Henrik Vogel / Ellen Ashauer-Moll Steueroasen
Henrik Vogel Ellen Ashauer-Moll
Steueroasen Lohnende Wege in die Steue...
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Henrik Vogel / Ellen Ashauer-Moll Steueroasen
Henrik Vogel Ellen Ashauer-Moll
Steueroasen Lohnende Wege in die Steuerehrlichkeit
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Irene Buttkus Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1720-1
Vorwort Die Diskussion um Steueroasen hält auch nach dem Regierungswechsel im Oktober 2009 mit nahezu unverminderter Intensität an. Das Thema bleibt bis auf weiteres auf der nationalen wie der internationalen Agenda. Für lebhafte Debatten sorgte zuletzt vor allem der von Bund und Ländern im Februar 2010 erfolgte Ankauf bei Schweizer Banken entwendeter Kundendaten. Vor diesem Hintergrund stellt eine zunehmende Zahl von Inhabern unversteuerter Auslandsvermögen die Frage nach verbleibenden Handlungsoptionen. Dementsprechend steigt der Bedarf nach fachkundiger (Selbstanzeige-)Beratung. Mit diesem Buch versuchen wir, eine Lücke in der Beratungsliteratur zu schließen. Eine Darstellung der verschiedenen Facetten privater Auslandsvermögen und der mit ihnen verbundenen steuerlichen und strafrechtlichen Chancen und Risiken existiert bislang nicht. Vor allem fehlen umfassende praktische Hinweise zur steuerlichen Legalisierung. Dies möchten wir ändern. Dieses Werk ist ein Praxishandbuch. Es wendet sich an die steuerberatenden Berufe, an Privatanleger sowie an Banker gleichermaßen. Dabei wählen wir den Blickwinkel des Steuerpflichtigen. Wir haben daher vorteilhafte ebenso wie nachteilige Rechtspositionen der Finanz- und Strafgerichte sowie der Finanzbehörden ausführlich dargestellt. Die Kenntnis nachteiliger Rechtspositionen ist insbesondere im Bereich der Selbstanzeigeberatung zur Erkennung von Risiken unerlässlich. Das vorliegende Buch wurde von zwei Autoren verfasst. Wir haben versucht, Überschneidungen und Wiederholungen weitestgehend zu vermeiden. An wenigen Stellen waren diese im Sinne der Klarheit der Darstellung indes unerlässlich. Bedanken möchten wir uns bei allen, die zum Gelingen dieses Werks beigetragen haben. Unser Dank geht zunächst an Frau Irene Buttkus (Gabler) für die verständnisvolle Begleitung unserer Autorentätigkeit. Frau Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Saskia Bonenberger, Frau Rechtsanwältin Ulrike Müller, Frau Rechtsanwältin Dr. Christine Varga, Herr Rechtsanwalt Johannes Grießhammer sowie Frau Sonja Rösch waren stets zu bereichernden fachlichen Diskussionen bereit. Frau Rechtsanwältin Ulrike Müller hat zudem das Korrekturlesen übernommen. Von unschätzbarem Wert waren die äußerst zuverlässigen Arbeiten von Frau Riane Lux und Frau Annegret Weber. Unser besonderer Dank geht an unsere Familien, an Marissa und Thorsten, für ihre Unterstützung. Das Manuskript wurde im Januar 2010 geschlossen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden. Für Kritik und Anregungen aus dem Leserkreis danken wir.
Regensburg, im Februar 2010
Henrik Vogel
Ellen Ashauer-Moll
5
Inhaltsübersicht Vorwort Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis Bearbeiterverzeichnis §1 Einleitung A. Steueroasen im (inter-)nationalen Fokus B. Steueroasen – ein konturenloser Begriff C. Inhalt und Ziel dieses Buchs §2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts A. Einkommensteuerpflicht in Deutschland I. Unbeschränkte Steuerpflicht II. Doppelbesteuerungsabkommen III. EU-Quellensteuer B. Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht in Deutschland C. „Ich bin dann mal weg“ I. Einkommensteuer 1. Beschränkte Einkommensteuerpflicht 2. Erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht 3. Wegzugsbesteuerung II. Erbschaftsteuer 1. Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht trotz Wegzugs 2. Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht 3. Erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht III. Stolperfallen beim Wegzug IV. Vermögensstrukturierung vor Wegzug §3 Fiskalische Fesseln in Deutschland A. Angaben in der Steuererklärung I. Pflichtangaben II. Strafrechtliche Konsequenzen 1. Unrichtige Angaben 2. Verweigerung von Angaben III. Geschäftsbeziehung bei ertraglos gestelltem Vermögen IV. Fazit B. Jahresbescheinigung C. Kontenabruf D. Neue Regeln für private Hochverdiener I. Aufbewahrungspflichten II. Außenprüfungen für Private E. Komplexität der Abgeltungsteuer I. Besteuerung von Vollrisikozertifikaten II. Besteuerung von thesaurierenden Investmentfonds
5 16 20 24 25 25 26 26 28 28 28 29 30 39 40 40 40 41 42 43 43 43 43 44 47 49 49 50 50 50 51 52 52 52 53 54 54 55 55 56 56 7
Inhaltsübersicht
§4
8
III. Verlustverrechnungsbeschränkungen F. Meldepflichten von Kreditinstituten und Versicherungen I. Meldepflichten von Kreditinstituten unter der Abgeltungsteuer 1. Wertpapier- und Depotübertrag 2. Kapitalertragsteuerabzug bei fehlender Liquidität II. Neue Meldepflichten für Versicherungen III. Mitteilung von Rentenbezügen G. Praxis der Gesetzgebung und Finanzverwaltung I. Vollrisikozertifikate II. Finanzinnovationen III. Lebensversicherungen IV. Millionärsfonds V. Thesaurierende Investmenfonds – „Reichenfonds“ VI. BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer VII. Geschlossene Fondsgestaltungen – „Steuermodelle“ VIII. Langfristige Kapitalanlagen im Ausland – „Repatriierungsmodelle“ Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen A. Einleitung B. Informationsquellen der Finanzbehörden als bestimmender Faktor C. Informationsquellen auf nationaler Ebene I. Die Steuerakte II. Der Steuerpflichtige 1. Allgemeine Mitwirkungspflicht 2. Erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandsbezug 3. Aufzeichnungspflichten bei Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen 4. Erhöhte Pflichten bei Bankbeziehungen in Steueroasen 5. Aufbewahrungspflichten bei Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen III. Auskünfte von Privatpersonen 1. Auskunftsverlangen des Finanzamts 2. Spontanauskünfte 3. Entwendung von Kundendaten a) Beispiele aus der Praxis b) Wiederholungsgefahr IV. Informationsaustausch zwischen Finanzbehörden 1. Kontrollmitteilungen a) Außenprüfung (insbesondere Betriebsprüfung) b) Grenzübertritte c) Sonstige 2. IZA V. Mitteilungen von Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen 1. Verdacht auf Steuerstraftaten 2. Erbschaften und Schenkungen 3. Zahlungen durch staatliche Stellen VI. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren VII. Zufallsfunde VIII. Geldwäscheverdachtsanzeige IX. Zusammenfassung
57 57 57 57 58 58 59 59 59 60 60 61 61 61 63 63 65 65 66 66 66 67 67 68 69 69 71 71 71 72 72 72 74 74 74 75 75 76 76 77 77 77 78 78 78 79 79
Inhaltsübersicht D. Internationale Amts- und Rechtshilfe I. Abgrenzung von Amtshilfe und Rechtshilfe II. Amtshilfe und Rechtshilfe im Steuerstrafverfahren III. Amtshilfe 1. Formen 2. Bedeutung für das Entdeckungsrisiko a) Automatischer Informationsaustausch b) Auskunft auf Ersuchen im Einzelfall c) Spontanauskunft d) Fehlender Amtshilfeverkehr 3. Stand und Entwicklung a) Automatischer Informationsaustausch aa) EU-Zinsrichtlinie bb) Sonstige cc) Tendenzen b) Einzelfallanfragen aa) Allgemeines bb) OECD-Standard cc) Tendenzen 4. Durchführung von Einzelfallanfragen 5. Rechtschutz IV. Rechtshilfe 1. Formen 2. Rechtsgrundlagen a) Europäisches Rechtshilfeübereinkommen b) Übereinkommen auf Ebene der Europäischen Union c) Bilaterale Abkommen 3. Durchführung 4. Rechtschutz V. Länderüberblick 1. Schweiz a) Allgemeines b) Amtshilfe c) Rechtshilfe 2. Liechtenstein a) Allgemeines b) Amtshilfe c) Rechtshilfe 3. Luxemburg a) Allgemeines b) Amtshilfe c) Rechtshilfe 4. Österreich a) Allgemeines b) Amtshilfe c) Rechtshilfe 5. Belgien a) Amtshilfe
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Inhaltsübersicht
§5
§6
10
b) Rechtshilfe 6. Malta a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 7. Zypern (griechischer Teil) a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 8. Britische Kanalinseln und Isle of Man a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 9. Monaco a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 10. Andorra a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 11. San Marino a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 12. Cayman Islands a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 13. British Virgin Islands a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 14. Singapur a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 15. Hongkong a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 16. Macao a) Amtshilfe b) Rechtshilfe 17. Vereinigte Arabische Emirate a) Amtshilfe b) Rechtshilfe Argumente für die Legalisierung unversteuerter Auslandsanlagen A. Liquidität B. Nachfolgethematik C. Kosten D. Erschwerte Rechtsverfolgung Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung A. Allgemeines B. Trennung von steuerlicher und strafrechtlicher Ebene C. Voraussetzung der Strafbarkeit
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Inhaltsübersicht I.
§7
Tatbestand 1. Objektiv a) Kompensationsverbot aa) Steuereinbehalte bb) Betriebsausgaben und Werbungskosten b) Verfassungswidrige Steuern c) Zusammenveranlagung 2. Subjektiver Tatbestand II. Rechtswidrigkeit und Schuld III. Konkurrenzen D. Strafzumessung I. Strafrahmen 1. Einfache Steuerhinterziehung 2. Besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung a) Steuerhinterziehung in großem Ausmaß aa) Auslegung bb) Vor dem 01.01.2008 begangene Taten b) Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege c) Weitere Regelbeispiele 3. Qualifikation § 370a AO a.F. II. Einzelstrafen- und Gesamtstrafenbildung 1. Tateinheit und Tatmehrheit 2. Tagessatzhöhe bei Geldstrafen III. Verfahren IV. Eintrag ins Bundeszentralregister E. Strafrechtliche Verjährung I. Einfache Steuerhinterziehung II. Benannte besonders schwere Fälle 1. Auslegung 2. Rückwirkung III. Unbenannte besonders schwere Fälle IV. Beginn 1. Ertragsteuern 2. Schenkungsteuer 3. Erbschaftsteuer 4. Sonstige Straftaten F. Weitere Rechtsfolgen mit Sanktionscharakter I. Berufliche und berufsrechtliche Folgen II. Ausweisung und Passrecht III. Waffenschein/Jagdschein/Jagdpachtvertrag G. Steuerliche Folgen I. Verlängerung der steuerlichen Verjährungsfrist II. Hinterziehungszinsen III. Haftung für hinterzogene Steuern Weitere strafrechtliche Risiken A. Beschränkter Schutz durch das Steuergeheimnis B. Häufige Straftaten
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Inhaltsübersicht I. II.
§8
§9
§ 10
12
Untreue und Unterschlagung Korruption und Bestechung 1. Öffentliche Hand 2. Privatwirtschaft a) § 299 StGB b) Exkurs: Provisionszahlungen mit Auslandsbezug III. Betrug IV. Geldwäsche V. Falsche Versicherung an Eides Statt Selbstanzeige A. Allgemeines B. Voraussetzungen der Selbstanzeige I. Positive Wirksamkeitsvoraussetzungen 1. Berichtigungserklärung a) Form b) Person des Anzeigenden c) Formulierung d) Vollständigkeit und Richtigkeit e) Lieferung von Zahlenmaterial f) Schätzung g) Plausibilität h) Adressat i) Mehrere Steuerarten 2. Fristgerechte Nachzahlung II. Negative Wirksamkeitsvoraussetzungen 1. Erscheinen eines Amtsträgers 2. Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens 3. Tatentdeckung a) Grenzübertritt b) Tatentdeckung durch Dritte 4. Exkurs: Sperrwirkung in den Liechtensteinfällen Gibt es Alternativen zur Selbstanzeige? A. Vermögensverlagerung B. Vermögensumstrukturierung C. Sondersituationen Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige A. Bedeutung einer guten Planung B. Ständige Aufgaben I. Mandantenumsorge II. Prüfung der Interessenlage 1. Berater 2. Mandant(en) III. Koordinierung mehrerer Beteiligter C. Vorbereitung I. Vollmachten II. Risiko- und Umfeldanalyse
133 134 134 134 134 135 135 136 136 137 137 137 138 138 138 138 138 139 139 140 140 140 140 140 141 142 142 143 143 144 144 146 146 146 147 148 148 148 149 149 149 150 150 150 150 151
Inhaltsübersicht
§ 11
III. Beratung des Mandanten IV. Informationsanforderung V. Informationsauswertung 1. Ertragsteuern a) Intransparente Fonds b) Finanzinnovationen c) Devisentermingeschäfte und sonstige Fremdwährungsgeschäfte d) Kapitalmaßnahmen e) Stockdividenden f) Thesaurierungserträge und Zwischengewinne bei Investmentfonds g) Ausländische Stiftungen h) Oderkonten und -depots 2. Schenkungsteuer a) Stiftungen b) Oderkonten und -depots 3. Umsatzsteuer D. Formulierung I. Welche Erklärungen sind notwendig? II. Welche Zeiträume sind zu erfassen? 1. Aufnahme strafrechtlich verjährter Sachverhalte? 2. Vorgehen bei Unsicherheit über strafrechtliche Verjährung III. Umgang mit abweichenden Rechtsauffassungen IV. Umgang mit ungeklärten Sachverhalten V. Vollständigkeit und Plausibilität VI. Liquiditätsprüfung und -planung VII. Abschlagzahlung VIII. Abgabe der Selbstanzeige E. Nachsorge I. Transparenz II. Kommunikation III. Übersendung der Dokumentation IV. Kontrolle von Zahlungen V. Übergabe an den laufenden Steuerberater F. Sonderthemen I. (Ab wann) kann der laufende Steuerberater einbezogen werden? II. (Ab wann) können andere Beteiligte unterrichtet werden? 1. Hintergrund 2. Risiken III. Selbstanzeige und Demenz IV. Vorgehen bei außersteuerlichen Folgen V. Hinweise im Fall der Entscheidung gegen eine Selbstanzeige VI. Grenzüberschreitende Sachverhalte VII. Steuerliche Abziehbarkeit der Beratungskosten Erfolgreiche Kapitalanlage nach der Legalisierung A. Steueroptimierte Vermögensverwaltung B. Reporting C. Gestaltungsüberlegungen für vermögende Kapitalanleger
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Inhaltsübersicht § 12
§ 13
14
Schwarzgeld aus Sicht des Steuerberaters A. Strafrechtliche Risiken I. Beteiligung an der Steuerhinterziehung des Mandanten 1. Täterschaft 2. Anstiftung 3. Beihilfe a) Allgemeines b) Berufstypische Handlungen c) Vorsatz d) Strafrechtliche Verjährung e) Sonstige Rechtsfolgen II. Vermögensverlagerung und -umstrukturierung 1. Beihilfe zur Steuerhinterziehung 2. Begünstigung 3. Geldwäsche III. Folgerungen für die Beratungspraxis B. Selbstanzeigeberatung I. Zivilrechtliche Haftung II. Selbstanzeige in eigener Sache Schwarzgeld aus Sicht von Banken und Bankmitarbeitern A. Strafrechtliche Risiken I. Beihilfe zur Steuerhinterziehung 1. Tathandlungen 2. Tatort 3. Rechtsfolgen a) Strafrecht b) Ordnungswidrigkeitenrecht c) Steuerliche Haftung d) Bankrechtliche Folgen II. Vermögensumstrukturierung und -verlagerung III. Geldwäsche 1. Bank- und Depotgebühren 2. „Cash Matching“ B. Selbstanzeige C. Ermittlungen bei Banken I. Steuerverfahren 1. Auskunftsersuchen a) Einzelauskünfte b) Sammelauskünfte c) Auskunftsverweigerungsrechte 2. Kontrollmitteilungen a) Gezielte Suche b) Strafrechtlicher Anfangsverdacht c) Hinreichender Anlass 3. Rechtschutz II. Strafverfahren D. Schadensersatzansprüche
176 176 176 176 177 177 177 177 178 179 180 180 180 181 181 181 182 182 183 185 185 185 185 186 187 187 187 187 188 188 189 189 189 189 190 190 190 190 191 191 192 192 192 193 193 193 193
Inhaltsübersicht § 14 Ist Deutschland eine Steueroase? Anhang Anlage 1 – Muster einer Selbstanzeige – Einkommensteuer Anlage 2 – Muster einer gestuften Selbstanzeige – Einkommensteuer Anlage 3 – Muster einer Selbstanzeige – Schenkungsteuer Anlage 4 – Muster für ein vorsorgliches Schreiben – Stiftung Anlage 5 – Bestätigungsschreiben Stiftung Anlage 6 – Besteuerung privater Zinserträge im internationalen Vergleich Anlage 7 – Quellensteuern im internationalen Vergleich Stichwortverzeichnis
196 197 197 198 199 200 202 203 205 207
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Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O Abl EU ADG a.E. AEAO a.F. AG AgrarR AktG AO Art. AStBV (Steuer)
anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Union (Österreichisches) Amtshilfe-Durchführungsgesetz am Ende Anwendungserlass zur Abgabenordnung alte Fassung Aktiengesellschaft, Amtsgericht Zeitschrift für das gesamte Recht der Landwirtschaft Aktiengesetz Abgabenordnung Artikel
AStG AufenthG Aufl. Az.
Anweisungen für das Bußgeld- und Strafverfahren (Steuer) 2010 – Stand 23.11.2009 Außensteuergesetz Aufenthaltsgesetz Auflage Aktenzeichen
BaFin BAG BÄO BApO BayObLG BayVGH BB BDG BeamtStG BewG BFH BFHE BFH/NV BGB BGBl BGH BGHZ BGHSt BJagdG BMF BMJ BND BpO BRAO BStBl
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bundesärzteordnung Bundes-Apothekerordnung Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Betriebsberater Bundesdisziplinargesetz Beamtenstatusgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung amtlicher nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Bundesjagdgesetz Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Justiz Bundesnachrichtendienst Betriebsprüfungsordnung Bundesrechtsanwaltsordnung Bundessteuerblatt
16
Abkürzungsverzeichnis BT-Drs. Buchstb. BZRG BuStra BVerfG BVerwG BWG bzw.
Bundestagsdrucksache Buchstabe Bundeszentralregistergesetz Bußgeld- und Strafsachenstelle Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht (Österreichisches) Bankwesengesetz beziehungsweise
DB DBA DBG DEM d.h. DR DStR DStZ
Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen (Schweizer) Gesetz über die direkte Bundessteuer Deutsche Mark das heißt Depositary Receipts Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung
E ECOFIN EFG EG EGAhiG EGAO EMRK ErbStG EStG EStDV etc. EU EuGH EUR EURhÜbk EU-RhÜbk EWR
Entwurf Rat für Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Union Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Gemeinschaft EG-Amtshilfe-Gesetz Einführungsgesetz zur AO Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Erbschaftsteuergesetz Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Durchführungsverordnung et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Euro Europäisches Rechtshilfeübereinkommen EU-Rechtshilfeübereinkommen Europäischer Wirtschaftsraum
f, ff FA FAZ FG FGO FR FVG
folgend, fortfolgend Finanza(ä)mt(er) Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Finanzverwaltungsgesetz
G20 GewArch GewO ggf.
Vereinigung der 20 großen Industriestaaten Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gewerbeordnung gegebenenfalls 17
Abkürzungsverzeichnis GmbH GmbHG GrEStG GwG
Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die GmbH Grunderwerbsteuergesetz Geldwäschegesetz
HFR h.M. Hs
Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) herrschende Meinung Halbsatz
i.d.F. id.R. i.H.v. INF InvStG IRSG ISIN IStR i.V.m. IZA
in der Fassung in der Regel in Höhe von Die Information (Zeitschrift) Investmentsteuergesetz (Schweizer) Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen International Securities Identification Number (Wertpapierkennnummer) Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) in Verbindung mit Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen
KESt KStG KWG
Kapitalertragsteuer Körperschaftsteuergesetz Kreditwesengesetz
LG LGT LLB
Landgericht (liechtensteinische) Bank Liechtensteinische Landesbank
MDR MiStra
Monatsschrift für deutsches Recht Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen
NJ NJW Nr(n). NStZ NZZ
Neue Justiz (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift Nummer(n) Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zürcher Zeitung
o.ä. OECD OECD-MA OFD OLG OVG OWiG
oder ähnliches Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD-Musterabkommen Oberfinanzdirektion Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Ordnungswidrigkeitengesetz
PaßG PStR
Passgesetz Praxis Steuerstrafrecht (Zeitschrift)
18
Abkürzungsverzeichnis RG RGBl RiVASt RIW Rn Rz
Reichsgericht Reichsgesetzblatt Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer Randziffer
S. SDÜ SolZ StBerG StGB StHG StHBekV StHintBekG StPO StraFo st. Rspr. StV SZ
Satz Schengener Durchführungsübereinkommen Solidaritätszuschlag Steuerberatungsgesetz Strafgesetzbuch Schweizer Steuerharmonisierungsgesetz Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz Strafprozessordnung Strafverteidigerforum (Zeitschrift) ständige Rechtsprechung Der Strafverteidiger (Zeitschrift) Süddeutsche Zeitung
UBS URL UStG u.U.
Union de Banques Suisses (Schweizer Großbank) Uniform Resource Locator Umsatzsteuergesetz unter Umständen
VG vgl. VStR VZ
Verwaltungsgericht vergleiche (Schweizer) Verwaltungsstrafrecht Veranlagungszeitraum
WaffG WiPro wistra
Waffengesetz Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht
ZinsRL ZIV ZollVG ZSteu zzgl.
Zinsrichtlinie Zinsinformationsverordnung Zollverwaltungsgesetz Zeitschrift für Steuern und Recht zuzüglich
19
Literaturverzeichnis Ashauer-Moll, Ellen/Bonenberger, Saskia Besteuerung von Kapitalanlagen: Anlagen im Privatvermögen, Wiesbaden 2007. Ashauer-Moll, Ellen/Rösch, Sonja, Abgeltungsteuer: Kapital schützen – Steuern optimieren, Wiesbaden 2008 (zitiert: Abgeltungsteuer). Bender, Peter, Die Informationsquellen und -wege der Finanzverwaltung, 8. Auflage Bielefeld 2009 (zit: Informationsquellen). Bilsdorfer, Peter, Möglichkeit der Straffreiheit durch Selbstanzeige von Bankkunden und Bankmitarbeitern, INF 1995, 6. Bilsdorfer, Peter, Die Entwicklung des Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrechts, NJW 2008, 1362. Breyer, Jörg, Der Inhalt der strafbefreienden Selbstanzeige, Berlin 1999. Bron, Jan F./Seidel, Karsten, Mögliche Inlandsbesteuerung aufgrund der Abschaffung der Besteuerung nach dem Aufwand (Pauschalbesteuerung) in der Schweiz – Zugleich Überlegungen zum Verhältnis der Nebentatbestände zum Grundtatbestand des § 6 AStG, IStR 2009, 312. Bülte, Jens, Die Abgeltungsteuer bei EU-quellenbesteuerten Kapitalerträgen als probates Mittel zur Vermeidung von Steuerstraftaten oder als Folge eines Rückzugsgefechts des Steuerstrafrechts?, Betriebsberater 2008, 2375. Bundesministerium der Finanzen, Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2008, (28.01.2008), www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/ Steuern/0901281a2001.html?__nnn=true (10.01.2010). Bundesministerium der Finanzen, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer (22.12.2009), www.bundesfinanzministerium.de/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/BMF__Schreiben/Veroffentlichungen__zu__ Steuerarten/Abgeltungsteuer/233.html (10.01.2010). Bundesministerium der Finanzen, Monatsberichte des BMF – Juli 2008, www.bundesfinanzministerium.de/nn_83160/DE/BMF__Startseite/aktuelles/Monatsbericht__des__ BMF/2008/07/080715agmb001.html?__nnn=true&kapitel=gesamtuebersicht&mmTo=07&yyyyT o=2008 (10.01.2010). Bundesministerium der Finanzen, Monatsbericht des BMF – Juli 2009, www.bundesfinanzministerium.de/nn_17844/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/Monatsbericht__des__BMF/2009/07/inhalt/inhaltsverzeichnis.html?__nnn=true&kapitel=gesamtuebersicht&mmTo=07&yyyyTo=2009 (10.012010). Bundesministerium der Finanzen, Monatsbericht des BMF – Oktober 2007, www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/Monatsbericht__des__BMF/2007/10/071018 agmb018,property=publicationFile.pdf (10.01.2010). Bundesministerium der Finanzen, Zweifelsfragen im Hinblick auf die Umsetzung der Abgeltungsteuer (13.06.2008), http://treffer.nwb.de/completecontent/dms/content/000/302/Content/000302308. htm (10.01.2010). Durst, Diana, Der steuerliche Berater zwischen Beratung und Beihilfe, PStR 2008, 235. 20
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Bearbeiterverzeichnis Es haben bearbeitet: Henrik Vogel: Ellen Ashauer-Moll:
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§ 1, §§ 4 – 9, § 10 (ohne C.V.1 Buchst. a) bis f)), § 12, § 13 § 2, § 3, § 10.C.V.1 Buchst. a) bis f), § 11, § 14
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§ 1 Einleitung A.
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Steueroasen im (inter-)nationalen Fokus
A.
Der Begriff „Steueroase“ ist allgegenwärtig. Die Medienpräsenz im Zusammenhang mit Liechtensteiner Stiftungen hat eine breite Diskussion zum Thema Steuerflucht ausgelöst.1 Auf nationaler Ebene setzte vor allem der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück einen starken politischen Akzent auf die Austrocknung von Steueroasen. Vorläufiger Schlusspunkt war das Inkrafttreten des sogenannten Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes und der auf ihr basierenden Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung im Spätsommer 2009. Entwarnung kann vorerst nicht gegeben werden, eine Trendwende ist auch unter der neuen Bundesregierung nicht erkennbar. Die einschlägige Passage im Koalitionsvertrag lautet: „Den Kampf gegen die internationale Steuerhinterziehung werden wir weiter fortsetzen.“2 Auf internationaler Ebene hat sich insbesondere die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) seit längerem mit Aspekten des fairen globalen Steuerwettbewerbs befasst, zu denen auch Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und -verkürzung gehören.3 Eine neue Qualität erhielt die Diskussion durch die Weltfinanz- und die durch sie verursachte Weltwirtschaftskrise. Seitdem erkennbar ist, dass die Haushaltslage der meisten Staaten auf unbestimmte Zeit angespannt sein wird, suchen die Finanzminister weltweit intensiv nach weiteren Einnahmequellen. Die Eindämmung schädlicher Steuerpraktiken stand daher auf der Agenda sämtlicher seit November 2008 abgehaltener Weltfinanzgipfel. OECD und G20-Staaten gehen übereinstimmend davon aus, dass ein fairer globaler Steuerwettbewerb maßgeblich von der Verbesserung des zwischenstaatlichen Informationsaustauschs in Steuerangelegenheiten abhängt. Sie interpretieren vor allem das strenge Bankgeheimnis vieler Länder als Einladung an Steuerhinterzieher und haben daher dessen Aufweichung in den Mittelpunkt ihrer Anstrengungen gestellt. Stichwort ist die weltweite Implementierung des sogenannten „OECD-Standards“, der insbesondere die Durchbrechung des Bankgeheimnisses im internationalen Amtshilfeverkehr verlangt.4 Einen ersten Teilerfolg konnten G20 und OECD im Vorfeld des Londoner Weltfinanzgipfels am 02.04.2009 verbuchen. Aus Furcht vor Aufnahme in eine von der OECD angekündigte (und schließlich auch vorgelegte) „Schwarze Liste“ nicht kooperativer Staaten erklärten betroffene Staaten im März und April 2009 gleich reihenweise ihre Bereitschaft zur künftigen Einhaltung des OECD-Standards. Nicht zu Unrecht wurde daher im Abschlusskommuniqué des Londoner Gipfels festgehalten: „Die Ära des Bankgeheimnisses ist vorbei.“5 Auch wenn noch nicht sämtliche Staaten ihren Ankündigungen Taten haben folgen lassen, ist der Trend zur verstärkten internationalen Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten klar erkennbar. Derzeit wird der OECD-Standard weltweit in zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen und bilateralen Abkommen über den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten implementiert. Auch Deutschland verhandelt derzeit mit einer Reihe von Staaten. Mit dem Fürstentum Liechtenstein hat 1 2 3 4 5
Bilsdorfer, NJW 2008, 1362 (1367). Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vom 26.10.2009, 14. Vgl. zuletzt OECD, Tax Co-Operation 2009 – Towards a Level Playing Field: 2009 Assessment by the Global Forum On Taxation, September 2009. § 4 Rn 114 ff. Vgl. G20-Staaten, Abschlusskommuniqué des Londoner Weltfinanzgipfels (02.04. 2009), Ziffer 15 Punkt 7, www.londonsummit.gov.uk/en/summit-aims/summit-communique (05.01.2010).
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§ 1 Einleitung Deutschland bereits ein entsprechendes Abkommen geschlossen. Es wird ab dem Jahr 2010 gelten. Mit Luxemburg hat Deutschland ebenfalls grundsätzliche Einigkeit über die Einhaltung des OECDStandards erzielt. Die Verhandlungen zwischen Deutschland und der Schweiz über die Ausweitung des Informationsaustausches in Steuerangelegenheiten haben zumindest bereits begonnen.
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A. 6
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C. 10
B.
Steueroasen – ein konturenloser Begriff
Bemerkenswert an der Debatte um sogenannte Steueroasen ist, dass dieser Begriff keine scharfen Konturen hat. Klar ist lediglich, dass er nahezu immer mit negativer Konnotation gebraucht wird. Der Hinweis, dass die Existenz einer Oase begriffsnotwendig eine sie umgebende Wüste voraussetzt und der Gebrauch des Begriffs „Steueroase“ daher auf den Verwender zurückfallen kann, hilft an dieser Stelle nicht weiter. Am intensivsten dürfte sich die OECD um eine Konturierung bemüht haben. Nach der Definition der OECD sind solche Staaten als Steueroasen („tax haven“) anzusehen, die folgende Kriterien erfüllen: Es gibt keine oder nur geringe Steuern, Transparenz und ein steuerlicher Informationsaustausch mit anderen Staaten existieren nicht.6 Allerdings haben Sachverhalte mit Bezug zu Steueroasen keinesfalls immer einen illegalen Hintergrund.7 Es kommt auf die konkrete Handlung des Betroffenen an. Unternehmen versuchen, durch Ausnutzung des internationalen Steuergefälles unter Einbeziehung ausländischer Gesellschaften Steuern zu vermeiden. Dies ist legitim, soweit dabei der gesetzliche Rahmen nicht verlassen wird (wichtiges Stichwort ist hier die „Gewinnverlagerung durch Verrechnungspreise“).8 Entsprechendes gilt für (meist vermögende) Personen, die durch Wohnsitzverlagerung ins Ausland die sie treffende Steuerlast reduzieren, soweit nur die Vorschriften zur Wegzugsbesteuerung9 und zur erweitert beschränkten Steuerpflicht bei Wohnsitzverlagerung in ein Land mit niedriger Besteuerung10 beachtet werden. Tatsächlich ist es originäre Aufgabe des Steuerberaters, für seinen Mandanten nach legalen Möglichkeiten der Steuerersparnis zu suchen. Richtig ist allerdings, dass Steueroasen häufig auch genutzt werden, um illegale Steuervorteile zu erlangen. Die breite Öffentlichkeit dürfte mit „Steueroasen“ vor allem Vermögensanlagen im Ausland assoziieren, deren Erträge in Deutschland in rechtswidriger Weise nicht versteuert werden. Dabei kommen mehr oder weniger ausgefeilte Konstruktionen zum Einsatz. Diese reichen von der Errichtung simpler Schwarzgeldkonten bzw. -depots über die Geldanlage in Stiftungen, Anstalten und Trusts bis hin zu geradezu undurchschaubaren Steuergestaltungen über Landesgrenzen hinweg, deren Primärzweck die Verschleierung des wirtschaftlichen Berechtigten ist.
C.
Inhalt und Ziel dieses Buchs
Eine vollumfängliche Darstellung des Themas „Steueroasen“ auf dem zur Verfügung stehenden Raum ist nicht möglich. Selbstbeschränkung ist unvermeidbar. Wir haben uns dazu entschieden, unversteuerte Vermögensanlagen im Ausland (nachfolgend auch „Schwarzgeldanlagen“ genannt) in den Mittelpunkt dieses Werks zu stellen. Dieser Fokus erscheint uns aus mehreren Gründen gerechtfertigt. 6
OECD, Overview of the OECD’s Work On Countering International Tax Evasion – A Background Information Brief, 14 October 2009, www.oecd.org/dataoecd/32/45/43757434.pdf. 7 Kritisch zu diesem Begriff Ritter, Betriebsberater 1987, 65 (68). 8 Hillenbrand, Betriebsberater 1997, 445. 9 § 6 AStG, sog. „Lex Horten“. 10 Dazu § 2 Rn 40 ff.
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C.
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Inhalt und Ziel dieses Buchs
Erstens wächst angesichts einer sich immer enger zuziehenden Schlinge generell der Informationsbedarf unter Schwarzgeldanlegern über ihre verbleibenden Handlungsoptionen. Zweitens verbreitet sich dabei allerdings eine aus unserer Sicht unangemessene Panik, die zu übereilten Handlungen verleitet und daher potentiell gefährlich ist. Uns geht es um eine sachliche Darstellung der Entwicklungen und Risiken. Wir zeigen, an welchen Stellen wirkliche Gefahren drohen und wo Panik unangebracht ist. Drittens entschließen sich immer mehr Schwarzgeldanleger zur Legalisierung ihres Vermögens. Selbstanzeigeberatung hat derzeit Hochkonjunktur. Dabei existieren zahlreiche Stolperfallen. Die Nichtbeachtung kann gravierende Folgen haben. Das vorliegende Buch zeigt, wie solche Stolperfallen umgangen werden können. Es wendet sich daher insbesondere auch an Rechtsanwälte und Steuerberater, die gelegentlich im Selbstanzeigebereich beraten, ohne hier den Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit zu haben. Schließlich ist die Konzentration auf illegale Auslandsanlagen und deren Legalisierung vor dem Hintergrund unserer eigenen beruflichen Praxis sinnvoll. Selbstanzeigeberatung insbesondere im Zusammenhang mit nichtversteuerten Kapitalerträgen ist der Schwerpunkt unserer Tätigkeit. Damit ist gleichzeitig gesagt, was das vorliegende Werk nicht leistet. Gestaltungshinweise zur legalen Steuervermeidung durch Ausnutzung des internationalen Steuergefälles enthält dieses Buch nur am Rande. Tipps zur illegalen Steuerumgehung bzw. -verkürzung durch Vermögensanlagen in Steueroasen stehen Berufsethos und -recht entgegen. Sie sind daher nicht Gegenstand dieses Buches. Das vorliegende Buch ist wie folgt aufgebaut: Zunächst erörtern wir Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts (§ 2) sowie fiskalische Fesseln, die deutsche Anleger zum Transfer ihres Vermögens ins Ausland bringen (§ 3). Anschließend befassen wir uns mit tatsächlichen und vermeintlichen Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen (§ 4). Argumente für die Legalisierung von Schwarzgeldern finden sich in § 5. §§ 6 und 7 beleuchten strafrechtliche und sonstige Risiken im Zusammenhang mit unversteuerten Auslandsvermögen. Einen möglichen Rückweg in die Legalität bietet die steuerliche Selbstanzeige (§ 8). Ob zur Selbstanzeige nachhaltige Alternativen existieren, erörtern wir in § 9. § 10 enthält Praxistipps zur Durchführung einer Selbstanzeige. In § 11 geben wir Hinweise zu erfolgreichen Kapitalanlagen nach der Legalisierung. Illegale Auslandsanlagen können nicht nur den Anleger betreffen, sondern wirken sich in verschiedener Form insbesondere auf Steuerberater sowie Banken und Banker aus. Den Chancen und Herausforderungen für diese beiden Berufsgruppen haben wir daher eigene Kapital gewidmet (§§ 12 und 13). Den Abschluss bildet § 14.
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§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts 2 1
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A.
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Eine häufige Frage von Anlegern dürfte in der heutigen Zeit lauten: Welche Steueroasen gibt es eigentlich noch? Es ist einen Versuch wert, unter Google den Text „Oh, wie schön ist Panama“ zu suchen. Erwartungsgemäß folgen zahlreiche Links zum Buch von Janosch über den kleinen Bären und seinen Freund, den kleinen Tiger. Ergänzt man den Suchbegriff aber durch das Wort „Steueroase“, ändert sich das Bild. Aus dem Kinderbuchtitel wird ein weltweit bekanntes Steuerparadies. Personen mit Wohnsitz in Panama müssen nur die in diesem Land erzielten Einkünfte versteuern (Höchstsatz 30 %).1 Somit kann eine Privatperson, die in Panama lebt, durch die Kapitalanlage im Ausland weitgehend steuerfrei leben. Ein Informationsaustausch mit der EU, insbesondere mit Deutschland, besteht aktuell nicht. Vorstehendes Beispiel zeigt, dass die Frage, ob ein Staat eine Steueroase ist, maßgeblich von der Ausgestaltung des jeweiligen nationalen Steuersystems abhängt. So stellt – zumindest in der Theorie – Panama immer noch eine reinrassige Steueroase dar.2 Doch muss die Frage gestellt werden, ob – und wenn ja, wie – ein ausländisches Steuersystem im Verhältnis zur Besteuerung in Deutschland eine echte Steuerersparnis bietet, und wie es in legaler Weise genutzt werden kann. Ein genauerer Blick zeigt, dass die meisten Steueroasen für einen in Deutschland Steuerpflichtigen nicht ohne Weiteres eine echte Steuerersparnis bieten – jedenfalls dann nicht, wenn er seine Einkünfte nach den in Deutschland gesetzlich vorgegebenen Regelungen ordnungsgemäß deklariert. Das liegt vor allem an den Vorschriften des deutschen Steuerrechts. Diese werden im Folgenden beleuchtet.
A.
Einkommensteuerpflicht in Deutschland
I.
Unbeschränkte Steuerpflicht
Natürliche Personen, die einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, unterliegen nach dem sogenannten Welteinkommensprinzip der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland.3 Dies bedeutet, dass sie ihr gesamtes im Inland und im Ausland erzieltes Einkommen in Deutschland versteuern müssen. > Beispiel Ein in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Kapitalanleger erzielt mit einem Festgeldkonto in Panama Zinserträge. Diese sind in Deutschland voll steuerpflichtig. Abgeltungsteuer wird nicht einbehalten. Er muss diese Zinserträge in Deutschland im Rahmen seiner Steuererklärung angeben und der Besteuerung mit der Abgeltungsteuer unterwerfen.
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The German Chamber Network, Marktprofil vom 13.03.2008 – Panama, S. 8. Merten, Steueroasen, S. 298. §§ 1 Abs. 1, 2 EStG.
2
A. Einkommensteuerpflicht in Deutschland Steuerpflichtig sind die Zinseinkünfte in dem Jahr, in dem sie dem Anleger zufließen. Die Steuererklärung muss der Anleger im Folgejahr abgeben. So kann er durch die Kapitalanlage im Ausland einen Stundungseffekt erreichen. Etwaige ausländische Quellensteuer kann auf die Abgeltungsteuer angerechnet werden. Allein die Kapitalanlage im Ausland führt für einen in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen daher nicht zu einer Steuerminderung. Ggf. entstehen Steuerstundungseffekte, aber keine Steuerfreistellung von Kapitaleinkünften. Es kann sich bei einer Steueroase aus Sicht eines in Deutschland steuerpflichtigen Anlegers nur dann um eine Steueroase handeln, wenn der Anleger tatsächlich in den Genuss eines Steuergefälles zwischen Deutschland und dem Ausland kommt. Was nutzt z. B. die Steuerfreiheit von ausländischen Kapitalerträgen in Panama, wenn der Anleger sie dennoch in Deutschland mit dem allgemeinen Steuersatz (hier die deutsche Abgeltungsteuer) versteuern muss?
II.
7
Doppelbesteuerungsabkommen
Sind im Rahmen einer Kapitalanlage grenzüberschreitende Sachverhalte betroffen, sind nicht nur die deutschen Besteuerungsregeln, sondern auch die jeweiligen nationalen Regelungen des Belegenheitsstaates sowie die bilateralen Vereinbarungen zwischen den Staaten zu prüfen. Überschneiden sich Besteuerungsrechte zweier Staaten, so sollen Doppelbesteuerungsabkommen bilateral eine Doppelbesteuerung vermeiden. Diese völkerrechtlichen Verträge zwischen zwei Staaten gehen den nationalen Bestimmungen vor. Sie sollen verhindern, dass Einkünfte doppelt, nämlich im In- und im Ausland, besteuert werden. Diese Abkommen regeln daher u. a., welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht. Ziel von Doppelbesteuerungsabkommen ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung, nicht jedoch das Herbeiführen einer Nullbesteuerung. Vielmehr soll der Grundsatz der Einmalbesteuerung gewahrt bleiben. Zur Vermeidung einer eventuellen Nullbesteuerung sind in vielen Abkommen Subject-to-tax-Klauseln vereinbart worden. Eine Nullbesteuerung würde entstehen, wenn der Staat, dem laut DBA das Besteuerungsrecht zustehen würde (in der Regel der Quellenstaat) tatsächlich keine Besteuerung vornimmt, während die Einkünfte im anderen Staat (in der Regel der Ansässigkeitsstaat) dem DBA folgend freigestellt werden würden. Die Subject-to-tax-Klausel regelt in diesem Fall, dass der Wohnsitzstaat eine Besteuerung vornehmen darf.4 Sie wird daher auch als Rückfallklausel bezeichnet, die das Entstehen sogenannter weißer Einkünfte (nicht versteuerter Einkünfte) verhindert. Auch bei Staaten, die mit Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben, unterliegen in der Regel Kapitalerträge, wie Zinsen und Dividenden, sowie Spekulationsgewinne der Steuerpflicht in Deutschland, wenn der Anleger in Deutschland als ansässig gilt. Zur Vermeidung oder Minderung der Doppelbesteuerung wird die ggf. im Ausland einbehaltene Quellensteuer auf die Abgeltungsteuer in Deutschland angerechnet. > Beispiel Ein in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Kapitalanleger erzielt auf einem in der Schweiz belegenen Depot Dividenden aus einem Schweizer Unternehmen. Diese sind in Deutschland voll steuerpflichtig. Abgeltungsteuer wird aber weder durch das Schweizer Unternehmen noch durch die Schweizer Depotbank einbehalten. Der Anleger muss diese Dividendenerträge in Deutschland im Rahmen seiner Steuererklärung angeben und der Besteuerung mit der Abgeltungsteuer unterwerfen.
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Vogel, in Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, vor Art. 6–22, Rn 19.
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§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts 12
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Die in der Schweiz abgeführte Schweizer Quellensteuer auf die Dividenden (35% Schweizer Verrechnungsteuer) kann in Höhe von 15% auf die Abgeltungsteuer angerechnet werden. Darüber hinausgehende Schweizer Verrechnungsteuer muss zur Erstattung in der Schweiz beantragt werden.5 Steuerpflichtig sind die Kapitalerträge in dem Jahr, in dem sie dem Anleger zufließen. Die Steuererklärung muss der Anleger im Folgejahr abgeben. So kann er durch die Kapitalanlage im Ausland allenfalls einen Stundungseffekt erreichen. Dies gilt aber nur dann, wenn im Ausland keine oder nur geringe Quellenbesteuerung erfolgt. Die Steuerstundung erreicht der Anleger im vorstehenden Beispiel nicht, da hier durch die Belastung mit Schweizer Verrechnungsteuer bereits ein hoher Liquiditätsabfluss im Ausland erfolgt ist. Dagegen werden in zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen ausländische Immobilieneinkünfte von der Besteuerung in Deutschland freigestellt. Sofern das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Belegenheitsstaat der Auslandsimmobilie das Freistellungsverfahren vorsieht, bleiben somit sowohl positive als auch negative Einkünfte in der deutschen Steuererklärung außer Ansatz. Die Einnahmen werden lediglich zur Ermittlung des progressiven Einkommensteuersatzes herangezogen.6 Seit 2008 ist EU-weit dieser sogenannte Progressionsvorbehalt weggefallen, so dass bei Eintritt der Freistellungsmethode die ausländischen Immobilieneinkünfte eines deutschen Anlegers in Deutschland völlig steuerfrei sind. Zahlreiche geschlossene Immobilienfonds nutzen dieses Gestaltungspotential – und dies unabhängig von der Auslandsanlage in einer Steueroase. Die Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien bzw. der Schweiz sehen anstelle der Freistellungsmethode die Anrechnungsmethode vor, nach der – unabhängig von der Belegenheit der Immobilie im Ausland – die ausländischen Mieteinkünfte in Deutschland besteuert werden können. Der Anleger kannn die im Ausland einbehaltene Steuer auf seine deutsche Steuer anrechnen.7
III. 17
EU-Quellensteuer
Die EU-Mitgliedstaaten haben sich darauf verständigt, zum 01.07.2005 durch Austausch von Informationen die Besteuerung von Zinserträgen natürlicher Personen und Personenzusammenschlüssen nicht gewerblicher Art im EU-Gebiet sicherzustellen.8 Mit der Zinsinformationsverordnung (ZIV) hat Deutschland die EU-Zinsrichtlinie in nationales Recht umgesetzt.9 Die Regelungen beschränken sich auf grenzüberschreitende Sachverhalte hinsichtlich des Bezugs von Zinsen und Erlösen aus dem Verkauf bestimmter verzinslicher Wertpapiere und Investmentfonds. ! Praxishinweis Die innerstaatlichen Regelungen über die Besteuerung von Zinserträgen bleiben hiervon unberührt.
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Wichtig ist dabei, dass es nicht auf den Sitz des Emittenten von Zinsprodukten oder des Zinsschuldners ankommt. Vielmehr erfolgt die Anknüpfung an den Ort der Zahlstelle, insbesondere der depotoder kontoführenden Bank.
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30
Der entsprechende Antrag ist zu finden unter der URL: http://www.bzst.de mit Weiterleitung auf die Homepage der Eidgenössischen Bundesverwaltung. § 32b EStG. z. B. Art. 6 und Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA (Schweiz), Art. 6 und Art. 23 Abs. 1 b) ee) DBA (Spanien). Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 03.06.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, Amtsblatt der Europäischen Union, L 157/38, vom 26.06.2003 sowie Entscheidung des Rates vom 19.07.2004, 2004/587/EG, Amtsblatt der Europäischen Union, L 257/7, vom 04.08.2004. Zinsinformationsverordnung vom 26.01.2004 (ZIV), BStBl I 2004, 297.
2
A. Einkommensteuerpflicht in Deutschland Luxemburg, Österreich und Belgien erteilen für eine Übergangszeit noch keine Auskünfte über Zinszahlungen an ausländische Zahlungsempfänger. Stattdessen haben diese Staaten für die ersten drei Jahre nach Inkrafttreten der Zinsrichtlinie (01.07.2005) eine Quellensteuer in Höhe von 15% erhoben. Die Quellensteuer erhöhte sich ab 01.07.2008 und beträgt aktuell 20%. Ab 01.07.2011 wird sie dann auf 35% angehoben. Mit bestimmten abhängigen oder assoziierten Gebieten sowie bestimmten Drittländern (z. B. Schweiz) wurden Abkommen geschlossen, welche ebenfalls einen entsprechenden Quellensteuerabzug vorsehen.
19
2 20
> Beispiel Ein in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Kapitalanleger erzielt auf einem in der Schweiz belegenen Depot Zinsen aus einer türkischen Anleihe. Diese Zinsen sind von der EU-Quellensteuer betroffen. Dagegen wäre eine Schweizer Anleihe auf einem Depot in der Türkei von der EU-Quellensteuer unberührt. Nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Staaten, mit denen ein automatischer Informationsaustausch besteht bzw. ein EU-Quellensteuerabzug vereinbart ist.10
10 Quelle: Bundeszentralamt für Steuern.
31
21
2
§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts Auskunftserteilung von Deutschland nach
Auskunftserteilung nach Deutschland von
Quellensteuerabzug bei Zinszahlungen aus
Abstandnahme vom Quellensteuerabzug möglich = ja
Belgien
ja
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 3
Bulgarien Dänemark (ohne Grönland und
ja ja
ja ja
Deutschland
ja
ja
Estland
ja
ja
Finnland Frankreich (inklusive der ÜberseeDepartements : Réunion, Guadeloupe, Martinique, Französisch-Guyana) Gibraltar
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Griechenland
ja
ja
- Stand August 2007Land EU-Mitgliedstaaten
2
die Färöer-Inseln)
Irland
ja
ja
Italien
ja
ja
Lettland
ja
ja
Litauen
ja
ja
Luxemburg
ja
grundsätzlich nicht
Malta
ja
ja
Niederlande
ja
ja
Österreich
ja
grundsätzlich nicht
Polen Portugal (inklusive Madeira, Azoren) Rumänien
ja ja
ja ja
ja
ja
Schweden
ja
ja
Slowakei
ja
ja
Slowenien Spanien (inklusive Kanarische Inseln)
ja ja
ja ja
Tschechische Republik
ja
ja
Ungarn Vereinigtes Königreich
ja ja
ja ja
Zypern (nur griechischer Teil)
ja
ja
Ab dem Meldezeitraum 2007!
ja
siehe Anmerkung 3
ja
siehe Anmerkung 3
Drittländer Andorra
nein
nein
ja
siehe Anmerkung 1
Liechtenstein
nein
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 2
Monaco
nein
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 2
San Marino
nein
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 2
Schweiz
nein
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 2
ja
siehe Anmerkung 3
abhängige und assoziierte Gebiete Anguilla
nein
ja
Kaiman-Inseln
nein
ja
Britische Jungferninseln
ja
grundsätzlich nicht
Montserrat
ja
ja
Turks- und Caicosinseln Guernsey
32
nein
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 3
ja
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 3
2
A. Einkommensteuerpflicht in Deutschland Jersey
ja
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 3
Insel Man
ja
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 3
Aruba
ja
ja
Niederländische Antillen
ja
grundsätzlich nicht
ja
siehe Anmerkung 3
2
Anmerkung 1: Antrag beim zuständigen deutschen Finanzamt auf Ausstellung einer Bescheinigung zur Ermöglichung der Abstandnahme vom Quellensteuerabzug zur Vorlage bei der ausländischen Zahlstelle Anmerkung 2: Ermächtigung der ausländischen Zahlstelle zur Erteilung von Auskünften Anmerkung 3: Beide unter Anmerkung 1 und 2 aufgeführten Verfahren in Zinsrichtlinie / in Abkommen vorgesehen Ob im Staat der Quellensteuererhebung beide Verfahren oder ggf. nur eines der Verfahren angewandt wird, ist bei der ausländischen Zahlstelle zu erfragen (vergleiche Randziffer 71 des Einführungsschreibens zur Zinsinformationsverordnung vom 06. Januar 2005, Bundessteuerblatt 2005 Teil I, Seite 29). Die Aufstellung gibt nur den Stand zur Auskunftserteilung nach der Zinsrichtlinie oder nach gleichwertigen Abkommen wieder. Andere zwischenstaatliche Bestimmungen, die zum Beispiel einen Auskunftsaustausch im Falle von anderen Einkunftsarten oder im Falle von Steuerbetrug vorsehen, sind in dieser Aufstellung nicht berücksichtigt.
Wichtig ist, dass die Besteuerung der Zinserträge in Deutschland nicht durch die Erhebung der Quellensteuer in den drei genannten EU-Mitgliedstaaten ausgeschlossen wird. Es verbleibt trotz Einbehalt der EU-Quellensteuer im Ausland bei der Steuerpflicht der Kapitalerträge in Deutschland. Über die Höhe der einbehaltenen Quellensteuer wird eine Steuergutschrift erteilt. Die Quellensteuer wird auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet oder, sofern die Quellensteuer die zu zahlende Einkommensteuer übersteigt, im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erstattet. Bei einem deutschen Abgeltungssteuersatz von 25% wird es spätestens Mitte 2011 zu Überzahlungen und somit zu Erstattungen kommen, da dann die EU-Quellensteuer 35% beträgt.
22
23
> Beispiel Ein in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Kapitalanleger erzielt auf einem in Österreich belegenen Depot Zinsen aus Anleihen in Höhe von 10.000 Euro. Diese sind in Deutschland voll steuerpflichtig. Abgeltungsteuer wird durch die österreichische Depotbank nicht einbehalten, wohl aber EU-Quellensteuer – aktuell in Höhe von 20%. Daher fließen dem Anleger nach Abzug der EU-Quellensteuer 8.000 Euro Zinsen zu. Der Anleger muss die Zinserträge in voller Höhe, d. h. in Höhe von 10.000 Euro, in Deutschland im Rahmen seiner Steuererklärung angeben und der Besteuerung mit der Abgeltungsteuer unterwerfen (2.500 Euro). In der Steuererklärung gibt er jedoch auch die abgeführte EU-Quellensteuer an. Die einbehaltene EU-Quellensteuer wird in voller Höhe (2.000 Euro) auf die Abgeltungsteuer angerechnet. Somit muss er nur noch den überschießenden Teil der Abgeltungsteuer bezahlen. Er schuldet dem deutschen Fiskus somit nur noch 500 Euro. Steuerpflichtig sind die Kapitalerträge in dem Jahr, in dem sie dem Anleger zufließen. Die Steuererklärung muss der Anleger im Folgejahr abgeben. So kann er durch die Kapitalanlage im Ausland allenfalls einen Stundungseffekt erreichen. Dies gilt aber nur dann, wenn im Ausland keine oder nur geringe Quellenbesteuerung erfolgt. Eine weitreichende Steuerstundung erreicht der Anleger im vorstehenden Beispiel im Endeffekt nicht, da hier durch die Belastung mit EU-Quellensteuer bereits ein Liquiditätsabfluss im Ausland erfolgt ist. Anders als für die Anrechnung der Abgeltungsteuer benötigt der Anleger für die Bescheinigung der ausländischen EU-Quellensteuer explizit keine Original-Steuerbescheinigung. Die ausländische Zahlstelle muss nicht auf das Muster des deutschen Bundesfinanzministeriums zurückgreifen. Ausreichend ist die Darstellung der einbehaltenen EU-Quellensteuer in sonstigen Unterlagen, aus denen 33
24
25
26
27
2
§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts
2 28
29 30
sich Name und Anschrift der Zahlstelle (z. B. depotführende Bank) und des wirtschaftlichen Eigentümers (in der Regel der Anleger), die Höhe der EU-Quellensteuer, der Zahltag und die Kontonummer oder Angaben zur zugrundliegenden Forderung ergeben.11 Damit sind gängige Erträgnisaufstellungen zum Nachweis der anzurechnenden EU-Quellensteuer durchaus ausreichend. Diese Tatsache ist übrigens noch nicht zu jedem Finanzamt vorgedrungen. So bestehen manche Finanzämter fälschlicherweise noch immer auf einer „EU-Quellensteuer-Bescheinigung“ als Anrechnungsvoraussetzung. Nachfolgende Tabelle stellt die Zahlungseingänge in Deutschland 2005 und 2006 aufgrund der Vorschriften der EU-Zinsrichtlinie dar.12
Das Aufkommen an Quellensteuer aufgrund der EU-Zinsrichtlinie betrug 155 Mio. Euro im Jahr 2007 und im Jahr 2008 196 Mio. Euro.13 Es gibt für den Anleger aktuell noch Möglichkeiten, den Abzug von Quellensteuer zu vermeiden. Hierzu stehen ihm nach der Zinsrichtlinie grundsätzlich zwei Möglichkeiten offen: ■ Ermächtigung der ausländischen Zahlstelle zur Erteilung von Auskünften über die Zinszahlungen; ■ Antrag beim zuständigen deutschen Finanzamt auf Ausstellung einer Bescheinigung zur Ermöglichung der Abstandnahme vom Quellensteuerabzug zur Vorlage bei der ausländischen Zahlstelle. 11 BMF, Anwendungsschreiben zur ZIV vom 11.01.2008, BStBl I 2008, 320, Rz. 69. 12 BMF, Monatsbericht des BMF – Oktober 2007, 53. 13 BMF, Monatsbericht des BMF – Juli 2009, 2.7; BMF, Monatsberichte des BMF – Juli 2008, S. 78.
34
2
A. Einkommensteuerpflicht in Deutschland Faktisch kommt die erste Alternative – die Ermächtigung zur Erteilung von Auskünften – einer partiellen Befreiung vom Bankgeheimnis gleich, während bei der zweiten Alternative – Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung – dem deutschen Finanzamt von vornherein die Bankverbindung zur Auslandsbank kundgetan werden muss. Das deutsche Muster zum Antrag beim deutschen Finanzamt sieht wie folgt aus:14
14 www.bzst.de/003_menue_links/019_eu_zinsrichtlinie/162_formulare/index.html (10.01.2010).
35
31
32
2
2
§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts
Finanzamt
Ort, Datum
, Steuernummer/Geschäftszeichen
{
2
Bei Rückfragen bitte angeben
Straße
Auskunft erteilt Telefon
Zimmer
Bescheinigung zur Ermöglichung der Abstandnahme vom Quellensteuerabzug - Artikel 13 Absatz 2 Richtlinie 2003/48/EG / § 13 ZIV Attestation des autorités fiscales pour la non-application de la retenue à la source Bevestiging van de Belastingautoriteiten voor de uitzondering op de procedure van bronbelasting Certification by the tax authorities for the exception to the withholding tax procedure
Der Unterzeichner bestätigt, dass / Le soussigné certifie que / de ondergetenkende bevestigt dat / the undersigned certifies that der wirtschaftliche Eigentümer / le bénéficiaire effectif / de uiteindelijke gerechtigde / the benificial owner Name und Vornamen
/ nom et prénoms / naam en voornamen / family name and given name
Straße und Hausnummer
Postleitzahl, Wohnort
/ rue et n° / straat en nr. / street and street number
/ code postal, localité / Postcode, Gemeente / postal code, city
Steuer-Identifikationsnummer
oder Geburtsdatum und –ort /
/ numéro d’identification fiscal / fiscaal identificatienummer / tax identification number
ou date et lieu de naissance / of geboortedatum en -plaats / or date and place of birth
angegeben hat, einen Zinsanspruch zu besitzen bei der Zahlstelle: a déclaré être créancier d’intérêts dus par l’agent payeur indiqué ci-après heeft angegeven, dat hij een aanspraak op rente heeft bij de uitbetalende instantie has stated that he is entitled to receive interest payments from the paying agent:
-2-
Hinweis: Soweit noch keine Steuer-Identifikationsnummer vergeben wurde, ist die Einkommensteuernummer einzutragen.
36
2
A. Einkommensteuerpflicht in Deutschland -2-
Firma oder Bezeichnung
Anschrift oder Sitz
2
/ Adresse ou siège social / adres of maatschappelijke zetel / address or registered office
Straße und Hausnummer
Postleitzahl, Ort
/ Dénomination ou raison sociale / Benaming of Firma / company or corporate name
/ Rue et n° / straat en nr. / street and street number
/ Code postal, localité / Postcode, Gemeente / Postal code, City
Kontonummer des wirtschaftlichen Eigentümers oder, in Ermangelung einer solchen, Kennzeichen des Wertpapiers: numéro de compte du bénéficiaire effectif ou, à défaut, identification du titre de créance rekeningnummer van de uiteindelijk gerechtigde of, bij ontstentenis daarvan, een eenduidige omschrijving van het schuldinstrument the account number of the beneficial owner or, where there is none, the identification of the security:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Nicht ausgefüllte Zeilen sind zu streichen! / Please delete lines, which aren’t filled!
Diese Bescheinigung ist höchstens drei Jahre gültig. Ce certificat est valable pour une période n’excédant pas trois ans Deze verklaring is geldig voor ten hoogste drie jaar This certificate is valid for a period not exceeding three years.
Unterschrift (Finanzamt) signature (tax office)
Datum / date / datum
Dienststempel des Finanzamtes cachet du service / stempel van de dienst / official stamp
Hinweis: Soweit noch keine Steuer-Identifikationsnummer vergeben wurde, ist die Einkommensteuernummer einzutragen.
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2
§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts 33
2
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41
Ob im Staat der Quellensteuererhebung beide Verfahren oder ggf. nur eines der Verfahren angewandt wird, kann der oben angeführten Ländertabelle des Bundeszentralamtes für Steuern entnommen werden. So sind z. B. in Österreich wahlweise beide Verfahren möglich, in der Schweiz dagegen nur die Ermächtigung zur Erteilung von Auskünften. Wichtig ist dabei insbesondere, dass es sich um in Deutschland erklärte Kapitaleinkünfte, also um Onshore-Vermögen, handelt. Offshore-Gelder müssen erst legalisiert werden, um die Abstandnahme vom EU-Quellensteuerabzug zu ermöglichen. Ansonsten droht die Gefahr, das Kapital aufzudecken, ohne die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige genutzt zu haben. Es gibt weitere Möglichkeiten, den Abzug von EU-Quellensteuer zu vermeiden, wobei in diesem Zusammenhang ausdrücklich festzuhalten ist, dass die Vermeidung von EU-Quellensteuer im Ausland keinerlei Auswirkungen auf die Steuerpflicht der Kapitaleinkünfte in Deutschland hat. Insbesondere weist die EU-Zinsrichtlinie noch viele Schlupflöcher auf. Nicht von der EU-Zinsrichtlinie betroffen sind z. B. Dividenden, Veräußerungsgewinne aus Kapitalanlagen nach neuem Recht gemäß § 20 Abs. 2 EStG oder aus privaten Veräußerungsgeschäften. Investmentfonds unterliegen in Abhängigkeit von ihren Investitionsentscheidungen der EU-Quellensteuer. So sind insbesondere Aktienfonds sowie Immobilienfonds nicht vom Quellensteuerabzug betroffen. Bei gemischten Fonds greift die EU-Quellensteuer auf Erträge, wenn der Anleihenanteil 15% übersteigt. Bei der Veräußerung der Fondsanteile selbst greift eine Grenze von 40% Anleiheanteil. Auch die sogenannten Grandfathering-Anleihen sind von den Vorschriften der Zinsinformation und des EU-Quellensteuerabzugs ausgenommen. Das sind Anleihen, die vor dem 01.03.2001 begeben wurden bzw. deren Emissionsprospekt vor diesem Zeitpunkt genehmigt wurde. Allerdings gilt diese Ausnahmeregelung im Regelfall längstens bis Ende 2010. Eine Folgeemission von Staatsanleihen ab dem 01.02.2003 beendet diese Begünstigung unter Umständen bereits vor 2010.15 Gegebenenfalls greift die Ausnahmeregelung auch über 2010 hinaus, wenn der in Deutschland steuerpflichtige Anleger entsprechende Anleihen auf Depots in Belgien, Luxemburg oder Österreich hält oder in Anleihen mit Bruttozinsklauseln investiert.16 Auch sonstige Arten von Kapitalanlagen wie Optionen, Termingeschäfte und Lebensversicherungen sind nicht von der EU-Quellensteuer betroffen. Zertifikate fallen ebenfalls nicht unter die EU-Quellensteuer, wobei dies nicht in jedem Fall für Österreich gilt.17 Die Schlupflöcher der EU-Quellensteuer sind nicht erst seit gestern bekannt, wie auch der Presse bereits im Jahr 2005 zu entnehmen war. Im Handelsblatt vom 07.07.2005 war zu lesen: „BVR: EUZinsrichtlinie weist Lücken auf “. Das Manager Magazin gab am 06.07.2005 folgende Hinweise: „Wie man die Zinsbesteuerung umgeht – Steuern auf Kapitalerträge im europäischen Ausland? Das muss nicht sein, sagen Experten. Clevere Anleger könnten die neue EU-Zinsrichtlinie umgehen – ganz legal. Sie müssten lediglich ihr Depot umschichten.“ Es ist darauf hinzuweisen, dass die EU-Quellensteuer nur als Übergangslösung gedacht ist. Spätestens in dem Zeitpunkt, in dem alle in der Richtlinie aufgeführten Drittstaaten ebenso wie die USA Auskünfte nach dem OECD-Musterabkommen erteilen, wird der EU-Quellensteuereinbehalt beendet und es werden auch aus Belgien, Österreich und Luxemburg Kontrollmitteilungen über Zinseinkünfte erfolgen.18 Vor gar nicht allzu langer Zeit erschien diese Möglichkeit des Informationsaus-
15 16 17 18
38
§ 15 ZIV. § 15 ZIV i. V. m. § 10 ZIV. Österreichisches Bundesfinanzministerium, Eine Information der Steuersektion vom 01.08.2005. Art. 10 ZinsRL, vgl. auch § 4 Rn 107 ff.
2
B. Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht in Deutschland tausches aus europäischen Steueroasen als unrealistisch. Aber die aktuellen Ereignisse in der nahen Vergangenheit, insbesondere die Zugeständnisse von Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz zeigen, dass ein Informationsaustausch aus (dann ehemaligen) Steueroasen durchaus realistisch ist. Unter diesem Blickwinkel ist besonders interessant, dass die EU an der Fortentwicklung und Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie arbeitet. Nicht nur die europaeinheitliche Auslegung der Richtlinie wird angestrebt. Vielmehr gilt es, die zahlreichen Schlupflöcher zu stopfen. Die EU strebt an, die Meldepflichten und damit auch den Einbehalt der EU-Quellensteuer auf zwischengeschaltete Strukturen wie Offshore-Gesellschaften, Trust-Konstruktionen, Stiftungen oder sonstige Rechtsformen auszuweiten. Die bestehenden Finanzprodukte werden ebenfalls geprüft. So soll eine weitgefasste Anwendung der EU-Zinsrichtlinie auf zinsähnliche Finanzprodukte erfolgen. Zusätzlich wird eine räumliche Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie auf weltweit belegene Finanzplätze, wie z. B. Singapur, Hongkong und Macao, angestrebt.19
B.
Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht in Deutschland
42
B.
Auch hinsichtlich Erbschaft- und Schenkungsteuer führt eine Verlagerung der Kapitalanlagen ins Ausland allein nicht zu einer Minderung der Steuerlast. Ganz im Gegenteil: Die Verlagerung von Vermögen ins Ausland kann unter erbschaft- und schenkungsteuerlichen Gesichtspunkten zu einer erheblichen Steuermehrbelastung führen. Die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht knüpft an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers bzw. Schenkers in Deutschland an. Das bedeutet: Auch wenn nur der Erwerber seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, greift die unbeschränkte Erbschaftbzw. Schenkungsteuerpflicht in Deutschland.20 Erfasst von der Besteuerung wird das gesamte vererbte Vermögen – unabhängig davon, in welchem Land es sich befindet. Neben der Besteuerung in Deutschland greift regelmäßig noch die Erbschaft- und Schenkungsteuer des Belegenheitsstaates. Oftmals existiert kein Doppelbesteuerungsabkommen für Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, so dass eine Vermeidung der Doppelbesteuerung nur nach dem deutschen Erbschaftsteuergesetz in Frage kommt, und dieses versagt eine Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer z. B. in Fällen von Auslandskonten und -depots.21
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> Beispiel Ein in Spanien lebender Anleger verstirbt und vererbt seinem einzigen Sohn, der in Deutschland lebt, sein Vermögen – u. a. Kapitalvermögen auf einem spanischen Depot. Die Erbschaft unterliegt in Deutschland der Erbschaftsteuer, weil der Erbe in Deutschland seinen Wohnsitz hat. Aber auch Spanien erhebt Erbschaftsteuer. Da Deutschland die spanische Erbschaftsteuer auf das Kapitalvermögen in Spanien nicht anrechnet, wird der Erbe bezüglich dieses Vermögens mit spanischer und deutscher Erbschaftsteuer doppelt belastet. Ein Doppelbesteuerungsabkommen Erbschaftsteuer zwischen Deutschland und Spanien besteht nicht. Der EuGH hat die Rechtmäßigkeit dieser Doppelbesteuerung bestätigt.22 Es bleibt festzustellen, dass auch aus erbschaft- und schenkungsteuerlicher Sicht eine Verlagerung von Vermögen in das Ausland, insbesondere in Steueroasen, nicht zwangsläufig zu einer echten Steuerersparnis führt. Eher noch sollten Vermögensverlagerungen ins Ausland unter dem Aspekt einer Mehrbelastung durch eine mögliche Doppelbesteuerung geprüft werden.
19 20 21 22
BMF, Monatsbericht des BMF – Oktober 2007, S. 55. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 121 BewG. EuGH vom 12.02.2009, C-67/08, NJW 2009, 977.
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2
2
§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts 46
2
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C. 48
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53
Besteht bereits Auslandsvermögen, so sollten vor dem Todesfall etwaige Vermögensumstrukturierungen geprüft werden. Eine Überlegung hierzu ist auch die Rückführung von Kapitalvermögen nach Deutschland, wobei nur eine Rückführung von Onshore-Vermögen erfolgen sollte. OffshoreVermögen kann im Wege der Selbstanzeige nachdeklariert und dann zurückgeführt werden. Für Zwecke der Abgeltungsteuer ist ergänzungshalber darauf hinzuweisen, dass in Fällen der Rückführung die ausländischen Banken innerhalb der EU und des EWR der Bank in Deutschland schriftlich die Anschaffungsdaten – wie Einstandspreise und Anschaffungszeitpunkt – mitteilen, um Kapitalanlagen mit Bestandsschutz darstellen zu können oder etwaige Ersatzbemessungsgrundlagen bei Veräußerung in Deutschland zu vermeiden.23 Ein Nachweis durch den Anleger selbst darf nicht erfolgen.
C.
„Ich bin dann mal weg“
Die vorstehenden Kapitel haben gezeigt, dass Steuergefälle zwischen Steueroasen und Deutschland nicht ohne weitere Voraussetzung genutzt werden können. Fraglich ist, ob wenigstens durch den Umzug ins Ausland eine echte Steuerersparnis erreicht werden kann. Insbesondere für private Kapitalanleger stellt sich die Frage eines Wegzugs in eine Steueroase. Voreiliges Handeln ist jedoch nicht sinnvoll. Die Wohnsitzverlagerung ins Ausland ist unter verschiedensten Gesichtspunkten zu prüfen. Abgesehen von der steuerlichen Behandlung eines Immigranten im Ausland sollte ein besonderes Augenmerk auf politische Stabilität, Infrastruktur, Kosten des Lebensunterhalts, kulturelle Unterschiede etc. gelegt werden. Auch aus steuerlicher Sicht stehen zahlreiche deutsche Regelungen einer sofortigen Nutzung von Steuergefällen im Ausland entgegen. Zunächst greift in bestimmten Fällen die beschränkte Einkommensteuerpflicht in Deutschland. Aber auch die verlängerte unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht ist nicht unbeachtlich. Zudem gelten verschiedene deutsche Regelungen bei bestimmten Sachverhalten wie z. B. die erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht mit zum Teil teuren Steuerfolgen. Wesentliche Aspekte werden nachfolgend dargestellt:
I.
Einkommensteuer
1.
Beschränkte Einkommensteuerpflicht
Nach deutschem Steuerrecht unterliegen einzelne Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen auch dann der deutschen Steuerpflicht, wenn die steuerpflichtige Person weder ihren Wohnsitz noch ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland hat – es handelt sich dann um die beschränkte Einkommensteuerpflicht.24 Bemessungsgrundlage sind dabei die einzelnen Einkünfte, nicht das Welteinkommen. Insbesondere gewerbliche Einkünfte aus einer in Deutschland belegenen Betriebsstätte führen zur beschränkten Steuerpflicht. Aber auch Vergütungen aus einer Geschäftsführertätigkeit oder als Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung in Deutschland können zu einer in Deutschland beschränkten Steuerpflicht führen. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung greift die beschränkte Steuerpflicht, wenn die Immobilien in Deutschland liegen. 23 § 43a Abs. 2 S. 5 EStG.. 24 § 49 EStG.
40
2
C. „Ich bin dann mal weg“ Selbst mit einem Wohnsitz im Ausland unterliegt ein Kapitalanleger also in Deutschland der Besteuerung, wenn er bestimmte Einkünfte erzielt, deren Quelle in Deutschland liegt. Für manche beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte wird die Einkommensteuer über einen Quellensteuerabzug einbehalten. So werden z. B. Dividenden aus einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland der 25%-igen Abgeltungsteuer unterworfen.
54 55
2
! Praxishinweis Liegen die Voraussetzungen für eine beschränkte Steuerpflicht vor, ist immer zu prüfen, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen das deutsche Besteuerungsrecht beeinflusst. Häufig ist die Besteuerung durch ein Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen oder eingeschränkt, obwohl Deutschland nach nationalem Recht besteuern dürfte. > Beispiel Anleger Sparfuchs mit Wohnsitz in Österreich hat auf seinem österreichischen Depot Aktien der Siemens AG liegen. Im Jahr 2009 schüttet die Siemens AG eine Dividende in Höhe von 1,60 EUR aus. Die Dividende unterliegt in Deutschland dem Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von 25 %. Somit erhält der Anleger in Österreich lediglich eine Dividende in Höhe von 1,20 EUR je Aktie. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich dürfte Deutschland jedoch nur 15 % Quellensteuer auf die Dividende einbehalten.25 Somit ergibt sich für Herrn Sparfuchs in Deutschland ein Erstattungssatz in Höhe von 10 % auf die zu hoch einbehaltende Kapitalertragsteuer in Deutschland. Erzielt Herr Sparfuchs dagegen z. B. Zinsen aus einem obligationsähnlichen Genussrecht von einem deutschen Schuldner, so sind diese zwar grundsätzlich beschränkt steuerpflichtig.26 Allerdings ordnet das Doppelbesteuerungsabkommen Österreich dem Wohnsitzstaat, hier Österreich, das Besteuerungsrecht zu.27 Hier sei der Hinweis erlaubt, dass der beschränkt steuerpflichtige Anleger einen Abzug von Kapitalertragsteuer insbesondere auf Zinsen vermeiden kann, wenn er der deutschen Zahlstelle, in der Regel ein Kreditinstitut, seine Devisenausländereigenschaft bestätigt.
2.
57
Erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht
Neben der beschränkten Einkommensteuerpflicht regelt das sogenannte Außensteuergesetz erweiterte Besteuerungen für natürliche Personen, die in eine Steueroase umziehen und ihre unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe ihres deutschen Wohnsitzes (oder des gewöhnlichen Aufenthalts) beenden. In solchen Fällen greift die sogenannte erweitert beschränkte Steuerpflicht.28 Eine natürliche Person bleibt danach bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Ende des Wegzugs in Deutschland mit bestimmten Einkünften steuerpflichtig, wenn sie ■ in den letzten zehn Jahren vor ihrem Wegzug als Deutscher mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, ■ nach wie vor wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland hat und ■ nach dem Wegzug in einem Niedrigsteuerland ansässig ist. In diesen Fällen unterliegen neben den regulären beschränkt steuerpflichtigen Einkünften zusätzlich auch die Einkünfte der Besteuerung, die nicht sogenannte „ausländische Einkünfte“ sind.29 25 26 27 28 29
56
Art. 10 Abs. 2 b) DBA (Österreich). § 49 Abs. 1 Nr. 5 c) bb) EStG. Art. 11 DBA (Österreich). § 2 AStG. § 34c Abs. 1 EStG.
41
58
59
2
§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts 60
2
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64
65
Damit fallen z. B. nicht mehr nur grundschuldrechtlich besicherte Zinsen von inländischen Schuldnern unter die Besteuerung, sondern auch Zinsen aus Termingeldern bei deutschen Banken und aus deutschen Bundesanleihen. Bei der erweitert beschränkten Steuerpflicht gilt, dass die erfassten Einkünfte mit dem für das gesamte Welteinkommen geltenden Steuersatz zu versteuern sind.30 Dabei ergeben sich ab 2009 einige Verschärfungen: Inländische Dividenden unterliegen z. B. bei einem beschränkt steuerpflichtigen Anleger dem Quellensteuerabzug (Kapitalertragsteuer) in Höhe von 25 %. Dieser Steuerabzug an der Quelle hat abgeltende Wirkung. Somit sind anderweitig erzielte Einkünfte für die Bemessung des Steuersatzes irrelevant. Dies gilt jedoch nicht, soweit der Anleger erweitert beschränkt steuerpflichtig ist. Bei erweitert beschränkter Steuerpflicht greift die tarifliche Einkommensteuer unter Berücksichtigung des Welteinkommens. Die Abgeltungswirkung der Kapitalertragsteuer ist dabei aufgehoben. Das bedeutet, dass es bei hohen Einkünften zu einer erheblichen Mehrbelastung des erweitert beschränkt Steuerpflichtigen kommen kann.31 Auch bei der erweitert beschränkten Steuerpflicht gilt, dass etwaige Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens zu prüfen sind. Denn führen die Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens zur Zuweisung der Besteuerungsrechte des Wohnsitzstaates, so werden die Besteuerungsrechte nach deutschem Recht verdrängt. Besondere Beachtung verdient das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz. Gemäß Art. 4 Abs. 4 DBA (Schweiz) wird die Anwendung der erweitert beschränkten Steuerpflicht nach § 2 AStG beibehalten. Allerdings erfolgt eine zeitliche Einschränkung. Die erweitert beschränkte Steuerpflicht greift in dem Jahr des Wegzugs und in den folgenden fünf Jahren anstelle des Zeitraums von zehn Jahren.
3. 66
Wegzugsbesteuerung
Bei dem Entschluss, Deutschland aus steuerlichen Gründen zu verlassen, ist insbesondere für Unternehmer die Frage der Wegzugsbesteuerung von vorrangigem Interesse.32 Bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach deutschem Einkommensteuergesetz unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes endet, führt der Wegzug zu einer fiktiven Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung. Auch ein Wegzug in einen Staat der EU oder des EWR führt damit zu einer Besteuerung der stillen Reserven. Die Steuer wird in diesen Fällen jedoch ohne Sicherheitsleistung bis zu ihrer Realisierung (ggf. im Ausland) gestundet. Nach der Neuregelung der Wegzugsbesteuerung entfällt die gestundete Steuer wieder, wenn der Weggezogene zu späterem Zeitpunkt nach Deutschland zurückkehrt. ! Praxishinweis Trotz der Stundung der Steuerschulden bei Wegzug in die EU/EWR muss ein Auge darauf geworfen werden, ob bei einer tatsächlichen Veräußerung zu einem späteren Zeitpunkt die Doppelbesteuerung in Deutschland und im Ausland vermieden wird.
30 § 2 Abs. 5 a) EStG. 31 Haase, Betriebsberater 2008, 2555. 32 § 6 AStG.
42
2
C. „Ich bin dann mal weg“
II.
Erbschaftsteuer
1.
Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht trotz Wegzugs
2
Auch hinsichtlich der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer führt eine Wohnsitzverlagerung des Erblassers in eine Steueroase nicht sofort zu einer Nutzung des Steuervorteils im Ausland. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 b) ErbStG (sogenannte unbeschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht) besteht in Deutschland weiterhin ein Besteuerungsrecht: Der gesamte Nachlass des Erblassers bzw. Schenkers unterliegt selbst nach dem Wegzug fünf Jahre in Deutschland der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Hier zeigt sich, dass ein Wegzug unter erbschaft- und schenkungsteuerlichen Gesichtspunkten längerfristig zu planen ist. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass allein die Tatsache, dass der Erwerber des Nachlasses seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, dazu führt, dass die Erbschaft bzw. Schenkung in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist. Daher muss zur Vermeidung der unbeschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht nicht nur der Erblasser, sondern müssen auch seine Erben Deutschland den Rücken kehren. Dies wird nur selten gelingen, denn während Erblasser oftmals ungebundener über den Aufenthaltsort ihres Lebensabends entscheiden können, sind Erben vielfach durch ihre Berufstätigkeit, die Übernahme des elterlichen Betriebs oder einer Führungsposition im Familienunternehmen in Deutschland bereits räumlich gebunden.
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Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Über die beschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht führt bestimmtes, in Deutschland belegenes Vermögen immer zu einer Steuerpflicht.33 Dies gilt unabhängig von etwaigen Halte- oder Wegzugsfristen. Betroffen sind insbesondere in Deutschland belegene Immobilien, inländisches Betriebsvermögen und Beteiligungen an deutschen Kapitalgesellschaften (mindestens 10%). Nicht erfasst wird dagegen privates Kapitalvermögen, auch wenn es sich auf einem deutschen Depot befindet.
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Erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Bei Wegzug in ein Niedrigsteuergebiet wird die deutsche, beschränkte Erbschaftsteuerpflicht auf das Vermögen ausgeweitet, das zu deutschen Einkünften führt.34 Diese sogenannte erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht ist gegenüber der unbeschränkten und der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht subsidiär. Soweit in den ersten fünf Jahren die erweitert unbeschränkte Steuerpflicht einschlägig ist, erlangt die erweitert beschränkte Steuerpflicht erst ab dem sechsten bis zum zehnten Jahr nach dem Wegzug Bedeutung. Möchte daher ein Deutscher aus Deutschland wegziehen, so muss er zur Vermeidung der Besteuerung mit deutscher Erbschaftsteuer mindestens die 5-Jahresfrist überleben. Im 6. Jahr bis zum 10. Jahr nach seinem Wegzug muss er sein Vermögen so umstrukturiert haben, dass das Vermögen nicht dem erweiterten Inlandsvermögensbegriff unterliegt.35 33 § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 BewG. 34 § 4 AStG. 35 Wohl eher theoretischer Natur: der Deutsche kann auch seine deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben.
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Der Rückgriff auf solches Vermögen, das zu deutschen Einkünften führt, betrifft vor allem Kapitalanlagen im Inland. Genannt seien hier beispielhaft Kapitalforderungen gegen Schuldner in Deutschland, Spareinlagen und Bankguthaben bei Kreditinstituten in Deutschland, Aktien von deutschen Kapitalgesellschaften und Anteile an deutschen Investmentfonds sowie Versicherungsansprüche gegen deutsche Versicherungsunternehmen.
III. 76
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Stolperfallen beim Wegzug
Bereits vorstehende steuerliche Regelungen zeigen, dass es beim Wegzug in das niedrig besteuerte Ausland von Stolperfallen nur so wimmelt. Wer daher dem deutschen Besteuerungsrecht entkommen will, sollte sich an diverse Punkte halten. Insbesondere sind folgende Regelungen zu beherzigen: ■ Es müssen faktisch die Beziehungen zu Deutschland abgebrochen werden. Dies muss für alle (insbesondere für das Finanzamt) ersichtlich erfolgen. So sollte eine Abmeldung beim Einwohnermeldeamt vorgenommen werden. Auf das Wahlrecht in Deutschland sollte verzichtet werden. Sämtliche Steuerschulden beim Wohnsitzfinanzamt sollten beglichen werden. ■ Die eigengenutzte Immobilie muss aufgegeben werden, unabhängig davon, ob es sich um eine Wohnung oder ein Haus handelt. Entweder erfolgt eine Vermietung, ein Verkauf an Fremde oder eine Schenkung an die eigenen Kinder. Dabei ist jedoch bei Schenkung darauf zu achten, dass kein Zimmer bereitstehen darf, auf das der Schenker jederzeit zurückgreifen kann. Besser ist es, sich von der eigengenutzten Immobilie vollends zu trennen. Auch das Telefon soll abgemeldet werden, ebenso Strom, Wasser. Sonstige Versorgerverträge sind zu kündigen. ■ Insbesondere sollten auch sonstige Engagements in Deutschland, seien sie politischer oder gemeinnütziger Natur, beendet werden. Vorstandstätigkeiten in Vereinen, Mitgliedschaften in Sportvereinen, ehrenamtliche Tätigkeiten etc. sollten niedergelegt werden. ■ Um den Anschein eines dauernden Aufenthaltes zu vermeiden, sollten lebensnahe Sachverhalte in Deutschland vermieden werden: Kreditkarteneinkäufe in Deutschland, Hotel- und Restaurantrechnungen, etwa verbliebende Postanschriften oder Postfächer in Deutschland. Zudem existieren Stolperfallen, die nach Durchführung des Wegzugs auftreten können. Verbleibt Kapitalvermögen bei Bankbeziehungen in Deutschland, so muss sich der Anleger nach Wegzug in andere EU-Staaten darauf einrichten, dass gegebenenfalls eine Weitergabe von Zinsinformationen durch Deutschland im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie erfolgt. Der Wegzügler sollte also bedenken, dass auch das Land, in das er zieht, unter Umständen Interesse an einer Zinsbesteuerung haben könnte, und Deutschland durchaus bereit und verpflichtet ist, diese Informationen zu liefern. Wie umfangreich die von deutscher Seite gegenüber dem Ausland erteilten Informationen sind, zeigt nachfolgende Tabelle:36
36 BMF, Monatsbericht des BMF – Oktober 2007, S. 54.
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Zusätzlich zu bedenken ist die Tatsache, dass ein Wegzug im Zweifel eine eher langfristige Angelegenheit ist. So kann es sein, dass ein zunächst noch für einen Wegzügler günstiges Doppelbesteuerungsabkommen aufgrund geänderter Rahmenbedingungen gekündigt wird.
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§ 2 Auslandsvermögen aus Sicht des deutschen Steuerrechts > Beispiel Bis zum 01.01.2008 bestand zwischen Deutschland und Österreich ein Doppelbesteuerungsabkommen zur Vermeidung der Erbschaftsteuer. Danach wurde dem Staat das Besteuerungsrecht im Erbschaftsfalle zugewiesen, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte. Die Erbschaftbesteuerung in Österreich war sehr gering. Insbesondere wurde endbesteuertes Kapitalvermögen (Kapitalvermögen, das der österreichischen abgeltenden Kapitalertragsteuer unterlag) nicht mehr der Erbschaftbesteuerung unterworfen. Somit war Kapitalvermögen, das in Österreich besteuert wurde, erbschaftsteuerfrei. So war es durchaus für Vermögende mit hohem Kapitalvermögen interessant, nach Österreich zu ziehen, um für eine künftige Erbschaft die Steuerfreiheit auf das Kapitalvermögen zu erreichen. Nun wurde aber in Österreich die Erbschaft- und Schenkungsteuer zum 01.08.2008 abgeschafft. Mit dem Wegfall der Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung in Österreich lag eine Doppelbesteuerung zwischen Deutschland und Österreich nicht mehr vor. Damit wurde aus deutscher Sicht das bestehende Doppelbesteuerungsabkommen zur Erbschaftsteuer obsolet. Deutschland kündigte das Abkommen mit Wirkung zum 01.01.2008. Um für die damit verbleibende Geltungsdauer der österreichischen Erbschaftsteuer in 2008 die Doppelbesteuerung zu vermeiden, einigten sich die beiden Staaten am 06.11.2008 in Wien dahingehend, die Vorschriften des außer Kraft getretenen Doppelbesteuerungsabkommen für zwischen dem 31.12.2007 und 01.08.2008 eingetretene Erbfälle weiter anzuwenden.37
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Wer also als privater Kapitalanleger nach Österreich gezogen ist, um die besondere Erbschaftsteuerbefreiung von kapitalertragsbesteuerten Kapitalanlagen zu nutzen, sieht sich jetzt wieder mit der deutschen Erbschaftsteuerpflicht konfrontiert. Haben seine Erben in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so greift wieder deutsches Erbschaftsteuerrecht. Hier gilt es nun, noch zu Lebzeiten des künftigen Erblassers anderweitige Gestaltungen zu nutzen. Allerdings steht Österreich mit der Änderung seiner Gesetzgebung nicht alleine da. Auch in der Schweiz hat sich in letzter Zeit einiges getan. Der Schweizer Kanton Zürich hat die sogenannte Pauschalbesteuerung für private Vermögende, die nicht Schweizer Staatsangehörige sind, zum 01.01.2010 abgeschafft.38 So lautet der Beschluss des Regierungsrates des Kanton Zürich: „Der Regierungsrat hat beschlossen, die Änderung des Steuergesetzes gemäss der von den Stimmberechtigten am 8. Februar 2009 rechtskräftig angenommenen Volksinitiative «Schluss mit den Steuerprivilegien für ausländische Millionärinnen und Millionäre (Abschaffung der Pauschalsteuer)» auf den Beginn der nächsten Steuerperiode am 1. Januar 2010 in Kraft zu setzen.“ Auf der einen Seite führt dies dazu, dass die Besteuerung der Kapitalanleger, die bisher diese Pauschalbesteuerung nutzten, in der Schweiz gegebenenfalls teurer wird. Auf der anderen Seite greift dann wieder der Schutz des Doppelbesteuerungsabkommens Schweiz. Bisher galt z. B.: Wird eine natürliche Person in der Schweiz mit ihren Einkünften aus Deutschland nicht der allgemeinen Schweizer Besteuerung unterworfen, so gilt sie trotz Ansässigkeit in der Schweiz als dort nicht ansässig. > Beispiel Ein privater Vermögender zieht von Deutschland in die Schweiz. Er besitzt umfangreiches Immobilienvermögen, das in Deutschland belegen ist, und erzielt daraus erhebliche Mieteinkünfte. In der Schweiz nimmt er die pauschale Besteuerung in Anspruch. Der private Anleger behält einen Wohnsitz in Deutschland bei.
37 Abkommen vom 6. November 2008 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer bei Erbfällen, in denen der Erblasser nach dem 31.12.2007 und vor dem 01.08.2008 verstorben ist. 38 Kanton Zürich, Änderung des Steuergesetzes wird auf den 1. Januar 2010 in Kraft gesetzt (05.03.2009), www.sk.zh.ch/ internet/sk/de/mm/2009/047-2.html (10.01.2010).
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C. „Ich bin dann mal weg“ In diesem Fall wird der Abkommenschutz des Doppelbesteuerungsabkommens versagt.39 Das bedeutet, dass der private Vermögende in Deutschland mit Wohnsitz auch in Deutschland weiterhin unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. So wird der Steuerpflichtige sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland als unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt. Deutschland rechnet die in der Schweiz einbehaltenen Steuern auf die deutsche Einkommensteuer zur Minderung der Doppelbesteuerung an. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es auch eine sogenannte modifizierte Aufwandsbesteuerung in der Schweiz gibt, bei der in der Schweiz die Einkünfte aus Deutschland ordentlich besteuert werden und somit der Abkommensschutz des DBA (Schweiz) wieder greift. Wenn nun der Steuerpflichtige in der Schweiz die Pauschalierung nicht mehr in Anspruch nimmt bzw. nicht in Anspruch nehmen kann, greifen die Schutzregelungen des DBA (Schweiz) wieder. Dann treten die normalen Zuweisungen zu Besteuerungsrechten zwischen den Staaten Schweiz und Deutschland wieder in Kraft. Der Anleger kann von Steuerfreistellungen profitieren, z. B. bei Kapitalvermögenseinkünften.40 Auch führt die Anwendung der Pauschalbesteuerung in der Schweiz zur erweitert beschränkten Steuerpflicht gemäß § 2 AStG. Nach dem DBA (Schweiz) greift die erweitert beschränkte Steuerpflicht jedoch nur für das Wegzugsjahr und die folgenden fünf Jahre.41 Allerdings ist Voraussetzung für die erweitert beschränkte Steuerpflicht, dass im Wegzugsland eine niedrigere Besteuerung in Anspruch genommen wird. Mit dem Wegfall der pauschalen Besteuerung in der Schweiz ist es durchaus möglich, dass die erweitert beschränkte Steuerpflicht nach § 2 AStG nicht mehr greift. Der Wegfall der Pauschalbesteuerung in der Schweiz könnte sogar die (erneute) Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG für wesentliche Beteiligung gem. § 17 EStG auslösen.42
IV.
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Vermögensstrukturierung vor Wegzug
Die vorstehenden Ausführungen zur beschränkten und erweitert beschränkten Einkommensteuerund Erbschaftsteuerpflicht zeigen, dass die Frage der Besteuerung von der Art und der Struktur des Vermögens des Wegziehenden abhängt. Daher gilt es, vor jedem Wegzug durch eine entsprechende Vermögensumstrukturierung die Belastung durch eine Besteuerung beim Wegzug und danach so weit wie möglich zu reduzieren. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass für bestimmte Vermögensteile der Wegzug selbst zunächst zu keiner Besteuerung führt. Es handelt sich dabei insbesondere um in Deutschland belegenen Grundbesitz. Dieser bleibt generell unabhängig vom Wegzug steuerverhaftet. Auch in Deutschland belegendes Betriebsvermögen bleibt steuerverhaftet. Ein Wegzug ist insofern neutral und führt zumindest im Zeitpunkt des Wegzugs nicht zu einer Steuerbelastung. Eine Umschichtung von inländischem Grundbesitz in ausländischen Grundbesitz oder andere Kapitalanlagen führt unter Umständen jedoch zu einer Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns im Rahmen von privaten Veräußerungsgeschäften (Zehn-Jahres-Frist) oder im Rahmen von gewerblichem Grundstückshandel.43
39 Art. 4 Abs. 6 DBA (Schweiz). 40 Bron/Seidel, IStR 2009, 312, führen des Weiteren aus, ob die Streichung der Pauschalbesteuerung auf kantonaler Ebene ausreichend ist oder eine Aufhebung der Besteuerung nach dem Aufwand auch auf Bundesebene erfolgen muss. 41 Art. 4 Abs. 4 DBA (Schweiz). 42 Bron/Seidel, IStR 2009, 312. 43 § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. § 15 EStG.
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Insbesondere sollte daher eine Umstrukturierung des Vermögens für solche Vermögensgegenstände geprüft werden, die weder einer Wegzugsbesteuerung unterliegen noch nach Wegzug steuerverhaftet bleiben. Dies gilt für Vermögensgegenstände des Privatvermögens, die keine Immobilien sind, wie z. B. Kapitalvermögen, Kunstsammlungen, Schmuck und Bargeld. Regelmäßig dürfte für Umschichtungen von Wertpapiervermögen der Ablauf der Jahresfrist nach altem Recht gegeben sein. Generell ist jedoch für ab 2009 erworbene Wertpapiere, aber auch für vor 2009 erworbene Finanzinnovationen und Vollrisikozertifikate, zu beachten, dass Umschichtungsgewinne der Abgeltungsteuer unterliegen. So sind ab 2009 erworbene Wertpapiere ohne Bestandsschutz bei Veräußerung oder Einlösung einkommensteuerpflichtig und unterliegen in der Regel der Abgeltungsteuer. Gerade aber Finanzinnovationen wie z. B. Zerobonds oder teilgarantierte Zertifikate sind auch bei Erwerb vor 2009 steuerpflichtig, da eine Veräußerung bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer ohne Jahresfrist zu einer Steuerpflicht des Gewinns führte. Damit haben Finanzinnovationen keinen Bestandsschutz. Vollrisikozertifikate, die nach dem 14.03.2007 erworben worden sind, sind mit Veräußerung oder Einlösung nach dem 30.06.2009 unbeachtlich einer etwaigen Haltefrist steuerpflichtig. Das bedeutet, dass bei Umschichtungen von inländischen in ausländisches Kapitalvermögen nicht nur die Jahresfrist zu beachten ist. Zusätzlich ist zu verifizieren, welche Wertpapiere und Kapitalanlagen aus steuerlicher Sicht vorliegen. Bei Zertifikaten ist zudem zu unterscheiden, ob sie vor dem Stichtag 15.03.2007 erworben worden sind. Bestehen noch Altverluste nach dem Besteuerungsrecht vor 2009, so kann dies durch die Realisierung von Gewinnen bei der Umschichtung von Kapitalvermögen genutzt und die Umschichtung selbst steuerfrei gestaltet werden. Allerdings ist die Nutzung von Altverlusten im Rahmen von Wertpapiervermögen nur noch bis einschließlich 2013 möglich. Verluste aus der Umschichtung von privaten Kapitalanlagen können zwar entsprechend in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden. Nach dem Wegzugsjahr dürfte jedoch für etwaige Verlustverträge nur in seltenen Fällen noch Verrechnungspotential aus Gewinnen in Deutschland bestehen. Dies gilt es vorab zu bedenken. Im Rahmen der Steuerentstrickung sollte zudem darauf geachtet werden, dass kein deutsches Kapitalvermögen vorliegt, sondern ausländisches Kapitalvermögen angestrebt wird. Somit führt eine gezielte Vermögensstrukturierung unter Umständen zu einer Vermeidung von wesentlichen wirtschaftlichen Interessen in Deutschland, die wiederum Voraussetzung für die Anwendung der erweitert beschränkten Einkommensteuerpflicht nach dem Außensteuergesetz sind. Selbst wenn durch das Umschichten dieser privaten Vermögensbestandteile wesentliche wirtschaftliche Interessen nicht vermieden werden können (z. B. aufgrund von hohen Betriebseinkünften), so kann doch durch eine Umschichtung in Auslandsvermögen erreicht werden, dass die erweitert beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte minimiert werden.
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§ 3 Fiskalische Fesseln in Deutschland Bereits seit einigen Jahren verspüren Kapitalanleger immer stärker die Kontroll- und Informationspolitik des deutschen Fiskus. So wurde vom „Gläsernen Bankkunden“ gesprochen, ja sogar vom „Gläsernen Steuerbürger“. Nachstehende Erläuterungen sollen einen Eindruck über die Entwicklungen der letzten Zeit vermitteln, ob und wie sich der Fiskus verstärkt um die steuerlichen Angelegenheiten von Kapitalanlegern kümmert. So dienen verschiedenste Mittel der Informationsbeschaffung und Kontrolle von Kapitalanlagen innerhalb, aber auch außerhalb Deutschlands: ■ Angaben in der Steuerklärungen; ■ Jahresbescheinigung; ■ Kontenabruf; ■ Neue Regeln für private Hochverdiener; ■ Komplexität der Abgeltungsteuer; ■ Praxis in Gesetzgebung und Rechtsprechung.
A.
Angaben in der Steuererklärung
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A.
Mit Abgabe der Steuererklärung gibt der in Deutschland Steuerpflichtige in der Regel die ersten Informationen an die Steuerverwaltung. Durch die Einführung der Abgeltungsteuer fällt diese für die Finanzverwaltung wichtige Informationsquelle teilweise weg, da die Abgeltungsteuer als Kapitalertragsteuer direkt an der Quelle einbehalten und anonym durch die Zahlstellen an das Finanzamt abgeführt wird. Nichtsdestotrotz bleibt in bestimmten Sachverhalten die Erklärungspflicht von Kapitaleinkünften durch den Anleger weiterhin bestehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kapitaleinkünfte nicht der Abgeltungsteuer unterlegen haben. Aber auch bei Wahrnehmung des Veranlagungswahlrechts, z. B. bei der Günstigerprüfung, wird das Finanzamt über die Kapitalerträge des Anlegers im Endeffekt informiert. Um den Anleger ausreichend genug in seinen steuerlichen Pflichten zu begleiten, hat die Finanzverwaltung in den Mantelbogen der Einkommensteuererklärung 2009 eine Zeile 108 eingefügt. Zeile 108 des Mantelbogens für die Einkommensteuererklärung 2009 enthält folgende Frage:
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Die Anleitung zur Einkommensteuererklärung 2009 (Seite 7) führt hierzu erläuternd aus:
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„Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug bestehen erhöhte Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 90 Abs. 2 der Abgabenordnung). Deshalb werden Sie aufgefordert, Angaben über das Bestehen nachhaltiger Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten im Ausland zu machen. Geschäftsbeziehungen sind nachhaltig, wenn sie auf Dauer angelegt sind. Nachhaltige Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten im Ausland sind deshalb auch gegeben, wenn bei einem Finanzinstitut im Ausland Konten unterhalten werden, einschließlich der von Treuhändern gehaltenen Konten.“ Bereits vor 2009 und vor Entwicklung dieses Steuerformulars wurden (ausländische) Kapitaleinkünfte mit dem Formular Anlage KAP abgefragt. Im Mantelbogen gab es bereits die Möglichkeit, ein Kreuz zu setzen bei der Angabe, ob auf die Abgabe einer Anlage KAP verzichtet wird, weil die Ein-
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künfte unterhalb des Sparerfreibetrags liegen. Die Einfügung dieser Zeile ab 2009 steht im Zusammenhang mit dem Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz und der verstärkten Suche der Finanzverwaltung nach Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland und Kapitalanlagen im Ausland.1 Es stellen sich diverse Fragen hinsichtlich der Beantwortung dieser neu eingefügten Frage: ■ Handelt es sich bei den in Zeile 108 des Mantelbogens verlangten Angaben um Pflichtangaben? ■ Welche (straf-)rechtlichen Konsequenzen hat es, wenn der Steuerpflichtige zu Zeile 108 unrichtige oder keine Angaben macht? ■ Liegt eine Geschäftsbeziehung vor, wenn sie keine Auswirkung auf die laufende Besteuerung hat?
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Fiskalische Fesseln in Deutschland
Pflichtangaben
Gemäß § 90 Abs. 1 AO ist der Steuerpflichtige zur Mitwirkung bei der Ermittlung des steuerlich relevanten Sachverhalts verpflichtet. Er muss die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen. Angaben in der Steuererklärung sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen, dies ist ggf. schriftlich zu versichern.2 Die Frage nach einer nachhaltigen Geschäftsbeziehung zu Finanzinstituten im Ausland ist auch nicht unzulässig. Aus § 30a Abs. 4 AO ergibt sich keine Unzulässigkeit der Frage. Die Vorschrift sieht lediglich vor, dass in Vordrucken für die Steuererklärung die Angabe der Nummern von Konten und Depots, die der Steuerpflichtige bei Kreditinstituten unterhält, nicht verlangt werden soll. In Zeile 108 AO wird aber nicht nach Nummern von Konten und Depots gefragt. Die Unzulässigkeit der Frage kann auch nicht damit begründet werden, dass in § 90 Abs. 2 S. 3 AO eine Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Versicherung der Richtigkeit der Angaben an Eides Statt nur bei Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten in Staaten vorgesehen ist, die keinen Informationsaustausch nach OECD-Standard leisten und hierzu auch nicht bereit sind. Es geht vorliegend nicht um eine Versicherung an Eides Statt. Damit besteht eine rechtliche Verpflichtung des Steuerpflichtigen, die in Zeile 108 enthaltene Frage wahrheitsgemäß zu beantworten.
II.
Strafrechtliche Konsequenzen
1.
Unrichtige Angaben
Unrichtige Angaben des Steuerpflichtigen in der Steuererklärung haben keine unmittelbaren strafrechtlichen Konsequenzen. Die in § 150 Abs. 2 S. 2 AO vorgesehene Versicherung, die Angaben seien nach bestem Wissen und Gewissen gemacht, hat keine strafrechtliche Bedeutung; sie ist keine eidesstattliche Versicherung.3 Unrichtige Angaben sind aber dann strafrechtlich relevant, wenn sie zu einer Steuerverkürzung führen.4 Es liegt dann eine Steuerhinterziehung vor. Das bedeutet für den Veranlagungszeitraum, für den die unrichtigen Angaben gemacht werden, Folgendes: 1 2 3 4
50
Ashauer-Moll/Rösch, Abgeltungsteuer, S. 152, Rz 1. § 150 Abs. 2 AO. Seer, in Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 150 Rn 13. § 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO.
3
A. Angaben in der Steuererklärung ■
■
■
2.
Verneint der Steuerpflichtige wahrheitswidrig eine nachhaltige Geschäftsbeziehung zu einem Finanzinstitut im Ausland, liegt dann keine Steuerhinterziehung vor, wenn die Angaben in der Steuererklärung über die aus dieser Geschäftsbeziehung erzielten Erträge gleichwohl zutreffend sind. Verschweigt der Steuerpflichtige in der Steuererklärung hingegen die im Ausland erzielten Erträge, liegt eine Steuerhinterziehung vor. Die unrichtigen Angaben in Zeile 108 tragen zu dieser Steuerhinterziehung bei. Sie sind aber im Kontext mit den sonstigen unrichtigen Angaben zu sehen und haben keine eigenständige strafrechtliche Bedeutung. Für Altjahre, also Jahre vor dem Veranlagungszeitraum, für den unrichtige Angaben gemacht werden, gilt Folgendes: Hat der Steuerpflichtige in zurückliegenden Jahren Erträge aus der Auslandsbankbeziehung in seiner Steuererklärung verschwiegen, wäre zunächst denkbar, dass unrichtige Angaben in Zeile 108 der Steuererklärung 2009 eine abermalige Steuerhinterziehung für die Vorjahre darstellen, weil das Finanzamt bei zutreffenden Angaben die Altjahre nochmals prüfen würde. Allerdings steht dieser Auffassung das Argument entgegen, dass in der unrichtigen Angabe zu Zeile 108 keine nochmalige Straftat vorliegt, da es sich um eine Nachtat zur bereits begangenen Steuerhinterziehung handelt und somit keine erneute Straftat greift.
Verweigerung von Angaben
Die Verweigerung von Angaben in Zeile 108 allein ist nicht unmittelbar strafrechtlich relevant. Macht der Steuerpflichtige in Zeile 108 allerdings keine Angaben und führt dies zusammen mit der Nichterklärung erzielter Erträge zu einer unrichtigen Steuerfestsetzung, begeht er eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO. Er verletzt zudem seine steuerlichen Mitwirkungspflichten, so dass das Finanzamt die erzielten Erträge gegebenenfalls schätzen kann.5 Willkürschätzungen durch das Finanzamt sind dabei verboten. Die Schätzungen müssen in sich schlüssig und ihre Ergebnisse wirtschaftlich vernünftig und möglich sein.6 Auf welcher Grundlage die Finanzbehörden jedoch schätzen wollen, wenn Einzelheiten der Bankbeziehung nicht bekannt sind, ist unklar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Finanzbehörden auf Erfahrungswerte zurückgreifen, zum Beispiel die durch Erfahrung und Statistik berechnete Höhe nicht erklärter Kapitalerträge bei bestimmten Personengruppen.7 Der Anleger, welcher die Schätzung mangels Angaben riskiert, sollte sich somit bewusst sein, dass er bei Verweigerung von Angaben zur Einkunftshöhe unter Umständen erhebliche Höherschätzungen riskiert. Zudem besteht die Gefahr, dass die Verweigerung der Angaben in Zeile 108 eine Cash-Flow-Analyse durch die Finanzbehörden provoziert. Das bedeutet im Klartext, dass das Finanzamt die Lebensumstände des Anlegers prüft und versucht, nachzuvollziehen, wohin Gelder geflossen sind. Diese Frage rückt übrigens im Rahmen von Außenprüfungen bei Vermögenden verstärkt in den Vordergrund. So werden vermehrt Kontrollmitteilungen von Betriebsstättenfinanzämtern geschrieben, die den Kauf von Luxusgütern durch Private betreffen. So ergehen zum Teil Kontrollmitteilungen an Wohnsitzfinanzämter, wenn Private einen Ferrari erwerben. Auch erhalten die Wohnsitzfinanzämter Informationen über den Erwerb von Immobilien, z. B. über das Grunderwerbsteuerfinanzamt.
5 6 7
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§ 162 Abs. 2 S. 1 AO. BFH vom 19.01.1993, VIII R 128/84, BStBl II 1993, 594. Schauf/Adick, PStR 2009, 299.
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§3 21
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So geraten verstärkt Bezieher hoher Einkommen wie leitende Angestellte und Vorstände von Unternehmen, Unternehmensverkäufer oder Arbeitnehmer mit hohen Abfindungen in das Visier der Außenprüfer. Fordert das Finanzamt den Steuerpflichtigen nochmals zu Angaben auf und verweigert er diese, kann das Finanzamt Zwangsmittel anwenden, so z. B. die Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 329 AO.
III. 23
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Fazit
Nach Ansicht der Verfasser muss der Steuerpflichtige die in Zeile 108 des Mantelbogens enthaltenen Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Unzutreffende oder verweigerte Angaben stellen für sich genommen allerdings keine Straftat dar. Sie werden aber zur Steuerhinterziehung, wenn sie in Verknüpfung mit unrichtigen Angaben über die erzielten Erträge in der Steuererklärung zu einer Steuerverkürzung führen. Neben der Frage, ob die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage oder Nichtbeantwortung der Frage nach ausländischen Geschäftsbeziehungen strafrechtlich verfolgbar und sanktioniert ist, stellt diese Frage ein psychologisches Moment dar. Deutlich wird der Anleger darauf hingewiesen, dass auch ausländische Geschäftsbeziehungen und ausländische Kapitalanlagen auf ihre steuerliche Relevanz in Deutschland hin vom Steuerpflichtigen zu prüfen sind.
B. 27
Geschäftsbeziehung bei ertraglos gestelltem Vermögen
Teilweise wird vertreten, dass keine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 90 Abs. 2 S. 3 AO und damit im Sinne der Zeile 108 des Mantelbogens vorliegt, wenn sie auf die laufende Besteuerung keine Auswirkungen hat.8 Dies ist z. B. der Fall, wenn der Anleger nur in Zertifikate investiert hat, die keine laufenden Erträge haben und keine Umschichtung dieser Zertifikate vornimmt. Auch bei der Investition in Zerobonds erzielt der Anleger erst mit Veräußerung oder Einlösung der Anleihe einen steuerpflichtigen Ertrag. Auch die Anlage in eine (nicht transparente) Lebensversicherung vermeidet den Zufluss von steuerpflichtigen Erträgen während der Laufzeit der Versicherung. Bedeutet also die Frage nach einer Geschäftsbeziehung zum Ausland die Frage nach steuerlich relevanten Einkünften, so könnte der Steuerpflichtige die Frage mit „Nein“ beantworten, wenn er in die vorgenannten Kapitalanlagen investiert hat. Die vorgenannte Auffassung ist aktuell eine Einzelmeinung in der Literatur und durch die Rechtsprechung nicht geklärt. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Frage zudem von der Finanzverwaltung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abweichend beurteilt wird und die Frage nach dem Vorliegen einer Geschäftsbeziehung unabhängig von der Erzielung von Einkünften im einzelnen Veranlagungszeitraum ist.
IV. 25
Fiskalische Fesseln in Deutschland
Jahresbescheinigung
Erstmals für 2004 wurden mit dem Steueränderungsgesetz 2003 die in Deutschland depotführenden Kreditinstitute verpflichtet, für alle verwalteten Depots und Konten eine sogenannte Jahresbescheinigung über die Kapitalerträge gemäß § 20 EStG und über die Ergebnisse aus privaten Veräuße-
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Schauf/Adick, PStR 2009, 299.
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C. Kontenabruf rungsgeschäften gemäß § 23 EStG zu erstellen.9 Vordergründig sollte die Jahresbescheinigung dem Anleger als Ausfüllhilfe für die Steuererklärung zur Seite gestellt werden. Während bereits die Erträgnisaufstellungen der inländischen Kreditinstitute im Regelfall ausführlich die Kapitalerträge nach § 20 EStG darstellten, führte die neue Jahresbescheinigung dazu, dass erstmals auch die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften auszuweisen waren. Ein „Vergessen“ dieser steuerrelevanten Geschäfte war somit durch den Anleger sozusagen nicht mehr begründbar. Mit Einführung der Abgeltungsteuer wurde die Jahresbescheinigung abgeschafft. Sie wird letztmals für 2008 erstellt. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dennoch in 2009 auch nach alten Regelungen des § 23 EStG noch private Veräußerungsgeschäfte aus Kapitalanlagen entstehen können. Diese privaten Veräußerungsgeschäfte unterliegen nicht der Abgeltungsteuer. Das bedeutet, dass die Kapitalertragsteuer nicht automatisch auf diese Geschäfte einbehalten wird. Eine Auflistung dieser Geschäfte in einer Jahresbescheinigung erfolgt nicht mehr. Der Anleger ist deshalb gezwungen, diese Geschäfte selbständig zu ermitteln und in der Steuererklärung für 2009 anzugeben. Die Jahresbescheinigung wurde jedoch nicht von den ausländischen Kreditinstituten erstellt, welche nicht den deutschen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Dennoch ist festzustellen, dass einige ausländische Kreditinstitute analog der deutschen Jahresbescheinigung Aufstellungen für den in Deutschland steuerpflichtigen Anleger erstellt haben. Interessant ist dabei insbesondere, dass gerade in den letzten Jahren verstärkt ohne Nachfrage des Anlegers diese Bescheinigungen bzw. Aufstellungen dem Anleger zur Verfügung standen.
C.
Kontenabruf
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C.
Seit 2005 ist es der Finanzverwaltung möglich, einen sogenannten Kontenabruf durchzuführen.10 Dabei werden die Stammdaten von Kapitalanlegern mit Bankverbindung im Inland an die Finanzverwaltung ermittelt. Stammdaten sind dabei insbesondere Name und Geburtsdatum des Kontoinhabers, Bevollmächtigte zu den Konten, Art der Bankverbindung (Konto oder Depot), Tag der Eröffnung und Schließung. Durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 wurde der automatisierte Kontenabruf gesetzlich genauer geregelt. Er ist nur zulässig, soweit ■ der Steuerpflichtige eine Festsetzung gemäß § 32 d Abs. 6 EStG (Wahlveranlagung mit Günstigerprüfung) beantragt, ■ die Kapitalerträge gemäß § 2 Abs. 5 Buchstb b) S. 2 EStG einzubeziehen sind und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist, ■ er erforderlich ist für die Feststellung der Einkünfte nach §§ 20 und 23 Abs. 1 EStG bis einschließlich 2008, ■ er erforderlich ist für die Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder ■ der Steuerpflichtige zustimmt.11 Wichtig ist dabei, dass der Kontenabruf in bestimmten Fällen nur dann erfolgen darf, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht. Fakt ist damit, dass der Steuerpflichtige selbst einen Kontenabruf verhindern kann, wenn er einem Auskunftsersuchen entsprechend antwortet. 9 § 24c EStG. 10 § 93 Abs. 7 bis 10 AO. 11 Ashauer-Moll/Rösch, Abgeltungsteuer, S. 153 ff., Rz. 10-31.
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D. 38
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Wann jedoch nach Auffassung der Finanzverwaltung ein Auskunftsersuchen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht, ist gesetzlich nicht geregelt. Die Einführung des Kontenabrufs hat zu einem Aufschrei in Deutschland geführt. Nachfolgend einige Schlagzeilen aus der deutschen Presse: ■ Gläserner Bankkunde wird Realität: Ab April 2005 können Arbeitsämter, Finanzamt und auch Bafög-Stellen alle Kontendaten einsehen. Was eigentlich für Terrorbekämpfung und Verfolgung illegaler Finanzströme gedacht war, erweist sich immer mehr als Kontrollinstrument.12 ■ Gläserner Bankkunde oder Panikmache?13 ■ Kein Schutz vor heimlichem Kontenabruf: Startet das Finanzamt heimlich einen Kontenabruf, können sich Bürger im Nachhinein dagegen nicht mit einer Klage bei Gericht wehren. Die Kontrollmöglichkeiten des Fiskus nehmen damit zu.14 ■ Der gläserne Bankkunde: Datensammlung gegen Geldwäsche.15 Vermutlich wurden nicht zuletzt wegen des Kontenabrufs zahlreiche Gelder in das Ausland transferiert.16 Dabei ist darauf hinzuweisen, dass diese Gelder weiterhin in Deutschland versteuert werden. Lediglich die Möglichkeit des Kontenabrufs hat jedoch die Anleger dazu getrieben, eine Verlagerung ihrer Kapitalanlagen ins Ausland vorzunehmen. Es erscheint dabei interessant, dass der Anlass der Kapitalverlagerungen nicht das Steuergefälle, sondern ein vermutetes Informationsgefälle zwischen Deutschland und dem Ausland ist.
D.
Neue Regeln für private Hochverdiener
Mit dem Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz, das am 31.07.2009 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, sollen Besteuerungsdefizite im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen zu sogenannten Steueroasen ausgeglichen werden. Darüber hinaus werden Mitwirkungs- und Aufbewahrungspflichten natürlicher Personen in Bezug auf Kapitalanlagen im Ausland erweitert sowie die Prüfungsrechte der Finanzbehörden ausgedehnt. Neben Regelungen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung wurden jedoch weitreichende Mitwirkungs- und Nachweispflichten für private Vermögende eingeführt – mit oder ohne Auslandsbezug. Auch die Außenprüfung von privaten Vermögenden durch die Finanzverwaltung wurde verschärft.
I. 40
Fiskalische Fesseln in Deutschland
Aufbewahrungspflichten
Ab 2010 müssen Steuerpflichtige, bei denen die Summe der positiven privaten Einkünfte wie Gehalt, Kapitaleinkünfte und Vermietungseinkünfte, mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr in Summe betragen, Aufzeichnungen und Unterlagen über Einnahmen und Werbungskosten sechs Jahre aufbewahren. Bei Ehegatten, die zusammenveranlagt werden, ist die Grenze von 500.000 EUR für jeden Ehegatten einzeln zu prüfen. Die Aufbewahrungspflicht beginnt am Anfang des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem dieser Betrag überschritten wird. 12 Der Stern, Gläserner Bankkunde wird Realität, www.stern.de/wirtschaft/geld/geldanlage/datenschutz-glaeserner-bankkunde-wird-realitaet-528751.html (10.01.2010) 13 Tagesschau.de (18.02.2005), www.tagesschau.de/wirtschaft/meldung198314.html (10.01.2010). 14 Financial Times Deutschland, Kein Schutz vor heimlichem Kontenabruf (06.08.2007), www.ftd.de/finanzen/geldanlage/ portfolio-kein-schutz-vor-heimlichem-kontenabruf/235356.html (10.01.2010). 15 ZDF-wiso.de, Der Gläserne Bankkunde (04.08.2008), http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/13/0,1872,7272781,00.html?dr=1 (10.01.2010). 16 vgl. Financial Times Deutschland, Portfolio: Deutsche verstecken Milliarden in Österreich (01.04.2005).
54
E.
3
Komplexität der Abgeltungsteuer
> Beispiel Der Vorstand einer AG erzielt durch Gehaltszahlungen und Vermietungseinkünfte sowie diverse Kapitalanlagen im Jahr 2009 530.000 EUR. Im Jahr 2008 erzielte er dagegen 490.000 EUR positive Einkünfte aus Überschusseinkünften. Für ihn beginnt die Aufbewahrungspflicht mit Beginn des Jahres 2010. Die Aufbewahrungspflicht endet dagegen erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Überschusseinkünfte in Summe den Betrag von 500.000 EUR an fünf aufeinanderfolgenden Jahren nicht übersteigen.
41
3
> Beispiel Der Vorstand aus vorstehendem Beispiel geht im Jahr 2012 in Rente. Die positiven Überschusseinkünfte betragen in Summe ab 2012 weniger als 500.000 EUR. Erst ab 2017 entfällt die Verpflichtung, die Unterlagen und Aufzeichnungen aufzubewahren. Erschwerend kommt hinzu, dass negative Einkünfte die Summe der positiven Einkünfte nicht mindern dürfen. Hat ein Steuerpflichtiger z. B. negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -150.000 EUR, jedoch aus Gehalt und Kapitalanlagen Einkünfte in Höhe von 600.000 EUR, so dürfen die Vermietungseinkünfte die Summe der positiven Einkünfte nicht mindern. Der Steuerpflichtige unterliegt der neuen Aufbewahrungsfrist. Für solche Steuerpflichtigen, die sich im Grenzbereich dieser 500.000 Euro-Grenze bewegen, wird es in Zukunft interessant sein, vorausschauende Steuerplanung zu betreiben. So können durch gezielte Investitionen im Privatvermögen in den einzelnen Einkunftsarten Verrechnungspotentiale zur Minderung der Einkünfte geschafften werden. Auch das zeitliche Verschieben von Einnahmen kann zielführend sein. So wird durch die Anlage z. B. in Zerobonds oder Lebensversicherungen ein Einnahmezufluss vermieden in Zeiten, in denen andere Einkunftsarten wie z. B. Gehälter hoch sind. Allerdings gilt es, solche Investitionsentscheidungen immer auch unter dem wirtschaftlichen Aspekt auf ihre Sinnhaftigkeit zu prüfen.
II.
43
Außenprüfungen für Private
Weiterhin müssen sich private Vermögende darauf einstellen, dass ab 2010 anlasslose Außenprüfungen über ihre privaten Einkünfte legitimiert sind. Damit ist eine besondere Begründung der Außenprüfung von privaten Vermögenden nicht mehr notwendig. Ebenfalls ist künftig auch die digitale Außenprüfung ermöglicht worden. Sind somit Unterlagen für steuerliche Zwecke mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, darf die Finanzbehörde Einsicht in die gespeicherten Daten nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen nutzen. Sie kann auch verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell auswertbar sind und ihr auf einem verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden.
E.
42
Komplexität der Abgeltungsteuer
44
E.
Die fiskalischen Fesseln in Deutschland können aber auch unabhängig von der Politik der Informationsbeschaffung und Kontrolle des Fiskus in der Komplexität der Abgeltungsteuer gesehen werden. Statt mit der Abgeltungsteuer ein einfaches und durchgängiges System der Besteuerung von Kapitalanlagen zu schaffen, hat der Gesetzgeber ein Monstrum an Ausnahmeregelungen, Ersatzbemessungsgrundlagen und verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten geschaffen. Durch immer wieder eingeführte rückwirkende Einzelfallregelungen, die auch in Zukunft zu erwarten sein dürften, ist das Ziel der Vereinfachung der Besteuerung definitiv nicht erreicht. 55
45
3
§3 46
Folgende Beispiele sollen einen Eindruck der Komplexität vermitteln:
I. 47
3
49
50
Besteuerung von Vollrisikozertifikaten
Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Abgeltungsteuer einen Bestandsschutz eingeführt. Kapitalanlagen, die vor dem 01.01.2009 erworben worden sind, sind bei Veräußerung von der Abgeltungsteuer ausgenommen – auf diese Kapitalanlagen findet weiterhin die Spekulationsfrist von einem Jahr Anwendung. Dies gilt für Vollrisikozertifikate jedoch nur eingeschränkt. Für solche Zertifikate, die nach dem 14.03.2007 und vor dem 01.01.2009 erworben worden sind, gilt zunächst die Jahresfrist. Eine Veräußerung (oder Einlösung) nach Ablauf der Jahresfrist ist damit grundsätzlich steuerfrei. Erfolgt die Veräußerung jedoch nach dem 30.06.2009, sind die Zertifikate unabhängig von einer Haltefrist, wieder steuerpflichtig. Dann gilt es zu prüfen, ob das Zertifikat innerhalb der Jahresfrist verkauft wurde. In diesem Fall unterliegt der Gewinn dem persönlichen Steuersatz. Erfolgt der Verkauf außerhalb der Jahresfrist, lebt die Steuerfrist nach neuem Recht auf und der Gewinn unterliegt der Abgeltungsteuer. Im Rahmen einer Nacherklärung ist also für Veräußerungen bzw. Einlösungen ab Mitte 2009 darauf zu achten, dass solche Zertifikate keinen Bestandsschutz mehr haben, sondern trotz Ablauf der Jahresfrist ein Gewinn oder Verlust zu ermitteln ist, der der Steuer zu unterwerfen ist.
II. 48
Fiskalische Fesseln in Deutschland
Besteuerung von thesaurierenden Investmentfonds
Die Thesaurierung von Erträgen in ausländischen Investmentfonds unterliegt zwar der Abgeltungsteuer – eine Kapitalertragsteuer wird jedoch zunächst nicht einbehalten. Werden die Anteile an solchen Fonds auf einem Inlandsdepot verwahrt, muss die inländische Zahlstelle aber bei Veräußerung bzw. Rückgabe des Fondsanteils sicherungshalber die Kapitalertragsteuer einbehalten. Bemessungsgrundlage für den Einbehalt sind die (ggf. besitzzeitanteilig) kumulierten Erträge dieses Fonds. Steuerpflichtig sind die thesaurierten Erträge jedoch jedes Jahr mit Ende des Fonds-Geschäftsjahres. Sie gelten dann als zugeflossen und sind in der Einkommensteuererklärung anzugeben und somit der Abgeltungsteuer zu unterwerfen. Kommt der Anleger seiner Pflicht nach und gibt jedes Jahr die thesaurierten Erträge an, muss dennoch die Zahlstelle in Deutschland bei Veräußerung diese Sicherungs-Kapitalertragsteuer einbehalten. Faktisch werden die Erträge in dem Fonds für den Anleger doppelt besteuert. Erst im Rahmen einer Steuererklärung kann der Anleger diese Doppelbesteuerung korrigieren. Dieses Verfahren galt auch schon vor der Abgeltungsteuer. Der Gesetzgeber hat es leider nicht umgesetzt, die Vereinfachung der Besteuerung von Kapitalanlagen, hier insbesondere der thesaurierenden Investmentfonds, umzusetzen. Statt pragmatisch und praxisorientiert auf die Besteuerung von thesaurierten Erträgen in Summe zu verzichten und somit Sonderbesteuerungsregelungen und Komplexität der Besteuerung aus der Welt zu schaffen, besteht der deutsche Gesetzgeber weiterhin auf den bisherigen, überholten Verfahren. Problematisch werden auch künftig solche Fälle sein, in denen der Anleger die thesaurierten Erträge eben nicht jährlich in seiner Steuererklärung angegeben hat. Bleibt es bei dem einheitlichen Steuersatz von 25 %, erreicht der Anleger allenfalls eine Steuerstundung. Die Nachversteuerung durch die Sicherungs-Kapitalertragsteuer führt nicht zu einer Heilung der bisher nicht angegebenen Kapitalerträge im Laufe der Jahre. Hier wird es auch künftig immer wieder die Frage geben, ob ein Anleger bewusst diese Erträge nicht angegeben hat, oder er hätte wissen müssen, dass diese Erträge anzugeben sind. Wird diese Frage bejaht, so liegt die Vermutung nahe, dass hier Steuerhinterziehung gegeben ist. 56
3
F. Meldepflichten von Kreditinstituten und Versicherungen
III.
Verlustverrechnungsbeschränkungen
Ab 2009 dürfen Verluste aus Kapitalvermögen nicht mehr mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Sie dürfen auch nicht im Rahmen des Verlustvortrags oder -vortrags mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Erscheint diese Regelung im Hinblick auf die Schedulen-Besteuerung noch sinnvoll, so gibt es eine weitere, gesonderte Beschränkung der Verlustverrechnung innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen, die rein politisch motiviert ist: Verluste, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien ausgeglichen werden. Die Kreditinstitute in Deutschland müssen für den Anleger die Verlustverrechnung vornehmen. Sie bilden daher verschiedene Verlusttöpfe (allgemeiner Verlusttopf und Aktienverlusttopf), Quellensteuertöpfe und „Sparerpauschbetrag-Töpfe“. Spätestens zum Jahresende müssen alle Töpfe so gestellt werden, dass die höchstmögliche Verrechnung von Verlusten mit Gewinnen möglich ist. Für den normalen Anleger werden diese Schritte kaum nachvollziehbar sein. Er muss sich voll und ganz darauf verlassen, dass die Kreditinstitute diese Berechnung richtig vornehmen. Doch damit nicht genug. Bereits zum 15.12. des laufenden Jahres muss der Anleger eine Entscheidung treffen, ob er die Verlusttöpfe der jeweiligen Bank bestätigt bekommen will. Dies kann er tun, um z. B. anderweitige Kapitalerträge aus Auslandsdepots mit seinen inländischen Verlusten zu verrechnen. Ob er dies wirklich tun soll oder will, hängt von zahlreichen Faktoren ab (Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung im Folgejahr, zu erwartende Erträge der Verlustbank, Höhe der bescheinigten Verluste, Art der bescheinigten Verluste etc.). Auch wird den Anleger bis einschließlich 2013 die Frage beschäftigen, wie er seine sogenannten Altverluste mit neuen Gewinnen verrechnen kann. Es ist bedauerlich, dass der deutsche Gesetzgeber die Vereinfachung nicht wirklich durchsetzen konnte. Eine einfache, entbürokratisierte und günstige Besteuerung von Kapitalanlagen hätte im Nachhinein sicherlich dazu geführt, dass der Drang zu Steueroasen der deutschen Anleger nicht mehr so groß ist.
F.
Meldepflichten von Kreditinstituten und Versicherungen
Neue Meldepflichten von Kreditinstituten und Versicherungen in Deutschland verstärken das Gefühl der Kontrolle durch den deutschen Fiskus.
I.
Meldepflichten von Kreditinstituten unter der Abgeltungsteuer
1.
Wertpapier- und Depotübertrag
Werden einzelne Wertpapiere oder ganze Depots auf einen fremden Gläubiger übertragen, so muss die abgebende Stelle eine Veräußerung unterstellen und Kapitalertragsteuer einbehalten und abführen.17
17 § 43 Abs. 1 S. 4 EStG.
57
51
3 52
53
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F. 56
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§3 58
3
Der Anleger kann aber auch von vornherein einen solchen Kapitalertragsteuerabzug auf eine fiktive Veräußerung vermeiden, wenn er der auszahlenden Stelle mitteilt, dass es sich um einen unentgeltlichen Übertrag handelt.18 Ein unentgeltlicher Übertrag liegt z. B. vor, wenn ein Depot geschenkt wird oder ein Treunehmer das Depot an den Treugeber zurücküberträgt. Wird der auszahlenden Stelle die Unentgeltlichkeit bekanntgegeben, so muss sie dies dem für sie zuständigen Betriebsstättenfinanzamt mitteilen.19 Je nach dem Grund der Unentgeltlichkeit kann mit Kontrollmitteilungen des Betriebsstättenfinanzamts an die zuständigen anderen Finanzämter des Anlegers, z. B. das Schenkungsteuerfinanzamt, gerechnet werden.
2. 59
60
61
63 64
Kapitalertragsteuerabzug bei fehlender Liquidität
Eine weitere Meldepflicht der Kreditinstitute besteht in den Fällen, in denen Kapitalertragsteuer für einen Anleger abgeführt werden müsste, jedoch nicht genug Liquidität vorhanden ist. Stellt der Anleger nach Aufforderung durch die Bank, die die Abgeltungsteuer einbehalten muss, die Liquidität nicht zur Verfügung, muss eine Meldung der Bank an das Betriebsstättenfinanzamt erfolgen.20 Dies ist z. B. der Fall, wenn unbare Dividenden, wie z. B. Stockdividenden, gezahlt/geliefert werden. Oftmals nutzen niederländische Kapitalgesellschaften diese Art der Dividendenzahlung. Die unbaren Stockdividenden sind steuerpflichtige Dividenden und unterliegen dem Steuerabzug, ohne dass ein Liquiditätsfluss erfolgt. Mit Einführung der Abgeltungsteuer ist dies auch der Fall, wenn es sich um ausländische Stockdividenden handelt. Das Finanzamt wird dann den fehlenden Abgeltungsteuerbetrag beim Anleger nachfordern.21 In diesen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass das Finanzamt erst durch die Meldung auf solche unbaren Dividenden aufmerksam wird. Sollten durch den Anleger oder seinen Berater erkannt worden sein, dass auch in den Vorjahren Stockdividenden zu erfassen waren, so ist eine Korrektur über eine Nacherklärung möglich.
II. 62
Fiskalische Fesseln in Deutschland
Neue Meldepflichten für Versicherungen
Der Gesetzgeber hat eine Anzeigepflicht für deutsche Versicherungsvermittler eingeführt, die bestimmte Versicherungsverträge mit im Ausland ansässigen Versicherungsunternehmen vermitteln.22 Diese Verpflichtung gilt für Vertragsabschlüsse nach dem 31. Dezember 2008. Betroffen sind dabei nur Versicherungsverträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (i.d.R. Kapitallebensversicherungen). Die Anzeigepflicht wird erfüllt durch die Übermittlung der Daten in elektronischer Form nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz. Eine erstmalige Übermittlung hat jedoch erst am 30.03.2011 zu erfolgen, da die technische Umsetzung dieser neuen Vorschrift noch einige Zeit benötigt. Vorher eingehende Meldungen (besonders in Papierform) erfüllen nicht die gesetzlichen Anforderungen. Sobald die technischen Übermittlungswege eingerichtet und die Anforderungen an den DatensatzAufbau bestimmt sind, werden diese auf der Internet-Seite des Bundeszentralamtes für Steuern veröffentlicht. Bis dahin sind die Daten im Unternehmen vorrätig zu halten.
18 19 20 21 22
58
§ 43 Abs. 1 S. 5 EStG. § 43 Abs. 1 S. 6 EStG. § 44 Abs. 1 S. 7 und 8 EStG. § 43 Abs. 1 S. 9 EStG. § 45d Abs. 3 EStG.
G.
III.
3
Praxis der Gesetzgebung und Finanzverwaltung
Mitteilung von Rentenbezügen
Durch das Alterseinkünftegesetz wurde zum 01.01.2005 u. a. die steuerliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen und der Alterseinkünfte neu geregelt. Ein Schwerpunkt des Alterseinkünftegesetzes ist der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen. Zugleich ist das Rentenbezugsmitteilungsverfahren eingeführt worden.23 Jährlich bis zum 01.03. des Folgejahres sind sogenannte Rentenbezugsmitteilungen an die zentrale Stelle (Deutsche Rentenversicherung Bund) nach einem amtlich vorgeschriebenem Datensatz entweder auf einem amtlich vorgeschriebenen automatisiert verarbeitbaren Datenträger oder durch Datenfernübertragung zu übersenden. Die zentrale Stelle erhält somit Informationen über die bezogenen Leistungen des jeweiligen Rentenbeziehers je Kalenderjahr. Diese Daten werden dann für die Durchführung der Besteuerung verwendet. Mitteilungspflichtig sind u. a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, der Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen für die Träger der Alterssicherung der Landwirte, die berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die Pensionskassen, die Pensionsfonds sowie auch die Anbieter privater Rentenversicherungen. Diese Regelung zur Mitteilung von Rentenbezügen konnte erst mit Vergabe der sogenannten SteuerIdentifikationsnummern durchgeführt werden. Die Steuer-Identifikationsnummern wurden in 2008 zugeteilt. Somit werden in 2009 erstmals die Rentenbezugsmitteilungen personenbezogen übermittelt und die Finanzämter über den Beginn und die Höhe aller Rentenbezüge umfassend informiert. Dabei erhalten die Finanzämter sowohl Kenntnis über die Rentenbezüge ab dem Jahr 2005 als auch über die Jahre vor 2005. Bei einigen Rentnern wird die geänderte Besteuerung von Alterseinkünften dazu führen, dass das Finanzamt Steuererklärungen anfordert und Steuernachzahlungen für mehrere Jahre erheben wird. Dies gilt unter Umständen bereits durch erzielte überdurchschnittlich hohen Renten. Wichtig ist jedoch, dass auch andere Einkünfte mit zu einer Steuerpflicht führen können und auch mit zu erklären sind, wie z. B. Vermietungseinkünfte und Pensionen sowie Kapitaleinkünfte oberhalb des Sparerfreibetrages. Sollte ab 2009 der Abzug von Abgeltungsteuer bisher aufgrund von Nichtveranlagungsbescheinigungen unterblieben sein, so müssen auch die Kapitaleinkünfte ab 2009 nacherklärt werden.
G.
Praxis der Gesetzgebung und Finanzverwaltung
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3
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68
G.
Gesetzliche Änderungen in kurzer Zeitfolge, rückwirkende Regelungen und Nichtanwendungserlasse der Finanzverwaltung führen zu einer fehlenden Kontinuität. Ist bereits den Unternehmern dieses Wechselbad der Gefühle bekannt, so konnte auch der private Kapitalanleger in den letzten Jahren die Erfahrung machen, dass er sich in Deutschland nicht wirklich auf bestehende Gesetze für planerische Überlegungen verlassen kann. Grundsätzlich unterliegen Kapitalanlagen mit Einführung der Abgeltungsteuer einem Bestandsschutz. Kapitalanlagen, die vor dem 01.01.2009 erworben worden sind, sind bei Veräußerung oder Einlösung von der Abgeltungsteuer ausgenommen, wenn die Jahresfrist abgelaufen ist.
I.
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70
Vollrisikozertifikate
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Abgeltungsteuer ist jedoch ein stark beschränkter Bestandsschutz für Vollrisikozertifikate eingefügt worden. So gilt für Zertifikate, die vor dem 15.03.2007 erworben worden sind, dass nach Ablauf der Jahresfrist ein Gewinn steuerfrei ist. Für Zertifikate je23 § 22a EStG.
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§3
Fiskalische Fesseln in Deutschland
doch, die nach dem 14.03.2007 und vor dem 01.01.2009 erworben worden sind, gilt grundsätzlich die Jahresfrist. Das bedeutet, dass nach Ablauf der Jahresfrist der Gewinn grundsätzlich steuerfrei ist. Erfolgt jedoch die Veräußerung oder Einlösung nach Ablauf der Jahresfrist und nach Mitte 2009, so lebt die Steuerpflicht des Gewinns ohne weitere Frist wieder auf.24
II.
3 72
Da Finanzinnovationen bereits nach altem Recht nicht der Jahresfrist unterlagen, gibt es keinen Bestandsschutz für die Anwendung der neuen Besteuerungsregelungen. Allerdings hat der Bundesfinanzhof für bestimmte Kapitalanlagen wie Floater, Revers-Floater und Down-Rating-Anleihen festgestellt, dass die Besteuerungsregelung zu Finanzinnovationen nach altem Recht auf diese Kapitalanlagen nicht anzuwenden ist.25 Somit sind diese genannten Kapitalanleihen auch nach Ablauf der Jahresfrist bei Einlösung oder Veräußerung steuerfrei. Dies war nicht im Sinne des Fiskus. Daher hat er im Rahmen der Anwendungsregelungen zur Abgeltungsteuer eine Regelung eingeführt, nach der diese Kapitalanlagen bei Veräußerung oder Einlösung ab 2009 wieder unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs steuerpflichtig sind – faktisch also ohne Bestandsschutz. Damit wird die BFH-Rechtsprechung faktisch außer Kraft gesetzt. Dem kann entgegengesetzt werden, dass die Anwendungsregelungen den Rechtsrahmen für den Anwendungszeitpunkt der neuen gesetzlichen Regelung schaffen, nicht aber einen neuen Besteuerungstatbestand einführen. Die gleiche Problematik ergibt sich für teilgarantierte Zertifikate.
III. 73
74
Finanzinnovationen
Lebensversicherungen
Mit Ankündigung der Abgeltungsteuer nahm das Interesse der Kapitalanleger an der Investition in sogenannten Lebensversicherungsmänteln zu. Während private Kapitalanleger mit der Abgeltungsteuer die Zinsen, Dividenden und vor allem Kursgewinne jedes Jahr der Besteuerung unterwerfen müssen, bleiben die Erträge innerhalb einer Lebensversicherung zunächst steuerfrei. Erst bei Ablauf oder Entnahme der Versicherung fällt die Steuer auf den Wertzuwachs an. Durch die Stundung der Steuer während der Laufzeit der Versicherung kann zunächst steuerfrei reinvestiert werden, so dass der Kapitalanleger während der Laufzeit der Versicherung den Zinseszinseffekt unversteuert wahrnehmen kann. Aus diesem Modell strickten Lebensversicherungen den sogenannten Lebensversicherungsmantel, bei dem Vermögensverwalter und Depotbank selbst durch den Anleger bestimmt werden können. Auch konnten so gut wie alle Kapitalanlagen in den Deckungsstock der Lebensversicherung eingezahlt werden (bestehende Wertpapierdepots, Aktien, Anleihen, Bargeld etc.). Diese Lebensversicherungsmäntel waren dem Gesetzgeber ein Dorn im Auge, da durch die Ummantelung des Depots mit einer Lebensversicherung die Abgeltungsteuer auf die Laufzeit vermieden werden konnte. Dementsprechend hat die Gesetzgebung in § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 5 EStG eine Regelung eingefügt, nach der vermögensverwaltende Policen von den allgemeinen Besteuerungsregelungen für Versicherungsverträge ausgeschlossen werden. Es wird sozusagen durch die Versicherung hindurch geguckt und transparent besteuert. Das bedeutet, dass im Zeitpunkt des Zuflusses die Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden oder Veräußerungsgewinne dem wirtschaftlich Berechtigten, das ist in der Regel der Versicherte, zuzurechnen sind. Diese Regelungen gelten verschärfend für alle Kapitalerträge, die dem Versicherungsunternehmen nach dem 31.12.2008 zufließen und es sich um einen neuen Vertrag mit Abschluss ab 01.01.2005 handelt. Somit wurde ein weiteres Gestaltungsmodell gesetzlich gekippt.26 24 Ashauer-Moll/Rösch, Abgeltungsteuer, S. 127. 25 BFH vom 04.12.2007, VIII R 53/05, BFH/NV 2008, 462. 26 Wirtschaftswoche vom 25.02.2008, Der Trick mit den Lebensversicherungen.
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G.
IV.
3
Praxis der Gesetzgebung und Finanzverwaltung
Millionärsfonds
Ein weiterer Versuch privater Vermögender, über die Investition in thesaurierende Investmentfonds im Ausland Steuern zu sparen bzw. Zinseszinseffekte unversteuert zu nutzen, war die Investition in sogenannte Millionärsfonds. Diese wurden vom Bestandsschutz ausgenommen. Betroffen von dieser Regelung sind in- und ausländische Spezialfonds sowie Investmentfonds, deren Anteile nach gesetzlichen, statutarischen oder anderweitigen Vereinbarungen nur qualifizierte Anleger erwerben können oder bei denen eine Mindesteinlage von 100.000 EUR vorgesehen ist. Hat ein Anleger in einen solchen Investmentfonds nach dem 09.11.2007 investiert, so ist bei Veräußerung von Anteilen an diesem Fonds der Kursgewinn der Anteile steuerpflichtig, der auf thesaurierten Gewinnen des Investmentfonds beruht. Damit sind diese Fonds faktisch vom Bestandsschutz ausgenommen.27
V.
3
Thesaurierende Investmenfonds – „Reichenfonds“
Die Finanzverwaltung möchte die vorgenannte Regelung auch auf solche Investmentvermögen anwenden, bei denen das wesentliche Vermögen einer kleinen Anzahl von bis zu zehn Anlegern zuzuordnen ist. Für denjenigen Anleger, dessen Anlagesumme sich dabei tatsächlich auf einen Betrag von mindestens 100.000 EUR beläuft, soll unterstellt werden, dass sowohl die Mindestanlagesumme als auch die besondere Sachkunde vorhanden ist.28 Damit versucht die Finanzverwaltung, aus der Kombination der Nicht-Steuerbarkeit im Investmentvermögen thesaurierter Veräußerungsgewinne auf Fondsebene und der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus der Veräußerung von Investmentanteilen nach Ablauf der Jahresfrist ungerechtfertigte Steuervorteile erzielen zu können. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Kombination dieser steuerlichen Regelungen eine völlig legale Nutzung von Steuervorgaben durch das Gesetz bis einschließlich 2008 war. Bisher nicht geklärt ist, ob es sich hier um eine unzulässige Ausweitung des gesetzlichen Wortlautes durch die Finanzverwaltung handelt.
VI.
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BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer
Die Einführung der Abgeltungsteuer hat zahlreiche Fragen zur materiell-rechtlichen Behandlung von Kapitalerträgen und zum Verfahren des Einbehalts der Abgeltungsteuer aufgeworfen. So sind bereits vor 2009 zahlreiche Stellungnahmen des Bundesfinanzministeriums an die Verbände der Kreditinstitute ergangen. In diesen Schreiben wurden zwar im wesentlichen Fragen zum Einbehalt der Abgeltungsteuer, also zum Verfahren des Quellensteuerabzugs, behandelt. Es wurden aber auch materiell-rechtliche Aussagen zur Gesetzesauslegung getroffen, die im aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu Einzelfragen zur Abgeltungsteuer im Nachhinein widersprüchlich gelöst wurden.29 So ging es z. B. um die Frage, welche Art von Kapitalanlagen zu den Aktienverlusten führen, die nur beschränkt mit Aktiengewinnen verrechenbar sind. Die Verbände der Kreditinstitute baten um Klarstellung, dass die Verluste aus der Veräußerung von Teilrechten und von Bezugsrechten auf Aktien ohne Einschränkung verrechenbar sind. Dieser Auffassung stimmte das Bundesfinanzministerium in einer Stellungnahme vom 14.12.2007 zu. In einer weiteren Stellungnahme vom 13.06.2008 stimmte das Bundesfinanzministerium ebenfalls der Auffassung der Kreditverbände zu, dass vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts des § 20 Abs. 6 S. 5 EStG sogenannte DRs (Depositary Receipts), die selbst keine Aktien sind, sondern solche vertreten, nicht unter die einge27 § 18 Abs. 2a InvStG. 28 BMF vom 22.10.2008, IV C 1-S 1980-1/08/10011, 2008/0581512, BStBl I 2008, 960. 29 BMF vom 22.12.2009, IV C 1-S 2252/08/10004 (2009/0860687), Einzelfragen zur Abgeltungsteuer.
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§3
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Fiskalische Fesseln in Deutschland
schränkte Verlustverrechnung fallen.30 In einer weiteren Anfrage der Kreditverbände ging es um die steuerliche Behandlung des Umtausches von DRs etc. in Aktien. In diesem Falle wollte die Kreditwirtschaft die DRs den Aktien gleichgestellt wissen mit der Folge, dass ein Umtausch von DRs in Aktien keine Veräußerung des Receipts bzw. eine Neuanschaffung der bezogenen Aktien darstellt. Dem konnte das Bundesfinanzministerium nicht im Hinblick auf die unterschiedlichen Verrechnungsmöglichkeiten von Verlusten aus Aktien und ADRs zustimmen. Im Nachhinein hat das Finanzministerium seine Auffassung bezüglich der steuerlichen Erfassung von Verlusten aus diesen DRs geändert und unterwirft diese nun der beschränkten Verlustverrechnung. Das BMF widerspricht somit seiner ursprünglichen Auffassung aus 2007. Einen weiteren Rückzieher macht das Finanzministerium hinsichtlich ehemaliger Aussagen zur Behandlung von Zertifikaten, die einen Lieferanspruch auf Gold oder einen anderen Rohstoff verbriefen. In einer Stellungnahme vom 15.08.2008 stimmte das Bundesfinanzministerium noch den Kreditverbänden zu, dass in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut geliefert wird, ein Geschäft nach § 23 EStG vorliegt (privates Veräußerungsgeschäft). Im Falle der Zahlung eines Differenzausgleichs oder eines glattstellenden Gegengeschäftes sollte dagegen ein Termingeschäft im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG vorliegen (Kapitaleinkünfte nach neuem Recht ohne Jahresfrist). Im aktuellen BMF-Schreiben vom 22.12.2009 dagegen schränkt das Bundesfinanzministerium seine Aussage dahingehend ein, dass bei solchen Inhaberschuldverschreibungen und Zertifikaten, die einen Lieferanspruch auf Gold oder einen anderen Rohstoff verbriefen und nicht in physischer Form gedeckt sind, die Einnahmen immer Einkünfte nach neuem Recht sind. Werden also solche Zertifikate durch Lieferung des Basiswertes Gold oder eines anderen Rohstoffs eingelöst, so greift entgegen vorheriger Aussagen nicht die Jahresfrist. Der Gewinn oder Verlust unterliegt der Abgeltungsteuer ohne Anwendung einer Frist.31 Weiterhin versucht das Bundesfinanzministerium mit seinem aktuellen Schreiben vom 22.12.2009 eine vermeintliche Gesetzeslücke zu schließen. Es handelt sich dabei um die Besteuerung von erhaltenen Stückzinsen bei Veräußerung von Anleihen mit Bestandsschutz nach Ablauf der Jahresfrist. Hintergrund ist folgender: Werden klassische Anleihen (keine Finanzinnovationen) vor 2009 erworben, so ist die Veräußerung nach Ablauf der Jahresfrist steuerlich irrelevant. Nach neuer Rechtslage sollen dabei erhaltene Stückzinsen ein Veräußerungsentgelt darstellen. Generell hat der Veräußerer die in der Regel gesondert in Rechnung gestellten und vereinnahmten Stückzinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen – als Teil des Veräußerungsentgelts – zu versteuern. Da jedoch aufgrund der Anwendungsregelung für klassische Anleihen ein Bestandsschutz besteht, unterbleibt bei einer Veräußerung der Anleihen mit Bestandsschutz die Besteuerung der erhaltenen Stückzinsen, da die Jahresfrist abgelaufen ist und keine gesonderte Regelung für die Besteuerung von erhaltenen Stückzinsen besteht. Ein Veräußerungsentgelt kann nur dann steuerpflichtig sein, wenn das Grundgeschäft, die Veräußerung an sich, steuerpflichtig ist. Die Finanzverwaltung will in diesen Fällen die Besteuerung der vereinnahmten Stückzinsen auch dann besteuert wissen, wenn die Wertpapiere vor dem 01.01.2009 angeschafft worden sind. Es ist anzuzweifeln, ob das Bundesfinanzministerium diese vermeintliche Gesetzeslücke allein mit der Anwendung eines BMF-Schreibens schließen kann.
30 BMF, Zweifelsfragen im Hinblick auf die Umsetzung der Abgeltungsteuer. 31 BMF, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer, Rz 57.
62
G.
VII.
3
Praxis der Gesetzgebung und Finanzverwaltung
Geschlossene Fondsgestaltungen – „Steuermodelle“
Strittig ist die steuerliche Behandlung der Verlustzuweisung von Medienfonds. Dabei investierten Anleger in eine unternehmerische Beteiligung in Filmproduktionen, die zum Teil durchaus erfolgreich waren. Durch Geltendmachung von Aufwendungen zu Anfang der Investition wurden dem Anleger hohe Verlustzuweisungen steuerlich zugewiesen. Im Jahr 2005 wurde das Modell durch einen neuen § 2a EStG (für sogenannte Steuerstundungsmodelle) gekippt. Den Zeichnern von Medienfonds droht im Nachhinein jedoch eine hohe Steuernachzahlung, da die Finanzverwaltung nun erst im Rahmen von Betriebsprüfungen, die in der Regel zeitlich wesentlich hinter den eigentlichen Veranlagungszeiträumen liegen, die Frage der steuerliche Geltendmachung der Verluste prüft. So kann es sein, dass Korrekturzeiträume von zehn Jahren betroffen sind. Dies führt natürlich auch zu erheblichen Mehrbelastungen durch die entsprechenden Nachzahlungszinsen bei den Anlegern. Hier wäre eine frühzeitige Handlung der Finanzverwaltung wünschenswert gewesen. Ein weiteres Beispiel für die steuerliche Gefährdung langfristiger Kapitalanlagen ist die Investition von Anlegern in Leasingfonds. In zwei Urteilen des Bundesfinanzhofs wurde festgelegt, wann die Vermietung und Veräußerung von beweglichen Wirtschaftsgütern die Grenze privater Vermögensverwaltung überschreitet.32 Liegen gewerbliche Einkünfte vor, so unterliegen die Einkünfte des geschlossenen Fonds auch der Gewerbesteuerpflicht, und der Gewinn aus der Veräußerung ist ein laufender Gewinn. Somit können steuerliche Begünstigungen für Veräußerungsgewinne durch den Anleger nicht wahrgenommen werden. Der Anleger muss zum einen mit erheblichen Steuernachzahlungen rechnen. Zum anderen werden von geschlossenen Fonds noch Nachschüsse von den Investoren eingefordert, um die Gewerbesteuer zahlen zu können. Auch hier zeigt sich, dass die langfristige Investition in Kapitalanlagen aus steuerlicher Sicht risikobehaftet ist, da eine Zusicherung der geltenden Rechtslage auch für die Zukunft nicht generell möglich ist. Eine Steuergestaltung im Rahmen der privaten Kapitalanlage ist somit ebenso wie die Gestaltung von Unternehmen aus rein steuerlichen Gründen ein gewagtes Spiel, wenn sie langfristig angelegt ist.
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VIII. Langfristige Kapitalanlagen im Ausland – „Repatriierungsmodelle“ Gleiches gilt für sog. Repatriierungsmodelle im Ausland. Ziel dieser Modelle ist es, langfristig über rund 12 Jahre den Zufluss von Kapitalerträgen zu vermeiden, damit der Anleger keine neue Steuerhinterziehung begeht. Eine Nacherklärung der bisherigen verschwiegenen Kapitalerträge aus den Vorjahren erfolgt dabei nicht. In Frage kommen hier solche Modelle, die innerhalb der Laufzeit nicht zu steuerlich relevanten Kapitalerträgen führen. Genannt seien hier beispielhaft die Investition in Lebensversicherungen, Zertifikate und Zerobonds. So kann es sicherlich ein Ziel sein, durch die Vermeidung von steuerpflichtigen Kapitalerträgen über die nächsten zwölf Jahre den Anfall von steuerpflichtigen Kapitalerträgen zu vermeiden. Nach Ablauf der langen Anlagefrist werden dann über Verkauf oder Einlösung der entsprechenden Kapitalanlagen steuerpflichtige Kapitalerträge realisiert, die dann zu den gegebenen steuerlichen Voraussetzungen in Deutschland angegeben werden.
32 BFH vom 31. Mai 2007, IV R 17/05, BStBl II 2007, 768; BFH vom 26.06.2007, IV R 49/04, BStBl II 2009, 289.
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Fiskalische Fesseln in Deutschland
Folgende Anmerkungen sind zu solchen Gestaltungen zu machen: Sie sind nur wirksam hinsichtlich der Steuerfreiheit von Erträgen im Rahmen der Einkommensbesteuerung. Eine etwaige Schenkung bzw. das Versterben des Anlegers führt nicht zu einer Vermeidung des Steueranfalls hinsichtlich der Schenkungs- und Erbschaftsteuer. Zudem bleiben auch Hinterziehungstatbestände der Vorjahre – insbesondere bei Versterben innerhalb des geplanten Anlagezeitraums – bestehen. Ganz im Gegenteil, in solchen Fällen werden die Problematiken auf die Erben verlagert, die zusätzlich etwaige Berichtigungspflichten für den Erblasser erfüllen müssen und mit unvollständigen Erbschaftsteuererklärungen selbst in Steuerhinterziehungsdelikte geraten könnten. Auch die Dauer der Anlage über mehr als zehn Jahre kann zu Problemen führen. Dies gilt zum einen bei älteren Kunden. Insbesondere aber droht zum anderen die Gefahr von künftigen Gesetzesänderungen mit der Folge, dass mit diesen Gesetzesänderungen eventuell doch Kapitalerträge mit der gewählten Kapitalanlagestrategie entstehen. Hier sei der Hinweis auf die in Deutschland als transparent behandelten vermögensverwaltenden Lebensversicherungen und die Millionärsfonds erlaubt. Ganz davon abgesehen muss auch die wirtschaftliche Seite einer solchen langfristigen Kapitalanlage gut durchdacht sein. Der Anleger ist an seine getroffene Anlageentscheidung langfristig gebunden. Unter Umständen verbaut er sich in bestimmten Rahmen die Möglichkeit, verschiedene Assetklassen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Entwicklung auszutauschen. Unter Umständen wird durch die langfristige Anlage eine Schmälerung der Rendite riskiert. Auch können Kostenminderungspotentiale unter Umständen nicht ausgeschöpft werden. Insoweit wird dringend geraten, die Nachdeklaration von bisher nicht erklärten Kapitalerträgen zu prüfen, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen A.
Einleitung
A.
Unabhängig von (steuer-)moralischen und sonstigen Aspekten setzt eine rationale Entscheidung über Schwarzgeldanlagen, ihre Beibehaltung und ggf. Legalisierung eine Risikoanalyse und -bewertung voraus. Eine solche Risikobetrachtung ergibt häufig, dass Schwarzgeldanlagen ökonomisch wenig sinnvoll sind. Zumindest stellt sich nicht selten heraus, dass Anleger in geringerem Maße von unversteuerten Auslandsanlagen profitieren, als es zunächst scheinen mag. Vereinfacht ist bei der Risikobetrachtung der wirtschaftliche Vorteil der Schwarzgeldanlage gegen das Schadenspotential im Fall der Tatentdeckung abzuwägen. Die wirtschaftlichen Vorteile sind dabei in erster Linie ersparte Aufwendungen in Form nicht gezahlter Steuern. Diese ergeben sich aus dem Vergleich der dem Anleger zugeflossenen Erträge mit der wirtschaftlichen Situation, die sich bei ordnungsgemäßer Versteuerung ergeben würde. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Steuern, welche die Bank aufgrund gesetzlicher Vorschriften des Anlagestaats einbehält, im Fall von Schwarzgeldanlagen nicht steuermindernd geltend gemacht werden können, während dies bei ordnungsgemäßer Versteuerung häufig ganz oder zumindest teilweise möglich ist. Ferner sind die mit einer Auslandsanlage erfahrungsgemäß verbundenen erhöhten Kosten zu berücksichtigen. Offshore-Banking ist kostspielig. Banken, Finanzdienstleister, Treuhänder und sonstige an der Vermögensverwaltung Beteiligte lassen sich ihre Dienstleistung honorieren. Konto- und Depotgebühren sind hoch. Oftmals entstehen dem Anleger zudem Reisekosten, weil die Kommunikation zwischen Bank und Anleger aus nachvollziehbaren Gründen nur eingeschränkt möglich ist und bestimmte Angelegenheiten persönlich vor Ort geregelt werden müssen. Dieser gesamte Aufwand kann bei Schwarzgeldanlagen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten steuermindernd geltend gemacht werden. Dennoch wird sich unter dem Strich häufig ein Saldo zugunsten des Kapitalanlegers ergeben. Diesem wirtschaftlichen Vorteil steht das Schadenspotential gegenüber. Es ist das Produkt aus der Wahrscheinlichkeit einer Tatentdeckung (Eintrittswahrscheinlichkeit) und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Nachteilen (Schadenshöhe). Schadenspotential = Eintrittswahrscheinlichkeit × Schadenshöhe.
1
Ist das Schadenspotential höher als der wirtschaftliche Vorteil der Schwarzgeldanlage, ist diese aus rein ökonomischer Sicht nicht sinnvoll. Die Eintrittswahrscheinlichkeit wird vor allem durch die Höhe des Entdeckungsrisikos bestimmt.1 Bei der Berechnung der Schadenshöhe sind insbesondere folgende Posten zu berücksichtigen: ■ Die im Fall der Tatentdeckung zu zahlenden Hinterziehungszinsen in Höhe von 6% p.a.2 ■ Kosten im Zusammenhang mit einem Steuerstrafverfahren. Hierzu zählen erstens die Strafverteidigungskosten, die in nicht einfach gelagerten Fällen schnell eine mindestens fünfstellige Höhe erreichen können.
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Dazu Rn 10 ff. § 6 Rn 152 ff.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
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Zweitens gehören hierher die Kosten des Strafverfahrens, die der Schwarzgeldanleger im Fall der strafrechtlichen Verurteilung tragen muss. Drittens muss der Schwarzgeldanleger im Fall der Tatentdeckung mit einer strafrechtlichen Sanktion rechnen, die unabhängig von der Nachzahlung der hinterzogenen Steuern und Zinsen anfällt. Häufig ist dabei die Verurteilung zur Zahlung einer Geldstrafe. Bei sehr hohen Hinterziehungsbeträgen muss der Anleger sogar mit einer Freiheitsstrafe rechnen, die nicht immer zur Bewährung ausgesetzt wird; die wirtschaftlichen Folgekosten ergeben sich in diesem Fall aus dem möglichen Verlust des Arbeitsplatzes sowie – während der Dauer der Gefangenschaft – der fehlenden Möglichkeit, im bisherigen Umfang einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Entscheidung für oder gegen eine Schwarzgeldanlage ist fast nie rein wirtschaftlicher Natur. Erfahrungsgemäß berücksichtigen Anleger viele weitere – rationale wie irrationale – Gesichtspunkte. Risikobereite Personen benötigen den mit einer Schwarzgeldanlage verbundenen Nervenkitzel. Andere lieben das Gefühl, dem Fiskus ein Schnippchen geschlagen zu haben. Wieder anderen Anlegern kommt es vielleicht darauf an, ihr Vermögen vor Angehörigen oder Dritten zu verheimlichen, um keine Begehrlichkeiten zu wecken. Die Gründe für eine Schwarzgeldanlage sind vielfältig. Gegen deren Einrichtung oder Beibehaltung sprechen hingegen Aspekte der Steuermoral, der möglicherweise geraubte Schlaf und drohender Ansehensverlust, Stigmatisierung und nachteilige soziale Folgen im Fall der Tatentdeckung.
B. 10
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C. 13
Die Höhe des Entdeckungsrisikos für unversteuerte Auslandsvermögen hängt maßgeblich davon ab, welche Ermittlungsmöglichkeiten den deutschen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stehen. Nach unserer Überzeugung steigt das Entdeckungsrisiko stetig, da die Möglichkeiten der Behörden zur Informationsbeschaffung auf nationaler und internationaler Ebene laufend ausgeweitet werden. In diesem Abschnitt erläutern wir die wichtigsten Erkenntnismöglichkeiten deutscher Behörden. Unter C. betrachten wir zunächst Informationsquellen auf nationaler Ebene. Informationsquellen auf internationaler Ebene werden unter D. dargestellt.
C.
Informationsquellen auf nationaler Ebene
Einige wichtige Erkenntnisquellen deutscher Finanzbehörden in Bezug auf Kapitalanlagen wurden bereits in § 3 erläutert. Darüber hinaus spielen folgende Gesichtspunkte für die Informationsgewinnung auf nationaler Ebene eine Rolle:
I. 14
Informationsquellen der Finanzbehörden als bestimmender Faktor
Die Steuerakte
Wichtige Informationen ergeben sich für die Finanzverwaltung zunächst aus der Steuerakte selbst. In der Regel weiß die Finanzverwaltung mehr über den Steuerpflichtigen, als er denkt. Wer dieses Wissen unterschätzt, handelt leichtsinnig.
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C. Informationsquellen auf nationaler Ebene Im Regelfall kennt der Steuerpflichtige den Inhalt seiner Steuerakte nicht. Im Besteuerungsverfahren gibt es nämlich keinen Anspruch auf Akteneinsicht.3 Diese Unkenntnis birgt Gefahren.
II.
Der Steuerpflichtige
Primäre Informationsquelle der Finanzverwaltung ist nach wie vor der Steuerpflichtige selbst. Er wird durch ein eng geknüpftes Pflichtennetz zur Mitwirkung im Besteuerungsverfahren angehalten.4
1.
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Allgemeine Mitwirkungspflicht
Gemäß § 90 Abs. 1 S. 1 AO sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen dieser Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen und ihnen bekannte Beweismittel angeben. Unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber den Finanzbehörden können nicht nur eine Straftat darstellen.5 Sie sind auch deshalb gefährlich, weil die Finanzbehörden den Angaben des Steuerpflichtigen keineswegs blind folgen. Unrichtige Angaben beinhalten stets das Risiko der Unschlüssigkeit, insbesondere wenn sie sich mit sonstigen, den Finanzbehörden bekannten Tatsachen, nicht sinnvoll verzahnen lassen.
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> Beispiele A erklärt in seiner Einkommensteuererklärung regelmäßig jährliche Einkünfte von 200.000 Euro aus nichtselbständiger Tätigkeit, erzielt aber laut Erklärungen keinerlei Einkünfte aus Kapitalvermögen. Das fordert das Finanzamt geradezu zu Nachforschungen heraus. B wandelt einen schwarz angelegten Betrag in Höhe von 500.000 Euro im Wege des „Cash Matchings“ in Bargeld um.6 Hiervon erwirbt er für seine Lebensgefährtin ein Penthouse am Potsdamer Platz in Berlin und zeigt dies ordnungsgemäß der Schenkungsteuerstelle an.7 Aus Sicht der Finanzverwaltung liegt die Frage nahe, in welcher Weise das für den Immobilienerwerb verwendete Kapital in der Vergangenheit investiert war und ob daraus erzielte Erträge einkommensteuerlich zutreffend deklariert worden sind. C beantragt in VZ 02 die Gewährung der Eigenheimzulage und gibt an, den Hauskauf aus eigenen Sparmitteln finanziert zu haben. Auch hier stellt sich die Frage, ob C in der Vergangenheit Einkünfte aus Kapitalvermögen vollständig erklärt hat.8 Insbesondere mittels Vermögenszuwachs- und Geldverkehrsrechnung kann das Finanzamt Angaben des Steuerpflichtigen auf Plausibilität überprüfen. Beide miteinander verwandten Methoden beruhen auf dem Gedanken, dass jeder nur das ausgeben kann, was er zuvor eingenommen hat. Ihr Grundmuster lautet:
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Brockmeyer, in Klein, Abgabenordnung, § 364. An Stelle der Akteneinsicht werden dem Betroffenen im Einspruchsverfahren die Unterlagen der Besteuerung mitgeteilt, § 364 AO. Bilsdorfer, Informationsquellen, S. 19. § 6 Rn 8 ff. Zum „Cash Matching“ § 13 Rn 23. Die Offenlegung der Schenkung wird sich wegen der Mitteilungspflichten der Notare und Gerichte häufig ohnehin nicht vermeiden lassen. Dazu Rn 74 ff. Beispiel entnommen aus: Bilsdorfer, Informationsquellen, S. 22.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen 20
Feststellbarer Anfangsbestand + erklärbare Zugänge ./. erklärbare Abgänge ./. festgestellter Endbestand = ungeklärte Bestandsveränderung.9
2.
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Erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandsbezug
Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug treffen den Steuerpflichtigen erhöhte Mitwirkungspflichten. Dies erschien dem Gesetzgeber notwendig, weil die Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörde bei grenzüberschreitendem Bezug erheblich eingeschränkt sind.10 Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug hat der Steuerpflichtige gemäß § 90 Abs. 2 S. 1 AO nicht nur den Sachverhalt aufzuklären. Darüber hinaus muss er die erforderlichen Beweismittel beschaffen, und zwar gemäß § 90 Abs. 2 S. 2 AO unter Ausschöpfung aller rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten. Unter anderem trifft den Steuerpflichtigen eine Pflicht zur Beweisvorsorge.11 In Bezug auf Kapitalanlagen im Ausland bedeutet dies beispielsweise: Der Steuerpflichtige muss die Bankbelege beibringen.12 Ihm obliegt der Nachweis der Behauptung, im Ausland angelegtes Kapital sei verbraucht worden und befinde sich daher nicht mehr im Vermögen des Steuerpflichtigen.13 Erfüllt der Steuerpflichtige die erhöhten Mitwirkungspflichten nicht und lässt sich der Sachverhalt nicht endgültig aufklären, kann dies eine Reduzierung des Beweismaßes zur Folge haben.14 Zudem besteht für das Finanzamt ggf. eine Schätzungsbefugnis gemäß § 162 Abs. 1 AO. Diese darf zwar nicht willkürlich sein.15 Das Finanzamt ist aber berechtigt, bei steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen an der oberen, bei steuermindernden Besteuerungsgrundlagen an der unteren Grenze des Schätzungsrahmens zu bleiben. > Beispiel Nachforschungen der Steuerfahndung beim Steuerpflichtigen S deuten auf ein Schwarzgeldkonto und -depot in der Schweiz hin. Die Ermittlungen ergeben unter anderem, dass dem Konto am 30.06.2002 Erträge in Höhe von 30.000 Euro gutgeschrieben worden sind. Diese Erträge stammen aus der Einreichung von Kupons aus Tafelpapieren. S kann sich lediglich erinnern, dass es sich um festverzinsliche Tafelpapiere gehandelt hat. Er erinnert sich aber nicht mehr, ob die Gutschrift vom 30.06.2002 aus der Einreichung lediglich eines Kupons resultiert, oder ob er über mehrere Jahre Kupons gesammelt hat und diese im Jahr 2002 zusammen einreichte. S trägt weiter vor, das oder die Tafelpapier(e) im Dezember 2002 eingelöst zu haben. Das Geld habe er in bar erhalten; es sei mittlerweile im privaten Verbrauch untergegangen. Ab VZ 2003 habe er keine Einkünfte aus Kapitalvermögen mehr erzielt. Nachweisen kann S seine Behauptungen nicht.
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Im vorliegenden Beispiel kann das Finanzamt auch für die Veranlagungszeiträume nach 2002 davon ausgehen, dass S Kapitalerträge – zum Beispiel aus einem der Finanzbehörde nicht bekannten Depot – erzielt hat. Die Höhe der jährlichen Erträge könnten dabei in Anlehnung an die in VZ 2002 erfolgte Gutschrift auf 30.000 Euro geschätzt werden. 9 10 11 12 13 14 15
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Ausführlich Kürzinger, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 333ff. Brockmeyer, in Klein, Abgabenordnung, § 90 Rn 8. Brockmeyer, in Klein, Abgabenordnung, § 90 Rn 8. BFH vom 22.12.1997, VIII B 87/96, BFH/NV 98, 944. vgl. FG Münster vom 16.11.1999, 8 K 4124/94 E, EFG 86, 211. Brockmeyer, in Klein, Abgabenordnung, § 90 Rn 5. vgl. Rüsken, in Klein, Abgabenordnung, § 162 Rn 36ff.
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C. Informationsquellen auf nationaler Ebene
3.
Aufzeichnungspflichten bei Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen
Eine weitere Verschärfung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug könnte sich ab dem Veranlagungszeitraum 2010 ergeben. Grundlage ist das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz (StHintBekG)16 bzw. die Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung (StHBekV).17 StHintBekG und StHBekV begegnen erheblichen europa-, verfassungs- und steuerrechtlichen sowie wirtschaftspolitischen Bedenken.18 Nach der Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung hat der Steuerpflichtige bei bestimmten Geschäftsbeziehungen ins Ausland umfangreiche Aufzeichnungen zu erstellen. Einzelheiten ergeben sich aus § 1 StHBekV. Selbstverständlich können sich aus solchen Aufzeichnungen unbeabsichtigt Hinweise auf unversteuerte Auslandsvermögen ergeben. Allerdings hat diese Regelung derzeit in der Praxis noch keinen Anwendungsbereich. Es stellt sich ohnehin die Frage, ob sich die praktischen Auswirkungen nicht eher in Grenzen halten werden.19 Die Aufzeichnungspflichten gelten nur für bei Geschäftsbeziehungen in Staaten, die nicht zum Informationsaustausch gemäß OECD-Standard bereit sind.20 Zur Sicherung der gleichmäßigen Besteuerung ist insoweit vorgesehen, dass das Bundesministerium der Finanzen im Bundessteuerblatt eine Staatenliste veröffentlichen wird. Ob die Vorschrift vor Veröffentlichung dieser Staatenliste überhaupt anwendbar ist, erscheint zweifelhaft. Zumindest ist nicht zu erwarten, dass Finanzbehörden ohne eine solche Staatenliste von der Vorschrift Gebrauch machen werden. Auch das Bundesministerium der Finanzen hat festgestellt, dass zum 01.01.2010 kein Staat oder Gebiet die Voraussetzungen für Maßnahmen nach der StHBekV erfüllt.21 Ob die Staatenliste jemals kommen wird, ist ungewiss. Der eigentliche Zweck der Vorschrift dürfe tatsächlich eher darin bestehen, den politischen Druck auf Steueroasen zur intensiveren Kooperation in Steuerangelegenheiten aufrechtzuerhalten.
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! Praxishinweis Steuerpflichtige mit Geschäftsbeziehungen in möglicherweise betroffene Staaten sollten das Bundessteuerblatt sowie die Tagespresse im Hinblick auf die Veröffentlichung der vorgenannten Staatenliste im Auge behalten.
4.
Erhöhte Pflichten bei Bankbeziehungen in Steueroasen
StHintBekG und StHBekV sehen darüber hinaus erhöhte Pflichten für Personen vor, die möglicherweise Bankbeziehungen in Steueroasen unterhalten. Auch insoweit gilt, dass diese Vorschriften erst nach Veröffentlichung der Staatenliste durch das BMF praxisrelevant werden dürften.22 Im Einzelnen ist Folgendes geregelt:
16 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz) vom 29.07.2009, BGBl I 2009, 2302. 17 Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung vom 18.09.2009, BGBl I 2009, 3046. 18 zu verfassungs- und europarechtlichen Bedenken vgl. Wagner, Betriebsberater 2009, 2293. 19 Eilers/Dann, Betriebsberater 2009, 2399. 20 vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f aa) EStG. 21 BMF vom 05.01.2010, IV B2 – S 1315/08/10001-09 (Veröffentlichung im BStBl I nach Redaktionsschluss). 22 siehe bereits Rn 29.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen 33
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Bestehen objektive erkennbare Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Steuerpflichtige über Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten in einer Jurisdiktion verfügt, die auf der noch zu veröffentlichenden Staatenliste des BMF steht, hat der Steuerpflichtige die Finanzbehörde auf Anforderung zu bevollmächtigen, in seinem Namen mögliche Auskunftsansprüche gegenüber diesen Kreditinstituten außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen.23 Letztlich stellt der Verordnungsgeber der Finanzverwaltung damit ein Instrument zur Verfügung, um die oftmals langwierige Sachverhaltsermittlung abzukürzen, die mit Inanspruchnahme der internationalen Amts- und Rechtshilfe verbunden ist. Zudem muss der Steuerpflichtige auf Verlangen der Finanzbehörde die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben über ausländische Bankbeziehungen an Eides Statt versichern. Weigert sich der Steuerpflichtige, die Finanzbehörde zur Geltendmachung der Auskunftsansprüche zu bevollmächtigen und/oder eine Versicherung an Eides Statt abzugeben, hat die Finanzbehörde eine Schätzungsbefugnis nach § 162 AO. Da Willkürschätzungen nicht gestattet sind, wird es eine interessante Frage sein, auf welche Anknüpfungspunkte für die Schätzung die Finanzbehörden zurückgreifen werden. ! Praxishinweis Die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt ist eine Straftat. Die Strafbarkeit wird durch Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO nicht beseitigt. Der Berater wird daher künftig bei der Selbstanzeigeberatung prüfen müssen, ob der Steuerpflichtige bereits eine falsche Versicherung an Eides Statt abgegeben hat. Erhält der Inhaber unversteuerter Auslandsvermögen eine Aufforderung der Finanzbehörden zur Abgabe einer Versicherung an Eides Statt gemäß § 90 Abs. 3 S. 3 AO, muss er spätestens dann ernsthaft über die Abgabe einer Selbstanzeige nachdenken. Die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt muss er unbedingt vermeiden. Notfalls sollte der Steuerpflichtige die Abgabe verweigern und eine Schätzung in Kauf nehmen, die im Wege des Einspruchs angefochten werden kann.
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In Besteuerungsverfahren dürfte insbesondere die Frage streitig werden, unter welchen Umständen „objektiv erkennbare Anhaltspunkte“ für die Annahme einer Geschäftsbeziehung zu einem ausländischen Finanzinstitut bestehen. Denn nur dann darf das Finanzamt vom Steuerpflichtigen die vorstehend genannten Handlungen verlangen. Reicht es zum Beispiel, dass der Steuerpflichtige beim Grenzübertritt größere Bargeldbeträge oder anonyme Bankunterlagen bei sich führt? Bestehen objektiv erkennbare Anhaltspunkte, wenn beim Steuerpflichtigen die Visitenkarte eines ausländischen Bankberaters aufgefunden wird oder reicht es gar, wenn er regelmäßig in „inkriminierte Staaten“ reist? Diese Fragen sind derzeit ungeklärt. Der Begriff ist konturenlos.24 Letztlich dürfte das Tatbestandsmerkmal „objektiv erkennbare Anhaltspunkte“ dem Anfangsverdacht im Sinne des § 152 StPO entsprechen. Das würde bedeuten, dass die Anforderungen an das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals niedrig sind. Es würde reichen, dass Tatsachen die Annahme begründen, es könnte eine entsprechende Geschäftsbeziehung bestehen.25 Fraglich ist, wie sich der Steuerpflichtige gegen eine vom Finanzamt zu Unrecht verlangte Bevollmächtigung zur Geltendmachung von Auskunftsansprüchen bzw. Abgabe einer Versicherung an Eides Statt zur Wehr setzen kann. Dies wird z. B. dann relevant, wenn keine objektiv erkennbaren Anhaltspunkte für die Annahme einer Geschäftsbeziehung zu einem ausländischen Finanzinstitut bestehen, der betreffende Staat nicht auf der Staatenliste des BMF steht oder zu Unrecht in diese aufgenommen wurde. 23 § 1 Abs. 5 StHBekV. 24 Eilers/Dann, Betriebsberater 2009, 2399 (2403). 25 ähnlich Schauf/Adick, PStR 2009, 229 (231).
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C. Informationsquellen auf nationaler Ebene Nach zutreffender Ansicht stellt eine entsprechende Aufforderung des Finanzamts wegen des erheblichen Grundrechtseingriffs einen Verwaltungsakt dar. Sie kann mit dem Einspruch angefochten werden.26 Nach anderer Ansicht sind entsprechende Aufforderungen lediglich vorbereitende Maßnahmen und damit – ähnlich wie das Verlangen zur Empfängerbenennung nach § 160 AO oder die Aufforderung der Finanzbehörde zur Vorlage bestimmter Unterlagen – keine anfechtbaren Verwaltungsakte.27 Nach dieser Ansicht könnten entsprechende Aufforderungen nur inzident geprüft werden, und zwar im Rahmen des Einspruchs gegen den ergangenen Steuerbescheid. Abschließend ist zu bemerken, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber insbesondere mit der Verpflichtung zur Abgabe einer Versicherung an Eides Statt ein steuerpolitisches Eigentor geschossen haben dürfte. Wer einmal eine falsche Versicherung an Eides Statt abgegeben hat, ist in vielen Fällen de facto so lange an der Legalisierung seiner Schwarzgeldanlage gehindert, bis hinsichtlich der falschen Versicherung an Eides Statt strafrechtliche Verjährung eingetreten ist. Zusätzliche Steuerquellen werden so eher nicht erschlossen.
5.
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Aufbewahrungspflichten bei Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen
Das Finanzamt kann einen Steuerpflichtigen, der seinen Pflichten gemäß § 90 Abs. 2 S. 3 AO nicht nachgekommen ist, für die Zukunft zur Aufbewahrung der Aufzeichnungen und Unterlagen über die betreffenden Einnahmen und Werbungskosten verpflichten.28
III.
Auskünfte von Privatpersonen
1.
Auskunftsverlangen des Finanzamts
Das Finanzamt kann sich gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AO zur Gewinnung von Informationen auch an andere Personen als den Steuerpflichtigen wenden. Diese Personen müssen dem Finanzamt die zur Festsetzung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte erteilen, soweit nicht im Einzelfall ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, etwa für Berufsträger29 oder Angehörige des Steuerpflichtigen.30 Allerdings ist diese Auskunftspflicht nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO subsidiär. Es versteht sich von selbst, dass solche Auskünfte – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – Hinweise auf unversteuerte Auslandsvermögen enthalten können. Auskunftsersuchen der Finanzbehörden gegenüber Banken werden an anderer Stelle eingehend erörtert.31
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Schauf/Adick, PStR 2009, 229 (232). vgl. Brockmeyer, in Klein, Abgabenordnung, § 118 Rn 9. § 147a S. 6 AO. § 102 AO. § 101 Abs. 1 AO. § 13 Rn 30 ff.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
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In der Praxis sind Fälle häufig, in denen sich ein Informant aus eigener Initiative an die Finanzbehörde wendet, um dieser seine Kenntnisse mitzuteilen.32 Dabei geht es zum einen um anonyme oder namentliche Anzeigen, die nach Schätzungen Auslöser für ein Fünftel der Steuerstrafverfahren sein sollen.33 Die Fallvarianten sind vielfältig. Sie reichen von der enttäuschten Ehefrau über den neidischen Nachbarn und den unzufriedenen Angestellten und enden bei Wettbewerbern, welche die Ausschaltung eines Konkurrenten im Auge haben. Anonyme Anzeigen ohne konkrete Angaben („A hat Schwarzgeld in Luxemburg“) stoßen dabei auf geringes Interesse der Finanzbehörden. Namentlich erstatteten Anzeigen wird das Finanzamt hingegen ebenso nachgehen wie anonymen Anzeigen, soweit diese Details enthalten und der angezeigte Sachverhalt eine nicht unerheblich steuerliche Bedeutung zu haben scheint.34 In die Rubrik Spontanauskünfte gehören zum anderen strafbefreiende Selbstanzeigen von Dritten, die ohne vorherige Abstimmung abgegeben werden und strafrechtliche Ermittlungen gegen weitere Tatbeteiligte auslösen können. Schließlich zählen zu dieser Kategorie die mit dem Schlagwort „Entwendung von Kundendaten bei Banken“ beschreibbaren Fallvarianten. Dieses Thema wird wegen seiner großen praktischen Bedeutung nachfolgend unter einer eigenen Ziffer behandelt.
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Entwendung von Kundendaten
Ein kaum zu kalkulierendes Risiko für Schwarzgeldanleger ist die Entwendung von Kundendaten bei ausländischen Banken. Hier geht es um Fälle, in denen der „Datendieb“ entweder die Daten an die deutschen Finanzbehörden verkauft oder die Bank bzw. deren Kunden mit der Drohung erpresst, die Daten an die Finanzbehörden weiterzureichen.
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Spontanauskünfte
Beispiele aus der Praxis
In der jüngeren Vergangenheit haben vor allem zwei Fälle mit Liechtenstein-Bezug Schlagzeilen gemacht. Im Fall der LGT Treuhand AG, einer ehemaligen Tochter der LGT Liechtenstein, hatte ein ehemaliger Mitarbeiter der Bank auf einem digitalen Datenträger Kundendaten entwendet und für 4,6 Mio. Euro an den Bundesnachrichtendienst (BND) verkauft. Der BND leitete die erhaltenen Informationen an die Strafverfolgungsbehörden weiter. In der Folge wurden hunderte Ermittlungsverfahren eingeleitet. Darüber hinaus erstatteten viele Steuerpflichtige Selbstanzeige, weil sie – teilweise zu Unrecht, wie sich später herausstellte – fürchteten, ihre Daten könnten auf der CD gespeichert sein. Im Fall der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) hatte Datendiebe die LLB mit der Drohung erpresst, entwendete Kundendaten an die deutschen Finanzbehörden zu übergeben. Die LLB zahlte in zwei Tranchen rund neun Millionen Euro für die Rückgabe von zwei Dritten der Unterlagen. Eine letzte Rate in Höhe von 4 Mio. Euro sollte im August 2009 für die Rückgabe der Restunterlagen gezahlt werden. Dazu kam es nicht mehr. Einer der Tatbeteiligten geriet mit mehr als 400.000 Euro
32 Bilsdorfer, Informationsquellen, S. 42. 33 Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, S. 48 Fn 2. 34 Lübke/Müller/Bonenberger, Steuerfahndung, S. 125.
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C. Informationsquellen auf nationaler Ebene Bargeld in eine Flughafenkontrolle. Dies löste staatsanwaltliche Ermittlungen aus. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Rostock übergab die Verteidigung im August 2008 ein Konvolut mit Kontoauszügen deutscher LLB-Kunden, womit offenkundig eine Strafmilderung bezweckt war. Auch hier wurden als Folge hunderte Ermittlungsverfahren gegen Steuerpflichtige eingeleitet. Insbesondere nachdem die LLB ihre Kunden mittels nachfolgend als Faksimile abgedrucktem Schreiben von der Übergabe der Daten in Kenntnis gesetzt hatte, wurden zahlreiche Selbstanzeigen abgegeben:
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
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Die Datendiebstähle bei der LGT Treuhand und der LLB waren nicht die ersten, und sie werde nicht die letzten ihrer Art sein. Im Februar 2010 wurde erneut ein Fall der Entwendung von Kundendaten bei Schweizer Banken bekannt, der unter Anlegern geradezu panikartige Reaktionen ausgelöst hat. Nach unserer festen Überzeugung sind weitere Vorfälle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Zusätzliche Schutzvorkehrungen der Banken werden dies nicht verhindern können. Der technische Fortschritt ermöglicht die Speicherung immer größerer Datenmengen auf immer kleinerem Raum und begünstigt auf diese Weise die illegale Entwendung von Kundendaten. Eine weitere Gefahrenquelle sind von außen kommende Hackerangriffe. Zudem haben Bundesnachrichtendienst, Bundesfinanzministerium und Finanzämter im Fall der LGT Treuhand deutlich die Bereitschaft signalisiert, zur Aufdeckung von Steuerquellen auf in rechtswidriger Weise entwendetes Material zurückzugreifen und bedeutende Beträge für den Erhalt solcher Informationen zu zahlen. Dies wird früher oder später Nachahmer auf den Plan rufen. Die Gefahr aus Sicht von Schwarzgeldanlegern liegt dabei darin, dass völlig offen ist, welche Banken (und damit welche Anleger) als nächstes betroffen sein werden. Das Risiko ist schlichtweg unkalkulierbar. Im Zusammenhang mit der Entwendung von Kundendaten bei Banken stellt sich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt betroffene Steuerpflichtige eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben können.35 Diskutiert wird zudem, ob die erlangten Daten im Strafverfahren zu Ungunsten des Beschuldigten verwertet werden dürfen.36
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Informationsaustausch zwischen Finanzbehörden
Selbstverständlich begnügen sich Finanzbehörden nicht mit dem Steuerpflichtigen oder privaten Dritten als Informationsquellen. Steuerlich relevante Erkenntnisse ergeben sich auch durch den Informationsaustausch der Finanzbehörden untereinander.
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Wiederholungsgefahr
Kontrollmitteilungen
Finanzbehörden tauschen in erheblichem Umfang Kontrollmitteilungen aus. Dabei vermutet die mitteilende Stelle, dass Sachverhalte, die ihr (insbesondere im Besteuerungsverfahren eines Steuerpflichtigen) bekannt werden, für das Besteuerungsverfahren eines anderen Steuerpflichtigen relevant sein könnten, und versendet an das zuständige Finanzamt eine entsprechende Kontrollmitteilung. Durchaus umstritten ist, inwieweit diesem Informationsaustausch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) entgegensteht. In der Praxis bietet es lediglich sehr eingeschränkten Schutz, auf den sich der Steuerpflichtige keinesfalls verlassen sollte.37 Die im Zusammenhang mit unversteuerten Auslandsvermögen wichtigsten Fallgruppen von Kontrollmitteilungen werden nachfolgend dargestellt.
35 § 8 Rn 60 ff. 36 Trüg/Habetha, NStZ 2008, 481ff. 37 § 7 Rn 3 ff.
74
4
C. Informationsquellen auf nationaler Ebene
a)
Außenprüfung (insbesondere Betriebsprüfung)
Nach § 9 S. 1 BpO sind Feststellungen, die nach § 194 Abs. 3 AO für die Besteuerung anderer Steuerpflichtige ausgewertet werden können, dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Es reicht aus, wenn die gesichteten Unterlagen Hinweise auf die Besteuerung Dritter ergeben, die für deren Besteuerung möglicherweise erheblich sind. Grundsätzlich ist es unerheblich, ob der Vorgang außergewöhnlich ist oder sonst hinreichenden Anlass für eine Kontrolle bietet.38 Umgekehrt sind außergewöhnliche Vorgänge natürlich stets naheliegende Anlässe zur Erstellung von Kontrollmitteilungen, zum Beispiel ungewöhnliche Zahlungswege, Provisionszahlungen und Beratungsentgelte (insbesondere mit Bezug zur Privatsphäre), einmalige Zahlungen in beachtlicher Höhe, Rückvergütungen sowie generell Sachverhalte mit Auslandsbezug.
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4
> Beispiel Bei der Betriebsprüfung des A entdeckt Betriebsprüfer B eine Banküberweisung in Höhe von 200.000 Euro auf ein Konto bei einer Bank mit Sitz auf den British Virgin Islands. Der Verwendungszweck lautet „Beratungsentgelt für Leistungen 02-04/06“. Aus den dazugehörigen Aufzeichnungen ergibt sich, dass Kontoinhaber der Steuerpflichtige C mit Wohnsitz in Hamburg ist. B übersendet eine entsprechende Kontrollmitteilung an das zuständige Wohnsitzfinanzamt des C. Eine systematische Anfertigung von Kontrollmitteilungenüber andere Personen nur zum Zweck der Nachprüfung steuerlicher Verhältnisse Dritter ist allerdings nicht erlaubt. Zur Zulässigkeit von Kontrollmitteilungen anlässlich von Bankenprüfungen § 13 Rn 30 ff.
b)
62
Grenzübertritte
Große Bedeutung in der Praxis haben Kontrollmitteilungen anlässlich des Grenzübertritts des Steuerpflichtigen. Im Vergleich zu den in einigen anderen Ländern gebrauchten Methoden zur Aufspürung von Schwarzgeldanlegern gehen deutsche Grenz- und Zollbehörden zwar moderat vor. Über die Installation von Gelddetektoren und Überwachungskameras – wie offenbar seit Oktober 2009 an Grenzübergängen zwischen Italien und der Schweiz39 – liegen in Bezug auf deutsche Grenzen jedenfalls keine Erkenntnisse vor. Dennoch besteht beim Grenzübertritt ein erhebliches Entdeckungsrisiko. Die Zollbehörden sind für die Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs zuständig und verfügen über umfangreiche Befugnisse bis hin zur körperlichen Durchsuchung.40 Diese Befugnisse beinhalten auch die Kontrolle von Unterlagen und sonstigen Schriftstücken,41 zum Beispiel Bankunterlagen. Beeindruckend ist dabei, mit welchem Gespür Zollbeamte Schwarzgeldanleger aufspüren. Ob dies allein an ihrem professionell geschulten Auge liegt, sei dahingestellt. Teilweise wird vermutet, dass deutsche Beamte im Ausland tätig sind, dort die Autokennzeichen der vor verdächtigen Banken parkenden Wagen mit deutschem Kennzeichen notieren und diese Information an ihre Kollegen an der Grenze weitergeben42 Ausgeschlossen erscheint dies jedenfalls nicht.
38 39 40 41
Lübke/Müller/Bonenberger, Steuerfahndung, S. 122. vgl. FAZ vom 06.10.2009, Steuerfahndung auf italienische Art. § 12a Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 10 ZollVG. FG Baden-Württemberg vom 27.03.2007, 11 K 297/02, PStR 2008, 27. A.A. Spatscheck/Alvermann, BB 1999, 2107 (2108). 42 Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 682.
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4
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen ! Praxishinweis Die Durchsicht von Unterlagen, aus denen sich erfahrungsgemäß keine Hinweise auf das Mitführen von Bargeld ergeben können, ist nicht zulässig (Beispiel Bilanzen, Verträge). Hierauf sollten insbesondere Rechtsanwälte und Steuerberater im Fall einer drohenden Durchsuchung anlässlich des Grenzübertritts deutlich hinweisen. Darüber hinaus ist gerichtlich nicht geklärt, inwieweit von Berufsträgern mitgeführte, mandatsbezogene Unterlagen durchgesehen werden dürfen. 66
4
Der Zoll ist zur Weitergabe von Informationen an die Finanzbehörden befugt, aus denen sich der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat ergibt,43 weil die Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs ausdrücklich auch der Verfolgung von Steuerhinterziehungsdelikten dient.44 Von einem solchen Verdacht gegen die Zollbehörden recht leicht aus, wenn größere Bargeldbeträge oder Bankunterlagen einer ausländischen Bank in anonymisierter oder nichtanonymisierter Form aufgefunden werden. Das hat nichts mit der Frage zu tun, ob die mitgeführten Bargeldbeträge den Schwellenwert von 10.000 Euro übersteigen, in welchem Fall (innerhalb der Europäischen Union nur auf Verlangen des Zolls) bestimmte Anmeldepflichten bestehen.45 Kontrollmitteilungen an das zuständige Wohnsitzfinanzamt werden durchaus auch dann geschrieben, wenn Barmittel von wenig mehr als 1.000 Euro gefunden werden und der Betreffende deren Herkunft nicht plausibel erklären kann. ! Praxishinweis Die Verletzung der Anzeigepflichten nach dem ZollVG kann mit Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro belegt werden.
67
Wichtig ist die Kenntnis, dass allein die Entdeckung von Bankunterlagen oder Bargeld an der Grenze nicht zur Tatentdeckung im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO führt. Die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige ist noch möglich, bis ein Abgleich der vom Zoll versandten Kontrollmitteilung bzw. Informationen mit der Steuerakte des Betroffenen erfolgt ist. Selbstverständlich ist in einem solchen Fall unverzügliches Handeln geboten.46
c) 68
Über Außenprüfung und Grenzübertritt hinaus existieren eine Reihe weiterer Fälle, in denen die Finanzämter gegenseitig Kontrollmitteilungen übersenden. Beispielsweise versenden Erbschaftsteuerfinanzämter Kontrollmitteilungen, wenn der Reinwert des Nachlasses 250.000 Euro oder das auf den Nachlass bzw. die Schenkung entfallende Kapitalvermögen 50.000 Euro übersteigt.47 Die Grunderwerbsteuerstelle leitet bestimmte Informationen an die Finanzämter des Veräußerers und Erwerbers weiter, die sie ihrerseits gemäß § 18 GrEStG von Gerichten, Behörden und Notaren erhalten hat.
2. 69
Sonstige
IZA
Das Bundeszentralamt für Steuern sammelt zentral Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen aller Art, § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG, § 88a AO. Diese stehen den Finanzbehörden über die Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) in elektronischer Form zum Abruf bereit.
43 vgl. FG Nürnberg vom 12.05.2009, 2 K 277/2008 (abrufbar unter juris); siehe auch § 11 Abs. 1 ZollVG. 44 § 1 Abs. 3a ZollVG. 45 vgl. § 12a Abs. 2 ZollVG, Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die oder aus der Gemeinschaft verbracht werden. 46 § 8 Rn 54. 47 vgl. gleichlautende Ländererlasse vom 18.06.2003, BStBl I 2003, 392.
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4
C. Informationsquellen auf nationaler Ebene Welche Informationen im Einzelnen gespeichert sind, ist für Außenstehende nicht zu beurteilen. Steuerpflichtige haben außerhalb konkreter Besteuerungsverfahren kein Recht zu erfahren, welche ihn betreffenden Daten beim Bundeszentralamt für Steuern gesammelt sind.48 Gewissermaßen ist die Datensammlung eine „Black Box“ und damit nicht ungefährlich. Allerdings kann die Möglichkeit des Datenabrufs über die IZA für Finanzbehörden durchaus zum Bumerang werden.49 Zwischenstaatliche Amtshilfe darf die Finanzbehörde erst dann in Anspruch nehmen, wenn sie zuvor sämtliche Beweismöglichkeiten im Inland ausgeschöpft hat. Zunächst muss sie daher prüfen, ob die benötigten Informationen über die IZA zugänglich sind.50
70
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4
V.
Mitteilungen von Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen
1.
Verdacht auf Steuerstraftaten
Deutsche Behörden und Gerichte haben nach § 116 Abs. 1 S. 1 AO Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Steuerstraftat begründen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen. Ein nichtsteuerliches Verfahren führt auf diese Weise nicht selten zur Aufdeckung nicht versteuerter Auslandsanlagen. Dazu folgendes
72
73
> Beispiel In einem Unterhaltsverfahren vor dem Familiengericht ist zur Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau das Einkommen des Ehemannes zu ermitteln. In diesem Zusammenhang kommt eine Bankverbindung des Ehemanns bei einem Finanzinstitut in Luxemburg zur Sprache. Dort erzielt er jährliche Zins- und Dividendenerträge in Höhe von 5.000 Euro, die er in seiner Steuererklärung nicht angegeben hat. Der Rechtsanwalt der Ehefrau trägt dies vor, weil sich die Höhe des Unterhalts maßgeblich nach dem Einkommen der Eheleute richtet. Um sich an ihrem Ehemann zu rächen, erwähnt die Ehefrau zudem, dass es sich um ein Schwarzkonto handelt. Das Gericht teilt dies der zuständigen Bußgeld- und Strafsachenstelle mit.
2.
Erbschaften und Schenkungen
Nicht zu unterschätzen ist zudem das Entdeckungsrisiko aufgrund der Mitteilungspflichten des §§ 33, 34 ErbStG. Nach § 33 ErbStG haben insbesondere Banken und Versicherungen dem zuständigen Finanzamt im Todesfall die in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände anzuzeigen. Ein erhebliches Entdeckungsrisiko geht zudem von der Anzeigepflicht nach § 34 ErbStG aus. Gerichte und Notare haben den Finanzbehörden nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG die eröffneten Verfügungen von Todes wegen, beurkundete Schenkungen und Zweckzuwendungen sowie gemäß § 34 Abs. 1 ErbStG alle Beurkundungen, Zeugnisse und Anordnungen anzuzeigen, die für die Festsetzung einer Erbschaftsteuer von Bedeutung sein können. Enthält zum Beispiel ein notariell eröffnetes Testament den Hinweis auf ein Schwarzgeldkonto, dann wird dieses durch die Übermittlung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG gegenüber der Erbschaftsteuerstelle aufgedeckt.51 Übersteigt der Nachlass einen bestimmten Wert, schreibt die Erbschaftsteuerstelle eine Kontrollmitteilung an das Wohnsitz48 49 50 51
FG Köln vom 15.02.2002, 2 K 1781/99, EFG 2002, 1150. Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 796. Bilsdorfer, StraFo 1999, 145 (148). Schwedhelm, FR 2007, 937 (941).
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4
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
77
finanzamt.52 Auf diese Weise bleibt die Steuerhinterziehung des Erblassers nicht mehr verborgen, es kommt zur Nachversteuerung. Nicht immer reicht dann das vererbte Vermögen aus, um sämtliche steuerlichen Verpflichtungen überhaupt abzudecken.53 Der Erbe kann zudem strafrechtliche Probleme bekommen, wenn er an dem Schwarzgeldkonto oder -depot beteiligt war, etwa in Form eines Oderkontos oder -depots.54
3. 4
78
Zahlungen durch staatliche Stellen
Nach § 93a Abs. 1 S. 2 2. Hs. AO in Verbindung mit der sogenannten Mitteilungsverordnung55 haben Behörden und andere stattliche Stellen bei Zahlungen den zuständigen Finanzbehörden den Empfänger, der Rechtsgrund, die Höhe und den Zeitpunkt der Zahlung mitzuteilen.
VI. 79
Strafrechtliche Ermittlungsverfahren
Eine weitere Erkenntnisquelle der Finanzbehörden sind Informationen aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Steuerpflichtigen oder Dritte. Es kann sich um ein Steuerstrafverfahren oder ein sonstiges Strafverfahren handeln. Gefahren gehen von gezielt gesuchten Beweismitteln ebenso aus wie von Zufallsfunden, und zwar sowohl im Zusammenhang mit Durchsuchungen als auch mit sonstigen Ermittlungsmaßnahmen.56 > Beispiel: Wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz werden die Geschäftsräume sowie die Privatwohnung von Apotheker A durchsucht. Bei der Durchsuchung seines privaten Arbeitszimmers entdecken die Beamten ein Konvolut von Kontoauszügen, das auf ein Depot des A bei einer Bank in Luxemburg hindeutet. Die Beamten nehmen die Kontoauszüge gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 StPO in Beschlag. Kurze Zeit später wird ein Steuerstrafverfahren gegen A eingeleitet.
80
Aus Sicht von Schwarzgeldanlegern sind strafrechtliche Ermittlungsverfahren insbesondere dann hochgefährlich, wenn sie sich gegen eine Bank insgesamt richten. Aktuelle und ehemalige Bankkunden sollten in einer solchen Situation die Abgabe einer Selbstanzeige in Erwägung ziehen.57
VII. 81
Zufallsfunde
Insbesondere seit den Terroranschlägen des 11.09.2001 wurden die Befugnisse der Sicherheitsbehörden zur Abwehr tatsächlicher oder vermeintlicher Gefahren beträchtlich ausgebaut. Exemplarisch dafür steht das sogenannte G 10-Gesetz.58 Es berechtigt Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, den Militärischen Abschirmdienst sowie Bundesnachrichtendienst unter bestimmten Voraussetzungen zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation sowie zur Öffnung und Prüfung postalischer Sendungen. Dabei erlangte Erkenntnisse dürfen zwar zu Zwecken der Strafverfolgung nur eingeschränkt weitergegeben werden.59 Daraus sollte man sich aber nicht verlassen. 52 53 54 55 56 57 58 59
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siehe Rn 67. Schwedhelm, FR 2007, 937 (942). nach § 1 Abs. 2 ErbStDV gilt die Mitteilungspflicht der Banken auch für Oderkonten und -depots. BGBl I 1993, 799 ff. Ausführlich zu Ermittlungsmaßnahmen Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, S. 153 ff. Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 699. Gesetz zur Beschränkung des Brief- Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 10-Gesetz – G 10). vgl. insbesondere § 7 Abs. 4 S. 2 G 10-Gesetz.
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
VIII. Geldwäscheverdachtsanzeige Insbesondere Banken müssen Sachverhalte anzeigen, bei denen eine Transaktion möglicherweise der Geldwäsche oder Terrorismusbekämpfung dient. Aus naheliegenden Gründen besteht eine solche Gefahr vor allem bei hohen Bareinzahlungen. Die Anzeigepflicht ergibt sich aus § 11 Abs. 1 S. 1 Geldwäschegesetz. Da dieses europarechtlich weitgehend einheitlich geregelt ist, existiert ein entsprechendes Risiko auch bei ausländischen Bankverbindungen. Es kann nie ausgeschlossen werden, dass auf diese Weise entsprechende Informationen mittelbar auch die Finanzbehörden erreichen.
82
4
IX.
Zusammenfassung
Auf nationaler Ebene sprudeln die Informationsquellen munter. Schwarzgeldanleger müssen daher bereits jetzt mit einem erheblichen Entdeckungsrisiko leben. Die Garantie, dass ein etwaiger Vermögenstransfer ins Ausland unentdeckt bleiben wird, gibt es nicht. Finanzbeamte sind im Übrigen findiger, als es dem allgemeinen Bild des Beamten entspricht. Auch noch so gute Vorsichtsmaßnahmen schützen zudem niemals zuverlässig vor Zufallsfunden.
D.
Internationale Amts- und Rechtshilfe
D.
Im vorherigen Abschnitt wurden Entdeckungsrisiken für Schwarzgeldanlagen auf nationaler Ebene erörtert. Das deutsche Steuerrecht knüpft allerdings vielfach an Vorgänge im Ausland an.60 Das Problem für die deutschen Finanz- und Ermittlungsbehörden: Ihre Hoheitsbefugnisse enden an der Grenze. Nach völkerrechtlichen Grundsätzen ist es deutschen Behörden prinzipiell verwehrt, ihre Befugnisse außerhalb des deutschen Staatsgebiets auszuüben,61 es sei denn, eine zwischenstaatliche Vereinbarung lässt dies ausdrücklich zu. Sie sind bei der Ermittlung grenzüberschreitender Sachverhalten daher regelmäßig auf die Unterstützung anderer Staaten angewiesen. Angesprochen ist damit die internationale Amts- und Rechtshilfe. Der folgende Abschnitt handelt von den hiermit zusammenhängenden Entdeckungsrisiken. Steuers(straf)verfahren, in denen grenzüberschreitend Informationen eingeholt werden, gehören bei allen Schwierigkeiten mittlerweile zum Alltag der Beratungspraxis. Die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg wird zunehmend intensiver. Das Entdeckungsrisiko für Schwarzgeldanlagen steigt daher auch unter diesem Gesichtspunkt stetig. Im Folgenden erläutern wir zunächst die Unterschiede zwischen Amtshilfe und Rechtshilfe und deren Bedeutung im Besteuerungsverfahren sowie im Steuerstrafverfahren. Weiterhin stellen wir die verschiedenen Möglichkeiten der Amts- und Rechtshilfe vor. Schließlich geben wir einen Überblick über die Zusammenarbeit deutscher Behörden mit den für Schwarzgeldanleger wichtigsten Staaten und Gebieten.
I.
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Abgrenzung von Amtshilfe und Rechtshilfe
Amtshilfe und Rechtshilfe sind streng zu unterscheiden. Für das Steuerrecht gilt als Faustregel: Im Besteuerungsverfahren erfolgt die zwischenstaatliche Zusammenarbeit in Form der Amtshilfe, im Steuerstrafverfahren in Form der Rechtshilfe.62 Die Unterscheidung ist wichtig, weil Amtshilfe- und 60 Ruegenberg, Steuergeheimnis, S. 297. 61 BFH vom 18.07.1997, VIII R 33/95, BStBl II 1997, 499 (503). 62 Spatscheck/ Alvermann, IStR 2001, 33 (34).
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4
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen Rechtshilfemaßnahmen auf jeweils völlig verschiedenen Rechtsgrundlagen beruhen. Voraussetzungen, Rechtmäßigkeit und Verfahren unterscheiden sich ebenso wie die jeweils gegebenen Rechtschutzmöglichkeiten. Einige Staaten sind gegenüber Deutschland nur zur Gewährung von Amtshilfe verpflichtet, leisten aber keine Rechtshilfe. Bei anderen Staaten ist es genau umgekehrt. Entscheidend ist jeweils, welche Amtshilfe- und Rechtshilfeabkommen Deutschland mit dem betreffenden Staat geschlossen hat.
II.
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92
Amtshilfe und Rechtshilfe im Steuerstrafverfahren
Finanzbehörden unterscheiden nicht immer sorgfältig zwischen Amtshilfe- und Rechtshilfe. Das gilt zumindest für die Tätigkeit der Steuerfahndung, die eine Doppelnatur hat; sie kann sowohl im Steuerstrafverfahren63 als auch im Besteuerungsverfahren tätig werden.64 Ist ein Sachverhalt sowohl im Besteuerungsverfahren als auch im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren aufzuklären, kann die Steuerfahndung grundsätzlich wählen, ob sie den Weg der internationalen Amtshilfe oder der Rechtshilfe beschreitet. Auch nach Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens kann die Steuerfahndung Auskünfte auf dem Amtshilfeweg einholen, wenn dies zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen dient.65 Die Steuerfahndung kann allerdings nicht zwischen beiden Verfahrensarten beliebig wechseln. Es muss objektiv und eindeutig erkennbar sein, in welcher Funktion und auf Grundlage welcher Rechtsvorschriften die Steuerfahndung um Amts- bzw. Rechtshilfe ersucht. Dem Betroffenen ist dies offenzulegen,66 und zwar insbesondere deshalb, weil hiervon die Rechtschutzmöglichkeiten des Betroffenen abhängen. Ist unklar, in welcher Funktion die Steuerfahndung handelt, gilt die Regelvermutung, dass sie als Strafverfolgungsbehörde tätig wird. Sie trägt die Darlegungslast dafür, dass dies im Einzelfall anders ist.67 Maßnahmen der Ermittlungsbehörden, bei denen die Verfahrensart nicht eindeutig erkennbar ist, sind im Übrigen rechtswidrig. Im Amtshilfeweg erlangte Kenntnisse können grundsätzlich im Strafverfahren verwendet werden und umgekehrt. Die Steuerfahndung neigt dazu, den im konkreten Fall einfacheren Verfahrensweg zu wählen.
III.
Amtshilfe
1.
Formen
Im Wesentlichen erfolgt die zwischenstaatliche Übermittlung steuerlich relevanter Erkenntnisse in folgenden Formen: ■ Automatischer Informationsaustausch; ■ Auskunft auf Ersuchen im Einzelfall; ■ Spontanauskunft.
63 § 208 Abs. 1 Nr. 1 AO. 64 § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO. 65 Bundesministerium der Finanzen vom 25.01.2006 IV B 1-S 1320-11/06, Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Steuersachen, Ziffer 1.2., BStBl I 2006, 26. 66 Spatscheck/Alvermann, IStR 2001, 33 (35). 67 Spatscheck/Alvermann, IStR 2001, 33 (36).
80
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe In welchem Umfang deutsche Finanzbehörden von einem anderen Staat steuerliche relevante Informationen im Weg der Amtshilfe erhalten, richtet sich nach den zwischen Deutschland und dem betreffenden Staat bestehenden Amtshilfeabkommen und sonstigen Vereinbarungen über den steuerlichen Informationsaustausch.
2.
93
Bedeutung für das Entdeckungsrisiko
Die Höhe des Entdeckungsrisikos für unversteuerte Auslandsvermögen hängt maßgeblich von der Art des zwischenstaatlichen Informationsaustauschs ab. Der Zusammenhang lässt sich wie folgt abbilden:
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4
Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen durch internationale Amtshilfe Entdeckungsrisiko
Automatischer Informationsaustausch
Keine Amtshilfe
Amtshilfe im Einzelfall
Im Einzelnen gilt:
a)
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Automatischer Informationsaustausch
Ein erhebliches Entdeckungsrisiko besteht für unversteuerte Auslandsvermögen in Staaten, mit denen Deutschland einen sogenannten automatischen Informationsaustausch unterhalten.68 Automatischer Informationsaustausch bedeutet, dass Staaten bestimmte steuerlich relevante Informationen in standardisierten und elektronischen Verfahren austauschen, ohne dass eine Einzelfallanfrage erforderlich ist.
b)
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Auskunft auf Ersuchen im Einzelfall
Außerhalb der EU-Zinsrichtlinie erfolgt der zwischenstaatliche Informationsaustausch in Steuersachen ganz überwiegend auf Anfrage im Einzelfall.69 Das aus Einzelfallanfragen resultierende Entdeckungsrisiko wird aus unserer Sicht sowohl in der Fachwelt als auch der öffentlichen Diskussion 68 Zum automatischen Informationsaustausch Rn 103 ff. 69 Dazu Rn 112 ff.
81
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4
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
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überbewertet. Insbesondere das Bekenntnis zahlreicher Staaten zur künftigen Einhaltung des sogenannten „OECD-Standards“ und das damit verbundene absehbare Ende des Bankgeheimnisses,70 das nach unserer Einschätzung einer der Hauptgründe für die derzeitige Legalisierungswelle ist, hat Schwarzgeldanleger geradezu in Panik versetzt. Nach unserer Überzeugung ist das Entdeckungsrisiko aufgrund von Auskünften auf Ersuchen im Einzelfall begrenzt. Anders als der automatische Informationsaustausch sind Einzelfallersuchen für den massenhaften Austausch steuerlich relevanter Informationen schon deshalb ungeeignet, weil sie für beide Staaten sehr aufwändig sind. Eine entsprechende Anfrage muss zunächst formuliert und ggf. übersetzt werden. Die Übermittlung erfolgt über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), eine direkte Kommunikation mit dem Ausland ist nicht möglich.71 Häufig ziehen sich Amtshilfeverfahren über Monate hin, nicht selten mit unbrauchbaren Ergebnissen. Einzelfallersuchen werden daher nur anlassbezogen gestellt. Das Finanzamt kann und wird sich nur dann an das Ausland wenden, wenn es darlegen kann, dass die erbetene Information für die Besteuerung voraussichtlich erheblich ist.72 Das Finanzamt muss also bereits über entsprechende Anhaltspunkte, zum Beispiel für das Bestehen einer ausländischen Bankverbindung, verfügen. „Ins Blaue hinein“ erfolgen Einzelfallersuchen nicht. Umgekehrt gilt: hat die Finanzbehörde entsprechende Anhaltspunkte, benötigt sie die internationale Amtshilfe nicht unbedingt. Das Finanzamt wird den Steuerpflichtigen zur Vorlage der Kontounterlagen auffordern. Kommt der Steuerpflichtige dieser Aufforderung nicht nach, wird das Finanzamt die Erträge schätzen. Diese Schätzung wird so hoch ausfallen, dass der Steuerpflichtigen in vielen Fällen zur Offenlegung des Kontos gezwungen ist, will er einer Übersteuerung entgehen.73
c) 100
Mit einigen Staaten unterhält Deutschland einen regen Austausch von Spontanauskünften. Darunter versteht man die Übermittlung möglicherweise steuerlich relevanter Informationen ohne vorheriges Ersuchen. In diesen Fällen ist die Entdeckung in hohem Maße vom Zufall abhängig und daher für den Anleger kaum kalkulierbar.
d) 101
Fehlender Amtshilfeverkehr
Einige Staaten leisten Deutschland in Steuerangelegenheiten keinerlei Amtshilfe. Hier ist das Entdekkungsrisiko am Geringsten. Es ist aber nicht gleich null, denn auch hier bestehen die unter B. dargestellten Entdeckungsrisiken. Zudem können die deutschen Behörden auch in diesem Fall steuerlich relevante Informationen „über Eck“ erhalten. Dies nennt man Dreieckauskünfte. Hier bekommt der ersuchende Staat über den ersuchten Staat Informationen von einem dritten Staat, mit dem kein direkter Amtshilfeverkehr besteht. Die Zulässigkeit von Dreiecksauskünften ist umstritten.
3. 102
Spontanauskunft
Stand und Entwicklung
In diesem Abschnitt stellen wir Stand und Entwicklung der internationalen Amtshilfe in Steuerangelegenheiten dar.
70 71 72 73
82
Rn 114 ff. Es sei denn, die zugrundeliegende Vereinbarung sieht eine direkte Kommunikation zwischen den Behörden vor. vgl. Art. 26 OECD-MA. Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 679.
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
a)
Automatischer Informationsaustausch
aa) EU-Zinsrichtlinie Ein automatischer Informationsaustausch existiert derzeit vor allem im Bereich der EU-Zinsrichtlinie.74 Die teilnehmenden Staaten tauschen im automatischen Verfahren Informationen über bestimmte Kapitalerträge aus, die ein in einem Teilnahmestaat ansässiger wirtschaftlicher Eigentümer in einem anderen Teilnahmestaat erzielt. Rechtsgrundlage ist Art. 8 der EU-Zinsrichtlinie bzw. das auf dieser Vorschrift beruhende jeweilige nationale Recht.75 Der Informationsaustausch erstreckt sich derzeit nur auf Zinszahlungen an natürliche Personen.
103
4
! Praxishinweis Wer als in Deutschland ansässiger Steuerpflichtige auch nur einen Euro Zinsen in einem Teilnahmestaat erzielt, kann sicher sein, dass sein Finanzamt hierüber eine entsprechende Kontrollmitteilung erhält und nicht deklarierte Konten auf diesem Weg unweigerlich aufgedeckt werden. Am automatischen Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie nehmen die meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union teil. Darüber hinaus sind einige abhängige und assoziierte Gebiete in den Informationsaustausch einbezogen. Belgien, Österreich und Luxemburg erteilen für einen Übergangszeitraum keine steuerlichen Informationen im automatischen Verfahren, sondern führen in dieser Zeit EU-Quellensteuer in anonymisierter Form ab,76 sofern nicht der Anleger sich mit der Übermittlung der Daten an seinen Wohnsitzstaat einverstanden erklärt. bb) Sonstige Der automatische Austausch bestimmter steuerlich relevanter Informationen erfolgt zudem aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit den Niederlanden77, Frankreich78, Dänemark79, der Tschechischen Republik80 sowie Litauen81. cc) Tendenzen Zahlungen an juristische Personen und Rechtsvereinbarungen, die von natürlichen Personen gehalten werden, sind derzeit nicht von der EU-Zinsrichtlinie erfasst. Wer glaubt, durch Zwischenschaltung einer solchen juristischen Person dauerhaft dem automatischen Informationsaustausch entgehen zu können, irrt, denn zumindest für die Zukunft ist bereits die Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie konkret geplant.82 Dabei werden zwar nicht sämtliche grenzüberschreitenden Zinszahlungen an juristische Personen erfasst. Die Zahlstellen (in der Regel die Banken) müssen aber Zahlun74 Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 03.06.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, Abl EU vom 26.06.2003, L 157/38. 75 In Deutschland: Zinsinformationsverordnung (ZIV) vom 01.07.2005. 76 vgl. Art. 10 ff. EU-Zinsrichtlinie. 77 Vereinbarung zwischen den obersten Finanzbehörden der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über den Auskunftsaustausch auf steuerlichem Gebiet, VV DEU BMF 1997-12-03 IV C 9-S 7079-174/97, BStBl I 1997, 970. 78 Absprache zwischen den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Auskunftsaustausch, VV DEU BMF 2001-11-12 IV B 4-S 1323 Fra-1/01, BStBl I 2001, 801. 79 Absprache zwischen den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über gegenseitige Amtshilfe, BMF IV B 4-S 1320-2/05, BStBl I 2005, 498. 80 Absprache zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und der zuständigen Behörde der Tschechischen Republik über die gegenseitige Amtshilfe; BMF IV B 1-S 1321 CZE-1/05, BStBl I 2005, 904. 81 Absprache zwischen den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Litauen über die gegenseitige Amtshilfe, BMF IV B 1-S 1321 LTU-1/05, BStBl I 2005, 1008. 82 vgl. EU-Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (KOM(2008) 727) („RichtlinienE“).
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen gen an juristische Personen, die in bestimmten Staaten außerhalb der EU ansässig sind,83 wie direkte Zahlungen an den wirtschaftlichen Eigentümer behandeln, wenn aufgrund der den Zahlstellen bekannten Informationen84 feststeht, dass der wirtschaftliche Eigentümer eine in der EU ansässige natürliche Person ist („look-through-approach“).85 Auch in sachlicher Hinsicht ist die Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie in Vorbereitung. Künftig sollen nicht nur Informationen über Zinszahlungen, sondern auch über bestimmte andere Erträge automatisch ausgetauscht werden.86 Belgien soll übereinstimmender Berichte den Übergang zum automatischen Informationsaustausch erwägen. Dies ist aber laut Mitteilung des Bundeszentralamts für Steuern noch nicht offiziell bestätigt.87 Das Ende des Übergangszeitraums ist ohnehin absehbar. Er endet nach Eintritt folgender Bedingungen. Erstens muss die Europäische Gemeinschaft mit folgenden Staaten jeweils ein Abkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen gemäß OECD-Standard geschlossen haben: Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Monaco, Andorra. Zweitens muss der Rat einstimmig zu der Auffassung gelangen, dass die Vereinigten Staaten in Bezug auf in der Zinsrichtlinie definierte Zinszahlungen aus den Vereinigten Staaten an Personen mit Wohnsitz in der Europäischen Union Auskünfte gemäß OECD-Standard erteilen.88 Sind diese beiden Bedingungen eingetreten, müssen Österreich, Luxemburg und Belgien zum automatischen Informationsaustausch übergehen.89 Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz sowie Liechtenstein über den Abschluss entsprechender Abkommen sind bereits weit vorangeschritten. Ein mit Liechtenstein ausgehandelter Entwurf eines Betrugsbekämpfungsabkommens liegt vor.90 Abkommen mit diesen beiden Ländern dürften Pilotcharakter für die übrigen Staaten haben. Das bedeutet: sobald entsprechende Vereinbarungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz bzw. Liechtenstein geschlossen worden sind, dürften auch San Marino, Monaco und Andorra zeitnah nachziehen. ! Praxishinweis Anleger mit unversteuertem Vermögen in Österreich, Luxemburg und Belgien sollten unbedingt die weiteren Entwicklungen im Bereich der EU-Zinsrichtlinie verfolgen, insbesondere im Hinblick auf einen möglichen Übergang dieser Länder zum automatischen Informationsaustausch.
111
Außerhalb der EU-Zinsrichtlinie und der unter bb) aufgeführten Abkommen gibt es aktuell keinen automatischen Informationsaustausch. Insbesondere die Europäische Kommission erwägt die Ausdehnung auf Staaten außerhalb der EU91 und übt entsprechenden politischen Druck auf verschiedene Finanzzentren aus. Nach unserer Überzeugung ist es daher lediglich eine Frage der Zeit, bis der automatische Informationsaustausch auch über die europäische Ebene hinaus Anwendung findet. Ein weltweiter automatischer Informationsaustausch dürfte dabei das endgültige Ende für illegale Auslandsvermögen bedeuten.
83 84 85 86 87 88 89 90 91
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Einzelheiten ergeben sich aus Anhang I zum RichtlinienE. Zur Erhebung diese Informationen sind Zahlstellen nach der EU-Geldwäscherichtlinie verpflichtet. vgl. Art. 1 RichtlinienE. § 2 Rn 36 ff. Telefonische Auskunft vom 19.11.2009. Art. 10 Abs. 2 EU-Zinsrichtlinie. Art. 10 Abs. 3 EU-Zinsrichtlinie. vgl. Ergebnisse des ECOFIN-Rates am 04.11.2009 in Brüssel. vgl. EU-Kommission, Mitteilung über die Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich (KOM (2009) 201)), Ziffer 4 ix).
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
b)
Einzelfallanfragen
aa) Allgemeines Der Anspruch deutscher Finanzbehörden, von ausländischen Stellen steuerlich relevante Auskünfte auf Ersuchen im Einzelfall zu erhalten, ist in der Regel in völkerrechtlichen Vereinbarungen geregelt. Dabei handelt es sich einerseits um bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und dem betreffenden Staat. Entsprechende Abkommen wurden anderseits insbesondere auf der Ebene der Europäischen Union geschlossen, wobei im Bereich der direkten Steuern die sogenannte Amtshilferichtlinie die größte Bedeutung hat. Die bilateralen Abkommen können in folgende Kategorien eingeteilt werden: ■ Doppelbesteuerungsabkommen; ■ Abkommen, die ausschließlich den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten regeln; ■ Allgemeine Amtshilfevereinbarungen, die nicht auf den Bereich des Steuerrechts beschränkt sind.
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4 113
! Praxishinweis Der aktuelle Stand der zwischen Deutschland und anderen Staaten bestehenden Abkommen wird jeweils zu Jahresbeginn im Bundessteuerblatt veröffentlicht.92 Hinweise zur Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen ergeben sich aus der einschlägigen Kommentarliteratur.93 bb) OECD-Standard Der sogenannte OECD-Standard war seit April 2009 in der Berichterstattung allgegenwärtig. Mitunter wurde der Eindruck erzeugt, die weltweite Implementierung des OECD-Standards sei eine Art Zaubermittel zur Austrocknung von Steueroasen. Hier besteht nach unserer Ansicht Aufklärungsbedarf. Wir möchten den „Mythos OECD-Standard“ in diesem Abschnitt genauer betrachten. Insbesondere erläutern wir, was sich dahinter verbirgt und welche Auswirkung die weltweite Implementierung dieses Standards auf das Entdeckungsrisiko für Schwarzgeldanleger haben würde. Der OECD-Standard beruht auf einerseits auf Art. 26 des Musterabkommens der OECD zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen (OECD-MA). Es wurde letztmals im Juli 2008 aktualisiert und gilt weltweit als Basis für zwischenstaatliche Doppelbesteuerungsabkommen. Ergänzt wird Art. 26 OECD-MA durch das Musterabkommen der OECD zum Informationsaustausch in Steuersachen (OECD-MA (Informationsaustausch)), das die „OECD Global Forum Working Group on Effective Exchange of Information“ unter Einbeziehung von Vertretern mehrerer sogenannter Steueroasen erarbeitet hat. Ziel war es, an einem effektiven Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten interessierten Staaten ein geeignetes Muster zur Verfügung zu stellen.94 Das Substrat aus Art. 26 OECD-MA und Art. 5 OECD MA (Informationsaustausch) ergibt den „OECD-Standard“. Dessen Kernelemente sind: ■ Es handelt sich um einen Informationsaustausch auf Einzelfallanfrage. Ein darüber hinausgehender automatischer Informationsaustausch ist möglich, aber durch den OECD-Standard nicht vorgeschrieben.
92 bei Redaktionsschluss für 2010 noch nicht veröffentlicht. 93 z. B. Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen. 94 OECD, Overview of the OECDs Work on Countering International Tax Evasion (23.12.2009), S. 5., www.oecd.org/dataoecd/ 32/45/43757434.pdf (04.01.2010).
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen ■
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Sammelauskunftsersuchen („fishing expeditions“) sind nicht zulässig. Der ersuchende Staat muss darlegen, dass die erbetene Information im Einzelfall für Besteuerungszwecke voraussichtlich erheblich ist („foreseeably relevant“). ■ Ein Auskunftsersuchen ist zulässig, sofern die erbetene Information zu Besteuerungszwecken benötigt wird. Ein Zusammenhang mit einer Steuerstraftat ist nicht erforderlich. ■ Die Erteilung der erbetenen Auskunft darf nicht mit der Begründung verweigert werden, dass sich die Information im Besitz einer Bank oder eines sonstigen Finanzinstituts befindet.95 Im Vorfeld des Weltfinanzgipfels am 02.04.2009 in London intensivierten OECD und G20-Staaten den Druck auf vormalige Steueroasen, um diese zur künftigen Einhaltung des OECD-Standards zu bewegen. Zu diesem Zweck aktualisiert die OECD seit dem Weltfinanzgipfel ständig eine „Schwarze Liste“ sowie eine „Graue Liste“. Die Schwarze Liste enthält Staaten und Gebiete, die nicht die Bereitschaft zum internationalen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gemäß OECDStandard erklärt haben. Auf ihr befanden sich bei erstmaliger Veröffentlichung am 02.04.2009 Costa Rica, Malaysia, Uruguay und die Philippinnen. Da auch diese Staaten sich zwischenzeitlich zum Informationsaustausch gemäß OECD-Standard bekannt haben, ist die Schwarze Liste mittlerweile leer.96 Die Graue Liste enthält Staaten, die sich zwar zum internationalen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gemäß OECD-Standard bereit erklärt haben, aber diese Ankündigung nach Einschätzung der OECD noch nicht ausreichend in die Praxis umgesetzt haben. Staaten werden grundsätzlich dann von der Grauen Liste gestrichen, wenn sie mindestens zwölf Abkommen geschlossen haben, die dem OECD-Standard genügen.97 Ob ein Staat auf der Grauen Liste der OECD steht, spielt für das Entdeckungsrisiko keine Rolle. Es sagt nämlich nichts darüber aus, ob der betreffende Staat gegenüber deutschen Behörden steuerlich relevante Auskünfte erteilt. Entscheidend ist insoweit allein, welche Vereinbarungen zwischen dem betreffenden Staat und Deutschland bestehen. Vereinbart Deutschland mit einem Staat den Auskunftsaustausch gemäß OECD-Standard, erhöht sich das Entdeckungsrisiko nicht signifikant. Auch hier ist eine Einzelfallanfrage der deutschen Behörden erforderlich, die nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für einen steuerlich relevanten Auslandssachverhalt gestellt werden wird. cc) Tendenzen In jüngerer Zeit werden weltweit vermehrt Abkommen gemäß OECD-Standard geschlossen. Nahezu immer sind auf einer Seite sogenannte Steueroasen beteiligt. Eine Liste der seit Dezember 2000 weltweit geschlossenen Abkommen ist in elektronischer Form zugänglich.98
95 vgl. Art. 5 Abs. 4 OECD-MA (Informationsaustausch); Art. 26 Abs. 5 OECD-MA. 96 Schwarze Liste und Graue Liste sind elektronisch zugänglich unter OECD, A Progress Report on the Jurisdictions surveyed by the OECD Global Forum in Implementing the Internationally Agreed Tax Standard (23.12.2009), www.oecd.org/ dataoecd/50/0/43606256.pdf (04.01.2010). 97 vgl. OECD, Countering Offshore Tax Evasion (28.09.2009), www.oecd.org/dataoecd/23/13/42469606.pdf (04.01.2010). 98 www.oecd.org/document/7/0,3343,en_2649_33745_38312839_1_1_1_1,00.html.
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4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe Deutschland hat seit Dezember 2008 entsprechende Abkommen unter anderem mit Liechtenstein,99 Guernsey, Jersey und Gibraltar100 unterzeichnet. Mit Malta101 und Luxemburg102 wurde grundsätzliche Einigkeit über den künftigen Informationsaustausch gemäß OECD-Standard erzielt. Entsprechende Verhandlungen mit der Schweiz haben im September 2009 begonnen.
4.
122
Durchführung von Einzelfallanfragen
Einzelheiten zur Abwicklung von Amtshilfeersuchen in Steuersachen regelt ein Merkblatt des Bundesministeriums der Finanzen.103 Im Anhang zum Merkblatt finden sich zahlreiche Formulare zur Vereinfachung des Amtshilfeverkehrs. Amtshilfe soll erst in Anspruch genommen werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den inländischen Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Die inländischen Ermittlungsmöglichkeiten sollen zunächst ausgeschöpft werden. Dabei entscheiden die Finanzbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen, inwieweit dies zweckmäßig und Erfolg versprechend ist. Es ist nicht erforderlich, dass alle denkbaren innerstaatlichen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind. Wird die Steuerfahndung im Besteuerungsverfahren tätig, kann ein Ersuchen auch ohne vorherige Ermittlungen beim Steuerpflichtigen gestellt werden.104 Grundsätzlich darf das Finanzamt sich nicht selbst ans Ausland werden. Der Dienstweg über das Bundeszentralamt für Steuern ist einzuhalten, soweit nicht im Einzelfall ein anderer Weg vorgesehen ist.105 Direkter Amtshilfeverkehr ist zum Beispiel in Art. 4 des deutsch-österreichischen Vertrags über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom 4. Oktober 1954 vorgesehen.106 Weitere Subdelegationen erfolgten auf Grundlage von § 1a EGAHiG.107 Der Betroffene ist vor Stellung eines Auskunftsersuchens grundsätzlich anzuhören. Allerdings kann die Finanzbehörde von der vorherigen Anhörung absehen, wenn dadurch der Ermittlungszweck vereitelt werden könnte, etwa durch Vernichtung relevanter Dokumente im Ausland. Ob der ersuchte Staat den Betroffenen vor Auskunftserteilung an die deutschen Behörden anhört, entscheidet sich nach den Rechtsvorschriften des jeweiligen Staates. ! Praxishinweis Wird der Betroffene vor einem Auskunftsersuchen angehört, sollte eingehend geprüft werden, inwieweit die Abgabe einer Selbstanzeige sinnvoll und möglich ist.
99 Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen vom 02.09.2009. 100 Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Gibraltar über die Unterstützung in Steuer- und Steuerstrafsachen durch Auskunftsaustausch vom 13.08.2009. 101 Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen Nr. 48/2009 vom 18.09.2009. 102 Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen Nr. 51/2009 vom 05.11.2009. 103 BMF vom 25.01.2006, IV B1-S 1320-11/06, BStBl 2006 I, 26. 104 BMF vom 25.01.2006, IV B1-S 1320-11/06, BStBl I 2006, 26 (Ziffer 2.1.2). 105 § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG in Verbindung mit dem Erlass des BMF vom 29.11.2004 – IV B 6 – S1304 2/04, BStBl I 2004, 1144. 106 BStBl I 1955, 434. 107 vgl. dazu BMF IV B1-S 1320-11/06 vom 25.01.2006, Ziffer 1.6.1.4, BStBl I 2006, 26.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
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Erfährt der Steuerpflichtige rechtzeitig von einem Auskunftsersuchen, kann es sinnvoll sein, hiergegen rechtlich vorzugehen, und sei es nur, um Zeit für die Vorbereitung einer Selbstanzeige zu gewinnen. Es sollte jeweils geprüft werden, welche Rechtsmittel dem Steuerpflichtigen in Deutschland und im ersuchten Staat zur Verfügung stehen. Noch nicht erledigte Amtshilfeersuchen können in Deutschland durch eine vorbeugende Unterlassungsklage vor dem Finanzgericht angegriffen werden. Gleichzeitig im Wege des einstweiligen Rechtschutzes ein Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 114 FGO gestellt werden. Da Amtshilfeersuchen keine Verwaltungsakte sind, sind Einspruch bzw. Anfechtungsklage hiergegen nicht zulässig.108 Bereits erledigte Amtshilfeersuchen kann der Steuerpflichtige lediglich im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den späteren Steuerbescheid inzident angreifen. Inwieweit er sich dabei auf ein Beweisverwertungsverbot im Besteuerungsverfahren berufen kann, ist eine Frage des Einzelfalls unter Berücksichtigung des konkreten Rechtsverstoßes. Welche Rechtschutzmöglichkeiten im ersuchten Staat zur Verfügung stehen, richtet sich nach dem jeweiligen Landesrecht.
IV. 132
133
Rechtshilfe
Internationale Rechtshilfe ist die Hilfe, die ausländische Behörden und Gerichte deutschen Behörden und Gerichten leisten. In Besteuerungsverfahren mit strafrechtlichem Hintergrund spielt die internationale Rechtshilfe erst dann eine Rolle, wenn bereits der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht.109 Durch den internationalen Rechtshilfeverkehr werden Straftaten daher in der Regel nicht entdeckt, sondern aufgeklärt. Dies ist weniger ein Aspekt des Entdeckungs-, als vielmehr des Überführungsrisikos. Rechtshilfe wird von den meisten Staaten zurückhaltender gewährt als Amtshilfe.110 Zudem sind Rechtshilfeersuchen erfahrungsgemäß schwerfälliger. Der internationale Rechtshilfeverkehr ist einzelfallbezogen. Einen automatischen Datenaustausch gibt es in diesem Bereich nicht.
1. 134
Rechtschutz
Formen
Die Möglichkeiten zur Gewährung internationaler Rechtshilfe sind vielfältig. Internationale Rechtshilfe in Strafsachen wird insbesondere geleistet durch Auslieferung des Verdächtigen zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Strafe, Vollstreckung von im Ausland verhängten Strafen in Deutschland sowie Unterstützung bei Ermittlungen durch Zeugenvernehmungen, Beschlagnahme und Durchsuchung oder Herausgabe von Beweismitteln. In unserem Kontext haben die Beschlagnahme und Durchsuchung sowie die Herausgabe bankbezogener oder sonstiger Informationen die größte praktische Bedeutung.
108 Klos, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 3529. 109 § 152 StPO. 110 Spatscheck/Alvermann, IStR 2001, 33 (37).
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4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
2.
Rechtsgrundlagen
Der internationale Rechtshilfeverkehr beruht vorrangig auf bilateralen und multilateralen völkerrechtlichen Abkommen. Eine untergeordnete Rolle spielt daneben die vertraglose Rechtshilfe, bei der Rechtshilfe geleistet wird, ohne dass hierzu eine rechtliche Verpflichtung besteht. Im Bereich des Steuerstrafrechts ist die vertraglose Rechtshilfe von nur geringer Bedeutung.
a)
Europäisches Rechtshilfeübereinkommen
4
Hervorzuheben ist das Europäische Rechtshilfeübereinkommen (EuRhÜbk).111 Es gilt nicht nur für Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern hat darüber hinaus weitgehende Bedeutung. Der aktuelle Stand der Vertragsstaaten ist über die Internetseiten des Europarates abrufbar.112 Ergänzt wird das EuRhÜbk insbesondere durch das Zusatzprotokoll zum EuRhÜbk vom 17.03.1978113 sowie zahlreiche Vorbehalte und sonstigen Erklärungen von Seiten der Vertragsstaaten. Insbesondere im Bereich von Steuerstrafverfahren ist Art. 2 Buchstabe a) EuRhÜbk zu beachten. Nach dieser Vorschrift kann der ersuchte Staat Rechtshilfe bei Fiskalstraftaten verweigern. Viele Vertragsstaaten hatten ursprünglich entsprechende Erklärungen abgegeben. Im Zusatzprotokoll zum EuRhÜbK haben sich zahlreiche Staaten verpflichtet, diese Verweigerungsmöglichkeit nicht zu gebrauchen. Ebenfalls Bedeutung im Steuerstrafverfahren hat die in Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a) EuRhÜbk vorgesehene Möglichkeit der Vertragsstaaten, die Gewährung von Rechtshilfe von der Bedingung beiderseitiger Strafbarkeit abhängig zu machen. Auch dies wird von einer Reihe von Staaten praktiziert und führt dazu, dass in den Fällen keine Rechtshilfe geleistet wird, in denen die zugrundeliegende Tat im ersuchten Staat nicht strafbar wäre. Von dem Prinzip der beiderseitigen Strafbarkeit existieren wiederum zahlreiche Rückausnahmen in bilateralen Verträgen.114
b)
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Übereinkommen auf Ebene der Europäischen Union
Das EuRhÜbk ist nicht zu verwechseln mit dem EU-Rechtshilfeübereinkommen.115 Letzteres gilt allein für Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Das EU-RhÜbk ergänzt das EuRhÜbk und soll dessen Anwendung erleichtern, um die Rechtshilfe innerhalb der Europäischen Union zu fördern und zu modernisieren. Hervorzuheben ist insbesondere die Zulässigkeit des unmittelbaren Geschäftswegs zwischen den (Justiz)-behörden der Mitgliedstaaten. In unserem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass im Protokoll vom 16.10.2001 zum EU-RhÜbk der Fiskalvorbehalt des Art. 2 Buchstabe a EuRhÜBk aufgegeben wurde und sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet haben, Auskünfte über Bankkonten im Rahmen der Rechtshilfe in Strafsachen zu erteilen. Ein eventuell nach nationalem Recht bestehendes Bankgeheimnis darf der Beantwortung nicht entgegen stehen.116 Das Europäische Auslieferungsübereinkommen117 betrifft die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und regelt Fragen der Auslieferung. 111 Europäisches Übereinkommen vom 20.04.1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.04.1959, BGBl II 1964, 1369; BGBl II 1976, 1799. 112 www.coe.int. 113 BGBl II 1990, 124. 114 vgl. Lanser, wistra 1999, 213 (214). 115 Übereinkommen – gemäß Art. 34 des Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt – über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in Kraft seit 23.08.2005. 116 BMF vom 16.11.2006, IV B 1-S 1320-66/06 (Ziffer 1.2.3). 117 BGBl II 1964, 1369; BGBl II 1976, 44.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen Ferner gilt auf EU-Ebene das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ). Es regelt die Zusammenarbeit im Bereich der indirekten Steuern.118
c) 143
4
Bilaterale Abkommen
Deutschland hat mit verschiedenen Staaten bilaterale Verträge über die gegenseitige Rechtshilfe geschlossen. Diese begründen entweder außerhalb des Europäischen Rechtsrahmens Rechtshilfevereinbarungen oder intensivieren bereits bestehende Abkommen.119 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mehrere Abkommen nebeneinander anwendbar sind, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Die Erfolgsaussichten eines Rechtshilfeersuchens, sind daher gegebenenfalls anhand verschiedener Rechtsgrundlagen zu prüfen. ! Praxishinweis Aktuelle länderbezogene Informationen zur Rechtshilfe in Strafsachen sind auf den Seiten des Bundesministeriums der Justiz abrufbar.120
3. 144
Umfangreiche Verwaltungsanweisungen zur praktischen Durchführung eines Rechtshilfeersuchens finden sich in den Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RIVASt).121 Grundsätze für den zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehr in Steuerstrafsachen ergeben sich zudem aus einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.11.2006.122
4. 145
Durchführung
Rechtschutz
War ein durchgeführtes Rechtshilfeersuchen rechtswidrig, kann dies in Einzelfällen ein Beweisverwertungsverbot im Strafverfahren zur Folge haben. Die Rechtsprechung ist dabei allerdings äußerst zurückhaltend, die Erfolgsaussichten sind gering.123 Noch seltener besteht eine Fernwirkung des Beweisverwertungsverbots. Aus diesem Grund sind etwa belastende Unterlagen, die bei strafrechtlichen Ermittlungen gefunden wurden, in der Regel auch dann verwertbar, wenn die Ermittlungsbehörden erst ein rechtswidriges Rechtshilfeersuchen auf diese Spur gebracht wurden. Wie im Fall der Amtshilfe gilt: stets ist zu prüfen, ob dem Betroffenen im ersuchten Staat Rechtschutzmöglichkeiten gegen ein Rechtshilfeersuchen zur Verfügung stehen könnten. Dies ist eine Frage des jeweiligen nationalen Rechts.
118 Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14.06.1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, BGBl II 1993, 1010; BGBl II 1998 1968. 119 Spatscheck/Alvermann, IStR 2001, 33 (34). 120 www.bmj.bund.de. 121 Bundesanzeiger Nr. 176 vom 18.09.1984 i.V.m. der Beilage 47/84 und Bundesanzeiger Nr. 40a vom 27.02.1993. 122 BMF vom 16.11.2006 IV B 1-S 1320-66/06, BStBl I 2006, 698. 123 Zu Beweisverwertungsverboten Meyer-Goßner, StPO, Einl. Rn 55 ff.
90
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
V.
Länderüberblick
Der folgende Abschnitt enthält einen Überblick über die Möglichkeit deutscher Behörden, internationale Amts- und Rechtshilfe in Steuerangelegenheiten durch ausgewählte Staaten in Anspruch zu nehmen. Die in diesem Abschnitt enthaltenen Informationen befinden sich im stetigen Wandel. Unerlässlich ist es daher, die länderspezifischen Entwicklungen im Einzelfall zu prüfen. Zum jeweils aktuellen Stand liefern die Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen in Bezug auf die Gewährung internationaler Amtshilfe124 und die Seiten des Bundesministeriums der Justiz125 in Bezug auf die Gewährung internationaler Rechtshilfe wertvolle Informationen.
1.
Schweiz
a)
Allgemeines
Nach wie vor ist die Schweiz weltweit der mit Abstand wichtigste Finanzplatz für private Vermögensanlagen im Ausland. Schätzungen zufolge wird etwa ein Drittel des grenzüberschreitend angelegten Privatvermögens von der Schweiz aus verwaltet. Die Summe dieses Vermögens wird auf 2,5 bis 4 Billionen Schweizer Franken geschätzt. Die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz ist nicht allein mit den stabilen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie der Dienstleistungsorientierung des dortigen Bankgewerbes zu erklären. Ein wichtiger Faktor war zweifellos auch die bisherige Zurückhaltung der Schweiz bei der Gewährung internationaler Amts- und Rechtshilfe in Fiskalsachen. Allerdings geriet der Finanzplatz Schweiz jüngst unter erheblichen politischen Druck. Im Mittelpunkt stand dabei zum einen der sogenannte UBS-US-Steuerstreit. US-Behörden warfen der Schweizer Großbank UBS vor, Kunden mit Wohnsitz in den Vereinigten Staaten durch Zwischenschaltung verschiedener Gesellschaften Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Gegen die UBS und mehrere Mitarbeiter wurden verschiedene Untersuchungen und Verfahren in den Vereinigten Staaten eingeleitet. Insbesondere verlangte das US-Justizministerium, von der UBS die Herausgabe der Daten von insgesamt 52.000 potentiellen Steuersündern. Ein entsprechendes Sammelauskunftsersuchen ging im Juli 2008 bei der Schweizer Steuerverwaltung ein. Die UBS übergab daraufhin im Februar 2009 zunächst Unterlagen für mehr als 300 Gesellschaften, obwohl das Ersuchen keinerlei Namen von Verdächtigen enthielt und es sich damit um eine „fishing expedition“ handelte. Die USBehörden gaben sich mit den übergebenen Unterlagen nicht zufrieden. Schließlich erklärte sich die UBS vor dem Hintergrund einer angedrohten Anklage in den Vereinigten Staaten zur Herausgabe weiterer Daten sowie zur Zahlung von 780 Mio. US-Dollar bereit. Ein vorläufiges Ende fand der Steuerstreit mit einer im August zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten geschlossenen Vereinbarung, in der sich die UBS zur Herausgabe der Daten von weiteren 4.450 mutmaßlichen Steuerhinterziehern verpflichtete, die entweder mit besonderer krimineller Energie handelten oder deren Konto oder Depot bei der UBS im Zeitraum zwischen 2001 und 2008 mindestens einmal einen Stand in Höhe von 1 Mio. sfr aufwies und im Durchschnitt jährliche Erträge von mehr als 100.00 sfr
124 www.bundesfinanzministerium.de. 125 www.bmj.bund.de.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen generierte.126 Das Schweizer Bundesverwaltungsgericht erklärte mit Entscheid vom Januar 2010 die Herausgabe der Daten im Februar 2009 für rechtswidrig. Welche Auswirkungen dieser Entscheid für die Einigung mit den Vereinigten Staaten hat, ist derzeit unabsehbar. Für Aufregung sorgte zudem die Aufnahme der Schweiz in die Graue Liste der OECD im April 2009. Nachdem die Schweiz zwischenzeitlich eine ausreichende Zahl von Amtshilfevereinbarungen geschlossen hat, wurde sie von dieser Liste gestrichen. Für Empörung sorgte in der Schweiz zudem der wenig diplomatische Ton, den der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zu Jahresbeginn 2009 gegenüber der Schweiz als vermeintlichem Steuerparadies anschlug.
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Amtshilfe
Die Schweiz leistet den deutschen Finanzbehörden derzeit Amtshilfe nach Art. 27 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland (DBA Schweiz)127 in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 12.03.2002.128 Nach Art. 27 Abs. 1 Buchstabe DBA Schweiz leistet die Schweiz gegenüber Deutschland Amtshilfe zur Durchführung des innerstaatlichen deutschen Rechts129 nur bei Betrugsdelikten, d. h. einem Verhalten, das nach dem Recht beider Staaten als Steuervergehen gilt und mit Freiheitsstrafe bedroht ist.130 Da die bloße Nichterklärung von Kapitalerträgen in der Steuererklärung nach Schweizer Recht keine Straftat ist, erhalten die deutschen Finanzbehörden in diesen Fällen derzeit keine Auskünfte von Schweizer Seite. Gebraucht der Steuerpflichtige hingegen gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden zur Täuschung der Finanzbehörden, wird Amtshilfe gewährt. Das Bankgeheimnis gilt dann nicht mehr.131 Bloße Beweisausforschung ist nicht zulässig.132 Ein Amtshilfeersuchen deutscher Behörden muss daher konkrete Tatsachen enthalten. Die Schweizer Behörden entscheiden allein auf Grund der Darstellung des Sachverhalts im Amtshilfeersuchen, ob ein Betrugsdelikt vorliegt, soweit die Darstellung des Sachverhalt nicht offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche enthält. Ist das Amtshilfeersuchen nicht zulässig, kann es durch die deutsche Behörde ergänzt werden. Ist das Amtshilfeersuchen zulässig, informiert die Schweizer Behörde den Informationsinhaber und ersucht diesen um Herausgabe der erbetenen Informationen. Der Informationsinhaber darf (und soll) den Steuerpflichtigen von dem Auskunftsersuchen in Kenntnis setzen. Das ist wichtig, weil der Steuerpflichtigen so ggf. noch die Möglichkeiten zur Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige hat. Die Schweizer Steuerverwaltung erlässt eine begründete Schlussverfügung, in der über die Übermittlung der erbetenen Informationen und Gegenstände entschieden wird. Gegen die Schlussverfügung kann der Steuerpflichtige Verwaltungsbeschwerde an das Schweizer Bundesverwaltungsgericht einlegen. Diese hat aufschiebende Wirkung. Der Informationsinhaber kann ebenfalls Verwaltungsbeschwerde einlegen, soweit er eigene Interessen geltend macht. Im September 2009 haben Deutschland und die Schweiz die Neuverhandlung ihres Doppelbesteuerungsabkommens aufgenommen. Erklärtes Ziel ist die Vereinbarung eines Informationsaustauschs gemäß OECD-Standard.133 Es ist daher zu erwarten, dass die Schweizer Behörden gegenüber 126 127 128 129 130 131 132 133
92
NZZ vom 18.11.2009, Weitreichende Amtshilfe gegenüber den USA. BStBl I 1972, 518. BStBl I 2002, 165. sogenannte „große Amtshilfe“. Art. VI Ziffer 3 Buchstabe a des Revisionsprotokolls vom 12.03.2002. Art. VI Ziffer 3 Buchstabe a Abs. 2 des Revisionsprotokolls vom 12.03.2002. Art. VI Ziffer 3 Buchstabe a Abs. 2 a.E. des Revisionsprotokolls vom 12.03.2002. vgl. Eidgenössisches Finanzdepartment, Medienmitteilung vom 21.08.2009.
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe Deutschland mittelfristig auch in Fällen der einfachen Steuerhinterziehung auf Einzelfallanfrage Amtshilfe leisten werden. Das Bankgeheimnis wird der Auskunftserteilung in diesen Fällen nicht entgegenstehen. Allerdings könnten die Verhandlungen durch den im Februar 2010 erfolgten Ankauf entwendeter Daten deutscher Kunden bei Schweizer Banken belastet werden. Gegen die Teilnahme der Schweiz an einem automatischen Informationsaustausch gibt es auf Schweizer Seite hingegen massive Widerstände.
c)
158
Rechtshilfe
4
Die Schweiz leistet deutschen Behörden Rechtshilfe auf Grund des EuRhÜbk. Allerdings hat die Schweiz von der Möglichkeit gemäß Art. 2 Buchstabe b) EURhÜbk Gebrauch gemacht und verweigert die Rechtshilfe in Fiskalsachen. Ist Gegenstand der Rechtshilfe allerdings ein Abgabebetrug, leistet die Schweiz Deutschland sogenannte kleine Rechtshilfe. Hierzu zählt unter anderem die Herausgabe von Akten, Schriftstücken und Gegenstände, nicht aber die Auslieferung des Betroffenen.134 Die deutsche Behörde muss im Rechtshilfeersuchen Indizien vorbringen, die den Verdacht einer auch nach Schweizer Recht strafbaren Handlung begründen. Dadurch soll die missbräuchliche Umgehung der engen Voraussetzungen für die Gewährung von Rechtshilfe durch die Schweiz verhindert werden.135 Rechtshilfe gewährt die Schweiz im Bereich der indirekten Steuern ferner auf Grund des Schengener Assoziierungsabkommens (SDÜ).
2.
Liechtenstein
a)
Allgemeines
Liechtenstein galt lange Zeit als das Mekka der Schwarzgeldanleger. Das lag vor allem an dem äußerst strengen Bankgeheimnis des Fürstentums. Liechtenstein lehnte internationale Amts- und Rechtshilfe in Fiskalangelegenheiten bislang rigoros ab. Mittlerweile hat allerdings ein Umdenken stattgefunden. Als Folge der Liechtensteinischen Datenaffäre sollen die Kundenanlagen bei den 15 ansässigen Banken des Zwergstaates innerhalb von nur zwölf Monaten um 29,5 Prozent eingebrochen sein.136 Das dürfte teilweise darauf zurückzuführen sein, dass verunsicherte Kunden ihr Vermögen in vermeintlich sichere Staaten transferieren. Teilweise entscheiden sich die Kunden aber auch zur Legalisierung. Regierung und Banken erkennen, dass die Zukunft des Finanzplatzes Liechtenstein nicht in der Verwaltung unversteuerter Auslandsvermögen liegt. Man bemüht sich verstärkt um Anlagegeschäfte mit betuchten Kunden und versucht zugleich, das anrüchige Image des Schwarzgeldverwalters abzustreifen. Dazu gehört auch die erklärte Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten. Auch Liechtenstein wurde zunächst in die Graue Liste der OECD aufgenommen. Nachdem Liechtenstein eine ausreichende Zahl von Auskunftsabkommen geschlossen hat, wurde das Fürstentum im November 2009 von der Grauen Liste gestrichen.
134 vgl. Art. 63 IRSG. 135 vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesstrafgerichts RR.2008.165 vom 28.10.2008. 136 Süddeutsche Zeitung vom 26.08.2009, Liechtensteiner Banken laufen die Kunden davon.
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§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
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169
170
Bisher gewährt Liechtenstein Deutschland keine Amtshilfe in Besteuerungsangelegenheiten. Im Juli 2009 einigten sich Deutschland und Liechtenstein allerdings auf ein Abkommen zum Informationsaustausch in Steuersachen.137 Das Abkommen wurde von Vertretern beider Staaten am 02. 09. 2009 unterzeichnet. Es gilt unter anderem für die Einkommensteuer, die Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie die Erbschaftsteuer.138. Künftig wird es daher zwischen Deutschland und Liechtenstein einen Informationsaustausch gemäß OECD-Standard geben. Ersuchen deutscher Behörden setzten daher nicht voraus, dass das Verhalten, das Gegenstand der Ermittlungen ist, nach dem Recht des Fürstentums Liechtenstein eine Straftat darstellen würde.139 Die erlangten Informationen dürfen für Besteuerungszwecke ebenso verwendet werden wie für Strafverfolgungsmaßnahmen.140 Sammelauskunftsersuchen sind nicht zulässig. Ein Auskunftsersuchen muss Angaben zur Identität der Person enthalten, der die Ermittlung oder Untersuchung gilt. Eine Namensnennung zur Bestimmung der Identität des Steuerpflichtigen ist nicht erforderlich, sofern sich diese aus anderen Anhaltspunkten bestimmen lässt. Dies ergibt sich aus Ziffer 1 des Protokolls zum Abkommen. Liegt ein zulässiges Auskunftsersuchen vor, wird das Liechtensteinische Bankgeheimnis durchbrochen. Die zu erteilenden Informationen umfassen unter anderem Auskünfte von Banken und anderen Finanzinstituten sowie Personen, die als Vertreter oder Treuhänder handeln. Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften sind zu erteilen; bei Trusts umfasst dies Auskünfte über Treugeber, Treuhänder, Protektoren und Treuhandbegünstigte, bei Stiftungen und Anstalten Auskünfte über Gründer, Mitglieder des Stiftungsrats und Begünstigte. Auskünfte dürfen nur verlangt werden, wenn sie Besteuerungszeiträume ab 2010 betreffen.141 Allerdings ist zu erwarten, dass die deutschen Finanzbehörden entsprechende Informationen als Anlass für Ermittlungen in Bezug auf Altjahre nehmen werden. Wer dann nicht belegen kann, dass der Zufluss erst in 2010 erfolgt ist, muss mit der Einleitung eines Steuerstrafverfahren rechnen. Die Erteilung automatischer Auskünfte durch Liechtensteinische Behörden ist nicht vorgesehen und derzeit nicht geplant.
c) 171
Amtshilfe
Rechtshilfe
Liechtenstein leistet deutschen Behörden Rechtshilfe auf Grund des EuRhÜbk. Allerdings hat Liechtenstein von der Möglichkeit gemäß Art. 2 Buchstabe b) EURhÜbk Gebrauch gemacht und verweigert die Rechtshilfe in Fiskalsachen.
137 Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen. 138 vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a. 139 vgl. Art. 5 Abs. 1. 140 Art. 1. 141 Art. 13 Abs. 2 des Abkommens.
94
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
3.
Luxemburg
a)
Allgemeines
Neben der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein war Luxemburg ein weiteres wichtiges Ziel für Schwarzgeldanleger. Nicht von ungefähr spielten die sogenannten Bankenfälle der 90er Jahren vorwiegend im kleinen westlichen Nachbarland. Seinerzeit wurden hunderte von Banken mit Sitz in Deutschland wegen des Verdachts durchsucht, sie wären deutschen Anlegern beim Transfer von Kapital nach Luxemburg behilflich gewesen. Neben Österreich und Belgien nimmt auch Luxemburg nicht am Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie teil, sondern behält für eine Übergangszeit EU-Quellensteuer ein und führt dies in anonymisierter Form an den Wohnsitzstaat des Anlegers ab. Wie lange die Übergangszeit andauern wird, bleibt abzuwarten.142
b)
172
4 173
Amtshilfe
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Luxemburg sieht vor, dass sich beide Staaten bei der Veranlagung und Erhebung der betroffenen Steuern gegenseitig Amtshilfe und Rechtshilfe gewähren, insbesondere zur Vermeidung von Steuerverkürzungen.143 Das Schlussprotokoll zum DBA (Luxemburg) stellt allerdings klar, dass die Verpflichtung zur Auskunftserteilung sich nicht auf Tatsachen bezieht, deren Kenntnis die Finanzbehörden von Banken erhalten haben. Damit ist das Luxemburger Bankgeheimnis im reinen Besteuerungsverfahren geschützt. Das wird sich nun ändern. Deutschland und Luxemburg haben grundsätzliche Einigkeit über die Einhaltung des OECD-Standards erzielt. Das entsprechende Protokoll zur Änderung des DBA (Luxemburg) wurde am 11.12.2009 unterzeichnet.144 Die Neuregelungen sind auf Steuern anzuwenden, die ab dem Jahr 2010 erhoben werden. Sogenannte „fishing expeditions“ sind im Protokoll ausdrücklich ausgeschlossen. Jede Einzelanfrage muss daher hinreichende Angaben zur Identifikation der betroffenen Person enthalten. Dies sollen nach dem Wortlaut des Abkommens „typischerweise“ der Name und, soweit bekannt, die Adresse, Kontonummer oder eine ähnliche identifizierende Information sein. Aus dem Wort „typischerweise“ ergibt sich im Umkehrschluss, dass, wo der Name nicht bekannt ist, aber sonstige identifizierende Informationen vorliegen, dies ausreichend sein kann. Ein automatischer Informationsaustausch zwischen Deutschland und Luxemburg ist im Protokoll nicht vorgesehen.
142 Dazu Rn 107 ff. 143 Art. 23 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 23.08.1958, BStBl I 1959, 1022 (DBA (Luxemburg)). 144 Protokoll zur Änderung des Abkommens vom 23. August 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 11.12.2009, www.bundesfinanzministerium.de/nn_318/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/Internationales__Steuerrecht/Staatenbezogene__Informationen/Luxemburg/003.html (13.01.2010).
95
174
175
4
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
c) 176
Rechtshilfe
Luxemburg leistet deutschen Behörden Rechtshilfe auf Grundlage des EuRhÜbk, und des SDÜ. Bis zum vollständigen Inkrafttreten des EU-RhÜbk gilt der von Luxemburg erklärte Vorbehalt zu Art. 2 des EuRhÜbk weiter. Danach leistet Luxemburg Rechtshilfe in Fiskalsachen nur, sofern ein „nicht unerheblicher Steuerbetrag“ hinterzogen wurde (mehr als 125.000 Euro oder mehr als 25 % der Jahressteuer) oder eine Täuschung der Finanzbehörde durch „systematische betrügerische Handlungen“ vorliegt.145
4
177
178
4.
Österreich
a)
Allgemeines
Als Steueroase hat Österreich zweifellos geringere Bedeutung als die Schweiz, Liechtenstein oder Luxemburg. Vor allem bei deutschen Schwarzgeldanlegern hat sich aber auch Österreich in der Vergangenheit einer gewissen Beliebtheit erfreut. Das hängt sicherlich – abgesehen von der geographischen Nähe und kulturellen Gemeinsamkeiten – auch damit zusammen, dass Österreich neben Luxemburg und Belgien für einen Übergangszeitraum nicht am automatischen Informationsaustausch teilnimmt. Wie gezeigt, könnte sich dies in absehbarer Zeit ändern. 146 Österreich wurde am 02.04.2009 in die Graue Liste der OECD aufgenommen. Das lag vor allem am österreichischen Bankgeheimnis, das gemäß Art. 38 des österreichischen Bankwesengesetzes (BWG) Verfassungsrang hat und daher nicht ohne Weiteres durchbrochen werden kann. Mittlerweile hat Österreich Art. 38 BWG geändert und damit die innerstaatlichen Hürden auf dem Weg zur internationalen Kooperation gemäß OECD-Standard aus dem Weg geräumt. Am 1. September 2009 beschloss der Nationalrat das Amtshilfedurchführungsgesetz (ADG). Zudem hat Österreich nunmehr mit anderen Staaten eine ausreichende Zahl von Abkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen geschlossen. Österreich wurde daher mittlerweile wieder von der Grauen Liste gestrichen.
b) 179
180
Amtshilfe
Der Amts- und Rechtshilfeverkehr zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland ist bereits jetzt intensiv. Art. 26 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24.08.2000 sieht einen einzelfallbezogenen Informationsaustausch vor, wenn dies für Besteuerungszwecke erforderlich ist.147 In reinen Besteuerungsverfahren steht allerdings das österreichische Bankgeheimnis einer Erteilung von Informationen entgegen, die sich im Besitz von Banken befinden. Art. 38 Abs. 2 Nr. 1 BWG sieht die Durchbrechung des Bankgeheimnisses – neben einigen anderen, hier nicht relevanten Ausnahmen – lediglich im Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen vor. Entsprechende Amtshilfeersuchen in reinen Besteuerungsverfahren waren daher bislang aussichtslos. 145 vgl. BMF IV B 1-S 1320-66/06 vom 16.11.2006, Ziffer 6.1. 146 Dazu Rn 107 ff. 147 Art. 26 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24.08.2000, BStBl I 2002, 584 (nachfolgend DBA (Österreich)).
96
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe Daran ändert sich im Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland zunächst nichts. Das ADG selbst begründet nämlich keine Auskunftsansprüche ausländischer Stellen. Diese müssen sich aus den zwischen Österreich und dem ersuchenden Staat geschlossenen Vereinbarungen ergeben. Kernvorschrift ist insoweit § 2 Abs. 3 Satz 3 ADG. Danach sind im Zuge eines ausländischen Amtshilfeersuchens Informationen, die unter das Bankgeheimnis fallen, zu beschaffen und zu erteilen, wenn die im Verhältnis zum ersuchenden Staat geltenden Rechtsgrundlagen eine Amtshilfebestimmung enthalten, wonach die Erteilung von Informationen in keinem Fall nur deshalb abgelehnt werden darf, weil sich die Informationen bei einem Kreditinstitut befinden. Eine solche Bestimmung ist im DBA (Österreich) derzeit nicht enthalten. Allerdings ist Deutschland in Verhandlungen mit Österreich, um die Vorschriften zum Informationsaustausch zu modifizieren.148 Unabhängig davon bietet das im ADG vorgesehene Verfahren Betroffenen die Möglichkeit, gegebenenfalls eine strafbefreiende Selbstanzeige abzugeben. Gemäß § 4 Abs. 1 ADG sind die Betroffenen nämlich unverzüglich, und damit vor Auskunftserteilung, über das Amtshilfeersuchen zu informieren. Innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis kann der Betroffene Rechtsmittel einlegen.149
c)
183
184
Amtshilfe
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Belgien enthält eine große Amtshilfeklausel.151 Die Geltung des OECD-Standards ist darin allerdings nicht ausdrücklich vereinbart. Allerdings haben Deutschland und Belgien am 18.05.2009 ein Protokoll zum DBA paraphiert, wonach Belgien zukünftig Auskünfte in Steuersachen gemäß OECD-Standard erteilt.152
b)
182
Belgien
Die Attraktivität Belgiens für Schwarzgeldanleger resultiert neben der geographischen Nähe zu Deutschland vor allem daraus, dass Belgien als dritter EU-Staat neben Österreich und für einen Übergangszeitraum nicht am automatischen Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie teilnimmt. Dies könnte sich in absehbarer Zeit ändern. 150
a)
4
Rechtshilfe
Österreich leistet deutschen Behörden Rechtshilfe auf Grundlage des EuRhÜbk, des EU-RhÜbk sowie des SDÜ. In Fiskalsachen wird Rechtshilfe in vollem Umfang geleistet, und zwar einschließlich Auskünften über Bankkonten.
5.
181
185
Rechtshilfe
Der Rechtshilfeverkehr zwischen Deutschland und Belgien erfolgt nach dem EuRhÜbk, dem EURhÜbk sowie dem SDÜ. In Fiskalsachen leiste Belgien in vollem Umfang Rechtshilfe. Das schließt Auskünfte über Bankkonten ein. 148 149 150 151
Eilers/Dann, Betriebsberater 2009, 2399 (2400). § 4 Abs. 2 ADG. Rn 107 ff. Art. 26 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern vom 11.04.1967, BStBl I 1969, 38. 152 Eilers/Dann, Betriebsberater 2009, 2399 (2400).
97
186
4
187
4
188
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
6.
Malta
a)
Amtshilfe
Als Mitglied der Europäischen Union nimmt Malta am Informationsaustausch im Rahmen der EUZinsrichtlinie teil. Das zwischen Deutschland und Malta bestehende Doppelbesteuerungsabkommen153 wurde durch Änderungsprotokoll vom 04.09.2009 dergestalt modifiziert, dass künftig ein Auskunftsaustausch gemäß OECD-Standard möglich ist.154
b) 189
190 191
Der Rechtshilfeverkehr zwischen Malta und Deutschland erfolgt auf Grundlage des EuRhÜbk, des EU-RhÜbk sowie des SDÜ. Rechtshilfe einschließlich Auskünften über Bankkonten wird auch in Fiskalangelegenheiten gewährt.
7.
Zypern (griechischer Teil)
a)
Amtshilfe
Der griechische Teil von Zypern ist Mitglied der Europäischen Union und nimmt am automatischen Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie teil. Darüber hinaus wurde am 24.07.2009 ein neues Doppelbesteuerungsabkommen paraphiert, das einen Auskunftsaustausch nach OECD-Standard vorsieht.155 Es ersetzt das bisherige Doppelbesteuerungsabkommen vom 09.05.1974.156
b) 192
Rechtshilfe
Rechtshilfe
Der Rechtshilfeverkehr zwischen Zypern und Deutschland erfolgt auf Grundlage des EuRhÜbk, des EU-RhÜbk sowie des SDÜ. Rechtshilfe einschließlich Auskünften über Bankkonten wird auch in Fiskalangelegenheiten gewährt.
153 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Malta zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 08.03.2001, BStBl I 2002, 76. 154 Bundesministerium der Finanzen, Pressemitteilung Nr. 48/2009 vom 18.09.2009. 155 Bundesministerium der Finanzen, Pressemitteilung Nr. 43/2009 vom 01.09.2009. 156 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 09.05.1974, BStBl. I 1977, 340.
98
4
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
8.
Britische Kanalinseln und Isle of Man
a)
Amtshilfe
Die Britischen Kanalinseln Jersey und Guernsey sowie die Isle of Man nehmen nicht am automatischen Informationsaustauch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie teil. Allerdings haben sie sich mit Deutschland über den Informationsaustausch in Steuersachen gemäß OECD-Standard geeinigt. Entsprechende Abkommen schloss Deutschland am 04.07.2008 mit Jersey, am 02.03.2009 mit der Isle of Man und am 26.03.2009 mit Guernsey.
b)
195
Amtshilfe
Monaco ist nicht Mitglied der Europäischen Union und nimmt nicht am automatischen Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie teil. Ein Doppelbesteuerungsabkommen oder eine sonstige Vereinbarung zum Informationsaustausch zwischen monegassischen und deutschen Behörden in Steuerangelegenheiten besteht nicht.
b)
194
Monaco
In Monaco befindliche unversteuerte Auslandsvermögen deutscher Steuerpflichtige dürften derzeit noch mit am Zuverlässigsten vor Entdeckung geschützt sein. Gegenüber Deutschland erteilt Monaco in Fiskalangelegenheiten so gut wie keine Auskünfte. Allerdings hat sich auch Monaco im März 2009 zum Informationsaustausch gemäß OECD-Standard bekannt und zwischenzeitlich zwölf entsprechende bilaterale Abkommen geschlossen, zumeist mit anderen, als Steueroasen bekannten Staaten. Mittel- bis langfristig ist zudem der Abschluss eines entsprechenden Abkommens über den Informationsaustausch zwischen Monaco und den Staaten der Europäischen Gemeinschaft zu erwarten.
a)
4
Rechtshilfe
Der Umfang der von den Britischen Kanalinseln sowie der Isle of Man bei fiskalischen Straftaten gewährten Rechtshilfe ist noch nicht abschließend geklärt.157
9.
193
196
Rechtshilfe
Der Rechtshilfeverkehr zwischen Monaco und Deutschland findet nach dem deutsch-monegassischen Auslieferungsvertrag vom 21.05.1962,158 der sonstige Rechtshilfeverkehr nach dem deutschmonegassischen Vertrag vom 21.05.1962 über die Rechtshilfe in Strafsachen statt.159 Monaco lehnt die Gewährung von Rechtshilfe in fiskalischen Strafsachen ab.
157 RiVASt Anlage II – Länderteil, Vereinigtes Königreich – Kanalinseln – Insel Man (Stand Oktober 2006). 158 BGBl II 1964, 1297; BGBl II 1965, 405; BGBl. II 1966, 855. 159 BGBl II 1964, 1297; II 1965, 405.
99
197
198
4
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
10. 199
Andorra
Andorra ist kein Mitglied der Europäischen Union. Am automatischen Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie nimmt Andorra nicht teil. Allerdings hat sich Andorra am 10.03.2009 zum Informationsaustausch gemäß OECD-Standard bekannt und zwischenzeitlich 14 entsprechende bilaterale Abkommen geschlossen. Mittel- bis langfristig ist zudem der Abschluss eines entsprechenden Abkommens über den Informationsaustausch zwischen Andorra und den Staaten der Europäischen Gemeinschaft zu erwarten.
4
a) 200
Zwischen Andorra und Deutschland besteht weder ein Doppelbesteuerungsabkommen noch eine sonstige Vereinbarung über den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten. Über die Aufnahme entsprechender Verhandlungen ist nichts bekannt.
b) 201
202
Rechtshilfe
Auslieferungen zwischen Deutschland und Andorra erfolgten auf Grundlage des Europäischen Auslieferungsübereinkommens,160 Vollstreckungshilfe wird nach dem Übereinkommen vom 21.03.1983 über die Überstellung verurteilter Personen gewährt.161 Der übrige Rechtshilfeverkehr zwischen Andorra und Deutschland findet nach dem EuRhÜbk statt. Hierzu hat Andorra zahlreiche Vorbehalte abgegeben, die teilweise die Frage von Rechtshilfe bei fiskalischen Straftaten berühren.
11.
San Marino
a)
Amtshilfe
Zwischen San Marino und Deutschland besteht weder ein Doppelbesteuerungsabkommen noch eine sonstige Vereinbarung über den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten. Über die Aufnahme entsprechender Verhandlungen ist nichts bekannt.
b) 203
Amtshilfe
Rechtshilfe
Der Rechtshilfeverkehr zwischen Deutschland und San Marino erfolgt vertraglos. Deutsche Behörden haben keinen Anspruch auf Gewährung von Rechtshilfe durch San Marino.162
160 BGBl II 1964, 1369, 1371; BGBl II 1976, 1778; BGBl II 1997, 1695. 161 BGBl II 1991, 1006; BGBl II 1992, 98; BGBl II 1997, 1677. 162 RIVASt Anlage II – Länderteil, San Marino.
100
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
12.
Cayman Islands
a)
Amtshilfe
Die Cayman Islands nehmen als britisches Überseegebiet am automatischen Informationsaustausch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie teil und sind bereits aus diesem Grund nur beschränkt zur Anlage unversteuerter Auslandsvermögen geeignet. Die Cayman Islands haben zudem die Bereitschaft zur Auskunftserteilung gemäß OECD-Standard erklärt und entsprechende Abkommen bereits geschlossen. Insbesondere teilten sie im März 2009 mit, dass sie Deutschland mit sofortiger Wirkung steuerlich relevante Informationen gemäß OECDStandard erteilen würden.163
b)
13.
British Virgin Islands
a)
Amtshilfe
Die British Virgin Islands nehmen nicht am automatischen Informationsaustauch im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie teil. Sie haben die Bereitschaft zur Auskunftserteilung gemäß OECD-Standard erklärt und entsprechende Abkommen geschlossen. Im August 2009 wurden die British Virgin Islands daher von der Grauen Liste der OECD gestrichen. Ein Informationsaustauch in Steuersachen mit Deutschland findet derzeit nicht statt.
205
206
207 208
209 210
Rechtshilfe
Der Auslieferungsverkehr zwischen den British Virgin Islands und Deutschland richtet sich nach dem deutsch-britischen Auslieferungsvertrag vom 14.05.1872 in der Fassung der deutsch-britischen Vereinbarung vom 23.02.1960 über die Auslieferung flüchtiger Verbrecher.167 163 164 165 166 167
204
Rechtshilfe
Der Auslieferungsverkehr richtet sich nach dem deutsch-britischen Auslieferungsvertrag vom 14.05.1872 in der Fassung der deutsch-britischen Vereinbarung vom 23.02.1960 über die Auslieferung flüchtiger Verbrecher.164 Der Vollstreckungshilfeverkehr findet nach dem Übereinkommen vom 21.03.1983 über die Überstellung verurteilter Personen statt.165 Der übrige Rechtshilfeverkehr zwischen Deutschland und den Cayman Islands erfolgt auf vertragloser Grundlage.166 Deutsche Behörden haben daher keinen Anspruch auf Gewährung von Rechtshilfe durch die Cayman Islands.
b)
4
Bundesministerium der Finanzen, Pressemitteilung Nr. 15/2009 vom 31.03.2009. RGBl 1872, 229; BGBl II 1960, 2191. BGBl II 1991, 1006; BGBl II 1992, 98. RiVASt, Anlage II – Länderteil, Kaimaninseln. RGBl 1872, 229; BGBl II 1960, 2191.
101
211
4
4 212
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen Der übrige Rechtshilfeverkehr zwischen Deutschland und den British Virgin Islands erfolgt auf vertragloser Grundlage.168 Deutsche Behörden haben daher keinen Anspruch auf Gewährung von Rechtshilfe durch die British Virgin Islands.
14. 213
4
Nachdem das Bankgeheimnis in Liechtenstein und der Schweiz als geknackt gelten kann, gilt Singapur nicht wenigen Experten als das neue Steuerparadies, insbesondere wegen des dort geltenden strengen Bankgeheimnisses. Doch auch Singapur bewegt sich. Im März 2009 kündigte das Finanzministerium des Stadtstaats an, dass dieser seine strenge Gesetzgebung zum Bankgeheimnis lockern und diese dem OECD-Standard anpassen werde.169 Das Parlament des Stadtstaates Singapur hat am 19.10.2009 die notwendigen gesetzlichen Änderungen auf den Weg gebracht, nach denen das Bankgeheimnis im Fall des Verdachts auf Steuerhinterziehung durchbrochen wird.170
a) 214
Amtshilfe
Deutschland und Singapur haben ein Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Ertragsteuern geschlossen.171 Art. 27 dieses Abkommens sieht eine große Auskunftsklausel vor. Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses ist in Art. 27 indes nicht vorgesehen. Ob eine Neuverhandlung des Abkommens beabsichtigt ist, ist den Verfassern nicht bekannt.
b) 215
Singapur
Rechtshilfe
Der Auslieferungsverkehr zwischen Singapur und Deutschland erfolgt nach dem deutsch-britischen Auslieferungsvertrag vom 14.05.1872 in der Fassung der deutsch-britischen Vereinbarung vom 23.02.1960 über die Auslieferung flüchtiger Verbrecher.172 Der sonstige Rechtshilfeverkehr erfolgt vertraglos.173 Deutsche Behörden haben daher keinen Anspruch auf Gewährung von Rechtshilfe durch Singapur. Insbesondere im Bereich der Fiskalstraftaten wird Rechtshilfe nur äußerst zurückhaltend gewährt.
168 RiVASt, Anlage II – Länderteil, Britische Jungferninseln. 169 vgl. Presserklärung des Finanzministeriums von Singapur vom 06.03.2009, Singapore Endorses the OECD-Standard for Exchange of Information. 170 Earth Times, Singapore passes new tax law to implement OECD standard (19.10.2009), www.earthtimes.org/articles/ show/290783,singapore-passes-new-tax-law-to-implement-oecd-tax-standard.html (04.01.2010). 171 Abkommen vom 28.06.2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl II 2006, 930. 172 RGBl 1972, 229; BGBl II 1960, 2191. 173 RIVASt, Anlage II – Länderteil – Singapur (Republik Singapur).
102
D. Internationale Amts- und Rechtshilfe
15.
Hongkong
a)
Amtshilfe
Deutschland und Hongkong haben kein umfassendes Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung ist lediglich für den Bereich der Schifffahrtsunternehmen geregelt.174 Der Austausch steuerlich relevanter Informationen ist hierin nicht vorgesehen. Sonstige Vereinbarungen zwischen Deutschland und Hongkong zum Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten existieren nicht. Auch Hongkong hat allerdings bereits Bereitschaft zur künftigen Kooperation gemäß OECD-Standard signalisiert. Die weitere Entwicklung bleibt zu beobachten.
b)
216
4
Rechtshilfe
Auslieferung und Vollstreckungshilfe erfolgen auf vertragloser Grundlage. Der sonstige Rechtshilfeverkehr zwischen Deutschland und Hongkong ist auf der Grundlage des – noch nicht ratifizierten, aber bereits vorläufig anwendbaren – Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China vom 26. Mai 2006 möglich.175
16.
Macao
a)
Amtshilfe
Zwischen Deutschland und Macao besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen. Der Austausch steuerlich relevanter Informationen ist auch nicht in sonstigen Vereinbarungen vorgesehen.
b)
4
217
218
Rechtshilfe
Auslieferungsverkehr zwischen Macao und Deutschland findet derzeit nicht statt. Der sonstige Rechtshilfeverkehr erfolgt vertraglos. Deutsche Behörden haben daher keinen Anspruch auf Gewährung von Rechtshilfe durch Macao.176
174 Abkommen vom 13. Januar 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Schifffahrtsunternehmen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BStBl 2005 I, 610. 175 RiVASt, Anlage II – Länderteil, China (Hongkong). 176 RIVASt, Anlage II – Länderteil, China (Macau).
103
219
4
220
4
§ 4 Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen
17.
Vereinigte Arabische Emirate
a)
Amtshilfe
Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich am 23.12.2008 dem Grunde nach auf ein neues Doppelbesteuerungsabkommen geeinigt, das den Informationsaustausch gemäß OECD-Standard vorsieht.177 Das Abkommen muss noch durch Zustimmungsgesetz von Bundestag und Bundesrat in Kraft gesetzt werden. Es soll rückwirkend zum 01.01.2009 gelten.
b) 221
Rechtshilfe
Der Rechtshilfeverkehr zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten erfolgt vertragslos.178 Deutsche Behörden haben daher keinen Anspruch auf Gewährung von Rechtshilfe durch die Vereinigten Arabischen Emirate.
177 Bundesfinanzministerium der Finanzen, Pressemitteilung Nr. 67/2008 vom 23.12.2008. 178 RIVASt, Anlage II – Länderteil, Vereinigte Arabische Emirate.
104
5
§ 5 Argumente für die Legalisierung unversteuerter Auslandsanlagen Immer mehr Schwarzgeldanleger entscheiden sich angesichts stetig zunehmender Entdeckungsrisiken für die Legalisierung des Kapitals durch Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige. Dies wird durch die drastisch gestiegene Nachfrage nach Selbstanzeigenberatung belegt. Steuerhinterziehung im Bereich der Kapitalerträge ist nach unserer Überzeugung ein mittelfristig aussterbendes Gewerbe. Doch neben der Gefahr der Entdeckung und Bestrafung sprechen weitere Gründe für die Legalisierung von Schwarzgeldern.
A.
Liquidität
Nachfolgethematik
3
4 5
B.
Die Vererbung eines Schwarzgeldkontos ist risikoreich. Nach aller Erfahrung treffen Schwarzgeldanleger nur selten Vorsorge für den Todesfall. Insbesondere ein plötzliches Versterben kann den oder die Erben in erhebliche Schwierigkeiten bringen. Es bestehen folgende Problemkreise: Bereits die Übertragung des Schwarzgelds an die Erben ist eine gewisse Herausforderung. Erwähnt der Erblasser das Vermögen in seinem Testament, besteht wegen der für Gerichte, Behörden, Beamte und Notare geltenden Anzeigepflichten nach dem ErbStG jedenfalls bei notariellen Testamenten die Gefahr, dass das Finanzamt von der Existenz des Schwarzgelds erfährt. Erwähnt der Erblasser das Schwarzgeld in seinem Testament hingegen nicht, muss er das Wissen um sein inoffizielles Vermögen auf andere Weise an die Erben weitergeben. Die Wissensweitergabe zu Lebzeiten ist nicht immer gewünscht, weil hierdurch Begehrlichkeiten geweckt werden könnten und der Vermögensinhaber
1
2
A.
Schwarzgeldanlagen haben gegenüber weißem Kapital einen gravierenden Nachteil: ihre Verwendung ist nicht ohne Weiteres möglich. Überweisungen von der ausländischen Bankverbindung ins Inland hinterlassen Spuren. Überweisungen auf Bankverbindungen innerhalb der Europäischen Union dürfen nur ausgeführt werden, wenn die ausführende Bank bestimmte Daten an die Inlandsbank meldet. Anonyme Überweisungen in den EU-Raum sind daher nicht mehr möglich. Für Überweisungsbeträge ab einer gewissen Größenordnung besteht zudem eine Anzeigepflicht gegenüber der Deutschen Bundesbank. Beim Bargeldtransfer über die Grenze hinweg bestehen ebenfalls erhebliche Entdeckungsrisiken.1 Schwarzgeldanlagen weisen mit anderen Worten eine geringe Liquidität auf. Das wird insbesondere beim überraschen auftretenden Kapitalbedarf zum Problem. Zu denken ist hier an erforderliche Renovierungsarbeiten am Eigenheim oder Aufwendungen im Gesundheits- und Pflegebereich, die von den Sozialversicherungsträgern nicht oder nicht voll übernommen werden (Herzoperation oder Unterbringung im Pflegeheim). Gerade wenn der Großteil des Vermögens schwarz angelegt ist, kann dies ein guter Grund für die frühzeitige Legalisierung sein.
B.
1
§ 4 Rn 62.
105
6
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5
5
§ 5 Argumente für die Legalisierung unversteuerter Auslandsanlagen
9
5
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zudem erpressbar wird. Soll das Wissen die Nachfolger erst nach dem Tode des bisherigen Vermögensinhabers erreichen, steht dieser vor dem Dilemma, dass das Wissen für die Nachfolger auffindbar, für Dritte jedoch nicht auffindbar sein muss.2 Eine befriedigende Lösung gelingt nicht immer. Soll nur einer der Erben das Schwarzgeld erhalten, ohne dass die anderen Erben hiervon erfahren, treten ebenfalls Schwierigkeiten auf. Die Vererbung „am Testament vorbei“ ist wegen der testamentarischen Formvorschriften nicht einfach und schlägt häufig fehl. Wird der ausgewählte Erbe nur mündlich von der Existenz des Schwarzgeldkontos in Kenntnis gesetzt und zum Erben bestimmt, ist dies zivilrechtlich unwirksam. Zudem macht sich der Erbe nicht nur wegen Steuerhinterziehung, sondern möglicherweise auch gegenüber den Miterben strafbar, sofern er die Existenz des Schwarzgelds verschweigt. Außerdem können die Miterben jederzeit die Herausgabe des schwarzen Kapitals an die Erbmasse verlangen.3 Der Erblasser bringt die Erben aber auch aus folgendem Grund in eine konfliktträchtige Situation: Die Erben von Schwarzgeldvermögen sind gemäß § 153 Abs. 1 AO als Gesamtrechtsnachfolger zur Berichtigung der vom Erblasser abgegebenen unrichtigen bzw. unterlassenen Steuererklärungen verpflichtet. Unterlassen sie die Berichtigung, machen sie sich wegen Steuerhinterziehung in Bezug auf die zurückliegenden Jahre strafbar. Darüber hinaus bringt der Erblasser die Erben in das Dilemma, dass diese entweder das Schwarzgeldkonto gegenüber den Finanzbehörden offenlegen müssen oder zwangsläufig weitere Steuerstraftaten begehen. Die zuvor beschriebene Problematik kann insbesondere zu Konflikten führen, sofern mehrere Personen an der Erbschaft beteiligt sind. Zusätzlich zur Erbengemeinschaft entsteht eine Steuerhinterziehungsgemeinschaft.4 Die Praxis zeigt, dass sich dies fast niemals dauerhaft aufrechterhalten lässt. In der Regel wird zumindest einer der Erben eine Selbstanzeige erstatten wollen, etwa weil er selbst im Fall der Entdeckung berufsrechtliche oder disziplinarische Folgen zu befürchten hat oder ihm das strafrechtliche Risiko zu groß ist. Wenn hier die Meinungen innerhalb der Erbengemeinschaft auseinander gehen, ist Streit vorprogrammiert. Selbst wenn sich die Erben über die Fortsetzung der Steuerhinterziehung einig sind, führt eine Hinterziehungsgemeinschaft zur Erhöhung der Entdeckungsrisiken, weil Fehler und Unvorsichtigkeiten einzelner Beteiligter zur Tatentdeckung aller führen können. Werden beispielsweise bei einem Beteiligten anlässlich des Grenzübertritts Bankunterlagen gefunden, kann ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren sehr schnell auf die weiteren Beteiligten übergreifen. Wird das Schwarzgeldkonto offengelegt, sind Steuern und Zinsen für zehn Jahre nachzuerklären. Nicht immer reicht das Vermögen aus, um alle steuerlichen Verpflichtungen abzudecken. In Extremfällen kann dies sogar bedeuten, dass Erben die Erbschaft ausschlagen müssen, sofern sie zur Nachentrichtung der steuerlichen Verbindlichkeiten wirtschaftlich nicht in der Lage sind. Hinzu kommt schließlich, dass viele Erben die Offenlegung des Schwarzgeldkontos als postmortale Illoyalität gegenüber dem Erblasser empfinden. Diese psychologisch schwierige Situation sollte der Erblasser den Erben ersparen, indem er Schwarzgelder noch zu Lebzeiten legalisiert.
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Schwedhelm, FR 2007, 937 (941). Schwedhelm, FR 2007, 937 (941). Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 703.
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D. Erschwerte Rechtsverfolgung
C.
Kosten
Vermögensanlagen in Steueroasen sind kein preiswertes Vergnügen. Die betreffenden Banken lassen sich ihre Tätigkeit mitunter fürstlich honorieren. Hinzu kommt: Da den Banken bewusst sind, dass der Schwarzgeldanleger sein Kapital nicht ohne Weiteres abziehen kann, wird gelegentlich eine Anlagestrategie verfolgt, die eher im Interesse der Bank als im Interesse des Anlegers ist. Hinzu kommen weitere Kosten, etwa im Zusammenhang mit notwendigen Reisen zum Standort der Bank.
D.
Erschwerte Rechtsverfolgung
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D.
Bankmitarbeiter machen – wie alle Menschen – Fehler. Solche Fehler können zu Streitigkeiten zwischen Bank und Kunden führen. Nicht immer lässt sich ein solcher einvernehmlich beenden. Im ungünstigsten Fall muss der Kunde den Rechtsweg beschreiten. Eine solche Rechtsverfolgung kann mit erheblichem Aufwand verbunden sein, wenn sich die betreffende Bank in einer Steueroase befindet. Ist der Kunde der Landessprache nicht mächtig, werden durch die erforderlichen Übersetzungen Kosten verursacht. Der Kunde hat vor Ort in der Regel keinen Anwalt seines Vertrauens und muss einen solchen erst ausfindig machen. Die Korrespondenz zwischen Kunden und Anwalt ist wegen der damit verbundenen Entdeckungsrisiken nur eingeschränkt möglich. Der Kunde kann nicht sicher sein, dass ein mit der Sache befasstes Gericht den Sachverhalt an die deutschen Behörden meldet, etwa im Wege einer Kulanzauskunft. Zudem sind die Rechtssysteme einiger – selbstverständlich nicht aller – Steueroasen weitaus weniger effizient als das deutsche.
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§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung A. 1 2
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B. 4
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Allgemeines
Wer über Kapitalvermögen im Ausland verfügt und die dort erzielten Erträge pflichtwidrig nicht in seiner Einkommensteuererklärung angibt, macht sich strafbar. Steuerhinterziehung galt bis vor nicht allzu langer Zeit als Kavaliersdelikt, nicht zuletzt weil sie in allen Gesellschaftschichten anzutreffen ist. So weit verbreitet das „Phänomen Steuerhinterziehung“ aber auch sein mag, zumindest die Toleranz gegenüber der pflichtwidrigen Nichtversteuerung ausländischer Kapitalerträge nimmt stetig ab. Das dürfte damit zusammenhängen, dass diese Art der Steuerhinterziehung von breiten Teilen der Bevölkerung als „Luxusstraftat“ angesehen wird, die nur von den Privilegierten in diesem Land begangen werden kann.1 Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Straftatbestand der Steuerhinterziehung. Wir stellen die Voraussetzungen der Strafbarkeit, die strafrechtliche Verjährung sowie die strafrechtlichen und sonstigen Folgen im Fall der Tatentdeckung dar.
B.
Trennung von steuerlicher und strafrechtlicher Ebene
Ein wichtiger Hinweis vorab: Die Frage, ob der Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt wurde, kann sowohl im Strafverfahren als auch im Besteuerungsverfahren eine Rolle spielen. Im Strafverfahren hängt von ihr die Möglichkeit ab, gegen den Täter oder einen Beteiligten strafrechtliche Sanktionen zu verhängen. Im Besteuerungsverfahren knüpfen bestimmte Folgen an das Vorliegen einer Steuerhinterziehung an, vor allem die Verlängerung der steuerlichen Festsetzungsverjährung,2 die Festsetzung von Hinterziehungszinsen3 sowie die steuerlichen Haftung.4 Strafrechtliche und steuerliche Ebene sind streng voneinander zu trennen. Die Rechtsprechung zur Steuerhinterziehung auf strafrechtlicher Ebene wird maßgeblich durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sowie der Oberlandesgerichte geprägt. Im Besteuerungsverfahren ist hingegen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie der Finanzgerichte Wegweiser. Zwischen beiden Ebenen existieren ebenso viele Überschneidungen wie Divergenzen. Ergibt die strafrechtliche Prüfung, dass eine Steuerhinterziehung vorliegt, ist dies nicht automatisch auch im Besteuerungsverfahren der Fall, und umgekehrt. Der strafrechtliche Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) gilt auch im Besteuerungsverfahren; die Feststellungslast liegt bei der Finanzbehörde. Allerdings erfolgt die Prüfung im Besteuerungsverfahren nicht nach den Vorschriften der StPO, sondern nach den weniger strengen Bestimmungen der AO und der FGO.5 Es handelt sich um eine strafrechtliche Vorfrage im Rahmen der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids, welche die Finanzbehörden und -gerichte in eigener Zuständigkeit prüfen.6 Ob die Tat strafrechtlich verfolgt und bestraft worden ist oder wegen einer wirksamen Selbstanzeige überhaupt nicht verfolgt werden
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Bilsdorfer, NJW 2008, 1362 (1367). Dazu Rn 144. Dazu Rn 152. Dazu Rn 155. Rüsken, in Klein, Abgabenordnung, § 169 Rn 26f. BFH vom 27.11.2007, II B 104/02, BFH/NV 2004, 463.
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C. Voraussetzung der Strafbarkeit kann, ist im Besteuerungsverfahren ohne Bedeutung,7 auch wenn die Finanzbehörden sich die Feststellungen in einem Strafurteil zueigen machen können, ohne die Beweiserhebung wiederholen zu müssen. Spiegelbildlich ist der Strafrichter nicht an bestandskräftige Steuerbescheide gebunden.8 ! Praxishinweis Es kann für die Beratung nur davor gewarnt werden, die Rechtsprechung des BGH zum Vorliegen einer Steuerhinterziehung ungeprüft für das Besteuerungsverfahren zu übernehmen. Umgekehrt ist die finanzgerichtliche Rechtsprechung zum Vorliegen einer Steuerhinterziehung für die strafrechtliche (Präventiv)-Beratung nur bedingt aussagekräftig. Zu beachten sind zudem insbesondere die unterschiedlich ausgestalteten Verjährungsvorschriften. Der nachfolgende Abschnitt befasst sich mit dem Straftatbestand der Steuerhinterziehung vorrangig aus strafrechtlicher Sicht.
C.
Voraussetzung der Strafbarkeit
I.
Tatbestand
1.
Objektiv
7
C.
Der Grundtatbestand der Steuerhinterziehung ist in § 370 AO geregelt. Danach begeht eine Steuerhinterziehung, wer ■ den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO), oder ■ die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)9 und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Steuern sind namentlich verkürzt, wenn sie nicht, nicht in richtiger Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden.10 Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung kann damit durch Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) verwirklicht werden. Für die Steuerhinterziehung durch Nichtversteuerung ausländischer Kapitalerträge gilt dabei als Faustregel: Wer eine Steuererklärung abgibt, darin aber die im Ausland erzielten Erträge nicht erklärt, erfüllt den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Wer hingegen überhaupt keine Steuererklärung abgibt und daher im Ausland erzielte Kapitalerträge gegenüber den Steuerbehörden verschweigt, erfüllt den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Abgrenzung zwischen den Tatbestandsalternativen hat vor allem für den Beginn der strafrechtlichen Verjährung Bedeutung.11 Wer als Erbe ein Schwarzgeldkonto erbt, ist gemäß § 153 Abs. 1 S. 2 AO zur Berichtigung der vom Erblasser abgegeben unrichtigen oder unterlassenen Erklärungen verpflichtet. Das Unterlassen der Berichtigung kann eine Steuerhinterziehung des Erben durch Unterlassen darstellen. 7 8 9
Rüsken, in Klein, Abgabenordnung, § 168 Rn 26. Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 Rn 55. Die dritte Begehungsalternative, Steuerhinterziehung durch pflichtwidrige Nichtverwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern (§ 370 Abs.1 Nr. 3 AO) wird an dieser Stelle nicht weiter erörtert. 10 § 370 Abs. 4 S.1 AO. 11 Dazu Rn 93 ff.
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Zum objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung existiert umfangreiche Literatur.12 Im Mittelpunkt steht dabei die Höhe der verkürzten Steuer, da von ihr maßgeblich Unrechtsgehalt und Strafmaß der Steuerhinterziehung abhängen. Die verkürzte Steuer ergibt sich grundsätzlich aus der Differenz zwischen dem Steuer-Ist auf Grund des Fehlverhaltens des Steuerpflichtigen und dem steuergesetzlich zutreffenden Steuer-Soll.13 Entscheidend ist dabei die Steuerfestsetzung durch unrichtigen oder unterlassenen Steuerbescheid. Die Frage der Bezahlung der Steuern ist für den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung hingegen irrelevant. Im Übrigen existieren zum objektiven Tatbestand zahlreiche Einzelfallfragen; einige in der Beratungspraxis besonders häufige Problemkreise werden nachstehend erörtert.
a) 6
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Kompensationsverbot
Der Vergleich der gesetzlich geschuldeten Steuer mit der tatsächlich festgesetzten Steuer reicht nicht immer zur Bestimmung der Höhe der Steuerverkürzung aus. Das liegt am sogenannten Kompensationsverbot. Gemäß § 370 Abs. 4 S. 3 AO liegt eine Steuerverkürzung nämlich auch dann vor, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen – steuermildernden – Gründen hätte ermäßigt werden können. Folge des Kompensationsverbots ist, dass eine strafbare Steuerhinterziehung selbst dann vorliegen kann, wenn die auf Grund unrichtiger Angaben festgesetzte Steuer der nach dem Gesetz geschuldeten tatsächlichen Steuer entspricht oder diese sogar übersteigt. Die Frage sonstiger Steuerermäßigungen ist allein auf der Ebene der Strafzumessung zu berücksichtigen.14 Das Kompensationsverbot gilt allerdings nach der Rechtsprechung des BGH nicht, wenn die verschwiegenen steuererhöhenden Umstände in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit ebenfalls verschwiegenen steuermildernden Umständen stehen.15 Folgende Sachverhaltsgestaltungen sind in hohem Maße praxisrelevant: aa) Steuereinbehalte Hier geht es typischerweise um Fälle der folgenden Art: Der Steuerpflichtige verschweigt dem Finanzamt Kapitalerträge aus einer Schwarzgeldanlage. Um diese nicht aufzudecken, gibt er in seiner Erklärung einen vorgenommenen Steuereinbehalt ebenfalls nicht an. Diese Thematik spielte bislang vor allem beim Kapitalertragsteuerabzug (u. a. auf Erträge aus Tafelpapieren)16 eine Rolle. Zukünftig dürfte sie vor allem im Bereich der EU-Quellensteuer zunehmend wichtig werden. Nach der EU-Zinsrichtlinie ist der Zinsschuldner bei grenzüberschreitenden Zinserträgen zum Einbehalt der EU-Quellensteuer verpflichtet. Von dem einbehaltenen Betrag werden bis zum 31.05. des Folgejahres 75% in anonymisierter Form an das Bundeszentralamt für Steuern abgeführt.17 im Zeitraum zwischen dem 01.07.2005 und dem 30.06.2008 betrug der EU-Quellensteuersatz 15% der grenzüberschreitenden Zinserträge, zum 01.07.2008 stieg er auf 20%, ab dem 01.07.2011 wird er 35% betragen.18 12 13 14 15 16
Nachweise bei Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370 vor Rn 105. Kürzinger, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn. 288. Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 370 Rn 138. BGH vom 26.06.1984, 5 StR 322/84, wistra 1984, 183. Nach §§ 43a Abs. 1 Nr. 3, 44 Abs. 1 S. 4 Buchstabe a) bb) EStG in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung betrug die Kapitalertragsteuer bei Tafelpapieren 35%. 17 Art. 11, 12 Abs. 1 EU-Zinsrichtlinie; dazu bereits § 2 Rn 17 ff. 18 Art. 11, 12 Abs. 1 EU-Zinsrichtlinie; eine vergleichbare Regelung gilt für in der Schweiz und Liechtenstein erzielte Kapitalerträge von in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Personen über die jeweiligen Zinsbesteuerungsabkommen.
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C. Voraussetzung der Strafbarkeit Einbehaltene EU-Quellensteuer wird auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung wird dabei der gesamte Steuereinbehalt und nicht nur der an den deutschen Fiskus weitergeleitete Betrag angerechnet.19 Gibt der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung Kapitalerträge an, für die EU-Quellensteuer einbehalten wurde, zeigt der Vergleich der auf die nicht erklärten Kapitalerträge entfallenden Ist-Besteuerung durch Steuerabzug an der Quelle mit der entsprechenden Soll-Besteuerung folgendes Bild:20 ■ Für Zeiträume vom 01.07.2005 bis 31.06.2008 übersteigt die auf nicht erklärte Kapitalerträge entfallende Soll-Besteuerung die einbehaltene und grundsätzlich anrechnungsfähige Steuer (IstBesteuerung), sofern der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen mehr als 15% betrug. ■ Für Zeiträume zwischen dem 01.07.2008 und dem 31.12.2008 gilt dies, sofern der persönliche Steuersatz im Veranlagungszeitraum 2008 mehr als 20% betrug. ■ Aufgrund der Einführung der Abgeltungsteuer in Höhe von 25% ab dem Veranlagungszeitraum 200921 wird die Soll-Besteuerung im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 30.06.2011 die Ist-Besteuerung (20%) um 5 Prozentpunkte übersteigen. ■ Nach Anhebung des EU-Quellensteuersatzes auf 35% zum 01.07.2011 wird die Ist-Besteuerung die Soll-Besteuerung um 10 Prozentpunkte übersteigen. Aus rein steuerlicher Sicht machen ab diesem Zeitpunkt Schwarzgeldanlagen, die der EU-Quellensteuer unterliegen, keinen Sinn. In den vorgenannten Fällen ist fraglich, ob eine Steuerhinterziehung in Höhe der Soll-Besteuerung vorliegt oder lediglich in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Soll-Besteuerung und einbehaltener EU-Quellensteuer. Ist die Soll-Besteuerung niedriger als die Ist-Besteuerung, stellt sich zudem die Frage, ob überhaupt eine strafbare Steuerhinterziehung vorliegt. Dies ist (soweit ersichtlich) strafrechtlich noch nicht entschieden. Steuerrechtlich gehen der Bundesfinanzhof und einige Finanzgerichte für den Fall einbehaltener Kapitalertragsteuer davon aus, dass der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung auch dann verwirklicht ist, wenn die Einkommensteuer infolge einer unrichtigen Erklärung des Steuerpflichtigen nicht in voller Höhe festgesetzt worden und zugleich ein Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen worden ist.22 Begründet wird dies damit, dass die erforderliche Bescheinigung nach § 36 Abs. 2 S. 2 EStG materielle Voraussetzung der Steuerfreiheit sei. Eine Steuerverkürzung verneint der BFH daher allenfalls, wenn Kapitalerträge an den Fiskus abgeführt worden sind und zusätzlich die steuerrechtlichen Anrechnungsvoraussetzungen (insbesondere das Vorliegen der entsprechenden Bescheinigungen) im Zeitpunkt der Abgabe der unvollständigen Steuererklärung sämtlich erfüllt sind. Ist das nicht der Fall, dann stehe dem Fiskus die auf die nicht erklärten Kapitaleinkünfte festzusetzende Steuer „ungeschmälert“, d. h. ohne Berücksichtigung einer eventuell abgeführten Kapitalertragsteuer, zu.23
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Die Entscheidung dürfte auf den Einbehalt der EU-Quellensteuer und sonstiger ausländischer Steuereinbehalte übertragbar sein, soweit diese auf die deutsche Einkommensteuer anrechenbar sind. Dafür spricht insbesondere, dass die Anrechnung der EU-Quellensteuer kraft Verweis in § 14 Abs. 2 ZIV nach den Vorschriften über die Anrechnung von Kapitalertragsteuer erfolgt.24 Erst Recht dürfte dies für die Anrechnung sonstiger ausländischer Steuereinbehalte gelten.
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Bülte, Betriebsberater 2008, 2375 (2376). Aus Vereinfachungsgründen ohne Berücksichtigung von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. § 52a Abs. 1 EStG: BFH vom 29.04.2008, VIII R 28/07, BStBl II 2009, 842; FG München 15 K 3231/05 vom 10.11.2005, wistra 2006, 470. BFH vom 29.04.2008, VIII R 28/07, BStBl II 2009, 842. A.A. Bülte, Betriebsberater 2008, 2375ff.
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§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung 27
Zweifelhaft ist hingegen. ob die vorgenannten Ausführungen auf die strafrechtliche Ebene übertragbar sind. Hier bleibt die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten. Dagegen spricht insbesondere, dass der staatliche Steueranspruch letztlich in Höhe anrechenbarer Steuerabzugsbeträge wirtschaftlich nicht gefährdet ist, so dass es an der Strafwürdigkeit fehlt. Die Anrechnungsverfügung ist lediglich ein deklaratorischer Verwaltungsakt.25 Zudem stehen die vorgenannten Steuerabzugsbeträge in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den verschwiegenen Einnahmen, das Kompensationsverbot gilt daher nicht. ! Praxishinweis: Geht man davon aus, dass in den vorgenannten Fällen eine strafbare Steuerhinterziehung vorliegt, dürfte zumindest bei steuerlichen Laien häufig der Vorsatz fehlen. Zumindest wäre bei der Strafzumessung strafmildernd zu berücksichtigen, dass dem Fiskus wirtschaftlich letztlich ein Steuerschaden nur in Höhe der Differenz zwischen Soll-Besteuerung und Ist-Besteuerung entstanden ist.
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bb) Betriebsausgaben und Werbungskosten Eine ähnliche Frage stellt sich, wenn der Schwarzgeldanleger bestimmte Aufwendungen aus nachvollziehbaren Gründen steuerlich nicht geltend gemacht hat, diese aber steuermindernd gewesen wären. > Beispiel A hat durch eine nicht offengelegte Bankverbindung im Ausland jährliche Kapitalerträge in Höhe von 5.000 Euro erzielt. Dem stehen in VZ 2007 Aufwendungen ebenfalls in Höhe von 5.000 Euro gegenüber, die durch Depotgebühren sowie im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung stehende Auslandsreisen entstanden sind. Hat A in VZ 2007 eine Steuerhinterziehung begangen?
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Das Kompensationsverbot gilt nicht für Einnahmen und die damit zusammenhängenden Werbungskosten.26 Nach richtiger Ansicht liegt eine Steuerhinterziehung daher nur hinsichtlich des Saldos zwischen nicht erklärten Einkünften und den mit ihnen zusammenhängenden Werbungskosten vor.
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Verfassungswidrige Steuern
Auch verfassungswidrige Steuern können hinterzogen werden, soweit die zugrundeliegende Besteuerungsnorm vom Bundesverfassungsgericht zwar für verfassungswidrig, nicht aber für nichtig erklärt worden ist.27 Die Problematik spielte in der jüngeren Vergangenheit bei Einkünften aus privaten Wertpapierveräußerungsgeschäften eine Rolle. Das BVerfG hatte im Jahr 2004 die Besteuerung solcher Geschäfte in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 auf Grund eines strukturellen Erhebungsdefizits für verfassungswidrig und nichtig erklärt, weil aus Sicht der Veranlagungsstellen die Verifikation der Angaben des Steuerpflichtigen nur bei erkennbar unrichtigen oder unvollständigen Angaben möglich war.28 Für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 entfiel daher die Grundlage für eine strafrechtliche Verurteilung wegen Hinterziehung der aus Spekulationsgewinnen zu entrichtenden Steuer.29
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Rolletschke, Anmerkung zu FG München 15 K 33231/05 vom 11.11.2005, wistra 2006, 470 (472). BGH vom 20.07.1998, 3 StR 583/87, wistra 1988, 356; Rolletschke, Steuerstrafrecht, Rn 107. BGH vom 07.11.2001, 5 StR 395/01, BStBl II 2002, 259. BVerfG vom 09.03.2004, 2 BvL 17/02, BStBl II 2005, 56. BVerfG vom 08.11.2006, 2 BvR 620/03, wistra 2007, 60.
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C. Voraussetzung der Strafbarkeit Anders allerdings für die anschließenden Veranlagungszeiträume; insoweit existiert keine Nichtigerklärung der Vorschriften zur Steuerpflichtigkeit von Spekulationsgewinnen durch das Bundesverfassungsgericht. Zudem hat der Gesetzgeber durch das mit Wirkung ab dem 01.04.2005 eingeführte Kontenabrufverfahren (§§ 93 Abs. 7, 93b AO) das strukturelle Erhebungsdefizit behoben, indem er die Finanzbehörden in die Lage versetzt hat, steuerlich relevante Daten auch für zurückliegende Zeiträume abzufragen.30 Der Auffassung, vor dem 01.04.2005 gegenüber den Finanzbehörden getätigte unrichtige Angaben des Steuerpflichtigen zu Spekulationsgewinnen aus Wertpapiergeschäften in den Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2004 seien wegen des strafrechtlichen Rückwirkungsverbots nicht strafbar,31 sind BGH und BFH ausdrücklich nicht gefolgt.32
c)
Zusammenveranlagung
Im Fall der Zusammenveranlagung wird die Steuererklärung von beiden Ehepartnern unterschrieben. Hier stellt sich die Frage, inwieweit ein jeder Ehegatte durch Unterzeichnung und Einreichung einer unrichtigen Steuerklärung den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt. Es ist zu differenzieren: Objektiv tatbestandsmäßig handelt derjenige Ehegatte, dem die unrichtig erklärten Einkünfte steuerlich zuzurechnen sind. Sind die Einkünfte beiden Ehegatten zuzurechnen, erfüllen beide durch ihre Unterschrift auf der Steuererklärung den objektiven Tatbestand in Bezug auf den sie betreffenden Anteil an den unrichtig erklärten Einkünften. Sind die Einkünfte hingegen steuerlich nur einem Ehegatten zuzurechnen, ist allein die Unterzeichnung der gemeinsamen Steuererklärung durch den anderen Ehegatten keine tatbestandsmäßige Handlung.33 Das gilt selbst dann, wenn ihm die Unrichtigkeit der Angaben des anderen Ehegatten bekannt ist. Etwas anderes gilt (nur) dann, wenn die Einkünfte steuerlich zwar nur einem Ehegatten zuzurechnen sind, der andere Ehegatte sich aber dessen Handeln strafrechtlich zurechnen lassen muss, insbesondere über die Regelungen zur Mittäterschaft. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Verschweigen der Erträge einem gemeinsamen Tatplan entsprach, etwa weil beide Ehegatten an deren Erzielung mitgewirkt haben.34
2.
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Subjektiver Tatbestand
Eine strafbare Steuerhinterziehung liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich der Erfüllung des objektiven Tatbestands vorsätzlich gehandelt hat. Vorsatz ist, vereinfacht gesagt, Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.35 Das ist jedenfalls der Fall, wenn der Steuerpflichtige gewusst hat, dass seine unrichtige oder unterlassene Erklärung zu einer Steuerverkürzung geführt hat. Vorsatz liegt auch dann vor, wenn er zwar keine sichere Kenntnis von der Steuerverkürzung hatte, dies aber für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat.
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BFH vom 29.11.2005, IX R 49/04, BStBl II 2006, 178. LG Augsburg vom 26.04.2007, 10 KLs 509 Js 103192/03, wistra 2007, 272. BGH vom 09.10.2007, 5 StR 162/07, wistra 2008, 21; BFH vom 29.11.2005, IX R 49/04, BStBl II 2006, 178. BGH vom 17.04.2008, 5 StR 547/07, wistra 2008, 310. BGH vom 17.04.2008, 5 StR 547/07, wistra 2008, 310. Fischer, StGB, § 15 Rn 3.
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Vorsätzlich handelt allerdings nur, wer den angegriffenen Steueranspruch dem Grunde nach kennt und dessen Höhe zumindest für möglich hält.36 Ein Irrtum über Bestehen und/oder Höhe des Steueranspruchs führt zur Straflosigkeit. Der Steuerpflichtige muss dabei zwar den genauen Umfang der Steuerpflicht und -verkürzung nicht kennen. Er muss aber nach einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ wissen, dass ein Steueranspruch gegen ihn existiert und er auf diesen durch eine unrichtige bzw. unterlassene Erklärung einwirkt.37 Verteidigungsansätze auf der subjektiven Ebene können sich zum Beispiel ergeben, wenn der Steuerpflichtige irrig meint, dass ■ ein einbehaltener Steuerabzug abgeltende Wirkung habe; 38 ■ Deutschland in einem Doppelbesteuerungsabkommen auf das Recht zur Besteuerung bestimmter Einkünfte verzichtet habe;39 ■ im Ausland erzielte Kapitalerträge überhaupt nicht der deutschen Besteuerung unterliegen;40 ■ thesaurierte Investmentfondserträge nicht steuerpflichtig sind; ■ Erträge aus intransparenten Fonds wie gewöhnliche Investmentfondserträge zu versteuern sind, weil dem Steuerpflichtigen die Vorschriften zur Pauschalbesteuerung nicht bekannt sind;41 ■ die Einbringung von Vermögen in eine Stiftung nicht schenkungsteuerpflichtig ist; ■ mangels Zahlungsanspruchs des Finanzamts (z. B. wegen einbehaltener EU-Quellensteuer) keine Erklärungspflicht des Steuerpflichtigen besteht. Eine andere Frage ist indes, ob die Strafverfolgungsbehörden vom Fehlen des Vorsatzes überzeugt werden können, insbesondere angesichts der detaillierten Anleitung zum Ausfüllen der Einkommensteuererklärung. Diese Verteidigungslinie kann daher stets nur Notbehelf sein. Für die Präventivberatung ist sie gänzlich ungeeignet. Kann dem Steuerpflichtigen kein Vorsatz nachgewiesen werden, kommt eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO in Betracht. Dies ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit. ! Praxishinweis Im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren wird dem Steuerpflichtigen gelegentlich vorgeworfen, dieser hätte die Rechtslage kennen bzw. einen Steuerberater oder Rechtsanwalt um Rat fragen müssen. Dies allein würde keinen Vorsatz begründen, weil dem Steuerpflichtigen hier lediglich fahrlässiges Verhalten zur Last gelegt wird. In diesem Fall ist das Verfahren mangels Tatverdacht einzustellen.
II. 43
Rechtswidrigkeit und Schuld
Der Steuerpflichtige muss rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Hier bieten sich bei der Steuerstrafverteidigung nur selten aussichtsreiche Verteidigungsansätze. Insbesondere ist eine als zu hoch empfundene Steuerlast selbstverständlich kein Rechtfertigungsgrund für die Begehung einer Steuersteuerstraftat. 36 37 38 39 40
vgl. BGH vom 24.10.2002, 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52. Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 212. So im Besteuerungsverfahren BFH VIII vom 29.04.2008, R 28/07, BStBl II 2009, 842. BayObLG RReg vom 30.01.1990, 4 St 132/89, wistra 1990, 202. Diese Verteidigungslinie ist allerdings wenig Erfolg versprechend, entsprechende Einlassungen bewerten die Strafverfolgungsbehörden als bloße Schutzbehauptungen. 41 Schauf/Siekmann, PStR 2009, 19; zur Europarechtswidrigkeit der Pauschalbesteuerung schwarzer Fonds nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG siehe BFH vom 18.11.2008, VIII R 2/06, BFH/NV 2009, 731, BFH vom 25.08.2009, I R 88/07, I R 89/07, DStR 2009, 2295.
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D. Strafzumessung
III.
Konkurrenzen
Begeht jemand, der in fünf aufeinanderfolgenden Jahren Einkommensteuer hinterzieht, eine einzige Steuerhinterziehung? Oder liegen fünf einzelne Straftaten vor? Diese Frage ist für den Beginn der Verjährung sowie die Strafzumessung von Bedeutung.
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> Beispiel Der Steuerpflichtige S erzielt mittels festverzinslicher Wertpapiere in einem Depot bei der Schweizer Bank Y in den Veranlagungszeiträumen 2003 bis 2007 jährliche Kapitalerträge in Höhe von 100.000 Euro, die er in seiner Einkommensteuererklärung nicht angibt. Unter Berücksichtigung seines persönlichen Steuersatzes ergibt sich ein jährlicher Hinterziehungsbetrag in Höhe von etwa 30.000 Euro. Grundsätzlich ist jede Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung eine eigene Straftat. Im Beispielsfall liegen daher fünf eigenständige Taten und damit fünf tatmehrheitlich42 begangene Steuerhinterziehungsdelikte vor. Werden in einem Veranlagungszeitrum verschiedene Steuern verkürzt (Beispiel: Einkommen- und Gewerbesteuer), handelt es sich ebenfalls um jeweils eigenständige Taten. Etwas anderes gilt nach Ansicht der Rechtsprechung nur dann, wenn die verschiedenen Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung bewirkt werden oder aber durch Erklärungen in gleichzeitig abgegebenen Formblättern. Dabei muss die Abgabe der mehreren Steuererklärungen im äußeren Vorgang zusammenfallen; überdies müssen in den Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben über die Steuergrundlagen enthalten sein.43 Praktische Bedeutung haben Fälle dieser Art kaum.
D.
Strafzumessung
47
D.
Wie die Steuerhinterziehung bestraft wird, ist eine Frage der Strafzumessung. Die Praxis bei der Steuerhinterziehung aus Kapitaleinkünften ist einerseits als Folge der früheren Rechtswirklichkeit und des lange Zeit kaum vorhandenen Unrechtsbewusstseins nach wie vor von teilweise außergewöhnlich milden Entscheidungen geprägt,44 wobei eine abnehmende Toleranz auf Seiten von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten zu verzeichnen ist. Andererseits sind wegen der leichten und klaren Nachvollziehbarkeit der Besteuerungsgrundlagen anhand der Bankunterlagen auch sehr harte Entscheidungen möglich. Eine nachvollziehbare Prognose auf Grund des konkreten Sachverhalts ist nicht immer möglich.45 Allgemein ist bei der Strafzumessung zu unterscheiden zwischen der einfachen Steuerhinterziehung einerseits und besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung andererseits. Der BGH hat in einer neueren Entscheidung ausgeführt, dass bei sechsstelligen Hinterziehungsbeträgen die Verhängung einer Geldstrafe nur bei gewichtigen Milderungsgründen und bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe eine zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht kommen soll.46
42 43 44 45 46
46
§ 53 StGB. BGH vom 21.03.1985, 1 StR 583/84, BGHSt 33,163. Seipl, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 1011; Streck, DStR 1993, 342 (346). Seipl, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 1011. BGH vom 02.12.2008, 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71.
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§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung
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52
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I.
Strafrahmen
1.
Einfache Steuerhinterziehung
Gemäß § 370 AO beträgt der Strafrahmen der Steuerhinterziehung Geldstrafe bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. Die konkret zu verhängte Strafe richtet sich gemäß § 46 StGB nach der persönlichen Schuld des Täters. Die Höhe der hinterzogenen Steuern ist dabei maßgeblicher Strafzumessungsfaktor.47 Ein strenges Tarifsystem, bei dem die Strafe allein von der Höhe des Hinterziehungsbetrags abhängt, gibt es allerdings nicht. In PStR 2001, 18 findet sich eine tabellarische Übersicht der Strafzumessungspraxis in den verschiedenen OFD-Bezirken. Auch wenn eine Reihe von Oberfinanzdirektionen zwischenzeitlich aufgelöst wurde, gibt die Tabelle weiterhin einen zumindest groben Anhaltspunkt für die zu erwartende Strafe. Als Faustregel kann man sich zudem an der sogenannten „Leise-Tabelle“ orientieren. Sie geht bei steigendem Hinterziehungsvolumen von einer degressiven Strafzumessung aus. Die ersten 10.000 Euro des Hinterziehungsbetrags werdendurch 125 dividiert. Für den Betrag von 10.001 bis 50.000 Euro ist der Divisor 250. Übersteigt der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro, wird durch 375 (gelegentlich durch 500) geteilt. Das Ergebnis dieser Rechenoperation ergibt die Zahl der Tagessätze.48 > Beispiel A hinterzieht Steuern in Höhe von 12.500 Euro. Auf die ersten 10.000 Euro entfallen 80 Tagessätze (10.000 ./. 125), auf die verbleibenden 2.500 10 Tagessätze (2.500 ./. 250). Es ist daher eine Geldstrafe im Bereich von 90 Tagessätzen zu erwarten. Die Höhe des Hinterziehungsbetrags ist maßgeblicher, aber nicht alleiniger Strafzumessungsfaktor. Es ist Aufgabe der Verteidigung im Steuerstrafverfahren, strafmildernde Gesichtspunkte herauszuarbeiten. Größte Bedeutung hat dabei insbesondere die Nachzahlung der verkürzten Steuern oder jedenfalls das ernsthafte Bemühen hierzu. Weiterhin sind folgende Aspekte strafmildernd zu berücksichtigen: ■ Handeln aus einer nicht selbst verschuldeten Zwangs- oder Notlage heraus oder zum fremden Vorteil; wer Steuern hinterzieht, um die Kosten der Heimunterbringung eines nahen Angehörigen zu bestreiten, ist anders zu bestrafen als derjenige, der sich durch den ersparten Steueraufwand einen großzügigen Lebensstil ermöglicht; ■ Ein im Tatzeitraum im Wesentlichen steuerehrliches Verhalten des Beschuldigten. Entscheidend ist dabei das Verhältnis der verkürzten zu den gezahlten Steuern; ■ Ein vor der Tat über einen längeren Zeitraum steuerehrliches Verhalten; ■ Die Lebensleistung des Beschuldigten; ■ Ein Straffreies Vorleben; ■ Aktive Mithilfe bei der Tataufklärung; ■ Steuerliche Unerfahrenheit; ■ Ein Geständnis, auch in Form einer fehlgeschlagenen Selbstanzeige; ■ Besondere wirtschaftliche oder sonstige (nicht steuerliche) Nachteile, z. B. berufsrechtliche Folgen; ■ Dem Kompensationsverbot unterliegende Steuerermäßigungsgründe; ■ Ein langer Zeitraum zwischen Tat und Verurteilung; ■ Abschlagzahlung vor Fälligkeit der verkürzten Steuern. 47 BGH vom 02.12.2008, 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71. 48 Leise, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 289.
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6
D. Strafzumessung
2.
Besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung
§ 370 Abs. 3 S. 1 AO Satz 1 AO sieht für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 5 AO enthält dabei benannte besonders schwere Fälle, sogenannte Regelbeispiele.49 Liegt einer der in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr.1 bis 5 AO genannten Fälle vor, so besteht eine Vermutung dafür, dass der Fall insgesamt als besonders schwer anzusehen ist. Die Indizwirkung eines Regelbeispiels kann aber durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet werden, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint.50
a)
54 55
Steuerhinterziehung in großem Ausmaß 6
aa) Auslegung Werden Steuern in großem Ausmaß hinterzogen, kann dies gemäß § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung sein. Bis vor kurzem war in Rechtsprechung und Literatur äußerst umstritten, wann ein großes Ausmaß vorliegt. Die Meinungen reichten von der Annahme, dass eine Steuerhinterziehung in Millionenhöhe erforderlich sei über die Bejahung eines großen Ausmaßes ab einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro bis zu einer Art vermittelnden Ansicht, welche die Grenze bei einem Betrag von 500.000 Euro zog.51 Dieser Streit ist durch den BGH nunmehr geklärt.52 Der BGH hat hierzu Folgendes ausgeführt: Übersteigt der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro, liegt in der Regel ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter ungerechtfertigt Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat. Dabei geht es vor allem um Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte oder durch Einschaltung von sogenannten Serviceunternehmen. Lässt der Steuerpflichtige die Finanzbehörden hingegen lediglich in Unkenntnis über steuerlich erhebliche Tatsachen, ohne dass es zu einer Steuererstattung kommt, ist das große Ausmaß nach Ansicht des BGH höher anzusetzen, nämlich bei 100.000 Euro. Für die Nichtversteuerung ausländischer Kapitalerträge ist die letztgenannte Wertgrenze maßgeblich. Ob die Schwelle des großen Ausmaßes überschritten wurde, ist für jede Tat gesondert zu bestimmen. Auf die Gesamtsumme der hinterzogenen Steuern kommt es hingegen nicht an. Anders ist dies nur bei tateinheitlicher Verwirklichung mehrerer Steuerdelikte. Hier sind die verursachten Steuerschäden für die Bestimmung des „großen Ausmaßes“ zu addieren.53 > Beispiel X hinterzieht über fünf Jahre jährlich Steuern in Höhe von 30.000 Euro. Hier liegt nicht etwa ein Fall der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß (5 × 30.000 Euro = 150.000 Euro) vor, sondern es handelt sich um fünf Fälle der einfachen Steuerhinterziehung.
49 50 51 52 53
Fischer, StGB § 12 Rn 11. BGH vom 14.08.2008, 3 StR 181/08, wistra 2008, 474. vgl. Nachweise bei Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 370 Rn 68. BGH vom 02.12.2008, 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71. Ebenso Wulf, DStR 2009, 459 (462); Salditt, PStR 2009, 15.
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58 59
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§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung 63
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Die Überschreitung der vom BGH festgesetzten Schwellenwerte führt nicht zwangsläufig dazu, dass ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt. Sie hat lediglich Indizwirkung, die durch gewichtige Milderungsgründe beseitigt werden kann.54 bb) Vor dem 01.01.2008 begangene Taten Für Straftaten, die vor dem 01.01.2008 begangen worden, ist das sogenannte strafrechtliche Meistbegünstigungsprinzip zu beachten. Das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO hat zum 01.01.2008 eine Verschärfung erfahren. Vor diesem Zeitpunkt war neben der Steuerverkürzung in großem Ausmaß zusätzlich erforderlich, dass der Täter aus grobem Eigennutz gehandelt hat. Das ist bei der einfachen Hinterziehung von Kapitalerträgen in der Regel nicht der Fall. Grober Eigennutz liegt nämlich nur dann vor, wenn das in den Umständen der Steuerhinterziehung zum Ausdruck kommende Gewinnstreben das bei jedem Steuerstraftäter vorhandene Gewinnstreben deutlich übersteigt.55 Der Täter muss sich in seinem Verhalten von dem Streben nach eigenem Vorteil in einem besonders anstößigen Maße leiten lassen.56 Ob dies der Fall ist, muss unter Berücksichtigung der aufgewendeten kriminellen Energie, der Art und Häufigkeit der Begehung sowie des Grades der zutage getretenen Gewinnsucht ermittelt werden. Gegen das Vorliegen groben Eigennutzes spricht es, wenn die Tat nicht durch raffinierte Manipulationen begangen wurde. Ein weiteres entlastendes Indiz ist es, wenn der Täter die hinterzogenen Geldbeträge nicht im Rahmen eines aufwendigen Lebensstils verbraucht.57 Gerade der letztgenannte Umstand ist praxisrelevant, weil Inhaber unversteuerter Auslandsvermögen diese häufig im Wesentlichen unangetastet lassen. ! Praxishinweis Liegt der Tatzeitpunkt vor dem 01.01.2008 und hat der Steuerpflichtige nicht aus grobem Eigennutz gehandelt, kann er nur wegen einfacher Steuerhinterziehung bestraft werden.
b) 68 69
70
71
Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege
Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung liegt ferner dann vor, wenn unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt werden, § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 AO. Eine fortgesetzte Steuerverkürzung im Sinne des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 AO erfordert eine mehrfach wiederholte Begehungsweise, erforderlich sind daher mindestens zwei Steuerhinterziehungen unter Vorlage unrichtiger Belege.58 Unter nachgemachten oder verfälschten Belegen sind Urkunden zu verstehen. Der Gebrauch inhaltlich falscher Belege, die lediglich eine schriftliche Lüge enthalten und vom Aussteller selbst stammen oder mit dessen Kenntnis oder Einverständnis hergestellt worden sind, reicht nicht aus.59 Belege sind nur dann verwendet, wenn sie den Finanzbehörden vorgelegt werden. Es genügt nicht, dass sie in die Buchführung eingeführt worden sind und/oder Eingang in das Zahlenwerk der Steuererklärung finden.60 54 55 56 57 58 59 60
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Wulf, DStR 2009, 459 (464). BGH vom 18.07.1984, 2 StR 237/84, wistra 84, 227. RGSt 75, 237 (240). Weitere Einzelheiten bei Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 201. BGH vom 21.04.1998, 5 StR 79/98, wistra 1998, 265. BGH vom 16.08.1989, 3 StR 91/89, wistra 1990, 26. Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 208.
6
D. Strafzumessung
c)
Weitere Regelbeispiele
Die weiteren Regelbeispiele des § 370 Abs. 3 S. 2 AO haben im vorliegenden Kontext keine größere Bedeutung. Von ihrer Erläuterung wird daher an dieser Stelle abgesehen.61
3.
Qualifikation § 370a AO a.F.
Der Vollständigkeit halber ist auf den Qualifikationstatbestand des 370a AO hinzuweisen, der eine erhöhte Strafdrohung für die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung vorsah und zum 31.12.2007 aufgehoben wurde. Wegen des Meistbegünstigungsprinzips (§ 2 Abs. 3 StGB) ist § 370a AO auch auf solche Fälle nicht mehr anwendbar, deren Beendigung vor dem 01.01.2008 liegt.62
II.
Einzelstrafen- und Gesamtstrafenbildung
1.
Tateinheit und Tatmehrheit
73
6
Liegt nur eine Tat vor, bereitet die Strafzumessung keine besonderen Schwierigkeiten. Sind durch eine Tat mehrere Strafgesetze verletzt worden, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht.63 Liege hingegen mehrere Taten vor,64 richtet sich die Strafzumessung nach § 53 StGB. Dabei wird zunächst für jede Einzeltat die schuldangemessene Einzelstrafe festgesetzt. In einem zweiten Schritt wird die Gesamtstrafe gebildet, und zwar durch Erhöhung der höchsten verwirkten Einzelstrafe („Einsatzstrafe“).65 Das Resultat der Strafzumessung ist dann eine Strafe, die über dem Strafmaß der Einsatzstrafe und unter der Summe sämtlicher Einzelstrafen liegen muss. Die Gesamtstrafe darf bei zeitiger Freiheitsstrafe bis zu fünfzehn Jahren betragen, bei Geldstrafe ist die Verhängung von maximal 720 Tagessätzen zulässig.66 Ist angesichts der Höhe der in jedem Einzelfall hinterzogenen Steuern jeweils eine Geldstrafe schuldangemessen, muss auch die Gesamtstrafe eine Geldstrafe sein.67 > Beispiel Der nicht vorbestrafte A hat in fünf Veranlagungszeiträumen Einkommensteuer in Höhe von jeweils 30.000 Euro hinterzogen. Hier ist für jeden Veranlagungszeitraum eine Einzelstrafe zu bilden. Angesichts der Hinterziehungsbeträge ist eine Geldstrafe zu erwarten. Die Gesamtstrafe wird durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe gebildet. Entscheidend ist, dass kein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß vorliegt, weil es insoweit auf die in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum hinterzogene Steuer und nicht auf die Summe der insgesamt hinterzogenen Steuern ankommt.68
61 62 63 64 65 66 67 68
72
Erläuterungen zum Beispiel bei Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 370 Rn 285ff. Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 370a Rn 1. § 52 Abs. 2 S. 1 StGB. Dazu Rn 44 ff. § 54 Abs. 1 S. 2 StGB. § 54 Abs. 2 S. 2 a.E. StGB. vgl. § 54 Abs. 1 S. 2 a.E. StGB. Rn 56 ff.
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§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung
2. 78
79
Tagessatzhöhe bei Geldstrafen
Bei der Verhängung einer Geldstrafe bemisst sich die Tagessätzhöhe nach dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des Steuerpflichtigen pro Kalendertag. Das Nettoeinkommen ist hier ein strafrechtlicher und kein steuerrechtlicher Begriff.69 Es ist mit Blick auf einen längeren Zeitraum zu bestimmen, der das Durchschnittseinkommen erkennbar macht. Zu berücksichtigen sind dabei sämtliche Einkunftsarten einschließlich Unterhaltszahlungen, Naturalbezügen, regelmäßigen Zuwendungen durch Dritte, Mietwert des selbstgenutzten Eigenheims sowie Kindergeld. Von den Einkünften sind abzuziehen Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Betriebsausgaben und Werbungskosten. Sonstige Verbindlichkeiten wie Abzahlungsraten bleiben grundsätzlich außer Betracht.70 Aus den so ermittelten Nettoeinkünften ist der Tagessatz zu bestimmen.71
III.
6 80 81
82 83
84
85
Verfahren
Steuerstrafverfahren können folgendermaßen erledigt werden: Kann dem Betroffenen keine Straftat nachgewiesen werden oder hat er eine wirksame Selbstanzeige abgegeben, ist das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Ergibt sich dies erst in der Hauptverhandlung, ist der Betroffene durch Urteil freizusprechen. Bei Bagatelltaten kann das Verfahren ohne Sanktion eingestellt werden.72 Dies geschieht im Bereich des Steuerstrafrechts sehr selten. Bei größeren Hinterziehungsbeträgen kommt eine Einstellung nach § 153a StPO gegen Auflage in Betracht (im Fall der Steuerhinterziehung in der Regel gegen Geldauflage). Gericht, Staatsanwaltschaft und Beschuldigter müssen der Einstellung zustimmen. Der Beschuldigte gilt dann als nicht verurteilt. Dieses Verfahren hat zudem den Vorteil, dass eine öffentliche Gerichtsverhandlung vermieden wird. Allerdings wird der Beschuldigte hier finanziell zur Ader gelassen. Die „Wohltat“ des § 153a StPO hat ihren Preis. Zur Einstellungspraxis nach § 153a StPO bestehen erhebliche regionale Unterschiede. In einigen Bundesländern ist die Obergrenze für eine Einstellung nach § 153a StPO bei einem Steuerschaden von 5.000 bis 7.000 Euro erreicht, in manchen Bundesländern sind in Einstellungen gegen Geldauflage auch bei einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro noch möglich.73 Ähnliches gilt für den Strafbefehl. Das Gericht kann in diesem auf Antrag der Staatsanwaltschaft Geldstrafe oder – sofern der Angeschuldigte einen Verteidiger hat – eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verhängen.74 Zu einer Hauptverhandlung kommt es nur dann, wenn der Angeschuldigte Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt.75
69 70 71 72 73 74 75
120
Fischer, StGB, § 40 Rn 7. Fischer, StGB, § 40 Rn 15. Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschaft- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 297. §§ 398 AO, 153 StPO. Füllsack, PStR 2005, 91 (94). §§ 385 Abs. 1 AO, 407 Abs. 2 StPO. §§ 385 Abs. 1, 410, 411 StPO.
6
E. Strafrechtliche Verjährung Bei Hinterziehungsbeträgen von 7.500 Euro bis 250.000 Euro werden Steuerstraftaten regelmäßig mit Geldstrafen in Form eines Strafbefehls sanktioniert.76 Nach Auffassung des BGH sind Fallgestaltungen, bei denen es um Hinterziehungsbeträge in Millionenhöhe geht, für die Erledigung im Strafbefehlsverfahren ungeeignet.77 Was unter einer Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vorliegt, zu verstehen ist, ist allerdings bislang ungeklärt. Legt der Betroffene Einspruch gegen den Strafbefehl ein, lässt sich in der Hauptverhandlung manchmal noch eine Einstellung nach § 153a StPO erreichen. Faustregel dabei die Verdoppelung der im Strafbefehl enthaltenen Geldstrafe (die dann zur Geldauflage wird) macht den Weg zur Verfahrenseinstellung frei. Bei Hinterziehungsbeträgen von 250.000 bis 500.000 Euro ist eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe die Regel. Nach neuerer Rechtsprechung müsste dies bereits bei einem Steuerschaden von 50.000 bzw. 100.000 Euro zur Regel werden, soweit nicht gewichtige Milderungsgründe der Annahme eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung entgegenstehen.78 Dabei muss der Steuerschaden in der vorgenannten Höhe durch eine Tat verursacht worden sein.79 Hier bleibt die weitere Entwicklung der Strafzumessungspraxis abzuwarten. Bei Hinterziehungsbeträgen von mehr als 500.000 Euro wird die Bewährung sich nur ausnahmsweise durch eine hohe Geldauflage im Rahmen des Bewährungsbeschlusses erkaufen lassen. Bei Hinterziehungsbeträgen von mehr als 1 Mio Euro ist sehr ernsthaft mit einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu rechnen. Das hat auch der BGH deutlich klargestellt.80
IV.
Strafrechtliche Verjährung
88
6 89 90
91 92
E.
Die strafrechtliche Ahndung einer Steuerhinterziehung ist nur dann möglich, wenn noch keine strafrechtliche Verjährung eingetreten ist. Sie ist strikt zu trennen von der in §§ 169 ff AO geregelten steuerlichen Verjährung. Beginn, Dauer und Unterbrechungstatbestände unterscheiden sich im Steuerrecht und Strafrecht erheblich. Durch Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 wurde die Verfolgungsverjährung für Steuerhinterziehungsdelikte teilweise neu geregelt. Nunmehr gilt:
76 77 78 79 80 81 82
87
Eintrag ins Bundeszentralregister
Jede strafrechtliche Verurteilung wird in das Bundeszentralregister eingetragen,81 nicht aber Einstellungen nach §§ 153, 153a StPO. In das Führungszeugnis werden Verurteilungen zu Freiheitstrafe stets aufgenommen, Geldstrafen hingegen nur, sofern die Verurteilung auf mehr als 90 Tagessätze lautet oder im Register eine weitere Strafe eingetragen ist.82 Der Verurteilte gilt in diesen Fällen als vorbestraft.
E.
86
Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 290. BGH vom 02.12.2008, 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71. Rn 56 ff. vgl. Rn 62 ff. BGH vom 02.12.2008, 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71. § 3 Nr. 1 BZRG. § 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG.
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94 95
6
§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung
I. 96
Die strafrechtliche Verfolgungsverjährung der einfachen Steuerhinterziehung beträgt fünf Jahre.83
II. 97
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99
100
Benannte besonders schwere Fälle
Die Verfolgungsverjährungsfrist für die in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 5 AO aufgeführten Regelbeispiele wurde von bisher fünf Jahren auf nunmehr zehn Jahre angehoben.84 Gegen diese Neuregelung werden in der Literatur beachtliche rechtspolitische, gesetzessystematische, vor allem aber auch verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht.85
1.
6
Einfache Steuerhinterziehung
Auslegung
Bei der Anwendung der verlängerten Verjährungsvorschrift des § 376 Abs. 1 AO ergeben sich erhebliche Auslegungsprobleme. Unklar ist zum einen, ob die zehnjährige Verjährungsfrist stets eingreift, wenn der Tatbestand einer der in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 5 AO genannten Fälle erfüllt ist, oder nur dann, wenn der Tatbestand eines dort benannten besonders schweren Falls vorliegt und kumulativ das Gericht auf Grund einer Gesamtwürdigung die Tat als besonders schwer ansieht. Für die erstgenannte Ansicht spricht die Rechtsicherheit. Die Verjährungsdauer sollte grundsätzlich nicht von einer durch das Gericht bei der Strafzumessung vorzunehmenden Gesamtwürdigung abhängen, deren Ergebnis kaum sicher prognostizierbar ist. Die Frage der Verjährung ist aus Sicht des Betroffenen letztlich ebenso wichtig wie die Frage der Erfüllung des Straftatbestands.86 Für diese Ansicht sprechen zudem verfahrensökonomische Gründe. Die Ermittlungsbehörden können im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung kaum vorhersehen, ob das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung von einem besonders schweren Fall ausgehen wird. Angesichts der notorisch personellen Unterbesetzung deutscher Justizbehörden wäre es eine Vergeudung von Ressourcen, würden die Ermittlungsbehörden unter Umständen erheblichen Aufwand betreiben, das Verfahren aber später wegen Verjährung eingestellt werden, weil das Gericht auf Grund einer Gesamtwürdigung das Vorliegen eines besonders schweren Fall verneint. Die zweitgenannte Auslegung ist die für den Mandanten günstigere. Für sie spricht der Wortlaut des § 376 Abs. 1 AO, der auf die in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung Bezug nimmt. Hätte der Gesetzgeber die Strafzumessungsgründe für die Frage der Verjährung zu bloßen Tatbestandsmerkmalen umfunktionieren wollen, so hätte er dies deutlicher herausstellen müssen.87 Für diese Ansicht sprechen auch Gleichheitsgesichtspunkte; aus welchem Sachgrund die strafrechtliche Verjährung auch dann zehn Jahre betragen soll, wenn das Gericht nach einer Gesamtwürdigung von einer einfachen Steuerhinterziehung ausgeht, ist nicht recht erkennbar.88
83 84 85 86 87 88
122
§§ 369 Abs. 2 AO, 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB. § 376 Abs. 1 AO. Bender, wistra 2009, 215; Pelz, NJW 2008, 472; Wulf, DStR 2009, 459 (463); Wagner, PStR 2009, 2. vgl. Bender, wistra 2009, 215 (218). Bender, wistra 2009, 215 (218); a.A. Wulf, DStR 2009, 459 (463). Wulf, DStR 2009, 459 (463).
E. Strafrechtliche Verjährung
6
! Praxishinweis Im Rahmen der Steuerstrafverteidigung sollte der Verteidiger zumindest bis zum Vorliegen einer gefestigten Rechtsprechung für die letztgenannte Ansicht kämpfen, während der Präventivberatung die weite Auslegung zugrundezulegen ist, um strafrechtliche Risiken zu vermeiden.
2.
Rückwirkung
Nach dem Wortlaut des § 23 EGAO gilt die verlängerte Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO für alle bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen. Da das Gesetz am 25.12.2008 in Kraft trat, betrifft die Verlängerung der Verjährungsfrist alle Taten, die am 24.12.2008 um 24 Uhr noch nicht verjährt waren. Dies wird – soweit ersichtlich – in der Literatur nicht bezweifelt. Allerdings gibt es im Bereich der Nichtversteuerung von Kapitalerträgen eine Fallgruppe, bei der die Annahme einer Rückwirkung äußerst problematisch ist. Es geht um Taten, die wegen des zum Tatzeitpunkt geltenden Rechts materiell als einfache Steuerhinterziehung zu bestrafen sind, die bei Anwendung des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO in der seit dem 01.01.2008 geltenden Fassung aber einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung darstellen würden.
101
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> Beispiel X hat in seiner Steuererklärung für VZ 2005 Kapitalerträge in Höhe von 500.000 Euro nicht erklärt und damit Steuern in Höhe von 180.000 Euro hinterzogen. Der Steuerbescheid erging am 30.09.2006. Grober Eigennutz im Sinne des 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO a.F. liegt nicht vor. Nach dem vor dem 01.01.2008 geltenden Recht hat X lediglich eine einfache Steuerhinterziehung begangen, nach aktuellem Recht wäre ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO gegeben. Entsprechende Fälle sind im Zusammenhang mit unversteuerten Auslandsvermögen nicht selten, weil hier die Schwelle des großen Ausmaßes der verkürzten Steuern nicht selten überschritten wird, grober Eigennutz im Sinne des aber in der Regel nicht vorliegt.89 Unstreitig ist in diesen Fällen, dass die Bestrafung des Täters wegen des auch für Regelbeispiele geltenden Meistbegünstigungsprinzips90 nur wegen einfacher Steuerhinterziehung erfolgen kann. Ob in dieser Fallgruppe die zehnjährige Verjährungsfrist greift, erscheint zweifelhaft. Zwar führt der Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2009 aus, dass die Neuregelung der Verjährung „für alle noch nicht verjährten Sachverhalte“ gelten solle.91 Diese Formulierung ist aber bereits deshalb unscharf, weil sie auch die Fälle der einfachen Steuerhinterziehung erfassen würde, für die eine Verlängerung der Verfolgungsverjährung gerade nicht gewollt ist. Auf Grund dieser Unschärfe ist die Formulierung auslegungsfähig und -bedürftig. Da es sich um eine Vorschrift zu Lasten des Steuerstraftäters handelt, ist eine enge Auszulegung geboten. Das spricht dafür, nur solche Sachverhalte unter die verlängerte Verjährungsfrist fallen zu lassen, die sowohl nach derzeit geltender Rechtslage als auch nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Tatbegehung als benannte besonders schwere Fälle einzustufen sind.
89 siehe Rn 64 ff. 90 BGH vom 28.02.01, 2 StR 509/00, wistra 2001, 303. 91 BT-Drs 16/10189, 82.
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6
108
§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung Gegen die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist in der vorgenannten Fallgruppe spricht zudem, dass sich das Gericht bei der Strafzumessung überhaupt nicht mit der Frage eines besonders schweren Falles auseinanderzusetzen hat. Das muss sich richtigerweise auch bei der Frage der Verjährung widerspiegeln. Zudem hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass sich die Verjährung nach dem günstigeren Recht der Tatzeit richte, wenn bei Zugrundelegung des zur Tatzeit geltenden sachlichen Rechts die Strafverfolgung auch nach den zur Zeit der Aburteilung geltenden Verjährungsregeln verjährt sei.92 Diese Entscheidung bezog sich zwar auf die Umwandlung eines Qualifikationstatbestands in ein Regelbeispiel. Der BGH hat aber in einer weiteren Entscheidung bestätigt, dass es nach dem Meistbegünstigungsprinzip für die Frage der Verjährung auf den zur Tatzeit geltenden Strafrahmen ankomme,93 wenn die Verlängerung der Verjährungsfrist aus der Änderung der Strafdrohung resultiere. Es spricht vieles dafür, diese für den Bereich des § 78 Abs. 3 StGB entwickelten Grundsätze auf die vorliegende Fallgruppe zu übertragen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
III. 109
Unbenannte besonders schwere Fälle
Angesichts des eindeutigen Bezugs in § 376 Abs. 1 AO auf die in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 5 AO genannten Fälle gilt die verlängerte Verjährungsfrist nicht für unbenannte besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 S. 1 AO. Neben dem klaren Wortlaut spricht für diese Ansicht insbesondere die Rechtssicherheit. Die Bestimmung der Verjährungsfrist würde sonst völlig ins Schwimmen geraten.94 ! Praxishinweis Aus Sicht der Beratung stellt sich die Frage, wie mit den dargestellten Unsicherheiten im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Verjährung umzugehen ist. Für den Bereich der Steuerstrafverteidigung ist die Frage einfach zu beantworten: es ist stets die für den Mandanten günstigste Rechtsauffassung vorzutragen. Schwierigkeiten treten vor allem bei der Selbstanzeigeberatung auf. Hierauf wird noch gesondert eingegangen.95
IV. 110 111
112
Beginn
Der Beginn der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung richtet sich nach §§ 369 Abs. 2 AO, 78a StGB. Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Tat. Ab welchem Zeitpunkt einer Steuerhinterziehung beendet ist, richtet sich zum einen nach der betroffenen Steuerart. Zum anderen ist entscheidend, ob es sich um die Alternative der Steuerhinterziehung durch Tun oder durch Unterlassen handelt. Für die im Zusammenhang mit der Nichterklärung von Kapitalerträgen in erster Linie betroffenen Steuerarten gilt:
92 93 94 95
124
BGH vom 07.06.2005, 2 StR 122/05, BGHSt 50, 138 (139). BGH vom 13.11.2002, 4 StR 438/02, NJ 2003, 211. Bender, wistra 2009, 215 (216). § 10 Rn 64 ff.
E. Strafrechtliche Verjährung
1.
6
Ertragsteuern
Gibt der Steuerpflichtige eine unrichtige Steuererklärung ab, beginnt die Verjährungsfrist mit der erstmaligen Bekanntgabe des unrichtigen Steuerbescheids gegenüber dem Steuerpflichtigen.96 Die Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 AO findet keine Anwendung.97
113
> Beispiel X gibt Kapitalerträge in Höhe von 5.000 Euro nicht in seiner Einkommensteuererklärung 2005 an. Er gibt die Steuererklärung am 03.07.2006 ab. Den Steuerbescheid erhält X am 11.11.2006. An diesem Tag beginnt die strafrechtliche Verjährungsfrist zu laufen. Sie endet mit Ablauf des 10.11.2011.98 Gibt der Steuerpflichtige keine Steuererklärung ab, beginnt die Verjährung nach Ansicht der Rechtsprechung zu dem Zeitpunkt, in welchem bei rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärung eine Veranlagung durch das Finanzamt stattgefunden hätte. Das ist der Fall, wenn die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk im Wesentlichen, d. h. zu etwa 95% abgeschlossen sind.99 Die Veranlagungsarbeiten können bei der Einkommensteuer bis zu 2 1/2 Jahre nach Ende der Veranlagungsarbeiten andauern.100 In Grenzfällen muss der Berater entsprechend konkrete Informationen beim zuständigen Finanzamt einholen.
2.
6
Schenkungsteuer
Vermögensübertragungen zwischen verschiedenen Personen zu Lebzeiten können schenkungsteuerlich relevant sein. Unter Umständen gilt dies auch für die Einbringung von Vermögen in eine Stiftung.101 Jeder der Schenkungsteuer unterliegende Erwerb ist vom Erwerber gemäß § 30 ErbStG anzuzeigen. Die Anzeigepflicht entfällt allerdings, wenn eindeutig und klar feststeht, dass keine Steuerpflicht entstanden ist, z. B. weil der Erwerb auch unter Berücksichtigung etwaiger Vorerwerbe den jeweiligen Freibetrag nach § 16 ErbStG nicht übersteigt.102 Wer als Erwerber pflichtwidrig keine Anzeige abgibt, kann sich wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen strafbar machen. Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt in diesem Fall die strafrechtliche Verjährung beginnt. Die für die Hinterziehung von Ertragsteuern durch Unterlassen entwickelten Grundsätze passen nicht, weil es für Erbschaft- und Schenkungsteuer keinen allgemeinen Abschluss der Veranlagungsarbeiten gibt.103 Soweit ersichtlich, hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht mit dieser Frage auseinandergesetzt. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass „in dubio pro reo“ davon auszugehen sei, dass die Steuer schnellstmöglich festgesetzt worden wäre, wenn der Steuerpflichtige die gemäß § 30 ErbStG erforderliche Anzeige innerhalb der dort geregelten Dreimonatsfrist und die Schenkungsteuererklärung innerhalb der Einmonatsfrist des § 31 Abs. 1 ErbStG abgegeben hätte. In-
96 97 98 99 100 101 102 103
114
BGH vom 31.01.1984, 5 StR 706/83, wistra 1984, 182. Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 376 Rn 19. Zum Ende der Verjährungsfrist vgl. Fischer, StGB, § 78 Rn 6. BGH vom 07.11.2001, 5 StR 395/01, BGHSt 47, 138; BayObLG vom 09.11.2000, 4 St RR 126/00, wistra 2001, 194. Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 173. § 10 Rn 52. Seipl, in Wannermacher, Steuerstrafrecht, Rn 1170. Grötsch, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 841.
125
115
116
117 118
119
6
120
§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sofern würde die Verjährungsfrist im Fall des Unterlassens vier Monate und zwei Tage nach Kenntnis von dem Anfall zu laufen beginnen, da auch hier „in dubio pro reo“ die kürzeste Bearbeitungs- und Bekanntgabezeit von jeweils einem Tag anzunehmen ist.104 Nach anderer Ansicht soll auf das konkrete Fristverlängerungsverhalten der zuständigen Erbschafts-/ Schenkungsteuerstelle105 bzw. die zu erwartende Bearbeitungsdauer im zuständigen Veranlagungsbezirk abzustellen sein.106 ! Praxishinweis In diesem Bereich besteht Rechtsunsicherheit. Bei der Selbstanzeigeberatung sollte der Berater die verschiedenen in Betracht kommenden Verjährungszeitpunkte ermitteln. Zur Vermeidung strafrechtlicher Risiken sollte in Zweifelsfällen davon ausgegangen werden, dass noch keine strafrechtliche Verjährung eingetreten ist.
6
3. 121 122
123
Wird ein Schwarzgeldkonto infolge des Todes des Kontoinhabers vererbt, sind verschiedene Konstellationen auseinanderzuhalten: Zeigt der Erbe die Erbschaft gegenüber dem Finanzamt überhaupt nicht an und gibt er keine Erbschaftsteuererklärung ab, handelt es sich um eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zum Verjährungsbeginn bei der Schenkungsteuer entsprechend. Der Beginn der strafrechtlichen Verjährung in diesen Fällen ist nicht eindeutig geklärt. Gibt der Erbe eine Erbschaftsteuererklärung ab, verschweigt er darin aber das Schwarzgeldkonto, liegt m. E. eine Steuerhinterziehung durch Tun vor. In diesem Fall beginnt die strafrechtliche Verjährung mit erstmaliger Bekanntgabe des unrichtigen Erbschaftsteuerbescheids bzw. mit Zugang der Mitteilung des Finanzamts, dass keine Erbschaftsteuer zu zahlen ist.
4. 124
Erbschaftsteuer
Sonstige Straftaten
Beginn und Dauer der Verjährung für weitere, zusammen mit der Steuerhinterziehung begangene Delikte folgen eigenen Regeln.107 Es ist durchaus möglich, dass die sonstigen Straftaten verjährt sind, nicht aber die Steuerhinterziehung. Der Eintritt der strafrechtlichen Verjährung ist daher für jeden Straftatbestand gesondert zu prüfen. > Beispiel Beamter B erteilt X eine rechtswidrige Baugenehmigung gegen Zahlung in Höhe von 50.000 Euro. Das Geld fließt am 26.11.2005 auf ein Konto des B in der Schweiz. B gibt die Zahlung nicht in seiner Steuererklärung an. Der Steuerbescheid für VZ 2005 wird B am 30.11.2006 bekannt gegeben. In diesem Fall beginnt die strafrechtliche Verjährungsfrist für die Bestechlichkeit mit Eingang des Geldes auf dem Konto am 26.11.2005. Die Verjährung der in VZ 2005 begangenen Steuerhinterziehung beginnt hingegen erst am 30.11.2006 zu laufen.
104 105 106 107
126
Grötsch, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 840; Wulf, PStR 2010, 13 (15). Rolletschke, wistra 2001, 287 (288). FG Köln vom 23.03.1998, 9 K 5355/96, EFG 1998, 1171 (1173). vgl. Fischer, StGB, § 78a Rn 5.
6
F. Weitere Rechtsfolgen mit Sanktionscharakter
F.
Weitere Rechtsfolgen mit Sanktionscharakter
F.
Neben den vorgenannten strafrechtlichen Folgen kann ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung für den Täter weitere Rechtsfolgen mit Sanktionscharakter nach sich ziehen.
I.
125
Berufliche und berufsrechtliche Folgen
Begeht ein Gewerbetreibender Steuerstraftaten, kann daraus ohne Weiteres seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit abgeleitet werden.108 Dies kann gemäß § 35 Abs. 1 GewO die Gewerbeuntersagung zur Folge haben. Unabhängig vom Vorliegen einer Straftat können Steuerrückstände von Gewerbetreibenden ebenfalls zur Gewerbeuntersagung führen, wenn sie ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Steuerpflichtigen von Gewicht sind.109 Auch die Zeitdauer, während derer der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ist von Bedeutung.110 Gewerbetreibende, die in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten, sollten daher ausstehende Steuern und Zinsen so schnell wie möglich nachzahlen. Die Finanzbehörden dürfen Erkenntnisse über Steuerrückstände von Gewerbetreibenden an die Gewerbeaufsichtsbehörde weiterleiten. Das Steuergeheimnis steht dem nicht entgegen.111 Dies gilt auch nach Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige. Geschäftsführer und Vorstände müssen beachten, dass sie bei einer strafrechtlichen Verurteilung zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe wegen bestimmter Delikte für die Dauer von fünf Jahren seit Rechtskraft des Urteils nicht als Mitglieder der Geschäftsleitung bzw. des Vorstands tätig sein dürfen. Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung ist insoweit zwar unschädlich. Das Risiko geht aber von möglicherweise mit der Steuerstraftat zusammenhängenden Begleittaten aus. Insbesondere eine strafrechtliche Verurteilung wegen Betrug oder Untreue hat zwingend das Verbot der Tätigkeit als Unternehmensleiter zur Folge. 112 Gegen Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer können im Fall von Steuerhinterziehungsdelikten berufsrechtliche Maßnahmen verhängt werden.113 Die Sanktionspalette reicht von der Rüge über die Geldbuße und das temporäre Berufsverbot bis zur Ausschließung aus dem Beruf bei besonders schweren Verstößen. 114 Wurde das Steuerdelikt im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit begangen, ist eine berufsrechtliche Sanktion nahezu sicher. Das gilt insbesondere für Steuerberater. Aber auch eine privat begangene Steuerhinterziehung wird wegen der Nähe zum Kernbereich der beruflichen Tätigkeit sehr häufig berufsrechtlich geahndet.115 Die Beachtung steuerlicher Vorschriften gehört zwar nicht zum Kernbereich der beruflichen Tätigkeit von Ärzten und Apothekern. Dennoch besteht auch bei Steuerhinterziehungsdelikten dieser Berufsgruppen die Gefahr des Entzugs der Approbation wegen Unwürdigkeit.116 Solche Fälle sind selten, aber sie existieren.117 108 Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 321. 109 BVerwG vom 05.03.1997, 1 B 56/97, GewArch 1997, 244; VG München vom 19.12.2008, M 16 K 08.2517 (abrufbar unter juris). 110 BVerwG vom 09.04.1997, 1 B 81/97, GewArch 1999, 72. 111 BFH vom 29.07.2003, VII R 39, 43/02, GewArch 2004, 155. 112 §§ 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe e GmbHG, 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe e AktG. 113 vgl. §§ 89ff. StBerG, 113ff. BRAO, 67ff. WiPrO. 114 BGH vom 15.12.1997, StbSt (R) 6/97, HFR 1998, 1025. 115 vgl. LG Karlsruhe vom 28.08.1981, StV 33/80/StL 1 /81, StB 1982, 310. 116 § 5 Abs. 1 BÄO, § 6 Abs. 2 BApO. 117 vgl. BVerfG vom 28.08.2007, 1 BvR 1098/07; VG Würzburg vom 08.05.2006, W 7 K 05.928 (jeweils abrufbar unter juris). OVG Lüneburg vom 04.12.2009, 8 LA 197/09.
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138
§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung Beamten- und Richterverhältnisse enden automatisch bei rechtskräftiger Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr.118 Zudem ist eine disziplinarische Ahndung möglich. Für Bundesbeamte gilt insoweit das Bundesdisziplinargesetz (BDG), für Landesbeamte neben den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Steuerhinterziehung durch einen Finanzbeamten ist nach Ansicht der Verwaltung und Rechtsprechung nahezu immer ein ahndungswürdiges Dienstvergehen.119 Aber auch Beamte außerhalb der Finanzverwaltung müssen ernsthaft mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen.120 Mögliche Sanktionen sind der Verweis, die Geldbuße, die Kürzung der Dienstbezüge, die Zurückstufung sowie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Bei Ruhestandsbeamten kann auf Kürzung oder Aberkennung des Ruhegehalts entschieden werden. Auch nach Einstellung des Strafverfahrens bleibt die disziplinarische Ahndung möglich. Die Abgabe einer Selbstanzeige schließt sie nicht grundsätzlich aus, allerdings kann in diesem Fall das Bedürfnis nach einer disziplinarischen Maßnahme vollständig entfallen. 121 Der Beamte muss auch bei Abgabe einer wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige damit rechnen, dass sein Dienstherr von der Steuerstraftat Kenntnis erlangt. Das Steuergeheimnis steht dem nicht entgegen. Die Finanzbehörde ist zur Weitergabe entsprechender Information grundsätzlich verpflichtet. Eine vorherige Prüfung, ob eine disziplinarische Ahndung möglich ist, nimmt die Finanzbehörde grundsätzlich nicht vor.122 Darüber hinaus wird der Dienstherr spätestens im Zeitpunkt der Anklage bzw. des Erlasses eines Strafbefehls vom Steuerstrafverfahren in Kenntnis gesetzt.123 In sämtlichen vorgenannten Fällen ist stets zu prüfen, ob die berufsrechtliche bzw. disziplinarische Ahndung wegen Eintritt der Verjährung ausgeschlossen ist. Angestellte im Öffentlichen Dienst müssen auch bei einer Steuerhinterziehung im privaten Bereich mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen.124 Das gilt selbst bei Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige. Auf mögliche Rechtsfolgen für Banker wird gesondert eingegangen.125
II. 139 140
Ausweisung und Passrecht
Die strafrechtliche Verurteilung eines Ausländers wegen Steuerhinterziehung zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe hat in der Regel die Ausweisung zur Folge.126 Begründen bestimmte Tatsachen die Annahme, dass ein Deutscher sich seinen steuerlichen Verpflichtungen oder der Strafverfolgung entziehen will, kann ihm die Erteilung eines Passes versagt oder ihm dieser entzogen werden.127
118 119 120 121 122 123 124 125 126 127
128
§ 24 Abs. 1 Nr. 1BeamtStG. BayVGH vom 24.09.2008, 16a D 07.2849; OVG Saarland vom 12.11.2008, 6 A 157/08, DB 2009, 509. vgl. VG Trier vom 16.11.2006, 3 K 400/06.TR (abrufbar unter juris). OVG Rheinland-Pfalz vom 15.04.2005, 3A 12188/04, 3A 12224/04, PStR 2006, 54. BFH vom 15.01.2008, VII B 149/07, BFHE 220,197. § 49 Abs. 1 BeamtStG. BAG vom 21.06.2001, 2 AZR 325/00, NJW 2002, 2582. § 13 Rn 9 ff. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. §§ 7 Abs. 1 Nr. 2 und 4, 8 PaßG.
6
G. Steuerliche Folgen
III.
Waffenschein/Jagdschein/Jagdpachtvertrag
Inhaber einer Waffenerlaubnis müssen bei Verurteilung wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von mehr als 60 Tagessätzen mit dem Widerruf der Waffenerlaubnis rechnen.128 Die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit gilt auch für reine Steuerdelikte ohne Bezug zum Umgang mit Schusswaffen.129 Weitere Folge einer Verurteilung wegen einer Steuerstraftat können die Einziehung des Jagdscheins sowie das Erlöschen eines Jagdpachtvertrags sein.130
G.
Steuerliche Folgen
142
G.
Die Begehung einer Steuerhinterziehung hat nicht nur straf- und berufsrechtliche Folgen. Auswirkungen ergeben sich zudem im Besteuerungsverfahren.
I.
141
143
6
Verlängerung der steuerlichen Verjährungsfrist
Wer Steuern hinterzogen hat, ist zu deren Nachzahlung verpflichtet. Das gilt allerdings nur, wenn die Korrektur des betreffenden Steuerbescheides rechtlich noch erlaubt ist. Eine Korrekturmöglichkeit besteht nicht mehr, wenn steuerliche Festsetzungsverjährung eingetreten ist.131 Diese ist von der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung streng zu unterscheiden.132 Die normale Festsetzungsfrist für Ertrags-, Erbschaft- und Schenkungsteuer beträgt vier Jahre.133 Im Fall der Steuerhinterziehung verlängert sie sich auf zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung auf fünf Jahre.134 Der Beginn der Festsetzungsfrist richtet sich nach der jeweiligen Steuerart. Im Fall der Ertragsteuern beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Wird keine Steuererklärung eingereicht, beginnt die Verjährung spätestens mit Ablauf des dritten Jahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.135
144
145
146 147
> Beispiel A gibt am 30.04.2008 seine – vorsätzlich unrichtige – Einkommensteuererklärung 07 ab. Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt am 24.08.2008. Beginn der steuerlichen (hier zehnjährigen) Festsetzungsverjährung daher mit Ablauf des 31.12.2008, Ende mit Ablauf des 31.12.2018. Die (fünfjährige) strafrechtliche Verjährungsfrist endet übrigens bereits am 23.08.2013.136
148
> Beispiel B gibt für VZ 07 überhaupt keine Steuererklärung ab, obwohl er Kapitalerträge in Höhe von jährlich 6.000 Euro erzielt hat. Beginn der steuerlichen Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31.12.2010, Ende daher mit Ablauf des 31.12.2020. 128 129 130 131 132 133 134 135 136
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b WaffG. vgl. BVerwG vom 16.10.1995 1 C 32/94, AgrarR 1996, 261. §§ 13, 17, 18 BJagdG. § 169 Abs. 1 S. 1 AO. Rn 93. § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO. § 169 Abs. 2 S. 2 AO. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, § 36 Abs. 1 EStG. §§ 369 Abs. 2 AO; 78 Abs. 3 Nr. 4, 78a StGB.
129
6 149
150
§ 6 Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung Im Fall der Erbschaftsteuer beginnt die steuerliche Festsetzungsverjährung regelmäßig mit dem Tod des Erblassers, frühestens aber mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat.137 Im Fall der Schenkung beginnt die steuerliche Festsetzungsverjährung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist, wenn nicht die Finanzbehörde zuvor auf andere Weise von der Schenkung erfährt.138 ! Praxishinweis Gerade das Beispiel der Schenkungsteuer zeigt, dass steuerliche und strafrechtliche Verjährung erheblich voneinander abweichen können. Beide Aspekte sind daher strikt voneinander zu unterscheiden, die Fristen müssen getrennt ermittelt werden. Faustregel dabei: Die strafrechtliche Verjährung beginnt und endet früher als die steuerliche.
151
6
Sinn und Zweck der verlängerten Festsetzungsfrist ist es nicht, dem Steuerhinterzieher die Realisierung steuerlicher Erstattungsansprüche über die reguläre Verjährungsfrist hinaus zu ermöglichen. Die verlängerte Festsetzungsfrist gilt daher nur dann, wenn dem Fiskus infolge der Steuerhinterziehung ein Anspruch auf Abschlusszahlung zusteht.139 Wer vorsätzlich eine unrichtige Steuererklärung abgegeben hat und später erkennt, dass wahrheitsgemäße Angaben steuerlich günstiger gewesen wären,140 kann sich somit nicht auf die verlängerte Festsetzungsverjährung berufen.
II. 152
153
154
155 156
Hinterziehungszinsen
Hinterzogene Steuern sind zu verzinsen.141 Der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Verkürzung und endet mit der Zahlung der hinterzogenen Steuern.142 Die Höhe der Zinsen beträgt 0,5 v.H. für jeden Monat bzw. 6 v.H. per anno.143 Zinseszinsen werden nicht erhoben. Die Zinszahlungen können gerade bei länger zurückliegenden Hinterziehungszeiträumen eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für den Steuerpflichtigen darstellen (für Altjahre bis zu 60 % des Hinterziehungsbetrags) und müssen daher bei der Liquiditätsplanung frühzeitig berücksichtigt werden. Hinterziehungszinsen dürfen nur festgesetzt werden, wenn feststeht, dass eine Steuerhinterziehung vorliegt. Aus diesem Grund sind Begriffe wie „Selbstanzeige“ oder ähnliche (ausdrückliche oder konkludente) Selbstbezichtigungen in einer Nacherklärung zu vermeiden. In der Praxis ist vielen Finanzämtern der Nachweis einer Steuerhinterziehung zu aufwändig, zumal ein Anspruch auf Zinszahlung auch auf § 233a AO gestützt werden kann. Da § 233a AO allerdings nicht für die Erbschaft- und Schenkungsteuer gilt, verzichten einige Finanzämter bei hinterzogener Erbschaft- und Schenkungsteuer gänzlich auf Zinszahlungen. Eine Garantie kann insoweit allerdings nicht gegeben werden. Die Abgabe einer Selbstanzeige beseitigt nicht die Verpflichtung zur Zahlung von Hinterziehungszinsen.144 Hinterziehungszinsen sind steuerlich nicht als Betriebsausgabe, Werbungskosten oder Sonderausgaben abziehbar.145 137 138 139 140 141 142 143 144 145
130
§§ 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, Abs. 5 Nr. 1 AO, 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO. BFH vom 23.04.2009, VIII R 6/08, BFH/NV 2009, 1397. Etwa weil die Anrechnung einbehaltener Kapitalertragsteuer im Ergebnis zu einer Steuererstattung geführt hätte. § 235 Abs. 1 S. 1 AO. § 235 Abs. 2 S. 1 bzw. § 235 Abs. 3 S. 1 AO. § 238 Abs. 1 S. 1 AO. Bilsdorfer, NJW 2008, 1362 (1365). § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8a EStG.
G. Steuerliche Folgen Der Zinslauf endet erst mit Zahlung der hinterzogenen Steuer, die wiederum von der Steuerfestsetzung abhängt. Da zwischen Abgabe einer Selbstanzeige und Steuerfestsetzung ein erheblicher Zeitraum liegen kann, droht dem Steuerpflichtigen ein Zinsschaden. Hier kann mit den Finanzbehörden häufig einvernehmlich eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage erreicht werden, sofern die zeitliche Verzögerung der Finanzbehörde zuzurechnen ist.146 Der Steuerpflichtige kann den Zinslauf zudem durch eine Abschlagzahlung auf die zu erwartende Steuernachzahlung ganz oder teilweise stoppen.
III.
6 157
158
Haftung für hinterzogene Steuern
Täter oder Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung haften gemäß § 71 AO für die hinterzogene Steuer sowie die Hinterziehungszinsen. Aus Sicht des Finanzamts tritt daher neben den Steuerpflichtigen ein weiterer Schuldner, den das Finanzamt für die Zahlung in Anspruch nehmen kann. Die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige beseitigt die steuerliche Haftung nach § 71 AO nicht.147 Die steuerliche Haftung gemäß § 71 AO ist insbesondere in folgenden Konstellationen praxisrelevant: ■ Geschäftsführer und Vorstände, die an einer Steuerstraftat zu Gunsten des Unternehmens, ■ Steuerberater, die an einer Steuerhinterziehung zu Gunsten des Mandanten, ■ Bankmitarbeiter, die an einer Steuerhinterziehung zu Gunsten des Kunden beteiligt sind. Die steuerliche Haftung setzt den Erlass eines Haftungsbescheids gegen den Haftungsschuldner voraus.148 Sehr häufig weisen Haftungsbescheide formelle oder materielle Mängel auf. Es ist Aufgabe des Beraters, diese Mängel auszuspüren und einen etwaigen Haftungsbescheid entsprechend anzugreifen.
146 Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 1238. 147 Rüsken, in Klein, Abgabenordnung, § 235 Rn 5. 148 § 191 Abs. 1 S. 1 AO.
131
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6 160
161 162
7
§ 7 Weitere strafrechtliche Risiken 1
2
Häufig begeht der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit der Nichtversteuerung ausländischer Kapitalanlagen weitere (außersteuerliche) Straftaten. Dies ist in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: Werden außersteuerliche Straftaten im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens aufgedeckt, wirkt sich dies auf die Strafzumessung aus. Erwägt der Steuerpflichtige die Abgabe einer Selbstanzeige, sollte er an das Risiko denken, dass hierdurch außersteuerliche Straftaten aufgedeckt werden könnten. Die Selbstanzeige ist insoweit nicht strafbefreiend, denn sie wirkt nur für Steuerdelikte.1 Eine besondere Gefahr liegt darin, dass außersteuerliche Straftaten bei der Vorbereitung einer Selbstanzeige übersehen werden. Nachstehend zeigen wir zunächst, dass das Steuergeheimnis nur in beschränktem Umfang davor schützt, dass die Finanzbehörden entsprechende Informationen an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben (A). Im zweiten Teil dieses Abschnitts gehen wir auf einige mit illegalen Auslandsvermögen häufig zusammenhängende Straftaten ein (B).
7
A. 3
4 5
Beschränkter Schutz durch das Steuergeheimnis
Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.2 Ein Amtsträger verletzt u.a. das Steuergeheimnis, wenn er Verhältnisse, die ihm im Besteuerungsverfahren oder in einem Steuerstrafverfahren bekannt geworden sind, unbefugt offenbart.3 Das Steuergeheimnis schützt allerdings nur unzureichend vor der Weitergabe von Informationen an die Strafverfolgungsbehörden. Selbst zutreffende Angaben, die der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung macht, genießen nur lückenhaften Schutz. Die Informationsweitergabe an die Strafverfolgungsbehörde ist unter anderem zulässig zur Verfolgung ■ korruptiver Handlungen;4 ■ von Taten im Bereich der illegalen Beschäftigung, des Leistungsmissbrauchs und der Geldwäsche;5 ■ von Verbrechen sowie schweren Straftaten gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen;6 ■ von Wirtschaftsstraftaten, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern.7
1 2 3 4 5 6 7
132
BGH vom 11.11.1958,1 StR 370/58, NJW 1959, 205. § 30 Abs. 1 AO. § 30 Abs. 2 AO. § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 2 EStG. §§ 31a, 31b AO. § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchstabe a) AO. § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b) AO.
B.
Wer eine Selbstanzeige abgibt, muss erst recht damit rechnen, dass die darin enthaltenen Angaben den Strafverfolgungsbehörden bekannt werden. Das liegt daran, dass die Staatsanwaltschaft die Strafsache jederzeit an sich ziehen und auf diese Weise vom Inhalt der Selbstanzeige Kenntnis erlangen kann.8 Ergeben sich nach Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Hinweise auf außersteuerliche Straftaten, ist der Vorgang zwingend der Staatsanwaltschaft vorzulegen.9 Auch das in § 393 Abs. 2 S. 1 AO enthaltene Verwertungsverbot für Tatsachen oder Beweismittel, die Gericht und Staatsanwaltschaft in einem Strafverfahren aus den Steuerakten bekannt werden, schützt nicht vor der Informationsweitergabe und ihrer Verwertung. Erstens ist die Vorschrift nicht anwendbar, soweit an der Strafverfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht.10 Zweitens hat die Vorschrift nach herrschender Meinung keine Fernwirkung.11 Drittens sollen Tatsachen und Beweismittel aus den Steuerstrafakten keinem Verwertungsverbot unterliegen.12 Viertens ist strittig, ob die Vorschrift auch auf Angaben in einer Selbstanzeige Anwendung findet.13 Fünftens besteht in der Praxis bei den Bußgeld- und Strafsachenstellen kaum ein Problembewusstsein, dass das Steuergeheimnis der Informationsweitergabe entgegenstehen könnte.14 Insgesamt besteht ein kaum gehinderter Informationsfluss zwischen Bußgeld- und Strafsachenstelle, Staatsanwalt und Gericht, obwohl die Verletzung des Steuergeheimnisses immerhin eine Straftat darstellt.15
B.
Häufige Straftaten
6
7 8
9
B.
Die nachfolgend dargestellten Straftaten sind häufig im Zusammenhang mit unversteuertem Auslandsvermögen anzutreffen.
I.
7
Häufige Straftaten
10
Untreue und Unterschlagung
Soweit das Vermögen in rechtswidriger Weise einem Unternehmen oder Dritten entzogen wurde, kann sich der Betreffende wegen Untreue16 oder Unterschlagung17 strafbar gemacht haben.
11
> Beispiel Die U-GmbH unterhält eine ständige Geschäftsbeziehung zu dem in Nordamerika ansässigen Lieferanten L. Geschäftsführer G ist alleinvertretungsberechtigt. Mit Vertriebsleiter V des Lieferanten L vereinbart G, dass L Maschinen an U liefert, wobei ein um 2 % überhöhter Preis vereinbart wird. Der überschießende Betrag in Höhe von 2 % wird zwischen G und V geteilt, wobei die Zahlungen über mehrere Bankverbindungen in Liechtenstein und auf den Bahamas abgewickelt werden. Im Laufe der Jahre wächst das Guthaben des G bei den Auslandsbanken auf mehr als 100.000 Euro. Im vorstehenden Fall hat G nicht nur eine Steuerhinterziehung begangen, sondern sich zugleich wegen Untreue gegenüber U strafbar gemacht. 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
§ 386 Abs. 4 S. 2 AO. AStBV (Steuer) 2010 Nr. 17 Abs. 1. § 393 Abs. 2 S. 2 AO. Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht§ 393 Rn 66. vgl. Nachweise bei Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 393 Rn 59. vgl. Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 393 Rn 49. Spriegel, wistra 1997, 321 (323). § 355 StGB. § 266 StGB. § 246 StGB.
133
12
7
7
§ 7 Weitere strafrechtliche Risiken
13
14
II.
Korruption und Bestechung
1.
Öffentliche Hand
Ist der Steuerpflichtige ein Beamter, könnte das Vermögen aus Bestechungsdelikten stammen.18 Dieses Risiko ist besonders dann sorgfältig zu prüfen, wenn der Beamte längere Zeit in einem korruptionsanfälligen Bereich tätig war, zum Beispiel in der Vergabestelle einer Behörde. Neben der Frage außersteuerlicher Straftaten sind vor Abgabe einer Selbstanzeige mögliche beamtenrechtliche Folgen zu prüfen.19
2. 15
7
Korruption kann auch im Bereich der Privatwirtschaft begangen werden.20
a) 16
17
Privatwirtschaft § 299 StGB
Strafbar ist, wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge. Die Strafbarkeit gilt auch für Handlungen im ausländischen Wettbewerb.21 > Beispiel: E ist Chef der Einkaufsabteilung des Unternehmens U. Er bevorzugt beim Einkauf bestimmter Waren den Lieferanten L1, weil dieser ihm monatlich eine Provision in Höhe von 0,05 % des jeweiligen Gesamtauftragswerts zahlt. Lieferant L2 bietet vergleichbare Ware bei ansonsten gleichen Lieferbedingungen zu einem günstigeren Preis als L1 an. E hat sich gemäß § 299 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
18
19
Zur Einschätzung des Entdeckungsrisikos solcher Zahlungen ist es wichtig zu wissen, dass die Gefahr hier nicht zuletzt aus der Sphäre des Leistenden droht. Kontrollmitteilungen anlässlich von Betriebsprüfungen sind ein beliebtes Mittel, um die ordnungsgemäße Versteuerung solcher Zahlungen beim Empfänger zu prüfen. Zudem sind Provisionszahlungen und Rückvergütungen oft ein heikler Punkt der Betriebsprüfung. Entsteht hierüber Streit zwischen dem Leistenden und dem Betriebsprüfer, weitet sich dieser schnell auf den Empfänger aus. Da der Empfänger weder Einfluss auf noch Einblick in die innerbetrieblichen Abläufe des Leistenden hat, besteht ein für ihn nur schwer kalkulierbares Risiko. Umgekehrt können entsprechende Zahlungen auch aus Sicht des Leistenden strafrechtlich relevant werden, wir der folgende Exkurs zeigt.
18 19 20 21
134
§§ 331f. StGB. § 6 Rn 132. § 299 StGB. § 299 Abs. 3 StGB.
B.
b)
Exkurs: Provisionszahlungen mit Auslandsbezug
Provisionszahlungen auf Auslandskonten sind nicht nur für den Empfänger strafrechtlich problematisch. Sie weisen auch für den Leistenden verschiedene Risiken auf, und zwar auch dann, wenn sie keinen korruptiven Hintergrund haben. Insbesondere bestreiten die Finanzbehörden sehr häufig die steuerliche Abzugsfähigkeit solcher Zahlungen als Betriebsausgabe. Zudem besteht das ernstzunehmende Risiko eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Aufmerksam werden Betriebsprüfer häufig erst durch Auffälligkeiten in der Zahlungsabwicklung, insbesondere sofern die Zahlung nicht an den Vertragspartner, sondern eine dritte Person erfolgt. Der Verdacht verstärkt sich, wenn die Provision auf ein Konto in einer Steueroase überwiesen wird. Möglicherweise stellt sich später zudem heraus, dass der Kontoinhaber eine Briefkastenfirma ist. Ungewöhnliche Gesamtumstände dieser Art wecken verständlicherweise den Argwohn des Betriebsprüfers. Zusätzliche Missverständnisse entstehen sehr leicht durch die grundsätzlich unterschiedliche Bewertung solcher Zahlungen: Aus unternehmerischer Sicht sind sie ein durchaus legitimes Mittel zur Herstellung geschäftlicher Kontakte. Tatsächlich sind Vermittlungsprovisionen nicht grundsätzlich anstößig und sogar rechtlich zulässig, sofern es sich nicht um Bestechungsgelder handelt. Trotzdem stellen Betriebsprüfer solche Zahlungen vermehrt unter Generalverdacht und sehen hier eine verlockende Möglichkeit zur Generierung steuerlicher Mehreinnnahmen. In der Praxis wird der Betriebsprüfer zunächst den Abzug der Zahlung als Betriebsausgabe beanstanden. Zum Teil wird dabei ohne weitere Begründung unterstellt, dass es um steuerlich nicht abzugsfähige Bestechungsgelder handele. Die Versagung des Betriebsausgabenabzugs kann sich zudem aus § 160 AO ergeben: Benennt der Steuerpflichtige den tatsächlichen Zahlungsempfänger trotz eines entsprechenden Verlangens des Finanzamts nicht, ist die Zahlung nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Schließlich treffen den Steuerpflichtigen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug nach § 90 Abs. 2 AO erhöhte Mitwirkungspflichten bei der Aufklärung. Der Steuerpflichtige muss eine überzeugende Erklärung für die Provisionsvereinbarung sowie die Zahlungsabwicklung liefern und nachweisen können. Gelingt ihm dies nicht, wird das Finanzamt von einem steuerlich nachteiligen Sachverhalt ausgehen. Deutet der Betriebsprüfer darüber hinaus die Einleitung eines Strafverfahrens wegen des Verdachts von Korruptionsstraftaten an, so ist dies immer ernst zu nehmen. Bestenfalls handelt es sich zwar um eine bloße Drohung, um den Druck auf den Steuerpflichtigen zu erhöhen. Darauf ist aber kein Verlass. Betriebsprüfer sind verpflichtet, entsprechende Sachverhalte an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten. Ob und wegen welcher Delikte dann Ermittlungen eingeleitet werden, ist eine Frage des Einzelfalls. Bereits die Verfahrenseinleitung ist für den Betroffenen regelmäßig sehr unangenehm. Das Spektrum zulässiger Ermittlungsmaßnahmen kann zur empfindlichen Störung des Betriebsablaufs führen. Zu denken ist an die Vernehmung von Mitarbeitern durch die Behörden ebenso wie an die Durchsuchung des Unternehmens, die Beschlagnahme von Firmenunterlagen sowie – im schlimmsten, aber glücklicherweise seltenen Fall – den Erlass von Haftbefehlen. Eine negative Presseberichterstattung kann ebenfalls nie ausgeschlossen werden. Selbst wenn es also am Ende zu keiner strafrechtlichen Verurteilung kommt, kosten solche Ermittlungen Geld, Zeit und Nerven.
III.
7
Häufige Straftaten
20
21
7
22
23
Betrug
Häufig ziehen nichtdeklarierte Auslandskonten Betrugstaten nach sich. Im Fall von Trennungen richtet sich die Unterhaltshöhe des Ehegatten maßgeblich nach den Einkommensverhältnissen. Verschweigt der Unterhaltspflichtige im Prozess Erträge aus einem Auslandskonto, kann dies einen Pro135
24
7
§ 7 Weitere strafrechtliche Risiken zessbetrug darstellen.22 Entsprechendes gilt beim Streit über den Zugewinnausgleich. Ein ähnliches Risiko besteht, sofern bei einem BAFöG-Antrag die Vermögensverhältnisse unzutreffend dargestellt werden. Nachfolgend ein weiteres > Beispiel Einzelunternehmer E hat im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit mehrere Zahlungen nicht als Betriebseinnahme verbucht, sondern auf ein ihm gehörendes Konto in Österreich umgeleitet. Ab dem Jahr 2006 verschlechtert sich seine geschäftliche Situation erheblich. Er kann mehrere Bankkredite nicht mehr bedienen. In langwierigen Verhandlungen gelingt es E, die Banken zum teilweisen Forderungsverzicht zu bewegen, indem er sich selbst als vermögenslos darstellt. Das in Österreich liegende Kapital gibt er dabei nicht an.
IV. 25
7
Im Zusammenhang mit illegalen Auslandsvermögen ist stets zu beachten, dass das Kapital aus Geldwäschedelikten stammen könnte.
V. 26
Geldwäsche
Falsche Versicherung an Eides Statt
Zukünftig an Bedeutung gewinnen wird die falsche Versicherung an Eides Statt gemäß § 156 StGB. Das hängt mit der neu ins Gesetz aufgenommenen Verpflichtung zusammen, die Richtigkeit der Angaben über Bankbeziehungen ins Ausland gegebenenfalls an Eides Statt zu versichern.23
22 Fischer, StGB, § 263 Rn 24. 23 § 4 Rn 34.
136
8
§ 8 Selbstanzeige In den vorangegangenen Kapiteln haben wir gesehen dass die Entdeckungsrisiken für unversteuerte Auslandsvermögen stetig steigen.1 Steuerstraftaten werden zunehmend hart sanktioniert.2 Zudem sprechen außerstrafrechtliche Gründe gegen die Beibehaltung von Schwarzgeldanlagen.3 Angesichts der vorgenannten Entwicklungen stellen immer mehr Steuerpflichtige die Frage nach Legalisierungsmöglichkeiten. Ein möglicher Ausweg ist die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige. In diesem Abschnitt werden Voraussetzungen, Wirkung und Grenzen der strafbefreienden Selbstanzeige erörtert.
A.
Voraussetzungen der Selbstanzeige
5 6 7
3
4
5
6
7
B.
Die strafbefreiende Selbstanzeige ist in § 371 AO geregelt. Dessen Absatz 1 lautet: „Wer in den Fällen des § 370 unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, wird insoweit straffrei.“ 1 2 3 4
2
Allgemeines
Die Möglichkeit der strafbefreiende Selbstanzeige ist für den Fall der Steuerhinterziehung in § 371 AO geregelt, für den Fall der leichtfertigen Steuerverkürzung in § 378 AO. Wir beschränken uns nachfolgend auf die Darstellung des § 371 AO.4 Durch die rechtzeitige Abgabe einer Selbstanzeige kann der Täter oder Teilnehmer einer Steuerstraftat Straffreiheit erlangen. Eine solche Privilegierung ist dem deutschen Strafrecht bei vollendeten Straftaten grundsätzlich fremd. Ausnahmen bestätigen diese Regel.5 Zweck der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige ist die Vermehrung des Steueraufkommens, insbesondere durch Aufdeckung bislang unbekannter Steuerquellen. Eine Belohnung für die Rückkehr des Steuerpflichtigen auf dem Pfad der Tugend ist sie hingegen nicht. Aus diesem Grund ist die Motivation des Selbstanzeigeerstatters – freiwillig, aus Furcht vor Entdeckung oder aus sonstigen Gründen – für die Wirksamkeit der Selbstanzeige unerheblich.6 Die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige ist in allen Fällen der Steuerhinterziehung möglich. Das war nicht immer so. Bis zum 31.12.2007 hatte die Selbstanzeige im Fall der gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangenen Steuerhinterziehung nach § 370a AO keine strafbefreiende Wirkung, sondern lediglich eine Strafrahmenverschiebung zur Folge.7 § 370a AO wurde zwischenzeitlich abgeschafft. Aufgrund des strafrechtlichen Meistbegünstigungsprinzips hat die Abgabe einer Selbstanzeige nun auch in diesen Fällen strafbefreiende Wirkung.
B.
1
§ 4. § 6. § 5. Ein maßgeblicher Unterschied besteht darin, dass die Selbstanzeige im Fall der leichtfertigen Steuerverkürzung allein durch die Einleitung und Bekanntgabe eines Straf- oder Bußgeldverfahrens gesperrt wird, nicht aber durch das Erscheinen eines Prüfers bzw. Tatentdeckung, § 378 Abs. 3 AO. Weitere Ausnahmen existieren für die Geldwäsche (§ 261 Abs. 9 StGB) und das Vorenthalten von Arbeitsentgelt (§266a Abs. 5 StGB). Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 371 Rn 4. § 370a Abs. 2 und 3 AO in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung.
137
8 9
8
8
§8
I. 10
8
14
16
17
Person des Anzeigenden
Die Möglichkeit der Selbstanzeige steht dem Täter ebenso wie dem Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung offen.9 Der Betroffene kann die Erklärung selbst vornehmen. Er kann sich aber auch vertreten lassen, insbesondere durch einen Steuerberater oder Rechtsanwalt. Verdeckte Stellvertretung ist möglich.10
c) 15
Form
Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben. Die Berichtigungserklärung kann schriftlich, per Telefax, per E-Mail, aber auch telefonisch oder mündlich erfolgen. Aus Beweisgründen empfiehlt sich die Schriftform. Telefonische oder mündliche Selbstanzeigen sollten allenfalls in Ausnahmefällen vorkommen,8 wobei dann die Protokollierung der Berichtigungserklärung sicherzustellen ist.
b) 13
Berichtigungserklärung
Der Steuerpflichtige muss die unrichtigen oder unvollständigen Angaben bei der Finanzbehörde berichtigen oder ergänzen oder unterlassene Angaben nachholen.
a) 12
Positive Wirksamkeitsvoraussetzungen
Die positiven Voraussetzungen für den Eintritt der strafbefreienden Wirkung einer Selbstanzeige sind:
1. 11
Selbstanzeige
Formulierung
Die Erklärung sollte in neutralem Ton formuliert werden. Der Ausdruck „Selbstanzeige“ sollte vermieden werden. Stattdessen ist die Verwendung wertfreier Formulierungen sinnvoll. Selbstanzeigen, die als solche bezeichnet oder erkennbar sind, muss das Finanzamt der Bußgeld- und Strafsachenstelle zuleiten.11 Allerdings darf der Nutzen wertfreier Formulierungen auch nicht überschätzt werden. Ergeben sich aus der Berichtigungserklärung auch ohne entsprechende Bezeichnung Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung, besteht ebenfalls eine Verpflichtung des Finanzamts, den Vorgang der BuStra vorzulegen.12 Auf Ausführungen zum subjektiven Tatbestand sollte in der Nacherklärung gänzlich verzichtet werden. Diese haben für den Mandanten keinen Nutzen. Unter Umständen haben solche Ausführungen sogar nachteilige Auswirkungen, vor allem wenn die Ermittlungsbehörden erst durch sie auf das Vorliegen einer Steuerstraftat gestoßen werden. Moralische Wertungen in der Berichtigungserklärung sind weder notwendig noch hilfreich.
8 9 10 11 12
138
z. B. bei unmittelbar bevorstehender Tatentdeckung. vgl. Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 371 Rn 105. Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 Rn 79. AStBV (2010) Steuer, Nummer 115 Abs. 1 S. 1. AStBV (2010) Steuer, Nummer 115 Abs. 1 S. 2.
8
B. Voraussetzungen der Selbstanzeige
d)
Vollständigkeit und Richtigkeit
Die in der Selbstanzeige enthaltenen Angaben müssen der Wahrheit entsprechen. Weitschweifende Ausführungen sind nicht erforderlich. Allerdings ist die Selbstanzeige so präzise wie möglich abzufassen und sollte sämtliche steuerrelevanten Tatsachen enthalten. Sämtliche strafbewehrten Veranlagungszeiträume, für die ein Berichtigungsbedarf besteht, sind in die Selbstanzeige aufzunehmen. Werden nicht sämtliche strafbewehrten Zeiträume und Erträge von der Selbstanzeige erfasst, ist diese teilweise unwirksam. Bleiben die Angaben in der Selbstanzeige allerdings nur geringfügig hinter den zutreffenden Beträgen zurück so nimmt die Rechtsprechung bei bis zu 6 % Abweichung eine strafbefreiende Wirkung im vollen Umfang an.13
18
19
! Praxishinweis Einige Schwarzgeldanleger mit mehreren Bankverbindungen halten es für ausreichend, lediglich eine Bankverbindung offenzulegen, weitere Schwarzgeldanlagen aber aufrechtzuerhalten. Hier tritt keine vollständige Straffreiheit ein.14 Der Berater sollte sich an solchen Gestaltungen aus berufsrechtlichen wie strafrechtlichen Gründen nicht beteiligen.
e)
Lieferung von Zahlenmaterial
8
15
Grundsätzlich erforderlich sind Zahlenangaben, also bei der Nacherklärung von Ertragsteuern insbesondere die Höhe der bisher nicht erklärten Erträge, und zwar für jeden strafbewehrten Veranlagungszeitraum gesondert. Die Finanzbehörde muss durch die Berichtigungserklärung in die Lage versetzt werden, die Steuer ohne aufwändige eigene Nachforschungen festzusetzen.16 Die Ankündigung gegenüber dem Finanzamt, demnächst eine Selbstanzeige abgeben zu wollen, oder die stillschweigende Nachzahlung hinterzogener Steuern reichen nicht aus.17 Eine „Stufenselbstanzeige“, in der die Selbstanzeige zunächst nur dem Grund, nicht aber der Höhe nach abgegeben wird, ist äußerst riskant.18 Wer selbst nur Teilnehmer einer Steuerhinterziehung ist, kennt häufig die steuerrelevanten Tatsachen nicht. Typisches Beispiel ist der Bankmitarbeiter, der beim Kapitaltransfer ins Ausland geholfen hat, aber keinen Einblick in die steuerlichen Belange des Kunden har. Zum Wirksamkeit der strafbefreienden Selbstanzeige soll die Offenlegung des vom Gehilfen erbrachten Tatbeitrags ausreichend sein.19 Zahlenangaben sind in diesem Fall nicht erforderlich. Ob die Angabe zu geringer Erträge die Selbstanzeige vollständig oder nur insoweit unwirksam macht, als die erklärten Erträge hinter den tatsächlichen zurückbleiben, ist in der Rechtsprechung noch nicht vollständig geklärt. Für die erste Ansicht spricht der Wortlaut des § 371 Abs. 1 AO („insoweit“). Der Bundesgerichtshof hält eine Selbstanzeige jedenfalls dann für unwirksam, wenn sie wieder nur erhebliche Unrichtigkeiten enthält.20
13 14 15 16 17 18 19
OLG Frankfurt/Main vom 18.10.1961, 1 Ss 854/61, NJW 1962, 974. Rn 18. BGH vom 02.06.1992, 1 Ss 119/9, wistra 1993, 274. BGH vom 18.06.2003, 5 StR 489/02, wistra 2003, 385 (386). Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 385. vgl. Rolletschke, wistra 2002, 17. OLG Hamburg vom 21.11.1985, 1 Ss 108/85, wistra 1986, 116; offen gelassen in BGH vom 18.06.2003, 5 StR 489/02, wistra 2003, 385 (388). 20 BGH vom 14.12.1976, 1 StR 196/76, Betriebsberater 1978, 698.
139
20
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22
23
8
§8
f) 24
8 27 28
Mehrere Steuerarten
Sind mehrere Steuerarten betroffen (Beispiel: Ertragsteuer und Schenkungsteuer), müssen regelmäßig mehrere Erklärungen abgegeben werden. Das ergibt sich bereits daraus, dass häufig unterschiedliche Finanzämter zuständig sind. Hier ist auf die zeitliche Koordinierung der Abgabe zu achten.24
2. 30
Adressat
Adressat der Selbstanzeige sollte grundsätzlich das örtlich und sachlich zuständige Finanzamt sein. Ob die Selbstanzeige wirksam ist, wenn sie gegenüber anderen Finanzbehörden abgegeben wird, ist im Einzelnen umstritten.21 Das LG Stuttgart meint, dass die Selbstanzeige jedenfalls dann beim zuständigen Finanzamt zu erstatten sei, wenn dieses bekannt ist.22 Solche Unwägbarkeiten sollten von vornherein vermieden werden, in dem auf die Frage des zuständigen Finanzamts große Sorgfalt verwendet wird. Von der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft ist in jedem Fall abzuraten.23
i) 29
Plausibilität
Die Angaben in der Erklärung sollten plausibel sein. Ungereimtheiten können schnell zum Auslöser weiterer Ermittlungen werden.
h) 26
Schätzung
Können die Erträge nicht ohne Weiteres ermittelt werden und muss schnell gehandelt werden, sollten die Erträge notfalls geschätzt werden. Aus der Erklärung sollte hervorgehen, dass es sich um eine Schätzung handelt. Die Schätzung sollte hoch ausfallen, zumal eine zu hohe Steuerfestsetzung im Wege des Einspruchs noch korrigiert werden kann. Zu geringe Schätzungen können zur (teilweisen) Unwirksamkeit der Selbstanzeige führen.
g) 25
Selbstanzeige
Fristgerechte Nachzahlung
Nur wer die hinterzogenen Steuern fristgerecht nachzahlt, erlangt endgültige Straffreiheit. Das ergibt sich aus § 371 Abs. 3 AO. Durch die Nacherklärung erwirbt der Steuerpflichtige also zunächst lediglich eine Anwartschaft auf Strafbefreiung.25 Erst die vollständige und fristgerechte Nachzahlung hat strafbefreiende Wirkung.
21 22 23 24 25
140
Rolletschke, Steuerstrafrecht, Rn 553ff. vgl. Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2147. Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 410. § 10 Rn 99. Jäger, in Klein, Abgabenordnung, § 371 Rn 80.
8
B. Voraussetzungen der Selbstanzeige Die Frist des § 371 Abs. 3 AO ist strafrechtlicher Natur.26 Mit der auf den Steuerbescheiden angegebenen Fälligkeit der Steuer hat sie nichts zu tun. In der Regel wird sie erst dann gesetzt, wenn der Steuerpflichtige nach Eintritt der steuerlichen Fälligkeit nicht zahlt. Zuständig für die Bestimmung ist nicht das Finanzamt, sondern die Bußgeld- und Strafsachenstelle.27 In der Praxis ist die Bemessung der Frist sehr uneinheitlich. Sie reicht von 8 Tagen28 bis zu nicht mehr als 6 Monaten.29 Endgültige Straffreiheit erlangt, wer die strafbefangenen Steuern fristgerecht nachzahlt. Die Nachzahlung der Steuern für strafrechtlich bereits verjährte Zeiträume sowie der Hinterziehungszinsen und sonstiger Nebenleistungen ist keine Voraussetzung für die Erlangung der Straffreiheit. Aus diesem Grund sollte der Steuerpflichtige bei Zahlung eine klare Tilgungsbestimmung treffen, sofern der geleistete Betrag nicht zur Befriedigung sämtlicher offener Steueransprüche ausreicht.
31
32
! Praxishinweis Auch wenn dies zur Erlangung von Straffreiheit nicht erforderlich ist, ist die Nachzahlung sämtlicher Steuern und Nebenleistungen innerhalb der auf den geänderten Steuerbescheiden angegebenen Zahlungsfristen zu empfehlen. Notwendig ist eine frühzeitige Liquiditätsprüfung vor Abgabe der Selbstanzeige. Ggf. sind Vermögensumstrukturierungen wie die Veräußerung von Wertpapieren o.ä. vorzunehmen.30 Mittäter oder Teilnehmer an einer fremden Steuerhinterziehung müssen hinterzogene Steuern zur Erlangung von Straffreiheit nur nachzahlen, sofern diese zu ihren Gunsten hinterzogen wurden.31 Wer selbst nicht von der Steuerhinterziehung profitiert hat, erlangt Straffreiheit daher bereits durch die Abgabe der Berichtigungserklärung. Entscheidend ist, ob dem Täter oder Teilnehmer bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der unmittelbare Vorteil aus der Steuerhinterziehung zugeflossen ist.32 Im Einzelnen ist hier vieles umstritten.33 In jedem Fall haftet der Täter oder Teilnehmer steuerlich für die hinterzogenen Steuern nach § 71 AO. Die Nachzahlung durch Dritte ist zulässig.34 Sie kann ihrerseits schenkungssteuerliche Auswirkungen haben, die ggf. zu berücksichtigen sind. Sobald ein Schwarzgeldkonto gegenüber den Finanzbehörden offengelegt ist, kann die Nachzahlung unproblematisch aus diesem Konto erfolgen.35 Vorher aus naheliegenden Gründen nicht.
II.
34
35 36
Negative Wirksamkeitsvoraussetzungen
§ 371 Abs. 2 AO enthält Ausschlussgründe für die Wirksamkeit der strafbefreienden Selbstanzeige. Die dort genannten Tatbestände haben – jeder für sich oder zusammen – Sperrwirkung. Liegt einer der Sperrgründe vor, hat die Abgabe einer Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung mehr. Dennoch kann auch in diesem Fall die Abgabe einer Selbstanzeige sinnvoll sein, weil auf diese Weise häufig eine Strafmilderung erlangt werden kann.36 Folgende Ausschlussgründe existieren: 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
33
Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 Rn 107. vgl. AStBV (Steuer) 2010 Nummer 120 Abs. 3 . LG Hamburg vom 04.03.1987, (50) 187/86 NS, wistra 1988, 317. AG Saarbrücken vom 21.06.1983, 9 As 86/83, wistra 1983, 26. § 10 Rn 94. § 371 Abs. 3 AO. BGH vom 04.07.1979, 3 StR 130/79, HFR 1979, 537. Beispiele bei Lohr, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 483. Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2411; vgl. § 48 AO. § 10 Rn 97. Streck, DStR 1996, 288 (289).
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§8
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Erscheinen eines Amtsträgers
Gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO kann eine Selbstanzeige nicht mehr wirksam abgegeben werden, wenn ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist. Gemeint sind Amtsträger der Finanzbehörden. Staatsanwaltschaft und Polizei, die kraft eigener Befugnisse ermitteln, lösen keine Sperrwirkung aus.37 Der Amtsträger muss bei Erscheinen die ernsthafte Absicht verfolgen, eine steuerliche Prüfung vorzunehmen. Die bloße Ankündigung, demnächst eine solche Prüfung vorzunehmen, reicht auch dann nicht aus, wenn der Amtsträger den Steuerpflichtigen zur Verkündung dieser Absicht persönlich aufsucht. Ein bloßes Auskunftsersuchen stellt ebenfalls kein Erscheinen zur Prüfung dar. Gleiches gilt für die Besprechung privater oder sonstiger Fragen, die keinen unmittelbaren Zusammenhang mit einer steuerlichen Prüfung haben. Erschienen im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO ist ein Amtsträger, wenn er die Sphäre des Steuerpflichtigen betritt. Das ist insbesondere der Fall, wenn er am Ort der beabsichtigten Prüfung eingetroffen oder zumindest in das Blickfeld des Steuerpflichtigen getreten ist („Mattentheorie“).38 Im Einzelfall ist hier in Rechtsprechung und Literatur Vieles umstritten.39 Insbesondere im Zusammenhang mit Betriebsprüfungen entsteht häufig Streit über Eintritt, Reichweite und Umfang der Sperrwirkung nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO. Das soll in dem uns interessierenden Zusammenhang nicht weiter vertieft werden.40
2. 44
Selbstanzeige
Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens
Der zweite Sperrgrund ist die bekanntgegebene Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens gegen den Steuerpflichtigen, § 371 Abs. 2 Nr. 1b AO. Eingeleitet ist ein Ermittlungsverfahren, wenn die zuständige Behörde eine Maßnahme trifft, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat strafrechtlich vorzugehen.41 Die denkbaren Maßnahmen sind äußerst vielfältig. Ein ausdrücklicher Einleitungsvermerk ist nicht erforderlich. Die Sperrwirkung tritt erst ein, nachdem dem Betroffenen die Verfahrenseinleitung bekannt gegeben wurde. Ihm muss durch amtliche Mitteilung – in mündlicher, schriftlicher oder sonstiger Weise – eröffnet worden sein, dass die Behörde steuerstrafrechtliche oder bußgeldrechtliche Ermittlungen in Gang gesetzt hat.42 Die Sperrwirkung tritt nur gegenüber demjenigen ein, dem die Verfahrenseinleitung bekanntgegeben worden ist. Etwaige Mittäter oder Gehilfen können weiterhin eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben,43 soweit dem nicht der Sperrgrund der Tatentdeckung entgegensteht.44
37 38 39 40 41 42 43 44
142
Wolfsfeld, PStR 2006, 20f. Felix, Betriebsberater 1985, 1781. Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 424. vgl. dazu Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 426ff. §§ 397 Abs. 1, 410 Abs. 1 Nr. 6 AO. LG Stuttgart vom 21.09.1989, 10 KLs 137/88, wistra 1999, 75. Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2251. Rn 51.
8
B. Voraussetzungen der Selbstanzeige Die Sperrwirkung beschränkt sich in sachlicher Hinsicht auf die Tat, wegen der ermittelt wird. Die Behörden müssen die Tat so genau wie möglich beschreiben, wie dies nach ihrem Kenntnisstand möglich ist.45 Der Begriff der Tat ist im Einzelnen noch nicht geklärt.46 Der BGH stellt auf die Tathandlung (d. h. die Nichtabgabe bzw. Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung) ab und bestimmt die Tat nach Steuerart, Besteuerungszeitraum und Steuerpflichtigem.47
48
> Beispiel Gegen den Steuerpflichtigen S wird ein Strafverfahren wegen Einkommensteuerhinterziehung für VZ 04 bis 06 eingeleitet. Für VZ 00 bis 03 und VZ 07ff. kann S weiterhin eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben. Wird wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit einem bestimmten Auslandskonto ermittelt, ist die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige in Bezug auf weitere Auslandskonten für die ermittlungsbefangenen Zeiträume nicht möglich, selbst wenn diese nicht Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen sind. In der Literatur wird teilweise eine andere Ansicht vertreten.48 Eine abschließende Klärung dieser Frage durch die Rechtsprechung steht noch aus. In diesen Fällen dürfte ohnehin nahezu immer teilweise Tatentdeckung vorliegen, die ebenfalls Sperrwirkung hat.49 Die Selbstanzeigemöglichkeit lebt nach Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen wieder auf.50
3.
51
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53
Grenzübertritt
Werden Zahlungsmittel oder Bankunterlagen, die der Anleger beim Grenzübertritt bei sich führt, durch den Zoll aufgefunden, ist die Tat noch nicht entdeckt. Das Mitführen auch größerer Bargeldbeträge ist nicht verboten und lässt für sich genommen nicht den Schluss zu, dass der Betreffende eine Steuerstraftat begangen hat. Mitgeführte Bankunterlagen in anonymisierter Form können ebenfalls bereits deshalb keinen hinreichenden Tatverdacht begründen, weil nicht klar ist, wer Inhaber der Bankverbindung ist. Selbst das Auffinden von Bankunterlagen, aus denen sich die Inhaberschaft ergibt, führt allein nicht zur Tatentdeckung, weil aus den Unterlagen nicht ersichtlich ist, ob es sich
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Tatentdeckung
Sperrgrund ist ferner die Tatentdeckung, § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO. Straffreiheit tritt nicht ein, wenn die Tat im Zeitpunkt der Selbstanzeige ganz oder teilweise bereits entdeckt war und der Steuerpflichtige dies wusste oder bei verständiger Würdigung damit rechnen musste. Eine Tat ist (erst) entdeckt, wenn eine Lage geschaffen ist, die bei vorläufiger Tatbewertung eine Verurteilung wahrscheinlich macht. Mit anderen Worten kommt es auf das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts im Sinne des § 203 StPO an. Dies setzt voraus, dass die vermeintlich verkürzte Steuer nach Steuerart und Veranlagungszeitraum bezifferbar ist.51 Im Einzelnen gilt:
a)
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Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2238. Lohr, in Volk, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 29 Rn 454 ff. BGH vom 05.04.2000, 5 StR 226/99, wistra 2000, 214. Nachweise bei Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 Rn 180. Rn 51. Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2370ff. Randt/Schauf, DStR 2008, 489 (490).
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§8
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um ein deklarierter oder ein nichtdeklariertes Konto handelt. Erst nach einem Abgleich mit der Steuerakte des Betreffenden kann beurteilt werden, ob dieser die erzielten Erträge ordnungsgemäß versteuert hat.52 In den vorgenannten Fällen ist die Abgabe einer Selbstanzeige noch möglich. Hier ist unverzügliches Handeln geboten. Man muss davon ausgehen, dass die Grenzbehörden entsprechende Sachverhalte innerhalb weniger Tage an die zuständigen Finanzbehörden weitergeben. Notfalls muss in diesen Fällen geschätzt werden. Tatentdeckung kann allerdings dann bereits beim Grenzübertritt eintreten, wenn der Betreffende die Existenz eines Schwarzgeldkontos einräumt oder sich aus den Unterlagen zweifelsfrei ergibt, dass es sich um unversteuertes Auslandsvermögen handelt, weil die Tat nicht durch die Finanzbehörde entdeckt werden muss.
b) 57
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Tatentdeckung durch Dritte
Tatentdeckung durch Dritte ist möglich. Hierzu zählt auch die Entdeckung durch Privatpersonen oder durch ausländische Stellen. Keine Tatentdecker sind allerdings Personen aus dem Vertrauenskreis des Steuerpflichtigen, zum Beispiel Ehefrau oder Steuerberater. Ob eine Tatentdeckung durch einen Dritten vorliegt, hängt davon ab, ob durch die Kenntnis des Dritten von der Tat eine Lage geschaffen wird, nach der bei vorläufiger Tatbewertung eine Verurteilung des Beschuldigten wahrscheinlich ist.53 Entscheidend ist daher, ob der Dritte seine Kenntnis voraussichtlich an die zuständige Behörde weiterreichen wird. Bei Kenntnisnahme durch eine ausländische Stelle hängt dies insbesondere von der Wahrscheinlichkeit der Rechtshilfegewährung ab.54 Die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO tritt nur ein, wenn der Steuerpflichtige von der Tatentdeckung wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Dieses subjektive Element wird von den Strafverfolgungsbehörden gern übersehen. Hier bieten sich oftmals aussichtsreiche Ansatzpunkte für die Verteidigung.
4. 60
Selbstanzeige
Exkurs: Sperrwirkung in den Liechtensteinfällen
Im Zusammenhang mit der Liechtensteiner Steueraffäre wurde in der Literatur die Frage diskutiert, ab welchem Zeitpunkt die betroffenen Kunden wegen Eintritts der Sperrwirkung keine wirksame Selbstanzeige mehr abgeben konnten.55 Eine gerichtliche Entscheidung dieser Frage steht noch aus. Da sich Fälle dieser Art jederzeit wiederholen können, soll die Problematik an dieser Stelle kurz dargestellt werden. Nach einer Ansicht trat in den Liechtensteinfällen überhaupt keine Sperrwirkung ein, weil die vom Bundesnachrichtendienst erworbenen Kundendaten einem strafrechtlichen Verwertungsverbot unterliegen und daher nicht zur Überführung des Beschuldigten herangezogen werden dürfen.56 Diese Ansicht wird sich nach unserer Überzeugung nicht durchsetzen. Wir halten folgende Abstufung für richtig:
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Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2291. Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2363ff. BGH vom 13.05.1987, 3 StR 37/87, wistra 1987, 293ff. Ausführlich Randt/Schauf, DStR 2008, 489ff. Trüg/Habetha, NStZ 2008, 481ff.
8
B. Voraussetzungen der Selbstanzeige Sperrwirkung trat jedenfalls nach Einleitung und Bekanntgabe eines Strafverfahrens gegen betroffene Steuerpflichtige ein. Für die in der Bekanntgabe aufgeführten Steuerarten und Zeiträume war die Selbstanzeige ab diesem Zeitpunkt gesperrt.57 Vor diesem Zeitpunkt trat grundsätzlich keine Sperrwirkung ein. Die Übergabe kundenrelevanter Daten an den Bundesnachrichtendienst bzw. die Weiterleitung an die zuständigen Finanzämter führte nicht zur Tatentdeckung. Tatentdeckung liegt erst vor, wenn bei vorläufiger Tatbewertung eine Verurteilung wahrscheinlich ist. Dies kann erst nach einem Abgleich mit der Steuererklärung des Betroffenen beurteilt werden.58 Nach erfolgtem Abgleich der Kundendaten mit der Steuerakte war zwar für den betroffenen Steuerpflichtigen Tatentdeckung gegeben. Auch dies führt aber noch nicht zur Sperrwirkung. Weitere Voraussetzung ist nämlich, dass der Betroffene von der Tatentdeckung weiß oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen wusste. Dies kann jedenfalls solange nicht der Fall sein, wie der Steuerpflichtigen nicht weiß, dass sich Kundendaten im Besitz deutscher Behörden befinden. Selbst bei Kenntnis der Übergabe von Kundendaten an deutsche Behörden mussten Steuerpflichtige aber erst mit Tatentdeckung im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO rechnen, nachdem sie objektiv die Möglichkeit hatten, ihre individuelle Tatentdeckung zu erkennen.59 Dies war zumindest solange nicht der Fall, wie dem jeweiligen Steuerpflichtigen unbekannt war, ob sich ihn betreffende Daten überhaupt auf dem Datenträger befanden. Die Frage der Sperrwirkung wird voraussichtlich im Zusammenhang mit der neuerlichen Datenaffäre vom Februar 2010, bei der es um den Ankauf entwendeter Kundendaten bei Schweizer Banken geht, relevant werden. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
57 Randt/Schauf, DStR 2008, 489 (490). 58 Rn 54. 59 Randt/Schauf, DStR 2008, 489 (491).
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§ 9 Gibt es Alternativen zur Selbstanzeige? 1
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Die Abgabe einer Selbstanzeige ist wegen der Verpflichtung zur Steuernachzahlung sowie zur Leistung von Hinterziehungszinsen kostspielig. Einige Steuerpflichtige stellen daher die Frage nach Alternativen zur Selbstanzeige. Banken und sonstige Finanzdienstleister bieten derzeit verstärkt sogenannte „Repatriierungsmodelle“ an, die eine kostengünstige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit ermöglichen sollen. Wir gehen in diesem Abschnitt der Frage nach, inwieweit solche Lösungen im Vergleich zur Abgabe einer Selbstanzeige tragfähig sind.
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Nicht alle Steuerpflichtigen ziehen aus dem steigenden Entdeckungsrisiko die Folgerung, dass die Zeit zur Legalisierung ihres Vermögens gekommen ist. Wer Entdeckung fürchtet, gleichzeitig aber die Nachzahlung von Steuern und Zinsen scheut, versucht häufig, schwarzes Kapital durch Verlagerung in vermeintlich sichere Staaten zu retten. Wir halten dies angesichts der atemberaubenden Entwicklung des internationalen Informationsaustauschs für keine nachhaltige Lösung. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass vormalige Steueroasen sich reihenweise zur Kooperation nach OECD-Standard bekennen würden? Nach unserer Überzeugung wird sich der automatische Informationsaustausch über kurz oder lang weltweit durchsetzen. Dies ist keine Frage des „Ob“, sondern des „Wann“. Hinzu kommen die faktischen, kaum beherrschbaren Entdeckungsrisiken.1 Wer in dieser Situation sein Vermögen in der Erwartung verlagert, es sei anderswo vor Entdeckung geschützt, handelt leichtfertig und gewinnt aus strafrechtlicher Sicht wenig, denn er begeht weiterhin Steuerstraftaten.
B. 6
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Vermögensverlagerung
Vermögensumstrukturierung
Eine weitere, häufig diskutierte Alternative zur Selbstanzeige ist die Vermögensumstrukturierung, durch die der Steuerpflichtige stückweise aus der strafrechtlichen und steuerrechtlichen Verjährung herauswächst. Zu diesem Zweck wird das Vermögen so umstrukturiert, dass für die Zukunft keine laufenden Erträge mehr anfallen. Die in der Praxis relevanten Gestaltungen sind dabei ■ Einbringung des Vermögens in eine Lebensversicherung;2 ■ Kapitalanlagen in Zerobonds oder vergleichbaren Finanzinnovationen;3 ■ Kapitalanlagen in Edelmetallen oder Rohstoffen; Da die Erträge steuerfrei gestellt werden, wächst der Steuerpflichtige jedes Jahr ein weiteres Stück aus der strafrechtlichen und steuerlichen Verjährung heraus. Nach Eintritt der steuerlichen Festsetzungsverjährung wird schwarzes Kapital zu weißem, ohne dass die vor der Vermögensumstrukturierung erzielten Erträge nachversteuert werden müssen. Auch diese Alternative zur Selbstanzeige ist problembehaftet:
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vgl. § 9 Rn 45 ff. Dazu bereits § 3 Rn 73. Dazu bereits § 3 Rn 72.
C. ■ ■ ■
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C.
Der Steuerpflichtige muss mindestens fünf Jahre bis zum Eintritt der endgültigen strafrechtlichen Verjährung durchhalten. Bis zum Eintritt der steuerlichen Verjährung vergehen mindestens zehn Jahre. Die Entwicklung der Entdeckungsrisiken in diesen Zeiträumen kann niemand sicher voraussagen. Sollten sich die jüngsten Entwicklungen in unverminderter Geschwindigkeit fortsetzen, erscheint fraglich, ob sich schwarzes Kapital in dieser Zeit vor dem Fiskus verbergen lässt. Die vorgenannten Gestaltungsmöglichkeiten weisen Risiken eigener Art auf. Kapitalanlagen in Edelmetallen oder Rohstoffen sind erheblichen Wertschwankungen unterworfen. Ob Lebensversicherungsmäntel und Anlagen in Zerobonds oder ähnlichen Finanzinnovationen dauerhaft steuerlich tragfähig sind, ist angesichts der Aktivität des Steuergesetzgebers nicht sicher. Unabhängig davon sind entsprechende Anlagemodelle in der Regel mit hohen Gebühren verbunden.
Sondersituationen
C.
Die vorstehend dargestellten Alternativen zur Selbstanzeige empfehlen wir allenfalls in Sondersituationen, in denen die Abgabe einer Selbstanzeige nicht möglich ist. Solche Sondersituationen sind insbesondere: ■ Durch die Selbstanzeige könnten nicht verjährte außersteuerliche Straftaten aufgedeckt werden.4 ■ Es besteht das Risiko erheblicher beruflicher, berufsrechtlicher oder disziplinarischer Folgen.5 ■ Der Steuerpflichtige ist zur Nachzahlung der hinterzogenen Steuern wirtschaftlich nicht in der Lage. ■ Die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige ist aus anderen Gründen nicht möglich. In diesen Fällen kann es notwendig sein, auf die Abgabe der Selbstanzeige zu verzichten und das Risiko der Tatentdeckung durch eine der vorgenannten Gestaltungen zu verringern. ! Praxishinweis Die Unterstützung von Vermögensverlagerungen und -umstrukturierungen durch Steuerberater und Banker könnte als strafbare Beihilfe zur Steuerhinterziehung bzw. Begünstigung gewertet werden.6 Wer daher als Banker oder Steuerberater sichere Kenntnis oder Ahnung von einer entsprechenden Bemakelung des Kapitals hat, sollte nach unserer Überzeugung keine Hilfestellung bei Gestaltungen der vorgenannten Art leisten.
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Sondersituationen
§ 7. § 6 Rn 126 ff. § 12 Rn 13 ff; § 13 Rn 3.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige 1
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Erwägt der Steuerpflichtige die Legalisierung seines Auslandsvermögens durch Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige, stellt sich die Frage nach dem „Wie“. Hier existieren zahlreiche Stolperfallen für Steuerpflichtige und Berater. Fehler in diesem Bereich können gravierende Folgen haben. Die größten anzunehmende Pannen sind dabei die vollständige oder teilweise Unwirksamkeit der Selbstanzeige sowie die ungewollte Aufdeckung außersteuerlicher Straftaten durch Abgabe der Selbstanzeige. Unabhängig davon kann durch taktisch geschicktes Verhalten eine zügige und reibungsarme Abwicklung der Selbstanzeige erreicht werden, an der vor allem der Steuerpflichtige ein großes Interesse hat. Dieses Kapitel enthält einige erfahrungsgemäß besonders wichtige Praxishinweise, zur Abwicklung einer Selbstanzeige in Zusammenhang mit unversteuerten Auslandsvermögen.
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Bedeutung einer guten Planung
Die Abwicklung einer Selbstanzeige erfolgt üblicherweise in drei Verfahrensabschnitten: Vorbereitung, Abgabe, Nachsorge. Jede der Phasen ist grundsätzlich fehleranfällig. Die Risiken können aber systematisch reduziert werden. Das erfordert gute Planung. Bei komplexen Sachverhalten ist sie unerlässlich. Bereits mehrere Bankverbindungen oder die Beteiligung mehrerer Personen auf Mandanten- oder Beraterseite können ein gezielt planvolles Vorgehen notwendig machen. Gegebenenfalls sollte der Berater auf Grundsätze des professionellen Projektmanagements zurückzugreifen. Das bedeutet nicht das starre Abhaken von Checklisten, denn jeder Fall ist anders. Aber gerade deshalb ist ein roter Faden für die Projektabwicklung so wichtig. Planvolles Vorgehen dient nicht nur der Risikominimierung, sondern trägt auch zur arbeitsökonomischen Abwicklung bei. Zugleich wird das anwaltliche Vorgehen für den Mandanten transparent. Kann der Berater dem Mandanten zum Beispiel durch Vorlage eines Projektstrukturplans die im Einzelnen abzuarbeiten Schritte verdeutlichen, steigt dessen Verständnis für den anfallenden und ihm in Rechnung gestellten Aufwand deutlich. Zu einer guten Planung gehört erstens die Aufstellung eines Zeitplans. Von ihm darf nur in begründeten Fällen abgewichen werde, denn die Selbstanzeigeberatung muss zügig erfolgen.1 Zweitens ist eine umfassende Risiko- und Stakeholderanlyse für jeden einzelnen Beteiligten erforderlich. Das dritte wichtige Element ist die Aufgabenverteilung zwischen den Bearbeitern.
B.
B.
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Einige Aufgaben sind in sämtlichen Phasen der Selbstanzeigeberatung relevant.
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Ständige Aufgaben
Streck, DStR 1996, 288 (289).
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B. Ständige Aufgaben
I.
Mandantenumsorge
Während der gesamten Beratungsdauer, von der erstmaligen Kontaktaufnahme bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens, steht der Mandant unter erheblichem Stress. Die Abgabe einer Selbstanzeige ist für ihn in aller Regel unbekanntes Terrain, das von ihm schon wegen der bei Steuerhinterziehung im Raum stehenden Strafdrohung als vermintes Gelände empfunden wird. Die mit der Selbstanzeigeberatung verbundene psychische Belastung des Mandanten kann auch der Berater nicht vollständig verhindern. Reduzieren lässt sie sich aber durchaus. Häufig reicht es, wenn der Berater dem Mandanten zeigt, dass er dessen Sorgen und Fragen ernst nimmt und ihm vor allem den Ablauf des Vorgehens detailliert erläutert. Der Mandant sollte insbesondere rechtzeitig darauf hingewiesen werden, dass die Bußgeld- und Strafsachenstelle nach Abgabe der Selbstanzeige zunächst ein Strafverfahren gegen ihn einleiten wird. Dies ist Routine und kein Grund zur Beunruhigung. Tatsächlich ist die BuStra nach dem Legalitätsprinzip zur Einleitung des Strafverfahrens verpflichtet, weil Straffreiheit erst mit vollständiger Nachzahlung der hinterzogenen Steuern eintritt. Nach erfolgter Zahlung stellt die BuStra das Strafverfahren umgehend ein. Von der Einleitung eines Strafverfahrens ist nur abzusehen, wenn in der Selbstanzeige die Angaben erkennbar richtig und vollständig gemacht und die nachzuzahlenden Steuern in voller Höhe entrichtet wurden.2 Mandanten, die auf die Einleitung eines Strafverfahrens nicht vorbereitet sind, sind von dessen Bekanntgabe häufig überrascht. Bereiten Sie den Mandanten vorsorglich auch darauf vor, dass – in allerdings seltenen Ausnahmefällen – die Steuerfahndung nach Abgabe der Selbstanzeige eine Durchsuchung seiner Privatwohnung und Geschäftsräume vornehmen könnte.
II.
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Berater
Wer den Mandanten in der Vergangenheit steuerlich beraten hat, sollte ggf. von der Übernahme des Selbstanzeigemandats absehen. Ein Interessenkonflikt liegt sicher vor, wenn der Berater selbst an der Steuerhinterziehung beteiligt war. Aber selbst wenn dieser Verdacht nur aufkommen könnte, sollten der Berater in andere Hände geben, um den bösen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden.3
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Prüfung der Interessenlage
Prüfen Sie die Interessenlage von Berater und Mandant(en) im Hinblick auf tatsächliche oder potentielle Interessenskonflikte. Interessenlagen können sich im Lauf der Beratung verändern. Mögliche Konflikte werden häufig erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar. Dies sollte der Berater stets im Auge behalten. Im Einzelnen gilt:
1.
8
AStBV (Steuer) 2010 Nummer 120 Abs. 1 S. 2 AO. Dazu auch § 12 Rn 40.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige
2. 14
Mandant(en)
In der Selbstanzeigeberatung kann der Berater mehrere Mandanten vertreten. Selbstanzeigeberatung ist keine Strafverteidigung. Das Verbot der Mehrfachverteidigung gilt daher nicht.4 Voraussetzung ist aber, dass die Interessen der Mandanten gleichgerichtet sind. Bei gegenläufigen Interessen müssen weitere Berufskollegen eingeschaltet werden. > Beispiel Eine Erbengemeinschaft hat ein Schwarzgelddepot geerbt. Ein Erbe möchte das Depot legalisieren, weil er als Beamter im Fall der Entdeckung disziplinarische Konsequenzen fürchtet. Die übrigen Erben sind gegen die Abgabe einer Selbstanzeige, insbesondere weil das Depot in jüngerer Zeit erheblich an Wert verloren hat und das verbleibende Vermögen nicht ausreichen wird, um die ausstehenden Steuern und Zinsen in vollem Umfang nachzuzahlen. ! Praxishinweis Ziehen die Ermittlungsbehörden die Wirksamkeit der Selbstanzeige in Zweifel, betrifft dies nicht mehr die steuerliche Beratung, sondern den Bereich der Strafverteidigung. Hier kann der Berater wegen des Verbots der Mehrfachverteidigung nur für einen Mandanten tätig werden.5
III. 10
15
C. 16
Sind mehrere Beteiligte an der Steuerhinterziehung beteiligt, hat der Berater eine wichtige Koordinationsaufgabe. Alleingänge einzelner Beteiligter muss er unbedingt verhindern, denn sie können gravierende Folgen für die anderen Personen haben. Die Koordinierung ist naturgemäß einfacher, wenn der Berater sämtliche Beteiligten berät. Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn einige Beteiligte – insbesondere aufgrund widerstreitender Interessen – andere Berater mandatiert haben. Zumindest mit einem Ohr sollte der Berater stets bei diesen Beteiligten bzw. ihren Beratern sein.
C.
Vorbereitung
In der ersten Phase sind insbesondere die nachfolgenden Aspekte zu beachten.
I. 17
Koordinierung mehrerer Beteiligter
Vollmachten
Bereits zu Mandatsbeginn sollte darauf geachtet werden, dass sämtliche Beteiligten die notwendigen Vollmachten erteilt haben.
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Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 Rn 81. §§ 385 Abs. 1 AO, 146 StPO.
C. Vorbereitung
10
! Praxishinweis Bei Abgabe der Selbstanzeige muss eine wirksame Bevollmächtigung vorliegen. Eine nachträgliche Genehmigung ist nicht möglich.6 Der in der Vollmacht genannte Zweck sollte neutral formuliert sein („steuerliche Beratung“), weil sie gegebenenfalls der Finanzbehörde vorgelegt werden muss und in diesem Fall Rückschlüsse auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten zulässt. Das laufende Steuerberatungsverhältnis umfasst regelmäßig nicht den Auftrag zur Selbstanzeige, eine gesonderte Beauftragung ist daher zu empfehlen.7
II.
Risiko- und Umfeldanalyse
Am Beginn der Selbstanzeigeberatung sollte eine umfassende Risiko- und Umfeldanalyse stehen. Nachstehende Punkte sind stets zu prüfen, ohne dass die Prüfung auf diese beschränkt wäre: ■ Sind an der Steuerhinterziehung mehrere Personen beteiligt? ■ Welche Steuerarten sind betroffen; liegen z. B. Erbschaften, Schenkungen oder umsatzsteuerlich relevante Vorgänge vor? ■ Sind Stiftungen, Anstalten oder ähnliche Konstrukte involviert? ■ Welche Zeiträume sind strafbefangen? Welche sind steuerlich relevant?8 ■ Droht Tatentdeckung, z. B. durch Anzeigen Dritter? ■ Steht eine Betriebsprüfung bevor oder hat sie bereits begonnen? ■ Ist der Mandant Gewerbetreibender, Berufsträger, Beamter oder im öffentlichen Dienst beschäftigt? ■ Könnten außersteuerliche Straftaten vorliegen? ■ Ist der Mandant zur vollständigen Steuernachzahlung in der Lage? ■ Existieren Vorstrafen? Befindet sich der Mandant in offener Bewährung?
III.
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Beratung des Mandanten
Der Mandant sollte nach Abgabe der Selbstanzeige keine Überraschungen erleben. Die Hauptgesichtspunkte der Selbstanzeige müssen dem Mandanten daher vor Abgabe der Selbstanzeige erläutert werden. Stets sollten zumindest folgende Punkte angesprochen werden: ■ Die Nacherklärung muss sich auf sämtliche Schwarzgelder erstrecken; teilweise Selbstanzeigen sind teilweise unwirksam.9 ■ Die Straffreiheit hängt von der vollständigen Steuernachzahlung ab.10 ■ Neben der Steuer sind Hinterziehungszinsen in nicht unerheblicher Höhe zu entrichten.11 ■ Die Nachzahlungsfristen können kurz sein; der Mandant muss die erforderliche Liquidität sicherstellen.
6
Vogelberg, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2119; offen gelassen in BGH vom 24.10.1984, 3 StR 315/84, wistra 1984, 74. 7 Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 193. 8 Dies wird sich zuverlässig nur durch Auswertung der Steuerbescheide klären lassen, die der Berater daher frühzeitig vom Mandanten anfordern sollte. 9 § 8 Rn 18. 10 § 8 Rn 30. 11 § 6 Rn 152.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige ■ ■ ■ ■ ■
Die Selbstanzeige kann zur Aufdeckung außersteuerlicher Straftaten führen. Für diese tritt keine Straffreiheit ein.12 Die Selbstanzeige schließt berufsrechtliche oder disziplinarische Konsequenzen nicht aus.13 Die voraussichtlichen Beratungskosten sollten dem Mandanten frühzeitig erläutert werden. Die Selbstanzeigeberatungskosten sind nicht oder nur begrenzt steuerlich absetzbar.14 Eine Abschlagzahlung kann sinnvoll sein.15
IV. 20
10
Informationsanforderung
Ohne schriftliche Unterlagen ist die zuverlässige Ermittlung der steuerlich relevanten Sachverhalte nicht möglich. Im Fall von Schwarzgeldanlagen stehen dabei Bankunterlagen im Mittelpunkt. Diese müssen fast immer bei der betreffenden Auslandsbank angefordert werden. Nur wenige Anleger bewahren dieses potentiell belastende Material dauerhaft zu Hause auf. Bei der Übermittlung der Bankunterlagen sollten zur Risikominimierung einige Regeln beachtet werden. ■ Der Steuerpflichtige selbst sollte mit der Übermittlung der Unterlagen nichts zu tun haben. Zum einen weiß er nicht, welche Unterlagen benötigt werden. Zum anderen sind die Unterlagen in vollem Umfang beschlagnahmefähig, sofern sie sich in der Sphäre des Mandanten befinden. Die Anforderung und Übermittlung der Unterlagen ist daher Aufgabe des Beraters. ■ Hinweise auf den Mandanten oder die konkrete Bankverbindung sollten in der Korrespondenz mit der Bank vermieden werden. Die erforderlichen Informationen können telefonisch mitgeteilt werden. ■ Die Zusammenstellung der Unterlagen durch die Bank kann mehrere Wochen dauern. Nicht selten ist dies der zeitintensivste Vorgang in der gesamten Abwicklung der Selbstanzeige. Die Bearbeitungszeiten sind erfahrungsgemäß kürzer, wenn bei der Bank noch eine aktuelle Bankverbindung des Mandanten besteht. ■ Ob Banken für die Zusammenstellung der Unterlagen Gebühren verlangen, ist eine Frage des Einzelfalls. Dies sollte vor Anforderung der Unterlagen mit der Bank geklärt werden. ■ Die Unterlagen sollten wegen der Entdeckungsrisiken beim Grenzübertritt nicht persönlich über die Grenze geschafft werden. ■ Postsendungen können verloren gehen; sie werden vom Zoll zudem zumindest stichprobenartig geöffnet. ■ Die Übermittlung per Telefax stößt angesichts der Datenmenge häufig an praktische Grenzen. ■ Vorzugswürdig ist die Digitalisierung der Daten im Ausland unter Verwendung einer leistungsstarken Verschlüsselungssoftware. Die verschlüsselten Daten können dann per E-Mail oder Datenträger risikolos in das Büro des Beraters übermittelt werden. ! Praxishinweis Nach erfolgreichem Übermittlungsvorgang sollten die digitalen Daten am Versendesort nachprüfbar vernichtet werden, um Missbrauch auszuschließen.
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§ 7. § 6 Rn 126. § 10 Rn 129. § 10 Rn 96.
C. Vorbereitung
V.
Informationsauswertung
Die vorliegenden Informationen, insbesondere die Bankunterlagen, sind im Hinblick auf die steuerliche Relevanz umfassend auszuwerten. Die Auswertung sollte sich dabei nicht auf die strafbefangenen Sachverhalte beschränken. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das Finanzamt Informationen für sämtliche steuerlich nicht verjährte Zeiträume verlangen. Darauf sollte man vorbereitet sein.
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Ertragsteuern
Oft zeigt sich bei der Ermittlung von Kapitaleinkünften im Rahmen von Nacherklärungen, dass der Teufel im Detail steckt. Neben dem Zeitdruck, der häufig bei der Ermittlung von Kapitaleinkünften für die letzen Jahre im Rahmen von Nacherklärungen herrscht, müssen zahlreiche Details geklärt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn noch etwas Zeit verbleibt, um Sicherheitsschätzungen mit großen Zuschlägen zu vermeiden. Die Unterlagen, die von den ausländischen Banken und Kreditinstituten geliefert werden, sind zum Teil unvollständig und/oder fehlerhaft. Insbesondere für die Jahre 2004 und vorher sind oftmals bestimmte Daten nicht erhältlich. So gibt es keinen Ausweis über Spekulationsgeschäfte. Es erfolgt ein Ausweis von einbehaltener deutscher Kapitalertragsteuer als ausländische Quellensteuer. Als Erträge aus Investmentfonds werden lediglich die Ausschüttungen angegeben, nicht jedoch die ausschüttungsgleichen (thesaurierten) Erträge oder die ausgeschütteten Erträge. Letztere weichen in der Regel von den Ausschüttungen als Liquiditätszufluss ab. Insofern ist es sehr sinnvoll, folgende Unterlagen einzufordern: ■ Erträgnisaufstellungen für die einzelnen Jahre; ■ Depotbestand zum 31.12. jeden Jahres; ■ Wertpapierabrechnungen bzw. Umsatzlisten der Depots; ■ Kontoauszüge bzw. Umsatzlisten der Konten; ■ Auflistung von Spekulationsgeschäften. Es ist davon auszugehen, dass die Banken nicht alle Unterlagen vollständig liefern können. Auch kann es eine erhebliche Kostenfrage darstellen, alle Unterlagen zu verlangen. Es ist festzustellen, dass die Erträgnisaufstellungen inklusive Ausweis von Spekulationsgewinnen der ausländischen Banken sich erheblich verbessern. Kompliziert wird es immer dann, wenn auch der Cash-Flow zwischen verschiedenen Konten und Depots darzustellen ist. Dann muss en detail eine Nachforschung bei den Kontoauszügen erfolgen. Dies ist insbesondere bei Kontoüberträgen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer notwendig. Bei Wertpapierübertragungen gibt es in der Regel Einlieferungs- und Auslieferungsbelege, die aber in den seltensten Fällen erforderliche Daten (z. B. Börsenkurse zum Einlieferungszeitpunkt) liefern. Im Zweifelsfall müssen die einzelnen Kurse detailliert bei den Banken nachgefragt werden. Es ist aber auch möglich, schätzungsweise auf Abschlussdaten, wie z. B. den 31.12. des Vorjahres oder des Folgejahres, zurückzugreifen. Doch nicht nur die erhältlichen oder nicht erhältlichen Unterlagen führen zu Hindernissen im Rahmen der Ermittlung von Einkünften. Auch gibt es einige dem deutschen Steuerrecht immanente Stolperfallen bei der Kapitalermittlung. Daher sei an dieser Stelle auf einige Stolperfallen hingewiesen, um fehlerhafte Nachermittlungen zu vermeiden und Schätzungsrahmen so gering wie möglich zu halten.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige ■ ■ ■ ■ ■ ■
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Intransparente Fonds
Ist aus den Unterlagen ersichtlich, dass in Investmentfonds investiert wurde, so muss auf jeden Fall geklärt werden, ob die Investitionen in sogenannte intransparente Fonds erfolgt sind. Intransparente Fonds sind solche Investmentfonds, die die Bekanntmachung nach deutschen Vorschriften nicht erfüllen und strafbesteuert werden. Die Strafbesteuerung bedeutet, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Steuer erheblich vergrößert. So werden neben den Ausschüttungen 70 % der Wertsteigerung innerhalb eines Jahres hinzugerechnet, mindestens jedoch 6 % vom Jahresendwert bzw. Rücknahmepreis am Ende des Jahres. Dies kann insbesondere bei einer rückläufigen Entwicklung des Fonds zu einer erheblichen Mehrbelastung führen und bestimmt somit auch die Höhe der strafrechtlichen Folgen. Interessant sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Urteile des Bundesfinanzhofs zur EUWidrigkeit der Strafbesteuerung von sogenannten schwarzen Fonds bis einschließlich 2003 nach altem Recht.16 Betroffen von dieser positiven Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind nicht nur die Investmentfonds aus EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch Investmentfonds aus Drittstaaten. Doch die BFH-Urteile führen nicht dazu, dass die Einkünfte aus diesen Fonds keiner Besteuerung unterliegen. Vielmehr sind die Einkünfte aus diesen schwarzen Investmentfonds entsprechend den für die regulären Fonds geltenden Besteuerungsvorschriften zu ermitteln bzw. ggf. zu schätzen. Dabei gibt es keine Vorschriften, wie eine solche Schätzung vorzunehmen sein könnte. Es sollten jedoch Rechenschaftsberichte, soweit vorhanden, oder Anlagestrategien der Fonds berücksichtigt werden. Geht z. B. ein Investmentfonds insbesondere auf Aktiengewinne o.ä., so sind diese nach altem Recht steuerfrei. Etwaige Wertsteigerungen aus diesem Fonds führen somit nicht zu einer Steuerpflicht als Ertrag. Andererseits ist bei Rentenfonds zu berücksichtigen, ob diese in klassische Anleihen und Zinserträge investieren. Dann sollte geprüft werden, ob die Wertsteigerungen oder Ausschüttungen aus Zinserträgen bestehen. In diesem Fall sind die Ausschüttungen und Wertsteigerungen steuerpflichtig. Wichtig ist dabei, dass die Schätzungsgrundlagen deutlich dargestellt werden. Auch sollte im Rahmen der Nacherklärung zunächst eine Pauschalbesteuerung ermittelt werden, um dann auf die Europarechtswidrigkeit hinzuweisen und den Ansatz der geschätzten Erträge vorzunehmen.
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Intransparente Fonds; Finanzinnovationen wie z. B. Zerobonds; Devisentermingeschäfte und sonstige Fremdwährungsgeschäfte; Kapitalmaßnahmen; Stockdividenden; Thesaurierungserträge und Zwischengewinne bei Investmentfonds.
Finanzinnovationen
Bei bestimmten Kapitalanlagen ist zu prüfen, ob sogenannte Finanzinnovationen nach deutschem Recht vorliegen. Dies ist z. B. der Fall bei Zerobonds, Stufenzinsanleihen und (teil-)garantierten Zertifikaten. Die Finanzinnovationen werden steuerlich besonders behandelt. Bei ihnen gilt nicht die Jahresfrist, so dass bei Veräußerung auch außerhalb der Jahresfrist ein etwaiger Gewinn steuerpflichtig ist und ein etwaiger Verlust als negativer Zinsertrag steuerlich geltend gemacht werden kann. Zunächst einmal gilt es, die Finanzinnovationen zu erkennen. Oftmals hilft bei Anleihen ein Blick auf den Titelpunkt. So führt die Bezeichnung Null-Coupon-Anleihe oder Null-%-Anleihe auf die Spur, 16 BFH vom 18.11.2008, VIII R 24/07, BStBl II 2009, 518; BFH vom 25.08.2009, I R 88/07 und I R 89/07, DStR 2009, 2295.
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C. Vorbereitung
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dass es sich um einen Zerobond handelt. Ggf. kann auch die ausländische Bank nach Finanzinnovationen befragt werden. Oftmals erhält man jedoch keine ausreichende Auskunft, da der Begriff Finanzinnovation nicht jeder Bank im Ausland bekannt ist. Hier kann es hilfreich sein, sich den Zugang zu Wertpapiergattungsdaten einzukaufen.17 Vor allem bis einschließlich 2008 ist auch die Ermittlung des Gewinns bei Finanzinnovationen nicht immer ohne Schwierigkeiten vorzunehmen. Insbesondere gilt dies in den Fällen, in denen die Finanzinnovationen eine Emissionsrendite haben. Dann gilt nämlich nicht die Marktrendite (Veräußerungspreis/Einlösungsbetrag abzüglich Anschaffungskosten) als Bemessungsgrundlage für die Steuer. Vielmehr ist die besitzzeitanteilige Emissionsrendite für die Gewinnermittlung maßgebend. Auch hier kann es zielführend sein, auf Wertpapiergattungsdaten zurückgreifen zu können. Oftmals handelt es sich aber bei solchen Anlagen um langfristige Kapitalanlagen, die weit vor dem 10-Jahreszeitraum der Nacherklärung angeschafft worden sind. Wenn in der Zwischenzeit die Einlösung erfolgt ist, ist es kaum noch möglich, an entsprechende Daten heranzukommen. Natürlicherweise hat der Anleger auch keine Prospekte oder weiteren Unterlagen für die investierten Kapitalanlagen griffbereit, da er diese im Zweifelsfall vernichtet hat. Hier gilt es, eine vernünftige realitätsnahe Rendite für steuerliche Zwecke zu schätzen.
c)
Devisentermingeschäfte und sonstige Fremdwährungsgeschäfte
Fremdwährungsgeschäfte und Devisentermingeschäfte unterliegen innerhalb der Jahresfrist der Besteuerungspflicht. Oftmals sind auch diesbezüglich keine Unterlagen von den Kreditinstituten erhältlich. Hier gilt es, anhand von Kontoauszügen zu Fremdwährungskonten die einzelnen Zu- und Abflüsse herauszudestillieren und etwaige Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte von Fremdwährungen zu ermitteln. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Finanzverwaltung der Auffassung ist, dass innerhalb einer Fremdwährung bereits ein Anschaffungsgeschäft von Fremdwährung vorliegt, wenn ein Wertpapier verkauft wird und somit Fremdwährung zufließt. Des Weiteren ist ein Veräußerungsgeschäft nach Auffassung der Finanzverwaltung gegeben, wenn in der Fremdwährung eine entsprechende Kapitalanlage erfolgt. Es gilt zusätzlich das first-in-first-out-Prinzip mit der Folge, dass sämtliche Bewegungen auf den Fremdwährungskonten nach einem einfachen Zufluss und nach Anschaffung von Fremdwährungsbeträgen zu unterscheiden sind. Dies ist nicht immer möglich und führt zu erheblichen Unsicherheiten in der Ermittlung von Gewinnen aus Fremdwährungsgeschäften.
d)
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Kapitalmaßnahmen
Die Investition in Aktien führt oftmals zu einer Teilnahme an Kapitalmaßnahmen der jeweiligen Kapitalgesellschaften. Insbesondere Kapitalmaßnahmen von ausländischen Kapitalgesellschaften sind nur unter größeren Schwierigkeiten und zum Teil sehr großem Zeitaufwand möglich. Es handelt sich hierbei oft um die Frage, welche Werte Bezugsrechte und junge Aktien hatten, ob begünstigte Umwandlungsvorgänge vorlagen, oder ob es sich um steuerneutrale Splits oder Reverse-Splits handelte. Gegebenenfalls helfen in solchen Fällen nur Schätzungen weiter.
e)
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Stockdividenden
Insbesondere ist auf die Steuerpflicht von unbaren Dividenden hinzuweisen. Unbare Kapitalerträge werden selten in ausländischen Erträgnisaufstellungen ausgewiesen. So führen z. B. Stockdividenden zu steuerpflichtigen Einnahmen. Hier gilt es, anhand der Einlieferungsbelege von Wertpapieren oder 17 Anbieter sind zum Beispiel WMAccess sowie die Herausgebergemeinschaft Wertpapier-Mitteilungen.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige über den Abgleich von Depotauszügen zum Jahresende-/ Jahresanfang Wertpapierbewegungen bzw. -entwicklungen festzustellen, die nicht auf Käufen/Verkäufen beruhen. Dann gilt es noch die Höhe der entsprechenden Dividendenerträge zu ermitteln, was wiederum z. B. über entsprechende Wertpapiermitteilungen möglich ist.
f) 34
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Gerade in den Jahren vor 2004 fehlen häufig die Angaben zu thesaurierten Erträgen oder Zwischengewinnen von Investmentfonds. D. h., dass viele Kreditinstitute im Ausland lediglich die Ausschüttungsbeträge darstellen, nicht aber die ausschüttungsgleichen (thesaurierten) Erträge. Werden nur die Ausschüttungen durch die Banken dargestellt, so weichen diese sogar von den ausgeschütteten Erträgen, die steuerpflichtig sind, ab. Hier gilt es ebenfalls aufgrund der öffentlichen Bekanntmachungen im Bundesanzeiger18 oder aufgrund von Wertpapiermitteilungen die entsprechenden Erträge zu ermitteln und die Aufstellungen der Banken zu korrigieren. Oftmals fehlen bei Kauf und Verkauf von Investmentfonds auch Angaben zu den erhaltenen und gezahlten Zwischengewinnen. Auch diese können über entsprechende Datenquellen abgefragt werden. Je nach Art von Investmentfonds können die Zwischengewinne erhebliche Beträge annehmen und somit zu einer Verfälschung der Nacherklärung führen, wenn sie nicht angesetzt werden. Erhaltene Zwischengewinne sind steuererhöhend zu berücksichtigen. Gezahlte Zwischengewinne dagegen führen zu einer Steuerminderung.
g)
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Thesaurierungserträge und Zwischengewinne bei Investmentfonds
Ausländische Stiftungen
Die Errichtung einer ausländischen Stiftung oder eines ähnlichen Konstrukts ist selbstverständlich nicht verboten; hiermit können durchaus legale steuerliche oder sonstige Zwecke verfolgt werden.19 Unabhängig davon war bis zur Liechtensteiner Steueraffäre die Errichtung ausländischer (Familien-) Stiftungen ein häufig genutztes Mittel zur Steuerhinterziehung, weil auf diese Weise die tatsächliche wirtschaftliche Berechtigung am Vermögen hervorragend verschleiert werden konnte. Einkünfte einer ausländischen Familienstiftung werden ertragsteuerlich dem in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter bzw. den bezugs- oder anfallsberechtigten Personen entsprechend ihrem Anteil zugerechnet.20 Familienstiftungen sind Stiftungen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind.21 Nach § 15 Abs. 4 AStG stehen den Stiftungen sonstige Zweckvermögen, Vermögensmassen und rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Personenvereinigungen gleich. Eine Ausnahme von der ertragsteuerlichen Zurechnung an den Stifter bzw. sonstige Begünstigte gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2009 nach § 15 Abs. 6 AStG, sofern ■ eine Familienstiftung Geschäftsleitung oder Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat (hierzu zählt u. a. Liechtenstein), ■ das Stiftungsvermögen nachweislich der Verfügungsmacht des Stifters bzw. der begünstigen Angehörigen und Abkömmlinge entzogen ist, und ■ zwischen Deutschland und dem Staat, in dem die Familienstiftung Geschäftsleitung oder Sitz hat, Auskünfte erteilt werden, die erforderlich sind, um die Besteuerung durchzuführen (gemeint ist der Informationsaustausch gemäß OECD-Standard). 18 19 20 21
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www.ebundesanzeiger.de. Zu Gestaltungsmöglichkeiten im kommerziellen Bereich Herold/Braxator, RIW 1993, 397ff. § 15 Abs. 1 S. 1 AStG; zu europarechtlichen Bedenken bzgl. § 15 Abs. 1 AStG z. B. Schütz, DB 2008, 603 (606). § 15 Abs. 2 AStG.
C. Vorbereitung Im vorliegenden Kontext dürfte die Bedeutung des § 15 Abs. 6 AStG gering sein, weil es häufig zumindest an der zweiten Voraussetzung (nachweislicher Entzug der Verfügungsmacht) fehlen wird. Im Übrigen dürfte zwingende Konsequenz der Geltung des § 15 Abs. 6 AStG sein, dass die Einbringung von Vermögen in die Stiftung schenkungsteuerpflichtig wäre. Die Schenkungsteuerpflicht bei der Einbringung von Vermögen in eine Stiftung entfällt nach Ansicht der Rechtsprechung ja gerade nur, sofern die Stiftung und ihre Organe im Verhältnis zum Stifter gerade nicht frei über das Vermögen verfügen können.22
h)
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Oderkonten und -depots
Häufig sind an einem Konto bzw. einem Depot mehrere Personen beteiligt, insbesondere in Form von Oder-Konten und -depots. Es stellt sich dann die Fragen, wem die aus einer solchen Bankverbindung erzielten Erträge einkommensteuerlich zuzurechnen sind. Die Einrichtung von Oderkonten und -depots ist in der Praxis überaus häufig anzutreffen. Hier ist im Hinblick auf die ertragsteuerliche Behandlung zu prüfen, ob eine wirtschaftliche Beteiligung aller Kontoinhaber tatsächlich beabsichtigt war. Sehr häufig wird mit der Einrichtung eines Oderkontos bzw. -depots ein anderer Zweck verfolgt. Die Einräumung der Konto- bzw. Depotmitinhaberschaft des Ehegatten oder weiterer Angehöriger ist eine bei Auslandsbankbeziehungen durchaus übliche Gestaltung zur Sicherung der Zugriffsmöglichkeit bei tatsächlicher Verhinderung des eigentlichen Vermögensinhabers, zum Beispiel infolge Krankheit, Unfall, insbesondere aber im Todesfall. Ziel einer solchen Gestaltung ist typischerweise nicht die lebzeitige Übertragung von Vermögen auf die weiteren Konto-/Depotmitinhaber oder deren Beteiligung an den aus der Bankverbindung erzielten Erträgen. Die vorsorgliche Schaffung einer Zugriffsmöglichkeit für Notfälle wird auch durch den Bundesverband deutscher Banken empfohlen. Inhaltlich entspricht sie der Einräumung einer Kontovollmacht. Die Finanzverwaltung geht allerdings auf Grund der Ausgleichsregel der §§ 430, 742 BGB davon aus, dass erzielte Erträge den Kontomitinhabern grundsätzlich zu gleichen Teilen zuzurechnen sind. Etwas anderes soll nur gelten, wenn im Innenverhältnis nachweislich eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde. Handelt es sich bei den Kontoinhabern um Ehegatten oder besteht ein zwischen ihnen ein Angehörigenverhältnis, wird teilweise die Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Verträgen zwischen Angehörigen herangezogen.23 Eine Abweichung von der anteilsgleichen steuerlichen Zurechnung soll daher nur dann in Betracht kommen, wenn die geschlossene Vereinbarung zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig ist, ihre Gestaltung dem zwischen Fremden üblichen entspricht und sie auch tatsächlich durchgeführt wurde. Richtig daran ist, dass die Kontoinhaber gegebenenfalls nachweisen müssen, dass eine andere als die anteilige Zurechnung der Erträge gewollt war. Da den Beteiligten die vorgenannte einkommensteuerliche Problematik häufig überhaupt nicht bewusst ist, werden in der Regel aber keine entsprechenden ausdrücklichen Vereinbarungen geschlossen. Nach unserer Erfahrung wird die vorgenannte Erklärung von den Einkommensteuerfinanzämtern dennoch häufig akzeptiert, insbesondere bei nur geringen steuerlichen Auswirkungen. Schwieriger gestaltet sich der Nachweis gelegentlich im Zusammenhang mit schenkungsteuerlichen Aspekten.24
22 vgl. Rn 45 ff. 23 BFH vom 03.03.2004, X R 14/01, NJW 2004, 2997. 24 Dazu vgl. Rn 52 ff.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige
2. 44
Aus den Bankunterlagen ergeben sich häufig Informationen auf mögliche Schenkungen. Prüfungspunkte sind hier von dritter Seite zugeführtes Vermögen, Vermögensabgänge an Dritte, Stiftungen und ähnliche Konstruktionen sowie Oderkonten und -depots. Unklare Sachverhalte können häufig durch den Abgleich mit weiteren Bankverbindungen des Mandanten oder dritter Personen aufgehellt werden.
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Schenkungsteuer
Stiftungen
Die Errichtung einer ausländischen Stiftung oder eines ähnlichen Konstrukts ist selbstverständlich nicht verboten; hiermit können durchaus legale steuerliche oder sonstige Zwecke verfolgt werden.25 Viele Stifter übersehen aber, dass die Einbringung von Vermögen in eine ausländische Stiftung Schenkungsteuer auslösen kann. Die Zurechnung des Vermögens bzw. Einkommens einer ausländischen Familienstiftung an den Stifter bzw. die bezugs- oder anfallsberechtigten Personen26 gilt nicht für die Erbschaft-und Schenkungsteuer.27 Daher kann die Errichtung einer (Familien-)Stiftung eine Schenkung sein, weil Stifter und Stiftung juristisch zu unterscheidende Person sind. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 und 2 ErbStG gilt der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden als Schenkung. Zuwendungen, die der Stifter nachträglich über das Stiftungskapital hinaus macht, sind als sogenannte Zustiftungen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG grundsätzlich schenkungsteuerpflichtig.28 Auszahlungen aus dem Stiftungsvermögen an den Stifter oder an sonstige Begünstigte können ebenfalls Schenkungsteuer auslösen. Gleiches gilt für die Auflösung einer Stiftung und die Rückübertragung des Stiftungsvermögens an den Stifter oder sonstige Personen. Zudem wird das Vermögen einer Stiftung, sofern sie im Wesentlichen im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, in Zeitabständen von je 30 Jahren der Erbschaftsteuer unterworfen.29 Die Schenkungsteuer kann dabei schnell bedeutende Höhe erreichen, weil Zuwendungen vom Stifter an die Stiftung in die Steuerklasse III fallen. Der Freibetrag beträgt aktuell 20.000 Euro, der Steuersatz mindestens 30 %.30 Eine echte Vermögensübertragung auf die Stiftung ist von vielen Stiftern allerdings gar nicht beabsichtigt. Die Errichtung ausländischer Stiftungen dient häufig nur Verschleierungszwecken. Dies hat auch der BFH zu Recht erkannt und judiziert, dass die Übertragung von Vermögen auf eine (liechtensteinische) Stiftung nicht der Schenkungsteuer unterliegt, wenn die Stiftung nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen über das Vermögen im Verhältnis zum Stifter nicht tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann.31 Das ist dann der Fall, wenn dem wirtschaftlichen Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Stiftungsvermögen zustehen, insbesondere die Stiftung zivilrechtlich zur Rückgewähr des Stiftungsvermögens verpflichtet ist. Der Stifter kann in diesen Fällen letztlich über das Stiftungsvermögen wie über ein eigenes Bankguthaben verfügen. Es handelt sich um ein klassisches Strohmanngeschäft. In diesen Fällen fehlt es an der für eine Schenkung wesentlichen Vermögensentäußerung. Letztlich liegt ein Treuhandverhältnis vor.32 25 26 27 28 29 30 31 32
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Zu Gestaltungsmöglichkeiten im kommerziellen Bereich Herold/Braxator, RIW 1993, 397ff. Rn 36. § 15 Abs. 1 S. 2 AStG. BFH vom 28.06.2007, II R 21/05; BStBl II 2007, 669. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 Nr. 7, 19 Abs. 1 ErbStG. BFH vom 28.06.2007, II R 21/05, BStBl II 2007, 669. BFH vom 28.06.2007, II R 21/05, BStBl II 2007, 669.
C. Vorbereitung In Ausnahmefällen ergibt sich die fehlende Verfügungsmöglichkeit der Stiftung bzw. ihrer Organe im Verhältnis zum Stifter bereits aus einem schriftlich geschlossenen Mandatsvertrag, in dem ausdrücklich festgelegt ist, dass die Stiftungsräte nur treuhänderisch für den Stifter handeln und dessen Weisungen unterliegen. Solche Mandatsverträge sind aber selten. Im Gegenteil schließen Satzungen und Statute der Stiftungen häufig eine Einflussnahme des Stifters ausdrücklich aus. In diesen Fällen muss der Stifter nachweisen, dass tatsächlich etwas anderes gewollt war.33 Entscheidend ist dabei das zwischen den Beteiligten Vereinbarte, wie es in der tatsächlichen Durchführung zum Ausdruck kommt. Häufig ergeben sich Hinweise aus einem „Letter of Wishes“, in dem der Ermessensspielraum des Stiftungsrats eingeschränkt wird. Fehlen schriftliche Vereinbarungen, kann sich zum Nachweis des Treuhandverhältnisses insbesondere eine schriftliche Bestätigung des Stiftungsrats anbieten. Ein entsprechendes Muster ist als Anlage abgedruckt.
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! Praxishinweis Die Finanzverwaltung stellt sich gelegentlich auf den Standpunkt, dass nur schriftlich getroffene Vereinbarungen steuerlich relevant sind. Das entspricht nicht der Auffassung des Bundesfinanzhofs und steht auch im Widerspruch zu ausdrücklichen Verwaltungsanweisungen des BMF, nach denen gerade nicht auf die offizielle Gründungsurkunde abgestellt werden darf. Tatsächliche Durchführung der Verträge und zusätzliche Vereinbarungen sind für die steuerliche Beurteilung ebenfalls zu würdigen, wenn die Verwaltung und Verwendung des Vermögens sich nachweislich tatsächlich nach diesen Abmachungen richtete.34 Entscheidend ist lediglich, dass ein Treuhandverhältnis von Anfang an gewollt war, in welcher Form der Nachweis erfolgt, ist unerheblich. Dies muss dem Finanzamt gegebenenfalls verdeutlicht werden.
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Oderkonten und -depots
Oderkonten und -depots werfen nicht nur ertragsteuerliche Fragen auf.35 Die Einräumung einer Konto- bzw. Depotmitinhaberschaft und die Einbringung von Vermögen in eine solche Bankverbindung können schenkungsteuerpflichtig sein.
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> Beispiel Der 80jährige A ist Alleinhaber eines Depots in Luxemburg, dessen Erträge er nicht der Einkommensteuer unterwirft. Im Jahr 2002 wird das Depot in ein Oder-Depot umgewandelt. Mitdepotinhaberin wird ab diesem Zeitpunkt seine Tochter T. Es ist gezeigt worden, dass der Grund für die Einräumung einer Konto bzw. Depotmitinhaberschaft häufig die Sicherung einer Verfügungsmöglichkeit für Notfälle ist.36 Eine materielle Beteiligung der übrigen Kontoinhaber am Vermögen ist gerade nicht beabsichtigt. Das hat im Bereich der Schenkungsteuer besondere Bedeutung, weil dieses – anders als das Ertragsteuerrecht – maßgeblich zivilrechtlich geprägt ist.37 Die Einräumung einer Konto- oder -Depotmitinhaberschaft ist keine zivilrechtliche Schenkung und daher auch keine Schenkung im Sinne des ErbStG, wenn der Konto- bzw. Depotmitinhaber im Innenverhältnis zum bisherigen Alleininhaber nicht zur Verfügung über das Vermögen berechtigt und daher nicht bereichert ist.38
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BFH vom 25.01.2001, II R 39/98, BFH/NV 2001, 908 (909). BMF vom 16.09.2004,. IV A 4-S 1928-120/04, IV A 4-S 1928-94/04, Frage 19. Rn 40. Rn 41. BFH vom 14.12.1995, II R 79/94, BStBl II 1996, 546. BFH vom 22.08.2007, II R 33/06, BFH/NV 2008, 160.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige Dies wird allerdings von den Schenkungsteuerfinanzämtern nicht immer ohne Weiteres akzeptiert. Sie verlangen unter Hinweis auf die Auslegungsregeln der §§ 430, 742 BGB gelegentlich einen zweifelsfreien Nachweis abweichender Abreden zwischen den Beteiligten. Dieser Nachweis ist nicht einfach zu führen, ausdrückliche Vereinbarungen werden in der Regel nicht getroffen, weil den Beteiligten die Problematik überhaupt nicht bewusst ist. Häufig kann das Finanzamt aber unter Hinweis auf folgende Indizien davon überzeugt werden, dass keine Schenkung vorliegt: ■ Die Verwaltung des Vermögens erfolgte ausschließlich durch den bisherigen Vermögensinhaber.39 ■ Schenkungsabreden, insbesondere in der grundsätzlich erforderlichen notariellen Form des § 518 Abs. 1 BGB, wurden nicht getroffen. ■ Das Vermögen stammt ausschließlich von einem Beteiligten. ■ Auszahlungen erfolgten ausschließlich an einen Beteiligten. ■ Der bisherige Alleinkontoinhaber weist ein hohes Alter oder eine gesundheitliche Beeinträchtigung auf, so dass die Sicherung einer Zugriffsmöglichkeit für die Angehörigen nachvollziehbar wird.40 Gegebenenfalls ist der Rückgriff auf weitere Beweismittel erforderlich; insbesondere der Bankbetreuer kann die Hintergründe der gewählten Gestaltung häufig zur Zufriedenheit des Finanzamts erklären. Auch hier stellt sich die Frage, wie mit Sachverhalten bei der Vorbereitung der Selbstanzeige umzugehen ist.41
3.
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D. 58
Ist der Kontoinhaber Unternehmer im Sinne des § 2 UStG und fließen auf das Auslandskonto Zahlungen Entgelte für steuerpflichtige Umsätze im Sinne des UStG, muss der Kontoinhaber ggf. den Umsatzsteueranteil abführen.
D.
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Formulierung
Der Abschluss der steuerlichen Auswertung markiert zugleich das Ende der ersten Phase der Selbstanzeigeberatung. Die steuerlichen Ergebnisse bilden die Grundlage für die Formulierung der Selbstanzeige. In diesem Zusammenhang sind regelmäßig die nachfolgenden Aspekte zu berücksichtigen:
I. 59
Umsatzsteuer
Welche Erklärungen sind notwendig?
Zunächst muss Klarheit herrschen, ob eine oder mehrere (und wenn ja, welche) Erklärungen abzugeben sind. Insoweit gilt: Liegen ausschließlich einkommensteuerlich relevante Sachverhalte vor, die lediglich einen Mandanten betreffen, ist eine Selbstanzeige gegenüber dessen Wohnsitzfinanzamt ausreichend. Die Nacherklärung kann für mehrere Mandanten in einem Schreiben zusammengefasst werden, sofern für alle Beteiligten dasselbe Finanzamt zuständig ist. Sind mehrere Finanzämter zuständig, müssen mehrere Erklärungen formuliert werden. 39 BFH vom 22.08.2007, II R 33/06, BFH/NV 2008, 160. 40 vgl. für das Zivilrecht BGH XI ZR 321/95 vom 25.02.1997, NJW 1997, 1434 (1435). 41 Rn 80.
160
D. Formulierung Nacherklärungen für Ertragsteuer und Schenkungsteuer sollten ebenfalls getrennt verfasst werden, zumal häufig unterschiedliche Finanzämter zuständig sind. Zudem ist zu prüfen, inwieweit rein zur Risikominimierung rein vorsorglich weitere Schreiben vorzubereiten sind, die keine Nacherklärungen im eigentlichen Sinne sind.42
II.
Welche Zeiträume sind zu erfassen?
1.
Aufnahme strafrechtlich verjährter Sachverhalte?
Für welche Zeiträume soll eine Nacherklärung abgegeben werden? Diese Frage ist schwieriger zu beantworten, als es zunächst scheint. Unstreitig ist: Alle strafrechtlich noch nicht verjährten Zeiträume sind zwingend aufzunehmen, sonst droht die teilweise Unwirksamkeit der Selbstanzeige.43 Alle strafrechtlich und steuerlich verjährten Zeiträume sind in der Selbstanzeige hingegen nicht zu erwähnen. Fraglich ist, ob Sachverhalte aufgenommen werden sollten, die zwar strafrechtlich verjährt sind, nicht aber steuerrechtlich. Solche Fälle sind wegen des Auseinanderfallens der strafrechtlichen und der steuerlichen Verjährung nicht selten. Mit Blick auf die Wirksamkeit der Selbstanzeige spricht nichts dagegen, in die Nacherklärung nur die strafrechtlich relevanten Zeiträume aufzunehmen. Dies ist auch die wohl überwiegende Ansicht in der Beraterliteratur.44 Zum Teil wird vertreten, die Aufnahme strafrechtlich verjährter Sachverhalte sei ein Beratungsfehler; dadurch werde zumindest konkludent das Vorliegen einer Steuerstraftat eingeräumt, weil die zehnjährige steuerliche Verjährungsfrist ein strafbares Verhalten voraussetzt. Es bestehe das Risiko, dass das Finanzamt erst durch die Erklärung strafrechtlich verjährter Zeiträume auf das Vorliegen einer Steuerstraftat aufmerksam werde. Das dürfte im Allgemeinen richtig sein, im Einzelfall jedoch nicht immer. Nach unserer Erfahrung geht das Finanzamt bei der Nacherklärung von Kapitalerträgen aus Schwarzgeldanlagen stets vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung aus. Uns ist kein Fall bekannt, in dem das Finanzamt die Prüfung steuerlich nicht verjährter Zeiträume unterlassen hat. Ist eine solche Prüfung ohnehin zu erwarten, kann dem Finanzamt durch proaktive Offenlegung des gesamten steuerlich relevanten Sachverhalts Kooperationsbereitschaft und größtmögliche Mithilfe bei der Aufarbeitung signalisiert werden. Das kann die Verfahrenserledigung erheblich beschleunigen. Wichtig ist, dass dieser Punkt mit dem Mandanten erörtert wird.
2.
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Vorgehen bei Unsicherheit über strafrechtliche Verjährung
Schwierigkeiten treten auf, wenn nicht eindeutig feststeht, ob strafrechtlich bereits Verjährung eingetreten ist. Die Problematik wird künftig an praktischer Bedeutung gewinnen, und zwar wegen der verlängerten strafrechtlichen Verjährungsfrist von zehn Jahren für die Regelbeispiele der Steuerhin-
42 Rn 74. 43 § 8 Rn 19. 44 z. B. Streck, DStR 1996, 288.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige terziehung.45 Wegen der teilweise unbestimmten Rechtsbegriffe des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AO kann nicht immer zweifelsfrei beurteilt werden, ob ein Regelbeispiel erfüllt ist und daher die zehnjährige Verjährungsfrist greift. Dies soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: > Beispiel Mandant M, Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, erhielt im Jahr 2003 einmalig eine Kickbackzahlung in Höhe von 250.000 Euro für die Bevorzugung des Lieferanten L beim Einkauf bestimmter Rohstoffe. Geleistet wurde auf ein Konto des M bei einer Bank in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In seiner Einkommensteuererklärung für 2003 gab M die erhaltene Zahlung nicht an. Die Einkommensteuer für VZ 2003 wurde daher durch am 13.09.2004 bekanntgegebenen Steuerbescheid um 101.000 Euro zu niedrig festgesetzt. In den Folgejahren hatte M mit der Anlage der erhaltenen Zahlung wenig Glück. Er verliert das gesamte Kapital infolge einer Investition in hochspekulative Wertpapiere. Bereits ab VZ 2004 erzielt er aus dem Kapital keinerlei Erträge mehr. Am 31.08.2009 sucht M Rechtsanwalt R auf. Gerüchteweise hegen die Gesellschafter den Verdacht von Kickbackzahlungen an M und prüfen insoweit die Frage unternehmensinterner Privatermittlungen. Der Ausgang ist insoweit offen. R trägt sich nun mit dem Gedanken an die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige.
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Im Beispielsfall besteht ein strafrechtliches Risiko allein wegen der Steuerhinterziehung für VZ 2003. Weitere Straftaten (§ 299 StGB!) wären strafrechtlich verjährt. Läge ein Fall der einfachen Steuerhinterziehung vor, dann würde die strafrechtliche Verjährungsfrist fünf Jahre betragen. Die Steuerhinterziehung wäre daher mit Ablauf des 12.09.2009 strafrechtlich verjährt. M müsste also lediglich noch knapp zwei Wochen durchhalten. Würde hingegen ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegen,46 dann würde die strafrechtliche Verjährungsfrist zehn Jahre betragen. M hätte also noch eine längere strafbefangene Zeit vor sich. Da der Betrag der hinterzogenen Steuern größer ist 100.000 Euro, liegt möglicherweise ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor47. Da bislang ungeklärt ist, ob es für die verlängerte Verjährungsfrist allein auf das Vorliegen eines der in den Regelbeispielen aufgeführten Tatbestandes ankommt, oder ebenso wie bei der Strafzumessung eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist, besteht hier Unsicherheit im Recht. Letztlich bleibt dem Berater nur, die Unsicherheiten sowie die daraus resultierenden Risiken gegenüber dem Mandanten darzustellen. Die Entscheidung über das Vorgehen sollte dem Mandanten überlassen werden.
III. 74
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Umgang mit abweichenden Rechtsauffassungen
Bei der Selbstanzeigeberatung kommt es immer wieder dazu, dass die steuerrechtliche Bewertung eines Vorgangs zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Wie ist mit solchen Sachverhalten umzugehen? Zur Vermeidung strafrechtlicher Risiken sollte der Berater bei der Formulierung der Selbstanzeige – ebenso wie bei der Abgabe der Steuererklärung – die rechtliche Brille der Finanzverwaltung aufsetzen. Die Beratung muss sich an der Rechtsprechung, den Richtlinien der Finanzverwaltung sowie der Veranlagungspraxis orientieren. Zugleich kann in der Nacherklärung auf die für die Mandanten günstigere Rechtsauffassung hingewiesen werden, verbunden mit der Bitte, diese der Prüfung des Steuerfalls zugrundezulegen. Ggf. kann eine günstigere Rechtsansicht im Einspruchs- oder Klageverfahren durchgesetzt werden, so dass aus Sicht des Mandanten durch diese Vorgehensweise keine Nachteile entstehen.
45 § 376 Abs. 1 AO. 46 § 370 Abs. 3 S 2. Nr. 1 bis 5 AO. 47 § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, vgl. BGH vom 02.12.2008, 1 StR 416/08, BGHSt 53,71.
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D. Formulierung Wird dies nicht beachtet, besteht die Gefahr einer teilweisen Unwirksamkeit der Selbstanzeige, weil aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden nicht alle steuerlich erheblichen Tatsachen nacherklärt wurden. Zudem kann eine aus Sicht der Finanzbehörden unrichtige Nacherklärung ihrerseits als erneute Steuerhinterziehung gewertet werden. Die vorstehenden Ausführungen gelten bei Unsicherheiten über die Höhe der Besteuerung, vor allem aber auch bei Zweifeln über die Besteuerung dem Grunde nach. Das soll am Beispiel der Errichtung einer Stiftung verdeutlicht werden. Auch wenn es sich hierbei um keine echte Schenkung handeln sollte, so dass die Einbringung von Vermögen keine Schenkungsteuer auslöst,48 ist die vorsorgliche Offenlegung eines solchen Sachverhalts gegenüber dem Finanzamt zu empfehlen, weil damit dem Vorwurf der Hinterziehung von Schenkungsteuer die Grundlage entzogen ist. Ein Muster für ein solch vorsorgliches Schreiben ist als Anlage abgedruckt.
IV.
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Umgang mit ungeklärten Sachverhalten
Gelegentlich können auch nach Auswertung sämtlicher Unterlagen nicht alle möglicherweise steuerlich relevanten Sachverhalte vollständig aufgeklärt werden.
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> Beispiel Eine Wertpapierabrechnung, die zur Berechnung eines Spekulationsgewinns benötigt wird, ist nicht mehr zu beschaffen; bei einer Bareinzahlung ist nicht mehr feststellbar, ob sie durch den Kontoinhaber selbst oder schenkweise durch einen Dritten erfolgte. Der richtige Umgang mit solchen Sachverhalten setzt großes Fingerspitzengefühl des Beraters voraus. Die Orientierung an den unter III. für abweichende Rechtsauffassungen gegebenen Hinweisen ist sinnvoll. Es sollte daher zunächst dargelegt werden, dass der betreffende Vorgang nicht mehr aufgeklärt werden kann. Darüber hinaus gilt: Wirkt sich der nicht mehr aufklärbare Sachverhalt möglicherweise auf die Höhe der Steuer ist, sollte großzügig geschätzt werden. Die Schätzung sollte dabei nicht ins Blaue hinein erfolgen, sondern plausibel und nachvollziehbar sein. Ist hingegen unklar, ob ein dem Grunde nach steuerbarer Vorgang vorliegt, ist eine für den Mandanten günstige Sachverhaltsdarstellung zulässig, wenn diese plausibel ist und nicht wider besseres Wissen des Beraters erfolgt. Aus der Formulierung sollte dabei stets deutlich werden, dass es sich nicht um sicheres Wissen des Beraters, sondern um eine Vermutung handelt. Eine entsprechende Formulierung könnte so aussehen: + Muster „[…] Unter dem 30.06.2005 ist auf dem Konto unseres Mandanten ein Zahlungseingang in Höhe von 35.000 Euro verbucht. Die Überweisung stammt von einem Konto des Bruders unseres Mandanten. Die Hintergründe dieser Überweisung sind nicht mehr im Einzelnen feststellbar. Unsere Mandant und sein Bruder geben an, sich an die Hintergründe nicht mehr genau erinnern zu können. Hinweise ergeben sich auch nicht aus dem in der Überweisung genannten Verwendungszweck. Nach der Erinnerung unseres Mandanten könnte es sich um die Rückzahlung eines Darlehens gehandelt haben, das unser Mandant seinem Bruder im Dezember 2004 zur Finanzierung eines Autokaufs gewährt hatte. Das erscheint plausibel, weil am 12.12.2004 eine Barauszahlung in Höhe von 35.000 Euro vom Konto unseres Mandanten erfolgte und der Bruder unseres Mandanten am 48 Rn 45.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige
20.12.2004 nachweislich einen Audi A3 zum Kaufpreis von 33.500 Euro erwarb. Die Rechnung kann im Bedarfsfall vorgelegt werden. Wir gehen daher davon aus, dass die Zahlung vom 30.06.2005 keine Schenkung durch den Bruder an unseren Mandanten darstellt [...].“ 85 86
In den vorgenannten Fällen sollte die Nacherklärung Zahlenmaterial enthalten, damit das Finanzamt bei abweichender Bewertung des Sachverhalts ggf. eine Steuerfestsetzung vornehmen kann. Bei Eilbedürftigkeit, insbesondere wegen drohender Tatentdeckung, ist ggf. zu schätzen. Die Schätzung sollte hoch ausfallen. Auf die Schätzung sollte in der Selbstanzeige ausdrücklich hingewiesen werden. Eine ggf. nach späterer Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmende Korrektur nach unten ist unproblematisch möglich.49
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Vollständigkeit und Plausibilität
Nach Formulierung der Selbstanzeige(n) folgt die Kontrolle auf Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Plausibilität. Der Inhalt muss der Wahrheit entsprechen. Der Berater darf nicht wissentlich unwahre Angaben machen. Vermutungen müssen als solche erkennbar sein. Die Angaben müssen vollständig sein. Unvollständigkeit kann zur teilweisen Unwirksamkeit der Selbstanzeige führen. Die Selbstanzeige muss in sich widerspruchsfrei sein. Sind mehrere Erklärungen abzugeben, dürfen sich auch zwischen diesen keine Widersprüche ergeben. Die Angaben müssen plausibel sein. Sie müssen im Einklang mit dem Inhalt der Bankunterlagen und sämtlicher weiterer Dokumente stehen, die zur Vorbereitung der Selbstanzeige verwendet wurden. Es ist zu bedenken, dass das Finanzamt die Vorlage dieser Unterlagen verlangen kann. Die Angaben müssen sich miteinander, vor allem aber auch mit der Vermögens- und Einkommenssituation des Betroffenen, sinnvoll verzahnen lassen. Hierzu zwei Beispiele: > Beispiele Jährliche Schwankungen der erzielten Erträge können Indikator für risikoorientiertes Anlageverhalten, Vermögenszuführungen bzw. -abgänge, aber auch für unzutreffende Ertragsermittlung sein; Erzielte der Steuerpflichtige Kapitalerträge in einer Höhe, die weder durch eigene Einkünfte in den Vorjahren noch durch versteuerte Erbschaften oder Schenkungen sinnvoll erklärt werden kann, ist dies ein Hinweis für mögliche Schwarzeinnahmen.
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Liquiditätsprüfung und -planung
Nachdem die Bankunterlagen ausgewertet sind, kann die Höhe der zu erwartenden Steuer- und Zinsnachzahlung berechnet werden. Spätestens jetzt ist eine nochmalige Liquiditätsprüfung- und -planung vorzunehmen. Der Steuerpflichtige muss sich auf eine Zahlungsverpflichtung binnen kurzer Frist einstellen. Gegebenenfalls ist eine Vermögensumstrukturierung notwendig, zum Beispiel durch die Veräußerung von Wertpapieren.
49 Mutter/Schwarz, IStR 2009, 807 (810).
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E.
Dabei ist wichtig, dass Straffreiheit bereits durch vollständige Zahlung der hinterzogenen Steuern eintritt. Zur Zahlung von Zinsen ist der Steuerpflichtige ebenfalls verpflichtet, doch hat eine Verletzung dieser Pflicht keine Auswirkung auf die Erlangung von Straffreiheit.50
VII.
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Nachsorge
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Abschlagzahlung
Spätestens nach Fertigstellung der formulierten Selbstanzeige ist mit dem Mandanten die Frage einer Abschlagzahlung auf die zu erwartende Steuernachzahlung zu klären. Damit kann zum einen der Lauf der Hinterziehungszinsen abgeschnitten werden,51 zum anderen wird dem Finanzamt die Bereitschaft des Steuerpflichtigen zur Bereinigung des Sachverhalts signalisiert. Eine Abschlagzahlung ist durch Beifügung eines Schecks oder durch Banküberweisung möglich. Eine Überweisung vom Schwarzgeldkonto ist zulässig, aus naheliegenden Gründen aber erst nach Abgabe der Selbstanzeige. Im Fall von Ertragsteuern bereitet die Zuordnung einer Abschlagzahlung keine Probleme, sofern im Verwendungszweck die Steuernummer angegeben wird. Bei Erbschaft- oder Schenkungsteuer sollte eine Abschlagzahlung nur nach vorheriger Abstimmung mit dem Finanzamt geleistet werden. Entsprechende Zahlungen kann die Finanzkasse nicht ohne Weiteres einem Vorgang zuordnen.
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VIII. Abgabe der Selbstanzeige Die endgültig formulierte (und unterschriebene!) Selbstanzeige muss im nächsten Schritt dem örtlich und sachlich zuständigen Finanzamt übermittelt werden. Mündliche oder telefonische Übermittlungen sind dabei – außer in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei unmittelbar bevorstehender Tatentdeckung – riskant und sollten vermieden werden. Von der Sendung mit einfacher Post raten wir schon deshalb ab, weil der (Zeitpunkt des) Zugang(s) in diesem Fall nicht nachgewiesen werden kann. Vorzuziehen ist die Übermittlung per Telefax (Sendebestätigung prüfen!) oder die persönliche Abgabe beim Sachbearbeiter, Sachgebietsleiter oder Vorsteher. Der Eingang des Schreibens sollte vom Finanzamt quittiert werden, hierauf besteht ein Anspruch. Alternativ ist der protokollierte Einwurf der Nacherklärung in den Briefkasten des Finanzamts unter Anwesenheit eines Zeugen möglich. Der Zeuge sollte den Inhalt des Schreibens kennen. Sind mehrere Selbstanzeigen bei verschiedenen Finanzämtern abzugeben, muss die Abgabe zeitlich koordiniert werden. Durch Verwendung von Mobiltelefonen ist dies unproblematisch möglich. Die Abgabe der Nacherklärung beim Finanzamt markiert das Ende der zweiten Phase der Selbstanzeigeberatung.
E.
Nachsorge
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E.
Die Abgabe der Selbstanzeige stellt eine wichtige Zäsur dar. Viele Berater sind der Ansicht, an dieser Stelle sei ihre Tätigkeit weitgehend beendet. Dies ist falsch. Auch in der dritten Phase kann der Berater durch umsichtiges Verhalten die Weichen in Richtung einer reibungsarmen und zügigen Verfahrenserledigung stellen.
50 § 8 Rn 32. 51 Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 238.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige
I. 102
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Bis zur Abgabe der Selbstanzeige ist Diskretion und Geheimhaltung von fundamentaler Bedeutung. Die Situation ändert sich fundamental mit der Abgabe der Selbstanzeige. Ab diesem Zeitpunkt ist größtmögliche Transparenz gegenüber dem Finanzamt gefragt. Das beginnt bereits bei der Darstellung der nacherklärten Sachverhalte in der Selbstanzeige. Sie sollte so gestaltet sein, dass dem Beamten die Prüftätigkeit erleichtert wird. Die bloße Übersendung der Bankunterlagen mit der Bitte, die Ertragsermittlung bitte selbst vorzunehmen, führt verständlicherweise zur Verärgerung beim Beamten. Folge ist dann entweder eine besonders akribische Nachprüfung oder aber eine zeitliche Verzögerung, weil der Beamte die Selbstanzeige auf den Stapel mit nicht prioritären Vorgängen legt. Das kann man besser machen. Als Anlage zur Selbstanzeige sollte das Finanzamt eine Zusammenstellung der Erträge erhalten, die vollständig, übersichtlich und einfach nachvollziehbar ist. Die Prüfung wird für den Beamten dann geradezu zum Genuss; er kann die einzelnen Punkte schwungvoll abhaken. Hat der Beamte einige Angaben geprüft und für richtig befunden, fasst er Vertrauen in die Richtigkeit der Nacherklärung. Einige Beamte begnügen sich dann sogar mit einer stichprobenartigen Kontrolle, wodurch das Verfahren erheblich beschleunigt werden kann.
II. 105
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Übersendung der Dokumentation
Sinnvollerweise sollte zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige bereits ein weiterer Satz von Kopien der relevanten Unterlagen vorliegen, der dem Finanzamt zur Verfügung gestellt werden kann. Ob diese Dokumentation zusammen mit der Selbstanzeige abgegeben oder nach Benennung des zuständigen Sachbearbeiters diesem übermittelt wird, ist Geschmacksfrage. Die erstgenannte Verfahrensweise hat den Vorteil, dass dem Finanzamt damit alle steuerlich relevanten Informationen vorliegen. Unrichtigkeiten bei der Ertragsermittlung können daher nicht zur Unwirksamkeit der Selbstanzeige führen.
IV. 108
Kommunikation
Durch stetige Kommunikation sollte dem Finanzamt die Bereitschaft signalisiert werden, an der Aufarbeitung des Sachverhalts mitzuwirken. Fragen des Beamten sind zeitnah, vollständig, richtig und nachvollziehbar zu beantworten. Der Gesprächsfaden zwischen Berater und Beamten sollte niemals abreißen. Können einzelne Sachverhalte erst nach Abgabe der Selbstanzeige vollständig aufgeklärt werden (Beispiel: Wertpapierabrechnungen gehen erst nach Abgabe der Selbstanzeige ein), sollte der Berater entsprechende Erkenntnisse unverzüglich dem Finanzamt mitteilen.
III. 107
Transparenz
Kontrolle von Zahlungen
Der Berater sollte die fristgerechte Steuernachzahlung durch den Mandanten kontrollieren. Der Eingang von Abschlag- und sonstigen Zahlungen bei der Finanzkasse sollte ebenfalls verifiziert werden.
166
F.
V.
Übergabe an den laufenden Steuerberater
Zur Beratungsleistung gehört die geordnete Übergabe des Verfahrens an den laufenden Steuerberater. Der Zeitpunkt richtet sich danach, wer mit der Prüfung der aufgrund der Selbstanzeige zu erwartenden geänderten Steuerbescheide mandatiert ist.
F.
Sonderthemen
I.
(Ab wann) kann der laufende Steuerberater einbezogen werden?
109
F.
Viele Steuerpflichtige sind der Ansicht, die Selbstanzeige sollte ihr eigener Steuerberater abwickeln. Das ist nicht zuletzt eine Vertrauensfrage, denn kaum ein Beratungsverhältnis ist so intensiv wie das zwischen Steuerberater und Mandant.52 Wir meinen hingegen, dass der eigene Steuerberater grundsätzlich nicht mit der Selbstanzeigeberatung beauftragt werden sollte. Erforderlich ist die Einschaltung eines „Selbstanzeigeberaters“. Das ist zunächst eine Frage der Expertise. Jedenfalls in komplexen Fällen wären viele Steuerberater ohne entsprechende Spezialisierung überfordert. Es gibt allerdings darüber hinausgehende Sachgründe, die gegen die Mandatierung des laufenden Steuerberaters sprechen: Am Ende der Selbstanzeigeberatung kann die Entscheidung stehen, das Auslandsvermögen (vorerst) nicht zu legalisieren. Hierfür gibt es verschiedene Gründe, angefangen von der drohenden Aufdekkung außersteuerlicher Straftaten53 über mögliche berufsrechtliche oder disziplinarische Konsequenzen54 bis zur Unfähigkeit oder dem Unwillen, die hinterzogenen Steuern vollständig nachzuentrichten.55 Der bisher gutgläubige Steuerberater, der erst im Zuge der Selbstanzeigeberatung von der Kenntnis des Schwarzgelds erfährt, kann dann künftig nicht mehr für den Mandanten tätig sein, will er sich nicht selbst in die Gefahr der Beihilfe zur Steuerhinterziehung begeben.56 War der laufende Steuerberater hingegen im Hinblick auf die Existenz des Schwarzgeldes bereits in der Vergangenheit bösgläubig, besteht wegen seiner möglichen Beihilfestrafbarkeit ein Interessenkonflikt. Die Beratung kann in diesem Fall nicht frei von Eigeninteressen des Steuerberaters erfolgen. Dennoch kann der eigene Steuerberater bei der Abwicklung der Selbstanzeige eine wichtige Rolle spielen. Er kennt die steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen am Besten. Sobald die Selbstanzeige abgegeben worden ist, kann der laufende Steuerberater daher wichtige Zuarbeiten erbringen und so zur schnellen Erledigung des Verfahrens beitragen. ! Praxishinweis Als Faustregel sollte der laufende Steuerberater frühestens dann einbezogen werden, wenn die Entscheidung für die Abgabe der Selbstanzeige endgültig gefallen ist.
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Sonderthemen
Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 59. § 7. § 6 Rn 126. § 8 Rn 30 ff. § 12 Rn 13 ff.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige
II.
(Ab wann) können andere Beteiligte unterrichtet werden?
1.
Hintergrund
Stellt sich im Verlauf der Selbstanzeigeberatung heraus, dass noch weitere Personen an der Steuerhinterziehung beteiligt waren, ist zu klären, ob (und zu welchem Zeitpunkt) diese von der beabsichtigten Selbstanzeige unterrichtet werden sollen. Eine Unterrichtung vor Abgabe der Selbstanzeige ist in einigen Fällen schlicht eine Frage der Fairness, damit die anderen Beteiligten ihrerseits eine Selbstanzeige abgeben können. In Sondersituationen kann sogar eine rechtliche Verpflichtung zur Unterrichtung weiterer Beteiligter bestehen. Wird diese Pflicht verletzt, können zivilrechtliche Schadenersatzansprüche die Folge sein. Eine Unterrichtungspflicht besteht für den Steuerberater gegenüber seinem Mandanten, wenn er an dessen Steuerhinterziehung beteiligt war und die Abgabe einer Selbstanzeige erwägt.57 Sie kann sich ferner aus gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten ergeben.58 Auch familiäre oder andere Verbindungen können eine Pflicht zur Unterrichtung begründen.59
2. 116
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Risiken
Es ist allerdings nicht ungefährlich, weitere Personen vor Abgabe der Selbstanzeige zu informieren, weil diese als erste vorpreschen und den eigenen Mandanten dadurch der Strafverfolgung aussetzen könnten.60 Vorsicht ist insbesondere geboten, wenn Streit zwischen den Beteiligten herrscht. Auf das Ansinnen des Unterrichteten, ihm Bedenkzeit einzuräumen, sollte man sich unter keinen Umständen einlassen. Erscheint das Risiko eines eigenmächtigen Vorgehens des Unterrichteten als groß, muss (oder soll) er aber trotzdem die Möglichkeit zur Abgabe einer eigenen Selbstanzeige erhalten, müssen ggf. kreative Lösungen gefunden werden. > Beispiel Zwei Geschäftsführer einer GmbH haben dieser gemeinsam Vermögen in erheblicher Höhe entzogen. Beide Gesellschafter haben je ein Konto bei einer Bank mit Sitz auf den Cayman-Islands. Das veruntreute Kapital ist dort schwarz angelegt. Die Untreue ist mittlerweile strafrechtlich verjährt. Geschäftsführer A ist nun fest zur Abgabe einer Selbstanzeige entschlossen. Er möchte dies Geschäftsführer B aber nicht vorab mitteilen, weil er fürchtet, dieser würde ohne Abstimmung mit A eine Selbstanzeige abgeben. Steuerberater S schlägt daher A folgendes vor: S wirft die Selbstanzeige des A am Freitag nach Dienstschluss in Anwesenheit eines Zeugen in den Fristbriefkasten des Finanzamts. Dieser Vorgang wird protokolliert. Anschließend wird B hiervon in Kenntnis gesetzt. Er hat wegen des Wochenendes nun noch Zeit, seinerseits eine Selbstanzeige zu formulieren und abzugeben.
57 58 59 60
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§ 12 Rn 51. Streck, DStR 1996, 288 (291). Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 197. Streck, DStR 1996, 288 (291).
F.
III.
Sonderthemen
Selbstanzeige und Demenz
Da Schwarzgeldvermögen häufig schon vor Jahrzehnten ins Ausland transferiert wurden, kommen immer mehr Anleger in ein Alter, in dem Demenz oder ähnliche hirnorganische Erkrankungen keine Seltenheit sind. Eine solche Erkrankung ist natürlich zuallererst eine große Herausforderung für den Betroffenen und seine Angehörigen. Sie spielt aber auch bei der Selbstanzeigenberatung in mehrfacher Hinsicht eine Rolle: Zum einen kann das Entdeckungsrisiko steigen. Das Urteilsvermögen des Erkrankten ist getrübt, häufig treten Verwirrtheit und Kontrollverlust hinzu. Damit wächst die Gefahr, dass der Erkrankte sich (und möglicherweise weitere beteiligte Personen) „um Kopf und Kragen redet“. Demenzerkrankungen sind daher immer ein Anlass, die Abgabe einer Selbstanzeige in Erwägung zu ziehen. Eine solche Situation ist zwischenmenschlich herausfordernd und rechtlich komplex. Hier sollte ein professioneller Berater eingeschaltet werden, weil die Entscheidung über die Abgabe einer Selbstanzeige für alle Beteiligten emotional belastend sein kann. Der Berater kann oftmals die Wogen glätten und zwischen den Beteiligten vermitteln. Soweit die Selbstanzeigeberatung einen Demenzerkrankten betrifft, treten weitere typische Problemfelder auf: ■ Kann der Betroffene selbst die Entscheidung über die Abgabe der Selbstanzeige treffen? Häufig ist eine komplexe Abwägung der für und gegen die Selbstanzeige sprechenden Gründe erforderlich, deren Reichweite der Betroffene nicht voll erkennt. ■ Bestehen Interessengegensätze zwischen dem Erkrankten und seinen Angehörigen? Typisches Beispiel: Durch die Selbstanzeige könnten weitere Straftaten aufgedeckt werden, die nur den Erkrankten betreffen. In einem solchen Fall ist zweifelhaft, ob die Angehörigen ohne Weiteres als Vertreter des Betroffenen handeln können. ■ Muss daher ein Betreuer eingeschaltet werden? Wenn ja: wie kann dessen Verschwiegenheit sichergestellt werden? ■ Sind die Informationen des Betroffenen über das Auslandsvermögen vollständig und plausibel?
IV.
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Vorgehen bei außersteuerlichen Folgen
Waren mit der Steuerhinterziehung außersteuerliche Straftaten verbunden und sind diese strafrechtlich noch nicht verjährt, kann die Abgabe der Selbstanzeige zu deren Aufdeckung führen. Bei bestimmten Berufsgruppen drohen zudem berufsrechtliche, disziplinarische oder sonstige außersteuerliche Konsequenzen.61 Es stellt sich die Frage des Umgangs mit solchen Sachverhalten. Dem Mandanten müssen in jedem Fall die mit der Selbstanzeige verbundenen Risiken genau erläutert werden.62 ! Praxishinweis In diesem Bereich ist es besonders wichtig, auf eine klare Aufgabenverteilung zwischen Berater und Mandant zu achten. Der Berater muss die Risikolage darstellen, die Entscheidung über die Abgabe der Selbstanzeige trifft der Mandant. Entscheidet der Mandant sich trotz der Risiken für die Selbstanzeige, ist diese sorgfältig zu formulieren. Aus ihr sollten sich insbesondere keine Anhaltspunkte für außersteuerliche Straftaten ergeben.
61 § 6 Rn 125 ff. 62 ggf. ist von der Abgabe der Selbstanzeige abzusehen.
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§ 10 Praxishinweise zur Abwicklung einer Selbstanzeige
V. 123 124 125
Hinweise im Fall der Entscheidung gegen eine Selbstanzeige
Entscheidet sich der Steuerpflichtige nach erfolgter Beratung gegen die Abgabe der Selbstanzeige, sind zwei Hinweise wichtig: Erstens sollte der Berater sich in diesem Fall von der weiteren steuerlichen Beratung des Mandanten fernhalten, weil für ihn ansonsten das Risiko der Beihilfe zur Steuerhinterziehung besteht. Zweitens sollte sämtliche vom Berater dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Beratung übersendeten Unterlagen darauf geprüft werden, ob sie Hinweise auf die erfolgte Selbstanzeigeberatung enthalten. Das gilt für den Beratungsvertrag, Vollmachten, Rechnungen, Stundenaufstellungen oder sonstige, dem Mandanten überlassene Unterlagen. Gegebenenfalls sollte dem Mandanten die Vernichtung dieses potentiell belastenden Materials empfohlen werden. Die ansonsten bestehenden Risiken zeigt das folgende, beinahe zum Schmunzeln anregende Beispiel: > Beispiel Ein Steuerpflichtiger entscheidet sich nach erfolgter Beratung gegen die Abgabe einer Selbstanzeige. Gleichwohl versucht er, die entstandenen Beratungskosten steuerlich geltend zu machen. Die dem Finanzamt übermittelte Rechnung mit dem Betreff „Selbstanzeigeberatung“ weckte naturgemäß das Interesse der Beamten.
VI. 10
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Grenzüberschreitende Sachverhalte
Gelegentlich sind Steuerpflichtige in mehreren Staaten unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig. In diesem Fall muss geprüft werden, in welchen Staaten die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige erforderlich möglich ist. Hier kann die Zusammenarbeit mit einem ausländischen Berater notwendig sein. Sind Erklärungen in mehreren Staaten abzugeben, sollte dies inhaltlich und zeitlich koordiniert werden. > Beispiele V lebt seit 1975 in Österreich. Sein Sohn S lebt in Deutschland. Im Jahr 2003 schenkt V seinen Kindern ein Schwarzgelddepot im Wert von rund 1 Mio. Euro. Da zwischen Deutschland und Österreich kein Doppelbesteuerungsabkommen für die Schenkungsteuer existiert, könnte die Schenkung in beiden Staaten steuerbar sein. Der in Deutschland wohnhafte U besitzt die deutsche und zugleich die US-amerikanische Staatsangehörigkeit. Damit ist er aufgrund des Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Unter bestimmten Voraussetzungen kann er zugleich in den Vereinigten Staaten der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen, weil diese an die Staatsangehörigkeit anknüpft. Auch hier stellt sich im Fall einer von U begangenen Steuerhinterziehung die Frage, ob eine Selbstanzeige nur in Deutschland, oder gleichzeitig auch in den Vereinigten Staaten abgegeben werden sollte (als sogenannte „Voluntary Disclosure“).
VII. 127
Steuerliche Abziehbarkeit der Beratungskosten
Die Vorbereitung einer Selbstanzeige durch den Steuerberater oder Rechtsanwalt ist häufig mit großem Aufwand verbunden. Diesen Aufwand muss letztlich der Mandant finanziell tragen. Fraglich ist, ob er die entstandenen Steuerberatungskosten steuermindernd gelten machen kann.
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F.
Sonderthemen
Grundsätzlich sind Steuerberatungskosten als Werbungskosten bzw. Betriebseinnahmen steuerlich abziehbar, wenn sie mit erzielten Einnahmen in Zusammenhang stehen. Soweit die nacherklärten Erträge einer bestimmten Einkunftsart zugerechnet werden können, ist der auf ihre Ermittlung entfallende Steuerberatungsaufwand als Werbungskosten bzw. als Betriebsausgabe abziehbar. Dies gilt allerdings nicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen. Hier findet seit VZ 2008 der Sparerpauschbetrag Anwendung. Dieser beträgt für Ledige 801 Euro und für Verheiratete 1.602 Euro. Für die Einkünfte, welche diese Beträge übersteigen, gilt der Steuersatz von 25% mit Abgeltungswirkung. Die Berücksichtigung von Werbungskosten ist nicht möglich. Wegen des im Bereich der Überschusseinkünfte geltenden Abflussprinzips ist auch die steuerliche Berücksichtigung des im Rahmen der Vorbereitung einer Selbstanzeige auf vergangene Jahre entfallenden Aufwands nicht möglich. Auch ein Abzug der Kosten als Sonderausgaben ist nicht möglich. Allerdings sieht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP die Wiedereinführung des Sonderausgabenabzugs für Steuerberatungskosten vor.63 Hier bleibt aber die weitere Entwicklung abzuwarten.
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63 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vom 26.10.2009, 12.
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§ 11 Erfolgreiche Kapitalanlage nach der Legalisierung 1
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Sämtliche aufgezeigten alternativen Lösungsstrategien zu einer Nacherklärung und Legalisierung von ausländischen Geldern bringen Herausforderungen mit sich. Ziel dieser alternativen Lösungsstrategien ist immer, die strafrechtliche Verjährung und die steuerrechtliche Verjährung in Gang zu setzen, in dem künftige Abgabenverkürzungen vermieden werden. Dazu besteht u. a. auch die Möglichkeit, die Kapitalerträge künftig der deutschen Abgeltungsteuer zu unterwerfen und somit der Endbesteuerung zuzuführen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Übertrag auf ein deutsches Depot erfolgt, damit die Abgeltungsteuer über eine deutsche Zahlstelle abgeführt werden kann. Eine Ausnahme bieten dagegen deutsche thesaurierende Investmentfonds, die die Abgeltungsteuer im Wesentlichen bereits auf die thesaurierten Erträge abführen. In diesen Fällen können die Anteile am Investmentfonds auf dem ausländischen Depot verbleiben. Eine andere Alternative war die gänzliche Vermeidung von Kapitalerträgen für den Zeitraum der Verjährungsfrist. Alle alternativen Szenarien führen jedoch dazu, dass bereits getätigte Steuerhinterziehungsdelikte nicht geheilt werden. Der Anleger, der die Hinterziehung begangen hat, sieht sich erhöhten Aufdeckungsrisiken gegenüber. Unbedachte Vermögensverwendungen, faktischer Wegfall des Bankgeheimnisses und erhöhte Auskunftspflichten des Auslands führen dazu, dass der Anleger nicht wirklich ruhig schlafen kann. Im Regelfall sollte es – soweit möglich – zu einer umfassenden steueroptimierten Legalisierung kommen, d. h. zur Offenlegung der Vergangenheit. Nur so ist bei wirksamer Nacherklärung eine Heilung begangener Abgabenverkürzungen möglich. Insbesondere sind damit künftige höhere Risiken der Entdeckung für den Anleger ohne Relevanz. Diese Vorgehensweise beinhaltet nicht, dass der Anleger die Kapitalanlagen nach Deutschland überführen muss. Ganz im Gegenteil, durch die Offenlegung der bisher nicht angegebenen Kapitalerträge und Vermögenswerte steht es dem Anleger nun völlig frei, seine Kapitalanlagen räumlich und inhaltlich frei zu gestalten. Dies sind die eigentlichen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Private Banking. Nachfolgende Überlegungen sollen eine Entscheidungshilfe darstellen, ob das Kapital nach Deutschland zurückgeführt wird oder im Ausland verbleibt. Unabhängig von dem Ort der Kapitalanlage erfolgt die Besteuerung der Kapitalerträge mit der Abgeltungsteuer in Höhe von 25% zzgl. Solidaritätszuschlag. Die Bemessungsgrundlage ist ebenfalls identisch. Bei einer Kapitalanlage im Ausland erfolgt im Regelfall aber kein Abzug der Kapitalertragsteuer durch die ausländische Zahlstelle (in der Regel die Bank). Daher muss der Anleger in Deutschland eine Steuererklärung mit den Kapitalerträgen abgeben. Im Regelfall sollte dies für vermögende Privatkunden kein Problem darstellen, da sie ohnehin über einen Steuerberater verfügen. Dies mag eher bei kleineren Depots oder bei einfachen Kapitalanlagen, wie Termingeldern und klassischen Anleihen, Nachteile mit sich bringen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass ohne weitere Prüfung mit dem Einbehalt der Abgeltungsteuer bei einer Inlandsanlage die Steuerpflicht für den privaten Kapitalanleger abgegolten ist. Die aktuellen Herausforderungen an ausländische Banken sind mit Wegfall des Bankgeheimnisses und Offenlegung der Auslandsgelder insbesondere die steueroptimierte Vermögensverwaltung und ein entsprechend auf das deutsche Steuerrecht ausgerichtetes Reporting. 172
B.
A.
Steueroptimierte Vermögensverwaltung
Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen müssen den ausländischen Banken hinreichend bekannt sein. Folgende wesentliche Punkte der Besteuerung von Kapitalanlagen in Deutschland sind zu beachten: ■ Einheitlicher Steuersatz 25% zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer; ■ Bemessungsgrundlage sind sämtliche Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne, unabhängig von einer Jahresfrist; ■ Steuerpflicht auch für Thesaurierungserträge in Investmentfonds; ■ Kein Bestandschutz für Finanzinnovationen; ■ Beschränkter Bestandsschutz bei Zertifikaten (Kauf nach 14.03.2007 und vor 2009); ■ Besondere Verlustverrechnungsmodalitäten von Aktienverlusten und allgemeinen Verlusten; ■ Kenntnis über die Anrechnung von in Deutschland einbehaltenen Quellensteuern (insbesondere KESt und SolZ auf Dividenden); ■ Verrechnungsmöglichkeiten von Alt-Verlusten; ■ Vermeidung von intransparenten Investmentfonds; ■ Behandlung von Millionärsfonds und Investmentfonds mit wenigen Anlegern. Viele ausländische Banken haben sich bereits auf die Onshore-Kapitalanlage von in Deutschland steuerpflichtigen Anlegern eingerichtet. Es wird für einen Anleger in Deutschland künftig u. a. entscheidend sein, ob eine steueroptimierte Vermögensverwaltung im Hinblick auf die gängigen Abgeltungssteuerregelungen erfolgt.
B.
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Reporting
Reporting
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B.
Die Qualität des Steuerreportings der Auslandsbanken hat durch Onshore-Kapitalanlagen wesentlich an Bedeutung gewonnen. Das Steuerreporting nach deutschem Recht ist die Voraussetzung für den Kapitalanleger und seinen Berater, den steuerlichen Verpflichtungen nachkommen zu können. Dabei muss das Reporting derart strukturiert sein, dass Anleger und Berater den Verpflichtungen einfach und umfassend nachkommen können. Etwaige Unsicherheiten oder Lücken im Reporting sollten ausführlich dargestellt werden, damit der Anleger und sein Berater etwaigen weiteren Informationsbeschaffungspflichten nachkommen können. Die Qualität des Steuerreportings der Auslandsbank wird daher künftig mit entscheidend sein, ob eine Auslandsanlage beibehalten wird oder überhaupt erfolgen soll. Wesentliche Inhalte des Steuerreportings sind folgende grundlegende Punkte: Sämtliche Wertpapiere sind mit der ISIN zu kennzeichnen. Gerade in der Schweiz nennen zahlreiche Banken nur die Schweizer Valorennummer, die nicht kompatibel ist mit der europäischen Kennzeichnung ISIN. Auch ist es wichtig, dass sämtliche Erträge und Werte in Euro dargestellt sind. Es sollte eine Aufteilung nach laufenden Kapitalerträgen und Veräußerungs-/Einlösungsgewinnen erfolgen. Laufende Kapitalerträge sind dabei insbesondere Zinsen, Dividenden und Stillhalteprämien. Veräußerungs- und Einlösungsgewinne sind insbesondere Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, Anleihen und Termingeschäften. Es sollte eine Zuordnung der ausländischen Quellensteuer zu den einzelnen Kapitalerträgen erfolgen. Die länderweise Aufteilung ausländischer Quellensteuer
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§ 11 Erfolgreiche Kapitalanlage nach der Legalisierung kann ab 2009 entfallen. Hilfreich ist jedoch die Beibehaltung einer länderweisen Aufteilung, um etwaige erstattungsfähige ausländische Quellensteuer, die in Deutschland nicht anrechenbar ist, gut erkennen und die entsprechende Erstattung länderbezogen beantragen zu können. Hinsichtlich der Veräußerungsgewinne ist es wichtig, zwischen Gewinnen nach altem Recht (innerhalb der Spekulationsfrist) und Gewinnen nach neuem Recht zu unterscheiden. Dabei sei darauf hingewiesen, dass alte Spekulationsgewinne lediglich noch in 2009 entstehen können. Besonderes Augenmerk verdient die Aufstellung der Verluste. Das deutsche Steuerrecht sieht vor, dass Aktienverluste nur beschränkt verrechenbar sind. Allgemeine Verluste z. B. aus gezahlten Stückzinsen, Termingeschäften und Veräußerung von Investmentfonds sind dagegen mit laufenden Kapitalerträgen und sonstigen Gewinnen verrechenbar. Daher ist es zielführend, wenn im Steuerreporting die Verlusttöpfe nach Aktien und allgemeinen Verlusten dargestellt werden. Optimal ist es, wenn zusätzlich die Gewinne für die Verrechnung von Altverlusten dargestellt sind. Bei dieser Auflistung obliegt es dann dem steuerpflichtigen Anleger bzw. seinem Berater, die steueroptimierte Verrechnung von Verlusten mit laufenden Erträgen und Gewinnen sowie Altverlusten vorzunehmen. Werbungskosten sind in Deutschland mit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht mehr abziehbar. Dennoch sollte ein Ausweis der Gebühren explizit erfolgen, falls sich die Rechtslage ändert. Glattstellungsprämien und Anschaffungsnebenkosten, wie Transaktionskosten bei Kauf und Verkauf von Kapitalanlagen, sind dagegen weiterhin abziehbar und sollten auch Eingang in die Gewinnermittlung und Ertragsermittlung finden. Bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns sollte dargestellt werden, ob es sich um Kapitalanlagen mit oder ohne Bestandsschutz handelt, damit der Anleger und sein Berater vereinfacht die Steuerpflicht der Verkäufe ersehen können. Es sollte darauf geachtet werden, dass in einem optimierten Steuerreporting die ausschüttungsgleichen Erträge und ausgeschütteten Erträge aus Investmentfonds dargestellt sind. Diese weichen in der Regel von den erfolgten Ausschüttungen ab. Beim Kauf und Verkauf von offenen Investmentfonds ist daneben die Darstellung der steuerlichen Bestandteile des Kaufpreises und der Verkaufspreises notwendig, aus denen sich anschließend der steuerliche Veräußerungsgewinn bzw. -verlust ergibt. Dies sind insbesondere der besitzzeitanteilig kumulierte thesaurierte Ertrag, der Zwischengewinn, steuerfrei vorgenommene Ertragsausschüttungen, der Immobiliengewinn etc. Ebenfalls ein besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass die erfolgten deutschen Steuerabzüge auch als deutsche KESt und SolZ dargestellt sind, damit sie im Rahmen der Steuererklärung in Deutschland zu vollem Abzug gelangen. Ebenso ist die EU-Quellensteuer gesondert darzustellen. Für die Anrechnung der deutschen Steuerabzüge ist jedoch darauf zu achten, dass einzelne Steuerbescheinigungen beantragt werden. Unter Beachtung der vorstehenden Punkte sollte ein steueroptimiertes Reporting eine gute Entscheidungsgrundlage für den Anleger sein. Natürlich spielen zahlreiche weitere nicht steuerliche Gründe eine Rolle für oder gegen eine ausländische Kapitalanlage. Dies liegt im Ermessen des Anlegers. Es geht insbesondere um die Frage der Dienstleistung und Kompetenz in der Beratung, in der Höhe der Kosten und der regionalen Nähe zum persönlichen Berater.
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C.
C.
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Gestaltungsüberlegungen für vermögende Kapitalanleger
Gestaltungsüberlegungen für vermögende Kapitalanleger
C.
Private Vermögende können neben Holdingkonstruktionen im Ausland über die Investition in einen eigenen Investmentfonds oder Publikumsfonds nachdenken. Eine solche Fondslösung kann diverse Vorteile bringen: Das sind zum einen die Vorteile, dass eine Buchhaltung über die Kapitalanlage gemacht wird. Thesaurierte Kursgewinne sind bis zur Ausschüttung oder Veräußerung des Fondsanteils steuerfrei. Dagegen steht die restriktive Handhabung des Werbungskostenabzugs. Auch führt die Investition in einen eigenen Investmentfonds zu höheren Kosten als bei der unmittelbaren Kapitalanlage. Eine endgültige Steuerfreiheit solcher Investmentfonds ist dabei aber nicht das Ziel. Ein Abzug von Abgeltungsteuer erfolgt nur, wenn es sich bei einem thesaurierten Investmentfonds um einen deutschen Investmentfonds handelt. Bei einem ausschüttenden Investmentfonds müssen die Anteile auf einem Depot in Deutschland belegen sein. In den anderen Fällen sind die Erträge durch den Anleger bzw. seinen Berater im Rahmen der Steuererklärung anzugeben und der Abgeltungsteuer zu unterwerfen. In jedem Fall ist bei der Fondslösung zu beachten, dass der Fonds die steuerlichen Bekanntmachungen nach deutschem Investmentsteuergesetz erfüllen muss, um nicht intransparent zu sein. Eine weitere Gestaltungsüberlegung betrifft die neuen Aufbewahrungspflichten und die vereinfachte Außenprüfungsmöglichkeit für Hochverdiener. Zunächst ist zu ermitteln, welche Unterlagen den Aufbewahrungspflichten unterliegen. Dies sind alle steuerlich relevanten Belege und Unterlagen, wobei der Gesetzgeber keine Aufzählung vornimmt. Aufbewahrt werden sollten insbesondere folgende Belege und Unterlagen: ■ Steuerbescheinigungen; ■ Verlustbescheinigungen; ■ Nachweise zur EU-Quellensteuer; ■ Erträgnisaufstellungen, die die einzelnen Umsätze und etwaige Steuerabzüge darlegen; ■ Wertpapierabrechnungen, weil sie Anschaffungsdaten enthalten und somit z. B. Ersatzbemessungsgrundlagen korrigiert werden können; ■ Emissionsprospekte, da evtl. Jahre nach der Investition die steuerliche Behandlung zur Diskussion stehen könnte; ■ Buchhaltungsunterlagen, die der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen dienen (z. B. DATEVBelegbuchhaltung, DATEV-Kanzlei-Rechnungswesen, sonstige Excel-Tabelle u. a.). Wurden diese Unterlagen auch digital für die Erstellung der Steuererklärung genutzt, sind sie für eine digitale Außenprüfung vorzuhalten. Hier kann sich eine Absprache mit der jeweiligen Bank oder dem Vermögensverwalter und dem Steuerberater empfehlen, wer die Aufbewahrung und digitale Vorhaltung der Unterlagen vornimmt.
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§ 12 Schwarzgeld aus Sicht des Steuerberaters 1
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A.
3 4
Steuerberatung ist eine potentiell gefahrgeneigte Tätigkeit.1 Das Steuerrecht ist für den Laien undurchsichtig2 und selbst für Profis nur schwer zu durchschauen. Beratungsfehler können zivilrechtliche Haftungsansprüche des Mandanten auslösen. Verletzt der Steuerberater seine beruflichen Pflichten, kann dies zudem straf- und berufsrechtliche Folgen haben. Die Beratung von Mandanten mit nicht deklariertem Vermögen im Ausland ist besonders risikoreiches Betätigungsfeld. Im Folgenden stellen wir die typischen Probleme dar.
A.
Strafrechtliche Risiken
I.
Beteiligung an der Steuerhinterziehung des Mandanten
Begeht ein steuerlich beratener Mandant eine Steuerstraftat, stellt sich die Frage nach der Beteiligung des Steuerberaters. Der Steuerberater kann Täter, Anstifter oder Gehilfe der vom Mandanten begangenen Steuerhinterziehung oder an dieser nicht beteiligt sein.
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Täterschaft
Macht der Steuerberater selbst gegenüber dem Finanzamt unrichtige oder unvollständige Angaben, begeht er möglicherweise als Täter eine Steuerhinterziehung. Das kann vor allem bei Steuerklärungen vorkommen, bei denen die eigenhändige Unterschrift des Steuerpflichtigen nicht vorgeschrieben ist, zum Beispiel bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Die Einkommensteuererklärung muss der Steuerpflichtige hingegen selbst unterschreiben.3 Der Steuerberater kann sich auch durch unrichtige Angaben in einem Begleitschreiben zur vom Mandanten unterzeichneten Steuererklärung strafbar machen. Strafrechtlich unerheblich ist der sogenannte Mitwirkungsvermerk.4 Hat der Steuerberater vertraglich die Verpflichtung zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Mandanten übernommen, kann er auch den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen erfüllen, wenn er es vorsätzlich unterlässt, die steuerlichen Pflichten des Mandanten zu erfüllen.5 Einen nur allgemein mit der Beratung und Vertretung beauftragten Steuerberater trifft kraft Gesetzes keine Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen für seinen Mandanten.6 Auch wenn der Steuerberater selbst keine Erklärung abgibt, kann er sich wegen einer in Mittäterschaft begangenen Steuerhinterziehung strafbar machen. Dies setzt voraus, dass ihm die vom Mandanten abgegebene unrichtige oder unvollständige Erklärung strafrechtlich zugerechnet werden kann, weil Steuerberater und Mandant auf Grund eines gemeinsamen Tatplans arbeitsteilig an der Tatausführung zusammenwirken. 1 2 3 4 5 6
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Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2862. BGH IX ZR 215/95 vom 14.11.1996, NJW 1997, 518. § 25 Abs. 3 S. 4 EStG. Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2941. Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2933 (str.). Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 370, Rn 173.
A. Strafrechtliche Risiken Extrem selten sind Fälle der in mittelbarer Täterschaft begangenen Steuerhinterziehung.7 Eine solche liegt vor, wenn nur der Berater Verkürzungsvorsatz hat, der Steuerpflichtige hingegen lediglich leichtfertig handelt.
2.
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Anstiftung
Ein Steuerberater, der vorsätzlich bei seinem Mandanten die Idee zur Begehung einer Steuerhinterziehung weckt, macht sich wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung strafbar, wenn es zu einer Steuerhinterziehung durch den Mandanten kommt.8
11
> Beispiel Mandant M ist entsetzt über die hohe Steuerlast in VZ 2005. Steuerberater S regt daraufhin die Errichtung einer Liechtensteinischen Stiftung durch M an. Das eingebrachte Vermögen sei dann dem Blick des deutschen Fiskus entzogen. M müsse die Erträge dann nicht mehr in seiner Steuererklärung angeben. M, der sich bis dahin über Möglichkeiten der illegalen Steuerersparnis keinerlei Gedanken gemacht hatte, folgt diesem Rat. Hier macht sich S wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung strafbar.
3.
12
Beihilfe
In hohem Maße praxisrelevant ist die Beihilfe des Steuerberaters zu der vom Mandanten begangenen Steuerhinterziehung. Wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat, begeht eine strafbare Beihilfe zu dessen Tat.9 Die möglichen Folgen sollten ernstgenommen werden. Beihilfe zur Steuerhinterziehung kann mit Freiheitsstrafe bis zu maximal 7 Jahren und 6 Monaten bestraft werden, wenn ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt.10
a)
Allgemeines 15
Berufstypische Handlungen
Auch berufstypische Handlungen des Steuerberaters können Beihilfehandlungen sein. Eine generelle Straflosigkeit von „neutralen“, „berufstypischen“ oder „professionell adäquaten“ Handlungen lehnt die Rechtsprechung ab.13 Insbesondere folgende Tätigkeiten des Steuerberaters kommen als Beihilfehandlung für Steuerstraftaten des Mandanten in Betracht; ob der Steuerberater dabei gutgläubig oder bösgläubig ist, spielt an dieser Stelle noch keine Rolle: 7 8 9 10 11 12 13
14
12
Voraussetzung für die Strafbarkeit wegen Beihilfe ist eine vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat. Der Gehilfe muss diese durch seine Handlung objektiv gefördert haben. Die Handlung muss nicht ursächlich für den Erfolg sein.11 Ausreichend ist es zum Beispiel, wenn der Haupttäter in seinem Tatentschluss bestärkt (sogenannte psychische Beihilfe).12
b)
13
Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2944. §§ 369 Abs. 2, 370 AO Abs. 1 AO, 26 StGB. §§ 369 Abs. 2 AO, 27 StGB. §§ 369 Abs. 2 AO, 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Fischer, StGB, § 27 Rn 14. Fischer, StGB, § 27 Rn 11 BGH vom 01.08.2000, 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107.
177
16
12
§ 12 Schwarzgeld aus Sicht des Steuerberaters ■ ■ ■ ■ ■ ■
c) 17
18
19
12 20
21
Erstellung unrichtiger Aufzeichnungen oder Belege;14 Ermittlung eines zu niedrigen Gewinns oder Überschusses; Erstellung einer inhaltlich unrichtigen Steuererklärung oder –anmeldung; Hilfe beim Vermögenstransfer ins Ausland; Ausübung von Strohmannfunktionen; Erteilung von steuerlichem Rat.
Vorsatz
Das Vorliegen einer objektiven Beihilfehandlung führt allein nicht zur Strafbarkeit. Der Gehilfe muss ferner die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennen und in dem Bewusstsein handeln, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen. Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden möchte, ist nicht entscheidend.15 Nach allgemeinen Strafbarkeitsgrundsätzen reicht es für die Strafbarkeit wegen Beihilfe aus, wenn der Handelnde es auch nur für möglich hält, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, und er dies billigend in Kauf nimmt.16 Dies würde die Strafbarkeitsrisiken bei berufstypischen Handlungen, äußerlich neutralen Handlungen von Steuerberatern und anderen Berufsgruppen in erheblicher Weise ausweiten. Der BGH begrenzt daher für solche Fälle zu Recht die Strafbarkeit und hat hierzu folgende Grundsätze aufgestellt:17 ■ Weiß der Hilfeleistende, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf abzielt, eine strafbare Handlung zu begehen, liegt Beihilfe vor. ■ Hält der Hilfeleistende es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ.18 Häufig wird sich nicht ermitteln lassen, inwieweit der Gehilfe in die Absichten des Haupttäters eingeweiht war, zumal beiden als Beschuldigten ein Schweigerecht zusteht.19 In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass aus den äußeren Umständen auf die Kenntnis des Gehilfen der Tatgeneigtheit des Haupttäters geschlossen wird. Solche äußeren Umstände sind insbesondere Tätigkeiten, die von üblichen Handlungsweisen abweichen und sich sinnvoll nur durch die Absicht Straftaten zu begehen, erklären lassen. Einzelheiten zur Beihilfe des Steuerberaters sind hochumstritten. ■ Teilweise wird vertreten, dass sich der Steuerberater bereits dann strafbar macht, wenn er eine Steuererklärung einreicht, an deren Richtigkeit er zweifelt.20 Das dürfte zu weitgehend sein.
14 15 16 17 18 19 20
178
BGH StbSt (R) 6/97 vom 15.12.1997, HFR 1998, 1025. BGH vom 01.08.2000, 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107. vgl. Fischer, StGB, § 15 Rn 9a ff; § 27 Rn 20. BGH 5 StR 624/99 vom 01.08.2000, BGHSt 46, 107. BGH 5 StR 624/99 vom 01.08.2000, BGHSt 46, 107. §§ 385 Abs. 1 AO, 136 Abs. 1 S. 2 StPO. vgl. die Nachweise bei Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2963.
A. Strafrechtliche Risiken ■
■ ■
■
d)
12
Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung macht sich ein Steuerberater strafbar, der die Zeile über die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach den Angaben des Steuerpflichtigen wider besseres Wissen ausfüllt.21 Ungeklärt ist, ob sich ein Steuerberater strafbar macht, der lediglich eine vom Mandanten ausgefüllte, vom Steuerberater als unrichtig erkannte Steuererklärung an das Finanzamt weiterleitet. Keine Beihilfe zur Steuerhinterziehung dürfte vorliegen, wenn der Steuerberater die Steuererklärung des Mandanten vorbereitet, den Mandanten aber bittet, die Angaben zur Höhe der Kapitaleinkünfte selbst auszufüllen, weil er an der Richtigkeit der Angaben zweifelt.22 Der Mitwirkungsvermerk des Steuerberaters in der Steuererklärung ist strafrechtlich ohne Belang.23
Strafrechtliche Verjährung
Einzelheiten zur strafrechtlichen Verjährung der Beihilfe zur Steuerhinterziehung sind ungeklärt. Der Gehilfe muss mit einer sehr langen Verjährungsdauer rechnen, die sogar über diejenige des Haupttäters hinausgehen kann. Grundsätzlich beträgt die strafrechtliche Verjährungsfrist bei der Beihilfe zur Steuerhinterziehung fünf Jahre.24 Bei Vorliegen eines benannten besonders schweren Falls der Beihilfe zur Steuerhinterziehung beträgt die strafrechtliche Verjährungsfrist zehn Jahre.25 Die Problematik liegt darin, dass die Verjährung der Beilhilfe erst mit Beendigung der Haupttat zu laufen beginnt.26 Häufig liegt aber bei Steuerhinterziehungsdelikten nur eine einzige Beihilfehandlung vor (zum Beispiel Unterstützung beim anonymen Vermögenstransfer ins Ausland), die sich in den Folgejahren auf mehrere Haupttaten auswirkt. Hier wird teilweise vertreten, dass die Verjährung der Beihilfetat erst mit Beendigung der letzten Haupttat zu laufen beginnt. Das bedeutet im Ergebnis, dass der Gehilfe strafrechtlich sogar länger haftet als der Haupttäter.
22
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12
> Beispiel Steuerberater S hilft seinem Mandanten M in 00 beim anonymen Vermögenstransfer ins Ausland. S weiß, dass M die im Ausland erzielten Kapitalerträge in den Folgejahren nicht in seinen Steuererklärungen angeben wird. M gibt die erzielten Kapitalerträge in den Jahren 00 bis 15 nicht an. Die Bekanntgabe der Steuerbescheide erfolgt jeweils zum 01.08. des Folgejahres. In VZ 16 verliert M das gesamte Kapital durch ein riskantes Investment. Aus Sicht des Haupttäters M beginnt jeweils am 01.08. die strafrechtliche Verjährungsfrist für die in Bezug auf das Vorjahr begangene Steuerhinterziehung. Daher wäre die Steuerhinterziehung des M für VZ 00 bereits am 31.07.2006 strafrechtlich verjährt. Für die in 00 liegende, einmalige Beihilfehandlung des S würde die strafrechtliche Verjährung nach der vorgenannten Ansicht hingegen erst mit Beendigung der letzten Tat des M zu laufen beginnen, also am 01.08.16 (!). Dieses Ergebnis wird zu Recht als unbefriedigend empfunden. In der Literatur wird mit unterschiedlichen dogmatischen Figuren versucht, die unter Umständen unabsehbar lange Strafbarkeit des Gehilfen zu begrenzen.27 Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass Beihilfe zur Steuerhinterziehung nur im Hinblick auf einen einzigen Veranlagungszeitraum möglich sei. 21 22 23 24 25 26 27
Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2963. Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 2954. Rn 7. §§ 369 Abs. 2 AO, 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB. § 376 Abs. 1 AO. BGH vom 11.06.1965, 2 StR 187/65, BGHSt 20, 227. Ausführlich Pelz, wistra 2001, 11ff.
179
26
12 27
§ 12 Schwarzgeld aus Sicht des Steuerberaters Solange der BGH sich hierzu nicht geäußert hat, besteht Rechtsunsicherheit. Bei der Präventivberatung sollte zur Vermeidung strafrechtlicher Risiken im Zweifelsfall davon ausgegangen werden, dass strafrechtliche Verjährung nicht eingetreten ist.
e) 28
29
Der Gehilfe einer Steuerhinterziehung haftet für die hinterzogene Steuern sowie die Hinterziehungszinsen.28 Vor Erlass eines Haftungsbescheids gegen Steuerberater ist die Steuerberaterkammer zu hören.29 Dies ist aus Sicht des Steuerberaters eine ambivalente Regelung. Einerseits bietet sie gewissen Schutz vor dem voreiligen Erlass von Haftungsbescheiden. Andererseits ist eine entsprechende Mitteilung an die Steuerberaterkammer stets mit der Gefahr eines Reputationsverlustes verbunden. Auf berufsrechtliche Folgen von Steuerstraftaten durch Steuerberater wurde an anderer Stelle bereits eingegangen.30
II. 30
12
32
Vermögensverlagerung und -umstrukturierung
Wie gezeigt, suchen einige Schwarzgeldanleger ihr Heil in Vermögensverlagerungen in vermeintlich sichere Staaten bzw. in Vermögensumstrukturierungen.31 Die Unterstützung solcher Handlungen durch den Steuerberater kann eine Straftat sein.
1. 31
Sonstige Rechtsfolgen
Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Hat eine Vermögensverlagerung den Zweck, steuerpflichtige Erträge auch künftig vor dem Fiskus zu verstecken, stellt die wissentliche Unterstützung solcher Vermögensverlagerungen durch Rat und Tat eine strafbare Beihilfe zur Steuerhinterziehung dar. Wer den Steuerpflichtigen überhaupt erst auf eine solche Idee bringt, begeht eine Anstiftung zur Steuerhinterziehung. Hilfe bei der Vermögensumstrukturierung, mit der Erträge für die Zukunft steuerfrei gestellt werden (sollen), kann ebenfalls eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung darstellen. Entsprechende Unterstützungshandlungen könnten als zumindest psychische Beihilfe zur Steuerhinterziehung gewertet werden, da der Steuerpflichtige unter Umständen bestärkt wird, zumindest für das laufende Jahr Erträge pflichtwidrig nicht der Besteuerung zu unterwerfen. > Beispiel Mandant M erwägt die Legalisierung seines im Ausland befindlichen Vermögens durch Abgabe einer Selbstanzeige, ist sich aber nicht sicher. Im September 2009 bitter er hierzu Steuerberater S um Rat. S rät von der Abgabe einer Selbstanzeige ab. Besser sei es, das Kapital in Zerobonds anzulegen. Nach Eintritt der steuerlichen Festsetzungsverjährung müsse M dann nämlich für die Altjahre überhaupt keine Steuern nachzahlen. Das leuchtet M ein. Er schichtet sein Vermögen im Dezember 2009 entsprechend um. In der am 25.06.2010 für VZ 2009 abgegebenen Steuererklärung gibt M die von Januar bis November 2009 im Ausland erzielten Zinserträge nicht an.
28 29 30 31
180
§ 71 AO. § 191 Abs. 2 AO. § 6 Rn 129. § 9.
A. Strafrechtliche Risiken Der Steuerberater ist zwar strafrechtlich nicht verpflichtet, den Mandanten zu einer Selbstanzeige zu bewegen.32 Bestärkt er aber den Mandanten in seinem Entschluss zur Begehung einer Steuerhinterziehung, kann hierin eine strafbare Beihilfehandlung liegen.
2.
33
Begünstigung
Wer Hilfe bei der Vermögensumstrukturierung bzw. -verlagerung leistet, begeht möglicherweise eine strafbare Begünstigung nach § 257 StGB.33 Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer einem anderem, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern. Eine strafbare Begünstigung kann vorliegen, wenn der Steuerberater den Mandanten bei einer Vermögensumstrukturierung oder -verlagerung in der Absicht unterstützt, die Existenz des Vermögens vor dem Fiskus zu verbergen. In diesem Fall wäre im Schwarzgeld ein Vorteil im Sinne des § 257 StGB enthalten, und zwar in Höhe der zu niedrigen Steuerfestsetzung.34 Wer bereits Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet hat, wird nicht wegen Begünstigung bestraft.35
3.
34
35
36
Geldwäsche
Soweit der Mandant durch eine gewerbs- oder bandenmäßig begangene Steuerhinterziehung steuerliche Aufwendungen erspart hat, kann die Hilfe bei Vermögensverlagerung bzw. -umstrukturierung den Straftatbestand der Geldwäsche erfüllen.36 In dem Schwarzgeldvermögen kann nämlich in Höhe ersparter Steueraufwendungen ein geldwäschetauglicher Anteil enthalten sein. Die Tathandlung kann in der Erschwerung des Auffindens des Schwarzgeldes liegen,37 zudem wird das kontaminierte Vermögen zumindest in den Verlagerungsfällen einem Dritten (der empfangenden Bank) verschafft.38 In beiden Fällen muss der Steuerberater nicht einmal vorsätzlich handeln, denn auch leichtfertige Geldwäsche ist strafbar.39 Einzelheiten zur Strafbarkeit wegen Geldwäsche, insbesondere im Zusammenhang mit ersparten steuerlichen Aufwendungen, sind hochumstritten.40
III.
37
38
12 39
Folgerungen für die Beratungspraxis
Aus den vorstehenden Ausführungen ergeben sich einige Überlegungen, die der Steuerberater zur Minimierung seiner eigenen strafrechtlichen Risiken stets im Hinterkopf haben sollte:41 ■ Der Steuerberater sollte den rechtlichen Rahmen beachten. ■ Der Steuerberater sollte seine Unabhängigkeit bewahren. Ist er einmal in illegale Aktivitäten des Mandanten verstrickt, ist es schwer, dem Mandanten weitere Hilfestellung zu verweigern. 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41
12
BGH vom 20.12.1995, 5 StR 412/95, wistra 1996, 184. Jäger, Anmerkung zu BGH 5 StR 624/99, wistra 2000, 344 (346). BGH vom 26.10.1998, 5 StR 746/97, wistra 1999, 103. § 257 Abs. 3 StGB. § 261 Abs. 1 S. Nr. 4 Buchstabe b), S. 3 AO. § 261 Abs. 1 S.1 i.V.m. S. 2 Nr. 4 Buchstabe b), S. 3 StGB. § 261 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. StGB. § 261 Abs. 5 StGB. vgl. umfangreiche Literaturnachweise bei Fischer, StGB § 261 Rn 1c. vgl. Gotzens, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 3018 ff.
181
40
12
§ 12 Schwarzgeld aus Sicht des Steuerberaters ■ ■
■ ■
■
■ ■
B. 41
B.
42
43
Selbstanzeigeberatung
In diesem Abschnitt befassen wir uns mit weiteren Aspekten der Selbstanzeigeberatung aus Sicht des Steuerberaters, die nicht bereits an anderer Stelle Erwähnung gefunden haben.
I.
12
Distanz zum Mandanten ist sinnvoll; er ist im Konfliktfall der erste Belastungszeuge. Der Steuerberater sollte seine Gutgläubigkeit im Hinblick auf die Steuerehrlichkeit des Mandanten so weit wie möglich erhalten. Ist dies nicht möglich, sollte er auf den förmlichen Tatbeitrag verzichten und den problematischen Erklärungspunkt dem Mandanten überlassen. Brisante Sachverhalte sollten stillschweigend aus dem Beratungsverhältnis ausgeklammert werden. Wer positiv weiß, dass der Mandant Steuern hinterzieht, sollte sich hieran nicht beteiligen. Vom Mandanten gewünschte Hilfestellung bei erkennbar illegalem Verhalten sollte der Steuerberater mit Eindeutigkeit ablehnen. Eine Gratwanderung ist die Beratung von Mandanten, bei denen der Steuerberater die Begehung von Steuerstraftaten für möglich hält. Richtig ist zwar, dass der Steuerberater Interessenvertreter des Mandanten ist und diesem nicht mit Misstrauen begegnen muss. Erhöhte Vorsicht ist allerdings bei erkennbar unrichtigen Angaben des Mandanten geboten. Vom Mandanten vorgelegte Richtigkeits- und Vollständigkeitserklärungen (zum Beispiel in Bezug auf Kapitalerträge) können die strafrechtlichen Risiken des Steuerberaters minimieren. Es besteht keine Verpflichtung des steuerlichen Beraters, bei festgestellter Steuerunehrlichkeit des Mandanten das Mandat niederzulegen. Zu erwägen ist ein solcher Schritt dennoch. Das bedeutet nicht, den Mandanten im Regen stehen zu lassen. Der Steuerberater kann bei der Auswahl eines Berufskollegen für die weitere steuerliche und steuerstrafrechtliche Betreuung behilflich sein.
Zivilrechtliche Haftung
Wer als Steuerberater bei der Vorbereitung und Abgabe der Selbstanzeige einen Beratungsfehler begeht, macht sich gegebenenfalls schadenersatzpflichtig. Bei der Beratung gilt das Gebot des sichersten Wegs.42 Für den Bereich der Selbstanzeigenberatung sind folgende Punkte hervorzuheben: Ein Steuerberater, der seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit zur Abgabe einer Selbstanzeige hinweist, kann einen Beratungsfehler begehen, der gegebenenfalls zum Schadenersatz verpflichtet.43 Einzelheiten sind allerdings umstritten. Fraglich ist insbesondere, ob der Steuerberater Vermögensschäden ersetzen muss, die der Mandant erleidet, weil er wegen unterbliebenem Hinweis auf die Möglichkeit der Selbstanzeige eine solche unterlässt und die Tat später entdeckt wird. Kann der Mandant in diesem Fall die wirtschaftlichen Folgen einer strafrechtlichen Sanktion (Geldstrafe, Verdienstausfall im Fall der Freiheitsstrafe etc.) auf den Berater abwälzen? Teilweise wird dies mit der Begründung verneint, der Grund für die strafrechtliche Sanktion sei die Steuerhinterziehung, nicht die fehlerhafte Beratung. Ähnlich argumentieren Teile der Rechtsprechung. Danach soll ein Mandant die steuerstrafrechtliche Folgen einer vorsätzlich begangenen Steuerhinterziehung grundsätzlich nicht auf seinen Berater abwälzen können.44 Letztlich ist die Frage durch die Rechtsprechung noch nicht entschieden. 42 BGH vom 21.09.2000, IX ZR 127/99, WM 2000, 2431 (2435). 43 vgl. BGH vom 31.01.1957, II ZR 41/56, BGHZ 23, 222. 44 BGH vom 14.11.2996, IX ZR 215/95, NJW 1997, 518; LG München vom 25.01.2008, I 20 O 5659/06, DStR 2008, 1802 (1803).
182
B.
Selbstanzeigeberatung
Kein Schadensersatzanspruch besteht, wenn der Mandant infolge eines Beratungsfehlers eine Selbstanzeige abgibt, dies bei ordnungsgemäßer Beratung aber unterlassen hätte. Neben normativen Gründen spricht gegen eine Schadenersatzpflicht insbesondere, dass der Mandant hier keinen Schaden erlitten hat. Bereits vor Abgabe der Selbstanzeige bestand nämlich ein Anspruch des Fiskus auf Steuer- und Zinszahlung, auch wenn dieser kaum werthaltig gewesen sein mag.
12 44
> Beispiel Steuerberater S gibt eine Selbstanzeige für M ab, in der Einkünfte aus Kapitalerträgen nacherklärt werden. S übersieht, dass die Schwarzgeldanlage aus einer steuerlich nicht verjährten Schenkung stammt. Es fällt zusätzlich Schenkungsteuer in Höhe von 200.000 Euro an. Hätte S den M darüber aufgeklärt, hätte dieser keine Selbstanzeige abgegeben. Die dritte wichtige Fallgruppe sind Schadensersatzansprüche im Fall der verunglückten Selbstanzeige auf Grund eines Beratungsfehlers.
45
> Beispiel Mandant M hat in VZ 2005 Ertragsteuern in Höhe von 200.000 Euro hinterzogen, die aus Investmentfondserträgen stammen. Infolge eines Berechnungsfehlers erklärt Steuerberater S für M lediglich 50.000 Euro nach. In Höhe von 100.000 Euro ist die Selbstanzeige unwirksam. M wird zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Wie in der ersten Fallgruppe könnte man argumentieren, dass der Grund für die Strafe nicht die missglückte Selbstanzeige, sondern die Steuerhinterziehung sei; eine Abwälzung der Strafe auf den Berater aus normativen Gründen sei nicht möglich. Das überzeugt nicht. Wer sich für die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit entscheidet und auf dem Weg dorthin infolge fehlerhafter Beratung einen Schaden erleidet, verdient den Schutz der Rechtsordnung. Die nachzuzahlenden Steuern und Hinterziehungszinsen sind allerdings niemals ersatzfähiger Schaden. Die Steuern hätte der Steuerpflichtige bei ordnungsgemäßen Verhalten ohnehin zahlen müssen, die Zinsen decken lediglich den Schaden des Fiskus ab, der durch die verzögerte Zahlung entstanden ist.45
II.
46
47
12
Selbstanzeige in eigener Sache
Die Möglichkeit der Selbstanzeige steht auch dem Berater als Gehilfen offen. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu beachten: Soweit der Steuerberater die steuerlichen Verhältnisse des Mandanten nicht kennt (etwa weil er den Mandanten nicht oder nicht mehr steuerlich berät), reicht es für die Wirksamkeit der Selbstanzeige, wenn er seinen eigenen Tatbeitrag offenlegt. Die Lieferung von Zahlenmaterial ist dann nicht erforderlich.46 Der Steuerberater ist Berufsgeheimnisträger im Sinne des § 203 StGB. Dennoch steht der Aspekt der Mandantentreue der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige nicht entgegen. Das gilt auch dann, wenn sich der Mandant der Selbstanzeige nicht anschließt.47 Voraussetzung ist allerdings, dass der Steuerberater vor Abgabe der Selbstanzeige den Mandanten unterrichtet. Ist auch der Mandant zur Abgabe der Selbstanzeige bereit, muss die Beteiligung des Steuerberaters nicht offengelegt werden. Um berufsrechtliche Folgen für den Steuerberater zu vermeiden, kann die 45 Bilsdorfer, INF 1995, 6 (12). 46 § 8 Rn 22. 47 Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 Rn 86.
183
48 49
50
51 52
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53
54
§ 12 Schwarzgeld aus Sicht des Steuerberaters Abgabe der Selbstanzeige durch den Mandanten in eigenem Namen und zugleich – was möglich ist48 – in verdeckter Vertretung für den Steuerberater sinnvoll sein. Die Vertretungsmacht sollte durch ein entsprechendes Dokument bereits vor Abgabe der Selbstanzeige nachweisbar erteilt worden sein, weil eine nachträgliche Genehmigung nicht möglich ist. Die steuerliche Haftung des Steuerberaters als Gehilfen gemäß § 71 AO bleibt auch bei Abgabe einer Selbstanzeige bestehen. Kann das Finanzamt daher die ausstehenden Steuern und Zinsen nicht beim Steuerpflichtigen selbst eintreiben, wird es sich ggf. an den tatbeteiligten Steuerberater wenden. Vor Abgabe einer Selbstanzeige durch den Steuerberater sind etwaige berufsrechtliche Folgen zu bedenken. Die Selbstanzeige schließt die berufsrechtliche Sanktionierung nicht aus. Der Steuerberater sollte ferner frühzeitig bedenken, dass vor Erlass eines Haftungsbescheides zwingend die Steuerberaterkammer angehört werden muss und sie auf diese Weise von der Berufspflichtverletzung des Steuerberaters Kenntnis erlangen könnte.49
12
48 Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 Rn 82. 49 § 191 Abs. 2 AO.
184
13
§ 13 Schwarzgeld aus Sicht von Banken und Bankmitarbeitern Die Bemühungen auf nationaler und internationaler Ebene gegen internationale Steuerhinterziehung haben nicht nur Kapitalanleger in Unruhe versetzt. Auch Banker im Inland und Ausland sind von der Entwicklung betroffen. Banken in einigen Steueroasen haben dabei vor allem mit wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen, weil ein bedeutender Teil der Schwarzgeldanleger das Vermögen aus diesen Staaten abzieht. Für Inlandsbanken stellt sich die Situation genau umgekehrt dar. Für sie bietet die derzeitige Legalisierungswelle wirtschaftliche Chancen, weil die Bereitschaft unter Anlegern zur „Repatriierung“ des Auslandsvermögens zunimmt. Gemeinsam ist Bankern im In- wie Ausland, dass auch für sie strafrechtliche Risiken im Zusammenhang mit Schwarzgeldvermögen bestehen (A.). Banker können – wie jeder Gehilfe – eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben (B.). Ein sensibles Thema sind steuerliche und steuerstrafrechtliche Ermittlungen bei Banken im Zusammenhang mit Schwarzgeldanlagen ihrer Kunden (C.). Wir gehen schließlich der Frage nach, inwieweit sich Banken durch pflichtwidriges Verhalten schadenersatzpflichtig machen können (D.).
A.
Strafrechtliche Risiken
I.
Beihilfe zur Steuerhinterziehung 3
13 4
Tathandlungen
Auch für die Beihilfestrafbarkeit des Bankmitarbeiters gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu berufstypischen Handlungen.3 Typische Beihilfehandlungen im Bankenbereich sind: ■ Unterstützung von Kunden beim anonymen Vermögenstransfer ins Ausland; ■ Abwicklung von Kundenaufträgen über CpD-Konten trotz feststehender Identität des Kunden; 1 2 3
2
A.
Bankmitarbeiter können sich wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Kunden strafbar machen. Das Risiko der Strafverfolgung ist ernstzunehmen. Ermittlungsverfahren gegen Bankmitarbeiter wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gehören zwar nicht unbedingt zum Tagesgeschäft der Strafverfolgungsbehörden. Dennoch gerieten in der Vergangenheit Banken und deren Mitarbeiter wiederholt in den Fokus der Ermittlungsbehörden. Zuletzt nahm die Staatsanwaltschaft Mannheim im Mai 2009 Ermittlungen gegen zwei Personen auf, die in der Stuttgarter Filiale einer Schweizer Großbank tätig sind.1 Im Zug der Liechtensteiner Steueraffäre leitete die Staatsanwaltschaft Bochum Ermittlungsverfahren gegen drei Mitarbeiter einer deutschen Privatbank ein.2 Strafrechtliche Verurteilungen von Bankmitarbeitern wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung sind selten, aber es gibt sie. Es dürfte ein großes Dunkelfeld existieren, weil Banken wegen möglicher Reputationsschäden erhebliches Interesse an einer geräuscharmen Erledigung solcher Verfahren haben.
1.
1
Wirtschaftswoche vom 22.05.2009, UBS-Kunden im Visier der deutschen Steuerfahndung. Die Welt vom 21.02.2008, Fahnder ermitteln gegen mehrere Bankmanager. BGH vom 01.08.2000, 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107.
185
5 6
13
§ 13 ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
Schwarzgeld aus Sicht von Banken und Bankmitarbeitern
Einrichtung von Zebra-Konten;4 Eröffnung von Konten bzw. Depots unter falschem Namen; Einlösung von Kupons aus Tafelpapieren des Kunden im Ausland mit anschließender Aushändigung der Zinsen an den Kunden;5 Organisation oder Vermittlung von Bargeldtransporten über die Grenze; Organisation und/oder Abwicklung des sogenannten „Cash Matching“;6 Aufsetzen sogenannter „Repatriierungsmodelle“; Rat an den Kunden, keine elektronischen Spuren zu hinterlassen und Geld mit dem Koffer über die Grenze zu schaffen.7
> Beispiel Ein Sparkassenmitarbeiter unterstützt mehrere Kunden beim anonymen Kapitaltransfer ins Ausland. Unter Anleitung des Mitarbeiters hob der jeweilige Kunde zunächst den gewünschten Betrag von seinem Konto bei der Sparkasse in bar ab, dann zahlte er ihn – ohne den Betrag selbst in Händen zu halten – sofort wieder per Zahlschein auf ein Cpd-Konto der Auslandsbank ein. Auf dem Einzahlungsbeleg war anstelle des Kundennamens ein vom Mitarbeiter zuvor erfragtes Codewort oder eine Referenz- oder Kontonummer der Auslandsbank eingetragen worden. Dadurch wurde die spätere Zuordnung des Betrages zu den jeweiligen Kunden ermöglicht.8 7
Den vorstehenden Beispielen steht der dolose Charakter sozusagen „auf die Stirn geschrieben“. Jedoch kann auch eine äußerlich neutrale Handlung des Bankmitarbeiters eine strafbare Beihilfehandlung sein, wenn sie die Steuerstraftat des Kunden objektiv fördert und der Bankmitarbeiter dies sicher weiß.9 Die bloße Verwaltung eines Kontos oder Depots für den Kunden ist bei entsprechender Wissen des Bankmitarbeiters um die Steuerhinterziehung des Kunden ebenso eine strafbare Beihilfe wie die Empfehlung zur Errichtung einer Stiftung oder der Rat, einen Lebensversicherungsmantel um schwarzes Kapital zu legen.
2. 13
8
Tatort
Strafbarkeit ist eine Beihilfehandlung auch dann, wenn der Bankmitarbeiter im Ausland handelt. Nach deutschem Recht gilt eine im Ausland begangene Beihilfehandlung als in Deutschland begangen und ist hier strafbar, wenn der Taterfolg (d. h. die Steuerverkürzung) in Deutschland eintritt.10 Ob die Handlung im dem Staat strafbar ist, in dem sie begangen wurde, spielt keine Rolle. Dies sollte insbesondere in Deutschland wohnende Grenzpendler mit ausländischem Beschäftigungsort bewusst sein.
4
Hier werden zeitgleich ein weißes (deklariertes) und ein schwarzes Konto eröffnet. Die Belege des weißen Kontos werden anschließend verwendet, um Schwarzgeld über die Grenze zu bringen. 5 OLG Oldenburg Ss 8/05 (I21) vom 04.04.2005, wistra 2005, 352. 6 Ausführlich zum „Catch Matching“ Rn 23. 7 Beispiele teilweise nach Sahan/Ruhmannseder, IStR 2009, 715 (716). 8 vgl. BGH 5 StR 624/99 vom 01.08.2000, BGHSt 46, 107. 9 BGH 5 StR 624/99 vom 01.08.2000, BGHSt 46, 107. 10 §§ 369 Abs. 2 AO, 3, 9 Abs. 1 3. Alt, Abs. 2 StGB
186
13
A. Strafrechtliche Risiken
3.
Rechtsfolgen
a)
Strafrecht
Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung kann mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten, in besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung mit Freiheitsstrafe bis zu 7 Jahren und 6 Monaten bestraft werden.11
b)
Ordnungswidrigkeitenrecht
Wer es als Vorstandsmitglied einer Bank pflichtwidrig versäumt, Vorkehrungen gegen die Begehung von Straftaten in dem Kreditinstitut zu verhindern, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer empfindlichen Geldbuße belegt werden.12 In diesem Fall ist zudem die Verhängung einer Geldbuße gegen das Kreditinstitut selbst möglich.13
c)
10
Steuerliche Haftung
Gemäß § 71 AO haftet der Gehilfe einer Steuerhinterziehung für die hinterzogenen Steuern. Die wirksame Abgabe einer Selbstanzeige beseitigt die Haftung nach § 71 AO nicht.14 Die steuerliche Haftung stellt für Bankmitarbeiter ein erhebliches finanzielles Risiko dar, weil sie für die vom Kunden hinterzogenen Steuern selbst einstehen müssen, sofern dieser zur Zahlung wirtschaftlich nicht in der Lage ist.15 Wie weitgehend die steuerliche Haftung möglicherweise gehen kann, zeigen mehrere inhaltsgleiche Entscheidungen des FG Düsseldorf vom 10.02.2009.16 Das FG Düsseldorf erließ gegen mehrere Mitarbeiter einer Bank (darunter den Leiter des Referats Kassen- und Tresorverwaltung sowie den Leiter der Werpapierabteilung), die Kunden durch anonymisierten Transfer von Bargeld und Wertpapieren ins Ausland vor Einführung der Zinsabschlagsteuer Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben sollen, steuerliche Haftungsbescheide. Die Besonderheit bestand darin, dass ein Teil der Kunden, auf die sich die Haftungsbescheide erstreckten, überhaupt nicht identifiziert werden konnte. Insofern schloss das FG Düsseldorf aus dem Anteil der Steuerhinterzieher bei den enttarnten Kunden (94 %) auf vergleichbare Verhältnisse bei den nicht enttarnten Kunden und nahm hinsichtlich der Höhe der hinterzogenen Steuern eine Schätzung nach § 162 AO vor. Dabei ging das FG vom Nennwert der transferierten Wertpapiere, einem durchschnittlichen Kapitalertrag i.H.v. 8 % sowie einem durchschnittlichen Steuersatz von 35 % aus und nahm einen Abschlag von 25 % vor. Der BFH hat mit Beschluss vom 16.07.2009 die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids angeordnet, weil ernsthaft zweifelhaft sei, welche Auswirkung es auf die Haftung nach § 71 AO habe, wenn die mutmaßlichen Täter einer Steuerhinterziehung nicht ermittelt werden können und folglich nicht individuell festgestellt werden kann, ob eine Steuerhinterziehung überhaupt begangen ist und
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9
§§ 370 Abs. 1 und 2 AO, 369 Abs. 2 AO, 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB. § 130 OWiG. § 30 OWiG. Bilsdorfer, NJW 2008, 1362 (1365). Sahan/Ruhmannseder, IStR 2009, 715 (716). FG Düsseldorf vom 10.02.2009, 8 V 2458/08 A (H), 8 V 2459/08 A (H), 8 V 2461/08 A (H), WM 2009, 1472.
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§ 13
Schwarzgeld aus Sicht von Banken und Bankmitarbeitern
welche Steuer dadurch konkret hinterzogen worden ist.17 Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. In jedem Fall belegen die Entscheidungen die Bereitschaft der Finanzgerichte, die Vorschriften zur steuerlichen Haftung weit auszulegen.
d) 15 16
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18
19
13
Straftaten von Bankmitarbeitern können aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) nach dem Kreditwesengesetz (KWG) zur Folge haben. Erstens kann die BaFin die Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen bei fehlender Zuverlässigkeit des Geschäftsleiters aufheben.18 Alternativ kann die BaFin die Abberufung des verantwortlichen Geschäftsleiters verlangen19 und ihm die Ausübung der Tätigkeit bei Instituten in der Rechtsform einer juristischen Person untersagen.20 Dabei legt die BaFin einen strengen Maßstab an.21 Sowohl bei persönlichen Steuerverfehlungen des Geschäftsleiters auch als bei der im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit geleisteten Beihilfe zur Steuerhinterziehung der Bankkunden ist die Annahme fehlender Zuverlässigkeit jedenfalls nicht fernliegend. Eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO schließt eine der vorgenannten Entscheidungen der BaFin nicht aus. Eine entsprechende Erledigungsstrategie, sollte daher frühzeitig mit der BaFin abgestimmt werden, um Überraschungen zu vermeiden.22 Für Bankmitarbeiter sind im KWG keine ausdrücklichen Rechtsfolgen geregelt. Der Bankmitarbeiter wird aber – je nach den Umständen des Einzelfalls – mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes durch Kündigung rechnen müssen, soweit sich die Bank ein deutliches Signal nach außen verspricht, dass strafrechtlich relevantes Verhalten nicht geduldet wird. Naheliegend ist zumindest die Freistellung des Mitarbeiters gegen Abfindung.23 Gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 3 AStBV (Steuer) 2010 ist der BaFin die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen Inhaber oder Geschäftsleiter von Instituten mitzuteilen. Gleiches gilt, wenn die Einleitung aufgrund einer wirksamen Selbstanzeige unterbleibt. Eine Mitteilung erfolgt auch, wenn sich das Verfahren gegen Personen richtet, die das Vergehen als Bedienstete eines Instituts begangen haben. Gericht bzw. Strafverfolgungsbehörde übermitteln der BaFin gemäß § 60a KWG in Strafverfahren gegen Inhaber oder Geschäftsleiter von Kreditinstituten die Anklageschrift, den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls sowie die das Verfahren abschließende Entscheidung mit Begründung. Nach § 60a Abs. 2 KWG soll zudem eine Übermittlung von Tatsachen erfolgen, die in einem Strafverfahren bekannt werden und auf Missstände in dem Geschäftsbetrieb eines Instituts hindeuten.
II. 20
Bankrechtliche Folgen
Vermögensumstrukturierung und -verlagerung
Hier gelten die Ausführungen zu den strafrechtlichen Risiken des Steuerberaters entsprechend.24 Ein Bankmitarbeiter kann sich wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Begünstigung sowie Geldwäsche strafbar machen.25
17 18 19 20 21 22 23 24 25
188
BFH vom 16.07.2009, VIII B 66/09, ZSteu 2009, R966. §§ 35 Abs. 2 Nr. 3, 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG. § 36 Abs. 1 S. 1 KWG. § 36 Abs. 1 S. 1 2. Alt. KWG. Meyer, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 4180. Meyer, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn 4180. Bilsdorfer, INF 1995, 6 (12). § 12 Rn 13 ff. § 261 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Buchst. b), S. 3, Abs. 2 Nr. 1 1. Alt StGB.
B.
III.
Selbstanzeige
Geldwäsche
Weiterhin bestehen aus Sicht von Bankmitarbeitern in Zusammenhang mit Schwarzgeldkonten in mehrfacher Hinsicht Geldwäscherisiken.
1.
Selbstanzeige
23
B.
Auch ein Bankmitarbeiter, der Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet hat, kann eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben. Dies ist aus Bankenperspektive hochproblematisch, weil dieses Gewerbe in hohem Maß von Diskretion und Vertrauen lebt.28 Ein größerer Vertrauensbruch gegenüber dem Kunden als dessen „Outing“ als Steuersünder bei den Finanzbehörden ist schwer vorstellbar. Aus übergeordneten Gesichtspunkten werden Banken daher in vielen Fällen keine Selbstanzeige abgeben können. Gleichwohl bleibt sie immer möglich. Kennt der Bankmitarbeiter die steuerlichen Verhältnisse des Kunden nicht, reicht es für die Wirksamkeit der Selbstanzeige, wenn er seinen eigenen Tatbeitrag offenlegt. Die Lieferung von Zahlenmaterial ist nicht erforderlich.29 Der Bankmitarbeiter bleibt in jedem Fall steuerlich zur Haftung verpflichtet.30 Ob die fristgerechte Nachzahlung der hinterzogenen Steuern Voraussetzung für die Erlangung von Straffreiheit ist, hängt dabei davon ab, ob die Steuern auch zu Gunsten des Bankmitarbeiters hinterzogen wurden.31 26 27 28 29 30 31
22
„Cash Matching“
Insbesondere im Zusammenhang mit sogenannten „Cash Matching“-Systemen bestehen ebenfalls Geldwäscherisiken. Dabei geht es um Folgendes: Möchte ein Kunde auf sein Auslandskonto Bargeld einzahlen, sucht der Bankmitarbeiter in Deutschland einen anderen Kunden, der zum selben Zeitpunkt von seinem Auslandskonto Bargeld in gleicher Höhe abheben will. Das Kapital wechselt dann in Deutschland den Besitzer, anschließend wird das Geld auf den jeweiligen Auslandskonten ausgeglichen. Auf diese Weise erspart man beiden Kunden den riskanten Transport von Bargeld über die Grenze.27 Dass solche Systeme sich ideal zur Geldwäsche eignen, liegt ebenso auf der Hand wie die Tatsache, dass der Betreiber eines solchen Systems schnell in den Verdacht der Beihilfe zur Geldwäsche geraten kann.
B.
21
Bank- und Depotgebühren
Befindet sich auf dem Schwarzgelddepot Vermögen, das aus einer gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangenen Steuerstraftat stammt, kann es in Höhe des steuerlichen Anteils ein tauglicher Gegenstand einer Geldwäschetat sein. Werden daraus Konto-, Depot oder sonstige Gebühren an die Bank geleistet, kann die Entgegennahme solcher Zahlungen den Straftatbestand der Geldwäsche erfüllen. Gefährlich ist dabei, dass der Straftatbestand leichtfertig begangen werden kann.26 Einzelheiten zum Straftatbestand der Geldwäsche – insbesondere bei Steuerdelikten als Vortaten – sind hochumstritten und können hier nicht ausführlich dargestellt werden.
2.
13
§ 261 Abs. 5 StGB. Sahan/Ruhmannseder, IStR 2009, 715 (716, Fn. 25). Bildsdorfer, INF1995, 6 (11). § 8 Rn 22. § 71 AO. § 8 Rn 34.
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25
26
13
13
§ 13
27
Schwarzgeld aus Sicht von Banken und Bankmitarbeitern
Der Bankmitarbeiter ist in Deutschland kein Berufsgeheimnisträger. Anders als im Fall des Steuerberaters32 stellt sich daher aus deutsch-rechtlicher Sicht nicht die Frage, ob der Bankmitarbeiter sich durch Abgabe einer Selbstanzeige wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht strafbar macht. ! Praxishinweis Im Ausland tätige Bankmitarbeiter sollten vor Abgabe einer Selbstanzeige prüfen, inwieweit das Bankgeheimnis im jeweiligen Staat strafrechtlich geschützt ist und ob der Bankmitarbeiter sich daher durch eine Selbstanzeige nach ausländischem Recht strafbar machen würde.
28
C. 29
13 30
31
Unabhängig davon ist eine vorherige Abstimmung der Selbstanzeige mit dem Kunden zu empfehlen. Bei Alleingängen des Bankers besteht die Gefahr, dass er sich gegenüber dem Kunden schadenersatzpflichtig macht. Dies ist zwar umstritten.33 Um ein solches Risiko von vornherein auszuschließen, bietet sich die rechtzeitige Unterrichtung des Kunden an.
C.
Ermittlungen bei Banken
Ermittlungen bei Inlandsbanken können zu Erkenntnissen der Finanzbehörden über Steuerdelikte der Kunden führen. Dabei sind steuerrechtliche und strafrechtliche Ermittlungen zu unterscheiden. In diesem Abschnitt beleuchten wir die in der Praxis wichtigsten steuerlichen (I.) und strafrechtlichen Ermittlungsmöglichkeiten (II.) und gehen dann der Frage nach, ob Banken ihre Kunden von entsprechenden Ermittlungen in Kenntnis setzen müssen (III).
I.
Steuerverfahren
1.
Auskunftsersuchen
a)
Einzelauskünfte
Gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AO hat auch eine Bank der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Das Bankgeheimnis steht dem nicht entgegen. Die Finanzbehörden haben bei der Ermittlung des Sachverhalts zwar auf das Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstituten und deren Kunden besonders Rücksicht zu nehmen.34 Dass steuerlich bedeutsame Auskünfte auch von Banken verlangt werden dürfen, ergibt sich aber ausdrücklich aus § 30a Abs. 5 S. 1 AO. Im Fall von Anfragen in Bezug auf bestimmte Steuerpflichtige gelten dabei lediglich die allgemeinen Grenzen. Die Bank soll daher erst dann um Auskunft ersucht werden, wenn eine anderweitige Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist.35 In dem Ersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden solle. Auf Verlangen des Auskunftspflichtigen haben Ersuchen schriftlich zu ergehen.36
32 33 34 35 36
190
§ 12 Rn 50. Ablehnend Bilsdorfer, INF 1995, 6 (11). § 30a Abs. 1 AO. § 93 Abs. 1 S. 3 AO. § 93 Abs. 2 AO.
C. Ermittlungen bei Banken
b)
13
Sammelauskünfte
Eine Beschränkung besteht für sogenannte Sammelauskunftsersuchen. Hier erfolgt die Anfrage nicht im Besteuerungsverfahren eines bestimmten Steuerpflichtigen. Die Bank wird vielmehr zur Erteilung von Informationen in Bezug auf alle Kunden aufgefordert, auf die bestimmte Kriterien zutreffen.
32
> Beispiel37 Bank B hat verschiedenen ihrer Kunden Bonusaktien aus dem zweiten und dritten Börsengang der Deutschen Telekom AG zugeteilt. In die Erträgnisaufstellungen nahm sie die Erträge nicht auf, wies aber bei deren Übersendung an die Kunden mit einem erläuternden Schreiben auf deren Steuerpflichtigkeit hin. Nachdem durch Steuerfahndung sowie Kontrollmitteilungen in Bezug auf einzelne Kunden festgestellt wurde, dass diese die Erträge nicht ordnungsgemäß versteuerten, fordert das Finanzamt F die B auf, die Daten der Kunden, denen Bonusaktien zugeteilt worden sind, Anzahl der jeweils gutgeschriebenen Aktien sowie den Tag der Einbuchung mitzuteilen. Solche Sammelauskunftsersuchen sind nicht ohne Weiteres zulässig. Voraussetzung ist, dass ein hinreichender Anlass für ein solches Ersuchen besteht. Ermittlungen als bloße „Ausforschung“, als Rasterfahndung oder Ermittlung „ins Blaue hinein“ sind unzulässig. Notwendig sind konkrete Anhaltspunkte, welche die Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen in besonderem Maße wahrscheinlich erscheinen lassen. Die allgemeine, in jedwedem Zusammenhang nach der Lebenserfahrung gerechtfertigte Vermutung, dass Steuern nicht selten verkürzt und steuerpflichtige Einnahmen nicht erklärt werden, reiche hierfür nicht aus. Voraussetzung für Sammelauskunftsersuchen ist mit anderen Worten eine erhöhte Entdeckungswahrscheinlichkeit. Ein solcher hinreichender Anlass kann zum Beispiel vorliegen, wenn steuerpflichtige Beträge nicht in Erträgnisaufstellungen aufgenommen wurden und bei deren Übersendung auch kein Hinweis der Bank auf deren Ergänzungsbedürftigkeit erfolgt.38 Im vorliegenden Beispielsfall hielt der BFH das Sammelauskunftsersuchen übrigens für unzulässig.
c)
34
Auskunftsverweigerungsrechte
Inländische Bankmitarbeiter und deren Mitarbeiter haben kein Recht zur Auskunftsverweigerung. § 102 AO gilt für sie nicht. Auch für ausländische Bankmitarbeiter ist ein Recht zur Verweigerung der Auskunft bislang nicht anerkannt. Das ist insbesondere für in Deutschland wohnende Mitarbeiter von Banken im Ausland nicht unproblematisch, sofern sie durch eine solche Auskunft ein durch ausländisches Recht strafrechtlich geschütztes Bankgeheimnis verletzen würden. Nach einer Ansicht soll in diesem Fall ein Auskunftsverweigerungsrecht bestehen, weil sich die Bankmitarbeiter durch eine Auskunft der Gefahr einer Strafverfolgung im Ausland aussetzen. Diese Ansicht hat sich zumindest bei rein steuerrechtlichen Sachverhalten bislang nicht durchsetzen können. 39 Bankmitarbeiter müssen Fragen aber dann nicht beantworten, wenn hierdurch Strafverfahren oder Bußgeldverfahren gegen sie eingeleitet werden könnte, insbesondere wegen möglicher Beteiligung an der Steuerhinterziehung des Kunden.40
37 38 39 40
33
BFH vom 16.01.2009, VII R 25/08, wistra 2009, 284. FG Baden-Württemberg vom 08.05.2007, 4 K 209/04, EFG 2007, 1483. vgl. dazu Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, Rn 686f. § 55 StPO.
191
13 35
36
13
§ 13
2. 37
38
Gezielte Suche
Das Finanzamt darf die Außenprüfung bei Banken nicht dazu missbrauchen, gezielt nach Besteuerungsgrundlagen Dritter zu suchen.43
b) 40
Kontrollmitteilungen
Kontrollmitteilungen anlässlich von Außenprüfungen bei Banken sind ohne besonderen Anlass zulässig.41 Die Prüfung legitimationsgeprüfter Konten und Depots ist allerdings grundsätzlich nicht zulässig, die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen soll insoweit unterbleiben.42 Bankinterne Aufwandskonten sind keine legitimationsgeprüftes Konten in diesem Sinne und können auch dann festgestellt werden, wenn sich aus ihnen oder den zugehörigen Buchungsunterlagen ein direkter Bezug zu einem legitimationsgeprüften Konto ergibt. Im Übrigen gilt für Außenprüfungen bei Banken Folgendes:
a) 39
Schwarzgeld aus Sicht von Banken und Bankmitarbeitern
Strafrechtlicher Anfangsverdacht
Ergeben sich aus Anlass einer Außenprüfung Hinweise auf eine Steuerverkürzung im Einzelfall, darf der Prüfer diese Erkenntnisse auch dann dem zuständigen Finanzamt mitteilen, wenn legitimationsgeprüfte Konten und -depots betroffen sind.44 > Beispiel Bei einer Außenprüfung stellt der Prüfer auf dem bankinternen Sachkonto „Wertpapiervermittlungen“ Buchungen fest, die auf Tafelgeschäfte von Kunden hindeuten. Die Überprüfung ergibt, dass die Bank Wertpapiere anschafft und gegen Barzahlung an bestimmte Kunden aushändigt. Die Bareinzahlungen werden auf dem Gegenkonto „Kasse“ erfasst. Anhand der Kassenprimanote stellte der Prüfer ferner fest, dass in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang Barauszahlungen in genau identischer Höhe verbucht sind, die von Kundenkonten stammten.
13
41
42
Bei dieser Form der anonymisierten Abwicklung der Tafelpapiere liegt nach Ansicht der Rechtsprechung ein steuerstrafrechtlicher Anfangsverdacht vor. Wer seine Wertpapiergeschäfte durch Bareinzahlungen und -abhebungen tätige, obwohl er bei der betreffenden Bank Konten und Depots unterhalte, müsse sich einen solchen Verdacht gefallen lassen.45 Die bloße Inhaberschaft von Tafelpapieren, verbunden mit der Einlieferung derselben zur Verwahrung in das Depot oder die Sammeldepotverwahrung eines deutschen Kreditinstituts, begründet nach Ansicht der Rechtsprechung hingegen keinen strafrechtlichen Anfangsverdacht.46
41 42 43 44 45 46
192
BFH vom 09.12.2008, VII R 47/07, BStBl II 2009, 509. § 30a Abs. 3 AO. BFH vom 04.04.2005, VII B 305/04, BFH/NV 2005, 1226. BFH vom 09.12.2008, VII R 47/07, BStBl II 2009, 509 BFH vom 02.08.2001, VII B 290/99 BStBl II 2001, 665. BFH vom 25.07.2000, VII R 28/99, BFHE 192, 44.
D. Schadensersatzansprüche
c)
Hinreichender Anlass
Besteht kein strafrechtlicher Anfangsverdacht, ist die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen in Bezug auf legitimationsgeprüfte Konten und -depots nur bei einem hinreichenden Anlass zulässig.47 Ein hinreichender Anlass besteht insbesondere, sofern das zu prüfende Bankgeschäft Besonderheiten aufweist, die es aus dem Kreis der alltäglichen und banküblichen Geschäfte hervorheben oder eine für Steuerhinterziehung besonders anfällige Art der Geschäftsabwicklung erkennen lassen, wenn also eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfälle besteht.48 Solche Besonderheiten können sich unter anderem aus einer räumlichen Distanz zwischen Wohnort und Sitz des Kreditinstituts (Verschleierungsabsicht nicht auszuschließen), Auslandsüberweisungen oder Hinweisen auf Strohmanngeschäfte ergeben.49
3.
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45
46
Strafverfahren
Strafrechtliche Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit unversteuerten Auslandsvermögen können sich gegen Bankmitarbeiter richten, sofern sie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Kunden verdächtig sind. Diese sind dann Beschuldigte und haben ein Recht zu schweigen. Eine Durchsuchung der Bank oder sonstige strafrechtliche Ermittlungsmaßnahmen sind möglich. Die Bank und deren Mitarbeiter können aber auch unbeteiligte Dritte sein, wenn sich das strafrechtliche Ermittlungsverfahren allein gegen den Kunden richtet. Hier haben die Bankmitarbeiter eine Zeugenstellung und müssen grundsätzlich Angaben machen. Eine Ausnahme besteht bei Gefahr der Selbstbelastung.50 Zur Aussage gegenüber den Beamten der Steuerfahndung besteht keine Verpflichtung, wohl aber gegenüber der Staatsanwaltschaft oder der Bußgeld- und Strafsachenstelle.
D.
43
Rechtschutz
Beabsichtigt die Finanzbehörde die Versendung rechtswidriger Kontrollmitteilungen, kann die Bank hiergegen vorbeugende Unterlassungsklage erheben. Zugleich kann sie im Wege des einstweiligen Rechtschutzes den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO beantragen.
II.
13
Schadensersatzansprüche
47
48
13
D.
Ob eine Bank verpflichtet ist, den Kunden im Fall der Beschlagnahme von ihn betreffenden Kontounterlagen zu informieren, ist umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt. Eine vergleichbare Frage stellt sich, wenn die Bank der Finanzbehörde in steuerlichen Verfahren kundenbezogene Informationen erteilt, die Finanzbehörde auf Grund einer Außenprüfung kundenbezogene Kontrollmitteilungen versendet oder ein Bankmitarbeiter eine strafbefreiende Selbstanzeige wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Kunden abgibt.
47 BFH vom 09.12.2008, VII R 47/07, BStBl II 2009, 509. § 30a AO. 48 BFH vom 09.12.2008, VII R 47/07, BStBl II 2009, 509. 49 BFH vom 09.12.2008, VII R 47/07, BStBl II 2009, 509. 50 § 55 StPO.
193
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13 50 51
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§ 13
Schwarzgeld aus Sicht von Banken und Bankmitarbeitern
In all diesen Fällen stellt sich die Frage der Pflicht zur rechtzeitigen Unterrichtung des Bankkunden, damit dieser ggf. eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben kann, Unstreitig ist, dass Banken ihren Kunden entsprechend informieren dürfen. Dies stellt keine Strafvereitelung dar. Entsprechende Aufforderungen der Steuerfahndung sind nicht bindend. Insbesondere besteht keine § 12 Abs. 1 S. 1 GwG vergleichbare Bestimmung, welche die Unterrichtung des Kunden untersagt. Nach richtiger Ansicht ist aus dem Bankvertrag eine zumindest nebenvertragliche Unterrichtungspflicht der Bank gegenüber dem Kunden abzuleiten, sofern die Bank kundenbezogene Informationen oder Unterlagen an Dritte herausgibt oder sie von ihn betreffenden Kontrollmitteilungen erfährt.51 Aus dem Bankvertrag lässt sich darüber hinaus eine zivilrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung entnehmen. Gibt ein Bankmitarbeiter eine Selbstanzeige ab, wird diese Verschwiegenheitsverpflichtung verletzt. Hierfür bedarf es einer Rechtfertigung. Diese ergibt sich aus der Wahrnehmung berechtigter Interessen.52 Aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der innerhalb der vertraglichen Beziehung zwischen Bank und Kunden zu beachten ist, wird man aber im Regelfall verlangen müssen, dass der Bankmitarbeiter den Kunden rechtzeitig von seiner Absicht unterrichtet, um diesem die Möglichkeit der Selbstanzeige zu geben. Letztlich gelten hier die gleichen Maßstäbe wie im Fall des Steuerberaters. Gleichwohl dürften zivilrechtliche Schadenersatzansprüche aus normativen Gründen ausscheiden. Ersatzfähig kann allenfalls der Vermögensschaden sein, der sich aus einer strafrechtlichen Sanktion ergibt. Steuer- und Zinsnachzahlung sind in keinem Fall ersatzfähiger Schaden.53 Geht man mit der Rechtsprechung davon aus, dass ein Steuerpflichtiger die steuerstrafrechtlichen Folgen einer vorsätzlich begangenen Steuerhinterziehung nicht auf andere soll abwälzen können,54 kann der Kunden auch diese Position nicht ersetzt verlangen. ! Praxishinweis Da diese Frage gerichtlich noch nicht entschieden ist, sollte zur Vermeidung zivilrechtlicher Risiken in sämtlichen vorgenannten Konstellationen der Kunde vorsorglich unterrichtet werden.
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55
Die vorstehenden Fragen spielen auch im Zusammenhang mit der Liechtensteiner Steueraffäre eine Rolle. Ein deutscher Steuerpflichtiger, der in diesem Kontext eine hohe Geldauflage zahlen musste, hat die LGT Treuhand AG (bzw. deren Rechtsnachfolgerin) vor dem Liechtensteiner Landgericht auf Schadenersatz verklagt. Die Klage gründet sich darauf, dass die Bank ihn nicht von dem Datendiebstahl unterrichtet habe, er im Fall der Kenntnis aber im Rahmen des Amnestiegesetzes eine Nacherklärung abgegeben hätte. Die eingeklagten Schadenspositionen umfassen zum einen die Folgekosten des Strafverfahrens, zum anderen die Differenz zwischen der nachzuzahlenden Steuer und dem (sehr viel geringeren) Betrag, den der Steuerpflichtige bei Abgabe einer Nacherklärung nach dem StraBEG hätte zahlen müssen.55
51 52 53 54
Ähnlich Streck, DStR 1996, 288 (292). Bilsdorfer, INF, 6 (11). § 12 Rn 42 ff. BGH IX ZR 215/95 vom 14.11.1996, NJW 1997, 518; LG München vom 25.01.2008, I 20 O 5659/06, DStR 2008, 1802 (1803). 55 Dazu Schwärzler/Wagner, Steueranwaltsmagazin 2009, 2.
194
D. Schadensersatzansprüche Die liechtensteinische Rechtsprechung hat in der Vergangenheit bereits entschieden, dass Folgekosten des Strafverfahrens und Steuernachzahlung keine ersatzfähigen Posten sind. Interessant wird sein, wie das Gericht sich zur nun vorgebrachten Argumentation positionieren wird. In jedem Fall belegt das Verfahren die Bedeutung einer rechtzeitigen Unterrichtung des Kunden von ihn betreffenden Vorgängen, die zur Aufdeckung von Steuerstraftaten führen können.
13 56
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195
14
§ 14 Ist Deutschland eine Steueroase? 1
2 3
Abschließend sei die provokante Frage gestellt, ob Deutschland selbst nicht sogar als Steueroase in der Europäischen Union gelten könnte. Nicht zuletzt wird in Deutschland die Abgeltungsteuer von den Zahlstellen anonym einbehalten und abgeführt. Die Abgeltungsteuer selbst beträgt als Flatrate lediglich 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer, dies bei einem aktuellen Steuerhöchstsatz in Deutschland von 45 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Die inländischen Zahlstellen sind verpflichtet, sich weitest möglich um das Verfahren des Abzugs zu kümmern, und entlasten den Kapitalanleger so von der eigentlichen Aufgabe der Steuererklärung. Ein internationaler Vergleich der Steuerbelastung von Zinserträgen zeigt jedoch, dass Deutschland sich mit der Abgeltungsteuer im höchsten Steuersatzbereich befindet. Die nachfolgende Darstellung zeigt die steuerliche Belastung von Zinserträgen von ausgewählten Staaten aus der EU, wobei es sich jeweils um eine abgeltende Steuer handelt.1
14 4 5
6
1) mit Option zur Veranlagung Abgesehen von der steuerlichen Höchstbelastung von Zinserträgen im internationalen Vergleich dürften auch folgende Momente gegen Deutschland als Steueroase sprechen: Wie im § 3 „Fiskalische Fesseln in Deutschland“ bereits erläutert, sind weitreichende Meldepflichten von Banken und Versicherungen installiert worden. Auch die Einführung des Kontenabrufs unterhöhlt das Bankgeheimnis. Im Sinne dieser Kontrollpolitik des deutschen Fiskus kann Deutschland nicht gerade als Steueroase gelten. Auch führt die Komplexität der Abgeltungsteuer nicht zu dem Gefühl, dass das Steuersystem der Abgeltungsteuer eine Vereinfachung mit sich bringt. Als Fazit bleibt daher: Deutschland als neue Steueroase? – eher wohl nicht.
1
196
BMF, Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2008, (28.01.2008), S. 42f.; siehe auch Anlage 6 mit einer ausführlichen Darstellung der Steuerbelastung von Zinserträgen im internationalen Vergleich und Anlage 7 mit einer tabellarischen Darstellung der Quellensteuerbelastung im internationalen Vergleich.
Anhang Anlage 1 – Muster einer Selbstanzeige – Einkommensteuer Herr Max Mustermann ....
An das Finanzamt ... ...
Sehr geehrte Damen und Herren, bei der X-Bank in der Schweiz wird seit dem Jahr 2005 ein auf mich lautendes Konto/Depot geführt. Die in den Veranlagungszeiträumen 2005 bis 2008 mittels verschiedener Anlageformen erzielten Erträge wurden einkommensteuerlich bislang nicht berücksichtigt. In den einzelnen Veranlagungszeiträumen erzielte ich Erträge in folgender Höhe: […] Ich bitte um steuerliche Berücksichtigung.
Mit freundlichen Grüßen Unterschrift
197
Anlage 2 – Muster einer gestuften Selbstanzeige – Einkommensteuer
Anlage 2 – Muster einer gestuften Selbstanzeige – Einkommensteuer Herr Max Mustermann [....]
An das Finanzamt […] ...
Sehr geehrte Damen und Herren, bei der X-Bank in der Schweiz wird seit dem Jahr 2005 ein auf mich lautendes Konto/Depot geführt. Die in den Jahren 2005 bis 2008 mittels verschiedener Anlageformen erzielten Erträge wurden einkommensteuerlich bislang nicht berücksichtigt. In den einzelnen Veranlagungszeiträumen erzielte ich Erträge in folgender Höhe: […]
Bei den vorgenannten Angaben handelt es sich um eine Schätzung, weil mir die Bankunterlagen derzeit nicht vorliegen. Nach deren Eingang und Auswertung werde ich die Beträge unverzüglich konkretisieren. Hierfür bitte ich um Einräumung einer angemessenen Frist.
Mit freundlichen Grüßen Unterschrift
198
Anlage 3 – Muster einer Selbstanzeige – Schenkungsteuer
Anlage 3 – Muster einer Selbstanzeige – Schenkungsteuer Herr Max Mustermann ....
An das Finanzamt ... ...
Sehr geehrte Damen und Herren, bei der X-Bank in der Schweiz wird seit dem ... ein auf mich lautendes Konto/Depot geführt. Am […] wurde folgende Wertpapiere in das Depot eingeliefert: […] Der Gesamtwert der vorgenannten Wertpapiere betrug am […] […] Euro. Es handelt sich hierbei um eine Schenkung meines Vaters, Herrn V., an mich. Weitere Vorschenkungen meines Vaters an mich liegen nicht vor. Ich bitte um schenkungsteuerliche Berücksichtigung. Vorsorglich teile ich Ihnen mit, dass ich die aus dem vorgenannten Konto/Depot erzielten Erträge mit Schreiben vom heutigen Tage gegenüber dem zuständigen Finanzamt nacherklärt habe.
Mit freundlichen Grüßen Unterschrift
199
Anlage 4 – Muster für ein vorsorgliches Schreiben – Stiftung
Anlage 4 – Muster für ein vorsorgliches Schreiben – Stiftung An das Finanzamt ... ...
Max Mustermann; vorsorgliche Anzeige eines Sachverhalts
Sehr geehrte Damen und Herren, namens und im Auftrag unseres Mandanten dürfen wir Ihnen höchst vorsorglich Folgendes mitteilen:
I. Im Auftrag des Mandanten errichtete die […] (Vaduz) mit einer auf den […] lautenden Urkunde unter dem Namen „XXX-Stiftung“ eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht. Erstbegünstigter der Stiftung ist der Mandant. Für die Stiftung wurden bei der Y-Bank, Zürich am […] mehrere Konten sowie ein Depot eingerichtet. Am […] wurden in das vorgenannte Depot Wertpapiere eingeliefert, die aus einem bei der Z-Bank, Zürich geführten Depot stammen. Inhaber des Depots bei der Z-Bank war und ist unser Mandant. Der Wert der am […] eingelieferten Wertpapiere betrug am […] insgesamt […] Euro.
II. Auf Grundlage der uns vorliegenden Informationen gehen wir unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung (BFH II R 21/05 vom 28.06.2007) davon aus, dass die Einlieferung der Wertpapiere am […] kein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang war. Der Steuerbarkeit stehen die jederzeitigen umfassenden Herrschaftsbefugnisse des Mandanten über das Stiftungsvermögen entgegen. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. Unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG fallen hingegen Zuwendungen, die der Stifter einer rechtsfähigen Stiftung nachträglich über das Stiftungskapital hinaus macht (sog. Zustiftungen). Beide Merkmale sind vorliegend nicht erfüllt. Eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist. Dies erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Für die Beurteilung, ob der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann, kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das übertragene Vermögen nach § 39 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zuzurechnen ist. Es genügt auch nicht, wenn der Empfänger nach außen rechtlich wirksam über das Zugewendete verfügen kann. Entscheidend ist vielmehr das In200
Anlage 4 – Muster für ein vorsorgliches Schreiben – Stiftung nenverhältnis des Empfängers zum Leistenden. Ist der Empfänger einer Leistung zivilrechtlich zur Rückgewähr des ihm zu Eigentum Überlassenen verpflichtet, ist er nicht bereichert. Ob eine Rückgewährverpflichtung besteht, richtet sich allein nach dem Inhalt des Rechtsverhältnisses, das der Überlassung zugrunde liegt. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG setzt ebenfalls voraus, dass die Stiftung über das auf sie übergegangene Vermögen im Verhältnis zum Stifter tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Nur in einem solchen Fall erfolgt der Übergang aufgrund eines Stiftungsgeschäfts, wie es diese Vorschrift erfordert. Die Vorschrift erfasst nicht die Übertragung von Vermögen auf die Stiftung, wenn dem Übertragenden umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Stiftungsvermögen zustehen. Die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 8 ErbStG sind vorliegend nicht erfüllt. Die XXX-Stiftung konnte nach den getroffenen Regelungen über das vom Mandanten auf sie übertragene Vermögen im Verhältnis zu diesem nicht tatsächlich und rechtlich frei verfügen. Nach den getroffenen Bestimmungen stehen dem Mandanten zu seinen Lebzeiten alle Rechte am gesamten Stiftungsvermögen und dessen Ertrag allein zu und hat er jederzeit das Recht, dem Stiftungsrat Abänderungen des Reglements aufzutragen. Der Stiftungsrat verpflichtete sich zumindest mündlich gegenüber dem Mandanten, das Mandat treuhänderisch ausschließlich nach dessen Instruktionen auszuüben. Ohne Instruktionen sollte er weder ermächtigt noch berechtigt sein, selbständig zu handeln. Der Stiftungsrat verpflichtete sich zudem, auf Verlangen des Mandanten das Mandat jederzeit niederzulegen. Diese Vereinbarungen und Regelungen verliehen dem Mandanten zu seinen Lebzeiten umfassende Herrschaftsbefugnisse über die XXX-Stiftung und deren Vermögen. Ihm allein waren die Entscheidungen über die Anlage und Verwendung des Vermögens vorbehalten. Er konnte und kann durch entsprechende Anweisungen auch jederzeit die teilweise oder vollständige Rückübertragung des Vermögens auf ihn persönlich herbeiführen. Die XXX-Stiftung ist dadurch daran gehindert, über das auf sie übertragene Vermögen dem Mandanten gegenüber tatsächlich und rechtlich frei zu verfügen. Dies steht einer Beurteilung der Vermögensübertragung auf die Stiftung als freigebige Zuwendung entgegen. Die vorgesehenen Herrschaftsbefugnisse des Mandanten gegenüber der XXX-Stiftung entsprechen einer im liechtensteinischen Stiftungswesen häufigen Gestaltung, deren Zweck vornehmlich darin besteht, dem ausländischen Kapitalgeber als dem wirtschaftlichen Stifter die Beherrschung der Stiftung, in die er sein Vermögen eingebracht hat, zu sichern. Aufgrund der Weisungsunterworfenheit der Stiftung und ihrer Organe gegenüber dem wirtschaftlichen Stifter kann dieser über das bei einer Bank angelegte Stiftungsvermögen wie über ein eigenes Bankguthaben verfügen Es handelt sich dabei um ein klassisches Strohmanngeschäft. An der für eine Schenkung wesentlichen Vermögensentäußerung fehlt es in einem solchen Fall. Die getroffenen Regelungen müssen sich nicht aus den Gründungsurkunden ergeben. Vorliegend ergeben sich die getroffenen Abreden aus dem anliegenden Bestätigungsschreiben des Stiftungsrats. Nach alledem liegt keine Schenkung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 bzw Nr. 8 ErbStG vor.
Mit freundlichen Grüßen Unterschrift 201
Anlage 5 – Bestätigungsschreiben Stiftung
Anlage 5 – Bestätigungsschreiben Stiftung Bestätigung Als ordnungsgemäß berufenes Mitglied des Stiftungsrats der XXX-Stiftung mit Sitz in XY, bestätige ich hiermit: Die XXX Stiftung ist am ... gegründet worden. Das Beistatut vom ... begründet einen Rechtsanspruch (Option) des Stifters und Erstbegünstigten auf jederzeitige Auszahlung der frei verfügbaren Erträgnisse der Stiftung. Der Stifter und Erstbegünstigte kann durch entsprechende Anweisungen jederzeit die teilweise oder vollständige Übertragung des Stiftungsvermögens auf ihn persönlich herbeiführen. Würde der Stifter und Erstbegünstigte den Wunsch äußern, dass ihm das Stiftungsvermögen der XXX-Stiftung ausgeschüttet und die Stiftung anschließend mangels Vermögens aufgelöst werden soll, so würden wir diesem Wunsch unverzüglich nachkommen. Würde der Stifter und Erstbegünstigte den Wunsch äußern, dass ein anderer Stiftungsrat eingesetzt wird, so würden wir diesem Wunsch unverzüglich nachkommen. Anlageentscheidungen hinsichtlich des Stiftungsvermögens erfolgen nicht durch den Stiftungsrat, sondern durch den Stifter und Erstbegünstigten. Das Beistatut vom …. begründet einen Rechtsanspruch des Stifters und Erstbegünstigten, dem Stiftungsrat jederzeit Abänderungen des Reglements aufzutragen. Die XXX-Stiftung kann im Verhältnis zum Stifter und Erstbegünstigten tatsächlich und rechtlich nicht frei über das Stiftungsvermögen verfügen. Soweit sich das Vorstehende nicht bereits unmittelbar aus den Stiftungsurkunden ergibt, war und ist es das gemeinsame Verständnis aller Beteiligten.
Datum, Unterschrift des Stiftungsrates
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Anlage 6 – Besteuerung privater Zinserträge im internationalen Vergleich
Anlage 6 – Besteuerung privater Zinserträge im internationalen Vergleich
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Anlage 6 – Besteuerung privater Zinserträge im internationalen Vergleich
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Anlage 7 – Quellensteuern im internationalen Vergleich
Anlage 7 – Quellensteuern im internationalen Vergleich
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Anlage 7 – Quellensteuern im internationalen Vergleich
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Stichwortverzeichnis fette Zahlen = Paragraph andere Zahlen = Randnummer
A Abgeltungsteuer 2 6 – – – – –
BMF-Schreiben 3 77 Komplexität 3 45 Stückzinsen 3 79 thesaurierende Investmentfonds 3 47 Verlustverrechnungsverschränkungen 3 51 – Vollrisikozertifikate 3 47 Abziehbarkeit von Beratungskosten 10 127 Alternativen zur Selbstanzeige – Sondersituationen 9 9 – Vermögensumstrukturierung 9 6 – Vermögensverlagerung 9 3 Amtshilfe – Abgrenzung von Rechtshilfe 4 88 – automatischer Informationaustausch 4 96 – Bedeutung für Entdeckungsrisiko 4 94 – durch die Steuerfahndung 4 89 – Einzelfallersuchen 4 97 – Formen 4 92 – im Steuerstrafverfahren 4 89 – Informationsaustausch 1 3, 5 – international 4 84 – OECD-Standard 4 114 – Spontanauskunft 4 100 Andorra 4 199 Aufbewahrungspflichten – für Aufzeichnungen und Unterlagen 3 40 Außenprüfung 4 61 – digitale 3 44 – für Private 3 44 – ohne Anlass 3 44 Außensteuergesetz 2 58ff, 89 automatischer Informationaustausch – Endes des Übergangszeitraums 4 110 – Entdeckungsrisiko 4 96 – EU-Zinsrichtlinie 4 103 – EU-Zinsrichtlinie 4 97
– teilnehmende Länder 4 104 – Tendenzen 4 107
B Banken
– Auskunftsverweigerung 13 35 – Ermittlungen 13 29 – Beihilfe zur Steuerhinterziehung 13 3 Banker – Geldwäsche 13 21 – Selbstanzeige in eigener Sache 13 24 – steuerliche Haftung 13 11 Bankgeheimnis 1 3; 4 116 Bankkunde – gläserner 3 1 Bargeldverkehr – Überwachunf 4 63 Beihilfe – berufstypische Handlungen 12 16 – steuerliche Haftung 6 159 – strafrechtliche Verjährung 12 22 – zur Steuerhinterziehung durch Banker 13 3 – zur Steuerhinterziehung durch Steuerberater 12 13 – zur Steuerhinterziehung Tatort 13 8 Belgien – Amtshilfe 4 185 – Rechtshilfe 4 186 British Virgin Islands 4 209 Britishe Kanalinseln 4 193
C Cash-Flow-Analyse 3 20 Cash-Matching 13 6 Cayman Islands 4 204
DDatendiebstahl
– Wiederholungsgefahr 4 50ff Demenz 10 118 Doppelbesteuerungsabkommen – Immobilieneinkünfte 2 14 207
Stichwortverzeichnis – Nullbesteuerung 2 8 – Schweiz 2 65 – Subject-to-tax-Klausel 2 8
E Einkommensteuer
– unbeschränkte Steuerpflicht 2 5 – erweitert beschränkte Steuerpflicht 2 58ff, 88 Einkommensteuerpflicht – beschränkte Steuerpflicht 2 52ff Entdeckungsrisiken 4 1ff – entwendete Kundendaten 4 49 – Informationsquellen der Behörden 4 10 – Risikoabwägung 4 1ff Entdeckungsrisiko – automatischer Informationsaustausch 4 96 – Grenzübertritt 4 63 Erbschaftsteuer 2 43ff – beschränkte Steuerpflicht 2 71 – erweitert beschränkte Steuerpflicht 2 72 – unbeschränkte Steuerpflicht 2 44, 67 – Wegzug 2 67 Ermittlungen – bei Banken 13 29 – bei Banken – Rechtschutz 13 46 – bei Banken – Strafverfahren 13 47 EU-Quellensteuer – Anrechnung 2 17 – Aufkommen 2 28 EU-Rechtshilfeübereinkommen 4 139 Europäisches Rechtshilfeübereinkommen 4 136
F Finanzinnovationen 3 72 G G20 1 3 Geldwäsche – durch Banker 13 21 – durch Cash-Matching 13 23 Geschäftsbeziehung – ins Ausland 3 7, 12 Gestaltungsüberlegungen 11 24 Grandfathering-Anleihen 2 38 Grundstückshandel – gewerblicher 2 93 208
HHaftung 6 159
– des Gehilfen 6 159 Haftungsbescheid 6 159 Hinterziehungszinsen 6 152 Hochverdiener 3 38 Hongkong 4 216
I Informationsquellen
– Aufzeichnungspflichten 4 27 – Auskunftsverlangen 4 43 – Austausch zwischen Behörden 4 57 – entwendete Kundendaten 4 49 – Geldwäscheverdachtsanzeige 4 82 – Kontrollmitteilungen 4 58ff – nationale Ebene 4 13ff – Steuerakte 4 14 – Steuerpflichtiger 4 16 – Zufallsfunde 4 81 Isle of Man 4 193 IZA 4 69
J Jagdschein 6 141 Jahresbescheinigung 3 27ff
K Kapitalanlage nach Legalisierung 11 1ff
– Steueroptimierte Vermögensverwaltung 11 9 Koalitionsvertrag 1 1 Kontenabruf 3 32ff Kontrolle 3 1 – Angaben in Steuererklärung 3 2 – Auslandsbezug 3 7 – Meldepflichten für Banken und Versicherungen 3 56 – Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz 3 9 Kontrollmitteilung 3 20 – bei Verdacht auf Steuerstraftaten 4 72 – Erbschaften und Schenkungen 4 74ff – Grenzübertritt 4 63 – hinreichender Anlass 13 43 – in Nachlasssachen 4 68 – nach Bankenprüfung 13 37
L Lebensversicherungen 3 73 Legalisierung
Stichwortverzeichnis – Argumente 5 1 – Liquidität 5 3 – Nachfolgsthematik 5 6 LGT Treuhand AG – Datendiebstahl 4 50ff Liechtenstein – Amtshilfe 4 165 – Datenaffäre 4 163 – Rechtshilfe 4 171 – Sperrwirkung für Selbstanzeige 8 60 – Stiftungen 1 1 Luxemburg – Amtshilfe 4 174 – Rechtshilfe 4 176
MMacao 4 218 Malta 4 187 Meldepflichten – bei Depotübertrag 3 57 – für Versicherungen 3 62 – Rentenbezüge 3 65 Millionärsfonds 3 75 Monaco 4 195
NNachfolgsthematik 5 6 O OECD 1 2, 3
– Graue Liste 4 117ff – Schwarze Liste 1 4 OECD Standard 1 3; 4 114 – Durchbrechung des Bankgeheimnisses 4 116 Österreich – Amtshilfe 4 179 – Rechtshilfe 4 183
P Panama 2 1 Passrecht 6 139 Provisionszahlungen 7 20ff
Q Quellensteuerabzug 2 55 R Rechtshilfe 4 132ff
– Abgrenzung von Amtshilfe 4 88 – Europäisches Rechtshilfeübereinkommen 4 136 – Formen 4 134 – im Steuerstrafverfahren 4 89
– international 4 84 – Länderüberblick 4 146ff – Rechtsgrundlagen 4 135 Rentenbezugsmitteilung 3 65 Repatriierungsmodelle 3 83 – Probleme 3 88ff Reporting 11 11
S Sammelauskünfte 13 32 San Marino 4 202 Schadenersatzansprüche 13 49 Schätzung – von Besteuerungsgrundlagen 3 19 Schenkungsteuer 2 43ff – unbeschränkte Steuerpflicht 2 44 Schweiz 4 148ff – Amtshilfe 4 152 – modifizierte Aufwandbesteuerung 2 87 – Pauschalbesteuerung 2 83 – Rechtshilfe 4 159 – UBS-US-Steuerstreit 4 150 Selbstanzeige 8 1 – Abgabe der Erklärung 10 98 – Abschlagzahlung 10 95 – abweichende Rechtsauffassungen 10 74 – Adressat 8 26 – Alternativen 9 1 – Bekanntgabe eines Strafverfahrens 8 44 – Beratung des Mandanten 10 19 – Berichtigungserklärung 8 11 – Datendiebstahl 8 65 – Erscheinen eines Amtsträgers 8 39 – Ertragsteuern 10 22 – Folge bei Unvollständigkeit 8 23 – Formulierung 8 15; 10 58 – fristgerechte Nachzahlung 8 30 – Gute Planung 10 4 – Informationsanforderung 10 20 – Informationsauswertung 10 21 – Interessenkonflikt 10 13 – Interessenlage 10 12 – Kommunikation mit dem Finanzamt 10 105 – Koordinierung mehrere Beteiligter 10 15 – Liquiditätsprüfung 10 93 – Mandantenumsorge 10 8 209
Stichwortverzeichnis – – – – – – –
Nachsorge 10 101 Oderkonten 10 40, 52 Praxishinweise 10 1 Risiko- und Umfeldanalyse 10 18 Schätzung 8 24 Sperrwirkung 8 37ff Sperrwirkung in Liechtensteinfällen 8 60 – Stiftungen 10 36, 45 – Tatentdeckung 8 51 – Übergabe an laufenden Steuerberater 10 109 – Übermittlung von Bankunterlagen 10 20 – ungeklärte Sachverhalte 10 80 – Vollständigkeit 8 18; 10 87 – Voraussetzungen 8 8 – Zahlenmaterial 8 20 – Zeiträume 10 64 Singapur 4 213 Spanien 2 16 Sperrwirkung – bei Tatentdeckung 8 51 Steuerberater – Begünstigung 12 34 – Beihilfe zur Steuerhinterziehung 12 13 – Beratungspraxis 12 40 – Geldwäsche 12 37 – Selbstanzeige in eigener Sache 12 48 – strafrechtliche Risiken 12 1 – zivilrechtliche Haftung 12 42 Steuergeheimnis 4 59 Steuerhinterziehung 6 1ff – Anstiftung 12 11 – Ärzte 6 131 – bankrechtliche Folgen 13 15 – Beamte 6 132 – Berufsrechtliche Folgen 6 126ff – besonders schwere Fälle 6 54ff – Bildung der Strafe 6 74 – durch unrichtige Angaben 3 16 – EU-Quellensteuer 6 20 – Gewerbetreibende 6 126 – Haftung 6 159 – in großem Ausmaß 6 56 – Kompensationsverbot 6 15 – Rechtsanwälte 6 129 – Steuerberater 6 129 210
– – – – – –
Steuereinbehalte 6 18 steuerliche Folgen 6 143 Strafrahmen 6 50 Strafzumessung 6 48 Tatbestand 8 Trennung Steuerrecht und Strafrecht 6 4 – Verfassungswidrige Steuern 6 30 – Verjährung 6 93 – Vorsatz 6 37 – Vorstrafe 6 91 – Zeile 108 3 16 – Zusammenveranlagung 6 33 Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz 1 1 Steuer-Identifikationsnummer 3 66 Steuermodelle 3 80 – Leasingfonds 3 80 – Medienfonds 3 80 Steueroase 1 1 – Austrocknung 1 1 Steuerreport 11 11 Strafrechtliche Risiken 7 1ff – Bestechung 7 13 – Betrug 7 24 – falsche Versicherung an Eides Statt 7 26 – Geldwäsche 7 25 – Korruption 7 13 – Unterschlagung 7 10 – Untreue 7 10
T Tatentdeckung
– bei Grenzübertritt 8 54
V Vereinigte Arabische Emirate 4 220 Verjährung – Beginn 6 110 – Erbschaftsteuer 6 121 – Ertragsteuern 6 113 – Rückwirkung 6 101 – Schenkungsteuer 6 115 – Verlängerung der Frist 6 97 Vermögensrückführung 2 46 Vermögensumstruktuierung – Altverluste 2 97 – Finanzinnovationen 2 96 – Vollrisikozertifikate 2 96 – Zerobonds 2 96
Stichwortverzeichnis Verrechnungspreise 1 8 Verrechungssteuer 2 12
WWaffenschein 6 141 Wegzug – Stolperfallen 2 76ff – Vermögensumstrukturierung 2 91ff Wegzugsbesteuerung 1 8; 2 66 – Stille Reserven 2 66 Wohnsitzverlagerung 1 8; 2 49
Z Zebra-Konten 13 6 Zinsauskünfte 2 78
Zinsinformationsverordnung – assoziierte Gebiete 2 19 – Ausweitung 2 42 – Drittländer 2 19 – EU-Quellensteuer 2 19 – Kontrollmitteilungen 2 41 – Schlupflöcher 2 40 – Steuerbescheinigung 2 27 – Steuergutschrift 2 23 – Stundungseffekt 2 25 – Teilnehmer 2 20 – Zahlstelle 2 18 Zypern 4 190
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