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ISBN10: 3448071889 ISBN13: 9783448071887
BestellNr. 012370001
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[email protected] Lektorat: Dipl.Kffr. Kathrin MenzelSalpietro Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie die Auswertung durch Datenbanken, vorbehalten. Redaktion: Helmut Haunreiter, 84533 Marktl DesktopPublishing: Agentur: Satz & Zeichen, Karin Lochmann, 83129 Höslwang Umschlag: 102prozent design, Simone Kienle, Stuttgart Druck: BoschDruck GmbH, 84030 Ergolding
Schnelleinstieg Kostenrechnung Schritt für Schritt zur Kostentransparenz und steuerung
von
Professor Dr. HansWerner Stahl
Haufe Mediengruppe Freiburg · Berlin · München · Würzburg
Inhaltsverzeichnis
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Vorwort
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Einleitung
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
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1 Kostenrechnung und Rechnungswesen 1.1 Diese Begriffe aus dem Rechnungswesen müssen Sie kennen 1.2 Das muss der Kostenrechner über Kosten und Aufwand wissen 1.3 Das muss der Kostenrechner über Ertrag und Leistung wissen 1.4 Weitere wichtige Begriffe der Kostenrechnung 1.5 Ziele und Aufgabenbereiche der Kostenrechnung
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23 24 28
2 Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung 2.1 Die Konten aus der Buchhaltung übernehmen 2.2 So werden die kalkulatorischen Kosten bestimmt 2.3 Wie wirken die kalkulatorischen Kosten? 2.4 Das Kostenvolumen analysieren
31 31 34 63 66
3 Schritt 2: Messen, bewerten und Kosten zuordnen 3.1 Unterschiedliche Messverfahren 3.2 Die richtige Bewertung ist entscheidend 3.3 Beachten Sie das Basisprinzip der Kostenrechnung
73 73 77 81
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Inhaltsverzeichnis
4 Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung 4.1 Das Kostenvolumen aufteilen 4.2 Wie ist eine gute Kostenstellenrechnung aufgebaut? 5 Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung 5.1 Von der Kostenstellenrechnung zur Kostenträgerstückrechnung 5.2 Die Verfahren der Produktkostenermittlung 6 Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung 6.1 Ziele und Verfahren der Ergebnisrechnung 6.2 Übereinstimmung von Gesamtkosten und Umsatzkostenverfahren 7 Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten 7.1 Die Nachteile der Vollkostenrechnung 7.2 Variable Kosten in die Kostenrechnung einführen 7.3 Vorteile der Teilkosteninformationen 8 Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren 8.1 Der generelle Ansatz der Prozesskostenrechnung 8.2 Ist die Prozesskostenrechnung ein neues Verfahren der Kostenrechnung? 8.3 So gehen Sie bei der Prozessanalyse vor 8.4 Die Prozesskalkulation 8.5 Variante zur Prozessstruktur 8.6 Erkenntnisse aus der Anwendung der Prozesskostenrechnung
85 85 87 121 121 122 145 147 156 163 163 164 178 181 182 188 190 196 199 201
5
Inhaltsverzeichnis
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Die Werkzeuge in der Praxis
203
1 Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung 1.1 MakeorbuyEntscheidung (Outsourcing) 1.2 BreakevenAnalyse 1.3 Produktionsprogrammoptimierung bei Engpass 1.4 Wo liegt die Preisuntergrenze?
204 204 207 212 215
2 Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge 2.1 Wo liegen die Grenzen der Kostenrechnung als Entscheidungstool? 2.2 Wie ändern sich Entscheidungen, wenn die Kosten anders zugeordnet werden?
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3 Die Zuverlässigkeit der Kostenrechnungsdaten überprüfen Wie ist die Abstimmung zu organisieren?
233 234
Literaturverzeichnis
240
Abbildungsverzeichnis
241
Stichwortverzeichnis
242
220 226
Vorwort Alles was ein Unternehmen macht, hat irgendetwas mit Kosten zu tun. Sie sind dominant und prägen das ständige Denken vieler Manager. Aber nicht nur die Unternehmen, auch das ganz normale Alltagsleben wird immer kostenbewusster. Hier hat der Volksmund ein anderes Wort geprägt: er redet nicht von “Kosten”, sondern von “Unkosten”. Einer meiner akademischen Lehrer in Köln, Prof. Münstermann, bekam jedes Mal einen Schüttelfrost, wenn einer der Studenten dieses Wort “Unkosten” benutzte. “Unkosten gibt es in der Betriebswirtschaftslehre nicht, nur Kosten”, versuchte er ständig zu verbessern. Obwohl die Vorsilbe “Un” einen interessanten Hinweis gibt: Sie weist auf harte Tatsachen hin, auf Endgültigkeit, Ausgeliefertsein, Hoffnungslosigkeit. So etwa wie bei “Un”wetter oder “Un”fall. Der Volksmund hat schon das richtige Gespür. Kosten sind allgegenwärtig, bedrängend und meist in einer Höhe, die man sich überhaupt nicht vorgestellt hat. Nun gibt es für den Umgang mit diesen “schrecklichen” Kosten zwei Strategien: Zum einen kann man sich den Kosten ausliefern. Man akzeptiert sie, so wie sie sind und zieht die Decke über den Kopf. Hoffentlich klappt alles! Augen zu und durch! Oder man stellt sich den Kosten. Wo kommen sie denn, verflixt noch mal, her? Welches Ereignis löst sie aus? Können sie irgendwie strukturiert werden? Kann man sie eventuell transparent machen? Ist es sogar möglich, sie zu verringern? Die letztere Strategie ist zweifelsfrei die bessere. Der Haken bei der Sache ist nur, dass man die Gesetze der Kostenentstehung und die damit verbundene Rechentechnik verstanden haben muss, um Kosten beherrschen zu können. Wohl dem, der so weit gekommen ist. Er besitzt das Rüstzeug für die Zukunft. Der “Schnelleinstieg Kostenrechnung” stellt eine einfache und doch anspruchsvolle Anleitung zum Kostenverständnis und zur Kostenbeherrschung dar. Eben nicht mehr “un”durchsichtige “Un”kosten, sondern nur noch transparente Kosten. Der Leser möge so viel Spaß wie möglich bei der Lektüre dieses Buches haben, obwohl die Materie ja ab und zu nicht wirklich hinreißend und spannend ist. Hans-Werner Stahl
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Einleitung Die Kosten- und Leistungsrechnung – im Folgenden nur noch als Kostenrechnung bezeichnet – ist durchaus ein komplexes Thema. Es ist daher im Rahmen eines Schnelleinstiegs eine Herausforderung, dem Leser ein vernünftiges Basiswissen zu vermitteln und gleichzeitig die Materie in einfacher Form darzustellen. Ich hoffe, dieser Herausforderung gerecht zu werden. Ein Grund, warum das Thema kompliziert ist, liegt darin, dass es für die Kostenrechnung mit wenigen Ausnahmen (z. B. für öffentliche Aufträge und Krankenhäuser) keine gesetzlichen Regelungen gibt. Jeder kann in seinem Unternehmen einrichten, was er will. Entsprechend gibt es auf dem betriebswirtschaftlichen Markt höchst unterschiedliche Systeme. Man kann selbst auswählen, welche Art der Kostenrechnung für das eigene Unternehmen als am besten geeignet erscheint. Voraussetzung für eine solche Entscheidung ist allerdings, dass man den Inhalt der Kostenrechnung verstanden hat. Und hier fängt das Problem an. In meinen vielen Beratungsjahren habe ich nur wenige Mitarbeiter gefunden, selbst in betriebswirtschaftlichen Abteilungen der Unternehmen, die Kostenrechnung wirklich bis in die feinsten Verästelungen begriffen hatten. Ganz abgesehen von Mitarbeitern, die berufsbedingt eine etwas „fernere“ Beziehung zur Kostenrechnung hatten. Die meisten Mitarbeiter und Manager müssen jedoch Entscheidungen treffen, die irgendetwas mit Zahlen zu tun haben, auch die „ferneren“. Wenn man dann die Kostenrechnung eigentlich nur vom Wort her buchstabieren kann und inhaltlich nicht Bescheid weiß, steht es schlecht um die Entscheidungsqualität. Und eben weil so viele Mitarbeiter in irgendeiner Form mit ihr in Berührung kommen, sollen in diesem Praxisratgeber die Zusammenhänge und Problemstellungen der Kostenrechnung einem möglichst breiten Interessentenkreis auf einfache und klare Weise erläutert werden. Diesem Ziel dient zunächst der Aufbau des Buches: Der inneren Logik der Kostenrechnung folgend, spiegeln sich ihre einzelnen Schritte in der
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Einleitung
Gliederung des Schnelleinstiegs wieder – vergleichbar mit einem Leitfaden, der „abgearbeitet“ werden kann. Eine weitere Hilfestellung, um sich schrittweise an die Problemstellungen annähern zu können, bieten die zahlreichen, in den Text eingestreuten Beispiele und Übungen. Zu vielen Themen gibt es Aufgaben (mit Lösungen) zur Selbstüberprüfung. Sie ermöglichen dem Leser, seinen Lernfortschritt zu kontrollieren. An den entsprechenden Stellen im Text verweist ein Symbol am Seitenrand auf die CD. Konkret behandelt das Buch u. A. folgende Themen: • • • • • • • • • •
Welche Aufgaben hat die Kostenrechnung? Welche Arbeitsgebiete gibt es in der Kostenrechnung? Welche unterschiedlichen Systeme der Kostenrechnung gibt es? Welche dieser Systeme erzeugen vernünftige Aussagen? Wie hängen die Arbeitsgebiete zusammen? Welche Fehler können bei der Einrichtung einer Kostenrechnung gemacht werden? Welche Entscheidungsverbesserungen gelingen durch die Teilkostenrechnung? Ist die Prozesskostenrechnung ein neues Kostenrechnungsverfahren? Wie kann man die Aussagen der Kostenrechnung auf Verlässlichkeit prüfen? Welche Anforderungen an die Organisation einer aussagefähigen Kostenrechnung bestehen?
Eine komplexe Fallstudie auf der CD ermöglicht es, den Zusammenhang der einzelnen Arbeitsgebiete der Kostenrechnung nochmals nachzuvollziehen. Im Text sind häufig ganz bewusst Wiederholungen von bereits geschilderten Sachverhalten eingearbeitet. Auf diese Weise wird auf die bereits erlernten Zusammenhänge zurückgegriffen um den Inhalt der Kostenrechnung möglichst transparent zu vermitteln. Die Wiederholungen stehen also ganz im Dienst der stabilen Absicherung von Lernprozessen. Gleichzeitig werden Arbeitsbereiche, die als Hauptthemen späterer Kapitel erst dort im Detail erläutert werden, gelegentlich bereits in früheren Kapiteln knapp behandelt. Auch dies dient der Verständlichkeit:
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Einleitung
Díe Kostenrechnung ist ein komplexes System, innerhalb dessen die verschiedenen Werkzeuge ineinander greifen. Um diese Verflechtungen besser zu verstehen, wird dort, wo es angebracht erscheint, der Gesamtkontext aufgezeigt, was zu den beschriebenen thematischen Vorwegnahmen führen kann. Die Ausführungen zur Kosten- und Leistungsrechnung orientieren sich in diesem Buch sehr stark an den organisatorischen Anforderungen der Industrie. Ebenso verhält es sich mit den meisten Beispielen. Das hat einen guten Grund: Im Bereich der Industrie bestehen die höchsten Anforderungen um Transparenz und Ordnung zu schaffen. Andere Unternehmen, z. B. Handels- und Dienstleistungsbetriebe haben es da wesentlich einfacher. Ein Buch zur Kostenrechnung sollte sich aber der größten Anforderung stellen. Selbstverständlich sind in allen Unternehmen die grundsätzlichen Strukturen der Kostenrechnung vergleichbar. Insofern gelten die in diesem Buch getroffenen Aussagen natürlich nicht nur für Industriebetriebe.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung Wenn ein Manager eine Entscheidung treffen möchte, dann benötigt er dazu meist die Aussagen der Kostenrechnung. Weil eine Kostenrechnung für die meisten Unternehmen „frei“, d. h. ohne Vorschriften gestaltet werden kann, übernimmt der Kostenrechner bei ihrem Einrichten und Betreiben eine große Verantwortung: Die Kostenrechnung muss einfach richtig arbeiten und verlässliche Aussagen erzeugen, denn was nützt der Zugriff auf sie, wenn sie schlecht organisiert ist und ihre Arbeitsgebiete ungenügend gestaltet sind? Die Werkzeuge der Kostenrechnung können dann nicht greifen. Bevor man in die Welt der Entscheidungsunterstützung durch die Kostenrechnung eintauchen will, ist es zunächst also notwendig, sich intensiv mit der Organisation ihrer Werkzeuge und den vielen unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die alle über „Wohl und Wehe“ ihrer Aussagen entscheiden, auseinander zu setzen. Lernen Sie deshalb im folgenden Kapitel die Werkzeuge der Kostenrechnung, d. h. ihre Arbeitsgebiete mit der ganzen Bandbreite ihrer Einsatzmöglichkeiten genauestens kennen – um sie dann, angepasst an die Anforderungen Ihres Unternehmens, effektiv nutzen zu können. Wer als Praktiker oder Berater mit der Einrichtung einer Kostenrechnung beauftragt wird, muss genau wissen, mit welchem Schritt zu beginnen ist und wie die nachfolgenden aussehen. Die Kostenrechnung besitzt nämlich eine interne, zwingende Sachlogik. Um dem Leser den Inhalt der Kostenrechnung so klar und strukturiert wie möglich zu präsentieren, wurde diese Reihenfolge der Schritte in die Gliederung dieses Buches übernommen. Dabei sind die Hauptschritte in den Überschriften der Kapitel aufgeführt. Im Text sind bei Bedarf weitere Unterschritte dargestellt. Insgesamt ergibt sich dadurch ein Leitfaden für die Einrichtung und das Verständnis einer Kostenrechnung.
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Kostenrechnung und Rechnungswesen
Die Kostenrechnung stellt nur einen Teil des gesamten Rechnungswesens dar. Es ist notwendig, die Einordnung und Stellung der Kostenrechnung im Gesamtsystem des Rechnungswesens genau zu verstehen, da man sonst weder in der Theorie noch in der Praxis mit den unterschiedlichen Begriffen und ihren verschiedenen Inhalten zurechtkommt. Das Rechnungs wesen liefert die Basis für Entscheidungen
Das Rechnungswesen sammelt, dokumentiert, bearbeitet und analysiert alle Geldbewegungen eines Unternehmens. Dabei nimmt es eine Doppelfunktion ein. Es muss einerseits lückenlos dokumentieren, andererseits liefert es die Basis für Entscheidungen. Daraus entsteht die Anforderung, dass im Rechnungswesen nur zuverlässige, sachlich richtig arbeitende und miteinander abstimmbare Methoden und Systeme zum Einsatz kommen dürfen. Da es Grundlage für viele Management-Entscheidungen ist, besteht andernfalls die Gefahr von lücken- und fehlerhafter Verarbeitung und entsprechend fehlerhaften Aussagen. Das gesamte Rechnungswesen teilt sich in drei große Bereiche auf, die in größeren Unternehmen meist auch durch getrennte Abteilungen dokumentiert werden: • • •
Buchhaltung Finanzierung Kostenrechnung
Welche Aufgaben hat die Buchhaltung? Die Buchhaltung übernimmt eine sorgfältige Verarbeitung aller Buchungsbelege, d. h. derjenigen Belege, die zu Geldbewegungen bzw. Wertveränderungen führen. Ihre Arbeit wird durch gesetzliche Vorgaben – im Wesentlichen aus dem Handelsgesetzbuch und dem Steuerrecht – geregelt. Keine andere Stelle im Unternehmen darf ähnliche Aufgaben wahrnehmen. Als Ergebnis ihrer Arbeit entstehen u. a. eine
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Kostenrechnung und Rechnungswesen
Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung. Die Empfänger ihrer Informationen sind vor allem im externen Bereich des Unternehmens zu suchen: Banken, Lieferanten, Aktionäre, Aufsichtsrat, Finanzbehörden usw. Die Verpflichtung zur Verarbeitung aller Belege, die eine Veränderung des Geldes oder Wertes im Unternehmen bewirken, führt dazu, dass die beiden anderen Bereiche des Rechnungswesens auf der Buchhaltung aufbauen. Es entsteht damit ein intensiver Datentransfer von der Buchhaltung zu der Finanzierung und der Kostenrechnung. Nicht zuletzt aus dieser Informationsbeziehung ist erkennbar, dass von der Buchhaltung ein hohes Maß an Präzision gefordert wird, da sonst automatisch die anderen Gebiete des Rechnungswesens in Mitleidenschaft gezogen werden.
Welche Aufgaben hat die Finanzierung? Die Finanzierung muss das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens im weitesten Sinne absichern. Das bedeutet einerseits die Aufrechterhaltung der Liquidität. Alle notwendigen Auszahlungen müssen rechtzeitig vorgenommen werden können. Zum anderen sorgt sich die Finanzierung um die Erschließung optimaler Finanzierungsquellen und achtet auf die Einhaltung bestimmter gewünschter Bilanzrelationen, z. B. das Verhältnis Eigenkapital zu Fremdkapital.
Welche Aufgaben hat die Kostenrechnung? Die Kostenrechnung schließlich verarbeitet die Buchhaltungszahlen zu einem managementorientierten Berichtswesen. Im Vordergrund der Kostenrechnung stehen die Kosten und Erfolge interner Abwicklungen und Prozesse. Die Empfänger ihrer Auswertungen kommen ausschließlich aus dem internen Bereich, also Führungskräfte und Mitarbeiter des Unternehmens. Sie stellt damit die Basis eines umfangreichen Steuerungsinstrumentes dar.
Kostenrech nung: manage mentorientier tes Berichts wesen
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Zusammenhang Zusammenhangdes desRechnungswesens Rechnungswesens Konten Konten Finanzierung Auszahlung Auszahlung Ausgabe Ausgabe Einzahlung Einzahlung Einnahme Einnahme
Finanzstruktur, Konstanz des finanziellen Gleichgewichtes
Buch haltung
Kosten u. Leistungs rechnung
Aufwand Aufwand Ertrag Ertrag
Kosten Kosten Leistung Leistung
Bilanz, Gewinn+ Verlustrechnung
Betriebswirtsch. Ergebnisrechnung, Managementinfo.
Abb. 1: Das Gesamtsystem des Rechnungswesens und sein Zusammenhang
Die Feststellungen und Auswertungen der Kostenrechnung sind immer sehr ressourcen- und erfolgsorientiert: Was kostet ein Produkt? Wie hoch ist der Gewinn des Produktbereiches A? Ist der Verbrauch an Material und Leistung für Produkt 1 zu hoch? Was kostet die Abteilung Einkauf? Ressourcenorientierung Die Kostenrechnung ist in ihren Aussagen stets ressourcen und erfolgs orientiert. Welcher Ressourcenverbrauch ist notwendig, um ein Produkt herzustellen? Was kostet also ein Produkt und welchen Erfolg hat das Unternehmen damit? Aus diesen Fragestellungen ist erkennbar, dass es in der Kostenrechnung ständig um entscheidungsrelevante Informationen geht. Es wird hier und später immer wieder darauf hingewiesen, dass nur eine gut aufgebaute Kostenrechnung zuverlässige Informationen abgibt. Dies ergibt die Verpflichtung für den Kostenrechner, sein System optimal auszulegen.
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Kostenrechnung und Rechnungswesen
1.1
Diese Begriffe aus dem Rechnungswesen müssen Sie kennen
Jeder Bereich des Rechnungswesens benutzt aus gutem Grund seine eigenen Begriffe. Sie sind typisch für die verschiedenen Aufgabenstellungen. Es ist eine entscheidende Voraussetzung, alle wichtigen Basisbegriffe des Rechnungswesens zu kennen, um die Problemrelevanz einzelner Vorgänge einordnen zu können. Diesem Ziel dient das vorliegende Kapitel, indem es die gebräuchlichen Begriffe und ihre Abgrenzungen zueinander vermittelt. Vor allem die unterschiedlichen Begriffe von Buchhaltung und Kostenrechnung gehören zum absoluten Basiswissen eines Kostenrechners. Viele Begriffe aus den unterschiedlichen Bereichen sind inhaltlich verwandt, jedoch nicht identisch. Man muss die einzelnen, manchmal sehr feinen Unterschiede genau kennen, weil alle betroffenen Mitarbeiter in den Unternehmen ständig damit umgehen. Der spezielle Ansatz der Kostenrechnung würde ohne Auseinandersetzung mit den wichtigen Begriffsunterschieden nicht verstanden werden. Folgende Begriffsgruppen bestehen: • Auszahlung-Ausgabe-Aufwand-Kosten und •
Einzahlung-Einnahme-Ertrag-Leistung
AuszahlungAusgabeAufwandKosten Bevor die für die Kostenrechnung relevanten Begriffe im weiteren Verlauf des Kapitels detailliert voneinander abgegrenzt werden, sollten Sie sich zunächst einen kurzen allgemeinen Überblick über die Grundbedeutung der genannten Begriffsgruppen verschaffen. Auszahlung Inhaltlich liegt eine Auszahlung dann vor, wenn sich der Zahlungsmittelbestand im Unternehmen verringert. Es fließt also ganz konkret Geld ab, entweder vom Bankkonto oder in Form von Bargeld.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Ausgaben Ausgaben stellen eine Verringerung des Geldvermögens dar. Der Unterschied zur Auszahlung liegt darin, dass eine Ausgabe auch die zukünftig wirkende Verringerung des Zahlungsmittelbestandes berücksichtigt, z. B. in Form eines Schuldenanstiegs. Wird eine Lieferantenrechnung als Verbindlichkeit gebucht, liegt schon eine Ausgabe vor, im Zahlungszeitpunkt dann eine Auszahlung. Ausgaben: Vorsicht – die umgangs sprachliche Bedeutung ist anders!
Das Problem von betriebswirtschaftlichen Definitionen liegt häufig darin, dass sie umgangssprachlich anders gebraucht werden als in der Betriebswirtschaft. Dies trifft ganz besonders auf das Wort Ausgaben zu. Ausgaben sind im normalen Sprachgebrauch weitgehend mit den betriebswirtschaftlichen Auszahlungen identisch. Verlassen wir nun den Bereich der finanzorientierten Begriffe und konzentrieren uns auf die wichtigen Inhalte der folgenden Definitionen. Aufwand Aufwand wird als bewerteter Güterverzehr bezeichnet. Das hört sich zunächst unverständlich an. Damit ist gemeint, dass betriebswirtschaftliche Güter (z. B. Maschinen, Material, Arbeit) verbraucht werden, somit ein Ressourcenverbrauch vorliegt (also z. B. Maschinenleistung, Mitarbeiterleistung, Materialverbrauch, Dienstleistungsverbrauch) und dieser in Geld bewertet wird. So ist z. B. Personalaufwand (Lohn/Gehalt) das Äquivalent für die Mitarbeiterleistung. Der Begriff „Aufwand“ ist ein ganz dominanter Bestandteil der Buchhaltung. In der Gewinn- und Verlustrechnung wird z. B. die linke Seite des Kontos (Soll) damit bezeichnet. Entsprechend ist auf dieser Kontenseite alles dargestellt, was ein Unternehmen als Gütereinsatz (Ressourcenverbrauch) benötigt hat, um seine Produkte herstellen zu können. Aufwand vermindert somit einen Gewinn. Kosten Wie der Name schon sagt, baut die Kostenrechnung auf dem Begriff der Kosten auf. Die betriebswirtschaftliche Definition lautet: Kosten sind ein „periodenbezogener, betrieblicher, bewerteter Güterverzehr“. Auch dieser Begriff ist nicht selbst erläuternd. Zunächst fällt die Verwandtschaft mit dem Aufwand aus der Buchhaltung auf. Beide Begriffe, Aufwand und Kosten, beschäftigen sich offensichtlich mit dem Ressourcen-
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Kostenrechnung und Rechnungswesen
verbrauch eines Unternehmens. Kosten basieren also auf dem Aufwand, schränken ihn jedoch ein. Während in der Buchhaltung alles als Aufwand gebucht werden muss, was für das Gesamtunternehmen anfällt, holt sich die Kostenrechnung aus all diesen Buchungen nur diejenigen Vorgänge heraus, welche die Produktherstellung betreffen. Das bedeutet, dass zur Trennung von Aufwand und Kosten hauptsächlich die Verwendung für den Betriebszweck, d. h. also für die Produktherstellung herangezogen wird.
Kosten sind eine „Teilmen ge“ des Auf wands
Kosten sind demnach • • • •
Aufwendungen, die betrieblich bedingt sind, aus der Geschäftsperiode stammen und dem normalen Produktionsablauf entsprechen. Verringerung des Geldbestandes
Auszahlung Finanzierung
Ausgaben
Verringerung des Geldvermögens bewerteter Güterverzehr
Buchhaltung
Kostenrechnung
Aufwand Kosten
bewerteter Güterverzehr, periodenbezogen, betrieblich
Abb. 2: Zusammenhang der Begriffe des Rechnungswesens (Kostenseite)
EinzahlungEinnahmeErtragLeistung Entsprechend der vorigen Betrachtung der Geldabflüsse beschäftigt sich dieser Abschnitt mit der Geldzuflussseite. Sie ist völlig analog zu den obigen Begriffen aufgebaut. Einzahlung Eine Einzahlung bedeutet die Erhöhung des Zahlungsmittelbestandes.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Einnahme Eine Einnahme liegt vor, wenn das Geldvermögen erhöht wird. Eine Verbindung mit einer Einzahlung muss nicht gegeben sein. Es genügt, wenn z. B. eine Forderung gebucht wird. Diese drückt aus, dass das Geld demnächst zufließen wird. Wie oben soll auch hier das Schwergewicht der weiteren Ausführungen in dem begrifflichen Zusammenspiel von Buchhaltung und Kostenrechnung liegen. Erhöhung des Geldbestandes
Einzahlung Finanzierung
Buchhaltung
Kostenrechnung
Einnahme Ertrag
Leistung
Erhöhung des Geldvermögens bewertete, verkaufte oder erstellte Leistung
Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit
Abb. 3: Zusammenhang der Begriffe des Rechnungswesens (Leistungsseite)
Erträge Erträge bezeichnen den Wert der verkauften oder erstellten Güter und Dienstleistungen. Die Buchhaltung zeigt die Erträge auf der rechten Seite (Haben) der Gewinn- und Verlustrechnung. Alle verkauften Produkte führen zum Umsatz. Dieser stellt den Hauptteil der Erträge dar. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, auf dem Buchhaltungskonto der Gewinn- und Verlustrechnung eine Bestandserhöhung als Ertrag zu finden sowie viele kleinere Posten, z. B. Zinserträge, Mieterträge usw. Außerdem muss die Buchhaltung Erträge buchen, welche direkt nichts mit den Produkten zu tun haben, wie z. B. eine Steuerrückzahlung für ein vergangenes Geschäftsjahr.
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Kostenrechnung und Rechnungswesen
Leistung Unter Leistung wird das „Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit“ verstanden. Damit ist der Wert der für den Betriebszweck produzierten Güter und Dienstleistungen gemeint. Dieser Begriff ist zunächst wieder identisch mit den Erträgen der Buchhaltung, wird jedoch auf die Erträge aus den Produktverkäufen und der Herstellung der Produkte (Bestandsveränderung) reduziert.
Leistung ist eine „Teilmenge“ der Erträge
Die Ertrags- und Leistungsseite ist für die Praxis des Kostenrechners nicht so spannend wie die Aufwands- und Kostenseite. Im Wesentlichen handelt es sich ja „nur“ um den Umsatz für die verkauften Waren. Erträge und Leistungen sind daher wesentlich weniger vielfältig als die vielen, vielen unterschiedlichen Kostenbewegungen. Daher stehen für die nachfolgenden Ausführungen die wichtigen Kosten eines Unternehmens im Vordergrund. Betriebszweckorientierung Für die Kostenrechnung steht immer der Betriebszweck im Vordergrund.
1.2
Das muss der Kostenrechner über Kosten und Aufwand wissen
Inzwischen haben Sie einen Überblick über die Basisbegriffe, die für die verschiedenen Aufgaben der drei Rechnungswesenteile benutzt werden. Der folgende Abschnitt grenzt nun das für die Kostenrechnung besonders wichtige Begriffspaar Aufwand/Kosten im Detail gegeneinander ab. Betrachten wir zunächst den Übergang von der Ausgabe zum Aufwand. Eine Ausgabe hat früher oder später etwas mit Geldtransfer zu tun. Fast der gesamte Aufwand in der Buchhaltung führt direkt zu einer Ausgabe und Auszahlung, man denke z. B. an den Personalaufwand. Aber eben nur fast. Wenige Aufwandsbuchungen führen nicht direkt zu einer Ausgabe. Sie betreffen den Bereich „Aufwand, keine Ausgabe“.
Wann gilt „Aufwand, keine Ausgabe“? Beispiele hierfür sind Aufwandsbuchungen in der Gewinn- und Verlustrechnung, die nicht zu einer Veränderung des Geldvermögens füh-
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
ren, z. B. eine Verbrauchsbuchung aus dem Bestand des Rohmateriallagers. Die Rohmaterialbestände wurden möglicherweise schon vor vielen Monaten gekauft und sind schon längst bezahlt. Ausgabe und Auszahlung haben also schon vor langer Zeit stattgefunden. Bei der späteren Lagerentnahme für die Produktion entsteht nun erstmals Aufwand im Sinne des Ressourcenverbrauches. Ähnlich bei der Abschreibung. Eine Maschine wurde vor vielen Jahren gekauft und bezahlt. Die über die Nutzungsdauer verteilten Abschreibungsbeträge sind Aufwand, haben jedoch nichts mehr mit der Auszahlung zu tun. Deshalb werden in der Cashflow-Rechnung, also bei der Ermittlung der Finanzierungskraft eines Unternehmens, die Abschreibungen zum Gewinn laut Gewinn- und Verlustrechnung hinzugezählt.
Wann gilt „Aufwand, keine Kosten“? Ganz wichtig ist der Bereich „Aufwand, keine Kosten“. Die Gewinnund Verlustrechnung umfasst alle Aufwendungen, auch wenn sie nicht direkt dem Betriebszweck dienen. Daher wird der so genannte „neutrale“ Aufwand vom Zweckaufwand unterschieden. Der Zweckaufwand führt zu Kosten, da er im Zusammenhang mit der Produkterstellung anfällt. Der neutrale Aufwand wird nicht in die Kostenrechnung übernommen, weil er nicht zum Ressourcenverbrauch für Produkte zählt. Der Buchhalter ist jedoch gesetzlich verpflichtet, auch den neutralen Aufwand zu buchen, weil er im weiten Sinne das Unternehmen betroffen hat. Neutraler Aufwand
Der neutrale Aufwand muss in der Buchhaltung genau bezeichnet werden, damit der Kostenrechner diese Beträge nicht in seine Kosten übernimmt. Er umfasst drei Teile: •
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Betriebsfremder Aufwand. Damit sind alle Vorgänge gemeint, die in der Gewinn- und Verlustrechnung zwar verbucht werden müssen, jedoch nicht dem Betriebszweck dienen. Z. B. Reparaturaufwendungen für Wohnhäuser, die zwar zum Betriebsvermögen gehören, jedoch nicht betriebsnotwendig sind. Das heißt, dass die Produkte hergestellt werden können, auch wenn das Unternehmen keine Wohnhäuser besitzt.
Kostenrechnung und Rechnungswesen
•
•
Periodenfremder Aufwand. Er bezeichnet Aufwendungen, die sachlich zu einer anderen Rechnungswesenperiode gehören und daher nicht im laufenden Zweckaufwand für die Produkterstellung berücksichtigt werden dürfen. Z.B. eine Nachzahlung für Kostensteuern aus dem Jahr 1995. Eine Übernahme dieses Aufwands als Kosten der laufenden Periode würde Verfälschungen in der Ermittlung der tatsächlichen Produktkosten der laufenden Periode ergeben. Außerordentlicher Aufwand. Dieser beschreibt unvorhergesehene und nicht planbare Vorgänge. In die Produktkalkulation eines Unternehmens sollten nur vorhersehbare und „normale“ Aufwendungen einfließen. Wird z. B. ein Firmenwagen bei einem Unfall zerstört, wird in der Buchhaltung dessen Restbuchwert auf den Schrottwert reduziert. Die damit verbundene Sonderabschreibung gilt im Sinne eines Katastrophenverschleißes als außerordentlicher Aufwand. Gleiches gilt für Reparaturkosten infolge eines Brandschadens. Der Betriebszweck hat nichts mit außerordentlichen Vorgängen zu tun. So ist es z. B. normalerweise nicht Betriebszweck, Autos zu zerstören. Daher eliminiert der Kostenrechner diese Buchungen.
Nach der Trennung des neutralen Aufwands vom Gesamtaufwand steht dem Kostenrechner der Zweckaufwand zur Verfügung. Dieser ist zur Herstellung der Produkte angefallen und entspricht damit den so genannten Grundkosten.
Wann gilt „Kosten, kein Aufwand“? Spannend und außerordentlich wichtig zur Gestaltung einer Kostenrechnung ist der Bereich „Kosten, kein Aufwand“. Die Buchhaltung ist an die gesetzestreue Verbuchung der anfallenden Belege gebunden. Das bedeutet, dass durch den Beleganfall zeitlich und sachlich das gesamte Volumen des Aufwandes definiert wird. In einigen Buchungsfällen wird aber die Auffassung des Kostenrechners von derjenigen des Buchhalters unterschiedlich sein. Die Kostenrechnung ist daran interessiert, den tatsächlich benötigten Ressourcenverbrauch zur Herstellung der Produkte zu erfassen, wogegen bei der Buchhaltung die sachlich und zeitlich richtige Verbuchung der angefallenen Belege im Vordergrund steht. Der Kostenrechner löst
21
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
sich daher in bestimmten Fällen von den gebuchten Beträgen, um mit anderen Daten richtigere Produktkalkulationen zu erstellen. Kalkulatorische Kosten
Diese Loslösungen ermöglichen die so genannten „kalkulatorischen Kosten“. Sie stellen keinen Aufwand laut Buchhaltung dar, sondern eine Ergänzung des Aufwandes. Die gesamten Kosten für die Kostenrechnung setzen sich daher aus dem Zweckaufwand (Grundkosten) und den kalkulatorischen Kosten zusammen. Aufwand, keine Ausgabe
Aufwand Aufwand, keine Kosten
Kosten
Neutraler Aufwand • außerordentlich • betriebsfremd • periodenfremd
Kosten, kein Aufwand Kalkulatorische Kosten • Anderskosten • Zusatzkosten
Abb. 4: Unterschiede zwischen Aufwand und Kosten
Die kalkulatorischen Kosten bestehen aus zwei Teilen: •
•
Anderskosten. Sie betreffen einen in der Buchhaltung bekannten Sachverhalt. Der für die Kostenrechnung festgelegte Wertansatz unterscheidet sich jedoch vom Buchhaltungswert. Beispiele hierfür sind die später erläuterten kalkulatorischen Abschreibungen oder die kalkulatorischen Zinsen. Zusatzkosten. Sie ergänzen den Buchhaltungsaufwand in Fällen, in denen die Buchhaltung keinen Aufwand buchen darf. Beispiele sind der kalkulatorische Unternehmerlohn und die kalkulatorische Miete. Gesamtes Kostenvolumen Der Gesamtbetrag der in der Kostenrechnung zu verrechnenden Kosten ergibt sich aus dem gesamten Aufwand laut Buchhaltung abzüglich des neutralen Aufwandes und zuzüglich der kalkulatorischen Kosten.
22
Kostenrechnung und Rechnungswesen
1.3
Das muss der Kostenrechner über Ertrag und Leistung wissen
Die Einzahlungsseite verhält sich spiegelbildlich zur Aufwand- und Kostenseite. Sinngemäß können hier dieselben Abgrenzungen getroffen werden, die Sie vergleichbarerweise schon aus dem vorigen Kapitel kennen. Auch hier wird mit dem Übergang von der Einnahme zum Ertrag begonnen.
Wann gilt „Ertrag, keine Einnahme“? Betrachten wir zunächst den seltenen Vorgang Ertrag, keine Einnahmen. Man könnte sich beispielsweise bei der Festlegung der Nutzungsdauer einer Maschine geirrt und der Abschreibungsrechnung versehentlich 2 statt 20 Jahre zu Grunde gelegt haben. Dann wäre in einer Folgeperiode die zu hohe Abschreibung durch eine Zuschreibung zu korrigieren. Dieser Vorgang entspricht einem Ertrag, jedoch keiner Einnahme.
Wann gilt „Ertrag, keine Leistung“? Die nächste Aussage lautet Ertrag, keine Leistung. Entsprechend der Aufwandsseite wird auch die Ertragsseite getrennt in einen neutralen und einen Betriebsertrag. Die Unterteilung des neutralen Ertrages entspricht derjenigen der Aufwandsseite. •
•
•
Neutraler Ertrag
Betriebsfremder Ertrag. Bei diesen Buchungen steht nicht der Betriebszweck im Vordergrund. Ein Beispiel hierzu wären die Mieteinnahmen aus den oben angeführten, nicht betriebsnotwendigen Wohnhäusern. Periodenfremder Ertrag. Hierbei handelt es sich um Vorgänge, die vergangene Geschäftsjahre betreffen, z. B. eine Erstattung von Kostensteuern aus dem Jahre 1995. Außerordentlicher Ertrag. Gemeint sind Buchungen, die nicht den „normalen“ Geschäftsablauf betreffen. Z. B. Verkauf von Maschinen über Buchwert, Zahlungen der Versicherungen für einen Brandschaden.
23
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Wann gilt „Leistung, kein Ertrag“? Für den Sachverhalt Leistung, kein Ertrag bestehen in der Literatur höchst unterschiedliche und teilweise auch sachlich falsche Meinungen. Getreu der Einteilung auf der Kostenseite sollten Sie hier zwischen einer Grundleistung, die dem Betriebsertrag entspricht, und einer kalkulatorischen Leistung unterscheiden. Kalkulatorische Leistung
Entsprechend gilt für die kalkulatorische Leistung: •
•
Andere Leistung. Hier unterscheiden sich wieder Buchhaltung und Leistungsrechnung im Wertansatz. Ein Beispiel wäre ein differierender Wertansatz für gleiche Leistung, z. B. durch die Aktivierungsvorschriften laut Handels- und Steuerrecht gegenüber den kostenrechnerischen Ansätzen. Zusatzleistung. Es handelt sich um Erträge, die in der Buchhaltung nicht gebucht werden dürfen, aber für die Leistungsrechnung notwendig sind. Z. B. die Verkaufspreise für interne Lieferungen zwischen Profit-Centern. Sie gelten nur für eine betriebswirtschaftliche Erfolgsrechnung und dürfen in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht erscheinen.
Mit diesen Beschreibungen der begrifflichen Unterschiede der Kostenund Leistungsrechnung ist nun genau festgelegt, was Kosten sind und woher sie kommen. Der nach diesen Regeln ermittelte Betrag wird in die Kostenrechnung übernommen und dort verrechnet. Er bestimmt natürlich mit jedem übernommen € die Höhe der Produktkosten. Dem Leser wird vermutlich klar sein, dass durch begriffliche Unschärfen und Versäumnisse Fehler in der Betragsermittlung der Kosten und damit den Produktkalkulationen entstehen. Deshalb sei erneut darauf hingewiesen: Für den Kostenrechner ist es außerordentlich wichtig, in den Begriffen klar und unbeirrbar zu sein.
1.4
Weitere wichtige Begriffe der Kostenrechnung
Bisher standen die Begriffe des Rechnungswesens und ihre Abgrenzung im Vordergrund. Diese sind wichtig, um die Kostenrechnung innerhalb des Rechnungswesens richtig einordnen zu können. Nun geht es um
24
Kostenrechnung und Rechnungswesen
wichtige Basis-Begriffe der Kostenrechnung selbst. Sie stellen das Handwerkszeug des Kostenrechners dar. Beginnen wir mit der Aufspaltung der Kosten in verschiedene Kategorien. Zunächst lassen sich die Gesamtkosten eines Unternehmens in fixe und variable Kosten einteilen.
Variable Kosten Variable Kosten verändern sich mit der Beschäftigung eines Unternehmens. Steigt die Produktionsmenge, so nehmen auch die variablen Kosten zu. Beispiele sind Stromkosten der Maschinen, Werkzeugkosten und Materialkosten (Einzelkosten). Aus pragmatischen Gründen wird der Begriff der variablen Kosten hier synonym verwendet mit den Begriffen proportionale Kosten und Grenzkosten. In der Praxis werden diese Begriffe alle mit gleicher Bedeutung benutzt, was wissenschaftlich allerdings nicht immer exakt stimmt. Konzentrieren wir uns jedoch auf die Notwendigkeiten der Praxis.
Fixe Kosten Fixe Kosten verändern sich nicht mit der Beschäftigung, sie sind zeitabhängig. Die Höhe der Fixkosten wird normalerweise durch Entscheidungen definiert. Wenn z. B. eine Fabrikhalle gemietet ist, sind die anfallenden Kosten als fix zu bezeichnen. Sie müssen so lange vom Unternehmen konstant getragen werden, bis der Mietvertrag durch eine Entscheidung gekündigt wird. Wenn die Gesamtkosten eines Unternehmens unter dem Blickwinkel ihrer Zuordnungs- und Verrechnungsfähigkeit betrachtet werden, ergibt dies die Unterscheidung in Einzel- und Gemeinkosten.
Einzelkosten Einzelkosten sind Kosten, die einem Produkt direkt zugeordnet werden können. Beispiele, die später noch detaillierter ausgeführt werden sind: •
Materialkosten der Produkte: Nur wenn ein Produkt hergestellt wird, fallen diese Materialkosten durch eine Verbrauchsbuchung aus dem Lager an. Die direkte Zuordnung gelingt durch eine Erfassung des Ressourcenverbrauchs auf internen Buchungsbelegen (z. B.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
•
•
Einzelkosten sind variable Kosten
Materialentnahmeschein, Stückliste), auf denen die Identifikation des Produktes (z. B. Artikelnummer, Auftrags-nummer) angegeben ist. Sondereinzelkosten der Fertigung: Fallen für die Vorbereitung einer wirtschaftlichen Fertigung der Produkte spezielle Kosten zur Herstellung von Modellen, Formen, Schablonen an, sind diese zu erfassen und in einer speziellen Position innerhalb der ProduktHerstellkosten auf die gesamte Produktionsmenge der Produkte zu verteilen. Sondereinzelkosten des Vertriebes: Kauft ein Kunde ein Produkt, so gibt es normalerweise aus Sicht der verkaufenden Firma einen Verkaufspreis „ab Werk“. Sondereinzelkosten des Vertriebes sind Kosten, die durch den Kaufvertrag und die geographische Lage des Kunden zusätzlich zu den normalen Selbstkosten der Produkte anfallen, z. B. Verpackungs-, Versicherungs- und Transportkosten. Provisionen an Vertreter gehören ebenfalls dazu. Sie werden durch Belege in der Buchhaltung dokumentiert und sind dort mit entsprechenden Auftragsnummern versehen.
Einzelkosten sind immer variable Kosten.
Gemeinkosten Gemeinkosten sind einem Produkt nicht direkt zuzuordnen. Sie fallen zwar notwendigerweise im Unternehmen an, besitzen aber keine logische, direkte und verursachungsgerechte Verbindung zur Produkterstellung. So ist z. B. eine Miete für die Fabrikgebäude monatlich zu bezahlen, unabhängig davon, ob viele oder wenige Produkte in dem Gebäude gefertigt werden. Das gleiche gilt für Gehälter, Stromkosten, Reisekosten usw. Die Gemeinkosten umfassen einen sehr großen Teil der Gesamtkosten eines Unternehmens. Gemeinkosten können entweder voll variabel (z. B. Werkzeugkosten), voll fix (z. B. Miete) oder gemischt sein (z. B. Abschreibungen).
Vollkosten, Teilkosten und Deckungsbeitragsrechnung Je nachdem, welches Kostenrechnungssystem im Unternehmen verwendet wird, sind folgende Begriffe wichtig:
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Kostenrechnung und Rechnungswesen
Unter einer Vollkostenrechnung wird ein System verstanden, das den Kostenbegriff nicht in fixe und variable Kosten auftrennt. Es wird also in allen Bereichen der Kostenrechnung nur mit einem einzigen Kostenbegriff gearbeitet, der sowohl die fixen als auch die variablen Kosten umfasst.
Vollkosten rechnung
Ein System der Teilkostenrechnung trennt in allen Arbeitsbereichen der Kostenrechnung sehr genau in fixe und variable Kosten. Dadurch können viel exaktere Aussagen als mit einer Vollkostenrechnung erzeugt werden. Die meisten modernen Kostenrechnungen basieren auf einer Teilkostenrechnung.
Teilkosten rechnung
Innerhalb der Teilkostenrechnung besteht der Begriff der Deckungsbeitragsrechnung. Ein Deckungsbeitrag wird nur im Arbeitsgebiet der Ergebnisrechnung nach folgender Formel für ein Produkt oder in Summe errechnet:
Deckungs beitrags rechnung
Umsatz – variable Kosten = Deckungsbeitrag Den Deckungsbeitrag z. B. eines bestimmten Produktes zu kennen, ist außerordentlich wichtig. Ein Produkt löst einerseits die variablen Kosten direkt aus und erzeugt andererseits einen ganz spezifischen Umsatz. Der Deckungsbeitrag beschreibt denjenigen Ertragsanteil eines Produktes, der zum Abdecken der Fixkosten übrig bleibt. Er zeigt als rein stückbezogene Größe sozusagen die „Finanzierungskraft“ eines Produktes an, mit der die periodenbezogenen Kosten des Unternehmens-„Overheads“ (Fixkosten) zu decken sind. Entstehen in einer Periode durch den Verkauf von Produkten mehr Deckungsbeiträge als Fixkosten, wird ein Unternehmensgewinn ausgewiesen. Aktuelle Teilkostenrechnung Die allermeisten Unternehmen benutzen heute die Teilkostenrechnung. Innerhalb dieses Systems übernimmt der Deckungsbeitrag eine dominante Funktion als Steuerungs und Optimierungsgröße.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
1.5
Ziele und Aufgabenbereiche der Kostenrechnung
Um die Kostenrechnung mit ihren Zielen und Aufgaben verstehen zu können, muss man sich von der Betrachtungsweise der Buchhaltung völlig loslösen. Es soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden: Bei der Kostenrechnung geht es nicht um richtige und gesetzestreue Verbuchung von Belegen, sondern um den Aufbau eines betriebsinternen Informationssystems, das entscheidungsrelevante Daten für die Manager liefern soll.
Die Ziele der Kostenrechnung Die Kostenrechnung ist daher ganz aus dem Blickwinkel eines Management-Informations-Systems zu sehen. Dementsprechend sind auch ihre generellen Ziele zu formulieren: Kostenrechnung • dokumentiert, überwacht, informiert •
•
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Das Dokumentationsziel. Die Kostenrechnung muss genau ermitteln können, wie hoch die angefallenen Kosten und Leistungen in ihren einzelnen Arbeitsbereichen sind. Das Überwachungsziel. Die reine Dokumentation ist um die Überwachung der Kosten- und Ertragsentwicklung zu erweitern. Damit tritt die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Unternehmens in den Mittelpunkt. „Haben wir möglicherweise zu hohe Kosten?“ „In welchen Bereichen sind die Kosten zu hoch?“ Eine qualifizierte Überwachung der geplanten Ziele wird im (hier nicht weiter erläuterten) Controlling vorgenommen. Das Informationsziel. Management-Entscheidungen bauen zu einem hohen Prozentsatz auf der Kostenrechnung auf. Daher muss sie eine Fülle von Informationen erzeugen, die zur Optimierung des Unternehmens geeignet sind. Aus diesem Grund spricht man von der „entscheidungsorientierten“ Kostenrechnung.
Kostenrechnung und Rechnungswesen
Die vier Arbeitsbereiche der Kostenrechnung Diese generellen Ziele der Kostenrechnung werden in ihren vier Arbeitsbereichen realisiert: •
•
•
•
Die Kostenartenrechnung. In ihr ist das genaue Kostenvolumen zu bestimmen, das monatlich in die weiteren Arbeitsbereiche übernommen wird. Im Vordergrund stehen die Aufwandskonten der Buchhaltung, die um die kalkulatorischen Kosten zu ergänzen sind. Hier wird festgelegt, welche kalkulatorischen Kosten in welchem Umfang zu verrechnen sind. Die Kostenstellenrechnung. Sie ermittelt mithilfe des Betriebsabrechnungsbogens die Kosten der einzelnen Kostenstellen eines Unternehmens und legt Kostensätze und Zuschlagsfaktoren für die Produktkalkulation fest. Die Kostenstellenrechnung ist ein umfangreicher und arbeitsintensiver Arbeitsbereich, in dem viele wichtige Problemstellungen gelöst werden müssen. Die Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation) möchte die Kosten eines Produktes ganz genau errechnen. Durch eine Weiterführung der Kosten bis zum erzielten Umsatz eines Produktes ist der Stückerfolg (Stückgewinn) ermittelbar. Die Kostenträgerzeitrechnung (Ergebnisrechnung). Mit ihr wird der periodische Gewinn des gesamten Unternehmens errechnet, der durch den Verkauf aller Produkte z. B. in einem Monat entsteht. Die Ergebnisrechnung ist einerseits eine Gesamtschau des Unternehmens, zeigt also den Gesamtgewinn, andererseits ist es auch möglich, diesen aufzuteilen in diejenigen Bereiche, aus denen er entstanden ist, z. B. Deckungsbeitrag nach Märkten, Vertretern, Ländern, Kundengruppen usw. Eine Fülle von strategisch wichtigen Informationen entsteht hier.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Buchhaltung Buchhaltung Kalk. Kosten
Kostenartenrechnung
Material Kosten (Einzelkosten)
Gemeinkosten
Kostenstellenrechnung Was kosten die Kostenstellen ? Leistungsmenge x Kostensatz
Kalkulation Was kosten die Produkte ?
Kosten der verkauften Produkte
„Fixkosten“ und Verrechnungsdifferenzen
Ergebnis rechnung
Umsatz
Wie hoch ist der Gewinn ? Abb. 5: Das Gesamtsystem der Kosten und Leistungsrechnung
Hervorzuheben ist, dass die einzelnen Arbeitsbereiche der Kostenrechnung durch einen intensiven Informationsfluss miteinander verbunden sind. Er beginnt mit der Datenübernahme aus den Konten der Buchhaltung. In der Kostenartenrechnung wird das Kostenvolumen festgelegt und verteilt in die Kostenstellenrechnung (Gemeinkosten) und die Kalkulation (Einzelkosten). Auf Basis der Gemeinkosten der Kostenstellen werden Kostensätze und Zuschlagsfaktoren definiert. Mithilfe dieser Kostensätze und Zuschlagsfaktoren sind dann die Gemeinkosten in die Produktkalkulationen weiter zu verrechnen. Im Arbeitsgebiet der Kalkulation können somit für alle Produkte die Kosten ermittelt werden. Die Kosten der Produkte sind an die Ergebnisrechnung weiterzugeben. Die Errechnung des Gewinns basiert einerseits auf dem Umsatz der verkauften Produkte, andererseits auf deren Kosten. Mit dieser knappen Darstellung der wichtigsten Begriffe und der Arbeitsgebiete der Kostenrechnung sind völlig ausreichende Grundlagen gelegt, um die weiteren Ausführungen verstehen zu können. Aufgaben und Lösungen zu diesem Kapitel finden Sie auf der CDROM.
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2
Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenarten rechnung
Sobald die Zahlen aus der Buchhaltung übernommen wurden, also der gebuchte Aufwand der Kostenrechnung zur Verfügung steht, muss die Kostenartenrechnung zwei Fragen beantworten: • •
Welche Buchungsvorgänge dienen dem Betriebszweck und wo ist die durch Gesetze geprägte Buchungsweise des Buchhalters durch Kostenanpassungen zu verändern?
Im Vordergrund der ganzen Handlungen des Kostenrechners steht immer die Frage, welcher tatsächliche Ressourcenverbrauch für die Produkte des Unternehmens anfällt. Die Kostenartenrechnung wird dabei allerdings oft durch kostenphilosophische Betrachtungen geprägt. Die Kostenartenrechnung •
definiert detailliert • analysiert das Kostenvolumen für die Kostenrechnung. Alle Sachverhalte, die nicht in dem festgelegten Kostenvolumen enthalten sind, finden keine Berücksichtigung in den weiteren Arbeitsgebieten der Kostenrechnung. •
2.1
Die Konten aus der Buchhaltung übernehmen
Begonnen wird in der Kostenartenrechnung mit der Übernahme der Buchhaltungszahlen. Dabei ist der neutrale Aufwand abzuspalten. Im vorigen Kapitel wurde dies theoretisch begründet, jetzt geht es um die praktische Frage: „Was ist nun neutral, und was nicht?“
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Den neutralen Aufwand erkennen und abspalten Erinnern Sie sich an die drei Gruppen des neutralen Aufwandes: • • • Neutraler Aufwand dient nicht der Produkt herstellung
periodenfremder Aufwand außerordentlicher Aufwand betriebsfremder Aufwand
Als Kriterium zur Prüfung, ob eine Aufwandsposition nun neutral ist oder nicht, dient immer der Ressourcenverbrauch für die Produktherstellung im aktuellen Geschäftsjahr. Periodenfremder Aufwand Wenn es um einen periodenfremden Aufwand geht, bedeutet die Aussage des vorigen Absatzes, dass der betroffene Buchungsvorgang eigentlich früher (oder in besonderen Fällen auch später) hätte angekommen sein müssen. Die zeitliche Differenz ist allerdings zu beachten. Es geht nicht um wenige, sondern um viele Monate und Jahre vor Beginn des laufenden Geschäftsjahres. Bei der Prüfung des Periodenbezuges selektiert man nicht Kleinbeträge, sondern nur die wichtigen Ereignisse. Häufig bestehen Nachforderungen seitens des Finanzamtes für Steuern. Hier kommen nur die Kostensteuern in Betracht, also Grundsteuer, Kraftfahrzeugsteuer usw. Ertragssteuern gehen überhaupt nicht in den normalen Aufwand und damit auch nicht in die Kostenrechnung ein. Nachbelastungen für andere Fälle sind denkbar, etwa eine Provisionsnachzahlung für vergangene Zeiten. Außerordentlicher Aufwand Ähnlich abgewickelt werden die Vorgänge des außerordentlichen Aufwandes. Es müssen große Beträge sein, die durch plötzliche, nicht dem normalen Geschäftsgang entsprechende Ereignisse ausgelöst wurden. Wie oben schon stichpunktartig erwähnt, handelt es sich hierbei sehr häufig um Sonderabschreibungen und schadensbedingte Kosten. Sonderabschreibungen entstehen, wenn eine Maschine oder ein Auto des Unternehmens einen plötzlichen Wertverlust erfahren. Zum außerordentlichen Aufwand gehören auch Sonderabschreibungen, die durch den Abriss eines Gebäudes vor Ende der Nutzungszeit entstehen. Diese
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Sonderabschreibungen entsprechen nicht dem normalen, planbaren Ressourcenverbrauch und sind demnach keine Kosten. Genauso wird Aufwand behandelt, der z. B. durch Aufräumungs- und Reparaturkosten anlässlich eines Brandschadens verursacht wird. Kosten sollen also den bei normaler Nutzung anfallenden Ressourcenverbrauch widerspiegeln. Betriebsfremder Aufwand Schwieriger ist es, einen betriebsfremden Aufwand festzustellen. Welcher Aufwand ist für den Betrieb, also für die dem Betriebsziel entsprechende Produktherstellung notwendig? Und welcher nicht? Die Antwort ist höchst strittig! Relativ einfach gestaltet sich die Beurteilung, wenn im Anlagevermögen des Unternehmens Grundstücke und Gebäude enthalten sind, die dem Eigentümer für seine Jagd und Fischerei zur Verfügung stehen. Die Frage ist für die Kostenrechnung ganz leidenschaftslos: Dient die Jagd dem Betriebszweck, oder nicht? Auch die Antwort des Chefs, dass immer wieder Kunden „auf den Bock“ mitgingen und deren Aufträge oft von einem erfolgreichen Pirschgang abhängen würden, überzeugt weder Steuerjuristen noch Kostenrechner. Der gesamte Aufwand für dieses Hobby, wie z. B. Betriebsaufwand für einen Geländewagen, Lohnaufwand für den Jagdaufseher und Reparaturaufwand an der Jagdhütte kann zwar in der Buchhaltung verarbeitet, aber nicht an die Kostenrechnung weitergegeben werden. Also: reines Hobby und demnach keine Kosten!
Aufwand für Hobbys gehört nicht in die Kostenrechnung
Komplizierter wird es schon bei dem oben genannten Beispiel der Mietshäuser. Sind im Anlagevermögen Mietshäuser enthalten, müssen diese repariert werden und es fällt auch noch Lohnaufwand für den Hausmeister an. Nur Aufwand oder auch Kosten? Sind also die Mietshäuser betrieblich bedingt, somit zur Herstellung der Produkte notwendig? Oder dienen sie etwa nur der Geldanlage? Zur Klärung dieser schwierigen Frage werden oft die Mieter der Wohnungen und die Wohnungspreise analysiert. Sind die Mieter denn auch zu einem großen Anteil im Unternehmen beschäftigt? Oder sind es völlig freie Mieter? Entsprechen die Mietpreise dem regionalen Standard, oder sind sie eher subventioniert?
Mietshäuser können dem Betriebszweck dienen
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Wenn sich bei näherer Analyse herausstellt, dass die Mietpreise relativ günstig sind und viele Mieter im Unternehmen arbeiten, kann man von der Vermutung ausgehen, dass die Mietshäuser zur Personalpolitik des Unternehmens gehören. Gute Mitarbeiter bekommt man als Unternehmer eben nur, so die Vermutung, wenn auch noch günstig Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. In diesem Fall würden die Mietshäuser betriebsbedingt sein und folglich mit dem durch sie ausgelösten Aufwand zu den Kosten gehören. Die Überprüfung der Betriebsnotwenigkeit ist im Einzelfall sicher nicht einfach. Grundkosten
Nach all diesen Selektionen steht nun der gesamte Aufwand für den Betriebszweck fest. Dieser wird in die Kostenrechnung übernommen und entspricht dort den Grundkosten.
2.2
So werden die kalkulatorischen Kosten bestimmt
Der nächste Schritt besteht darin, die kalkulatorischen Kosten zu bestimmen. Sie stellen eine große Spielwiese für den Kostenrechner dar. Hier kann er sich vom gebuchten Aufwand lösen, ihn verändern und ergänzen, ohne sich Vorschriften vom Buchhalter anhören zu müssen. Nur muss das alles mit Sinn und Verstand gemacht werden, weil die Gefahr falsche Steuerungsinformationen zu erzeugen sehr, sehr groß ist. Um was geht es also bei den kalkulatorischen Kosten und welche besonderen Probleme bestehen hier? Kalkulatorische Kosten sind in der Kostenrechnung immer dann zu benutzen, wenn die Buchhaltung auf Grund ihrer gesetzlichen Buchungsvorgaben einen für den tatsächlichen Ressourcenverbrauch möglicherweise ungenauen Wert anliefert. Kalkulatorische Kosten sollen das gebuchte Kostenvolumen der Buchhaltung so verändern und ergänzen, dass in der Kostenrechnung der tatsächlich angefallene Ressourcenverbrauch und entsprechend richtige Produktkalkulationen gezeigt werden können. Wie bereits im Abschnitt „Das müssen Sie über Kosten und Aufwand wissen“ des vorigen Kapitels kurz dargestellt, bestehen die kalkulatorischen Kosten aus zwei Teilen:
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
• •
den Anderskosten und den Zusatzkosten
Alle kalkulatorischen Kosten können vom Unternehmen inhaltlich und in der Höhe des Verrechnungsbetrages frei definiert werden. Es bestehen keinerlei betriebswirtschaftliche Erkenntnisse, die zu einer bestimmten Anwendung oder Methode verpflichten. Alle Lehrmeinungen münden lediglich in Empfehlungen. Entsprechend bestehen genügend Auffassungen pro und contra einer Verwendung von kalkulatorischen Kosten. Aus diesen ganzen Ansätzen muss sich ein Unternehmen denjenigen heraussuchen, den es für sich selbst als geeignet empfindet.
Kalkulatorische Kosten können frei definiert werden
Die wichtigsten kalkulatorischen Kostenarten werden im Folgenden erläutert.
Kalkulatorische Abschreibungen Häufig verwendete und ganz wichtige kalkulatorische Kosten sind die kalkulatorischen Abschreibungen. Sie gehören zur Gruppe der Anderskosten, d. h., dass in der Buchhaltung Abschreibungen zwar bekannt und verrechnet sind, jedoch mit einem anderen Betrag als in der Kostenrechnung. Worum geht es bei der Abschreibung? Eine Maschine, ein Gebäude oder ein Betriebs-Auto wurde gekauft. Es entstanden Ausgaben und Auszahlungen. Der Wert wurde in der Bilanz im Anlagevermögen aktiviert. Nun entsteht das Problem des Ressourcenverbrauches. Eine Maschine wird abgenutzt und ist nach x Jahren nicht mehr gebrauchsfähig. Der Wert der Maschine muss nun in Form einer errechneten Abschreibung als Äquivalent für die Abnutzung vermindert werden. Das einfachste Rechenverfahren zur Ermittlung des jährlichen Abschreibungsbetrages lautet:
Abschreibung ist Aufwand, keine Ausgabe!
Jährlicher Abschreibungsbetrag = Anschaffungswert : Nutzungsdauer
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Beispiel: Anschaffungswert 100.000 €, Nutzungsdauer 20 Jahre, also jährlicher Abschreibungsbetrag 5.000 €. Die Buchhaltungsabschreibungen basieren auf den historischen Anschaffungswerten. Die entsprechend in der Gewinn- und Verlustrechnung verarbeiteten Bilanzabschreibungen beziehen sich immer auf diese Anschaffungswerte und führen zu einer Refinanzierung der Anlage (nur) in Höhe des damaligen Auszahlungsbetrages. Buchhaltungsabschreibungen ignorieren den Substanzverlust Liegt eine Inflation vor, wird eine Reinvestition in die gleiche Anlage am Ende der Abschreibungsdauer nur dadurch möglich sein, dass eine Preisdifferenz zwischen aktuellem Tageswert und dem damaligen historischen Wert akzeptiert wird. Diese Differenz wird aber durch den Refinanzierungsbetrag nicht zur Verfügung gestellt, so dass er aus dem versteuerten Gewinn, d. h. in Form einer Kapitalaushöhlung, zu entnehmen ist. Es sei denn, das Unternehmen würde bei der Reinvestition auf die Erhaltung der gleichen Leistungsfähigkeit, der Substanz, verzichten und auf eine mit dem refinanzierten Betrag kaufbare kleinere Anlage ausweichen. Vielleicht war die Schilderung dieses Zusammenhangs etwas zu schnell. Hier ein umfangreiches, aus pädagogischen Gründen sehr überzeichnetes Beispiel: Beispiel: Der Unternehmer Fritz kaufte sich Anfang 1995 als BetriebsAuto einen schicken VWPassat zum Preis von 20.000 €. Damit besuchte er in ganz Deutschland Kunden, um Aufträge zu bekommen. Die in der Buchhaltung übliche Nutzungsdauer betrug 5 Jahre, so dass er im Jahr 2000 dort einen Restwert von 0 bzw. 1 € vorfand. Er überlegte, ein neues Auto zu kaufen. Da Abschreibungen Aufwand, jedoch keine Ausgaben sind, befanden sich, ganz isoliert betrachtet, in der Kasse des Unternehmens 20.000 € für eine AutoNeuanschaffung. Dieser Vorgang stellt die Finanzierung durch Ab schreibung dar. Sie funktioniert, wenn die Abschreibungen für das Auto in den Preisen für die Produkte mit einkalkuliert und diese mit Gewinn ver kauft wurden. Der Kunde bezahlt durch den Kauf des Produktes ein klei nes Stückchen für die Abschreibung des Autos mit. Im Laufe der Jahre sammelt sich das Geld in der Kasse an.
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Wie gesagt, sind diese Abschreibungen Aufwand und nicht Ausgabe. Wenn die Kunden also Abschreibungen im Verkaufspreis mitbezahlen, verbleiben diese im Unternehmen. Der Unternehmer Fritz nahm sich also im Jahr 2000 diese 20.000 € kör perlich aus der Kasse und ging zum VWHändler. Er sagte: „Ich möchte wieder einen Passat für 20.000 € kaufen, er war ein so schönes Auto“. Der Händler lachte nur und erwiderte: „ Für 20.000 gibt es bei VW kein Auto mehr, alles ist teurer geworden. Für dieses Geld können Sie höchstens noch einen Fiat 500 bekommen. Wenn Sie wieder einen vergleichbaren Passat wollen, müssen Sie schon 35.000 € bezahlen“. Herr Fritz wollte aber nur 20.000 € ausgeben, denn nur diesen Betrag hatte er ja von sei nen Kunden refinanziert bekommen. Also ging Herr Fritz zum FiatHändler und kaufte sich einen Fiat 500. Mit diesem Auto war es schon etwas beschwerlicher, zu den vielen Kunden zu fahren. Im Jahr 2005 war der Fiat 500 wieder abgeschrieben und sollte durch einen Neukauf ersetzt werden. Herr Fritz ging wieder zum Fiat Händler und wollte für 20.000 € einen neuen Fiat 500. Der Händler mein te, dass alles so teuer geworden sei und er für 20.000 € nur noch ein Fahrrad bekäme. Dieses – zugegebenermaßen überspitzte – Beispiel verdeutlicht den Substanzverlust. Das eingesetzte Geld bleibt immer gleich, aber die Gegenleistung hat weniger „Substanz“. Mit einem Fahrrad durch Deutschland zu fahren, um Kundenaufträge zu bekommen ist nicht wirklich sinnvoll und überhaupt nicht mit der Ausgangssituation im Jahr 1995 zu vergleichen. Nach dem Beispiel dürfte nun die folgende Aussage leicht verständlich sein: Bei Inflation und gleichzeitiger Abschreibung vom Anschaffungswert wird nicht genügend Geld in der Kasse angesammelt um eine Neuinvestition mit vergleichbarer Substanz tätigen zu können. Will man jedoch die Substanz erhalten, ist der Differenzbetrag zwischen Abschreibungssumme und Wiederbeschaffungswert aus dem Gewinn zu entnehmen. Die Substanzerhaltung wird somit automatisch zu einer Verringerung des Eigenkapitals, also zu einer Kapitalaushöhlung führen.
Buchhalterische Abschreibung berücksichtigt keinen Substanzverlust
Der Kostenrechner möchte den Substanzverlust berücksichtigen In der Buchhaltung muss diese Situation entsprechend der gesetzlichen Grundlage akzeptiert werden. Der Kostenrechner wehrt sich jedoch sehr häufig dagegen, indem er sich bei der Ermittlung der Abschreibungsbe-
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
träge für die Kostenrechnung vom historischen Anschaffungswert loslöst und auf aktuelle, normalerweise höhere Wiederbeschaffungswerte übergeht. Die Abschreibung vom höheren Wiederbeschaffungswert soll den möglichen Substanzverlust verhindern. Damit kommt ein höheres Abschreibungsvolumen in der Kostenrechnung zur Verrechnung, das eine Refinanzierung aus Abschreibungen eher erlauben soll. Eine Substanzerhaltung wäre damit besser gewährleistet. So ermitteln Sie den Wiederbeschaffungswert Wie kann man nun jährlich die Wiederbeschaffungswerte ermitteln? Verfahrenstechnisch geht man normalerweise so vor, dass je einzelner Anlage ein aktueller Wiederbeschaffungswert festgelegt wird. Die genaueste Vorgehensweise bestünde darin, von jedem Hersteller der vorhandenen Anlagen ein aktuelles Preis-Angebot einzuholen, was ja identisch mit dem Wiederbeschaffungswert wäre. Zwar ist dies im Einzelfall notwendig und möglich, die Masse der zu bewertenden Anlagen verhindert jedoch eine solche detaillierte Erhebung. Daher wird meist auf Preisindices zurückgegriffen, die aus statistischen Untersuchungen („Statistisches Jahrbuch“) stammen. Oft sind diese Indices detailliert gegliedert nach Gruppen (z. B. für kleine Drehbänke, große Drehbänke). Mit diesen Angaben ist ein sehr realistischer Wiederbeschaffungswert je Anlage zu bestimmen. Beispiel: Anschaffungskosten 100.000 € im Jahr 2000. Der Indexstand, ausgehend von 2000, beträgt heute 122 %. Der Wiederbeschaffungswert lautet demnach 122.000 €. Bei einer betriebsüblich angenommenen Nutzungs dauer von 10 Jahren lässt sich für das aktuelle Jahr ein (linearer) Ab schreibungsbetrag von 12.200 € errechnen. Bei gleicher Nutzungsdauer und historischem Anschaffungswert wäre der bilanzielle Abschreibungs betrag nur 10.000 €. Diese Vorgehensweise entspricht einem in der Praxis sehr häufig anzutreffenden Verfahren. Es ergibt einigermaßen vernünftige, Substanz erhaltende Abschreibungsbeträge und ist vor allem sehr einfach durchzuführen. Wenn man die so ermittelten Abschreibungsbeträge addiert, ergeben sie nicht die tatsächliche Summe des letztgültigen Wiederbeschaffungswertes. Der Wiederbeschaffungswert hat sich ja im Laufe der Zeit auf den
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
letzten Wert entwickelt. Damit wurde auch in den vorherigen Jahren immer ein geringerer Abschreibungsbetrag festgelegt. Das Rechenverfahren ist also nicht ganz exakt. Wie auch immer, dieses Verfahren hat sich in der Praxis durchgesetzt, trotz seiner Ungenauigkeiten. Kostenrechnung und Wahrheitsanspruch Kostenrechnung ist kein Verfahren, um die Wahrheit zu finden, sondern um die Fehler zu minimieren. Der Anspruch besteht also nicht darin, mit höchstem Aufwand immer zu 100 % exakt, sondern nur genügend genau zu rechnen. Jetzt haben wir gelernt, wie man versucht, die Gedanken der Substanzerhaltung in die Kostenrechnung einzuführen. Funktioniert dieses Verfahren nun tatsächlich auch in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung? Wird die Substanz wirklich erhalten? Wird die Substanz auch in Bilanz und GuV erhalten? Die Antwort darauf ist etwas umfangreich. Die kalkulatorischen Abschreibungen werden in der Kostenstellenrechnung als Gemeinkosten auf die Kostenstellen verteilt bzw. ihnen zugeordnet. Über die Kalkulationsfaktoren beeinflussen sie die Höhe der Produktkosten. Bei angenommen höheren kalkulatorischen als bilanziellen Abschreibungen zeigen die höheren Produktkosten unter der Hypothese gleicher Verkaufspreise zunächst einen geringeren betriebswirtschaftlichen Gewinn. Wird nun weiter unterstellt, dass die höheren kalkulatorischen Abschreibungen zu einer entsprechenden Steigerung der Verkaufspreise führen, würde wieder der alte Produktgewinn wie vor Einführung der kalkulatorischen Abschreibungen entstehen. Damit wäre rein kostenrechnerisch eine Substanzerhaltung bei gleicher Höhe des betriebswirtschaftlichen Unternehmensgewinns geglückt. Betrachten wir aber diesen Fall noch etwas genauer. Falls tatsächlich gestiegene Verkaufspreise bei den modellhaft angenommenen Ausgangsdaten eine kostenrechnerische Substanzerhaltung gewährleisten würden, wäre dieser höhere Umsatz auch für die Buchhaltung gültig. Allerdings kämen dort in der Gewinn- und Verlustrechnung keine kalkulatorischen, sondern nur die geringeren Bilanzabschreibungen zum Ansatz. Der Buchhalter muss ja seine Gesetze befolgen, und hier gelten,
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
wie erwähnt, als Höchstgrenze zur Ermittlung des Abschreibungsbetrages in Deutschland die (historischen) Anschaffungskosten. Substanz erhaltung wird in der Buch haltung aus gesetzlichen Gründen weitgehend eliminiert
Damit würde in der Gewinn- und Verlustrechnung einerseits ein höherer Umsatz ausgewiesen werden, aber andererseits auch die alten, geringeren Abschreibungen. Was zur Folge hat, dass dort ein höherer Gewinn entsteht. Dieser wiederum wird nicht voll im Unternehmen behalten, sondern Finanzamt, Aktionäre usw. bekämen einen Teil davon ab. Nur ein kleiner Rest würde dem Unternehmen verbleiben, welcher dann als Ausgleich für den Substanzverlust gilt! Fazit: Kalkulatorische Abschreibungen auf Basis von Wiederbeschaffungswerten zeigen rein rechnerisch einen weitgehend realistischen Ressourcenverbrauch, der zur Herstellung der Produkte notwendig ist. Zur betriebswirtschaftlichen Beurteilung und Entscheidungsfindung können sie gut verwendet werden. Eine tatsächliche Substanzerhaltung im ursprünglichen Sinne ist jedoch bei den herrschenden gesetzlichen Grundlagen in der Bilanz nicht oder nur sehr eingeschränkt realisierbar. Die Substanzerhaltungsthese Die notwendige Substanzerhaltung funktioniert in gewissen Grenzen nur in der Kostenrechnung, in der Buchhaltung wird sie aus gesetzlichen Gründen weitgehend eliminiert. Es gibt noch weitere Probleme und Lösungsansätze bei der Errechnung der kalkulatorischen Abschreibungen. „Probleme“ deshalb, weil hier deutliche Unterschiede zur Ermittlungsmethode der steuerlich und handelsrechtlich erlaubten Abschreibungen in der Bilanz bestehen. Das ist zwar buchhalterisch interessant, verwirrt jedoch den Kostenrechner auf der Suche nach der tatsächlichen und realistischen Wertminderung. Welche Abschreibungsmethode wählt der Kostenrechner? Es beginnt mit der Abschreibungsmethode. In der Buchhaltung besteht die Methodenwahl zwischen linear, degressiv, nach Inanspruchnahme usw. Das ist dem Kostenrechner normalerweise viel zu kompliziert. Man könnte lange darüber streiten, ob die degressive oder lineare Abschreibungsmethode eine Wertminderung tatsächlich besser und realistischer darstellt. In der Praxis wird die Entscheidung aus Gründen der Einfachheit häufig für die lineare Methode fallen.
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Die Frage nach der Nutzungsdauer Als nächstes kommt die Frage auf, welche Nutzugsdauern anzuwenden sind. In Handels- und Steuerrecht gibt es gewisse Vorgaben oder Bandbreiten. Der Buchhalter muss sich danach richten. Nur, dass solche generelle Vorgaben nichts mit der Betriebswirklichkeit zu tun haben. Für den Kostenrechner entstehen ganz individuelle Fragen: Welche Qualität und Lebensdauer hat die in Halle 5 stehende Maschine X? Welche Auslastung zeigt sie denn? Wie lange werde ich sie daher bei den betriebsüblichen Bedingungen nutzen können? Der Kostenrechner kann also höchst maschinenspezifische Nutzungsdauern festlegen, die aus seiner Sicht dem realistischen Ressourcenverbrauch entsprechen. Je länger die angenommene Zeit der Nutzung ist, umso geringer wird der jährliche Abschreibungsbetrag. Nun hat sich in der Praxis herausgestellt, dass die betriebsüblichen, vom Kostenrechner festgelegten Nutzungsdauern auch länger sein können, als die steuerlichen oder handelsrechtlichen Vorgaben. Es besteht also die Möglichkeit, dass der Kostenrechner auf der Basis seiner Daten einen niedrigeren Jahresabschreibungsbetrag errechnet als der Buchhalter. Das alles hängt von der Unternehmenssituation ab.
Kosten rechnung: tatsächliche Nutzungsdauer
Wenn die tatsächliche Nutzungsdauer länger als die angenommene ist Das nächste, durchaus gravierende Thema besteht in der Diskussion über die Länge einer Abschreibungszeit. Das hört sich zunächst unverständlich an, da ja gerade eben definierte Nutzungsdauern beschrieben wurden. Was passiert aber, wenn z. B. eine Maschine länger zuverlässig arbeitet als in der geplanten Nutzungsdauer angenommen wurde? Beispiel: Die geplante und in die Errechnung der Abschreibung eingegangene Nutzungsdauer beträgt 20 Jahre. Im 21. Jahr arbeitet die Maschine aber immer noch vergnügt vor sich hin. Soll dafür dann im 21. Jahr keine Abschreibung mehr verrechnet werden oder nur noch ein Teil oder etwa die ganze? Eine Fülle von Möglichkeiten bieten sich an. In der Buchhaltung ist das klar geregelt. Die Summe der Abschreibungen kann maximal so hoch sein, wie der Anschaffungswert war. D. h., am Ende der Nutzungszeit ist der Wert 0 erreicht. Wird eine Maschine noch nach dieser Abschreibungszeit weiter benutzt, beträgt der Restwert nicht 0 €, sondern 1 € als
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Erinnerungswert. Dies bedeutet, dass das Anlagengut noch im Unternehmen ist und genutzt wird, jedoch, und das ist entscheidend, ohne weitere Abschreibung. In der Buchhaltung erfolgt also auch bei einer Weiternutzung keine ergänzende Abschreibung mehr. Diese Situation wird von vielen mittelständischen Unternehmern geradezu ersehnt. Die Maschinen arbeiten ohne Abschreibung! Endlich steigt der Gewinn, da natürlich die Abschreibungsbeträge in der Gewinn- und Verlustrechnung fehlen. Diese heimliche Freude des mittelständischen Unternehmers ist betriebswirtschaftlich allerdings sehr fraglich. Der Kostenrechner kennt natürlich die gesetzlichen Regelungen in der Buchhaltung, fragt aber immer nach dem tatsächlich erfolgten Ressourcenverbrauch für die Produkte. Und dieser findet ja statt, auch wenn die geplante Nutzungsdauer überschritten wurde. Abschreibung auch nach Ablauf der geplanten Nutzungsdauer
Wenn der Kostenrechner die Kosten für ein Produkt ermitteln möchte, dann wäre es fatal, wenn er die Maschinenleistung nicht einrechnen dürfte, weil die Maschine zufällig über die geplante Nutzungsdauer hinaus noch vernünftig arbeitet. Also sucht er nach einer Lösung, welche die Produktkosten im Sinne eines vollständigen Ressourcenverbrauchs realistisch darstellen lässt. Die Betriebswirtschaftslehre bietet hier für die Kostenrechnung eine Fülle von Modellen. Etwa die Verrechnung des halben Abschreibungsbetrages ab dem Ende der geplanten Nutzungsdauer. Oder die Errechnung eines neuen Abschreibungsbetrages unter der Berücksichtigung des aktuellen Nutzungsjahres. Wenn die Maschine z. B. im 21. Jahr (normales Ende der Abschreibung nach 20 Jahren) noch genutzt wird, dann wird der Anschaffungswert durch 21 dividiert und so ein neuer Abschreibungsbetrag errechnet usw. In der Praxis besteht jedoch sehr häufig eine ganz einfache Regelung: Man rechnet schlicht mit der bisherigen Abschreibungsmethode weiter. Man tut so, als ob die Maschine wertmäßig genauso geführt wird wie in den vielen Jahren zuvor, d. h. der Abschreibungsbetrag auf der Basis von 20 Jahren wird weiterverwendet. Und das hat auch einen vernünftigen Grund. Es ist zwar schön, wenn die Abschreibung schon „verdient“ wurde (unabhängig von der Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Anschaffungswert) und die Maschine immer noch läuft, aber das Produkt
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
kann wirklich nichts dafür, ob die Maschinen schon abgeschrieben ist oder nicht. Der Ressourcenverbrauch findet statt und muss daher irgendwie in das Produkt eingerechnet werden. Es ist bei vernünftiger Schätzung der betriebsüblichen Nutzungsdauer eher selten, dass eine Maschine deutlich länger arbeitet als angenommen. Es wäre daher problematisch, wegen weniger Jahre große rechentechnische Überlegungen anzustellen, welche die Kalkulationskonstanz der Produkte nennenswert beeinträchtigen würden. Also: einfach weiterrechnen, die Produkte benötigen ja die Maschinenleistung tatsächlich. Das nennt man auch „Abschreibung unter null“. Nun können alle oben erwähnten Unterschiede zwischen kalkulatorischer und buchhalterischer Abschreibung zusammenkommen: Abschreibung vom Wiederbeschaffungswert, mit eigenen Nutzungsdauern und unter null. Im folgenden Beispiel wird dies dargestellt. Beispiel: Kalkulatorische Abschreibungen Basisdaten: Maschine ist nach wie vor im Produktionsprozess integriert. Anschaffungskosten Maschine 100.000 € Anschaffungsdatum 1.1.1990 Nutzungsdauer Buchhaltung 15 Jahre Indexwert laufendes Jahr 2006 Indexwert im Jahr 1990 Betriebsindividuelle Nutzungsdauer Buchhaltungsabschreibung: Die Buchhaltungsabschreibung wurde zum 31.12. 2004 beendet. Sie betrug jährlich konstant bei linearer Abschreibung Kalkulatorische Abschreibung: Wiederbeschaffungswert Jährliche Abschreibung 2006
130 % 100 % 20 Jahre
6.667 € 130.000 € 6.500 €
Normalerweise möchte die Kostenrechnung den Ressourcenverbrauch so genau wie möglich errechnen. Im Bereich der Abschreibungen werden in der Praxis ganz bewusst deutliche Unschärfen akzeptiert, da sowieso niemand die tatsächliche Wertminderung genau berechnen kann.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Natürlich kann man sich in der Theorie fragen, ob diese Ansätze richtig sind. Darüber gibt es heiße Diskussionen. Kann z. B. der Wiederbeschaffungswert nach langen Jahren der Nutzung immer noch als Abschreibungsbasis verwendet werden? Ist er repräsentativ für eine alte Maschine? Der Wiederbeschaffungswert unterstellt eine neue Maschine, die den ganzen zwischenzeitlich durchgeführten technischen Fortschritt enthält. Also ist er, so sagen viele Theoretiker, nicht für die Kostenrechnung, und erst recht nicht für eine Abschreibung unter null zu verwenden. Es entsteht die Gegenfrage, wie man das angeführte Problem der Substanzerhaltung denn bitte besser lösen könne, ohne großen zusätzlichen Aufwand. Die Ausführungen zu den kalkulatorischen Kosten konnten dem Leser sicher vermitteln, dass für die Kostenrechnung eine Menge von Freiheitsgraden bestehen, den Abschreibungsbetrag zu bestimmen. Bei den ganzen Überlegungen und Fragen zur Verfahrenswahl muss der Kostenrechner sich für ein Verfahren entscheiden, das so genau wie möglich den tatsächlichen Ressourcenverbrauch für sein spezifisches Unternehmen errechnet. Es wird jedoch auch hier keine Wahrheit gefunden werden können.
Kalkulatorische Zinsen Während die sachlichen Diskussionen bei der Festlegung der kalkulatorischen Abschreibungen noch einigermaßen klar umrissen und fassbar sind, beginnt bei den kalkulatorischen Zinsen das große Feld der philosophischen Ansichten und Meinungen. Da es zu den kalkulatorischen Zinsen keine verbindliche betriebswirtschaftliche Lehrmeinung gibt, wird die Notwendigkeit ihrer Verrechnung in der Kostenrechnung immer wieder diskutiert und angezweifelt. Viele Unternehmen lassen sie völlig beiseite, während andere geradezu akribische Verfahren zu ihrer Bestimmung entwickelt haben. Daher sollen hier nur Verfahrensansätze vorgeschlagen werden, die relativ häufig in der Praxis vorzufinden sind, trotz aller Fragen, die sie aufwerfen und Ungenauigkeiten, die in ihren Verfahren stecken.
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Welchen Sinn haben kalkulatorische Zinsen? Kalkulatorische Zinsen, ebenfalls zur Gruppe der Anderskosten gehörend, sollen die Kostenrechnung befähigen, sich von dem echt in der Buchhaltung gebuchten Zinsaufwand für das Fremdkapital zu befreien und für die Produktkalkulation einen anderen betriebswirtschaftlichen Wert anzunehmen. Und dieser ist am gesamten Kapital des Unternehmens, also der Passivseite der Bilanz orientiert. Anderskosten deshalb, da Fremdkapitalzinsen in der Buchhaltung bekannt sind. Nun sehen einige Verfasser in den kalkulatorischen Zinsen aber klassische Zusatzkosten, da die Höhe der kalkulatorischen Zinsen meist deutlich höher als diejenige der Fremdkapitalzinsen ist und außerdem das in der Buchhaltung zinsfreie Eigenkapital in die kalkulatorische Zinsrechnung oft mit einbezogen ist. Die Unternehmen würden also zusätzlich in ihrer Kostenrechnung belastet. Daher also Zusatzkosten. Bleiben wir jedoch für die nachfolgenden Ausführungen bei den Anderskosten, diese Definition erscheint insgesamt etwas logischer zu sein. Kalkulatorische Zinsen Kalkulatorische Zinsen sollen die Kosten des zum Betrieb des Unterneh mens notwendigen Fremd und Eigenkapitals in die Kostenrechnung ver rechnen. Mit dieser Formulierung wird deutlich, dass mit dieser Verzinsung eines Gesamtkapitals für die Kostenrechnung ein Unternehmen aus der tatsächlichen Höhe der Fremdverschuldung befreit wird. Es entsteht durch diese Betrachtung ein Wert, mit dem sich verschiedene Unternehmen unabhängig von ihrer tatsächlichen Finanzstruktur vergleichen können. Ein bestimmtes Kapital ist eben notwendig, um ein spezielles Unternehmen am Leben halten zu können, gleichgültig, ob Eigen- oder Fremdkapital. Dieses Kapital soll nun in der Kostenrechnung verzinst werden. Warum ist auch das Eigenkapital kalkulatorisch zu verzinsen? Es wurde schon angesprochen, dass aus Sicht des Unternehmens das Eigenkapital eine „Schuld“ an den Unternehmer darstellt und daher der Gewinntransfer zum Unternehmer quasi als „Kosten“ des Eigenkapitals anzusehen ist. Da jedoch Gewinne im Jahresvergleich unterschiedlich
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hoch sind, muss dieser Ansatz noch genauer formuliert werden. Dies gelingt mithilfe der Theorie der Opportunitätskosten. Opportunitäts kosten
Opportunitätskosten stellen keinen echten Ressourcenverbrauch dar, sondern sind die Kosten des entgangenen Gewinns, auch als Kosten der zweitbesten Verwendung bezeichnet. Der Unternehmer hat sein Geld in sein Unternehmen investiert. Dort stellt es Eigenkapital dar. Er hätte damit auch etwas anderes tun können. Beispielsweise wäre die Anlage in festverzinsliche Papiere denkbar gewesen. Dann bestünde die Möglichkeit, gemütlich im Liegestuhl zu liegen, das Geld arbeiten zu lassen und vom Zinsertrag zu leben. Stattdessen hat sich der Unternehmer dazu entschlossen, in seiner Firma von morgens bis abends mit aufgekrempelten Ärmeln zu arbeiten. Dafür will er jedoch die entgangenen Zinsen (seiner festverzinslichen Anlagen) als kalkulatorische Zinskosten in seine Kostenrechnung einstellen. Entsteht dann nach Abzug dieser kalkulatorischen Zinsen immer noch ein Gewinn, ist dieser der Zusatzertrag seiner unternehmerischen Tätigkeit. Führt die Berücksichtigung der kalkulatorischen Zinsen jedoch zu einem Verlust (vor Abzug dieser Kosten wäre noch ein Gewinn vorhanden gewesen), dann ist die Entscheidung des Unternehmers, sein Geld in das Unternehmen zu stecken, sicherlich zu überdenken. Er wäre anders wohl besser gefahren. Kalkulatorische Zinsen sollen also das für den Betrieb notwendige Kapital verzinsen, unabhängig, ob Fremd- oder Eigenkapital. Damit gilt wieder die Konzentration des Kostenrechners auf den Ressourcenverbrauch. Er will wissen: „Wie viel Kapital wird in Summe benötigt, wie viel kostet es und wie sind die Zinskosten zu verrechnen?“ Zur Lösung dieser Fragen stehen sehr einfache, außerordentlich komplexe und einige unvernünftige Verfahren zur Verfügung. Vorsicht vor zu simplen Verfahrensmethoden Man sollte sich wegen der Schwierigkeit einer richtigen Verfahrenswahl nicht vorschnell auf ein zu simples Rechenprocedere einlassen. Mit einem Bericht aus der Beratungspraxis soll die Gefahr der Benutzung zu einfacher Verfahren erläutert werden.
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Ein Beispiel aus der Beraterpraxis: Ein Unternehmen der Konsumgüterindustrie mit einem Umsatz von 1 Mrd. € war in 5 ProfitCenter gegliedert, welche einen operativen Ge winn laut Kostenrechnung in Höhe von 6 Mio. € erarbeiteten. Die Profit CenterLeiter waren mit ihrer Jahresendvergütung an diesen operativen Gewinn gekoppelt. Ein Berater, der mit der Reorganisation der Kostenrechnung beauftragt war, bemerkte, dass bisher keine kalkulatorischen Zinsen verrechnet wur den. Er schlug dem ControllingVorstand vor, zukünftig diese zu verrech nen. Einfachheitshalber könne der je Kostenstelle bekannte Anlagen Wiederbeschaffungswert mit einem kalkulatorischen Zinssatz von 6 % beaufschlagt werden, um so den Gesamtbetrag der kalkulatorischen Kos ten festzulegen. Gleichzeitig könne durch die Verwendung der Wiederbe schaffungswerte eine klare Zuordnung in die Kostenstelle und damit Kal kulationsfaktoren geschehen. Der ControllingVorstand stimmte diesem Verfahren zu und der Berater rechnete bzw. ließ die Software mit diesen einfachen Regeln rechnen. In der nach einiger Zeit neu gestalteten Kostenstellenrechnung waren nun ca. 5 Mio. € kalkulatorische Zinsen eingerechnet. Als dann später die ers te MonatsErgebnisrechnung zur Verfügung stand, waren die gewinnver wöhnten ProfitCenterLeiter plötzlich allesamt mit Verlusten konfron tiert. Nach einigen Monaten mit gleichem Szenario beschwerten sich die Pro fitCenterLeiter vehement bei ihrem VertriebsVorstand, da die Verluste oder schwach positiven Ergebnisse nur durch die Verrechnung der neuen kalkulatorischen Zinsen verursacht wurden. Eine riesige Diskussion ent stand, mit Schuldzuweisungen und Demotivationsvorwürfen. Der Vorstandsvorsitzende entschied sich gegen seinen Controlling Kollegen. Die kalkulatorischen Zinsen mussten in dieser Form wieder ab geschafft werden, aus Sorge um die fehlende JahresendMotivation sei ner ProfitCenterLeiter. Der Berater wurde entlassen, genauso wie der ControllingVorstand. In einem speziellen Beratungsauftrag hatte ich nun zu untersuchen, wie ein transparenteres und verständlicheres Verfahren zur Errechnung der kalkulatorischen Zinsen einzurichten wäre. Dies gelang mir auch und ich kam mithilfe der Errechnung des betriebsnotwendigen Kapitals auf ein kalkulatorisches Zinsvolumen von nur 2 Mio. €. Dies wurde allseits akzep tiert und eingerichtet, allerdings mit einer Trennung in der Ergebnisrech nung, nämlich in ein operatives Ergebnis vor und eines nach Zinsrech nung. So hatten auch die ProfitCenterLeiter wieder vergleichbare Daten. Also: zu einfach kann zu kompliziert werden!
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Ein praxiserprobtes Verfahren zum Errechnen der kalkulatorischen Zinsen Die Höhe der in der Kostenrechnung zu verrechnenden kalkulatorischen Zinsen wird hier nun mit dem Verfahren über das „betriebsnotwendige Kapital“ erläutert. Es sagt aus, welches Kapital ein spezielles Unternehmen notwendigerweise benötigt, um arbeiten zu können. Dieses betriebsnotwendige Kapital lässt sich in dem hier vorgeschlagenen Verfahren aus den Zahlen der Bilanz wie folgt errechnen: Berechnung betriebsnot wendiges Kapital
Anlagevermögen – nicht betriebsnotwendiges Anlagevermögen = betriebsnotweniges Anlagevermögen + Umlaufvermögen nicht betriebsnotwendiges Umlaufvermögen = betriebsnotwendiges Vermögen – Abzugskapital = betriebsnotwendiges Kapital Ist die Höhe des betriebsnotwendigen Kapitals ermittelt, berechnet sich der in der Kostenrechnung zu verrechnende jährliche Zinssatz nach folgender Formel: Betriebsnotwendiges Kapital x kalkulatorischer Zinssatz = in der Kostenrechnung zu verrechnender jährlicher Zinsbetrag. Lassen Sie uns nun die einzelnen Bestandteile, aus denen das betriebsnotwendige Kapital berechnet wird, genauer betrachten. Wie ermitteln Sie Vermögen, das nicht betriebsnotwendig ist? Der Umfang des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens ist durch den Bilanzansatz festgelegt. Ausgangspunkt ist also die Vermögensseite (Aktiva, Mittelverwendung) des Unternehmens. Was dort aufgeführt ist, wurde entweder durch Eigenkapital oder Fremdkapital (Passiva, Mittelherkunft) finanziert. Zunächst könnte man also ganz grob sagen, dass das gesamte Vermögen als Basis für die kalkulatorischen Zinsen zu verwenden ist, da das gesamte Anlagen- und Umlaufvermögen, d. h. die gesamte Betriebsaus-
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stattung durch den Eigentümer oder durch Bankkredite bzw. Lieferantenverbindlichkeiten finanziert wurde. Nun will die Kostenrechnung jedoch den Ressourcenverbrauch wissen, der für Herstellung und Verkauf der Produkte anfällt. Wie bereits bei der Betrachtung des neutralen Aufwands im Kapitel 2.1 „Die Konten aus der Buchhaltung übernehmen“ dargestellt, ist die Betriebsnotwendigkeit wieder ausschlaggebend. Nicht alle in der Bilanz enthaltenen Vermögensposten sind tatsächlich betriebsnotwendig. Einfach ausgedrückt: Wären die Posten nicht da, könnten die Produkte genauso hergestellt und verkauft werden. Sie besitzen darauf also keinen Einfluss. Es ist nicht ganz einfach, nicht betriebsnotwendige Posten in der Aktivseite der Bilanz zu finden. Aber es gibt sie trotzdem in fast jedem Unternehmen. Hierzu gehören z.B.: • • •
Nicht betriebs notwendige Posten gibt es fast immer
Reservegrundstücke, welche vielleicht später einmal notwendig sein könnten, es jetzt aber nicht sind oder stillgelegte Maschinen mit Restbuchwert, die man schon aufs Abstellgleis geschoben hat, aber noch nicht verschrotten will. Ungenutzte Gebäude. Sie sind relativ klar als nicht betriebsnotwendig erkennbar.
Der für diese nicht betriebsnotwendigen Positionen in der Bilanz stehende Wert ist also vom gesamten Anlagevermögen abzuziehen. Auch bei Beteiligungen ist die Frage der Betriebsnotwendigkeit zu stellen. Können die Produkte nur deshalb hergestellt werden, weil das Unternehmen X an der Firma Y beteiligt ist? Wenn z. B. ein Unternehmen des Maschinenbaus Anteile an einer Hühnerfarm hält, finden sich wohl schwer Argumente für eine Betriebsnotwendigkeit, es sei denn, die Maschinenbau-Mitarbeiter arbeiten nur deshalb im Unternehmen, weil sie jeden Tag ein kostenloses Frühstücksei bekommen. Wenn also keine Betriebsnotwendigkeit vorliegt, dann wird der Beteiligungswert aus der Bilanz nicht in das Rechenverfahren der kalkulatorischen Zinsen übernommen. Ähnliche Prüfungen sind im Umlaufvermögen vorzunehmen. Allerdings kommen hier nur sehr wenige Fundstellen für nicht vorhandene Betriebsnotwendigkeit in Betracht. Im Wesentlichen geht es um Fest-
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
geldbeträge, also Geld, das im Moment nicht gebraucht wird und daher über einen bestimmten Zeitraum fest angelegt wurde. Was übrig bleibt ist als betriebsnotwendiges Vermögen definiert. Es stellt diejenige Geldsumme dar, die zum Betreiben dieses Unternehmens benötigt wird. Aber auch dieser Betrag ist noch nicht als Basis für die kalkulatorischen Zinsen zu verwenden. Zuvor muss noch das so genannte Abzugskapital berücksichtigt werden. Was gehört zum Abzugskapital? Hier geht es darum, diejenigen Vermögensteile herauszurechnen, die zinsfrei finanziert sind. Es wäre ja unsinnig, Vermögensteile zu verzinsen, die in der Realität zu keinem Zinsaufwand führen. Als Abzugskapital sind also alle Positionen in der Kapitalseite der Bilanz zu berücksichtigen, welche dem Unternehmen zinsfrei zur Verfügung gestellt wurden. Dieser Ansatz ist zwar theoretisch richtig, in der Praxis aber außerordentlich schwer zu definieren. Welche Vermögensteile werden tatsächlich zinsfrei finanziert, bzw. welche Positionen auf der Passivseite sind zinsfrei? Kunden anzahlungen
Relativ einfach ist noch die Beurteilung von Kundenanzahlungen. Also Geld, welches die Kunden entsprechend den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen vor Versand der Ware an das liefernde Unternehmen bezahlen müssen. In der Buchhaltung werden solche Anzahlungen als Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden gebucht. Klassischerweise sind solche Anzahlungen zinsfrei, weil das Geld ja normalerweise unmittelbar für die Produktherstellung verwendet wird. Einige Auftraggeber, z. B. bestimmte öffentliche Auftraggeber wollen allerdings eine Anzahlung verzinst sehen. Im Falle einer Verzinsung liegt also kein Abzugskapital vor, ohne Verzinsung ist die Definition des Abzugskapitals erfüllt.
Zinsfreie Darlehen
Schwieriger ist es, weitere zinsfreie Positionen zu entdecken. Manchmal gibt es tatsächlich zinsfreie Darlehen. Das Unternehmen kann sich in solch einem Fall glücklich schätzen und der Kostenrechner hat klares Abzugskapital.
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Sehr oft wird in diesem Zusammenhang über die Lieferantenverbindlichkeiten diskutiert, also noch nicht bezahlte Rechnungen für erhaltene Waren. Sind sie nun zinsfrei oder nicht? Sind Lieferantenverbindlichkeiten Abzugskapital? Lieferantenverbindlichkeiten werden oft in ihrer vollen Höhe als zinsfreies Kapital bezeichnet, da die Rechnungen nach Ablauf des Zahlungszieles mit dem gebuchten Nominalbetrag zu bezahlen sind. Leider ist eine summarische Berücksichtigung aller Lieferantenverbindlichkeiten im Abzugskapital viel zu unkritisch. Für große Teile dieser Position besteht die Möglichkeit des Skontoabzuges bei Schnellzahlung. Wenn im Unternehmen eine Skontoabzugsmöglichkeit nicht genutzt wird und der Rechnungsbetrag am Ende des Zahlungsziels in voller Höhe des Rechnungsbetrages bezahlt wird, ist eigentlich eine Verzinsung in Höhe des nicht erfolgten Skontoabzugs eingetreten. Also sind Lieferantenverbindlichkeiten in diesem Fall wohl nicht zinsfrei.
An Skonto denken
Andererseits besteht die Möglichkeit, für überfällige Verbindlichkeiten seitens des Lieferanten Zinsen zu verrechnen. Das bedeutet, dass bei Überschreitung des Zahlungsziels der Schuldner mit Zinsen belastet werden kann. In solch einem Fall liegt natürlich auch keine Zinsfreiheit mehr vor. Es zeigt sich also, dass die Festlegung, welcher Anteil der Lieferantenverbindlichkeiten tatsächlich zinsfrei ist, durchaus Probleme bereitet. Eigentlich kommt nur noch derjenige Anteil in Betracht, welcher ohne Skontoabzugsmöglichkeit besteht und vom Zahlungsziel her nicht überschritten wird. Wie steht es mit den Rückstellungen? Eine andere Bilanzposition ist ebenfalls bei der Frage der Zinsfreiheit zu betrachten, nämlich die der Rückstellungen. Sie stellen ja eine zeitliche Differenz zwischen Aufwandsbuchung und Zahlungszeitpunkt dar. Beispielsweise wird bei einer Patentstreitigkeit eine mögliche Schadensersatzzahlung in erwarteter Höhe schon als Aufwand gebucht, aber der Zahlungszeitpunkt und die Zahlungshöhe vom Ausgang eines Prozesses abhängig gemacht. Die hierfür gebildete Rückstellung steht in der Bilanz und ist natürlich zinsfrei.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Rückstellungen für Pensionsver pflichtungen
In den Unternehmen bestehen sehr unterschiedliche Gründe für die Bildung von Rückstellungen. Sehr beliebt sind Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen. Diese sind jedoch meist mit einem Zinsfaktor errechnet und bei der Frage der Zinsfreiheit sehr kritisch einzustufen. Auch hier gilt: alles ganz genau anschauen und analysieren. Bemerkenswert ist allerdings, dass im Zusammenhang mit dem Abzugskapital die Rückstellungen in fast keinem traditionellen Lehrbuch genannt werden, obwohl dort meist der Tatbestand der Zinsfreiheit gegeben ist. Nun wurden die einzelnen Positionen des Rechenverfahrens zur Festlegung des betriebsnotwendigen Kapitals erläutert, somit ist als nächstes auf die Bewertung dieser Bilanzposten einzugehen. Wie sollen die einzelnen Bilanzpositionen bewertet werden? Für den Wertansatz der einzelnen Bilanzpositionen bestehen verschieden Vorschläge bzw. Regeln. Das Anlagevermögen wird, abgesehen von den immer mit konstanten Werten zu übernehmenden nicht abnutzbaren Anlagegütern (z. B. Grundstücke), entweder mit dem •
Restwertverfahren oder dem • Durchschnittsverfahren angesetzt. Das Restwertverfahren Das Restwertverfahren geht von dem in der Bilanz tatsächlich ausgewiesenen Buchwert (Restwert) aus und übernimmt diesen in die Errechnung des betriebsnotwendigen Vermögens. Alle Anschaffungskosten für die Anlagengüter sind also bereits um die Abschreibungsbeträge vermindert und werden in späteren Perioden weiterhin geringer werden. Die Folge ist bei angenommenem konstanten Anlagenbestand ein jährlich abnehmender kalkulatorischen Zinsbetrag für die Kostenrechnung mit der Konsequenz sinkender Kostensätze und Zuschlagsfaktoren und damit sinkender Produktkosten. Das Durchschnittsverfahren Demgegenüber geht das Durchschnittsverfahren über die gesamte Nutzungsdauer eines Anlagengutes nur vom halben Anschaffungswert aus und verzinst diesen konstant in allen Perioden. Dabei wird bei Anwen-
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dung der linearen Abschreibungsmethode unterstellt, dass über die gesamte Nutzungsdauer betrachtet beide Verfahren zum gleichen kumulierten Zinsbetrag kommen. Der Vorteil des Durchschnittsverfahrens liegt somit in der Konstanz des Zinsbetrags und damit besseren Verwendungsfähigkeit für die Kostensätze und Zuschlagsfaktoren. Für den Wertansatz des Umlaufvermögens sind üblicherweise die Durchschnittsbestände laut Bilanz anzusetzen. Diese errechnen sich in der einfachsten Form durch die Addition des Anfangsbestandes und des Endbestandes der Jahresbilanz und der anschließenden Halbierung. Nun ist der gesamte Rechenprozess zur Ermittlung des betriebsnotwendigen Kapitals beschrieben. Es fehlt nur noch die Bestimmung des kalkulatorischen Zinssatzes. Und hier besteht schon wieder ein großer Diskussionsbedarf. Wie hoch sollte der kalkulatorische Zinssatz sein? Die Höhe des kalkulatorischen Zinssatzes sollte sich am langfristigen Kapitalmarktzins orientieren. Die Frage lautet also: „Welchen Zinssatz würde der Unternehmer langfristig erhalten, wenn er im Sinne der Opportunitätsüberlegungen sein Geld fest angelegt hätte?“ Das oben angeführte Beispiel aus der Beratungspraxis zeigt jedoch, dass nicht für jedes Unternehmen der Umgang mit den kalkulatorischen Zinsen gleich selbstverständlich ist. Immer wieder ist die Festlegung des Zinssatzes eine Entscheidung des Top-Managements, nachdem der Kostenrechner die Zinsvolumina in Abhängigkeit unterschiedlicher Zinssätze vorgelegt hat. In der Praxis bewegt sich die Höhe des kalkulatorischen Zinssatzes sehr häufig zwischen 4-6 % p. a. Fazit: Der Ansatz und das Verfahren zur Errechnung der kalkulatorischen Zinsen ist in Theorie und Praxis höchst umstritten. Entscheidet sich ein Unternehmen aus verständlichen Gründen zu einer Verrechnung, dann sollte eine bestimmte Rechenmethodik ausgewählt und aus Gründen der Vergleichbarkeit für lange Jahre konstant benutzt werden.
Fazit
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Beispiel: kalkulatorische Zinsen Die MIX AG ist sehr gut mit Eigenkapital ausgestattet. Laufende Kapital erhöhungen und schließlich auch der Börsengang führten zu einem Liqui ditätszufluss, der es nicht notwendig machte, Fremdkapital in großem Umfang aufzunehmen. Wenig Fremdkapital bedeutet geringen Zinsaufwand in der Gewinn und Verlustrechnung. Diese Zinsen könnten auch in die Kostenrechnung über nommen werden. Der Vorstand der MIX AG fordert jedoch vom Kosten rechner, dass er kalkulatorische Zinsen in die Kosten einrechnen soll, da auch das Eigenkapital „Geld koste“. Der Vorstand verlangt weiterhin, dass nur soviel Kapital für die kalkulatorische Verzinsung herangezogen wer den darf, wie das Unternehmen tatsächlich für die Herstellung und den Verkauf seiner Produkte benötigt. Als kalkulatorischen Zinssatz möchte der Vorstand 6 % p. a. vorgeben. Die Bilanz zum Jahresende 2006 der MIX AG sieht zusammengefasst wie folgt aus (alle Zahlen in €) : AKTIVA Grundstücke Maschinen, Gebäude Beteiligungen Vorräte Forderungen Kasse, Bank Sonstige Forderungen
Summe
5.000.000 36.000.000 24.000.000 50.000.000 11.000.000 3.000.000 1.000.000
130.000.000
Grundkapital Rücklagen Rückstellungen Darlehen Kundenanzahlungen Lieferantenverbindl. Sonstige Verbindl.
Summe
PASSIVA 30.000.000 66.000.000 10.000.000 12.000.000 2.000.000 7.000.000 3.000.000
130.000.000
Bei genauerer Analyse des Vermögens stellt die Kostenrechnung fest, dass die Position Grundstücke ein unbebautes Reservegrundstück im Buchwert von 2 Mio. enthält. Die ausgewiesenen Maschinen und Gebäude sind e benfalls zum Buchwert dargestellt. Die entsprechenden Anschaffungskos ten betrugen 46 Mio. In diesen Anschaffungskosten sind zur Zeit nicht gebrauchte Maschinen in Höhe von 1 Mio. enthalten. Ein darin ebenfalls enthaltenes Gebäude im Anschaffungswert von 5 Mio. wird unterneh mensseitig nicht genutzt, ist aber vermietet. Bei den Beteiligungen ent spricht der Anschaffungswert dem derzeitigen Buchwert. Die Anfangsbestände laut Eröffnungsbilanz betrugen für das Umlaufver mögen: Vorräte 40 Mio., Forderungen13 Mio., Kasse und Bank 5 Mio., sonstige Forderungen 3 Mio.
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Die Kundenanzahlungen müssen nicht verzinst werden, die Lieferanten verbindlichkeiten und sonstigen Verbindlichkeiten sind kurzfristig mit dem Nominalbetrag ohne Skontomöglichkeit zurückzuzahlen. Rückstel lungen sind nicht zu berücksichtigen. Wie hoch ist der monatliche Zinsbetrag für die Kostenrechnung des Jah res 2007, der kalkulatorisch zu übernehmen ist? Lösung zum Beispiel kalkulatorische Zinsen: Anschaffungskosten Maschinen u. Gebäude abzüglich nicht betriebsnotwendige Teile verbleibt halbiert Betriebsnotwendiges Vermögen (BNV): Grundstücke Maschinen und Gebäude Beteiligungen Vorräte Forderungen Kasse, Bank Sonstige Forderungen Summe BNV Betriebsnotwendiges Kapital (BNK): BNV Abzugskapital: Kundenanzahlungen Lieferantenverbindlichkeiten Sonstige Verbindlichkeiten Summe BNK Kalkulatorische Zinsen: 6 % JahresZinsbetrag MonatsZinsbetrag
46.000.000 6.000.000 40.000.000 20.000.000
3.000.000 20.000.000 24.000.000 45.000.000 12.000.000 4.000.000 2.000.000 110.000.000 110.000.000 2.000.000 7.000.000 3.000.000 98.000.000
5.880.000 490.000
Mit diesem einfachen Beispiel wurde demonstriert, wie der Zinsbetrag zu errechnen ist.
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Die kalkulatorischen Zinsen auf die Kostenstellen verteilen Ein ganz anderes Kapitel besteht darin, diesen errechneten Betrag nun in der Kostenstellenrechnung zu verteilen. Wir gehen in der Folge davon aus, dass alle kalkulatorischen Zinsen ausschließlich Eingang in die Kostenstellenrechnung finden, da diese ja meistens Gemeinkosten darstellen. Bestimmungs und Verrechnungspraxis Bei der Errechnung der kalkulatorischen Zinsen ist zu trennen in eine Me thode zur Bestimmung der Zinshöhe und eine Methode zur Verteilung des ermittelten Zinsbetrages in der Kostenstellenrechnung. Es besteht also die Frage, nach welchen Verfahren der errechnete Betrag für die kalkulatorischen Zinsen in die Kostenstellenrechnung einfließt. Natürlich sollen die Zinsen so genau wie möglich auf die Verursacher zugerechnet werden. Orientieren wir uns zunächst am betriebsnotwendigen Vermögen. Dieses ist ja in Teilen in der Kostenrechnung nachvollziehbar. So wird die Abschreibung für Maschinen und Gebäude über die Anschaffungswerte oder die Wiederbeschaffungswerte gerechnet. Und diese Maschinen und Gebäude sind klar auf Kostenstellen (Abteilungen) zuordenbar. Also könnte man die für das Anlagevermögen anfallenden Zinsen einigermaßen vernünftig in die später noch erläuterten Kostenstellen einfließen lassen. Allerdings fängt das Problem schon bei dem Beteiligungswert an. Wer verantwortet ihn? Wer trägt die hierfür anfallenden Zinsen? Im Umlaufvermögen wäre es auch denkbar, Zuordnungen zu finden. Für das Rohmateriallager ist der Einkauf zuständig, für Halbfabrikate die Produktion und für Fertigfabrikate der Vertrieb. Entsprechend ließen sich die kalkulatorischen Zinsen verteilen. Genau so bei den Forderungs- und Geldbeständen. Hier wäre die Buchhaltung verantwortlich. Das ganze betriebsnotwendige Vermögen lässt sich also einigermaßen plausibel auf verantwortliche Unternehmenseinheiten zuordnen, welche dann auch die entsprechenden kalkulatorischen Zinsen zu tragen haben. Nur beim Abzugskapital ist das so eine Sache. Hier wird schwer ein eindeutig verantwortlicher Unternehmensbereich gefunden werden können, obwohl es sich meist um sehr hohe Beträge handelt. Damit ist eine eindeutige logische Brücke zwischen Ermittlungs- und Verrechnungsverfahren nicht mehr möglich.
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In vielen Unternehmen wird daher zwischen der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen einerseits und deren Verrechnung andererseits völlig getrennt. Bei der Verteilung wird sehr häufig auf die bekannten Wiederbeschaffungswerte des Anlagevermögens zurückgegriffen, wohl wissend, dass diese nicht den Restbuchwerten oder halbierten Anschaffungswerten im Ermittlungsverfahren entsprechen. Werden diese Wiederbeschaffungswerte ergänzt um die Werte des durchschnittlichen Umlaufvermögens, ergibt sich eine neue Basis zur Verrechnung der kalkulatorischen Zinsen. Sie besitzt den großen Vorteil, dass sie einigermaßen verursachungsgerecht zuordenbar und sehr praktikabel ist. Wenn man jetzt den im Ermittlungsverfahren mit großer Diskussion festgelegten kalkulatorischen Zinssatz auf diese neue Verteilungsbasis anwenden würde, ergäbe sich sicher ein völlig anderer und meist nicht gewünschter Zinsbetrag. Also wird für die Verteilung ein anderer Zinssatz verwendet, der im Ergebnis zu einem gleichen Zinsbetrag wie im Ermittlungsverfahren führt. Es kann durchaus sein, dass im Ermittlungsverfahren mit 4 % und im Verteilungsverfahren mit 3,5 % gerechnet wird. Wichtig ist nur, dass im Verteilungsverfahren neben der klaren Zuordnung auf die Verursacher die Summe des ermittelten Zinsbetrages mit demjenigen des verteilten übereinstimmt. Fazit: Es lebe die pragmatische Lösung. Für den interessierten Leser: Das oben dargestellte Beispiel aus der Beratungspraxis hatte genau dieses Problem nicht berücksichtigt. Der Berater hatte nur das Verteilungsverfahren im Auge und einen kalkulatorischen Zinssatz festgelegt, ohne zu wissen, wie viel betriebsnotwendiges Kapital das Unternehmen überhaupt braucht.
Kalkulatorischer Unternehmerlohn Die Verrechnung von kalkulatorischem Unternehmerlohn stellt allseits unbestritten echte Zusatzkosten dar. Es geht um die Frage, welche Kosten durch die Arbeit des Chefs entstehen. Natürlich liegt durch seine Tätigkeit ein Ressourcenverbrauch vor, es entsteht jedoch das Problem seiner Messbarkeit. Der Grund zum betriebswirtschaftlichen Ansatz des kalkulatorischen Unternehmerlohns in der Kostenrechnung liegt in der unterschiedlichen Rechtsform der Unternehmen. In Kapitalgesellschaften sind die
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Vorstandsmitglieder bzw. die geschäftsführenden Gesellschafter Angestellte der Firma und beziehen monatlich Gehälter. Damit können die durch sie verursachten Personalkosten genau gemessen und in die Kostenrechnung übernommen werden. Auch der Eigentümer verbraucht Ressourcen Anders in Einzelunternehmen und Persongesellschaften. Dort arbeitet der Eigentümer im Regelfall mit, ihm fehlt jedoch der Angestelltenstatus. Somit ist er auch nicht auf der Gehaltsliste verzeichnet. Für seine Leistung fehlt also ein fester Geldbetrag. Sie ist dadurch für die Buchhaltung nicht messbar und mangels Belegen und rechtlicher Grundlage nicht buchbar. Da der Eigentümer jedoch, wie jeder andere auch, monatliche Geldbezüge zum Leben braucht, steht dafür in dieser Rechtsform nur eine ganz spezielle Quelle zur Verfügung: der Gewinn des Unternehmens. Eine monatliche Entnahme als Vorgriff auf den hoffentlich später eintretenden Gewinn wird über das Privatkonto verbucht und berührt nicht die Gewinn- und Verlustrechnung. Damit fehlen im Aufwand und den Kosten der Einzelfirmen und Personengesellschaften die Gehälter der tätigen Eigentümer. Da die Produktkalkulation jedoch den echten, tatsächlich benötigten Ressourcenverbrauch widerspiegeln soll, wird nun ein theoretischer Gehaltsbetrag für alle im Unternehmen tätigen Eigentümer festgelegt und als kalkulatorischer Unternehmerlohn in die Gemeinkosten der Kostenstellenrechnung eingestellt. Damit werden in der Produktkalkulation die tatsächlich angefallenen Kosten dargestellt. Sie sind befreit von den Folgen unterschiedlicher Rechtsformen. Der Wertansatz für den kalkulatorischen Unternehmerlohn richtet sich normalerweise nach dem Prinzip der Opportunitätskosten. Welches monatliche Gehalt könnte der Eigentümer auf dem Markt erzielen, wenn er in einer vergleichbaren, jedoch angestellten Tätigkeit arbeiten würde? Die hier erläuterte Wirkung unterschiedlicher Rechtsformen auf die Produktkalkulationen sollte nicht unterschätzt werden. Dies wird nachfolgend an einem, aus pädagogischen Gründen übertriebenen Beispiel dargestellt.
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Beispiel kalkulatorischer Unternehmerlohn: Eine italienische Großfamilie kommt nach Deutschland, um eine Pizzeria zu eröffnen. „Urahne, Ahne, Vater, Mutter und Kind sind zum Pizzabacken gekommen.“ Sie finden ein nettes Lokal, nennen es „Roma“ und gehen mit Schwung an die Arbeit. Gesellschaftsrechtlich gründen sie zusammen eine Personen gesellschaft. Alle wichtigen Tätigkeiten in der Küche und im Gastraum werden durch Mitglieder der Familie bzw. der Personengesellschaft erle digt. Als Lohn bekommen sie täglich zwei kostenlose Pizzas. Nach dem ersten Monat erstellt der Steuerberater eine Gewinn und Ver lustrechnung mit folgenden Positionen (in €): Umsatz 8.000 2.000 Backmaterial 500 Miete 1.500 Sonstige Kosten Gewinn 4.000 Da in diesem Zeitraum 1.000 Pizzas verkauft wurden, rechnet der Famili enchef die Stückkosten je Pizza aus. Das Ergebnis freut ihn, da er offen sichtlich durchschnittlich je Stück 4 € Gewinn erwirtschaftet. Nun bildet sich der Vater und Pizzachef mit der Hilfe betriebswirtschaftli cher Bücher weiter und erfährt wichtige Neuigkeiten über den kalkulato rischen Unternehmerlohn. Er überlegt sich, welche Lohnbeträge seine Fa milie für vergleichbare Tätigkeiten auf dem Markt erhalten würde und errechnet folgende Monatszahlen: Vater Cheftätigkeit 2.500 2.000 Restl. Familie Hilfstätigkeiten 4.500 Zusammen Nachdem er diese Zahlen als „fehlende Lohnkosten“ geprüft und für rich tig befunden hat, stellt er diese in die G+V rein statistisch ein und be merkt, dass er nun einen Verlust erzielt. Er ist ganz betroffen und be schließt, die Pizzas teurer zu verkaufen, um nach Berücksichtigung aller Beträge für kalkulatorische Unternehmerlöhne wieder auf den vorherigen Gewinn zu kommen. Nach einem weiteren Monat bemerkt er, dass immer weniger Gäste seine guten und ehemals preiswerten Pizzas kaufen wollen...
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Kalkulatorische Miete Kalkulatorische Miete: Zusatz kosten
Eine in kleineren Unternehmen immer wieder vorkommende Kostenart ist die kalkulatorische Miete. Auch hier liegen echte Zusatzkosten vor. Der Unternehmer stellt etwas aus seinem Privatbesitz zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung, z. B. eine Garage für ein Betriebs-Kfz, einen Raum für die Nutzung als Büro usw. Er verzichtet dabei auf die Bezahlung einer Miete. Der Kostenrechner möchte es aber im Sinne des tatsächlichen Ressourcenverbrauchs genauer wissen und ist der Meinung, dass das Unternehmen ohne den zur Verfügung gestellten Raum seine Leistung nicht hätte erbringen können. Folglich wäre es sowieso notwendig gewesen, irgendwo anders ganz offiziell einen Mietvertrag zu unterschreiben. Also werden nur in der Kostenrechnung, ohne Buchung in der Buchhaltung, entsprechende kalkulatorische Mietkosten eingestellt.
Kalkulatorische Wagnisse Kalkulatorische Wagnisse: Anderskosten
Zum Bereich der Anderskosten gehören die kalkulatorischen Wagnisse. Mit ihnen werden Verluste bzw. Leistungen bezeichnet, die durch das Abwicklungsrisiko der einzelnen Aufträge entstehen. Nicht enthalten ist das allgemeine, generelle Unternehmensrisiko, z. B. die Gefahr, Marktanteile zu verlieren. Dieses wird mit dem Unternehmensgewinn abgegolten. Gedanklich geht man hier vor wie mit einem Sparschwein bzw. einer Versicherung. Man weiß nicht genau, ob und wann eines der Risiken zu Aufwand bzw. Kosten führt, möchte sich aber gegen die Plötzlichkeit absichern. Daher werden die einzelnen Risiken bestimmt und dann pro Produkt oder pro Monat konstante Beträge kontinuierlich als kalkulatorische Kosten verrechnet. Natürlich fallen alle Wagnisse, gegen die ein Unternehmen sich echt versichert hat (z. B. Einbruch, Feuer, Betriebsunterbrechung), nicht unter die Rubrik der kalkulatorischen Wagnisse. Folgende kalkulatorische Wagniskosten für entsprechende Einzelwagnisse bestehen innerhalb der Kostenrechnung: •
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Beständewagnis. Der Wert der Lagermaterialien kann sinken durch Verlust, Verderb, Diebstahl, Schwund, Veraltern und Preisverfall.
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•
• •
Fertigungswagnis. Der Produktionsprozess muss nicht immer zur gewünschten Qualität führen. Nacharbeit und Ausschuss entstehen. Nacharbeit bedeutet, dass die Produktqualität nur durch zusätzliche Kosten wieder hergestellt werden kann, wogegen Ausschussteile nicht mehr zu verwenden sind und nur noch Schrottwert besitzen. Forderungswagnis. Nicht jeder Kunde bezahlt seine Rechnungen. Dadurch entstehen Forderungsausfälle. Gewährleistungswagnis. Für ausgelieferte Ware wird eine Garantie übernommen. Auftretende Mängel sind vom Unternehmen zu bezahlen.
In der Kostenrechnung sollen nun nicht die einzelnen, tatsächlich eingetretenen Wagnisfälle mit ihrem Schadensvolumen verrechnet werden. Dies würde zu unberechenbaren und nicht gewollten Kostenschwankungen in der Produktkalkulation führen. Die Kostenrechnung ist an dem Wert eines normalen, planbaren Ressourcenverbrauchs interessiert. Daher wird in der Regel über einen Erwartungswert der kalkulatorische Betrag je Wagnisart festgelegt. Beispielsweise ist es möglich, einen Durchschnittswert aus einem vergangenen Geschäftsjahr zu übernehmen und daraus einen für 12 Monate konstanten Betrag abzuleiten. Dieser wird dann in der Kostenrechnung verrechnet. Oder es wird ein Wert je Produkt ermittelt und in der Kalkulation eingestellt. Beispiel kalkulatorische Wagnisse: 1. Forderungswagnis In der Buchhaltung wurden in den vergangenen Jahren folgende For derungsausfälle gebucht: 2003 1.245.600 € 2004 865.780 € 2005 1.078.300 € Der Kostenrechner errechnet daraus einen Mittelwert in Höhe von 1.063.226 € und stellt diesen als Monatswert in Höhe von 88.602 € in seine Kostenrechnung ein. Es ist nun zu überlegen, wer diesen Betrag verantwortet. Wahrscheinlich hängt dieser mit der im Verkauf nicht genügend ausgeführten KundenBonitätsprüfung zusammen, so dass es nicht ungewöhnlich ist, diese Wagniskosten dem Verkauf auch mo natlich zu belasten.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
2. Fertigungswagnis Nacharbeit Die in der Betriebsabrechnung (Kostenrechnung) in den letzten Jahren erfassten Istkosten für Nacharbeit betrugen: 2003 2004 2005
678.987 € 987.234 € 456.765 €
Nacharbeitskosten entstehen sehr häufig durch schlecht organisierte oder falsch ablaufende Fertigungsprozesse. Daher werden die Nachar beitskosten meist auf die Fertigungskosten in der Kalkulation der Pro dukte bezogen. Der Durchschnittswert der Nacharbeitskosten aus den letzten Jahren beträgt 707.662 €. Für das Jahr 2006 werden laut Planung 20.500.000 € Fertigungskos ten erwartet, so dass sich ein Zuschlag in Höhe von 3,45 % ergibt. Dieser Prozentsatz wird im Rahmen der Sondereinzelkosten der Ferti gung in der Produktkalkulation verrechnet. Details hierzu können Sie weiter unten im Kapitel 5 „Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kosten trägerstückrechnung“, S. 121 nachlesen.
Kalkulatorische Abgrenzungen Ein weiteres, großes Feld der Anwendung kalkulatorischer Kosten besteht in der zeitlichen und sachlichen Abgrenzung zwischen Buchhaltungsaufwand und Kosten der Kostenrechnung. Die Buchhaltung muss alle Beträge nach Anfall der Belege buchen. Das Aufwandsvolumen in der Gewinn- und Verlustrechnung schwankt daher in Abhängigkeit des Buchungszeitpunktes. Eine Glättung der schwankenden Aufwendungen (Abgrenzung) kann auch schon der Buchhalter vornehmen. Lassen Sie uns hier aber den Bereich des Kostenrechners betrachten, weil er sich mit sehr viel mehr Abgrenzungen beschäftigen muss als der Buchhalter. Urlaubs und Weihnachtsgeld
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Klassische Beispiele sind Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld. Diese Zahlungen sind an feste Ereignisse und Zeitpunkte im Ablauf eines Kalenderjahres gebunden. Sie verteilen sich nicht gleichmäßig über alle Monate. Die Kostenrechnung ist wie immer an einem konstanten, planbaren Ressourcenverbrauch interessiert, so dass sie das erwartete Aufwandsvolumen des Gesamtjahres in monatlich gleiche Teile aufteilt und diese als kalkulatorische Kosten berücksichtigt.
Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Beispiel kalkulatorische Abgrenzung (Weihnachtsgeld): Die Summe des Weihnachtsgeldes im Unternehmen, bezahlt im Monat November, beträgt 120.000 €. Unterstellen wir, dass die Belastung der Gewinn und Verlustrechnung in diesem Monat mit diesem Betrag er folgt. Die Kostenrechnung teilt den am Jahresanfang erwarteten und mit der Buchhaltung abgesprochenen Aufwand in 12 gleiche Teile von je 10.000 € auf und verrechnet diesen Betrag kontinuierlich von Januar bis Dezember im Rahmen der Personalnebenkosten als kalkulatorische Kosten für Weihnachtsgeld. Damit werden Aufwandsschwankungen für die Kos tenrechnung eliminiert. Ob dann später in der Buchhaltung tatsächlich ein anderer Betrag, z. B. 118.987,54 € bezahlt wurde, interessiert den Kostenrechner eigentlich nicht mehr, höchstens für Abstimmrechnungen. Das gleiche Rechenverfahren gilt für viele andere Aufwandsarten, wie Versicherungsprämien, Stromkosten, Telefonkosten usw. Alle diese Vorgänge sind unter eigenen kalkulatorischen Kostenarten in die Kostenrechnung aufzunehmen. Die zugehörigen Buchhaltungskonten dürfen natürlich nicht zusätzlich in die Kostenrechnung einfließen. Die kalkulatorischen Kosten ersetzen ja den gebuchten Aufwand.
2.3
Wie wirken die kalkulatorischen Kosten?
Die wichtigste Wirkung der kalkulatorischen Kosten besteht darin, wie schon häufig erläutert, den Ressourcenverbrauch in der Kostenrechnung richtiger darzustellen, als es die ungefilterte Datenübernahme aus der Buchhaltung erlauben würde. Aber es gibt noch eine weitere gravierende Wirkung der Verwendung kalkulatorischer Kosten. Anders- und Zusatzkosten unterscheiden sich vom Wertansatz in der Buchhaltung. Dort gibt es für die kalkulatorischen Kosten bzw. für die dahinter stehenden Tatbestände, z. B. Abschreibung, Zinsen usw., entweder eine Buchung mit höherem oder niedrigerem Aufwand oder möglicherweise gar keinen Aufwand. Auf jeden Fall ist der buchhalterische Wertansatz nicht mit demjenigen der Kostenrechnung identisch. Das hat zur Folge, dass in beiden Systemen unterschiedliche Volumina von Aufwand und Kosten dem, in beiden Systemen gleichen, Umsatz
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
gegenübergestellt werden. Folglich entstehen Gewinninformationen, welche nicht übereinstimmen. Operatives Betriebs ergebnis
Diese Differenz ist ganz natürlich und aus Sicht der Kostenrechnung auch gewollt. Der in der Kostenrechnung ausgewiesene Gewinn wird daher auch oft als das „operative Betriebsergebnis“ bezeichnet, da es mit den Wertansätzen der Kostenrechnung zeigen soll, welches Ergebnis durch den Verkauf der Produkte entstanden ist. Allerdings müssen beide Systeme, Buchhaltung und Kostenrechnung, durch ein rechentechnisches Überleitungsverfahren („Brückenrechnung“) so miteinander verprobt werden, dass unter Berücksichtigung aller unterschiedlichen Wertansätze zwischen Aufwand und Kosten die Differenzen im Gewinn genau nachgewiesen werden. Auf dieses Problem der Systemabstimmung wird später noch genauer eingegangen. Notwendigkeit der Systemabstimmung Der operative Gewinn laut Kostenrechnung hat einen höheren Informati onswert für das Management als der Gewinn laut Gewinn und Verlust rechnung. Aber nur dann, wenn die Differenz durch eine „Brückenrech nung“ genau belegt werden kann. Damit entstehen für das Management verlässliche Steuerungsdaten. Sehen Sie folgendes Beispiel zur Brückenrechnung: Beispiel: Wirkungen der kalkulatorischen Kosten Nehmen wir im Beispiel an, die X GmbH erarbeitet einen Gewinn laut Kostenrechnung und einen in der Gewinn und Verlustrechnung. Sie be nutzt kalkulatorische Abschreibungen, kalkulatorische Zinsen und macht eine Abgrenzung der Personalnebenkosten. Die zur Verfügung gestellten Zahlen sind auf die Bereiche Buchhaltung und Kostenrechnung zuzuordnen. Dabei ist zu beachten, dass, falls ein Sachverhalt kalkulatorisch verrechnet wird, der entsprechende Buchhal tungsbetrag natürlich nicht noch zusätzlich aus der Buchhaltung in die Kostenrechnung übernommen wird. Ebenfalls ist zu beachten, dass neutraler Aufwand und Ertrag nur in der Buchhaltung wirkt.
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Gewinn laut Kostenrechnung und laut Buchhaltung Zahlen Umsatz Materialaufwand Personalaufwand, gebucht Instandhaltungen Werkzeuge Reisekosten Sonstige Gemeinkosten Bilanzabschreibung, ge bucht Bankzinsen, gebucht Kalk. Abschreibung Kalk. Zinsen Kalk. Personalnebenkosten Neutraler Aufwand Neutraler Ertrag Gewinn Differenz der Gewinne
500.000 110.000 87.000 12.000 5.000 3.000 45.000 32.000 17.000 44.000 21.000 79.000 7.000 2.000
Kosten rechnung
Buchhaltung
500.000 110.000
500.000 110.000 87.000 12.000 5.000 3.000 45.000 32.000
12.000 5.000 3.000 45.000
17.000 44.000 21.000 79.000
181.000
7.000 2.000 184.000 3.000
Nachweis der Differenz Differenz Abschreibung Differenz Zinsen Differenz Personalaufwand Neutraler Aufwand Neutraler Ertrag
12.000 4.000 8.000 7.000 2.000 3.000
Die „Brückenrechnung“ zeigt die genaue Gewinndifferenz auf. Damit sind beide Ergebnisse miteinander abgestimmt. Das Ergebnis der Kostenrech nung ist verwendbar.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
2.4
Das Kostenvolumen analysieren
Nachdem das Kostenvolumen aus der Buchhaltung übernommen wurde und dessen Veränderung und Ergänzung durch die kalkulatorischen Kosten erfolgt ist, können nun erste Analysen durchgeführt werden. Wie setzen sich die Kosten zusammen? Welche Kostenarten sind besonders dominant und daher in ihrer Darstellung, Transparenz und Beobachtung wichtig? Ausgangspunkt für eine solche Analyse ist ein gut aufgebauter Kostenartenplan. Die Kostenartenrechnung hat als Ziel, den Ressourcenverbrauch in einem Unternehmen zu dokumentieren. Es sollen daraus Erkenntnisse gewonnen werden können, wie die Kosten strukturiert sind. Voraussetzung hierzu ist, dass ein gutes Dokumentationssystem vorliegt. Dieses Werk wird normalerweise als Kostenartenplan bezeichnet.
Einen verwendungsfähigen Kostenartenplan aufbauen Zunächst muss zu Beginn der Unterschied zwischen einem Kontenplan der Buchhaltung und dem Kostenartenplan der Kostenrechnung erläutert werden. Worin unterscheiden sich Kontenplan und Kostenartenplan? Ein Kontenplan ist eine lückenlose Aufzeichnung aller benutzten Konten mit Kontennummern und hat den Sinn, alle Buchungsvorgänge im Unternehmen zu klassifizieren und zu ordnen. Die gesamte Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung ist in numerisch bezeichnete Konten aufgeteilt. IKR, GKR, DATEV
Es bestehen eine Reihe von branchenbezogenen Kontenrahmen. Diese geben jeweils die Grundstruktur der Konten vor, um daraus maschinell Auswertungen, z. B. Berichte oder eine Bilanz zu ermöglichen. Bekannt sind für die Industrie der „Industriekontenrahmen (IKR)“ und der ältere „Gemeinschaftskontenrahmen der deutschen Industrie (GKR)“. Im kleineren Mittelstand ist vor allem der DATEV- Kontenrahmen der Steuerberater eingeführt. Mithilfe des Kontenplanes gelingt es, die Anforderungen der Buchhaltung an eine transparente Darstellung und Sammlung aller Geschäftsvorfälle zu erfüllen. Natürlich kann jedes Unternehmen ganz individuell
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
die Anzahl der Konten erhöhen oder vermindern, ganz wie es für die gebotenen Transparenz ausreicht. Im Vordergrund der Konteneinteilung stehen aber immer die Ziele der Buchhaltung. Die Kostenrechnung besitzt jedoch von der Buchhaltung abweichende Ziele. Sie will Einsicht in den Ressourcenverbrauch ermöglichen. Bei der Detaillierung der einzelnen Arten des Ressourcenverbrauchs kollidieren nun die unterschiedlichen Interessen von Buchhaltung und Kostenrechnung. Die Kostenrechnung möchte einige Sachverhalte, welche in der Buchhaltung unter einem oder wenigen Konten zusammengefasst gebucht wurden, sehr viel genauer sehen. Aus diesem Grund entspricht ein Kontenplan aus der Buchhaltung zwar zu einem sehr hohen Anteil dem Kostenartenplan der Kostenrechnung, aber es gibt eben Unterschiede. Diese beginnen mit den kalkulatorischen Kostenarten, welche in der Buchhaltung nicht vorkommen. Im Industriekontenrahmen benötigt beispielsweise die Buchhaltung die Kontenklassen 0-8 und reserviert den Bereich 9 für die Kostenarten der Kostenrechnung, speziell für die kalkulatorischen Kosten. Weitere Unterschiede zwischen Kontenplan und Kostenartenplan bestehen vor allem im Bereich der Personalkosten. In der Buchhaltung reichen oft wenige Konten aus, um Löhne, Gehälter und Sozialversicherungs-Angelegenheiten zu buchen. In Industriebetrieben jedoch möchte die Kostenrechnung z. B. den Ressourcenverbrauch im Lohnbereich viel genauer wissen. Für was ist der Lohn angefallen, für Tätigkeiten an den Produkten oder für Hilfstätigkeiten?
Kontenplan und Kostenarten plan
Wenn Mitarbeiter an den Produkten arbeiten, entsteht ein „Fertigungslohn“, wogegen für Hilfstätigkeiten „Hilfslohn“ bezahlt wird. Die Kostenrechnung möchte im Hilfslohnbereich sogar eine noch höhere Detaillierung, indem sie nach der Art der Hilfslohntätigkeit fragt. Folgende beispielhafte und natürlich betriebsindividuelle Möglichkeiten gibt es hier: Hilfslohn für • • • • •
Lagertätigkeit Transport Meistervertretung Wartezeit Verwaltungstätigkeit
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Man möchte diesen großen Kostenbereich einfach genauer analysieren können, als es mit den Zahlen der Buchhaltung möglich wäre. Das führt zu Kostenarten, die nicht mit den Buchhaltungskonten übereinstimmen. Die daraus resultierenden Konsequenzen für den Konten- und Kostenartenplan könnten wie folgt aussehen: Die gesamte Lohnsumme kann etwa unter dem Buchhaltungskonto 6200 gebucht werden und der Buchhalter ist damit zufrieden. Für den Kostenrechner ist dieses Konto und die entsprechend Summe uninteressant. Er gliedert auf, wobei er das Konto 6200 überliest: 6201 Fertigungslohn 6205 Hilfslohn für Lagertätigkeit 6206 Hilfslohn für Transport 6207 Hilfslohn für Meistervertretung 6208 Hilfslohn für Wartezeit 6209 Hilfslohn für Verwaltungstätigkeit Die Kostenrechnung detailliert also einen bestimmten Sachverhalt der Buchhaltung und eröffnet zu diesem Zweck eigene Kostenarten. Die Summe aus dem Konto 6200 muss im obigen Beispiel mit der Summe der Kostenarten 6201 - 6209 übereinstimmen. Kostenartenplan Ein Kostenartenplan der Kostenrechnung basiert auf dem Kontenplan der Buchhaltung. Er ergänzt und verändert diesen allerdings ganz unterneh mensindividuell, um mehr Transparenz für die Management Informationen zu erzeugen. Die beispielhaft dargestellten Kostenarten 6201 – 6209 wurden von der Kostenrechnung als Kostenarten festgelegt. Die Buchhaltung kann natürlich diese Nummern nicht mehr für eigene Zwecke belegen und auch nicht für direkte Buchungen benutzen. Sie sind für die Buchhaltung eigentlich nicht existent. Sachlicher Zusammenhang
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Daraus ist erkennbar, dass Kostenartenpläne und Kontenpläne sachlich zusammenhängen und mit beiden Arbeitsbereichen des Rechnungswesens abgestimmt sein müssen.
Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
Ähnliche Verhältnisse wie im Personalkostenbereich liegen bei Industriebetrieben im Materialbereich vor. Die Buchhaltung benutzt dort in aller Regel ein einziges Konto, nämlich „Materialaufwand“, möglicherweise mit der Kontonummer 6000. Diese Information ist für den Kostenrechner viel zu verdichtet. Dahinter verbergen sich für ihn Fertigungsmaterial und Gemeinkostenmaterial. Fertigungsmaterial besitzt in der Kostenrechnung den Charakter von Einzelkosten, wogegen Gemeinkostenmaterial, wie der Name schon sagt, Gemeinkosten sind. Mit dieser unterschiedlichen Eigenschaft entstehen in der Kostenrechnung völlig verschiedene Verrechnungswege. Einzelkosten gehen verrechnungstechnisch in das Arbeitsgebiet der Produktkalkulation, während Gemeinkosten in die Kostenstellenrechnung zu belasten sind.
Der Kosten artenplan differenziert auch im Materialbereich
Für den Kostenrechner besteht also eine zwingende Notwendigkeit, das Buchhaltungskonto „6000 Materialaufwand“ in Teile zu zergliedern, etwa: Einzelkosten: 6001 Fertigungsmaterial Gemeinkosten: 6005 Schweiß- und Lötmaterial 6006 Elektromaterial 6007 Kleinteile 6008 Galvanikmaterial 6009 Lackiermaterial 6010 Öle und Fette 6011 Reinigungsmaterial Woher bekommt die Kostenrechnung die Details? Interessant ist natürlich die Frage, woher die Kostenrechnung die vielen detaillierten Daten bekommt, um den auf einem Konto in der Buchhaltung gebuchten Lohn oder Materialaufwand in die vielen DetailKostenarten aufzulösen. Die Antwort auf diese Frage ist wieder einmal einfach und schwierig zugleich.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Einfach, indem man sagt: „Eben nicht aus der Buchhaltung“. Schwierig, weil man fragen muss: “Woher denn dann? Wo gibt es noch Dateninput außerhalb der Buchhaltung?“ Hier muss die Kostenrechnung auf Datenbestände zugreifen, die sachlich vor dem Buchhaltungskonto liegen. Dies wären in den obigen Beispielen die Lohnabrechnungs-Datei und die MaterialabrechnungsDatei. Diese Dateien gelten als Daten-Output der Teilbuchhaltungen. Die Lohnbuchhaltung und die Materialbuchhaltung stellen Teile der gesamten Buchhaltung dar, welche in sehr detaillierten Rechenprozessen ihr Arbeitsgebiet erledigen und an die Sachkontenbuchhaltung Summensätze weitergeben. So wird z. B. in der Lohnbuchhaltung der Lohnbetrag je Mitarbeiter errechnet, seine Sozialabgaben, die Arbeitgeberbeiträge usw. Basis dazu sind u.a. Aufschreibungen der Mitarbeiter, wie viele Stunden sie für welche Aufträge gearbeitet haben. Aus diesen Informationen ist erkennbar, wie hoch die Summe von Fertigungslohn und Hilfslohn je Mitarbeiter ist. Solche Details sind für die Kostenrechnung notwendig, gehen aber in der Sachkonten-Buchhaltung verloren. Die Kostenrechnung muss also, um die wichtigen Details zu erfahren, auf die Detail-Dateien der Lohnbuchhaltung zugreifen. Mit deren Hilfe kann sie die Summenbuchung der Buchhaltung auflösen in die gewünschten Einzelbeträge. Auf die Datenproblematik der Detaildateien wird im Teil „Die Werkzeuge in der Praxis“, Kapitel 3 „Die Zuverlässigkeit der Kostenrechnungsdaten überprüfen“, S. 233 genauer eingegangen. Nachdem der Kostenrechner sich überlegt hat, wo er zusätzliche Transparenz zum Kontenplan der Buchhaltung benötigt, steht der Kostenartenplan fest. Das gesamte Kostenvolumen der Kostenrechnung ist nun durch einzelne Kostenarten nachgewiesen und steht damit für alle ihre Gebiete zur Verfügung.
Ergebnisse der Kostenartenanalyse Um es gleich vorweg zu sagen: Die Kostenartenrechnung mit ihren vielen einzelnen Kostenarten eignet sich nur in beschränktem Umfang für aussagefähige Analysen. Diese können viel treffsicherer und genauer
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Schritt 1: Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung
in den nachfolgenden Arbeitsbereichen der Kostenrechnung durchgeführt werden. Einige wenige wichtige Aussagen sind jedoch zu erzeugen. Da die Kostenartenrechnung das Gesamtvolumen der in einer Periode verrechneten Kosten dokumentiert, eignet sie sich nur für Analyseverfahren, die sich auf diese summarische Betrachtung beschränken. Im Vordergrund stehen ABC-Analysen, mit deren Hilfe die wichtigsten Kostenarten und ihre Veränderung im Zeitablauf erkannt werden können. Alle Aussagen sind natürlich auf das gesamte Unternehmen bezogen und nur soweit aufteilbar, wie es die Detaillierung der Kostenarten erlaubt. Aussagen können sich beispielsweise beziehen auf: • • • •
Materialintensität (Materialkosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten) Personalkostenintensität (Personalkosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten) Wertschöpfungsanteil des Umsatzes (Gesamtkosten abzüglich Vorleistungskosten bezogen auf den Umsatz) Entwicklung von bestimmten Kostenarten, z. B. Personalkosten oder Materialkosten im Zeitablauf Kostenartenanalysen Die Kostenartenrechnung definiert das Kostenvolumen eines Unterneh mens und ordnet es den Kostenarten zu. Eine Analyse des so dokumen tierten Kostenvolumens erlaubt nur sehr wenige und dazu noch summari sche Aussagen.
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Schritt 2: Messen, bewerten und Kosten zuordnen
In der Kostenartenrechnung wurde das gesamte Kostenvolumen definiert. Jetzt greifen die nachfolgenden Arbeitsgebiete der Kostenrechnung darauf zu und es wird wild hin und her gerechnet – mit ständigen Additionen, Subtraktionen, Multiplikationen, Divisionen und Kostenzuordnungen. Bei diesen vielen Rechenprozessen muss man sich im Klaren sein, was man tut. Es gibt eine Menge von Möglichkeiten, solche Rechenprozesse zu gestalten. Wie sieht meine Rechenphilosophie aus, welche Rechenalternativen bestehen? Wie gehe ich in der Zuordnung und Verteilung von Kosten vor? Das alles sind Entscheidungen, die sehr stark die Auswertungen der Kostenrechnung und damit die nachfolgenden Entscheidungen der Manager bestimmen. Bevor der Kostenrechner richtig in die Kostenrechnung „einsteigt“, muss er sich hier schlau machen, um die richtigen Festlegungen treffen zu können. Es ist unvermeidlich: Zu Beginn muss über ein wenig Theorie nachgedacht werden. Hängen doch die Gestaltungen und Ergebnisse der Rechenprozesse und Kostenzuweisungen von den hier getroffenen Entscheidungen ab: • • •
Wie sollen Kosten gemessen werden? Wie stelle ich als Kostenrechner das Bewertungssystem ein? Welche Regeln für die Zuordnung von Kosten sollen gelten?
3.1
Unterschiedliche Messverfahren
Fangen wir an mit der Messung von Kosten. Nun können Sie natürlich entgegnen, dass wir in den obigen Schritten ja bereits mit sehr umfangreichen Überlegungen und Verfahren alle Kosten in der Kostenartenrechnung definiert haben. Sie sind also „gemessen“ und liegen dort vor. Wenn Sie so argumentieren, haben Sie Recht. Zunächst. Nicht aber generell. Denn die Frage ist, wie denn die Beträge in die Buchhaltung
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
oder besser in die Kostenartenrechnung überhaupt hineinkommen. Das gilt nicht nur für die Kostenartenrechnung, sondern auch für viele Rechenprozesse innerhalb der Kostenrechnung. Es geht also um die Festlegungsmethode und das Messverfahren eines Betrages, der dann anschließend entweder in der Buchhaltung bzw. Kostenartenrechnung oder der weiteren Kostenrechnung verarbeitet wird. Nicht jedes Messverfahren führt zur gleichen Genauigkeit. Will der Kostenrechner einen Betrag in seiner Kostenrechnung beurteilen, dann muss er wissen, wie dieser gemessen wurde.
Die direkte, indirekte und retrograde Messung Also beginnen wir: Mit welchen unterschiedlichen Verfahren kann ein Betrag gemessen werden, der später zu Kosten führt? Folgende Messverfahren bestehen: •
•
Direkte Messung: Sicherlich stellt diese Art das exakteste Verfahren dar. Alle Kosten werden durch detaillierte Aufschreibungen dokumentiert. Hierzu gehören die originären Einzelbelege der Buchhaltung, z. B. Eingangsrechnungen. Aber auch Materialentnahmescheine aus der Lagerverwaltung und Leistungsaufschreibungen der Mitarbeiter gehören dazu. Indirekte Messung: Dieses Verfahren wird häufig in Unternehmen dann verwendet, wenn die Erfassungskosten einer direkten Messung höher sind als ein möglicher Ertrag durch genauere Informationen. Die Vorgehensweise ist sehr einfach und eignet sich z. B. für Verteilungs- oder Differenzrechnungen. Beispiel für eine Differenzrechnung: Am Anfang einer Periode besteht ein Verzeichnis der vorhandenen Ressourcen, am Ende wird addiert, was davon noch übrig ist. Als Differenz ergibt sich, unter Berücksichtigung möglicher Ergänzungen, der Ressourcenverbrauch. Beliebt ist das Verfahren bei der Bestimmung des Materialverbrauches. Im Rahmen der Inventur wird ein vorhandener Materialbestand ermittelt. Der wertmäßige Unterschied zum Anfangsbestand der letzten Periode zuzüglich des Zugangs der laufenden Periode ergibt die Summe des Materialverbrauches. Der auf diese Art und Weise rechnerisch festgelegte Gesamtwert ist nur schwer
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Schritt 2: Messen, bewerten und Kosten zuordnen
zu analysieren, weil sich eine Vielzahl von Verbrauchsarten dahinter verbergen kann. Beispiel: Anfangsbestand 1.1.05 am Materiallager 1.000.000 €. Zugänge im Laufe des Jahres 2.000.000 €. Am 31.12.05 wurde durch die Inventur ein Lager endbestand von 850.000 € ermittelt. Es sind also offensichtlich 2.150.000 € verbraucht worden. Mit diesem rechnerisch ermittelten Be trag wird dann ein Buchhaltungsbeleg ausgefüllt, der zu einer Material aufwandsbuchung von 2.150.000 € führt. In dieser Summe Materialaufwand kann jedoch eine Menge von unter schiedlichen Sachverhalten zusammengefasst sein. Z. B. tatsächlicher Verbrauch für die Produkte, aber auch Schwund, Verderb, Diebstahl oder Bewertungsabschläge im Rahmen der Inventur usw. Die Buchung von 2.150.000 € ist zwar buchhalterisch richtig, für den Kostenrechner stellt sie jedoch einen zugebundenen Sack dar, der nicht weiter auf die Ursa chen hin aufgeschlüsselt werden kann. Für die in der Kostenrechnung notwendige Transparenz ist dieses Messverfahren somit prinzipiell unge nügend und nur dann zu akzeptieren, wenn wirklich keine bessere Mes sung möglich ist. •
Retrograde Messung: Auch bei diesem Verfahren steht die Wirtschaftlichkeit der Kostenerfassung im Vordergrund. Der zu messende Betrag wird durch ein Rechenverfahren bestimmt. Es bestehen Aufzeichnungen über den theoretisch notwendigen und angemessenen Ressourcenverbrauch, beispielsweise durch detaillierte Planwerte. Wird nun ein Produkt hergestellt, wird einfach die Menge der fertigen Erzeugnisse multipliziert mit den theoretischen Verbrauchswerten. Damit ergeben sich Kosten eines Produktes, deren Wert sich zwar in einem Betrag genau errechnen lässt, jedoch im Zweifelsfall keine große Exaktheit besitzt, da sie sich nicht an dem tatsächlich im Ist angefallenen Verbrauch orientieren. Die retrograde Messung ist beliebt z. B. in Unternehmen, deren Produktionsprozess im Rahmen einer Serienfertigung so abgesichert abläuft, dass die Angaben in Arbeitsplänen und Stücklisten zur Kostenbestimmung weitgehend ausreichen.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Beispiel: Für ein Produkt A, welches serienmäßig hergestellt wird, werden planmä ßig 3 kg Material benötigt. Dieser Planwert ist in der Ressourcenliste (Stückliste) hinterlegt und seit vielen Jahren stabil. Im Monat November 2005 erfolgt ein Lagereingang von 1.000 Stück A. Es wurden so viele Pro dukte also auch hergestellt. Zur Bestimmung des Materialverbrauchs wird nun einfach die Lagerzu gangsmenge mit dem planmäßigen Verbrauch multipliziert. Es ergibt sich eine Verbrauchsmenge von 3.000 kg. Wenn 1 kg 5 € kostet, dann entsteht damit ein Betrag von 15.000 €. Mit diesem rechnerischen Wert wird wie der ein Buchhaltungsbeleg für den Lagerabgang ausgefüllt, welcher zu einer entsprechenden Materialaufwandsbuchung in der Buchhaltung und zu einem gleich hohen Kostenbetrag für die Kostenrechnung führt. Der tatsächliche Materialverbrauch kann jedoch deutlich höher liegen. Wenn im Beispiel genau 1.000 Stück A am Lager angekommen sind, be deutet dies noch lange nicht, dass auch zu Beginn der Herstellung diese Menge gewollt war. Es könnte beispielsweise sein, dass die ursprüngliche und planmäßig herzustellende Seriengröße auf 1.100 Stück A ausgelegt war. Im Laufe des Herstellungsprozesses entstanden jedoch durch Pro duktionsfehler 100 Ausschussteile, so dass nur noch 1.000 GutStück im Lager ankamen. Natürlich wurde für die 100 AusschussStück zu Beginn der Produktion auch Material entnommen, welches jedoch in dem rech nerisch über den Lagerzugang bestimmten Verbrauchswert fehlt. Dieser Fehler wird erst durch die Inventur korrigiert. Die retrograde Messung stellt somit ebenfalls kein ganz genaues Messverfahren dar. Wird eine Kostenrechnung im Unternehmen eingerichtet, dann ist zu entscheiden, an welchen Stellen wie gemessen werden soll. Besonders bei dem Betrieb von Maschinen laufen viele Prozesse ab, die nur summarisch betrachtet werden können und sich daher nicht für eine flächendeckende direkte Messung eignen. Indirekte Messung häufig bei Stromkosten
Beispielsweise könnte die Erfassung von Stromkosten je Maschine durchaus sehr detailliert erfolgen, wenn je Maschine auch ein Stromzähler installiert wäre. Diese direkte Messung ist aber in der Regel viel zu teuer. Also entschließt man sich normalerweise für eine indirekte Messung, indem die gesamte Stromrechnung z. B. für eine Werkshalle verteilt wird auf die einzelnen Maschinen mithilfe der je Maschine erkennbaren installierten Kilowattstunden. Der mit diesem indirekten Messverfahren ermittelte Strombetrag je Maschine ist mit Sicherheit ungenau. Der Fehler hält sich jedoch in
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Schritt 2: Messen, bewerten und Kosten zuordnen
Grenzen. Die zusätzliche Erkenntnis, welche durch eine direkte Messung entstehen könnte, birgt also nicht so viel wichtiges Entscheidungspotenzial in sich, um die damit verbundenen höheren Kosten zu rechtfertigen. Ganz anders in dem obigen Beispiel des Materialverbrauchs. In diesem Bereich sollte wirklich so genau wie möglich gemessen werden, auch wenn im Unternehmen hierfür zusätzliche Aufschreibungen (direkte Messungen) eingeführt werden müssen. Das Gefahren- bzw. Entscheidungspotenzial ist hier nämlich deutlich höher. Kenntnis des gewählten Messverfahrens Der Kostenrechner hat immer abzuwägen zwischen dem Transparenz Vorteil eines genauen Messverfahrens und den dadurch ausgelösten Kos ten. Wie auch immer er sich entscheidet: Für seine Analysen und Empfeh lungen an das Management muss er genau wissen, zu welchem Verfahren er sich wo entschieden hat und welcher Wahrheitsgehalt damit in den Zahlen der Kostenrechnung steckt.
3.2
Die richtige Bewertung ist entscheidend
Der nächste wichtige Schritt in der Ermittlung eines richtigen Kostenvolumens liegt in der richtigen Bewertung des kostenrechnerisch relevanten Ressourcenverbrauches. Das Thema scheint zunächst eher unverständlich zu sein. Eine kleines Beispiel soll jedoch dessen Bedeutung darstellen: Oben wurde über den Materialverbrauch und seine Messung gesprochen. Nehmen wir einmal an, dass sie direkt mithilfe eines Materialentnahmescheines durchgeführt wird. Auf diesem Schein stehen die Artikelnummer des entnommenen Materials und seine Entnahmemenge. Damit ist die Menge genau gemessen. Aber der Wert? Der zum Artikel zugehörige Materialpreis ist auf dem Schein normalerweise nicht vermerkt. Der Wert der Materialentnahme und damit die Kosten werden erst durch einen EDV-Zugriff auf die verschiedenen Preisfelder im Materialstammsatz errechenbar. Aber welches Preisfeld ist auszuwählen? Folgende Preisinformationen je Mengeneinheit bestehen dort beispielsweise:
Materialmenge sagt nichts über den Preis aus
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
• • • • • •
Preis der letzten Lieferung Preis der ältesten Lieferung Inventurpreis Planpreis des laufenden Jahres Durchschnittspreis Erwarteter Preis für das nächste Jahr
Welcher Preis ist nun richtig für die Kostenrechnung? Da jedes Preisfeld andere Werte besitzt, wird das Multiplikationsergebnis Menge x Preis entsprechend zu anderen Kosten führen. Der Kostenrechner muss sich also genau überlegen, welche Bewertungsart die Kosten des Ressourcenverbrauchs am genauesten wiedergibt und welches Ziel die Auswertungen besitzen. Solche Überlegungen und Zugriffe auf unterschiedliche Preisfelder werden in der Kostenrechnung vielfältig angestellt. Ein weiteres Beispiel, welches allerdings schon in das Con-trolling übergeht, besteht in der Ermittlung von Abweichungen durch die Verwendung unterschiedlicher Preisfelder. „Haben wir wirtschaftlich gehandelt?“ Um diese Frage beantworten zu können erfolgt ein Vergleich des Ist- mit dem Planwert. Also Istmenge x Istpreis minus Istmenge x Planpreis ergibt beispielsweise eine Preisabweichung, welche dann im Controlling weiter zu analysieren wäre. Diese Rechnung ist aber nur durch eine unterschiedliche Bewertung, d. h. den Zugriff auf verschiedene Preisfelder möglich. Der Kostenrechner muss somit wissen, welche Bewertungen generell und speziell in seinem System möglich sind und welche er ganz konkret in welchen Fällen benutzt bzw. einstellt.
Die verschiedenen Wertansätze Ganz generell können folgende unterschiedliche Wertansätze Verwendung finden: •
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Historische Werte, z. B. Anschaffungswerte von Maschinen oder etwa alle in der Buchhaltung gebuchten Rechnungen. Historische Werte haben den Vorteil, auf tatsächlich in der Vergangenheit gebuchten Vorgängen zu beruhen. Allerdings kann der Abstand zum
Schritt 2: Messen, bewerten und Kosten zuordnen
•
•
•
heutigen Istwert deutlich sein und damit eine kostenrechnerische Verzerrung entstehen. Gesetzlich vorgeschriebene Werte, z. B. Inventurwerte. Sie dienen „nur“ der Erarbeitung einer Handels- oder Steuerbilanz. Dadurch entsprechen sie nicht immer den kostenrechnerischen Ansprüchen zur genauen Dokumentation des Ressourcenverbrauches. Oft entsteht die Frage im Unternehmen, mit welchem Wert z. B. in der Inventur des letzten Geschäftsjahres abgewertetes Material in die Kostenrechnung übernommen werden soll. Durch die Abwertung in der Inventur hat das Unternehmen bereits einen Verlust „verdaut“. Soll bei einer späteren Verwendung eines solchen Materials etwa wieder der alte Einkaufs- bzw. Durchschnittspreis oder der abgewertete Preis verwendet werden? Möglicherweise möchte man mit dem abgewerteten Material auch einen niedrigen Sonderpreis am Markt realisieren. Darf der Kostenrechner so etwas machen? Wenn ja, wie? Etwa mit einer neuen Produktkalkulation für einen Sonderartikel? Alles nicht ganz einfach bei dem Gebrauch von steuerlichen oder handelsrechtlichen Wertansätzen. Tatsächliche Werte, z. B. Istwerte, Wiederbeschaffungswerte, Tageswerte. Sie basieren auf der aktuellen Situation. Istwerte für eine bestimmte Rechnungswesenperiode sind sehr einfach aus der Buchhaltung abzuleiten, indem der tatsächlich gebuchte Betrag übernommen wird, z. B. für in der Periode angefallene Reisekosten, Löhne, Gehälter usw. Tritt allerdings eine große Zeitdifferenz zwischen Bestandszugang und Verbrauch ein, beispielsweise bei börsennotierten Materialien (Gold, Kupfer usw.), kann es sinnvoll sein, in der Kostenrechnung den aktuellen Tagespreis zu verwenden, der sich von dem Buchhaltungswert unterscheidet. Ähnlich ist die Verwendung von Wiederbeschaffungswerten zu betrachten. Siehe hierzu Kapitel 2.2 „So werden die kalkulatorischen Kosten bestimmt“, S. 34. Planwerte aus z. B. der Unternehmensplanung. Planmaterialpreise, Planlöhne, Planherstellkosten der Produkte usw. Eine Unternehmensplanung entsteht aus der Strukturierung und Gestaltung eines definierten Zieles (Absatzzieles). Der dafür notwendige Ressourcenverbrauch ist mit den erwarteten, festgelegten Planwerten des gesamten Rechenwerkes zu bewerten. Als Ergebnis entsteht ein Plan-
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
•
•
gewinn des Unternehmens. Die erarbeiteten Wertansätze der Unternehmensplanung, also die Planwerte für den Ressourcenverbrauch können auch in verschiedenen Vorgängen der aktuellen Kostenrechnung zum Einsatz kommen, z. B. in der weiter unten dargestellten Kostenstellenrechnung als Plankostensatz je Leistungseinheit. Simulationswerte aus z. B. einer Erwartungsrechnung. Erwartete Löhne, erwartete Materialpreise usw. Sie erlauben es, Auswirkungen von Wertveränderungen auf das Unternehmensergebnis darzustellen, bevor diese tatsächlich eingetreten sind. Umfangreiche Simulationsrechnungen können frühzeitig sehr detaillierte Aussagen erzeugen, so dass genügend Zeit zur Einleitung von möglichen Gegenmaßnahmen bleibt. Fragen wie: „Welche Steigerung der Kostensätze entsteht, wenn die Löhne um 3 % erhöht werden?“ können nur durch eine Simulation beantwortet werden. Politische Werte. Sie sind Ausdruck eines gewollten Wertansatzes, um damit bestimmte Wirkungen zu erzielen. Oft sind sie rechnerisch nicht genau nachvollziehbar, wie z.B. Verrechnungspreise bei zwischenbetrieblichen Lieferungen. Politische Werte können auf Istwerten basieren und durch bestimmte Zu- oder Abschläge davon festgelegt werden. Es ist auch denkbar, dass sie völlig unabhängig von der eigenen Kostensituation aus Marktpreisen abgeleitet werden. So ist z. B. die Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes oft ein politischer Akt. Der Chef sagt einfach: „Der langfristige Kapitalmarktzins beträgt 6 %, das ist mir zuviel, ich lege den kalkulatorischen Zinssatz für mein Unternehmen mit 2 % fest!“
Unterschied liche Wertan sätze schließen sich nicht gegenseitig aus
Die unterschiedlichen Wertansätze schließen sich nicht gegenseitig aus. Je nach Situation im Unternehmen und Ziel der kostenrechnerischen Aussagen können die Wertansätze miteinander kombiniert werden. Es ist z.B. durchaus möglich, in der Kostenstellenrechnung alle Wertansätze auf Istbasis einzustellen, jedoch als Ausnahme die erwartete Tarifveränderung für Löhne und Gehälter schon mit einzurechnen. Als Ergebnis entsteht dann ein Kostensatz, der Erwartungswerte beinhaltet. Häufig diskutiert ist die oben dargestellte Entscheidung, innerhalb einer Kostenstellenrechnung entweder Abschreibungen auf der Grundlage von Anschaffungskosten oder Wiederbeschaffungskosten zu rechnen, bei gleichzeitiger Möglichkeit, die Produktkosten in der Lagerabwick-
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Schritt 2: Messen, bewerten und Kosten zuordnen
lung mit Plankosten zu bewerten. Also eine Kombination aller möglichen Wertansätze. Wertansätze Jeder Wertansatz in der Kostenrechnung hat bezogen auf seine Aussage fähigkeit Vor und Nachteile. Daher entsteht als Konsequenz, für jeden zu bewertenden Vorgang des Unternehmens den dafür optimalen und aus sagekräftigsten Wertansatz zu wählen. Dem Kostenrechner obliegt es, genau zu wissen, welcher Ansatz Verwendung finden könnte und welcher tatsächlich ausgewählt wurde.
3.3
Beachten Sie das Basisprinzip der Kostenrechnung
Sind die kostenrechnerisch relevanten Vorgänge gemessen und bewertet, müssen sie in den nachfolgenden Arbeitsbereichen der Kostenrechnung einer Kostenstelle oder einem Kostenträger zugeordnet werden. In der Kostenartenrechnung wurde nur die Summe der Kostenarten ermittelt, jetzt geht es darum, diese Kosten weiter zu verrechnen. Wohin aber sollen sie verteilt werden? Und wie genau soll man in der Verteilung und Zuordnung vorgehen? Die Genauigkeit der Zuordnung entscheidet über die Verwendbarkeit der Aussagen der Kostenrechnung. Je genauer sie organisiert ist, desto exakter das Kostenrechnungsergebnis. Die große Bedeutung des Zuordnungsverfahrens in seinen unterschiedlichen Auswirkungen auf nachgelagerte Unternehmensentscheidungen muss allen Beteiligten klar sein. Es bestehen zwei grundsätzliche Zuordnungsprinzipien der Kosten, das • •
Verursachungsprinzip und das Tragfähigkeitsprinzip.
Das Verursachungsprinzip Das Verursachungsprinzip stellt die allerwichtigste Handlungsmaxime der Kostenrechnung dar. „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“. In diesem treffenden Satz wird die Wichtigkeit der verursachungsgerechten Kostenzuordnung beschrieben.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Wie sollen Aussagen über „gute“ und „schlechte“ Produkte im Unternehmen entstehen, wie kann die Wirtschaftlichkeit beurteilt werden, wenn die exakte Zuordnung der entstandenen Kosten fehlerhaft ist? Jedem Produkt, jeder Abteilung und jedem Manager im Unternehmen sind die verursachten Kosten genau zuzuordnen. Der Kostenrechner muss das Verursachungsprinzip zu seiner Handlungsmaxime machen. Die einzige Eingrenzung dieses dominanten Prinzips liegt darin, dass die Anstrengungen, eine hohe Genauigkeit zu erreichen unwirtschaftlich sind. Siehe dazu das obige Beispiel bei den Messverfahren zur Verteilung von Stromkosten. Natürlich ist die genaue Einhaltung des Verursachungsprinzips manchmal unbequem oder sogar unangenehm. Durch die klare Einhaltung dieses Prinzips wird der Kostenrechner von anderen Mitarbeitern im Unternehmen nicht immer freundschaftlich behandelt. Dadurch entsteht häufig die Versuchung, dieses Prinzip zu umgehen. Möglicherweise soll mit einer solchen Umgehung sogar ein falsches Kostenverhalten verschleiert werden. Der Kostenrechner muss hier als Hüter der Ordnung und einer aussagefähigen Kostenrechnung auftreten. Je öfter er sich erweichen lässt, unklare Kostenzuordnungen durchzuführen, desto fehlerhafter sind seine Auswertungen und Manager entscheiden falsch. Des Kostenrechners Basisbekenntnis An der genauen Einhaltung des Verursachungsprinzips geht kein Weg vorbei.
Das Tragfähigkeitsprinzip Dem Verursachungsprinzip diametral gegenüber steht das Tragfähigkeitsprinzip. Belastet wird nicht der Verursacher, sondern derjenige, der die Kosten „vertragen“ kann, der z. B. noch Platz im Budget hat. Eine Kostenzuordnung nach diesem Prinzip zerstört jede klare Aussage über die echte Kostenentstehung. Leider ist dieses Belastungsprinzip in der Praxis sehr oft anzutreffen. So wird beispielsweise eine Materialabbuchung mit der Auftragsnummer eines anderen Fertigungsauftrags versehen und damit diesem ganz bewusst belastet, um einen anderen Auftrag günstiger präsentieren zu
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Schritt 2: Messen, bewerten und Kosten zuordnen
können. Oder die Kontierung der Arbeitsstunden eines Mitarbeiters erfolgt gezielt aus Manipulationsgründen auf einen neuen und noch mit wenig Kosten versehenen Großauftrag. Auch wird immer wieder die Reiseabrechnung eines Mitarbeiters „versehentlich“ der Nachbarabteilung belastet usw. Mit all diesen Handlungen werden Auswertungen über echt angefallene Kosten verhindert. Eine entscheidungsorientierte Kostenrechnung und Unternehmenssteuerung erscheint damit unmöglich zu sein. Eine Übernahme des Tragfähigkeitsprinzips in die Kostenzuordnung wäre zwar sehr einfach und verlockend, weil sie bequem ist und niemand mit unangenehmen Auswertungen rechnen muss. Umso wichtiger ist es für den Kostenrechner, sich mit dem nötigen Widerstand dagegen zu stellen ein solches System zu erlauben. Fazit: Bei der Festlegung der Kosten steht die Betrachtung des tatsächlich verursachten Ressourcenverbrauchs für die Leistungen der Produkte des Unternehmens im Vordergrund. Jeder Verbrauch von Material, Maschinen oder menschlicher Arbeitsleistung ist zu messen, zu bewerten und einem Verursacher zuzuordnen. Nicht alle Mess- und Zuordnungsverfahren erzeugen die gleiche Genauigkeit. Für die Interpretation der Aussagen der Kostenrechnung ist es wichtig zu wissen, welche Verfahren an welcher Stelle gewählt wurden. Auf der CD-ROM finden Sie Aufgaben mit Lösungen zur Selbstüberprüfung.
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4
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
In den vorherigen Kapiteln sind die Grundlagen gelegt worden, um das Kostenvolumen eines Unternehmens richtig zu bestimmen. Nun ist das erste große Arbeitsgebiet der Kostenrechnung, die Kostenstellenrechnung zu gestalten. Hier bestehen eine Menge von Freiheitsgraden und betriebswirtschaftlichen Philosophien. Jedes Unternehmen hat für sich das richtige Konzept zu bestimmen. Bevor jedoch mit den Ausführungen zur Kostenstellenrechnung begonnen werden kann, ist die wichtige Kostenaufteilung durchzuführen.
4.1
Das Kostenvolumen aufteilen
In den obigen Definitionen wurden die Begriffe Einzelkosten und Gemeinkosten erläutert. Nochmals zur Wiederholung: • •
Einzelkosten können den Produkten eines Unternehmens direkt zugeordnet werden. Gemeinkosten sind den Produkten nicht direkt zuordenbar.
Das gesamte, in der Kostenartenrechnung festgelegte Kostenvolumen ist nun in diese beiden Kostenkategorien aufzuteilen. Alle Gemeinkosten fließen in das Arbeitsgebiet der Kostenstellenrechnung und alle Einzelkosten gehen in das später erläuterte Arbeitsgebiet der Kalkulation. Werden die einzelnen Kostenarten im Kostenartenplan rein mengenmäßig betrachtet, so fällt auf, dass fast alle Kostenarten Gemeinkosten sind. Dazu gehören z.B. die vielen unterschiedlichen Kosten für Instandhaltungen, Reisekosten, Hilfslöhne, Gemeinkostenmaterial, kalk. Abschreibungen, kalk. Zinsen, Bewirtungskosten, Grundsteuer, Strom,
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Gas, Wasser, Reinigung, Werkzeuge usw. Diese Gemeinkosten sind alle in die Kostenstellenrechnung aufzunehmen. Richtige Kostenaufteilung Die richtige Unterscheidung in Einzel und Gemeinkosten stellt eine tra gende Säule der Kostenrechnung dar. Einzelkosten betreffen nur relativ wenige Kostenarten, jedoch kann ihr Kostenvolumen recht groß sein. Im Vordergrund steht der gesamte Materialverbrauch für die Produkte im Sinne von Fertigungsmaterial. In einem Industriebetrieb können diese Kosten durchaus etwa 30 bis 50 % des gesamten Kostenvolumens ausmachen. Andere Einzelkosten finden Sie in den Bereichen der „Sondereinzelkosten der Fertigung“ (Beispiel: produktgebundenes Sonderwerkzeug) und der „Sondereinzelkosten des Vertriebs“ (Beispiel: Transportversicherungskosten eines speziellen Auftrags). Diese, weiter unten noch näher erläuterten Kostenarten stehen alle im Zusammenhang mit einem speziellen Produkt oder Fertigungsauftrag und können ohne Schwierigkeiten diesem direkt zugeordnet werden. Schwieriger ist die Einordnung der Fertigungslöhne eines Unternehmens. In der sehr traditionellen Kostenstellenrechnung, die noch mit Fertigungsgemeinkosten-Zuschlägen rechnet, besitzen die Fertigungslöhne den Charakter von Einzelkosten. Da diese Art der Kostenstellenrechnung jedoch fehlerhafte Ergebnisse erzeugt, wird in der Rechenmethode mit Kostensätzen je Leistungseinheit der gesamte Fertigungslohn in die Kostenstellenrechnung mit übernommen. Er verliert sozusagen die Eigenschaft der Einzelkosten und wird folglich zu Gemeinkosten. Dies wird jedoch später noch näher erläutert.
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Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
4.2
Wie ist eine gute Kostenstellenrechnung aufgebaut?
Die Kostenstellenrechnung stellt also das erste große und letztlich komplizierteste Arbeitsgebiet der Kostenrechnung dar. Da hier alle Gemeinkosten eines Unternehmens verarbeitet und verrechnet werden, entsteht automatisch eine hohe Anforderung an die Präzision dieses Werkzeuges. Tatsächlich sind in der Kostenstellenrechnung vom Kostenrechner viele organisatorische und sachliche Entscheidungen zu treffen, welche ganz erhebliche Auswirkungen auf die Aussagefähigkeit der erzeugten Informationen besitzen. Es ist somit notwendig, zu wissen, wo die Probleme bei der Einrichtung einer guten Kostenstellenrechnung liegen. Die Führungskräfte sind immer mit dem Ressourcenverbrauch in ihrem Bereich konfrontiert und müssen diesen rechtfertigen. Daher stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: • •
Was kostet die Leistungseinheit, z. B. die Montagestunde? Was kostet das hergestellte Produkt?
Diese Fragen sind für ein Unternehmen fundamental, sie können sein Überleben bestimmen. Auf Grund der großen Bedeutung dieser Fragen und Antworten rückt wieder einmal der Kostenrechner in das Zentrum der Beachtung. Aber wie kommt er zu seinen Aussagen? Welche Methoden benutzt er? Wie genau oder auch ungenau sind diese? Befinden sie sich auf dem neuesten Stand? Welche pauschalen, richtigen oder falschen Annahmen liegen diesen Aussagen zugrunde? Ist der tatsächliche Produktionsablauf darin richtig abgebildet? Muss der Kostenrechner die Produktionsbedingungen und Prozessabläufe genau kennen, um zutreffende Informationen zu liefern? Ganz im Vordergrund stehen hier die Verfahren der Kostenstellenrechnung und der Produktkalkulation. In ihnen werden die meisten Steuerungsdaten erzeugt, die in die Ergebnisrechnung weiter fließen und damit ganz entscheidend das Management betreffen. Natürlich sind es auch diejenigen Verfahren, in denen die meisten Fehler gemacht werden können.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Die nachfolgenden Ausführungen dienen dazu, die aktuellen Methoden der Kostenstellenrechnung zu erläutern und gleichzeitig auch Stärken und Schwächen aufzuzeigen. Die Kostenstellenrechnung umfasst den methodisch schwierigsten und sachlich umfangreichsten Arbeitsbereich der gesamten Kosten- und Leistungsrechnung. Verschiedene Verfahren und Wahlmöglichkeiten zur Beantwortung der oben gestellten Frage können unterschiedliche Aussagen entstehen lassen, die jeweils zu differierenden Folgeauswertungen führen und Managemententscheidungen beeinflussen.
Ziele der Kostenstellenrechnung Sie besitzt drei Ziele: • • •
Ermittlung der Istkosten je Kostenstelle Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Kostenstellen Bereitstellung von Kalkulationsfaktoren
Das erste Ziel entspricht dem generellen Dokumentationsziel der Kostenrechnung. Die Istkosten je Kostenstelle sind so genau wie möglich zu ermitteln. Trotz der unten aufgeführten Verfahren ist dies jedoch nie ganz exakt möglich. Es wird immer Diskussionsstoff über die Richtigkeit der Kostenzuordnung und Verteilungsmethoden bestehen bleiben. Die Kostenrechnung wird daher nie in der Lage sein „die Wahrheit zu finden“, sondern immer nur „die Fehler zu minimieren“. Das Überwachungsziel ist bei der heutigen Wichtigkeit von Kostenanalysen sicher genauso bedeutend wie die richtige Istkostenermittlung. Die Istkosten werden einer „Messlatte“ gegenübergestellt, um daraus eine Abweichung zu errechnen. Eine genaue Analyse der Abweichung soll Erkenntnisse zu ihrer Beseitigung ergeben. Die methodischen Grundlagen zur Unternehmenssteuerung mithilfe von Abweichungen sind jedoch so komplex, dass sie hier nicht ausführlich beschrieben werden können. Lediglich die Grundlagen der im Controlling beliebten „Flexiblen Plankostenrechnung“ werden erläutert. Das dritte Ziel der Kostenstellenrechnung umfasst die Ermittlung und Bereitstellung von Kalkulationsfaktoren. Die Leistungserstellung der Produkte erfolgt in den Kostenstellen des Unternehmens. Daher ist für
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Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
jede einzelne Kostenstelle zu ermitteln, was ihre Leistung genau kostet. Ohne diese Datenbereitstellung wäre eine Produktkalkulation nicht möglich.
Wie sind Kostenstellen zu bilden? Die Leistungen des Unternehmens, welche für die Planung, Produktion und Versendung der einzelnen Artikel notwendig sind, erfolgen durch verschiedene Funktionen und an den unterschiedlichsten Orten. Um die Orte des Ressourcenverbrauchs möglichst genau lokalisieren zu können, ist eine organisatorische Strukturierung des Unternehmens Vorbedingung. Diese Grobstruktur zu erhalten, gelingt mit der Einteilung des Unternehmens in einzelne Kostenstellen, welche im Prinzip meist den Abteilungen eines Unternehmens gleichen, jedoch häufig auch tiefer gegliedert sind. Für die Kostenstellengliederung wird sehr oft ein numerischer Schlüssel verwendet, der in vielen Teilen der Unternehmensorganisation weiter genutzt wird, z. B. in der Personalverwaltung der Mitarbeiter („Stammkostenstelle“), bei der Erstellung der Arbeitspapiere oder der Belegbearbeitung in der Buchhaltung. Definition Kostenstelle Eine Kostenstelle ist ein Ort, an dem Kosten entstehen. Im Vordergrund der Kostenstelleneinteilung sollten tatsächlich diese lokale Gesichtspunkt stehen. Beispielsweise: • • • •
Kostenstelle 123 Einkauf Kostenstelle 234 Pressen 250 to Kostenstelle 345 Vertriebsabteilung USA Kostenstelle 567 Buchhaltung
Kostenstellen sind also im Prinzip ganz genau in einem Unternehmen auffindbare Abteilungen oder Untergliederungen einer Abteilung, denen Mitarbeiter, Maschinen, Räume usw. direkt zugeordnet werden können. Die Untergliederung kann so weit gehen, dass sogar für einzelne Maschinen eigene Kostenstellen gebildet werden.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Funktionale Kostenstellen
Häufig sind in den Unternehmen auch funktionale Kostenstellen anzutreffen, von deren Gebrauch jedoch bis auf wenige Ausnahmen abzuraten ist. Z. B. • •
Kostenstelle 889 Werbebudget Kostenstelle 999 Betrieb allgemein
Funktionale Kostenstellen sind in der praktischen Kostenüberwachung schwieriger zu betreuen, da ihre Kostenverantwortung meist ungenügend definiert ist. Durch die fehlende Verantwortung steigt das Kostenvolumen dieser funktionalen Kostenstellen oft unkontrollierbar schnell an. Wenn man diese Kostenstellen benutzt, hat man sich „der eigenen Kosten entledigt“ und „schiebt sie weg“. Das ist jedoch nicht im Sinne einer transparenten und entscheidungsorientierten Kostenrechnung. Der Kostenstellenplan Als Ergebnis der ganzen Einteilungsarbeit des Unternehmens in Kostenstellen entsteht ein so genannter Kostenstellenplan. Er umfasst das gesamte Unternehmen und enthält somit ein lückenloses Verzeichnis aller gültigen Kostenstellen. Beispiel: Kostenstellenplan 100 Betriebsleitung 101 Arbeitsvorbereitung 102 Konstruktion 110 Meisterbereich 1 111 Pressen 120 to 112 Pressen 400 to 113 Drehbänke 250 mm Spitzenhöhe 114 Rundschleifmaschinen 120 Meisterbereich 2 121 Punktschweißmaschinen 122 Fräsmaschinen 123 Funkenerosionsmaschinen 200 Fabrikationsgebäude 201 Verwaltungsgebäude 202 Sozialeinrichtungen
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Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
220 Reparaturwerkstätte 230 Stromversorgung 231 Gasversorgung 232 Pressluftversorgung 240 Kantine 300 Einkauf 301 Rohmateriallager 302 Fertigwarenlager 305 Wareneingangskontrolle 800 Geschäftsleitung 810 Buchhaltung 820 Personalabteilung 830 EDV 840 Betriebswirtschaft und Controlling 900 Verkaufsleitung 910 Verkauf Europa 920 Verkauf International 930 Marketing 940 Versand Soweit zur Organisation der Kostenstellen bzw. des Kostenstellenplans. Noch nicht geklärt ist, wie man zu den einzelnen Kostenstellen kommt. D. h. wie sind sie zu bilden? Bildung eines Kostenstellenplans Ein guter Kostenstellenplan ist die absolut wichtige Grundlage für eine aussagefähige Kostenrechnung. Falls hier bereits grobe Fehler begangen werden, sind davon alle Folgeauswertungen massiv betroffen! Die wichtigen Kriterien, mit deren Hilfe die Einteilung des Unternehmens in Kostenstellen erfolgt, lauten: • •
Vergleichbare Kostenstruktur Einheitliche Kostenverantwortung
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Bilden Sie nur Kostenstellen mit vergleichbarer Kostenstruktur Es ist absolut wichtig eine vergleichbare Kostenstruktur bei der Bildung von Kostenstellen einzuhalten. In einer Kostenstelle werden alle Kosten gesammelt. Die ermittelten Gesamtkosten der Kostenstelle sind bei leistungsorientierten Kostenstellen durch ihre Leistungsmenge zu dividieren. Beispiel: Die Gesamtkosten der Kostenstelle „Montage“ betragen 50.000 €. Insgesamt leisteten die dort arbeitenden Mitarbeiter 1.000 Stunden. Dies ergibt einen Kostensatz der Kostenstelle Montage in Höhe von 50 € je Stunde. Diese Rechnung wir später noch eingehend erläutert. Hier soll nur der Zusammenhang von Kostensatz und Kostenstellenbildung herausgestellt werden. Der errechnete Kostensatz wird zur Bewertung aller Leistungsmengen herangezogen. Allerdings funktioniert das nur, wenn der Kostensatz auch die wirkliche Kostensituation der Kostenstelle repräsentiert. Der Ressourceninhalt der Kostenstelle muss eine vergleichbare Kostenstruktur aufweisen. Werden z. B. teure, hochmoderne und vollautomatische Werkzeugmaschinen mit einem Anschaffungswert von mehreren Mio. € in einer Kostenstelle mit einigen älteren, kleinen, manuell zu bedienenden Drehbänken zusammengelegt, sind deren Kostenstrukturen nicht vergleichbar. Automatische Maschinen führen u.a. zu geringen Lohn- und hohen Kapital- und Werkzeugkosten. Insgesamt entsteht dort ein sehr hoher Kostensatz je Maschinenstunde. Manuell betriebene Drehbänke dagegen besitzen meist einen geringeren Kostensatz, in dem ein hoher Lohnanteil erkennbar ist. Eine Zusammenfassung beider Maschinentypen in einer einzigen Kostenstelle würde eine Mischung entstehen lassen, deren gemeinsamer Durchschnittskostensatz nur zu fehlerhaften Entscheidungen führt. Wirkungen eines Kostensatzes Ein „Mischkostensatz“ ist mit Sicherheit ein „Mistkostensatz“!
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Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Wird nämlich vom Unternehmen eine Leistung auf dem Markt angeboten, welche auf Basis eines Mischkostensatzes kalkuliert wurde, entsteht eine unangenehme Überraschung. Werden zur Herstellung des angebotenen Produkts nur die modernen Maschinen benötigt, ist der Kalkulationskostensatz auf Grund der Mischung zu gering. Ein möglicher Auftrag wird wahrscheinlich erteilt werden, da die Konkurrenz sicher (und richtigerweise) höhere Preise verlangt. Tatsächlich entsteht im Unternehmen aber ein Verlustauftrag, da die verwendeten Maschinen eigentlich viel höhere Kosten verursachen, als es im Kostensatz wiedergegeben ist. Genau umgekehrt wird es bei einer Anfrage sein, welche nur die kleineren Drehbänke erfordert. Ein auf dem Durchschnittskostensatz aufbauendes Angebot wird hier wahrscheinlich nicht zum Auftrag führen, da die Konkurrenz (richtigerweise) günstiger rechnet. Dadurch fehlen Aufträge zur Kapazitätsauslastung. Dieses Beispiel zeigt, dass die unzulässige Mischung von Kostenstrukturen zu Mischkostensätzen führt, deren Anwendung letztlich immer Verluste verursacht. Bei unterschiedlicher Kostenstruktur: Kostenstellen trennen Abhilfe könnte im Beispiel durch eine entsprechende Trennung der Kostenstellen erreicht werden, nämlich in eine Kostenstelle „Werkzeugmaschinen“ und eine zusätzliche „Drehbänke“. Dann hätte jede Kostenstelle ihren eigenen, richtigen Kostensatz und jedes Angebot wäre entsprechend seiner Ressourcennutzung genau kalkulierbar. Man könnte vermuten, dass eine solche doch sehr logische Trennung daher ganz selbstverständlich in den Unternehmen eingerichtet wäre. Leider trifft diese nicht zu, wie ein Beispiel aus meiner Beratungspraxis zeigt: Beispiel: Aus der Beratungspraxis Ein großer Elektrokonzern schrieb ständig „rote Zahlen“. Das Informati onssystem des Unternehmens stellte dem Management nicht genügend Steuerungsdaten zur Verfügung und sollte daher in Kostenrechnung und Controlling reorganisiert werden. Bei der Überarbeitung der Kostenrechnung besichtigte ich eine große Werkshalle, in der viele teure, ganz spezialisierte und höchst unterschied liche Werkzeugmaschinen aufgestellt waren. Ich hatte selten eine derar tig qualifizierte Ansammlung von Hochtechnologie in einer einzigen
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Werkshalle gesehen. Ca. 50 Maschinen vom Feinsten und alle in der Grö ßenklasse von 1 Mio. € Anschaffungskosten und mehr. Natürlich benutzten die einzelnen Aufträge immer nur ganz spezifische, auftragsbedingte Kombinationen der insgesamt zur Verfügung stehenden Maschinen. Da ich vermutete, dass der mir bis dahin unbekannte Kosten stellenplan für diese Werkshalle zu überarbeiten war, fragte ich den mich begleitenden Kostenrechner nach der Anzahl der hier eingerichteten Kos tenstellen. Ich selbst hatte schon vorab geschätzt, dass mindestens 4050 Kosten stellen notwendig wären, um die Kostenverursachung einigermaßen ge recht zu erfassen. Der Kostenrechner beantwortete mir meine Frage zu meiner Überraschung mit: „Eine einzige Kostenstelle mit dem Namen ‚’Werkshalle Süd’“. Natürlich wurde mir sofort klar, dass hier eine der wichtigen Verlustursa chen des Unternehmens verborgen war. Der Kostensatz der Werkshalle Süd wurde natürlich zur Kalkulation aller Aufträge benutzt und war in Wahrheit ein SuperMischkostensatz mit allen oben dargestellten negati ven Folgen. Kostenstellen sollen eine einheitliche Kostenverantwortung haben Das andere Einteilungskriterium für Kostenstellen lautet „einheitliche Kostenverantwortung“. Dies betrifft im Wesentlichen das Überwachungsziel der Kostenstellenrechnung und ist für das Controlling wichtig. Im Prinzip ist damit gemeint, dass für eine einzige Kostenstelle auch nur ein einziger Mitarbeiter verantwortlich sein kann. Das Kostenvolumen einer Kostenstelle, für dessen Entstehung zwei Mitarbeiter gleichberechtigt verantwortlich zeichnen, ist schlecht zu überwachen. Diese Betrachtung führt dazu, dass für zwei Maschinen, die eine völlig vergleichbare Kostenstruktur aufweisen, jedoch zu unterschiedlichen Verantwortungsbereichen gehören, auch zwei Kostenstellen einzurichten sind. Soweit zur Einteilung des Unternehmens in Kostenstellen. Nun zur Unterscheidung einzelner Kostenstellentypen. Nicht alle Kostenstellen haben die gleiche Charakteristik. Sie hängt von den Aufgaben der jeweiligen Unternehmensabteilungen ab.
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Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Aufteilung in Vorkosten und Hauptkostenstellen Aus Sicht der Kostenrechnung sind die Kostenstellen aufzuteilen in: • •
Vorkostenstellen (oder sekundäre Kostenstellen) und Hauptkostenstellen (oder primäre Kostenstellen)
Innerhalb der Vorkostenstellen bestehen wieder zwei Gruppen: • •
Allgemeine Kostenstellen Hilfskostenstellen
Allgemeine Kostenstellen dienen, wie der Name schon sagt, der Allgemeinheit. Beispiele sind die Raumkostenstelle, Kantine, Stromstelle usw. Sie müssen daher im Betriebsabrechnungsbogen auf eine Vielzahl von anderen Kostenstellen verteilt werden, da sie für ihre Leistungen eine große, rein innerbetriebliche „Kundschaft“ besitzen.
Allgemeine Kostenstellen
Hilfskostenstellen dagegen helfen nur ganz bestimmten produktiven Kostenstellen. Sie werden nur auf wenige Empfängerkostenstellen verteilt. So dient z. B. die Hilfskostenstelle „Arbeitsvorbereitung“ nur den Fertigungskostenstellen.
Hilfskosten stellen
Die Vorkostenstellen werden häufig auch als sekundäre Kostenstellen bezeichnet, da sie nur indirekt am Produktions- und Verkaufsprozess der Produkte beteiligt sind. Die Hauptkostenstellen (bzw. primären Kostenstellen) beschäftigen sich direkt mit der Herstellung und Betreuung der marktfähigen Produkte. In sie müssen letztlich alle Gemeinkosten und Vorkostenstellen so verursachungsgerecht hineingerechnet werden, dass mit ihren Kosten- und Zuschlagsätzen eine richtige Produktkalkulation ermöglicht wird. Sie werden normalerweise gegliedert in: • • • •
Materialstellen Fertigungsstellen Verwaltungsstellen Vertriebsstellen
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Genauigkeit der Kostenstellen Die schlüssige Gliederung der Kostenstellen ist für die Rechentechnik des Betriebsabrechnungsbogens sehr wichtig. Besonders in Industriebetrieben mit heterogenem Produktionsbereich ist darauf genauestens zu achten.
Die Rechentechnik im Betriebsabrechnungsbogen (BAB) Die Zuordnung und Verrechnung der Kosten erfolgt im Betriebsabrechnungsbogen, in der Praxis meist abgekürzt bezeichnet als BAB. Er stellt ein wichtiges Werkzeug der Kostenstellenrechnung dar. Um die Ziele der Kostenstellenrechnung zu erfüllen, sind im Betriebsabrechnungsbogen drei aufeinander folgende Rechenschritte durchzuführen: • • •
Verteilung der Kostenarten auf die Kostenstellen Verteilung der Kosten aus Vorkostenstellen auf die Hauptkostenstellen Ermittlung der Zuschlags- und Kostensätze
Erster Schritt: Verteilung der Kostenarten
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Der Betriebsabrechnungsbogen besitzt eine matrixähnliche Struktur. In den Zeilen der ersten Spalte sind die Kostenarten (Gemeinkosten) mit ihren Summen einzutragen, die Spalten 2-n bezeichnen die einzelnen Kostenstellen. Auf diese Kostenstellen sind die Kostenartensummen nun zu verteilen. Siehe Abb. 6, S. 97.
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Konten der Buchhaltung, Zweckaufwand
Grundkosten, Kostenarten Einzelkosten
KOA
Kostenstellen 1
2
Kalkulation
3
4
5
Hilfslöhne
Gemein kosten
Miete Reisekosten Abschreib. Stromkosten
Abb. 6: Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen
Für die Verteilung der Kostenarten auf die Kostenstellen stehen zwei Methoden zur Verfügung (siehe Kapitel 3.1 „Unterschiedliche Messverfahren“, S. 73): •
•
Direkte Zuordnung. Sie erfolgt, wenn ein einzelner Beleg aus der Buchhaltung/Kostenartenrechnung nicht nur mit der richtigen Kostenart, sondern zusätzlich mit einer genau angegebenen Kostenstelle versehen ist. Beispielsweise verursacht ein Verkaufsmitarbeiter in der Kostenstelle 467 Reisekosten (Kostenart 4687) in Höhe von 1.368 €. Indirekte Zuordnung. Da eine genaue Zuordnung eines Kostenbetrages auf eine Kostenstelle nicht möglich ist, werden Verteilungsrechnungen mithilfe eines Verteilungsschlüssels als Hilfskonstruktion benutzt. Entscheidend für die Vertretbarkeit der Kostenverteilung ist die weitgehende Verursachungsgerechtigkeit des Verteilungsschlüssels. Sind z. B. Mietkosten für ein Bürogebäude auf die darin befindlichen Kostenstellen zu verteilen, kann nur eine Verteilungsrechnung stattfinden, da die Miete für das gesamte Gebäude in einem einzigen Betrag gebucht wird.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Als Verteilungsschlüssel kommen grundsätzlich in Frage: • •
Mengenschlüssel. Physikalisch messbare Größen wie Quadratmeter, Kubikmeter, Tonnen, Kilometer, Stunden, Mitarbeiter usw. Wertschlüssel. Geldbeträge wie Lohnsumme, Gehaltssumme, Herstellkosten, Selbstkosten, Lagerwerte usw. Rechenbeispiel für die Verteilung: Die Kostenartensumme für Hilfslöhne beträgt 21.000 €. Als verursa chungsgerechter Verteilungsschlüssel wurde die Anzahl der Hilfslohn empfänger je Kostenstelle ausgewählt. Es bestehen insgesamt folgende Kostenstellen mit ihrer Anzahl der Hilfslohnempfänger: Raumstelle 1 Mit arbeiter, Materialstelle 4 Mitarbeiter, Fertigung 5 Mitarbeiter und Ver waltung 0,5 Mitarbeiter. Summe somit 10,5 Mitarbeiter. 21.000 €: 10,5 Mitarbeiter = 2.000 €/Mitarbeiter. Die Anzahl der Mitar beiter je Kostenstelle ist demnach mit dem Wert 2.000 zu multiplizieren und der sich ergebende Betrag in die betroffene Kostenstelle des Be triebsabrechnungsbogens zu übernehmen. Damit ist die Kostenarten summe vollständig auf Kostenstellen verteilt. Aber natürlich nur so gut, so verursachungsgerecht der Verteilungsschlüs sel gewählt wurde.
Das Grundprinzip des Betriebsabrechnungsbogens wird mit Zahlen in Abb. 8, S. 104 dargestellt. Für die dort aufgeführten Positionen gilt: •
•
• •
•
98
Gehälter. Die Summe der Buchhaltungszahl beträgt 73.000 €. Als Verteilungsschlüssel ist „Liste“ angegeben. Damit wird die Gehaltsliste beschrieben, in der jeder Gehalt empfangende Mitarbeiter mit seiner Abteilungskostenstelle und seinem persönlichen Gehalt angegeben ist. Dieses Verfahren entspricht einer direkten Verteilung. Werkzeuge. Die zu verteilende Summe laut Buchhaltung beträgt 3.000 €. Als Verteilungsgrundlage ist „Rechnung“ vermerkt. Das bedeutet, dass über die zugehörigen Eingangsrechnungen eine direkte Kontierung auf die Kostenstelle erfolgen konnte. Hilfslohn. Siehe obiges Beispiel der Verteilung. Abschreibung. Die Bilanzabschreibung von (monatlich) 69.000 € wird hier im Beispiel über einen Schlüssel des in den Kostenstellen verzeichneten Kapitals verteilt. Kalkulatorische Zinsen. Im Beispiel wird ein zur Abschreibungsrechnung vergleichbarer Schlüssel verwendet.
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Das Verteilungsverfahren von indirekt zuordenbaren Kosten im Betriebsabrechnungsbogen ist damit ausreichend beschrieben. Es verläuft immer nach dem gleichen Prinzip: Suche des verursachungsgerechtesten Schlüssels, Addition der Schlüsselgröße über alle Kostenstellen, Division der Gesamtkosten durch die Summe der Schlüsselgröße, ergibt €/Schlüsseleinheit. Anschließend Multiplikation der Schlüsselgröße je Kostenstelle mit dem Wert €/Schlüsseleinheit.
Ablauf der Verteilungs rechnung
Nochmals: Das Verursachungsprinzip Nur die klare (und manchmal unbeliebte) Einhaltung des Verursachungs prinzips in der Kostenzuordnung erlaubt verwertbare Aussagen in der Kostenstellenrechnung . Sind alle Kostenarten auf Kostenstellen zugeordnet, sind die Gesamtsummen der primären Kosten je Kostenstelle zu ermitteln. Damit ist der erste Arbeitsschritt des Betriebsabrechnungsbogens beendet. Zweiter Schritt: Der zweite Schritt betrifft die Verteilung der Vorkostenstellen auf die Hauptkostenstellen. Innerbetriebliche Innerbetriebliche Leistungsverrechnung Leistungsverrechnung Verteilung von Vorkostenstellen auf Hauptkostenstellen Allgemeine
1
2
Hilfs
3
Hauptkostenstellen
4
5
Summe Summe Summe
Abb. 7: Innerbetriebliche Leistungsverrechnung
Mithilfe der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung wird diese Verteilungsrechnung vorgenommen. Auch hier gilt das strenge Verursachungsprinzip. Die Verrechnungsbeträge empfangenden Kostenstellen
Sender und Empfängerkos tenstellen
99
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
erhalten dadurch so genannte Umlagekosten. Die innerbetriebliche Leistungsverrechnung beschäftigt sich somit grundsätzlich mit der Kostenerfassung der Leistungen einer Senderkostenstelle (Vorkostenstelle) und deren Verrechnung auf eine Empfängerkostenstelle. Ausnahme: Aktivierte Eigenleistungen
Es besteht allerdings eine Ausnahme für die innerbetriebliche Leistungsverrechnung. In bestimmten Fällen können rein innerbetrieblich arbeitende Vorkostenstellen (Senderkostenstellen) Güter herstellen, die das Unternehmen selbst nutzt und deshalb in das Anlagevermögen aktiviert. Beispiele sind selbst hergestellte Produktionsmaschinen, Eigenfertigung von Schrankwänden usw. Hier ist durch die Kostenrechnung der Wert (Herstellkosten) der selbst erstellten Anlagen zu ermitteln und in die Anlagenbuchhaltung weiterzuleiten. In diesem Fall werden die Kosten der Vorkostenstelle um den Aktivierungsbetrag gekürzt und der verbleibende Rest an die Empfänger weiterbelastet. Die Senderkostenstelle gibt somit Kosten ab, die Empfängerkostenstelle empfängt sie. Die Verrechnungsverfahren der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung sind in der Literatur umfangreich beschrieben und im Prinzip in zwei Gruppen einzuteilen: • •
Einseitige Leistungsverrechnung Gegenseitige Leistungsverrechnung
Die einseitige Leistungsverrechnung sagt aus, dass die Verrechnungsbeziehung zwischen zwei Kostenstellen nur in eine einzige Richtung geht. Der Leistungsstrom geht somit ausschließlich vom Sender zum Empfänger. Eine mögliche rückwärtsgerichtete Abhängigkeit des Senders vom Empfänger wird vernachlässigt, auch wenn sie in der Realität besteht. Um dies zu realisieren, entscheidet man sich daher in manuell zu erstellenden Betriebsabrechnungsbögen für eine bestimmte Reihenfolge der Verteilung von Kostenstellen: man fängt mit derjenigen Kostenstelle an, welche die meisten Verrechnungsbeziehungen hat, nimmt dann die nächste usw. Es werden also immer nur einseitige Verrechnungen berücksichtigt. Übrigens hat bei der einseitigen Leistungsverrechnung die Praxis gezeigt, dass der durch die Vernachlässigung von Rückwärtsbeziehungen entstehende Fehler relativ gering ist.
100
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Die gegenseitige Leistungsverrechnung erlaubt jedoch, dass jede Vorkostenstelle alle anderen mit Leistungen belasten kann. Das bedeutet, dass auch Rückbelastungen möglich sind. Diese gegenseitige Leistungsverrechnung bildet zwar die realistischen Bedingungen in einem Unternehmen ab, sie ist jedoch manuell rechentechnisch außerordentlich schwer zu bewältigen und somit praktisch nicht durchführbar. Übernimmt jedoch die EDV die Kostenstellenrechnung, können mathematische Gleichungssysteme oder Iterationsverfahren die gegenseitige Verrechnung ohne Schwierigkeiten berücksichtigen und exakte Kostensätze errechnen. Das ist natürlich heutzutage in jeder anständigen Kostenrechnungssoftware gewährleistet.
Realistisches Verfahren
In den folgenden Beispielen wird von einer einseitigen Leistungsverrechnung ausgegangen. Diese kann wiederum laut Literatur auf der Basis verschiedener methodischer Ansätze durchgeführt werden, die sich entweder geringfügig voneinander unterscheiden oder viel zu einfach für eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung sind. Daher soll hier nur das auch in der Praxis bewährte Treppenstufenverfahren (Stufenleiterverfahren) dargestellt werden. Die Verwendung des Treppenstufenverfahrens setzt voraus, um dies nochmals zu wiederholen, dass nur einseitige Verrechnungsbeziehungen bestehen und in der Realität vorkommende gegenseitigen Verrechnungsbeziehungen abgeschnitten werden. Vorteile der BetriebsabrechnungsSoftware Die gegenseitige Leistungsverrechnung ist in entsprechend aufgebauter BetriebsabrechnungsSoftware realisiert. Sie besitzt den großen Vorteil, dass in der Verrechnung von Vorkostenstellen auf Hauptkostenstellen keinerlei Reihenfolge eingehalten werden muss. Eine gute Software rich tet alles! Im Treppenstufenverfahren ist zunächst eine Reihenfolge für die Verteilung der Kostenstellen zu bestimmen. Entsprechend der Annahme einer nur einseitigen Leistungsverrechnung ist mit derjenigen Vorkostenstelle zu beginnen, welche, wie erläutert, die meisten innerbetrieblichen Verrechnungsbeziehungen aufweist. Diese ist bildlich in die äußerste linke Spalte des Betriebsabrechnungsbogens aufzunehmen. In die nächste rechte Spalte ist die Kostenstelle mit den zweithäufigsten Leistungsbeziehungen einzutragen usw. In Summe entsteht im Betriebsabrech-
101
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
nungsbogen, von der linken Spalte der Vorkostenstellen beginnend nach rechts eine Ordnung, die durch die abnehmende Menge der Leistungsbeziehungen festgelegt wird. Sollte eine Kostenstelle Leistungsbeziehungen auf sich selbst besitzen, sind diese zu ignorieren, da sie zu endlosen Rechenprozessen führen würde. Auch durch diese Vernachlässigung entsteht kein nennenswerter Fehler. Beispiel: Die Kostenstelle Kantine ist nach dem Schlüssel „Anzahl Mitarbeiter“ auf die Kostenstellen zu verteilen. Natürlich nehmen die Mitarbeiter der Kantine ihre eigenen Leistungen auch für sich in Anspruch. D. h., sie essen selbst dort. Bei einer genauen Kostenverteilung unter Berücksichtigung der Eigenbelastung würde ein, wieder auf die Kantine entfallender Verteilungsbetrag entstehen, der im nächsten Rechenschritt wieder auf alle Kostenstellen zu verteilen wäre usw. Anschließend erfolgt die eigentliche Umlagetätigkeit. Jede Vorkostenstelle ist entsprechend der im Schritt 1 festgelegten Verrechnungsbeziehung auf die Empfängerkostenstellen zu verteilen. Durch das Ordnungskriterium der abnehmenden Leistungsbeziehung ergibt sich im Betriebsabrechnungsbogen bildlich eine Treppe. Beispiel siehe Abb. 7, S. 99. Im Muster-Betriebsabrechnungsbogen (Abb. 8, S. 104) umfasst die innerbetriebliche Leistungsverrechnung nur die Kostenverteilung der Raumstelle. Insgesamt stehen 1.000 m² Fläche zur Verfügung, die sich auf die angegebenen Kostenstellen verteilen. Der Kostensatz pro m² beträgt 33 €, so dass sich aus der Multiplikation der Quadratmeter mit dem Kostensatz die Kostenbelastung je Kostenstelle ergibt. Dritter Schritt Nach Beendigung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung beginnt die Errechnung der Zuschlags- und Kostensätze. Verbindung zum Kalkulations schema
Um diese Logik zu verstehen, soll zunächst das alte und sehr traditionelle Kalkulationsschema zur Ermittlung von Produktkosten erläutert werden. Entsprechend des oben dargestellten Datenflusses benötigt die Produktkalkulation die Rechenergebnisse des Betriebsabrechnungsbogens und hat ihre Verfahren darauf aufgebaut. Sie sind daher systemtechnisch und inhaltlich miteinander verbunden. Die sehr traditionelle Zuschlagskalkulation zur Ermittlung der Produktkosten ist wie folgt aufgebaut:
102
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Materialeinzelkosten
Einzelkosten
+
Materialgemeinkosten
Zuschlags % laut BAB
+
Fertigungslohnkosten
Einzelkosten
Fertigungsgemeinkosten
Zuschlags % laut BAB
+ =
Herstellkosten
+
Verwaltungsgemeinkosten
Zuschlags % laut BAB
+
Vertriebsgemeinkosten
Zuschlags % laut BAB
=
Selbstkosten
In der Produktkalkulation werden zunächst die notwendigen Einzelkosten für Material und Fertigungslohn ermittelt. Dies geschieht für die Materialkosten auf Basis der benötigten Materialien nach Art und Menge, um sie anschließend mit den Materialpreisen zu bewerten. Lohneinzelkosten entstehen in traditionell bzw. altertümlich organisierten Unternehmen dadurch, dass aus der Lohnabrechnung die Arbeitszeiten der Mitarbeiter für die Herstellung der Produkte herausgelöst und mit den individuellen Lohnsätzen multipliziert werden. Somit sind je Produkt die Ressourcenmengen für das Material und die menschliche Arbeitskraft genau bestimmt. Mit dieser genauen Zuteilung der Einzelkosten auf das Produkt sind diesem natürlich längst nicht alle Kosten zugerechnet. Es fehlen alle Gemeinkosten aus dem Betriebsabrechnungsbogen. Da die Gemeinkosten von ihrem Charakter her nicht den Produkten direkt zurechenbar sind, wird eine Hilfskonstruktion für ihre Verrechnung gesucht. Diese besteht in einer prozentualen Beaufschlagung der Einzelkosten. Jeder €Betrag von Einzelkosten trägt sozusagen „im Rucksack“ eine bestimmte Menge von Gemeinkosten mit. Als Annahme besteht bei diesem Verfahren, dass jeder Betrag von Einzelkosten eine gleiche Menge von Gemeinkosten auslöst.
Das „Rucksack verfahren“
Die Materialgemeinkosten ergeben sich aus den Gemeinkosten der Materialkostenstelle oder der Addition einiger entsprechender Kostenstellen. Sie stehen für die Handling-Kosten des Materials. Einkauf, Wareneingang, Wareneingangsprüfung, Lagerung. Alle Materialien durchlaufen diesen Weg. Daher scheint es gerechtfertigt zu sein, diese Handling-Kosten mittels eines prozentualen Zuschlags auf die Materialeinzelkosten in jeder individuellen Kalkulation zu berücksichtigen. Die Höhe des Zuschlages wird im Betriebsabrechnungsbogen errechnet. In Abb. 8, S. 104 beträgt dieser Materialgemeinkostenzuschlag 5 %.
103
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Ähnliches liegt bei den Fertigungsgemeinkosten vor. Diese betreffen Stromkosten, Abschreibungen, Werkzeugkosten usw. Sie werden je Kostenstelle addiert und durch einen Zuschlag auf die Fertigungslöhne in die Produktkalkulation aufgenommen. Auch diese Fertigungsgemeinkosten-Zuschläge stammen aus dem Betriebsabrechnungsbogen, im Beispiel in der Abb. 8, S. 104 beträgt dieser 201 %. Traditionelles Verfahren
Diese Art der Zuschlagskalkulation wurde als traditionell bezeichnet. Das liegt daran, dass eben diese dargestellten Lohneinzelkosten und Fertigungsgemeinkostenzuschläge verwendet werden. Wie schon erwähnt, ist diese alte Kalkulationsweise heute nicht mehr zutreffend. Trotzdem arbeiten viele Unternehmen immer noch mit solchen überalterten Systemen. Um dem Leser den logischen Zusammenhang zwischen Kostenstellenrechnung und Kalkulation möglichst praxisnah zu erläutern, wird daher mit der Darstellung dieser alten Systematik begonnen, um sie aber möglichst bald wieder zu verlassen. Grundprinzip Betriebsabrechungsbogen
Kostenarten
Fibu
Verteilung
Gehälter Werkzeuge Hilfslöhne Abschreibung Kalk. Zinsen
73.000 3.000 21.000 69.000 35.000
Liste Rechnung Mitarbeiter Kapital Kapital
Su Gemeinko.1
201.000
Su Gemeinko.2
201.000
Raumstelle
Materialstelle
Fertigung
Verwaltung
Vertrieb
1.000 0 2.000 20.000 10.000
3.000 0 8.000 10.000 5.000
4.000 3.000 10.000 30.000 15.000
20.000 0 1.000 5.000 3.000
45.000 0 0 4.000 2.000
33.000 1000 qm 0
26.000 200 qm 6.600
62.000 500 qm 16.500
29.000 200 qm 6.600
51.000 100 qm 3.300
32.600
78.500
35.600
54.300
Basis
652.000 Mat.einzelko.
39.000 Fert.lohn
802.100 HK
802.100 HK
IstZuschlag
5% MGK
201% FGK
4% VerwGK
7% VtGK
Abb. 8: Betriebsabrechnungsbogen mit FertigungsgemeinkostenZuschläge
Die Herstellkosten eines Produktes werden in vielen Teilen der Kostenrechnung und des gesamten Rechnungswesens benötigt, z. B. in der Lagerbewertung. Sie ist daher zwingender Bestandteil jeder Produktkalkulation. Wichtig dabei ist, dass aus Gründen der handels- und steuerrechtlichen Aktivierungsvorschriften Verwaltungs- und Vertriebskostenstellen nicht (oder nur mit einem vernachlässigbaren geringen Anteil) in den Lagerwert mit eingerechnet werden dürfen. Sie können also
104
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
erst nach der Lagerentnahme, also zum Verkaufszeitpunkt verrechnet werden. Die Folge davon ist, dass nun auf die Herstellkostensumme die Verwaltungs- und Vertriebskosten mithilfe eines Zuschlags zu berücksichtigen sind, um die Selbstkosten eines Produktes errechnen zu können. Die entsprechenden Zuschlagsätze werden im Betriebsabrechnungsbogen bereitgestellt für die Verwaltungsgemeinkosten (Kostenstellenkosten aller Verwaltungskostenstellen wie Buchhaltung, Geschäftsleitung, Controlling, Telefonzentrale usw.) und die Vertriebsgemeinkosten (Kostenstellenkosten aller Vertriebskostenstellen wie Vertriebsleitung, Vertrieb Ausland, Versand, Fertigwarenlager, usw.). Es ist also erkennbar, dass der Betriebsabrechnungsbogen und die Kalkulation sachlich eng miteinander verflochten sind.
Enge Verflechtung
Nun zurück zur Errechnung der Zuschlagssätze. Der Betriebsabrechnungsbogen beinhaltet nur Gemeinkosten einer Periode, z. B. eines Monats. Die Zuschlagssätze sind auf die Einzelkosten oder die Herstellkosten aufzuschlagen. Also müssen diese Prozentsätze wie auch ihre Zuschlagsbasen im Betriebsabrechnungsbogen wieder gefunden werden können. Für die Errechnung des Materialgemeinkosten-Prozentsatzes werden im Muster-BAB die Materialeinzelkosten der Periode benötigt. Sie sind lediglich in ihrer Funktion als Basis in den Betriebsabrechnungsbogen zu übernehmen, da dieser eigentlich nur Gemeinkosten bewegt. Die Materialeinzelkosten der Periode in der Abb. 8, S. 104 stammen aus der Buchhaltung, sie betragen 652.000 €. Die Gemeinkosten der Materialstelle in Höhe von 32.600 € werden nun auf die Einzelkosten bezogen, es ergibt einen Zuschlag für Materialgemeinkosten von 5 %.
Materialeinzel kosten
Ähnliches gilt für die Fertigungsgemeinkosten. Um hier einen Zuschlagssatz errechnen zu können, sind die Fertigungslöhne als Einzelkosten statistisch aus der Buchhaltung zu übernehmen und nur als Basis zu verwenden. Im Beispiel betragen sie 39.000 €. Bezogen auf die Fertigungsgemeinkosten in Höhe von 78.500 € ergibt sich ein Zuschlagssatz von 201 %.
Lohneinzel kosten
Nicht ganz so einfach lassen sich die Zuschlagssätze für die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten bestimmen, da hier die Herstellkosten als Basis zu verwenden sind. Diese sind im Betriebsabrechnungsbo-
Herstellkosten basis
105
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
gen als Periodenkosten addierbar, getreu dem Kalkulationsschema. Alle Beträge sind vorhanden: Materialeinzelkosten (Basis)
652.000 €
Materialgemeinkosten
32.600 €
Fertigungslöhne (Basis)
39.000 €
Fertigungsgemeinkosten Herstellkosten
78.500 € 802.100 €
Auf diese Basis können nun die Verwaltungsgemeinkosten und die Vertriebsgemeinkosten bezogen werden, es ergeben sich die entsprechenden Zuschlagssätze mit 4 % und 7 %. Das Grundprinzip des Betriebsabrechnungsbogens ist mit dieser Rechentechnik vollumfänglich erläutert. Die verschiedenen Möglichkeiten der Kostenverteilung auf die Kostenstellen wurden dargestellt. Ebenso die wichtigen Ergebnisse, nämlich die Dokumentation der Istkosten je Kostenstelle und die Ermittlung der Kalkulationsfaktoren. Jeder Betriebsabrechnungsbogen, ob modern oder altertümlich, läuft nach diesen Rechenmethoden ab. Rechentechnik im Betriebsabrechnungsbogen Die Rechentechnik des Betriebsabrechnungsbogens ist in allen Unterneh men aller Branchen in den Grundzügen gleich. Berücksichtigung von Bestandsveränderungen Das in Abb. 8, S. 104 dargestellte und mit den obigen Rechnungen erläuterte Beispiel unterstellt, dass alle im Monat produzierten Waren auch verkauft wurden, es entstanden keine Bestandsveränderungen. Nur für diese Situation sind als Zuschlagsbasis für die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten die Herstellkosten der Produktion zu verwenden. Herstellkosten des Umsatzes
106
Falls Bestandsveränderungen existieren, und das gilt fast für jeden Industriebetrieb, dürfen die Herstellkosten als Zuschlagsbasis der Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten nur aus den verkauften Produkten (Herstellkosten des Umsatzes) übernommen werden. Es gilt dann:
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Herstellkosten laut Produktion (aus BAB zu ermitteln) +/–
Bestandsveränderung in Herstellkosten
=
Herstellkosten des Umsatzes
Der Grund für diese Vorgehensweise liegt wieder im deutschen Handels- und Steuerrecht. Wie oben schon erwähnt, dürfen die Lagerteile von selbst hergestellten Produkten vor allem aus Sicht der Steuerbilanz nur mit Herstellkosten bewertet werden. Dies bedeutet, dass die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten immer nur auf die Herstellkosten der verkauften Produkte zu beaufschlagen sind. Aus der Summe der verkauften Produkte ist somit für den BAB der Herstellkostenwert des Umsatzes zu bestimmen. Kompliziert, aber so ist es eben! In den weiteren Ausführungen und Beispielen wird aus pädagogischen Gründen und zum leichteren Verständnis meist davon ausgegangen, dass keine Bestandsveränderungen vorliegen. Falls von dieser Vereinfachungsregel abgewichen wird, ist dies explizit erwähnt. Somit können für die unten angeführten Beispiele die Herstellkosten des BAB auf Basis der hergestellten Produkte auch zur Ermittlung der Zuschläge für Verwaltung und Vertrieb verwendet werden. BAB mit Kostensätzen Nun zur Weiterentwicklung des Basisbeispiels aus Abb. 8, S. 104. Dieser Muster-Betriebsabrechnungsbogen beruht auf der Rechnung mit Fertigungsgemeinkosten-Zuschlägen. D. h., dass für alle Fertigungskostenstellen, hier im Beispiel allerdings nur eine einzige, Fertigungslöhne als Einzelkosten bestehen und darauf die Gemeinkosten durch Zuschläge hinzukommen. In den Anfängen der Kostenstellenrechnung war dieses System, wie schon erwähnt, durchaus funktionsfähig. Es soll nun näher erläutert werden, warum eine Anwendung dieses alten Systems heute nicht mehr sinnvoll ist. Die meistens Maschinenleistungen und Leistungen der Mitarbeiter waren früher miteinander verbunden und fielen etwa in gleicher Höhe an. Maschinen mussten ja von Menschen bedient werden und Mensch
Wirkungen der Automation
107
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
und Maschine arbeiteten daher immer zusammen. Eine Stunde Maschinenleistung konnte früher nur entstehen, wenn ein Mitarbeiter auch eine Stunde leistete. Bei steigender Automation sinkt jedoch der Einsatz des Produktionsfaktors Mensch, er wird durch den Produktionsfaktor Kapital zunehmend ersetzt. Das bedeutet für die Fertigungsgemeinkosten-Zuschläge, dass einerseits die Kapitalkosten in Form von Abschreibungen und Zinsen steigen und sich gleichzeitig die Fertigungslöhne als Einzelkosten sehr stark verringern. Als Folge entstehen in der Kostenstellenrechnung deutlich steigende Fertigungsgemeinkosten-Zuschläge. Es gibt Unternehmen, die aus diesen Gründen mit Fertigungsgemeinkosten-Zuschlägen von mehreren hundert Prozent rechnen. Selbst Zuschläge von über 1.000 % finden manchmal Anwendung. Die Benutzung solch hoher Zuschläge erzeugt nur Ärger. Denn wenn die Lohnbasis nur in wenigen € schwankt, entstehen sofort hohe Veränderungen der kalkulierten Herstellkosten. Dies ist für die wichtige Kalkulationskonstanz nicht förderlich. Vollautomati sche Fertigung
Ganz problematisch wird die Rechnung mit Fertigungsgemeinkostenzuschlägen dann, wenn im vollautomatischen Betrieb einer Maschine überhaupt kein Mitarbeiter mehr notwendig ist. Damit entsteht kein direkt einem Produkt zurechenbarer Fertigungslohn mehr. Die Fertigungsgemeinkosten bestehen aber nach wie vor. Das Rechenverfahren der Fertigungsgemeinkostenzuschläge reagiert in diesem Fall nur hilflos. Die Verwendbarkeit der Rechnung mit Fertigungsgemeinkostenzuschlägen ist damit heutzutage in Frage gestellt. Extrem hohe Zuschläge sind also nicht verwendbar. Fehlt der Lohn als Basis vollständig, wird die Errechnung eines Zuschlags und damit die Kalkulation gar unmöglich.
108
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
G r u n dp ri n zi p B e t ri eb sa b re c h u n gs bo g e n m it K o s te n s at z K o ste na rte n F ert.l oh n Gehälte r W erkze ug e H il fslö hne Ab sc hr ei bun g K a lk . Zi nse n Su Ge m ein ko . 1
Su Ge m ein ko . 2
F ib u
Ve rt e ilu n g
7 3.0 0 0 3.0 0 0 2 1.0 0 0 6 9.0 0 0 3 5.0 0 0
Liste Rech n un g M itarbei te r K ap it al K ap it al
2 0 1.0 0 0
R au m stel le
Ma ter ia lstel le
1.0 0 0 0 2.0 0 0 2 0.0 0 0 1 0.0 0 0 3 3.0 0 0 10 0 0q m 0
3.0 0 0 0 8.0 0 0 1 0.0 0 0 5.0 0 0
Fe rti gu n g 3 9.0 0 0 4.0 0 0 3.0 0 0 1 0.0 0 0 3 0.0 0 0 1 5.0 0 0
V er w altun g 2 0.0 0 0 0 1.0 0 0 5.0 0 0 3.0 0 0
4 5.0 0 0 0 0 4.0 0 0 2.0 0 0
1 0 1.0 0 0
2 9.0 0 0 2 0 0q m 6.6 0 0
5 1.0 0 0 1 0 0q m 3.3 0 0
2 6.0 0 0 2 0 0q m
5 0 0q m 6.6 0 0
1 6.5 0 0
3 2 .6 0 0
1 1 7 .5 0 0
B a si s
6 5 2.0 0 0 M a t.ein zel ko .
2 .0 00 F ert . Stu n de n
8 0 2.1 0 0 HK
8 0 2.1 0 0 HK
Ist Zu sch la g Ist K o st.sat z
5% MGK
58 ,7 5
4% V er w GK
7% Vt GK
2 0 1.0 0 0
3 5 .6 0 0
V e rtrie b
5 4 .3 0 0
Abb. 9: BAB mit Kostensätzen
Die Lösung dieses gravierenden Problems liegt in der Verwendung von technischen Maßgrößen als Output einer Kostenstelle. Denn wenn sie arbeitet, wird irgendeine Leistungentstehen, mit oder ohne Fertigungslohn. In welchen Dimensionen kann nun diese Leistung bestimmt gemessen werden? Es sind z. B. Fertigungsstunden, Montagestunden, Kilometer Fahrleistung, Tonnen Ausbringung usw. Die Messung des Outputs ist immer möglich, ob er mit hohem oder geringem Automationsgrad erstellt wird. Damit entsteht die gewollte Unabhängigkeit vom Fertigungslohn.
Leistungs messung mit technischen Größen
Werden nun im Beispiel als Output einer Kostenstelle Fertigungsstunden gewählt, dann sind in diese Kostenstelle alle Kosten hineinzurechnen, die durch diese Stunden verursacht werden. Also auch die anfallenden Fertigungslöhne. Die Verwendung von technisch messbaren Outputmengen führt somit dazu, dass die Fertigungslöhne ihren Charakter als Einzelkosten verlieren und in die Gemeinkosten der Kostenstelle bzw. des Betriebsabrechnungsbogens zu übernehmen sind. Um die Kalkulation der Produkte zu ermöglichen, wird dann ein Kostensatz je Leistungseinheit, hier der Fertigungsstunde, errechnet und bereitgestellt. Für die individuelle Produktkalkulation ist nicht mehr zu fragen „wie viel Fertigungslohn wird durch dieses verursacht?“, sondern „wie viele Fertigungsstunden benötigt es?“.
Kostensatz je Fertigungs stunde
109
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Die Abb. 9, S. 109 zeigt den in Abb. 8, S. 104 schon dargestellten Muster-Betriebsabrechnungsbogen, jetzt jedoch mit einem Kostensatz je Fertigungsstunde in Höhe von 58,75 €. Unter der Annahme, dass die dort angegebenen 39.000 € Fertigungslöhne für die 2.000 Stunden angefallen sind, entstehen im ursprünglichen und neuen BAB bis auf Rundungsdifferenzen die gleichen Ergebnisse. D. h. das Rechenergebnis aus Lohn + Zuschlag aus Abb. 8, S. 104 entspricht zunächst der Höhe des Kostensatzes in Abb. 9, S. 109. Allerdings unter der Prämisse der Konstanz des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft. Wird dieser Einsatz verringert und fallen entsprechend weniger Fertigungslöhne an, z. B. nur 20.000, würde der Gemeinkostenzuschlag deutlich steigen. Im Gegensatz hierzu wäre die Erhöhung des Kostensatzes weitaus geringer und damit stabiler. Der Vorteil der Kostensatzrechnung ist damit klar ersichtlich. Kostensätze sind vorteilhafter Die Verwendung von Kostensätzen je Leistungseinheit ist aus heutiger Sicht in all denjenigen Kostenstellen absolut notwendig, in welchen eine Leistungsmessung möglich ist. Damit wird auch der Zugang zu modernen Systemen der Kostenrechnung, z. B. der Prozesskostenrechnung geöffnet. In den weiteren Beispielen wird nur noch von der Systematik der Kostensatzrechnung ausgegangen.
Unterschiedliche Systeme der Kostenstellenrechnung In den vorangegangenen Ausführungen wurde die Rechentechnik erläutert. Diese ist in allen Systemen der Kostenstellenrechnung in der Literatur wie auch der Praxis identisch. Natürlich bestehen hier und dort gewisse Ausnahmen und Ergänzungen, aber die weit überwiegende Mehrheit der Unternehmen arbeitet nach den oben dargestellten Rechenregeln. Obwohl die Rechentechnik vergleichbar ist, bestehen trotzdem im Betriebsabrechnungsbogen verschiedene Entwicklungsformen und Ausprägungen, die zu unterschiedlichen Inhalten und vor allem Aussagen führen. Es entsteht somit nicht nur die Frage nach der Art der Rechentechnik, sondern auch nach dem System, innerhalb dessen die Rechnungen erfolgen.
110
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Mit der Istkostenrechnung begann alles Zu Beginn der Kostenstellenrechnung gab es das System der Istkostenrechnung. Sie errechnete mithilfe des Betriebsabrechnungsbogens in einfachen Rechenschritten die jeweiligen Istzuschlagsätze der Periode, im Wesentlichen des Monats. Die oben dargestellten Muster in den Abb. 8, S. 104 und Abb. 9, S. 109 entsprechen dieser Istkostenrechnung, indem die aktuellen Istkosten der Kostenstelle bezogen werden auf die in dieser Periode gültigen Basiswerte (Einzelkosten, Leistung, Herstellkosten). Als Ergebnis entstehen Istzuschlagsätze bzw. Istkostensätze, die nur in dieser einen Periode gültig sind. Im System der Istkostenrechnung wird allerdings mit diesen periodenbezogenen Kalkulationsfaktoren die Produktkalkulation durchgeführt. Das Problem dieser Rechensystematik besteht in den periodisch schwankenden Istzuschlagsätzen. Bei vernünftigerweise monatlicher Betriebsabrechnung gelten monatlich neue Sätze und entsprechende Produktkalkulationen. Auch bei gleichem Ressourcenverbrauch schwanken damit die Herstell- und Selbstkosten der Produkte und deren ausgewiesene Gewinne nur aus Gründen unterschiedlicher Kostensätze und Zuschlagsfaktoren.
Schwankende Produkt alkulationen
Aus Sicht des Vertriebs sind schwankende Produktgewinne ungünstig. In einem Monat kann ein Produkt einen deutlichen Stückgewinn aufweisen, im nächsten möglicherweise sogar einen Verlust. Wie soll bei solch schwankenden Informationen sicher erkannt werden können, welchen Gewinn ein Produkt tatsächlich auf Grund seiner strategischen Position am Markt wirklich erzielen kann? Im Vertrieb sind daher marktspezifische Produktentscheidungen auf Basis einer Istkostenrechnung mit schwankenden Kalkulationssätzen schlecht zu treffen. Die Normalkostenrechnung bringt Verbesserungen Auf Grund dieser Unzulänglichkeit wurde relativ schnell nach Einführung der Istkostenrechnung die Normalkostenrechnung entwickelt. Sie stellt bis heute eine immer noch weit verbreitete Rechensystematik dar, welche verschiedene Nachteile der Istkostenrechnung beseitigt. Der Hauptnachteil, schwankende Selbstkosten der Produkte bei konstantem Ressourcenverbrauch, ist dadurch zu vermeiden, dass „normalisierte“ Zuschlagssätze für eine längere Zeitperiode, meist ein Jahr,
Konstante Produkt kalkulationen
111
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
festgelegt werden. Beispielsweise werden Durchschnitts-Zuschlagssätze aus dem letzten Jahr ermittelt, möglicherweise mit einem Kostenanpassungsfaktor verändert und anschließend für das ganze laufende Geschäftsjahr gleich bleibend verwendet. Dadurch entstehen für die gesamte Periode konstante Produktkalkulationen, zumindest aus Bewertungssicht. Der Unterschied zur Istkostenrechnung liegt also darin, dass in beiden Systemen zwar die Istkosten je Kostenstelle ermittelt, diese in der Normalkostenrechnung jedoch nicht verrechnet werden. Eine Trennung zwischen Dokumentation der Istkosten einer Kostenstelle einerseits und deren Verrechnung andererseits erfolgt daher im System der Normalkostenrechnung zwangsläufig. Abb. 10, S. 113 zeigt einen Betriebsabrechnungsbogen nach der Methodik der Normalkostenrechnung. Er ist aufgebaut auf dem bisherigen Muster einer Istkostenrechnung aus Abb. 9, S. 109 und wurde nun erweitert um die normalisierten Zuschläge bzw. den Kostensatz und die entsprechende Verrechnung. Über und Unter deckungen als Verrechnungs differenzen
112
Während in der Istkostenrechnung ein Materialgemeinkosten-Zuschlag für diese Periode von 5 % ermittelt wurde, wird in der Normalkostenrechnung jedoch 6 % periodisch konstant verrechnet. Da die Basis, hier die Materialeinzelkosten in Höhe von 652.000 € in Ist- und Normalkostenrechnung gleich bleiben, kommen durch die Beaufschlagung dieser Einzelkosten mit den normalisierten 5 % insgesamt 39.120 € in die Produktkalkulationen zur Verrechnung, während nur 32.600 € an Istkosten angefallen sind. In die Produktkalkulation werden also mehr Kosten eingerechnet als in diesem Monat tatsächlich angefallen sind. Es entsteht eine Überdeckung (Mehrverrechnung) von 6.520 €, bei der Kostenstelle Fertigung durch die Anwendung eines normalisierten Kostensatzes eine Unterdeckung (Unterverrechnung) von –5.500 €.
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
G ru n d pr in z ip B e tr ie b s ab re c h u n g sb og e n m it Ü be r /U n te r de c k u n g K o ste na rte n F ert.l oh n Gehälte r W erkze ug e H il fslö hne Ab sc hr ei bun g K a lk . Zi nse n Su Ge m ein ko . 1
F ib u
Ve rt e ilu n g
7 3.0 0 0 3.0 0 0 2 1.0 0 0 6 9.0 0 0 3 5.0 0 0
Liste Rech n un g M itarbei te r K ap it al K ap it al
2 0 1.0 0 0
R au m stel le
Ma ter ia lstel le
1.0 0 0 0 2.0 0 0 2 0.0 0 0 1 0.0 0 0
3.0 0 0 0 8.0 0 0 1 0.0 0 0 5.0 0 0
3 3.0 0 0 10 0 0q m
2 6.0 0 0 2 0 0q m
2 0 1.0 0 0
1 0 1.0 0 0 5 0 0q m
0 Su Ge m ein ko . 2
Fe rti gun g 3 9.0 0 0 4.0 0 0 3.0 0 0 1 0.0 0 0 3 0.0 0 0 1 5.0 0 0
6.6 0 0
1 6.5 0 0
V er w altun g
V e rtrie b
2 0.0 0 0 0 1.0 0 0 5.0 0 0 3.0 0 0
4 5.0 0 0 0 0 4.0 0 0 2.0 0 0
2 9.0 0 0 2 0 0q m 6.6 0 0
3 2 .6 0 0
1 1 7 .5 0 0
B a si s
6 5 2.0 0 0 M a t.ein zel ko .
2 .0 00 F ert . Stu n de n
8 0 2.1 0 0 HK
8 0 2.1 0 0 HK
Ist Zu sch la g Ist K o st.sat z
5% MGK
58 ,7 5
4% V er w GK
7% Vt GK
N or m al zusch./K oSa V err. G K Üb e r /Unter de ckun g
3 5 .6 0 0
5 1.0 0 0 1 0 0q m 3.3 0 0 5 4 .3 0 0
6% 3 9.1 2 0
56 ,0 0 1 1 2.0 0 0
5% 4 0.1 5 6 H K8 0 3.1 2 0
6% 4 8.1 8 7 H K8 0 3.1 2 0
6.5 2 0
5.5 0 0
4.5 5 6
6.1 1 3
Abb. 10: BAB mit Verrechnungsdifferenzen
In dem Betriebsabrechnungsbogen der Normalkostenrechnung ist die Ermittlung der Herstellkosten als Basis zur Verrechnung der Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten erläuterungsbedürftig. Bei der Istkostenrechnung ergaben sich die Herstellkosten aus der Addition der in der Periode tatsächlich angefallenen Einzel- und Gemeinkosten, da die Istzuschläge genau alle Istkosten in die Produktkalkulationen weiterverrechnen. Es entstehen damit in den Produktkalkulationen Istherstellkosten und keine Verrechnungsdifferenzen im BAB. In der Normalkostenrechnung hingegen werden normalisierte Kostensätze und Zuschläge verwendet. Die Produktkalkulationen zeigen also keine Istherstellkosten, sondern „verrechnete“ Herstellkosten, da sie ja nicht mit Istkostensätzen sondern mit normalisierten Kostensätzen ermittelt wurden. Die Normal-Zuschläge für Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten sind entsprechend der Logik des Kalkulationsschemas auf diese „verrechneten“ Herstellkosten zu beziehen. Diese Beaufschlagung der Verwaltungs- und Vertriebskosten auf „verrechnete“ Herstellkosten ist im BAB genau nachzuvollziehen. Im Muster-Betriebsabrechnungsbogen (Abb. 10) ergeben sich die verrechneten Herstellkosten mit 803.120 €, durch die Addition der Materialeinzelkosten, der verrechneten Materialgemeinkosten und der verrechneten Fertigungsgemeinkosten. Auf diese 803.120 € sind die Zuschläge zu rech-
Besondere Herstellkosten basis
113
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
nen und ergeben dann „verrechnete“ Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten. Dieser Gedankengang ist üblicherweise etwas schwer zu verstehen und nur durch Übungen bewältigbar. Die positive Konsequenz der Verwendung von normalisierten Kalkulationsfaktoren besteht also, wie oben erwähnt, in der Konstanz der Produktkalkulationen, wenigstens aus Sicht der Bewertung. Negativ daran ist, dass in der Kostenstellenrechnung mehr Arbeit und Unklarheit entsteht. Wird, wie erläutert, nicht mehr der genaue Istkostenbetrag in die Produktkalkulationen weiterverrechnet, entstehen eben die erläuterten Verrechnungsdifferenzen zwischen den Istkosten und den verrechneten Kosten. Verrechnungsdifferenzen im BAB Den Betriebsabrechnungsbogen mit Verrechnungsdifferenzen zu verste hen ist nicht immer einfach. Es lohnt sich jedoch, da dieser heute das Standardmuster zumindest in Industriebetrieben darstellt. Die Verrechnungsdifferenzen (Unter- und Überdeckungen) fehlen in den Kosten der Produkte und damit in der Ergebnisrechnung. Um ein richtiges, mit der Gewinn- und Verlustrechnung abstimmbares Ergebnis zu erhalten, müssen sie addiert und auf speziellem Weg außerhalb der Produktkalkulation in die Ergebnisrechnung nachbelastet werden. Die Logik des Betriebsabrechnungsbogens auf Basis der Normalkostenrechnung ist bestimmend für alle nachfolgenden Systementwicklungen der Kostenstellenrechnung. Dort entstehen überall Verrechnungsdifferenzen, welche letztlich in der Ergebnisrechnung landen. Um es nochmals hervorzuheben: Mit Abb. 10, S. 113 ist aus Sicht dieser Verrechnungsdifferenzen eine Systematik des BAB dargestellt, die heutzutage in fast jedem Unternehmen routinemäßig abläuft. Die Plankostenrechnung ist heute Standard Eine Weiterentwicklung der Normalkostenrechnung besteht in der Plankostenrechnung. Während die Normalkostenrechnung im Wesentlichen vergangenheitsorientiert handelt, indem sie DurchschnittsZuschläge aus den letzten Perioden benutzt und daraus in der Gegenwart zu verwendende Bewertungsfaktoren bereitstellt, besitzt die Plankostenrechnung eine total andere Denkart. Sie will darstellen, was als
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Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Konsequenz der Realisierung der verschiedenen Teilpläne des Unternehmens, wie Absatzplan, Personalplan, Produktionsplan usw. in der Kostenrechnung geschieht. Es werden also in der Plankostenrechnung Plankostensätze und Plan-Zuschlagsfaktoren errechnet, die auf einem zukünftigen Mengengerüst basieren. Für ein Unternehmen sind die Plankosten und Planzuschläge natürlich viel wichtiger als Normalkostensätze und -zuschläge, da sie die Konsequenz der geplanten Unternehmensentwicklung darstellen. Damit sind sie viel realitätsnäher und können leicht strukturelle und organisatorische Änderungen im Unternehmen berücksichtigen.
Zukunfts orientierung
Der Betriebsabrechnungsbogen ändert sich in seiner Logik und Rechentechnik dadurch nicht. In der Monatsabrechnung einer Plankostenrechnung entstehen wie in der Normalkostenrechnung Verrechnungsdifferenzen, deren Behandlung wie oben geschildert erfolgt. Es werden hier statt der normalisierten eben nur geplante Kalkulationsfaktoren verwendet. Im Planungszustand entspricht der BAB voll dem Schema der Istkostenrechnung, d. h. ohne Verrechnungsdifferenzen. Beim Aufbau einer Unternehmensplanung werden natürlich nur Planwerte berücksichtigt. Damit ist das Thema der Verrechnungsdifferenzen obsolet. Die Plankostenrechnung kann über das Dokumentationsziel der Kostenrechnung im Sinne der Präsentation der angefallenen Kosten hinaus auch das Überwachungsziel sehr gut erfüllen. Dieses Thema der Kostenüberwachung ist eigentlich Gegenstand des in diesem Kostenrechnungsbuch nicht näher behandelten Controlling. Da aber seit Jahren in vielen Unternehmen die Betriebsabrechnung mit großem Erfolg mithilfe der flexiblen Plankostenrechnung abläuft, wird dieses System näher beschrieben. Allerdings sehr grob und mehr aus Sicht der Rechentechnik und erzeugbarer Aussagen.
Kosten überwachung
Die flexible Plankostenrechnung ist aussagefähig Die flexible Plankostenrechnung hat als Ziel, die festgestellten Istkosten der Kostenstellen durch vernünftige Messlatten zu ergänzen, an der sie verglichen werden können. Die Werte der Messlatte (Sollkosten) werden im System der flexiblen Plankostenrechnung ermittelt und bereitgestellt. Damit können interessante Fragen gestellt und beantwortet werden. Wie hoch ist die Abwei-
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
chung von den geplanten Kosten? In welchen Bereichen sind zu viele Kosten entstanden? Was kann getan werden, um das Plankostenniveau (Sollkosten) wieder zu erreichen? Solche und ähnliche Fragen stößt die flexible Plankostenrechnung an, um damit die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu überwachen. Die große methodische Fragestellung liegt für Theorie und Praxis nun in der Qualität der Messlatte und nicht primär in der Güte der Istkosten. Es wird davon ausgegangen, dass diese Istkosten mit den oben beschriebenen Verfahren hinreichend genau ermittelt werden können. Wenn aber aus einem Vergleich mit einer Messlatte Steuerungsdaten zu ermitteln sind, dann wird natürlicherweise eine erhebliche Qualitätsanforderung an die Ermittlung der Vergleichswerte gestellt.
Fixe und variab le Kosten
Wie arbeitet nun die flexible Plankostenrechnung? Der Grundgedanke der flexiblen Plankostenrechnung besteht darin, dass die Gesamtkosten in variable und fixe Kosten aufteilbar sind. Die variablen Kosten verändern sich in Abhängigkeit von der Beschäftigung. Die Beschäftigung wird gemessen durch den Output der Kostenstelle, also z. B. Fertigungsstunden („x“ in Abb. 11, S. 117). Zwischen der Leistungsmenge (Output) und den variablen Kosten wird eine lineare Funktion unterstellt. Das bedeutet, dass jede zusätzliche Einheit der Leistung gleich viele variable Kosten erzeugt. Die Gültigkeit dieser angenommenen Linearität in Unternehmen wurde durch mehrere wissenschaftliche Untersuchungen untermauert. Die flexible Plankostenrechnung hat sich dadurch in Theorie und Praxis zu einem führenden Modell für das Kostenstellen-Controlling entwickelt. Im System der flexiblen Plankostenrechnung ist zunächst der Umfang einer Kostenstelle zu definieren, für den die kostentheoretischen Zusammenhänge, sprich die Grafik laut Abb. 11, S. 117 gelten. Wurde der Umfang der Kostenstelle festgelegt, ist anschließend zu fragen, durch welchen Output die Leistung der Kostenstelle zu messen ist. Für sehr viele Kostenstellen gibt es diesen messbaren Output (siehe die oben erwähnten Fertigungsstunden, Montagestunden, Kilometer Fahrleistung, Tonnen Ausbringung usw.) Nur wenn ein Output gemessen wird, entsteht eine Flexibilität der Plankosten.
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Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Nachdem die Größe für die Outputmessung einer Kostenstelle festgelegt wurde, ist die Planleistungsmenge für diesen Output im Sinne einer Planbeschäftigung zu ermitteln. Sie ergibt die Basis für die Kostenplanung. Für diese Planbeschäftigung sind in einem umfangreichen Verfahren die Plankosten zu ermitteln. Die Frage lautet also: „Wenn wir in der Kostenstelle 4711 im Jahr 12.000 Fertigungsstunden benötigen, welche Kosten entstehen planmäßig dafür?“
Plan beschäftigung und Plankosten
Die ermittelten Plankosten sind anschließend aufzuteilen in variable und fixe Kosten. Mit diesen Überlegungen und Angaben sind die „Stammdaten“ des Systems bestimmt. Die in der Grafik eingezeichneten Sollkosten stellen die lineare Beziehung zwischen einer Leistungsmengenänderung und der dadurch ausgelösten Kostenänderung dar. Sie ist diejenige Gerade, an der die einzelnen Kostenvorgaben für unterschiedliche Beschäftigungsgrade „entlangwandern“. Die Sollkosten bilden damit die gewünschte und wichtige flexible Messlatte, an der die Istkosten gemessen werden.
€
verrechnete Plankosten
Istkosten x Verbrauchs abweichung
Plankosten
variabel
osten Sollk
fix Beschäftigungs abweichung
65% Ist
100%
x
Plan
Abb. 11: Flexible Plankostenrechnung
Mit diesen wenigen Worten wurde ein in der Praxis umfangreich ablaufendes und sehr erkenntnisreiches Planungswerk beschrieben. Zurück zur Rechentechnik der flexiblen Plankostenrechnung.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Sollkosten
Die Sollkosten sind je Kostenstelle für den, in einem spezifischen Monat gültigen Beschäftigungsgrad zu ermitteln. Sie geben denjenigen Betrag an Kosten an, welcher bei wirtschaftlicher Betriebsführung entstehen dürfte. Die für diesen spezifischen Monat gebuchten Istkosten der Kostenstelle werden mit der bekannten und oben ausführlich beschriebenen Systematik des Betriebsabrechnungsbogens ermittelt und anschließend den Sollkosten gegenübergestellt.
Verbrauchs abweichung
Entsprechen die Istkosten in ihrer Höhe nicht den Sollkosten, entsteht eine Verbrauchsabweichung. Sie zeigt eine Differenz zur Zielerreichung an. Das Wirtschaftlichkeitsziel ist nicht erreicht worden. Ergeben die Istkosten einen höheren Betrag als die Sollkosten, gibt die Verbrauchsabweichung Hinweise auf mögliche Unwirtschaftlichkeiten in der Kostenstelle.
Beschäftigungs abweichung
Eine zweite Abweichung, die so genannte Beschäftigungsabweichung zeigt den Grad der Kapazitätsnutzung an. Wurden unsere Kapazitäten voll genutzt? Wie viel hat es gekostet, nicht voll ausgelastet zu sein? Aus einem Geldbetrag wird also geschlossen, ob langfristig Investitionsoder Desinvestitionsprogramme notwendig sind. Der Controller als Analyst kann hier wertvolle Anregungen erarbeiten. Beispiel: Die Rechenvorgänge der flexiblen Plankostenrechnung lauten: Kostenstelle 457 „Dreherei“ Planungsdaten:
Istdaten:
Planfertigungsstunden Plankosten € davon variabel € davon fix € Istfertigungsstunden Istkosten €
Rechenschritt 1: Errechnen des Beschäftigungsgrades. Istleistung: Planleistung = Beschäftigungsgrad. 650 Std.: 1.000 Std. = 0,65 (65 %) Rechenschritt 2: Errechnen der variablen Sollkosten. Planvariable Kosten x Beschäftigungsgrad. 70.000 € x 0,65 = 45.500 €
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1.000 100.000 70.000 30.000 650 79.000
Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung
Rechenschritt 3: Errechnen der gesamten Sollkosten. Variable Sollkosten + Fixkosten = gesamte Sollkosten. 45.500 € + 30.000 € = 75.500 € Rechenschritt 4: Errechnen der Verbrauchsabweichung. Istkosten – Sollkosten = Verbrauchsabweichung. 79.000 € – 75.500 € = 3.500 € Rechenschritt 5: Errechnen der Beschäftigungsabweichung. Fixkosten – verrechnete Fixkosten (Fixkostensatz/Std. x Istleistungsmen ge) = Beschäftigungsabweichung. 30.000 € – (30.000 € : 1.000 Std. x 650 Std.)= 10.500 € Die Beschäftigungsabweichung ist auf verschiedene Wege zu ermitteln. In Abb. 11, S. 117 ist die Gerade der „Verrechneten Plankosten“ eingezeich net. Sie stellt die mit einem Vollkostensatz bewertete Istleistungsmenge dar. Diese Kosten werden bei den jeweiligen Beschäftigungsgraden in die Produktkalkulation weiterverrechnet. Im Vollkostensatz ist immer ein Teil an Fixkosten enthalten, so dass sich im Fixkostenrechteck das Dreieck „gedeckte Fixkosten“ und das Dreieck „ungedeckte Fixkosten“ ergibt. Die sich bei einem spezifischen Beschäfti gungsgrad ergebende Strecke der ungedeckten Fixkosten entspricht der Beschäftigungsabweichung. Flexible Plankostenrechnung Die flexible Plankostenrechnung besitzt nach wie vor den Ruf, sehr er probt und verwendungsfähig für das Controlling der Kostenstellen zu sein. Sie ist in sehr vielen Unternehmen eingerichtet und lässt sich auch problemlos mit den Gedanken der Prozesskostenrechnung verbinden. Aufgaben und Lösungen finden Sie auf der CD-ROM.
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Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Während in der Kostenstellenrechnung die Kosten des Unternehmens und seiner Abteilungen bzw. Kostenstellen im Vordergrund standen, will die Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation) nun die Kosten der Produkte ermitteln. In der Kostenstellenrechnung werden die Kalkulationsfaktoren errechnet und in der Produktkalkulation verwendet. Die Verfahren, mit deren Hilfe die Produktkosten zu bestimmen sind, unterscheiden sich jedoch in Präzision und Aussageinhalt deutlich. Auch hier muss der Kostenrechner genau wissen, welches davon für sein Unternehmen verwendbar ist.
5.1
Von der Kostenstellenrechnung zur Kostenträgerstückrechnung
Zwischen den Arbeitsbereichen der Kostenrechnung besteht eine klare Aufgabentrennung und ein intensiver Wertefluss. Die Verbindung von Kostenstellenrechnung und Kalkulation ist besonders ausgeprägt, da ja mit der Leistung in den Kostenstellen die Produkte hergestellt werden. Trotzdem sind Kostenstellenleistung und Produkterstellungsprozesse sachlich voneinander zu trennen. In den vorangegangenen Ausführungen wurde die Kostenstellenrechnung erläutert. Ihre Ziele bestehen u.a. in der Errechnung von Kostenoder Zuschlagsätzen für die Leistungen. In den Kostenstellen wird gearbeitet und damit Leistung für die Produkte des Unternehmens erbracht. Die Kostenstellenrechnung fragt, was die Leistungseinheit kostet. Für viele Kostenstellen können technische Maßgrößen wie etwa Stunden, km, to, m² usw. gefunden werden, mit denen ihre Leistung zu messen ist. Dafür errechnet die Kostenstellenrechnung also Kostensätze je Leistungseinheit. Für andere Kostenstellen ist eine Leistungsmessung nicht möglich, hierfür bestimmt die
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Kostenstellenrechnung Zuschlagsätze, z. B. den Materialgemeinkostenzuschlag. Die Kostenstellenrechnung fragt jedoch nicht, was genau mit der Leistung hergestellt wird. Ob beispielsweise mit 1.000 zur Verfügung gestellten, d. h. gearbeiteten Stunden nun 40 oder 50 Produkte hergestellt wurden, ist somit nicht Gegenstand der Kostenstellenrechnung, sondern der Kostenträgerstückrechnung bzw. Kalkulation. Ausschließlich in dem Arbeitsgebiet der Kalkulation wird genau errechnet, wie viel Leistung für ein Produkt tatsächlich benötigt wird und wie hoch entsprechend die Kosten eines Produktes sind. In der Praxis sind diese Fragen nicht exakt zu trennen. Es ist also ein gedanklicher Schnitt, der hier notwendigerweise vorzunehmen ist. Dieser Schritt erlaubt aber eine bessere Darstellung des wichtigen Werteflusses in der Kostenrechnung. Kostenstellenrechnung und Kostenträgerstückrechnung Die Kostenstellenrechnung beschäftigt sich damit, was die angebotene Leistung kostet, die Kalkulation fragt, wie viele Produkte mit dieser Leis tung hergestellt wurden.
5.2
Die Verfahren der Produktkostenermittlung
Um in einem Unternehmen die Herstellungsprozesse überwachen und richtige Vertriebsentscheidungen treffen zu können, müssen verlässliche Zahlen über die Produktkosten verfügbar sein. Die Praxis zeigt jedoch, dass in vielen Unternehmen dem Management ungenügende Informationen zur Verfügung stehen, weil in vielen Kostenrechnungen leider kein Wert auf eine genaue Kalkulation gelegt wird. Wie immer im Leben, ist eine steigende Genauigkeit mit Mühe und Fleiß verbunden. Kostenträger stückrechnung = Kalkulation
In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird für den Arbeitsbereich der Produktkostenermittlung der Begriff „Kostenträgerstückrechnung“ verwendet. Für die Praxis ist dieser Begriff jedoch viel zu umständlich. Dort wird meist nur von „Kalkulation“ oder „Produktkalkulation“ gesprochen. In dem vorliegenden Kapitel werden die gängigsten Verfahren der Produktkostenermittlung vorgestellt. Besonderer Wert wird auf die Zu-
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Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
schlagskalkulation gelegt, die in ihrer beliebigen Detaillierung die Möglichkeit bis hin zur prozessualen Abbildung des Herstellungsablaufes eines Produktes bietet. Andere Verfahren, wie z. B. die Divisionskalkulation und die Äquivalenzziffernkalkulation, besitzen heutzutage sicher eine geringere Bedeutung, sie finden jedoch immer wieder in besonderen Fällen Anwendung und gehören ganz selbstverständlich zum betriebswirtschaftlichen Standard-Repertoire. Kurz behandelt werden die Kalkulationsverfahren für Kuppelprodukte, welche manchmal bei chemischen Produktionsabläufen eingesetzt werden. Um die Kosten zu ermitteln, die für die Herstellung eines Produktes anfallen, sind verschiedene Datenquellen zu benutzen. Die Schwierigkeit liegt in der genauen Zuordnung bzw. Zuordnungsfähigkeit der Kosten auf das Produkt (Kostenträger). In diesem Sinne ist ein Kostenträger das Ergebnis eines Produktionsprozesses, dem die durch ihn verursachten Kosten zugeordnet werden. Er „trägt“ damit seine Kosten.
Kostenträger
Die Betriebswirtschaftslehre hat mit den hier ganz traditionell aufgeführten Kalkulationsverfahren den Anspruch, die jeweilige Zuordnung der Kosten auf das Produkt zwar einfach, jedoch so genau wie möglich durchzuführen. Die Ergebnisse der verschiedenen Verfahren sind jedoch höchst unterschiedlich.
Ziele und Zeitpunkte der Kalkulation Die Kalkulation besitzt drei Ziele: • • •
Ermittlung der Istkosten je Produkt Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Produkterstellung Bereitstellen von Informationen für die Inventurbewertung
Das erste Ziel entspricht dem generellen Dokumentationsziel der Kosten- und Leistungsrechnung. Die Istkosten eines Produktes sind so genau wie möglich zu erfassen. Das zweite Ziel ist wieder dem hier nicht näher erläuterten Controlling zuzuordnen. Es wird dort gefragt, ob die errechneten Produktkosten dem abgestimmten Planansatz entsprechen oder nicht.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Das dritte Ziel wird aus dem ersten abgeleitet. Es umfasst die Bewertung selbst hergestellter Produkte, die mit den in Deutschland gebräuchlichen steuerlichen oder handelsrechtlichen Wertansätzen in die Lagerbewertung einfließen. In der Schweiz und in Österreich ist die Ausgangslage vergleichbar. Im Vordergrund stehen dabei in Deutschland die Begriffe Herstellkosten und Herstellungskosten der Produkte. Während die später noch erläuterten Herstellkosten inhaltlich in der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung definiert sind, wird der Begriff Herstellungskosten im Handels- und Steuerrecht verwendet. Dort ist auch jeweils genau beschrieben, welche Kosteninhalte damit gemeint sind. Die Überleitung der betriebswirtschaftlichen Herstellkosten zu den steuerlichen oder handelsrechtlichen Herstellungskosten ist im Wesentlichen ein Thema der bilanziellen Bewertung und wird daher aus den weiteren Ausführungen ausgeklammert. Im Folgenden wird daher nur von den betriebswirtschaftlichen und kostenrechnerischen Herstellkosten ausgegangen. Zu welchem Zeitpunkt werden die Produktkosten ermittelt? Die Kalkulationsverfahren zur Ermittlung der Produktkosten werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten verwendet: •
•
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Vorkalkulation. Sie entsteht vor der Herstellung eines Produktes und soll z. B. im Stadium eines Angebotes die Kosten eines Produktes und den möglichen Verkaufspreis bestimmen, sofern keine Preislisten o. Ä. vorliegen. Der zur Produktion notwendige Ressourcenverbrauch liegt zum Zeitpunkt der Kalkulation noch nicht oder möglicherweise nur durch vergleichbare Werte aus der Vergangenheit vor und ist somit weitgehend durch Schätzungen zu bestimmen. Nachkalkulation. Nach Abschluss einer Produkterstellung werden alle hierfür angefallenen Kosten addiert und damit die im realisierten Produktionsablauf tatsächlich angefallenen Herstellkosten/Selbstkosten errechnet. Die Nachkalkulation dient vor allem zur Dokumentation und Analyse des tatsächlichen Herstellungsablaufs. Außerdem übernimmt die Ergebnisrechnung oft die wichtigen Daten der Nachkalkulation für eine Gewinnermittlung.
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
•
•
Eine Sonderform der Nachkalkulation stellt die mitlaufende Kalkulation dar. Sie „läuft“ mit dem Produktionsfortschritt „mit“. Das bedeutet, dass sie bei Langfristfertigung die periodisch anfallenden Kosten sammelt und jederzeit den aktuellen Kostenstand zeigt. Mit einer mitlaufenden Kalkulation soll also die periodisch genaue Dokumentation der Kostenentwicklung von besonderen Projekten ermöglicht werden. Die mitlaufende Kalkulation stellt damit ein Bindeglied zum hier nicht näher beschriebenen Projekt-Controlling dar. Plankalkulation. In Betrieben der Serienfertigung liegen die Arbeitspapiere (Dokumentationen des Ressourcenverbrauchs) für die Produkte bereits vor Beginn der einzelnen Fertigungslose vor, da sie immer wieder standardmäßig hergestellt werden und den notwendigen Ressourcenverbrauch zuverlässig beschreiben. Daher können diese Arbeitspapiere zur Bewertung herangezogen werden und führen zu einer Plankalkulation. Sie stellen die planmäßig zu erwartenden Herstellkosten der Produkte dar und sind u.a. auch für die Zwecke der Unternehmensplanung zu verwenden. Konzentration auf das Mengengerüst Nach den grundlegenden Vorarbeiten der Kostenstellenrechnung bezüg lich der Kalkulationsfaktoren steht und fällt die Produktkalkulation mit der Ermittlung des richtigen Mengengerüstes.
Divisions und Äquivalenzziffernkalkulation Die Divisionskalkulation und die Äquivalenzziffernkalkulation werden in den meisten Veröffentlichungen zur Kostenrechnung erwähnt und ausführlich beschrieben. Ihre Verfahren zur Bestimmung der Produktkosten sind jedoch außerordentlich einfach und entsprechen heute nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen den Anforderungen an die notwendige Kostentransparenz. Der Vollständigkeit halber werden diese Verfahren hier dennoch kurz geschildert. Die einstufige Divisionskalkulation Die einstufige Divisionskalkulation als Verfahren zur Bestimmung der Produktkosten verwendet als Basis für die Kostenbestimmung die Gewinn- und Verlustrechnung der betrachteten Buchhaltungsperiode. Sie
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
leitet daraus die Gesamtkosten für alle in dieser Periode produzierten Produkte ab. Der nun folgende Rechengang der Divisionskalkulation ist außerordentlich einfach: Die Gesamtkosten der Periode werden lediglich durch die Produktionsmenge der Periode dividiert. Und schon entstehen die Stückkosten eines Produktes. Beispiel: Gesamtkosten der Periode 150.000 €, erzeugte Produktionsmenge 10.000 Stück. Stückkosten somit 15 €. Da die Gesamtkosten in der einstufigen Divisionskalkulation in einer einzigen Summe aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens abgeleitet werden, umfassen sie automatisch alle angefallenen Kosten, Herstellkosten, Verwaltungs- und Vertriebskosten. Sie stellen somit die Selbstkosten eines Produktes dar. Aus der sehr einfachen Datenquelle (Buchhaltung) und dem summarischen Divisionsprozess ergibt sich entsprechend eine eingeschränkte Aussagefähigkeit und damit Anwendungsmöglichkeit der einstufigen Divisionskalkulation. Wann könnten Sie die einstufige Divisionskalkulation verwenden? Folgende Voraussetzungen zu ihrer Verwendung bestehen: •
•
Homogenitäts bedingung
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Es dürfen nur homogene, d. h. völlig gleichartige Produkte hergestellt werden, also ein einziger Produkttyp und dieser in großer Anzahl. Würde die Divisionskalkulation bei einem Mehrproduktunternehmen angewendet werden, entstünden unzulässige Mischkalkulationen, da alle Kosten in einer Summe ohne weitere Differenzierung aus den Konten der Buchhaltung übernommen wurden. Die hergestellten Produktmengen sind in der gleichen Periode in vollem Umfang zu verkaufen. Lagerbestandsveränderungen sind ausgeschlossen.
Die Homogenitätsbedingung schränkt die Anwendungsmöglichkeit stark ein. Es bestehen nur sehr wenige Unternehmen, welche tagaus, tagein nur einen einzigen Produkttyp herstellen und verkaufen.
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Der Ausschluss von Lagerbestandsveränderungen beruht auf den rechentechnisch ermittelten Selbstkosten der Produkte. In das Lager zu legende Produkte müssen in Deutschland mit Herstellkosten bewertet werden, eine Aktivierung von Verwaltungs- und Vertriebskosten ist weitgehend unzulässig. Da die einstufige Divisionskalkulation jedoch nur einen einzigen Kostenwert je Produkt ermittelt, nämlich Selbstkosten inkl. der Verwaltungs- und Vertriebskosten, scheidet sie daher als Verfahren für die Kostenermittlung für lagergängige Produkte aus. Somit kann dieses Verfahren nur angewendet werden, wenn ein einziges Produkt ohne Lagerung hergestellt und immer direkt im Umfang der Produktionsmenge verkauft wird. Entsprechende Unternehmen sind außerordentlich selten. Möglicherweise ein Beratungsunternehmen, das mit diesem Verfahren die Kosten eines Beratungstages ermitteln möchte. Die zweistufige Divisionskalkulation Mit der zweistufigen Divisionskalkulation wird die Einschränkung der nicht erlaubten Lagerung aufgehoben. Damit können homogene Produkte kalkuliert werden, deren Verkaufs- und Produktionsmenge innerhalb einer Periode voneinander abweichen. Ermöglicht wird dieser Schritt durch eine Aufteilung der oben beschriebenen Gesamtkosten der Buchhaltung in Herstellkosten einerseits und Verwaltungs- und Vertriebskosten andererseits. Damit stehen die Herstellkosten für die Lagerbestandsbewertung zur Verfügung. Es ist dabei zu beachten, dass sich die Herstellkosten immer auf die produzierte und die Verwaltungs- und Vertriebskosten auf die verkaufte Menge beziehen. Letztere dürfen ja nicht in den Lagerwert eingeschlossen werden. Das obige Beispiel wird erweitert: Gesamtkosten 150.000 €, davon 110.000 € Herstellkosten und 40.000 € Verwaltungs und Vertriebskosten. Erzeugte Menge 10.000 Stück, davon 8.000 verkauft. Entsprechend ergeben sich StückHerstellkosten von 11,00 € und Stück Verwaltungs und Vertriebskosten von 5,00 €. Die Gesamtkosten je verkauftem Stück betragen somit € 16,00. Die in das Lager gelegten 2.000 Stück können mit ihrem Herstellkosten wert bewertet werden. Es ergibt sich eine Lagerbestandserhöhung von 22.000 €.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Die zweistufige Divisionskalkulation erledigt zwar intellektuell das Lagerproblem, ihre Anwendungsfreundlichkeit wird aber dadurch nicht nennenswert erhöht. Die gravierende Prämisse der homogenen Güter bleibt nach wie vor bestehen. Die mehrstufige Divisionskalkulation Auch die mehrstufige Divisionskalkulation hebt diese Voraussetzung nicht auf. Dort werden zwar die Herstellkosten nun in einzelne Produktionsschritte aufgeteilt, um durch die Kosten je Arbeitsgang während eines Produktionsprozesses notwendige Lagerbewegungen berücksichtigen zu können. Es bleibt jedoch die sehr eingeschränkte Anwendungsfähigkeit auf Grund der Forderung nach homogenen Produkten. Die Äquivalenzziffernkalkulation Mit der Äquivalenzziffernkalkulation wird versucht, die Bedingung der homogenen Güter in der Divisionskalkulation aufzulockern. Dies gelingt auch zum Teil. Ausgangspunkt ist die Herstellung fertigungstechnisch verwandter Produkte. Insofern besteht in der Äquivalenzziffernkalkulation nur noch die Prämisse der „verwandten“ und nicht mehr der „homogenen“ Produkte. Das Rechenverfahren ist etwas komplizierter als dasjenige der Divisionskalkulation. Die Äquivalenzziffernkalkulation sieht sich auf der einen Seite den summarischen Gesamtkosten laut Buchhaltung (wie oben in der Divisionskalkulation erläutert) und auf der anderen Seite den fertigungstechnisch ähnlichen Produkten gegenüber. Es wird nun ein Aufteilungsverfahren der Gesamtkosten auf die verschiedenen Produkte gesucht, um produktindividuelle Selbstkosten (oder Herstellkosten) errechnen zu können. Die Lösung liegt in der Verwendung von Äquivalenzziffern. Diese sind kein Ergebnis eines Rechenprozesses, sondern werden durch externe Untersuchungen oder Schätzungen festgelegt und in das Rechenverfahren eingegeben. Äquivalenzziffer
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Äquivalenzziffern beschreiben das Kostenverhältnis der Produkte. Die Äquivalenzziffer (ÄZ) 1 wird normalerweise für das hauptsächlich gefertigte Standardprodukt festgelegt, welches auch den höchsten Anteil der Kosten verursacht.
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Eine ÄZ von 1,3 bedeutet beispielsweise, dass das zugehörige Produkt 30 % höhere Kosten als das Standardprodukt mit ÄZ 1,0 entstehen lässt. Mit dem höheren Ressourcenverbrauch des Produktes mit ÄZ 1,3 hätten also 30 % mehr Produkte mit ÄZ 1,0 hergestellt werden können. Mit dieser Logik arbeitet die Äquivalenzziffernkalkulation. Mithilfe der ÄZ werden alle tatsächlich gefertigten Produkte auf das Standardprodukt umgerechnet. Es entsteht eine theoretische Produktionsmenge des Standardproduktes, welche für die Summe der entstandenen Produktionskosten hätte produziert werden können. Mithilfe der Divisionskalkulation sind die Stückkosten für das Standardprodukt zu bestimmen. Anschließend erfolgt eine Multiplikation der Standard-Stückkosten mit den ÄZ der einzelnen Produkte, so dass deren individuelle Stückkosten entstehen. Die folgende Abb. 12 zeigt den schematischen Zusammenhang. Äquivalenzziffernkalkulation Äquivalenzziffernkalkulation Kalkulation fertigungstechnisch verwandter Produkte Gesamtkosten
Kosten je Produkt
PRODUKTE Umrechnung auf ein Standardprodukt
1
2
1
3
PRODUKTE 1
2
3 ÄQUIVALENZZIFFERN
Abb. 12: Gedankliche Struktur der Äquivalenzziffernkalkulation
Mit der Äquivalenzziffernkalkulation fallen zwar die harten Prämissen der Divisionskalkulation, es entsteht trotzdem, wie erwähnt, nicht die entscheidungsorientierte Kostentransparenz, die heute für die Steuerung des Unternehmens notwendig ist. Dies liegt daran, dass einerseits die aus der Buchhaltung abgeleiteten Gesamtkosten verwendet werden, und andererseits die Äquivalenzziffern durch Schätzungen festzulegen
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
sind. In Summe entsteht dadurch ein nur näherungsweise zu verwendendes Rechenwerk, das den tatsächlichen Ressourcenverbrauch der Produkte nur schwerlich dokumentieren kann. Beispiel: Äquivalenzziffernkalkulation Eine Brauerei produziert verschiedene Biersorten, Normalbier, Pils, Wei zenbier und Malzbier. In einer separaten Studie wurden die Äquivalenzzif fern für diese unterschiedlichen Biersorten ermittelt. Normalbier wird am häufigsten hergestellt. Die Äquivalenzziffern (ÄZ) lauten: • • • •
Normalbier Pils Weizenbier Malzbier
1,0 1,2 1,3 0,9
Die Gesamtkosten des Monats betragen 180.000 € Die Herstellungsmengen für die Biersorten betragen in Litern: • • • •
Normalbier Pils Weizenbier Malzbier
100.000 20.000 30.000 50.000
Wie hoch sind die Kosten je Liter für jede Biersorte? Rechentechnisch wird nun mithilfe der ÄZ eine Einproduktherstellung si muliert, indem die Produktionsmenge jeder Sorte mit dieser ÄZ multipli ziert wird. Damit wird ausgedrückt, wie viele Liter Normalbier mit dem Aufwand für die andere Biersorte hätte hergestellt werden können. Die so errechneten Liter stellen keine echt hergestellten, sondern nur „Verrech nungsliter“ dar. Damit ergibt sich: 100.000 l Normalbier x ÄZ 1,0 20.000 l Pils x ÄZ 1,2 30.000 l Weizenbier x ÄZ 1,3 50.000 l Malzbier x ÄZ 0,9 Summe Verrechnungsliter
= = = = =
100.000 Verrechnungsliter 24.000 Verrechnungsliter 39.000 Verrechnungsliter 45.000 Verrechnungsliter 208.000
Die Gesamtkosten in Höhe von 180.000 werden nun dividiert durch die Summe der Verrechnungsliter. Dies ergibt je Verrechnungsliter 0,865 €.
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Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Diese Kosten je Verrechnungsliter sind nun wieder mit den ÄZ zu gewich ten. Als Ergebnis entstehen die Kosten je Biersorte: 0,865 € x ÄZ 1,0 0,865 € x ÄZ 1,2 0,865 € x ÄZ 1,3 0,865 € x ÄZ 0,9
= = = =
0,865 € Kosten Normalbier 1,038 € Kosten Pils 1,125 € Kosten Weizenbier 0,779 € Ksten Malzbier
Divisions und Äquivalenzziffernkalkulation Die Divisions und Äquivalenzziffernkalkulation gehören zum Repertoire eines jeden Kostenrechners. Ihre Anwendungsfähigkeit und häufigkeit ist jedoch in den heutigen Zeiten von sehr detaillierten und transparenten Prozesskostenbetrachtungen drastisch gesunken.
Zuschlagskalkulation Das praktisch in jeder Situation und für jede Branche im Prinzip anwendbare Kalkulationsverfahren ist die Zuschlagskalkulation. Dies gilt ganz besonders für den Industriebereich, aber auch in Handel und Dienstleistung ist dieses Verfahren anwendbar. Seine Grundstruktur wurde bereits oben im Rahmen des Betriebsabrechnungsbogens erläutert. Basis für die Zuschlagskalkulation ist ein beliebig detailliert dargestelltes Mengengerüst eines Produktes, das mit den Bewertungsfaktoren aus dem Betriebsabrechnungsbogen und der Materialabrechnung bewertet wird. Ihr grundsätzlicher Aufbau ist schematisch in der folgenden Abb. 13, S. 132 dargestellt.
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Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Traditionelles TraditionellesKalkulationsschema Kalkulationsschemader derIndustrie Industrie mit mitKostensatz Kostensatz BAB
BAB
BAB BAB
Materialkosten Materialgemeinkosten 5 %
1000 50
E G
KSt 4711 4 Std. Leistung Kostensatz € 113,00/Std 452 G __________________________________ _____ _____ Herstellkosten 1502 Verwaltungsgemeinkosten 4 % 60 G Vertriebsgemeinkosten 7 % 105 G __________________________________ ______ ______ Selbstkosten 1667 E = Einzelkosten, G = Gemeinkosten
Abb. 13: Modernere Zuschlagskalkulation mit Kostensätzen
Die grundsätzlich in der Zuschlagskalkulation vorkommenden Kostenelemente werden im Folgenden erläutert. Materialkosten Aufzuführen sind hier die zur Produktherstellung benötigten Materialien, entweder laut Aufzeichnungen der Stückliste, Verbrauchsdokumentation der Materialentnahmescheine oder eines auf andere Art und Weise erzeugten Mengengerüstes. Jedes einzeln aufgeführte Material ist über seine Material-Nummer mit den zugehörigen Materialpreisen des Einkaufs zu bewerten. Als Bewertungsansätze gelten meist entweder die Durchschnittspreise oder gemäß den Verbrauchsfolgeverfahren lifo (last in first out), fifo (first in first out), lofo (lowest in first out) oder hifo (highest in first out). Auch die Bewertung mit reinen Plankosten ist denkbar. Die Summe der aufgeführten Materialkosten stellen Einzelkosten dar. Die Materialeinzelkosten sind zu ergänzen mit den Materialgemeinkosten. Der Zuschlag stammt, wie bereits umfangreich erläutert aus dem Betriebsabrechnungsbogen und dokumentiert die anteiligen Handlingkosten für die vom Produkt benötigten Materialien. Die Summe aus Material-Einzelkosten und Materialgemeinkosten stellt die gesamten Materialkosten dar.
132
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Fertigungskosten Basis zur Ermittlung der Fertigungskosten bildet wieder ein detailliertes Mengengerüst, welches über einen produktbezogenen Arbeitsplan, angefallene Lohnscheine oder andere Aufschreibungen nachgewiesen wird. Die zur Produkterstellung notwendigen Leistungsmengen (z. B. Fertigungsstunden) werden aus diesen Aufschreibungen abgeleitet oder entnommen und sind unbedingt mit der jeweiligen KostenstellenNummer zu ergänzen, in der die Leistung stattfindet. Nur so ist eine Zuordnung von Leistungsmengen zu den richtigen Kostensätzen und die entsprechende Bewertung möglich. Beispiel: Zur Endfertigung eines Produktes benötigt die Montageabteilung 3 Stun den. Diese sind durch Aufschreibungen oder den Arbeitsplan dokumen tiert und müssen mit der KostenstellenNummer der Montageabteilung ergänzt werden, z. B. 235. Die Betriebsabrechnung stellt den Kostensatz der Kostenstelle 235 zur Verfügung, er muss einen Wert je Stunde auf weisen, hier 60,00 €/Std. Somit kostet die Montageleistung 180 €. Leider kommt es in einer nicht gut organisierten Kostenrechnung relativ häufig vor, dass in der Arbeitsplanung für die Leistung einer Kostenstelle mit technischen Dimensionen gerechnet wird (z. B. kg, m² usw.), für die der Betriebsabrechnungsbogen jedoch keine Kostensätze zur Verfügung stellt. Dort wird für die gleiche Kostenstelle z. B. mit einem Kostensatz je Stunde gerechnet. Für die Erzeugung aussagefähiger Kalkulationen ist dieser Zustand nicht tragbar, gerade wenn sie ausschließlich aus Arbeits plänen erstellt werden sollen. Die Summe der Fertigungskosten ergibt sich aus der Addition aller detailliert angeführten und bewerteten Kostenstellenleistungen. Sonderkosten der Fertigung Sie betreffen Kosten, die zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit bei der Herstellung eines Gesamtauftrags anfallen. Bestimmte zu wiederholende Arbeitsgänge können in ihrem zeitlichen Umfang deutlich pro Stück reduziert werden, wenn beispielsweise eine Vorrichtung gebaut wird, die es erlaubt, langwierige Messvorgänge an allen einzelnen Produkten zu minimieren. Die Herstellkosten dieser nur für den speziellen Auftrag verwendbaren Vorrichtung wären in diesem Falle Sonderkosten der Fertigung.
133
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Ebenso sind auf diese Art und Weise auftragsspezifische Gussmodelle, Schablonen, Spezialwerkzeuge usw. zu verrechnen. In einigen Fällen sind die Herstellkosten für Vorrichtungen usw. nicht auf einen einzelnen Auftrag oder ein einziges Produkt zuzuordnen. Trifft dies zu, können möglicherweise über die gesamte Lebensdauer eines Produktes nur anteilige Kosten zum Ansatz kommen. Ausschuss und Nacharbeit
Als Sonderkosten der Fertigung gelten auch anteilig verrechnete Kosten für Ausschuss und Nacharbeit. Diese beide Kostenarten wurden bereits bei den Wagniskostenarten erläutert. Ausschusskosten entstehen für Produkte, welche während der Herstellung so schadhaft werden, dass sie nicht weiter verwendet werden können. Die Kosten der Ausschussprodukte sind in Relation zu denjenigen der „guten“ Produkte zu setzen. Der sich ergebende Prozentsatz dient zur Berechnung der kalkulatorischen Ausschusskosten. Der Prozentsatz bezieht sich, wie angegeben, meist auf die Fertigungskosten. Nach dem gleichen Schema sind Nacharbeitskosten mithilfe eines Prozentsatzes zu verrechnen. Nacharbeitskosten fallen an, um während des Produktionsprozesses beschädigte Produkte durch zusätzlichen Ressourcenverbrauch wieder verwendbar zu machen. Die Sonderkosten der Fertigung sind Bestandteil der Herstellkosten. Herstellkosten Wie schon im Kapitel 4 „Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung“, S. 85 erläutert, stellen die Herstellkosten (Summe aus Materialkosten, Fertigungskosten und Sonderkosten der Fertigung) eine wichtige Kosteninformation dar, die im Rahmen des Kalkulationsschemas als Zwischensumme verwendet wird. Auf die Herstellkosten werden Verwaltungs- Vertriebs- und Entwicklungskosten aufgeschlagen. Verwaltungsgemeinkosten Sie sollen über einen Zuschlag, ermittelt im Betriebsabrechnungsbogen, die anteilig durch ein Produkt entstandenen Verwaltungskosten für Buchhaltung, Geschäftsleitung, Personalabteilung, Kostenrechnung usw. berücksichtigen.
134
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Vertriebsgemeinkosten Anteilige Kosten für die Vertriebsabteilungen, Fertigwarenlager, Versand, Marketing usw. sind über einen Zuschlag laut Betriebsabrechnungsbogen zu verrechnen. Entwicklungsgemeinkosten Verfügt ein Unternehmen über eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, so sind die hierfür anfallenden Kosten ebenfalls über einen Gemeinkostenzuschlag in der Kalkulation zu verrechnen. Selbstkosten Herstellkosten zuzüglich Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten, möglicherweise ergänzt um Entwicklungsgemeinkosten, ergeben die Selbstkosten des Produktes. Es sind also die Kosten, die dem Unternehmen „selbst“ für das Produkt entstehen. Der Begriff der Selbstkosten ist jedoch nicht eindeutig definiert. Die oben genannten Bestandteile ergeben die Selbstkosten ohne VertriebsSondereinzelkosten. Es sind sozusagen die Selbstkosten „ab Werk“ für den Selbstabholer ohne Vertreterprovision usw. Sondereinzelkosten des Vertriebs Sie sollen alle diejenigen Kosten umfassen, die durch den speziellen Vertrag mit dem Kunden und seine örtliche Lage entstehen. Zusätzlich fallen auch umsatzabhängige Kosten wie Vertreterprovisionen, Lizenzen usw. in diese Kategorie. Die angeführten Positionen werden normalerweise ohne Gewinnaufschlag in die Kalkulation übernommen. Viele kundenindividuelle Kosten sind durch die „Incoterms“ bedingt, welche auf internationaler Basis Lieferungs- und Zahlungsbedingungen regeln. Im Kaufvertrag wird der Gefahrenübergang definiert, also derjenige Punkt, an dem der Käufer die Ware auf seine Verantwortung übernimmt. Alle Kosten bis zu diesem Punkt sind in der Kalkulation des Produktes zu berücksichtigen. Anfallen können • • •
Transportkosten, spezielle Verpackungskosten, Kosten für Transportversicherung usw.
135
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Wird im Kaufvertrag beispielsweise laut Incoterms die Lieferungsbedingung „fob“ (free on board) angegeben, sind alle Kosten einzukalkulieren, bis der Auftrag tatsächlich „on board“ ist. Auch besondere, auftragsspezifisch erfassbare Finanzierungskosten sowie ebensolche Reisekosten fallen darunter. Ebenso spezielle Akkreditivkosten, Einlagerungs- und Zollgebühren. Selbstkosten inklusive Sondereinzelkosten des Vertriebs Alle bisher angeführten Kosten ergeben in ihrer Addition die totalen, tatsächlich bis zum Gefahrenübergang anfallenden Kosten. Die so ermittelten Selbstkosten dokumentieren nachkalkulatorisch alle Kosten, die in einem Unternehmen bei Herstellung und Versand eines Auftrags tatsächlich angefallen sind. Vorkalkulatorisch ist auf die Selbstkosten, normalerweise ohne Vertriebssondereinzelkosten ein Risiko- und Gewinnaufschlag aufzurechnen, um den Verkaufspreis zu erhalten. Differenzierung der Zuschlagskalkulation Durch ihren produktorientierten Detaillierungsgrad ist die Zuschlagskalkulation in der Lage, beliebige Prozesse in der Kalkulation darzustellen und damit kostenrechnerisch zu erfassen. In der folgenden Abb. 14, S. 137 wird auf das Potenzial der Detaillierung hingewiesen. Die Materialgemeinkosten müssen nicht unbedingt immer nur mit einem einzigen Zuschlagsatz verrechnet werden. Es ist durchaus gängig, diesen Zuschlagsatz verursachungsgerecht zu differenzieren. Wenn beispielsweise ein Unternehmen ein teures Hochregallager benutzt, in welchem jedoch nicht alle Produkte lagern, kann die unterschiedliche Lagerart der Artikel durch eine Differenzierung des Zuschlagsatzes berücksichtigt werden. In den Stammsätzen der EDV ist nur zu klären, welche Artikel in welchem Lager liegen, so dass nach Abfrage der Artikelnummer der richtige Zuschlagsatz abgerufen und verwendet wird.
136
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Differenzierte oder analyt. Zuschl.
Zuschlagskalkulation Zuschlagskalkulation Einfache Zuschlagskalkulation Material + MGK + Fertigungsko. Herstellkosten VV GK Selbstkosten
Material + MGK 1 + MGK 2 Fertigsko. Kst. 1 Fertigsko. Kst. N ________________ Herstellkosten
VerwaltungsGK VertriebsGK 1 VertriebsGK 2 ________________ Selbstkosten
Detailliertes Mengengerüst
Detaillierung bis zur Prozessorientierung Abb. 14: Differenzierte Zuschlagskalkulation
Die Fertigungskosten werden in der Kalkulation dargestellt durch die Aufführung aller zur Produktherstellung notwendigen Kostenstellen. Es ist durchaus möglich, jede einzelne Kostenstelle mit ihren Leistungen und Kosten anzugeben oder auch nur Zusammenfassungen, z. B. nach Kostenstellenbereichen. Häufig wird auch der Vertriebsgemeinkostenzuschlag differenziert. Regionale oder kundenspezifische Gesichtspunkte gelten hier oft als Aufteilungskriterium der gesamten Vertriebsgemeinkosten. Viele Unternehmen besitzen beispielsweise organisatorisch abgegrenzte und in Kostenstellen gefasste Vertriebsgruppen, welche sich auf bestimmte geographische Felder beschränken, z. B. USA, Europa, Asien. Also müssen die entsprechenden Kunden auch die für ihre Region angefallenen Kosten tragen, ausgedrückt durch einen speziellen, regionalen Vertriebsgemeinkostenzuschlag. Für die Durchführung der Kalkulation wäre in solchen Fällen denkbar, dass zur Abdeckung der allgemeinen Vertriebskosten ein für alle Produkte gemeinsam gültiger Zuschlag festgelegt wird. Für die Verrechnung von speziellen additiven Kosten werden dann zusätzliche Zuschläge definiert, deren Gebrauch dann z. B. von den Bedingungen des Kunden abhängt.
137
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Transparente Zuschlagskalkulation Mit Ergänzungen und Verfeinerungen lässt sich die allgemeine Zu schlagskalkulation sehr differenziert und genau gestalten. Natürlich ist es auch möglich, die Gedanken und Erkenntnisse der Prozesskostenrechnung darin zu integrieren. Das in der Zuschlagskalkulation zu verwendende Mengengerüst und die zur Anwendung kommenden Bewertungsfaktoren können sich auf tatsächliche, geplante oder erwartete Werte beziehen, je nach Zweck der Kalkulation (Nach-, Plan- oder Vorkalkulation). Beispiel: Zuschlagskalkulation Es soll eine Vorkalkulation erstellt werden für eine Anfrage zur Herstel lung von 10 Tischen. Der Vorkalkulator ermittelt das Mengengerüst und greift auf die Stammdaten der Kostenstellenrechnung und der Material abrechnung zu, um die gültigen Kalkulationsfaktoren und Materialpreise entnehmen zu können. Auf dieser Basis ermittelt er einen Verkaufspreis, ohne Mehrwertsteuer, Skonto, Rabatt u.ä. Stammdaten
Kosten stelle
Kostensatz/ Std. 50,00
Std.
567881
4,00
14
40,00
Std.
764328
12,00
16
70,00
Std.
468902
30,00
19
80,00
Std.
22
100,00
Std.
31
60,00
Std.
10
%
Verwaltungsgemeinkosten
10
%
Vertriebsgemeinkosten
20
%
Ausschuss
5
%
Nacharbeit
8
%
100,00
kg
Vorkalkulation
€ Holz
Summe Materialkosten
138
400,00
Furnier
10,00
kg
120,00
Gestelle
10,00
Stk.
300,00
10
%
Summe Materialeinzelkosten Materialgemeinkosten
€/je ME
11
Materialgemeinkosten
Materialkosten
ArtikelNr.
820,00 82,00 902,00
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Stammdaten
Kosten stelle
Kostensatz/ Std.
ArtikelNr.
€/je ME
Absägen
11
3,00
Std.
150,00
Furnierpressen
14
4,00
Std.
160,00 70,00
Bohren
16
1,00
Std.
Schleifen
19
1,00
Std.
80,00
Lackieren
22
5,00
Std.
500,00
Montage
31
3,00
Std.
Summe Fertigungskosten
180,00 1.140,00
Ausschuss
5,00
%
57,00
Nacharbeit
8,00
%
91,20
Vorrichtung
59,80
€
Summe Sondereinzelko. Ftg
59,80 208,00
Herstellkosten 10 Tische
2.250,00
Verwaltungsgemeinkosten
10
%
225,00
Vertriebsgemeinkosten
20
%
450,00
Selbstkosten
2.925,00
VertriebsSondereinzelkosten(VSEK) Frachtkosten Transportversicherung Verpackung Zoll Selbstkosten inkl. VSEK Gewinn und Risikozuschlag auf Selbstkosten 15 % Verkaufspreis
275,00 50,00 100,00 350,00 3.700,00 351,00 4.051,00
Kuppelprodukte richtig kalkulieren Während bisher immer die Kalkulation eines einzigen und klar abgrenzbaren Produktes im Vordergrund stand, beschäftigt sich die Kalkulation bei der Kuppelproduktion mit verfahrenstechnisch zwangsläufig verbundenen Prozessen. Hier entstehen innerhalb des gleichen Produktionsprozesses auf Basis eines einzigen Ausgangsmaterials mehrere eigenständige Produkte in unterschiedlichem Mengenverhältnis. Wenn etwa Wasserstoff aus Wasser hergestellt werden soll, entsteht zwangsläufig immer auch Sauerstoff.
139
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Beispiele für Kuppelproduktionen sind vor allem in der chemischen Industrie und bei der Stahlherstellung zu finden. Aber auch die Fleischerzeugung, d. h. Tierzucht fällt darunter. Es gibt z. B. keine Schweine, die nur aus Koteletts bestehen. Es fallen bei der Tierzucht immer alle Fleischsorten in konstantem Verhältnis zueinander an. Das Problem der Kostenrechnung besteht nun darin, dass die Kosten zwar genau gemessen und zugeordnet werden können, aber nur auf der Ebene des Gesamtprozesses. Die Kostenrechnung weiß also genau, was alle zwangsläufig zusammen entstandenen Produkte in Summe kosten. Sie kann jedoch nicht verursachungsgerecht ermitteln, welche Kosten für einen Teil der im Verbund entstandenen Produkte anfallen. Kostenauf splittung bei der Kuppel produktion
Um die Aufsplittung der Kosten für den Gesamtprozess und deren Zuordnung auf ein einziges oder mehrere Teilprodukte geht es bei den Kostenrechnungsverfahren der Kuppelproduktion. Werden durch einen Arbeitsprozess zwei verschieden Produkte hergestellt und eines davon besitzt keine Verwendungsfähigkeit, ist der Fall klar. Dann sind die Gesamtkosten in voller Höhe dem verwendungsfähigen Produkt zuzuordnen. Viel schwieriger wird die Kostenzuordnung, wenn beide Produkte verwendungsfähig, d. h. verkaufbar oder weiter verarbeitbar sind. Dann sind die Gesamtkosten nach irgendwelchen vernünftigen Verfahren aufzuteilen. Bei der Lösung dieses schwierigen Problems haben sich zwei Grundformen herausgebildet. Das Restwertverfahren Das Restwertverfahren geht davon aus, dass bei der Herstellung ein Hauptprodukt und mehrere Nebenprodukte entstehen. Die Nebenprodukte besitzen dabei keine besondere Bedeutung. Sie fallen eben an und werden irgendwie genutzt, z. B. verkauft. Nun werden im Restwertverfahren die Verkaufserlöse für die Nebenprodukte von den Kosten des Gesamtprozesses abgezogen und es verbleiben damit Restkosten für das Hauptprodukt. Mit dem Restwertverfahren ist also relativ genau bestimmbar, wie hoch die Kosten für das Hauptprodukt sind. Das Schlüsselungsverfahren Schlüsselungsverfahren sind dann anzuwenden, wenn mehr oder weniger gleichberechtigte Teilprodukte entstehen. Dann sind Verteilungs-
140
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
schlüssel für die Gesamtkosten zu suchen, mit deren Hilfe eine Kostenzuordnung durchzuführen ist. Gängige Schlüssel sind beispielsweise die Produktionsgewichte. Beträgt der Output des Gesamtprozesses z. B. 1.000 kg, wobei 600 kg von Produkt A und 400 kg von Produkt B entstehen, werden bei Verwendung des Mengenschlüssels 60 % der Kosten auf A und 40 % auf B zugeordnet. Das Marktpreisverfahren Anders beim Marktpreisverfahren. Hier wird die ausgebrachte Menge noch multipliziert mit den Marktpreisen der Teilprodukte. Es entstehen damit Verrechnungseinheiten, die zur Aufteilung der Gesamtkosten benutzt werden. Dieses Verfahren ähnelt dem Vorgehen in der Äquivalenzziffernkalkulation. Beispiel: Kuppelproduktion mit Marktpreisaufteilung Die Produkte A und B werden zwangsläufig zusammen hergestellt
Ausbringungsmenge in to
A
B
1.000
2.000 50.000
Gesamtkosten der Herstellung € Marktpreise der Teilprodukte je to Verrechnungseinheiten
60
70
60.000
140.000
200.000 0,25
Kosten je Verrechnungseinheit € Gesamtkosten der Produkte €
Summe
15.000
35.000
Die hier nur angedeuteten Lösungswege für die Zuordnungsprobleme der Kuppelproduktion werden in der Praxis durch weitere Varianten ergänzt. Es gilt jedoch für alle Kalkulationsverfahren im Rahmen der Kuppelproduktion, dass die Verursachungsgerechtigkeit sehr strapaziert wird.
Das Verursa chungsprinzip wird strapaziert
Die Artikelerfolgsrechnung In der Kostenträgerstückrechnung wird nicht nur die Kalkulation je Produkt bis zu den Selbstkosten durchgeführt, sondern es ist auch eine Weiterführung bis zum Produkt-Umsatz möglich. Das bedeutet, dass
141
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
durch die Gegenüberstellung von Produktselbstkosten und -umsatz ein Stückgewinn oder -verlust errechenbar wird. Das Rechenschema der Artikelerfolgsrechnung gestaltet sich damit sehr einfach : _ =
Umsatz je Produkt Selbstkosten je Produkt Stückgewinn/-verlust
Da die Selbstkosten aus der Produktkalkulation stammen, muss dort gewährleistet sein, dass tatsächlich alle erfassbaren Kosten auch wirklich erfasst und zugerechnet wurden, sonst besitzt der ausgewiesene Gewinn/Verlust keine Aussagekraft. Schwieriger ist es, den Umsatz je Produkt genau zu definieren. Wie hoch ist der Umsatz je Produkt? Es bieten sich eine Vielzahl von Informationen an, welche aber sehr genau selektiert werden müssen: Umsatzsteuer
Zunächst gilt immer der Umsatz ohne Mehrwertsteuer. Diese stellt in der Buchhaltung lediglich einen durchlaufenden Posten dar, berührt nur die Bilanz und ist weder Leistung noch Ertrag. Das nächste Problem besteht in der Frage, wie viel Geld von dem normalen Kundenverkaufspreis (Listenpreis) tatsächlich im Unternehmen ankommt. Nicht jeder Kunde bezahlt den vollen Listenpreis. Solche Differenzen werden als „Erlösschmälerungen“ bezeichnet und bestehen im Wesentlichen aus Preisnachlässen, Rabatten, Boni und Skonti.
Rabatte
Rabatte sind normalerweise Großhändlern, Einzelhändlern und Großabnehmern eingeräumt. Sie können durchaus hohe Beträge annehmen (z. B. 30-40 %) und erzwingen eine Berücksichtigung in der Artikelerfolgsrechnung.
Boni
Boni stellen meist Jahresendvergütungen an den Kunden dar für sein getätigtes Jahreseinkaufvolumen. Die Größenordnungen hierfür sind natürlich unternehmensindividuell, beschränken sich aber in der Regel auf 3 % bis 10 %. Da der exakte Jahresbonus-Betrag erst am Jahresende ermittelt werden kann, muss für die Artikelerfolgsrechnung während des Jahres eine kalkulatorische Abgrenzung der erwarteten Bonushöhe erfolgen.
142
Schritt 4: Richtig kalkulieren – die Kostenträgerstückrechnung
Ähnlich liegen die Sachverhalte bei Skonti. Hier steht erst bei der Bezahlung durch den Kunden fest, ob die auf der Rechnung stehende Skontoabzugsfähigkeit genutzt wurde oder nicht. In der Artikelerfolgsrechnung ist daher unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der durchschnittliche Skontoabzug kalkulatorisch zu berücksichtigen.
Skonti
Der Umsatzwert nach Abzug der Erlösschmälerungen wird oft als Nettoumsatz (Nettoumsatz 1) bezeichnet. Ein weiterer Punkt muss noch angesprochen werden. Dies betrifft die Sondereinzelkosten des Vertriebs. In der Kalkulation der Selbstkosten eines Auftrags/Produktes sind sie laut Kalkulationsschema enthalten. In der Artikelerfolgsrechnung erfolgt häufig ein Abzug dieser kundenspeziellen Kosten direkt vom Umsatz, weil sie ja in der Regel ohne Gewinnbestandteile anfallen und nur Ausdruck von speziellen Lieferbedingungen sind.
Sondereinzel kosten des Vertriebs
Der nach Berücksichtigung der Erlösschmälerungen und der Sondereinzelkosten des Vertriebs restliche verbleibende Umsatz stellt nun diejenige Größe dar, die der Herstellungs- und Verkaufsleistung des Unternehmens sozusagen „bis zum Werkstor“ entspricht. Mit diesem entscheidenden und strategisch wichtigen Restbetrag muss das Unternehmen alle angefallenen Kosten decken können. Falls nicht, entsteht im Sinne der Vollkostenrechnung ein Verlust für diesen Auftrag. Häufig wird in den Unternehmen für diese Restgröße der Begriff „Nettoumsatz 2“ gewählt. Beispiel: Artikelerfolgsrechnung Die Darstellung des Umsatzes, vom Listenpreis bis zum Nettoumsatz 2 ist sicher sehr unternehmensindividuell. Eine Artikelerfolgsrechnung für einen Auftrag/ein Produkt in der Vollkos tenrechnung kann wie folgt aussehen, wobei normalerweise die Selbst kosten noch detaillierter dargestellt werden.
143
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Umsatz (Listenpreis) Rabatte Umsatz abzüglich Rabatt Kalkulatorischer Bonus Kalkulatorischer Skonto Nettoumsatz 1
30 % 3% 2%
Sondereinzelkosten des Vertriebs Nettoumsatz 2
720 5.930
Selbstkosten laut Kalkulation Gewinn des Auftrags
5.270 660
Eine Aufgabe mit Lösung finden Sie auf der CD-ROM.
144
€ 10.000 3.000 7.000 210 140 6.650
6
Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Eine der allerwichtigsten Zahlen des Unternehmens besteht in der Höhe des monatlichen Gewinnes. War er ausreichend, zu niedrig oder ungleichgewichtig verteilt? Was bedeutet die Gewinnhöhe für die marktspezifische Betrachtung des Unternehmens? Und für die Unternehmensstrategie? Welche Entscheidungen müssen getroffen werden? Welches Profit-Center ist das erfolgreichste? Eine Fülle von sehr bedeutenden Fragen entsteht im Zusammenhang mit der Ergebnisrechnung. Daraus wird auch klar, dass die Anforderungen an die Richtigkeit der Auswertungen und vor allem an ihre Interpretationsfähigkeit und Klarheit sehr hoch sind. Wenn eine Kosten- und Leistungsrechnung entscheidungsorientiert aufgebaut werden soll, dann vor allem im Bereich der Ergebnisrechnung. Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Kostenstellenrechnung und die Kalkulation mit ihren Teilaufgaben erläutert wurden, fließen nun alle Daten hier in der Ergebnisrechnung zusammen. Aus den formulierten Fragestellungen ist leicht zu erkennen, dass ein Schwerpunkt der Ergebnisrechnung in der Dokumentation und Überwachung der Marktergebnisse liegt. Die Auswertungen sind inhaltlich daher sehr auf den Vertrieb und das Marketing eines Unternehmens bezogen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird das hier als „Ergebnisrechnung“ bezeichnete Arbeitsgebiet der Kostenrechnung mit „Kostenträgerzeitrechnung“ oder „Kurzfristige Erfolgsrechnung“ umschrieben. Auf Grund der Wichtigkeit dieses Arbeitsgebietes bestehen auch noch andere Bezeichnungen wie z. B. „Management-Erfolgsrechnung“. Der Begriff „Ergebnisrechnung“ ist jedoch in der Praxis sehr weit verbreitet und vor allem kürzer. Er wird im Folgenden benutzt.
145
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Dieses Kapitel geht zunächst auf die gängigen Verfahren ein und qualifiziert sie hinsichtlich ihrer Gebrauchsfähigkeit für Managemententscheidungen. Ausgangspunkt für die Verfahrensbeschreibungen ist zu Beginn noch die Vollkostenrechnung. Mit ihr lässt sich der Zugang zu den unterschiedlichen Verfahren am leichtesten finden, wohl wissend, dass vor allem die Anwendung der weiter unten erwähnten Teilkostenrechnung bei richtiger Organisation eine Fülle von weiteren interessanten Informationen generieren kann und ein managementorientierteres Verfahren darstellt als die Vollkostenrechnung. Hier zeigt die stufenweise Deckungsbeitragsrechnung ihre besonderen Vorteile einer sehr aktiven Möglichkeit, Vertriebs- und Unternehmensentscheidungen zu unterstützen. Wieder zurück zur Vollkostenrechnung. Die Ergebnisrechnung ermittelt den periodischen Gewinn oder Verlust des Unternehmens. Sie bezieht sich damit immer auf einen festgelegten Abrechnungszeitraum, z. B. Monat oder Geschäftsjahr. Es geht dabei immer um eine Gegenüberstellung von Umsätzen und Kosten. Je nach Auslegung besteht mit einer gut organisierten Ergebnisrechnung für ein Unternehmen die große Chance, nicht nur den in einer Periode erzielten Gewinn/Verlust in einer gesamten Summe, sondern sehr detailliert deren Bestimmungs- und Entstehungsgründe zu erkennen. Dies hängt ganz von den Wahlmöglichkeiten zur Ausgestaltung einer sinnvollen Ergebnisrechnung ab, die das Unternehmen nutzt. Es kann die ganze Bandbreite, von der pauschalen Gesamt-Gewinnsumme des Unternehmens bis hin zur detaillierten und aussagefähigen VertriebsErfolgsrechnung entstehen. Abhängigkeit von der Organisation Nur eine wirklich gut organisierte Ergebnisrechnung zeigt die wichtigen entscheidungsrelevanten Daten für das Management.
146
Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
6.1
Ziele und Verfahren der Ergebnisrechnung
Generell betrachtet, besitzt die Ergebnisrechnung drei Ziele: • • •
Ermittlung des Ist-Gewinnes für das Unternehmen in einer Abrechnungsperiode Überwachung der Effizienz des Vertriebes Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Daten für das Management
Das erste Ziel entspricht wieder dem Dokumentationsgedanken der Kostenrechnung. Es ist der tatsächlich eingetretene Gewinn der Periode zu ermitteln, der durch den Verkauf der Produkte entstanden ist. Das zweite Ziel gehört zu dem Überwachungsbereich und den daraus entstehenden Steuerungsdaten. Es wird die Frage gestellt, wie hoch der Gewinn denn hätte sein sollen. Dieser Bereich mit seinen speziellen Analyseverfahren ist dem hier nicht erläuterten Controlling zuzuordnen. Im dritten Ziel wird die große Bedeutung der Ergebnisrechnung sichtbar. Kein anderer Arbeitsbereich der Kosten- und Leistungsrechnung eignet sich so gut als Datenlieferant für Unternehmensentscheidungen wie die Ergebnisrechnung. Aber nur, wie immer wieder hervorgehoben, wenn sie entscheidungsrelevant organisiert ist. Sie wird durch zwei Verfahren erarbeitet, das • •
Gesamtkostenverfahren und das Umsatzkostenverfahren.
Wenn sie richtig aufgebaut und eingeführt sind, kommen beide Verfahren rechnerisch zum gleichen Unternehmensgewinn, jedoch mit völlig unterschiedlichem Informationsgehalt.
Das Gesamtkostenverfahren Mit dem Gesamtkostenverfahren (GKV) kann der Gesamtgewinn bzw. -verlust des Unternehmens in einer Abrechnungsperiode nach folgendem Schema errechnet werden:
147
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Umsatz +/- Bestandsveränderung + Aktivierte Eigenleistung = Gesamtleistung – Kosten = Gewinn/Verlust Das Rechenschema entspricht dem traditionellen Vorgehen und Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung der Buchhaltung. Verkaufte Stückzahl
Der Umsatz bezieht sich auf die Menge der verkauften Produkte, multipliziert mit ihren gültigen Verkaufspreisen. Er ist errechenbar durch die Addition aller Kundenrechnungen und entspricht der Buchung auf dem Umsatzkonto der Buchhaltung. Die Bestandsveränderungen berücksichtigen
Produzierte Stückzahl
Die in Abzug gebrachten Kosten sind im Gesamtkostenverfahren jedoch für die in dieser Periode produzierten Produkte angefallen. Es sind Kosten für die bezahlten Löhne und Gehälter, verbrauchte Materialien, Mietkosten usw. Die Kosten fallen also für die im Unternehmen in dieser Periode erbrachte Leistung an. Es kann jedoch sein, dass diese Monatsleistung nicht vollständig verkauft wird, sondern mit den restlichen Teilen an das Lager geht. Die Lagerbestandserhöhung zählt aber auch zum Leistungsbegriff der Kosten- und Leistungsrechnung. Hier besteht einer der wenigen Fälle, in denen es sinnvoll erscheint, den ausgeschriebenen Namen „Kosten- und Leistungsrechnung“ zu benutzen und nicht nur mit „Kostenrechnung“ abzukürzen. Wenn also der Gewinn errechnet werden soll, der durch die verkauften Waren entstanden ist, dann muss zu dem Umsatz für die verkaufte Leistung auch der Wert der nicht verkauften und dem Lager zugeführten Produkte hinzugezählt werden. Denn für diese Menge an Leistung sind ja auch die Kosten der Periode entstanden. Anders ist es, wenn mehr Produkte verkauft werden als in einem Monat hergestellt wurden. Die Mehrmenge kommt dann aus dem Lager und zählt als Lagerbestandsminderung. In diesem Fall ist von dem Umsatz für die verkauften Produkte der Wert der Lagerbestandsminderung abzuziehen. Dann ist den Kosten für die Produktionsleistung wieder der richtige Leistungsbegriff auf der Umsatzseite gegenübergestellt.
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Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Die Ermittlung eines richtigen Ergebnisses im Gesamtkostenverfahren gelingt also nur durch die Berücksichtigung der Veränderung von Lagerbeständen im Halb- und Fertigfabrikatebereich. Die Bestandsveränderung dient somit als Regulativ, um den richtigen Gewinn zu bestimmen, welcher für die verkauften Produkte entstanden ist.
Bestands veränderung als Regulativ
Die aktivierten Eigenleistungen berücksichtigen Genauso sind auch die aktivierten Eigenleistungen zu betrachten. Mit diesen Leistungen werden Anlagengegenstände, z. B. Maschinen, Bauleistungen usw. durch eigene Mitarbeiter hergestellt. In den Periodenkosten sind die hierfür angefallenen Beträge (Lohn, Gehalt, Abschreibungen usw.) enthalten, und erhöhen daher „unzulässigerweise“ das für die Produktherstellung benötigte und ausgewiesene Kostenvolumen. Um den richtige Gewinn errechnen zu können, ist der Wert der zu aktivierenden Eigenleistung zum Umsatz für die verkauften Produkte hinzuzuzählen.
Selbst erstellte Anlagen
Das Gesamtkostenverfahren erzeugt keine verwertbaren Managementinformationen Das Gesamtkostenverfahren eignet sich nur zu einer wertmäßigen Summenbetrachtung des Gesamtunternehmens. Der ausgewiesene Gewinn gibt eine Information in einem einzigen Betrag und kann nicht weiter detailliert werden. Entstehungsgründe des Gewinnes und z. B. marktspezifische Aussagen über Gewinne bei bestimmten Zielgruppen sind nicht möglich. Es erzeugt keine verwertbaren Steuerungsinformationen für das Management und wird daher im Weiteren nicht ausführlicher behandelt. Beispiel: Gesamtkostenverfahren Ein Unternehmen verkaufte im Januar 2006 1.000 Produkt A zum Stück preis von 50 €. Die Gesamtkosten betrugen in diesem Monat 63.000 €, wovon sich 45.000 € auf den Herstellkostenbereich und 18.000 € auf den Verwaltungs und Vertriebsbereich bezogen. Die Herstellungsmenge betrug im Januar 2006 insgesamt 1.200 Stück A. Gleichzeitig wurde im Januar 2006 eine Maschine selbst hergestellt, wel che mit 9.000 € in den Gesamtkosten enthalten ist. Die nicht verkauften AProdukte gingen an das Lager, dessen Anfangsbe stand zu Beginn der Periode 0 war. Wie hoch ist der Gewinn der Periode?
149
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Zur Lösung dieser Frage ist zunächst zu ermitteln, wie hoch die Herstellkos ten für ein Produkt A sind. Mit diesem Wert ist die Lagerbestandsverände rung zu berechnen. Die Gesamtkosten betragen 63.000 €, wovon zunächst die Kosten für eine selbst hergestellte Maschine abzuziehen sind. Anschlie ßend müssen die Verwaltungs und Vertriebskosten eliminiert werden, da sie nicht aktiviert werden können. Somit ergibt sich folgende Rechnung: Bestandsveränderung: Lager Anfangsbestand Zugang Produkt A Abgang Verkauf Endbestand
0 1.200 1.000 200
Gesamtkosten Kosten Maschine Kosten Verwaltung/Vertrieb Herstellkosten Produkte Herstellkosten je Produkt A
63.000 9.000 18.000 36.000 30
Wert der Lagerbestandserhöhung
6.000
Gewinnermittlung:
Geringer Organisations bedarf
150
Umsatz Bestandserhöhung Aktivierte Eigenleistung Gesamtleistung
50.000 6.000 9.000 65.000
Gesamtkosten
63.000
Gewinn
2.000
Das Gesamtkostenverfahren besitzt geringe Anforderungen an die organisatorische Gestaltung der Kostenrechnung. Man benötigt nur die Gesamtkosten, welche ja unschwer aus der Buchhaltung abzuleiten sind. Die Bestandsveränderung wird normalerweise in der Materialbuchhaltung nachgewiesen. Lediglich der Wert der aktivierten Eigenleistung ist, sofern er im Unternehmen überhaupt vorkommt, etwas komplizierter zu bestimmen.
Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Sie sehen, dass die Gewinnermittlung nach dem Gesamtkostenverfahren wirklich unproblematisch ist. Viele Unternehmen führen daher nur diese Rechnung durch und verlassen sich ausschließlich auf diese Gewinnermittlung. Sie versuchen damit, ihr „Schiff“ zu steuern. Das gelingt jedoch überhaupt nicht, da der ausgewiesene Gewinn im Gesamtkostenverfahren keinerlei Informationswert für das Management besitzt außer der einzigen Information, in welcher Höhe Gewinn oder Verlust tatsächlich angefallen ist. Wie oben schon erwähnt, ist eine Detaillierung und Aufsplittung des Gewinnes auf seine Entstehungsgründe nicht möglich. Informationsgehalt des Gesamtkostenverfahrens Das Gesamtkostenverfahren dient nur zum summarischen Nachweis von Gewinn oder Verlust. Das ist seine wichtige Funktion. Weitere Details können nicht erkannt werden.
Umsatzkostenverfahren Anders rechnet das Umsatzkostenverfahren (UKV). Hier werden dem Umsatz der Produkte die durch diese selbst verursachten Kosten direkt gegenüber gestellt. Das Rechenverfahren lautet entsprechend: Umsatz für verkaufte Produkte +/- Bestandsveränderung – Kosten der Produkte (laut Produktkalkulation) = Gewinn Mit dieser einfachen Formel wird genau der „richtige“ Gewinn ausgewiesen, welcher aussagt, was durch den Verkauf der Produkte verdient wurde. Im Gesamtkostenverfahren entsteht diese Größe erst durch die Ermittlung einer komplizierten Wertdifferenz. Im Umsatzkostenverfahren sind also vom Umsatz, der durch den Verkauf vieler Produkte entsteht, exakt deren Kosten zu subtrahieren, damit der Gewinn ausgewiesen werden kann.
151
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Das Umsatzkostenverfahren rechnet transparenter Um die Kosten der Produkte zu erhalten, müssen natürlich jeweils entsprechende Kalkulationen vorhanden sein, welche selbst wieder eine Kostenstellenrechnung voraussetzen. Großer Organisations bedarf
Damit wird klar, dass die Anwendung des Umsatzkostenverfahrens die Einrichtung aller Arbeitsgebiete der Kostenrechnung im Unternehmen voraussetzt. Das Umsatzkostenverfahren stellt somit wesentlich höhere Anforderungen an die innerbetriebliche Organisation als das Gesamtkostenverfahren. In Abb. 15, S. 153 wird nochmals das bereits erläuterte Gesamtsystem der Kostenrechnung dargestellt, um damit die Einordnung des Umsatzkostenverfahrens besser erläutern zu können. Eine Ergebnisrechnung in Form des UKV stellt das Ende des gesamten Werteflusses in gut aufgebauten Kostenrechnungen dar. Nach den vielen Rechenprozessen in den Arbeitsgebieten der Kostestellenrechnung und der Kalkulation müssen hier alle Kosten vollständig „landen“. Den Erlösen können damit die gesamten Kostensummen gegenübergestellt werden. Um es nochmals zu wiederholen: Die ausgerechnete Gewinninformation ist nur dann für Managemententscheidungen zu verwenden, wenn der gesamte Wertefluss und die Organisation der Kostenrechnung zuverlässig aufgebaut sind. Die Informationskanäle für das Umsatzkostenverfahren Abb. 15 S. 153 zeigt klar die wichtigen Informationskanäle für das Umsatzkostenverfahren. Zunächst werden im Arbeitsbereich der Fakturierung alle Rechnungen für die in der Berichtsperiode versandten Waren erstellt, die nun als „Umsatz“ in die Ergebnisrechnung einfließen. Natürlich je Einzelrechnung.
Umsatzdatei und Kalkulations datei
152
Über die Artikel-Nummer der einzelnen fakturierten Produkte wird auf deren Kosten laut Kalkulationsdatei zugegriffen. Damit kann jeder verkaufte Artikel mit seinen Kosten, den zugehörigen Umsätzen und natürlich mit seinem Gewinn gezeigt werden. Dieses Vorgehen entspricht einer Addition der Daten aus der Artikelerfolgsrechnung. Zusätzlich werden alle Kosten, die nicht in den Produktkosten der Kalkulation enthalten sind, aus der Kostenstellenrechnung in die Ergebnisrechnung übernommen.
Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Buchhaltung Buchhaltung Kalk. Kosten
Kostenrechnung
Material Kosten (Einzelkosten)
Gemeinkosten
Kostenstellen rechnung Was kosten die Kostenstellen ?
Leistungsmenge x Kostensatz
Kalkulation Was kosten die Produkte ?
Kosten der verkauften Produkte
“Fixkosten” und Verrechnungsdifferenzen
Umsatz
Ergebnis rechnung Wie hoch ist der Gewinn ?
Abb. 15: Gesamtsystem der Kostenrechnung (Wiederholung)
Der gesamte Periodengewinn eines Unternehmens ergibt sich im Umsatzkostenverfahren somit aus der Addition vieler Einzelgewinne der Produkte. In einer Analyse dieses Gewinnes ist unschwer zu erkennen, welche Produkte Gewinn und welche Verluste verursachen. Auf Grund der detaillierten Datenbasis sind eine Vielzahl weiterer Analysen durchführbar. Die Vorteile des Umsatzkostenverfahrens Der Vorteil des Umsatzkostenverfahrens liegt somit, im Gegensatz zum Gesamtkostenverfahren, in der vollständigen Analysierfähigkeit des Gewinnes. Hier entsteht eine Menge von entscheidungsrelevanten Daten, die das Management dringend benötigt. Darauf wird im nächsten Kapitel näher eingegangen.
Mehr Vorteile als Nachteile
Als Nachteil gilt lediglich die schon erwähnte Anforderung an die kostenrechnerische Infrastruktur. Die Informationslawine Wenn das Umsatzkostenverfahren richtig strukturiert wird, entsteht dar aus geradezu eine „TopInformationslawine“ für das Management. Die Datenqualität reicht von operativ verwertbaren Aussagen bis hin zu stra tegisch sehr relevanten Informationen.
153
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Beispiel: Umsatzkostenverfahren Es wird von den gleichen Daten wie im Gesamtkostenverfahren ausge gangen. Im Januar 2006 werden somit 1.000 Produkte vom Typ A ver kauft. Hergestellt wurden 1.200 Stück. Die Herstellkosten betragen laut obiger Lösung in Summe 36.000 €. Pro hergestelltem Stück ergeben sich demnach 30 €. Die Verwaltungs und Vertriebskosten in Höhe von 18.000 € beziehen sich immer auf die verkaufte Menge, so dass sie pro Stück 18 € betragen. Damit ergeben sich Selbstkosten je Stück in Höhe von 48 €. Damit gilt folgende Rechnung: Umsatz Kosten des Umsatzes Gewinn
50.000 48.000 2.000
Der große Datenvorteil im Umsatzkostenverfahren liegt darin begründet, dass der Gewinn je einzelnem verkauften Artikel gerechnet werden kann. Die Diskussion, ob ein Stückgewinn auf Vollkostenbasis aussagefähig ist oder nicht und doch besser durch Deckungsbeiträge je Artikel ersetzt werden sollte, wird später geführt. Hier geht es jetzt um einen wichtigen organisatorischen Aspekt, der für die Voll- und Teilkostenrechnung gilt. Erkennen Sie die Entstehungsgründe des Gewinns Die hohe Analysierfähigkeit des Umsatzkostenverfahrens wird im Folgenden beispielhaft erläutert. Ausgegangen wird davon, dass der Kunde einen Artikel kauft. In der Kostenrechnung steht je Einzelartikel also die Gewinnhöhe fest. Nun liegt in dem Verkaufsakt des Artikels, dem „Point of Sales (POS)“ eine ungeheure strategische Kraft. In diesem Moment kommen alle Daten des Käufers mit denjenigen des Unternehmens zusammen. Grund genug, all diese mit großer Sorgsamkeit aufzunehmen und im Umsatzkostenverfahren auszuwerten. Mit Sicherheit können im Gesamtkostenverfahren keine vergleichbaren Auswertungen erzeugt werden.
154
Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Im POS können z. B. folgende Kundendaten erfasst werden: • • • • •
Wohnort Land Branche Alter Geschlecht
Unternehmensdaten sind etwa: • • • • • • • •
Gekauftes Produkt Zugehörig zu Produktfamilie Zugehöriges Profit-Center Betreuender Vertreter Betreuende Verkaufsgruppe Kundenalter Cross-Selling-Gewohnheiten Einkaufsvolumen des Kunden
Abhängig vom Produkt und dessen Markt sind natürlich noch eine Menge anderer Daten im POS erfahrbar. Um es noch einmal zu betonen. Es ist völlig klar, dass diese Aussagen auf Basis der Deckungsbeitragsrechnung natürlich noch viel besser sind. Wenn ich als Kostenrechner nun über den Kundenstammsatz oder eine zusätzliche Datenquelle den Wohnort des Kunden kenne, dann ist es doch möglich, alle Kundenverkäufe nach diesem Ort abzufragen und den Gewinn eines Ortes zu ermitteln. Was verdiene ich in München oder in Berlin? Mit welchen Artikeln? Welche Altersgruppe ist besonders kaufaktiv?
Welcher Kunde bringt Gewinn?
Beliebige andere Kombinationen sind machbar, z. B.: Welcher Vertreter ist besonders gut? In welcher Branche habe ich sinkende oder steigende Umsätze? Welche Produkte werden von langjährigen oder Neu-Kunden gekauft? Welche Kunden kaufen noch andere Produkte? Es ist klar, dass solche Daten absolut strategischen Charakter besitzen. Welche Verschiebungen auf dem Markt erkenne ich daraus? Ändern sich etwa die Kaufgewohnheiten meiner Kunden? Usw.
155
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
ProfitCenter Abrechnungen
Eine wichtige Auswertung, welche wieder auf der Darstellung der Stückgewinne je Artikel basiert, ist auch eine Profit-Center-Rechnung im Unternehmen. Ein Profit-Center stellt eine organisatorische Einheit innerhalb des Unternehmens dar, welches rechtlich nicht selbstständig ist. Der Leiter des Profit-Centers ist gewinnverantwortlich für sein Geschäft. Die Kostenrechnung hat nun die schwierige Aufgabe, alle Kosten und Erträge, welche durch ein Profit-Center verursacht werden, diesem auch genau zuzurechnen. Dies gelingt natürlich nur im Umsatzkostenverfahren. Alle verkauften Artikel müssen ganz eindeutig einem Profit-Center zugerechnet werden können, dann sind die Umsätze und Gewinne auf dieses kumulierbar. Diese Beispiele zur Analysemöglichkeit sollten die große Gestaltungsmöglichkeit der Auswertungen des Umsatzkostenverfahrens aufzeigen. Da eine Profit-Center-Abrechnung mithilfe der Teilkostenrechnung wirklich spannend und organisatorisch anspruchsvoll ist, wird sie später näher erläutert.
6.2
Übereinstimmung von Gesamtkosten und Umsatzkostenverfahren
Trotz unterschiedlicher Aussagekraft, kommen beide Verfahren, das Gesamtkostenverfahren und das Unsatzkostenverfahren bei richtiger Organisation zum gleichen Ergebnis, wie in Abb. 16, S. 157 schematisch dargestellt. Beide Verfahren basieren auf der gleichen Datenschnittstelle zur Buchhaltung. Das Gesamtkostenverfahren addiert lediglich die Kostenartensummen. Das Umsatzkostenverfahren basiert auf einer Zergliederung und Aufteilung der übernommenen Kostenarten in die Arbeitsgebiete der Kostenstellenrechnung und der Kalkulation. Anschließend münden alle Kosten in der Ergebnisrechnung. Das bedeutet, dass das verarbeitete Kostenvolumen in beiden Verfahren gleich hoch ist. Die Schwierigkeit liegt lediglich im richtigen und abgestimmten Datenfluss innerhalb der Systeme.
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Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren kommen zum gleichen Ergebnis, wenn man die Systeme richtig einrichtet !
Umsatzkosten verfahren
Gesamtkosten verfahren +/ + = =
Umsatz Bestandsveränderung aktivierte Eigenleistung Leistung Kosten Gewinn / Verlust
Umsatz Kosten des Umsatzes = Gewinn / Verlust
identischer Betrag
Abb. 16: Umsatzkosten und Gesamtkostenverfahren
Grundlage der Übereinstimmung beider Verfahren ist die geschlossene Gestaltung des sachlichen Zusammenhangs der einzelnen Arbeitsbereiche der Kostenrechnung. Dieser Zusammenhang und der damit verbundene Datenfluss wird nun an einem Beispiel anhand der Abb. 17, S: 158 bis Abb. 19, S. 161 erläutert. Der Leser wird gewarnt. Der häufig erwähnte Wertefluss wird an einem Beispiel dargestellt, um dem Leser letztmalig die Gelegenheit zu geben, diesen zu verstehen. Und diese Vermittlung ist wirklich trocken. Der Ertrag liegt jedoch im Verständnis des Zusammenhangs und im Zugang zum wichtigen Kapitel 2 „Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge“ S. 219 im Teil „Die Werkzeuge in der Praxis“. Der Wertefluss in der Kostenrechnung beginnt mit der Datenübernahme aus der Buchhaltung. Es sei im Weiteren unterstellt, dass alle relevanten Daten vollständig übernommen und mit kalkulatorischen Kosten ergänzt wurden. Nun sind als erster Schritt die Gemeinkosten aus dieser Kostensumme herauszulösen und in die Kostenstellenrechnung weiterzuleiten. Im Betriebsabrechnungsbogen werden einerseits die Kosten der Kostenstellen ermittelt, aber auch die Höhe der in die Kalkulation verrechneten Kosten. Bei einem BAB mit Normal- oder Plankosten entstehen somit Verrechnungsdifferenzen.
157
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Verrechnungsdifferenzen im BAB An einem durchgängigen Beispiel wird der Wertefluss erläutert. Das Beispiel greift auf den bekannten Betriebsabrechnungsbogen in Abb. 10, S. 113 zurück. Dort werden gezeigt Istkosten und verrechnete Kosten für die Materialgemeinkosten, Fertigungskosten, Verwaltungsgemeinkosten und Vertriebsgemeinkosten. Die sich jeweils ergebenden Unterbzw. Überdeckungen (Verrechnungsdifferenzen) der Materialstelle mit + 6.520, der Fertigungsstelle mit – 5.500 und der Kostenstellen für Verwaltung mit + 4.556 und Vertrieb mit – 6.113 ergeben addiert den Betrag von – 537 €. In der Abb. 17 ist derjenige Teil des BAB aus Abb. 10, S. 113 dargestellt, welcher die verrechneten Kosten und die Verrechnungsdifferenzen ausweist. Links oben in der Abbildung ist der zugehörige Ausschnitt aus Abb. 15, S. 153 (Gesamtwertefluss) wiederholt. Kostenstellen rechnung Was kosten die Kostenstellen ?
Leistungsmenge x Kostensatz
Grundprinzip Betriebsabrechungsbogen Su Gemeinko.2
32.600
117.500
35.600
54.300
Basis
652.000 Mat.einzelko.
2.000 Fert.Stunden
802.100 HK
802.100 HK
IstZuschlag IstKost.satz
5% MGK
58,75
201.000
Normalzusch./KoSa Verr. Kosten Über/Unter deckung
4% VerwGK
7% VtGK
6% 39.120
56,00 112.000
5% 40.156 HK803.120
6% 48.187 HK803.120
6.520
5.500
4.556
6.113
Summe Verrechnungsdifferenzen (Unter/Überdeckung) € 537
Abb. 17: Betriebsabrechnungsbogen
Nun werden in dem Beispielunternehmen im Berichtsmonat zwei Produkte (1 und 2) hergestellt und verkauft. Für die Produktion fallen in Summe die im BAB aufgeführten 2.000 Fertigungsstunden an, und die Materialeinzelkosten für beide Produkte betragen 652.000 €. Somit ergeben sich als (verrechnete) Herstellkosten für beide Produkte 803.120 €. Der BAB zeigt somit die Daten der Periodenrechnung. Im Arbeitsgebiet der Kalkulation ist jedoch die Stückinformation gefragt.
158
Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Produkt 1 und Produkt 2 (siehe die folgende Abb. 18) werden mit ihrem individuellen Mengenverbrauch und den Kalkulationsfaktoren (Normal- oder Planfaktoren) laut BAB kalkuliert. Produkt 1 benötigt Materialeinzelkosten in Höhe von 320.000 € und Produkt 2 in Höhe von 332.000 €. Die Summe ergibt die aufgeführten 652.000 €. Beaufschlagt um 6 % Normal- (Plan-) Materialgemeinkostenzuschlag ergeben sich in Produkt 1 verrechnete Materialgemeinkosten in Höhe von 19.200 € und in Produkt 2 in Höhe von 19.920 €. In Summe 39.120 €, wie im BAB unter den verrechneten Materialgemeinkosten der Periode nachzulesen ist. Produkt 1 benötigt zur Herstellung 1.200 und Produkt 2 800 Fertigungsstunden. In Summe 2.000, dokumentiert im BAB. Bewertet mit dem Normal- (Plan-) kostensatz in Höhe von 56 € ergeben sich für Produkt 1 verrechnete Fertigungskosten in Höhe von 67.200 € und für Produkt 2: 44.800 €. Zusammen 112.000 €, ausgewiesen im BAB. Die Summe über beide Produktkalkulationen zeigt somit alle Einzelkosten und verrechneten Kosten des Betriebsabrechnungsbogens. Dieser Datenfluss muss auch in der Realität und selbst bei großen Systemen klar erkennbar und abstimmbar sein.
Leistungs menge x Kosten satz
Kalku lation Was kosten die Produkte ?
Produkt 2 Material 332.000 MGK 6 % 19.920 Fert. 800 Std x 56 44.800 HK 396.720 Verw. 5 % 19.836 Vertrieb 6 % 23.803 SK 440.359
Material
Produkt 1 Material MGK 6% Fert. 1200 Std x 56 HK Verw. 5 % Vertrieb 6 % SK
320.000 19.200 67.200 406.400 20.320 24.384 451.104
Summe Produkte Material MGK 6 % Fert. 2000 Std x 56 HK Verw. 5 % Vertrieb 6 % SK
652.000 39.120 112.000 803.120 40.156 48.187 891.463
= verrechnete Kosten
Abb. 18: Werteflussteil Kalkulation
159
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Das gleiche gilt für die in der Kalkulation von Produkt 1 und 2 jeweils errechneten Herstellkosten (HK) und deren Beaufschlagung mit Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkostenzuschlägen. Die je Produkt errechneten Selbstkosten (SK) ergeben in Summe 891.463 €. In Abb. 18, S. 159 ist oben links der zugehörige Ausschnitt aus Abb. 15, S. 153 enthalten. Stückgewinne und Gesamtgewinne In der Ergebnisrechnung werden dem Produktumsatz die Selbstkosten laut Produktkalkulation gegenübergestellt und ein Gewinn errechnet. In Abb. 19, S. 161 sind die Produktgewinne ausgewiesen. Der Umsatz für Produkt 1 beträgt 460.000 € und für Produkt 2: 440.000 €. Diese Daten stammen aus der Fakturierung und sind in die Ergebnisrechnung zu überführen. Damit können aus der Kalkulationsdatei die Selbstkosten für Produkt 1 und 2 als Kosten der verkauften Produkte herausgeholt und den Selbstkosten gegenübergestellt werden. Der Gesamtgewinn laut Ergebnisrechnung lässt sich durch die Addition der einzelnen Produktgewinne bestimmen und beträgt 8.537 €. Er dokumentiert das operative Betriebsergebnis, welches durch den Verkauf der Produkte entstanden ist. Dieser operative Gewinn ist zur Beurteilung der Vertriebsanstrengungen usw. sehr wichtig. Er zeigt, ob mit dem Verkauf der Produkte 1 und 2 ein Gewinn erreichbar ist. Einbindung der Verrechnungsdifferenzen Er bietet jedoch noch keine Möglichkeit der Abstimmung zu den Zahlen des Gesamtkostenverfahrens bzw. der Gewinn- und Verlustrechnung. Hier fehlen noch die verschiedenen Verrechnungsdifferenzen aus den Arbeitsbereichen der Kostenrechnung. Sie sind direkt von dort in die Ergebnisrechnung zu übernehmen. Im Beispiel umfassen diese lediglich die vorgenannten – 537 €. Falls keine kalkulatorischen Kosten im System der Kostenrechnung verwendet werden und in der Gewinnund Verlustrechnung kein neutrales Ergebnis anfällt, müsste der ausgewiesene Gewinn in Höhe von 8.000 € mit der G+V übereinstimmen.
160
Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung
Kosten der verkauften Produkte
„Fixkosten“ und Verrechnungsdifferenzen
Produkt 1 Umsatz Kosten Gewinn
460.000 451.104 8.896
Produkt 2 Umsatz Kosten Gewinn
440.000 440.359 359
Ergebnis rechnung
Umsatz
Wie hoch ist der Gewinn ?
Ergebnisrechnung Umsatz Prod. 1+ 2 Kosten “ Gewinn du. Prod.verk. +/ Verr.diff lt. BAB Gewinn, abstimmbar zur Gewinn/+Verlustr.
900.000 891.463 8.537 537 8.000
Abb. 19: Werteflussteil Ergebnisrechnung
Die Teilgrafik aus der Abb. 15, S. 153 zeigt den Informationsfluss, der zur Erarbeitung der Ergebnisrechnung vorhanden sein muss. Bei der gestrichelten Linie in obiger Abb. 19 ist als Text neben den Verrechnungsdifferenzen das Wort „Fixkosten“ zu lesen. Die Überleitung dieser Kosten hängt von dem System der Kostenrechnung ab. Wird in der Ergebnisrechnung ein Vollkostensystem benutzt, wie hier im Beispiel unterstellt, sind die Fixkosten unbekannt, da die Vollkostenrechnung nicht in fixe und variable Teile trennt. Wird jedoch eine Teilkostenrechnung verwendet, wie weiter unten noch erläutert, sind aus der Kostenstellenrechnung neben den Verrechnungsdifferenzen auch Fixkosten zu übernehmen. Geschlossener Wertefluss Die wichtige Abstimmung des Umsatzkostenverfahrens mit dem Gesamt kostenverfahren gelingt nur, wenn ganz konsequent alle Verrechnungs differenzen genau dokumentiert und ihre Salden in die Ergebnisrechnung verrechnet werden. Es liegt dann ein geschlossener Wertefluss vor. Erst wenn keine Abstimmdifferenz zwischen Gewinn- und Verlustrechnung und Ergebnisrechnung vorhanden ist, kann von einer richtigen Verarbeitung in der Kostenrechnung ausgegangen werden. Die Bedeutung der Abstimmung wird weiter unten noch detailliert ausgeführt. Ist eine Abstimmung nicht genau möglich, können letztlich keine verwertbaren Aussagen über einzelne Produktgewinne gemacht werden.
161
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Sind darauf unternehmerische Entscheidungen aufzubauen, können sie erheblich fehlerhaft sein. Eine Aufgabe mit Lösung für dieses Kapitel finden Sie auf der CDROM.
162
7
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
Es wurde in den vorangegangenen Ausführungen immer wieder erwähnt, dass die Teilkostenrechnung bessere Aussagen für das Management erlaubt als die Vollkostenrechnung. Vor allem gilt dies für Unternehmen, deren Produkte einen Wiederholungsgrad aufweisen. Die besseren Aussagen entstehen allerdings nur, wenn die Teilkostenrechnung tatsächlich auch gut eingerichtet wird. Dies unterschätzen viele Kostenrechner. Was ist nun konkret an Problemkreisen zu beachten, wenn ein verwendungsfähiges System implementiert werden soll? In der Vollkostenrechnung gibt es nur einen einzigen Kostenbegriff, d. h. es erfolgt keine Aufteilung in fixe und variable Kosten. Die Teilkostenrechnung unterteilt nun konsequent in diese beiden Kostenkategorien. Zur Wiederholung: Variable Kosten verändern sich mit der Beschäftigung im Unternehmen, während fixe Kosten trotz variierender Beschäftigung konstant bleiben. Variable Kosten sind daher von der produzierten Stückzahl abhängig, während fixe Kosten periodisch anfallen. Diese Grundlage der Teilkostenrechnung entspricht der Wirklichkeit und erlaubt daher viel realitätsnähere Aussagen und Betrachtungen, als es in der Vollkostenrechnung möglich ist.
7.1
Die Nachteile der Vollkostenrechnung
In der Vollkostenrechnung werden alle Produktkosten auf ein Stück bezogen, z. B. in Form der Selbstkosten. Es wird dabei fälschlicherweise unterstellt, dass alle Kosten aufteilbar sind, und damit auch die in diesem System nicht bekannten Fixkosten. Es wird somit angenommen, dass sie sich proportional zur Stückzahl verändern. Wenn in den obigen Darstellungen von einem Stückgewinn eines Produktes gesprochen wurde, dann sind in den Selbstkosten dieses Produktes bestimmte Fixkostenanteile eingerechnet. Der Stückgewinn ist damit keine realistische
163
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
und verlässliche Größe, da er unterstellt, dass alle anteilig verrechneten Kosten tatsächlich auch in dieser Höhe angefallen sind. Falsche Zuordnung der Fixkosten in der Vollkostenrechnung Es entsteht in der Vollkostenrechnung eine Reihe von Fehlinformationen, die alle mit der falschen Zuordnung der Fixkosten zusammenhängen. Rückläufige Beschäftigung ist problema tisch
Beispielsweise werden häufig bei rückläufiger Beschäftigung die anfallenden Kosten durch die geringere Beschäftigungsmenge dividiert, es entstehen steigende Kostensätze, weil die Fixkosten konstant bleiben. Gibt nun die Betriebsabrechnung die höheren Kostensätze an die Kalkulationsabteilung weiter und werden aus Produktkalkulationen Angebotspreise abgeleitet, steigt die Gefahr, dass aus den Angeboten wegen zu hoher Preise keine Aufträge entstehen. Die Unterbeschäftigung steigt entsprechend weiter. Die Teilkostenrechnung trennt nun die Gesamtkosten ganz konsequent in fixe und variable Bestandteile. Sie vermeidet durch die stückmäßige Verrechnung der variablen und die periodenbezogene Berücksichtigung der fixen Kosten nicht verursachungsgerechte Fixkosten-Proportionalisierung und -schlüsselungen.
Die Kostensplit tung bringt es!
Der Unterschied zwischen Vollkosten- und Teilkostenrechnung liegt also nur in der Kostensplittung (auch Kostenauflösung genannt). Dadurch entstehen auch unterschiedliche Rechenprozesse. Die Grundsystematik der Arbeitsgebiete der Kostenrechnung bleibt jedoch vollständig erhalten. Das bedeutet, dass die Kostenstellenrechnung mit den oben beschriebenen Verfahren vollständig und richtig auch in der Teilkostenrechnung funktioniert, ebenso die Kalkulation. Auch die Verfahren der Ergebnisrechnung laufen im Prinzip genauso ab, allerdings mit gewissen Anpassungen. Diese werden im Folgenden beschrieben.
7.2
Variable Kosten in die Kostenrechnung einführen
Normalerweise denkt man, wenn der Begriff der Teilkostenrechnung fällt, nur an das Arbeitsgebiet der Ergebnisrechnung, da dort der neue und wichtige Begriff der Deckungsbeiträge entsteht. Das ist jedoch überhaupt nicht richtig, weil diese Deckungsbeiträge erst dann erre-
164
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
bar sind, wenn das ganze System der Kosten durchgängig mit variablen und fixen Kosten rechnet.
Variable und fixe Kosten entstehen in der Kostenstellenrechnung und der Kalkulation Material kosten
Kostenstellen rechnung Was kosten die Kostenstellen ?
Kalkulation Leistungsmenge x Kostensatz
variabel
Was kosten die Produkte ?
variable Kosten Kosten der verkauften Produkte
„Fixkosten“ und Verrechnungsdifferenzen
Ergebnis rechnung
Umsatz
Wie hoch ist der Gewinn ?
Abb. 20: Entstehungsorte der variablen und fixen Kosten
Die Abb. 20 zeigt, dass im gesamten System der Teilkostenrechnung variable und fixe Kosten getrennt verrechnet werden. In der Ergebnisrechnung fließen alle Informationen zusammen. Dort entstehen jedoch keine variablen und fixen Kosten, hier werden sie nur zusammengeführt. Ursprung variabler Kosten Variable und fixe Kosten finden ihren Ursprung in den Arbeitsgebieten der Kostenstellenrechnung und der Kalkulation. In der Ergebnisrechnung werden sie nur verarbeitet.
Variable Kosten in der Kostenstellenrechnung Die Kosten für die Kostenstellenrechnung stammen aus der Buchhaltung. Sie werden von dort übernommen, wie es im Kapitel „Das Kostenvolumen bestimmen – die Kostenartenrechnung“ beschrieben ist. Das Ziel der Kostenstellenrechnung liegt in der Dokumentation der angefallenen Kosten je Kostenstelle.
165
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Nun entsteht die Frage, ob ganz zu Beginn des Werteflusses den einzelnen Kostenarten der Kostenartenrechnung bzw. den einzelnen Buchhaltungskonten mit ihrem Ist-Aufwand bereits schon ein fixer oder variabler Charakter zugeordnet werden kann. Sind also z. B. Löhne, Instandhaltungskosten, Materialkosten, Miete, Werkzeugkosten, kalkulatorische Abschreibungen grundsätzlich fix bzw. variabel? Wann werden die Kosten in fixe und variable aufgespaltet? Wäre dies so schön einfach zuordenbar, dann hätte mancher Kostenrechner ein sorgenfreieres Leben. Das trifft jedoch leider nicht zu. Wenn also eine einfache Zuordnung auf Ebene der Kostenarten nicht möglich ist, dann bedeutet dies auch, dass im Arbeitsgebiet der Kostenartenrechnung über fixe und variable Kosten noch nicht gesprochen werden kann. Das gilt auch für die gesamte Istkostenermittlung der Kostenstellenrechnung. Die Istkosten einer Kostenstelle sind nicht in fixe oder variable Teile aufzuspalten. Wo aber fängt dann die Aufteilung in diese beiden Kostenelemente an? Antwort: in einer separaten Kostenplanung je Kostenstelle. Also immer in einer zu den Istkosten parallelen Betrachtung. Auch aus diesen Gründen wurde in dem obigen Kapitel der Kostenstellenrechnung die flexible Plankostenrechnung dargestellt. Diese will eine Messlatte zur Beurteilung der Istkosten zur Verfügung stellen. In der flexiblen Plankostenrechnung wird das Problem der Kostenaufteilung in fixe und variable Anteile deutlich, denn sie möchte eine Verbindung von Beschäftigungsänderung und Kostenänderung herstellen, vgl. Abb. 11, S. 117. Es wird dort anschaulich, dass es keine variablen Kosten an sich gibt. Sie sind immer bezogen auf den definierten Output einer ganz spezifischen Kostenstelle. Wenn die Leistung einer Kostenstelle z. B. in Fertigungsstunden gemessen wird, dann sind nur diejenigen Kosten als variabel zu definieren, welche sich mit dem Leistungsumfang der Fertigungsstunden verändern. Variable Kosten beziehen sich auf messbare Größen
166
Variable Kosten gibt es also nicht generell, sondern sie sind immer variabel bezogen auf eine ganz bestimmte technisch messbare Größe. Diese Größe kann von Kostenstelle zu Kostenstelle unterschiedlich sein, genauso wie der dort festgestellte Anteil der variablen Kosten. Es gibt somit Kostenstellen mit einem hohen und niedrigen Anteil von variablen Kosten. Der Anteil von variablen Kosten an den Gesamtkosten einer
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
Kostenstelle kann auch null sein, dann liegt eine Kostenstelle mit ausschließlich Fixkosten vor. Allerdings bestehen einige Kostenarten, die sich in fast allen Kostenstellen ähnlich verhalten. Sie werden oft als Standardbeispiele für variable und fixe Kosten z. B. Werkzeugkosten (variabel) und Miete (fix) genannt. Aufteilung in variable und fixe Kosten auf Basis der Kostenstelle Wichtig ist jedoch für die weitere Betrachtung, dass die Aufteilung in variable und fixe Kosten immer auf Basis der Kostenstelle geschieht. Im Rahmen einer Kostenplanung je Kostenstelle sind deren gesamte Plankosten zu ermitteln und in fixe und variable Teile aufzuspalten. Die Festlegung in fixe und variable Teile geschieht immer durch die Frage: „Wie verändert sich eine bestimmte Kostenart, wenn die Bezugsgröße (z. B. Stunden) deutlich steigt oder fällt?“ Als Ergebnis gibt es Kostenarten, die sich voll proportional zur Bezugsgröße verändern. Diese sind zu 100 % variabel. Verändert sich eine Kostenart überhaupt nicht, dann ist sie fix. Viele Kostenarten verändern sich nur teilweise. Dann sind diese anteilig fix und variabel.
Die Kostenpla nung steht im Zentrum
Basis der Kostensplittung Die Kostenstellenrechnung kann eine Kostensplittung in fixe und variable Teile nur mithilfe einer qualifizierten Kostenplanung durchführen. Anteilig fixe und variable Kosten Als erstes Beispiel für solche anteilig fix und variable Kostenarten sollen die kalkulatorischen Abschreibungen dienen. Ein Abschreibungsbetrag einer Maschine, ermittelt mit der geplanten Nutzungsdauer bezieht sich normalerweise auf eine einzige Arbeitsschicht. Wird eine Maschine jedoch zweischichtig genutzt, dann wird sie schneller verschleißen und deshalb höher abgeschrieben werden müssen. Also gibt es einen Anteil innerhalb des Abschreibungsbetrages, welcher durch die Nutzung bestimmt wird. Ein anderer Teil wird aber durch das technische Veraltern ausgelöst. Auch wenn eine Maschine überhaupt nicht genutzt wird, verliert sie trotzdem an Wert. Dieser Anteil wäre dann fix. Somit setzt sich ein Abschreibungsbetrag aus einem fixen (zeitabhängigen) und einem variablen (leistungsabhängigen) Teil zusammen.
kalkulatorische Abschreibungen als Beispiel
167
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Solche Überlegungen finden bei vielen Kostenarten statt. Ein weiteres praxisnahes Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet in der Lagerverwaltung und bekommt dafür Hilfslohn. Es ist jetzt zu analysieren, wie viele Mitarbeiter für diese Tätigkeit denn notwendig wären, wenn die Beschäftigung um 50 % steigt. Angenommen, es wäre eine zusätzliche halbe Stelle. Anschließend muss überlegt werden, welche Einsparung möglich wäre bei einem Rückgang der Beschäftigung um 50 %. Auch hier wäre das Ergebnis ein halbe Stelle. Dann ergibt sich für die Beurteilung der Hilfslohnsumme dieses Mitarbeiters, dass sie je zur Hälfte fix und variabel ist. Nach diesem Verfahren ist jede Kostenart innerhalb einer Kostenstelle zu analysieren. Die Summe der Plankosten einer Kostenstelle lässt sich somit durch die Addition einzelner Kostenarten aufspalten in einen fixen und variablen Anteil. Warum ist dieses arbeitsreiche Verfahren zur Aufspaltung der Kosten hier wichtig? Weil in der Planung der Kostenstellenkosten nicht nur die Gesamtkosten, sondern auch ein Plankostensatz je Leistungseinheit ermittelt wird. Mit diesem Plankostensatz werden alle angefallenen Leistungen einer Kostenstelle in das Arbeitsgebiet der Kalkulation weiterverrechnet. Variable Kostensätze
Nun kann man sich überlegen, wie die Kosten einer Kostenstelle zu verrechnen sind. Werden die fixen Kosten von vornherein in der Weiterverrechnung abgespalten und direkt in die Ergebnisrechnung weiterbelastet, verbleiben in der Kostenstelle nur die variablen Kosten. Diese sind dann über einen variablen Plankostensatz in die Kalkulation zu verrechnen. Diese Situation ist in Abb. 20, S. 165 dargestellt. Dort wird gezeigt, dass die Leistungsverrechnung nur zu variablen Kosten erfolgt und somit in der Kalkulation der Produkte auch nur variable Kosten für die Fertigungsleistung ankommen. Alle fixen Kosten sind um die Produktkalkulation herumzuführen und direkt in die Ergebnisrechnung zu belasten.
Variable Kosten in der Kalkulation Das Arbeitsgebiet der Kalkulation soll die Herstell- und Selbstkosten eines Produktes ermitteln. Es besitzt zwei Dateninputs: Die Kostenver-
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Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
rechnung aus der Kostenstellenrechnung und die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung. Wenn es um variable Kosten in der Kalkulation geht, dann ist die Sache relativ einfach. Denn die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung, im Wesentlichen die Materialkosten, besitzen immer variablen Charakter. Das bedeutet, dass entsprechend dem Schema der Zuschlagskalkulation im Arbeitsgebiet der Kalkulation die variablen Fertigungskosten zu den variablen Einzelkosten hinzuaddiert werden und so variable Herstellkosten (und möglicherweise Selbstkosten) entstehen. Werden in der Kalkulation nur diese variable Kosten ermittelt, stehen für alle Nutzer dieses Arbeitsgebietes auch nur diese Kosten zur Verfügung. Das betrifft die Ergebnisrechnung und auch die Lagerbewertung. Wichtige Erkenntnis für den Wertefluss mit variablen Kosten: Aus dem Arbeitsgebiet der Kalkulation sind variable Kosten aller Produkte abrufbar. Sie stehen damit für die Verwendung in der Ergebnisrechnung zur Verfügung.
Variable Her stellkosten
Neben der Datenbereitstellung für die Ergebnisrechnung können die variablen Kosten auch innerhalb der Kalkulation intensive Verwendung finden. Dies betrifft die Artikelerfolgsrechnung, die jetzt auf Teilkostenbasis entsteht. Im Vordergrund steht der Deckungsbeitrag eines Produktes. Er wird ermittelt nach der bekannten Grundrechnung:
Endlich! Der Deckungs beitrag
– =
Verkaufspreis eines Produktes(Umsatz) Variable Kosten dieses Produktes Deckungsbeitrag dieses Produktes
Wichtige variable Herstellkosten Variable Herstellkosten aus der Kalkulation bilden die Grundlage für die Ermittlung der Deckungsbeiträge.
Variable und fixe Kosten in der Ergebnisrechnung Der größte Nutzen einer Aufspaltung der Kosten in fixe und variable Kosten entsteht zweifellos in der Ergebnisrechnung. Wie oben bereits erwähnt, erfolgt dort selbst keine Aufteilungstätigkeit, sondern die in den anderen Arbeitsgebieten ermittelten variablen und fixen Kosten werden hier nur zusammengeführt.
169
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Die variablen Kosten stammen, wie erläutert, aus dem Arbeitsgebiet der Kalkulation und die fixen fließen direkt aus der Kostenstellenrechnung ein. Die Fixkosten sind Kostenstellenkosten, welche nicht leistungsabhängig verrechnet werden können, z. B. die Kosten der Vertriebsabteilung, der Verwaltung usw. Sondereinzel kosten des Vertriebs
Allerdings besteht eine kleine Ausnahme. Wenn in Unternehmen Sondereinzelkosten des Vertriebs bestehen, ist es denkbar, diese nicht über die Kalkulation, sondern direkt bei der Übernahme der Kundenrechnungen in die Ergebnisrechnung als Erlösschmälerungen auszuweisen. In diesem Fall würden sehr eingeschränkt variable Kosten im Arbeitsgebiet der Ergebnisrechnung entstehen. Diese Fälle werden jedoch für die weiteren Ausführungen vernachlässigt. Im Zentrum steht die Deckungsbeitragsrechnung, welche in der Ergebnisrechnung auf eine Periode abgestellt ist. Im Gegensatz zur Artikelerfolgsrechnung, dort besteht nur eine Stückbetrachtung. Entsprechend können auch die Fixkosten als Periodenkosten erst in der Ergebnisrechnung zur Berücksichtigung kommen. Die Rechenformel lautet:
– = – =
Umsatz der Produkte einer Periode Variable Kosten dieser Produkte Deckungsbeitrag dieser Produkte Fixe Kosten der Periode Gewinn dieser Periode
Umsatz und variable Kosten sind klar stückbezogen. Damit erhält auch der Deckungsbeitrag (DB) eine produktindividuelle Aussagekraft. Er stellt denjenigen Betrag dar, den ein einzelnes Produkt oder eine Addition von Produkten zur Abdeckung der periodenbezogenen Fixkosten des Unternehmens beitragen. Dem Deckungsbeitrag kommt durch diese Aussagekraft eine große Bedeutung zu, indem durch ihn die Situation im Unternehmen viel realistischer abgebildet wird als durch den Gebrauch einer oft falsch rechnenden Vollkostenrechnung. Der DB deckt die Fixkosten
170
Bei der Gewinnermittlung mithilfe der Deckungsbeitragsrechnung entstehen klare Regeln: Der periodische „Fixkostentopf“ ist mit Deckungsbeiträgen zu füllen. Erst wenn die Summe der erzielten Deckungsbeiträ-
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
ge genau den „Topf“ gefüllt hat, ist die Gewinnschwelle bzw. der Breakeven-Punkt erreicht. Hier sind also die Fixkosten gerade eben durch die Deckungsbeiträge abgedeckt. In diesem Punkt beträgt der Gewinn null. Der erste zusätzlich erzielte Deckungsbeitrag erzeugt dann erstmals einen Gewinn genau in der Höhe dieses zusätzlichen Deckungsbeitrags.
Beispiel stufenweise Deckungsbeitragsrechnung A Nettoumsatz var. Kosten DB 1 Fixko. Produkt DB 2 Fixko Untern. DB 3 = Gewinn
B
Summe
IST
PLAN
ABW.
IST
PLAN
ABW.
IST
PLAN
180.000
200.000
20.000
140.000
120.000
20.000
320.000
320.000
ABW. 0
95.000
100.000
5.000
55.500
45.000
10.500
150.500
145.000
5.500
85.000
100.000
15.000
84.500
75.000
9.500
169.500
175.000
5.500
65.000
60.000
5.000
85.000
85.000
0
150.000
145.000
5.000
20.000
40.000
20.000
500
10.000
9.500
19.500 16.000
30.000 15.000
10.500 1.000
3.500
15.000
11.500
Abb. 21: Stufenweise Deckungsbeitragsrechnung
Auf Basis des oben dargestellten Rechenvorganges zeigt die Abb. 21 den klassischen Aufbau einer Ergebnisrechnung mithilfe einer stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung. Die Produkte A und B werden mit unterschiedlichen Stückzahlen verkauft und erzeugen den Ist-Gesamtumsatz von 320.000 €. Unter Abzug der produktspezifischen variablen Kosten aus der Kalkulation entstehen Deckungsbeiträge der Produkte in Summe 169.500 €. Von diesem Deckungsbeitrag sind nun die Fixkosten zu subtrahieren. In der Abb. 21 wird dies in zwei Schritten durchgeführt, nämlich im Deckungsbeitrag 2 und 3. In den Anfängen der Deckungsbeitragsrechnung wurden jedoch die gesamten Fixkosten in einer einzigen Summe von den Deckungsbeiträgen abgezogen. Im Beispiel der Abb. 21 müssten hierfür die Summe der produktspezifischen (150.000 €) und der unternehmensspezifischen (16.000 €) Fixkosten, also insgesamt 166.000 €, von den Deckungsbeiträgen in Höhe von 169.500 € subtrahiert werden. Als Ergebnis entsteht der Gewinn des Gesamtunternehmens in Höhe von 3.500 €.
171
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Fixkosten als Block
Die Berücksichtigung der Fixkosten in einem einzigen Block entspricht dem traditionellen Ansatz der Deckungsbeitragsrechnung oder des Marginal Costing bzw. Direct Costing in den anglo-amerikanischen Ländern. Der Fixkostenabzug in einer Summe hatte für den Beginn dieser Rechnung völlig ausgereicht, da mit dem Deckungsbeitrag genügend neue Steuerungsdaten zur Verfügung standen. Es wurde keinerlei Versuch unternommen, den Fixkostenblock aufzutrennen. Erst die steigende Menge der Fixkosten und die Gewöhnung an die neuen Steuerungsdaten ließ die Frage aufkommen, ob eine Aufteilung der Fixkosten nach bestimmten Kriterien möglich wäre. Es entstand die stufenweise Deckungsbeitragsrechnung, welche heute als Standardverfahren bezeichnet werden kann. Die stufenweise Deckungsbeitragsrechnung spaltet den Fixkostenblock auf, unter Anwendung der Gliederungsprinzipien der Ergebnisrechnung. Werden mit ihr beispielsweise Produktergebnisse dargestellt (es wären auch andere, z. B. Kundenergebnisse denkbar), dann wird gefragt, welche Fixkosten durch ein Produkt definiert und gebunden sind. Es entstehen dadurch Deckungsbeitragsstufen, wie in Abb. 21, S. 171 erkennbar. Vorteile in der Ergebnisrechnung Der große Vorteil der Kostenauflösung kommt in der Ergebnisrechnung zum Zuge. Nur durch die Kenntnis von fixen und variablen Kosten ent steht eine Menge von entscheidungsrelevanten Steuerungsdaten. Die Aufspaltung der Fixkosten und ihre Zurechnung zu bestimmten Ergebnisbereichen führt natürlich zu Problemen. Eigentlich will ja die Deckungsbeitragsrechnung die Fehler der Vollkostenrechnung verhindern, welche ja intensiv die Fixkosten unzulässigerweise auftrennt und „proportionalisiert“. Auf der anderen Seite bestehen immer wieder Fixkosten, d. h. Kostenstellenkosten, die vollumfänglich nur für z. B. ein Produkt zuständig sind. Warum sollten diese nicht direkt zugeordnet werden? Unschwer ist zu erkennen, dass hier mit Achtsamkeit und Fingerspitzengefühl vorgegangen werden muss, um die Aussagen der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung nicht zu gefährden.
172
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
Teilen Sie die Fixkosten richtig auf Wie geht man also vor bei der Aufteilung und Zuordnung der Fixkosten? Es wird zunächst gefragt, welche Kostenstellen aus dem Fixkostenbereich direkt und ausschließlich, also zu 100 %, für einen Ergebnisbereich arbeiten. Wenn die Ergebnisrechnung nach Produkten gegliedert ist oder entsprechende Profit-Center vorliegen, sind also zu Beginn der Aufteilungsaktion produktspezifische Fixkosten zu suchen. Solche produktspezifische Fixkosten können sein beispielsweise die Kosten der Vertriebskostenstelle, welche nur ein einziges Produkt verkauft, z. B. Produkt A. Oder eine entsprechende Entwicklungskostenstelle. Es wären auch die Abschreibungen einer Maschine denkbar, die nur für das Produkt A zuständig ist. Entscheidend ist die Ausschließlichkeit der Tätigkeit für einen Ergebnisbereich. Wenn eine 100 %ige Zuordnung besteht, ist die dadurch entstehende Aussage klar und unangreifbar. Fängt man hier jedoch an, Kostenstellen mit großen Verteilungsschlüsseln zuzuordnen, entstehen automatisch wieder die problematischen Rechenvorgänge der Vollkostenrechnung. Es hat also keine Sinn, z. B. eine Kostenstelle „Vertriebsleitung“ mit kleinen Prozentsätzen, etwa 10 % für Produkt A, 15 % für B, 22 % für C usw. in die Stufe der produktspezifischen Fixkosten hinein zu rechnen.
Vollständige Zuordnung
Um diese Zuordnungen richtig und ohne große prozentuale Aufteilungen treffen zu können, ergibt sich eine Anforderung an die Organisation des Kostenstellenplanes. Wenn in der Ergebnisrechnung mit einer stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung gerechnet werden soll, sind die Kostenstellen aus dem Fixkostenbereich entsprechend zu gestalten. Lieber kleine, aber genau zuordenbare Kostenstellen bilden als große und nur mit Schlüssen verteilbare Einheiten. Im Beispiel der Abb. 21, S. 171 ist erkennbar, dass der Deckungsbeitrag (DB) 1 als klassischer Deckungsbeitrag ausgewiesen wird. Der DB 2 berücksichtigt schon den Abzug produktindividueller Fixkosten, in Summe 19.500 €. Natürlich bestehen über die produktspezifischen hinaus noch weitere Fixkosten. Aus Platzgründen wurde die Ergebnisrechnung in der Abb. 21 S. 171 nur in zwei Produkte bzw. Ergebnisbereiche gegliedert. Nehmen wir zur Verdeutlichung des Zuordnungsverfahrens der Fixkos-
173
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
ten einmal an, es wären nicht nur die Produkte A und B, sondern vier Bereiche A, B, C und D. Nachdem die produktspezifischen Fixkosten identifiziert und zugeordnet wurden, entsteht die Frage, welche Kostenstellen aus den restlichen Fixkosten nun für eine Addition von Produkten, z. B. eine Produktfamilie arbeiten. Es könnte ja sein, dass eine Entwicklungskostenstelle für die Produktfamilie A und B arbeitet, oder C und D. Eine Zuordnung der Fixkosten auf eine Mehrheit von Produkten bzw. Ergebnisbereichen bedeutet, dass die entsprechenden Deckungsbeiträge vorher zusammengefasst wurden. Die Abb. 22, S. 174 zeigt dieses Vorgehen. Der neuen Summe von Deckungsbeiträgen sind nun die für sie herausgelösten Fixkosten zurechenbar. Es entsteht damit eine neue Deckungsbeitragsstufe. Zu tiefe Gliederung schadet
Diese Methode kann man nun fortsetzen, allerdings nicht beliebig oft, da die Eindeutigkeit der Kostenzuordnung auf bestimmte Stufen an Grenzen stößt. In der Praxis können aber bei größeren Unternehmen durchaus 6 oder 7 Deckungsbeitragsstufen sinnvoll sein. In der vorletzten Deckungsbeitragsstufe sind alle Deckungsbeiträge zu addieren. Es entsteht der Deckungsbeitrag für das Gesamtunternehmen. Dieser letzten Stufe sind nun alle Kostenstellen zuzuordnen, die querschnittmäßig für das ganze Unternehmen arbeiten, wie z. B. die Kostenstellen Rechnungswesen, Geschäftsleitung, Personal usw. Nach Abzug der Kosten ergibt sich der Gewinn des Unternehmens. Prinzip der stufenweisen Deckungsbeitragsrechung
Umsatz Variable Kosten Deckungsbeitrag 1 Produktspezifische Fixkosten Deckungsbeitrag 2 Produktgruppenspez. Fixkosten Deckungsbeitrag 3 Unternehmensspez. Fixkosten Deckungsbeitrag 4=Gewinn
A x x x x x
B x x x x x
Su. A+B
x x x
C x x x x x
Abb. 22: Aufbau der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung
174
D x x x x x
Su. C+D
x x x
Su. Untern.
x x x
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
Eine Deckungsbeitragsrechnung mit mehreren Stufen könnte z. B. wie folgt gegliedert sein: – = – = – = – = – =
Umsatz Variable Kosten Deckungsbeitrag 1 Produktfixkosten Deckungsbeitrag 2 Produktgruppenfixkosten (z. B. Vertriebskosten für Produktfamilie) Deckungsbeitrag 3 Bereichsfixe Kosten (z. B. Fixkosten des Profit-Centers) Deckungsbeitrag 4 Unternehmensfixkosten Deckungsbeitrag 5 = Gewinn
In Abb. 20, S. 14 wird gezeigt, dass in die Ergebnisrechnung aus der Kostenstellenrechnung nicht nur Fixkosten, sondern auch Verrechnungsdifferenzen übernommen werden. Diese im Kapitel 4 „Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung“ S. 85 erläuterten Differenzen sind, wie geschildert, natürlich in der Ergebnisrechnung zu verrechnen. In der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung gilt der Grundsatz, dass die Verrechnungsdifferenzen derjenigen Deckungsbeitragsstufe zuzuordnen sind, die der Verantwortungsbeziehung und Beeinflussbarkeit der zugehörigen Führungskraft entspricht (siehe unten angeführten Vorteile der Teilkostenrechnung). Wenn also z. B. ein Profit-Center-Leiter für eine bestimmte Deckungsbeitragsstufe verantwortlich zeichnet, dann sollten auch die von ihm verursachten Verrechnungsdifferenzen darin enthalten sein.
Auch Verrechnungs differenzen zuordnen
Diese Anforderung ist sicher nicht ganz genau erfüllbar, da die Verrechnungsdifferenzen nicht immer eine klare Beziehung zu einzelnen Ergebnisbereichen besitzen. Aber der Versuch ist auf jeden Fall zu unternehmen, um klare und verwertbare Aussagen zu erhalten. Auf diesen wichtigen Punkt wird später noch deutlicher hingewiesen. Informationspotenzial Die gut eingerichtete stufenweise Deckungsbeitragsrechnung ergibt einen schier unerschöpflichen Datenquell.
175
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Eine praxisgerechte Variation zum bisher dargestellten Datenfluss Oben wurde dargestellt, dass die variablen Kosten in der Kostenstellenrechnung entstehen. Sie werden mithilfe eines variablen Kostensatzes in die Produktkalkulation weiterbelastet und dort mit den anderen variablen Einzelkosten ergänzt. Als Ergebnis entstehen variable Herstellkosten der Produkte. Das ist zwar alles richtig und aus Sicht der Deckungsbeitragsrechnung auch erwünscht. Das Problem steckt in der Produktkalkulation. Wenn hier nur variable Kosten zur Verfügung stehen, sind die Anforderungen an die Inventurbewertung nicht zu erfüllen. Die steuerliche Bewertung hat in Deutschland im Prinzip mit Herstellkosten zu Vollkosten zu erfolgen. Alle Lagervorräte der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sind also mit Herstellkosten, die anteilige Fixkosten beinhalten, zu bewerten. So will es eben die deutsche Steuerverwaltung. Diametrale Ziele
Nun stehen zwei völlig konträre Gesichtspunkte gegenüber: Einerseits die gesetzlich verankerten Vorschriften zur Bewertung des Bilanzvermögens, andererseits die unübersehbaren und geradezu lebensnotwendigen Informationsvorteile der Deckungsbeitragsrechnung. Die Kalkulation der Produkte steht im Zentrum. Erstellt man sie zu Vollkosten, ist keine Deckungsbeitragsrechnung darstellbar, kalkuliert man nur variable Herstellkosten, wird die Inventurbewertung unmöglich. Ein Dilemma, aus dem der Kostenrechner nur mit einem kleinen, allerdings erträglichen Kompromiss herauskommt. Kostenstellen mit einem variablen und fixen Anteil bewerten Wie wäre es denn, so der Kostenrechner, wenn die Leistungen der Kostenstellen für die Produkte nicht nur mit einem variablen, sondern zusätzlich auch mit dem fixen Anteil des Kostensatzes einer Kostenstelle bewertet würden? Also quasi zu Vollkosten, jedoch getrennt in einen variablen und einen fixen Anteil der Fertigungskosten. Die hierzu nötige Information aus der Kostenstellenrechnung liegt vor. Der Kostensatz je Kostenstelle ist ohne Schwierigkeit in einen variablen und einen fixen Anteil aufteilbar.
176
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
Ein Unterschied zur bisher dargestellten Fixkostenrechnung besteht nun darin, dass die fixen Kosten aus der Kostenstellenrechnung für alle Leistung abrechnenden Kostenstellen nicht mehr direkt in die Ergebnisrechnung gelangen, wie es in einer ganz konsequenten Teilkostenrechnung zu machen wäre, sondern in die Produktkalkulation verrechnet werden. Dort stehen nun beide Kostenelemente friedlich nebeneinander. Soll nun in der Kostenrechnung eine Kalkulation für die Inventurbewertung erstellt werden, sind beide Kostenelemente zu addieren. Und schon entstehen Herstellkosten zu Vollkosten. Wird andererseits ein Kalkulationswert für die Deckungsbeitragsrechnung benötigt, vernachlässigt man die fixen Kosten und verarbeitet nur den variablen Anteil. Nun erhält man die gewünschten variablen Herstellkosten. Neue Verrechnung der produktfixen Kosten Mit diesem Trick der doppelten Bewertung der Leistungsmengen, einmal fix und ein andermal variabel, kann man also alle Anforderungen erfüllen. In der Realität hat dieser Trick allerdings noch weitere Folgen. Denn wenn man in der Kalkulation nun schon variable und fixe Fertigungskosten und damit Herstellkosten definiert hat, warum sollte man die fixen Kosten der Produkte nicht auch in die Ergebnisrechnung übernehmen und dort als produktfixe Kosten ausweisen? Damit wäre der Fixkostenanteil der Kostenstellen, welche ein Produkt während der Herstellung nutzt genau nach Inanspruchnahme weiterverrechnet. Natürlich kommt sofort das Gegenargument: Fixe Kosten dürfen nicht aufgeteilt werden, da es sich ja schließlich um periodenbezogene Kosten handelt. Eine solche Betrachtung ist zunächst ganz logisch. Aber irgendwie sind die fixen Kosten ja einem Produkt oder einer Produktgruppe zuzuordnen. Man stelle sich eine Werkstattfertigung vor, in der alle Produkte alle Maschinen benutzen können. Dort sind klare und eindeutige Zuordnungsstrukturen der Fixkosten auf Produkte schlecht zu finden. Die Praxis hat sich eindeutig dafür entschieden. Lieber wird ein kleiner theoretischer Fehler akzeptiert, aber dafür können die fixen Kosten so nahe am Deckungsbeitrag 1 zugerechnet werden wie möglich. Außerdem ist die wichtige Inventurbewertung abgesichert.
177
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Werden über dieses Verfahren nicht alle Fixkosten weiterverrechnet, entsteht die Notwendigkeit, die bekannten Beschäftigungsabweichungen zu berücksichtigen. Sie sind dann im Rahmen der Verrechnungsdifferenzen in entsprechende Ergebnisrechnungszeilen einzustellen. Zur Klarstellung: Die Beschäftigungsabweichungen sind in der Ergebnisrechnung dann nicht zu berücksichtigen, wenn der absolute Betrag an Fixkosten aus den Kostenstellen über-nommen wird.
7.3
Vorteile der Teilkosteninformationen
Die Einführung einer Teilkostenrechnung führt, verglichen mit der Vollkostenrechnung in dem System der Kostenrechnung zu noch komplizierteren Abläufen und Datenstrukturen. Trotzdem hat sich die überwiegende Mehrheit der Unternehmen dafür entschieden. Der im System entstehende Mehraufwand ist also nur durch erhebliche Vorteile der Teilkostenrechnung zu kompensieren. Und diese liegen tatsächlich in großer Menge vor. An verschiedenen Stellen der obigen Kapitel wurde darauf schon hingewiesen, hier noch einmal eine Zusammenfassung der wichtigsten Vorteile.
Vorteile in der Kostenstellenrechnung Sie beginnen in der Kostenstellenrechnung. Die ganze Systematik der flexiblen Plankostenrechnung wäre ohne eine Aufteilung in fixe und variable Kosten nicht machbar. Damit würde eine sehr effiziente Methode des Gemeinkosten-Controlling zur Überwachung des Verhaltens der Kostenstellen wegfallen. Für viele Unternehmen heute undenkbar. Die innerhalb der flexiblen Plankostenrechnung ausgewiesenen Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichungen besitzen ein enormes Steuerungspotenzial. Außerdem kann aus langjähriger Erfahrung berichtet werden, dass eine kontinuierliche Abweichungsdiskussion des Controlling mit den Führungskräften eine deutliche Verbesserung des Kostenbewusstseins nach sich zieht.
178
Schritt 6: Eine aussagefähige Teilkostenrechnung einrichten
Vorteil: Deckungsbeitrag kann ermittelt werden Der wichtigste Vorteil besteht allerdings in der Ermittlung von Deckungsbeiträgen von Produkten und Ergebnisbereichen. Der Deckungsbeitrag als Entscheidungs- und Steuerungsgröße wird nicht nur in der Betrachtung und Beurteilung einzelner Produkte oder Aufträge eingesetzt, sondern als allgegenwärtiges Optimierungskriterium. Viele Rechen- und Entscheidungsmodelle setzen die Kenntnis dieses Deckungsbeitrags voraus. Ständig wird im Unternehmen der Deckungsbeitrag abgefragt, ob in Verkaufsverhandlungen, bei Produktentwicklungen, in Investitionsrechnungen, usw. Eine sinnvolle Steuerung ist in den meisten Unternehmen ohne die Kenntnis von Deckungsbeiträgen somit nicht mehr machbar. Die Vorteile der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung Die stufenweise Deckungsbeitragsrechnung bietet durch ihre besondere Struktur zusätzliche Vorteile: Der erste Vorteil besteht in der Schichtenanalyse. Bis zu welcher Deckungsbeitragsschicht ist ein Produkt bzw. ein Profit-Center in der Lage, die damit zusammenhängenden Fixkosten abzudecken?
Schichten analyse
Im Beispiel der Abb. 21, S. 171 zeigt der DB 2 von Produkt B im Ist und Plan negative Werte. Das Produkt kann also keine weiteren Fixkosten des Unternehmens abdecken. Damit entsteht ein klarer Hinweis auf ein Problem. Wären die Fixkosten nur in einem Block berücksichtigt worden, wie zu Anfang der Deckungsbeitragsrechnung üblich, wäre diese wichtige Information nicht vorhanden. Das Management kann nun zum negativen DB 2 folgende Fragen klären: •
•
Ist das Produkt B aus strategischen Gründen notwendig und unveränderbar, z. B. zur Sortimentsabrundung? Muss es als ein „schlechtes“ Produkt mitgeführt werden? Falls nicht: sind möglicherweise die Umsätze für die vorhandenen Fixkosten zu gering? Ist eine Veränderung der Verkaufsstrategie durchzuführen?
179
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
•
Zuordnung der Abweichungen auf Führungs kräfte
Oder wurden zu hohe Fixkosten für die maximal erreichbaren Umsätze festgelegt. Ein Fixkosten-Reduzierungs-programm wäre die logische Folge.
Der zweite Vorteil der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung wirkt wieder im Controlling. Dieses kann auch als „Unternehmenssteuerung mithilfe von Abweichungen“ bezeichnet werden. Führungskräfte sind dafür zuständig, dass Abweichungen nicht oder nur in minimalen Größen entstehen. Die Effizienz der Vertriebs-Führungskräfte kann nun mit der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung gemessen werden. Abb. 21, S. 171 zeigt Deckungsbeitragstufen in Ist, Plan und Abweichung. Dort wäre der Deckungsbeitrag 2 diejenige Größe, mit der die Tätigkeit eines Profit-Center-Leiters beurteilt würde, denn alle Einflussgrößen oberhalb des DB 2, also Umsätze und Kosten sind durch diesen zu beeinflussen. Erst auf die nachgelagerten unternehmensbezogenen Kosten hat er keinen Einfluss. Je nachdem, wie die Unternehmenshierarchie aufgebaut ist, kann also eine Zuordnung von Deckungsbeitragsstufen auf bestimmte Führungskräfte erfolgen. Diese Ausführungen sollen nur als Hinweis für die hier vorhandenen Controlling-Instrumente dienen.
Detaillierte Deckungsbei tragsanalyse
Weiterhin ist als dritter Vorteil die gleiche Auswertungssystematik innerhalb der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung anwendbar, welche schon in der Vollkostenrechnung beschrieben wurde. Die Zusammensetzung des DB 1 kann beliebig mithilfe der kundenindividuellen und unternehmensbezogenen Daten analysiert werden. Jetzt aber sind die Deckungsbeiträge viel aussagekräftiger als die in der Vollkostenrechnung ausgewiesenen Stückgewinne. Die sich ergebenden Informationen, z. B. Deckungsbeiträge nach Märkten, Kunden, Branchen usw. besitzen tatsächlich erhebliche strategische Bedeutung und sind aus gut geführten Kostenrechnungen in der Praxis nicht mehr wegzudenken. Eine Aufgabe mit Lösung finden Sie auf der CD-ROM.
180
8
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Grundlagen der Kostenstellenrechnung und der Produktkalkulation erläutert wurden, sind nun genügend Kenntnisse vorhanden, um den Ansatz der Prozesskostenrechnung verstehen zu können. Die Einführung einer Prozesskostenrechnung im Unternehmen stellt eine große Anforderung dar und ist zweifellos etwas für Fortgeschrittene in Sachen Kostenrechnung. Um den Zugang zur Prozesskostenrechnung zu erleichtern, muss zuvor die gedankliche Struktur der traditionellen Kostenrechnung verstanden sein. Es entstehen ganz neue Betrachtungen und Erkenntnisse, welche die bisherigen Aussagen der Kostenrechnung bestens ergänzen. Aber nur, wenn die Prozesskostenrechnung mit Bedacht aufgebaut und in die bisher dargestellte Kostenrechnung integriert wird. Aus Sicht der Geschichte der Kostenrechnung handelt es sich bei der Diskussion um die Prozesskostenrechnung zweifellos um etwas Neues. Selten hat ein Denkansatz in der rechnungswesenorientierten Betriebswirtschaftslehre so heftige Reaktionen ausgelöst, letztlich mit großem Erfolg. Was aber ist dieses Neue, das die Gemüter bewegt? Um dieses beurteilen zu können, müssen die Verrechnungsgewohnheiten der traditionellen Kostenrechnung verstanden sein. Es beginnt im Betriebsabrechnungsbogen. Dort findet eine Vielzahl von Schlüsselungen, Verteilungen und Zuschlagsrechnungen statt, mit deren Hilfe dann letztlich Produktkalkulationen entstehen. Wie schon häufig erwähnt, bestimmt dabei der Feinheitsgrad der Zuschlagsfaktoren und Kostensätze die Verwendbarkeit der Produktkalkulation. Die Prozesskostenrechnung möchte den Transparenzgrad der traditionell industrieorientierten Kosten- und Leistungsrechnung erhöhen, indem sie ganz bewusst die bisher sehr fertigungsorientierten Kalkulationen ergänzt um Prozesskosten, die im Umfeld der Herstellung anfallen
Erhöhung der Transparenz
181
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
und keineswegs durch pauschale Zurechnungen durch z. B. Vertriebszuschläge oder einfache Verteilungsrechnungen im Betriebsabrechnungsbogen verursachungsgerecht in der Produktkalkulation abgebildet werden. Gefragt ist, welches Ereignis einen Prozess auslöst, zu welchen Kosten dieser führt und wem die entstandenen Kosten anzulasten sind. So löst z. B. die Bestellung eines Kunden den ganzen Auftragsabwicklungsprozess aus, inkl. Disposition, Logistik und Fakturierung. Da jeder Kunde jedoch andere Abwicklungsbedingungen und damit Prozesse erzeugen kann, etwa Teilfakturierungen, Teillieferungen usw., gestalten sich die Kosten, die ein Kunde tatsächlich auslöst höchst unterschiedlich. Es wäre falsch und würde fehlerhafte Entscheidungen auslösen, wenn in der Kalkulation die Vertriebskosten lediglich mit einem pauschalen Prozentsatz verrechnet würden. Leider wird dies aber in der traditionellen Kostenrechnung so gemacht. Deshalb setzt hier die Prozesskostenrechnung an: Verminderung des intransparenten und pauschal geschlüsselten Gemeinkostenblocks so weit wie möglich und Herauslösung von Prozesskosten. Dazu ist eine klar zu schaffende Struktur der einzelnen Prozesse notwendig und eine eindeutige Beziehung zur Kostenstellenrechnung und Kalkulation. Dies wird im vorliegenden Kapitel mit Beispielen dargestellt. Besonders wichtig ist, dass die Prozesskostenrechnung mit ihrer rein prozessualen Sichtweise die Kalkulationsmöglichkeit von Produktkosten nicht nur im Industriebetrieb verbessert, sondern im gesamten Dienstleistungsbereich überhaupt erst ermöglicht. Die Erläuterungen zur Prozesskostenrechnung bauen auf den bisherigen Ausführungen zur Kostenrechnung auf und stellen die Unterschiede und besonderen Vorteile der Prozesskostenrechnung gegenüber den traditionellen Verfahren heraus.
8.1
Der generelle Ansatz der Prozesskostenrechnung
Die aus den USA (Cooper/Kaplan) stammende Prozesskostenrechnung (Activity-Based-Costing) bestimmt seit den 80er Jahren die Kostenrechnungsdiskussion in Deutschland. Kein anderes Instrument der Kostenrech-
182
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
nung hat in letzter Zeit so viel Neuerung und positive Ergebnisse erzeugt wie der prozessorientierte Ansatz. Worin liegt nun seine Besonderheit? Betrachtungsschwerpunkt sind also die im Unternehmen ablaufenden Prozesse. Diese Feststellung wirft zunächst die Frage nach der Definition eines Prozesses auf. Um jedoch hier nicht zu akademisch und eher pragmatisch vorzugehen, wird ein Prozess als „Summe von zielgerichteten Tätigkeiten“ bezeichnet, die zu einem messbaren Ergebnis (Output) führen. Mithilfe des Verbrauchs von Ressourcen (z. B. menschliche Arbeitskraft) entsteht also etwas Neues, ein Ergebnis der Tätigkeiten.
Definition eine Prozesses
Der Beginn eines Prozesses entsteht durch ein auslösendes Element. Dieses Startereignis ist zweifellos wichtig, da nur dadurch der Prozess mit allen seinen Tätigkeiten „ins Rollen“ kommt. Es ist notwendig, beim Betrachten eines Prozesses immer klar im Blickfeld zu behalten, wodurch er überhaupt ausgelöst wird. Da durch die Tätigkeiten Kosten entstehen, wird das Prozess auslösende Ereignis auch als „Kostentreiber“ oder „Cost-Driver“ bezeichnet (vgl. Abb. 23, S. 184). Der Prozess wirkt auf ein Medium ein, z. B. Menschen oder Maschinen. Durch den Prozess wird der Zustand des Mediums verändert. Prozessauslösung Ein CostDriver löst einen Prozess mit seinen gesamten Kosten aus. Seine genaue Kenntnis und Identifikation ist daher absolut wichtig. Die ganz allgemeine Definition eines Prozesses erleichtert und erschwert den Ansatz der Prozesskostenrechnung gleichermaßen. In einem lebenden Unternehmen besteht eine Vielzahl von Prozessen, denn überall wird ja zielorientiert gearbeitet, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzeugen. Mit einigen soll das Verkaufsprodukt in der Produktion direkt hergestellt werden, andere sind für den Einkauf notwendig, die Anlieferung an den Kunden erfolgt durch die nächste Art von Prozessen. Dies sind alles Prozesse, die im Umfeld des Verkaufsproduktes anfallen und zur Bedienung des Kundenwunsches mehr oder weniger direkt notwendig sind. Darüber hinaus bestehen aber noch völlig andere Abwicklungen, die sehr produktfern sind. Dazu gehören z. B. die Herstellung von Mittagessen in der Kantine, die Ausbildung von Auszubildenden, der Empfang von Besuchern usw.
183
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Prozesselemente Prozesselemente Cost Driver
Medium (Zustand x)
führt die Aktivität aus
Aktion
stimuliert die Ressource zur Ausführung der Aktivität
Medium (Zustand x+1)
Ressource
Abb. 23: Prozesselemente
Zwar hatte die bisherige und in den vorangegangenen Kapiteln beschriebene Kostenrechnung ähnliche Grundgedanken, sie waren jedoch zu sehr auf den direkten Herstellungsablauf eines Produktes konzentriert. Die Prozesskostenrechnung will hingegen alle im Unternehmen ablaufenden Prozesse im gesamten Umfeld eines Produktes betrachten. Dies ist ein wichtiger Ansatz mit deutlichen Konsequenzen für den Aufbau der Kostenrechnung. Die bisherige Konzentration auf den reinen Fertigungsprozess führte dazu, dass die im Umfeld der Produktherstellung ablaufenden Prozesse über pauschale Verteilungsrechnungen im Betriebsabrechnungsbogen in die Kostensätze der Hauptkostenstellen eingerechnet wurden. Oder sie waren in den häufig sehr hohen Gemeinkostenzuschlägen für Material, Verwaltung oder Vertrieb „versteckt“. Dieser Ausgangspunkt wird beispielhaft in Abb. 24, S. 185 demonstriert. Mit der Verteilungssystematik des Betriebsabrechnungsbogens wurden die Gemeinkostenzuschläge für die Materialkosten, die Verwaltungsund Vertriebskosten errechnet. Genauso wurden dort die Kostensätze für die Fertigungskostenstellen ermittelt. In die Materialgemeinkosten fließen alle Kosten für die insgesamt getätigten Bestellungen, Warenannahmen und Ein- und Auslagerungen ein. Durch die prozentuale Verrechnung auf den Materialpreis wird ange-
184
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
nommen, dass jedes Material in Relation seines Wertes zu entsprechenden Gemeinkostentätigkeiten, hier im Beispiel 15 %, führt. Diese Annahme ist zweifellos irrig. Denn wer sich schon intensiv mit den Tätigkeiten der Einkaufsabteilung beschäftigt hat, weiß, dass sich die Tätigkeiten zur Durchführung einer Bestellung im Wert von 1.000.000 € nicht deutlich unterscheiden müssen von denen für einen Bestellwert über 10 €. Ähnliche Verhältnisse liegen bei der Warenannahme und möglicherweise auch im Lager vor. Die Annahme einer linearen Abhängigkeit ist also nicht richtig. Nur hat man bisher zur Verrechnung der Materialgemeinkosten einfach kein besseres und gleichzeitig wirtschaftliches Verfahren gekannt.
Pauschale Annahmen verhindern Transparenz
Es ist also anzunehmen, dass bestimmte Materialien oder auch Lieferanten zu völlig unterschiedlichen Gemeinkosten, d. h. Tätigkeitsmengen oder Anzahl von Prozessen führen. Genereller Genereller Ansatz Ansatz der der Prozesskostenrechnung Prozesskostenrechnung Traditionelle, Traditionelle,industrie industrie orientierte orientierteKalkulation Kalkulation Materialkosten MGK 15 % K’st. 1 K’st. 2 K’st. 3 Herstellkosten
1000 150 400 500 250 2300
Verwaltung 10 % Vertrieb 20 % Selbstkosten
230 460 2990
Darin Darinz.B. z.B.pauschal pauschal verrechnete verrechneteProzesse Prozesse Bestellung Warenannahme Einlagerung/Auslagerung Umlagekostenstellen, z.B. Arbeitsvorbereitung Buchhaltung Angebot Auftragsbestätigung Fakturierung Versand
Abb. 24: Erweiterung der traditionellen Sichtweise
In diesem Fall löst sich die Prozesskostenrechnung aus der traditionellen Rechensystematik heraus und fragt, was kostet denn tatsächlich der Prozess für • • • •
eine Bestellung eine Warenannahme eine Einlagerung ins Lager eine Auslagerung aus dem Lager
185
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Anschließend ist zu klären, welches eingekaufte Material welche Prozesse wie häufig ausgelöst hat. Damit wird es möglich, die realistisch erfassten Kosten demjenigen Material direkt zuzuordnen, das sie verursacht hat. Mit dem Einsatz der Prozesskostenrechnung im Materialbereich wird mit Sicherheit eines klar werden: die eingekauften Materialien verursachen höchst unterschiedliche Prozesskosten von der Bestellung über Anlieferungsart, Abladen, Einlagerung bis zur Wareneingangskontrolle. Es entsteht damit eine neue, bisher nicht gekannte aber stark entscheidungsorientierte Transparenz. Fragen nach der kostengünstigsten Prozessabwicklung entstehen. Was kostet uns z. B. der Lieferant X, mit allen seinen spezifischen Bedingungen? Können wir uns das Material Y überhaupt noch leisten? Erzeugung von Transparenz Nicht jeder Lieferant, Kunde oder Auftrag löst im Unternehmen die glei che Art und Menge von Prozessen aus. Nur durch den Ansatz der Prozess kostenrechnung kommt Klarheit in die tatsächlichen Kostenstrukturen. Im Bereich der Verwaltungsgemeinkosten liegen leider keine deutlichen Abhängigkeiten vom Produktionsumfeld vor. Möglicherweise könnte die Buchhaltung einen Teil ihrer Buchungskosten auf die Lieferanten und die Kunden zuordnen. Hier können Unterschiede z. B. durch die unterschiedliche Häufigkeit von Zahlungen entstehen. Paradebeispiel Vertrieb
Besonders deutlich sind die Verhältnisse jedoch im Vertrieb. Der im traditionellen Betriebsabrechnungsbogen ermittelte Zuschlagsatz für die Vertriebsgemeinkosten unterstellt wieder, dass die gesamte Auftragsabwicklung und vor allem die Versandlogistik aller Kundenaufträge zu Kosten führt, die linear von der Höhe der angefallenen Herstellkosten abhängen und daher prozentual zu verrechnen sind. Diese Annahme der linearen Kostenentwicklung im Vertrieb ist genauso falsch wie im Bereich der Materialgemeinkosten. Es gibt Kunden, die bestellen jeden Tag eine Kleinmenge und lösen täglich alle damit verbundenen Prozesse der Auftragsbestätigung, Disposition, Lagerabwicklung, Versand und Fakturierung aus, wogegen andere Kunden vielleicht nur einmal monatlich eine große Menge bestellen. Auch hier ist erkennbar, dass eine genaue Zuordnung der tatsächlich durch einen spezifischen Kunden ausgelösten Prozesse und damit Kosten zu völlig un-
186
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
terschiedlichen Ergebnissen führt. Die bisher vorgenommene, durch einen pauschalen Zuschlag erreichte lineare Kostenzuordnung ist damit nachgewiesenerweise falsch. Genauso zu betrachten sind die vielfältigen Umlagen der Vorkostenstellen auf die Hauptkostenstellen des Fertigungsbereiches. Im obigen Beispiel (Abb. 24, S. 185) wird angenommen, dass z. B. die Vorkostenstelle „Arbeitsvorbereitung“ nach der Höhe der geleisteten Fertigungsstunden der Hauptkostenstellen verteilt wird. Dieser Verteilungsschlüssel ist durchaus praxisnah. Es wird damit unterstellt, dass die Kosten der Arbeitsvorbereitung in Abhängigkeit von den realisierten Produktionsstunden stehen. Die Prozesskostenrechnung fragt nun wieder, welchen Output die Kostenstelle Arbeitsvorbereitung denn überhaupt erzeugt. Dort werden vor allem Arbeitspapiere für die Produktionsaufträge erstellt. Dies sind vor allem Stücklisten für die benötigten Materialien der zu fertigenden Produkte und Arbeitspläne für die zugehörige Arbeitsleistung in den Fertigungskostenstellen. D. h. mit den Arbeitsplänen und Stücklisten wird der komplette Ressourcenverbrauch beschrieben, der zur Herstellung der Produkte notwendig ist. Wenn nun die Verteilung der Kosten der Kostenstelle Arbeitsvorbereitung nach der Höhe der Fertigungsstunden geschieht, bedeutet dies, dass der Prozess zur Erstellung der Arbeitspapiere umso aufwendiger sein müsste, je höher das in den Arbeitsplänen niedergeschriebene Volumen der Fertigungsstunden ausfällt. Auch diese Annahme ist falsch. Ob in einen Arbeitsplan die Mengenangabe 1 oder 1000 eingetragen wird, macht fast keinen Unterschied. Viel wichtiger sind die generellen organisatorischen Tätigkeiten, also z. B. die Menge der zu berücksichtigenden Arbeitsoperationen, die zur Erstellung der Arbeitspläne und Stücklisten notwendig sind.
Beispiel Arbeits vorbereitung
Die Prozesskostenrechnung möchte also wissen, was der Prozess zur Erstellung eines Arbeitsplans oder eine Stückliste in Summe nun tatsächlich kostet. Eine Zuordnung der echten Prozesskosten auf den Produktionsauftrag erzeugt neue Erkenntnisse. Beispielsweise wird durch die traditionelle stundenlineare Kostenverteilung die Einsteuerung von Kleinaufträgen unterstützt. Für Kleinaufträge fallen zwar die mehr oder weniger fixen Prozesskosten zur Erstellung der Arbeitspapiere an, nur werden diese durch eine falsche Verrechnung im Betriebsabrechnungsbogen nicht dem Auftrag belastet. Kleinaufträge erscheinen so kosten-
187
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
günstiger als sie tatsächlich sind. Erfolgt eine Kostenzuordnung der wirklich durch die Kleinaufträge ausgelösten Prozesskosten, werden diese bald als unwirtschaftlich erkannt und in der Disposition auf ein geringes Maß zurückgeschraubt werden. Aus diesen wenigen Beispielen wird erkennbar, welchen Ansatz und welche Ziele die Prozesskostenrechnung besitzt.
8.2
Ist die Prozesskostenrechnung ein neues Verfahren der Kostenrechnung?
Die Prozesskostenrechnung bringt eine neue Betrachtungsweise und neue Begriffe. In ihrer Ursprungsversion gibt sie an, eine Vollkostenrechnung zu sein. Es stellt sich damit die Frage, ob die Prozesskostenrechnung ein neues Verfahren darstellt, dessen Ergebnisse durch nichts anderes erreicht werden können. Viele Anhänger der Prozesskostenrechnung behaupten dies. Es ist also zu prüfen, ob die Bedingungen für ein neues Verfahren vorliegen oder ob die Aussagen und Erkenntnisse der Prozesskostenrechnung auch mit den bisher bekannten Methoden erreichbar sind. Zunächst die Frage nach der speziellen Betrachtungsweise. Diese ist klar prozessorientiert. Was ist aber das Besondere daran? Wie oben geschildert, löst die Prozesskostenrechnung die bisher traditionell sehr starre Konzentration auf den Herstellungsprozess und die damit verbundene Missachtung aller darum herum liegenden unterstützenden Prozesse auf. Damit sind die Tätigkeiten in anderen, nicht nur den Fertigungskostenstellen gemeint. Die Prozesskostenrechnung fragt ständig nach dem Output einer Kostenstelle. Steht er in einem direkten Zusammenhang zu einem Prozess (Hauptprozess)? Letztlich besteht, wie oben beschrieben, ein Prozess aus Tätigkeiten. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Output einer prozessmäßig betrachteten Kostenstelle mengenorientiert, d. h. messbar ist. Das Ergebnis der prozessorientierten Betrachtung ist, dass eine Kostenstelle, deren mengenmäßiger Output in der bisherigen Betriebsabrechnung als solcher nicht erkannt wurde und daher zu einer nicht verursachungsgerechten (pauschalen) Umverteilungsaktion ihrer Kosten führt,
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Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
nun in der Prozesskostenrechnung aus der Umlage oder einem pauschalen Verrechnungssatz befreit und mengenorientiert verrechnet wird. Das ist eigentlich alles! Als klassisches System der mengenorientierten Betriebsabrechnung wurde im Kapitel 4 „Schritt 3: Wo sind die Kosten angefallen? – Die Kostenstellenrechnung“, S. 85, die flexible Plankostenrechnung vorgestellt. Sie stellt eine klare Relation zwischen dem Output einer Kostenstelle und deren Kosten her. Also ist dieser Grundgedanke der Prozesskostenrechnung nicht neu. Der Unterschied zwischen den traditionell eingerichteten Systemen der flexiblen Plankostenrechnung und der Prozesskostenrechnung liegt einfach darin, dass die flexible Plankostenrechnung nur einseitig auf die Kostenstellen mit Fertigungsoutput (z. B. Fertigungsstunden) starrt und alle anderen Kostenstellen mit andersartigem Mengenoutput vernachlässigt. Für diese anderen Kostenstellen hat sie dementsprechend auch keinen klaren Verrechnungskanal für ihre Kosten (z. B. Produktionsaufträge, Kunden, usw.) gefunden, sondern diese stur in Kostenumlagen und Pauschalverrechnungen (z. B. Materialgemeinkostenzuschlag) hineingezwängt. Öffnet man nun diesen Verrechnungsweg zur Prozessorientierung, kann das gleiche Ergebnis auch mit der flexiblen Plankostenrechnung erzeugt werden. Es geht also nur um eine mentale und nicht um eine verfahrenstechnische Differenz. Die nächste Frage betrifft die neuen Begriffe in der Prozesskostenrechnung. Sie gibt zwar vor, eine Vollkostenrechnung zu sein, bezeichnet jedoch alle Kosten, welche abhängig sind vom Output einer Kostenstelle als „leistungsmengeninduziert (lmi)“. Dies ist ein sehr anschaulicher Begriff, denn er definiert ganz genau, dass die Kosten nur durch die Durchführung einer Leistung, hier als Tätigkeit bezeichnet, entstehen. Fallen keine Tätigkeiten an, entstehen auch keine Kosten.
„lmi“ und „lmn“
Demgegenüber bestehen in der Prozesskostenrechnung „leistungsmengenneutrale (lmn)“ Kosten. Sie beschreiben den Sachverhalt, dass Kosten unabhängig von den Tätigkeiten in der Kostenstelle anfallen. Nun bestehen in der bisherigen Kostenrechnung schon zwei Begriffe, nämlich fixe und variable Kosten. Sie werden traditionell definiert als beschäftigungsabhängige Kosten (variable Kosten) und nicht beschäftigungsabhängige Kosten (fixe Kosten). Ganz wichtig dabei ist, dass es keine variablen und fixen Kosten an sich gibt, sondern ihre Einteilung
189
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
hängt in der Kostenstellenrechnung immer streng ab von ihrem Bezug zur Leistung einer Kostenstelle. Wie sich also die Kosten zur Leistung (z. B. Fertigungsstunden) verhalten, somit variablen oder fixen Charakter besitzen, das ist je Kostenstelle zu prüfen und entsprechend festzulegen. Unschwer ist der nicht vorhandene Unterschied zwischen den Begriffen zu erkennen. Der Grund zur Bildung neuer Begriffe in der Prozesskostenrechnung liegt wahrscheinlich darin, dass die Kosten bestimmter Kostenstellen in der traditionellen Betriebsabrechnung als Fixkosten bezeichnet wurden (z. B. Verwaltung und Vertrieb), weil man ihren Mengenoutput missachtete. Nun wird der Mengenoutput in der Prozesskostenrechnung endlich gesehen. Plötzlich entstehen damit im traditionellen Fixkostenbereich leistungsabhängige und damit variable Kosten, z. B. die Kosten für die Erarbeitung einer Auftragsbestätigung. Vielleicht wollte der Wortschöpfer die bisherigen Fixkosten nicht „nur“ variabel machen, sondern hat einen Begriff gesucht, der den gleichen Sachverhalt nur neu umschreibt. Konzentration auf die Prozessbetrachtung Die Öffnung der Kostenrechnung zur ProzessSicht benötigt eigentlich kein neues Verfahren und keine neuen Begriffe. Mit den sehr hoch entwickelten Methoden der flexiblen Plankostenrechnung und deren Terminologie kann der Grundgedanke der Prozesskostenrechnung ohne Schwierigkeiten abgebildet werden. Es ist viel wichtiger, die weite und attraktive Sichtweise der Prozesskostenrechnung zu übernehmen und sie in den Unternehmen zu nutzen, als sich über Begriffe zu streiten.
8.3
So gehen Sie bei der Prozessanalyse vor
Die Prozesskostenrechnung konzentriert sich also auf die Erhöhung der Kostentransparenz durch Visualisierung und anschließende verursachungsgerechte Verrechnung der Prozesskosten. Sie geht in ihrer Analyse sehr strukturiert und logisch vor, mit eine speziellen Sichtweise, die im Folgenden beschrieben wird. Grundsätzlich ist es möglich, dass die Prozesskostenrechnung alle verschiedenen Prozesse im Unternehmen betrachten und kalkulieren kann,
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Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
da die Definition eines Prozesses frei und z. B. nicht auf den Herstellungsablauf beschränkt ist. Doch für einen direkten Managementnutzen ist zu beachten, dass unterschiedliche Betrachtungsebenen bestehen. Die wichtigste Ebene ist die Produktebene, d. h. es sind alle Prozesse zu untersuchen, die im direkten Umfeld der Herstellung der verkaufsfähigen Produkte ausgelöst werden. Es interessieren damit, wie oben schon angedeutet, besonders die Prozesse z. B. aus: • • • • • • • • • • •
der Vertriebsabwicklung der Auftragsabwicklung der Einkaufsabwicklung dem Lager der Fertigungsplanung der direkten Herstellung dem Versandlager der Versandlogistik der internen Logistik der Entwicklung der Teileverwaltung
Die oben aufgeführten eher produktfernen Prozesse können zwar auch sehr interessant sein, sie stehen jedoch nicht an erster Stelle bei der Einführung einer Prozesskostenrechnung. Ein Prozess entsteht wie erwähnt nicht von alleine, sondern er wird initiiert. Gefragt wird immer nach einem Ereignis, das den Prozess auslöst. Dieser Kosten-Treiber (Cost-Driver), veranlasst die nachfolgenden und den Prozess bestimmenden Tätigkeiten. So löst z. B. das ausgefüllte Formular „Materialanforderung“ eine Bestellung im Einkauf mit allen angehängten Tätigkeiten aus, von der reinen Bestellung über die Lieferterminüberwachung und den Wareneingang bis letztlich zur Einlagerung. Der Cost-Driver löst also einen Gesamtprozess aus, der selbst wieder in Teilprozesse zu untergliedern ist. Diese lösen wiederum Tätigkeiten aus. Anders formuliert löst ein Cost-Driver Tätigkeiten aus, die zu Teilprozessen führen. In Summe entsteht dadurch ein Hauptprozess.
191
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Beispiel: CostDriver: Materialanforderung Hauptprozess: Materialbestellung Teilprozesse: Lieferantenauswahl Bestellabwicklung Lieferterminüberwachung Wareneingang Einlagerung Tätigkeiten (für den Teilprozess Lieferantenauswahl): Lieferantensuche Lieferantengespräch Auswahl ProzessEbenen Tätigkeiten führen zu Teilprozessen. Das bedeutet, dass die unterste Ebe ne der Betrachtung immer Tätigkeiten sind, mit denen Ressourcen ver braucht werden. Teilprozesse werden zu Hauptprozessen zusammenge fasst.
Hauptprozess A
Hauptprozess B
Verdichtung zu Hauptprozessen
TP 1
Tätigkeiten
TP 2
TP 4
TP 5
Bildung von Teilprozessen
Kostenstelle 15 TP = Teilprozess
Abb. 25: Haupt und Teilprozesse
192
TP 3
Kostenstelle 36
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
Bei Einführung einer Prozesskostenrechnung sind zunächst die Hauptprozesse festzulegen. Diese werden in Zusammenarbeit mit den Betroffenen erarbeitet. In der obigen Einkaufsabteilung wird z. B. der Einkaufsleiter mit seinen Mitarbeitern gefragt, welche Hauptleistungen in seinen Kostenstellen erbracht bzw. welche Hauptleistungen von seinen „Kunden“ erwartet werden. Es ist bei solchen Befragungen darauf zu achten, dass eine Beschränkung auf die wirklich wichtigen Hauptprozesse und kein Abgleiten in die darunter liegenden Teilprozesse erfolgt.
Kostenstellen und Prozesse
Einer dieser Hauptprozesse wäre im obigen Beispiel die Materialbestellung. Wenn alle Hauptprozesse festgelegt sind, kann entlang der Abwicklungsstruktur in der betroffenen Abteilung vom Hauptprozess auf die Teilprozesse geschlossen werden. Welche Leistungen bzw. Aufgabenerfüllungen sind notwendig, um den Hauptprozess erledigen zu können? Mit dieser Fragestellung gelingt es, die Prozessstruktur abzubilden und bis zu den Tätigkeiten vorzudringen.
Tätigkeitsanalyse Bei der Tätigkeitsanalyse geht es um die Leistung, welche für die Durchführung der Teilprozesse notwendig ist. Diese wird durch Mitarbeiter in den Kostenstellen erbracht. Zur Feststellung, welche Leistungsmengen der einzelnen Mitarbeiter für die einzelnen Teilprozess anfallen, sind in aller Regel Interviews, Befragungen, Fragebögen o. Ä. einzusetzen. Damit entsteht ein klares Bild, welche Mitarbeiter mit welchem Aufwand an welchen Teilprozessen mitwirken. Bei der Gestaltung der Prozesse ist jedoch in der Konzeptionsphase genau festzulegen, bis zu welchem Detaillierungsgrad die Prozesse und die zugehörigen Tätigkeiten analysiert werden sollen. Im obigen Beispiel des Teilprozesses Lieferantenauswahl wären die drei genannten Tätigkeiten ausreichend detailliert und ihr durchschnittlicher Ressourcenverbrauch in Form von Mitarbeiterleistungen bestimmbar. Es wäre jedoch auch möglich, diese Tätigkeiten noch genauer zu zergliedern. Damit wäre eine zusätzliche Ebene von Teilprozessen eingezogen. Im obigen Beispiel würde dann z. B. aus der bisherigen Tätigkeit der Lieferantensuche ein neuer Teilprozess entstehen, der dann selbst wieder aus den folgenden Tätigkeiten bestehen kann:
Detaillierungs grad festlegen
193
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
• • •
Beschaffung von Lieferantenadressen Prüfung der Lieferantenqualifikationen Ausscheidung ungeeigneter Lieferanten
Auch die Tätigkeit „Beschaffung von Lieferantenadressen“ wäre theoretisch nochmals aufzuspalten usw., letztlich in einzelne Handbewegungen. Damit wird klar, dass ein praktikabler Kompromiss zwischen Genauigkeit und Aussagefähigkeit der Tätigkeiten erzielt werden muss, um ein beherrschbares Prozessbild zu erhalten.
Kostenzuordnung Die Tätigkeiten für die Teilprozesse werden durch Mitarbeiter ausgeführt, die organisatorisch in Kostenstellen arbeiten. Diese Verbindung ist aus Sicht einer richtigen Kostenzuordnung absolut wichtig, da sie eine Kalkulationsfähigkeit des Ressourcenverbrauches erlaubt. Ein wichtiges Ziel der Kostenstellenrechnung besteht ja darin, darzustellen, was der Ressourcenverbrauch kostet. Es wird dort ein Kostensatz je Outputeinheit bestimmt. Wenn z. B. die Gesamtkosten einer Kostenstelle 100.000 € betragen und ihr Output in Höhe von 2.000 Mitarbeiterstunden besteht, lautet der Kostensatz je Mitarbeiterstunde 50,-- €.
Bezugsgrößen Der Output in den Kostenstellen wurde innerhalb der flexiblen Plankostenrechnung als „Bezugsgrößen“ beschrieben. Dies sind technische Größen zur Messung der Kostenstellenleistung. Werden z. B. in einer Kostenstelle „Maschinenstunden“ geleistet, so lautet die Bezugsgröße entsprechend. Stellt ein Fuhrpark ein Kraftfahrzeug für betriebliche Zwecke zur Verfügung, das durch einen angestellten Fahrer chauffiert wird, dann ist es in der Regel sinnvoll, zwei getrennte Bezugsgrößen zur Verfügung zu stellen. Für die genaue Kostenverrechnung der Autoleistung gilt die Bezugsgröße „Gefahrene Kilometer“, wogegen die Leistung des Fahrers nach der geleisteten Zeit, also „Fahrerstunden“ erfolgen muss. Dies ist notwendig, da es durchaus vorkommen kann, dass ein Fahrer Zeit und damit Kosten verbraucht, das Auto jedoch steht, z. B. beim Warten auf den Abladevorgang.
194
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
Damit soll beschrieben werden, dass der Output einer Kostenstelle mehrere Bezugsgrößen umfassen kann, je nach Leistungsvielfalt der Kostenstelle.
Tätigkeiten für Teilprozesse Tätigkeitsdimension
1
2
3
Bezugsgrößendimension
1
2
3
Output der Kostenstelle
Abb. 26: Notwendigkeit der Übereinstimmung von Bezugsgrößen und Tätigkeitsdimension
Die Bezugsgrößen bzw. die Kostensätze je Bezugsgrößeneinheit sind die einzigen und ausschließlichen Verrechnungskanäle für messbare Leistung der Kostenstellen. Eine Basisanforderung Wenn Prozesse kalkuliert werden sollen, deren Tätigkeiten in den Kosten stellen erfolgen, dann müssen logischerweise die Dimensionen der Tätig keiten mit denjenigen der Bezugsgrößen übereinstimmen. Die ist eine zwingende Forderung. Wenn also im oben angeführten Beispiel in der Einkaufsabteilung die Tätigkeiten für den Teilprozess „Lieferantenauswahl“ anfallen, dann wird die Leistung der Mitarbeiter hierfür in Stunden gemessen werden können. Und genau diese Stunden stellen den zu bewertenden Ressourcenverbrauch in der Kostenstelle dar. Dementsprechend muss die Bezugsgröße der Kostenstelle „Einkauf“ auch „Mitarbeiterstunden“ lauten. Es ist nicht möglich, z. B. die Prozesstätigkeiten mit „kg bewegtes Material“ zu bestimmen (wie unsinnig dies auch sei) und gleichzeitig in der Kostenrechnung als Bezugsgröße die oben erwähnten Kostensätze je Mitarbeiterstunde verrechnen zu wollen. Es muss einfach zusammen-
Überein stimmung ist wichtig
195
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
passen, sonst ist eine aussagefähige Prozesskalkulation nicht möglich! Diese Anforderung soll mit Abb. 26, S. 195 visualisiert werden.
8.4
Die Prozesskalkulation
Nach der Prozessaufnahme und der Ermittlung des Ressourcenverbrauchs sind nun die Prozesskosten zu errechnen. Die bereits bekannten Werkzeuge der Kostenrechnung werden dazu benutzt. Die Teilprozesse stellen eigene Kalkulationsobjekte dar. Die Kostenstellenleistung wird verwendet um die Teilprozesse herzustellen. Die Teilprozesse sind nicht Gegenstand der Kostenstellenrechnung sondern des Arbeitsgebietes Kalkulation und befinden sich daher in der Kalkulationsdatei des Unternehmens. Folglich ist bei der Kalkulation eines Verkaufsproduktes zu ermitteln, wie häufig der Teilprozess bzw. Hauptprozess nötig ist. Die Stückliste des Verkaufsproduktes muss daher die benötigte Menge des Hauptprozesses enthalten, wenn der Prozess auf ein Verkaufsprodukt zugerechnet werden soll. Im Übrigen folgt die Kalkulation der Prozesskosten dem Schema der Zuschlagskalkulation, indem die benötigten Materialmengen und Leistungsmengen aufgeführt und bewertet werden. In den Stammdaten des Teilprozesses sind die planmäßig zu verbrauchenden Ressourcen aufzuführen, entsprechend des Verfahrens von Arbeitsplan und Stückliste.
Modellierter Ablauf
Ressourcenverbrauch Leistung Material
Prozesskalkulation Abb. 27: Ablauf der Prozesskalkulation
196
In welcher Kostenstelle? Kostensätze
Welches Material? Materialpreise
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
In Abb. 27, S. 196 wird der Gesamtablauf der Prozesskalkulation nochmals dargestellt. Er beginnt mit einer Modellierung des Prozessablaufs. In diesem Prozessmodell wird genau beschrieben, welche Ressourcen im Detail für die Tätigkeiten notwendig sind, also exakte Leistungsmengen von ganz bestimmten Kostenstellen und die Einsatzmengen von notwendigen Materialarten. Ist alles dies bekannt, kann die Prozesskalkulation durchgeführt werden. Beispiel: Der Hauptprozess Auftragsbearbeitung besitzt die Teilprozesse • Erstellen Auftragsbestätigung • Auftragsdisposition • Fakturierung Alle Tätigkeiten werden in der Kostenstelle 4712 „Vertriebsabwicklung“ ausgeführt. Die Kostenplanung der Kostenstelle 4712 geht von monatlich 1.000 Mit arbeiterstunden aus, wobei dafür folgende variable und fixe Kosten anfal len: Kostenplanung Kostenstelle 4712 Auftragsabwicklung Planbezugsgröße Kostenarten Gehälter Personalnebenkosten Reisekosten Büromaterial Raumkosten Sonst. Umlagen Summe Kostensatz € je Std.
1.000 Mitarbeiterstunden variabel 20.000 16.000 200 3.800 40.000 40,00
fix 3.000 2.400 1.000 50 500 3.050 10.000 10,00
Gesamt 23.000 18.400 1.000 250 500 6.850 50.000 50,00
Die Teilprozesse benötigen folgende Mitarbeiterstunden (je Teilprozess) 0,5 Std. • Erstellen Auftragsbestätigung 1,0 Std. • Auftragsdisposition 0,75 Std. • Fakturierung
197
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Zusätzlich zu den Mitarbeiterstunden werden Formulare als Materialkos ten benötigt, welche nicht in dem Büromaterial der Kostenstelle enthal ten sind, sondern als prozessabhängige Einzelkosten gelten: 2,00 € • Auftragsbestätigung 1,50 € • Auftragsdisposition 3,00 € • Fakturierung Insgesamt wird davon ausgegangen, dass monatlich planmäßig folgende Mengen von Teilprozessen benötigt werden: 360 • Erstellen Auftragsbestätigung 400 • Auftragsdisposition 560 • Fakturierung Die Kosten je Teilprozess ergeben sich laut Kalkulation (nur Vollkosten): 27,00 € • Erstellen Auftragsbestätigung 51,50 € • Auftragsdisposition 40,50 € • Fakturierung Die Verdichtung der Teilprozesse auf den Hauptprozess „Auftragsabwicklung“ ist zwar planmäßig möglich, sie würde aber nur Durchschnittswerte ergeben. Denn jeder Kunde kann unterschiedliche Mengen von Teilprozessen in der monatlichen Realität abrufen. Dadurch entstehen, und das ist einer der großen Transparenz-Vorteile der Prozesskostenrechnung, diejenigen Kosten, welche tatsächlich durch Kunden ausgelöst werden. Wiederholungs grad als Vor aussetzung
198
Voraussetzung für die hier beschriebene Art der Prozesskalkulation ist der Wiederholungsgrad der Teilprozesse mit ihren Tätigkeiten. Nur bei repetitiven, standardisierten Tätigkeiten nach Ablauf der mitarbeiterspezifischen Lernprozesse ist eine solche Betrachtung sinnvoll. Nach Ablauf der betrieblichen Lernprozesse sind die Abläufe als weitgehend stabil anzusehen und stehen somit einer Kalkulation zur Verfügung. Einmalige Tätigkeiten lassen sich schlecht bzw. überhaupt nicht nach diesem Verfahren mit planmäßig definiertem Ressourcenverbrauch erfassen.
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
Fortsetzung des Beispiel: Mit den errechneten Prozesskosten ist genau zu bestimmen, welche Kos ten der Auftragsabwicklung beim Kunden A und B entstehen. Kunde A bestellt 1mal im Monat und verlangt 1 Lieferung und 1 Rech nung. Er löst mit seiner Bestellung alle Teilprozesse entsprechend einmal aus, so dass seine Kosten der Auftragsabwicklung 119 € betragen. Kunde B bestellt ebenfalls 1x im Monat. Er möchte jedoch in 2 Teilliefe rungen mit jeweiliger Rechnung beliefert werden. Damit löst er folgende Anzahl von Teilprozessen aus: • • •
Erstellen Auftragsbestätigung Auftragsdisposition Fakturierung
1 2 2
Die echten Kosten der Auftragsabwicklung von Kunde B ergeben sich also in Höhe von 211 €. Durch die im Beispiel ausgewiesene Kostendifferenz der beiden Kunden zeigt sich der Vorteil der Prozesskostenrechnung. Es wird eine sehr viel höhere und entscheidungsorientiertere Transparenz erzeugt, als es die traditionsgemäße Verwendung pauschaler Zuschläge erlaubt. Möglicherweise kann durch die Prozessbetrachtung bei dem Kunden, welcher Kosten in Höhe von 211 € verursacht insgesamt ein Auftragsverlust dokumentiert werden. Dieser wäre durch eine vorherige Benutzung pauschaler Vertriebszuschläge eventuell nicht entdeckt worden. Wichtig ist, dass die Kostenstelle 4712 wirklich prozessorientiert auf die Kundenkalkulationen verrechnet wird. Sie ist nicht mehr Bestandteil von pauschalen Vertriebszuschlägen. Diese Zuschläge müssten nun im Betriebsabrechnungsbogen geringer geworden sein, da die Kostensumme der Kostenstelle 7412 durch ihre direkte Verrechnung herausfällt.
8.5
Variante zur Prozessstruktur
Bezugsgrößen beschreiben die Leistungen, welche in den Kostenstellen erzeugt werden. In den bisherigen Darstellungen wurden sie auf die unterste Ebene der Prozessebenen, nämlich die Tätigkeiten bezogen. Wird dies aber überall gleichermaßen betrachtet?
199
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Im Wesentlichen handelt es sich bei den Tätigkeiten in den Kostenstellen um die Stundenleistung von Mitarbeitern und Maschinen. Das oben beschriebene Modell der Teilprozesse beruht auf dieser Art von Bezugsgröße. Erst im Arbeitsgebiet der Kalkulation werden diese Tätigkeiten (Bezugsgrößen) dann mit den Kostensätzen aus der Kostenstelle multipliziert. Dort wird insgesamt ermittelt, was ein Prozess kostet. Das bedeutet, dass die Kosten eines Prozesses oder Teilprozesses nur in der Kalkulation erkennbar sind. Die Trennung ist klar: Leistungen gehören in die Kostenstellenrechnung, Teilprozesse und Hauptprozesse in die Kalkulationsdatei. Einige der Verfechter der Prozesskostenrechnung sehen dies allerdings anders. Sie übernehmen die Kalkulation der Teilprozesse bereits in die Kostenstellenrechnung.
Hauptprozess A
Hauptprozess B
Verdichtung zu Hauptprozessen
TP 1
TP 2
Kostenstelle 15
TP 3
TP 4
TP 5
Kostenstelle 36
Bildung von Teilprozessen TP = Teilprozess
Abb. 28: Variante der Prozessstruktur Prozesskosten sätze
200
Bereits in der Kostenstelle wird also gefragt, für welche Teilprozesse die Leistung der Mitarbeiter bzw. Ressourcen verwendet wird. D. h., dass in der Kostenstellenrechnung keine Kostensätze je Leistungseinheit, z. B. Mitarbeiterstunden errechnet werden, sondern es wird dort bereits ein Kostensatz je Teilprozess zur Verfügung gestellt, z. B. Kosten je Auftragsbestätigung. Natürlich sind dann in diesen Kostensätzen je Teilprozess nicht nur alle Mitarbeiterleistungen, sondern auch alle Kosten ein-
Schritt 7: Die Gedanken der Prozesskostenrechnung integrieren
zurechnen, welche sonst nur im Arbeitsgebiet der Kalkulation berücksichtigt werden, z. B. die etwa anfallenden Materialkosten. Die Kalkulationsdatei wird nach diesem Verfahren nur für die Verdichtung der Teilprozesse auf die Hauptprozesse benötigt. Wie die Prozessstruktur nach dieser Auffassung aussieht, zeigt oben die Abb. 28. Natürlich kann diese Art der Prozesskostenrechnung auch mit der flexiblen Plankostenrechnung abgebildet werden. Es bestehen jetzt aber andere Bezugsgrößen in den Kostenstellen, entsprechend der Anzahl dort ablaufender Teilprozessen. Im obigen Beispiel wären dies: • • •
Erstellen Auftragsbestätigung Auftragsdisposition Fakturierung
Das Ergebnis muss in Summe gleich sein. Bezogen auf das obige Beispiel müsste der Kostensatz je Bezugsgrößeneinheit mit den Kosten der obigen Teilprozesse identisch sein. Unterschiede im Handling Im Prinzip müssten beide Varianten der Prozesskostenrechnung auf die gleichen Ergebnisse kommen. Unterschiede liegen nur im Handling. Der Nachteil dieser Variante gegenüber dem zuerst vorgeschlagenen Vorgehen liegt in den mangelhaften Aussagen von controllingorientierten Simulationsrechnungen bei Kapazitätsdimensionierungen und der schwierigeren Abweichungsanalyse. Außerdem wird eine Überführung der Prozesskalkulation in die Kostenstellenrechnung dann problematisch, wenn ein Teilprozess Leistungen aus mehreren Kostenstellen bezieht. Insgesamt scheint das zuerst geschilderte Verfahren besser zu sein.
8.6
Erkenntnisse aus der Anwendung der Prozesskostenrechnung
Worin besteht nun der Lohn der ganzen Arbeit? Welche Entscheidungen im Unternehmen können mithilfe der Prozesskostenrechnung verbessert werden?
201
Die Werkzeuge der Kostenrechnung
Wie oben bereits erwähnt, konzentrierte sich die traditionelle Kostenrechnung auf die exakte Kalkulation des reinen Fertigungsprozesses. Die sich im Umfeld abspielenden und ausgelösten Prozesse wurden mit ihren Kosten in pauschale Zuschlägen integriert oder in Umlagerechnungen des Betriebsabrechnungsbogens „unsinnig“ verteilt. Die eigenständige Kalkulation und verursachungsgerechte Weiterverrechnung der Prozesse erzeugt eine neue Transparenz, welche eine viel entscheidungsrelevantere Bedeutung hat als die traditionellen Auswertungen. Die dargestellte Vorgehensweise und die damit verbundenen Erkenntnisse sind typisch für die Prozesskostenrechnung. Sie weist mit ihren neuen Zahlen normalerweise sehr genau auf einen Entscheidungs- oder Klärungsbedarf seitens des Managements hin. Als Konsequenz wird häufig eine Neuordnung der Prozessabwicklung entstehen, beispielsweise der Verhinderung von teuren Kundenbedienungen oder Kleinmengenabwicklungen, usw. Durch die Prozesskostenrechnung und ihrer zu Grunde liegenden Prozessbetrachtung wird bei systematischer Anwendung die Basis für eine generelle Prozessoptimierung im Unternehmen geschaffen. Weitere Anwendungsbeispiele der Prozesskostenrechnung finden sich im nachfolgenden Teil dieses Buches „Die Werkzeuge in der Praxis“.
202
Die Werkzeuge in der Praxis Während im ersten Teil des Buches die Werkzeuge der Kostenrechnung in ihrer anwendungsorientierten Bandbreite beschrieben wurden, wird jetzt ihr Einsatz demonstriert. Was kann die Kostenrechnung zur Verbesserung von Unternehmensentscheidungen konkret beitragen? Wie erkennen Sie Problemfelder im Unternehmen? Welche Alternative bei Entscheidungen bringt optimale Deckungsbeiträge? Die Anwendungsmöglichkeiten der Werkzeuge sind in der Praxis natürlich unbegrenzt, genauso wie die Fragestellungen. Dabei geht es im Folgenden nicht nur um die Darstellungen von Entscheidungssituationen, in denen die Kostenrechnung Transparenz herstellt, sondern auch um den Zusammenhang ihrer einzelnen Arbeitsgebiete. Speziell in der Fragestellung: Was passiert mit den entscheidungsrelevanten Informationen, wenn irgendeine Annahme in der Kostenrechnung geändert wird, d. h. wie wirkt es sich auf die Aussagen der Kostenrechnung aus, wenn sich Parameter verändern? Außerdem werden die Grenzen der Kostenrechnung beleuchtet. Wo fangen die Werkzeuge an, unzuverlässig zu werden? Welche Datenqualität ist von einer Kostenrechnung überhaupt zu erwarten?
203
1
Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
Wie oben dargestellt, entstehen durch den verursachungsgerechteren Ansatz der Teilkostenrechnung einige deutliche Verbesserungen betrieblicher Entscheidungen. Aus dem breiten Feld möglicher Einsatzgebiete sind im Folgenden einige wichtige und häufig diskutierte Anwendungsbeispiele angeführt.
1.1
MakeorbuyEntscheidung (Outsourcing)
Eine zunehmend wichtiger werdende Frage besteht in der Tiefe der Wertschöpfung im Unternehmen. Sollen alle Arbeitsprozesse selbst durchgeführt werden, oder wäre es möglicherweise besser, bestimmte Leistungen von außen zu beziehen, anstatt sie selbst herzustellen? Diese Frage muss sich nicht immer nur auf bestimmte Produktionssegmente oder gar ein komplettes Produkt beziehen. Selbst das Outsourcing einzelner Arbeitsgänge ist heute absolut normal. Die Kostenrechnung kann nur einen Teil der Informationen liefern, die für eine Outsourcing-Entscheidung notwendig sind. Insgesamt werden von dieser Problematik viele strategisch wichtige Fragen betroffen. Vor allem steht der potenzielle Subunternehmer mit seinem gesamten Umfeld zur Diskussion, z. B.: • • • • • • •
204
Finanzielle Stärke des Subunternehmers Liefertreue Zuverlässigkeit Know-how-Verlust im Stammhaus Abhängigkeit Qualität Preis aktuell und zukünftig
Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
• •
Produktivität Politische Situation des Subunternehmerlandes
Wenn man sich dauernd auf einen Subunternehmer verlassen will, sind in der Entscheidung also viele wichtige, unternehmensbezogene Parameter zu berücksichtigen. Die Kostenrechnung erarbeitet ihre Empfehlung lediglich auf der Basis von Zahlen. Diese stellen natürlich eine Grundvoraussetzung dar. Sprechen die Zahlen gegen ein Outsourcing, sind die Würfel sowieso schon gefallen. Nur wenn es sich rechnet, sind die weiteren Einflussfaktoren anzugehen. Die OutsourcingEntscheidung OutsourcingÜberlegungen sind absolut präzise unter Beachtung aller Umstände durchzuführen. Die Kostenrechnung spielt dabei eine wichtige, aber nicht dominante Rolle. Viele Unternehmen mussten ihre Entschei dungen und Auswärtsverlagerungen zurückdrehen, weil sie anscheinend unwichtige Details falsch einschätzten. Die weiteren Ausführungen erstrecken sich auf das Arbeitsfeld der Kostenrechnung: das Zahlenwerk.
Wenn das Outsourcing auf kurze Dauer angelegt ist Die Aussage der Kostenrechnung hängt sehr stark davon ab, ob das Outsourcing nur kurzfristig, z. B. zur Überbrückung bestimmter Problemsituationen oder möglicherweise langfristig, d. h. also auf Dauer angelegt ist. Im kurzfristigen Bereich wird die Frage gestellt, ob eine Eigenfertigung teurer ist als die Auswärtsvergabe, bei Aufrechterhaltung der Fixkosten. Es handelt sich also um eine Verlagerung, ohne dass die Kapazitäten des Unternehmens verändert werden. Denn diese werden später, nach Ende der Verlagerung wieder gebraucht. Es gilt nun, die eigenen Kosten zur Herstellung des betroffenen Produktes oder Produktteiles zu ermitteln und diese mit den Kosten des Subunternehmers zu vergleichen. Werden die eigenen Kosten mit dem klassischen Vollkostenansatz errechnet, entsteht hier häufig ein falsches Ergebnis.
205
Die Werkzeuge in der Praxis
Beispiel: Die Produktion des Produkts A soll auf eine kurzfristige Auswärtsverlage rung hin überprüft werden. Die Kosten der Eigenfertigung für A werden mithilfe der Kalkulation bestimmt. Sie betragen zu Vollkosten 5.000 €. Der Subunternehmer verlangt nur 4.500 €. Wenn nach den Regeln der Vollkostenrechnung entschieden wird, fällt die Entscheidung zu Gunsten einer Verlagerung zum Subunternehmer, da dieser die Leistung um 500 € günstiger als die eigenen Kosten anbietet. Fixkosten!
Diese Entscheidung ist jedoch meist falsch, da die Vollkostenrechnung keine Trennung in fixe und variable Kosten durchführt. Handelt es sich um eine kurzfristige Vergabe, werden die Fixkosten nicht geändert werden. Kapazitäten in Form von Maschinen und Gebäuden sowie Mitarbeiter in Leitungsfunktion bleiben bestehen. Für die richtige Entscheidung sind die Kosten des Fremdunternehmens nur mit den eigenen variablen Kosten zu vergleichen. Weiterführung des Beispiels: Unter der Annahme, dass die eigenen variablen Kosten des Produktes A 4.000 € betragen, lassen sich die anteiligen Fixkosten je Produkt mit 1.000 € bestimmen. Würde eine Verlagerung nach außen erfolgen, müss ten die 1.000 € nach wie vor bezahlt werden. Die kurzfristige Auswärts verlagerung kostet demnach insgesamt 5.500 €. Es ist also in diesem Fall kostengünstiger, das Produkt A weiterhin selbst zu fertigen. Ein Outsourcing ist im kurzfristigen Fall nur dann sinnvoll, wenn der Subunternehmer die eigenen variablen Kosten unterbietet. Allerdings müsste das Unternehmen sich in diesem Fall die Frage gefallen lassen, ob die eigenen Prozesse richtig organisiert sind, wenn die eigenen variablen Kosten einen höheren Betrag annehmen als die Selbstkosten inkl. Gewinn eines Subunternehmers.
Wenn das Outsourcing auf lange Dauer angelegt ist Fixkostenabbau einbeziehen
206
Im langfristigen Bereich wird die Entscheidung über Outsourcing oft mit dem Abbau von eigenen Fixkosten verbunden. Wenn ein bestimmter Arbeitsabschnitt für immer nach außen geht, sind entsprechende interne Kapazitäten nicht mehr notwendig. Allerdings können meist nicht alle Fixkosten vollständig abgebaut werden. Die Restfixkosten sind in die Entscheidung mit einzubeziehen. Dies gilt genauso für andere Kosten, die im Zusammenhang mit der endgültigen Verlagerung zu-
Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
sammenhängen und möglicherweise zusätzlich anfallen. Dies können z. B. Kosten für einen Sozialplan sein oder etwa zusätzliche Investitionen in Lager, Materialprüfungen usw. Weiterführung des Beispiels: Das Produkt A soll langfristig verlagert werden. Eine Analyse der Fixkos ten ergab, dass von den 1.000 € nur 700 € abbaufähig sind. Es verbleiben somit 300 € je Produkt. Zu den Kosten des Fremdbezugs in Höhe von 4.500 € sind diese 300 € hinzuzuzählen, so dass die Summe bei langfris tiger Verlagerung insgesamt 4.800 € beträgt. Damit wäre das Outsourcing um 200 € billiger als eine Eigenfertigung. Im Beispiel wurden nur kleine Zahlen verwendet. In der Realität handelt es sich meist um sehr große Beträge. Wie schon erwähnt, spielt die Kostenrechnung bei der Gesamtentscheidung über Outsourcing eine wichtige, aber nicht dominante Rolle. Viele Unternehmen haben Lehrgeld bezahlen müssen, weil sie sich nur auf die Zahlen verlassen hatten und vergaßen, die restlichen Parameter genauestens zu untersuchen.
1.2
BreakevenAnalyse
Der Break-even-Punkt (BEP), oder auch Gewinnschwelle genannt, bezeichnet denjenigen Punkt, an dem die Summe der erzielten Deckungsbeiträge genau der Höhe der abzudeckenden Gesamtkosten entspricht. An diesem Punkt sind also durch die Menge der verkauften Produkte alle variablen und fixen Kosten des Unternehmens gerade eben abgedeckt. Der Gewinn in diesem Punkt ist also null. Erst das nächste verkaufte Produkt lässt einen Gewinn in Höhe seines Deckungsbeitrages entstehen. Break-even-Analysen sind mit ihrer Aussage ein willkommenes und sehr häufiges benutztes Instrument, um ein Unternehmen zu analysieren. Ab welcher Umsatzhöhe ist (endlich) Gewinn zu erwarten? Wann entsteht bei einem möglichen Umsatzrückgang Verlust? Lohnt sich die Annahme eines Zusatzauftrages? Wie verändert sich der Gewinn, wenn Verkaufspreise, Verkaufsmengen sinken oder steigen? Bei der Beantwortung dieser für einen Unternehmer äußerst spannenden Fragen hilft die Break-even-Rechnung. Allerdings ist zu beachten, dass sie nicht immer sehr hohe Aussagekraft besitzt.
207
Die Werkzeuge in der Praxis
Wie errechnet man die Gewinnschwelle? Abb. 29 veranschaulicht die Zusammenhänge zunächst in einer Grafik. Der Break evenPunkt
Es wird angenommen, dass es eine definierte Planverkaufsmenge gibt. Die geplanten Fixkosten werden durch die Plan-Deckungsbeiträge der Produkte abgedeckt. Am Schnittpunkt mit der x-Achse liegt der Breakeven-Punkt als Ausdruck derjenigen Verkaufsmenge, an der die Gewinnschwelle liegt. So ermitteln Sie die BreakevenMenge Die Differenz zwischen der Planverkaufsmenge und der Break-evenMenge wird als Sicherheitsstrecke bezeichnet. Sie definiert diejenige Verkaufsmenge, um die im Zweifelsfall der Umsatz zurückgehen kann, ohne Verluste entstehen zu lassen. € Deckungsbeiträge BEP
Plan Verkaufsmenge
Sicherheitsstrecke Fixkosten Abb. 29: BreakevenPunkt (BEP)
Beispiel: Die gesamten Fixkosten eines Unternehmens betragen 54.600 €. Der De ckungsbeitrag eines Produktes beläuft sich auf 65 € bei einer Planver kaufsmenge von 1.000 Stück. Wenn nun diejenige Produktmenge ermittelt werden soll, bei der die De ckungsbeiträge die Fixkosten genau abgedeckt haben, sind die Fixkosten durch den Deckungsbeitrag je Produkt zu dividieren. Es ergibt sich damit eine BreakevenMenge von 840 Stück. Bei einer Planverkaufsmenge von 1.000 Stück beträgt die Sicherheitsstrecke damit 160 Stück (16 %). Ein Break-even kann auch auf den Umsatz bezogen werden. Der so ermittelte Break-even-Punkt sagt damit aus, ab welcher Umsatzhöhe die
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Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
Gewinnschwelle erreicht ist. Es geht hier also um einen Geldbetrag, nicht mehr um eine Produktmenge. So ermitteln Sie den BreakevenUmsatz Die Ermittlung des Break-even-Umsatzes ist nur ein klein wenig komplizierter als die sehr einfache Rechnung auf Stückbasis. Zu ermitteln ist zunächst der Deckungsbeitrag in Prozent vom erzielten Umsatz. Die Frage lautet: Wie viel Deckungsbeitrag steckt in einem € erzieltem Umsatz? Anschließend sind die Fixkosten durch diesen Deckungsbeitrags-Prozentsatz am Umsatz (DBU) zu dividieren und man erhält den Break-even-Umsatz. Es ist bei dieser Rechnung darauf zu achten, dass der DBU nicht gerundet, sondern mit einigen Stellen nach dem Komma verwendet wird. Damit entsteht eine genauere Rechnung. Weitergeführtes Beispiel: Der Planverkaufspreis eines Produktes betrage 110 € und der Deckungs beitrag wie oben angegeben 65 €. Damit lässt sich ein DBU in Höhe von 59,0909 % bestimmen. Die genannten 54.600 € Fixkosten dividiert durch 0,590909 ergeben einen BreakevenPlanumsatz in Höhe von 92.400 €. Da der gesamte Planumsatz 110.000 € beträgt, beläuft sich die Sicher heitsstrecke im Umsatz auf 17.600 €, was wieder den oben schon ange gebenen 16 % entspricht. Die BreakevenRechnung bei der Gewinnplanung Mit der Logik der Break-even-Rechnung sind nun viele Fragestellungen zu bearbeiten. Z. B.: Bei welcher Verkaufsmenge unseres Produktes wird ein Gewinn in Höhe von x erzielt? Vom Rechengang her wird das Problem ganz einfach gelöst. Gewinn entsteht bekanntlich erst, wenn der Break-even-Punkt überschritten ist. Also addiert man zu den Fixkosten noch die Höhe des gewünschten Gewinnes und dividiert die Gesamtsumme durch den Stückdeckungsbeitrag. Dieses Ergebnis hat somit nicht nur die Fixkosten abzudecken, sondern darüber hinaus noch den erwarteten Gewinn.
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Die Werkzeuge in der Praxis
Weitergeführtes Beispiel: Auf Basis der obigen Daten entsteht die Frage: Bei welcher Verkaufsmen ge entsteht ein Gewinn in Höhe von 6.370 €? Die Fixkosten in Höhe von 54.600 € sind zu ergänzen um 6.37 €. Die Summe von 60.970 € wird durch den Deckungsbeitrag von 65 € cdivi diert. Es ergibt sich eine Stückzahl von 938. Bei dieser Verkaufsmenge entsteht also der gewünschte Gewinn. Es entsteht nun die Frage, welchen Nutzen die Break-even-Rechnung für unternehmerische Entscheidungen tatsächlich besitzt.
BreakevenAnalyse: Vorsicht bei unternehmerischen Entscheidungen Der Rechenvorgang ist zunächst einleuchtend und griffig. In der betriebswirtschaftlichen Literatur gibt es daher auch eine Menge diesbezüglicher Rechenaufgaben. In der Stückrechnung kommt ja auch ein klares Ergebnis heraus: Ab 840 Produkten (siehe Beispiel) wird Gewinn entstehen. Dies ist ein pragmatisches und verständliches Ergebnis. Vorsicht: Unter schiedliche Deckungs beiträge
Das Problem dieser Rechnung steckt jedoch im verwendeten Deckungsbeitrag. Es wird angenommen, dass das Unternehmen nur ein einziges Produkt verkauft. Dann ist dieser klar zu bestimmen und in der Rechnung zu verwenden. Was aber, wenn ein Unternehmen 50 Produkte herstellt, wobei alle einen unterschiedlichen Deckungsbeitrag aufweisen? Bei dieser realistischen Unterstellung wird deutlich, dass die Anwendungsfähigkeit der Break-even-Rechnung nur eingeschränkt möglich ist. Zu unterscheiden ist bei dieser Einschränkung die Verwendung der Break-even-Rechnung in der Plan- und der Istrechnung. Die BreakevenAnalyse in der Istrechnung In der Istrechnung, d. h. also in der Dokumentation der tatsächlich gebuchten Umsätze erfolgt die Bestimmung des Break-even theoretisch ganz einfach. Man kumuliert die täglich durch den Produktverkauf erzielten Deckungsbeiträge auf und weiß dadurch ganz genau, ab welchem Tag im Monat die Gewinnschwelle erreicht wurde. Voraussetzung dazu ist nur, dass diese Analyse auch tatsächlich täglich durchgeführt wird. Und diese Annahme ist nicht sehr realistisch. Es gibt wenige Un-
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Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
ternehmen, die eine tägliche Ergebnisrechnung durchführen. In Handelsbetrieben ist diese Praxis jedoch ab und zu anzutreffen. Die meisten Unternehmen ermitteln ihr Ergebnis monatlich. D. h. alle Daten, Kosten wie auch Umsätze werden in einem Monat aufsummiert und dann verarbeitet. Wird in der Ergebnisrechnung ein Gewinn ausgewiesen, weiß man eigentlich nur, dass der Break-even-Punkt überschritten wurde. Aber wo und wann genau ist schwer festzulegen. Auch eine prozentuale Rechnung, also bei x % Umsatz wurde der Break-even erreicht setzt schon wieder eine gleichmäßige Deckungsbeitragsverteilung über alle Produkte voraus. In einer Monatsrechnung mit aufsummierten Werten ist ein Breakeven-Punkt daher nur näherungsweise zu bestimmen. Der Grund für diese Unschärfe liegt, um dies zu wiederholen, einerseits in der nicht planbaren Produkt-Zusammensetzung des Ist-Umsatzes und andererseits in den unterschiedlichen Deckungsbeiträgen der Produkte. Die BreakevenAnalyse in der Planrechnung In einer Planrechnung will man erkennen, wann im Monat oder im Jahr planmäßig der Break-even-Punkt erreicht wird. Hier kann die Rechenlogik der Break-even-Rechnung tatsächlich eine Aussage erzeugen, allerdings unter der Annahme einer planmäßigen Zusammensetzung des Verkaufsvolumens. Wenn z. B. im Jahresplan definiert wird, dass sich ein Monatsumsatz stück- oder wertmäßig immer zusammensetzt aus 20 % Produkt A, 30 % Produkt B, 15 % Produkt C und 35 % Produkt D, ist der Monatsoder Jahres-Break-even genau bestimmbar. Und diese Aussage besitzt natürlich Gewicht. Sie lässt u. a. erkennen, ob sich das Geschäft eines Unternehmens überhaupt lohnt. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass die Unternehmensplanung einigermaßen realistische Werte zeigt. Weiterhin besteht die wichtige Annahme, dass sich die Zusammensetzung des Umsatzes nicht ändert. Verschieben sich die Produktanteile, entsteht ein neuer Break-even-Punkt.
Planmäßige Zusammen setzung des Verkaufs volumens
Schwierig wird es allerdings, wenn der planmäßig festgestellte Breakeven-Punkt mit den Istwerten verglichen und eine Abweichung ermittelt werden soll. Hier sind sinnvolle Aussagen nur dann zu erzeugen, wenn die geplante Produktzusammensetzung, also der Produkt-Mix,
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Die Werkzeuge in der Praxis
mit der Ist-Zusammensetzung identisch ist. Und diese Voraussetzung trifft natürlich nur in wenigen Situationen zu. Aussagefähigkeit Die BreakevenRechnung erzeugt zwar knackige Rechenergebnisse. Sie ist jedoch, vor allem im Mehrproduktunternehmen, mit Vorsicht zu ge nießen.
1.3
Produktionsprogrammoptimierung bei Engpass
Die normale Optimierungsregel für das Verkaufsprogramm lautet: Dasjenige Verkaufsprogramm ist das beste, das die höchste Summe der Deckungsbeiträge ergibt. Unterstellt wird dabei, dass dieses Programm in der gesamten Logistik auch durchgeführt werden kann. Alle betrieblichen Ressourcen werden bei dieser einfachen Optimierungsregel in uneingeschränkter Güte und Menge vorausgesetzt. In der Realität bestehen aber ständig wechselnde Engpässe, welche die Erreichung des optimalen Verkaufsprogramms unmöglich machen, z. B. durch fehlendes Material, ausfallende Maschinenkapazität, ungenügenden Lagerraum usw. Wenn mehrere herzustellende Produkte nun eine einzige, ganz bestimmte Engpasskapazität benötigen, z. B. eine nicht mehr in vollem Umfang zur Verfügung stehende Maschinenkapazität, entsteht die Frage, welche Produkte zuerst hergestellt werden sollen und welche möglicherweise gar nicht. Es geht also um die optimale Nutzung eines Engpasses: Wie können trotz einer Einschränkung so viele Deckungsbeiträge wie möglich erzielt werden?
Bei Engpass eine Optimierungsregel aufstellen Zur Lösung dieses Problems ist eine Optimierungsregel aufzustellen. Und zwar eine praktikable. Wenn es sich um einen einzigen Engpass handelt, spricht man auch von einem einstufigen Engpass. Mehrere gleichzeitige Engpässe werden oft als mehrstufige oder multiple Engpässe bezeichnet.
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Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
Optimierungsregel für mehrstufige Engpässe Eine Optimierungsregel für mehrstufige Engpässe ist nur durch die Verwendung komplizierter mathematischer Methoden zu bestimmen. Sie ist auch etwas praxisfern, da allein die Formulierung des Optimierungsmodells schon schwierig genug ist und die normalen Fähigkeiten eines Kostenrechners übersteigt. Ganz abgesehen davon, dass es schwerer fällt, mehrere Engpässe in ihrer Wirkung genau zu identifizieren. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass sich einmal festgestellte Engpasskombinationen schnell verändern und damit ständig neue Optimierungsrechnungen erfordern. Die Feststellung und Berücksichtigung eines einzigen Engpasses fällt oft leichter. Außerdem sind hier traditionelle Rechenschritte verwendbar. Daher wird im Folgenden nur diese einfache Optimierungsregel für einstufige Engpässe vorgestellt. Optimierungsregel für einen einstufigen Engpass Die Programmoptimierung bei einem einstufigen Engpass hat also zum Inhalt, dass ein Verkaufsprogramm durch eine einzige, klar definierte Limitation nicht voll durchgeführt werden kann. Beispielsweise müssen Produkt A und Produkt B für einen bestimmten Arbeitsgang an der Maschinengruppe 1 bearbeitet werden. Dort ist jedoch kurzfristig eine Maschine für einen Monat ausgefallen, so dass nicht alle Produkte herstellbar sind. Die Steuerung des Produktionsprogramms mit dem absoluten Deckungsbeitrag wird ersetzt durch die Verwendung eines relativen Deckungsbeitrags. Dieser ergibt sich durch die Berücksichtigung der Engpasskapazität. Gefragt wird: Welches Produkt belastet die Engpasskapazität mit welcher Menge? Da die absoluten Deckungsbeiträge der Produkte und ihre Engpassnutzungen höchst unterschiedlich sind, wird für die optimale Nutzung des Engpasses eine Relation gebildet. Als Ergebnis entsteht damit der relative Deckungsbeitrag:
Relativer Deckungs beitrag
Absoluter Deckungsbeitrag des Produktes Engpassnutzung des Produktes Der relative Deckungsbeitrag zeigt damit einen Deckungsbeitrag je Engpasseinheit. Die Optimierungsregel zur Nutzung der Engpasskapazität lautet somit: Zu favorisieren ist das Produkt mit dem höchsten rela-
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Die Werkzeuge in der Praxis
tiven Deckungsbeitrag. Das gewinnoptimale Produktionsprogramm bei einem Engpass entsteht dann, wenn zunächst soviel wie möglich vom Produkt mit dem höchsten relativen Deckungsbeitrag im Engpass hergestellt wird. Verbleibt noch restliche Engpasskapazität, kann diese mit dem Produkt des zweithöchsten relativen Deckungsbeitrags gefüllt werden usw. Schließlich ist die Engpasskapazität vollständig genutzt. Der relative Deckungsbeitrag dient dabei ausschließlich zur Belegung der Engpasseinheit. Ist das hierfür optimale Programm definiert, muss das damit erzielte Ergebnis natürlich wieder mit dem absoluten Deckungsbeitrag gerechnet werden. Beispiel: Es bestehen zwei Produkte A und B, deren absolute Deckungsbeiträge 50 € bzw. 100 € lauten. Das maximale Verkaufsprogramm von A beträgt 1.000 Stück und von B 2.000 Stück. Es kann jedoch nicht realisiert wer den, da eine Produktionsanlage ausgefallen ist. Es verbleibt eine Engpass kapazität von 1.800 Stunden. Die Engpassnutzung von A beträgt 12 Mi nuten, von B 1 Stunde. Ohne Engpass würde der Kapazitätsbedarf folglich 2.200 Std. betragen. Es fehlen also 400 Fertigungsstunden. Der relative Deckungsbeitrag bezieht sich nun auf die Engpassnutzung. Der absolute Deckungsbeitrag von A in Höhe von 50 € wird in 12 Minu ten Engpassnutzung „verdient“. Natürlich ist klar, dass der Deckungsbei trag nicht an dieser Produktionsmaschine entsteht. Wenn jedoch A nicht hergestellt wird, könnte auch der gesamte Deckungsbeitrag nicht gene riert werden. Insofern ist es erlaubt, den absoluten Deckungsbeitrag auf die Engpassnutzung zu beziehen. Pro gesamter Stunde in der Engpassein heit ergibt dies nun bei A den relativen Deckungsbeitrag von 250 € und bei B 100 €. Um das optimale Produktionsprogramm für die Belegung des Engpasses zu erhalten, sind zunächst so viele Produkte mit dem höchsten relativen Deckungsbeitrag herzustellen wie möglich. Anschließend folgt mit der Restkapazität das Produkt mit dem nächsthöheren relativen Deckungsbei trag. Es werden somit vom Produkt A so viele Stück wie möglich gefertigt, nämlich 1.000, und anschließen der Rest mit 1.600 Stück vom Produkt B aufgefüllt. Die Engpasskapazität von 1.800 Stunden ist damit voll ausge füllt. Der erzielte Deckungsbeitrag für die Ergebnisrechnung beträgt (1.000 x 50) + (1.600 x 100) = 210.000 €.
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Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
Würde die Optimierung statt mit dem Kriterium des relativen fälschli cherweise mit dem absoluten Deckungsbeitrag geschehen, würde nur das Produkt B bis zur Grenze des Engpasses produziert werden, also die ge samten 1.800 Stück. Der erzielte Deckungsbeitrag wäre um 30.000 € ge ringer (1.800 x 100) als über die Optimierungsregel mit dem relativen De ckungsbeitrag. Anwendung des relativen Deckungsbeitrags Optimierungen mithilfe des relativen Deckungsbeitrags sind nur dann vorzunehmen, wenn ein einstufiger Engpass klar erkannt wird. In der Praxis gibt es einige Betriebe, welche eine solche Optimierung durchführen. In einem Möbelhaus beispielsweise besteht der Engpass meist in der vorhandenen Ausstellungsfläche. Die ausgestellten Möbel oder Möbelkategorien (Wohn-, Schlaf-, Ess- oder Kinderzimmer usw.) besitzen unterschiedliche Deckungsbeiträge. Ein Deckungsbeitrag pro m² Ausstellungsfläche hilft bei der Raumzuteilung.
1.4
Wo liegt die Preisuntergrenze?
Die Teilkostenrechnung lässt eine Fülle von interessanten Daten für die Steuerung von Verkaufsverhandlungen entstehen. Ein besonderes und wichtiges Beispiel stellen die Aussagen zur Preisuntergrenze dar. In Verkaufsverhandlungen entsteht oft das Problem, dem potenziellen Kunden einen attraktiven Preis anzubieten, um zum Vertragsabschluss zu kommen. Der angebotene Preis soll aber unterhalb des üblichen Verkaufspreises sein. Wie weit ist es möglich in den Verhandlungen den Preis abzusenken? Wo liegt für das verkaufende Unternehmen die Schmerzgrenze, so dass es mit der Preishöhe gerade noch einverstanden ist und keine „Verluste“ entstehen?
Wann entsteht ein Verlust?
In den meisten Verkaufsverhandlungen stellt dies die alles entscheidende Frage dar. Die Kostenrechnung stellt sich nun ganz leidenschaftslos auf den Standpunkt, dass die Schmerzgrenze dann erreicht sein sollte oder möglicherweise schon überschritten ist, wenn durch den Verkauf von Produkten eben Verluste entstehen. Wie aber lassen sich diese errechnen?
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Die Werkzeuge in der Praxis
Die Teilkostenrechnung erlaubt mehr Spielraum als die Vollkostenrechnung In der Vollkostenrechnung gilt als Entscheidungshilfe die Höhe der kalkulierten Selbstkosten eines Produktes. Unterschreitet der angebotene Verkaufspreis diese Selbstkosten, so entsteht ein Verlust. Der Preisspielraum ist somit in der Vollkostenrechnung nicht sehr groß. Er beträgt nur die Differenz zwischen Verkaufspreis und Selbstkosten. In der Teilkostenrechnung gibt es keine Information über Selbstkosten, dafür aber einen Deckungsbeitrag. Dieser soll dazu beitragen, die periodischen Fixkosten abzudecken. Die Fixkosten sind im Unternehmen vorhanden und müssen bezahlt werden, ob ein Auftrag kommt oder nicht. Der Begriff des „Verlustes“ bei einem einzelnen Auftrag entsteht somit in der Teilkostenrechnung nicht. Nur der Verkaufspreis und die variablen Kosten sind bekannt. Die Differenz ist der Deckungsbeitrag. Wird der Verkaufspreis gesenkt, verringert sich dieser. Mehr nicht! In der Teilkostenrechnung besteht jedoch auch eine Preisuntergrenze. Dies sind die variablen Kosten eines Produktes oder Auftrags. Wenn der Verkaufspreis nur die variablen Kosten abdeckt, würde der Kunde gerade eben den tatsächlichen, nur durch diesen Auftrag entstandenen Ressourcenverbrauch ersetzen. Die Fixkostendeckung beträgt in diesem Fall null. Für ein Unternehmen ist das natürlich nicht sehr vorteilhaft. Variable Kosten als Preisunter grenze
Variable Kosten als Preisuntergrenze sind somit äußerst hart und schmerzlich. Man muss das aber positiv sehen! Der Vorteil dieser wichtigen Information in der Teilkostenrechnung liegt in der großen Breite des Reaktionsspielraumes für mögliche Preisnachlässe, vom Verkaufspreis bis zu den variablen Kosten. Die Vollkostenrechnung weist den Verlust viel zu schnell aus, da sie von einer rechentechnisch vollständigen Kostendeckung, d. h. inklusive anteilig verrechneter Fixkosten ausgeht.
Besser ein schlechter Deckungsbei trag als keiner
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In der Teilkostenrechnung ist es durchaus erlaubt, bei der Festlegung des Verkaufspreises auf einen Teil des Deckungsbeitrags zu verzichten, um mit dem verbliebenen Rest-Deckungsbeitrag noch einige Fixkosten abdecken zu können. Die Entscheidungsregel lautet dort: „Lieber einen schlechten Deckungsbeitrag, als gar keinen“. Natürlich hat diese Regel auch Grenzen.
Unternehmerische Entscheidungen verbessern – die Teilkostenrechnung
Zunächst sind solche Überlegungen kaum machbar, wenn es sich um Markenprodukte mit festen Preisen handelt. Die Marktreaktionen wären zu heftig, würde das verkaufende Unternehmen ständig zu unterschiedlichen Preisen verkaufen. Also gelten diese Überlegungen eher in der Individualfertigung einzelner Aufträge oder in den Handelsstufen vor dem Endverbraucher. Auf jeden Fall gilt auch für die Teilkostenrechnung, dass ein Verzicht auf Deckungsbeiträge nur für eine kurzfristige Verkaufs- und Auslastungssteuerung oder nur bei ganz bestimmten einzelnen Aufträgen akzeptabel ist. Langfristig sind die fixen Kosten natürlich zu decken. Die Teilkostenrechnung erlaubt somit, mit weitaus flexibleren Angeboten am Markt zu handeln als die Vollkostenrechnung und damit interne Optimierungen besser zu erreichen. Die entscheidende Regel Zur Wiederholung: Ein schlechter Deckungsbeitrag ist besser als gar kei ner! Auch hier gibt es natürlich eine Reihe von Problemen. Eine große Schwierigkeit liegt in der Informations- und Entscheidungspolitik eines Unternehmens. Welcher Mitarbeiter im Verkauf erhält die Information über die Höhe der variablen Kosten eines Produktes? Und welcher Mitarbeiter darf in Preisverhandlungen Nachlässe geben? Wenn ein Mitarbeiter diese geben darf, bis zu welcher Höhe? Der Hintergrund dieser Fragen liegt einfach darin, dass es möglicherweise viel zu einfach und zu bequem ist, immer sofort im Preis zurückzugehen, um einen Auftrag zu erhalten. Die Folgen für den Markt und das Ergebnis des Unternehmens können zu gravierend sein. Die gefährlichste Kombination besteht allerdings darin, den Vertretern eines Unternehmens die variablen Kosten mitzuteilen, ihnen die vollständige Entscheidungskompetenz über Preisnachlässe zu delegieren und ihre Verkaufsprovision am Umsatz festzumachen. Diese Vorgehensweise gehört zu den absolut sicheren Methoden, ein Unternehmen kurzfristig zu ruinieren, da die meisten Vertreter zu Tiefstpreisen verkaufen werden und damit schlechte Ergebnisse im Unternehmen entstehen lassen. Dafür erhalten sie dann auch noch eine Belohnung in Form einer Umsatzprovision. In solchen Kon-stellationen wäre es deut-
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Die Werkzeuge in der Praxis
lich besser, die Vertreterprovision anstatt am Umsatz an den erzielten Deckungsbeiträgen fest- zumachen. Aufgaben zur Selbstüberprüfung finden Sie auf der CD-ROM.
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2
Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge
In den vorangegangene Ausführungen wurden die theoretischen Grundlagen der Kostenrechnung dargelegt und die Anwendung ihrer Werkzeuge beschrieben. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass die Aussagen der Kostenrechnung als Entscheidungshilfe nur dann etwas nutzen, wenn sie zuverlässig rechnet. Mit dem Thema, wie zuverlässig die Werkzeuge der Kostenrechnung sind, hat sich bereits das Kapitel 6.2 „Übereinstimmung von Gesamtkostenund Umsatzkostenverfahren“, S. 156, beschäftigt. Trotzdem ist dieser Punkt so wichtig und umfangreich, dass ihm ein eigenes Kapitel gewidmet wird. Die Bedeutung der Informations-Zuverlässigkeit ist im Alltag der Kostenrechnung nicht zu unterschätzen. Hauptsächlich dann, wenn der Kostenrechner seine Daten in das Berichtswesen einstellt und dieses online bei den Führungskräften direkt auf dem Schreibtisch landet. Denn wird der Bildschirm angeschaltet und es erscheint eine Grafik oder ein Bericht aus der Kostenrechnung, dann entsteht eine Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der Zahlen allein schon durch die Darstellung. Das ist wie in einer Tageszeitung. Wenn etwas gedruckt ist, erhält es fast automatisch einen Wahrheitscharakter. Sind aber die Zahlen der Kostenrechnung tatsächlich verlässlich? Können die Entscheidungen des Unternehmens wirklich auf ihnen beruhen? Nicht nur für das Überleben des Kostenrechners im Unternehmen ist es außerordentlich problematisch, wenn sich herausstellen sollte, dass diese Grafiken und Berichte leider falsch sind. Es haben zufälligerweise ein paar Daten im Verarbeitungsprozess gefehlt usw. Einfach peinlich und ein großer Verlust an Glaubwürdigkeit zukünftiger Auswertungen. In der Kostenrechnung muss zuverlässig gerechnet werden. Das ist so, keine Diskussion! Natürlich muss man aber auch akzeptieren, dass es immer wieder Rechenfehler gibt. Diese dürfen aber nicht im System sein, d. h. durch fehlerhaft organisierte Werkzeuge entstehen, sondern nur bei der ganz individuellen Verarbeitung von speziellen Daten.
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Die Werkzeuge in der Praxis
Ich selbst kann mich noch deutlich daran erinnern, wie ich mich nach mehreren Jahren als ständig mit Zahlen jonglierender Chefcontroller ein einziges Mal wirklich massiv verrechnet hatte. Mein Vorgesetzter, Generalbevollmächtigter des Unternehmens, meinte nur: „Wenn Sie sich innerhalb von 5 Jahren einmal verrechnen, haben Sie damit wirklich die Obergrenze erreicht!“ Was kann man also tun, um die Zuverlässigkeit der Kostenrechnung und ihrer Aussagen richtig zu organisieren? Im Einzelfall ist hier eine richtige Detailarbeit notwendig. Zur Zuverlässigkeit der Kostenrechnungswerkzeuge gehört auch die Einschätzung, welchen Inhalt eine Zahl in der Kostenrechnung besitzt. Was kann aus ihr erkannt werden? Und was nicht? Wie genau ist die Zahl? Und wie ändert sie sich, wenn in der Kostenrechnung andere Parameter eingestellt werden? Auch hier muss der Kostenrechner genaue Auskunft geben können, die nur durch den kompletten Systemüberblick möglich ist.
2.1
Wo liegen die Grenzen der Kostenrechnung als Entscheidungstool?
Die Kostenrechnung soll auf einen Entscheidungsbedarf im Unternehmen hinweisen, einen Entscheidungsbedarf aufdecken oder die Führungskräfte bei ihren Entscheidungen durch geeignete Auswertungen unterstützen. Im Vordergrund steht zunächst die Genauigkeit einer Zahl, welche Entscheidungen auslöst oder beeinflusst. Ihren Inhalt und die Interpretationsgrenzen zu kennen ist Pflicht für jeden Kostenrechner. Einige dieser wichtigen Limitationen werden hier aufgeführt.
Die Kostenrechnung zeigt nur quantitative Aspekte Eine betriebliche Entscheidung muss über das reine Zahlenwerk der Kostenrechnung hinaus noch andere Einflussfaktoren berücksichtigen, z. B. aus gesetzlichen, sozialen, psychologischen Bereichen usw. Die Kostenrechnung ist von vornherein immer nur eine Verarbeitungsmaschine für Zahlen. Eine Zahl darf nicht die Entscheidung vollständig
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Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge
vorwegnehmen. Darauf muss hingewiesen werden, weil viele Führungskräfte zu sehr zahlenkonzentriert sind. Eine Zahl der Kostenrechnung alleine kann eine unternehmerische Entscheidungen häufig nicht wirklich begründen. Viel deutlicher wird dieser Aspekt im Controlling, wenn aus einer zahlenmäßig dargestellten Abweichung deren Gründe erkannt werden sollen. Warum ist eine Zahl entstanden? Welche Parameter haben sie ausgelöst? Für die entscheidungsorientierte Kostenrechnung gilt also: Eine Zahl ist eine Zahl und nicht mehr! Warum sie entstanden ist und was sie auslösen wird ist eine andere, weiterführende Frage.
Fehler in der Buchhaltung erzeugen Folgefehler in der Kostenrechnung Die Kostenrechnung basiert zu einem sehr hohen Prozentsatz auf den Zahlen der Buchhaltung und weiteren Vorsystemen. Ist der Datenbestand der Buchhaltung ungenau, falsch organisiert oder unvollständig, kann die Kostenrechnung logischerweise keine Qualitätsverbesserung erzielen, sondern muss auf diesen ungenügenden Daten aufbauen. Die Grenzen der Kostenrechnungsaussagen sind daher ganz maßgeblich durch die Datenqualität der Vorsysteme bestimmt. Insofern ist die Kostenrechnung ein komplettes „MiMo-System“ (Mist in, Mist out). Beispiele für eine ungenügende und für die Kostenrechnung nicht ausreichende Buchhaltungsorganisation gibt es genug. Diese betreffen meistens die Teilbuchhaltungen wie Anlagen-, Material- und Lohn/Gehaltsbuchhaltung. Auch die Fakturierung bildet eine ständige Fehlerquelle. Häufig sind in der Anlagenbuchhaltung nicht alle Anlagengegenstände inventarisiert, wodurch in der Kostenrechnung automatisch fehlerhafte Abschreibungsbeträge entstehen. In der Materialbuchhaltung stellt vor allem die für alle Bestandsbewegungen richtige Berechnung von Durchschnittspreisen oder die Pflege von Planpreis-Feldern ein Dauer-Thema dar. Hier entstanden schon sehr große und durch Fehler ausgelöste Wertschwankungen, die aus der Buchhaltung in die Kostenrechnung weitergeleitet wurden.
Fakturierung als häufige Fehler quelle
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Die Werkzeuge in der Praxis
Auch die sehr komplizierte Lohn- und Gehaltsbuchhaltung führt mit ihren vielen Spezialproblemen zu ständigen Überraschungen in der Kostenrechnung. Wurde z. B. eine neue Lohnart eingeführt und diese versehentlich nicht der Kostenrechnung gemeldet? Wie werden Leiharbeiter in der Lohnabrechnung geführt? Besonders interessant sind die vielen einzelnen EDV-Sätze der maschinellen Fakturierung. Sind etwa bei internen Lieferungen zwischen Profit-Centern die internen und externen Kunden genau und richtig getrennt und damit handelsrechtlich gültige von rein intern zu verwendenden Umsätzen separiert? Der Leser mag richtig vermuten, dass es sich im Unternehmen um eine riesige Detailarbeit handelt, den Zahlenabgleich von Buchhaltung und Kostenrechnung immer richtig und vollständig zu gestalten. Auf diesen wichtigen Punkt wird später noch detaillierter eingegangen. Fehlerquelle Kontenplan
Eine andere Limitation in der Buchhaltung und damit Aussagengrenze der Kostenrechnung besteht in der Gestaltung des Kontenplans der Buchhaltung. Nur wenn dieser weitgehend detaillierte Konten aufweist, kann die damit gewonnene Transparenz an die Kostenrechnung weitergegeben werden. Sehr einfach strukturierte Kontenpläne erleichtern zwar dem Buchhalter das Leben, stellen aber leider ein Paradebeispiel für unklare Zahleninterpretationen in der Kostenrechnung dar.
Richtige Kontierung der Belege Die Buchhaltung ordnet ihre Belege den unterschiedlichen Konten zu. Auf den Belegen wird die jeweils richtige Kontonummer vermerkt. Diesen Vorgang nennt man „kontieren“. Für die Arbeit in der Buchhaltung ist es völlig ausreichend, wenn die richtige Kontonummer auf dem Beleg steht. Datenquellen außerhalb des Bereichs Buchhaltung Leider nicht für die Kostenrechnung. Dort sind alle Kosten entweder auf die vielen unterschiedlichen Kostenstellen (Gemeinkosten) oder auf Aufträge (Einzelkosten) zu belasten. Woher kommt diese Zusatzinformation und wer gibt sie in das System ein? Diese Zusatzinformationen sind durch den Kostenstellenplan des Unternehmens und dessen Auftragsnummernverzeichnis gegeben. Das
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Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge
bedeutet, dass es Datenquellen gibt, die außerhalb der Buchhaltung bestehen. Wie kommen nun diese Zusatzinformationen als Ergänzungskontierung aus den speziellen Datenquellen auf den Buchhaltungsbeleg? Und wer garantiert, dass die für den jeweiligen Beleg richtige und gültige Zusatzinformation benutzt wird? Das sind spannende Fragen. Vor allem deshalb, weil sich oft im Unternehmen die Buchhaltungsabteilung und die Kostenrechnungsmitarbeiter nicht wirklich mögen. Letztlich hängt die Aussagefähigkeit der Kostenrechnung sehr stark von dieser richtigen Zusatzinformation ab. Hier besteht eine ganz klare Aussagengrenze. Wenn falsche Kostenstellen oder Auftragsnummern eingegeben werden, sind alle Folgeauswertungen in der Kostenrechnung falsch und letztlich nicht zu gebrauchen. Leider merkt man das aber nicht immer und es entstehen Fehlentscheidungen nur wegen falscher Kontierungsarbeit. Richtige Ergänzungskontierung – ein Schlüssel für korrekte Aussagen In mittelständischen Unternehmen wird das Problem oft so gelöst, dass der Kostenrechner alle Belege nach der Bearbeitung in der Buchhaltung erhält, um diese Zusatzinformationen nachträglich in das System einzugeben. Der Kostenrechner weiß ja normalerweise genau, was er wohin zu kontieren hat. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass das Buchhaltungssystem neben dem Feld zur Erfassung der Kontonummer noch zwei Felder für die Kostenstelle und die Auftragsnummer bereitstellt. Diese Voraussetzung ist bei guten Buchhaltungssystemen erfüllt. Oder der Kostenrechner erhält alle Buchhaltungsbelege vor der Buchung und ergänzt die schon vermerkte Kontonummer mit seinen Informationen. Dann sind allerdings in der Buchhaltung die Kostenrechnungsdaten mit zu erfassen. Das stellt eine echte Zusatzarbeit nur für die ungeliebte Kostenrechnung dar! Schwieriger wird es in Unternehmen, in welchen der Belegfluss so groß ist, dass eine Zusatzbearbeitung durch die Kostenrechnung nicht mehr möglich ist. Hier wird die Buchhaltung verpflichtet, für die Kostenrechnung die Zusatzinformationen selbstständig auszusuchen und in den Buchungsbeleg einzutragen. Normalerweise besitzen die Mitarbeiter in der Buchhaltung hierfür jedoch kein besonderes Interesse und auch
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Die Werkzeuge in der Praxis
keine speziellen Kenntnisse. Automatisch ergeben sich daher in diesem Arbeitsbereich große Fehlerquellen. Kontierungs handbücher
Abhilfe schaffen so genannte „Kontierungshandbücher“, welche die Kostenrechnung als Nachschlagewerk herausgibt und der Buchhaltung zur Verfügung stellt. In diesen Büchern sollten alle schwierigen Kontierungsfälle beschrieben sein, so dass es auch der Buchhaltung ohne große Kenntnisse der Kostenrechnung möglich sein sollte, alle Belege richtig zu kontieren. Wie auch immer zustande gebracht: Die richtige Ergänzungskontierung der Buchhaltungsbelege mit Kostenstellen oder Auftragsnummern bildet einen Schlüssel für verwertbare Aussagen der Kostenrechnung.
Verursachungsgerechtigkeit Das schon früher erwähnte, außerordentlich wichtige Prinzip der Kostenverrechnung muss im Anschluss an die Kontierungsproblematik nochmals erwähnt werden. Denn es geht nicht nur darum, dass eine Ergänzungskontierung in der Buchhaltung vorgenommen wird, sondern es muss auch die richtige sein. Dabei steht zunächst die formale Richtigkeit der Kostenstellennummer im Vordergrund. Noch wichtiger ist es allerdings, dass nur derjenige die Kosten angelastet bekommt, der sie auch ausgelöst hat und verantwortet. Es fällt viel leichter, über die eigenen Kosten in einer Kostenstelle zu reden und sie auch zu analysieren, wenn man weiß, dass alle verarbeiteten Belege tatsächlich selbst verursacht wurden und keine Fremdbelastungen enthalten sind. Transparenz in der Kosten rechnung
Diese Belastung fremder Kostenstellen ist jedoch leider häufig anzutreffen. Denn die Wirkung ist ja wirklich interessant. Mit einer Fremdbelastung schont man das eigene Budget und der fälschlicherweise Belastete muss sich dafür verantworten. Nicht in jedem Unternehmen herrscht eine so hohe Transparenz, dass diese Übergriffe auffallen. Leider zerstören sie die Kosteninformationen in Kostenstellen und Auftragsabrechnungen und damit auch die Entscheidungsgrundlagen. Abhilfe kann hier nur durch eine hohe Transparenz in der Kostenrechnung und eine klare sowie konsequenzenreiche Kostenkontrolle erreicht werden.
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Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge
Vollständige Leistungsdaten Die Buchhaltung sorgt sich um die Geld-Daten, das BDE-System (Betriebsdatenerfassung) im Unternehmen um die Mengen- und vor allem Leistungsdaten. Hierbei stehen die Prozesszeiten im Vordergrund. Im EDV-gestützten Unternehmen sind normalerweise alle Bearbeitungszeiten der Maschinen und Mitarbeiter an den Produkten gespeichert. Sie dienen nicht nur der Fertigungssteuerung, sondern finden auch Eingang in die Kostenrechnung. Die ganze Leistungserfassung für die einzelnen Produkte als Grundlage der Bewertung stammt aus diesem BDESystem. Aber nicht nur dort werden die Leistungsdaten verwendet, auch die flexible Plankostenrechnung benutzt die meisten Bezugsgrößenmengen (z. B. Fertigungsstunden) um die Sollkosten aus diesem System zu bestimmen. Darüber hinaus werden die Leistungsdaten auch über die Wertführung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse zur Ermittlung der Bestandsveränderung im Gesamtkostenverfahren benutzt. Sind nun diese Daten des BDE-Systems fehlerhaft oder unvollständig. entstehen natürlich erhebliche Auswertungsfehler in der Kostenrechnung. Falsche Produktkalkulationen, Bestandsveränderungen und Sollkosten bzw. Abweichungen können das reine Chaos in der Kostenrechnung erzeugen und zu heftigen Interpretationsfehlern führen.
Vollständigkeit der Leistungs daten
Fehlerhafte Rechenprozesse und falsche Systeme Diese Limitation gilt natürlich in jeder Kostenrechnung. Sind ihre internen Rechenprozesse falsch oder fehlerhaft organisiert, können natürlich auch keine richtigen Auswertungen entstehen. Das gleiche gilt im Prinzip, wenn ein Kostenrechnungssystem ausgesucht wurde, das weder betriebswirtschaftlich vernünftig arbeitet, noch sachlich auf das betroffene Unternehmen zugeschnitten ist. Grenzen der Aussagefähigkeit Die Kostenrechnung ist ein System zur speziellen Verarbeitung von ange lieferten Daten. Die wichtigste Grenze ihrer Aussagefähigkeit besteht in der Vollständigkeit und Richtigkeit ihres Dateninputs.
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Die Werkzeuge in der Praxis
2.2
Wie ändern sich Entscheidungen, wenn die Kosten anders zugeordnet werden?
Im Ablauf der gesamten Kostenrechnung, vor allem in der Kostenstellenrechnung wird eine Menge von Annahmen gebildet. Diese betreffen hauptsächlich die gesamte Umlagerechnung im Betriebsabrechnungsbogen. Sind die verwendeten Verteilungsschlüssel richtig? Um auf das früher erwähnte Umlagebeispiel im Betriebsabrechnungsbogen zurückzugreifen (z. B. in Abb. 9, S. 109): Dort wurden im Betriebsabrechnungsbogen die Raumstellen nach einem m²-Schlüssel verteilt. Wenn in den Raumkosten auch die Heizungskosten enthalten sind, könnte als Verteilungsschlüssel auch m³ gelten. Die Frage ist also, welcher Schlüssel ist verursachungsgerechter und welchen wendet der Kostenrechner tatsächlich an? Oder ist es verursachungsgerecht, wenn in der Kalkulation ein prozentualer Zuschlag, etwa für die Materialgemeinkosten verwendet wird? Sind die somit ausgewiesenen Herstellkosten tatsächlich richtig gerechnet? Alle diese Fragen wurden schon aufgeworfen. Immer wieder erfolgte der Hinweis, dass die Verursachungsgerechtigkeit in der Kostenzuordnung das oberste Prinzip in der Kostenzuordnung sein muss.
Änderungen in einem Bereich wirken sich auf andere Bereiche aus In diesem Abschnitt wird nochmals mithilfe eines Beispiels explizit dargestellt, welche Konsequenzen für die Unternehmensentscheidungen entstehen können, wenn eine Veränderung in der Kostenzuordnung durchgeführt wird. Da die Werkzeuge der Kostenrechnung nicht isoliert nebeneinander stehen, schlägt eine Änderung in der Kostenzuordnung in einem Arbeitsgebiet in die anderen durch. Ganz im Vordergrund steht hierbei die Änderung in der Kostenstellenrechnung. Diese besitzt die intensivsten Auswirkungen auf die anderen Arbeitsgebiete. Das hier behandelte Thema gehört zu den absolut heißen Eisen der Kostenrechnung. Denn hier hat der Kostenrechner nicht nur klar zu wissen, wie im Detail die einzelnen Arbeitsgebiete in seinem Unternehmen zusammenhängen, sondern er muss auch die Wirkungen von Veränderungen abschätzen können.
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Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge
Es geht dabei nicht immer nur um Ergebnisoptik, sondern auch um massive Änderungen wichtiger Entscheidungsunterlagen. In einem Beispiel sind natürlich nur kleine Zahlen bewegbar. Im echten Unternehmen kann es sich aber schnell um große Beträge handeln. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass durch eine Veränderung in einem Arbeitsgebiet (Werkzeug) mindestens ein anderes Arbeitsgebiet zu anderen Auswertungen kommt. Im Folgenden wird an einem Anwendungsbeispiel der Prozesskostenrechnung demonstriert, wie sich entscheidungsrelevante Daten verändern. Das angeführte Beispiel stellt eine Wiederholung aus diesem Kapitel dar. Da es an dieser Stelle vor allem darum geht, das Prinzip darzustellen, wie sich Änderungen auswirken, verwenden wir hier lediglich die Daten der Vollkostenrechnung und verzichten aus Gründen der Einfachheit auf die umfangreichere Teilkostenrechnung.
Änderungen in einem Bereich wirken sich bereichsüber greifend aus
Die Kostenstelle Arbeitsvorbereitung (AV) wird im Betriebsabrechnungsbogen oft als Hilfskostenstelle der Fertigungskostenstellen betrachtet und nach einem zu definierenden Schlüssel, hier im Beispiel der Fertigungsstundenanzahl auf die Fertigungskostenstellen verteilt. Dadurch wird unterstellt, dass jede Fertigungsstunde gleich hohe Arbeitsvorbereitungstätigkeiten auslöst. Diese Annahme wirkt sich auf die Kalkulation der Aufträge aus. Kleine Auftragsmengen mit geringem Volumen an Fertigungsstunden werden daher nur mit geringen Kosten der Arbeitsvorbereitung belastet, wogegen auf fertigungsintensive Aufträge mit vielen Fertigungsstunden entsprechend hohe Kosten verrechnet werden. Normalerweise stimmt diese Annahme nicht. Trotzdem wird dieser Verteilungsschlüssel in der Kostenrechnung vieler Unternehmen benutzt und entsprechende Kostensätze der Kostenstellen errechnet. Und mit diesen Kostensätzen erfolgt natürlich die Kalkulation der Produkte. Durch Anwendung der Gedanken der Prozesskostenrechnung ist es nun möglich, die Kostenstelle Arbeitsvorbereitung aus der Umlagerechnung zu befreien und für die Verrechnung dieser Kostenstelle einen eigenen Kostensatz zur Verfügung zu stellen. Als Arbeitsoutput dieser Kostenstelle wird die Bereitstellung der zur Fertigung notwendigen Arbeitspapiere (Arbeitspläne und Stücklisten bzw. Ressourcenlisten), gemessen in Anzahl der bearbeiteten Listenpo-
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Die Werkzeuge in der Praxis
sitionen angenommen. Je mehr Arbeitsschritte ein Auftrag erfordert, desto arbeitsintensiver ist die Erstellung der Listen. Das Ziel der prozessorientierten Betrachtung liegt nun darin, einen eigenen Kostensatz für diese Arbeitsoperationen und mit dessen Hilfe die tatsächliche Arbeitsbelastung für einen Auftrag zu ermitteln und diesem auch zuzuordnen. Und das alles ohne die bisherige Umlage in der Betriebsabrechnung. Zunächst wird der Betriebsabrechnungsbogen mit traditioneller Kostenumlage der Kostenstelle Arbeitsvorbereitung gezeigt. Das Beispiel dokumentiert also die Ausgangssituation: Traditioneller Betriebsabrechnungsbogen Kostenarten
Fibu
AV
Fertigungslohn
90.000
Gehälter
20.000
Fertigung 1
13.000
Fertigung 2
50.000
40.000
3.000
4.000
Werkzeuge
8.000
0
5.000
3.000
Hilfslöhne
20.000
2.000
8.000
10.000
Abschreibung
70.000
20.000
20.000
30.000
Kalk. Zinsen
35.000
10.000
10.000
15.000
243.000
45.000
96.000
102.000
5.000
3.000
2.000
0
27.000
18.000
123.000
120.000
Su Gemeinko.1
Su Gemeinko.2
243.000
Basis
Kost.satz
€/Std.
3.000
2.000
Fert.Stunden
Fert.Stunden
41,00
60,00
In den Kostenstellen Fertigung 1 und Fertigung 2 sind die Kosten der Kostenstelle Arbeitsvorbereitung nach dem Schlüssel der dort anfallenden Fertigungsstunden verteilt. Damit entstehen die Kostensätze • •
228
Fertigungskostenstelle 1: 41,00 € je Stunde Fertigungskostenstelle 2 : 60,00 € je Stunde
Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge
Mit der Fertigungsleistung der Kostenstellen wurden im Berichtsmonat die beiden Produkte A und B hergestellt. Die Produktkalkulationen der Produkte A und B ergeben folgende Herstellkosten: Produktkalkulation traditionell Kosten
A
B
Stunden Material
Stunden 80.000
9.000
Fert. 1
2.500
102.500
500
20.500
Fert. 2
1.800
108.000
200
12.000
Herstellkosten
290.500
41.500
Kostensätze Kostenstelle Fertigung 1
41
€/Std.
Kostenstelle Fertigung 2
60
€/Std.
Nun wird die Kostenstelle Arbeitsvorbereitung aus der Kostenumlage herausgeholt und prozessorientiert verrechnet. Es wird angenommen, dass die Anzahl der Arbeitsplan- und Stücklistenpositionen eine gerechtere Kostenzuordnung erlauben. In der Prozess-analyse wird ermittelt, wie viele Positionen monatlich bearbeitet werden, um die Produktion durchführen zu können. Im Beispiel sind es 500. Ein Kostensatz je Position wird ermittelt und mit den durch die Produktionsaufträge verursachten Positionsmengen belastet. Der prozessorientierte Betriebsabrechnungsbogen sieht wie folgt aus:
229
Die Werkzeuge in der Praxis
Prozessorientierter Betriebsabrechnungsbogen Kostenarten
Fibu
AV
Fertigungslohn
90.000
Gehälter
20.000
Fertigung 1 13.000
Fertigung 2
50.000
40.000
3.000
4.000
Werkzeuge
8.000
0
5.000
3.000
Hilfslöhne
20.000
2.000
8.000
10.000
Abschreibung
70.000
20.000
20.000
30.000
Kalk. Zinsen
35.000
10.000
10.000
15.000
Su Gemeinko.1
243.000
45.000
96.000
102.000
Su Gemeinko.2
243.000
45.000
96.000
102.000
500
3.000
2.000
Basis Anzahl Positionen
Fert.Stunden
Fert.Stunden
Arbeitspapiere Kostensatz
€/Einheit
90,00
32,00
51,00
Der nächste Schritt besteht nun in der neuen, prozessorientierten Kalkulation der Produkte A und B mithilfe der neuen Kostensätze. Es wird dabei angenommen, dass das Produkt B innerhalb eines Monats häufiger in Kleinserien hergestellt wird und damit mehr Tätigkeiten im Sinne von zu bearbeitenden Arbeitspapieren mit entsprechenden Positionen auslöst. Für Produkt A werden monatlich 200 Positionen und für Produkt B 300 Positionen gezählt.
230
Die Zuverlässigkeit der Werkzeuge
Produktkalkulation prozessorientiert
Kosten
A
B
Anzahl Material
Anzahl 80.000
9.000
Fert. 1
2500
80.000
500
Fert. 2
1800
91.800
200
10.200
200
18.000
300
27.000
Arb.vorber. Herstellkosten
269.800
16.000
62.200
Kostensätze: Kostenstelle Fertigung 1
32
Kostenstelle Fertigung 2
51
€/Std. €/Std.
Kostenstelle Arbeitsvorbereitung
90
€/ Arbeitsplanposition
Demnach kosteten • • • •
Produkt A vor Umstellung Produkt A nach Umstellung Produkt B vor Umstellung Produkt B nach Umstellung
290.500 € 269.800 € 41.500 € 62.200 €
Die Folge der Umstellung auf eine Prozesskostenrechnung wird deutlich. Durch die nunmehr verursachungsgerechtere Kostenzuordnung kann nachgewiesen werden, dass Kleinaufträge mit hohem Arbeitsvorbereitungsaufwand, verglichen mit der bisherigen Kalkulation, tatsächlich deutlich teurer werden, wogegen Großaufträge mit geringerem Arbeitsaufwand eine Kostenentlastung erfahren. Die Veränderung in der Kostenzuordnung zeigt klar einen Entscheidungsbedarf auf, indem Kleinaufträge gleicher Artikel zusammengefasst werden sollten, bis es sich rentiert sie abzuwickeln. Neben der Änderung in der Produktkalkulation entsteht natürlich auch eine Veränderung in dem Arbeitsbereich der Ergebnisrechnung. In der dargestellten Artikelerfolgsrechnung vor und nach Umstellung auf die Prozesskostenrechnung kommt deutlich zum Ausdruck, dass die bisherigen Annahmen über die gewinnträchtige Herstellung der Produkte bei den gegebenen Verkaufspreisen wohl falsch waren.
231
Die Werkzeuge in der Praxis
ArtikelErfolgsrechnung Traditionell A
Prozessorientiert B
A
B
Umsatz
295.000
43.000
295.000
43.000
Selbstkosten
290.500
41.500
269.800
62.200
4.500
1.500
25.200
19.200
Gewinn
Es kann auf Grund der Änderung in der Kostenzuordnung durchaus die Frage aufgeworfen werden, ob sich im Beispiel das Produkt B überhaupt noch sinnvoll produzieren lässt. Und das alles entsteht nur, weil in der Kostenrechnung eine einfache Veränderung durchgeführt wurde. Man muss sich diese Auswirkungen auf Grund des intensiven Zusammenhangs der Arbeitsgebiete der Kostenrechnung stets klar vor Augen führen. Man könnte hier eine Menge von Beispielen anführen und durchrechnen. Dem Kostenrechner muss immer bewusst sein, dass alle Zuordnungs- oder Verteilungsänderungen, besonders in der Kostenstellenrechnung und der Kalkulation erhebliche Folgen nach sich ziehen können. Bereichsübergreifende Wirkungen Die einzelnen Arbeitsbereiche der Kostenrechnung hängen intensiv zu sammen. Veränderungen hauptsächlich in der Kostellenrechnung schla gen in alle anderen Arbeitsbereiche durch und lassen andersartige Aus wertungen entstehen. Der Kostenrechner hat die oft gravierenden Konse quenzen in der Änderung von Kostenzuordnungen stets sorgfältigst zu beachten.
232
3
Die Zuverlässigkeit der Kostenrechnungsdaten überprüfen
Die Aussagen der Kostenrechnung müssen zuverlässig sein. Auf diesen wichtigen Punkt wurde schon mehrfach hingewiesen, besonders oben in der Anforderung auf Vollständigkeit der übernommenen Daten. Jetzt wird das Thema behandelt, wie die Kostenrechnung tatsächlich auf Zuverlässigkeit überprüft werden kann. Es ist ja schön, wenn die Ergebnisrechnung einen Gewinn ausrechnet. Aber ist er wirklich mit allen Daten errechnet? Das ist in jedem Unternehmen die große Frage und eine ständige Unsicherheit des Kostenrechners und natürlich des Entscheidungsträgers. Die folgenden Ausführungen stellen eine wichtige und sehr praktische Erweiterung des Kapitels 6.2 im Teil „Die Werkzeuge der Kostenrechnung“ und des Kapitels 2.1 im Teil „Die Werkzeuge in der Praxis“ dar. Nochmals der Ausgangspunkt: Die Kostenrechnung basiert auf den Zahlen der Buchhaltung, indem diese von dort übernommen und entsprechend des Kostenbegriffes verändert und ergänzt werden. Diese Veränderung betrifft letztlich immer einzelne Konten mit ihren Bewegungen bzw. klar bestimmbare kalkulatorische Wertansätze. Das bedeutet, dass das Veränderungsvolumen exakt zu definieren ist. Als Ergebnis der gesamten Veränderungen und Ergänzungen entsteht der Gesamtbetrag, welcher in der Kostenrechnung zu verrechnen ist. Dieser Gesamtbetrag der Kosten wird innerhalb der Arbeitsgebiete nun mehrfach aufgeteilt, umgeformt, weitergeleitet, addiert, dividiert, multipliziert usw. Auch durch die intensivsten, kompliziertesten und umfangreichsten Verarbeitungsschritte darf in den Arbeitsgebieten der Kostenrechnung letztendlich nicht mehr und nicht weniger als genau dieser Gesamtbetrag verrechnet werden. Das bedeutet, dass eine richtig organisierte Kostenrechnung einen Gewinn ermittelt, der durch eine Überleitungsrechnung (bedingt durch
Abstimmung
233
Die Werkzeuge in der Praxis
kalkulatorische Wertansätze) genau mit dem Gewinn laut Gewinn- und Verlustrechnung der Buchhaltung übereinstimmen müsste. Diese Forderung hat eine wichtige Konsequenz für die Gestaltung der Kostenrechnungsabläufe und besitzt eine überaus große Bedeutung für den Wahrheitsgehalt der Kostenrechnungsaussagen. Erst wenn sie erfüllt ist, kann der Kostenrechner mit gutem Gewissen sagen, dass alle Daten vollständig in das Kostenrechnungssystem übernommen wurden und keine Verarbeitungs- und Datenfehler vorliegen. Die große Bedeutung dieser Anforderung ist in der Praxis all denjenigen bekannt, die sich leidgeprüft mit diesem Problem auseinandersetzen mussten. In der Kostenrechnungs-Literatur hingegen wird meist über solch „einfache“ Fragestellungen hinweggegangen. Um dem Leser diese Problematik näher zu bringen, wird das Thema etwas umfangreicher dargestellt. Ganz bewusst wurden verschiedene Wiederholungen von bereits erwähnten Zusammenhängen und Hinweisen durchgeführt, um damit nochmals zu unterstreichen, wie wichtig diese Aussagen sind. Was kann also ganz konkret getan werden, um das Risiko von Unternehmensentscheidungen auf falscher Datenbasis zu verringern?
Wie ist die Abstimmung zu organisieren? Um das sicher nicht einfache Ziel einer Abstimmung des Kostenrechnungs-Ergebnisses mit demjenigen der Gewinn- und Verlustrechnung zu erreichen, sind mindestens drei organisatorische Voraussetzungen zu erfüllen: • • •
die sichere und vollständige Datenübernahme aus den der Kostenrechnung vorgelagerten Arbeitsgebieten die verlässliche Rechentechnik der Kostenrechnungs-Software die lückenlose organisatorische Verknüpfung aller Arbeitsgebiete der Kostenrechnung
Die Problematik dieser Voraussetzungen wird im Folgenden detaillierter dargestellt.
234
Die Zuverlässigkeit der Kostenrechnungsdaten überprüfen
Voraussetzung 1: Die Organisation der richtigen und voll ständigen Datenübernahme Im Kapitel 2.1 „Wo liegen die Grenzen der Kostenrechnung als Entscheidungstool?“, S. 220, wurde gefordert, dass alle zur Verfügung stehenden Daten vollständig zu übernehmen sind. Hier geht es nun darum, wie diese Vollständigkeit zu prüfen ist. Um richtige Kostenrechnungs-Daten zu erhalten, müssen zu allen notwendigen Dateien Schnittstellen definiert werden. Dies gilt manchmal selbst bei integrierter Software.
Schnittstellen definieren
Die wichtigste Datei stellt zweifellos die Buchhaltung mit allen Vorgängen dar, welche die Gewinn- und Verlustrechnung betreffen. Hier entsteht das erste Abstimm- und Organisationsproblem. In der Buchhaltung sind Vorgänge und Belege gespeichert, die ihren eigenen Zielen entsprechen. Die Kostenrechnung will jedoch nur zweck- und periodenbezogene Daten übernehmen und lässt neutrale Bewegungen auf der Seite. Die meisten Schnittstellen sind daher so organisiert, dass je Buchhaltungskonto definiert ist, ob die zugehörigen Datensätze in die Kostenrechnung zu übernehmen sind oder nicht. Eine solche kontenspezifische Definition ist gängige Praxis. Dieses Vorgehen erzeugt systematisch gewollte Differenzen zwischen dem Datenvolumen der Buchhaltung und der Kostenrechnung. Natürlich soll z. B. der neutrale Aufwand nicht in der Kostenrechnung verarbeitet werden. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass er auch nicht zu übernehmen ist. Um eine ständige Datensicherheit zu erzeugen, wird hier vorgeschlagen, alle Datensätze aus der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) in die Kostenrechnung zu übernehmen und die GuV direkt nach der Übernahme dort nochmals abzubilden. Stimmen beide Auswertungen überein, sind im Bereich der Kostenrechnung alle Sätze angekommen. Erst anschließend erfolgt die Zuordnung der Einzelsätze zu den Arbeitsgebieten der Kostenrechnung. Wenn nun z. B. neutrale Aufwendungen und Erträge übernommen wurden, sind sie auf eine speziell dafür vorbereitete Kostenstelle zu buchen, die durchaus auch die Bezeichnung „Neutrales Ergebnis“ besitzen kann.
235
Die Werkzeuge in der Praxis
Im Bereich der GuV existieren Bewegungen, die überhaupt nichts mit der Kostenrechnung und speziell dem Umsatzkostenverfahren zu tun haben, z. B. die Bestandsveränderung. Solche Buchungen gehören in eine Kostenstelle mit dem Titel „Keine Verarbeitung“. So gebildete Kostenstellen sind in der Kostenstellenrechnung von der weiteren Verarbeitung auszuschließen. Sie dienen nur zu Abstimmzwecken. Wenn diese Organisation eingerichtet ist, garantiert sie eine lückenlose Überwachung der Datenübernahme. Ein weiteres, sehr wichtiges Problem liegt in der Trennung von Buchhaltungsbeträgen auf dem Buchhaltungskonto und Detailsätzen aus vorgelagerten Dateien der oben schon erwähnten Teilbuchhaltungen. Damit ist gemeint, dass einerseits in der Buchhaltung eine summarische Kontenbuchung erfolgt, andererseits aber die Kostenrechnung an den Details der Teilbuchhaltungen interessiert ist und diese anstatt der Summenbuchung aus der Buchhaltung übernimmt. Die trifft im Wesentlichen zu für die • • •
Materialabrechnung Lohn-/Gehaltsabrechnung Fakturierung
Mögliche Fehlerquellen am Beispiel der Fakturierung Am Beispiel der Fakturierung sollen die hier entstehenden Fehlerquellen und damit Abstimm- und Organisationsprobleme dargestellt werden. Die Fakturierung ist in den meisten Unternehmen maschinell organisiert. Für die Kostenrechnung bietet sie eine erstklassige Datenquelle, da in jeder Einzelrechnung kundenbezogene Details, wie z. B. Kunden-Nr., Branchen-Kennzeichen, Vertreter-Nr. enthalten sind. Alle diese Angaben benötigt die Vertriebs-Kostenrechnung, um z. B. Deckungsbeiträge nach Regionen, Vertretern, Kunden errechnen zu können. Auf dem entsprechenden Umsatzkonto der Buchhaltung gehen diese Informationen verloren, da der gesamte Monatsumsatz normalerweise in einem einzigen Betrag gebucht wird. Also muss die Kostenrechnung die Originaldaten aus der Fakturierungsdatei übernehmen. Im Gegenzug darf natürlich die auf dem Umsatzkonto der Buchhaltung gebuchte
236
Die Zuverlässigkeit der Kostenrechnungsdaten überprüfen
Zahl in der Kostenrechnung nicht nochmals verarbeitet werden, sonst wäre der Umsatz doppelt enthalten. Im Sinne der oben dargestellten Prüfungsroutine zur Vollständigkeit der Datenübernahme wäre zwar die Zahl aus dem Umsatzkonto der Buchhaltung in die Kostenrechnung zunächst zu übernehmen, dann aber gleich der Kostenstelle „Keine Verarbeitung“ zuzuweisen. Das größere Problem liegt aber in der Übereinstimmung zwischen dem addierten Umsatzwert laut Fakturierungsdatei und dem in der Buchhaltung auf dem Umsatzkonto gebuchten Betrag. Diese beiden Werte müssten theoretisch vollständig übereinstimmen, leider zeigt die Praxis immer wieder andere Ergebnisse. In vielen Unternehmen ist es möglich, direkt auf dem Umsatzkonto zu buchen, ohne den „umständlichen“ Weg über die maschinelle Fakturierung zu gehen. Dies gilt z. B. für Retouren, Nachlässe, Gutschriften usw. Stimmt der Betrag auf dem Buchhaltungskonto nicht mit der Addition der Originaldateien überein, kann die Kostenrechnung keine verlässlichen Daten für die Ergebnisrechnung erzeugen. Fehlerquellen können in den EDV-maschinellen Routinen oder in den manuellen Arbeitsschritten begründet sein. Also muss der Kostenrechner hier Organisationsarbeit leisten, um wirklich abgesicherte Arbeitsabläufe zu erhalten.
Voraussetzung 2: Die Software muss exakt rechnen Eigentlich sollte davon ausgegangen werden können, dass die vom Unternehmen eingekaufte Kostenrechnungs-Software richtig und zuverlässig rechnet. Leider ist das nicht immer der Fall. Oft kommt ein Verarbeitungsfehler erst durch eine genaue und hier vorgeschlagene Abstimmung zum Vorschein. Eine Kostenrechnungs-Software ist in großen Teilen nach den Gedanken der Buchhaltung aufgebaut. Einer Kostenbelastung in einem Bereich muss ein gleich lautender Gutschriftsbetrag in einem anderen Teil entsprechen. Aber ist das tatsächlich so? Hat der Programmierer diese Systematik verstanden? Wie werden Fehlerdateien behandelt? Was passiert mit fehlerhaften Sätzen, wenn Fehlerdateien bereits voll sind? Wie werden Gutschriften übernommen, durch Setzen des Minusbetrages in der Rechenregel, oder ist das Gutschriftsfeld schon negativ definiert? Wird fehlerhafterweise im Programm beides gemacht?
237
Die Werkzeuge in der Praxis
Dies sind nur einige Fragestellungen aus dem unendlichen Feld möglicher EDV-Fehler. Vorsicht: Softwarefehler sind nicht offensichtlich
Besonders heimtückisch ist an Softwarefehlern die Tatsache, dass sie im Verborgenen bestehen. Am Bildschirm wird nur eine Zahl präsentiert, und diese ist dann Grundlage einer Entscheidung, leider einer falschen. Softwarefehler sind somit nur durch Differenzen im Abstimmverfahren zu erkennen. Stimmen beide Gewinnbeträge nicht überein, trotz vollständigem Datenvolumen und weiterer richtig durchgeführter Abstimmvorgänge ist ein erster Hinweis auf diese Fehlerquelle gegeben. Sie genau zu lokalisieren und zu beseitigen stellt einen außerordentlich aufwendigen Prozess dar. Hier kann man nur jedem von Herzen viel Erfolg wünschen, der sich mit solchen Fragestellungen herumschlagen muss!
Voraussetzung 3: Die Arbeitsgebiete müssen organisato risch lückenlos verknüpft sein Diese Forderung ist nicht einfach zu erfüllen. Zwei Bereiche müssen hierzu aus Sicht der Organisation eines umfassenden und geschlossenen Werteflusses zwischen den einzelnen Arbeitsgebieten besonders beachtet werden: • •
Integration der Verrechnungsdifferenzen auf Grund kalkulatorischer Abgrenzungen Integration von bewertungstechnischen Verrechnungsdifferenzen
Die Arbeitsgebiete der Kostenrechnung, d. h. die Kostenstellenrechnung, Kalkulation und Ergebnisrechnung müssen mit ihrem Wertefluss nicht nur organisatorisch verbunden sein, sondern der Wertefluss muss auch erkennbar sein. Das bedeutet z. B. für die Arbeitsgebiete Kostenstellenrechnung und Kalkulation, dass einerseits die Kostenstellen für Produkte leisten (z. B. Stunde x Kostensatz) und andererseits genau diese Leistung in der Kalkulation verrechnet wird. Es ist eine Sender-Empfänger-Beziehung. Der Wertefluss zwischen den Arbeitsgebieten zeigt nun auf, wie hoch der Betrag der bewerteten Kostenstellenleistung ist und, auf der anderen Seite, wie viel davon in der Kalkulation angekommen ist. In der Grundkonstruktion des Kostenrechnungs-Modells müssen das Sender- und das Empfängervolumen identisch sein. Dieses Vorgehen entspricht der
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Die Zuverlässigkeit der Kostenrechnungsdaten überprüfen
Forderung, dass eine gute Kostenrechnungs-Software intern wie eine Buchhaltung aufzubauen ist. Um genau erkennen zu können, ob der Wertefluss „rund läuft“ und keine Beträge verloren gehen, ist es notwendig, diesen zu dokumentieren, indem z. B. Leistungsverrechnungen in die Kalkulation zu entsprechenden Gutschriften in den Kostenstellen führen.
Läuft der Wertefluss „rund“?
Stimmen die Beträge der Leistungsverrechnung einer Kostenstelle nicht exakt mit deren Istkosten überein, entstehen die im Teil „Die Werkzeuge der Kostenrechnung“, Kapitel 4.2 „Wie ist eine gute Kostenstellenrechnung aufgebaut?, S. 87, schon demonstrierten Verrechnungsdifferenzen in der Kostenstellenrechnung. Die Notwendigkeit ihrer Weiterverrechnung in die Ergebnisrechnung wurde bereits im Teil „Die Werkzeuge der Kostenrechnung“, Kapitel 6 „Schritt 5: Wie hoch ist der Gewinn? – Die Ergebnisrechnung“, S. 145 erläutert. Sie sind also zusätzlich im Wertefluss zu organisieren, indem sie aus der Kostenstellenrechnung direkt in die Ergebnisrechnung zu überführen sind. Gleiche Bedingungen bestehen z. B. für den Wertefluss zwischen Kalkulation und Lager, indem der Abgang aus der Produktion mit dem Zugang zum Lager abstimmbar sein muss. Der Wertabgang aus dem Versandlager ist zu verproben mit dem Koste nzugang in die Ergebnisrechnung. Hier dürften eigentlich keine Bewertungsdifferenzen entstehen. Alle diese Wertbewegungen müssen sichtbar sein um mögliche Differenzen in den Bewertungsvorgängen erkennen zu können. Viele mittelständische Softwarepakete scheitern an dieser Bedingung, da sie lediglich als Listgenerator auf Basis einer großen Datenbank ausgelegt sind. Zwar können auf diese Weise schnell und elegant Kosten und Erfolge einzelner Aufträge oder Produkte gezeigt werden, doch leidet ganz deutlich die Sender-Empfänger-Beziehung der Arbeitsgebiete und damit die Abstimmung des Gesamtsystems.
Werte bewegungen müssen sichtbar sein
Die wichtige Forderung Zur Wiederholung: Eine exakte Abstimmung der Gewinne von Kosten rechnung und GuV ist zwingende Voraussetzung für eine glaubwürdige, entscheidungsorientierte Managementinformation. Aufgaben und Lösungen finden Sie auf der CD-ROM.
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Literaturverzeichnis Für den interessierten Leser werden hier einige weiterführende und ergänzende Literaturhinweise gegeben. Sie betreffen die allgemeine Betriebswirtschaft und natürlich vor allem Kostenrechnung. Auch sind Bücher zum Controlling genannt. Coenenberg, Adolf G.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 5. Auflage, München 2003 Ebert, Günter: Kosten- und Leistungsrechnung, Wiesbaden 2004 Haberstock, Lothar: Kostenrechnung Teil 1 – Einführung, Berlin 2005 Haberstock, Lothar: Kostenrechnung Teil 2 – (Grenz-) Plankostenrechnung, Berlin 2005 Hummel, Siegfried und Männel, Wolfgang: Kostenrechnung 1, 4. Auflage, Wiesbaden 1990 Küpper, Hans-Ulrich: Übungsbuch zur Kosten- und Erlösrechnung, München 2003 Reichmann, Thomas: Controlling, Berlin 1997 Schweitzer, Marcell: Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, München 2003 Stahl, Hans-Werner: Modernes Kostenmanagement und Controlling in 70 Fällen, München 1999 Wobbermin, Michael: BWL im Überblick. Prüfungswissen in Zusammenfassungen und Grafiken, Stuttgart 2005
240
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26: Abb. 27: Abb. 28: Abb. 29:
Das Gesamtsystem des Rechnungswesens und sein Zusammenhang Zusammenhang der Begriffe des Rechnungswesens (Kostenseite) Zusammenhang der Begriffe des Rechnungswesens (Leistungsseite) Unterschiede zwischen Aufwand und Kosten Das Gesamtsystem der Kosten und Leistungsrechnung Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen Innerbetriebliche Leistungsverrechnung Betriebsabrechnungsbogen mit Fertigungsgemeinkosten Zuschläge BAB mit Kostensätzen BAB mit Verrechnungsdifferenzen Flexible Plankostenrechnung Gedankliche Struktur der Äquivalenzziffernkalkulation Modernere Zuschlagskalkulation mit Kostensätzen Differenzierte Zuschlagskalkulation Gesamtsystem der Kostenrechnung (Wiederholung) Umsatzkosten und Gesamtkostenverfahren Betriebsabrechnungsbogen Werteflussteil Kalkulation Werteflussteil Ergebnisrechnung Entstehungsorte der variablen und fixen Kosten Stufenweise Deckungsbeitragsrechnung Aufbau der stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung Prozesselemente Erweiterung der traditionellen Sichtweise Haupt und Teilprozesse Notwendigkeit der Übereinstimmung von Bezugsgrößen und Tätigkeitsdimension Ablauf der Prozesskalkulation Variante der Prozessstruktur BreakevenPunkt (BEP)
14 17 18 22 30 97 99 104 109 113 117 129 132 137 153 157 158 159 161 165 171 174 184 185 192 195 196 200 208
241
Stichwortverzeichnis Abstimmung 234 Abzugskapital 50 Aktivierte Eigenleistungen 149 Allgemeine Kostenstellen 95 Andere Leistung 24 Anderskosten 22 Äquivalenzziffernkalkulation 123 Aufwand 15 Ausgabe 15 Außerordentlicher Aufwand 21 Außerordentlicher Ertrag 23 Auszahlung 15 BAB 96 Basisprinzip 81 Beschäftigungsabweichung 118 Beständewagnis 60 Bestandsveränderungen 106, 148 Betriebsabrechnungsbogen 96 Betriebsfremder Aufwand 20 Betriebsfremder Ertrag 23 Betriebsnotwendiges Kapital 48 Betriebsnotwendiges Vermögen 48 Bilanzabschreibungen 36 Break-even-Analyse 210 Break-even-Punkt 207
242
Break-even-Umsatz 209 Cost-Driver 183 Deckungsbeitrag 27 Deckungsbeitragsrechnung 27 Direkte Messung 74 Direkte Zuordnung 97 Divisionskalkulation 123 Dokumentationsziel 28 Durchschnittskostensatz 93 Durchschnittsverfahren 52 Einnahme 15 Einseitige Leistungsverrechnung 100 Einstufige Divisionskalkulation 125 Einzahlung 15 Einzelkosten 25 Engpass 212 Entwicklungsgemeinkosten 135 Erlösschmälerungen 143 Ermittlungsverfahren 57 Ertrag 15 Fertigungsgemeinkosten 105 Fertigungsgemeinkostenzuschl äge 108 Fertigungswagnis 61 Fixe Kosten 25, 117 Fixkosten 161
Stichwortverzeichnis
Flexible Plankostenrechnung 115 Forderungswagnis 61 Gegenseitige Leistungsverrechnung 100 Gemeinkosten 26 Gesamtkostenverfahren 147 Gesetzlich vorgeschriebene Werte 79 Gewährleistungswagnis 61 Gewinnschwelle 207 Grenzkosten 25 Hauptkostenstellen 95 Herstellkosten 134 Herstellungskosten 124 Hilfskostenstellen 95 Historische Werte 78 Homogenitätsbedingung 126 Indirekte Messung 74 Indirekte Zuordnung 97 Informationsziel 28 Innerbetriebliche Leistungsverrechnung 99 Istkostenrechnung 111 Kalkulatorische Abgrenzungen 62 Kalkulatorische Abschreibungen 35 Kalkulatorische Kosten 22 Kalkulatorische Miete 60 Kalkulatorische Wagnisse 60 Kalkulatorische Zinsen 44
Kalkulatorischer Unternehmerlohn 57 Kontenplan 67 Kontierungshandbücher 224 Kostenarten 67 Kostenartenanalyse 70 Kostenartenplan 66 Kostensätze 30 Kostenstellenplan 90 Kostenstruktur 92 Kostentreiber 183 Kuppelproduktion 139 Kurzfristige Erfolgsrechnung 145 Lagerwert 104 Leistung 19 Leistungsmengeninduziert 189 Leistungsmengenneutral 189 Lohneinzelkosten 103 Marktpreisverfahren 141 Materialeinzelkosten 105 Mehrstufige Divisionskalkulation 128 Mitlaufende Kalkulation 125 Nachkalkulation 124 Neutraler Aufwand 20 Normalkostenrechnung 111 Nutzungsdauer 20 Opportunitätskosten 46 Outsourcing 204 Periodenfremder Aufwand 21 Periodenfremder Ertrag 23
243
Stichwortverzeichnis
Planbeschäftigung 117 Plankalkulation 125 Plankostenrechnung 114 Planwerte 79 Politische Werte 80 Preisuntergrenze 215 Produktspezifische Fixkosten 173 Proportionale Kosten 25 Prozesskalkulation 197 Relativer Deckungsbeitrag 213 Restwertverfahren 52, 140 Retrograde Messung 75 Schichtenanalyse 179 Schlüsselungsverfahren 140 Selbstkosten 135 Sicherheitsstrecke 208 Simulationswerte 80 Sollkosten 118 Sondereinzelkosten der Fertigung 26 Sondereinzelkosten des Vertriebes 26 Stufenweise Deckungsbeitragsrechnung 172 Substanzverlust 36 Tätigkeitsanalyse 193 Tatsächliche Werte 79
244
Teilkostenrechnung 27, 164 Tragfähigkeitsprinzip 82 Treppenstufenverfahren 101 Überdeckung 112 Überwachungsziel 28 Umsatzkostenverfahren 147 Unterdeckung 112 Urlaubsgeld 62 Variable Kosten 25, 116 Verbrauchsabweichung 118 Verrechnungsdifferenzen 113 Verteilungsverfahren 57 Vertriebsgemeinkosten 135 Verursachungsprinzip 81 Verwaltungsgemeinkosten 134 Vollkostenrechnung 27, 163 Vorkalkulation 124 Vorkostenstellen 95 Weihnachtsgeld 62 Wiederbeschaffungswert 38 Zusatzkosten 22 Zusatzleistung 24 Zuschlagsfaktoren 30 Zuschlagskalkulation 131 Zweistufige Divisionskalkulation 127
Notizen
245
Notizen
246