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Udo Kuppers und Helmut Jributsch Verpacktes Leben - Verpackte Technik Bionik der Verpackung
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Verpacktes Leben - Verpackte Technik Bionik der Verpackung
Udo Kiippers He Irn u t Trib u tsch
@WILEY-VCH
Die Autoren dieses Buches Dr.-lng. Udo Kuppers
Bionik-Systeme Hauptmann-Bose-Weg9 zXzr) Bremen
1
Das vorliegende Werk wurde sorgfaltig erarbeitrt. Dennoch dbernehmen Autor und Verlag fur die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlagen sowie fur eventuelle Druckfehler keine Haftniig. Die Deutsche Bibliothek -
Prof. Dr. Helmut Tributsch
CI P-Einheitsaufnahme
Hahn-Meitner-lnstitut Berlin GmbH Glienicker StraRe 100 1 4 1 0 9Berlin
E m Titeldatensatz fur dieze Publikation be1 Der Deutschen Bibliothek erhdlthch
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0 Wiley-VCH Verlag GmbH Weinheim, 2 0 0 2 Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Tell dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages i n irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein andercs Verfahren - reproduziert oder in einr von Maschinen. insbesondere yon Datenverarbeitungsmaschinen. verwendbare Sprachcn iibertragen oder ubersetzt werden. printed in the Federal Republic ofGerinaii) gedruckt auf saurefreiem Papicr Einbandgestaltung Wolfgang Schefflcr.
Mainz Satz Manuela Treindl. Regensburg Druck Druckhaus Darmstadt GmbH.
Darmstadt Bindung Wilh. Osswald & Co. KG,
Neustadt ISBN 3-527-30443-6
I"
Celeitwort
Ohne Verpackung kein Leben. Verpackung gehort zur Kulturgeschichte der Menschheit. Durch zeit- und zweckgemaBe Verpackungen haben schon unsere Vorfahren gelernt zu uberleben, spater unseren Globus zu entdecken und weltweiten Handel zu betreiben. Heute stehen uns Waren verschiedenster Art aus allen denkbaren Teilen der Kontinente und Regionen zu jeder Jahres- und Tageszeit zur Verfugung. Es ist bekannt, dag in unserer arbeitsteiligen Welt die Ernahrung der Menschheit, ihre Versorgung mit Arzneimitteln und sonstigen Gutern des taglichen Bedarfs nur durch die richtige und zweckmagigeVerpackung sichergestellt ist. So macht uns die Verpackung das Leben vielfach leichter und schoner, sie steigert die Lebensqualitat. Und doch ist die Verpackung insbesondere in den letzten Jahren in die kritische Umweltdiskussion gekommen. Leben ist Verpackung. Es ist naheliegend, den Blick auf das organische Wachstum zu richten, um so von der Natur zu lernen. Denn mit Komplexitat zu leben und sie zu bewaltigen,ist seit Jahrmillionenfur unzahlige Organismen und ihre Verpackungslebenslaufe in der Natur die selbstverstandlichste Grundlage ihres Uberlebens. Das Naturprinzip der vernetzten ruckgekoppelten Kreislaufwirtschaft garantiert eine Weiterentwicklung ohne einschneidende Folgen. Dieses hervorstechende Organisationsmerkmal ist neben anderen der Garant fur stabile, fehlertolerante und natiirliche Verpackungsverarbeitng. Wenn wir also auf die N a t r und ihre inspirierenden Verpackungsprodukteschauen, dann konnen wir lernen, intelligente technische Verpackungen in einer vernetzten Umwelt nachhaltig zu gestalten. Das ist die ,,Korrespondenz des Lernens", die uberlegene Verpackungsprinzipien der Natur mit Wissen und Erfahrung aus technischen Verpackungsentwicklungen paart und zu einer Bionik der Verpackung fiihrt. Mit Prof. Dr. HeImut Tributsch und Dr.-Ing. Udo Kuppers haben sich zwei haarscharfe Beobachter und Analytiker gefunden, um gemeinsam Errungenschaften der Natur zu beobachten und im Hinblick auf Verpackungsleistungen zu hinterfragen. Beiden ist hierbei ihr groBes Wissen in der physikalischen und theoretischen Chemie und der Fertigungs- und Verfahrenstechnik sowie den langjahrigen Auseinandersetzungen mit der Bionik zu Gute gekommen. So ist aus dem soliden natur- und ingenieurwissenschaftlichen Wissen der Autoren hier erstmals ein Werk entstanden, das die vielschichtigen Anforderungen an eine Verpackung aus gewachsenen Modellen der Natur zu beschreiben versucht. Das ist gelungen. Die anspruchsvollen
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I
Celeitwort
Themen werden wissenschaftlich exakt, klar und fur die Leser verstandlich aufgearbeitet. Viele Fotografien, Graphiken und Tabellen erganzen hilfreich den Text. Stets bleibt der Bezug zwischen Natur und Verpackung erhalten, so daB der interessierte Leser hier den moglichen Einstieg fur seine eigenen Uberlegungen finden kann. Das vorliegende Werk gliedert sich im wesentlichen in drei Themenblocke: Netzwerk Verpackung Hier wird der Sinn der Verpackung in Technik und Natur beschrieben. Deutlich wird belegt, welche erforderlichen Verpackungsaufgaben anfallen und wie auf der einen Seite der Ingenieur und Designer und auf der anderen Seite die Natur die Losungen erbringen. Dabei bezieht die Natur immer eigene Summen von Zielgrogen und Einflusse gemeinsam in ihren Optimierungsstrategien mit ein. Alle venvendeten Materialien sind daher bestens hinsichtlich ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften und lebenslauforientierten Verarbeitung aufeinander abgestimmt. Wer wurde das von technischen Verpackungen pauschal behaupten wollen, bei denen sich nicht selten erhebliche Entsorgungsprobleme ergeben konnen. So liefert die Natur variantenreiche Materialoptimierungen hinsichtlich Fertigungseigenschaften, Strukturen, Formen und Vieles mehr von Verpackungen, und sie gibt Anregungen fur die Entwicklung neuer technischer Verpackungen. Denken wir nur an die hocheffziente Technik der filigranen Materialverbunde in der Natur, die gegenwartig fur unsere menschlichen materialtechnischen Entwicklungen noch unerreichbar erscheinen. Daruber hinaus wird im speziellen Fall der adhasiven Fugetechnik aufgezeigt und belegt, wie neue Verbindungstechniken aufgebaut sein konnen. Verpackungsbeispiele aus der Natur Hier werden Verpackungsleistungen naturlicher Produkte aufgezeigt, und es wird deutlich, daB es kaum einen Ort auf unserer Erde gibt, wo Verpackungen nicht mit Raffinesse und hoher Effizienz den Fortbestand wachsenden Lebens auf vielfaltige und eindrucksvolle Weise sichern. Prof. Dr. Helmut Tributsch zeigt, daB er nicht nur ein anerkannter Wissenschaftler ist, sondern es auch versteht, die Natur zu erleben, zu beobachten und das Gesehene fur jene, die es nicht miterleben konnten, kenntnisreich und plastisch zu schildern. Auf mehr als 150einmaligen - man ist geneigt zu sagen liebevollen - Fotos wird die Leistungsvielfalt der Natur im Hinblick auf Verpackungslosungen belegt. Organisationsmanagement der Verpackungsbionik Dr.-Ing. Udo Kuppers ist es gelungen, dem interessierten Leser Wissen und Handwerkszeug anzubieten, das ihn befahigt, eigene bionische Verpackungsansatze zu verfolgen. Der ausfuhrliche Text wird durch Tabellen, Graphiken und Checklisten, die einfach und praxisnah zu handhaben sind, sinnvoll erganzt. Hier also eine Aufforderung mitzumachen.
Weitwort
Erstmals befafit sich ein wissenschaftliches Werk ausfuhrlich, tiefgreifend und erfolgreich mit Verpackungslosungen der Natur und leitet daraus mogliche Ansatze fur reale technische Verpackungslosungen ab. Historisch kann hierdurch ein neues Zeitalter fur Verpackungsentwicklungen eingeleitet worden sein. In diesem Sinne wiinsche ich den Autoren und ihrem Buch viele Leserinnen und Leser, die sich fur die Asthetik und die Funktionalitat biologischer Verpackungen begeistern konnen, und gespannt sind auf die sich ergebenden Moglichkeiten technischer bionischer Verpackungen. Berlin im Fruhjahr 2001
Dieter Berndt
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Cewidmet den kleinen und groj3en Kindern, damit sie von der Natur lernen und rijcksichtsvoller mit ihr umgehen
Vonvort
Das vorliegende Buch erscheint in einer Zeit des wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels. Die Disziplinen der Biowissenschaften - Life-Sciences- und die der Informations- und Kommunikationswissenschaften - IuK - ringen um die Vorherrschaft als Wegbereiter fur zukunftige bio-technische Entwicklungen. Erstere werden getrieben von der Entschliisselung des genetischen Codes der menschlichen Desoxyribonukleinsaure,der DNS und den damit verbundenen, weitreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen. Die Entwicklung der IuK wird angetrieben vom neuronalen ,,Geist", der das Ziel verkorpert, menschenahnliche Maschinen mit Intelligenz und BewuBtsein zu entwickeln und fur futuristische Zwecke einzusetzen. Beide versuchen das (noch) Unmogliche, namlich das uber Jahrmillionen evolutionierte Leben mit dem Menschen als hochstes entwickeltes Lebewesen, technisch-wirtschaftlichvorteilhaft zu manipulieren oder zu imitieren. Unbestreitbar steht gegenwartig die Gentechnik als Motor der Life-Sciences im Mittelpunkt des offentlichen Interesses. Hierbei erstreckt sich eine intensive Diskussion iiber Techniken der genetischen und biotechnischen Verandemngen von Leben einerseits und der Ethik des Lebens andererseits quer durch alle gesellschaftlichen Schichten. In dieser entscheidenden Entwicklungsphase fur unsere Zukunft ist auch die Bionik (der Verpackung) als Teildisziplin der Life-Sciences eingebunden. Sie positioniert sich als bioanalog forschende Wissenschaft zwischen natiirlicher Biodiversitat und innovativer Zukunftstechnik ohne ethische Konflikte und Manipulationen des naturlichen Lebens. Im Gegenteil. Die Archive der Natur, mit ihren naturlichen Artenreichtiimern als maBgebende Voraussetzung fur fehlertolerante, nachhaltige Weiterentwicklung von Lebewesen und deren technischen Leistungen in hochster qualitativer Vollendung, sind die fundamentale Basis fur bionische Analogieforschungund adaquate,technisch-wirtschaftliche Anwendung. Evolutionar gewachsene Biodiversitat ist Billionen wert, vor allem fur unser aller Weiterleben, aber auch als wissenschaftliche Fundgrube fur effiziente, nachhaltige Losungen der Verpackungsbionik. Es ist anzunehmen, daB die Menschheit, wenn ihr das Wohlergehen der Erde am Herzen liegt, in einigen hundert Jahren mit ihr vie1 mehr im Gleichgewicht leben wird. Ihre moderne Technologie wird dann in vieler Hinsicht der durch die Evoluti-
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I on entwickelten biologischen Technik der Natur sehr ahnlich sein und harmonisch Vowart
mit ihr koexistieren. Es sind ja im wesentlichen dieselben Rahmenbedingungen, dieselben Energieflusse und Umweltbedingungen, welche die naturliche und zivilisatorische Entwicklung langfristig festlegen und begrenzen. Dies gilt auch fur das komplexe und sich schnell entwickelnde Gebiet der Verpackungstechnologie. Die Natur hatte sehr viel mehr Zeit als die ungeduldige Menschheit, optimierte Verpackungslosungen zu entwickeln und zu erproben. Der Inhalt dieses Buches zeigt Wege auf, wie von diesen wertvollen Erfahrungen profitiert werden kann. Leider beginnt dieser unermeBliche Schatz durch die Hande der Menschen zu zerrinnen. Noch zu unversohnlich stehen sich die - von uns Menschen in den Vordergrund gedrangte - Strategie eines linearen, gesteuerten Wirtschaftswachstums und die bewahrte Methode der Natur einer geregelten, komplexen Nachhaltigkeit gegenuber. Es konnte vor allem viel Zeit gespart werden, welche die Entwicklung wirklich nachhaltiger Verpackungskonzepte kosten wiirde. Zeit und Erfahrung sind aber sehr wertvolle Guter. Gerade in unserer Gegenwart, die eine unvergleichliche Zerstorung der Natur mit sich bringt, sollte man erkennen, daB wir keine Zeit verlieren durfen. Vielleicht kann uns die Natur selbst Rezepte liefern, die uns helfen konnten, letztlich auch sie besser zu schutzen. Nutzen wir die Evolution, um unsere eigene technologische Entwicklung zu korrigieren und sie uberlebensfahiger zu machen. Dazu brauchen wir Anregungen und Beispiele, die uns die Augen offnen, damit wir lernen, synergetisch zu denken und zu handeln. Dies ist wohl das erste Buch uber die Verpackungsproblematik, das mit einem solchen Anliegen an die Leser herantritt. Moge es nicht nur informieren, sondern auch dazu anregen, der Natur mit technischem Respekt und forschender Neigung zu begegnen. Bremen/Berlin, im August
2001
Udo Kuppers Helmut Tributsch
I
Inhaltsverzeichnis
Celeitwort vorwort 1
2 2.1 2.1.1
2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.3.1 2.3.3.2 2.3.3.3 2.3.3.4 2.3.4 2.3.4.1 2.3.4.2 2.3.4.3 2.4
Einleitung
V
IX 1
Netzwerk Verpackung 3
Verpackungen in Natur und Technik 4 Struktur-Form-Systemik - Vernetze Aktionsfelder fur nachhaltige Verpackungen der Natur 4 Produkt und Menge - Leitbegriffe fur okonomische Verpackungen der Technik 6 Verpackung und Lebensraum 8 In lokaler Umgebung perfekt angepaBte Naturverpackungen 8 Weltweit wirtschaftlich zweckorientierte Technikverpackungen 9 SchluBfolgerung 10 Das Fertigungsprodukt Verpackung 11 Leistungsfahige Materialien hochster Wirkungsgrade bei biologischen Verpackungen 12 Materialverarbeitung technischer Verpackungen im Umfeld kunstlicher Stoffverbunde 14 Fugen durch adhasive Klebtechniken bei biologischen Verpackungen und ihr technischer Nutzen 16 Grundbausteine biologischer Klebstoffe 16 Seepocken (Balanus nubilis) 17 Orchideen (Orchidaceae) 18 Termiten (Nasutitermes) 19 Fugen durch adhasives Kleben bei technischen Verpackungen 21 Klebstoffe fur technische Verpackungen 21 Verpackungtechnische Anwendungen fur Klebstoffe unter besonderer Beriicksichtigung der Wiederverwertung 24 Einflusse auf das Klebstoff-Anforderungsprofilund Packstoffeignung 26 Verpackung und Packgut 26
XI1
I
lnhaltsverzeichnis
Naturverpackung und Naturpackgut aus einem GuB 26 Verpackung und Packgut in der Technik - getrennte Entwicklung und gemeinsame Nutzung 28 2.5 Verpackung und Optimierung 30 2.5.1 Was bedeutet Optimieren? 30 2.5.2 Wie optimiert die Natur? 33 2.5.2.1 Evolutionare Algorithmen nutzen die Optimierungsstrategie der Natur 34 2.5.3 Wie optimiert die Natur Verpackungen? 35 2.5.4 Wie optimiert die Technik Verpackungen? 37 2.6 Verpackung und Transport 39 2.6.1 Kleinraumiges Wirkungsfeld zur Erhaltung der Art 39 2.6.2 Weltweite Transporte im wirtschaftlichen Wettbewerb 40 Verpackung und Umwelt 42 2.7 2.7.1 Naturverpackungen in der Umwelt - okonomisch und okologisch zugleich 42 2.7.2 Technische Verpackung - Umwelt - Verpackungsabfall 43 Mensch und Verpackung 52 2.8 2.8.1 Suggestive Kaufreize durch manipulierte Verpackungen 56 2.8.2 Einzelhaushalte und die Summe kleiner Verpackungen 58 2.8.3 Zaubenvort >>Convenience<<59 2.9 Netzwerk Verpackung - wo ist der Anfang und wo ist das Ende? 61 2.4.1 2.4.2
3
Grenzflache Verpackung: Schlusselelernent fur Lebensprozesse
63
4
Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7 4.1.8 4.1.9 4.1.10 4.1.11 4.1.12 4.1.13 4.1.14 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3
Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien 65 Strategien fur Verpackungshullen 65 Die Materialien tierischer und pflanzlicher Verpackungshullen 68 Farbige Verpackungen ohne Farbstoffe 7 3 Faltbare Strukturen 74 Verpackungen als Form- und Farbanpassungen 76 Multifunktionelle Verpackungen 78 Verpackungen die fur den Verbraucher leicht zu handhaben sind 80 Minimierte Verpackungen 82 Wehrhafte Verpackungen 82 Offnungs- und SchlieBtechniken 8 3 Rezyklierte Materialien fur Verpackungen 85 Selbstregelnde Verpackungen 87 Anhaftende Verpackungen 88 Geniefibare Verpackungen 91 Mechanisch und strukturell optimierte Verpackungen 93 Platzoptimierte Verpackungen 9 3 Faserverstarkte Hullen und dichte Packungen 96 Klarsichthullen 97
65
lnhaltswerzeichnis
4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.3.7 4.3.8 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6 4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4 4.5.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5 4.6.6 4.6.7 4.7 4.7.1 4.7.2
StoBgesicherte Verpackungen 97 Geformte Verpackungen 99 Druck-, stoB- und biegefeste Verpackungen 101 Dynamisch mitwachsende Kalkverpackungen 103 Wetter- und umweltoptimierte Verpackungen 104 Rinden: wetterfeste Verpackungen 104 Wachsschichten gegen Wetter, Feuchtigkeit und Licht 107 Verpackungen gegen Flugsand 108 Staubabweisende Hullen 110 Anti-Schimmel-Strategien bei Verpackungen 112 Schaumstoffverpackungen 112 Verpacktes Leben - Die Haut 113 Vor UV-Licht schutzende Verpackungen 115 Energieoptimierte Verpackungen 116 Energieoptimierte Hullen 116 Lehmverpackungen 121 Reflektierende Hullen 122 Durchscheinende, warmeisolierende Hullen 123 Kuhlende Verpackungen 124 Feuersichere Hiillen 125 Synergetischer Verpackungsschutz furs Leben 127 Die Eierschale 127 Das StrauBenei, Nahrung und rezyklierte Verpackung 132 Atmende Hiillen 133 Zwiebeln als universelle Verpackungen 134 Verpackungen mit Langzeitprogramm 135 Spezialisierte Verpackungen 137 Gerauschlose Verpackungen 137 Fliegende Verpackungen 138 Gewebte Verpackungen 139 Gesponnene Hiillen 141 Organische ,,Kettenhemden" 144 Wattehullen 145 Chemische Spezialverpackungen 146 Der Mensch als Teil der Natur und die Verpackung 147 Kiinstlich verpacktes Leben 147 Der Ubergang von nattirlicher zu technischer Verpackung 149
5
Bionik der Verpackung 151 Bionik - Grenzgangerin zwischen Biologie und Technik
5.1 5.1.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3
151 Anleitung fur bionisches Forschen und Entwickeln 154 Verpackungsbionik - Produktentwicklung im komplexen Netzwerk Strategische Aktionsfelder der Verpackungsbionik 163 Lebensweg Verpackung 165 Die biokybernetische Verpackung 169
162
I
Xlll
5.2.4 5.2.5 5.3 5.3.1 5.3.2
Verpackungsbionische Qualitatsmatrix - Kernelement der Verpackungsbionik 175 Evolutionare Verpackungsoptimierung 182 Biologische Vorbilder: Welche verpackungstechnischen SchluBfolgerungen? 187 Welche Strategien erkennt man? 187 Verpackungsmaterialien der Natur - wo werden sie bereits technisch genutzt? 189
6
Organisationsrnanagernent der Verpackungsbionik 193
6.1 6.2 6.2.1 6.2.2
Biologisches Organisationsmanagement der Verpackung 194 Technisches Organisationsmanagernent der Verpackung 200 Komplexe Organisation - komplexes Management 200 Die Wenn-dann-Logik des Miclingens im Organisationsmanagement 202 Bionisches Organisationsmanagement - BOM Vision fur eine ganzheitliche nachhaltige Verpackungswirtschaft 2 10 Systemische Denkrichtungen und Denkhemmnisse 217 Klare Zielvorgaben aus komplexen Zusammenhangen 219
6.3 6.3.1 6.4 7
Clobalisierung der Verpackungsstrorne - Verletzung bewahrter nachhaltiger Naturprinzipien? 223
7.1 7.2 7.3 7.4
Verpackungsmaterial, Verpackungsvolumen und Verpackungsmasse Energieeinsatz und Verpackungsstrome 224 Information, Transport und Verpackung 226 Lernprozeg und Zeithorizont 227
a
Zusarnrnenfassung und Ausblick Literaturnachweis 235 Stichwortverzeichnis
241
231
223
Jeder dumme lunge kann einen Ka&r - samt seiner Chitin-Verpackung - zertreten. Aber alle Professoren der Welt konnen keinen herstellen. (frei nach Arthur Schopenhauer)
1
Einleitung Die technische Verpackungswirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten unbestritten hervorragende Leistungen fur den Schutz und den Transport von Gutern des taglichen Bedarfs erbracht. Trotzdem kann man nicht gerade sagen, daB der moderne Mensch auf die Ergebnisse der Verpackungstechnologie uneingeschrankt stolz sein kann. Er begegnet ihnen namlich auf Hinterhofen, wo sich allerlei moglicher Abfall tiirmt, auf den Rampen von Kaufhausern, wo aussortierte Kartons gestapelt werden, oder an den Abfallhalden der GroBstadte, uber denen Scharen hungriger Vogel kreisen. Er wird mit ihnen aber auch in der Natur konfrontiert, wenn Mull an sonst idyllische Strande driftet oder weggeworfene Picknick-Reste das angenehme Griin des Waldes storen. Dort, in der puren Natur fallt besonders auf, daB die Probleme mit dem Lebensweg und der Entsorgung von Verpackungen etwas Unnahirliches im wahrsten Sinne des Wortes sind. Probleme dieser Art gibt es namlich in der Natur nicht. Auch dort werden viele und technisch vie1 auhendigere Verpackungen benutzt. Aber sie fallen nicht aus dem Rahmen, erzeugen keine Abfallberge, fugen sich in den natiirlichen Kreislauf ein, fallen nicht unangenehm auf, bedrohen nicht die Gesundheit und verschwinden in der Regel wieder problemlos aus der Welt. Die Natur hat ihre Verpackungsprobleme vollstandig gelost, was man von unserer Verpackungstechnik offenbar nicht behaupten kann. Was liegt naher, als diese Erkenntnis ernst zu nehmen. Viele Menschen haben dies sicher bereits instinktiv getan, aber beim weiteren Nachdenken resigniert. Haben nicht schon viele technisch anspruchsvolle Losungsansatze nur zu zweifelhaften Erfolgen gefuhrt? Wie sollte man dann die wesentlich komplexeren Mechanismen der Natur verstehen und sie fur unsere technische Welt nutzbringend adaptieren? Jemand mugte einen ersten systematischeren Versuch machen, und wir haben uns dazu entschlossen. Im vorliegenden Buch verfolgten wir das Ziel, Sie als Leser sowohl mit den Gesetzmafiigkeiten und Produkten heutiger Verpackungstechnologie zu konfrontieren, als Ihnen auch bewahrte Verpackungslosungen der Natur vorzustellen. Man wird dabei erkennen, daB technische Losungsansatze sehr oft auf kleine hintereinandergeschaltete Denk- und Handlungsschritte aufbauen. Die biologische Vorgehensweise ist demgegenuber charakterisiert durch vielfach vernetzte Handlungen, die zu hochgradig problemangepagten und ganzheitlichen Losungen fiihren. Die Natur ist realen Bedingungen unserer Welt ausgesetzt, denen sie in ihren langen Entwicklungszeitraumen nicht entfliehen kann. Demgegenuber neigen wir Men-
2
I
J Einleitung
schen dazu, vielfach aus Griinden der Einfachheit, Problemlosungen in iiberschaubarem Rahmen zu venvirklichen. Antriebsmotor fur dieses Vorgehen ist im wesentlichen das Bestreben, kurzfristig okonomische Gewinne zu erzielen. Dabei iibersehen wir oft die tatsachlich vorhandenen Ruckkopplungswege in unserem Umfeld, die zu den envahnten belastenden Auswirkungen fuhren. Wir haben Strategien und konkrete Handlungsschritte herausgearbeitet, wie man mit Hilfe biologischer Vorbilder und bionischer Vorgehensweisen gegenwartige technische Probleme korrigieren und zukiinftige vorbeugend vermeiden kann. Sowohl die Entwicklung konkreter Verpackungsprodukte als auch die Organisation der verpackungstechnischen Ablaufe werden unter solchen Gesichtspunkten neu iiberdacht. Alle diese neuen Denkmodelle und praktischen Handlungen untenverfen sich einem iibergreifenden Ziel, namlich Nachhaltigkeit und okonomische Umweltvertraglichkeit Schritt fur Schritt zu venvirklichen. SchlieBlich wollen wir durch das Vorstellen herausragender biologischer Verpackungsvorbilder dazu anregen, daB sich Ingenieure in Ausbildung und Beruf intensiver fur die ausgereiften Naturlosungen begeistern und systematisch lernen, durch vernetztes Denken kreativ zu sein. Dies ware ein zukunftsweisender Beitrag in Richtung auf eine nachhaltig wirtschaftende Indus triegesellschaft.
13
2
Netzwerk Verpackung Da in diesem einleitenden Teil die Rede vom Netzwerk Verpackung ist, mochten wir den Begriff Netzwerk, der auch in anderem, beispielsweise informationsgesellschaftlichem Zusammenhang (Internet) genutzt wird, etwas klarer herausstellen. Wir wollen den Begriff Netzwerk hierzu vergleichend auf biologische und technische Verpackungen anwenden. Diese Art biologisch-technischer Gegenuberstellung wird Sie auch durch die anschliegenden Unterkapitel von Teil2 leiten und einen ersten Uberblick uber die vielfaltigen Einflusse geben, die sich hinter dem Begriff Netzwerk Verpackung verbergen. Das Netzwerk einer biologischen Verpackung ist ein sich evolutionar entwickelndes Wirkungsgefuge, in dem verschiedene Vorgange (Materialbearbeiten und nutZen, Energien urnlenken, Informationen austauschen) zweckorientiert und effizient miteinander verbunden sind. Austausch-, Kooperations-, Koordinations- oder auch Konfliktprozesse, finden - fur die Starkung der individuellen Weiterentwicklung verpackten Lebens - in einer weitgehend kleinraurnigen, aber dennoch offenen Umgebung statt. Die evolutionare Entwicklung findet dynamisch statt, das heiBt: Netzwerkvorgange werden einrnal mehr, einmal weniger strukturiert miteinander verknupft, je nach individuellem Anpassungsgrad der Organismen. Das Netzwerk einer biologischen Verpackung besteht daher zu einem GroBteil aus miteinander verbundenen Vorgangen, die sich nach Art eines Kreislaufes,besser: nach Art mehrerer verknupfter Kreislaufe verhalten, was aber nicht bedeutet, daB alles mit allem verbunden ist. Daher fiihren Storungen im biologischen Netzwerk in der Regel selten zu totalen oder partiellen Zusammenbruchen, eher zu gedampften Storungsfortpflanzungen, bis zu deren ganzlicher Beseitigung. Biologische Verpackungsnetzwerke sind aus diesern und anderen Griinden nicht nur nachhaltig entwicklungsfahig, aus sich heraus okologisch, wirtschaftlich vorbildlich, sondern auch fehlertolerant. Das Netzwerk einer technischen Verpackung ist ein sich strategisch an den Bedurfnissen des Wirtschaftsmarktes entwickelndes Wirkungsgefuge, in dem wenige mit der Natur vergleichbare Material-,Energie-und Inforrnationsprozesse ablaufen. Das Handlungsumfeld streut von kleinraumiger Versorgung bis zu kontinentubergreifendem Handel. Ablaufe in diesem globalisierenden Netzwerk folgen sehr oft, aber nicht imrner, kausalen, nacheinander ablaufenden Vorgaben und linearen Handlungsverknupfungen. Die Ziele sind in erster Linie produktorientiert und die
4
I Produkte wertschopfungsrnaximierend angelegt. Verpackungsoptimierung statt 2 Netzwerk Verpackung
Verpackungssystemoptimierung ist die Rangfolge, mit der Konsequenz nachhaltiger Folgelasten statt nachhaltiger Weiterentwicklung. Insofern ist der Begriff Netzwerk fur technische Verpackung weniger mit evolutionar-systernischen, dafur mehr mit linear-strategischen Ablaufen besetzt.
Kurz: Im komplexen Netzwerk biologischer Verpackungen ist der Wirkungszusammenhang der Ablaufe auf dern Lebensweg einer Verpackung Grundlage fur nachhaltige Verbesserungen und mehr als die Summe partieller Handlungsoptirnierungen. Im komplexen Netzwerk technischer Verpackungen sind die Produkte Basis einer okonomischen, grogtenteil linear ablaufenden optimierten Wertschopfung. Es zeigt sich zunehmend, daB der Gesamtgewinn, also die Surnme dieser envirtschafteten Werte plus die Aufwendungen fur Folgelasten (Umweltbelastung, Entsorgungprobleme), die zwangslaufig aus kausalen Handlungsverlaufen irn Netzwerk entstehenden, weniger ist als die Optimierung des vernetzten verpackungstechnischen Gesamtgefuges. Hinter dieser kurzen Gegenuberstellung steht nichts weniger als die Forderung eines Paradigmawechsels fur die Wirtschaft im allgemeinen und der Verpackungswirtschaft, als eine Querschnittswirtschaft,die viele Industriebereiche bedient, im besonderen. Wie dieser weniger abrupt, aber stetig vollzogen werden kann, dazu sollen die folgenden Texte und Bilder anregen. Es sollte aber nicht vergessen werden, daB immer folgender verpackungstechnischer Grundsatz gilt:
1
Die Natur verpackt fur ihre Organismen, die Technik verpackt fur ihre Produkte.
Dennoch hoffen wir, lhnen als Leser des Buches zeigen zu konnen, daB biologische Verpackungen in ihrer unermeBlichen Vielfalt und Effizienz ein okologisches und okonornisches Potential besitzen, der wirtschaftlichen Verpackungstechnik eine konstruktive Hilfe fur nachhaltige Produktentwicklung zu geben, eben durch eine B l O N l K der Verpackung.
2.1 Verpackungen in Natur und Technik 2.1.1
Struktur-Form-Systemik - Vernetze Aktionsfelder fur nachhaltige Verpackungen der Natur
Die uber eine Milliarde Jahre andauernde Verpackungserfahrung der Natur hat dazu gefuhrt, daB sie mit den rneisten Materialien experimentierte, die der Mensch auch fur Verpackungen einsetzt. Eine Ausnahme bilden Werkstoffe, die zur Herstellung
2.7 Verpackungen in Natur und Technik 15
hohe Temperaturen erfordern. Als Ausgleich dafur hat die Natur mit einer Hand voll Grundstoffen variantenreiche Strukturen und Formen von Verpackungen hervorgebracht, deren verpackungsintelligente Eigenschaften wir mit unserer Technik nicht annahernd beherrschen. Lernen von der Natur wird aller Voraussicht nach auch fur den Bereich technischer Verpackungen eine wertvolle Hilfe fur menschliches Handeln, bei dem Fragen aufgeworfen werden wie:
1
Wie hat die Natur dieses Problem geltist? Warum hat die Natures gerade so geldst?
Diese evolutionar entwickelten Naturlosungen folgen alle dem generellen Ziel der Nachhaltigkeit. Ein Produkt ist in diesem Sinn nachhaltig, wenn es im Netzwerk lebenslaufabhangiger Einfliisse die gegebenen qualitativen bzw. quantitativen Anforderungen erfiillt und daruber hinaus eine Weiterentwicklung ohne hinterlassene Folgeprobleme gewahrleistet. Aus biologischer Sicht spricht man von einem FitneBProfil, das sich optimal dem natiirlichen Lebensraum anpaBt. Das technische Pendant wird Anforderungsprofil genannt. Es war iibrigens ein Deutscher, der sachsische Oberberghauptmann Hans Car10 von Carlowitz, der vor beinahe 3 0 0 Jahren das nachhaltige Wirtschaften als sinnvolle und zukunftsweisende Tatigkeit gezielt forderte (Grober 1999). Durch seinen Weitblick erkannte er, daB der politisch motivierte Raubbau der Walder zur Aufriistung von Schiffsflotten, ohne uberlegtes Handeln bei der Wiederaufforstung, sehr schnell zu einem volligen Verbrauch des Rohstoffes Holz und damit zu einem Erliegen des Nachschubs fur den Schiffsbau fuhren wiirde. Sein 1713veroffentlichtes Buch ,,SylviculturaOeconomica - Naturgemage Anweisung zur Wilden Baum-Zucht", gilt vielen als die Geburtsstunde fur nachhaltiges Wirtschaften in unserem Lebensraum. Verpackungsmaterialien mussen, wenn sie in die vorgesehene Struktur und Form gebracht worden sind, streng definierte physikalische und chemische Eigenschaften besitzen. Nicht selten mussen mehrere Qualitatskriterien gemeinsam erfiillt sein. Die Natur hat im Verlauf ihrer Evolution fur eine Vielzahl heterogener Materialien und Materialverbunde, angepaBt an die jeweilige Umwelt, zielstrebig ausgefeilte Fertigungstechniken (u. a. Trennen, Fugen, Stoffeigenschaften andern) sowie Transport- und Lagertechniken ganzheitlich, das heigt systemisch optimiert. Viele Verpackungsproblerne in Kombination mit Strukturaufgaben lost die Natur mit den umweltvertraglichen Werkstoffen Lignin, Chitin und Keratin. Nicht selten sind Verpackungsmaterialien verbundwerkstoffartig aufgebaut. Beispielsweise spinnen Insektenlarven Wohnrohren, oft unter Einflechtung von Holzstabchen oder Steinchen. Dabei schaffen sie es, wie bei modernen atmungsaktiven Geweben, trotz Feuchtigkeitsisolierung die Atmung durch die Wandung aufrechtzuerhalten. Die Natur schafft es auch ohne Probleme, kunststoff- oder glaswolleahnliche Eigenschaften mit umweltvertraglichen und rezyklierbaren Materialkombinationen zu realisieren. In Kapitel4 werden hierzu eine Vielzahl biologischer Verpackungsbeispiele und deren technisch relevante Leistungen erortert. Die Natur prasentiert ihre Verpackungsqualitaten nicht nur durch die produktorientierten Merkmale Struktur und F o m , sondern erganzt sie durch ein drittes ver-
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I fahrenstechnisches Merkmal, die 2 Netzwerk Verpackung
Systemik (in Kapitel5.z wird auf diese drei Merkmale ausfuhrlich eingegangen). Dieses verfahrenstechnische bzw. organisatorische Merkmal garantiert die nachhaltige Weiterentwicklung der erfolgreichen Strukturund Formlosungen biologischer Verpackungsprodukte. Das systemische (Verpackungs)management der Natur verknupft die ,,Arbeitsgange" von Produktlebenslaufen auf derart elegante Weise, daB Ressourcenverarbeitung, Produktionswirkungsgrad und Produktleben, angepaBt an den jeweiligen Lebensraum, hochste Wirksamkeit besitzen. Das bedeutet unter anderem, daB Materialien zu IOO % wiedervenvertet werden und die zur Verfugung stehende Energie sehr rationell genutzt wird. Durch entsprechend ganzheitlich-vernetzte und ruckgekoppelte Verfahrensablaufe in der Natur sind biologische Verpackungen Teile eines ausgeklugelten Netzes aus optimal aufeinander abgestimmten Material-, Energie- und Informationsflussen. Ein grundlegendes Merkmal dieser Verfahrensprozesse ist der Regelkreis, praziser: der biokybernetische Regelkreis. Weiter unten wird auf dieses besondere Merkmal noch ausfuhrlich eingegangen. Das Spektrum in der Natur realisierter Verpackungslosungen ist sehr grog und ist bisher im Hinblick auf Vorbilder fur technische Anwendungen weder systematisch noch systemisch durchforstet worden. Hinter den evolutionaren Naturverpackungen und naturlichen Verpackungsprozessen verbergen sich ausgeklugelte Konstruktionen, Verfahren und Prinzipien, die wegen der angedeuteten groBen Zahl - auch im Rahmen dieses Buches - nur an ausgewahlten Beispielen erlautert werden konnen, jedoch der Leserin und dem Leser anregende Einblicke in den unermeglichen Variantenreichtum effizienter Verpackungen der Natur vermitteln. 2.1.2
Produkt und Menge - Leitbegriffe fur okonomische Verpackungen der Technik
Seit es Guter des taglichen Bedarfs fur uns Menschen gibt, die nicht unmittelbar an Ort und Stelle der Herstellung auch genutzt, das heiBt verbraucht werden, seitdem stellt sich auch die Frage nach Schutz und Transport dieser Waren. Geschichtlich 1aBt sich die Nutzung von Naturmaterialien, insbesondere Papyrus, Baumrindenprodukte, Blatter und Tierfelle sowohl fur energetische, informative und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch verpackungstechnische Zwecke, bis zu den agyptischen Pharao-Dynastien des 3. Jahrtausend vor christlicher Zeitrechnung verfolgen (Shannon 1987).Auch heute nutzen noch verschiedene Naturvolker in Amerika und Afrika die technischen Leistungsmerkmale von Naturverpackungen fur die Losung ihrer Verpackungsprobleme. Die Strauneneischale dient den sudwestafrikanischen Buschmannern zum Beispiel immer noch als hervorragender Langzeitspeicher fur Wasser. Auch hierauf kommen wir spater detailliert zuruck. Diese Art nachhaltiger und energieeffizienter Verpackungsnutzung geschieht bei diesem Naturvolk durch empirisch-intuitive Kenntnis der Naturstoffeigenschaften, die uns technisierten Menschen abhanden gekommen ist. Noch bis zum Ende der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts wurden - wohl aus der Not geboren und aus Mange1an technischen Alternativen - in Lebens-Wohn-Bereichen naturlich kuhlende Kellerraume konsequent auch fur die Langzeit-Lagerung von Lebensmitteln in
2.1 Verpackungen in N a t u r und Technik
geeigneten Naturstoffverpackungen genutzt. Die holzerne, luftdurchlassige, mit einer schragen Rutsche ausgestattete Kartoffelkiste ist hierfur ein markantes Beispiel. Heute haben sich Verpackungserfahrungen und wissenschaftliche Kenntnisse uber Verpackungen in eine regelrechte Verpackungstechnologie gewandelt. Diese tragt d a m bei, daR uber den ganzen Erdball und daruber hinaus - denken wir an die Raumfahrt-Verpackungen unterschiedlichster Materialien und Formen fur Schutz und Transport der ebenso unterschiedlichen Verpackungsinhalte sorgen und sie sicher von einern Ort zum anderen befordern. Daraus leiten sich drei grundlegende Forderungen technischer Verpackungen ab (Berndt et al. 1989): I.
Qualitatssicherung Die Verpackung schutzt den verpackten Inhalt vor allen Beanspruchungen zwischen Hersteller und Verbraucher
2.
Warentransport Die Verpackung gewahrleistet den rationellen Durchlauf bei Lagerung, Packgutumschlag und Transport
3. Information und Marketing Die Verpackung informiert den Verbraucher uber den Verpackungsinhalt unter Einhaltung gesetzlicher Vorschriften Viele tausend unterschiedliche Verpackungen schutzen viele tausend verschiedene Waren, die aus flussigen, festen und gasformigen Stoffen oder Stoffgemischen bestehen. Darunter befinden sich Verpackungen und Packguter vielgestaltiger Formen und GroBen, variabler Gewichte sowie verschiedenartiger Ernpfindlichkeiten. Und taglich werden es mehr! Als Folge dieser Verpackungsvielfalt existieren Varianten von Verpackungsstoffen, die in dieser Zusammensetzung in der Natur nicht vorkommen. Denken wir nur an die Vielzahl technisch-chemisch erzeugter und in den seltensten Fallen naturvertraglicher Verpackungsstoffe wie Polyvinylchlorid (PVC), Polyethylen (PE) oder Polystyrol (PS), um nur einige wenige zu nennen. Ebenso resultieren aus dieser unvorstellbaren Menge Verpackungen, die mit ihren spezifischen technischen Anforderungsprofilen auf den jeweiligen Inhalt kalibriert sind, zahlreiche Stoffverbunde, deren Weiterverwertung bzw. Entsorgung nach der eigentlichen wirtschaftlichen Wertschopfung zum Teil augerordentlich kostenaufwendig und hochst umweltproblematisch ist. Bei dieser problernreichen Materialanhaufung entsteht der Eindruck, daB in der Technik das Produkt die Organisation des Verpackungszyklus bestimrnt. Technische Verpackungsablaufe, von der Rohstoffgewinnung uber Herstellung, Handel, Nutzung bis zur Wiederverwertung und Entsorgung, laufen noch zum groBen Teil in linearer, kausaler Folge ab. Das ist ahnlich einem SteuerungsprozeB, bei dem ein Signal eine Aktion auslost, die wiederum eine Aktion auslost und so weiter. In der Wirtschaft, auch in der Verpackungswirtschaft, laufen viele aufeinander abgestimmte Verarbeitungswege noch nach diesem geradlinigen Handlungsprinzip ab. Oberstes Ziel, praziser: oberstes Wirtschaftsziel verpackungstechnischer Prozesse ist die geldwerte Steigerung des Produktes. Dern hat sich alles andere unterzuordnen! Die stetige Steigerung der Verpackungen als Ware und Geld fragt danach:
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2 Netzwerk Verpackung
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Welche Verpackungen werden benotigt? Wieviele Verpackungen mussen hergestellt werden?
Diese folgen dem Maximierungs-Prinzip der okonornischen Wertschopj%ng,unterstutzt durch die sogenannte Kapital- und Arbeitsproduktivitat. Erst in allerjungster Zeit, aufgrund zunehmender Folgeprobleme durch industriebedingte Umweltschaden, ist eine vorsichtige Hinwendung zu einer Wertschopfung erkennbar, die neben dem okonomischen auch den okologischen Aspekt wirtschaftlicher Prozesse berucksichtigt. Diese Folgeprobleme zeigen sich unter anderem in Form von kostenaufwendigen Zusatzinvestitionen der Wirtschaft, die mehr zur Beseitigung und weniger zur Vorbeugung der Umweltschaden eingesetzt werden, als auch durch Aufwendungen aufgrund verscharfter gesetzlicher Rahmenbedingungen fur stoff- und energieverarbeitende Vorgange. Wie weit und wie konsequent dieses umweltokonomische Handeln zu der notwendigen nachhaltigen Verbesserung fur Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt fuhrt, bleibt abzuwarten. Mit dieser ersten Gegenuberstellung von Verpackungen in Natur und Technik wird schon das Spannungsfeld deutlich, in dem sich die in den Kapiteln 5 und 6 vorgestellte Bionik der Verpackung und des Verpackungsmanagements zu bewahren hat. Aber gehen wir nun im Netzwerk Verpackung weiter und betrachten bzw. diskutieren - wieder in Form einer biologisch-technischen Gegeniiberstellung - verschiedene Merkmale bzw. Einflusse etwas genauer, ohne den weiter unten folgenden biologisch-technischen Ausfuhrungen bionisclier Betrachtungsweisen wesentlich vorzugreifen.
2.2
Verpackung und Lebensraum 2.2.1
In lokaler Umgebung pedekt angepai3te Naturverpackungen
Es existiert auf unserer Erde kaum ein Lebensraum, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie extreme Gebirgshohen, groge Tiefen der Meere (die wir noch wenig kennen) und Raume hoher Temperaturen (Vulkane), in dem nicht Verpackungen der Natur das eine oder andere Lebewesen schiitzen und auf diese Weise zur Erhaltung der Art beitragen. Verpackungen in diesen Lebensraumen, die auch Biotope genannt werden, entwickelten ihre Schutzfunktion fur die Lebewesen naturgemaB durch evolutionare Anpassung an die lokalen, standigen Anderungen untenvorfenen Umgebungen. Die folgende Aufzahlung beinhaltet Beispiele von natiirlichen Verpackungen mit charakteristischen Verpackungsmerkmalen, die einzelnen Lebensraumen zugeordnet sind. Die Beispiele weisen einerseits auf den augerordentlich hohen und efizienzen Anpassungsgrad hin, mit dem sich Lebewesen durch ihre Art der Verpackung Uberlebensschutz geben. Andererseits geben sie einen ersten Uberblick daruber, mit welcher Reichhaltigkeit die Natur Verpackungen ausbildet und strukturiert, und alles trotz der nur wenigen materiellen Grundbausteine, die
2.2 Verpackung und Lebensraum 19
Tab. 2.2.1
Beispiele von biologischen Verpackungen in ihren Lebensraumen
Borealer Nadelwald und Taiga
Polarfuchs
minimierte Korperfortsltze, kleinste Oberflache
Borealcr nordlicher Mischwald
Biber
warmeresistentes Fell, obenvinterung im Familienverbund
lrnmergriiner tropischer Regenwald
Riesenschlange
Schuppenkleid, nimmt Umgebungstemperatur a n
Savannr
Stra tiR
lockeres Federkleid mit aufstellbaren Federn
Wiiste
Kamcl
Fettpolster als Hockcr auf dem Riickeii, uin Warmrablcitung zu ermiiglichen
Tundra
Tundragans
hochstrukturiertes Federkleid, die meisten Federti an Kopf urrd Nacken
Ccbirgsvegetation
Lobelie
sammeln Wasser zur Speicherung von Sonnenwarme, reflektieren UV-Strahlung
Insrln
Antarktis
I ~guana Kaiserpinguin
I Oberflache wird bei Hitie heller
I
hochstrukturiertes Frderkleid, KA1teresistcnz
zur Verfugung stehen. Sie werden in den Kapiteln 3 und 4 noch Gelegenheit haben, ausfuhrlich uber Details natiirlicher Verpackungsraffnessen zu lesen. Eine Anmerkung zu Tabelle 2.2.1sei noch erlaubt. Die Form der Kastchendarstellung sol1nicht dazu verleiten anzunehmen, daB Naturverpackungen nur dort einsetzbar sind, wo sie sich im Netzwerk lokaler Umgebungseinflusse optimal einfiigen. Naturverpackungen sind - wie auch alle anderen Ergebnisse der Evolution - in einer ,,offenen" Umwelt entstanden, in der Einfliisse verschiedenster Art auf die Verpakkung wirken. ,,Offen" steht hier im Gegensatz zu ,,hermetisch abgeschlossen". Beispielsweise zeigt uns die Beschreibung der KokosnuB in Kapitel 2.5.3 und ausfiihrlicher in Kapitel4, wie sich diese biologische Frucht samt Verpackung fur das Existieren in verschiedenen Biotopen entwickelt hat. 2.2.2
Weltweit wirtschafilich zweckorientierte Technikverpackungen
Technische Verpackungen sind, im Gegensatz zu biologischen Verpackungen, aus dem zielorientierten Zwang eines vorgegebenen, zu verpackenden Produktes - Packgut bzw. Packungsinhalt - heraus, optimiert. Wahrend die biologische Verpackung Teil eines geschickten Entwicklungsprozesses ist, der sich nahtlos in die netzwerk-
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2 Netzwerk Verpackung
bestimmende Optimierung von Verpackung, Inhalt und lokaler Umgebung einpagt und bei dem mehrere Einflussgrogen gleichzeitig optimiert werden, nutzen die Ingenieure der Verpackungstechnik einen eingeschrankteren Losungsansatz. Sie suchen gezielt - oft kausalen Entwicklungsschritten folgend - nach Verpackungslosungen fur technische Verpackungen, die durch die Inhalte der Verpackungen vorgegeben sind. Spezifische Anforderungsprofile an die Verpackung unterstutzen diese Entwicklung. Hierzu in Kapitel 2.4 mehr. Die Verpackungstechnik greift hierbei auf eine Vielzahl von Verpackungsformen und insbesondere natiirliche und kunstliche Verpackungsmaterialien zuruck, die in der Regel den drei oben genannten Grundforderungen (Qualitatssicherung, Warentransport, Information und Marketing) technischer Verpackungen entsprechen. Einen hautnahen Eindruck von der grogen Vielfalt an technischen Verpackungen bekommt jeder von uns beim taglichen Einkauf im Supermarkt. In unserer Wirtschaft wird fast alles verpackt. Das hat weitreichende KonsequenZen. Der Motor dafur ist die Globalisierung der Verpackung. In den sogenannten Industrielandern, die das verpackungstechnische Know-how besitzen, wird die Basis dafur gelegt, daB Verpackungen Warentransporte rund um den Erdball und bis in die entlegensten Teile der Erde ermoglichen. Die Konsequenzen zeigen sich aber nicht nur in einem weltweiten Umschlag der Packungsinhalte zum Nutzen der Verbraucher und der Industrie, sondern ebenso durch weltweit transportierte, teilweise aufaddierte Entsorgungsprobleme der Verpackungen nach ihrer Nutzungszeit. 2.2.3 SchluBfolgerung
Welche SchluBfolgerung konnen wir nun ziehen? Biologische Verpackungen sind in kleinraumiger Umgebung systernoptimiert. Sie sind, unter Beriicksichtigung vernetzter Einflusse, durch Verpackungsinhalt und Umwelt, angepagt an den jeweiligen LebensprozeB. Verpackung und Verpackungslebensweg fuhren im Lebensraum zu einer nachhaltigen Weiterentwicklung. Eine Verpackungsentsorgung im technischen Sinn kennt die Natur nicht. Demgegenuber werden technische Verpackungen fur bestimmte flussige, feste oder gasformige Verpackungsinhalte mit zugehorigen Einflugmerkmalen entwikkelt. Sie sind prooduktoptimiert, selten prozeRoptimiert und so gut wie gar nicht ganzheitlich optimiert! Das fuhrt im Extremfall d a m , daB Aluminium- bzw. WeiBblechdosen oder Kunststoffflaschen, die zum Teil mehrere hundert Jahre und langer haltbar sind (UNEP 1991), auf den hochsten Gipfeln des Himalaja-Gebirges oder in den Fangreusen von Fischerbooten auf den Meeren oder als chemische Reste von Verpackungsverschlussen in den Magen von Organismen zu finden sind, die uns Menschen als Nahrung dienen. Bekannte und unbekannte Lebensraume werden dadurch nachhaltig belastet und auch zerstort. Fassen wir unsere Schlugfolgerung in einem Satz zusammen: Wahrend verpackungstechnische Handlungen der Natur lebensraumvertraglich und dadurch nicht umweltbelastend sind, resultiert aus vielen verpackungstechnischen Handlungen der Technik das Gegenteil.
2.3 Das Fertigungsprodukt Verpackung
2.3
Das Fertigungsprodukt Verpackung
Die Herstellung von Verpackungen - ob in der Natur oder in der Technik - ist ein komplexer stofflicher VerarbeitungsprozeB, an dem viele einzelne Verarbeitungstechniken beteiligt sind. Die Optirnierung des fertigungstechnischen Produktes Verpackung erfolgt nach Vorgabe eines bestimmten Ziels oder mehrerer Ziele. Unter Einsatz von Energie und ausgewahlten Fertigungstechniken wird die Verpackung schlieglich in eine zweckmal3ige Form gebracht. Neben der Form ist die Struktur des Materials oder der Materialverbunde ein weiteres Qualitatskriterium zur Erfullung der Ziele. SchlieBlichsind noch die einzelnen Fertigungstechniken selbst zu nennen, derer sich die Natur und die Technik fur Verpackungsprodukte bedient. Die ingenieurtechnische Einteilung unterscheidet G Haupttechniken, die zusammen mit je einem biologischen und technischen Beispiel in Tabelle 2.3.1wiedergegeben sind. Nach der voranstehenden Einteilung werden alle Haupttechniken fertigungstechnischer Prozesse fur das Produkt Verpackung in Natur und Technik genutzt. Aufdie Fertigungstechniken be1 biologischen und technischen Verpackungs Fertigungsprodukten
Tab. 2.3.1
Biologisches Fertigungsprodukt
Technisches Fertigungsprodukt
Urformen
fixierter Kohlenstoff bzw. assimiliertes Kalzium (bei kalkschalenbildenden Organismen)
Halbzeuge fur Transportverpackungcn, Paletten
Urnformen
alle Wachstumsprozesse Metamorphosen der Verpackungen, z. B. von Raupe zu Schmetterhng
Tiefziehprozesse zur Herstellung von Dosen, Kunststoffflaschrn
Trennen
vormarkierte Trennfugen bei Fruchtverpachngen
ReilSen von VerschluBsystemen
Fiigen
Hybridfugen bzw. adhaisives Fugen bei Organismen in verschiedenen Biotopen (Insekten, Krebse, Baume)
Falten und Kleben von Kartonverpackungen
Beschichten
hydrophobierte Oberflichen durch Wachsschicht bei Pflanzenverpackungen
Oberflachenlackieren von Verkaufsverpackungeri
Stoffeigenscha ften andern
Alterungsanzeige durch Farbumschlag bei Fruchtverpackungen
,,intelligente" Verkaufsverpackung mit in tegrierten Alterungssensoren
Fertigungstechnik
- Haupttechnik -
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2 Netzwerk Verpackung
eine oder andere Fertigungstechnik vertieft eingehen hiege, den Rahmen des Buches zu sprengen. Deswegen soll eine spezielle Fertigungstechnik unter Kapitel 2.3.3 und Kapitel2.3.4 herausgegriffen werden, die fur technische Verpackungen und weit daruber hinaus zunehmend an Bedeutung gewinnt: Fugen durch adhasives Kleben. Auch kann hier auf eine einfuhrende Ubersicht uber Verpackungstechniken in der Natur hingewiesen werden, die unter anderem auf spezielle Offnungs- und SchlieBtechniken, Verpackungen fur den Schutz giftiger und chemischer Stoffe, Verpackungslebensweg und Verpackungsrecycling eingeht (Mieth 1991). Eine umfangreiche Darstehng verschiedener Verpackungstechniken der Natur werden wir in Kapitel4 prasentieren. 2.3.1
Leistungsfihige Materialien hochster Wirkungsgrade bei biologischen Verpackungen
Sehen wir uns die Materialverarbeitung bei biologischen Verpackungen etwas genauer an. Hier stoBen wir sofort auf ein grundlegendes Prinzip, dem sich alle fertigungstechnischen Schritte unterzuordnen haben und das den Verpackungsmaterialien herausragende Materialeigenschaften verleiht: das Prinzip des Verpackens wachsenden Lebens! Hier zeigt die Natur mit einem Minimum an Grundbausteinen in ihrem Stoffbaukasten ein Maximum an Materialvielfalt, Materialeffizienz und technischen, physikalisch-chemischen Leistungen, die ihresgleichen suchen. Und wenn daruber hinaus noch die Beschrankung der stofflichen Auswahl auf lokale Lebensraume der Organismen berucksichtigt wird, scheinen manche erbrachten Leistungen fast wie Wunder. Jahrmillionen bevor der Mensch die Idee hatte, die Qualitaten von Werkstoffen durch sogenannte Verbundsysteme zu verbessern, hatte die Natur bereits unzahlige Varianten von Werkstoff-Verbundsystemen erprobt, optimiert und fur gut befunden. Zwei bekannte Beispiele von marinen Organismen mit Schalenverpackungen aus Verbundmaterial- diese Biomaterialien stehen gegenwartig im Brennpunkt technischer Materialoptimierung (biomimetische Materialien) - verdeutlichen diesen Naturvorsprung. Abbildung 2.3.1 zeigt den in tropischen Meeren beheimateten Panzerkrebs Odontodactylus. Bei bestimmten Arten mutierten die Beinpaare zu Keulen (Abbildung 2.3.2) aus augerordentlich hartem Material. Diese Keulen dienen dem Krebs unter anderem als Werkzeug fur das Zerstoren von Muschelschalen, urn an die proteinreiche Nahrung zu gelangen. Die Schlagkraft der Keulen soll der einer Pistolenkugel kleineren Kalibers entsprechen! Was fur ein materialtechnisches Geheimnis verbirgt sich dahinter? Untersuchungen haben gezeigt, daB die Grundstruktur des Materials aus Chitin besteht, die durchsetzt ist mit mineralischem Phosphor und Kalzium, wobei zur Oberflache hin der Phosphoranteil im Verhaltnis zum Kalziumanteil ansteigt (siehe Coineau et al. 1987). Die Natur hat in diesem Fall ein hochwirksames Verbundmaterial aus Chitin, Kalzium und Phosphor entwickelt und zielgerichtet optimiert. Das zweite Beispiel eines Verbundmaterials der Natur zeigen die Abbildungen 2.3.3 und 2.3.4 in Form der augerlich sandgrau aufgerauhten und innerlich perlmutartig schimmernden Schalenverpackung der Meeresschnecke Abalone. I hr Verpackungs-
2.3 Das fertigungsprodukt Verpackung Abb. 2.3.1
Panzerkrebs (Odontodactylus havanensis)
Abb. 2.3.2 Scheren und Keulenpaare des Panzerkrebses
Abb. 2.3.3 Schale der Meeresschnecke Abalone aus Calciumcarbonat-proteinVerbundmaterial (AuiSenseite)
Abb. 2.3.4 Schale der Meeresschnecke Abalone (Innensette)
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2 Netzwerk Verpackung Tab. 2.3.2
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Stoffbaukasten der Natur mit Verpackungsbeispielen
Biologische Stoffe
I
Hauptsachliche Stoffverbiinde
I
Biologische Verpackungen
1 Wdxaer (in verschiedrn grogen Mengen uberall rnthdlten)
1. 2 Detergrnzicn
Schleini. Schmrn
2
2, 5
Mu\c helschaleri
3 Cliitin
3, 5 (Rrsllin)
insektenpanzer und Gelenke
4 Lignin
4,s
NufSdale
Kdlk
6 Silikatr
I 8Tanniri I 9 Mineralien 10 Pcktinr
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6 , 11
I 8.10. t3arze I9,5 10, 7
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Hullen \'on Kiesclsctiwammen
1 Rinden (Eiche) I Kocherfliegerilarven Pflanzen-, Quittrnschleim, G n ti1 rn e n . F rricht sc-halen
material-Geheimnis ist die unwahrscheinlich hohe Bruchfestigkeit, 3000mal bruchfester als ein Kalkkristall (Smith 1999).Dieser Wert ist fur uns um so erstaunlicher, wenn wir wissen, daB das Basismaterial Kalk der Schale identisch ist mit dem Material der von uns aus unserer Schulzeit bekannten Tafelkreide. Erreicht wird die auISergewohnliche Leistung des Verbundmaterials durch das schichtweise aufgebaute Tragermaterial Calciumcarbonat mit dazwischenliegendem Proteinklebstoff. Dieser sandwichartige Aufbau der Schalenverpackung gibt unter Belastung - ohne Bruch nach, indem in der Klebstoffschicht schwache Bindungen reisen, die Molekule sich reorganisieren, um anschlieBend wieder zur urspriinglichen Struktur zuriickzufinden. Wir haben es demnach mit einem Verpackungsmaterial zu tun, das in gewissen Grenzen nachgibt und sich wieder reorganisiert. Die sandwichartige Anordnung harter und elastisch weicher Schichten war iibrigens das Geheimnis der beriihmten stahlernen Damaszenerklingen, in der Schichten aus hartem und weichem Eisen zusammengeschmiedet wurden. In Tabelle 2.3.2 sind einige stoffliche Gmndbausteine der Natur aufgelistet, mit der sie Verpackungen fertigt. Hierzu sind die entsprechenden Stoffverbiinde und ein typisches Verpackungsbeispiel angegeben. 2.3.2
Materialverarbeitung technischer Verpackungen irn Umfeld kiinstlicher Stofkerbiinde
Der ,,Stoffpool" fur technische Verpackungen beinhaltet neben synthetischen Stoffen ebenso Naturstoffe als Basis fur die Weiterverarbeitung. Tabelle 2.3.3 ordnet diese Naturstoffe 5 Materialklassen von Verpackungen zu.
2.3 Das Fertigungsprodukt Verpackung 115 Tab. 2.3.3
Naturstoffe f u r technische Verpackungsrnaterialien
Verpackungsmaterialien
Verpackungsnaturstoffe
pa pier-Kartonverpackurig
Holz als wichtigster Rohstoff, andere Pflanzen-. Leinund Baumwollstoffr sowie Wassrr
Glasverpackung
zu fast 2/3 Quarzsand (SiO,) - Si ist iibrigens das zweithiiufigste Element der Natur -, Soda (Na,CO,), Kalkstein (CaCO, . MgCO,). Feldspat (K,O . A1,0, . SiO,)
Alurniniiirnverpackung
Al~uniniumoxid(AI,O,), verschiedene mineralische Al-Vrrbindungen, hauptsichlich mit Sauerstoff (0)und Silizium (Si)
M etallverpackun g
Eisrn (Fe)-Verbindungen und andere Elemente wie Zinn (Sn). Chrom (Cr) und Zink (Zn)
Kunststoffverpacknng
Kohlenstoff (C) (Kohle), Kohlenwasserstoff-Verbi~idiin. gen wie Methan (CH+ Erdgas). Sauerstoff-, Schwefelund Stickstoffverbindungen (Erdol)
Im Gegensatz zu mitwachsenden Naturverpackungen gilt fur technische Verpakkungen allgemein das Prinzip des Verpackens von formbestandigen Objekten. Auf die Besonderheiten bei der Anwendung technischer Transport-Verpackungen fur lebende Pflanzen und Tiere sol1 hier nicht eingegangen werden. Auch wenn viele Naturstoffe die Basis fur technische Verpackungsmaterialienbilden, resultieren im weiteren Verlauf dieser Verpackungsmaterial-Lebenswege Probleme mit weitreichenden Folgen. Bei der Weiterverarbeitungund Veredelung dieser Naturstoffe zu Wirtschaftsgutern der Verpackungsindustrie mischen sich zusatzlich - in nicht unerheblichen Mengen - Kunststoffe unter die natLirlich abbaubaren Stoffe. Diese Stoffgemische, mit in der Natur nicht vorkommenden chemischen Verbindungen, lassen sich durch naturliche Entsorgungsprozesse nicht mehr vollstandig in die urspriinglichen naturvertraglichen Bestandteile zerlegen. Technische Entsorgungsprozesse mit zum Teil hohen Umweltbelastungen sind die zwangslaufige Folge dieser Material-Veredelungsvorgange. Hinzu kommt, daB fur bestimmte Produktionsverfahren, beispielsweise bei der Herstellung von Aluminium, noch ein augerordentlich hoher Energieeinsatz erforderlich ist, mit wiederum hohen naturbelastenden Auswirkungen. Der ElektrolyseprozeB von Rohaluminium benotigt gegeniiber einem normalen EinschmelzungsprozeB fur wiederverwertbares Aluminium ca. 95 % mehr Energie und belastet Luft und Gewasser im entsprechenden Umfang. Trotz der Abstriche bei der Produktqualitat des Recyclingmaterials und weiteren Mehraufwendungen (sammeln, transportieren, reinigen), bleibt die Wiedervenvertung unter umweltokonomischen Gesichtspunkten eine deutlich bessere Option fur diesen Verpackungsrohstoff. Andere Verpackungswertstoffe wie kunststofheschichteter Karton, Polystyrol (PS)-Aluminium-Kombinationen, Polyvinylchlorid (PVC)- oder Polyethylen (PE)-Stoffverbindungen,also in der Regel verunreinigte
16
I Kunststoffe, sind nur in minimalem MaBe fur den ursprunglichen Zweck wieder2 Netzwerk Verpackung
venvertbar. Das Fazit ist: Viele technisch veredelte Verpackungen sind durch produktfixierte Konstruktionen zu Tragern heterogener Verpackungsschichten geworden, deren saubere Trennung eine sinnvolle Wiedervenvertung auBert schwierig bis unmoglich macht. Auf Ansatze technischer Verpackungsmaterialforschung, die sich wieder starker auf Naturstoffe konzentrieren, werden wir in Kapite12.7 Verpackung und Umwelt naher eingehen. 2.3.3 Fugen durch adhasive Klebtechniken bei biologischen Verpackungen und ihr technischer Nutzen 2.3.3.1
Grundbausteine biologischer Klebstoffe
Wahrend das mechanische Fugen ein losbares und unlosbares Verbinden gleicher oder ungleicher Werkstiicke bzw. Werkstoffe mittels eines Werkzeuges und unter Venvendung eines Hilfsstoffes ist (Nieten, Klemmen, Falzen, Scharnierverbindung etc.), wird das Kleben als Fugen unter Venvendung eines Klebstoffes definiert (Habenicht 1997). Der Klebstoff ist hierbei ein nichtmetallischer Stoff, der die zu fugenden Teile an deren Kontaktstelle, uber mechanische, physikalische und chemische Krafte, durch Flachenhaftung (Adhasion) und uber Wechselwirkung zwischen den Klebstoffmolekulen, durch innere Festigkeit (Kohasion) zusammenhalten kann. Vermutlich existiert keine Region und kein Biotop auf unserern Erdball, in dem nicht Organismen die Fugetechnik des adhasiven Klebens, des mechanischen haftenden Klebens und entsprechend kombinierte Klebtechniken fur ihre Uberlebensstrategie nutzen. Trotz der variantenreichen Klebstoffiombinationen und der damit verbundenen Klebtechniken arbeitet die Natur auch hierbei, aufgrund ihres ausgespronur mit wenigen Gmndbausteinen wie: chen efizienten ,,Input"-Stoffmanagements,
-
Lipide (Terpene, Terpenharze) Polysaccharide (homopolysaccharide Zellulose, Starke) Polyphenole (Lignin, Urushiol) Proteine (Elastin, Fibronectin, Fibronogen, Keratin, Kollagen, Laminin)
Vielfach findet man in der Natur Kombinationen der 4 genannten Grundbausteine vor, zum Beispiel als Glycoproteine, Proteoglycane, Phenol-Proteine, Phenol-Polysaccharide. Die Leser finden detaillierte Informationen uber die Struktur der Ausgangsmaterialien, uber chemische Reaktivitat und Resistenz, Modifikationen, Abbaubarkeit, Quervernetzungen etc. in der Studie uber Strategien und Techniken des Klebstoffeinsatzes in der Natur - Anregungen fur die Technik (Ambsdorf et. al. 1992). Daraus folgend gibt Tabelle 2.3.4 einen ersten beispielgebenden Einblick in adhasives Kleben, bezogen auf die 4 Grundbausteine biologischer Klebstoffe, mit zugehorigen Verpackungsbeispielen aus der Natur. Das groBe Spektrum biologischer Organismen, die auch durch die Technik des adhasiven Fugens Verpackungen entwickelt haben, die sie vor Feinden schutzen,
2.3 Das Fertigungsprodukt Verpackung 117
Crundbausteine biologischer Klebstoffe der Natur rnit biologischen Verpackungsbeispielen
Tab. 2.3.4
Crundbausteine biologischer Klebstoffe
AdhPsives Kleben bei biologischen Verpackungen
Lipide
Termiten (Nasutitermes,Trinervitermes) Feinde werden durch Bespriihen mit einem Sekret in eine Art klebriger Verpackung immobilisiert Coniferen (Gymnospermae) Verpackungsschutz durch terpenharzhaltige Abwehrstoffe
Pol ysaccharide
ostasiatischr Segler (Apodidae) nachwuchsschutzende Verpackung durch Nestbau Wespen und Hornissen Nestbau, in Verbindung mit Polysacchariden (Zellulose)
Polyphenole
lnsekten
rnultifunktionale Exoskelettverpackung, zusammen mit Chitin und Proteinen Proteine
Miesmuschel (Mytilus edulis) Kleben und LGsen der Verpackungsschale an verschiedenen Untergrunden Lrberegel (Fasciola hepatica) Ausharten der die Eier schutzenden Verpackungshiille
die dem eigenen Nachwuchs Nahrung und Schutz zugleich bieten oder die in fast allen Biotopen der Erde spezialisierte Aufgaben erfullen, kann hier nur vage angedeutet werden. Fur die adhasive Klebtechnik werden nachfolgend 3 Beispiele herausgestellt. Sie zeigen, wie das Harmonieren von biologischen Materialien, hier in Form von geschickten Verbindungstechniken, zu leistungsstarken Naturverpackungen fiihrt. SchlieBlich folgt in Tabelle 2.3.5 eine Zusammenstellung von Prinzipien biologischer Klebsysteme und deren mogliche Nutzung fur Verpackungen in der Technik. 2.3.3.2
Seepocken (Balanus nubilis)
An vielen Stranden, Felsen und in anderen marinen Biotopen tropischer und gemaBigter Breiten, auch auf anderen Meerestieren wie zum Beispiel Muscheln, sind die Seepocken zu Hause (Abbildung 2.3.5). Sie gehoren zu den Arthropoden. Ihre Lebensweise ist seltsam, weil sich die mobilen, schwimmenden jungen Larven kopfuber an einen geeigneten Untergrund festkleben und dort bis zu ihrem Lebensende bleiben - in totaler Immobilitat. Der biologische Klebstoff der Seepocke wird wegen der auaerordentlich hohen Bruchfestigkeit der Klebverbindung mit dem Untergrund (mehr als Iomal so hohe Bruchfestigkeit gegenuber technischen, kunstlichen Epoxidharz-Klebstoffen) auch Zementklebstoff genannt. Untersuchungen zeigen, dag ein Mehrkomponenten-Klebstoff aus verschiedenen Proteinen in Verbindung mit Spulfliissigkeiten die Organismen dazu befahigt, wahrend ihres Wachstums
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2 Netzwerk Verpackung
Abb. 2.3.5
Seepocken (Balanus nubilis)
(quasi konzentrisch um den urspriinglichen Klebpunkt) auftretende periphere Risse zu kleben ohne eine Verfestigung des Klebstoffes in den Zufuhrkanalen zu befurchten (Saroyan et al. 1970, Waite 1987, Abbott 1990). Besonders unter Wasser zeigt sich die Uberlegenheit dieser naturlichen Technik eines dauerhaften Klebens gegenuber kunstlichen Klebstoffen. Besonders hervorzuheben ist der Automatismus der Selbstheilung bei Verletzungen, der im Ubrigen jedem lebenden Organismus zu eigen ist. Es sol1 hier ein weiterer Vorteil des Naturklebstoffes im Verhaltnis zu seinen kunstlichen Gegenspielern nicht vergessen werden, namlich dessen umweltvertragliche Wiedervenvertung. Seepocken sind seit langem untersuchte Organismen und doch sind noch nicht alle Tricks des naturlichen Klebprozesses ausreichend erforscht. Fur einen bioanalogen Klebstoff oder sogar einen bioanalogen KlebprozeB nach dem Vorbild der Seepocken bieten der Mechanismus des Abbindens, die Klebstofflagerung oder Optimierungen der Klebstoffkomponenten in Verbindung mit wassrigen, umweltvertraglichen Losungen, optimal klebenden Substratoberflachenstrukturen und anderes mehr fur verpackungstechnische und andere Anwendungen noch ein weitreichendes Forschungspotential. 2.3.3.3
Orc hideen (Orc hidaceae)
Viele Individuen dieser artenreichsten Angiospermenfamilie leben als Epiphyten auf den Baumen des tropischen Urwaldes. Orchideen besitzen, wie viele andere Pflanzen auch, eine Bestaubungsvorrichtung zur Ubertragung von Pollen mittels Klebstoff durch die Bestauber, oft sind dies Bienen. Die meisten Orchideen besitzen nur ein einziges StaubgefaB mit Millionen Samenanlagen, das auf einmal transportiert wird (Schotz 1989). Der spezialisierte Klebmechanismus der Bluten erzwingt hierbei die Mitnahme des Pollenpaketes durch die Biene und sorgt gleichzeitig, mit Hilfe filigraner Mechaniken - formschlussige, elastische Kopplungsglieder in den Bluten - fur die Wiederabgabe an andere Bluten (Abbildungen 2.3.6 und 2.3.7).
2.3 Das Fertigungsprodukt Verpackung
Abb. 2.3.6 Phalaenopsis-Hybride (Schutzkappe der Staubgefalle entfernt).
Abb. 2.3.7 Phalaenopsis-Hybride (Vergrogerung aus Abb. 2.3.6, Pollenpaket rnit unterseitig klebender Cewebeflache und verbindendem Gewebeband).
In der Fachsprache der Klebtechnik spricht man in diesem Fall von einem hybridfugeahnlichen Kleb- und Losevorgang, weil durch mechanisches Formfugen gemeinsam mit adhasivem Kleben erst das Ziel der Bestaubung erreicht wird. Die Naturtechnik des Hybridfugens unter Beteiligung adhasiver Klebvorgange konnte fur zukunftige bioanaolge Klebtechniken, unter speziellen Verpackungsbedingungen, weitere effiziente fertigungstechnische Losungen aufzeigen. 2.3.3.4
Termiten (Nasutitermes)
Die architektonischen Glanzleistungen biologischer Verpackungshullen wie die mehrere Meter hohen Termitenbauten in den Savannen Afrikas oder den Steppen Australiens, sollen hier nur nebenbei gewiirdigt werden (Lee et. al. 1971).DaB verschiedene Termitenarten Klebstoffe auch als Waffe gegen feindliche Eindringlinge in ihrem Bau nutzen, sol1an dieser Stelle besprochen werden (Harris 1960,Prestwich 1983). Beispielsweise hat sich die Kopfform von Termitensoldaten der Art Nasutitermes zu einem grogen, nach vorne dusenartig zulaufenden ,,Behalterfur Klebstoffe" entwickelt (Abbildungen 2.3.8 und 2.3.9).Die Angreifer werden durch das klebrige giftige Sekret, das von den Termitensoldaten auf sie gespritzt wird, bewegungsunfahig. Interessant ist, daB Termiten der eigenen Art gegen diesen Klebstoffunempfindlich sind. Sie mussen demnach ein chemisches Cegenmittel besitzen, das den AdhasionsprozeB, der bei den Feinden zu lahmender Immobilitat fuhrt, unterdriickt. Klebstoff und Antiklebstoff, nach dem Vorbild der Natur paanveise eingesetzt, zum Beispiel fur Klebtechniken bei verpackungstechnisch anwendbaren Naturstoffen, bergen sicher noch interessante innovative Losungen durch bionische Forschung.
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2 Netzwerk Verpackung
Abb. 2.3.9 Nasutitermes mit typischer dusenartiger Kopfform (Draufsicht).
Wie vorab angekundigt, zeigt Tabelle 2.3.5 (enveitert nach Kuppers 2000-1)einen Uberblick uber Prinzipien biologischer Klebsysteme und verknupft diese mit biologischen Organismen und potentiellen verpackungstechnischem Nutzen. Tab. 2.3,s
Prinzipien biologischer Klebsysteme und ihr verpackungstechnischer Nutzen
2.3 Das Fertigungsprodukt Verpackung
2.3.4 FUgen durch adhasives Kleben bei technischen Verpackungen
Immer mehr Verpackungen mit neuen Kombinationen von Packstoffen und veredelten Packstoffoberflachen stellen immer neue Anforderungen an den Verpackungsklebstoff. Zu den klassischen Verpackungsmaterialien stoBen - wie in Kapitel 2.8.1erlautert wird - als Lockmittel zum Kauf auffallend mehr ,,artfremde" Stoffe, wie Parfume und elektronische Bauteile, die mit den spezifischen Klebstoffen in kohasiver und adhasiver Beziehung stehen. Aber nicht nur die Packstoffe sondern auch die Randbedingungen von Verpackungsmaschinen bestimmen die Eigenschaftsprofile der Klebstoffe. Sehen wir uns zuerst die fur Verpackungen in Frage kommenden Klebstoffe an, bevor wir auf verpackungstechnische Anwendungen und die Recyclingproblematik zu sprechen kommen um schlieglich auf Kriterien der Klebstoffauswahl und Packstoffeignung einzugehen. 2.3.4.1
Klebstoffe filr technische Verpackungen
Die Natur sah bei der Evolution keine Notwendigkeit darin, einen Universalklebstoff zu entwickeln. Fur Verpackungsingenieure ware im Gegensatz dazu, in Hinblick auf die Kombination verschiedener maschineller Klebvorgange, ein derartiger Allesklebstoff sehr willkommen. Bei den Rohstoffen natiirlicher Klebstoffe nutzt die Natur eine verhaltnismagig geringe Zahl an Ausgangsstoffen fur eine breite Palette von spezialisierten Klebstoffen fur anspruchsvolle Klebvorgange. Nur eine Art der Klebtechnik existiert in der Natur scheinbar nicht: das Hochtemperaturkleben. Ganz sicher kann man aber nicht sein, weil Biotope mit heiBer Umgebung wie schwarze Raucher in der Tiefsee und heige vulkanische Quellen, im Hinblick auf adhasive Fugetechniken von Organismen nicht untersucht sind. Moglicherweise halt die Natur hier noch die eine oder andere uberraschende Losung vorerst versteckt. Die Entwicklung technischer Klebstoffe greift einerseits auf natiirliche Rohstoffe fur Klebstoffe mit synthetischen Basispolymeren zuriick, beispielsweise in Form von Dispersionen oder mittels Harz als Bestandteil von Schmelzklebstoffen. Die hochtechnisierten Vorgange der Verpackungsprozesse fordem aber immer leistungsstarkere Klebstoffe. Diese Anspriiche fuhrten andererseits zu einer Fulle synthetischer Klebstoffe mit immer neueren Klebstoffkomponenten fur spezialisierte Anwendungen. Die dadurch wachsenden Nachteile der Unvertraglichkeit mit der Umwelt, der problematischen Wiedervenvertbarkeitder zu klebenden Materialien, der Probleme beim Entsorgen ausgedienter Bauteile, wurde kompensiert durch die hohe Wirtschaftlichkeit und den besseren technischen Anforderungsprofilen gegenuber Klebstoffen auf Naturbasis und Klebstoffen mit additiven Naturrohstoffen (vgl. hierzu Dorpelkus 1984, Broll1991, Onussseit 1998). Die folgende Tabelle z.3.G zahlt verschiedene Klebstoffe auf natiirlicher und synthetischer Basis auf, die im Verpackungsbereich eingesetzt werden und ordnet ihnen konkrete Anwendungen zu. Sehen wir uns drei ausgewahlte Klebstoffe hinsichtlich ihrer Leistungsprofile und verpackungstechnischen Randbedingungen naher an.
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Klebstoffe
I.
Anwendung im Verpackungsbereich
Auf naturlichem Rohstoff Starke basierender technischer Klebstoff Dextrin. Die Gruppe der naturlichen Klebstoffe beinhaltet pflanzliche, tierische und mineralische Rohstoffe. Quantitativ gesehen sind die pflanzlichen Klebrohstoffe Kohlehydrate, Starke und Zellulose die wichtigsten Vertreter des pflanzlichen Klebrohstoffdepots. Aus Kartoffeln, Mais, Getreide, Weizen, Reis, Tapioka und anderen starkehaltigen Pflanzen gewonnene natiirliche Starke ist wegen ihres hohen Molekulargewichts und ihrer raumlichen Struktur in Wasser nicht 10slich. Eine Moglichkeit diese Naturrohstoffe fur Klebprozesse zu venvenden ist deren chemische Modifikation, zum Beispiel in das niedermolekulare Dextrin mit wesentlich hoherer Klebkraft und schnelles Anfassen und Abbinden des Klebstoffes (klebtechnisch Tack genannt). Klebstoffe auf Dextrinbasis werden unter anderem fur die Oberklappengummierung von Briefumschlagen verwendet, die mit Taktzeiten von 1500 Briefumschlagen pro Minute geklebt werden. Wegen der guten Wasserloslichkeit des Dextrinklebstoffes und dadurch guten Reaktivierung der Gummierung, konnen die Briefumschlage problemlos maschinell ge-
I schlossen werden (Onusseit 1998).Das Erfullen der umweltlichen und gesund2.3 Das Fertigungsprodukt Verpackung
heitlichen Anforderungen an den Klebstoff erkennen wir schon daran, daB wir Menschen die Gummierung problemlos mit den Lippen benetzen konnen. Die eigentliche verpackungstechnische Umweltproblematik (Wiedervenvertbarkeit des Papiers) liegt bei den Klebstoffen fur Briefumschlage in der Art der Klebung (Haftklebstoffe, Sticky-Effekt,siehe auch Kapitel2.3.4.2) und im Bereich der Papierherstellung (saurebeinhaltende beziehungsweise Sauerstoff (0,)-Bleichverfahren). 2.
Das synthetische Polymerisat Polyvinyl-Acetat- PVAC. Rohstoffe fiir diesen Klebstoff und alle anderen synthetischen Klebstoffe werden heute fast ausschlieglich aus Erdol gewonnen. Der Rohstoff der KunststoffChemie, das Ethylen, ist auch Rohprodukt fur PVAC und andere kiinstlich hergestellten Klebstoffe. Die chemischen Modifikationen von PVAC, dem am starksten interessierenden Kunstharz in der Papierverarbeitung, fuhrten zu verschiedenen Copolimerisaten, bei denen Vinylacetat mit anderen Monomeren copolymerisiert. Die Anforderungsprofile die diese chemischen Modifikationen zu erfiillen hatten, wurde durch wirtschaftliche Ziele, neue veredelte Materialoberflachen und verpackungstechnisch apparative Fortschritte, standig in die Hohe geschraubt. Schnelles kraftiges Kleben, gute Feuchtigkeitsbestandigkeit, gut Thermoplastizitat und dadurch HeiBsiegelfahigkeit (zum Beispiel bei Schlauchbeutelverpackungen), gutes Adhasionsverhalten zu schwierig klebbaren Materialoberflachen (lackierte,bedruckte, beschichtete Papiere) und anderes mehr machen PVAC zu einem weit verbreiteten Klebstoff im Verpackungssektor. Neben kleineren technischen Nachteilen (mogliche langere Abbindezeiten werden durch energieintensive Hochfrequenz- und Infrarot- Warmebestrahlung, die unmittelbar dem Klebvorgang nachgeschaltet sind, kompensiert), bleibt die generelle Umweltunvertraglichkeit synthetischer Klebstoffe als ein gravierendes Problem nach wie vor bestehen. Minimalmengen von synthetischen Klebstof€en in Verpackungen fuhren - oft in Verbindung mit weiteren Kunststoffen wie Lacke und Farben - nicht selten dazu, daB naturstoffliche Verpackungsprodukte nicht materialtechnisch oder nur unter zusatzlichen kostenintensiven Aufwendungen wiedervenvertet werden konnen. In folgenden Kapitel2.3.4.2 wird in diesem Zusammenhang auf die Problematik der Wiedervenvertung gezielt eingegangen.
3. Schmelzklebstoffe. Schmelzklebstoffe sind wasser- und losungsmittelfreie Klebstoffe. Sie gehoren zu den physikalisch abbindenden Klebstoffen. In warmer Umgebung und im flussigen Zustand konnen sie Oberflachen gut benetzen und nach dem Erkalten und dem Erstarren fest anhaften. Im Temperaturbereich zwischen 120 "C und 240 "C sind sie gut verarbeitbar. Wahrend des Schmelzprozesses finden keine chemischen Veranderungen im Klebstoff statt. Die den Thermoplasten zugeordneten Schmelzklebstoffe besitzen als Basisstoffe thermoplastische Schmelzharze wie Ethylenvinylacetat EVA, Polyamid PA oder Polyester PES. Die Entwicklung hochwertiger Schmelzklebstoffe wurde durch die Synthese
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schrnelzbarer hochrnolekularer Copolymere wie Athylen-Vinylacetat - EVA moglich. Viele der heute angebotenen Schrnelzklebstoffe beinhalten eine Mischung von zirka 50 % EVA (mit variierenden Anteilen an Vinylacetat) und Naturrohstoffen wie Harze (Balsamharze, Kolophoniumderivate, Kohlenwasserstoffnarze), Wachse beziehungsweise Paraffine. Wahrend das synthetische EVA die eigentliche Klebkraft bringt (Kohasion), durch unterschiedliche Anteile an Vinylacetat und das Harz den Tack reguliert (schnelles Anfassen und Abbinden), steuert das Wachs die Viskositat des Klebstoffes. Wirtschaftliche Vorgaben an den Schmelzklebstoff wie schnellere Verarbeitungszyklen, schwierig zu klebende Verpackungsmaterialien, rnaschinelle Randbedingungen, fuhren auch bei diesen Klebstoffen zu irnrner neuen Modifizierungen, nicht selten zu Copolyrneren mit anderen synthetischen Stoffen in Form von Hernmern, Verstarkern, Oxidationsstabilisatoren, therrnische Stabilisatoren, Farb- und Geruchsstabilisatoren etc. Uber die richtige Kornbination und Auswahl der Klebrohstoffe konnen dariiber hinaus noch: Benetzungsverrnogen, Haftvermogen, offene Zeit, Tack (hot tack), Abbindegeschwindigkeit, Kalteverhalten, Elastizitat, Warmebestandigkeit und Alterungsverhalten optimal errnittelt und eingestellt werden (Bartholorne 1972). Ahnlich wie bei Kunststoffverpackungen, wo ideal zum Verpackungsmaterial passende Kunststofilebstoffe verschiedene Klebungen vollziehen, wird auch bei den aufkornrnenden, biologisch abbaubaren Verpackungrnaterialien ein Trend zu biologisch abbaubaren Klebstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen erkennbar. Gute Entwicklungsrnoglichkeiten haben hier sicher Schrnelzklebstoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe. Insbesondere deshalb, weil die neue Verpackungverordnung die Kompostierung von Verpackungen aus bioabbaubaren Materialien unterstiitzt und fordert. Die Zusarnrnenfuhrung derartiger Verpackungsmaterialien rnit naturstoflich abgestimmten Schmelzklebstoffen, einschlieglich bioabbaubarer anwendungsspezifischer Additivstoffe, ware eine Chance, das Entsorgungsproblem im Verpackungsbereich nachhaltig zu reduzieren. 2.3.4.2
VerpackungtechnischeAnwendungen fur Klebstoffe unter besonderer Berucksichtigungder Wiedenrerwertung
Der technische Verpackungssektor besitzt verschiedene Anwendungsfelder fur Klebstoffe: bei der Fertigung von Packstoffen wie z. B. Papier, Karton, Pappe, Glas, Blech, Kunststoff 2. bei der Fertigung von Packrnitteln (z. B. Flaschen, Ampullen, Schachteln) und Packhilfsrnitteln (z. B. Leime, Etiketten, Verschlusse, elektronische Teile) 3. bei Vorgangen von Abfullen, Etikettieren, SchlieBen 4. bei der noch ublichen Urnpackung 5. zur Rutschsicherung von Ladungen bei Transporten (Anti-Slip). I.
Fur alle Anwendungsfelder existieren mehr oder weniger speziell modifizierte Klebstoffe, deren Anforderungsprofil optimal auf den zu erfullenden Zweck abgestirnmt
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2.3 Das Fertigungsprodukt Verpackung 25
ist (s.Tabelle 2.3.6 bzw. Tabelle 2.3.8).An dieser Stelle wollen wir aber ein besonderes Aktionsfeld auf dem Lebensweg der Verpackung herausgreifen: Klebstoff-Packstoff-Wiedervenvertung und ,,Sticky-Effekt". Seit es Papier gibt, wird es durch Klebstoffe zusammengehalten. Bis in die heutige Zeit werden fur dieses Fugen bekannte Naturklebstoffe (siehe Tabelle 2.3.6) genutzt. Einerseits fordert die Hochtechnologie des Verpackens immer neue leistungsfahigere Varianten von Klebstoffen, wodurch mehr und mehr synthetische Spezialklebstoffe entwickelt und eingesetzt werden. Andererseits wird, aufgrund umweltbelastender Verpackungsentsorgungsprozesse, die Forderung nach riickstandsfreier Wiederverwertung des Verpackungsstoffes immer lauter. Die Mischung von neuem und bereits benutztem Papier stellt die Unternehmen der Papierherstellung vor eine groBe Herausforderung, was nachhaltige Papierqualitat angeht. Ein mitentscheidender Qualitatsfaktor beziehungsweise mitentscheidende Einflussgrofie ist der fur Verpackungen verwendete Klebstoff. Dieser bezieht sich sowohl auf die Klebstoffe im wiederverwertbaren Papieranteil (vor beziehungsweise wahrend der eigentlichen Papierherstellung), als auch auf geeignete Klebstoffe fur die neue Papiermischung mit Altpapieranteilen (nach der Papierherstellung). Wir gehen hier kurz auf den ersten Fall ein. Um Produkte, genauer gesagt um die Klebstoffe der Produkte, von zum Beispiel ,,HaftnotiZen", Selbstklebeetiketten bzw. Haftpostkarten auf oder in Zeitschriften und Buchern oder selbstklebende Briefumschlage, ist ein heftiger Streit zwischen Klebstoffhersteller und Papierverarbeiter entstanden. Die Papierhersteller kreiden den Klebstoffherstellern die Hauptverantwortung fur den sogenannten ,,Sticky-Effekt" an. Dieser entsteht dadurch, dafi insbesondere Reste von Haftklebstoffen sich auf der Bespannung von Papiermaschinen festsetzen. An diesen Stellen verhindern sie ein Hinfliefien des dunnen Papierfaserbreies, was sich im fertigen Papier als Locher oder dunne helle Stellen zeigt. Die Papierqualitat wird dadurch deutlich gemindert. Umgekehrt verweist die Klebstofindustrie auf Entwicklungen von speziellen wasserloslichen Schmelzklebstoffen, redispergierbare Dispersionen (feinste Verteilung eines Stoffes in einem anderen) und wiederrum auf Klebstoffe auf der Basis nattirlicher Rohstoffe hin. Selbst der erneute Trend der Papierindustrie nach wasserfesten Klebstoffen kann hinreichend befriedigt werden. Der "Sticky-Effekt" lage - so die Klebstoffindustrie - auch an okonomischen und technischen Problemen der Papierhersteller. Ohne auf weitere Details dieser Auseinandersetzung einzugehen, zeigt sich, daB bis zum gegenwartigen Zeitpunkt das nicht zu unterschatzende ,,Sticky"-Problem noch nicht vollstandig gelost wurde. Aus einer breiten Erfahrung heraus ist nicht ausgeschlossen, daB - mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit - das methodische Problemlosen durch kausale oder monokausaler Schlugfolgerungen fur das Mifilingen eine wesentliche Rolle spielt. Hier konnte die Begehung eines bionischen systemischen Losungsweges (siehe Kapitel 5) hilfreicher fur die Problembewaltigung sein, als die Vielzahl firmenindividueller Losungsansatze. Diese fuhren sicher zu Detaillosungen, lassen aber erfahrungsgemag die wesentlicheren ruckgekoppelten Synergieeffekte weitgehend auger Acht (Wilken 1990,TKPV 1994).
Andnickvertialtnisse
Packstoff
I
Fonn dcr Verpackung
I
Bemspruchung bci spatcrer Abfiillung
Verpackungsmaschiric
Bcanspruchung be1 Lagemng und Transport
System des Klebstoffauftrages
Becinflussung durch dar; Fdlgut
I Maschinellc Arbeitsgcschwindigkeit 2.3.4.3
I klirnatische Einfliisse
1 I
Einflusse auf das Klebstoff-Anforderungsprofilund Packstoffeignung
Der Einsatz von Klebstoffen im verpackungstechnischen Bereich bewegt sich in einem durch drei Haupteinflusse aufgespannten Wirkungsfeld: Klebstoff-FiigeteilMaschine. Darin wirken mehr oder weniger gewichtete Kriterien, die die Auswahl eines geeigneten Klebstoffes direkt beeinflussen. Tabelle 2.3.7 stellt 10 dieser Kriterien zusammen (Bro11 1991). Fur die Verarbeitbarkeit bei maschinellen Auftragsverfahren ist das Fliegverhalten des Klebstoffes - rheologische Eigenschaft - von wesentlicher Bedeutung. Klebstoffe sind strukturviskos, das heiBt, sie besitzen keine Dehnungsfahigkeit proportional zur Belastung. Die Viskositat dieser Klebstoffe ist daher vom Schub- bzw. Schergefalle abhangig. Je hoher dieses ist, umso kleinere Viskositatswerte werden erzielt und durch mechanisches GieBen, Kneten, Pumpen, Ruhren und Spritzen konnen sich diese Viskositatswerte standig andern. Eine besondere Eigenschaft von Starkeund Dextrinklebstoffen sei noch envahnt: die Thixotrophie. Darunter wird die Wiederzunahme der Klebstoffviskositat bei Wegfall einer Belastung verstanden. Soviel zu den Klebstoffen. Im Verpackungsmarkt nehmen die Packstoffe Papier, Karton und Pappe mengenmaBig das groBte Volumen ein. Auf ihre verschiedenen Modifikationen beziehen sich die abschlieBend in Tabelle 2.3.8 aufgelisteten Klebstoffe, wobei gewisse Uberschneidungen mit den Angaben in Tabelle 2.3.7 unvermeidlich sind.
2.4
Verpackung und Packgut 2.4.1
Naturverpackung und Naturpackgut aus einem Gut3
Fur die Natur ist die Entwicklung von Verpackung und zugehorigem Packgut ein einziger ProzeBablauf. Beide Gegenstande lassen sich nicht auf getrennten Fertigungswegen und mit getrennten Zielen aufsplitten, um schlief3lich zu einem bestimrnten Lebensabschnitt wieder zueinander zu finden. Wir kommen bei dieser Betrachtung wieder dem Begriff der systemischen Entwicklung in der komplexen Natur sehr nahe. Uber die verschiedenen Lebensweg-
2.4 Verpackung und Packgut
Tab. 2.3.8
Klebstoffe fur die rnodifizierten Packstoffe Papier, Karton und Pappe
KlebstofFe
Packstofk Papier, Karton, Pappe
Hochviskose Klebstoffe Starke. Dextrinleime, tierische Leime Kunstharzdispersionsleime, Kombinationen von Starke, Dextrin und Kunstharz
unveredelte Papiere Einfacher Zellstoff, bis 100 % Sekundarfaser, niedergrammige Papiere
Kunstharzdispersionsleime
Veredelte Papiere Wachsimpragnirrung, nassfeste Papiere
Kunstharzdispersionsleirne
Gestrichene Papiere und Packstoffe
Dispersionsleime mil Zusatzen wie Weichmacher und Lackloser
Lackierte Papiere und Packstoffe Faltschachteln
Niedermolekulare Polyethylene, Parafine, Wachse, weich eingestellte Kunstharzdispersionsleime, Klebstoffe auf Kautschukbasis
Beschichtete Papiere und Packstoffe
Dispersionsleime mit Zusatzen wie Weichniacher und Lackloser
Kaschierte Packstoffe Klarsichtfolien u. Metallfolien kaschiert gegen Papier, Polyethylenfolien kaschiert gegen Packstoff
I Dextrinleime
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Etikettierung
stationen des wachsenden und lebenden ,,Packgutes" paRt sich die Verpackung mit einem bestimmten FitneB-Profilderart an, daB die Sicherung der Uberlebensfahigkeit und damit der Arterhaltung gewahrleistet wird. FitneB bedeutet in diesem Zusammenhang, daB die Gesamtheit der Verpackungseigenschaften im Verhaltnis zum Packgut und zum Netzwerk auBerer Einflusse, innerhalb des lokalen Lebensraumes optimal eingestellt sind. Dazu hat sich die Natur fur ihre Arten eine Fulle von Tricks - auch Verpackungstricks - ausgedacht, von denen noch die Rede sein wird. Ein besonderer Trick sei hier schon ma1 erwahnt, namlich die Tauchung durch Nachahmung farb- und formahnlicher Korperverpackungen andererer Organismen. Reptilien und Insekten sind hierin wahre Meister. Aber nicht nur die Form (siehe unter anderem Kapitel2.5) und die Oberflache von Verpackungen sind optimal auf das zu schutzende Packgut angepaBt. Gleiches gilt auch fur die Struktur (siehe Kapitel 3 und 4), mit der zum Beispiel chemische und pysikalische Eigenschaften zwischen Verpackung und Packgut evolutionar optimiert we rden . Die Aufgabe des Uberlebensschutzes biologischer Verpackungen fur das verpackte Leben (Packgut) ist zu dem Zeitpunkt beendet, wo die Verpackung ihren Zweck nicht mehr erfullen kann oder erfullt hat: im natiirlichen Rauber-Beute-Spiel (Eichhornchenfressen den verpackten Samen der Eiche) oder
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am vorzeitigen Ende eines Lebensprozesses (verursacht durch auBergewohnliche Storeinfliisse, zum Beispiel extreme Klimaschwankungen) oder nach naturlicher Trennung vom Packgut (mit dem Ziel der Artvermehrung, durch natiirliche Hautung und anderes mehr). 2.4.2
Verpackung und Packgut in der Technik - getrennte Entwicklung und gerneinsarne Nutzung
Aus dem Blickfeld der Technik findet - wie erwartet - zwischen Verpackung und Packgut eine andere Zusammenfuhrung statt. Hier ist es in der Tat so, da& Verpackung und Packgut zuerst einmal die unterschiedlichsten Lebenswege beschreiten. Nach Bestimmung des Packgutes wird eine geeignete Verpackung mit spezifischem Anforderungsprofil, abgestimmt auf das Packgut, ausgewahlt. Der Schutz und Tranport ein- und desselben Packgutes findet hierbei in den unterschiedlichsten Verpackungen statt, im weit iiberwiegenden Gegensatz zu den Verpackungsvorgangen der Natur. Im Bereich der Lebensmittelverpackungen ist dies besonders auffallig, aber durchaus begrundet, weil fur unterschiedliche Transportzeiten, Lagerungsarten, Frischhaltezeiten fur das Packgut und anderes mehr nicht immer eine Verpackungsart die zweckmal3igste ist. Naturlich spielen wie immer auch wirtschaftliche Zielvorgaben und Konkurrenz eine mitentscheidende Rolle fur die Wahl der Verpackung. Transportverpackungen sind iiberall anzutreffen. Bei Umverpackungen, beispielsweise als Kartonfaltschachtel von KunststoEZahnpastatuben, geht der Trend in Richtung von weniger Zusatzverpackung. Was den Verbraucher direkt und in der Menge am haufigsten beriihrt, sind Einzelverpackungen (siehe auch Kapitelz.7). Gegenwartig werden fur das Packgut Lebensmittel mehr als 5 0 % aller Verpackungen eingesetzt, ungefahr 40-45 % der Verpackungen beinhalten pharmazeutische, kosmetische oder reinigende Packguter und zirka 5-10 % aller Verpackungen fallen auf technische Investitionsgiiter (Berndt 1999). Die Natur hat Jahrmillionen lang im Experiment die - ganzheitlich gesehen besten Kombinationen von Packgut und Verpackung gefunden und wendet diese konsequent an. Die Technik optimiert Verpackungen - wie bekannt - packgut- bzw. produktorientiert. Sie sucht noch nach Wegen, Wirtschaftlichkeit, okologische Vertraglichkeit und Nachhaltigkeit fur Verpackung und Packgut zu erreichen. Neben ersten selektiven Ansatzen und Fortschritten mit sogenannten Okobilanzen, auf die in Kapitelz.7 eingegangen wird, ist aber noch kein entscheidender Schritt vorwarts erzielt worden, der die komplexen Verpackungsprobleme im iibergeordneten, komplexen gesellschafilicher und umweltlichen Beziehungsgeflecht nachhaltig vermindert hat. Produktfixierte Detaillosungen bestimmen immer noch vorrangig das Verhaltnis zwischen Verpackung und Packgut. Hierzu drei Beispiele. Zwei beziehen sich auf das Packgut und eins auf die Verpackung. Beispiel I: Haltbarkeit von Frischmilch durch Hochpasteurisierung (dpa 1993) In diesem Beispiel sol1 durch das Verfahren der Hochpasteurisierung (Verfahren zur Keimfrei- und Haltbarmachung, benannt nach dem franzosischen Chemi-
2.4 Verpockung und Pockgut
ker L. Pasteur) das Packgut Milch auf zwei bis drei Wochen haltbar gemacht werden. Bisher behalt Frischmilch, selbst unter Einsatz standiger Kiihlung, nur vier bis fiinf Tage seine Frische und damit Verzehrbarkeit. Burokratische EU-Griinde stehen der Einfiihmng dieses Verfahrens aber noch im Weg - selbst heute noch nach sieben Jahren! Anmerkung. Nebenbei bemerkt gibt es in der Natur Verpackungsstoffe, die Flussigkeiten ohne jegliche Zufuhr zusatzlicher Kiihlenergie, wochen- und monatelang frisch und genieBbar halten. In Kapitel4 hierzu mehr. Beispiel 2: Haltbarkeit von Lebensmitteln (Schulte 1999) Seit 1999 ist gesetzlich gesichert, dai3 in Deutschland - und auch EU-weit - die Haltbarkeitsverlangerung von Lebensmitteln durch radioaktive Bestrahlung erlaubt ist. Hierbei kommen Rontgen-, Elektronen- oder Gammastrahlen zum Einsatz. Als hauptsachliche Strahlungsquellen dienen die radioaktiven Isotope KObalt 60 und Gsium 137.Bei diesen Verfahren findet keine radiologische Belastung durch die Bestrahlung statt. Die Bestrahlung sol1 in den Lebensmitteln enthaltene Keime deaktivieren oder toten. Angefuhrt wird noch, daB von Bangladesch bis Siidafrika bestrahlt wird, wegen des schnellen Verderbs der Lebensmittel in diesen tropischen Regionen. Davon sind immerhin ca. 30-50 % der Lebensmittel mangels Konservierung oder fehlender Verpackungen betroffen. Anmerkung. Die radioaktive Bestrahlung von Lebensmitteln mit dem Ziel sie langer haltbar zu machen, ist umstritten, weil dadurch chemische Veranderungen in der Nahrung ausgelost werden. Die energiereiche Gamma(y)-Strahlung zerstort - bei der Vielzahl biologischer Substanzen - chemische Bindungen, so daB Folgeprodukte entstehen. Der offensichtliche Beleg dafiir ist die Tatsache, daB bestrahlte Gemuseknollen nicht mehr in der Lage sind, zu keimen. Die offene Frage ist, ob willkiirlich erzeugte chemische Verbindungen, ahnlich wie spezielle Wirkstoffe (zum Beispiel Hormone) schadliche Nebenwirkungen erzeugen. Dariiber hinaus ist auch die Gefahr, bereits verdorbene Lebensmittel durch Bestrahlung wieder genui3- und darnit verkaufsfahig zu machen gegeben, wie Beispiele von verdorbenen Garnelen aus England zeigen, die in Holland wieder ,,aufgefrischt" und postwendend dem englischen Verbraucher wiederum zum Kauf angeboten wurden (Reinecke et. al. 1997). Beispiel 3: Aktive Verpackung - Intelligente Verpackung (Holley 1998, Ahvenainen et. al. 1999). Active packaging, smart packaging oder intelligent packaging, also intelligentes Verpacken, sind Begriffe fur eine neue Art von technischer Verpackung. Aktive Verpackungen andern zum Beispiel ihre Permeationseigenschaften (Durchlassigkeit, zum Beispiel gegenuber Gasmolekiilen) als Reaktion auf Veranderungen des Packgutes. Intelligente Verpackungen besitzen zum Beispiel Indikatoren zur qualitativen Messung von spezifischen Eigenschaften des Packgutes. Diese neue Entwicklungsrichtung von technischen Verpackungen scheint vielversprechend und niitzlich fur den Verbraucher zu werden. Auch hier zeigt uns die Natur an vielen Beispielen (Kapitel4),zu welchen Leistungen sie bereit seit
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Jahrrnillionen auf dern Gebiet der Verpackungssensorik irn Netzwerk biologischer Verpackungen fahig ist. Die Verpackungsingenieure konnen hier in eine erfolgversprechende, fruchtbare Lehre gehen. Vor wenigen Monaten hat der Europaische Gerichtshof zur Qualitat eines biologischen Packgutes ein interessantes Urteil gefallt (Adt 2 0 0 0 ) . Wie wird die Industrie sich verhalten und wie werden vor allem wir als Verbraucher noch so intelligent verpacktes Packgut aufnehrnen, wenn gerichtlich bestatigt wurde, dal3 selbst Lebensmittel - hier ist es Marmelade - die Schwermetalle wie Blei und Cadmium enthalten, als ,,naturrein" auf dem Verpackungsetikett angepriesen werden konnen? Die sinngernage Begrundung der Richter war: ,,die Schadstoffe seien eben infolge der Verschrnutzung von Luft und Wasser in der naturlichen Umgebung vorhanden", daher durfe diese Marmelade als ,,naturrein"verkauft werden. Die zunehmende Belastung unserer Umwelt durch Gift- und weitere Schadstoffe infolge industrieller Prozesse, bei denen auch uber die Nahrungsnetze Schadstoffe in Lebensmittel gelangen, die wir Menschen essen, kann mit einern Bedauern nicht entschuldigt werden. Hierfur halten die Richter uns zivilisatorischen Menschen zurecht den Spiegel unseres industriellen Tuns vor. Andererseits kann das Urteil aber auch als Freibrief dafur verstanden werden, nachhaltiges umweltvertragliches Wirtschaften weiter zu blockieren! Die hochstrichterlich abgesicherte Forrnel: Giftige Schwerrnetalle plus Fruchte gleich ,,naturreine" Lebensrnittel, fordert weiterhin die industrielle Herstellung von synthetischen Chemikalien in Form von Schadlingsbekarnpfungsmitteln,beispielsweise im kultivierten Obstanbau. Die potentielle Gefahr, daR noch weit giftigere Chemikalien weltweit in den Nahrungskreislaufvon Pfanzen, Tieren und Menschen gelangen, ist nicht zu ubersehen. Fur das Packgut gilt hier, was fur uberflussige Verpackungen auch gilt: Vermeiden und daruber hinaus auf nachweislich unbelastete Lebensrnittel ausweichen. Noch gibt es welche.
2.5
Verpackung und Optimierung
Wie optimiert die Natur? Wie optimiert sie Verpackungen und wie sucht die Technik nach optirnalen Verpackungslosungen? Diesen Fragen wollen wir hier intensiv nachgehen, weil sie von grundlegender Bedeutung sind. Im vorangegangenen Text ist der Begriff optirnieren bzw. Optirnierung schon ofter envahnt worden ohne ihn naher zu definieren. Hier ist eine geeignete Stelle dies zu tun. 2.5.1 Was bedeutet Optimieren?
Wir konnen Optimieren beschreiben als die Suche eines vorteilhaften Zustandes, eines Merkmals oder einer Eigenschaft, in einem bestimmten Suchbereich oder
2.5 Verpackung und Optimierung
Suchraum. In der Regel wird ein bestimmter Suchvorgang gestartet, um mit moglichst geringem Zeit- und Kostenaufwand das Ziel oder die Ziele zu erreichen. Wir werden weiter unten auf die Optimierungsstrategien von Natur und Technik noch naher eingehen. An dieser Stelle wollen wir aber der globalen Frage nachgehen: Wie weit spannt sich das Feld der Optimierung, von einer ,,einfachen" bis ,,extrem schwierigen" Suche nach der Losung? Und welche Position nimmt der Mensch dabei als Problemloser ein? Beginnen wir mit dem Einfachsten. Einem erfahrenen Experimentator, der ,,seinen" Suchraum, zum Beispiel einen technischen Fertigungsprozeg, uber Jahre kennt und diesen - bei geringfiigigen, wie auch immer stattfindenen Anderungen abweichend vom besten Zustand - sehr schnell wieder ,,in den Griff bekommt" beziehungsweise optimal einstellt, gelingt dies sicher nur bei wenigen Einflufigrofien und weitgehend unveranderlichen Rahmenbedingungen. Die menschliche Erfahrung ist hierbei die Gewahr fur den Erfolg. Je umfangreicher jedoch die Zahl der zu berucksichtigenden Merkmale im Suchraum werden und je mehr sich diese zudem gegenseitig beeinflussen, desto weniger reicht menschliche Erfahrung allein aus, in vertretbarem Rahmen das Optimierungsproblem zu losen. Das Problem wird zunehmend komplizierter. Hier erganzt computerunterstutzte Hilfe rnenschliche Erfahrung und Intuition. Wenn sich der zu optimierende Prozefizustand auch noch mit der Zeit zufallig verandert, also stochastisch zeitvariant ist, dann haben wir es mit einem der schwierigsten Randbedingungen fur eine Optimierung zu tun. Warum? Weil kein stabiles Optimum oder stabile Optima existieren. Der aufzufindende Optimalzustand nimmt standig neue lokale Positionen im Suchraum ein. Er wandert - vereinfacht ausgedruckt ahnlich wie ein Wackelpudding - um den lokalen Qualitatsgipfel herum. Die Dynamik die solchen Suchvorgangen zugrunde liegt, macht es dem Problemloser aufierordentlich schwer sein Ziel zu erreichen. Fast unrnoglich erscheint uns die Losung eines Optimierungsproblems, wenn die lokalen Optimalzustande oder das globale Optimum aufgrund adaptiver Veranderungen in der Umwelt ,,auf Wanderschaft" im Suchraum gehen. Die Komplexitat des zu untersuchenden Gebietes wurde damit einen Hohepunkt erreichen und kurz vor dem Eintritt in einen vollig chaotischen Zustand stehen. Aber genau das reprasentiert den Zustand der Natur, wenn auch die globale Optimierungs-Zeitskala Jahrmilliarden lang ist und die generelle Dynamik der Veranderung adaptiv und - nach menschlicher Zeitvorstellung - in langen Zeitperioden geschieht. Die Natur evolutioniert beziehungsweise optimiert dynamisch am Rande des Chaos, man kann auch sagen: am ,,gefrorenen" Rand des Chaos, ohne darin unmittelbar abzugleiten. Nur dort scheint und ist Fortschritt moglich. Nur dort funktioniert Leben und Fortschritt in Gestalt dissipativer Systeme. Nur dort optimieren Organismen als vorubergehende Ordnungsstrukturen auf Kosten endlichen Lebens. Fur Optimierungsvorgange in der Natur ist daher die Stabilitat beziehungsweise ein invarianter Zustand in einem Optimierungsraum (zum Beispiel dem Lebensraum einer Pflanzen- oder Tierart) gleichbedeutend mit deren Tod. Wobei rafinierter Weise selbst der Tod in der Natur integraler Teil von allgegenwartigen Optimierungs-Kreislaufvorgangen fur Materialien und Informationen ist.
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In diesem kurzen Abschnitt haben wir Sie in einem Parforceritt mitgenommen und den Optimierungsbogen gespannt, von relativ leicht erzielbaren bis fast unmoglich erscheinenden Optimierungslosungen. Innerhalb dieser Breite befindet sich ein Spektrum von zahlreichen speziellen Optimierungsverfahren,auf die hier nicht naher eingegangen werden kann. Wir kijnnen uns hier nur auf die wesentlichen Voraussetzungen beziehungsweise Merkmale fur die Durchfuhrung von Optimierungen konzentrieren und venveisen auf die umfangreiche Literatur fur Optimierung. Hinter dem Begriff Optimierung verbirgt sich eine Vorgehensweise, ein bestimmte Methode, bei der - ausgehend von einem momentanen Zustand - Start - mit einer definierten Startqualitat, ein noch besserer Zustand - lokales Ziel - bzw. der beste Zustand - globales Ziel - gesucht wird. Um diesen vorteilhaften Zustand und die Zwischenergebnisse auch definitiv bestimmen zu konnen, mussen sie gemessen werden. Die Optimierung ist daher ein Start-Ziel-SuchprozeB - man spricht auch von einem Parameter-SuchprozeB - mit drei generellen Merkmalen, die fur biologische Verpackungen beis pielhaft erlautert werden: Optimierungsmerkmal I: Mindestens ein Ziel m u g vorgegeben sein. Das kann fur biologische Verpackungen sein: - eine Stoffmenge, - ein Stoffgemisch, - die Form einer Blattflache, - das Volumen einer Verpackungsschale fur Nusse, - die Zahl von Hulsenfriichten in einer Verpackungshulle, - das tarnende Aussehen einer Felloberflache als die Verpackung eines Tieres, - die Art der Fortbewegung verpackter Ahornsamen und vieles mehr. Optimierungsmerkmal 2 : Mindestens eine GroBe, zum Beispiel ein Parameter, der auf irgendeine Weise verandert und gemessen wird. Analog zu den Beispielen vorab konnte dies unter anderem sein: - eine Geschwindigkeit, - eine Temperatur, - eine Lange, - der Dicke der Schale - der Fruchtdurchmesser - ein Pigmentmuster - die Zahl von Flugelchen. Optimierungsmerkmal3:Eine geeignete Umgebung, ein Umfeld, ein Biotop in gewissen Grenzen, innerhalb der die Optimierung stattfinden kann. In diesem lokalen Parameter-Optimierungsraum wirken zudem noch sogenannte externe Einflusse oder Storungen (externe Parameter), zum Beispiel in Form von partiellen Klimaveranderungen oder Zuwanderungen anderer Lebewesen, auf die eigentliche Optimierung ein und beeinflussen diese in nicht unerheblichem Mag.
2.5 Verpackung und Optirnierung
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2.5.2
Wie optirniert die Natur?
Nun, die Natur besitzt einen Pool von Myriaden Individuen, die alle auf ihre Weise ihr Fortleben optimieren. Evolutionsbiologenschatzen die Zahl bekannter Arten von Lebewesen, deren Variation durch den Begriff der Biodiversitat charakterisiert ist, auf zirka 10% der tatsachlich existierenden Lebewesen, also aufungefahr 1,4Millionen (Wilson 1995). Angesichts der Offenheit der Individuen, innerhalb selbst kleinster zu optimierender Biotope, Stoffe, Energie und Informationen auf vielfachen Wegen auszutauschen, existiert in diesem natiirlichen Gesamtsuchraum Erde eine unvorstellbar groBe Zahl von Suchparametern. Selbst die mehr als zwei Milliarden Jahre Optimierungserfahrung der Natur wiirde hier nicht ausreichen, alle Suchparameter Schritt fur Schritt sicher ,,einzustellen", die zu den vorhandenen technischen Hochstleistungen (Optima)heutiger Individuen und Prozesse gefuhrt haben! Die Natur muB also eine raffhiertere Optimierungsmethode nutzen als das Rastern jeder moglichen Parameterkombination. Der englische Naturforscher Charles Darwin veroffentlichte 1859seine Evolutionstheorie uber die Enstehung der Arten. Danach ist der evolutionare EntwicklungsprozeB der Natur ein adaptiver OptimierungsprozeB. Die darin vorkommenden grundlegende Evolutionsfaktoren Mutation (genetische Veranderung in der Erbsubstanz DN S, DesoxyriboNucleinSaure),Selektion (phanotypischeAuswahl des Tauglichsten Lebewesens) und Crossing Over (sexuelle Fortpflanzung durch genetischen Austausch mannlicher und weiblicher Erbsubstanz), sind Teile einer ausgeklugelten und raffinierten Optimierungsstrategie, die weitere Evolutionsfaktoren in die Entwicklungsprozesse von Individuen, Familien und Arten rnit einbezieht. Man spricht bei diesem OptimierungsprozeB auch von Zufall und Tauglichkeit, von einen ,,survival of the fittest". Das bedeutet: Diejenigen Individuen haben die besten Uberlebenschancen, die sich am Tauglichsten in ihrer Umgebung anpassen. Die hochkomplexen Wirkungszusammenhange in der Natur lassen vermuten, daB der Begriff des Tauglichsten eher mit am Geschicktesten beziehungsweise am Gewandtesten und weniger mit am Grogten, am Hochsten, am Weitesten etc. ubersetzt werden kann. Nicht der Starkste setzt sich in jeder Beziehung durch, sondern der Geschickteste, eben der Tauglichste! Viele Vorgange in der Natur beweisen das Optimalitatsprinzip des Tauglichsten,wobei der Optimalwert eines Zustandes in aller Regel immer zwischen einem kleineren und einem groBeren Wert liegt, also zwischen einem Minimum und einem Maximum (siehe hierzu Odum 1991, Kuppers 1998). Die Suchstrategie der biologischen Evolution optimiert Individuen und Prozesse in ihrem hochkomplexen Netzwerk von Parametern - einfach ausgedriickt - nach einem zweistufigen OptimierungsprozeB: I.
Stufe Durch zufallige'), ungleich groBe Anderungen im Erbgut des Individuums, also durch genetische Mutabilitat, wird die Voraussetzung fur einen neuen Zustand,
1)
DaB diese zufilligen gentischen Variationen nicht IOO % reinern Zufall entsprechen, sondern durch sogenannte Mutatorgene auch einem gewissen deterministischen EinfluB unterliegen, sei nur am Rande envahnt.
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2 Netzwerk Verpackung
eine neue Eigenschaft oder ein neues Merkmal geschaffen. Bei hoheren Lebewesen geschieht dies durch die Verschmelzung elterlicher mannlicher und weiblicher Chromosomen, den Tragern der genetischen Erbsubstanz. Dieser Vorgang findet auf der Ebene der Gene statt. Nicht alle Gene werden beeinflugt, aber viele gemeinsam mit unterschiedlichen Veranderungsgraden variiert. Man spricht auch von genotypischer Veranderung bzw. vom Genotyp. 2.
Stufe Der oder die elterlichen Nachkommen mit sichtbaren veranderten Merkmalen bewahren sich - mehr oder weniger - im Verlauf ihres Lebens im Experimentierfeld der Natur. Als sogenannter Phanotyp uberlebt der Tauglichste, der wiederum seine Erbsubstanz, nun als Eltern der nachsten Generation, an die Nachkommen weitergibt.
Dieses sich standig wiederholende Spiel genotypischer Veranderung und phanotypischer Bewahrung - Jacques Monod (1979)spricht in diesem Zusammenhang auch von Zufall und Notwendigkeit - findet im Netzwerk der Natur gleichzeitig bei unzahligen Individuen statt und in einer grogeren Umwelt (Erde und Weltall), deren Unordung - Entropie - standig zunimmt. Trotzdem existieren die envahnten unzahligen technischen Hochstleistungen von Pflanzen, Tieren und Naturprozessen, von denen nicht nur die Verpackungstechnik profitieren kann. Um hier weiter in die Tiefe der Naturgeheimnisse zu steigen, mussten wir uns mit grundlegenden Organisationsprinzipien der Natur befassen. In Kapitel 5 mit Anmerkungen uber bionisches Verpackungsmanagement werden wir darauf eingehen. Resumierend kann gesagt werden, daB die Naturstrategie der evolutionaren Optimierung ihre volle Starke in einem vielparametrigen Umfeld und mit einer Vielzahl unterschiedlichlicher individueller Ziele ausspielt. Diese Starke ist in der Technik eine Schwache. Mit anderen Worten: Es fehlten bis vor einigen Jahrzehnten geeignete Mittel, vielparametrige Probleme mit mehreren Zielen, zeit- und kosteneffizient zu losen. Und teilweise werden heute noch technische Mehrparameter- und Mehrfachziel-Optimierungen, in zunehmend komplexen dynamischen Suchraumen mangels Kenntnis und Erfahrung - verhaltnismagig unwirtschaftlich, das heiBt eindimensional und linear gelost. 2.5.2.1
Evolutionare Algorithmen nutzen die Optimierungsstrategie der Natur
In den Goer und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde in Europa und den USA erkannt, wie wirksam die Methode des biologischen Optimierungsprozesses mit seinen Evolutionsfaktoren auch fur die Technik sein kann. Es wurden mathematische Rechenprogramme mit Algorithmen entwickelt, die analog zum biologischen Vorbild, durch ,,technische Mutation und Selektion" Parameterprobleme sehr effizient losten. Die Evolutionsbionik entstand, mit einem breiten Optimierungsspektrum fur evolutionare Algorithmen bzw. genetische Algorithmen fur die verschiedensten Technikprobleme mit den unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden. Vorrangig wurden komplexe, rein mathematisch schwer erfassbare Problem verfahrenstechnischer Stromungsprozesse untersucht und erfolgreicher gelost, als mit den bis dahin
2.5 Verpackung und Optimierung
bekannten Optimierungsverfahren. Uber Optimierungen von konstruktiven Fachwerkstrukturen, Maschinenelementen, chemischen Prozesse, bis zu Faltschachteln, wobei wir wieder bei der Verpackungsbionik waren, haben sich die evolutionaren Algorithmen ein breites Anwendungsspektrum erobert, in dern sie effiziente - oft uberraschende - Losungen prasentieren, die uns nicht selten stauen lassen (siehe unter anderem Schwefel1975, Holland 1973,Goldberg 1989,Kuppers 1998, Kuppers 1997/1998-3, Kuppers 1998-2). Mit dern technischen Analogon der adaptiven Optimierungsstrategie der Natur, als ,,Treibstoff' der Evolution, ist ein vielfach uberzeugender Beweis erbracht, wie aderordentlich wirksam evolutionare Naturlosungen fur technische Fragen und Probleme genutzt werden konnen. Erganzende Bemerkungen
1st die ,,Triebfeder"der Evolution aber tatsachlich der alles entscheidende Faktor fur die uns heute zur Verfugung stehende Artenvielfalt, fur die individuellen Hochstleistungen und fur organisatorisch effiziente Verfahren der Natur? Seit einigen Jahren wird unter Experten darum gestritten, ob die Darwin'sche Theorie der Selektion die einzige und entscheidende Grundlage fur die Weiterentwicklung des Lebens ist (Dawkins 1987)oder ob erganzende - noch nicht in einer grundlegenden Theorie erfaBbare - Einflusse, zum Beispiel organismischer Selbstorganisations- und Selbstregulationsprozesse, Ordnungsmuster (unter anderem Kauffmann 1gg3/1gg6,Bak 1996, Lewin 1996, Goodwin 1997)beziehungsweise selektiv erworbene Merkmale (Klose 1997, Roemer 1gg7),mitentscheidend sind. Auch wir sind der Meinung, daB die evolutionare Weiterentwicklung natiirlicher vernetzter Systeme, in denen organisches Leben mit anorganischen Elementen und Prozesse extrem gut harmoniert, wo Ablaufe mit autopoitischen Eigenschaften, also Fahigkeiten sich selbst zu organisieren und zu erhalten (Rose 1998, Kuppers 1998-1) die Regel sind, auf ein Erklarungsgebaude basiert, das umfassender ist, als das der sicher genialen Selektionstheorie Danvins. 2.5.3
Wie optimiert die Natur Verpackungen?
Aus den vorangegangenen Bemerkungen uber Optimierung in der Natur ist klar, daB Verpackungen - wie auch alle anderen Naturprodukte - in einem komplexen Netzwerk optimiert werden. Verpackungsoptimierungen in der Natur sind daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - immer auch Prozesse mit mehreren Zielen, mehreren EinfluBgroBen bzw. Randbedingungen und mehreren variablen Merkmalen. Die evolutionaren Algorithmen entfalten dabei wie envahnt ihre volle Wirksamkeit. Tabelle 2.5.1 zeigt ein derartiges Multioptimierungssystem, exemplarisch herausgestellt und aus dem tatsachlich vernetzten Zusammenhang gelost, am Beispiel der KokosnuB (siehe auch Kapitel 4). Diese Zusammenstellung von Zielen, Verpackungsmerkmalen und -parametern gibt Ihnen als Leser schon einen ersten konkreten Einblick in den komplexen Optimierungsbereich einer einzelnen Frucht. Um wieviel komplexer muB die Optimierung erst sein, wenn das
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2 Netzwerk Verpackung Tab. 2.5.1
Multi-Optimierungssystem KokosnuRverpackung
Optirnierungsziele
Optirnierungsparameter
Randbedingungen
Wachstum
Geometrievariable
Temperatur Feuchte
Dampfungsfahigkeit
Ma terialverbunde
Bruchfestigkeit
Materialstrukturen
Palmenhohe
Materialeffizienz
Materialmenge und -anzahl
Fregfeinde
Energieeffizirnz
Herstellungsart
Parasiten
Volnmeneffizienz
Formvariable
Symbiosen
Schwiinrnfahigkeit
Dichte. aerodpnamische Widerstandsform
Wassci-abstol3ung
Hpdrophobe Eigenschaft
hydrophobe Zusatze
Tropenstrahliing
Strahlrnschutz
Oberflachenstruktur
Venveilzeit im Meerwasser
Gasdurchlassigkeit
Mcmbranentruktur, Aufbau komplex
Langzeitschutz des lnhaltes
lntrraktionsvariable von Verpackung und Packgut
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Kleinbiotop Kokospalme mit all den zugehorigen Organismen im Boden, im Stamm, im Palmendach und in der naheren Umgebung des Baumes, mit einbezogen werden? Und doch gelingt es der Natur in diesen hochdimensionalen Suchraumen Optimierungsergebnisse zu erzielen, mit ingenieurtechnisch noch nicht annahernd erzielten Leistungen. Hinter den aufgezahlten Zielen, Optimierungsparametern und Randbedingungen des mehrdimensionalen Optimierungsproblems Verpackung, verbirgt sich ein Netzwerk aus linearen und vielfach nichtlinearen, Beziehungen. Wie die Natur Merkmale dieser Beziehungen qualitativ und quantitativ gewichtet, ist weitgehend unbekannt und noch nicht untersucht. Aus der Uberlegung heraus, daB die evolutionare Optimierungsmethode (siehe auch das praktische Optimierungsbeispiel in Kapitel 5.2.5) mehr beinhaltet, als den schon sehr wirksamen genetischen Motor fur die adaptive Einstellung der EinfluBvariablen oder Merkmale und die Zielgewichtungen, die bei mehrdimensionaler Optimierung notwendig ist, stellen sich auch die Fragen: Nutzt die Evolutionsstrategie aus Effzienzgrunden moglicherweise wenige Schliisselvariable und Ziele hoher Gewichtung, die letztlich das Produkt Verpakkung bestimmen und wenn ja, wie erkennt man diese? Beschleunigen dariiber hinaus noch sich selbst organisierende autokatalytische Systeme den Verlauf der Entwicklung von Verpackungen oder anderen Naturprodukten? Noch viele Geheimnisse verpackten optimierten Lebens in der Natur sind zu losen. Gehen wir aber Schritt fur Schritt weiter und fragen nach der Strategie oder den Strategien, mit denen Menschen Probleme der Verpackungsoptimierung angehen.
2.5 Verpackung und Optirnierung
2.5.4
Wie optirniert die Technik Verpackungen?
Grundsatzlich stehen in der Verpackungstechnik zwei Arten von Optimierungstechnik zur Verfiigung: I. 2.
die analytische Methode die experimentelle Methode.
Die analytische Vorgehensweise beschreibt ein Optimierungsproblem durch mathematische Regeln und Gleichungen. Dadurch wird die zu optimierende Verpakkung weitgehend mit Hilfe des Computers in Form von Naherungslosungen bearbeitet, die spater durch den experimentellen HerstellungsprozeB in ein Wirtschaftsgut umgesetzt werden. Ein typisches Beispiel ist die Optimierung von Faltschachteln als Verpackungen fur Safte, Milch, Milchprodukte, tierische Nahrung und anderes mehr (siehe auch Kapitel4 Bionik der Verpackung). Die experimentelle Methode nutzt das Experiment mangels vollstandiger mathematischer Erfassung des Optimierungsprozesses. Selbstverstandlich werden auch hierbei Computer eingesetzt. Aber die eigentlichen Verbesserungsschritte mussen durch das Experiment erarbeitet werden. Dies geschieht uberall dort, wo geometrische, logistische, storniche, energetische und andere Einflusse durch keinen Algorithmus, durch keine mathematische Gleichung erfagbar sind. Ein typisches Beispiel fur diese Methode ist die Optimierung der Lebensdauer eines bestimmten Lebensmittels und weiterer Ziele durch die Verpackung. Die Verpackung selbst besteht aus mehreren Schichten. Hierzu zahlen je nach Funktion und Schutz der Verpackung bzw. des Packgutes: innere Schicht (mit Kontakt zum Lebensmittel), Tragerschicht (zur Stabilisierung, Stapelfahigkeit und Transport der Verpackung), Sperrschicht (gegen Sauerstoff), auBere Schicht (als Trager von Information), Oberflachenschicht (fur klimatischen Schutz). Es existiert kein Rechenprogramm, das fur ein bestimmtes vorab beschriebenes, komplexes Verpackungs-Optimierngsproblem, auf analytischem Wege Losungen erarbeiten konnte. Bei der Fiille verschiedener im Verbund eingesetzter natiirlicher und kunstlicher Verpackungsmaterialien ist dies ein unter Urnsunden sehr zeit- und kostenaufwendiger ProzeB, selbst wenn man gewisse Erfahrungen nach dem Stand der Technik mit in die Optimierungswaagschale wirft. Zwei umfangreiche Werke, die sich mit Verpackung von Lebensmitteln (Buchner 1999)und Verpackung rnit Kunststoffen (Ahlhaus 1997)auseinandersetzen, geben einen fundierten Einblick in die Vielzahl der Optimierungsparameter technischer Verpackungen. Die Technik optimiert Verpackungen in der Regel durch Detailverbesserungen, hier eine neue Oberflache, dort ein neuer, wiederverschliegbarer VerschluB. Dafur werden geeignete Teillosungen gesucht, die sich in den vorhandenen FertigungsprozeB weitgehend einfugen. Oft bestimmt auch eine Optimierung des Packgutes die drastische Anderung einer Verpackung. Was beispielsweise vor 15 Jahren die steife Kartonverpackung f i r 4 4 kg pulvrige Waschmittel war, ist heute das KunststofT packchen fur 500 g Waschmittelkonzentrat.
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2 Netzwerk Verpackung
Aus diesem Beispiel erkennen wir die gegenseitige Beeinflussung von Verpakkung und Packgut, obwohl nicht wie in der Natur gemeinsam, aus ,,einer Hand" optimiert, sondern als eine Folge getrennt zu fertigender aber letztlich zusammenwirkender Produktlinien. Dariiber hinaus sind an diesem dualen OptimierungsprozeB naturlich noch weitere Einflusse und Ziele anderer verpackungstechnischer Hersteller und Dienstleister beteiligt, die alle ihre okonomische Wertschopfung auf dem Lebensweg der Verpackung suchen. Seien es logistische Vorteile, Materialverarbeitungsvorteile, Vorteile im Werkzeugbau fur Verpackungen oder neue Verpackungsmaschinenmodule, Verpackungsdesignvorteile und vieles mehr. Aber im Gegensatz zur Optimierungsstrategie biologischer Verpackungen existieren fur den technischen Verpackungsbereich definierte starre Obergrenzen der Geometrie-Variabilitat verpackungstechnischer Produkte, abgesehen von SondergroBen. Wenn wir die geometrische Kette modularer Flacheneinteilung, das heist die modular aufgebauten geometrischen FlachenmaBe von Einzel-, Um-, Sammel- und Transportverpackung zugrunde legen, stoBen wir auf die eindeutigen Grenz-FlachenmaBe der Transportpalette. Diese MaBe beruhen letztlich auf die Verpackungslogistik, die den reibungsfreien Transport und Austausch von Gutern weltweit gewahrleisten soll. In Asien und den USA sind die Paletten-FlachenmodulmaRe 1000 mm x 1200 m m ublich. In Europa wird fur die entsprechende Transportpalette das FlachenmaB 800 m m x 1200 m m bevorzugt. aus beiden GrenzflachenmaBe resultiert das in der International Organization of Standardization (ISO)unumstoBliche AusgangsflachenmaB 600 m m x 400 m m fur rechteckige Verpackungen bzw. Transportverpackungen ( I S 0 3394,1995).Ausgehend von diesem grogten Flachenm a s existieren verschiedene Reihen von sich unterordnenden Flachenrastern von Verpackungen (siehe hierzu DIN 55509, 1985;DIN 55 510,1982; DIN 55520,1985; DIN 30 783, 1981;DIN 3 0 798, 1979).Die Vereinigung europaischer Lander wird aber dazu fuhren, daB diese sogenannten Vorzugsreihen weitgehend aufgehoben werden mit der Konsequenz einer grogeren Gestaltungs- bzw. MaBfreiheit der einzelnen Verpackungen. Optimierungsprozesse besitzen neben Zielen und veranderbaren Optimierungsgrogen auch Grenzen, die den Optimierungsraum mehr oder weniger einengen. Die nachfolgende Tabelle 2.5.2 listet hierzu einige Verpackungsmerkmale auf und beschreibt in einer Gegeniiberstellung Grenzen fur biologische und technische Verpackungen. Hiermit soll das Kapitel Verpackung und Optimierung abgeschlossen werden, obwohl dieses Thema noch eine Fulle von Details beinhaltet, die es lohnt, aus der Sicht der Optimierung anzusprechen. Wir denken hierbei nicht nur an die spezifische Verpackungshiille bzw. Verpackungsmaterialstruktur, sondern an das weitaus komplexere Produktsystem Verpackung, mit Verpackungsmittel, -hilfsmittel und anderes mehr, fur das sowohl in der Natur als auch in der Technik intelligente Losungen entwickelt wurden. Fur interessierte Leser, die in weitere Details aktueller technischer Produktsysteme von Verpackungen einsteigen wollen, uber die es reichlich nationale und internationale Fachliteratur gibt, seien an dieser Stelle nur 2 deutschsprachige Literaturstellen von Zeitschriften genannt, die das weite Spektrum der Verpackungstechnik abdecken: ,,nv neue Verpackung" und ,,VR VerpackungsRundschau".
2.G Verpackung und Transport
Tab. 2.5.2
Crenzen biologischer und technischer Verpackungsoptimierung
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Biologische Verpackung
Technische Verpackung
Geometrische Flachcn- und Raurnmalk
offene, variable Ober- und Untergrenzen, aber alhlngig von ruckgekoppelten Einfliissen im lokalen Optimierungsnetzwerk
fcste Obergrenzen voii reLhteckigrn Transportstell- und v;iriablen Traiisporthohenrfid~~~~ii, damnter moditlare Einteilung
AulSere Form, Gestalt
variabel, folgt biologischen Prinzipien, wie Energic-, Materialwid Informations-Effizienz
variabrl, aber untcrliegt letztlich dem Rechteck-Modulrastcr der Transportverpac knng
Gewicht
variabel im Nctzwerk lokaler Einfliisse
variabrl, aber abhangig vom lnhdlt und Obergrenzen durch die Transportmittel
Stiickzahl
variabel im Netzwerk lokaler Einfliisse
Obergrrnze, variabel ini Rechteck-Rastermod~il
Gefahrgutschutz. besondcrer Schutz
optimale evolution$ire Losungen mit Standardm;iterialirn. ndchhaltig venvcrtbar
Sonderlosungcn rnit znm Teil speziellen Materialirn. urnweltbelastend
Aktionsbereich, Lrbensbereich
lokale Biotope. dort aber optimal nachhaltig angepagt
lokales und globalrs Umfeld, selten nachhaltig optimiert
Merkmal
Bionisch geleitete Optimierungsansatze fur Verpackung, die neben dem Produkt Verpackung auch vernetzte Optimietungseinfliisse auf dem Verpackungslebensweg beriicksichtigen, also ein systemisch optimiertes, nachhaltiges Verpackungsprodukt zum Ziel haben, werden in Kapitel4 prasentiert.
2.6
Verpackung und Transport 2.6.1
Kleinraumiges Wirkungsfeld zur Erhaltung der Art
Auf die Tatsache, daR in der Natur Verpackung und Verpackungsinhalt gemeinsam, in inniger Verbindung zueinander entwickelt werden, wurde schon hingewiesen. Naturverpackungen geben dem wachsenden Leben an Ort und Stelle zuallererst Schutz. Hier spielen der Transport beziehungsweise die artspezifisch zu erfiillenden technischen Kriterien eines Transport, noch keine Rolle. Daruber hinaus ist der Stellenwert des Transportes fur Verpackungen in der Natur nicht mit dem im technischen Verpackungsumfeld zu vergleichen. Dafur gibt es zwei gewichtige Grunde: Erstens, weil sich zwei vollig unterschiedliche Verpackungsstrategien gegenuber stehen und zweitens, weil deren Zielsetzungen nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Die logistischen Aufgaben, die Verpackungen in der Natur erfullen, wie Lagerung, Stappelung oder Packgutschutz beim Transport, vollziehen sie unter anderem di-
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40 2 Netzwerk Verpackung
rekt als integrale Schritte wahrend der evolutionaren Entwicklung. Denken wir hierbei nur an die geschickten und raumsparenden Kugelverpackungen verschiedener Niisse, die optimierte Stapelverpackung von Hiilsenfriichten oder die hexagonale (sechseckige) materialsparsame und dichteste Flachenverpackung durch die Waben der Bienen. Biologische Verpackungen haben vorprogrammierte unterschiedliche Lebensintervalle, wonach sie das geschiitzte Leben in die Selbststandigkeit entlassen. Dies zeigen die Verpackungen durch die differenziertesten optischen, formgebenden und olfaktorischen (geruchsspezifischen) Merkmale an. Ein Transport iiber weite Entfernungen findet - iiber die Gesamtheit der Transporte gesehen - seltener statt. Vieles spielt sich naturgemaf3 im kleinen Lebensraum ab. Der Verpackungsschutz wahrend eines Transportes geschieht auf vielMltige Weise, sehr oft in der naheren Umgebung, beispielsweise beim Fallen fruchteinhullender Verpackungen von Baumen, wie von einem zehn bis funfzehn Meter hohen Kastanienbaum. Hier hat die Evolution die Verpackungen mit raffinierten stoBdampfenden Strukturen und Formen ausgestattet. Sie erlauben beispielsweise den Fall einer nachkommenden Frucht im Reifestadium - auch eine Art Transport -, ohne das werdende Leben zu zerstoren. Wer von Ihnen, liebe Leser, hat sich nicht schon mindestens einmal, als Kind an den Stacheln der Kastanienverpackung die Finger gepieckt oder sich an der kleinen kugeligen Verpackung der dicht gelagerten, dreieckformigen Bucheckern die Fingernagel umgeknickt? Desweiteren mussen Verpackungen tropischer Baumfruchte ihre lnhalte solange schiitzen, bis sie beispielsweise im Magen einer Gelbnackenamazone mit Hilfe von Mikroorganismen zersetzt werden, um nach dem Ausscheiden aus dem Tierorganismus die Samen keirnen zu lassen. Aber auch fur den oben angesprochenen Verpackungstransport uber lokale Biotopgrenzen hinaus gibt es hinreichend viele Beispiele. Denken wir nur an den Transportschutz der siisen Kokosmilch durch salziges Meenvasser, oder die Mitnahme von verpackten Nachkommensamen durch Vogel in Regionen, mehrere Hundert und Tausend Kilometer entfernt vom elterlichen Organismus. Die Arterhaltung, als oberstes Ziel in der Natur, hat auch Verpackungen mit vielfaltigen Transporteigenschaften hervorgebracht, die hier nur vereinzelt envahnt sind. In Kapitel4 werden wir hierzu aber noch ausfiihrlicher eingehen und weitere eindrucksvolle Beispiele prasentieren. 2.6.2
Weltweite Transporte irn wirtschafilichen Wettbewerb
Logistische technische Meisterleistungen transportieren verpackte Cuter jeglicher Art in die entferntesten Winkel unserer Erde. Beteiligt an diesen Transporten sind Verpackungen unterschiedlichster Arten, GroBen und Materialien. Die Einzel- oder Verbraucherverpackung dominiert. Es folgen Umverpackung, Sammelverpackung und Transportverpackung bis zur genormten Groge eines Containers. Alle miissen miteinander irgendwie platz- und raumsparend gestapelt und gelagert werden. An diesen lokalen, regionalen und lander- bzw. Kontinente iiberschreitenden Transport-
2.G Verpackung und Transport
ketten beteiligen sich die verschiedensten Transport- und Verkehrsmittel wie Fahrrad (stadtische Kurierdienste), Personenwagen, Lastkraftwagen, Bahn, Schiff und Flugzeug. Okonomische Vorgaben bestimmen vorrangig die teilweise bis auf die Minute festgelegten Liefertermine. Verpacken, lagern, transportieren, lagern und auspacken sind Stationen der packgutschutzenden Transporte. Zeit und Kosten sind deren wirtschaftliche Treiber. DaB diese Art Transport auch gelegentlich zu humanokologischen Folgen mit todlichem Ausgang fuhrt (,,Sekundenschlaf' am Steuer des Lastkraftwagen nach 24 und mehr Stunden ununterbrochener Fahrt), sol1 nicht unerwahnt bleiben. Ebenso ist das Fahren mit Luft - dem teuersten Transportgut (!) - im Zeitalter einer ,,just in time"-Logistik, in Form von Rucktransporten mit leeren Laderaumen, immer noch hier und da an der Tagesordnung. Sogenannte Mischverpackungen, das heiBt Einzelverpackungen unterschiedlicher GroGe zusammen zu fassen und gegebenenfalls kostengunstiger transportieren zu konnen, sind noch die seltene Ausnahme, der Handelsvorgaben durch das Nachbestellen von einheitlicher Warenladung und anderes mehr entgegenstehen. Transportverpackungen in der technischen Logistik erfullen ihrer Aufgaben innerhalb der verketteten Produktlinien der Verpackungsinhalte. Enge Rahmenbedingungen durch den Handel, aber auch durch lokale, regionale bzw. kommunale Einschrankungen lassen (noch)wenig Spielraum fur umweltokonomische Entwicklungen. Das bionische Entwicklungspotential fur nachhaltigere Transporte von Verpackungen liegt einerseits in den einzelnen Transportphasen, andererseits in deren geschickte Verkettung. Hierzu leistet in jungster Zeit auch die elektronische Information und Kommunikation ihren Beitrag. Oft tut sie dies nur, um Tranportfahrten von einem Ort zum anderen zu dirigieren. Das hilft Zeit und Kosten sparen. Kommunikation als Selbstzweck zur Maximiemng der okonomischer Ziele, breitet sich im technischen Verpackungsnetzwerk auch durch sogenannte Kommunikationsagenturen aus (die Philosophie ist: nur uber eine Art Dolmetscher-Agentur gelingt die Verstandigung zwischen zwei Kommunizierenden, zum Beispiel Packmittelhersteller und Packguthersteller). Kommunikation ist aber mehr als Befehlsempfang und Mittlerfunktion (Kuppers 1993). Kommunizieren heil3t in erster Linie zuhoren konnen, fragen, erlautern, diskutieren, austauschen von Daten und Informationen in direktem Gesprach - und Zeit nehmen! Es ist nicht unwahrscheinlich, da&: die Wiederentdeckung der Langsamkeit und Griindlichkeit bei strategischen Aufgaben im Kommunikationsbereich fur die Erfullung nachhaltiger Ziele eine wesentIiche Rolle spielen wird. Dies ist - gerade im Zeichen beschleunigter Globalisierung - erst recht innerhalb eines Industriebranchennetzes wie die Verpackungsbranche, wo die Sprachunterschiede eher durch komplizierte Worte als durch echte Verstandigungsschwierig keiten bedingt sind, ein effizienterer Weg zum Erfolg aller Beteiligten. Auch in diesem Hauptkapitel von Verpackung und Transport zeigen sich die Unterschiede zwischen Natur (systemisch, nachhaltig) und Technik (okonomisch, wertschopfend) im Ganzen und im Detail. Wie hieraus Vorteile fur die vernetzte Verpackungstechnik, innerhalb unserer Natur durch umweltvertragliche bionische Losungen zu gewinnen sind, wird in Kapitel G diskutiert.
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2 Netzwerk Verpackung
2.7
Verpackung und Umwelt 2.7.1
Naturverpackungen in der Umwelt - okonomisch und okologisch zugleich
Verpackung und Umwelt heist in erster Linie Verpackung und Urnweltbelastung durch Verpackungsabfall! Man sagt, die Natur produziert abfallfrei. Das stimmt so nicht, wenn man Abfall als den Stoff betrachtet, der nicht mehr am Metabolismus eines lebenden Organismus teilnimmt oder diesen schadigt. Beispielsweise beinhaltet die biologische Verpackung des Baumes (siehe Kuppers 1998-2 und Kapitel4) sogenannte Zwischendepots fur den Metabolismus, den Stoffwechsel des Baumes schadigende Produkte, wie Gerbstoffe, Harze oder Kristalle. Alle giftigen Schadstoffe werden dabei in Gewebeteilen abgeschieden, die als kleinraumig verteilte, lokale Zwischenlager dienen. Diese sterben mit der Zeit ab, losen sich vom Baum und bieten einem Heer von Zersetzern ausreichend Nahrung. Abfallstoffe sind fur die Natur - ganz im Gegensatz zur Technik - aber keine Problemstoffe. Richtiger und konkreter ware die Feststellung, daB die Natur ein ausgeklugeltes, organismusubergreifendes Materialmanagement - inklusive des Verpackungsmaterials - besitzt. Jeder naturliche Stoffoder stoffliche Verbund wird zu I O O % wiedervenvertet und als Ausgangsrohstoff erster Qualitat, fur die Erzeugung neuer Nachkommen und Generationen von Nachkommen, zur Verfugung gestellt. Jedoch bestatigen gewisse Ausnahmen die RegeI. Eine dieser Ausnahmen sind die seit Jahrmillionen in der Erde lagernden fossilen Energietragern (Kohle, Ergol, Erdgas), die als biologische Endlagerstatten fast nur durch menschliches Zutun in den athmospharischen Kreislauf gelangen konnen um diesen mit dem ,,Treibhausgas" CO zu belasten. Eine weiteres Beispiel sind Kalkablagerungen, die sich durch das Sterten unzahliger Meerestiere zu riesigen Untenvasserdepots und durch geologische Ablaufe zu Gebirgen auftiirmen. Die besonderen okologischen Eigenschaften die diese ,,Abfall-Biotope"fur unser Weiterleben spielen, sind noch nicht vollstandig erforscht. Leider greifen wir Menschen auch hier, aus rein wirtschaftlichem Interesse, in einen vernetzten Naturraum ein, ohne die natiirlichen Zusammenhange und Ruckkopplungen zu verstehen, die durch unser Verhalten moglichenveise ahnlich den Folgen aus der exzessiven Nutzung fossiler Energietrager - zu weiteren schadlichen, globalen Auswirkungen fuhren. Pflanzen und Tiere in der Natur erzeugen jahr fur Jahr Abfallberge von Verpakkungen und Packinhalten unvorstellbaren AusmaBes, wogegen unsere erzeugte Verpackungsmenge verschwindend klein ist. Und trotzdem schafft es die Natur, ohne aufwendige Mittel diese Abfalle ruckstandsfrei ohne zusatztliche Umweltbelastung zu verarbeiten oder zu neutralisieren. Es herrscht ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen derjenigen Menge, die produziert wird und jener zu entsorgenden Abfallmenge, die fur die Wiedervenvertung neu aufbereitet wird. Im Gegensatz zum Problemfeld technischer Verpackungen, welches anschlieBend beleuchtet wird, existiert in der Natur, aufgrund der vielfaltigen Netzwerk-Verknupfungen und Ruck-
2.7 Verpackung und Umwelt
kopplungen, keine scharfe Trennung zwischen Herstellung und Entsorgung. Alles lauft in flieBenden Ubergangen zusammen. In Kapitel 6, zum Thema bionisches Verpackungmanagement, wird auf diesen vernetzten Vorgang noch intensiv eingegangen. Naiiirliche Verpackungen, die vielfach aus Verbundmaterialien bestehen, losen sich nach ihrer Nutzung in wiederverwertbare Bestandteile auf, oder werden durch symbiotische Lebenspartner, die Spezialisten fur das ,,Knacken" von Materialverbunden sind, untersttitzt, ohne ein Problem der Stofftrennung. Das bekannte Vorgehen, mit nur wenigen Ausgangsstoffen und durch intelligente Verarbeitung Naturverpackungen hoher Qualitat zu erzeugen, erleichtert die Wiederverwertung auBerordentlich. Am eindrucksvollsten zeigen sich die umweltvertraglichen Lebenskreislaufe von Verpackungen am Beispiel immergriiner tropischer Baume und Straucher, beim Ubergang von einer Generation zur anderen. Das Miteinanderwirken und Ineinandenvirken von Verpackungsstoffen absterbender und neu wachsender Organismen, durch effiziente Nahrstoffnutzung, hervorragendem Klimaschutz und optimal abgestimmter Energienutzung, ist nur ein kleiner Auszug aus dem Wirkungsnetz dieser Art Verpackung in der Natur, die Paturi (1974) aus der Sicht biologischer Abfallvenvertung detailiert beschreibt. Alles in allem geht die Natur mit ihren Verpackungsprodukten sehr nachhaltig um. Naturverpackungen sind, neben dem ihnen zuzustehenden hohen Grad an Leistungsfahigkeit und Qualitat, aus ihrer eigenen Netzwerk-Entwicklung heraus, auch per se umweltvertraglich. Sie verkorpern demnach in idealer Weise die Verschmelzung von Okologie und Okonomie in komplexer Umgebung. Gilt vergleichbares auch fur technische Verpackungen? 2.7.2
Technische Verpackung - Urnwelt - Verpackungsabfall
Die Antwort auf die unmittelbar vorab gestellte Frage ist ein eindeutiges NEIN! Technische Verpackung und Umwelt heiBt in erster Linie Verpackung und Umweltbelastung, heiRt schlieglich Urnweltbelastung durch Verpackungsabfall. Die okologische Kehrseite des marktwirtschaftlichen wertschopfenden Verpackungsspiegels stellt sich wie folgt dar: Umweltprobleme bei ausgewahlten, bisher exzessiv genutzten Verpackungsrohstoffen Entsorgungsprobleme von kunstlich hergestellten Verpackungsmaterialien und Materialverbunden aus Papier, Kunststoff, Metall und weiteren Stoffen sowie doppelt, dreifach und vierfach verpackten Packgutern Verpackungsstoffemit integrierten umweltbelastenden Stoffen zur Veredelung, wie synthetische Farben und Lacke, Glanzbildner, bakterielle Schutzstoffe und so weiter Uberproportionale Entsorgungskosten, zum Beispiel bei Kunststoffverpackungen 50 % des Verpackungs-Nennwertes Herstellungsbedingte Urnweltbelastung und Umweltzerstorung bei verschiedenen Verpackungsmaterialien
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Okologisch und humanokologisch belastende Transportfahrten Kritisches Verhalten von Verbrauchern, Verbraucherverbanden und Umweltschutzorganisationen gegenuber Verpackungsgutern und deren Folgen fur die Umwelt Durch Verpackungsprozessschritte verursachte externalisierte Kosten bleiben in der Verpackungswertstellung unberiicksichtigt Gesetzliche Einschrankungen zu Lasten herkommlichen linearen Verpackungsmanagements Umweltvertraglichkeitsuberpriifung von Verpackungen und deren Herstellungsprozessen Zunehmende Uberprufung der Umweltbelastung von zum Beispiel Produktionsfaktoren verpackungstechnischer Prozesse fur die Vergabe von Krediten durch Celdinstitute Vergleichbare Prozeduren wie fur die Vergabe von Bankkrediten gelten auch fur Versicherungsabschlusse Richterliche Urteile uber einklagbare Beeintrachtigungen von Menschenrechten durch betriebliche Umweltverschmutzungen infolge verpackungstechnischer und auch anderer materialverarbeitender Prozesse.
Prozesse zur Herstellung technischer Verpackungen sind imrner noch grogtenteils EinbahnstraBenprozesse fur die Stoffwege und damit lineare, monokausale Stofftransportketten, von der Rohstoffquelle Natur, uber die Verknupfung rnit kunstlichen Materialien auf dem Fertigungsweg, bis zur Abfallsenke Natur, auch wenn vereinzelt Ausnahmen von biologisch vertraglichen Verpackungen den besseren Weg zu einer Nachhaltigkeit von Verpackung und Umwelt weisen. Das funktionierende Netzwerk natiirlicher Ablaufe in der Umwelt wird bei vielen Verpackungsprozessen aufs augerste belastet und teilweise zerstort. In der offentlich und kritisch gefuhrten Diskussion uber naturvertragliche und wirtschaftliche Produkte und Herstellungsverfahren, nimrnt die Verpackung, trotz ihrer nachweisbaren technischen Leistungen, eine zentrale Stellung ein. Sie ist quasi zurn Objekt politischen Interesses geworden. Warurn ist das so?
Weil die okologischen, okonomischen und sozialen Folgen, die aus Herstellung, Nutzung und Entsorgung einschlagiger Verpackungen bzw. Verpackungsrnaterialien resultieren, volkswirtschaftlich gesehen Lucken aufreiBen, die die Verpackungswirtschaft und begleitende Wirtschaftszweige alleine und in nachhaltiger Weise nicht schlieBen konnen. Diese Lucken zeigen sich unter anderem in den uberproportional ansteigenden Reparaturkosten fur Folgeprobleme in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Das wirtschaftliche und politische Interesse fokussiert sich dabei vorangig auf die Verpackungsentsorgung, als letzten Arbeitsschritt auf dem Lebensweg einer Verpackung. Wir meinen, eine grundsetzlich falsche Schwerpunktsetzung auf diese wenig nachhaltige ,,end of the pipe"-Technik. Was passiert?
Steuernde Eingriffe, durch nationale Gesetze und uberlagerte, europaweit geltende Richtlinien, beziehungsweise Verordnungen zur Verminderung - und Vermei-
2.7 Verpackung und Urnwelt
dung(?)- der vorhandenen und zu entsorgenden Verpackungsberge, legen der verpackungsherstellenden Industrie, in einem ersten Schritt, Quoten fur die Wiederverwertung von Verpackungsmaterialien vor. Eine Politik der Grenzwerte greift ein! Die einschlagigen Industriezweige kontern mit einem eigenen, von den Verbrauchern zwangslaufig mitfinanzierten System der Wiederverwertung und Entsorgung (das sogenannte Duale System). Hierdurch wird jedoch eine nicht vorhergesehene Eigendynamik in Gang gesetzt. Verpackungsabfallstoffe werden zwar getrennt gesammelt und teilweise wiederverwertet, aber eine insgesamt rohstoffeffkientere Verarbeitung, als die notwendige Voraussetzung fur eine nachhaltige Verpackungseinsparung und damit reduzierte Entsorgung, findet in diesem Zusammenhang nicht statt. Im Gegenteil! Lander- und kontinentiiberschreitende, marktwirtschaftliche Aktivitaten fuhren zu einem neuen, zusatzlichen wachstumsintensiven Entsorgungsmarkt, mit gesichert kalkulierbaren, verlockenden Umsatzen und Gewinnen. Abbildung 2.7.1 zeigt in einer Skizze den globalen linearen Lebensweg des Wirtschaftsgutes Verpackung, wie er sich heute und noch fur die nahe Zukunft darstellt. Die schwach angedeuteten Kreislaufe fur eine stoffliche Wiederverwertung und Verpackungswiederverwendung (Glas-, KunststofF Getrankeflaschen) konnen hier nur als Ansatze fur umweltvertragliche Arbeitsschritte einzelner Pioniere gewertet werden. Sie zeigen aber den generellen Trend, das biologische Kreislaufprinzip der Materialverarbeitung zum Vorbild zu nehmen. Im vernetzten Verpackungsumfeld der Natur exponiert sich die linear kausale Strategie einer technischen Verpackungsmaterialverarbeitung. Die Natur scheint sehr tolerant, wenn es im Rahmen gewisser Grenzen zu Problemanhaufungen kommt. Werden diese Grenzen aber durch den exessiven Materialverbrauch oder ,,Endlagerungen" technischer Verpackungen uberschritten, sucht die Natur nach Auswegen, ihr eigenes, fliegstabiles Gleichgewicht trotzdem noch aufrecht zu erhalten. Diese Auswege, die aus der Sicht der komplex vernetzten Naturablaufe eigentlich Problemlosungen sind (!), zeigen sich fur uns Menschen durch zunachst vereinzelt auftretende Umweltschaden, die in dem fur uns unsichtbaren Naturnetzwerk schnell in weitere Lebensraume diffundieren und dort auch gehauft in Erscheinung treten konnen. Es ist in unserer Zeit globalisierender Veranderungen nicht mehr ausgeschlossen, daB rohstoff- und energieverzehrende Arbeitsprozesse von Verpackungen auf einem Kontinent, durch biospharische oder andere Transportketten, Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen und anderer Organismen in weit entfernten Regionen haben. Ein Beispiel dartiber, wie Schutzstoffe fur Verpackung und Packgut schleichend zu weltweiten, lebens- und umweltbedrohliche AusmaBen fuhren, zeigt die zur Zeit hochaktuelle Diskussion uber die Verwendung von Organozinnverbindungen (Haas 2000). Bekannt ist das zu den langlebigen Umweltgiften zahlende Tributylzinn (TBT), das als Anstrichfarbe fur Schiffriimpfe zur Vermeidung von Muschel- und KrebsBewuchs genutzt wird. Primar sind hierbei - wie so oft - rein okonomische Griinde das Mag der Mittel, weil durch organischen Bewuchs die wandnahe Reibung des Schiffrumpfes in Wasser erhoht und dadurch die Geschwindigkeit des Schiffes reduziert wird. ,,Time is money".
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ROHSTOFFE
Wiederverwertungsquoten
Gesetzliche
Wirtschaftsgut Verpackung
2.7 Verpackung und Urnwelt
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Weniger bekannt ist dagegen, daf3 TBT als Pilze und Bakterien totendes Desinfektionsmittel auch fur Papier imd Holz venvendet wird, womit wir wieder den Bogen zu Verpackungen bzw. Verpackungmitteln wie zum Beispiel Holz-Transportpaletten geschlagen haben. Dariiber hinaus existiert eine weitere TBT-ahnliche Stoffverbindung, das Triphenolzinn (TPT). Es wird in der Landwirtschaft unter anderem als Pilzbekampfungsmittel gegen Knollenfaule von Kartoffeln eingesetzt. Sowohl TBT als auch TPT beeinflussen als langlebige Umweltgifte, ,,persistent organic polutents" (POPS),weltweit und direkt sowohl den Lebenslauf von Verpakkungen und Verpackungsmitteln als auch den Lebenslauf von Packgiitern. Indirekt wirken diese synthetischen Gifte auch in den Nahrungsketten von ,,niederen" Organismen wie Schnecken bis zu ,,hoheren" Lebewesen wie uns Menschen, wobei diese Gifte im Verdacht stehen, das Hormonsystem zu storen. Was ist zu tun?
Vermeiden-Vermindern-Verwerten,in dieser Reihenfolge sollen nach Vorgabe durch die Verpackungsverordnung Verpackungen bewertet werden. Vermeiden bedeutet zu fragen: Sind Verpackungen iiberhaupt notwendig? Vermindern bedeutet wiederverwenden. Verwerten heiBt den nicht mehr wertschopfenden Verpackungsstoff wieder einem MaterialverarbeitungsprozeB zuzufiihren. Erganzend konnten noch die beiden Begriffe Kompostieren und Entsorgen hinzugefugt werden, wobei sich Entsorgen noch in thermische Wiedervenvertung und Deponieren unterteilt. Kompostiert wiirden Stoffe, die biologisch abbaubar und damit biologisch vertraglich sind, ohne zusatzliche Umweltbelastung, zum Beispiel durch Kohlenstoffdioxid. Entsorgt werden alle Stoffe, die den vorab genannten 4 Kriterien nicht gerecht werden. Das betrifft in erster Linie die Vielzahl von chemischen Kunststoffen, Kunststoffverbiinden und Mischkunststoffen. Die Abbildungen 2.7.2 und 2.7.3 lassen erkennen, daB die Entsorgung von Kunststoffen verschiedener Art weniger eine Frage des Gewichts als vielmehr eine Frage des Volunmens ist! Viele Kunststoffgebinde lassen sich nach dem Gebrauch des Inhaltes durch den Verbraucher nur schwer oder gar nicht zerkleinern. Auch das optische Erscheinungsbild vieler StraBenziige in Wohnbereichen, zum Zeitpunkt der Entsorgung (immer haufiger auch ein Tummelfeld fur Nagetiere!), tragt nicht gerade zu einer positiven
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2 Netzwerk Verpackung
Einstellung der Verbraucher zum gegenwartig praktizierten Verpackungsentsorgung bei. Leider ist die Mehrzahl der Verbraucher aber auch nicht bereit, sich durch energische Willensbekundungen gegen diese Entsorgungspraktiken aufzulehnen und nehmen stattdessen Erhohungen der Mullgebuhren stillschweigend in Kauf. Der anzusetzende Hebel fur technische Verpackungen, die durch einen naturvertraglichen Lebenslauf mit unserer Umwelt nachhaltige harmonieren, liegt in den Industrielandern. Er sollte aber nicht auf die Weise benutzt werden, dag ausrangierte, umweltbelastende Verpackungen, aus Griinden allerletzter Wertschopfung, an sogenannte Entwicklungslander verkauft werden. Das Naturpotential intelligenter Verpackungen, das ausgerechnet in den wirtschaftlich schwachen Landern in grogem MaBe vorhanden ist, sollte nicht noch durch einen derartigen ,,Verpackungstourismus" aus den Industrielandern weiter zerstort werden. Hier wiirde eine kooperative Einstellung der Verpackungswirtschaft zu nachhaltigen Erfolgen fur beide Seiten fuhren. Das auch in der Verpackungswirtschaft erkannte Problem zunehmender Kostenaufwendungen durch Folgelasten umweltbelastender Verpackungsentsorgung und Abfallstoffe entlang verpackungstechnischer Prozessketten, fiihrte um 1990zu der Entwicklung sogennanter Oko-Bilanzen. Damit wurden die Stoffmengen und Stoffverlaufe, insbesondere der Abfallstoffe entlang der Wertschopfungskette einer Verpackung, erfagt, ausgewertet und Verbesserungen durchgefuhrt zur Minderung des umweltbelastenden Stoffaustrages. Diese Herangehensweise wurde begleitet durch gesetzlich abgesicherte Umweltvertraglichkeitsprufungen (UVP) (Sietz 1994). Mit der Zeit entstanden hierzu auch - neben den jahrlichen Wirtschaftsbilanzen - erste Umweltbilanzen von Unternehmen, die damit ihr Engagement gegenuber der Umwelt werbewirksam prasentierten. Es zeigte sich aber, daB die ,,Oko-Untersuchungen"in erster Linie Untersuchungen zur Starkung der eigentlichen Wertschopfung des Kernproduktes waren. Detailverbesserungen waren die Regel. Prozessorientiertes und damit systemgeleitetes Handeln, mit den Chancen zur Entwicklung echter nachhaltiger Produkte, fand nicht statt, war nicht gewollt oder war mangels systemischen Denkens nicht moglich. Einen Uberblick uber Materialien zu Okobilanzen und Lebensweganalysen gibt das Umweltbundesamt in seinen Texten 2 6 (UBA 1997).
2.7 Verpackung und Umwelt
Der Uneinheitlichkeit verschiedener Herangehensweisen zur okologischen Produktbewertung versucht die gegenwartige Standardisierung von Okobilanzen ( I S 0 14040- I S 0 14043)entgegenzuwirken. Sie ist aus methodischer Sicht ein wichtiger Schritt zu umweltvertraglichen Produkten und damit auch Verpackungen. Aus systemischer Sicht reicht dieser Schritt aber noch lange nicht aus, Verpakkung und Umwelt vetraglich und vor allem nachhaltig miteinander zu verbinden. In Kapitel G wird hierzu die Perspektive der bionischen systemanalogen Vorgehensweise aufgezeigt. Ein weiterer Schritt in Richtung von technischen umweltvertraglichen Verpakkungen fiihrt iiber biologisch abbaubare Kunststoffe bzw. nachwachsende Rohstoffe. Insbesondere Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen (Bananenblatter, NuBschalen, Bambusflechtwerk, Holzkisten, Strohfullungen, Baumwolle etc.) werden in vielen Landern Afrikas, Asiens und Sudamerikas, die iiber keine ausgereifte Verpackungstechnik und -1ogistik verfiigen, von den Eingeborenen fur ihre kleinraumige lokale Marktwirtschaft genutzt. Die klimatischen Bedingungen lassen es zu, daB das Verpackungsmaterial schnell und problemfrei verrottet. Sicher ist dies nur eine umweltvertragliche Art der Verpackung in lokalen Nischen. Innerhalb unserer hochtechnisierten Zivilisation mit ihrer ausgefeilten Verpackungstechnik ware diese Handhabe wohl kaum moglich - oder? Verschiedene Gutachten (Westermann 1992) dokumentierten Anfang der goer Jahre die Umweltvertraglichkeitvon Naturstoffen, wie Stroh als Fullgut und Polystyrolsubstitut (PS-Ersatz)fur Transportverpackungen sowie Baumwolle als Verpackungsersatz fur Polyethylenfolien (PE-Folien) . Unter dem Markennamen Biopol kam 1990 weltweit erstmals ein biologisch abbaubarer Kunststoff fur eine Verpackung auf den Markt. Der Grundstoff fur Biopol (Polyhydroxybutter-bzw. Polyhydroxyvaleriansaure)ist seit Jahrzehnten bekannt und wird zum Beispiel in der Humanchirurgie als selbstauflosender Faden benutzt. Obwohl bei Verbrauchern mit hohem UmweltbewuBtsein die zusammengestellten Worter biologisch und Kunststoff Naseriimpfen verursachte, konnte sich, in einem direkten Verkaufsvergleich mit identischem Verpackungsinhalt (Haarshampoo),dieses biologisch abbaubare Verpackungsmaterial gegenuber der reinen Kunststoffverpackung aus PET (Polyethylenterephthalat)klar durchsetzen. Die Ergebnisse von Untersuchungen uber das Abbauverhalten von Biopol unter definierten und praxisrelevanten Bedingungen (Versuche in Wasser, Verhalten in der Deponie, Verhalten in der Kompostierung, Wege der Entsorgung) waren vielversprechend (Westermann 1992).Es gab jedoch einen ,,gesetzlichen" Haken auf dem Lebensweg der biologisch abbaubaren Verpackung. Gefordert war eine ausreichende flachendeckende Entsorgung durch ein Kompostiersystem, welches nicht vorhanden war! Das aufkommende Entsorgungsnetz Duales System Deutschland - DSD -war und ist zu sehr fixiert auf technisches Kunststoffe. Es sei hier am Rande bemerkt, daB die von uns Verbrauchern eifrig gesammelten Kunststoffe in den gelben Sacken, nur ca. 3 % des gesamten gegenwartigen Hausmullaufkommens ausmachen. Der damit verbundene logistische A u h a n d ist nach Ansicht der Autoren nicht nur vollig uberhoht, bringt okologisch nur marginale Vortei-
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I le und ist insbesondere vollig uberteuert, wie es bereits arbeitende, alternative me2 Netzwerk Verpackung
chanisch-biologische Anlagen beweisen (Vorholz zooo). Aber kommen wir zuruck zur biologisch abbaubaren Biopol-Verpackung und den Entsorungsproblemen Anfang der Neunziger Jahre. Da&trotz allem der sogenannte Grune Punkt fur die stoffliche Wiedervenvertung der Biopolflasche erteilt wurde, mit der Auflage, eine zusatzliche Markierung des ,,Biokunststoffes" vorzunehmen, geschah aus der entsorgungsbedingten Zwangslage. Die aus sachlichen Erwagungen heraus unsinnige Mischung von biologisch abbaubarem und nicht abbaubarem Kunststoff innerhalb des DSD konnte folgerichtig nicht lange durchgehalten werden. Biopol verschwand nach und nach vom Markt. Damit war aber ein erfolgversprechendes Verpackungs-Modell, das auf dem richtigen Weg zu einer umweltvertraglicheren Materialwirtschaft angestoBen wurde, durch formale Randbedingungen im Keim erstickt. Ahnliches geschah mit dem biologisch abbaubaren Verpackungsmaterial Polymilchsaure - Polylactidacid, PLA - fur Joghurtbecher (mit Aluminiumdeckelfolie!), das 1998 von der Firma Danone auf dem Markt plaziert wurde. PLA wird aus nachwachsenden Rohstoffen wie Kartoffeln, Reis, Getreide, Mais oder Zuckerrohr gewonnen (Weber 1998). Fehlende Vertrage in Zusammenhang mit der Nichtgewahrleistung des Materialtransportes von der Biotonne zur Deponie durch die kommunalen Entsorger und weitere Hindernisse beschieden dem umweltvertraglichen PLA-Material der Joghurtverpackung das Ende. Die Abbildungen 2.7.4 und 2.7.5 zeigen die biologisch abbaubare Biopolflasche, die sich vielleicht heute - unter geanderten Rahmenbedingungen der Verpackungsordnung - eher im Markt durchsetzen wurde. Abb. 2.7.4 Biopol - biologisch abbaubarer Kunststoff in Form einer Verpackung fur Haarschampoo (Wella AC)
Abb. 2.7.5 Demonstration des naturl~chen Zersetzungsprozesses an d r e ~B~opolFlaschen (Wella AC).
2.7 Verpackung und Urnwelt
Es folgten viele weitere Ansatze von Verpackungsmaterialien zur Schonung der Umwelt, zum Beispiel durch die Verpackungsentwicklung eines Kaffeebohnenbeutels mit fettabweisendem Zellulosepapier als Ersatz fur Aluminium (Bakemeier 199g), kompostierbares Geschirr aus Starke, Verpackungsfullstoffe aus Mais und Kartoffelstarke (Wurdinger 1g9g),Transportverpackungen bzw. Verpackungsfullstoffe aus Holz und Stroh, Verpackungsfolien aus Chitosan, mit Chitin als naturlich vorkommendes Polymer (Kittur 1998) und so weiter. Viele dieser verschiedenen Verpakkungen, Verpackungsmittel und Verpackunghilfsmittel sind aus Grunden technischer und okonomischer Randbedingungen nicht mehr auf dem Markt. Einige, wie die Transportpalette aus Holz, ,,Biokunststoffe" auf Starkebasis (Lorcks 1998,1999) oder neue thermoplastische Werkstoffe - ,,flussiges Holz" - aus den Naturstoffen Lignin und Sisal- bzw. Flachsfasern (Schulte 2000, Ewe zooo),haben sich neben dem riesigen Kunststoffmarkt im Verpackungsbereich behaupten oder sogar ihre Marktposition ausbauen konnen beziehungsweise sind neu in den Markt eingetreten. Die japanische Kao Corporation, Muttergesellschaft der Darmstadter Goldwell GmbH, verbluffte im Oktober 2000 die Konkurrenz mit einer ,,Papierflasche". Es sind die seit April 2000 in Kraft getretenen, strengeren Umweltauflagen in japan, die Kao dazu veranlasst haben, Berge von zuruckgenommenen Papierprodukten einem neuen Wertschopfungsprozeg zuzufuhren. Das Ergebnis ist die Papierflasche, wie sie in Abbildung 2.7.6 zu sehen ist. Eine neue Entwicklungstechnik erlaubt die Herstellung von Papierflaschen in verschiedenen Formen und die Fahigkeit des Versiegelns von Papierflaschen bzw. Papierverpackungen, was vorher nicht moglich war (Kao 2000, Sauermann 2000). Befurworter und Gegner eines naturstoffnahen und naturstofflichen Einsatzes fur Verpackungen streiten auch noch heute uber drei Themenbereiche innerhalb der Beziehung zwischen Verpackung und Umwelt: erstens Einweg-Mehrweg-Verpackungen und zweitens die Verpackungsentsorgung durch Verbrennung, das heigt thermische Wiederverwertung. Dieser Streit wird oft mit pauschalen Feststellungen Abb. 2.7.6
Papierflasche mit Detailaufnahmen (Kao Corporation/
Coldwell CrnbH).
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I aus kausalen Argumentationsketten gefuhrt und ist daher in den seltensten Falle 2 Netzwerk Verpackung
systemrelevant, entsprechend einer naturvertraglichen, ganzheitlich vernetzten Lebenswegbetrachtung (siehe auch Westermann 1992). Das dritte Streitobjekt ist durch die gegenwartig gultige Verpackungsverordnung (Bundesgesetzblatt 1998) wohl ausgeraumt. Diese erlaubt seit 1998 die Kompostierung von biologisch abbaubaren Kunststoffen - acht Jahre nach Biopol! Die aktuelle Verpackungsverordnung enthalt eine Sonderregelung fur kompostierbare biologisch abbaubarer Werkstoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe. Begleitend hierzu regeln Vorschriften der Bioabfallverordnung (DIN 54900)die haushaltsnahe Entsorgung biologischer Abfalle bzw. biologisch kompostierbarer Verpackungsabfalle. Damit sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Gunsten nachwachsender Rohstoffverarbeitung im Sinne umweltvertraglicher Prozesse geandert worden. Nun mussen sich noch Hersteller biologisch abbaubarer Verpackungen und Kommunen als die Trager ortlicher Entsorgungssysteme uber einen reibungsfreien Materialtransport von den Biotonnen der Haushalte bis zur Kompostierungsanlage fur diese Verpackungsstoffe einigen. Ein erster wichtiger Schritt in Richtung eines nachhaltigen Stoffmanagements, einer ,,sustainable development" und einer generellen Vertraglichkeit zwischen Verpackung und Umwelt ist getan.
2.8 Mensch und Verpackung
Wenn wir den Verpackungsbegriff erst einmal auf das Gros der Verpackungen auslegen - auch Hauser und Baustoffe sind Verpackungen bzw. Verpackungsmittel! und auf den Menschen als Konsumenten, als Verbraucher beziehen, dann ist die Verkaufsverpackung in ihrer ganzen Variationsbreite diejenige Verpackung, die der Mensch bei seinen taglichen Einkaufen zur Erfullung seiner Bedurfnisse am meisten nutzt. Aus Kapitel 2.4.2 wissen wir, daB zirka go % aller Verbraucherverpackungen fur Lebensmittel und sonstige haushaltliche Waren wie Waschmittel und Kosmetik hergestellt werden. Diese riesige Menge unterschiedlichster Verpackungsmaterialien und -formen muB die Verbraucher passieren, um letztlich der Entsorgung oder Wiederverwertung zugefuhrt zu werden. Der g&& bezahlte Aufwand, den der einzelne Verbraucher betreiben mug, u m den technisch vorgeschriebenen Lebenslaufzyklus der Verpackung nicht zu unterbrechen, ist auch ohne die vernetzten Einflusse durch StraBenverkehrslarm, schlechte Atemluft, Parkplatzsuche, fehlende Dienstleistung und so weiter schon beachtlich, wie uns die verkettete Aufzahlung vorfuhrt: leere Transportfahrt zum Kaufangebot - Kauf meist mehrerer Verpackungen - volle Transportfahrt nach Hause - Trennen der Verpackungen von den Inhalten - Verpackungszwischenlager in der Kuche - Verpackungsvorsortierung in braunen, roten, gelben, grunen oder vielleicht bald gestreiften Eimern - Verpackungsnachsortierung in ebenfalls verschiedenfarbigen Mulltonnen und Mullsacken - Extra-Hin- und Her-Transportfahrten bei grogen Verpackungen. DaB dieser Aufwand nicht immer aus freiem Willen erfolgt sondern oft erzwungen ist als Folge manipulierter Kaufreize - gerade durch die Verpackungen -, kann
2.8 Mensch und Verpackung
jeder Verbraucher an sich selbst erfahren. Auf der anderen Seite ertappen sich viele Verbraucher immer noch bei ihrem zwiespaltigen Denken und Handeln gegenuber einer nachhaltigen umweltvertraglichen Verpackungsvermeidungund -entsorgung. Das UmweltbewuBtsein jedes einzelnen Verbrauchers mu%noch erheblich gestarkt werden, auch wenn manche politische und wirtschaftliche Offenbarungen die Verbraucher desillusionieren um nicht zu sagen fur dumm verkaufen. Die Mullentsorgungspraxis der Deutschen Bahn ist sicher nur eines von vielen Beispielen fur Verbraucher-Verdummung,die trotz gegenteiliger Beteuerung seit nun zwei Jahren anhalt, wie sorfaltige Nachforschungen gezeigt haben (Hoflich 1998, 2000). Jahrlich gibt die Deutsche Bahn Hundert Millionen Deutsche Mark fur die Mullentsorgung - man kann auch sarkastisch sagen, fur das Streuen von Sand in die Augen der Fahrgaste - aus. Die Praxis sieht dann wie folgt aus: Aufden Bahnsteigen getrenntes Mullsammeln von Verpackung, Glas und Restmull, in hochglanzpolierten Edelstahlbehaltern. Hinter den Bahnsteigen: alles wieder in einen Abfallcontainer! Gelegentlich gibt es andere Weg, seine Bedurfnisse zu erfullen und den Verpackungsballast zu vermeiden. Wer zur Zeit der Ernten naturverpackte Friichte und Gemuse essen will und die Chance hat, diese direkt an Baum und Strauch zu pflukken bzw. auf dem Feld zu ernten, tut dies. Selbst fur kurze Transporte oder kurzzeitige Lagerungen benotigt man keine aufwendigen Verpackungen. Schwierigerwird es, wenn Verbraucher nicht in der Nahe von Anbaugebieten fur Lebensmittel wohnen. Um diese moglichst frisch vom Feld zu konsumieren, mussen die Menschen lange Fahrzeiten auf sich nehmen, was auch zu bestimmten Jahreszeiten in unseren Breitengraden geschieht, wie die im Juni stattfindende Erntezeit der Erdbeeren alljahrlich belegt. Das erzeugernahe und verpackungsarme Einkaufen entwickelt sich zu einer beliebten Freizeitbeschaftigung fur Stadter, die ansonsten in den nahegelegenen Konsumhausern groBer Konzerne ihre Essbedurfnisse und andere Bediirfnisse befriedigen. Daruber hinaus existieren schon eine Reihe von Einzelhandelsgeschaften, die mit zum Teil verpackungsfreien, biologisch vertraglichen Produkten Kunden umwerben. Sicher immer noch ein kleiner Nischenmarkt innerhalb der Vielzahl verpackter Guter. Die 5-10 % aller Verpackungen, die Investitionsguter betreffen, fallen kaum ins Gewicht. Und doch ist die Baubranche von allen der Wirtschaftszweig mit dem grogten Abfallvolumen, wozu auch Verpackungenmit beitragen. Baustoffe wie die gesundheitlich nicht unkritischen Glasfasermatten (Abbildung2.8.1)oder KunststofKolien zur Isolierung und Abdichtung der AuBenhaut des verpackten Wohnraumes, sind selbst eine Art Verpackung des Hauses und der stoflichen Wiedervenvertung kaum zuganglich. Hier bieten sich auch - als naturvertragliche Stoffalternativen- biologische Materialien an (z. B. als Bionikprodukt nach dem Vorbild der Baumrinde der Sequoia),die durch ihre technischen Leistungen durchaus mit den gangigen technischen Materialien Schritt halten konnten. In Kapitel4 wird auf die Vorzuge dieses erfolgreichen, uber Jahrmillionen bewahrten natiirlichen Baustoffes der SequoiaRinde naher eingegangen. Dariiber hinaus fallen unter der Verpackungskatagoriefiir Produkte aus dem ,,NonFood"-Bereichauch sogenannte recyclingfeindliche Blisterverpackungen,eine Kom-
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2 Netzwerk Verpackung
bination aus Karton und Polyvinylchlorid (PVC), mit dazwischen liegenden Werkzeugen oder anderen Kleinteilen (Abbildungen 2.8.2-2.8.4). Der Hintergrund dieser Verpackungsart ist auch klar: Arbeitsplatze werden wegrationalisiert, weil weniger Sortier- und Lagerarbeiten im Handel anfallen, als bei aufwendigerer Plazierung von einzelnen kleinen Verkaufsteilen. Der kleine Nebeneffekt ist, daB kaum Verkaufspersonal in den gro$en Warenhausern und Baumarkten anzutreffen ist, das uns Verbraucher - wie fruher einmal selbstverstandlich - bei Bedarf ausgiebig und daruber hinaus noch freundlich berat. Abb. 2.8.2 Blister-Verpackung Werkzeuge
fU I. mehrere
Schraubendrf:her-
2.8 Mensch und Verpackung
Man sollte es nicht glauben: auch heute noch finden sich Verkaufsprodukte auf dem Markt, die 2-fach und 3-fach, gelegentlich 4-fach(!)verpackt sind, obwohl eine Verpackung vollig ausreichend ware. Wer als umweltbewuBter Verbraucher zu Joghurtbechern in den Regalen der Lebensmittelmarkte greift, hat sich sicher schon gewundert, weshalb der Aluminium-Deckelfolie oft noch eine vollig iiberfliissige Kunststoffkappe iibergestiilpt wurde (Abbildung 2.8.5). Zu einem dieser mehrfach verpackten Produkte (Wegwerfpatroneftir Tintenstrahldrucker, Abbildung 2.8.6)wurde bereits 1992 eine Studie angefertigt (Kiippers 1gg2),die einen Einblick in die Strategie der geschickten Verpackungsvermehrung gibt und die okologische Belastung der Mehrfachverpackungen aufzeigt. Demgegenuber verdeutlicht die Mehrwegalternative in derselben Studie deutliche Vorteile durch ein auf 1/7 reduziertes Verpackungsvolumen, und auf 1/6 reduzierte Nutzkosten fur den Verbraucher. Es fallt insbesondere bei Verpackungen von elektronischen Datentragern wie Compact
Abb. 2.8.6
Mogel-Verpackung einer Druckerpatrone.
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2 Netzwerk Verpackung At)b. I ~ 8 . 7 Ubeirdini e n r;ion ierte UrnverpakkuIng€,n VOIIelek:troiI I S C Ii e n Dattwtragern.
Discs (CDs) auf, daR deren auBere MaBe im Vergleich zu den MaBen der innenliegenden CDs und dem Begleitheft, erheblich iiberdimensioniert sind (Abbildung 2.8.7). Nicht nur daB dadurch wertvolle Regalflache eingenommen und verschwendet wird, auch der uberflussige Transport von viel Lufi in den Verpackungen ist nicht gerade okonomisch bzw. transporteffizient. Auch die Umwelt spurt die Auswirkungen dieser wenig platzoptimierten Verpackungen, denn mehr Volumen pro Verpakkung bedeutet weniger Transportkapazitat pro Fahrt und somit insgesamt mehr Tranportfahrten mit mehr Schadstoffemissionen. Sowohl vierfach(!) verpackte Waren, wie beispielsweise Pfefferminz-Verpackungen, konnen von uns Verbrauchern auch heute noch in den Warenregalen entdeckt werden, als auch weiter Varianten von Verpackungsverschwendung und Verbrauchertauschung durch die sogenannte Mogelverpackung. Sie tauscht vom sichtbar verpackten Volumen mehr nutzbaren Inhalt vor, als tatsachlich in ihr enthalten ist. Abbildung 2.8.7 zeigt ausgerechnet wieder dieselbe Patronenart fur Tintenstrahldrucker, die von einem der Autoren vor kurzem im Regal eines Supermarktes wiederentdeckt wurde und die er bereits vor 8 Jahren - siehe oben - als ein Objekt der Verpackungsverschwendung beschrieb. Das Erstaunen bei der Verpackungsoffnung war grog. Einerseits hatte die Patrone diesma1 eine Umverpackung weniger, dafur aber mehr uberflussigen Leerraum, den man beim Kauf nicht sieht! In diesem Verpackungssektor fur Buroartikel hat sich aber in den letzten lahren auch viel zu Gunsten einer Verpackungsmengenreduzierung und einer Produktwiederverwendung durch Mehrfachnutzung getan. Trotzdem. Die Gesamtmenge der Verpackungen steigt und steigt. Wer mit dem Einzug der elektronischen Medien in den Burobereich der Werbung glaubte, jetzt bricht das Zeitalter des papierlosen Buros an und damit auch eine Minderung des Verpackungsabfalls, der sieht sich heute seiner Illusionen vollstandig beraubt. 2.8.1
Suggestive Kaufreize durch manipulierte Verpackungen
Verpackungen manipulieren! Warum? Weil sie fur den Kaufer das Produkt verkorpern. Der Schutz des Verpackungsinhaltes vor Verderb und Zerstorung lassen oft nicht zu, daB der Verbraucher durch die Verpackung sehen kann, was - zum Zeitpunkt des Kaufes - tatsachlich in der Verpackung ist. Die Psychologie des Kaufens hat lange Tradition. Sie fuhrt von bunten Bildern an den Wanden der Verkaufsrau-
2.8 Mensch und Verpackung
me, uber ,,Funktionale Hintergrundmusik" (FuMu) zum Zweck des Vortauschens einer entspannten Kaufatmosphare bis zur direkten Manipulation an der Verkaufsverpackung, beispielsweise durch integrierte Musikelektronik oder olfaktorische das heist geruchsspezifische Einfliisse (Suskind 1997). die blitzschnell und fast unbemerkt das UnterbewuBtsein der Kaufer im Vorbeigehen an der Ware anspricht und ,,flustert": kauf mich! Das unterbewugte Ansprechen des Verbrauchers, insbesondere durch bestimmte geruchverbreitende Stoffe in bzw. auf Verpackungen, hat fur die Kaufstrategie der Werbeexperten deswegen einen besonderen Stellenwert, weil das Zentrum fur die Wahrnehmung von Geriichen in unserem Gehirn direkt neben dem lymbischen System liegt, welches fur unser Verhalten zustandig ist. Die enviinschte oder erwartete Wirkungskette des Verbrauchers ist: Riechen-Wohlgefallen-Kaufen. Der Verpackungsaufdruck in Form eines Fotos von ganzen Friichten suggeriert ,,Frische"und &aft" des Inhaltes (Abbildung 2.8.8).Heraus kommen schlieglich zu ungleichformigen, kleinsten Stiicken zerschnittenes Obst. ilhnliches gilt fur Fruchtsafherpackungen,wo Bilder ganzer, frisch gepfluckte Orangen auf dem Verpackungsetikett den Verbraucher d a m verleiten, Orangensaftkonzentrat rnit 10% Fruchtsaftgehalt, vermischt mit aromatischen Stoffen, zu kaufen. Auf Tutenverpackungen ist das relativ groBe Bild eines gut zubereiteten Mittagsgerichtes zu erkennen, wahrend in der Verpackung zusammengepregtes Trockenpulver liegt (Abbildung 2.8.9).Auf dem Verpackungsfoto entdecken die Verbraucher ,,frische" Mohrenbunde und bekommen zerstiickelte Mohrenteile aus der Dose. Noch viele dieser Beispielen konnten genannt werden als eine Art der suggestiven Kaufbeeinflussung, auch wenn neben Abb. 2.8.8 Dosen-Verpackung rnit zerkleinerten Fruchtstucken als Packgut.
Abb. 2.8.9 Tutenverpackung rnit geschrnacksverfeinerndern Pulver als Packgut.
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I Verpackungs-Bildaufdrucken kleine Texte auf den wahren Verpackungsinhalt hinwei2 Netzwerk Verpackung
sen. Diese Art der psychologischen Produktwerbung auf Verpackungen kann so gedeutet werden, daR gelegentlich weniger der tatsachliche Inhalt als vielmehr virtuelle Produkte in den Vordergrund aufverpackungen gestellt und mit diesen Kaufreize geschaffen werden. Den potentiellen Kaufern sol1 quasi ,,dasWasser im Munde zusammenlaufen", sie sollen schon den Geschmack des zukiinftigen Mittagsgerichts - das mit dem tatsachlichen Verpackungsinhalt eines geschmacksverfeinernden Pulvers erst einmal nichts zu tun hat - ,,auf der Zunge haben", was selbstverstandlich den Kaufreiz erhoht und schlieglich zum Kauf verfiihrt. Vielleicht denken Sie, als Leser und Verbraucher beziehungsweise Konsument, bei Ihrem nachsten Einkauf an die vorab beschriebenen Verpackungsbeispiele, die sie auch im Warenangebot ihres Marktes finden konnen. Im Verhaltnis zu der Summe von ca. 60000 verpackten Artikeln in einem mittelgrogen Supermarkt stellen die beschriebenen Verpackungsmerkmale zwar nicht die Mehrheit dar, aber sie sind dennoch in nicht unbetrachtlicher Zahl vorhanden. Wir erkennen, daB die Verbraucher in den Industrielandern, heute, zu jeder Jahreszeit, alle moglichen Lebensmittel kaufen konnen. Das ist die direkte Folge der wirtschaftlichen Globalisierung rund um den Erdball. Dies fuhrt aber auch dam, daR der wahre Wert einer siidamerikanischen Papaja mehr und mehr sinkt. In fruheren Jahren waren diese und andere exotische Friichte in unseren Breitengraden eine Seltenheit. Sie hatten gegenuber in Europa beheimateten Friichten einen enorm hohen Wert. Heute sind diese zum Beispiel im 10000km entfernten Siidamerika beheimateten Nahrungsmittel bei uns taglich im Warenangebot. Selbst die exotischsten Lebensmittel werden so nach und nach zu einem alltaglich verzehrbaren Produkt ohne besonderen Wert. Die Qualitatsunterschiede zwischen den einzelnen Waren sinken dadurch - nicht zuletzt auch durch die Vielzahl der Anbieter - zunehmend. Es bleibt hier wieder der Verpackung beziehungsweise den Werbestrategen fur Verpackungen iiberlassen, die Einzigartigkeit beziehungsweise Zufriedenheit des Kaufers des jeweiligen Verpackungsinhaltes herauszustellen und den Verbraucher dadurch zum Kauf zu manipulieren. Nicht zuletzt die Verrohung der Sprache, die insbesondere bei der Werbung aufverpackungen - und nicht nur dort - sichtbar wird (Was bedeutet eigentlich: eine Verpackung sei okofreundlich oder ein Lebensmittel sei lustig?),tragt zu einer zweifelhaften Vermehrung des okonomischen Verkaufswertes bei. 2.8.2
Einzelhaushalte und die Summe kleiner Verpackungen
Die demographisch festgestellte Veranderung zeigt: In den Industrienationen wachst die Zahl der Einzelhaushalte rapide. Neue Arbeitsplatze und hedingungen, schneller und haufiger Arbeitsplatzwechsel und damit verbunden, viele Angebote von kleinen Wohnungen, die mehr zweckorientiert als gemutlich wohnlich ausgestattet sind. Infolge der wirtschaftlichen Globalisierung und des dadurch beschleunigten Arbeitsvorgangen ausgesetzten Personals (... ich habe keine Zeit ...), passen sich letztlich auch die Wohnbereiche, als hausliche Verpackungen fur den Menschen, dieser Veranderung irgendwie an.
2.8 Mensch und Verpackung ~ b b2.8.10 . Verbraucherverpackungen klein und fein, aber in der Surnrne der zu entsorgenden Verpackungsrnenge sehr grog.
Verbraucher, die in diesem wirtschaftlichen Getriebe einen Einzelhaushalt fuhren, wollen sich nicht unbedingt mit Verpackungs- und Umweltfragen zu Hause beschaftigen. Die wenige Freizeit, die vielen bleibt, mug effizient genutzt werden. Da ist jede Unterstiitzung willkommen, die den Eigenauhand reduziert. Zum Beispiel beim Einkaufen. Konsum- bzw. Verbrauchsartikel, egal wie aufwendig verpackt, werden auf diese Einzelhaushalte dirket zugeschnitten. Portionen und Portionchen von roo g, 50 g, 2 0 g, 10g und weniger Zucker, Milch, Wurst, Marmelade, Pulver, Parfiim und vieles mehr (Abbildung 2.8.10), mit doppelter, dreifacher, gelegentlich auch vierfacher Verpackung, uberschwemmen als Wergwerfartikel den Markt. Sie finden sich nicht nur in Hotels und Restaurants wieder, sondern auch in privaten Einzel- und Mehrpersonenhaushalten. Aus energiefressenden Tiefkiihltruhen unterstutzen schnelle Fertiggerichte, oft verpackt aus wenig umweltvertraglichen, verschweiJ3ten Mehrstofffolien,die vom Verbraucher gewollte zeitsparende Zubereitung. Aber fur die weitere Materialverarbeitung sind diese Art Verpackungen aufwendig und umweltbelastend. Fur diesen (Verpackungs-)Fall mug man leider feststellen:
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Die Summe der Teile ist &r
als das Canze!
2.8.3 Zau benwort >>Convenience<<
Sauber und platzsparend, leicht zu offnen und zu verschliegen, bequemer Transport, gute Dosiermoglichkeit, leichtes Greifen und so weiter. Diese und weitere bequeme Eigenschaften von Verpackungen verbergen sich hinter dem Begriff Convenience, der entsprechend mit Bequemlichkeit, Annehmlichkeit bzw. leichte Handhabbarkeit iibersetzt werden kann. Der Verbraucher mochte nicht irnmer IO2 0 kg schwere Flaschenkasten nach Hause schleppen mussen. Inzwischen gibt es seit langerem ,,halbierte" Flaschenkasten mit bequemen Tragegriffen auf dem Markt (Abbildung 2.8.11),die zwar auch ein Nischendasein fiihren, aber dem Verbraucher den Transport erheblich erleichtern. Gewichtseinsparung im Getrankebereich durch gewichtssparende PET-Kunststofmaschen statt Glasflaschen sind eine andere Losung fur leichtere Transporte. ,,four-pack", ,,six-pack"und ,,ten-pack", kunststoflleschichtete Karton-Umverpackungen fur Bier und Milchprodukte, sind Marktrenner.
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60 2 Netzwerk Verpackung Abb. 2.8.11 Flaschentransport-Verpackung mit bequemem Tragegriff.
Abb. 2.8.12 Pinolenkasten fiir Cetranke ,,six-packsu und Einzelflaschen.
Eine weltbekannte Brauerei venvirklichte die ldee des sogenannten Pinolenkastens, der sowohl 24 Einzelflaschen als auch vier Sechsertrager aufnimmt (Abbildung 2.8.12). Damit konnen vom logistischen Standpunkt aus gesehen, zwei verschiedene Einzelverpackungsgebinde (Einzelflaschen und Sechserpack mit Umkarton) in ein und derselben Versandverpackung (Pinolenkasten) transportiert und gelagert werden (Tyroler 1999). Verpackungen werden dank der Packinhalte mit konzentrierter Wirkung, zum Beispiel Waschmittel, kleiner, leichter und auch flexibel. Ein groger Bereich der Verpackungshilfsmittel wird von Verschliissen eingenommen. Kindersicherungen durch einen Druck-Schraub-Offnungs-Vorgang, Nockendrehverschliisse, sogenannte metallene ,,Twist Open-Caps", Klappverschliisse, ReiB-Verschliisse,Druck-Verschliisse oder auch Verschliisse mit sogenannte ,,flip button" als Haltbarkeits-Friihwarnsystem von vakuumverpackten Inhalten (Tyroler 1998),sind nur wenige Beispiel, die dem Handel und den Verbraucher den Umgang mit Verpackung und Verpackungsinhalt erleichtern. Diese und viele weitere Beispiele zur besseren Handhabbarkeit von Verpackungen ordnen sich einem erkennbaren Trend im technischen Verpackungsbereich unter: Der Verpackungshersteller wandelt sich, nicht zuletzt durch die globalisierende Wirtschaft und die weiter zunehemenden komplexen Losungen, von einem Verpackungszulieferer mehr und mehr in einen Anbieter ,,ganzheitlicher" Losungen. Im Kern dieser angestrebten ,,ganzheitlichen", verpackungstechnischen Losung steht aber immer noch der linear verkettete Wertschopfungsweg einer Verpackung und nicht wie in diesem Buch gefordert - eine systemisch vernetzte, auch modularisierte
2.9 Netzwerk Verpockung - wo ist der Anfong und wo ist dos Ende?
Verpackungsstrategie. Diese letztere ist eine Vorgehensweise, die mit riickgekoppelauch im Kern den Verpackungslebensweg beinhalten Verpackungs-Wirkungsnetzen tet, aber in der okologisch-okonomischen Nachhaltigkeitsbetrachtung systemische, bioanaloge WertmaBstabe anlegt. Zuruck zur Technik und zur leichten Handhabbarkeit technischer Verpackungen. Die zukunftsweisenden Stichworte heiRen ,,EfficientConsumer Response" ECR und ,,Supply Chain Management" SCM (Siebenlist 1999).Sie geben die Vision einer neuen Sicht fur Verpackungen wieder, die - wie vorab erwahnt - den kompletten verketteten Warenweg beriicksichtigt. Die Umsetzung der daraus resultierenden Verpackungslosungen, ob mit mehr oder weniger ,,Convienience", wird sich in letzter Konsequenz an einem iibergeordneten Ziel messen lassen miissen: der Nachhaltigkeit. Und in bezug darauf ist und bleibt die Natur der eigentliche ,,Stichwortgeber" fur technisch ganzheitliche Verpackungen und die Verpackungsbionik ihr Mittel zur technischen Umsetzung.
2.9
Netzwerk Verpackung - wo ist der Anfang und wo ist das Ende?
Obwohl wir unser Netzwerk Verpackung in verschiedene Unterkapitel eingeteilt haben, um die unuberschaubare Vielfalt von Verpackungen in Natur und Technik auch nur in einem ersten Ansatz ihnen als Leser naher zu bringen, stellen wir fest: egal wo wir uns in Details des komplexen dynamischen Verpackungsnetzes in Natur und Technik verlieren, die Gedanken und SchluBfolgerungen leiten uns unsichtbar verknupft weiter zu den vielen anderen Bereichen des Verpackungsumfeldes. Das ist aus der realistischen Betrachtung riickgekoppelter Zusammenhange jedoch vollig natiirlich. Es existiert im herkommlichen Sinn kein Anfang und kein Ende! Nur wer sich in die Abhangigkeiten lokaler kausaler Handlungsketten innerhalb komplexer Wirkungsfelder begibt, ob sie im Verpackungsbereich vorliegen oder anderswo, erkennt und uberschaut relativ leicht seine spezialisierten Handlungsschritte von Anfang bis Ende. Umso schwieriger wird es aber, aus diesem isolierten Tatigkeitsraum heraus, die langfristigen Folgen seiner lokalen Handlungen innerhalb komplexer Zusammenhange zu erkennen, zu bewerten oder sogar problemvorbeugend zu vermeiden. Unser immenses Entsorgungsproblem Verpackungsabfall ist dafur ein warnendes Beispiel und sollte zugleich eine Aufforderung sein, echte neue adaquate Wege fur nachhaltige Verpackungen zu suchen und zu begehen. Aber - wo setzen wir unseren Entwicklungshebel in dem unuberschaubaren Netzwerk verpackungstechnischer Handlungen an? An welcher Stelle im Wirkungsnetz vielzahliger EinfluBgroBen ist die Chance am grogten, nachhaltige Erfolge zu erzielen? Die Natur hat ihre Anworten auf diese Fragen langst gefunden beziehungsweise sie haben sich erst gar nicht gestellt. Sie venvirklicht ihre nachhaltigen Handlungen in der groRen Zahl verknupfter Verpackungsnetze seit Jahrmillionen durch Kreislaufwirtschafi, Dezentralisierung, kollektive Intelligenz von Supraorganismen und Selbst-
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I organisation, worauf in Kapitel 5 noch naher eingegangen wird. Vor allern aber hat 2 Netzwerk Verpackung
die Natur, wenn sie experimentiert, Zeit, die Konsequenzen abzuwarten und zu reagieren. Wir Menschen produzieren so schnell neue Dinge, daB wir oft nicht die Gelegenheit haben, damit Erfahrung zu sammeln, um daraus moglichen Gefahren vorbeugend zu begegnen. Die Technik ubt und testet die Wirkung ihre Antworten auf die vorab gestellten Fragen durch Okobilanzen, Grenzwerte, produktintegrierten Umweltschutz und statistische umweltokonomische Gesamtrechnungen (Beck 1997).Als methodische Losungswege orientiert sie sich aber noch allzu oft an vorhandene, uber Jahrzehnte gewachsene, linear verkettete Verpackungsproduktionsablaufe. Ihre induzierten Handlungen mit zum Teil erfolgreichen Ergebnissen sind wichtig fur die Beseitungen und Vermeidung lokaler Folgeschaden. Solange aber die Aktivitaten, die den Lebensweges einer Verpackung umfassen, von der stofflichen und energetischen Naturquelle bis zur stofflichen und energetischen Natursenke, nicht nach den Grundregeln ganzheitlicher GesetzmaBigkeiten entwickelt werden und ablaufen, solange bleiben menschliche Handlungen unvollkommen wie bisher, mit wenig Aussicht auf nachaltige Verbesserungen. Den Weg dorthin gibt die Natur vor. Fur Problemlosungen im technischen komplexen Verpackungsnetz ist es prinzipiell gleichgultig, wo begonnen wird. DaR man dort die Probleme lost, wo sie auftreten, ist trivial. DaG man aber auch dadurch mehr oder weniger ruckgekoppelte Auswirkungen an anderen Stellen im Verpackungsnetz induziert, wird selten erkannt und daher auch nicht verfolgt und analysiert. Vernetztes Denken, Denken in komplexen Zusammenhangen, Denken in bionischen Kategorien ist hier der Schlussel zum Erfolg. Die folgenden Kapitel 3 und 4 fiihren Sie daher in das Denken biologischer Verpackungsvorbilder fur technische Verpackungen und prasentieren eine Fulle vorbildlicher Beispiele.
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3 Crenzflache Verpackung: Schlijsselelement fur Lebensprozesse
Grenzflachen sind ein besonderes Charakteristikum des Lebens. Schon in kleinsten Dimensionen ist das Leben auf Grenzflachen angewiesen. Im Inneren von PflanZen- und Tierzellen trifft man bereits auf die allesbeherrschende Dominanz von Grenzflachen. Seien es, um Beispiele zu nennen, die chlorophylltragenden Strukturen der photosynthetischen Membranen der lichtsammelnden Blatter, seien es die Kraftwerke der Tierzellen, die Mitochondrien, alles besteht aus sorgfaltig geschichteten und sorgfaltig verpackten hochentwickelten und hochspezialisierte Membranen. Heute gibt es schon ganze Wissensgebiete, die sich mit der Funktion solcher submikroskopischen Hullen und Membranen auseinandersetzen, weil ihr Verstandnis entweder fur die Medizin oder fur unsere Technologieentwicklung wichtig ist. Uber diese submikroskopische Welt der Verpackungen und Membranen stiilpt sich die Verpackung der einzelnen Zellen. Auch diese einhiillenden Oberflachen sind hochentwickelt, denn Zellen mussen sich nicht nur nach auBen schutzen und fur ihre Funktionen Energie und Nahrung aufnehmen, sie kommunizieren auch mit anderen Zellen und organisieren sich zu grogeren Verbanden. Solche Verbande sind zum Beispiel die Organe der Lebewesen. Auch sie, die Niere, die Leber, die Lunge, sind verpackt und jeder Arzt weiss wie anspruchsvoll und wichtig diese Verpackung ist. Meist ist dem Menschen nur die augerste Verpackung bewuBt, seine eigene Haut oder die einer Pflanze, zum Beispiel die wettergegerbte Rinde eines Baumes. Am Beispiel der eigenen Haut begreif? man, was eine optimierte Verpackung alles kann. Sie schutzt uns, mit komplizierten Abwehrmechanismen, vor Krankheitserregern ebenso wie vor der Sonne. Durch Kontrolle der Porengroge und des Feuchtigkeitshaushaltes regelt sie den Umgang mit Warme und Kalte. Auch repariert sie selbst ihre Wunden und steuert mit ihren inneren und augeren Strukturen den ganzen Stoffaustausch mit der Urnwelt (siehe hierzu Kapitel4.3.7 und Abbildung 4.3.13). Solche intelligent organisierten Verpackungen wie unsere Haut machen begreifiar, welche Anspruche das Leben an Hullen und Oberflachen stellt. Gleichzeitig stellen sie klar wie wichtig Verpackungen fur das Leben sind. Das Leben muB namlich versuchen, in einem stetigen Strom von Energie und Materialien, und in einem standigen Kampf gegen das Chaos, seine innere Ordnung aufrechtzuerhalten. Es mug Unordnung, Entropie, nach auBen abgeben und seine innere Ordnung gegen den Zugriff des augeren Warmetodes sichern. Es mug sich durch eine komplizierte Hierarchie von riickgekoppelten Mechanismen laufend seine Ordnung
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64 3 Crenzfache Verpackung: Schlusselelement fur Lebensprozesse
erkampfen. Nur solange es genugend Energie und genugend Nahr- und Aufbaustoffe aus der Umgebung aufnehmen kann, hates eine Chance, seine komplizierten Strukturen aufrechtzuerhalten. Jetzt wird langsam klar, warum das Leben auf allen Ebenen Hullen und Verpackungen braucht. Sie grenzen die Welt der Selbstorganisation von der anorganischen Welt der zunehmenden Unordnung ab. Sie erlauben es auch, Stoffe zu trennen, Energie zu bundeln, Strukturen aufrechtzuerhalten oder einfach Nahrstoffe zu transportieren. Leben ist ohne Hullen und Verpackungen schlicht nicht moglich. Schon die altesten Urzellen, die Zyanobakterien, lebten ein verpacktes Leben. Seitdem hat die Evolution die Kunst der Verpackung sehr weit getrieben. Auf allen Ebenen des Lebens begegnet uns ihr Raffinesse, ihre Eleganz und oft ihre zweckmagige Schonheit. Die Menschheit konnte enorm vie1 von dieser fortgeschrittenen Technologie lernen, ist aber gleichzeitig in einem wesentlichen Punkt behindert. Die Natur stellt die meisten ihrer Verpackungen durch Selbstorganisationsprozesse her, eine Technologie, die der Mensch bisher nicht beherrscht. Die Materialien konnen bei niedrigen Temperaturen hergestellt werden und ihre Strukturen werden in der Regel auch kontinuierlich verandert, repariert und instandgehalten. Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, verfallen sie wieder zu umweltvertraglichen Rohstoffen und werden Teil eines neuen Materialkreislaufes. Ein Beispiel ist die Bananenschale, welche zunachst die Bananenfrucht gegen unenvunschte Fresser wie zum Beispiel Insekten schutzt, nach ihrer Entfernung von der Frucht aber problemlos verfallt. Die menschliche Technologie beansprucht im Gegensatz dazu haufig Hochtemperaturprozesse, um haltbare Materialien wie Kunststoff, Glas, oder Aluminiumfolie herzustellen, die nach der Bearbeitung sich selbst uberlassen bleiben und zusatzliche Anstrengungen fur die Rezyklierung beanspruchen. Wenn man von der Natur technologische Erfahrung ubernehmen will, mussen noch weitere wichtige Gesichtspunkte in die Erinnerung zuriick gerufen werden. Die Natur lost, wie wir schon gesehen haben, ihre technischen Probleme vielfach in synergetischer Weise. Sie schaffte es durch lange Evolution in der Regel, mehrere Problemstellungen gleichzeitig zu optimieren. Nicht immer kennen oder verstehen wir alle Umstande, die zu einer speziellen Losung gefuhrt haben. Deswegen kann es passieren, da& wir ein natiirliches Produkt falsch interpretieren. Wir finden zum Beispiel eine Erklarung, die in der Natur nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Wichtig ist daher, daB man das biologische System gut kennt, daB man die angewandten Prinzipien gut verstehen lernt und dann erst beginnt, die envorbene Erfahrung auf ein technisches Produkt zu ubertragen. Dafur mussen die geeigneten technischen Materialien gefunden werden, urn dann einen ersten Prototyp fur Testzwecke anzufertigen. Die Bionik, das Lernen von der Natur, auf dem Gebiet der Verpackungen, steckt noch in den Kinderschuhen. Dies ist reizvoll, weil noch viele Entdeckungen gemacht werden konnen.
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Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur 4.1
Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien 4.1.1
Strategien fur Verpackungshullen
Im Gegensatz zu technischen Verpackungshiillen leben biologische Verpackungen. Sie entstehen mit den Geweben und Organismen, die sie verpacken sollen, wachsen mit ihnen und passen sich wechselnden Anforderungen an. Vielfach verandern sie sich dann noch, um das verpackte Produkt freizugeben. SchlieBlich zerfallen die Verpackungen wieder und ihre Materialien werden rezykliert. Als Beispiel konnte man eine Bliite diskutieren, etwa die der in Abbildung 4.1.1gezeigten Konigsprotea aus der siidafrikanischen Kapprovinz. Sie ist eine uralte Pflanze, ein Relikt aus der Kreidezeit. Die Art, wie sie ihre Bliitenstande schiitzt, hat sich in nahezu unveranderter Form iiber 120 Millionen Jahre erhalten und wurde spater von vielen jiingeren Pflanzenarten parallel entwickelt. Sehr stabile, groge, bunte Blatter bilden die Blutenhiille, die sich iiber die Bliitenstande schliegen um sie zu schutzen oder sie
Abb. 4.1.1 Konigsprotea (Proteaceae) aus der Kapprovinz. Sie verpackt und schutzt ihren Blutenstand nach einern Prinzip, das sich seit 120 Millionen Jahren nahezu unveran. dert erhalten hat.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispieleaus der Natut
Abb. 4.1.2 Eine der schwergewichtigsten Verpackungen fur Sarnen i n einer Frucht findet man beim indischen Brotfruchtbaum (Artocarpus integra), dessen Frucht 12 kg erreichen kann. Ein anderes, uber die ganze Welt verbreitetes Beispiel sind Kurbisse.
als bunte Rosette umrahmen, wenn sie sie freigeben. Wenn die Blute stirbt, verfallen ihre Bestandteile und werden uber den Boden rezykliert. Wenn man im Vergleich dazu den Anwendungszweck und den Weg einer technischen Verpackung skizziert, fallt auf, daK er nur zum Teil parallel verlauft. Vor allem die venvendeten Materialien sind in der Regel sehr unterschiedlich. Sie sind keine lebenden Gewebe und konnen nicht wachsen oder sich selbstandig anpassen. Wir konnen uns nur bemuhen, die wesentlichen Verpackungsprinzipien in der Natur zu verstehen und zu versuchen, sie in vereinfachter Form technisch nachzuvollziehen. Fangen wir mit Beispielen an, um die Verpackungstechnik in der Natur kennenzu1ernen . Die Verpackung ist in der Natur nicht in dieselbe Richtung optimiert worden wie in der Technik. Die Natur berucksichtigt andere Rahmenbedingungen als wir. So macht die Bananenschale rund 30 % des Fruchtgewichts aus. Das ware fur technische Verpackungen zu hoch, wo ein Gewichtsanteil von 2-3 % fur Verpackungen angestrebt wird. Das hat aber auch die Natur in vielen Systemen erreicht. Ein rnarkantes Beispiel sind die Bienenwaben, in denen die Bienen ihren Honig lagern. Bei
4. I Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien 167
Abb. 4.1.4
Die Verpackungshullen der Dattelfrucht durchlaIUfen verschiedene Phasen. Zuerst schijtzen sie den unreifen Samen (unten), dann locken sie m i t der Su%e der Dattelfruicht Lebewesen an, u m die Samen zu verbreiten (rechts).
Abb. 4.1.5 Siidamerikanischer Reiher i m
Flug. Wenn die Natur ihre Lebewesen verpackt, optimiert sie die Verpackung dabei gleichzeitig in verschiedener Hinsicht, zum Beispiel als Schutz vor der Urnwelt, als Technik der Fortbewegung, als sozialer Faktor fiir den Kontakt innerhalb der Spezies.
~ b b 4..1.6 Stamme alter Olivenbaume, auf
Mallorca. Die Verpackung eines lebenden Organismus, auch wenn es wie i m Falle der Rinde zum Teil abgestorbene Materie ist, wachst mit und pa& sich auch bizarren Altersformen an.
einer 2 kg schweren Honigwabe macht der Wachsanteil nur etwa 40 g aus. Das sind gerade 2 %. Die Honiglagerung beinhaltet eben eine sehr spezialisierte Verpackungstechnik, bei der Materialsparsamkeit ein Vorteil war. Bei einer Bananenschale kam es andererseits darauf an, daB sie mit dem Verpackungsgut mitwuchs und dabei ihre Beschaffenheit und Farbe anderte. Auch wurde sie nach dem Schalen der Frucht ohnehin wieder aufgefressen und rezykliert.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
4.1.2
Die Materialien tierischer und pflanzlicher Verpackungshullen
Die Natur verwendet in der Regel keine hochspezialisierten Materialien, sondern Materialkonzepte, die geeignet sind, mehrere technische Herausforderungen gleichzeitig zu losen. Sie setzt im wesentlichen Universalbaustoffe wie Zellulose, Chitin oder Keratin ein, in Kombination mit relativ wenigen anderen Materialien. Daneben werden auch anorganische Materialien wie Kalk und Silikate eingesetzt, deren Strukturen uber organisch gesteuerte Mechanismen aufgebaut werden. Diese Grundstoffe sind fur die Natur leicht herzustellen und die Rohstoffe bequem aus der Umwelt zu beschaffen. Sie sind ungiftig und voll rezyklierbar. Was die Natur aber zusatzlich durch ihre Selbstorganisationsfahigkeiten zuwegebringt, ist die Strukturierung dieser Grundbaustoffe. Es gelingt ihr, daraus durchlocherte Netzwerke, faserige Strukturen, haarige Filze oder federartige Leichtbaukonstruktionen anzufertigen. Damit werden die Materialien hochgradig effektiver, weil sie entweder Krafte besser ausgleichen, Grundstoffe sparen oder isolierende Luftraume einschlieBen. Oft erfullen Verpackungsmaterialien noch eine mechanisch tragende oder scbiitzende Funktion. Intelligente Regelleistungen wie Gas-, Energie- oder Flussigkeitsaustausch sind nicht selten in die Verpackung integriert und tragen dazu bei, daB sparsam mit Materialien umgegangen werden kann. Ein typisches Verpackungskonzept ist zum Beispiel die Zellulosehulle von Samen. Mit ihren kugeligen oder ellipsenformigen Konstruktionen gewahren sie Schutz gegen mechanische Belastung und bieten gleichzeitig mit ihrer Feinstrukturierung die Voraussetzungen fur den Gas- und Flussigkeitsaustausch sowie das Durchdringen der Verpackung durch den herauswachsenden Trieb. Eine andere Strategie im Pflanzenreich arbeitet mit schaumstoffahnlichen Materialien mit vielen eingeschlossenen Luftraumen. Ein Beispiel ist das aus Zellulose und Suberin aufgebaute Korkgewebe der Korkeiche. Vor allem bei schnellwachsenden Pflanzen bewahren sich Schaumstoffe oder watteartige Materialien, so zum Beispiel beim Stamm der Bananenstaude. Er erreicht in einem Jahr eine Dicke von 20-30 cm was durch Zellulose-Watte gefullte, eingerollte Blattwickel erzielt wird. Auf diese Weise kann materialsparend und gleichzeitig stabil und voluminos gebaut werden. Haare als Bestandteile von Verpackungen sind sehr verbreitet. Sie bieten namlich die Moglichkeit, Luftraume einzuschlieBen und festzuhalten. Luft leitet Warme schlecht, was den haarigen Strukturen je nach Dichte, Beschaffenheit und Lange der Haare sehr variable Eigenschaften gibt. Bei Saugetieren sind Haare aus Keratin aufgebaut, einem EiweiB mit einem hohen Molekulargewicht. Die Haare auf Insektenkorpern erfullen einen ahnlichen Zweck. Vor allem fliegende Insekten brauchen fur ihre hochentwickelte Flugmuskulatur hohe Temperaturen. Deswegen findet sich auf dem Vorderkorper von Motten ein regelrechter Pelz. Er besteht aus Chitin, einem Polysaccharid (Abbildung 4.1.7).Auch Pflanzenoberflachen entwickeln gelegentlich einen Haarschutz. Er ist aus Zellulosematerial aufgebaut. Die Aufgabe dieser Haarschicht besteht darin, ein Mikroklima zu schaffen. Einerseits verringert es die Verdunstung, da die eingefangenen Luftraume sich mit Wasserdampf anreichern. Andererseits wirken sie, wenn die Haarschichten durchscheinend sind, auch
4. I Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien
Ze11u1ose bis 2500 GlukoseMolekiile H
OH
H
OH
kristalline Bereiche Se
Chitin
NHCOCH3
NHCOCH3
Abb. 4.1.7 Die Zeichnung zeigt die molekulare Beschaffenheit der wichtigsten Materialien, welche die Natur fur Verpackungen einsetzt: Zellulose, Keratin (und als Spezialprodukt Seide) sowie Chitin.
wie eine transparente Warmeisolierung. Das Licht erreicht die Pflanzenoberflache, die entstehende Warme wird aber uber die eingefangenen Luftraume schlecht abgeleitet. Zahlreiche lnsekten, die Seidenraupe ebenso wie Spinnen, haben es gelernt, als Verpackung Gespinste herzustellen. Spinnenfaden ebenso wie die Faden der Seidenraupe sind aus Proteinketten des Materials Keratin aufgebaut, die sich durch
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispieleaus der Natur
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Schneckengehause
K~erpanzer
aus Kalk Chitin und Sklerotin (aukrste Schicht)
Kalziumcarbonat
Seidenkokon
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/ Zellulose
Zellulosehaare
Prot&faden
Ueine' Poren Kakteen
Keratin - Radii Abb. 4.1.8 Beispiele fur den Einsatz der wichtigsten naturlichen Verpackungsmaterialien bei verschiedenen Lebewesen.
hohe Elastizitat und ReiBfestigkeit auszeichnen. Bei Insekten wie der Seidenraupe dienen zu Hullen gefertigte Gespinste als Kokons. Sie sind hochelastisch, erzielen durch die engen Poren der gesponnenen Strukturen aber noch zusatzlich vorteilhafte Effekte: fliissiges Wasser durchdringt die Hulle nicht, wohl aber Wasserdampf und Sauerstoff. Daraus ergeben sich optimaler Schutz und ein sehr giinstiges Mikroklima. Urtiimliche Spinnen haben wahrscheinlich Keratin verwendet, urn damit ihre Eier zu schutzen. Dann haben sie, wie die Seidenraupe, Spinndrusen entwikkelt, um Faden aus diesem Protein zu ziehen. Bei diesem ProzeB ziehen sie das Keratin zu einem hochviskosen Zustand aus, der einem Flussigkristall ahnelt, in
4. I Verpackungsstrategien und Verpackungsrnaterialien
dem die Proteinmolekule in eine parallelen Ordnung zueinander gebracht sind. Durch die starken Zugkrafte beim Spinnen erhalten viele der Proteinketten stabile tertiare Strukturen, die sie in akkordeonartige, kristallahnliche Strukturen iiberfuhren. Diese Proteinkristalle werden nun wiederum in eine gummiartige Matrix aus nichtkritallinen Proteinketten eingebettet (Abbildung 4.1.7).Dies hat zur Folge, daB der Seidenfaden zu einem regelrechten Verbundmaterial wird. 10-20 nm ( I Nanometer entspricht 10-0 m) groBe Proteinkristalle sind in mehr oder minder regelmaBigen Abstanden eingebettet in ungeordnete Proteinketten. Gerade diese Verbundmaterial-Eigenschaft gibt den Seidenfaden ihre hohe Elastizitat. Werden die Faden gedehnt, werden die ungeordneten Proteinstrukturen zu geordneteren Strukturen auseinandergezogen. LaISt die Spannung nach, klappen sie wieder in die ungeordnete Struktur zuruck. Chitin und Keratin haben eine interessante Entwicklungsgeschichte hinter sich. In einer fruhen Evolutionsphase schutzten sich Lebewesen rnit Schleim, ahnlich wie Schnecken. Dieser Schleim enthalt ein Mucoprotein, eine Kombination von Protein und Zucker. Bei den Vorfahren der Insekten entwickelte sich das Kohlehydrat, oder der Zucker, des Schleims zu einem festen faserigen Polymer. Wir kennen es als Chitin, welches das Grundgerust des Insektenpanzers bildet. Aber fur die auBerste Hulle war es nicht hinreichend widerstandsfahig. Durch Zumischen von weiterem Protein und Vergerben mit Chinonen, wobei die Proteinketten uber Benzolringe verkniipft werden, entsteht ein mechanisch und chemisch sehr widerstandsfahiger StoE Sklerotin. Das Beimischen von Sklerotin zu Chitin starkt und versteift die Insektenpanzer in ahnlicher Weise wie die Zugabe von Starke ein Baumwollhemd beim Waschen. Das Zellulosematerial der Baume wird ganz analog durch Zumischung von Lignin, eines harzartigen Stoffes, versteift. Das Material Keratin, das sowohl die Schuppen von Fischen und Reptilien wie auch die Federn der Vogel, die Haare der Saugetiere oder ihre Horner und Hufe bildet, besteht ganz ahnlich aus Proteinen, die uber Schwefel-Doppelbriicken verknupft sind. Keratin ist also sehr reich an Schwefel. Viele Insekten erzeugen Verpackungen nach Papier- oder Kartonart, indem sie kleine Holz- oder Rindenteilchen abnagen und diese mit Speichel weiterverarbeiten. Dieser enthalt Enzyme und Klebestoffe, die dem Pappmaterial erstaunlich gunstige Eigenschaften geben, zum Beispiel Wasser-und eine gewisse Feuerbestandigkeit. Als kleine Pakete von Hirsekorn- oder ErbsengroBe wird das Baumaterial schlieglich mit den Kiefern und Vorderbeinen transportiert. Bei der Bautatigkeit wird die pappmacheartige Masse durch die Mundwerkzeuge bewegt und zu einem dunnen, papierformigen Streifen ausgezogen, der dem Nestbau angefugt wird. Wenn Wespen ihr Holzmaterial von verwittertem Holz holen, wie die Deutsche, Sachsische oder aber auch die Gallische Wespe, dann wird das Papiernest aschgrau. Die gemeine Wespe oder auch die Hornisse verwenden dagegen vermorschtes, modriges Holz und schaffen damit holzfarbene, hellgelbe oder rotbraunliche Nester. Dunkelbraune Nester baut die Gemeine Wespe, indem sie Torfmull als Zellulosematerial einsetzt. Die Federn der Vogel bestehen aus demselben Material wie die Haare der Saugetiere, namlich aus Keratin. Auch diese Strukturen schlieRen viele Luftraume ein und bieten deswegen hohe Warmeisolation. AuBerdem sind Federn sehr biegsam und
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der N a t u r
Abb. 4.1.9 Der geoffnete Wespenbau der Sachsischen Wespe (Dolichovespula saxonrca) mit setnen mehrfachen Wanden und eingeschlossenen Luftschichten belegt die Verpackungskunst m i t Papier als Bau s to ff
Abb. 4.1.10 Auch die Natur kennt die M eh rfac hverpacku ng Die eigentl iche Nui3schale 1st aber erst hart, wenn die Walnuf3 reif 1st und die grune Schale aufspringt
verankern sich gegenseitig, was die elastischen Eigenschaften von Vogelschwingen gewahrleistet. Die Verpackung der Kafer, ihr Panzer, ist aus Chitin gefertigt. Oberflachlich ist das Chitin zu Sklerotin veredelt. Dieses Material ist wasserbestandig, hitzeresistent und stabil gegen viele chemische Angriffe. Der metallische Glanz kommt in der Regel durch eine spezielle Chitin-Sklerotin-Mikrostrukturzustande, ist also lichtecht und kann nicht ausbleichen. Als Beispiel einer typischen biologischen Verpackung wollen wir uns noch die Schale der Pecan-NUB ansehen, die in den siidlichen USA beheimatet ist und dort auch kultiviert wird. Sie ist ca. 3-5 cm lang und 1,5-z cm im Durchmesser, hat eine glatte Oberflache und ist an beiden Enden zugespitzt (Abbildung 4.1.11). Ihr Material setzt sich aus 38 % Lignin und 15 % Zellulose zusammen. Der Rest besteht aus Hemizellulose (18%), Pentosan (38 %), 1,3 % Asche und 1,6 % Protein sowie 0,s % pektischen Substanzen. Die gesamte Pecanschale enthalt im Schnitt nur I % Gerbsaure, Tannin, das a d e r e Schutzmaterial allerdings bis zu 26,4 % von diesem insektenabweisenden Stoff. Wegen des Tannins sind die Schalen, die ca. 60 % des Gesamtgewichts und 80 % des Volumens der Niisse ausmachen, nicht als Tierfutter geeignet, aber es haben sich zahlreiche Anwendungen ergeben, welche spezielle Eigenschaften der Schalen nutzen. Zum Beispiel hat sie die Amerikanische Luftwaffe mit Erfolg als Abrasionsmittel zum ,,Sandstrahl"-Reinigen von olverschmutzten Flugzeugteilen eingesetzt. Dieses Beispiel hat inzwischen auch beim Reinigen von Gebaudeoberflachen Schule gemacht. Nu8schalen eignen sich auch hervorragend zum Mulchen, zum Anlegen von Wegen, als Fullmaterial fur Warmedammungen oder als Heizmaterial sowie als Zusatz zu verschiedensten chemischen Produkten.
4.1 Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien
Abb. 4.1.11 Die Hiille der Pecan-Nui3 (Carya illinoensis) ist ein Beispiel einer i n Materialzusarnrnensetzung und Chernie hochentwik. kelten Verpackung, die zahlreiche Sekundaranwendungen erschlossen hat.
Im Hinblick auf die weiter steigende Rohstoffvielfalt technischer Verpackungen, insbesondere durch synthetische Stoffe beziehungsweise Stoffgemische, sei der wiederholte Hinweis erlaubt, daB die Evolution als natiirliche Verpackungsmaterialien nur einige wenige giinstig zu produzierende und zu rezyklierende Grundstoffe wie Chitin, Keratin und Zellulose und davon abgeleitete Materialien einsetzt, aber diese durch intelligente Mikrostrukturierung und geschickte chemische Modifizierung zu manchmal kaum zu iibertreffenden Eigenschaften veredelt werden. 4.1.3
Farbige Verpackungen ohne Farbstoffe
Technische Verpackungen werden mit einer Unzahl von Farbstoffen bedruckt, von denen viele bedenkliche Eigenschaften haben oder die Umwelt direkt schadigen. Die Natur zeigt uns, daB man darauf weitgehend verzichten konnte. Sie kommt namlich mit wenigen umweltfreundlichen organischen Farbstoffen (Pigmenten)aus und erzielt eine Vielfalt von Schattierungen sowie auch die grellsten Farben uber eine rein physikalische Strukturierung des Verpackungsmaterials oder eine Kombination von Strukturierung und Pigmentierung. Die Pigmente von Lebewesen sind in der Regel in Form winziger Tropfchen oder Kornchen in die Haut, die Federn oder in die Fellhaare eingebaut. Das verbreitetste Pigment ist Melanin. Es ist verantwortlich fur schwarze, braune, aber auch fur viele rotliche und gelbe Farben. Beispiele sind die roten Haare von Menschen oder der gelbe Federflaum kleiner Huhnerkucken. Prachtiges Rot, Orange oder Gelb wird von Karotinoid-Farbstoffen erzeugt. Sie haben ihren Namen von der Karotte, in der sie ebenfalls vorkommen. Auch die rosaroten Flamingos schmucken sich mit ihnen. Sie nehmen es von Algen auf, die Teil ihrer Nahrung sind. Auch Pterine werden in der Natur als Farbstoffe venvendet. Karotinoide, die an Proteine gebunden sind, erzeugen viele blaue und griine Farben. Auch das dunkle Blau lebender Hummer entsteht auf diese Weise. Kocht man sie, spaltet sich das Karotinoid ab und bestimmt selbst die Farbe. Das Grun vieler Raupen und Heuschrecken entsteht durch ein Gemisch von blauen und gelben Pigmenten. hat also nichts mit dem Pflanzenfarbstoff Chlorophyll zu tun. Manchmal werden Mischfarben durch punktformige Verteilung und Vermengung zweier verschiedener Pigmentfarben erzielt.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Viele Farben auf natiirlichen Verpackungen werden aber nicht durch Pigmente, sondern durch rein physikalische Effekte in der mikrostrukturierten Verpackungshiille erzeugt. Kleine Teilchen streuen kurzwelliges, blaues Licht starker als langwelliges, rotes. Deswegen ist der Himmel blau und die untergehende Sonne oft rot. Die blaue Augenfarbe bei Tier und Mensch entsteht so durch Lichtstreuung an kleinen Proteinteilchen gegen einen dunklen Melanin-Hintergrund. Das Phanomen nennt man Tyndall-Streuung. Es ist verantwortlich fur die stechend blauen Gefieder vieler Vogel einschliefilich des Eisvogels und der Papageien. Das brilliante Griin vieler Vogel, Schlangen, Eidechsen und Frosche wird durch Tyndall-Streulicht erzeugt, welches durch ein Gelbfilter verandert wird. Man braucht dafiir also 5 Schichten. Ganz hinten eine dunkle Melaninschicht, davor die Tyndall-Streuschicht und ganz vorne das gelbe Filter. Wenn alles funktioniert, ist die Farbe ein leuchtendes Griin. Fehlt das gelbe Filter, das manchmal im Licht wegbleicht, ist die Farbe Blau. Wenn der Melanin-Hintergrund fehlt, ist die Farbe wiederum Gelb. Fehlen die Melaninschicht und die Gelbfilterschicht ist die Farbe WeiR. Bei manchen Vogeln gibt es all diese Farbvariationen. In Malaysia und Indonesien lebt eine Elster, die mit ihrer grunen Farbe dem Wald perfekt angepaBt ist. Verlagert sie ihr Revier aber in die Savanne, wird ihr Gefieder blau. Die Sonne bleicht namlich ihr Gelbfilter. Die weiBe Farbe in der Natur entsteht durch Lichtstreuung, wenn die streuenden Teilchen zu groB sind, um blaues Licht zu produzieren. WeiRe Haare nutzen als Streuzentren Hohlraume und weiBe Schmetterlinge die hochstrukturierte Oberflache der lichtreflektierenden Fliigel. Grautone erzeugt die Natur oft durch Einmischen von Melanin. Graue Vogelfedern haben oft weiRe und schwarze Barbule, Federharchen, gemischt. Schillerfarben in der Natur entstehen durch Interferenz von Sonnenlicht verschiedener Wellenlange an hochstrukturierten optischen Schichten. Ein einfaches Beispiel sind die Farben eines Benzinfilms auf Wasser oder die Farben von Seifenblasen. Je nach Dicke des Films und Lange der Lichtwellenlange kommt es zu Interferenzen oder auch nicht. Winzige Plattchen aus organischen Kristallen wie Kalziumoxalat oder aus Keratin, Chitin in der auBeren Haut, in Haaren, in den Federn erzeugen dasselbe Phanomen. Die prachtigen Schillerfarben von Kolibris, Fasanen, Sonnenvogeln, Schmetterlingen und Kafern entstehen auf diese Weise. Andere Schillerfarben, zum Beispiel die der Perlenmuscheln, entstehen durch Beugungsphanomene, ahnlich wie der Regenbogen. Diese kurze Ubersicht zeigt, wie die Natur mit einer kleinen Palette von rezyklierbaren Pigmenten ohne Schwermetalle, aber einern breiten Spektrum von optischen Kunstgriffen, die keine Chemie erfordern, ihren Reichtum von Verpackungsfarben produzieren kann. 4.1.4
Faltbare Strukturen
Viele mechanisch belastete Membranen in der Natur sind gefaltet. Dieses verstarkende Prinzip, das auch der Mensch seit langem als Wellpappe oder Wellblech nutzt,
4.1 Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien 175
Abb. 4.1.12 Bei Entfalten ihrer jungen Blatter zeigt die Facherpalme die Vorziige der Faltstrukturen: dichte. elegante Packungsrnoglichkeit und hohe rnechanische Stabilitat der ausgebreiteten Flachen.
Abb. 4.1.13 Der Pfau zeigt rnit Eleganz, wie ein irnponierendes t e b i l d e geschickt weggepackt werden kann.
hat die Natur zu bemerkenswerter Perfektion gefuhrt. Ein Beispiel ist das Blatt der Facherpalme. Seine Faltbarkeit wird bereits genutzt, u m das eng gepackte junge Blatt aus dem SproB zu entfalten. Die Faltung verhilft also nicht nur zu dichtester Packung der jungen Blattstmktur, sondern ermoglicht auch deren mechanische Stabilisierung, wenn die Folien ausgebreitet sind. Viele Blatter in der Natur durchlaufen dieselben Schritte von der Knospe bis zum ausgebreiteten Blatt. Dieses nutzt vielfach noch die sagezahnartige oder ficherformige Stmktur, damit die mechanische Stabilitat gewahrleistet ist. Dasselbe Verpackungs- und Faltprinzip nutzen auch verschiedene Kafer, wenn sie ihre Deckflugel abheben, um ihre eigentlichen gefaltenen Flugel auszubreiten. Wesentlich sind dabei Klappgelenke an der Vorderkante der Flugel.
Abb. 4.1.14 Der Herkuleskafer (Dynastes hercules), mit uber 10 cm eines der groi3ten Insekten, zeigt deutlich wie unter den weggespreizten Schutzklappen die vie1 grogeren gefalteten Flugel ausgefahren werden konnen
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.1.15 Dieser indische Urwaldriese (we5 t l l C k Ghats) entwickelte zur Erkiohung der Stabilitat eine stark efaltete Oberflache.
Abb. 4.1.17 Die nordarnerikanische ButternuR uuglans cinera) hat sehr t i d e Langsrillen. die ihr eeeen Druck und Schlaae hohe
Auch Heuschrecken falten ihre Flugel, urn sie dann fur den Schwirrflug mechanisch stabil auszufahren. 4.1.5
Verpackungen als Form- und Farbanpassungen
Die Natur hat es in grandioser Weise zustandegebracht, ihre Lebewesen gegen Sicht zu tarnen. Die Schollen auf dem Sandboden nehmen die Musterung des Unter-
4. I Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien
grundes an, unzahlige Insekten haben die Farben von Friichten oder Blattern adaptiert und Eidechsen die Muster des Bodens, auf dem sie sich sonnen. Auch die Formen von Lebewesen, also ihre Hiillen, tragen oft entscheidend zur Tarnung bei. So gibt es Insekten, die zum Verwechseln Blattern oder Zweigen ahneln. Andererseits soilen natiirliche Verpackungen auch anlocken. Bliiten, Friichte prasentieren sich werbewirksam, indem sie grelle Farben, komplementare Farbmuster, wiedererkennbare Formen und Symbole, graphische Linien und markante Muster zur Schau stellen. Die Komplementarfarben Blau und Gelb bei der Irisbliite mogen als Beispiel dienen. Andererseits ist vorgeschlagen worden, daB gewisse Muster, wie zum Beispiel die charakteristische Schwarz-WeiB-Streifung der Zebras krankheitsiibertragende Insekten abhalten. Das Empfinden fur die Schonheit dieser natiirlichen Farben und Muster haben auch wir Menschen von der Evolution mitbekommen. Abb. 4.1.18 Das Bild zeigt 3 groBe lbisse an der sudafrikanischen Kuste und erklart den Crund fur ihre fleckenhafte schwarz-weif3e Farbu ng.
Abb. 4.1.19 Die Wissenschaft versteht inzwischen, wie bestirnrnte charakteristische Muster auf naturlichen Verpackungen wie den Cehausen dieser Kegelschnecken (Conoide) entstehen. Sie werden durch Ruckkopplungsprozesse gebildet, wie sie auch rnathernatisch als ,,Chaosbilder" auf dem Bildschirrn geschaffen werden konnen.
Abb. 4.1.20 Diese Eidechse aus Kenia hat dieselbe geiblich-rotbraune Farbe angenorn. men wie der mit Eisenoxid fleckenweise verfarbte Quarzstein.
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Verpackungsbeispiele aus der Natur
Verpackungen in der Natur erfullen, wie in der Technik, eben mehr als nur den Zweck der Verpackung. Diese mussen vielmehr zusatzliche intelligente Aufgaben erfullen. Sie sollen nicht nur gegen Wasserverlust, Strahlung, Warme oder Kalte schutzen, sondern auch gegen lebende Feinde, die es auf den Verpackungsinhalt abgesehen haben. 4.1.6
Multifunktionelle Verpackungen
Viele Verpackungen in der Natur, zum Beispiel solche von Samen und Friichten, erfullen auch zeitlich hintereinander verschiedene Zwecke. Solange die Samen nicht reif sind, werden sie von der Verpackung geschutzt. Sie sind schlecht geniegbar und haben eine Farbe die nicht auffallt, zum Beispiel dieselbe grune Farbe wie die der Blatter. Wenn die Samen aber reif sind, sind die Fruchte geniegbar, die Farbe der Frucht wird auffallig. Die Versorgung und Verbreitung der Samen wird ebenfalls von eleganter Verpackungstechnologie bewerkstelligt. Die Samen sind nach zweckmagigen Prinzipien geschichtet und geordnet und werden durch mechanisch bewegbare oder verformbare Hullen vielfach auch gegen Wetter oder unenvunschte Fresser geschutzt. Ein interessantes Beispiel sind die Zapfen von Nadelbaumen. Sie lassen die Samen in gut plazierten Taschen wachsen, die geoffnet werden konnen. Sie vermogen es aber auch, die wachsenden Samen durch ihre speziellen Verstarkungsstrukturen mechanisch wirksam zu schiitzen. Wenn sie reif sind, lassen sie dann die Samen zu Boden fallen. Diese funktionelle Art der Samenverpackung in Zapfen hat sich nicht nur bei unseren modernen Nadelbaumen bewahrt. Bemerkenswert sind die Zapfen, welche die weibliche Pflanze von Welwitschia mirabilis hervorbringt (Abbildungen 4.1.22 und 4.1.23). Diese Pflanze aus der heisen sudwestlichen Namibwuste ist eigentlich ein sehr kurzstammiger Baum, obwohl sie nur 2 Blatter hervorbringt, die fortlaufend weitenvachsen, um an ihren Spitzen wieder abzusterben. Sie bildet wegen ihrer urtumlichen Struktur eine eigene Klasse (Welwitschiaceae) unter den ,,nacktsamigen" Pflanzen, zu denen auch unsere Nadelbaume gehoren. Es wird ihr nachgesagt, daA sie 1500 Jahre lang leben kann. Nicht umsonst heif3t sie in der Burensprache ,,Zweiblattkannnichtsterben".Es ist nicht zu ubersehen, daA die Zap-
4.1 Verpackungsstrategien und Verpackungsmoterialien Abb. 4.1.22
Welwitschia mirabilis.
Die Zapfen der urtumlichen 4.1.23 Wustenpflanze Welwitschia mirabilis erinnern i n Struktur und Funktion i n erstaunlicher Weise an die Zapfen von Nadelbaumen (Narnibwuste).
Abb.
Die Samenstande des KrimBarenklaus (Heracleum stevenii) bieten die Samen so geschickt angeordnet an, daR sie optimale Chance haben, verbreitet zu werden
Abb. 4.1.24
4.1.25 Auch der Sarnenstand dieses Doldengewachses (Apiaceae) zeigt geometrische Eleganz und Perfektion.
Abb.
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Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.1.26
Blutenstand einer sudafrikanischen Amaryllis: Maximale fur die Bestaubung angebotene Blutenoberflache bei minimalem Materialaufwand und optimaler Stabilitat.
fen die gleiche Struktur und Funktion aufweisen wie die der verbreiteten Nadelbaume in den gemasigten Klimazonen. Im geschlossenen Zustand sind sie hart und bruchfest, widerstandsfahig gegen die Zahne der Zebras. Geoffnet geben sie aus ihren regelmagig angeordneten Taschen die Samen frei. Dieses wirksame Verpackungsprinzip hat wohl deswegen schon rund 2 0 0 Millionen Jahre iiberlebt. Der multifunktionelle Charakter einer biologischen Verpackung wird besonders deutlich bei einer Bliite. Die Hulle der Knospe kann als ,,Umverpackung" charakterisiert werden, die augere Verpackung schliegt also noch zusatzliche, innere Verpackungen ein. Die farbigen Bliitenhullblatter stellen die Prasentationsverpackung dar. Die farbigen Staubblatter sind die Verkaufsverpackung, wahrend die einzelnen Samenkorner Transportverpackungen sind. Jede Funktion geht dabei mehr oder weniger in die nachste iiber. Auch die Natur nutzt die Vorteile von Verbundverpackungen. Bei der Tulpenknospe werden die raumsparend gefalteten und gewickelten Bliitenblatter spater unter Trennung von Haftverbindungen hydrostatisch zu ihrer festgelegten Form ausgebreitet. Dies gelingt durch Materialverbund im Aufbau von Verpackungshullen unter Einsatz von dunnen Schichten und der Nutzung von Trenntechniken. 4.1.7
Verpackungen die fur den Verbraucher leicht zu handhaben sind
Wenn wir eine Banane in die Hand nehmen, merken wir, wie stabil die Frucht ist. Man spurt, daB ihr Querschnitt nicht rund ist. Sie hat abgerundete Kanten, die ihr ein biegeverstarktes Profil geben. Wie den Griff eines Messers kann man sie mit der Hand fest und sicher umklammern. Man verletzt die Banane auch nicht, wenn sie mit magiger Kraft gegen eine Oberflache geschlagen wird. Auch gelingt es nicht ohne weiteres, ihre elastische, faserverstarkte Schale mit den Fingernageln aufzureigen. Aber erst wenn wir die Banane schalen, was mit zwei Handgriffen gelingt, wenn man sie kennt, begreift ein technisch interessierter Beobachter, was die Natur
4. I Verpackungsstrategien und Verpackungsmateriolien
Abb. 4.1.27 Reifende Bananen. Die jungen Fruchte sind urn ihre Versorgungsverbindung platzoptirniert angebracht.
Abb. 4.1.28 Die Banane ist der Prototyp einer leicht zu handhabbaren Verpackung.
mit dieser einfachen Frucht geleistet hat. Ihre Schalen haben Sollbruchstellen. Sie reiBen entlang von vorgeplanten Bruchlinien. h n l i c h e Sollbruchstellen hat die Natur bei vielen ihrer verpackten Produkte entwickelt. Viele Friichte oder Nusse brechen, wenn sie reif sind, ihre Verbindung zum Baum oder Strauch, und zwar an genau fur diesen Zweck entwickelten Sollbruchstellen. Aber auch Insekten, die aus den Eiern schlupfen, konnen mit gut bedienbaren Offnungsmechanismen fur Eikokons oder Puppengehause rechnen. Unsere Industrie hat den Vorteil von Sollbruchlinien schon lange entdeckt. Heute blickt man schon automatisch auf ReiBmarkierungen auf verschweigten Plastikverpackungen oder auf Bruchnahte auf Aluminiumdosen. Sowohl der Verpackungsinhalt wie auch die Bananenschale selbst sind weich und unstabil, aber die Verbindung von beiden ist kompakt und fest. Auch wenn die Natur ca. 30 % des Gesamtgewichtes der Banane fur ihre Verpackung nutzt, ist dieser natiirliche - aus unserem technischen Verpackungsumfeld heraus gesehen - scheinbar hohe Verpackungsmaterialaufwand,keineswegs iibertrieben. Die Schale dient als optimierte Verpackungsform im Fruchtstand, als mechanischer und chemischer Schutz gegen das Eindringen fruchtfressender Parasiten, sie tarnt sich als unreife Frucht mit ihrer griinen Farbe perfekt im Blattwerk der Vegetation und dient in ihrer gelben Farbe zur Anziehung samenverbreitender Fmchtfresser. Die Schale selbst ist, nachdem sie abgeworfen ist, noch Futter fur Insekten und perfekt rezyklierbar. Was die Bananenschale fur uns besonders interessant macht, ist vor aflem die Leichtigkeit, mit der sie sich offnen la&, aber auch der Umstand, daB, wenn weggeworfen. sie schnell von der Umwelt verarbeitet und neutralisiert wird.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.1.29
Dieser Tenebrionid-Kafer aus der Namibwijste hat einen runden Panzer, u m die Oberflache und somit auch die Umwelteinfliisse, insbesondere die W'arme zufuhr zu minimieren.
Abb.4.1.30
Dungkafer in der Narnibwiiste m i t seiner opt~miertenLast.
4.1.8
Minirnierte Verpackungen
Die Chitinverpackung der Kafer mit ihrer sklerotinverstarkten AuBenschicht verdient alleine schon eine Wurdigung als Verpackungslosung. Das venvendete Verpackungsmaterial ist stabil, biologisch beliebig formbar und erzeugt durch Interferenzen und Streueffekte sogar Farben. Manchmal ist die alte Hulle noch so nahrstoffreich, daB sie gleich wieder verspeist wird. Kaferpanzer sind oft massiv gebaut und umschlieBen bei minimaler Oberflache einen maximalen Inhalt. Deswegen sind Kafer oft relativ rund. Ihre Panzer gewahren aber nicht nur mechanischen Schutz, sondern bewahren sich in heisen Gegenden auch als thermische Schutzschilde ahnlich wie Keramikkacheln beim Spaceshuttle. Wenn die Hitze zu grog wird, sondern manche Tenebrionid-Kafer Wachsstrukturen auf ihrem Panzer ab, welche wirksam Sonnenstrahlen reflektieren. 4.1.9
Wehrhafte Verpackungen
Sehr haufig schutzen biologische Verpackungen die ihnen anvertraute Fracht mit wehrhaften Waffen. Es gibt zahllose Fruchte und Samenbehalter, die sich mit Stacheln schutzen. Sie sollen gewahrleisten, daB die Samen nicht im unreifen Zustand gefressen werden. Erst wenn sie reif sind, sorgen in der Regel automatisch ausgeloste Mechanismen und Sollbruchstellen dafur, daB der Inhalt freigesetzt wird.
4. I Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien
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Abb. 4.1.31 Die Verpackung der Edelkastanie (Castanea sativa) garantiert nicht nur dichteste Packung, kleinste Oberflache und vorgegebene Sollbruchstellen, sondern auch eine wirksame Verteidigung bis zur Reife der Frucht.
Abb. 4.1.32 Die Rindenhulle des paragu ayani :hen Flaschenbaurns ist ubersaht rnit starken Dornen.
4.1.10
C)ffnungs- und Schliefltechniken
Verpackungen sind auch dafiir geschaffen, ihren Inhalt gezielt und programmgema13 freizugeben. Wir kennen ein solches Produkt als Salzstreuer. Sein Vorbild ist die Mohnkapsel gewesen (Abbildungen 4.1.34und 4.1.41). Unter der kronenartigen Struktur auf der Kapsel sitzen Schlitze, durch die bei Schiittelbewegungen oder bei Wind die feinen Samen fallen. Auch Farne und Pilze streuen ihre Pollen oder Sporen und wenden dabei vielseitigste Techniken an.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispieleaus der Natur
Erstaunlich ist die Offnungstechnik bei der Entfaltung von Blattern. Wahrend sie sich von der Knospenhulle befreien, wachsen sie und offnen sich nach einem ausgefeilten Programm. Oft reiBen Hullen nach genau vorgegebenen ReiBlinien auf, zum Beispiel beim Erdsternpilz, der seine Hiille zu einem achteckigen Stern auffaltet. Die Offnungs- oder SchlieBprinzipien in der Natur sind technisch oft recht trickreich, mit Biosensoren gekoppelt, die den richtigen Zeitpunkt feststellen. Bei Kiefernzapfen ist die Aufspreiztechnik feuchtigkeitsgesteuert, bei Erreichen einer gewissen Reife. Abb.4.1.34 Die Mohnkapsel rnit ihren geschickt ve,rteilten dffnungen zum Ausstreuen der Samen war Vorbild fur einen 1920 patentierten Salzstreuer nach R. H.France.
Abb. 4.1.35 Sich entfaltende Blatter zeigen rnit groger Deutlichkeit die bei der Verpakkung zugrundeliegenden Faltungstechniken
Abb. 4.1.36 Das Pfaffenhutchen (Euonymus) liefert ein Beispiel fur eine Frucht, die ihre Samen zur gegebenen Zeit mittels eines eleganten mechanischen Mechanismus freisetzt
4.1 Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien
4.1.1 1
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Rezyklierte Materialien fur Verpackungen
Die Larven von Kocherfliegen (Phryganea) leben im SiiBwasser, in reiBenden kleinen Bachen, aber auch in verschilften ruhigen Tiimpeln, wo sie ihrem beschaulichen vegetarischen Leben nachgehen. Sie haben das Problem, daB sie sich vor ihren Feinden schiitzen miissen, ebenso wie vor den Tiicken des Mediums, in dem sie leben, dem Wasser mit seinen Wirbeln, Druckwellen und sprudelnden Luftblasen. Sie brauchen eine schutzende Verpackungsfolie, in die sie ihren empfindlichen Korper einrollen konnen. Dazu haben sie nur die Materialien zur Verfiigung, die sich im Gewasser finden. Die Evolution hat ihnen die Fahigkeit vermittelt, mittels einer Speicheldriise Seide zu spinnen, die sie um ihren Korper zu einem rohrenformigen Gebilde venveben. In dieses weben sie nun systematisch ausgewahlte n a ~ r l i c h e Materialien aus ihrer Umgebung ein. Kocherfliegenlarven in stark stromendem Wasser (Sericostorna personaturn) bauen Schutzrohren aus vielen kleinen Steinchen, die wie Elemente einer Art Kettenhemd wirken. Zum Beschweren gegen das reiBende Wasser werden noch grogere Steinchen an das Ende der Rohrchen angesponnen. Wenn Kocherfliegen wachsen, adaptieren sie ihre Verpackungshiille systematisch. Eine ahnliche Technik des Schutzrahrenbaus durch Verkleben kleiner Steinchen mit ihrem schleimigen Klebstoff verfolgen Meeresringelwiirmer (Polychaeta). Bei anderen Kocherfliegenlarven sind langs oder quer geschichtete, eingewobene Holzstabchen in Verwendung (Grumrnotaulius sp. beziehungsweise Lirnnophilus pacicornis) oder sogar in einer fortlaufenden Spirale angeordnete (Triaenodes).Auch gibt es Kocherfliegenarten, die sich mit gesammelten kleinen leeren Wasserschneckengehausen panzern oder kleine Steinchen in Form eines richtigen spiralformig aussehenden Schneckengehauses anordnen (Helicopsyche spherata). Die bemerkenswerte Kombination von versponnener Seide mit harten oder elastischen festen Elementen fiihrt zu interessanten Eigenschaften von Verpackungshiillen.Die einen verhalten sich wie Panzer aus vielen harten Elementen, die anderen wie stogdampfende Schilfmatten. Die GroBe, Form und Verkniipfung der Elemente erlaubt dabei eine beachtlich flexible Gestaltung der Eigenschaft der Hiille. DaB die seidenverflochtenen Teilchenmatten sinnvolle Schutzstrukturen sind, zeigen auch die Kleinschmetterlinge (Mikrolepidoptera)und insbesondere die Familie der Sackspinner. Unter ihren Raupen gibt es zahlreiche, die ganz ahnliche Abb. 4.1.37 Kocherfliegenlarven in seich. tern, fliegendem Wasser. Sie haben Steinchen und einzelne Fichtennadeln in ihren Kocher eingebaut.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispieleaus der Natur Abb. 4.1.38 Das zwischen die dunnen RLiten einer sudafrikanischen Euphorbie aufgehangte Spinnennest erzielt Stabilitat und Sicherheit durch geschickt gefuhrte SeidcInBden, in die Pflanzenreste eingebunden sind.
Schutzhullen bauen wie die Kocherfliegenlarven. Sie venvenden Holzstabchen oder Lehmteilchen, aber nie Steinchen. Vermutlich sind diese uber Wasser zu schwer, also fur den Lebensbereich der Kleinschmetterlinge nicht sinnvoll einzusetzen. Die Mortelbiene (Chalicodoma muraria) verarbeitet Sandkornchen mit Hilfe des Speichels zu einer kittartigen Masse und schafft dadurch richtige Steinbottiche, die, 5-8 an der Zahl, an sonnenbeschienene Felsen geklebt werden. Es sind Behalter, die mit einem Futterbrei aus Nektar und Pollen gefullt werden und ein Ei hinzukommt, bevor die Behalter ubermauert werden.
Abb. 4.1.39 M i t Seidenfaden versponnene Holzstabchen van Verpuppungsstrukturen van Kleinschmetterlingen, Chaco von Paraguay.
Abb. 4.1.40 Vom Kalifornischen Specht in die Rinde eines Baumes gebohrte Locher zur Aufbewahrung und zum Schutz eines Vorrats an Eicheln.
4.7 Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien
Naturvolker sammelten grogflachige Blatter, zum Beispiel von der Bananenstaude, u m Nahrungsrnittel oder Gegenstande darin einzuwickeln. Auch im alpinen Raum nutzte man auf den Alrnen noch vor einer Generation Blatter, um die Butter einzuwickeln. Blattschneiderbienen verpacken ebenfalls mit Blattern. Sie schneiden sie ab, rollen sie und fuhren sie in Holzgange ein, die sie regelrecht damit tapezieren, bevor sie die Eier hineinlegen. Der Mensch hat sich daran gewohnt, alte Pappkartons fur neues Verpackungsgut wiederzuverwenden. Auch in der Natur werden Verpackungen wiedergenutzt, die vorher als Verpackung fur ein anderes Gut eingesetzt waren. Die Verkleidung und Verpackung mit Abfallprodukten ist im Tierreich gar nicht so selten. Wachsschildlause zum Beispiel verkleiden sich mit abgestoBenen Wachsplattchen, der tropische Blattlauslowe hangt sich die ausgesaugten Leichen der Beutetiere an den Korper. Andere Tiere rnachen fremde Verpackungen zu ihren eigenen. So zum Beispiel der kalifornische Specht, der in Baumrinden Loch neben Loch meiBelt, urn seine gesammelten Eicheln maggenau einzupassen - als Vorrat fur schlechtere Zeiten. 4.1.12
Selbstregelnde Verpackungen
Verpackungen in der Natur beinhalten oft Vorrichtungen, die gewisse Ablaufe vorprogrammieren. Die Schoten der Wicken zum Beispiel losen beim Trocknen einen
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bb 8 'ab
Mohnkapsel als Ausslreuvomchtung
Abb. 4.1.41 Sarnenverpackungen mit Flug- oder Verteilungsrnechanisrnen.
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4 Verpacktes Leben
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Verpackungsbeispiele aus der Natur 4.1.42 Diese jungen Farne zeigen, wie sehr Verpackung und Wachstum integriert sind. Wahrend die Wedel wachsen, rollen sich die Triebe aus, urn den jungen Blattern Freiraum zu geben. Das Rollen wird dadurch erreicht, dai3. die Zellen an der lnnenseite der Spiralform schneller wachsen als die an der Augenseite.
Abb. 4.1.43
Die Sarnenbehalter dieser Pflanze aus Namibia sind so konstruiert, daB sie sich bei entsprechender Austrocknung verkrurnmen und in zwei Halften spalten, urn die Sarnen freizugeben.
Entspannungsmechanismus aus, der die beiden Schotenhalften gegeneinander verdrillt und dabei betrachtliche mechanische Krafte freisetzt. Sie reichen aus, um die Samen mehrere Meter weit zu schleudern. Ein anderes Beispiel ist das Echte Springkraut oder Ruhrmichnichtan (Impatiens noli-tangere). Der Fruchtkorper reiBt nach vorherbestimmten Sollbruchstellen, so daB die einzelnen Elemente sich mit beachtlicher mechanischer Energie zusammenrollen und dabei die Samen ausstoBen. Aus den gelben fullhornahnlichen Bluten gehen funfilapprige Kapseln hervor, die beim Beruhren aufspringen und den Sameninhalt weit fortschleudern. Wohl wegen dieser Reaktion erhielten sie ihren volkstiimlichen Namen. 4.1 -13
Anhafiende Verpackungen
Insekten verwenden einen meist farblosen, schnell hartenden Zement, um ihre Eier sicher auf der vorgesehenen Unterlage zu verankern. Er ist extrem haltbar und festklebend. Lause, zum Beispiel Phthims pubis, befestigen ihre Eier an der Basis von Haaren. Lange nachdem die jungen Lause geschlupft sind, hangen diese Eier nach wie vor an den Haaren und bringen sie an den betroffenen Stellen zum Knicken.
4. I Verpackungsstrategien und Verpackungsmaterialien
Die Florfliege schutzt ihre Larven gegen FreBfeinde dadurch, daB sie die Larven an gesponnenen, schnell aushartenden Faden festklebt. Diese Faden stehen wie parallele Nadeln senkrecht vom Ast weg und halten die Eier an der Spitze des erharteten Klebefadens fest. Wenn Spinnen ihre Beute am Net2 festkleben lassen, bewerkstelligen sie dies mit einem Spezialkleber. Die Spinne hat eigene Leimdriisen, aus denen sie Klebstoff ausscheidet, der sich auf den Seidenfaden zu Perlen zusammenzieht. An diesen bleibt die Beute hangen, wahrend die Spinne es geschickt versteht, mit ihren hochspezialisierten FuBspitzen die klebenden Tropfchen zu verrneiden. Auch Samen von PflanZen, die in reiBenden Gewassern, oft in Wasserfallen existieren, nutzen, Klebemechanismen. In der Trockenzeit plazieren sie sich an Felsoberflachen durch mechanisches Haften. Sobald Feuchtigkeit verfugbar ist, quillt der Samen und mobilisiert dadurch eine chemisch sehr fest klebende Substanz, die selbst hohen hydromechanischen Belastungen standhalt. Im trockenen Zustand konnen die Samen dieser subtropischen Pflanzen ihre Klebefahigkeit noch jahrzehntelang beibehalten. Von ganz besonderem technisch-wirtschaftlichemInteresse sind die biologischen Organismen, die in wassriger Umgebung ihre Klebfahigkeit eindrucksvoll demonstrieren. Hierzu zahlen neben den in Kapitel 2.3.3.2 beschriebenen Seepocken auch die Miesmuscheln und weitere Meereslebewesen. Die Gentechnik versucht mit zunehmendem Erfolg, die Strukturen der Klebstoffproteine aufzuklaren. Bei der Miesmuschel ist dies bereits gelungen. Eine biotechnische Herstellung riickt damit in greifiare Nahe. GroBe Erwartungen, Klebstoffe nach biologischem Vorbild technisch zu nutzen, liegen in der human- und zahnmedizinischen Anwendung, zum Beispiel fur Wundverklebung, Zusammenfugen von gebrochenen Knochen (als mechanischer Ersatz fur metallische Nagel, Schrauben, Klammern, Platten usw.) und fur die Fixierung sowie Bearbeitung von Zahnen. Dariiber hinaus liefert uns die Natur viele pflanzliche und tierische Produkte, denken wir nur an bekannte Lebensrnittel wie Weizen, Raps, Soja und Milch, Klebstoffproteine, die im Hinblick auf den Einsatz nachwachsender Rohstoffe fur Verpackungen und andere Technikprodukte zunehmend starker in das Blickfeld der Forschung geraten. Den Verpackungsingenieuren offnet sich auch hier ein breites Feld fur innovative nachhaltige Verpakkungen, Verpackungsmittel und Verpackungshilfsmittel. Ganz auf Chemie verzichtet bei der Strategie des Anhaftens die Klette aus der Gattung der Korbblutler. Ihre kugeligen Blutenkorbchen sind mit widerhakenAbb. 4.1.44 Miesmuscheln auf Felsen in der Brandung, Chilenische Kuste. Die Starke der chemischen Verklebung in feuchter Umgebung hat die Technik zu bionischer Forschung motiviert.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispieleaus der Natur
Abb. 4.1.45 Seepocken haben eine Muschelschale besiedelt. Sowohl die Stabilitat wie auch die Verankerung der Cehause auf der Unterlage ist Lernvorbild fijr hochstabile Verpackungslosungen (vergleiche auch Kapitel 2.3.3.)Auch das Baurnaterial Kalk erfullt alle Voraussetzungen fur umweltkornpatibles Wirtschaften.
Abb. 4.1.46 Die seitlich aufgerissene Flanke der Seepocken zeigt, dag die Kalkverpackung rnit ihren Karnrnern in Richtung Materialsparsarnkeit und hohe Stabilitat optimiert ist.
Abb. 4.1.47 Die Klette, Arctiurn, hat ihren althochdeutschen Narnen von ,,kleben" und bewerkstelligt dies rnit ihren vielen kleinen Widerhaken.
bewahrten Spitzen versehen. Wenn sie in das Fell von Lebewesen oder in Kleidungsstoffe dringen, bleiben sie daran hangen. Wird die Klette spater abgestreift, ist ihre verpackte Ladung weitertransportiert worden, der Zweck des Anhaftens erfiillt. Die Pflanzen, die diese anhanglichen Pflanzensamen verteilen, schiitzten im alten Volksglauben vor Donner, Zauber und Damonen. Man brauchte sich also nicht zu argern, wenn Kleider oder Haare mit Kletten behangen waren.
4.7 Verpackungsstrategian und Verpackungsmaterialien
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Abb. 4.1.48 EBbare Fruchte und Cemuse (hier Paprika) sind i m wesentlichen Verpakkungen, die Lebewesen zum Transport der Samen anlocken sollten.
4.1.14
Ceniegbare Verpackungen
Wenn der Samen der sogenannten Bedecktsamigen (Angiospermae) reift, entwikkelt sich aus dem ihn umgebenden Fruchtblatt die Fmcht. Die Friichte konnen siifi, neutral, sauer oder bitter sein. In jedem Falle dienen sie der Ausbreitung des Samens. Sie sollen gefressen werden, damit die Sarnen den Darmtrakt passieren und an entfernter Stelle deponiert werden. In gewisser Hinsicht ist die Frucht also eine Art Lockpackung, um Transportmoglichkeiten zu aktivieren. Oft sind auch Ameisen an der Verbreitung des Samens beteiligt. Die Buschmanner der sudlichen Namibwiiste zum Beispiel schatzten die geniegbaren kleinen Samen der Buschmannkerze (Sarcocaulon patersonii), einer Geranienart. Aber sie uberliefien es in der Regel den Arneisen, sie zu sammeln. D a m gruben sie die Nester der Ameisen aus und ernteten die Samen in grofieren Mengen. In einer holzernen Schale trennten sie dann mit geschickten Bewegungen den Sand vom Samen um letztere zu einem Brei zu ruhren. In der Regel nutzen die Ameisen nur einen Teil des Samens, zum Beispiel ein Oltropfchen, der als Lockmittel dient. Auf diese Weise konnen die Samen nach der Nutzung durch die Ameisen nach wie vor keimen. Zahlreiche Lebewesen geben ihren Nachkommen geniefibare und rezyklierbare Eierhullen mit. Die Beispiele reichen von den Eihullen gewisser Kaulquappen bis zu den Eierschalen der Huhner, die wegen ihres Kalkgehaltes wiedervenvertet werden konnen. Besonders rafiniert ist die Strategie der Gallwespen (Cynipoidae). Sie zwingen Pflanzen dazu, artgerechte Verpackung und Nahrung fur ihre Larven bereitAbb. 4.1.49 Callapfel der ~ichengallwespe Diplolepis quercusfolii bieten wegen des sehr hohen Tanningehaltes der Hiille einen sicheren Schutz gegen Insektenangriffe und augerdem reichlich Nahrung fur die Larve.
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4 Verpacktes Leben
- Verpackungsbeispiele aus
der Natur
Abb. 4.1.50
Die Eibe (Taxaceae) galt schon i n der Antike als Todesbaurn, weil alle Pflanzenteile rnit einern todlichen Gift versetzt sind - m i t Ausnahrne des fleischigen roten Samenrnantels, der den Sarnen urngibt.
Abb. 4.1.51 Die Hulle der Beere des Kaffeestrauches war durch die Evolution fur den Verzehr durch Vogel programmiert, damit die ungeniegbaren Samen verbreitet werden. Dann hat der Mensch am Feuer das Aroma des gerosteten Samens entdeckt.
zustellen. Wenn sie die Eier mit ihrem Legestachel in das Pflanzengewebe an der Unterseite von Eichenblattern legen, stimulieren sie die Pflanze dadurch zu charakteristischen Wucherungen, den Gallen oder Gallapfeln. Abbildung 4.1.49zeigt die Gallapfel der Eichengallwespe (Diplolepis quercusfolii). Die Gallen anderer Gallwespen sehen wiederum ganz anders und iibrigens arttypisch aus. Die Rosengallwespe (Rhodites rosae) zum Beispiel produziert bei der Wildrose ein moosartiges, faserig behaartes Gebilde, den sogenannten Schlafapfel. Genaugenomrnen ist die Strategie der Gallwespe eine hochentwickelte Biotechnologie. Durch das Legen der Eier und die damit eingebrachten chemischen Verbindungen stimulieren sie bei der Wirtspflanze ganz gezielte Wachstumsreaktionen, die sie fur die Aufzucht der Lame ausnutzen. Auch Lause, Milben und Fadenwiirmer sind als gallenbildende Tiere bekannt. Verpackungshullen genieBbar zu machen, ist also eine wichtige Strategie, die zudem geschickt hilft, den Verpackungsabfall zu rezyklieren. Inzwischen wird es auch in unserer Verpackungsindustrie immer moderner, egbare oder verfutterbare Verpackungsmaterialien einzusetzen. Sie reichen von Verpackungen aus Mais oder Kartoffelstarke bis zu Formpackungen aus Waffelteig. Statt Polystyrol wird speziell prapariertes Poppkorn eingesetzt oder sonstiges degradierbares Material aus dem Pflanzenreich. Erbsen und Bohnen liefern Rohmaterial fur Wegwerf-Teller, Becher und Besteck.
4.2 Mechanisch und strukturell optimierte Verpackungen
4.2
Mechanisch und strukturell optimierte Verpackungen 4.2.1
PlatzoptimierteVerpackungen
Auch die Natur spart Platz, wenn sie verpackt. So verbraucht sie weniger Material und kann das Verpackungsgut besser schutzen. Wenn die Samen dichter gelagert sind, kann die Verpackungshulle kleiner sein, die nach auBen zu kontrollierende Oberlache ist damit kleiner. Ein interessantes Naturobjekt, anhand dessen man sich Gedanken uber dichte Packungen machen kann, sind auch Paranusse, die als Samen des riesigen brasilianischen NuBbaumes (Bertholletia excelsa) in 30-50 m Hohe in der obersten Etage der Urwaldvegetation gedeihen. Sie haben eine langliche Form mit dreikantigem Querschnitt, ahnlich wie eine Spalte einer geschalten Orange, und wachsen zu 12-24 Stuck in 1-2 kg schweren runden NuBbehaltern. Sie sind dort ahnlich dicht gepackt wie die Spalten einer Orange. Die harte Hulle der Paranug ist innen mit einer faserigen Dammschicht ausgekleidet, wohl als Schutz gegen den harten Aufschlag der Frucht auf dem Boden und vielleicht als Schwimmhilfe in den Sumpfen des Amazonas.
Abb. 4.2.1
Die dichte, geornetrisch optirnierte Anordnung der Kerne der Sonnenblurne ist ein schones Eeispiel dafur, wie gut verpackt und (den Vogeln) angeboten die Natur ihre Produkte in Urnlauf bringt.
Abb. 4.2.2 Die in den Hochanden Nordchiles beheimatete Polsterpflanze Laretia cornpacta fugt ihre Zweige zu einer dichten Packung zusammen, urn die dazwischenliegenden Luftraume, die das Mikroklima bestimmen. klein zuhalten.
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4 Verpacktes Leben
- Verpackungsbeispiele aus
der Natur
Abb. 4.2.3 Pilze, Rhododendronwald. Nepal. Die Natur vermag es, auch bei individuellen Lebewe. sen elegant und dicht zu packen.
Abb. 4.2.4 Der Sarnenstand des Lowenzahns zeigt, wie man hochempfindliche Flugsarnen in dichter Packung aufden Flug vorbereiten kann.
Abb. 4.2.5
Horn~ssennest.Die sechseckigen Waben sind ein technisch v~elkop~ertes geometrisches Element fur dichteste Packungen.
Abb. 4.2.6
Sich entfaltende Blumen, Hawaii. Die jungen Blatter sind zunachst wie ein Plastik-Regenschutz dicht zusammengeknullt, bevor sie sich zu ihrer richtigen Form und Position entfalten.
4.2 Mechanisch und strukturell optimierte Verpackungen
Abb. 4.2.7
Der sich aufrollende FarnsproB m i t seinen Ansatzen fur die Seitenblatter zeigt, wie dicht und fur den Rollvorgang angepagt das junge lebende Cewebe verpackt war (Hawaii).
Abb. 4.2.9 Diese Sarnenkapsel eines Steppenbaurnes aus Paraguay zeigt die sorgfaltig geschichteten, zur Ausschuttung vorbereiteten Flugsamen.
Abb. 4.2.10 Der kugelsyrnrnetrische Blutenu n d Sarnenstand einer Distel (rnit Hurnrnel) zeigt den Grad der Optirnierung dieser Verpackung.
Abb. 4.2.8
I m ausgewachsenen Farnblatt fullen die Zweige und die Seitenblattchen dann die ganze Flache gleichma&ig, urn i m dammrigen Wald moglichst wirksam Licht einzufangen.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
4.2.2
Faserverstgrkte Hullen und dichte Packungen
Aus Griinden der Materialersparnis sollen Verpackungshiillen diinn sein und dichteste Packungen umschlieBen. Damit sie auch reiBfest sind, baut man verstarkende Fasern ein. Dieses Prinzip ist bei unzahligen biologischen Strukturen beriicksichtigt. ReiBt man Graser ab oder untersucht Gemiisepflanzen, sei es Spargel oder Rhabarber, findet man Fasern. Naturfaserpflanzen wie Sisal oder Hanf liefern eindrucksvolle Beispiele solcher technischen Losungen, welche verstarkende Fasern einsetzen. Die Waben der Wespennester werden nach erprobter Papierverarbeitungstechnik aus kleinen Holzteilchen gefertigt, die mit dem Wespenspeichel zusammengeleimt werden. Papier ist in dieser Form nicht besonders reisfest. Man kann es aber reiBfest machen, indem man ausgerichtete Fasern einbaut. Dies erreicht man zum Beispiel bei bestimmten Sorten von Papyrus oder Reisfaserpapier. Wespen beherrschen diese Technologie und nutzen sie, wo es darauf ankommt, namlich in den diinnen Stielen, auf denen haufig Wespennester an der Unterlage aufgehangt sind. In diesen Stielen liegen die Fasern parallel und geben der Papierstruktur hohe Stabilitat. Ein besonders anschauliches Beispiel fur eine gelungene biologische Verpackung, bei der auch faserverstarkte Hullen eingesetzt werden, ist der Mais. Diese schnellwachsende Kulturpflanze entwickelt als Fruchtstande Kolben, iiber deren Oberflache die Maiskorner in dichtester Packung so befestigt und verteilt sind, daB sie auf ihr wachsen und sich nach der Reife bequem ablosen lassen. Alles umhiillt eine sich Abb.
4.2.11
Die Maiskorner sind in dichte-
ster Packung geschichtet. lassen sich leicht abraspeln und werden effektiv von einer widerstandsfahigen, leicht abstreifbaren H u l k geschutzt.
Abb. 4.2.12 Der Samenstand dieser sudafri kanischen Pflanze zeigt die faserverstarkte, reigsichere Hulle urn die dicht geordnete Packung der Flugsarnen.
4.2 Mechanisch und strukturell optimierte Verpackungen
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anschmiegende Rosette von faserverstarkten Blatthullen. Sie lassen sich, wenn der Mais reif ist, leicht abstreifen. Diese Schutzblatter sind durch Langsfasern gegen Querbelastungen reiBfest und generell wiederstandsfahig gegen Wettereinfliisse oder gegen den Versuch, ins Innere des Kolbens vorzudringen. Erst wenn man sie an ihrem spitzen Ende auseinanderzutrennen beginnt, kann man sie muhelos entlang der Fasern auseinanderreigen. Aber sie sind so verteilt, dag sie die Maiskorner mit einer mehrfachen Schutzschicht abdecken. 4.2.3
Klarsichthtillen
Die Natur kennt viele durchscheinende oder durchsichtige Hullen. Man findet sie sowohl bei den Insekteneiern als auch bei den Froscheiern. Viele Pflanzen nutzen Hullen, die durchsichtig sind. Die Blute des Lauchs zum Beispiel befreit sich von einer transparenten Verpackung, u m sich zu entfalten. Sie ist aus Zellulosematerial aufgebaut und mug, wie bei einem Blumenstraug aus der Blumenhandlung, abgestreift werden, um die Blute freizugeben. Der Zweck ist wohl der Schutz gegen Wasser. Auch viele Chitin-Kokons von Insektenlarven sind durchsichtig oder zumindest durchscheinend. Vielleicht sollen sich die Larven darunter an den Rhythmus der Tageszeiten gewohnen. Abb. 4.2.13 Auch die Natur arbeitet mit durchscheinenden Hullen. Hier ist es die Epidermis, die Bugere Haut der Qualle (FranzosischeAtlantikkuste).
4.2.4
Stoggesicherte Verpackungen
Wenn der junge Trieb einer KokosnuB aufeinem abgelegenen tropischen Strand die verfranste, abgewetzte auBere Faserhulle durchbricht, hat die KokosnuB das junge Leben vielleicht schon Tausende von Kilometer weit transportiert und vor vielen todbringenden Gefahren geschiitzt. Da war zunachst der Fall von der hohen Palme, vielleicht in einem Sturm. Es folgte das lange Warten, bis eine hohe Flut die NUB ins Meer spulte. Dann kamen die endlose Wanderung uber das Meer, die stetigen Angriffe durch emsige kleine Meerestiere und gelegentlich auch von grogen. Es folgte dann vielleicht ein tagelanges Bornbardement in der Brandung, zum Beispiel gegen eine Lavakuste mit messerscharfem Gestein, bis eine hohe Welle das wertvolle Pa-
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb.4.2.14 Die Kokosnug beginnt ihre Reise rnit einern Fall von einer hohen Kokospalrne.
ket schlieBlich auf einem Sandstrand absetzte. Die technische Leistung der Kokosnu&-verpackungist unvergleichlich. Die KokosnuR darf durch StoB nicht aufspalten, der Lebenssaft, die Kokosmilch, nicht auslaufen oder sich mit dem Meereswasser vermischen. Was die KokosnuB auszeichnet, sind vor allem zwei wichtige mechanische Entwicklungen. Die eine ist die stogsichernde Kokosfaserschichtaus Zellulose, die Schutz gegen das Aufbrechen bringt. Die andere ist eine hochelastische, komplexe Zwischenschicht unter der Kokosschale, die Verletzungen ausgleicht und damit den Verlust von Flussigkeit verhindert. Die Schale der eigentlichen KokosnuR ist druckfest. Aber die KokosnuB besitzt auch luftgefullte Hohlraume in der Fruchtwand, die ihr einen hohen Auftrieb im Wasser verleihen. Sie ist eine regelrechte Dauerkonserve, die mit vielfaltigen Strategien ihre Fracht schutzt. Die KokosnuB-Strategie hat bereits Parallelen in der Technologie, zum Beispiel bei Glasflaschen mit einer Kunststoffummantelung. Bricht das Glas, lauft die Flussigkeit deswegen dennoch nicht aus. Ob eine solche technische Kopie schon mit dem biologischen Urmodell konkurrieren konnte? Mit Sicherheit nicht. Wer an die Hitze im Sand tropischer Strande wenige Meter entfernt von den Wellen denkt, erkennt sofort ein Problem. Die KokosnuR lost es dadurch, daB sie die Kokosfaser4.2.15 Die durchgeschlagene Kokos nul;: zeigt deutlich die dicke. vielseitig schutzende Schicht von Kokosfasern.
4.2 Mechanisch und strukturell optirnierte Verpackungen
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hulle Feuchtigkeit aufnehmen laBt, die in der Tageshitze nur langsam verdunstet und dabei Verdunstungskalte erzeugt. Um diesen Effekt zu erzielen, muBte eine bionische Kopie vie1 komplizierter werden als nur eine kunststoffgeschiitzte Verpakkung. 4.2.5
Geforrnte Verpackungen
Wenn Salanganen (Collocalia), die zur Familie der Segler gehoren, beginnen, ihr Nest zu bauen, fliegen sie periodisch gegen die ausgewahlte Steinwand und belekken sie mit ihrem zahfliissigen, fadenziehenden Speichel. Dieser hartet an der Luft schnell aus. So beginnen die emsigen Vogel, in einem Halbbogen den GrundriB ihres Nestes an den Fels zu entwerfen, an dem sie Schicht fur Schicht weiterbauen, bis ein weiBlich durchscheinender Napf entsteht. Er ist gegen den Felsen hin durch eine diinne, am Gestein hochgezogene Speichelschicht zusatzlich verankert.
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auf Fels geklebccr SpelChel
Abb. 4.2.17 An Felsen geklebte Salanganennester aus geformtern Speichelmaterial.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus
der Natur
Was die Salanganen mit ihrer zur Brutzeit enorm angeschwollenen Speicheldrusen wie Bildhauer produzieren, ist ein reines Speichelnest, in dessen Vertiefung sie ihre Eier auch ohne zusatzliches Nistmaterial hineinlegen. Die Speichelnester von Salanganenarten, die wenig Pflanzenteile oder Federn in ihre Konstruktionen einbauen, sind seit altersher in Sudostasien als Delikatesse fur die Suppenzubereitung venvendet worden. Diese ,,Schwalbennester" haben praktisch keinen Nahrwert, aber sind wegen ihres Geschmacks beruhmt. Die Klebe- und Formtechnik der Salanganen, zielstrebig angewandt, um Eier zu verpacken und zu schutzen, hat Parallelen in unserer Verpackungstechnologie. Wir brauchen nur an die Verformung von Kunststoff zu Kunststoffverpackungen zu denken. Die Natur hat keine Hochtemperaturtechniken entwickelt, urn Materialien zu verformen. Aber sie hat gelernt, mit Chemie umzugehen, um Verpackungsstrukturen zu produzieren. Eindrucksvolle Formpackungen sind Bohnenschoten. Sie verpacken Bohnen in den genau angepaBten Zellulosehullen so, daB Material und Raum optimal genutzt werden. In der Natur gelingt dies, weil Bohnen und Hiille gleichzeitig und gemeinSam wachsen. Das Prinzip hat sich bewahrt und ist mit den Schrumpffolien, in denen Bauteile, Werkzeuge oder Batterien verpackt werden, auch von unserer Industrie entdeckt worden. Die Natur fabriziert aber auch richtige Behalter, so wie wir Menschen sie zum Essen oder Kochen nutzen. Ein Beispiel ist die ParadiesnuB (Lecythis usitata). Sie hat die Form einer Urne von 2 0 cm Hohe und 10cm Durchmesser und wird volkstum-
Abb. Abb.4.2.18 4.2.18 Erdnusse Erdnussebieten bieten uberzeugende uberzeugende Beispiele fur Formpackungen. lnteressanter weise lassen sie sich aufgrund ihrer Form auch sehr platzsparend packen
Abb. 4.2.19
Samenhulsen einer Akazie. Die Samen sind in schrurnpffolienartigen Formpackungen verstaut.
4.2 Mechanisch und strukturell optimierte Verpackungen
lich als ,,monkey pot", als AffengefaB,bezeichnet. Das GefaB beherbergt 30-40 runzelige Nusse und besitzt auch einen Deckel, der zur Reife abgeworfen wird. 4.2.6
Druck-, stol3- und biegefeste Verpackungen
Die runde, schmackhafte Litschi-NUB (Litchisinensis) schutzt eine ganz dunne Schale, die in ihrer Beschaffenheit und in ihrem Aussehen an die Schale eines Krebses erinnert. Aber sie ist aus Zellulose aufgebaut. Obwohl sie sehr diinn ist, ist sie erstaunlich bruchfest und stabil. Dies ist notwendig, denn sie schiitzt einen sehr feuchten, empfindlichen Inhalt. Der Grund fur die Bruchfestigkeit der dunnen Schale ist die Unebenheit ihrer Oberflache. Die Falten und Beulen schutzen sie gegen Bruch und Risse, ahnlich wie eine wellblechartige Struktur diinnes Blech verstarkt. Ahnliche Verstarkungsprinzipien wenden unzahlige biologische Verpackungsstrukturen an, zum Beispiel Pflanzensamen. Die Samen der WeiBen Lichtnelke sehen wie Miniatur-Litschifriichte aus, nur daB sie nicht so rund sind. Die Stabilisierung von Verpackungsschalen durch Faltung und Strukturierung erfolgt in der Natur sehr haufig. Bemerkenswert ist das Beispiel der ButternuB aus dem nordlichen Nordamerika (Abbildung 4.1.17).Ihre bis zu 5 cm groBen Nusse haben langsgerichtete, seitlich verzweigte Rinnen, die der Schale eine sehr groBe Stabilitat geben. Es bedarf eines Schlages mit einem schweren Hammer, um diese Hiille zu brechen. Auch Haselniisse beanspruchen zum Brechen eine Punktbelastung
Abb. 42.20 Die regelmagigen Beulen auf den Kieferzapfen (Markische Kiefer) verleihen ihnen hohe Druckstabilitat.
Abb. 4.2.21 Der Panzer der Calapagosschildkrote hat als rnassiver Verpackungsschutz gegen aggressive Gegner der Spezies schon jahrrnillionenlang erfolgreich gedient.
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Abb. 4.2.22 Ein aufgeschnittenes Blatt der in der Brandung lebenden Braunalge Durvillaea antarctica aus Siidchile. Es ist m i t zwei Hauten, die eine bienenwabenartige Stiitzstruktur abdecken, wle eln Sandwich konstruiert.
Abb. 4.2.23 Wie der Querschnitt zeigt, hat die Alge Duwillaea antarctica ihre Zellen so angeordnet, dag eine Sandwichstruktur entsteht, wie die Technik sie bereits vielfach anwendet.
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4.2.24 Abb. A.Z.ZA
dijnne Schale der LitschI LitschlDie dunne N u g ist m i t kleinen Beulen uberzogen, urn sie druckfester zu machen.
von bis zu 70 kg. Andererseits durchbricht ein zarter Keimling die harte Schale ohne Schwierigkeit. Er macht dies mit Wasser und mobilisiert damit hydraulische Krafte, die ihm den Weg bahnen. Beispiele von stabilen Strukturen sind in unserer Umgebung haufig zu identifizieren. Man braucht nur einen unreifen Kieferzapfen anzusehen. Seine Oberflache ist von gezielt und systematisch verteilten beulenartigen Strukturen uberzogen, die sich letztlich bei Reife der Zapfen als Schuppen offnen, um die Samen freizugeben. Die unreifen Kieferzapfen mit ihren regelmagig verteilten Beulen sind augerordentlich stabil gegen Schlage und Druckbelastung. Das Prinzip, das sie venvirklichen, ist das einer dreidimensionalen Wellblechstruktur. Die Chitinpanzer von Krabben und Langusten zeigen, wie Beweglichkeit und massiver Verpackungsschutz geschickt kombiniert werden konnen. Sie sind in der Regel aus drei Schichten konstruiert. Die innerste ist aus Chitin aufgebaut, einem
4.2 Mechanisch und strukturell optimierte Verpackungen
Abb. 4.2.25 Die facherartigen, gewellten Schalen der Jakobsmuschel (Pectenjacobaeus) garantieren hohe Stabilitat und Bruchsicherheit in jeder noch so starken Brandung
Abb. 4.2.26 Die Strandkrabbe von den Galapagos-lnseln 1st ein Beispiel fur viele Meeresbewohner mit aulleren Skeletten. die ihre Bewohner gegen massive Stolle schutzen und dennoch voll beweglich halten
Polysaccharid, und aus Protein. Die mittlere Schicht besteht aus Chitin, das aber zur Starkung Mineralverbindungen enthalt, vor allem Kalziumcarbonat. Die dritte, &IBerste Schicht, ist aus Protein und Lipid (Fettmaterial) aufgebaut. Sie gibt dem Hummerskelett sein wachsartiges auBeres Aussehen. Die sandwichartige Struktur des AuBenskeletts hat Vorteile fur die mechanischen Eigenschaften des Panzers. Wie bei anderen Tieren mit Exoskeletten mussen diese wahrend des Wachstums gewechselt werden. Dies ist mit einem erheblichen Materialauhand verbunden. Er veranlaBt manche Insekten und Sugwasser-Krustentiere, die abgeworfenen Skelette wieder aufzufressen. Dies fuhrt zu einer perfekten Rezyklierung von Verpackungsrohstoffen. Der fur die Natur so wichtige Naturstoff Chitin ist bisher als in Millionen Tonnen anfallender Abfall von Meerestieren nutzlos weggeworfen worden. Vor nicht zu langer Zeit hat man endlich begonnen, ihn als biologischen Kunststoff Chitosan zu rezyklieren und zu vermarkten. Die Anwendungen reichen vom Wundverband bis zu Materialien fur Implantate und Kunststoff-Folien (siehe unten). 4.2.7
Dynamisch mitwachsende Kalkverpackungen
Der Tintenfisch (Nautilus)ist eine Relikt aus der Urzeit und besonders bekannt wegen der Eleganz seines feinen Kalkgehauses. Es gleicht einer perfekten Spirale, die dem Tintenfisch nach auBen immer grogere Wohnraume anbietet. Es ist eine mitwachsende Verpackung, die bei sparsamstem Materialverbrauch bedarfsgerecht und flexibel reagiert. Besonders auffallig ist dabei, daB die VergroBerung der Form unter
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Beibehaltung der geometrischen Grundstruktur erfolgt. Die mathematische Losung dieses Problems war eben die elegante Spiralstruktur. Die Kalkschichten sind besonders langlebig und verschleigfest. Wir erfreuen uns an ihnen noch als uralte Fossilien. Die Strukturen entstehen durch genetisch kontrollierte molekulare Prozesse. In der Natur kennt man rund Go verschiedene anorganische Mineralien, die biologisch aufgebaut werden. Es zahlen dazu nicht nur Verpackungen, sondern zum Beispiel auch magnetisches Eisenoxid, mit dem sich gewisse Bakterien und andere Lebewesen im Magnetfeld der Erde orientieren. Die Gehause von Muscheln, Schnecken und Tintenfischen wachsen durch kontinuierliche formerhaltende Kalkabscheidungen mit. Aber auch andere Lebewesen, die nicht auf Kalk bauen, setzen auf mitwachsende Verpackungen. Insekten, wie Termitenkoniginnen, welche in ihrem Hinterleib viele Eier transportieren, konnen die Augenmembran ihres Hinterkorpers um mehr als das Zehnfache dehnen. PflanZen enveitern ihre Hullen und Gewebe, indem sie zum Beispiel in diese Wasser einlagern. NuBschalen zeigen durch Zellteilung dagegen echtes GroBenwachstum.
4.3
Wetter- und umweltoptirnierte Verpackungen 4.3.1
Rinden: wetterfeste Verpackungen
Rinden haben die rund Go ooo existierenden Holzgewachse durch eine lange, erfolgreiche Evolution als Verpackungshulle begleitet. AuBerlich bieten Rinden einen ungemein variablen Eindmck, der von der papierartig abblatternden Oberflache der Birke uber die glatte Haut der Tanne zur zerfurchten Struktur der Eiche reicht Viele der Rindenoberflachen zeigen Muster, die uns asthetisch an(Vaucher, 1990). genehm erscheinen. Vielleicht ist die langjahrige Gewohnung des Menschen an die Muster der Natur dafur verantwortlich. Rinden sind fur die Baume die wetterfeste Hulle. Sie schutzen sie aber nicht nur gegen physikalische Einflusse, sondern auch gegen biologische Angriffe. Nicht umsonst sind Rinden von Eichen, Erlen und Buchen traditionell die Ausgangsstoffe fur die Produktion von Tanninen gewesen, die als Gerbstoffe das Leder faulnisbestandig und wetterfest machten. Rinden sind komplizierte Gebilde, deren Entwicklung zusatzlich noch durch Wittemngsschaden, TierfraB, Pilzbefall und lnfektionen vielfaltig beeinfluat wird. Zwei Arten von Geweben, das Kambium und das Phellogen steuern das Wachstum der Rinde. Sie ist aber nur teilweise ein lebendes Gebilde, denn ihre augeren Schichten enthalten meist abgestorbene oder durch eingelagertes Harz umfunktionierte Zellen. AuBerdem werden in der Rinde viele vom Baum ausgelagerte, nicht mehr nutzliche Materialien eingelagert. Rinden sind also in gewisser Hinsicht Deponien. Dabei kann es aber durchaus sein, daB die abgelagerten Stoffe die Wiederstandsfahigkeit der Rinde erhohen. Bei den eingelagerten Materialien kann es sich urn organische Kristalle, Schleime oder Harze handeln oder auch um Gerbstoffe. In den lebenden Geweben der Rinden werden, abhangig von der Jahreszeit, auch Nahrstoffe trans-
4.3 Wetter- und urnweltoptirnierte Verpackungen
Hitze Strahlung
Mikroben
2uuBere Rinde
Xylem (Splintholz)
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Bast
Abb. 4.3.1 Aufgeschnittener Baum zur Erklarung seiner Struktur. Von der Karnbiurnschicht wachsen die Pflanzenzellen nach innen u n d Rindenzellen werden nach augen abgestogen, urn rnit verschiedenen abgelagerten Stoffen die wetterbestandige Borke zu bilden.
portiert und zwischengelagert. Rinden entstehen primar dadurch, daB das Kambium, das nach innen Holz bildet, nach auBen Bast (sekundares Phloem) entwickelt. Es bildet sich teilungsfahiges Gewebe, das nach auBen Kork (Phellem), nach innen Phelloderm ausbildet. Alle drei Gewebe zusammen werden Initialperiderm genannt, das zum Teil abstirbt und zum Teil als Folgeperiderm weiterlebt. Es kann sich, inmitten der abgestorbenen Zellen, schuppenformig oder ringformig um den ganzen Stamm ausbilden und gibt den Rinden dadurch ihre charakteristische Struktur. Eine Ringborke bildet zum Beispiel die Sicheltanne (Cryptomeriajaponica),eine Schuppenborke die Eiche (Quercus robur) oder die l r c h e (Lark decidua). Den AuBenbereich der Rinde nennt man die Borke eines Baumes. Sie ist ein AbschluBgewebe, das abgestorbene Zellen anreichert. Bevor sie absterben, wird in ihnen noch Suberin abgelagert, was sie weitgehend wasserundurchlassig macht. Auf diese Weise wird die Borke dicker und dicker, bis nattirliche Abloseprozesse die Dicke limitieren. Den Gasaustausch durch die Rinde hindurch ermoglichen die sogenannten Lentizellen. Sie entstehen aus dem Korkkambium, das locker liegende Fiillzellen erzeugt, welche zu gasdurchlassigen porosen Kanalen fiihren.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Urn Verpackungseigenschaften von Rinden zu erkennen, braucht man nur an den Kork der Korkeiche zu denken, der sich bei dieser Pflanze recht leicht vorn Bast ablosen laBt. Kork hat ein sehr geringes spezifisches Gewicht von nur ca o,z g/cm3, hohe Elastizitat, gute Druck- und Biegefestigkeit und wegen der eingeschlossenen Luftraume ein sehr geringes Warmeleitverrnogen. Es ist aber auch resistent gegen Chernikalien und gegen Kochen sowie dauerhaft und faulnisbestandig. Wichtig ist auch, daB er sehr schwer brennt und zudern gut Larrn absorbiert. Alle diese gunstigen Eigenschaften bestatigen, daB Rinden kein Abfallprodukt oder Verwitterungsprodukt des Baumes darstellen, sondern ein hochentwickeltes technisches Verpakkungsmaterial. Es wundert nicht, daB Kork und auch andere Rindenprodukte vielfache technische Anwendungen gefunden haben. Sie reichen von Fullmaterialien zu Papier- und Kartonprodukten bis zu Textilfasern. Baurnrinden haben ubrigens schon seit der Urzeit technische Anwendungen durch den Menschen erfahren. Dieser hat mit Rinden seine Behausungen bedeckt und verkleidet, Kleidungsstiicke, Hute und FuBmatten daraus angefertigt und die Innenseiten von Rinden als Malgrund fur kunstlerische Zwecke venvendet. Baumrinden zeigen vielfaltige Anpassungen an die Umwelt. Als Beispiel sol1 nur auf den Kocherbaurn der Namibwuste oder auf Eukalyptusbaume hingewiesen werden, deren hellhautige Rinden Sonnenstrahlen wirksam reflektieren konnen.
Abb. 4.3.2 Alte Akazie. Narnibwuste. Rinden sind die Kle~derder Baurne. Sie schiitzen gegen extremes Klirna und wachsen rnit ihnen oft Jahrhunderte lang.
Abb. 4.3.3 Rindenstruktur der chilenischen Araucarie (Araucaria araucana). Der Rindenschutz dieser Baurnart hat sich iiber einen Zeitraurn von 2 0 0 Millionen Jahren bewahrt
4.3 Wetter- und umweltoptimierte Verpackungen
Abb. 4.3.4 Rinde der urtumlichen Fohre Pinus canariensis, von den Flanken des Vulkans Pic0 de Teide auf Teneriffa.
Abb. 4.3.5 Rinde des Kocherbaumes, Namibwuste. Die hochreflektierende, schichtformig strukturierte Rinde kann wirksam die hohe Belastung durch die Sonnenstrahlung reduzieren.
Abb. 4.3.6 Der breitblattrige Korallenbaum (Fabaceae, Erythrina lotissirno) aus Afrika hat eine auffallend rauhe, strukturierte Rinde. Ein Vorteil ist die Schattenbildung, ahnlich wie bei den Rippen von Kakteen, welche die Lufi am Stamm in Turbulenz versetzen, was die Konvektion und damit die Abkuhlung fordert.
4.3.2
Wachsschichten gegen Wetter, Feuchtigkeit und Licht
Wenn die Steinhummel (Bombus lapidarius), die ihren Bau in der Regel frei hangend in einer Erdhohle errichtet, mit der Nasse und Feuchtigkeit ihres Nestplatzes unzufrieden ist, baut sie einfach eine zusatzliche Nesthulle aus Wachs. Wachs stogt Wasser ab und dichtet gegen feuchte Luft.
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4 Verpacktes Leben
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Verpackungsbeispiele aus der Natur
Viele Fresken aus Pornpei sind auch heute noch sehr ansehnlich und farbenprachtig. Auch Jahrzehnte im Tageslicht haben ihre Pracht nicht gemindert. Dabei war ihre Versiegelung eine einfache und billige Angelegenheit. Ein biBchen Honig in Terpentin, mit einem flachen Eisen, einem Bugeleisen, verteilt. Das war der beriihmte ,,stuccolustro" (glanzende Beschichtung) der Antike. Neuzeitliche Experimente haben bestatigt, daB so behandelte Fresken auch an Wanden im Freien uber mehrere Jahrzehnte geschutzt bleiben. Diese Technik, Oberflachen mit dunnen Wachsschichten zu versiegeln, ist in der Natur weit verbreitet. Die Nadeln von Fichten und Tannen profitieren genauso davon wie die Blatter von Laubbaumen oder die Rippen von Kakteen. Selbst Insekten schutzen ihre Oberflachen mit Wachs. Den schwarzen Tenebrionid-Kafern gelingt es in der Namibwiiste auf diese Weise auch, bei Bedarf rund 50 % der Sonnenwarme zuruckzustrahlen und sich damit gegen das AufheiZen zu schutzen. Auch die Nadeln der Nadelbaume durften dank der Wachsschicht auf der Oberflache die Fahigkeit haben, langwellige Warmestrahlung zu reflektieren, wahrend sie das kurzwelligere, fur die Photosynthese nutzliche Licht in ihre Strukturen eindringen lassen. Aber Wachs stoBt auch Wasser ab, und wenn Fruchtoberflachen einen kurze Wachshaarschicht auf der Oberflache besitzen, konnen die Wassertropfen besonders gut abrollen. Was ist ungewohnlich an dieser Wachsstrategie in der Natur? Was konnen wir davon lernen? Unsere Industrie kennt schon die Vorteile des Wachspapiers. Auch profitiert die Obstindustrie von Wachsfilmen, die man auf Friichte spruht, um sie vor Insekten zu schutzen. Aber es gibt noch Beispiele, wo wir vie1 dazulernen konnten: Der Strom, den heutige Solarzellen produzieren, ist Iomal teurer als der Strom, der uber fossile Energietechnik aus der Steckdose geliefert wird. Ein Drittel der Solarzellenkosten fallt auf die Verpackung. Dies ist im wesentlichen Glas, das seitlich abisoliert ist. Niemand hat bisher mit dem Gedanken gespielt, Solarzellen mit Wachs gegen die Umwelt zu schutzen. Natiirlich durfen solche Oberflachen nicht mit harten Gegenstanden bearbeitet werden. Aber dies gilt genauso fur viele andere Oberflachen. Auch lieBen sich Schaden eventuell relativ leicht wieder ausbugeln. Je billiger Solarzellen werden sollen, um so dringlicher wird es werden, Billigstrategien fur den Verpackungsschutz gegen Umwelt und Wetter zu entwickeln. Sie konnten durchaus zu modernen Technologien passen und 2-3 Jahrzehnte lang Schutz gewahren wahrend der Lebenszeit einer Solarzelle. Wachsbehandelte Oberflachen konnen, wenn das Wachs in mikrospopischen Mustern verteilt ist, auch zu einem Selbstreinigungseffekt der Oberflache fuhren, der als ,,Lotus-Effekt"beschrieben wurde und weiter unten behandelt wird. 4.3.3
Verpackungen gegen Flugsand
Sandstiirme treiben den Sand mit der Hartnackigkeit und Intensitat von Sandstrahlgeblasen. Sie schmirgeln jede Oberflache, machen selbst Glas mit der Zeit matt. Dieser treibende Sand ist deswegen selbst ein Problem fur den Einsatz von Solarzellen in Wusten. Dennoch trotzen einzelne Wustenpflanzen dem Ansturm der Sandkorner. Wie schaffen sie dies? Pflanzen der Gattung Mesembryanthemaceae
4.3 Wetter- und umweltoptimierte Verpackungen
haben gelegentlich eine regelrecht klebrige Oberflache. Die vom Wind aufgewirbelten Quarzsand-Kornchen bleiben an ihnen hangen und schaffen so einen harten Panzer, der u m so dichter wird, je mehr Sand herumwirbelt. Die Pflanzen sehen dann zwar schmutzig verstaubt aus, aber die Sandgeschosse prallen an der Sandschicht ab, ohne Pflanzenmaterial wie mit einem Sandstrahlgeblase abzutragen. Andere Wustenpflanzen nutzen Wachsschichten um sich vor Treibsand zu schutZen. Ein markantes Beispiel ist die Buschmannkerze (Sarcocaulon patersonii). Es ist ein Geraniengewachs, das einen halben Quadratmeter Boden bedecken kann und 40 cm hoch wird. Es hat Dornen, die aus urspriinglichen Blattern entstanden sind, und entfaltet im siidwestafrikanischen Friihling der siidlichen Namibwiiste Dutzende von schonen Bluten. Das Besondere an der Buschmannkerze ist ihre rund z m m dicke Wachshulle. Lebend wie auch abgestorben brennt sie wie eine Kerze, was die Buschmanner natiirlich nutzten und das der Pflanze auch ihren volkstiimlichen Namen gab. Es ist beobachtet worden, daB die Wachsschicht auf den Oberflachen der Pflanzenstammchen, die gegen die Windrichtung blicken, deutlich dicker ist. Offenbar bringt die Pflanze Wachs gegen die abrasive Wirkung des fliegenden Sandes zum Einsatz. Daneben wirkt die Wachsschicht naturlich auch gegen die Verdunstung des sparlichen Wassers und filtert das grelle Sonnenlicht der Wiiste.
Abb. 4.3.7
Zwetgetner Buschrnannkerze
(Sarcocaulon patenonil). rnit ihren zu
Dornen gewordenen alten Blattern Die bis zu 2 rnrn dicke Wachsschicht 1st ein effekti ver Schutz gegen die Abrasion durch fliegenden Wustensand. aber auch gegen Verdunstung dnd zuviel Licht.
Abb. 4.3.8 Wachsskelett e ner Buschrnann kerze Dieser Wachsmantel bleibt bestehen auch nachdem die Pflanze abgestorben 1st Tote ..Kandelaber' rnarkieren dann die One, wo etnst eine Pflanze gewachsen 1st
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
4.3.4 Staubabweisende Hullen
Die Lotuspflanze ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. Sie hat eine IGO Millionen Jahre lange stabile Evolutionsgeschichte hinter sich, was zeigt, daB sich ihre Anpassungen bewahrt haben. Sie ist nicht nur schon, sondern es konnen samtliche Pflanzenteile gegessen werden - die Stengel als Salat, die Wurzeln gebacken und die Samen wie Mandeln. Von Agypten uber ganz Zentralasien bis nach Japan gilt die Lotuspflanze als heilig. Und sie gilt als Symbol der Reinheit. Denn aus den schlammigsten Tumpeln wachsend und in staubigster Umgebung bleibt sie rein. Die Hintergriinde fur diese Reinheit oder besser die Fahigkeit, sich selbst zu reinigen, sind kurzlich wissenschaftlich erforscht worden. Zum Verstandnis ist es sinnvoll, einige strukturelle Eigenschaften von Pflanzenoberflachen in Erinnerung zu rufen. PflanZen werden durch eine augere Haut, die Epidermis, begrenzt. Diese wiederum wird von einer durchgehenden, dunnen Schicht, der Cuticula, iiberzogen. Sie besteht nicht aus Pflanzenzellen, sondern aus einer Polymerschicht, die von Wachs durchtrankt ist. Dieses Wachs, das aus verschiedenen langkettigen Kohlenwasserstoffen zusammengesetzt ist, hat die Eigenschaft auszukristallisieren, und zwar in Form von verschiedenartigen dreidimensionalen Strukturen, die uber die Pflanzenoberflache dreidimensionale Muster in charakteristische Dimensionen von wenigen Mikrometern ausbreiten. Optisch sind sie gelegentlich als abwischbarer, heller Staub sichtbar, zum Beispiel auf den Oberflachen von Trauben oder von Pflaumen. Voraussetzung fur den als ,,Lotus-Effekt" benannten Selbstreinigungsvorgang (Barthlott, Neinhuis,1gg7) ist eine Oberflache, die Wasser gut abstoBt, sich von diesem also nicht benetzen la&. Der Kontaktwinkel, den ein Wassertropfen mit der Pflanzenoberflache eingeht, sol1 also moglichst grog sein. Im Idealfall einer Beriihrung des Tropfens mit der Unterlage in nur einem Punkt sollte er 180 "C sein. Allerdings werden an sehr glatten Oberflachen selten grogere Winkel als I I O "C erreicht. Wenn nun eine Oberflache aber wasserabstogende Wachsstrukturen von 5-50 pm Breite und 5-20 pm Hohe aufweist, nimmt die Benetzung interessantenveise zusatzlich ab (I pm entspricht I O - ~m). Wasser perlt noch leichter ab, was die Lotuspflanze und viele weitere biologische Strukturen mit ihren mikroskopischen Wachsstrukturen erreicht haben. Die Selbstreinigung funktioniert nun so, daB die wegrollenden Wassertropfchen sich uber die lose herumliegenden Schmutzteilchen wegbewegen und diese dabei benetzen. Die Schmutzteilchen werden ins Wasser hineingezogen und von der Oberflache entfernt. Pflanzen schutzen sich auf diese Weise nicht nur gegen gewohnlichen Staub und feinen Sand, der die Funktion ihrer Oberflachen bei der Atmung, beim Lichteinfang oder bei bei der Wasserverdunstung beeintrachtigen konnte, sondern auch gegen Bakterien, Viren oder Pilzsporen. Sie werden durch die abrollenden Wassertropfchen einfach abtransportiert. Das Prinzip der selbstreinigenden, schmutzabweisenden Oberflache wurde bereits durch Entwicklung einer Fassadenfarbe technisch umgesetzt. Die Fahigkeit, Staub nicht anhaften zu lassen, ist vielen Pflanzenoberflachen gemeinsam. Beispiele sind das Schilf, die Ackelei, die Tulpe oder der Kohl. Doch auch Tieroberflachen haben eine solche Eigenschaft entwickelt, wenn die Tiere sie nicht
4.3 Wetter- und umweltoptimierte Verpackungen
auf andere Weise reinigen konnten. Beispiele sind die Oberflachen von Schmetterlingsflugeln oder von Libellenflugeln. Wenn elektronische Schaltkreise von Staub befreit werden sollen, dann verwendet man dazu heute noch immer Staubwedel aus StrauBenfedern. Sie verschmutzen einfach nicht und sind sehr effektiv. Diese Eigenschaft hat vielen StrauBen das Leben gekostet und ist auch heute noch eine Einnahmequelle fur StrauBenfarmen.
Abb. 4.3.9 Das Blatt der Lotusblume aus Asien 1st zum Paradebeispiel schmutzab weisender Pflanzenoberflachen geworden
Abb. 4.3.10 Auch Schrnetterlingsflugel (hier ein Falter aus Pakistan) haben den ,,LotusEffekt" zur Selbstreinigung entwickelt Eine weitere Erfindungen zur Verbesserung der Verpackungshulle sind Haare aus Chitin, die den Brustkorb warmen
Abb. 4.3.11 Feinstruktur des Schuppenkleides des Neuguinea Vogelflugers (Ornithoptera priamus poseidon). Neben Mechanismen wie der Selbstreinigung optimiert diese Oberflache auch noch den Einfang von Sonnenstrahlen, die zwischen den hochgestellten Schuppen absorbiert werden.
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4 Verpacktes Leben
- Verpackungsbeispiele
aus der N a t u r 4.3.12 StrauBenfedern sind technologisch hochentwickelte, regelbare Strukturen zur Temperaturkontrolle. Daruber hinaus stoBen sie auch Staub ab.
4.3.5 Anti-Schimmel-Strategien bei Verpackungen
Schimmel- und Pilzbefall ihrer Verpackungen ist fur Lebewesen eine groBe Gefahr. Vor allem bei Insekten, die im Boden briiten oder deren Larven sich unterirdisch oder im Holz verpuppen sind Gegenstrategien erforderlich. Die Seidenbiene (Colletes), eine Einsiedlerbiene, verkleidet fur diesen Zweck die Innenwande ihrer Erdbehausung regelrecht mit einer pilzresistenten Tapete. Andere Arten durchtranken die Lehmwande mit einem Driisensekret. Einige Arten der Fruchtfliegengattung Halictus bauen aufeine gute Luftung in Kombination mit einer chemischen Behandlung der Wande. Sie graben zunachst Zellen aus dem Lehm und durchtranken sie mit einer hartenden Substanz. Dann graben sie den Lehm von riickwarts weg, so daB nur noch die erharteten Wande stehen bleiben. Das alles wird dann mit AuBenluft beliiftet. Andere Einsiedlerbienen uberziehen die Innenwande ihrer Grabbauten zum Schutz gegen Pilze einfach mit einer wachsartigen Substanz. Baume nutzen gegen Pilzbefall in der Regel Tannine, Gerbsauren, die sie in ihre Rinde einlagern. 4.3.6 Schaurnstofierpackungen
Schaumschichten sind ein wirksamer Verpackungsschutz in der Natur. Die Larven von Schaumzikaden z. B. verbergen sich vor der Angriffswut der Ameisen in einem Schaumballen aus EiweiB. Tatsachlich machen Ameisen keinen Versuch, die Larven hinter ihrer schaumigen Schutzschicht anzugreifen, wahrend sie es bei ungeschutzten Larven ohne zu zogern tun. Wie entsteht eine solche Schaumstoffverpackung? Die Zikadenlarven entleeren ihre von Pflanzensaften aufgenommene Flussigkeit und schaffen so einen groBen zahfliissigen Tropfen. Die verbrauchte Atmungsluft wird iiber das Tracheensystem aus feinen Rohrchen in diese Flussigkeit geleitet und schlagt sie zu Schaum. Dazu wird noch eine chemische Substanz zugesetzt, die wie Seife die Oberflachenspannung erniedrigt. Eine Festigung des Schaumes bewirkt schlieBlich ein weiterer Stoff, der aus den Nierenkanalchen abgeschieden wird. Warum beim Anblick der Schaumbarriere den Ameisen die Freude am Essen vergeht, ist nicht ganz klar, aber man kann sich verschiedene Griinde
4.3 Wetter- und urnweltoptirnierte Verpackungen
vorstellen. Es konnen chemische Ursachen sein, etwa die wasserentspannenden Zusatze, die offensichtlich den Schaumzikadenlarven keine Probleme machen. Es kann aber auch die Schwierigkeit sein, welche das Durchdringen der Blasenwande fur die kleinen Ameisen bereiten konnte. Vielleicht ist es auch das Gas, das die Blaschen fullt, welches aggressive Insekten abschreckt. Wer immer es mit Schaumstoff zu tun hatte, kennt auch andere mogliche interessante Eigenschaften dieses Verpackungsmaterials: Es dampft Stoge, isoliert wegen der eingeschlossenen Luft gegen Warme und Kalte und kann auch beachtlich elastisch und plastisch sein. Kein Wunder, dag Schaumstoffverpackungen nicht nur von Schaumzikaden entwickelt wurden. Recht haufig kommen sie auch bei Froschen vor, so zum Beispiel beim Omai-Ruderfrosch aus Westchina (Rhacophorus omairnontis),beim javanischen Flugfrosch (Rhacophorus reinwardti) oder beim Afrikanischen Baumfrosch (Chirornontisxerarnpelina).Die sich paarenden Javaflugfrosche produzieren Go-go befruchtete Eier mit einer schleimigen Flussigkeit. Sie zerstrampeln diese mit ihren Hinterbeinen zu Schaum, der sich verhartet, nachdem er gegen Blatter gedriickt wurde, wo er schlieglich hangen bleibt. Wenn sich die Kaulquappen entwickeln, verflussigt sich der Schaum im Inneren des Schaumballens, so dag diese zeitweilig in einem regelrechten Aquarium leben, bis ein Tropenregen sie ins Wasser schwemmt. Das Weibchen des Afrikanischen Baumfrosches befeuchtet regelmagig ihr Schaumnest, um fur ihre Brut die notige Wasserzufuhr zu gewahrleisten. Schaum verhindert namlich durch seine leichte und dennoch stabile Konstitution und mittels seiner durch Wassergrenzflachen isolierten, wassergesattigten Luftraume den Verlust von Wasser. Die Herstellung von Schaum ist daneben sehr materialsparend und jederzeit reproduzierbar. Schaum ergibt auch eine flexible Hulle, die sich selbst der wachsenden Brut anpaat. Schlieglich haben unabhangig von Zikaden und Froschen auch Fische den Vorteil von Schaumverpackungen entdeckt. Labyrinthfische schnappen an der Wasseroberflache Luft und blasen sie durch eine vorher ausgesonderte Schleimmasse zu Schaumstoff. Auch die Gottesanbeterin bettet ihre Eier in eine an der Luft erstarrende Schaumstoffmasse aus Eiweig. Dadurch entsteht eine mechanisch stabile, belastungsfahige Verpackung mit hoher Packungsdichte. 4.3.7
Verpacktes Leben - Die Haut
Unsere Haut ist eine Verpackung, die es verdient, als hochtechnologisch bezeichnet zu werden. Alles, was die Oberflache des Korpers durchdringt, mug sie passieren, entweder uber ihre augeren oder ihre inneren Membranen. Sie ist dauernd dem Angriff von chemischen, von bakteriellen, und von Umwelteinflussen ausgesetzt und deswegen recht abgehartet. Aber trotzdem kann sie auf die leiseste Beruhrung reagieren und geringste Temperaturschwankungen wahrnehmen. Da unser Korper augerdem zu rund 75 % aus Wasser besteht, schutzt sie ihn auch gegen die vie1 trockenere Umgebung. Die Haut scheidet Flussigkeiten aus, die sie elastisch halten, schafft Barrieren gegen toxische Substanzen, lafit aber auch viele Stoffe durch. Wenn
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der N a t u r
Abb. 4.3.13 10 passive und aktive Funktionen des Verpackungsorgans Haut (BeiersdorfAG). Zur Erklarung siehe nachfolgenden Text
der Hypothalamus, ein Nervenzentrum im Gehirn, kleinste Temperaturanderungen im Korper feststellt, wird die Funktion der Haut nachprogrammiert, um die veranderten Warmestrome zu kompensieren. Die graphische Schnitt-Darstellung in Abbildung 4.3.13 zeigt - durch Symbole gekennzeichnet - verschiedene passive und aktive Funktionen der Haut des menschlichen Korpers, sozusagen unsere personlich schutzende ,,Einzelverpackung" gegenuber der Umwelt. Die Bedeutung der Symbole (kurz S genannt) oberhalb der Schnittdarstellung sind von links nach rechts: passive Funtionen der Haut: SI, Sz: Schutz vor Kalte, Hitze und Strahlung Schutz vor Druck, StoB und Reibung Sj: Schutz vor der Einwirkung chemischer Substanzen S4: Schutz gegen das Eindringen von Keimen, hauptsachlich durch AusbilS5: dung des Saureschutzmantels +: Schutz vor Warmeverlust und Wasserverlust (H,O-Verlust) (Pfeile im rechten Bereich innerhalb der Schnittdarstellung) aktive Funtionen der Haut: S6: Abwehr von in die Haut eingedrungenen Mikroorganismen S7: Resorption bestimmter Wirkstoffe (Aufnahme von Stoffen in das Korperinnere) S8: Ausscheiden von SchweiB, Kuhlfunktion. Zusammen mit den Talgdrusen Produktion des Hydrolipidfilms Kreislauf und Thermoregulation durch die Hautdurchblutung S9: Sro: Druck-, Vibrations-, Tast-, Schmerz- und Temperatursinnesorgan Als Schutz gegen Kalte werden winzige Muskeln aktiviert, um kleinste Harchen aufzustellen, welche isolierende Luft gefangenhalten. Auch werden winzige BlutgefaBe abgeschnurt, um den BlutfluB zu reduzieren. Bei Hitze werden andererseits Schweisdriisen aktiviert, um Verdunstungskalte zu erzeugen. Die BlutgefaBe offnen sich weit, u m dem Blut fur den Warmeaustausch Zugang zur Korperoberflache zu gewahren. Die Harchen entspannen sich und lassen die eingesperrte Lufi frei, damit durch sie Warme abtransportiert werden kann. Die Haut reagiert aber auch gegen Lichtstrahlung und hat wirksame Mechanismen entwickelt, um sie gegen
4.3 Wetter- und urnweltoptirnierte Verpackungen
Abb. 4.3.14 Diese peruanische Mutter mit Kind rnacht die Rolle der Verpackung fur das Leben deutlich. Verpackung als Warrneschutz, als Transporthilfe und als Zeichen sozialer Zugehorigkeit. Dabei ist die rnenschliche Haut selbst ein schwer zu ubertreffendes Beispiel optirnierter Verpackung.
Abb. 4.3.15 Diese Anaconda in ihrem feuchten Amazonas-Biotop 1st dabei, ihre Schuppenhaut zu wechseln, eine qualende, aber notwendige Proredur. Sie kann formlich aus ihrem alten Kleid herauskriechen.
schadliches ultraviolettes Licht zu schutzen. Aber sie lafit auch genugend UV-Licht eindringen, urn Vitamin D entstehen zu lassen. Ebenso wie die Farben vieler Tierhaute wird auch die Farbe und Braunung der Haut durch Melanin erzielt. Die Schattierungen der Haut, sei es von Geburt an oder durch Anpassung an Sonnenstrahlung, sind Ausdruck der Flexibilitat unserer Haut. Sie reagiert wie ein ,,intelligentes" Fenster, das bei zuviel Licht das Glas verdunkelt. Nur, dag die Anpassung an den Lichteinfall lediglich eine ihrer zahlreichen Eigenschaften ist. Sie durch hnstliche Verpackungen zu imitieren, wird der Menschheit vie1 Anstrengung abverlangen. 4.3.8
Vor UV-Licht schiitzende Verpackungen
Rund 3 % der Energie unserer Sonnenstrahlung fallt als UV-Licht auf den Erdboden. Es weist, mit stark abnehmendtr Intensitat, Wellenlangen zwischen 380 nm (wo das UV-Gebiet beginnt) bis zu 290 nm auf. Es wird in UV-A (380-320 nm) und UV-B (320-190 nrn) eingeteilt. UV-B ist das UV-Licht, das unsere Erbsubstariz und Proteine direkt schadigen kann, also die Energie mitbringt, um chemische Bindungen in ihnen zu brechen. UV-A kann dies nicht, aber Farbstoffe und anderc licht-
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.3.16 Eukalyptus, dessen Blatter zum Schutz vor Strahlung m i t einer weislichen Reflexionsschicht iiberzogen sind. Auf diese Weise wird die in die Zellen eindringende Strahlung stark gefiltert. An mikroskopischen Streuzentren wird UV-Strahlung starker gestreut als langwelligere Strahlung.
absorbierende Substanzen konnen dieses UV-Licht aufnehmen und Reaktionen auslosen, welche letztlich die Erbsubstanz oder Proteine doch schadigen. Solche als Ubertrager von Lichtenergie dienende Substanzen nennt man Sensibilisatoren. Biologische Hullen wehren ein Maximum an UV-Strahlung durch reflektierende Schichten (z. B. Guanin-Kristalle) oder lichtstreuende Zentren ab. Im Hochgebirge Afrikas und Sudamerikas haben Pflanzen oft eine silbrige Oberflache. Pigmente wie Melanin, welche die lebende Haut vor Sonnenstrahlung schutzen, absorbieren kurzwelliges Licht, ohne daf3 es zu nennenswerten schadigenden Nebenreaktionen kommt. Zahlreiche Echsen konnen die Lichtabsorption ihrer Korperoberflache steuern. Dies erfolgt in der Regel uber physikalisch-chemische Prozesse. Wie schon erwahnt, erzeugen Lebewesen viele Farben durch physikalische Mechanismen. Auf diese Weise werden unerwiinschte, schadliche Nebenreaktionen durch photochemische Prozesse moglichst vermieden. Passieren sie wegen unvermeidbarer Lichtabsorption durch das lebende Gewebe dennoch, halt die Natur verschiedene Mechanismen bereit, um beschadigte DNA-Strange oder wesentliche Molekule wieder zu reparieren.
4.4
Energieoptimierte Verpackungen 4.4.1
Energieoptimierte Hiillen
Naturliche Systeme haben bei der Nutzung von Energie aus der Umwelt einen hohen Standard erreicht (Tributsch 1996, 1998). Der Schutz des Lebens vor Warmeverlust war zum Beispiel eine uberlebenswichtige Aufgabe naturlicher Verpackungen. Wie weit hat es die Evolution gebracht? Wenn ein Polarfuchs in der Arktis bei -20 "C mit einer Infrarot-Warmekamera anvisiert wird, ist er nicht von der eiskalten Umgebung zu unterscheiden. Nur seine Augen und seine Schnauze bilden sichtbare, warme Punkte. Dem nur etwa 5 cm dicken Fell gelingt es, den 38 "C warmen Korper des Tieres so effektiv von der Umgebung abzuschirmen, daB die PuBere Oberflache so kuhl bleibt wie die Umgebung. Dieses Kunststiick verbringen die Felle durch die hohe Dichte an Haaren, welche viele kleinste Luftraume einschlief3en.
4.4 Energieoptirnierte Verpockungen
Pelze
60-80kune Haare pro tangem Haar
Konturfeder I
Abb. 4.4.1 Pelze und Federbalge sind Verpackungen aus Keratin, die durch hochentwickelte Strukturen und deren prazise Einstellung kleine Luftraurne einfangen und darnit Energieflusse kontrollieren. Sie andern sich jahreszeitlich, konnen durch Muskeln eingestellt und durch abgesonderte Fette oberflachenbehandelt werden.
Viele kleine Muskeln erlauben es, die Neigung der Haare zur Haut zu verandern und damit die Isolierung zu steuern. Es gibt nur wenige zuverlassige MeBdaten uber das Isolationsverhalten von Tierfellen. Vor 45 Jahren machte der Physiologe Scholander einen Versuch, abgezogene Tierfelle zu vermessen, die ihre Eigenschaften nicht mehr aktiv regulieren und optimieren konnen. Er fand zum Beispiel, da& mit einem 3 cm dicken Rentierfell ein Warmedurchgangskoeffizientvon I Watt/mZ"C (k = I) erreicht wird. G cm einer solchen Isolierung (k = 0.5) wiirden ausreichen, den Energiestandard eines modernen Hauses zu erfiillen. Die Felle von Seeottern erreichen die erstaunlichen Dichten von 125 ooo Haaren pro Quadratzentimeter. Diese Dichte ist so hoch, daB selbst das zomal besser Warme ableitende Wasser die eingefangene Luft nicht verdrangen kann. Damit bleibt das Fell auch unter Wasser warmeisolierend. Die Dichte von Pelzen kann der Jahreszeit angepaBt werden und die Haare konnen bei Bedarf aufgestellt werden, so daB das Fell dicker ist. Zusatzlich erfullt es weitere Funktionen. Es tarnt den Trager zum Beispiel durch seine Farben, oder es unterdriickt die Reifbildung. Dies heiBt, daB
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4 Verpacktes Leben
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Verpackungsbeispiele aus der N a t u r Abb. 4.4.2 Vicunja, Hochland von Peru. Das Fell dieses rnittlerweise sehr seltenen M l t glieds der Karnelfamilie ist weniger dick als das der grogeren Lamas und Alpakas aber so dicht und fein, daB nur die vornehrnsten Inca Fursten es elnst tragen durften. Die Felldicke ist bei diesen karnelartigen Tieren iibrlgens sehr ungleichmai3ig uber den Korper verteilt, urn den verschiedensten Herausforderungen der Hochanden, der Kalte, der Hitze, dern Wind und der intensiven Strahlung gleichzeit i g gewappnet zu seln.
Abb. 4.4.3 Das Federkleid der Vogel ist neben dem Warmeschutz gleichzeitig ein extrem optimiertes Flugwerkzeug und bei Seevogeln eine Schwirnm- und Tauchhilfe. Seeschwalbe auf Island.
Abb. 4.4.4 Eine Konturfeder (Kormoran, Chile) besitzt einen Schaft, Aste (Rarni) und Nebenaste (Radli, Strahlen) (vergleiche Abb. 4.4.1). Die Strahlen konnen zur gegense~tigenVerankerung Hakchen, Dornen oder Plattchen ausbilden.
Abb. 4.4.5 Das Federkleid elnes Flijgels (Korrnoran, Chile) zeigt den hohen Grad der Ordnung, die zur Gewahrleistung seiner perfekten Flugfunkt~onerforderllch ist. Cleichzeitig dienen Flugel zur einstellbaren Warrnekontrolle.
4.4 Energieoptimierte Verpackungen
Schneekristalle nicht wachsen konnen. Letzeres Kunststiick erzielt zum Beispiel das Fell des VielfraBes. Aus diesem Grunde nutzten es die Inuit-Volker gerne als Innenauskleidung fur die Kapuze ihrer Kleidung. Die wirklichen Hochtechnologieeinrichtungen der Natur fur den Warmeschutz sind aber Federbalge. Sie bestehen aus vielen Einzelfedern. die in der Regel uber eine statistische Verankerung durch kleine Hakchen miteinander zu einer kollektiv funktionierendem Verpackungsstruktur verbunden sind. Es genugen so in der Regel wenige ordnende Bewegungen durch den Vogelschnabel, um die im Wind durcheinander geratenen Federn wieder in Ordnung zu bringen. Sie besitzen neben ihrer eigenen Elastizitat zum Beispiel auch kleine Hakchen, welche sich ineinander verklammern und die Federn zu einem elastischen, sich der Aerodynamik der Luftstromung anpassenden Balg zusammenhalten. Der flugunfahige StrauB verzichtet auf die feinen Hakchen und hat deswegen einen lokkeren langen Haarflaum. Er nutzt die Stellung der Federn zur effektiven Temperaturkontrolle. Das Federkleid der Vogel schlieBt kleinste Luftraume ein und kann jederzeit umstrukturiert und gewartet werden. Auch erfullen die verschiedenen Federn sehr unterschiedliche Aufgaben. Bei den weltweit rund 10 ooo bekannten Vogelarten kommen auch sehr unterschiedlich konstruierte Federn vor. Der Federflaum am Schnabel der Nachteule, z. B., ist nur wenige Millimeter dick. Beim japanischen Hahn, einem Verwandten des Fasans, findet man, andererseits 3 m lange Federn. Neben den richtigen Kontur- und Flugfedern, welche die auBere Form der Vogel bestimmen, gibt es auch die versteckten, flaumigen oder haarigen Federn, die eine ahnliche Funktion erfullen wie die Fellhaare der Saugetiere. Manchmal sind es kleine Details, die wesentlich sind. Daunenfedern z. B., sind, was den Hauptschaft und die abgehenden Aste (Barben oder Ramii) betrifft, wie eine normale Flugfeder gebaut. Ihre zusatzliche und spezialisierte Leistung beruht auf technischen Veranderungen im Bereich der von den Zweigen abgehenden Nebenaste oder Seitenstrahlen (Barbule), die bei normalen Vogelfedern die Hakchen (Barbikel) tragen. Diese Strahlen sind bei der Daune gekrummt, recht breit und haben keinen Kontakt mehr zueinander. Dies ermoglicht eine ganz lockere Lage der Strahlen und den EinschluB vieler zusatzlicher Luftraume. Das ist das Geheimnis der hoch warmeisolierenden Daunen. Die Ganse und Schwane der Arktis rupfen sich solche Federn aus, um ihre Eier und Jungen darin zu betten. Sieht man sich die kleinsten Federharchen unter dem Mikroskop an, erkennt man, daB sie ahnlich konstruiert sind wie die groBen Federn. Diese Selbstahnlichkeit zwischen groBen und kleinen Strukturen, die mathematische Hintergriinde hat, welche chemisch- genetische Mechanismen reflektieren. ist in der Natur sehr verbreitet und wurde erst in den letzten Jahrzehnten als strukturgebendes Prinzip der Evolution erkannt. Die Federn sind, wie schon envahnt, aus demselben Keratin, einem schwefelreichen Protein, aufgebaut, das die Haare der Saugetiere bildet. Daneben haben sie auch Farbstoffe wie Melanin, die schwarze, braunliche oder graue Tonung erzeugen, oder Karotinoide, die fur rote und gelbe Farbung verantwortlich sind, eingebaut. Blaue Farben werden in der Regel durch Lichtstreung an schwammigen Keratinstrukturen, Schillerfarben durch Interferenz an strukturierten Melanin-
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4 Verpacktes Leben
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Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.4.6 Die einzelnen Federaste der Kondorfeder (dunkel) sind wegen der hohen Flugbelastung kraftlg rnlteinander verzahnt, so daO die Feder und der Flugel eine stabile elastische Membran ergeben. Beirn flugunfahigen StrauO, dessen Feder danebengelegt ist, fehlt die Verzahnung. Dafur haben die Federn zusatzllche warrneregulierende und staubabweisende Eigenschaften angenornrnen.
korperchen erzielt. Sie sind bis in viele Einzelheiten der verschiedenen Federarten technisch einmalig durchkonstruiert. Wenn man einen Vogel dabei beobachtet, wie er landet und danach die Flugel zusammenlegt, erkennt man auch, wie intelligent und mechanisch durchdacht die Federverpackung f i r die neue Aufgabe, das Gehen auf dem Boden oder das Schwimmen aufdem Wasser, umgestaltet wird. Auch sind Federn intelligent uber den Vogelkorper verteilt. Tundraganse, die fur ihre Daunen bekannt sind, verfugen zum Beispiel iiber ca. 25 ooo Federn. 80 % davon sind auf Kopf und Nacken konzentriert, wo das Nervensystem vor Kalte geschutzt werden mu&,vor allem bei eisigem Wind in der Luft wahrend des Fluges. Kleine Vogel fliegen, nicht weniger geschickt, mit vie1 weniger Federn. Beim Kolibri sind es rund 1000Federn. Ursprunglich, in der friihen Phase der Evolution, diente das Federkleid lediglich als Warmeschutzverpackung. Da Vogel, im Gegensatz zu ihren Vorfahren, den Sauriern, Warmbluter sind, brauchten sie diesen Schutz aus Energiekonservierungsgrunden. Danach wurden Spezialanwendungen der Federn fur viele Zwecke entdeckt, zum Fliegen ebenso wie zur Schaustellung oder zur Tarnung, zur Stabilisierung bei der Arbeit des Spechtes, als Schallempfanger wie beim Kopf der Schleiereule oder zum Wassertransport fur die Jungen bei gewissen Wiistentauben. Wenn wir die Warmeisoiationsverpackungeines Vogels vergleichen mit der Technik, die bei der Warmedammung eines Hauses ins Spiel kommt, wird klar, daB die Natur ungemein vie1 differenzierter vorgeht, wenn es um Materialersparnis und Energieefizienz geht. Abb. 4.4.7 Federbalge sind Wunderwerke an Verpackungskunst. Augerdem dienen sie der Schonheit und der Tarnung. Perlhuhn in Sudafrika.
4.4 Energieoptirnierte Verpackungen
4.4.2
Lehmverpackungen
Der sudamerikanische Topfervogel baut fur seine Brut ein rundes, mit Strohfasern verstarktes Nest. Dazu sammelt er Lehm aus Wasserpfutzen, mischt ihn mit trockenen Strohfasern und verklebt alles mit Zusatzen von Speichel. Das Nest bietet uberzeugende Vorteile. Seine runde Form minimiert die Oberflache bei gleichzeitig maximalem Inhalt. Die dicke Lehmwandung gleicht mit der grogen Warmekapazitatdie hohen Temperaturschwankungendes trockenen Steppenklimas seiner Heimat wirksam aus. In der kiihlen Nacht nimmt der Lehm Feuchtigkeit auf, die dann in der Hitze des Tages verdunstet wird und zusatzlich Kuhlung schafft. Der Speichel des Topfervogels mug besondere Eigenschaften aufiveisen, denn man beobachtet an seinem Bau keine Risse. Irgendwie neutralisiert er wohl die Wirkung eingeschlossener Luftblasen, die sonst Risse und Bruchlinien auslosen konnten. Auch andere Tiere nutzen Lehm als Verpackungsmaterial. Die Lehmwespe, Purugymnomerus spiricornis, z. B., mauert ihren Nesteingang in Form eines Schornsteins aus kleinen Lehmteilchen. Auch Topferwespen (T'poxylon), von denen es rund IOO Arten gibt, nutzen Lehm, um ihre Brutzellen zu zimmern. Vor allem schliegen sie diese mit einem richtigen Lehmkegel ab. Die augergewohnlichen Vorteile von Lehmbauten sind nicht nur von verschiedenen Tieren erschlossen worden, sondern auch von Menschen immer wieder unabhangig davon entdeckt worden. So gibt es Lehmverpackungen von Wohnstatten bei Abb. 4.4.8 Topfervogelbau. Cran Chaco von . . Paraguay. Der'Lehrn ;nd Stroh wird rnit Speichel zu einer festen, atmenden, die Ternperatur ausgleichenden Verpackungsrnasse verarbeitet.
Abb. 4.4.9 Dieser Querschnitt durch die Wand eines Topfewogelbaus zeigt die irn Lehrn zur Verstarkung eingearbeiteten Fasern, die ein Verbundrnaterial schaffen.
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Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.4.10
Mortelnest einer Wespe Na mibia. Kleine Lehmteilchen und Steinchen werden rnit Speichel zu Ebinern aushartendern Baustoff verarbeitet. I
sehr vielen Volkern. Auch runde Lehmbauten, ahnlich wie sie der Topfervogel benutzt, sind immer wieder genutzt worden, so zum Beispiel von den Pomo-Indianern in Kalifornien oder von den Navojo-Indianern in Arizona. Was der Topfervogel betreibt, ist eine Adobe-Bauweise mit dem Unterschied, daB er keine einzelnen, genormten Ziegel fur den leichteren Transport und zweckmagigeres Bauen anfertigt, sondern rnit ungenorrnten Lehmpackungen arbeitet. Das Wort Adobe ist ubrigens ein Wort aus der Berbersprache und aus dem Arabischen, das von den Spaniern ubernommen wurde und mit ihnen nach Amerika wanderte. Wesentlich bei der Adobebauweise ist, daB Lehm mit Wasser und Pflanzenteilen gemischt wird, urn eine erhohte Widerstandsfahigkeit der getrockneten Lehmmasse zu erzielen. Auch ist es zum Erzielen einer hoheren Lebensdauer notig, gewisse zusatzliche Kunstgriffe einzubeziehen. Die Mesopotamier vor Goo0 Jahren und spater die Azteken in Amerika verkleideten die Wande von Adobebauten mit wasserabstogenden Hullen. Einen solchen wasserabstol3enden Effekt erzielt der Topfervogel anscheinend bereits durch seine Speichelzusatze. Bei menschlichen Bauten aus Lehm haben sich auch vorstehende Dacher und Steinfundamente bewahrt, um der Erosion und dem Regen Widerstand zu leisten. Lehmverpackungen und Lehmkonstruktionen von Hausern sollten wegen der Umweltfreundlichkeit des Materials und seiner energiesparenden Eigenschaften auch von der modernen Architektur nicht vernachlassigt werden. 4.4.3
Reflektierende Hiillen
Nicht nur Eier reflektieren infrarote Warmestrahlung, sondern auch grune PflanZen. Das sichtbare Licht brauchen letztere aber fur die Photosynthese. Wo das Licht aber zu intensiv ist oder zu energiereich, wie in den Hochgebirgen der Tropen, mug auch dieses abgeschwacht werden. So vermitteln die Riesenlobelien auf afrikanischen Bergen einen silbrigen Eindruck, weil eingelagerte mikroskopisch kleine Kri-
4.4 Energieoptirnierte Verpackungen
Abb. 4.4.11 Die Schoten des Kameldornbaumes (Acacia erioloba) sind ganz hell gefarbt, damit sie Sonnenlicht wirksam reflektieren. Aui3erdem sind sie rnit einem dichten Filz bedeckt. Die eingeschlossenen Luftraume konnten die Warmeleitung stark reduzieren. Die Schoten werden gerne von Elefanten und Gazellen gefressen.
stalle das Licht zuruckwerfen. Ein bemerkenswerter sudafrikanischer Baum, Leucadendron argenturn, verdankt seinen silbrigen Sommerschein seinen elliptischen Blattern, die dicht mit langen, seidigen, silbrigen Haaren bedeckt sind. Im Sommer liegen die Silberhaare an der Blattoberflache, weil die Planzenzellen, die sie tragen, erschlafft sind. Im Winter hingegen sind diese prall und bringen die Haare zum stehen. Das Licht dringt dann zwischen ihnen hindurch zur Blattoberflache. Der Silberschein verschwindet und auBerdem kann Wasser jetzt vie1 leichter zwischen ihnen hindurch verdunsten. Silbriger, spiegelnder Schein bedeutet, daB mehr Licht von den Blattern reflektiert wird. Dies bringt in der Hitze des Sommers einen Vorteil. Gleichzeitig vergroBert sich fur die Wassermolekule der Widerstand gegen die Verdunstung. Durch das Aufrichten der Silberhaare wird die Verdunstungsbarriere abgebaut und gleichzeitig die Lichtreflexion reduziert. Im Gebirge oder auch in der Wuste wird von Pflanzenoberflachen haufig Licht zuriickreflektiert, oder zuriickgestreut. Dadurch werden die Pflanzengewebe auch vor UV-Strahlung geschutzt. Auch photochemisch unbedenkliche Farbstoffe wie Melanin schutzen vor UV-Licht. Sie sind bekanntlich fur die Pigmentierung der menschlichen Haut verantwortlich, aber auch fur viele schwarze, braune, gelbliche und rotliche Tone bei Fellen und Federbalgen. Im ubrigen vermeidet die Natur, wie schon envahnt, photochemisch aktive Farbstoffe, die mit UV-A, dem langwelligeren UV-Licht unserer Sonnenstrahlung, Schaden in biologischen Strukturen anrichten konnten. 4.4.4 Durchscheinende, warmeisolierende Hullen
Die Natur hat keine Materialien entwickelt, die bei der Herstellung hohere Temperaturen erfordern. Sie kennt kein Glas, das unser Leben in vieler Hinsicht erleichtert hat. Aber sie lost ahnliche Verpackungsprobleme mit transparenten Membranen, Wachs oder Chitinschichten. Urn den Treibhauseffekt unserer verglasten Wintergarten zu nutzen, muBte sie andere Wege gehen. Sie entwickelte die transparente Warmedammung. In kalten Klimazonen, in arktischen Breiten ebenso wie im Hochgebirge, gibt es Pflanzen, deren Oberflache mit weiBlich durchscheinenden Haaren bewachsen sind. Ein Beispiel ist das EdelweiB.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
4.4.12 Die weiiKe Pelzschicht des Edelweii3 (hier eine Art aus Nord-Tibet) dient zur Reduktion der Verdunstung und als transparente Warmedammung.
Die Haarschicht dieser Gebirgspflanze laBt Licht uber viele Streuprozesse durch, so daB es die Pflanzenoberflache erreicht, woes Warme produziert. Die Haarschichten schlieBen aber viele kleine Luftraume ein, so daB die Warme gefangen bleibt. Das gilt auch fur die Feuchtigkeit, die sich in der eingefangenen Luft anreichert und Wasserverluste in trockener Hohenluft reduziert. Der lichtdurchscheinende Haarfilm ermoglicht es der Pflanze, im kurzen Gebirgssommer den Reproduktionszyklus erfolgreich zu Ende zu fiihren. Die Natur hat dieses Prinzip der transparenten Warmedammung bei vielen Gelegenheiten genutzt. Ein Beispiel ist das Weidenkatzchen, das in seinem feinen Haarflaum Licht sehr wirksam in gestaute Warme umwandeln kann. Auf Spitzbergen ist die Weide zu einer wenige Zentimeter hohen Pflanze verkiimmert, die uber den Boden kriecht (Salixpolaris). Ihre Weidenkatzchen sind noch zusatzlich mit einem weiBlich durchscheinenden Haarteppich uberzogen, in den sie hineinragen. Es ist eine transparente Warrneisolierung, ahnlich wie sie als durchscheinende Aerogel oder Kunststoffschicht in letzter Zeit zur Verpackung von Hausern venvendet wird. Ein besonders lehrreiches Beispiel einer transparenten Verpackung bietet der Polarbar, der allerdings erst seit rund IOO ooo Jahren dabei ist, sein Fell fur die Arktis zu optimieren (Tributsch et. al. 1990). Zwei Besonderheiten zeichnen ihn aus. Die eine besteht darin, daB seine Haare glasig durchsichtig sind und entlang der Achse viele Lichtstreuzentren enthalten, die seine Farbe weiB erscheinen lassen. Die zweite betrifft seine schwarze Haut, die noch an der Nase und an den FuBsohlen sichtbar ist. Sie sol1 das durchdringende Licht in Warme venvandeln. Experimente auf Gronland haben ergeben, daB die Haut des Polarbaren durch den Pelz hindurch unter arktischer Sonne sich schnell um 10"C envarmen kann. 4.4.5
Kiihlende Verpackungen
So manche Verpackung, die die Natur entwickelt hat, ist auch in der Lage, die Temperatur zu senken. Dazu gibt es mehrere Moglichkeiten. Sie kann die Oberflache der Verpackung so gestalten, daB sie Sonnenlicht stark reflektiert. Sie kann aber auch durch diese Oberflache Feuchtigkeit verdunsten, was meist iiber Spaltoffnungen geschieht, und dadurch Verdunstungskalte erzeugen. Eine dritte Moglichkeit besteht darin, Infrarotstrahlung wirksam abzugeben. Alle diese Moglichkeiten werden
4.4 Energieoptirnierte Verpackungen
Abb. 4.4.13 Ein Kafer der Familie Pyrrhocorridae, auf der gerillten Blattoberflache von Welwitschia rnirabilis, auf die allein er spezialisiert ist. Die Blatter kondensieren bei Nebel Luftfeuchtigkeit, die uber die Rillen zu Boden und Wurzel abgeleitet wird.
in der Natur genutzt. Die urtiimliche Welwitschia mirabilis aus der Namibwiiste (Abbildungen 4.1.22 und 4.1.23)scheint noch eine weitere entdeckt zu haben. Sie gedeiht in einem Kustenstreifen, der so trocken ist, da&selbst Sukkulenten Schwierigkeiten haben, zu uberleben. Aber der kalte Atlantik la& immer wieder Nebelschwaden ins Landesinnere ziehen. Von der Feuchtigkeit dieses Nebels lebt die Welwitschia rnirabilis offensichtlich. Ihre Strategie ist verbluffend und der der Sukkulenten scheinbar geradezu entgegengesetzt. Wahrend die Sukkulenten Wasser speichern, jeden Wasserverlust unterbinden und nur sehr wenige Spaltoffnungen fur die Verdunstung des Wassers zulassen, ist das Welwitschiablatt wasserarm und seine Oberflache geradezu von Spaltoffnungen ubersaht. Auch reduzieren die Sukkulenten ihre Blattoberflache, wahrend die Welwitschia besonders groBe Blatter entwickelt. Die Welwitschia besiegt die Umwelt mit einer Augenseiterstrategie. Sie reflektiert und strahlt Sonnenlicht optimal zuriick und halt sich dadurch recht kuhl. Da ihre BIatter wenig Wasser enthalten, speichern sie wenig Warme. Zusatzliche Verdunstung kuhlt ihre Blattstruktur unter die Temperatur der Umgebung ab. Als Folge davon kondensiert Wasser aus dem Nebel auf der Blattoberflache und wird uber die Blattrillen zur Wurzel abgeleitet. Das zerrissene Aussehen der Welwitschia tragt zusatzlich zum wirksamen Melken des Nebels bei. 4.4.6
Feuersichere Hiillen
Die wohl interessanteste Rinde aller Baume haben die Sequoia-Arten, die an der Westkuste Kaliforniens und in dem Sierra-Nevada-Gebirge wachsen. Diese Baume sind ohnehin schon bemerkenswert, weil sie mit dem Rekordwert von 1 1 2 m zu den hochsten (Sequoiadendron sempervirens, Kustensequoia) und mit 3 0 m Umfang zu den dicksten (Sequoiadendron giganteum, Bergsequoia) Baumarten der Welt gehoren. Ein Rekord-Mammutbaum wie der Big Tree in der kalifornischen Sierra Nevada bringt es auf ein Gewicht von uber 5000 t. Die Bergmammutbaume leben scheinbar bis zu 3500 Jahre. Was konnte die Verpackung dieser grogten aller Lebewesen, die Rinde, zur Uberlebensfahigkeit beitragen? Wenn der Wald lichterloh brennt und die Feuerfront einen Sequoia-Baum erreicht, kann sie ihn nicht zerstoren, ihn hochstens etwas beschadigen, wenn Nachbarstamme anlehnen und ganz lichterloh brennen. Seine Rinde ist namlich bemerkenswert feuerresistent. Aus diesem Grunde
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.4.14
Die Berg-Sequoia (Sequoiadendron giganteurn) ist mit seiner Masse van uber 5000 t das grogte Lebewesen, das je existiert hat und verpackt werden rnugte. Auch gehort es zu den langlebigsten. Seine Verpackung rnugte dazu feuerfest werden.
Abb. 4.4.15 Die zimtfarbene Rinde der Berg-Sequoia 1st
augerlich sehr rauh strukturiert und hoch warrneisolierend. Sie halt sowohl dem Feuer als auch rnikrobiellern Angriff stand.
profitieren Sequoias sogar von Waldbranden, weil sie Lichtungen schaffen. Wenn sie im Alter oder durch Sturm umfallen vermodern sie nicht ohne weiteres. Vielmehr bleiben sie noch zwei, drei Jahrhunderte liegen, geschutzt von der Rinde. Geraten umgefallene Sequoias in einen Waldbrand, brennen die Stamme aus, die weiche Rinde aber uberlebt. Einheimische Pomo- und Sinkyone-Indianer bauten Hauser aus Sequoia-Rinde und fertigten aus zerstampftem Rindenmaterial auch Kleidungsstucke. Modernere Anwendungen betreffen vor allem Baumaterial und Produkte, die Iange Lebenszeiten voraussetzen. So gibt es viele Produkte aus Sequoiarinde, die noch aus dem 1 9 .Jahrhundert stammen. Die zimtfarbene Rinde der Bergsequoia erreicht bei einem mehrere hundert Jahre alten Baum eine Dicke von rund 25 cm. An einzelnen Stellen kann sie aber bis zu Abb.4.4.16 Die faserige, stark tanninhaltige Rinde der Sequoia (hier Sequoiadendron sernpervirens) erinnert in ihrer Konstitution und hohen W'armeisolationsfihigkeit stark an Asbest, ohne den Nachteil dieses Stoffes zu besitzen
4.5 Synergetischer Verpackungsschutzfirs Leben
Abb. 4.4.17 Verkohlter Fruchtstand einer Banksia, Australien. Die Sarnenverpackung braucht Feuer, urn sich zu offnen und die Samen freizugeben.
70 cm dick werden. Sie hat eine auffallig faserige Struktur, die an Asbest erinnert und fast analoge Eigenschaften erreicht. Ahnlich wie dieser leitet sie Warrne nur sehr schlecht. Vermutlich gibt es im Pflanzenreich kein Material, das schlechter Warme leitet. Schlagt ein Blitz ein, kann die Elektrizitat nur ungenugend abgeleitet werden. Der Baum explodiert dann forrnlich, um die Energie loszuwerden. Auch ist die Sequoiarinde weitgehend frei von Pech, das andere Rindenarten haufig enthalten. Wenn Feuer an die Sequoiarinde gehalten wird, brennen die augersten locker anhangenden Schuppen in der Regel weg. Aber die dickeren Teile der Rinde halten das Feuer nicht aufrecht. Man mug die Stelle schon lange rnit lichterloh brennendem Holz befeuern, urn die Rinde anzusengen. Die Rinde des Bergsequoia, den man in Kalifornien noch auf 2.500 m Hohe antrifft, hat noch die Eigenschaft, daR sie den Stamm vor groger Kalte schutzt. Sie schutzt auch wirksam gegen Insekten und Pilze, die das Rindenmaterial nicht zerstoren konnen. Es wird angenomrnen, daJ3 Tannin in der Rinde die Rolle des Insektenschutzmittels ubernimmt. Was kann man von der Evolutionserfahrung der Sequoias lernen? Offensichtlich kann man grogflachige Gegenstande rnit organischen Material so verpacken, daB Feuerbestandigkeit und Schutz vor Insekten- und Bakterienbefall gewahrleistet sind. Dies sollte uns anregen, nach verbesserten Isolationsmaterialien fur die Bauindustrie zu suchen, um gegenwartig genutzte umweltproblematische Materialien wie Glaswolle, Polystyrol oder giftgetrankte Zelluloseprodukte abzulosen.
4.5
Synergetischer Verpackungsschutz furs Leben 4.5.1
Die Eierschale
Die wohl auffalligste und eindrucksvollste Verpackung in der Natur ist die Eierschale. Sie ist eine hochspezialisierte rnineralisierte Struktur, die den Vogelernbryo wahrend seiner Entwicklung schutzt (Burley,Vadehra, 1980)(Rahn, Paganelli, Ar, 1987) (Tyler, 1970). Einerseits mug sie deswegen einen optimierten Gasaustausch und angemessene Warrneleitfahigkeit gewahrleisten. Andereseits wird der Anspruch auf hohe Bruchsicherheit gestellt, wobei aber der kleine Schnabel des Kuken schlieglich
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4 Verpacktes Leben
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Verpackungsbeispiele aus der N a t u r
Abb. 4.5.1 Das Verpackungsprinz~pdes Eies hat sich so bewahrt, d a g es von der Natur in grogern und kleinem MaBstab immer wieder realisiert wurde. Das Foto zeigt ein Straugenei neben einem norrnalen Huhner-
ei.
dennoch in der Lage sein mug, die Schale aufzubrechen. Eierschalen von Vogeln sind nicht immer weig, sondern in der Regel durch verschiedenste Farben und Muster gegen Rauber getarnt, die es auf den hohen Proteingehalt der Eier abgesehen haben. Da der Embryo eine Temperatur von 39-40 "C kaum iiberlebt, venvundert es, wie vor allem dunkle Eier in ungeschutzten Nestern der Sonnenstrahlung standhalten konnen. Untersuchungen haben ergeben, daB sie in der Lage sind, infrarotes Sonnenlicht, das die Hauptmenge der eingestrahlten Sonnenenergie ausmacht, wirksam zu reflektieren. Dabei helfen ihnen Pigmente, die in die Eierschale eingelagert sind, insbesondere Protoporphyrin und Biliverdin. Manchmal, wenn die Eier blaulich oder blaulich-grun gefarbt sind wie bei Reihern oder Ibisen, ist das Pigment Bilin involviert. Im nahen Infrarot wurde bei Eiern der Mowe eine Reflexion von etwas uber 9 2 % beobachtet (Larus heemanni). Praktisch bedeutet dies, daB sich die ungeschutzten Eier, die in praller Sonne nur eine Temperatur von 28-30 "C erreichen, ohne Infrarotreflexion auf 40-50 "C erhitzen wiirden, was auch experimentell nachgewiesen wurde. Der Infrarotschutz der Eier war also eine Uberlebensangelegenheit, vermutlich schon seit sehr langer Zeit. Eier haben sehr unterschiedliche GroBen. Der Inhalt eines StrauBeneis ist ungefahr zzmal schwerer als der Inhalt eines Eies der Haushenne. Einen ebenso groBen Unterschied gibt es wiederum zwischen den Eiern der Haushenne und denen der kleinsten Vogel, zum Beispiel der Kolibris. Da das Volumen mit der dritten Potenz ansteigt, die Oberflache aber nur mit dem Quadrat, haben groBe Eier eine vergleichsweise deutlich reduzierte Oberflache fur den Warme- und Gasaustausch mit der AuBenwelt. Diese Uberlegung deutet schon darauf hin, daB die Natur deswegen in bezug auf die Evolution der speziellen Eigenschaften der Eierschalen, ihrer Dicke und Porendichte, sehr flexible Stategien anwenden muBte. Aber auch die Hohe des Geleges uber dem Meeresspiegel hat EinfluB auf die Struktur der Eierschale. In groger Hohe verdunstet Wasser sehr leicht, so daB die Porositat der Eierschale reduziert werden muB, um eine Austrocknung zu verhindern. Tatsachlich hat man gefunden, daB der Porendurchmesser sich mit dem barometrischen Druck in der Umgebung des Geleges andert. Je hoher das Gelege mit den Eiern angelegt wird, um so kleiner ist der Querschnitt der Poren. Verlagert man Vogel in andere Hohenlagen, brauchen sie rund zwei Monate, u m die neu gelegten Eier der veranderten Umwelt anzupassen. Wie sie dies machen, ist weitgehend unbekannt, durfte aber uber die Blutzusammensetzung funktionieren, die ja ebenfalls
4.5 Synergetischer Verpackungsschutzfurs Leben
aukn
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Sauerstoff- und Feuchtigkeitsaustauch Kutikel (2-20 pm)
Kalziumcarbonat
innen
, Abb. 4.5.2
Schalenstruktur eines Huhnereies. Die Poren und die verschiedenen, beteiligten Membranen sind dargestellt.
an die Hohe angepaBt wird. Vielleicht hat die Evolution solange experimentiert, bis sich eine solche automatische Einstellung durchgesetzt hat, welche den Vogeln den notigen Bewegungsspielraum in bezug auf die Hohenlage gegeben hat. Dies sollte uns davon uberzeugen, daB wires wirklich mit einer hochentwickelten Verpackungstechnologie zu tun haben. Aber auch die Form der Eier ist sehr variabel. Sie reicht von runden bis zu langlichen und exzentrischen Formen. Verschiedene Faktoren kontrollieren dies, die in der Regel mit der Lebensweise der Vogel zusammenhangen. Ein markantes Beispiel sind die stark exzentrischen Eier der Lummen. Sie sind Seevogel, welche ihre Eier auf die nackten Felsvorsprunge senkrecht aufsteigender Klippen zu legen pflegen. Vermutlich sind dabei alle einigermaBen normal geformten Eier friiher oder spater heruntergerollt. Nur exzentrisch geformte Eier uberlebten. Sie haben namlich die Eigenschaft, in einer kreisformigen Bahn zu rollen. Sie pendeln sich dann so ein, daB sie auf einer leicht schragen Ebene nicht weiterrollen konnen. Wir wollen uns nun auf die Struktur der Eierschale konzentrieren, welche die mikroskopischen Geheimnisse dieses Verpackungswunders birgt. Ein vereinfachtes Bild (Abbildung 4.5.2) einer Eierschale, die zu rund go % aus anorganischer Materie besteht, zeigt seine verschiedenen Strukturen. Charakteristisch ist die dikke, verkalkte, porendurchsetzte Schicht, die wir gemeinhin als Eierschale kennen. VergroBert gezeigt sind die Kalzit-Saulen, Kalziumkarbonat. das als Kalzit-Mineral kristallisiert, die senkrecht zur Eierschalenoberflache angeordnet sind und Freiraume fur die Poren der Schale lassen. Die Poren sind f i r den Gasaustausch wichtig. fn der Regel reichen die Kristallite, die bei Haushuhnern einen Durchmesser von zo3 0 pm erzielen, nicht ganz zur augeren Oberflache der kristallisierten Schicht, son-
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130 4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispieleaus der Natur Abb. 4.5.3 Tolpel mit Eiern und Kuken, Galapagos-1nseln. Die Eierschale 1st eine der vielseitig optimiertesten Verpa kkungen, welche die Natur hervorgebracht hat
dern sind von einer diinnen, weniger kristallisierten oder pulverigen Schicht abgedeckt. Nach innen runden kleinere Kristalle als sogenammte Mammilae die kristallisierten Saulen ab. Sie sind um einen organischen Kern angeordnet, der zur Verankerung der augeren der beiden inneren Schalenmernbranen dient. Die verkalkte Schicht enthalt auch 3 % einer organischen Matrix, die zum Teil aus Protein besteht. Sie enthalt auch Magnesium, das an der Innenseite, manchmal auch zusatzlich an der AuRenseite der verkalkten Schicht angeordnet ist. Abbildung 4.5.2 zeigt auch, wie die Kalkschicht auf3en durch eine Eierschalenhaut, die Kutikel, und innen durch zwei Membranen begrenzt wird. Der Grund, warum frisch gelegte Eier so glanzend sind, ist die 5-30 pm diinne auRere KutikelSchicht. Von einem 60-Gramm-Ei macht es ungefahr ein Gewicht von 18mg aus und besteht zu 90 % aus Protein. Zusatzlich findet man Lipide und Kohlenhydrate. Nicht alle Eier haben diese auBere Membran. Es wird vermutet, daB sie irgend etwas mit dem Wasserdampfaustausch oder der Wasserabstogung zu tun hat. Vielleicht ist diese Funktion bei gewissen Vogeln, zum Beispiel Tauben, welche ohne diese Schicht auskommen, nicht wichtig. Da die auBere Membran nach dem Legen des Eies einige Minuten klebrig bleibt, konnte sie auch bei der richtigen Positionierung des Eies helfen. Dies ware dann entscheidend, wenn Vogel das Ei nicht sofort in die geplante Lage bringen, sondern sich umdrehen und mit dem Schnabel nachhelfen miissen. Es ist auch vorgeschlagen worden, daR die auBere Kutikel das Ei vor Mikroben schiitzt. Manche Vogel ersetzen sie durch eine andere Schicht. Bei Tolpeln besteht sie aus 0,4 prn dicken Kornern des Kalziumkarbonat-Materials Vaterit. Es gibt den Eiern ein kalkartiges Aussehen. Vielleicht hilft diese Schicht bei der Tarnung oder um das grelle Sonnenlicht zu reflektieren. In jedem Fall mug die Deckschicht den Gastransport zulassen. Manchmal erinnert ihre Struktur an mikroporoses Glas, wie man es zum Filtern von Fliissigkeiten venvendet. Die a d e r e Kutikel enthalt, ebenso wie die auRere verkalkte Schicht, auch die Ei-Pigmente. Damit wird die Farbe der Eier in einem weiten Spektrum variiert. Es reicht von einer durchsichtig weiBen Farbe beim europaischen Eisvogel bis zur griinschwarzen Farbe beim australi-
4.5 Synergetischer Verpackungsschutz fun Leben
schen Emu. Eierfarben werden genetisch kontrolliert und variieren zum Beispiel beim Kuckuck je nach der Vogelart, bei der die Eier zur Brut hinterlegt werden. Ungefahr 2-3 % der verkalkten Schicht ist organischer Natur. Entkalkt man die Schicht, bleibt eine faserige Struktur zuriick. Ihre Fasern sind rund O,OI pm dick und bis zu 10 pm lang. Dazu gibt es noch 0,4 p m groBe, gasgefullte Korperchen. Wahrend die Fasern, deren Netzwerk sich zum Teil parallel zur Eierschalenoberflache ausdehnt, stiitzende Funktion haben durften, ist vorgeschlagen worden, daB die kleinen Korperchen dem Gasaustausch oder zur thermischen Isolation dienen. Bringt man ein Ei unter Wasser und setzt es unter Gasuberdruck, entstromen der Eierschale viele kleine Blaschen. Sie zeigen die Funktion der Poren an, deren Form und Struktur unter den Vogelspezies sehr unterschiedlich ist. Die Poren kontrollieren die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid sowie von Wasserdampf. Ein Huhnerei besitzt zwischen 7000 und 17 ooo Poren. AuBen haben sie einen Durchmesser von 15-65 pm, innen einen Durchmesser von 6-23 pm. Die Poren sind keineswegs immer offen. Vielmehr sind sie nicht selten durch organische oder anorganische Strukturen blockiert oder abgedeckt. Die Dichte der Poren variiert von 45 Poren pro cmz beim Kaiserpinguin bis zu 306 Poren pro cmz bei der japanischen Wachtel. Die inneren Membranen des Eies dienen vor allem dazu, die Flussigkeiten im Eiinneren zu begrenzen, wahrend sie gleichzeitig Gase durchlassen. Als physikalische und chernische Barriere - sie enthalten antibakterielle Substanzen - halten sie auch Bakterien fern und dienen als Ankerstruktur fur die embryonale Entwicklung. Beim Ei des Haushuhns ist die auBere der inneren Membranen ca. Go pm dick, die innen angebrachte ist ca. 2 0 pm dick. Die Membranen sind aus dichten Netzwerken parallel gefuhrter, gegenseitig verankerter Fasern aufgebaut. Sie erinnern in ihrer Struktur an die Zellulosefaserflechtwerkebakteriologischer Filter. Es ist gemessen worden, daB ein Huhnerei wahrend der Brutzeit von 21 Tagen G L Sauerstoff aufnimmt. Die tagliche Aufnahme hangt vom embryonalen Entwicklungsstand ab. Sie steigt zunachst langsam an und erfahrt zwischen dem 10.und 14Tag eine drastisch Erhohung auf einen Grenzwert von circa o,G L pro Tag. Steuernd wirkt dabei eine vom Embryo entwickelte Membran, die Chorioallantois-Membran, die am 12. Bruttag die ganze innere Schalenoberflache bedeckt. Auch eine Luftkammer von 15 % des Eivolumens, das sich am stumpfen Ende des Eies entwickelt, tragt zum Sauerstoffaustausch bei. Daneben gibt es wahrend der Brutzeit noch einen Austausch von 4,5 L Kohlendioxid und 11 L Wasserdampf, die an die AuBenwelt abgegeben werden. Um den optimalen Gasaustausch zu erreichen, mug die Luftfeuchtigkeit des Nestes nachgestellt werden, zum Beispiel durch regelmagige Beluftung. Die Biophysik der Eierschale und ihrer biologischen Hilfsstrukturen ist also recht kompliziert, und es ist in Richtung auf bionische Oxigeneratoren, also Gerate, die Sauerstoff fur Lebensfunktionen bereitstellen, noch einiges zu lernen. Die Wiederstandsfahigkeit der Eierschalen gegen Kompression ist erstaunlich. Sie konnen bis zu 240 kg/cm” aushalten. Dennoch konnen kleine Kuken die Eierschalen aufbrechen, weil sie es richtig machen. Mit ihren kleinen spitzen Schnabeln konnen sie die poros kristalline Struktur der Schale ortlich durchdringen, was von innen auch leichter ist. Auch die afrikanische Eierschlange, deren muskulose Kie-
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der N a t u r
fern oder Korpermuskeln ein Ei kaum zusammendrucken konnten, hat einen Trick entwickelt. Sie fuhrt ein Ei beim Verschlucken an einem sagezahnartigen Gaumenknochen entlang, der es regelrecht aufreiBt. Dann kann es muhelos zusammengedruckt werden. Alle Eigenschaften zusammengenommen, ist ein Ei ein Meisterwerk einer biologischen Verpackung, die sich durch Hunderte von Jahrmillionen hindurch bewahrt hat. Bereits die Saurier haben von dieser erstaunlichen Konstruktion profitiert. Einzelne Gelege haben versteinert bis in unsere Tage uberlebt. Nicht nur Vogel venvenden Kalkschalen fur Verpackungszwecke. Auch Muschelnund Schneckengehause nutzen den Naturstoff Kalk, der jederzeit von der Umgebung aufgenommen werden und dort wieder abgelagert werden kann. 4.5.2
Das Straugenei, Nahrung und rezyklierte Verpackung
Wenn die Buschmanner des sudlichen Afrikas StrauBeneier sammeln, halten sie sich an eine Reihe von Regeln, die sie von ihren Urahnen uberliefert bekamen. So zum Beispiel nehmen sie nie alle Eier eines Geleges, sondern wahlen bevorzugt jene aus, die ohnehin unfruchtbar sind. Dies konnen sie unterscheiden, indem sie das Ei gegen die Sonne halten. Wenn sie das Ei dann zum Verzehr vorbereiten, zerschlagen sie es nicht, sondern entnehmen den Inhalt durch eine kleine, sorgsam gebohrte Offnung. Durch diese trinken sie das Ei im rohen Zustand aus, oder sie lassen den Inhalt auf einen erhitzten Stein oder eine ahnliche Kochplatte laufen. Das entleerte Ei ist ein sehr begehrter Behalter, was folgenden Hintergrund hat: Buschmanner in der Kalahari sind oft tagelang in Gebieten untenvegs, in denen es keine Quellen gibt. Zum Teil behelfen sich die Jager, die nur minimales Gepack mitfuhren, damit, daB sie wasserhaltige Wurzeln ausgraben. Doch dies ist muhselig und zeitraubend. Eine bewahrte Methode besteht nun darin, StrauBeneier mit Wasser zu fullen und die kleine Offnung so zu verschliegen, daB nur ein langer Strohhalm herausschaut. Das StrauBenei wird nun so an strategischen Stellen im Sand vergraben, wobei nur der Strohhalm heraussieht, der zusatzlich mit Gras verstopft wird. An derart gekennzeichneten Wasserdepots konnen Stammesmitglieder den Besitzer erkennen. Wenn nun ein Buschmann auf Jagd ist, kann er diese vergrabenen Straugeneier aufsuchen und hat damit Zugang zu Trinkwasser. Die Buschmanner haben die Erfahrung gemacht, daB das Wasser in StrauBeneiern noch nach Monaten trinkbar ist und nicht faulig wird. Dies liegt wohl daran, daB die Schale des StrauBeneies Sauerstoff durchlaBt. So kann es nicht passieren, daB der Sauerstoff in der Eierschale verbraucht wird und anaerobe, Sulfat reduzierende Bakterien wirksam werden. So wird das gelagerte Wasser nicht faulig, auch wenn es vorher aus einer Wasserpfutze geschopft wurde. Behalter oder Membranen mit den Eigenschaften von Eierschalen konnten ein interessantes bionisches Produkt sein. Wie vereinfacht konnte eine technische Reproduktion aussehen? Wichtig erscheint zunachst eine gasdurchlassige Membran zu sein, auf die ein kristallisiertes Material aufgebracht wird. Bei diesem konnte es sich zum Beispiel um nanoporoses Titandioxid handeln. Schrittweise konnte versucht werden, zusatzliche Eigenschaften der Eierschale mitzuberiicksichtigen.
4.5 Synergetischer Verpackungsschutzfin Leben
Abb. 4.5.4 Straugeneier sind ein wichtiges Nahrungsmittel fur die Buschmanner und dienen dann als atmende Behalter fur die Langzeitspeicherung von Flussigkeiten (TourismusAgentur, Namibia).
4.5.3
Atmende Hullen
Die Eier der Vogel oder vorher der Saurier sind nicht die altesten, ursprunglichsten Eier, die es auf der Erde gegeben hat. Eier waren namlich die Verpackungen, die erst den Tieren den Schritt aufs Land ermoglichten. Die altesten Lurche und Insekten brauchten schon Eier, um ihrer jungen Brut in kleinem Magstab die gewohnte Meeresumgebung zu geben. Nicht nur die kalkhaltigen starren Eier der Vogel haben deswegen einen sehr hohen Grad technischer Entwicklung erreicht. Die Eier und Eigelege von Spinnen und Insekten sind mindestens ebenso perfektioniert. Auch Insekteneier besitzen einen Vorrat an Nahrstoffen und ermoglichen kontrollierten Zugang von Sauerstoff und Wasser. Insekteneier, die voll dem Wetter ausgesetzt sind, wie die Eier von Schmetterlingen und Motten, haben in der Regel eine Schale aus sehr robustem Material, die Chorion genannt wird. Es besteht aus einem Protein, das man Chorionin nennt. Da die Schale selbst nicht wasserdicht ist, erhalt sie eine Innenbeschichtung aus Wachs. Andere Insekteneier, vornehmlich die von Ameisen, schwellen beachtlich, wenn sie Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Die Wasseraufnahme ist kontrolliert und wird schlieBlich gestoppt. Die Eier der siidafrikanischen Heuschrecke Locustana pardalina wurden dreieinhalb Jahre in trockenem Zustand gehalten. Nach Zugang zu Feuchtigkeit entwickelte sich die Larve innerhalb von Wochen. Oft werden Insekteneier so auf Blatter deponiert, daB sie von diesen Wasser ansaugen konnen. Bei einigen Arten von Insekteneiern reicht der normale Sauerstofftransport aus. SchlielSlich vergrolSert sich die Oberflache relativ zum dazu abnehmendem Volumen. Aber die meisten Insekteneier haben technische Zusatzeinrichtungen fur den Sauerstofftransport, weil nur Teile der Eioberflache fur den Sauerstofftransport angepagt sind. Eine Proteinmasse mit luftgefullten Hohlraumen wird hier eingesetzt um den Sauerstofftransport zu verbessern, ohne daB man bisher alle Einzelheiten versteht.
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Verpackungsbeispiele aus der Natur
Die Eigelege von Insekten sind in mehrfacher Hinsicht Wunderwerke der Verpackungskunst. Nachtschmetterlinge und Wanzen legen ihre Eier oft in ideal optimierten geometrischen Anordnungen auf die Pflanzenoberflachen, so als ob man Billardkugeln in dichtester Packung zusammendrangen wiirde. Die Schwarze Witwe baut einen gesponnenen Sack aus Seide, in dem die Eier wie Perlen einer aufgelosten Perlenkette liegen. Die Natur hat auch atmende Klarsichthullen zum Verpacken von Saugetier-Embryonen entwickelt. Es sind die Fruchtblasen, die nicht nur atmungsaktiv sind, sondern auch mechanisch sehr stabil. Auch Blasen von Tieren sind hochspezialisierte und widerstandsfahige Behalter. Nicht umsonst wurden sie von vielen Naturvolkern zum Transportieren von Flussigkeiten eingesetzt. Auch viele Bliitenknospen sind mit einer durchscheinenden Miitze aus einer Zellulosefolie geschutzt, damit Insekten und Regen sie nicht ohne weiteres beschadigen konnen. 4.5.4
Zwiebeln als universelle Verpackungen
Wollte man ein weiteres Paradebeispiel einer vielseitig gelungenen biologischen Verpackung angeben, man muRte die Zwiebeln nennen. Sie treten nicht nur als Speisezwiebeln in Erscheinung, sondern sind Uberlebens- und Fortpflanzungseinrichtungen bei unzahligen Pflanzenarten, unter denen vor allem Blumen bekannte Vertreter sind. Zu ihnen Zahlen Lilien, Tulpen und Hyazinthen ebenso wie Amaryllis, Narzisse und Schneeglockchen. Die Strategie der Zwiebel ist verpackungstechnisch ungemein ausgereift. Ihre runde Gestalt verbindet einen maximalen Inhalt mit einer minimalen Oberflache, uber die sie sich gegen die Adenwelt schutzen mug. Auffallend sind dabei mehrfache Hullen, die als durchscheinende dunne Folien leicht von der Zwiebel abzulosen sind (Abbildung 4.5.5.)Da sie Luftraume einschliegen und sehr trocken sind, liegt es nahe, daB sie schlechte Warmeleiter sind, ebenso wie die mehrfachen Papierhiillen mancher runder Wespennester. Zwiebeln gleichen also Umweltschwankungen in Warme und Kalte aus, wozu auch noch ihre bemerkenswerte Warmekapazitat beitragt, die sich aus ihrem hohen Wassergehalt im Inneren ergibt. Sicherlich haben es Zwiebeln wahrend ihrer Evolution auch gelernt, sich chemisch gegen bakteriellen Angriff zur Wehr zu setzen. LaBt man Speisezwiebeln aufgeschnitten Ianger liegen Abb. 4.5.5 Die rninirnierte Oberflache der Zwiebel 1st durch trockene, Luftraurne einschlieBende Hullen geschutzt
4.5 Synergetischer Verpackungsschutzfurs Leben Abb. 4.5.6 Diese Amaryllis-Pflanze (Boophane disticha, Amaryllidaceae) zeigt mit ihrer Knolle und der Entfaltungstechnik der Blute bewahrte Elemente biologischer Verpackungsstrategien.
Abb. 4.5.7 Die Knoblauchzwiebel zeigt die Verpackung der Zehen in trockene, rnehrfache Hullen, die zudem faserverstarkt sind.
beobachtet man in den seltensten Fallen einen Pilzbefall. In der Regel trocknet die Pflanze nur restlos aus. Wegen ihrer Resistenz gegen Mikroorganismen kann die Zwiebel lange Zeit unter der Erde schlafen. Sie ist so programmiert, daB sie dann auf ein Signal aus umgebender Temperatur und Feuchtigkeit hin eine dynamische Aktivitat zu entwickeln beginnt. Sie entwickelt wasseraufnehmende Wurzeln, energieaufnehmende Blatter und zum Zwecke der Bestaubung einen Stiel mit einer Blute. Innerhalb ihres Programms zur Selbsterhaltung produziert sie auch ein Ersatzmodul, das sie mit Energie und Chemikalien versorgt. 1st diese Arbeit verrichtet, verfallt sie, um vom Boden wiederverwertet zu werden. Die neue Zwiebel aber kapselt sich ab und wartet, wohlverpackt, auf die Signale aus der Umgebung, die den neuen Lebenszyklus einleiten sollen. 4.5.5
Verpackungen mit Langzeitprograrnm
Auf der Insel Mauritius irn Indischen Ozean betrachtete man rnit Sorge, da13 ein einheimischer Baum, Calvaria major, nur mehr in alten Exemplaren vorkam und offenbar nicht mehr fortpflanzungsfahig war. SchlieBlich gab es nur noch 13 Exem-
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4 Verpacktes leben
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Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.5.8 Ara rnit Sarnen irn Schnabel, Amazonas. Die Sarnenverpackung und der Papagei sind oft hochgradig aufeinander abgestimmt, der Papagei uber seinen spezialisierten Schnabel, die Sarnen brauchen eventuell eine chernische Vorbehandlung irn Papageienrnagen
plare, die etwa 300 Jahre alt waren. Der amerikanische Okologe Stanley Temple vermutete, daB friiher ein inzwischen ausgestorbener flugunfahiger Vogel, die Dronte Raphus cucullatus, die Verdauung der Baumsamen bewerkstelligt hatte und damit ihren Lebenszyklus garantierte, ohne die Samen zu zerstoren. Als man solche Samen Truthuhnern verfutterte, beobachtete man, daB diese endlich wieder austrieben. Solche Beispiele von Samen, die durch den Verdauungstrakt von Tieren gehen mussen, um keimfahig zu werden, kennt man inzwischen viele. Offensichtlich aktiviert sie die Saure im Tiermagen, oder sie werden durch Magensteine oberflachlich aufgerieben. DaB manche Fruchte abfuhrend wirken, mag dazu dienen, daB die Samen nicht zu lange im Verdauungstrackt venveilen. Zahlreiche Samen haben in ihren Verpackungen tatsachlich eine Langzeitstrategie einprogrammiert. Manche lagern jahrelang im Boden, bevor sie treiben. Ja es gab Samen, die erst nach IOO Iahren wieder austrieben. Andere brauchen wiederum den Hitzeschock eines Buschfeuers beziehungsweise eines Waldbrandes oder die atzende Umgebung eines Tiermagens. Manchmal sind es auch lichtabsorbierende Schichten, welche abgebaut werden mussen, um das Licht zuzulassen, welches den Keim weckt und zum Treiben bringt. In andern Fallen wiederum ist es die Feuchtigkeit, die einen gewissen Grad erreichen mug, bevor die Keimung moglich ist. Hier hilft zum Beispiel auch eine wasserundurchlassige Schale, wie sie einige Wickensorten entwikkeln. Wenn diese Schalen in der Natur abgetragen sind, kann das eindringende Wasser die Keimung auslosen. Abhangig von der Klimazone brauchen Samen zum Keimen auch oft ein regelrechtes Kalteprogramm, das ihnen anzeigt, daB sie an der richtigen Stelle auf die warme Jahreszeit warten. Das scheinbar komplizierte Langzeitprogramm bei biologischen Verpackungen wird in der Regel nicht mit aufwendiger Technik, sondern mit relativ einfachen, aber raffinierten Kunstgriffen gesteuert: Feuchtigkeit bewirkt zurn Beispiel eine Quellung, Licht eine photochemische Reaktion, Kalte unterdriickt eine chemische Reaktion. Diese Veranderungen sind dann mit dem KeimungsprozeB gekoppelt, wobei auch biologische Uhren mitwirken konnten. Bei diesen handelt es sich um periodische chemische Reaktionen, wie sie den Rhythmus biologischer Aktivitaten bestimmen. Die Fahigkeit zu ruhen und giinstige Bedingungen zum Treiben abzuwarten, hat den Blutenpflanzen groBe Vorteile verschafft. Samenhullen reagieren entweder auf Kombinationen von verschiedenen Faktoren wie Temperatur, Licht, Feuchtigkeit, Salze oder Gase, oder zeitliche Abfolgen davon. Dabei ist bemerkenswert, daB auch Kompromisse geschlossen werden konnen.
4. G Spezialisierte Verpackungen
Abb. 4.5.9 Wie bei vielen anderetl Pflanzen ist der Samenstand dieses sudafrikanischen Cewachses so programmiert, dafi die Hulle der Samenbehalter an Sollbruchstellen aufbricht urn die Samen freizugeben.
Abb. 4.5.10 Die Baurnsarnen, die irn trockenen Nordwesten Namibias aufeinen Quarzstein gefallen sind, haben keine Chance, sich weiterzuentwickeln. Aber auch noch nach jahren, wenn seltener Regen oder der Wind sie i n Beriihrung rnit der Erde br~ngt,kann ihr Prograrnrn neu gestartet werden.
4.6
Spezialisierte Verpackungen 4.6.1
Cerluschlose Verpackungen
Wer jemals mit einem offenen Auto unter einer Plastikplane improvisiert verpackte Mobel oder Gerate transportiert hat, weiB wie storend Fahrgerausche werden konnen. Tatsachlich hat die Fahrzeugindustrie sehr vie1 dazulernen mussen, um den Gerauschpegel ihrer Fahrzeuge zu reduzieren. Dies ist sowohl fur die Fahrzeuginsassen wichtig wie auch fur die Anwohner von verkehrsreichen Stragen und Schienenwegen. Es hat sich namlich herausgestellt, daB standiger Larm der Gesundheit schadet. Die standige Uberreizung der Hororgane fuhrt zu Stresserscheinungen, welche das Immunsystem des Menschen beeintrachtigen. Die Larmbekampfung ist daher auch ein Wirtschaftsfaktor,weil gerauscharme Fahrzeuge und Gerate sich leichter verkaufen und weniger Probleme envarten lassen. Die Wichtigkeit, auf dem Gebiet der Gerauschverminderung Erfahrung zu sammeln, offenbart sich sogar bei der regenerativen Energienutzung. Anwohner beklagen sich zum Beispiel gelegentlich uber die Gerausche von Windturbinen.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispieleaus der Natur
Abb. 4.6.1 Die weiche, fein strukturierte Federhulle des IJ h u ist i m Flug absolut gerauschlos, weil feirie Fransen an de n Federenden die Schallwellen dampfen.
Bemerkenswert ist nun, daB das Problem der Gerauschverminderung bei Luftstromungen fur nachtliche Jagdvogel ein wichtiger Evolutionsfaktor gewesen ist. Uhus und Eulen sind darauf angewiesen, ihre Beute in absoluter Stille anzufliegen, weil kleine Nagetiere ungemein gut horen. Schon ein oberflachlicher Blick auf ihr Federkleid offenbart ihr Geheimnis. Es ist ausgesprochen seidig, weich und die Federenden sind in viele kleine Fransen aufgegliedert. Ecken und Kanten werden am Korper absolut gemieden. Luftkanaluntersuchungen mit Nachtvogeln haben bestatigt, daB ihr adaptives, weiches, anpassungsfahiges Federkleid Luftwirbel unterdruckt, die storende Gerausche verursachen. Die Fransen dampfen den Luftstrom, der uber die Federn streicht. Sie reduzieren sowohl die Turbulenz wie auch die Luftdruckschwankungen. Damit dampfen sie auch die horbaren Schallwellen. Manche Einzelheiten dieser stromungsmechanischen Prozesse sind aufgeklart. Dunne, von umstromten Objekten in die Stromung gehangte Faden haben sich als geschickte Modellsysteme zur Minderung von Stromungsgerauschen enviesen. In jedem Fall konnte eine konsequente Erforschung von gerauscharmen biologischen Verpackungen in Luftstromungen zur Losung wichtiger moderner Probleme mit Umweltgerauschen fuhren. 4.6.2
Fliegende Verpackungen
Viele Verpackungen in der Natur konnen fliegen. Sie schutzen das Verpackungsgut nicht nur in ublicher Weise, sondern bringen es auch auf die Reise. Dazu wird ein weites Spektrum von Flugtechniken eingesetzt. Verbreitet ist der Ultraleichtbau. Die dem Wind ausgesetzte Oberflache wird zum Beispiel kunstlich vergroBert, so daB ein Samen leicht mitgenommen werden kann. Der Lowenzahnsamen ist ein anschauliches Beispiel (Abbildung 4.2.4). Andere Samenverpackungen besitzen regelrechte Gleitflachen zum Segeln oder versetzen sich in drehende Bewegungen, um den Flug zum Boden zu verlangsamen.
4.6 Spezialisierte Verpackungen
Zwei Sarnen, eingebettet in eine flugrahige Hulle, die einen Transport uber kleinere Entfernungen gewahrleistet.
Abb. 4.6.2
Sarnenbehalter und ausgestreute Flugsarnen einer Steppenpflanze irn Cran Chaco von Paraguay.
Abb. 4.6.3
Abb. 4.6.4 Dieser Samenstand einer sudafrikanischen Pflanze zeigt die dichte Packung der Samen und die funktionell perfekte Einbettung der Flughaare. die ein Abtrennen des Flugsamens durch den Wind gewahrleistet.
4.6.3
Cewebte Verpackungen
Geknotete oder aus Faden gewebte Verpackungen sind nicht nur in der menschlichen Technik unverzichtbar geworden, sondern haben sich auch im Pflanzen- und Tierreich bewahrt. So bestehen die Hiillen von Palmenstammen manchmal aus Geweben, die regelrecht geflochten zu sein scheinen. Ein Beispiel ist die Kanarische Palme. Die Gewebe dienen wahrscheinlich sowohl zur Stabilisiemng wie auch zur
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.6.5 Die Stamme der Kanarischen Palme (Phonix canariensis) sind rnit regelrechten Fasergeweben eingehullt.
Warmeregulierung, indem sie gegen zu groBe Sonnenhitze auf dem Stamm, aber auch gegen die Kalte der Nacht isolieren. Die biologischen Programme, die diese erstaunlichen Textilgewebe entstehen lassen, belegen die Kreativitat der Natur. Vielleicht sind Urmenschen von ihnen in ihrer Webkunst inspiriert worden oder von der Webtechnik mancher Vogel. Jedenfalls sind Nester der Beutelmeise in Osteuropa von Kindern als Filzschuhe getragen worden, und eine ostafrikanische Webervogelart lieferte den Massai fein gewobene Geldbeutel. Das Nestgewebe der europaischen Beutelmeise erinnert in seiner Herstellung an einen orientalischen Knupfteppich. Das Mannchen liefert ein Grundgewebe aus langen stabilen Fasern aus Grashalrnen oder Luftwurzeln, in das kurze wollige Samenhaare von Weiden und Pappeln eingewoben werden. Es entsteht ein dickes, an das Ende eines Astes gehangtes, filziges Korbchen mit einem einzelnen Zugang. Das Weibchen polstert es weiter mit weicher Pflanzenwolle aus. Bei der afrikanischen SchlieBbeutelmeise (Anthocopus caroli) gibt es sogar eine richtige Hausture, die zugezogen werden kann. Die gewebten Nester der Webervogel (Ploceidae), von denen 70 Arten bekannt sind, hangen oft wie Friichte von den Baumen. In der Regel sind sie kugelig oder sackformig, haben rneist ein Dach und den Ausgang seitlich oder nach unten, zum Schutz vor Baumschlangen nicht selten rnit einer Ausgangsrohre versehen. Wichtig fur den Nestbau ist die Beschaffung widerstandsfahiger Fasern. Nicht selten werden
4. G Spezialisierte Verpackungen
sie gezielt von Palmenblattern oder faserigen Stengeln in akrobatischen Flugmanovern abgezogen. Dann arbeiten die Webervogel wie Korbflechter oder in manchen Fallen wie richtige Weber, mit dem Unterschied, daB die Faden kurzer sind und haufiger festgeknotet werden mussen. Schnabel und Beine arbeiten hier geschickt zusammen. Um die Vielzahl der dabei venvendeten Knoten wiirde sie mancher Seemann beneiden. Wenn eine einigermagen feste Form konstruiert ist, konnen die Wande durch echtes Weben nach dem Prinzip von Kette und SchuB verdichtet werden. Nicht selten verlaufen die Faden mit groBer Regelmagigkeit senkrecht zueinander, diagonal zur Nestrohre. Damit werden Haltbarkeit und Stabilitat erzielt. Beim Weben haben die emsigen Hande und Maschinen des Menschen inzwischen eine vie1 grogere Perfektion erreicht. Das liegt daran, daB, mit wenigen Ausnahmen, der Mensch das einzige Lebewesen ist, das gelernt hat, systematisch weiterentwickelte Werkzeuge einzusetzen. 4.6.4
Cesponnene Hiillen
Wie schon erwahnt, sind sowohl die Seidenfaden der Seidenraupen wie die der Spinnen aus dem Protein Keratin gefertigt und besitzen aufgrund ihrer VerbundstoffZusammensetzung aus ungeordneten und geordneten Proteinketten eine hohe Elastizitat (Vollrath, 1992). Wie andere Verbundstoffe, zum Beispiel Glasfasern in Harzmaterialien, ist Seide auch sehr wiederstandsfahig. Briiche und Risse wandern nicht weiter, sondern werden Abb. 4.6.7 Seidenraupenkokons aufeinem Markt i n Sudindien.
Abb. 4.6.8 Der Seidenraupenkokon besteht aus einem Seidenfaden von bis zu 4000 m Lange.
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I an den kristallinen Bereichen der Seide (Abbildung 4.1.7)abgefangen, und ausgeub4 Verpacktes Leben
- Verpackungsbeispiele
aus der N a t u r
te Krafte werden ausgeglichen. Wie an der Spinne Araneus diadematus festgestellt wurde, kann ein und dieselbe Spinne durch Variation der Aminosaurezusammensetzung des Seideproteins 7 verschiedene Seidenarten herstellen. Sie kann, um nur einen Teil der Anwendungen zu nennen, weiche Seide fur die lnnenpolsterung der Eigelege herstellen, aber auch feste Seide fur die Struktur der AuBenhulle. Sie kann sogenannte Zement-Seide herstellen, um tragende Seidenseile zu verankern, aber auch hochbeanspruchte Zugseile produzieren. Die Spinntechnik hat sich vor 380 Millionen Jahren zu entwickeln begonnen, als primitive Spinnen Stolperdrahte gegen ungebetene Gaste legten. Sie hat so viele Moglichkeiten erschlossen, daB Spinnen und Raupen dann die rneisten Lebensraume dieser Welt erobert haben. Es gelang ihnen, mit ihren Seidenfaden selbst in den Luftraum vorzustogen. Viele uberraschende Feinheiten der Spinnennetze und ihrer Betreiber sind inzwischen aufgeklart worden. Die Gartenspinne Araneus diadematus, z. B., hat gelernt, chemisch die Elastizitat der Seidenfaden zu kontrollieren. Wenn Seidenfaden namlich Wasser ins Innere der Strange aufnehmen, werden sie viel elastischer, was beim Einfangen und Stofidampfen zappelnder Beute hilft. Die besagte Spinne scheidet eine zusatzliche zahflussige Losung ab, die sie uber die Seidenfaden fliegen la&. Sie enthalt Glykoproteine zur Haftung und wasseranziehende Molekule, die in der Spinne auch die Funktion der Nervensignal-Ubertragung gewahrleisten. Der Erfolg ist, daB Wassermolekule ins Innere der Seidenstrange gezogen werden und zu einer bemerkenswert hoheren Elastizitat der Seide fuhren, welche hilft, beirn Beutefang Bewegungsenergie aufzunehmen. Aber im Normalfall, wenn Wasser in der Seide nicht envunscht ist, uberzieht die Spinne beim Spinnen den Seidenfaden mit einer dunnen, wasserabstogenden Lipidschicht. Andere Spinnen, wie zum Beispiel Uloborus, haben fur die Fangleinen, die viel Energie absorbieren mussen, ohne zu brechen, eine weitere Strategie entwickelt. Anstatt einen I pm dicken Faden zu ziehen, verdrehen und verkotteln sie rund I O O nur O , O ~pm dunne Faden zu einem zusammengesetzten Strang. Jetzt konnen viele Faden reiBen und damit Energie verbrauchen, bevor der Gesamtstrang reiBt. Diese Strategie der Energieabsorption eroffnet auch fur die Technik vollig neue Moglichkeiten der Stofidarnpfung. Gegen die FreBwut von Mikroorganismen werden den Spinnprodukten ubrigens noch Bakteriozide zugefugt. Nicht ohne Grund haben sich Spinnennetze in der Volksmedizin als antiseptische Materialien fur die Wundbehandlung einen Namen gemacht. Dies alles zeigt, zu welcher Perfektion die Natur ihre Materialtechnologie getrieben hat. Seidenraupen (Bombyx mori) spinnen Kokons, die aus einem bis zu 4000 m langen Seidenfaden gefertigt sind. Er ist es, der bei der Seidenproduktion abgewickelt und genutzt wird. Beim Einspinnen bewegt die Raupe den Kopf mit der Spinndruse in Form einer liegenden Acht. Innerhalb von wenigen Tagen ist das auBen lockere, innen feste Gespinst fertig. Den inneren AbschluB fur das Gehause der Puppe bildet eine geglattete Kapsel. Die Seidenkokons sind nicht nur mechanisch stabil, sondern bieten auch einen wirksamen Schutz gegen klimatische und chemische Umwelteinflusse. Die Poren im Gespinst (Abbildung 4.1.8) sind so klein, daB Wasser es nur benetzen, nicht aber durchdringen kann.
4. G Spezialisierte Verpackungen
Kokon der
Spinnen-Eisack (A. diadematus)
Spinnendom (Neriene)
/
weiche lnnenseide widerstandsf2hige Auknseide
Fangbehalterdei
Abb. 4.6.9 Durch Spinnen und Schrnetterlingsraupen angefertigte Verpackungen und Hullen aus Keratin und seinen Produkten.
Gleichzeitig konnen aber Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit sowie Wasserdampf die Kokonoberflache durchdringen. Der Vorteil fur die verpackte Raupe ist offensichtlich. Sie wird nicht von Wasser durchtrankt, trocknet aber auch nicht aus. Zusatzlich ist sie gegen Uberhitzung geschutzt, weil die weiBliche H i d e Sonnenstrahlung reflektiert und die Raupe auch Wasser verdunsten kann. Letzlich profitiert die Raupe von demselben wettererprobten Verpackungsprinzip, das die moderne Textilindustrie unter dem Namen Goretex vermarktet. Zu den Seidenspinnern (Bromycidae)gehoren ubrigens rund joo Schmetterlingsarten. Auch Spinnen bauen neben ihren vielfaltigen netzartigen Strukturen dreidimensionale Verpackungen aus Seide. Sie nutzen sie zum Beispiel, um ihre Eier in einem stabilen Sack zu schutzen (Araneus diademntus),um Tiere mittels einer Falltiire zu fangen (Liphistus),oder sie in domformigen (Neriene)oder trichterformigen (Latrodectus)Gespinsten in die Falle zu locken (Abbildung 4.6.9).
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4 Verpacktes Leben
- Verpackungsbeispiele aus
der Natur
Abb. 4.6.10 Raupennest des Fohrenspinners. sudliche Alpen. Der weich elastische und klebrig anhaftende Seidenschutz ist eine wirksame Abwehr gegen Feinde.
Abb. 4.6.11 Spinnennest, Siidafrika. Spinnen jagen nicht nur m i t Cespinsten aus SeidenMden, sondern verpacken darin auch ihre Beute oder schutzen ihre Brut.
4.6.5
Organische ,,Kettenhernden"
Wirksam gegen Schlage geschutzt und dennoch flexibel und beweglich zu sein, diese technische Herausforderung kann durch eine Verpackungshulle aus vielen kleinen stabilen Elementen erfiillt werden, die elastisch miteinander verbunden sind. Solche flexiblen Panzer aus Schuppen oder Platten haben sich in der Natur so bewahrt, daR Krokodile zu den altesten und erfolgreichsten Tierarten der Welt zahlen. Abb. 4.6.12 Der flexible Panzer des Gala. pagos-Landleguans verkorpert ein Verpackungs- und Schutzprinzip, wie es mittelalterliche Ritter mit ihren Kettenhemden erreicht haben.
4.G Spezialisierte Verpackungen
Viele Echsen, die heute leben, profitieren von diesem wirksamen Schutz, der in der Regel gleichzeitig auch noch hochentwickelte Techniken zur Temperaturkontrolle integriert. 4.6.6
Wattehiillen
Wir wir schon gelernt haben, erzielt die Natur durch eine Feinstrukturierung von Grundmaterialien vollig neue Materialeigenschaften. Zu Watte fein aufbereitete Zellulose wird ein extrem leichtes Material mit vorziiglichen Dammeigenschaften gegen Warmeverlust oder Uberhitzung. Verantwortlich dafiir sind vor allem die vielen kleinen Luftraume, die eingeschlossen sind. Watte ist aber auch sehr gut stoBdampfend, kann leicht verteilt werden und hat auch eine weiBe Farbe. Dies liegt daran, daB an den feinen Strukturen Licht aller Wellenlangen gleichmaBig gestreut wird. Watte oder ahnliche schaumstoffartige Zellulosestrukturen nutzt die Natur vielfach auch dort, wo mit moglichst wenig Baumaterial schnell stabilisiert oder verpackt werden soll. Viele schnellwachsende Pflanzen haben schaumstoffartige Hiillen. Wenn man eine Bananenstaude umschneidet, erkennt man eine Struktur wie die einer Zigarre, die aus einem Blatt gedreht worden ist. Zwischen den Blattflachen ist dicht gepackt Zellulosewatte eingerollt. Sie gibt in der straffen Packung der ganzen Struktur erst Stabilitat. Eine weitere interessante Anwendung von Zellulose-Watte findet man bei der Verpackung von Flugsamen. Als Beispiel sei der Flugsamen des paraguayanischen Flaschenbaumes envahnt. Aus den Samenbehaltern scheinen die Wattebausche mit Gewalt hervorzuquellen. Sie umhiillen jeweils einen Samen, den sie wegen ihrer grogen Oberflache nicht nur in eine giinstige Luftstromung befordern, sondern den sie auch sicher und sanft auf dem Boden landen. Ein Vogel, der sich einen solchen Wattebausch vornimmt, um den Samen zu ergattern, iiberlegt sich sicherlich auch den Aufwand und VerdruR.
Abb. 4.6.13 Die Samen des dornenbewehrten paraguayanischen Flaschenbaurnes werden i n einem Wattebausch auf die Reise geschickt. Er ermoglicht die Reise mit dem Wind, garantiert Abwehr samenfressender Feinde und errnoglicht sichere Landung.
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur
Abb. 4.6.14 Das Bild zeigt. m i t welchem Druck die in Watte gehullten Sarnen des Flaschenbaumes aus ihren Kapseln hervor quellen.
Abb. 4.6.15 Die Watte aus Zellulose, die dieser Kaktus entwickelt hat, schutzt ihn als Isolation und reflektierende Oberflache gegen die Sonnenstrahlung und durch Schaffung eines Mikroklirnas gegen die Wasserverdunstung.
4.6.7 Chernische Spezialverpackungen
Auch in der Natur gibt es aggressive Chemikalien oder Sondermull. Dafur braucht man Spezialbehalter. Ein Beispiel ist der Bombardierkafer (Brachynus). Wie bei einem Raketentriebwerk spritzt er Hydrochinon und Wasserstoffperoxid in einen Explosionsraum in seinem Hinterleib und 1aBt durch eine Duse das atzende Chinongemisch dem Feind ins Gesicht spritzen (solche Triebwerke sind technisch als parallel erfundene sogenannte kalte Waltertriebwerke tatsachlich eingesetzt worden). Wie vertragt eine biologische Verpackung eine solche Beanspruchung? Wie vertragen die Brennhaare der Brennessel ( Urtica dioica) zum Beispiel die starke Saure, die sie verteilen? In diesem Fall ist zum Beispiel bekannt, daB die Zellwande durch Silikateinlagerung gehartet werden. In anderen Fallen erfolgen Oberflachenbeschichtungen mit widerstandsfahigen Materialien, oder es werden resistente Biopolymere oder Impragnierungen eingesetzt. Bei Pollenkornern wird zum Beispiel das SpezialeiweiB Sporopollenin eingesetzt, um das Erbmaterial dauerhaft gegen Nasse, Hitze und UV-Strahlung zu schutzen. Auf diese Weise kann es 1000 Jahre uberdauern. Gerade bei der Resistenz von Verpackungen gegenuber UV-Strah-
4.7 Der Mensch als Ted der Natur und die Verpackung
lung hat die Biologie Meisterleistungen vollbracht. Wahrend die meisten technischen Kunststoffe bei UV-Belastung ihre Struktur allmahlich verandern und selbst die bestandigsten fluorierten Kunststoffe in prallem Sonnenlicht ein, zwei Jahrzehntekaum sicher uberleben, sind solche Belastungen bei Pflanzensamen einprogrammiert. Es wiirde sich lohnen, bei diesen nach Vorbildern fur lichtbestandige Verpackungsmaterialien zu suchen.
4.7
Der Mensch als Teil der Natur und die Verpackung 4.7.1
Kunstlich verpacktes Leben
Wenn man uber verpacktes Leben nachdenkt, sollte man Kleider nicht iibersehen, die den menschlichen Korper seit urdenklicher Zeit gegen die Unbilden des Klimas, aber auch gegen unerwiinschte Blicke schiitzen. Auch Kleider haben eine natiirliche Evolution hinter sich. Es gab eine naturliche Auslese von Form und Beschaffenheit der Kleidungsstiicke, so daf3 sie sich allmahlich verbesserten. Naturlich wurde die Fortentwicklung der Kleidung maBgeblich durch die Techniken zur Herstellung der Kleidung mitbestimmt ebenso wie durch asthetische Eindriicke, die schwer zu quantifizieren sind. Welche Verpackungstechnik hat sich hier entwickelt? Die Grundlage der Bekleidungsstrategie besteht im wesentlichen darin, relativ dunne, gewobene Membranen iibereinanderzuschichten. Sowohl in ihren Poren wie auch zwischen ihnen fangen sie Luftraume ein, die im wesentlichen die wichtigsten Verpackungseigenschaften der Kleider bestimmen. Sie isolieren vor Kalte und Warme, und sie schutzen auch vor dem Austrocknen. Die Moglichkeit, durch Abheben oder Offnen der Kleider die Luft auszutauschen und die Temperatur zu kontrollieren, hat sie zu extrem vielseitigen Verpackungen des Lebens werden lassen. Dazu haben naturlich Abb. 4.7.1 Kleider in heil3em Klirna. Landszene in Indien. Die Kleider schutzen den Korper vor dern Licht und lassen die Luft an ihn heran.
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Verpackungsbeispiele aus der Natur 4.7.2 Kleider in kaltern Klirna. Hochland von Peru. Hier schutzen sich die Menschen durch breitkrernpige Hute vor der UV-reichen Strahlung und vor der Kalte durch zahlreiche ubereinandergelegte Kleiderschichten.
auch die Materialien beigetragen, die der Mensch fur seine Kleider erschlossen hat. Dies waren zunachst Verpackungsmaterialien von Pflanzen und Tieren, die Bastschichten bestimmter Baume oder Pflanzenfasern, die Wollhaare von Tieren oder ihre Felle. Es gelang dem Menschen, durch Verfeinerung der Webetechniken und durch die ErschlieBung kunstlicher Fasern die heute zur Verfugung stehende breit gestreute Bekleidungstechnologie zu entwickeln. Es gibt auch heute noch deutliche Fortschritte bei der Qualitat von Textilien fur Kleider. So hat man gelernt, die Luftporen so klein zu machen, daB sie wasserundurchlassig sind, aber trotzdem noch gut die Feuchtigkeit passieren lassen. Diese als Goretex eingefuhrten Textilien haben die Qualitat von Sporttextilien erheblich verbessert. Es ist eine Technik, die die Natur in unzahligen Verpackungen zum Schutz ihrer Lebewesen realisiert hat. Von der Natur, aber auch von der Evolution der Kleidung durch Naturvolker la& sich noch manches uber die zweckmaBige Verpackung des Lebens lernen. Um die Warmeisolierung der Eskimokleidung zu erreichen, muB man, z. B., mindestens das doppelte Gewicht an Wollkleidung einsetzen, was klar beweist, wie uberlegen hochspezialisierte Verpackungen sein konnen. Dieses Kunststiick schafften die Eskimo dadurch, daB sie von der Natur in Jahrmillionen optimierte Felle in geschickter Weise zum Schutze ihres Korpers einsetzten. Sehr rafiniert nutzen sie dabei eine Luftschicht, die zwischen zwei ohnehin schon stark isolierenden Fellkleidern eingeschlossen ist: einem leichten Unterhemd, bei dem die Haare nach innen zum Korper gerichtet sind und Hosen, bei welchen die Haare nach auBen weisen. Dabei hat die Erfahrung der Eskimo in Nordwestkanada gezeigt, daB Caribu-Felle (Rentierfelle) wegen der in den Haaren vorhandenen luftgefullten Hohlraumen besonders warm sind. AuBerdem sind sie leicht und strapazierfahig. Fur spezielle Anwendungen, zum Beispiel dem Kajakfahren im eisignassen Meer, haben die Eskimo lichttransparente, wasserdichte Regenhullen aus zusammengefugten Darmen von Robben entwickelt. Im Gegensatz zu unseren Plastik-Regenschutzhullen musten diese transparenten Hullen atmen konnen, so daB sie von der feuchten Korperausdunstung innen nicht nag werden. Alaska-Eskimo nutzen ubrigens gerne Balge von Eiderenten. Sie sind leicht und warm, leider aber etwas empfindlich. Fur die dem Gesicht zugewandte Fellkrause der Kopfbedeckung wahlen die Eskimos gerne das Fell des VielfraBes, eines aggressiven Polartieres, das gar nicht so einfach zu jagen ist. Der Grund ist einfach. Auf den Haaren dieses Felles schlagt sich vom feuchten Hauch
4.7 Der Mensch als Teil der Natur und die Verpackung
Abb. 4.7.3 Ein kunstlich verpackter Baum in einem Tempelgarten in Japan. Die Schilfgrasumhullung verbessert den Schutz des stark zuruckgeschnittenen Baurnes so, da%er besser gegen die Urnwelt abgeschirmt und gegen Wasserverlust geschutzt wird. Auf diese Weise kann er sogar als ausgewachsene Pffanze versetzt werden.
keine Frostschicht nieder, die wegen der Nahe zum warmen Gesicht zu einer Durchnassung fiihren konnte. Um sich gegen das Uberhitzen beim Jagen zu schiitzen, setzen die Eskimos zwei Methoden ein. Die eine besteht darin, daB die undurchlassigen augeren Parkas ausgezogen werden. Die andere besteht im intelligenten Schnitt der Kleider. Sie besitZen zahlreiche ventilierende Offnungen, die mit Schnuren geoffnet oder geschlossen werden konnen. Trockene, kiihle Luft kann entlang der Beine, der Hande und entlang des Korpers von unten her wie in einem Rauchfang hochsteigen, so daB die feuchte, warme korpernahe Luft im Bereich der Kapuze wieder austreten kann. Ein weiterer wesentlicher Schutzfaktor besteht darin, daB die Kleidung mehrere Schichten besitzt, welche die Luft einfangen, envarmen und als Isolation nutzen. Gleichzeitig halt die auBere windundurchhssige und wasserdichte Schicht die Kalte und Feuchtigkeit vom Korper. Auch die Eskimo-Stiefel (kimik) sind hochspezialisierte Entwicklungen. Sie vermeiden Nadelstiche und kombinieren die Fell-Vorteile verschiedener Seehundarten. Die Socken sind vom sanften Fell der Schneehasen gefertigt und werden durch ein Biischel trockenen Grases zwischen Schuhsohle und Sokken feuchtigkeitsfrei gehalten. Ahnlich wird auch in den Seehund-Muff ein Biischel trockenen Grases gegen die Feuchtigkeit gesteckt. Wenn die Kleider dennoch verschwitzen und damit ihre Warmeisolierung verlieren, hangen die Eskimos sie in die Kalte und schlagen den Frost mit einem Stock heraus. Gibt es trockenen Pulverschnee, wird dieser in die Kleider gerieben, um die Feuchtigkeit abzufangen. Eine gute Verpackungstechnik setzt eben vielfaltige Kunstgriffe voraus. 4.7.2
Der Obergang von natiirlicher zu technischer Verpackung
Die moderne Verpackungsindustrie hat dem Konsumenten viele Bequemlichkeiten Formgebracht. An diinne Plastikfolien, Plastik-Metall-Papier-Verbundbehalter, packungen aus Plastik hat der Mensch sich schnell gewohnt. Die Nachteile, die rie-
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4 Verpacktes Leben - Verpackungsbeispiele aus der Natur Abb. 4.7.4 An der Bushaltestelle eines abgelegenen peruanischen Ortes (Vilcas Huaman) m i t Inca-Vergangenheit warten rnoderne Verpackungen auf den Abtransport. Noch zur lncaze~tund bis ins 20. Jahrhundert gab es kein Verpackungsproblem weil die AbAlle organischer Natur waren und sie von Tieren weiterverwertet wurden.
sigen Mengen an Mull, die Probleme mit Verbrennungsanlagen und Deponien, konnen durch die Kauffreude leicht verdrangt werden und sind wegen der kommunal organisierten Mullbeseitigung nicht immer gegenwartig. Die Natur kennt im Vergleich dazu keine richtigen Mullprobleme. Alle Abfalle werden letztlich rezykliert oder bei zu hoher Produktion oder in Extremsituationen, bei Vernichtung vieler Lebewesen, langfristig als Naturstoffe in Form von Kalkbanken oder Kohlenflozen abgelagert. In der Regel wird mit Materialien verpackt, die wiederum in den biologischen Kreislauf aufgenommen werden. Eierschalen werden von Vogeln oft gleich wieder gefressen. Es gibt keine Reststoffe, die allmahlich die Umwelt beeintrachtigen oder Wasser langfristig vergiften. Was die moderne Industriegesellschaft gefahrdet, sind vor allem Abfalle, die direkt oder indirekt in unseren biologischen Kreislauf eingreifen und mit deren Giftigkeit und deren Landfristgefahr wir nicht hinreichend vertraut sind. Dies konnen Schwermetalle sein, die im Korper angereichert werden, aber auch eine Vielzahl von wenig bekannten synthetischen Stoffen und Folgeprodukten, die Gesundheitsschaden hervorrufen. Ein Problem mit unserem sonst sehr eindrucksvollen Fortschritt liegt darin, daB viele Materialien und Stoffe erfunden und angewandt werden, ohne daB man Zeit hatte, mit ihnen genugend Erfahrung zu sammeln. Wir lassen eine normale Ruckkopplung mit der Evolutionserfahrung nicht mehr zu. So sammeln wir immer mehr Problemfalle an, ohne aufzuhoren, neue Produkte in Umlauf zu bringen. Einige Beispiele sind die Erfahrungen mit Cadmium (als Schwermetall in allerlei verpackten Lebensmitteln wie Suppen, Gewiirze, Fische und so weiter),polychlorierte Biphenyle, PCBs (als Isoliermaterial in Form von Verpackungen im Elektronik- und Bauhandwerk), Asbest (als Baustoffzusatz fur Dachverpackungen von Hausern) oder Dichlordiphenyltrichlorethan, DDT (zum Beispiel als Insektizid mit Einwirkung in die Nahrungsketten und damit Packgutern in Verbindung mit Verpackungen. Die Natur hatte vie1 mehr Zeit. Sie hat herausgefunden, was dem Leben nutzt und was ihm schadet. Wir sollten von ihrer Evolutionserfahrung profitieren und uns vor allem bei der Wahl von Materialien fur Verpackungen an ihr Vorbild halten.
5 Bionik der Verpackung
5.1
Bionik - CrenzgPngerin zwischen Biologie und Technik
Mit einem Erfahrungsschatz von Milliarden Jahren experimenteller Entwicklung zeigt uns die Natur durch ihre Ergebnisse, zu welchen augerordentlichen Leistungen sie fahig ist. [n ihr finden wir Organismen, die ebenso zahl- wie phantasiereiche Formen und Funktionen besitzen, die sich in unterschiedlichsten Grogen mit einem Spektrum eintoniger bis schillernster Farben prasentieren, die physikalische und chemische Techniken perfekt beherrschen, die technisch gesprochen hohe Wirkungsgrade erzielen. Diese natiirliche Artenvielfalt von Lebewesen zeigt uns auch, welche schier unuberschaubaren, aber hervorragend funktionierenden Netze verknupfter stofflicher, energetischer und informativer Einflusse sie in fehlertoleranter Weise zu meistern gelernt hat. Daher schlugfolgern wir:
7
Die Natur sollte unser grogter Lehrmeister sein!
Wie hat die Natur diese Perfektion zuwege gebracht? Und was ist - um Erwin Schrodinger zu zitieren - Leben? Aufdiese generellen Fragen gibt es keine generellen Antworten. Aber man weig heute, daB Selbstorganisation, was Leben ist, in einem Flus von Energie entsteht, in dem riickgekoppelte Prozesse molekularen Strukturen und physikalisch-chemischen Mechanismen Ordnung aufzwingen. Den Geheimnissen der Geschehnisse der komplexen, dynamischen und emergierenden Natur auf die Spur zu kommen, ist nicht leicht, aber Bestandteil intensiver Forschung. Vollig falsch wahre es zu envarten, die quantitative Maximierung von Daten, Informationen und Wissen aufgrund der oben angedeuteteten riesigen Menge an biologischen Organismen wiirde uns den Schliissel zur Losung der Naturgeheimnisse wesentlich naher bringen. Die vollstandige Erfassung der Gen-Sequenzen des menschlichen Genoms gibt uns beispielsweise keinerlei Losungsansatz dariiber, wie wir uns in der einen oder anderen Situation verhalten oder nicht verhalten sollen! Aus der Analyse einzelner Genfunktionen, die oft in komplexem Verbund mit anderen Genen stehen, resultieren zwar isolierte Erfolge, zum Beispiel fur die menschliche Gesundheit. Die angewandten Losungen bergen aber mindestens ebensoviel Risiken, weil unter anderem bis heute noch keine generelle, systematische und
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5 Bionik der Verpackung
systemisch gesicherte Vorgehensweise dieser naturnachahmenden, biotechnischen Methode existiert. Naturlosungen unter Mithilfe der Technik wieder fur die Natur zu nutzen, ist nur eine Variante, aus den Geheimnissen der Natur Ideen fur ehvas Neues zu schopfen (Kuppers 1999). Eine andere Moglichkeit des ,,Bio-Transfers" zur Losung technischer Probleme im Besonderen sind dies unsere Verpackungsprobleme - wird in diesem Buch beschrieben und verfolgt. Die Natur besitzt ihre Naturgesetze, die Technik bezieht sich auf dieselben! Was liegt also naher, als diese Naturgesetze, die Prinzipien und Mechanismen, die sich dahinter verbergen, systematisch und zielgerichtet fur innovative technische Produkte und Verfahren zu nutzen? Leonard0 davinci kann mit Fug und Recht wohl der erste ,,Bioniker" genannt werden, der mit seinen technischen naturanalogen Nachbauten von Flugkorpern seiner Zeit weit voraus war (Mathe 1980). Die Idee, Natur und Technik bzw. Biologie und Technik in eine fach- und wissensubergreifende Wissenschaftsdiziplin Bionik zusammenzufassen, fuhrte im Verlauf der letzten 40 Jahre zu einer Forschung mit bioanalogen Inhalten, die immer breiter in einstmals isolierte technische Disziplinen hineinstreute. Klassische Technikgebiete wie der Maschinenbau, die Fertigungstechnik, das Bauwesen, die Geratetechnik, die Luftungsttechnik, die Fordertechnik, die Verpackungstechnik oder begleitende Arbeitsfelder wie die Betriebswirtschaft oder die Fabrikorganisation sowie dariiber hinaus naturnahe Disziplinen wie der Schiffs- und Flugzeugbau, sind heute mehr oder weniger durchsetzt mit bionischen Denkansatzen und daraus ableitbaren praktischen Losungen. Die folgenden Literaturstellen geben einen hinreichenden Einblick in die bionische Arbeitsweise (Heinert 1976,Tributsch 1976, Zerbst 1987, Nachtigall 1998,von Gleich 1998). Wie konnen wir nun den zusammengesetzten Begriff Bionik weiter konkretisieren? Hierzu hilft uns eine Definition, die 1993 auf einer Tagung im Verein Deutscher Ingenieure - VDI - in Dusseldorf erarbeitet wurde (VDI 1993):
1
,,Bionik als Wissenschaftsdisziplin bef$t sich systematisch mit der technischen Umsetzung und Anwendung von Konstruktionen, Verjahren und Entwicklungsprinzipien biologischer Systeme."
Diese technisch orientierte Definition stellt die Ingenieursarbeit in den Mittelpunkt der Bionik. Das ist im Kern richtig, denn das bionische marktreife Produkt, Verfahren oder Organisationsprinzip wird von Ingenieuren vollendet und dient dadurch auch zum Beweis fur die Efizienz der bioanalogen Methode. Aber diese Ingenieurstatigkeit, die sich aus der Bionik-Definition herleitet, beinhaltet nur die halbe Arbeit. Es fehlt die grundlegende Mitspielerin in Form naturwissenschaftlich-technischer Biologenarbeit, die es erst moglich macht, den Losungsweg technisch anwendungsnaher Bionikprodukte zu vollenden. Werner Nachtigall spricht in diesem Zusammenhang treffend von Technischer Biologie und Bionik, die erst gemeinsam zu einem Bionikprodukt fur die Technik fuhren. Kurzgefagt:
5.1 Bionik
4
- Crenzgangerin zwischen
Biologie und Technik
Technische Biologie + Bionik = Bionisches Produktfir die Technik
I
153
Diese Gleichung der enveiterten Bionikdefinitiondriickt die Zusammengehorigkeit von Technischer Biologie und Bionik aus und faBt die Ergebnisse technischer Umsetzung durch den Begriff Produkt zusammen. Dieser subsummiert aber nicht nur geometrisch definierte Korper oder - im enveiterten Sinn - Techniken und Verfahren zur Herstellung derselben. Das Spektrum biologischer Vorbilder reicht dariiber hinaus und betrifTt ebenso kornplexe Organisationsablaufe,biologischeManagementstrukturen und FlieBprozesse, an denen belebte und unbelebte Teile der Biosphare beteiligt sind. Beispielsweise ist in den stofflichen Kreislaufen der Natur das herausragende Naturprinzip der Energieefizienz venvirklicht. Betrachten wir nur den drei Aggregatzustande verbindenden Wasserkreislauf, der vielfaltig durch lebende Organismen und tote anorganische Stoffe in seinern Verlauf gestort bzw. beeinflufit wird. Die sich verandernden rnaandrierenden FluBverlaufe, gestort durch abbrechende Boschungen, den Wasserverlaufblockierende Baumstamme, Steinanhaufungen. wechselnde Fischpopulationen und vieles mehr sind ein Teil des globalen Wasserkreislaufes und passen sich adaptiv immer wieder einem Verlauf des geringsten/ optimierten Widerstandes, technisch ausgedruckt: des maximierten/optimierten Volumenstroms - an (Kuppers 1997, Kuppers 1998-3). Nach den Gesetzen der (linearen) irreversiblen Thermodynamik sucht der FluB - im Rahmen gegebener Randbedingungen - einen Zustand minimaler Entropieproduktion. Die Umwandlung von freier Energie in nicht verfugbare Energie (Entropie x Temperatur),also Warmeenergie der Umgebung, strebt einem Minimum zu. Die sogenannte Produktbionik demonstriert eindrucksvolldie Wirksamkeit biologischer Konstruktionen und Verfahren durch analoge Produkte fur die Technik. Aktuelle Beispiele sind eine schmutzabweisende Fassadenfarbe nach dem Vorbild sauberer Blattoberflachen wie zum Beispiel der Lotusblume (Barthlott et. al. 1998) und widerstandsreduzierende Strukturfolien an Flugzeugriimpfen nach dem Vorbild der Haifischhaut {Bechert 1997). Aber auch Naturvorbilder nicht gegenstandlicher Art, die sich durch evolutionare, komplexe emergierende Organisationsstrukturen und -ablaufe darstellen und auszeichnen, werden zunehmend interessanter f i r wirtschaftlicheAnwendungen. Und zwar in dem Mace, wie zunehrnend externe Umwelteinflusse die herkommlichen Wirtschafkablaufe in ihrer okonomischen Wertschopfung folgenreich storen. Methodische technisch-wirtschaftliche Ansatze, die biologische Organisationsablaufe zum Vorbild nehmen, sind unter anderem gekennzeichnet durch Begriffe wie ,,Das ganzheitliche Unternehmen" (Mann 1988),,,LernendeOrganisation" (Senge ~ g g o ) , ,,Selbstorganisation"(Probst 1997)oder ,,BionischesOrganisationsrnanagement" BOM - (Kuppers 1998-1). Bionische Losungen beweisen einerseits ihre Werte durch die ingenieurwissenschaftlich umgesetzte, efiziente bioanaloge Funktion, sei es eine reibungsarme mechanische Verbindung, eine geschickt zusammengesetzte Materialstruktur hoher Tragfahigkeit oder ein energiesparsamer, reibungsminirnaler Stromungsverlauf. Andererseits mussen sich die bionischen Losungen in einem komplexen vernetzten
I
I54 5 Bionik der Verpackung
Umfeld von Bio- und Technosphare bewahren. Dies kann aber aller Voraussicht nach langfristig nur dann gelingen, wenn sich ihre effizienten innovativen Eigenschaften nicht nur technisch funktional, sondern auch umweltokomisch nachhaltig und sozial vertraglich bewahren. In diesem ganzheitlichen Sinn steht die Bionik unter folgendem von Kuppers (1998)definiertem Leitgedanken:
1
Forderung einer vernetzten Korrespondenz des Lernens zwischen Natur und Jechnik zur Sicherung und Starkung einer qualitativen umweltokonomischen Wertschopfung
5.1.1
Anleitung fur bionisches Forschen und Entwickeln
Die Bionikdefinitionen geben - jede auf ihre Weise - wieder, was bionische Forschung und Entwicklung ist und welche Objektgruppen hierbei im Fokus der Analogieforschung stehen (siehe auch Tab. 5.1.1). Es ist wahr, daB viele biologischen Vorbilder die Menschen zum Stamen bringen konnen, wenn man erkennt, mit welchen augerst rafhierten Mechanismen und Methoden die Natur ihre Organismen ausstattet. Nicht selten ergeben sich daraus mit Hilfe der Bionik entsprechende bionische Losungen, die mit technisch erprobten Losungen konkurrieren. Gelegentlich ubertreffen die technischen Wirkungsgrade der Bionikergebnisse die ihrer konventionellen technischen Gegenspieler. Die eindrucksvolle Schonheit und Funktionalitat der Naturprodukte mag gelegentlich dazu verfuhren, diese in direkter Weise auf Technikprodukte abzubilden und Qualitatsvergleiche anzustellen, die in den meisten Fallen jedoch fehlleiten. Die Natur kann eben nicht kopiert werden! Blicken wir nun aufeine weitere Besonderheit der Natur. Die Organismen verbessern in der Regel ihre Leistungen adaptiv, entlang artgebundener Entwicklungsreihen, in denen sie mehr oder weniger eingebunden beziehungsweise gefangen sind. Die Freiheit der Variation derartiger organismischer Weiterentwicklungen ist daher eine andere und auf den ersten Blick eingeschrankter als die Freiheit der Variation technisch entwickelter Produkte. Diese Aussage scheint verbluffend zu sein. Denn der kreative vorausplanende Mensch kann auch Ideen und Losungswege branchenfremder Produkte aufgreifen und sie in sein spezielles Entwicklungskonzept fur eine optimale Losung einbauen. Ein Organismus ist im allgemeinen nicht dazu fahig, Uberlebenstricks einer anderen Art ,,abzuschauen" und fur seinen eigenen Uberlebensvorteil einzusetzen, womit kein symbiotisches Verhalten gemeint ist. Ohne weiter in die Naturgeheimnisse einzudringen, sei nur noch am Rande envahnt, daB die Natur auch fur diesen scheinbar unmoglichen Fall verbluffende Losungen besitzt, wo ein Organismus die Uberlebenstechnik eines anderen Organismus fur sich selbst zum Uberleben nutzt. Sicher wiegt die unvorstellbare Vielzahl von Losungen durch experimentelle Variationen in der Natur den vorab angesprochenen, scheinbar einengenden Arten-
5. I Bionik
- Crenzgbngerin
zwischen
Biologic und Technik
Nachteil gegeniiber der Technik mehr als auf. Und wer weis, vielleicht hat ja die Natur in den Milliarden Jahren ihrer zielgerichteten Entwicklung bereits ahnliche Losungen venvorfen und als untauglich ausgelesen, denen wir in unserem technisch-wirtschaftlichen Umfeld noch nacheifern. Sehen wir uns den bioanalogen Weg, der die Bionik charakterisiert, nun genauer an und fragen mit dem unvoreingenommenen und neugierigen Leser: Wie konkret verlauft der Forschungs- und Entwicklungsweg vom biologischen Vorbild zum bionischen Produkt? Und weiter: Warurn sieht die eine oder andere bionische Nachahmung des Naturproduktes nicht so aus wie das biologische Vorbild? Wir wollen an dieser Stelle versuchen, auf diese grundlegenden Verstandnisfragen bionischen Arbeitens Antworten zu geben. Wir tun dies nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Vielfalt verpackungstechnischer Naturlosungen, die - und das ist unser Anliegen - Verpackungsentwickler und andere in der Verpackungswirtschaft Tatige stimulieren sollen, die Effizienz der Naturverpackungen zu erkennen, diese richtig einschatzen zu lernen, urn daraus sinnvolle Entwicklungsschritte fur technisch-bionische Verpackungslosungen einzuleiten. Die Anleitung fur bionisches Forschen und Entwickeln (Abbildung 5.1.3) ist ein erster vorbereitender Schritt, die erkannten bionischen Moglichkeiten zu verdichten, um sie im fortgeschrittenen Stadium durch die in Abbildung 5 . 2 . 1 0 dargestellten vernetzten riickgekoppelten Handlungsablaufe zu nachhaltigen wirtschafilichen Verpackungsprodukten zu fuhren. Die erste Ebene in der Anleitung auf dem Weg von der Natur zur Technik, vom biologischen Vorbild zum bionisch entwickelten technischen Produkt, nennen wir die Ebene der gegenseitigen Erkenntnis (bologisch-technischeErkenntnis). Generell existieren zwei Ausgangssituationen, die zu einer bionischen Entwicklung fuhren konnen. Zum einen beginnt der ,,bionische" Weg durch die systematische Forschung von Naturobjekten, -verfahren oder -prinzipien. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse basieren in der Regel auf Ergebnissen aus naturnahen Disziplinen wie Biologie, Okologie,Zoologie, Naturstoffchemie, Physik und andere. Durch fachuberschreitende - noch oft zufallige - Kommunikation zwischen Natunvissenschaftlern und technisch-wirtschaftlich orientierten Ingenieurwissenschaftlern wird eine biologische Form, eine Struktur, ein Stofftransport, ein Energieumwandlungsschritt, ein Prinzip und vieles mehr interdisziplinar diskutiert und moglicherweise auf ein technisches Problem abgebildet. Mit diesem grenzuberschreitenden Schritt ist die ldee geboren, iiber die erkannte effiziente Naturlosung einen Losungsweg fur ein naturanaloges Technikproblem zu beschreiten. Zum anderen beginnt der ,,bionische" Weg im klassischen Technikumfeld. Der tief in kausale technische Losungsstrategien venvurzelte Ingenieur gelangt - bei fortschreitender Komplexitat technischer Systeme - mit seinern hochspezialisierten Wissen und seiner langjahrigen Erfahrung zunehmend in Grenzbereiche des Fortschritts. Er befindet sich nicht selten in einer Situation, in der eine adaquate Weiterentwicklung seines technischen Produktes oder technischen Verfahrens nicht mehr moglich ist, und wenn doch, dann nur mit rein zufalligen Fortschrittsstrategien nach
I
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I dem ,,Trial and error-Prinzip" oder durch augerordentlich hohen Energie- bzw. 5 Bionik der Verpackung
Kosteneinsatz, der nicht selten umgekehrt exponentiell zum Grad des Fortschritts steht. Aus dieser Situation und unter dem Druck des Marktes (Globalisierung, Kosten, Innovation) kann eine technische Losungsalternative nach biologischem Vorbild, die hier und da von uber den Fachhorizont schauenden Ingenieuren klassischer Disziplinen wie dem Maschinenbau, der Elektrotechnik oder der Fertigungstechnik und anderen entdeckt wird, zu einem uberraschenden, aber nicht minder erfolgversprechenden Ausweg aus dem zu losenden technischen Problem fiihren oder neue Losungswege erschliegen. Diesmal wurde die Idee einer moglichen bionischen Losung im techniknahen Umfeld geboren, moglicherweise uber eine interdisziplinare Kommunikation, angeregt durch die nach Losungen fur ihr technisches Problem suchenden Ingenieure. Dem gewonnenen Erkenntnisgewinn, daB bestimmte Merkmale und Eigenschaften biologischer Produkte fur technische Problemlosungen interessant sein konnten, folgt auf der Ebene der Technischen Biologie eine grundlegende Analyse bzw. Recherche des biologischen Systems, sofern diese nicht schon bereits existiert. Diese Ebene ist der nachfolgend beschriebenen Ebene der Bionik eingelagert und hilft zuerst, die dort beschriebenen Entscheidungskriterien fur den weiteren Entwicklungsweg zu erarbeiten und zu verifizieren. Die Technische Biologie nutzt in diesem Zusammenhang ihr spezifisches Instrumentarium - wozu unter anderem auch Feldstudien zahlen - fur den Erwerb naturnaher Daten und Informationen. GemeinSam mit vorhandenen Erfahrungswerten wird schlieglich ein Informations- und Wissenspaket fur den weiteren technischen Losungsweg bereitgestellt. Der definierte Kernbereich bionischer Forschung und Entwicklung ist die Ebene der Bionik, konkreter: Die Ebene der lngenieurtechnischenBionik. Hier fallt die wesentliche Entscheidung, ob das angestrebte Ziel weiterverfolgt werden soll. MaBgebend hierfur ist die bioanaloge Ahnlichkeitsmatrix, wie sie in Abbildung 5.1.1 zu sehen ist und in einer anderen Form bei Kuppers (1983)dargestellt wurde. In ihr werden erste analoge Beziehungen erarbeitet zwischen dem biologischen Vorbild und der technischen Nachahmung. Sie betreffen auf biologischer und technischer Seite generell3 Gruppen: Gutekriterium, Funktion und Randbedingung. Die Starke der komplexen und vernetzten Natur erwachst dadurch, mehrere Gutekriterien, Funktionen und Randbedingungen gemeinsam optimal miteinander zu verbinden beziehungsweise zu gewichten. Das ist entscheidend fur die fliegstabilen Lebensgrundlagen, in der sich die Organismen auf ihren spezifischen Wegen nachhaltig weiterentwickeln konnen. Diese Starke der Naturist aber eine Schwache der Technik. Die Weiterentwicklung von Produkten im Umfeld hochtechnischer und zunehmend komplexerer Produktions- und Verfahrensprozesse geschieht selten nach den naturanalogen bewahrten Regeln von Komplexitat, Mehrdimensionalitat und Dynamik. Linearitat, Eindimensionalitat und Statik beherrschen zum grogen Teil noch die Technosphare. So bleibt der alltagliche Umgang mit vielparametrigen Optimierungssystemen unter dem Einflug mehrerer statischer/dynamischer Ziele noch eine nicht gering zu bewertende Herausforderung an die Techniker und Ingenieure.
5.1 Bionik - Crenzglingerin zwischen Biologie und Technik
Abb.
Bioanaloge Ahnlichkeitsrnatrix.
-
5.1.1
Biologische Objekte, Verfahren Prinzipien
I
Technische Objekte, Verfahren Prinzipien
'#lull#
[analog, ahnlich?) 2
Z u':"'" Urecn
I
DIO
.
Die technische Nachahmung des biologischen Vorbildes fuhrt zu einem bionischen Produkt
Erlautern wir nun, was unter Gutekriteriurn Funktion und Randbedingung irn biologischen und technischen Sinn zu verstehen ist. I.
Gutekriterium des ausgewahlten Merkmals, Verfahrens und/oder Prinzips. In der Natur sind es Eigenschaften von Organisrnen, die die Uberlebensfahigkeit beeinflussen. Fur die Technik sind es Eigenschaften, die auf die Leistung bzw. die Qualitat einwirken. - Beispiele aus der biologischen Sphare: Schnelligkeit, Ausdauer, Nahrungsbedarf, Sensorempfindlichkeit, Korperforrn, Gewicht, Energieaufnahme, kooperatives Verhalten, Mimikry, Tarnung, Materialbruchfestigkeit, Kalte/Warmeresistenz etc. - Beispiele aus der technischen Sphare: Energieverbrauch, Materialverbrauch, Objektgewicht, Haftkrafi, Strornungswiderstand, Anlagenprazision. MeBgenauigkeit, Planungsstrategie, Arbeitsweise etc.
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I
5 Bionik der Verpackung 2.
Funktion des ausgewahlten Merkmals, Verfahrens undjoder Prinzips. Hierunter versteht man eine oder mehrere spezifische Eigenschaften, die das biologischej technische Objekt oder Verfahren besitzt bzw. Zwecke, die es erfullen soll. - Beispiele aus der biologischen Sphare: Biegelastaufnahme bei Baumverzweigungen, Reflexionsverhalten von Oberflachen bei Eierschalen, Bruchfestigkeit von Materialschichten bei Muschelschalen, selektive Geruchswahrnehmung durch Riechsensoren bei Lebewesen, Stromungsturbulenz-Reduzierung durch Oberflachenstrukturen und geometrische Korpergestaltung bei Fischen und Vogeln, Kleben durch adhasivesjnicht adhasives Verbinden bei Insekten, Material-Entsorgungsstrukturen bei organisierten Insektenstaaten etc. - Beispiele aus der technischen Sphare: Biegelastaufnahme von Maschinenteilen, Reflexionsverhalten von Metalloberflachen, Bruchfestigkeit von hochwarmfesten Stahlen, Auftriebserzeugung an Flugzeugen, Stapelfahigkeit von Verpackungen, Energie-Wandlungsprozrsse zwischen Prozekhritten, spezifische kinematische Bewegungsablaufe durch Gelenkketten, Materialtransportwege in Abteilungen/Unternehmen, Kleben/ Klebvermeidung unter Wasser an Schiffskorpern, langzeitliche Frischhaltung von Verpackungsinhalten etc.
3. Randbedingung des ausgewahlten Merkmals, Verfahrens undloder Prinzips. In der Natur sind diese durch zeitlich und ortlich relativ stabile Umwelteinflusse vorhanden. Relativ deswegen, weil die Randbedingungen in der Natur aufgrund der vorherrschenden Dynamik nie IOO % stabil sind, aber fur unsere betrachteten Zeitspannen oft als relativ stabil angenommen werden konnen. Fur die Technosphare sind es stabile GroBen, die auf das Produkt oder das Verfahren wirken. - Beispiele aus der biologischen Sphare: Relativ stabiles Mikroklima in Klimaxgesellschaften, relativ konstante Lichtintensitat in Biotopen, relativ konstante Klimafaktoren (Windgeschwindigkeit, Temperatur, Luftfeuchte), Materialzusammensetzung, kleinraumige Wiedervenvertung etc. - Beispiele aus der technischen Sphare: gesetzliche Restriktionen, maschinentechnische Grenzen fur Belastung und Geschwindigkeit, raumliche Grenzen fur Transporte, Klimafaktoren, Strahlenspektrum, Stromungskrafte etc. Die Ahnlichkeitsmatrix stellt die Objekte, Verfahren und Prinzipien der Biosphare (ausgewahltes Vorbild) dem moglichen Umfeld in der Technosphare (Anwendung fur aussichtsreiche bioanaloge Verbesserung) gegeniiber. Werden die 3 gegenubergestellten Gruppen von Merkmalen als nicht ahnlich eingestuft, erfolgt der Abbruch des Verfahrens. 1st jedoch eine zustimmende Bewertung der biologisch-technischen Ahnlichkeiten von Cute, Funktion und Randbedingung vorhanden, so scheint die technische Nachahmung mit ingenieurtechnischen Werkzeugen und Hilfsmitteln sinnvoll. Wir haben die Ebene der Bionischen Nachahrnung erreicht. Hierbei wird unter anderem durch die Ahnlichkeitsmatrix, die in ihren 3 Hauptmerkmalen gegebenen-
5.7 Bionik
- Crenzgiingerin
zwischen Biologie und Technik
I
falls noch feiner gegliedert werden kann, berucksichtigt, daR die Natur typische Eigenschaften wie feuchte Umgebung, flexible Strukturen und kleinste, nano- und mikrostrukturierte Materialien besitzt. Wir beziehen ebenso die in der Technik vorhandenen anderen GroRenordnungen, anderen Werkstoffe oder uberwiegend starren Korpergeometrien mit in unser analoges Bewertungsschema ein. Die Herstellung eines bionischen Produktes kann - technisch gesehen - beginnen. Eine entscheidende Hurde mug jedoch noch genommen werden. Auf der Ebene der Bionischen Anwendung stellt sich nun die korrespondierende Frage nach der Wirtschaftlichkeit und zunehmend auch der Nachhaltigkeit. 1st der envartete funktionale Fortschritt des bionischen Produktes so grog, daR es sich gegen den konventionellen Prozeg kontinuierlicher Verbesserungen des analogen technischen Produktes mit seinen jahrelang aufgebauten Prozegablaufen durchsetzen kann oder nicht? Die gegenwartige Phase der wirtschaftlichen Vermarktung von hydrophoben Farben, deren Sauberkeits-Eigenschaften sich durch die technische Nachahmung der Oberflachenstrukturen von wasser- und schmutzabweisenden Blattoberflachen (bekannt als Lotus-Effekt)auszeichnen, ist ein schones Beispiel fur eine bionische Produktinnovation mit hohen wirtschaftlichen Erwartungen, die in verschiedenen Marktbereichen (Farben, Lacke, Dachziegel, Textilgewebe etc.) neue Akzente setzen konnen (Neinhuis 2000). Neben den Produkten der Evolution ist auch die Evolutionsstrategie selbst, in Form mathematischer Algorithmen als Optimierungsverfahren, technisch innovativ und wirtschaftlich kalkulierbar einsetzbar. Die Starke dieser Art Optimierung liegt insbesondere bei der zeit- und kosteneffzienten Losungsfindung von Mehrparameter-Problemen. Auf vielen technischwirtschaftlichen Feldern sind bereits eindrucksvolle und oft uberraschende neue und bessere Losungen als herkommliche nachweisbar (in Kapitel2.5.2.1 wurde darauf bereits naher eingegangen). Es sind aber nicht zuletzt die Randbedingungen, die bei Vielparameterproblemen in der Technik immer noch den Einsatz des zeitaufwendigen ,,Trial and error-Optimierungsverfahrens" bestimmen. Dadurch werden in Einzelfallen Entwicklungskosten in Millionenhohe getatigt, ohne das letztendlich ein funktionaler Fortschritt sichergestellt ist. Evolutionare Optimierungsprozesse stellen den Fortschritt in der Natur unter strengen okonomischen Kriterien, jedoch unter anderen Randbedingungen als in der Technik vorhanden, nachhaltig sicher. Die Uberlegung, wirksame Evolutionsalgorithmen und wirtschaftlicher Einsatz unter technischen Randbedingungen zu verknupfen (hier steht wieder die Korrespondenz des Lemens im Mittelpunkt, siehe Abbildung 6.2.4), hat zur Entwicklung der Optimierungsvariante Evolutive Systernoptirnierung gefuhrt (fur tiefergehende Informationen zum Optimierungsalgorithmus siehe Kuppers und Scheel 1994). Insbesondere wenn im Rahmen technischer Entwicklungsprozesse praktische und damit teure Experimente erforderlich sind, kann der evolutive Optimierungsfortschritt - so die Idee - direkt durch eine Kosten-Gewinn-Kurveangezeigt werden. Der in Abbildung 5.1.2 dargestellte .break-even-point" zeigt dann auf dieser Kurve den Beginn der Gewinnzone an, bei dem der wirtschaftlich bewertete funktionale
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160
I
5 Bionik der Verpackung
Evolutive Systemoptimierung
minimiert die >Mutationskosten< als Funktion der Optimierungsparameter LKosten
Abb. 5.1.2 Kosten-CewinnFunktion der evolutiven Systemoptimierung.
I Kosten-Gewinn-Kurve
I Zahl der Optimierungsschritte/Zeit I _____
Break-even-point
0
Maximaler Gewinn durch Optimierung Ende der Gewinnzone
@
Fixkosten des Experiments
@
Variable Kosten des Experiments - linearer Ansatz Gewinn durch Optimierung _ nichtlinearer ' ' Ansatz
0
Vorteil des optimierten Gegenstandes oder Verfahrens den Kostenaufwand des Entwicklungsprozesses neutralisiert. Eine sinnvolle Abschatzung des Abbruchkriteriums in der Nahe des angestrebten - wie auch immer bewerteten - lokalen und auch globalen Optimums 1aBt sich beispielsweise in einem schlechter werdenden Verhaltnis von relativem Fortschritt zum Optimierungsaufwand erkennen. Optimierungen dieser Art besitzen fur komplexe Vielparametersysteme den Vorteil einer Kontinuitat des Fortschritts. Trotz erfahrenen menschlichen Wissens bei der Anwendung von ,,Trial and error-Optimierungen" in komplexen vielparametrigen Suchfeldern, ist diese Kontinuitat vielfach nicht gewahrleistet. In den wenigen Jahrzehnten, in denen sich die Bionik durch ihre einmalige Analogieforschung gegenuber alteingesessenen Forschungsrichtungen behaupten muBte, kann sie bereits beachtliche und leistungsfahige Losungen vonveisen. Die nachfolgenden Anwendungsbereiche der Bionik in Tabelle 5.1.1 stellen eine erste strukturierte Ordnung fur das eigenstandige Wissenschaftsgebiet der Bionik dar, aus der die Breite bionischer Forschung erkennbar ist.
5.I Bionik - Crenzgangerin zwischen Biologie und Technik
Anleitung fur bionisches Forschen und Entwickeln.
Abb. 5.1.3
Naturvorbild
I Erkenntnis
I Technische Biologie TB
IngeGeurtechnische Bionik IE
Nachahmung Nachhaltigeswirtschaftliches
I Anwendung _ _ _ _ _ _ ~
Tab. 5.1.1
Strukturelle Cliederung der Bionik nach VDI 1993. BIONiK
Konstruktionsbionik
I Verfahrensbionik
lnformationsbionik
Materialbionik
Klima- und Energetobionik
Neurobionik
z. B. Materialien mit
z. B. Liiftungssysteme.
z. B. neuronale Netze,
spezifischen Eigenschaften, Warmedammung. riickstandsfreier Abbau
Heiz-Kuhl-Systeme. Energiesysteme
genetische Algorithmen
Werkstoffbionik
Baubionik
Evolutionsbionik
z. B. Werkstoffe u. Bauteile,
z. B. Architektur, Leichtbau,
z. B. Evolutionsstrategien
Membranen, Oberflachenstruktur
wandelbare Bauten, Briickenkonstruktionen
Bionische Prothetik z.B. Funktionsoptimiemng von Prothesen
I
Sensorbionik
Prozessbionik
z. B. Ortungssysteme,
z. 8. Biokybernetische Prozesse, Prozegregelung
Tastsensoren, Schwingungssensoren
Bionische Robotik
Bionische Kinematik und
Gehwerkzeuge
z. B. Aerodynamik yon
Organisationsbionik z. B. Informationssysteme,
Verkehrsmitteln, Antriebsarten fur Schiffe. Rohrnetze
Systemische Wirkungsnetze. BOM = Bionisches Organisationsmanagement, selbstorganisierte Strukturen
I
162
I
5 Bionik der Verpackung
Bionik-Fokus Neue. erganzende
Marktvielfalt
und umsetzen
hoher Kornplexitat und
b0 Ruckkopplung . -
Naturvietfalt nutzen
Abb. 5.1.4
verslarkend
regulierend
Adaptive Verbesserung
Bionik-Fokus.
Die Grenzgangerin Bionik fuhrt nach den vorab aufgefuhrten Themenbereichen zu einem vielfaltigen und wegweisenden Lernen und Lehren, Forschen und Anwenden. Sie ist jedoch keine Universalstrategie und kein blinder Kopierautomat von biologischen ,,Matrizen". Es ist aber unstreitig, daB bei der Ausschopfung der Naturgesetze, bei Beriicksichtigung analoger beziehungsweise ahnlicher Gutekriterien, Funktionen und Randbedingungen die Wissenschaftsdisziplin Bionik ihre interdisziplinare Starke voll entfalten kann. Dies geschieht durch den Transfer der vielfach uberlegenen Naturkonstruktionen, -verfahren und -0rganisationsprinzipien in die Technosphare, wie Abbildung 5.1.4 schematisch skizziert.
5.2
Verpackungsbionik - Produktentwicklung irn kornplexen Netzwerk
Im einfuhrenden Kapitel 2 ist bereits deutlich geworden, wie vielfaltig die Betrachtungsrichtungen und wie zahlreich die Einflusse auf das Produkt Verpackung sind und sein konnen. An dieser Stelle werden wir nun naher auf die Strategie der Verpackungsbionik eingehen, die Fragen beantwortet wie: Welche Naturprinzipien konnen fur bionische Verpackungen erkannt und genutzt werden? Nach welchen Kriterien werden Verpackungen aus technischer bionischer Sicht untersucht und optimiert? Welche Systemeinflusse tangieren den Lebensweg einer Verpackung?
5.2 Verpackungsbionik - Produktentwicklung im komlexen Netzwerk
Sicher ergeben sich hier und da im Text Uberschneidungen mit den Inhalten der anderen Kapitel. Aber das ist bei unserer systemischen Herangehensweise nicht auszuschlieaen - ja geradezu zwingend. Nichts ware falscher als den Eindruck zu envecken, die komplexen Verpackungsnetzwerke der Natur und der Technik lieBen sich in abgegrenzte ,,Felder"aufteilen und nacheinander bearbeiten. Leider geschieht derartiges im technischen Verpackungbereich noch zur Genuge, wodurch der TrugschluB unterstiitzt wird, die Summe von Einzellosungen musse auch das Gesamtergebnis verbessern. Wenn wir uns die Einteilung der bionischen Arbeitsfelder aus Tabelle 5.1.1, die nur formalen Charakter besitzt, in Erinnerung rufen, konnen wir feststellen und auch envarten, dafl die Verpackungsbionik sich mehrerer dieser Felder bedient. Beispielsweise werden materialbionische Aspekte durch Strukturuntersuchungen von Verpackungen verfolgt, optimierungsstrategische Ansatze konnen durch die Evolutionsbionik bearbeitet werden oder Fragen, die Materialverlaufe und Energieflusse auf ihre Effizienz hin untersuchen, fallen in den Bereich der Organisationsbionik. Wenden wir uns nun der Strategie der Verpackungbionik zu. 5.2.1
Strategische Aktionsfelder der Verpackungsbionik
Biologische Verpackungen sind derart reich an gestalterischen und funktionalen Merkmalen und Eigenschaften, wie in Kapitel4 dargestellt, daB es schwer fallt, daraus eine einigermaBen handhabbare Klassifizierung fur ein strategisches verpackungsbionisches Vorgehen abzuleiten. Wir wollen nachfolgend die verpackungsbionische Einteilung - die in Kapitel 2 . 1 . 1 bereits angesprochen wurde - aus 4 SchluBfolgerungen ableiten: I.
Zum einen sind es die konstruktiven Merkmale natiirlicher Verpackungen. Sie regen Natur- und Ingenieurwissenschafler an, technische Details und Eigenschaften dieser materialsparsamen und doch hochst funktionalen Formen bzw. Hullen zu analysieren, mit dem Ziel einer technischen Anwendung, die in geeigneter Weise ingenieurmaflig umgesetzt wird.
2.
Zum anderen lernen wir aus den effizienten physikalisch-chemischen Mechanismen, die aus den optimierten Strukturen und dem Materialaufbau biologischer Verpackungen hervorgehen, vie1 uber den effkienten Schutz des Verpackungsinhaltes und uber den spezifisch optimierten Aufbau des Verpackungsmaterials. Hieraus lassen sich ebenso wie unter Punkt I neue wirksame Anwendungen fur technische Verpackungen ableiten. Mit den biologischen Vorbildern aus Kapite14 prasentieren wir dafur einen kleinen Einblick in die Schatzkammer effizienter Naturlosungen.
3. Des weiteren fuhrt uns die Natur Tag fur Tag vor - wenn wir Menschen dabei nicht egoistisch storen - wie sie ein nachhaltiges und okonomisches Verpackungsmanagement durchfuhrt. Hier stehen Organisationsablaufe vernetzter, systemischer Ruckkopplungsprozesse im Mittelpunkt organisationsbionischer For-
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schung. Es sind gerade die - noch zu sehr vernachlassigten - optimierten Organisationsstrukturen verpackungsbiologischer Ablaufe, die uns wesentliche Anregungen geben fur den sparsamen, energetisch sinnvollen, symbiotischen, okologischen und nicht zuletzt auch okonomischen Umgang mit Verpackungsstoffen und Verpackungsmaterialien. 4. Und schlieglich nutzt die Verpackungsbionik den ,,Motor" der biologischen Entwicklung, die evolutionare Optimierungsstrategie. In Form von mathematischen, evolutionaren Algorithmen kann sie zur qualitativen Verbesserung technischer Verpackungsstrukturen, Verpackungsformen und Verpackungsablaufe eingesetzt werden.
Die verpackungsbionische Forschung sttitzt sich somit auf drei Aktionsfelder Struktur, Form und Systemik. Wir konnen sie folgendermagen beschreiben: Verpackungsstruktur Die vermuteten oder erkannten Vorteile biologischer Verpackungsstrukturen werden mit physikalischen und chemischen Megmethoden unter Berucksichtigung der spezifischen Produkteigenschaften untersucht. Hierzu zahlen unter anderem Materialeigenschaften in bezug auf a d e r e Urngebungseinflusse, funktionsorientierte Makro- und Mikrostrukturen, Verbundsysteme, physikalisch-chemische Austauschprozesse und anderes mehr. Verpackungsform Aus der Reichhaltigkeit biologischer Verpackungsformen werden systematisch ausgewahlte Produkte morphologischen, biomechanischen und funktionalen, megtechnischen Untersuchungen unterzogen. Materialoptimierte Aspekte werden hierbei eine ebenso groBe Rolle fur das Ziel einer bionischen Verpackung spielen wie auch die energetische Betrachtung. Nicht zuletzt wird der Einsatz evolutionarer Optimierungsstrategien, die auch Teil verpackungsbionischer Entwicklung sind, auf material-, energie-, transport-, und lageroptimierte bionische Verpackungen einen wesentlichen EinfluB ausiiben. Verpackungssystemik Das Erfassen und Bewerten komplexer Verpackungsvorgange der Natur erfordert eine darauf angepagte methodische Herangehensweise. Hierdurch sollen unter anderem zeit- und kosteneffiziente Wege im Netzwerk komplexer biologischer Verpackungszusammenhange erfagt und bionisch bewertet werden. Kleinraumig vernetzte, kreislaufgeshtzte Verpackungsablaufe sind naturtypisch fur ein abfalloptimiertes Verpackungsmanagement. Welche systeminharenten Einfliisse den hervorragend funktionierenden Ablauf eines artubergreifenden, entwicklungsfahigen Verpackungsmanagements regeln, welche zeitefizienten Transportwege genutzt werden und warum, sind einige von vielen zu untersuchenden ,,biologischen" Fragen, u m ,,bionische" Antworten fur eine technisch sinnvolle Verpackungssystemik geben zu konnen. Alle 3 aufgefiihrten Tatigkeitsfelder bionischer Verpackungforschung sind in der Natur eng miteinander vernetzt, sowohl was die Entwicklung, die Nutzung und die Wiedervenvertung - also den kompletten Verpackungs-Lebensweg - betrifft. Sie sind
5.2 Verpackungsbionik - Produktentwicklung irn kornlexen Netzwerk Abb. 5.2.1 Drei Aktionsfelder der Verpackungsbionik die durch naturgesetzliche Flusse getragen werden.
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durchzogen von den 3 grundlegenden physikalischen ,,Flussen" Energie, Material und Information, wobei der EnergiefluB die wachstumstreibende Kraft ist und als einziger von einer Wiederverwertung ausgeschlossen bleibt, weil fortwahrend Unordnung (Entropie) erzeugt werden mug. information wird zum Beispiel uber die wachsenden Samen wiedervenvertbar. Abbildung 5.2.1 demonstriert dieses grundlegende Zusammenspiel der Aktivitaten und naturgesetzlichen Flusse. 5.2.2
Lebensweg Verpackung
Fur biologische Verpackungen hat die evolutionare Produkt-und Verfahrensentwicklung Entwicklungswege beschritten, die unter Beriicksichtigungder komplexen Lebenswege Verpackungen zielgerichtet fur die verschiedensten Anwendungen optimiert. Abbildung 5.2.2 zeigt entlang der vielfach vernetzten kreislauforientierten Lebenswege die dazu evolutionar entwickelten Leistungsmerkmale. Lebenswege von Naturverpackungen sind Kreislaufprozesse, die den Regeln der Biokybernetik folgen. Im folgenden Kapitel5.2.3 wird hierauf naher eingegangen. Der Lebensweg technischer Verpackungen bildet sich zumeist aus hintereinandergeschalteten und additiv zusammenwirkenden Verarbeitungs- und Bearbeitungsschritten heraus, von der Rohstoffaufbereitung bis zur Entsorgung. Der DurchschleusungsprozeB der Verpackungsmaterialstrome basiert zum GroBteil auf den Mechanismus der linearen Steuerung, der in Kapitel5.2.3 der von der Natur bevorzugten Regelung gegenuber gestellt wird. Wie aus diesem verpackungsspezifischen Ideenpool der Natur Entwicklungswege fur bionische technische Verpackungen abzuleiten sind, gibt in erster Naherung Abbildung 5.2.3 wieder.
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ldeenschmiede Naturverpackungen.
Abb. 5.2.2
Aufbau von rnechanisch-, chernisch-, und physikalisch-optirnierten Strukturen und Forrnen funktionaler Verpackungen, optirnierte Materialauswahl
Optimierte Stufenprozesse der Materialzerkleinerung, weltbeste detritusverarbeitende Systerne kooperierender Arten, Energiegewinnung fur die eigene Aktivitat, Auffijllung des Rohstoffvorrates, Materialwiedervewertung
Wichtige Ruckkopplungsfunktionen im Materialkreislauf, Wiederverwendung von Verpackungen, Forderung von Symbiosen
Konsumenten Nutzer
Produzenten
Rohstoffe Wasser, Licht, Mineralien, bedarfsgerechter Abbau
Reduzenten Destruenten
Optirnierte Energiekaskaden auf dern Verpackungslebensweg
Energieumwandlung
Aktive und passive Verbreitung, optirnierte Transporteigenschaften
Verbreitung Transport
Sicherung werdenden Lebens durch optirnierte Schutzeigenschaften bzw. Nahrungsreserven von Verpackungen
Verpackung Verpackungsinhalt
Systemeinflusse a u f d e m Lebensweg technischer Verpackungen.
Abb. 5.2.3
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Naturvertraglich entsorgen, erst als letzte Option nach vermeiden, mehrfach nutzen und wiederverwerten
Entsorgung
Gesetzgeber
Rohstoffe
Verpackungsentwickler und -hersteller
Kompakt verpacken, maj'geschneiderte Materialverbundswteme, materialsparende Konstruktionen
Verbraucher Verpackungsarm einkaufen, auf Produkte rnit Zweifund Drittverpackungen verzichten, Mehrjachnut:ung, Mehrwegverpackungen bevorzugen
Wiederverwertung Kleinraumige, Produkt- und Materialkreislaufe schaffen und bevorzugen, brancheniibergreifende Symbiosen schaffen
Mehrwegverpackungen, Optimierung von hgerung, Transpnrf und Haltbarkeit
Handel
Packgutentwickler
Unniitzen Werbeaufiand vermeiden, Informamationsriickkopplungen stiirken
Kommunikation
Abpacker
Produkte Leerraume weitgehend vermeiden, naturbelassen, Fertigungstoleranzen Haltbarkeit durch variabler naturvertragliche gestalten, technisch Mittel schaffen, hochwertige Packgut Maschinen fur komzusammen mit pakte Verpackungen Verpackung entwickeln optirnieren
auf dem Lebensweg technischer Verpackungen
Gesetze, und Richtlinien auf mogliche Verpackungseinsparungen anpassen, OkoAudits normieren
Nachwachsende biologisch zbbaubare Stoffe
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5 Bionik der Verpackung
Aus dem Gesamtzusammenhang der Entwicklungswege fur Verpackungen heraus gesehen stellt sich die Frage: Wie grog ist der Einflug jedes einzelnen Entwicklungsweges auf die Verpackung aus energetischer, materialtechnischer und informationsabhangiger Sicht? Fur biologische Verpackungen ist diese Frage kaum zu beantworten, auch wenn die gegliederte Darstellung in Abbildung 5.2.2 darauf hindeuten mag, und man versucht ist, eine Gewichtung anzusetzen. Hier bewahrt die komplexe biologische Verpackungsentwicklung noch ihre Geheimnisse. Vermutlich spielt eine derartige Gewichtung eine untergeordnete Rolle, wenn man davon ausgeht, daB die Natur nichts verschwendet, weder bei der biologischen Materialherstellung noch beim Energieeinsatz und auch nicht bei der Wiedervenvertung. Aber wie sieht es im technischen Verpackungsraum aus? Energetische und stoffliche Aufwendungen auf dem Lebensweg von Verpackungen versuchen die weiter oben genannten Okobilanzen - weniger systemisch als linear produktkettenorientiert - zu ermitteln. Der Wert von Informationsaustauschprozessen kann gerade im Verpackungssektor, mit seinen zu erfullenden Querschnittsaufgaben in unserer Gesellschaft, nicht hoch genug angesetzt werden. Doch verhindert oft eine komplizierte fachliche Terminologie der einzelnen Partner auf dem Verpackungslebensweg die direkte, nach wie vor efizienteste Verstandigung, die nun indirekt, durch sogenannte ,,Kommunikations-Agenturen"mit - systemisch betrachtet - hoherem Aufwand vollzogen wird (s. Kapitelz.6.z). Uber die Groge des relativen Aufwandes, der auf dem technischen Verpackungslebensweg fur eine Verpackung anfallt, bezogen auf die Groge des relativen Einsparpotentials, gibt Abbildung 5.2.4einen Uberblick. Danach ist das Sparpotential am grogten bei den Fullgut- und Verpackungsentwicklern. Dies mag ein erster vorsichtiger, tendenziell gewichteter Ansatz sein fur gezielte bionische Forschung zur e f i zienten Minimierung unseres Verpackungsaufwandes.
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Abb. 5.1.4
Relatives Sparpotential an Verpackungen auf dem technischen Lebensweg
5.2 Verpockungsbionik - Produktentwicklung im komlexen Netzwerk 5.2.3
Die biokybernetische Verpackung
Steuerung und Regelung, Kybernetik und Biokybernetik sind Begriffe (Klaus et. al. 1976), die im Zusammenhang mit Ablaufen in Natur und Technik im allgemeinen und in diesem Buch mit der Verpackungsbionik im Speziellen zu tun haben. Was steckt dahinter? Beginnen wir mit der Beschreibung dieser Begriffe und bilden einfache Beispiele von Steuerung und Regelung auf zwei verpackungsspezifische Vorgange ab. Steuerung
Die Steuerung ist ein Vorgang in einem dynamischen System, bei dem eine oder mehrere EingangsgroBen andere GroBen als AusgangsgroBen aufgrund der dem abgegrenzten System eigenen GesetzmaBikgeit beeinflussen. Charakteristisch fur das Steuern ist der offene Wirkungsweg, die Wirkungskette. Kausale Beziehungen sind einfache Steuerungsvorgange ohne riickwirkende Einflusse auf die eigentlichen Ursachen. Die Elemente einer Steuerung sind: Steuerglied: mechanische/elektronische Einrichtung, z. B. Schalter steuernde GroBe (EingangsgroBe):z. B. Strom gesteuerte GroBe (AusgangsgroBe): z. B. Helligkeit einer Lampe StorgroBe: z. B. Kabelbruch in der Stromzufuhrung Verpackungsbeispiel einer kausalen Folge: Die Ursache des SchadstoffausstoBes von Verpackungstransportmitteln im StraBenverkehr wirkt sich auf die Luftverschmutzung aus, die wiederum die Gesundheit der Verbraucher beeintrachtigt. Regelung
Die Regelung halt die Stabilitat eines dynamischen Systems durch Regelkreisstrukturen aufrecht. Der Regelkreis bildet - im Gegensatz zur Steuerungskette eine geschlossene Kausalkette, die gegenuber augeren und inneren Einflussen relativ stabil bleibt. Die Regelkreisstruktur besitzt wesentliche Funktionen kybernetischer Systeme. In Gestalt der Ruckkopplung liegt eine besondere Form von Wechselwirkung vor. Sie ist fur jede Selbstorganisation grundlegend wichtig. Die Elemente einer Regelung sind: Regler: mechanische/elektronische Einrichtung, z. B. MeB- und Regulierapparatur fur die Temperatur Regelstrecke: z. B. Heizkorper FuhrungsgroBe: Vorlaufiemperatur Stellgroge: z. B. Ventil RegelgroBe: z. B. Temperatur in Regelstrecke StorgroBe: z. B. Umgebungstemperatur
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Abb. 5.2.5 Prinzip der Steuerung u n d Regelung.
Steuerkette StorgrbBe
Steuerglied B
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Steuerglied C
gesteuerte GroBe
steuernde GroBe
Regelkreis FuhrungsgroBe
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Storgrol3e
Verpackungsbeispiel eines geregelten Zusammenhanges: Eine Thermostat-Regelung kontrolliert wahrend der Klebprozesse innerhalb der Verpackungskartonfertigung die KIebfahigkeit eines HeiRklebstoffs uber die Fertigungszeit. Uberschreitet der Klebstoff eine bestimmte Temperaturgrenze, wird Kuhlenergie zugefuhrt. Unterschreitet die Temperatur einen Grenzwert, wird zusatzlich Warme zugefuhrt. Durch diese relativ stabile Einstellung einer spezifisch optimalen Temperatur wird ein annahernd gleichbleibender Klebvorgang gewahrleistet. Abbildung 5.2.5 zeigt den grundlegenden Aufbau einer Steuerung und Regelung. Kybernetik
Kybernetische Systeme besitzen allgemeine Merkmale wie Regelung, Informationsverarbeitung und -speicherung, Adaption, Selbstorganisation und Selbstreproduktion. Die Kybernetik versucht Gesetzmagigkeiten in dynamischen Systemen, z. B. bestimmte Bewegungsformen, aufzudecken, sie zu verstehen und diese in mathematischen Modellen zu erfassen und damit zu experimentieren. Kybernetische Vorgange im Verpackungsbereich sind aufgrund der Tatsache, daR die Verpackungswirtschaft Teil unserer vernetzten, (bio)kybernetisch funktionierenden Umwelt ist, seit jeher im Spiel zwischen Natur und Technik. Sie werden aber
5.2 Verpockungsbionik - Produktentwicklung im komlexen Netzwerk
selten gezielt berucksichtigt. Unsere international ausgeweiteten Verpackungsmullprobleme sind die Folge oft unwissentlich ubersehener kybernetischer Zusammenhange auf dem Verpackungslebensweg. Biokybernetik
Die Biokybernetik verschmelzt die Kybernetik mit der Biologie. Erkenntnisse aus biokybernetischer Forschung verbinden biologische Einsichten mit den Modellvorstellungen der Kybernetik. Die Kybernetik liefert dabei, ausgehend von bestimmten biologischen Erkenntnissen, in jedem Fall zunachst ein relativ grobes Denkmodell fur einen biologischen Regelungsvorgang. In weiteren Schritten konzentriert sich die Forschung zunehmend auf die modellhafte Realisierung der - ihrer Natur nach - wirklichen biologischen Zusammenhange. Die hochgradig komplexen dynamischen Naturablaufe biokybernetischer Regelungsprozesse unterscheiden sich in einem entscheidenden Punkt von den dynamischen Regelungsprozessen der Technik: Biokybernetische Regelungsprozesse in der Natur benotigen keine aufwendige und detailreiche Vorprogrammierung nach Art technischer Regelungen, auch wenn diese in gewisser Weise mit anderen Regelungskreisen riickgekoppelt und damit vernetzt sind. Statische Stabilitatskriterien sind ein entscheidendes, oft das entscheidende Ziel fur die Funktion technischer Regelkreisprozesse. In biologischen Regelungsnetzwerken, wo viele selbstandige dezentrale Organismen untereinander und mit der Umwelt verknupft sind, werden nur energieeffziente kurze Impulse in Form von chemischen und physikalischen Signalen benotigt, um in geeigneter Weise lebensnachhaltig zu reagieren. Regelkreisintegrierte Organismen sind auf vielfaltige Weise immer mit verschiedenen Stoff- und Informationskreislaufen verbunden und an vernetzten Energiekaskaden beteiligt. Insofern bildet sich durch wechselnde biologische Ruckkopplungen, Selbstregulierung und geschicktes Nutzen der vorhandenen Energien ein wachstumsstabiler dynamischer Zustand heraus. Uber steuernde Prozesse, die in unserer vernetzten Verpackungsumwelt oft nichts anderes sind als aufwendige und kostentreibende Reparaturen von Folgeproblemen aufgrund kausaler Wirtschaftsablaufe innerhalb komplexer Zusammenhange, wollen wir an dieser Stelle nicht eingehen. Dem Leser sind Probleme dieser Art in seinem eigenen Umfeld sicher hinreichend bekannt. Interessanter ist die Beantwortung der Frage: Wie konnten verpackungsorientierte Regelkreisprozesse, abgebildet uber den gesamten Lebensweg der Verpackung, unsere drangenden Entsorgungsund Umwelprobleme mindern oder beseitigen? So anschaulich wirksam die vorgestellten Ablaufe in den Abbildungen 5.2.6 und 5.2.7 auch sein mogen, so falsch ware es zu glauben, diese - gegenuber den steuernden Wertschopfungsketten unserer Verpackungsprodukte vie1 vorteilhafteren Verlaufen - zugig in die Praxis umsetzten zu konnen. Aus den aktuellen Trends der Verpakkungsindustrie und den begleitenden gesetzlichen und umweltlichen Rahmen- und Randbedingungen ist aber zu erkennen (unter anderem durch die neue Verpackungsverordnung seit 1gg8),daB der zukunftige Weg der Verpackung mehr und mehr uber Verpackungsregelkreisablaufe fuhren wird und mu&,wenn Nachhaltigkeit zu-
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Wissenschaftliche Erkenntnisse Gesetzeche Vorschnften durch Anpassung Randbedingungen sollwcrt Alr Tolcranzgrrazcn
Handel
Konsumverhalten
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Regionale und Uberre ionale Eidusse
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TBELAS'IWN'G Verpackungsabfallvolumen Abb. 5.2.6
Regelkreis Verpackungslebensweg
nehmend zielbestimmend wird. Die gegenseitige Abstimmung und Gewichtung der beteiligten Partner auf dem Verpackungslebensweg wird aber letztlich daruber entscheiden, wie stabil und storanfallig derartige Regehngsprozesse sein werden und ob letztlich nicht wieder durch aufwendig gesteuerte Reparaturen unsere vernetzte Umwelt und somit auch unsere Lebensfahigkeit weiter geschwacht wird. Gehen wir nun naher auf die Funktion dieses modellhaften Verpackungs-Regelkreises in Abbildung 5.2.6 ein. Die FuhrungsgroEe gibt in Form von wissenschaftlichen Erkenntnissen und daraus abgeleiteten gesetzlichen Vorschriften den Sollwert fur die Umweltbelastung von Verpackungen vor. Das kann zum Beispiel der Grenzwert fur den AusstoB eines bestimmten umweltschadigenden Gases aus einem Herstellungsprozef3 fur Verpackungen sein. Der Regler (Hersteller und Handel) positioniert einen entsprechenden Stellwert (die vom Verbraucher gekaufte Verpakkung). Das Stellglied (Verbraucher) stellt uber die StellgroBe (Konsumverhalten des Verbrauchers) die Verbindung zum Verpackungsabfall als AustauschgroBe her, die wiederum in Beziehung zur Umweltbelastung als RegelgroBe steht. Das Ergebnis der differenzierten Messung der Umweltbelastung wird als Istwert mit dem Sollwert verglichen. Bei einer vorhandenen Regelabweichung (Ishvert und Sollwert stimmen nicht uberein), korrigiert das Stellglied (Verbraucher) durch die StellgroBe (Konsumverhalten) diese 1st-Soll-Differenz im Idealfall zu Null, realistischer: innerhalb eines vorgegebenen Toleranzfeldes der RegelgroBe Umweltbelastung.
5.2 Verpackungsbionik - Produktentwicklung im komlexen Netzwerk
Positive Rtickkopplung
Negative Ruckkopplung VerbraucherKonsumverhalten
Ressourcenabbau
Urnweltbelastung Verpackungsabfall Waren- und Verpackungsvielfalt Abfallvolumen Entsorgungskosten Abb. 5.2.7
Regelkreis mit positver und negativer Ruckkopplung.
Dieselben Regelmechanismen gelten auch fur Storgrogen, die das Regelsystem Verpackung mehr oder weniger stark in Unordnung bringen. Vernetzte regelkreisorientierte, verpackungsinterne und -externe Ablaufe bieten daher - aufgrund ihres adaptiven Verhaltens - eine wesentlich hohere Garantie fur die Vermeidung von Umweltschaden bzw. Folgekosten als die herkommlichen linearen Handlungsablaufe. Bei einer echten biokybernetischen Regelung ist die FuhrungsgroBe selbst Teil des Regelkreises, wodurch erst eine Selbstregelung stattfindet. In Abbildung 5.2.6 ist diese Einbeziehung durch den oberen rechten Pfeil von der Istwerterfassung zur Fuhrungsgroge hin angedeutet. Je nachdem, ob der ruckwirkende E i n f l d auf die Regelgroge positiv - also gleichlaufig - oder negativ - also gegenlaufig - zur FuhrungsgroBe ist, spricht man von: positiver Riickkopplung oder negativer Riickkopplung. Zwei weitere Beispiele aus dem Lebensweg einer Verpackung verdeutlichen diese Mechanismen in Abbildung 5.2.7. Die positive Ruckkopplung erklart sich folgendermagen: Extensiver Ressourcenabbau fiihrt zu immer mehr Waren und Verpackungen. Mehr Waren- und Verpackungsvielfalt fuhrt zu mehr Ressourcenabbau und dies wieder zu mehr Waren und Verpackungen. Ein Teufelskreis, der am Punkt seiner Kapazitatsgrenze das gesamte System zusammenbrechen lafit. Um diesen Zusammenbruch zu vermeiden, mu13 eine sogenannte Kontrollgroge eingefuhrt werden. In unserem Beispiel fur die negative Ruckkopplung sind die Verbraucher das kontrollierende Regulativ gegen ein ,,Aufschaukeln" im Regelkreis. Das konsumreiche Verbraucherverhalten fuhrt zu Verpackungs-Abfallvolumina mit steigenden Entsorgungskosten. Das Abfallvolumen belastet die Umwelt bzw. die Natur, zu der auch die Verbraucher gehoren. Diese Urnweltbelastung - die direkt oder indirekt auf die Verbraucher als Mitverursacher zuriickwirkt - fuhrt zu einer Anderung im Konsumverhalten durch konsequente Verpackungsvermeidung, Mehrfachnutzung oder Wiederverwertung von Verpackungen. Dadurch wird das Abfallvolumen vermindert und die Umweltbelastung reduziert.
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Es sei uns erlaubt, an dieser Stelle nochmals daraufhinzuweisen, daB die skizzierten Regelkreise Modellvorstellungen sind. Wie gesagt, entscheidend fur eine realistische Umsetzung ist und bleibt das konzertierte Zusammenspiel aller Beteiligten, die Kompromisfahigkeit aller im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaft. Biokybernetische Verpackungen in der Natur sind von einem Netzwerk aus positiven und negativen riickgekoppelten Einfliissen auf ihrem Lebensweg umgeben. Nehmen wir das Beispiel der Rinde als die Verpackung eines Baumes und zahlen einige der organischen und anorganischen Einflusse auf die Rinde nacheinander ohne Anspruch aufvollstandigkeit auf: Nasse, Warme, UV-Strahlen, Eis, Case, Wind, Mikroorganismen, Insekten, Vogel, Waldtiere und Menschen. Innerhalb dieses unvorstellbar komplexen Wirkungsnetzes mit teils zerstorerischen Eingriffen in die ,,Rindenverpackung", schiitzt die Rinde dennoch wachsende Baume iiber Jahrzehnte, in Einzelfallen wie bei Mammutbaumen, 1000 Jahre und mehr. Welchen Einfliissen waren nun biokybernetische Verpackungen in der Technik ausgesetzt? Hierauf gibt die symbolische Zusammenstellung in Abbildung 5.2.8 eine Antwort quantitativer Art. Abb. 5.2.8
Okonomische Unternehmensziele
Pridrenergien Transportenergien
Art der Herstellungsprozesse
Energiekosten Kiinstliche Rohstoffe
Packgut Konsistenz Interaktion Geometrie Menge Lebensdauer
Natiirliche Rohstoffe Rohstoffpreise Materialokonomische Herstellungsprozesse
Lagernutzung Transportnutzung Wiederverwertbarkeit Mehrfachnutzbarkeit Verkehrswege, Verkehrsmittel
Konsumguter Herstellung, Nutzung Verbrauch Packgutschutz be' Transpofl Infrastruktur
Nutzenergien, Verlustenergien bei Herstellungsprozessen Markte, Marktpreise VerbraucherbewuBtsein Gesetzliche, hygienische, lebensmitteltechnische Bestimmungen und Vorschriften Mitarbeiterpotential im Untemehmen
a
Architektur Warenangebot
Lebensgewohnheiten der Verbraucher
in Handel Entsorgung packgut
Kaufverhalten der Verbraucher durch Verpackungsgrok optisches Aussehen Gewicht andere Anreize
Haltbarkeit Lebensdauer bnSatzerloSe
Vernetzte Einflusse auf und von technischen Verpackungen.
5.2 Verpackungsbionik
- Produktentwicklung
im kornlexen Netzwerk
Treiben wir die Komplexitat und die Zahl der direkt und indirekt auf die Verpakkung wirkenden Einflusse noch etwas weiter und ziehen grundlegende vernetzte Lebensbereiche unseres Umfeldes hinzu. Diese sind: Wirtschaft, Bevolkerung, Flachennutzung, Humanokologie, Naturhaushalt, Infrastruktur, Gemeinwesen und auBere Randbedingungen durch das Klima, Landstrukturen etc. (Vester 1985).Man erahnt die schiere Unmoglichkeit der Abbildung aller Einflusse auf die Verpackung, auch ohne die vernetzten Ruckkopplungen im Detail (Kuppers 1991-1, Kuppers 1991-2)aufgezeigt zu haben. Die Natur hat ihre Strategie fur nachhaltige Verpackungsprodukte und -verfahren langst gefunden. Die Technik kann durch vorsichtiges Herantasten an vernetzte biokybernetische Verpackungsstrukturen die Effizienz der bioanalogen Vorbilder, sowohl was zielgerichtete Produktmerkmale als auch organisatorische Aspekte angeht (Kapitel 5.3). erkunden und nutzen. Auf die Werkzeuge und Hilfsmittel, die dafiir bereitstehen, werden wir nun eingehen. 5.2.4 Verpackungsbionische Qualitiitsmatrix - Kernelement der Verpackungsbionik
Die Entwicklungswege fur Verpackungen in Natur und Technik - so unterschiedlich sie auch sind - besitzen das gemeinsame Merkmal der Qualitatskontrolle. Ohne sie ist eine zielgerichtete Bewertung der Produkte oder Verfahren schlicht nicht moglich. Dazu gehort ein Qualitatsmagstab (oder mehrere) mit charakteristischen zu bewertenden Merkmalen des Gegenstandes, die im Ergebnis einmal besser oder einmal schlechter ausfallen. Was uns aus bionischer Sicht vorrangig interessiert, ist: Wie arbeitet nun die Qualitatskontrolle der Natur? Durch die Fahigkeit, adaptiv und nicht extensiv auf Umgebungseinflusse zu reagieren, konnten Myriaden von Individuen und Populationen neben- und miteinander Milliarden Jahre uberleben. Geht man der Frage nach, wie lebensfahige und uberlebensfahige biologische Systeme diese Leistungen vollbracht haben, so stoBen wir zu allererst auf den bekannten Danvinschen Selektionsmechanismus. Beispielsweise kann die Variation der genetischen Erbsubstanz eines Eichenbaumes dazu fuhren, daf3 einige Eicheln der Nachkommengeneration eine bruchfestere Schale erhalten als andere. Hier ist das Qualitatsmerkmal die Bmchfestigkeit der Eichelverpackung. Sie, die verpackte Eichel, besitzen damit einen Uberlebensvorteil, weil mogliche Freafeinde wie das Eichhornchen diese Schalen schwerer knacken konnen, um an den nahrhaften Kern zu gelangen. Die Vermehrungsrate von Eichenbaurne wurde dadurch partiell steigen, was wiederum andere Naturmechanismen beeinflufit, die sicher mengenwachstumsregulierend auf die Eichenbaume einwirken. Weitere evolutionare Prinzipien, organismische Fahigkeiten und auBere Umweltbedingungen tun ein Ubriges, das fur die Natur typische FlieBgleichgewicht und damit auch ein ausgewogenes quantitativlqualitativ bestimmtes Wachstum der Eichenbaume in ihrer komplexen Umwelt zu erhalten. In Wirklichkeit ist der hier als Einzelvorgang beschriebene Qualitatskontrollmechanismus fur die Bruchfestigkeit der Eichelverpackung Teil eines uberaus komplex vernetzten Qualitatsmanagements unter Beteiligung vieler Organismen. Das typische an dieser Art Qualitats-
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kontrolle ist der - in Kapitel5.2.3 bereits beschriebene - biokybernetische Wirkungsverlauf. Soviel zum Naturbeispiel. Es ist wieder das bekannte Spiel von Wachstum und Wachstumskontrolle, von wohl abgestimmten Ruckkopplungsprozessen positiver und negativer Art und von vielen weiteren - oben angedeuteten - Mechanismen, die letztlich zu den auUergewohnlichen Qualitaten von Naturverpackungen fuhrten und fuhren, von denen wir in Kapitel4 einige wenige herausgestellt haben. Die Verpackungsbionik nutzt das Spektrum biologischer Qualitatskontrolle und Qualitatsbewertung in ahnlicher Weise im Rahmen der sogenannten kybernetisch orientierten verpackungsbionischen Qualitatsmatrix. Sie ist das Kernelement im Ablauf verkniipfier Handlungsschritte der Entwicklungsstrategie Verpackungsbionik, wie sie in Abbildung 5.2.10wiedergegeben ist. Eine Art Qualitits-Ubergangsmatrix, die im Vorfeld lebenslaufabhangiger Verpakkungsprozesse am Anfang der bionischen Qualitatsbewertung steht, setzt sich aus den 7 beteiligten Verpackungsfeldern bzw. einer noch detaillierteren Unterteilung dieser Verpackungsfelder zusammen, die in Abbildung 5.2.4 wiedergegeben sind. Mit einem relativen, qualitativen Bewertungsraster gilt es, in der 7 x 7 Felder grogen Matrix herauszufinden - um bei der Einteilung in Abbildung 5.2.4 zu bleiben -, wie stark der EinfluB der Verpackungsfelder untereinander ist. Wir nennen dieses bionische ,,Werkzeug" die Lebensweg-Matrix,weil Beziehungen stofflicher, energetischer und informativer Art zwischen den beteiligten Arbeitsfeldern entlang des Verpackungslebensweges untersucht werden. Der Grad der gegenseitigen Beeinflussung (sehr stark, stark, neutral, schwach, kein Einflu8) wird grob abgebildet. Mit Hilfe einfacher mathematischer Zusammenhange kann auf diese Weise eine grundlegende qualitative Aussage der Matrixelemente erzielt werden. DaB sich bereits rnit diesem Bewertungsraster eine erste arbeitsfahige Rangfolge fur starke und weniger starke Verpackungsfeld-Einflusse aufstellen laUt, die gezielte Bearbeitung von Problembereichen im Verpackungsnetzwerk deutlich macht (und dadurch nicht zuletzt auch Fehleinschatzungen und Folgeaufivendungen vorbeugt!),ist unstreitig. Nicht zuletzt auch deshalb, weil mit diesem naturanalogen kybernetischen Ansatz die Realitat technischer Verpackungsablaufe wirklichkeitsgetreuer dargestellt werden kann, als es die gegenwartig herausgestellten okonomisch-okologischen Losungsansatze mit sogenannten Okobilanzen letztlich vermogen. Den Qualitatskontrollmechanismen der Natur(verpackungen) noch naher kommt eine Qualitatsmatrix, die aufbaut auf die gewichteten Ergebnisse der vorab beschriebenen ,,Lebensweg-Matrix" mit ihren einzelnen Verpackungsfeldern. Hierbei werden sogenannte biokybernetische Grundregeln (Vester 1991) auf die einzelnen Verpackungsfelder des Verpackungslebensweges abgebildet und bewertet. Es sind 8 grundlegende Regeln, die Naturprinzipien entsprechen und mit denen im Rahmen einer verpackungsbionischen Entwicklung die Efizienz und Nachhaltigkeit des Produktes oder Verfahrens gepriift wird. Die folgende Aufzahlung beinhaltet neben einer kurzen Erklarung der biokybernetischen Grundregeln zusatzlich je ein verpackungstypischen Beispiel (vergleiche hierzu Kiippers 1991-1):
5.2 Verpackungsbionik - Produktentwicklung i m komlexen Netzwerk
Regel 1: Negative Ruckkopplung
Stabilisierendes Element innerhalb eines Regelkreises. Schutz gegen Storeinflusse und Selbstzerstorung durch untere oder obere Grenzwertiiberschreitung. Verpackungsbeispiel: Regelung der Fullgutrnenge durch die Transportbandgeschwindigkeit Regel 2: Funktionsunabhangigkeit vom quantitativen Wachstum
Biologisches Beispiel ist hier die Metarmorphose einer Raupe zum Schmetterling mit iiberlebensangepagten, unterschiedlichen Wachstumsphasen. Verpackungsbeispiel: Die spezifische Schutzfunktion fur ein Produkt, z. B. durch eine Kunststoffverpackung, mug auch nach einem Verbot des Kunststoffes erfullt bleiben. Regel 3: Funktionsunabhhgigkeit vom Produkt
Herstellungs- bzw. Produktionsunternehrnen, die sich produktunflexibel auf ein spezielles Produkt ausrichten, sind bei der Zunahme von Storungen z. B. durch Anderung externer Einflusse, extrem krisenanfallig. Verpackungsbeispiel: Ein Hersteller von Kartonmaterial fur Verpackungen sollte sich nicht nur als Verpackungshersteller sehen, sondern als Materialproduzent fur eine breite Produktpalette. Regel 4 Das Jiu-Jitsu-Prinzip
Die Nutzung natiirlicher Krafte, rnit hochst okonomischem Einsatz der eigenen aufzuwendenden Kraft, wird in der Natur speziell beim Flug der Vogel sehr deutlich. Aber auch die Selbstreinigung verschmutzter Gewasser oder die Starke natiirlicher Misch-Biotope gegenuber menschlich angebauten Monokulturen zeigt, wie mit geringem energetischem Aufwand ein relativ hoher Nutzen erzielt werden kann. Verpackungsbeispiel: Durch eine Kopplung mehrerer Energiesysteme, z. B. bei der Glas-Rohstoffaufbereitung von ProzeBenergie und Raumheizungsenergie oder durch optimierte Stromungs- bzw. Klimabereiche in Lager- und Produktionshallen von Papierherstellern beziehungsweise -verarbeitern konnen groBe Mengen teurer Primarenergien gespart werden. Regel 5: Mehrfachnutzung
Das Prinzip der Mehrfachnutzung ist in der Natur weit verbreitet. Ob es der Baum als Klimaregulator, Sauerstofflieferant, Nahrungsmittelproduzent oder ,,Wohnungsvermieter" fur Vogel ist oder die Bienen, die ihre Nahrungsaufnahme mit der Bestaubung von Bluten verbinden. Immer werden mehrere Funktionen durch ein und dasselbe Lebenwesen ausgefiihrt. Verpackungsbeispiel: Faltschachteln verpacken und schutzen ein Packgut. Faltschachteln konnen auch nach der Nutzung als Verpackung zu Spielelementen, Buchstiitzen, Trennblattern,
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Lesezeichen und vielem mehr genutzt werden. Die Hohe der Einsparung gegenuber neu gekauften Produkten fur denselben Zweck wiirde iiberraschen. Regel 6 Wiederverwertung
Das Abstirnmen von Herstellen, Konsumieren und Abfallbeseitigung finden in der Natur in Kreislaufprozessen statt. Ein ,,Abfallproblem" im eigentlichen Sinne kennt die Natur nicht, weil nichts hergestellt wird, was nicht auch wieder in einen Kreislauf zuriickgefuhrt werden kann. Verpackungsbeispiel: Betriebsinterne und/oder -externe Stoff- bzw. Energieauhereitungs- und Wiederverwertungszyklen auf den verschiedenen Lebenswegstationen einer Verpackung unterstiitzen die Nachhaltigkeit und fuhren zu okologisch-okonomischen Vorteilen. Regel 7: Symbiose
Symbiose bezeichnet das artfremde, paanveise Zusammenleben z. B. von Tieren und Pflanzen zurn Vorteil beider Partner auf klejnstmoglichem Raum: Seeanemone und Einsiedlerkrebs, Arnsel und Johannisbeerstrauch. Verpackungsbeispiel: Kleinraumiges Zusamrnenwirken von Verpackungspapier-(Karton)-Herstellernmit Unternehmen, die eine biologische Wasserreinigung durchfuhren oder Anlagen dafur herstellen. Regel 8 Prinzipielle Befolgung eines biologischen Crunddesigns
Produkte, Funktionen und Organisationen zeichnen sich in der Natur durch ,,Unregelmagigkeiten in der RegelmaRigkeit" aus, wie Blattstrukturen, Baumkronen, Nestbauten, Vogelflugel und so weiter. Verpackungsbeispiel: Berucksichtigung der Natur des Menschen bei der Planung von Verpackungsanlagen, Werkhallen oder Transportprozessen. Die eigentliche Qualitatsrnatrix fur bionische Verpackungen ist in Abbildung 5.2.9 zu sehen. Durch die Abbildung und Vernetzung der biokybernetischen Grundregeln auf den Verpackungslebensweg findet nicht nur eine weitere Bewertung (ahnlich wie bei der vorab beschriebenen Qualitats-Ubergangsmatrix nach Abb. 5.2.4) mit anderen - bioanalogen - Mitteln statt! Aus der Bearbeitung dieser Matrix ergeben sich qualitative und quantitative Losungsansatze fur das Produkt Verpackung selbst (okonomischer Wert),aber was noch wesentlicher ist, auch Losungswege fur den VerpackungsprozeB (systemischer Aspekt, umweltokonomischer Wert) irn Umfeld des Verpackungslebensweges (urnweltokonomischer Mehnvert). Wie ist das zu verstehen? Wahrend sich die Entwicklung technischer Verpackungen noch weitgehend dem Diktat des Produktes unterwirft und alle Handlungen demnach produktfixierte, okonornisch maxirnierte Handlungen sind, ist die Entwicklung biologischer/bionischer Verpackungen gekennzeichnet durch das Diktat der ProzeB-Vernetzung.
Abb. 5.2.9 Qualitatsrnatrix fur bionische Verpackungen.
180
I
5 Bionik der Verpackung
Die offenen, miteinander verschachtelten 3 Aktionsbereiche Produkt, ProzeR und Umwelt sind grundlegend fur eine bionische Verpackungsentwicklung und Qualitatsbestimmung. Durch das bionische Produkt ist die Verpackung definiert (okonomischer und okologischer Wert). Die Herstellungsschritte des Produktes werden durch den GesamtprozefS charakterisiert, auf den die Naturprinzipien in Form der biokybernetischen Regeln einwirken. Neben Produkt und ProzefS, die beide die Wertschopfung und den spateren Wert des Produktes Verpackung maBgebend bestimmen, bleibt noch das Umfeld als dritter vernetzter Aktionsbereich. Umfeld bedeutet in diesem Kontext Kleinraumigkeit, lokale Verbundenheit und kleinraumige Wirtschafisverbunde. Hier wird mit Hilfe der biokybernetischen Regeln und der Qualitatsmatrix nach Losungen fur einen umweltokonomischen Mehnvert (neben den eigentlichen Produktwert der Verpackung) gesucht. Das Schlusselwort fur diese strategische Losungssuche ist branchenubergreifende Vernetzung oder wissenschaftlicher ausgedriickt: systemische Clusterbildung. Auf dem Wertschopfungsweg anfallende ,,Verluste" (Stoffe, Energien, Informationen) werden durch branchenuberschreitende herkommliche und neue Prozesse und Techniken zu additiven Produkten mit einem umweltokonomischen Mehrwert. Diese Methode, die in speziellen Fallen zu nicht unerheblichen zusatzlichen Erlosen fuhren kann, wird bereits von Unternehmen mit naturrohstoffnahen Prozessen erfolgreich angewendet (siehe Beispiele in Pauli 1999). Technische Verpackungslosungen mussen sich einer bionischen Qualitatskontrolle unterziehen, wollen sie eine nachhaltige und umweltokonomische Entwicklung fordern. Im Gegenzug werden bionische Verpackungsergebnisse mit technischen Randbedingungen konfrontiert und auf ihre technisch-wirtschaftliche Machbarkeit hin gepriift. Das Ergebnis einer derartigen bionischen Qualitatskontrolle auf systemischer Grundlage ist qualitativ und quantitativ in Form eines mathematischen Modells bezifferbar und fuhrt zu einer rangmagigen Beurteilung von Starken und Schwachen, des Grades der BeeinfluBbarkeit und EinfluBnahme einzelner Merkmale auf die Verpackung und weiteres mehr. Hierdurch ergibt sich ein ganzheitliches Werteraster, aus dem zu erkennen ist, wo sinnvoll - kosteneffizient - verpackungstechnische Handlungen erforderlich sind und wo das Kosten-Nutzen-Verhaltnis moglicher verpackungstechnischer Eingriffe zu weniger rentablen Ergebnissen fuhren wiirde. Alle diese Vorgange faBt die aufgestellte verpackungsbionische Qualitatsmatrix (Abbildung 5.2.9) zusammen. Sie ist - um es nochmals deutlich zu machen - der Kern und damit integraler Bestandteil einer generellen Handlungskette, die von den natiirlichen Vorbildern uber mehrere, ruckgekoppelte Zwischenschritte zu analogen, bionischen Verpackungsprodukten oder Verpackungsablaufen fuhrt. Diese Systematik gibt Abbildung 5.2.10 wieder. Mit der Vorstellung dieser Entwicklungsstrategie Verpackungsbionik ist ein systematischer Ablauf in die Zukunft eines nachhaltigen und umweltokonomischen Verpackungsmanagements und der damit erzielbaren innovativen Verpackungsprodukte und Verpackungsverfahren vorgegeben. Sicher sind noch groBe Anstrengungen erforderlich, durch uberzeugende praktische Beispiele die Wirksamkeit des verpackungsbionischen Handlungs-Leitfadens in Abbildung 5.2.10 unter Beweis zu stellen. Es wird einer spateren Veroffentlichung,
5.2 Verpackungsbionik - Produktentwicklung im komlexen Netzwerk
1
Handlungsschritte von der biologischen zur bionischen Verpackung
Struktur
Abb. 5.2.10 Entwicklungsstrategie Verpackungsbionik - systernatische und systernische Handlungsschritte von der biologischen zur bionischen Verpackung.
I
I
18’
182
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5 Bionik der Verpackung
die eher Lehrbuchcharakter hat als die hier vorliegende, vorbehalten bleiben, in verschiedenen beispielhaften Ablaufen, die Strategie bionischer Verpackungsentwicklung im Detail zu zeigen. Die leistungsstarken mathematischen Werkzeuge (unter anderem Qualitatsmatrix. evolutionare Optimierung) innerhalb dieser zielorientierten Vorgehensweise sind aber eine Gewahr dafur, die ubenviegend komplexen Zusammenhange von Verpackungs-Entwicklungsprozessen einigermaBen sicher zu erfassen und zu meistern. 5.2.5 Evolutionare Verpackungsoptimierung
Abbildung 5.2.10 zeigt als vernetzten 5. Arbeitsschritt der Entwicklungsstrategie Verpackungsbionik die evolutionare Produkt- und Verfahrensoptimierung (siehe auch Kapitel 2.5.2.1). Hierauf wollen wir nun - unterstutzt durch ein konkretes Verpackungsbeispiel - naher eingehen. Verpackungsoptimierungen in der Natur sind - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - Optimierungen mit mehreren einschrankenden EinfluBgroBen auf die Verpackung (informationstechnisch: Nebenbedingungen), mit mehreren Verpackungseigenschaften (Optimierungsvariablen) und mit mehreren Zielen (Zielkriterien). Die evolutionaren Algorithmen entfalten daher insbesondere bei multifunktionalen Optimierungsobjekten ihre volle Wirksamkeit durch eine zielstrebige lokale und globale Optimumsuche gegenuber anderen technischen Optimierungsverfahren. Aber auch bei wenigen Optimierungs-Objektvariablen sind evolutionare Algorithmen efizient, wie das folgende Beispiel der Faltschachteloptimierung verdeutlicht. Faltschachteln als Verpackungen fur Flussigkeiten unterliegen 50 und mehr Leistungskriterien. Die Abmessungen der quaderartigen Formen bewegen sich dabei in einem ,,Korsett" aus modulartig aufgebauten GrenzmaBen fur Transportverpackung, Sammelverpackung und Einzelverpackung, deren Nutzenzahl (Zahl der ausgestanzten Einzelkartonabwicklungen auf einem Maschinenbogen) von den MaBen des Kartonbogens beeinflufit wird. Diese sind wiederum von den Stanzbreiten der Maschinen, die die Bogen fuhren, abhangig. Marketingvorgaben wie GroBe und Oberflachengestaltung der Verpackungsvorderseite, Hohen der Regale im Handel und anderes mehr tun ein Ubriges. Eine normierte Kette linearer Abhangigkeiten bestimmt seit Jahrzehnten die Verpackungsformen und die MaBe fur Lange, Breite und Hohe der Faltschachteln. Materialsparende Losungen fur nachhaltige Verpakkungen sind noch extrem selten zu finden, auch wenn in jungster Zeit das starre ModulmaBsystem fur mehr Freiheit in der geometrischen Optimierung von Verpakkungen gelockert wurde. Der verpackungsbionische Ansatz einer Serie von evolutionaren Faltschachteloptimierungen mit dem Minimahel, die materialtechnischen Einflusse Kartongewicht (Steifigkeit) und Nutzen pro Kartonbogen (Oberflachen-Volumen-Verhaltnis) zu optimieren, brachten respektable Einsparergebnisse auf der Material- und Kostenseite von bis zu 50 % (Kuppers 1989,Scheel et. al. 1994).Diese Verbesserungen beziehen sich auf Standardverpackungen, wie sie in jedem Supermarkt zu finden sind fur verschiedene flussige, pulvrige und kornige Inhalte. Die Ergebnisse
5.2 Verpackungsbionik - Produktentwicklung im komlexen Netzwerk
wurden strenggenommen unter Vernachlassigung der restriktiven Modulgrenzen der verpackungstechnischen Herstellungskette erzielt. Die geometrischen Mag, der optimierten Faltschachteln lassen sich daher nicht immer exakt durch das starre Modulraster abbilden - was auch nicht Ziel der Optimierungen war. Tatsache ist aber, daB durch oft minimale Parametervariationen uber die Modulgrenzen hinaus, beispielsweise der geometrischen Lange, Breite und Hohe der Faltschachteln, vollig neue OptimalmaBe ermittelt wurden, die Verpackungen materialsparsamer und in hoherer Zahl- pro Flachen und Volumeneinheit - stapelbarer gestalteten. Welche tiefergehende, verpackungsbionische Innovation laBt sich daraus ableiten? Zum Beispiel die, auf der Basis dieses evolutionsstrategischen Optimierungsansatzes ein neues verpackungsbionisches Modulraster fur Einzel-, Sammel- und Transportverpackungen zu entwickeln! Hierbei wurde - denken wir an die verpackungsorganisatorischen Schritte der Rohstofherarbeitung und Rohstoffaufiereitung - die okologisch und okonomisch sinnvolle Steigerung der Ressourcenproduktivitat (Input-Management) als ein wesentlicher Teil eines organisationsbionischen Verpackungsmanagements sicher nicht unbedeutende umweltokonomische Vorteile mit sich bringen. Die nachfolgenden Abbildungen 5.2.11und 5.2.12enthalten Abbildungen eines auf diese Weise entwickelten rechnerintegrierten multimedialen VerpackungsOptimierungsprogramms. Diese Abbildungen zeigen annahernd Kopien rneniigesteuerter, funktionaler Bildschirmoberflachen. In diesen multimedialen Ablaufen werden mechanische, geometrische, physikalische und andere Verpackungsdaten, Datenspeicher, graphische Felder und vieles mehr miteinander verknupft. Kern der Verpackungsoptimierung sind verschiedene Module mit evolutionaren Algorithmen, die den Verpackungs-OptimierungsprozeB zielgerichtet durchfuhren. Stellen wir uns nun den Gegenstand dieser speziellen Optimierung vor, eine Faltschachtel, wie wir sie fur Milch-, Saft- oder Kornerverpackungen taglich in den Warenhausern kaufen. Nach Herstellervorgaben sind fur die Optimierung 2 okonomische Zielkriterien ausschlaggebend: I.
2.
der minimale Einsatz von Verpackungsmaterial (Oberflache A) bei vorgegebenem, konstantem Verpackungsvolumen V (betrifft den Einkauf von Verpackungsmaterialmenge in Abhangigkeit des Gewichtes und der damit verbundenen Kosten) und das Erzielen minimaler Kartondicke in Abhangigkeit der Steifigkeit S als Kriteriu m zur Stapelung der Karton-Verpackungen (logistische EinfluBnahme).
Verpackungsentwickler und in etwas geringerem Mag der Handel - rufen wir uns nochmals Abbildung 5.2.4 in Erinnerung - besitzen hier hohen EinfluB auf die Gestaltung der Verpackung. Die gesamte Materialoberflache einer Faltschachtel beinhaltet neben den formgebenden Quader-Verpackungsflachen auch sich uberlappende bzw. gefaltete Flachen, deren MaBe von den Grogen der Optimierungsvariablen abhangen. Die geometrischen Mag, der zur Verfugung gestellten Faltschachtel und deren Steifigkeitswerte - siehe oberer Teil in Abbildung 5.2.11 - wurden in ein mathemati-
184
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5 Bionik der Verpackung
Lange A Breite B Hohe H Langenfaktor e = f(B)
4.05
I cm
Langenfaktor g = f(A)
3.2 1.2 0.05
1 cm
Klebebreiterfaktor c Weri x
I cm
I crn
Abwicklungsflache AF
1 IX3.41
Ic
d
Normterungswerf NAF
2367.82
I
d
C
Abwicklung I
Abwicklungsflache I ISI.SI [cn-?q
Optimalwerte
Steifigkeit 17.8
[IlINt11j
AF
G - b
I
Optimalwerte
L5nge A
Breite B
Hiihe H
A
H B Generation G Abb. 5.z.n
Daten und MerSergebnisse einer evolutionsstrategischen Faltschachteloptimierung.
sches Optimierungsprogramm integriert und mit der Qualitats-Zielfunktion Q der Fa1tschachtel-Optimierung: Qualittit = Minimum [Karton-Obedache + Karton-Steifigkeit)
1
-
Q = M I N [A : V + S} mit V konstant
5.2 Verpackungsbionik - Produktentwicklung im komlexen Netzwerk
~
AbwicklungsfIachefNutzen
1183,91 cm2
11515 1 cm2
Mechanische Steifigkeit
42,7 mNm
17,8 mNm
Anzahl Nutzen pro Bogen
9
10
Bogenformat: 102 x 142 cm2 spezifischer Kartonverschnitt pro Bogen
3431,91 cm2
2320,510 cm2 = - 1111,41 cm2
(-32,35%) 250 g/cm2
Grammatur als f (Steifigkeit)
400 g/cm2
Gewicht pro Bogen
0,579 Kg
0,362 Kg
Gewicht pro Nutzen
0,0643 Kg
0,0362 Kg
Kosten pro Grammatur und spezifischer Abnahmemenge Abnahmegewicht pro kalkulierte lo5 Bogen Abfallgewicht pro
147,OO DM
159,OO DM
57,9 Mg
36,2 Mg
13,72 Mg
kalkulierte lo5 Bogen Kosten pro kalk. spez. Abnahmemenge von
lo5 Bogen
5,88 * 106 DM
’
5 8 Mg =-7,92Mg (-57,72%) 3,975 106 DM
=-
1.905.000 DM (-32,39%)
Abb. 5.2.12 Gegenuberstellung von wirtschaftlich relevanten Ergebnissen konventioneller rnodulorientierter - und evolutionsstrategischer Faltschachteloptirnierung.
sowie den evolutionaren Optimierungsalgorithmenverknupft. Bei dieser Mehrfachzielfunktion wurden die einzelnen Teilziele gewichtet. Als Nebenbedingungen galten ein konstantes Verpackungsvolumen und proportional veranderte Falt- bzw. UberlappungsmaBe. Ansonsten waren die geometrischen Objektvariablen frei in ihrer Veranderung. Das rechnerintegrierte Optimierungsprogramm variierte nun gemeinsam die FaltschachtelmaBe Lange, Breite und Hohe, wodurch sich sukzessiv neue Qualitatswerte fur das Oberflachen-Volumen-Verhaltnisund die Karton-Steifigkeit ergaben. Letztere ist von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung fur den Einkaufer eines Verpackers, weil - wie oben angedeutet - uber das Grammaturgewicht die Materialkosten zu Buche schlagen. Daher ist eine hinreichend optimierte Steifigkeit bei minimaler Kartondicke ein wesentliches Wirtschaftlichkeitskriterium fur Fa1tschachtel-Optimierungen. Der Verlauf einer typischen Faltschachtel-Optimierung ist im unteren Teil von Abbildung 5.2.11wiedergegeben. Das groBe Graphikfeld zeigt als Balkenhohe die
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185
186
I sich verandernde Lange, Breite und Hohe der Faltschachtel, ausgehend von den geo5 Bionik der Verpackung
metrischen MaBen nach dem Stand der Technik. Die kleinen Graphikfelder zeigen parallel dazu den Verlauf der Teilziele Karton-Oberflacheund Karton-Steifigkeit.Trotz gleicher Gewichtung beider Teilziele - wie in diesem Fall vom Verpackungsentwickler vorgegeben - dominiert in diesem Fall das Zielkriterium Steifigkeit den Gewinn der nichtlinearen Optimierung. Abbildung 5.2.12 faBt die okonomischen, okologischen und technischen Daten der evolutionaren Faltschachtel-Optimierung zusammen und vergleicht sie mit den entsprechenden Werten der konventionellen Modul-Optimierung nach dem Stand der Technik. Da viele Vergleichsdaten fur sich sprechen (Kartonverschnitt und Kosten reduzieren sich um ein Drittel), wollen wir nur einen Wert herausgreifen, namlich den des Abfallgewichts. Wie stark sich die optimierte Ressourceneffizienz (weniger Rohstoff Papier) durch geometrische Variabilitat (Lange x Breite x Hohe einer Faltschachtel) auf den vernetzten Entsorgungsbereich eines Verpackungs-Lebensweges auswirkt, zeigen die zugehorigen Vergleichswerte beider Optimierungsvarianten. Unter konventioneller Optimierung sei hier die nicht naher erlauterte, aber oft genutzte lineare Koordinatenstrategie (Rasteroptimierung) verstanden, die Faltschachteln auf der Basis des genormten Modulsystems optimiert. Wurden wir diesen Vergleich auf den Handel und die Verbraucher als weitere Verpackungs-Lebensstationen beis pielhaft enveitern und das ballastartige, uberflussige Vepackungsvolumen mit in die Vergleichsrechnung einbeziehen, dann liege sich der Vorteil unserer Ressourcen- und Umwelt-Effizienzoptimierung noch deutlicher herausarbeiten. Dies wurde bereits in einem anderen Zusammenhang am Beispiel einer Dreifach(!)-Verpackungfur das Produkt einer Druckerpatrone (Kuppers 1992)detailliert herausgearbeitet. Gerechterweise mug an dieser Stelle gesagt werden, daB die dreifach verpackte Druckerpatrone heute mit einer zweifachen Verpackung - dafur aber mit einem uberdimensionierten Leerraum - wieder in den Regalen unserer Markte zu finden ist, wie Abbildung 2.8.6 belegt. 1st dieses Verpackungsbeispiel ein Einzelfall? Wer we%. Aber evolutionare verpackungsbionische Optimierung bedeutet in diesem Zusammenhang mehr als die Okologisierung vorhandener technischer Verpackungen. Die Natur besitzt in ihren optimierten Verpackungsformen und funktionalen Mechanismen genugend Vorschlage fur neue technische Verpackungen, Packmittel und Packhilfsmittel z. B. fur elegante Offnungs- und SchlieBmechanismen, neue materialsparende Formen fur Sammelverpackungen, Losungen fur problemlos wiederverwertbare Multi-Stoffverbindungen und vieles mehr. Die genannten Beispiele in Kapitel4 haben die Tur zur bionischen Nutzung dieses Naturreichtums ein wenig aufgestoBen. Allein - die trotz weniger Grundmaterialien entwickelte hohe Flexibilitat und der hohe Variationsgrad naturoptimierter Formen, Geometrien, optischer Kennzeichen und weiterer Verpackungsmerkmale bieten noch nicht die Gewahr fur die Umsetzung in technisch innovative Verpackungen. Eine wesentliche Hiirde bleibt bei dieser Umsetzung das trotz Verbesserungen noch relativ starre Gefuge technisch genormter VerpackungsmaBe. Hier gilt es aus verpackungsbionischer Sicht zuerst
I einmal, Kompromisse zu schlieBen hinsichtlich eines nachhaltigen umweltokono5.3 Biologische Vorbildec Welche verpackungstechnischen Schlujlfolgerungen?
mischen Optimierungsziels. Evolutionare Algorithmen konnen sowohl fur Verpackungsprodukte als auch fur verpackungstechnische Verfahrensablaufe efiziente Optimierungshilfen geben. Hier sei unter anderem das Feld des Verpackungstransportes mit den Optimierungsproblemen Stapelung, Transportbelastung und werteilung, schadstoffminimierte Transporte und Lagerung aufgezahlt. Viele Ansatze fur technische Verpackungsoptimierungen werden in der Regel mit mehreren technischen und umweltspezifischen EinfluBvariablen und mehreren Zielen konfrontiert, die durch konventionelle, lineare Optimierungsansatze - wenn iiberhaupt - nur unter hohem Zeit- und Kostenaufwand zu losen sind. Ein kompliziertes, mehrparametriges Verpackungsproblem wird daher oft vereinfacht in mehrere eindimensionale Optimierungen unterteilt, in der Hoffnung, die additive Uberlagerung der ermittelten lokalen Optima fuhrt unmittelbar zur Gesamtverbesserung des zu losenden Multiproblems. Das kann im Einzelfall so sein, ist aber in der Mehrzahl aller realen Multiparameter-Optimierungen nicht gegeben. Wir hatten diese Tatsache bereits envahnt. Dag das Ganze in der Regel mehr ist als die Summe seiner Teile, beherzigt die Natur in ihrem Multiparameternetzwerk und demonstriert es durch die evolutionar optimierten Ergebnisse seit Jahrmillionen in eindrucksvoller Weise. Die evolutionaren Optimierungsalgorithmen sind nicht zuletzt aus diesem Grund das bioanaloge und hochst wirksame technische Werkzeug sowohl fur Einzelverpackungen, fur verkettete Verpackungslinien (zum Beispiel fur Kartonverpackungen: EinzelverpackungMaschinenbogen-Transportverpackung-Palette-Container) als auch fur Systemoptimierungen im Netzwerk des Verpackungslebensweges. Nachdem wir nun an vereinfachten Beispielen gesehen haben, welche Werkzeuge ein bionisches Vorgehen erfordert, ist es nun an der Zeit, die Fulle biologischer Verpackungsvorbilder zu sichten, u m markante Naturstrategien zu erkennen.
5.3
Biologische Vorbilder: Welche verpackungstechnischenSchlufifolgerungen? 5.3.1
Welche Strategien erkennt man?
Die prasentierte Auswahl an Verpackungsbeispielen aus der Natur ermoglicht es uns, eine Ubersicht uber die von ihr angewandten Strategien und ihre Erfolge zu erzielen. Folgende wesentliche Merkmale lassen sich feststellen:
Synergie: Bei natiirlichen Verpackungen hat die Evolution in der Regel mehrere Probleme gleichzeitig gelost. Neben der eigentlichen Verpackung, neben dem Schutz des Inhalts, erfullen die Verpackungsstrukturen weitere Kriterien. Ihre Farben tarnen zum Beispiel, oder sie locken an, sie optimieren den Energieaustausch mit der Umgebung, oder sie minimieren den Stromungswiderstand. Auch
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188
I
5 Bionik der Verpackung
moderne technische Verpackungen beriicksichtigen ihre synergetischen Funktionen, aber von einem Standard wie in der Biologie sind wir noch weit entfernt. Wahl der Materialien: Die Natur konzentriert sich bei den Verpackungsmaterialien im wesentlichen auf die drei Grundstoffe Zellulose, Chitin und Keratin mit wenigen Zusatzmaterialien. Diese Materialien werden in einer Vielfalt von Zusammensetzungen und Feinstrukturen hergestellt. Damit werden nahezu alle Materialanspriiche ihrer Verpackungstechnologie gelost. Totale Rezyklierbarkeit: Die eingesetzten 3 Grundmaterialien sind voll durch biologische Prozesse rezyklierbar, auch wenn die Zeitdauer dafiir unterschiedlich ist und von den Anspriichen abhangt, welche an die Haltbarkeit der Verpackung gestellt wurde (z. B. Gehalt am Insektenschutzmittel Tannin). Meist erfolgt die Wiedervenvendung der Rohstoffe innerhalb eines Jahreszyklus. Nicht selten werden Verpackungen sofort nach Gebrauch wiederverwertet (Eierschalen, Fruchthiillen). Es gibt zwar auch langfristig bestandige Verpackungen wie die Rinden der Sequoia, aber von ihnen geht keinerlei Umweltgefahr aus. Mikrotechnische Perfektion: Die wahre Meisterleistung der Natur auf dem Gebiet der Verpackungsmaterialien besteht in ihrer Mikrostrukturierung. Durch geschickte Verteilung der Grundmaterialien in Form von Schaumstoff, Haaren, Federn oder gewobenen Faden gelingt es, die technische Qualitat wesentlich zu verbessern. Der Mensch lernt dies langsam auf dem Gebiet der Textilien. Farben und Schattierungen: Die Natur produziert Farben mit sehr wenigen Farbstoffen, z. B. Melanin, die voll rezyklierbar sind, und verzichtet auf Schwermetallfarben. Sehr oft werden Farben auf physikalische Weise erzeugt, durch Strukturierung von Oberflachen, die entweder Licht streuen oder Interferenzen erzeugen. Die Farbe der Verpackung ist in diesem Fall ihre Oberflachenstrukturierung. Es ist dasselbe Material. Energetische Eigenschaften: Biologische Verpackungen konnen das Verpackungsgut durch Maximierung der Infrarotreflexion kuhl halten (2. B. Eierschalen), sie konnen es aber auch durch Warmesammlung und hochentwickelte Isolation warm halten. Geplantes Zeitprogramm: Biologische Verpackungen sind oft so programmiert, daB sie iiber ihren Lebenszyklus hinweg verschiedene Aufgaben erfullen, denen sie sich anpassen. Sie andern dabei ihre Farbe, ihre chemische Zusammensetzung oder ihre mechanische Struktur. Verpackung als Nahrung: Die Nutzung gebrauchter Verpackungen als Nahrung garantiert ihre rasche Rezyklierung und ein Optimum an Energie- und Materialsparsamkeit. Giftstoffe und chemische Manipulation: Auch die Natur setzt Giftstoffe in ihren Verpackungen ein, und sie manipuliert auch biologische Systeme, um Verpakkungen zu produzieren, wie wir dies bei den Gallwespen gesehen haben. Es scheint aber, daB sie es so macht, daB keine bleibenden Umweltbelastungen entstehen
5.3 Biologische Vorbildec Welche verpackungstechnischen Schlujlfolgerungen?
und die venvendeten oder manipulierten Stoffe verhalnismaI3ig rasch wieder abgebaut werden konnen. Dies sollte ein Ansporn fur die Industrie sein, Insektizide, Desinfektionsmittel und Unkrautvernichtungsmittel auch umweltvertraglicher zu gestalten. Verpackungen als UV-Schutz: Die Natur schafft es, die Lebewesen wirksam gegen ultraviolettes Licht zu schiitzen. Durch geschickte Wahl der photophysikalischen und photochemischen Mechanismen kann der Schaden durch UV-Licht niedrig gehalten werden. Die Natur venvendet vor allem physikalische Techniken (Reflexion, Lichtstreuung) oder sorgfaltig ausgesuchte Pigmente (z. B. Melanin), die keine unkontrollierbaren photochemischen Nebenreaktionen auslosen, wie dies sonst bei vielen Farbstoffen der Fall ware. Formoptimierung: In vielen Fallen, wo stationare Verpackungsaufgaben erfiillt werden mugten, hat die Natur kugelformige, kugelahnliche oder ellipsenformige, in jedem Fall abgerundete Verpackungsformen entwickelt. Hierbei venvirklichte sie zahlreiche raumsparende und materialsparende Formen von Einzel- und Sammelverpackungen. Strukturoptimierung: Viele natiirliche Verpackungen weisen in ihrer optirnalen raumlichen Ausdehnung und an ihren Oberflachen ein besonderes Konstruktionsmerkmal auf, namlich das der fraktalen, d. h., selbstahnlichen Struktur. Fraktale Strukturen sorgen - verbunden mit weiteren Merkmalen - fur optimale chemische und physikalische Eigenschaften, beispielsweise fur hohe Stabilitat unter statischer und dynamischer Belastung in Verbindung mit selbstbegrenztem Wachstum. Muschelverpackungen aber auch die Verzweigungen der Baume sind hierfur typisch. Ein weiterer Trick der Natur, Strukturen ihren Bedurfnissen entsprechend hervorragend zu optimieren, liegt in der Dimension der Abmessungen. Im mikroskopischen Materialbereich von Mikro- und Nanometer ( I pm = IO-' m, I nm = 10-9 m) sind Materialverbunde vieler Organismen Vorbilder fur Verbesserungen technischer Materialeigenschaften. 5.3.2
Verpackungsmaterialien der Natur - wo werden sie bereits technisch genutzt?
Wenn unsere Technologie noch nicht in der Lage ist, biologische Verpackungsstoffe wirtschaftlich in Massenproduktion herzustellen, so hat sie doch die Moglichkeit, diese aus Naturprodukten herzustellen. In Kapitelz.7 haben wir bereits vom technischen Einsatz biologischer und biologisch vertraglicher Verpackungsmaterialien gesprochen. In letzter Zeit gibt es verstarkte Initiativen mit dem Ziel, natiirliche Verpackungsmaterialien technischen Anwendungen zuzufuhren. Dies betrifft zum Beispiel Chitin, ein Polysaccharid, das Bestandteil der Panzer von Krabben und kingusten, aber auch von Insekten ist. Es ist in leicht veranderter Form als Chitosan auf den Markt gekomrnen, vor allem als Produkt von Meerestierschalen. Diese werden gewaschen, getrocknet, gemahlen und durchgesiebt, bevor sie von Kalziumkarbo-
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5 Bionik der Verpackung
nat entmineralisiert und von Proteinen befreit werden. Dann wird vom Chitingerust Acethylen abgespalten und nach neuerlichem Waschen, Trocknen und Mahlen Chitosan als wasserlosliches weigliches oder leicht braunliches Pulver gewonnen. Dazu wird Chitosan durch die Enzyme Lysozym und Chitosanase aufgespalten. Chitosan und seine chemischen Modifikationen haben schnell ein breites Spektrum moglicher Anwendungen erschlossen. Als biologisch vertrigliche Substanzen setzte man sie erfolgreich als kiinstliche Haut, als Wundverband, als Kontaktlinsenmaterial und als Wundwatte ein. Auch vorteilhafte Haanvaschmittel, Seifen und Kosmetika entwickelte man daraus. Man sagt Chitosan-Produkten nach, daB sie Schimmelbildung und Bakterienbefall unterdriicken, weil Chitosanmolekiile sich an die Zellwande der Bakterien anlagern. Deswegen werden sie verschiedensten Lebensmitteln zugesetzt, aber auch in der Landwirtschaft und Fischzucht genutzt. Gewebe aus Chitosan-Fasern eignen sich hervorragend als Wundverband oder kiinstliche Haut, weil sie neben ihrer Biokompatibilitat sich langsam selbst auflosen und im Korper absorbiert werden. Diese erst in den letzten Jahren aufgedeckten interessanten Eigenschaften dieses verbreiteten biologischen Verpackungsmaterials zeigt, wie sorgsam die Evolution ihre Chemie ausgewahlt hat. Statt immer neue Polymere und Verpackungsstoffe zu erfinden, die sich zum Teil unbefriedigend in unsere Umwelt einfiigen, hatte es den Menschen gut getan, schon friiher intensiver auf die Erfahrungen der Natur zuriickzugreifen. Aber man sollte nicht zu kritisch werden, denn die Vorteile naturlicher Rohstoffe sind von menschlichen Erfindungen nicht vollig in den Hintergrund gedrangt worden. Immerhin gibt es auch heute schon eine beachtliche industrielle Aktivitat, die sich auf die Wiederverwertung natiirlicher Verpackungsmaterialien konzentriert. Denken wir an die Tienvolle, die Baumwolle, die Seide. Aus Hanf und Flachs werden nicht nur Textilien, Taschen und Sacke, sondern auch Dammstoffe und Formpregteile wie die Tiirinnenverkleidungen von Autos hergestellt. Nicht alle modernen Farbstoffe sind synthetisch. Sie werden zum Teil auch noch wie friiher aus Farbknoterich, Krapp und Waid hergestellt. Textilien, Folien, Plastik und Papier werden auch aus Starke gewonnen, die Mais, Weizen und Kartoffel liefern. Linoleum wird aus der Ollein-Pflanze hergestellt. Zusatzlich zu Holz ist eine Vielzahl von weiteren nachwachsenden Rohstoffen im Baugewerbe im Einsatz. Neben Konstruktionsmaterial sind hier Dammstoffe, Bindemittel, Kleber, Mortel, Putze, Anstrichmittel, Wand- und Deckenverkleidungen ebenso wie Fugbodenbelage zu nennen. Schilf, Stroh und Schafswolle sind als Dammstoffe wieder im Kommen. Auch Kork, ein so bewahrtes Verpackungsmaterial der Natur, hat vielfiltige Anwendungen als DammMaterial in unserer technisierten Umgebung gefunden. Starke, Zucker, Zellulose und Rapsol machen inzwischen in gewissen Sparten als Naturrohstoffe dem Mineral01 Konkurrenz. Aus ihnen kann man Materialien herstellen, die wie Kunststoffe aussehen und sich auch genauso anfiihlen. Sie konnen auch ebenso strapazierfahig, bruchfest und stabil gemacht werden. Sie haben aber gegeniiber vielen Kunsstoffen einen grogen Vorteil. Sie konnen namlich kompostiert und vollig rezykliert werden. Man kann aus ihnen durchsichtige Folien ebenso herstellen wie Verpackungschips, Einweg-Eggeschirr oder vorgeformte Verkleidungs-
5.3 Biologische Vorbildec Welche verpackungstechnischen Schlujlfilgerungen?
elemente. Durch geschickte Strukturgebung oder durch Faserverstarkung konnen auch hier alle moglichen mechanischen Anforderungen erfullt werden. Naturfaserverstarkte Kunststoffe bieten auch bei der Produktion wertvolle Vorteile. Die biegsamen und stabilen Naturfasern splittern wenig und machen die Verarbeitung ungefahrlicher als bei herkornmlichen kunstlichen Werkstoffen. Hanf- und flachsfaserverstarkte Naturstoffbauteile sind oft nicht nur leichter und elastischer sondern dammen auch Schall besser als Glasfasermaterialien. Schilf, mit seinen eingeschlossenen Hohlraumen, ist auch als Verpackungs- und Isolationsmaterial wiederentdeckt worden. Es absorbiert wenig Feuchtigkeit und ist auch feuchtigkeitsbestandig und atmungsfahig. Aus Zellulose werden immer hochwertigere Holzfaserprodukte fur Isolierungszwecke hergestellt. Hier kornmt es vor allem darauf an, die Technik zu optirnieren, kleinste Luftraume festzuhalten, um die Warmdarnmung zu maximieren. Selbst aus Altpapier konnen brauchbare Zellulosedammstoffe gewonnen werden. Wie andere Zellulosedamm- und Verpackungsstoffe erfordern sie nur einen geringen Einsatz an Primarenergie. Allerdings gestattet es die Erfahrung des Menschen bisher nicht ohne weiteres, die in ihren Feinstrukturen verwirklichte Selbstorganisationstechnikder Natur wirtschaftlich nachzuvollziehen. Auch hat der Mensch die Natur in bionischer Hinsicht noch gar nicht richtig durchforstet, so daB er vielfach nicht weig, in welcher Richtung er Verpackungsmaterialien noch weiterentwickeln konnte. Heute ist die Weiterentwicklung von Holzfaser-Dammstoffen vor allern darauf konzentriert, etwa die gleiche Warmedammung zu erreichen wie Produkte aus Hartschaum, Glas-, oder Mineralwolle. Auch sollten Rohdichten zwischen 80-300 kg/m3bei ausreichender Festigkeit erzielt werden. Alle Bestandteile und Bindemittel sollen okologisch entsorgbar und eventuell rezyklierbar werden. Auch Feuerbestandigkeit spielt eine wichtige Rolle. Wasserglas ist deswegen als Bindemittel gewahlt worden. Wichtig ist auch ein minimaler Energieaufwand bei der Produktion. In dieser letzten Hinsicht wird der Mensch vie1 von den Naturstrategien lernen mussen. Okologisch unbedenkliche Farben und Anstriche sind fur die Verpackungsindustrie ebenfalls eine wichtige Herausforderung. Hier kann man an die Erfahrungen des angehenden 19. Jahrhunderts anknupfen, als synthetische Farben noch vollig fehlten. Der Ollein liefert mit seinem trocknenden 0 1 traditionell den wichtigsten Grundstoff. Leinolfirnis dient zum Anstreichen von Holz und ist auch Ausgangsstoff fur die Herstellung von Naturfarben. Fruher lebten von den klassischen Farberpflanzen Krapp (rote Farbe) und Waid (blau) ganze Regionen. Auch der Farberknoterich farbt blau. Farberwau gibt eine leuchtend gelbe Farbe, ebenso wie die von den nordamerikanischen Indianern verwendete Goldrute oder die Wurzel der KrappPflanze. Wie kann man zweckmaBigenveise vorgehen, um in der Verpackungsindustrie bionisch motiviertes Handeln zu stimulieren?
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Organisationsmanagement der Verpackungsbionik Produkte und Verfahren entstehen nicht aus sich selbst. Sie sind das Ergebnis von strategischen Uberlegungen und organisatorischen Ablaufen. Die Zeit, die bei diesen Vorgangen vergeht, ist fur die Natur und damit fur die Individuen ein ebenso wichtiger Gradmesser fur ihr Uberleben wie fur die handelnden Personen in der Technik. Die Natur ist ein erdumspannendes ,,High Tech-Unternehmen" in nachhaltigem Wettbewerb mit Populationen und Arten, die perfekte adaptive Techniken, Produkte und die meisten Patente besitzen. Die Technik entwickelt ebenso technisch patentierte ,,High Tech-Produkte" in sich extensiv ausweitendem Wettbewerb. Nur die Ziele sind unterschiedlich. Die Natur priorisiert Adaptivitat und Nachhaltigkeit, die Technik fordert Globalisierung und Okonomie. Daraus entwickelten sich zwei grundverschiedene Organisationsstrukturen mit zugehorigem Management. Biologisches Organisationsmanagment ist im Kern systemisch, das heiBt ganzheitlich vernetzt. Das technische Managment umfaBt ein variantenreiches Spektrum von Strategien, unterteilt in hierarchisch planende, konzeptionelle, kollektive, reaktive, herausbildende, visionare und weitere Prozesse (Mintzberger et. al. 1999).Alle Strukturen des technischen Organisationsmanagements vereint weitgehend die vorrangige Erhllung okonomischer Ziele. Soviel zu den organsisatorischen Unterschieden. Im Kapitel5 haben wir schon einige Verbindungen zu einem verpackungsorientierten Organisationsmanagement gekniipft, wenn wir uns beispielsweise die Organisation auf dem Lebensweg einer Verpackung in Erinnerung rufen. In diesem Kapitel wollen wir naher auf die komplexen verpackungsspezifischen Strukturen eingehen. Wir sind uns der Tatsache bewugt, da% Sie, liebe Leser, einige Bilder mit dargestellten Wirkungsnetzen aus kreuz und quer gefuhrten Pfeilen moglicherweise zunachst venvirren konnten. Geordnete, klar umrissene Tabellen und Aufzahlungen sind gelegentlich einfacher und bequemer zu iiberschauen. Und dennoch: komplexe Handlungsablaufe wie sie der Natur innewohnen und in der Technik ebenso real vorhanden sind, aber selten beriicksichtigt werden, benotigen zu ihrer erfolgversprechenden Erkennung und Bearbeitung systemorientiertesDenken. Geeignete Werkzeuge, die dieses Denken im Umfeld realer komplexer Systeme fordern, sind unter anderem sogenannte aggregierende Wirkungsnetze, eben die mit der scheinbar verwirrenden Pfeilstruktur. Wenn man sich aber dariiber im Klaren ist, da% in allen
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6 Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
Lebens- und Arbeitsbereichen eine Vielzahl miteinander verknupfter Handlungen existieren, kann eines sehr leicht eingesehen werden: Im Fall einer Storung in diesem verknupften miteinander reagierenden EinfluBgroBennetz verringern Losungswerkzeuge wie ein Tabellenraster mit der Auflistung moglicher Fehlerursachen die Wahrscheinlichkeit der vollstandigen Problembehebung drastisch! Denn, so konnen wir mit Recht fragen: Woher wissen wir, welche moglicherweise erkannte Fehlerursache, die wir in der Tabelle aufgelistet haben, innerhalb eines realen komplexen Systemzusammenhangs auf welche Weise, in welcher Starke und zu welchem Zeitpunkt welchen EinfluB auf andere erkannte Fehlerursachen und damit auch auf den Gesamtzusammenhang besitzt? Eine Verpackungsmaschine, die Kartonabwicklungen ausstanzt, ist ein uberschaubares technisches System mit starren Grenzen. Alle ausfiihrenden Bewegungen sind klar nachvollziehbar und aufeinander abgestimmt. Hier kann eine Storung relativ schnell, beispielsweise mit Hilfe tabellarischer Checklisten, sicher behoben werden. Wir haben es mit einem technisch abgeschlossenen System zu tun. Canz anders verhalt sich ein mit der Umwelt und anderen Fertigungs- und Verfahrensschritten gekoppelter PapierherstellungsprozeB, mit kontinuierlichem Fin- und Austrag von Materialien unterschiedlicher Substanzen. Bei diesem offenen technischen System wurde eine tabellenunterstutze Fehlersuche scheitern. Warum? Weil sich die Zustande und Zusammenhange mit der Zeit andern - eben weil es ein komplexes System ist. Wie und was kann das verpackungstechnische Organisationsmangement nun auf dem Weg von der Natur iiber die Bionik lernen? Beginnen wir mit dem, was ein biologisches Organisationsmanagement - nachfolgend auch OM genannt - fur Verpackungen auszeichnet. Wir gehen den Weg weiter mit einer klaren Aussage uber das, was Organisation und Managment im technischen Sinn allgemein und speziell fur Verpackungen bedeutet und arbeiten uns durch die Komplexitat, Dynamik und Vernetztheit von naturlichen und technischen Verpackungswirkungsfeldern.
6.1
Biologisches Organisationsrnanagement der Verpackung
Die Evolution experimentiert nun schon uber einen unvorstellbar groBen Zeitraum mit Verpackungen, in ,,Werkstatten"mit hochspezialisierten und extrem okonomisch arbeitenden ,,Verpackungshandwerkern". Die entwickelten ,,Werkstatteinrichtungen", Werkzeuge, Materialien und Transportvorgange unterliegen standigen Optimierungsprozessen und Qualitatskontrollen, die im Rahmen systemischer, das heiBt ruckkopplungsorientierter, vernetzter Regelungskreislaufe energie-, material- und informationseffizient arbeiten. Hat die Natur die Organisationsmethode der technischen ,,lean production", der schlanken Produktion, vonveggenommen? Wen wundert's! Wenn Jean" ein Synonym fur das Nichtaufiommen oder den effizienten Abbau von Material- und Energieverschwendung bei geregeltem Produktwachstum, hoher Produktqualitat efizienter Ablauforganisation und Verfahrensprozessen mit hohen
G. 7 Biologisches Organisationsmanagement
der Verpackung
Wirkungsgraden ist, dann betreibt und verbessert die Natur seit Millionen von Jahren ein schlankes, weitgehend storungsfreies Verpackungs-organisationsmanagement. spielt hierbei eine Das okologische Prinzip der limitierten Faktoren (Odum 1991) mitentscheidende Rolle fur regelkreisorientiertes, biologisches Wachstum. In den wohl abgestimmten Arbeitsnetzwerken biologischer Verpackungen begrenzt derjenige Nahrstoff das Wachstum, der im geringsten Umfang zur Verfugung steht. Es ist moglich, dieses Minimum-Prinzip uber die nahrstoffliche, biologische Ebene hinaus (zum Beispiel auf Energieprozesse oder ganze Organisationen) auszuweiten und dariiber auch das Maximum-Prinzip anzuwenden. Denn: auch das Zuviel eines Faktors kann wachstumshemmend sein. Wer denkt hier nicht an technische Verpackungsentsorgungsprozesse und ihre Folgelasten? Das naturliche Materialmanagement betreibt also - ganz im Gegensatz zur technischen Materialverarbeitung - ein ausgeklugeltes, effizientes Input-Management in ihren verpackungstechnischen und anderen Produktionssystemen. Der Eintrag von Materialien und Energien auf die zu entwickelnde Naturverpackung und deren Ziel wird minimiert, so daB nie ein uberhohter Austrag in Form von ,,deponiertem" Naturmull stattfindet. Wenn die Natur gelegentlich Samen in riesige Friichte (Kurbis, Brotfrucht) verpackt, ist dies keine Verschwendung, sondern wiederum eine Strategie. Solche Fruchte ziehen auch groBe oder gleichzeitig viele Esser an. Fur biologische Verpackungen hat die evolutionare Produkt- und Verfahrensentwicklung Wege gefunden, die die komplexen Verpackungssysteme anwendungsorientiert optimiert. Hier erleben wir eine weitaus hohere Komplexitat und Vernetztheit verschiedener Verpackungsformen aus zahlreichen Arten. die die Komplexitat technischer Verpackungsablaufe u m GroRenordnungen ubersteigen. Welche Leistungen aus dieser Organisation und diesem Managment der Natur auf ihre Verpackungen ausstrahlen, zeigt die Auflistung in Tabelle 6.1.1. Die 4 Grundstufen biologischer Verpackungswege (Tabelle 6.1.2) konnen weiter in kleinere Organisations- und Arbeitsablaufeinheiten unterteilt werden, ahnlich wie bei einer verpackungstechnisch-unternehmerischen Einteilung. Bei allen Tatigkeiten innerhalb der 4 ,,Arbeitsfelder" verrichten viele artubergreifende Individuen ihre spezialisierte Arbeit innerhalb des Natur-Verpackungsmanagements. Um eine vage
Tab. 6.1.1
Leistungen des verpackungbiologischen Organtsationsmanagments
Nachhaltige Rohstoffvcrarbeitung
ruckstandsfrei entsorgbare Stoffgeinische
exergieoptimierte Energiekaskaden
Wiederverwertbare Materialien
systemangepagtes Mengenwachstum
transportokonomische Wegenetze
Mehrfach wiedervenvendbare Materialien
geregeltes Produktwachstum ohne QualitatseinbuRen
ruckgekoppelte QualIt3tskontrolle
Efiziente Nutzung lokaler S toffquellen
individueller bedarfsgerechter Energieverbrauch
zeitoptimale Komrnunikation
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G Organrsationsmanagement der Verpackungsbionik Tab. 6.1.2
4 grundlegende Arbeitsstufen irn verpackungsbiologischen OM
1.
Stufe
bedarfsorientierter Ressourcenabbarc
Aufbereiteii
2.
Stufe
okonomisch-(ikologisch effizientes Produziercn
Herstellen
mengen- und qiialitatsorientiertes Konsumirren
Vrrbrauchcn
3. Stufe
I 4. Stufe
I regelungskontrolliertes Reduzieren
I Wiedervenvcrten I
Vorstellung davon zu bekommen, wieviele Individuen und Arten am Abbau und der Wiederaufbereitung nicht mehr benutzten Verpackungsmaterials, beispielsweise Eichelverpackungen, in einer kleinraumigen Umgebung ( I m’ Bodenflache, 3 0 cm tief) am FuB eines Eichenbaums beteiligt sind, zeigt die folgende Aufzahlung (Jetzer et. al. 1989)in Tabelle 6.1.3:
Vernetzte Arbeitsgruppen van Organismen fur die kleinraumige Wiederverwertung und Wiederaufbereitung von Rohstoffen fur naturliche Verpackungen
Tab. 6.1.3
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Zahl der Organismen
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Art der Organismen
1
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vielc Milliardcri
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Bakterien
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1 I I 1
rinigr Millionen
einzellige Tiere
etwa 1 om 000
Algrn
1 5 0 000
Milbrn
100 000
Springschwaiize
25 000 200 200 200 50
I weiRe Ringelwurmer 1 TausendfilfSler I lnsektenlarven
I
I
I
Regenwiirmer Schnecken
50
Spinnen
50
Asseln
I I
Dieses Beispiel ist zugleich ein schlagender Beweis fur die Wirksamkeit des Prinzips einer kleinraumigen, artiibergreifenden und vernetzten Materialwirtschaft! Wie schafft es nun das Organisationstalent Natur mit Milliarden und Millionen von Verpackungsspezialisten, ein Aufschaukeln verpackungsbedingter Folgelasten - ganz im Gegensatz zum technischen Verpackungsablauf - total zu vermeiden? An dieser Stelle hilft uns der Blick durch die systemische Brille. Wir haben gelernt: Naturvorgange sind hochkomplex, was bedeutet, daB sie standig in Bewegung sind und sich dadurch im Laufe der Zeit andern. Damit die Organismen Veranderungen - ob zu ihrem Vor- oder Nachteil - rechtzeitig erkennen, u m darauf in geeigneter
G. I Biologisches Organisationsmanagernent
der Verpackung
Weise zur eigenen Uberlebenssicherung reagieren zu konnen, mussen sie vernetzt sein. Vernetzen und Ruckkoppeln sind bekannte Eigenschaften von kreislauforientierten Regelvorgangen, von biokybernetischen Regelkreisen zur eazienten Materialverarbeitung. Hierauf besitzt die Natur Milliarden Patente! Einen Ausschnitt aus dem kompiexen Regelungsnetzwerk zeigt Abbildung 6.1.1. Biologische Verpackungsregelungen, auch wenn nur eine Verpackung zugrundegelegt wiirde, sind wegen ihrer artenreichen ineinanderverschachtelten Verknupfungen im Detail kaum darstellbar. Diese Ineinanderverschachtelung von Regelkreisen ist charakteristisch fur die Regelung des FlieBgleichgewichtes der Natur. Das erlaubt den offenen Arbeitssystemen der Natur, auch bei kleineren Storungen eine dynamische, flieBende Weiterentwicklung der Verpackungsprodukte und -verfahren, ohne drastisch steuernde Eingriffe, wie sie bei technischen Regelungsproblemen im Verpackungsbereich und anderswo oft unumganglich sind. Vermutlich sind die in Abbildung 6.1.1dargestellten positiven und negativen Ruckkopplungen verpackungsbiologischen Handelns, die dem Naturgesetz des FlieBgleichgewichts folgen, auch eine Folge des okologischen Prinzips limitierter Faktc
@ +Gleichl&ufigevmt;irkende Wirkung
0+
Gegenlaufige schwiichendc W h g
Abb. 6.1.1 Ausschnitt aus dern biokybernetischen Wirkungsnetz des verpackungsbiologischen Organisationsrnanagernent.
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6 Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
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6 7 Biologisches Organisationsmanagement der Verpackung 199
ren. Beispielsweise wird einerseits das Wachstum durch die verstarkenden Wirkungen eines Material-Outputs beim Produzieren, Konsumieren und Reduzieren verstarkt. Andererseits schutzt die limitierende, abschwachende Wirkung beim Ressourcenabbau vor einem unkalkulierbaren Uberschreiten von Grenzwerten. Die riickgekoppelten Wirkungsnetze des verpackungsbiologischen OM fordern demnach ein kontrolliertes qualitatives Wachstum, in Abbildung 6.1.1 symbolisch dargestellt durch den zentralen Kreislauf mit negativer (-) Ruckkopplung! Wir konnen resiimieren, daB die komplexen Netzwerke biologischer Verpackungsregelungen noch eine Vielzahl bisher nicht erkannter Rafhessen und Tricks beinhalten, die es fur eine verpackungsbionische Anwendung zu erforschen gilt. Alles in allem scheint die Natur eine Organisationsstrategie zu befolgen, die Verpackungen zweckgerichtet und funktional optimiert. Sie entwickelt Verpackungen nachhaltig. Am Ende eines Verpackungs-Lebensweges fallen zwar ,,Abfallstoffe"an. Im Gegensatz zur technischen Verpackungswirtschaft sind diese Materialien fur die Natur jedoch keine Problemstoffe. Sie werden total wiederverwertet, und zwar zu Rohstoffen derselben Qualitat, wie sie fur vorherige Verpackungszyklen venvendet wurden. In einer ausfuhrlichen Arbeit uber Bionisches Organisationsmanagment - BOM - im Wirkungsfeld von biologischer Vielfalt und okonomischer Effizienz, wird auf auch biologische Verpackungsprozesse betreffende - Organisationsmerkmale und -strukturen eingegangen. Hierzu gehort die biologisch-okologische Aufbau- und Ablauforganisation, biologische Energieumwandlung, biologische Materialverarbeitung, biologische Kommunikation und biologisches Verhalten (Kuppers 1998-1). Das komplexitatssteigernde vernetzte Zusammenwirken grundlegender biologischer Prinzipien mit (Verpackungs)Materialkreislaufen wie in Abbildung 6.1.1 angedeutet, zeigt Abbildung 6.1.2. In sehr stark symbolisierter Darstellung sind hier mehrere und unterschiedliche kreislauforientierte Verpackungszyklen der Natur durch Linien positiver und negativer Ruckkopplungen von Material und Information miteinander vernetzt. Dieses biokybernetische Netzwerk wird von unserer generellen Lebensquelle Sonne mit Energie gespeist, die durch verschiedenste Umwandlungsprozesse optimal genutzt wird. Unterstutzt wird dieses dynamische Wirkungsnetz durch verschiedene Evolutionsprinzipien - im Bild rechteckig eingerahmt -, die ,,Verfahrensschritte" hoher Wirkungsgrade garantieren. DaB der gesamte Vernetzungsablauf auch noch selbstorganisierend ist bzw. autopoitische Eigenschaften besitzt, sei hier nochmals envahnt. Um diese fortgesetzte Komplexitat biologischer Verpackungsvernetzung wieder auf kurze pragnante Aussagen zu reduzieren, stellen wir in Abbildung 6.1.310biologisch-evolutionare Prinzipien heraus. Fur eine bionische Verpackungsentwicklung sind schlieBlich aus diesen Naturprinzipien entsprechende praktisch nutzbare Ansatze abgeleitet.
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6 Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
wirtschaftlicher Entwicklungsprozesse Management
I) Multifunktionale Regelkreisstrukturen
I) Arteniibergreifende Wirkungsnetze
sttirken die dynamische Weiterentwicklung des Lcbens
0 Dezentralisierte ArbeitsvorgMge
0 Regelungsablaufe soviel wie rnoglich, steuernde Eingriffe soviel wie notig
Vernetzte Stoffitreislaufe
0 Gew*leistung
+
SinnVOlk Zyklen von Rauber-BeuteBeziehung und Populationsdichten in Lebensraumen
der Wiedemerwe-tbarkeit von Stoffen mit urspriinglicher Qualitat
Aufeinander abgestimrnte Strome fur Energie-Aufnahme, Energiespeicherung und Energieverbrauch
0 Abgestimmte Mischwirtschaftsstruktur in lokalen Lebensraumen 7
Energiekaskaden aufbauen
spezialisten im Arrangement mit der sir urngebenden vernetzten llmwelt
1 0 Nachhaltiges qualitatives Wachstum stabilisiert und sttirk das Uberleben
@ @
: Biologische Prinzipien
I) Sukzession, vorhersagbare Folge aufeinander abgestirnmter Lebensgerneinschaften
9 Ablaufregeln fur die folgenrninimale
: Verpackungsbionisch nutzbar
Belastung eines Wirtschaftsraurnes
Biologische Prinzipien als Vorbild fur verpackungsbionische Produkte und Organisat ionsa bla ufe.
Abb. 6.1.3
6.2
Technisches Organisationsrnanagernentder Verpackung
Wir haben bis hierher mehrmals das Wort Organisationsmanagment gehort, aber nicht gesagt, welche konkreten Vorstellungen und Vorgange sich mit diesem Wort verbinden. Hier ist die Stelle um dies nachzuholen, bevor wir auf die Organisation und das Management der technischen Verpackungswirtschaft eingehen. 6.2.1
Komplexe Organisation - kornplexes Management
Was ist Organisation, was ist Management? Stellvertretend fur die Vielzahl von Lexika, die Begriffe aus dem Wirtschaftsleben erlautern, beschreiben Escherle und Kaplaner (1982)die Organisation wie folgt:
G.2 Jechnisches Organisationsmanagement der Verpackung
Organisation kann unter I.
2.
2
Gesichtspunkten gesehen werden:
Institutionell (die Unternehmung ist eine Organisation). Organisation ist hierbei ein gegenuber der Umwelt offenes System, das auf langere Zeit bestehen soll, bestimmte Ziele - strategische, taktische, operative Ziele - hat, sich aus Einzelpersonen oder Gruppen zusammensetzt und eine bestimmte Struktur aufweist, die meist dadurch gekennzeichnet ist, daB Arbeitsteilung herrscht und eine Hierarchie besteht. Funktionell (die Unternehmung hat eine Organisation). Organisation ist hierbei die Aufgabe der Untergliederung des Unternehmensziels in die notwendigen Einzelaufgaben (Aufgabenanalyse).AnschlieBend findet eine Zusammenfuhrung der Einzelaufgaben zu Aufgabengruppen statt; sie erfolgt unter Betrachtung der zeitlichen Abfolge, der raumlichen Anordnung sowie der Ausfuhrbarkeit durch bestimmte Personen (Aufgabensynthese). Man erhalt dadurch ein Gefuge von Stellen, die in einer Hierarchie angeordnet sind.
Ein Beschreibungsmerkmal innerhalb dieser Definition von Organisation scheint uns - im Hinblick auf unseren bionischen Organisationsmanagementansatz - sehr wesentlich zu sein, und das sollten wir festhalten, namlich dag die Unternehmung selbst gegenuber der Umwelt ein offenes System ist! Offene Systeme in unserer Umwelt zeichnen sich bekanntlich durch vielfaltige Ruckkopplungsprozesse verschiedenster Art aus. Sie sind fur Lebewesen in der Natur ein entscheidendes Uberlebensmerkmal! Wie weit die Ausgewogenheit dieser Ruckkopplungen aber bei technischen Unternehmen geht, wird noch gezeigt werden. Management ist der angelsachsische Begriff fur Fuhrung. Diese bezeichnet einerseits die Tatigkeit der Unternehmensleitung, andererseits die Unternehmensleitung als Stelle im Rahmen der Organisation. Die Tatigkeit der Fuhrung umfaBt das Treffen von Entscheidungen bezuglich der Unternehmensziele und deren Durchsetzung im Unternehmen. Dazu mug Beeinflussung der Gefuhrten erfolgen, die auf verschiedene Weise moglich ist und sich im Fuhrungsstil (autoritar, demokratisch, patriarchalisch, laissez-faire) niederschlagt. Nach der Hierarchie des Managements unterscheidet man ,,Top-",,,Middle-" und ,,Lower-Management'' (oberes, mittleres und unteres Management). Zur Fuhrung eines Unternehmens gibt es verschiedene Prinzipien, unter anderem: Management by Exception, Fuhrung im Ausnahmefall im Rahmen eines stark dezentralisierten Fuhrungskonzeptes. Management by Delegation, Fuhrung durch Ubertragung von Verantwortung auf nachgeordnete Mitarbeiter. Lean Management, Fuhrung durch Verschlankung der Verwaltung und Abbau von Hierarchien. Als Erganzung hierzu mug jedoch gesagt werden, daB die weltweit beschleunigte Globalisierung der Wirtschaft viele der klassischen Fuhrungsmethoden ,,uberrollt". Fur nicht wenige Unternehmen bleibt daher kaum geniigend Zeit, das eine oder andere Fuhrungsprinzip in einem sinnvollen Rahmen anzuwenden oder auszubauen.
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G Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
Zum Begriff Management nun die Bemerkung: Fiihmng - insbesondere Fuhrung in komplexen und hochkomplexen Unternehmensablaufen, an denen Menschen, Material-, Energie- und lnformationsprozesse beteiligt sind, setzt immenses Wissen und Kosten voraus - wie auch imrner es erworben, gespeichert und abgerufen wird, wenn man sehr sicher sein will, daR die nachste Entscheidung auch wirklich die richtige ist! Das ist ahnlich wie bei der Navigation eines Schiffes: man muB die Ausgangsposition so genau festlegen wie das Ziel. Durch die Variabilitat der wirtschaftlichen Ziele ist der zu betreibende Aufwand fur den nachsten richtigen Schritt jedoch weitaus groRer. Management bedeutet Fuhrung, aus Fuhmng leitet sich Steuern ab. Dies ist ein rein technisch-wirtschaftliches Prinzip, mit Vorteilen, aber auch grogen Nachteilen. Einer der Nachteile wurde soeben envahnt. Es sei noch kurz die Anmerkung erlaubt, daR offensichtlich eine Art Fuhrung in der Natur, irn strengen technischen Sinn, nicht vorkommt. Zwar fuhrt die sogenannte Leitgans im energiesparsamen V-formigen Flug ihre Artgenossen, zwar fuhrt eine Ameisen- oder Bienenkonigin ihren Staat, zwar fuhrt ein Leitwolfsein Rudel, zwar fuhrt der Elefantenbulle seine Herde aber die Sicherung des Fortbestehens in der komplexen Umwelt hangt weniger von gezielten Befehlsstrukturen, sondern eher von adaptiv wirkenden Mechanismen aller Beteiligten ab. Technisch ausgedriickt: Weniger steuern, dafur mehr regeln (wie in Kapitel 5.2.3 definiert) hilft, in einer komplexen Vernetztheit das Uberleben zu sichern. 6.2.2
Die Wenn-dann-Logik des Miglingens irn Organisationsrnanagernent
Die Wirtschaft und in ihr die Verpackungswirtschaft bewegt sich mit hohem Tempo in die Globalisierung und kontinentiibergreifende Vernetzung. Der Name Mergers Sr Acquisitions (MSrA), Zusarnmenschlusse und Erwerb von Unternehmen, ist in letzter Zeit zu einen ,,stehenden" Begriff geworden. Produktinnovationszyklen werden irnmer kurzer. Beschleunigung ist der Fetisch, dem sich auch jede neue Struktur eines Organisationsmanagments beugen mug, ob es nun Outsourcing (Ausgliederung von Unternehmensbereichen zu selbstandigen Wirtschaftsunternehmen), Reenginneering (Umstrukturierung des Maschinenparks) oder Just in Sequence (zeitgenaues Zuliefern von Produktionsteilen zu Einsparung von Materiellagern und Materialkosten) genannt wird. Wieviel Verpackungen verkaufe ich in kurzester Zeit, ist der Leitgedanke des okonomischen Spiels einer dualen Wenn-dann-Logik, die Verpackungsindustrie und Verpackung miteinander zusammenschweiRt. Die dritte Komponente in diesem verpackungsorganisatorischen Spiel, der Verpackungslebensweg, wird in seiner vollen Breite vernetzter ruckgekoppleter Abhangigkeiten (siehe Okobilanzen) nur zogerlich berucksichtigt, wie die kleinen Doppelpfeile in Abbildung 6.2.1unten, zwischen Verpackungstechnik und Verpackungslebensweg einerseits sowie Verpackung und Verpackungslebensweg andererseits, andeuten sollen. Das Verpackungsorganisationsrnanagment starkt zu allererst die okonomischen Einflusse auf die Verpackung. Naturvertragliche und gesellschaftliche EinfluBfaktoren werden mit weit geringerer Prioritat beriicksichtigt. Der obere Teil in Abbildung 6.2.1 stellt zusamrnenfassend die zum Teil bereits vorab genannten
6 2 Technisches Organisationsmanagement der Verpackung
Wirtschaftlichkeit
=
3
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Umsatz
Humanokologische Folgewirkungen
Rohstoffverbrauch
Rentabilitat
VerbraucherUmwelt-Verbande
Luft-, Boden-, Wasserbelastung
Produktiviut
Gesetzliche Restriktionen
Energiewandlungsprozesse
Wachstum
UmweltVersicherungen
Herstellung kunstlicher Materialien
Gewinn
Umweltkriterien bei Kreditvergabe
Transporte
Shareholder value<
Einklagbare Umweltbeeintrac htigung
Entsorgung kilnsticher Materialien
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Verpackung
Verpackungstechnik
Gesellschaft Abb. 6.2.1 Wirtschaftliche, soziale und okologische Einflusse i m verpackungstechnischen Organisationsmanagement (tabellarische Darstellung).
EinfluBmerkmale der 3 grundlegenden Wirkungsfelder Wirtschaft, Gesellschaft und Natur auf die technische Verpackung heraus. Nach diesen Vorbemerkungen wollen wir Schritt fur Schritt das technische verpackungsorganisatorische Denken und Handeln betrachten. Fur Konsumgiiter des taglichen Bedarfs lauft diese Logik beispielsweise wie folgt ab: Wenn viele Verpackungen produziert werden - Verpackungen stehen hier gleichzeitig auch fur das Packgut, also den verpackten Inhalt -, dann miissen viele Verpackungen verkauft
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G Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
werden. Wenn viele Verpackungen verkauft werden, dann wird vie1 konsumiert und vie1 weggeworfen. Wird aber vie1 konsumiert und weggeworfen, dann mussen wieder viele Verpackungen hergestellt und verkauft werden! So entstehen zwischen den einzelnen Lebenswegstationen eines okonomischen Verpackungsmanagements und den damit verknupften Gewichtungen wirtschaftlicher, sozialer und umweitlicher Einflusse, sich aufschaukelnde das heist verstarkende werin-dann-Ablaufe, die ursachlich fur unsere angehauften wirtschaftlichen Folgelasten verantwortlich sind. Hier stellt sich wiederholt die Frage: Wie konnen wir im Vorfeld der zum Teil verheerenden Folgen verpackungstechnisch instabiler Kreislaufe korrigierend eingreifen? Wie konnen wir uberhaupt erkennen, wann und wo wir problemvorbeugend und korrigierend beziehungsweise stabilisierend in diese Prozesse eingreifen mussen? Sicher ist, eine noch so detailreiche Auflistung der EinfluBgroBen nach der tabellarischen Darstellung in Abbildung 6.2.1 hilft nur sehr beschrankt. Wir wenden uns daher wieder dem bekannten systemischen Entwicklungswerkzeug Wirkungsnetz zu. Den generalisierten Lebensweg technischer Verpackungen mit Unternehmenszielen, die auf ein vorrangig quantitatives Wachstum fixiert sind, fassen wir - analog zu Taabelle 6.1.2- wieder in 4 Stufen zusammen: 4 grundlegende Arbeitsstufen irn verpackungstechnischen Organ isationsrnanagement
Tab. 6.2.1
vorrangig okoiiomisches Prodrizieren
Hri-stcllen
3. Stufe
tneilgenwachsturnsorientiertes Konsurnierm
Verbrauchtm
4. Stufe
steuerungsorieiitiertcR Entsorgeii/Verwrrten
Wcgwerfeen
2.
Stufe
Dieser verpackungstechnische Vier-Stufen-Prozeg fordert ein okonomisches Output-Management. Denn in erster Linie unterstiitzen die wirtschafilichen Ziele ein Mehr an Veredelungsprodukten, also an Austragen (Outputs)- mit allen bekannten Konsequenzen. Wir konnen nun diese Stufen aus unternehmensspezifischer Sicht in kleinere Organisations- und Arbeitsablaufeinheiten - ahnlich dem biologischen Vier-Stufen-ProzeB- unterteilen und bewerten. Es entsteht ein Heer von verpackungstechnischen Spezialisten, gespickt mit Detailkenntnissen, die nicht selten auf isolierte Probleme angewandt werden und daher den gesamten Verpackungsablauf unberucksichtigt lassen. Was erfahren wir nun durch diese deterministische und produktfixierte Vorgehensweise iiber unseren wahren unternehmerischen Stellenwert im komplexen Verpackungsablauf? Wir konnen durch kurzfristige Steigerung der Kapital- oder Arbeitsproduktivitat und des Gewinns, aufgrund des hohen Grades an Spezialkenntnissen, schnelle Markvorteile enverben. Uber den tatsachlichen Stellenwert meiner wachstumsorientierten Unternehmensorganisation, im komplexen, kybernetischen Netzwerk von Konkurrenz, Kauferzahl, Wirtschaftsentwicklung, Preisen, gesetzlichen Restriktionen, Trends etc. weis ich - aufgrund fehlender Aussagen riickgekoppelter Zusammenhange - wenig bis nichts.
6 2 Technisches Organisationsmanagement der Verpackung
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205
Das ist die fatale Konsequenz aus der Wenn-dann-Logik des Mifilingens! Aber genau diese zuletzt genannten fehlenden Unternehmensinformationen werden durch systemische aggregierende Wirkungsgefiige sichtbar und bearbeitbar. Mit den darin enthaltenen riickgekoppelten verpackungstechnischen Vorgangen zeigen sie die ganze Breite der Verpackungsperspektiven und -probleme auf. Daraus konnen nun unmittelbare SchluBfolgerungen fur nachhaltige Problemlosungen abgeleitet werden. Verpackungsingenieure besitzen daher mit diesem systemischen Instrument eines visualisierten, technischen Wirkungsgefiiges uber den Verpackungslebensweg ein leistungsstarkes Planungs- und Entwicklungswerkzeug. Von wesentlichem Interesse bleibt also die methodische Herangehensweise an das zu losende Problem. Abbildung 6.2.2 zeigt - wieder im Ausschnitt - ein derartiges Wirkungsgefuge. Die okonomische Wertschopfungskette im verpackungstechnischen Organisationsmanagement besitzt keinen integrierten Kontrollmechanismus fur wachstumsregelnde Ablaufe, in Abbildung 6.2.2 durch die Uberzahl positiv verstarkender Riickkopplungen erkennbar. Die in diesem Bild angedeuteten gesetzlichen Umwelt-
-
+
Gleichlaufigevcrstiirkende Wukung
-
Gegenlaufige schwkhende W u h g
Abb. 6.2.2 Ausschnitt aus dem kybernetischen Wirkungsnetz des verpackungstechnischen Organisationsrnanagements.
206
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Organrsationsmanagement der Verpackungsbionik
auflagen innerhalb des kontrollierenden Regelmechanismus mit negativer (-) Ruckkopplung, uber die Stellen Produzieren, Konsumieren, Wegwerfen, Umweltbelastung und gesellschaftliche Folgelasten, sind aber nicht notwendigenveise das entscheidende Instrument fur die zielstrebige Eindammung unserer problemreichen Verpackungsstoffe. In Abbildung 5.2.4 wurde auf den Grad der BeeinfluBbarkeit gesetzlicher MaBnahmen schon aufmerksam gemacht. Im Grogen und Ganzen bleibt die Aussage bestehen: Die ruckgekoppelten Wirkungsnetze des verpackungstechnischen Organisationsmanagements fordern ein exzessives Mengenwachstum. Abbildung 6.2.2 druckt dies symbolisch aus durch den zentralen Kreislauf mit positiver (+) Ruckkopplung! Der Unterschied der Wirkungsnetze in den Abbildungen 6.1.1und 6.2.2 ist deutlich und braucht an dieser Stelle nicht weiter erlautert zu werden. Verknupfen wir nun noch die tabellarisch aufgelisteten verpackungstechnischen Einfliisse aus Abbildung 6.2.1,in Form eines riickgekoppelten Wirkungsnetzes, miteinander, wie in Abbildung 6 2 . 3 geschehen. Aus dieser Verkniipfung der globalen Einfluf3groBen in den Abbildungen 6.2.2 beziehungsweise 6.2.3 konnen fur eine daraus resultierende konkrete VerpackungsProblemfindung und -Problemlosung 6 entscheidende SchluBfolgerungen gezogen werden: I.
2.
3.
4. 5.
6.
Die vernetzte Darstellung mit den daraus qualitativ und quantitativ erarbeitbaren Aussagen gibt realistische Bewertungsmahtabe uber den tatsachlichen Stellenwert einer wachstumorientierten Unternehmensorganisation. Mogliche Schwachstellen, Starken und Puffer werden durch die Ruckkopplungseffekte deutlich angezeigt. Problemlosungen in ,,abgeschlossenen Systemen" konnen nach wie vor kausal gelost werden, wenn die Ergebnisse integraler Teil der vernetzten, ruckgekoppelten Systemeinflusse der Verpackung oder des Verpackungsprozesses sind. Probleme konnen vorbeugend und damit folgekostenvermindernd bearbeitet werden. Der unternehmensinterne Ablauf verpackungsspezifischer Aufgaben ist wirksamer erfagbar und - falls erforderlich - storungsfreier und sicherer korrigierbar. Innovative Ansatze zu symbiotischen, hnktionalen und umweltokonomischen Verpackungsablaufen und Verpackungsprodukten konnen friiher erkannt und umgesetzt werden.
Unter Einbeziehung dieser G SchluBfolgerungen bewegen wir uns generell aufeine entscheidende Ubergangsstelle des Denkens und Handelns innerhalb des verpackungstechnischen Organisationsmanagments zu: auf die sinnvolle Verkniipfung zwischen linearen kausalen und nachhaltigen umweltvertraglichen Entwicklungsstrategien. Das Gelingen dieser Korrespondenz des Lemens, die in Abbildung 6.2.4 in seiner allgemeinen Form wiedergegeben ist, wird maBgebend dazu beitragen, den postulierten Paradigmenwechsel zur Erfullung des zukunftsweisenden umweltokonomischen Ziels Nachhaltigkeit adaptiv und fehlertolerant fur alle Beteiligten zu vollziehen.
G.2 Technisches Organisationsmanagement der Verpackung 207
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t
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(1 Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
Wie kann nun diese Korrespondenz des Lernens als Leitfaden fur eine bionische Lernstrategie verstanden werden? Abbildung 6.2.4 skizziert hierzu 2 Verlaufe des Lernens. Die linke Halfte des Bildes zeigt den konventionellen Lernverlauf, die rechte den bionischen Lernverlauf. Die ubliche Vorgehensweise fur Materialentwicklungen in der Verpackungstechnik (linke Bildhalfte) nutzt die Werkzeuge und Lernhilfen klassische Ingenieurstechnik und das vorhandene natunvissenschaftlich nutzbare Instrumentarium (Ebene der makroskopischen Beschreibung und technischen Umsetzung). Hiermit werden Materialuntersuchungen bis in die atomare Grogenordnung hinein durchgefiihrt (Ebene der mikroskopischen Beschreibung). Charakteristisch fur dieser Vorgehensweise ist, da&viele Details eines Materials fur Verpackungen erforscht und entwikkelt werden, aber die Zusammenhange zwischen den einzelnen Detaillosungen und deren Wirkungen uber den technisch-wirtschaftlichen Handlungsrahmen des angestrebten Verpackungsproduktes hinaus, wenig Erkenntnisse liefert. So kommen viele Verpackungen auf den Markt (Ebene der wirtschaftlichen Nutzung und Anwendung), die ingenieurtechnischen und wirtschaftlichen Anforderungen genugen, aber gleichzeitig im Lebensumfeld Folgeprobleme verursachen, die wiederum mit neuen Detailforschungen (Folgekosten) zu losen versucht werden, was selten vollstandig gelingt. Hier zeigt sich die Grenze fur die klassische Vorgehensweise der Folgenbeseitigung im komplex vernetzten Umfeld. Die rechte Halfte von Abbildung 6.2.4 postuliert eine methodische Lernstrategie, die - analog zur Natur - evolutionare Prinzipien und Strategien zur Erforschung und Entwicklung von Materialien fur technische Verpackungen nutzt (Ebene der makroskopischen Beschreibung und technischen Umsetzung). Aufgrund der Jahrmillionen langen experimentellen Bewahrung und zielstrebigen Weiterentwicklung beziehungsweise Optimierung von biologischen Verpackungen fur die verschiedensten Zwecke ist Nachhaltigkeit zu einem mitentscheidenden Zielkriterium geworden. Daran orientiert sich auch die Technische Biologie und Bionik, die mit Hilfe ihrer Werkzeuge und Lernhilfen bioanaloge Materialfoschung und -entwicklung fur Verpackungen betreibt. Die biologischen Verpackungsvorbilder werden in ihrer Wirkungsumgebung erfaf3t und unter Beriicksichtigung genetischer und organischer Kriterien (Ebene der mikroskopischen Beschreibung) ganzheitlich analysiert. Die evolutionsorientierte materialtechnische Entwicklung einer bionischen Verpackung, wird aller Voraussicht nach fur den Markt weniger Folgeprobleme (Ebene der wirtschaftlichen Nutzung und Anwendung) verursachen, weil diese durch die ganzheitliche Lern- und Entwicklungsstrategie in einem zeitlich sehr fruhen Stadium vor dem Markteintritt mit berucksichtigt wurden. Bionische Verpackungen lassen demzufolge fur den Markt, durch ihre folgenvermeidende Wirkung, nachhaltige okonomische und okologische Vorteile envarten. Die evolutionar orientierte Lernstrategie stellt die ProzeB- bzw. Systemidentitat in den Mittelpunkt einer ganzheitlichen Losungsstrategie. Demgegenuber sieht die eher kausale, reduktionistisch orientierte Lernstrategie die Produkt- bzw. Objektidentitat als Kern des Handelns. Eine Korrespondenz beider Lernstrategien wurde die naturanaloge Entwicklungsmethode fur bionische Verpackungen mit dem weitreichenden Erfahrungsschatz
I
6 2 Technisches Organisationsmanagement der Verpackung 209
Korrespondenz des Lernens
,
Strategie zur Verpackungsmaterialentwicklung ~~~
Ebene der wirtschaftlichen Nutzung und Anwendung
Gesellschaftliche Bedurfnisse Produkte, Verfahren, Dienstleistungen
-I
___~
Mawrodukt
MarWProdukt
Okoeffizient Kosteneffizient Zeiteff izient Fehlertolerant Folgeprobleme . _
Technische Biologie und Bionik Materialtechnische Grundlagen
Evolutionsstrategien
Analyse und Simulation organischlgenetischer Prozesse
F d e r mikroskopischen Beschreibung
Abb. 6.2.4
~- -
Nachhaltigkeit ~
-.
Korrespondenz des Lernens am Beispiel der Materialentwicklung fur Verpackungen.
210
I
6 Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
klassischer ingenieurs- und natunvissenschaftlicher Verpackungsforschung und -entwicklung verschmelzen. Dies gelingt dann, wenn diese Gesamtstrategie zur Verpackungsmaterialentwicklung Detaillosungen der konventionellen Lernstrategien nicht isoliert, sondern im Wirkungsfeld ganzheitlich Verpackungseinflusse vernetzt integriert.
6.3 Bionisches Organisationsmanagement - BOM Vision fur eine ganzheitliche nachhaltige Verpackungswirtschaft
Die Verpackungsbionik entwickelt technische Verpackungsinnovationen nach biologischem Vorbild. Diese Innovationen sind in der Mehrzahl handfeste Podukte, im wahrsten Sinn des Wortes. Sie sind auf den ersten Blick optisch erkennbar und physikalisch fuhlbar. Diesen materiellen Vorzeigeobjekten stehen imrnaterielle bionische Verpackungslosungen zur Seite. Es sind ProzeB- bzw. Organisationslosungen, aus denen letztlich okonomische und okologische Verpackungsvorteile erwachsen, die nicht minder zur nachhaltigen Wertschopfung, beispielsweise zu einer hoheren Ressourcenproduktivitat beitragen konnen und beitragen. Die optimierten Handlungsablaufe beziehungsweise Organisationsprozesse der Natur beinhalten Prinzipien, die fur organisationsbionische Anwendungen in der Technik wirksam genutzt werden konnen. Exponierte Beispiele sind das Prinzip der gekoppelten Dezentralisierung, das Prinzip der kleinraumigen Verbunde, das Prinzip der Selbstorganisation, das Prinzip der kollektiven Intelligenz (Wehner 2 0 0 0 ) bzw. der supraorganismischen Verbiinde und damit auch der regionalen emergenten Weiterentwicklung (Kuppers 2000). Diese evolutionare Tendenz der biologischen Organisationsentwicklung ist in Abbildung 6.3.1 auf technischer/verpackungstechnischer Organisationsebene abgebildet. Auf ahnliche Weise wie die biologischen Individuen und Populationen ihr ,,FitneRprofil" zur Uberlebenssicherung systemisch erarbeiten, genauso konnen technische Unternehmensorganisationen ihr Anforderungsprofil nachhaltig optimieren, in Abbildung 6.3.1 als uF/PF/yF (A, K, R, U ) beziehungsweise AF (A, K, R, U) bezeichnet. E s stehen aF/PF/yF fur individuelles lokales Anforderungsprofil, AF fur emergentes globales Anforderungsprofil, A fur Arbeitsproduktivitat, K fur Kapitalproduktivitat, R fur Ressourcenproduktivitat und U fur Umweltvertraglichkeit. Die grundlegenden Lebenswegstationen der nachhaltigen biologisch/unternehmerischen Prozesse sind wieder die bekannten und in Abbildung 6.3.1abgekurzten kreislauforientierten Aktivitaten Produzieren (P), Konsumieren (K) und Wiedervenverten (W)mit weiteren vernetzten Tatigkeiten wie zum Beispiel Wiedervenvenden (Ww) und temporares Entsorgen (E). Die Basis fur unternehmensorganisatorische Symbiosen, die - wie der biologische Begriff transportiert - aus einem kleinraumigen Verbund branchenungleicher Partner zum gegenseitgen Vorteil vollzogen wird, ist der jeweilige Verpackungslebensweg, mit dem die Partner direkt oder indirekt verbunden sind. Die Sequenz der Abbildungen 6.3.2 und 6.3.3 zeigt das heuristische Wirkungsnetz des Ver-
-
Abb. 6.3.1
Prin
Lokale
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4
Energieverbund C-B
Prirnarenergie A
UnternehmenBranche 6
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Emergentes globales Organisationsnetz als Resultat lokaler Wirtschaftssymbiosen.
Unternehmen/Branche A
F
lokale Individualitatsentwicklung
globale Verbunde
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Netze
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Unternehmen/Branche C1
U
Energieverbund 6 - ...
Emergentes globales Netzwerk
212
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Organisationsrnanagernent der Verpackungsbionik
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6.3 Bionisches Organisationsmanagement
- BOM
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213
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214
I packungslebensweges und die vernetzten Verpackungseinflusse. Fur die bildhafte 6 Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
Darstellung des in der Regel realen Umfeldes des zu untersuchenden Verpackungslebensweges rnit seinen vernetzten Einflussen wurde in unserem Beispiel (Abb.6.3.2) symbolisch der Hintergrund eines intakten kleinraumigen Naturraumes mit seinem maandrierenden FluEverlauf wiedergegeben - nicht ohne Grund! Denn das Ziel jeder systemeffizienten produktinnnovativen Verpackungswirtschaft ist und bleibt die nachhaltige Korrespondenz rnit der Natur und damit der weitgehenden Akzeptanz der uber Jahrmillionenadaptiv optimierten, effizienten Naturleistungen. In einer praxisspezifischen Problemlosung wiirde - statt des maandrierenden Flusses - der zu untersuchende Verpackungs-Lebensraum, also das reale Umfeld, beispielsweise das Infrastrukturbild einer Gemeinde oder eines Gewerbegebietes oder auch eines Behorden-Gebaudekomplexes bildhaft, dem Wirkungsgefiige der Verpackungseinfliisse hinterlegt werden. Ausgehend von dieser Systembetrachtung globaler und insbesondere lokaler Organisationsstrukturen des Verpackungslebensweges, die die Nachhaltigkeit kleinraumiger Wirtschaftverbiinde fordern sol], fragen wir: Warum sollte sich zum Beispiel ein Packstoffhersteller nicht mit einem nahen Krankenhaus vernetzen, wobei der erste Partner uberschussige Energie liefert und der zweite Partner die Dienstleistung der betrieblichen Krankenversorgung des Verpackungsabfiillers ubernimmt? Warum sollte sich ein Packmittelhersteller fur Glasflaschen nicht mit einem Unternehmen fur Leuchten in lokaler Arbeitsgemeinschaft zusammenschlieBen,wenn ersterer durch den Verkauf nicht wiederverwendbarer Glasverpackungen einen Mehrerlos erzielt und der Leuchtenentwickler preisgunstiges wiedervenvertbares Rohmaterial erhalt, mit dem neue Produktideen venvirklich werden konnen? Und schlieglich: Warum sollte sich ein im regionalen Umfeld wirkendes Verpackungs-Unternehmen fur Lebensmitteltransporte nicht mit lokalen Poststationen oder - mit gewissen Einschrankungen - Firmen der Investitionsguterindustrie verknupfen, um die haufig stattfindenden Leerfahrten zu vermeiden? Die Kosteneinsparung ware bei allen Beteiligten nachvollziehbar. Beim Lebensmitteltransporteur dutch den Mehrerlos zusatzlicher Warentransporte, bei den anderen Partnern durch Kosteneinsparung von Sachmitteln und Investitionen. Daruber hinaus wurde die Umwelt durch die konsequentenveise reduzierten Tranportmittel fur mehrfache Parallelfahrten weniger belastet. Die skizzierten 3 Beispiele zeigen den Weg, durch Erkennen von Entwicklungspotentialen in konventionellen wertverhindernden ProzeBablaufen und Organisationsstrukturen umweltokonomische Vorteile durch Schopfung von produktivem Mehnvert zu entwickeln und praktisch anzuwenden. Aber wie erkennen wir diese brachliegenden Felder potentieller Mehrwertschopfung ? Vor allem durch die Methode der systemischen Analyse und Bewertung verpackungstechnischer und naturlich anderer materieller und immaterieller Ablaufe! In den Industrielandern stehen wir - mit wenigen Ausnahmen - noch am Anfang dieser evolutionaren aber nachhaltigkeitsfordernden Wirtschaftsprozesse, einer Entwicklung, die auch als Globalisierung von unten umschrieben werden kann.
6.3 Bionisches Organisationsrnanagernent - B O M
In Schweden und Japan sind erste erfolgreiche Projekte nachhaltiger Wirtschaftsprozesse bereits gestartet beziehungsweise umgesetzt worden. In einigen Nichtindustrielandern erzielt man mit neuen kleinraumig efizienten Plantagen-Verbundsystemen nachhaltig wirksame Produktivitatssteigerungsraten. Damit verbunden ist das Naturprinzip des ,,Upsizing", des Aufbaus von Industrieclustern (Industrieverbunden) mit verlustarmen stoflichen Wiederverwertungskreislaufen und das uber allem stofflichen Verarbeitungsschritten stehende Naturprinzip des ,,Zero-Emission-Prozesses", einer ,,Null-Abfall-Wirtschaft". In seinem Buch rnit dem Titel Upcycling beschreibt Pauli (1999) sehr ausfuhrlich diese Wege des nachhaltigen Wirtschaftens, mit Beispielen naturnaher Stoffverarbeitungsschritte, unter anderem aus der Brauereiindustrie. Bleiben wir aber - auch aufgrund der zuletzt genarinten Methode zur Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Prozesse - realistisch. Sicher ist eine Wirtschaft ohne Abfall und damit auch ohne zusatzliche Schadstoffe eine Vision. Aber - man mug Visionen haben, um sie verwirklichen zu konnen! Die Natur und ihr Verpackungsmanagement zeigt uns den Weg. Es sol1 an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, daB die starke wirtschaftliche Fixierung auf den Umsatzindikator (Bruttosozialprodukt BSP bzw. Bruttoinlandsprodukt BIP) und aufden scheinbaren Wert des ,,shareholder value" die groBte Hurde fur umweltokonomische Nachaltigkeit ist. Der ,,shareholder value" kann beschrieben werden als Aktie (Anted am Grundkapital eines Unternehmens), dessen Wert (value)die Starke eines Unternehmens wiederspiegelt, oft auch nur scheinbar wiederspiegelt. Der Halter diese Aktie (shareholder) bestimmt maggebend die Unternehmensstrategie. Noch domininieren zu sehr linear-kausale entsorgungsreiche Verpackungsprozesse eine systemische entsorgungsarme Kreislaufwirtschaft fur Verpackungen. Die direkte Verknupfung von Wachstum mit Wohlstand (hier materieller Wohlstand) im Umfeld zunehmender Globalisierung und beschleunigter Arbeitsprozesse zieht daruber hinaus Arbeitsstrukturen nach sich, die schon langst in Vergessenheit geraten waren. Die aufflackernde Renaissance des Taylorismus (Kempe zooo), der fliegbandpragenden, ZeitgestiickeIten und menschenbelastenden Arbeitsteilungen ist eine davon. Sie zeigt sich sowohl im produzierenden Gewerbe, zum Beispiel in der Automobil-Industrie, als auch bei Dienstleistern in den zahlreich aufkommenden ,,Call-Centern" (Ruf- oder Auskunftzentren). Beide Beispiele von wieder hochaktuellen neuen Arbeitsorganisationen in unserer globalisierenden Wirtschaft sind Hindernisse fur nachhaltige umweltokonomische Wirtschaftsstrukturen, die sich an einem sogenannten Nachhaltigkeitsindikator Okosozialprodukt (OSP)orientieren. Sowohl der Wachstumsindikator BSP als auch der Nachhaltigkeitsindikator OSP sind zusammen mit handlungsorientierten Merkmalen in Abbildung G.j.4 gegenubergestellt. Die beiden Kurvenverlaufe sollen folgendes ausdriicken: Wachstum, das sich uberwiegend am Umsatz, zum Beispiel an der kontinuierlichen Zunahme der Gutermenge, orientiert, lauft Gefahr, mangels Ruckkopplung mit der realen Umwelt irgendwann zusammenzubrechen. Selbst wenn diese Zusammenbriiche nur in einem lokalen Umfeld stattfinden, so konnen sie unter Umstanden weitreichende Folgen nach sich ziehen, wie Beispiele aus der chemischen Industrie und
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215
Abb. 6.3.4 lndikatoren fur wirtschaftliches und umweltokonomisches VerpackungsOrganisationsmanagement.
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Leistungen der Natur bleiben unberiicksichtigt
I)
Immaterielle Wohlfahrt ist nicht berucksichtigt
I) Einkommens- und Vermogensverteilungenfehlen
I) Informelle Giitern und Dienste gehen nicht ein
I) Unwiederbringlicher Ressourcenverbrauch
I)
I) Steigender Wohlstand durch Wirtschaftswachstum
Energien Marerialien Diensfe
Brutto-Sozialprodukt
Umsutzindikator
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7
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0 Steigender Wohlstand durch angepaJtes Wachstum 0 Nachhaltiges Wachstum der Konsummenge 0 Warenwert beriicksichtigt Folgekosten w 0 Wertsteigerung durch Ressourcenproduktivitat 0 Sytemisches Management starkt Arbeitssicherheit 0 Evolutive Optimierung und bionische Innovationen
Energien Materiulirn Dien.w
Oko-Sozialp rodukt
Nachhaltigkeitsindikator
6.3 Bionisches Organisationsmanagement - BOM
der Energiewirtschaft gezeigt haben. Diesen Wachstumstrend spiegelt die linke Kurve in Abbildung 6.3.4 wieder. Demgegenuber zeigt die rechte Kurve anfangs ebenso einen Anstieg des Wachstums, jedoch nur bis zu einem bestimmten Grad. Der Punkt auf der Kurve symbolisiert ein ,,Fruhwarnsystem" fur weiteren Wachstumsanstieg ohne Riicksicht auf die vernetzten Umwelteinfliisse. Dementsprechend sol1 der anschlieBend weniger steile Kurvenverlauf ein zeitlich gesehen geringeres Mengenwachstum, dafur aber ein starkeres Qualitatswachstum einleiten. Dieser ZweiphasenZyklus des Wachstums, mit seinem typischen S-Kurven-Verlauf,ist charakteristisch fur viele bewahrte Wachstumsprozesse, die in der Natur ablaufen. Fur eine verpackungstechnische beziehungsweise wirtschaftliche folgenreduzierte Anwendung dieses Wachstumspfades weisen unter anderem die 6 Argumente unter der S-Kurve in Abbildung 6.3.4den Weg.
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6.3.1
Systemische Denkrichtungen und Denkhemmnisse
Es ist mit ein zentrales Anliegen dieses Buches, deutlich zu machen, daB die zukunftssichernde Entwicklung auch unserer verpackungsorientierten Lebens- und Arbeitswelt im wesentlichen davon abhangt, wie geschickt wir die zunehmende Komplexitat unserer Umwelt beherrschen beziehungsweise uns ihr anpassen. Wer kann von sich heute schon behaupten, daB er - selbst bei einem Borsengang kleinster Unternehmen - die komplexen Auswirkungen vollstandig erkennt? Und um wieviel schwieriger ist diese Erkenntnis erst bei globalisierenden multinationalen Konzernen? Offensichtlich gelingt es aber den vernetzten Organismen der Natur - wenn wir den Menschen in seiner, in geologischen Zeitraumen gemessen relativ kurzen Lebensperiode einmal ausklammern - Komplexitat in unvorstellbar hoherem Mag, als wires aus der wirtschaftlichen Globalisierung kennen, elegant zu bewaltigen und zudem noch Hochstleistungen am laufenden Band zu produzieren. Die Gewahrleistung des individuellen Fortschrittes in komplexen Wirkungsnetzen hangt dabei nicht so sehr von der Erfassung moglichst vieler vernetzter Einflusse ab. Die noch junge Wissenschaft, die sich mit fraktalen Strukturen und chaotischen Systemen in Natur und Technik beschaftigt, zeigt, mit welch verbluffenden Losungsansatzen in Form einfacher mathematischer Gleichungen Komplexitat beschreibbar und technisch nutzbar gemacht werden kann. Beispiele hierzu sind das Wachstum von Tierpopulationen, komplexe geometrische Pflanzenstrukturen, selbsterhaltende, symmetrisch stabile ,,Inseln" in chaotischen Flussigkeiten, komplexe betriebsorganisatorische Ablaufe und vieles mehr (siehe unter anderem Mandelbrot 1991,Briggs et. al. 1997, Eisenhardt et. al. 1995). Bis hierher haben Sie einiges uber Komplexitat gelesen und mitbekommen, daB ganzheitliches systemisches Denken eher als kausales lineares Denken dazu geeignet ist, Probleme im komplexen Umfeld zu losen. Moglichenveise haben Sie sich auch Gedanken dariiber gemacht, wie dieses vernetzte Denken durchfuhrbar ist. Auch hierfur gibt es Hilfen fur das postulierte verpackungsbionische Organisationsmanagement. In Abbildung 6.3.5 sind 7 dieser Denkrichtungen zusammengestellt und in kurzen Satzen erklart. Fur tiefergehende Informationen siehe Probst (1987).
217
218
I
G Organisationsmanagement der Verpackungsbionik
Denken
in verschiedenen
Wissen uber Lenkungsmodelle folgt aus verschiedenen Disziplinen
tionen bilden und erforschen.
w in Regelkreisen
im Rahmen von Informa-
Information ist gleichgewichtet mit Energie und Materie und Grundlage fur Lenkung.
im Rahmen von Kom-
Komplexitat wird nicht reduziert oder ubergangen sondern akzeptiert.
Denken in Ordnungsprozessen
Lenkungsstrukturen bestimmen die Komplexitat einer Ordnung und umgekehrt. Organisierte Ordnung kann immer nur von geringer, selbstorganisierte Ordnung kann von hoher Komplexitat sein. 7 systemische Denkrichtungen als integrale Bestandteile eines verpackungs bionischen Organisationsmanagements.
Abb. 6.3.5
Allein die Erkenntnis uber diese sinnvolle und wirksame Art der Kornplexitatsbewaltigung ist jedoch - leider - noch keine Gewahr dafur, daB man sie auch praktisch anwendet. Dies gilt fur die Verpackungstechnik genauso wie fur viele andere Industriebereiche, trotz stetig zunehmender komplexer Arbeitsstrukturen. Warum ist das so? Die Ursache - und darnit die Antwort auf die vorab gestellte Frage - liegt in den jahrzehntelang anerzogenen kausalen linearen Denkstrukturen von uns selbst. Nur
6.4 Klare Zielvorgaben aus komplexen Zusammenhangen
@ -
Es widerspricht unseren gewohnten Denkvorstellungen.
Verantwortlich fUr eine Sache sind meist die Anderen.
Bevor die Gefahr Fehler zu machen auftritt, indem Uber den eigenen Fachhorizont hinausgesehen wird, macht man lieber keine und zieht sich auf gewohntes Terrain zurUck.
Der Zeitdruck des Tagesge-
@-
fUr ,,neue" Gedanken.
Das ProblembewuStsein fur eine Produktentwicklung, fUr eine Innovation, bei sogenannten interdisziplintlren Besprechungen, mUndet oft in peranliche Profilierungsversuche.
Der Konkurrenzdruck ist gr06. Man mu6 immer ,amBall" bleiben.
Man fuhlt sich sicher im eigenen, Uberschaubaren Wirkungsfeld.
Eine sogenannte Hausdisziplin zwingt Mitarbeiter eine vorgegebene Denkrichtung auf.
Abb. 6.3.6 8 Hemmnisse fur ein neues systemisches Denken im Netzwerk eines verpackungsbionischen Organisationsrnanagements.
wenn es uns gelingt, unsere eigenen angeborenen Fahigkeiten, komplex zu denken wieder verstarkt zu aktivieren, werden wir in die Lage versetzt, Komplexitat zu erkennen und zu beherrschen. Denn nichts anderes vollzieht jedes unserer eigenen aus IOO Milliarden Neuronen bestehenden ,,Denknetze" in unseren Kopfen. Die hochst efiziente ,,Hardware" ist bei uns Verbrauchern - um wieder auf die Verpackungsthematik zu sprechen zu kommen - seit langem angelegt. Die Ubenvindung zur Verhinderung der erforderlichen komplexen ,,Denk-Software" durch die in Abbildung 6.3.6 zusammengestellten 8 Hemmnisse (und noch mehr) fur systemisches Denken ware ein selbstbewugter zukunftsweisender Schritt der Verbraucher und aller beteiligten Personen, die EinfluB auf die gegenwartig wenig nachhaltigen Verpackungslebenswege besitzen.
6.4
Klare Zielvorgaben a u s komplexen Zusammenhangen
Wo stehen wir nun am Ende dieses Kapitels G? Welche SchluBfolgerungen konnen wir ziehen? Sie als Leser haben sich in das Abenteuer komplexen Organisationsmanagements der Verpackung gestiirzt, in eine Vision also, die es noch Schritt fur Schritt zu venvirklichen gilt. Viele sprechen in dem Zusammenhang auch von
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G
Organisationmanagement der Verpackungsbionik
Paradigmenwechsel, einem Wechsel von okonomisch gesteuertem Wachstum und Wohlstand zu nachhaltig geregeltem Wachstum und Wohlstand. Eine ganz wesentliche Voraussetzung fur diesen postulierten Wechsel ist die Fahigkeit, reale Komplexitat zu erfassen und darnit umzugehen, statt sie risiko- und folgenreich zu vereinfachen. Dies geschieht zu allererst im Kopf der Problemloser. Erinnern wir uns noch einmal an dieser Stelle an die alltaglichen Hemmnisse, auftauchende Probleme realistisch und damit komplex denkend zu erfassen und nachhaltig zu losen. Es ist eben auf den ersten Blick leichter und erfolgversprechender aber nicht unbedingt nachhaltiger -, erkannte Zusamrnenhange bei Problemlosungen zu vereinfachen bzw. zu linearisieren. Die Gefahr dabei ist aber irnrner wieder, den real existierenden Gesarntzusammenhang der Einflusse auf Verpackungsprobleme aus den Augen zu verlieren. Aus dieser vielfach nachvollziehbaren Erkenntnis konnen 5 Zielvorgaben fur Verpackungsentwickler abgeleitet werden: I.
Da lineares Denken weiterhin Teil der eingeschlagenen Suchstrategien bleibt, aber in jedem Fall innerhalb iibergeordneter komplexer Zusammenhange stattfindet, sollten die erzielten Losungen irnrner auf mogliche vernetzte Folgen hin uberpriift werden.
2.
Vernetztes Denken fuhrt in realer komplexer Verpackungsurngebung zu realistischeren, folgetoleranten Problemlosungen.
3. Der generelle Leitfaden fur eine bionische Lernstrategie in bezug auf eine nachhaltige Verpackungsentwicklung, ist die systernatische Korrespondenz des Lernens nach Abbildung 6.2.4. Die Gegeniiberstellung der skizzierten grundlegenden 4 Arbeitsstufen im biologischen und technischen Verpackungsrnanagernent, also das naturlich Produzieren-Konsumieren-Reduzieren-kontrollierter Ressourcenabbau einerseits und Ressourcenabdas technische Produzieren-Konsumieren-Wegwerfen-exzessiver bau andererseits, zeigt klare Nachhaltigkeitsvorteile zugunsten der Naturstrategie. Der damit verkniipfte organisatorische AblaufprozeB kann durch bionische Strategien technisch adaptiert werden. Hieraus folgt Zielvorgabe 4: 4. Sogenannte riickgekoppelte Wirkungsnetze von Einflussen auf Verpackungen
sind die Basis fur die (siehe unter anderern Abbildungen 6.1.1,6.1.2,6.2.2,6.2.3) Erfassung kornplexer Zusammenhange. Werden diese offen strukturierten Verpackungs-Wirkungsnetze von unternehmerischen Ablaufen in einem gewachsenen lokalen Wirtschaftsraum derart miteinander verknupft, daB symbiotische, wiederverwertbare und weitere nachhaltige unternehmerische, branchenubergreifende Verbunde entstehen, ist dies der erste Schritt zu einer ,,Globalisierung von unten". Selbstorganisatorische Verpackungsablaufe in kleinraurniger und folgentoleranter Mischwirtschaft waren die nachhaltige Folge dieses Resultates eines bionischen Organisationsrnanagement-Ansatzes. Daraus folgt die 5. Zielvorgabe:
5. Kleinraumige lokale Mischwirtschaftsverbiinde (Abbildung 6.3.1) starken
- in gegenseitiger Abhangigkeit - die eigene Wirtschaftskrafi und die der Kommunen. Eine Erhohung der Wirtschaftskraft erfolgt durch lokale - nicht durch glo-
6.4 Klare Zielvorgaben aus komplexen Zusammenhangen
bale - Zusammenschlusse zu emergenten Verbiinden. Dies gewahrleistet die Kontinuitat eines lokalen angepaBten Wachstums ohne grogere Folgeprobleme. Kleinraumige Zusammenschlusse aus gewachsenen Produktions- und Dienstleistungsstrukturen konnen im Prinzip an jeder Stelle des Verpackungslebensweges erfolgen, wie das heuristische Wirkungssystem des Verpackungslebensweges in den Abbildungen (3.3.2 und (3.3.3 versucht zu vermitteln. Wesentlich ist nur die Beriicksichtigung der Ruckkopplungseffekte, die iiber den Bereich der Wirtschaft hinaus auch alle anderen grundlegenden Lebens- und Arbeitsbereiche betreffen.
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Aus technischen Gründen bleibt diese Seite leer
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Clobalisierung der Verpackungsstrome Verletzung bewahrter nachhaltiger Naturprinzipien? 7.1 Verpackungsmaterial, Verpackungsvolumen und Verpackungsmasse
Die Produktivkraftder Natur schafft jahrlich unvorstellbar grolSe Mengen an Biomasse (geschatzt werden ca. 1850Mrd. t) (Gleich et. al. 2000). Sie wird zum weit ubenviegenden Teil von pflanzlichen Organismen erzeugt. Daran haben von Menschen kultivierte Planzen jedoch nur einen minimalen Prozentanteil. Alle Organismen schutZen ihre Biomasse durch individuelle funktionale Verpackungen. Dabei venvenden sie ausnahmslos dieselben - mehrfach envahnten - wenigen Universalbaustoffe Chitin, Keratin und Zellulose als materielle Grundbausteine. Mit dieser Hand voll Naturgrundmaterialien werden Volumina vielfaltigster Gestaltungen verpackt, die weitreichende evolutionare Optimaiitatskriterien fur Funktion, Form und systemorientierte Verarbeitung erfullen. Das Materialmanagement der Natur gestaltet und verarbeitet demnach mit wenigen Grundmaterialien einen riesigen Berg von vollstandig wiedervenvertbarer Biomasse, wozu in nicht unerheblichem Rahmen auch die Verpackungsbiomasse zahlt. Die Natur betreibt damit ein uberaus erfolgreiches ,,Input-Management",eine effiziente Rohstoffwirtschaft. WENIG ist MEHR ist das nachhaltige Handlungsprinzip fur verpacktes Leben. Es kann in diesem Zusammenhang durchaus zu einem Leitgedanken fur die Material-Entwicklung technischer Verpackungen und die vielfaltigen Anforderungen und Eigenschaften technischer Verpackungen werden. Wahrend die Natur spielend mit ihren Materialien fur Verpackungen experimentiert, ohne den individuellen Fortschritt zu behindern, fordert die nur uber Jahrzehnte entwickelte Technik der Verpackungen eine groBe Vielzahl synthetischer Verpackungsmaterialien und entsprechender Verbunde. Viele dieser auf kunstlichchemischem Weg erzeugten Materialien sind Fremdkorper fur die Natur. Eine Konsequenz daraus ist, daB diese Kunststoffe nur in sehr langen, teils in geologischem MaBstab angelegten Zeitraumen nahrlich abgebaut werden konnen. Diese Materialien bilden demnach eine zusatzliche Belastungs-Masse technischer Art, die sich nicht im Kreislauf hundertprozentig wiedervenvertbarer Verpackungs-Biomasse der Natur nahtlos einfugen lafit. In der Regel ziehen diese Verpackungskunststoffe auf der ganzen Breite des Verpackungslebensweges erganzende technische Arbeitsschrit-
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I te, in Form von Prozessen und Anlagen nach sich, die in nicht seltenen Fallen neue 7 Globalisierung der Verpackungsstrorne - Verletzung bewahrter nachhaltiger Naturprinzipien?
additive Umweltprobleme mitfuhren. MEH R ist MEHR ist das folgenverursachende Handlungsprinzip fur verpackte Technik. Das zeigt sich uberdeutlich am Problem des Entsorgungsvolumens von Verpakkungen. Nicht die Verpackungsmasse ist das eigentliche Problem bei der Entsorgung, sondern die kunstlich aufgeblahten, mechanisch stabilen Leervolumen (vergleiche hierzu die Abbildungen 2.7.2 und 2.7.3). Kunstliche Verpackungen mogen in vielen Fallen hinreichenden Schutz fur Packguter oder Schutz der Verbraucher gegen gefahrliche Packguter geben. Uber den Lebensweg betrachtet sind sie jedoch selten durchoptimiert. Diejenige Generation von Menschen, die Verpackungskunststoffe erzeugt, wird innerhalb ihrer Lebensspanne in den seltensten Fallen auch nachhaltig wiederverwertbare Losungen fur die Kunststoffe entwickeln. Die Betonung liegt hier auf nachhaltig und damit aufumweltvertraglich. Noch ist das so, weil einseitig ausgerichtete, technisch okonomische Ziele eine fundamentale Richtungsanderung unserer Wirtschaftsstrategie durch sukzessive Schrittfolgen in Richtung Nachhaltigkeit verhindern. Wir burden daher unseren nachkommenden Generatiorlen auch durch die Verpackung gegenwartig noch viele Probleme auf, fur deren nachhaltige Beseitigung unsere Generation eigentlich verantwortlich sorgen sollte. Bezogen auf unsere Materialwirtschaft steht - zeitlich gesehen - okonomische globale Beschleunigung in einem krassen MiRverhaltnis zu nachhaltiger Wiedervenvrrtung. Wir mussen zukunftig vermehrt lernen, Langsamkeit als einen nachhaltigen Wert fur technische ganzheitliche Verpackungs-Innovationen zu nutzen. Nur auf diese Weise wird es uns mit verpackter Technik gelingen, was das weitaus erfahrungs- und lehrreichere verpackte Leben vormacht.
7.2
Energieeinsatz und Verpackungsstrorne
Die Natur hat gelernt, augerst sorgsam mit Energie umzugehen. Man konnte sogar so weit gehen und die Evolution als einen Wettbewerb urn Energie-Nischen zu charakterisieren. Dort, wo Lebeswesen besser an Energie herankommen konnten oder dort wo neue Energiequellen erschlossen wurden, ging der evolutive Prozeg weiter. Begreiflichenveise hat der Kampfum die Energie bei vielen Lebewesen zu augerster Sparsamkeit und Bescheidenheit gefuhrt. Energieverschwendende Prozesse und Verfahren wurden allmahlich eliminiert. Sie konnten den strengen Rahmenbedingungen der Evolution nicht standhalten. Vermutlich haben die tauglichsten Lebewesen der Natur demnach auch gelernt, den grogten Nutzanteil (Exergie) der Energie fur sich einzunehmen und - basierend auf Prinzipien der Evolution - so die Basis fur eine schnellere Weiterentwicklung als andere zu schaffen. Die technischen Verpackungsstrome mugten, wenn sie nachhaltig funktionieren sollten, analoge Randbedingungen berucksichtigen wie die Natur. Dies ist aber nicht
7.2 Energieeinsatz und Verpackungsstrome
der Fall. DaB Energiepreise von Land zu Land variieren, ist sicherlich noch akzeptabel. Auch in der Natur ist Energie nicht uberall gleich leicht zu bekommen. Ungewohnlich ist aber der Umstand, daB die Energie fur internationale Transporte mit Schiff oder Flugzeug nicht besteuert ist, im Gegensatz zur Energie innerhalb von Nationalstaaten. Die Folge davon ist, daR Ferntransporte nicht unbedingt teurer sind als Nahtranporte. In Sudafrika findet man zum Beispiel Mineralwasser aus Norditalien, das zu einem gunstigeren Preis verkauft wird als sudafrikanisches. Andererseits liest man, daB sudafrikanisches Wasser in Japan einen Markt findet. Es ist auch langst ein gewohntes Bild, daB Massen von billigem Obst und Gemuse von der anderen Seite der Erde neben einheimischen Produkten angeboten werden. Es ist abgeschatzt worden, daR nicht selten ein Kilogramm Obst oder ein Liter Flussigkeit aus einem fernen Land ein aquivalentes Gewicht an Treibstoff verbrauchen. Welch eine Verschwendung und Umweltbelastung! Schlimm ist auch die Verzerrung des wirtschaftlichen Gleichgewichtes, das dadurch hervorgerufen wird. Lokale landwirtschaftliche Kleinbetriebe konnen mit den Massenprodukten aus fernen Gebieten oft nicht konkurrieren, vor allem wenn die Boden- und Witterungsverhalnisse nachteilig sind. Es kommt damit zu einer Verodung der landlichen Infrastruktur. AuRerdem wird die chemieorientierte Agroindustrie und die Monokoltur begunstigt, wenn die ganze Welt, ohne Einschrankung hinsichtlich der Entfernung und des Treibstoffverbrauches, zum Marktplatz wird. Neben den viel aufivendigeren Voraussetzungen fur Verpackungen und Logistik, die fur Ferntransporte notig sind, benotigt man in der Regel auch viel mehr Verpackungsmaterial, weil wegen der groBen Entfernungen fur den Rucktransport eine Wiederverwendung von beispielsweise Sammelverpackungen aus Ferntransporten viel unwahrscheinlicher ist als von Verpackungen aus Nahtransporten. Die Verpackungsstrome, ob national oder international, miisten einem fairen Diktat der Energie ausgesetzt werden. Ubergewichtige Verpackungen sollten ahnlich in den Kosten spurbar sein wie zu weite Transportwege. Wenn man von diesem Prinzip abweicht, schadigt man die Umwelt, vor allem wenn noch Energie eingesetzt wird, die wie unsere fossile Energie die Umwelt in Mitleidenschaft zieht. Energie ist und bleibt auch im gegenwartigen Zeitalter zunehmender Globalisierung die zentrale GroRe, die auch alle okonomisch gesteuerten Handlungen bestimmt. Diese Tatsache wird sofort jedem bewuBt, wenn man sich vor Augen fuhrt, daR selbst Energie verbraucht wird, um Energie umzuwandeln. Denn jedes Umwandlungssystem mug einen Teil der umgewandelten Energie fur die Erhaltung seines eigenen Systems zuriickfuhren. Auch das Rohstoffproblem ist an Energie geknupft. Ebenso wie gegenwartig fossile Energie die Masse chemischer Produkte liefert, werden diese in einer regenerativen Energiewirtschaft durch Biomasse bereitgestellt werden mussen. Aber auch in einer spateren Solarenergiegesellschaft musten Ferntransporte entsprechend mehr kosten als Nahtransporte, weil auch die Solartechnologie einen effektiven Preis fur Energie kennen wird. Die Herstellung von Solarzellen kostet Materialien und Energie, die wiederum Materialien erfordert. Energie mug also eine wichtige RegelgroRe bei den Verpackungsstromen sein, die man nicht ubersteuern sollte, weil sonst das ganze System kranken wiirde.
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7 Clobalisierung der Verpackungsstrome - Verletzung bewahrter nachhaltiger Naturprinzipien?
7.3 Information, Transport und Verpackung
Wir sind zur Mobilitat verdammt. - Sind wir zur Mobilitat verdammt? Die Globahsierung der Warenstrome und damit auch der Transporte von verpackten Giitern nimmt immer grogere AusmaBe an. Den weltweiten Transporten eilen Inforrnationen in Windeseile rund um den Globus voraus. In Wirklichkeit sind diese Informationen jedoch nur Daten in Form von Zahlen und Buchstaben, die in Verbindung mit Produkten erst zu Informationen werden und durch Verkniipfung mit Erfahrung Wissen ergeben. Worum geht es dabei eigentlich? Und wie verbindet sich Information mit Transport und Verpackung? Unsere elektronischen Datennetze verarbeiten und beschleunigen unvorstellbar groBe Mengen an Daten. Schon im Entwurfsstadium von neuen Verpackungen und anderen Gegenstanden wird auf elektronisch-virtueller Ebene die zukiinftige reale Gestalt des Produktes sichtbar, jedoch nicht faBbar und fiihlbar. Die klassischen Entwurfs- und Konstruktionsschritte, die auch von realen Modellserien von Verpakkungen begleitet wurden, werden immer mehr durch nichtgegenstandliche Ergebnisse aus Methoden zur virtuellen Gestaltung abgelost. Diese erste Phase der wertschopfenden Lebenswegbeschleunigung von Verpackungen kooperiert mit den vie1 langsameren physikalischen Transporten realer Verpackungen. Die Treiber der beschleunigten Wirtschaftsglobalisierung erkennen natiirlich diese ,,Zeitliicke" und versuchen folgerichtig, durch eine weitere Detail-Beschleunigung in Form von Transport- und verkehrstelematischen Kommunikationsnetzen diese .,Zeitlucke"zu schlieBen. Die Vision ist, da&weltweit und satellitengestiitzt, jeder Transport einer Ware und damit einer Verpackung kontrollierbar - das heiRt in erster h i e steuerbar wird und somit bei Bedarf schnellstens von einem Ort zum anderen geleitet werden kann. Damit verbunden ist aber das perfekte aufeinander abgestimrnte Zusammenspiel aller uns bekannten Verkehrssysteme. An dieser Stelle zeigt sich eine erste Beschleunigungsfalle fur Information, Transport und Verpackung. Die zunehmende okonomisch geleitete Konzentration elektronischer Logistik fur unterschiedliche Verpackungs-Transportmittelwird nicht gelingen, weil die infrastrukturellen Randbedingungen durch Verkehrswege-Schnittstellen, Individualverkehr, Unfalle, Staus, humanokologische Einfliisse, Umweltbelastungen usw., mit ihren Auswirkungen der reigbrett- bzw. computergestiitzten Konzentrationsvision entgegenstehen. Aber die Vision geht noch weiter. Information und Transport von Verpackungen und Giitern ist das eine. Der Verbraucher als Konsument kann sich nicht von computergenerierten virtuellen Lebensmitteln ernahren. Daher mussen die verpackten Gegenstande dem Verbraucher nach wie vor physisch bereitgestellt werden, womit wohl die absolute Grenze virtueller Gestaltung erreicht ist. Der Verbraucher kann demgegeniiber aber die Auswahl und den Kauf von Giitern durch Computerunterstutzung in virtuellen Kaufhausern beschleunigen. Diese noch neue Art des weltweiten Einkaufens wird uns unter dem anglo-amerikanischen Begriff ,,E-Commerce", elektronischer Handel, nahergebracht. Die Konsequenz ist unter anderem, daB die sogenannten Zwischenhandler als Bindeglied zwischen Hersteller, Groghandler und
7.4 LernprozejJ und Zeithorizont
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Verbraucher zunehmend uberflussig werden und den beschleunigten Wirtschaftsgeschehnissen zum Opfer fallen. Hier wird eine weitere Beschleunigungsfalle fur Information, Transport und Verpackung erkennbar. Wer von den Lesern bereits Dienstleistungen auf E-CommerceEbene erfahren hat, weif3 um die Probleme, die mit Nachpriibarkeit. Falschlieferung der Ware, Reklamation, ,,Call-Center" als keine direkte Verantwortung tragende Zwischeneinrichtungen im elektronischen Markt verbunden sind. Will die Mehrheit der Verbraucher immer weniger in konventionellen Markten ihre verpackten Waren selbst und direkt kaufen? Wollen viele Verbraucher auf direkte Gesprache mit Menschen beim Kauf im Supermarkt immer mehr verzichten? Und wer besitzt auf der anderen Seite schon die Moglichkeit, elektronisch einzukaufen? Was geschieht mit den Verpackungen, wenn die konventionellen Rucknahmedepots und systeme, durch den Wegfall von Zwischenhandlern ebenso reduziert werden? Wozu mussen noch Anstrengungen f i r psychologische Kaufanreize, etwa durch bestimmte Geriiche in Verpackungen, unternommen werden, wenn die Zukunft des Verkaufs und der verpackten Produktionslogistik - so die Vision - in Computernetzen liegt? Und diese sind noch nicht in der Lage, Geriiche elektronisch zum Verbraucher zu leiten. Information, Transport und Verpackung werden auch mit ausdriicklicher Hilfe elektronischer und virtueller Unterstiitzung, logistische und umweltbelastende Probleme behalten, deren Beseitigung in groBem MaBe vom Kauf- und Konsumverhalt der Verbraucher und vom eigentlichen Wert der Ware selbst abhangt. Angesprochen ist hier das vollig iiberdimensionierte umweltbelastende ,,Vagabundieren" von Verpackungen und Lebensmitteln iiber tausende von Kilometern. So wandern beispielsweise die einzelnen Materialien von Milchprodukten, Obstprodukten, Zusatzstoffen und Verpackungen fast 3500 km durch Europa, bis der Verbraucher den 150 Gramm Becher Erdbeerjoghurt auf seinem Tisch stehen hat (Boge 1993).Auch die sieben Jahre, die seit der Studie uber eine produktbezogene Transportkette vergangen sind sowie neuartige elektronische Transportleitsysteme, andern nichts an der Tatsache, daf3 sich an umweltbelastenden und iiberflussigen Transportwegen bis heute wenig geandert hat. Erinnern wir uns hier an das Beispiel der Verpackungsentsorgung durch die Deutsche Bahn in Kapitel2.8. Die bereits mehrfach angesprochene Strategie kleinraumiger symbiotischer Vernetztheit von Waren (Verpackung und Tranport), Energien und Informationen wird eine ,,Globalisierung von unten" beflugeln konnen, die umweltbelastende Mobilitat vermeidet, personliche Mobilitat fordert dariiber hinaus nachhaltiges Wirtschaften starkt.
7.4
Lernprozel3 und Zeithorizont
Die Natur hatte vie1 Zeit zum Lernen. Wenn eine neue Variante ausprobiert wurde konnten sehr viele Jahre vergehen bis sich Wirkungen zeigten, das Okosystem sich veranderte und Variationen auftauchten, die schadlichen Entwicklungen entgegen-
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7 Clobalisierung der Verpackungsstrorne - Verletzung bewahrier nachhaltiger Naturprinzipien?
steuerten. In unserer schnelllebigen Zeit werden viele neue Losungen ausprobiert, zum Beispiel Verpackungsmaterialien fur Transportguter oder Hauser. Wir lernten Asbest anzuwenden, ebenso wie Polystyrol, Glaswolle, Mischstoffe aus Aluminium und Kunstoffen, chemiegetranktes Holz oder geleimte PreBspanplatten und erfinden laufend immer neuere Materialkombinationen. Ohne dag man diese Materialien genugend kennt, werden sie massenweise eingesetzt. Langsam tauchen Probleme auf, die in manchen Fallen dramatisch und kostenintensiv sind wie beim Asbest. In anderen Fallen, wie bei Glaswolle oder impragnierten Holzern ahnt man grogere Problem aber man verwendet sie weiter. Der Umstand daf3 wir mit so vielen Neuentwicklungen beschaftigt sind und beim Kauf ihren angepriesenen verbesserten Eigenschaften erliegen, hindert uns oft daran, griindliche Erfahrungen mit irgendeinem Produkt zu sammeln. Wir probieren weiter ohne wirklich zu lernen und hinterlassen eine immer intensivere Spur von Umweltproblemen. Warum sollte man zum Beispiel Zelluloseprodukte oder Wolle nicht ahnlich gegen Mikroorganismen und Feuer impragnieren wie die Sequoia ihre Rinde, statt mit weitgehend unbekannten neuen Chemikalien? Evolutionsstrategisch konnten dann die neue Kombinationen optimiert und in bezug auf andere Eigenschaften ausgetestet werden. All dies konnte in vergleichsweise kurzen Zeitperioden machbar sein. Die Bionik konnte uns helfen Zeit zu sparen bei der Suche nach optimalen technischen Losungen. Einer der Autoren hatte kurzlich einen Promotionskandidaten zu priifen, der zehn Jahre lang fur eine offentliche Einrichtung die Impragnierung von Holz mit Chemikalien und ihre Umweltsicherheit bearbeitet hatte und dariiber eine Doktorarbeit schrieb. Er kannte das Verhalten vieler synthetischer giftiger Impragnierungsmittel gut. Er wuBte aber weder wie man friiher das Holz durch Schlagen zur richtigen Jahreszeit haltbar machte, noch mit welchen Chemikalien (zum Beispiel Gerbsaure-Tannin) in den Rindenstrukturen sich die Baume selbst gegen Mikroorganismen wehren. Mit der Gerbsaure, die aus Eichenrinden gewonnen wurde, sogenannte Eichenlohe, hat man in fruherer Zeit zum Beispiel Leder gegen Faulnis geschiitzt. Ein weiteres Anwendungsbeispiel fruherer umweltvertraglicher Konservierungstechnik ist die jahrzehntelange Lagerung von Holzstammen in den konservierenden Wassern der Moore. Wieviel Zeit verliert die Menschheit und wievie1 vermeidbare Sackgassen beschreitet sie, indem sie die Erfahrungen der Natur vernachlassigt und nicht aufarbeitet. Ein dritter bionischer Aspekt, den wir hier aufgreifen mochten, konnte die uberlegene biologische Technik des variablen Lebensdauerschutzes fur verpacktes Leben der technischen Verpackungsentwicklung zur Verfugung stellen. Wahrend unsere Technik enorme zusatzliche Energien fur Verpackungsprozesse aufwendet, um Lebensmittel wie beispielsweise Milch nur wenige Tage bis Wochen langer haltbar zu machnen, hat die Natur durch optimal strukturierte Schalen und Membranen bereits unzahlige Haltbarkeitsrekorde fur wachsendes Leben aufgestellt. Von diesen natiirlichen Verpackungslosungen konnte die technische Verpackungsentwicklung hochgradig profitieren, sowohl in zeitlicher als auch in materialtechnischer Hinsicht. Um in dieser Richtung ziigig voran zu kommen, mussten wir allerdings noch lernen, Selbstorganisationsprozesse zu initiieren und technologisch aufrecht zu erhalten.
7.4 Lemprozeji: und Zeithorizont
Technische Veranderungen die zu neuen (Verpackungs)Produkten fiihren, fanden vor wenigen Jahren noch in einem Mehrjahres-Rhythmus statt. Die Hersteller hatten geniigend Zeit, kritische Verbraucheraussagen iiber neue Produkte aufzunehmen und entsprechend zu verbessern. Es fand ein ,,gesunder" Informationsund Wissensaustausch zum gegenseitigen Vorteil statt. Die den heutigen Entwicklungstrend dominierenden Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien)und nicht nur diese, werfen demgegeniiber alle Vierteljahre neue Produkte in den Markt. Dem Verbraucher wird somit die Moglichkeit genommen, in einem verniinftigen Zeitrahmen Qualitat und Quantitat des gekauften Produktes nachhaltig zu testen. Der Wert einer Ware reduziert sich dadurch immer mehr auf den Preis, der zudem oft ein subventionierter, also ein kiinstlich gestiitzter Preis ist. Was fur eine fatale Entwicklung! Wir miissen entweder wieder lernen, mit Geduld Erfahrungen zu sammeln oder wir miissen versuchen, die Kompliziertheitnatiirlicher Evolutionsvorgangetechnisch nachzuempfinden um wie die Natur zu nachhaltigem Wirtschaften zu gelangen. Dieses Buch hat Strategien dazu aufgezeigt.Aus einer Kombination von bionischem und evolutionsstrategischem Vorgehen konnten bessere und nachhaltigere Losungen entstehen.
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Aus technischen Gründen bleibt diese Seite leer
8 Zusammenfassung und Ausblick Wir sind nun am Ende unserer Reise durch die Welt natiirlicher und technischer Verpackungen angekommen. Sicher ist, daB wir Ihnen nur einen Bruchteil der verpackungstechnischen Hochstleistungen nahebringen konnten, die die Natur im Verlauf ihrer Jahrmillionen der Entwicklung hervorgebracht hat. Noch viele Materialgeheimnisse u m Naturverpackungen liegen im Dunkeln und warten auf Entdekkung und bionische Bearbeitung. Im Kapitel Netzwerk Verpackung wurden einige wenige verpackungstechnische Naturraffhessen vorgestellt und Wege beschrieben, wie diese in unserer technischen Verpackungswelt genutzt werden konnen. Einen tieferen Einblick in die Vielfalt natiirlicher Verpackungslosungen folgte im Kapitel uber Verpacktes Leben. Es ist anzunehmen, daB Verpackungsingenieure im Spektrum effizienter Naturlosungen die eine oder andere vorbildhafte Verpackungslosung entdecken, auf die sie mit dem Wissen klassischer Verpackungsausbildung nicht gekommen waren. Das zielstrebige Nutzen und Umsetzen dieser Naturlosungen bleibt der Verpackungsbionik vorbehalten, zu der in den Kapiteln Bionik der Verpackungund Organisationsmanagement der Verpackung Strategien und Werkzeuge fur bionische Handlungsweisen beschrieben sind. Schlieglich wird im Kapitel Globalisierung der Verpackungsstrornenoch auf den hochaktuellen weltweiten Wirtschaftstrend eingegangen, Verpackungen mit zugehorigen Inhalten zu jeder Zeit und an jedem Ort der Erde bereitstellen zu wollen. Auch die Verpackungstechnik ist im Sog der wirtschaftlichen Globalisierung gezwungen, immer schneller neue Produkte an den Markt zu bringen. Dadurch leidet in nicht wenigen Fallen eine ausgereifte und nachhaltig optimierte Qualitatskontrolle. Die Natur scheint demgegenuber eine Entwicklungsstrategie zu nutzen, die zula&, da&interessante Prinzipien ohne Zeitdruck zu groBer Perfektion weiterentwikkelt werden konnten und konnen. In unserem technischen Wirtschafisraum werben Unternehmen haufig mit einer sogenannten Kernkompetenz, also einer Kompetenz, die - so wie wir es verstehen sich auf eine grundlegende Leistung bezieht. Im vernetzten Umfeld der Natur konnen Naturorganismen mit Fug und Recht eine Systemkompetenz fur sich in Anspruch nehmen. Aus dieser erwachst zudem noch eine Kernkompetenz mit technischen Leistungen, deren Qualitat manche vergleichbaren Ergebnisse aus einer technischen Kernkompetenz weit in den Schatten stellt.
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8 Zusammenfassung und Ausblick
Wie versohnlich sind nun Natur und Technik? 1st die postulierte Korrespondenz des Lemens zwischen dem technisch-analytischen Lernansatz und dem evolutionarsystemischen Lernansatz uberhaupt realistisch umsetzbar? Wir meinen ja! Der Weg dahin mug geleitet werden durch eine Neubestimmung unserer Technik, durch umweltangepaj3te nachhaltige technische Handlungsablaufe. Uber allem steht ein Prinzip der Natur: Kooperation. Trotz des seit 150 Jahren durch Darwin gepragten ,,Kampfes ums Dasein", der die Konfrontation, das Uberleben des Tauglichsten, in den Mittelpunkt der Evolution stellt - in der technischen Wirtschaft scheint dieses Prinzip ebenso dominant -, zeigt die Natur und die Technik an vielen Beispielen, daB Partnerschaft und Wettstreit (ohne Ausgrenzung!) keine weitgehend unversohnlichen Vorgange sind. Aus diesem Grund sind die inTabelle 8.1zusammengestellten Merkmale aus Natur und Technik (nach Durr 1999) sowie die in Tabelle 8.2 aufgelisteten Ansatze zur Erfassung der Realitat in komplexen Systemen (nach Rosnay 1977),in erster Linie als eine Arbeitsgrundlage f i r aus der Kooperation zu entwickelnde neue Verpackungstechniken zu verstehen. Es sollen durch die korrespondierenden bzw. kooperierenden Losungsansatze neue Wege der Verpackungstechnik beschritten werden, die die Chance fur nachhaltige Verpackungsprodukte und Verpackungsverfahren starken. Was kann getan werden, um unsere Verpackungswirtschaft durch bionisches Wissen und bionisches Vorgehen langerfristig naturlichen, nachhaltigen Ablaufen naherzubringen? Wichtig ist zunachst, daB verpackungstechnische Losungen aus der
Tab. 8.1 Charakteristische Gegenuberstellungsmerkrnale aus Natur und Technik
Merkmale der Technik
Kybernetik
Biokybernetik
Normierung Statik, Destabilitat
dynamische Stabilitat
Machtvolle Einfalt
differenzierte VieIrait
Manipulierbarkeit
-
Dialogfahigkeit
Ausbeutung
-
Einfugung, Einbettung
Spezialitat
-
Flexibilitat
Zersplitterung. Fragmentierung
-
Ganzheitlichkeit
Niedrige Ordnungsstruktur
-
hohe Ordnungsstruktur
Bcfehlen, Beherrschen
-
Kommunizierrn
-
Redundanz der Orpanisation
Monokultur
Polykultur
Starre Organisation
I
Exaktheit Aktive Steuerung
I
I
-
Relevanz Selbstregulicrung
Effizienz ausgewahlter Optionen
-
Vielzahl voii Optionen
lsoliertheit
-
Vrrnetzthcit
Bedurfnis-Befriedigung
-
Vcrtraglichkcit
-
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8 Zusammenfassung und Ausblick Tab. 8.2
Erfassung komplexer Wirklichkeit
Analytischer technischer Ansatz
Systernischer naturanaloger Ansatz
Betrachtete Erscheinungen sind unabhlngig von ihrer Dauer
Integration von Dauer und Irreversibilitat
Detailkenntnisse mit schlecht definierten Zielen
Kenntnisse der Ziele bei unbestimmten Details
Entsprechend einer Theorie obliegt die Auswertung der Ergebnisse dem Experiment
die Bewertung der Ergebnisse resultiert aus dem funktionellen Vergleich des Modells mit der realen Umwelt
Fuhrt ZU detaillierten festgelegten Handlungen
fuhrt zu zielgerichteten ganzheitlich orientierten Handlungen
Genaueste Detailbetrachtung
globale Betrachtungsweise
Innerhalb von Disziplinen faBbar
viele Disziplinen umfassend
Isolierung, Konzentration auf die einzelnen Elemente
verbindende Betrachtungsweise, Untersuchung der Wechselwirkung zwischen den Elementen
In der iiberwiegenden Mehrzahl Modifizierung einer Vdriablen
grundsatzliche Modifizierung von Gruupen aus mehreren Variablen
Prazise und detaillierte, aber nur mit grogen Schwierigkeiten fur komplexe Aktionen nutzbare Modelle
Modelle, die als Wissensgrundlage nicht ausreichend sind, aber nutzbar fur Entscheidungen im komplexen Umfeld
Untersuchungen der Art der Wechselwirkungen
Ergebnisse der Wechselwirkungen
Wirksamer Ansatz, solange die Wechselwirkungen h e a r e r Art oder schwach sind
nutzbarer Ansatz bei nichtlinearen und starken Wechselwirkungen
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Natur besser bekannt werden. Bionische, synergetische Vorgehensweisen mugten zu selbstverstandlichen Forschungs- und Entwicklungsstrategienfur Studenten wie auch fur Ingenieure werden. Es mug unseren Technologen klar sein, wie sie mit hochvernetzten Problemgebieten umgehen sollen. Allein schon dadurch, daB biologische Vorbilder angestrebt werden, daB wir uns in den Erfahrungsschatz der Natur einkoppeln, konnten ubrigens schon viele okologische Ruckschlage bei verpackungsrelevanten Initiativen vermieden werden. In dieser Hinsicht hoffen wir, daB unser Buch zu intensiverer Auseinandersetzung mit dem Gebiet der Verpackungsbionik anregen wird. Weiterhin muBte streng darauf geachtet werden, daB bewahrte, auch biologisch genutzte Verpackungsmaterialien prioritar eingesetzt und weiterentwickelt werden konnen. Es muBten Forderprogramme aufgestellt werden, um den technologischen Vorsprung der Natur bei der Herstellung von hochspezialisierten, umweltkompatiblen Verpackungsmaterialien allmahlich einzuholen. Besonders wichtig erscheint uns, daB fur eine gesunde technische Evolution von Verpackungslosungen die richtigen Randbedingungen gesetzt werden, die eine nach-
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8 Zusammenfassung und Ausblick
haltige Entwicklung fordern. Dam zahlen extreme Sparsamkeit mit Rohstoffen und mit Energie. Allein diese beiden Kriterien konnten riesige Verpackungsstrome eindammen. Aber dies wird nicht gelingen, solange internationale Transporte von Massenwaren aus politischen Hintergriinden so billig bleiben und die wahren Umweltkosten nicht eingerechnet werden. Schaden an der Umwelt musten so hoch berechnet werden, daB Transporte und damit Verpackungen nicht maximiert, sondern minimiert werden. Damit die Verpackungsindustrie dynamisch an den Nachhaltigkeitszielen mitarbeitet, miisten auch neue Kooperationskonzepte ausgedacht werden. Vielleicht sollte, durch Gewahrung wirtschaftlicher Vorteile, auch zunehmend angestrebt werden, daB Verpackung und Transport von Waren als von der Produktion getrenntes Dienstleistungspaket verfiigbar wird, schon um den gesamten Verpackungskreislauf besser in den Griff zu bekommen. Man wiirde dadurch erreichen, daB lineares Handeln allmahlich synergetischem Handeln Platz macht. Ein Transportunternehmen, das verpackte Waren abholt, verdient am transportierten Gewicht und Volumen. Ein Dienstleistungsunternehmen, welches Verpackung plus Transport organisiert, verdient am eingesparten Gewicht und Volumen. Solche Service-Unternehmenhatten dann wohl wenig Interesse, verpackten Leerraum oder uberschussiges Verpackungsgewicht zu transportieren. Auch wiirden sie fur den Gesamtzyklus des Verpackungsmaterials verantwortlich sein, also kaum Interesse daran haben, fur hohe Entsorgungskosten aufzukommem. Auf diese Weise ware zu erwarten, daB unenviinschte Nebenerscheinungen bei Verpackung plus Transport im Wettbewerb und durch kompetenteres Wissen minimiert wiirden. Es gibt Situationen in unserer gesellschaftlichen Weiterentwicklung, in denen es erforderlich ist, daB die Wirtschaft oder Bereiche daraus nicht nur als Anwalt ihrer selbst (okonomische Globalisierung), sondern als Anwalt des vernetzten Ganzen (umweltokonomische, sozialvertragliche Nachhaltigkeit) aufzutreten haben, auch auf die Gefahr hin, daB einzelne Wirtschaftsbereiche Nachteile in Kauf nehmen mussen. Ernst-Ludwig Winnacker, gegenwartig Prasident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, hat eine vergleichbare Aussage fur die Wissenschaft der Gentechnik formuliert. Die Verpackungswirtschaft, die rnit ihren Querschnittsaufgaben viele wirtschaftliche, gesellschaftliche und umweltliche Lebens- und Arbeitsbereiche beriihrt, kann der Anwalt fur eine nachhaltige, ganzheitliche Verpackungsinitiative werden, deren Trager das bewahrte und effiziente Natur-Know-how,das erfahrungsreiche Wissen der Menschen und ihre Vernunft ist, der Natur zu gehorchen, statt sie zu misbrauchen. Wenn die finanziellen und politischen Rahmenbedingungen es fordern, konnte sich aus der jetzigen Verpackungswirtschaft durchaus ein innovativer breiterer Wirtschaftszweig entwickeln, der erkennt, daB nachhaltiges Handeln und ein Minimieren von Urnweltbelastung bei Verpackung und Transport letztlich eine solide Basis fur eine langfristige Zukunft bietet. Seine Spezialisten werden dann aus Erfahrung wahrscheinlich mit Selbstverstandlichkeit uber Verpackungslosungen der Natur und ihre harten, aber letztlich zu okonomisch und okologischen Vorteilen fiihrenden Auslesekriterien durch die Evolution diskutieren konnen.
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Stichwortverzeichnis A Abalone 12,20 Abbindegeschwindigkeit 24 Abbinden 18 Abbindezeiten 23 Abfall 42 Abfallberge 42 Abfallproblem 178 Abfallprodukte 87, 106 Abfallvenvertung 43 Abkiihlung 107 Abrasion rog Abrasionsmittel 72 Abwehrmechanismen 63 Acethylen 190 Ackelei 110 Adaption 170 Adhasion 16 Adhasionsprozeg 19 Adobe-Bauweise 122 Aerodynamik I I g Aerogel 124 Agroindustrie 225 Ahnlichkeitsrnatrix 157 Ahornsamen 32 Akazie 106 Aktionsfelder 4, 163, 165 Aktive Verpackung 29 Algen 73 Algorithmen 34, 164 Allesklebstoff 21 Alpakas 118 Alterungsanzeige 11 Alterungsverhalten 24 Altpapier I ~ I Aluminium 10,15 Aluminiurndosen 81 Aluminiumfolie 64 Alurniniumverpackung 15 Amaryllis 134
Amaryllis-Pflanze 135 Ameisen 112,133 Ampullen 24 Anaconda 115 Analogieforschung 154, 160 Anforderungsprofil 210 Anlagenprazision 157 Anstriche rgr Anstrichmittel rgo Antarktis g Antiklebstoff 19 Apodidae 17 Araucarie 106 Arbeitsablaufeinheiten 19s Arbeitsproduktivitat 204, 210 Arbeitsprozesse 45 Arbeitsweise 157 Arktis q Arthropoden 17 Asbest 127,150,228 Asche 72 Aufbaustoffe 64 Aufspreiztechnik 84 Auslesekriterien 234 Augenskelett 103 Austrocknen 147
B Bakterien I I O Bakterienbefall 127, rgo Bakteriozide 142 Balge 148 Bambusflechtwerk 49 Bananenblatter 49 Bananenfrucht 64 Bananenschale 64.66 Bananenstaude 87 Banksia 127 Barben 119 Barbule 74
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Stichwortueneichnis
Barenklau 79 Bast 105, 106 Bastschichten 148 Baumfrosch 113 Baurnfruchte 40 Baurnrinden 106 Baurnsarnen 137 Baumverzweigungen 158 Baurnwolle 190 Baurnwollstoffe 15 Bauwesen 152 Bekleidungsstrategie 147 Benetzungsvermogen 24 Benzinfilrn 74 Benzolringe 71 Beschichten 11 Bestaubung 19 Bestaubungsvorrichtung 18 Beulen 101,102 Beutelmeise 140 Bewegungsenergie 142 Bewertungsscherna 159 Biber 9 Biegefestigkeit 106 Bienen 18 Bilin 128 Biliverdin 128 Billigstrategien 108 Bindernittel 190,191 Biodiversitat 33 Biokornpatibilitat 190 Biokunststoff 50 Biokybernetik 165,169,171 biokybernetische Grundregeln 176 Biornasse 225 Bionik-Definition 152,154 Bionikprodukte 152 Bionisches Organisationsmanagernent ‘53 Biopolflasche 50 Biopolyrnere 146 Biosensoren 84 Biotonnen 52 Biotope 8, IG, 17 Birke 104 Blasenstrauch 66 Blatthullen 97 Blattlauslowe 87 Blattoberflachen 1 5 3 , 159 Blattschneiderbienen 87 Blattstruktur 75 Blattwickel 68 Bleichverfahren 23 Blister-Verpackung 54
Blutenhullblatter 80 Blutenknospen 134 Blutenstande 65 BlutgefaBe 114 Bombardierkafer 146 Borke 105 Braunalge I O Z Braunung 115 Brennessel 146 Brennhaare 146 Briefurnschlage 25 Brotfrucht 195 Brotfruchtbaum 66 Bruchfestigkeit 14,17.36, 175 Bruchlinien 121 Bruchnahte 81 Bruchsicherheit 103, 127 Buchen 104 Buschmanner 6 Buschrnannkerze 109 ButternuR 76, I O I
C Cadmium 150 Calciumcarbonat 14 Call-Center 227 Calvaria major 135 Caribu-Felle 148 Checklisten 194 Chitin 5,1~,14,17,68,103, 111,189, 223 Chitin-Kokons 97 Chitingerust 190 Chitinpanzer 102 Chitinschichten 123 Chitosan 103,189 Chitosan-Fasern 190 Chitosanase 190 Chlorophyll 73 Chorioallantois-Membran 1 3 1 Chorion 133 Chorionin 133 Chrornosornen 34 Clusterbildung 180 Compact Discs 56 Cornputerunterstutzung 226 Coniferen 17 Convenience 59.61 Copolyrnere 24 Cuticula 110
0 Dachisolierung 2 2 Darnaszenerklingen 14 Damm-Material 190
Stichwortuerzeichnis
Dammeigenschaften 145 Dammstoffe 190 Dampfungsfahigkeit 36 Darme 148 Dattelfrucht 67 Dauerkonsetve 98 Daunenfedern 119 DDT 150 Deckflugel 75 Dehnungsfahigkeit 26 Denkhemmnisse 217 Denknetze 219 Denkrichtungen 217 Deponien 104, 150 Deponieren 47 Desinfektionsmittel 189 Desoxyribonucleinsaure 33 Dextrin 22 Dextrinklebstoffe 26 Dextrinleime 2 2 Dezentrakerung GI, 210 Dienstleistungspaket 234 DNA-Strange 116 Dosiermoglichkeit 59 Dronte 136 Druck 114 Druck-Schraubdffnungs-Vorgang Druck-Verschliisse 60 Druckbelastung 102 Dungkafer 82 Durchlassigkeit 29
E E-Commerce 226 Echsen 116,145 Edelkastanie 83 EdelweiB 123 Efficient Consumer Response 61 Effizienz 176 Eibe 92 Eiche 104,105 Eicheln 87 Eichelverpackung 196 Eichengallwespe 91 Eidechse 74.77 Eiderenten 148 Eier 88, 113, 122 Eierschale 127,128,188 Eierschalenhaut 130 Eierschlange 111 Eikokon 81 Einflugfaktoren 2 0 2 EinfluBgroBen 31, 206 EinfluBgroBennetz 194
60
EinfluBmerkmale 10 Einsiedlerbienen 112 Einsiedlerkrebs 178 Einweg-EBgeschirr 190 Einweg-Mehrweg-Verpackungen Einzelverpackung 182 Eisvogel 130 EiweiB 112 Elastin 16 Elastizitat 70.106. 119,141 Elektrizitat 127 ElektrolyseprozeR 15 Elektrotechnik 156 Endlagerstatten 42 Endlagerungen 45 Energieaufnahme 157 Energieaufwand 191 Energieefflzienz 3G, 151 Energieeinsatz 15, 224 Energieflusse 117 Energiekaskaden 171 Energienutzung 137 Energietechnik 108 Energieverbrauch 157 Energieverschwendung 194 Energiewirtschaft 217 Entfaltungstechnik 135 Entropie 63, 153 Entropieproduktion 153 Entsorgen 47 Entsorgungskosten 43, 173, 234 Entsorgungsprobleme 43 Entsorgungsprozesse 15 Entsorgungsvolumen 224 Entwicklungskonzept 154 Entwicklungsprinzipien 152 Epidermis 97. I I O Epiphyten 18 Epoxidharz 17 Erdbehausung 112 Erdsternpilz 84 Erlen 104 Eskimo 148 Eskimo-Stiefel 149 Eskimokleidung 148 Ethylen 23 Ethylenvinylacetat 23 Etikettieren 24 Etikettierung 22, 27 Eukalyptus 116 Eukalyptusbaume 106 Eulen 138 Evolution 13 Evolutionsalgorithmen 159
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Stichwortverzeichnis
Evolutionsbionik 34 Evolutionserfahrung 150 Evolutionsfaktoren 3 3 , 34 Evolutionsprinzipien 199 Evolutionsstrategie 36, 159 Exoskelette 103 Exoskelettverpackung 17
F Fabrikorganisation 152 Facherpalme 75 Fachwerkstrukturen 35 Fadenwiirmer 92 Fahrgerausche 137 Fallture 143 Faltbarkeit 75 Faltprinzip 75 Faltschachteln 22, 35, 37, 182 Faltschachteloptimierung 182,184 Faltstrukturen 75 Faltung 75, I O I Faltungstechniken 84 Falzen 16 Farbanpassungen 76 Farben 67, 187,188 Farberknoterich 191 Farberpflanzen 191 Farbknoterich 190 Farbmuster 77 Farbstoffe 73 Farbvariationen 74 Farnblatt 95 Farne 81 Fasanen 74 Fasergewebe 140 Faserhiille 97 Fasern 96, 97 Fassadenfarbe 110, 153 Federbalge 14, 117, 119,1 2 3 Federharchen 74, 119 Federhulle 138 Federkleid 118,119,138 Federn 71, 188 Federverpackung I Z O Fehleinschatzungen 176 Fehlerursachen 194 Feinstrukturierung 145 Fell 118,123, 148 Felldicke 118 Fellhaare 73, 119 Felloberflache 32 Ferntransporte 225 Fert igungsprodukt I I Fertigungsprozeg 31
Fertigungstechnik 5, 11, 152, 156 Fette 117 Fettpolster 9 Feuchtigkeit 107, 121, 124,148, 149 feuchtigkeitsgesteuert 84 Feuchtigkeitshaushalt 63 Feuchtigkeitsisolierung 5 Feuerbestandigkeit 71, 127,191 Fibronectin 16 Fibronogen 16 Fichten 108 Fitneg-Profil 5, 27 Flachenhaftung 16 Flachenmodulma&e 38 Flachennutzung 175 Flachs 190 Flamingos 73 Flaschen 24 Flaschenbaume 145 Flaschenkasten 59 Flaschentransport-Verpackung 60 Fliegverhalten 26 flip button 60 Florfliege 20 Flugel 75,118 Flugfrosch 113 Flughaare 139 Flugmuskulatur 68 Flugsamen 95,96,139,145 Flugsand 108 Flussigkeitsaustausch 68 Fliissigkristall 70 Fohre 107 Fohrenspinner 144 Folgelasten 196 Folgenbeseitigung 208 Folgeprobleme 44. 171 Folgeschaden 62 Folien 75, 190 Formoptimierung 189 Formpackungen 92,149 Formpregteile 190 Fortschrittsstrategien 155 four-pack 59 Fransen 138 Fresken 108 Frischmilch 28 Frosche 74, 1 1 3 Froscheier 97 Frostschicht 149 Fruchtoberflachen I 08 Fruchtsaftverpackungen 57 Fruchtstande 96 Fruchtverpackungen I I
Stichwortverzeichnis
Fruchtwand 98 Fugen I I , I ~ 21 , Fiihrungsgrose 169, 173 Fiihrungsstil 201 Funktion 158
C Galapagos-Landleguan I44 Galapagosschildkrote IOI Gallapfel 91 Gallwespen 188 Gartenspinne 142 Gasaustausch 127,128,129 Gasdurchlassigkeit 36 Gebirgspflanze 124 Gefahrgutschutz 39 Gelbnackenamazone 40 Gen-Sequenzen 151 Genotyp 34 Geornetrie-Variabilitat 38 Geratetechnik 152 Gerauschpegel 137 Gerauschverminderung 137 Gerbsaure 72 Gerbstoffe 104 Gesamtrechnungen 62 Gesamtsuchraum 33 Gesellschaft 8 Gespinste 69, 143 Gesundheitsschaden 150 Gewichtseinsparung 59 Giftigkeit 150 Giftstoffe 188 Glas 64,108 Glasfasermateriahen 191 Glasfasern 141 Glasflaschen 98 Glasverpackung 15 Glaswolle 127, 228 Globalisierung 10,41, 58, 156, 193,214,
215,223,225,226,231,234 Glutinleim 22 Glycoproteine 16,142 Goldrute 191 Goretex 143,148 Gramrnaturgewicht 185 Grautone 74 Grenzflachen 63 Grenzwerte 62 Griiner Punkt 50 Guanin-Kristalle 116 Gurnmierung 23 Gutekriterien 156,157,162 Gymnospermae 17
H Haare 68,71, 88,148,I88 Haarflaum 119 Haarschichten 68, 124 Haarschutz 68 Haarteppich 124 Haftpostkarten 25 Haftvermogen 24 Haifischhaut 153 Haltbarkeit 28, 141 Haltbarkeits-Friihwamsystern 60 Handhabbarkeit 59,60 Handlungskette GI, 180 Handlungsschritte GI Handlungsumfeld 3 Handlungsverknupfungen 3 Hanf 96,190 Harchen 114 Hartschaum 191 Harz 104 Harzrnaterialien 141 Haselnusse IOI Haut 63,114, 190 Hautdurchblutung 114 Hautung 28 Heissiegelhhigkeit 23 Hemizellulose 72 Herkuleskafer 75 Heuschrecke 73,76,133 Hitze 114, r I 8 , 146 Hitzeschock 136 Hochgebirge 122 Hochpasteurisierung 28 Hochtemperaturprozesse 64 Hohlraume 148 Holz 15,105 Holzfaser-Dammstoffe 191 Holzfaserprodukte 191 Holzgewachse 104 Holzkisten 49 Holzstabchen 86 Holzteilchen 96 Honig 108 Honigwabe 67 Homer 71 Hornisse 17.71 Hornissennest 94 Hororgane 137 Hufe 71 Hiihnerei 131 Hullen 63 Hulsenfriichte 32 Hummer 73 Hummerskelett 103
I
245
246
I
Stichwortverzeichnis
Hyazinthen
134
I lbise 128 Iguana 9 Immobilitat 17 lmplantate 103 Impragniemngen 146 lndustriegesellschaft 150 lndustrienationen $3 lnfektionen 104 Information 7, 226 lnformationsflusse 6 Informationsverarbeitung 170 Infrarot-Warmekamera 1 16 Infrarotreflexion 188 lnfrarotschutz 128 lnfrastruktur 175 lnitialperiderm 105 lnnenbeschichtung 133 Input-Management 185,223 lnsekten 17, 27, 104,108, 1 1 3 , 133 lnsekteneier 97, 133 Insektenkorper 68 lnsektenlarven 5,97 lnsektenpanzer 71 lnsektenschutzmittel 127, 188 lnsektizide 189 lnseln 9 Interferenz 119 lnterferenzen 82 Inuit-Volker I I 9 lnvestitionsguter 53 lsolationsmaterial 191 Isolationsmaterialien 127 1st-Soll-Differenz 172
I Jakobsmuschel 103 Iavaflugfrosche 113 Jiu-jitsu-Prinzip 177 Joghurtbecher 50, 55
K Kafer 72 Kaferpanzer 82 Kaffeestrauch 9 2 Kaiserpinguin 9,131 Kakteen 108 Kalk 14, 68 Kalkablagemngen 42 Kaikabscheidungen 104 Kalkbanke 150 Kalkgehause 103
Kalkkristall 14 Kalkschichten 104 Kalkverpackung 90, 103 Kalte 114, 118 Kalteprogramm 136 Kalteresistenz 9 Kalzit-Mineral 129 Kalzit-Saukn 129 Kalzium 12 Kalziumcarbonat 103, 129, 130.l90 Kalziumoxalat 74 Kambium 105 Kambiumschicht 105 Kame1 9 Kameldornbaum 123 Kapazitatsgrenze 173 Kapitalproduktivitat 210 Kapseln 88 Karotinoid-Farbstoffe 73 Kartoffelkiste 7 Kartoffelstarke 92 Karton 15 Karton-Umverpackungen 59 Kartongewicht 182 Kartonprodukte 106 Kartonverpackungen 11~37, 183 Kaseinkaltleime 22 Kastanienverpackung 40 Kaulquappen 113 Keimling 102 KeimungsprozeR 136 Keramikkacheln 82 Keratin 5, 14, 16, 68, 69, 117, 119,141. 143, 223
Keratinstrukturen 119 Kernkompetenz 231 Kettenhemden 144 Kiefernzapfen 84, 1 0 1 , I 0 2 Kieselschwamrne 14 Klappverschlusse 60 Klarsichthullen 97 Klebefaden 89 Klebefahigkeit 89 Klebemechanismen 89 Neben 12,158 Kleber 190 Klebfahigkeit 170 Kleblacke 22 Klebmechanismus 18 Klebstoff 16 Klebstoffkombinationen 16 Klebstoffkomponenten 18 Klebstoffproteine 89 Klebtechniken 16
Kleider 147 Kleiderschichten 148 Kleinbiotop 36 Kleinraumigkeit 180 Kleinschmetterlinge 85 Klemmen 16 Kletten 90 Klima 147 Klimafaktoren 158 Knoblauchzwiebel 135 Knochen 89 Knospe 75 Knospenhiille 84 Knupfteppich 140 Kocherbaum 106,107 Kocherfliegen 85 Kocherfliegenlarven 14,86 Kohasion 16,24 Kohl I I O Kohlendioxid 131 Kohlenhydrate 22, 130 Kohlenstoff 15 Kohlenwasserstoffe I I O Kokons 70 Kokosfaserhiille 99 Kokosfasern 98 Kokosmilch 98 Kokosnug 9.55, 97 KokosnuB-Verpackung 98 Kokospalme 36 Kokosschale 98 Kolibri 74,128 Kollagen 16 Kommunikations-Agentren 168 Komplexitat 31, 175, 194, 217, 220 Komplexitatsbewaltigung 218 Kompostieren 47 Kompostierungsanlage 52 Kompression 131 KompromiBfahigkeit 174 Kondorfeder 120 Konigsprotea 65 Konstruktionsschritte 226 Konsumenten 52 Konsumverhalten 172 Kontaktwinkel I I O Konturfeder 118 Konvektion 107 Korallenbaum 107 Korbbliitler 89 Korbflechter 141 Kork 14,105, 106,190 Korkeiche 106 Korkgewebe 68
Korkkambium 105 Kormoran 118 Kornerverpackungen 183 Korperausdiinstung 148 Korpergestaltung 158 Korperverpackungen 27 Kosten-Gewinn-Funktion 160 Kosten-Nutzen-Verhaltnis 180 Kostenaufwand 160 Kosteneinsparung 214 Krabben 1 0 2 , 189 Krankheitserreger 63 Krapp 190,191 Kreislauf 3, 178 Kreislaufprinzip 45 Kreislaufwirtschaft 61 Kristalle 104 Krokodile 144 Krustentiere 103 Kugelverpackungen 40 Kiihlfunktion 114 Kiihlrippen 78 Kunstharzdispersionsleime 27 Kunststoff 64 Kunststoffentsorgung 47 Kunststotlllaschen 10 Kunststoffolien 5 3 , 103 Kunststoffschicht 124 Kunststoffummantelung 98 Kunststoffverpackung 15.54 Kiirbis 66, 195 Kutikel 130 Kybernetik 169, 170
L Lamas 118 Laminin 16 Langsamkeit 41 Langsfasern 97 lngsrillen 76 Langusten 102,189 Langzeit-Lagerung 6 Langzeitprogramm 135,136 Langzeitschutz $5 Langzeitspeicher 6 Langzeitspeicherung 133 Langzeitstrategie 136 l r c h e 105 l r m 106 Larus heermanni 128 Larven 85 Laubbaume 108 Lauch 97 Lause 88
I
247
Lean Production 194 Lebensintervalle 40 Lebenskreislaufe 43 Lebensmitteln 6 Lebensraum 6 , 8 Lebensweg-Matrix 176 Lebensweganalysen 48 Lebenszyklus 188 Leber 63 Leberegel 17 Lehmbauten 121 Lehmkonstruktionen 122 Lehmmasse 122 Lehmpackungen I Z Z Lehmteilchen 86 Lehmverpackungen I Z I Lehmwespe 121 Leichtbaukonstruktionen 68 Leinolfirnis 191 Leistungsmerkmale 165 Leistungsprofile 21 Leitbegriffe 6 Lentizellen 105 Lernende Organisation 153 Lernprozeg 227 Lernstrategie 2 0 8 ,220 Leucadendron argentum 123 Libellenflugel 111 Licht 107,109,122 Lichtabsorption 116 Lichteinfall 1 1 5 Lichtenergie 116 Lichtnelke IOI Lichtstrahlung 114 Lichtstreuung 74, 189 Lichtstreuzentren 124 Lignin 5,14,16,51 Lilien 134 Linoleum 190 Lipide 16, 17, 103, 130 Litschi-NulS I O I Lobelie 9 Logistik 2 2 5 , 226 Lotus-Effekt 108, I I O Lotusblume 111, 153 Lotuspflanze I I O Lowenzahnsamen 138 Luftdruckschwankungen 138 Luftfeuchtigkeit 131, 143 Luftkanaluntersuchungen 138 Luftporen 148 Luftraume 117,145,147 Luftschicht 72,148 Lunge 63
M Magensteine 136 Mais 92.96 Maiskorner 96 Mammilae 130 Management 201 Managementstrukturen 153 Marketing 7, 10 Marketingvorgaben 182 Maschinenbau 156 Massenproduktion 189 Materialanspriiche 188 Materialaufwand 103 Materialbruchfestigkeit 157 Materialeffizienz 12, 36 Materialien 68 Materialkombinationen 5, 228 Materialkonzepte 68 Materialkreislauf 64, 199 Materialmanagement 42, z z j Materialoptimierung 12 Materialsparsamkeit 90, 188 Materialtransportwege 158 Materialverarbeitung 59 Materialverbunde 5, 11, 36 Materiahielfah 12 Matrizen 162 Meeresschnecke 12 Meerestierschalen 189 Mehrdimensionalitat 156 Mehrfachnutzung 56,173~ 177 Mehrfachverpackung 72 Mehrfachziel-Optimierungen 34 Mehrparameter-Probleme 159 Mehrstoffolien 59 Mehnvert 178 Mehnvertschopfung 214 Melanin 73,116,119, 123, 188 Melaninkorperchen 1 2 0 Melaninschicht 74 Membran 63,120,129,147 Mengenwachstum 206 Mensch 147 Mesembryanthemaceae 108 Mesopotamier 122 Metallverpackung 15 Metamorphose 177 Methan 15 Miesmuschel 17.89 Mikroben 130 Mikroklima 68 Mikroorganismen 114, 135 Mikrostrukturierung 73, 188 Milchprodukte 37, 227
I
249
Mineralien 14 Mineralverbindungen 103 Mineralwolle 191 Mischfarben 73 Mischstoffe 228 Mischverpackungen 41 Mischwald 9 Mischwirtschaft 220 Mitochondrien 63 Mobilitat 226 Modellserien 226 Modulraster 183 Mogelverpackung 56 Mohnkapsel 83.84 Monokoltur 225 Mortel 190 Mortelbiene 86 Mortelnest 122 Motten 68,133 Mucoprotein 71 Mulchen 72 Miilbeseitigung 150 Miillentsorgungspraxis 53 Mullgebiihren 48 Mullprobleme 150 Miillsacke 52 Mulltonnen 52. Multifunktionelle Verpackungen 78 Multioptimierungssystem 35 Multiparameternetzwerk 187 Muscheln 104 Muschelschalen 12,14,158 Muschelverpackungen 189 Muskeln 114 M y t h 17
N Nachhaltigkeit 5, 159,171,176, 215,234 Nachhaltigkeitsbetrachtung 61 Nachhaltigkeitsindikator 215 Nachhaltigkeitsziele 234 Nachteule 119 Nachtschmetterlinge 134 Nacktschnecken 20 Nadelbaume 78,80 Nahrungsbedarf 157 Narzisse 134 Nasse 107 Nasutitermes 17, 19 Naturfarben 191 Naturhaushalt 175 Naturklebstoffe 18 Naturlosungen 152 Naturpackgut 26
Naturprinzipien 223 Naturstoffbauteile 191 Naturverpackungen 6,8 Nautilus 103 Navojo-Indianer 122 Nest 71,121 Nestbau 71 Netzwerkvorgange 3 Neuronen 219 Niere 63 Nierenkanalchen 112 Nieten 16 Nockendrehverschlusse 60 Nuf3 97 Nugschale 14,49,72,104
0 Oberflachen 63 Oberflachenspannung 112 Obstindustrie 108 Offnungsmechanismen 81 Offnungstechnik 84 Okobilanzen 48,62 Okobilanzen 168 Okologie 43 Okologisierung 186 Okonomie 43,193 Olivenbaume 67 Omai-Ruderfrosch 113 Optimalitatskriterien 223 Optimalitatsprinzip 33 Optimierung 30, 32 Optimierungs-Zeitskala 31 Optimierungsalgorithmen 185,187 Optimierungsmerkmal 32 Optimierungsmethode 36 Optimierungsparameter 36 Optimierungsproblem 31 OptimierungsprozeR 33 Optimierungsraum 38 Optimierungsstrategie 33, 34,164 Optimierungsvariable 183 Optimierungsverfahren 159 Orchideen 18,20 Ordnungsstrukturen 31 Organisation 201 Organisationsablaufe 153, 200 Organisationsbionik 163 Organisationsmanagement 193,210 Organisationsprinzip 152 Organisationsstrukluren 214 Organozinnverbindungen 45 Oxigeneratoren 131
P Packgiiter 7 Packhilfsmittel 186 Packinhalte 42 Packstoffe 21 Palme 139 Palmenblatter 141 Palmenstamme 139 Panzer 72, 101, 144.189 Panzerkrebs 12 Papagei 136 Papageienmagen 136 Papier 72 Papier-Kartonverpackung 15 Papierfaserbrei 25 Papierflasche 51 Papierhiillen 134 Papierqualitat 25 Papierstruktur 96 Papierverarbeitung 23 Papierverarbeitungstechnik 96 Papierverpackungen 51 Pappkartons 87 Pappmaterial 71 Papyrus 6,96 Paradigmawechsel 4, 220 Paraffne 27 parameter-Suchprozeg 32 parameterkombination 33 Parasiten 81 Parfiime 21 Parka 149 PCB's 150 Pecan-Nug 72 Pektine 14 Pelz 9, 117 Pelzschicht 124 Pentosan 72 Perlenkette 134 Perlenmuscheln 74 Perlhuhn 120 Permeationseigenschaften 29 PET~Kunststoffflaschen 59 Pfaffenhutchen 84 Pfau 75 Pflanzen 20 Pflanzenkleister 22 Pflanzenleime 22 Pflanzenoberflache 69, 110 Pflanzensamen 90,101,147 Phanotyp 34 Phellem 105 Phelloderm 105 Phellogen 104
phenol-Polysaccharide 16 Phloem 105 Phosphor 1 2 Photosynthese 108,122 Pigmente 73.74.128.189 Pigmentfarben 73 Pigmentierung 73, 123 Pigmentmuster 32 Pilzbefall 104,112,13~ pilzbekampfungsmittel 47 pilze 83 Pilzsporen I I O Plastik 190 Plastik-Metall-Papier 149 Plastik-Regenschutz 94 Plastik-Regenschutzhiillen 148 Plastikfolien 149 Plastikverpackungen 81 Platten 144 Polarbar 9, 124 Polarfuchs 9, 116 Pollen 18,83 Pollenkorner 146 Polyamid 23 Polyester 23 Polyethylen 7.15 Polyethylenfolien 49 Polymerschicht IIO Polymilchsaure 50 Polyphenole 16, 17 Polysaccharide 16,17, 68,10),189 Polystyrol 7, 1 5 , 127,228 Polyvinylchlorid 7, 1 5 Porno-lndianer 122 Poren 142,147 Porendichte 128 Porendurchmesser 128 PorengroRe 63 Porositat 128 prasentationsverpackung 80 Problemanhaufungen 45 Problemlosungen 220 Produktbionik I 53 Produktinnovation 159 Produktionslogistik 227 produktionswirkungsgrad 6 Produktivitatssteigerungsraten 215 Produktivkraft 223 Produktlebenslaufe 6 Produktwerbung 58 produktwiedemerwendung 56 Protein 14.16,17.72.103 Proteingehalt 128 Proteinketten 69, 71
I Proteinklebstoff 14 Proteinteilchen 74 Protoporphyrin 128 ProzeB-Vernetzung 178 Pterine 73 Puppengehause 81 Putze 190
Q
Qualitats-Zielfunktion 184 Qualitatsbestimmung 180 Qualitatsgipfel 31 Qualitatskontrolle 175,194 Qualitatskontrollmechanismen 176 Qualitatskriterien 5 Qualitatsmanagement 175 Qualitatsmatrix 175, 176,178, 180 Qualitatssicherung 7, 10 Qualitatsunterschiede 58 Qualitatsvergleiche 154 Qualitatswachstum 217 Qualle 97 Quarzsand 15 Quellstarke 2 2 Quellung 136 Querbelastungen 97 Querschnittsaufgaben 168 Querschnittswirtschaft, 4 Quervernetzungen 16 Quittenschleim 14
R Rahmenbedingungen 31 Ramii 119 Randbedingungen I 59 Rapsol 190 Rasteroptimierung 186 Rauber-Beute-Spiel 27 Raumfahrt-Verpackungen 7 Raupen 73 Raupennest 144 Recyclingproblematik 2 I Reflexion 189 Reflexionsverhalten 158 Regelgroge 169, 172 Regelkreis 6,173 Regelkreisstruktur 169 Regelleistungen 68 Regelstrecke 169 Regelung 169 Regelungsnetzwerke 171 Regelungsvorgang 171 Regelvorgange 197 Regenhiillen 148
Regenwald 9 Regler 169 Reibung 114 Reifbildung 117 Reiher 67,128 Reisfaserpapier 96 Reig-Verschlusse 60 Reigfestigkeit 70 Reiglinien 84 ReiBmarkierungen 81 Reptilien 27 Resilin 14 Ressourcenabbau 173, 2 2 0 Ressourceneffizienz 186 Ressourcenproduktivitat 183, 2 1 0 Ressourcenverarbeitung 6 Rezyklierbarkeit 188 Rezyklierung 64, 103 Riesenlobehen 122 Riesenschlange 9 Rinde 14,63,104 Rindenhiille 83 Rindenmaterial 126 Rindenoberflachen 104 Rindenprodukte 106 Rindenschutz 106 Rindenstruktur 106 Rindenteilchen 71 Rindenverpackung 174 Rindenzellen 105 Ringborke 105 Rinnen 101 Rippen 107,108 Rohstoffaufbereitung 183 Rohstoffproblem 225 Rohstoffverarkitung 183 Riickkopplung 42,43,150, 173. 175 Riickkopplungsprozesse 77,163, 201 Riihrmichnichtan 88 Rutschsichemng 24
5 Salanganen 99 Salzstreuer 83 Samen 102 Samenbehalter 8 2 , 139 Samenhaare 140 Samenkapsel 95 Samenmantel 92 Samenstand 7 9 , 9 5 9 6 Samenverpackung 87,136,138 S ammelverpackung I 82, z 2 5 Sandstiirme 108 Sandwich 102
251
Sauerstoff 15.70,132, 143 Sauerstofftransport 133 Saugetiere 119 Saurier 120 Savanne 9 Schachteln 24 Schadlingsbekampfungsmittel 30 Schadstoffe 30 Schale 72,128 Schalenmembranen 130 Schalenstruktur 129 Schalenverpackung 12~14 Schalenverpackungen 12 Schallwellen 138 Scharnierverbindung 16 Schattenbildung 107 Schattierungen 73,188 Schaumballen 1 1 2 , 1 1 3 Schaumbarriere 112 Schaumschichten 112 Schaumstoff 68,113,188 Schaumstoffverpackung 112 Schaumzikaden 112, 1 1 3 Schaumzikadenlarven I 13 Schergefalle 26 Schilf 110,191 Schilfgrasumhullung 149 Schillerfarben 74, 119 Schimmelbildung 190 Schlangen 74 Schlauchbeutelverpackungen 23 Schleiereule 120 Schleim 71 Schleime 104 SchlieRbeutelmeise 140 SchlielSprinzipien 84 SchlieRtechniken 12,83 Schmelzklebstoffe 21, 2 2 , 2 3 Schmetterlinge 74, 133 Schmetterlingsflugel I I I Schmetterlingsraupen 143 Schmutzteilchen 110 Schnecken 104 Schneckengehause 132 Schneeglockchen 134 Schneehasen 149 Schneekristalle 119 Schollen 76 Schoten 87,123 Schuppen 111,144 Schuppenborke 105 Schuppenkleid 9, 111 Schutzblatter 97 Schutzhullen 86
Schutzschicht 112 Schutzstoffe 45 Schwarze Witwe 134 Schwefel-Doppelbrucken 71 SchweilS 114 Schweifldrusen 114 Schwermetalle 30.74, 150 Schwermetallfarben 188 Schwimmfahigkeit 36 Schwirrflug 76 Sechsertrager 60 Seeanemone 178 Seehund-Muff 149 Seeottern 117 Seepocken 17,20,90 Seeschwalbe 118 Seevogel 118 Segler 17,99 Seide 134,190 Seidenbiene 112 Seidenfaden 86, 89,141,142 Seidenkokons 142 Seidenraupe 69,141,142 Seidenraupenkokons 141 Seidenseile 142 Seidenspinner 143 Seideprotein 142 Seitenblatter 9 5 Sekundaranwendungen 73 Selbstheilung 18 Selbstklebeetiketten 25 Selbstorganisation 62, 153,169,170, 2 1 0 Selbstorganisationsfahigkeit 68 Selbstorganisationsprozesse 64, 228 Selbstorganisationstechnik 191 Selbstregulationsprozesse 35 Selbstreinigungseffekt 108 Selbstreinigungsvorgang 110 Selbstreproduktion 170 Selbstzerstorung 177 Selektionsmechanismus 175 Sensorempfindlichkeit 157 Sequoiadendron giganteum 125 Sequoiadendron sempervirens 125 Sequoiarinde 127 shareholder value 215 Sicheltanne 105 Silberhaare 123 Silikate 14, 68 Silikateinlagerung 146 Silizium 15 Sisal 51, 96 six-pack 59 Sklerotin 71
I Solartechnologie 225 Solarzellen 108 Solarzellenkosten 108 Sollbruchstellen 81, 82, 88 Sondermull 146 Sonnenhitze 140 Sonnenlicht 109.128 Sonnenstrahlen I I I , 143 Sonnenvogel 74 Sonnenwarme 108 Spaceshuttle 82 Spaltoffnungen 124 Sparpotential 168 Sparsamkeit 224 Specht 87 Speichel 99,121 Speichelzusatze 122 Spezialbehalter 146 Spezialkleber 89 Spezialverpackungen 146 Spinndruse 70, 142 Spinne 20, 69,133,142,143 Spinnenfaden 69 Spinnennest 144 Spinnennetze 142 Spinntechnik 142 Spirale 103 Spiralform 88 Spiralstruktur 104 Sporen 83 Sporopollenin 146 Sporttextilien 148 Springkraut 88 Stabilisatoren 24 Stabilitat 75,76, 1 0 1 , 103, 141 Stabilitatskriterien 171 Stacheln 82 Standardisierung 49 Stapelfahigkeit 37, 158 Stapelung 187 Stapelverpackung 40 Starke 16,22,27.71,190 Start-Ziel-Suchprozeg 32 Startqualitat 32 Steifigkeitswerte 183 Steinbottiche 86 Steinhummel 107 Stellglied 172 StellgroBe 169 Steuerung 169 Steuerungsvorgange 169 Stichwortgeber G I Stickstoffverbindungen 15 Sticky-Effekt 23, 25
Stoffgemisch 7, 15, 32 Stoffmanagement 52 Stoffmenge 32 Stoffhansportketten 44 Stofierbiinde 14 Stolperdrahte 142 Storgroge 169 Storungsfortpflanzungen 3 StoU 114 Stogdampfung 142 StoISe 113 Strahlenschutz 36 Strahlung 114,116 Strandkrabbe 103 StraulS g,11g,12o StrauBenei 128.132 StrauBeneischale 6 Straugenfedern I I I Stregerscheinungen 137 Streueffekte 82 Streuzentren 116 Strohfasern 121 Strohfullungen 49 Stromungsgerausche 138 Stromungswiderstand 187 Strukturfolien 153 Strukturierung IOI, 188 Strukturoptimierung 189 Suberin 14.68 Suchfelder 160 Suchparameter 33 Suchraum 31 Suchstrategien 220 Suchvorgange 31 Sukkulenten 125 Supply Chain Management 61 Supraorganismen GI sustainable development 52 Symbiose 178,210 Synergie 187 Systemeinflusse 162 Systemik 6 Systemoptimierungen 187
T Tabellenraster 194 Tack 24 Taiga 9 Tanne 104,108 Tannin 1 4 , 7 2 . 1 1 2 ,126,188 Tarnung 77 Tatigkeitsfelder 164 Taylorismus 215 Technikumfeld 1 5 5
253
254
I
Technikverpackungen 9 Technische Biologie 156 Technologieentwicklung 63 Technosphare 154 Teer 22 Temperaturkontrolle 112, 119 Temperatursinnesorgan I 14 ten-pack 59 Tenebrionid-Kafer 108 Termiten 17, 19,20 Termitenbauten 19 Termitenkonigin 104 Terpene 16 Terpenharze 16 Terpentin 108 Textilfasern 106 Textilgewebe 140 Textilien 148, 188,190 Textilindustrie 143 Thermoplaste 2 3 Tnermoregulation 114 Thermostat-Regelung 170 Tierfelle 6, 117 Tierfraf3 104 Tienvolle 190 Tintenfisch 103, 104 Titandioxid 132 Tolpel 130 Topfervogel 2 0 , 121 Topfervogelbau 121 Topferwesten 121 Tracheensystem I I Z Transport 1 1 , 39 Transportbelastung 187 Transporthilfe 1 1 5 Transportketten 41 Transportpalette 38 Transportverpackung 38,41,80,182 Transportwege 164 Treibhauseffekt 123 Trennen 1 1 Trial and error 156,160 Tributylzinn 45 Trinervitermes 17 Triphenolzinn 47 Tropen 122 Tropenstrahlung 36 Tulpe IIO, 134 Tundra 9 Tundragans 9,120 Turbulenz 107 Turinnenverkleidungen 190 Tutenverpackungen 57 Twist Open-Caps 60
Tyndall-Streuung 74
U Uberhitzung 145 UberlappungsmaBe 185 Uberlebenschancen 33 Uberlebensfahigkeit 125,157 Uberlebensschutz 27 Uberlebensstrategie 16 Uberlebenstricks 154 Uhus 138 Ultraleichtbau 138 Umforrnen 11 Urngebungseinflusse 9,175 Umsatzindikator 215 Umverpackung 80 Umwelprobleme 171 Umwelt 108 Umweltbelastung 15, 42.43, 188,225 Umweltgerausche 138 Umweltprobleme 228 Umweltschaden 8,45 Umweltschutzorganisationen 44 Umweltverschrnutzung 44 Umweltvertraglichkeit 49, 210 Umweltvertraglichkeitspriifungen 48 Universalbaustoffe 68 Universalklebstoff 21 Unkrautvernichtungsmittel 189 Unternehmensziel 201, 204 Urformen 11 UV-A 115 UV-B 1 1 5 UV-Licht 1 1 5 UV-Schutz 189 UV-Strahlung 9. 123, 146, 147 V Venusfliegenfalle 2 0 Verarbeitungstechniken I I Verarbeitungszyklen 24 Verbesserungsschritt 37 Verbraucherverpackung 40 Verbundmaterial 12,14,43,71,121 Verbundstoffe 141 Verbundverpackungen 80 Verdunstung 109,125 Verdunstungsbarriere 123 Verdunstungskalte 99,114, 124 Veredelung 15~43 Veredelungsvorgange 15 Verfahrensablaufe 6 Verfahrensoptimierung 182 Verfahrensprozesse 156
Verkaufsverpackung 1 1 , 57,80 Verkleidungselemente 191 Vermehrungsrate 175 Vernetztes Denken 62 Vernetztheit 194,227 Verpackung VII Verpackungforschung 164 Verpackungsabfall 42.43 Verpackungsaufdruck 57 Verpackungsaufwand 168 Verpackungsballast 53 Verpackungsbeispiel 65,170 Verpackungsbionik 35, I G ~ 175 , Verpackungschips rgo Verpackungseigenschaften 147 Verpackungseinfliisse 214 Verpackungsentwickler 220 Verpackungserfahrung 4 Verpackungsfolie 85 Verpackungsform 164 Verpackungsgut 87 Verpackungshandwerker 194 Verpackungshilfsmittel 60, 89 Verpackungshiille 104, 111 Verpackungshiillen 19,65,67 Verpackungsindustrie 15,149 Verpackungsingenieure 30.89.231 Verpackungsinhalt 78,81 Verpackungsinhalte 10,41 Verpackungsinnovationen 210,224 Verpackungslebensweg I O , I Z , 61,164, 168,171,172,178,186,214, zzj Verpackungslosungen 90 Verpackungsmanagement 8,34,163,164, 183,220
Verpackungsmaschine 21,194 Verpackungsmasse 223 Verpackungsmaterial 10,65, 223 Verpackungsmaterialstrome 165 Verpackungsmiillproblem 171 Verpackungsnetz 62 Verpackungsnetzwerk 3,41,163 Verpackungsoptimierung 182 Verpackungsprinzipien 66 Verpackungsproduktionsablaufe 62 Verpackungsprozessschritte 44 Verpackungsrecycling 12 Verpackungsregelkreisablaufe 171 Verpackungsrohstoffe 103 Verpackungsschale 3 2 , IOI Verpackungsschutz 1 0 1 , 102, 112,127 Verpackungssensorik 30 Verpackungsstrategien 39, 65 Verpackungsstrome 223,224, 225
Verpackungssystemik 164 Verpackungstechnik 6 6 Verpackungstourismus 48 Verpackungsumfeld 45 Verpackungsumwelt 171 Verpackungsvolumen 183,223 Verpackungswirtschaft 4,48,155 Verpackungszulieferer 60 Verpackungszyklus 7 Verpuppungsstrukturen 86 Verschwendung 195,225 Versiegelung 108 Verstarkungsstrukturen 78 Verwitterungsprodukt 106 Vicunja 118 Vielfrag 119,148 Vielparameterprobleme 159 Vinylacetat 23 Viren IIO Viskositst 24.26 Vogel 7 ~ 7 4 , 1 1 8 Vogelembryo 127 Vogelfliiger 111 Vogelschwingen 72 Volumenefizienz 36
W Waben 94.96 Wachs 107, 110, 123,133 Wachsfilme 108 Wachshaarschicht 108 Wachshiille 109 Wachsmantel 109 Wachspapiers 108 Wachsplattchen 87 Wachsschichten 107 Wachsskelett 109 Wachsstrategie 108 Wachsstrukturen 8 2 Wachstum 36 Wachstumskontrolle 176 Wachstumsprozesse I I Waffelteig 92 Waid 190, 191 Waltertriebwerke 146 Wanderheuschrecke 76 Wanzen 134 Warenstrome 226 Warentransport 7 Warmeaustausch 114 Warmedammung 12j,124,191 Warmeenergie 153 Warmeisolation 71 Warmeisolationsfahigkeit 126
I
255
Warmeisoliemng 69, 148 Warmekapazitat 121, 134 Warmekontrolle 118 Warmeleitfahigkeit 127 Warmeleitung 123 Warmeleitvermogen 106 Warmeregulierung 140 Warmesammlung 188 Warmeschutz 115,118,119 Warmeschutzverpackung 120 Warmestrahlung 122 Warmetod 63 Warmeverlust 114,116,145 Warmezufuhr 82 Waschmittel 52 Wasser 14 WasserabstoBung 36 Wasserdampf 70 Wasserglas 22,191 Wasserkreislauf 153 Wassertropfen 108, 110 Wasserverdunstung 110 Wasserverlust 78, 114, 124, 149 Watte 145 Wattehullen 145 Webervogel 140 Webetechniken 148 Webkunst 140 Webtechnik 140 Wegwerf-Teller 92 Weidenkatzchen 124 WeirSblechdosen 10 Wellblech 74 Wellblechstruktur 102 Wellpappe 22,74 Welwitschia mirabilis 78,125 Wergwerfartikel 59 Werteraster 180 Wertschopfung 7, 38,48 Wertschopfungskette 171,205 Wertschopfungsweg 60 Wespen 17 Wespennester 96,134 Wettbewerb 40 Wetter 107, 108 Wettereinflusse 97 Widerhaken 90 Wiederauhereitung 196 Wiederverwendung 188 Wiederverwertbarkeit 21. 23
Wiederverwertung 15,18,23. 24,42,43, 45,47,15&165,173, 178, 196 Wiederverwertungszyklen 178 Wind 118 Windturbinen 137 Wintergarten 123 Wirkungsfeld 39 Wirkungsgefuge 3 Wirkungsgrade 151,154 Wirkungskette 169 Wirkungsnetz 43,17~+,193,204,206 Wirtschaftlichkeitskriterium 185 Wirtschaftsglobalisierung 226 Witterungsschaden 104 Witterungsverhaltnisse 225 Wollhaare 148 Wollkleidung 148 Wundverband 103,190 Wundverklebung 89 Wundwatte 190 Wuste 9
Z Zeithorizont 227 Zeitperioden 31 Zeitprogramm 188 Zellstoff 27 Zellulose 14,16,22,68,~01,190, 223 Zellulosedamrnstoffe 191 Zellulosefaserflechtwerke 131 Zellulosefolie 134 Zellulosehulle 68 Zellulosematerial 97 Zellulosepapier 51 Zelluloseprodukte 127 Zellulosestrukturen 145 Zellulosewatte 68, 145 Zellwande 190 Zernent-Seide 142 Zero-Emission 215 Zielkriterien 183, 186 Zielvorgaben 219 Zikadenlarven 112 Zucker 190 Zugseile 142 Zwiebeln 134 Zwischenhandler 226 Zwischenlager 42 Zyanobakterien 64