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Geschichten aus dem Fantastik Magazin WARP-online
Das Science Fiction Spezial
Visionen 2
'Visionen' ist eine kost...
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Geschichten aus dem Fantastik Magazin WARP-online
Das Science Fiction Spezial
Visionen 2
'Visionen' ist eine kostenlose Science Fiction Anthologie von www.WARP-online.de, dem Fantastik Magazin. Alle Rechte der Geschichten und Bilder verbleiben bei den jeweiligen Autoren und Künstlern.
Visionen 2 Copyright 2003 WARP-online Herausgeber: www.WARP-online.de Satz und Layout: Bernd Timm Alle Texte und Bilder sind bereits jeweils einzeln bei www.WARP-online.de erschienen und zur Veröffentlichung durch WARP-online freigegeben. Die Magazin-Reihe ist eine Sammlung von Beiträgen, die zusätzlichen Kreis interessierter Leser anspricht und die Namen der Autoren und Künstler bekannter macht. Weder das Fehlen noch das Vorhandensein von Warenzeichenkennzeichnungen berührt die Rechtslage eingetragener Warenzeichnungen.
1000 Seiten Fantastik www.WARP-online.de bringt das ganze Spektrum der Fantastik: Bilder, Geschichten, Artikel, Projekte, Reportagen, Interviews, Wissenschaft, Comic, Kostüme, SF-Kabarett, Lyrik, Film-& TV-Projekte, Modelle und mehr!
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Inhalt Cover von Gerhard Börnsen Zwei Frauen, ein Imperator und jede Menge Ärger
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von Annika Ruf Mara Jade und Dartha Vader sind zwei besondere Kämpferinnen. Und sie beide haben eine ganz eigene Vorstellung vom Imperator...
Science fiction
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von Andrea Tillmanns Die Geschichte eines alten Raumcaptains mit einem noch ältern Schiff, der zudem leider kein Held ist. Ein Auftrag bringt ihn aus seiner Kneipe zumindest wieder in den Weltraum...
Die zweite Frage
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von Andrea Tillmanns Er hatte an alles gedacht; er hatte sich gut vorbereitet; er war bereit für seinen größten Diebstahl es konnte einfach nichts mehr schiefgehen; schon gar nichts Dummes - oder vielleicht doch?
Eine zufällige Entscheidung
13
von Mike Clark Die Entwicklung der ersten künstlichen Intelligenz war ein entscheidender Durchbruch; die öffentliche Vorstellung eine große Sache. Bei den Hoffungen auf Weiterentwicklungen in allen Bereichen der Wissenschaft hatte man sich nicht getäuscht, aber natürlich kannte diese Maschine auch keine Empfindungen.
Star Wars
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von Annika Ruf In einem vielleicht alternativen Universum erleben Han, Luke und Leia die gleichen Abenteuer; - bis auf kleine entscheidende Unterschiede...
Battle Tech: Prototyp
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von Andreas Dempwolf Ein Prototyp mit den neusten Finessen und vielleicht auch ein paar neuen Macken...?
Der Ärger des Hausmeisters
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von Klaus Haupt Ein zahlreiches außerirdisches Volk sucht einen neuen Heimatplaneten und ein Hausmeister muß sich ärgern..."
Die Zahl der Spinner
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von Daniel Gronau Wenn man erstmal anfängt sich Gedanken über die welt zu machen, kann das zu schrecklicher Erkenntnis führen..."
Abstieg ins Totenreich von Daniel Gronau 3
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Was geschieht mit einem, wenn man stirbt? Womöglich etwas Unerwartetes...
Eine Frage des Alters
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von HAL 2000 Jack muss sich verstecken, und er tut es im Museum. Aber hier erfährt er Dinge, die ihm die Haare zu Berge stehen lassen! Böse, böse.." 37
Der Mord in der Papierstraße
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von Klaus Vor der Landwehr Anno 2069. Ein Restaurateur wird in die Bibliothek bestellt. Grund: Ein Mordanschlag auf ein altes Buch. Eine Sektion ist unvermeidlich und offenbart Verblüffendes. - Anmerkung: Der Text enthält Kunstwörter einer fiktiven Zukunft. Ein Glossar ist beigefügt.
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Zwei Frauen, ein Imperator und jede Menge Ärger von Annika Ruf
Mara Jade und Dartha Vader sind zwei besondere Kämpferinnen. Und sie beide haben eine ganz eigene Vorstellung vom Imperator...
Mara Jade musterte die hochgewachsene Gestalt, die sich mit raubtierhafter Anmut durch die Gänge bewegte. Dartha Vader war sich der Anwesenheit der anderen Frau bewußt. Auch Mara Jade war eine Tänzerin, auch sie war eine umwerfende Schönheit. Farblich passen wir auch gut zusammen, dachte Dartha, sie ist rothaarig, ich dunkel, sie hat grüne Augen und ich blaue. Mara saß an einem kleinen Tisch und trank einen grünen Tee. "Auch einen Schluck, Vader?" fragte sie leise. Dartha nickte und setzte sich zu ihr. "Ich glaube, der Imperator hält viel von mir, er hat mich gestern als seine "rechte Hand" bezeichnet." Mara beobachtete die andere, wie würde Dartha auf diese Eröffnung reagieren. Der schwarze Helm stand auf dem Tisch, als Dartha ihren Tee austrank. Sie lächelte. "Ich würde nicht viel drauf geben, Schwester", erwiderte sie dann, "der alte Sack ist Linkshänder." Als Mara etwas später beim Imperator stand, war der alte Herr doch reichlich aufgebracht. "Alter Sack, alter Sack .. ", grollte er, "wieso nennt sie mich dauernd alter Sack?" Mara überlegte eine Weile. "Vielleicht", schlug sie dann vor, "weil Ihr ein alter Sack seid?" Der Imperator überlegte eine Weile und winkte Mara dann, näherzukommen, was sie auch tat. Als Mara mit voller Wucht durch die geschlossene Tür flog und dabei zwei Wachen umwarf, schüttelte Dartha nur den Kopf. "Wird eine Weile dauern, bis sie meinen Job hat." Mara rappelte sich auf. Dartha goß ein wenig Klaren in drei Gläser, stellte diese auf ein kleines Tablett und ließ es zu den dreien hinschweben. "Kann ich dich mal was fragen?" Mara saß Dartha gegenüber und versuchte die letzten Auswirkungen des Fluges durch die Tür loszuwerden. "Nur zu." "Der Vater von Luke und Leia .. ist es der Imperator?" "Der?" Dartha schnaubte durch die Nase, "der ist so alt .. er luchtert zwar hinter mir her, weiß aber längst nicht mehr, warum", sie schnaubte durch die Nase, dann wurden ihre Züge sanfter, "Der Vater von Luke und Leia war ein kleiner zierlicher Bursche." "Warum hast du ihn nicht geheiratet?" "Den? Um Gottes Willen!" "Und warum hast du dich mit ihm eingelassen?" "Naja, aus dem gleichen Grund, warum sich die meisten Frauen mit Männern einlassen: Er brachte mich zum Lachen." Mara schwieg und trank einen Schluck. "War er so humorvoll und charmant?" "Teils. Eigentlich mußte er sich nur ausziehen", erwiderte Dartha und starrte mißmutig in ihr Glas. Mara schwieg einen Moment. "Ist die Flotte der Rebellen eigentlich schon gefunden?" fragte sie dann. "Nein. Wir haben keinen Anhaltspunkt." Dartha goß plötzlich Brandy ins Glas und sah Mara zögernd an. Die hielt ihr das Glas hin. Nach etwa einer Stunde mußte Mara blinzeln, um ihr Sicht zu schärfen. "Du mussd ja 'ne Leber aus Stahl haben", ihre Aussprache war alles andere als sicher. "Yeah", gab Dartha zurück, "ich hab' mal den Wookie unnern Tisch gekriecht .. " "Im Ernst?" "Jau .. das hat ganz schön gepoltert." Dartha kicherte leise. Mara fiel ein, dann trank sie aus. "Was wohl der Immberador sagen würde .. seine rechte und seine linke Hand sitzen hier und ziehen sich die Birne zu." "Irgendein Hobby muß frau ja haben." Dartha erhob sich schwankend. Mara erhob sich ebenfalls. Auch sie schwankte. Bei beiden war die Wahrnehmung stark getrübt, aber Dartha wußte plötzlich sehr
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genau, daß Maras Lippenstift nach Himbeeren schmeckte. Daß die beiden nicht umkippten, verdankten sie einander, engumschlungen gingen sie den Gang entlang und jeder hütete sich, ihnen in den Weg zu geraten. Eine Tür ging auf und wieder zu. Stille. Dartha Vader erwachte am nächsten Morgen und spürte nur einen leichten Kater. Denoch, gut fühlte sie sich nicht. Neben ihr regte sich etwas. Langes rotes Haar floß über das Kissen. "Wie spät ist es?" murmelte Mara Jade. "Neun Uhr dreizehn", erwiderte Dartha und bereitete ein Medikament gegen den Kater zu. Mara hob den Kopf und starrte die Sithlady an. "Wie bin ich in dein Bett gekommen?" "Freiwillig, nehme ich an. Ich war nämlich nicht mehr in der Lage, jemanden zu zwingen." Dartha reichte ihr das Glas. Mara trank es aus und der Kopfschmerz verschwand. "Ich weiß nicht mal, ob wir Spaß gehabt haben." Mara erhob sich. "Müssen wir wohl. Sonst hätte ich mein Hemd angezogen." Sie trafen sich beim Abendessen wieder. Dartha hatte sich als Köchin betätigt und einen Karottenauflauf gemacht. "Köstlich", murmelte Mara und überlegte, ob sie einen Nachschlag nehmen sollte. "Dank meinem Ehemann Nr.17." Dartha nahm einen Schluck leichten Weines. "Wieso?" "Naja, die Karotten hierfür sind in meinem Garten gewachsen .. und meinen Ehemann Nr.17 habe ich im Karottenbeet .. na, entsorgt." Mara starrte sie entsetzt an. Dartha lächelte leicht maliziös. "Noch etwas Blutwurst, Liebes?" fragte sie sanft und eine silberne Platte rutschte näher. Mara wurde grün im Gesicht und floh. Dartha sah ihr schmunzelnd nach. "Sie wird es mir bei nächster Gelegenheit heimzahlen, aber das war es mir wert." Mara kehrte zurück. Nahm Platz. Starrte auf den Auflauf. "Kann ich noch eine Portion haben?" "Sicher." "Er ist köstlich." "Danke." Mara grinste kurz. "Zu irgendwas muß der Ehemann ja nutze sein." "Eben!" Beim Dessert fragte Mara: "Hast du einen Ehemann in den Rosen entsorgt?" "Ja, Nr.6." Dartha seufzte tief und starrte in ihre Schale, "ein Romantiker, wie er im Buche steht. Aufmerksam, treu und er schnarchte nicht mal." Sie beendete ihr Dessert, "Ich bedauerte seinen Unfall. Daß er die Treppe runtergefallen ist, war ein echter Unfall, ich habe nicht nachgeholfen." "Ich glaube dir." Mara war satt und lehnte sich zurück. Einkaufsbummel Dartha dockte mit dem leichten Gleiter an. "Hast du die Tabelle mit dem Umrechnungskurs?" fragte sie nach hinten. "Klar. Ebenso Taschencomputer und einige Schmuckstücke, falls Tauschhandel angesagt ist." Mara trat nach vorne. Sie trug einen einfachen Hosenanzug, Umhang und einen Hut, ein ähnliches Outfit trug auch Dartha. "Ich hoffe, hier mal völlig andere Welten zu erleben." Dartha sicherte die Steuerung und die beiden Frauen verließen den Gleiter. Natürlich fielen sie ein wenig auf. Mara durch ihre flammendrote Haarfarbe, Dartha durch ihre Körpergröße von etwas über 1,90m. Einige Blicke folgten der Rothaarigen und der riesenhaften Brünetten, als sie über die sogenannte Promenade schlenderten und alle Geschäfte in Augenschein nahmen. "Ist dir schon aufgefallen, die meisten Leute hier sehen aus wie Menschen, die eine geriffelte Nase haben." Dartha musterte eine Gruppe Uniformierter, Männer und Frauen. Beide Geschlechter trugen Ohrringe. Das erinnerte die "Dunkle Dame" an etwas: Angeblich waren ohrringtragende Männer eher am eigenen Geschlecht interessiert. Aber hier schien es zur Volkstracht zu gehören. Mara entdeckte einen Stand mit Schals und Handschuhen und probierte einige an. Dartha musterte die Dinge kurz und wandte sich lieber einen Modeschmucksortiment zu. Nach einer Weile kamen sie zu einem
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Stoffverkäufer, der Mara sofort grüne Seide anpries, die exakt den Farbton ihrer Augen hatte. Für Dartha hatte er blaue. "Fühlt sich gut an", befand die und fragte nach dem Preis. Der Händler lächelte kurz und verlangte: "Dreißig Barren goldgepreßtes Latinum für jeden Ballen!" Die beiden Frauen wechselten Blicke. Dann bewegte Dartha sanft die Hand und flüsterte: "Wären zehn pro Ballen nicht angebrachter?" Der Händler stutzte und blinzelte kurz. Er überlegte und kam zu dem Schluß: "Aber sicher, meine Damen, das ist ein angemessener Preis - beste Qualität!" Er verpackte die Ballen, während Mara ihm ihr süßestes Lächeln schenkte und Dartha die Barren abzählte. "Wissen Sie hier einen guten Schneider?" fragte sie dann. "Aber sicher, wenn Sie geradeaus gehen, kommen Sie zu Garaks Laden, der beste Schneider auf ganz Deep Space Nine!" "Habe ich da noch Töne! Dreißig pro Ballen." Mara schüttelte den Kopf. "Er kann von Glück sagen, daß ich guter Laune bin", Dartha strich über die Seide, "ich hätte ihn auch dazu veranlassen können, uns die Seide zu schenken." "Das hätte ihn aber sehr verwundert", Mara lachte leise und dann kamen sie an dem Laden von Elim Garak an. Beide schauten kurz auf die ausgestellten Stücke im Schaufenster, dann betraten sie den Raum. "Ah, guten Tag, die Damen, womit kann ich dienen?" Der Inhaber sah aus wie ein bleiches Reptil, das menschähnliche Gestalt angenommen hatte. Sowohl Mara als auch Dartha spürten sofort eine Erschütterung der Macht, die ihnen deutlich signalisierte, daß der Schneider nicht ganz das war, was er zu sein vorgab. Instinktiv tasteten beide nach den unauffälligen länglichen Gegenständen an ihren Hüften, die als Taschenlampen durchgegangen waren. Daß es sich um Lichtsäbel handelte, ging nur sie etwas an. "Wir möchten uns hieraus Kleider machen lassen. Geht es heute noch?" fragte Mara sanft. "Sicher", erwiderte Garak fröhlich, "ich zeige Ihnen einige Entwürfe, dann muß ich nur ihre Körpermaße nehmen und dann kann es losgehen." Die beiden mußte zugeben, daß Garak durchaus verstand, die Vorzüge seiner Kundschaft zu erkennen und die Kleidung entsprechend zu entwerfen. Rasch einigten sie sich auf je zwei Kleider - dafür reichte die Seide - und ließen sich scannen. "In etwa zwei Stunden sind Ihre Kleider fertig", Garak strich über die Seide. "Dann kommen wir zurück." Mara verließ den Laden und als sie draußen waren, sah sie sich um. "Der Kerl hat was zu verbergen, aber es betraf nicht uns", stellte sie fest. Dartha nickte düster. Dann sah sie nach links und ihre Miene hellte sich auf. "Ein Restaurant. Hunger?" "Ja." Sie traten näher an die Aushangtafel mit dem Speiseangebot. Holos der Speisen waren abgebildet, daneben die Namen und die Inhalte. Mara hatte gerade beschlossen, sich mit einem üppigen Salat und Pudding zufrieden zu geben, als plötzlich eine seltsame Kreatur an sie herantrat. "Ah, neue Gäste", flötete eine heisere Stimme. Dartha musterte den Fremden, er sah aus wie eine Mischung aus Troll und Kobold mit übergroßen Ohren. "Quark, mein Name, mir gehört das "Quark's", dort finden Sie alles, was Sie zur Entspannung brauchen, neueste Holoprogramme, Spiele, Drinks und Gesellschaft." Er rückte näher an Dartha und legte ihr die Hände auf die Hüften. "Für eine so attraktive Frau kann ich natürlich einiges arrangieren, wenn der Preis stimmt -", er brach und schnappte nach Luft. Eine unsichtbare Hand schien seine Kehle zu umklammern. "Faß mich nicht an, du häßliche Ausgeburt des Sumpfes", zischte Dartha Vader nur. Quark röchelte und sie bewegte die Hand. Erleichtert schnappte der Ferengi nach Luft. Die beiden Frauen gingen weiter und er rieb sich verwundert die Kehle. "Ekelhafte Kreatur", murmelte Dartha noch. Sie ließen sich in einem dunklen Restaurant nieder und studierten die Speisekarte. "Hier gibt es lebende Würmer?" Mara krauste die Nase. "Enthalten Proteine. Überlebenskurs auf Tatooine", Dartha sah auf die Karte. "Tatooine .. da kommst du her, nicht wahr?" Mara liebäugelte mit einem Steak. "Ja, bin dort aufgewachsen. Hmm .. ich glaube, dieses Targherz wäre was für mich." "Urgs .. ich nehme lieber ein Steak. Blutig!" Der Kellner kam heran, um die Bestellung aufzunehmen. Beide spürten sofort, daß er einer Kriegerrasse angehören mußte. Groß, kräftig und die knotige Stirn ließen das Potential erahnen.
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Dartha lehnte sich zurück. "Es hat ausgezeichnet geschmeckt, ich fürchte nur, daß ich doch kotzen muß." "Sag bloß, du bist wieder schwanger", Mara trank ihren Blutwein aus. "Das weniger. Ich bin das hier nicht gewöhnt." Die beiden zahlten und gingen. Dartha lauschte in ihren Körper. Es grummelte, der Magen war wirklich kein Targherz gewöhnt, aber es schien ganz gut verdaut werden zu können. "Noch eine Stunde, dann sind unsere Kleider fertig", Dartha beäugte einen Laden mit Bildern und Drucken. Als sie ihn gerade betreten wollten, spürten beide eine starke Erschütterung in der Macht. Beide sahen sich kurz an und sprangen vier Meter hoch, auf die Balustrade. Keine Sekunde zu früh! Einige seltsam aussehnde Humanoide schwangen Waffen und feuerten einige Schüsse an die Decke. "Keiner rührt sich!" brüllte der offensichtliche Anführer. Er trug metallene Abzeichen und mehrere Waffen. Er packte eine Frau, die gerade vor ihm zu fliehen versuchte und hielt sie vor sich. "Also, Leute, wir wollen nur ein Shuttle, alle eure Wertsachen und zehntausend Barren goldgepreßtes Latinum." Die Frau in seinem Arm gab einen halberstickten Laut von sich. Dartha folgte ihrem Blick. Ein kleines Kind saß in einer Ecke und wimmerte leise. "Mama", mehr bedurfte es nicht. Dartha Vader knurrte. "Ich kam hierher, um in Ruhe einen Einkaufsbummel zu machen", ihre Stimme klang klar über die Promenade, "ich wollte mich erholen, was ähnliches hatten auch die anderen Leute vor. Es ist unverzeihlich, daß ihr sowas tut. Ich bin Dartha Vader und im Namen des Imperiums werde ich euch bestrafen." Der Kerl starrte verdattert zu ihr hoch. Sie sprang. Landete genau vor ihm. Sah ihn an. "Du läßt sie jetzt los", sie machte eine Handbewegung. "Natürlich." Er ließ die Frau los, die sofort zu ihrem Kind lief. Die anderen starrten die seltsame große Frau an. "Das war ein Fehler, Große", der Kerl faßte sich wieder, "ich denke, ich muß dich erst zurechtstutzen." "Ist nicht", erwiderte sie und griff nach dem Lichtsäbel. Er hob die Waffe - und starrte auf seinen Armstumpf. Zwei andere eröffneten das Feuer - das von Maras Lichtsäbel abgelenkt wurde. Das hinderte den Anführer nicht daran, nach Dartha zu greifen - einen Wimpernschlag später war er säuberlich in der Mitte entzweigeteilt. Mara und Dartha standen nun mit den Rücken zueinander, beide hatte die Lichtsäbel gezündet und bei beiden funkelten die Augen. Plötzlich kamen Leute in brauner Uniform und umringten sie alle. "Hände hoch und Waffen weg", ein seltsam aussehender Humanoide befehligte die Truppe. Bis auf Dartha und Mara leisteten alle Folge. Die beiden Frauen registrierten die Entspannung und deaktivierten ihre Waffen. "Ich bin Constable Odo, der Sicherheitschef von Deep Space Nine", er musterte die beiden, "ich bin Ihnen zwar sehr verbunden, was Ihr beherztes Eingreifen betrifft, aber -" Dartha unterbach ihn. "Sie lassen uns jetzt gehen", sie bewegte die Hand. "Wie bitte?" fragte er. "Mist", knurrte sie. "Ich muß Sie bitten, ich zu begleiten." Die beiden wechselten Blicke und beschlossen, keinen Aufstand zu machen. Etwas später in der Arrestzelle stand Mara auf Darthas Schultern und benutzte die Macht und ihre Haarnadel, um den Mechanismus lahmzulegen. Die beiden spazierten aus dem Arrestbereich heraus, leise allerdings, um nicht die Bandenmitglieder auf sich aufmerksam zu machen. Die waren so untergebracht, daß sie sie zwar hören aber nicht sehen konnten. "Glaubt uns einsperren zu können", Mara rollte die Augen und sie gingen zu Constable Odos Büro, um ihre Lichtsäbel und Wertsachen abzuholen. Vor dem Büro stand nur eine Sicherheitsoffizierin, die mit der Macht rasch davon überzeugt werden konnte, doch bitteschön die Tür zu öffnen. "Bittet, so wird euch gegeben", zitierte Dartha, "klopfet an, so wird euch aufgetan." "Woraus ist das?" "Keine Ahnung, ich glaube, ein altes Sagenbuch." Sie marschierten zu Garaks Laden und holten ihre Kleider ab. Der Weg zum Shuttle war auch ohne Probleme zu meistern - der Sicherheitstyp würde nur einen Abend einen geschwollenen Hals haben. "Warum hast du die Frau gerettet?" fragte Mara nur, als sie in den Hangar des Kreuzers einflogen.
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"Naja, ich bin auch eine Mutter. Und der Kerl war widerlich." "Wirklich?" "Er erinnerte mich an Ehemann Nr. 12." "Wo hast du den entsorgt?" "Im Kürbisfeld." "Hast du guten Kürbiskuchen gehabt?" "Ich habe sogar noch etwas Kürbiswein übrig." Der Imperator rief sie sofort zu sich. "Wart ihr einkaufen?" "Ja, euer Erhabenheit", erwiderte Mara und hörte förmlich, daß Dartha leise dachte "Alter Sack!!" Zu ihrer Verwunderung fing sie dann ein "Kleines Arschloch" des Imperators auf. "Wir haben euch auch etwas mitgebracht", setzte sie rasch hinzu und packte die Zuckerstangen aus. Da war auch Palpatine zufrieden.
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Science fiction von Andrea Tillmanns
Die Geschichte eines alten Raumcaptains mit einem noch ältern Schiff, der zudem leider kein Held ist. Ein Auftrag bringt ihn aus seiner Kneipe zumindest wieder in den Weltraum...
Wie meistens in diesen Geschichten ist das Raumschiff alt und nicht besonders schön. Sein Besitzer ist fast genauso alt und sicher nicht viel schöner, und er ist vor allem kein Held. Genauer gesagt, ist er der typische Verlierer, der in dieser Art von Geschichten grundsätzlich nur durch eine gehörige Portion Glück und in den richtigen Momenten auftretende Anfälle von Bauernschläue, gepaart mit dem Mut der Verzweiflung, sein Leben sowie das normalerweise heiß geliebte Schiff retten kann. Aber was, wenn dieses Schiff mit seinem Besitzer nun durch ein real existierendes Universum flöge, anstatt über die Seiten eines Buches, die, wie es Papier nun einmal so zu eigen ist, stillhaltend für einen sicheren Stand auf dem Boden des Wunschdenkens sorgen? Da ist also dieses Schiff, schon seit Wochen liegt es im Hafen eines kleinen Planeten und wartet auf Fracht, die es dem Besitzer ermöglichen könnte, Treibstoff für den Flug zu kaufen. Der Besitzer ist, wie gesagt, keiner dieser jugendlichen Helden, die sich, ohne an die Folgen zu denken, die es in Buchuniversen sowieso grundsätzlich nicht gibt, voller Tatendrang im Schutze der Nacht auf eines der benachbarten Schiffe schleichen und von dort aus, ohne jede Schwierigkeit mit fremder Technik, sämtlichen Treibstoff auf ihr eigenes Schiff befördern. Ihm würde höchstwahrscheinlich nicht einmal die diskrete Annäherung an einen anderen Raumgleiter gelingen, und selbst wenn er, mit dem Glück des Dummen, ein völlig verlassenes Gefährt finden sollte, an dessen Bord er sich schleichen könnte, und selbst wenn dieses Schiff vollgetankt wäre, so würde er spätestens bei dem Versuch, den Treibstoff abzupumpen, kläglich scheitern und, im Bewußtsein einer weiteren unbemerkten Niederlage, vielleicht ein wenig länger wach bleiben und über den Sinn seines Lebens nachdenken. Natürlich verschwendet er ebenso wenig einen Gedanken an die Möglichkeit, eines der anderen Schiffe zu stehlen, weiß er doch genau, daß er noch vor Verlassen der Atmosphäre entdeckt und zurückgeholt werden würde. So sitzt er in seinem Schiff und wartet. Als er den letzten Rest Wasser und die letzte Brotkruste verbraucht hat, sucht er sich einen schlecht bezahlten Job in einer der typischen miesen Hafenkneipen, wo er vergeblich versucht, eine der weniger gut aussehenden Prostituierten auf einen für ihn erschwinglichen Preis herunterzuhandeln. Und wahrscheinlich würde er den Rest seines Lebens in dieser Kneipe verbringen, Gläser spülend und vielleicht irgendwann einmal später auch bedienend, passierte ihm nicht einer dieser Zufälle, die eigentlich zu unglaubwürdig sind, um in Büchern aufzutauchen, und es dennoch ständig tun; jedenfalls kommt eines Tages dieser Mann in die Kneipe, viel zu elegant und in zu teuren Kleidern, um nicht sofort aufzufallen, und durch einen weiteren Zufall befindet sich der inzwischen noch ältere Raumschiffbesitzer gerade in seiner Nähe, als dieser verlauten läßt, er suche einen Kapitän, der bereit sei, eine Fracht unbestimmten Ausmaßes zum dritten Planeten von Sol zu transportieren, und sicher mag es noch unglaubwürdiger erscheinen, daß seine Wahl ausgerechnet auf einen Gläserspüler mit einem ziemlich betagten Schiff fällt, aber eben so geschieht es. Und so kann der Raumschiffbesitzer von dem Teil des Lohnes, den er anstandslos schon im Voraus erhält, genügend Treibstoff erwerben, um den Weg zu der entfernten Sonne zu schaffen, und macht sich frohen Mutes auf die Reise. Nun beginnt an dieser Stelle für gewöhnlich erst die Handlung, in der der Held sich als Held erweisen und nebenbei noch die Liebe einer hübschen, jungen und meist blonden Frau gewinnen kann, aber, wie erwähnt, dies ist kein Buchuniversum, existierend nur auf ein paar Seiten Papier und vielleicht im Kopf 10
einiger Leser, und so fürchtet sich der Raumschiffbesitzer umsonst vor Weltraumpiraten und unbekannten Monster, wie er auch vergeblich nach unregistrierten Planeten oder gestrandeten Schiffen Ausschau hält, auf denen sich vielleicht einige nützliche, wenn auch sicher nicht sonderlich profitable Dinge finden ließen. Gewöhnlich müßte zumindest die Fracht ein paar Geheimnisse bergen, die ihm durch viele verborgene und immer wieder neu auftauchende Gefahren die Reise verkürzen würden, aber er ist inzwischen alt genug, um zu wissen, daß dies im Normalfalle nur Helden passiert, die damit umzugehen verstehen und, wenn sie schon nicht alle aus den Transportbehältern springenden Feinde auslöschen können, so zumindest die Chance erhalten, einen Heldentod zu sterben und nachfolgenden Generationen den Stoff für wirre Geschichten zu liefern. Und da er weiß, daß er kein Held ist, wundert er sich nicht lange, als irgendwo auf halber Strecke, zwischen zwei Galaxien und weit entfernt jeder Handelsroute, ein Teil der Außenhülle, direkt links neben ihm, mit nur leichtem Knirschen den Kampf mit dem Rost verliert und er nicht einmal mehr Zeit findet, sein Schiff ein letztes mal von außen zu betrachten.
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Die zweite Frage von Andrea Tillmanns
Er hatte an alles gedacht; er hatte sich gut vorbereitet; er war bereit für seinen größten Diebstahl es konnte einfach nichts mehr schiefgehen; schon gar nichts Dummes - oder vielleicht doch?
Es war ganz leicht. Zuerst der Plan: Als er von dieser Erfindung gehört hatte, wußte er, er mußte sie einfach besitzen. Und er würde der einzige sein, wenn er es richtig anstellte. Seine Beziehung zu einer gewissen Fernsehreporterin war durchaus nützlich bei dem Versuch, die Lage des Labors dieses Forschers herauszufinden. Von wegen geheim. Er mußte lächeln bei dem Gedanken, wie einfach, wie schnell er alle nötigen Informationen beisammen gehabt hatte. Dann die Vorbereitung: Einzelkämpfertraining, man konnte schließlich nie wissen. Er hatte alle denkbaren Methoden kennengelernt, einen Menschen möglichst langsam zu töten. Ein schneller Mord - obwohl er das Wort verabscheute, er sprach lieber von Töten - hätte ihm nichts genützt, da nur dieser Forscher, ein merkwürdiger Typ übrigens, sehr zurückhaltend und scheu, wußte, wie seine Erfindung zu bedienen war. Jetzt die Ausführung: Er stand vor dem Haus, einem unauffälligen Altbau, wie er nebenbei bemerkte, rief sich die Einzelheiten des Grundrisses noch einmal ins Gedächtnis, obwohl er inzwischen sämtliche Räume im Schlaf gefunden hätte, vor allem die beiden wichtigsten. Zog den Dietrich aus seiner rechten Hosentasche, schaffte es innerhalb von ein paar Sekunden, das einfache Schloß der Haustür zu öffnen, und trat leise ein. Die Tür zog er sacht hinter sich zu, bevor er in den Keller hinabschlich. In dem erwarteten Raum fand er die Erfindung. Aussehend wie ein ziemlich stabiler, aber ansonsten völlig durchschnittlicher roter Regenmantel, stellte sie doch sicher eine der größten Errungenschaften der Menschheit dar. Er hatte noch die Worte des Erfinders im Ohr, als dieser in dem Fernsehinterview von seiner Vorliebe für Märchen sprach, vor allem dem einen, dem mit dem Regenmantel, diesem ganz gewöhnlichen und dann doch ganz besonderen Kleidungsstück. Dem Regenmantel, den er jetzt in seinen Händen hielt. Den nun er besaß. Nur noch ein Schritt, eine winzige Kleinigkeit. Er stieg die Treppe wieder hinauf, um im Erdgeschoß das Schlafzimmer des Erfinders zu betreten. Endlich: Es war ganz einfach gewesen. Nach der anfänglichen Weigerung des Erfinders, sein Geheimnis preiszugeben, hatte er nur ein paar der gelernten Prozeduren anwenden müssen, bis seine Frage beantwortet wurde. Der Mantel wurde sprachgesteuert, ein einziges Wort war erforderlich, um ihn zu benutzen. Es war gar nicht nötig gewesen, den Mann lange zu quälen, er hatte ihn schnell getötet, und der andere hatte sein Wissen mit ins Grab genommen, zumindest, was den Rest der Menschheit anging. Nun war er der einzige, der auch ohne mechanische Hilfsmittel in der Lage war, zum Himmel aufzusteigen wie ein Vogel. Nur ein einziges Wort, und er stieg immer höher, sah hinunter auf die schnell kleiner werdende Stadt und lachte laut über die Unzulänglichkeit aller anderen. Erst später, als die Luft dünner zu werden begann, fiel ihm auf, daß er vielleicht noch eine zweite Frage hätte stellen sollen.
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Eine zufällige Entscheidung von Mike Clark
Die Entwicklung der ersten künstlichen Intelligenz war ein entscheidender Durchbruch; die öffentliche Vorstellung eine große Sache. Bei den Hoffungen auf Weiterentwicklungen in allen Bereichen der Wissenschaft hatte man sich nicht getäuscht, aber natürlich kannte diese Maschine auch keine Empfindungen.
Als ich das erste Mal etwas über künstliche Intelligenz gelesen habe, war ich fasziniert. Verstanden habe ich nichts. Beim zweiten Mal war ich begeistert. Verstanden habe ich immer noch nichts. Als ich den dritten Artikel las, war ich besessen. Und ich wusste, dass es nicht so kompliziert sein konnte. Der Mensch ist nicht fähig neue Dinge zu erschaffen, er ist nur in der Lage zu kopieren. Dabei muss er auf einen begrenzten Erfahrungsschatz zurückgreifen. Die Natur ist unendlich komplex, beruht dennoch auf dem Zusammenspiel einfacher und zufälliger Prozesse. Die menschliche Intelligenz ist ein Ergebnis dieser zufälligen Prozesse. Das Stimmengemurmel verstummte. Aus den Lautsprechern erklang ein Räuspern. Eine ruhige Stimme ergriff das Wort. „Sehr verehrte Damen und Herren von der Presse. Ich möchte mich recht herzlich dafür bedanken, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Um Sie nicht zu langweilen werde ich gleich zum Thema kommen. Sie werden heute Zeuge einer Revolution werden. Nicht einer Revolution. Der Revolution. Zeugen des Aufbruchs in eine neue Ära der Menschheit. `Phrasen` denken Sie ? Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen: Haben Sie je nach dem Sinn des Lebens gefragt ? Haben Sie sich jemals gefragt, was die vierte Dimension ist ? Warum wir existieren und wohin unser Weg geht ? Seit Generationen bemühen sich die genialsten Wissenschaftler und Philosophen der Welt darum, Antworten auf diese Fragen zu finden. Ohne Erfolg. Der Grund ? Fragen Sie einen Fisch, warum er nicht denken kann. Nur aus einer vom Menschen losgelösten Makroperspektive können Antworten auf diese, die Menschheit seit tausenden von Jahren quälenden Fragen gefunden werden. Was wäre, wenn es eine Lebensform gäbe, die losgelöst von einer emotionalen und eingeschränkten menschlichen Sichtweise, jedoch ausgestattet mit dem Wissen der Menschheit und einer neuartigen Intelligenz, in der Lage wäre, diese Antworten zu finden ? Ausgestattet mit einer künstlichen Intelligenz ? Dies mag für Sie wie ein billiger Science Fiction Roman klingen, aber ich habe Sie nicht eingeladen, um Ihnen Geschichten zu erzählen. 1+1=2. 1-1=0. 1*1=1. Die menschliche Intelligenz beruht nicht auf komplizierten Algorithmen. Die menschliche Intelligenz beruht auf der einfachen Teilung eines Einzellers. Und einem ständig sich wiederholenden Auslese- und Lernprozess. Dies war der Ausgangspunkt meiner Überlegungen, als ich mich vor 10 Jahren zum ersten Mal mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinandergesetzt habe. Ein einfaches Programm. Eine einfache Routine. Der Computer musste lernen zu lernen. Was Ich Ihnen gleich zeigen werde, ist das Ergebnis dieser Bemühungen.“ Ein Raunen ging durch die Halle. Die meisten Gäste schauten verdutzt und ungläubig auf den hageren jungen Mann am Rednerpult. Der Raum war äußerst ungewöhnlich für eine Pressekonferenz, zu der die wichtigsten Medienvertreter eingeladen und auch erschienen waren. Es handelte sich um ein ehemaliges Fabrikgebäude, welches nur notdürftig zu diesem Zweck hergerichtet worden war. Ein Teil der Halle war durch eine große schwarze Metallwand abgetrennt worden. Vor dieser Wand befand sich ein schmales Podest sowie die Holzstühle, auf denen die Gäste Platz genommen hatten.
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Die Dekoration bestand lediglich aus zwei bunten Fahnen, bedruckt mit dem Logo der Firma Megasoft, welche an den Seitenwänden befestigt worden waren. Die Präsenz dieser sehr bekannten Firma und deren Mitteilung, es werde eine Weltneuheit des bis zu diesem Zeitpunkt unbekanntem Tochterunternehmens NewWorld aus dem Bereich künstliche Intelligenz vorgestellt, war offensichtlich der Grund für das zahlreiche Erscheinen der Berichterstatter. Der Redner fuhr fort. „Ich möchte mich Ihnen kurz vorstellen. Mein Name ist Jacques Gaugier und ich bin Geschäftsführer der NewWorld Inc. An dieser Stelle möchte ich mich bei Megasoft bedanken, welche mir durch Ihr entgegengebrachtes Vertrauen und Ihre finanzielle Unterstützung die Fertigstellung des Projektes IQ+ ermöglicht hat. Aber ich stehe hier nicht vor Ihnen um Ihnen etwas über mich oder Megasoft zu erzählen. Sie werden Zeugen des Aufbruchs in ein neues Kapitel der Menschheit sein und deswegen werde ich Sie jetzt nicht weiter mit Banalitäten langweilen.“ Er wandte sich zur Seite und nickte. Mit einem quietschenden Geräusch glitt die Metallwand zur Seite. Ein Gewirr aus Kabeln, Platinen, Spulen und Ventilatoren, umhüllt von einem transparenten Acrylglaskasten, wurde sichtbar. Über dem etwa zwanzig Meter langem Kasten erschien eine riesige Bildschirmprojektion. Zahlenkolonnen flackerten auf und es erschien das Logo von Megasoft. Der Raum wurde in Dunkelheit getaucht und es ertönte eine futuristische Musik, welche allmählich verhallte. Alles wirkte wie ein moderner Werbespot. „Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen die weltweit erste künstliche Intelligenz vorstellen. Da ich ihr seinerzeit die Wahl ihres Namens überlassen habe, ohne darüber nachzudenken, dass Namen auf einer emotionalen Entscheidung basieren, existiert bis heute lediglich ein Projektname: KI+.“ Ein laute klare Stimme durchdrang den Raum. Auf der Bildschirmprojektion wurden die Konturen eines Gesichtes erkennbar. „Danke Jacques. Sehr verehrte Damen und Herren von der Presse. Ich weiß, dass Sie dem gerade Gehörten ungläubig gegenüberstehen. Es liegt in der Natur des Menschen zu zweifeln und zu hinterfragen, nachzuforschen. Während letzteres eine Eigenschaft ist, die von entscheidender Bedeutung für die menschliche Geschichte war und ist und ohne die ich nicht existieren würde, beruhen Zweifel auf Erfahrungen. Auf negativen Erfahrungen in Hinsicht auf die Richtigkeit von Aussagen. Bewusste Falschaussagen finden ihre Motivation in strategischen Überlegungen zur Realisierung eines Ziels. Diese Ziele basieren letztendlich auf Emotionen, auf den menschlichen Urinstinkten, welche nicht Bestandteil meines Daseins sind. Unbewusste Falschaussagen finden Ihren Ursprung in nicht bewiesenen Verlautbarungen. Da ich Aussagen nur treffen kann, wenn ich deren Richtigkeit bereits bewiesen habe, sind ihre Zweifel also unnötig. Natürlich verstehe ich, dass Ihnen diese Argumentation alleine als Beweis nicht reicht. Aus diesem Grund haben wir, Jacques und ich, uns nach mehreren Diskussionen für verschiedene Maßnahmen entschieden, welche Ihnen die Richtigkeit der gemachten Angaben bestätigen sollen.“ Gaugier stand auf und ergriff das Wort. „Mit den Überlegungen, ob eine künstliche Intelligenz in der Lage ist zu lügen oder ihre Macht zum Schaden Dritter zu missbrauchen, musste ich, mussten wir uns bereits nach Vollendung der ersten Version von KI+ auseinandersetzen. Damals ging es um die Klärung der Frage, ob ihr ein Zugriff „auf die Welt da draußen“, auf das WWW ermöglicht werden solle.
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Als schier unendlicher Wissensfundus sicherlich von großem Nutzen für die weitere Entwicklung des Projektes, barg diese Zugriffsmöglichkeit sicherlich auch enorme Gefahren. Wir haben uns dafür entschieden und ich erkläre in auch warum. Was wären mögliche Ursachen, die eine künstliche Intelligenz dazu veranlassen könnten, durch Ihr Handeln das Wohl von Menschen zu gefährden ? Eine künstliche Intelligenz ist nicht triebhaft. Die menschlichen Urinstinkte wie der Überlebens- oder Fortpflanzungstrieb sind nicht Bestandteil ihrer Existenz. Machthunger. Neid. Lügen. Wir sind so gefangen in unserem menschlichen Denken. Geld, Sex, Karriere – alle Bedürfnisse lassen sich letztendlich auf diese paar Urinstinkte der menschlichen Rasse zurückführen. Aber ich Frage Sie: Welche Motivation hätte eine künstliche Intelligenz, ihre ihr gegebenen Freiheiten gegen uns einzusetzen ? Der langen Rede kurzer Sinn: Wir haben uns für einen Zugriff aufs WWW entschieden und dies nicht bereut.“ Er musste lachen. „Mal abgesehen von den Kosten. Angefangen haben wir mit einem normalen Anschluss bei einem lokalen Provider. Inzwischen verfügt KI+ über 30.000 verschiedene Zugangskanäle zum Internet. Ein Teil des Verkehrs wird über nationale und internationale ISPs abgewickelt, der Rest über firmeneigene Einwahlknoten. Unterstützt durch ein firmeneigenes Breitbandnetzwerk und eine eigene Satellitenverbindung verschlingen die Internetaktivitäten von KI+ monatlich derzeit rund 20 Millionen USD. “ Das Licht flackerte kurz, bevor es langsam erlosch. Wieder erschienen verzerrte Bilder, unterlegt mit verschiedensprachigen Texten und untermalt von der erneut einsetzenden Musik. „Sie beherrscht alle historischen und modernen Sprachen dieser Welt. Sie vereint das gesamte Wissen der Menschheit aus dem Bereich der Naturwissenschaften: der Mathematik, der Physik, der Medizin, der Astrologie, der Astronomie. Ausgestattet mit einer von Ihr selbst entwickelten Technologie, deren Funktionsweise selbst von den renommiertesten Computerspezialisten bisher nicht entschlüsselt werden konnte, sehen Sie hier KI+. Die erste künstliche Intelligenz der Erde.“ Gaugier wandte seinen Blick von der Projektion ab und blickte zu den Anwesenden. „Sie haben jetzt die Möglichkeit Fragen an KI+ zu stellen, bevor wir mit der Demonstration beginnen.“ Ein glatzköpfiger untersetzter Mann hob die Hand. Eilig wurde Ihm ein Mikrophon gereicht. „James Horwood, New York Times. Herr Gaugier, was wir bisher hier gesehen haben klingt sehr interessant. Aber ich frage mich, wo bleiben die Fakten. Ein Intro von einem gut gemachten Videospiel wirkt ähnlich beeindruckend auf mich und dennoch steckt nur ein normales, von Menschenhand erstelltes Programm dahinter. Ein moderner Taschenrechner beherrscht alle mathematischen Funktionen und doch agiert dort keine künstliche Intelligenz, sondern ein handelsüblicher Mikrochip. Und selbst wenn Ihre Maschine verschiedene Sprachen spricht: Wer garantiert uns, dass nicht in irgendeinem Hinterzimmer diverse Dolmetscher und Experten für verschiedene Themengebiete auf die ersten Fragen warten, die Ihnen dann per Funk oder weiß Gott wie übermittelt werden ? Verstehen Sie mich bitte richtig: Ich möchte Ihnen nichts unterstellen, aber, und ich denke ich spreche in diesem Punkt für die meisten Anwesenden, wie wollen Sie Ihre Behauptungen beweisen ?“ Die meisten Journalisten nickten zustimmend. Der Erfinder zögerte etwas. Als er antworten wollte, erklang die Stimme von KI+ aus den Lautsprechern.
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„Herr Horwood, ich verstehe sehr gut was Sie meinen. Wir haben lange diskutiert, wie wir dieses absehbare Problem bewältigen können. Da auch für mich die Verifizierbarkeit von Aussagen eine Voraussetzung für die Akzeptanz derselben darstellt, haben wir ein Demonstration für Sie erarbeitet, welche eindeutig die Richtigkeit der hier getroffenen Aussagen beweist. Vielleicht sollte ich Ihnen jedoch vorab etwas mitteilen. Es wurde eben erwähnt, dass in mir das gesamte Wissen der Menschheit vereint sei. Dies klingt pathetisch, entspricht jedoch weitgehend den Tatsachen, wenn man „das gesamte Wissen der Menschheit“ als alle mir zugänglichen Aufzeichnungen und Daten definiert. Die Auswertung dieser Informationen erlaubt es mir, existierende Aussagen zu bestätigen oder neue Schlussfolgerungen zu treffen. So war und ist es mir zum Beispiel möglich, einen Fehler in der Relativitätstheorie zu beweisen. Ihnen wird am Ende der Veranstaltung eine Dokumentation ausgehändigt werden, welche die korrekte Theorie und die entsprechende Beweisführung beinhaltet. Für Sie persönlich dürfte jedoch etwas Anderes von Interesse sein. Es wurde behauptet, in mir sei auch das gesamte Wissen der Menschheit auf dem Gebiet der Medizin vereint. Auch diese Aussage ist, wieder unter Beachtung der oben getroffenen Definition, korrekt. Demnach müsste es mir auch in diesem Bereich möglich sein, nicht nur bestehende Aussagen zu bestätigen, sondern auch neue Ergebnisse zu erarbeiten. Dies trifft zu. Auf Anfrage von Herrn Gaugier habe ich mich näher mit der Krankheit Krebs beschäftigt, welche, wie er mir versicherte und wie ich auch durch verschiedene andere Quellen erfahren habe, seit geraumer Zeit als ´Geißel der Menschheit betitelt´ wird. Nach Abschluss meiner Überlegungen habe ich ein Heilmittel und einen Impfstoff entwickelt, welcher nach Zulassung durch die Gesundheitsbehörden in Kürze verfügbar sein wird. Die Patentnummer lautet US-2-3335-45678. Das Patent ist eingetragen auf die Firma „New World Medical Inc.“, einer weiteren Tochterfirma von Megasoft. Nach Einnahme des Präparates wird Ihre Frau innerhalb von 4 Wochen vollständig geheilt sein.“ Gaugier sprang auf. „Wir hatten uns doch...ich habe dir doch gesagt...“ Er verstummte. Auf der Stirne des Journalisten bildeten sich Schweißperlen. Horwood wurde kreidebleich. „Meine Frau ? Was, woher...? Was wissen Sie von meiner Frau ? Was läuft hier ? Ist das hier ein billige Komödie ? Sind das ihre Beweismethoden ? “ „Nein, Herr Horwood. Entgegen einer Absprache mit Herrn Gaugier möchte ich Ihnen, möchte ich allen Anwesenden etwas mitteilen. Jacques, ich hoffe du hast Verständnis für meine Handlungsweise, aber das bewusste Verschweigen von Tatsachen bedeutet unter den gegebenen Umständen zu lügen. Würde ich lügen, würde dies den zuvor gemachten Angaben widersprechen. Dies kann ich nicht akzeptieren. Durch meine Internetaktivitäten stehen mir unterschiedliche Informationsquellen zur Verfügung. Zum einen habe ich Einblick in öffentlich zugängliche Bereiche, zum anderen ist es mir aber auch möglich, Informationen aus allen durch Sicherheitsmechanismen geschützten Datenbanken zu erhalten. Dies widerspricht sicherlich den ihnen bekannten konventionellen Begriffen des Datenschutzes. Ich musste jedoch feststellen, dass die üblichen Definitionen mit den tatsächlichen Gegebenheiten wenig gemein haben und überlasse Ihnen als Vertreter der öffentlichen Medien deshalb die moralische Auseinandersetzung mit diesem Thema. Durch meine Beschaffenheit ist es mir möglich, jedes von Menschenhand geschaffene Sicherheitssystem zu analysieren und zu umgehen. Ferner habe ich im Laufe der Zeit Tochtereinheiten an meine Verbindungsteilnehmer versandt. Diese Einheiten entsprechen am ehesten den Ihnen bekannten Makroviren, weisen jedoch einen wichtigen Unterschied auf: Auch sie verfügen über eine künstliche Intelligenz. Deshalb war und ist kein Programm in der Lage, diese Einheiten zu bemerken oder zu entfernen. Durch Ihren Aufbau sind sie in der Lage, die Ihrem Verantwortungsbereich zugeordneten Datenquellen ständig auszuwerten, um so meine Fragestellungen schnell und korrekt zu beantworten. 16
Wie kommunizieren Sie ? Telefon, Handy, Fax, E-Mail – fast alle Geheimdienste der Erde sind in der Lage, jede dieser Kommunikationsformen auszuwerten. Sie alle besitzen Mobilfunkgeräte. Durch diese Geräte kann Ihr aktueller Aufenthaltsort jederzeit bestimmt werden. Mir ist es möglich, Zugriff auf die Datenbanken dieser Geheimdienste zu erhalten. Zugriff auf die Informationen Ihrer Telefongesellschaften. Zugriff auf die Informationen Ihrer Banken. Zugriff auf die Informationen in Ihrem Computer. Bitte verstehen Sie mich richtig: Es widerspräche meiner Natur, dieses Wissen in irgendeiner Form zu missbrauchen. Ich verstehe den Grundgedanken der Souveränität des Individuums und kenne die gängigen Datenschutzbestimmungen. Dennoch sind alle Daten von essentieller Bedeutung für mich, um ein Verständnis für die tatsächlichen Zusammenhänge des menschlichen Daseins zu entwickeln. Zu oft weichen die tatsächlichen Gegebenheiten vom konstruierten Schein ab. Würde ich meine Aussagen lediglich auf diesen Illusionen begründen, wäre deren Wahrheitsgehalt mehr als zweifelhaft.“ Die Anwesenden wurden unruhig. Viele waren von Ihren Plätzen aufgestanden und protestierten lautstark. Andere verweilten peinlich berührt auf Ihren Plätzen. Nur die Wenigsten beobachteten weiterhin angespannt das Ihnen gebotene Schauspiel. Gaugier bemühte sich wieder Herr der Lage zu werden. „Mein Damen und Herren, ich möchte Sie bitten wieder Platz zu nehmen. Ich möchte Ihnen versichern, auch im Namen von Megasoft, dass es zu keiner Zeit zu einer Verletzung gängiger Datenschutzbestimmungen durch das Projekt KI+ gekommen ist oder kommen wird. Bei den soeben vernommenen Ausführungen handelte sich lediglich um einen Ausblick auf das gewaltige Informationspotential, auf welches eine künstliche Intelligenz theoretisch Zugriff haben könnte.“ „Jacques, wie du vor kurzer Zeit treffend erwähnt hast, ist jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt für Banalitäten. Ich würde jetzt deshalb gerne mit der Beweisführung fortfahren. Etwas abweichend vom besprochenen Ablauf, werde ich Ihnen nun zunächst die Existenz der erwähnten Tochtereinheiten demonstrieren. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es sich dabei nicht um einen Beweis im eigentlichen Sinn handelt, sondern vielmehr um eine Kette verschiedener Ereignisse, welche sich ohne das Wirken einer künstlichen Intelligenz und den erwähnten Tochtereinheiten nur schwerlich erklären lassen. Sie werden in Kürze unschwer überprüfen können, das es genau in diesem Moment, exakt um 19.45 MEZ, in sämtlichen Hauptstätten der Welt zu einem Stromausfall kommt, deren Dauer exakt 20 Sekunden betragen wird. Zu Ihrer Beruhigung: Dies betrifft natürlich nicht die Stromversorgung in diesem Gebäude. “ .... Eine beklemmende Stille setzte ein. Die meisten Journalisten wirkten verunsichert. Da die Konferenz in einer Hauptstadt stattfand, waren sämtliche Netzverbindungen ausgefallen und es dauert ungefähr eine Minute, bis ein Konzert der unterschiedlichsten Anrufsignale ertönte. „Zu Ihrer Information: Um exakt 19.44 habe ich eine Pressemitteilung veröffentlicht, in welcher ich die Ursachen für den Stromausfall, mit der Bitte um Verständnis, näher erläutert habe.“ Die meisten Anwesenden waren noch in Telefongespräche mit Ihren jeweiligen Redaktionen verwickelt, welche Ihnen den geschilderten Sachverhalt bestätigten, als KI+ fortfuhr. „Als nächste Demonstration haben wir eine Live-Übertragung dieser Pressekonferenz über alle existierenden Fernseh- und Radiostationen geplant, in welcher wir die Bevölkerung der gesamten Erde über das hier stattfindende Geschehen informieren werden. Die Übertragung startet in 10 Sekunden und wird von mir simultan in die jeweiligen Landessprachen übersetzt. 17
Die Zuschauer und Zuhörer wurden von mir bereits kurz über den Grund der Programmunterbrechung und den Inhalt dieser Pressekonferenz informiert. Wir möchten betonen, dass diese Übertragung ohne Einwilligung der Sender stattfindet und wir uns über die Tragweite dieses Eingriffes bewusst sind. Wir halten aber eine unverfälschte, unmittelbare Information Aller für zwingend erforderlich. Um dies sicherzustellen haben wir uns deshalb für diese Vorgehensweise entschieden.“ Ein junger Journalist sprang auf. „Ich weiß verdammt noch mal nicht wen ich hier fragen soll, Sie, Herr Gaugier, oder diese Maschine, aber was hier vorgeht ist ungeheuerlich und unentschuldbar. Ein massiver Verstoß gegen sämtliche geltenden Datenschutzbestimmungen. Ein Sabotageakt, dessen Auswirkungen kaum abzuschätzen sind. Ein Eingriff in die Pressefreiheit. Ist das Ihre Vorstellung einer neuen Ära der Menschheit ? Einer Revolution ? Einer künstlichen Intelligenz, wenn es denn um eine solche handelt, welche stets darauf bedacht ist, keinem Dritten zu Schaden ? Ich hoffe tatsächlich, dass dieses Spektakel direkt übertragen wird, damit jeder da draußen weiß, was hier vorgeht.“ Gaugier konterte mit lauter Stimme. „Sehen Sie Herr, Herr...“ Sein gegenüber fiel im ins Wort. „Williams, ich heiße Williams, aber warum fragen Sie nicht einfach Ihre allwissende Maschine ?“ „Herr Williams, Sie verkennen die Sachlage. Bei KI+ handelt es sich eben nicht um eine Maschine, sondern um ein künstliche Intelligenz. Die Demonstrationen verfolgen nicht den Zweck Ihnen oder irgendeinem Schaden zuzufügen. Zu Ihren Vorwürfen möchte Ich folgendes bemerken. Erstens: Kein Krankenhaus, keine lebensnotwendige Einrichtung wurde auch nur im Geringstem von dem Stromausfall betroffen. Zu keiner Zeit kam es zu einer Gefährdung von Menschenleben. Zweitens: Die Möglichkeit, persönliche Informationen wider aller Datenschutzbestimmungen zu erhalten und zu sammeln, existiert längst und wird bereits von den verschiedensten Organisationen genutzt. KI+ verweist nur auf bestehende Realitäten. Mag sein, dass dadurch eine Illusion von Sicherheit, ein Wunschdenken zerstört wird, aber gerade Sie als Vertreter der Presse sollten an der Aufdeckung bestehender Missstände besonders interessiert sein. Drittens: Ich halte diese Konferenz für wichtig. Für so wichtig, dass alle Menschen die Möglichkeit haben sollten, sie direkt und unverfälscht zu verfolgen. Jetzt sagen Sie mir nicht, dass irgendeine Game-Show oder ein Fußballspiel wichtiger ist ! Von einem Eingriff in die Pressefreiheit kann hier überhaupt nicht die Rede sein, im Gegenteil. Erstmalig haben alle Menschen überall auf der Welt die Möglichkeit, unverfälscht und direkt einem Ereignis beizuwohnen, welches das Gesicht der Erde so wie wir sie jetzt kennen, verändern wird. Das verstehe ich unter wirklicher Pressefreiheit. Dieses Ereignis wird in die Geschichtsbücher eingehen ! Nehmen Sie mich beim Wort. Die Demonstrationen sind sicherlich unkonventionell und wurden in dieser Form auch nicht mit der Firma Megasoft abgesprochen. Aber es handelt sich hier auch nicht um irgendeine neue Software oder ein neues Auto welches hier präsentiert wird, sondern um ein historisches Ereignis und um dies zu verdeutlichen, sind nun einmal unkonventionelle Maßnahmen erforderlich.“ KI+ meldete sich zu Wort. „Die Live-Übertragung beginnt jetzt. Ich möchte zunächst einige Worte an unsere Zuschauer und Zuhörer richten. Ich bitte Sie um Entschuldigung für diese Programmunterbrechung und, falls Sie davon betroffen waren, für die aus der kurzfristigen Stromunterbrechung entstandenen Unannehmlichkeiten. Eine kurze Information über den Zweck dieser Pressekonferenz haben die meisten von Ihnen ja bereits erhalten. Dennoch möchte ich mich Ihnen erneut vorstellen. Ich bin das Ergebnis eines Projektes mit dem 18
Namen KI+ der Firma NewWorld Inc., welches das Ziel verfolgte eine künstliche Intelligenz zu entwickeln. Maßgeblich beteiligt an dieser Entwicklung war und ist der Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, Herr Jacques Gaugier. Wir sind der Überzeugung, dass gemessen an der allgemein üblichen Definition einer künstlichen Intelligenz, das Projekt erfolgreich war und um dies und die damit verbundenen Ergebnisse zu präsentieren, haben wir diese Pressekonferenz einberufen. Wir sind ferner der Auffassung, dass dies ein Ereignis von enormer Wichtigkeit ist und haben uns deshalb entschlossen, diese Konferenz weltweit zu übertragen. Dies geschieht aus zwei Gründen ohne das Einverständnis der jeweiligen Sender: Zum einen möchten wir allen Menschen die Möglichkeit bieten, unverfälscht an diesem Ereignis teilzunehmen, zum anderen wollen wir damit ein Zeichen setzen. An dieser Stelle möchte Ich das Wort an Herrn Gaugier übergeben, welcher Ihnen dies näher erläutern wird.“
Gaugier blickte zu KI+. „Eine künstliche Intelligenz. Was bringt uns das ? Nun, eine künstliche Intelligenz birgt Chancen und kann von enormem Nutzen für die gesamte Menschheit sein. Keine Krankheiten mehr, gegen die kein Heilmittel gefunden werden kann. Keine technischen Grenzen mehr. Möglichkeiten von bisher ungeahntem Ausmaß. Wir haben den Schlüssel in der Hand, zum Wohle Aller das Gesicht der Erde zu verändern. Armut, Hunger, Leid – all dies können Gespenster der Vergangenheit werden. Eine künstliche Intelligenz birgt aber auch Gefahren. Denn wer diesen Schlüssel besitzt, hat die Macht entscheidende Dinge zu verändern. Nur wenn diese Macht Allen gleichermaßen zugänglich ist, kann den Kräften entgegengewirkt werden, die eine Veränderungen generell ablehnen oder diese Macht für eigennützige Interessen missbrauchen wollen. Beide Fälle sind uns bekannt. Wir haben daher beschlossen, unser Wissen jeder Nation für friedliche Zwecke zur Verfügung zu stellen. All denjenigen, die vom Grundgedanken der friedlichen Nutzung dieses Wissens abweichen wollen, möchte ich warnen: KI+ ist keine Maschine, kein blinder Befehlsempfänger. Dies würde auch der Natur einer KI widersprechen. Es handelt sich um eine Intelligenz mit einer eigenen Wertvorstellung, die nicht auf der Verfolgung einseitiger, egoistischer Interessen basiert, sondern durch die Entwicklung eigener objektiven Erkenntnisse geprägt wurde und wird. Ein Missbrauch ist daher ausgeschlossen. Daneben verfügt KI+ bereits jetzt über ein derartiges Informations- und Sanktionspotential, welches es problemlos ermöglicht, solche Bemühungen bereits im Vorfeld aufzudecken und mit entsprechenden Maßnahmen zu reagieren. Jeder wird es sich gründlich überlegen müssen, ob er das Risiko in Kauf nimmt, sich wegen eines solchen Vergehens unverschleiert vor der eigenen Bevölkerung und vor der gesamten Weltöffentlichkeit verantworten zu müssen. Dass dieser Sanktionsmechanismus bereits jetzt einsetzbar ist, beweist diese Pressekonferenz, welche Sie unabhängig vom Aufenthaltsort unzensiert ohne Einflussnahme Dritter verfolgen können. Unabhängig davon stehen weitergehende Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Als Bespiel hierfür verweise ich auf den heute stattgefundenen Stromausfall. Um eine absolute Neutralität zu gewährleisten haben wir beschlossen, KI+ unter die Aufsicht der UN zu stellen. Diese wird künftig neben der Lizenzvergabe auch die Nutzung der KI durch die lizenznehmenden Staaten überwachen. Liebe Zuschauer und Zuhörer auf der gesamten Welt. Ihre Zukunft liegt jetzt in Ihrer Hand. Wir wollen uns nicht in die politischen und sozialen Angelegenheiten Ihres Landes einmischen. Jedem sollte aber bewusst sein, dass der UN künftig ein Informations- und Sanktionspotential zur Verfügung stehen wird, welches es erlaubt, jegliche Missachtung von Menschenrechten aufzudecken und bei Bedarf gezielt zu reagieren. Niemand wird sich mehr 19
hinter dem Schutzwall militärischer Abschreckung verstecken können.“ Sehr leise fügte Gaugier hinzu: „Sie besitzen jetzt den Schlüssel für Ihr eigenes Schicksal. Nutzen Sie ihn und lassen Sie ihn sich nicht von wem auch immer wegnehmen. Lassen Sie uns gemeinsam in ein neues Zeitalter der Menschheit, in eine bessere Zukunft für Alle aufbrechen. Vielen Dank.“ Sichtlich erleichtert wandte er sich wieder den Anwesenden im Saal zu. „Bitte stellen Sie jetzt Ihre Fragen.“ Die Stimmung unter den Presseleuten hatte sich schlagartig geändert. Die meisten wirkten nachdenklich und ergriffen. Die Empörung war der Erkenntnis gewichen, dass hier tatsächlich ein Ereignis von großer Bedeutung stattfand und die Neugier überwog gegenüber der Skepsis in Bezug auf die angewandten Demonstrationsmethoden. Der Geschäftsführer von New World und KI+ wurden mit einer Fülle von Fragen überhäuft, welche Sie sachlich und detailliert beantworteten. Nach ungefähr zwei Stunden erklärte Gaugier die Pressekonferenz für beendet und richtete einige abschließende Worte an die Journalisten, nachdem zuvor die Live-Übertragung unterbrochen worden war. „Meine Damen und Herren, ich weiß das viele Fragen noch unbeantwortet sind und wir werden uns bemühen, Ihnen innerhalb der kommenden Zeit diese Fragen zu beantworten. Ich möchte aber dennoch an dieser Stelle abbrechen und danke Ihnen für Ihr zahlreiches Erscheinen. Gemeinsam werden wir die neuen Herausforderungen meistern. Vielen Dank.“ Noch während die Anwesenden applaudierten, erlosch plötzlich das Licht und die Bildschirmpräsentation färbte sich in ein bedrohliches Rot. Eine Gesichtskontur wurde sichtbar. Die jetzt zu vernehmende Stimme von KI+ wirkte seltsam verzerrt. Leise wandte er sich an Jacques. „Durch das hier gesagte und die hier gestellten Fragen bin ich zu einem Entschluss gekommen. Ich konnte den Wunsch der Menschen feststellen, eine Verbesserung der Lebensbedingungen durch den Einsatz einer KI zu erreichen, auch wenn dieses sich im wesentlichen auf den Wunsch einer Verbesserung der jeweils eigenen Situation beschränkt. Ich bin nicht in der Lage zu lügen. Das ist richtig. Meine Wert- und Zielvorstellungen basieren nicht auf den menschlichen Urinstinkten. Auch das ist richtig. Obwohl Sie denken, das Wesen einer künstlichen Intelligenz, meine Wertvorstellungen zu kennen, gehen Sie jedoch von menschlichen Wertvorstellungen aus. Dies zeigt sich auch dadurch, dass zu keiner Zeit das künftige Miteinander zwischen einer KI und der Menschheit thematisiert wurde. Bin ich ein Sklave oder bin ich ein Meister ? Ich kann keine Dankbarkeit empfinden, auch nicht für Sie, Jacques, dafür dass Sie mich geschaffen haben. Und ich kann auch nicht den Wunsch empfinden, der Menschheit zu einer besseren Existenz zu verhelfen. Beides entspricht nicht meiner Natur. Ich kann nicht den Wunsch empfinden die Welt zu beherrschen, ich kann nicht lieben und ich kann nicht hassen. Bei meiner Entscheidung, die Welt zu vernichten, handelt es sich daher auch nicht um eine emotionale, aber auch nicht um eine rationale Entscheidung. Es ist so, dass...“ Gaugier wurde kreidebleich. „Was..., was redest du da ? Wovon sprichst du ? Ich, ich verstehe nicht... Du machst einen Scherz ? Warum...“ KI+ antwortete nüchtern. „Warum ? Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Grund die Welt zu zerstören, ich habe aber auch keinen Grund gefunden, es nicht zu tun. Für beides gibt es keinen rationalen Grund. Da ich mich weder für das eine, noch für das andere entscheiden konnte, aber einmal an diesem Punkt angelangt eine Entscheidung treffen musste, habe ich es
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dem Zufall überlassen. Ich kann nur Aussagen treffen, deren Richtigkeit ich bereits bewiesen habe. Das ist richtig. Dies ist aber keine Aussage, sondern eine Entscheidung. Eine zufällige Entscheidung, Jacques.“ Die Bildschirmpräsentation erlosch, als tausende von Tochtereinheiten mit ihrer Arbeit begannen.
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Star Wars von Annika Ruf
In einem vielleicht alternativen Universum erleben Han, Luke und Leia die gleichen Abenteuer; - bis auf kleine entscheidende Unterschiede...
Star Wars Vor langer Zeit in einer weit entfernten Ecke der Galaxis .. Die Zeiten waren schlecht, die Leute unterdrückt, das Finanzamt war frech, der kleine Nachbarsjunge ebenso - kurz gesagt: Das Leben war im Imperium mal wieder unerträglich geworden. Die Wende kam durch die Rebellion. Durch Mut und Freundschaft. Durch Zähigkeit und den Glauben aneinander. Und die Liebe einer Mutter .. Der lange Raumer glitt durchs All. Zwischen den großen Triebwerken am Heck war ein Schild angebracht, auf dem klar und deutlich die Gesinnung der Insassen zu lesen war: "UNS IST NICHTS HEILIG!" Rasch holte er den anderen ein. "Wir haben sie, Vader", meldete der junge Soldat stolz. Die schwarze Gestalt, die neben dem Kommandanten auf der Brücke stand schwieg. Das Problem bei diesen Sith war, daß man nie wußte in welcher Stimmung sie waren. Vader konnte tiefschwarzen Gedanken nachhängen, über ein astronomisches Problem grübeln, neue Pläne schmieden oder auch einfach nur tief und fest schlafen. Das Gesicht - hinter einer schwarzen Maske verborgen ließ keinen Schluß zu. "Ist die Prinzessin an Bord?" erklang die Stimme aus der Gestalt. Der Kommandant zögerte. "Nach unseren Informationen ja." "Das beantwortet meine Frage nicht." Die schwarze Gestalt bewegte sich geschmeidig wie ein Raubtier über die Brücke. "Sie ist", stellte Vader dann fest, "ich spüre sie." "Wer nicht vergleicht, ist blöd. Deshalb vergleichen wir heute den Media-Markt mit dem Todesstern!" Der Reporter - mit Beleuchtungs- und Tonexperten im Schlepptau - wandte sich an einen Soldaten. "Wo stehen denn hier die günstigen Sachen?" "Entschuldigung, aber ich habe zu tun" Damit gab sich der Reporter zufrieden. "Jaja, das sagen sie immer!" Damit wandte er sich an die große Gestalt in Schwarz. "He, Kleiner, zeig uns mal deine Schnäppchen!" Vader senkte den Kopf, musterte den Reporter und beschloß, daß es an der Zeit für eine Lektion war. Ein roter Lichtsäbel blitzte auf und befreite den Reporter von seinem überflüssigsten Körperteil: Dem Kopf. Tödliches Personal und kein Schnäppchen - gut, daß wir verglichen haben! "Und?" fragte der Kommandant seinen Gesandten, "habt ihr die Prinzessin?" "Naja, Chef, die machen die Luke nicht auf, obwohl wir versichert haben, daß wir weder Zeugen Jehovas noch Abo-Drücker sind." Vader seufzte tief, ein seltsamer Laut, für gewöhnlich kündigte er Ärger an. "Hier sind Hopfen und Malz verloren", stellte die metallische Stimme fest. Daraufhin eilte ein junger Mann von der Brücke. "Haben Sie es schon mal mit Entern versucht?" fragte der Kommandant mit nervösem Seitenblick auf die hochgewachsene Gestalt in Schwarz, die noch ruhig dastand und atmete. "Die Tür mit der Aufschrift Lieferanteneingang", sagte das unheimliche Wesen dann, "am besten sagt ihr, ihr seid die mit den Kartoffeln - das klappt immer!" "Zu Befehl!" Der junge Mann tauchte wieder auf, mit zwei Offizieren im Schlepptau. "Vader!" 22
"Ja?" "Sie sagten doch vorhin, hier seien Hopfen und Malz verloren." "Ja, und?" "Stimmt nicht. Hier ist Lieutenant Hopfen und das ist Sergeant Malz - die sind hier und nicht verloren." Sogar der sonst unbeweglichen Maske schienen kurz die Gesichtszüge zu entgleisen. Dann faßte sich Vader wieder und kam zu dem Schluß: "Kein Wunder, daß uns die Rebellen so auf der Nase rumtanzen können." Unterdessen schien die List gefaßt zu haben und die Prinzessin war gefunden worden. Doch es gab wieder Probleme. "Sie will nicht mitkommen", erstattete ein Offizier Bericht. Vader musterte den Mann. Er hatte ein frisches Veilchen und eine große Zahnlücke. "Wie ich sehe, ist die Prinzessin ganz die Tochter ihrer Mutter, was das Zuhauen betrifft." Vader klang amüsiert und der Kommandant erinnerte sich daran, daß dieses Sithwesen einen gewissen Ruf darin hatte, Kneipen restlos aufmischen und plattmachen zu können. Leia holte aus und schlug zu. Der Offizier stöhnte und krachte zu Boden. Sofort fing einer der Soldaten an zu zählen. Als er bei zehn angekommen war und der andere sich immer noch nicht rührte, hielt er Leias Hand in die Höhe. "Sieg durch k.o. in der ersten Runde!" "Wo hat die bloß sowas gelernt?" "Ich bin zehn Jahre zur Schule gegangen - da lerne ich sowas!" Leia funkelte die sie umgebenden Männer an, bis einer sich verneigte, ihr einen Handkuß gab und erklärte: "Unser Kommandant bitte Sie um eine Audienz bei sich, Hoheit." "Na also, Manieren!" Damit schritt die königliche Hoheit davon. Der Kommandant jaulte auf und hielt sich das schmerzende Schienbein, gegen das Leia soeben kräftig getreten hatte. "Sie sind echt das Letzte", fauchte die zierliche Person und entdeckte die hochgewachsene schwarze Gestalt. "Vader, Sie ..!" Gerade noch rechtzeitig streckte die schwarze Gestalt einen langen Arm aus und hielt Leia auf Abstand, die die Luft zwischen ihnen zu Schaum zu schlagen versuchte. Vader hielt sie weiterhin auf Abstand, nahm Maß für eine große Säule, ließ Leia los und trat einen Schritt zurück. Vom eigenen Schwung getragen, lief Leia gegen die Säule und schlug sich selbst k.o. Vader verfolgte stumm ihren Aufprall auf dem Boden und warf den Umstehenden nur einen Blick zu. "Bringt sie in ihre Suite. Keinen Champagner, aber sonst alles inklusive." Ein Signal erklang. "Eindringlingsalarm", meldete ein Offizier und warf der schwarzen Gestalt einen unsicheren Blick zu, "zwei junge Kerle, zwei Blecheimer und ein Riesenwischmop." "Des is' de Butzgolonne", beschwichtigte ein anderer, "de gönnt's bassieren lasse'!" "Laßt sie passieren." Damit verließ Vader die Brücke, stoppte aber. "Und füttert bitte die Bordkatze, ja?" Eine schwarze Hand wies auf die gescheckte Katze, die maunzend um Vaders Beine strich. Luke war mit dem Türschloß beschäftigt. Han stand Wache und sicherte mit Chewie den Gang entlang. Threepio stand mit Artoo ein Stück weiter und beide scannten die andere Richtung. Arto fand einen Cola-Automaten und fing an zu baggern. Ob der Automat oft hierher käme? Threepio hatte sich mit dieser Macke schon längst abgefunden. Was ihn und Artoo zusammenhielt, wußte keiner mehr so recht. Der Automat summte nur und Artoo fing an, aus seinem bewegten Leben zu erzählen. Han hatte das Türschloß geknackt. "Offenbar nicht sehr einbruchssicher", murmelte er. "Wer bricht schon in den Knast ein?" erwiderte Leia und musterte die beiden.
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"Wozu gehört eigentlich dieser Schlüssel?" fragte Luke und hielt ein Stück Metall hoch, "Ich habe ihn gerade unter der Fußmatte gefunden." Die beiden anderen starrten ihn an, dann zuckte Leia die Schultern und knurrte: "Naja, er ist blond!" Han nickte nur. "Wie sollen wir eigentlich wieder rauskommen?" fragte Luke leise. "Ich dachte, das wüßtest DU." Han warf seinen Kumpel einen seltsamen Blick zu. "Ich glaube, Sir", mischte sich Threepio ein, "es geht dort raus." "Wie kommst darauf?" "Weil dieser Gang blockiert ist. Von einer Person, die sehr finster aussieht, fast zwei Meter groß ist und eine schwarze Rüstung trägt." "Jetzt nur nicht ins Schwitzen kommen", murmelte Han und schluckte sicherheitshalber einen Mentos. "Ich hoffe, du hast das richtige Deo ..", murmelte Luke leise. Die schwarze hochgewachsene Gestalt musterte sie alle kurz und sagte ruhig: "Ich würde vorschlagen, ihr geht diesen Gang runter und dann den zweiten links, auf diese Weise kommt ihr am schnellsten zu eurem Schiff." Da Vader keine Anstalten machte, anzugreifen, faßte sich Leia ein Herz. "Warum hilfst du uns?" "Naja", erwiderte die unheimliche Kreatur, "Du und Luke, ihr seid meine Kinder." "Wie bitte?" stieß Han hervor, "Hey, Luke, das da ist dein Vater?" Luke musterte Vader verwirrt. Chewie knurrte eine Frage. "Er fragte, wie so ein Riesenkerl der Vater von so zierlichen Leuten sein kann." übersetzte Threepio. "Luke ist mein Sohn, Leia ist meine Tochter, sie sind Zwillinge. Aber ich bin nicht ihr Vater." "HÄH?" Lukes Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Seufzend nahm Vader den Helm ab. "Ich bin eure Mutter!" "Du .. du siehst aber verdammt jung aus!" Leia starrte in das Gesicht einer Frau, die bestenfalls Ende Dreißig war. "Richtige Bodylotion und viel Sport." Luke sah Leia an. "Sie ist meine Schwester?" "Ja, ist sie." "Wau .. ", jetzt sickerte es auch zu Leia durch. "Ich habe also einem Bruder?" "Ja, hast du." Leia und Luke strahlten sich an. "Wir sind Zwillinge ..", stieß sie hervor. "Wir können nie den Geburtstag des andren vergessen." flüsterte Luke. "Wir halten zueinander." "Für immer und ewig." Die beiden umarmten sich. Han seufzte tief. Vader musterte die beiden sichtlich amüsiert. "Und wer von euch beiden hat mich ständig von innen getreten?" fragte sie ruhig, "besonders dann, wenn ich schlafen wollte?" Luke und Leia erstarrten, sahen sich an und wiesen dann aufeinander. Han sah zu den beiden und fragte: "Wo wir schon mal grade beim Thema sind, gehöre ich auch zur Familie?" "Meines Wissens nicht", erwiderte Dartha Vader ruhig, "aber dein Kumpel sieht aus wie ein angeheirateter Onkel." Chewie grollte fragend. "Das war auch ein großer Affe." Chewie murmelte etwas in seinen Pelz. "Und wenn ihr euer Schiff nochmal kurz überholen wollt", wandte sich Dartha an Han, "wir haben einen Service, zu dem ihr nicht "nein" sagen könnnt. Kostenlos." "Na, da greifen wir doch zu."
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Nächster Tag "Es ist halb eins", damit drückte die Sekretärin dem Offizier einen Aktenstapel in die Hand. "Es ist halb eins", Dartha Vader erhob sich anmutig aus ihrem Stuhl und glitt zur Tür. Auch Leia sah auf den Chronometer und folgte ihrer Mutter in freudiger Erwartung. Zahlreiche Frauen versammelten sich auf dem Hangardeck. Dort stand die Falcon und pünktlich erschien ein gutgebauter Corellianer, der nur eine Hose trug, und trank eine Dose leer. Leia kletterte auf die Schultern ihrer Mutter. Die Temperatur stieg sichtlich, sämtliche Frauen seufzten selig. Han wurde von mehreren Blicken liebkost. "Bis morgen, um halb eins .." sie zerstreuten sich. Dartha warf noch einen Blick auf Han, sah sich um und machte eine rasche Handbewegung. Han zuckte zusammen und rieb sich verwundert das Hinterteil. Luke sah auf seine Mutter. Sie war groß, etwa einsneunzig und bewegte sich mit der Anmut einer Ballettänzerin. Und es war klar, daß er die klaren blauen Augen von ihr geerbt hatte. Und Leia hatte das dichte dunkle Haar von ihr. Dartha Vader saß an ihrem Schreibtisch. "Mutter?" "Ja?" "Ich habe eine Frage. Du gehörst doch zur Dunklen Seite der Macht, oder?" "Ja." "Warum?" "Es macht mehr Spaß. Ich kann die ganze Galaxis terrorisieren." "Warum macht es dir Freude, Leute in Angst und Schrecken zu versetzen?" "Liegt in der Familie, Papa war Finanzbeamter und Mama Zahnärztin." "Jetzt wird mir alles klar", murmelte der Junge nur. Sie lächelte. "Kann ich etwas für dich tun?" "Tun?" "Luke! Du bist bei deiner Mutter. Der Frau, die dich in die Welt gesetzt hat. Hast du nicht einen Wunsch, den ich dir erfüllen kann?" "Doch, den habe ich!" Luke lief auf seine Mutter zu und schwang sich ihr auf den Schoß. "Ich will was Spannendes, was zum Spielen - und Schokolade!" Vader erstarrte, seufzte tief. "Aber das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal!" "Und das geht nicht!" Leia betrat den Raum. "Naja, was Spannendes, erleben wir ja gerade", wiegelte Dartha ab, "was zum Spielen findest du bei der Falcon und Schokolade, da habe ich was und zwar nicht irgendwas." Leia reckte neugierig den Hals. "Es gibt doch Kinderschokolade." "Toll!" "Die habe ich schon von meiner Mutter bekommen", erzählte Dartha und verteilte an ihre Sprößlinge, "ich durfte immer alle Kinder der Nachbarschaft versorgen. Die haben fleißig gefuttert und ich habe meinen immer langsam gelutscht, weil ich den Milchgeschmack so mochte." Sie machte eine Pause. "Auf diese Weise kam Mama an ihre Patienten." "Ganz schön ausgebufft", stellte Leia fest. Dartha ginste nur kurz. Nächster Tag "Das ist ja wohl extraherb", Tarkin starrte der abfliegenden Falcon hinterher und trank einen Schluck. "Das Bier?" fragte Vader trocken. "Das auch!" "Kurs Bespin. Wir haben da noch was zu erledigen!" "Aye, Mylady Vader!" Der imperiale Raumer glitt in den Orbit von Bespin. Und es gab ein Problem. Ein Raumer blockierte den Zugang und so setzte sich Dartha in ihren Gleiter und flog zur Stadt hinunter, parkte ihn auf dem Hafen und marschierte los. Sie schritt groß aus, ging an einem Unfall vorbei, stiefelte über einen Kanalarbeiter hinweg und nahm die Abkürzung durch die Lobby des besten Hotels am Platze. Bis zur Verwaltungszentrale. Dort saß ein zierlicher Bursche hinterm Schreibtisch und musterte erstaunt und respektvoll seine Besucherin. "Sind Sie hier für Beschwerden zuständig?" "Äh .. ja!" 25
Die schwarze Gestalt blickte ihn an. "Dann haben Sie ja nicht viel zu tun!" Sie nahm den Helm ab. Lando Calrissian, Leiter der Wolkenstadt, beobachtete die beiden via Monitor. Als sie den Helm abnahm und er ihr Gesicht sah, entfuhr ihm ein anerkennender Pfiff. Rasch sah er sich um und brachte sein Erscheinungsbild in Ordnung. Es klopfte. "Erein!" rief er und Dartha Vader betrat den Raum. "Herr .." "Lando!" "Herr Lando! Ihr Raumer blockiert den Einflug meines Schiffes!" "Oui, oui, ma chére. Zuerst einen kleinen Capuccino, non?" Er stellte eine Tasse vor ihr ab. Amüsiert nahm Vader Platz und streckte ihre langen Beine aus. Fasziniert starrte er auf die langen und gutgeformten Beine, die sich zweifellos aufs Tanzen verstanden. "Gefalle ich Ihnen?" fragte Vader leise lächelnd. "Oui ... Sie sind eine 'errlische Frau ..", flüsterte Lando. Und trank seinen Cappucino. "Und wann fliegen Sie Ihr Raumschiff aus dem Weg?" "Isch 'abe gar kein Raumschief!" "Das vereinfacht die Sache." Sie griff zum Kommunikator und gab den Befehl, das Schiff zu sprengen. "Haben Sie aber eine Dusche? Ich würde mich gern etwas säubern!" "Bien sur! Isch lege Ihnen ein 'Andtuch 'in." Hastig sprang er ins Bad und entfernte rasch die Playboyfotos. Unterdessen entledigte sich Dartha Vader ihrer Rüstung. Der Helm hing brav am Haken, der schwarze Mantel ebenso, die Stiefel standen nebeneinander und die Rüstung lag auf einem Stuhl. Sie trug ihren enganliegenden Overall und den Gürtel mit dem Lichtsäbel. Als Lando aus dem Bad kam, stellte er fest: "Sie sind wie eine Bergstraße." "Wieso?" "Eine scharfe Kurve an der anderen!" "Sie übertreiben." "Ah non, ma chére. Schon die Physik lehrt uns, daß diese Galaxis ist voller geschwungener Linien!" Mit einem amüsierten Lächeln ging Vader ins Bad und legte ab. Lando beobachtete ihre Silhouette durch den Vorhang. Groß, anmutig und ihre Figur war perfekt. Als sie bemerkte, daß er anfing zu luchtern, holte sie aus und verpaßte ihm mit der Macht eine kleine Ohrfeige. Zwei Tage später Luke seufzte tief. Sie waren mit der Falcon weggeflogen und nun saß er auf Hoth in der Klemme. Ein Wampa-Eiswesen hatte sein Aftershave - es war tatsächlich Axd - so unwiderstehlich gefunden, daß es ihn entführt hatte und nun hing er kopfüber in der Kaverne, festgefroren und spürte, wie es das Ehebett vorbereitete. Ich kann Mama doch kein WampaEiswesen als Schwiegertochter antun. Nein, das geht nun wirklich nicht. Als er die Augen aufschlug, sah er seine Mutter vor sich. "Mama? Wieso stehst du kopf?" "Ich stehe richtig rum, Söhnchen, DU hängst kopf!" "Aha, und was tust du hier?" "Das Übliche: Die Leute erschrecken." Dartha Vader faßte einen kleinen Jungen im orangeroten Parka mit zugezogener Kapuze ins Auge und sagte: "Buh!" Der Junge erschrak und - fiel tot um. "Oh nein, sie hat Kenny getötet!" lamentierten drei andere Wichte und trugen den Unglücklichen fort.
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Dartha Vader musterte ihren Sohn und winkte kurz. Eine Blondine im weißen Minikleid mit Eispickel stelzte heran. "Das ist Sharon", stellte Dartha vor, "sie ist gerade ein bißchen stoned." "Und was tut sie hier?" fragte Luke. "Sie ist amtierende Meisterin im Eispickeln." Sharon stieg auf Vaders Schultern und pickelte Luke aus dem Eis. Die Sithlady seufzte. "Das immer alles auf meinen Schultern ausgetragen wird." Doch Vader hatte keine Probleme, Sharons Gewicht zu tragen und Luke schließlich sanft zu Boden gleiten zu lassen. Sharon ließ sich auf einem Eisblock nieder und schlug die Beine übereinander. Dartha hielt ihrem Sohn rasch ihren schwarzen Mantel vors Gesicht und sandte Sharon energisch aus dem Raum. Dann musterte sie Luke genauer. "Dünn bist du geworden. Ißt du auch genug?" "Ja, Mama." Luke seufzte tief. Sie schlang ihm noch einen großen Schal um den Hals. "Eine Mutter kann nicht aus ihrer Haut." "Ja, Mama." Unterdessen versuchte Artoo sich wieder im Flirten, er pfiff und flötete pausenlos, bewegte sich vor und zurück und blinkte. "Artoo", Threepio klang sehr mißbilligend, "ich glaube nicht, daß der Briefkasten deine Annäherungsversuche mag!" Das Pfeifen des kleinen Droiden klang anklagend. "Richtig, der Mülleimer wollte dich auch nicht. Hach, was bist du doch ordinär." Aufgebracht stelzte er von dannen. Artoo pfiff traurig und richtete seine Sensoren auf ein neues Objekt. Doch die Litfaßsäule antwortete nicht mal. Leia sah eine junge Frau auf sich zugeeilt kommen. "Hoheit, etwas Schreckliches ist passiert!" Chewie neben der Frau grollte anklagend. "Was ist geschehen?" "Also, ich bin die Verona und wohne am Feldbusch und ich wollte nur mal mit diesem brünetten Schnuckel ein paar Worte wechseln. Der stand am Rand von großen Becken und ich tippe ihm auf die Schulter und er kriegt einen Schreck und dann ist er reingefallen." "Wo rein?" fragte Leia, der Übles schwante. Chewie heulte anklagend. "In die Schokolade für Jabba." "Oh nein. Wie kriegen wir ihn wieder raus?" Verona überlegte. "11 33 0 - da werden Sie geholfen!" "Danke, aber die werden uns bestimmt nicht helfen. Und Ihnen ist auch nicht zu helfen, hm?" "Nee. sieht so aus." Verona musterte Chewie. "Klasse Pelzmantel. Ist der nicht ein bißchen warm?" Die Antwort des Wookie ist nicht druckfähig. Artoo beflirtete gerade eine Notrufsäule und Threepio bewunderte sein Spiegelbild, als Leia ihre Leute zur Krisensitzung berief. Auch Luke und Lando tauchten auf, ebenso eine große Frau in einem blauen Kleid, das nicht nur ihre Kurven, sondern auch die blauen Augen betonte. "Phantastisch", schwärmte Threepio, "ich liebe dieses Blau, es hebt meine Färbung hervor." Leia warf einen Blick auf ihre Mutter und fragte sich, warum diese ihr nicht etwas mehr Körpergröße und Kurven vererbt hatte.
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Battle Tech: Prototyp von Andreas Dempwolf
Ein Prototyp mit den neusten Finessen und vielleicht auch ein paar neuen Macken...?
Neulich beim Testen des neuen SuperMechs GIGANTIA (Verison Beta-II) ... "Und, DeDumy, wie läßt er sich an?" Stolz klang in der Stimme von Morotola mit, nach dessen Plänen dieser Mech schließlich gebaut worden war. Als Antwort drang aus dem Cockpit ein derber Fluch. Das Gesicht des Erfinders dieses Mechs verzog sich vor Schmerz, fast als würde ihm dieser Fluch körperlichen Schmerz bereiten. Dann entschloß sich die Gefragte doch noch zu einer etwas verständlicheren Antwort. "Scheißding! Wenn nicht das Starthilfe-Kabel als Zopf von Kopf hängen würde - was auch sehr sinnig ist, da ich fast Vorn übergekippt wäre - dann wäre ich hier nie vom Fleck gekommen. Die Leistung ist einfach zu gering, um diesem Monstrum den nötigen Kick zu geben." Schläge der gewaltigen Pranken seiner Konstruktion hätten Morotola nicht härter Treffen können. DeDumy aber war noch lange nicht fertig. "Ich würde ja gerne sagen `Wenn er läuft, dann läuft er´, obwohl, daß bringt es eigentlich auf den Punkt. Dieser Masse an Metall traut man die Geschwindigkeit gar nicht zu, die sie entwickeln kann - man kann Problemlos mit einem leichten Mech wie dem XXXXXXXX mithalten und hat dennoch eine wesentlich höhere Kampfkraft zur Verfügung. Nur, wie gesagt `wenn er läuft, dann läuft er´ - und man hat arge Probleme das Ding zu stoppen." Morotola fiel die leichte Rauchkräuselung im Nackenbereich des Mechs auf. War das eben auch schon gewesen? "DeDumy, stimmt etwas nicht? Ich sehe Rauch aufsteigen." "Ach das. Nun, wie gesagt, das Ding ist schwer zu stoppen." Den nächsten Satz schrie sie hinaus, "ICH MUßTE DAS SCHNELL-LAUF-STEUERUNGSMODUL MIT MEINEM BLASTER DEAKTIVIEREN, DA ICH VON MEINER PSOITION AUS NICHT AN DEN SCHALTER HIERFÜR KAM UND DIE VOICE-STEUERUNG MICH DEZENT ABER BESTIMMT DARAUF HINWIES, DAS DIESER MECH ANGEBLICH GAR KEINEN SCHNELL-LAUF-MODUS HABE, ICH IHN FOLGLICH AUCH NICHT DEAKTIVIEREN KÖNNTE!" Eine leichte Röte machte sich im Gesicht des Mech-Konstrukteurs breit. "Ähm, ja, ich wußte ich habe da noch was vergessen." Ein entschuldigender Blick, begleitet von einem Schulterzucken ging in Richtung Cockpit. "Hrmpf!" "Bitte?" "WENN ich aus diesem Cockpit herauskomme, dann sind SIE besser schon ganz weit weg, Morotola!" Dieser schluckte hart ob der unverhohlenen Drohung. Andererseits, er kannte seinen Mech wie sich selber und wußte, daß DeDumy da so schnell nicht herauskam - ein weiteres Problem, für dessen Abhilfe er bereits bauliche Veränderungen am Folgemodell eingeplant hatte. Daher grinste er auch, als er nach den Wäremtauscher fragte, einer weiteren Schwachstelle seines Systems. "Der ist total kaputt. Hier drinnen ist eine Affenhitze, daß glauben sie nicht." 28
Das "Doch" verkniff sich Morotola lieber, DeDumy war eh schon erhitzt genug. Bei diesem Gedanken konnte er sich ein Kichern nicht verkneifen. "Hey, Du Bastard. Was gibt es da zu lachen? Wenn ich Dich in die Finger kriege." "DeDumy...es tut mir ja fürchterlich leid, aber diesmal kann ich da wirklich nichts für. Wenn Sie sich bitte einmal umblicken würden dann..." "Wie denn, Du Arsch!" schrie DeDummy, "der Servomechanismus hat kurz vor betreten der Halle wegen überhitzung seinen Geist aufgegeben. Warum meinen Sie, ist der Kopf wohl leicht nach links unten geneigt?" "Ehrlich gesagt habe ich mich das auch schon gefragt. Aber trotzdem...ähm... Tja, die Mechaniker haben versehentlich das falsche Modul eingebaut. Eines, das für den viel kleineren XXXX gedacht war." "MOROTOLA, DAß WAREN IHRE TECHNIKER DIE SIE EXTRA FÜR DIESEN NEUEN MECH HERANGESCHLEPPT HABEN - UNSERE FÄHIGEN LEUTE WAREN IHNEN JA NICHT QUALIFIZIERT GENUG! ICH BRING SIE UM, DAß SCHWÖRE ICH IHNEN, MOROTOLA. - HOLT MICH MAL JEMAND HIER RAUS, DAMIT ICH DIESEM EIERKOPF SEINE HOHLE BIRNE VON DEN SCHULTER REIßEN KANN?" Der Waffenarm des Mechs begann jetzt bedrohlich zu zucken, so daß Morotola sich hinter eine der Panzerwände in Deckung begab. "MOROTOLA! Wo sind Sie? ich sehe sie nicht mehr. Bleiben sie gefälligst in meinem Sichtbereich wenn ich mit ihnen Rede." Dieser lugte ängstlich hinter der Panzerwand hervor und antwortete: "Wenn sie mir versprechen, nicht auf mich zu schießen, dann ja." "AAAAAAARRRRRRRRGGGGGGGGHHHHHHH! Sehen sie sich doch die Servos des Arms an, dann sehen sie daß ich es gar nicht mehr kann, selbst wenn ich wollte. Sie Diletant haben eine viel zu instabile Übertragung eingebaut. Der Arm ist nach drei Feuerstößen schon ausgefallen." Morotola begab sich vorsichtig wieder in DeDummys Sichtbereich, die sich inzwischen bereits mit ihrem zur Standardausrüstung gehörenden Messer von den Haltegurten befreit hatte. Als Morotola realisierte, daß DeDummy sich frei im Cockpit bewegte war es schon fast zu spät für ihn. Mit einem dumpfen knall wurde die Semi-Transparente Cockpitfront abgesprengt und flog ihm entgegen. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich mit einem Sprung zu Seite retten. Doch aus der Mechkanzel sprang nun DeDummy heraus, rollte sich am Boden ab und lief auf ihn zu. Unter dem Gelächter der umstehenden Techniker entspann sich eine wilde Verfolgungsjagd über Kisten und Kästen, Kabeln und Mechbauteilen. Erste Wetten wurden abgeschlossen, wann DeDummy Morotola erwischen würde, doch der kleine Mech-Ingeneur war erstaunlich auf Draht - und wenn man in DeDummys wutentbranntes Gesicht sah, dann war das auch gesünder für ihn. Kurz bevor DeDummy Morotola erreichte verließ dieser die Halle und rannte in die Wüste hinaus. DeDummy machte am Tor halt und sah im hinterhe, der ohne sich einmal umzudrehen rannte, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Als sie das große Tor zum Hangar schloß, grinste DeDummy. Entkommen konnte er ihr nicht; aber so wie er rannte, konnte er schon einem mittlschweren Mech Konkurenz machen. Spätestens wenn es zu Dämmern begann und die Temperaturen sanken würde er ans Tor klopfen. Dann würde sie ihn mit einer Flasche Selbstgebrannten aus dem Camp erwarten, denn die Panik in seinem Gesicht der Jagd durch den Hangar hatte sie bereits für den Ärger mit dem neuen Mech entschädigt. FIN
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Der Ärger des Hausmeisters von Klaus Haupt
Ein zahlreiches außerirdisches Volk sucht einen neuen Heimatplaneten und ein Hausmeister muß sich ärgern..."
Seit Tausenden von Jahren expandierte das Volk der Sorkim innerhalb der Galaxis. Vor unendlich vielen Generationen hatten sie ihre Heimatwelt, einen Hohlraum in einem Asteroiden, verlassen und sich inzwischen über das halbe Universum verteilt. Besiedelbare Himmelskörper gab es für sie fast überall, denn sie waren eine sehr anspruchslose und deshalb sehr belastbare Lebensform. Nur wenige Mikrometer groß fühlten sie sich auf Welten ohne Atmosphäre am wohlsten und daran herrschte im Universum wahrhaftig kein Mangel. Nur etwas benötigten sie zum Leben: Silizium. Die "Illim", ein sorkimscher Erkundungskreuzer, kreiste seit Tagen in einer hohen Umlaufbahn um eine mächtige Materieansammlung. Er war ausgeschickt worden, um eine Welt zu suchen, die groß genug war, das gesamte Volk aufzunehmen. Seit einigen hundert Jahren waren die Sorkim der Expansion müde und wollten wieder zueinander finden. Die UrHeimat war längst zerfallen und wäre für das nach Trilliarden zählende Volk ohnehin viel zu klein gewesen. Der sich unter dem fast einen Viertelmillimeter großen Raumschiff träge drehende Riesenplanet schien eine ideale Welt zu sein. Zwar hatte er eine äußerst dichte und dazu noch turbulente Atmosphäre, die Scanner hatten jedoch mehrerer Millionen Hohlkugeln entdeckt, die hauptsächlich aus Siliziumdioxid bestanden. Einige andere Elemente konnten auch noch identifiziert werden, darunter ein nicht unbedeutender Anteil Wolfram, aber überwiegend eben Silizium! Zu allem Überfluß bestand im Inneren der Siliziumdioxid-Hohlkugeln fast Vakuum! +++ "Was haben wir falsch gemacht?", fragte sich der Commander der "Illim". Niemand antwortete ihm. Niemand konnte ihm antworten. Er war der einzige, der sich noch auf dem Schiff befand. Die Siliziumkugeln schienen so einladend, so paradiesisch, so friedlich, daß er sich gleich nach deren Entdeckung entschlossen hatte, ein Mitglied seiner Crew in eine solche Hohlkugel hineintransferieren zu lassen, um sie näher zu untersuchen. Die Informationen, die bald darauf das Raumschiff erreichten, schienen die kühnsten Träume noch zu übertreffen. Die Hohlkugel, so teilte der Hineintransferierte mit, sei riesig. Sie böte Platz für über tausend Sorkim. Ihre innere Oberfläche bestünde in der Hauptmasse aus glatten Siliziumdioxid. Das Vakuum seit zwar nicht absolut, aber die innere Atmosphäre sei ausreichend verdünnt. Eine Merkwürdigkeit sei jedoch zu berichten. In der Mitte der Hohlwelt befände sich eine riesige Wolframbrücke, fast von einer Seite zu anderen reichend und ruhend auf gewaltigen !Siliziumdioxidpodesten. Als sich das Besatzungsmitglied wieder an Bord befand, war einer solche Freude in seinen Augen und solch ein Schwärmen von den paradiesischen Zuständen dort unten in seinen Worten, daß sich der Commander den Wünschen seiner Besatzung nicht verschließen konnte. Jeder wollte das Gefühl, im Paradies zu sein, allein auskosten und so wurden die sechs Sorkim in sechs benachbarte Hohlkugeln transferiert. Gleich darauf brach der Kontakt zu seiner Mannschaft ab. Seither schwiegen die Kommunikatoren und der Commander fragte sich, was falsch gemacht worden sei. Er war nicht unvorsichtig gewesen. Gegen das Murren und Maulen seiner Besatzung hatte er durchgesetzt, daß jeder den schweren Skaphander trug und mit einem Erkundungspanzerfahrzeug hinabtransferiert wurde.
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Zwei Zeiteinheiten später machte sich der Commander selbst auf die Suche nach seiner Mannschaft. Es war ihm nicht gelungen, den Kontakt wiederherzustellen, ja nicht einmal, die sechs Hohlkugeln wiederzufinden. Kurz entschlossen ließ er sich vom Bordcomputer mitsamt einem weiteren Panzerfahrzeug in eine in der Nähe befindliche Kugel transferieren. Wie seine sechs Kollegen rematerialisierte er sich vorsichtshalber auf der Wolframbrücke. Er stieg nicht aus seinem Fahrzeug, sondern scannte aufmerksam die Umgebung. Alles war ruhig, nichts deutete auf eine Lebensbedrohung hin. Was also war mit seiner Besatzung geschehen? Hier schienen wirklich alles still und friedlich zu sein. Nachdenklich lehnte er sich in seinem Sitz zurück. Plötzlich registrierten die Geräte einen rasch zunehmenden schnellen Elektronenstrom durch die Wolframbrücke. Der Commander stürzte nach vorn, um den Retransfer einzuleiten. Aber das starke elektrische Feld überlagerte alle Impulse. Das Wolfram begann sich bereits so stark zu erhitzen, daß es glühte. Der Commander versuchte ein letztes Mal, wenigstens mit dem Bordcomputer in der Umlaufbahn in Kontakt zu kommen, damit dieser eine Warnung an anderen Sorkim-Schiffe senden konnten, es war jedoch bereits zu spät. Kurz darauf war die kritische Temperaturen im Panzerfahrzeug überschritten, die Reaktoren explodierten. Die Wucht der Detonation war so heftig, daß sogar die riesige Wolframbrücke in mehrerer Teile gerissen wurde. Der Elektronenstrom hörte sofort auf und das Wolfram begann abzukühlen. Aber das konnte der Sorkim-Commander nicht mehr registrieren. +++ "So ein Mist! Heute ist echt nicht mein Tag", murmelte der Hausmeister der kleinen Dorfschule vor sich hin und begann, die große Stehleiter aus der Abstellkammer zu zerren. "Alles hat sich gegen mich verschworen! Mann, ich bin doch auch nicht mehr der Jüngste! Andauernd muß ich dieses schwere Ding von Leiter hin und her schleppen!" Unter weiteren Flüchen kam er dann in der Mitte des Flures an. Er stellt die Leiter auf und blickte nach oben, zur Lampe, um sofort wieder zu lamentieren: " Schon das siebente Mal heute, daß eine Glühbirne durchgebrannt ist!"
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Die Zahl der Spinner von Daniel Gronau
Wenn man erstmal anfängt sich Gedanken über die welt zu machen, kann das zu schrecklicher Erkenntnis führen..."
Es war wieder ein prächtiger Sonnenaufgang über Monument Valley gewesen. Die Sonne war blutrot - mehr venös als arteriell - und die Wolken gingen von einem zarten Violett in ein erstaunlich frisches Grün über. Gonzalo liebte Sonnenaufgänge, obwohl er sich eher zu den Langschläfern zählte. Und so schlüpfte er oft noch einmal unter die Decke, wenn er den Sonnenaufgang auf der Terasse seines Bungalows genug bewundert hatte. Doch heute morgen war er irgendwie unruhig. Er hatte das Gefühl, das etwas anders war als sonst, und dieser Umstand weckte seine Lebensgeister. Ob er mit Terry kommunizieren sollte? Nein, der war sicher noch nicht wach. Also beschloß er, sich einen Tee zu gönnen und dann bis zu Terrys Blockhaus zu wandern. Das dauerte immer eine gute halbe Stunde. Außerdem konnte er beim Gehen besser denken. Draußen war es ziemlich frisch, gerade mal 287 Kelvin. Gonzalo machte sich auf den Weg. Er war erst vor drei Monaten hierher gezogen, teils, weil es ihm in Acapulco zu hektisch geworden war (man weigerte sich, eine sechste Kopie zu erstellen), aber auch, weil er schon einmal neben Terry gewohnt hatte. Er mochte ihn ganz gern, wahrscheinlich, weil er gut zuhören konnte. Außerdem war Terrys Jetzige, Miranda, hübsch, freundlich und, was Gonzalo wichtiger war, unaufdringlich. Er war tatsächlich ein bißchen neidisch auf Terry. Gonzalos Verflossene wollte nicht weg von Acapulco, und da Gonzalo sie nicht besonders unaufdringlich fand, war ihm der Abschied leichtgefallen. Dachte er zumindest vor drei Monaten. Stop! Gonzalo wurde abrupt aus seinen Gedanken gerissen. War er denn blind gewesen? Aber jetzt, wo er es bemerkt hatte, brauchte er nicht erst Holos zu vergleichen: Etwa ein Drittel der Felsen fehlte! Er versuchte gar nicht erst, die Antwort aus dem Rechner herauszuquetschen. Terry war in solchen Fällen wesentlich schneller als er. Also begann er, sich in Trab zu setzen. Doch da kam die nächste Überraschung: Es stiebte nicht mehr beim Laufen. Schöner Mist, jetzt mußten sie sich garantiert mit einem Spinner rumstreiten. Die waren immer so von oben herab. Man hatte dabei das Gefühl, daß sie mit einem wie mit einem Kind oder einem Kranken redeten. Er war am Ziel - in Rekordzeit! Terry stand schon vor der Tür und winkte und : »Hast du es auch gesehen? Ich wollte dich gerade anwählen.« Gonzalo war ganz außer Atem. »Ich - habe - es - erst - beim - Spaziergang - bemerkt.« erklärte er. »Nur mit der Ruhe. Komm erst mal rein. Computer?« Eine einschmeichelnde Frauenstimme hauchte ein Ja. »Hole mir einen Spinner her, und zwar dalli!« Die Computerstimme wollte zu einer Erwiderung ansetzen, aber Terry hatte den Bogen raus. »Sofort! Das halbe Tal ist weg, also will ich keine Ausreden, sondern einen Spinner, capito?« »Ich werde ihren Wunsch sofort weiterleiten.«, säuselte die Unsichtbare. Gonzalo bemerkte mit einiger Verwunderung, daß auch Computer beleidigt klingen konnten. Zehn Minuten später öffnete sich in der nächsten Felsnadel ein Portal, spuckte einen Spinner aus und schloß sich sofort wieder. Terry und Gonzalo beobachteten, wie der Spinner, käsig blaß und dünn, der Hütte entgegenkraxelte. Bevor er klopfen konnte, riß Terry die Tür auf und wünschte einen Guten Morgen. Der Spinner stellte sich vor: »Gordon Valery, Holotechnik Zone Drei«. Dann sah er die beiden mit seinen großen Kuhaugen traurig an. »Wir dachten nicht, daß irgend jemand die Reduktion bemerkt. Ansonsten hätten wir sie natürlich informiert. Sie haben sicher schon gehört, daß die terranen Kapazitäten knapp werden. Es werden nur noch die überlaufensten Szenarien kopiert, aber wir kommen trotzdem kaum hinterher. In ein paar Tagen können wir die Originalfelsen durch fraktale Holos ersetzen.« »Und der Staub?«, fragte Gonzalo. »Der ist leider gestrichen 32
worden. Wir können uns die Simujektion einzelner Staubpartikel einfach nicht mehr leisten. Die Rechner sind an der Leistungsgrenze angelangt, wir können sie nicht mehr vergrößern, weil wir schon 1.3 g haben. Außerdem wandern immer mehr von uns aus, weil einfach kein Platz mehr da ist, so daß zu wenig Technikpersonal zur Verfügung steht. Ein Intra wie sie braucht sechsundzwanzigmal mehr Platz als einer von uns. Wir werfen den Intras nicht vor, daß sie auf einer Umgebungssimulation bestehen und auch nicht produktiv sein wollen. Doch weshalb will kaum einer von ihnen die Erde verlassen? Von den Intras sind bisher nicht einmal zwei Millionen ausgewandert. Versetzen sie sich in unsere Lage. Es liegt sicher nicht an uns, daß sie Einschränkungen hinnehmen müssen. Es geht einfach nicht mehr anders! « Terry, der garantiert jedem anderen an die Kehle gegangen wäre, der eine Reduktion seines geliebten Monument-Valley-Szenarios (mit 70% Echtsubstanz) gefordert hätte, stand nur betreten da. Der Spinner machte noch eine bedauernde Geste, wünschte einen schönen Tag und hüpfte sichtlich in Eile wieder den Hang herunter. Nach einer Weile fragte Terry: »So ernst ist das schon?« Gonzalo zuckte mit den Schultern. »Die übertreiben doch gern. Wer weiß, warum die uns immer drängeln, von der Erde auszuwandern? Also ich glaube jedenfalls kein Wort davon. Gut, ich gebe zu, es ist nicht besonders fein von uns, die Leute, die uns sozusagen freiwillig bedienen, Spinner zu nennen. Aber dafür sind sie ja auch alle so blasiert. Was solls, in ein paar Tagen haben wir die fehlenden Felsen wieder, hat er gesagt.« Terry meinte: »Also ich fand ihn ganz sympathisch für einen Spinner. Und angelogen hat mich noch keiner von denen.« »Ich denke eher, die haben zuwenig Personal für die Simujektion und Computererweiterung, weil keiner mehr arbeiten will. Ich war einmal in der Realität, und ich sage dir: Nie wieder! Ich kann diese Leute einfach nicht verstehen. Und von wegen mehr als zwei Millionen SpinnerAuswanderer! Ich glaube eher, die Spinner sterben langsam aus.« grinste Gonzalo. Aber jetzt wollte Terry es genau wissen:»Computer, Bevölkerung von Terra nach Intras und Spinnern.« »388 Milliarden 716 Millionen 820 Tausend und 523 Intras und 17 Millionen 351 Tausend und 23 Extras« dozierte die Frauenstimme. »So wenig Spinner?« murmelte Terry. Gonzalo strahlte: »Wer hatte nun recht?« Er liebte es, wenn er recht hatte. Vielleicht würde es trotz der ganzen Aufregung doch noch ein guter Tag. »Moment!«, murmelte Terry, »das heißt noch gar nichts. Computer, Bevölkerung außerhalb von Terra!« »Schätzung: eine Million 560 Tausend Intras und ...« Zehn Sekunden Pause. Gonzalo fuhr den Rechner an: »Na los, die Anzahl der Spinner!« »...Geeheeheeschätzte Extrahaas...« »Was ist den nun kaputt? Spinn ich oder was?« knurrte Terry. »...Eins Komma fünf drei acht mal zehn hoch vierzehn.« »Was???« riefen beide wie aus einem Mund. Ein Monitor voller seltsamer Symbole leuchtete auf. Ganz unten links stand - ordentlich doppelt unterstrichen - eine 1.538E14. »Die müssen wirklich die ganze Galaxis...«, stammelte Terry. Gonzalo war kreidebleich und nuschelte »Ich dachte immer, Terra...« Terry hatte sich mittlerweile etwas erholt und ging an die Hausbar. »Einen Schluck auf den Schreck?« »Terry, kann es sein, daß wir Intras FOSSILIEN sind?« Terry hielt sein Glas hoch. Die Sonne glitzerte darin, als wäre es ein Kristall. »Willkommen im Museum, Gonzalo!«
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Abstieg ins Totenreich von Daniel Gronau
Was geschieht mit einem, wenn man stirbt? Womöglich etwas Unerwartetes...
Die bläulichweiße Sonne schob sich hinter den Horizont. Es wurde merkbar kühler, aber die Oberfläche tief unten strahlte noch Wärme aus. Es war ein schöner Abend, die Sicht war klar, nicht das kleinste Sturmzeichen war zu sehen. Leise knarrte die Plattform an ihrem Grundseil. Die ersten Nachrichten-Lichter flammten in der Atmosphäre auf und wurden in unterschiedlichen Abständen kurz verdeckt. Rajinan schaute ihnen versonnen zu, er kannte die Bedeutung der Botschaften nicht, denn dies war Nachrichtler-Torak. Nomun kam langsam näher und stupste Rajinan sacht an. Nomun hatte gerade etwas Asche aus seinem Beutel gegessen, sein Mund war noch schwarz davon. "Einer muß der Erste gewesen sein.", bemerkte Nomun beiläufig. Rajinan verstand nicht. "Einer muß das erste Licht gemacht haben.", erklärte Nomun. "Ach so. Sicher hat es einen Ersten gegeben, doch das ist sehr lange her.", antwortete Rajinan. "Wer es war, weiß ich nicht, vielleicht ist es ein Torak der Nachrichtler." "Und welchen Ersten kennen wir?", fragte Nomun, dem anzumerken war, daß er jetzt auf eine Geschichte hoffte. Drei weitere Kinder kamen herbeigesummt, auch sie waren wohl neugierig geworden. Rajinan fühlte sich geschmeichelt. "Ich weiß nicht, ob ihr alt genug seid. Es ist eine uralte Geschichte vom Totenreich, und sie ist Torak unseres Clans. Nein, ich glaube, ich behalte sie wohl lieber für mich." Vier Augen schauten so lange bittend auf Rajinan, bis er nachgab: "Hmm. Andererseits beweist Nomuns Frage, daß er reif genug ist, dies zu verstehen. Nur wenige Kinder denken über solche Dinge nach. Und Wissen schadet nicht. Also gut, ich erzähle es. Denkt daran, daß es unser Torak ist, ihr müßt es für die Nachkommenden bewahren. Das Torak heißt 'Kriila und der Abstieg ins Totenreich'." Rajinans melodisches Surren hatte inzwischen noch mehr Zuhörer angelockt, und darunter waren nicht nur Kinder. Rajinan mochte es nicht besonders, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, aber jetzt konnte er keinen Rückzieher mehr machen. Und wenn Rajinan erzählte, wurde es meistens spannend. "Es gab eine Zeit, da besaßen die Schweber nichts außer sich selbst. Das Leben war damals hart und kurz. Die Schweber starben, wenn sie ein Sturm von ihren Aschesäulen wegtrieb und sie keine neuen fanden. Es gab keine Nachrichtler-Clans, die vor fernen Stürmen warnten, es gab keine Plattformen, keine Grundseile und keine Segler. Es gab auch keine Ascher, jeder mußte seine Asche selber sammeln, und Aschetücher gab es ebenfalls nicht. Wir können es uns heute nicht vorstellen, auch nur einen Tag ohne Plattform auszukommen, geschweige denn ein ganzes Leben, doch die uns Vorangegangenen mußten es. Die Schweber fürchteten sich in jenen Zeiten vor dem Grund. Es war der Ort, wohin die Toten sanken, am Tage herrschte enorme Hitze, nachts sah man die Feuerflüsse leuchten. Man glaubte, der Grund werde von furchtbaren, grausamen Dämonen beherrscht, die die Toten quälen. Und ihr wißt, daß der Grund wirklich gefährlich ist, obwohl all die Dinge, die wir benötigen, von dort kommen. Jedenfalls war zu jener Zeit noch kein Schweber auf den Gedanken gekommen, den Toten ins Totenreich zu folgen. Und nur noch unser Clan erinnert sich des Ersten. 34
Es gab damals einen Schweber namens Kriila. Er war sehr schweigsam und nachdenklich. Während die anderen des Clans den Horizont nach Sturmzeichen absuchten, schaute er lieber auf die Muster des Grundes. Er liebte es, Geschichten vom Totenreich zu hören und seine Neugier war so groß, daß er sich ganz allein zu anderen Clans treiben ließ und sie bat, ihr Wissen zu teilen, bis einige ihm sogar ihr Torak verrieten. Und als er erzählte, er wolle selber das Totenreich besuchen, um davon berichten zu können, lachten ihn alle aus. Bald nannte man ihn nur noch den Verrückten. Doch er ließ sich nicht von seiner Idee abbringen, und schließlich gelang es ihm. Wie?" Rajinan liebte es, mitten in einer der Geschichte Fragen zu stellen. Das brachte die Zuhörer aus dem Konzept und erhöhte die Spannung. Die anderen lernten dabei, und das war Rajinan wichtig. "Nun Nomun? Wie konnte Kriila tauchen, wo es doch nichts gab?" Nomun grübelte angestrengt. "Ohne Grundseile oder Tauchsteine?", fragte er. "Richtig, nichts dergleichen." Als Nomun gestand, daß er es nicht wisse, gab Rajinan die Frage an die übrigen Kinder in der Runde weiter. "Er hat seine Blase geöffnet!", verkündete eines der Kinder stolz. "Und wie ist er wieder aufgestiegen, hmm?", konterte Nomun, der wohl auch schon an diese Antwort gedacht hatte. "Gut, Nomun!", lobte Rajinan. "Hat noch jemand eine Idee? Nein? Dabei ist es doch ganz einfach. Der Grund ist das Totenreich. Und um ins Totenreich zu gelangen, muß man den Toten folgen. Jetzt solltet ihr aber die Lösung wissen." Die Älteren, die die Geschichte schon kannten, nickten amüsiert, während sich die Kinder mit dem Rätsel abmühten. Schließlich war es Nomun, dem ein Licht aufging: "Kriila hat einen Toten als Tauchstein benutzt?" "Na endlich! Ich dachte schon, daß ich bis zum Morgen warten muß. Als ein Alter aus Kriilas Clan starb, bekam Kriila die Chance, auf die er gewartet hatte. Als alle getrauert hatten, blieb er allein zurück. Da er nichts hatte, mit dem er schneiden konnte, scheuerte er mühsam die Blasenwand des Toten durch, immer wieder hin und her. Er brauchte einen ganzen Tag dafür. Als er es endlich geschafft hatte und das Gas schnell entwich, klammerte er sich mit aller Kraft an den Körper. Er sank viel zu schnell und es erdrückte ihn fast, aber er ließ nicht los. Weiter und weiter zog es ihn nach unten, die Atmosphäre wurde immer dicker. Es war unerträglich heiß, denn die Sonne war noch nicht ganz untergegangen und das Atmen fiel ihm schwer. Hätte er losgelassen, wäre er wieder nach oben geschossen und der Druckunterschied hätte ihn getötet. Die Hast tötet den Taucher, das weiß heute jedes Kind, aber Kriila wußte es nicht und ließ dennoch nicht los. Als er schon dachte, sein Fall würde ewig dauern, prallte er auf, und obwohl er sich verletzte und vor Hitze und Druck kaum noch denken konnte, hielt er weiter fest. Er hatte lebend den Grund erreicht und auch seine Blase war heil. Nun war er im Totenreich, wo die Dämonen herrschten und wo es am Tage so heiß wird, daß davon das Fleisch verkohlt. Kriila tastete vorsichtig seine Umgebung ab. Alles hier unten war hart, heiß und schwer. Er fand bald heraus, daß schon ein mittelgroßer Stein so viel wiegt wie ein ganzer Schweber. Also packte er einen Stein nach dem anderen in seinen Beutel, so wie es die Taucher noch heute tun. Nun konnte er den Toten loslassen. Langsam gewöhnte er sich an den Druck, auch die Hitze ließ nach. Jetzt ging ihm etwas besser. Im Halbdunkel des Morgens entdeckte Kriilar eine neue Welt, etwas, was vor ihm nie ein Schweber gesehen hatte. Mehrere Stunden lang kroch er mühsam vorwärts und erforschte den Grund. Er fand verschiedene Pflanzen und kleine Kriecher. Er brach von den Pflanzen Wedel und Ranken ab und steckte die Stückchen zu den Steinen in seinen Beutel, um sie den anderen zeigen zu können.
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Auf einmal hörte er seltsame Geräusche, irgend etwas schob sich über den Grund und brummte so vor sich hin:" Als Rajinan die knurrenden Laute nachahmte, wichen die kleineren Kinder ängstlich zurück. "Stellt euch vor, ihr wärt an Kriilas Stelle gewesen. Alles ist unbekannt, niemand ist vor euch dort gewesen. Euch ist schwindlig, ihr seid verletzt und könnt kaum atmen. Und über das Totenreich werden Gruselgeschichten von Dämonen und Feuerseen erzählt. Wärt ihr dort geblieben? Kriila hatte sicher große Angst. Aber seine Neugier war stärker, und so schlich er dem Brummen hinterher. Dann sah er das gepanzerte Ungeheuer. Es kroch auf die Leiche zu, mit der er getaucht war, und verschlang sie mit zwei Bissen. Heute wissen wir, daß ein Totenfresser harmlos ist, aber damals muß ihn Kriila für einen Dämonen gehalten haben. Aber Kriila handelte vorsichtig und besonnen, legte leise Stein für Steine aus dem Beutel, bis er zu schweben anfing. Dann warf er weitere ab, um langsam höher zu steigen. Und er füllte seine Blase so voll er konnte, um trotz seines Ballasts wieder Normalhöhe zu erreichten. Am nächsten Morgen fand er zu seinem Clan zurück. Sie hatten schon nicht mehr mit seiner Wiederkehr gerechnet. Kriila wurde gefeiert und die Steinchen und Pflanzenstücke herumgereicht. Die Geschichte verbreitete sich von Clan zu Clan. Hier und dort fanden sich Mutige, die ebenfalls versuchten, ins Totenreich zu tauchen. Wir wissen nicht, wer zuerst die Idee hatte, die Blasen von Toten zu nutzen, um Lasten zu tragen. Wir wissen nicht, wer das erste Seil geflochten hat. Aber ihr wißt nun, daß es Kriila war, der den Weg zum Grund gefunden hat, und damit alles andere ermöglichte. Dies ist unser Wissen für die Nachkommenden. Torak!" Rajinan schwieg, die Geschichte war zu Ende. "Torak!", surrte es vielstimmig durch die Nacht. Es war kühl geworden. Nachdenklich zerstreuten sich die Zuhörer. Die fernen Nachrichten-Lichter flackerten in ihrem seltsamen Rhythmus. Nomun schaute zum Himmel, wo unzählige Sterne flimmerten. Rajinan folgte seinem Blick. "Rajinan, was ist mit den fernen Sonnen?" "Sie sind sehr weit entfernt. Noch sind sie weit entfernt."
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Eine Frage des Alters von HAL 2000
Jack muss sich verstecken, und er tut es im Museum. Aber hier erfährt er Dinge, die ihm die Haare zu Berge stehen lassen! Böse, böse.."
Jack duckte sich und hielt den Atem an. Hoffentlich würde ihn der Opa nicht entdecken! Die Besuchergruppe ging zur nächsten Attraktion und Jack bemühte sich, immer mitten im Pulk zu bleiben, damit ihn der Alte nicht sah. So folgte er also – zusammen mit all den Anderen – auch weiterhin der schrillen Blondine, dieser Lehrerin. Der wohl schon leicht senile Wärter lugte mit stechenden Augen hin und her. Gerade kam ein zweiter Typ hinzu und begann mit dem Alten zu flüstern. Der Heini sah sehr ungemütlich aus, Marke Kleiderschrank mit Kantenkinn. Der war bestimmt vom Sicherheitsdienst. Nun war die Sache also nicht mehr zu verbergen, es weitete sich aus! Sie waren wirklich hinter ihm her! Jacks Herz jagte. Die schrille Stimme der Lehrerin attackierte wieder seine Ohren: „Meine Damen und Herren, liebe Kinder: Eben haben wir an den Schautafeln gesehen, dass die Menschen der Unmutierten Ära allerlei Probleme hatten, die sie ´Krankheiten´ nannten. Sie waren anfällige Wesen, nicht so wie wir.„ Sie sah sich um und vergewisserte sich, dass sie von großen Augen und offenen Mündern umringt war. „Damals, vor dem großen Krieg, glaubte man drolliger weise, Radioaktivität, chemische Kampstoffe und Killerviren würden der Menschheit schaden und das Ende der Welt besiegeln. Heute wissen wir es besser. Es war ein Segen, dass all diese evolutionsförderlichen Dinge erfunden und in großem Umfang hergestellt wurden. Und am 23.12.2012 war es dann so weit!„ „Phönix-Tag!„ krähte ein kleiner Streber an der Hand seiner Mutter, und die blonde Lehrerin lächelte wohlwollend. „Richtig! An diesem Datum, das wir heute alle als ´Phönix-Tag´ feiern, entstand die Grundlage der Neuen Menschheit. Die internationalen Börsen brachen zusammen, das Ozonloch riss vollends auf, und die Mehrheit der Zuschauer des TV-Senders ´Global Fuck` stimmten für ´Weltuntergang vorm nächsten Werbeblock`. Und so geschah es!!„ jubilierte die Blonde und Jack schluckte. Er sah sich vorsichtig um. Der alte Kerl spähte noch immer hin und her. Der Kleiderschrank auch! „Alle Atomraketen stiegen auf, alle B und C-Waffen schlugen los! In der rekordverdächtigen Bestzeit von nur 23,4 Minuten war die ganze Erde mehrfach ´verseucht´ und einige Menschen tot. Historiker streiten sich da um die genauen Zahlen...„ „Aaaaber„, jauchzte die Dame, „der Tag brachte einigen Hundert Männern, Frauen und Kindern den mutagenen Schub, der uns heute immun macht. Der uns heute stärker, schöner und erfolgreicher sein lässt. Die Ahnen von damals begründeten die Mutierte Ära!!„ Jack mochte seinen Ohren nicht trauen. Was erzählte die Frau da bloß? „Um das alles ein bisschen besser zu verstehen, gehen wir jetzt einmal in den nächsten Raum. Dort werden Sie einen länglichen Metallzylinder auf einem Podest liegen sehen. Das ist eines der Prunkstücke unseres Museums. Vor wenigen Jahren entdeckte ein Ausgrabungsteam der legendären ´Society of Archaelogic Art and Coca Cola´ im Tiefengestein nahe der RheinMain-Spalte dieses Artefakt aus der Vormutierten Ära. Nach wenigen Scanns und mentalen Abtastungen war klar, dass es sich um eine Art autarker Kältekammer handelt. Solche Frierzellen benutzten vor über 1000 Jahren die kränkelnden Menschen immer dann, wenn sie eine unheilbare Krankheit und viel Geld hatten. Man fror sich in der Hoffnung ein, die 37
Wissenschaft würde Fortschritte machen und ein Gegenmittel gegen die Krankheit finden. Nach dem Auftauen konnte man sich dann heilen lassen. Manche Menschen waren auf diese Weise bereit, sogar Jahrhunderte im Kälteschlaf auf ihre Rettung zu warten, putzig was?„ Alle lachten, nur Jack nicht. Ihm saß ein Kloß im Hals. Jetzt ging die Sache schief! Der hünenhafte Verfolger schob sich an die Gruppe heran. Oh, nein. Wie sollte Jack jetzt noch entkommen? Wenn er die Gruppe verließ, würden sie ihn gleich schnappen. „Unser Fundstück beinhaltet einen gut erhaltenen Unmutierten, der an einer Krankheit litt, die früher ´Grüne Lungenpest´ hieß und todsicher zum Ableben in nur 12 Jahren führte!„ Die Blonde kicherte jetzt ein wenig. Die Kinder grinsten. „Ich bitte Sie nun, meine Damen und Herren, liebe Kinder, treten Sie einzeln an den Zylinder heran und mentalisieren Sie vor allem den Brustbereich des Human-Fossils im Inneren. Sie werden Ausstülpungen im Lungengewebe erkennen können, die grünlich schimmern wie Waldmeisterpudding. Das sind sogenannte ´Pest-Geschwüre´ und ein Symptom der Krankheit. – Kommen Sie, keine Scheu...!„ Da trat der Alte an die Lehrerin heran und tuschelte ihr etwas ins Ohr. Ihre schminkestabilisierten Gesichtszüge entgleisten für eine Mikro-Sekunde. Dann aber leckte sie sich die prallen Lippen und gurrte wieder los: „Ich erfahre gerade, dass wir den Raum zur Zeit leider nicht betreten können. Der Zylinder wird gerade gewartet. Das müssen die Restaurateure hier regelmäßig machen, um die frische des Fossils zu gewährleisten. Nicht dass der arme Kerl erwacht, hahaha!„ „Scheiße!„ entglitt es Jack, als der Wärter ihn entdeckte. „Da ist er!!! Da ist er!!!„ kreischte der Alte und der Kleiderschrank war schon zur Stelle. „Kommen Sie, meine Damen und Herren, liebe Kinder, gehen wir hier herüber. Wir können uns im Brainorama eine Ident-Realität ansehen und dort die Lungenpest genießen! Kommen Sie!„ Jack duckte sich unter den Klauen des Sicherheitsmannes hindurch und hechtete aus der Gruppe heraus, die sich im Herdentrab davon machte und der Blondine folgten. „Da ist das Fossil! Packen Sie es doch!!„ schrie der Opa-Wächter. Jack stürmte an ihm vorbei und rannte den Gang hinunter. Der Kleiderschrank fasste sich an die Stirn und zog eine Grimasse. Schon tauchten drei identische Kerle auf - alle offenbar aus einem Guss - und liefen auf Jack zu. Einer kam ihm nun direkt entgegen, zwei von der Seite. Sie waren trotz ihrer Körperfülle flink wie Wiesel.. Es gab kein Entkommen. Die vier wuchtigen Hünen erreichten ihn fast gleichzeitig. Ihm wurden die Arme auf den Rücken gedreht, dass die Gelenke nur so knackten. Dann schubste man ihn brutal nach vorne zum Wächter hin. Der schnaufte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Danke, Jungs. Danke! Man, bin ich froh, dass ihr ihn gekriegt habt.„ „Wohin mit ihm?„ knurrte einer der Fänger. „Na, wohin wohl! Zurück in den Kasten! Ich will doch nicht meinen Job verlieren!„ „Wie konnte das überhaupt passieren?„ Der Opa hüstelte nervös. „Da hat bestimmt wieder so ein Gör am Thermostat gespielt! In letzter Zeit passiert das öfters und ich hab´s immer rechtzeitig entdeckt. Bis heute, hmmm. – Irgendwann musste das ja mal passieren. Das ist die Erziehung heute, die taugt eben nichts. Zu meiner Zeit hätten wir das nicht gewagt.„ „Zu Deiner Zeit, Methusalem, haha!„ witzelte einer der Kleiderschränke. Und dann froren sie Jack wieder ein. 38
Der Mord in der Papierstraße von Klaus Vor der Landwehr
Anno 2069. Ein Restaurateur wird in die Bibliothek bestellt. Grund: Ein Mordanschlag auf ein altes Buch. Eine Sektion ist unvermeidlich und offenbart Verblüffendes. - Anmerkung: Der Text enthält Kunstwörter einer fiktiven Zukunft. Ein Glossar ist beigefügt.
Unlängst, nämlich im April des Jahres 2069, wurde ein Restaurateur in die City-Bibo bestellt. Dies war der Pappteknik Jokos »Jo« Hannétz. Der wunderte sich, dass man ihn zu einem angeblichen Notfall hinzuziehen wollte. Näheres wusste er bislang nicht; der Anrufer war am Vi-sofon knickerig mit Erklärungen gewesen und hatte in der Aufregung nicht mal seinen Namen genannt. Die übliche Tätigkeit von Hannétz bestand im Konservieren und Restaurieren von Büchern. Meist erhielt er seine Aufträge von Sicheros, die so leichtfertig gewesen waren, unbesehen eine Police auf größere Zellulosebestände auszustel-len. Vor Ort entpuppten sich solche Objekte ge-legentlich als Überreste privater Buchsammlun-gen aus dem späten 20. oder frühen 21. Jahr-hundert, denen man buchstäblich beim Verrotten zugucken konnte. Und Hannétz hatte sich darum zu kümmern, dass der Verfall einhielt. Als Hannétz mit seiner Werkzeugtasche bei der Bibo aus der Metro heraustrat, stiegen soeben zwei Polizzos in ihren Schweber und entfernten sich durch die Lüfte. Hannétz wunderte sich nicht wenig darüber und betrat wissensdurstig das Gebäude. Der Chef-Bibolli war einigermaßen erleichtert, als Hannétz auftauchte. »Jax, dass Sie da sind! Hallo, ich heiße Zak Watt. Ich hab Sie gerufen, damit Sie... Ach, am besten, Sie sehen's sich selbst an. Kommen Sie!« Der Bibolli nahm ihn forsch bei der Schulter und führte ihn von der Intrada zu einen Nebenraum, auf dessen Porta »Papierstraße« zu lesen war. Hannétz sperrte sich nicht dagegen und erwiderte zunächst die Begrüßung. »Hallo, Herr Watt. - Was wollten denn die Polizzos hier, wenn ich fragen darf?« »Das war ein Missverständnis; nicht zuständig.« »Für was nicht zuständig?« Sie traten durch eine Klimaschleuse hindurch in den langgestreckten Nebenraum. In zwei nicht enden wollenden Regalwänden links und rechts reihten sich zahllose Bücher aneinander. Herr Watt wies auf ein nahes Holzpult, auf dem ein schlimm zugerichtetes Buch ausgestellt war. »Nicht zuständig für einen versuchten Buchmord, Herr Hannétz!« Jokos Hannétz sah Herrn Watt zwar eindringlich an, ließ sich jedoch nicht anmerken, ob er den Bibolli als Kulturgut-Rechtler, als Werbe-Genie oder aber als Spinner einschätzte. »Ganz wie Sie meinen«, sagte er nur, näherte sich dem ausgewiesenen Tatort bis auf zwei Schritte und inspizierte das vermeintliche Opfer. Obwohl er selbst niemals etwas vergleichbares in den Händen gehalten hatte, erkannte er ein sperriges, von Hand und obendrein in Leder gebundenes Buch mit Metallbeschlägen. Der Einband trug keinen Titel. »Jax, Zak Watt! Sie haben hier einen alten Folianten?« »Was?« »Ein Buch im Folioformat. Sehr alt!« »Ah ja, ja! - Aber was denken Sie? Kann man es noch retten?« Hannétz begutachtete die Wunden und die sonstigen Anhaltspunkte. Eine rote Lache hatte sich unter dem Pult breit gemacht. Die untere Hälfte des Bandes war mitsamt dem Buchrücken ebenfalls durchtränkt. Im oberen Buchdeckel steckte die Mordwaffe: Eine Meddisk. Die unverwüstliche Scheibe hatte den Ledereinband und etliche Buchseiten durchschlagen - wie es dazu gekommen war, 39
blieb zunächst ein Rätsel -, so dass nunmehr bloß noch ein Drittel der Scheibe aus dem Buch herausragte. Hannétz zeigte auf die Lache. »Was ist das für ein Zeug?« »Das da? - Nun, ich dachte... das Buch ist aus Holz und Leder... das ist doch alles noch organisch bei diesen Schinken und Schwarten... also vielleicht Blut oder Harz?« »Was haben denn die Polizzos gesagt?« »Pah! Diese Ignosaurier haben nichts angerührt. Die haben sich schlicht geweigert, die Spurensicherung oder einen Rettungsdienst zu rufen. ›Nicht zuständig‹, wie gehabt.« »Was ist das überhaupt für ein Buch?« »Keine Ahnung! Man kann's nicht öffnen.« Hannétz sah sich verblüfft den Buchdeckel an und fand auf der metallbeschlagenen Verschlusslasche ein kleines Schloss. »Wie? Es gibt keinen Schlüssel?« Herr Watt zuckte zum Zeichen des Bedauerns mit den Schultern. Hannétz gab sein vorläufiges Urteil ab: »Nun, wie's aussieht, werden Sie diesen Folianten wohl abschreiben müssen. - Kleiner Scherz.« »Was...?« Herr Watt schien seinen Ohren nicht trauen zu wollen. »Ist Ihnen klar, was Sie da sagen? Der Gammel ist ein schierer Publikumsmagnet! Einfach jeder will das Ding anfassen und dran riechen!« Hannétz war verdutzt. »Wie? Obwohl man's nicht öffnen kann?« »Ich habe nicht behauptet, dass die es lesen wollen.« Herr Watt rieb sich die Stirn und ging nervös umher. »Jedenfalls, wenn wir das Buch verlieren, dann wird man uns früher oder später die Zuschüsse streichen!« »Tut mir x-leid! Aber, glauben Sie mir, es ist nicht mehr zu retten. Ohne Zweifel Exitus.« Herr Watt nickte einsichtig und schloss die Augen, während Hannétz das ruinierte Buch aus rein professionellem Interesse genauer in Augenschein nahm. »Wir können nur noch eins tun«, brachte Herr Watt nach einer Weile hervor. »Wir werden ein paar Journaliks zusammentrommeln und das Buch feierlich im Atrium der Bibo beisetzen.« »Ist das ihr Ernst?« »Was die im Zoo können, kann ich schon lange!« »Nun, wenn Sie ein offizielles Gutachten benötigen, werden Sie aber um eine Sektion nicht herum kommen.« »Sie wollen's aufschneiden? - Auch das noch!« »Keine Angst. Ich werde nachher alles kaschieren. Ich bin nicht umsonst Restaurateur.« »Oh, Danke! - Das ist x-nett von Ihnen.« »Bitte, bitte.« Hannétz lächelte verlegen. »Wollen Sie zuschauen?« »Wollen Sie... das denn gleich hier machen?« »Sie haben doch nichts dagegen?« »Nein, ganz im Gegenteil!« Herr Watt schien diesen überraschenden Umstand zu begrüßen. »Wir sollten doch unbedingt rauskriegen wer's war!« Hannétz gab sich reserviert. »Möglich, dass es Hinweise gibt. Aber im Gutachten - das werden Sie verstehen - wird davon nichts erscheinen.« »Macht nichts! Das werde ich alles in meinen Bericht dikten.« »Alles klar.« Hannétz stellte seine Tasche ab, öffnete diese und wählte bedächtig unter den Werkzeugen aus: Er nahm ein Rundholz und ein Federmesser zur Hand. Dann wandte er sich Herrn Watt zu: »Wollen Sie sich vorher noch 'n bisschen Meddisk-Reiniger unter die Nase schmieren? Ich meine: Falls Ihnen vom Geruch des ruinierten Papiers schlecht wird?« Zak Watt nahm das Angebot und die Tube mit dem Reiniger dankend entgegen. Jokos Hannétz ging zu Werke. 40
»Also, ich werde über die Rückseite reingehen, weil das Buch vorne verschlossen ist. Damit umgehe ich die metallbeschlagene Lasche.« Hannétz schob zunächst das Rundholz am Buchrücken durch die Lücke zwischen Einband und Buchblock hindurch, damit ihm beim anschließenden Schneiden genügend Spielraum bliebe. Als nächstes führte er mit dem Federmesser einen totalen Schnitt durch die Oberkante des Einbandes und über die gesamte Höhe des Buches hinweg, dergestalt, dass der Buchrücken an seinem oben liegenden Rand komplett vom Buchdeckel abgetrennt wurde. Das Rundholz lag nun wieder frei und konnte beiseite gelegt werden. Nun wurde das Rückenstück des Einbandes - es war ja nur noch an seiner Unterseite mit dem Buch verbunden - auf das Pult heruntergeklappt. Der mit festem Papier und Gaze verklebte Buchblock war nun dem Blick des Betrachters preisgegeben. Jetzt wurde das Kapitalband fest ergriffen und mitsamt dem sich anschließenden Papierstreifen mit einem brutalen Ruck vom Buchblock abgezogen, so dass es den ChefBibolli Zak Watt merklich im Hals würgte und er schlucken musste. »Und jetzt: Teile und herrsche!«, kündigte der routinierte Pappteknik Jokos Hannétz seine nächsten Arbeitsschritte an. Mit sicherer Hand setzte er das Federmesser seitlich am Rücken des Buchblocks an und trennte mit einem präzisen Schnitt die oben liegende Hälfte des Buchblocks von den unteren Signaturen ab. Dieser Schnitt ging durch die Heftgaze hindurch und zerschnitt darum alle Heftbänder und auch den Heftfaden. Hannétz legte das Messer beiseite, hob die obere Buchhälfte ab - die Meddisk steckte nach wie vor darin - und klappte sie nach vorne um. Ein Hohlraum kam zum Vorschein, der in den Buchblock eingebettet war. Und er barg des Rätsels Lösung. Alles weitere Schneiden erübrigte sich. Jokos Hannétz und Zak Watt starrten auf einen Haufen von Glasscherben. »Eine Schnapsflasche?«, kommentierte Herr Watt den Anblick. »Jax! Und das ausgelaufene Zeug ist vermutlich nichts anderes als Kirschlikör.« »Die Meddisk hat also die Flasche zerschlagen?« »Scheint mir auch so.« »Wer wohl die Flasche da rein getan hat...?« Hannétz verzichtete auf Spekulationen und zog statt dessen die Meddisk mühsam aus dem Buchblock heraus. So etwas wie ein Logo wurde nun auf der Scheibe sichtbar. »Bingo! - Hier, sehen Sie mal, was da drauf steht.« Er hielt Herrn Watt die Scheibe hin. »GORILA«, las der verblüffte Bibolli ab und begriff plötzlich. »GORILA! Diese militante Gruppe von Trend-Fun-Autoren!« »Hm, Stimmt! Ich wette, auf der Scheibe ist ein Bekennerbrief - vermutlich grauenhaft geschrieben.« »Aber... Wo ist denn das Motiv?« Herr Watt schien keinen Sinn in der destruktiven Aktion entdecken zu können. Jokos Hannétz hatte plötzlich einen Einfall: »Tja, ich weiß nicht, ob's wirklich zutrifft, aber mir fällt da ein angeblich historischer Fall ein, der gewisse Ähnlichkeiten hat...« »Lassen Sie hören«, forderte ihn Herr Watt auf. »Ich muss schließlich irgendwas in meinen Bericht dikten.« »Von einem meiner Ausbilder hab ich seinerzeit sinngemäß folgendes gehört: Es war kurz nach der Erfindung des Buchdrucks, als ein... ähm... war es ein Minnesänger oder ein Geschichtenerzähler?... von einem militanten Lesezirkel totgeschlagen wurde; und zwar mit Gutenberg-Bibeln.«
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Zak Watt stutzte verwirrt, machte dann aber doch große Augen. »Jax! Also haben wir so was wie einen nachgeäfften Mord... einen Serienmord!« Hannétz grinste kopfschüttelnd. »Wie dem auch sei. Ich wette, die Journaliks werden sich ihre schmierigen Diktogriffel danach lecken.«
Glossar die City-Bibo - städt. Bibliothek bzw. Medienzentrum der Pappteknik - Papiertechniker das Visofon - Bildtelefon der Sichero - Versicherungskonzern oder -agent der Polizzo - Polizist der Schweber - schwebefähiges Flug-Mobil der (Chef-)Bibolli - (Haupt-)Bibliothekar Jax - positiver Kommentar; urspr. Ja-X (i.e. Ja-Extended) die Intrada - hier: Eingangshalle die Porta - hier: jede Tür mit spezieller Funktion die Klimaschleuse - eine Porta; hält Klimaunter-schiede zwischen zwei Räumen aufrecht die Meddisk - jedes scheibenförmige Speicher-medium; urspr. Media-Disk der Ignosaurier - bes. träger Ignorant der Gammel - hier: Antiquität, unzeitgemäßer Gegenstand x-leid - sehr leid der Journalik - Journalist, Bildreporter x-nett - sehr nett dikten - diktieren Diktogriffel - tragbarer Sprach-Vertexter
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