(Tipps und Tricks) Reihenherausgeber: Hansjürgen Piechota, Michael Waldner, Stephan Roth
Dieter Schmidt
Tipps und Tricks für den Augenarzt Problemlösungen von A bis Z
Mit 80 Abbildungen und 4 Tabellen
123
Prof. Dr. Dieter Schmidt Universitäts-Augenklinik Killianstraße 5 79106 Freiburg
ISBN-13
978-3-540-48717-3
Springer Medizin Verlag Heidelberg
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Vorwort Aufgabe des Buches sollte sein, Kolleginnen und Kollegen auf spezielle, weniger bekannte, aber auch vielleicht vergessene und zur Vertiefung notwendige, eventuell schon durchdachte Probleme in Diagnostik und Therapie hinzuführen. Es werden Problemhilfen angeführt, die unterschiedliche Bereiche der Augenheilkunde betreffen. „Von A bis Z“ bedeutet nicht, dass mit diesem Buch alle Bereiche des Augenfaches erörtert werden. Es besteht kein Anspruch auf die Vollständigkeit eines Lehr- oder Handbuches. Mit „Tipps & Tricks“ ist nicht beabsichtigt, eine umfassende Darstellung des sich immer mehr ausweitenden Fachgebietes der Augenheilkunde zu bieten. Nur einzelne wichtig erscheinende Themen können angesprochen werden, die dem Arzt in der täglichen Praxis eine Hilfestellung geben mögen. Jüngere Kolleginnen und Kollegen in der Ausbildung sollten vor allem informiert werden, damit sie in der täglichen Arbeit Anregungen für zahlreiche Probleme unseres Fachgebietes erhalten. Es wurde Wert darauf gelegt, möglichst einfache Tests zu beschreiben, damit sie ohne Instrumente bereits „am Krankenbett“ ausgeführt werden können. Eine einfache Untersuchungstechnik ist stets anzustreben, da ein Arzt in Notfallsituationen oder bei Untersuchungen bei seiner Tätigkeit in der „dritten Welt“ häufig gezwungen ist, ohne Untersuchungsinstrumente Diagnosen zu stellen.
Dieter Schmidt
Danksagung Herrn Prof. Dr. Hansjürgen Piechota und Herrn Prof. Dr. F. G. Holz danke ich für die Überlassung des Themas. Frau Dr. Tina Boll, Herrn Dr. Rolf Lange und Frau Hiltrud Wilbertz danke ich für ihre Bemühungen und ihre Bereitschaft der Drucklegung des für die Augenärzte wichtigen Themas der „Tipps & Tricks“ in der täglichen Praxis. Dieter Schmidt
Hinweise zur Benutzung Was soll das Buch leisten? Mit diesem Buch sollen wichtige augenärztliche Problemlösungen vermittelt werden, die wenig bekannt oder zu wenig in der täglichen ophthalmologischen Praxis beachtet werden. Diagnostische und therapeutische Ergänzungen zu der Fülle des expandierenden Lehrbuchwissens werden mit dem Ziel herausgestellt, Schwerpunkte herauszufinden und wesentliche Kriterien zu vermitteln. Alle angegebenen „Tipps & Tricks“ sind in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften und Büchern der internationalen und nationalen ophthalmologischen und neuro-ophthalmologischen Fachwelt veröffentlicht und für den in der Praxis tätigen Augenarzt ausgesucht und geprüft worden. Es werden einzelne praxisbezogene Themen in den „Tipps & Tricks“ angeschnitten, die bei einer Fülle des immer schwieriger werdenden und somit kaum mehr zu überblickenden Faches dargestellt sind. Das Fach der Augenheilkunde ist seit langem in zahlreichen Kliniken in die Bereiche des vorderen und hinteren Augenabschnitts, der Strabologie und Neuro-Ophthalmologie, insbesondere der konservativen und chirurgischen Behandlung, aufgeteilt worden. In umfassenden großen Lehr- und Handbüchern wird versucht, Wissen zu vermitteln. Der Augenarzt ist auf fächerübergreifende Kontakte mit Kollegen anderer medizinischer Spezialgebiete angewiesen, da der Bereich der Augenheilkunde als ein zentrales medizinisches Fach mit zahlreichen Kontakten in die Nachbarschaftsdisziplinen, vor allem in die Gebiete der neurologischen Fächer, Inneren Medizin, Pädiatrie, Chirurgie, HNO-Heilkunde, Dermatologie und nicht zuletzt der Allgemeinmedizin hineinreicht, um nur einige Fachbereiche anzuführen. Es ist Aufgabe des Buches „Tipps & Tricks“, wichtige Themen herauszugreifen, die für den Arzt in der täglichen Praxis – und zwar nicht nur für den Augenarzt – von Bedeutung sind. Das angebotene Spezialwissen wird in dem Buch „Tipps & Tricks“ durch übersichtliche Darstellungen mit knapp gefassten Texten für die As-
sistenzärztinnen und -ärzte, insbesondere für solche, die den Beruf kürzlich begonnen haben, aber auch für den berufserfahrenen Kollegen in der Weiterbildung eine Stütze für die tägliche Arbeit darstellen. Die rasche Nachschlagemöglichkeit wird durch die alphabetische Übersicht einzelner Themen erleichtert. Relevante Literaturhinweise werden gegeben, so dass eine Vertiefung der Kenntnisse ermöglicht wird – und alltagsrelevante Fragestellungen zur Information in Kürze nachgeschlagen werden können. Das Buch sollte den Leser anregen, sich auch mit ungewöhnlichen Fragen des Fachgebietes zu befassen.
Was soll das Buch nicht leisten? Das Buch „Tipps & Tricks“ kann nur einen Einblick in alltäglich vorkommende, aber auch ungewöhnliche augenärztliche Problemstellungen geben. Es kann kein Anspruch auf Vollständigkeit bestehen. Es ist davon auszugehen, dass manchem Kollegen in der täglichen Praxis zusätzliche Ideen zu „Tipps & Tricks“ in der Augenheilkunde kommen, die hier noch nicht dargestellt wurden, jedoch das Buch ergänzen könnten.
Was kann das Buch nicht leisten? Das Buch beinhaltet die nach subjektiven Kriterien des Autors zusammengestellten und überarbeiteten „Tipps & Tricks“ für den Augenarzt. Damit umfasst es das gesamte weite Spektrum aller diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, die unser Fach so vielseitig, interessant und unverzichtbar machen. Dennoch kann und will diese Sammlung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Niemand weiß, wie viel wichtige und möglicherweise noch viel hilfreichere „Tipps & Tricks“ im Erfahrungsschatz und in den Köpfen unserer in Klinik und Praxis tätigen Kollegen schlummern! Deswegen ist es dem Autor ein besonderes Anliegen, die praxiserfahrenen Leser dieses Buches auf diesem Wege aufzufordern:
Bitte, teilen Sie sich mit! Durch Ihre persönlichen Erfahrungen und Ihr Wissen können Sie die nächste Auflage dieses Buches mitgestalten. In diesem Buch soll klargestellt werden, dass unsere Patienten nicht durch unnötige, umfangreiche und kostspielige diagnostische und frustrane operative Verfahren belastet werden. Es ist sehr zu begrüßen, wenn Sie diesem Aufruf folgen könnten. In einer eventuellen Neuauflage werden Kolleginnen und Kollegen, die neue weiterführende Ideen einbringen, namentlich benannt.
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Dieter Schmidt Universität-Augenklinik Killianstraße 5 79106 Freiburg Fax: 0761-270-4075 E-Mail:
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Wichtiger Hinweis zum Schluss Grundlegend für alle anderen Kapitel sind die Kapitel „Anamnese bei Augenerkrankungen“ und „Aufklärungspflicht“. Sie finden sich nicht als Verweis nach jedem Kapitel, sollten jedoch stets mitbedacht und einbezogen werden!
Reihenherausgeber Prof. Dr. med. Hansjürgen Piechota Klinik für Urologie und Kinderurologie Klinikum Minden Portastraße 7–9 32423 Minden Priv.-Doz. Dr. med. Michael Waldner Urologische Klinik St. Elisabeth-Krankenhaus GmbH Werthmannstraße 1 50935 Köln Prof. Dr. med. Stephan Roth Klinik für Urologie und Kinderurologie Klinikum Wuppertal GmbH Heusnerstr. 40 42283 Wuppertal
Inhaltsverzeichnis Tipps und Tricks von A bis Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?. . . . Achromatopsie und Prosopagnosie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AIDS im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AIDS, opportunistische Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allergietest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amaurose durch Optikuskompression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern. . . . . . . . . . . . . Amnionmembran zur Therapie eines Hornhautulkus . . . . . . . . . Amotiooperation mit Silikonölauffüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?) . . . . . . . . . Amsler-Netz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anamnese bei Augenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Angiopathia retinae traumatica“, die Purtscher-Retinopathie Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid (Schleimhautpemphigoid) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anti-Phospholipid-Syndrom mit serologischen Markern (Gefäßverschluss als Notfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme bei Verdacht auf Arteriitis cranialis, Biopsie der A. temporalis superficialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Atrophia gyrata, fortschreitende, aber behandelbare NetzAderhautdegeneration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufklärungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augenrötung mit Schmerzen bei einem TINU-Syndrom . . . . . .
1 4 6 8 10 12 15 17 20 22 24 26 30 33 36 38 41
44 47 50 53
XVI
Inhaltsverzeichnis
Augentropfenverabreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augenverband, Amblyopiegefahr bei Kindern unter 6 Jahren. AZOOR (Akute zonale okkulte äußere („outer“) Retinopathie) . Baclofen zur Behandlung eines periodisch alternierenden Nystagmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts . . . . Basaliomoperation des Lids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benetzungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen am Krankenbett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung . . . . . Bindehautbiopsie bei Verdacht auf Sarkoidose (Morbus Besnier-Boeck-Schaumann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Biopsieverbot eines pleomorphen Adenoms der Tränendrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blaue Sklera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blickinduzierter passagerer Sehverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blindheit durch Hämangioblastome der Retina . . . . . . . . . . . . . . Blinzelfrequenz, abnorme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutige Tränen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie (Notfalluntersuchung und -behandlung) . . . . . . . . . . . . . . . . . Brechungsanomalie bei Albinismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bulbusperforation, gedeckte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Bull’s-eye“-Makulopathie (Schießscheibenmakula) . . . . . . . . . . Buphthalmus bei einem Rankenneurinom (plexiformes Neurinom) des Oberlids. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cataracta electrica durch Starkstrom- oder Blitzschlagverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chalcosis bulbi mit „Sonnenblumenkatarakt“ . . . . . . . . . . . . . . . . Charles-Bonnet-Syndrom, optische Halluzinationen bei beidseitiger Sehminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgie der retinalen Venenverschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chloroquinschaden der Makula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chrysiasis (Gold im Auge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 59 61 64 66 69 72 75 79 81 84 86 88 90 94 97 99 102 104 106 108 110 112 115 117 120 123 125
Inhaltsverzeichnis
Conjunctivitis lignosa, holzartig verhärtete Bindehaut mit Plasminogenmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darmentzündungen und Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskonnektions-Syndrom am Beispiel einer Alexie ohne Agraphie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Donnerschlag-Kopfschmerz („thunderclap headache“), eine neurochirurgische Notfallsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doppelbilder durch Botulismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eineinhalb-Syndrom („one-and-a-half” syndrome) . . . . . . . . . . . Eisensplitter-Mydriasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elschnig’sche Flecken, dunkle kleine Punkte des Fundus . . . . . . Entropiumoperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erblindung durch Filariose (Onchozerkose, Robles-Krankheit) Erblindung, okzipitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fixationsflucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Football“-Pupille (ovale Pupille) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum) . . Gelb-orangefarbiges Pigment eines Aderhautnävus. . . . . . . . . . Gesichtsfeldausfall bei der Epilepsiebehandlung mit Vigabatrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glaskörperblutung unklarer Genese (Es kann sich um einen neurochirurgischen Notfall handeln!). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Graft-versus-Host Disease” (GvHD) (Transplantat-WirtReaktion nach haematopoetischer Stammzelltransplantation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halbfeldgleiten („hemifield slide”) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hämangiome der Lider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hämodilution, isovolämische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hemianopsie, bilaterale homonyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hemianopsie, homonyme (Untersuchung „am Krankenbett“) . Hemianopsie, inferiore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
127 130 132 134 136 138 141 144 146 148 150 153 155 157 159 162 164 167 170 173
175 178 180 182 185 188 190
XVII
XVIII
Inhaltsverzeichnis
Hemianopsie, monokulare temporale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie (Untersuchung „am Krankenbett”) . . . . . . . . . . . . . . . Herzstillstand bei Druck auf den Bulbus, der okulokardiale Reflex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hippus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirn- und Augentumor, das trilaterale Retinoblastom . . . . . . . . Hurrikan-Keratitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypopyon, Früherkennung mit Glyzerintropfen . . . . . . . . . . . . . . Indirektes Trauma als Ursache einer Amotio? . . . . . . . . . . . . . . . . . Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei einem „battered child syndrome“ durch Kindesmisshandlung . . . Kantenfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis) . . . . . . . . . . . . . . . . Kompressionspneumatocele des Tränensacks . . . . . . . . . . . . . . . . Konvergenzspasmus (Naheinstellungsspasmus) . . . . . . . . . . . . . Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese, Untersuchung „am Krankenbett“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen . Laserpexie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lazy-T-Operation nach Smith zur Behandlung eines nasalen Ektropiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leukämie und Mukormykose (Phykomykose) . . . . . . . . . . . . . . . . Lochblende (Stenopäische Blende) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Makulaektopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Makulaloch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maskeradezeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maskierte oder okkulte Arteriitis cranialis (Riesenzellarteriitis, Arteriitis temporalis Horton) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter). . . „Milchsaft“verätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Morning-glory“-Papille bei einem Papillorenalen Syndrom (Handmann’sche Sehnervanomalie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis . . . . . . . . . . . . . . . Muskelchirurgie in Tropfanästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
192 194 198 200 202 203 206 209 210 212 215 217 220 223 225 229 232 235 237 239 241 244 248 251 253 256 258 260 262
Inhaltsverzeichnis
Mydriasis durch Bienenstichverletzung des Auges . . . . . . . . . . . Nadelstichverletzung mit Infektionsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nanophthalmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neovaskularisation der Retina, blutende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale . . . . . . . . . . . . . . . . . Netzhaut- / Aderhautfalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuritis nervi optici, Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuroretinitis bei Katzenkratzkrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung . . . . . . . . . . . Oberflächenanästhetika, Missbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ophthalmoskopie zur Nystagmusbeurteilung, Untersuchung „am Krankenbett“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optikusverdickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orbitachirurgie, Navigationssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orbitahämatom, posttraumatisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Over-wear-Syndrom“ beim Kontaktlinsentragen . . . . . . . . . . . . Panarteriitis nodosa (PAN), Arteriitis temporalis bei einem Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Papillenrandblutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Papillenschwellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patientencompliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pediculosis pubis, Blepharitis durch Phthiriasis palpebrarum (Filzläuse) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Penetration bakterieller Erreger bei intaktem Hornhautgewebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perfluordecalin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Photophobie, konsensuelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Photostress-Test („Lichtbelastungs-Test“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Pie in the sky“-Defekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
263 265 267 269 271 274 276 278 280 282 285 288 290 292 295 297 299 301 303 305 307 309 311 313 315 317 319 321 323
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Pigmentepithelerkrankung mit gelegentlicher zerebraler Vaskulitis: Die akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie (APMPPE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Post-Fixierpunkt-Skotom“, Untersuchung „am Krankenbett“ . Posthorn-Gesichtsfeldausfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prismenvergleichstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Progressive Netzhautnekrose (Akutes Retinales-NekroseSyndrom, Notfallsituation mit großer Erblindungsgefahr) . „Pseudohypopyon“ bei einem Retinoblastom . . . . . . . . . . . . . . . . Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“) . „Puppenkopfphänomen“ (Okulo-zephaler Reflex) . . . . . . . . . . . . Quincke-Ödem, „angioneurotisches“ Ödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . Raupen-, Vogelspinnenhaarverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Red-eyed shunt syndrome“ (Arterio-venöse Fistel im Sinus cavernosus), Blickdiagnose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Refraktionsskotom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Retrobulbärinjektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des ApexSyndroms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rollladenphänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roth'sche Flecken, embolisch bedingte Netzhautveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sakkaden, hypometrische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schachbrett-Gesichtsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaukel-Nystagmus („Seesaw-Nystagmus“) . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzhaftes Horner-Syndrom durch ein Aneurysma dissecans der A. carotis interna (Es handelt sich um eine Notfallsituation!) . . . . . . . . . . . . . . . . Schöpfernaht als ambulanter Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrotschusskugel in der Orbita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwarze oder braune Kornea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehhilfen, vergrößernde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekundenkleber-Verletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Simpson-Test bei einer Ptose des Oberlids . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Skew-Deviation (Hertwig-Magendie-Schielstellung). . . . . . . . . . Skiaskopie („retinoscopy“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spei-Kobra-Ophthalmie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spiegelbrille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spiegelraumbewegungen (Rieken) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stenose oder Verschluss der A. carotis interna . . . . . . . . . . . . . . . . Strabismus, akuter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strecktest des N. opticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sympathikusläsion, prä- oder postganglionäre . . . . . . . . . . . . . . . Temporaler Halbmond . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tintenstiftverätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Toxoplasmose der Retina-Chorioidea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trabekulotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Traktionsnähte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transposition, tarsokonjunktivale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tremor des Kopfs bei Spasmus nutans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uhthoff-Phänomen, Hinweis auf multiple Sklerose . . . . . . . . . . . „Verblitzung der Augen“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verteporfin zur Photodynamischen Therapie (PDT). . . . . . . . . . . Vestibulo-okulärer Reflex (VOR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Viagrabedingte Sehstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorderkammertiefe, Untersuchung „am Krankenbett” . . . . . . . . Watzke-Allen-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wurm in der Subkonjunktiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Xerophthalmie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Yag-Laserbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zykloplegie, bei Kindern, systemische Nebenwirkungen. . . . . .
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Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?
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Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?
Ziel Frühzeitige Feststellung einer beidseitigen Abduzensparese.
Problem Bei einem Säugling oder Kleinkind mit Einwärtsschielen ist nicht leicht festzustellen, ob eine beidseitige Abduzensparese oder eine angeborene Esotropie vorliegt, denn an der Inkomitanz ist das Lähmungsschielen nicht immer von einem angeborenen Einwärtsschielen zu unterscheiden. Bei einer geringen beidseitigen Abduzenslähmung mit ungekreuzten Doppelbildern kann ein konkomitierendes Einwärtsschielen vorgetäuscht sein.
Lösung und Alternativen Das Kind wird von dem Untersucher zunächst auf den Arm genommen und anschließend etwa in einem Armeslängen-Abstand gehalten, sodass die Augen des Kindes beobachtet werden können, während der Untersucher sich mit dem Kind um die eigene Achse dreht. Wenn sich die Augen des Kindes dabei vollständig bis in Endstellung bewegen, handelt es sich um eine Esotropie, andernfalls um eine beidseitige Abduzensparese. Ausgeprägte Augenmuskellähmungen zeigen nicht nur eine reduzierte Bewegungsstrecke, sondern auch charakteristische Veränderungen der sakkadischen Augenbewegungen. Bei einer Esotropie sind die horizontalen Sakkaden nicht verlangsamt, hingegen besteht bei einer Abduzensparese oder -paralyse eine Verlangsamung und Hypometrie der Abduktionssakkaden. Bei einem Stilling-Türk-Duane-I-Syndrom findet sich typischerweise eine Lidspaltenverengung mit Retraktion des Bulbus bei Adduktion. Trotz der auf einer kongenitalen Fehlinnervation beruhenden Abduktionsein-
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Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?
schränkung stehen die Augen in der Primärposition typischerweise parallel oder manchmal nur minimal esotrop. Ein einseitiges Syndrom weist gelegentlich einen Nystagmus bei Blick in die Gegenrichtung der Abduktionsbehinderung auf.
Therapie Als Therapie einer bleibenden Abduzensparalyse wird die Hummelsheimsche Muskeltransposition oder die modifizierte Operation nach O’Connor empfohlen. Hummelsheim halbierte die geraden Vertikalmotoren und verlagerte die jeweiligen Muskelhälften zum M. rectus lateralis. Damit konnte ein kleinerer Schielwinkel, manchmal nahezu Parallelstand der Augen in Primärposition erreicht werden. Als Nachteil der Methode sind die eingeschränkte Bewegungen auch in vertikaler Richtung anzuführen. Abb. 1
Muskeltransposition bei Abduzensparese (Methode nach Hummelsheim): Jeweils die Hälfte der geraden Vertikalmotoren (M. rectus superior und M. rectus inferior) wurden dicht neben den Ansatz des M. rectus lateralis verlagert und dort befestigt.
Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs;
Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?
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Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung; Sakkaden, hypometrische; Strabismus, akuter
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart Huber A, Kömpf D (1998) (Hrsg) Klinische Neuroophthalmologie. Thieme Verlag, Stuttgart Hummelsheim E (1909) Weitere Erfahrungen mit partieller Sehnenüberpflanzung an den Augenmuskeln. Arch Augenheilkd 62:71–74 Kaufmann et al. (2004) Strabismus. G3, grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme Verlag Stuttgart Kommerell G (1975) Differentialdiagnose zwischen Strabismus convergens concomitans und beidseitiger Abduzensparalyse. Klin Monatsbl Augenheilkd 166:734 Schmidt D (1974) Congenitale Augenmuskelparesen. Elektromyographische und elektronystagmographische Befunde angeborener supranuklearer Läsionen. Albrecht v. Graefes Arch klin exp Ophthalmol 192:285–312
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Achromatopsie und Prosopagnosie
Achromatopsie und Prosopagnosie
Ziel Überwachung von Patienten mit zerebralen Schäden.
Problem Bei einer Prosopagnosie ist ein Patient nicht mehr in der Lage, Gesichter seiner Mitmenschen, insbesondere auch seiner nächsten Angehörigen wieder zu erkennen, selbst sein eigenes Gesicht beim Blick in den Spiegel kommt ihm fremd vor.
Lösung und Alternativen Patienten mit einer kortikalen Läsion können noch eine weitgehend erhaltene „Zwei-Punkt-Auflösung“ (bei der Visusprüfung), jedoch trotzdem schwere visuelle Störungen aufweisen. Eine Prosopagnosie kann bei bilateralen, seltener bei einseitigen Okzipitalläsionen auftreten. Die Läsion liegt dann vorwiegend im unteren Anteil der Sehbahn, im Gyrus lingualis, Gyrus fusiformis sowie im Fasciculus longitudinalis inferior, als Hauptassoziationsbahn zwischen Area 18 und 19 und dem Temporallappen. Es können dabei Ausfälle des linken oberen Gesichtsfeldquadranten vorliegen. Zusätzlich besteht eine Achromatopsie und eine räumliche Orientierungsstörung, beispielsweise nach einem Schlaganfall. Eine langsame Erholung der schweren visuellen Störung über Monate und Jahre ist möglich. Bei einem Patienten wurde nach einem zerebralen Insult die Farbe rot (zunächst nach ca. 4 Wochen) wieder wahrgenommen, später auch gelb und braun (nach ca. 18 Wochen). Zuletzt wurde erst blau nach 36 Wochen erkannt.
Achromatopsie und Prosopagnosie
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Weiterführende Tipps Hemianopsie, bitemporale homonyme; Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Fahle M (2004) Die zentrale Sehfunktion. Klin Monatsbl Augenheilkd 221:566–569 Meadows JC (1974) The anatomical basis of prosopagnosia. J Neurol Neurosurg Psychiat 37:489–501 Meadows JC (1974) Disturbed perception of colours associated with cerebral lesions. Brain 97:615–632 Schmidt D (1989) Opticus-Sehbahn im Alter. In: Platt (Hrsg) Handbuch der Gerontologie, Augenheilkunde. G Fischer, Stuttgart, S 226–260 Spillmann L, Laskowski W, Lange KW, Kasper E, Schmidt D (2000) Stroke-blind for colors, faces and locations: Partial recovery after three years. Restor Neurol Neurosci 17:89–103
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AIDS im Kindesalter
AIDS im Kindesalter
Ziel Kinder von an AIDS erkrankten Müttern sollten augenärztlich überwacht werden.
Problem Das HIV-Virus (Human Immunodeficiency Virus) wird nicht nur durch Sexualkontakte, sondern auch durch Blut der erkrankten Mutter auf das Kind übertragen. Das HIV ist für die CD4-T-Lymphozyten zytopathogen.
Lösung und Alternativen Kinder mit einer AIDS-Erkrankung wurden in einer Studie mit einem durchschnittlichen Alter von acht Jahren untersucht. Am häufigsten Abb. 1
„Smoldering retinitis” (leicht milchig) an der nasalen Seite der sonst vernarbten CMVRetinitis (aus Hansen 2000)
AIDS im Kindesalter
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zeigten sich Benetzungsstörungen mit Keratitis superficialis punctata und Konjunktivitis sicca. Seltener wurden retinale Veränderungen Zytomegalie-Retinitis (CMV), Toxoplasmose oder Cotton-Wool-Flecken, selten auch eine Optikusatrophie oder Papillenschwellung gefunden. Auch ein Zoster ophthalmicus sowie eine Dakryoadenitis wurden gelegentlich diagnostiziert.
Weiterführende Tipps AIDS, opportunistische Infektionen; Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Benetzungsstörungen; Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung; Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Capozzi P, Morini C, Vadala P (2008) Amniotic membrane transplantation in human immunodeficiency virus-positive children. Arch Ophthalmol 126:866-867 Fabricius EM, Holzer E, Prantl F (1989) Erfahrungen mit DHPG (Ganciclovir) – Behandlung der Cytomegalievirus-Retinitis bei AIDS. Fortschr Ophthalmol 86:124–128 Garweg J (1993) Opportunistische Augenerkrankungen im Rahmen der HIV-Infektion. Klin Monatsbl Augenheilkd 202:465–470 Hansen LL (2000) HIV-Infektion und Auge. Ophthalmologe 97:718–736 Lund OE, Klauß V, Scheiffarth OF (1990) Aids und Auge. Fortschr Ophthalmol 87 (Suppl):S– 4–S100 Peyraud-Gilly V, Korchia F, Derbez M et al. (1998) Manifestations ophtalmologiques chez 25 enfants atteints par le virus de l’immunodéficience humaine. Ophtalmologie 12:191–196
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AIDS, opportunistische Infektionen
AIDS, opportunistische Infektionen
Ziel Frühdiagnose entzündlicher Augenerkrankungen bei AIDS.
Problem Eine frühzeitige Erkennung der häufig in der Netzhautperipherie beginnenden Entzündung ist deshalb notwendig, da unbehandelt die Erblindung innerhalb von wenigen Wochen droht.
Lösung und Alternativen Etwa 70 % der an AIDS erkrankten Patienten weisen eine Augenbeteiligung auf. Am häufigsten besteht eine Mikroangiopathie mit retinalen CottonWool-Flecken, Blutungen und Mikroaneurysmen. Die Mikroangiopathie tritt um so häufiger auf, je niedriger die Zahl der T-Helfer-Zellen (CD4+) ist. An opportunistischen Infektionen wurden vor allem die Cytomegalievirus(CMV)-Retinitis (90–95 % aller Infektionen der Retina bei AIDS) und weniger häufig die Toxoplasmose-Retinochorioiditis, viel seltener die akute Retinanekrose, die Herpes-simplex-Retinitis und die Pneumocystiscarinii-Chorioiditis beobachtet. An zusätzlichen Erregern wurden Kryptokokken, Bakterien, Mycobacterium avium intracellulare, Toxoplasma gondii, Histoplasma capsulatum und Candida albicans nachgewiesen. Die häufigste Veränderung des vorderen Augenabschnitts stellt die Blepharoconjunctivitis sicca dar, die unabhängig vom Erkrankungsstadium bei etwa 25–30 % aller HIV-Patienten auftritt. Sie geht mit Rötung, Brennen, Jucken, Lichtscheu, Fremdkörpergefühl und Sehminderung einher. Eine squamöse Blepharitis tritt in Zusammenhang mit einer HIV-assoziierten seborrhoischen Dermatitis auf. Zusätzlich können auch ein Kaposi-Sarkom der Lider und Konjunktiva
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entstehen (in bis zu 10 % der Fälle). Die meistens gut abgrenzbaren Tumore erscheinen als dunkelrote, von Blutungen umgebende Knoten. Eine Exzision wird empfohlen. Eine Chemotherapie hat sich als weniger wirksam erwiesen. Die CMV-Retinitis führt als nekrotisierende Netzhautentzündung zur Erblindung. Mit Ganciclovir sowie mit Foscarnet kann der Entzündungsprozess gehemmt und eine Erkrankung des zweiten Auges verhindert werden.
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Weiterführende Tipps
AIDS im Kindesalter; Benetzungsstörungen; Maskeradezeichen; Nadelstichverletzung mit Infektionsgefahr; Patientencompliance
Literatur Bulliard R, Daicker B (1987) Kaposi-Sarkom der Bindehaut bei Patienten mit AIDS. Klin Monatsbl Augenheilkd 190:335–337 Fabricius EM, Holzer E, Prantl F (1989) Erfahrungen mit DHPG (Ganciclovir) – Behandlung der Cytomegalievirus-Retinitis bei AIDS. Fortschr Ophthalmol 86:124–128 Garweg J (1993) Opportunistische Augenerkrankungen im Rahmen der HIV-Infektion. Klin Monatsbl Augenheilkd 202:465–470 Hansen LL (2000) HIV-Infektion und Auge. Ophthalmologe 97:718–736 Lund OE, Klauß V, Scheiffarth OF (1990) Aids und Auge. Fortschr Ophthalmol 87:94–100 Peyraud-Gilly V, Korchia F, Derbez M et al. (1998) Manifestations ophtalmologiques chez 25 enfants atteints par le virus de l´immunodéficience humaine. Ophtalmologie 12:191–196 Schmidt D (2008) The mystery of cotton-wool spots. A review of recent and historical descriptions. Eur J Med Res 13:231-266
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Allergietest
Allergietest
Ziel Vermeidung einer anaphylaktischen Reaktion.
Problem Bei einem Allergietest eines Medikaments wird ein Tropfen der zu prüfenden Substanz in den Konjunktivalsack geträufelt. Eine allergische Reaktion ist vorhanden (positiver Test), wenn eine sofortige Lidschwellung mit einer Chemosis und einer verstärkten Injektion der Konjunktiva mit vermehrtem Juckreiz zu beobachten ist. Dieser Test sowie die Hauttests zur Allergieprüfung von Pharmaka sind keineswegs immer harmlos, denn bei hochempfindlichen Patienten kann eine anaphylaktische Reaktion hiermit bereits ausgelöst werden.
Lösung und Alternativen Es wird deshalb empfohlen, einen Wattebausch mit der zu prüfenden Substanz anzufeuchten und dann anschließend die Bindehaut des Auges nur mit einem winzigen Teil des Wattebausches vorsichtig zu berühren. Die zu prüfende pharmakologische Substanz kann auch vorher mit Kochsalzlösung noch verdünnt werden, wenn Verdacht auf eine Überempfindlichkeit besteht. Erst wenn mit der Wattebauschberührung keine sichtbare Veränderung eintritt und der Patient keinen Juckreiz verspürt, könnte danach ein Tropfen der zu prüfenden Substanz in den Bindehautsack geträufelt werden. Aber selbst wenn der Test am Auge negativ ausfallen sollte, kann trotzdem eine Allergie vorliegen, so dass noch Hauttests mit unterschiedlichen Konzentrationen des Pharmakons durch den Allergologen notwendig sind.
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Weiterführende Tipps Augentropfenverabreichung; Ödem
Quincke-Ödem, „angioneurotisches“
Literatur Wilson FM (1979) Adverse external ocular effects of topical ophthalmic medications. Surv Ophthalmol 24:57–88
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Amaurose beider Augen
Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici
Ziel Frühzeitiger Nachweis der Erblindungsursache.
Problem Ein junger Patient erblindete auf einem Auge, kurze Zeit später auch auf dem anderen Auge.
Lösung und Alternativen Als Ursache einer Autoimmun-Neuritis wird eine systemische Vaskulitis (Lupus erythematodes oder eine Panarteriitis nodosa) gefunden. Es sollte nach antinukleären und antizytoplasmatischen Antikörpern gefahndet werden. Eine autoimmunologische Ätiologie ist als wahrscheinlich anzunehmen. Andere Ursachen einer akuten Sehnervläsion können toxische Schäden (Methanol, Blei, Arsen), onkologische Erkrankungen (Meningeosis leucaemica), ein infektiöser Befall (Borrelien, Viren), Komplikationen hypophysärer Tumore (Apoplexie der Hypophyse bei Adenom), eine Vaskulitis (paraneoplastische progressive Zapfendegeneration), eine posteriore multifokale Pigmentepitheliopathie oder auch eine Meningeosis carcinomatosa sein. Eine bilateral simultan auftretende Neuritis nervi optici kann selten mit einer multiplen Sklerose assoziiert sein. Eine beidseitige Amaurose kann durch bilaterale Okzipitalinfarkte bei systemischen vaskulären Erkrankungen (Diabetes, Hypertonie mit ausgeprägter Arteriosklerose oder bei degenerativen zerebralen Erkrankungen) auftreten. Auch nach schwerem Blutverlust (vor allem gastro-intestinalen Blutungen) können beide Augen irreversibel erblinden.
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Bei alten Patienten mit beidseitiger Erblindung ist vor allem an eine Optikusischämie durch entzündliche Allgemeinprozesse zu denken (Arteriitis cranialis, Lupus erythematodes oder M. Behçet).
Therapie Bei autoimmunologisch bedingter Sehnervenentzündung ist eine hochdosierte Steroidtherapie erforderlich. Hierauf wurde eine zumindest teilweise Besserung des Sehvermögens festgestellt. Bei einer nicht-arteriitischen anterioren ischämischen Optikusneuropathie ohne Nachweis einer entzündlichen oder immunologischen Systemerkrankung kann sich in einzelnen Fällen eine hoch dosierte Kortikosteroidbehandlung günstig auswirken. Es wird vermutet, dass durch Kortikosteroide das Gewebe im Optikusbereich abschwillt, sodass eine prälaminäre Reperfusion eintritt.
Weiterführende Tipps Amaurose durch Optikuskompression; Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme bei Verdacht auf Arteriitis cranialis, Biopsie der A. temporalis superficialis; Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung; Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Literatur Beck RW, Cleary PA, Anderson MM et al. (1992) A randomized, controlled trial of corticosteroids in the treatment of acute optic neuritis. N Engl J Med 326:581–588 Dutton JJ, Burde RM, Klingele TG (1982) Autoimmun retrobulbar optic neuritis. Am J Ophthalmol 94:11–17 Jünnemann A, Naumann GOH (1993) Akute bilaterale Amaurose durch autoimmune Neuritis nervi optici. Klin Monatsbl Augenheilkd 202:538–543 Leuenberger AE, Jeker J (1979) Computertomographie bei doppelseitiger Amaurose. Klin Monatsbl Augenheilkd 174:865–869
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Amaurose beider Augen
Menzi J, Körner F (1992) Systemische Kortikosteroidtherapie bei nicht-arteriitischer anteriorer ischämischer Optikusneuropathie. Klin Monatsbl Augenheilkd 200:349–353 Prokosch V, Stupp T, Thanos S (2008) Plötzliche transiente bilaterale Erblindung. Diagnose: Neuritis N. optici als isolierte Spätmanifestation einer Syphilis (Neurolues). Ophthalmologe 105:278–280 Schmidt D, Noetzel H, Mühlhäuser J (1977) Okzipitale Erblindung bei der juvenilen, spongiösen, glioneuralen Dystrophie. Klin Monatsbl Augenheilkd 171:520–525 Schmidt D (1995) Die Arteriitis temporalis Horton. Diagnose, Differentialdiagnose, Therapie. Elephas Buchverlag, St. Gallen, Schweiz
Amaurose durch Optikuskompression
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Amaurose durch Optikuskompression
Ziel Frühzeitige Diagnose zur Vermeidung einer Sehbeeinträchtigung.
Problem Eine ein- oder beidseitige Amaurose mit Kopfschmerzen kann das einzige klinische Zeichen einer Mukozele des Sinus sphenoidalis sein.
Lösung und Alternativen Auch im Kindesalter kann eine mit Blindheit einhergehende Mukozele des Sinus sphenoidalis auftreten. Die Sehminderung kann akut beide Augen betreffen. Zusätzlich zur Optikuskompression können auch eine Läsion des N. oculomotorius oder ein Chiasma-Syndrom auftreten. An Symptomen sind Kopfschmerzen, Diplopie, Visusminderung anzuführen. Auch eine Protrusio bulbi kann sich entwickeln.
Weiterführende Tipps Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici; Blickinduzierter passagerer Sehverlust; Maskeradezeichen; Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall); Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Literatur Casteels I, De Loof E, Brock P, Jorissen M, Dralands L, Missotten L, Wilms G (1992) Sudden blindness in a child:presenting symptom of a sphenoid sinus mucocele. Br J Ophthalmol 76:502–504
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Amaurose durch Optikuskompression
Fermaglich J, Kattah J, Manz H (1978) Venous angioma of the optic chiasm. Ann Neurol 4:470–471 Goodwin JA, Glaser JS (1978) Chiasmal syndrome in sphenoid sinus mucocele. Ann Neurol 4:440–444 Hiratsuka Y, Hotta Y, Yui A, Nakayasu K, Kanai T, Yamakawa T (1998) Rhinogenic optic neuropathy caused bilateral loss of light perception. Br J Ophthalmol 82:99–100 Lüchtenberg M, Berkefeld J, May A et al. (2002) Passagere einseitige Amaurose. Ophthalmologe 99:390–391 Noterman J, Patay Z, De Witte O, Salmon I, Brotchi J (1995) Amaurose unilatérale sur ostéome du sinus sphénoïdal associé à une mucocèle. Neurochirurgie 41:419–423 Petit-Dutaillis D, Schiff-Wertheimer, Aubry M, Metzger J (1958) Syndrome de compression d´un nerf optique par une mucocèle sphénoïdal latente. Intervention par voie para-latéronasale. Importance des signes radiologiques pour le diagnostic. Neurochirurgie 4:81–94
Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern
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Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern
Ziel Frühzeitige Feststellung einer Amblyopie bei Kleinkindern und Säuglingen.
Problem Bei jedem Kind mit unilateralem Schielen besteht der dringende Verdacht auf eine Amblyopie. Das Behandlungsergebnis fällt bei einer konsequenten Frühbehandlung meistens günstig aus.
Lösung und Alternativen Nachweis einer Amblyopie im Säuglings- oder Kleinkindalter Die Augen des Kindes sollten alternierend abgedeckt werden. Das Kind weist keine Abwehrreaktion auf, wenn eine regelrechte Sehschärfe beider Augen besteht. Ist jedoch die Sehschärfe eines Auges herabgesetzt, dann wehrt sich das Kind beim Abdecken des gut sehenden Auges. Das Kind versucht, die abdeckende Hand des Untersuchers wegzuschieben, oder beginnt zu weinen oder versucht, den Kopf wegzudrehen.
Therapie Seit langer Zeit wurde die Lehrmeinung vertreten, dass eine Amblyopiebehandlung bis zum siebten Lebensjahr anzustreben sei, da zu einem späteren Zeitpunkt keine entscheidende Sehverbesserung mehr erreicht werden könne. In den letzten Jahren (bereits schon 1977) werden jedoch zunehmend Beobachtungen veröffentlicht, dass selbst bei Kindern im Alter von 9–15 Jahren durch intensive langzeitige Okklusionsbehandlung des besser
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Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern
Abb. 1
Kindliches Verhalten bei Amblyopie des rechten Auges: Zufrieden bei Okklusion des rechten Auges; Weinen bei Abdeckung des linken Auges und schlechterem Sehen mit amblyopem Auge.
sehenden Auges noch eine Visusbesserung des amblyopen Auges erreicht werden kann. Die Visuszunahme tritt sowohl bei Kindern mit Anisometropie als auch mit einer Schielamblyopie auf. Eine frühzeitige Amblyopiebehandlung ist jedoch stets anzustreben, da eine bessere Prognose im frühen Kindesalter besteht. Ein im Säuglingsalter auftretender Strabismus kann auch erstes Zeichen eines Retinoblastoms sein, so dass der Fundus stets untersucht werden muss!
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Hirn- und Augentumor, das trilaterale Retinoblastom; Maskeradezeichen; Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung; Prismenvergleichstest; Skiaskopie („retinoscopy“)
Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern
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Literatur Davé NK, Nelson LB (2005) The treatment of amblyopia in older children. In: Rapuano CJ (ed) The year book of ophthalmology, Chapter 7, Pediatric Ophthalmology. Elsevier, Mosby, pp 189–192 Mintz-Hittner HA, Fernandez KM (2000) Successful amblyopia therapy initiated after age 7 years. Arch Ophthalmol 118:1535–1541 Mohan K, Saroha V, Sharma A (2004) Successful occlusion therapy for amblyopia in 11- to 15year-old children. J Pediatr Ophthalmol Strabism 41:89–95 Noorden GK von, Maumenee AE (1971) Atlas der Schieldiagnostik. FK Schattauer Verlag Stuttgart, S 54–55 Schmidt D, Stapp M (1977) Über die Wirkung der Euthyskop- und Okklusionsbehandlung beim Konvergenzschielen. Klin Monatsbl Augenheilkd 171:105–117
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Amnionmembran zur Therapie eines Hornhautulkus
Amnionmembran zur Therapie eines Hornhautulkus
Ziel Intensive Behandlung eines chronischen Hornhautulkus.
Problem Chronische Hornhauterkrankungen mit Ulzera bessern sich unter einer konservativen Behandlung kaum. Besonders schwierig zu behandeln ist eine Keratitis neuroparalytica.
Lösung und Alternativen Eine Amnionmembrantransplantation wird zur Rekonstruktion der Hornhautoberfläche, insbesondere bei persistierenden Epitheldefekten und Hornhautulzera empfohlen. Eine Amniontransplantation wurde bereits bei sehr jungen Kindern mit beidseitigem zentralem, neuroparalytischem, trophischem Hornhautulkus erfolgreich durchgeführt. Nach Amniontransplantation fand ein vollständiger Epithelschluss statt. Nach Verbrennungen mittleren Grades wurde im akuten Stadium durch die Amnionmembranbehandlung eine Besserung der Hornhautläsionen festgestellt. Vorgehensweise: Die Transplantation mehrerer Schichten der Amnionmembran ist erforderlich. Eine alternative Therapie, insbesondere bei Patienten auf einer Intensivstation, ist die passagere Lidvernähung (zusätzlich Antibiotika).
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Benetzungsstörungen; Bulbusperforation, gedeckte; “Graft-versus-Host Disease“; Keratitis, rätselhafte
Amnionmembran zur Therapie eines Hornhautulkus
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Abb. 1
a Progrediente Vaskularisation und Ulzera 7 Wochen nach Verätzung. b Hornhaut deutlich klarer, stabiles Epithel, reizarmer Zustand 7 Monate nach AMT + autologer LT (aus Stoiber et al. 2002)
Literatur Azuara-Blanco A, Pillai CT, Dua HS (1999) Amniotic membrane transplantation for ocular surface reconstruction. Br J Ophthalmol 83:399–402 Kruse FE, Rohrschneider K, Völcker HE (1999) Transplantation von Amnionmembran zur Rekonstruktion der Hornhautoberfläche. Operatives Vorgehen. Ophthalmologe 96:673–678 Leber M, Reinhard T, Effert R (2002) Beidseitige Amniontransplantation bei neuroparalytischem Hornhautulkus bei einem ein Jahr alten dystrophen Kind (Abstract). Klin Monatsbl Augenheilkd 219, Suppl 4:S1–S11 Spelsberg H, Sundmacher R (2007) Amnionmembrantransplantation und hochdosiertes systemisches Ciclosporin A (Sandimmun optoral (R) bei Ulkus Mooren. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:135–139 Stoiber J, Ruckhofer J, Muss W, Grabner G (2002) Amnion-Limbus-Transplantation zur Oberflächenrekonstruktion nach schwerer Verätzung und Verbrennung. Ophthalmologe 99:839–848 Tamhane A, Vajpayee RB, Biswas NR, Pandey RM, Sharma N, Titiyal JS, Tandon R (2005) Evaluation of amniotic membrane transplantation as an adjunct to medical therapy as compared with medical therapy alone in acute ocular burns. Ophthalmology 112:1963–1969
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Amotiooperation mit Silikonölauffüllung
Amotiooperation mit Silikonölauffüllung
Ziel Erreichen eines postoperativen stabilen Netzhautbefunds.
Problem Bei komplizierter Amotio retinae, bei der sich epiretinale und subretinale Membranen ausgebildet haben, reicht eine Vitrektomie und Amotiooperation häufig nicht aus, um einen dauerhaften stabilen Befund zu erreichen. Die große Gefahr einer Reamotio bleibt bestehen, insbesondere bei einer diabetischen Retinopathie.
Lösung und Alternativen Ein Auffüllen des Glaskörperraums mit Silikonöl ist erforderlich, da hierdurch eine permanente Tamponade auf die gesamte Netzhaut ausgeübt wird. In einem vor der Operation stattfindenden Aufklärungsgespräch ist dem Patienten zu verdeutlichen, dass mit postoperativen Komplikationen zu rechnen ist. Bei den Komplikationen ist zwischen solchen zu unterscheiden, die unabhängig von Silikon aufgetreten wären und solchen, die durch das Öl hervorgerufen werden. Re-Proliferationen mit nachfolgender Re-Amotio sind Komplikationen, die trotz des Öls entstehen können. Durch erneute Operationen und erneutes Auffüllen mit Silikon besteht die Möglichkeit das restliche Sehvermögen noch zu retten. Als Komplikationen können durch Silikon eine Katarakt, eine Keratopathie oder ein Glaukom entstehen. Silikonöl ist trotz der hohen Komplikationsrate zu empfehlen, da mit keiner anderen operativen Technik die Wiederanlegung der Retina erreicht werden kann. Ohne Silikonöl ist häufig mit baldiger Blindheit zu rechnen.
Amotiooperation mit Silikonölauffüllung
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Weiterführende Tipps Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?); Frühgeborenenretinopathie; Makulaektopie; Makulaloch; Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung
Literatur Dimopoulos St, Heimann K (1986) Spätkomplikationen nach Silikonölinjektion. Langzeitbeobachtungen an 100 Fällen. Klin Monatsbl Augenheilkd 189:223–227 Gnad H, Skorpik C, Paroussis P et al. (1984) Funktionelle anatomische Resultate nach temporärer Silikonölimplantation. Klin Monatsbl Augenheilkd 185:364–367 Heimann K, Dimopoulos St, Paulmann H (1984) Silikonölinjektion in der Behandlung komplizierter Netzhautablösungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 185:505–508 Kusserow C, Müller M (2008) 40 Jahre inkomplette Silikonöltamponade nach Ablatiochirurgie. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:298–301 Sandner D, Herbrig E, Engelmann K (2007) High-density oil (Densiron) as a primary intraocular tamponade: 12-month follow up. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:1097–1105
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Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?)
Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?)
Ziel Früherkennung einer Netzhautablösung.
Problem Patienten mit einer beginnenden Netzhautablösung berichten über plötzlich wahrgenommene Sehphänomene wie Lichtblitze, dunkle Punkte oder Rußregen vor einem Auge. Typisch sind plötzlich erscheinende „fliegende Mücken“ („mouches volantes“). Nach bereits abgelöster Netzhaut nehmen die Patienten einen Schatten wahr, einen „Vorhang“ – vorwiegend unten –, der sich langsam vergrößert.
Lösung und Alternativen Im ophthalmoskopischen Bild ist eine typische grau-weiß verfärbte, abgehobene Retina mit Wellen- und Faltenbildung („Sanddünen“-formation) erkennbar. Ein rötlich erscheinendes Netzhautloch hebt sich von der blassen Farbe der umgebenden abgehobenen Retina ab (meistens handelt es sich um ein Hufeisenforamen). Die Frage bei einer Amotio retinae lautet: Wo kann das Loch am ehesten zu finden sein? Denn das Ziel der Netzhautoperation besteht darin, das Loch zu verschließen. Zum Auffinden eines Netzhautloches hilft oft die Regel nach Lincoff: 1. Es besteht eine temporale oder nasale Amotio der oberen Peripherie: Bei Amotio retinae in einem der beiden oberen Quadranten befindet sich das Foramen am oberen Ende der Netzhautablösung ( Abb. 1a). 2. Es handelt sich um eine totale Amotio mit Überschreiten des 12-h-Meridians. Bei einer Amotio der oberen Netzhauthälfte liegt das Foramen bei etwa 12 h ( Abb. 1b)
Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?)
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3. Es ist eine Amotio der unteren Netzhauthälfte anzutreffen: Das Netzhautloch ist an der höheren Seite der Amotio-Begrenzung zu finden ( Abb. 1f). Abb. 1 a
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Lokalisation der Netzhautlöcher (aus Augustin 2007)
Weiterführende Tipps Amotiooperation mit Silikonölauffüllung; Netzhaut- / Aderhautfalten; Retrobulbärinjektion; Sehminderung durch eine „PVR“
Literatur Augustin AJ (2007) Augenheilkunde, 3. Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Kreissig I (1977) Klinische Erfahrungen in der Ablatio-Chirurgie mit elastischen Kunststoffplomben. Bericht Dtsch Ophthalmol Ges 75:254–256
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Amsler-Netz
Amsler-Netz
Ziel Früherkennung einer Makulaerkrankung.
Problem Mit den herkömmlichen perimetrischen Methoden können kleine Skotome nicht immer erfasst werden.
Lösung und Alternativen Kleine Gesichtsfelddefekte können von einem Patienten mit dem AmslerNetz oft sehr genau aufgezeichnet werden. Auch die Darstellung einer Metamorphopsie als Frühzeichen einer altersbedingten Makuladegeneration ist meistens sehr hilfreich.
Vorgehensweise Der Patient blickt in Leseentfernung bei hellem Umfeld auf den zentralen Fixierpunkt des Gitterlinienmusters der Karte, die den zentralen Gesichtsfeldbereich in einer Ausdehnung von 10° × 10° umfasst. Sechs Fragen stellte Amsler seinen Patienten bei monokularer Fixation des Amsler-Gitters: 1. Sehen Sie den Punkt in der Mitte der Karte. – Wenn der Fixationspunkt und einige Linien in der Nähe undeutlich gesehen werden, so kann ein relatives Zentralskotom vorliegen. 2. Sehen Sie die Ecken und Seiten des großen Quadrats an. – Wenn diese nicht überall bei zentralem Fixieren gesehen werden, dann können parazentrale Skotome bestehen, beispielsweise eine nasale Gesichtsfeldeinengung oder ein Bogenskotom beim Glaukom.
Amsler-Netz
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3. Ist das gesamte Quadrat vollständig erkennbar oder sehen Sie Unterbrechungen der Linien, sodass parazentrale Skotome anzunehmen sind? – Relative Skotome dicht neben dem Fixierpunkt kommen beispielsweise bei beginnender Makulopathie vor. 4. Sind alle vertikalen und horizontalen Linien gerade und parallel? Sind die kleinen Quadrate gleichgroß und regelmäßig? – Dieser Test ist geeignet, um eine Metamorphopsie festzustellen. 5. Sehen Sie eine Bewegung oder Vibration bestimmter Linien? Nehmen Sie leuchtende Phänomene, Farben oder Schattierungen wahr? – Derartige Veränderungen können von Patienten mit beginnender Makuladegeneration berichtet werden. 6. Wie viele intakte Quadrate befinden sich zwischen dem Fixierpunkt und dem Bereich, in dem Sie Deformierungen wahrnehmen? – Auf diese Weise kann das Ausmaß eines exzentrisch gelegenen Prozesses der Retina beurteilt werden. Abgesehen von der altersbedingten Makuladegeneration wurde auch auf die diagnostische Bedeutung der Amsler-Karte bei Zentralskotomen bei Retrobulbärneuritis oder bei Mangelernährung oder bei Patienten mit homonymer Hemianopsie mit einem Anton-Syndrom hingewiesen. (Ein Anton-Syndrom besteht, wenn Patienten meinen, noch sehen zu können, obwohl sie blind sind.) Ein Patient hatte gelernt, durch rasche kleine Augenbewegungen auch im Bereich der blinden Gesichtsfeldhälfte einer Hemianopsie des AmslerGitters zu überblicken, sodass zunächst scheinbar keine Hemianopsie nach den Patientenangaben vorhanden war. Durch langsames Einführen eines weißen, strukturlosen Papierblatts von der blinden Seite außen ausgehend (bei steter Fixation des zentralen Punkts), sah der Patient das Papier zunächst nicht, selbst bei der weiteren Bewegung des Papiers in Richtung Fixierpunkt. Erst als es im zentralen Bereich des Gesichtsfelds im Bereich des Fixierpunkts angekommen war, erkannte der Patient das weiße Papier. Damit konnte Goldmann nachweisen, dass der Patient eine homonyme Hemianopsie aufwies, die ihm nicht bewusst gewesen war und die ihm bei einer Prüfung zuvor wegen ungenauer Angaben selbst mit dem Goldmann-Perimeter nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte. Es sollte allen Patienten mit zentral gelegenen Sehstörungen die Karte
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Amsler-Netz
mit dem Amsler-Gitter nach Hause mitgegeben werden, damit sie weiterhin das zentrale Sehen selbst überprüfen können. Bei unklarer Sehminderung sollte bei einer Fundusuntersuchung das Fixationsverhalten der Makula mit dem Visuskop getestet werden. Abb. 1
Amsler-Test bei Wellenliniensehen (Metamorphopsie)
Amsler-Netz
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Weiterführende Tipps Atrophia gyrata, fortschreitende, aber behandelbare Netz-Aderhautdegeneration; „Bull's-eye“-Makulopathie (Schießscheibenmakula); Chloroquinschaden der Makula; Hemianopsie, bilaterale homonyme; Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale; Neuroretinitis bei Katzenkratzkrankheit; Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Amsler M (1949) Quantitative and qualitative vision. Trans Ophthalmol Soc UK 69:397–410 Fischer FP (1947) Diskussionbemerkung zu Amsler M. L’examen qualitatif de la fonction maculaire. Ophthalmologica 114:260 Goldmann H (1947) Diskussionbemerkung zu Amsler M. L’examen qualitatif de la fonction maculaire. Ophthalmologica 114:260–261 Gruber H (1982) Parafoveolare Skotome bei Mikroinfarkten der Sehbahn. Klin Monatsbl Augenheilkd 180:225–226
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Anamnese bei Augenerkrankungen
Anamnese bei Augenerkrankungen
Ziel Anamnese-Erhebungen sollten frühzeitig und ausführlich erfolgen, um keine Komplikationen bei der Behandlung zu erleben.
Problem Anamnesen nehmen häufig bei ärztlichen Beratungen einen viel zu kurzen Zeitraum ein. Eine genaue Anamnese über die Beschwerden des Patienten ist erforderlich, um frühzeitig eine gezielte Untersuchung und Behandlung veranlassen zu können.
Lösung und Alternativen Es sollte mit psychologischem Geschick gefragt werden. Die Arzt-Patienten-Beziehung beginnt mit der Aufforderung der Spontan-Anamnese als Monolog des Patienten. Danach erfolgt das diagnostische Interview als hinterfragte Anamnese. Hierzu ist es erforderlich, die Spontan-Anamnese zu ordnen und zu ergänzen, damit festgelegt werden kann, welche Untersuchungen im Einzelnen erforderlich sind. Zu beachten ist stets, dass sich alle medikamentös oder allgemein-toxisch bedingten Sehstörungen vorwiegend retrospektiv anamnestisch klären lassen und weniger durch spezifische Untersuchungen. Es besteht die große Gefahr, dass eine Anamnese als eine Art Vernehmung von einem Patienten aufgefasst wird, möglicherweise durch suggestive Fragen. Bei einem erkrankten Kind ist die ausführliche Fremdanamnese von größter Wichtigkeit. Eine Anamnese sollte diskret erhoben werden unter Ausschluss von weiteren Personen.
Beispiele für anamnestisch wichtige Hinweise
t Lichtblitze: Zeichen einer beginnenden Amotio retinae?
Anamnese bei Augenerkrankungen
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t Farbige Ringe um eine Lichtquelle bei dunkler Umgebung: Gefahr eines drohenden Glaukomanfalls
t Photophobie: Trübungen der abbildenden Medien, Entzündungen im t t t t t t t t
t
Augeninnern, retinale Erkrankung oder eine zerebrale Sehbahnläsion? Bericht über eine Amaurosis-fugax-Attacke: Gefahr eines drohenden Zentralarterienverschlusses, einer anterioren ischämischen Optikusatrophie (AION) oder eines Schlaganfalls Kopfschmerzen eines älteren Menschen: Arteriitis cranialis? Flackernde Lichter in einem homonymen oder altitudinalen Gesichtsfeldbereich: Hinweis auf eine Vertebralis-Basilaris-Insuffizienz? Verzerrt Sehen: Makulaerkrankung? Mikropsie: Makulaödem? Rauch- und Alkoholgewohnheiten bei Patienten mit Verdacht auf eine Tabak-Alkohol-Atrophie Sehstörungen vorwiegend nur in der Nähe oder nur in der Ferne: Optische Korrektion durch Brille erforderlich? Erhöhte operative Risiken: Herz-Kreislauferkrankungen, Blutungsneigungen, Infekte oder neurologisch-psychiatrische Krankheiten. Eine Antikoagulanzienbehandlung ist vor jedem operativen Eingriff zu erfragen. Unklarer Bericht eines Patienten über Sehminderung bei festgestellten entzündlichen Netzhautveränderungen: An CMV-Retinitis bei AIDS denken.
Weiterführende Tipps AIDS, opportunistische Infektionen; “Angiopathia retinae traumatica“; Charles-Bonnet-Syndrom, optische Halluzinationen bei beidseitiger Sehminderung; Chloroquinschaden der Makula; Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Darmentzündungen und Auge; Eisensplitter-Mydriasis; Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei „battered child syndrome“; Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
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Anamnese bei Augenerkrankungen
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart Hansen LL et al. (1997) Augenheilkunde systematisch. Unimed Verlag AG, Bremen Kim JS, Hwang JM (2007) Ethmoid sinus mucocele presenting as transient monocular altitudinal hemianopia. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:1389–1392 Küper J (1990) Probleme der Anamnese. Augenarzt 24:37–40 Schmidt D (1989) Opticus-Sehbahn im Alter. In: Platt: Handbuch der Gerontologie, Bd 3, Augenheilkunde. G. Fischer, Stuttgart, S 226–260
Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom)
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Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom)
Ziel Beurteilung der Ursache eines Anfallsglaukoms.
Problem Ein Winkelblockglaukom kann durch einen ziliaren Block (Kontakt zwischen Ziliarkörper und Linse) oder durch einen Pupillarblock (Kontakt zwischen peripupillärer Iris und Linse) hervorgerufen werden. Der Pupillarblock stellt die weitaus häufigste Ursache eines Anfallsglaukoms dar. In beiden Situationen tritt eine rasche Augendrucksteigerung mit Abflachung der Vorderkammer und Verlegung des Kammerwinkels auf.
Lösung und Alternativen Der Nachweis eines Ziliarblocks konnte mit dem rechnergestützten Videokeratograph Orbscan II erbracht werden. Mit diesem Gerät ist es möglich, in der Situation des erhöhten Augendrucks eine Linsenquellung und Vorverlagerung der Linse zu messen. Die verdickte Linse bewirkt beim Ziliarblock einen Kammerwasserstau hinter der Linse mit einer nach vorne gerichteten Bewegung.
Therapie Die Unterscheidung zwischen einem Ziliarblock und einem Pupillarblock ist aus therapeutischen Gründen von Bedeutung. Bei einem Pupillarblock hilft eine periphere Iridektomie den Druck zu senken. Ein Auge, das bereits mit einer Iridektomie behandelt worden ist, kann trotzdem noch einen Ziliarblock entwickeln. Bei einem Ziliarblock ist im Falle einer verdickten, getrübten Linse eine Linsenentfernung zu empfehlen.
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Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom)
Medikamentöse Behandlung
Beim Glaukomanfall mit Druckwerten von 50 mmHg und höher wird empfohlen, den Karboanhydrasehemmer Acetazolamid (beispielsweise durch eine i. v. Injektion mit 500 mg Acetazolamidlösung) zu applizieren. Als Kontraindikation von Acetazolamid sind hyperchlorämische Azidose, Gicht, Nebenniereninsuffizienz, Hyperkalziurie, Nephrokalzinose und Urämie anzuführen. Bei Unverträglichkeit von Acetazolamid kann auch eine 20 %ige Mannitinfusion oder ein Glyzerintrunk (zusammen mit Zitronensaft als Geschmackskorrigens) zur Entwässerung gegeben werden. Als lokale Therapie können Miotika als Tropfen verabreicht werden, die jedoch bei lichtstarrer Pupille nicht mehr drucksenkend wirken. Lokal applizierte Antiglaukomatosa wirken unzureichend bei einem Anfallsglaukom.
Operative Verfahren Operative Verfahren sind Iridektomie, Yag-Laser-Iridotomie und Trabekulektomie. Abb. 1
Pupillarblock bei akutem Winkelblockglaukom. Anstau des Kammerwassers hinter der Iris mit Verlegung des Kammerwinkels (aus Grehn 2008)
Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom)
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Weiterführende Tipps
Vorderkammertiefe, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag Kleinert H (1954) Die Beeinflussung pathologischer Augendrucksteigerungen mit Diamox, einem neuartigen Diuretikum. Klin Monatsbl Augenheilkd 125:271–279 Leydhecker W, Helferich E (1955) Senkung des intraokularen Druckes durch perorale Behandlung mit Diamox. Klin Monatsbl Augenheilkd 126:323–327 Pap Z, Zarándy B (1972) Die Anwendung von Mannit-Infusionen beim Glaukom. Klin Monatsbl Augenheilkd 160:624–627 Schäfer HG, Kaczmarek K, Gockeln R, Winter R, Erb C (2005) Differenzierung zwischen Pupillar- und Ziliarblock mithilfe des Orbscan II bei einem Patienten mit Winkelblockglaukom. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:655–659
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„Angiopathia retinae traumatica“, die Purtscher-Retinopathie
„Angiopathia retinae traumatica“, die Purtscher-Retinopathie
Ziel Früherkennung typischer Netzhautveränderungen nach einem schweren Trauma.
Problem Nach einer Thoraxkompression oder nach einem Schädel-Hirntrauma kann eine akute Sehminderung eintreten. Ursache der Sehminderung kann eine Retinopathie sein. Durch einen Sicherheitsgurt können Hämatome im Thoraxbereich hervorgerufen werden.
Lösung und Alternativen Der Fundus weist neben retinalen Blutungen und Cotton-Wool-Flecken auch typische weiße Areale auf. Die weißen Areale der Retina werden auch als „Purtscher-Flecken“ bezeichnet. Sie sind typisch und diagnostisch wegweisend für eine posttraumatisch entstandene Netzhautschädigung. Purtscher beschrieb die retinalen Veränderungen anschaulich wie „Flussläufe auf einer Landkarte zwischen Bodenerhebungen“. Es handelt sich um weiße Exsudate zwischen retinalen Gefäßen von gelbweißer oder weißer Farbe mit polygonaler Begrenzung. Die Purtscher-Retinopathie kann durch eine Mikroembolisierung (Fibrinemboli, Leukozyten- oder Thrombozytenaggregate) der retinalen Arteriolen erklärt werden. Im Langzeitverlauf ist im Allgemeinen mit einer Besserung des Sehvermögens zu rechnen.
„Angiopathia retinae traumatica“, die Purtscher-Retinopathie
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Therapie Die Fließeigenschaften des Bluts sollten verbessert werden. Bei einem polytraumatisierten Patienten können Antikoagulanzien kontraindiziert sein. Rheologische Maßnahmen sind durch den Unfallarzt auf einer Intensivstation zu entscheiden. Eine „Angiopathia retinae traumatica“ ist von einer Fettembolie zu unterscheiden. Eine Fettembolie tritt vorwiegend nach Frakturen langer Röhrenknochen auf.
Weiterführende Tipps Indirektes Trauma als Ursache einer Amotio?; Roth'sche Flecken, embolisch bedingte Netzhautveränderungen
Literatur Behrens-Baumann W, Scheurer G, Schroer H (1992) Pathogenesis of Purtscher’s retinopathy. An experimental study. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 230:286–291 Lindenblatt B, Hinzpeter EN (1984) Angiopathia traumatica Purtscher – eine Frühdokumentation. Fortschr Ophthalmol 81:228–230 Purtscher O (1916) Zur Kenntnis der Angiopathia retinae traumatica. Klin Monatsbl Augenheilkd 56:244–247 Schmidt D, Otto T (2004) Prognose und Differenzialdiagnose des Morbus Purtscher. Ophthalmologe 101:576–583
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Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid
Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid (Schleimhautpemphigoid)
Ziel Früherkennung und Behandlung einer fortschreitenden Symblepharonbildung (häufig durch Medikamente entstanden)
Problem Eine Patientin weist ein Sicca-Syndrom mit Fremdkörpergefühl, Photophobie und Brennen der Augen auf. Die Untersuchung ergibt ein Sicca-Syndrom mit beginnender Symblepharonbildung. Die Patientin berichtete über eine Behandlung mit drucksenkenden Augentropfen wegen eines Glaukoms.
Lösung und Alternativen Ein Schleimhautpemphigoid (Narbenpemphigoid) stellt eine chronisch progrediente vernarbende Entzündung der Konjunktiva dar, die zur Erblindung führen kann. Dabei treten bullöse (blasenbildende) Bindehaut- und Schleimhautveränderungen auf mit der Gefahr der Epithelkeratinisierung, Obliteration des Fornix conjunctivae, Hornhautulzeration, Ankylosierung (Verwachsung der Lidränder) und Entropium mit Trichiasis. Infolge des Verlusts der muzinbildenden Becherzellen entsteht ein Sicca-Syndrom. Frauen werden häufiger als Männer befallen. Als Ursache ist ein Autoimmunprozess anzunehmen, meistens als Folge eines medikamenteninduzierten Immunprozesses, insbesondere bei der Langzeitbehandlung mit drucksenkenden Augentropfen (beispielsweise Pilokarpin, Timolol, Dipivefrin, Betablocker oder Epinephrin). Bei der Therapie mit Idoxuridin-Hautsalbe zur Schmerzbehandlung wurde ebenfalls ein Pemphigoid der Schleimhaut beobachtet. Andere Ursachen sind die durch eine Rosazea hervorgerufene Blepharokonjunktivitis oder eine atopische Keratokonjunktivitis.
Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid
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Es bilden sich Antikörper gegen die Basalmembran der Konjunktiva und seltener gegen die nasale Schleimhaut.
Therapie Es ist erforderlich, die schädigenden Augentropfen umgehend abzusetzen. Eine immunsuppressive Behandlung – hochdosierte orale Kortikosteroide (> 1 mg / kg Körpergewicht) – und Cyclophosphamid besserte den chronischen Entzündungsprozess. Eine serologisch-immunologische Untersuchung auf Autoantikörper wird empfohlen. Patienten mit einem okulären Pemphigoid können auch extraokuläre Schleimhautveränderungen aufweisen. Abb. 1
Okuläres vernarbendes Pemphigoid. „Akutes“ Stadium III–IV mit ca. 75 % Fornixverkürzung, deutlichem Reizzustand, Keratopathie und Hornhautvaskularisation (aus Pleyer und Müller 2001)
Weiterführende Tipps
Augentropfenverabreichung; Benetzungsstörungen
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Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid
Literatur Heiligenhaus A, Bonsmann G, Heinz C et al. (2005) Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie beim Schleimhautpemphigoid am Auge. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:689–703 Meyer-ter-Vehn T, Schmidt E, Zillikens D, Geerling (2008) Schleimhautpemphigoid mit okulärer Beteiligung. Teil II. Therapie. Ophthalmologe 105:405–419 Patten JT, Cavanagh HD, Allansmith MR (1976) Induced ocular pseudopemphigoid. Am J Ophthalmol 82:272–276 Pleyer U, Müller B (2001) Okuläres vernarbendes Pemphigoid. Ophthalmologe 98:584–599 Pouliquen Y, Patey A, Foster CS, Goichot L, Savoldelli M (1986) Drug-induced cicatricial pemphigoid affecting the conjunctiva. Light and electron microscopic features. Ophthalmology 93:775–783 Schmidt E, Meyer-ter-Vehn T, Zillikens D, Geerling G (2008) Schleimhautpemphigoid mit okulärer Beteiligung. Teil I. Klinik, Pathogenese und Diagnostik. Ophthalmologe 105: 285–298 Throne JE, Anhalt GJ, Jabs DA (2004) Mucous membrane pemphigoid and pseudopemphigoid. Ophthalmology 111:45–52
Anti-Phospholipid-Syndrom mit serologischen Markern
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Anti-Phospholipid-Syndrom mit serologischen Markern (Gefäßverschluss als Notfall)
Ziel Gezielte Untersuchungen junger Patienten mit retinalen Gefäßverschlüssen.
Problem Eine jugendliche Patientin erblindete plötzlich nach einer vorausgegangenen Amaurosis-fugax-Attacke an einem Zentralarterienverschluss des linken Auges. Die Patientin lehnte eine Behandlung und Kontrolluntersuchungen ab. Wenige Jahre später trat eine akute Visusminderung des rechten Auges infolge eines Zentralvenenverschlusses auf.
Lösung und Alternativen Das Antiphospholipid-Syndrom tritt gehäuft bei jungen Frauen auf. Eine Störung der Thrombozytenaggregation durch Anti-Phospholipid-Antikörper (APAk) kann zu Amaurosis fugax, TIA, Schlaganfall, Herzinfarkt, Lungenembolie oder Beinvenenthrombose führen. APAk sind erworbene Autoantikörper der IgG- und IgM-Klasse. Auch beim Lupus erythematodes können APAk erhöht sein. APAk sind als heterogene Antikörper gegen anionische Phospholipide gerichtet. Serologische Marker sind folgende APAk: t Antikardiolipin-Antikörper, t Antikörper, die gegen die Doppelstrang-DNA gerichtet sind, t Antikörper, die einen positiven Lupus anticoagulans-Test oder VDRLTest bei Syphilis verursachen können. Als Therapie werden in der akuten Phase Immunsuppressiva, einschließlich Kortikosteroide, Acetylsalicylsäure sowie Plasmapherese eingesetzt.
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Anti-Phospholipid-Syndrom mit serologischen Markern
Eine dauernde Thromboseprophylaxe ist stets erforderlich, beispielsweise mit Phenprocoumon (Marcumar ), da unbehandelt Rezidive der Gefäßverschlüsse befürchtet werden. Amaurosis-fugax-Attacken und / oder ein retinaler Gefäßverschluss können auftreten: t infolge einer Stenose der Halsarterie (gelbliche kristalline retinale Cholesterinemboli, weiße Fibrinemboli) oder infolge einer kardialen Erkrankung (Kalkemboli von verkalkten Herzklappen), t bei Arteriitis cranialis (temporalis Horton), t durch bakterielle Emboli bei infektiöser Endokarditis (Roth'sche-Flecken der Retina) oder sehr selten durch ein Myxom des Herzens verursachte Emboli.
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Retinale Emboli können im Rahmen einer Amaurosis-fugax-Attacke frühzeitig wahrgenommen werden. Ein Patient mit einer Amaurosis-fugax-Attacke ist von Neurologen (Gefahr eines Schlaganfalls) und Augenärzten als Notfall zu behandeln.
Weiterführende Tipps Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie (Notfalluntersuchung und -behandlung); Hemianopsie, inferiore; Maskierte oder „okkulte“ Arteriitis cranialis (Riesenzellarteriitis, Arteriitis temporalis Horton); Stenose oder Verschluss der A. carotis interna
Literatur Bertram B, Haase G, Remky A, Reim M (1994) Anti-Cardiolipin-Antikörper bei Gefäßverschlüssen am Auge. Ophthalmologe 91:768–771 Cobo-Soriano R, Sánchez-Ramón S, Aparicio MJ, Teijeiro MA, Vidal P et al. (1999) Antiphospholipid antibodies and retinal thrombosis in patients without risk factors: a prospective case-control study. Am J Ophthalmol 128:725–732 Khamashta M, Cuadrado MJ, Mujic F, Taub NA, Hunt BJ, Hughes GRV (1995) The management of thrombosis in the antiphospholipid-antibody syndrome. N Engl J Med 332:993–997
Anti-Phospholipid-Syndrom mit serologischen Markern
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Lerche RC, Wilhelm C, Eifrig B, Richard G (2001) Thrombophiliefaktoren als Auslöser retinaler Gefäßverschlüsse. Ophthalmologe 98:529–534 Levy J, Baumgarten A, Rosenthal G, Rabinowitz R, Lifshitz T (2002) Consecutive central retinal artery and vein occlusions in primary antiphospholipid syndrome. Retina 22:784–786 Schmidt D, Zehender M (1999) Arterienverschluß des Auges bei infektiöser Endokarditis. Ophthalmologe 96:264–266 Schmidt D, Hetzel A, Geibel-Zehender A (2005) Retinal arterial occlusion due to embolism of suspected cardiac tumors – report on two patients and review of the topic. Eur J Med Res 10:296–304 Schmidt D, Hetzel A, Geibel-Zehender A, Schulte-Mönting J (2007) Systemic diseases in noninflammatory branch and central retinal artery occlusion. An overview of 416 patients. Eur J Med Res 12:595–603 Zierhut M, Klein R, Berg P, Türmer KH, Raphael B (1994) Retinale Vaskulitis und Anti-Phospholipid-Antikörper. Ophthalmologe 91:772–776
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Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme
Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme bei Verdacht auf Arteriitis cranialis, Biopsie der A. temporalis superficialis
Ziel Frühzeitige Diagnose zur rechtzeitigen und hoch dosierten Therapie.
Problem Nicht jede geschwollene und geschlängelte Schläfenarterie eines älteren Menschen weist eine Entzündung auf. Auch bei gering ausgeprägtem Unterhautfettgewebe tritt die A. temporalis superficialis deutlich hervor.
Lösung und Alternativen Bevor eine diagnostische Arterienresektion von mehreren Zentimetern Länge ausgeführt wird, sollte die Frage der Indikation genau überlegt werden: 1. Welche Hinweise auf diese Erkrankung bestehen? 2. Wo ist die Arterienresektion durchzuführen? Die Lokalisation der Biopsie sollte zum einen vom Palpationsbefund, zum anderen von dem vorher zu erhebenden Duplex-Sonographie-Befund abhängig gemacht werden. Der Palpation der Arterie kommt eine besondere Bedeutung zu, wenn umschriebene knötchenartige Arterienerweiterungen bestehen, wenn ein umschriebener Druckschmerz angegeben wird oder wenn an bestimmten Stellen eine verstärkte Schlängelung mit reduzierter Pulsation vorliegt. Auch bei negativem Palpationsbefund ist eine Biopsie bei dringendem klinischem Verdacht notwendig. 3. Zu welchem Zeitpunkt sollte der diagnostische operative Eingriff erfolgen? Bei dringendem Verdacht aufgrund der klinischen Symptome sollte sofort – nach Ausschluss einer anderen entzündlichen Systemer-
Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme
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krankung – mit hoch dosierter Kortikosteroidbehandlung noch vor einer Biopsie begonnen werden. Eine Biopsie muss nicht unbedingt am ersten Tag erfolgen, es sei denn, die klinischen Symptome sind unklar bei erhöhter Erblindungsgefahr des Patienten (histologisches Schnellschnitt-verfahren erforderlich). Bei Verdacht auf eine Arteriitis sind folgende serologischen Untersuchungen durchzuführen: Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), Fibrinogen und C-reaktives Protein (CRP), evtl. Elektrophorese. Bei unklarer Situation wird die Bestimmung von Interleukin 6 als biologischer Marker empfohlen. Die A. temporalis superficialis wird bei der Biopsie mit hoher Wahrscheinlichkeit getroffen, wenn ein Schnitt von 2,5 cm Länge geführt wird, im 45°Winkel zur oberen Horizontalen und 1–1,5 cm entfernt von der lateralen Orbitabegrenzung. Ein negatives Biopsie-Ergebnis schließt bei typischer klinischer Symptomatik eine Arteriitis nicht aus (Empfehlung der Biopsie der anderen Kopfseite). Abb. 1
Wahrscheinlicher Verlauf der A. temporalis superficialis (hilfreich bei mangelnder Palpationsmöglichkeit bei verdicktem Unterhautfettgewebe)
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Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme
Wurde bereits mit einer hoch dosierten Steroidbehandlung begonnen, so kann die Biopsie auch noch nach ein oder zwei Wochen nachgeholt werden, denn die Entzündungszellen in der Arterienwand sind häufig noch nach mehreren Wochen oder Monaten der Entzündung festzustellen. Nach neuesten Untersuchungen können entzündete Arterien des Kopfes zudem im Gadolinium-MRT deutlich gemacht werden.
Weiterführende Tipps Maskierte oder okkulte Arteriitis cranialis; Panarteriitis nodosa (PAN), Arteriitis temporalis bei einem Jugendlichen
Literatur Bley TA, Wieben O, Uhl M, Vaith P, Schmidt D, Warnatz K, Langer M (2005). Assessment of the cranial involvement pattern of giant cell arteritis with 3T magnetic resonance imaging. Arthritis Rheum 52: 2470–2477 Daumann C, Putz R, Schmidt D (1989) Der Verlauf der Arteria temporalis superficialis. Anatomische Untersuchungen als Voraussetzung für eine Arterien-Biopsie. Klin Monatsbl Augenheilkd 194:37–41 Schmidt D (1992) Letter to the Editor. Answer to the publication by Tomsak RL (1991) Superficial temporal artery biopsy. A simplified technique. J Clin Neuro Ophthalmol 11:202–204. J Clin Neuro Ophthalmol 12:135–136 Schmidt D, Hetzel A, Reinhard M, Auw-Haedrich C (2003) Comparison between color duplex ultrasonography and histology of the temporal artery in cranial arteritis (giant cell arteritis). Eur J Med Res 8:1–7 Schmidt D (2005) Ocular ischemia syndrome – a malignant course of giant cell arteritis. Eur J Med Res 10:233–242 Schmidt WA, Kraft HE, Vorpahl K, Völker L, Gromnica-Ihle EJ (1997) Color duplex ultrasonography in the diagnosis of temporal arteritis. N Engl J Med 337:1336–1342
Atrophia gyrata
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Atrophia gyrata, fortschreitende, aber behandelbare Netz-Aderhautdegeneration
Ziel Frühzeitige Diagnose und Behandlung sind erforderlich.
Problem Eine junge Patientin mit hoher Myopie klagte über eine zunehmende Sehminderung mit Photophobie. In dieser Situation besteht die Gefahr, dass der Arzt irrtümlich meint, die zunehmende Sehminderung stehe in Zusammenhang mit der Myopie, sodass die Fundusperipherie nicht genau untersucht wird. Unbehandelt führt aber eine Atrophia gyrata zur Erblindung.
Lösung und Alternativen Bei dem typischen Krankheitsbild einer Atrophia gyrata zeigen sich rundliche, girlandenförmig begrenzte atrophische Areale der Netzhaut-Aderhaut in der mittleren Fundusperipherie. Die Veränderungen schreiten langsam fort. Ein zystoides Makulaödem mit Visusminderung, Gesichtsfeldeinengung sowie eine fehlende ERG-Antwort und Nachtblindheit können schon im Kindesalter festgestellt werden. Es besteht eine Hyperornithinämie, die durch eine reduzierte Aktivität des Enzyms Ornithin-Ketosäure-Aminotransferase hervorgerufen wird. Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt.
Therapie Eine Enzymaktivierung kann durch eine hohe Zufuhr des Coenzyms Pyridoxin (Vitamin B6) erreicht werden. Zusätzlich wird mit einer Diät (Eiweiß- oder Argininreduktion) versucht, den Ornithinspiegel zu senken.
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Atrophia gyrata
Abb. 1
Atrophia gyrate: scharf begrenzte, schollige Choriokapillaris- und AderhautAtrophie (aus Augustin 2007)
Weiterführende Tipps AZOOR (Akute zonale okkulte äußere Retinopathie); Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Erblindung durch Filariose; Progressive Netzhautnekrose (Akutes Retinales-Nekrose-Syndrom)
Literatur Augustin AJ (2007) Augenheilkunde, 3. überarbeitete Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Gerding H, Hennekes R, Ullrich K (1987) Zur Therapie der Atrophia gyrata. Fortschr Ophthalmol 84:358–359 Kaiser-Kupfer MI, De Monasterio FM, Valle D, Walser M, Brusilow S (1980) Gyrate atrophy of the choroid and retina: improved visual function following reduction of plasma ornithine by diet. Science 210:1128–1131
Atrophia gyrata
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Kaiser-Kupfer MI, Caruso RC, Valle D (1991) Gyrate atrophy of the choroid and retina. Longterm reduction of ornithine slows retinal degeneration. Arch Ophthalmol 109:1539–1548 Kaiser-Kupfer MI, Caruso RC, Valle D, Reed GF (2004) Use of an arginine-restricted diet to slow progression of visual loss in patients with gyrate atrophy. Arch Ophthalmol 122:982–984 Maeda H, Ogata N, Yi X, Takeuchi M, Ohkuma H, Uyama M (1998) Apoptosis of photoreceptor cells in ornithine-induced retinopathy. Graefe´s Arch Clin Exp Ophthalmol 236:207–212 Oliveira TL, Andrade RE, Muccioli C, Sallum J, Belfort R (2005) Cystoid macular edema in gyrate atrophy of the choroid and retina: a fluorescein angiography and optical coherence tomography evaluation. Am J Ophthalmol 140:147–149
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Aufklärungspflicht
Aufklärungspflicht
Ziel Vermeidung einer gestörten Arzt-Patient-Beziehung, Vermeidung von Haftung und strafrechtlicher Ahndung.
Problem Jeder operative Eingriff stellt eine vorsätzliche Körperverletzung im juristischen Sinne dar.
Lösung und Alternativen Nicht nur vor operativen Eingriffen, sondern bei jeder ärztlichen Untersuchung sollte der Patient über vorgesehene Maßnahmen von seinem Arzt informiert werden. Offenheit eines Arztes zu seinem Patienten verbessert eine Arzt-Patient-Beziehung erheblich und beseitigt eine mögliche Angst eines Patienten vor ärztlichem Vorgehen. Die Compliance wird durch ausreichende Aufklärung stets verbessert. Aus diesem Grund wird in diesem Buch in jedem Kapitel zu dem Abschnitt „Weiterführende Tipps“ stets auf die Notwendigkeit der Aufklärungspflicht hingewiesen. Zur Aufklärungspflicht gehört auch, dass sich Ärzte untereinander in ausreichender Weise über vorgesehene Untersuchungen und Behandlungen unterrichten, da sich bei vielen Krankheiten meistens mehrere Ärzte um einen Patienten bemühen. Die Operation ist dann nicht strafbar, wenn der Patient sich mit dem operativen Vorgehen einverstanden erklärt. Der Patient kann nur dann sein Einverständnis geben, wenn er über das operative Vorgehen ausreichend aufgeklärt wurde (Diagnose, mögliche Komplikationen, Heilungsaussichten mit oder ohne Operation, Aussichten bei konservativen Behandlungen etc.). Die Aufklärung hat durch den Arzt so umfangreich und verständlich
Aufklärungspflicht
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zu erfolgen, dass der Patient in der Lage ist, selbstständig eine Entscheidung zu treffen. Es gibt vier Operationskategorien: der obligate Eingriff, die Wahloperation, die prophylaktische und schließlich die kosmetische Operation. Der Aufklärungsaufwand muss vor allem bei den letzteren Operationsvorhaben umfangreich sein, was jedoch nicht heißt, dass es bei einem obligat vorzunehmenden Eingriff mit wenigen Sätzen getan wäre. Selbst eine Notfalloperation bedarf, soweit möglich, der Aufklärung. Die Aufklärung muss so zeitig erfolgen, dass dem Patienten genügend Zeit verbleibt, sich für oder gegen eine Operation zu entscheiden. Der Arzt muss den Nachweis erbringen, wirksam und verständlich aufgeklärt zu haben. Die typischen Risiken einer Operation müssen genannt werden, aber auch seltene Risiken dürfen nicht unerwähnt bleiben. Als Beispiel ist die postoperative Infektion nach einer Kataraktoperation zu nennen, obwohl sie heutzutage sehr selten auftritt. Eine schriftliche Zusammenstellung der Risiken am Patienten, nach ausführlicher mündlicher Erläuterung mitzugeben, stellt eine vernünftige Lösung dar. Es hat sich gezeigt, dass die präoperativ bestehende Angst eines Patienten durch ein umfassendes Aufklärungsgespräch nicht gesteigert wird. Im Gegenteil ist anzunehmen, dass sich durch ein intensives Gespräch das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt bessert, insbesondere wenn der Operateur persönlich mit dem zu operierenden Patienten spricht. Ohne rechtswirksame Einverständniserklärung des Patienten macht sich der behandelnde Arzt strafbar. Überdies riskiert er, dem Patienten gegenüber auf Schadensersatz zu haften. Bei größeren Eingriffen ist zusätzlich eine Aufklärung der nächsten Verwandten anzuraten, denn mancher Patient kann nur dann selbstständig einwilligen, wenn er auch den Rat von Angehörigen eingeholt hat.
Weiterführende Tipps Anfallsglaukom; Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme; Basaliomoperation des Lids; Entropiumoperation; Lazy-T-Operation nach Smith zur Behandlung eines Ektropiums; Muskelchirurgie in Tropfanästhesie; Neuritis nervi optici, Behandlung; Schöpfernaht als ambulanter Eingriff;
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Aufklärungspflicht
Literatur Gloor B (1981) Ophthalmochirurgie – juristische Aspekte. Klin Monatsbl Augenheilkd 178:236–240 Gramberg-Danielsen B (1980) Die Aufklärungspflicht im Rahmen des Grundgesetzes. Klin Monatsbl Augenheilkd 177:111–117 Gramer E, Leydhecker W, Krieglstein GK (1982) Zur ärztlichen Aufklärungspflicht – juristische Aspekte – Erwartungen der Patienten. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:46–53 Lund OE (1982) Die Aufklärung des Patienten vor prophylaktischen Eingriffen. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:42–45
Augenrötung mit Schmerzen bei einem TINU-Syndrom
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Augenrötung mit Schmerzen bei einem TINU-Syndrom
Ziel Nephrologische Abklärung einer Iridozyklitis oder Panuveitis mit Papillitis im Kindes- und Jugendalter.
Problem Ein 14-jähriges Mädchen erkrankte an einer Iridozyklitis beider Augen mit Schmerzen und Photophobie. Seit mehreren Wochen war sie appetitlos, nahm an Gewicht ab, bekam Fieber und fühlte sich geschwächt.
Lösung und Alternativen Das TINU-Syndrom (Tubulointerstitielle Nephritis, Uveitis) tritt häufig in der zweiten Lebensdekade mit einem Durchschnittsalter von 13 Jahren, vorwiegend bei Mädchen auf. Im akuten Krankheitsstadium kommt es zu einer interstitiellen Nephritis mit einer mehrere Wochen bis viele Monate später einsetzenden schmerzhaften Augenrötung und akuter Sehminderung infolge einer anterioren Uveitis oder Panuveitis, einschließlich einer Papillitis. Die Uveitis kann auch knapp vor der Nephritis oder simultan mit der Nierenentzündung auftreten. Die beidseitige anteriore Uveitis ist nicht granulomatös und kann akut rezidivieren. Es besteht eine Immunkrankheit mit einer Störung der humoralen (BZell)-Immunität, bei der im Serum zirkulierende Immunkomplexe nachgewiesen wurden. Eine Abklärung zusätzlicher assoziierter Autoimmunphänomene (Autoimmunthyreoiditis oder rheumatoide Arthritis) ist zu empfehlen.
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Augenrötung mit Schmerzen bei einem TINU-Syndrom
Abb. 1
Hintere Synechierung bei 6 Uhr, 1. stationärer Behandlungstag (aus Fünfstück et al. 2004)
Therapie Kortikosteroide wurden bei der Nephritis und der Uveopapillitis erfolgreich eingesetzt.
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Hypopyon, Früherkennung mit Glyzerintropfen
Literatur Bensmail D, Rosssignol I, Tuil E, Sabourin C, Morin Y, Héron E (2003) Néphropathie tubulointerstitielle et uvéite (syndrome TINU): une nouvelle observation pédiatrique. J Fr Ophtalmol 26:187–190 Fünfstück C, Augsten R, Königsdörffer E, Holzhausen HJ, Strobel J (2004) Vorliegen eines TINU-Syndroms bei ungeklärter „idiopathischer“ Uveitis. Ophthalmologe 101:844–846
Augenrötung mit Schmerzen bei einem TINU-Syndrom
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Hausmann N, Neyer U, Hämmerle W (1988) Akut rezidivierende Uveitis und idiopathische interstitielle Nephritis – eine nosologische Einheit (TINU-Syndrom). Klin Monatsbl Augenheilkd 193:35–38 Hudde T, Heinz C, Neudorf U, Hoeft S, Heiligenhaus A, Steuhl KP (2002) Tubuointerstitielle Nephritis mit Uveitis (TINU-Syndrom) – Komorbidität und Komplikation bei vier Patienten. Klin Monatsbl Augenheilkd 219: 528–532
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Augentropfenverabreichung
Augentropfenverabreichung
Ziel Wirksame Verabreichung von Augentropfen.
Problem Augentropfen werden häufig falsch in die Bindehaut der Augen geträufelt, sodass sie unzureichend wirken.
Lösung und Alternativen Verabreichung durch den Arzt oder das Pflegepersonal
t 1. Schritt: Beim Verabreichen von Augentropfen sollten die Augen
t
des sitzenden Patienten nach oben gerichtet sein; das Unterlid ist mit einem Finger, der einen Tupfer am Unterlid hält, nach unten zu ziehen. Der Tropfen sollte in freiem Fall von oben in die untere Umschlagsfalte der Bindehaut, nicht jedoch auf die Hornhaut fallen. Dabei ist zu beachten, dass der Flaschenhals die Wimpern des Patienten nicht berührt, da sonst die Gefahr der Keimübertragung durch Kontakt mit dem Flaschenhals besteht. (Cave: Fleckenbildung durch auf Kleidung fallende Tropfen, z. B. durch Fluoreszeintropfen, da diese Tropfen nicht durch einfaches Waschen beseitigt werden können.) 2. Schritt: Anschließend sollte das getropfte Auge ca. 2 Minuten lang geschlossen bleiben. Das untere Tränenkanälchen sollte der Patient sofort danach mit dem Zeigefinger abdrücken, damit das getropfte Pharmakon sich im Tränenfilm verteilt und nicht sofort wieder über den Tränenweg abfließt. Diese Empfehlung ist vor allem bei der Verabreichung von antiglaukomatös wirkenden oder antibiotikahaltigen Augentropfen zu beachten. Bei zu kurzem Verweilen des Pharmakons
Augentropfenverabreichung
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in der Tränenflüssigkeit und bei starkem Tränenfluss ist die Wirkung des Medikaments erheblich reduziert.
Selbstverabreichung durch den Patienten Es wurde von Patienten vorgeschlagen, bei eingeschränkter Fingerbeweglichkeit (beispielsweise durch Arthritis) kleine Ophthiolen in eine Wimpernzange einzuspannen und anschließend durch Halten des Instruments über das Auge, Tropfen gezielt in die Bindehaut fallen zu lassen. Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis leiden häufig an einer Conjunctivitis sicca und müssen sich deshalb häufig Augentropfen verabreichen.
Abb. 1
Digitales Abdrücken der abführenden Tränenwege nach Verabreichung von Augentropfen
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Muskelchirurgie in Tropfanästhesie; Patientencompliance; Zykloplegie
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Augentropfenverabreichung
Literatur Dahlmann AH, Chew CKS (2002) Application of eye drops by patients with rheumatoid arthritis. J Rheumatol 29:850
Augenverband, Amblyopiegefahr bei Kindern unter 6 Jahren
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Augenverband, Amblyopiegefahr bei Kindern unter 6 Jahren
Ziel Sehminderung infolge eines unnötig angelegten Augenverbands.
Problem Gelegentlich wird nicht daran gedacht, dass bei Kleinkindern nach einer banalen Augenerkrankung durch das Anlegen eines Verbands für mehrere Tage eine Deprivations-Amblyopie hervorgerufen werden kann. Um das kindliche Auge gut zu schützen, wird nicht selten aus einem übertriebenen Sicherheitsbedürfnis heraus ein Verband angelegt, obwohl dies in vielen Situationen unnötig ist und nicht nur die Gefahr einer Amblyopie birgt. Durch Wärmestau können sich überdies Bakterien in „idealer“ Weise vermehren.
Lösung und Alternativen Vergleichende Versuche mit einer gelochten Plastikhartschale und einem Verband mit „Mull-pad“ bei unterschiedlichen Personen ergaben, dass ein Verband verstärkte Schmerzen, höhere Enzymaktivitäten und ein verändertes Besiedlungsmuster mit Keimen bewirkte. Ein Augenverband kann im seltenen Fall eines trockenen Auges angebracht sein, um das Auge feucht zu halten. Diese Situation trifft jedoch meist nicht auf Kleinkinder zu. Ein Augenverband, der direkt nach einer Operation in unsachgemäßer Weise angelegt wird, beispielsweise wenn der Verband auf ein nicht vollständig geschlossenes Auge, evtl. sogar mit Druck angelegt wird, kann postoperativ nach Abklingen der Anästhetika-Wirkung erhebliche Schmerzen infolge einer druckbedingten Erosio corneae verursachen.
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Augenverband, Amblyopiegefahr bei Kindern unter 6 Jahren
Weiterführende Tipps
Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern
Literatur Schrage NF, Flick S, von Fischern T, Reim M, Wenzel M (1997) Temperaturveränderungen der Hornhaut durch Anlegen eines Augenverbandes. Ophthalmologe 94:492–495 Turß R, Teschler H (1981) Die Wirksamkeit von Verbänden und Schutzbrillen bei „trockenem Auge“. Ber Dtsch Ophthalmol Ges 78:425–429
AZOOR (Akute zonale okkulte äußere („outer“) Retinopathie)
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AZOOR (Akute zonale okkulte äußere („outer“) Retinopathie)
Ziel Nachweis einer mit Gesichtsfeldausfällen einhergehenden Retinopathie.
Problem Eine 23-Jährige, sonst gesund erscheinende kurzsichtige Frau berichtete über verstärkte Photophobie mit einer seitlichen Gesichtsfeldeinengung eines Auges nach einem grippalen Infekt.
Lösung und Alternativen Die AZOOR-Erkrankung ist durch eine akute Sehminderung eines oder mehrerer Gesichtsfeldzonen, verursacht durch eine Dysfunktion retinaler Rezeptoren, charakterisiert. Unterschieden wird zwischen zwei Formen, der primären Störung retinaler Rezeptoren (Typ I) und der kombinierten Störung der Rezeptoren und des Pigmentepithels (Typ II). Typischerweise erkranken am häufigsten junge, sonst gesund erscheinende Frauen, die eine Myopie aufweisen. Sie leiden unter einer Photophobie. Das temporale Gesichtsfeld, einschließlich des blinden Flecks ist betroffen unter Schonung des zentralen Gesichtsfeldareals. Glaskörperzellen und eingeengte Netzhautgefäße in den betroffenen retinalen Zonen mit gelegentlichen Zeichen einer Periphlebitis können sich innerhalb einiger Wochen entwickeln. Bei etwa 50 % der Patienten sind beide Augen befallen. Die Gesichtsfeldausfälle können sich vergrößern, seltener bleiben sie unverändert im Verlauf von 4–6 Monaten bestehen oder sie verkleinern sich. Bei etwa der Hälfte der Patientinnen tritt infolge eines Untergangs der Netzhautrezeptoren und Läsionen des Pigmentepithels eine fleckförmige Pigmentierung auf. Als primäre Ursache wurde eine Viruserkrankung vermutet. Bei 16 % von 50 Patienten bestand eine zusätzliche Autoimmunerkran-
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AZOOR (Akute zonale okkulte äußere („outer“) Retinopathie)
kung wie beispielsweise eine Hashimoto-Thyreoiditis, eine Myasthenia gravis oder eine multiple Sklerose. Zum „AZOOR-Komplex“ oder „AZOOR-Syndrom zählte Gass das Syndrom der flüchtigen weißen Flecken („multiple evanescent white dot syndrome“ oder „MEWDS“), die multifokale Chorioiditis, die punktförmige innere Chorioidiopathie („punctate inner choroidopathy oder PIC“), die akute idiopathische Vergrößerung des blinden Flecks („acute idiopathic blind spot enlargement“), die akute makulare Neuroretinopathie und die akute ringförmige äußere Retinopathie („annular outer retinopathy“). Therapeutisch zeigte sich bei Patienten mit einer AZOOR und einer MEWDS kein Ansprechen auf Kortikosteroide. Abb. 1
Fundusbefund (oben) und kombinierte Fluoreszenz und ICG-Angiographie (unten) nach 6 Monaten, Fernvisus 0,4 (aus Helbig et al. 2001)
AZOOR (Akute zonale okkulte äußere („outer“) Retinopathie)
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Weiterführende Tipps Atrophia gyrata, fortschreitende, aber behandelbare Netz-Aderhautdegeneration; Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis
Literatur Gass JDM (1993) Acute zonal occult outer retinopathy. J Clin Neuro-ophthalmol 13:79–97 Gass JDM (1995) Acute annular outer retinopathy as a variant of acute zonal occult outer retinopathy. Am J Ophthalmol 119:330–334 Gass JDM (2003) Are acute zonal occult outer retinopathy and the white spot syndromes (AZOOR complex) specific autoimmune diseases? Am J Ophthalmol 135:380–381 Helbig H, Sutter F, Thölen A (2001) Akute zonale okkulte äußere Retinopathie (AZOOR). Ophthalmologe 98:574–578 Holz FG, Kim RY, Schwartz SD, Harper CA, Wroblewski J, Arden GB, Bird AC (1994) Acute zonal occult outer retinopathy (AZOOR) associated with multifocal choroidopathy. Eye 8:77–83 Jampol LM, Becker KG (2003) White spot syndromes of the retina: a hypothesis based on the common genetic hypothesis of autoimmune/inflammatory disease. Am J Ophthalmol 135:376–379
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Baclofen zur Behandlung eines periodisch alternierenden Nystagmus
Baclofen zur Behandlung eines periodisch alternierenden Nystagmus
Ziel Frühdiagnose der ungewöhnlichen Nystagmusform als mögliche Ursache einer schweren Allgemeinkrankheit.
Problem Ein periodisch alternierender Nystagmus (PAN) wird manchmal nicht oder sehr spät erkannt, da bei der Beobachtung des Nystagmus nicht lange genug gewartet wird, bis die Umschlagsrichtung zur anderen Seite erfolgt.
Lösung und Alternativen Bei dem PAN handelt es sich um einen horizontalen oder horizontal-rotatorischen Nystagmus mit rascher und langsamer Komponente, dessen Amplitude zunächst zunimmt und danach in einem Zeitraum von einer Minute bis sechs Minuten wieder abnimmt. Anschließend folgt eine Ruhepause von vier bis 20 Sekunden. Danach schlägt der Nystagmus in gleicher Weise in die Gegenrichtung um, d. h. es zeigt sich eine zunehmende, dann abnehmende Amplitude. Während des kontinuierlichen Verlaufs besteht eine Visusminderung mit Oszillopsie während der ausgeprägten Nystagmusphasen. Die frühe Diagnose ist von Bedeutung, da einige der Grundkrankheiten, die zu dieser seltenen Nystagmusform führen, behandelbar sind. Der PAN kommt bei zahlreichen Erkrankungen vor, so beispielsweise bei chronischer Otitis media, bei einer vertebrobasilären Insuffizienz, Multipler Sklerose, Enzephalitis, Syphilis, bei zerebellären Erkrankungen und zerebralen Tumoren der hinteren Schädelgrube. Selten wurde ein PAN auch als kongenitale Anomalie bei der Friedreich’schen Ataxie oder bei der Arnold-Chiari-Malformation beobachtet.
Baclofen zur Behandlung eines periodisch alternierenden Nystagmus
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Eine MRT- bzw. CT-Untersuchung des Kopfs ist zu empfehlen.
Therapie Baclofen, ein GABA-Agonist, hemmt den Nystagmus. Baclofen beeinflusst den vestibulo-okulären Reflex (VOR) und den optokinetischen Nystagmus (OKN). Baclofen hilft nur bei erworbenem PAN, nicht jedoch beim kongenitalen PAN.
Weiterführende Tipps
Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis
Literatur Cohen B, Helwig D, Raphan Th (1987) Baclofen and velocity storage: a model of the effects of the drug on the vestibulo-ocular reflex in the rhesus monkey. J Physiol 393:703–725 Davis DG, Smith JL (1971) Periodic alternating nystagmus. Am J Ophthalmol 72:757–762 Halmagyi GM, Rudge P, Gresty MA, Leigh RJ, Zee DS (1980) Treatment of periodic alternating nystagmus. Ann Neurol 8:609–611 Kestenbaum A (1930) Periodisch umschlagender Nystagmus. Klin Monatsbl Augenheilkd 84:552 Larmande P, Larmande A (1983) Action du Baclofène sur le nystagmus alternant périodique. Perspectives nouvelles dans le traitement de certaines formes de nystagmus. Bull Mém Soc Fr Ophtalmol 94:390–393 Susac JO, Henry JM (1975) Periodic alternating nystagmus: clinicopathologic correlation. In: Glaser JS, Smith JL (eds) Neuro-Ophthalmology, Symposium of the University of Miami and the Bascom Palmer Eye Institute. CV. Mosby Comp, Saint Louis, pp 284–292
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Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts
Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts
Ziel Rasche Diagnose einer purulenten Entzündung des äußeren Auges.
Problem Eine entzündliche Rötung des Auges kann durch zahlreiche Keime hervorgerufen werden.
Lösung und Alternativen Typisch für eine bakterielle Entzündung ist der schmierig-eitrige Belag der Konjunktiva, Lider und Zilien. Eine bakterielle Bindehaut / Hornhautentzündung sollte umgehend mit einem Antibiotikum behandelt werden. Vorher jedoch sollte ein Abstrich mit Überimpfung auf ein Kulturmedium erfolgen. Nach Eintreffen des Ergebnisses der Kultur kann dann gezielt antibiotisch weiter behandelt werden. Unterschiedliche diagnostische Schnellverfahren werden weiter unten angegeben. Zur genauen Diagnostik wird die PCR-Methode empfohlen, bei der jedoch das Ergebnis nicht sofort zu erwarten ist. Diese Methode ist auch kostspielig.
Diagnostische Schnellverfahren (Ruprecht und Bialasiewicz 1987) Untersuchungsmethoden (Direktverfahren): 1. Gramfärbung 2. Giemsafärbung 3. Immunfluoreszenz-Tests
Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts
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N. gonorrhoeae Pseudomonas sp. E. coli (bedingt) C. trachomatis
Eine Untersuchung über das Keimspektrum ergab das in Tabelle 1 dargestellte Ergebnis. Tabelle 1 Keimspektrum einer bakteriellen Konjunktivitis (%) (Ruprecht und Bialasiewicz 1987) Staphylococcus epidermidis Staphylococcus saprophyticus Staphylococcus aureus Hämolysierende Streptokokken
50,6 5,0 39,6 5,2
Enterokokken
4,5
Escherichia coli
2,6
Proteus sp.
1,6
Pseudomonas sp.
0,5
Aufgrund typischer Bindehautveränderung kann bereits eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Beispielsweise spricht eine hämorrhagische Konjunktivitis für eine durch Pneumokokken hervorgerufene Entzündung ( Tabelle 2). Es ist aber zu bedenken, dass auch eine virusbedingte Bindehautentzündung (Conjunctivitis epidemica) sehr häufig mit konjunktivalen Unterblutungen einhergeht. Pseudomembranöse bakterielle Konjunktivitiden werden am häufigsten durch Neisseria meningitidis, gefolgt von Pneumokokken, Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli und Staphylococcus aureus verursacht. Bei jeder unklaren Keratitis – insbesondere bei Kontaktlinsenträgern – ist an eine Akanthamöbenkeratitis zu denken.
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Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts
Tabelle 2 Einteilung der bakteriellen Konjunktivitis nach Art der Entzündung (Ruprecht und Bialasiewicz 1987) purulent
z. B. Staphylokokken
hämorrhagisch
z. B. Pneumokokken
pseudomembranös
z. B. Staphylokokken
membranös
z. B. Corynebacterium diphtheriae
granulomatös
z. B. Mykobakterien
mit Lymphknotenbeteiligung (Parinaud-Syndrom)
z. B. Mycobacterium tuberculosis, Francisella tularensis
Weiterführende Tipps Amnionmembran zur Therapie eines Hornhautulkus; Augentropfenverabreichung; Benetzungsstörungen; Hurrikan-Keratitis; Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis); „Over-wear-Syndrom“ beim Kontaktlinsentragen; Xerophthalmie
Literatur Bialasiewicz AA (1990) Diagnostik und Therapie akuter bakterieller Entzündungen des Auges. Fortschr Ophthalmol 87 (Suppl):S82–S93 Høvding G (2008) Acute bacterial conjunctivitis. Acta Ophthalmol 86:5–17 Ruprecht KW, Bialasiewicz AA (1987) Bakterielle Conjunctivitis. Fortschr Ophthalmol 84:55– 64 Wickström K (2008) Acute bacterial conjunctivitis - benefits versus risks with antibiotic treatment. Acta Ophthalmol 86:2–4
Basaliomoperation des Lids
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Basaliomoperation des Lids
Ziel Frühzeitige vollständige operative Entfernung des lokal infiltrierend und destruktiv wachsenden Lidtumors.
Problem Es besteht eine bevorzugte Lokalisation der Basaliome am Unterlid. Dort treten sie etwa viermal häufiger als am Oberlid auf. Etwa 90 % aller Tumore des Unterlids sind Basaliome (auch als Basalzellkarzinome bezeichnet. Der Ausdruck Karzinom ist jedoch irreführend, da Basaliome nicht metastasieren). Durch welche Formen eines Basalioms kann der Arzt getäuscht werden?
Lösung und Alternativen Unterschieden wird das nodulo-ulzerative Basaliom mit kleinen perlmuttfarbenen knötchenförmigen Verdickungen am Ulkusrand und mit feinen teleangiektatischen Gefäßen von einem pigmentierten Basaliom. Gefürchtet sind die sklerosierenden Basaliome (auch als sklerodermiforme Basaliome bezeichnet), deren Ränder nicht scharf begrenzt sind, sodass infiltrativ gewachsene Tumorzellen in der Tiefe trotz umfangreicher Exzision zurückbleiben können. Da der Tumor im Gesunden entfernt werden muss, ist es erforderlich, bei jeder Basaliomoperation einen Großteil des Unterlids zu entfernen. Es wird allgemein empfohlen, den Sicherheitsabstand von 4–6 mm vom Tumorgrenzbereich zirkulär um das Basaliom einzuhalten. Der Tumorrandbereich muss nach der Exzision histologisch untersucht werden. Bei infiltrativ wachsenden sklerosierenden Basaliomen kann eine zweite oder manchmal sogar eine dritte Lidoperation mit noch ausgedehnterer Exzision erforderlich sein. Eine Schnellschnittkontrolle wird empfohlen.
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Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts
Abb. 1
Periorbitale Lokalisation von 198 Basaliomen. Die Markierungen liegen im Zentrum des Tumors. 45 Basaliome, die postoperativ rezidivierten (dunkelblaue Markierungen). 153 Basaliome, die in einem Zeitraum von mindestens 5 Jahren nicht rezidivierten (hellblaue Markierungen) (aus Zimmermann und Klauß 2001)
Abb. 2
Rotationslappen nach Mustardé (aus Augustin 2007)
Basaliomoperation des Lids
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Bei einer unvollständigen Exzision eines Basalioms besteht die Gefahr einer Tumorinvasion in die Tiefe, v. a. in Orbita und Nasennebenhöhlen. Dann wäre eine Exenteratio orbitae bzw. eine radikale Ausräumung der Nebenhöhlen erforderlich. In einer Behandlungsgruppe mit 226 Patienten wurde eine Rezidivrate von 5 % ermittelt. Die meisten Rezidive wurden im nasalen Lidwinkel beobachtet. Eine alternative Behandlungsmöglichkeit stellt die Röntgenstrahlenbehandlung der Basaliome dar, die gelegentlich von Dermatologen empfohlen wird. Von ophthalmologischer Seite wird diese Therapie meistens abgelehnt, da eine Unsicherheit über die vollständige Tumorzerstörung bei fehlendem histologischem Nachweis und die Gefahr möglicher Strahlenschäden bestehen.
Weiterführende Tipps
Entropiumoperation
Literatur Augustin AJ (2007) Augenheilkunde, 3. Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Hamada S, Kersey T, Thaller VT (2005) Eyelid basal cell carcinoma: non-Mohs excision, repair, and outcome. Br J Ophthalmol 89:992–994 Meythaler H (1973) Zum Differenzierungsverhalten der Basaliome der Lider und ihrer Umgebung. Graefes Arch Klin Exp Ophthalmol 187:111-130 Mustardé JC (1980) Repair and reconstruction in the orbital region, 2nd edn. Churchill Livingstone, Edinburgh, London, New York Steinkogler FJ, Scholda CD (1991) Ergebnisse in der Basaliomchirurgie der Lider. Fortschr Ophthalmol 88:416–418 Vörösmarthy D. Blaskovics-Kettesy (1970) Eingriffe am Auge. Anleitung zur operativen Tätigkeit des Augenarztes. Enke Verlag, Stuttgart Winter N, Steinkogler FJ (1981) Mikroskopisch kontrollierte Exzision von Lidtumoren. Klin Monatsbl Augenheilkd 179:501–504 Zimmermann AC, Klauß V (2001) Prädikatoren für Basaliomrezidive der Augenlider und periorbitalen Region. Ophthalmologe 98:555–559
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Benetzungsstörungen
Benetzungsstörungen
Ziel Nachweis einer Tränensekretionsstörung mit Prüfung der Stabilität des Tränenfilms.
Problem Patienten weisen eine chronische Konjunktivitis mit Fremdkörpergefühl und Photophobie auf. Zum Nachweis der Benetzungsstörungen sind mehrere Tests erforderlich.
Lösung und Alternativen Prüfung der Tränensekretion Mit der Prüfung der Tränensekretion („Schirmer-Test“) wird festgestellt, ob die Menge des wässrigen Anteils der Tränenflüssigkeit regelrecht ist oder ob ein Sicca-Syndrom vorliegt. Der „Schirmer-Test“ wird ausgeführt, indem nach vorherigem Abtupfen überschüssiger Tränenflüssigkeit ein 3,5 cm langer, 0,5 cm breiter Indikatorpapierstreifen (beispielsweise Lackmuspapier) abgeknickt und an die Unterlidkante im nasalen Drittel gehängt wird. Der Patient wird nun aufgefordert, die Augen ca. fünf Minuten lang locker zu schließen. Normalerweise färbt sich das Indikatorpapier innerhalb von fünf Minuten um mehr als 15 mm an. Da die Tränenflüssigkeit leicht alkalisch ist (pH: 7,35), verfärbt sich das Papier blau.
Prüfung der sog. Basissekretion Es wird eine Minute vor der Untersuchung ein Tropfen eines Oberflächenanästhetikums in die Bindehaut verabreicht. Nach fünf Minuten sollten mehr als 10 mm des Indikatorstreifens angefeuchtet sein.
Benetzungsstörungen
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Die Tränenfilmaufreißzeit („break-up time“, „BUT“) gibt Auskunft über die Stabilität des Tränenfilms, die vom Muzinanteil der Flüssigkeit abhängig ist.
Prüfung der „break-up time”, „BUT” An der Spaltlampe, bei 10–20-facher Vergrößerung, wird mit einem Tropfen einer 0,2 %igen Fluoreszeinlösung durch Berührung mit einem Glasstäbchen der untere Bindehautsack unter Beobachtung mit dem Kobaltblaufilter angefärbt. Nachdem der Patient einmal einen Lidschlag ausgeführt hat – zur Verteilung der Fluoreszeinlösung auf der Hornhaut – sollte das Auge anschließend ohne Lidschlag offen gehalten werden. Mit dem Augenblick des plötzlichen Auftretens von schwarzen Flecken oder Streifen im präkornealen mit Fluoreszein angefärbten Tränenfilm ist die Aufreißzeit definiert. Der Tränenfilm reißt normalerweise frühestens nach 15 s. Eine Benetzungsstörung besteht bei einer BUT unter 10 s. Durch Vorsetzen eines Sperrfilters („Gelbfilter“) auf das Okular der Spaltlampe konnten durch eine Kontrasterhöhung des Bilds die dunklen Flecken besser erkannt und damit genauer bestimmt werden.
Weiterführende Tipps
„Milchsaft“verätzung; Oberflächenanästhetika, Missbrauch
Literatur Aust W (1970) Prüfung der Tränensekretion und der Funktion der ableitenden Tränenwege. In: Straub W (Hrsg) Die ophthalmologischen Untersuchungsmethoden. Enke Verlag, Stuttgart, S 90–103 Auw-Haedrich C, Reinhard T (2007) Chronische Blepharitis. Pathogenese, klinischer Verlauf und therapeutische Ansätze. Ophthalmologe 104:817–828 Christ Th, Stodtmeister R, Gaus W (1984) Änderung der Tränenfilmaufreißzeit durch Messung mit einem Sperrfilter. Fortschr Ophthalmol 81:196–198 Hansen LL et al. (1997) In: Augenheilkunde systematisch, Uni-Med-Verlag, Bremen
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Benetzungsstörungen
Joffre C, Souchier M, Grégoire S, Viau S, Bretillon L, Acar N, Bron AM, Creuzot-Garcher (2008) Differences in meibomian fatty acid composition in patients with meibomian gland dysfunction and aqueous deficient dry eye. Br J Ophthalmol 92:116–119 Scherz W (1979) Keratoconjunctivitis sicca bei neurogener Tränendrüseninsuffizienz. Klin Monatsbl Augenheilkd 174:188–192j Schmidt D (2008) Photophobie bei Augenkrankheiten des Kindes- und Jugendalters. Verlag Dr. Köster, Berlin
Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen
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Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen am Krankenbett
Ziel Feststellung von Motilitätsstörungen eines bewusstlosen Patienten.
Problem Bei bewusstlosen Patienten ist es erforderlich herauszufinden, welche Bewegungsstörungen der Augen vorliegen. Sie könnten durch periphere oder zerebrale Läsionen nach einem Verkehrsunfall oder durch einen Infarkt oder unter Medikamenteneinfluss entstanden sein.
Lösung und Alternativen Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen eines komatösen Patienten Die willkürliche Kontrolle der Augenbewegungen ist im Koma erloschen. Unterschieden wird ein gering ausgeprägtes (dienzephales) Koma, in dem horizontale Pendelbewegungen der Augen (30–40 / min) beobachtet werden, von einem tiefen (pontomesenzephalen) Koma, in dem keine konjugierten Augenbewegungen mehr vorhanden sind – erkennbar an einer Divergenz der Bulbi und diskonjugierten okulären Bewegungen. Das pontomedulläre Koma ist im Allgemeinen als prognostisch sehr ungünstig zu beurteilen, da keine spontanen Bewegungen mehr ausgelöst werden können. Eine Lähmung des M. orbicularis oculi mit fehlendem Kornealreflex kommt im „bulbären Endstadium“ vor.
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Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen
Der vestibulo-okuläre Reflex (VOR) zur Prüfung von Motilitätsstörungen Bei komatösen Patienten kann es noch möglich sein, den vestibulo-okulären Reflex (VOR) auszulösen. Der fehlende VOR spricht für ein hypoxisches Koma mit sehr schlechter Prognose. Folgende okuläre Bewegungsstörungen sollten beim Komatösen mit Hilfe des VOR festgestellt werden: Prüfung auf horizontale Augenbewegungsstörungen beim Bewusstlosen durch passive Kopfbewegungen ( „Puppenkopfphänomen“ oder „OkuloZephaler-Reflex“)
1. Bei einer Abduktionseinschränkung kann eine Abduzenslähmung bestehen. 2. Bei einer Adduktionseinschränkung der Augen können eine internukleäre Ophthalmoplegie (INO) oder eine Okulomotoriusparese vorliegen. 3. Prüfung auf Blickhalteschwäche: Durch eine kurze Kopfdrehbewegung in eine bestimmte seitliche Position ist zu prüfen, ob die Augen zur Primärposition driften. Cave
Kopfdrehbewegungen eines verunfallten Patienten dürfen erst dann ausgeführt werden, wenn nachgewiesen ist, dass keine Schädigung der Halswirbelsäule besteht. Kalorische Spülung durch den HNO-Arzt
1. Bei intaktem Hirnstamm tritt bei Spülung des äußeren Gehörgangs mit kaltem Wasser eine tonische Augendeviation zur Seite des gereizten Labyrinths auf. Sollte diese Reaktion ausbleiben, so ist eine pontine Schädigung anzunehmen. 2. Eine simultane beidseitige Kaltspülung führt bei erloschenen horizontalen Augenbewegungen zur abwärts gerichteten Augenbewegung. Eine mesenzephale Läsion liegt bei einem Ausfall dieser vertikalen Augenbewegung vor.
Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen
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Motilitätsstörung bei zusätzlichen pathologischen okulären Veränderungen eines komatösen Patienten
1.
Eine Schielstellung mit pulsierendem Exopthalmus eines bewusstlosen Patienten tritt infolge einer posttraumatischen Fistel der A. carotis interna im Sinus cavernosus auf (Auskultation des Orbita-, Schläfenbereichs erforderlich). 2. Zu achten ist auf spontane Augenbewegungen eines komatösen Patienten (Nystagmus, spontanes Augenpendeln, „ocular bobbing“, „ocular dipping“), Pupillenstörung, Schielstellung, fehlendes Bell’sches Phänomen, schlaffer oder fester Lidschluss.
Abb. 1
Bewusstloser Patient. a Prüfung des Puppenkopfphänomens. Durch passive Kopfdrehbewegungen kompensatorische horizontale oder vertikale Augenbewegungen beim Normalen. b Prüfung des vestibulookulären Reflexes durch Kaltspülung des Gehörgangs: konjugierte tonische Augendeviation in Richtung zum gespülten Ohr. Bei simultaner Kaltspülung beider Gehörgänge: Blickdeviation nach unten (mittleres Bild)
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Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen
3. Vertikalschielen: es kann eine „Skew-Deviation“ oder eine Orbitabodenfraktur vorliegen, bei letzterer besteht die Gefahr der Einklemmung der unteren Augenmuskeln (Traktionstest erforderlich) bzw. Lähmung der unteren Augenmuskeln (M. rectus inferior oder M. obliquus inferior), die auch durch Muskelhämatome entstehen können.
Weiterführende Tipps „Puppenkopfphänomen“ (Okulo-zephaler Reflex); rer Reflex (VOR)
Vestibulo-okulä-
Literatur Brandt T, Büchele W (1983) Augenbewegungsstörungen. Fischer Verlag, Stuttgart Huber A, Kömpf D (1998) Klinische Neuroophthalmologie. Thieme Verlag, Stuttgart Miller NR, Newman NJ, Walsh and Hoyt’s (1998) Clinical Neuro-Ophthalmology, vol 1, Williams & Wilkins Waverly Comp. Baltimore, Philadelphia
Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung
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Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung
Ziel Vermeidung schwerer Schäden, indem sich der Arzt nicht allein auf die Befunde bildgebender Verfahren verlässt.
Problem Nach plötzlicher Erblindung eines Auges wird eine Papillenschwellung festgestellt, so dass Verdacht auf eine intrakranielle Drucksteigerung besteht. Der sofort erhobene MRT-Befund ist regelrecht. Der Arzt könnte nun irrtümlich beruhigt sein. Nach kurzer Zeit erblindet jedoch auch das zweite Auge.
Lösung und Alternativen Auch eine akute Durchblutungsstörung, wie sie bei einer Arteriitis cranialis (Riesenzellarteriitis) bekannt ist, kann bei älteren Menschen, aber auch im jüngeren Lebensalter, Ursache einer Erblindung sein. Tatsächlich war die Papillenschwellung Ausdruck einer entzündlichen anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION) und nicht einer irrtümlich diagnostizierten Stauungspapille. Eine akute starke Visusreduktion spricht gegen eine Stauungspapille! Nicht selten werden vaskuläre Prozesse nicht bedacht. Wird dann noch die Anamnese unzureichend erhoben, kann dies schwere Schäden zur Folge haben. Ein kleiner intrakranieller Tumor, der jedoch im Schädel-CT übersehen werden kann oder sich überhaupt nicht darstellt, kann Ursache einer Sehstörung sein. Auch in diesem Fall kann der Befund eines bildgebenden Verfahrens den Arzt fehlleiten. Bei Weichteilveränderungen, insbesondere bei kleinen Tumoren, ist zusätzlich ein MRT erforderlich, gegebenenfalls mit einer Angiographie, vor allem bei Verdacht auf ein basales intrakranielles Aneurysma.
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Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung
Eine der häufigsten Fehldiagnosen besteht darin, dass eine TumorKompression des Sehnervs oder Chiasmas verkannt und als Optikusneuritis fehlgedeutet wird. “No tumor in neuro-ophthalmology produces such gratification when diagnosed early, or such humilitation when the diagnosis is missed“ (Moseley and Sanders 1982).
Weiterführende Tipps Maskierte oder „okkulte” Arteriitis cranialis (Riesenzellarteriitis, Arteriitis temporalis Horton); Panarteriitis nodosa (PAN), Arteriitis temporalis bei einem Jugendlichen
Literatur Moseley IF, Sanders MD (1982) Computerized Tomography in Neuro-ophthalmology. WB Saunders, Philadelphia Schmidt D, Lagrèze W, Vaith P (2001) Ophthalmoskopischer Befund bei drei Patienten mit Panarteriitis nodosa und Literaturübersicht. Klin Mbl Augenheilk 218:44–50 Schmidt D, Vaith P (2005) Erblindung beider Augen bei zu später Diagnose einer Riesenzellarteriitis. Dtsch Med Wochenschr 130:1874–1876 Smith JL (1986) What’s new in neuro-ophthalmology? In: Neuro-ophthalmology now! Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, Tokio, pp 1–17
Bindehautbiopsie bei Verdacht auf Sarkoidose
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Bindehautbiopsie bei Verdacht auf Sarkoidose (Morbus Besnier-Boeck-Schaumann)
Ziel Eine einfach durchzuführende Biopsie zur Sicherung der Verdachtsdiagnose.
Problem Die Diagnose einer Sarkoidose ist nicht immer leicht zu stellen. Hierzu ist es notwendig, die ACE-(„angiotensin converting enzyme“)Serumaktivität zu bestimmen und das Mediastinum mit der Röntgen-Thorax-Aufnahme bzw. der Computertomographie (CT) zu beurteilen. Zusätzliche diagnostische internistische Verfahren sind Szintigraphie, bronchoalveoläre Lavage und Mediastinoskopie. Unklare entzündliche Erkrankungen der Uvea sollten stets an eine Sarkoidose denken lassen. Es wird zu selten an eine Bindehautbiopsie als wichtige diagnostische Möglichkeit gedacht.
Lösung und Alternativen Vorgehensweise Die Bindehautbiopsie erfolgt als ambulanter kurzer Eingriff, indem in Tropfanästhesie im Bereich des unteren Fornix konjunktivales Gewebe von weniger als 1,0 cm Länge mit einem Scherenschlag entnommen wird. Eine Naht ist bei der kleinen Wunde nicht notwendig. Histologisch findet sich bei einem positiven Befund ein nichtverkäsendes Granulom, bestehend aus Lymphozyten, Epitheloidzellen, Fibrozyten und Makrophagen; selten sind auch Riesenzellen und Asteroid-Körperchen anzutreffen.
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Bindehautbiopsie bei Verdacht auf Sarkoidose
Abb. 1
Sarkoidose des Augenhintergrundes: oben ausgeprägte sog. „Kerzenwachsexsudate“, unten Papillitis und Vaskulitis mit deutlicher Exsudation in der Fluoreszenzangiografie (aus Neß und Virchow 2001)
Bindehautbiopsie bei Verdacht auf Sarkoidose
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Literatur Groh MJM, Wenkel H, Naumann GOH (1999) Wertigkeit der Bindehautbiopsie bei der Diagnosestellung der Sarkoidose. Ophthalmologe 96:728–730 Neß T, Virchow JC (2001) Posteriore Uveitis: Sarkoidose oder Tuberkulose. Ophthalmologe 98:207–211 Petropoulos LK, Zuber JP, Guex-Crosier Y (2008) Heerfordt syndrome with unilateral facial nerve palsy: a rare presentation of sarcoidosis. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:453–456
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Biopsieverbot eines pleomorphen Adenoms der Tränendrüse
Biopsieverbot eines pleomorphen Adenoms der Tränendrüse
Ziel Früher Nachweis des Tumors mit dem MRT ohne Biopsie.
Problem Ein 50-jähriger Patient berichtet über eine langsam zunehmende Schwellung im temporalen Oberlidbereich.
Lösung und Alternativen Der Tumor ist als derbe, begrenzte Schwellung mit langsam- progressivem Wachstum erkennbar und kann zu einer Dislokation des Bulbus nach medial unten führen. Das pleomorphe Adenom (früher auch als „Tränendrüsenmischtumor“ bezeichnet) ist der häufigste epitheliale Tränendrüsentumor, der meistens im vierten bis fünften Lebensjahrzehnt auftritt. Bei Verdacht auf einen Tränendrüsentumor stellt die Magnetresonanztomographie (MRT) die diagnostische Methode der Wahl dar. Dieser Tumor kann aufgrund der unterschiedlich dichten Bestandteile mit dem MRT beurteilt werden. Bei zusätzlich vorhandenen knöchernen Läsionen kann zusätzlich auch ein Computertomogramm (CT) hilfreich sein. Eine Probebiopsie verbietet sich beim pleomorphen Adenom, da hierbei eine höhere Tendenz zur bösartigen Entartung beobachtet wurde. Deshalb sollte der Tumor vollständig mit der Kapsel operativ entfernt werden. Selten wurde eine maligne Entartung beobachtet. Gefürchtet ist vor allem das adenoidzystische Karzinom als hochmaligner Tränendrüsentumor, das in seltenen Fällen aus einem pleomorphen Adenom hervorgehen kann. Dieser Tumor zeichnet sich durch perineurales rasches Wachstum und ossäre Infiltration aus und kann erhebliche
Biopsieverbot eines pleomorphen Adenoms der Tränendrüse
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Schmerzen bereiten. Eine frühzeitige Exenteratio orbitae, gegebenenfalls mit einer Knochenresektion sowie eine anschließende Bestrahlung mit Chemotherapie sind erforderlich.
Weiterführende Tipps
Navigationssystem in der Orbitachirurgie
Literatur Fichter N, Schittkowski M, Guthoff RF (2005) Erkrankungen der Tränendrüse. Ophthalmologe 102:399–425 Lieb WE (1994) Tumoren der Orbita. Ophthalmologe 91:701–716 Lemke AJ, Hosten N, Grote A, Felix R (1996) Differenzierung von Tränendrüsentumoren mit der hochauflösenden Computertomographie im Vergleich zur Magnetresonanztomographie. Ophthalmologe 93:284–291 Witschel H (1974) Tränendrüsenmischtumor und adenoid-zystisches Karzinom. Klin Monatsbl Augenheilkd 164:206–212 Witschel H, Zimmermann LE (1981) Malignant mixed tumor of the lacrimal gland. A clinicopathologic report of two unusual cases. Graefe´s Arch Ophthalmol 216:327–337
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Blaue Sklera
Blaue Sklera
Ziel Frühzeitige Abklärung einer Kollagenose.
Problem Eine Patientin weist „blaue Augen“ auf, die nicht durch eine pigmentlose Iris hervorgerufen werden, sondern durch die blaue Farbe der Lederhaut: Das „Weiße im Auge“ erscheint in einem blauen Farbton. Bei einer Patientin mittleren Alters mit einer rheumatischen Polyarthritis trat eine dunkle blau-schwarze umschriebene Vorwölbung der Sklera auf.
Lösung und Alternativen Eine dünne Sklera bewirkt ein blaue Farbe. Bereits physiologischerweise wird die Blaufärbung bei Säuglingen, pathologischerweise bei der seltenen Osteogenesis imperfecta beobachtet. Auch durch eine erworbene Skleraatrophie bei einem Sklerastaphylom (Sklerektasie), die besonders ausgeprägt bei der Skleromalacia perforans zu erkennen ist, fällt die Farbänderung auf. Die Skleromalazie mit Spontanperforation kann im Gefolge einer Skleritis bei Kollagenosen, insbesondere bei der chronischen Polyarthritis oder bei der seltenen Polymyositis, gelegentlich auch infolge einer Vaskulitis (Panarteriitis nodosa, WegenerGranulomatose, Lupus erythematodes) auftreten. Bei Patienten mit chronischer Polyarthritis kann ein großflächiger Prolaps von Uveagewebe mit Iridozyklitis und Bulbus-Hypotonie vorliegen. Die Läsionen werden durch eine fibrinoide Nekrose der kollagenen Fasern hervorgerufen. Als Ursache wird ein Immunprozess im skleralen Gewebe angenommen. Die ohne entzündliche Veränderungen einhergehende „altersbedingte äquatoriale“ Skleromalazie weist häufig eine Amotio retinae auf.
Blaue Sklera
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Therapie Zur Deckung des Skleradefekts kann entweder frische Sklera von Spenderaugen oder lyophilisierte Dura verwendet werden. Bei der altersbedingten äquatorialen Skleromalazie wurden auch Kunststoffplomben verwendet. Anschließend kann sich der Befund stabilisieren. Eine völlig andere Ursache einer Skleraverdünnung wird nach einer Amotio-Operation durch den Plombendruck auf die Sklera hervorgerufen. Einige Patienten zeigten eine Skleromalazie bereits zwei Monate nach einer Plombenoperation. Eine exsudative Reamotio kann nach einer SilikonSchwammplomben-Operation auftreten. Nach Entfernung des Materials können die Nekrosen durch lyophilisiertes Gewebe gedeckt werden.
Literatur François J, Victoria-Troncoso V, Hanssens M, Bacskulin J (1969) Scléromalacie perforante et collagénose. Ophthalmologica 159:71–95 Kain HL, Cuny Th (1991) Sklera-Deckung bei Skleromalazia perforans. 89. Tagung der Dtsch Ophthalmol Ges Leipzig Küper J, Böke W (1965) Über die senile äquatoriale Skleromalazie, ihre Beziehungen zur Amotio retinae und ihre Operation mit Sklerakonserve und Plombe. Klin Monatsbl Augenheilkd 146:539–547 Pausch J, Jäckle B, Schmidt D, Mann W (1982) Systemerkrankung mit enger Beziehung zum Cogan-I-Syndrom. Dtsch Med Wochenschr 107:1143–1147 Sommer G, Dominok G (1972) Über Skleromalazie. Klin Monatsbl Augenheilkd 161:545–551
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Blickinduzierter passagerer Sehverlust
Blickinduzierter passagerer Sehverlust
Ziel Frühzeitiges Erkennen eines Tumors der Orbita.
Problem Eine Patientin mit geringer linksseitiger Protrusio bulbi bei normaler Sehschärfe berichtete über eine vorübergehende Erblindung des linken Auges, als sie stark nach links blickte.
Lösung und Alternativen Die Untersuchung der Patientin ergab ein kavernöses Orbita-Hämangiom links. Durch Seitwärtsblick kann bei einem orbitalen Tumor eine vorübergehende Sehminderung in Form einer Amaurosis fugax auftreten. Durch Tumorkompression der A. centralis retinae oder der A. ophthalmica tritt eine Ischämie des N. opticus auf, die sich sofort nach Blickwendung zur Primärposition wieder zurückbildet. Anfänglich kann von dem Patienten bei Seitwärtsblick ein Skotom bemerkt werden, das sich bei anhaltendem Blick zur Seite vergrößert – bis vollständige Erblindung eintritt. Bei dem darauf folgenden Blick in eine andere Richtung kann sich nach 10–20 Sekunden das Sehvermögen wieder erholen. Am häufigsten wurden diese Sehstörungen bei einem kavernösen Hämangiom der Orbita oder bei einem Sehnervscheiden-Meningeom, selten auch bei orbitalen Metastasen, nach orbitalem Trauma, Gliomen oder orbitalen Varizen beobachtet. Der Fundus kann normal aussehen oder auch Zeichen einer Optikusneuropathie mit einer Papillenschwellung aufweisen. Ein längere Zeit bestehendes Optikusscheiden-Meningeom führt zu optoziliaren Shuntgefäßen der Papille, die infolge einer Tumorkompression der V. centralis retinae entstanden sind.
Blickinduzierter passagerer Sehverlust
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Abb. 1
57jährige Patientin mit allmählicher Hyperopisierung. MRT-Bild: glatt begrenzte, intrakonale Raumforderung (aus Augustin 2007)
Weiterführende Tipps Navigationssystem in der Orbitachirurgie; Orbitahämatom, posttraumatisches; Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des ApexSyndroms
Literatur Augustin AJ (2007) Augenheilkunde, 3. Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Knapp MEP, Flaharty PM, Sergott RC, Savino PJ, Mazzoli RA, Flanagan JC (1992) Gaze-induced amaurosis from central retinal artery compression. Ophthalmology 99:238–240 Kohmoto H, Oohira A (1993) Gaze-evoked scotoma in metastatic orbital tumor. Neuro-ophthalmology 13:223–226 Pascual J, Combarros O, Berciano J (1988) Gaze-evoked amaurosis in pseudotumor cerebri. Neurology 38:1654–1655 Unsöld R, Hoyt WF (1977) Blickinduzierte monokulare Obskurationen bei orbitalem Hämangiom. Klin Monatsbl Augenheilkd 174:715–721
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Blindheit durch Hämangioblastome der Retina
Blindheit durch Hämangioblastome der Retina
Ziel Früherkennung einer Angiomatosis retinae und eines Von-Hippel-LindauSyndroms (VHL).
Problem Periphere Hämangioblastome werden leicht übersehen. Späte Symptome entstehen bei peripheren Angiomen (asymptomatische Tumore), frühe Symptome mit einer Visusreduktion hingegen bei zentral gelegenen Angiomen, insbesondere, wenn ein Begleitödem der Makula aufgetreten ist (symptomatische Tumore).
Lösung und Alternativen Die meisten Tumore befinden sich in der Netzhautperipherie. Zentral gelegene Hämangioblastome (juxtapapilläre Hämangioblastome) führen häufig zur Erblindung. Eine Amotio retinae kann aber auch bei großen peripheren Tumoren auftreten, sodass trotz Behandlung eine hochgradige Visusminderung oder Erblindung resultiert. Eine Angiomatosis retinae tritt meistens im Rahmen eines Von-HippelLindau-Syndroms, selten sporadisch, auf. Die Netzhautveränderung kann die erste Organveränderung des Syndroms sein. Nicht nur klassische Hämangioblastome mit den typischen zu- und abführenden Gefäßen kommen vor, sondern auch ungewöhnliche atypische retinale Veränderungen wie anastomosierende arterio-venöse retinale Gefäßverbindungen, gliovaskuläre präretinale Segel oder Membranen in Papillennähe, weiße fibrosierte Hämangioblastome oder auffällige Gefäßveränderungen mit Blutungen und Lipidexsudaten des Netzhautzentrums.
Blindheit durch Hämangioblastome der Retina
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Therapie Kleine und mittelgroße Tumore werden mit einer Laserkoagulation in mehreren Sitzungen behandelt, größere periphere Hämangioblastome mit einer Kryokoagulation. Schwierig zu behandeln sind juxtapapilläre Tumore und retinale Hämangioblastome mit bereits aufgetretenen Sekundärveränderungen der Netzhaut, insbesondere mit Makulaschäden oder mit einer Amotio retinae. Bei diesen schweren retinalen Befunden sind kombinierte Verfahren zu empfehlen, beispielsweise Vitrektomie und Amotio-Operation mit Endolaserkoagulation des Tumors. Auch eine Vitrektomie mit Diathermiekoagulation des Tumors kann hilfreich sein. Wenn die Diagnose einer Angiomatosis retinae bei VHL eines Patienten gestellt wurde, so sind alle Verwandten ersten Grades ebenfalls zu untersuchen. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Die DNA-basierte Diagnostik der Familienmitglieder ersten Grades eines Indexpatienten mit VHL gilt heutzutage als entscheidende Maßnahme zur Früherkennung der Erkrankung. Patienten mit einem VHL sollten in einem speziell hierfür eingerichteten Zentrum behandelt werden.
Häufige Läsionen bei VHL
t t t t t t t t t t t
Angiomatosis retinae Hämangioblastom des ZNS Nierenzysten Nierenkarzinom Pankreaszysten Phäochromozytom Paragangliom Nebenhodenzystadenom Zystadenom des Ligamentum latum Inselzelltumor Tumor des Saccus endolymphaticus
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Blindheit durch Hämangioblastome der Retina
Abb. 1
Deutlich prominentes, kugeliges präretinales, helles Hämangioblastom der unteren Netzhautperipherie mit typischen zu- und abführenden Gefäßen (aus Grehn 2008)
Weiterführende Tipps
Laserpexie
Literatur Bornfeld N, Chauvel P, Foerster MH, Homeyer H (1994) Protonentherapie bei intraokularen Tumoren. Klin Monatsbl Augenheilkd 204:195 Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag Hippel E von (1904) Über eine sehr seltene Erkrankung der Netzhaut. Klinische Beobachtungen. Graefes Arch Ophthalmol 59:83–106 Hippel E von (1911) Die anatomische Grundlage der von mir beschriebenen „sehr seltenen Erkrankung der Netzhaut“. Graefes Arch Ophthalmol 79:350–377 Maher ER, Yates JRW, Harries R et al. (1990) Clinical features and natural history of von Hippel-Lindau disease. Q J Med 283:1151–1163
Blindheit durch Hämangioblastome der Retina
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Maher ER, Moore AT (1992) Von Hippel-Lindau disease. Br J Ophthalmol 76:743–745 Neumann HPH, Schollmeyer P, Schmidt D (1986) Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit bei Angiomatosis retinae. Fortschr Ophthamol 83:230–232 Schmidt D, Neumann HPH (1995) Retinal vascular hamartoma in von Hippel-Lindau disease. Arch Ophthalmol 113:1163–1167 Schmidt D, Natt E, Neumann HPH (2000) Long-term results of laser treatment for retinal angiomatosis in von Hippel-Lindau disease. Eur J Med Res 5:47–58 Schmidt D (2006) Angiomatosis retinae als Teilerkrankung des von Hippel-Lindau-Syndroms. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
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Blinzelfrequenz, abnorme
Blinzelfrequenz, abnorme
Ziel Nachweis einer erhöhten Blinzelfrequenz als pathologisches Zeichen.
Problem Ein Patient kann durch vermehrtes oder verringertes Blinzeln auffallen. An einer abnormen Blinzelfrequenz kann ein krankhafter Zustand erkannt werden.
Lösung und Alternativen Die Blinzelfrequenz bei Säuglingen in einem Alter bis zu zwei Monaten ist sehr niedrig (durchschnittlich 0,7 Lidschläge / Minute). Je älter das Kind wird, umso stärker nimmt die Blinzelfrequenz zu, mit einem Maximum der Lidfrequenz im Alter von 20 Jahren (8–24 Lidschläge / Minute). Sie ist bei jedem Menschen auffallend konstant, jedoch mit deutlicher interindividueller Variabilität der spontanen Blinzeltätigkeit. Die Lidschlagaktivität hängt von der jeweiligen Tätigkeit ab. Sie liegt deutlich höher während einer Unterhaltung im Vergleich zu einer Lesesituation. Bei kornealer Anästhesie oder manchmal bei einem Sicca-Syndrom ist der Lidschlag im Vergleich zur Situation einer Konversation herabgesetzt. Es besteht eine Zunahme der Blinzelfrequenz durch Blendung. Bei Kindern kann unter pathologischen Bedingungen die Blinzelfrequenz gesteigert sein: Erkrankungen des vorderen Augenabschnitts, insbesondere Entzündungen der Augen und Trübungen der abbildenden Medien können zu einer vermehrten Blendung führen. Auch eine unkorrigierte Brechungsanomalie (Ametropie) kann manchmal eine erhöhte Blinzelfrequenz bewirken.
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Lidschlagaktivität bei Bildschirmarbeit Die Lidschlagaktivität ist bei hoher Konzentration auf die Tätigkeit während der Bildschirmarbeit deutlich geringer, sodass eine verlängerte Exposition der Hornhaut mit frühem Aufreißen des Tränenfilms resultiert. Auf diese Weise treten Sicca-Beschwerden bei vielen Personen bei längerer Arbeit am Bildschirm auf – als wichtiges sozioökonomisches Problem. Ein Computerprogramm mit einem akustischen Animationssignal (als Piepser) wurde eingerichtet, um den Probanden an das Blinzeln zu erinnern. Mit diesem Programm war es möglich, die Lidfrequenz deutlich zu steigern. Neurologische Erkrankungen (Epilepsie, Hirntumor, angeborene zerebrale Störungen, Migräne, Autismus), Strabismus divergens sowie psychogene Störungen (Tic) kommen als weitere Ursachen für eine erhöhte Blinzelfrequenz in Frage. Patienten mit einer endokrinen Orbitopathie oder mit einem Parkinson-Syndrom weisen eine herabgesetzte Blinzelfrequenz auf. Hierbei droht eine Expositionskeratopathie.
Weiterführende Tipps
Konvergenzspasmus (Naheinstellungsspasmus); Strabismus, akuter
Literatur Coats DK, Paysse EA, Kim DS (2001) Excessive blinking in childhood: a prospective evaluation of 99 children. Ophthalmology 108:1556–1561 Freudenthaler N, Neuf H, Kadner G, Schlote T (2003) Characteristics of spontaneous eyeblink activity during video display terminal use in healthy volunteers. Graefes Arch Ophthalmol 241:914–929 Lavezzo MM, Schellini SA, Padovani CR, Hirai FE (2008) Eye blink in newborn and preschoolage children. Acta Ophthalmol 86:275–278 Nakamori K, Odawara M, Nakajima T, Mizutani T, Tsubota K (1997) Blinking is controlled primarily by ocular surface conditions. Am J Ophthalmol 124:24–30
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Blinzelfrequenz, abnorme
Ponder E, Kennedy WP (1927) On the act of blinking. Quart J Exp Physiol 18:89–110 Schlote T, Kadner G, Freudenthaler N (2004) Marked reduction and distinct patterns of eye blinking in patients with moderately dry eyes during video display terminal use. Graefes Arch Ophthalmol 242:306–312 Zametkin AJ, Stevens JR, Pittman R (1979) Ontogeny of spontaneous blinking and of habituation of the blink reflex. Ann Neurol 5:453–457 Ziemsen F, Freudenthaler N, Regnery K, Schlote T (2005) Lidschlagaktivität während der Bildschirmarbeit. Teil 1: Okuläre Beschwerden und pathophysiologische Grundlagen. Ophthalmologe 102:805–811; Teil 2: Reduzierter Lidschlag und therapeutische Ansätze. Ophthalmologe 102:895–901
Blutige Tränen
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Blutige Tränen
Ziel Ausschluss von Tumoren der Bindehaut, der Tränendrüse oder des Tränensacks.
Problem Eine Patientin weist Blut auf der Bindehaut auf. Was sollte dabei untersucht werden?
Lösung und Alternativen Blutige Tränen können durch ein kleines Angiom der Bindehaut hervorgerufen werden. Bei Erwachsenen kann auch eine ernste Krankheit wie ein malignes Melanom des Tränensacks Ursache von Blutungen aus dem Tränenpünktchen und damit der Tränen sein. Auch bei starkem Nasenbluten kann Blut aus den Tränenröhrchen fließen. Auch nach Tränendrüsenläsionen können Tränen blutig sein. Bei anämischen jungen Mädchen kann im Rahmen des Menstruationszyklus im Pubertätsalter stärkeres Nasenbluten auftreten – und dabei auch Blut in den ableitenden Tränenwegen und der Tränenflüssigkeit erscheinen. Bei einer Konjunktivitis epidemica kann eine hämorrhagische Konjunktivitis entstehen. Hierbei befinden sich die Blutungen vorwiegend subkonjunktival. Eine hämorrhagische Konjunktivitis wurde auch bei manchen bakteriellen Entzündungen gefunden, beispielsweise bei der Pneumokokkenkonjunktivitis.
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Blutige Tränen
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; dachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall)
Orbita-
Literatur Abboud IA, Hanna LS (1971) Bleeding from the conjunctiva. Br J Ophthalmol 55:487–491 Faulborn J, Witschel H (1972) Malignes Melanom des Tränensacks. Klin Monatsbl Augenheilkd 161:662–665 Stock W (1920) Über einige besondere Fälle von Erkrankungen der Tränenorgane. Blutige Tränen. Vereinigung der Augenärzte der Provinz Sachsen, Anhalts und der Thüringer Lande. Klin Monatsbl Augenheilkd 65:417 Toth Z (1944) Blutige Tränen. Klin Monatsbl Augenheilkd 110:518–520
Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie
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Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie (Notfalluntersuchung und -behandlung)
Ziel Frühe Behandlung einer akuten Sehminderung infolge einer schweren Magen-Darmblutung.
Problem Die Assoziation einer mit akuter beidseitiger Erblindung einhergehenden vorderen ischämischen Optikusneuropathie (AION, Apoplexia papillae) im Rahmen schwerer Blutverluste, insbesondere gastrointestinaler Blutungen, mag manchen Ärzten nicht immer geläufig sein. Die Papillenschwellung kann zu einer Verwechslung mit einer Stauungspapille führen. Diese Fehldiagnose könnte fatalerweise zu umfangreichen und zeitraubenden neurologischen und neuroradiologischen Untersuchungen führen, sodass die notwendige Sofortbehandlung zur Rettung des Sehvermögens versäumt würde.
Lösung und Alternativen Eine deutliche beidseitige Papillenschwellung zusammen mit kleinen radiären papillären Blutungen tritt häufig mit akuter hochgradiger Sehminderung auf. Entscheidend ist die genaue Anamnese mit dem Hinweis auf gastrointestinale Blutungen. In der Regel handelt es sich um Patienten mit schweren Allgemeinkrankheiten, bei denen bereits eine Vorschädigung des Gefäßsystems besteht. In der Literatur wird die Kombination eines Blutverlusts mit einer arteriellen Hypotonie als Urasche der Sehnervschädigung hervorgehoben.
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Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie
Die sofortige Therapie besteht in der Gabe von Bluttransfusionen sowie einer Hypotoniebehandlung. Nur in seltenen Fällen mit chronischem Verlauf wurde trotz ausgeprägter anhaltender Anämie mit einer AION eine spontane Besserung der Sehfunktion beobachtet. Abb. 1
Goldmann-Gesichtsfeld bei anteriorer ischämischer Optikusneuropathie (AION) durch Blutverlust. Temporaler Gesichtsfeldrest mit horizontaler Begrenzung (nach Schmidt und Neumann 2001)
Weiterführende Tipps Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Hemianopsie, inferiore
Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie
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Literatur Favre Ch, Mermoud A, Zografos L (1992) Ischémie antérieure du nerf optique et rétinopathie anémique. Klin Monatsbl Augenheilkd 200:547–549 Johnson MW, Kincaid MC, Trobe JD (1987) Bilateral retrobulbar optic nerve infarctions after blood loss and hypotension. Ophthalmology 94:1577–1584 Pincus F (1918) Zur Kenntnis der Sehstörungen nach Blutverlust. Ophthalmol Ges Heidelberg, 41. Versammlg:383–392 Rootman J, Butler D (1980) Ischaemic optic neuropathy – a combined mechanism. Br J Ophthalmol 64:826–831 Schmidt D, Neumann HPH (2001) Visual loss after gastrointestinal bleeding. EURETINA (European meeting on Macular and Vitreoretinal Diseases) Hamburg, 25.–27.5. 2001 Uhthoff W (1922) Beiträge zu den Sehstörungen und Augenhintergrundsveränderungen bei Anämie. Ophthalmol Ges Heidelberg, 43. Versammlg:204–212 Unger L (1955) Über Sehstörungen nach Blutverlusten. Klin Monatsbl Augenheilkd 126:41– 50
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Brechungsanomalie bei Albinismus
Brechungsanomalie bei Albinismus
Ziel Frühzeitige Erkennung und Behandlung einer Refraktionsanomalie zur Vermeidung einer Amblyopie.
Problem Bei Patienten mit Albinismus (okulokutaner oder okulärer Albinismus) findet sich häufig eine Refraktionsanomalie. Aber auch ein Astigmatismus, eine Hyperopie und seltener eine Myopie oder eine Anisometropie wurden ermittelt. Außerdem bestehen Nystagmus, manchmal mit Kopfzwangshaltung (okulärer Torticollis) und Strabismus.
Lösung und Alternativen Um eine Amblyopie zu verhindern, die das Sehvermögen bei einer bereits vorhandenen fovealen Hypoplasie und / oder einem Nystagmus zusätzlich reduziert, ist eine frühe optische Korrektion (Brille, vor allem Kontaktlinse) erforderlich. Bei einem okulären Schiefhals mit einem Nystagmus sollte frühzeitig die Anderson-Kestenbaum-Operation erwogen werden. Cave: Vor operativen Eingriffen bei Albinismus ist eine vermehrte Blutungsneigung auszuschließen, wie sie beim Steinbrinck-Chédiak-HigashiSyndrom oder beim Hermanski-Pudlak-Syndrom vorkommt.
Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kindern; Sehhilfen, vergrößernde; Skiaskopie („retinoscopy“)
Brechungsanomalie bei Albinismus
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Literatur Chédiak M (1952) Nouvelle anomalie leucocytaire de caractère constitutionel et familial. Rév Hématol 7:362–367 Higashi O (1954) Congenital gigantism of peroxidase granules. Tohoku J Exp Med 59: 315– 332 Käsmann-Kellner B, Ruprecht KW (1999) Albinismus. Klassifikation und klinisches Spektrum. Z prakt Augenheilkd 20:189–203 Kommerell G (1974) Nystagmusoperationen zur Korrektur verschiedener Kopfzwangshaltungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 164:172–191 Steinbrinck W (1948) Über eine neue Granulationsanomalie der Leukocyten. Dtsch Arch klin Med 193:577–581
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Bulbusperforation, gedeckte
Bulbusperforation, gedeckte
Ziel Frühzeitige Erkennung einer Skleraperforation und Ausschluss eines intraokulären Fremdkörpers.
Problem Ein Patient bemerkt einige Tage nach einem Autounfall eine Sehstörung.
Lösung und Alternativen Das verletzte Auge ist gerötet, die Vorderkammer ist etwas flacher als auf der gesunden Seite, es besteht ein geringes Hyphäma. Die Pupille ist nach 5 Uhr birnenförmig verzogen. Die Hornhaut ist nicht verletzt. Es besteht ein Hyposphagma, sodass die Sklera nicht beurteilt werden kann. Der Augendruck ist deutlich herabgesetzt. Dieser Befund spricht für eine gedeckte Perforation; die Pupillenverziehung weist auf die Richtung der Skleraperforation hin. Ein solcher Befund stellt eine Indikation zur Sklerarevision dar. Die Sklerawunde muss versorgt werden. Bei lange bestehender Hypotonie des Bulbus kann sich eine „Stauungspapille e vacuo“ und / oder eine Aderhautamotio und schließlich eine Phthisis bulbi ausbilden. Die perforierenden Verletzungen können beispielsweise durch Verkehrsunfälle (Windschutzscheibenverletzung), Spielzeugverletzungen im Kindesalter oder durch Stich- oder Glassplitterverletzungen verursacht werden. Da möglicherweise ein intraokulärer Fremdkörper vorhanden ist, sollte eine Sonographie, evtl. sogar ein CT durchgeführt werden. Da die Möglichkeit eines intraokulären Metallfremdkörpers besteht, ist eine MRT-Untersuchung streng kontraindiziert.
Bulbusperforation, gedeckte
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Weiterführende Tipps Amotiooperation mit Silikonölauffüllung; Glaskörperblutung unklarer Genese; Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei einem „battered child syndrome“; Makulaloch; Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall); Orbitahämatom, posttraumatisches
Literatur Behr C (1912) Ueber die im Anschluß an perforierende Bulbusverletzung auftretende Stauungspapille. Klin Monatsbl Augenheilkd 50:56–81 Duke-Elder ST (1972) System of Ophthalmology. Injuries. Mechanical Injuries, part 1, vol 14, Perforating Injuries. Henry Kimpton, London, pp 323–424 Faulborn J, Atkinson A, Olivier D (1977) Primary vitrectomy as a preventive surgical procedure in the treatment of severely injured eyes. Br J Ophthalmol 61:202–208 Heimann K, Paulmann H, Tavakolian U (1978) Indikationen zur Pars-plana-Vitrektomie bei perforierenden Augenverletzungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 172:263–269 Ricklefs G (1966) Augapfelprellungen und perforierende Augenverletzungen im Kindesalter. Klin Monatsbl Augenheilkd 149:390–397 Schmidt D, Bernsdorff A (1989/1990) Augenverletzungen im Kindesalter. Pädiat Praxis 39:291–304
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„Bull’s-eye“-Makulopathie (Schießscheibenmakula)
„Bull’s-eye“-Makulopathie (Schießscheibenmakula)
Ziel Frühzeitige Abklärung der Makula bei unklaren Sehstörungen durch ein Fluoreszenz-Angiogramm, insbesondere bei Medikamenteneinnahme.
Problem Sehstörungen in Form von farbigen Flecken vor beiden Augen können Ausdruck einer beginnenden Makulopathie sein. Eine Schießscheibenmakula ist ophthalmoskopisch nicht immer als solche zu erkennen, da manchmal minimale Pigmentunregelmäßigkeiten bei nahezu regelrechtem Visus bestehen.
Lösung und Alternativen Die Schießscheibenmakula ist bei geringer Ausprägung am besten im Fluoreszenz-Angiogramm zu erkennen. Sie ist durch eine zentrale dunklere homogene Zone, die von einer zirkulären Zone mit ringförmigen atrophischen oder pigmentierten Veränderungen des Pigmentepithels umgeben ist, charakterisiert. Es zeigt sich im Angiogramm die typische hyperfluoreszente ringförmigen Kokardenform. Die Schießscheibenmakula kann bei der medikamentösen Langzeitbehandlung beispielsweise mit Chloroquin, Deferoxamin oder Indomethacin auftreten. Nach zahlreichen Erythrozytenkonzentrat-Infusionen, die wegen eines myelodysplastischen Syndroms gegeben werden, kann eine Hämosiderose entstehen. Mit Deferoxamin (Desferal ) wird versucht, deutlich erhöhtes Ferritin zu senken. Bei einer ausgeprägten Makulopathie mit einer Visusreduktion ist jedoch zu erwägen, Deferoxamin abzusetzen. Auch eine Blausinnstörung wurde unter einer Deferoxaminbehandlung festgestellt.
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„Bull’s-eye“-Makulopathie (Schießscheibenmakula)
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Weiterführende Tipps
Amsler-Netz; Chloroquinschaden der Makula
Literatur Cursiefen C, Grunert U, Jünemann A (1997) Chloroquin-induzierte Schießscheiben-Makulopathie ohne elektrophysiologische Veränderungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 210:400– 401 Graham CM, Blach RK (1988) Indomethacin retinopathy: case report and review. Br J Ophthalmol 72:434–438 Mehta AM, Engstrom RE, Kreiger AE (1994) Deferoxamine-associated retinopathy after subcutaneous injection. Am J Ophthalmol 118:260–262 Schmidt D, Finke J (2004) Schießscheiben-Makula durch Deferoxamin-Behandlung. Klin Monatsbl Augenheilkd 221:204–209 Spraul CW, Schicketanz C, Lang GE (1996) Okuläre Nebenwirkung der Deferoxamin-Therapie bei aplastischer Anämie mit transfusionsbedingter Hämochromatose. Klin Monatsbl Augenheilkd 209:31–36
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Buphthalmus bei einem Rankenneurinom
Buphthalmus bei einem Rankenneurinom (plexiformes Neurinom) des Oberlids
Ziel Früherkennung eines angeborenen Glaukoms und einer Amblyopie bei einem verdickten fehlgebildeten Oberlid.
Problem Bei einem Rankenneurinom des Lids kann ein gleichzeitig vorhandenes kongenitales Glaukom bei Neurofibromatose (NF-1) übersehen werden. Häufig ist auch ein Strabismus mit Amblyopie vorhanden. Auch eine begleitende Verdickung der Orbitalwand („Osteophytenbildung“) und / oder eine Usurierung des Knochens wurden beobachtet.
Lösung und Alternativen Der Buphthalmus sollte frühzeitig operiert werden, ebenfalls die meistens ausgeprägte Oberlidveränderung, die zur Amblyopie führt. Wegen starker Gewebsveränderungen sind häufig mehrere Eingriffe erforderlich. Auf die operativen Schwierigkeiten bei einer angeborenen Oberlidfehlbildung mit „kleinen harten Strängen“, die sich „drüsenartig“ anfühlten, wies erstmals Billroth hin. Zu achten ist auf zusätzliche Veränderungen einer NF-1, insbesondere auf Lischknötchen der Iris. Die operativen Ergebnisse zur Verbesserung der Funktion des Oberlids sind auch heutzutage meistens nicht befriedigend. Es wurde empfohlen, das plexiforme Fibrom einschließlich der nicht selten vorhandenen neurofibromatösen Wucherungen temporal des Auges auszuräumen. Wegen des Fehlens von Lidhebermuskulatur wurde eine Frontalissuspension durchgeführt. Es ist wichtig, beim Aufklärungsgespräch mit prognostischen Aussagen zurückhaltend zu sein.
Buphthalmus bei einem Rankenneurinom
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Weiterführende Tipps Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom); Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
Literatur Billroth Th (1863) Ueber die Entstehung der Fibroide. Arch klin Chir 4:545–549 Birch-Hirschfeld A (1920) In: Die Krankheiten der Orbita. Handbuch der ges Augenheilk Begr. von A. Graefe & Th. Saemisch 2. Neubearb Auflage, Julius Springer, Berlin, S 655–683 Neubauer H (1988) Chirurgie der Lider. In: Mackensen G, Neubauer H (Hrsg) Augenärztliche Operationen. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio,S 227–228 Tonsgard JH, Kwak SM, Short MP, Dachman AH (1998) CT imaging in adults with neurofibromatosis-1. Frequent asymptomatic plexiform lesions. Neurology 50:1755–1760
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Cataracta electrica durch Starkstrom- oder Blitzschlagverletzung
Cataracta electrica durch Starkstromoder Blitzschlagverletzung
Ziel Erkennen von Spätschäden (langfristige Kontrolluntersuchungen erforderlich).
Problem Eine Starkstromverletzung einer Patientin mit Eintrittsstelle des Stroms am Kopf kann zur Bewusstlosigkeit und zu Verbrennungen der Haut an der Stromeintritts und -austrittsstelle führen, letztere wurde beispielsweise am Arm festgestellt.
Lösung und Alternativen Eine Verletzung durch Blitzschlag ist nicht immer tödlich, kann aber zu schweren Haut- und Augenschäden führen. Sehstörungen können direkt nach einer Starkstrom- bzw. Blitzschlagverletzung, selbst Monate, aber auch Jahre danach auftreten, was von gutachterlicher Bedeutung sein kann, wenn der Patient über eine späte Sehstörung klagt. Der Augenarzt ist dann aufgerufen, anhand der Anamnese und des Augenbefunds über den Zusammenhang zwischen Verletzung und objektivem Krankheitsbefund Stellung zu nehmen. Am häufigsten tritt nach einem Blitzschlag eine subkapsuläre Katarakt ein. Es ist jedoch stets auch auf eine Uveitis und Makulopathie zu achten. Kataraktbedingte Sehstörungen nach Starkstromverletzung („Cataracta electrica“) einer jungen Patientin entstanden an einem Auge erst nach 1½ Jahren, am anderen Auge nach 2½ Jahren. Von Bedeutung ist, dass das später erkrankte Auge zwei Jahre nach dem Unfall keine Linsenschädigung aufwies, dann aber eine rasch zunehmende Katarakt entwickelte. Voraussetzung für eine Augenschädigung ist, dass sich die Stromeintrittsstelle am Kopf bzw. in der Nähe der Orbita befindet.
Cataracta electrica durch Starkstrom- oder Blitzschlagverletzung
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Ein 13-jähriger Patient wurde an der linken Schläfenseite vom Blitz getroffen. Es war keine Bewusstlosigkeit eingetreten. Beide Augen waren ca. 10 Minuten lang blind. Danach besserte sich der Visus unvollständig; es bestanden eine beidseitige Iritis sowie Pigmentepitheldefekte der Makula bei fehlendem Foveolarreflex. Nach 6 Wochen zeigte sich eine subkapsuläre Katarakt und eine Makulopathie mit gelb-weißen Aufhellungen. Im Elektro-Okulogramm waren herabgesetzte Amplituden nachweisbar. Abgesehen von einer Linsentrübung können eine thermische Papillenschädigung, ein zystoides Makulaödem, ein Makulaloch und eine Zentralvenenthrombose nach einer Blitzschlagverletzung auftreten. Sowohl bei Starkstromunfällen als auch bei Verletzungen durch Blitzschlag sind Langzeitbeobachtungen erforderlich, da eine Katarakt sich manchmal spät ausbildet. Es wurde auch berichtet, dass ein Patient, obwohl er nicht vom Blitz getroffen wurde, ein schweres zentrales Netzhautödem aufwies. Das Netzhautödem ist durch direktes Schauen aus nächster Nähe in das übermäßig helle Licht zu erklären. Diese retinale Schädigung der Makula ist vergleichbar mit einer solaren Netzhautläsion bei einer länger anhaltenden Beobachtung einer Sonnenfinsternis ohne Augenschutz.
Weiterführende Tipps
Chalcosis bulbi; Makulaloch; Photostress-Test
Literatur Campo RV, Lewis RS (1984) Lightning-induced macular hole. Am J Ophthalmol 97:792–794 Gaßler H (1966) Über die Starkstromverletzung mit 5000 Volt und nachfolgender Katarakt beider Augen. Klin Monatsbl Augenheilkd 148:245–248 Handa JT, Jaffe GJ (1994) Lightning maculopathy. A case report. Retina 14:169–172 Handmann W (1938) Zentrale Schädigung der Netzhaut beider Augen durch Strahlenwirkung eines Blitzes. Klin Monatsbl Augenheilkd 100:438–444 Hillscher V (1933) Ein Beitrag zur Kasuistik des Blitzstars. Klin Monatsbl Augenheilkd 91:610– 625 Lagrèze WD, Bömer TG, Aiello LP (1995) Lightning-induced ocular injury. Arch Ophthalmol 113:1076–1077
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Chalcosis bulbi mit „Sonnenblumenkatarakt“
Chalcosis bulbi mit „Sonnenblumenkatarakt“
Ziel Frühzeitige Diagnose eines intraokulären Fremdkörpers (FK).
Problem Kleine Kupferdrahtteile treffen häufig mit hoher Geschwindigkeit das Auge. Mehrfach wurde berichtet, dass die Verletzung gar nicht oder kaum bemerkt wurde, sodass erst viel später, als die Sehverschlechterung eintrat, ein Augenarzt konsultiert wurde. Die augenärztliche Untersuchung führt nicht immer gleich zur Diagnose, insbesondere wenn die anamnestischen Verletzungsangaben den Arzt im Stich lassen.
Lösung und Alternativen Die FK-Splitter sind oft klein und liegen abgekapselt, durch Bindegewebe umwachsen, peripher im Glaskörper-Netzhautbereich. Die Eintrittsstelle der Bindehaut-Sklera kann so klein oder vernarbt sein, dass sie kaum sichtbar ist. Entscheidend ist, bei der Anamnese-Erhebung stets nach der beruflichen Tätigkeit des Patienten zu fragen. Die häufigsten nichtmagnetischen metallischen intraokulären Fremdkörper (FK) sind Kupfersplitter (auch Messingsplitter, bestehend aus einer Kupfer-Zinklegierung mit überwiegendem Kupferanteil, z. B. 60 % Kupfer, 40 % Zink). Ursachen der Kupferdrahtverletzungen sind Arbeitsunfälle in der kupferverarbeitenden Industrie. Wenn Kupfer ins Auge gelangt, so bildet sich bei langer Verweildauer eine Katarakt („Sonnenblumenkatarakt“) mit grünlichen Kupferablagerungen dicht unter der vorderen Linsenkapsel aus. Außerdem kann sich eine grünliche Verfärbung der tieferen Hornhautschichten entwickeln (Chalcosis corneae).
Chalcosis bulbi mit „Sonnenblumenkatarakt“
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Auch die Irisfarbe kann sich ändern, sodass eine Heterochromie entsteht. Kupferionen führen im Makulabereich zur Visusminderung. Die Makula kann irreguläre gelbliche Veränderungen aufweisen. In etwa der Hälfte der Verletzungen trat der FK durch die Kornea ein. Nach kurzer Verweildauer des Kupferdrahts im Auge kann bereits ein deutlicher Netzhautschaden entstehen, der mit dem ERG festgestellt werden kann. Kupfer-FK können frühzeitig zu einem Glaskörperabszess führen. Bereits 24 Stunden bis einige Wochen nach der Verletzung – in Abhängigkeit von der Position im Glaskörper – kann sich der Abszess entwickeln. Eine schnellere Entzündungsreaktion tritt im Randbereich des Glaskörpers auf, im Unterschied zur langsamen Reaktion im zentralen Glaskörperbereich. Es fanden sich pathologisch erhöhte Enzymaktivitäten nach FK-Verletzung als Zeichen der Gewebsschädigung. Auffällig war ein Anstieg der Aminosäuren im Glaskörper.
Therapie Wegen eines zunehmenden Visus- und Gesichtsfeldverfalls ist die Entfernung der oft kleinen Drahtfragmente (Vitrektomie) angezeigt.
Weiterführende Tipps
Cataracta electrica durch Starkstrom- oder Blitzschlagverletzung; Photostress-Test; Skiaskopie
Literatur Reim M, Lukow K, Weber H (1989) Enzymaktivitäten in Retina und Glaskörper nach experimenteller Implantation eines Messingsplitters. Klin Monatsbl Augenheilkd 195:363–367 Rosenthal AR (1977) Experimental aspects of implantation of copper in the vitreous of the rabbit eye. In: Neubauer H, Rüssmann W (Hrsg) Intraokularer Fremdkörper und Metallose.
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Chalcosis bulbi mit „Sonnenblumenkatarakt“
Int. Sympos Dtsch Ophthalmol Ges (30.3.–2.4.1976) Köln. Bergmann-Verlag, München, S 54–63 Welge-Lüssen L, Meissner Th (1977) Intraokulare Messingsplitter und ihr Einfluß auf das Aminosäurespektrum. Neubauer H, Rüssmann W (Hrsg) Intraokularer Fremdkörper und Metallose. Int. Sympos Dtsch Ophthalmol Ges (30.3.–2.4.1976) Köln. Bergmann-Verlag, München, S 78–88 Ziemssen M, Neibauer H (1977) Kupferdrahtfragmente im Glaskörper. In: Neubauer H, Rüssmann W (Hrsg) Intraokularer Fremdkörper und Metallose. Int. Sympos Dtsch Ophthalmol Ges (30.3.–2.4.1976) Köln, Bergmann-Verlag, München, S 377–382
Charles-Bonnet-Syndrom, optische Halluzinationen
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Charles-Bonnet-Syndrom, optische Halluzinationen bei beidseitiger Sehminderung
Ziel Abgrenzung optischer Halluzinationen bei Sehminderung von psychiatrischen Erkrankungen.
Problem Ein Patient mit hochgradiger Sehschwäche berichtet, seit einiger Zeit nicht vorhandene Menschen, Tiere, Gegenstände oder Gebäude wahrzunehmen. Patienten berichten nicht immer von sich aus über ihre Erscheinungen, da sie fürchten, für geistesgestört gehalten zu werden.
Lösung und Alternativen Optische Halluzinationen bei augenkranken Patienten mit deutlicher Sehminderung ohne zusätzliche psychiatrische Auffälligkeiten und ohne direkte Irritation kortikaler Strukturen werden dem Charles-Bonnet-Syndrom zugeordnet. Im Unterschied zu echten Halluzinationen sind sich die Patienten der Trugwahrnehmungen, wie sie beim Charles-Bonnet-Syndrom auftreten, bewusst. Es handelt sich um komplexe visuelle Halluzinationen. Die Erscheinungen werden von den Patienten meistens als ertragbar oder sogar angenehm empfunden, sodass sie nicht behandelt werden müssen. Bei manchen Patienten bildeten sie sich mit der Zeit allmählich zurück. Es wurden Halluzinationen und / oder Photopsien bei 31 % der Patienten mit deutlich herabgesetztem Sehvermögen festgestellt. Läsionen, die zum Charles-Bonnet-Syndrom führen, zeigten sich in der Retina, im Sehnerv, Chiasma und Traktus sowie vereinzelt auch postgenikulär. Es wurde beobachtet, dass bei einer älteren Patientin mit reduziertem Sehvermögen ein Charles-BonnetSyndroms unter dem Einfluss von Östrogen bei wiederholter Anwendung auftrat.
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Charles-Bonnet-Syndrom, optische Halluzinationen
Therapie Mit ärztlichem Einfühlungsvermögen können die Patienten beruhigt werden, indem auf die harmlosen Erscheinungen aufmerksam gemacht wird. Nur selten fühlen sich Patienten durch die Erscheinungen so stark gestört, dass sie behandelt werden sollten. Eine Besserung wurde unter Gabapentin festgestellt. Auch Antikonvulsiva wurden empfohlen.
Weiterführende Tipps Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici; Amaurose durch Optikuskompression; Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall)
Literatur Fernandes LHS, Scassellati-Sforzolini B, Spaide RF (2000) Estrogen and visual hallucinations in a patient with Charles Bonnet syndrome. Am J Ophthalmol 129:408–409 Kölmel HW (1988) Die homonymen Hemianopsien. Klinik und Pathophysiologie zentraler Sehstörungen. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Lepore FE (1990) Spontaneous visual phenomena with visual loss: 104 patients with lesions of retinal and neural afferent pathways. Neurology 40:444–447 Menkhaus S, Wallesch CW, Behrens-Baumann W (2003) Charles-Bonnet-Syndrom. Ophthalmologe 100:736–739 Menon GJ, Rahman I, Menon SJ, Dutton GN (2003) Complex visual hallucinations in the visually impaired: the Charles Bonnet syndrome. Surv Ophthalmol 48:58–72 Paulig M, Mentrup H (2001) Charles Bonnet’s syndrome: complete remission of complex visual hallucinations treated by gabapentin. J Neurol Neurosurg Psychiat 70:812–827 Tatlipinar S, Kadayifçilar S, Eldem B, Türkçüoglu P (2001) Prevalence of photopsias and Charles Bonnet syndrome: evaluation of eighty cases with low vision. Neuro-Ophthalmology 25:193–197 Uhthoff W (1898) Über Gesichtshallucinationen bei Erkrankungen des Sehorgans. Ophthalmol Ges Heidelberg, 27. Versammlg, S 39–66
Chirurgie der retinalen Venenverschlüsse
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Chirurgie der retinalen Venenverschlüsse
Ziel Verbesserung der retinalen Durchblutung.
Problem Sowohl bei einem Venenastverschluss als auch bei einem Zentralvenenverschluss wurden in letzter Zeit neue operative Therapieverfahren ausgearbeitet. Die bisherige Behandlung eines retinalen Venenverschlusses bestand in der isovolämischen Hämodilution. Das Blut wurde hierbei zur Reduktion der Plasmaviskosität verdünnt, um die Fließeigenschaften zu verbessern. Die Ergebnisse fielen teilweise günstig aus, jedoch waren sie häufig unzureichend, sodass über operative Verfahren berichtet wurde.
Lösung und Alternativen Folgende drei operative Verfahren wurden in letzter Zeit erprobt:
Behandlung des Venenastverschlusses Bei dieser Erkrankung wurde die arterio-venöse Dissektion (AVD, im Englischen als „sheathotomy“ bezeichnet) eingeführt. Nach einer Vitrektomie zentraler Glaskörperbereiche („Kernvitrektomie“) werden instrumentell die sich kreuzenden Gefäße der Retina freigelegt, indem die gemeinsame bindegewebige Adventitiascheide für Arterie und Vene an der Kreuzungsstelle getrennt wird. Dieses Verfahren wurde in den vergangenen Jahren von mehreren Zentren erfolgreich ausgeführt. Die Funktionsverbesserung wurde bei zahlreichen Patienten mit dem multifokalen ERG bestätigt.
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Chirurgie der retinalen Venenverschlüsse
Behandlung des Zentralvenenverschlusses Bei einer hochgradigen Sehminderung ohne Tendenz einer Sehverbesserung trotz konservativer Maßnahmen wurde die radiäre Optikoneurotomie (RON) eingeführt. Da bei einem Zentralvenenverschluss eine Kompression der Zentralvenen im Sehnerv besteht, wurde der Skleraring des N. opticus zur Erweiterung des Gefäßdurchtritts im nasal unteren Quadranten durch eine Stichinzision gespalten. Es sollte beachtet werden, einen nasalen Bereich zur Inzision aufzusuchen, in welchem keine Gefäße am Papillenrand verletzt werden können. Die Schnitttiefe wurde mit ca. 2,5 mm angegeben. Bei einer postoperativen Gesichtsfelduntersuchung zeigte sich eine umschriebene sektorförmige Einengung temporal oben. Da diese Operationsmethode noch nicht lange ausgeübt wird, kann hierüber noch kein endgültiges Urteil gefällt werden.
Behandlung eines ausgeprägten Zentralvenenverschlusses ohne Besserungstendenz Bei einem ausgeprägten Zentralvenenverschluss ohne Besserungstendenz wurde zusätzlich die endovasale Lyse mit rt-PA eingeführt. Auch bei dieser Methode erfolgt zunächst eine Kernvitrektomie. Danach wird der Augendruck auf 5 mmHg gesenkt. Mit einer angeschliffenen Glaskapillare mit einem Durchmesser von etwa 75 μm wird eine große Vene in Papillennähe punktiert. Danach wird ein Bolus von 0,6–7,5 ml einer 200 μg / ml rt-PALösung in die Vene Richtung Papille injiziert. Da auch diese Operationsmethode noch nicht lange praktiziert wird, kann ebenfalls noch kein endgültiges Urteil gefällt werden.
Weiterführende Tipps
Papillenschwellung
Chirurgie der retinalen Venenverschlüsse
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Abb. 1
Reperfusion der verschlossenen Vene intraoperativ, unmittelbar nach Dekompression (aus Mester und Dillinger 2001)
Literatur Feltgen N, Herrmann J, Hansen L (2005) Gesichtsfelddefekt nach radiärer Optikoneurotomie. Ophthalmologe 102:802–804 Mason J, Feist R, White M, Swanner J, McGwin G, Edmond T (2004) Sheathotomy to decompress branch retinal vein occlusion. A matched control study. Ophthalmol 111:540–545 Mester U. Dillinger P (2001) Behandlung retinaler Venenastverschlüsse. Ophthalmologe 98:1104–1109 Mester U (2005) Chirurgische Therapie retinaler Venenverschlüsse. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:299–308 Opremcak EM, Bruce RA, Lomeo MD, Ridenour CD, Letson AD, Rehmar AJ (2001) Radial optic neurotomy for central retinal vein occlusion. A retrospective pilot study of 11 consecutive cases. Retina 21:408–415 Osterloh MD, Charles S (1988) Surgical decompression of branch retinal vein occlusions. Arch Ophthalmol 106:1469–1471 Weiss JN, Bynoe LA (2001) Injection of tissue plasminogen activator into a branch retinal vein in eyes with central retinal vein occlusion. Ophthalmology 108:2249–2257 Williamson TH, Poon W, Whitefield L, Strothoudis N, Jaycock P (2003) A pilot study of pars plana vitrectomy, intraocular gas, and radial neurotomy in ischaemic central retinal vein occlusion. Br J Ophthalmol 87:1126–1129
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Chloroquinschaden der Makula
Chloroquinschaden der Makula
Ziel Früherkennung einer medikamentenbedingten Retinopathie.
Problem Bei Patienten mit rheumatischen oder dermatologischen Grundkrankheiten (systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis) oder bei Medikamenteneinnahme zur Malariaprophylaxe besteht die Gefahr, durch eine Chloroquinbehandlung eine Retinopathie zu entwickeln.
Lösung und Alternativen Die Gefahr einer toxischen Netzhauterkrankung nimmt mit der Höhe der Gesamtdosis zu. Eine Chloroquindosis von weniger als 250 mg / d (3,5– 4,0 mg / kg) und eine kumulative Dosis von weniger als 300 g verursacht selten nennenswerte okuläre Nebenwirkungen. Jedoch wurden auch bei niedrigerer Dosierung Nebenwirkungen in Ausnahmesituationen beobachtet, beispielsweise bei Patienten mit Nierenkrankheiten oder bei Personen mit niedrigem Körpergewicht. Wenn eine Schädigung der Retina eingetreten ist, so bildet sich die Veränderung auch nach Absetzen des Medikamentes nicht mehr zurück. Patienten, die über lange Zeit behandelt werden, sollten alle 6 Monate augenärztlich kontrolliert werden. Eine irreversible Netzhautschädigung tritt ein, wenn eine Pigmentierung des Makulabereichs mit einem Verlust des Foveolarreflexes zu erkennen, und wenn in diesem Stadium bereits eine Visusreduktion mit einem Zentralskotom aufgetreten ist. Bei einer Weiterbehandlung sind mit dem nächsten Stadium eine progrediente Sehminderung und eine Schießscheibenmakula („bull’s eye“) zu erwarten. Ein fortgeschrittenes Stadium einer retinalen Schädigung wurde beobachtet, wenn Veränderungen des reti-
Chloroquinschaden der Makula
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nalen Pigmentepithels mit verengten Netzhautgefäßen sowie eine Atrophie der Papille festgestellt werden. In diesem Stadium besteht eine hochgradige Sehminderung oder Blindheit.
Untersuchungsprogramm Bei jeder drohenden Makulopathie sollte eine Prüfung mit dem Amslergitter erfolgen. Eine Amslerkarte zur Selbstuntersuchung ist mitzugeben. Folgende Untersuchungen sind erforderlich: t Fundusuntersuchung mit Photo des Augenhintergrunds t Gesichtsfeld t Farbsinnprüfung t Elektrophysiologische Untersuchung (vor allem ein Elektro-Okulogramm, weniger aussagekräftig ist ein Elektroretinogramm) Das Alter der Patienten ist zu berücksichtigen, da zum einen auch eine altersbedingte Makuladegeneration differenzialdiagnostisch in Frage kommt, zum anderen gibt es Hinweise, dass bei alten Menschen leichter eine toxische Makulaschädigung als bei Jugendlichen auftritt. Das Antimalariamittel Hydroxychloroquin führt zu deutlich geringeren Nebenwirkungen als Chloroquin, solange die tägliche Dosis von 400 mg nicht überschritten wird. Reversible korneale Ablagerungen zeigen keine Korrelation zu den Fundusveränderungen und können bereits nach 3 Wochen der Therapie beobachtet werden. Am häufigsten tritt eine Cornea verticillata auf.
Weiterführende Tipps Amsler-Netz; „Bull's-eye“-Makulopathie (Schießscheibenmakula); Pigmentepithelerkrankung mit gelegentlicher zerebraler Vaskulitis: Die akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie (APMPPE)
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Chloroquinschaden der Makula
Literatur Cursiefen C, Grunert U, Jünemann A (1997) Chloroquin-induzierte Schießscheiben-Makulopathie ohne elektrophysiologische Veränderungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 210:400– 401 Fraunfelder FT, Grove JA (1996) Drug-induced ocular side effects. Williams & Wilkins, Baltimore Guldenschuh I, Niemeyer G (1987) Früherfassung von Netzhautschäden durch Chloroquin und Hydroxychloroquin. Klin Monatsbl Augenheilkd 190:293–296
Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose
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Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose
Ziel Früherkennung der Lyme-Borreliose mit rechtzeitiger intensiver Therapie.
Problem Ein Patient weist Doppelbilder auf. Es bestehen eine Iritis und eine Chorioiditis. An einen Biss einer Zecke oder an eine Hautreaktion durch eine Stechfliege kann er sich nicht mehr erinnern, auch nicht an ein Erythema chronicum migrans der Haut (erstes Krankheitsstadium).
Lösung und Alternativen Im zweiten Krankheitsstadium treten nach Wochen bis Monaten disseminierte Organveränderungen auf. Die Augen sind häufig gerötet (Konjunktivitis, Keratitis, Iritis). Die Patienten klagen über Lichtscheu. Außer periorbitalen Schwellungen, Bewegungsschmerzen und Doppelbildwahrnehmung können eine retinale Vaskulitis mit Gefäßverschlüssen, ein zystoides Makulaödem, Glaskörperinfiltration, Uveitis und Papillitis sowie eine Neuroretinitis entstehen. Am häufigsten tritt eine Chorioiditis auf. Bei Verdacht auf eine Lyme-Borreliose sollte ein spezifischer Antikörpernachweis erbracht werden. Durch Nachweis von IgM- und IgA-Antikörpern wird die Diagnose gesichert. Borrelien können direkt in der Hell- oder Dunkelfeld-Mikroskopie oder nach unterschiedlichen Färbemethoden in Gewebsschnitten nachgewiesen werden. Auch mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) können Borrelien festgestellt werden.
Therapie Erythromycin, Azithromycin, Ceftriaxon. Auch Amoxycillin, Doxycyclin, Tetrazyklin, Cefotaxim und Vancomycin können eingesetzt werden.
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Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose
Bei den vielfältigen, zunächst uncharakteristischen entzündlichen Krankheitszeichen ist auch an eine Sarkoidose, Tuberkulose oder Lues zu denken.
Weiterführende Tipps
AIDS, opportunistische Infektionen; Doppelbilder durch Botulismus; Strabismus, akuter
Literatur Bialasiewicz AA (1992) Augenbefunde bei Lyme-Borreliose. Ophthalmologe 89:W47–W59 Bialasiewicz AA (2000) Neuroretinitis. Ophthalmologe 97:374–391 Leber Th (1916) Die pseudonephritischen Netzhauterkrankungen, die Retinitis stella. In: Graefe-Saemisch: Handbuch der Augenheilkunde, 2. Aufl. Engelmann Verlag, Leipzig, S 1319–1331 Neß T, Pleyer U, Neudorf U, Frosch M (2007) Infektiöse Uveitis im Kindesalter: Borreliose, Tuberkulose, Lues. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:488–493 Reim H, Reim M (1992) Augenbefunde bei Infektion mit Borrelia burgdorferi. Klin Monatsbl Augenheilkd 201:83-91 Schönherr U, Lang GE, Meythaler FH (1991) Bilaterale Lebersche Neuroretinitis stellata bei Borrelia burgdorferi-Serokonversion. Klin Monatsbl Augenheilkd 198:44-47
Chrysiasis (Gold im Auge)
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Chrysiasis (Gold im Auge)
Ziel Frühes Erkennen von Goldablagerungen im Auge.
Problem Wegen rheumatoider Arthritis sind Patienten gelegentlich mit Goldsalzverbindungen (Injektionen) über viele Jahre behandelt worden. In früheren Jahrzehnten gab es auch Versuche, andere entzündliche Krankheiten wie Tuberkulose, Syphilis oder auch Lupus erythematodes mit Gold zu therapieren.
Lösung und Alternativen Der Anamnese-Erhebung bezüglich der bisherigen Allgemeinbehandlung kommt eine große Bedeutung zu, denn nicht selten wird versäumt, nach Behandlungen von Allgemeinkrankheiten zu fragen. Fremdkörpergefühl, Blendempfindlichkeit und Epiphora können gelegentlich erste Zeichen der Goldsalzeinlagerungen sein. Bei entsprechender Anamnese und Beschwerden ist auf feine, unregelmäßige, bräunliche Ablagerungen mit metallischem Glanz in der Kornea zu achten, die am besten im regredienten Licht zu erkennen sind. Goldablagerungen im Auge wurden im Epithel der Bindehaut und Kornea sowie der Linse („lens chrysiasis“) nach jahrelanger Behandlung mit Goldsalzverbindungen gefunden. In der Hornhaut sind sie in allen Schichten des Stromas sowie in der Deszemet-Membran anzutreffen. Im Allgemeinen befinden sich die Goldkörnchen reaktionslos, ohne entzündliche Veränderungen, im Gewebe. Selten wurden aber auch eine Iritis und / oder eine vorübergehende Konjunktivitis beobachtet. Lidhautveränderungen in Form eines Erythems mit Pruritus – oder selten einer exfoliativen Dermatitis – können gesehen werden. Nach Absetzen der Goldbehandlung bilden sich die Kristalleinlagerungen zurück.
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Chrysiasis (Gold im Auge)
Literatur Gottlieb NL, Major JC (1978) Ocular chrysiasis correlated with gold concentrations in the crystalline lens during chrysotherapy. Arthritis Rheum 21:704–708 Kincaid MC, Green WR, Hoover RE, Schenck PH (1982) Ocular chrysiasis. Arch Ophthalmol 100:1791–1794 Roberts WH, Wolter JR (1956) Ocular chrysiasis. Arch Ophthalmol 56:48–52 Rodenhäuser JH (1969) Über Augenveränderungen nach parenteraler Goldbehandlung. Klin Monatsbl Augenheilkd 155:61–65 Walsh FB (1964) Clinical Neuro-Ophthalmology, 2nd edn. Williams & Wilkins Comp, pp 1211–1212
Conjunctivitis lignosa, holzartig verhärtete Bindehaut
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Conjunctivitis lignosa, holzartig verhärtete Bindehaut mit Plasminogenmangel
Ziel Frühzeitiges Erkennen eines verminderten Plasminogenspiegels.
Problem Eine Conjunctivitis lignosa ist charakterisiert durch ein verdicktes Bindehautepithel mit grau-weißen fibrinösen, sulzigen Bindehautschwellungen sowie weißliche Bezirke von holzartig harter Konsistenz und ist vorwiegend bei jungen Mädchen anzutreffen. Die Conjunctivitis lignosa stellt eine seltene Form einer Bindehautentzündung im Kindesalter dar, die nicht infektiös ist und einen chronischen Verlauf mit rezidivierenden Läsionen aufweist.
Lösung und Alternativen Es handelt sich um eine lymphozytenvermittelte immunologische Erkrankung mit Ausbildung von dicken gelblichen Membranen im Tarsusbereich. Die Membranen bestehen aus eosinophilem Material, Mukopolysacchariden, Fibrin und IgG. Es wurde festgestellt, dass Fibrin wesentlich an der harten, holzartigen Beschaffenheit der Bindehautmembran beteiligt ist. Bei einer massiven pseudomembranösen Konjunktivitis wurde das Gewebe exzidiert. Es fanden sich zahlreiche hyaluronidasesensitive saure Mukopolysaccharide im Granulationsgewebe. Eine Gerinnungsanalyse zeigte einen deutlich verminderten Plasminogenspiegel sowie eine um ca. 50 % reduzierte Plasminogenaktivität. Zusätzliche Läsionen im Respirationstrakt mit viskösem fibrinhaltigem Sekret und rezidivierenden schweren tracheobronchalen Obstruktionen mit der Gefahr einer schweren Bronchitis und einer Pneumonie wurden beobachtet. Auch eine Nephritis wurde bei einzelnen Patienten beschrieben.
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Conjunctivitis lignosa, holzartig verhärtete Bindehaut
Therapie Eine chirurgische Abtragung der Pseudomembranbildung sowie eine Lokaltherapie mit Heparin führten zu einer Besserung des Befunds, jedoch trat nach wenigen Monaten ein Rezidiv auf. Nach erneuter Abtragung der Membranen, die sich wieder gebildet hatten, führte eine topische Anwendung von Anistreplase (Eminase )-Tropfen als Fibrinolytikum zu einer Auflösung der restlichen Fibrinmembranen, sodass sich die Konjunktiva tarsi vollständig reepithelisierte. Bei einer einseitigen membranösen Konjunktivitis eines Kindes mit einem schweren systemischen Plasminogenmangel war die Entfernung der Membranen und die lokale Gabe von Plasmin ineffektiv. Erst nach topischer Verabreichung von Plasminogen trat eine rasche, deutliche Besserung mit vollständiger Rückbildung der Membranen auf. Bei einer erwachsenen Patientin, die rezidivierend vom neunten Lebensmonat an unter holzähnlichen Membranen der Augen litt, wurde bei erneutem Rezidiv im Erwachsenenalter die Membran in Lokalanästhesie exzidiert. Anschließend wurde erfolgreich eine Amnionmembran eingenäht, die nach 2 Monaten entfernt werden konnte.
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Weiterführende Tipps Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid (Schleimhautpemphigoid); Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Blutige Tränen
Literatur Barbino S, Rolando M (2004) Amniotic membrane transplantation in a case of ligneous conjunctivitis. Am J Ophthalmol 137:752–753 Eagle RC, Brooks JS, Katowitz JA, Weinberg JC, Perry HD (1986) Fibrin as a major constituent of ligneous conjunctivitis. Am J Ophthalmol 101:493–494 Heidemann DG, Williams GA, Hartzer M, Ohanian A, Citron ME (2003) Treatment of ligneous conjunctivitis with topical plasmin and topical plasminogen. Cornea 22:760–762
Conjunctivitis lignosa, holzartig verhärtete Bindehaut
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Kraft J, Zeitler P, Schuster V, Walter W (1999) Konjunktivitis lignosa bei schwerem Typ I-Plasminogenmangel. 97. Tagung Dtsch Ophthalmol Ges Berlin 23.–26.9.1999. Ophthalmologe 96 (Suppl 1):26 Kruse FE, Cursiefen C, Seitz B, Völcker HE, Naumann GOH, Holbach L (2003) Klassifikation der Erkrankungen der Augenoberfläche. Ophthalmologe 100:899–914 Pau H, Haensch R (1978) Die Conjunctivitis lignosa – eine Autoimmunerkrankung? Klin Monatsbl. Augenheilkd 173:644–647 Sauder G, Hugger P, Buch C von (2002) Therapie der Konjunktivitis lignosa mit topischen Fibrinolytika. 100. Tagung Dtsch Ophthalmol Ges 26.–29.9.2002, Berlin, Ophthalmologe 99 (Suppl 1):202 Schuster V, Seregard S (2003) Ligneous conjunctivitis. Surv Ophthalmol 48:369–388
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Darmentzündungen und Auge
Darmentzündungen und Auge
Ziel Frühe Abklärung von Fundusveränderungen bei Allgemeinkrankheiten.
Problem Eine 25-jährige Patientin berichtete über schlechteres Sehen seit einigen Tagen, vor allem beim Lesen mit dem linken Auge. Im 18. Lebensjahr wurde ein M. Crohn festgestellt, der mit Kortikosteroiden (5–10 mg / d) behandelt wurde. Da sie keine Beschwerden mehr hatte, wurden die Medikamente in den letzten Wochen abgesetzt.
Lösung und Alternativen Der Visus war auf 0,4 links reduziert. Der Augenhintergrund links ergab umschriebene Aufhellungen (chorioiditische Herde) entlang des temporal oberen Gefäßbogens. Es handelte sich um eine Chorioiditis bei M. Crohn. Chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) sind vorwiegend bei 20- bis 40-jährigen Menschen anzutreffen. Am häufigsten wird eine Iridozyklitis festgestellt, aber auch eine Panuveitis, Keratitis, Skleritis oder Episkleritis, ein orbitaler Pseudotumor, eine orbitale Myositis können dabei beobachtet werden. Eine retinale Vaskulitis mit einer Neuroretinitis wurde selten beschrieben. Als Folge eines Arterienastverschlusses wurden retinale Neovaskularisationen beobachtet, die mit einer panretinalen Photokoagulation behandelt werden mussten. Okuläre Komplikationen bei Morbus Crohn wurden mit einer Häufigkeit von 2–6 % angegeben.
Darmentzündungen und Auge
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Therapie Unter einer hoch dosierten Kortikosteroidbehandlung trat bei der Patientin eine Verbesserung des Sehvermögens auf, jedoch blieben chorioretinale Narben bestehen.
Weiterführende Tipps Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Neuroretinitis bei Katzenkratzkrankheit; Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Crohn BB (1925) Ocular lesions complicating ulcerative colitis. Am J M Sc 169:260–267 Duker JS, Brown GC, Brooks L (1987) Retinal vasculitis in Crohn´s disease. Am J Ophthalmol 103:664–668 Egetenmeier H, Lang GE (2007) Papillenödem bei Morbus Crohn. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:943–944 Hopkins DJ, Horan E, Burton IL, Clamp SE, de Dombal FT, Goligher JC (1974) Ocular disorders in a series of 332 patients with Crohn´s disease. Br J Ophthalmol 58:732–737 Krohne TU, Inhetvin-Hutter C, Holz FG (2005) Einseitige Visusminderung in Gegenwart retinaler Hämorrhagien bei einer 35-jährigen Patientin. Ophthalmologe 102:622–624 Saatci OA, Koçak N, Durak I, Ergin MH (2002) Unilateral retinal vasculitis, branch retinal artery occlusion and subsequent retinal neovascularization in Crohn’s disease. Int Ophthalmol 24:89–92 Schmidt D, Neß T (1997) Inflammatory diseases of the gut and the eye in four patients. EyeGut Meeting, February 21–22, 1997, University of Erlangen-Nuremberg, Clinic Auton Research 7:42 Schneiderman JH, Sharpe JA, Sutton DMC (1979) Cerebral and retinal vascular complications of inflammatory bowel disease. Ann Neurol 5:331–337 Sedwick LA, Klingele TG, Burde RM, Behrens MM (1984) Optic neuritis in inflammatory bowel disease. J Clin Neuro-ophthalmol 4:3–6
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Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs
Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs
Ziel Frühzeitige Abklärung von Doppelbildern.
Problem Chiasmanahe Tumore können auch Doppelbilder verursachen.
Lösung und Alternativen Durch laterales Wachstums eines Hypophysentumors in den Bereich des Sinus cavernosus kann durch Tumordruck auf einen dort verlaufenden Hirnnerv eine Augenmuskelparese auftreten. Im Sinus cavernosus befinden sich alle okulomotorisch wirksamen Hirnnerven, die beiden ersten Trigeminusäste und der Plexus caroticus des Sympathikus. Auf diese Weise können zusätzlich zu Motilitätsstörungen auch Sensibilitätsstörungen des Auges und sympathikusbedingte Pupillenveränderungen beobachtet werden. Da eine Diplopie durch sehr unterschiedliche Ursachen hervorgerufen werden kann, sollte nach der Motilitäts- und Gesichtsfeldprüfung stets auch ein CT veranlasst werden. Diplopie kann auch als Folge von vaskulär oder traumatisch bedingten Hirnnervenparesen auftreten. Auch an Augenmuskelparesen bei einer Arteriitis temporalis ist zu denken, ebenso an Doppelbilder durch Botulismus oder durch Borreliose.
Weiterführende Tipps Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?; Halbfeldgleiten („hemifield slide“); Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese,
Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs
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Untersuchung „am Krankenbett“; „Red-eyed shunt syndrome“ (Arteriovenöse Fistel im Sinus cavernosus), Blickdiagnose; Sakkaden, hypometrische; Simpson-Test bei einer Ptose des Oberlids; Strabismus, akuter
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer, Stuttgart Jefferson G (1940) Extrasellar extension of pituitary adenomas. Proc R Soc Med 33:433–458 Meyer HJ (1965) Das Chiasma-Trauma. Klin Monatsbl Augenheilkd 146: 833–845 Schmidt D (1995) Die Arteriitis temporalis Horton. Diagnose, Differentialdiagnose, Therapie. Elephas Buchverlag, St. Gallen, S 209 Siebeck R, Schiefer W (1963) Zur Symptomatologie und Therapie sellanaher Prozesse. Klin Monatsbl Augenheilkd 142:194–212
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Diskonnektions-Syndrom am Beispiel einer Alexie ohne Agraphie
Diskonnektions-Syndrom am Beispiel einer Alexie ohne Agraphie
Ziel Kenntnis über die lokalisatorische Bedeutung von Lese- und Schreibstörungen.
Problem Patienten mit bestimmten zerebralen Erkrankungen sind nicht mehr in der Lage zu lesen, obwohl noch eine regelrechte Sehschärfe besteht und die Schreibfähigkeit noch erhalten ist. Einer derartigen Störung kommt eine hirnlokalisatorische Bedeutung zu. Der klinische Verdacht auf eine bestimmte Lokalisation einer zerebralen Schädigung ist für den Neuroradiologen zur gezielten Einstellung der MRT-Untersuchung von Bedeutung.
Lösung und Alternativen Es gibt zwei unterschiedliche Formen der Alexie: 1. Die Alexie mit Agraphie. Sie tritt bei einer Läsion im Gyrus angularis auf. 2. Die Alexie ohne Agraphie infolge einer Läsion des visuellen Kortex der sprachdominanten Hemisphäre in Kombination mit einer Läsion des Corpus callosum. Da eine Alexie ohne Agraphie eine Erkrankung des linken Okzipitallappens darstellt, sollten Patienten mit rechtsseitiger homonymer Hemianopsie auf Lesestörungen geprüft werden. Bei einer Alexie ohne Agraphie ist besonders auf die Kombination mit einer Farbbenennungsstörung zu achten. Eine Alexie wurde nach operativer Durchtrennung der hinteren Hälfte des Corpus callosum festgestellt.
Diskonnektions-Syndrom am Beispiel einer Alexie ohne Agraphie
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Weiterführende Tipps Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Hemianopsie, homonyme, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Dejerine J (1891) Sur un cas de cécité verbale avec agrphie, suivi d´autopsie. Mém Soc Biol 3:197–201 Dejerine J (1892) Contribution à l´étude anatomo-pathologique et clinique des différentes variétés de cécité verbale. Mém Soc Biol 4:61–90 Lessell S (1975) Higher disorders of visual function: negative phenomena. In: Neuro-ophthalmology. Symposium of the University of Miami and the Bascom Palmer Eye Institute. (Ed. JS. Glaser, JL. Smith) CV Mosby Comp 8:1–44 Trescher JH, Ford FR (1937) Colloid cyst of the third ventricle. Report of a case: operative removal with section of corpus callosum. Arch Neurol Psych 37:959–973
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Donnerschlag-Kopfschmerz („thunderclap headache“)
Donnerschlag-Kopfschmerz („thunderclap headache“), eine neurochirurgische Notfallsituation
Ziel Sofortige Abklärung durch bildgebende Verfahren zur Frage einer neurochirurgischen Notfalloperation.
Problem Massive, akut „wie ein Donnerschlag“ auftretende Kopfschmerzen, sprechen meistens für einen plötzlichen intrakraniellen Gefäßprozess mit intrakraniellen Blutungen. Der Patient berichtet über „Kopfschmerzen wie noch nie“. Der Donnerschlag-Kopfschmerz wird auch als „Blitzmigräne“ bezeichnet.
Lösung und Alternativen Bei einem Donnerschlag-Kopfschmerz sind ausführliche neurologische Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren bis zur angiographischen Darstellung der Hirngefäße umgehend erforderlich. Eine akut auftretende Subarachnoidalblutung (SAB) kann zu schwersten Kopfschmerzen führen, beispielsweise bei einem rupturierten Aneurysma der A. carotis interna am Abgang der A. communicans posterior mit gleichzeitiger Okulomotoriusparese. Hochgradiger Verdacht auf eine SAB besteht dann, wenn zusätzlich Übelkeit, Schwindel, Erbrechen und vor allem Nackensteifigkeit (Meningismus!) auftreten. Eine weitere Ursache des schlagartigen Kopfschmerzes kann eine Apoplexie eines Hypophysenadenoms mit einer SAB sein, bei der schwere allgemeine Symptome wie Bewusstseinsstörung, Hemiparese, rasch fortschreitende bitemporale oder konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung, Visusminderung bis zur Blindheit und eine Ophthalmoplegie auftreten.
Donnerschlag-Kopfschmerz („thunderclap headache“)
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Therapie einer Hypophysenapoplexie Hohe Dosen von Kortikosteroiden. Bei zunehmender lebensbedrohlicher Verschlechterung des Befunds ist eine transsphenoidale Tumorentfernung durch den Neurochirurgen erforderlich. Bei starker sexueller Erregung können (selten) bei manchen Menschen nahezu explosionsartig sehr starke Kopfschmerzen auftreten, nicht nur während des Orgasmus (weshalb der Begriff „Orgasmuskopfschmerz“ nicht mehr verwendet wird). Als Ursache dieses Kopfschmerzes wird eine zunehmende Muskelanspannung angeführt. Das explosionsartige Auftreten wird durch einen plötzlichen Blutdruckanstieg erklärt.
Weiterführende Tipps Arteriitis cranialis, Arterienresektion als augenärztliche Maßnahme (Biopsie der A. temporalis superficialis); Gesichtsfelduntersuchung bei einoder beidseitigen Sehstörungen
Literatur Dodick DW, Wijdicks EFM (1998) Pituitary apoplexy presenting as a thunderclap headache. Neurology 50:1510–1511 Göbel H (1997) Die Kopfschmerzen. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Huber A, Kömpf D (Hrsg) (1998) Klinische Neuroophthalmologie. Thieme Verlag, Stuttgart Rosen TD (2002) Thunderclap headache with diplopia and anorexia. Neurology 59:461 Thurtell MJ, Besser M, Halmagyi GM (2008) Pituitary apoplexy causing isolated blindness after cardiac bypass surgery. Arch Ophthalmol 126:576–578
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Doppelbilder durch Botulismus
Doppelbilder durch Botulismus
Ziel Früherkennen einer Intoxikation.
Problem Bei plötzlich auftretenden Leseschwierigkeiten, Doppelbildern bei allgemeinem Unwohlsein, Schlappheit, Schwindelerscheinungen, gastro-intestinalen Beschwerden, Schluck- und Atembeschwerden ist an eine Allgemeinkrankheit wie ein Guillain-Barré-Syndrom, an eine multiple Sklerose mit einer Hirnstammbeteiligung, aber auch an einen Botulismus zu denken.
Lösung und Alternativen Die Augen- und Allgemeinbeschwerden entstehen beim Botulismus häufig ca. 12–36 Stunden, frühestens bereits 6 Stunden nach der kontaminierten Mahlzeit. Bei einer kurzen Latenzzeit zeigt sich ein besonders schweres Krankheitsbild. Die Nahsehstörung spricht für eine Beeinträchtigung der Akkommodation. Das Verschwommensehen sowie die Blendempfindlichkeit können durch eine Mydriasis hervorgerufen werden. Doppelbilder sind Folgen von Augenmuskellähmungen, beispielsweise des M. rectus lateralis. Diese Zeichen und Symptome sind neben der Mundtrockenheit typische initiale Beschwerden (Leitsymptome) einer Intoxikation durch das Botulinus-Exotoxin nach Genuss von älteren Speisen, in denen sich Clostridiumbotulinum-Bakterien unter anaeroben Bedingungen vermehrt haben. Gastro-intestinale Beschwerden treten nicht immer vor den neurologischen Ausfällen mit Befall auch des 9. oder 10. Hirnnervs auf. Es handelt sich bei Nicht-Behandlung um eine Nahrungsmittelvergiftung, die tödlich verlaufen kann. Zu befürchten sind vor allem eine Atemund Schlucklähmung (Gaumensegelparese). Es sollte umgehend der serologische Nachweis des Botulismus erbracht werden.
Doppelbilder durch Botulismus
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Auch infolge einer mit Clostridium botulinum infizierten Wunde kann eine vollständige Ophthalmoplegie mit Bulbärparalyse und allgemeiner Muskelschwäche auftreten. Als Therapie ist eine intensivmedizinische Betreuung mit Gabe von Antitoxin (antitoxisches Botulinusserum) und gegebenenfalls Beatmung erforderlich. Diplopie zusammen mit Atem- und Schlucklähmung, asystematischen Augenmuskelparesen und Ptosis kommt auch bei der Myasthenia gravis vor. Diese Krankheit zeigt jedoch in der Regel keine Akkommodationsoder Pupillenstörungen. Der Name Botulismus stammt von Justinus Kerner, der das Krankheitsbild 1817 beschrieb, da die Krankheit nach einer Wurstvergiftung (lat. botulus, Wurst) auftrat. In der Anamnese wird häufig über vorausgegangenen Genuss von älteren Nahrungsmitteln aus Konserven (Blut- oder Leberwurst, Gemüse) berichtet. Die verdorbenen Nahrungsmittel weisen einen säuerlichen Geschmack auf, ohne unbedingt faulig zu riechen. Da das Toxin in den Konserven ungleichmäßig verteilt ist, erkranken nicht immer alle Personen, die Nahrung aus derselben Konservendose gegessen haben.
Weiterführende Tipps Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?; Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese, Untersuchung „am Krankenbett“; Strabismus, akuter
Literatur Grüsser OJ (1986) Die ersten systematischen Beschreibungen und tierexperimentellen Untersuchungen des Botulismus. Zum 200. Geburtstag von Justinus Kerner am 18. Sept. 1986. Sudhoffs Arch 70:167-187 Jedelhauser P (1985) Botulismus – Verlaufsbeobachtungen mit Schwerpunkt auf der ophthalmologischen Symptomatik. Klin Monatsbl Augenheilkd 186:18–24 Maselli RA (1998) Pathogenesis of human botulism. In: Richman DP (ed) Myasthenia gravis and related diseases. Disorders of the neuromuscular junction. Ann NY Acad Sci 841:122–139
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Doppelbilder durch Botulismus
Miller NR, Moses H (1977) Ocular involvement in wound botulism. Arch Ophthalmol 95:1788–1789 Schubart P, Kasperski S, Schröder P (1985) Augenbeteiligung bei Botulismus. Klin Monatsbl Augenheilkd 187:142–143 Terranova W, Palumbo JN, Breman JG (1979) Ocular findings in botulism type B. JAMA 241:475–477
Eineinhalb-Syndrom („one-and-a-half” syndrome)
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Eineinhalb-Syndrom („one-and-a-half” syndrome)
Ziel Abklärung einer ungewöhnlichen Motilitätsstörung beider Augen.
Problem Ein Patient berichtet über plötzlich auftretende Doppelbilder. Dem Untersucher zeigen sich eine vollständige horizontale Lähmung eines Auges und eine Adduktionseinschränkung des Partnerauges.
Lösung und Alternativen Als Erklärung dieser ungewöhnlichen Bewegungsstörung wurde eine Hirnstammläsion festgestellt: Die vollständige horizontale konjugierte Blicklähmung ist als Folge einer Läsion der ipsilateralen paramedianen pontinen Retikularformation (PPRF) oder der Abduzens- und Paraabduzenskerne („one“) zu erklären. Infolgedessen ist das Auge auf der Seite der Läsion bei einer Intention von Blickbewegungen in beiden horizontalen Richtungen vollständig unbeweglich. Eine Bewegungseinschränkung der Adduktion des Partnerauges ist als Folge einer internukleären Ophthalmoplegie („and-a-half “) zu erklären. Bei einer internukleären Ophthalmoplegie kann das betroffene Auge bei Sakkaden nicht adduziert werden, jedoch sind die Naheinstellungskonvergenz und die Abduktionsbewegung erhalten. Als Ursachen kommen im Wesentlichen Infarkte (beispielsweise eine Thrombose der A. basilaris), Gliome, metastatische Tumore, arterio-venöse Malformationen, Blutungen und multiple Sklerose in Frage. Bei einem Eineinhalb-Syndrom besteht eine Schädigung im dorsalen Tegmentum der unteren Pons. Vor allem ist der Abduzenskern und / oder das PPRF-Areal geschädigt. Zusätzlich wird durch dieselbe Läsion der ip-
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Eineinhalb-Syndrom („one-and-a-half” syndrome)
Abb. 1
Kerngebiete und Bahnen im Hirnstamm für willkürliche Blickbewegungen (aus Augustin 2007)
silaterale Fasciculus longitudinalis medialis beeinträchtigt, der eine einseitige internukleäre Ophthalmoplegie hervorruft. Die vertikale Motilität der Bulbi sowie die Pupillen- und Lidbewegungen sind bei dem typischen Syndrom nicht beeinträchtigt.
Eineinhalb-Syndrom („one-and-a-half” syndrome)
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Weiterführende Tipps Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese, Untersuchung „am Krankenbett“; Strabismus, akuter
Literatur Augustin AJ (2007) Augenheilkunde, 3. Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Eggenberger E (1998) Eight-and-a half syndrome: one-and-a-half syndrome plus cranial nerve VII palsy. J Neuro-Ophthalmol 18:114–116 Fisher CM (1967) Some neuro-ophthalmological observations. J Neurol Neurosurg Psychiat 30:383–392 Henn V, Büttner U, Büttner-Ennever J (1978) Supranukleäre Störungen der Okulomotorik. In: Kommerell G (Hrsg) Augenbewegungsstörungen. Neurophysiologie und Klinik. Symposium der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (15.–17.4.1977). Bergmann Verlag, München, S 129–143 Jackel RA, Gittinger JW, Smith TW, Passarelli CB (1986) Metastatic adenocarcinoma presenting as a one-and-a-half syndrome. J Clin Neuro-ophthalmol 6:116–119 Pierrot-Deseilligny Ch, Chain F, Serdaru M, Gray F, Lhermitte F (1981) The „one-and-a-half “ syndrome. Electro-oculographic analysis of five cases with deductions about the physiological mechanisms of lateral gaze. Brain 104:665–699 Wall M, Wray SH (1983) The one-and-a-half syndrome – a unilateral disorder of the pontine tegmentum: a study of 20 cases and review of the literature. Neurology 33:971–980
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Eisensplitter-Mydriasis
Eisensplitter-Mydriasis
Ziel Früherkennung eines intraokulären metallischen Fremdkörpers.
Problem Eine Fremdkörperverletzung wird insbesondere von Kindern nicht immer angegeben. Ein Eisensplitter, der seitlich durch die Sklera in das Augeninnere gelangt, verursacht manchmal nur einen geringen Schmerz, sodass der Patient nicht immer sofort einen Augenarzt aufsucht.
Lösung und Alternativen Manchmal erfolgt deshalb erst nach mehreren Wochen oder Monaten eine augenärztliche Konsultation, wenn sich die ersten Sehstörungen bemerkbar machen. Handelt es sich nur um kleine Eisensplitter, können sie von dem untersuchenden Augenarzt leicht übersehen werden. Die Abklärung einer unklaren einseitigen Mydriasis kann zu umfangreichen ophthalmologischen und neurologischen Untersuchungen führen. Eine spontan aufgetretene Mydriasis mit herabgesetzter Pupillenreaktion kann bereits wenige Wochen nach der Perforation auftreten und deshalb erstes Zeichen eines intraokulären metallischen Fremdkörpers mit beginnender Siderosis sein. Histologische Untersuchungen der Iris zeigten Eisenablagerungen vorwiegend im M. dilatator pupillae, geringer im M. sphincter pupillae. Wenn die Diagnose der Eisensplitterverletzung nicht früh gestellt wird, so treten eine Heterochromie der Iris („Verrostung der Iris“), Katarakt und eine Netzhautschädigung mit irreversibler Visusminderung und Dunkeladaptationsstörung im weiteren Verlauf auf.
Eisensplitter-Mydriasis
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Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Glaskörperblutung unklarer Genese (Es kann sich um einen neurochirurgischen Notfall handeln!); Mydriasis durch Bienenstichverletzung des Auges; Zykloplegie
Literatur Monteiro MLR, Ulrich RF, Imes RK, Fung WE, Hoyt WF (1984) Iron mydriasis. Am J Ophthalmol 97:794–796 Verhoeff FH (1918) Siderosis bulbi. Br J Ophthalmol 2:571–572 Vossius A (1901) Über die Siderosis bulbi. Vortrag vor der Ophthalmologischen Gesellschaft Heidelberg 29. Versammlung, S 170–187
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Elschnig’sche Flecken, dunkle kleine Punkte des Fundus
Elschnig’sche Flecken, dunkle kleine Punkte des Fundus
Ziel Frühzeitige Erkennung der charakteristischen Flecken des Fundus.
Problem Fundusveränderungen mit Elschnig’schen Flecken treten als Zeichen „einer malignen Hypertonie“ auf. Die Diagnose sollte eine umgehende internistische Abklärung und Behandlung veranlassen.
Lösung und Alternativen Elschnig beschrieb kleine rundliche braun-schwarze oder schwarze Flecken, die von einem hellen, gelblichen Hof zirkulär umgeben waren, als wichtige Netz- und Aderhautzeichen einer schweren, tödlich verlaufenden Nephritis. Die dicht aneinander gereihten Flecken sind über den gesamten Fundus verstreut, manchmal konfluierend, gelegentlich auch streifenförmig hintereinander angeordnet („Siegrist‘sche Pigmentstreifen“). Selten werden nur gelbe Flecken ohne Pigment angetroffen. Typischerweise finden sich zusätzliche Veränderungen eines Fundus hypertonicus (enggestellte Arterien, Sklerosezeichen mit Gunn’schem Kreuzungszeichen, Blutungen, Netzhautödem, Cotton-Wool-Flecken, zentral gelegene harte Exsudate der Retina und selten eine Papillenschwellung). Die Flecken können einseitig vermehrt angetroffen werden.
Weiterführende Tipps
Papillenschwellung
Elschnig’sche Flecken, dunkle kleine Punkte des Fundus
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Literatur De Venecia G, Wallow I, Houser D, Wahlstrom M (1980) The eye in accelerated hypertension. I. Elschnig’s spots in nonhuman primates. Arch Ophthalmol 98:913–918 De Venecia G, Jampol LM (1984) The eye in accelerated hypertension. II. Localized serous detachment of the retina in patients. Arch Ophthalmol 102:68–73 Elschnig E (1904) Die diagnostische und prognostische Bedeutung der Netzhauterkrankungen bei Nephritis. Wien Med Wochenschr 54:445–449 Schmidt D, Löffler KU (1993) Elschnig’s spots as a sign of severe hypertension. Ophthalmologica 206:24–28
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Entropiumoperation
Entropiumoperation
Ziel Beseitigung eines Entropiums.
Problem Nicht immer hält eine einfache Naht wie beispielsweise eine Schöpfer-Naht zur Beseitigung der Lidfehlstellung über längere Zeit, sodass eine Operation erforderlich ist.
Lösung und Alternativen Zunächst erfolgt ein lidrandparalleler Hautschnitt des Unterlids dicht unter der Zilienreihe. Dieser Schnitt wird über den lateralen Lidwinkel hinaus nach temporal oben um etwa 2–3 cm verlängert. Am Ende des Schnitts wird ein Hautdreieck (Burow’sches Dreieck) exzidiert. Anschließend wird das lidkantennahe Muskelgewebe des M. tarsalis, etwa 2–3 mm breit im lateralen Unterlidbereich exzidiert und das Unterhautgewebe im lateralen Lidbereich präpariert, sodass ein frei beweglicher Hautlappen der lateralen Unterlidhaut zum späteren Lateralverschieben der Haut entsteht. Sodann wird ein 6–8 mm langer Unterlidanteil mediotemporal „en-bloc“ ausgeschnitten. Die Länge dieses exzidierten Gewebes richtet sich nach dem Längenüberschuss der Unterlidhaut. Anschließend werden die Nähte der Unterlidhaut (Seide 7:0) gelegt (Hotz’sche Nähte). Das Burow’sche Dreieck wird danach vernäht, nachdem der gesamte Unterlidhautlappen nach lateral oben verschoben wurde. Ein nun angelegter Druckverband verhindert stärkere Hämatome. Vor jedem Druckverband sollte eine unspezifische Salbe ins Auge gegeben werden, damit keine Erosio corneae entstehen kann. Der Druckverband muss deshalb stets bei geschlossenem Auge angelegt werden.
Entropiumoperation
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Abb. 1
Operation des angeborenen Entropiums. a Subziliarschnitt; b Exzision eines Hautmuskelstreifens; c evtl. Ergänzung durch evertierende Nähte (aus Neubauer 1988) Abb. 2
Entropium-Operation nach dem v. Blaskovics-Prinzip durch Verschiebeplastik
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Schöpfernaht
Literatur Blaskovics L von (1923) Eine Operation zur Beseitigung des Entropium habituale. Zeitschr Augenheilkd 49:94–99 Hotz FC (1880) Eine neue Operation für Entropium und Trichiasis. Arch Augenheilkd 9:68–80 Küper J, Müller U (1981) Zur Pathogenese und Kausalchirurgie des Entropiums senile durch en-bloc-Resektion. Klin Monatsbl Augenheilkd 178:460–463 Neubauer H (1988) Chirurgie der Lider, S. 101–270. In: Augenärztliche Operationen 1 (Hrsg. Mackebsen G, Neubauer H) Springer Verlag
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Erblindung durch Filariose (Onchozerkose, Robles-Krankheit)
Erblindung durch Filariose (Onchozerkose, Robles-Krankheit)
Ziel Frühe Diagnose bei Verdacht auf Onchozerkose.
Problem Zahlreiche Menschen tropischer Länder Afrikas, Mittel- und Südamerikas erblinden infolge Onchozerkose.
Lösung und Alternativen Es handelt sich um eine Filariose (Fadenwurmerkrankung), die häufigste Erblindungsursache in den tropischen Ländern. Folgende Augenerkrankungen treten auf: Keratitis (Keratitis punctata mit subepithelialen und stromalen Trübungen, sklerosierende Keratitis), Iridozyklitis mit Secclusio pupillae, Cataracta complicata und Sekundärglaukom, Chorioretinitis mit begleitender Vaskulitis und Neuritis nervi optici, die zur Optikusatrophie führt. Manche lebenden Parasiten werden im Auge vertragen, ohne entzündliche Reaktionen hervorzurufen. Sobald Mikrofilarien von Onchocerca volvulus jedoch absterben, treten erhebliche Entzündungsreaktionen mit irreversiblen Schäden im Auge auf. In der vorderen Augenkammer werden die heftigen Bewegungen der schwimmenden Mikrofilarien im regredienten Licht an der Spaltlampe am besten beobachtet.
Praktischer Hinweis zur Untersuchung der Vorderkammer Vor der Untersuchung sollte der Patient ca. zwei Minuten lang den Kopf nach unten beugen, sodass hierdurch die Zahl der sichtbaren Mikrofilarien in der Vorderkammer nach dem Aufrichten durch Aufwirbeln erhöht wird.
Erblindung durch Filariose (Onchozerkose, Robles-Krankheit)
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Therapie Durch das Mikrofilarizid Ivermectin gelingt es, in Haut und Auge die Mikrofilarienzahl zu reduzieren. Es wird empfohlen, dass Infizierte einmal jährlich Ivermectin oral in einer Dosierung von 100 μg / kg Körpergewicht einnehmen. Entsprechende Behandlungen sind bei einem Großteil der Erkrankten in Nigeria, Togo und Ghana und anderen Ländern begonnen worden. Zusätzlich ist eine Behandlung bakterieller Erreger (Bakterium wolbachia) mit Tetracyclin im Gespräch. Abb. 1
Typische Narbe nach Chorioretinitis temporal der Makula bei Onchozerkose (aus Klauß und Schaller 2004)
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Hypopyon, Früherkennung mit Glyzerintropfen
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Erblindung durch Filariose (Onchozerkose, Robles-Krankheit)
Literatur Grüntzig J (1988) Sekundärglaukom bei Parasitosen. Fortschr Ophthalmol 85:94–97 Klauß V, Schaller UC (2004) Tropenophthalmologie – Prävention und Therapie. „Vision 2020 – das Recht auf Sehen“. Ophthalmologe 101:741–765 Kluxen G, Hörauf A (2007) Okuläre Onchozerkose: Wolbachien haben eine Schlüsselrolle. Ophthalmologe 104:860–865 Rodger FC (1958) Eye diseases in African children. With special reference to Onchocerciasis and malnutrition. Br J Ophthalmol 42:336–347 Rodger FC (1960) The pathogenesis and pathology of ocular onchocerciasis. Am J Ophthalmol 49:327–337 Semba RD, Murphy RP, Newland HS, Awadzi K, Greene BM, Taylor HR (1990) Longitudinal study of lesions of the posterior segment in onchocerciasis. Ophthalmology 97:1334– 1341
Erblindung, okzipitale
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Erblindung, okzipitale
Ziel Genauere Lokalisation einer parieto-okzipitalen Läsion vor einer CT-Untersuchung.
Problem Eine beidseitige Amaurose infolge einer prägenikulären Sehbahnläsion ist durch eine fehlende Lichtreaktion charakterisiert. Hingegen ist für eine postgenikuläre Erblindung mit Läsionen im Bereich des Parieto-Okzipitallappens beider Seiten typisch, dass die Fundi regelrecht sind und die Pupillenreaktionen unauffällig erscheinen. Der Augenarzt kann durch diese Augenbefunde getäuscht werden, so dass er eine Simulation vermutet.
Lösung und Alternativen Die häufigste Ursache einer kortikalen Erblindung ist ein beidseitiger Infarkt der Okzipitallappen; beispielsweise nach starkem Blutverlust können gleichzeitig beide Seiten betroffen sein. Aufeinanderfolgende okzipitale Infarkte können auch vaskulär bedingt sein. Bilaterale Okzipitalinfarkte mit beidseitiger Amaurose können bei systemischen vaskulären Erkrankungen (Diabetes, Hypertonie mit ausgeprägter Arteriosklerose), insbesondere durch Emboli bei kardialen Erkrankungen auftreten. Stets ist bei älteren Menschen an eine Arteriitis cranialis (temporalis) zu denken. Spastik der konjugierten Augendeviation bei parietaler Schädigung
Bei forciertem Lidschluss, zur Prüfung des Bell’schen Phänomens zeigt sich eine tonische laterale Deviation der Augen zur Gegenseite einer parietalen Läsion (Barany-Cogan-Zeichen). Optokinetische Asymmetrie
Bei Parietallappenläsionen können auch Metamorphopsie, Verkippung vertikaler Linien und Mikropsie beobachtet werden. Es zeigt sich ein herabgesetzter optokinetischer Nystagmus zur Gegenseite der Läsion.
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Erblindung, okzipitale
Zerebrale Achromatopsie
Hierbei wurden Gesichtsfeldausfälle der oberen Quadranten gefunden, die bilateralen Läsionen des unteren striären Kortex entsprechen. Patienten mit einer Hemi-Achromatopsie weisen häufig eine Läsion der rechten Hemisphäre mit entsprechendem Ausfall des Farbensehens im linken Gesichtsfeld auf. Eine rasch zunehmende Sehminderung beider Augen eines älteren Menschen mit homonymer Hemianopsie und schließlich vollständiger Blindheit kann als Folge von Metastasen beispielsweise eines Bronchialkarzinoms, aber auch durch vaskuläre Prozesse der A. cerebri posterior auftreten.
Weiterführende Tipps Achromatopsie und Prosopagnosie; Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung; Diskonnektions-Syndrom am Beispiel einer Alexie ohne Agraphie; Ophthalmoskopie zur Nystagmusbeurteilung, Untersuchung „am Krankenbett“; Schachbrett-Gesichtsfeld; Spiegelraumbewegungen (Rieken); Temporaler Halbmond
Literatur Leuenberger AE, Jeker J (1979) Computertomographiebefunde bei doppelseitiger Amaurose. Klin Mbl Augenheilk 174:865–869 Orbán T, Födö V (1966) Rindenblindheit infolge beiderseitiger Metastase im Okzipitalpol. Klin Monatsbl Augenheilkd 148:700–704 Rüegg S, Engelter S, Jeanneret C, Hetzel A, Probst A, Steck AJ, Lyrer P (2003) Bilateral vertebral artery occlusion resulting from giant cell arteritis. Report of 3 cases and review of the literature. Medicine 82:1–12 Schmidt D, Noetzel H, Mühlhäuser J (1977) Okzipitale Erblindung bei der juvenilen, spongiösen, glioneuralen Dystrophie. Klin Monatsbl Augenheilkd 171:520–525 Schmidt D (1989) Opticus-Sehbahn im Alter. In: Platt: Handbuch der Gerontologie, Bd. 3, Augenheilkunde. G. Fischer, Stuttgart, New York, S 226–260 Thystrup J, Knudsen GM, Mogensen AM, Fledelius HC (1994) Atypical visual loss in giant cell arteritis. Acta Ophthalmol 72:759–764
Fixationsflucht
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Fixationsflucht
Ziel Frühes Erkennen und Beurteilung der unruhigen Augenbewegungen.
Problem Kinder mit zerebralen Schäden, Epilepsie oder einem Strabismus zeigten eine Photophobie und unruhige Augenbewegungen mit seitlichem Abschweifen der Bulbi. Eine Mutter berichtete: „Die Augen laufen dem Kind beständig davon.“
Lösung und Alternativen Die Untersuchung ergab, dass bei einigen Kindern die Augen extrem nach unten gerichtet waren, wie beim Phänomen der „untergehenden Sonne“. Es bestand außerdem eine Kopfschiefhaltung. Bei heller Beleuchtung fixierte das Kind nicht, jedoch waren im abgedunkelten Raum die abnormen Augenbewegungen weniger stark ausgeprägt. Die Prüfung des Fixationsverhaltens bei der ophthalmoskopischen Untersuchung ergab fehlendes zentrales Fixieren. Mehrere Kinder waren Frühgeborene. Es ist anzunehmen, dass die zerebralen Schäden, die bei allen Kindern nachgewiesen wurden, zu den Augenbewegungsstörungen sowie zur Kopfschiefhaltung geführt hatten. Da keine Trübungen der brechenden Medien vorhanden waren, könnte die Photophobie zusätzlich auch durch die medikamentöse antiepileptische Behandlung der Kinder zu erklären sein.
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Fixationsflucht
Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung; Strabismus, akuter; Tremor des Kopfs bei Spasmus nutans
Literatur Aring E, Grönlund MA, Hellström A, Ygge J (2007) Visual fixation development in children. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:1659–1665 Lang J (1978) Fixationsflucht, Photophobie und Strabismus. In: Kommerell G (Hrsg) Augenbewegungsstörungen. Neurophysiologie und Klinik. Symposium der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (15.–17.4.1977). Bergmann Verlag München, S 307––310
„Football“-Pupille (ovale Pupille)
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„Football“-Pupille (ovale Pupille)
Ziel Frühzeitige Untersuchung und stetige Überwachung der Pupillenreaktionen nach einem Schädel-Hirntrauma“.
Problem Nach einem Verkehrsunfall wird bei einem bewusstlosen Patienten eine einseitig erweiterte, entrundete ovale Pupille (in der amerikanischen Literatur auch als „Football“-Pupille bezeichnet) festgestellt.
Lösung und Alternativen Eine einseitige ovale Pupille ist nach einem Schädelhirntrauma eines der wichtigsten Zeichen eines epi- oder subduralen Hämatoms. Die Lichtreaktion der Pupille ist reduziert oder aufgehoben. Unbehandelt ist die Prognose quoad vitam sehr schlecht, denn eine erweiterte Pupille deutet auf einen zunehmenden intrakraniellen Druck hin. Die Pupille des Partnerauges kann sich auch innerhalb kurzer Zeit erweitern und in diesem Finalstadium reaktionslos werden. Die Beobachtung der Pupillen in regelmäßigen kurzen Abständen nach einem Schädelhirntrauma ist stets erforderlich. Es gilt als Kunstfehler, die Pupille eines Patienten nach einem Schädelhirntrauma medikamentös zu erweitern. Es kann sich um ein subdurales Hämatom handeln, das den N. oculomotorius an der Clivuskante („Clivuskanten-Syndrom“) bzw. am Tentoriumschlitz komprimiert. Eine umgehende Abklärung durch ein Schädel-CT ist erforderlich, damit durch den Neurochirurgen die Indikation zur Entlastungsoperation gestellt werden kann. Auch nach hypertoniebedingter zerebraler Blutung, nach einem rupturierten sakkulären Aneurysma oder nach zerebralen Infarkten kann die Pupille oval verformt sein.
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„Football“-Pupille (ovale Pupille)
Abb. 1
Epidurales Hämatom mit Massenverschiebung: Der Gyrus cinguli wird zur Seite gedrängt. Neben dem Hirnstamm werden mediale Anteile des Schläfenlappens in die hintere Schädelgrube gepresst (Mittelhirneinklemmung). Der Hirnstamm wird nach kaudal verschoben mit Verdrängung der Kleinhirntonsillen in das Foramen magnum
Weiterführende Tipps
Indirektes Trauma als Ursache einer Amotio?; Skew-Deviation
Papillenschwellung;
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuro-ophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer, Stuttgart Fisher CM (1980) Oval pupils. Arch Neurol 37:502–503 Schiefer W (1979) Die Klinik des epiduralen Hämatoms. Nervenarzt 50:69–73
Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum)
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Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum)
Ziel Zeitplan für die Ophthalmoskopie der Frühgeborenen.
Problem Manchmal besteht die Intention, Frühgeborene zu früh, also in den ersten Lebenstagen und -wochen, zu untersuchen, zu einem Zeitpunkt, an dem noch gar keine Fundusveränderungen zu erwarten sind. Bei sehr unreifen Frühgeborenen erschweren Glaskörpertrübungen, die Tunica vasculosa lentis und eine ungenügende Pupillendilatierbarkeit den Funduseinblick.
Lösung und Alternativen Erst ab der 30. Schwangerschaftswoche (SSW) ist die Pupille in der Regel ausreichend frei für eine ungehinderte indirekte Ophthalmoskopie der Netzhautperipherie. Die erste augenärztliche Untersuchung sollte in der sechsten postnatalen Woche (Lebenstag 36–42) erfolgen, aber nicht vor einem postmenstruellen Alter von 31 Wochen. Kinder mit einer Schwangerschaftsdauer von mindestens 27 vollen Wochen sollten nach Vollendung der vierten Lebenswoche (in der fünften Lebenswoche) erstmalig untersucht werden. Die Frühgeborenenretinopathie tritt bei Kindern unter 1500 g Geburtsgewicht (30 Gestationswochen) auf. Der Anteil der Frühgeborenen unter 1000 g Geburtsgewicht liegt bei 0,5 % aller lebend geborenen Säuglinge.
Therapie Die Laserkoagulation ist der Kryokoagulation bei einer Behandlung in der Zone I überlegen. Das Trauma mit den auftretenden Schmerzen ist bei der
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Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum)
Laserbehandlung geringer als bei einer Kältebehandlung. Außerdem muss die Konjunktiva bei einer Laserbehandlung – im Unterschied zur Kryotherapie – nicht operativ eröffnet werden. Da die Laserherde nicht konfluieren, kann ein peripheres Restgesichtsfeld erhalten bleiben. Abb. 1
Zoneneinteilung gemäß Internationaler Klassifikation. Zone I: Die zentrale Netzhaut innerhalb eines Kreises um die Papille mit dem Radius des doppelten Abstandes von Papille zu Fovea. Zone II: Die mittelperiphere Netzhaut peripher von Zone I innerhalb eines Kreises mit dem Radius des Abstandes von Papille zu nasaler Ora serrata. Zone III: Die periphere Netzhaut außerhalb von Zone II (aus Clemens et al. 1999)
Weiterführende Tipps
Amotio retinae; Laserpexie
Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum)
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Literatur Chung EJ, Kim JH, Ahn HS, Koh HJ (2007) Combination of laser photocoagulation and intravitreal bevacizumab (Avastin R) for aggressive zone I retinopathy of prematurity. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:1727–1730 Clemens S, Eckardt C, Gerding H et al. (1999) Augenärztliche Screening-Untersuchung von Frühgeborenen. Ophthalmologe 96:257–263 Gerding H (2004) Neue Empfehlungen zum Frühgeborenen-Screening. Augenarzt 38:174 Jandeck C, Kellner U, Foerster MH (2000) Okuläre Veränderungen bei Frühgeborenen. Ophthalmologe 97:799–818 Koreen S, Lopez R, Kauffmann Jokl DH, Flynn JT, Chiang MF (2008) Variation in appearance of severe zone 1 retinoptahy of prematurity during wide-angle contact photography. Arch Ophthalmol 126:736–737 Reinolds JD, Dobson V, Quinn GE et al. (2002) Evidence-based screening criteria for retinopathy of prematurity. Arch Ophthalmol 120:1470–1476 Schmidt D (1989) Untersuchungen des Augenhintergrundes beim Neugeborenen. Pädiatr Praxis 39:713–714
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Gelb-orangefarbiges Pigment eines Aderhautnävus
Gelb-orangefarbiges Pigment eines Aderhautnävus
Ziel Beurteilung und Überwachung von Aderhaut-Nävi.
Problem Chorioidale Nävi gelten im Allgemeinen als asymptomatisch. Solange ihr Durchmesser weniger als 6 mm beträgt, besteht eine geringere Wahrscheinlichkeit einer Entartung als bei größeren Pigmentflecken. Die klinische Erfahrung zeigt, dass ein Aderhautnävus im Allgemeinen über viele Jahre unverändert bleibt. Aber die Tendenz zur malignen Entartung besteht. Manche Aderhautnävi weisen eine gelb-orange Färbung auf. Welche Bedeutung kommt dieser Färbung zu?
Lösung und Alternativen Bei dem gelb-orangefarbigen Pigment handelt es sich um Lipofuscin. Langzeitbeobachtungen ergaben, dass die Gefahr einer malignen Melanomentstehung deutlich erhöht ist, wenn gelb-orangefarbiges Pigment vorhanden ist. (Kontrolle in regelmäßigen Abständen!) Von kleinen chorioidalen Tumoren, die zunächst beobachtet wurden, vergrößerten sich 21 % nach zwei Jahren und 31 % nach fünf Jahren. Zu den fünf Risikofaktoren eines Aderhautnävus, ein malignes Melanom zu entwickeln, gehören Tumordicke von mehr als 2 mm, Kontakt des Tumors mit der Papille, Sehstörungen, orangefarbiges Pigment und subretinale Flüssigkeitsansammlung. Als Regel gilt: Je dünner ein chorioidales Melanom ist, desto günstiger ist die Prognose. Die 5-Jahres Mortalitätsrate lag bei kleinen Aderhauttumoren (< 3 mm) bei 16 %, bei Tumoren mittlerer Größe (3–8 mm) bei 32 % und bei großen Tumoren (> 8 mm) bei 53 %.
Gelb-orangefarbiges Pigment eines Aderhautnävus
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Maligne Melanome des Auges können – wenn auch sehr selten – bereits im Kindes- und Jugendalter auftreten.
Weiterführende Tipps
Glaskörperblutung unklarer Genese; Maskeradezeichen
Literatur Collaborative ocular melanoma study group (1997) Factors predictive of growth and treatment of small choroidal melanoma. Arch Ophthalmol 115:1537–1544 Elner VM, Flint A, Vine AK (2004) Histopathology of documented growth in small melanocytic choroidal tumors. Arch Ophthalmol 122:1876–1878 Fischer P, Müller-Jensen K, Frenzel H (2000) Peripapilläres Melanom. 10-Jahres-Beobachtung. Klin Monatsbl Augenheilkd 217:363–366 Font RL, Zimmerman LE, Armaly MF (1974) The nature of the orange pigment over a choroidal melanoma. Histochemical and electron microscopical observations. Arch Ophthalmol 91:359–362 Shields CL, Cater J, Shields JA, Singh AD, Santos MCM, Carvalho C (2000) Combination of clinical factors predictive of growth of small choroidal melanocytic tumors. Arch Ophthalmol 118:360–364 Shields CL (2005) To find small ocular melanoma: a mnemonic to identify choroidal melanoma in its early stages. In: Rapuano CJ (ed) The year book of ophthalmology, chapter 10: Ocular Oncology. Elsevier, Mosby, pp 267–272 Singh AD, Shields CL, Shields JA, Sato T (2000) Uveal melanoma in young patients. Arch Ophthalmol 118:918–923 Smith LT, Irvine AR (1973) Diagnostic significance of orange pigment accumulation over choroidal tumors. Am J Ophthalmol 76:212–216
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Gesichtsfeldausfall bei der Epilepsiebehandlung mit Vigabatrin
Gesichtsfeldausfall bei der Epilepsiebehandlung mit Vigabatrin
Ziel Frühzeitiges Erkennen von Gesichtsfeldausfällen.
Problem Vigabatrin wurde 1989 als wirkungsvolles Medikament zur Behandlung der Epilepsie eingeführt. In den vergangenen Jahren wurde als ernste Nebenwirkung eine deutliche Gesichtsfeldeinengung mehrer Patienten nachgewiesen. Es stellt sich die Frage der Überwachung, der Dosierung und der Weiterbehandlung mit diesem antikonvulsiv wirksamen Mittel.
Lösung und Alternativen Vigabatrin ist der γ-amino-Buttersäure (GABA) ähnlich und hemmt irreversibel das Enzym GABA-Transaminase, sodass durch Vigabatrin die Konzentration von GABA ansteigt. Es wurde festgestellt, dass Vigabatrin einen stärkeren Effekt auf retinale als auf zerebrale GABA-Konzentrationen aufweist. Die Dosierung von Vigabatrin liegt im Allgemeinen zwischen 1000 und 3000 mg / d. Bei dieser Behandlung wurde die zentrale Sehschärfe nicht beeinträchtigt, jedoch droht bei etwa 30 % der Patienten ein irreversibler Ausfall des peripheren Gesichtsfelds. Es wurde eine Dysfunktion der GABA-ergen retinalen Zelltransmission angenommen. Eine individuelle Überempfindlichkeit auf Vigabatrin wurde vermutet. Eindeutige morphologische Augenveränderungen waren nicht nachweisbar, auch der Farbsinn blieb ungestört. Allerdings zeigten sich veränderte oszillatorische Potenziale der b-Welle im Elektro-Retinogramm (ERG), insbesondere bei Patienten mit einer konzentrischen Gesichtsfeldeinengung. Schwere ERG-Veränderungen traten bei einer hohen Dosis von > 4 g / die auf.
Gesichtsfeldausfall bei der Epilepsiebehandlung mit Vigabatrin
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Aber auch bei Patienten ohne Gesichtsfeldveränderung wurden ERGund Elektro-Okulogramm (EOG)-Veränderungen festgestellt. Bei der Langzeitbeobachtung zeigte sich eine Besserung der elektrophysiologischen Veränderungen, jedoch blieb der Gesichtsfeldausfall unverändert als Zeichen des retinotoxischen Effekts des Medikaments bestehen. Da kleine Kinder keine genauen Gesichtsfeldangaben am Perimeter machen, sind elektrophysiologische Tests in regelmäßigen Abständen erforderlich. Abb. 1
a Rechtes Auge mit abgeblasster, randscharfer Papille. b Linkes Auge mit abgeblasster, randscharfer Papille (aus Viestenz et al. 2003)
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Gesichtsfeldausfall bei der Epilepsiebehandlung mit Vigabatrin
Weiterführende Tipps
Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Besch D, Kurtenbach A, Apfelstedt-Sylla E et al. (2002) Visual field constriction and electrophysiological changes associated with vigabatrin. Docum Ophthalmol 104:151–170 Comaish LF, Gorman C, Brimlow GM et al. (2002) The effects of vigabatrin on electrophysiology and visual fields in epileptics: a controlled study with a discussion of possible mechanisms. Docum Ophthalmol 104:195–212 Graniewski-Wijnands HS, Torren K van der (2002) Electro-ophthalmological recovery after withdrawal from vigabatrin. Docum Ophthalmol 104:189–194 Harding GFA, Robertson K, Spencer EL et al. (2002) Vigabatrin; its effect on the electrophysiology of vision. Docum Ophthalmol 104:213–229 Jensen H, Sjö O, Uldall P et al. (2002) Vigabatrin and retinal chamges. Docum Ophthalmol 104:171–180 Torren K van der, Graniewski-Wijnands HS, Polak BCP (2002) Visual field and electrophysiological abnormalities due to vigabatrin. Docum Ophthalmol 104:181–188 Viestenz A, Viestenz A, Mardin CY (2003) Vigabatrin-assoziierte bilaterale einfache Optikusatrophie mit konzentrischer Gesichtsfeldeinengung. Ophthalmologe 100:402–405
Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“
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Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“
Ziel Grobe Schätzung von Gesichtsfeldaußengrenzen.
Problem Gesichtsfelduntersuchungen können nicht bei allen Patienten am Perimeter durchgeführt werden, insbesondere nicht bei Kleinkindern, bei bettlägerigen Patienten, auf einer Intensivstation oder bei schwieriger Compliance. Derartige Situationen treten nicht selten auf, sodass der Arzt gezwungen ist zu versuchen, fingerperimetrisch grob zu testen, ob beispielsweise eine Hemianopsie, ein altitudinaler Ausfall oder eine deutliche konzentrische Gesichtsfeldeinengung besteht. Der Test ist wegen des einfachen Vorgehens geeignet, auch von Nicht-Augenärzten durchgeführt zu werden.
Lösung und Alternativen Vorgehensweise: Der Untersucher setzt sich dem einäugig okkludierten Patienten in gleicher Augenhöhe in etwa ½ m Abstand gegenüber und bittet diesen, beispielsweise die Nasenwurzel des Untersuchers zu fixieren. Der Untersucher führt einen Bleistift oder Stab dicht am Kopf des Patienten mit langsamer Bewegung von seitlich hinten – aus dem blinden Bereich kommend – in den sehenden Bereich. Der Patient gibt an, wann er die Spitze des Bleistifts zuerst wahrnimmt. Am besten fängt der Untersucher mit der Bestimmung der temporalen Gesichtsfeldgrenze an, um anschließend die nasalen, oberen und unteren Grenzen sowie die schrägen Meridiane zu prüfen. Auf diese Weise gelingt es, die Außengrenzen des Gesichtsfelds grob zu bestimmen. Der Patient muss immer wieder aufgefordert werden, nie den Bleistift anzuschauen, sondern die Nasenwurzel zu fixieren.
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Eine andere Methode, bei der grob nachgewiesen wird, ob eine Hemianopsie vorliegt, wird wie folgt durchgeführt: Der Untersucher, der im Abstand von etwa ½ m vor dem einseitig okkludierten Patienten sitzt, hebt beide Hände hoch, indem eine Hand sich im rechten, die andere Hand im linken Gesichtsfeldbereich des Patienten befindet, während der Patient die Nasenwurzel des Untersuchers fixiert. Der Untersucher bewegt nun abwechselnd zwei Finger seiner Hände (mal rechts, mal links) und fragt den Patienten: „Bewegt sich etwas?“. Die Hände werden anschließend in alle vier Quadranten des Patientengesichtsfelds geführt, damit auch eine Quadrantenanopsie ermittelt werden kann. Eine andere Untersuchungstechnik besteht darin, unterschiedlich viele Finger in einzelnen Gesichtsfeldquadranten zu zeigen – ohne Bewegung der Finger – und den Patienten nach der Anzahl der Finger zu fragen. Anstelle der Finger können auch kleine farbige Testmarken wie ein roter Schraubenverschluss von Tropffläschchen auf beiden Seiten hochgehalten werden, sodass der Patient die Farbentsättigung einer Seite im Falle einer Hemianopsie wahrnehmen könnte (homonyme Hemianopsie). Bei Kleinkindern können interessante Gegenstände, die eine Hilfsperson in den verschiedenen Gesichtsfeldbereichen hochhält, gezeigt werden, während das Kind den Untersucher stets fest anschauen und ihm die Gegenstände benennen muss. Der Nachteil dieser unterschiedlichen Prüfungsmethoden besteht darin, dass nur grobe Ausfälle damit ermittelt werden können. Skotome, also Ausfälle innerhalb des Gesichtsfelds, wie sie beispielsweise beim Glaukom vorkommen, können damit nicht festgestellt werden.
Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“
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Abb. 1
Grobe Gesichtsfeldprüfung durch Fingerperimetrie
Weiterführende Tipps Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Hemianopsie, bilaterale homonyme; Hemianopsie, homonyme (Untersuchung „am Krankenbett“); Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie (Untersuchung „am Krankenbett“); „Post-Fixierpunkt-Skotom“, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Schiefer U, Pätzold J, Dannheim F (2005) Konventionelle Perimetrie. Teil 2: Konfrontationsperimetrie-Kinetische Perimetrie. Ophthalmologe 102:821–830
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Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen
Gesichtsfelduntersuchung bei einoder beidseitigen Sehstörungen
Ziel Abklärung der Sehstörung zur Frage eines organisch bedingten oder simulationsbedingten Ausfalls.
Problem Es ist notwendig, eine Simulation oder Aggravation früh zu entdecken, bevor wegen des Verdachts einer organisch bedingten Störung umfangreiche Untersuchungen begonnen werden.
Lösung und Alternativen Bei jeder unklaren Sehstörung, insbesondere nach Ausschluss einer Medientrübung und einer retinalen Erkrankung sollte zusätzlich zur Skiaskopie eine Gesichtsfelduntersuchung beider Augen durchgeführt werden. Es kann ein chiasmanaher Prozess zu einer hochgradigen einseitigen Sehminderung mit Gesichtsfeldveränderung führen, wobei das Gesichtsfeld des anderen Auges erst leicht eingeengt ist. Hypophysenadenome wachsen nicht immer genau in der Mitte nach oben gegen das Chiasma, also asymmetrisch. Bei Patienten mit Gesichtsfelddefekten, die auch „nur“ stellenweise eine vertikale Mittellinienbegrenzung aufweisen, muss eine MRT / CT-Untersuchung des Schädels durchgeführt werden. Etwa 15–20 % aller Hirntumore befinden sich im Chiasmabereich (etwa die Hälfte dieser Tumoren sind Hypophysenadenome, seltener wurden Kraniopharyngeome mit ca. 25 % gefunden; in etwa 10 % der Fälle sind es Meningeome und in 5 % Gliome). Eine Kompression des Chiasmas von unten, beispielsweise durch ein Hypophysenadenom, führt zunächst zu oberen temporalen Gesichtsfeldausfällen; ein Druck von oben durch ein Kraniopharyngeom hingegen bewirkt einen unteren bitemporalen Ausfall.
Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen
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Ein akut auftretender bitemporaler Halbseitenausfall begleitet von starken Kopfschmerzen und Allgemeinsymptomen wird durch einen Apoplex der Hypophyse hervorgerufen.
Vorgehensweise bei Verdacht auf eine Simulation oder Aggravation Patienten, die unrichtige Angaben machen, geben meistens hochgradige Einengungen der Außengrenzen des Gesichtsfelds an. Wiederholte Prüfung
Die Außengrenzen werden aufgezeichnet, danach wird nach einer längeren Pause die Gesichtsfelduntersuchung wiederholt. Ergeben sich deutliche Differenzen der Lage der Isopteren, so besteht dringender Verdacht auf eine Täuschung. „Spiralenförmige“ Einengung der Außengrenzen oder eine Überkreuzung von Isopteren gelten als typisch für eine Simulation. Auch Angaben über „bizarre“ Außengrenzen können ein Hinweis auf unrichtige Angaben sein, insbesondere, wenn bei wiederholter Prüfung die „bizarre“ Form nicht konstant bleibt. Cave: Ein „spiralenförmig“ eingeengtes Gesichtsfeld kann aber auch allein durch Ermüdung bzw. mangelnde Kooperation entstehen und sollte deshalb nach kurzer Pause bzw. bei einem ausgeruhten Patienten wiederholt werden. Prüfung durch Änderung der Reihenfolge der Prüfmarkenleuchtdichte
Dabei erfolgt die Untersuchung zunächst mit einer lichtschwachen Prüfmarke, anschließend mit einer etwas lichtstärkeren Testmarke. Bei Patienten mit falschen Angaben kann hierdurch eine falsche Position, also eine Umkehr der Lage der Isopteren als Zeichen unrichtiger Kooperation festgestellt werden. Prüfung der Sakkaden
Bei der Untersuchung am Kugelperimeter wird der Patient aufgefordert, vom zentralen Fixierpunkt zur anschließend peripher auftauchenden Testmarke zu blicken, die außerhalb der von ihm vorher angegebenen Gesichts-
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Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen
feldbegrenzung liegt. Testmarken werden in unterschiedlichen Richtungen nacheinander peripher angeboten. Der Patient führt dabei zielgerichtete Sakkaden aus, wenn er die Testmarke sofort wahrgenommen hat, und ist somit als Simulant überführt.
Weiterführende Tipps Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Gesichtsfeldausfall bei der Epilepsiebehandlung mit Vigabatrin; Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“; Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall); Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung; Papillenrandblutung; „Pie in the sky“-Defekt; Prismenvergleichstest; Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Literatur Lachenmayr BJ, Vivell PMO (1992) Perimetrie. Thieme Verlag, Stuttgart Mehdorn E, Schmidt D (1980) Simulationsproben. Z prakt Augenheilk 5:17–22 Schiefer U, Wilhelm H, Zrenner E, Burk A (2003) Praktische Neuroophthalmologie. KadenVerlag, Heidelberg
Glaskörperblutung unklarer Genese
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Glaskörperblutung unklarer Genese (Es kann sich um einen neurochirurgischen Notfall handeln!)
Ziel Bei einer unklaren Glaskörperblutung ist stets an eine Subarachnoidalblutung (SAB) zu denken.
Problem Ein jugendlicher Patient sah akut einseitig schlechter, klagte in letzter Zeit über zunehmende Kopfschmerzen und wies einen Leistungsknick auf. Es fand sich eine deutliche Glaskörperblutung mit einer Visusminderung.
Lösung und Alternativen Glaskörper- und Netzhautblutungen können bei einer Subarachnoidalblutung (SAB) plötzlich, in seltenen Fällen auch mit einer Stauungspapille auftreten. Diagnostisch ist der Meningismus bei akuten starken Kopfschmerzen von Bedeutung. Der Patient befindet sich in einer lebensbedrohlichen Situation. Etwa ein Fünftel aller Patienten mit Subarachnoidalblutung zeigt intraretinale, subhyaloidale oder intravitreale Blutungen. Eine SAB tritt meistens spontan infolge eines intrakraniellen rupturierten Aneurysmas, selten posttraumatisch auf. Durch bildgebende Verfahren, insbesondere durch eine Angiographie der Hirnarterien ist nach einem intrakraniellen Aneurysma als Blutungsquelle zu fahnden. Zusätzlich können sich Hirnnervenparesen und Optikusscheidenhämatome ausbilden. Bei jeder unklaren Glaskörperblutung ist in erster Linie an ein Netzhautforamen mit oder ohne Amotio retinae oder an einen Diabetes mellitus zu denken. Seltener führt ein retinaler Venenverschluss zur vitrealen Hämorrhagie. Mögliche Komplikationen der intraokulären Blutungen sind Katarakt, fibrovaskuläre Proliferationen, Netzhautablösung und Hämosiderosis bul-
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Glaskörperblutung unklarer Genese
bi. Lange bestehende Glaskörperblutungen führen zur Organisation mit Membranbildung und Gefahr einer Traktionsamotio.
Therapie Bei beidseitiger Glaskörperblutung mit verzögerter Spontanresorption und erheblicher Funktionseinschränkung wird eine baldige Vitrektomie empfohlen, nach Möglichkeit innerhalb von 6 bis 12 Wochen. Bei jüngeren Kindern ist die Amblyopiegefahr groß.
Weiterführende Tipps Bulbusperforation, gedeckte; Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum); Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung; Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie)
Literatur Daus W, Käsmann B, Alexandridis E (1992) Terson-Syndrom. Komplizierte klinische Verläufe. Ophthalmologe 89:77–81 Espinasse-Berrod MA, David T, Parent de Curzon H et al. (1988) Le syndrome de Terson. A propos de 7 cas. J Fr Ophtalmol 11:43–51 Huber A, Klöti R, Landolt E (1988) Terson’s syndrome. Neuro-ophthalmology 8:223–233 Neß T, Janknecht P, Berghorn C (2005) Frequency of ocular hemorrhages in patients with subarachnoidal hemorrhage. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 243:859–862 Schlinke E, Steinhorst UH, Leuschner G et al. (1995) Frühvitrektomie bei Terson-Syndrom. 93. Tagung Dtsch Ophthalmol Ges Mannheim Shaw HE, Landers MB (1975) Vireous hemorrhage after intracranial hemorrhage. Am J Ophthalmol 80:207–213 Sourdille Ph, Colin J, Baikoff G et al. (1980) Vitrectomie – injection de silicone dans un syndrome de Terson. Bull Soc Ophtalmol Fr 80:419–420
„Graft-versus-Host Disease” (GvHD)
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„Graft-versus-Host Disease” (GvHD) (TransplantatWirt-Reaktion nach haematopoetischer Stammzelltransplantation)
Ziel Früherkennung und Behandlung von okulären Komplikationen nach einer Stammzelltransplantation.
Problem Ein 30-jähriger Patient klagte über stark gerötete Augen mit Fremdkörpergefühl und Photophobie. Der Patient berichtete über eine Stammzelltransplantation vor mehreren Monaten.
Lösung und Alternativen Nach einer Stammzelltransplantation kann innerhalb von 100 Tagen eine akute „Graft-versus-Host Disease“ („GvHD“) oder nach dieser Zeit eine chronische GvDH auftreten. Typischerweise stellen sich die Beschwerden etwa sechs Monate nach der Operation ein.
Definition einer GvHD Es besteht eine Abstoßungsreaktion, bei der das transplantierte Gewebe eine Immunreaktion gegen Wirtsgewebe hervorruft, beispielsweise nach einer haematopoetischen Stammzelltransplantation. Die Behandlung maligner hämatologischer Erkrankungen durch eine Stammzelltransplantation hat als Nebenwirkung zu einer neuen schweren Augenerkrankung geführt. Nach einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation treten nicht selten schwerste Benetzungsstörungen der Augen auf.
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„Graft-versus-Host Disease” (GvHD)
Ein wesentlicher Befund bei GvDH stellt die Keratinisierung von Hornhaut und Bindehaut dar. Eine pseudomembranöse Konjunktivitis sowie ein Hornhautulkus entstehen durch Verlust des Bindehautepithels als Folge einer akuten zytotoxischen GvDH. Es kann zur subtarsalen Bindehautvernarbung sowie zu Hornhautulzera mit Hornhauteinschmelzung kommen.
Die 4 Stadien der GvHD der Bindehaut (Käsmann und Ruprecht 1993) 1. 2. 3. 4.
Bindehauthyperämie Chemose und Exsudat Bildung von Pseudomembranen Hornhautepithelschäden
Zahlreiche okuläre Veränderungen können bei GvHD auftreten: t Pseudomembranöse Konjunktivitis, evtl. bullös t Dyskeratose / Keratinisierung der Bindehaut t Keratopathia filamentosa, evtl. spätere Bullae t Lymphozytäre Tränendrüseninfiltration und Stasis t Obliteration der akzessorischen Tränendrüsen t Retinale Hämorrhagien t Exophthalmus t Hirnnervenparesen t Opportunistische Infektionen Auch eine Dysfunktion der Meibom-Drüsen und Netzhautblutungen wurden bei der späten Form der GvHD beobachtet. Retinale Blutungen sind Folge einer GvDH-Vaskulopathie. Sie können auch im Rahmen einer Zytomegalie-Retinitis oder infolge eines Rezidivs einer Leukämie-Erkrankung auftreten. Selten wurde eine Skleritis mit Aderhautabhebung beobachtet.
Weiterführende Tipps Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid; Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Benetzungsstörungen;
„Graft-versus-Host Disease” (GvHD)
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Abb. 1
Herpes-simplex-Rezidiv unter lokaler und systemischer Immunsuppression. Ausgedehnte Keratitis dendritica bei völlig blassem Auge (aus Mittelviefhaus 2000)
Oberflächenanästhetika, Missbrauch; ger bei intaktem Hornhautgewebe
Penetration bakterieller Erre-
Literatur Fahnehjelm KT, Törnquist Al, Winiarski J (2008) Dry-eye syndrome after allogenic stem-cell transplantation in children. Acta Ophthalmol 86:253–258 Haka BE, Müller-Molaian L, Palmowski A et al. (2002) Okuläre Manifestation bei chronischer Graft-versus-Host-disease nach Knochenmarkstransplantation. Ophthalmologe 99:195 Käsmann B, Ruprecht KW (1993) Ophthalmologische Befunde bei Graft versus Host disease (GvHD). Klin Monatsbl Augenheilkd 202:491–499 Mittelviefhaus H (2000) Augenbeteiligung bei Graft-versus-Host-Erkrankung nach Knochenmarktransplantation. Ophthalmologe 97:228–242 Ogawa Y, Kuwana M (2003) Dry eye as a major complication associated with chronic graftversus-host disease after hematopoietic stem cell transplantation. Cornea 22:19–27
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Halbfeldgleiten („hemifield slide”)
Halbfeldgleiten („hemifield slide”)
Ziel Diplopie als erstes Zeichen eines chiasmanahen krankhaften Prozesses.
Problem Patienten mit einer bitemporalen Hemianopsie, beispielsweise als Folge eines Hypophysenadenoms, berichten über Doppelbilder, manchmal vorübergehend auftretend.
Lösung und Alternativen Da die verbliebenen nasalen Gesichtsfeldhälften keine Fusion der Bilder mehr ermöglichen, entsteht ein phoriebedingtes Auseinanderweichen, ein Ineinandergehen oder eine Höhenabweichung der Gesichtsfeldreste. Beispiel: Ein Autofahrer berichtete, dass er den weißen Strich in der Fahrbahnmitte vorübergehend doppelt gesehen habe. Da die augenärztliche Untersuchung keine Hirnnervenparese aufdecken konnte, erfolgte eine Gesichtsfelduntersuchung mit dem Nachweis einer inkompletten bitemporalen Hemianopsie. Durch die anschließende CT-Untersuchung wurde die Diagnose eines Hypophysenadenoms gestellt. Durch laterales Wachstum eines Hypophysentumors in den Bereich des Sinus cavernosus können jedoch auch Augenmuskelparesen durch Tumordruck auf Hirnnerven entstehen. Eine Diplopie bei einem Tumor im Chiasmabereich kann auch durch ein Chordom oder Kraniopharyngeom im Sellabereich mit Hirnnervenausfall hervorgerufen werden.
Weiterführende Tipps Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; „Post-Fixierpunkt-Skotom“, Untersuchung „am Krankenbett“
Halbfeldgleiten („hemifield slide”)
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Literatur Borchert MS, Lessell S, Hoyt WF (1996) Hemifield slide diplopia from altitudinal visual field defects. J Neuro-Ophthalmol 16:107–109 Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer, Stuttgart Huber A, Kömpf D (Hrsg) (1998) Klinische Neuroophthalmologie. Thieme Verlag, Stuttgart, pp 622–630 Neetens A, Selosse P (1977) Oculomotor anomalies in sellar and parasellar pathology. Ophthalmologica 175:80–104 Neetens A, Bultinck R, Martin JJ, Solheid J (1980) Intrasellar adenoma and chordoma. Neuroophthalmology 2:123–135 Walsh FB, Hoyt WF (1969) Clinical Neuro-Ophthalmology. Williams & Wilkins Comp. Baltimore
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Hämangiome der Lider
Hämangiome der Lider
Ziel Frühzeitige Behandlung von Hämangiomen der Lider zur Vermeidung einer Amblyopie.
Problem Hämangiome sind die häufigsten Tumoren im Kindesalter. Sie treten vorwiegend in den ersten Lebensmonaten auf.
Lösung und Alternativen Bei kavernösen Hämangiomen der Lider kann eine Formänderung des Bulbus als Druckfolge zu Brechungsfehlern führen. Eine höhergradige Refraktionsanomalie bewirkt unbehandelt im Säuglings- und Kleinkindalter eine Amblyopie. Hämangiome treten einseitig im Lidbereich auf, am häufigsten am Oberlid. Eine Indikation zur Therapie besteht bei drohender Amblyopie, wenn die optische Achse verlegt wird oder wenn ein Astigmatismus durch den Tumordruck hervorgerufen wird. Eine frühzeitige Skiaskopie zum Nachweis von Brechungsfehlern, insbesondere eines Astigmatismus und einer Myopie ist erforderlich. Eine chirurgische Biopsie kann indiziert sein bei raschem Wachstum des Tumors, insbesondere bei tief gelegenen kapillären Hämangiomen zum Ausschluss maligner orbitaler Prozesse.
Therapie Vor jeder Behandlung sollte der Befund ausreichend photographisch dokumentiert werden. Zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten wurden in der Literatur mitge-
Hämangiome der Lider
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Abb. 1
Hämangiom des rechten Oberlides beim Kleinkind, das im Säuglingsalter nicht behandelt wurde. Rechtes Auge amblyop. Hoher Astigmatismus (aus Grehn 2008)
teilt: Kryotherapie, Strahlentherapie, Interferontherapie, systemische Kortikoidbehandlung, Laserkoagulation, Magnesiumspickung, insbesondere die lokale Injektion von Kortikosteroiden. Bei großen Tumoren, die auf das Auge drücken, kann auch eine chirurgische Resektion des Tumors erforderlich sein. Eine Spontanheilung der Hämangiome ist bekannt, jedoch ist bei eindeutigen druckbedingten Brechungsfehlern eine Behandlung indiziert, da die Amblyopiegefahr zu groß ist. Therapeutisch werden vor allem Steroidinjektionen in das Tumorgewebe empfohlen.
Literatur Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag, Heidelberg Lieb W, Scheven A von (2001) Hämangiom im Lidbereich. Ophthalmologe 98:1209–1225 Robb RM (1977) Refractive errors associated with hemangiomas of the eyelids and orbit in infancy. Am J Ophthalmol 83:52–58 Schulz E (1982) Deprivationsamblyopie und Refraktionsanomalie bei frühkindlichen Lidhämangiomen. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:192–194
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Hämodilution, isovolämische
Hämodilution, isovolämische
Ziel Verbesserung von Durchblutungsstörungen des Auges bei Gefäßverschlüssen.
Problem Bei der am meisten gebräuchlichen isovolämischen Hämodilution erfolgt ein Aderlass (500 ml) bei gleichzeitigem Auffüllen des Volumens mit einer 6 %igen Hydroxyäthylstärke-Lösung (HAES) als Infusion. Nach Diskussionen der Neurologen über die Behandlung des Schlaganfalls mit einer Hämodilution war zunächst auch die Frage der verbesserten retinalen Durchblutung umstritten.
Lösung und Alternativen Es konnte gezeigt werden, dass durch eine Hämodilution die Blutviskosität verringert und die retinale arterio-venöse Passagezeit verkürzt wurde. Ein günstiger Effekt der Hämodilution zeigte sich bei der Behandlung sowohl von venösen als auch von arteriellen Gefäßverschlüssen der Retina. In plazebokontrollierten randomisierten Studien wurden in der mit Hämodilution behandelten Patientengruppe bessere Ergebnisse des Sehvermögens als in der Plazebogruppe erzielt. Patienten mit venösen Gefäßverschlüssen, die keinen Visusanstieg trotz isovolämischer Hämodilution zeigten, sollten frühzeitig mit einer Photokoagulation behandelt werden, da die Gefahr einer Neovaskularisation der Retinagefäße mit Blutungsneigung und der Iris mit der Gefahr eines Neovaskularisationsglaukoms droht. Venöse Gefäßverschlüsse, die älter als 4 Wochen sind, sollten nicht mehr mit einer Hämodilution behandelt werden.
Hämodilution, isovolämische
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Kontraindikationen einer Hämodilutionsbehandlung
t t t t t t
Anämie Herzinfarkt in den letzten Monaten Schwere hämorrhagische Diathese Herzinsuffizienz Respiratorische Insuffizienz Deutlich reduzierter Allgemeinzustand
Indikation zur Hämodilution bei einem frischen retinalen Venenverschluss Der Hämatokrit (HKT) sollte über 37 % betragen. Bei einem HKT zwischen 37 % und 39 % sollte eine HAES-Infusion von 300 ml verabreicht werden, bei gleichzeitigem Aderlass von 300 ml. Bei einem HKT von > 39 % sollte eine HAES-Infusion von 500 ml verabreicht werden, bei gleichzeitigem Aderlass von 500 ml. Der Aderlass und die HAES-Infusion sollten gleichzeitig an jeweils einem Arm durchgeführt werden, damit das Herzminutenvolumen nicht absinkt. Der Zielwert des HKT sollte nicht unter 35 % liegen. Wiederholte Hämodilutionsbehandlungen sollten nicht in täglichen Abständen erfolgen, damit der Patient nicht zu stark geschwächt wird. Nach einer Hämodilution kann es 2 bis 3 Tage dauern, bis der niedrigere neue HKT-Wert ermittelt werden kann. Die Behandlungsdauer sollte nicht länger als 6 Wochen bei einem venösen Verschluss betragen, sonst besteht die Gefahr einer Eisenmangelanämie. Eine isovolämische Hämodilution hat sich bei Sehstörungen mit Netzhautblutungen bei einer Hyperviskosität (Polyglobulie) sehr bewährt. Es wurden auch Versuche unternommen, anstelle einer isovolämischen eine hypervolämische Hämodilution durchzuführen. Allerdings dürfte die Gefahr von kardiovaskulären Nebenwirkungen bei einer hypervolämischen Hämodilution erhöht sein.
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Hämodilution, isovolämische
Weiterführende Tipps Anti-Phospholipid-Syndrom mit serologischen Markern (Gefäßverschluss als Notfall)
Literatur Gallasch G (1987) Rebound-Effekte nach isovolämischer Hämodilution venöser Gefäßverschlüsse und deren Verhütung. Fortschr Ophthalmol 84:367–368 Hansen LL, Wiek J, Arntz R (1988) Randomisierte Studie zur Wirksamkeit der isovolämischen Hämodilution bei retinalen Venenastverschlüssen. Fortschr Ophthalmol 85:514–516 Mehdorn E, Laqua H (1990) Durchblutungsstörungen der Netzhaut und des Sehnerven. Fortschr Ophthalmol 87:70–81 Schmidt D (1996) The Incomplete Central Retinal Artery Occlusion (ICRAO). Visual Recovery with Conservative Therapy. Neuroophthalmolgy 16:171–182 Wolf S, Arend O, Bertram B, Schulte K, Kaufhold F, Teping C, Reim M (1991) Hämodilution bei Patienten mit Zentralvenenthrombose der Retina. Eine plazebokontrollierte randomisierte Studie. Fortschr Ophthalmol 88:35–43
Hemianopsie, bilaterale homonyme
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Hemianopsie, bilaterale homonyme
Ziel Frühzeitiger Nachweis eines zerebralen Infarkts.
Problem Eine bilaterale (oder auch einseitige) homonyme Hemianopsie wird am häufigsten durch Infarkte des Okzipitalhirns hervorgerufen. Derartige Infarkte werden gelegentlich zu spät erkannt, insbesondere wenn ein Anton-Syndrom vorliegt und keine zusätzlichen neurologischen Defizite auftreten.
Lösung und Alternativen Eine bilaterale homonyme Hemianopsie ist charakterisiert durch ähnlich ausgeprägte Gesichtsfeldausfälle auf korrespondierender Seite der vertikalen Mittellinie jedes Auges, beispielsweise eine vollständige homonyme Hemianopsie nach rechts und eine obere Quadrantenanopsie nach links bei erhaltenem unteren Gesichtsfeldquadranten und regelrechter Sehschärfe beider Augen. Die Pupillenreaktionen auf Licht sind dabei erhalten. Der Fundus weist regelrechte Papillen auf. Eine homonyme Hemianopsie kann auch infolge eines erhöhten intrakraniellen Hirndrucks durch ein subdurales Hämatom, außerdem (selten) auch durch einen Migräneanfall beobachtet werden. Bei ausgedehnter okzipitaler Schädigung tritt eine kortikale Blindheit auf, beispielsweise im Rahmen einer Enzephalitis, einer degenerativen Erkrankung, nach zerebraler Hypoxie nach einem Herzstillstand oder bei progressiver multifokaler Leukenzephalopathie.
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Hemianopsie, bilaterale homonyme
Abb. 1
Schematischer Sehbahnfaserverlauf im Bereich des Chiasma opticum mit zugehörigen typischen Skotomkonfigurationen im 30°-Gesichtsfeldbereich nebst prozentualen Häufigkeitsverteilungen, bezogen auf die Gesamtzahl von 153 Patienten (aus Schiefer et al. 2005) Abb. 2
Bilaterale homonyme Hemianopsie (Gesichtsfeldgrenzen links unten mit den Prüfmarken I/4 und III/4)
Hemianopsie, bilaterale homonyme
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Weiterführende Tipps Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Hemianopsie, homonyme, Untersuchung „am Krankenbett“; Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei „battered child syndrome“ durch Kindesmisshandlung; Schachbrett-Gesichtsfeld
Literatur Eibl KH, Neubauer AS, Kampik A, Ulbig MW (2004) Inkomplette, inkongruente homonyme Hemianopsie nach rechts im Rahmen einer multiplen Sklerose. Ophthalmologe 101:294– 296 Förster O (1890) Über Rindenblindheit. Graefes Arch Ophthalmol 36:94–108 Hoyt WF, Walsh FB (1958) Cortical blindness with partial recovery following acute cerebral anoxia from cardiac arrest. Arch Ophthalmol 60:1061–1069 Nepple EW, Appen RE, Sackett JF (1978) Bilateral homonymous hemianopia. Am J Ophthalmol 86:536–543 Schiefer U, Pätzold J, Dannheim (2005) Konventionelle Perimetrie, Teil I: Einführung – Grundbegriffe. Ophthalmologe102:627–646 Schmidt D, Noetzel H, Mühlhäuser J (1977) Okzipitale Erblindung bei der juvenilen, spongiösen, glioneuralen Dystrophie. Klin Monatsbl Augenheilkd 171:520–525
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Hemianopsie, homonyme (Untersuchung „am Krankenbett“)
Hemianopsie, homonyme (Untersuchung „am Krankenbett“)
Ziel Frühzeitiges Erkennen eines Gesichtsfeldausfalls (ohne Perimeter) mit Hinweis auf eine zerebrale Läsion.
Problem Eine Gesichtsfelduntersuchung am Perimeter ist nicht bei jedem Patienten durchführbar, insbesondere, wenn ein Patient nach einem Schlaganfall an das Bett gebunden ist. In solchen Situationen sollte der Arzt versuchen, wenigstens einen groben Gesichtsfeldausfall mit einer einfachen Untersuchungsmethode nachzuweisen. Eine vom Patienten nicht selbst wahrgenommene Hemianopsie (Anton-Syndrom) kann bei stummen Okzipitalinfarkten auftreten.
Lösung und Alternativen Test der Farbentsättigung Der Patient wird aufgefordert, einen Punkt zu fixieren, der auf einem hellen Papier eingezeichnet wurde. Der Papierabstand zum Patienten beträgt beispielsweise 1 m. Anschließend werden zwei Gegenstände gleicher Farbe, zwei rote Verschlusskappen von Tropffläschchen im Abstand von etwa 2–3 cm jeweils rechts und links vom Fixierpunkt vor das Papier gehalten. Im Falle eines einseitigen Gesichtsfeldausfalls wird der Patient unter stetem Blick auf den Fixierpunkt auf der Seite des Ausfalls die Verschlusskappe grau, „schmutziger“ oder evtl. auch heller sehen, im erhaltenen Gesichtsfeldbereich nimmt er die rote Farbe hingegen wahr. Der Test sollte monokular und binokular durchgeführt werden.
Hemianopsie, homonyme (Untersuchung „am Krankenbett“)
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Bei homonymen Ausfällen, beispielsweise nach links, berichten Patienten nicht selten, nur mit einem Auge schlechter sehen zu können. Es ist ihnen nicht bewusst geworden, dass in Wirklichkeit beide Augen von dem Gesichtsfeldausfall der linken Seite betroffen sind. Dem Patienten sollte seine Fehleinschätzung verdeutlicht werden, indem er aufgefordert wird, beim Fixieren eines Gegenstands abwechselnd jeweils ein Auge mit der Hand abzudecken. Patienten mit einer homonymen Hemianopsie sind sich manchmal ihres Ausfalls nicht bewusst, sodass erst bei einer Routineuntersuchung die Sehstörung erkannt oder vielleicht nach einem Verkehrsunfall (beispielsweise beim Rückwärts-Einparken des PKWs) der Gesichtsfeldausfall bemerkt wird.
Weiterführende Tipps Hemianopsie, bilaterale homonyme; Hemianopsie, inferiore; Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer, Stuttgart Papageorgiou E, Hardiess G, Schaeffel F, Wiethoelter H, Karnath HO, Mallot H, Schoenfisch B, Schiefer U (2007) Assessment of vision-related quality of life in patients with homonymous visual field defects. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:1749–1758
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Hemianopsie, inferiore
Hemianopsie, inferiore
Ziel Frühdiagnose aufgrund internistischer Befunde, aber auch mit bildgebenden Verfahren, erforderlich.
Problem Ein Patient mittleren Alters bemerkte einen plötzlichen unteren Gesichtsfeldausfall eines Auges. Da er mit dem Partnerauge schon immer schlecht gesehen hatte, konnte er nun kaum mehr lesen.
Lösung und Alternativen Der Patient wies eine Hemianopsia inferior seines einzig sehenden Auges infolge einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION) auf. Eine AION führt vor allem zunächst zu einem Ausfall des nasal unteren Quadranten, nicht selten aber zum vollständigen Ausfall des inferioren Gesichtsfelds. Ursache ist meistens eine Arteriosklerose bei entsprechenden Risikofaktoren wie beispielsweise Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Hyperurikämie. Auch eine superiore Hemianopsie (seltener) kann akut bei einer AION entstehen. Sicher zu stellen sind stets entzündliche Gefäßerkrankungen wie eine Arteriitis cranialis oder medikamentöse Ursachen. Ein vollständiger Gesichtsfeldausfall nach unten an beiden Augen wurde auch bei einem Tuberculum-sellae-Meningeom beobachtet. Es ist deshalb erforderlich, wenn keine typischen Papillenveränderungen einer AION vorhanden sind, stets ein Schädel-CT oder ein MRT zu veranlassen. Bei einer altitudinalen inferioren Hemianopsie kann bereits die Lesehaltung des Patienten auffallen, der den Text hoch hält.
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Weiterführende Tipps Anti-Phospholipid-Syndrom mit serologischen Markern; Hemianopsie, homonyme (Untersuchung „am Krankenbett“); Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung
Literatur Enoksson P (1965) Perimetry in neuro-ophthalmological diagnosis. Acta Ophthalmol (Suppl) 82:28–29 Mildenberger I, Lagrèze W, Schiefer U (2006) Nervenfaserverlaufsausfälle bei prächiasmaler Läsion. Klin Monatsbl Augenheilkd 223:146–149 Schmidt D, Bührmann K (1977) Inferior Hemianopia in Parasellar and Pituitary Tumours. In: Glaser JS (ed) Neuro-Ophthalmology. Neuro-Ophthalmology-Symposion Meeting in Miami/Florida, USA, 04.–07.01.1977. CV. Mosby Comp. St. Louis, pp 236–247 Schmidt D (1989) Opticus-Sehbahn im Alter. In: Platt Handbuch der Gerontologie, Augenheilkunde. G. Fischer, Stuttgart, pp 226-260 Walsh FB, Hpyt WF (1969) Clinical Neuro-ophthalmology, edn. 3, The Williams & Wilkins Comp 3, p 2287
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Hemianopsie, monokulare temporale
Hemianopsie, monokulare temporale
Ziel Ausschluss eines chiasmanahen Tumors.
Problem Eine einseitige temporale Hemianopsie mit Mittellinienbegrenzung des Ausfalls kann bei ungenauer Gesichtsfelduntersuchung des Partnerauges dazu führen, dass ein chiasmanaher Tumor übersehen wird. Bei jedem einseitigen mittellinienbetonten Gesichtsfeldausfall ist vor allem eine Untersuchung des peripheren oberen Gesichtsfeldquadranten des Partnerauges erforderlich.
Lösung und Alternativen Es gibt aber auch Situationen mit einseitiger Optikuskompression ohne Läsion der sich kreuzenden Nervenfasern des Partnerauges. Derartige rein einseitige temporale Gesichtsfeldausfälle wurden bei Hypophysenadenomen, Tuberculum-sellae-Meningeomen, Kraniopharyngeomen oder Atrozytomen beschrieben. Ein prächiasmaler Prozess durch Optikuskompression ist selten anzutreffen. Eine einseitige temporale Hemianopsie mit Mittellinienbegrenzung wurde auch ohne chiasmanahen Tumor beschrieben, wenn eine einseitige angeborene Papillenanomalie mit Hypoplasie und nasaler Agenesie der Nervenfasern des N. opticus, beispielsweise bei fehlendem Septum pellucidum eines De-Morsier-Syndroms besteht. Hierzu ist eine zerebrale MRT Untersuchung erforderlich. Beim De-Morsier-Syndrom (Septo-optic dysplasia) wurde auch eine doppelseitige bitemporale Hemianopsie zusammen mit einer beidseitigen Hypoplasie des Sehnervs beobachtet.
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Weiterführende Tipps Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“); Refraktionsskotom
Literatur Hershenfeld SA, Sharpe JA (1993) Monocular temporal hemianopia. Br J Ophthalmol 77:424– 427 Rush JA, Bajandas FJ (1978) Septo-optic dysplasia (de Morsier syndrome). Am J Ophthalmol 86:202–205 Smolyar A, Eggenberger ER, Kaufman DI (2005) Monocular temporal hemianopia associated with optic nerve hypoplasia. Arch Ophthalmol 123:1155
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Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie
Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie (Untersuchung „am Krankenbett”)
Ziel Nachweis eines Hemineglekts, der häufig nicht bemerkt wird, aber eine erhebliche Gefahr für den Patienten darstellt.
Problem Der Patient mit einem Hemineglekt ist sich seiner Störung häufig nicht bewusst. Er reagiert nicht auf Reize, die im Bereich kontralateral zur Hirnläsion auftreten. Im Unterschied zu Patienten mit einer homonymen Hemianopsie (hH) kann der Patient mit einer halbseitigen Unaufmerksamkeit („hemi-inattention“) jedoch in der Lage sein, den Reiz zu entdecken, wenn seine Aufmerksamkeit auf diese Seite gerichtet wird. Balint sprach von der „Seelenlähmung des Schauens“ bei einem Patienten ohne Gesichtsfeldausfall nach einem Schlaganfall. Bei einem Hemineglekt besteht im Straßenverkehr eine hohe Unfallgefahr. Es gilt zu klären, ob eine Gesichtsfeldeinengung zu einer Seite hin durch Unaufmerksamkeit entstanden ist oder ob eine wirkliche Hemianopsie vorliegt.
Lösung und Alternativen Als häufigste Ursache eines Hemineglekts wurden in der Literatur zerebrale Infarkte genannt, seltener Tumore. Ein Neglekt kann in verschiedenen Bereichen des Gehirns, meistens durch eine parietale Störung der nichtdominanten Hemisphäre, also im Allgemeinen der rechten Seite entstehen, sodass die Wahrnehmungsstörung vorwiegend links zu erwarten ist. Nach einer vaskulären Hirnschädigung bildet sich häufig ein Hemineglekt im Laufe von Monaten zurück. Ein Patient mit einer Hemianopsie oder einem Neglekt ist stets darüber
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aufzuklären, am besten schriftlich (und zusätzlich in Anwesenheit eines Zeugen), dass er kein Kraftfahrzeug mehr führen darf.
Unterscheidung von einer homonymen Hemianopsie durch Prüfung der sakkadischen Augenbewegungen In der sehenden Gesichtsfeldhälfte blickt der Patient zwischen zwei Zeigefingern des Prüfers, die in deutlichem Abstand voneinander etwa in halber Armlänge gehalten werden, hin und her. Der Prüfer führt dabei rasch einen Zeigefinger in die Seite des vermuteten Neglekts (bzw. in die blinde Gesichtsfeldhälfte).
Beurteilung Hemineglekt
Im Falle eines Halbseitenneglekts wird der Patient nur bis zur Mitte, also bis zum Randbereich des sehenden Felds blicken, nicht jedoch in den Hemineglektbereich. Okulographische Untersuchungen bei Patienten mit einem Hemineglekt ergaben, dass keinerlei spontane Suchbewegungen über eine Mittellinie hinweg in den Hemineglektbereich zu erkennen waren. Suchstrategien wie bei einer hH fehlen bei Patienten mit einem Hemineglekt. Homonyme Hemianopsie
Nachweis von sakkadischen Suchstrategien: Ein Patient mit einer hH entwickelt okulomotorische Kompensations-Mechanismen mit systematischem Absuchen, um Objekte in der blinden Gesichtsfeldhälfte mit seiner sehenden Hälfte rasch wahrnehmen zu können. Es wurden zwei unterschiedliche Strategien festgestellt: Ein „Treppenstufen“- und ein „Überschieß“-Bewegungsmuster. Wird der Patient gebeten, den Finger des Untersuchers in der blinden Gesichtsfeldhälfte anzuschauen, so erfolgt entsprechend eines Treppenstufen-Ablaufs eine kurze Sakkade nach der anderen in Richtung des Fingers, bis dieser mit der sehenden Makulahälfte getroffen wird. Andererseits wurden auch „Überschieß“-Bewegungen festgestellt, indem der Patient zunächst bei der Suchstrategie eine große Sakkade aus-
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führt. Dabei kann das gesuchte Objekt in der sehenden Gesichtsfeldhälfte wahrgenommen werden, sodass der Patient nun eine gezielte Rückstellsakkade zum gesuchten Objekt ausführen wird. Da die „Überschieß“-Bewegungen wesentlich rascher als die „Treppenstufen“-Bewegungen zum Ziel führen, entwickeln Patienten mit einer hH die „Überschieß“-Bewegungen im Laufe von Monaten.
Alternative Prüfungen Der Patient wird gebeten, aus dem Gedächtnis eine Uhr mit den Ziffern in Kreisform auf ein Blatt Papier zu schreiben. Im Falle eines rechtsseitigen Neglekts wird er nur die Ziffern der linken Uhrseite und auf der rechten Seite entweder gar keine Ziffern oder nur einige Ziffern notieren und diese dann nicht in gleichem Abstand vom Zentrum des Zifferblatts, wie er es auf der linken Seite mühelos fertigbrachte. Der Patient wird gebeten, ein Bild nach Vorlage oder aus dem Gedächtnis (beispielsweise von seinem Wohnhaus) zu zeichnen. Bei einem Hemineglekt wird das Bild der betroffenen Seite nur unvollständig oder gar nicht gezeichnet. Eine rasch durchzuführende Prüfung kann mit dem Linienhalbierungstest erfolgen: Im Falle eines Hemineglekts gibt der Patient die Mitte einer Linie seitlich verschoben an und zwar zur Seite der geschädigten Hirnhemisphäre.
Weiterführende Tipps Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“; Hemianopsie, bilaterale homonyme; Hemianopsie, homonyme, Untersuchung „am Krankenbett“; Maskeradezeichen; Patientencompliance
Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie
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Literatur Balint R (1909) Seelenlähmung des „Schauens“, optische Ataxie, räumliche Störung der Aufmerksamkeit. Monatsschr Psychiatr Neurol 25:51–81 Landis T (2005) Visueller Neglekt. 89. Tagung der Württemb Augenärztl Vereinigung, Tübingen 19./20.3.05 Meienberg O, Zangemeister WH, Rosenberg M, Hoyt WF, Stark L (1981) Saccadic eye movement strategies in patients with homonymous hemianopia. Ann Neurol 9:537–544 Meienberg O (1983) Clinical examination of saccadic eye movements in hemianopia. Neurology 33:1311–1315 Meienberg O, Harrer M, Wehren C (1986) Oculographic diagnosis of hemineglect in patients with homonymous hemianopia. J Neurol 233:97–101
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Herzstillstand bei Druck auf den Bulbus, der okulo-kardiale Reflex
Herzstillstand bei Druck auf den Bulbus, der okulo-kardiale Reflex
Ziel Kenntnis über die Möglichkeit eines Herzstillstands während eines operativen augenärztlichen Eingriffs.
Problem Während eines Eingriffs am Auge, bei dem eine passive Dehnung von Geweben des Bulbus erfolgt – beispielsweise bei Druck auf den Bulbus oder bei Dehnung der äußeren Augenmuskeln bei einer Schieloperation – kann eine starke Bradykardie, im Extremfall sogar ein Herzstillstand eintreten. Bei unterschiedlichen Operationen (Enukleation, Amotiooperation oder Chalazionoperation) wurde ein Herzstillstand beobachtet.
Lösung und Alternativen Der okulo-kardiale Reflex wird durch den Trigeminusreiz bei Druck auf den Bulbus oder durch Zug an einem Augenmuskel erklärt. Der Reiz bewirkt einen unterschiedlich ausgeprägten Vagotonus, der zu Brechreiz, Schwitzen, Blutdrucksteigerung, Änderung der Atemtätigkeit und zur Bradykardie führen kann. Es wird auch von einem „trigeminovagalen Reflex“ gesprochen. Veränderungen im EKG wurden bei 30 % der Patienten bei Augenoperationen registriert. Auch ventrikuläre Extrasystolen (Bigeminus) mit deformierten und verbreiterten QRS-Komplexen (bei 4,5 % der Fälle) sowie heterotope Reizbildungsstörungen (1,4 % von 350 Schieloperationen) wurden beobachtet. Der Reflex war im Tierversuch nach Durchschneiden des Trigeminusnervs nicht mehr auslösbar.
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Prophylaktisches Vorgehen Es wird empfohlen, ein EKG stets gleichzeitig mit akustischer Wiedergabe zu schreiben, damit sofort die Abnahme der Herzfrequenz zu hören ist. Nach Unterbrechung einer Gewebsdehnung – des Muskels – erholt sich im Allgemeinen die Schlagfrequenz sofort. Der Reflex konnte durch retrobulbäre Anästhetikainjektion verhindert werden. Der Patient sollte über die Gefahr des Reflexes genau informiert werden, so dass er bei weiteren Augeneingriffen die Ärzte vorwarnen kann.
Therapie Bei einem Herzstillstand, der an sistierender Atmung, maximaler Pupillenerweiterung, fahler Hautblässe und fehlendem Karotispuls zu erkennen ist, sollte sofort eine externe Herzmassage bei Sauerstoffbeatmung durchgeführt werden. Außer der sofortigen Herzmassage wird eine i.v. Injektion von 1 mg Atropin empfohlen. Vor jeder Operation, auch in Lokal- oder Tropfanästhesie des Auges, ist es erforderlich zu prüfen, ob eine Bradykardie oder eine Herzrhythmusstörung besteht (Nachweis durch ein EKG).
Literatur Aschner B (1908) Über einen bisher noch nicht beschriebenen Reflex vom Auge auf Kreislauf und Atmung. Verschwinden des Radialispulses bei Druck auf das Auge. Wien Klin Wochenschr 21:1529–1530 Eyrich K, Doden W, Schenck W (1964) Okulokardialer Reflex und Narkoseproblematik bei Schieloperationen im Kindesalter. Klin Monatsbl Augenheilkd 145:66–80 Kirsch RE, Samet P, Kugel V, Axelrod S (1957) Electrocardiographic changes during ocular surgery and their prevention by retrobulbar injection. Arch Ophthalmol 58:348–356 Schmidt D Herzstillstand durch Druck auf den Bulbus bei Chalazionoperation mit anschließender Herztätigkeit durch externe Herzmassage (noch unveröffentlicht) Yilmaz E, Doden W (1971) Herzrhythmusstörungen bei Schieloperationen und ihre Behandlung. Klin Monatsbl Augenheilkd 159:243–248
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Hippus
Hippus
Ziel Frühzeitiger Nachweis der zu einem Hippus führenden Grunderkrankung.
Problem Eine deutliche, rhythmisch auftretende Pupillenunruhe kann Ausdruck einer schweren zerebralen Erkrankung sein. Ist eine ausgiebige neuro-ophthalmologische Untersuchung erforderlich?
Lösung und Alternativen Ein Hippus (griechisch, hippos: Pferd) ist charakterisiert durch plötzliche, rhythmische Änderungen der Pupillenweite. Die Amplitude der Pupillenänderung beträgt etwa 2–3 mm. Weder durch Belichtung oder durch psychische Reize noch durch Konvergenz, Lidschluss oder Lidöffnung wird ein Hippus in seinem Rhythmus oder seiner Intensität beeinflusst. Hingegen können somatosensible und sensorische Stimuli den Hippus verändern und sogar blockieren. Auch elektrische Reize oder eine kalorische Stimulation mit kaltem Wasser können den Hippus unterdrücken. Der Hippus lässt sich bei erweiterter Pupille durch Atropin nicht mehr nachweisen. Bei einem Hippus werden Störungen der retikulären Systeme im oberen Mittelhirn angenommen. Neuro-ophthalmologische und neurologische Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren sind erforderlich, um beispielsweise nach einem Hirntumor oder nach toxischen Schäden zu fahnden. Ein Hippus wurde bei multipler Sklerose, Meningitis, Hirntumor, im epileptischen Dämmerzustand, bei apallischem Syndrom, bei Barbiturat- oder Aldehydvergiftung und bei der progressiven Paralyse beobachtet.
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Ein Hippus ist zu unterscheiden von einer „springenden Pupille“, auch als „springende Mydriasis“ oder „Seesaw-Anisokorie“ (seitenwechselnde Pupillenerweiterung) bezeichnet. Es wurde über ein siebenjähriges Kind berichtet, das zunächst eine deutliche einseitig erweiterte Pupille aufwies, kurze Zeit danach verengte sich diese Pupille bei spontaner Erweiterung der Pupille des anderen Auges. Die Pupillenreaktionen auf Licht und Naheinstellung waren regelrecht. Regelmäßig auftretende Pupillenverengung bei zusätzlichen „krampfartigen“ Lähmungen der vom N. oculomotorius versorgten Augenmuskeln (Axenfeld-Schürenberg-Syndrom) sind von einem Hippus zu unterscheiden. Beim Hippus sind ausschließlich die Pupillen gestört.
Weiterführende Tipps „Football“-Pupille (ovale Pupille); („swinging flashlight test“)
Pupillen-Wechselbelichtungstest
Literatur Axenfeld Th, Schürenberg E (1901) Beiträge zur Kenntnis der angeborenen Beweglichkeitsdefekte der Augen. I. Angeborene cyclische Oculomotoriuserkrankung. Einseitiger Accommodationskrampf. Klin Monatsbl Augenheilkd 39:64–73 Cramer E (1911) Springende Mydriasis bei einem gesunden 7-jährigen Mädchen. Klin Monatsbl Augenheilkd 49:201–204 Hafezi F, Boltshauser E, Landau K (2000) Ausgeprägter physiologischer pupillärer Hippus. Klin Monatsbl Augenheilkd 216:118–119 Rothenfußer W (1979) Ein Beitrag zum Phänomen des pupillären Hippus. Nervenarzt 50:472– 476 Thompson HS, Franceschetti AT, Thompson PM (1971) Hippus. Semantic and historic considerations of the word. Am J Ophthalmol 71:1116–1120
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Hirn- und Augentumor, das trilaterale Retinoblastom
Hirn- und Augentumor, das trilaterale Retinoblastom
Ziel Frühdiagnose eines Hirntumors bei Retinoblastomen.
Problem Bei beidseitigem Retinoblastom ist stets an die Möglichkeit eines Tumors im Bereich der Pinealis zu denken.
Lösung und Alternativen Bei den intrazerebralen Tumoren handelt es sich um maligne, schnell wachsende Geschwülste, die vorwiegend in der Pinealis („drittes Auge“), jedoch auch in der parasellären Region auftreten können. Es besteht histologische Ähnlichkeit zu den retinalen Tumoren („ektopische Retinoblastome“).
Weiterführende Tipps „Pseudohypopyon“ bei einem Retinoblastom; taler
Nystagmus, kongeni-
Literatur Brownstein S, Chadarévian JP de, Little JM (1984) Trilateral retinoblastoma. Arch Ophthalmol 102:257–262
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Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom)
Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom)
Ziel Erkennen der Frühzeichen und Abklärung hereditärer Ursachen.
Problem Gerötete Augen der Säuglinge werden nicht selten zunächst als bakterielle oder allergische Bindehautentzündungen fehlgedeutet, sodass irrtümlicherweise Antibiotika oder Antiallergika verordnet werden, die zu keiner Besserung der Symptome führen. Es kann zusätzlich infolge eines Epithelödems eine Hornhauttrübung bestehen. Einer Mutter fallen die vergrößerten Augen ihres Kinds zuerst auf. Behandelnde Ärzte schenken den Beobachtungen einer Mutter gelegentlich zu wenig Aufmerksamkeit.
Lösung und Alternativen Objektive Zeichen eines Hydrophthalmus Die klassische Trias des angeborenen Glaukoms besteht in Epiphora, Lichtscheu und Blepharospasmus bei vergrößerter Kornea. Eine Photophobie fällt durch verstärkte Reizbarkeit des Kinds sowie Wegdrehen des Kopfs mit vermehrtem Lidschluss auf. Diese Symptome sind Folge eines erhöhten Augendrucks. Der Augendruck des Kinds beträgt normalerweise 8–15 mmHg. Bei dickerer Hornhaut (Hornhautödem) werden zu hohe Druckwerte gemessen.
Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom)
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Praktisches Vorgehen bei Druckmessung Zur Augendruck-Messung wird vor allem die Ketanest-Kurznarkose empfohlen. Die Augendruck-Messung sollte so schnell wie möglich erfolgen, also dann, wenn die Narkose gerade zu wirken beginnt, da der Druck unter Ketanest in wenigen Minuten ansteigen kann, sodass ein falscher Wert ermittelt wird. (Eine Inhalationsnarkose sollte stets vermieden werden, da hierbei die Gefahr einer zu niedrigen Druckmessung besteht!)
Sporadisches oder hereditäres Auftreten? Ein primäres kongenitales Glaukom kann sporadisch auftreten oder es kann ein autosomal-rezessiver Erbgang vorliegen. Die Genorte hierfür wurden auf Chromosom 2(2p21) und Chromosom 1(1p36) festgestellt. Der Genort einer Mutation für die autosomal-dominante Form des juvenilen Offenwinkelglaukoms wurde auf Chromosom 1(1q23-q25) nachgewiesen.
Allgemeinkrankheiten mit kindlichem Glaukom Kinder mit einem Glaukom infolge einer kongenitalen Anomalie können eine Iridokorneale Dysgenesie (Goniodysgenesie, Axenfeld-Rieger-Syndrom, Rieger-Anomalie) aufweisen. Auch bei einer Aniridie, einem Sturge-Weber-Syndrom, einem uvealen Kolobom, einer Neurofibromatose und beim Larsen-Syndrom kann eine Druckerhöhung vorliegen. Bei chronischer Uveitis im Kindesalter ist auch mit einem Sekundärglaukom zu rechnen.
Weiterführende Tipps Buphthalmus bei einem Rankenneurinom (plexiformes Neurinom) des Oberlids; Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
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Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom)
Literatur Azuma I (1984) Ein Bericht zum kongenitalen Glaukom. Klin Monatsbl Augenheilkd 184:287– 289 Beck AD (2001) Diagnosis and management of pediatric glaucoma. Ophthalmol Clin North Am 14:501–512 Draeger J, Wirt H (1988) Klassifizierung und Therapie des Glaukoms im Kindesalter. Fortschr Ophthalmol 85:63–69 Fingert JH, Stone EM, Sheffield VC, Alward WLM (2002) Myocilin glaucoma. Surv Ophthalmol 47:547–561 Lütjen-Drecoll E, Draeger J, Rohen W (1972) Histopathologische Untersuchungen über die strukturellen Veränderungen in der Kammerwinkelregion nach mikrochirurgischen Glaukomoperationen. Klin Monatsbl Augenheilkd 160:281–292 Müller-Jensen K (1964) Einfluß der Allgemeinnarkose auf den Augeninnendruck. Fragwürdigkeit der Tonometrie in Narkose beim Hydrophthalmus. Klin Monatsbl Augenheilkd 145:526–534
Hypopyon, Früherkennung mit Glyzerintropfen
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Hypopyon, Früherkennung mit Glyzerintropfen
Ziel Früherkennung eines Hypopyons bei trüber Hornhaut.
Problem Ein beginnendes Hypopyon ist bei Trübungen der unteren peripheren Hornhaut schlecht oder gar nicht zu erkennen.
Lösung und Alternativen Ein Tropfen Glyzerin bei der Spaltlampenuntersuchung bewirkt einen klareren Einblick in die vordere Augenkammer, sodass ein beginnendes Hypopyon sichtbar werden kann, beispielsweise bei Verdacht auf eine beginnende Endophthalmitis. Dabei empfiehlt es sich, einen leichten Druck mit einem Glasstäbchen auf den Bulbus unterhalb des Limbus zur besseren Beurteilung der unteren Vorderkammerbereiche auszuüben. Bei Verdacht auf ein gering ausgeprägtes Hypopyon bei Trübung des unteren Hornhautbereichs wird der Patient gebeten, sich längere Zeit auf eine Seite zu legen. Bei der anschließenden Kontrolluntersuchung an der Spaltlampe ist dann das seitlich verlagerte Hypopyon erkennbar. Bei einem Hypopyon wird unterschieden zwischen einer Pyramidenform bei mykotischer Keratitis und einer horizontalen Begrenzung bei einer bakteriellen Keratitis.
Weiterführende Tipps
„Pseudohypopyon“ bei einem Retinoblastom
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Indirektes Trauma als Ursache einer Amotio?
Indirektes Trauma als Ursache einer Amotio?
Ziel Klärung des Zusammenhangs zwischen indirektem Trauma und Netzhautablösung.
Problem Bei einem indirekten Trauma ist die Frage nach dem Kausalzusammenhang einer Netzhautablösung nach einem Unfall manchmal schwierig zu beantworten. Ein indirektes Trauma kann ein Auge mit vorgeschädigter, degenerativer Netzhaut und beginnender Lochbildung treffen oder einen bereits beginnenden Netzhautablösungsprozess beschleunigen.
Lösung und Alternativen Die Frage der Entstehung einer Netzhautablösung durch ein indirektes Trauma, beispielsweise durch eine Schädelprellung wird immer wieder erneut aufgeworfen und in Gutachten im Allgemeinen nicht anerkannt, denn die Forderung ist stets, ob der Schaden auch ohne ein Trauma zur selben Zeit entstanden sein könnte. In mehreren Berichten der Literatur wurde hervorgehoben, dass unter zahlreichen schädelverletzten Patienten (Commotio cerebri, Contusio cerebri, Schädelbasisfraktur, Impressionsfraktur) fast nie eine indirekt entstandene Netzhautablösung festgestellt worden war. Es ist zu betonten, dass eine primäre Disposition zur Amotio vorgelegen haben muss, sonst ist es kaum vorstellbar, dass durch ein indirektes Trauma die Amotio entstanden sein könnte. Eine schwere körperliche Anstrengung kann nicht als Ursache von Netzhautablösungen gewertet werden. In der Literatur werden Beispiele mit einseitigem Trauma und Amotio retinae angeführt, bei denen nach gewisser Zeit sich eine Netzhautablösung
Indirektes Trauma als Ursache einer Amotio?
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auch am Partnerauge entwickelt hat, sodass dann ein Zusammenhang der retinalen Schädigung nicht mehr als Unfallfolge gelten kann. Eine primär vorhandene Netzhautdegeneration ist in dieser Situation anzunehmen.
Weiterführende Tipps Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?); Makulaloch; Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung; Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall); Orbitahämatom, posttraumatisches
Literatur Burggraf H, Burggraf A (1984) Grundlagen augenärztlicher Begutachtung in der Bundesrepublik Deutschland. G. Fischer Verlag, Stuttgart Engelking E (1953) Über die rententechnische Beurteilung des Traumas für die Entstehung der Amotio bei Myopia maligna. Ein Beitrag zum Problem der adäquaten und inadäquaten Verursachung. Klin Monatsbl Augenheilkd 123:746–751 Gasteiger H (1969) Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit im Gutachten. Klin Monatsbl Augenheilkd 154:570–575 Hollwich F (1969) Der Unfall als Entstehungsursache von Netzhautablösungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 154:582–590 Lisenhoff H, Plog G (1972) Über die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhanges zwischen indirektem Trauma und Amotio retinae. Mod Probl Ophthalmol 10:474–478 Schmöger E, Hochmann H (1966) Beitrag zur Rolle des indirekten Traumas als Ursache einer Ablatio retinae. Klin Monatsbl Augenheilkd 148:433–438 Sachsenweger R (1969) Das indirekte Trauma als Ursache von Netzhautablösungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 154:575–582
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Intraokuläre und intrakranielle Blutungen
Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei einem „battered child syndrome“ durch Kindesmisshandlung
Ziel Früherkennung einer Kindesmisshandlung.
Problem Durch Kindesmisshandlung können schwere Augenschäden auftreten. Bei nichtbakteriell bedingter beidseitiger asymmetrischer, rezidivierender Keratokonjunktivitis der unteren Binde- und Hornhaut, insbesondere bei Blutungen ist an eine Kindesmisshandlung, insbesondere auch an ein Schütteltrauma („whiplash shaken child syndrome“) zu denken.
Lösung und Alternativen Intraokuläre und intrakranielle Blutungen ohne äußere Zeichen einer Kopfverletzung können Folge eines Schütteltraumas sein. Eine Hirnschädigung kann auftreten, wenn ein junges Kind – meist aus Ungeduld, Ärger oder Wut eines Erwachsenen oder Jugendlichen, aber auch aus Angst und Verzweiflung angesichts Erstickungsgefahr, nachdem sich das Kind verschluckt hat – kräftig geschüttelt wird, sodass das Gehirn wiederholt an die Schädelinnenwand geschleudert wird. Retinale Blutungen können dem klinischen und radiologischen Nachweis eines subduralen Hämatoms vorausgehen. Ein Schädel-CT ist bei unklaren Augenbefunden, insbesondere bei nicht geklärten retinalen Blutungen erforderlich. Ein initiales CT kann auch einen unauffälligen Befund ergeben. Bei weiterhin bestehender Unklarheit rezidivierend auftretender Augenschäden müssen wiederholte CT angefertigt werden.
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Eine Keratokonjunktivitis der unteren Binde- und Hornhaut wird dadurch erklärt, dass infolge des Bell’schen Phänomens bei Augenschluss der obere Anteil des Bulbus stärker geschützt wird als der untere Augenbereich. Typische Allgemeinsymptome des „battered child syndrome“ sind Lethargie, Erbrechen, Reizbarkeit. Betroffene Kinder können sich in einem weinerlichen Zustand mit reduziertem Allgemeinzustand befinden. Es ist stets erforderlich, nach Frakturen und Hämatomen zu suchen. Abb. 1
Befund nach 10 Monaten: Leukokorie, beidseitige totale Ablatio (aus Grote 2002)
Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen am Krankenbett; Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung; Orbitahämatom, posttraumatisches
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Intraokuläre und intrakranielle Blutungen
Literatur Giangiacomo J, Khan JA, Levine C, Thompson VM (1988) Sequential cranial computed tomography in infants with retinal hemorrhages. Ophthalmology 95:295–299 Grote A (2002) Traktionsablatio, Optikusatrophie, apallisches Syndrom nach Schütteltrauma bei einem Säugling. Ophthalmologe 99:295–298 Harder B, Hennerici MG, Jonas JB (2007) Retinaler Zentralvenenkollapsdruck in der Diagnostik der idiopathischen intrakraniellen Hypertension. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:852–855 Kiffney GT (1964) The eye of the „battered child“. Arch Ophthalmol 72:231–233 Ong T, Hodgkins P, Marsh C, Taylor D (2005) Blinding keratoconjunctivitis and child abuse. Am J Ophthalmol 139:190–191 Rohrbach JM, Szurman P, Bartz-Schmidt KU (2004) Augenverletzungen im Kindes- und Jugendalter. Klin Monatsbl Augenheilkd 221:636–645
Kantenfilter
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Kantenfilter
Ziel Verbesserung der Bildqualität bei Sehbehinderten.
Problem Bei deutlicher Sehbehinderung ist jede optische Verbesserung der Bildqualität anzustreben.
Lösung und Alternativen Kantenfilter reduzieren das blaue Streulicht und führen zu einer Kontrastverstärkung. Es handelt sich um Brillengläser mit selektiver Reduktion des kurzwelligen Lichts. In ihren Transmissionseigenschaften zeigen sie eine relativ scharfe Grenze („Kante“) zwischen dem gesperrten blauen Licht und den übrigen durchgehenden Strahlen unterschiedlicher Wellenlängen. Kantenfilter werden deshalb auch Blau-Blocker genannt. Je größer der gefilterte blaue Anteil am Gesamtspektrum desto auffälliger gelb oder rot sehen die Gläser aus. Der subjektive Gewinn an Kontrastsehvermögen durch Kantenfilter konnte für niedrige Ortsfrequenzen bei Patienten mit Retinopathia pigmentosa nachgewiesen werden. Kantenfilter werden individuell angepasst, denn eine feste Zuordnung der Absorptionskante (z. B. 511 nm) zu bestimmten Krankheitsbildern (z. B. Makuladegeneration) hat sich nicht bewährt. Eine Reihe von Patienten empfindet das Sehen mit Kantenfiltergläsern als sehr angenehm. Kantenfilter können bei verschiedenen Netzhautdegenerationen eine Verbesserung der Kontrastwahrnehmung bewirken und damit das Sehvermögen verbessern. Bei der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zeigte sich jedoch, dass Kantenfilter zu keiner Sehverbesserung führen. Der Einfluss von Rotgläsern bei Retinopathia pigmentosa ist fraglich. Der Effekt von Rotgläsern bei Patienten mit Retinopathia pigmentosa und
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Kantenfilter
bei Normalpersonen wurde in einer Studie geprüft. Dabei zeigte sich, dass Rotgläser in der Regel keine wirkliche Verbesserung des Sehvermögens bewirkten, dass aber andererseits – abgesehen von einer schlechteren Farbdiskriminierung – auch kein Nachteil durch Farbgläser zu erwarten ist. Abb. 1
Kantenfiltergläser mit unterschiedlichen Absorptionskanten (Fa. Multilens) (aus Grein 2002)
Weiterführende Tipps Brechungsanomalie bei Albinismus; Sehhilfen, vergrößernde; Spiegelbrille
Literatur Grein HJ (2002) Low-vision – Versorgung Sehbehinderter mit vergrößernden Sehhilfen. Anpassung und Verordnung. Ophthalmologe 99:884–900 Rohrschneider K, Stritzke M, Ziese D, Bayer Y (2002) Einfluß von Kantenfiltern auf die Lesefähigkeit bei altersbedingter Makuladegeneration. 100. Tagung Dtsch Ophthalmol Ges 26.–29.9.2002, Berlin. Ophthalmologe 99:210 Van den Berg TJTP (1990) Red glasses and visual function in retinitis pigmentosa. Doc Ophthalmol 73:255–274 Wetzel C, Auffarth GU, Krastel H, Blankenagel A, Alexandridis E (1996) Verbesserung der Kontrastempfindlichkeit durch Kantenfilter bei hoher Adaptationsleuchtdichte bei Retinitis pigmentosa. Ophthalmologe 93:456–462
Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis)
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Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis)
Ziel Diagnose einer unklaren schmerzhaften Augenentzündung.
Problem Vorwiegend bei Kontaktlinsenträgern kann eine starke, meist mit einseitiger Augenrötung, fast immer mit Schmerzen und Lichtscheu einhergehende Hornhautentzündung auftreten. In der irrtümlichen Annahme einer bakteriellen Entzündung ist gelegentlich zunächst mit unwirksamen Antibiotika behandelt worden, sodass wertvolle Zeit zur rechtzeitigen Therapie verloren ging.
Lösung und Alternativen Zu Beginn einer Akanthamöbenkeratitis besteht eine „Limbitis“ (perilimbale Injektion mit Verdickung der Konjunktiva) mit irregulären epithelialen Hornhautläsionen wie Mikrozysten, Keratitis superficialis punctata, dendritiformen („Pseudo-Dendriten“) oder fleckförmigen vorderen stromalen Trübungen oder Infiltraten. Auch eine disziforme Keratitis kann sich ausbilden. Eine herpetische Keratitis wird fälschlicherweise häufig zunächst vermutet. Ring- oder perineurale Infiltrate entstehen als charakteristische Veränderungen nach mehreren Wochen bis Monaten. Subepitheliale Infiltrate durch Akanthamöben können ähnlich aussehen wie eine Keratitis nummularis (durch Adenoviren hervorgerufen). Schmerzen treten als Folge der Keratoneuritis auf. Im Allgemeinen besteht bei dieser Keratitis kein intraokularer Reizzustand. Ein in üblicher Weise durchgeführter Abstrich mit Überimpfung auf ein Kulturmedium ergibt keinen Bakteriennachweis, solange keine Superinfektion besteht. Die gezielte hochdosierte Frühbehandlung ist erforder-
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Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis)
lich, um einen langen Leidensweg mit Keratoplastik und langdauernder medikamentöser Behandlung zu vermeiden. Tritt keine Besserung einer Keratitis auf die üblicherweise verabreichten Breitspektrum-Antibiotika ein, so ist auch an eine nichtbakterielle Ursache oder beispielsweise an eine Chlamydien-, vor allem aber auch an eine Akanthamöbeninfektion – die nur auf bestimmte Antibiotika anspricht – zu denken. In einem Bericht über eine fortschreitende Keratitis beider Augen einer Kontaktlinsenträgerin wurde wegen progressiver Hornhauttrübung trotz Behandlung mit Propamidin, Polymyxin B, Aminoglykosiden, Imidazol sowie Steroiden eine Keratoplastik erforderlich. Bei manchen Patienten mit unklarer schwerer Keratitis war eine „Keratoplastik à chaud“ notwendig. Die Diagnose wurde erst danach mikroskopisch gestellt.
Therapie der Akanthamöben-Keratitis Lokale intensive Tropfenbehandlung mit den erprobten Antibiotika: Polymyxin B, Neomycin, Gramicidin (Polyspectran ), Propamidin (Brolene ), Polyhexamethylenbiguanid (Complite , auch als Sterilisierungssubstanz in Kontaktlinsenlösung verwendet).
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Abb. 1
Akanthamöbenkeratitis bei einem Träger von weichen Kontaktlinsen (aus Stemberger et al. 2007)
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Zur Verringerung der entzündlichen Veränderungen werden Steroide in niedriger Dosierung zusätzlich empfohlen. Stets ist eine Kontaktlinsen-Karenz erforderlich.
Weiterführende Tipps Augenrötung mit Schmerzen bei einem TINU-Syndrom; Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Benetzungsstörungen; „Over-wear-Syndrom“ beim Kontaktlinsentragen; Raupen-, Vogelspinnenhaarverletzung
Literatur Holz FG, Burk ROW, Völcker HE (1993) Bilaterale Akanthamöben-Keratitis. Klin Monatsbl Augenheilkd 203:418–422 Johns KJ, O´Day DM, Head WS, Neff RJ, Elliott JH (1987) Herpes simplex masquerade syndrome: acanthamoeba keratitis. Curr Eye Res 6:207–212 Mathers WD, Sutphin JE, Folberg R, Meier PA, Wenzel RP, Elgin RG (1996) Outbreak of keratitis presumed to be caused by Acanthamoeba. Am J Ophthalmol 121:129–142 Reinhard T, Schilgen G, Steinert M, Hacker J, Sundmacher R (2003) Nummular infiltrates in Acanthamoeba keratitis. Acta Ophthalmol Scand 80:541–543 Roters S, Severin M, Konen W, Krieglstein GK (2000) Akanthamöbenkeratitis ohne Schmerzen – ein Fallbericht. 98. Tagung Dtsch Ophthalmol Ges Berlin 21.–24.9.2000. Ophthalmologe 97:55 Schröder-Frei B, Zinkernagel AS, Thiel MA (2005) Antibiotikatherapie am Auge. Z prakt Augenheilkd 26:198–206 Seal D, Hay J, Kirkness C, Morrell A, Booth A, Tullo A, Ridgway A, Armstrong M (1996) Successful medical therapy of acanthamoeba keratitis with topical chlorhexidine and propamidine. Eye 10 413–421 Stemberger K, Dick B, Kramann C et al (2007) Schmerzlose Akanthamöbenkeratitis. Ophthalmologe 104:416
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Kompressionspneumatocele des Tränensacks
Kompressionspneumatocele des Tränensacks
Ziel Diagnose und Therapie einer ungewöhnlichen Tränensackveränderung.
Problem Ein Patient mit chronisch-rezidivierender Epiphora und purulenter einseitiger Dakryozystitis bemerkte im entzündungsfreien Intervall eine schmerzlose umschriebene, erbsengroße Schwellung im Bereich des medialen Lidwinkels, die nach dem Nasenschnäuzen oder Husten auftrat. Mit dem Finger konnte die kleine Schwellung eingedrückt werden, was von einem Pfeifton begleitet war. Anlässlich einer starken Niesattacke, die der Patient durch Zuhalten der Nasenöffnung unterdrücken wollte, entstand plötzlich eine etwa walnussgroße Vorwölbung im Tränensackbereich, die sich nicht mehr zurückdrängen ließ.
Lösung und Alternativen Die Palpation zeigte eine prall-elastische, gering verschiebliche Schwellung unterhab des Lidbändchens. Eine Tränenwegsspülung vom unteren Tränenröhrchen aus ergab einen Reflux klarer Flüssigkeit über den oberen Canaliculus. Es bestand eine Pneumatocele.
Operative Beseitigung Bei der operativen Freilegung zeigte sich eine zystische Vorwölbung mit Kompression des Tränensacks. Es fand sich ein ca. 2 mm kurzer enger Stiel der Pneumatocele, der mit dem Tränensack kommunizierte. Als der Stiel durchtrennt war, entwich hörbar Luft aus der Pneumatocele, die sofort kollabierte. Die Öffnung des Tränensacks wurde durch eine Naht verschlossen. Der Patient blieb während einer Beobachtungszeit von zwei Jahren
Kompressionspneumatocele des Tränensacks
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beschwerdefrei. Auch beidseitige Pneumatocelen des Tränensackbereichs kommen vor. Abb. 1
Dakryozystographische Darstellung eines Tränensackdivertikels (aus Busse 2004)
Weiterführende Tipps Bildgebende Verfahren, Befunde, Gefahr der Fehlleitung; Blutige Tränen
Literatur Busse H (2004) Konnatale Dakryostenosen. Klinik und Therapie. Ophthalmologe 101:945– 956
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Kompressionspneumatocele des Tränensacks
Franceschetti A (1927) Beitrag zur Kasuistik seltener Affektionen des Tränensacks (Divertikelbildung, Pneumatosakkus). Klin Monatsbl Augenheilkd 79:482–486 Levitt JM, Kravitz D (1959) Lacrimal air anomalies. Arch Ophthalmol 61:9–13 Rochels R, Bleier R, Nover A (1989) Kompressionspneumatocele des Tränensacks. Klin Monatsbl Augenheilkd 195:174–176 Wagenmann A (1921) Über cystische Ektasie des Tränensacks durch Luft. Graefes Arch Ophthalmol 105:401–407
Konvergenzspasmus (Naheinstellungsspasmus)
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Konvergenzspasmus (Naheinstellungsspasmus)
Ziel Behandlung und Aufklärung des Patienten über die psychische Ursache der Beschwerden.
Problem Eine junge Frau klagt über rezidivierende, seit mehreren Jahren bestehende Kopfschmerzen und über gelegentlich auftretende Doppelbilder. Ein Konvergenzspasmus kann irrtümlicherweise als Lähmungsschielen verkannt werden.
Lösung und Alternativen Während der Untersuchung kann plötzlich ein Konvergenzspasmus mit Pupillenverengung und Akkommodation auftreten. Tricks zur Unterbrechung eines akuten Konvergenzspasmus wurden wie folgt angegeben: 1. Der Patient wird gebeten, rasche Blickbewegungen in horizontaler oder vertikaler Richtung auszuführen, indem periphere Zielobjekte zur Fixation angeboten werden. 2. Der zu fixierende Daumen des Patienten wird in verschiedene Richtungen bewegt. Durch die langsame Folgebewegung des Daumens, der von der Hand des Arztes geführt wird, kann der Spasmus unterbrochen werden. 3. Durch Darbietung des Streifenmusters der sich langsam bewegenden Trommel zur Prüfung des optokinetischen Nystagmus kann sich der Spasmus ebenfalls lösen, insbesondere wenn der Patient gebeten wird, laut die Streifen zu zählen. 4. Sollten alle diese Versuche zur Unterbrechung des Spasmus nicht helfen, so wäre noch eine kalorische Spülung des äußeren Gehörgangs möglich, die ein HNO-Arzt oder Neurologe durchführen könnte.
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Konvergenzspasmus (Naheinstellungsspasmus)
Therapie Mithilfe von Prismen kann einem Patienten bei rezidivierendem Konvergenzspasmus geholfen werden. Auch die Ausschaltung der Akkommodation durch Atropin-Augentropfen oder die Verordnung einer Gleitsichtbrille können hilfreich sein. Die Doppelbilder können durch ein Mattglas vor einem Auge vermieden werden. Zusätzlich ist es erforderlich, Patienten mit einem Konvergenzspasmus über die meistens bestehenden psychischen Ursachen aufzuklären, sodass eine psychotherapeutische Behandlung hilfreich sein könnte. Ein Akkommodations-Konvergenzspasmus kann, wenn auch selten, organischer Natur sein, beispielsweise nach einem Schädelhirn-Trauma, bei einer Wernicke-Enzephalopathie oder bei einem dorsalen MittelhirnSyndrom. Da hierbei zusätzliche neurologische Defizite vorhanden sind, ist eine Bildgebung mit einem Schädel-CT bzw. einem MRT erforderlich.
Weiterführende Tipps Abduzensparese; Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Doppelbilder durch Botulismus; Strabismus, akuter
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart Huber A, Kömpf D (Hrsg) (1998) Klinische Neuroophthalmologie. Thieme Verlag Stuttgart, S 622–630 Jaensch PA (1955) Pseudoparesen durch atypische Konvergenzspasmen. Klin Monatsbl Augenheilkd 126:727–731 Keane JR (1982) Neuro-opthalmic signs and symptoms of hysteria. Neurology 32:757–762 Klaus N, Bischoff P (1987) Konvergenzspasmus im Zusammenhang mit einer Exophorie. Klin Monatsbl Augenheilkd 190:366 Souders BF (1942) Hysterical convergence spasm. Arch Ophthalmol 27:361–365 Thompson RA, Lynde RH (1969) Convergence spasm associated with Wernicke’s encephalopathy. Neurology 19:711–712
Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese
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Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese, Untersuchung „am Krankenbett“
Ziel Einfacher Test zum Nachweis einer Parese des M. obliquus superior.
Problem Bei lange bestehender Trochlearisparese kann durch sekundäre Veränderungen der Synergisten und Antagonisten konkomitierendes Schielen entstehen, sodass der Unterschied zwischen primärem und sekundärem Schielwinkel kleiner wird und daher die Parese nicht ohne Weiteres zu erkennen ist.
Lösung und Alternativen Typischerweise berichten die Patienten über vertikale Diplopie. Bei einer Parese des IV. Hirnnerven bestehen ein Höherstand und eine leichte Auswärtsverrollung (Excyclorotation) des Auges. Wird der Kopf um eine anteriore-posteriore Achse geneigt, so tritt eine kompensatorische Ein- und Auswärtsrollung der Augen auf. So zeigt sich normalerweise bei Rechtsneigung des Kopfs eine Einwärtsrollung (Innervation des rechten M. rectus superior und M. obliquus superior) des rechten Auges und simultan eine Auswärtsrollung (Innervation des linken M. rectus inferior und M. obliquus inferior) des linken Auges. Zum Nachweis der Parese des IV. Hirnnerven kann der BielschowskyKopfneigetest hilfreich sein. Im Falle einer Lähmung des rechten M. obliquus superior tritt bei Rechtsneigung des Kopfs eine Hebung des gelähmten Auges auf, da die Einwärtsrollung des M. obliquus superior ausbleibt und eine verstärkte Innervation des M. rectus superior erfolgt. Hierdurch vergrößert sich der vertikale Schielwinkel bei Kopfneigung zur gelähmten Seite (es wird von einem positiven Kopfneigetest gesprochen).
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Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese
Der Bielschowsky-Kopfneigetest kann bereits „am Krankenbett“, jedoch genauer an der Tangentenskala nach Harms durchgeführt werden. Der Kopfneigetest sollte immer durchgeführt werden bei Paresen der Vertikalmotoren – also nicht nur bei Verdacht auf eine Lähmung der schrägen Augenmuskeln. Typische Haltung bei einer Trochlearisparese: Der Kopf ist gesenkt, zur Gegenseite gewendet und zur kontralateralen Schulter geneigt. Bei beidseitiger Trochlearisparese, wie sie beispielsweise nach Verkehrsunfällen mit einer Läsion der Nerven am Tentoriumschlitz auftreten kann, sind die Augen nach außen rotiert, sodass bei Abblick eine sehr störende Abb. 1
Trochlearisparese links. Beim Blick nach rechts unten bleibt das linke Auge zurück, weil der M. obliquus superior als stärkster Senker in Adduktion ausfällt. Bei Blick nach rechts-Mitte und rechts-oben fällt die vertikale Abweichung der Augen geringer aus (aus Grehn 2008)
Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese
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Abb. 2
Kompensatorische Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese rechts (aus Grehn 2008)
Verkippung der Bilder eintritt. Um diese Sehstörung zu vermeiden, senkt der Patient den Kopf. Der Trochlearisnerv ist im Bereich des Tentoriumschlitzes nach Gewalteinwirkung von vorne-oben besonders vulnerabel. Die massive Schädel-Gewalteinwirkung führt zu bilateraler Trochlearisläsion mit länger anhaltender Bewusstlosigkeit (z. B. Motorradunfall).
Therapie Da bekannt ist, dass eine spontane Rückbildung traumatischer Paresen eintreten kann, sollte mindestens ½ Jahr abgewartet werden, um den Spontanverlauf zu beobachten und erst bei fehlender Besserungstendenz eine Operation der Vertikalmotoren veranlasst werden. Einseitige Trochlearisparesen können mit Prismen bis zu 8–10 Dioptrienstärke behandelt werden, bei größeren Schielabweichungen, insbesondere bei beidseitigen Paresen, ist eine Schieloperation erforderlich.
Weiterführende Tipps
Strabismus, akuter
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Literatur Anderson JR (1953) Causes and treatment of congenital eccentric nystagmus. Br J Ophthalmol 37:267–281 Bielschowsky A (1911) Über angeborene und erworbene Blickfelderweiterungen. 37. Versammlung der Ophthalmologischen Gesellschaft Heidelberg 1911:192–197 Bielschowsky A (1930) Die einseitigen und gegensinnigen („dissoziierten“) Vertikalbewegungen der Augen. Graefes Arch Ophthalmol 125:493–553 Bielschowsky A (1938) Disturbances of the vertical motor muscles of the eyes. Arch Ophthalmol 20:175–200 Burgerman RS, Wolf AL, Kelman SE, Elsner H, Mirvis S, Sestokas AK (1989) Traumatic trochlear nerve palsy diagnosed by magnetic resonance imaging: case report and review of the literature. Neurosugery 25:978–981 Burian HM, von Noorden GK (1974) Binocular vision and ocular motility. Theory and management of strabismus. C.V. Mosby Comp. Saint Louis Grehn F (2008) Augenheilkunde, 30. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Noorden GK von, Maumenee AE (1971) Atlas der Schieldiagnostik. F.K. Schattauer Verlag Stuttgart, S 128–131 Rüssmann W (2003) Basisuntersuchungen der Strabismologie. Ophthalmologe 100:416–432 Walsh FB, Hoyt WF (1969) Clinical Neuro-Ophthalmology. 3rd edition. William & Wilkins Company, Baltimore
Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen
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Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen
Ziel Intensive Behandlung einer Keratitis.
Problem Ein älterer Patient klagt über chronische Bindehautentzündung, Sandkorngefühl und vermehrte Blendempfindlichkeit seit mehreren Monaten. Mit dem Schirmer-Test wird ein deutliches Sicca-Syndrom festgestellt.
Lösung und Alternativen Bei Benetzungsstörungen zeigten Augentropfen, die aus Eigenserum hergestellt wurden, eine deutliche Besserung der ausgeprägten Beschwerden. Die Serum-Augentropfen sind mit denen der natürlichen Tränen in den biomechanischen und biochemischen Eigenschaften vergleichbar. Es wurde gezeigt, dass die Serum-Augentropfen die Migration von Hornhautepithelzellen und die Differenzierung von Bindehautepithelzellen fördern. Bei therapieresistentem Epitheldefekt der Kornea mit unzureichender Befeuchtung durch Tränenflüssigkeit fehlen essenzielle Bestandteile zur Versorgung der Epitheloberfläche wie der epidermale Wachstumsfaktor (epidermal growth factor, EGF), der transformierende Wachstumsfaktor (transforming growth factor-β, TGF-β) und Vitamin A. Da diese wichtigen Substanzen im Serum vorhanden sind, ist eine erfolgreiche Behandlung durch Serumtropfen anzunehmen, was bisherige Studien auch zeigten. In einer prospektiven Vergleichsstudie zur Behandlung von Erosionen der Hornhaut nach einer Vitrektomie bei Diabetespatienten wurde deutlich, dass die Serumbehandlung einer Therapie mit Hyaluronsäure überlegen war. Herstellung der Tropfen: Autologes Serum wurde durch Zentrifugieren
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Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen
des Bluts bei 3000 G gewonnen und in sterilen Tropffläschchen abgefüllt. Wegen der UV-Licht-Empfindlichkeit von Vitamin A ist ein entsprechendes lichtgeschütztes Fläschchen zu verwenden. Einige Autoren verdünnten das Serum mit 20 %iger NaCl-Lösung. Die Tropfen wurden je nach Beschwerden manchmal bis zu zehnmal täglich in die Augen geträufelt. Abb. 1
Thrombozytengehalt in 103 je 1 μl nach 15-minütiger Zentrifugation in Abhängigkeit von Blutprodukt und Zentrifugationsgeschwindigkeit (aus Herminghaus et al. 2001)
Weiterführende Tipps AIDS im Kindesalter; AIDS, opportunistische Infektionen; Amnionmembran zur Therapie eines Hornhautulkus; Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid (Schleimhautpemphigoid); Benetzungsstörungen; Blinzelfrequenz, abnorme
Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen
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Literatur Berndt S, Sänger A, Schmidt S, Rieger R, Pleyer U (2005) Autologe Serumaugentropfen – Eine wertvolle Therapieoption für schwerwiegende Veränderungen der Augenoberfläche. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:7 Geerling G, Hartwig D (2002) Autologe Serum-Augentropfen zur Therapie der Augenoberfläche. Eine Übersicht zur Wirksamkeit und Empfehlungen zur Anwendung. Ophthalmologe 99:949–959 Geerling G, Grus F, Seitz B, Hartwig D, Schirra F (2008) Arzneimittelrechtliche Erlaubnis bei der Herstellung von Serum-Augentropfen. Wann ist sie erforderlich und wie kann sie umgesetzt werden? Ophthalmologe 105:632–638 Herminghaus P, Geerling G, Hartwig D, Wedel T, Dibbelt L (2004) Epitheliotrophe Kapazität von Serum- und Plasmaaugentropfen. Ophthalmologe 101:998–1005 Schulze S, Sekundo W, Kroll P (2005) Vergleich von Eigenserum und Hyaluronsäure zur Behandlung kornealer Erosiones nach Vitrektomie bei Diabetikern. Ophthalmologe 102:863–868 Tsubota K, Goto E, Shimmura S, Shimazaki J (1999) Treatment of persistent corneal epithelial defect by autologous serum application. Ophthalmology 106:1984–1989 Tsubota K, Goto E, Fujita H, Ono M, Inoue H, Saito I, Shimmura S (1999) Treatment of dry eyes by autologous serum application in Sjögren´s syndrome. Br J Ophthalmol 83:390–395
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Laserpexie
Laserpexie
Ziel Narbenbildende Stabilisierung der Netzhaut durch Laserstrahlen.
Problem Im Falle eines schlechten Allgemeinzustands eines Patienten, bei dem eine Netzhautoperation untersagt ist, oder bei Ablehnung einer Operation, stellt sich die Frage einer ambulant durchzuführenden Photokoagulation der Retina, um eine flach abgelöste, umschriebene Amotio wieder anzulegen oder um ein Fortschreiten zu verhindern.
Lösung und Alternativen Es ist möglich, eine flache, beginnende rhegmatogene Amotio retinae mit ambulant durchgeführten Laserbehandlungen in einen stabilen narbigen Zustand zu bringen, sodass sich die Retina an umschriebenen Bereichen wieder anlegen kann; zumindest kann durch eine zirkuläre Abriegelung eine feste Narbe mit einer Demarkierung erreicht werden. Mit einer Laserpexie wird eine feste Netzhaut-Aderhautnarbe mit Hilfe einer Photokoagulation auch um ein Foramen mit leicht abgehobenen Lochrändern erzeugt. Bei Netzhautlöchern mit anliegender Retina und leicht abgehobenen Lochrändern treten nach der Koagulation Schrumpfungsprozesse und Narben auf, die einen Abfluss von Flüssigkeit unter die Retina verhindern und das Foramen abdichten. Auch bei beginnender Glaskörpertraktion einer diabetischen Retinopathie ist es möglich, die Netzhaut wieder zum Anliegen zu bringen. Im Falle einer beginnenden traktionsbedingten flachen Amotio retinae kann durch koagulationsbedingte Adhäsionen zwischen Netz- und Aderhaut und zusätzlichen lasernarbenbedingten Schrumpfungsprozessen ein Wie-
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deranlegen der Retina in umschriebenen Bereichen erreicht werden. Weitere Zugwirkungen können dann nicht mehr zustande kommen, da die Narbe einer Traktionswirkung standhalten kann. In solchen Situationen kann dem Patienten eine Operation mit Vitrektomie erspart werden. Im Tierversuch zeigte sich eine maximale Festigkeit der Adhäsion zwischen Retina und Pigmentepithel nach einer Koagulation nach 4 bis 8 Tagen. In einer anderen Testserie war das Maximum der Adhäsion nach 11 Tagen erreicht. Dabei wurden behandelte und nichtbehandelte Netzhautareale miteinander verglichen. Der Festigkeitszuwachs lag bei 20–30 % im Vergleich zu dem Wert der nichtbehandelten Netzhautstelle. Die Narbenbildung wird wesentlich durch die Müller’schen Stützzellen beeinflusst. Zunächst erscheint eine schwache Pigmentierung nach Rückbildung der koagulationsbedingten weißen retinalen Nekrose. Die wesentliche Pigmentepithelproliferation erscheint erst ab der 3. bis 4. Woche.
Abb. 1
Zweireihige, zirkuläre Argonlaserkoagulation von äquatorialen Degenerationen, Netzhautforamen mit Deckel (aus Augustin 2007)
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Weiterführende Tipps Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum); minderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie); Laserbehandlung
SehYag-
Literatur Augustin AJ (2007) Augenheilkunde, 3. Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Böse M, Rassow B, Wille M (1981) Zur Festigkeit retinaler Narben nach Argon- und Xenonkoagulation und Kryopexie. Graefe’s Arch Ophthalmol 216:291–299 Freyler H, Gnad GD (1982) Photokoagulation zur Unterstützung eindellender Operationsverfahren bei Amotio retinae. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:315–319 Gloor BP (1969) Zellproliferation, Narbenbildung und Pigmentation nach Lichtkoagulation (Kaninchen-Versuche). Klin Monatsbl Augenheilkd 154:633–648 Lincoff H, O’Connor P, Kreissig I (1970) Die Retina-Adhäsion nach Kryopexie. Klin Monatsbl Augenheilkd 156:771–783 Misita V (1984) Experimentelle Untersuchung über die Anheftungsstärke der Laser-Adhäsionen. Klin Monatsbl Augenheilkd 185:43–45 Schmidt D (1997) Macular-threatening traction detachment of the retina in diabetic proliferative retinopathy, treated by Laser. Internat Ophthalmol 21:99-106 Schmidt D (1999) Laserpexy of circumscribed retinal detachment in proliferative diabetic retinopathy. Focus on Diabetic Retinopathy 6:4–10 Yoon YH, Marmor MF (1988) Rapid enhancement of retinal adhesion by laser photocoagulation. Ophthalmology 9:1385–1358 Zauberman H, Berman ER (1969) Measurement of adhesive forces between the sensory retina and the pigment epithelium. Exp Eye Res 8:276–283
Lazy-T-Operation nach Smith zur Behandlung eines nasalen Ektropiums
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Lazy-T-Operation nach Smith zur Behandlung eines nasalen Ektropiums
Ziel Anlegen eines nasalen Ektropiums.
Problem Ein Patient weist ein nasales Ektropium mit Eversio puncti lacrimalis auf und klagt über starkes Tränenträufeln.
Lösung und Alternativen Vorgehensweise: Zunächst wird zum Schutz in das untere Tränenpünktchen und -kanälchen eine Sonde eingelegt. Anschließend wird in einem Abstand von 4–5 mm vom Tränenpünktchen entfernt der Tarsus von innen senkrecht zur Lidkante durchschnitten. Danach wird ein horizontaler Schnitt, vom senkrechten Schnitt ausgehend, 2–3 mm unterhalb der Lidkante in einer Länge von 1,5 mm in das innere Lidblatt gelegt. Durch Spreizen der stumpfen Branchen einer kleinen Schere wird nun die Wunde erweitert. Mit der Schere wird aus dem hinteren Lidblatt ein etwa dreieckförmiger Lidanteil, mit der Spitze nach nasal, exzidiert. Die Höhe des auszuschneidenden Anteils sollte 2,5 mm nicht überschreiten. Die Wunde wird nun mit feinen Vicrylnähten (7-0) verschlossen. Anschließend wird der senkrechte Unterlidschnitt vernäht. Hiermit wird erreicht, dass sich der nasale Anteil des Unterlids nach innen wendet. Eine einfachere, jedoch nicht so effektive Methode stellt die ovaläre nasale konjunktivale Exzision dar, bei der im nasalen Bereich ein größerer Bindehautbereich ovalär ausgeschnitten wird. Die Größe des zu exzidierenden konjunktivalen Areals richtet sich nach dem Ausmaß der Eversio puncti lacrimalis. Die Bindehautwunde wird anschließend mit senkrechten Bindehautnähten verschlossen, sodass eine Zugwirkung mit Einwärtswen-
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dung des Unterlids ausgeübt wird. Mit dieser Methode kann jedoch eine stärker ausgeprägte Eversio puncti lacrimalis nicht immer dauerhaft behandelt werden. Abb. 1
Operation des nasalen Ektropiums („Lazy-T-Operation“ nach Smith) 1. In 4–5 mm Abstand vom Tränenpünktchen wird das Unterlid senkrecht eingeschnitten. 2. Aus dem hinteren Blatt wird ein sich nach nasal verjüngendes BindehautTarsusstück exzidiert. 3. Einzelknopfnähte der adaptierten Wundränder.
Weiterführende Tipps
Traktionsnähte
Literatur Neubauer H (1988) Chirurgie der Lider. In: Mackensen G, Neubauer H (Hrsg) Augenärztliche Operationen. Springer, Berlin Heidelberg New York, Tokio, S 187
Leukämie und Mukormykose (Phykomykose)
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Leukämie und Mukormykose (Phykomykose)
Ziel Frühzeitige Diagnose der lebensbedrohlichen Erkrankung.
Problem Eine Patientin mittleren Alters wird wegen akuter lymphatischer Leukämie chemotherapeutisch behandelt. Wenige Wochen später klagte sie über eine Photophobie und dann über Doppelbilder infolge einer Okulomotoriusparese sowie einer Störung im Trigeminusnervenbereich mit fraglicher Glossopharyngeusparese. Die Verdachtsdiagnosen lauteten entweder eine basale Meningitis oder zerebrale Leukämiezellinfiltrationen.
Lösung und Alternativen Die Augenuntersuchung ergab eine einseitige Protrusio bulbi mit Motilitätseinschränkung. Das inzwischen erblindete Auge wies einen Zentralarterienverschluss auf. Es bestand eine Kieferhöhlenverschattung. Der Befund verschlechterte sich; die Patientin wurde wegen Verdachts auf eine Candida-Pilzinfektion antimykotisch behandelt. Sie starb wenige Tage später. Die Obduktion ergab eine massive Infiltration mit Mukormykosispilzen der Orbita, Nasennebenhöhlen und einen Befall des Gehirns und der Meningen. Vorausgegangene Allgemeinkrankheiten wie Diabetes mellitus, akute Leukämie, terminale Karzinomatose, chronische Sinusitis, Morbus Hodgkin, Lymphom wurden bei Patienten mit rhino-orbito-zerebraler Mukormykose festgestellt. Bei ca. 80 % der Patienten mit Mukormykose besteht ein Diabetes mellitus als Grunderkrankung. Die häufigsten initialen Zeichen waren Sinusitis, Pharyngitis, Rhinorrhoe und orbitale / periorbitale Schmerzen. Eine beidseitige Thrombose des Sinus cavernosus infolge Mukormy-
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kose wurde bei Patienten, die unter einer Desferal-Behandlung standen, mitgeteilt.
Weiterführende Tipps AIDS im Kindesalter; AIDS, opportunistische Infektionen; Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Navigationssystem in der Orbitachirurgie; Oberflächenanästhetika, Missbrauch
Literatur Blodi FC, Hannah FT, Wadsworth AC (1969) Lethal orbito-cerebral phycomycosis in otherwise healthy children. Am J Ophthalmol 67:698–705 Christmann S, Cordes A, Merkel F, Schrage N, Degenring RF (2007) Bilaterale Hornhautulzera mit Hypopyon und Exitus letalis. Ophthalmologe 104:511–512 Ferry AP, Abedi S (1983) Diagnosis and management of rhino-orbitocerebral mucormycosis (phycomycosis). A report of 16 personally observed cases. Ophthalmology 90:1096–1104 Johnson E van, Kline LB, Julian BA, Garcia JH (1988) Bilateral cavernous sinus thrombosis due to mucormycosis. Arch Ophthalmol 106:1089–1092 Pittke EC, Hertenstein B, Bachor R (1987) Orbitale und okuläre Mucormykose. Klin Monatsbl Augenheilkd 190:530–533 Schwartz JN, Donnelly EH, Klintworth GK (1977) Ocular and orbital phycomycosis. Surv Ophthalmol 22:3–28
Lochblende (Stenopäische Blende)
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Lochblende (Stenopäische Blende)
Ziel Frühes Erkennen eines Brechungsfehlers bei ungeklärter Sehminderung.
Problem Bei einem Patienten mit einer unklaren Visusminderung, beispielsweise einer geringen Katarakt, kann auf einfache Weise ein Brechungsfehler aufgedeckt werden, bevor zeitraubende, umfangreiche Untersuchungen des Fundus in Mydriasis oder des Gesichtsfelds erfolgen.
Lösung und Alternativen Zum Nachweis einer refraktionsbedingten Visusminderung kann eine Lochblende vor das zu prüfende Auge gehalten werden oder eine sog. „Siebblende“, also eine Scheibe mit mehreren Löchern von ca. 1,5–2 mm Durchmesser. Liegt eine leichte Trübung der optischen Medien, ein höherer Astigmatismus, ein Nachstar oder ein Keratokonus vor, so kann erwartet werden, dass im Vergleich zum nicht lochblendenkorrigierten Auge durch eine stenopäische Blende eine Sehverbesserung um etwa zwei Zeilen der Prüftafel erreicht wird, – vorausgesetzt, dass keine Amblyopie oder eine Fundus- oder Sehnervenschädigung besteht. Es ist jedoch darauf zu achten, dass bei Trübungen der optischen Medien eine erhöhte Blendempfindlichkeit besteht, sodass alleine durch den Vorsatz einer Loch- oder Siebblende in einem hellen Raum eine Sehverbesserung durch die Blendenabschattung verursacht wird. Deshalb ist zu empfehlen, den Visus vergleichend auch mit einem Graufilter zu testen, um festzustellen, ob die Besserung des Sehvermögens derjenigen mit einer Lochblende vergleichbar ist.
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Lochblende (Stenopäische Blende)
Weiterführende Tipps
Sehhilfen, vergrößernde; Skiaskopie („retinoscopy“)
Literatur Rubin ML (1974) Optics for clinicians. TRIAD Scientific Publishers Gainesville, Florida, pp 185–191 Zacharia P, Miller D (1988) Holes in clear lenses demonstrate a pinhole effect. Arch Ophthalmol 106:511–513
Makulaektopie
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Makulaektopie
Ziel Frühzeitiges Erkennen einer Amblyopie bei Makulaverlagerung.
Problem Eine Makulaektopie kann Folge einer erworbenen Erkrankung sein, aber auch angeboren und manchmal mit einer Amblyopie vorkommen. Es ist wichtig, nach der Ursache der Ektopie zu suchen. Eine geringe Ektopie nach unten ist physiologisch.
Lösung und Alternativen Eine erworbene Makulaektopie kann durch eine Verziehung der zentralen Retina hervorgerufen werden (Retinopathia praematurorum, Chorioretinitis, Ablatio falciformis, Geburtstrauma oder operativ durch Makulatranslokation bei altersbedingten Makuladegeneration, AMD). Bei angeborener Ektopie der Makula mit retinaler Verziehung, wie sie bei der Frühgeborenenretinopathie vorkommt, besteht eine Visusminderung mit einem Pseudostrabismus. Stets ist festzustellen, ob eine Amblyopie vorhanden ist. Unterschieden wird zwischen der echten Ektopie von einer Pseudoektopie bei Strabismus. Bei Paresen der Vertikalmotoren, insbesondere bei einer Parese des M. obliquus superior kann auch perimetrisch eine Verlagerung des blinden Flecks festgestellt werden. Untersuchungen von Kindern mit einem Strabismus convergens concomitans ergaben keinen signifikanten Unterschied der Makulaposition im Verhältnis zur Papille zwischen schielamblyopen und dem normal sehenden Partnerauge.
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Makulaektopie
Abb. 1
Verhältnis der Fovea zur Papille bei einer Normal-Person. Die gestrichelten Linien verdeutlichen die tiefer liegende Fovea im Verhältnis zur Papillenmitte
Weiterführende Tipps Amotiooperation mit Silikonölauffüllung; Amsler-Netz; Makulaloch; Ophthalmoskopie zur Nystagmusbeurteilung, Untersuchung „am Krankenbett“; Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie)
Literatur Bacskulin J, Bacskulin E (1967) Perinatal (primary) macular tractions. Acta Ophthalmol 45:275–287
Makulaektopie
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Bixenman WW, Noorden GK von (1982) Apparent foveal displacement in normal subjects and in cyclotropia. Ophthalmology 89:58–62 Graefe A von (1855) Notizen vermischten Inhalts. III. Über die ophthalmoscopische Beobachtung gewisser Augenmuskelwirkungen. Graefes Arch Ophthalmol 2:322–329 Levine MH, Zahoruk RM (1972) Disk-macula relationship in diagnosis of vertical muscle paresis. Am J Ophthalmol 73:262–265 Morton GV, Lucchese N, Kushner BJ (1983) The role of funduscopy and fundus photography in strabismus diagnosis. Ophthalmology 90:1186–1191 Schmidt D, Stapp M (1977) Über die Wirkung der Euthyskop- und Okklusionsbehandlung beim Konvergenzschielen. Klin Monatsbl Augenheilkd 171:105–117 Weiss JB (1966) Ectopies et pseudoectopies maculaires par rotation. Bull Mém Soc Fr Ophtalmol 79:329–342
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Makulaloch
Makulaloch
Ziel Strenge Beobachtung eines sich entwickelnden Makulaforamens, um den richtigen Operationszeitpunkt festzustellen.
Problem Ein idiopathisches Makulaloch tritt bevorzugt bei älteren Menschen auf, bei Frauen häufiger als bei Männern. Langzeitbeobachtungen haben gezeigt, dass nur selten eine Amotio retinae von einem Makulaforamen ausgeht. Ein Makulaloch mit akuter Visusminderung kann heutzutage meistens erfolgreich operiert werden.
Lösung und Alternativen Zur Diagnosesicherung und Abgrenzung von einem Pseudoforamen ist der Watzke-Allen-Test noch vor einem Fluoreszenzangiogramm durchzuführen. Von den vier beschriebenen Stadien nach Gass ist vor allem t Stadium 1 zur Früherkennung von Bedeutung. Der Patient stellt eine leichte Sehminderung fest oder eine geringe Metamorphopsie. Ophthalmoskopisch findet sich eine fehlende foveale Vertiefung mit einem gelben Punkt oder Ring mit feinen radiär angeordneten Streifen, bei fehlender vitreoretinaler Trennung. Im Fluoreszenzangiogramm zeigt sich nur manchmal eine geringe zentrale Hyperfluoreszenz. Hohes Risiko einer Lochentstehung: Augen mit einem makulären Fensterdefekt im Angiogramm mit verdünntem makulären Areal bei fehlender hinterer Glaskörperabhebung. t Im Stadium 2 wird der gelbe Ring innerhalb weniger Wochen bis Monate größer. Der erste Riss zeigt sich exzentrisch, sodass sich zunächst ein hufeisenförmiges, später ein rundes Loch mit einem Deckelchen
Makulaloch
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oberhalb davon ausbildet. Der Patient nimmt während der Lochbildung eine progressive Sehminderung wahr. Im Fluoreszenzangiogramm besteht in diesem Stadium eine fokale frühe Hyperfluoreszenz. Im Stadium 3 findet eine vitreofoveale Trennung mit vollständiger Lochbildung innerhalb von 3 bis 6 Monaten statt. Im Stadium 4 zeigt sich bei vergrößertem Foramen das Deckelchen an der posterioren Oberfläche der beweglichen Glaskörpermembran.
Eine Vitrektomie sollte erfolgen, wenn eine deutliche Sehminderung aufgetreten ist.
Therapie Die Pars-Plana-Vitrektomie mit Separation der hinteren Glaskörpergrenzmembran und anschließender Tamponade mit einem Gasgemisch (Luft mit Schwefelhexafluorid) gilt als Therapie der Wahl. Eine lang anhaltende Kompression der Netzhaut ist erforderlich, um eine Re-Amotio zu verhindern. Der direkte Kontakt der Gasblase mit der zentralen Retina bei postoperativer Kopftieflage führte zu günstigen postoperativen Ergebnissen. Die Gase bewirken einen starken Anpressdruck im gefährdeten Netzhautbereich. Das Schwefelhexafluorid wird erst nach mehreren Tagen langsam resorbiert. Mit dem langwirkenden Perfluorkohlenstoffgas C3F8 wurden erfreulicherweise ebenfalls günstige Visuswerte erreicht, sodass den Patienten die unangenehme Kopftieflage erspart werden konnte. Ein Makulaloch sollte von einer epiretinalen Membran mit einem Pseudomakulaloch abgegrenzt werden. Typisch für eine Membran ist die deutliche Schlängelung der perimakulären Gefäße bei umschriebener, geschrumpfter, gliöser Membranverdichtung im Makula / Perimakularbereich bei weniger starker Visusreduktion.
Entstehung eines Makulalochs (Gass 1988)
t t t t
Stadium 1: Foveale Ablösung Stadium 2: Frühe Lochbildung Stadium 3: Vollständige Lochbildung mit vitreafovealer Trennung Stadium 4: Makualloch mit hinterer Glaskörperabhebung
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Makulaloch
Abb. 1
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Von Gass postulierter Pathomechanismus des Makulaforamens: a prämakuläre Bursa, größere Pfeile Orte stärkster vitreoretinaler Anheftung, b Makulaforamenstadieneinteilung nach Gass, Punkte Xanthophyll (aus Dithmar 2005)
Weiterführende Tipps Amotiooperation mit Silikonölauffüllung; Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?); Watzke-Allen-Test
Literatur Dithmar S (2005) Makulaforamen. Überblick und aktuelle chirurgische Konzepte. Ophthalmologe 102:191–207
Makulaloch
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Abb. 2
SF6
C3F8
Tamponadeneffekt Tamponadeneffekt
Links Tamponade durch SF6 und Positionierung mit nach unten gerichtetem Gesicht: anatomische Erfolgsrate betrug 64 %. Rechts Eine C3F8-Tamponade ohne Positionierung führte zu einem Lochverschluss bei 88 % der Patienten.
Gass JDM (1988) Idiopathic senile macular hole. Its early stages and pathogenesis. Arch Ophthalmol 106:629–639 Guyer DR, de Bustros S, Diener-West M, Fine SL (1992) Observations on patients with idiopathic macular holes and cysts. Arch Ophthalmol 110:1264–1268 Hasler PW, Prünte C (2008) Early foveal recovery after macular hole surgery. Br J Ophthalmol 92:645–649 Ho AC, Guyer DR, Fine SL (1998) Macular hole. Surv Ophthalmol 42:393–416 Kelly NE, Wendel RT (1991) Vitreous surgery for idiopathic macular holes. Results of a pilot study. Arch Ophthalmol 109:654–659 McDonnell PJ, Fine SL, Hillis AI (1982) Clinical features of idiopathic macular cysts and holes. Am J Ophthalmol 93:777–786 Meyer CH, Schmidt JC, Mennel S, Göddeke E, Rübe K, Rodrigues EB, Kroll P (2008) Anatomische und funktionelle Ergebnisse nach Makulaforamenchirurgie. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:220–226 Morgan CM, Schatz H. (1986) Involutional macular thinning. A pre-macular hole condition. Ophthalmology 93:153–161 Schmidt R (1939) Über Lochbildungen in der Netzhautmitte. Klin Monatsbl Augenheilkd 102:521–529 Szurman P, Di Tizio FM, Lafaut B et al. (2000) Stellenwert der postoperativen Positionierung in der Chirurgie des idiopathischen Makulaforamens – Kontrollierte konsekutive Studie. Klin Monatsbl Augenheilkd 217:351–355
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Maskeradezeichen
Maskeradezeichen
Ziel Richtige Diagnose trotz irreführender Symptome.
Problem Bei Patienten werden nicht selten Krankheitszeichen beobachtet, die eine bestimmte typische Krankheit vortäuschen, sodass der Arzt fehlgeleitet wird.
Lösung und Alternativen Krankheitszeichen, die den Arzt in der Diagnosestellung narren können, sind insbesondere solche bei der Myasthenie, der Syphilis, der Loa-loa-Erkrankung, bei paraneoplastischen Syndromen, der okkulten Arteriitis cranialis (temporalis) oder der Metastasen. Ganz besonders wichtig zu kennen sind Maskerade-Syndrome bei malignen Tumoren. Bei Neoplasien des Auges zeigen sich nicht selten Entzündungen des Augeninnern, beispielsweise eine Iritis, die dann konventionsgemäß mit steroidhaltigen Augentropfen behandelt werden. Bei einer Begleitentzündung des Augeninnern, hervorgerufen durch einen bösartigen Tumor, sind entzündungshemmende Tropfen oft unwirksam, beispielsweise bei einem okulären Melanom oder einem Retinoblastom. Bei einer unklaren Iritis wird eine Kammerwasseruntersuchung auf Zellen und Keime nach einer Paracentese der Vorderkammer empfohlen. Gefährlich ist auch die Diagnose „Vitritis“ bei einem Non-Hodgkin-BZell-Lymphom (früher als „Retikulumzellsarkom“, heute auch als Immunoblastom bezeichnet). Diese Tumore werden zu den „Primärzentralnervensystem-Lymphomen“ (PCNSL) gerechnet, denn sie führen zu einem Befall des Auges und des Gehirns. Die Tumore können zunächst nur als okuläre Erkrankung in Form einer Vitritis in Erscheinung treten, seltener
Maskeradezeichen
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sind zerebrale Läsionen primär vorhanden. Schließlich können auch ZNSund Augen-Symptome etwa gleichzeitig entstehen. Eine fragliche Glaskörper- und Netzhauttrübung sollte durch eine diagnostische Vitrektomie abgeklärt werden. Es wurde auch von einem „GUN“-Syndrom gesprochen, um auf die wesentlichen Veränderungen Glaukom, Uveitis und neurologische Symptome des PCNSL hinzuweisen. Im MRT des Kopfs werden periventrikuläre Läsionen gefunden. Die Patienten fallen bei zerebralen Läsionen durch Verhaltensstörungen auf, bei ausgeprägten Hirnschäden werden Hemiparesen, Epilepsie, zerebelläre Veränderungen einschließlich einer Ataxie oder Hirnnervenparesen beobachtet. Die Krankheit befällt meistens ältere Menschen.
Therapie Bestrahlung und zytostatische Behandlung, sodass eine langjährige Remission bei frühem Behandlungsbeginn erhofft werden kann.
Abb. 1
„Maskeradesyndrom“: Lymphom-Erkrankung, die sich am Auge als Vitritis mit multifokalen subretinalen Infiltraten zeigt (aus Augustin 2001)
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Weiterführende Tipps Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Glaskörperblutung unklarer Genese (Es kann sich um einen neurochirurgischen Notfall handeln!); Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei einem „battered child syndrome“ durch Kindesmisshandlung; Leukämie und Mukormykose (Phykomykose); Maskierte oder „okkulte“ Arteriitis cranialis (Riesenzellarteriitis, Arteriitis temporalis Horton); Panarteriitis nodosa (PAN), Arteriitis temporalis bei einem Jugendlichen; Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms; Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie); Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Augustin AJ (2001) Augenheilkunde, 2. komplett überarbeitete Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Read RW, Zamir E, Rao NA (2002) Neoplastic masquerade syndromes. Surv Ophthalmol 47:81–124 Stammen J, Klüppel M (2002) Beidseitige subkonjunktivale Fremdkörper durch Loiasis mit beidseitiger Loa-Ophthalmie. Ophthalmologe 99:304–305 Witschel H, Joos C (1984) Das okulozerebrale Retikulumsarkom. Fortschr Ophthalmol 81:353–355 Yoeruek E, Szurman P, Tatar O, Weckerle P, Wilhelm H (2008) Anterior ischemic optic neuropathy due to giant cell arteritis with normal inflammatory markers. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 246:913–915
Maskierte oder okkulte Arteriitis cranialis
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Maskierte oder okkulte Arteriitis cranialis (Riesenzellarteriitis, Arteriitis temporalis Horton)
Ziel Abklärung von Sehstörungen als Zeichen einer drohenden Erblindung durch Arteriitis cranialis.
Problem Kopfschmerzen sind nicht immer bei einer Arteriitis temporalis vorhanden (okkulte Arteriitis). Eine frühe Diagnose ist bei atypischen Symptomen besonders schwierig.
Lösung und Alternativen Zu achten ist auf Allgemeinsymptome eines älteren Menschen ab dem 50. Lebensjahr wie allgemeines Krankheitsgefühl, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Muskel- und / oder Gelenkschmerzen (Polymyalgia rheumatica; PMR), Kauschmerzen, Depression, aber auch Amaurosis fugax-Attacken und auffällig verbreiterte, druckschmerzhafte, geschlängelte, gelegentlich gerötete Schläfenarterien mit reduzierter Pulsation. Diagnostisch entscheidend sind Entzündungszeichen im Serum (BSG, CRP, Fibrinogen, Elektrophorese), Duplex-Sonographie der A. temporalis superficialis und vor allem das Ergebnis der Arterienbiopsie. Bei negativem Biopsiebefund und dringendem klinischen Verdacht ist eine Biopsie der Schläfenarterie der anderen Schädelseite zu empfehlen. Eine deutliche Darstellung der entzündeten Arterien des Kopfes gelingt auch mit dem Gadolinium-MRT.
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Maskierte oder okkulte Arteriitis cranialis
Weiterführende Tipps
Maskeradezeichen
Literatur Bley TA, Wieben O, Uhl M, Thiel J, Schmidt D, Langer M (2005) High-resolution MRI in giant cell arteritis: Imaging of the wall of the superficial temporal artery. AJR 184: 283–287 Hayreh SS, Zimmerman B (2003) Management of giant cell arteritis. Our 27-year clinical study: new light on old controversies Ophthalmology 217:239–259 Jonasson F, Cullen JF, Elton RA (1979) Temporal arteritis. A 14-year epidemiological, clinical and prognostic study. Scott Med J 24:111–117 Schmidt D (2003) Arteriitis cranialis – Ein Überblick (Arteriitis temporalis Horton, Riesenzellarteriitis). Klin Monatsbl Augenheilkd 220: 579–617 Schmidt D, Vaith P (2005) Erblindung beider Augen bei zu später Diagnose einer Riesenzellarteriitis. Dtsch Med Wochenschr 130:1874–1876 Schmidt D, Vaith P (2005) Riesenzellarteriitis (Arteriitis cranialis, Arteriitis temporalis Horton). Dtsch Med Wochenschr 130:1877–1881
Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
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Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
Ziel Abklärung der großen Augen von Säuglingen.
Problem Verhängnisvoll ist es, dass manche Eltern – und andere darin Unerfahrene aus der Umgebung des Kindes – die behandlungsbedürftigen pathologisch großen Augen oft lange Zeit als besonders schöne große Augen missdeuten!
Lösung und Alternativen Es gibt zwei Arten einer Megalokornea: eine harmlose Form mit normalem Augendruck und eine bei Hydrophthalmus, also mit erhöhtem Druck und Erblindungsgefahr einhergehende Form. Eine Megalokornea bei normalem Druck wird X-chromosomal-rezessiv vererbt. Der Durchmesser der Hornhaut sollte beim Neugeborenen 9,5 mm und beim Säugling 11,5 mm nicht überschreiten. Der Hornhautdurchmesser beträgt normalerweise bei Frühgeborenen ≤ 9 mm, bei Reifgeborenen 10,5 mm. Ein Hornhaut-Durchmesser im 1. Lebensjahr von 12,0 mm ist stets verdächtig auf ein Glaukom! Der Hornhautdurchmesser kann beim Hydrophthalmus etwa 13 bis sogar 16 mm betragen. Der Hornhautdurchmesser kann ohne Narkose bestimmt werden, indem ein Zentimetermaß an der Stirn des Kindes dicht oberhalb der Augenbrauen angelegt wird, sodass durch vergleichenden Blick des Untersuchers zwischen Hornhaut des Kindes und der Millimetereinteilung eine recht genaue Messung abgelesen werden kann. Zum Glaukomausschluss sind frühzeitige mehrfache augenärztliche
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Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
Untersuchungen sowie eine genaue Erhebung der Familienanamnese erforderlich. Bei Verdacht auf ein Glaukom ist eine Untersuchung in Narkose notwendig. Eine druckbedingte Megalokornea entsteht infolge Dehnung der Bulbushüllen bei anhaltender Drucksteigerung. In Narkose ist bei Verdacht auf Hydrophthalmus zusätzlich zur Druckmessung die Bulbusgröße mit Ultraschall zu messen, und es ist auf Dehnungsveränderungen mit vergrößerten Hornhautradien, Rissen der Deszemet-Membran, die als feine Streifen auch leistenartig erhaben sein können („Haab’sche Linien“), und auf eine Papillenexkavation zu achten. Sonographisch sollte die Achsenlänge des Bulbus bestimmt werden. Tabelle 1 Das normale Längenwachstum des Auges im Kindesalter (modifiziert nach Draeger und Wirt 1988) Neugeborene
Achsenlänge = ca. 17,2 mm
Wachstum im 1. Jahr: 3,2–3,5 mm
1. Geburtstag (etwa)
Achsenlänge = ca. 20,7 mm
Wachstum im 2. Jahr: 0,9–1,0 mm
2. Geburtstag (etwa)
Achsenlänge = ca. 21,7 mm
Wachstum im 3. Jahr: bis zu 0,5 mm
3. Geburtstag (etwa)
Achsenlänge = ca. 22,2 mm
Wachstum im 4. Jahr: bis zu 0,5 mm
ca. 4. Geburtstag (etwa)
Achsenlänge = ca. 22,5 mm
Wachstum im 5.–15. Jahr: 0,1–0,2 mm
Cave: Hornhaut-Trübungen kommen vor nach Zangengeburt, nach Keratitis, beispielsweise durch Masern oder Lues, bei kongenitalen Systemerkrankungen und Syndromen, beispielsweise bei Mukopolysaccharidose und bei der Trisomie 13, 18, 21.
Systemerkrankungen Eine Megalokornea ohne Druckerhöhung wird auch im Rahmen von Systemerkrankungen beobachtet, z. B. beim Alport-Syndrom, Down-Syndrom, Marfan-Syndrom, der Neurofibromatose und der Kraniosynostose.
Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
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Abb. 1 1 cm
Bestimmung des Hornhautdurchmessers (Zentimetermaß an der Stirn)
Weiterführende Tipps
Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom)
Literatur Beck AD (2001) Diagnosis and management of pediatric glaucoma. Ophthalmol Clin North Am 14:501–512 Dietlein TS (2003) Kindliche Glaukome. Diagnostik und Therapie. 12. Jahrestagung der Gesellschaft der Augenärzte Sachsen-Anhalts und Thüringens (Magdeburg, 7./8.11.2003), Klin Monatsbl Augenheilkd 220:5 Dietlein TS (2003) Glaukom und Uveitis. Ophthalmologe 100:991–1006 Draeger J, Wirt H (1988) Klassifizierung und Therapie des Glaukoms im Kindesalter. Fortschr Ophthalmol 85:63–69 Seidman DJ, Nelson LB, Calhoun JH, Spaeth GL, Harley RD (1986) Signs and symptoms in the presentation of primary infantile glaucoma. Pediatrics 77:399–404
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„Milchsaft“verätzung
„Milchsaft“verätzung
Ziel Rasche Entfernung der ätzenden Flüssigkeit.
Problem Durch Pflanzensaft, der ins Auge spritzt, kann eine schwere Verätzung des Auges hervorgerufen werden. Sowohl durch den Milchsaft der ZypressenWolfsmilch als auch durch Saft der Zierpflanze Dieffenbachia wurden Augenschäden beschrieben. Der Saft der Dieffenbachia spritzt beim Knicken eines Stiels der Pflanze. Eine Patientin versuchte eine Warze am Lidrand mit Milchsaft der Zypressen-Wolfsmilch zu ätzen.
Lösung und Alternativen Bei der Verätzung der Augen durch Pflanzensaft werden schwere Reizungen des vorderen Augenabschnitts hervorgerufen. Latex von Wolfsmilchgewächsen verursacht Verätzungen mit Lidschwellung, Konjunktivitis, Keratitis, Iritis mit Hypopyon bzw. eine Endophthalmitis. Eine häufige in Europa heimische Art ist die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias). Die ätzende Wirkung wird durch Phorbolsäure und Phorbolsäureester verursacht. Aus der tropischen Zierpflanze Dieffenbachia (Familie der Araceae) kann der Saft ins Auge spritzen. Unzählige feine Kalziumoxalatkristalle bewirken eine schwere Keratitis. Es finden sich unzählige feine glitzernde Kristalle im Hornhautepithel.
Therapie Sofortiges Spülen des Auges. Eine Behandlung mit unspezifischen Salben wird empfohlen; nach Epithelschluss der Hornhaut sind auch kortikoste-
„Milchsaft“verätzung
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roidhaltige Tropfen und Salben hilfreich. Bei intraokulärem Reizzustand sollte die Pupille durch ein Mydriatikum weit gestellt werden. Abb. 1
Euphorbia biglandulosa: Knicken eines Blattes reicht aus, sofort treten Tropfen einer weißen Flüssigkeit (Wolfsmilch) aus (aus Mennel et al. 2005)
Weiterführende Tipps
Benetzungsstörungen
Literatur Bessero AC, Achache F, Guex-Crosier Y (2008) Keratouveitis caused by sap of Euphorbia myrsinites plant. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:451–452 Egerer I (1977) Augenaffektion durch den Saft der Zierpflanze Dieffenbachia. Klin Monatsbl Augenheilkd 170:128–130 Lisch K (1980) Die Wirkung des Milchsaftes von Euphorbiazeen auf das Auge. Klin Monatsbl Augenheilkd 176:469–471 Mennel S, Müller C, Meyer CH (2005) Toxische Endophthalmitis nach Exposition mit Euphorbia biglandulosa (Wolfsmilch). Ophthalmologe 102:1099–1101
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„Morning-glory“-Papille bei einem Papillorenalen Syndrom
„Morning-glory“-Papille bei einem Papillorenalen Syndrom (Handmann’sche Sehnervanomalie)
Ziel Beurteilung der angeborenen Sehnervanomalie und Abklärung einer Nierenerkrankung.
Problem Es handelte sich um eine einseitig scharf begrenzte Papille mit fehlenden Zentralgefäßen. Die peripheren zahlreichen, radiär verlaufenden Optikusgefäße (zilioretinale Gefäße) sind vergrößert und entspringen am Rande der Papille („Windblütenpapille“). Die Papille ist deutlich vergrößert. Welche Bedeutung kommt dieser kongenitalen Veränderung zu?
Lösung und Alternativen An zusätzlichen Augenveränderungen können Arteria hyaloidea persistens, hyperplastischer primärer Glaskörper („PHPV“), angeborene Katarakt, angeborener Nystagmus, unilateraler Strabismus, Amotio retinae, Mikrokornea und eine Ptosis sowie ein einseitiger Tiefstand der Orbita vorhanden sein. Selten findet sich eine transsphenoidale basale Enzephalozele. Zusätzlich zur kongenitalen Sehnervveränderung wurde relativ häufig eine Nephropathie, insbesondere eine renale Hypoplasie festgestellt. Auch eine intrakranielle Gefäßmalformation wie ektatische supraselläre Arterien wurden beschrieben.
Weiterführende Tipps
Refraktionsskotom
„Morning-glory“-Papille bei einem Papillorenalen Syndrom
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Literatur Handmann M (1929) Erbliche, vermutlich angeborene zentrale gliöse Entartung des Sehnerven mit besonderer Beteiligung der Zentralgefäße. Klin Monatsbl Augenheilkd 83:145–152 Hanson MR, Price RL, Rothner AD, Tomsak RL (1986) Developmental anomalies of the optic disc and carotid circulation: a new association. In: Smith JL (ed) Neuro-ophthalmology Now! Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo, pp 23–28 Parsa CF, Silva ED, Sundin OH et al. (2001) Redefining papillorenal syndrome: an underdiagnosed cause of ocular and renal morbidity. Ophthalmology 108:738–749 Pau H (1980) Handmannsche Sehnervenanomalie und Morning Glory Syndrom („Windenblüten-Syndrom”). Klin Monatsbl Augenheilkd 176:745–751 Rieger G (1977) Zum Krankheitsbild der Handmannschen Sehnervenanomalie. Klin Monatsbl Augenheilkd 170:697–706
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Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis
Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis
Ziel Feststellung der Urasche einer intraokulären Entzündung.
Problem Eine posteriore Uveitis eines jungen Patienten stellt nicht selten eine diagnostische Schwierigkeit dar.
Lösung und Alternativen Eine granulomatöse Uveitis mit geringer begleitender Vitritis kann bei einer multiplen Sklerose (MS) beobachtet werden. Eine Uveitis kann einer Neuritis nervi optici vorausgehen. In einer Gruppe mit 50 Patienten mit MS wurden bei neun Patienten (18 %) entzündliche Veränderungen des Auges festgestellt. In einer anderen Gruppe mit 52 Patienten, die eine MS aufwiesen, wurde bei 14 Patienten (27 %) eine Uveitis nachgewiesen. Gelegentlich führt eine Sarkoidose zu einer Uveitis. Zum Nachweis einer Sarkoidose sind eine Thorax-Röntgenuntersuchung und der Befund eines erhöhten Angiotensin Converting Enzyms von entscheidender Bedeutung. Ein Kernspintomogramm (MRT) stellt die Untersuchungsmethode der Wahl dar, um Parenchymveränderungen des Gehirns bei Patienten mit einer zerebralen Sarkoidose zu erkennen. Die häufigsten Veränderungen sind periventrikuläre und multiple Läsionen der weißen Substanz. Diese Veränderungen sind häufig nicht von solchen einer MS zu unterscheiden.
Weiterführende Tipps Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici; Amaurose durch Optikuskompression; Maskerade-Zei
Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis
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chen; Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall); Papillenschwellung; Uhthoff-Phänomen
Literatur Beck RW, Arrington J, Murtagh FR et al. (1993) Brain magnetic resonance imaging in acute optic neuritis. Arch Neurol 50:841–846 Breger BC, Leopold IH (1966) The incidence of uveitis in multiple sclerosis. Am J Ophthalmol 62:540–545 Graham EM, Francis DA, Sanders MD, Rudge P (1989) Ocular inflammatory changes in established multiple sclerosis. J Neurol Neurosurg Psychiat 52:1360–1363 Lagrèze WD, Gerling J, Hansen L (1995) Granulomatous posterior uveitis in multiple sclerosis. German J Ophthalmol 4:65 Miller DH, Kendall BE, Barter S et al. (1988) Magnetic resonance imaging in central nervous system sarcoidosis. Neurology 38:378–383 Ziemssen T, Wilhelm H, Ziemssen F (2006) Multiple Sklerose. Ein Update mit praktischen Regeln für die ophthalmologische Praxis. Ophthalmologe 103:621–643
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Muskelchirurgie in Tropfanästhesie
Muskelchirurgie in Tropfanästhesie
Ziel Genaue Dosierung bei einer Schieloperation.
Problem Schieloperationen werden in üblicher Weise in Allgemeinnarkose, bei Erwachsenen manchmal in Retrobulbäranästhesie ausgeführt. Dabei besteht keine Möglichkeit, den Schielwinkel in der intraoperativen Situation zu überprüfen oder festzustellen, ob Diplopie besteht.
Lösung und Alternativen Bei einer Augenmuskelparese infolge einer endokrinen Orbitopathie kann in Tropfanästhesie die Dosierung eines zurückzulagernden Muskels genau vorgenommen werden. Die Rücklagerungsstrecke ist nach intraoperativer Prüfung der aktiven Motilität unter Tropfanästhesie genau einzuschätzen. Außerdem kann auf Diplopie geprüft werden. Somit werden Fehldosierungen gering gehalten. Die Verursachung eines okulo-kardialen Reflexes ist bei einer endokrinen Ophthalmopathie als weniger wahrscheinlich anzunehmen.
Weiterführende Tipps Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese, Untersuchung „am Krankenbett“; Retrobulbärinjektion; Strabismus, akuter
Literatur Kalpadakis P, Rudolph G, Boergen KP (2002) Dosierung muskelchirurgischer Eingriffe in Tropfanästhesie bei Patienten mit endokriner Orbitopathie. Ophthalmologe 99:941–945
Mydriasis durch Bienenstichverletzung des Auges
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Mydriasis durch Bienenstichverletzung des Auges
Ziel Frühzeitige Behandlung der Verletzung.
Problem Ein Patient wurde von einer Biene ins Auge gestochen. Er hatte sehr starke Schmerzen und sah nur noch verschwommen. Das Auge wurde rot und die Lider schwollen an.
Lösung und Alternativen Bei dem seltenen Bienenstich in die Sklera oder Kornea treten eine schmerzhafte Bindehaut- und intraokuläre Entzündungen auf. Das Sehvermögen, das bei der ersten Untersuchung nach der Verletzung noch regelrecht war, wird infolge Mydriasis und zunehmender Linsentrübung immer schlechter. Bei einem Patienten mit Bienenstich der Sklera erweiterte sich die Pupille und es trat eine Woche danach eine sternförmige Katarakt auf. Die Linsentrübung hatte die Form einer Rosette ähnlich einer kontusionsbedingten Trübung. Die Läsion bestand aus zahlreichen kleinen Tröpfchen der hinteren Rinde, subkapsulär gelegen. Eine Mydriasis mit Linsentrübung zeigte sich noch nach ¼ Jahr. Die Mydriasis war Folge einer Lähmung des M. sphincter pupillae. Häufig tritt nach einer intraokulären Bienenstichverletzung ein Hypopyon auf. Meistens dringt der Stachel durch die Hornhaut ein. Bienenstiche ins Auge können in gleicher Weise wie solche des übrigen Körpers gelegentlich zu Allgemeinveränderungen bis zu anaphylaktischen Reaktionen führen. Im akuten Stadium kann eine Behandlung mit Kortikosteroiden erforderlich sein.
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Mydriasis durch Bienenstichverletzung des Auges
Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Augentropfenverabreichung; Augenverband, Amblyopiegefahr bei Kindern unter 6 Jahren; Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis); Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen
Literatur Barczinski S (1922) Zur Kenntnis der Augenverletzung durch Bienenstich. Klin Monatsbl Augenheilkd 69:769–772 Dorff H (1921) Über Spätschädigung der Hornhaut durch Bienenstachel. Klin Monatsbl Augenheilkd 67:256–259 Herrenschwand F von (1924) Zur Histopathologie der Augenverletzung durch Wespenstich. Klin Monatsbl Augenheilkd 73:330–339 Krannig HD (1955) Skleraverletzung durch Bienenstich und hintere sternförmige Katarakt. Klin Monatsbl Augenheilkd 126:750–753 Strebel J (1950) Über Akuleatenstichverletzungen des Auges und über die Toleranz eines während mehr als zwanzig Jahren in Cornea-Vorderkammer steckenden Bienenstachels. Ophthalmologica 120:16–19 Young CA (1931) Bee sting of the cornea. With case report. Am J Ophthalmol 14:208–216
Nadelstichverletzung mit Infektionsgefahr
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Nadelstichverletzung mit Infektionsgefahr
Ziel Frühzeitige, intensive Behandlung als „Postexpositionsprophylaxe“.
Problem Die Zahl der Nadelstichverletzungen bei im Gesundheitswesen arbeitenden Personen wird in der BRD auf 500 000 / Jahr geschätzt. Wegen der zunehmenden Verbreitung vor allem von Hepatitis-B, Hepatitis-C und HIV ist das Ansteckungsrisiko erhöht.
Lösung und Alternativen Vorgehen nach einer Stichverletzung Die betroffene Hautpartie sollte umgehend mit Wasser und Seife gewaschen werden. Es gibt keine Beweise, dass eine lokale Antiseptikabehandlung oder das Auspressen einer Wunde die Infektionsgefahr verringert. Nach den Empfehlungen der Deutschen AIDS-Gesellschaft sollte bei Stich- oder Schnittverletzungen „der Blutfluss durch Druck auf das umliegende Gewebe verstärkt werden, gleichzeitig eine intensive antiseptische Spülung (ggf. nur mit Leitungswasser) erfolgen und ein antiseptisches Wirkstoffdepot auf der Basis von PVP-Jod / Alkohol angelegt werden. Zur Beurteilung des Infektionsstatus eines Verletzten wird empfohlen, möglichst bald nach der Exposition serologische Untersuchungen auf HBsAg, Anti-HBs und Anti-HBc, Anti-HCV und Anti-HIV zu veranlassen, damit eine Vorerkrankung ausgeschlossen werden kann. Bei einem positiven serologischen Ergebnis, beispielsweise bei Anti-HCV ist eine molekulare Untersuchung auf HCV-RNA vorzuschlagen. Nach beruflichem Kontakt mit einem potenziell infektiösen Material sollte ein Durchgangsarzt-Verfahren eingeleitet werden.
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Nadelstichverletzung mit Infektionsgefahr
Bei Kontamination von geschädigter Haut oder der Augen sollte umgehend intensiv gespült werden. Wenn infizierte Flüssigkeit in die Augen gespritzt ist, sollte zunächst mit Wasser oder isotoner NaCl-Lösung das Auge und die periokuläre Haut gespült werden, um keine Zeit zu verlieren, sodann wird – sobald es verfügbar ist – eine isotone wässrige PVP-Jodlösung, 2,5 %ig zur Spülung empfohlen. Bei einer HIV-Exposition sind umgehend Informationen über den Infektionsstatus des Patienten einzuholen, damit die Viruslast, CD4-Zahlen sowie die vorausgegangene Therapie und die Virusresistenz in Erfahrung gebracht werden können. Es sollte so rasch wie möglich eine „Postexpositionsprophylaxe“ bei HIV begonnen werden, die entweder aus einer Kombination von zwei Reverse-Transkriptase-Hemmern (RTI) und einem Proteaseinhibitor (PI) oder aus einer Kombination von zwei Reverse-Transkriptase-Hemmern und einem nichtnukleosidalen Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI) besteht: Zidovudin (2 × 250–300 mg / d) plus Lamivudin (2 × 150 mg / d) kombiniert mit Nelfinavir (2 × 1 250 mg) oder Lopinavir / Ritonavir (2 × 400 / 100 mg) oder Efavirenz (1 × 600 mg) bei Kontraindikation für Proteaseinhibitoren. Die „Postexpositionsprophylaxe“ sollte vier Wochen lang durchgeführt werden.
Weiterführende Tipps AIDS im Kindesalter; AIDS, opportunistische Infektionen; Patientencompliance
Literatur Sarrazin U, Brodt HR, Sarrazin Ch, Zeuzem S (2005) Prophylaxe gegenüber HBV, HCV und HIV nach beruflicher Exposition. Dtsch Ärztebl 102:1784–1789
Nanophthalmus
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Nanophthalmus
Ziel Rechtzeitiges Erkennen eines Glaukoms.
Problem Kleine Augen können häufig zu einem Glaukom führen. Welche Therapie wird empfohlen?
Lösung und Alternativen Ein Nanophthalmus (griechisch, nanos: Zwerg) ist charakterisiert durch eine flache Vorderkammer mit der Gefahr des Winkelverschlusses, einer deutlichen Hyperopie, einer verdickten Linse, einer flachen serösen Amotio retinae mit chorioidaler Verdickung. Ein Nanophthalmus kann sporadisch oder hereditär auftreten (autosomal-rezessiver oder autosomal-dominanter Erbgang). Im Fluoreszenzangiogramm ist eine verstärkte Hyperfluoreszenz infolge einer veränderten Choriocapillaris und des retinalen Pigmentepithels festzustellen. Es ist zu betonen, dass vor jedem operativen Eingriff am vorderen Augensegment der Fundus genau zu untersuchen ist, da nicht selten eine flache seröse, spontan entstandene Amotio retinae ohne Netzhautforamen besteht. Intraokuläre Eingriffe weisen eine sehr hohe Rate an schweren Komplikationen auf. Der häufig erhöhte Augendruck sollte medikamentös und mit einer Laser-Iridotomie gesenkt werden.
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Nanophthalmus
Abb. 1
In der Fluoreszenzangiographie (hier linkes Auge) lässt sich die streifige Fundusveränderung besser abgrenzen. Es findet sich kein Hinweis auf Exsudationen (aus Haritoglou und Ulbig 2001)
Weiterführende Tipps
Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom); Netzhaut- / Aderhautfalten
Literatur Haritoglou C, Ulbig MW (2001) Beidseitige streifige Fundusveränderungen durch beidseitige Aderhautfalten bei Nanophthalmus. Ophthalmologe 98:772–773 Ryan EA, Zwaan J, Chylack LT (1982) Nanophthalmos with uveal effusion. Clinical and embryologic considerations. Ophthalmology 89:1013–1017 Singh OS, Simmons RJ, Brockhurst RJ, Treme CL (1982) Nanophthalmos. A perspective on identification and therapy. Ophthalmology 89:1006–1012
Neovaskularisation der Retina, blutende
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Neovaskularisation der Retina, blutende
Ziel Frühzeitige Abklärung plötzlich auftretender Glaskörperblutungen zur Frage der Operationsindikation.
Problem Eine baldige Abklärung einer Glaskörperblutung ist notwendig, da progressive Veränderungen mit Membranbildungen zur Traktionsamotio führen können. Außerdem besteht die Gefahr einer Blutung im anderen Auge bei einer bis dahin nicht bekannten Systemerkrankung.
Lösung und Alternativen Eine Proliferation retinaler Gefäße kann nicht nur durch Diabetes mellitus, Hämoglobinopathie oder Zentralvenenverschluss, sondern auch durch eine hereditäre Erkrankung hervorgerufen werden. Es könnte auch ein malignes Aderhautmelanom zur Blutung geführt haben. Deshalb sind frühzeitige anamnestische, ophthalmologische, internistische und neurologische Abklärungen erforderlich. Auch eine Subarachnoidalblutung (Terson-Syndrom) kann zur intraokulären Blutung führen. Eine Netzhautablösung kann mit Ultraschall nachgewiesen werden. Bei einer geringen Glaskörperblutung ist die Fluoreszenzangiographie zur Beurteilung von Gefäßproliferationen hilfreich. Die familiäre exsudative Vitreoretinopathie (Criswick-Schepens-Syndrom) ist gekennzeichnet durch Gefäßproliferationen vorwiegend der Netzhautperipherie mit Glaskörperblutungen. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Bei einer massiven Glaskörperblutung ist eine baldige Vitrektomie indiziert. Mögliche Komplikationen der lange bestehenden intraokularen Blu-
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tungen sind Katarakt, fibrovaskuläre Proliferationen, Netzhautablösung und Hämosiderosis bulbi. Häufig blutet es vor die Retina bei einer Amotio retinae mit einem Netzhautriss. Eine Vitrektomie ermöglicht die genaue retinale Untersuchung, so dass auch blutende Gefäßproliferationen der Retina beurteilt und mit Laser verödet werden können.
Weiterführende Tipps „Angiopathia retinae traumatica“, die Putscher-Retinopathie; Blindheit durch Hämangioblastome der Retina; Chirurgie der retinalen Venenverschlüsse; Glaskörperblutung unklarer Genese (Es kann sich um einen neurochirurgischen Notfall handeln!); Leukämie und Mukormykose (Phykomykose); Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis; Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung
Literatur Alsheikheh A, Lieb W, Grehn F (2004) Criswick-Schepens-Syndrom – Familiäre exsudative Vitreoretinopathie. 6 Patienten in konsanguinen syrischen Familien. Ophthalmologe 101:914–918 Criswick VG, Schepens CL (1969) Familial exudative vitreoretinopathy. Am J Ophthalmol 68:578–594 Nouhuys CE van (1982) Dominant exudative vitreoretinopathy and other vascular developmental disorders of the peripheral retina. Docum Ophthalmol 54:1–414 Schmidt D, Soriano MJ (1993) Retinal telangiectases and proliferation of the retinal vessels in a family. Ophthalmologica 207:62–77
Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale
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Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale
Ziel Frühzeitige Behandlung einer chorioidalen Neovaskularisation.
Problem Ältere Patienten mit einer plötzlichen Sehminderung infolge eines akut aufgetretenen Makulaödems mit zentralen Netzhautblutungen sollten umgehend fluoreszenzangiographisch untersucht werden, da eine altersbedingte feuchte Makuladegeneration vorliegen kann.
Lösung und Alternativen Mit der Fluoreszenzangiographie kann eine subfoveale oder juxtafoveale subretinale chorioidale Neovaskularisation (CNV) festgestellt werden. Im Falle einer CNV kann eine okkulte Neovaskularisation oder eine solche mit „klassischem“ Anteil vorliegen, die auch als „vorwiegend klassische CNVLäsion“ bezeichnet wird. Nur bei einem klassischem Anteil von > 50 % der gesamten Läsion wird eine photodynamische Therapie (PDT) des subfovealen CNV-Areals empfohlen. In letzter Zeit wird erfolgreich eine intravitreale Injektionsbehandlung mit Medikamenten zur Hemmung des „Vascular Endothelial Growth Factors (VEGF)“ beispielweise mit Bevacizumab (Avastin®) durchgeführt. Es zeigte sich eine signifikante Besserung des Visus unter Bevacizumab.
Photokoagulationsbehandlung Der fluoreszenzangiographische Nachweis einer juxtafovealen CNV stellt eine Indikation zur Photokoagulation dar. Es zeigte sich, dass eine Laserstrahlentherapie bei Patienten mit einer juxtafovealen Neovaskularisation bei frühzeitiger Behandlung erfolgreich war. Patienten mit einem „pre-
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Abb. 1
Idiopathische CNV in Früh- und Spätphase der Fluoreszenzangiographie. a, b Prä PDT: Visus 0,3; c, d 3 Monate post PDT 1:Visus 0,4; e, f 10 Monate post PDT 2: Visus 0,7 (aus Müller-Velten et al. 2003)
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sumed ocular Histoplasmose-Syndrom“ („POHS“) mit einer juxtafovealen CNV wurden erfolgreich mit Laserstrahlen behandelt.
Weiterführende Tipps
Verteporfin zur Photodynamischen Therapie (PDT)
Literatur Abrahám-Marin ML, Cortés-Luna CF, Alvarez-Rivera G, Hernández-Rojas M, Quiroz-Mercado H, Morales-Cantón V (2007) Intravitreal bevacizumab therapy for neovascular age-related macular degeneration: a pilot study. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:651–655 Hahn R, Sacu S, Michels S, Varga A, Weigert G, Geitzenauer W, Vécsei-Marlovits P, Schmidt-Erfurth U (2007). Intravitreales Bevacizumab vs. Verteporfin und intravitreales Triamcinolon Acetonid bei Patienten mit neovaskulärer AMD. Ophthalmologe 104: 588–593 Macular Photocoagulation Study Group (1994) Laser photocoagulation for Juxtafoveal choroidal neovascularisation. Arch Ophthalmol 112:500–509 Müller-Velten R, Michels St, Schmidt-Efurth U, Laqua H (2003) Photodynamische Therapie: Erweiterte Indikationen. Ophthalmologe 100:384–390 Schmidt-Erfurth U, Hasan T (2000) Mechanisms of action of photodynamic therapy with Verteporfin for the treatment of age-related macular degeneration. Surv Ophthalmol 45:195–214
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Netzhaut- / Aderhautfalten
Netzhaut- / Aderhautfalten
Ziel Früherkennen und Bewerten von Falten der Retina bzw. Chorioidea.
Problem Netzhaut-Aderhautfalten können ein wichtiges und möglicherweise erstes Zeichen eines Tumors sein, jedoch auch tumorunabhängig auftreten.
Lösung und Alternativen Horizontal verlaufende Netzhaut-Aderhautfalten, die meistens auch durch die Makula verlaufen, wurden bei Druckausübung eines orbitalen Tumors, Pseudotumors oder eines Nasennebenhöhlentumors (beispielsweise einer Mukozele der Stirnhöhle), seltener bei einer Stauungspapille oder einer posterioren Skleritis beobachtet. Auch ein Astigmatismus der Hornhaut kann sich ausbilden. Es handelt sich nicht immer um isolierte retinale Falten, sondern meistens um chorioidale Falten, bei der auch die Bruch’sche Membran und das Pigmentepithel beteiligt sind. Im Fluoreszenzangiogramm finden sich horizontal verlaufende Streifen mit abwechselnder Hyper- und Hypofluoreszenz. Auch nach Entfernung des Tumors bleiben die Falten meistens bestehen. Die bei der Tumorkompression entstandene Hyperopie kann sich zurückbilden. Der Visus kann postoperativ wieder ansteigen.
Alternative Es gibt bei mikrophthalmischen Augen mit hoher Hyperopie auch retinale Falten zwischen Papille und Makula, die vererbt sein können. Der Visus ist dabei reduziert. Ein autosomal-rezessiver Erbgang wird angenommen. Netzhautfalten wurden auch bei intraokulären und intrakranialen Blutungen (Terson-Syndrom) beobachtet. Erworbene Aderhautfalten können auch Zeichen eines erhöhten intrakraniellen Drucks sein
Netzhaut- / Aderhautfalten
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Weiterführende Tipps Nanophthalmus; Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms; Schrotschusskugel in der Orbita
Literatur Birch-Hirschfeld A (1920) Die Krankheiten der Orbita. In: Graefe A, Saemisch Th (Begr) Handbuch der gesamten Augenheilkunde 9:728 Bird AC, Sanders MD (1973) Choroidal folds in association with papilloedema. Br J Ophthalmol 57:89–97 Boyton JR, Purnell EW (1975) Bilateral microphthalmos without microcornea associated with unusual papillomacular retinal folds and high hypeopia. Am J Ophthalmol 79:820–826 Cappaert WE, Purnell EW, Frank KE (1977) Use of B-sector scan ultrasound in the diagnosis of benign choroidal folds. Am J Ophthalmol 84:375–379 Goldblum D, Mojon DS (1999) Posterior microphthalmos associated with papillomacular fold and high hyperopia. J Pediatr Ophthalmol Strabism 36:351–352 Hedges TR, Leopold IH (1959) Parallel retinal folds. Their significance in orbital space-taking lesions. Arch Ophthalmol 62:353–355 Kalina RE, Mills RP (1980) Acquired hyperopia with choroidal folds. Ophthalmology 87:44– 50 Keithahn MAZ, Bennett SR, Cameron D, Mieler WF (1993) Retinal folds in Terson syndrome. Ophthalmology 100:1187–1190 Lavinsky J, Lavinsky D, Lavinsky F, Frutuosos A. (2007) Acquired choroidal folds: a sign of idiopathic intracranial hypertension. Graefe´Arch Ophthalmol Clin Exp Ophthalmol 245: 883–888 Löhlein W (1927) Über Faltenbildung in der Netzhaut durch Druck auf den Bulbus. Klin Monatsbl Augenheilkd 79:769–778 Ryckewaert M, Zanlonghi X, Bertrand-Cuignet H, Constantinides G (1992) High hyperopia with papillomacular fold. Ophthalmologica 204:49–53 Spitznas M, Gerke E, Bateman JM (1983) Hereditary posterior microphthalmos with papillomacular fold and high hyperopia. Arch Ophthalmol 101:413–417 Wolter JR (1962) Parallel horizontal retinal folding. Am J Ophthalmol 53:26–29
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Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung
Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung
Ziel Frühbehandlung einer Strahlenretinopathie, bevor sich Gefäßproliferationen entwickeln.
Problem Eine ältere Patientin erlitt eine plötzliche Sehminderung eines Auges. Die Untersuchung ergab eine hochgradige Visusminderung infolge eines deutlichen Makulaödems mit harten Exsudaten und multiplen Mikroaneurysmen und Blutungen der Retina. Ein Diabetes mellitus bestand nicht.
Lösung und Alternativen Die Patientin berichtete über eine Röntgenbestrahlung der Orbitae wegen eines pleomorphen Immunozytoms vor ca. 15 Jahren. Eine Strahlenretinopathie wurde vorwiegend bei einer Röntgenstrahlen-Behandlung nasaler und paranasaler Tumoren sowie von solchen der Schädelbasis beobachtet. Bei einer Bestrahlung werden vor allem die empfindlichen Endothelzellen der Gefäße geschädigt, sodass noch nach mehreren Monaten oder vielen Jahren eine okklusive Vaskulitis entstehen kann. Die kleinen retinalen Gefäße werden stärker als die größeren Gefäße geschädigt. Sekundär kann sich ein Neovaskularisationsglaukom entwickeln. Eine Retinopathie ist vor allem bei einer Gesamtstrahlendosis von > 45 Gy zu erwarten. Ein zusätzlich bestehender Diabetes mellitus, Nikotinabusus oder eine Chemotherapie erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer durch Strahlen induzierten Retinopathie.
Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung
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Weiterführende Tipps AIDS, opportunistische Infektionen; Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Progressive Netzhautnekrose (Akutes Retinales-NekroseSyndrom, Notfallsituation mit großer Erblindungsgefahr)
Literatur Grange JD (2001) Radiation-induced retinopathy. J Fr Ophtalmol 24:993–1003 Lumbroso L, Dendale R, Fourquet A, Desjardins L (2002) Les rétinopathies radio-induites. Radiation retinopathy. Cancer/Radiother 6:289–295 Spraul CW, Lang G (2005) Glaskörperblutung und Makulaödem mit Visusverlust. Ophthalmologe 102:396–398
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Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall)
Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall)
Ziel Diagnostische Verwertung von Gesichtsfeldausfällen einer Neuritis nervi optici.
Problem Bei Patienten mit einer Neuritis nervi optici zeigt sich meistens ein Zentralskotom, jedoch kann auch selten ein altitudinaler Ausfall auftreten. Patienten mit einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION) weisen meistens einen altitudinalen Ausfall (selten nach oben) auf, jedoch kann bei einer AION in seltenen Fällen ein Zentralskotom vorhanden sein.
Lösung und Alternativen Aufgrund des Gesichtsfelds alleine ist nicht in allen Fällen eine eindeutige Unterscheidung zwischen einer Neuritis nervi optici und einer AION möglich. An zusätzlichen Unterscheidungskriterien sind zu beachten: Alter der Patienten, Bewegungsschmerz bei einer Neuritis, Kriterien einer Allgemeinkrankheit (Hinweis auf Symptome einer multiplen Sklerose, Hinweis auf Arteriosklerose bei AION). Ein Bewegungsschmerz ist sehr charakteristisch für eine akute Neuritis und fast immer vorhanden. Eine Besserung der Ausfälle bei Verlaufsbeobachtung spricht meistens für eine Neuritis nervi optici. Bei Kindern zeigt sich häufig eine Papillenschwellung, nicht selten an beiden Augen.
Nachweis mit den visuell evozierten Potenzialen (VEP) Mit dem Muster-VEP (Darbietung eines Schachbrettmusters mit periodisch sich umkehrendem Kontrast) werden unterschiedliche Komponenten bei Normalpersonen unterschieden: Die Antwortgipfel bestehen aus einer
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negativen Komponente (N75), einer positiven (P100) und einer weiteren negativen (N135). Die P100-Amplitude wird vom N75-Tal gemessen. Bei einer Neuritis nervi optici tritt infolge Demyelinisierung des Nervs eine deutlich verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit auf. Die Latenz des P100-Gipfels ist bei dieser Erkrankung deutlich verlängert. Nicht nur bei frisch aufgetretener Neuritis nervi optici, sondern auch im chronischen Stadium ist selbst nach Monaten und Jahren eine Latenzverlängerung nachweisbar. Ein Patient mit einer multiplen Sklerose ohne Sehminderung weist häufig auch eine Latenzverlängerung im VEP auf.
Weiterführende Tipps Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici; Amaurose durch Optikuskompression; Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis; Papillenschwellung
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer, Stuttgart Gerling J, Meyer JH, Kommerell G (1998) Visual field defects in optic neuritis and anterior ischemic optic neuropathy: distinctive features. Graefe´s Arch Clin Exp Ophthalmol 236:188–192 Kiefer G, Rieckmann P (2001) Neuritis nervi optici. Erster Hinweis auf eine Multiple Sklerose? Aktuelle diagnostische und therapeutische Strategien. Ophthalmologe 98:310–319 Nevalainen J, Krapp E, Paetzold J, Mildenberger I, Besch D, Vonthein R, Keltner JL, Johnson CA, Schiefer U (2008) Visual field defects in acute optic neuritis - distribution of different types of defect pattern, assessed with threshold-related supraliminal perimetry, ensuring high spatial resolution. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 246:599–607 Reuscher A, Chromek W, Kommerell G (1978) Gesichtsfeldausfälle und Fluoreszenzangiographie bei der Apoplexia papillae. Klin Monatsbl Augenheilkd 172:69–74 Rizzo JF, Lessell S (1991) Optic neuritis and ischemic optic neuropathy. Overlapping clinical profile. Arch Ophthalmol 109:1668–1672 Schmidt D (1982) Das Gesichtsfeld bei Neuritis nervi optici. Berl Augenärztl Ges (1.–2.12.1979). Klin Monatsbl Augenheilkd 181:300
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Neuritis nervi optici, Behandlung
Neuritis nervi optici, Behandlung
Ziel Beratung der Patienten über die Möglichkeit einer Kortikosteroid-Therapie.
Problem Hilft eine Kortikosteroid-Behandlung bei einer Neuritis nervi optici?
Lösung und Alternativen Umfangreiche Statistiken über die Behandlungen der Neuritis nervi optici mit Kortikosteroiden zeigten, dass bei einer Dosis von 1 mg / kg Körpergewicht gegenüber mit Placebo behandelten Patienten keine Sehverbesserung auftrat. Überraschenderweise ergab sich in der Nachbeobachtungszeit eine etwa doppelt so hohe Rezidivrate der mit einer mittelhohen oder niedrigen Kortikosteroid-Dosis behandelten Patienten im Vergleich zu unbehandelten Patienten. Es wird deshalb entschieden davor gewarnt, Patienten mit einer mittelhohen oder niedrigen Kortikosteroid-Dosis zu therapieren. Günstiger fielen jedoch die Ergebnisse unter einer täglichen intravenösen „Megadosis“-Therapie (1000 mg Methylprednisolon) aus. Das Sehvermögen erholte sich innerhalb von 14 Tagen rascher als bei unbehandelten Patienten. Allerdings zeigte sich 30 Tage nach Behandlungsbeginn nur noch ein kleiner Unterschied zwischen den Visusergebnissen der „Megadosis“-Therapie-Patientengruppe und der Placebo-Patientengruppe. Da die „Megadosis“-Therapie nur einen geringen Vorteil gegenüber dem Spontanverlauf bietet, wird nur in Ausnahmefällen eine Kortikosteroid-Megadosis-Behandlung empfohlen, z. B. wenn es darauf ankommt, dass sich schnell wieder ein regelrechtes Sehvermögen einstellen soll.
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Empfohlenes Therapieschema im Falle einer „Megadosis“Therapie An drei aufeinanderfolgenden Tagen werden morgens (als Infusion) jeweils 1000 mg Methylprednisolon (verdünnt in 5 %iger Glukose oder 0.9 %iger NaCl-Lösung) gegeben. Es ist wichtig, die Infusionsbehandlung langsam über mehrere Stunden auszudehnen, um unerwünschte kardiale Nebenwirkungen durch eine rasche Verabreichung zu vermeiden. Vom 4. bis 11. Tag sollte mit oralem Prednisolon ausgeschlichen werden, beginnend mit 100 mg / die zwei Tage lang, danach Reduktion der Dosis um jeweils 25 mg alle zwei Tage. Prophylaktisch sollte als Magenschutz Misoprostol bei gefährdeten Patienten gegeben werden. Unter einer Beta-Interferon-Behandlung (Interferon beta 1b) konnte die Anzahl und Schwere der neu aufgetretenen MS-Schübe deutlich reduziert werden.
Weiterführende Tipps
Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis
Literatur Beck RW, Cleary PA, Anderson MM et al. (1992) A randomized, controlled trial of corticosteroids in the treatment of acute optic neuritis. N Engl J Med 326:581–588 Beck RW, Cleary PA, Trobe JD et al. (1993) The effect of corticosteroids for acute optic neuritis on the subsequent development of multiple sclerosis. N Engl J Med 329:1764–1769 Beck RW, Trobe JD (1995) Optic Neuritis Study Group. What we have learned from the optic neuritis treatment trial. Ophthalmology 102:1504–1508 Kommerell G (1997) Neuritis nervi optici. Bücherei des Augenarztes. Enke-Verlag, Stuttgart 138:185–194 Optic Neuritis study group (1997) Visual function 5 years after optic neuritis. Experience of the optic neuritis treatment trial. Arch Ophthalmol 115:1545–1552 Schmidt D (1983) Treatment of optic neuritis. Bull Soc belge Ophtalmol 208-I:493–500
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Neuroretinitis bei Katzenkratzkrankheit
Neuroretinitis bei Katzenkratzkrankheit
Ziel Früher Nachweis der Infektion und Behandlung.
Problem Eine Sehminderung infolge entzündlicher Veränderungen der zentralen Netzhaut ist anamnestisch und serologisch abzuklären. Die Patienten berichten meistens nicht von selbst über eine Kratzverletzung der Haut durch eine Katze. Der Arzt muss gezielt danach fragen.
Lösung und Alternativen An der Kratzstelle kann eine Papel oder Pustel entstehen. Es kann sich eine Neuroretinitis mit einseitiger Visusminderung, Hornhautendothelpräzipitaten und einer Papillenschwellung bei sternförmig ausgeprägtem Makulaödem entwickeln. Ein persistierendes Makulaödem mit Optikusatrophie weist auf eine schlechte Prognose hin. Auch eine anteriore oder intermediäre Uveitis sowie eine retinale Begleitvaskulitis mit Gefäßverschlüssen, eine fokale Chorioiditis oder eine exsudative Amotio retinae sowie ein Makulaloch mit nahezu erblindetem Auge wurden beschrieben. Selten wurden Cotton-Wool-Flecken mit leichter Netzhautfältelung und Visusminderung beobachtet. Die in den letzten Jahren zunehmend bekannt gewordene Erkrankung wird durch Bartonella henselae hervorgerufen. Nach der Kratzverletzung durch die Katze kann es nach einer Inkubationszeit von 3–10 Tagen zu einer regionalen Lymphadenopathie kommen. Bei der Untersuchung auf Bartonella henselae kann ein positiver IgG-Titer bestehen. Als Komplikationen wurden eine Arthralgie, Myalgie, aseptische lymphozytäre Meningitis, Enzephalopathie mit Konvulsionen und eine periphere Neuritis beschrieben. Auch Abszesse der Knochen, Milz und des Mediastinums oder eine Endokarditis können auftreten.
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Therapie
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Azithromycin (Zithromax ) als Makrolidantibiotikum. Auch Antiobiotika wie Rifampin, Erythromycin oder Doxycyclin wurden erfolgreich angewendet. Abb. 1
Hinterer Pol mit Netzhautfältelung oberhalb der Makula, fehlender Foveolarreflex und 2 Cotton-wool-Flecken am oberen temporalen Gefäßbogen (aus Pieh et al. 2005)
Weiterführende Tipps AIDS im Kindesalter; AIDS, opportunistische Infektionen; Makulaloch; Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung; Papillenschwellung; Roth'sche Flecken, embolisch bedingte Netzhautveränderungen
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Neuroretinitis bei Katzenkratzkrankheit
Literatur AlbiniTA, Lakhanpal RR, Foroozan R, Holz ER (2005) Macular hole in cat scratch disease. Am J Ophthalmol 140:149–151 Bar S, Segal M, Shapira R, Savir H (1990) Neuroretinitis associated with cat scratch disease. Am J Ophthalmol 110:703–705 Berguiga M, Abouzeid H, Bart PA, Guex-Crosir Y (2008) Severe occlusive vasculitis as a complication of cat scratch disease. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:486–487 Bialasiewicz AA (2000) Neuroretinitis. Ophthalmologe 97:374–391 Luther TT, Roters S, Diestelhorst M (2003) Papillenschwellung und Makulaödem. Ophthalmologe 100:558–560 Pieh C, Neß T, Lagrèze WA (2005) Cotton-wool-spots bei 16-jährigem Mädchen. Ophthalmologe 102:524–526 Rothova A, Kerkhoff FT, Hooft HJ (1998) Bartonella serology for patients with intraocular inflammatory disease. Retina 18:348–355 Wimmersberger Y, Baglivo E (2007) Bartonella henselae infection presenting as a unilateral acute maculopathy. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:311–313
Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung
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Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung
Ziel Beseitigung eines okulären Schiefhalses.
Problem Eine seitliche Kopfzwangshaltung tritt häufig bei kongenitalem Nystagmus auf. Als Folge der dauernden abnormen Kopfdrehung treten sekundäre Veränderungen der Wirbelsäule auf, die zu schweren Haltungsstörungen führen.
Lösung und Alternativen Operative Behandlung nach Anderson-Kestenbaum Als Voraussetzung der Operation müssen folgende Kriterien erfüllt sein: 1. Die Kopfzwangshaltung sollte mindestens 15–20° betragen, da bei einer geringeren Kopfdrehung die Operation keine wesentliche Änderung erwarten lässt. Die Kopfzwangshaltung sollte regelmäßig eingenommen werden, nicht nur unter einer Visusprüfungssituation. Deshalb ist es erforderlich, den Patienten im täglichen Leben zu beobachten. 2. Der Nystagmus sollte in der ruhigen Zone wesentlich geringer ausgeprägt sein als im mittleren Blickfeldbereich.
Dosierung der Muskeloperation Bei der Dosierung der Muskelansatzverlagerung ergab sich, dass eine Exzentrizität der ruhigen Zone von etwa 35° mit Rücklagerungen und Resektionen um jeweils 7–9 mm erfolgreich behandelt werden konnte. Bei Patienten, die keinen Effekt aufwiesen, wurde zu gering dosiert. Das Wir-
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Prinzip der Muskelansatzverlagerung nach Anderson-Kestenbaum. Oberes Bild: Kopfzwangshaltung dargestellt durch schräge Linie. Unteres Bild: Durch die Muskelverlagerung (Pfeile) wurde der Bulbus nach rechts gedreht. Die Kopfzwangshaltung ist beseitigt: Horizontale Linie
kungs-Dosis-Verhältnis der Operation entspricht im Wesentlichen demjenigen kombinierter Schieloperationen. Bei einer langfristigen Effektivität von 1,5° / mm ist an jedem Auge eine Gesamtdosis zu berechnen (in mm gemessen), die zwei Dritteln der Kopfdrehung in Grad entspricht. Durch die Operation tritt bei gleichartiger Dosierung für beide Augen kein Verlust des Binokularsehens ein.
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Eine Kontraindikation der Operation stellt ein periodisch alternierender Nystagmus dar.
Weiterführende Tipps Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?; Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese, Untersuchung „am Krankenbett“; Tremor des Kopfs bei Spasmus nutans
Literatur Anderson JR (1953) Causes and treatment of congenital eccentric nystagmus.Br J Ophthalmol 37: 267–281 Gräf M, Droutsas K, Kaufmann H (2000) Kongenitaler Nystagmus: Indikation, Ergebnisse und Dosierung der Operation nach Kestenbaum bei 34 Patienten. Klin Monatsbl Augenheilkd 217:334–339 Kestenbaum A (1953) Nouvelle opération du nystagmus. Bull Soc Ophtalmol Fr:599–602 Kommerell G (1974) Nystagmusoperation zur Korrektur verschiedener Kopfzwangshaltungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 164:172–191 Todter F (1982) Beeinflussung der nystagmusbedingten Kopfzwangshaltung durch die Kestenbaum’sche Operation. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:391–396
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Oberflächenanästhetika, Missbrauch
Oberflächenanästhetika, Missbrauch
Ziel Warnung vor Schäden durch missbräuchliche Verwendung von Oberflächenanästhetika.
Problem Patienten, die sich ohne Schwierigkeiten Oberflächenanästhetika besorgen und diese häufig verwenden, um ihre Augenschmerzen zu lindern, jedoch nicht ausreichend über Nebenwirkungen der Tropfen aufgeklärt wurden, sind sehr gefährdet, eine schwere Keratopathie zu entwickeln.
Lösung und Alternativen Oberflächenanästhetika bewirken bei häufigem Tropfen Epitheldefekte der Hornhaut, die zu einer schweren Keratopathie führen können mit vollständiger Eintrübung und Erweichung des Hornhautstromagewebes, sodass eine Keratoplastik erforderlich werden kann. Gefürchtet sind Pilzinfektionen wie beispielsweise eine Candida-Keratitis als Folge der tropfenbedingten trophischen Keratitis. Eine Auflockerung des Hornhautgewebes führt zur Schrankenstörung, die zu einer intraokulären Keiminvasion von Bakterien oder Pilzen mit einer Endophthalmitis und drohendem Verlust des Auges führen kann. Schmerzen des Auges sollten nicht mit Oberflächenanästhetika bekämpft werden, sondern es ist stets notwendig, zunächst nach der Ursache der Schmerzen zu fahnden. Danach kann gezielt mit geeigneten Mitteln die schmerzhafte Grundkrankheit bekämpft werden. Anästhetika verschleiern das Krankheitsbild, sodass die Diagnose der Grundkrankheit erschwert ist. Oberflächenanästhetika dürfen Patienten nicht verordnet werden. Bei einer Keratokonjunktivitis ist eine Untersuchung mit einem Abstrich von
Oberflächenanästhetika, Missbrauch
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Bindehaut und Hornhaut mit Überimpfung auf ein Kulturmedium erforderlich.
Weiterführende Tipps Augentropfenverabreichung; Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Benetzungsstörungen; Hurrikan-Keratitis; Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis); Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen; Raupen-, Vogelspinnenhaarverletzung; Tintenstiftverätzungen
Literatur Ardjomand N, Faschinger C, Haller-Schober EM, Scarpatetti M, Faulborn J (2002) Nekrotisierene ulzerierende Keratopathie nach Lokalanästhetikamissbrauch. Ophthalmologe 99:872–875 Behrendt T (1957) Experimental secondary effects of topical anesthesia of the cornea. Am J Ophthalmol 44:74–77 Bunge P (1885) Über schädliche Wirkungen des Cocains auf die Hornhaut. Klin Monatsbl Augenheilkd 23:402–407 Chern KC, Meisler DM, Wilhelmus KR, Jones DB, Stern GA, Lowder CY (1996) Corneal anesthetic abuse and candida keratitis. Ophthalmology 103:37–40 Cursiefen C, Seitz B, Kruse FE (2005) Neurotrophe Keratopathie. Pathogenese, Klinik und Diagnostik. Ophthalmologe 102:7–14 Katsimpris JM, Sarantoulakkon M, Kordelou A, Petkou D, Petropoulos IK (2007) Clinical findings in patients with topical anaestetic abuse keratitis: a report of five cases. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:303–308
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Ophthalmoskopie zur Nystagmusbeurteilung
Ophthalmoskopie zur Nystagmusbeurteilung, Untersuchung „am Krankenbett“
Ziel Unterscheidung zwischen einer peripheren und einer zentral ausgelösten vestibulären Läsion (Verhalten des Nystagmus).
Problem Ein Nystagmus, der durch eine vestibuläre Erkrankung hervorgerufen wird, kann entweder Folge einer peripheren Läsion des Vestibularorgans oder einer Hirnstammschädigung sein. Zur Untersuchung wird das Spiegeln des Augenhintergrunds empfohlen, da mithilfe der Ophthalmoskopie auch ein gering ausgeprägter Nystagmus zu erkennen ist.
Lösung und Alternativen Während der Untersuchung sollte der Raum abgedunkelt sein. Der Patient wird gebeten, einen entfernten Punkt zu fixieren, während der Untersucher den Fundus des nicht fixierenden Auges spiegelt. Die Driftrate der langsamen Phase des Nystagmus kann auf der Papille beobachtet werden. Anschließend wird das fixierende Auge mit der Hand abgedeckt und der Nystagmus des anderen Auges beim Spiegeln beobachtet. Anschließend wird das abgedeckte Auge wieder freigegeben, sodass die Drift erneut beurteilt werden kann. Die Nystagmusdrift wird unter den beiden Versuchsbedingungen miteinander verglichen. Das Abdecken und Öffnen des Auges kann mehrfach wiederholt werden, um den Wechsel der Geschwindigkeit der langsamen Phase besser beurteilen zu können. Wird der Nystagmus beim Fixieren supprimiert, so handelt es sich um eine periphere Läsion. Bleibt hingegen die Driftrate unbeeinflusst oder nimmt beim Abdecken des Auges noch zu, dann liegt wahrscheinlich eine zentrale vestibuläre Läsion vor.
Ophthalmoskopie zur Nystagmusbeurteilung
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Der Vorteil der Untersuchung besteht darin, dass abgesehen von einem Augenspiegel keine zusätzlichen Instrumente erforderlich sind.
Weiterführende Tipps Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen am Krankenbett; Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung; Vestibulo-okulärer Reflex (VOR)
Literatur Zee DZ (1978) Ophthalmoscopy in examination of patients with vestibular disorders. Ann Neurol 3:373–374
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Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION)
Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung
Ziel Rechtzeitiges Erkennen eines Sehnervschadens.
Problem Amiodaron gilt als das zur Zeit effektivste Anti-Arrhythmikum in der Behandlung tachykarder Herzrhythmusstörungen. Eine langsam zunehmende Sehminderung kann unter Amiodaron eintreten. Bei Patienten, die mit Amiodaron behandelt wurden, zeigte sich zunächst eine symptomlose Papillenschwellung, später jedoch eine Sehminderung. Die Früherkennung einer Papillenschwellung ist deshalb erforderlich. Auch eine Blausinnstörung kann entstehen.
Lösung und Alternativen Eine symptomlose Papillenschwellung kann das erste Zeichen einer Sehnervschädigung sein. Eine selektive Akkumulation von intracytoplasmatischen lamellären Einschlüssen in den großen Axonen des Sehnervs kann zur mechanischen oder biochemischen Herabsetzung der Axoplasma-Strömung führen. Die Papillenschwellung wird durch eine axonale Kompression mit Blockade der Axoplasma-Strömung erklärt. Sie kann sich nach Absetzen von Amiodaron zurückbilden. Als Empfehlung sollte jeder Patient, der mit Amiodaron behandelt wird, in regelmäßigen Abständen (ca. alle 3 Monate) auf eine Papillenschwellung und eine Tritanstörung hin untersucht werden, selbst wenn der Patient noch keine Sehstörung bemerkt hat. In Kooperation mit dem Kardiologen ist das Risiko einer bleibenden Sehminderung bei einer Papillenschwellung gegenüber einer lebensbe-
Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION)
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drohlichen kardialen Verschlechterung bei der Frage des Therapieabbruchs von Amiodaron abzuwägen. Auch eine Cornea verticillata kann sich nach Absetzen des Medikaments zurückbilden. Abb. 1
Papillenbefund unter Einnahme von Amiodaron am rechten (oben) und linken (unten) Auge (aus Kristin und Ulbig 2001)
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Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION)
Weiterführende Tipps Hemianopsie, inferiore; Papillenschwellung; Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Literatur Chew E, Ghosh M, McCulloch C (1982) Amiodarone-induced cornea verticillata. Can J Ophthalmol 17:96–99 Garrett SN, Kearney JJ, Schiffman JS (1988) Amiodarone optic neuropathy. J Clin Neuro-ophthalmol 8:105–110 Gittinger JW, Asdourian GK (1987) Papillopathy caused by amiodarone. Arch Ophthalmol 105:349–351 Hayreh SS, Zimmerman MB (2007) Optic disc edema in non-arteritic anterior ischemic optic neuropathy. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:1107–1121 Kristin N, Ulbig M (2001) Akutes Papillenödem bei Amiodaroneinnahme. Ophthalmologe 98:212–213 Mansour AM, Puklin JE, O’Grady R (1988) Optic nerve ultrastructure following amiodarone therapy. J Clin Neuro-ophthalmol 8:231–237 Schmidt D (2003) Visuelle Prognose bei Amiodaronbehandlung. Klin Monatsbl Augenheilkd 220:774–786
Optikusverdickung
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Optikusverdickung
Ziel Beurteilung einer Sehnervläsion.
Problem Im Computertomogramm (CT) oder Magnetresonanztomogramm (MRT) können sich Optikusverdickungen unterschiedlicher Ursachen darstellen. Sind Verdickungen immer als bedrohlich anzusehen?
Lösung und Alternativen Ein Optikusgliom im Kindesalter, das auch bei der Neurofibromatose-1 vorkommen kann, führt zu einer einseitigen Verdickung des Sehnervs. Ein Gliom des Sehnervs kann zur Protrusio bulbi, Optikusatrophie, Stauungspapille und Strabismus führen. Zu beachten:
Kinder mit einem Optikus- bzw. Chiasmagliom weisen nicht selten einen Strabismus auf, so dass eine Amblyopie zusätzlich zur Optikusatrophie auftreten kann. Es ist deshalb wichtig, auch bei einer tumorbedingten Optikusatrophie an eine zusätzliche Amblyopie zu denken! Es sollte deshalb bei dem nicht selten entstehenden Strabismus eine Okklusionsbehandlung in Betracht gezogen werden. Mit der Kernspintomographie können Tumorgröße, -ausdehnung und -wachstum des Glioms bestimmt werden. Typischerweise zeigt sich eine scharf begrenzte, „fusiforme“ Verdickung (Aussehen wie ein „Lollipop“) des Sehnervs. Eine umschriebene Verdickung kann auch durch ein Optikusscheidenmeningeom entstehen. Als Grunderkrankung kann dabei eine Neurofibromatose (NF-2) vorliegen. Meningeome im Kindesalter sind aggressiver als solche im Erwachse-
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Optikusverdickung
nenalter. Bilaterale Optikusmeningeome treten nahezu immer bei Patienten mit NF-2 auf. Im CT findet sich das „tram-track“-Zeichen (Bahngleis- oder Bahnschienen-Zeichen), bei dem eine Aufhellung im Zentrum des vergrößerten Sehnervs zu erkennen ist, mit einem peripheren „Enhancement“, das jedoch nicht spezifisch für ein Meningeom ist. Im CT-Bild stellen sich lineare oder granuläre Verkalkungen im Tumor als typische Zeichen eines Sehnervmeningeoms dar. Der Sehnerv kann auch durch eine Neuritis, aber auch durch ein Lymphom, eine Sarkoidose, Toxoplasmose, Tuberkulose, Leukämie, durch Syphilis oder ein Hämangiopericytom befallen sein. Auch an ein Hämangioblastom oder an eine Tumormetastase ist zu denken. Ein Optikusscheidenhämatom kann posttraumatisch entstanden sein. Im Falle einer Sehbeeinträchtigung sollte eine operative Entlastung erwogen werden.
Weiterführende Tipps Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei einem „battered child syndrome“ durch Kindesmisshandlung; Leukämie und Mukormykose (Phykomykose); Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall); Orbitachirurgie, Navigationssystem; Orbitahämatom, posttraumatisches; Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms; Strecktest des N. opticus
Literatur Aoki S, Barkovich AJ, Nishimura K, Kjos BO, Machida T, Cogen P, Edwards M, Norman D (1989) Neurofibromatosis types 1 and 2: Cranial MR findings. Radiology 172:527–534 Applegate LJ, Pribram HFW (1989) Hematoma of optic nerve glioma – a cause for sudden proptosis. Magnetic resonance imaging findings. J Clin Neuro-ophthalmol 9:15–19 Azar-Kia B, Mafee MF, Horowitz SW, Fine M, Raofi B (1988) CT and MRI of the optic nerve and sheath. Seminars Ultrasound, CT, MR. 9:443–454 Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuro-ophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart Schumacher M (1982) Fehlinterpretation unilateraler Opticusver-dickungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:202–205
Orbitachirurgie, Navigationssystem
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Orbitachirurgie, Navigationssystem
Ziel Computergestützte Navigationssysteme zur Erleichterung operativer Orbitaeingriffe.
Problem Eine Orbitaoperation beispielsweise zur Entfernung retrobulbärer Tumore stellt hohe Anforderungen an einen Chirurgen. Komplikationen bis zur Erblindung des Auges können auftreten. Es ist deshalb notwendig, moderne technische Verfahren anzuwenden, um optimale Operationsbedingungen zu erreichen.
Lösung und Alternativen Mithilfe eines computergestützten Navigationssystems können Eingriffe in der Orbita präziser ausgeführt werden. Es besteht dabei während der Operation eine größere Sicherheit, insbesondere im nahen Bereich von Risikostrukturen. Bei der Operationsvorbereitung wird zur Navigation das native Computertomogramm (CT) ohne implantierte Registriermarker verwendet. Eine zusätzliche Röntgendiagnostik entfällt. Der Operateur orientiert sich mithilfe einprojizierter Osteotomielinien, sodass die Säge entlang der projizierten Linien ausgerichtet werden kann. Die intraoperative Messgenauigkeit beträgt 1 mm. Vorteilhaft ist es, dass kein Monitor erforderlich ist.
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Orbitachirurgie, Navigationssystem
Weiterführende Tipps Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall); Orbitahämatom, posttraumatisches; Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms
Literatur Kühnel TV, Vairaktaris E, Schlegel KA, Neukam FW, Kühnel B, Holbach LM, Nkenke E (2008) Enophthalmuskorrektur bei komplexer Orbitarekonstruktion. Computerassistierte, intraoperative, berührungsfreie, optische 3D-Unterstützung. Ophthalmologe 105:578–583 Marmulla R, Hoppe H, Kolling G, Mühling J, Hassfeld S (2005) Neue Möglichkeiten in der computergestützten Orbitachirurgie. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:19–23
Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall)
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Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall)
Ziel Frühe Abklärung nach einem Unfall zur Vermeidung zerebraler Komplikationen.
Problem Scheinbar harmlos aussehende Oberlidwunden durch spitze Gegenstände (Bleistift, Antenne, Holzstock, Regenschirmspitze) können nach einiger Zeit, selbst nach Monaten oder Jahren zu einem intrakraniellen Abszess nach unerkannter Orbitadachverletzung führen. Es treten zerebrale Symptome wie Epilepsie, Paresen, Verhaltensstörungen sowie entzündliche Allgemeinveränderungen wie Fieber auf. Auch eine Meningitis mit tödlichem Ausgang wurde beobachtet.
Lösung und Alternativen Eine detaillierte Anamneseerhebung nach einer Lidverletzung sowie eine genaue Darstellung und Beurteilung der Tiefenausdehnung einer Wunde mit der Suche nach eventuell vorhandenen Fremdkörpern bei der operativen Lidversorgung sind stets erforderlich. Bei geringstem Verdacht auf eine Orbitadachverletzung sind MRT- und CT-Untersuchungen notwendig. An Gegenständen, die zur Pfählungsverletzung führten, ist zu prüfen, ob möglicherweise ein Teil einer Bleistiftspitze oder eines Stocks fehlt. Gegenstände, die zur Pfählungsverletzung führten, dürfen nie am Unfallort, sondern nur auf dem Operationstisch entfernt werden. Intrakranielle Holzstücke mit rezidivierender Abszessbildung sowie intrakranielle Hämatome, die den Tod verursachten, wurden mitgeteilt. Fremdkörper, die im Bereich der Orbita in der Nähe der Fissura orbitalis superior liegen blieben, ließen sich durch den Neurochirurgen am besten über einen extraduralen pterionalen Zugang entfernen.
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Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall)
Weiterführende Tipps Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“; Glaskörperblutung unklarer Genese; Intraokuläre und intrakranielle Blutungen bei einem „battered child syndrome“ durch Kindesmisshandlung; Orbitachirurgie, Navigationssystem; Orbitahämatom, posttraumatisches
Literatur Betz P, Wilske J, Penning R (1994) Perforationsverletzungen des Orbitadachs durch Regenschirmspitze. Ophthalmologe 91:46–48 Bursick DM, Selker RG (1981) Intracranial pencil injuries. Surg Neurol 16:427–431 Guthkelch AN (1960) Apparently trivial wounds of the eyelids with intracranial damage. Br Med J 2:842–844 Kaeser PF, Klainguti G (2008) Management of diplopia secondary to neurosurgical injury of the orbital roof. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:507–509 McLachlan DL, Flanagan JC, Shannon GM (1982) Complications of orbital roof fractures. Ophthalmology 89:1274–1278 Zentner J, Hassler W, Petersen D (1991) A wooden foreign body penetrating the superior orbital fissure. Neurochirurgia 34:188–190
Orbitahämatom, posttraumatisches
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Orbitahämatom, posttraumatisches
Ziel Frühzeitige Therapie eines orbitalen Hämatoms.
Problem Ein Orbitahämatom kann nach einer Retrobulbärinjektion auftreten. Auch posttraumatisch oder nach einer endonasalen Operation durch den HNOArzt oder bei Operationen der knöchernen Orbita durch den Kieferchirurgen kann es massiv in die Augenhöhle bluten.
Lösung und Alternativen Zu unterscheiden sind retrobulbäre Blutungen, die zu keiner Einschränkung der Sehfunktion führen, von solchen, bei denen eine Visusminderung bis zur Erblindung eintritt. Letztere müssen umgehend operativ behandelt werden. Ein retrobulbäres Hämatom entsteht durch arterielle Blutungen. Die Zeichen sind: zunehmende Protrusio bulbi mit Lid- und Bindehautunterblutungen sowie Motilitätseinschränkung des Bulbus und intraokulärer Druckanstieg. Hierbei kann sich jederzeit akut ein Zentralarterienverschluss mit Amaurose entwickeln.
Therapie Von HNO-ärztlicher Seite wird empfohlen, bei Protrusio bulbi mit Visusminderung sofort eine Schlitzung der Periorbita und eine laterale Kanthotomie mit Kantholyse vorzunehmen. Das Septum orbitale sollte dabei breit eröffnet werden. Ob zusätzlich durch den HNO-Arzt das Siebbein ausgeräumt und die Lamina papyracea entfernt werden soll, hängt vom jeweiligen Befund ab.
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Orbitahämatom, posttraumatisches
Anschließend werden Kortikosteroide hochdosiert und je nach Situation Antibiotika empfohlen. Augenoperationen in Allgemeinanästhesie wurden in zahlreichen Kliniken als schonende Methode durchgeführt, sodass eine Augen- / Orbitaschädigung durch eine Retrobulbärinjektion vermieden werden konnte.
Weiterführende Tipps Orbitachirurgie, Navigationssystem; Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall); Schrotschusskugel in der Orbita
Literatur Burkat CN, Lemke BN (2005) Retrobulbar hemorrhage. Inferolateral anterior orbitotomy for emergent management. Arch Ophthalmol 123:1260–1262 Doden W (1972) Sensorische Funktionsminderung, eine erwünschte Nebenwirkung der retrobulbären Anästhesie. Klin Monatsbl Augenheilkd 161:641–645 Hanisch J, Födö V (1968) Über transitorische Amaurosen bei retrobulbärer und stomatologischer Lokalanästhesie. Klin Monatsbl Augenheilkd 153:247–252 Hommer K, Necek St, Wietzorrek C, Bergmann H, Löbl J (1981) Allgemeinanästhesie bei Augenoperationen. 10 Jahre Zusammenarbeit. Klin Monatsbl Augenheilkd 178:382–385 Krüger KE (1966) Transitorische Erblindung nach retrobulbärer Anästhesie. Klin Monatsbl Augenheilkd 149:523–526 Schmäl F, Nieschalk M, Nessel E, Stoll W (2001) Retrobulbäres Hämatom. In: Tipps und Tricks für den Hals-Nasen-und Ohrenarzt. Problemlösungen von A bis Z. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio, S 188–190 Schmidt R (1965) Erfahrungen mit der intravenösen Trapanalnarkose bei Augenoperationen. Klin Monatsbl Augenheilkd 147:554–557 Schnaudigel OE, Doden W (1979) Erblindung durch pralle Orbitablutung bei Schädeltraumen. Klin Monatsbl Augenheilkd 174:387–389
„Over-wear-Syndrom“ beim Kontaktlinsentragen
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„Over-wear-Syndrom“ beim Kontaktlinsentragen
Ziel Frühzeitiges Erkennen von Augenschäden beim Tragen von Kontaktlinsen.
Problem Ein Patient vergaß abends, die weichen Kontaktlinsen zu entfernen. Beim Erwachen bestanden starke Schmerzen, Blepharospasmus, Tränenfluss und Nebelsehen. Es fanden sich eine starke konjunktivale Injektion mit Chemosis und Hornhautödem und Epitheldefekt der Kornea.
Lösung und Alternativen Überlanges Tragen von nicht ausreichend sauerstoffdurchlässigen harten oder weichen Kontaktlinsen kann zu deutlichen Entzündungen des vorderen Augenabschnitts führen. Eine häufige Notfallsituation stellt das „Tight-lens-Syndrom“ dar mit einer starken Entzündung des äußeren Auges und akuter Dekompensation des Hornhautstoffwechsels bei zu langem Tragen von Kontaktlinsen und Austrocknung der Kontaktlinse. In der Tränenflüssigkeit wurden Laktate mit Absinken des pH-Werts festgestellt. Die Kontaktlinsen werden steiler und saugen sich fest. Patienten weisen infolge langen Tragens weicher Kontaktlinsen eine verstärkte Hornhautvaskularisation vom Limbus her auf. Weiche Kontaktlinsen können chemische Desinfektionslösungen speichern. An das „Mixed-solution-Syndrom“ mit der Entstehung einer Keratopathie ist bei Beschwerden ebenfalls zu denken. Es bildet sich aus, wenn nicht zueinander passende Pflegemittel verwendet werden. Ein toxischer Hornhautschaden kann sich bei dem „Post-heat-Syndrom“ zeigen, das beobachtet wird, wenn beim Auskochen von hochhydrophilen Kontaktlinsen thermisch abgespaltene, niedermolekulare Bruch-
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„Over-wear-Syndrom“ beim Kontaktlinsentragen
stücke des Linsenmaterials (Mono- oder Multimere der Metacrylsäure) ausgeschwemmt werden. Die sofortigen Therapiemaßnahmen bestehen in Entfernung der Linsen – falls nötig in Oberflächenanästhesie – und anschließender Salbenbehandlung. Auch die zusätzliche Gabe von Pufferlösungen (Isogutt ) wurde empfohlen.
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Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Benetzungsstörungen; Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis)
Literatur Blassmann K, Neuhann Th (1982) Weiche Kontaktlinsen als auslösender Faktor für eine Hornhautvaskularisation vom Limbus her. In: Limbusprobleme. Studien zur Pathophysiologie des Limbus corneae. Bücherei des Augenarztes. Enke Verlag, Stuttgart 88:83–91 Roth HW (1983) Der kontaktoptische Notfall. Z prakt Augenheilkd 4:59–63 Roth HW (1984) Over-wear-Syndrom. Z prakt Augenheilkd 5:48
Panarteriitis nodosa (PAN), Arteriitis temporalis bei einem Jugendlichen
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Panarteriitis nodosa (PAN), Arteriitis temporalis bei einem Jugendlichen
Ziel Früherkennung und Frühbehandlung einer schweren generalisierten Gefäßerkrankung.
Problem Ein 16-jährige Patient berichtete über pulsierende, seit ca. zwei Wochen bestehende Kopfschmerzen. Er hatte selbst eine verdickte Schläfenarterie bemerkt, außerdem eine Blauverfärbung der Finger und Zehen. Zwei Tage vor der Untersuchung sah er plötzlich mit dem rechten Auge schlechter.
Lösung und Alternativen Augenbeschwerden können initial auftreten, so dass die Diagnose PAN bei noch fehlenden oder gering ausgeprägten Allgemeinveränderungen im Frühstadium schwierig ist. Entzündungen der Chorioidea-Gefäße und der Schläfenarterie können diagnostisch wegweisend sein, ebenso eine exsudative Retinopathie mit Blutungen und zentralen retinalen Exsudaten. Auch beidseitige entzündliche Papillenschwellungen im Sinne einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION) können auftreten. Selten besteht ein Zentralarterienverschluss (ZAV) beider Augen, evtl. mit einer vorausgegangenen Amaurosis-fugax-Attacke. Für eine PAN typisch sind multiple entzündliche knötchenartige Wandverdickungen kleiner Arterien infolge aneurysmatischer Ausbuchtungen bzw. Wandrupturen und Nekrosen mit sekundärer Thrombosierung. Bei Verdacht ist eine Angiographie zu empfehlen. Typischerweise finden sich aneurysmatische Gefäßveränderungen unterschiedlicher Organe. Eine immunologische Abklärung ist erforderlich (ANCA-Befund).
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Panarteriitis nodosa (PAN), Arteriitis temporalis bei einem Jugendlichen
Histologisch zeigen sich nekrotisierende Wandveränderungen mit Riesenzellinfiltraten, beispielsweise der Schläfenarterie. Die Gefäße können verschlossen sein oder hochgradig eingeengte Gefäßlumina aufweisen. Charakteristisch für eine PAN ist der Befund einer akuten Entzündung neben chronischen Wandveränderungen (Narbenstadien) einer Arterie.
Therapie Der rasche Beginn einer adäquaten immunsuppressiven Behandlung (meist mit Prednison und Cyclophosphamid) ist in der Regel längerfristig notwendig. Der Befund einer generalisierten Vaskulitis kommt auch bei der Riesenzellarteriitis (Arteriitis cranialis oder temporalis Horton beim älteren Menschen), insbesondere auch bei der Wegener’schen Granulomatose oder dem Morbus Takayasu in Betracht.
Weiterführende Tipps Amaurose beider Augen als Folge einer akuten autoimmunen Neuritis nervi optici; Anti-Phospholipid-Syndrom; Arterienresektion bei Verdacht auf Arteriitis cranialis
Literatur Akova YA, Jabbur NS, Foster CS (1993) Ocular presentation of polyarteritis nodosa. Clinical course and management with steroid and cytotoxic therapy. Ophthalmology 100:1775– 1781 Ford RG, Siekert RG (1965) Central nervous system manifestations of periarteritis nodosa. Neurology 15:114–122 Hutchinson CH (1984) Polyarteritis nodosa presenting as posterior ischaemic optic neuropathy. J Roy Soc Med 77:1043–1046 Schmidt D, Lagrèze W, Vaith P (2001) Ophthalmoskopischer Befund bei 3 Patienten mit Panarteriitis nodosa und Literaturübersicht. Klin Mbl Augenheilk 218:44–50
Papillenrandblutung
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Papillenrandblutung
Ziel Früherkennung eines Glaukoms.
Problem Eine Papillenrandblutung führt zunächst nicht zu einer Sehstörung. Die Blutung ist streifen- oder flammenförmig, manchmal kann sie so klein sein, dass sie mit einem Gefäßast verwechselt wird. Kleine Papillenrandblutungen, die oft wenig beachtet werden, können beim Glaukom auftreten. Handelt es sich hierbei um eine harmlose Veränderung?
Lösung und Alternativen Am häufigsten findet sich die Blutung am temporal unteren Quadranten des Papillenrands. Am besten ist sie mit einem Grünfilter des Ophthalmoskops zu erkennen. Eine Blutung am Rand der Papille ist nicht selten erstes Zeichen einer Glaukomschädigung. Die Blutung ist aber auch bei vorhandener Papillenexkavation anzutreffen. Glaukompatienten mit einer Papillenrandblutung entwickeln an korrespondierender Stelle längere Zeit nach der Blutung einen Gesichtsfeldausfall. Häufig findet sich eine solche Blutung beim Normaldruckglaukom. Die kleine Blutung ist Ausdruck eines Mikroinfarkts der Nervenfasern. Papillenrandblutung neigen zu Rezidiven an derselben Stelle, ausnahmsweise zeigen sich Blutungen an mehreren Stellen des Papillenrands. Beidseitige simultan auftretende Blutungen sind selten anzutreffen. In der Behandlung eines Patienten mit einer Papillenrandblutung, insbesondere auch mit einem Normaldruckglaukom, ist es erforderlich, den Augendruck so niedrig wie möglich einzustellen. Da ein kleiner Infarkt am Papillenrand ursächlich angenommen wird, ist es erforderlich, vaskuläre
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Papillenrandblutung
Risikofaktoren durch den Hausarzt überprüfen und ggf. behandeln zu lassen. Eine Optikuskompression dicht vor dem Chiasma durch eine dolichoektatische A. carotis kann ebenfalls zu einer Sehminderung mit Zentralskotom und Optikusatrophie führen. Einige dieser Patienten wiesen eine glaukomatöse Papillenexkavation auf, sodass irrtümlicherweise die Verdachtsdiagnose Normaldruckglaukom lautete.
Weiterführende Tipps Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie (Notfalluntersuchung und -behandlung); Netzhautblutungen nach vorausgegangener Strahlenbehandlung; Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung
Literatur Airaksinen PJ, Mustonen E, Alanko HI (1982) Bedeutung von Papillenblutungen bei Frühglaukom. Fortschr Ophthalmol 79:138–139 Drance SM, Fairclough M, Butler DM, Kottler MS (1977) The importance of disc hemorrhage in the prognosis of chronic open angle glaucoma. Arch Ophthalmol 95:226–228 Grehn F, Schmidt D (1983) Papillenrandblutung beim Glaukom. Z prakt Augenheilk 4:131– 136 Jacobson DM (1999) Symptomatic compression of the optic nerve by the carotid artery. Clinical profile of 18 patients with 24 affected eyes identified by magnetic resonance imaging. Ophthalmology 106:1994–2004 Schmidt D (1982) Papillenrandblutung. Fortbildungsveranstaltung der Univ.-Augenklinik Freiburg für Augenärzte; Mitteilungen der Univ.-Augenklinik Freiburg (16.4.82)
Papillenschwellung
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Papillenschwellung
Ziel Abklärung der Papillenschwellung.
Problem Eine Papillenschwellung kann bei zahlreichen Allgemeinkrankheiten auftreten. Eine Stauungspapille geht im akuten Stadium nicht mit einer Sehminderung einher. Hingegen treten bei einer Neuritis nervi optici oder einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION) Visusminderung und Gesichtsfeldausfälle auf. Auch eine Drusenpapille kann mit einem Gesichtsfeldausfall einhergehen. Bei allen drei Diagnosen kann ophthalmoskopisch nicht immer eine eindeutige diagnostische Aussage getroffen werden.
Lösung und Alternativen Mit Hilfe der B-Scan-Ultraschalluntersuchung kann durch Dickenmessung des Sehnervs zwischen einer Neuritis nervi optici und einer AION unterschieden werden. Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied bei der Neuritis nervi optici zwischen erkranktem und nicht befallenem Auge. Das sehgeminderte Auge zeigte eine Optikusverdickung. Hingegen fand sich bei der AION kein Unterschied des Sehnervduchmessers zwischen krankem und gesundem Auge. Eine meistens polyzyklisch begrenzte Drusenpapille ist ebenfalls mit Ultraschall nachweisbar. Die Drusen bewirken eine hohe Reflektivität. Eine Drusenpapille ist erkennbar an den hyalinen, sagokornähnlichen rundlichen Ablagerungen im Papillenrandbereich. Tiefliegende Drusen können durch ein Punktlicht mit dem Augenspiegel sichtbar gemacht werden, indem das Licht dicht neben den Drusenbereich gerichtet wird. Drusen leuchten dann auf. Drusen weisen eine Autofluoreszenz auf. Drusen können auch mit dem MRT nachgewiesen werden.
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Weiterführende Tipps Amaurose durch Optikuskompression; Blutverlust mit anteriorer ischämischer Optikusneuropathie (Notfalluntersuchung und -behandlung); Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall); Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung
Literatur Bosch MM, Barthelmes D, Merz TM, Bloch KE, Turk AJ, Hefti U, Sutter FKP, Maggiorini M, Wirth MG, Schoch OD, Landau K (2008) High inidence of optic disc swelling at very high altitudes. Arch Ophthalmol 126:644–650 Gerling J, Janknecht P, Hansen LL, Kommerell G (1997) Diameter of the optic nerve in idiopathic optic neuritis and in anterior ischemic optic neuropathy. Int Ophthalmol 21:131–135 Rizzo JF, Lessell S (1991) Optic neuritis and ischemic optic neuropathy. Overlapping clinical profile. Arch Ophthalmol 109:1668–1672 Schargus M, Gramer E (2008) Drusenpapille. Ophthalmologe 105:693–710
Patientencompliance
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Patientencompliance
Ziel Bemühungen zur Verbesserung des Arzt-Patienten-Verhältnisses.
Problem Untersuchungen haben ergeben, dass mindestens ein Drittel aller Glaukompatienten ihre Augentropfen nicht wie verordnet einnehmen. Ärzte neigen dazu, die Compliance ihrer Patienten zu überschätzen. Eine wesentliche Ursache der schlechten Compliance ist die Furcht vor Nebenwirkungen von Medikamenten.
Lösung und Alternativen Wichtigste Maßnahme zur Complianceverbesserung Eine ausreichende Aufklärung des Patienten, insbesondere ein Gespräch über die Notwendigkeit der Behandlung und die Gefahr einer unzureichenden Therapie ist stets erforderlich. Informationen mit Hilfe von Broschüren und Videobänder sind sehr hilfreich. Die Gefahr einer Befundverschlechterung bei einer unzureichenden Therapie muss dem Patienten eindeutig vor Augen geführt werden. Die Einsicht des Patienten, eine vorgeschriebene Therapiemaßnahme zu befolgen, wird dadurch erschwert, dass der Patient bei Krankheiten wie dem chronischen Simplexglaukom zunächst keine Schmerzen und keine Visusminderung bemerkt. Das Heimtückische der Krankheit, nämlich der schleichende Verlauf, ist dem Patienten nicht bewusst. Manche Patienten tropfen falsch. Es ist wichtig, den Patienten in die Tropftechnik ausreichend einzuweisen. Es ist hilfreich, dem Patienten ein Therapieschema mit genauer Anweisung mitzugeben. Patienten, die viermal täglich tropfen müssen, wird eine
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Patientencompliance
genaue Einhaltung der Tropfzeiten schwerer fallen als Patienten, die nur einmal am Tag tropfen müssen. Die Medikamentengabe bei mehrmaligem Tropfen am Tag sollte zeitlich an bestimmte tägliche Unterbrechungen, wie beispielsweise an bestimmte Mahlzeiten oder Zwischenmahlzeiten gebunden sein. Augenärzte und Zentren für Glaukomkranke sind dazu aufgefordert, Überwachungsmodelle zu entwickeln, um Patienten in regelmäßige Augenkontrollen fest einzubeziehen. Zur Verbesserung der Compliance trägt ein Glaukompass bei. Eine schlechte Compliance trotz intensiver Aufklärung stellt bei zunehmender Sehverschlechterung eine Indikation zur Operation dar. Complianceprobleme kann es nicht nur bei Patienten mit einem Glaukom geben, sondern auch bei Patienten mit Veränderungen, die Vorstufen eines bösartigen Tumors darstellen. So kann beispielsweise mit Patienten vereinbart werden, in regelmäßigen Abständen einen Aderhautnävus kontrollieren zu lassen. Es gibt Beispiele, dass Patienten Kontrolluntersuchungen nicht einhielten und erst dann zur Kontrolluntersuchung kamen, als sich bereits ein malignes Melanom entwickelt hatte.
Weiterführende Tipps Augentropfenverabreichung;
Blindheit durch Hämangioblastome der Retina; Gelb-orangefarbiges Pigment eines Aderhautnävus; Maskeradezeichen
Literatur Dietlein TS, Jordan J, Dinslage S, Jacobi PC, Krieglstein GK (2005) Profil einer universitären Glaukomsprechstunde. Ophthalmologe 102:502–506 Vogel A, Pfeiffer N, Schwenn O (2002) Patientencompliance in der Glaukomtherapie. Ophthalmologe 99:964–972
Pediculosis pubis, Blepharitis durch Phthiriasis palpebrarum (Filzläuse)
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Pediculosis pubis, Blepharitis durch Phthiriasis palpebrarum (Filzläuse)
Ziel Die Früherkennung und Behandlung der parasitär bedingten Augenentzündung.
Problem Ein Kind wies eine Blepharo-Konjunktivitis mit Rötung, Brennen und Jucken sowie Schuppenbildung der Lider auf.
Lösung und Alternativen Mit der Spaltlampe zeigen sich typische, an den Wimpern hängende weißliche Nissen. Behaarte Areale mit apokrinen Schweißdrüsen werden von Filzläusen befallen. Filzläuse sind an Schamhaaren und Achselhaaren anzutreffen. Bei Kindern sind sie auch an Wimpern und Augenbrauen zu finden. An den Bissstellen entwickeln sich kleine Hämatome, sogenannte Maculae coeruleae, die starken Juckreiz verursachen. Bei chronischer Blepharitis ist auch an die Haarbalgmilbe (Demodex folliculorum) zu denken. Entzündliche Augenerkrankungen wie Chalazien, chronische Konjunktivitis, Keratitis oder Meibomiitis wurden durch Demodexmilben hervorgerufen. Die 150–350 μm langen Milben befinden sich in den Lidern vorwiegend in den Öffnungen der Haarfollikel. Demodex folliculorum wurde vermehrt bei Blepharitispatienten nachgewiesen. An den Haarfollikeln kann auch Monilethrix nachgewiesen werden (Monilethrichosis). Zur Therapie des Hautbefalls ist eine gründliche Körperreinigung erforderlich, zusätzlich werden Permethrin, Hexachlorcyclohexan oder Piperonylbutoxid empfohlen, die jedoch alle nicht im Augenbereich verabreicht werden sollten, da sie eine Bindehautreizung hervorrufen. Zur Behandlung
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Pediculosis pubis, Blepharitis durch Phthiriasis palpebrarum (Filzläuse)
der mit Nissen verklebten Wimpern wird empfohlen, die Wimpern abzuschneiden und Neostigmin-Salbe aufzutragen oder mit Pilokarpin 2 %igen Augentropfen zu touchieren.
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis)
Keratitis,
Literatur Demmler M, Miño de Kaspar H, Möhring C, Klauß V (1997) Blepharitis. Demodex folliculorum, assoziiertes Erregerspektrum und spezifische Therapie. Ophthalmologe 94:191–196 Kamoun B, Fourati M, Feki J et al. (1999) Blépharite à Démodex: mythe ou réalité? J Fr Ophtalmol 22:525–527
Penetration bakterieller Erreger bei intaktem Hornhautgewebe
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Penetration bakterieller Erreger bei intaktem Hornhautgewebe
Ziel Früherkennung einer kontaktlinsenbedingten bakteriellen Keratitis.
Problem Bakterielle Verunreinigungen von Kontaktlinsen-Aufbewahrungslösungen oder von seit längerer Zeit geöffneten Fläschchen mit Augentropfen können zur Infektion führen. Die schmerzhafte Entzündung schreitet rasch fort und ist von starker Photophobie, Verschwommensehen und Rötung der Augen begleitet. Eine Spontanperforation der Kornea mit anschließender Endophthalmitis ist zu befürchten.
Lösung und Alternativen Der wichtigste Risikofaktor einer mikrobiellen Keratitis beim Tragen weicher Kontaktlinsen ist die Tragedauer. Kontaktlinsen während der Nacht aufzulassen, verstärkt die relative Hypoxie der Kornea. Eine Keratitis tritt nach langem Tragen von Silikon-Hydrogel-Kontaktlinsen auf. Die Patienten können zentrale und parazentrale Hornhautinfiltrate mit Epitheldefekten aufweisen. Unter antibiotischer Therapie kann die Keratitis abheilen, jedoch bleiben meistens Hornhautnarben zurück. Manche Erreger penetrieren jedoch das intakte Hornhautgewebe, beispielsweise Corynebacterium diphtheriae oder Neisseria gonorrhoeae. Gefürchtet ist eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa („Pyocyaneus“) wegen der starken Virulenz der Erreger. Bei jeder Keratokonjunktivitis eines Kontaktlinsenträgers ist es erforderlich, die Kontaktlinsen und die Aufbewahrungsflüssigkeit auf Keime zu untersuchen.
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Penetration bakterieller Erreger bei intaktem Hornhautgewebe
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis)
Keratitis,
Literatur Lim L, Loughnan MS, Sullivan LJ (2002) Microbial keratitis associated with extended wear of silicone hydrogel contact lenses. Br J Ophthalmol 86:355–357
Perfluordecalin
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Perfluordecalin
Ziel Entfernung einer Kunstlinse aus dem Glaskörper.
Problem Als Komplikation einer Operation oder nach einer Kapsulotomie kann eine dislozierte Kunstlinse in den Glaskörper gerutscht sein.
Lösung und Alternativen Mit „schweren Flüssigkeiten“ wie Perfluordecalin kann eine Kunstlinse „aufgeschwemmt“ werden. Aufgrund ihres geringen spezifischen Gewichts schwimmt die Kunstlinse auf der schweren Flüssigkeit, sodass die Linse leicht entfernt werden kann. Anschließend muss Perfluordecalin wieder vollständig entfernt werden. Perfluordecalin wird in der Glaskörperchirurgie wegen des hohen spezifischen Gewichts als wasserunlösliche, chemisch inerte Substanz erfolgreich bei komplizierter Netzhautablösung verwendet. Patienten mit proliferativer diabetischer Retinopathie und mit ausgeprägten fibrovaskulären Proliferationen und iatrogen verursachten Löchern an den Rändern der abgelösten Retina wurden erfolgreich behandelt, indem nach einer Vitrektomie mit Dissektion der Membranen die Retina mit Perfluordecalin geglättet wurde, sodass anschließend eine Endolasertherapie durchgeführt werden konnte ohne Gefahr einer neuen Lochbildung. Nach Entfernung von Perfluordecalin erfolgte die intraokuläre Tamponade mit Silikonöl oder mit einem lang wirkenden Gas.
Weiterführende Tipps Glaskörperblutung unklarer Genese; „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie)
Sehminderung durch eine
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Perfluordecalin
Literatur Dick B, Schwenn O, Stoffelns B, Pfeiffer N (1998) Späte Luxation einer schiffchenförmigen Silikonlinse in den Glaskörper nach Nd:Yag-Kapsulotomie. Ein Fallbericht. Ophthalmologe 95:181–185 Mathis A, Pagot V, David JL (1991) The use of perfluorodecalin in diabetic vitrectomy. Fortschr Ophthalmol 88:148–150
Photophobie, konsensuelle
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Photophobie, konsensuelle
Ziel Enukleation eines amaurotischen Auges bei Beschwerden des sehenden Auges.
Problem Ein 19-jähriger Mann litt unter einer Photophobie des gesunden Auges nach verletzungsbedingter Erblindung mit chronischer Entzündung des Partnerauges. Die Lichtscheu war so stark ausgeprägt, dass der Patient „morgens beim Öffnen der Augen die heftigsten Schmerzen empfand.“ Er konnte nicht arbeiten, nicht lesen, ein weißes Papier blendete ihn und bereitete ihm Schmerzen.
Lösung und Alternativen Erst nach Enukleation des blinden Auges waren die Blendungsbeschwerden verschwunden. Diese konsensuell auftretende Photophobie wurde durch Reizung der Ziliarnerven auch des Partnerauges erklärt. Als Therapie erfolgte eine retrobulbäre Injektion von 1,5 ml 95 %igem Alkohol in den Konus der Orbita des chronisch entzündeten, erblindeten Auges. Danach verschwanden die Blendungsbeschwerden des gesunden Auges. Eine retrobulbäre Injektion mit Kochsalzlösung hingegen führte zu keiner Besserung der Beschwerden. Alkohol bewirkt eine „chemische Denervierung“ der Ziliarnerven. Schwer verletzte Augen mit lang anhaltender Entzündung führen progressiv zu einer Ansammlung von Zytokinen wie Prostaglandinen, Leukotrienen und Interleukinen, die in den extrazellulären Raum gelangen. Es wird angenommen, dass ein Lichtreiz das Reservoir an toxisch wirkenden Entzündungsmediatoren in dem erkrankten Auge verstärkt, sodass der Reiz neuronal übertragen wird und zur Lichtscheu auch am gesunden Auge führt.
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Photophobie, konsensuelle
Cave: Eine Photophobie eines gesunden Auges nach einer Verletzung des Partnerauges ist auch das erste Zeichen einer sympathischen Ophthalmie.
Weiterführende Tipps
Amaurose durch Optikuskompression; Retrobulbärinjektion
Literatur Assia EI, Gutman I, Naveh N, Blumenthal M (1996) Late consensual photophobia after contralateral ocular trauma. Neuro-ophthalmology 16:143–148 Wilbrand H, Saenger A (1901) Die Neurologie des Auges. Ein Handbuch für Nerven- und Augenärzte. Die sympathische Reizung. Bergmann Verlag, Wiesbaden, S 100–102
Photostress-Test („Lichtbelastungs-Test“)
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Photostress-Test („Lichtbelastungs-Test“)
Ziel Vermeidung von Gefahren infolge unerkannter erhöhter Blendempfindlichkeit.
Problem Eine Blendung führt zur verzögerten Wahrnehmung von Gegenständen. Je stärker die Netzhaut geblendet wurde, um so länger dauert die Normalisierung des Sehvermögens. Somit ist bei Medientrübungen des Auges die Readaptationszeit verlängert, was besonders im Straßenverkehr nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Fußgänger, insbesondere Personen mit getrübten optischen Medien auf nächtlicher Straße zu Unfällen führen kann. Auch Patienten mit einer Makulopathie können eine deutlich verlängerte Erholungszeit nach Blendung aufweisen.
Lösung und Alternativen Durchführung des Tests 1. Zunächst erfolgt eine Visusprüfung beider Augen mit bester Korrektur, beispielsweise geprüft an der Snellen-Tafel auf 6 m Entfernung. Die Pupillen dürfen dabei nicht erweitert werden. 2. Im Falle einer einseitigen Visusminderung sollte zunächst das besser sehende Auge geprüft werden. Während das schlechter sehende Auge abgedeckt ist, erfolgt die Blendung des zu prüfenden Auges, das in eine helle Lichtquelle dicht vor dem Auge im Abstand von 2–3 cm blickt. Die Blendung dauert 10 Sekunden. Direkt nach der Blendung wird der Patient aufgefordert, die Zahlen der Snellen-Tafel zu lesen. Der Patient benötigt eine gewisse Zeit, bis er mit seinem gut sehenden Auge wieder den Ausgangsvisus erreicht. Der Test wird sodann mit dem schlecht
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Photostress-Test („Lichtbelastungs-Test“)
sehenden Auge durchgeführt. Die Erholungszeit wird in Sekunden gemessen. Im Falle einer Netzhauterkrankung wie beispielsweise einer Makuladegeneration oder einer Trübung der abbildenden Medien ist die Erholungszeit verlängert – im Unterschied zu Patienten mit Optikusschäden, bei denen keine Verlängerung der Readaptationszeit gefunden wurde.
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Benetzungsstörungen; Cataracta electrica durch Starkstrom- oder Blitzschlagverletzung; Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale
Literatur Aulhorn E, Harms H (1970) Über die Untersuchung der Nachtfahreignung von Kraftfahrern mit dem Mesoptometer. Klin Monatsbl Augenheilkd 157:843–873 Glaser JS, Savino PJ, Sumers KD, McDonald SA, Knighton RW (1977) The photostress recovery test in the clinical assessment of visual function. Am J Ophthalmol 83:255–260 Krastel H, Gertz J, Paul I, Klothmann T (1980) Beitrag der Sofortadaptation zur funktionellen Differenzierung zwischen Sehnerven- und Netzhautschäden. Ber Dtsch Ophthamol Ges 77:379–385 Severin SL, Tour RL, Kershaw RH (1967) Macular function and the photostress test 1. Arch Ophthalmol 77:2–7 Severin SL, Tour RL, Kershaw RH (1967) Macular function and the photostress test 2. Arch Ophthalmol 77:163–167
„Pie in the sky“-Defekt
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„Pie in the sky“-Defekt
Ziel Lokalisation einer Sehbahnschädigung infolge eines typischen Gesichtsfeldausfalls.
Problem Gesichtsfeldausfälle beider Augen können auf die Lokalisation einer Sehbahnschädigung hinweisen.
Lösung und Alternativen Die unteren Fasern der Sehbahn verlaufen nach dem Corpus geniculatum laterale um das Temporalhorn herum und bilden die Meyer’sche Schleife. Läsionen rufen obere Gesichtsfeldausfälle hervor. Tumore des Temporallappens bewirken nicht selten eine inkongruente homonyme obere Quadrantenanopsie. Auch nach einer operativen Teilresektion des anterioren Anteils des Temporallappens wegen epileptischer Anfälle können typische Defekte im Gesichtsfeld auftreten. Es zeigt sich ein sektorförmiger Ausfall im oberen („sky“) temporalen Gesichtsfeldquadranten, aussehend wie ein herausgeschnittenes Kuchenstück („pie“) mit deutlicher Mittellinienbegrenzung bei einem nahezu vollständigen Quadrantenausfall des Partnerauges nasal oben. Typischerweise ist die vertikale Begrenzung scharfrandig, die horizontale Begrenzung jedoch eher etwas irregulär und flacher auslaufend. Die Ausfälle befinden sich stets auf der Gegenseite der Läsion. Bei Temporallappenprozessen können aber auch kongruente homonyme obere Quadrantenausfälle beobachtet werden. Die generelle Regel bezüglich der Gesichtsfeldausfälle durch retrochiasmale Prozesse lautet, dass homonyme Gesichtsfelddefekte der hinteren Sehbahn kongruenter sind als Ausfälle direkt hinter dem Chiasma.
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„Pie in the sky“-Defekt
Abb. 1
Inkongruenter Gesichtsfeldausfall nach oben („pie in the sky“)
Weiterführende Tipps
Hemianopsie, homonyme, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Walker AE, Walsh FB (1968) Visual disturbances in temporal lobectomized patients. In: Smith JL (ed) Neuro-ophthalmology, Symposium of the University of Miami and the Bascom Palmer Eye Institute. CV Mosby Company 4:230–248 Walsh FB, Hoyt WF (1969) Clinical Neuro-Ophthalmology. Williams & Wilkins Comp. Baltimore 3:2186
Pigmentepithelerkrankung mit gelegentlicher zerebraler Vaskulitis
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Pigmentepithelerkrankung mit gelegentlicher zerebraler Vaskulitis: Die akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie (APMPPE)
Ziel Frühzeitige augenärztliche Diagnose und Beachtung neurologischer Symptome.
Problem Eine akute Sehminderung mit einem Zentralskotom kann bei jungen Menschen, gelegentlich mit begleitender Iritis auftreten. Ein Infekt kann vorausgegangen sein.
Lösung und Alternativen Der Fundus weist zahlreiche flache, gelb-weiße Läsionen in Höhe des retinalen Pigmentepithels und der Chorioidea vorwiegend im Bereich des hinteren Pols auf. Eine Papillitis kann zusätzlich vorhanden sein. Im weiteren Verlauf finden sich unregelmäßig fleckige dunkel-pigmentierte sowie rundliche, manchmal gezackte hypopigmentierte Areale, die sich im Fluoreszenzangiogramm als ausgedehnte Defekte des retinalen Pigmentepithels zeigen. Allerdings können deutliche Gesichtsfeldausfälle vorhanden sein. Nach mehreren Wochen oder Monaten bessert sich häufig der Befund. Eine primäre Läsion der Choriocapillaris wird vermutet. Die APMPPE ist eine selbstlimitierte, wahrscheinlich vaskuläre Erkrankung der präkapillären Arteriolen der Chorioidea mit sekundärer ischämischer Schwellung der darüberliegenden Pigmentepithelzellen. Neurologische Symptome bzw. Ausfallerscheinungen zeitgleich mit den okulären Veränderungen sind mehrfach beschrieben worden, insbe-
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Pigmentepithelerkrankung mit gelegentlicher zerebraler Vaskulitis
sondere eine zerebrale Vaskulitis. APMPPE-artige Fundusveränderungen einer jungen Frau wurden auch bei einer tödlich verlaufenden subakuten sklerosierenden Panenzephalitis beschrieben. Abb. 1
Akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie (APMPPE) (aus Grehn 2008)
Weiterführende Tipps AIDS, opportunistische Infektionen; Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale; Neuroretinitis bei Katzenkratzkrankheit; Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Althaus C, Unsöld R, Sundmacher R (1992) Zerebrale Komplikationen bei akuter posteriorer multifokaler plakoider Pigmentepitheliopathie (APMPPE), 90. Zusammenkft Dtsch Ophthalmol Ges Mannheim
Pigmentepithelerkrankung mit gelegentlicher zerebraler Vaskulitis
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Deutman AF, Oosterhuis JA, Boen-Tan TN, Aan de Kerk AL (1972) Acute posterior multifocal placoid pigment epitheliopathy. Pigment epitheliopathy or choriocapillaritis. Br J Ophthalmol 56:863–874 Floegel I, Haas A, El-Shabrawi Y (2003) Acute multifocal placoid pigment epitheliopathy-like lesion as an early presentation of subacute sclerosing panencephalitis. Am J Ophthalmol 135:103–105 Gass JDM (1968) Acute posterior multifocal placoid pigment epitheliopathy. Arch Ophthalmol 80:177–185 Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage. Springer Verlag Janka Ch, Daxecker F (1982) Akute multifokale plakoide hintere Pigmentepitheliopathie. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:108–110 Kirkham TH, Ffytche TJ, Sanders MD (1972) Placoid pigment epitheliopathy with retinal vasculitis and papillitis. Br J Ophthalmol 56:875–880 Schuhmann G, Vidic B, Faschinger C (1983) Zur Pathogenese der akuten posterioren multifokalen plakoiden Pigmentepitheliopathie. Klin Monatsbl Augenheilkd 183:445–447
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„Post-Fixierpunkt-Skotom“, Untersuchung „am Krankenbett“
„Post-Fixierpunkt-Skotom“, Untersuchung „am Krankenbett“
Ziel Feststellung einer bitemporalen Hemianopsie, beispielsweise bei einem Hypophysentumor.
Problem Wegen guter zentraler Sehschärfe wird ein temporaler Gesichtsfeldausfall bei einem chiasmanahen Prozess von einem Patienten häufig sehr spät wahrgenommen.
Lösung und Alternativen Ein Patient wird aufgefordert, einen Punkt im Abstand von etwa ½ m zu fixieren. Der Arzt hält einen Bleistift in den sehenden Bereich vor den Fixierpunkt. Der Bleistift wird anschließend im sehenden Bereich langsam bis zum Fixierpunkt geführt und danach hinter den Fixierpunkt. Sobald der Bleistift sich hinter dem Fixierpunkt befindet, sieht der Patient mit einer bitemporalen Hemianopsie den Bleistift nicht mehr.
Weiterführende Tipps Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; orientierende; Halbfeldgleiten
Gesichtsfeldprüfung,
Literatur Schiefer U (2005) Sehen mit Halbseitendefekten. 89. Tagung der Württemb Augenärztl Vereinigung, Tübingen 19./20.3.05
Posthorn-Gesichtsfeldausfall
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Posthorn-Gesichtsfeldausfall
Ziel Erkennung und Behandlung einer retinalen Toxoplasmose.
Problem Ein frisch aufgetretener Entzündungsherd mit unscharfer Grenze und flauschig-weißem Aspekt der Retina in der Nähe der Papille weist einen bogenförmigen Gesichtsfeldausfall auf.
Lösung und Alternativen Der Gesichtsfeldausfall ist durch eine Schädigung der bogenförmig verlaufenden Nervenfasern bedingt. Er wird als Retinochorioiditis juxtapapillaris Jensen bezeichnet und tritt bei einer retinalen Toxoplasmose auf. Abb. 1
a
b
a Flauschiger weißer Herd durch Retinochorioiditis juxtapapillaris. b Bogenförmiger Gesichtsfeldausfall mit Durchbruch nach unten (aus Grehn 2008)
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Posthorn-Gesichtsfeldausfall
Weiterführende Tipps
Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Edmund-Jensen (1909) Retino-chorioiditis juxtapapillaris. Graefes Arch Ophthalmol 69:41– 48 Grehn F (2003) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag Martin WG, Brown GC, Parrish RK, Kimball R, Naidoff MA, Benson WE (1980) Ocular toxoplasmose and visual field defects. Am J Ophthalmol 90:25–29 Schertlin G (1916) Beiträge zur Retinochorioiditis Edmund Jensen. Klin Monatsbl Augenheilkd 57:60–76
Prismenvergleichstest
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Prismenvergleichstest
Ziel Rasche Orientierung darüber, ob ein Patient simuliert.
Problem Ein Patient berichtet über eine einseitige Sehminderung. Eine ausführliche ophthalmologische Untersuchung, insbesondere mit Fundusuntersuchungen bei Pupillenerweiterung sowie Gesichtsfelduntersuchung ist sehr zeitraubend.
Lösung und Alternativen Eine schnelle Orientierung, ob überhaupt eine organische Störung vorliegt, kann mit dem Prismenvergleichstest erfolgen, sodass umfangreiche Untersuchungen erspart werden können. Vorgehensweise: Der zu Untersuchende fixiert das 5 m entfernte Lämpchen des Maddoxkreuzes. Danach hält der Untersucher simultan vor jedes Auge ein Prisma von 4 dpt, Basis außen. Handelt es sich um zwei funktionell gleichwertige Augen, so wird gleichzeitig die in beiden Augen auftretende gegenläufige retinale Bildverschiebung an das okulomotorisch wirksame Zentrum im Hirnstamm gemeldet, sodass eine langsame Fusionsbewegung der Augen ausgelöst wird. Handelt es sich hingegen um eine einseitige Netzhaut- oder Sehnerverkrankung, so wird nur die Bildverschiebung im gut sehenden Auge an das okulomotorische Zentrum gemeldet, sodass auf den durch das Prisma ausgelösten seitlichen Sprung des Fixierpunkts eine Blickzielbewegung hervorgerufen wird. Es zeigt sich also bei einer einseitigen Erkrankung eine pathologische Antwort als objektive Reaktion mit einer konjugierten raschen Blickzielbewegung beider Augen, deren Größe und Richtung dem
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Prisma vor dem gut sehenden Auge entspricht; bei Prismen mit der Basis außen ist die Sakkade zur erkrankten Seite gerichtet. Abb. 1
Prismenvergleichstest, Fusionsbewegungen der Augen durch Vorsetzen von Prismen
Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Amaurose durch Optikuskompression; Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Literatur Mehdorn E, Schmidt D (1980) Simulationsproben. Z prakt Augenheilk 5:17–22
Progressive Netzhautnekrose
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Progressive Netzhautnekrose (Akutes Retinales-Nekrose-Syndrom, Notfallsituation mit großer Erblindungsgefahr)
Ziel Frühzeitige Behandlung mit Virostatika.
Problem Schmerzen, Lichtscheu und Sehminderung treten zunächst infolge einer Iritis auf. Hierdurch kann der Arzt fehlgeleitet werden, da das Augenmerk vorwiegend auf die Iritis gelenkt und eine Fundusuntersuchung versäumt wird.
Lösung und Alternativen Im Anfangsstadium kann das unklare Bild einer diffusen Chorioretinitis mit Perivaskulitis, Begleitpapillitis und Glaskörperinfiltraten bestehen. Unter antiphlogistischer Therapie mit Kortikosteroiden kann sich zunächst der Befund sogar passager bessern, bis sich dann eine progressive nekrotisierende Retinitis in kurzer Zeit entwickelt mit Netzhautlöchern und einer vollständigen Amotio retinae. Der Fundus weist im frühen Stadium eine gelbweiß bis grauweiß getrübte Retina auf, meistens in der Peripherie beginnend. Die fortschreitenden Herde konfluieren rasch, dehnen sich in kurzer Zeit über die gesamte Retina aus („wie ein Steppenbrand“); eine Vitritis und Arteriitis treten hinzu. Es bildet sich meistens eine Netzhautablösung aus.
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Progressive Netzhautnekrose
Untersuchung des Glaskörpers bzw. Kammerwassers mit der PCR-Methode Nachweis vor allem von Varizella-Zoster-Virus (VZV) oder Herpes-simplex-Virus-1 oder -2 (HSV-1; HSV-2) oder seltener Zytomegalievirus (CMV) und ebenfalls selten Epstein-Barr-Virus (EBV).
Therapie Eine frühzeitige systemische Therapie der herpetischen Viruserkrankung mit Aciclovir ist erforderlich. Es wurde empfohlen, mit einer sofortigen intravenösen Behandlung mit Aciclovir (30 mg / kg täglich) zu beginnen. Durch prophylaktische Photokoagulation der noch nicht befallenen Retina konnte manchmal eine Amotio retinae verhindert werden, denn durch Glaskörpertraktionen und Risse am Rande der nekrotischen Bereiche entsteht die gefürchtete Netzhautabhebung. Die akute Zytomegalie-Virus-Retinitis des Erwachsenen sollte mit Ganciclovir intravenös (2 × 5 mg / kg täglich, ca. zwei bis vier Wochen lang) behandelt werden. Bei einer Knochenmarksdepression wird Foscarnet (3 × täglich 60 mg / kg über zwei bis drei Wochen) empfohlen. Bei einer Varizella-Zoster-Virus Infektion: Bei unzureichender Therapie mit Aciclovir und Ganciclovir wurde empfohlen, Brivudin p.o. 500 mg / d (Bromvinyldeoxyuridin) zu verabreichen. Eine gering dosierte Kortikosteroidtherapie ist angezeigt zur Hemmung der entzündlichen Reaktionen. Frühvitrektomie und Spülung des Glaskörpers mit Aciclovir zur Verhinderung des aggressiven Fortschreitens der Netzhautnekrose. Im Falle einer Amotio retinae ist eine Cerclage mit Silikonauffüllung des Glaskörperraums erforderlich. In fortgeschrittenem Stadium sollte eine Vitrektomie mit nachfolgender Silikon-Öltamponade des Glaskörpers erfolgen.
Progressive Netzhautnekrose
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Abb. 1
Akute Retinanekrose bei immunkompetentem Erwachsenen mit BARNSyndrom, okklusive Vaskulitis ist gut zu erkennen; BARN = beidseitige akute retinale Nekrose (aus Augustin 2001)
Weiterführende Tipps Atrophia gyrata, fortschreitende, aber behandelbare Netz- / Aderhautdegeneration; AZOOR (Akute zonale okkulte äußere („outer“) Retinopathie); Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Abegg M, Kurz-Levin M, Helbig H (2007) Retinal detachment in patients with acute retinal necrosis: a case series. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:360–363 Augustin AJ (2001) Augenheilkunde, 2. komplett überarbeitete Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Greiner C, Alexandridis E (1992) Akute nekrotisierende Retinitis mit Amotio retinae. Operative und medikamentöse antivirale Therapie. Ophthalmologe 89:427–429 Horstmann C, Roider J (2004) Akute retinale Nekrose – ein seltenes Krankheitsbild. Z prakt Augenheilkd 25:349–352
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Progressive Netzhautnekrose
Lucke K, Reinking U, El-Hifnawi E, Dennin RH, Laqua H (1988) Akute retinale Nekrose. Klin Monatsbl Augenheilkd 193:602–607 Müller B, Velhagen KH, Pleyer U (2000) Akute Retinanekrose: Analyse, Therapie und Langzeitbeobachtung an 14 Augen. Klin Monatsbl Augenheilkd 217:345–350 Reinhard T, Hansen LL, Pache M, Behrens-Baumann W (2005) Antiinfektive medikamentöse Therapie in der Augenheilkunde – Teil 2: Virale Infektionen. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:81–89 Sternberg P, Han DP, Yeo JH, Barr CC, Lewis H, Williams GA, Mieler WF (1988) Photocoagulation to prevent retinal detachment in acute retinal necrosis. Ophthalmology 95:1389– 1393 Vij O, Bornfeld N, Roggendorf M, Fiedler M, Schilling H (2003) Brivudin als alternative systemische Therapie zu Aciclovir und Ganciclovir bei akutem retinalen Nekrosesyndrom durch Varizella-Zoster-Virus. Klin Monatsbl Augenheilkd 220:710–715 Willerson D, Aaberg TM, Reeser FH (1977) Necrotizing vaso-occlusive retinitis. Am J Ophthalmol 84:209–219
„Pseudohypopyon“ bei einem Retinoblastom
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„Pseudohypopyon“ bei einem Retinoblastom
Ziel Frühzeitige Abklärung eines „Pseudohypopyons“ mit einer Leukokorie.
Problem Die häufigste Fehldiagnose eines Retinoblastoms ist eine Uveitis („Iridozyklitis“) mit Glaskörpertrübungen und Zellen der Vorderkammer. Auch Augenschmerzen können als Uveitissymptome auftreten.
Lösung und Alternativen Kleine weißliche Knötchen am Pupillenrand oder eine Weißverfärbung der unteren Vorderkammer können von der Mutter eines Kleinkinds zufällig gesehen werden. Lichtscheu eines Kleinkinds kann ein erstes Zeichen einer Medientrübung (z. B. Glaskörperinfiltration mit Retinoblastomzellen) sein. Auch eine Irisneovaskularisation kann sich ausbilden. Ein nicht-entzündlich bedingtes Hypopyon („Pseudo-Hypopyon“) kann durch folgenden Test von einem entzündlichen Hypopyon unterschieden werden: Der Patient wird gebeten, seinen Kopf rasch zur Seite zu neigen. Bei einem nicht-entzündlichen Hypopyon verlagern sich die Zellen schnell zur Seite der Kopfneigung, hingegen besteht bei einem entzündlich bedingten Hypopyon eine deutliche Verzögerung der Zellverlagerung zur Seite. Im Glaskörper findet sich nicht selten ein deutlicher Lichtweg (TyndallPhänomen) mit dichten weißen, teils schneeflockenartigen Trübungen. Der Augendruck kann ansteigen, sodass sich ein Hornhautödem bildet. Bei einem hereditären Retinoblastom besteht die Gefahr des Befalls des zweiten Auges. Bilaterale Tumore werden oft früher als unilaterale Tumore erkannt. Eine einseitige Leukokorie kommt vor beim M. Coats, bei einer Incon-
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„Pseudohypopyon“ bei einem Retinoblastom
tinentia pigmenti sowie bei einer retinalen Dysplasie oder beim persistierenden hyperplastischen primären Glaskörper, PHPV („persistent hyperplastic primary vitreous“). Einseitige Pseudogliome finden sich auch bei Netzhautablösungen sowie bei reaktiven massiven Proliferationen infolge metastatischer Endophthalmitis oder eines Glaskörperabszesses z. B. nach Meningokokkensepsis oder im Gefolge einer Nematoden-Endophthalmitis. Eine beidseitige Leukokorie kommt vor bei der kongenitalen Katarakt, Frühgeborenen-Retinopathie, bei der Trisomie-13 und -18 sowie beim Norrie-Syndrom (Norrie-Warburg-Syndrom). Eine Diagnoseverzögerung bei 33 Kindern ohne positive Familienanamnese: Während die ersten Symptome im Mittel im Alter von 15,0 ± 14,4 Monaten auftraten, erfolgte die Diagnosestellung erst im Alter von 20,8 ± 13,5 Monaten. Eine verzögerte Diagnosestellung erfolgte vor allem beim Leitsymptom Strabismus. Ein Retinoblastom kann im Tumorgewebe Kalkablagerungen aufweisen, die durch ein CT und / oder MRI nachgewiesen werden können. Bei Glaskörpertrübungen ist eine diagnostische Vitrektomie, in Operationsbereitschaft (bei fortgeschrittenem Tumor) zu empfehlen. Abb. 1
„Leukokorie” (weißes Aufleuchten der Pupille) bei Retinoblastom (aus Grehn 2008)
„Pseudohypopyon“ bei einem Retinoblastom
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Es wurde gezeigt, dass in etwa 20 % der Fälle eine Aderhautbeteiligung und bei etwas über 25 % der Fälle ein Sehnervbefall bestand. Neue Tumore nach Behandlung: In einer Übersicht mit 427 unilateralen Retinoblastom-Augen zeigten sich bei einer Beobachtungszeit von 8,2 Jahren nach der Behandlung des ersten Tumors bei 25 (6 %) neue Tumore. Patienten mit einseitigem, sich innerhalb der ersten 6 Lebensmonate entwickelndem Retinoblastom mit positiver Familienanamnese waren in besonderem Maße gefährdet, einen neuen intraokulären Tumor zu entwickeln. Hieraus ergibt sich, dass Patienten mit einseitigem Retinoblastom in regelmäßigem Abstand überwacht werden müssen.
Weiterführende Tipps Hirn- und Augentumor, das trilaterale Retinoblastom; Früherkennung mit Glyzerintropfen
Hypopyon,
Literatur Abramson DH, Gamell LS, Ellsworth RM et al. (1994) Unilateral retinoblastoma: new intraocular tumours after treatment. Br J Ophthalmol 78:698–701 Baez KA, Ulbig MW, Cater J, Shields CL, Shields JA (1994) Irisneovaskularisationen, erhöhter Augeninnendruck und Glaskörperblutungen als Risikofaktoren für den Befall des Sehnerven und der Aderhaut bei Kindern mit Retinoblastom. Ophthalmologe 91:796–800 Damaske E, Jünemann G (1969) Über Spätfälle von Retinoblastom. Klin Monatsbl Augenheilkd 155:837–843 Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag Kase S, Parikh JG, Rao NA (2008) Peripapillary subretinal neovascularization in retinoblastoma. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 246:931–934 Mafee MF, Goldberg MF, Greenwald MJ, Schulman J, Malmed A, Flanders AE (1987) Retinoblastoma and simulating lesions: role of CT and MR imaging. Radiol Clin North Am 25:667–682 Schüler A, Bornfeld N, Foerster MH (1997) Diagnoseverzögerung beim Retinoblastom. (Abstract) Klin Monatsbl Augenheilkd 211:7 Shields JA, Shields CL, Eagle RC, Blair CJ (1988) Spontaneous pseudohypopyon secondary to diffuse infiltrating retinoblastoma. Arch Ophthalmol 106:1301 Sommer P, Kunze P (1969) Pseudo-Uveitis durch Retinoblastom. Beitrag zur Kinik und Pathologie. Klin Monatsbl Augenheilkd 155:844–850
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Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Ziel Rasche Orientierung darüber, ob ein Sehnerv geschädigt ist.
Problem Ein Patient berichtet über eine einseitige Sehminderung. Bevor eine ausführliche ophthalmologische Untersuchung erfolgt, sollte auch geprüft werden, ob eine organische Sehnervläsion besteht. Mit dem Test der pupillaren Wechselbelichtung wird die afferente Pupillenreaktion beider Augen verglichen, daher wird er auch als „Test des relativen afferenten Pupillendefizits“ („RAPD“) bezeichnet.
Lösung und Alternativen Vorgehensweise: Vor der Untersuchung sollte festgestellt werden, ob eine Isokorie besteht und ob direkte Licht- und Naheinstellungsreaktionen beider Pupillen auslösbar sind. Der zu Untersuchende sitzt in einem abgedunkelten Raum und blickt auf einen entfernt liegenden Gegenstand, um eine Naheinstellungsmiosis zu vermeiden. Der Untersucher beleuchtet zunächst ein Auge mit einem homogenen Lichtkegel beispielsweise eines Ophthalmoskops oder einer hellen Taschenlampe. Der Lichtstrahl sollte von unten auf das Auge gerichtet sein. Auf diese Weise wird das Licht im oberen Netzhautbereich zu einer sekundären Lichtquelle gebündelt, sodass von hier aus alle Lichtstrahlen gleichmäßig das Innere des Auges ausleuchten. Hierdurch wird erreicht, dass auch der makuläre Bereich nicht zu stark belichtet und geblendet wird. Nachdem wenige Sekunden lang ein Auge angestrahlt worden ist, schwenkt der Untersucher nach ca. 2–3 Sekunden den Lichtstrahl rasch auf das andere Auge. Beide Pupillen werden bereits bei Belichtung des ersten Auges er-
Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
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wartungsgemäß enger. In der Zeit des Lichtwechselns auf das andere Auge beginnen beide Pupillen sich wieder zu erweitern. Durch Belichtung des zweiten Auges erfolgt erneut eine Pupillenkonstriktion, vorausgesetzt, dass das zweite Auge eine regelrechte Funktion aufweist. Liegt hingegen eine Sehminderung des zweiten Auges vor, beispielsweise eine Neuritis nervi optici, so ist bei Belichtung des kranken Auges eine Pupillenerweiterung („pupillary escape“) zu beobachten. Das Hin- und Herschwenken des Lichtstrahls sollte mehrfach wiederholt werden, da nicht selten leicht unterschiedliche Pupillenreaktionen zu sehen sind. Affektionen des N. opticus, beispielsweise infolge von Durchblutungsstörungen, Verletzungen, einem fortgeschrittenen Glaukom, Tumorkompression oder Entzündung gehen mit afferenten Störungen der Pupille einher. Der Untersucher kann bei dem Test folgende Fehler begehen: Der Abstand der Lichtquelle vom Patienten oder die Richtung des einfallenden Lichtstrahls während der Untersuchung des ersten und zweiten Auges werden geändert. (Ein schräger Lichteinfall auf ein Auge bewirkt eine andere Pupillenreaktion im Vergleich zu einer Belichtung von gerade unten). Der Patient sollte stets auf einen fernen Punkt blicken und seine Fixation während der Untersuchung nicht ändern. (Ein Blick in die Nähe zwischendurch bewirkt eine Naheinstellungsmiosis.) Der Raum sollte stets in gleicher Weise abgedunkelt bleiben. Bei seitengleicher Pupillenreaktion darf eine Simulation erst dann angenommen werden, wenn eine funktionelle Amblyopie, beispielsweise bei einem Strabismus ausgeschlossen wurde. Es besteht eine deutliche Korrelation zwischen der „RAPD“-Reaktion und dem geschätzten Ganglienzellverlust. Eine Simulation, aber auch eine wenig ausgedehnte Netzhauterkrankung führt nicht zu einer pathologischen „RAPD“-Reaktion. Bei Trübungen der optischen Medien fällt der Pupillen-Wechselbelichtungstest regelrecht aus. Mit dem Pupillen-Wechselbelichtungstest kann bei einer beidseitigen höhergradigen Sehminderung oder, wenn beide Pupillen nicht oder nur gering auf Licht reagieren (Pupillotonie) oder bei einer deutlichen Anisokorie keine Aussage getroffen werden.
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Pupillen-Wechselbelichtungstest („swinging flashlight test“)
Bei einem unsicheren Ergebnis des Tests kann er wiederholt werden, indem ein schwacher Graufilter vor jedes Auge gehalten wird. Im Falle einer RAPD wird der Effekt der Pupillenerweiterung dann verstärkt, wenn der Filter vor das kranke Auge gehalten wird.
Weiterführende Tipps Amaurose durch Optikuskompression; Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom); „Angiopathia retinae traumatica“, die Purtscher-Retinopathie; Maskierte oder okkulte Arteriitis cranialis (Riesenzellarteriitis, Arteriitis temporalis Horton); Neuritis nervi optici (Gesichtsfeldausfall); Optikusneuropathie, anteriore ischämische (AION) bei einer Amiodaronbehandlung; Papillenschwellung
Literatur Lagrèze WD, Kardon RH. (1998) Correlation of relative afferent pupillary defect and estimated retinal ganglion cell loss. Graefe’s Arch Clin Exp Ophthalmol 236:401–404 Mehdorn E, Schmidt D (1980) Simulationsproben. Z prakt Augenheilk 5:17–22 Meienberg O, Kommerell G (1978) Störungen der Pupillenmotorik. Akt Neurol 5:245–252
„Puppenkopfphänomen“ (Okulo-zephaler Reflex)
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„Puppenkopfphänomen“ (Okulo-zephaler Reflex)
Ziel Bei Paresen sollte stets das „Puppenkopfphänomen“ geprüft werden.
Problem Bei Bewegungseinschränkungen der Augen ist zu klären, ob infranukleäre, nukleäre oder supranukleäre Paresen vorliegen. Diese Frage stellt sich vor allem bei Blickparesen.
Lösung und Alternativen Jede Kopfbewegung löst eine kompensatorische Augenbewegung aus, sodass beispielsweise bei einer Drehung des Kopfs nach rechts die Augen sich nach links und bei einer Kopfbewegung nach unten sich die Augen nach oben drehen. Diese momentan einsetzenden kompensatorischen physiologischen Augenbewegungen werden auch als „Puppenkopfphänomen“ bezeichnet. Zur Prüfung des „Puppenkopfphänomens“ wird bei Blickparesen der Patient gebeten, einen Punkt im Raum zu fixieren und sich dabei zu entspannen, sodass der Untersucher den passiv beweglichen Kopf des Patienten in der Hand hält und in verschiedene Richtungen dreht, während die Augen beobachtet werden. Bleiben die Augen bei Aufforderung, zur Seite zu blicken, unverändert in ihrer paretischen Position, gelangen sie aber bei den passiven Kopfbewegungen zur Prüfung des „Puppenkopfphänomens“ bis in die Endstellung, so handelt es sich um eine supranukleäre Läsion. Bewegen sich die Augen jedoch weder bei passiven Kopfbewegungen noch auf die Aufforderung, zur Seite zu blicken, so ist eine nukleäre oder infranukleäre Schädigung anzunehmen. Es wurde gezeigt, dass bei Patienten mit einer kongenitalen Ophthalmoplegie die Kopfbewegungen deutlich stärker ausgeprägt waren als bei
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„Puppenkopfphänomen“ (Okulo-zephaler Reflex)
einer erworbenen Motilitätsstörung. Dieses Verhalten bei angeborenen Augenmuskelparesen lässt darauf schließen, dass im Laufe des Lebens ein kompensatorischer Mechanismus der Kopfbewegungen eingetreten ist, der die Bewegungseinschränkung der Augen ausgleicht.
Weiterführende Tipps
Vestibulo-okulärer Reflex (VOR)
Literatur Mehdorn E (1993) Supranukleäre Augenbewegungsstörungen. Ophthalmologe 90:296–312 Schmidt D (2007) Neuroophthalmologische Befunde bei Schädel-Hirn-Traumata. In: Stalla GK (Hrsg) Therapieleitfaden Hirnschädigung: Interdisziplinäre Aspekte bei SchädelHirn-Trauma und Schlaganfall. UNI-MED Verlag, Bremen London Boston, S 143–152 Schmidt D, Schmidt CL (1978) Optokinetischer und vestibulärer Kopfnystagmus. Untersuchungen von Normalpersonen und Patienten mit angeborenen und erworbenen Augenmotilitätsstörungen. In: Kommerell G (Hrsg) Neurophysiologie und Klinik der Augenbewegungsstörungen. J.F. Bergmann Verlag, S 301–305 Schuster P (1921) Zur Pathologie der vertikalen Blicklähmung. Dtsch Z Nervenheilkd 70:97– 115
Quincke-Ödem, „angioneurotisches“ Ödem
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Quincke-Ödem, „angioneurotisches“ Ödem
Ziel Früherkennung der Augenschwellung und umgehende internistische / HNOärztliche Behandlung wegen Erstickungsgefahr.
Problem Ein 25-jähriger Patient stellte sich wegen einer monströs entzündlichen „prall-elastischen“, innerhalb weniger Stunden aufgetretenen Gesichtsschwellung ohne Rötung, insbesondere der Augenlider, Lippen, aber auch der Mundschleimhaut vor.
Lösung und Alternativen Das Quincke-Ödem, benannt nach Heinrich Irenäus Quincke, entsteht akut, anfallsartig und benötigt einige Tage zur Rückbildung. Das Ödem befindet sich in der Subkutis, ist schmerzlos, juckt nicht und ist im Allgemeinen nicht von einer Urtikaria begleitet. Es handelt sich um ein Angioödem, das durch erhöhte Gefäßpermeabilität der postkapillären Venolen hervorgerufen wird. Die Schwellungen befinden sich an Stellen mit lockerem Bindegewebe. Ein sich plötzlich entwickelndes Glottisödem kann lebensbedrohlich werden. Die Anfälle können rezidivieren. Bekannt wurde ein hereditäres Quincke-Ödem mit einem autosomaldominant vererbbaren Defekt des C1-Esterase-Inhibitors (C1-Inhibitorprotein; C1-INH), der zu einer erhöhten Gefäßdurchlässigkeit führt.
Therapie C1-INH-Substitution; Antihistaminika und Steroide sind wirkungslos. Bei massivem Larynxödem: Intubation, evtl. Tracheotomie.
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Quincke-Ödem, „angioneurotisches“ Ödem
Weiterführende Tipps Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid (Schleimhautpemphigoid); Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; „Graft-versus-Host Disease“ (GvHD) (Transplantat-Wirt-Reaktion nach haematopoetischer Stammzelltransplantation)
Literatur Quincke H (1882) Über akutes umschriebenes Hautödem. Monatshefte prakt Dermatol 1:129131 Pichler WJ (1996) Angioödem. In: Peter HH, Pichler WJ (Hrsg) Klinische Immunologie, 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München Röther E, Peter HH (1996) Symptome der Autoimmunität. In: Peter HH, Pichler WJ (Hrsg) Klinische Immunologie, 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München
Raupen-, Vogelspinnenhaarverletzung
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Raupen-, Vogelspinnenhaarverletzung
Ziel Abklärung unklarer Augenentzündungen.
Problem Eine unklare chronische Augenentzündung kann durch eine Verletzung durch Tierhaare hervorgerufen werden. Die Anamnese bei verletzten Kindern ist nicht immer eindeutig, sodass stets an diese seltene Verletzungsfolge zu denken und nach kleinen Haaren zu suchen ist.
Lösung und Alternativen Die Ophthalmia nodosa entsteht, wenn Raupen- oder Vogelspinnenhaare in das Auge gelangen. Die winzigen Haare der Raupe oder die „Brennhaare“ der Vogelspinne (im engl. Sprachraum als „Chilean rose tarantula“ bezeichnet) dringen allmählich immer tiefer in das Gewebe ein, hervorgerufen durch Augenbewegungen und -reiben. Eine chronische Entzündung der Uvea kann zur Erblindung führen. Die Tierhaarkonjunktivitis ist äußerst hartnäckig. Sowohl eine Konjunktivitis als auch eine Keratitis (infolge intrakornealer Haare) mit weißlichem Granulom, aber auch eine vordere Uveitis mit Entzündungsknötchen der Iris und Hypopyon-Iritis sowie ein Befall des hinteren Augenabschnitts (Retinochorioiditis und Vitritis) wurden bei Ophthalmia nodosa beobachtet.
Therapie der Ophthalmia nodosa Bei oberflächlichen frischen Augenverletzungen ist intensives Spülen des Auges bei zusätzlicher Salbenbehandlung (Antibiotika, Steroide) erforderlich. Die chirurgische Exzision der Tierhaare mit dem Granulationsgewebe
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Raupen-, Vogelspinnenhaarverletzung
sollten mitsamt dem umgebenden Gewebe aus Konjunktiva und Iris erfolgen. Bei einer chronischen Uveitis ist stets ein intraokulärer metallischer Fremdkörper auszuschließen (Ophthalmoskopie, bei getrübten Medien: Sonographie, CT-Untersuchung, aber keine MRT-Untersuchung!)
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Conjunctivitis lignosa, holzartig verhärtete Bindehaut mit Plasminogenmangel; Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis)
Literatur Eibl KH, Welge-Lüßen U, Neubauer AS, Mueller AJ, Kampik A (2004) Keratouveitis unklarer Genese. Ophthalmologe 101:629–630 Merle H, Suchocki D, Gérard M, Donnio A (2001) Kératite par projection de poils de chenille de Pseudosphinx tetrio. J Fr Ophtalmol 24:635–638 Shrum KR, Robertson DM, Baratz KH, Casperson TJ, Rostvold JA (1999) Keratitis and retinitis secondary to Tarantula hair. Arch Ophthalmol 117:1096–1097 Spraul CW, Wagner P, Lang GE, Lang GK (2003) Ophthalmia nodosa durch Vogelspinnenhaare. Klin Monatsbl Augenheilkd 220:20–23
„Red-eyed shunt syndrome“ (Arterio-venöse Fistel im Sinus cavernosus)
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„Red-eyed shunt syndrome“ (Arterio-venöse Fistel im Sinus cavernosus), Blickdiagnose
Ziel Frühe Abklärung einer arterio-venösen Fistel im Sinus cavernosus.
Problem Bei einem bewusstlosen Patienten nach einem Schädel-Hirn-Trauma könnte eine arterio-venöse Fistel im Sinus cavernosus übersehen werden. Eine Fistel, bei der unter hoher Blutströmungsgeschwindigkeit und hohem Druck („high-flow“-Fistel) ein echter arterio-venöser Shunt auftritt, hat meistens eine traumatischer Ursache.
Lösung und Alternativen Traumatische Fisteln entstehen durch einen Defekt der Wand der A. carotis interna. Die Fisteldrainage erfolgt vorwiegend über die ipsilaterale V. ophthalmica superior. Das rote Auge („red-eyed shunt syndrome“) ist diagnostisch wegweisend. Bei Fisteln mit hoher Flussrate besteht ein pulsierender Exophthalmus mit typischem pulssynchronem Geräusch, das beim bewusstlosen Patienten im Schläfen- oder Orbitabereich auszukultieren ist. Folgende zusätzlichen okulären Zeichen werden beobachtet: Erweiterung der konjunktivalen und episkleralen Gefäße, Glaukom, venöse Staseretinopathie und Motilitätsstörungen. Die konjunktivalen und episkleralen Gefäße sind dabei typischerweise korkzieherartig, geschlängelt und erweitert, bis an den Limbus prall gefüllt und weisen dort kleine Bögen auf. Bei unklarem Befund kann auch ein digitaler Kompressionsversuch der A. carotis interna durch den Patienten selbst erfolgen, mit dem Nachweis der Reduktion des Geräusches (unter ärztlicher Aufsicht). Eine Embolisierung der Fistel durch den Neuroradiologen stellt die Therapie der Wahl bei „high-flow“-Fisteln dar. Sollte bei erhöhtem Augen-
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„Red-eyed shunt syndrome“ (Arterio-venöse Fistel im Sinus cavernosus)
Abb. 1
Karotis-Sinus-cavernosus-Fistel. Starke Erweiterung der episkleralen Gefäße, Exophthalmus (aus Grehn 2008)
druck eine Embolisierung nicht durchzuführen sein, so kann eine Goniotrepanation zur Druckentlastung notwendig werden. Fisteln mit geringer arterio-venöser Strömung („low-flow“) hingegen entstehen meistens spontan aus Läsionen der Wand der A. carotis interna und / oder der zum Sinus cavernosus führenden duralen Äste der A. carotis externa, vorwiegend bei älteren Menschen. „Low-flow“-Fisteln bei alten Menschen werden im Allgemeinen konservativ behandelt, denn sie können spontan thrombosieren. Deshalb sind Antikoagulanzien kontraindiziert. Auch ein dabei auftretendes Sekundärglaukom sowie ein Zentralvenenverschluss werden im Allgemeinen konservativ behandelt.
Weiterführende Tipps Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom); Augenrötung mit Schmerzen bei einem TINU-Syndrom; Bakterielle Entzündungen des vorderen
„Red-eyed shunt syndrome“ (Arterio-venöse Fistel im Sinus cavernosus)
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Augenabschnitts; Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen am Krankenbett
Literatur De Keizer RJW (1981) Spontaneous carotid-cavernous fistulas. Neuro-ophthalmology 2:35– 46 Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag Hoops JP, Rudolph G, Schriever S et al. (1997) Durale Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln: Klinik, Diagnostik und therapeutische Intervention. Klin Monatsbl Augenheilkd 210:392–397 Pfau B, Forsting M, Schworm HD, Völcker HE (1992) Die Goniotrepanation als temporäre Maßnahme bei spontanen Arteria-carotis-sinus-cavernosus Fisteln. 90. Tagung Dtsch Ophthalmol Ges Mannheim Phelps CD, Thompson HS, Ossoinig KC (1982) The diagnosis and prognosis of atypical carotid-cavernous fistula (red-eyed shunt syndrome). Am J Ophthalmol 93:423–436 Schmidt D, Schumacher M (1991) Zentralvenenverschluß als Folge von spontanen arteriovenösen Fisteln der A. carotis zum Sinus cavernosus. Fortschr Ophthalmol 88:683–686
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Refraktionsskotom
Refraktionsskotom
Ziel Richtige Beurteilung von temporalen Gesichtsfeldausfällen.
Problem Niveauunterschiede des Fundus beider Augen können bei mangelhaftem Ausgleich durch Korrekturgläser eine bitemporale Hemianopsie vortäuschen, sodass irrtümlicherweise ein Tumor des Chiasmabereichs diagnostiziert werden könnte.
Lösung und Alternativen Läsionen des Chiasmas können vielfältige und inkongruente Gesichtsfeldausfälle hervorrufen, da die Nervenfasern mit Schleifenbildungen und Überkreuzungen an unterschiedlichen Stellen im Chiasma auf engstem Raum zusammengedrängt und durchmischt sind. Ein Refraktionsskotom liegt dann vor, wenn der hintere Augenpol nicht halbkugelig geformt ist, sondern eine Ausbuchtung im Bereich des Sehnervs, meistens nasal unterhalb der Papille (Fundusektasie) besteht (auch als „inferiorer Konus nach Elschnig“ benannt), sodass ein relativer bitemporaler Gesichtsfeldausfall nach temporal oben besteht. In gleicher Weise sind auch bei Hypophysenadenomen Ausfälle nach temporal oben zu erwarten. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass bei Tumoren im Chiasmabereich eine vertikale Mittellinienbegrenzung der Ausfälle festzustellen ist, die bei einem Refraktionsskotom fehlt. Durch die umschriebene Ausbuchtung des Fundus besteht an der Stelle der Ektasie ein begrenzter myopischer Bereich. Ein relatives Skotom bedingt durch eine nasale Fundusektasie kann vollständig verschwinden, wenn zunehmend Minusgläser vorgesetzt werden, gegebenenfalls in Zy-
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kloplegie. Das relative Refraktionsskotom wird durch Vorsetzen von Minusgläsern kleiner oder es verschwindet vollständig. Beim Ophthalmoskopieren kann das Ausmaß der Fundusektasie ermittelt werden. Zusätzlich findet sich bei einer Fundusektasie eine deutliche Papillenverkippung mit Papillenhypoplasie („tilted disc syndrome“) gemeinsam mit einem myopen Astigmatismus bei schräger Achsenlage. In seltenen Fällen eines Koloboms der Netz-, Aderhaut nasal unten lässt sich das Skotom nicht durch eine Gläserkorrektur ausgleichen; dann handelt es sich um einen absoluten Ausfall. Bei 76 Gesichtsfeldbefunden von Patienten mit einem Chiasma-Syndrom zeigten sich bei einem Drittel einseitige Ausfälle und bei drei Patienten homonyme Ausfälle. Diese ungewöhnlichen Läsionen können erklärt werden durch asymmetrisches Wachstum der Tumore entweder nach vorne gegen einen N. opticus, noch vor dem Chiasma, oder nach hinten gegen den Tractus opticum. Form und Größe von Gesichtsfeldausfällen bei Tumoren im Chiasmabereich können im Verlauf Schwankungen unterworfen sein, beispielsweise durch Blutungen in einem chiasmanahen Tumor. Mit der Echographie des Bulbus oder mit einer MRT-Untersuchung kann eine Fundusektasie ebenfalls nachgewiesen werden. Binasale refraktionsbedingte relative Gesichtsfeldausfälle können bei einer bitemporal vorhandenen Fundusektasie beobachtet werden. Nasale Ausfälle sind auch beim Glaukom, bei einer bilateralen Retinoschisis, bei einer Schädelbasisfraktur oder bei Hysterie beschrieben worden.
Weiterführende Tipps Hemianopsie, bilaterale homonyme; Hemianopsie, monokulare temporale; „Morning-glory“-Papille bei einem papillorenalen Syndrom (Handmann’sche Sehnervenanomalie); Skiaskopie („retinoscopy)
Literatur Aulhorn E (1974) Gesichtsfeldausfälle bei sellären und parasellären Prozessen. 72. Zusammenkunft Dtsch Ophthalmol Ges Hamburg 1972. J.F. Bergmann Verlag, S 21–29
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Refraktionsskotom
Dannheim F (1977) Perimetrie beim Chiasmasyndrom, schwellennahe und überschwellige Reize. Klin Monatsbl Augenheilkd 171:468–477 Kommerell G (1969) Binasale Refraktionsskotome. Klin Monatsbl Augenheilkd 154:85–88 Pilley SFJ, Thompson HS (1975) Binasal field loss and prefixation blindness. In: Glaser JS, Smith JL (ed) Neuro-Ophthalmology, Symposium of the University of Miami and the Bascom Palmer Eye Institute. CV. Mosby Comp, Saint Louis, S 277–284 Schmidt Th (1955) Perimetrie relativer Skotome. Ophthalmologica 129:303–315
Retrobulbärinjektion
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Retrobulbärinjektion
Ziel Intraoperative Schmerzfreiheit und Bewegungseinschränkung des Bulbus durch Lokalanästhesie.
Problem Retrobulbärinjektionen erfolgen meistens zur Operationsanästhesie. Sie können aber auch zur Therapie beispielsweise von Augenentzündungen verabreicht werden. Selbst bei vorschriftsmäßiger Durchführung der Injektion kann eine schwere Komplikation wie beispielsweise eine Bulbusverletzung eintreten.
Lösung und Alternativen Bei Netzhautoperationen wurde eine kombinierte Retrobulbär- und Allgemeinanästhesie empfohlen, um Schmerzen zu verringern. Somit ist auf eine Retrobulbäranästhesie nicht so leicht zu verzichten. Die Gefahr einer Bulbusverletzung besteht bei retrobulbärer Injektion vor allem bei großen Bulbi. Nach einer retrobulbären Anästhesie treten Sehverlust bis zur transitorischen Amaurose infolge einer vorübergehenden Leitungsblockade im Sehnerv – auch ohne Bulbusverletzung – auf. Die Bulbusverletzung durch die Nadel wird möglicherweise aufgrund eines intraokulären Druckanstiegs nicht immer bemerkt. Eine lichtstarre Pupille mit Bewegungseinschränkung des Bulbus ist als Folge des bereits injizierten Lokalanästhetikums anzusehen. Sollte jedoch kein Anästhetikum bei Einführung der Nadel injiziert worden sein, dann sind Visusabfall, lichtstarre Pupille, Motilitätsstörung und Druckanstieg entscheidende Hinweise auf eine Bulbus- bzw. Optikusverletzung.
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Injektionstechnik bei Retrobulbäranästhesie (aus Weindler et al. 2004)
Eine umgehende Ophthalmoskopie zum Nachweis einer Bulbusperforation ist erforderlich. Bei großen Bulbi wird von manchen Operateuren bei hochmyopen Augen eine Allgemeinnarkose der Patienten bevorzugt.
Weiterführende Tipps Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom); Glaskörperblutung unklarer Genese (Es kann sich um einen neurochirurgischen Notfall handeln!); Herzstillstand bei Druck auf den Bulbus, der okulo-kardiale Reflex; Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall); Papillenschwellung
Retrobulbärinjektion
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Literatur Berg P, Kroll P, Küchle HJ (1986) Iatrogene Bulbusperforation bei para- und retrobulbären Injektionen. Klin Monatsbl Augenheilkd 189:170–172 Doden W (1969) Komplikationen retrobulbärer Injektionen. Klin Monatsbl Augenheilkd 154:126–127 Doden W (1972) Sensorische Funktionsminderung, eine erwünschte Nebenwirkung der retrobulbären Anästhesie. Klin Monatsbl Augenheilkd 161:641–645 Kawohl C, Heiligenhaus A, Heiden M, Strunk W, Lösche CC (2002) Additive Retrobulbäranästhesie bei Operationen von Netzhautablösungen in Allgemeinanästhesie. Ophthalmologe 99:538–544 Mameletzi JA, Pournaras JAC, Ambresin A, Nguyen C (2008) Retinal embolisation with localised retinal detachment following retrobulbar anaesthesia. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:476–478 Meythaler FH, Naumann GOH (1987) Direkte Optikus- und Retinaverletzung durch retrobulbäre Injektion. Klin Monatsbl Augenheilkd 190:201–204 Pfeiffer N (1991) Generalisierter Krampfanfall durch Retrobulbäranästhesie. Klin Monatsbl Augenheilkd 198:313 Weindler J, Weindler M, Ruprecht KW (2004) Lokalanästhesie in der Ophthalmochirurgie. Ophthalmologe 101:847–865
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Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms
Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms
Ziel Frühzeitiges Erkennen eines Tumors, der ein Orbitaspitzen-Syndrom hervorruft.
Problem Ein Apex-Syndrom ist charakterisiert durch eine Optikusläsion zusammen mit Paresen des III., IV, V1 und VI. Hirnnerven, sodass eine Visusminderung mit Optikusatrophie und eine Ophthalmoplegie mit Sensibilitätsstörungen gemeinsam auftreten.
Lösung und Alternativen Das embryonale Rhabdomyosarkom stellt einen malignen Primärtumor im Kindesalter dar. Augenveränderungen treten vorwiegend bei orbitalen Rhabdomyosarkomen auf. Charakteristisch sind eine rasch progrediente Protrusio bulbi mit Chemosis der Konjunktiva, Lidödem und entzündliche Zeichen – ähnlich einer beginnenden Orbitaphlegmone. Bei ausgeprägten Entzündungszeichen sollte daher stets an einen rasch wachsenden Tumor gedacht werden! Daneben gibt es auch Rhabdomyosarkome des Nasopharynxbereichs, die sich bis in die Orbita oder durch die Schädelbasis in den Sinus cavernosus ausbreiten können und schließlich ausgeprägte Augenschäden hervorrufen. Rhabdomyosarkome des Kleinkindalters weisen bei früher Diagnose durch eine Biopsie des orbitalen Tumors bei rechtzeitiger Chemotherapie mit Bestrahlung eine günstige Prognose in Hinblick auf die Motilitätsstörungen, nicht jedoch der Sehminderung auf.
Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms
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Primäres konjunktivales Rhabdomyosarkom bei einem 3jährigen Kind (aus Sekundo et al. 1998)
Weiterführende Tipps Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Gesichtsfelduntersuchung, orientierende Untersuchung „am Krankenbett“; Navigationssystem in der Orbitachirurgie
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart Sekundo W, Roggenkämper P, Fischer HP et al (1998) Primary conjunctival rhabdomyosarcoma: 2.5 years’ follow-up after combined chemotherapy and brachytherapy. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 236:873 Sekundo W et al. (1998) Primary conjunctival rhabdomyosarcoma. 2.5 years follow-up after combined chemotherapy and brachytherapy. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 236:873-875 Shindler KS, Liu GT, Womer RB (2005) Long-term follow-up and prognosis of orbital apex syndrome resultimg from nasopharyngeal rhabdomyosarcoma. Am J Ophthalmol 140:236–241
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Rollladenphänomen
Rollladenphänomen
Ziel Skiaskopischer Nachweis einer passageren Brechungsänderung der Kornea.
Problem Manche Patienten klagen über Diplopie nach langem Lesen. Welche Erklärung wurde gegeben?
Lösung und Alternativen Durch Druck der Oberlidkante auf die gewölbte Hornhautoberfläche kann es zu einer leichten passageren Hornhaut-„Knickung“ kommen, die zur Diplopie führt. Manche Patienten nehmen vertikal versetzte Doppelbilder wahr, wenn sie nach längerem Lesen aus einer gesenkten Blickrichtung aufwärts in die Ferne schauen. Die Verformung der Hornhaut durch ungewöhnlichen Liddruck kann mit der Strichskiaskopie leicht nachgewiesen werden, schwieriger jedoch mit der Placido-Scheibe oder mit einem Keratoskop. Wenn das obere Hornhautdrittel „abgeknickt“ ist, entsteht eine prismatische Wirkung. Im Skiaskop sind drei Lichtbänder erkennbar, die durch die Trennung von Beleuchtungs- und Beobachtungsstrahlengang entstehen. Bei horizontaler Strichstellung ist die Mitbewegung der Lichtstriche in Form von 2 oder 3 dunklen Streifen zu erkennen, die aussehen, als wenn ein Rollladen hinter der Pupille hinauf- und heruntergezogen wird. Als Therapie wurde empfohlen, möglichst in heller Umgebung zu lesen, damit durch Pupillenkonstriktion der „Hornhautknick“ oberhalb des Sehbereichs liegt, sodass keine Diplopie wahrgenommen wird. Der Patient sollte über die harmlose Sehstörung aufgeklärt werden. Im Allgemeinen bildet sich die Diplopie nach dem Lesen bald wieder zurück, sodass keine Therapie erforderlich ist.
Rollladenphänomen
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Im Falle eines wechselnd stark gesenkten straffen Oberlids mit stärkerem Hornhautdruck wird die Anpassung einer harten Kontaktlinse empfohlen.
Weiterführende Tipps Blickinduzierter passagerer Sehverlust; Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Maskeradezeichen; Skiaskopie („retinoscopy“)
Literatur Handmann M (1923) Über eine noch nicht beschriebene obere horizontale Linie der normalen Hornhaut (Oberlidrandlinie). Klin Monatsbl Augenheilkd 70:659–666 Kommerell G (1993) Monokulare Diplopie durch Druck des Oberlides auf die Hornhaut. Diagnose aufgrund des „Rollladenphänomens“ bei der Strichskiaskopie. Klin Monatsbl Augenheilkd 203:384–389
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Roth'sche Flecken, embolisch bedingte Netzhautveränderungen
Roth'sche Flecken, embolisch bedingte Netzhautveränderungen
Ziel Früherkennung der retinalen Befunde.
Problem Umschriebene Netzhautblutungen mit weißem Zentrum werden als Roth'sche Flecken bezeichnet. Ihnen kommen unterschiedliche Bedeutungen zu.
Lösung und Alternativen Die von Litten zuerst beschriebenen und nach Roth benannten Flecken können ein wichtiges Zeichen einer bakteriellen Aussaat im Rahmen eines septischen Prozesses, beispielsweise einer Endokarditis sein. Aber auch bei einer Leukämie wurden diese auffälligen Flecken (auch als „Kokardenblutungen“ bezeichnet) beobachtet. Eine traumatische Ursache, beispielsweise bei einem „battered child syndrome“ kann ebenfalls von diagnostischer Bedeutung sein. Histologisch zeigen sich in der Regel Fibrin und Thrombozytenaggregate im Zentrum der Blutungen als Erklärung für die weißen zentral gelegenen Veränderungen. Aber auch Nekrosen oder leukämische Infiltrate können die Ursache sein. Der Fundusbefund kann für einen Internisten oder Pädiater zur diagnostischen Einordnung eines unklaren Krankheitsbilds entscheidend sein.
Roth'sche Flecken, embolisch bedingte Netzhautveränderungen
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Weiterführende Tipps Frühgeborenenretinopathie (Retinopathia praematurorum); Leukämie und Mukormykose (Phykomykose); Maskeradezeichen; Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Literatur Barsewisch B von (1979) Perinatal retinal haemorrhages. Morphology, aetiology and significance. Springer, Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Duane TD, Osher RH, Green WR (1980) White centered hemorrhages: their significance. Ophthalmology 87:66–69 Schmidt D, Möbius W (1975) Augenveränderungen als Initialsymptome bei Hämoblastosen. Med Welt 26:673–680 Schmidt D (1999) Rothsche Flecken – wie sehen sie aus und wer beschrieb sie zuerst? Aktuelle Augenheilk (Klin Monatsbl Augenheilkd) 215:14 Schneider G (1984) Ein Beitrag zur Retinitis septica Roth. Klin Augenheilkd 184:225–226
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Sakkaden, hypometrische
Sakkaden, hypometrische
Ziel Diagnostische Bedeutung hypometrischer Sakkaden.
Problem Die Prüfung der sakkadischen Augenbewegungen eines Patienten ergibt eine deutliche Hypometrie. Welche Erkrankungen können hierzu führen?
Lösung und Alternativen Hypometrische Augenbewegungen treten bei peripheren neurogenen, myogenen oder myasthenischen Paresen auf. Von diagnostischer Bedeutung sind hypometrische Sakkaden bei der internukleären Ophthalmoplegie oder bei zerebellären Erkrankungen.
Läsionen des Kleinhirns Bei zerebellären Schäden können zusätzliche okulomotorische Veränderungen bestehen, wie beispielsweise eine Blickhalteschwäche bei Seitwärtsblick, eine sakkadierte Augenfolgebewegung mit beeinträchtigtem optokinetischen Nystagmus, ein blickparetischer Nystagmus, ReboundNystagmus, Downbeat-Nystagmus, periodisch alternierender Nystagmus, Opsoklonus, „flutter“-ähnliche Oszillationen oder Kippdeviationen („macro-square-wave jerks“). Die Geschwindigkeit der Sakkaden eines augengesunden Menschen kann durch Ermüdung auch ohne Hypometrie abnehmen.
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Umschlag von hypometrischen in hypermetrische Sakkaden bei myasthenischen Paresen (Test „am Krankenbett“) Hypometrische Sakkaden bei myasthenischen Paresen können sich bei anhaltendem Seitwärtsblick kurzfristig ändern, da eine Ermüdung des Agonisten und eine Erholung des Antagonisten eintritt, sodass vorübergehend ein Wechsel von einer Hypometrie zu einer Hypermetrie der Sakkaden stattfindet. Vorgehensweise
Der Patient wird gebeten, zunächst horizontale Blicksprünge auszuführen, beispielsweise 30° rechts und 30° links von der Primärposition. Dabei sind zu kurze (hypometrische) Sakkaden bei einer myasthenischen Parese zu erwarten. Anschließend wird der Patient aufgefordert, anhaltend zur Seite auf einen Punkt in Richtung eines gelähmten Muskels zu blicken (etwa zwei Minuten lang). Dabei tritt eine Ermüdung des Agonisten auf, jedoch erholt sich gleichzeitig der dabei nicht beanspruchte Antagonist. Wird der Patient nun aufgefordert, Blicksprünge erneut zwischen den beiden angebotenen Fixationspunkten (jeweils 30°) auszuführen, so treten überschießende (hy-
Abb. 1
Hypometrische horizontale Sakkaden (nystagmographische Darstellung). Abwärts gerichtete Linie bedeutet Bewegung nach links, aufwärts gerichtete Linie bedeutet Augenbewegung nach rechts
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Abb. 2
Myasthenische rechtsseitige Augenmuskelparese. Veränderung von hypometrischen in hypermetrische Sakkaden nach anhaltendem Rechtsblick. Mit diesem Test können myasthenische von neurogenen Paresen unterschieden werden.
permetrische) Sakkaden auf, die durch ein Missverhältnis der Innervationsstärke zwischen dem Agonisten und Antagonisten entstanden sind. Dieser Test ist deshalb von diagnostischer Bedeutung, da er ohne Instrumente und ohne Medikamente (Tensilon) in der Praxis sofort ausgeführt werden kann.
Zusätzliche Tests zur Prüfung einer myasthenischen Parese 1. Die myastheniebedingte Ermüdung des M. levator palpebrae lässt sich durch den Simpson-Test nachweisen, indem der Patient anhaltend nach oben ohne Lidschlag blickt. Dabei sinkt das ermüdete Oberlid im Falle einer Myasthenie langsam hinab.
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2. Prüfung mit Edrophonium-Chlorid (Tensilontest) i.v. Meistens genügt eine geringe Menge des Pharmakons, um aus der Hypometrie eine Hypermetrie myasthenischer Augenmuskeln zu bewirken. 3. Häufig finden sich außerdem nystagmusartige Rucke („muskelparetischer Nystagmus“) sowie kleine Rucke mit sehr hoher Geschwindigkeit trotz myasthenischer Bewegungseinschränkung.
Weiterführende Tipps Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Hemineglekt, Unterscheidung von homonymer Hemianopsie (Untersuchung „am Krankenbett“); Maskeradezeichen; Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung; Simpson-Test bei einer Ptose des Oberlids; Strabismus, akuter
Literatur Henn V, Büttner U, Büttner-Ennever J (1978) Supranukleäre Störungen der Okulomotorik. In: Augenbewegungsstörungen. Neurophysiologie und Klinik. Symposium der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (15.–17.4.1977). Bergmann Verlag, München, S 129– 143 Schmidt D (1977) Eye Movements in Myasthenic Patients. In: Glaser JS (ed) Neuro-Ophthalmology 9. Neuro-Ophthalmology-Symposion Meeting in Miami/Florida, USA, 04.– 07.01.1977; Mosby Comp. St. Louis, pp 177–189 Schmidt D (1978) Okulomotorische Symptome bei Kleinhirnerkrankung am Beispiel der Ataxia teleangiectatica (Louis-Bar). Klin Monatsbl Augenheilkd 173:329–333 Schmidt D, Dell’Osso LF, Abel LA, Daroff RB (1979) Plastische und dynamische Veränderungen des sakkadischen Systems bei Augenmuskelparesen. Ber Dtsch Ophthal Ges Düsseldorf 76:701–704 Schmidt D, Abel LA, Dell’Osso LF, Daroff RB (1979) Saccadic velocity characteristics: Instrinsic variability and fatigue. Aviation Space Environm Med 50:393–395 Westheimer G, Blair SM (1973) Oculomotor defects in cerebellectomized monkeys. Invest Ophthalmol 12:618–621
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Schachbrett-Gesichtsfeld
Schachbrett-Gesichtsfeld
Ziel Diagnose zerebraler Sehbahnläsionen.
Problem Unterschiedlich angeordnete Gesichtsfeldausfälle können dem Untersucher Schwierigkeiten der Interpretation bereiten.
Lösung und Alternativen Treten Quadrantenausfälle in beiden Gesichtsfeldhälften homonym auf, sodass sich ein Quadrantenausfall einer Gesichtsfeldhälfte oben, der andere sich jedoch in der unteren kontralateralen Gesichtsfeldhälfte befindet, so gleicht die Anordnung der Ausfälle einem schachbrettähnlichen Bild. Die Ausfälle treten entweder simultan oder bei aufeinanderfolgenden Infarkten sukzessiv auf. Das zentrale Sehvermögen kann dabei erhalten bleiben, da dann eine zentrale Gesichtsfeldinsel zwischen beiden intakten Gesichtsfeldquadranten erhalten bleibt. Der beidseitige Ausfall kann erklärt werden durch eine Läsion der oberen Lippe der Kalkarinarinde einer Seite und einer Schädigung der unteren Lippe der Gegenseite.
Weiterführende Tipps Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Gesichtsfeldprüfung, orientierende, Untersuchung „am Krankenbett“; Hemianopsie, homonyme, Untersuchung „am Krankenbett“
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Abb. 1
Schachbrett-Gesichtsfeld mit homonymen Quadrantenausfällen beider Seiten
Literatur Cross SA, Smith JL (1982) Crossed-quadrant homonymous hemianopsia. The “checkerboard” field defect. J Clin Neuro-ophthalmol 2:149–158 Felix CH (1926) Crossed quadrant hemianopsia. Br J Ophthalmol 10:191–195 Groenouw A (1891) Über doppelseitige Hemianopsie centralen Ursprungs. Arch Psych Nervenkr 23:339–366 Janssens C, Berthelon S (1973) Quadranopsie homonyme croisée. Bull Soc belge Ophtalmol 165:376–381 Walsh FB, Hoyt WF (1969) Clinical Neuro-Ophthalmology, Williams & Wilkins Comp. Baltimore 1, S 93–97
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Schaukel-Nystagmus („Seesaw-Nystagmus“)
Schaukel-Nystagmus („Seesaw-Nystagmus“)
Ziel Hinweis auf zerebrale Lokalisation des ungewöhnlichen Nystagmus.
Problem Die Kenntnis eines erworbenen Schaukel-Nystagmus ist wichtig, da er auf eine Schädigung im Chiasma- und parasellären Bereich hinweist, insbesondere bei gleichzeitiger bitemporaler Hemianopsie.
Lösung und Alternativen Es handelt sich um einen disjunktiven Vertikalnystagmus mit Drehbewegungen der Augen. Gleichzeitig zeigt sich eine außenrotierende Abwärtsbewegung des einen Auges und eine innenrotierende Aufwärtsbewegung des Partnerauges. Der Schaukel-Nystagmus wurde am häufigsten bei ausgedehnten parasellären Tumoren bei gleichzeitig bestehender bitemporaler Hemianopsie beobachtet, seltener nach Schädelhirntraumen oder als kongenitale Motilitätsstörung. Auch vaskuläre Ursachen wurden bei Läsionen zwischen Zona incerta und Nucleus interstitialis Cajal festgestellt. Bei dienzephalen Läsionen können zusätzlich ein Diabetes insipidus und Sexualhormonstörungen vorhanden sein. Kongenitale Formen des Schaukel-Nystagmus ohne bitemporale Gesichtsfelddefekte, jedoch mit zusätzlichen Augenveränderungen wie vertikale Blickparese, Myopie, Visusreduktion, Strabismus wurden beschrieben. Ein- oder beidseitige Bewegungsstörungen der Augen können von großer diagnostischer Bedeutung sein, da hierdurch der Ort der Läsion im Hirn vorausgesagt werden kann. Aufgrund des klinischen Befunds kann dem Neuroradiologen die ungefähre Lokalisation eines krankhaften Pro-
Schaukel-Nystagmus („Seesaw-Nystagmus“)
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zesses mitgeteilt werden, sodass eine gezielte Untersuchung der vermuteten zerebralen Läsion mit dem MRT erfolgen kann.
Weiterführende Tipps Amaurose durch Optikuskompression; Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung
Literatur Hyde JE, Toczek S (1962) Functional relation of interstitial nucleus to rotatory movements evoked from zona incerta stimulation. J Neurophysiol 25:455–466 Sano K, Sekino H, Tsukamoto Y, Yoshimasu N, Ishijma B (1972) Stimulation and destruction of the region of the interstitial nucleus in case of torticollis and see-saw nystagmus. Confin neurol 34:331–338 Schmidt D, Kommerell G (1969) Schaukel-Nystagmus (Seesaw-Nystagmus) mit bitemporaler Hemianopsie als Folge von Schädelhirntraumen. Graefes klin exp Arch Ophthalmol 178:349–366 Schmidt D, Kommerell G (1974) Congenitaler Schaukelnystagmus (Seesaw Nystagmus). Ein Fall mit erhaltenen Gesichtsfeldern, vertikaler Blickparese und Kopftremor. Graefes Arch klin exp Ophthalmol 191:265–272 Zelt RP, Biglan AW (1985) Congenital seesaw nystagmus. J Pediatr Ophthalmol Strabism 22:13–16
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Schmerzhaftes Horner-Syndrom
Schmerzhaftes Horner-Syndrom durch ein Aneurysma dissecans der A. carotis interna (Es handelt sich um eine Notfallsituation!)
Ziel Abklärung plötzlich auftretender Schmerzen im Hals-, Gesichtsbereich und Sehstörungen mit Gesichtsfeldausfällen.
Problem Ein Patient mittleren Alters berichtete über einseitige Halsschmerzen, insbesondere beim Schlucken. Der HNO-ärztliche Spiegelbefund des Mund-, Hals- und Kehlkopfbereichs ergab keine krankhaften Veränderungen. Die Schmerzen nahmen in den nächsten Tagen zu und dehnten sich aus auf eine Seite des Gesichts, der Stirn und Periorbitalregion, so dass ein Augenarzt konsultiert wurde.
Lösung und Alternativen Es bestanden die typischen Zeichen eines schmerzhaften postganglionären Horner-Syndroms, so dass zunächst eine Dopplersonograpie der Halsarterien und anschließend ein Angiogramm der Halsarterie durchgeführt wurde. Dabei wurde ein Aneurysma dissecans der A. carotis interna auf der schmerzhaften Gesichtsseite festgestellt. Ein Aneurysma dissecans ist definiert als eine Wandläsion eines Gefäßes mit Penetration des Bluts in die Gefäßwand mit nachfolgender Einengung des Gefäßlumens. Eine akute Sehminderung kann ein- oder beidseitig als Folge einer akuten Durchblutungsstörung der A. carotis interna auftreten. Es handelt sich um eine Notfallsituation, da ein Schlaganfall oder ein Zentralarterienverschluss droht.
Schmerzhaftes Horner-Syndrom
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An ein Aneurysma dissecans ist zu denken, wenn simultan mit der Sehstörung Schmerzen im Halsbereich oder sogar schon Symptome einer beginnenden Hemiparese auftreten. Auch Paresen des III., IV. und VI. Hirnnerven wurden bei einem Aneurysma dissecans der A. carotis interna beschrieben. Vorgehensweise: Auskultation der A. carotis interna, umgehende Überweisung zur neurologischen Untersuchung und Farbduplex- / Dopplersonograpie, neuroradiologische (MRT)-Untersuchung. Eine Arteriendissektion kann auch im Bereich der A. vertebralis eintreten und zur Hirnstammischämie und zu peripheren Lähmungen führen. Auch hierbei können Sehstörungen auftreten, wenn eine Embolie im Bereich der A. cerebri posterior entsteht, mit hemianopischen Gesichtsfeldausfällen. Bei Schmerzen im ersten Ast des N. trigeminus mit zusätzlichen Sensibilitätsstörungen, die zusammen mit einem postganglionären Horner-Syndrom auftreten, ist an ein Raeder-II-Syndrom zu denken. Es ist eine Antikoagulanzienbehandlung zur Verhinderung einer Embolie erforderlich.
Weiterführende Tipps
Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Stenose oder Verschluss der A. carotis interna
Literatur Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart Hetzel A, Berger W, Schumacher M, Lücking CH (1996) Dissection of the vertebral artery with cervical nerve root lesions. J Neurol 243:121–125 Maitland CG, Black JL, Smith WA (1983) Abducens nerve palsy due to spontaneous dissection of the internal carotid artery. Arch Neurol 40:448–449
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Schmerzhaftes Horner-Syndrom
Schievink WI, Mokri B, Garrity JA, Nichols DA, Piepgras DG (1993) Ocular motor nerve palsies in spontaneous dissections of the cervical internal carotid artery. Neurology 43:1938– 1941 Schmidt D (2004) Der Zentralarterienverschluss. Klinische Befunde und Behandlung mit der lokalen intraarteriellen Fibrinolyse. Klin Neuroradiol 14:149–173 Thompson HS (1988) The pupil. In: Lessell S, Dalen JTW van (eds) Current Neuro-Ophthalmology. Year Book Medical Publishers, Inc. Chicago, London, Boca Raton 1, S 201–215
Schöpfernaht als ambulanter Eingriff
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Schöpfernaht als ambulanter Eingriff
Ziel Beseitigung eines Entropiums.
Problem Ein Entropium spasticum eines älteren Menschen tritt als Folge der erschlafften Lidhaut auf. Eine Salbenbehandlung des Auges sowie ein Pflasterzug unterhalb des Lids kann das Entropium vorübergehend beseitigen. Die Wirkung hält jedoch meist nur kurz an.
Lösung und Alternativen Vor einem größeren operativen Eingriff wird die „Schöpfernaht“ empfohlen, da sie sehr einfach in örtlicher Betäubung ambulant als minimal invasiver Eingriff durchgeführt werden kann, insbesondere auch bei bettlägerigen oder schwerkranken Patienten, die nicht mehr operiert werden können, oder bei Patienten, die eine Operation ablehnen. Otto Schöpfer empfahl, doppeltarmierte Fäden am Unterlid an der Bindehautseite einzustechen. Nach schräger Durchsetzung wird die Nadel durch das Lid geführt und anschließend in der Wimpernreihe ausgestochen. Hierzu ist es notwendig, das Unterlid mit einer kräftigen anatomischen Pinzette dicht „neben der Mitte“ zu fassen und dabei das Lid leicht nach außen zu drehen. Der doppeltarmierte Faden wird so gelegt, dass die Einstichstellen in der Konjunktiva ca. 1 cm vom Lidrand entfernt, also noch vor dem Fornix conjunctivae liegen. Die konjunktivalen Einstiche der beiden Stellen befinden sich ca. 5 mm voneinander entfernt. Ein zweiter und evtl. dritter doppeltarmierter Faden werden medial und lateral davon in gleicher Weise nacheinander gelegt. Die Fadenpaare werden sodann unter leichtem Zug geknüpft, sodass eine leichte Auswärtswendung
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Schöpfernaht als ambulanter Eingriff
Abb. 1
Evertierende Nähte bei Entropium. Links U-Naht unter dem Tarsus durch den Fornix bis fast an die Lidoberkante legen (Seitenansicht); rechts drei U-Nähte über die Lidkante verteilen und anziehen (Frontalansicht) (aus Augustin 2007)
der Lidkante entsteht, die aber nur wenige Stunden bestehen bleibt, bis sich die operationsbedingte Lidschwellung zurückgebildet hat. Eine Infektion entlang des Fadens lässt sich kaum vermeiden, ist jedoch bei geringer Ausprägung erwünscht, da durch den Entzündungsreiz in der Umgebung des Fadens eine verstärkte Bindegewebsreaktion mit einer Fibrosierung einer neuen Entropiumneigung entgegenwirken kann. Allerdings ist bei einer eitrigen Entzündung entlang des Stichkanals die Naht zu entfernen und antibiotisch zu behandeln, da andernfalls die Gefahr einer Lidphlegmone besteht. Bei einem Rezidiv in einer entzündungsfreien Phase besteht wieder die Möglichkeit, an einer anderen Stelle eine neue „Schöpfernaht“ zu legen. Erst bei Unwirksamkeit dieser Maßnahmen ist die Indikation zu einer größeren operativen Behandlung gegeben. Vörösmarthy berichtete über eine ähnliche Methode nach Snellen.
Weiterführende Tipps
Benetzungsstörungen; Entropiumoperation
Schöpfernaht als ambulanter Eingriff
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Literatur Augustin AJ (2007) Augenheilkunde, 3. Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Schöpfer O (1949) Über einen einfachen Eingriff zur Behebung des Entropium spasticum. Klin Monatsbl Augenheilkd 115:40–42 Vörösmarthy D (1970) Blaskovics-Kettesy. Eingriffe am Auge. Anleitung zur operativen Tätigkeit des Augenarztes. Enke Verlag, Stuttgart, S 82
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Schrotschusskugel in der Orbita
Schrotschusskugel in der Orbita
Ziel Beurteilung der Operationsindikation.
Problem Im Röntgenbild zeigt sich eine Schrotschusskugel in der Orbita retrobulbär. Im Allgemeinen liegt sie im orbitalen Gewebe ohne wesentliche Begleitreaktionen hervorzurufen.
Lösung und Alternativen Die Entfernung einer Kugel aus der Orbita ist nur dann angezeigt, wenn der Fremdkörper durch einen operativen Eingriff leicht zugänglich ist, beispielsweise über einen transkonjunktivalen Zugang. Wenn frische Schäden eingetreten sind, die durch Druck der Kugel auf einen Nerv entstanden sind, ist die Entfernung einer Kugel erforderlich. Im Allgemeinen verursachen orbitale Metallfremdkörper jedoch keine Beschwerden und bleiben weitgehend reaktionslos im orbitalen Fettgewebe liegen. Kugelbedingte Infektionen treten bei Schussverletzungen selten auf. Eine größere Operation wie eine Krönlein’sche Orbitotomie durchzuführen, ist nicht ratsam, da bei dem relativ großen orbitalen Eingriff die Gefahr besteht, dass durch das operative Vorgehen orbitale Nerven und Gefäße verletzt werden und operationsbedingte bleibende Schäden zu befürchten sind. Die Erfahrung, insbesondere aus den Kriegszeiten, hat gezeigt, dass Geschosskugeln über viele Jahre reizlos in der Orbita verweilten, ohne nachteilige Reaktionen hervorzurufen. Orbitale Durchschüsse, wie sie nicht selten in suizidaler Absicht verursacht werden, weisen meistens eine schwere Traumatisierung des Bulbus und der Orbita auf, sodass eine erfolgreiche Wiederherstellung kaum zu
Schrotschusskugel in der Orbita
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erwarten ist. Eine gemeinsame operative Versorgung mit Neurochirurgen, Kieferchirurgen und HNO-Ärzten kann dabei notwendig sein. Der Nachweis eines metallischen Fremdkörpers in der Orbita sollte mit Röntgenaufnahmen oder einem CT erfolgen. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) ist bei allen metallischen Fremdkörpern im menschlichen Körper kontraindiziert. Hinzu kommt, dass mit einem MRT knöcherne Verletzungen weniger deutlich darstellbar sind als mit einem CT.
Weiterführende Tipps Orbitachirurgie, Navigationssystem; Orbitadachverletzung (ein möglicher neurochirurgischer Notfall); Orbitahämatom, posttraumatisches
Literatur Groenouw A (1899) Schussverletzungen der Augenhöhle mit Nachweis des Geschosses durch Röntgenstrahlen. Klin Monatsbl Augenheilkd 37:151–161 Günther J (1909) Über die Schrotschussverletzungen des Auges vom klinischen und pathologisch-anatomischen Standpunkt aus. Klin Monatsbl Augenheilkd 47:167–195 Medicke I, Müller-Jensen K (1998) Prognose orbitaler Schußverletzungen. Ophthalmologe 95:172–175 Plocher R (1916) Über orbitale Steckschüsse, ihre Symptomatologie, Prognose und Therapie. Klin Monatsbl Augenheilkd 56:27–61 Temiz OM, Lang GK (2007) Akute Visusminderung nach Luftgewehrkugelverletzung. Klin Monatsbl Augenheilkd 224:804–806
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Schwarze oder braune Kornea
Schwarze oder braune Kornea
Ziel Rechtzeitiges Absetzen von Epinephrin-Augentropfen bei der Glaukombehandlung.
Problem Schwarzes Pigment in der Konjunktiva oder Kornea lässt die Vermutung eines malignen Prozesses aufkommen.
Lösung und Alternativen Eine genaue Anamnese ist erforderlich, um zu erfahren, ob der Patient über längere Zeit adrenalinhaltige Augentropfen oder -salbe verwendet hat. Fleckförmige dunkelbraune bis schwarze, pigmentierte Areale der Kornea oder Konjunktiva können bei Glaukompatienten durch eine Langzeitbehandlung mit dem Sympathomimetikum Adrenalin (Epinephrin) verursacht werden. Auch in der Bindehaut zeigen sich schwarze Pigmentablagerungen. Bei dem schwarzen Pigment handelt es sich um Adrenochrom, ein Oxydationsprodukt von Adrenalin. Das Pigment fand sich zwischen dem Epithel und der Bowman-Membran sowie in Keratozyten des oberflächlichen Hornhautstromas eingelagert. In der Bindehaut wurde histologisch Pigment in Zysten oder Krypten der Konjunktiva gefunden. Untersuchungen ergaben Adrenochrom-Ablagerungen der Kornea, die durch Kaliumpermanganat gebleicht wurden.
Literatur Blobner F (1938) Hornhautverfärbung durch ein Adrenalinpräparat. Klin Monatsbl Augenheilkd 100:758–763
Schwarze oder braune Kornea
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Green WR, Kaufer GJ, Dubroff S (1967) Black cornea. A complication of topical use of epinephrine. Ophthalmologica 154:88–95 Hunold AC, Dithmar S (2007) Hämatokornea. Klin Monatsbl Augenheikd 224:736–737 Kaiser PK, Pineda R, Albert DM, Shore JW (1992) „Black cornea“ after long-term epinephrine use. Arch Ophthalmol 110:1273–1275 Krejci L, Harrison R (1970) Epinephrine effects on corneal cells in tissue culture. Arch Ophthalmol 83:451–454 Löwenstein A (1927) Künstliche Hervorrufung melanotischer Geschwülstchen in der Bindehaut. 46. Versammlung Dtsch Ophthalmol Ges Heidelberg 439–441 Pau H, Schmitt-Gräff A (1981) Pigmentierte Bindehauteinschlüsse nach örtlicher Adrenalingabe. Graefe’s Arch Ophthalmol 216:69–75 Steiber Z, Ehlers N, Heegaard S, Hjortdal J, Berta A, Prause JU (2008) Brown cornea. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 246:537–541 Schmidt R (1934) Isolierte Melanosis corneae. 8 Jahre nach Exzision eines oberflächlichen Melanosarkoms am Hornhautlimbus. Klin Monatsbl Augenheilkd 93:164–170 Steiber Z, Ehlers N, Heegaard S, Hjortdal J, Berta A, Prause JU (2008) Brown cornea. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 246:537–541
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Sehhilfen, vergrößernde
Sehhilfen, vergrößernde
Ziel Optimale Sehverbesserung mit optischen Vergrößerungssystemen.
Problem Die richtige Korrektur bei einer Sehschwäche ist individuell zu testen. Eine Makuladegeneration führt häufig zu einer stark herabgesetzten Sehschärfe, sodass vergrößernde Sehhilfen angepasst werden sollten.
Lösung und Alternativen Die zum Lesen erforderliche Mindestsehschärfe liegt bei 0,3–0,4. Bei einer schlechteren Sehschärfe ≤ 0,3–0,1 sollten optische Hilfen (Lupe, Lupenbrillen, Teleskopsysteme) angepasst werden. Liegt der Visus noch tiefer, bei ≤ 0,1–0,05 kann mit einem Handfernrohr sowie mit elektronischen Hilfen (Bildschirmlesegerät), die zur Vergrößerung des Textes eingesetzt werden, probiert werden, ob eine bessere Lesefähigkeit erreicht wird.
Beleuchtung bei vergrößernden Sehhilfen (Lupenbrille, Galilei-Fernrohrbrille oder Kepler-Fernrohrbrille) Ausreichendes Licht ist für Sehbehinderte enorm wichtig. Der Vergrößerungsbedarf kann mit richtiger Beleuchtung um einige Stufen geringer ausfallen. Medientrübungen können jedoch zu Blendeffekten führen, so dass eine zu starke Beleuchtung unangenehm wirkt. Durch Lampen mit verschiedenen Lichttemperaturen kann die subjektiv angenehmste Beleuchtung gewählt werden.
Sehhilfen, vergrößernde
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Tabelle 1 Zuordnung der wichtigsten Gruppen vergrößernder Sehhilfen zu Visuswerten der Patienten sowie Angaben zum Vergrößerungsbereich für Ferne und Nähe. Die Angaben gelten als Orientierungswerte (Grein 2002) Visus
Vergrößernde Sehhilfe
Vergrößerung Nähe
Vergrößerung Ferne
0,4–0,16
Lupenbrille
Binokular 1- bis 3-fach
-
0,4–0,1
-
Monokular 1-bis 5-fach
-
0,4–0,1
Lupe
1- bis 5-fach
-
0,3–0,1
Fernrohrbrille Galilei
2- bis 6-fach
1,8 bis 2,5-fach
0,2–0,1
Fernrohrbrille Kepler
4- bis 6-fach
3- bis 4-fach
0,4–0,05
Handfernrohr
4- bis 6-fach
3- bis 6-fach
0,1–0,5
elektr. Lesegerät
5- bis 30-fach
-
Abb. 1
Bildschirmsystem mit Kamera im Handteil. Wird die Kamera auf ein Stativ gesetzt, kann darunter geschrieben werden (aus Grein 2002)
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Sehhilfen, vergrößernde
Weiterführende Tipps Kantenfilter; Lochblende (Stenopäische Blende); Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale; Photostress-Test („Lichtbelastungs-Test“); Skiaskopie („retinoscopy“); Spiegelbrille; Zykloplegie
Literatur Grein HJ (2002) Low vision – Versorgung Sehbehinderter mit vergrößernden Sehhilfen. Teil II: Anpassung und Verordnung. Ophthalmologe 99:884–900 Rohrschneider K (2008) Vergrößernde Sehhilfen. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:R55–R72
Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie)
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Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie)
Ziel Beseitigung der proliferativen Membranen mit dem Ziel der Netzhautanlage.
Problem Ein Patient erlitt ein schweres Trauma eines Auges. Eine Netzhautablösung wurde vor mehreren Monaten erfolgreich behandelt. In letzter Zeit sieht er zunehmend mit dem erkrankten Auge schlechter.
Lösung und Alternativen Als Folge von Netzhautschäden, beispielsweise durch eine Amotio retinae nach einem Trauma, durch Diabetes mellitus oder nach netzhautchirurgischen Eingriffen, auch nach einem Zentralvenenverschluss kann sich eine PVR ausbilden. Dabei wandern omnipotente Pigmentepithelzellen in den Glaskörperraum, die sich myofibroblastenähnlich umwandeln und proliferieren. An der Netzhautoberfläche bilden sich Membranen, die sich kontrahieren und die Netzhautoberfläche falten. Schließlich entwickeln sich Stränge im Glaskörper, die zu Kontraktionen führen und einen Zug an der Netzhaut ausüben, sodass eine Traktions-Amotio entsteht.
Therapie Eine Vitrektomie mit Entfernung der epi- und subretinalen Membranen kombiniert mit einer Cerclage-Operation der Netzhaut wurde erfolgreich durchgeführt. Bei der Operation kann in fortgeschrittenen Situationen eine Retinotomie mit anschließender Diathermiebehandlung bzw. Endolasertherapie notwendig werden.
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Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie)
Intraoperativ kann die intravitreale Gabe von Perfluordecalin oder eine Gasinjektion zur Tamponade der anliegenden Retina erforderlich sein. Perfluordecalin wird am Ende der Vitrektomie abgesaugt, bei gleichzeitiger Injektion von Gas (SF6 oder C3F8) oder von Silikonöl. Der Patient muss darüber früh aufgeklärt werden, dass mehrere Eingriffe erforderlich sind. Als Komplikation einer Gas- oder Silikonauffüllung kann nach ca. 6 Monaten eine Katarakt auftreten.
Weiterführende Tipps Amotiooperation mit Silikonölauffüllung; Amotio retinae (Wo ist das Netzhautloch zu finden?); Bulbusperforation, gedeckte; Glaskörperblutung unklarer Genese (Es kann sich um einen neurochirurgischen Notfall handeln!)
Literatur Böker T, Koch F, Spitznas M (1991) Verzögerte Resorption subretinaler Flüssigkeit nach pneumatischer Retinopexie. Fortschr Ophthalmol 88:354–357 Draeger J (1966) Zur Technik intravitrealer Verfahren bei der Ablatio-Behandlung. Mod Probl Ophthalmol 7:317–324 Eckardt C (1992) Behandlung komplizierter Netzhautablösungen. Intraoperativer Gebrauch von Perfluordecalin. Ophthalmologe 89:22–26 Koch F, Spitznas M, Böker T, Mougharbel M, Ohlhorst D, Hockwin O (1991) Entwicklung von Linsentrübungen in einem Zeitraum von 6 Monaten nach pneumatischer Retinopexie. Fortschr Ophthalmol 88:216–218 Kroll P, Berg P, Biermeyer H (1988) Langzeitergebnisse nach vitreoretinaler Silikonölchirurgie. Fortschr Ophthalmol 85:259–262 Laqua H, Lucke K, Foerster MH (1988) Entwicklung und gegenwärtiger Stand der Silikonölchirurgie. Klin Monatsbl Augenheilkd 192:277–283 Zivojnovic R, Metens DAE, Peperkamp E (1982) Das flüssige Silikon in der Amotiochirurgie (II). Bericht über 280 Fälle – weitere Entwicklung der Technik. Klin Monatsbl Augenheilkd 181:444–452
Sekundenkleber-Verletzung
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Sekundenkleber-Verletzung
Ziel Entfernung des Sekundenklebers.
Problem Eine Patientin hatte versehentlich – infolge einer Verwechslung der nebeneinander stehenden Fläschchen – Sekundenkleber anstelle von Augentropfen verwendet, sodass eine starke Blepharokonjunktivitis mit Augenbrennen und Sehminderung auftrat.
Lösung und Alternativen Die Augen eines als Notfall eingewiesenen Patienten sollten nach vorsichtigem Öffnen der Lider mit Kochsalzlösung gespült werden. Die ausgehärteten Klebstoffteile sind mechanisch von Lidern und Bindehaut vorsichtig zu entfernen. Die mechanische Ablösung von der Hornhautoberfläche kann Schwierigkeiten bereiten, da die Gefahr der großflächigen Erosio droht. Beobachtungen zeigten jedoch, dass sich korneale Klebstoffreste nach acht Stunden bei einer Patientin spontan ablösten. Stärkere Manipulationen zur Entfernung des Klebers sollten vermieden werden, da sich nach Abwarten der Klebstoff innerhalb von 4 bis 12 Stunden sowohl von der konjunktivalen und kornealen Oberfläche als auch der Lidhaut spontan abstoßen kann. Sollten jedoch ausnahmsweise nach ca. vier Tagen die Lider noch verklebt sein, so wäre erneut eine mechanische Entfernung zu versuchen. Es wurde als unwahrscheinlich angesehen, dass chemisch-toxische Schäden durch Sekundenkleber eintreten. Tierexperimentelle Untersuchungen ergaben, dass durch Zyanoacrylat ein Hornhautödem eintrat, das sich jedoch am nächsten Tag bereits zurückgebildet hatte. Sekundenkleber bestehen aus Zyanoacrylat, das durch
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Sekundenkleber-Verletzung
den Einfluss der Luft polymerisiert und aushärtet. Es besteht Ähnlichkeit des Sekundenklebers mit dem in der Chirurgie verwendeten Gewebekleber Histoacryl (N-Butyl-Cyanacrylat). Gewebekleber zum Verschluss des Tränenpünktchens beispielsweise bei einem Sicca-Syndrom sollten nicht mehr verwendet werden, da entzündliche Gewebsreaktionen bis hin zur Dakryozystitis und Dakryolithiasis sowie Dakryophlegmone auftreten können.
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Weiterführende Tipps Ankylosierung der Lidränder bei einem Pemphigoid (Schleimhautpemphigoid)
Literatur Balent A (1976) An accidental tarsorrhaphy caused by acrylic adhesive. Am J Ophthalmol 82:501 Faulborn J, Witschel H (1978) Makroskopische und mikroskopische Befunde bei intraokularer Anwendung von Gewebeklebern. Ber Dtsch Ophthalmol Ges 75. Zusammenkunft Heidelberg 1977, JF Bergmann Verlag München, S 75–76 Good AMT, McCabe SE (1994) Superglue accidents and the eye – causes and prevention. Br J Ophthalmol 78:802 Köhler U (1986) Komplikationen nach vorübergehendem Verschluß mit Gewebekleber (Histo-
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acryl ). Klin Monatsbl Augenheilkd 189:486–490 Rohrbach JM, Schlote T, Wohlrab TM (2000) Augenverletzung durch Sekundenkleber. Klin Monatsbl Augenheilkd 216:57–58 Silverman CM (1988) Corneal abrasion from accidental instillation of cyanoacrylate into the eye. Arch Ophthalmol 106:1029–1030
Simpson-Test bei einer Ptose des Oberlids
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Simpson-Test bei einer Ptose des Oberlids
Ziel Frühzeitige Diagnose einer Myasthenie.
Problem In jedem Lebensalter kann eine Ptose der Lider ein- oder beidseitig akut eintreten. Die myasthenische Ptose kann konstant oder wechselnd stark im Laufe des Tages ausgeprägt sein mit Betonung gegen Abend. Sie kann bei anhaltendem Aufwärtsblick an Stärke zunehmen.
Lösung und Alternativen Ermüdungstest der Oberlider Der Patient wird aufgefordert, anhaltend nach oben zu blicken, indem ein Punkt in der Höhe fixiert wird. Im Falle einer neuromuskulären Erkrankung, der Myasthenie, sinken die Lider langsam nach unten. Das Ermüdungszeichen der Oberlider (von einigen Autoren auch als Simpson-Test bezeichnet, erstmals bereits von Strümpell beschrieben) ist durch die abnorme Erschöpfbarkeit der Muskeln zu erklären. Die muskuläre Ermüdung stellt eine „Fundamentalerscheinung“ dieser Krankheit dar, bei der eine Übertragungsstörung der Impulse vom Nerven auf den Muskel vorliegt und bei der die dauernd beanspruchten, tonisch innervierten Lidmuskeln am ehesten betroffen werden. Sehr häufig beginnt eine Myasthenie deshalb mit ermüdungsabhängiger Ptose und Diplopie. Es gibt einerseits Krankheitsverläufe mit rein okulärem Befall ohne Progression auf andere quergestreifte Muskeln des Körpers, andererseits ist es notwendig, bei Patienten mit initial okulärem Muskelbefall die Gefahr einer später sich entwickelnden Ausbreitung auf extraokuläre Muskeln zu
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Simpson-Test bei einer Ptose des Oberlids
beachten und Paresen rechtzeitig zu erkennen, bevor schwere, lebensbedrohliche Komplikationen durch Atem- und Schluckstörungen eintreten. Es wurde nachgewiesen, dass Serum-Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper, die gegen das postsynaptische Protein der motorischen Endplatte gerichtet sind, eine Myasthenie verursachen.
Abwechselndes Öffnen und Schließen der Augen Nach mehrfachem Öffnen und Schließen der Augen kann ebenfalls bei Myasthenie infolge Ermüdung eine Ptose auftreten. Eine neurologische und elektromyographische Untersuchung (einschließlich Einzelfaserableitung) zum Nachweis einer Myasthenia gravis sind erforderlich. Zusätzlich sollte bei klinischem Verdacht eine Untersuchung der Thymusdrüse (Frage nach Thymushyperplasie oder Thymom) durchgeführt werden.
Weiterführende Tipps
Maskeradezeichen; Sakkaden, hypometrische
Literatur Bychowski Z (1902) Ein Fall von recidivirender doppelseitiger Ptose mit myasthenischen Erscheinungen in den oberen Extremitäten. Dtsch Z Nervenheilk 21:333–345 Schmidt D (1975) Diagnostik myasthenischer Augensymptome. Klinische und elektronystagmographische Befunde sakkadischer Augenbewegungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 167:651–664 Schmidt D (1977) Augensymptome und Differentialdiagnose der Myasthenie. In: Merté HJ (Hrsg) Augenärztliche Fortbildung. München 5, S 147–162 Schmidt D (1995) Signs in ocular myasthenia and pseudomyasthenia. Differential diagnostic criteria. A clinical review. Neuro-ophthalmology 15:21–58 Strümpell A (1896) Ueber die asthenische Bulbärparalyse (Bulbärparalyse ohne anatomischen Befund, Myasthenia gravis pseudoparalytica). Dtsch Z Nervenheilk 8:16–40 Wilbrand H, Saenger (1900) Die Neurologie des Auges. Ein Handbuch für Nerven- und Augenärzte. 1. Band. Die Beziehungen des Nervensystems zu den Lidern. J.F. Bergmann, Wiesbaden, S 219–235
Skew-Deviation (Hertwig-Magendie-Schielstellung)
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Skew-Deviation (Hertwig-Magendie-Schielstellung)
Ziel Eine Skew-Deviation kann ein Hinweis auf eine zerebrale Läsion sein, bei der vorwiegend der Hirnstamm betroffen ist.
Problem Eine Vertikalabweichung der Augen kann durch eine Augenmuskelparese hervorgerufen werden. Eine Zunahme des Schielwinkels in Blickrichtung einer möglichen peripheren Parese fehlt jedoch bei einer Hertwig-Magendie-Schielstellung. Eine Skew-Deviation kann als konkomitante oder inkomitante Bewegungsstörung auftreten. Häufig zeigen sich zusätzliche neurologische Krankheitszeichen.
Lösung und Alternativen Es besteht eine vertikale supranukleare Divergenzstellung der Augen, dabei kann das tiefer stehende Auge nach innen, das höher stehende Auge nach außen rotiert sein. Der Nachweis einer Zykloversion ist neben der weitgehend gleichbleibenden Vertikalabweichung in allen Blickrichtungen mit Doppelbildangaben von diagnostischer Bedeutung. Lokalisatorisch ist eine Skew-Deviation von untergeordneter Bedeutung, da eine Läsion in allen Hirnstammbereichen zwischen Mittelhirn und Kleinhirn zu dieser Motilitätsstörung führen kann. Bei gleichzeitiger internukleärer Ophthalmoplegie kann auf den Ort der Läsion im Bereich des Fasciculus longitudinalis medialis geschlossen werden. Auch bei peripher-labyrinthärer Läsion oder bei pontomedullären Läsionen wurde diese okulomotorische Störung beobachtet. Die Skew-Deviation ist als ein Teil der „ocular tilt reaction“ aufzufassen, bei der zusätzlich zur vertikalen Schielstellung und Verrollung beider Augen auch eine Kippung der sub-
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Skew-Deviation (Hertwig-Magendie-Schielstellung)
jektiven Vertikalen und eine Kopfneigung zu einer Schulter vorhanden ist. Eine „ocular tilt reaction“ tritt häufig bei einer Hirnstammschädigung auf. Eine Skew-Deviation wurde bei unterschiedlichen Krankheiten beobachtet: beim Wallenberg-Syndrom, bei einseitigen pontinen Tumoren, beim postenzephalitischen Parkinson-Syndrom, bei vertebro-basilärer Insuffizienz, bei der Basilarismigräne, beim Arnold-Chiari-Syndrom sowie im Coma hepaticum. Eine periodisch auftretende Skew-Deviation kann als transitorische Erscheinung bei einer Basilarisinsuffizienz entstehen. Abb. 1
Vertikale Divergenz der Augen infolge einer Hirnstammläsion. Links „Skew Deviation“ mit Höherstand des rechten Auges. Rechts „Ocular tilt reaction“ mit der Trias „skew deviation“, ipsiversive Augentorsion und Kopfneigung
Weiterführende Tipps
Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingten Augenbewegungen; Diplopie bei Tumoren des Chiasmabereichs; Schaukel-Nystagmus
Literatur Brandt T, Büchele W (1983) Augenbewegungsstörungen. G. Fischer Verlag Stuttgart Burde RM, Savino PJ, Trobe JD (1989) Neuroophthalmologie. Symptome-Diagnose-Therapie. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart Keane JR (1975) Ocular skew deviation. Analysis of 100 cases. Arch Neurol 32:185–190
Skiaskopie („retinoscopy“)
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Skiaskopie („retinoscopy“)
Ziel Frühzeitige Abklärung einer unklaren Sehminderung.
Problem Eine Sehminderung kann durch eine Erkrankung des Auges oder der Sehbahn hervorgerufen werden oder es kann ein Refraktionsfehler bestehen.
Lösung und Alternativen Zum raschen Nachweis einer Refraktionsanomalie kann mit der Skiaskopie gezeigt werden, ob Trübungen der abbildenden Medien, ein Keratokonus, ein höhergradiger Astigmatismus, eine Myopie oder Hyperopie vorliegen. Die Skiaskopie stellt die einzige Methode dar, mit der die Brechkraft von Säuglingen und Kleinkindern gemessen werden kann. Die Strichskiaskopie sollte bei Erwachsenen bei enger Pupille untersucht werden. Auch bei Kindern kann sie selbst in Miosis hilfreich sein, wenn es gelingt durch Aufmerksamkeitszuwendung auf einen fernen Gegenstand, die Akkommodation kurzfristig auszuschalten. Vorgehensweise: Nachdem der Beleuchtungsstrahlengang des Skiaskops leicht divergent eingestellt ist, wird im Phoropter eine Skiaskopierlinse von + 2 dpt bei einem Untersuchungsabstand von 50 cm eingestellt. Wird das rechte Auge untersucht, so kann das linke Auge soweit vorkorrigiert („genebelt“) werden, dass es das ferne Sehzeichen gerade noch erkennt. t 1. Schritt: Es werden so viele Minusgläser vor das zu untersuchende Auge gegeben, dass Mitläufigkeit des strichförmigen Fundusreflexes in allen Meridianen der Pupille zu beobachten ist. Hierbei ist auf langsame Bewegung des Skiaskops zu achten.
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Skiaskopie („retinoscopy“)
t 2. Schritt: Durch zirkuläres Drehen des Lichtstrichs wird festgestellt,
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ob sich der mitläufige strichförmige Reflex in der Pupille in allen Meridianen gleichartig darstellt. Zeigen sich ungleiche Reflexe in 90° aufeinander stehenden Meridianen, so ist damit bereits ein Astigmatismus ermittelt worden. Liegt beispielsweise im 50° Meridian ein breiter, unscharf begrenzter Reflex vor, im 140° Meridian hingegen ein schmaler, scharf begrenzter Reflex, so wird zunächst der Meridian mit dem breiten Reflex, also der myope Hauptschnitt korrigiert, indem die Höhe des vorgeschalteten sphärischen Minusglases schrittweise verringert wird, bis die ganze Pupille aufleuchtet (Flackerpunkt in diesem Hauptschnitt). 3. Schritt: Durch Drehung des Lichtstriches um 90° wird die Lage des hyperopen Hauptschnitts festgestellt. Wichtig ist dabei, den strichförmigen Reflex in der Pupille so einzustellen, dass er parallel zu dem Lichtstrich auf der Regenbogenhaut verläuft; nur dann kann die genaue Lage des 2. Hauptschnitts ermittelt werden. Durch weiteres Verringern des vorgeschalteten sphärischen Minusglases bis zum Aufleuchten der Pupille (Flackerpunkt) wird der Wert des zu ermittelnden sphärischen Glases erhoben. Die Zahl der benötigten Schritte sollte behalten werden. Die Differenz zwischen dem Wert des myopen und dem des hyperopen Hauptschnitts ergibt die Stärke des Zylinderglases. Die Achse des Zylinderglases wird festgestellt, indem die zuletzt ermittelte Achse (des hyperopen Hauptschnitts) um 90° gedreht wird. Die ermittelte astigmatische Differenz wird am Zylinderknopf eingestellt. Damit ist die Fernrefraktion eingestellt.
Es ist notwendig, einen subjektiven Abgleich der gefundenen Werte mit einer Visusüberprüfung und binokularem Feinabgleich durchzuführen. Skiaskopische Untersuchungen von 54 Kindern mit und ohne Cycloplegie durch drei verschiedene Untersucher ergaben, dass die größten Abweichungen der Zylinderachsen bei geringer Zylinderstärke auftraten. Es wurde dazu geraten, die Refraktion mit der Cycloplegie als der genaueren Methode zu bestimmen.
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Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Brechungsanomalie bei Albinismus; Lochblende (Stenopäische Blende); Refraktionsskotom; Rolladenphänomen; Zykloplegie
Literatur Bujara K, Schulz E, Haase W (1981) Skiaskopie mit und ohne Cycloplegie bei Kindern. Vergleich der Meßdaten zwischen drei verschiedenen Untersuchern. Graefes Arch Ophthalmol 216:339–343 Kommerell G (1993) Strichskiaskopie. Optische Prinzipien und praktische Empfehlungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 203:10–18 Kommerell G (1993/94) Was bringt die Skiaskopie ohne Zykloplegie im Kindesalter? orthoptik-pleoptik 18:36–44 Wolff H (1900) Über das elektrische Skiaskop. Bericht 28. Versammlg Ophthalmol Ges Heidelberg, S 180–184
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Spei-Kobra-Ophthalmie
Spei-Kobra-Ophthalmie
Ziel Frühzeitige Giftentfernung aus dem Auge.
Problem Wenn Gift der Spei-Kobra in das Auge gespritzt wird, entsteht eine schmerzhafte Keratokonjunktivitis mit Chemosis. Es kann sich auch eine Erosio corneae bis zur Ulzeration entwickeln. Sogar eine Perforation der Kornea mit Endophthalmitis und Hypopyon kann bei dieser schweren Ophthalmie entstehen.
Lösung und Alternativen Nicht selten werden beide Augen getroffen, sodass vollständige Blindheit droht. Bei leichteren Verlaufsformen zeigten sich Keratitis superficialis punctata und eine herabgesetzte Hornhautsensibilität.
Therapie In der Akutversorgung ist die intensive Spülung mit Wasser oder – wenn nicht vorhanden – mit Milch oder einer anderen harmlosen Flüssigkeit erforderlich. Therapeutisch wurden nach intensivem Spülen auch steroidhaltige Tropfen, bei intraokulärer Entzündung mit Hypopyon auch AtropinTropfen, ebenso antibiotikahaltige Augentropfen eingesetzt. Die kurzen Giftzähne von Naja nigricollis (Spei-Kobra) weisen eine vordere Öffnung auf, wodurch das Gift rechtwinklig zur Zahnachse durch Muskeldruck auf die Giftdrüsen bei einer Entfernung von 2–3 m in das Auge des Gegners gespritzt werden kann. Naja nigricollis ist weit verbreitet in Afrika, der Biss kann tödlich sein.
Spei-Kobra-Ophthalmie
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Weiterführende Tipps Amnionmembran zur Therapie eines Hornhautulkus; Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; „Milchsaft“verätzung; Penetration bakterieller Erreger bei intaktem Hornhautgewebe
Literatur Gilkes MJ (1959) Snake venom conjunctivitis. Br J Ophthalmol 43:638–639 Grüntzig J (1984) Die Spei-Kobra-Ophthalmie (Naja nigricollis). Klin Monatsbl Augenheilkd 185:527530 Payne T, Warrell DA (1976) Effects of venom in eye from spitting cobra. Arch Ophthalmo 94:1803
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Spiegelbrille
Spiegelbrille
Ziel Praktische Hilfestellung mit optischen Mitteln.
Problem Als Folge der starken Vorwärtsbeugung von Kopf, Hals und Rumpf bei Patienten mit einem M. Bechterew ist es dem Patienten aufgrund der fortgeschrittenen Kyphose kaum möglich, nach vorne und oben zu schauen.
Lösung und Alternativen An einer Spiegelbrille befindet sich ein einseitig an der Fassung befestigtes Spiegelpaar, das es ermöglicht in gebückter Haltung monokular nach vorne zu schauen, sodass eine deutlich bessere Orientierung im Raum gewährleistet ist. Der am unteren Fassungsrand befestigte größere Auffangspiegel wirft das Bild der vor dem Patienten liegenden Umgebung auf den oben angebrachten kleineren Umkehrspiegel. Der Patient erkennt im Umkehrspiegel ein aufrechtes, seitenrichtiges Bild der Umwelt. Die Brillenstärke entspricht der ermittelten Fernkorrektur des Patienten.
Weiterführende Tipps
Skiaskopie („retinoscopy“)
Spiegelbrille
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Abb. 1
Schematischer Strahlengang der Spiegelbrille. Auffang- und Umkehrspiegel erzeugen ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild der vor dem Patienten liegenden Umwelt (gespiegeltes Blickfeld). Im direkten Blickfeld kann der Patient den Bereich vor den Füßen sehen (aus Grein 2001)
Literatur Grein HJ, Grehn F, Stein FJ (2001) Spiegelbrille bei Morbus Bechterew. Ophthalmologe 98:579– 581
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Spiegelraumbewegungen (Rieken)
Spiegelraumbewegungen (Rieken)
Ziel Ausschluss einer Simulation bei behaupteter Blindheit.
Problem Ein Patient berichtet über eine Erblindung beider Augen. Sowohl eine Simulation als auch eine Sehbahnläsion können bestehen.
Lösung und Alternativen Vorgehensweise: Der Untersucher steht mit einem großen Spiegel (es könnte beispielsweise ein leicht abzunehmender Waschbeckenspiegel verwendet werden) dem Patienten gegenüber und schaut über den Spiegel hinweg auf den Patienten, der in den Spiegel blickt. Dabei werden die Augen des Patienten beobachtet. Wird nun der Spiegel in horizontaler, anschließend auch in vertikaler Richtung geschwenkt, so sind gleitende (Folge)-Bewegungen der Augen bei noch erhaltenem Sehvermögen des Patienten zu erkennen, bei blinden Personen hingegen nicht. Dieser Test ist dann von Bedeutung, wenn Patienten meinen, noch sehen zu können, obwohl sie blind sind (Anton-Syndrom) oder umgekehrt, wenn Patienten aussagen, blind zu sein, obwohl sie noch sehen können. In derartigen Situationen ist der Test hilfreich, denn selbst bei Simulation gelingt es dem Patienten kaum, Augenbewegungen willkürlich zu unterdrücken. Dieser Test ist empfindlicher als die Prüfung des optokinetischen Nystagmus zum Nachweis von Blindheit. Ein optokinetischer Nystagmus kann durch Stieren auf die bewegte Trommel leichter unterdrückt werden, so dass Blindheit vorgetäuscht werden kann. Dennoch sollten auch beim Spiegeltest die Augen des Patienten genau beobachtet werden. Sollte der Patient auf den Rand des Spiegels blicken, kann er im Falle einer Simulation die Augenbewegungen unterdrücken.
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Weiterführende Tipps Maskeradezeichen; Prismenvergleichstest; Skiaskopie („retinoscopy“)
Literatur Anton G (1898) Über Herderkrankungen des Gehirns, welche vom Patienten selbst nicht wahrgenommen werden. Wien Klin Wochenschr 11:227–229 Rieken H (1942) Die Spiegelraumbewegung, eine neue Untersuchungsmethode auf der Grundlage eines „psycho-optischen“ Reflexes. Graefes Arch Ophthalmol 145:432–453
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Stenose oder Verschluss der A. carotis interna
Stenose oder Verschluss der A. carotis interna
Ziel Vorgehensweise bei hochgradiger Stenose der A. carotis interna.
Problem Ein Patient mittleren Alters sieht plötzlich auf einem Auge nichts mehr. Bereits vor zwei Tagen war er morgens wenige Sekunden lang auf dem betroffenen Auge blind (Amaurosis-fugax-Attacke). Es ist eine arterielle Hypertonie bekannt, seit vielen Jahren ist er nikotinabhängig. Er hatte keine Kopfschmerzen und fühlte sich nicht krank.
Lösung und Alternativen Der Visus eines Auges war auf Erkennen von Handbewegungen reduziert. Der Fundus zeigt das Bild eines Zentralarterienverschlusses (ZAV). Zusätzlich fanden sich Cotton-Wool-Flecke der Retina als Zeichen einer seit längerem bestehenden Ischämie der Retina. Die Duplex- / Doppler-Sonographie zeigte eine hochgradige Stenose (80 %) der A. carotis interna. Die Echokardiographie ergab eine hypertoniebedingte Hypertrophie des linken Ventrikels. Nach einer Behandlung des ZAV erfolgte eine Thrombendarteriektomie der A. carotis interna durch den Gefäßchirurgen, um weitere embolische Infarkte zu verhindern, insbesondere einen Schlaganfall (neuerdings würde evtl. ein Stent operativ eingesetzt). Eine operative Versorgung der A. carotis interna wird bei hochgradigen Stenosen empfohlen. Bei Verdacht auf ein okuläres Ischämie-Syndrom (Amaurosis fugax) muss frühzeitig eine Ultraschalluntersuchung der Halsarterien und des Herzens (Echokardiographie) erfolgen.
Stenose oder Verschluss der A. carotis interna
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Eine Überwachung des Patienten ist erforderlich, da die Gefahr einer Rubeosis iridis mit Neovaskularisationsglaukom besteht. Bei einseitigen Stenosen der A. carotis interna kann auch mit der Tonographie im Seitenvergleich eine Amplitudendifferenz ermittelt werden. Bei bilateralen Stenosen sind die Amplitudenhöhen auf beiden Seiten reduziert. Es besteht in der Diagnostik der Karotisstenosen eine qualitative Übereinstimmung der Doppler-Sonographie mit der Tonographie. Abb. 1
Deutlich verzögerte Füllung der retinalen Arterien 6 h nach Verschluss. Der Visus beträgt „fehlende Lichtscheinwahrnehmung“ (aus Feltgen et al. 2003)
Weiterführende Tipps Hämodilution, isovolämische; Hemianopsie, bilaterale homonyme; Schmerzhaftes Horner-Syndrom durch ein Aneurysma dissecans der A. carotis interna; Zentralarterienverschluss mit akuter Erblindung
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Stenose oder Verschluss der A. carotis interna
Literatur Baatz H, Lange S, Buchner H, Scharioth G (2007) Pseudoangiitis bei beidseitiger okulärer Ischämie. Ophthalmologe 104:243–245 Feltgen N, Schmidt D, Hansen L (2003) Arterielle retinale Verschlüsse. Ophthalmologe 100:651–667 Fisher M (1951) Occlusion of the internal carotid artery. Arch Neurol Psychiat 65:346–377 Häberle H, Anders N, Wollensak J (1996) Chronisch okuläres Ischämiesyndrom bei Carotis interna Stenose. Klin Monatsbl Augenheilkd 209:190 Hammerstein W, Rehorn W, Bischof G, Hennerici M (1981) Die Differentialdiagnose der Amaurosis fugax durch die Tonographie. Klin Monatsbl Augenheilkd 179:97–99 Jungmann P, Stanowsky A, Trinkmann R, Liesenhoff H (1987) Ein Beitrag zur ischämischen Ophthalmopathie. Fortschr Ophthalmol 84:273–274 Kramsall P, Bettelheim H, Kaliman J (1986) Zur Klinik und Diagnostik intrakranieller Karotisverschlüsse. Klin Monatsbl Augenheilkd 188:9–12 Schmidt D, Böhringer D (2006) Preserved vision despite distinct retinal edema in central retinal artery occlusion. Eur J Med Res 11:43–45 Schmidt D, Richter T, v. Reutern GM, Engelhardt R (1991) Akute Durchblutungsstörungen des Auges. Klinische Befunde und Ergebnisse der Doppler-Sonographie der A. carotis interna. Fortschr Ophthalmol 88:84–98 Steuhl KP, Rohrbach JM, Diener HC (1986) Augenveränderungen bei Stenosen der Arteria carotis interna – histologische und klinische Befunde. Klin Monatsbl Augenheilkd 189 302–307
Strabismus, akuter
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Strabismus, akuter
Ziel Frühzeitige Abklärung akut auftretender Hirnnervenparesen.
Problem Bei plötzlich auftretendem Strabismus convergens mit Doppelbildern, manchmal in Kombination mit einer unterschiedlich stark ausgeprägten Schwäche des N. abducens eines Auges oder beider Augen, ist auch an eine Allgemeinkrankheit zu denken.
Lösung und Alternativen Benigne Abduzensparesen im Kindesalter in Zusammenhang mit Viruserkrankungen bilden sich spontan zurück, müssen aber durch bildgebende Verfahren abgeklärt werden (Ausschluss von bedrohlichen Erkrankungen). Aber auch an ein normosensorisches konvergentes Spätschielen, eine Schielform „sui generis“, ist zu denken. Auch hierbei besteht häufig eine Diplopie. Der Strabismus tritt meistens bei Kindern im Vorschulalter auf. Die Operationsergebnisse bei dieser Schielform werden wegen der Normosensorik als sehr günstig angesehen. Eine dekompensierte Phorie kann zu plötzlicher Schielstellung führen. Auch an ein zyklisches Einwärtsschielen („alternate day squint“) ist zu denken. Zu rasch auftretenden Doppelbildern durch Augenmuskelparesen können folgende Krankheiten führen: t Myastheniebedingte Lähmungen der Augenmuskeln können Paresen von Hirnnerven vortäuschen; die Augenmuskelparesen treten nahezu immer asystematisch und ohne Pupillenstörung auf.
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Strabismus, akuter
t Strabismus als erstes Zeichen eines rasch wachsenden Tumors im Säuglings- oder Kleinkindalter (z. B. Retinoblastom, Rhabdomyosarkom).
t Bei einer eitrigen Mittelohrerkrankung kann der N. abducens im Bereich der Pyramidenspitze akut geschädigt sein (Gradenigo-Syndrom).
t Mikrovaskuläre ischämische Augenmuskelparese eines Erwachsenen t t t t t
bei Diabetes und / oder arterieller Hypertonie. Bei einer mikrovaskulären Okulomotoriusparese ist die Pupille meistens nicht erweitert. Arteriitis cranialis alter Menschen (≥ 50 Jahre) mit akuten paresenbedingten Doppelbildern. Erhöhter intrakranieller Druck mit plötzlich entstandenem Einwärtsschielen wie beispielsweise einem Pseudotumor cerebri (Ausschluss einer Sinusthrombose!), aber auch bei Hirntumoren. Intrakranielles Aneurysma als Ursache einer N. III-Parese, sodass eine Subarachnoidalblutung droht. Deshalb frühzeitige Abklärung durch neuroradiologische Untersuchungen. Nasopharynxkarzinom oder Klivus-Chordom mit Hirnnervenparesen. Eine doppelseitige Abduzensparese unter dem Einfluss eines Methylenedioxymetamphetamin-(„Ectasy“)-Missbrauchs eines jungen Patienten.
Weiterführende Tipps Abduzensparese, beidseitige oder kongenitale Esotropie?; Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; Blinzelfrequenz, abnorme; Doppelbilder durch Botulismus; Konvergenzspasmus (Naheinstellungsspasmus); Maskeradezeichen; Rhabdomyosarkom der Orbitaspitze, eine Form des Apex-Syndroms; Skew-Deviation (Hertwig-Magendie-Schielstellung)
Literatur Davé AV, Diaz-Marchan PJ, Lee AG (1997) Clinical and magnetic resonance imaging features of Gradenigo syndrome. Am J Ophthalmol 124:568–570
Strabismus, akuter
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Hopf HC, Gutmann L (1990) Diabetic 3rd nerve palsy: Evidence for a mesencephalic lesion. Neurology 40:1041–1045 Keane JR (1976) Bilateral sixth nerve palsy. Analysis of 125 cases. Arch Neurol 33:681–683 Kirkham TH, Bird AC, Sanders MD (1972) Divergence paralysis with raised intracranial pressure. Br J Ophthalmol 56:776–782 Lang J (1978) Das normosensorische essentielle konvergente Spätschielen, eine Schielform „sui generis“. Klin Monatsbl Augenheilkd 172:807–824 Schmidt D, Mattheus S (1975) Zyklisches Einwärtsschielen (alternate day squint). Klin Monatsbl Augenheilk 167:835–839 Schmidt D (1995) Die Arteriitis temporalis Horton. Diagnose, Differentialdiagnose, Therapie. Elephas Buchverlag, St. Gallen, Schweiz Schroeder B, Brieden S (2000) Bilateral sixth nerve palsy associated with MDMA („Ectasy“) abuse. Am J Ophthalmol 129:408–409 Stärk N, Walther C (1984) Cyclische Esotropie bei einem Erwachsenen. Klin Monatsbl Augenheilkd 184:553–557 Vollrath-Junger C, Lang J (1987) Akuter Strabismus convergens bei erhöhtem Hirndruck. Klin Monatsbl Augenheilkd 190:359–362
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Strecktest des N. opticus
Strecktest des N. opticus
Ziel Differenzierung unterschiedlicher Sehnervveränderungen.
Problem Bei einer echographisch festgestellten Optikusverbreiterung kann der Subarachnoidalraum erweitert sein oder es besteht die Möglichkeit einer „soliden“ Optikusverdickung.
Lösung und Alternativen Der echographisch festgestellte Normbereich der Optikusdicke beträgt 2,8–3,1 mm (pialer Durchmesser), 3,1–4,5 mm (arachnoidaler Durchmesser) bzw. 3,8–5,3 mm (duraler Durchmesser). Eine Optikusverbreiterung kann auf einer Verdickung des Sehnervs selbst und / oder seiner Scheiden oder einer soliden Infiltration des Subarachnoidalraums beruhen. Bei diesen Veränderungen handelt es sich um „solide“ Optikusverbreiterungen. Hingegen kann eine Erweiterung des orbitalen Subarachnoidalraums durch eine Liquorvermehrung hervorgerufen werden. Beim Strecktest wird der Patient gebeten, maximal zur Seite zu blicken, sodass der Sehnerv in seinem Verlauf gestreckt wird. Auf diese Weise wird die subarachnoidale Flüssigkeit abnehmen, was echographisch im A-Scan durch eine geringere Optikusdicke nachgewiesen werden kann. Blickt anschließend der Patient wieder zur Primärposition zurück, so fließt Liquor in den Subarachnoidalraum zurück. Echographisch erscheint der Sehnerv wieder dicker. Bei einer „soliden“ Optikuserweiterung wird jedoch bei Seitwärtsblick keine Dickenabnahme festzustellen sein. Ein positiver Strecktest ist bei erhöhtem intrakraniellen Druck, der mit einer Stauungspapille einhergehen kann, zu erwarten.
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Abb. 1
Echographisch massive Optikusverbreiterung auf 10,35 mm am rechten Auge (links oben und unten): Die innere Struktur ist regulär und der Reflexionsgrad niedrig. Das linke Auge ist echographisch unauffällig (rechts oben und unten) (aus Haritoglou et al. 2002)
Weiterführende Tipps Amaurose durch Optikuskompression; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Halbfeldgleiten („hemifield slide“); Hemianopsie, inferiore; Hemianopsie, monokulare temporale
Literatur Haritoglou C, Herzum H, Ehrt O, Ossoinig KC, Kampik A (2002) Echographische Differenzialdiagnose von Optikusverbreiterungen. Ophthalmolge 99:559–565
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Sympathikusläsion, prä- oder postganglionäre
Sympathikusläsion, prä- oder postganglionäre
Ziel Früherkennung einer Sympathikusschädigung.
Problem Ein Patient weist eine leichte einseitige Ptose des Oberlids und eine Miosis auf. Zusätzlich besteht ein leichter Höherstand des Unterlids.
Lösung und Alternativen Die Ptose des Oberlids ist durch eine Parese des Müller’schen Lidhebers zu erklären (sie überschreitet nur in wenigen Fällen 2 mm) und die Miosis durch eine relative Schwäche des M. dilatator pupillae. Die Anisokorie beträgt meistens 1 mm, selten 2 mm. Der geringe Höherstand des Unterlids wird durch eine reduzierte Innervation der Unterlidretraktoren erklärt. Der scheinbare Enophthalmus wird durch die engere Lidspalte vorgetäuscht. Eine Nervenschädigung vor dem dritten Neuron proximal der Bifurkation der A. carotis führt auch zur ipsilateralen Anhidrosis des Gesichts. Typisch ist, dass die Pupille in einem abgedunkelten Raum sich sehr viel langsamer erweitert („Dilatationsdefizit“) als die normale Pupille des Partnerauges. Durch Prüfung der Erweiterung im abgedunkelten Raum kann eine sympathikusbedingte Pupillenstörung von einer geringgradig vorhandenen physiologischen Anisokorie unterschieden werden. Der wichtigste Pupillentest bei Verdacht auf ein Horner-Syndrom ist der Kokain-Test. Kokain hemmt die Inaktivierung von Noradrenalin. Bei einer Schädigung des Sympathikus ist der Kokaintest als positiv anzusehen, wenn eine Stunde nach Gabe von 5 %igen Kokain-Tropfen (bei Säuglingen und Kleinkindern 2,5 %igen Tropfen) eine Anisokorie von 1 mm oder mehr besteht. Mit dem 1 %igen Hydroxyamphetamin (OH-Amphetamin)-Test (Pa-
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redrin) oder dem Pholedrin-Test ist eine Unterscheidung möglich, ob eine prä- oder postganglionäre Sympathikusläsion besteht: Durch OH-Amphetamin wird die präganglionäre Horner-Pupille in normalem Ausmaß erweitert. Eine Läsion des zweiten Neurons kann Folge eines Tumors des Rhinopharynx oder eines malignen Lungenspitzentumors (Pancoast-Tumors) sein. Eine internistische bzw. neurologische Abklärung ist bei Sympathikusläsionen erforderlich. Die postganglionäre Horner-Pupille wird nicht durch OH-Amphetamin erweitert. Bei der postganglionären Horner-Pupille sind keine Noradrenalin-Vorräte vorhanden, die durch OH-Amphetamin freigesetzt werden könnten. Bei einer postganglionären Horner-Pupille mit akutem, schmerzhaftem Auftreten ist an ein Aneurysma dissecans der A. carotis interna zu denken, sodass eine Doppler-Sonographie erfolgen muss, da die Gefahr eines Schlaganfalls oder eines Zentralarterienverschlusses besteht. Ein kongenitales oder im Säuglingsalter auftretendes Horner-Syndrom (häufig posttraumatisch entstanden) geht mit einer Hypopigmentierung der ipsilateralen Iris einher, sodass eine Heterochromie besteht. Es ist erforderlich, ein metastasierendes Neuroblastom (Sympathikoblastom) auszuschließen, das mit einem Horner-Syndrom einhergehen kann. Ein Neuroblastom, das vorwiegend im Kindesalter auftritt, kann zu ein- oder beidseitigen orbitalen Metastasen führen. In seltenen Fällen kann ein Neuroblastom auch von der Chorioidea ausgehen. Bei einem metastasierenden Neuroblastom kann das klinische Bild ähnlich wie bei einem Rhabdomyosarkom aussehen. Neuroblastom und Rhabdomyosarkom sind besonders bösartige Tumore. Ein Drittel der an einem Neuroblastom leidenden Kinder erkrankte im Laufe der ersten 12 Lebensmonate, ein weiteres Drittel im 2. und 3. Lebensjahr.
Sympathikusverlauf 1. Neuron – zentrales Neuron – vom Hypothalamus zum Zentrum ziliospinale (C8 bis Th-1) 2. Neuron (intermediäres Neuron) von dort bis zum Ganglion cervicale superior. Von dort erfolgt eine Aufteilung der Fasern (etwa 15 Neurone als
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Abb. 1
Hyothalmus V1
Plexus caroticus
Ganglion cervicale superius TH1
Verlauf der sympathischen Pupillenbahn: a) Hypothalamus zum Centrum ciliospinale (zentrale Sympathikusbahn, präganglionär); b) Centrum ciliospinale bis zum Ganglion cervicale superius (präganglionäres Neuron); c) Ganglion cervicale superius bis zum M. dilatator pupillae (postganglionäres Neuron) (aus Grehn 2008)
3. periphere Neurone) Gesichtsnerven, die für die Pupilleninnervation zuständig sind, verlaufen über den Plexus der A. carotis interna durch das Ganglion Gasseri und entlang dem ersten Ast des N. trigeminus
Weiterführende Tipps Schmerzhaftes Horner-Syndrom durch ein Aneurysma dissecans der A. carotis interna
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Literatur Albert DM, Rubenstein RA, Scheie HG (1967) Tumor metastasis to the eye. Part II. Clinical study in infants and children. Am J Ophthalmol 63:727–732 Baumann KD (1962) Das Neuroblastoma sympathicum. Klinik und Prognose von 1030 Fällen. Zeitschr Kinderheilkd 86:710–724 Cibis GW, Freeman AI, Pang V et al. (1990) Bilateral choroidal neonatal neuroblastoma. Am J Ophthalmol 109:445–449 Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag Maloney WF, Younge BR, Moyer NJ (1980) Evaluation of the causes and accuracy of pharmacologic localization in Horner´s syndrome. Am J Ophthalmol 90:394–402 Thompson HS. (1973) Medikamentöse Pupillendiagnostik. In: Die normale und die gestörte Pupillenbewegung. Symposium der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (10.– 12.3.1972, Bad Nauheim). Verlag JF. Bergmann, München, S 161–177 Wilhelm H (1998) Störungen der Pupillomotorik und der Akkommodation In: Huber A, Kömpf D (ed) Klinische Neuroophthalmologie. Thieme Verlag, Stuttgart, S 622–630
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Temporaler Halbmond
Temporaler Halbmond
Ziel Perimetrischer Nachweis einer peripheren Gesichtsfeldinsel im blinden Halbfeld.
Problem Bei einer homonymen Hemianopsie sollte nicht nur auf die Mittellinienbetonung der Ausfälle, sondern im blinden Bereich auch auf periphere Gesichtsfeldinseln geachtet werden. Ein temporaler Gesichtsfeldrest in der äußeren Peripherie kann leicht – häufig bei unsachgemäßer Perimetrie – übersehen werden. Das Phänomen der einseitigen sichel- oder halbmondförmigen Aussparung ist wenig bekannt.
Lösung und Alternativen Als temporaler Halbmond wird ein unpaarer Gesichtsfeldbereich bezeichnet, der sich zwischen etwa 50° und 100° Exzentrizität temporal vom Fixierpunkt im horizontalen Meridian befindet. Der erhaltene sichelförmige Gesichtsfeldrest in einem hemianopischen blinden Halbfeld wirkt sich für Patienten günstig aus, da beispielsweise im Straßenverkehr temporal noch große bewegte Objekte wahrgenommen werden können. Der vordere, in der interhemisphärischen Fissur gelegene Anteil der Sehrinde repräsentiert wesentliche Anteile der nasalen Retina. Bei einem okzipitalen Infarkt kann dieser anteriore Anteil ausgespart bleiben. Umgekehrt kann auch ein isolierter Infarkt in diesem umschriebenen Bereich der Sehrinde auftreten, sodass ein einseitiger temporaler sichelförmiger Ausfall bei sonst regelrechtem Gesichtsfeld auftritt.
Temporaler Halbmond
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Abb. 1
Temporaler Halbmond des rechten Auges bei homonymer Hemianopsie nach rechts
Weiterführende Tipps Achromatopsie und Prosopagnosie; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Hemianopsie, homonyme, Untersuchung „am Krankenbett“
Literatur Behr L (1916) Die homonymen Hemianopsien mit einseitigem Gesichtsfelddefekt im „rein temporalen halbmondförmigen Bezirk des binokularen Gesichtsfeldes“. Klin Monatsbl Augenheilkd 56:161–172 Benton S, Levy I, Swash M (1980) Vision in the temporal crescent in occipital infarction. Brain 103:83–97 Holmes G (1918) Disturbances of vision by cerebral lesions. Br J Ophthalmol 2:353–384 Lepore FE (2001) The preserved temporal crescent: The clinical implications of an „endangered“ finding. Neurology 57:1918–1921 Meienberg O (1981) Sparing of the temporal crescent in homonymous hemianopia and its significance for visual orientation. Neuro-Ophthalmol 2:129–134 Riddoch G (1917) Dissociation of visual perceptions due to occipital injuries, with special reference to appreciation of movement. Brain 40:15–57
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Tintenstiftverätzungen
Tintenstiftverätzungen
Ziel Umgehende Beseitigung der verfärbten konjunktivalen Läsion.
Problem Ein Kind hat sich mit einem Tintenstift am Auge verletzt.
Lösung und Alternativen Das tief in das Gewebe eindringende Methylviolett erzeugt Gewebsnekrosen und Ulzera, sodass selbst die Sklera perforieren kann.
Abb. 1
Tintenstiftverätzung mit Verfärbung des Bindehaut- und Hornhautepithels vorwiegend im unteren Augenbereich (aus Grehn 2003)
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Es wurde empfohlen, die verfärbte Stelle umgehend zu exzidieren und nach intensiver Spülung anschließend mit Ascorbinsäure (subkonjunktivale Injektionen und häufiges Tropfen der Konjunktiva) zu behandeln. Zusätzlich sollte 250 mg Vitamin C i.v. injiziert werden. Es hat sich gezeigt, dass Ascorbinsäure, lokal und systemisch gegeben, den Heilungsprozess fördert. Vitamin C führt zu einer prompten Bindung und Umwandlung der basisch wirkenden OH-Gruppen und zur Entfärbung des Gewebes, sodass die destruktive Wirkung auf Eiweißmoleküle verhindert wird.
Weiterführende Tipps
Schwarze oder braune Kornea
Literatur Grehn F (2003) Augenheilkunde. 28., völlig neu bearbeitete Auflage, Springer Verlag Nemec H (1951) Eine neue Behandlungsmethode der basischen Augenverätzungen (Tintenstift). Klin Monatsbl Augenheilkd 119:540–542 Neubauer H (1973) Verletzungen des Auges und sympathische Ophthalmie. In: Lehrbuch und Atlas der Augenheilkunde (Axenfeld-Pau) 11. Auf. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart S 600–623
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Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Toxoplasmose der Retina-Chorioidea
Ziel Frühzeitige Diagnose zur rechtzeitigen Therapie.
Problem Ein 20-jähriger Patient mit einseitiger akuter Sehminderung und Photophobie weist Glaskörpertrübungen und eine entzündliche Netzhautveränderung in Makulanähe mit grau-weiß-gelblich, flauschig begrenztem, rundlichem Herd mit einer Pigmentierung am Rand auf. Kann die Serologie bei der Toxoplasmose-Diagnose weiterhelfen?
Lösung und Alternativen Die häufigste Ursache einer Uveitis posterior ist die Reaktivierung toxoplasmotischer Pseudozysten in der Netzhaut. Für die diagnostische Abklärung sind Serumtiter nicht relevant, da in Europa eine hohe Durchseuchungsrate besteht, mit einem positiven Serumtiter von 60–80 %. Bei einer aktiven Uveitis posterior muss der Titer nicht ansteigen. Deshalb ist eine definitive serologische Diagnose nur durch Vergleich des Kammerwasser-Serum-Titerquotienten mit den entsprechenden IgGWerten möglich. Das Durchschnittsalter von 90 Patienten betrug 26,5 Jahre (SD ± 10,6). Die häufig beidseitig auftretende Toxoplasmose-Chorioretinitis weist im chronischen Stadium ein typisches Bild auf, mit umschriebenen Aufhellungen neben alten Narben (Pigmentierungen). Läsionen in der Nähe der Papille werden als juxtapapilläre Retinochorioiditis bezeichnet, mit Nervenfaserausfall und sektorförmigem Gesichtsfeldausfall (Posthorn-Gesichtsfeld). Bei einer Vitritis mit manchmal aus-
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geprägter zelliger Glaskörperinfiltration kann eine zytologische Diagnose auch durch eine vitreale Biopsie erfolgen.
Therapie Da die häufig durchgeführte Standardtherapie mit Pyrimethamin (Daraprim ), ein Folsäure-Antagonist, und Sulfadiazin, ein Sulfonamid, zu wesentlichen Störungen der Blutbildung führen kann, wurde das weniger knochenmarkstoxische Clindamycin (Lincosamid-Antibiotikum) gegeben. Die häufigste Dosierung von Clindamycin bei Erwachsenen beträgt 1350 mg / d (3 × 450 mg). Die Behandlung erstreckt sich im Allgemeinen über sechs Wochen, bei frühzeitigem Rückgang der Infiltrate über vier Wochen. Im Allgemeinen erfolgt die antibiotische Therapie zusammen mit einem Steroidpräparat. An zusätzlichen Präparaten stehen Atovaquon-Suspension, Azithromycin (Zithromax oder Ultreon ) als Makrolid-Antibiotikum oder Spiramycin (Rovamycine -Tabletten oder Selectomycin ), ebenfalls ein Makrolid-Antibiotikum, zur Verfügung. An Nebenwirkungen wurden Hautausschläge, gastrointestinale Störungen, Kopfschmerzen und Fieber mitgeteilt.
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Abb. 1
Toxoplasmosenarbe mit Satellitenläsion (aus Augustin 2001)
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Weiterführende Tipps Chorioiditis und Diplopie bei Borreliose; Auge; Posthorn-Gesichtsfeldausfall
Darmentzündungen und
Literatur Augustin AJ (2001) Augenheilkunde, 2. komplett überarbeitete Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg Garweg JG, Kodjikian L, Peyron F et al. (2005) Kongenitale okuläre Toxoplasmose – okuläre Manifestationen und Verlauf nach Frühdiagnostik der Infektion. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:721–727 Gass JDM (1997) Stereoscopic atlas of macular diseases. Diagnosis and treatment, 4th edn. Mosby Company, St Louis, pp 614–620 Hudde T, Althaus C, Schimkat M, Sundmacher R (1996) Behandlung der Toxoplasmose-Retinochoroiditis mit Atovaquon bei immunkompetenten Patienten. Klin Monatsbl Augenheilkd 209:232–236 Mittelviefhaus H (1992) Clindamycin-Therapie bei Verdacht auf Toxoplasmose-Retinochorioiditis. Klin Monatsbl Augenheilkd 200:123–127 Pleyer U, Torun N, Liesenfeld O (2007) Okuläre Toxoplasmose. Ophthalmologe 104:603–616 Schlaegel TF, Weber JC (1984) The macula in ocular toxoplasmosis. Arch Ophthalmol 102:697– 698
Trabekulotomie
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Trabekulotomie
Ziel Operative Augendrucksenkung ab externo.
Problem Die medikamentöse Behandlung zur Drucksenkung eines kongenitalen Glaukoms ist unzureichend. Operative Verfahren wie fistulierende Methoden führen hingegen nicht selten zu Komplikationen.
Lösung und Alternativen Zur Behandlung des kongenitalen Glaukoms, Myopieglaukoms und juvenilen Glaukoms hat sich die Trabekulotomie ab externo bewährt. Erste Behandlungen mit dieser Methode führte Redmond Smith durch. Ziel der Operation ist die Beseitigung des den Abfluss störenden Trabekelwerks zwischen Schlemm’schem Kanal und Vorderkammer. Es wurde empfohlen, nach Eröffnung des Schlemm’schen Kanals bei 12 Uhr eine leicht gebogene Sonde einzuführen. Durch schwenkende Bewegungen der im Kanal liegenden Sonde wird das Trabekelwerk aufgerissen, sodass in dem eröffneten Bereich eine umschriebene Verbindung zwischen Kanal und Vorderkammer hergestellt wird. Das Trabekelwerk als Hindernis, insbesondere bei einer kongenitalen Anomalie des Kammerwinkels, wird mit diesem Eingriff in dem kleinen Bereich beseitigt, sodass sich meistens der intraokuläre Druck danach senkt. Häufig blutet es beim Aufreißen des Trabekelwerks geringfügig in die Vorderkammer. Die Blutungen resorbieren sich innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen. Die Schwierigkeit der Operation beruht manchmal darin, den Schlemm’schen Kanal aufzufinden. Hierzu ist es erforderlich, einen Türflügellappen am korneoskleralen Übergang mit feinen radiären, in die Tiefe des Gewebes reichenden Schnitten vorsichtig zu präparieren. Der
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Trabekulotomie
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Trabekulotomie. Von außen werden die Bindehaut und ein Skleraläppchen präpariert und der Schlemm-Kanal aufgesucht. In den Kanal wird eine Sonde eingeführt und das missgebildete Trabekelwerk durch Einschwenken nach innen aufgerissen. Dies erfolgt von der Operationsstelle aus nach rechts und nach links (aus Grehn 2008)
oft schwer aufzufindende Kanal befindet sich neben dichterem Gewebe (Schwalbe’sche Linie), das sich von der durchsichtigen Hornhaut abgrenzt. Eine Alternative ist die Goniotomie des Kammerwinkels.
Weiterführende Tipps Buphthalmus bei einem Rankenneurinom (plexiformes Neurinom) des Oberlids; Hydrophthalmus (kongenitales Glaukom); Megalokornea (Glaukom im Säuglings- und Kleinkindalter)
Trabekulotomie
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Literatur Allen L, Burian HM (1962) Trabeculotomy ab externo. Am J Ophthalmol 53:19–26 Draeger J, Wirt H (1988) Klassifizierung und Therapie des Glaukoms im Kindesalter. Fortschr Ophthalmol 85:63–69 Grehn F (2008) Augenheilkunde. 30. Auflage, Springer Verlag Smith R (1960) A new technique for opening the canal of Schlemm. Br J Ophthalmol 44:370– 373 Smith R (1969/70) The comparison between a group of drainage operations and trabeculotomy, after a follow-up of five years. Trans Ophthalmol Soc UK 89:511–518
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Traktionsnähte
Traktionsnähte
Ziel Schaffung spannungsfrei heilender Lidwunden.
Problem Bei klaffenden Wundrändern, insbesondere bei der Versorgung eines vernarbten Ektropiums steht der Wundbereich häufig unter Spannung.
Lösung und Alternativen Zur Entlastung der Wundränder mit besserer Heilungsmöglichkeit werden Traktionsnähte empfohlen. Traktionsnähte sind hilfreich, um Wundkontraktionen, insbesondere bei Narbenektropien entgegenzuwirken. Die transtarsalen Traktionsnähte sollten ausgespannt werden, bevor freie Hauttransplantate oder Verschiebelappen eingenäht werden. Die Nähte sollten ca. eine Woche belassen werden, damit die Wunden ohne Spannung heilen können. Als Nahtmaterial wird ein einfach armierter monofiler 4-0-Polypropylenfaden mit einer 12,9 mm langen P-3-Nadel empfohlen. Zur Vermeidung von Haut durchschneidenden Fäden, werden 4 × 6 mm große Plastikscheibchen unterlegt. Die Nadel mit dem Polypropylenfaden wird durch ein Plastikscheibchen, das Brauengewebe und anschließend durch den Oberlidtarsus und an korrespondierender Stelle des Unterlids durch den Unterlidtarsus gestochen. Mit einem seitlichen Abstand von ca. 5 mm werden die Traktionsnähte auf dem gleichen Wege zurückgeführt und über dem Unterlegscheibchen geknotet. Die Unterlidkante wird danach mit Hilfe der Traktionsnähte soweit hochgezogen, bis die Kante dem Oberlidrand anliegt. Bei klaffenden Lid- und Wangenwunden wird eine horizontale Traktionsnaht empfohlen. Die Traktionsnähte werden 6 mm von der Wundkan-
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Links Die transtarsalen Traktionsnähte werden durch das Unter- und Oberlid und schließlich durch das Brauengewebe geführt. Die Nähte werden über Plastikscheibchen gesichert. Rechts Durch Hochziehen der Unterlidkante wird die Lidspalte geschlossen
te durch Haut und Orbikularismuskulatur geführt. Erst nach dem Legen und Anziehen der Traktionsnähte werden die Wundränder mit evertierten Rückstichnähten adaptiert. Ein Narbenektropium kann behandelt werden, indem ein myokutaner Transpositionslappen des Stirnbereichs – nach Präparation dicht oberhalb der Augenbraue und nach Exzision der Unterlidnarben – in den Unterliddefekt eingenäht wird.
Weiterführende Tipps Entropiumoperation; Lazy-T-Operation nach Smith zur Behandlung eines Ektropiums; Transposition, tarsokonjunktivale
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Traktionsnähte
Literatur Frost AD (1934) Supporting suture in ptosis operations. Am J Ophthalmol 17:633 Mittelviefhaus H (1992) Cicatricial ectropion with fixation of the lid margin to the bone. Orbit 11:83–91 Mittelviefhaus H (1993) Der Einsatz von vertikalen und horizontalen Traktionsnähten in der Lidchirurgie. Klin Monatsbl Augenheilkd 203:390–396
Transposition, tarsokonjunktivale
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Transposition, tarsokonjunktivale
Ziel Funktionelle und kosmetische Wiederherstellung eines ausgedehnten Unterliddefekts.
Problem Ein ausgedehnter Unterlidtumor muss operativ entfernt werden. Welche Operationsmethode wird empfohlen?
Lösung und Alternativen Die tarsokonjunktivale Transpositionsoperation wird empfohlen, um einen großen Defekt des Unterlids nach Entfernung eines größeren Unterlidtumors zu decken. Der große Unterliddefekt wird mit einem gestielten Tarsokonjunktival-Lappen geschlossen, indem aus dem ektropionierten Oberlid ein dem Defekt entsprechend großer Bereich des Tarsus-Bindehautgewebes präpariert und heruntergeschlagen wird. Der Lappen wird im Unterlid durch Nähte befestigt. Das vordere Lidblatt des Unterlids wird durch ein freies Hauttransplantat gedeckt. Im Anschluss an diesen Eingriff bleiben Ober- und Unterlid miteinander ca. 4 Wochen lang vernäht. Die tarsokonjunktivale Transposition ermöglicht den Ersatz von Defekten, die 60 % und mehr der ursprünglichen Unterlidbreite ausmachen. Zur Deckung kleinerer Unterliddefekte wurde eine Verschiebeplastik (meistens von temporal) oder ein freies Hauttransplantat aus dem Oberlid empfohlen. Die Eröffnung der Lider erfolgte nach 3- bis 5-wöchigem Lidschluss mit guten funktionellen und kosmetischen Ergebnissen. Folgende Komplikationen können bei oder nach dieser Operation auftreten:
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1. Gefahr eines Tiefstands der Unterlidkante. Infolge der Eigenschwere des dicken Oberlidtarsusgewebes kann sich eine Auswärtsneigung des Unterlids entwickeln. Um diese postoperative Lidfehlstellung zu vermeiden, wird empfohlen, den tarsokonjunktivalen Lappen unter ausreichend hoher horizontaler Spannung einzunähen. 2. Postoperatives Lymphödem. Infolge vermehrter Narbenbildung zwischen der Unterlidhaut und dem Transplantat kann eine fibrotische Verdickung des Lids entstehen. Es wird deshalb empfohlen, blutende Bereiche der Wunde wenig oder gar nicht zu koagulieren und wenige Nähte zu legen. Sollte ein Ödem eingetreten sein, so werden Kühlkompressen und Streichmassagen mit steroidhaltiger Salbe empfohlen. Abb. 1
Schematische Darstellung der modifizierten Hughes-Operation. a Am ektropionierten Oberlid Präparierung des Tarsokonjunktivallappens. b Der Tarsokonjunktivallappen ist am Unterlid eingenäht. c Präparierung des Hautlappens. d Vollendete Operation – auch der Hautlappen ist eingenäht (aus Herde et al. 2001)
Transposition, tarsokonjunktivale
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3. Hornhauterosion durch Nähte. Zur Vermeidung dieser schmerzhaften Hornhautschädigung sollten alle Nähte stets nach außen geknüpft werden. 4. Oberlidretraktion oder Oberlidentropium. Diese Komplikationen können durch ungenügende Mobilisierung des tarsokonjunktivalen Lappens entstehen und dann, wenn der Schnitt zu nahe an die Lidkante gelegt worden ist – bei ungenügender Dissektion des Müller-Muskels. Eine Alternative ist die „Bogenverschiebung“ der Unterlid-Wangenhaut nach v. Blaskovics.
Weiterführende Tipps Basaliomoperation des Lids; Herzstillstand bei Druck auf den Bulbus, der okulo-kardiale Reflex; Nadelstichverletzung mit Infektionsgefahr; Traktionsnähte
Literatur Herde J, Krause A, Bau V (2001) Ergebnisse der Operation nach Hughes. Ophthalmologe 98:472–476 Hughes WL (1937) A new method of rebuilding a lower lid: report of a case. Arch Ophthalmol 17:1008–1017 Mittelviefhaus H (1990) Zur Dauer der Lidvernähung nach Tarso-konjunktivaler-Transposition. Fortschr Ophthalmol 87:308–311 Mittelviefhaus H (1992) Zur tarsokonjunktivalen Transposition. Ophthalmologe 89:227–232 Vörösmarthy D (1970) Blaskovics-Kettesy. Eingriffe am Auge. Anleitung zur operativen Tätigkeit des Augenarztes. Enke Verlag, Stuttgart, S 143
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Tremor des Kopfs bei Spasmus nutans
Tremor des Kopfs bei Spasmus nutans
Ziel Früherkennung eines intrakraniellen Tumors.
Problem Säuglinge können Kopftremor, Kopfschiefhaltung und Nystagmus aufweisen. Handelt es sich hierbei um ein bösartiges oder harmloses Krankheitszeichen?
Lösung und Alternativen Wenn innerhalb des ersten Lebensjahres eine Trias der Krankheitszeichen Kopftremor, Kopfschiefhaltung und Nystagmus festgestellt wird, so handelt es sich meistens um einen Spasmus nutans. Der Kopftremor kann leichte nickende Bewegungen aufweisen, daher der Ausdruck nutans (nutare: nicken). Diese Störung bildet sich spontan zurück. Langzeitbeobachtungen ergaben, dass in sehr seltenen Fällen ein subklinischer Nystagmus noch bis zum 12. Lebensjahr bestehen blieb. Es wurde festgestellt, dass der Kopftremor kompensatorisch zum Nystagmus entsteht. Im Allgemeinen besteht ein noch relativ regelrechter Visus. Das durchschnittliche Alter von 67 Kindern bei dem ersten Nachweis eines Nystagmus betrug 5,2 Monate (Streubreite: 1 Monat bis 2 Jahre). Etwa ¼ der Kinder wies initial einen Strabismus auf. Nur 15 % zeigten initial schwankende Kopfbewegungen. Ein Torticollis lag bei weniger als 15 % vor. Alle Kinder wiesen einen hochfrequenten, dissoziierten Nystagmus von geringer Amplitude auf. Bei 41 Patienten (61 %) bestanden allgemeine Entwicklungsstörungen (Frühgeborene, Down-Syndrom, Epilepsie oder Hydrocephalus). Aber Kopftremor und Nystagmus wurden auch bei Tumoren, insbe-
Tremor des Kopfs bei Spasmus nutans
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sondere Gliomen des 3. Ventrikels, Hypothalamus, Chiasmen und der Sehnerven im Kindesalter beobachtet. Die Schlagrichtung des Nystagmus bei Spasmus nutans ist hauptsächlich horizontal ausgerichtet. Ein Vertikalnystagmus oder ein „Seesaw-Nystagmus“ war vor allem bei Patienten mit einem Gliom vorhanden (38 %). Es ist notwendig, den Fundus zu untersuchen, um festzustellen, ob eine Optikusatrophie vorliegt, und außerdem sollte untersucht werden, ob Zeichen einer Neurofibromatose mit Lischknötchen der Iris bzw. Café-au-laitFlecken der Haut vorhanden sind. Beim Spasmus nutans besteht eine hohe Nystagmusfrequenz von 7 Hz oder höher, im Unterschied zum kongenitalen Nystagmus.
Verdächtige Zeichen eines intrakraniellen Tumors
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Alter zu Beginn der Zeichen unter 12 Monate Gedeihstörungen oder Zeichen eines dienzephalen Syndroms Hydrozephalus Afferente Pupillenstörung Blasse Papille Vertikalnystagmus oder „Seesaw-Nystagmus“
Weiterführende Tipps Baclofen zur Behandlung eines periodisch alternierenden Nystagmus; Konvergenzspasmus (Naheinstellungsspasmus); Nystagmus, kongenitaler, mit Kopfzwangshaltung; Ophthalmoskopie zur Nystagmusbeurteilung, Untersuchung „am Krankenbett“; Schaukel-Nystagmus („Seesaw-Nystagmus“)
Literatur Albright AL, Sclabassi RJ, Slamovits TL, Bergman I (1984) Spasmus nutans associated with optic gliomas in infants. J Pediatr 105:778–780
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Tremor des Kopfs bei Spasmus nutans
Antony JH, Ouvrier RA, Wise G (1980) Spasmus nutans. A mistaken identity. Arch Neurol 37:373–375 Arnoldi KA, Tychsen L (1995) Prevalence of intracranial lesions in children initially diagnosed with disconjugate nystagmus (spasmus nutans). J Pediatr Ophthalmol Strabismus 32:296–301 Gottlob I, Zubcov A, Catalano RA et al. (1990) Signs distinguishing spasmus nutans (with and without central nervous system lesions) from infantile nystagmus. Ophthalmology 97:1166–1175 Gottlob I, Zubcov AA, Wizov SS, Reinecke RD (1992) Head nodding is compensatory in spasmus nutans. Ophthalmology 99:1024–1031 Schmidt D (1982) Congenital Nystagmus. Clinical Aspects. International Symposium (Wenner-Gren Center, Stockholm, 31.8–3.9.1981) In: Lennerstrand G, Zee DS, Keller EL (eds) Functional Basis of Ocular Motility Disorders. Pergamon-Press 37, S 123–127 Schmidt D (1983) Spasmus nutans. Fortbildungsveranstaltung der Univ.-Augenklinik Freiburg für Augenärzte; publiziert in Mitteilungen der Univ.-Augenklinik Freiburg (14.10.83)
Uhthoff-Phänomen, Hinweis auf multiple Sklerose
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Uhthoff-Phänomen, Hinweis auf multiple Sklerose
Ziel Zusätzliche Bestätigung eines Verdachts auf multiple Sklerose.
Problem Manche Patienten mit multipler Sklerose berichten über Sehverschlechterung bei körperlicher Anstrengung oder bei Erhitzung, beispielsweise hervorgerufen durch ein heißes Bad.
Lösung und Alternativen Die Angabe einer Sehminderung während körperlicher Tätigkeit kann von diagnostischer Bedeutung bei einer unklaren, beginnenden Erkrankung sein. Untersuchungen ergaben, dass bei Patienten mit multipler Sklerose bei Erhöhung der Körpertemperatur eine Reduktion von Sehschärfe, Kontrastwahrnehmung und VEP-Amplitude auftrat.
Weiterführende Tipps
Multiple Sklerose mit einer posterioren Uveitis; Neuritis nervi optici; Papillenschwellung
Literatur Axenfeld Th (1923) Wilhelm Uhthoff, 1853–1923. Klin Monatsbl Augenheilkd 71:1–10 Guthrie TC (1951) Visual and motor changes in patients with multiple sclerosis. A result of induced changes in environmental temperature. Arch Neurol Psychiat 65:437–451 Perkin GD, Rose FC (1976) Uhthoff´s syndrome. Br J Ophthalmol 60:60–63 Uhthoff W (1890) Untersuchungen über die bei der multiplen Herdsklerose vorkommenden Augenstörungen. Arch Psychiatr Nervenkrht 21:55–116, 303–410
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„Verblitzung der Augen“
„Verblitzung der Augen“
Ziel Frühzeitige Behandlung der schmerzhaften Epithelschäden.
Problem Eine „Verblitzung“ der Augen, als Keratokonjunktivitis photoelectrica bezeichnet, kann beim Skifahren ohne Augenschutz oder durch Höhensonnenbestrahlung infolge UV-Einwirkung hervorgerufen werden.
Lösung und Alternativen Dabei treten ca. sechs bis 12 Stunden nach der UV-Licht-Exposition erhebliche Augenschmerzen durch oberflächliche punktförmige Epitheldefekte der Hornhaut auf (Keratitis superficialis punctata). Die Patienten sind sehr lichtempfindlich. Es bestehen Fremdkörpergefühl, Blepharospasmus (Lidkrampf) und Bindehautrötung als Zeichen der „Schneeblindheit“. Bei der „Schneeblindheit“ handelt es sich nicht um eine echte Blindheit. Der umgangssprachliche Ausdruck besagt, dass die Augen (beispielsweise während längerer Schneewanderungen mit intensiver Sonneneinstrahlung) infolge vermehrter Blendung und Schmerzen kaum mehr geöffnet werden können. Als Therapie dürfen keine Oberflächenanästhetika verabreicht werden, sondern es sollte eine intensive Behandlung mit einer unspezifischen Augensalbe oder ein beidäugiger Verband (Binoculus) angelegt werden. Das verletzte Hornhautepithel heilt im Allgemeinen innerhalb von 24–48 Stunden ab. Unterstützend wirken Serumaugentropfen. Oberflächenanästhetika sind gefährlich, da sie den Heilungsprozess des Epithels verhindern.
„Verblitzung der Augen“
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Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Blinzelfrequenz, abnorme; Keratitis, rätselhafte (Akanthamöbenkeratitis); Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen; Oberflächenanästhetika, Missbrauch; „Over-wear-Syndrom“ beim Kontaktlinsentragen; Patientencompliance
Literatur Bunge P (1885) Über schädliche Wirkungen des Cocains auf die Hornhaut. Klin Monatsbl Augenheilkd 23:402–407 Garcia A, Wiegand W. (1989) Retinitis photoelectrica durch Elektroschweißen. Klin Monatsbl Augenheilkd 195:187–189 Gass CA, Haritoglou Ch, Kampik A (2002) Antibiotische Augensalbe und Verband. Das hilft bei Verblitzung. Münch Med Wschr Fortschr Med 37:188–189 Remé Ch, Reinboth J, Clausen M, Hafezi F (1996) Light damage revisited: converging evidence, diverging views? Graefe’s Arch Clin Exp Ophthalmol 234:2–11
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Verteporfin zur Photodynamischen Therapie (PDT)
Verteporfin zur Photodynamischen Therapie (PDT)
Ziel Frühzeitiger Nachweis und Therapie einer behandelbaren altersbedingten Makuladegeneration.
Problem Eine altersbedingte Makuladegeneration (AMD) gilt als die häufigste Erblindungsursache in Deutschland; sie betrifft 32,5 % aller Blindengeldempfänger. Kann mit der Photodynamischen Therapie (PDT) der fortschreitende, zur Erblindung führende Prozess aufgehalten werden?
Lösung und Alternativen Prinzip der PDT Der intravenös applizierte lichtaktivierbare Farbstoff Verteporfin, ein Wirkstoff der Porphyringruppe, reichert sich in der im Makula-Areal gelegenen subfovealen chorioidalen Neovaskularisation (CNV) an. Nach Lichtbestrahlung treten Läsionen der inneren Gefäßwand, der Endothelzellen der Neovaskularisationen mit teilweiser Thrombosierung der neu gebildeten Gefäßkanäle auf. Der Vorteil des Verteporfins mit einem Absorptionsmaximum bei 690 nm (680–695 nm) ist darin zu sehen, dass Endothelzellen von Neovaskularisationen gezielt getroffen werden können. Die PDT-Methode unterscheidet sich grundsätzlich von einer thermischen Verödung einer Argon-Lasertherapie dadurch, dass isoliert die inneren Gefäßwände geschädigt werden mit Verschluss des neovaskulären Kapillarnetzes. Die PDT-Methode kann wegen fehlender thermischer Lasereffekte auch bei einer zentralen Gefäßneubildung mit noch relativ gutem Visus ausgeführt werden.
Verteporfin zur Photodynamischen Therapie (PDT)
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Indikation zur PDT-Methode Mit der Fluoreszenzangiographie kann gezeigt werden, ob eine subfoveale oder eine juxtafoveale subretinale Neovaskularisation besteht. Im Falle einer subfovealen chorioidalen Neovaskularisation (CNV) kann eine okkulte Neovaskularisation oder eine solche mit „klassischem“ Anteil vorliegen, die auch als „vorwiegend klassische CNV-Läsion“ bezeichnet wird. Nur bei klassischem Anteil von > 50 % der gesamten Läsion wird eine PDT empfohlen. In der umfangreichen TAP-Studie (Treatment of age-related macular degeneration with photodynamic therapy), die bei 609 Patienten durchgeführt wurde, zeigte sich, dass aufgrund angiographischer Befunde eine eindeutige Wirkung der PDT-Methode bei Augen mit einer „klassischen“ Neovaskularisationskomponente vorhanden war. In der Gruppe mit ausschließlich klassischer Neovaskularisation konnte bei 73 % der Patienten in der PDT-Gruppe eine Visusstabilisierung erreicht werden. Hingegen ergab sich bei einer anderen Untersuchung von Patienten mit einer „okkulten“ CNV, der „VIP“-Studie (Verteporfin in photodynamic therapy), kein signifikanter Behandlungserfolg. Patienten, die mit der PDT-Methode behandelt wurden, sollten spätestens nach drei Monaten zur Fluoreszenzangiographie einbestellt werden, um festzustellen, ob die Therapie ausreichend war, andernfalls sind neue Behandlungen erforderlich. Durch die PDT kann ein Rückgang der Metamorphopsie und eine Visusstabilisierung im Allgemeinen erreicht werden. Eine Beurteilung des Langzeiterfolgs kann häufig erst nach 6–9 Monaten, jedoch noch nicht nach 3 Monaten erfolgen. Es ergab sich, dass Patienten mit einer pathologischen Myopie und Sekundärveränderungen des Fundus sowie Patienten mit einer Kurzsichtigkeit von mehr als – 6 dpt oder einer Bulbuslänge > 26,5 mm, günstige Ergebnisse mit einem Visusanstieg und eine geringere Rezidivrate nach einer PDT aufwiesen. Auch Augen mit sekundärer klassischer CNV bei Angioid streaks, parafovealer Teleangiektasie oder Chorioretinitis wurden erfolgreich mit der PDT-Methode behandelt.
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Kontraindikationen einer photodynamischen Behandlung Bei etwa 5–10 % der Patienten mit vorwiegend klassischer CNV zeigten sich angiographisch chorioretinale Anastomosen. Hierbei tritt im Allgemeinen keine Thrombosierung der CNV auf. Auch eine fibrovaskuläre Pigmentepithelabhebung einer AMD stellt eine Kontraindikation dar, da die Gefahr einer Ruptur des retinalen Pigmentepithels mit starkem Visusabfall besteht. An Komplikationen der PDT wurden bei einzelnen Patienten über einen Chorioidalinfarkt mit akuter Visusreduktion berichtet. Patienten mit einem Aderhautinfarkt wiesen eine kleine klassische oder okkulte Membran auf. Deshalb sollten Patienten mit einer kleinen klassischen Membran besser keine PDT erhalten. Es wird vermutet, dass die Pathogenese einer durch Neovaskularisation bedingten AMD unterschiedlich ist zu einer AMD ohne Neovaskularisationen. Statistische Auswertungen von 182 Photos von Patienten mit einer durch Neovaskularisation bedingten AMD und 227 einer nicht durch Neovaskularisation bedingten AMD sowie einer Kontrollgruppe mit 235 Fundusfotos ergaben, dass Patienten mit durch Neovaskularisation bedingter AMD erhöhte diastolische Blutdruckwerte aufwiesen (> 95 mmHg), unter antihypertensiver Behandlung standen oder erhöhte Werte für HDL-Lipoproteine zeigten. Hingegen bestanden bei nicht durch Neovaskularisation bedingten AMD-Patienten keine Hypertonie und regelrechte Cholesterinwerte. Für den Erfolg einer PDT-Therapie ist es von Bedeutung zu wissen, ob eine Neovaskularisation der AMD zugrunde liegt.
Weiterführende Tipps Amsler-Netz; Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale; Patientencompliance; Sehminderung durch eine „PVR“ (Proliferative Vitreoretinopathie); Toxoplasmose der Retina; Watzke-Allen-Test
Verteporfin zur Photodynamischen Therapie (PDT)
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Literatur Gabel-Pfisterer A, Wehner A, Heimann H, Foerster MH, Wachtlin J (2005) Photodynamische Therapie mit Verteporfin bei Rezidiven choroidaler Neovaskularisationen (CNV) nach primärer Argonlaserkoagulation. Ophthalmologe 102:592–596 Gelisken F, Voelker M, Schwabe R, Besch D, Aisenbrey S, Szurman P, Grisanti S, Herzau V, Bartz-Schmidt KU (2007) Full macular translocation versus photodynamic therapy with verteporfin in the treatment of neovascular age-related macular degeneration: 1-year results of a prospective, controlled, randomised pilot trial (FMT-PDT). Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 245:1085–1095 Hyman L, Schachat AP, He Q, Leske Ch, and Study Group (2000) Hypertension, cardiovascular disease, and age-related macular degeneration. Arch Ophthalmol 118:351–358 Klais ChM, Ober MD, Freund KB et al. (2005) Choroidal infarction following photodynamic therapy with verteporfin. Arch Ophthalmol 123:1149–1153 Maier M, Haas K, Feucht N, Fiore B, Winkler von Mohrenfels C, Clos A, Lohman C (2008) Photodynamische Therapie kombiniert mit intravitrealer Injektion von Bevacizumab zur Behandlung okkulter und klassischer chorioidaler Neovaskularisationen bei AMD. Klin Monatsbl Augenheilkd 225:653–659 Müller-Velten R, Michels St, Schmidt-Erfurth U, Laqua H (2003) Photodynamische Therapie: Erweiterte Indikationen. Ophthalmologe 100:384–390 Pauleikhoff D, Spital G. (2004) Photodynamische Therapie bei AMD. Ophthalmologe 101: 1224–1231 Rüther K, Breidenbach K, Schwartz R, Hassenstein A, Richard G (2003) Prüfung der zentralen Netzhautfunktion mit dem multifokalen Elektroretinogramm vor und nach photodynamischer Therapie. Ophthalmologe 100:459–464 Schaal KB, Engler C, Schütt F, Scheuerle A, Dithmar S (2008) Intravitreale Anti-VEGF-Therapie mit Bevacizumab bei neovaskulärer AMD. Ophthalmologe 105:538–543 Schmidt-Erfurth U, Hasan T (2000) Mechanisms of action of photodynamic therapy with Verteporfin for the treatment of age-related macular degeneration. Surv Ophthalmol 45:195–214 Schmidt-Erfurth U, Laqua H (2001) Photodynamische Therapie. Empfehlungen für Indikation und Behandlung. Ophthalmologe 98:216–230 Treatment of age-related macular degeneration with photodynamic therapy (TAP) study group (1999) Photodynamic therapy of subfoveal choroidal neovascularization in age-related macular degeneration with Verteporfin. One-year results of 2 randomized clinical trials – TAP report 1. Arch Ophthalmol 117:1329–1345
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Vestibulo-okulärer Reflex (VOR)
Vestibulo-okulärer Reflex (VOR)
Ziel 1. Abklärung von Scheinbewegungen 2. VOR-Prüfung zur Diagnostik von Motilitätsstörungen eines komatösen Patienten
Problem 1. Ein Patient berichtet über Scheinbewegungen der Umwelt (Oszillopsie), insbesondere kann er bei Bewegungen des Kopfs nicht mehr lesen. 2. Bei bewusstlosen Patienten ist es erforderlich herauszufinden, welche Bewegungsstörungen der Augen vorliegen. Sie könnten durch periphere oder zerebrale Läsionen hervorgerufen werden.
Lösung und Alternativen Der VOR bewirkt eine Stabilisierung der Augen und damit des Netzhautbilds bei Kopf- oder Körperbewegungen, insbesondere bei kurzfristigen, rasch beschleunigten Bewegungen. Der Reflex verhindert Wackelbewegungen des Netzhautbilds, die durch Körpererschütterungen ausgelöst werden. Bei Ausfall der beidseitigen Funktion der Bogengänge, insbesondere der horizontalen Bogengangsfunktion, bleibt das Netzhautbild nicht mehr stabil, was sich vor allem beim Gehen oder Fahren auf unebener Straße unangenehm bemerkbar macht. Es treten Scheinbewegungen der Umwelt auf („Dandy-Phänomen“). Zur Prüfung der Augenmotilität eines komatösen Patienten sollte durch Kopfdrehbewegungen (Prüfung des Puppenkopfphänomens, Okulo-zephaler Reflex) oder durch kalorische Spülung des Gehörgangs mit 30° C kühlem Wasser eine Bewegung der Augen ausgelöst werden. Bevor eine Spülung durchgeführt wird, sollte stets das Trommelfell mit einem
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Ohrenspiegel untersucht werden, damit sichergestellt ist, dass kein Defekt des Trommelfells besteht. Kopfdrehbewegungen eines verunfallten Patienten dürfen jedoch erst dann, insbesondere auch bei bewusstlosen Patienten ausgeführt werden, wenn nachgewiesen worden ist, dass keine Schädigung des Halswirbelsäulenbereichs besteht.
Die VOR-Prüfung Der VOR wird geprüft, indem durch Kopfdrehbewegungen (Prüfung des Puppenkopfphänomens) oder durch kalorische Spülung des Gehörgangs eine Bewegung der Augen ausgelöst wird. In Rückenlage des Patienten kann eine Kopfdrehbewegung die Bogengänge des Labyrinths, die Otholiten und die Propriozeptoren der Halsmuskeln erregen. Entscheidend bei dieser Prüfung ist der Einfluss der Bogengänge des Labyrinths zur Auslösung eines VOR. Die Drehbewegungen des Kopfs sollten nacheinander mit langsamer und rascher Geschwindigkeit (1–2 Hz), aber auch ruckartig in horizontaler und vertikaler Richtung ausgeführt werden. Eine kalorische Reizung durch Spülung bewirkt eine Bewegung der vestibulären Endolymphe. Bei einer erhöhten Kopfposition von 30° werden die horizontalen Bogengänge gereizt. Bei tief komatösen Patienten können manchmal Augenbewegungen nur durch ein kombiniertes Vorgehen ausgelöst werden, indem sowohl Kopfdrehbewegungen als auch eine kalorische Spülung durchgeführt werden. Beim Gesunden führt eine Kaltspülung mit gekühltem Wasser zu einer konjugierten tonischen Deviation zum gereizten Labyrinth. Eine Spülung mit erwärmtem Wasser führt beim Gesunden zu einer entgegengesetzten Augendeviation. Eine HNO-ärztliche Untersuchung ist zu empfehlen (bei Funktionsstörungen der Otholitenorgane: Prüfung des Utrikulus und des Sakkulus).
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Weiterführende Tipps Bewusstloser Patient, Prüfung der reflexbedingte Augenbewegungen am Krankenbett
Literatur Atkin A, Bender MB (1968) Ocular stabilization during oscillatory head movements. Vestibular system dysfunction and the relation between head and eye velocities. Arch Neurol 19:559–566 Brandt T, Büchele W (1983) Augenbewegungsstörungen. G. Fischer Verlag, Stuttgart Huber A, Kömpf D (1998) Klinische Neuroophthalmologie G. Thieme Verlag, Stuttgart Miller NR, Newman NJ (1998) Walsh and Hoyt’s Clinical Neuro-Ophthalmology, vol 1.Williams & Wilkins Waverly Comp. Baltimore, Philadelphia Schmäl F, Nieschalk M, Nessel E, Stoll W (2001) Dandy-Phänomen. In: Tipps und Tricks für den Hals-. Nasen- und Ohrenarzt. Problemlösungen von A bis Z. Springer Verlag Berlin, Heidelberg:32–33 Tomlinson RD, Saunders GE, Schwarz DWF (1980) Analysis of human vestibulo-ocular reflex during active head movements. Acta Otolaryngol 90:184–190
Viagrabedingte Sehstörungen
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Viagrabedingte Sehstörungen
Ziel Klärung der Ursache von Sehstörungen unter Sildenafilcitrat.
Problem Durch die Einnahme von Viagra (Sildenafilcitrat) können Sehstörungen auftreten. Sildenafilcitrat wird von Männern bei erektiler Dysfunktion eingenommen.
Lösung und Alternativen Sildenafilcitrat ist ein selektiver Inhibitor des zyklischen Guanosinmonophosphats (cGMP) der Phosphodiesterase Typ 5 (PDE5). Die Phosphodiesterase (PDE6) befindet sich in hohen Konzentrationen in Zapfen und Stäbchen der Retina als wichtige Substanz für die Phototransduktion. Einige Patienten berichteten über transitorische visuelle Störungen wie blaue Farbtönung beim Sehen, verstärkte Lichtempfindlichkeit oder Verschwommensehen. Eine Studie an gesunden Männern ergab keinen entscheidenden Unterschied zwischen einer Sildenafilbehandlungsgruppe (bei einer Dosierung von 100 mg) und einer Plazebogruppe. Jedoch zeigte sich ein statistisch signifikanter Anstieg der Empfindlichkeit während einer transitorischen Blausinnstörung, ebenso eine Verlängerung der a- und b-Wellen im ERG in der Behandlungsgruppe. Die Effekte waren vollständig reversibel innerhalb von 24 Stunden. Untersuchungen über die retinale Durchblutung ergaben eine signifikante Zunahme des venösen Durchmessers und der Blutströmung nach Einnahme von 100 mg Sildenafil im Vergleich zur Kontrollgruppe. Jedoch zeigte sich keine Änderung des arteriellen Blutdrucks, des Augendrucks oder des retinalen arteriellen Durchmessers.
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Untersuchungen an 15 Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD) ergaben keine statistisch signifikanten Unterschiede der zentralen chorioidalen Durchblutung der behandelten Patienten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Als allgemeine Gegenanzeige von Sildenafilcitrat gelten (laut „Roter Liste“ 2005) schwere Herz-Kreislauferkrankungen wie instabile Angina pectoris oder schwere Herzinsuffizienz, kürzlich erlittener Herzinfarkt oder Schlaganfall, schwere Leberinsuffizienz, Hypotonie < 90 / 50 mmHg, aber auch erblich bedingte Retinaerkrankungen. Es wurden mehrere kardiovaskulär bedingte Todesfälle unter der Sildenafilbehandlung beobachtet. Bei Patienten, die mit nitrathaltigen Medikamenten behandelt werden, ist Sildenafil absolut kontraindiziert.
Weiterführende Tipps
Patientencompliance
Literatur Jägle H, Jägle Ch, Sérey L et al. (2004) Visual short-term effects of viagra: double-blind study in healthy young subjects. Am J Ophthalmol 137:842–849 Marmor MF, Kessler R (1999) Sildenafil (Viagra) and ophthalmology. Surv Ophthalmol 44:153-162 Metelitsina TI, Grunwald JE, DuPont JC, Ying GS (2005) Effect of Viagra on the foveolar choroidal circulation of AMD paients. Exp Eye Res 81:159–164 Polak K, Wimpissinger B, Berisha F, Georgopoulos M, Schmetterer L (2003) Effects of sildenafil on retinal blood flow and flicker-induced retinal vasodilatation in healthy subjects. IOVS 44:4872–4876 Harris A, Kagemann L, Ehrlich R, Ehrlich Y, Lopez CR, Purvin VA (2007) The effect of sidenafil on ocular blood flow. Br J Ophthalmol 92:469–473
Vorderkammertiefe, Untersuchung „am Krankenbett”
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Vorderkammertiefe, Untersuchung „am Krankenbett”
Ziel Grobe Schätzung der Vorderkammertiefe zur Vermeidung eines Glaukomanfalls.
Problem Die Frage der medikamentösen Pupillenerweiterung (beispielsweise auf einer internistischen Station) zum Spiegeln des Augenhintergrunds stellt sich häufig. Bei Erwachsenen, insbesondere älteren Menschen besteht bei flacher Vorderkammer die Gefahr eines Glaukomanfalls nach der Gabe von Mydriatika.
Lösung und Alternativen Vorgehensweise: Bei normaler Tiefe kann die Vorderkammer des Auges mit einer Taschenlampe von temporal deutlich ausgeleuchtet werden. Bei flacher Vorderkammer jedoch entsteht nasal der Pupille ein Schatten auf der Iris. In einer solchen Situation sollte die Pupille medikamentös nicht erweitert werden, da die Gefahr eines Glaukomanfalls durch einen Winkelblock besteht. Gefährdet sind kleine, hyperope Augen. Sollte Verdacht auf eine flache Vorderkammer bestehen, dann ist zur Bestätigung des Verdachts eine Spaltlampenuntersuchung erforderlich. Wenn eine diagnostische Mydriasis zur Fundusbeurteilung notwendig erscheint, so kann an einem Auge zunächst ein kurzwirkendes Mydriatikum (Applikation nur eines Tropfens) gegeben werden mit späterer Überprüfung des Augendrucks. Der Patient sollte vor der Tropfengabe über die Gefahr des Druckanstiegs aufgeklärt werden. Sollte der Druck deutlich ansteigen, so ist Acetazolamid (evtl. i.v.) zu verabreichen.
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Vorderkammertiefe, Untersuchung „am Krankenbett”
Weiterführende Tipps Anfallsglaukom (Winkelblockglaukom); Buphthalmus bei einem Rankenneurinom (plexiformes Neurinom) des Oberlids; Gesichtsfelduntersuchung bei ein- oder beidseitigen Sehstörungen; Nanophthalmus
Literatur Grehn F (2003) Augenheilkunde. 28., völlig neu bearbeitete Auflage, Springer Verlag
Watzke-Allen-Test
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Watzke-Allen-Test
Ziel Frühzeitige Wahrnehmung makulärer Veränderungen.
Problem Beurteilung der Frage, ob ein Makulaloch oder ein Pseudoforamen (bei epiretinalen Membranen oder bei einem zystoiden Makulaödem) vorliegt.
Lösung und Alternativen Der Watzke-Allen-Test wird ausgeführt, indem an der Spaltlampe der Lichtspalt ganz schmal eingestellt und sodann langsam von einer Seite der Makula über die Fovea hinweg auf die andere Seite bewegt wird. Um den Fundus gleichzeitig zu beobachten, wird eine 90 dpt-Lupe vor das zu untersuchende Auge gehalten. Der Patient wird gefragt, ob er den Lichtstrich ununterbrochen senkrecht verlaufend wahrnimmt. Im Falle einer Unterbrechung ist ein Makulaforamen anzunehmen.
Abb. 1
Watzke-Allen-Test: Positiver Test bei einer Unterbrechung des Lichtstrichs
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Watzke-Allen-Test
Liegt jedoch ein Makulaödem vor, wird der gerade verlaufende Lichtstrich als eine bogenförmige Ausbuchtung wahrgenommen. Dieser informative Test ist einfach und rasch durchführbar. Der Untersucher ist freilich auf die präzise Beobachtung und Beschreibung des Patienten angewiesen. Ein Patient mit einem Pseudoforamen weist meistens einen deutlich besseren Visus auf als ein Patient mit einem Makulaloch. Außerdem zeigt ein Pseudoforamen gewöhnlich keinen Halo, kein Deckelchen im Zentrum und keine gelben Ablagerungen in Höhe des retinalen Pigmentepithels, was als typisch für ein echtes Makulaforamen gilt. In unklaren Situationen ist ein Fluoreszenzangiogramm indiziert.
Weiterführende Tipps
Makulaloch; Neovaskularisation, juxtafoveale chorioidale
Literatur Guyer DR, Gragoudas ES (1994) Idiopathic macular holes. In: Albert DM, Jakobiec FA (eds) Principles & Practice of Ophthalmology. WB. Saunders Comp, Chapter 69, S 883–889 Ho AC, Guyer DR, Fine SL (1998) Macular hole. Surv Ophthalmol 42:393–416 Watzke RC, Allen L (1969) Subjective slitbeam sign for macular disease. Am J Ophthalmol 68:449–453
Wurm in der Subkonjunktiva
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Wurm in der Subkonjunktiva
Ziel Entfernung eines Wurmes, der zu starken Entzündungen führt.
Problem Ein aus Zentralafrika stammender 30-jähriger Mann klagte über Fremdkörpergefühl, verstärkte Blendempfindlichkeit und Juckreiz des linken Auges. Es bestanden Epiphora, Lidödem und Bindehautinjektion. Unter der Bindehaut zeigt sich ein Wurm.
Lösung und Alternativen Praktischer Hinweis zur Entfernung des Wurmes Es wird empfohlen, den subkonjunktivalen Wurm erst nach Gabe eines Oberflächenanästhetikums zu entfernen. Damit der Wurm nicht im Parabulbärraum verschwindet, sollte er mit einer Pinzette gefasst werden. Erst anschließend sollte mit einer zweiten Pinzette und einer Schere die Bindehaut eröffnet werden, so dass der Wurm dann mit einer langsamen Bewegung herausgezogen werden kann. Eine andere Möglichkeit der Wurmentfernung stellt die Kryoextraktion dar. Ob die Makrofilarie durch 2%ige Pilocarpintropfen und Lokalanästhesie oder anderen Tropfen gelähmt werden kann, ist zu ungewiss.
Ein Wurm kann auch andere Augenbereiche befallen Filarien wurden auch in den Lidern und in der Orbita festgestellt. Selten wurde ein Wurm in der Vorderkammer entdeckt.
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Wurm in der Subkonjunktiva
An Fundusveränderungen wurden retinale Exsudate im hinteren Polbereich mit Blutungen und Gefäßverschlüssen beobachtet. Auch eine Meningoenzephalitis kann bei der generalisierten Loa-loaFilariose auftreten. Therapeutisch werden die chirurgische Entfernung der Makrofilarien sowie die Behandlung mit Diäthylcarbamazin (Hetrazan®) empfohlen. Ergänzend kann auch Albendazol (Eskazole®) oder Mebendazol (Vermox®) zur Bekämpfung der Makrofilarien gegeben werden.
Literatur Clausen M, Roider J, Fuhrmann C, Laqua H (1998) Stechender Schmerz, Bindehautveränderung, Fremdkörpergefühl und einseitig rotes Auge. Ophthalmologe 95:56–57 Corrigan MJ, Hill DW (1968) Retinal artery occlusion in Loiasis. Br J Ophthalmol 52:477–480 Gendelman D, Blumberg R, Sadun A (1984) Ocular Loa Loa with cryoprobe extraction of subconjunctival worm. Ophthalmology 91: 00–303 Grupp A (1975) Klinisches Bild und Therapie der Loa-Loa-Infektion. Klin Monatsbl Augenheilkd 167:70–76 Jaksche A, Wessels L, Martin S, Loeffler KU (2004) Okuläre Beteiligung bei systemischer LoaLoa-Infektion. Ophthalmologe 101:931–935 Klauß V, Schaller UC (2004) Tropenophthalmologie - Prävention und Therapie. „Vision 2020 das Recht auf Sehen“. Ophthalmologe 101:741–765 Kreibig W (1965) Die Extraktion subkonjunktivaler Loa-Loa-Filarien, ein dringlicher augenärztlicher Eingriff. Klin Monatsbl Augenheilkd 147:65–69 Langlois M, Perrouty P, Daoulas R, Berton M (1962) Filariose loa, thrombose de l´artère centrale de la rétine et syndrome cérébelleux. Rev Neurol (Paris) 107:381–385 Radda TM, Picher O, Egerer I, Gnad HD (1981) Serumimmunfluoreszenz-Untersuchung bei Loa-Ophthalmie. Klin Monatsbl Augenheilkd 178:147–148 Toussaint D, Danis P (1965) Retinopathy in generalized Loa-Loa filariasis. Arch Ophthalmol 74:470–476 Stemmle J, Markwalder KA, Zinkernagel AS, Wirth MG, Grimm F, Hirsch-Hoffmann S, Thiel MA (2005) Loa-Loa-Infektion des Auges - eine Fallserie. Klin Monatsbl Augenheilkd 222:226–230 Stammen J, Klüppel M (2002) Beidseitige subkonjunktivale Fremdkörper. Loiasis mit beidseitiger Loa-Ophthalmie. Ophthalmologe 99:304–305
Xerophthalmie
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Xerophthalmie
Ziel Behandlung und Prophylaxe schwerer Augen- und Körperschäden bei Vitamin-A-Mangel.
Problem Eine Xerophthalmie wurde vor allem in Asien (Indien, Bangladesh, Indonesien, Philippinen), aber auch in Afrika, Brasilien und Haiti beobachtet.
Lösung und Alternativen Die Xerophthalmie entsteht durch Vitamin-A-Mangel, häufig bei Säuglingen und Kindern zwischen Abstillen und dem 3.–4. Lebensjahr. Der Vitamin-A-Mangel wird vor allem in Zusammenhang mit einem generellen chronischen Eiweißmangel (Kwashiorkor) gesehen. Mögliche Ursachen des Vitaminmangels sind außer einem Mangel an Vitaminen in der Nahrung auch eine Enteritis und ein Befall mit intestinalen Würmern, die eine Vitaminresorption im Darm verhindern, oder ein erhöhter Vitamin-A-Bedarf bei Masern oder Malaria. Vitamin A, ein fettlösliches Vitamin, wird als Provitamin, beispielsweise als β-Karotin aufgenommen. Die Resorption erfolgt in der Mukosa des Dünndarms. Bei Vitamin-A-Mangel besteht auch zusätzlich ein erniedrigter Zink-Serumspiegel. Bei Vitamin-A-Mangel treten folgende Augenschäden auf: t Nachtblindheit als erstes Zeichen eines chronischen Vitamin-A-Mangels, t Xerose der Bindehaut und Bitôt-Flecken. Die Flecken weisen eine silbrig-graue Farbe auf mit schaumähnlicher Oberfläche.
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Bei lange anhaltenden Mangelzuständen kann am Auge eine keratinisierende Metaplasie von Bindehaut und Hornhaut zur Xerose und Keratomalazie führen. Bei einem Hornhautulkus durch Xerophthalmie handelt es sich um eine lokalisierte Hornhautnekrose. Hieraus kann sich bei einer Keratomalazie eine bakterielle Infektion mit nachfolgender Endophthalmitis und Erblindung entwickeln.
Therapie Bei frühzeitig erkennbaren Augenveränderungen kann die Gabe von 200 000 IE Vitamin A innerhalb weniger Tage eine Rückbildung der Schäden bewirken. Auch in Europa können durch Fehlernährung oder eine chronische Lebererkrankung (häufig bei einem chronischen Alkoholismus) VitaminA-Mangelerscheinungen auftreten.
Weiterführende Tipps Bakterielle Entzündungen des vorderen Augenabschnitts; Korneale Epitheldefektbehandlung mit Serumaugentropfen; Oberflächenanästhetika, Missbrauch
Literatur Klauß V, Schaller UC (2004) Tropenophthalmologie – Prävention und Therapie. Vision 2020 – das Recht auf Sehen. Ophthalmologe 101:741–765 Paton D, McLaren DS (1960) Bitot spots. Am J Ophthalmol 50:568–574 Sadowski B, Rohrbach JM, Steuhl KP, Weidle EG, Castrillón-Oberndorfer WL (1994) Hornhautmanifestationen bei Vitamin-A-Mangel. Klin Monatsbl Augenheilkd 205:76–85
Yag-Laserbehandlung
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Yag-Laserbehandlung
Ziel Beseitigung von Glaskörpersträngen.
Problem Im Falle eines reduzierten Allgemeinzustands eines schwerkranken Patienten, der eine traktionsbedingte beginnende Amotio retinae mit ausgeprägten Netzhautsträngen und -membranen aufweist, sodass eine Netzhautoperation mit Vitrektomie untersagt ist – oder wenn der Patient eine Operation ablehnt – stellt sich die Frage einer ambulant durchzuführenden Behandlung, um eine totale traktionsbedingte Netzhautabhebung zu verhindern bzw. zu behandeln.
Lösung und Alternativen Bei deutlich ausgeprägten Glaskörpersträngen bei proliferativer diabetischer Retinopathie wurden mit Hilfe einer Neodynium-Yag-Laser-Behandlung Glaskörperstränge durchtrennt, so dass eine bereits abgehobene Netzhaut sich an umschriebener Stelle wieder anlegte. Somit war in dieser Situation eine Vitrektomie nicht mehr erforderlich. Eine zusätzliche panretinale Laserbehandlung bewirkt zudem, die Netzhaut auf ihrer Unterlage durch Narbenbildung zu festigen (Laserpexie).
Weiterführende Tipps
Amotiooperation mit Silikonölauffüllung; Laserpexie
Literatur Schmidt D (1997) Macular-threatening traction detachment of the retina in diabetic proliferative retinopathy, treated by Laser. Internat Ophthalmol 21:99–106
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Zykloplegie, bei Kindern, systemische Nebenwirkungen
Zykloplegie, bei Kindern, systemische Nebenwirkungen
Ziel Erfolgreiche Skiaskopie bei Kindern.
Problem Oft gelingt es nicht, Kinder mit enger Pupille zu skiaskopieren.
Lösung und Alternativen Die Schattenprobe ist bei weiter Pupille mit Zykloplegie durchzuführen. Als Zykloplegikum wird 1 %iges Cyclopentolat verwendet. Jedoch sollte vorher ein Tropfen eines Oberflächenanästhetikums in die Bindehaut geträufelt werden, damit das Auge für das anschließend zu tropfende schmerzhafte Cyclopentolat unempfindlich ist. Somit wird nur der Tropfen des nicht schmerzhaften Anästhetikums als unangenehm empfunden. Die Gefahr des Tropfenverlusts des Cyclopentolats durch starkes Zukneifen der Augen wird durch das Anästhetikum verringert. Zusätzlich wird durch das Anästhetikum das Hornhautepithel aufgelockert, sodass die Cyclopentolat-Tropfen besser in die Vorderkammer eindringen können. Cyclopentolat wird zunächst ca. 1–2 min nach dem Anästhetikum getropft und danach ein zweites Mal, etwa 10 min später. Nach weiteren 30 min wird dann die Refraktion ermittelt. Der Vorteil von Cyclopentolat besteht darin, dass die Wirkung nicht so lange anhält wie bei Atropin. Kinder in den ersten beiden Lebensjahren werden nur einseitig mit Cyclopentolat getropft, um bei geringer Dosis die Gefahr der Nebenwirkungen zu verringern. Eine Zykloplegie des zweiten Auges erfolgt an einem anderen Tag. 1 %iges Atropin als Zykloplegikum wird nur noch bei Kindern mit
Zykloplegie, bei Kindern, systemische Nebenwirkungen
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stark pigmentierter Iris verwendet, da erfahrungsgemäß hierbei Cyclopentolat unzureichend wirkt. Parasympatholytika wie Atropin oder Scopolamin werden auch bei einer Iridozyklitis therapeutisch eingesetzt, um eine Mydriasis zu erzeugen und damit eine Synechienbildung zu verhindern. Mögliche Nebenwirkungen müssen in einem Aufklärungsgespräch vorher mit den Eltern besprochen werden. Typische Nebenwirkungen sind: trockene rote Haut, Pulsbeschleunigung und Temperatursteigerung. Atropinnebenwirkungen in einer Studie mit 31 Kindern: An Nebenwirkungen traten vor allem trockene, rote Haut (8 / 31; 26 %), Temperatursteigerungen (9 / 31; 29 %), Augenrötungen (3 / 31) und eine periorbitale Dermatitis (2 / 31) auf, die sich aber langsam zurückbildeten. Eindeutige allergische oder toxische Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Sehr selten kommen psychische Störungen, Verwirrtheit, Psychosen, maniakalische Zeichen, Halluzinationen und sogar Bewusstlosigkeit oder eine zentrale Atemlähmung vor. Mit derartigen Nebenwirkungen ist bei höheren Dosen von Atropin, beispielsweise bei häufigem Tropfen zu rechnen. Bei hohen Dosen ist auch eine zentrale Atemlähmung zu befürchten. Bei schweren Nebenwirkungen von Atropin wird die langsame i.v.-Injektion von 2 mg Physostigmin empfohlen.
Kontraindikation Bei Erwachsenen mit Koronarsklerose kann eine Tachykardie auftreten, sodass ein Herzinfarkt durch Atropin ausgelöst werden kann. Auch bei Prostatahypertrophie kann Atropin kontraindiziert sein. Patienten mit einem Engwinkelglaukom sind gefährdet, einen Glaukomanfall zu erleiden. Bei Patienten mit Trisomie-21 (Down-Syndrom) besteht die Gefahr einer Tachykardie, insbesondere bei bereits leicht erhöhter Atropindosis.
Weiterführende Tipps Amblyopie bei Kleinkindern und älteren Kindern; tiefe, Untersuchung „am Krankenbett“
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Zykloplegie, bei Kindern, systemische Nebenwirkungen
Literatur Gallasch G, Schütz R, Götz ML, Kraus-Mackiw E (1982) Atropinnebenwirkungen: Pharmakologische, pseudoallergische oder toxische Reaktionen? Klin Monatsbl Augenheilkd 181:96–99 Harris WS, Goodman RM (1968) Hyper-reactivity to atropine in Down´s syndrome. N Engl J Med 279:407–410 Kommerell G (1993) Strichskiaskopie. Optische Prinzipien und praktische Empfehlungen. Klin Monatsbl Augenheilkd 203:10–18 Merté HJ (1988) Cholinerge Therapie der Glaukome. Fortschr Ophthalmol 85:339–347
Stichwortverzeichnis
A Abduzensparese 1 Abszessbildung 299 Acetazolamid 33 Achromatopsie 4 Aderhaut 271 Aderhautdegeneration 47 Aderhautnävus 162 Aderlass 182 Adrenalin-Augentropfen 380 Adrenochrom-Ablagerung 380 Agraphie 134 AIDS 8 – Kindesalter 6 Akanthamöbenkeratitis 217 Akkommodation 223 Akkommodationsstörung 138 Albinismus 102 Alexie 134 Alkoholinjektion 319 Allergische Reaktion 10 Amaurose 12, 15, 153 Amaurosis fugax 41 – Attacke 402 Amblyopie 17, 102, 108, 180, 241, 295 Amiodarontherapie 292 Amnionmembrantransplantation 20 Amotio retinae 22, 24, 232, 267 – traktionsbedingte 453 Amsler-Gitter 26 Anämie 99 Anamnese 30 Anderson-Kestenbaum-Operation 285 Aneurysma – dissecans 372 – intrakranielles 136 Angiomatosis retinae 90 Angioödem 345
Anisometropie 17 Ansteckungsrisiko 265 Anti-Phospholipid-Antikörper 41 Anti-Phospholipid-Syndrom 41 Antiseptikabehandlung 265 Anton-Syndrom 185, 188, 400 Apex-Syndrom 358 Appetitlosigkeit 251 Arteria carotis interna 372 – Kompression 349 – Stenose 402 Arteria temporalis superficialis 44 Arteriitis – cranialis 44, 248 – cranialis (temporalis) 153 – okkulte 251 – temporalis 305 Arthritis, rheumatoide 120, 125 Arzt-Patienten-Beziehung 30, 50 Arzt-Patienten-Verhältnis 311 Ascorbinsäure 416 Astigmatismus 180, 274 Atrophia gyrata 47 Atropin 454 Aufklärungsgespräch 50 Aufwärtsblick 398 Augenarzt-Untersuchungstermin 159 Augen – Bewegungen, reflexbedingte 75 – Bewegungseinschränkungen 343 – hochmyope 355 – Vertikalabweichung 391 Augendruck 33, 253 – Messung 206 Augenkrankheiten 30 Augenmuskellähmungen 1 Augenmuskelparesen 123, 262, 405 Augenspülung 416
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Stichwortverzeichnis Augentropfen – drucksenkende 38 – Verabreichung 56 Augenverband 59 AZOOR 61 B Baclofenbehandlung 64 Bartonella henselae 282 Basaliom, nodulo-ulzeratives, sklerodermiformes 69 Benetzungsstörungen 229 Bienenstich 263 Bildschirmarbeit 94 Bildschirmlesegerät 382 Bindehaut – Angiom 97 – Biopsie 81 – Entzündung 66 Bindehautwurm 449 Biopsie 44 Bitôt-Flecken 451 Blendempfindlichkeit 138, 449 Blendung 94 Blendungsbeschwerden 319 Blepharoconjunctivitis sicca 8 Blepharokonjunktivitis 313, 387 Blicklähmung, konjugierte 141 Blickzielbewegung 331 Blindheit 400 Blinzelfrequenz 94 Blitzschlagverletzung 110 Botulismus 138 Bradykardie 198 Bulbusdruck 198 C Cataracta electrica 110 Chalcosis corneae 112 Charles-Bonnet-Syndrom 115 Chemosis der Konjunktiva 10 Chemotherapie 237 Chloroquin 106 – Behandlung 120
Chorioidea-Gefäßentzündung 305 Chorioretinitis 150, 333 Chrysiasis 125 Clindamycin 418 Compliance 167, 311 Computertomogramm 297 Conjunctivitis lignosa 127 Cornea verticillata 292 Corpus callosum 134 Corynebacterium diphtheriae 315 Cyclopentolat 454 D Dandy-Phänomen 440 Deferoxamin 106 Demodex folliculorum 313 Deprivations-Amblyopie 59 Diabetes mellitus 269 Diplopie 178, 225 – passagere 360 Dissektion, arterio-venöse 117 Doppelbilder 132, 141 Drucksteigerung 203 – intrakranielle 79 Duplex-Sonographie 44 E Echographie 408 Eisensplitter 144 Ektropium, nasales 235 Elektro-Retinogramm 164 Elschnig’sche Flecken 146 Emboli 153 Endophthalmitis 209 Entropium 148 – spasticum 375 Entzündungen, bakterielle 66 Enukleation 319 Epilepsie 164 Epiphora 220, 449 Erblindung 150 Erkrankungen, neurologische 94 Esotropie, kongenitale 1
Stichwortverzeichnis
F Faden, doppeltarmiert 375 Farbentsättigung 188 Fibrin 127 Fixationsflucht 155 Frakturen 212 Fremdkörper 144 Fremdkörpergefühl 125 Frühgeborenenretinopathie 159 Fundusektasie 352 Fundus hypertonicus 146 Funduskopie 290 G Gasauffüllung 244, 385 Gefäßendothelien 276 Gefäßmalformation 258 Gefäßstauung, episkleral 349 Gefäßverschlüsse 182 Gesichtsfeldausfall 26, 190, 309 – altitudinaler 278 – temporaler 352 Gesichtsfeldbestimmung, orientierende 167 Gesichtsfelddefekt 323 Gesichtsfeldeinengung 164 Gesichtsfeldrest, halbmondförmig 414 Gesichtsfelduntersuchung 170 Gesichtsschwellung 345 Glaskörperblutung 173, 269 Glaskörperchirurgie 317 Glaskörperstränge 453 Glaskörpertraktion 232 Glaskörpertrübungen 337 Glaukom 267 – Anfall 445 – kongenitales 108, 421 – Schädigung 307 Gliom des N. opticus 295 Glottisödem 345 Glyzerin 209 Goldablagerung 125 Graft-versus-Host Disease 175
H Halluzinationen 115 Hämangioblastome 90 Hämangiome 180 Hämatom 212, 299 – subdurales 157 Hämodilution 182 Hämoglobinopathie 269 Hämosiderosis bulbi 269 Hautödem 345 Hauttests 10 Hemianopsie – bilaterale homonyme 185 – bitemporale 178, 328, 370 – homonyme 188, 194, 414 – temporale 192 Hemineglekt 194 Herz-Kreislauferkrankungen 443 Herzstillstand 198 Hippus 200 Hirnnervenparesen 405 Horner-Syndrom 372 Hornhaut – Durchmesser 253 – Entzündung 66 – Infiltrate, perineurale 217 – „Knickung“ 360 – Ödem 303 – Penetration 315 – Transplantat 203 – Ulkus 20 Hydrophthalmus 206, 253 Hydroxyamphetamin-Test 410 Hydroxyäthylstärke 182 Hyperornithinämie 47 Hypertonie, maligne 146 Hypophysentumor 132, 178, 328 Hypopyon 209, 263, 396 I Immunreaktion 175 Indomethacin 106 Iridektomie 33 Iridozyklitis 53 Ischämie-Syndrom, okuläres 402
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Stichwortverzeichnis
J Juckreiz 10, 449 K Kalkarinarindenläsion 368 Kantenfilter 215 Kanthotomie 301 Karzinom, adenoidzystisches 84 Katarakt 263 Katzenkratzkrankheit 282 Kauschmerzen 251 Keratitis 175, 203 – punctata 150 – superficialis punctata 6 Keratokonjunktivitis 212, 256, 396 – photoelectrica 434 Keratopathie 288 Kernspintomogramm 79 Ketanest-Kurznarkose 206 Kindesmisshandlung 212 Kleinhirnläsion 364 Kokain-Test 410 Kokardenblutungen 362 Koma 75 Konjunktivitis 72, 127, 347 – pseudomembranöse 175 – sicca 6 Kontaktlinsen – Aufbewahrungslösungen 315 – Tragen 303 – Träger 217 Kontrastverstärkung 215 Konvergenzspasmus 223 Kopfbewegungen, passive 343 Kopfdrehbewegungen 440 Kopfneigetest 225 Kopfschiefhaltung 430 Kopfschmerzen 136, 173 Kopftremor 430 Kopfzwangshaltung 285 Körpererwärmung 433 Kortikosteroidbehandlung 130 Kortikosteroid-Therapie 280 Kupfersplitterverletzung 112
L Laserkoagulation 159 Laserpexie 232 Läsionen, paraselläre 370 Lazy-T-Operation 235 lens chrysiasis 125 Leukämie 237 Leukokorie 337 Lid-Ankylosierung 38 Lidödem 449 Lidschwellung 10 Lidtumoroperation 69 Lipofuscin 162 Loa-Loa 449 Lochblende 239 Lupen 382 Lupus erythematodes 120 Lyme-Borreliose 123 Lymphödem, postoperativ 427 Lyse, endovasale 117 M Magen-Darmblutung 99 Magnetresonanztomographie 84 Makula – Degeneration 321, 382 – Degeneration, altersbedingte 436 – Erkrankung 26 – Ödem 271, 276, 447 – Verlagerung 241 Makulaloch 244, 447 Malariaprophylaxe 120 Maskeradezeichen 248 Medientrübung 239, 321 Megalokornea 253 Melanomentstehung 162 Methylviolett 416 Mikroangiopathie 8 Milchsaft 256 Mittellinienbegrenzung 192 Morbus Bechterew 398 Morbus Crohn 130 Morning-glory-Papille 258 Motilitätsstörungen 440
Stichwortverzeichnis Mukormykose 237 Multiple Sklerose 260, 280, 433 Myasthenie 248, 389 Mydriasis 144, 263 – springende 200 Myopie 61 N Nachtblindheit 451 Nadelstichverletzung 265 Naja nigricollis 396 Nanophthalmus 267 Narbenektropiumoperation 424 Nasenbluten 97 Navigationssystem 297 Neisseria gonorrhoeae 315 Neodynium-Yag-Laser-Behandlung 453 Neovaskularisation der Retina 271 Nephritis, tubulointerstitielle 53 Netzhaut – Ablösung 210, 317 – Aderhautfalten 274 – Blutungen 173 – Degeneration 47, 210, 215 – Foramen 24 – Operation 355 – Trauma 36 – Verziehung 241 Netzhautloch-Lokalisation 24 Neuritis nervi optici 260, 278, 280 – autoimmune 12 Neurofibromatose 108, 295 Neuroretinitis 282 Non-Hodgkin-Lymphom 248 Normaldruckglaukom 307 Nucleus interstitialis Cajal 370 Nystagmus 290, 430 – kongenitaler 285 – periodisch alternierender 64 O Oberflächenanästhesie 454 Oberflächenanästhetika 288 Oberlidkantendruck 360
Oberlidptose 389 Oberlidwunde 299 Ocular tilt reaction 391 Okklusionsbehandlung 295 Okulomotoriusparese 136 Okulo-zephaler Reflex 343 okzipitale Erblindung 153 Okzipitalhirninfarkt 185 Okzipitalinfarkte, beidseitige 153 Okzipitallappenschädigung 414 Onchozerkose 150 Operation 148, 244 Operationszugang, transkonjunktival 378 Ophthalmia nodosa 347 Ophthalmoplegie, internukleäre 141 Optikoneurotomie, radiäre 117 Optikusatrophie 150 Optikuskompression 15 Optikusläsion 340 Optikusneuropathie – anteriore ischämische 99, 292 – ischämische 190, 309 Optikusscheidenmeningeom 295 Optikusstreckung 408 Optikusverdickung 408 Orbitadachverletzung 299 Orbitahämangiom, kavernöses 88 Orbitahämatom 301 Orbitametastasen 88 Orbitaoperation 297 Orbitaphlegmone 358 Orbita-Schrotschusskugel 378 Orbitatumor 274 Orientierungsstörung 4 Osteogenesis imperfecta 86 Oszillopsie 440 Over-wear-Syndrom 303 P Panarteriitis nodosa 305 Panuveitis 53 Papillenhypoplasie 352 Papillenrandblutung 307 Papillenschwellung 79, 292
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Stichwortverzeichnis Papillitis 123 Papillorenales-Syndrom 258 Paresen, myasthenische 364 Pediculosis pubis 313 Perfluordecalin 317 Perforation, gedeckte 104 Periorbitaschlitzung 301 Phorie, dekompensierte 405 Phosphodiesterase 443 Photophobie 155, 319 Photostress-Test 321 Pie in the sky 323 Pigmentepitheliopathie, plakoide, multifokale 325 Pigmentepithelzellen, omnipotente 385 Pilzinfektion 288 Pinealistumor 202 Plasminogen 127 Pneumatocele 220 Polyarthritis, rheumatische 86 Polymyalgia rheumatica 251 Postexpositionsprophylaxe 265 Post-Fixierpunkt-Skotom 328 Posthorn-Gesichtsfeldausfall 329 Potenziale, visuell evozierte 278 Prismenvergleichstest 331 Prosopagnosie 4 Protrusio bulbi 301 Pseudo-Dendriten 217 Pseudoforamen 447 Pseudohypopyon 337 Pupillarblock 33 Pupille, ovale 157 Pupillendefizit, afferentes, relatives 340 Pupillenerweiterung, medikamentöse 445 Pupillenverengung 223 Pupillenverziehung 104 Pupillen-Wechselbelichtungstest 340 Purtscher-Flecken 36 Purtscher-Retinopathie 36 Q Quadrantenausfälle, bilaterale 368
R Rankenneurinom 108 Readaptationszeit 321 Reflex, okulo-kardialer 198 Refraktionsanomalie 102, 393 Reizung, kalorische 75 Retinabefall 6 Retinales-Nekrose-Syndrom, akutes 333 Retinoblastom 202, 337 Retinochorioiditis 347 – juxtapapillaris 329 Retinopathie, akute zonale okkulte äußere 61 Retrobulbärinjektion 355 Rezeptor 61 Rhabdomyosarkom 358 Roth’sche Flecken 362 S Sakkaden – hypometrische 364 – Prüfung 194 – zielgerichtete 170 Sarkoidose 81, 260 Schachbrett-Gesichtsfeld 368 Schädel-CT 223 Schädel-Hirntrauma 36, 157 Schädelprellung 210 Schieloperation 262 Schießscheibenmakula 106 Schirmer-Test 72 Schleimhautpemphigoid 38 Schlemm’scher Kanal 421 Schmerzen 372 Schneeblindheit 434 Schöpfernaht 375 Schütteltrauma 212 Seesaw-Nystagmus 370 Sehminderung 372 – einseitige 331 Sehnervscheiden-Meningeom 88 Sehschwäche, hochgradige 115 Sekundenkleber 387 Sepsis 362
Stichwortverzeichnis Serum-Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper 389 Serum-Augentropfen 229 Sicca-Syndrom 229 Sicherheitsbedürfnis 59 Siderosis 144 Siebblende 239 Sildenafilcitrat 443 Silikonauffüllung 385 Silikonöl 22 Simpson-Test 389 Simulation 170, 400 Sinus cavernosus 132 – Fistel 349 – Thrombose 237 Sinus-sphenoidalis-Mukozele 15 Skew-Deviation 391 Skiaskopie 393, 454 Skleraperforation 104 Skleromalazie 86 Sonnenblumenkatarakt 112 Spasmus nutans 430 Spätschielen, normosensorisches 405 Spei-Kobra-Ophthalmie 396 Spiegelbrille 398 Spiegelraumbewegungen 400 Stammzelltransplantation 175 Starkstromverletzung 110 Steroidtherapie 12 Stimulation, kalorische 200 Strabismus 17, 155 Strahlenretinopathie 276 Subarachnoidalblutung 136, 173 Subarachnoidalraum-Infiltration 408 Symblepharon 38 Sympathikusläsion 410 T TAP-Studie 436 Tarsokonjunktivale Transpositionsoperation 427 Teleskopsysteme 382 Temporallappenschädigung 323 Terson-Syndrom 269
Therapie, photodynamische 271, 436 Thoraxkompression 36 Tintenstiftverätzung 416 TINU-Syndrom 53 Toxoplasmose 329, 418 Trabekelwerkeröffnung 421 Trabekulotomie 421 Traktionsnähte 424 Tränendrüsenadenom, pleomorphes 84 Tränenfilmaufreißzeit 72 Tränensack – Melanom 97 – Veränderung 220 Tränensekretionsstörung 72 Tränenträufeln 235 Tränenwegskompression 56 Trochlearisparese 225 Tropfanästhesie 262 Tuberculum-sellae-Meningeom 190 Tumor – Biopsie 358 – chiasmanah 192 – parasellärer 202 U Überwachungsmodelle 311 Uhthoff-Phänomen 433 Ultraschalluntersuchung 309 Umkehrspiegel 398 Unterlidkantentiefstand 427 Unterlidtumorentfernung 427 Uveitis 123, 130, 260 – posterior 418 UV-Licht-Exposition 434 V Vaskulitis 12 – zerebrale 325 Verätzung 256 Vergrößerungssysteme, optische 382 Verschiebeplastik 148 Verteporfin 436 Vestibularorgan 290 Vestibulo-okulärer Reflex 75, 440
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Stichwortverzeichnis Viagra 443 Vigabatrin 164 virale Erkrankungen 333 Visusbesserung 239 Visusprüfung 393 Vitamin-A-Mangel 451 Vitrektomie 22, 117, 385 Vitreoretinopathie, proliferative 385 Vitritis 347 Von-Hippel-Lindau-Syndrom 90 Vorderkammertiefe 445 W Wärmestau 59 Watzke-Allen-Test 244 Winkelblockglaukom, Ziliarblock 33
Wundbereichsentlastung 424 Wundränderdefekte 203 X Xerophthalmie 451 Z Zentralarterienverschluss 402 Zentralskotom 278 Zentralvenenverschluss 269 Zerstörung, retinale 61 Zyanoacrylat 387 Zykloplegie 454 Zykloversion 391 Zypressen-Wolfsmilchgewächse 256