OTTO ZIEH LR
BILD DER J A H R H U N D E R T E EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL- UND 12 DOPPELBÄNDEN
ZEIT UND EWIGKEIT...
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OTTO ZIEH LR
BILD DER J A H R H U N D E R T E EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL- UND 12 DOPPELBÄNDEN
ZEIT UND EWIGKEIT
Unter diesem Titel ist der Doppelband 21/22 der neuartigen Weltgeschichte erschienen. Der Doppelband behandelt das dreizehnte Jahrhundert n. Chr Das Jahrhundert des großen Staulenkaisers Friedrich IL, sein Kampf mit der Kirche, stürzt alle Völker des Abendlandes in den erschütternden Konflikt zwischen der Welt Gottes und der des Irdischen. Jäh versinken die Hohenstaufen, aber mit ihnen bricht auch eine Säule der Kuppel, welche die mittelalterliche Menschheit beschirmte. Faustrecht, Auflösung und schwerwiegende wirtschaftlich-soziale Umschichtungen rütteln an den Grundfesten der Zeit. Das Habsburger Kaisertum ist nur mehr ein Schatten einstiger Caesarenherrlichkeit
Auch dieser Doppeiband ist in sich vollkommen abgeschlossen und enthält wieder ausgezeichnete Kunstdrucktafein und zuverlässige historische Karten Er kostet in der herrlichen Ganzleinenausgabe mit Rot- und Goldprägung und farbigem Schutzumschlag DM6.60. Mit dem Bezug des Gesamtwerkes kann in bequemen Monatslieferungen jederzeit begonnen werden Auf Wunsch werden auch die bereits erschienenen Bücher geschlossen oder in einzelnen Banden nachgeliefert. Erschienen ist seit Januar 1951 monatlich ein Band. Prospekt kostenlos vom
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNALJ/MÜNCTIEN
KLEINE
BIBLIOTHEK
DES WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR- UND KULTURKUNDLICHE
OSKAR
HEFTE
GROSSE
Leben und Werk Heinrich Stephans
VERLAG SEBASTIAN LUX * MURNAU / MÜNCHEN
Alte Personenpost (Relief)
Es ist im Sommer 1850. Im Amtsgebäude der Oberpostdirektion in Danzig findet die Fachprüfung ider Postschreiber statt. Die Kandidaten haben die schriftlichen Aufgaben hinter sich gebracht; nun sitzen die künftigen Assistenten in schwarzen Gehröcken, ausgerichtet wie idie Orgelpfeifen, am langen Tisch und lauern auf die Fragen der Herren vom Prüfiungsrat. Die besten Antworten gibt der jüngste Kandidat, der an 'der Schmalseite seinen Platz hat. Wegen seines Alters von noch nicht 20 Jahren ist ihm die Zulassung zur Prüfung zunächst verweigert worden; aber seine gediegenen schriftlichen Arbeiten sind so hervorragend ausgefallen, daß die Examinatoren nun mit Wohlwollen und Interesse verfolgen, wie er bedachtsam und sicher Rede und Antwort steht. Gegen Ende (des „Mündlichen" kommen die lebenden Sprachen an die Reihe; die Prüflinge dürfen sich für Französisch oder Englisch entscheiden. Der Benjamin wählt — Italienisch. Da versagt selbst der hohe Prüfungsrat; der ihm ange2
hörende Sprachenprofessor des Danziger Gymnasiums beherrscht das Italienische nicht. So bittet denn der Jungling, in Französisch und in Englisch (geprüft ;zu wenden, und schneidet glänzend ab. Das alles zusammen bringt ihm, was noch nicht dagewesen ist, das Prädikat „Mit Auszeichnung bestanden!" und die Belobigung des Generalpostamtes Berlin ein. Die hohe Postbehörde ordnet seine Beschäftigung in der Berliner Zentrale an, ein Vorzug, der sonst nur ausgesuchten Beamten mit langjähriger Dienstzeit zuteil wird. Der begabte Prüfling verfügt keineswegs über eine vorzügliche Schulbildung. Heinrich Stephan, so heißt der jiinge Mann, der jetzt vom Postschreiber, zum Postassistenten aufsteigt, ist über die ehemalige Lateinschule seines Geburtsortes iStolp in Pommern nicht hinausgekommen. Gern hätte sein Vater, ein Schneidermeister, den begabten Sohn ein auswärtiges Gymnasium besuchen lassen. Aber bei einer Familie von 10 Kindern wäre das weit über die Verhältnisse gegangen. Machte es doch schon Schwierigkeiten, den früh auftretenden Hunger Heinrichs nach Büchern izu befriedigen; bereits mit dreieinhalb Jahren hat er an Hand der Bibel lesen und schreiben gelernt. So schafft sich der Knabe durch Erteilung von Nachhilfeunterricht an seine Mitschüler für zwei Silbergroschen die Stunde eine kleine Privatkasse zum Büchererwerb. Um freilich ein ganzes Konversationslexikon in Lieferungen neben alten Klassikern und anderen Werken zu beziehen, reicht auch diese Geldqtielle bei weitem nicht aus. Der einzige Stolper Buchhändler mit dem südländischen Namen Delmanzo, bei dem Heinrieh ständiger Gast ist, muß ihm den „Rest" stunden. Diese Schulden — die einzigen seines Lebens — zahlt er nach einigen Jahren aus dem fürstlichen Monatseinkommen eines Postassistenten von 25 Thalern in Raten ab. Der junge Stephan versteht es, den Tag möglichst nutzbringend einzuteilen. Er erübrigt neben dem Schul- und Selbststudium noch die Zeit für körperliche Übungen, durch die er seiner schwächlichen Konstitution Herr zu wenden sucht. Zum Erstaunen seiner Umgebung erreicht er es unter Aufwendung außergewöhnlicher Energie, ?,
daß er Vorturner wird; auch im Schwimmen bringt er es zu besonderen Leistungen; unter Einsatz seines Lebens rettet er einen älteren Schüler vor dem Ertrinken.
Bevor Stephan sich jenen frühzeitigen Sprung in das Berliner Genexalpostamt verdient hat, war er schon als kleiner Postschreiber dem Oberpräsidenten der Provinz Ostpreußen aufgefallen. Wahrend einer Beschäftigung beim Postamt Marienburg hatte er über die Marienburg, die Hochmeisterburg des Deutschen Ordens, einen sehr klugen Aufsatz veröffentlicht. Das trug Stephan, als der Oberpräsident bald danach das Städtchen besuchte, eine Einladung ein, die dem hohen Gastgeber mancherlei Überraschung bereitete. Denn ein' solcher Graid von Belesenheit war dem Oberpräsidenten bei einem erst Achtzehnjährigen noch nicht begegnet. Im Generalpostamt mußte Stephan trotzdem schon nach wenigen Wochen wieder sein Bündel schnüren. Der Bürovorsteher hatte seine Gewandtheit im persönlichen Verkehr benutzen wollen, einen anderen Beamten über eine Sache auszuhorchen; Stephan hatte das Ansinnen weit von sich gewiesen und erklärt, zum Spionieren tauge er nicht. So saß er, weil er „im Dienst nicht eifrig genug gewesen sei", einige Tage später schon im „Dampfwagen" nach Köln, die Versetzungspapiere in der Tasche. Der Beamte hatte es nicht unterlassen, der Kölner Oberpostdirektion mitzuteilen, daß der junge Mann nicht gerade sehr strebsam sei und daß man ihn tüchtig beschäftigen möge; so steckte man ihn in die Auslandsbriefabfertigung des Hauptpostamts, die damals die schwierigste Postdienststelle in Preußen überhaupt war. Wer hier mit seinem Arbeitspensum fertig werden wollte — bei täglich 14 Stunden Dienst und einen Tag um den anderen Nachtdienst — mußte zunächst einmal den Inhalt aller Postverträge kennen, die die preußische Post mit den 33 Postverwaltungen von Europa und Amerika abgeschlossen hatte. Keiner dieser Verträge 4
glich inhaltlich dem anderen. Schon die darin vereinbarten Briefgebühren waren verschieden. Die Gebühr eines Briefes ins Ausland bestand ans den voneinander abweichenden Inlandsgebühren des Aufgabe- und des Bestimmungslandes sowie den teilweise recht hohen Gebühren, die von den Zwischenländern für den Durchgang des Briefes beansprucht wurden. So kostete ein einfacher Brief von Berlin nach Norwegen je nach dem Beförderungswege 8V2 bis 9V2 Groschen, von Königsberg bis Madrid 11, nach Lissabon 13 Groschen. Ein Land rechnete nach Gramm, das andere nach Lot oder Unze oder anderen Einheiten, und dieser Gewichtswirrwarr erschwerte das Berechnen des Portos. Eine Reihe von Postverwaltungen inachte ihre Inlandsgebühr außerdem von der Länge der jeweils in ihrem Bereiche zurückgelegten Wege abhängig, manchmal auch noch von dem Inhalt der Sendung. Unter solchen Umständen durfte sich der Absender eines Auslandsbriefes vielfach glücklich preisen, wenn man ihm am Postschalter die Gebühr bis zum Bestimmungsort annähernd richtig mitteilen konnte. Manchmal war das unmöglich, und man erzählt sich, daß ein Postbeamter, der nicht mehr ein noch aus wußte, auf folgenden Trick verfiel: Er schilderte dem gutgläubigen Absender die Gefahren, denen ein nach Übersee gerichteter Brief ausgesetzt sei. Dort gebe es wilde Tiere und Schlangen, die über den Landpostboten herfielen und dessen Briefsack mit auffräßen. Es wäre besser, keine Post dorthin zu senden; sie käme doch niemals ans Ziel. Selbst in Deutschland, das allein 16 selbständige Postverwaltungen mit den widersprechendsten Vorschriften besaß, kam es vor, daß der Postbeamte sich nicht mehr auskannte und in seiner Verlegenheit irgendeine Ausrede erfand oder irgendeinen annähernden Betrag nannte. Erst 1850 gelang es dem preußischen Generalpostamt, diese Postbezirke durch Gründung eines Postvereins einander zu nähern und die dreißig Briefgebühren auf einen nur noch dreistufigen Tarif umzustellen. In Europa und im Verkehr mit Amerika — die drei anderen Weltteile kamen für einen regelmäßigen Postverkehr damals j
noch nicht in Betracht — galten dagegen weiterhin an 1000 Postverträge buntscheckigen Inhalts. Hauptumschlagplatz der Auslandssendungen aber war in dieser Zeit Köln.
So geriet der junge Stephan aus den ländlichen Verhältnissen bei den Postämtern in Stolp und Marienburg in der rheinischen Metropole, wo die internationalen Posten an Hand sehr umständlicher Vorschriften abgefertigt wurden, in einen 'wahren Hexenkessel von Tarifbestimmungen. Die Oberpostdirektion prüfte den jungen, nicht eben gut beleumundeten Beamten mit Mißtrauen; dann aber erkannte man, daß man falsch unterrichtet worden war, und sah, was in ihm steckte. So ließ man ihn hintereinander in allen expedierenden Stellen des Verwaltungsdienstes sich betätigen — und Stephan bewährte sich. Niemand verfügte über gleich vorzügliche Sprachkenntnisse. Als er eines Tages ein Schreiben (der spanischen Postverwaltung in spanischer Sprache beantwortete, hielt der Referent den Brief argwöhnisch zurück; man erbat das Urteil eines -vielgereisten Kölner Kaufmanns, der jahrelang in Spanien gewesen war. Die Auskunft überraschte: Der Brief war flüssig und ohne Schnitzer geschrieben. Stephan übernahm seitdem die englische, italienische, französische und spanische Korrespondenz. Als dann eines Tages der Chef des Berliner Generalpostamtes, Generalpostdirektor Schmückert, in Köln eintraf, um zu einer Besprechung nach Brüssel weiter zu reisen und er den Leiter der Oberpostdirektion um einen sprachgewandten Beamten als Begleiter bat, wurde ihm Heinrich Stephan zur Seite gegeben. Zum erstenmale überschritt er die Grenze; zum erstenmale tat sich ein Stück der Welt vor ihm auf, die künftig sein Arbeitsfeld sein sollte. Als Schmücken sich eine Woche später von seinem jungen Begleiter verabschiedete, meinte er: „Ich glaube, ich darf Ihnen ,Auf Wiedersehen' sagen." Stephan betrachtete das als Aufmunterung, 6
bald in die höhere Verwaltungsprüfung hineinzusteigen, die damals in Schmückerts Generalpostamt stattfand. Die hohen Herren in Berlin sollten nicht lange warten. Stephan hatte die Kölner Postjahre dazu verwandt, um sich auf dieses Examen gründlich vorzubereiten. Da er die Nachtstunden bevorzugte, um während der dienstfreien Tagesstunden in den Archiven in die fast 2000jährige Geschichte Kölns eindringen zu können, setzte er, um nicht müde zu werden, die Füße in kaltes Wasser. Die Pferdekur bekam ihm freilich schlecht. Lange Zeit lag er krank; er benutzte die erzwungene Liegezeit dazu, sich neben der Vorbereitung auf die Prüfung mit der Geschichte des Theaters zu beschäftigen. Als er genesen war, drängte es ihn, sich die Vorstellungen der Kölner Bühne anzusehen. Diese Hinneigung zum Theater, die ihn sein ganzes Leben nicht verließ, sollte für sein persönliches Leben schicksalhaft werden. Sooft es die knapp bemessene Freizeit und die schmale Börse zuließen, erstand er sieh einen Stehplatz auf dem „Olymp" des Kölner Theaters; er faßte schon an den ersten Abenden Zuneigung zu der jungen, sehr begabten ungarischen Sängerin Anna Tomala. Bald hatte Stephan sich ein „Handbuch ungarisch-deutscher Gespräche" erstanden, das er „nebenher" durcharbeitete, bis sich die Gelegenheit fand, der Künstlerin, und zwar auf ungarisch, beredt seinen Dank für ihre Leistungen auszudrücken. Je öfter sie sich trafen, um so größer wurde das sprachliche und menschliche Verständnis. An einem Abend kam es zu der entscheidenden Aussprache, die den Bund beider für das Leben besiegelte. Anna Tomala wurde ihm zwar schon nach sechsjähriger Ehe durch den Tod entrissen; aber Heinrich Stephan hat sie nie vergössen können, und noch drei Jahrzehnte später, kurz vor seinem eigenen Hinscheiden, nannte er die Kölner Zeit die schönste seines Lebens. Als Stephan mit noch nicht 24 Jahren die Staatsprüfung erfolgreich bestanden hatte, nahm ihn Schmückert für zwei Monate in seine Nähe und ließ ihn den Bereich der Oberpostdirektion Frankfurt an der Oder als Bezirksaufsichtsbeamter bereisen, damit er von
höherer Warte in den Postbetrieb Einblick nehmen konnte. Stephan erhielt Gelegenheit, unter eigener Verantwortung auf diesem vielseitigen Gebiet ebenso rasche wie durchdachte Entscheidungen zu treffen. Schon nach Jahresfrist konnte der Chef der Oberpostdirektion an Schmücken berichten, Stephans Leistungen seien vorbildlich, trotz seiner Jugend erfreue er sich besonderer Wertschätzung beim Postpersonal wie bei der Bevölkerung. In das Generalpostamt zurückversetzt, wurde Stephan Schmückerts persönlicher Sekretär. Nun konnte er sich schwierigere Aufgaben vornehmen. Gleich der erste Auftrag, die Ausarbeitung eines auf einfacher Grundlage beruhenden Paketposttarifs, erwies sich als ein Meisterstück: Stephan schuf aus Deutschland und Österreich für den Paketversand ein einheitliches Verkehrsgebiet mit gleichen Gebühren, das durch die Ländergrenzen nicht mehr gehemmt wurde. Wie diese erste Tarifreform Stephans waren auch alle späteren auf dem Grundsatz aufgebaut, daß sie die Postbenutzer gleich behandelten, die Massenauflieferer also keine Vorteile mehr vor Einzelauflieferern genossen.
Stephan kauft die Tarissche Post Als dem Mitarbeiter Schmückerts bot sich Stephan endlich die Möglichkeit, mit den revolutionären Vorschlägen hervorzutreten, die ihn seit seiner Kölner Lehrzeit beschäftigt hatten. Aus seiner Stolper Schülerzeit besaß er einen Kinderglobus. Sooft er ihn betrachtete, sagte er sich: Wie widersinnig ist es doch, daß auf diesem einheitlichen Erdenrund der für die ganze Menschheit wichtige Postverkehr so zerstückelt ist! Und Stephan entdeckte den Weg, auf dem sich die Vielheit der Brief- und Durchgangsgebühren, der Postversendungsvorschriften sowie das verwickelte Gebühren-Abrechnungswesen im internationalen Verkehr durch einheitliche und vereinfachte Normen ersetzen ließen. Schon vor ihm war eine solche Reform von fachmännischen Köpfen eingehend erwogen worden; aber man 8
Postwagen aus der Biedermeierzeit hatte die Verwirklichung für eine Utopie gehalten; die Schwierigkeiten, alle Postverwaltungen der Welt unter ein Gesetz zu bringen, schienen unüberwindlich. In dieser Zeit, da Heinrich Stephan dieses Problem mit Tatkraft anzugehen begann, starben die beiden Menschen, die ihm am nächsten standen, seine Gattin und sein Gönner Schmückert, dem er noch vor seinem Tode die Generalidee seines Vorgehens hatte vortragen können. Um so fanatischer widmete er sich jetzt der Durchführung des großen Gedankens, durch persönliche Verhandlungen mit einer größeren Zahl ausländischer Postverwaltungen die Briefgebühren einander anzugleichen, die Postverträge gleichmäßiger zu fassen und durch diesen Beginn die Fundamente für einen weltumspannenden Bau zu legen. So sehen wir Stephan jetzt ein Jahrzehnt lang in den verschiedenen Hauptstädten Europas auftauchen, wo er mit nicht zu übertreffen•
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der Sachkunde, großem diplomatischem Geschick un'd von seinen Sprachkenntnissen unterstützt, neue Postverträge abschließt, während er in den Zwischenpausen in der Heimat die Verschmelzung aller norddeutschen Postverwaltungen zu einem Ganzen einleitet und vorwärts treibt. Voraussetzung dazu war die von ihm beantragte Beseitigung der jahrhundertalten Fürstlich Thurn und Taxisschen Post, die noch in 15 mitteldeutschen Staaten die Postgerechtsame ausübte, alber dem Fortsehritt des Wirtschaftslebens bei weitem nicht mehr gewachsen war. Von Frankfurt am Main aus, wo sich die fürstliche Generalpostdirektion befand, begann Stephan persönlich die Überleitung der Taxisschen Post in die preußische Verwaltung. Wegen der verwickelten Rechtsverhältnisse ergaben sich zahlreiche Verhandlungen mit den mitteldeutschen Lehnsherren des Fürsten. Da der Fürst für den Verzicht auf das Postlehen entschädigt werden sollte, aber niemand wußte, was die Thurn- und Taxissche Post wert war, übernahm Stephan persönlich die schwierigen Berechnungen, um den gesamten Wert der Postgerechtsame mit Einschluß alles beweglichen und unlbeiweglichen Besitzes, der auf drei Millionen Thaler festgestellt wurde, sorgfältig zu erfassen. Die Vollendung dieses mit größter Umsicht und Energie durchgeführten Werkes brachte Stephan nicht nur die Anerkennung der Staatsregierung und 'des Parlamentes ein; der bisherige Feudalherr und dessen 3000 Postbeamte dankten ihm nicht minder für sein gerechtes Denken, und die taxisschen Beamten betrachteten ihn künftig als ihren Sachwalter. Aber auch die für Preußen bishe wenig eingenommene Frankfurter Handelswelt hatte an der ungezwungenen und entgegenkommenden Art seines Verkehrs Gefallen gefunden: „Wenn es da drüben noch mehr von der Sorte gibt", sagte man sich, „werden wir künftig bessere Geschäfte machen als bisher.' In diesen Frankfurter Tagen bewies sich, daß Heinrich Stepha nicht nur die großen Anliegen der Postarbeit ins Auge faßte, sonder auch um die Bereinigung örtlicher Schwierigkeiten bemüht war wie sie sich im Konkurrenzkampf der Länder und Städte ergaben 10
Ein Vertreter der Mainzer Kaufmannschaft war in seinem Büro in Frankfurt erschienen, um leibhaft Klage darüber zu führen, daß der bayrische Kommandant von Mainz die gesamte nach Norddeutschland vorliegende Post festhalten lasse, worauf der preußische Kommandant von Frankfurt zur Vergeltung über die für Mainz bestimmte Korrespondenz nun ebenfalls Postsperre verhängt habe. „Wären wir beide", sagte Stephan zu seinem Besucher, „für diese Sache allein zuständig, so fände sie sofort ihre Erledigung. Hier aber bestimmt jetzt das Militär. Gleichwohl werde ich ohne Verzug den Stadtkommandanten aufsuchen und ihn um Aufhebung seiner Anordnung lütten. Wenn Sie imich heute Nachimittag noch einmal aufsuchen, kann ich Ihnen seine Entschließung mitteilen." Als sie sich am Nachmittag zur verabredeten Zeit wiedertrafen, war die Sache in Ordnung gebracht: „Ich habe soeben alles", berichtete Stephan, „Ihrem Wunsche entsprechend erledigen können. Die Postwagen gehen bereits jetzt von hier nach Mainz wieder ab. Teilen Sie das nach Ihrer Rückkehr dem Mainzer Postdirektor und dem dortigen bayrischen Stadtkommandanten sofort mit. Dann werden beide Herren ihre Postsperre wobl auch fallen lassen." So geschah es auch. „Für mich aber", schrieb der Mainzer später in einem Zeitungsartikel, „bildete die Art, wie (Stephan damals mich und jenen Fall behandelt hat, den Schlüssel zu dem vielen Guten und Großen, mit dem er Deutschland später bedachte." An die Einverleibung der Taxisschen Post schlössen sich erfolgreiche Verhandlungen Stephans mit den süddeutschen Postverwaltungen sowie mit Österreich-Ungarn; von 1868 ab wurde die bisher nach Entfernungen .bemessene Brieftaxe dieser Länder durch eine Einheitsgebühr von 1 Groschen ersetzt. Der Kaufmann freute sich ebenso wie der Privatmann; denn bis in die fünfziger Jahre hatte die Zahl der innerdeutschen Briefgebühren noch 2000 betragen. Nach diesen postalischen Großtaten überraschte es niemanden, als Stephan, der mit 34 Jahren Geheimrat geworden war, im Frühjahr 1870 die Leitung des Generalpostamts übernahm. 11
Auch innerhalb der norddeutschen Postverwaltung, die dem Generalpostamt unterstellt war, sah es, abgesehen von Stephans engstem Wirkungskreise, in dieser Zeit ebenfalls noch wenig fortschrittlich aus. Das änderte sich jetzt; der schleppende Geschäftsgang der Post und alles, was sich an Zöpfen aus Urgroßväterzeiten erhalten hatte, verschwand mit einem Male. Die Verpflichtung der Postbeamten, zum Dienst in den Schreibstuben in Uniform mit umgürtetem Degen zu erscheinen, wurde aufgehoben. — Ein frischerer, freundlicherer Wind wehte durch die Amtsstuben. Bald hob sich die Post über alle anderen Verwaltungen hinaus und verhalf ihren Beamten zu einer bis dahin nicht gekannten Hochachtung bei der Bevölkerung. Stephan vergalt ihnen ihre anerkennenswerten Leistungen damit, daß er keine Gelegenheit vorübergehen ließ, ohne für ihre weitere wirtschaftliche Aufbesserung einzutreten. Bei den Oberpostdirektionen sorgten die von Stephan im Jahre 1872 geschaffenen Post-, Spar- und Darlehensvereine dafür, daß die Postbeamten fortan bei wirtschaftlicher Bedrängnis auf dem Wege der Selbsthilfe vor wucherischer Ausbeutung geschützt wurden. Durch Errichtung von Bezirkskleiderkassen mit Reichszuschuß erleichterte er den unteren Beamten die Beschaffung preiswerter Dienstkleider. Andere von ihm gegründete Wohlfahrtseinrichtungen ermöglichten die Gewährung geldlicher Unterstützungen an das Personal bis herab au den Postillonen und deren Witwen. Eigene Postbüchereien dienten der Pflege der geistigen Interessen der Postbeamtenschaft, während zwei von Stephan ins Leben gerufene fachwissenschaftliche Zeitschriften auch den in kleineren Orten tätigen Postbeamten Gelegenheit gaben, sich fortzubilden. Stephan war der erste Verwaltungschef, der seinen Beamten alljährlich einen mehrwöchigen Erholungsurlaub zusicherte. Hand in Hand mit diesen Verbesserungen liefen Stephans Reformen in der Verkehrsbedienung. Er erfand und führte die Postkarte ein — von der sein Amtsvorgänger nichts hatte wissen wollen — ferner den Bücherzettel, den Buchversand als Drucksache, 12
die Nachnahme, den Postauftrag- und die Paketkarte. Im Pakettarif wurde eine Einheitsgebühr von 50 Pfennig für das 5-kg-Paket eingeführt; nun konnte sich der Massenpaketversand entwickeln, ganze Industriezweige entstanden neu. Bisher gab es auf den Dörfern keine eigenen Postanstalten. Die Landbevölkerung mußte sich bei der Behandlung des Postverkehrs als Stiefkind fühlen. Stephan beseitigte dieses Unrecht, richtete 19 000 Postagenturen und Postbriefstellen ein und vermehrte die Zahl der Landzusteller von 8000 auf 26 000. Wo der Umfang des Paketverkehrs zum und vom Lande es rechtfertigte, erhielten zahlreiche Landbriefträger ein Fuhrwerk, das zugleich zur billigen Reisegelegenheit in die Dörfer wurde. Bis zum Jahr 1872 waren nicht weniger als 14 000 Landorte von Postboten überhaupt nicht besucht worden, während die übrigen einen Landzusteller nur einmal in der Woche zu Gesicht bekamen; Stephan sorgte dafür, daß über 65 000 Landorte werktäglich mindestens zweimal Bestellung erhielten. In den Städten ließ er an jede angekommene und abgehende wichtige Post eine Briefzustellung und Briefkastenleerung sich anschließen. Den Höhepunkt in -der beschleunigten Zustellung der Stadtbriefe erreichte er in ider Reichshauptstadt durch die Einrichtung von „Straßenposten", die während der Fahrt die bei den Stadtpostanstalten aufgelieferten Briefsendungen sortierten und den Zustellämtern zuführten; jetzt konnten die in dem sechzig Quadratkilometer großen Weichbilde Berlins aufgelieferten Ortssendungen bereits ein bis zwei Stunden später den Empfängern zugehen.
Auch im Bereich des internationalen Briefdienstes räumte Stephan gründlich auf; mit 24 Staaten schloß er fast gleichlautende Postverträge ab. Darin war festgelegt, daß die Gebühr für den einfachen freigemachten Brief aus Deutschland nach den Niederlanden, nach Belgien Dänemark, der Schweiz auf zwei Groschen gesenkt werden 13
der Verkehrsverwaltungen der Welt die weittragende Bedeutuaig dieses unscheinbaren Apparats. Mit seiner Hilfe hoffte er all die mittleren und kleinen Orte erschließen zu können, für die bisher wegen der hohen Kosten selbständige Telegraphenstationen nicht in Frage gekommen waren; den Fernsprecher konnte jedermann betätigen, zudem lieferte die Berliner Firma Siemens und Halske Fernsprecher in verbesserter und handlicher Form für fünf Mark das Stück. Bis 1880 stieg in Deutschland die Zahl der Telegraphenund Telephonanstalten auf über 10 000, während England erst 6000 und Frankreich 5000 aufweisen konnte. „Der Fernsprecher muß", damit begründete Stephan den großen deutschen Zuwachs, „zu einer Gewohnheit werden." Die Freude, die die Bewohner all der kleinen, oft entlegenen Ortschaften darüber empfanden, durch eine Telegraphenanstalt mit Fernsprechbetrieb aus ihrer bisherigen Abgeschlossenheit erlöst zu sein, war groß. Ihrem Dank Stephan gegenüber gaben sie in der Regel in der ersten Drahtung, die ihren Ort verließ, launigen Ausdruck. Zwei Proben hierfür seien aus alten Akten jener Zeit angeführt: „Der Ort, von dem einst Seumes Fuß Den Weg begann nach Syrakus, Sagt heute Herzensdank und Gruß Dir, der uns schenkte den Genuß Des Telephones, Stephanus! Gemeinde Hohenstädt (Sachsen)" „Exzellenz Stephan, Berlin Du hast ein Telephon errichtet in der Gemeinde Tulce Und mich zu großem Dank verpflichtet: Des Dorfes Schulze." Stephan unterließ nie, Zug um Zug telegraphisch zu danken. So antwortete er in diesem zweiten Falle: „Es bringe frohe Botschaft oft nach Tulcen Das Telephon für die Gemeinde und den Schulzen." 16
Dieses aus Amerika stammende Bild von der Erfindung des Bellschen Telephons veranlaßt Heinrich Stephan, den Fernsprecher in Deutschland einzuführen Mit der Einrichtung v o n Stadtfernsprechämtenn, die Stephan ebenfalls im Jahre 1877 ins A u g e faßte, mußte er sich freilich g e d u l d e n ; der städtischen B e v ö l k e r u n g ging 'das Verständnis für 'diese Verw e n d u n g des n e u e n V e r k e h r s m i t t e l s viel später auf als den Landb e w o h n e r n ; m a n m e i n t e , der Fernsprecher werde ziehen,
man befürchtete
nächtliche
Ruhestörungen
die B l i t z e
an-
durch Anrufe
von Spaßvögeln. Erst als im Frühjahr 1881 in Berlin das erste Fernsprechämtchen
mit
48
Teilnehmern
seinen
Betrieb
eröffnet
hatte, kam über die sonst so „ h e l l e n " Berliner die Stunde der Erleuchtung: j e t z t überstürzten
sich m i t einem Male — ebenso 17
in
anderen deutschem Städten — die Anmeldungen von Teilnehmern, Berlin besaß bereits sieben Jahre später mehr Sprechstellen als irgendeine andere Stadt in der Welt. In Bayern folgte 1882 Ludwigshafen mit neun Teilnehmern. 1883 erhielt München sein Fernsprechamt.
Schoii vor der Einführung des Fernsprechers hatte sich Stephan mit der Frage 'beschäftigt, ob das bisherige System der oberirdischen Führung der Telegrapiheiilinien auf den Hauptverkehrsstrecken aufgegeben werden könne. Im Winter überzogen sich bei Rauhfrost die Drähte mit Eiskrusten. Die Leitung zwischen zwei Telephonstangen wurde bis zu 30 Zentnern belastet, und oft brach auf weiten Strekken das Gestänge zusammen. 1876 ging ein viertägiger orkanartiger Sturm über Mitteleuropa und zerriß den telegraphischen Verkehr mit England und einem großen Teil von Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Rußland; fast die Hälfte aller Reichstelegraphenleitungen war außer Betrieb gesetzt. Solche Naturereignisse verursachten nicht nur hohe Instandsetzungskosten, sie fügten auch dem Wirtschaftsleben empfindlichen Schaden zu. Brauchbare unterirdische Kabellinien waren bisher in Deutschland nur auf kurzen Strecken durch die Firma Feiten & Guilleaume in Köln-Mülheim hergestellt worden. An die Auslegung eines umfassenden unterirdischen Kabelnetzes aber hatte sich noch kein Staat herangewagt, selbst England nicht, das die meisten Kabel für Unterseelinien erzeugte. Angesehene deutsche Physiker rieten Stephan von seinem Kabelprojekt ab, das sie für zu kostspielig und für zweifelhaft hielten. Stephans Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Mülheimer Werks war jedoch so groß, daß er ihm die Herstellung eines Landkabels von 170 fem Länge für die Versuchsstrecke Berlin-Halle als erste Arbeit übertrug. Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen. Das gab Stephan den Mut, den Bau eines Kabelnetzes in Angriff zu nehmen, das von Berlin aus strahlenförmig 221 deutsche Städte 18
miteinander verband. Zwei große deutsche Firmen stellten die Verbindungen in der kurzen Zeit von fünf Jahren fertig. I m Ausland erregte idie neue Schöpfung Stephans gewaltiges Aufsehen- aber man blieb weiterhin vorsichtig und wartete ab, ob die 30 Millionen Mark, die mit den Kabeln in die Erde gesteckt worden waren sich auch rentierten. Und sie rentierten sich fünfzig Jahre lang. Erst in neuerer Zeit mußte das Stephansche Fernkabelnetz durch ein neues Netz ersetzt werden. Die Telegraphie, idie in Sekundenschnelle weite Strecken überbrückt, hatte sich von Anbeginn nicht wie der Postverkehr durch Landesgrenzen einengen oder absperren lassen; doch bedurfte sie ebenso wie die Post sehr bald internationaler Vereinbarungen. Nachdem 1850 ein deutsch-österreichischer Telegraphenverein entstanden war, schlössen sich 1865 die europäischen Länder — England ausgenommen, dessen Telegraphie sich damals noch in privaten Händen befand — zu einem „allgemeinen Telegraphenverein" zu-
Vom Sturm zerstörte Überlandleitung 14
sammen. Doch war ein Einheitsvertrag noch immer nicht zustande gekommen. Als Stephan erstmalig 1875 als Bevollmächtigter Deutschlands an der internationalen Telegraphenkonferenz in St. Petersburg teilnahm, (machte er bald durch die Art, wie er in die Beratungen eingriff, einen tiefen Eindruck auf die Kongreßmitglieder. „Man erblickte in ihm" — so berichtete der deutsche Botschafter — „denjenigen, der einer neuen Ära in der Telegraphie Bahn gebrochen habe." Stephan beschritt hier denselben Weg, den er von 1862 ab bei seinen Vorarbeiten für den Weltpostverein gegangen war; nur waren die Schwierigkeiten noch größer, weil sich der überwiegende Teil der internationalen Telegraphenlinien, nämlich alle Überseekabel, in Privatbesitz befanden. Unter diesen Umständen kam es Stephan darauf an, zunächst die europäischen Vereinsländer für einen Einheitstarif zu gewinnen, nachdem er ihnen seine Vorzüge an einer deutschen Tarifreform praktisch vorgeführt hatte. Als er 1875 die Reichstelegraphie übernahm, arbeitete sie, wie der deutsch-österreichische Telegraphenverein, mit einem Dreizonentarif, der die Gebühr für ein „einfaches" Telegramm, d..h. bis zu 20 Wörtern, mit 5, 10 und 15 Groschen bemaß, je nachdem der Zielort bis 10, über 10 bis 45 oder über 45 Meilen hinaus entfernt lag. Stephan beseitigte innerhalb Deutschlands den Dreizonentarif für Telegramme und führte statt dessen den Worttarif ein. Schnell bildete sich ein eigener „Telegrammstil" aus; das deutsche Publikum lernte, unter Verzicht auf entbehrliche Zusätze nur noch das Nötige zu telegraphieren, was zugleich einer rascheren Beförderung der Telegramme .zugute kam. Den Tarif verstand wegen seiner Einfachheit jetzt jedermann. Außerdem gestattete seine Billigkeit fortan großen Teilen der Bevölkerung das Telegraphieren auch auf weite Entfernungen. Bald fand Stephans Worttarif im Ausland Nachahmung. Besondere Bedeutung erlangte die neue Tarifform für den in Seekabeln sich abwickelnden außereuropäischen Verkehr. Hatte noch 1867 ein Telegramm von Bremen nach New York wegen des Mindestsatzes von 20 Wörtern etwa 400 Mark 20
gekostet, so zahlte der Absender im Jahre 1882 nur noch 1 Mark und 5 Pfennig für das Wort.
Mit der Beförderung der Telegramme nach und von Übersee war Deutschland bisher auf die ausländischen Kabelgesellschaften angewiesen gewesen. Um wenigstens zunächst im Verkehr mit Amerika unabhängig zu werden, bemühte sich Stephan seit der Mitte der achtziger Jahre um den Erwerb eines Kabellandungspunktes für ein deutsches Unterseekabel, das Emden mit New York verbinden sollte. Die fremden Kabelgesellschaften waren lange Zeit mit diesem Plane nicht einverstanden, bis endlich 1896 die Legung eines 2000 km langen, in Deutschland angefertigten Kabels nach der spanischen Hafenstadt Vigo möglich wurde, der ersten Teilstrecke einer später über die Azoren bis New York weitergeführten Seekabelverbindung. Auch für die Beförderung der deutschen Seepost hatte sich die heimatliche Post bislang fast nur ausländischer PostdampfschiffsGesellschaften bedienen müssen, deren England und Frankreich allein gegen 60 besaßen. Dafür mußte die' deutsche Post nicht nur namhafte Seetransportgebühren zahlen. Sie hatte sich außerdem nach den Fahrplänen der fremden Linien zu richten. Als Anfang der achtziger Jahre die ersten deutschen Kolonien entstanden, legte Stephan dem Reichstag einen Gesetzentwurf zur Billigung von Reichsmitteln für die Einrichtung je einer Postdampferlinie nach Ostasien und Australien vor. Der Gesetzentwurf enthielt ferner die Anregung, daß die neuen Dampfer möglichst auf deutschen Werften gebaut werden sollten, während die deutschen Reeder bis dahin alle Überseedampfer in England hatten herstellen lassen. 1886 konnte der erste Reichspostdampfer von Bremen aus nach Ostasien in Fahrt gehen. 1890 folgte die Deutsch-Ostafrika-Linie, in den nächsten Jahren kamen Seeverbindungen nach Amerika hinzu. Hatte noch in den fünfziger Jahren die Fahrt von Liverpool nach New York 21
13 Tage beansprucht, so bewältigten die deutschen Schnelldampfer im Jahre 1891 die ebenso lange Strecke von 2100 Seemeilen in rund 6V2 Tagen. Der gleiche Zeitraum, den ehedem ein Brief von Deutschland nach New York gebraucht hatte, reichte jetzt aus, um noch die Antwort dem Absender zu überbringen. Eine weitere Zeitvierkürzung erreichte Stephan durch die Sortierung der Post auf den Dampfern selbst. In die zwischen Hamburg und Bremen nach New York und zurück laufenden Schnelldampfer wurden Postbüros ein gebaut, in denen deutsche und amerikanische Postbeamte die bei der Ausreise an Bord genommene Post bereits während d e r Überfahrt verarbeiteten, so daß sie ohne Verzug vom Zielhafen weiter geleitet werden konnten.
Das größte Übel, das Stephan bei der Übernahme seines Amtes angetroffen hatte, waren die Posthäuser. Ihr Zustand war an vielen Orten armselig und zum Teil menschenunwürdig. Das galt fast von allen Landespostverwaltungen. Auch der Zahl nach genügten die Postgebäude nicht mehr dem Bedarf. In Berlin war ihr Zustand seit fast einem halben Jahrhundert unverändert geblieben. Hier und draußen hei den Oberpostdirektionen saßen die Beamten, wie Stephan 1871 im Reichstag erklärte, „zwar noch nicht gleich den Vögeln auf dem Dache, aber idoch dicht darunter". Die Post hatte auch nicht mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes Schritt gehalten; auf den Bahnhöfen, auf denen sich ein lebhafter Umschlagverkehr entwickelt hatte, fehlte es an Posthäusern. Ganz übel sah es mit den Schalteranlagen aus. Noch immer mußte, wie in der guten alten Zeit, das Publikum zumeist in zugigen Hausfluren und Durchgängen abgefertigt werden, während die Schalterbeamten in einer Art Verschlag saßen unid die Postbenutzer durch ein kleines Fenster bedienten. Bei manchen Posthäusern arbeiteten die Beamten in der sommerlichen Jahreszeit sogar im Freien. Der erste von Stephan 22
unternommene Schritt galt deshalb der Herstellung heizbarer Schaltervorräume in den Postämtern. Dann sollten ihre Gebresten im Äußern durch Um- und Erweiterungsbauten kuriert werden. Äußerlich glichen sie in ihrer Kümmerlichkeit, Nüchternheit und mit ihren schablonenhaften Fassaden mehr einem Gefängnis als einem Verwaltunigslbau, unid der Beschauer entzog sich der ungastlichen Stätte gern und bald. Schuld an diesen Mißständen war die Anordnung, daß die Bauverwaltungen idie Errichtung und Ausstattung der Posthäuser unentgeltlich besorgen mußten und diese Mehrarbeit als eineLast empfanden; izudem fehlten den Baubeamten die Erfahrungen für die zweckmäßige Planung und Ausführung solcher Verkehrsstätten. Die Mißstände steigerten sich, als 1876 Post und Telegraphie vereinigt wurden und der Nachrichtendienst immer größeren Umfang anzunehmen begann. Nach Stephans Überzeugung brauchte die Post eine eigene Bauverwaltung, die sich im Post-, Telegraphen- und Fernsprechbetrieb auskannte und die Bauten nach den Erfordernissen des Dienstes einrichtete. Es gelang Stephan, eine solche Neuordnung bei Bismarck durchzusetzen, und sofort begann er großzügig zu bauen. Er griff auf die baugeschichtlichen Traditionen der einzelnen Städte zurück und wählte jeweils die ihrer besten iKunstepoche eigen gewesene Stilart. Das trug ihm den Beifall all derer ein, die als Kunstkritiker einen Namen besaßen: auch weite Kreise der Bevölkerung begrüßten ihn als den großen Neuerer, d e r die Postgebäude an den Hauptplatz der Städte hinstellte und jedermann zu erkennen gab: Hier steht Deine Post, bitte bediene Dich ihrer! Im Ganzen entstanden unter Stephan 300 neue reichseigene Posthäuser. Daneben in kleineren Städten noch 2000 Mietpostgebäude, die zwar für Zwecke der Post errichtet wurden, aber Privatpersonen gehörten. Eine der Lieblingsschöpfungen Stephans, die in verschiedenen Ländern nachgebaut worden ist, bildete das Reichspostmüseum in Berlin. Hier konnte der Besucher die Entwicklung des Schrifttums und den Werdegang des Weltverkehrs und seiner Mittel in einer 23
volkstümlichen Sammlung wertvoller Originalstücke und Nachbildungen verfolgen; der Techniker und Wissenschaftler fand in den weiträumigen Hallen eine reichhaltige Quelle für Studium und Fortbildung. Eine besonders viel 'besuchte Abteilung des Museums umfaßte eine der größten und wertvollsten Briefmarkensammlungen der Welt. Diesen Gedanken, die Geschichte des Verkehrswesens von ihren Uranfangen an zur Darstellung zu bringen, konnte nur jemand verwirklichen, der dieses weite Gebiet selbst bis in alle Einzelheiten beherrschte. Schon 1858 hatte Stephan mit 27 Jahren die erste Probe in seiner 800 Seiten starken „Geschichte der preußischen Post" abgelegt, einem fesselnden historischen Standardwerk. Noch im gleichen Jahre erschien eine kritische Studie Stephans über die Einführung des Pennyportos durch Rowland Hill in England. Es folgten Abhandlungen über das Post- und das Telegraphenwesen
Postsortierkammer auf einem alten Schnelldampfer 21
des In- und Auslandes, vielbeachtete Arbeiten über 'das Verkehrsleben im Altertum und im Mittelalter, eine Artikelreihe über die Weltverkehrsstraßen und schließlich ein Werk über Ägypten. Nach 1871 verblieb Stephan keine Muße mehr zu umfangreicheren Veröffentlichungen. Was seinen überragenden Geist, gestützt auf die alten und späteren Klassiker sowie auf die Erkenntnisse .der exakteti Wissenschaften, der Philosophie und der Religionswissenschaft, weiter bechäftigte, brachte er fortan in einer Reihe feinsinniger Reden zum Ausdruck. Eine von ihnen über „Weltpost und Luftschiffahrt" aus dem Jahre 1874 erlangte besondere Bedeutung, weil Graf von Zeppelin durch sie zum Bau seines lenkbaren Luftschiffes angeregt wurde. Seit imehr als zwei Jahrzehnten sehen wir den „Postmeister der Welt", wie man ihm wohl nannte, kühn im Entwerfen und umsichtig in der Ausführung, als Organisator des heimischen und des Weltverkehrs unermüdlich am sausenden Webstuhl der Zeit. Sein Name wurde selbst in den Zonen jenseits der Ozeane ruhmvoll genannt. Sein Werk, die Post in ihrer neuzeitlichen Form, war neben der Eisenbahn der liebenswürdigste Zweig der Verwaltung geworden. Die Bevölkerung sah in der Post nicht mehr eine nüchterne technische Einrichtung, sondern ein Unternehmen ihres Vertrauens. Wer freilich wie Heinrich Stephan so selbstsicher seinen Weg ging, stieß, da die Schablone vielen Menschen bequemer ist, auch auf Widerspruch. Als Stephan in den achtziger Jahren die Postsparkasse in Deutschland einführen wollte, erklärten sich alle Parteien des Reichstags gegen ihn. Stephan mußte untätig zusehen, wie ein anderes Land — Österreich — sein Projekt aufgriff und verwirklichte. Einen Sturm der Entrüstung löste es aus, als Stephan im Bereiche seiner Verwaltung 800 Fremdwörter in den Bann tat, die den Schriftwechsel und Sprachgebrauch zum Teil seit Jahrhunderten belasteten. Erst als Stephan dann 1876 in einem grundlegenden Vortrag nachwies, daß es beheimatete und daß es entbehrliche Fremdwörter gebe, und daß er lediglich diesen Fremdlingen den Krieg 25
erklart habe, wendete sich das Blatt. Mit einem Male fand er weitgehende Zustimmung. Es bildete sich der „Allgemeine deutsche Sprachverein", d e r Stephan zu seinem ersten Ehrenmitglied ernannte. Trotzdem fand er allgemeinen Widerspruch, als er das aus USA überkommene Telephon in „Fernsprecher" umtaufte, ein Wort, das inzwischen selbstverständlich geworden ist. Handelskreise wehrten sich auch gegen die Einführung der Postnachnahme, bis sich auch hier die Stimmung in ihr Gegenteil verkehrte. Die letzten Lebensjahre brachten Heinrich Stephan aus aller Welt mannigfache Ehrungen ein. Als die in New York erscheinende Zeitung „The Postal Record" in einem langen Aufsatz seine Verdienste würdigte und auch seine Erhebung in den Adelsstand erwähnte, fügte sie hinzu: „Ein Mann, der sich aus eigener Kraft vom Postschreiber bis zum größten Postmann aller Zeiten emporschwang, bedarf dieses Adelstitels nicht; wahrhaft geadelt h a t ihn längst die öffentliche Meinung." Der Außenstehende freilich ahnte nicht, daß der Ruhm, der Stephans Person umgab, von mancherlei Sorgen verschattet war. Ihn bekümmerte die Frage nach dem künftigen Schicksal seines Vaterlandes. Stephan ahnte, daß Deutschland vor einer Wende stand. Quer durch das Volk ging die Zerklüftung. Mehr und inehr überwogen selbst in den Parlamenten die Sonderinteressen. Zwischen dem Bürgertum und der Arbeiterschaft gab es kaum noch eine Brücke der Verständigung. Auch die Völker Europas lebten sich zunehmend auseinander. Jedes Jahrzehnt brachte der Welt neue Konfliktstoffe, die oftmals bis an den Rand völliger Entzweiung führten. Stephans persönlich schlichte Lebensart wehrte sich auch gegen die Maßlosigkeit und Anmaßung in der Lebensführung gewisser Kreise, gegen Standesdünkel und Überheblichkeit. Voller Erschütterung beobachtete er, wie diese Überheblichkeit auch in die Kreise der Wissenschaft eindrang; von ihr war der Kampf gegen den Gottesglauben ausgegangen. In Überschreitung ihrer eigenen Grenzen, in Überschätzung von einzelnen Forschungsergebnissen in ihren Fachgebieten, hatten manche Forscher auf Grund 26
scheinbar endgültiger wissenschaftlicher Erkenntnisse den Gottesgedanken als überlebt bezeichnet und erklärt, in allem walte nur die Materie; das Geistige und Seelische sei allein von den Gesetzen des Stoffes beherrscht. In seinen Reden wandte sich Stephan gegen diese Prediger des Materialismus. Über dem mechanischen Gesetz von d e r Erhaltung der Energie stehe das Gesetz von der Erhaltung ethischer Anschauungen; über die Menschenwelt wölbe sich die göttliche Welt. In tiefgründigen philosophischen, historischen und fachwissensehaftlichen Studien war Stephan zu dieser Überzeugung gekommen. Treu gegen sich selbst, selbstlos, von unerschütterlichem Gerechtigkeitssinn, in Ablehnung allen Protektionswesens, freimütig und offen nach unten und oben vertrat er, was er für wahr erkannte. Aber auch Stephan konnte nicht verhüten, daß das Verhältnis der Wissenschaft zur Kultur in Unordnung geriet, daß die technische Entwicklung der menschlichen Entwicklung nicht mehr parallel lief und die Technik statt zum Segen zürn Fluch zu werden begann. Zu diesen Sorgen um die Zukunft des geistigen Denkens kamen schwere Schicksalsschläge im persönlichen Bereich. Stephan war überraschend gealtert. Kopfhaar und Bart waren ergraut, der Körper abgezehrt; die Zuckerkrankheit, gegen die es damals noch kein Heilmittel gab, hatte ihn befallen. Unglück hatte Stephan auch in seiner Familie. Seine beiden Söhne waren beruflich gescheitert. Einer von ihnen ging über den Ozean und blieb verschollen.
Mit ungewöhnlicher Willenskraft hielt Stephan sich aufrecht und blieb weiter seiner Arbeit verhaftet. Während des Wiener Weltpostkongresses von 1891, auf dem die französischen Delegierten noch eng mit den deutschen 'Zusammengingen, und Stephan von den Vertretern aller Nationen als ihr Nestor mit höchster Achtung behandelt wurde, machte er einen Albstecher nach Konstantinopel, um mit der türkischen Postverwaltung über die Herstellung eines Postpaket27
dienstes mit dem Abendland zu verhandeln. Wie er als Dreißigjähriger bei seinen Vorarbeiten für den späteren Weltpostverein in Spanien und Portugal dem Körper das denkbar Möglichste zugemutet hatte, um neben dem dienstlichen Auftrage auch seinem Forsch»ingsdrange zu leben, so war er auch jetzt am Bosporus, ungeachtet der an ihm zehrenden Krankheit, meist von 4 Uhr früh ohne Ruhepause bis nach 1 Uhr nachts in Bewegung: ein Wunder für seine dortigen Freunde und Verehrer, denen er durch die Gaben seines Geistes und Wissens noch immer manche unvergeßliche Stunde bereitete. Er wußte das Ende seiner Tage nahe gekommen, aber noch war ihm das Leben ein Geschenk, das er sich immer neu verdienen wollte. Wer seinen Weg kreuzte, den ließ er teilhaben an der Fülle seines inneren Keichtums: staatliche Würdenträger, Gelehrte oder irgendeinen, dem er auf seinen Wanderungen begegnete und der oft gar nicht ahnte, mit wem er es zu tun hatte. Alle waren sie ihm gleich, sobald er, der die Wertigkeit eines Menschen rasch erfaßte, erkannt hatte, daß sie bei anständiger Gesinnung Tüchtiges leisteten. Nicht anders stand er daheim zu den Amtsboten, die den persönlichen Dienst bei ihm besorgten. Sie hielten „ewig" bei ihm aus, bis schwer» Krankheit oder der Tod sie von ihm trennte. In vier Jahrzehnten hat er nur drei um sich gehabt. Kam er auf längeren Dienstreisen, in Begleitung seines „Kanzleidieners", durch eine geschichtlich bemerkenswerte Gegend, so unterließ Stephan nie, den Diener an seinem persönlichen Erlebnis der Landschaft teilnehmen zu lassen. Jeder dieser Gehilfen war ein Original, und das liebte Stephan. Tief konnte es den Beobachter rühren, wie sein letzter Diener sich jählings seelisch und körperlich veränderte, als Stephan sich legen mußte, um nicht wieder aufzustehen. Noch wenige Tage zuvor hatte Stephan den Reichstag an Stöcken durchschritten und, auf einem Stuhle ' knieend, an mehreren Tagen den Abgeordneten Rede und Antwort gestanden, um den Posthaushalt zum letzten Male persönlich zu vertreten. Wie in gesunden Tagen, war seine Schlagfertigkeit ungebrochen. Als er sich bald danach einer Operation unterziehen 28
mußte, weil der Brand seinen [Körper zu verzehren begann, häuften sich auf seinem Schreibtisch, neben den sein altes Holzbett längsseits geschoben worden war, die aus allen Schichten des Volkes ihm zuströmenden Briefe der Anteilnahme. Auf einen jeden diktierte er, während er seine Amtsgeschäfte weiter erledigte, die Antwort, von der keine der anderen glich, weil er sich auf die verschiedensten Menschen erstaunlich einzustellen wußte. Einem befreundeten Forstmann, in dessen Revier er einige Male auf den Anstand gegangen war, berichtete er von der Operationswunde: „Es war ein ziemlich schwerer Schuß in die Schale des rechten Hinterlaufs"; einem Schriftsteller schrieb er: „Sie gleicht der Wunde Mercutius, nicht so tief wie ein Brunnen und nicht so weit wie ein Scheunentor, aber sie reicht aus". Auch der alten Wirtin in Ferleiten am Fuße des Großglockners, in deren einfacher Gastwirtschaft er in jüngeren Jahren mehrfach bei Bergtouren Quartier genommen hatte, antwortete er. Sie hatte in ihrem Beileidsbrief Betrachtungen darüber angestellt, wie es die Bergsteiger jetzt so viel leichter hätten als ehedem, und Stephan erwiderte: „Da müssen wir zwei Alten uns wohl bald nach einem anderen Stern umsehen. In den Reiseibüchern stehen immer Gasthöfe mit Sternen. Mich aber interessiert jetzt nur mehr die Frage, ob es auch Sterne mit Gasthöfen gibt." Wenige Tage später wird dem Sterbenskranken ein Bein abgenommen. Als er am nächsten Morgen erwacht, nach Zeitungen und Dienstsachen verlangt und der Arzt meint, er ihabe nun genug geleistet, antwortet er: „Ich weiß kein Verhältnis im Leben und keinen Moment im Dasein des Menschen, wo er sagen könnte, es sei genug getan". Bald jedoch übermannt ihn der Schlaf, sein Zustand wird hoffnungslos. Am 8. April 1897 scheidet er aus dieser Welt. Von allen Nachrufen, die man im In- und Ausland dem Toten widmet, möge einer hier stehen: „Männer wie Heinrich Stephan sind selten. Wußte er doch in seinem Plebejerstolze auch den mächtigsten Faktoren sich entgegenzustemmen, wenn es galt, seiner Überzeugung vom Rechten und Guten in seinem Ressort zum Siege zu verhelfen. 30
Aus allen Lagern ertönt jetzt der Preis seines N a m e n s , u n d auch j e n e , die in dem letzten Jahrzehnt seines Wirkens ihn b e f e h d e t e n , steihen nicht an, nur s e i n e r V o r z ü g e zu gedenken, d i e s e i n e r immerhin gewaltigen Persönlichkeit i n n e g e w ö h n t haben. D i e A n e r k e n n u n g , die Stephans Gedächtnis zuteil wird, ist weder an Längen- noch an Breitengrade gebannt. Aus allen Ländern klingt sein Lob ins Vaterland zurück."
* V o n der E r i n n e r u n g an das, was S t e p h a n nicht nur seiner H e i m a t , sondern der ganzen W e l t g e w e s e n ist, haben die seit s e i n e m T o d e vergangenen m e h r als fünf J a h r z e h n t e vieles in Vergessenheit gebracht, Heinrich S t e p h a n aber gehört zu den W o h l t ä t e r n der Menschheit, die nicht vergessen w e r d e n d ü r f e n . Auch sein Werdegang verdient dieses E r i n n e r n : Ein junger Mann aus k l e i n e n Verhältnissen ohne irgendwelche B e z i e h u n g e n u n d ohne den Vorzug d e r h ö h e r e n Schul-, bildung, bringt es aus e i g e n e r Kraft fertig, sieh in der ganzen W e l t einen N a m e n zu machen; er entwirrt Verhältnisse, die n i e m a n d bis dahin zu meistern v e r s t a n d e n hat, und baut ein Werk auf, das als die erste wahrhaft u n i v e r s e l l e V e r e i n i g u n g der N a t i o n e n bis heute erhalten geblieben ist u n d d i e B e w u n d e r u n g aller verdient.
* Oskar Grosse, der Verfasser dieser kleinen Biographie Heinrich Stephans, war in den Jahren 1891—97 der letzte persönliche Sekretär des „Postmeisters der Welt". Er schrieb den Text, den wir unverändert wiedergeben, kurz vor seinem Tode für die Lux-Lesebogen
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flog der Mond aus der Erderberichtet der »ORION« Der Mona ist ein aymparnscher G e s e l l e ; vielleicht liegt es d a r a n , d a ß er eigentlich ein Stück unserer guten, alten Erde ist. Vor über einer M i l liarde Jahren hat er sich von der mütterlichen Erdheimat gelöst und umkreist seitdem als getreuer f r a b a n ' unseren Planeten. Es muß eine gew a l t i g e kosmische Katastrophe gewesen sein, als ein im Weltenraum herumirrender Körper d i e Erde mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von 190 km in der Sekunde rammte,- d i e Masse des Mondes wurde d a b e i aus dem Panzer der Erde herausgesprengt und w i e eine W e l t r a u m r a k e t e in den Äther hinausgejagt. Der vernarbte „Sprengtrichter" soM — nach dieser interessanten Theorie — der südliche Stille O z e a n sein. De 1 Meeresboden ist h i e r a u f ungeheuren Flächen vertieft, und wesentliche Schichten der Erdrinde sind hier „ a b h a n d e n gekommen". Von aen Forschungsergebnissen der Astronomie, den Schönheiten j n d G e h e i m nissen der Natur und den g r o ß a r t i g e n Leistungen der modernen Technik berichf et in mehrfarbig illustrierten Aufsätzen mit prächtigen Fotos und Kupfertiefdruckbenagen der »ORION« »ORION«,die naturwissenschattlicn-technischeZeitschrift für ledermann erschein: zweimal im Monat, Hettpreis nur 80 Pf. Bestellungen nehmen a l l e guten Buchhandlungen und Postämter e n t g e g e n . Prospekt und Probeheft direkt vom
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