatensynchronisation über zentralisierte Metadaten. Ein dezentral organisiertes Verzeichnis erleichtert das Auffinden von verteilten Stammdaten im Geschäftsnetzwerk.
180
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Stammdatenhaltung dezentral zentral
Zentralisierte Synchronisation Stammdatenpools
Kombination nicht sinnvoll
G D S N
GEPIR Bilaterale Synchronisation Dezentralisierte Synchronisation
Hybride Synchronisation
dezentral
zentral Metadatenhaltung
Abbildung 4-34: Umsetzungsvarianten in der Praxis
Der folgende Abschnitt beschreibt die Interaktionen in den genannten praktischen Umsetzungsvarianten detaillierter. Variantenbeschreibung Bilaterale Stammdatensynchronisation Die bilaterale Stammdatensynchronisation verzichtet vollständig auf eine zentrale Instanz, d. h. die Geschäftspartner im Netzwerk tauschen Daten in direkter, bilateraler Abstimmung aus [vgl. Wagener 2000, 212f.]. Die Interaktion im Datenaustausch ist vergleichsweise einfach, Abbildung 4-35 zeigt den Nachrichtenfluss in Notation eines UML Interaktionsdiagramms [vgl. Balzert 2005, 29ff.]. Das Industrieunternehmen liefert die Stammdaten bei Bedarf an eine mit dem Handelsunternehmen vorab vereinbarte Adresse und der Datenempfänger quittiert den Empfang bzw. gibt eine Fehlermeldung zurück. Die Formate der Datenübertragung sind bilateral zwischen beteiligten Parteien vereinbart. Neben standardisierten EDI- oder XML-Nachrichten (vgl. Abschnitt 3.2.2.5) kommen häufig auch weniger standardisierte Formen des Datenaustauschs, bspw. über Excel-Dateien oder Portale zum Einsatz.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
181
Abbildung 4-35: Interaktion beim bilateralen Stammdatenaustausch
Synchronisation über Stammdatenpools Bei der Synchronisation über Datenpools verläuft die gesamte Datenkommunikation zwischen Industrie- und Handelsunternehmen über einen zentralen Datenpool. Der Datenpool definiert den Interaktionsablauf, so dass sich die Art der Nachrichten und deren Abfolge von Pool zu Pool unterscheiden können. Abbildung 4-36 zeigt eine verbreitete Interaktionsfolge37.
Abbildung 4-36: Interaktion bei der Synchronisation über Stammdatenpools
37
Neben dem beschriebenen verbreiteten Interaktionsmuster unterstützen Datenpools teilweise weitere Interaktionsvarianten. Der deutsche Anbieter SINFOS unterstützt bspw. eine sog. Push-Selektion, bei der die Datenselektion nach Autorisierung durch den Handel vom Industrieunternehmen gesteuert wird [s. SINFOS GmbH 2007, 31]. Diese Variante eignet sich zur Umsetzung einer lieferantengeführten Stammdatenanlage (vgl. Abschnitt 4.3.2.3).
182
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Zu Beginn der Synchronisation stellt das datenverantwortliche Industrieunternehmen die Stammdaten in den zentralen Pool ein. Der Pool bietet i. d. R. mehrere alternative Kommunikationskanäle zur Nachrichtenübermittlung wie bspw. EDIVerbindungen, XML-Nachrichten oder Portale an (vgl. Abschnitt 3.3.3.3). Das Handelsunternehmen kann Daten für die Synchronisation über verschiedene Kanäle auswählen. Neben einer einmaligen Selektion unterstützt der Datenpool i. d. R. einen Publish-Subscribe-Mechanismus [vgl. Eugster et al. 2003, 114ff.], mit dem ein Händler Datenselektionen „abonnieren“ kann und vom Datenpool im Fall von Datenänderungen automatisch Aktualisierungen erhält. Die Steuerung der Stammdatenaktualisierung ist abhängig vom Angebot des Datenpools und der Präferenz der Händler. Unterschieden werden können bspw. die Alternativen zur Zeitsteuerung (änderungsbasiert vs. periodisch) und zur Datenübermittlung (Änderungen vs. kompletter Datenbestand). Global Data Synchronization Network (GDSN) Das GDSN verbindet mehrere Datenpools föderativ über standardisierte Nachrichten und ein zentrales Verzeichnis [vgl. Nakatani et al. 2006, 972ff.]. Die von GS1 seit 2004 operativ betriebene Global Registry hält zentral alle zur Lokalisierung von Stammdaten notwendigen Metadaten vor. Neben den elementaren Produktbeschreibungen wie bspw. GTIN, GLN, GPC, Zielmarkt und Kurzbeschreibung (vgl. Abschnitt 3.2.2.4) sind dies insbesondere die Orte der Datenhaltung im Netzwerk. Das Verzeichnis übernimmt eine Vermittlungsfunktion bei der Stammdatensynchronisation über zertifizierte Datenpools (vgl. Abbildung 4-37). Der einem Publish-Subscribe-Mechanismus folgende Synchronisationsablauf beginnt auf der Industrieseite [vgl. Gavin et al. 2004, 17ff.; Georg 2006, 162f.; GS1 2007b, 7]: Über eine Nachricht an seinen Home-Datenpool (Catalogue Item Notification) meldet das datenverantwortliche Unternehmen einen Artikel in der Global Registry an (Registry Catalogue Item). Das Verzeichnis validiert den Eintrag, speichert die Metadaten zum Artikel (insbesondere GTIN, GLN, GPC, Zielmarkt und Datenpoolkennung) und meldet einen Registrierungsstatus zurück (Catalogue Item Registration Response). Nach erfolgreicher Registrierung kann das Industrieunternehmen den Artikel im GDSN publizieren (Catalogue Item Publication), d. h. für einzelne Geschäftspartner oder ganze (Teil-)Märkte freischalten. Das Handelsunternehmen abonniert Produktstammdaten über eine Nachricht an seinen Home-Datenpool (Catalogue Item Subscription). Das Verzeichnis vermittelt die Nachricht an den entsprechenden Quell-Datenpool, der die Stammdaten direkt an den anfragenden Pool liefert (Catalogue Item Notification) und die Synchronisationsverbindung für zukünftige Änderungsmeldungen speichert (Synchronization List Update). Das Handelsunternehmen informiert den Lieferanten indirekt durch eine Bestätigungsmeldung (Catalogue Item Confirmation) über den
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
183
Status der Stammdatenverbindung38. Bei Annahme des Datensatzes durch den Händler werden zukünftige Änderungen (Catalogue Item Notification) durch die Industrie automatisch über die beiden Datenpools abgeglichen.
Abbildung 4-37: Interaktion im Global Data Synchronization Network
Global GS1 Electronic Party Information Registry (GEPIR) Der Datenaustausch über GEPIR folgt einem dezentralen, föderierten Ansatz. Ursprünglich als „gelbe Seiten“ für den globalen Zugriff auf die Partnerstammdaten der GS1-Länderorganisationen entwickelt, bietet das System inzwischen auch die
38
Mögliche Zustände sind: Synchronized (Daten sind synchronisiert), Accepted (Daten werden synchronisiert), Rejected (Daten werden nicht (mehr) synchronisiert) und Review (Datenquelle muss Daten überprüfen) [s. GS1 2006a, 234]
184
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Möglichkeit des Zugriffs auf Produktstammdaten39 [vgl. Kuhlmann 2005, 80; Weber 2005, 22]. Die Architektur von GEPIR unterscheidet drei verschiedene Rollen: •
Clients stellen Anfragen und erhalten die Antworten aus dem Systemverbund. Neben portalbasierten Clients lässt sich das GEPIR-Protokoll auch in bestehende Backend-Anwendungen integrieren.
•
Router leiten die eingehenden Anfragen an die Daten liefernden Server weiter. Implementiert von den GS1-Ländergesellschaften, nutzen sie eine verteilte Routing-Tabelle auf Basis der GLN, um Anfragen an die richtigen Adressaten zu verteilen.
•
Server verwalten die Daten im GEPIR-Netzwerk. Sie erhalten die Anfragen von dem ihnen zugewiesenen Router und liefern die Ergebnisse auf dem gleichen Weg zurück.
Abbildung 4-38: Interaktion bei GEPIR
Abbildung 4-38 zeigt den Ablauf des Datenaustauschs über GEPIR im Überblick. Der Client stellt seine Anfrage (bspw. getItemByGTIN) an einen beliebigen Router. Liegt der gesuchte Datenserver in seinem Zuständigkeitsbereich, leitet der Router die Anfrage an diesen weiter. Andernfalls wird die Nachricht über weitere Router bis zum Bestimmungsort kaskadiert. Die Router leiten die Antwort eines Servers (bspw. gepirItem) über den gleichen Weg zurück an den Client. Die föderierte Architektur von GEPIR erlaubt eine flexible Erweiterung des Netzwerks [vgl. Morton 2005, 18]. Der britische Einzelhändler Tesco implementierte bspw. einen GEPIR Client, der automatisch eine Abfrage erstellt, sobald eine GS1 Identifikation gelesen wird, für die keine Daten auf den internen Systemen existieren [s. Schubenel 2006, 41]. Auch eigene Daten lassen sich einfach global zur Verfügung stellen: Unternehmen können einen zum GEPIR-Protokoll kompatiblen Server entwickeln und diesen über einen Router-Eintrag in das Netzwerk einbinden. 39
[Morton 2005, 5 ff.] liefert einen Überblick über mögliche Anfragen im GEPIRNetzwerk.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
185
Variantenbewertung Im Vergleich der dezentralisierten und zentralisierten Synchronisation dominiert in der Praxis heute der bilaterale Stammdatenaustausch klar die Nutzung von Datenpools (vgl. Abschnitt 3.3.4). Eine vergleichende Bewertung dieser beiden Varianten lässt sich nicht allgemeingültig auf rein technische Merkmale reduzieren. Abschnitt 4.3.2.4 diskutiert einen mehrdimensionalen Kriterienkatalog für die unternehmensindividuelle Entscheidung zwischen den beiden Alternativen. Unter technischen Gesichtspunkten lässt sich die breite Vorherrschaft der bilateralen Datensynchronisation im Vergleich zur zentralisierten Variante auf mehrere Gründe zurückführen: •
Übereinstimmung von Markt- und Systemstruktur. Die Stammdatensynchronisation ist nicht die erste Interaktion im Rahmen einer Geschäftstransaktion zwischen Industrie und Handel, sie baut hingegen auf bestehenden (häufig zeitlich beständigen) Kontakten zwischen Handelseinkauf und Industrievertrieb auf. Systemlösungen sollten diesen existierenden Marktstrukturen tendenziell eher folgen, anstatt ihnen neue Interaktionswege aufzuzwingen [vgl. Kumar/Van Dissel 1996, 286f.; Braziel/McAfee 2001, 2]. Anschaulich formuliert stellt sich für einen Einkäufer die Frage, warum er Artikelstammdaten über einen Datenpool beziehen soll, anstatt sie direkt vom Verkäufer zu beziehen, zu dem er bereits seit einiger Zeit in engem Kontakt steht.
•
Kosten für die zentrale Lösung. Die zentralisierte Datensynchronisation verursacht im Vergleich zum bilateralen Datenabgleich zusätzliche Gebühren für Aufbau, Betrieb und Wartung des Datenpools [vgl. McAfee 2000, 19].
•
Wertbeitrag der zentralen Lösung. Das primäre Nutzenargument von Datenpools ist die Reduktion der Schnittstellenkomplexität durch eine technische und inhaltliche Standardisierung des Datenaustauschs. Mit Durchsetzung internetbasierter Kommunikationsstandards entfällt der Nutzen eines Hubs als Transportmedium [vgl. Weitzel et al. 2001, 8]. Die zunehmende inhaltliche Standardisierung im Stammdatenmanagement (vgl. Abschnitt 3.2.2) reduziert den Wertbeitrag von Datenpools aus Anwendersicht weiter. Die Anbieter werden in Zukunft über die Standardisierung und Übersetzung hinausgehende Dienstleistungen40 anbieten müssen, um ihre Marktposition halten oder ausbauen zu können. Die hybriden Ansätze der Datensynchronisation kombinieren die Vorteile der zentralisierten und dezentralisierten Variante. Sie vereinfachen über eine Föderation von Datenquellen den Zugriff auf verteilte Stammdaten. Das GDSN stärkt aktuell die Position der angeschlossenen Datenpools, da es die kritische Masse der angebundenen Industrie- und Handelsunternehmen im Datenpoolverbund steigert. Abbildung 4-37 verdeutlicht jedoch die mit der Föderation einhergehende stei-
40
Abschnitt 3.3.3.3 beschreibt das aktuelle Dienstleistungsportfolio ausgewählter Stammdatenpools.
186
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
gende Komplexität der Nachrichteninteraktion. Zusätzlich bleiben die oben genannten Nachteile einer Datenzentralisierung in Pools. Mit zunehmender Standardisierung werden vermutlich stärker dezentralisierte Varianten an Bedeutung gewinnen [vgl. McAfee 2000, 19; Lin et al. 2006, 145]. Das GEPIR-System verdeutlicht die Potenziale einer Peer-to-Peer-basierten Stammdatensynchronisation unter Nutzung von Verzeichnissen für das Routing von Nachrichten. Die föderierte Architektur erlaubt einen flexibel erweiterbaren, direkten Datenaustausch mit niedrigen Kosten und einer unmittelbaren Kontrolle der eigenen Stammdaten. Die für die Routing-Funktionen notwendigen globalen Identifikationsstandards sind mit GLN und GTIN heute bereits durchgängig vorhanden. Herausforderungen für Industrie und Handel
Lokal
Lokal
Global
Global
Lokal
Lokal
Global
Global
Lokal
Lokal
Global
Global
Die primäre Herausforderung der überbetrieblichen Stammdatenlogistik besteht für Industrie- und Handelsunternehmen in der Reduktion von Schnittstellenvielfalt und Funktionsredundanz, um die damit verbundenen Integrationskosten zu senken.
Abbildung 4-39: Komplexität in der überbetrieblichen Stammdatenlogistik
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
187
Vier Faktoren tragen zur Komplexität und Redundanz der überbetrieblichen Stammdatenlogistik bei (vgl. Abbildung 4-39): (1) Die Wahl einer Interaktionsvariante (Bilateral, Stammdatenpool, etc.) hängt in der Praxis von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren ab (vgl. Abschnitt 4.3.2.4). Aufgrund der Vielzahl an Geschäftspartnern müssen Unternehmen häufig mehrere Varianten unterstützen: Sie tauschen Stammdaten bspw. sowohl bilateral als auch über einen Datenpool aus, was zu einer steigenden Anzahl an Schnittstellen führt. Die zusätzliche Schnittstellenvielfalt durch Integrationsmechanismen ist auf Unterschiede im Transaktionsvolumen und den technischen Fähigkeiten der beteiligten Partner in den einzelnen Geschäftsbeziehungen zurückzuführen [vgl. Beck/Weitzel 2005, 315]. Der betriebswirtschaftlich sinnvolle Einsatz automatischer Schnittstellen, bspw. über EDI-Verbindungen, setzt ein hohes Transaktionsvolumen zwischen den Unternehmen (d. h. eine hohe Anzahl an Stamm- und Änderungsdatensätzen pro Zeiteinheit) und die Möglichkeit der direkten Weiterverarbeitung der Daten in Backend-Systemen voraus. Automatische Schnittstellen sind damit auf Verbindungen zwischen Grossunternehmen mit einem intensiven Stammdatenabgleich beschränkt. Geschäftsbeziehungen zu weiteren, insbesondere klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU), bedingen zusätzliche Schnittstellen. Aus Sicht der Grossunternehmen eignen sich halbautomatische Lösungen wie Portale oder WebEDI zur Anbindung kleinerer Geschäftspartner. Aus Sicht der KMUs hingegen rechnen sich diese halbautomatischen Lösungen i. d. R. nicht41: Im Vergleich zur Nutzung manueller Schnittstellen wie bspw. Fax oder Email bringen Portallösungen aus ihrer Sicht zusätzliche Aufwände und Medienbrüche [s. Beck/Weitzel 2005, 321]. Als Resultat betreiben Unternehmen mehrere parallele Integrationsmechanismen für die Stammdatensynchronisation, wie folgende Beispiele verdeutlichen: •
41
Der Warenhausbetreiber Karstadt bezieht Stammdaten von seinen Lieferanten entweder in Form einer manuellen Datenübermittlung oder über eine automatisierte EDI-Verbindung, wobei in Ausnahmefällen ein Datenpool zwischengeschaltet ist. Während knapp zwei Drittel der Lieferanten ihre Kataloge manuell übermitteln, wickeln die automatisierten Schnittstellen ca. 66% des Einkaufsvolumens ab (vgl. Abbildung 4-40). Die vergleichsweise hohe Durchdringung der automatischen Stammdatenübermittlung liegt im hohen Transaktionsvolumen begründet: Die Textilund Sportwarengruppen von Karstadt weisen aufgrund der Grössen- und
[Beck/Weitzel 2005, 317 ff.] beschreibt bspw. einen Kostenvergleich der Schnittstellenvarianten Fax (manuell), EDI (automatisch) und WebEDI (halbautomatisch) zur Übermittlung von Aufträgen auf Basis einer Studie unter 34 KMUs im deutschen Bürobedarfshandel. Selbst unter Berücksichtigung von Anreizsystemen wie Bonuszahlungen bleibt die manuelle Fax-Übermittlung in der Stichprobe die wirtschaftlich dominante Alternative.
188
4 Architektur für das Stammdatenmanagement Farbvarianten eine hohe Artikelanzahl bei gleichzeitigem schnellen saisonalen Wechsel auf.
•
Das europäische Handelsunternehmen Alpha42 unterstützt drei Kanäle für die Übermittlung von Katalogdaten: die manuelle Datenübermittlung, die Eingabe im Lieferantenportal oder die Übermittlung über einen Datenpool. Aktuell dominiert die manuelle Datenübermittlung (vgl. Abbildung 4-40), das Unternehmen plant jedoch, den Anteil sowohl der Portalnutzung als auch der Datenpoolanbindung in Zukunft stark auszubauen.
Abbildung 4-40: Verteilung der Ansätze und Integrationsmechanismen für die überbetriebliche Stammdatenlogistik in der Praxis
(2) Die Anwendungsbildung fördert die Schnittstellenkomplexität und funktionale Redundanzen. Die organisations- oder technologiebedingte Verteilung von Produktdaten auf mehrere Anwendungen führt zu einer Vervielfachung der Schnittstellen zu Kunden oder Lieferanten. Ein global tätiger Konsumgüterhersteller mit einer regionalen oder produktorientierten Strukturierung der Anwendungslandschaft muss bspw. unabhängig von der Integrationstechnologie je lokaler ERP- oder Vertriebsanwendung mindestens eine Schnittstelle für die externe Stammdatenübermittlung verwalten. Funktionen für die Datenextraktion, -aufbereitung und übermittlung sind dabei jeweils mehrfach in den einzelnen Anwendungen implementiert. (3) Unterschiedliche Inhalte der Schnittstellen stellen einen weiteren Komplexitätsfaktor dar. Schnittstellenvarianten abhängig vom Zielmarkt, der Warengruppe oder konkreten Geschäftsbeziehung erschweren den überbetrieblichen Stammdatenabgleich. (4) Varianten in den Stammdatenmanagement-Prozessen fördern durch Unterschiede in Ablauf und Inhalt des Datenaustauschs die Schnittstellenvielfalt. Implementiert ein Handelsunternehmen bspw. abhängig vom Sortiment parallel Prozesse zur katalogbasierten, spezifikationsbasierten und lieferanten-
42
Das Beispiel ist aus Vertraulichkeitsgründen anonymisiert.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
189
geführten Artikelanlage (vgl. Abschnitt 4.3.2.3), so sind entsprechend vielfältige Schnittstellen zu verwalten. Komplexitätsreduktion durch Zentralisierung
Global
PIM PIM PIM
Lokal
Lokal
PIM
Global
Global
Global
Lokal
Lokal
PIM
Lokal
Lokal
Global
PIM
Global
Führende Industrie- und Handelsunternehmen reagieren auf die beschriebenen Herausforderungen in der überbetrieblichen Stammdatenlogistik mit einer zunehmenden Zentralisierung des globalen Stammdatenaustauschs [vgl. O'Neill/ Williams 2003, 7; Bowling et al. 2004, 18ff.; Capgemini/GCI 2004, 29]. Sie implementieren globale Anwendungen, die den überbetrieblichen Datenaustausch auf der Basis zentralisierter Stammdaten und Funktionen steuern. Die häufig mit dem Begriff Product Information Management (PIM) bezeichneten Systeme übernehmen die Rolle eines zentralen Abstimmungsknotens und steuern analog zur Funktionsweise der internen Stammdatensysteme den überbetrieblichen Datenaustausch (vgl. Abbildung 4-41).
Abbildung 4-41: Zentrale Steuerung der überbetrieblichen Stammdatenlogistik über PIMSysteme
Durch die Bildung eines einheitlichen Aus- bzw. Eingangspunktes für überbetrieblichen Stammdatenflüsse reduzieren sie die Schnittstellenkomplexität und die funktionalen Redundanzen für die beteiligten Unternehmen. Auf der Industrieseite konsolidiert das gobale PIM-System sämtliche von den Kunden angeforderte Stammdaten in einer Datenbank. Die Anwendung muss dazu Stammdaten aus den
190
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
verschiedenen lokalen Anwendungen integrieren, ggf. erhält sie die globalen Attribute aus dem zentralen Stammdatensystem. Zusätzlich wird häufig eine manuelle Ergänzung von Attributen im PIM-System notwendig sein, falls Kundenanforderungen nicht in internen Systemen abgebildet sind. Analog zum internen Stammdatenserver schafft das PIM-System eine einzige, alleinstehende Datenbasis („single source of truth“) für die überbetriebliche Stammdatenlogistik und stellt damit sicher, dass alle Kanäle und Kunden mit den gleichen, konsistenten Daten versorgt werden. Die Nutzung des PIM-Systems als zentraler Anschlusspunkt für alle kundenversorgenden Schnittstellen wie bspw. EDI-Verbindungen, Portale, Datenpoolverbindungen etc. senkt die Komplexität der Integrationsarchitektur und damit die Integrationskosten: Unternehmen können die Gesamtzahl an Schnittstellen durch die Anbindung an ein System reduzieren sowie die Schnittstellenvarianten aufgrund von abweichenden Stammdatenbedarfen und -prozessen mit einer zentralen Steuerung eingrenzen. Beispiele aus der Praxis unterstreichen die Bestrebungen der Konsumgüterindustrie, zentrale PIM-Systeme zu etablieren: •
Das Industrieunternehmen Unilever steuert die Stammdatenversorgung seiner Kunden über das interne Katalogsystem „e-Cat“. Die Anwendung auf Basis von IBM Websphere Product Center konsolidiert Stammdaten aus den internen, regionalen oder geschäftsbereichsorientierten Anwendungen, bietet Funktionen zur zentralen Datenergänzung und übermittelt die Daten an den Datenpool 1SYNC zur weiteren Verteilung an die Kunden [s. Rode 2004, 25; Bagley 2006b].
•
Der Hygieneprodukthersteller SCA konsolidierte die Schnittstellen zur Datenlieferung an seine Handelskunden über den internen „Synchronization Data Pool“ (SDP). Die Anwendung übernimmt Daten aus dem ERPSystem und steuert die Verwaltung kundenorientierter Sortimentslisten sowie die Stammdatenverteilung über den Datenpool Agentrics [s. Van Maele/Joos 2006, 15ff.].
•
Der Konsumgüterhersteller Beiersdorf ergänzt seine Systemarchitektur um ein zentrales PIM-System, das vom globalen Stammdatenserver und den lokalen ERP-Systemen mit Daten versorgt wird. Die Realisierung auf Basis des Produkts „Product Data Manager“ des niederländischen Anbieters SRC wird die Stammdatenversorgung der Kunden auf Basis von GS1Standards über den Datenpool 1SYNC steuern [s. Rupprecht 2007, 24; SRC 2007]. Handelsunternehmen setzen ein PIM-System als zentrale Anwendung für die Unterstützung der Stammdatenbeschaffung ein. Das System dient als Anschlusspunkt für alle eingehenden Stammdatenschnittstellen und verteilt die Daten nach einer internen Ergänzung an die Warenwirtschaftssysteme und weitere datenempfangende Anwendungen. In Ergänzung zur Reduktion der Schnittstellenkomplexität in der überbetrieblichen Stammdatenlogistik stiftet das PIM-System dem Handelsunternehmen Nutzen als zentrales Katalogsystem: Die Anwendung unterstützt neben der Verwaltung gelisteter Artikel auch die Administration sämtlicher Lieferantenkataloge. Sie kann somit frühe Funktionen der Sortimentsplanung, die
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
191
heute in den Warenwirtschaftssystem nicht abgebildet sind und typischerweise mit Standardbüroanwendungen abgewickelt werden, medienbruchfrei unterstützen. Beispiele aus der Praxis illustrieren den Aufbau von PIM-Systemen auf der Handelsseite: •
Die METRO Group nutzt den internen Datenkatalog „METRO Merchandise System-Catalog“ (MMS-CAT) für die Abwicklung des Stammdatenaustauschs mit Lieferanten [s. Barlatey/Macho 2007; METRO Group 2007b]. Die Anwendung unterstützt Lieferungen von neuen oder geänderten Artikelstammdaten über das Lieferantenportal Metro Link oder den Datenpool SINFOS. Neben einer Vereinfachung des Datenaustauschs hat das Katalogsystem eine zentrale Bedeutung in der Sortimentsbildung: Die Anwendung unterstützt eine effiziente Zusammenstellung von Warensortimenten und überträgt die Daten im Anschluss automatisiert an die internen Warenwirtschaftssysteme. MMS-CAT bildet heute bereits einen massgeblichen Teil der Sortimente des Konzerns ab. Langfristig plant die METRO Group, das aktuelle Sortiment aller Vertriebslinien weltweit in der Anwendung abzubilden.
•
Der US-amerikanische Baumarktkonzern Lowe’s vereinheitlicht die überbetriebliche Stammdatenlogistik über die zentrale Anwendung „Product Content Management“ (PCM). Das System konsolidiert die eingehenden Stammdatenschnittstellen und implementiert zentrale Funktionen für die Sammlung, Überprüfung, Ergänzung und Freigabe von Stammdaten. Das System ist die Ausgangsbasis für die interne Stammdatenverteilung an Anwendungen wie bspw. Warenwirtschafts- und Logistiksysteme sowie das Portal www.lowes.com [vgl. Adams 2007, 6ff.; Salandanan 2007, 12ff.].
•
Die Karstadt Warenhaus GmbH ergänzte in Zusammenarbeit mit der SAP AG ihr Warenwirtschaftssystem um eine vorgelagerte Katalogfunktion [s. Schemm/Otto 2007, 16ff.]. Die Anwendung übernimmt automatisch alle über direkte PRICAT-Verbindungen oder den Datenpool SINFOS eingehenden Artikelstammdaten und bietet dem Einkauf Funktionen für eine effiziente Artikelauswahl und -ergänzung. Nach Freigabe eines Artikels unterstützt die Anwendung eine automatische Anlage im Warenwirtschaftssystem. Der folgende Abschnitt illustriert die beschriebene zentralisierte Steuerung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements anhand von zwei detaillierteren Fallbeispielen.
192
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
4.4.1.4 Fallbeispiele Stammdatenlogistik bei Migros Ausgangssituation
G,L
G,L,V
G,L,B
Abbildung 4-42 zeigt die aktuelle Stammdatenlogistik in der Integrationsarchitektur von Migros im Überblick. Die Darstellung konzentriert sich auf die Stammdatenhaltung und -verteilung zwischen den wichtigsten warenwirtschaftlichen Anwendungen. Die Schnittstellen sind gemäss den eingeführten Schnittstellenarten als manuelle, semiautomatische und automatische Schnittstellen klassifiziert (vgl. Abschnitt 4.4.1.1).
CMS (Fachmarktportal)
CMS (Fachmarktportal)
CMS (Fachmarktportal)
CMS (Fachmarktportal)
Abbildung 4-42: Stammdatenlogistik bei Migros
Den Kern der Systemarchitektur bilden die Warenwirtschaftssysteme auf Basis von SAP for Retail. Migros betreibt zwei zentrale Systeme für die Sortimente Food/Nearfood sowie Nearfood, Nonfood und die Fachmarkt-Warengruppen. Die Frischesortimente werden regional über Warenwirtschaftssysteme der Genossenschaften bewirtschaftet, eine zentrale Stammdatenversorgung über das führende Food/Nearfood-System stellt einen harmonisierten Artikelstamm sicher. Migros übernimmt Stammdaten von den Lieferanten zur Anlage in den zentralen Systemen über drei verschiedene Kanäle:
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
193
•
Manuelle Datenübermittlung. Den Grossteil der Artikel übernimmt Migros manuell. Das Category Management fordert die entsprechenden Attribute vom Lieferanten per Email, Fax, etc. an und eröffnet den Artikel im Anschluss im Warenwirtschaftssystem.
•
Semiautomatische Datenübermittlung. Migros unterstützt die semiautomatische Datenübermittlung über zwei portalbasierte Lösungen. In den Sortimenten Food und Nearfood kann der Lieferant seine Artikeldaten im Lieferantenportal von Migros erfassen. Ein webbasiertes Workflow-System steuert die anschliessende interne Datenergänzung durch die verschiedenen beteiligten Rollen. Sind die benötigten Daten vollständig erfasst, überträgt eine zentrale Organisationseinheit die Stammdaten in das Warenwirtschaftssystem43. Über das SRM-System unterstützt Migros darüber hinaus den Prozess der spezifikationsbasierten Anlage (vgl. Abschnitt 4.3.2.3), d. h. der Lieferant übermittelt seine Artikelstammdaten als Bestandteil eines Angebots über einen Portalzugang.
•
Automatische Datenübermittlung. Für zwei Lieferanten hat Migros eine automatisierte, lieferantengeführte Artikelanlage über eine PRICAT-Schnittstelle implementiert (vgl. Abschnitt 4.3.2.3). Nach der Ergänzung handelsinterner Daten wie bspw. Verkaufs- und Listungsdaten verteilen die Warenwirtschaftssysteme die Stammdaten weiter über den Abstimmungsknoten Gemeinsame Daten (GD). Die auf Basis einer Oracle-Datenbank entwickelte Anwendung dient als zentrale Datendrehscheibe im MigrosKonzern. Sie erhält Grund, Logistik- und Verkaufsdaten aus den Warenwirtschaftssystemen und stellt sie den verschiedenen Datenabnehmern wie bspw. den Lagerverwaltungssystemen der Zentral- und Regionallager sowie den Filialsystemen in Form abrufbarer, materialisierter Sichten zur Verfügung. Neben der Versorgung der Verkaufssysteme in den Filialen spielt für Migros die Produktkommunikation über Online-Kanäle wie bspw. Portale eine zunehmend wichtige Rolle. Die Verteilung von Artikelinformationen an die verschiedenen Konsumentenportale erfolgt heute noch zum Grossteil manuell. Die Fachmarkt-Portale bieten dem Konsumenten Produktinformationen und Zusatzdienste wie bspw. Vergleichassistenten in den Sortimenten Baumarkt, Elektronik, Möbel und Sport. Das Warenwirtschaftssystem versorgt die Portale über eine automatische Schnittstelle mit den Artikelgrunddaten. Marketingfunktionen ergänzen die Produktinformationen in den Portalen vor der Publikation um Spezifikationsdaten in Form von Bildern, Produktspezifikationen, Werbetexten, etc. Die von einem externen Dienstleister betriebene Mediendatenbank unterstützt dabei als zentraler Datenspeicher für semistrukturierte Daten wie bspw. Produktbilder, Handzettel, Werbeinserate oder Kataloge. Das M-Portal ist der zentrale Einstiegspunkt in das Online-Angebot von Migros. Die Anwendung bietet dem Konsumenten u. a. Informationen zu Artikeln aus den Frische-, Food- und Nearfood-Sortimenten in
43
Eine Schnittstelle zur automatisierten Übernahme der Daten aus dem Lieferantenportal direkt in das Warenwirtschaftssystem befindet sich in der Umsetzung.
194
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Form von aktuellen Angeboten. Mitarbeiter aus der zentralen Kommunikationsabteilung pflegen die Produktinformationen im M-Portal grösstenteils manuell. Eine Ausnahme bildet eine Schnittstelle zur Werbemittelerstellung. Die von einem externen Dienstleister betriebene Anwendung erlaubt die automatische Übernahme von Produktdaten aus aktuellen Aktionen in das Portal. Die beschriebene Ist-Situation der Stammdatenlogistik bei Migros bedingt eine Menge von organisatorischen und technischen Herausforderungen. Ein Problembereich besteht in der Datenbeschaffung von den Lieferanten. Der Grossteil der Artikel wird rein manuell übertragen und in den Warenwirtschaftssystemen eröffnet, was Datenpflegeaufwände im Category Management und mögliche Fehlerquellen bei der Datenübertragung verursacht. Die automatischen und teilautomatisierten Datenübertragungen fliessen jeweils über verschiedene Systeme in die Warenwirtschaft. Eine Harmonisierung der Datenflüsse kann die Komplexität der Integrationsarchitektur sowie damit verbundene Betriebs- und Wartungsaufwände der Schnittstellen reduzieren. Im Bereich der internen Datenverteilung ist insbesondere die Informationsversorgung der marktorientierten Portalanwendungen verbesserungsfähig. Obwohl ein grosser Teil der benötigten Stammdaten bereits in internen Systemen vorliegt, ist die Situation durch eine mehrfache Datenerfassung geprägt: Aufgrund der schwachen Integration der einzelnen Anwendungen erfassen Mitarbeiter die gleichen Stammdaten bspw. in den Warenwirtschaftssystemen, den Fachmarkt-Portalen und der Werbemittelerstellung. Im Bereich der Spezifikationsdaten ist darüber hinaus keine eindeutig führende Quelle bspw. für Werbetexte und Produktspezifikationen definiert. Neben den Aufwänden für die redundante Datenpflege sind insbesondere die Auswirkungen im Fall von Übertragungsfehlern problematisch. So stellt die bestehende Stammdatenlogistik bspw. nicht automatisiert sicher, dass die in den Portalen gepflegten Preisinformationen mit den Verkaufspreisen in den Kassensystemen übereinstimmen. Zielarchitektur Aufgrund der skizzierten Herausforderungen entwickelte Migros im Rahmen einer Studie eine langfristige Zielarchitektur für die Stammdatenlogistik. Die Zielarchitektur beschreibt die Vision der zukünftigen Stammdatenhaltung und -verteilung und dient als Leitlinie für anstehende Architekturentscheidungen. Den Kern der zukünftigen Architektur bildet eine Anwendung für das Product Information Management (PIM), welche als zentrales System den Grossteil der Stammdatenlogistik bei Migros steuert (vgl. Abbildung 4-43).
195
G,L,B
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
G,L,B,V G,L G,L,V,S CMS (Fachmarktportal)
CMS (Fachmarktportal)
CMS (Fachmarktportal)
CMS (Fachmarktportal)
G,L,B,S
Abbildung 4-43: Langfristige Zielarchitektur der Stammdatenlogistik bei Migros
Das PIM-System übernimmt in der Zielarchitektur drei wesentliche Funktionen: •
Zentraler Eingangspunkt in der Datenbeschaffung. Das PIM-System erfasst führend alle eingehenden Artikeldaten. Lieferanten können Daten über automatisierte Schnittstellen liefern oder über eine Portaloberfläche (bspw. integriert in das Lieferantenportal) einpflegen. Auch im Fall einer komplett manuellen Datenübermittlung durch den Lieferanten pflegt das Category Management die Stammdaten führend im PIM-System, Artikelspezifikationen im Rahmen von Ausschreibungen werden aus dem SRM-System übernommen. Das PIM-System unterstützt die Mitarbeiter bereits in der Stammdatenbeschaffung (vgl. Abschnitt 4.3.2.2) und unterstützt somit sowohl die Verwaltung aktiver Artikel, als auch Artikel, für die noch kein Listungsentscheid gefallen ist.
•
Zentrale Pflege von Stammdaten. Nach Datenlieferung durch den Lieferanten ergänzen die internen Organisationseinheiten die Sichten und Attribute ihres Zuständigkeitsbereichs im PIM-System, d. h. ein Grossteil der Produkt-
196
4 Architektur für das Stammdatenmanagement stammdaten wird führend in dieser Anwendung angelegt44. Durch Workflows zur Datenpflege und hinterlegte Verantwortlichkeiten für Datenattribute und sichten stellt das PIM-System sicher, dass alle Produktinformationen zeitnah und vollständig gepflegt werden.
•
Zentral gesteuerte Datenverteilung an interne Systeme. Das PIM-System übernimmt die Verteilung von Produktinformationen an die weiteren Anwendungen. Es zentralisiert die bisher im Warenwirtschafts- und GD-System implementierten Funktionen zur Stammdatenverteilung und bietet den externen Systemen harmonisierte Schnittstellen für den Zugriff auf Grund-, Logistik-, Bestell-, Spezifikations- und Verkaufsdaten. Bspw. verteilt die Anwendung die benötigten Stammdaten an die verschiedenen Portale und die Werbemittelerstellung. Die Zentralisierung und Standardisierung des Zugriffs auf Produktinformationen vereinfacht die Anbindung neuer Anwendungen, wie bspw. Kiosksysteme in den Filialen oder Online-Shops. Die skizzierte Zielarchitektur der Stammdatenlogistik bedingt umfangreiche Anpassungen der bestehenden Anwendungs- und Schnittstellenlandschaft und ist kurz- bis mittelfristig nicht vollständig zu realisieren. Ein dreistufiges Phasenkonzept erlaubt eine schrittweise Umsetzung der Zielarchitektur (s. Tabelle 4-25). Phase
Beschreibung
1
Abstimmungsknoten für Spezifikationsdaten. In einer ersten Phase beschränkt sich der Einsatz des PIM-Systems auf die zentrale Verwaltung der Daten für die Versorgung der marktorientierten Anwendungen. Das PIM-System übernimmt die Stammdaten aus der Warenwirtschaft und dient in dieser Phase in Funktion eines Abstimmungsknotens als zentrale Datenquelle für die Portale und die Werbemittelerstellung.
2
Zentralisierung der Datenbeschaffung. In der zweiten Phase übernimmt das PIM-System zusätzlich die Datenbeschaffung. Es steuert führend die Artikelanlage und bildet den zentralen Eingangspunkt für alle Schnittstellen zu den Lieferanten. Die Warenwirtschaft bleibt führend für bestimmte handelsinterne Daten wie bspw. Listungsdaten, welche das PIM-System bei Bedarf von dort übernimmt. Die Portale und Werbemittelerstellung beziehen ihre Produktinformationen aus dem PIM-System, die Datenverteilung an alle weiteren Systeme steuern weiterhin das Warenwirtschafts- und GD-System.
3
Übernahme der Datenverteilung. Mit der sukzessiven Übernahme der Datenverteilungsfunktionen von der Warenwirtschaft und dem GD-System realisiert die dritte Phase die langfristige Zielarchitektur der Stammdatenlogistik. Tabelle 4-25: Phasenkonzept zur Umsetzung der Zielarchitektur
44
Ausgenommen sind Sichten und Attribute, die intern nur in einer einzigen Anwendung Verwendung finden. Ein Beispiel bilden die Einkaufsdaten, die voraussichtlich weiterhin führend im Warenwirtschaftssystem gepflegt werden.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
197
Stammdatenlogistik bei Mars Ausgangssituation Mars Inc. ist ein weltweit agierender Konsumgüterhersteller mit Schwerpunkten in den Geschäftsfeldern Süsswaren und Tiernahrung. In 2004 erwirtschaftete das familiengeführte Unternehmen mit knapp 40'000 Mitarbeitern in 65 Ländervertretungen einen geschätzten Jahresumsatz von ca. $ 19 Mrd. Anhang B.4 liefert weitere Informationen zum Unternehmen Mars in Form eines kurzen Unternehmensprofils. Die Implementierung der internen Stammdatenlogistik bei Mars zeigt ein für grössere Industrieunternehmen typisches Muster eines zentralen Stammdatensystems (vgl. Abbildung 4-44). Mars Region Gesellschaft
Amerika
Asien
Europa
Regionsübergreifend
EPAP
Gesellschaftsübergreifend
EuroItem NAIRDS Global Reference Data (GRD)
Gesellschaft 1 Gesellschaft 2 Gesellschaft 3
ERP Amerika
ERP Asien
ERP Europa
Gesellschaft n
Anwendung
Automatische Schnittstelle
Manuelle Schnittstelle
Abbildung 4-44: Interne Stammdatenlogistik bei Mars
Die Anwendung Global Reference Data (GRD) fungiert als zentraler Stammdatenserver: die Mitarbeiter der verschiedenen Mars-Gesellschaften erfassen die insgesamt ca. 170 global harmonisierten Attribute eines Fertigartikels in diesem System, welches die Daten periodisch an die regional organisierten Geschäftssysteme verteilt. In den regionalen Systemen ergänzen Mitarbeiter die Datensätze um lokale Attribute. Sowohl GRD wie auch die Geschäftssysteme
198
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
basieren auf SAP R/3, was die automatisierte Stammdatenverteilung aufgrund des homogenen Daten- und Funktionsmodells vereinfacht. Mars nutzt den von SAP gelieferten Verteilungsmechanismus Application Linking and Embedding (ALE) [vgl. Schissler et al. 2001, 26ff.] für die Verteilung neuer und aktualisierter Stammdaten. Drei vorgelagerte Systeme stellen Teile des Artikelstamms für die Erfassung in GRD bereit. Die zentrale Anwendung European Pipeline Activity Planning (EPAP) unterstützt das Produktmanagement bei der Einsteuerung neuer Produkte. Die auf Lotus Notes basierte Anwendung unterstützt den sukzessiven Aufbau von Artikelstammdaten im Rahmen der Produktinnovationsprozesse durch Workflows zur Datenpflege. Fällt der endgültige Entscheid für die Einführung eines Produkts, werden Teile der EPAP-Daten manuell in das GRD-System übernommen. Die Regionen Amerika und Europa legen die neuen Fertigartikel heute noch initial in den vorgelagerten Systemen North American Item Reference Data System (NAIRDS) und EuroItem an, welche über automatisierte Schnittstellen mit GRD verbunden sind. Diese Legacy-Anwendungen werden voraussichtlich bis 2010 abgeschafft, so dass GRD als einziges zentrales System die Datenanlage und -verteilung steuert. Im Gegensatz zur unternehmensinternen Stammdatenhaltung und -verteilung basiert der Stammdatenaustausch mit Kunden aus dem Handel zum Grossteil auf manuellen Prozessen. Abbildung 4-45 illustriert die resultierenden Problembereiche anhand einer groben Darstellung der Ist-Situation des überbetrieblichen Datenaustauschs in einem europäischen Markt. Mars
Datenpool
EPAP
Datenpool
Produktdatenblatt
EuroItem Marketing GRD
Kunde
Account Mgmt.
Mitarbeiter
Hauptliste Produktdaten
Produktdatenblatt Aussendienst
ERP Europa
Mitarbeiter Produktdatenblatt
Vertrieb Anwendung
Rolle
Dokument
Mitarbeiter Automatische Schnittstelle
Manuelle Schnittstelle
Abbildung 4-45: Problembereiche der überbetrieblichen Stammdatenlogistik
Die Analyse verdeutlicht, dass nicht die ERP-Systeme, sondern eine Menge von zusätzlichen Produktdatenblättern auf Basis von Excel-Tabellen die Basis für die Stammdatenkommunikation zum Kunden bilden. Verschiedene unternehmensinterne Rollen bereiten auf Basis einer durch das zentrale Marketing erstellten Hauptliste kundenindividuelle Produktdatenblätter auf und übermitteln diese über
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
199
verschiedene Kommunikationskanäle an die Handelspartner. Neben einer direkten Übermittlung bspw. per Email oder Telefax kommen in einigen Kundenbeziehungen auch lokale Datenpools zum Einsatz, wobei die Daten auch in diesem Fall manuell übertragen werden. Die dargestellte Ist-Situation des überbetrieblichen Stammdatenabgleichs ist charakterisiert durch eine Reihe von Problembereichen: •
Redundante Datenhaltung. Durch die zahlreichen Produktdatenblätter hält Mars die für den Kunden relevanten Artikelstammdaten zusätzlich zu den Datenbanken der ERP-Systeme an mehreren Orten. Verbunden mit der manuellen Datenübertragung fördert die redundante Datenhaltung die Entstehung von Fehlern in den Stammdaten. Bei Abweichungen zwischen den einzelnen Datenbanken ist nicht klar, welche Kopie die korrekten Daten enthält.
•
Parallele Kommunikationskanäle zum Kunden. Der gleiche Kunde bekommt von Mars unter Umständen Produktdaten über verschiedene Kanäle, bspw. vom Account Mangement, Aussendienst oder Vertrieb. Durch die redundante Datenhaltung kann es zu abweichenden Inhalten in den einzelnen Kanälen kommen, so dass der Kunde im Fehlerfall von verschiedenen Ansprechpartnern inkonsistente Daten erhält. Darüber hinaus sind die Inhalte der einzelnen Kanäle nicht standardisiert, d. h. verschiedene Kunden oder verschiedene Ansprechpartner eines Kunden werden unter Umständen mit unterschiedlichen Datenattributen versorgt.
•
Manuelle Datenpflegeaufwände. Die einzelnen Rollen im Marketing, Account Management oder Vertrieb bereiten die Produktdatenblätter jeweils kundenspezifisch auf. Die fehlende Standardisierung und Systemunterstützung führt an diesen Stellen zu vermeidbaren manuellen Aufwänden zur Datenpflege, -kopie und -aufbereitung. Die skizzierten Problembereiche führten gemeinsam mit den Anforderungen einzelner Kunden an eine zunehmende Standardisierung des überbetrieblichen Stammdatenabgleichs zur Entwicklung der im folgenden Abschnitt beschriebenen Lösung zum überbetrieblichen Stammdatenaustausch mit Handelskunden. Zielarchitektur Mars betrachtet das GDSN (vgl. Abschnitt 4.4.1.3) als strategische Basis für den zukünftigen Stammdatenaustausch mit dem Handel. Bis 2010 möchte das Unternehmen eine führende Rolle in der GDSN-Umsetzung erreichen und alle Produktgruppen in der GS1 Global Registry zur Verfügung stellen. Die wichtigsten Kunden in den umsatzstärksten Märkten sollen bis zu diesem Zeitpunkt über das GDSN mit Produktstammdaten versorgt werden. Bei der Implementierung der überbetrieblichen Stammdatensynchronisation setzt das Unternehmen auf eine zentrale Lösung um die vorab beschriebenen Datenredundanzen und Pflegeaufwände zu reduzieren. Mars implementierte die wesentlichen Funktionen zur externen Stammdatensynchronisation in der zentralen Anwendung Customer Private Exchange (CPE) (vgl. Abbildung 4-46).
200
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-46: Zielarchitektur der überbetrieblichen Stammdatenlogistik bei Mars
Die auf SAP CRM basierende Anwendung übernimmt die Rolle eines Abstimmungsknotens für die zentrale Steuerung der Stammdatenverteilung an die Kunden. Die Anwendung verwaltet insgesamt 91 Stammdatenattribute zur Beschreibung von Fertigprodukten. Das Datenmodell basiert auf dem GS1-Standard zur Beschreibung von Artikeln (vgl. Abschnitt 3.2.2.4) und umfasst die Pflichtfelder sowie für die Produktgruppen geeignete und mit Kundenanforderungen übereinstimmende Attribute. CPE erhält die Stammdaten zu Fertigartikeln über eine automatisierte ALESchnittstelle aus dem europäischen ERP-System, da einige Attribute wie bspw. Preise oder Steuerklassen lokal sind. Die Mitarbeiter der lokalen Gesellschaften ergänzen die fehlenden Attribute im CPE-System und können die Daten automatisch an den Datenpool GXS übertragen und für ausgewählte Kunden freischalten. Die Handelsunternehmen erhalten damit über ihren an das GDSN angeschlossenen Home-Datenpool Zugriff auf die Produktdaten. Neben dem Datenabgleich über das GDSN unterstützt CPE zwei weitere Arten der direkten Datenübermittlung an den Handel: •
•
Im Fall der automatischen Übermittlung senden die Mitarbeiter die Artikelstammdaten über eine direkte EDI-Verbindung im PRICAT-Format an den Händler.
Im Fall der manuellen Übermittlung exportieren die Mars-Mitarbeiter ein standardisiertes Produktdatenblatt im Excel-Format aus CPE und übermitteln dieses an den Kunden. Die beschriebene Verwendung von CPE als zentrale Datenbasis für die externe Stammdatensynchronisation reduziert interne Datenredundanzen und stellt sicher, dass unabhängig vom verwendeten Kommunikationskanal (GDSN, EDI, Excel) dieselben Attribute und Inhalte an den Kunden übermittelt werden. Zusätzlich reduziert sie die Aufwände zur Datenpflege, da die Stammdaten für verschiedene Kunden nur einmal im System aufbereitet werden müssen.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
201
Mars hat CPE im Jahr 2002 produktiv geschaltet, zum aktuellen Zeitpunkt versorgt die Lösung insgesamt 28 Handelskunden operativ mit Produktstammdaten (vgl. Abbildung 4-47).
Abbildung 4-47: Operative Synchronisationsverbindungen über CPE
Der US-amerikanische Markt ist führend bei der Einführung von GDSN-basierten Anbindungen, in Europa sind je ein Handelskunde in Italien und in der Schweiz produktiv. In Kanada und Schweden sind insgesamt 15 Kunden über eine EANCOM-basierte Datenverbindung an CPE angeschlossen. Zahlreiche kleinere Kunden werden in diesen Ländern über die Excel-Schnittstelle mit Daten versorgt. Mars plant den weiteren Rollout der Lösung in Abhängigkeit von den Kundenanforderungen und der Grösse und Bedeutung der Zielmärkte. Bis Ende 2007 plant das Unternehmen, weitere Kunden in Grossbritannien, Dänemark, den Niederlanden und Portugal anzuschliessen. 4.4.1.5 Zusammenfassung und Folgerungen Zentrale bzw. führende Systeme dominieren die interne Stammdatenlogistik in Industrie- und Handelsunternehmen. Die Datenerfassung in einer einheitlichen Datenbank und die zentrale Steuerung der Datenverteilung sichert die anwendungsübergreifende Konsistenz der Stammdaten. Im Umfeld der logistischen Prozesse mit Unterstützung durch ERP- oder Warenwirtschaftssysteme ist die Stammdatenlogistik weitestgehend automatisiert. Vor- und nachgelagerte Integrationsbereiche wie bspw. Produktinnovation, Marketing oder Vertrieb sind durch Medienbrüche und manuelle Datenversorgung gekennzeichnet. Die überbetriebliche Stammdatenlogistik konfrontiert Industrie- und Handelsunternehmen aufgrund der Vielfalt an Geschäftsbeziehungen, Prozessvarianten, Interaktionsvarianten, Integrationsmechanismen, Datenanforderungen und beteiligten Anwendungen mit einer enormen Schnittstellenkomplexität. Analog zur internen Datenverteilung reduziert die Zentralisierung von Daten und Funktionen in globalen PIM-Systemen die Komplexität der Integrationsarchitektur und damit die Integrationskosten. Die PIM-Systeme ermöglichen die Steuerung des
202
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
überbetrieblichen Datenaustauschs über verschiedene Interaktionsformen (bilateral, zentralisiert, föderiert) und -mechanismen (EDI, XML, Portal, Excel, etc.) auf Basis einheitlicher Funktionen und Daten. Sie steigern damit die Qualität der ausgetauschten Daten und reduzieren Aufwände für Implementierung, Wartung und Betrieb von Schnittstellen. Fallbeispiele aus Industrie und Handel illustrieren die Implementierung globaler Anwendungen zur Steuerung der Stammdatensynchronisation in der Praxis. Die Mehrzahl der heute produktiven Anwendungen ist auf eine geringe Anzahl an Geschäftsbeziehungen und Datenattributen beschränkt. Eine konsequente Einführung sowohl in der Breite der Geschäftsbeziehungen als auch im Umfang der Stammdaten (bspw. inkl. Spezifikationsdaten) wird aufgrund der massiven Auswirkungen auf die interne Anwendungs- und Schnittstellenlandschaft in der Mehrzahl der Fälle noch mehrere Jahre beanspruchen.
4.4.2
Funktionsarchitektur
Die Funktionsarchitektur identifiziert Funktionen für die informationstechnische Unterstützung des Stammdatenmanagements. Sie charakterisiert typische Funktionsbereiche einer Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement und illustriert den Nutzenbeitrag der Funktionen anhand von praktischen Umsetzungen in Handel und Industrie (s. Abschnitt 4.4.2.1). Ein Überblick über den Standardsoftwaremarkt im Bereich Stammdatenmanagement charakterisiert verschiedene Systemtypen mit unterschiedlichen funktionalen Schwerpunkten und entprechenden Einsatzbereichen (s. Abschnitt 4.4.2.2). 4.4.2.1 Funktionsbereiche im Stammdatenmanagement Die Funktionsarchitektur bestimmt die systemseitige Unterstützung von Aufgaben im Stammdatenmanagement. Sie gliedert die Systemarchitektur gemäss ihrer funktionalen Bestandteile. Klassifizierungen der Funktionsbereiche von Produktdatenmanagement- bzw. Produktinformationsmanagement-Systemen [s. Mucha et al. 2002, 16ff.; Kett/Mucha 2006, 3ff.] bieten eine Grundstruktur für die Systematisierung von funktionalen Anforderungen an die Unterstützung des Stammdatenmanagements. Das Buch differenziert im Folgenden acht grundlegende Funktionsbereiche, die ein Stammdatenmanagement-System45 abdecken sollte (vgl. Abbildung 4-48).
45
Die Funktionen müssen nicht zwingend in einem System liegen, sondern können auch über mehrere Anwendungen verteilt sein.
Datenverteilung
Katalogmanagement
Datenaufbereitung und -konvertierung
System- und Datenintegration
203
Querschnittsfunktionen
Primäre Funktionsbereiche
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-48: Funktionsbereiche im Stammdatenmanagement
Die primären Funktionsbereiche bündeln Funktionen für die direkte Unterstützung von Aufgaben in den Stammdatenmanagement-Prozessen. Die Bereiche Systemund Datenintegration, Datenaufbereitung und -konvertierung sowie Dateneingabe und -pflege unterstützen die Stammdatenbearbeitung in den Bereitstellungs- bzw. Beschaffungs-, Anlage-, und Änderungsprozessen (vgl. Abschnitt 4.3.2): •
Der Funktionsbereich System- und Datenintegration unterstützt den automatischen oder halbautomatischen Import von Daten aus verschiedenen Quellsystemen. Er umfasst Funktionen und standardisierte Schnittstellen für die Anbindung heterogener Anwendungen und Plattformen.
•
Die Datenaufbereitung und -konvertierung schliesst sich im Rahmen von Importvorgängen an die System- und Datenintegration an und übersetzt eingelesene Daten in die Datenstruktur des Stammdatenmanagement-Systems. Die automatische Datenaufbereitung reduziert Datenpflegeaufwände und fördert eine hohe Datenqualität.
•
Die Dateneingabe und -pflege bündelt alle Funktionen der direkten Datenbearbeitung im System. Sie bietet dem Anwender in einer Oberfläche vielfältige Funktionen zur einfachen Selektion, Anlage, Löschung und Änderung von Daten. Industrie- und Handelsunternehmen haben in der Vergangenheit in vielen Fällen individuelle Lösungen zur Abdeckung der skizzierten Funktionsbereiche entwickelt. Beispiele illustrieren Ausprägungen entwickelter StammdatenmanagementFunktionen in der Praxis: •
Das von Mars entwickelte CPE-System (vgl. Abschnitt 4.4.1.4) basiert im Gegensatz zu den führenden ERP-Systemen nicht auf dem SAP-Materialstamm, sondern implementiert einen Auszug des GS1-Artikeldatenmodells (vgl. Abschnitt 3.2.2.4). Im Rahmen der Datenübernahme von den führen-
204
4 Architektur für das Stammdatenmanagement den ERP-Systemen übersetzt die Anwendung das SAP-Datenmodell mittels automatisierter Transformations- und Mappingfunktionen in das GS1Datenmodell. Fehlende Attribute belegt die Anwendung regelbasiert mit Vorgabewerten, was den Datenpflegeaufwand für die Mitarbeiter stark reduziert.
•
Die Karstadt Warenhaus GmbH ist insbesondere in den Warengruppen Fashion und Sport aufgrund von kurzen Sortimentszyklen und variantenreichen Artikeln mit hohen Datenpflegeaufwänden konfrontiert. Das Unternehmen entwickelte in Zusammenarbeit mit der SAP AG ein Katalogsystem, dass die Stammdatenbeschaffung von Lieferanten und die Übernahme in die interne Warenwirtschaft unterstützt. Neben der Übersetzung der eingehenden PRICAT-Daten in das SAP-Datenmodell bietet die Anwendung eine Vielzahl von Funktionen für eine effiziente Datenergänzung. Beispiele sind eine individuell konfigurierbare Listendarstellung von Artikeln inkl. Varianten, flexible Sortier- und Selektionsfunktionen, Abweichungsanzeigen bei Datenänderungen und eine umfassende Unterstützung der Massendatenbearbeitung [s. Schemm/Otto 2007, 17ff.].
•
Der international tätige Konsumgüterhersteller Gamma46 steuert seine interne Stammdatenhaltung und -verteilung über einen zentralen Stammdatenserver (vgl. Abschnitt 4.4.1.2) auf Basis von SAP R/3. Das Unternehmen ergänzte die Anwendung um verschiedene Funktionen für eine vereinfachte Stammdatenbearbeitung. Abbildung 4-49 zeigt als Beispiel schematisch eine Transaktion zur Pflege der Logistikdaten. Die Transaktion bringt die wesentlichen Logistikdaten für einen Artikel in einer Bildschirmmaske zusammen. Durch die in der Abbildung skizzierte standardisierte und automatisierte Kalkulation vieler Attribute reduziert die Transaktion den Pflegeaufwand und erhöht die Qualität der gespeicherten Stammdaten.
Abbildung 4-49: Transaktion zur Pflege der Logistikdaten
46
Das Fallbeispiel ist aus Vertraulichkeitsgründen anonymisiert.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
205
Die übrigen primären Funktionsbereiche unterstützen die Verteilung von Stammdaten im Rahmen von Anlage- und Änderungsprozessen: •
Das Katalogmanagement strukturiert und verwaltet Datenkataloge für verschiedene Anwendungsbereiche oder Zielgruppen wie bspw. Filialsysteme oder Kunden. Die verwendungsorientierte Organisation der Stammdaten in Form von Katalogen ist Voraussetzung für die Datenverteilung.
•
Die Datenverteilung steuert die Übermittlung ausgewählter Kataloge oder Daten an eine Menge von Zielanwendungen. Abhängig von Anforderungen der Datenempfänger unterstützt sie unterschiedliche Ausgabeformate und Integrationsmechanismen. Das von Mars entwickelte CPE-System (vgl. Abschnitt 4.4.1.4) bildet beim Datenimport automatisch Kataloge basierend auf dem internen Artikelstatus und den Zielmärkten in den Länderorganisationen. Die Anwendung unterstützt die Datenverteilung über einen mehrstufigen Dialog, der sich an der standardisierten Nachrichteninteraktion im GDSN (vgl. Abschnitt 4.4.1.3) orientiert (s. Abbildung 4-50). Über verschiedene „Action Requests“ kann der Mitarbeiter GDSN-Nachrichten erzeugen, die im Anschluss zum Versand an die Anwendung SAP XI übergeben werden. Der Dialog bietet dem Anwender eine Übersicht des aktuellen Stands der Datenpflege und -verteilung auf Ebene der logistischen Einheiten: Im Ampelformat liefert die Anwendung Informationen zum Stand der Freigabe, Validierung, Registrierung und Publikation eines Artikels. Neben der GDSN-Kommunikation bietet CPE die Möglichkeit, die Artikelstammdaten in einem EANCOM-Format per EDI direkt an den Kunden zu senden oder in einem Excel-Format für die manuelle Verteilung zu exportieren.
206
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-50: Screenshot CPE-Konsole
Die Querschnittsfunktionen ergänzen die primären Funktionsbereiche um aufgabenübergreifende Funktionen im Stammdatenmanagement: •
Die Qualitätssicherung und Validierung gewährleistet die Qualität der verwalteten Stammdaten (vgl. Abschnitt 4.3.1.2). Während reaktive Validierungsfunktionen die regelmässige Erstellung von Prüfprotokollen und eine Einleitung von Korrekturen ermöglichen, überprüfen aktive Validierungsfunktionen die Datenqualität bereits vor dem Eingang ins System [vgl. Mucha et al. 2002, 38; Miller 2006].
•
Die Workflowunterstützung koordiniert die Verwaltung und Pflege von Stammdaten über mehrere verteilte Rollen. Aufgrund der häufig stark arbeitsteiligen organisatorischen Aufteilung von StammdatenmanagementProzessen (vgl. Abschnitt 4.3.2) bieten sich Workflows als Integrationsmechanismus für die Steuerung von Anlage-, Änderungs- und Auslaufprozessen an [vgl. Fletcher et al. 2004, 125ff.; Scheer et al. 2006, 240 ff.].
•
Das Monitoring bietet Funktionen zur Überwachung und Kontrolle der Stammdatenverwaltung. Ein typisches Anwendungsgebiet ist die Überwachung workflowgestützter Stammdatenmanagemement-Prozesse [vgl. Scheer et al. 2006, 243]. Zusätzlich fallen in diesem Bereich alle Funktionen zur Messung und Darstellung von Kennzahlen für die Leistungsbeurteilung des Stammdatenmanagements (vgl. Abschnitt 4.3.1.2) sowie die Kontrolle der Datenverteilung.
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
207
Ein Fallbeispiel aus der Praxis illustriert den Wertbeitrag einer kombinierten Workflow- und Monitoringlösung im Stammdatenmanagement: Der Henkel-Konzern steuert sein globales Stammdatenmanagement über einen zentralen Stammdatenserver auf Basis von SAP R/3 und einer ALE-basierten Verteilung in lokale Geschäftssysteme. Die Stammdatenpflegeprozesse von Henkel erstrecken sich über eine Vielzahl von Rollen, Organisationseinheiten und Systemen. Um die damit verbundenen Koordinationsaufwände und Durchlaufzeiten zu senken, implementierte Henkel durchgängige Workflows für die Steuerung von Anlage-, Änderungs- und Auslaufprozessen. Die Workflows bilden bspw. die Stammdatenanlageprozesse durchgängig über mehrere Systeme ab: •
Workflow-Funktionen in Lotus Notes und Web-Formulare unterstützen die frühen Phasen der Artikelanforderung und Grunddatenspezifikation.
•
Mit Anforderung der konzernweiten Artikelnummer werden die Grunddaten automatisiert an das globale SAP-System übergeben. Der Stammdatenserver erzeugt einen Workflow, der die Pflege der weiteren globalen Artikelstammdaten steuert.
•
Mit der Stammdatenverteilung übergibt das globale System die Steuerung an die lokalen Systeme: Workflows in den betroffenen Geschäftssystemen übernehmen die Prozesssteuerung bis zur Freigabe des Artikels.
Eine auf Basis von Lotus Notes realisierte Monitoring-Komponente liefert Zustandsinformationen über laufende Workflows in Echtzeit. Die Mitarbeiter erhalten pro gestarteter Workflow-Instanz eine Übersicht über den Status der erreichten Meilensteine und können somit bspw. bei Verzögerungen zeitnah reagieren. Abbildung 4-51 zeigt die webbasierte, graphische Benutzeroberfläche der Monitoring-Komponente am Beispiel des Geschäftsbereichs Kosmetik. Das Hauptfenster enthält eine tabellarische Übersicht der aktiven Workflows. Je Workflow zeigt das Monitoring anhand von graphischen Symbolen den aktuellen Erfüllungsstand der definierten Meilensteine. Die Meilensteine definieren die wesentlichen Fortschrittspunkte im Workflow, wie bspw. „Artikelnummer vergeben“, „Vertriebsdaten gepflegt“ oder „Kalkulation angelegt“. Neben dem aktuellen Fortschritt eines Workflows enthalten die Zustandsangaben auch Informationen zur Erreichung der definierten Soll-Vorgaben pro Meilenstein. Selektions- und Sortiermöglichkeiten erlauben eine einfache Auswahl der angezeigten Workflows. Zusätzlich lassen sich die Daten zur weiteren Verarbeitung in Excel importieren.
208
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
Abbildung 4-51: Screenshot Workflow-Monitoring bei Henkel
Tabelle 4-26 fasst die beschriebenen Funktionsbereiche im Stammdatenmanagement mit Beispielen zusammen. Funktionsbereich
Beschreibung
Beispiele für Funktionen
System- und Datenintegration
Der Funktionsbereich unterstützt den automatischen oder halbautomatischen Import von Daten aus verschiedenen Quellsystemen.
• Unterstützung verschiedener Datenformate und Integrationsmechanismen
Der Funktionsbereich übersetzt eingelesene Daten in die Datenstruktur des Stammdatenmanagementsystems.
• Selektions-, Abbildungs- und Transformationsregeln
Datenaufbereitung und -konvertierung
• Vorkonfigurierte Schnittstellen zur Anbindung an Standardsoftware wie bspw. ERPSysteme • Zeitplanung und Protokollierung des Datenimports
• Datenabgleichsfunktionen (Matching) • Regelbasierte Datenergänzung
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
Funktionsbereich
Beschreibung
Beispiele für Funktionen
Dateneingabe- und pflege
Der Funktionsbereich bündelt alle Funktionen der direkten Datenbearbeitung im Stammdatenmanagementsystem.
• Komplexe Such- und Sortierfunktionen
209
• Rollenbasierte Zugriffs- und Rechtevergabe • Funktionen zur Massendatenbearbeitung • Benutzerfreundliche Darstellung von Stücklisten • Auswahllisten • Versionsverwaltung
Katalogmanagement
Der Funktionsbereich strukturiert und verwaltet Datenkataloge für verschiedene Anwendungs-bereiche oder Zielgruppen.
• Datenauswahlfunktionen
Datenverteilung
Der Funktionsbereich steuert die Übermittlung ausgewählter Kataloge oder Daten an eine Menge von Zielanwendungen.
• Unterstützung verschiedener Ausgabeformate und Integrationsmechanismen
Qualitätssicherung und Validierung
Der Funktionsbereich gewährleistet die Qualität der verwalteten Stammdaten.
• Definition von Validierungsregeln
Workflowunterstützung
Der Funktionsbereich koordiniert die Verwaltung und Pflege von Produktinformationen und Katalogen über mehrere beteiligte Rollen.
• Klassische Workflow-Management-Funktionen
Monitoring
Der Funktionsbereich überwacht und kontrolliert die Stammdatenverwaltung.
• Funktionen für das Prozess- bzw. Workflow-Monitoring
• Versions- und Gültigkeitsverwaltung • Mehrsprachigkeit und Regionalisierung
• Vorkonfigurierte Schnittstellen für standardisierte Ausgabeformate (bspw. PRICAT, GDSN-Nachrichten) • Zeitplanung und Protokollierung der Datenverteilung • Aktive und passive Validierungsfunktionen • Berichtserstellung
• Vordefinierte Workflows für die Anlage, Änderung oder Auslauf
• Messung und Darstellung von Kennzahlen • Kontrolle der Datenverteilung
Tabelle 4-26: Funktionsbereiche und -beispiele im Stammdatenmanagement
210
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
4.4.2.2 Standardsoftware für das Stammdatenmanagement Funktionale Unterstützung für das Stammdatenmanagement war in der Vergangenheit begrenzt auf einfache Transaktionen zur Anlage, Änderung und Löschung von Stammdaten in den jeweiligen Anwendungen sowie auf Verteilungsmechanismen wie bspw. SAP ALE. Zur Realisierung weitergehender Funktionen bspw. im Bereich von Validierungsregeln oder Datenpflege-Workflows waren Anwenderunternehmen auf Eigenentwicklungen angewiesen (s. o.). Mit zunehmender Bedeutung und Komplexität des Stammdatenmanagements in Systemlandschaften von Grossunternehmen und Wertschöpfungsnetzwerken ist mit der Jahrtausendwende ein Markt spezialisierter Anwendungen für die Stammdatenverwaltung entstanden. Der Markt für Stammdatenmanagement-Software entwickelt sich von einem Nischengeschäft zu einem stark wachsenden Softwaresegment: •
Analysten von Forrester Research prognostizieren ein Wachstum des weltweiten Marktvolumens für Softwarelizenzen und verbundenen Dienstleistungen von US-$ 1,1 Mrd. in 2006 auf US-$ 6,6 Mrd. im Jahr 2010 [s. Karel 2007].
•
Die ARC Advisory Group rechnet konservativer mit einem Marktwachstum von ca. US-$ 0,7 Mrd. in 2006 auf ca. US-$ 1,3 Mrd. im Jahr 2011 [s. Banker 2006]. Zahlreiche Übernahmen im Markt unterstreichen die Dynamik des Softwaresegments und die Zukunftserwartungen der Anbieter. Branchengrössen wie IBM, Microsoft, Oracle und SAP versuchen durch Akquisitionen von Spezialanbietern am Marktvolumen zu partizipieren und erweitern ihre Plattformen um zentrale Stammdatenmanagement-Lösungen (vgl. Tabelle 4-27). Anbieter
Produkt
Übernommener Anbieter
Jahr der Übernahme
IBM
Websphere Product Center (WPC)
Trigo Technologies
2004
Websphere Customer Center (WCC)
DWL
2005
Entity Analytics
SRD
2005
Microsoft
Master Data Management (MDM)
Stratature
2007
Oracle
Product Data Hub (PDH)
Agile
2007
Universal Customer Master (UCM)
Siebel
2006
Universal Product Master (UPM)
Siebel
2006
Master Data Management (MDM)
Hyperion
2007
Master Data Management (MDM)
A2i
2005
SAP
Tabelle 4-27: Akquisitionen der Branchengrössen im Softwaremarkt [vgl. White/Radcliffe 2007a]
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
211
Die aktuelle Situation am Softwaremarkt für Stammdatenmanagement-Systeme umfasst ein weites Spektrum an Lösungen mit verschiedenen Ursprüngen und Entwicklungslinien. Im Fokus dieses Buches stehen Systeme für das operative Management von Produktstammdaten47. Systeme in dieser Kategorie unterscheiden sich in zwei Dimensionen: •
Die Branchenorientierung differenziert branchenfokussierte und -übergreifende Systeme [vgl. White/Radcliffe 2007b, 5f.]. Branchenfokussierte Systeme bieten auf bestimmte Industrien zugeschnittene Inhalte bspw. in Form spezieller Prozessvarianten, Datenmodelle oder Standards. Branchenübergreifende Systeme lassen sich hingegen in verschiedenen Industrien einsetzen.
•
Die Anwendungsumgebung charakterisiert das Einsatzgebiet des Stammdatenmanagement-Systems [vgl. White/Radcliffe 2007b, 6f.]. Systeme mit einer homogenen Zielumgebung konzentrieren sich auf Landschaften mit dominierenden einheitlichen Anwendungen. Die primäre funktionale Ausrichtung ist die Konsolidierung von Stammdaten mehrerer, homogener ERPSysteme. Anbieter mit einer heterogenen Zielumgebung stammen i. d. R. aus dem Integrations- bzw. Infrastrukturbereich und bieten Unterstützung für die Anbindung an unterschiedlichste Anwendungen und Plattformen. Die Kombination aus Branchenorientierung und Anwendungsumgebung erlaubt eine Charakterisierung der am Markt vorherrschenden Systemtypen mit ähnlichen funktionalen Schwerpunkten (vgl. Abbildung 4-52): •
MDM Suites der Branchengrössen versuchen, im Rahmen einer Plattformstrategie den Grossteil der Stammdatenmanagement-Funktionen mit einem Schwerpunkt in der unternehmensinternen Stammdatenverwaltung integriert abzubilden. Während Anbieter wie bspw. SAP und Oracle Stärken in der Integration ihrer eigenen ERP-Systeme bieten, konzentrieren sich Integrationsanbieter wie IBM stärker auf heterogene Umgebungen [vgl. White 2007].
•
Den Bereich der Branchenlösungen dominieren Anbieter mit einer Historie in B2B- oder Katalogsystemen. Die Anwendungen implementieren branchenspezifische Datenmodelle und Funktionen und beinhalten häufig vorkonfigurierte Adapter zur Anbindung in heterogenen Umgebungen. Beispiele für Anbieter sind GXS, Fulltilt Solutions oder SRC.
•
Composite Applications bilden einen vergleichsweise jungen Applikationstyp [vgl. Woods 2003; Lhereux/Pezzini 2004]. Sie werden als standardisierter, paketierter Aufsatz für bestehende Anwendungen (bspw. ERP-Systeme) vertrieben und ergänzen diese um stammdatenbezogene Funktionen. Beispiele
47
Der Markt für Stammdatenmanagement-Software bietet neben Anwendungen für das operative Management von Produktstammdaten weitere Systeme mit unterschiedlichen Schwerpunkten in den Verwendungszwecken (analytisches und konstruktives Stammdatenmanagment) und unterstützten Stammdatenobjekten (Kunden, Lieferanten, usw.) [vgl. White/Radcliffe 2007b, 2 ff.].
212
4 Architektur für das Stammdatenmanagement für Anbieter auf Basis von SAP sind Backoffice Associates und Optura, während Logical Apps Produkte für Oracle-Systeme anbietet.
Abbildung 4-52: Typen operativer Stammdatenmanagementsysteme mit Schwerpunkt Produkt
Die skizzierten Systemtypen unterscheiden sich in der Abdeckung der eingeführten Funktionsbereiche und eignen sich daher für verschiedene Anwendungsszenarien (vgl. Tabelle 4-28): •
MDM Suites bieten Stärken in der Integration mit den unternehmensinternen Anwendungen. Aufgrund der Grösse und Plattformstrategie der Anbieter offerieren sie Anwendern mit einer relativ homogenen Applikationslandschaft die langfristig besten Perspektiven im Hinblick auf Integrationskosten und Investitionsschutz. Schwächen weist der Systemtyp noch im Bereich branchenspezifischer Funktionsunterstützung auf: Anwender sollten damit rechnen, die Systeme um spezielle Datenmodelle, Funktionen, Workflows oder Monitoring-Elemente zur Abbildung individueller Anforderungen erweitern zu müssen.
•
Brachenlösungen bieten branchenspezifische Inhalte, wie bspw. GS1-Datenmodelle oder Funktionen für die GDSN-Interaktion, was eine schnelle Implementierung begünstigt. Der zusätzliche Funktionssschwerpunkt im Bereich der überbetrieblichen Datenübertragung zeichnet sie als Kandidaten für die Umsetzung überbetrieblicher PIM-Systeme aus. Die Anbieter sind in vielen Fällen kleinere Softwareunternehmen, was sich u. U. nachteilig auf die Investitionssicherheit auswirken kann.
•
Composite Applications beschränken sich auf die Unterstützung der Funktionsbereiche Dateneingabe und -pflege, Qualitätssicherung und Validierung, Workflow-Unterstützung sowie Monitoring. Sie eignen sich in erster Linie für Unternehmen mit einer sehr homogenen Anwendungslandschaft, die ihr ERP-System als führenden Stammdatenserver ausgebaut haben und
4.4 Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement
213
Funktionen zur Steigerung ihrer Stammdatenqualität suchen. Durch vorkonfigurierte Inhalte, bspw. in Form verschiedener Anlage- und Änderungsworkflows inkl. Rollenkonzepten, und standardisierte Adapter für das Zielsystem erlauben sie eine schnelle und kostengünstige Implementierung.
System- und Datenintegration Datenaufbereitung und -konvertierung Dateneingabe- und pflege Katalogmanagement Datenverteilung Qualitätssicherung und Validierung Workflow-Unterstützung Monitoring
& + + & & + + &
+ 0 & 0 0 & & &
Composite Application
Branchenlösung
Funktionsbereich des Stammdatenmanagements
MDM Suite
Lösungstyp
0 0 0 0
Legende: geringe Funktionsabdeckung … 0 hohe Funktionsabdeckung
Tabelle 4-28: Funktionale Schwerpunkte der Systemtypen
4.4.2.3 Zusammenfassung und Folgerungen Die Funktionsarchitektur identifiziert Funktionsbereiche für die informationstechnische Unterstützung des Stammdatenmanagements. Während die primären Funktionen einzelne Aufgaben von Stammdatenmanagement-Prozessen in Bereichen wie bspw. Dateneingabe und -pflege oder Datenverteilung unterstützen, haben Querschnittsfunktionen wie bspw. Workflowunterstützung oder Monitoring aufgabenübergreifenden Charakter. Fallbeispiele aus der Praxis unterstreichen den Bedarf nach spezialisierten Stammdatenmanagement-Funktionen. Der Markt für Stammdatenmanagement-Systeme entwickelt sich zu einem stark wachsenden Softwaresegment. Die Branchenorientierung und das Einsatzgebiet unterscheiden verschiedene Typen von Systemen für die operative Verwaltung von Produktstammdaten. Während MDM Suites sich branchenübergreifend auf die Unterstützung des unternehmensinternen Stammdatenmanagements konzentrieren, bieten Branchenlösungen Stärken im überbetrieblichen Datenaustausch mit branchenspezifischen Inhalten. Composite Applications erlauben eine kosten-
214
4 Architektur für das Stammdatenmanagement
günstige Erweiterung von Standardsystemen um stammdatenbezogene Funktionen. Nach Einschätzung von Analysten ist zum heutigen Zeitpunkt kein Anbieter in der Lage, dass komplette Spektrum funktionaler Anforderungen an eine Stammdatenmanagement-Lösung abzudecken [s. White/Radcliffe 2007b, 7]. Für Anwenderunternehmen bedeutet dies, dass sie mittelfristig weiterhin mit wesentlichem Entwicklungsaufwand bei der Implementierung von StammdatenmanagementFunktionen rechnen müssen.
5
Zusammenfassung und Ausblick
Im Anschluss an die kurze Zusammenfassung der Ergebnisse der Publikation (s. Abschnitt 5.1) skizziert Abschnitt 5.2 weitergehende Themen im Stammdatenmanagement. Ein Überblick über technologische Entwicklungen mit möglichen Auswirkungen auf das überbetriebliche Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie schliesst das Buch ab (s. Abschnitt 5.3).
5.1
Ergebnisse der Publikation
Unternehmen aus Handel und Konsumgüterindustrie begegnen dem in der Branche steigenden Margendruck mit einer intensiveren, informationssystemgestützten Zusammenarbeit. Eine effiziente Abwicklung von überbetrieblichen Marketingoder Logistikprozessen setzt unternehmensübergreifend abgestimmte Stammdaten voraus. Das überbetriebliche Stammdatenmanagement organisiert den Abgleich von Daten zu Produkten, Geschäftspartnern und Konditionen zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Die zentrale Bedeutung der überbetrieblichen Stammdatensynchronisation steht im deutlichen Widerspruch zum aktuellen Stand der Praxis: die Geschäftspartner tauschen trotz verbreiteter Standards und zentralen Lösungen noch ca. 80 % ihrer Produktstammdaten manuell in Form von Papierdokumenten oder Excel-Tabellen aus. Hohe Fehlerquoten in den Leistungsprozessen und erhebliche Datenbearbeitungsaufwände sind die Folge. Das Buch entwickelt eine Referenzarchitektur, die Industrie- und Handelsunternehmen eine Hilfestellung bei der Umsetzung von Lösungen zur durchgängigen Unterstützung des überbetrieblichen Stammdatenmanagements bietet. Die Architektur systematisiert Handlungsvorschläge in drei Aktionsfeldern: •
Die Stammdatenmanagement-Vision formuliert die wesentlichen Ziele und Richtlinien für den Umgang mit Stammdaten im Unternehmen. Als strategischer Orientierungspunkt unterstützt sie die Durchführung der notwendigen Transformationsprojekte.
•
Die Organisation des Stammdatenmanagements regelt Abläufe, Zuständigkeiten und Kontrolle der Stammdatenverwaltung. Die Prozessarchitektur definiert überbetriebliche Referenzprozesse für die Anlage, Änderung und Auslaufsteuerung von Stammdaten. Die Organisationsstruktur unterstützt die Verankerung der Stammdatenmanagement-Prozesse in der Aufbauorganisation durch eine rollenbasierte Definition von Zuständigkeiten. Das kennzahlenbasierte Führungssystem ermöglicht eine geschäftsorientierte Steuerung und Entwicklung des Stammdatenmanagements.
•
Die Systemarchitektur für das Stammdatenmanagement strukturiert die wesentlichen Handlungsfelder auf der Ebene des Informationssystems. Die Stammdatenlogistik liefert Lösungsvorschläge für die Stammdatenhaltung und -verteilung im Geschäftsnetzwerk. Die Funktionsarchitektur identifiziert
216
5 Zusammenfassung und Ausblick
Funktionsbereiche für die informationstechnische Unterstützung des Stammdatenmanagements und liefert einen Überblick über das Angebot an Standardsoftwarelösungen. Fallbeispiele unterstreichen die Praxistauglichkeit der Ergebnisse und illustrieren konkrete Ausprägungen in Industrie- und Handelsunternehmen.
5.2
Weitergehende Themen
Referenzarchitekturen leben durch ihre Anwendung in praktischen Problemstellungen. Die in diesem Buch entwickelte Architektur erfüllt ihren Zweck, wenn sie als Ausgangsbasis einer individuellen Lösung einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Stammdatenmanagements in einem Industrie- oder Handelsunternehmen leisten kann. Eine Anwendung der Architektur in der Praxis ermöglicht eine erweiterte Bewertung und Weiterentwicklung des Modells. Die Referenzarchitektur bietet darüber hinaus eine Basis für weitergehende Arbeiten zum überbetrieblichen Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie: •
Management weiterer Datenobjekte. Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf dem überbetrieblichen Abgleich von Artikelstammdaten. Industrie und Handelsunternehmen beginnen bereits heute in Lösungen für die Synchronisation von Konditionen zu investieren. Eine Automation dieser Prozesse kann nur Erfolg haben, wenn vorab die Komplexität der existierenden Konditionsbedingungen (vgl. Abschnitt 3.1.2) betriebswirtschaftlich sinnvoll reduziert wird. Ein weiteres attraktives Themengebiet betrifft den Abgleich von Konsumentendaten als Basis für kooperative CRM-Prozesse.
•
Methoden für Stammdatenmanagement-Projekte. Architekturen beschreiben einen Zielzustand oder Varianten einer zukünftigen Lösung. Methoden unterstützen den Weg zu diesem Ziel ausgehend von der Ist-Situation des Unternehmens. Eine wissenschaftlich fundierte Methode mit einem klar definierten Vorgehens-, Rollen- und Dokumentationsmodell kann einen bedeutenden Nutzenbeitrag in Stammdatenmanagement-Projekten liefern.
•
Übertragung auf weitere Branchen. Das überbetriebliche Stammdatenmanagement zwischen Handel und Konsumgüterindustrie ist im Vergleich zu anderen Branchen bereits weit fortgeschritten. Ergebnisse dieses Buches bieten sich für eine Übertragung auf weitere Geschäftsnetzwerke an.
5.3
Technologische Trends
Das Business Engineering sieht Innovationen aus dem Bereich der Informationsund Kommunikationstechnik als treibende Kraft für neue Geschäftslösungen [s. Österle/Winter 2003, 4]. Von den aktuellen Entwicklungen im Bereich der
5.3 Technologische Trends
217
Handelstechnologie [s. Roster et al. 2007] und des Datenmanagements [s. Friedman et al. 2007] diskutiert das Buch im Folgenden drei ausgewählte technologische Trends mit Auswirkungen auf das überbetriebliche Stammdatenmanagement: (1) Content Integration am POS, (2) das EPCglobal Network und (3) Serviceorientierte Architekturen.
5.3.1
Content Integration am POS
Der Einsatz von Informationstechnologie im Handel konzentrierte sich in der Vergangenheit auf die Unterstützung logistischer Prozesse, bspw. durch integrierte Warenwirtschaftssysteme und die EDI-Anbindung von Lieferanten. Eine verstärkte Aufmerksamkeit erhalten dagegen in jüngster Zeit Lösungen, die unterstützende Informationen und Funktionen für den Konsumenten am Point-of-Sale bündeln [s. Kalyanam et al. 2006, 95; Loebbecke 2007, 228]. Prototypische Implementierungen, bspw. im Rahmen des METRO Future Stores, illustrieren das Spektrum an Anwendungen: Sie enthalten vielfältige Lösungsideen wie bspw. Personal Shopping Assistants, Intelligente Waagen, Self-Checkout-Systeme, Informationsterminals, elektronische Werbedisplays oder elektronische Regaletiketten. Diese Lösungen liefern dem Konsumenten nur dann einen Mehrwert, wenn sie mit aktuellen, konsistenten Daten versorgt sind und stellen damit erhöhte Anforderungen an das Stammdatenmanagement: •
Personal Shopping Assistants benötigen aktuelle Produktinformationen und Preise. Eine Personalisierung bedingt darüber hinaus die Verbindung mit Kundenstammdaten aus Loyalitätsprogrammen.
•
Intelligente optische Waagen benötigen neben Preisinformationen zusätzliche Daten zur Identifikation eines Produkts, wie bspw. Informationen zu Oberflächenstruktur, Grösse und Farbe.
•
Self-Checkout-Systeme benötigen neben den Grunddaten und Preisen zusätzliche Gewichtsdaten zum Produkt, um eine automatische Kontrolle des Warenkorbs zu unterstützen.
•
Informationsterminals und elektronische Werbedisplays stellen hohe Anforderungen an die Spezifikationsdaten. Sie setzen Kaufanreize beim Konsumenten durch eine Integration von strukturierten, kaufentscheidungsrelevanten Stammdaten und multimedialen Elementen wie bspw. Bildern oder Videos.
•
Elektronische Regaletiketten setzen eine einwandfreie Preissynchronisation voraus, um Differenzen zwischen den Etiketten und den Warenwirtschaftsund Kassensystemen auszuschliessen. Die konsumentenseitigen Technologien erhöhen die Aufwände in der Stammdatenbeschaffung durch zusätzlich benötigte Spezifikationsdaten, Bilder und Videos und steigern die Komplexität der Stammdatenlogistik in den Filialen durch zuätzliche Datenempfänger. Die mit Stammdaten zu versorgenden Anwen-
218
5 Zusammenfassung und Ausblick
dungen sind dabei nicht auf Filialsysteme des Handels beschränkt, wie innovative Prototypen verdeutlichen: Das an der ETH Zürich entwickelte, frei verfügbare „Barcode Recognition Toolkit“ (BaToo) verwandelt jedes mit einer Kamera ausgestattete Mobiltelefon in einen mobilen Strichcode-Leser [s. Adelmann et al. 2006; Adelmann 2007]. Das Werkzeug basiert auf einer Client-Server-Architektur (s. Abbildung 5-1): Die Erkennungskomponente (Client) läuft auf dem Mobiltelefon und überträgt die gelesene GTIN an den Informationsserver, der die gewünschten Daten zum Produkt zurückliefert. Die offene Architektur unterstützt eine flexible Entwicklung vielfältiger Stammdatenservices, indem sich beliebige externe Produktdatenbanken in den Informationsserver einbinden lassen. Ein Prototyp liefert bspw. Produktinformationen und Preise zu Büchern unter Nutzung der Amazon Web Services. Ein weiteres prototypisch umgesetztes Anwendungsszenario ist der Allergie-Assistent: Der Konsument fotografiert mit dieser Anwendung im Laden den Strichcode eines Produkts mit seinem Handy und erhält mit seinem Allergieprofil abgeglichene Informationen zu den Inhaltsstoffen (s. Abbildung 5-2). Die skizzierte Art von mobilen Stammdatendiensten eröffnet Handelsunternehmen zusätzliche Profilierungsmöglichkeiten gegenüber dem Konsumenten und erschliesst potenzielle Geschäftsmodelle für externe Dienstleister, die konsumentenorientierte Stammdaten aggregieren und ggf. um zusätzliche Daten anreichern1. Anwendungsfelder reichen von allgemeinen Inhaltsangaben über Testberichte von Instituten, Angaben von Zertifizierungsstellen (bspw. Öko-Label, CO2-Emmissionen) bis hin zu Erfahrungsberichten von Verbrauchern.
1
www.codecheck.ch ist ein Beispiel für einen externen Poduktinformationsdienst. Die Anwendung verbindet Produktinformationen von Herstellern, Grossverteilern, Labors, Konsumentenorganisationen und Konsumenten. Sie bietet interessierten Verbrauchern aktuelle und umfangreiche Zusatzinformationen zu ihren Produkten.
5.3 Technologische Trends
219
Abbildung 5-1: Architektur des Barcode Recognition Toolkit [s. Adelmann 2007]
Abbildung 5-2: Screenshots Allergie-Assistent [s. Adelmann 2007]
5.3.2
EPC Information Service
Der Anfang 2007 von EPCglobal verabschiedete EPC Information Service (EPCIS) standardisiert den unternehmensübergreifenden Austausch von RFIDTransponderdaten [vgl. Thiesse/Michahelles 2006, 103f.; EPCglobal 2007]. Der EPC ist in diesem Data-on-Network-Ansatz [vgl. Diekmann et al. 2007, 226f.] das
220
5 Zusammenfassung und Ausblick
Anwendung
Anwendung
einzige Datenelement, das auf dem RFID-Transponder selbst gespeichert wird. Der Schlüssel ermöglicht als weltweit eindeutige Identifikationsnummer die Referenzierung weiterer Datensätze in verteilten Datenbanken und bildet damit die Basis des Datenaustauschs. Abbildung 5-3 veranschaulicht den Datenfluss und die beteiligten Komponenten im EPCglobal Network am Beispiel der Datenübertragung zwischen einem Industrie- und einem Handelsunternehmen [vgl. Tsuji 2006, 6].
Abbildung 5-3: Überbetrieblicher Datenfluss unter Nutzung von EPCIS
Den Ausgangspunkt der im Beispiel dargestellten Datenübertragung bildet die Kennzeichnung eines mittels RFID-Transponder ausgestatteten Objekts (bspw. eines Einzelartikels oder einer Versandeinheit) mit einem EPC (1-4). An der Auszeichnung sind neben der führenden Anwendung drei Komponenten beteiligt: •
Der EPC Information Service (EPCIS) kapselt alle Zugriffe auf die RFIDInfrastruktur. Er bietet den führenden Anwendungen wie bspw. ERP- oder Warenwirtschaftssystemen einheitliche Schnittstellen für den Zugriff auf Daten im EPC-Netzwerk.
•
Die EPC Middleware abstrahiert von der konkreten RFID-Hardware und verwaltet die Echtzeitdaten aus Lese- und Schreibvorgängen.
•
Die Lese- und Schreibgeräte steuern den phyischen Datenaustausch mit dem RFID-Transponder. Nach dem physischen Objekttransport (5) liest das Handelsunternehmen den EPC des Objekts über die beschriebene Kombination aus Lesegerät, EPC Middleware und EPCIS ein (6-8). Zu diesem Zeitpunkt hat das Handelsunternehmen lediglich eine Objektidentifikation. Der Object Naming Service (ONS) unterstützt das Auffinden von zusätzlichen Datenquellen zu dem gelesenen EPC über eine Nachschlage-Funktion (9-12). Basierend auf der Internet-Basistechnologie des Domain Name Service (DNS) liefert der ONS für einen EPC eine oder mehrere Internet-
5.3 Technologische Trends
221
adressen zurück, die bspw. auf den EPCIS des Industrieunternehmens verweisen können2. Über die erhaltene Adresse ruft das Handelsunternehmen weitergehende Daten zum Objekt ab (13). Die über EPCIS abrufbaren Daten fallen in zwei Kategorien [s. EPCglobal 2007, 17; Nguyen et al. 2007, 3f.]: •
Bewegungsdaten beschreiben zeitbezogene Ereignisse auf Basis der eingehenden RFID-Signale. Ein Ereignis kann bspw. die folgenden Daten enthalten: „Am Kommissionierpunkt A sind zum Zeitpunkt B die Kartons mit den Artikelnummern (GTIN) C und D auf der Palette mit der Versandeinheitennummer (SSCC) E zusammengefasst worden“.
•
EPCIS
Global Data Synchronisation Network
Stammdaten liefern die ergänzenden Kontextinformationen zu den Ereignissen. Im o. g. Fall bspw. Lokationsdaten zum Kommissionierpunkt (Wo ist dieser?) oder Produktdaten zu den Kartons (Welche Produkte sind enthalten?). Neben klassenbezogenen Stammdaten unterstützt EPCIS zusätzlich die Verwaltung von instanzbezogenen Stammdaten wie bspw. Chargeninformationen oder Herstellungsdaten (vgl. Abbildung 5-4). Nach Abruf der Daten reicht EPCIS diese zur weiteren Verarbeitung an interne Anwendungen weiter (14).
Abbildung 5-4: Stammdaten in GDSN und EPCIS [vgl. GCI/IBM 2004, 7f.]
Im Hinblick auf das überbetriebliche Stammdatenmanagement bietet die Datenverteilung über EPCIS neben der Möglichkeit der Verwaltung instanzbezogener Stammdaten zwei Vorteile gegenüber alternativen Mechanismen der überbetrieblichen Stammdatenlogistik (vgl. Abschnitt 4.4.1.3) wie bspw. dem GDSN: •
On-Demand-Abfragen. EPCIS unterstützt parametrisierte, synchrone Abfragen3 von Stammdaten direkt von der Datenquelle [s. EPCglobal 2007, 11].
2
EPCIS soll den überbetrieblichen Datenaustausch in Zukunft durch zusätzliche zentrale Informationsdienste, bspw. zur Authentifizierung von Geschäftspartnern, unterstützen. Diese sind zum heutigen Zeitpunkt noch nicht detaillierter spezifiziert [vgl. EPCglobal 2007, 9]. Der Standard bietet zusätzlich ein Publish-Subscribe-Verfahren an.
3
222
5 Zusammenfassung und Ausblick Für viele neuere Anwendungen4 wie bspw. den Allergie-Assistenten (s. Abschnitt 5.3.1) bietet diese Art der Datenverteilung Vorteile: Die Anwendungen laden nur die für die aktuelle Aufgabe benötigten Daten (on demand), was insbesondere im Fall instanzbezogener Stammdaten redundante Datenverteilungen mit entsprechendem Synchronisationsaufwand vermeidet.
•
Dynamische Adressierung. Der ONS unterstützt das automatische Auffinden von Datenquellen basierend auf dem gelesenen EPC, wodurch ein aufwendiger Abgleich von Metadaten (vgl. Abschnitt 4.4.1.3) zwischen den beteiligten Unternehmen entfällt. Zusätzlich erlaubt EPCIS durch die dynamische Adressierung das einfache Einbinden mehrerer verteilter Datenquellen zu einem Objekt, bspw. zur Integration von Herstellerinformationen, Labordaten und Konsumentenbewertungen. Aufgrund der noch lückenhaften inhaltlichen Standardisierung von EPCIS und fehlenden Anwendungsszenarien sind zahlreiche Fragen zur Nutzung des Standards im Stammdatenmanagement noch unbeantwortet. Im Zentrum steht dabei die Versorgung von EPCIS mit standardisierten Stammdaten: Während der Standard Schnittstellen für die Erfassung von Ereignissen (Bewegungsdaten) spezifiziert, verweist er im Hinblick auf Schnittstellen für die Stammdatenversorgung auf zukünftige Versionen [s. EPCglobal 2007, 17]. Wo im Unternehmen objektbezogene Stammdaten wie bspw. Chargeninformationen oder Herstelldaten am effizientesten gehalten und wie sie an das EPC-Netzwerk verteilt werden, ist heute noch offen. Zentrale PIM-Systeme bieten sich als Ausgangspunkt einer Lösung zur Versorgung des EPCIS mit Stammdaten an (vgl. Abschnitt 4.4.1.3).
5.3.3
Serviceorientierte Architekturen
Serviceorientierte Architekturen (SOA) sind mehrschichtige, verteilte Informationssystemarchitekturen, die ausgewählte Funktionen und Daten von Applikationen als Services kapseln [s. Heutschi 2007, 26]. Services sind standardisierte Schnittstellen, die mehrfach benötigte Funktionen oder Daten zentral bereitstellen [vgl. Kagermann/Österle 2006, 236; Heutschi 2007, 27]. Eine fallstudienbasierte Analyse bestehender Umsetzungen grenzt drei innerbetriebliche Einsatzbereiche einer SOA ab [vgl. Heutschi 2007, 114f.]: •
Als Integrationsinfrastruktur senkt eine SOA die Kosten für die Anwendungsintegration. Unternehmensweit verfügbare Services auf Basis technischer Standards wie bspw. XML vereinfachen die plattformübergreifende Verbindung heterogener Anwendungen.
•
Als Geschäftsprozessplattform vereinfacht eine SOA die Anpassung bzw. Neuentwicklung prozessunterstützender Anwendungen. In Verbindung mit
4
EPCIS eignet sich nicht für die Umsetzung der „klassischen“ Stammdatensynchronisation bspw. von Logistikdaten: Diese müssen vor dem Versand und damit der Übermittlung des RFID-Tags abgeglichen sein.
5.3 Technologische Trends
223
Portal- und Workflow-Technologien beschleunigen fachlich standardisierte Serviceverzeichnisse die Anwendungsentwicklung [vgl. Genovese et al. 2005, 3; Scheer et al. 2005, 10 ff.; Kagermann/Österle 2006, 238f.]. •
Als logisches Architekturmodell unterstützt eine SOA die Steuerung und Entwicklung der Applikationsarchitektur. Anwendungsdomänen clustern fachlich zusammengehörende Funktionen und Daten zur Steuerung von Integrationsentscheidungen und der Entwicklung von Services [vgl. Heutschi 2007, 142]. Sie geben eine langfristig angestrebte Strukturierung der Anwendungslandschaft vor, die als Orientierung für die Entwicklung der Applikationsarchitektur dient. Das Stammdatenmanagement ist ein wesentlicher Bestandteil jeder SOA-Implementierung. Funktionen für den Zugriff auf Stammdatenobjekte wie Produkte oder Kunden werden quer über sämtliche Funktions- und Verantwortungsbereiche von der Mehrzahl der Anwendungen eines Unternehmens benötigt. Durch ihren hohen Wiederverwendungswert und die vergleichsweise einfache Standardisierung bilden sie ideale Servicekandidaten. Stammdatenservices machen einen erheblichen Anteil der entwickelten Dienste von Serviceorientierten Architekturen aus [s. Heutschi 2007, 70; Schelp/Winter 2008]. Fallbeispiele illustrieren Ausprägungen in der Praxis: •
•
Die Deutsche Post Brief strukturiert ihre Anwendungslandschaft in neun logische Anwendungsdomänen, zwei davon gruppieren stammdatenbezogene Services zu Kunden und Produkten [s. Heutschi/Schemm 2005b, 3f.]. Der Service „Kundenmanagement“ ist ein Beispiel für einen Stammdatenservice: Der Dienst bietet Anwendungen wie bspw. Callcenter-, Portaloder CRM-Systemen über die Operationen „seek“, „get“, „create“, „update“, „delete“, „getChildNodes“ und „checkAdress“ zentrale Funktionen zur Bearbeitung von Kundendaten [s. Heutschi/Schemm 2005b, 6].
Die Credit Suisse steuert ihre Anwendungsarchitektur serviceorientiert über rund 20 Domänen, u. a. zu Kunden und Produkten wie bspw. Zahlungen und Krediten [s. Heutschi/Schemm 2005a, 6f.]. Auswertungen zur Servicenutzung belegen, dass Stammdatenservices, bspw. zum Zugriff auf Kundendaten, die höchste Wiederverwendungsquote aufweisen [s. Schwinn/ Hagen 2006, 288]. Die zu beobachtende Bündelung von Stammdatenservices in eigenständigen Anwendungsdomänen nimmt die Entwicklung von Applikationsarchitekturen vorweg: Zukünftig werden zentrale Stammdatensysteme (vgl. Abschnitt 4.4.1.2), die Dienste für den Zugriff auf globale Stammdatenobjekte anbieten, eine noch bedeutendere Rolle in Anwendungsarchitekturen spielen. In der überbetrieblichen Prozessintegration fördern Serviceorientierte Architekturen die Interoperabilität zwischen Anwendungen durch die Nutzung einheitlicher Formatstandards und vereinfachen damit die Implementierung elektronischer Schnittstellen. Die schwerwiegenderen Probleme der inhaltlichen Abstimmung von Daten, Nachrichten und Funktionen lösen sie nicht. Die Nutzung von serviceorientiertern Technologien wie bspw. Web Service-Schnittstellen zur technischen
224
5 Zusammenfassung und Ausblick
Implementierung von semantischen Industriestandards (bspw. GS1-Standards) kann einen Beitrag zur Vereinfachung der Integration überbetrieblicher Public Processes leisten [s. Legner/Vogel 2007]. Praktische Beispiele wie der Web Service-basierte Stammdatendienst GEPIR (s. Abschnitt 4.4.1.3) oder der mobile Allergie-Assistent (s. Abschnitt 5.3.1) illustrieren die Potenziale überbetrieblicher Stammdatendienste.
Anhang A Dokumentation zur Entstehung des Buches Anhang A.1
Projekte
Projekt
Unternehmen
Vertreter, Funktion
Laufzeit
Produktinformationsmanagem ent beim MigrosGenossenschafts-Bund
MigrosGenossenschaftsBund
Jochen Hoffmann, Leiter SAP CC Procurement
09/06 - 03/07
Oliver Jung, Leiter Entwicklung Dani Koller, Leiter SAP CC Peter Meyer, Projektleiter WebSolutions Erwin Moser, Leiter IT Retail Technik Marcel Schaniel, Leiter IT Retail Thomas Zürcher, Leiter IT Retail Projekte
Future Application Landscape
1
Beta1
Anonym
Das Projekt ist aus Vertraulichkeitsgründen anonymisiert.
09/06 - 10/06
226
Anhang
Projekt
Unternehmen
Vertreter, Funktion
Laufzeit
M2N - m:nfähiges Stammdatenmanagement zwischen Industrie und Handel
Beiersdorf Shared Services
Dr. Ernst Gadermann, Geschäftsführer
11/05 - 03/06
Markus Huppmann, Applications Consultancy / Master Data Management Henkel
Andreas Depta, AO Business Processes Christoph Neufeldt, Consumer Business Systems
IMG
Dimitrios Gizanis, Senior Consultant Ralph Panoff, Leiter BU Consumer Products / Retail
MigrosGenossenschaftsBund
Marcel Ducceschi, Leiter Supply Chain Support Jochen Hoffmann, Leiter SAP CC Procurement Rudolf Schwarz, CIO
SAP AG
Peter Kabuth, Head of IBU Retail & Wholesale Dr. Heiko Löchelt, GDS Program Lead IBU Consumer Products & Life Sciences Panagiotis Papadopoulos, Solution Manager IBU Retail Emiel van Schaik, Head of IBU Consumer Products & Life Sciences
Tabelle A-1: Projekte mit Bezug zum Buch
Anhang
Anhang A.2
227
Fallstudien
Fallstudie
Unternehmen
Gesprächspartner, Funktion
Ort, Datum
Fallstudie Mars Inc.: Global Data Synchronization in der Konsumgüterindu strie
Mars Deutschland
Martina Gerndt, Eurpean Change Manager Trade Logistics
Zug, 17.07.07
Detlef Königs, European Business Data Manager
Verden, 03.08.07
Mars Information Services International
Richard Croft, Customer Private Exchange (CPE) & Category Management
Winnersh, 14.08.07
Mars Schweiz
Carlo Bernasconi, Supply Chain Manager
Zug, 17.07.07
Itellium Systems & Services GmbH
Gerhard Beckmann, Managing Consultant Branchenlösungen
Essen, 15.05.07
Sandra Kreuder, Consultant E-Business B2B
Essen, 14.05.07
Peter Puffe, Leiter Fachgebiet B2B
Essen, 14.05.07
Paul Zlonicky, Consultant Warenwirtschaft Branchenlösungen
Essen, 15.05.07
Klaus Feger, Gruppenleiter EDI-Koordination
Essen, 15.05.07
Rainer Jilke, Bereichsleiter Prozessorganisation Einkauf
Essen, 14.05.07
Andreas Neumann, Controller Datenqualität,
Essen, 15.05.07
Stammdatenmanagement bei der Karstadt Warenhaus GmbH
Karstadt Warenhaus GmbH
228
Anhang
Fallstudie
Unternehmen
Gesprächspartner, Funktion
Ort, Datum
Fallstudie Henkel: Globales Materialstammdatenmanagement in der Konsumgüterindustrie
Henkel
Sigrid Friebel, WIC Supply Chain
Düsseldorf, 10.08.06
Gabi Köcher, KKM Central Materials Management
Düsseldorf, 09.08.06
Klaus Korfmacher, HI/CC ERP Master Data
Düsseldorf, 09./10.08.06
Doris Brandt, Consulting Manager / Principal
Düsseldorf, 09./10.08.06
IMG
Tabelle A-2: Fallstudien mit Bezug zum Buch
Anhang
229
Anhang A.3
Expertengespräche
Unternehmen
Gesprächspartner, Funktion
Ort, Datum
Beiersdorf
Thomas Rupprecht, Leiter Supply Chain Data Process Management
Hamburg, 01.06.07
METRO Group Buying International
Urs-Ulrich Solutions
Düsseldorf, 08.05.07
Katzenstein,
Leiter
Master
Data
Tabelle A-3: Expertengespräche mit Bezug zum Buch
Unternehmen
Gesprächspartner, Funktion
Datum
1SYNC
Carolyn Kroll, Senior Director of Product Management
21.05.07
Amy Fanale, Director Marketing Agentrics
Chuck Boone, Senior Vice President
11.04.07
Glen-Eric Nelson, Marketing Director Anonym
Anonym, Business Manager GDS
02.05.07
Commport Communications
Alison Bartlet, Director of Marketing
24.04.07
GDSN Inc.
Sally Herbert, CEO
02.05.07
GS1 Belgium & Luxembourg
Leo Dekleermaeker, Data Alignment & CDB Manager
10.05.07
GS1 Colombia
Rafal Flórez, CEO
10.05.07
GS1 France
Pierre Georget, CEO
16.05.07
GS1 Malta
David Calleja Urry, Chairman of the Board
18.05.07
GS1 Netherlands
Tom Ten Dan, Manager of Services
11.05.07
SINFOS /
Rolf Stark, Geschäftsführer
05.04.07
PIRONET NDH
Andreas Wegeleben, Leiter Branchenmarketing
Tabelle A-4: Interviews im Rahmen der Stammdatenpool-Studie
230
Anhang
Anhang B Unternehmensprofile Anhang B.1
Beiersdorf
Die Beiersdorf AG blickt im Jahr 2007 auf eine 125-jährige Geschichte zurück. Der Hamburger Konzern mit Ursprung in einer 1882 durch Paul Beiersdorf gegründeten Apotheke ist heute ein globales Unternehmen mit über 150 Tochtergesellschaften und beschäftigt ca. 17'000 Mitarbeiter in 58 Ländern [vgl. Beiersdorf AG 2006; Euromonitor 2007a]. Beiersdorf konzentriert sich auf die zwei Hauptgeschäftsbereiche Consumer und tesa. Der Geschäftsbereich Consumer bietet kosmetische und medizinische Produkte für die Haut- und Schönheitspflege an. Die Marke Nivea ist als eine der ältesten und bekanntesten Körperpflegemarken der Welt der bedeutendste Umsatz- und Wachstumsmotor des Konzerns. Weitere bekannte Marken im Körperpflegeportfolio sind bspw. 8x4 und Labello in der Massendistribution sowie Juvena und La Prairie in der exklusiven Kosmetik. Im medizinischen Bereich bietet Beiersdorf bspw. Hautpflegeprodukte, Pflaster und Wundschutzprodukte sowie Bandagen unter Marken wie Eucerin, Hansaplast oder Futuro an.
Abbildung B-1: Umsatz und Ergebnis von Beiersdorf in 2006 [vgl. Beiersdorf AG 2006]
Der Geschäftsbereich tesa vertreibt selbstklebende System- und Produktlösungen für industrielle Kunden und Endkonsumenten. Anwendungen im Industriebereich reichen von Spezialklebebändern für die Druck- und Papierindustrie über Präzisionsstanzlinge für die passgenaue Verklebung elektronischer Bauteile in Mobiltelefonen, Digitalkameras oder LCD-Bildschirmen bis hin zu fälschungssicheren laserbeschrifteten Etiketten. Dem Endverbraucher bietet tesa über den klassischen Klebefilm hinaus rund 300 Produkte in zehn Segmenten. Beispiele sind wieder ablösbaren Klebestreifen, Gewebe- und Packbänder, Füllmaterial zum Abdichten von Türen und Fenstern sowie Fliegen- und Pollenschutzgitter.
Anhang
Anhang B.2
231
Henkel
Henkel ist ein traditionsreiches, 1876 gegründetes Unternehmen der chemischen Industrie mit weltweit über 50'000 Mitarbeitern. Der Henkel-Konzern besteht aus der Henkel KGaA in Düsseldorf als Führungsgesellschaft sowie über 300 weiteren, rechtlich selbstständigen Gesellschaften in mehr als 125 Ländern. Organisatorisch ist Henkel in vier Unternehmensbereiche gegliedert: Wasch/Reinigungsmittel, Kosmetik/Körperpflege, Klebstoffe für Konsumenten und Handwerker sowie Henkel Technologies. Im Unternehmensbereich Wasch/Reinigungsmittel umfasst das Produktangebot Universalwaschmittel, Spezialwaschmittel und Reinigungsmittel. Zum Sortiment des Unternehmensbereichs Kosmetik/Körperpflege gehören Produkte für die Haarkosmetik, Körper-, Hautund Mundpflege sowie für das Frisörgeschäft. Im Unternehmensbereich Klebstoffe für Konsumenten und Handwerker bietet Henkel Renovierungsprodukte, Klebe- und Korrekturprodukte für Haushalt und Büro sowie Bauklebstoffe an. Industrie- und Strukturklebstoffe, Dichtstoffe und die Oberflächentechnik sind im Unternehmensbereich Henkel Technologies zusammengefasst.
232
Anhang
Anhang B.3
Karstadt
Die Karstadt Warenhaus GmbH verantwortet als Tochterunternehmen das Einzelhandelsgeschäft der KarstadtQuelle AG mit Sitz in Essen. Der Konzern ist neben dem Warenhausgeschäft mit verschiedenen Unternehmen und Marken in den operativen Geschäftsbereichen Versandhandel und Touristik tätig (vgl. Abbildung B-2). KarstadtQuelle AG
Warenhäuser / Karstadt
Versandhandel / Primondo
Touristik / Thomas Cook
Premium Warenhäuser
Quelle
Thomas Cook
Karstadt Warenhäuser
Spezialversender
Neckermann Reisen
KarstadtSports Sporthäuser
Bucher Last Minute
www.karstadt.de
Pegase
...
Abbildung B-2: Konzernstruktur der KarstadtQuelle AG
Karstadt führt im Jahr 2006 insgesamt 120 Warenhäuser in den Bereichen Premium (KaDeWe Berlin, Alsterhaus Hamburg und Oberpollinger München), Karstadt (89) und Sporthäuser (28) [s. KarstadtQuelle AG 2006, 66ff.]. Zusätzlich baut das Unternehmen das Portal www.karstadt.de als Online-Warenhaus im Rahmen einer Mehrkanalstrategie aus. Die Karstadt Warenhaus GmbH beschäftigt 2006 rund 27'000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von knapp EUR 4,9 Mrd. in den Konsumfeldern Fashion, Sport, Living und Personality. Mit einem Marktanteil von 38% ist Karstadt die Nummer eins im deutschen Kauf- und Warenhausgeschäft [vgl. EHI Retail Institute 2006, 261]. In den Warengruppen Fashion und Sport besetzt das Unternehmen die führende Position im deutschen Einzelhandel [vgl. EHI Retail Institute 2006, 239ff.].
Anhang
Anhang B.4
233
Mars
Mars Inc. ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Konsumgüterindustrie. Nach der Unternehmensgründung im Jahr 1911 durch das Ehepaar Mars in Tacoma, Washington begründete die Entwicklung des bekannten Mars-Riegels im Jahr 1923 den Aufstieg zum Weltkonzern. In 2004 erwirtschaftete das Familienunternehmen mit knapp 40'000 Mitarbeitern in 65 Ländervertretungen einen geschätzten Jahresumsatz von ca. $ 19 Mrd. [vgl. Euromonitor 2007b], der Schwerpunkt des Geschäfts liegt in den Bereichen Süsswaren und Tiernahrung in Europa und Amerika (vgl. Abbildung B-3).
Abbildung B-3: Geschätzte Umsatzverteilung von Mars Inc. 2004 in $ Mrd.
Im Geschäftsbereich Süsswaren ist Mars mit Marken wie Mars, M&M's, Snickers, Milky Way und Twix der zweitgrößte amerikanische Produzent. Im Bereich Tiernahrung besetzt das Unternehmen mit Marken wie Pedigree oder Whiskas weltweit führende Marktpositionen. Die Geschäftsbereiche für Nahrungsmittel (bspw. Uncle Ben’s) und Getränke (bspw. Flavia) runden das Produktportfolio ab.
234
Anhang
Anhang B.5
Metro
Die METRO Group war im Jahr 2006 umsatzbezogen hinter Wal-Mart und Carrefour das drittgrösste Handelsunternehmen der Welt. Die Gruppe beschäftigt rund 270'000 Mitarbeiter an über 2'400 Standorten in 31 Ländern Europas, Afrikas und Asiens und erwirtschaftet im Jahr 2006 einen Umsatz von ca. EUR 60 Mrd. Die METRO AG steuert als strategische Management-Holding den Konzern (vgl. Abbildung B-4).
Abbildung B-4: Struktur der METRO Group [s. METRO AG 2006, 2]
Das operative Geschäft verantworten vier Vertriebslinien, die mit teilweise mehreren Vertriebsmarken am Markt aktiv sind. Der Selbstbedienungsgrosshandel (Cash & Carry) ist mit den Marken Metro und Makro die internationalste Vertriebslinie. Sie bedient gewerbliche Kunden und Grossverbraucher in 29 Ländern. Die SB-Warenhäuser bedienen mit den Marken Real und Extra im Lebensmitteleinzelhandel Endkonsumenten in fünf Ländern. Die Elektrofachmärkte der Marken Media Markt und Saturn liefern mit ihrer Präsenz in 15 europäischen Ländern den zweitgrössten Ergebnisbeitrag im Konzern. Das Warenhaussegment ist mit der Marke Galeria Kaufhof in Deutschland und Belgien aktiv. Vertriebslinienübergreifende Funktionen in den Bereichen Einkauf, Logistik, Informatik, Werbung, Immobilien und Gastronomie sind in Querschnittsgesellschaften zentralisiert.
Anhang
Anhang B.6
235
Migros
Die genossenschaftlich organisierte Migros-Gruppe ist das grösste Einzelhandelsunternehmen der Schweiz. Sie wurde 1925 von Gottlieb Duttweiler gegründet und vertrieb zunächst ein begrenztes Sortiment von Kolonialwaren über Verkaufslastwagen, bevor 1926 der erste Laden eröffnet wurde. Duttweilers Geschäftsidee bestand darin, als Brücke2 zwischen Produzent und Konsument den Zwischenhandel auszuschalten und damit günstigere Verkaufspreise für Lebensmittel zu realisieren. Heute umfasst das Unternehmen neben dem Einzelhandelsgeschäft eine Vielzahl weiterer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen wie bspw. eigene Produktionsbetriebe, Restaurants, eine Bank, ein Tankstellennetz, eine Buch- und Medienkette und ein Reisebüro. Mit knapp 80'000 Mitarbeitern setzte der grösste Arbeitgeber der Schweiz in 2006 insgesamt CHF 20,6 Mrd. um, davon ca. 85% im Einzelhandel [s. Migros-Genossenschafts-Bund 2006]. Im Handelsgeschäft betreibt das Unternehmen schweizweit 590 Vertriebsstandorte3 in den Betriebsformen Super- und Verbrauchermarkt (Migros), Baumarkt (Do it + Garden), Elektrofachmarkt (m-electronics), Möbelfachhandel (Micasa) und Sportfachgeschäft (SportXX) [s. Migros-Genossenschafts-Bund 2006]. Das Kerngeschäft der Migros sind die Food- und Nonfood-Sortimente mit einem schweizerischen Marktanteil von ca. 24,6 % bzw. 11,5 % [s. Migros-Genossenschafts-Bund 2006, 99]. Eine Besonderheit des Handelsunternehmens besteht darin, dass Migros in diesen Sortimenten ca. 90 % des Umsatzes über Eigenmarken generiert, die zu über 50 % in eigenen Produktionsstätten hergestellt werden.
2
3
Das Symbol der Brücke kommt im Firmennamen zum Ausdruck. Das Wort „Migros“ setzt sich zusammen aus den Elementen „demi“ und „en gros“ und bedeutet: Grosshandels- und Einzeklhandelsorganisation innerhalb eines einzigen Unternehmens. Exklusive der Vertriebsstandorte der Globus-Gruppe.
236
Anhang
Anhang C Notationen Anhang C.1
Prozesslandkarte
Abbildung C-1: Notation zur Darstellung von Prozesslandkarten [vgl. Österle 1995, 61f.]
Anhang C.2
Aufgabenkettendiagramm
Abbildung C-2: Notation zur Darstellung von Prozessabläufen [vgl. Österle 1995, 95ff.]
Anhang
237
Anhang D Rollen im Stammdatenmanagement Rolle / Gremium
Aufgabe / Verantwortung
Synonyme
Executive Sponsor
• Entwurf der StammdatenmanagementVision
• Strategic Information Steward [vgl. English 1999, 411]
• Interessensvertretung in der Unternehmensleitung • Oberste Entscheidungsinstanz im Master Data Board
• Data Czar [vgl. Dyché/Levy 2006, 173]
• Unterstützung des Corporate Steward bei Finanzierung, Kommunikation und strategischer Entwicklung Corporate Steward
• Planung und Umsetzung der Organisation des Stammdatenmanagements • Zentrale Anlaufstelle für stammdatenbezogene Themen im Unternehmen • Koordination der Data Stewards
• Master Data Coordinator [vgl. Swanton 2005, 1] • Director of Data Management [vgl. Dyché/Levy 2006, 167] • Central MDM Manager [vgl. Duff 2005, 18]
Data Steward
• Entwurf, Kontrolle und Weiterentwicklung der Stammdatenmanagement-Prozesse • Verantwortung für eine Klasse von Datenobjekten • Zentraler Ansprechpartner für stammdatenbezogene Themen im Tagesgeschäft
• Business Information Steward [vgl. English 1999, 408ff.] • Business Data Steward [vgl. Dyché/Levy 2006, 167f.] • Master Data Lead [vgl. Swanton 2005, 2] • Local MDM Manager [vgl. Duff 2005, 11]
Technical Steward
• Entwurf und Implementierung der Stammdatenmanagement-Systemarchitektur
• Information Architecture Steward [vgl. English 1999, 412] • Data Integration Specialist [vgl. Bitterer/Newman 2007, 6f.]
238
Anhang
Rolle / Gremium
Aufgabe / Verantwortung
Synonyme
Data Owner
• Funktionsübergreifende Sicherstellung der Datenqualität einzelner Objekte
• Master Data Owner [vgl. Duff 2005, 8]
Data Maintainer
• Pflege ausgewählter Stammdatensichten und -attribute
• Information Producer [vgl. English 1999, 405]
• Verantwortung für die Qualität der Daten
• Master Data Maintainer [vgl. Duff 2005, 8]
• Gremium zur Verabschiedung und Kontrolle von Massnahmen im Stammdatenmanagement
• Business information stewardship team [vgl. English 1999, 413ff.]
Master Data Board
• Data Governance Council [vgl. Dyché/Levy 2006, 167f.] Tabelle D-1: Rollen im Stammdatenmanagement
Anhang
239
Anhang E Applikationstypen in Industrie und Handel Anhang E.1
Applikationstypen in der Industrie
Geschäftsanwendungen
Applikationstyp
Beschreibung
Enterprise Resource Planning (ERP)
ERP-Systeme bilden den Kern der industriellen Transaktionsverarbeitung. Sie decken eine Vielzahl von Funktionsbereichen wie bspw. Einkauf, Produktionsplanung, Materialwirtschaft, Qualitätsmanagement oder Vertrieb über eine integrierte Datenbasis ab [vgl. Davenport 1998, 122; Klaus et al. 2000, 142ff.].
Warehouse Management (WM)
WM-Systeme oder Lagerverwaltungssysteme (LVS) ergänzen die ERP-Systeme um spezifische Funktionen zur Steuerung des physischen Materialflussses in komplexeren Lagern wie bspw. Distributionszentren [vgl. ten Hompel/Schmidt 2004].
Electronic Commerce (EC)
EC-Systeme unterstützen die überbetriebliche Bestellabwicklung. Sie bieten Funktionen in den Informations-, Vereinbarungs- und Abschlussphasen elektronischer Einkaufs- (Electronic Procurement) oder Vertriebstransaktionen (Electronic Sales) [vgl. Huber 2000, 79; Alt 2004, 51f.].
Supply Chain Management (SCM)
SCM-Systeme unterstützen die Steuerung unternehmensübergreifender Logistiknetzwerke. Sie bieten erweiterte Funktionen zur übergreifenden Abstimmung von Planungsdaten sowie zur überbetrieblichen Steuerung von Aufträgen, Transporten und Beständen [vgl. Knolmayer et al. 2000].
Customer Relationship Management (CRM)
CRM-Systeme bieten im operativen Bereich Funktionen für die Integration der Bereiche Marketing, Vertrieb und Service, um eine einheitliche Sicht auf die Kundeninteraktion zu erhalten [vgl. Hippner et al. 2004, 13ff.]. Sie unterstützen bspw. das Kampagnenmanagement oder Aufgaben im Call Center und Aussendienst.
Supplier Relationship Management (SRM)
SRM-Systeme bilden das lieferantenseitige Pendant zu CRM-Systemen. Sie bieten bspw. Funktionen für die strategische Bezugsquellenfindung, das Ausschreibungsund Vertragsmanagement oder die Lieferantenbewertung [vgl. Eyholzer et al. 2002, 70 ff.; Riemer/Klein 2002, 90 f.; Große-Wilde 2004, 61ff.]
240
Anhang
Querschnittsanwendungen
Applikationstyp
Beschreibung
Product Lifecycle Management (PLM)
PLM-Systeme unterstützen die integrierte Verwaltung von Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts, von der Angebotsvorbereitung über die Produktentwicklung und Produktion bis hin zum Betrieb und Entsorgung. Typische PLM-Lösung bieten Funktionen in den Bereichen Daten- und Dokumentenmanagement, Projektmanagement, Qualitätsmanagement und Engineering (CAD), ergänzt um Integrations- und Kollaborationswerkzeuge [vgl. Görg 2006, 8ff.; Scheer et al. 2006, 66ff.]
Content Management (CM)
CM-Systeme bieten Unterstützung für die Verwaltung von schwach strukturierten digitalen Daten oder Dokumenten. Entwickelt aus einer Annäherung von Systemen zur Verwaltung von Webseiten (Web Content Management) und Dokumenten (Document Management) bieten sie bspw. Funktionen zur Erstellung, Integration, Strukturierung, Publikation und Nutzung verschiedenster Daten- und Dokumenttypen [vgl. Büren 2005, 186ff.].
Büroanwendungen (BA)
Büroanwendungen bieten standardisierte Unterstützung bei typischen Büroarbeiten in Funktionsbereichen wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationserstellung, Datenbankverwaltung oder Adress- und Terminverwaltung [vgl. Mertens et al. 2004, 30 ff.; Hansen/Neumann 2005, 323ff.]. Insbesondere Anwendungen zur Tabellenkalkulation wie bspw. Microsoft Excel oder Datenbankverwaltungen wie bspw. Microsoft Access spielen heute in sämtlichen Unternehmen eine entscheidende Rolle bei der funktionalen Unterstützung schwach strukturierter Prozesse.
Tabelle E-1: Etablierte Applikationstypen in der Industrie
Anhang
241
Anhang E.2
Applikationstypen im Handel
QA
Geschäftssysteme
Applikationstyp
Beschreibung
Warenwirtschaftssystem
Warenwirtschaftssysteme steuern die warenorientierten dispositiven, logistischen und abrechnungsbezogenen Prozesse eines Handelsunternehmens [vgl. Becker/ Schütte 2004, 46]. Wesentliche Funktionsbereiche umfassen Einkauf, Disposition, Lagerverwaltung, Rechnungsprüfung, Marketing, Verkauf, Fakturierung sowie Buchhaltung.
ERP-System
s. Tabelle E-1
Lagerverwaltungssystem
s. Tabelle E-1
Filialsystem
Filialwarenwirtsschaftssystem
Filialwarenwirtschaftssysteme sind funktionsreduzierte, einstufige Warenwirtschaftssysteme für den Einsatz in Verkaufsstätten. Zu ihren Grundfunktionen gehört die Abwicklung der Filialwareneingänge, die Warenausgangs- bzw. Verkaufsdatenerfassung sowie ggf. die Lagerverwaltung und Bestandsführung in der Filiale [s. Schütte/Vering 2004, 340].
Kassensystem
Kassensysteme unterstützen den Verkauf und die Zahlungsabwicklung in der Filiale. Sie können eine einzelne Kasse, einen Verbund aus Haupt- und Nebenkassen oder ein Netzwerk mit einem Kassenserver und mehreren angeschlossenen Kassen umfassen [s. Schütte/Vering 2004, 340].
Kiosksystem
Kiosksysteme sind multimediale Anwendungen, die eine direkte Konsumenteninteraktion in der Filiale unterstützen. Je nach Einsatzgebiet bieten sie dem Kunden Informations-, Beratungs- oder Transaktionsfunktionen an [s. Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution 2006, 112].
CRM-System
s. Tabelle E-1
EC-System
s. Tabelle E-1
Content Management System
s. Tabelle E-1
Büroanwendungen
s. Tabelle E-1
Tabelle E-2: Etablierte Applikationstypen im Handel
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Sachverzeichnis A Abhollogistik 10, 11 Abstimmungsknoten Siehe Hub Änderungsdaten 20 Anwendungsbildung 166 Anwendungscluster 166 Anwendungsintegration 166 Applikationsarchitektur 25 Architektur Applikationsarchitektur 25 Geschäftsarchitektur 25 Infrastrukturarchitektur 25 Integrationsarchitektur 25 Prozessarchitektur 25, 80, 115 Referenzarchitektur 25 Unternehmensarchitektur 24 Artikel 31 Einzelartikel 34 strukturierter Artikel 34 Artikelstammdaten 31 Bestelldaten 32 Grunddaten 32 Logistikdaten 32 Spezifikationsdaten 32 Automation 39, 152, 168
B Backendintegration 168 Balanced Scorecard 87 BCI Siehe Business Collaboration Infrastructure Belieferungsformen 9 Beschaffung 96, 107 Beschreibungsstandard 39, 43 Bestandsdaten 20 Bestandsmanagement 9 Bestelldaten 32 Betriebliches Datenmanagement Siehe Datenmanagement Bewegungsdaten 20 Branchenlösung 211 Business Collaboration Infrastructure 51
Business Engineering 5, 24, 80 Buyer Managed Inventory 9, 10
C Category Management 12 Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment 13 Co-Managed Inventory 9, 10 Composite Application 211 Continuous Replenishment 9 Corporate Steward 156 CPFR Siehe Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment Crossdocking 9, 11 1-stufiges Crossdocking 11 2-stufiges Crossdocking 11
D Data Maintainer 157 Data Owner 157 Data Steward 157 Daten 19 Änderungsdaten 20 Bestandsdaten 20 Bewegungsdaten 20 Metadaten 177 Referenzdaten 19 Stammdaten 19 Datenintegration 165, 170 Datenmanagement 19 Datenmodell 22, 80 Datenpool Siehe Stammdatenpool Datenqualität 17, 91, 107 Datenstandard 38 Demand Management 8, 11 Desktopintegration 168 Dezentralisierung 155, 159 Direktbelieferung 9, 10 Display 34 Disposition 9, 98, 108 Distribution 100, 110 Dokumentenstandard Siehe Nachrichtenstandard
272
E EANCOM 16, 47, 52 ECR Siehe Efficient Consumer Response EDI Siehe Electronic Data Interchange EDIFACT Siehe Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport Efficient Assortment 12 Efficient Consumer Response 7 Efficient Product Introduction 12 Efficient Promotions 12 Efficient Replenishment 9 Efficient Unit Loads 10 Einkauf 96, 119 Einzelartikel 34 Electronic Data Interchange 16 Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport 46 Electronic Product Code 42 Elektronischer Marktplatz 51 Enabler 8, 13 EPC Siehe Electronic Product Code EPC Information Service 219 EPCglobal 219 EPCIS Siehe EPC Information Service Exchange 51 Executive Sponsor 156
F Fakturierung 102, 110 Föderation 178 Formatstandard 38 Frontendintegration 168 führendes System 171 Führungsgrösse Siehe Kennzahl Führungssystem 86, 111 Funktionsarchitektur 80, 202 Funktionsintegration 165, 170
G GDD Siehe Global Data Dictionary GDSN Siehe Global Data Synchronization Network
Sachverzeichnis GEPIR Siehe Global GS1 Electronic Party Information Registry Geschäftsarchitektur 25 Geschäftspartner 35 Geschäftspartnerstammdaten 35 Geschäftsstandard 38, 49 GLN Siehe Global Location Number Global Data Dictionary 43 Global Data Synchronization Network 50, 182 Global ECR Scorecard 14 Global GS1 Electronic Party Information Registry 183 Global Location Number 41 Global Product Classification 42 Global Standards One 40 Global Trade Item Identification Number 41 GPC Siehe Global Product Classification Grunddaten 32 GS1 Siehe Global Standards One GS1 Global Registry 182 GS1 XML 48 GTIN Siehe Global Trade Item Identification Number
H Hub 171, 178
I Identifikationsstandard 13, 39, 41 Infrastrukturarchitektur 25 Integrationsarchitektur 25 Integrationsbereich 165 Integrationsservice 57, 59 Integrator 8, 13
K Kennzahl 86 Kennzahlensystem 86, 88, 111 Klassifikationsstandard 39, 42 Konditionen 35 Koordinationsservice 57, 58 kritischer Erfolgsfaktor 88
Sachverzeichnis
L Lagerverwaltung 99 Leergutartikel 35 Leitbild 81 Logistikdaten 32 Logistische Einheit 34 Lot 34
M Marketing 100 Master Data Board 157 MDM Suite 211 Messgrösse Siehe Kennzahl Metadaten 177
N Nachrichtenstandard 13, 38, 46
O Object Naming Service 220 ONS Siehe Object Naming Service Ontologie 24 OOS Siehe Out-of-Stock, Siehe Out-ofStock Ordnungsrahmen 79 Organisationsstruktur 155 Out-of-Stock 98, 108 Outsourcing 117 Outtasking 118, 146
P Peer-to-Peer 178 Performance Measurement 87 PIM Siehe Product Information Management Portal 170 Präsentationsintegration 170 Product Flow Techniques 9 Product Information Management 189, 194 Produkteinführung 104, 110 Produkteliminierung 122 Produktentwicklung 12 Produktinnovation 122 Produktmanagement 121
273 Produktmodifikation 122 Produktstammdaten Siehe Artikelstammdaten Prozess 116 analoger Prozess 117 Führungsprozess 116 globaler Prozess 117 Kundenprozess 116 Leistungsprozess 116 lokaler Prozess 116 unabhängiger Prozess 117 Unterstützungsprozess 116 verteilter Prozess 117 zentraler Prozess 117 Prozessarchitektur 25, 80, 115 Prozessintegration 165 Prozesslandkarte 118 Prozessservice 57 Prozessstandard 38, 49 Prozessverteilung 116 Public Process 124 Pull-Prinzip 7 Push-Prinzip 7
Q Quick Response 7
R Radio Frequency Identification 13, 18, 220 Rechnungsprüfung 99, 109 Referenzarchitektur 25 Referenzdaten 19 Registry Siehe Verzeichnis Repository Siehe Verzeichnis RFID Siehe Radio Frequency Identification Rollenmodell 155, 156 Rollenverteilung 155, 159
S Sammelartikel 35 Schnittstelle 39, 168 Maschine-Maschine-Schnittstelle 39, 168 Mensch-Maschine-Schnittstelle 39, 168
274 Mensch-Mensch-Schnittstelle 39, 168 Serial Shipping Container Code 42 Service 222 Serviceorientierte Architektur 222 Set 34 Shared Service 117 SOA Siehe Serviceorientierte Architektur Sortimentsexpansion 120 Sortimentsplanung 12, 119 Sortimentsreduktion 120 Sortimentstyp 124 Sortimentsvariation 120 Spezifikationsdaten 32 SSCC Siehe Serial Shipping Container Code Stammdaten 19 Artikelstammdaten 31 Geschäftspartnerstammdaten 35 Konditionen 35 Stammdatenabgleich Siehe Stammdatensynchronisation Stammdatenänderung 70, 121, 123, 138 logistikrelevante Änderung 138, 140 sonstige Änderung 138, 141 verkaufsrelevante Änderung 138, 139 Stammdatenanlage 68, 121, 123, 124 bedarfsgetriebene Anlage 127, 135 katalogbasierte Anlage 126, 128 lieferantengeführte Anlage 127, 133 spezifikationsbasierte Anlage 126, 131 Stammdatenauslauf 123, 142 Stammdatenbeschaffung 121 Stammdatenentsorgung 121, 123 Stammdatenlogistik 80, 164, 165, 170, 172, 175, 177, 187, 192, 197 Stammdatenobjekte 30 Stammdatenpool 50, 54, 65, 146, 181 Stammdatensammlung 123 Stammdatensynchronisation 29, 30, 50, 177 bilaterale Stammdatensynchronisation 50, 65, 180 dezentralisierte Stammdatensynchronisation 178 hybride Stammdatensynchronisation 178
Sachverzeichnis multilaterale Stammdatensynchronisation 50, 66, 181 zentralisierte Stammdatensynchronisation 178 Standard 38 Beschreibungsstandard 39, 43 Datenstandard 38 Formatstandard 38 Geschäftsstandard 38, 49 Identifikationsstandard 39, 41 Klassifikationsstandard 39, 42 Nachrichtenstandard 38, 46 Prozessstandard 38, 49 Steward Corporate Steward 156 Data Steward 157 Technical Steward 157 Strukturierter Artikel 34 Supply Management 8, 9
T Technical Steward 157 Transformationsservice 57, 61 Transport Optimization 10 Transportmanagement 10 Transportoptimierung 10, 11
U United Nations Standard Product and Services Code 42 UNSPSC Siehe United Nations Standard Product and Services Code Unternehmensarchitektur 24
V Vendor Managed Inventory 9, 10 Verkauf 101, 121, 122 Verkaufsförderungsaktionen 12 Verpackungshierarchie 34 Verzeichnis 171, 178 Vision 80, 81 Vokabularstandard Siehe Beschreibungsstandard
Sachverzeichnis
W Warenausgang 102, 110 Wareneingang 98, 107 Warengruppe 34 Warengruppenhierarchie 34 Workflow Management 170
275
Z zentrales System 170 Zentralisierung 155, 159 Zentrallagerbelieferung 9, 10