Diss. ETH Nr. 14733
Nicht axialsymmetrische Wellenausbreitung in anisotropen zylindrischen Strukturen
Abhandlung zur E...
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Diss. ETH Nr. 14733
Nicht axialsymmetrische Wellenausbreitung in anisotropen zylindrischen Strukturen
Abhandlung zur Erlangung des Titels Doktor der technischen Wissenschaften der ¨ ssischen technischen Hochschule Zu ¨rich Eidgeno
vorgelegt von Daniel Gsell Dipl. Bau-Ing. ETH geboren am 31. Dezember 1971 von Egnach TG
Angenommen auf Antrag von: Prof. Dr. J¨ urg Dual, Referent Prof. Dr. Paolo Ermanni, Korreferent
Z¨ urich 2002
Dank Diese Arbeit ist w¨ahrend meiner Anstellung als Assistent am Institut f¨ ur mechanische Systeme der ETH Z¨ urich entstanden. Ich bin vielen Personen zum Dank verpflichtet, die wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Im Speziellen danke ich: Prof. Dr. J. Dual, meinem Doktorvater, f¨ ur die Betreuung der Dissertation. Seine n¨ utzlichen Ideen sowie seine kritischen Betrachtungen haben mich zu einer kreativen Auseinandersetzung mit dem Thema angeregt. Die grosse akademische Freiheit sowie die angenehme Atmosph¨are in seiner Gruppe stellten f¨ ur mich ideale Arbeitsbedingungen dar. Prof. Dr. M.B. Sayir, dem Vorsteher des Institutes, f¨ ur die Schaffung der stimulierenden und herausfordernden Forschungsumgebung. ¨ Prof. Dr. P. Ermanni f¨ ur die Ubernahme des Korreferates und die damit verbundene Diskussion sowie die Durchsicht meiner Arbeit. Traude Junker f¨ ur die Bearbeitung der unumg¨anglichen administrativen Hindernisse und Dr. Stephan Kaufmann f¨ ur den Unterhalt der exzellenten Computerumgebung. Tobias Leutenegger als unerm¨ udlichen Diskussionspartner und auch f¨ ur die genaue Durchsicht meiner Arbeit. Mario Clerici f¨ ur die kompetente Unterst¨ utzung bez¨ uglich der Mathematik. Simon Denoth, Markus H¨ausermann, Dieter Profunser, Hans Schuler und Christian Studer f¨ ur deren konstruktive Beitr¨age, welche infolge ihrer Semester- und Diplomarbeiten in die vorliegende Arbeit einflossen. Allen Angeh¨origen des Instituts f¨ ur mechanische Systeme f¨ ur das hervorragende Arbeitsklima und die daraus resultierenden, zahlreichen und fruchtbaren fachlichen Diskussionen. Nicht zuletzt danke ich meinen Eltern und meinen Br¨ udern, ohne deren Unterst¨ utzung diese Arbeit nicht entstanden w¨are. Daniel Gsell Z¨ urich, Juli 2002
Inhaltsverzeichnis Kurzfassung
1
Abstract
3
Liste der Symbole
5
1 Einf¨ uhrung 9 1.1 Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.3 Aufbau und verwendete Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2 Materialparameter und Dispersionsbeziehung 2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Herleitung der Dispersionsbeziehung . . . . . . . . . . . 2.2.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Geometrie und Material . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Theorie zur Herleitung der Dispersionsbeziehung . 2.2.4 Diskussion der Kurven . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Vergleich mit anderen Verfahren . . . . . . . . . . 2.3 Experimentelle Bestimmung der Dispersionskurven . . . 2.3.1 Ausgangslage und Literatur . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Grundideen und Anforderungen . . . . . . . . . . 2.3.3 Eindimensionaler Matrix-Pencil Algorithmus . . . 2.3.4 Sch¨atzen der Signalordnung . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Numerische Untersuchung des Algorithmus . . . . 2.3.6 Quasi 2D Matrix-Pencil . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Inverses Problem: Extraktion der Materialkennwerte . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Einleitung und Anforderung . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Methode der kleinsten Quadrate . . . . . . . . . . 2.4.3 Fehlerfortpflanzung und Ausreisserdetektion . . .
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13 13 14 14 15 19 22 27 28 28 29 31 34 37 40
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44 44 45 47
2.5
2.4.4 Vorgehen am Beispiel der Dispersionskurven . . . . . . . . . . 49 2.4.5 Beispiel mit k¨ unstlichen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3 Numerische Wellenausbreitung 3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Anisotropes Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Analytische Problembeschreibung . . . . . . . 3.2.2 Diskretisierung der Gleichungen . . . . . . . . 3.2.3 Implementierung des Algorithmus . . . . . . . 3.2.4 Numerische Stabilit¨at und Energie . . . . . . 3.2.5 Simulationsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Piezoelement und vollst¨andig simuliertes Experiment 3.3.1 Piezoelektrisches Materialverhalten . . . . . . 3.3.2 Problemrelevante Gleichungen . . . . . . . . . 3.3.3 Numerische Behandlung . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Vollst¨andig simuliertes Experiment . . . . . . 3.3.5 Simulationsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Signalverarbeitung mit numerisch erzeugten Daten . 3.4.1 Rohr ohne Piezoelement . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Rohr mit Piezoelement . . . . . . . . . . . . . 3.5 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 Experimente und Auswertung 4.1 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Experimente versus Simulation . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Kreisrunder Aluminium Stab . . . . . . . . . . . 4.2.2 Anregung des Umfangmodes n = 2 im CFK-Rohr 4.3 Bestimmung der elastischen Eigenschaften . . . . . . . . 4.3.1 Aluminium Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 22.5◦ CFK-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 0◦ CFK-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Ausblick
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59 59 61 61 62 64 64 67 69 70 70 71 72 74 77 78 82 85
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87 87 90 90 93 95 95 97 102 104 107
ii
A Dispersionsbeziehung analytisch 111 A.1 Mathematische Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 A.2 L¨osung mit Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 A.3 Konvergenz des Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 B FDTD versus FEM B.1 L¨angswellen mit FDTD . . . . . B.2 L¨angswellen mit FEM . . . . . B.2.1 Explizite Zeitintegration B.2.2 Implizite Zeitintegration B.3 Vergleich FDTD und FEM . . .
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C Verwendete Material- und Geometriedaten
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117 117 118 118 119 119 121
Literaturverzeichnis
121
Lebenslauf
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iv
Kurzfassung Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der elastischen, gef¨ uhrten Wellenausbreitung in zylindrischen, anisotropen Strukturen in einem Frequenzbereich bis 1 MHz. Als Studienobjekte dienen kohlefaserverst¨arkte Rohre. Das Schwergewicht liegt auf der experimentellen Bestimmung ihrer effektiven linearelastischen Materialeigenschaften. Die zwischen den beiden Mantelfl¨achen des Rohres axial gef¨ uhrten Wellen einer bestimmten Frequenz, weisen Wellenl¨angen auf, welche massgebend von den elastischen Werkstoffparametern beeinflusst werden. Diese Abh¨angigkeit wird im Rahmen dieser Arbeit ausgenutzt, um die richtungsabh¨angigen Steifigkeiten experimentell zu bestimmen, indem das inverse Problem gel¨ost wird. Im Experiment werden die Oberfl¨achenverschiebungen einer sich im Rohr fortpflanzenden mechanischen St¨orung entlang einer Mantellinie mit einem Laserinterferometer gemessen. Die elastischen Wellen werden durch piezoelektrische Elemente erzeugt. Die Extraktion der Dispersionskurven erfolgt mit Hilfe eines zwei dimensionalen Spektralanalyseverfahrens. Dieses basiert in der Zeit auf einer Fourier Transformation zur Extraktion der Frequenz und im Ort auf einem Matrix-Pencil Algorithmus zu Bestimmung der Wellenzahl. Der letztere Algorithmus wurde im Gebiete der Nuclear Magnetic Resonance entwickelt. Zwei unterschiedliche Materialmodelle werden untersucht: • Ein allgemeines, zylindrisch-orthotropes Modell mit neun unabh¨angigen Konstanten. • Ein geschichtetes Modell, bei welchem die einzelnen Schichten als transversalisotrop angenommen werden und eine unterschiedliche Orientierung bez¨ uglich der Rohrachse aufweisen. Wie Sensitivit¨atsuntersuchungen zeigen wird das dispersive Verhalten der Wellen im ersten Modell im wesentlichen durch vier Steifigkeitselemente beeinflusst, w¨ahrend im zweiten Fall nur deren drei involviert sind. Zur theoretischen Beschreibung der Dispersionsbeziehung bedienen wir uns eines numerisch-analytischen Verfahrens, welches auf dem Hamilton’schen Prinzip aufbaut. In tangentialer und axialer Richtung, sowie in der Zeit werden globale, harmo-
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nische Funktionen angesetzt, w¨ahrend das Problem in radialer Richtung diskretisiert und durch Finite Elemente approximiert wird. Dabei werden lineare Verschiebungsans¨atze verwendet. Die L¨osung des inversen Problems erfolgt mit Hilfe der Methode der kleinsten Fehlerquadrate. Minimiert werden die Quadrate der mit den Kofaktormatrizen gewichteten Fehler im Beobachtungsraum. Zus¨atzlich werden diese Residuen benutzt um die vorhandenen Ausreisser zu detektieren und aus dem zu fittenden Datensatz auszuschliessen. Erst dadurch wird ein robuster Optimierungsalgorithmus erreicht. Um die vorgestellte Methode systematisch zu testen und zu validieren, werden k¨ unstlich generierte Daten verwendet. Dazu wird die Wellenausbreitung im Rohr sowie deren piezoelektrische Anregung mit Hilfe der Methode der finiten Differenzen simuliert. Die Validierung des Algorithmus erfolgt anhand von Energiebetrachtungen sowie u ¨ber die Bestimmung der Dispersionskurven und deren Vergleich mit der theoretisch bestimmten Beziehung. Die erzielte hohe Genauigkeit der extrahierten elastischen Materialeigenschaften, aus solchen k¨ unstlich generierten Datens¨atzen, best¨atigt die vorgeschlagene Vorgehensweise. Als Nebenprodukt ist damit ein Werkzeug zur Visualisierung der anisotropen Wellenausbreitung in Rohren entstanden, welches das Verst¨andnis dieser komplexen Ph¨anomene stark f¨ordert. ¨ Zur Uberpr¨ ufung der Simulationsalgorithmen sowie zur Bestimmung elastischer Materialgr¨ossen werden nicht axialsymmetrische Wellenexperimente durchgef¨ uhrt. Die mechanischen St¨orungen werden piezoelektrisch erzeugt und mit Hilfe eines Laserinterferometers detektiert. Vergleiche von Zeitsignalen zwischen dem physikalischen und dem numerischen Experiment best¨atigen die Abbildbarkeit der physi¨ kalischen Ph¨anomene durch eine entsprechende numerische Simulation. Diese Uber¨ einstimmung kann mit Hilfe von Ubertragungsfunktionen best¨atigt werden. Die im verwendeten Frequenzbereich bestimmbaren elastischen Eigenschaften sind in kohlefaserverst¨arkten Rohren erfolgreich extrahiert worden.
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Abstract In this thesis, guided wave propagation in cylindrical, anisotropic structures is studied in a frequency range up to 1 MHz. The investigations are carried out with carbon fibre reinforced tubes. The emphasis is the experimental determination of their effective linear elastic material properties. The wavelengths of axially propagating waves, guided by the two lateral surfaces of the tube, are influenced considerably by the elastic material parameters. In the context of this work, this relation is used in order to determine the different material properties experimentally, by solving the inverse problem. In the experiments the surface displacements of travelling waves are measured along the axis of the tube with a laser interferometer. The elastic waves are generated by piezoelectric elements. The extraction of the dispersion curves is achieved by two dimensional spectrum analysis. The procedure is based on a Fourier transformation in time and on a Matrix-Pencil algorithm in space domain in order to decompose the wave numbers. It was developed in the areas of Nuclear Magnetic Resonance. Two different material models are examined: • A general, cylindrically orthotropic model based on nine independent constants. • A laminated model, whereby the individual layers are assumed as transversely isotropic with different orientation with respect to the axis of the tube. A sensitivity investigation shows that in the first model only four stiffness elements have a substantial influence on the dispersive behavior of the waves, while in the second case only three of them are involved. For the theoretical description of the dispersion relation we avail ourselves of a numerical-analytical procedure, which is based on Hamilton’s principle. In time, tangential, and axial direction, global trigonometric functions are used, while the problem is discretized in radial direction and the solution is approximated by finite elements. Linear displacement functions are incorporated in these elements. The solution of the inverse problem is done by the method of total least squares. The squares of the errors in the observation space, weighted with the cofactor matrices, are minimized. To obtain a robust optimization algorithm with respect to
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outliers in the input data, the residues are used to classify the data points into inand outliers. Therefore outliers can be excluded from the input data. In order to test and validate the presented method systematically, artificially generated data are used. Therefore, the wave propagation in the tube, as well as the piezoelectric excitation are simulated with the finite-difference method in time domain. The validation of the algorithm is based on the observation of the total mechanical energy as well as the determination of dispersion curves and their comparison with the theoretically determined relation. High accuracy in the extracted linear elastic material properties, obtained by analyzing such artificially generated data, confirms the suggested methodology. As a by-product the developed tool can be used for the visualization of the wave propagation in anisotropic tubes and contributes to the understanding of these complex phenomena. To verify the simulation algorithms as well as for the determination of elastic material parameters non axisymmetric wave experiments are performed. The mechanical disturbances are excited piezoelectrically and are detected by a laser interferometer. The comparisons of time signals between the physical and the numerical experiments, validates the capability of the simulation algorithm to describe the physics appropriately. This can also be shown by comparing transfer functions instead. The determinable elastic properties of the analyzed carbon fibre reinforced tubes can be extracted successfully in the used frequency range.
4
Liste der Symbole
A b c Cg Cp C CE dh D e e ei E E E f f ˆ f G G(ω) h i I j J
Querschnittsfl¨ache Amplitude der Exponentialfunktion Wellengeschwindigkeit Gruppengeschwindigkeit Phasengeschwindigkeit elastischer Materialtensor elastischer Materialtensor bei konstantem elektrischen Feld Elementdicke dielektrischer Verschiebungsstrom piezoelektrischer Tensor dritter Stufe Residuen im Beobachtungsraum Einheitsvektor totale elastische Energie Elastizit¨atsmodul elektrisches Feld Frequenz ¨ausserer Lastvektor effektiver ¨ausserer Lastvektor Schubmodul ¨ Ubertragungsfunktion Schalendicke imagin¨are Einheit Einheitsmatrix Index axial Anzahl Messpunkte axial
5
k K ˆ K Kl l ˜l L M M Ml n N P Q r R Ra Ri Ro u ur uϕ uz s t T T w w x X y Y z
Wellenzahl globale Steifigkeitsmatrix effektive Steifigkeitsmatrix lokale Steifigkeitsmatrix ungest¨orte Beobachtungen Beobachtungen L¨ange des Rohres Anzahl Wellenmoden globale Massenmatrix lokale Massenmatrix ganzzahlige Umfangswellenzahl Anzahl Messpunkte Pencil-Parameter Kofaktor Matrix radiale Koordinate Rotationsmatrix Aussenradius Innenradius Radius der Mittelfl¨ache Verschiebungsvektor radiale Verschiebung tangentiale Verschiebung axiale Verschiebung Signalpol Zeit Pulsl¨ange statistische Testvariabel Residuen im Funktionenraum Rauschen reiner Datenvektor reine Datenmatrix verrauschter Datenvektor verrauschte Datenmatrix axiale Koordinate
6
α α0−4 δ ∆ ∆K ∆U ij ε θ λ λ λ µ ν ν ξ ζ ρ σ σij Σ Σ ϕ Φ Φ ω Ω L
Rotationswinkel Integrationsparameter normierte Wellenzahl diskreter Schritt kinetische Energie einer Zelle potentielle Energie einer Zelle mechanische Dehnung dielektrischer Permittivit¨atstensor bei konstanter Dehnung Phase mechanische Wellenl¨ange Lam´e Konstante Lagrange Multiplikator Schubmodul Querkontraktionszahl Freiheitsgrad normierte radiale Koordinate lokale Elementkoordinate Dichte Varianz mechanische Spannung Singul¨arwert Kovarianz Matrix tangentiale Koordinate elektrisches Potential Lagrange Funktionen Kreisfrequenz normierte Kreisfrequenz Operatormatrix
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arg( ) eig( ) Im( ) ln( ) Re( ) M |·| M MT MH M−1 M+
Argument einer Funktion Eigenwerte Imagin¨arteil nat¨ urlicher Logarithmus Realteil Unterraum einer Matrix Absolutbetrag einer komplexen Zahl Vektor- bzw. Matrixnorm transponiert konjugiert-komplex transponiert Inverse Pseudoinverse
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Kapitel 1 Einf¨ uhrung 1.1
Ausgangslage
Am Zentrum f¨ ur Mechanik des Institutes f¨ ur mechanische Systeme der ETH Z¨ urich wurden in den letzten Jahren zwei grundlegende Arbeiten zum Thema Wellenausbreitung in zylindrischen Strukturen durchgef¨ uhrt. Die vorliegende Arbeit soll auf diesen Erkenntnissen aufbauen und sie konsequent weiter entwickeln. Die Dissertation von Dual [Dua88] beschreibt in ihrem ersten Teil die experimentelle Untersuchung der ersten beiden axialsymmetrischen Wellenmoden in gewickelten, faserverst¨arkten Rohren. Die Moden wurden selektiv angeregt und das dispersive Verhalten der beiden Eigenformen wurde mit Hilfe eines Laserinterferometers gemessen. Durch den Vergleich der Messdaten mit einer asymptotischen Theorie und derjenigen von Shul’ga [Shu74], zur analytischen Bestimmung der Dispersionskurven, konnten einige linearelastische Konstanten des effektiven Materialverhaltens bestimmt werden. Vollmanns Doktorarbeit [Vol96] befasst sich mit der axialsymmetrischen Wellenausbreitung in fluidgef¨ ullten Zylinderschalen und in transversalisotropen St¨aben mit Kreisquerschnitt. Zur Bestimmung der Dispersionskurven wurden die gemessenen Zeitreihen, nach der Transformation in den Frequenzbereich, mit dem aus dem Gebiete der Nuclear Magnetic Resonance bekannten Linear Prediction Algorithmus [TK82] verarbeitet. Der Vorteil dieses Vorgehens liegt vor allem darin, dass die Extraktion der Dispersionsbeziehungen von mehreren sich simultan ausbreitenden Wellenmoden in einem breiten Frequenzband m¨oglich ist.
1.2
Ziel der Arbeit
Das u ¨bergeordnete Ziel der Arbeit ist die Bestimmung der linearen effektiven elastischen Materialeigenschaften von faserverst¨arkten Rohren. Die Parameter sollen
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simultan aus den Messdaten eines Experimentes extrahiert werden. Dabei sollen die dispersiven Eigenschaften der gef¨ uhrten mechanischen Wellen ausgenutzt werden. Das am Institut f¨ ur mechanische Systeme vorhandene theoretische Wissen u ¨ber das Dispersionsverhalten soll speziell im Hinblick auf die Ausbreitung nicht axialsymmetrischer Wellenmoden weiterentwickelt werden. Auf der Seite der experimentell zu bestimmenden Dispersionskurven ist vor allem dem Signalverarbeitungsalgorithmus Beachtung zu schenken. Einerseits ist ein Kriterium n¨otig, welches eine fundierte Sch¨atzung der Anzahl sich gleichzeitig ausbreitender Wellenmoden in einem Signal erlaubt. Die bis jetzt verwendete intuitive Methode f¨ uhrt zu einem interaktiven Algorithmus, was nicht optimal ist. Andererseits soll der sehr grosse Zeitaufwand, welcher zur Verarbeitung der Daten ben¨otigt wird, erheblich reduziert werden. Zur L¨osung des inversen Problems, das heisst zur Bestimmung der elastischen Gr¨ossen aus dem gemessenen Dispersionskurven, soll ein entsprechender Optimierungsalgorithmus entwickelt werden. Dadurch wird erreicht, dass auf eine manuelle Bestimmung der elastischen Parameter verzichtet werden kann. Da die verwendete Signalverarbeitung a¨usserst komplex ist, m¨ ussen die Algorithmen systematisch getestet werden. Dazu soll ein Werkzeug entwickelt werden, welches die numerische Simulation des mechanischen Teils des gesamten Experimentes erlaubt und durch die damit generierten k¨ unstlichen Daten eine systematische Analyse erm¨oglicht.
1.3
Aufbau und verwendete Methoden
Die Arbeit besteht aus drei Hauptkapiteln: • theoretische Grundlagen der verwendeten Algorithmen • numerischer Simulationsalgorithmus • Experimente und deren Auswertung Der erste Teil behandelt alle zur Bestimmung der Materialeigenschaften n¨otigen Theorien. Im ersten Unterkapitel wird ein numerisch analytisches Modell zur theoretischen Behandlung der Dispersion von gef¨ uhrten elastischen Wellen in Rohren vorgestellt. Das folgende Unterkapitel behandelt den Matrix-Pencil Algorithmus, ein Signalverarbeitungswerkzeug, welches die Extraktion der Dispersionskurven aus gemessenen Zeitreihen erm¨oglicht. Danach wird das inverse Problem gel¨ost. Dazu bedienen wir uns der Methode der kleinsten Quadrate. Zu Beginn der einzelnen Un¨ terkapiteln wird jeweils ein kurzer Uberblick u ¨ber den aktuellen Stand der Forschung des jeweiligen Themas gegeben.
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Im zweiten Teil der Arbeit wird die numerische Simulation von Wellenph¨anomenen in anisotropen Rohren behandelt. Der Algorithmus basiert auf der Methode der finiten Differenzen. Um das Experiment vollst¨andig numerisch zu beschreiben, wird auch die piezoelektrische Anregung simuliert. Im letzten Unterkapitel werden aus der Simulation gewonnene Daten mit den im ersten Teil vorgestellten Verfahren ¨ aufbereitet. Dies dient vor allem der Uberpr¨ ufung dieser komplexen Methode zur Bestimmung der elastischen Materialdaten. Der letzte Teil bezieht sich auf die durchgef¨ uhrten Experimente. Neben der Beschreibung des Messaufbaues, wird auch die Auswertung der Messresultate in Form von gewonnenen Materialkennwerten vorgestellt.
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Kapitel 2 Materialparameter und Dispersionsbeziehung 2.1
Einleitung
Elastische Materialeigenschaften sind fundamentale Gr¨ossen in den Ingenieurwissenschaften. Ihre Kenntnis ist zum Beispiel n¨otig, um das Verhalten einer Struktur gegen¨ uber externen Lasten vorauszusagen oder auch um die dynamisch wichtige Gr¨osse der Resonanzfrequenz zu bestimmen. Die experimentelle Bestimmung dieser Parameter ist speziell im anisotropen Fall ein komplexes Vorhaben. Historisch betrachtet wurden zuerst die Eigenschaften von isotropen Materialien, das heisst der Elastizit¨atsmodul im Zugversuch und der Schubmodul im Torsionsversuch bestimmt. Dazu wurde einerseits die aufgebrachte Kraft und die zugeh¨orige Dehnung respektive das Torsionsmoment und die entsprechende Verdrehung des Querschnitts gemessen. Durch die L¨osung des einfachen inversen Problems kann die gesuchte Eigenschaft bestimmt werden. Im anisotropen Fall hat sich die W¨ urfelschnitt-Methode, als zerst¨orendes Verfahren, etabliert. Dazu werden quaderf¨ormige Proben unterschiedlicher r¨aumlicher Orientierung aus dem zu untersuchenden Material geschnitten, die anschliessend analog zum Zugversuch statisch oder dynamisch getestet werden [Ros99]. Auf der Seite der zerst¨orungsfreien Pr¨ ufung k¨onnen mechanische Wellen verwendet werden [Dit94]. Wird der harmonische ebene Wellenansatz in die Bewegungsdifferentialgleichungen in kartesischen Koordinaten eingesetzt, entstehen die sogenannten Christoffel Gleichungen. Durch Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeiten in verschiedenen Richtungen k¨onnen, durch die L¨osung der erw¨ahnten Beziehungen, die einzelnen elastischen Materialparameter bestimmt werden. Auch diese Vorgehensweise bedingt unterschiedliche Proben, deren Geometrien in Bezug auf die Hauptrichtungen der Anisotropie verschieden orientiert sind. Durch geschickte Wahl
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der Proben und einer bestimmten Anzahl Experimente lassen sich alle Materialkonstanten messen. Anzumerken bleibt, dass im Falle von zylindrischen Strukturen und im speziellen von zylindrisch-orthotropem Werkstoffverhalten, das Problem, durch die Kr¨ ummung bedingt, stark erschwert wird. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Ansatz verfolgt, welcher mit gef¨ uhrten elastischen Wellen arbeitet und ohne spezielle Bearbeitung der Proben die Bestimmung der elastischen Gr¨ossen in zylindrischen Strukturen erm¨oglichen soll. Dazu wird der dispersive Charakter der Wellen ausgenutzt. Das heisst die Beziehung zwischen der Frequenz und der Wellenzahl mit der sich eine mechanische St¨orung in einer Struktur fortpflanzt. Die Dispersionsbeziehung ist durch deren geometrische Gr¨osse und die Materialeigenschaften bestimmt. Im Experiment werden die Dispersionskurven gemessen, indem in einem breiten Frequenzband Oberfl¨achenverschiebungen gegen¨ uber der Zeit aufgezeichnet und die gewonnenen Daten entsprechend verarbeitet werden. Auf diese experimentellen Daten wird ein analytisches Modell gefittet, welches dieses Verhalten hinreichend genau beschreibt. Dazu werden die unbekannten Materialeigenschaften optimal, im Sinne der kleinsten Fehlerquadrate, angepasst. Die notwendigen Werkzeuge werden im vorliegenden Kapitel hergeleitet und getestet.
2.2 2.2.1
Herleitung der Dispersionsbeziehung Literatur
Die exakten dreidimensionalen Gleichungen zur Beschreibung der longitudinalen, gef¨ uhrten elastischen Wellenausbreitung in unendlich langen, kreiszylindrischen, isotropen St¨aben wurde zuerst von Pochhammer [Poc76] und Chree [Chr86] im axialsymmetrischen Fall studiert. Ghosh [Gho23] hat diese Theorie auf Rohre erweitert, jedoch ohne eine numerische Auswertung oder eine entsprechende Diskussion anzuf¨ uhren. Herrmann und Mirsky [HM56] haben dann die numerischen Resultate der exakten dreidimensionalen Theorie im axialsymmetrischen Fall nachgeliefert und mit unterschiedlichen Schalentheorien verglichen. Gazis [Gaz59a, Gaz59b] hat die Dispersionsbeziehung des Rohres im allgemeinsten, nicht axialsymmetrischen Fall theoretisch hergeleitet und anschliessend f¨ ur verschiedene Parameterkombinationen numerisch ausgewertet. Die L¨osung dieser Probleme ist im Falle der exakten physikalischen Behandlung numerisch heikel und rechenintensiv, da transzendente Gleichungen mit Bessel Funktionen verschiedenster Art und Ordnung involviert sind. Die gef¨ uhrte Wellenausbreitung in anisotropen kreiszylindrischen Strukturen ist zuerst f¨ ur den Spezialfall der zylindrischen Orthotropie gel¨ost worden, wobei die Hauptachsen der Anisotropie mit den Koordinatenachsen des zylindrischen Koordinatensystems u ¨bereinstimmen. Mirsky [Mir64] hat die Dispersionsbeziehung im axialsymmetrischen Fall hergeleitet und auch numerisch ausgewertet. Dazu wird eine
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Frobenius Reihe in der radialen Koordinatenrichtung als Ansatzfunktion verwendet. Kurze Zeit sp¨ater [Mir65a, Mir65b] wurde die geschlossene analytische L¨osung f¨ ur den Fall der Transversalisotropie f¨ ur nicht axialsymmetrische Wellen publiziert. Der L¨osungsansatz basiert auf der Verwendung der Helmholtz Potentiale. Dieselbe Theorie und die numerischen Resultate f¨ ur den axialsymmetrischen, orthotropen Fall ver¨offentlichte auch Shul’ga [Shu74]. Sp¨ater wurde diese Theorie von Ramskaya et al. [RS83a, RS83b] auf den nicht axialsymmetrischen Fall ausgedehnt. Diese Theorie basiert auf demselben Reihenansatz, wie ihn schon Mirsky und auch Armenakas et al. [AR73] sowie Chou et al. [CA72] verwendete. Dieser L¨osungsweg wurde von Yuan und Hsieh [YH98] auf das noch allgemeinere monokline Materialverhalten angewendet. Da keine geschlossene analytische L¨osung f¨ ur das anisotrope, nicht axialsymmetrische Problem gefunden wurde, sind nach und nach auch halb analytische Verfahren entwickelt worden. Dabei werden f¨ ur die Verschiebung in der radialen Richtung nicht globale Funktionen angesetzt, sondern diese Algorithmen diskretisieren das Problem in dieser Richtung. In den einzelnen Elementen kommen einfache lokale Ans¨atze zur Anwendung. Nelson [NDK71] pr¨asentierte einen solchen numerischanalytischen Algorithmus, welcher die Behandlung beliebiger geschichteter Rohre erlaubt. In der radialen Richtung werden quadratische Interpolationspolynome gew¨ahlt. Rattanawangcharoen et al. [RSD92] haben diesen Algorithmus, der nur die Verschiebungskomponenten behandelt, auf ein hybrides Modell erweitert, welches auch die mechanischen Spannungen enth¨alt. Der Vorteil an diesem Verfahren liegt vor allem in der einfacheren Behandlung der Spannungs¨ ubergangsbedingungen zwischen den unterschiedlichen Lagen geschichteter Strukturen.
2.2.2
Geometrie und Material
Aufgrund der Geometrie wird ein zylindrisches Koordinatensystem (r, ϕ, z) als Basis gew¨ahlt (Abb. 2.1). Die drei Verschiebungskomponenten werden entsprechend mit ur , uϕ und uz bezeichnet. Der innere Radius Ri und der ¨aussere Radius Ra , beziehungsweise die daraus resultierende Schalendicke h sind die einzigen geometrischen Gr¨ossen, welche den dispersiven Charakter des Rohres beeinflussen. Im Folgenden werden keine Einschr¨ankungen in Bezug auf das Verh¨altnis Schalendicke zu Radius getroffen. Eine volle dreidimensionale, lineare Theorie wird entwickelt. Die Rohre werden als unendlich lang angenommen. Dies bedingt, dass Reflexionen an den Rohrenden nicht behandelt werden m¨ ussen. Die Verschiebungen der Struktur u(r, ϕ, z, t) sollen viel kleiner sein als deren kleinste Dimension. Unter dieser Voraussetzung darf
15
z
r
R a Ri
z
r,e , 1 α
ϕ
h
e3
e2
Abbildung 2.1: Geometrische Gr¨ossen der faserverst¨arkten Rohre und das verwendete zylindrische Koordinatensystem. Die Aussparung zeigt den Faserverlauf von zwei u ¨bereinander liegenden Schichten. mit linearen kinematischen Relationen (Gl. 2.1) gearbeitet werden
rr ϕϕ zz ϕz rz rϕ
∂ ∂r 1 r
0 = 0 1∂ 2 ∂z
1 ∂ 2r ∂ϕ
0 1 ∂ r ∂ϕ
0 1 ∂ 2 ∂z 1 ∂ 2 ∂r
0 −
1 2r
0 0 ur ∂ ∂z uϕ 1 ∂ 2r ∂ϕ uz 1 ∂ 2 ∂r 0
(2.1)
wobei die Operatormatrix, welche die partiellen Ableitungen im Ort enth¨alt, mit L bezeichnet wird. Die zu untersuchenden, gewickelten, faserverst¨arkten Kunststoffrohre wurden von der Firma CellPack in Wohlen (AG) hergestellt. Definitionsgem¨ass ist dieser Werkstoff inhomogen. In diesem Fall ein Gemisch aus zwei Materialien mit je eigenen mechanischen Eigenschaften: Kohlefasern (HS-Typ) eingebettet in eine Epoxid (R31) Matrix. Die Rohre sind u ¨ber die Schalendicke aus 15 faserverst¨arkten Schichten aufgebaut. Jede dieser Schichten besteht aus Filamenten die jeweils 12000 Fasern enthalten. Die Schichten, beziehungsweise deren Fasern schliessen zur Achse z des Rohres alternierend einen Winkel von ±α ein (Abb. 2.1). Wird das Material als homogenisiert betrachtet, weist eine einzelne solche Schicht in Faserrichtung ein
16
transversal isotropes mechanisches Verhalten auf. Dieses kann durch f¨ unf unabh¨angige elastische Konstanten beschrieben werden. Dadurch nimmt der Materialtensor 4. Stufe, als Matrix C geschrieben, die Form von Gl. 2.2 an, wobei e3 der Faserrichtung und e1 der radialen Richtung entspricht. C11 C12 C13 0 0 0 C12 C11 C13 0 0 0 C13 C13 C33 0 0 0 C= (2.2) 0 0 0 0 C44 0 0 0 0 0 0 C44 1 0 0 0 0 0 2 (C11 − C12 ) Die Tensorindizes wurden dabei wie folgt zusammengezogen: 11 22 33 23 13 12 1 2 3 4 5 6 Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschliesslich die Steifigkeitselemente Cij verwendet und nicht die in den Ingenieurwissenschaften gebr¨auchlichen Elastizit¨atsund Schubmoduln (E und G) sowie die Querkontraktionszahlen (ν). Der Grund liegt in den stark unterschiedlichen Gr¨ossenordnungen innerhalb dieser Parameter, was vor allem im Hinblick auf den ben¨otigten Optimierungsprozess zu numerischen Problemen f¨ uhren kann. Wird der Materialtensor einer solchen Schicht um einen Winkel α um die Richtung e1 auf das (r, ϕ, z)-Koordinatensystem gedreht, berechnen sich die entsprechenden Steifigkeitselemente nach Gl. 2.3. C (α)ijkl = Rim · Rjn · Rkp · Rlq · Cmnpq wobei R die Rotationsmatrix darstellt 1 0 0 R = 0 cos α sin α 0 − sin α cos α Dadurch erh¨alt die Materialmatrix C11 C12 C13 C(α) = C14 0 0
monokline Form (Gl. 2.5) C12 C13 C14 0 0 C22 C23 C24 0 0 C23 C33 C34 0 0 C24 C34 C44 0 0 C56 0 0 0 C55 0 0 0 C56 C66
17
(2.3)
(2.4)
(2.5)
Die neu entstandenen Matrixelemente C14 , C24 und C34 , beschreiben die Kopplung zwischen der Schubverzerrung ϕz und den Normalspannungen σii . Das Steifigkeits bewirkt eine Kopplung zwischen der Schubverzerrung rϕ und der Schubelement C56 spannung σrz . Durch den alternierenden Aufbau vieler ±α-Schichten der Struktur heben sich diese Kopplungsterme, in einer ersten Approximation gegenseitig auf [Dua88], da sie ungerade trigonometrische Funktionen des Drehwinkel α sind. Die restlichen Elemente der gedrehten Materialmatrix sind gerade Funktionen des Rotationswinkels α und somit gleich gross. Dadurch kann das effektive Materialverhalten durch ein globales, zylindrisch-orthotropes Modell (Gl. 2.6) beschrieben werden.
σrr σϕϕ σzz σϕz σrz σrϕ
C12 C13 0 0 0 C11 C12 C23 0 0 0 C22 C13 C23 C 0 0 0 33 = 0 0 0 0 0 C44 0 0 0 0 C55 0 0 0 0 0 0 C66
rr ϕϕ zz 2ϕz 2rz 2rϕ
(2.6)
Das Materialverhalten wird in dieser Betrachtungsweise nicht wie im orthotropen Fall durch neun unabh¨angige Eigenschaften bestimmt, sondern nur durch die f¨ unf, welche das Verhalten einer einzelnen Schicht beschreiben. Parallel dazu wird immer auch das allgemeine zylindrisch-orthotrope Verhalten untersucht.
h
dϕf
∅f drs
Abbildung 2.2: Faserverst¨arktes Material und dessen charakteristische Gr¨ossen
18
Vom dynamischen Standpunkt betrachtet, muss die obige Annahme zum Materialverhalten weiter eingeschr¨ankt werden. Die Tatsache, dass sich faserverst¨arkter Kunststoff wie ein homogenes, anisotropes Material verh¨alt, muss in einem engen Zusammenhang mit lokalen Strukturresonanzen gebracht werden, welche durch die Mikrostruktur des Werkstoffes bedingt sind. Somit muss die h¨ochste betrachtete Frequenz deutlich unter der tiefsten lokalen Resonanzfrequenz liegen. Anschaulicher formuliert: die kleinste auftretenden Wellenl¨ange muss deutlich gr¨osser sein als die charakteristischen Gr¨ossen der Mikrostruktur des Materials (Abb. 2.2): Abstand der Schichten drs λmin r · dϕf Abstand der Fasern ∅f Faserdurchmesser Werden diese Voraussetzungen verletzt, k¨onnen die Wellenph¨anomene nicht mehr mit gemittelten, effektiven Modulen beschrieben werden. In solchen F¨allen u ¨berwiegt, je nach Resonanzph¨anomen, der Einfluss einer Komponente. In der vorliegenden Arbeit wird der Frequenzbereich derart begrenzt, dass obige Voraussetzungen immer erf¨ ullt sind. Da sich diese Arbeit mit der Bestimmung der elastischen Werkstoffeigenschaften befasst, wird keine Materiald¨ampfung eingef¨ uhrt. Isothermes Materialverhalten wird somit vorausgesetzt.
2.2.3
Theorie zur Herleitung der Dispersionsbeziehung
Ausgegangen wird vom Variationsprinzip der elastischen Energien (Gl. 2.7) nach Hamilton, welches auch der Methode der Finiten Elemente zu Grunde liegt. 1 2
1 δ · C · dV + 2
B
δu · ρ · u ¨ dV −
T
δuT · t0 dA = 0
T
B
(2.7)
∂Bτ
∀ δu mit δu = 0 auf ∂B0 Im allgemeinen Fall wird dieses Prinzip auf einen K¨orper B (Abb. 2.3) angewendet, welcher durch die Dichte ρ und die elastischen Eigenschaften C beschrieben wird. Zus¨atzlich m¨ ussen mechanische (Oberfl¨achenspannungen to ) und geometrische (Oberfl¨achenverschiebungen u0 ) Randbedingungen auf ∂Bτ beziehungsweise auf ∂B0 erf¨ ullt werden. Im Falle des unendlich langen Rohres kann der Integrationsbereich in der Richtung z, wegen der Periodizit¨at des Verschiebungsfeldes, auf eine Wellenl¨ange beschr¨ankt werden. Ber¨ ucksichtigt man zus¨atzlich die spannungsfreien R¨ander an der inneren und a¨usseren Mantelfl¨ache, Gl. 2.8 σrj = 0 mit j = r, ϕ, z
19
(2.8)
t0
∂B τ
B ∂B0
u0
Abbildung 2.3: Allgemeiner Integrationsbereich B mit dessen mechanischen und kinematischen Randbedingungen und setzt die kinematischen Relationen Gl. 2.1 ein, kann Gl. 2.7 wie folgt geschrieben werden
Ra
Ri
0
2π
λ T T T ∂u · L · C · L · u + ∂u · ρ · u ¨ dr rdϕ dz = 0
(2.9)
0
Werden nur harmonische Wellen betrachtet, welche sich in Richtung der Zylinderachse fortpflanzen, kann f¨ ur die L¨osung des Verschiebungsfeldes ein analytischer Ansatz gemacht werden. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass diese Funktionen die Bewegungsdifferentialgleichungen des Problems Gl. A.1 erf¨ ullen. Die in Gl. 2.10 gezeigten harmonischen Funktionen werden als L¨osungsans¨atze verwendet. ur (r, ϕ, z, t) = uˆr (r) cos (nϕ) cos (ωt + kz) uϕ (r, ϕ, z, t) = uˆϕ (r) sin (nϕ) cos (ωt + kz) uz (r, ϕ, z, t) = uˆz (r) cos (nϕ) sin (ωt + kz)
(2.10)
wobei n die ganzzahlige Umfangswellenzahl, k die axiale Wellenzahl und ω die Kreisfrequenz darstellt. Durch die analytischen Ans¨atze in den Richtungen ϕ, z und in der Zeit t reduziert sich das Problem auf ein eindimensionales in der Variabel r. Da nur im isotropen Fall eine geschlossene analytische L¨osung gefunden werden kann, wird hier die Struktur in der radialen Richtung diskretisiert. Wie Abb. 2.4 zeigt wird die Schalendicke h in m Elemente der Dicke dh unterteilt. Innerhalb dieser Elemente werden Ansatzfunktionen gew¨ahlt. Im einfachsten Fall sind das lineare Funktionen in der lokalen Elementkoordinate ζ. F¨ ur das erste Element schreiben sich die Ans¨atze wie folgt
20
m uˆ m-1 uˆ
dh
uˆ 1 r
ϕ
ζ
z
uˆ 0
1
Ri
Ra
Abbildung 2.4: In der radialen Richtung r wird die Schale in m diskrete Elemente der Dicke dh unterteilt. Innerhalb dieser Elemente wird ein linearer Verschiebungsansatz angenommen.
ζ1 0 0 1 − dh uˆr (ζ1 ) ζ1 uˆϕ (ζ1 ) = 0 1 − dh 0 ζ1 uˆz (ζ1 ) 0 0 1 − dh
ζ1 dh
0 0
0 ζ1 dh
0
0 0 ζ1 dh
uˆ0r uˆ0ϕ uˆ0z uˆ1r uˆ1ϕ uˆ1z
(2.11)
Alternativ k¨onnen auch Elemente h¨oherer Ordnung, zum Beispiel quadratische oder kubische, verwendet werden. Durch die h¨ohere Potenz von ζ entstehen, bei einer zunehmenden Verkleinerung von dh, immer gr¨ossere Unterschiede zwischen den einzelnen Summanden. Der Algorithmus verh¨alt sich aufgrund der endlichen Rechengenauigkeit zusehends numerisch instabil. Bedingt durch diese Instabilit¨at werden im Folgenden nur noch Elemente erster Ordnung verwendet. Setzt man die L¨osungsans¨atze 2.10 und 2.11 in Gl. 2.9 ein und integriert in r u ¨ber die Dicke dh eines Elementes, so resultiert aus dem Ausdruck f¨ ur die potentielle Energie die lokale Elementsteifigkeitsmatrix Kl und aus der kinetischen Energie die loka¨ber die le Elementmassenmatrix Ml . Werden nun die einzelnen Elementmatrizen u Schalendicke assembliert, entsteht die globale Steifigkeitsmatrix K beziehungsweise die globale Massenmatrix M. Aus der Gleichung 2.9 resultiert das generalisierte Eigenwertproblem Gl. 2.12 2 ˆ=0 (2.12) K−ω ·M u Daraus l¨asst sich das Frequenzspektrum berechnen. F¨ ur eine vorgegebene Wellenzahl k werden die beiden Matrizen K und M aufgestellt. Die Eigenwerte des gene-
21
ralisierten Eigenwertproblemes Gl. 2.12 entsprechen dem Quadrat der zugeh¨origen Eigenkreisfrequenzen und die Eigenvektoren den normierten Knotenverschiebungsvektoren. Durch die Unterteilung in diskrete Elemente in Richtung r, kann die Dispersionsbeziehung auch f¨ ur geschichtete Rohre berechnet werden. Den einzelnen Elementen werden der jeweiligen Schicht entsprechend Materialeigenschaften zugeordnet. Die ¨ Ubergangsbedingungen der Verschiebungen zwischen den Schichten werden durch den Algorithmus bedingt automatisch erf¨ ullt. Die Spannungsbedingungen k¨onnen durch die Wahl von kleinen Elementen nur ann¨ahernd erf¨ ullt werden. Durch die Wahl von Elementen h¨oherer Ordnung k¨onnten auch diese Bedingungen ber¨ ucksichtigt werden, dies aufgrund des h¨oheren Freiheitsgrades dieser Elemente. Wie schon oben erw¨ahnt, handelt man sich dadurch numerische Probleme ein, weshalb wir uns auf hinreichend kleine Elemente beschr¨anken.
2.2.4
Diskussion der Kurven
Isotropes Rohr Die gef¨ uhrte Wellenausbreitung in Richtung der Rohrachse wird am Beispiel des isotropen Aluminium Rohres behandelt. Die Materialeigenschaften sind mit λ = 5.25 · 1010 N/m2 , µ = 2.70 · 1010 N/m2 und ρ = 2700 kg/m3 gegeben. Die geometrischen Gr¨ossen betragen Ri = 0.013 m und Ra = 0.015 m. In Abb. 2.5 - 2.8 sind die Dispersionskurven f¨ ur die Umfangswellenzahlen n = 0 . . . 4 in den drei gebr¨auchlichsten Darstellungsarten abgebildet. In Abb. 2.5 ist das Frequenzspektrum dargestellt. Die Beziehung zwischen zeitlicher und o¨rtlicher Frequenz (Wellenzahl) ω = f (k) wird durch eine Kurvenschar abgebildet. Eine 2000
Frequenz[kHz]
)
-4,8
L(0,5)
1600
F(1
F(1-4,7)
T(0,3) L(0,4)
F(1-4,6)
1200 )
-4,5
L(0,3)
800
T(0,2)
F(1
3)
F(1-4,4)
4, (1-
F ,2)
0 L(
400 0
0
1000
,1) T(0 ,1) ( L0
) -4,2 F(1 ) -4,1 F(1
2000
Wellenzahl[rad/m]
3000
4000
Abbildung 2.5: Frequenzspektrum in einem isotropen Aluminium Rohr. Abgebildet sind die Umfangsmoden n = 0 . . . 4. Die dargestellten Kurven entsprechen den Torsions-, den L¨angs- und den Biegemoden.
22
Phasengeschwindigkeit[km/s]
10
L(0,4)
L(0,3) T(0,2)
8
F(1-4,5)
T(0,3) F(1-4,6)
F(1-4,7)
F(1-4,4) F(1-4,3)
6 L(0,2)
4
F(1-4,2) T(0,1) L(0,1)
2 0
0
F(1-4,1)
400
800
1200
1600
2000
Frequenz[kHz]
Abbildung 2.6: Phasengeschwindigkeits-Dispersionsdiagramm in einem isotropen Aluminium Rohr. Abgebildet sind die Umfangsmoden n = 0 . . . 4 und deren in der Literatur u ¨bliche Bezeichnung. einzelne dieser Kurven wird als Wellenmode bezeichnet. Das Phasengeschwindigkeits-Dispersionsdiagramm ist in Abb. 2.6 zu sehen, wo¨ [Gra91, bei die Phasengeschwindigkeit gegeben ist als cp = ω/k. Ublicherweise Ros99, Mei61] werden die einzelnen Wellenmoden mit Namen versehen. Man unterscheidet dabei drei unterschiedliche Wellentypen: • L(0, m)
Longitudinale Moden
• T (0, m)
Torsionsmoden
• F (n, m)
nicht axialsymmetrische Moden (flexural )
Wobei die Umfangsordnung mit n = 1, 2, 3, . . . und der Mode mit m = 1, 2, 3, . . . bezeichnet wird. Die Verschiebungsfelder der Longitudinal- und der Torsionsmoden sind axialsymmetrisch. Der Partikelverschiebungsvektor liegt in der (r, z)- beziehungsweise in der ϕ-Richtung. Der eigentliche Biegemode wird mit F (1, 1) bezeichnet. Die Verschiebungsvektoren der nicht axialsymmetrischen Moden liegen im dreidimensionalen (r, ϕ, z)-Raum. ¨ In gewissen Bereichen der Dispersionsdiagramme scheinen die einzelnen Aste der nicht axialsymmetrischen Moden mit identischen Umfangswellenzahlen sich zu ¨ kreuzen. Bei n¨aherer Betrachtung stellt man jedoch fest, dass keine Uberschneidung stattfindet. Unmittelbar vor einer m¨oglichen Kreuzung im Frequenzspektrum findet eine Richtungs¨anderung der beiden Moden statt, so dass der eine Mode die Fortsetzung des anderen beschreibt, wie dies in Abb. 2.7 die grau markieren Moden F(3,6) und F(3,7) illustrieren. Betrachtet man die Partikelverschiebung u ¨ber die Schalendicke unmittelbar vor und nach dem Abknicken eines dieser Moden, stellt man eine ¨ starke Anderung des Verschiebungszustandes fest. Physikalisch interpretiert kann
23
Ri
Ra
1
F(3,7) 1840
1830 F(3,6) 1800
0
1825
1850
Wellenzahl[rad/m]
-1 Ri
1
0
-1 Ri
Ra
Amplitude[-]
-1
Amplitude[-]
Amplitude[-]
1850 0
Frequenz[kHz]
Amplitude[-]
1
Ra
1
0
-1 Ri
Ra
Abbildung 2.7: Vergr¨osserung des Bereiches des Frequenzspektrums, wo sich die Moden F(3,6) und F(3,7) vermeintlich kreuzen. Zus¨atzlich sind die Verschiebungen (strichpunktiert: ur , ausgezogen: uϕ und gestrichelt: uz ) an den mit Kreisen markierten Zust¨anden dargestellt.
Gruppengeschwindigkeit[km/s]
¨ das als eine Anderung des Resonanzzustandes in der radialen Richtung bei kleiner werdender Wellenl¨angen betrachtet werden. Abb. 2.7 zeigt, wenn der Mode F(3,6) betrachtet wird, dass vor dem Knick der Resonanzzustand durch die axiale Verschiebungskomponente uz und danach durch die tangentiale Komponente uϕ beschrieben wird. Interessant ist auch, dass der Verschiebungszustand des nicht axialsymmetrischen Modes F(3,6) vor dem Knick demjenigen des Modes F(3,7) danach entspricht. Dieses Verhalten, macht insofern Sinn, dass in der Dispersionsbeziehung f¨ ur jede Umfangswellenzahl n und jede Frequenz immer eine eindeutige L¨osung f¨ ur die Wellenzahl existiert. 6
4
2
0
0
400
800
1200
Frequenz[kHz]
1600
2000
Abbildung 2.8: Umfangsmoden n = 0 . . . 4 des GruppengeschwindigkeitsDispersionsdiagramm in einem isotropen Aluminium Rohr. Die Torsions-, L¨angsund nicht axialsymmetrischen Moden sind dargestellt.
24
Die Gruppengeschwindigkeit cg = ∂ω/∂k aufgetragen gegen die Frequenz ist in ¨ Abb. 2.8 dargestellt. Da die Gruppengeschwindigkeit sich aus der Anderung der Kreisfrequenz mit der Wellenzahl berechnet, ¨aussert sich das in Abb. 2.7 beschriebene Ph¨anomen durch Spr¨ unge in den Gruppengeschwindigkeiten. Konvergenz
NormierteVerschiebung Frequenz[kHz]
In Algorithmen, welche die Wirklichkeit nur n¨aherungsweise beschreiben, zum Beispiel durch eine endliche Anzahl diskreter Elemente wie das im oben beschriebenen Verfahren der Fall ist, interessiert deren Konvergenz. Dies soll gezeigt werden, indem die Frequenzen bei gegebenen Wellenzahlen n und k berechnet werden, w¨ahrend die Anzahl verwendeter Elemente variiert wird. In Abb. 2.9 wird das Verhalten der Fre200
1000
100
900
0
800 0
25
50
0
AnzahlElemente
25
50
AnzahlElemente
1
1
0
0
-1
-1 Ri
Ra
Ri
Ra
Abbildung 2.9: Konvergenzverhalten des numerisch-analytischen Algorithmus zur Berechnung der Dispersionskurven. Zwei Frequenzen, links bei 100 kHz und rechts bei 880 kHz werden bei n = 2 und k = 500 m−1 mit linearen (strichpunktiert) und kubischen (ausgezogen) Elementen untersucht. Unten sind die zugeh¨origen Verschiebungsfelder u ¨ber die Rohrdicke abgebildet (strichpunktiert: ur , ausgezogen: uϕ und gestrichelt: uz ). Dazu wurden 30 lineare Elemente verwendet. quenz von zwei unterschiedlichen Moden bei gegebener Wellenzahl k = 500 m−1 und n = 2 des oben beschriebenen Aluminium Rohres untersucht. Zus¨atzlich werden lineare und kubische Elemente miteinander verglichen. Wie zu erwarten konvergiert der Algorithmus, dem die kubischen Elemente zu Grunde liegen deutlich schneller. Im Fall von linearen Elementen ist in der Regel eine deutlich gr¨ossere Anzahl notwendig um eine entsprechende Genauigkeit zu erreichen. Werden zu viele kubische Elemente verwendet, reicht die Maschinengenauigkeit eps = 10−16 nicht aus
25
um mit den Potenzen der kleiner werdenden dh umgehen zu k¨onnen. Wie Abb. 2.9 zeigt, ist das Konvergenzverhalten stark von dem herrschenden Verschiebungsfeld abh¨angig. Deshalb muss bei der Wahl der Anzahl verwendeter Elemente, die notwendig ist um einen hinreichend genauen Algorithmus zu erhalten, der zu untersuchenden Frequenz- beziehungsweise dem Wellenzahlbereich ber¨ ucksichtigt werden. Geschichtetes versus orthotropes Materialverhalten Die Frequenzspektren des 45◦ CFK-Rohres werden auf zwei unterschiedliche Arten berechnet und anschliessend miteinander verglichen. Den beiden F¨allen liegt dasselbe transversalisotrope Materialverhalten einer einzelnen Schicht zugrunde. Die Materialdaten dieser Schicht entsprechen denjenigen des 0◦ Rohres in Anhang C. Im ersten Fall wird der Materialtensor jeweils um ± 45◦ auf das (r, ϕ, z)-Koordinatensystem gedreht und das Frequenzspektrum unter Ber¨ ucksichtigung der einzelnen Schichten mit unterschiedlichen Materialparametern berechnet. Das heisst, dass die durch die , C24 , C34 und C56 in Rotation des Materialtensors bedingten Steifigkeitselemente C14 die Berechnung einfliessen. Im zweiten Fall wird, wie dies in Gl. 2.6 beschrieben ist, das geschichtete Material durch ein globales, zylindrisch-orthotropes Verhalten ap , C24 , C34 und C56 , des wiederum proximiert. Das heisst die Steifigkeitselemente C14 um ± 45◦ rotierten Materialtensors, werden vernachl¨assigt, wodurch die Struktur u ¨ber die ganze Schalendicke ein identisches Materialverhalten aufweist. In Abb. 2.10 sind die Frequenzspektren beider Verfahren f¨ ur die Umfangsmoden n = 4 u ¨berlagert dargestellt. Im Frequenzspektrum sind nur a¨ussert kleine Unterschiede sichtbar, selbst wenn die numerischen Werte betrachtet werden. Im Frequenzbereich, wie er im Rahmen dieser Arbeit verwendet wird, ist die vereinfachte Beschreibung des Ma-
Frequenz[kHz]
2000 1600 1200 800 400 0
0
1000
2000
Wellenzahl[rad/m]
3000
4000
Abbildung 2.10: Darstellung der Frequenzspektren (n = 4) des 45◦ -Rohres. Grau: geschichtetes Rohr, bestehend aus 15 transversalisotropen Schichten. Schwarz: entsprechendes globales, zylindrisch-orthotropes Verhalten.
26
terials mit der zylindrisch-orthotropen N¨aherung sicher gerechtfertigt.
2.2.5
Vergleich mit anderen Verfahren
Um das in Kapitel 2.2.3 vorgestellte numerisch-analytische Verfahren zur Berechnung der Dispersionskurven zu validieren, werden diese Resultate mit denjenigen einer anderen, rein analytischen Theorie und denjenigen einer Schalentheorie verglichen. Die verwendete Schalentheorie wurde von Mirsky et al. [MH57] entwickelt. Sie ber¨ ucksichtigt Schubeffekte und Rotationstr¨agheiten. Im zweiten, rein analytischen Algorithmus, wie er in Anhang A beschrieben ist, wird vom dreidimensionalen Bewegungsdifferentialgleichungssystem Gl. A.1 ausgegangen. Harmonische Verschiebungsans¨atze in ϕ, z und t werden eingesetzt. Das resultierende System von drei gew¨ohnlichen Differentialgleichungen zweiter Ordnung in r wird transformiert auf ein System erster Ordnung in r. Zu dessen L¨osung wird nach dem Theorem von Cauchy-Kovalevskaya [RR93] eine Potenzreihe f¨ ur die drei Verschiebungen angesetzt. In Abb. 2.11 sind die Frequenzspektren der Umfangsmoden n = 0 . . . 4 des 0◦ Rohres dargestellt. Im numerisch-analytischen Verfahren (graue ausgezogene Linie) werden 30 lineare Elemente verwendet, im Ansatz nach Anhang A (strichpunktierte graue Linie) werden 10 Summanden verwendet und inder L¨osung nach Mirsky (schwarze Linie) werden die Schubkorrekturfaktoren κ = π 2 /12 gesetzt. Zwischen ¨ dem numerisch-analytischen und dem Vorgehen nach Anhang A ist die Ubereinstimmung perfekt, die einzelnen Kurven sind selbst in der Vergr¨osserung (Abb. 2.11 ¨ rechts) identisch. Die Ubereinstimmung mit der L¨osung von Mirsky ist im unteren Frequenzbereich sehr gut. Im Falle h¨oherer Frequenzen und auch k¨ urzeren Wel-
Frequenz[kHz]
800
200
600
400
100
200
0 0
1000
0 2000 0
Wellenzahl[rad/m]
200
400
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 2.11: Darstellung der Frequenzspektren (n = 0 . . . 4) des 0◦ -Rohres. Grau ausgezogen: numerisch-analytisch mit 30 linearen Elementen. Schwarz: nach Mirsky. Grau strichpunktiert: nach Anhang A mit 10 Termen der Potenzreihe.
27
lenl¨angen, treten erwartungsgem¨ass gr¨ossere Abweichungen auf. Dies ist auf die beschr¨ankte G¨ ultigkeit der Schalentheorie zur¨ uckzuf¨ uhren Das numerisch-analytische Verfahren wird im Verlauf dieser Arbeit weiter ver¨ wendet. Einerseits spricht die Ubereinstimmung mit dem Algorithmus aus Anhang A, welcher einem komplett anderen L¨osungsweg folgt, f¨ ur die numerische Vorgehensweise. Andererseits ist die ben¨otigte Rechenzeit des FE-Algorithmus um Gr¨ossenordnungen kleiner, was in Hinblick auf die L¨osung des inversen Problems von grosser Bedeutung ist.
2.3 2.3.1
Experimentelle Bestimmung der Dispersionskurven Ausgangslage und Literatur
Die experimentelle Bestimmung der Dispersionsbeziehung erfolgte urspr¨ unglich u ¨ber die Messung der Resonanzfrequenzen unterschiedlicher Eigenmoden der Struktur. Meitzler [Mei61] hat die Dispersionsbeziehung unterschiedlicher Moden in Dr¨ahten in einem breiten Frequenzband gemessen. An einem Ende der Probe wurde piezoelektrisch ein engbandiger Puls angeregt, der am anderen Ende ebenfalls piezoelektrisch gemessen wurde. Aus der Laufzeit der Enveloppe des gemessenen Pulses und der Mittelfrequenz konnte das Dispersionsdiagramm bestimmt werden. Dual [Dua88] hat die Dispersionsbeziehung der axialsymmetrischen Moden in faserverst¨arkten Rohren gemessen. Dazu wurden engbandige Pulse unterschiedlicher Frequenz im Rohr angeregt. Die Oberfl¨achenverschiebungen von zwei Punkten verschiedener axialer Koordinaten werden gemessen. Im Frequenzbereich wird der Phasenunterschied bei der angeregten Frequenz zwischen den zwei Punkten bestimmt, woraus man die Phasengeschwindigkeit bei dieser bestimmten Frequenz berechnen kann. Diese Methode versagt jedoch, wenn mehrere Wellenmoden gleichzeitig propagieren. Mehr oder weniger gleichzeitig haben Grosh [GW93] und Plona et al. [PSKC92] einen Ansatz zur Bestimmung der Dispersionskurven publiziert, der zur ¨ortlichen Dekomposition der Wellenzahlen auf einer modifizierten Methode von Prony [Pro95] basiert. Grosh hat die Methode auf k¨ unstlich erzeugte Daten der Wellenausbreitung in Zylinderschalen und Plona auf Daten, gemessen mit einem Hydrophon innerhalb und ausserhalb fluidgef¨ ullter Rohre, erfolgreich angewendet. Vollmann [VD96, VBD97] hat die Methode auf Datens¨atze angewendet, die Oberfl¨achenverschiebungsmessungen zylindrischer Strukturen beinhalten, welche mit Hilfe eines Laserinterferometers gemessen wurden. Die Prony Methode erlaubt die Sch¨atzung der Parameter von einer Summe von Exponentialfunktionen. Der Vorteil der Methode liegt darin, dass sie mit vergleichsweise wenigen Messpunkten auskommt und trotzdem in der Lage ist, auch kleine Unterschiede in den Signalparametern auf-
28
zul¨osen. Die u ¨ber 200 Jahre alte Methode wurde st¨andig weiter entwickelt. Tufts et al. [TK82] haben diese Methode, genannt Linear Prediction, schliesslich soweit perfektioniert, dass sie eine optimale Sch¨atzmethode ist. Darauf publizierten Hua et al. [HS90] zuerst den eindimensionalen Matrix-Pencil Algorithmus und kurze Zeit sp¨ater die erweiterte zweidimensionale Version [Hua92]. Die Grundideen des Algorithmus sowie auch dessen Sch¨atzgenauigkeit sind im Wesentlichen identisch mit der Methode von Tufts. Der Unterschied liegt im L¨osungsalgorithmus. W¨ahrend in der Matrix-Pencil Methode die Eigenwerte einer kleinen quadratischen Datenmatrix bestimmt werden m¨ ussen, was numerisch sehr effizient ist, m¨ ussen beim Linear Prediction Algorithmus die Nullstellen eines Polynoms hoher Ordnung gefunden werden. Zum Problem der Sch¨atzung der a priori unbekannten Modellordnung wurde von Akaike [Aka74] ein statistisch fundierter Ansatz formuliert. Einen a¨hnlichen Ansatz ver¨offentlichte Rissanen [Ris78] kurze Zeit sp¨ater unter dem Namen minimum description length. Reddy et al. [RB93] haben diese beiden Informationskriterien auf die Detektion der Anzahl Exponentialfunktionen in verrauschten Datens¨atzen angewendet. Beide Methoden basieren auf der optimalen Approximation der Datenmatrix durch eine niederrangige Matrix, die mit Hilfe der Singul¨arwertzerlegung berechnet wird. Wie Fuchs [Fuc88] zeigt, k¨onnen a¨hnlich gute Resultat auch mit der Eigenvektorzerlegung erzielt werden.
2.3.2
Grundideen und Anforderungen
Die Oberfl¨achenverschiebungen der Ausbreitung ebener, gef¨ uhrter harmonischer Wellen in Rohren k¨onnen analytisch mit einer Summe von Exponentialfunktionen als Gl. 2.13 geschrieben werden u(ϕ, z, t) =
M
uom · cos(nm ϕ − αm ) · ei(ω t−km z)
(2.13)
m=1
Mit αm als der o¨rtlichen Phasenverschiebung der Umfangsmodulation. M bezeichnet die Anzahl Wellenmoden und m stellt den Index des betrachteten Wellenmodes dar. Wird nur bei einer bestimmten Koordinate ϕ gemessen, kann die Umfangsmodulation der Amplitude als Gl. 2.14 zusammengefasst werden u¯om = uom · cos(nm ϕ − αm )
(2.14)
Voraussetzung ist, dass αm unabh¨angig von der Ausbreitungsrichtung z ist. Das heisst auch, dass sich die Welle nicht um die z-Achse dreht und die nicht axialsymmetrischen Moden sich somit nicht als helical waves ausbreiten.
29
Da f¨ ur jeden Wellenmode m die Zeitfunktion ei ω t dieselbe ist, kann Gl.2.13 unter Ber¨ ucksichtigung von Gl. 2.14 umgeschrieben werden als Gl. 2.15 iωt
u(z, t) = e
M
u¯om · e−i km z
(2.15)
m=1
Im Fourierraum betrachtet heisst das, dass die Fouriertransformierte der Oberfl¨achenverschiebung u(z, t) als Summe von Exponentialfunktionen in z (Gl. 2.16) interpretiert werden kann. F {u(z, t)} = U (z, ω) =
M
U¯om (ω) · e−i km (ω) z
(2.16)
m=1
Dadurch wird die zeitliche Abh¨angigkeit eliminiert. Abb. 2.12 illustriert das prinzipielle Vorgehen zur Sch¨atzung der Dispersionsbeziehung. Die zeitliche Abh¨angigkeit der Oberfl¨achenverschiebungen wird an einigen, A se ch z-A
A
t A
se
ch
A
z-A nz
ue
req
A
F er
in
ee
∆z t Zeit-Bereich
f
Frequenz-Bereich
d litu
p
Am
Matrix-Pencil
FFT Wellenzahlen k,k,... 1 2
Abbildung 2.12: Illustration der Grundz¨ uge der Signalverarbeitung zur Sch¨atzung der Dispersionsbeziehung in zylindrischen Strukturen aus einem Wellenausbreitungsexperiment. mit Abstand ∆z uniform verteilten Punkten entlang der z-Achse gemessen. Diese Zeitreihen werden in den Fourierraum transformiert. Stellt man nun die (komplexen) Amplituden einer bestimmten Frequenz u ¨ber die z-Koordinate dar, entsteht die durch Gl. 2.16 beschriebene Funktion. Das Problem besteht nun darin, die Parameter km von einer unbekannten Anzahl M ged¨ampfter Exponentialfunktionen zu sch¨atzen. Da es sich um gemessene Daten handelt, muss Rauschen als zus¨atzliche Schwierigkeit mit einbezogen werden. Dazu bedienen wir uns eines, aus dem Gebiet der Nuclear Magnetic Resonance NMR stammenden Matrix-Pencil Algorithmus.
30
Durch dieses Vorgehen kann die interessierende Beziehung zwischen der Kreisfrequenz und der m¨oglicherweise komplexen Wellenzahl aus einem Experiment extrahiert werden.
2.3.3
Eindimensionaler Matrix-Pencil Algorithmus
Der eindimensionale Algorithmus von Hua et al. [HS90] wird verwendet. Das Element j des zu analysierenden Datenvektors U (z, ω) bei einer bestimmten Frequenz ω wird als Gl. 2.17 dargestellt y j = x j + wj =
M
bm sjm + wj
(2.17)
m=1
Der Indikator der Messpunkte wird mit j = 0 . . . J − 1 bezeichnet, wodurch sich die Koordinate des Punktes als z = j ∆z berechnet, w¨ahrend J die Anzahl Messpunkte im Ort ist. Der Rauschanteil wird durch wj dargestellt. M ist die noch unbekannte Anzahl Exponentialfunktionen. Zus¨atzlich gilt bm = |bm | · ei θm sm = e−i km ∆z
(2.18)
wobei |bm | den absolut Betrag der Amplitude und θm die dazugeh¨orige Phase der m-ten Exponentialfunktion ist. Die Signalpole werden mit sm bezeichnet. Re(km ) ist die Wellenzahl und Im(km ) kann als D¨ampfung interpretiert werden. Ohne Rauschen Ein Datenvektor xl wird aus den unverrauschten Daten wie Gl. 2.19 definiert xl = [xl , xl+1 , . . . , xJ−P +l−1 ]T
(2.19)
P stellt den sogenannten Pencil-Parameter dar und kann auch als Filterl¨ange interpretiert werden. Mit dieser Regel zur Erzeugung eines Datenvektor, werden zwei neue Matrizen, Gl. 2.20 und Gl. 2.21 definiert, welche T¨oplitz Struktur aufweisen X0 (J−P )×P
= [xP −1 , xP −2 , . . . , x0 ]
X1 (J−P )×P
= [xP , xP −1 , . . . , x1 ]
(2.20) (2.21)
Nun kann durch Einsetzen gezeigt werden, dass die Gleichungen 2.22 und 2.23 gelten. X0 = SL B SR
31
(2.22)
X1 = SL B S SR mit
SL =
1 s1 .. .
(2.23)
··· 1 sM . ... . .
1 s2
−1 −1 sJ−P s2J−P −1 · · · sJ−P 1 M
SR =
s1P −1 sP1 −2 · · · s2P −1 sP2 −2 .. ... .
1 1 .. .
P −1 sM sPM−2 · · · 1
S = diag {s1 , s2 , . . . , sM } B = diag {b1 , b2 , . . . , bM } Ein Matrix Pencil (Gl. 2.24) wird eingef¨ uhrt X1 − s · X0
(2.24)
Jedes s = sm (∀ m = 1, . . . , M ) reduziert den Rang des Matrix-Pencils um genau eins, falls M ≤ P ≤ J − M . Dies kann gezeigt werden, indem Gl. 2.22 und Gl. 2.23 in Gl. 2.24 eingesetzt und wie in Gl 2.25 gezeigt umgeformt wird SL B S SR − SL B s SR = SL B (S − s · IM ) SR
(2.25)
Wobei IM die M × M Einheitsmatrix darstellt. Ist nun s = sm , dann ist das Matriuhrt. zenelement (S − s · IM )mm = 0, was zu der Rangreduktion des Matrix-Pencils f¨ Multipliziert man nun Gl. 2.24 mit einem Vektor q, so gilt (X1 − s · X0 ) q = 0
(2.26)
wenn q die m-te Kolonne der Pseudoinversen S+ R der Matrix SR und s = sm ist, folgt daraus, dass die Eigenwerte des generalisierten Eigenwertproblemes den gesuchten Signalpolen entsprechen. Die Rechts-Multiplikation der Gl. 2.24 mit der uhrt zum selben Resultat. Wird Gl. 2.26 mit m-ten Reihe der Pseudoinversen S+ L f¨ X+ multipliziert, wie Gl. 2.27 zeigt, so entsprechen die Eigenwerte der Matrix X+ 0 0 X1 den Signalpolen sm . + X0 X1 − s · X+ 0 X0 q = 0 + (2.27) X0 X1 − s · I q = 0
32
Da der Rang von X+ 0 X1 gleich M ist, existieren auch nur M von Null verschiedene + Eigenwerte von X0 X1 . Daraus berechnet sich die Wellenzahl und die D¨ampfung gem¨ass Gl. 2.28 und Gl. 2.29 arg(sm ) ∆z ln|sm | Im(km ) = ∆z
Re(km ) = −
(2.28) (2.29)
Mit Rauschen Im Falle von verrauschten Daten definiert man yl , Y0 und Y1 in derselben Art und Weise wie dies f¨ ur xl , X0 und X1 geschehen ist. Durch das Rauschen bedingt, werden die Datenmatrizen vollrangig und somit vom Rang P . Den Matrizen Y0 und Y1 liegen jedoch nur M linear unabh¨angige Modelle zugrunde. Algebraisch betrachtet spannen die ersten Kolonnen, zum Beispiel von Matrix Y0 = [yP −1 , yP −2 , . . . , yP −M ] den Signal Unterraum Y0 auf. Y0 enth¨alt alle Signale und kann aus Y0 mit M linear unabh¨angigen und somit orthogonalen Vektoren konstruiert werden. Nun kann ˆ 0 der Dimension P − M aufgespannt werden. Dieser ein weiterer Unterraum Y steht orthogonal auf Y0 und wird als Rausch Unterraum bezeichnet. Diese Bezeichnung ist nicht ganz korrekt, da gausssches Rauschen definitionsgem¨ass einen unendlich dimensionalen Raum aufspannt. Ziel ist es nun, die urspr¨ ungliche Matrix in diese zwei Unterr¨aume aufzuspalten. Dies kann durch die Singul¨arwertzerlegung erreicht werden. Setzt man die Singul¨arwerte, welche dem Rauschen zugeordnet sind gleich null, kann die Matrix Y0 zu einem grossen Teil vom Rauschen befreit werden [Sch91, GVL96]. Dieses Vorgehen bedingt eine Rangreduktion der Matrix. Diese niederrangige Matrixapproximation wird in Gl. 2.30 beschrieben. ˜ 0 = UM ΣM VH Y M
(2.30)
Das hochgestellt H bezeichnet die konjugiert komplex Transponierte einer Matrix. Wobei die Diagonalmatrix ΣM die M gr¨ossten Singul¨arwerte enth¨alt. Die restlichen P −M Diagonalelemente werden null gesetzt. UM und VM sind die Matrizen die mit den zugeh¨origen ersten M orthonormierten Singul¨arvektoren ui und vi aufgebaut ˜ 0 ist im Sinne der Methode der kleinsten Quadrate die beste Approximation sind. Y der Matrix Y0 mit Rang M . Da die Matrix ΣM Diagonalform aufweist, l¨asst sich ˜ + ohne zus¨atzlichen Aufwand aus Gl. 2.31 berechnen. die Pseudoinverse Y 0 ˜ + = VM Σ−1 UH Y 0 M M
(2.31)
Zur Bestimmung der Signalpole in einem verrauschten Datensatz werden in Gl. 2.27 ˜+ die Matrizen X+ 0 und X1 durch die Approximation Y0 und die verrauschte Matrix Y1 ersetzt. H VM Σ−1 (2.32) M UM Y1 − s · I q = 0
33
H Wird Gl.2.32 links multipliziert mit VM resultiert Gl. 2.33, da VM orthonormal ist H H und somit VM VM = IM und q = VM VM q gilt. H −1 H q=0 (2.33) ΣM UM Y1 VM − s · I VM
Zur Bestimmung der Signalpole m¨ ussen somit die M Eigenwerte von Gl. 2.34 berechnet werden. H (2.34) sm = eig Σ−1 M UM Y1 VM Die Wellenzahlen werden analog zu Gl. 2.28 und Gl. 2.29 berechnet. Da nun die Signalpole sm bekannt sind, k¨onnen auch die zugeh¨origen Amplituden bm berechnet werden. Dazu kann aus Gl. 2.17 ein lineares Gleichungssystem aufgebaut werden. Dieses u ¨berbestimmte System kann mit der Methode der kleinsten Quadrate nach den Amplituden aufgel¨ost werden.
2.3.4
Sch¨ atzen der Signalordnung
Der oben vorgestellte Algorithmus setzt im Falle von verrauschten Daten die Kenntnis der Anzahl Exponentialfunktionen voraus. Normalerweise ist diese Anzahl a priori nicht bekannt, weshalb ein Verfahren ben¨otigt wird, welches die Sch¨atzung dieser Zahl erm¨oglicht. Eine intuitive Betrachtungsweise und zwei statistisch fundierte Kriterien werden im Rahmen dieser Arbeit behandelt. Intuitive Betrachtung Die Entscheidung u ¨ber die notwendige Anzahl Funktionen erfolgt bei der Approxi˜ 0 Gl. 2.30. Dies wird mation der Datenmatrix Y0 durch die niederrangige Matrix Y mit Hilfe der Singul¨arwertzerlegung durchgef¨ uhrt. Betrachtet man die Singul¨arwerte Σ am konkreten Beispiel, kann aufgrund deren Gr¨osse intuitiv die Unterteilung der Matrix in einen Signal und in einen Rausch Unterraum vorgenommen werden. Das soll das folgende Beispiel illustrieren. Aus Gl. 2.17 wird mit drei Exponentialfunktionen ein Signal mit den unten aufgef¨ uhrten Parametern aufgebaut. b1 = 1.0 s1 = 0.93 + 0.37 i
b2 = 0.5 s2 = 0.99 + 0.17 i
b3 = 1.0 i s3 = 0.96 + 0.25 i
Der Datenvektor besteht aus 120 Punkten, welche um ∆z = 0.25 m auseinander liegen. Der Pencil-Parameter wird als P = 54 gew¨ahlt. Dem reinen Signal wird gausssches Rauschen mit einem Signalrauschverh¨altnis von SNR = 50 dB bzw. 5 dB u ¨berlagert. Das Signalrauschverh¨altnis ist definiert als Gl. 2.35. |b|2 (2.35) SNR = 10 · log10 2 σ2
34
RealteilAmplitude[-]
2.5
2.5
0
0
-2.5 0
-2.5 10
20
30
0
NormierteΣ-Werte
z-Achse[m]
10
20
30
z-Achse[m]
1
1
0.5
0.5
0
0 0
20
40
60
0
20
40
60
Abbildung 2.13: Oben: Darstellung des Realteiles der Amplitude eines Signals bestehend aus drei Exponentialfunktionen, links mit SNR = 50 dB und rechts mit SNR = 5 dB. Unten: Zugeh¨orige normierte Singul¨arwerte der Datenmatrix Y0 . Wobei σ 2 die Varianz des gaussschen Rauschens mit Mittelwert null ist. |b| stellt den absolut Betrag der Amplitude der gr¨ossten Exponentialfunktion dar. Abb. 2.13 oben zeigt den Realteil der erzeugten Signalvektoren. Darunter sind die normierten Singul¨arwerte Σi /max(Σ) dargestellt. In beiden F¨allen k¨onnen jeweils drei deutlich gr¨ossere Singul¨arwerte ausgemacht werden, welche den drei existierenden Exponentialfunktionen entsprechen. Zus¨atzlich kann beobachtet werden, dass bei einer Verkleinerung des Signalrauschverh¨altnisses, die Singul¨arwerte, welche den Rauschanteil repr¨asentieren, deutlich gr¨osser werden. Dieses sich auf visuelle Erfahrung st¨ utzende Kriterium, l¨asst sich aber nur anwenden, wenn die Daten nicht zu stark verrauscht sind. Ausserdem eignet es sich nicht zur automatischen Detektion der Signalordnung. Statistisch fundiertes Kriterium Das Problem besteht nun darin, eine statistische Gr¨osse zu definieren, welche die G¨ ute der niederrangigen Matrixapproximation quantifiziert. Dazu wird eine lineare Gleichung aufgestellt, die einen Vergleich dieser Approximationen erlaubt. Durch Umformen von Gl. 2.24 kann gezeigt werden [HS90], dass y0 und Y0 dem folgenden linearen Modell Gl. 2.36 gehorchen. Y0 a = y0
35
(2.36)
Nebenbei bemerkt, ist Gl. 2.36 identisch mit dem Gleichungssystem zur Bestimmung der Polynomkoeffizienten a in der Linear Prediction Methode nach Tufts et al. [TK82] . Um einen m¨oglichst geringen zus¨atzlichen Rechenaufwand zu erzeugen wird ein auf der Singul¨arwertzerlegung basierendes Kriterium verwendet, da diese Zerlegung in jedem Fall gebraucht wird, um die Signalpole zu bestimmen. Entsprechende informationstheoretische Prinzipien sind von Akaike [Aka74] das AIC-Kriterium (Akaike Information Criterion), und von Rissanen [Ris78] das MDL-Kriterium (Minimum Description Length), entwickelt worden. Reddy et al. [RB93] haben diese auf die Bestimmung der Signalordnung im Falle der Linear Prediction angewendet. Das AIC-Kriterium w¨ahlt das Modell, welches das folgende Kriterium Gl. 2.37 minimiert. (2.37) AIC = − ln f y0 |a, σ 2 + 2 d Wobei f (y0 |a, σ 2 )) das Maximum der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der Beobachtungen y0 darstellt und d die Anzahl der freien Modellparameter. Im zweiten Fall wird das Modell gew¨ahlt, welches den MDL-Parameter (Gl. 2.38) minimiert (2.38) MDL = − ln f y0 |a, σ 2 + d ln(J) Die beiden Auswahlkriterien werden f¨ ur die niederrangigen Matrixapproximationen ˜ (m) , ∀ m = 1 . . . P berechnet, wobei m den Rang der Approximation darstellt. Die Y 0 parametrisierte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f (y0 |a, σ 2 ) berechnet sich, unter der Voraussetzung einer Normalverteilung, als Gl. 2.39 L(m) a, σ 2 = f y0 |a, σ 2 =
√
r
1 2 π σ2
T ˜ (m) a y0 −Y 0
( −
·e
) (y0 −Y˜ 0(m) a) 2 σ2
(2.39)
Wobei r = J − d ist. Um nun die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion L(m) (a, σ 2 ) bez¨ uglich ihrer unbekannten Parameter a und σ 2 zu maximieren, kann nach Bronstein [BS91] auch das Maximum ihres nat¨ urlichen Logarithmus verwenden werden. 2 Somit k¨onnen a und σ nach Gl. 2.40 bestimmt werden ∂ ln L(m) (a, σ 2 ) ∂ ln L(m) (a, σ 2 ) =0 (2.40) =0 und ∂a ∂σ 2 Dadurch ergibt sich die Gl. 2.41
h(m) 2 r 1 + ln (2 π) + ln L(m) a, σ 2 = 2 r
Wobei h(m) die Norm des folgenden Vektors darstellt. + T T (m) (m) (m) (m) ˜ ˜ (m) y0 ˜ ˜ Y Y h = y0 − Y Y 0 0 0 0
36
(2.41)
(2.42)
(m)
˜ Wird nun die Matrix Y durch die entsprechenden Matrizen U, V und Σ ihrer 0 Singul¨arwertzerlegung ersetzt, resultiert Gl. 2.43 h(m) = UT y0 − I(m) UT y0
(2.43)
Die Matrix I(m) ist die r×r Einheitsmatrix, mit den unteren r−m Diagonalelementen gleich null. Damit entspricht der Vektor h(m) den unteren r − m Vektorelementen des Produktes UT y0 . Die beiden Kriterien k¨onnen somit nach Gl. 2.44 und Gl. 2.45 geschrieben werden. h(m) 2 (m) AIC = r 1 + ln (2 π) + ln + 2(m + 1) (2.44) r h(m) 2 + (m + 1) ln (r) (2.45) MDL(m) = r 1 + ln (2 π) + ln r Das Vorgehen zur Bestimmung der Wellenzahlen kann somit wie folgt umschrieben werden: • Aufbau der Matrizen Y0 und Y1 . • Singul¨arwertzerlegung von Y0 . • Bestimmen der Signalordnung aus dem Minimum von AIC(m) oder MDL(m) . • Aufbauen der Matrizen ΣM , UM und VM . H • Bestimmen der Eigenwerte von Σ−1 M UM Y1 VM .
2.3.5
Numerische Untersuchung des Algorithmus
In diesem Unterkapitel soll der Einfluss einiger Parameter auf die Genauigkeit des Algorithmus untersucht werden. Damit sollen gewisse Erkenntnisse f¨ ur die praktische Anwendung der Methode erhalten werden. Ein mit gaussschem Rauschen u ¨berlagertes Signal bestehend aus zwei Exponentialfunktionen wird untersucht. Die numerischen Daten werden mit den folgenden Parametern erzeugt: b1 = 1.0 k1 = 2 π · 0.20 m−1
b2 = 1.0 i k2 = 2 π · 0.22 m−1
Das Signal ist an 100 Stellen mit dem Abstand ∆z = 0.25 m abgetastet. Als Mass f¨ ur die G¨ ute einer Sch¨atzung, wird jeweils der mittlere quadratische Fehler angegeben (Mean Square Error MSE). Jede numerische Simulation wird jeweils 500 Mal durchgef¨ uhrt und anschliessend gemittelt. Bei jeder dieser Sch¨atzungen wird dem reinen Signal neu generiertes Rauschen u ¨berlagert.
37
Einfluss der Filterl¨ ange Ein freier Parameter im Algorithmus stellt der Pencil-Parameter P dar. Die Wahl dieser Gr¨osse h¨angt direkt mit der Form der zu bildenden Signalmatrizen zusammen, weshalb er einen Einfluss auf die Sch¨atzgenauigkeit hat. In Abb. 2.14 ist der MSE 10
-2 MSE[m]
10
10
10
10
0
5dB
-2
10dB 20dB 30dB
-4
40dB 50dB
-6
-8
0.2
0.4
0.6
0.8
Pencil-Parameter/AnzahlPunkte
Abbildung 2.14: Darstellung des mittleren quadratischen Fehlers (MSE) gegen¨ uber dem Verh¨altnis Filterl¨ange zu Signall¨ange. Die Sch¨atzungen wurden an einem k¨ unstlichen Signal bestehend aus zwei Exponentialfunktionen durchgef¨ uhrt. Sechs verschiedene Signalrauschverh¨altnisse wurden untersucht. logarithmisch gegen¨ uber dem Verh¨altnis Pencil-Parameter zu Signall¨ange (P/J) aufgetragen. Um gleichzeitig den Einfluss des Signalrauschverh¨altnisses zu untersuchen, wurde das numerische Experiment f¨ ur sechs unterschiedliche SNR durchgef¨ uhrt. Wie zu erwarten ist, verschlechtert sich die Genauigkeit der Sch¨atzung mit abnehmendem SNR. Die besten Ergebnisse erh¨alt man, wenn das Verh¨altnis (P/J) zwischen 0.4 und 0.6 liegt. Im weiteren Verlauf dieser Untersuchung wird mit dem Wert P/J = 0.45 gearbeitet. Einfluss der Abtastfrequenz Das Nyquist Kriterium der diskreten Fouriertransformation beh¨alt auch in diesem Algorithmus seine G¨ ultigkeit. Das heisst, dass die kleinste Wellenl¨ange mindestens zweimal abgetastet werden muss (Gl. 2.46). ∆z ≤
λmin 2
(2.46)
Zus¨atzlich hat die Abtastfrequenz einen Einfluss auf die Genauigkeit des Algorithmus. Dies wird untersucht indem die Signall¨ange festgehalten wird, w¨ahrend das Signal mit unterschiedlich vielen Punkten abgetastet wird. Die L¨ange des Signals
38
-2 MSE[m]
10
0
10
-2
10
-4
10
-6
10
-8
5dB 10dB 20dB 30dB 40dB 50dB
0
40
80
120
160
200
AnzahlPunkte
Abbildung 2.15: Darstellung des mittleren quadratischen Fehlers (MSE) gegen¨ uber der Anzahl Punkte, bei unterschiedlichen SNR Werten. betr¨agt sechs Wellenl¨angen der gr¨osseren Wellenzahl. Abb. 2.15 zeigt f¨ ur unterschiedliche Signalrauschverh¨altnisse den mittleren quadratischen Fehler aufgetragen gegen¨ uber der Anzahl Punkte mit denen das Signal abgetastet wurde. Wie erwartet nimmt die Genauigkeit mit der Abtastfrequenz zu. F¨ ur hohe SNR ist der Effekt jedoch klein. Im Falle von kleinen SNR ist eine ausreichende Abtastfrequenz jedoch entscheidend. F¨ ur die weiteren Untersuchungen wird eine minimale Abtastung von 8 Punkten pro kleinster Wellenl¨ange als untere Grenze festgelegt. Einfluss des Gr¨ ossenverh¨ altnis der Amplituden Wenn mehrere Moden sich gleichzeitig mit unterschiedlichen Amplituden im Rohr ausbreiten, interessiert unter anderem auch, wie gross der maximale Amplitudenun-
-2 MSE[m]
10
0
10
-2
10
-4
10
-6
10
-8
0.1
5dB 10dB 20dB 30dB 40dB 50dB 0.4
0.7
1.0
Amplitudenb/b 2 1
Abbildung 2.16: Darstellung des mittleren quadratischen Fehlers (MSE) gegen¨ uber dem Amplitudenverh¨altnis |b2 |/|b1 | bei unterschiedlichen SNR Werten.
39
terschied sein darf, dass alle Moden vom Algorithmus erkannt und auch hinreichend genau gesch¨atzt. Dieses Verhalten wird wiederum untersucht, indem das Amplitudenverh¨altnis |b2 |/|b1 | bei unterschiedlichen Signalrauschverh¨altnissen variiert wird. Abb. 2.16 zeigt das Verhalten des Fehlers mit steigendem Amplitudenverh¨altnis. F¨ ur wenig verrauschte Daten, bis 30 dB, werden beide Wellenzahlen richtig gesch¨atzt. Jedoch nimmt die Sch¨atzgenauigkeit mit kleiner werdendem Verh¨altnis ab. Im Falle von stark verrauschten Daten ist der Algorithmus nicht immer in der Lage, beide Signale zu erkennen. Eine solche falsch gesch¨atzte Ordnung hat grosse Fehler in der Sch¨atzung der Wellenzahl zur Folge. Das heisst auch, dass in den folgenden Experimenten darauf geachtet werden muss, ein m¨oglichst ausgewogenes Amplitudenverh¨altnis zwischen den einzelnen Moden zu erreichen. werden.
2.3.6
Quasi 2D Matrix-Pencil
Da die nicht axialsymmetrische Wellenausbreitung im Rahmen dieser Arbeit untersucht wird, ist auch die o¨rtliche zweidimensionale Ausbildung des Verschiebungsfeldes von Interesse. Konkret stellt sich die Frage, ob gleichzeitig die axialen Wellenzahlen km und die ganzzahlige Umfangsmodulation nm extrahiert werden k¨onnen. Grundlagen Die Funktionen sin(nm ϕ) und cos(nm ϕ) in den Ansatzfunktionen Gl 2.10 k¨onnen durch die Summe von zwei Exponentialfunktionen mit den komplexen Argumenten ± i nm ϕ ersetzt werden. Dadurch l¨asst sich die Oberfl¨achenverschiebung in eine Richtung wie Gl. 2.47 schreiben. u(ϕ, z, t) =
M
uom · ei(ω t−kzm z−nm ϕ)
(2.47)
m=1
Im Fourierraum betrachtet, wie dies in Kapitel 2.3.2 gezeigt wurde, und mit kym = nm /Ra sowie y = Ra ϕ schreibt sich Gl. 2.47 als U (y, z, ω) =
M
Uom (ω) · e−i(kym y+kzm z)
(2.48)
m=1
Das Argument der Summe in Gl. 2.48 beschreibt eine ebene Welle, welche sich in eine bestimmte Richtung ausbreitet. Die beiden Wellenzahlen kym und kzm k¨onnen mit vollen zweidimensionalen Algorithmen [Hua92] gesch¨atzt werden. Dieser wurde zum Beispiel von Profunser [Pro99] auf Wellenausbreitungsph¨anomene in orthotropen Rohren angewendet hat. Diese Verfahren haben jedoch zwei entscheidende Nachteile. Zum einen sind bis zu 10’000 Punkte im Ort notwendig, da eine ganze Fl¨ache gemessen werden muss. Andererseits ist der Algorithmus ¨ausserst rechenintensiv.
40
Dieses Problem kann umgangen werden, wenn man mindestens drei eindimensionale Messungen in verschiedene Richtungen ansetzt werden [GPD00]. Die gesch¨atzten Wellenzahlen aus der Messung in einer Richtung, entsprechen den Projektionen auf die jeweiligen Richtungen. Werden zwei aufeinander senkrecht stehende Richtungen gemessen (Abb. 2.17), k¨onnen alle auftretenden Wellenzahlen bestimmt werden. Wenn mehr als eine Wellenzahl pro Richtung extrahiert wird, m¨ ussen diese korrekt gepaart werden. Dazu m¨ ussen die Projektionen der auftretenden Wellenzahlen in mindesten einer weiteren Richtung bekannt sein.
z’
y
z
α
Messpunkte
y’
Abbildung 2.17: Koordinaten entlang welchen gemessen werden muss, um im Falle von ebener Wellenausbreitung die korrekt gepaarten Wellenzahlen zu bestimmen.
Vorgehen im quasi 2D Fall Um die zusammengeh¨origen Elemente aller Wellenzahlvektoren in einem zweidimensionalen, ebenen Wellenfeld effizient und korrekt zu sch¨atzen, wird das folgende Vorgehen vorgeschlagen: • Wie dies im eindimensionalen Fall in Kapitel 2.3.3 beschrieben ist, werden die Oberfl¨achenverschiebungen gegen¨ uber der Zeit entlang einer Mantellinie des Rohres (z-Richtung) und senkrecht dazu (y-Richtung) gemessen. • Die Wellenzahlen kiy und kjz werden mit Hilfe des eindimensionalen MatrixPencil Algorithmus gesch¨atzt. Diese Sch¨atzwerte entsprechen den Projektionen der Wellenzahlvektoren k auf das (y, z)-Koordinatensystem. • Weitere Verschiebungsmessungen entlang der Koordinatenachsen y und z werden durchgef¨ uhrt, wobei das (y , z )-Koordinatensystem gegen¨ uber dem (y, z)-System um den Winkel α gedreht ist (Abb. 2.17). • Die Wellenzahlen kiy und kjz werden extrahiert.
41
• Um nun die Elemente korrekt zu paaren, wird ein Vektor kiy , kjz ausgew¨ahlt und mit Hilfe der Gl. 2.49 auf des (y , z )-Koordinatensystem gedreht (Abb. 2.18). ! " kˆiy cos α sin α kiy = (2.49) kjz − sin α cos α kˆjz Existiert der Wellenzahl Vektor kiy , kjz physikalisch, # $ # $ so existiert auch ein Paar kiy , kjz , welches mit der Projektion kˆiy , kˆjz identisch ist. kz kz’
k2
k2z
ky’ k1y’ k2y’ k1
k1 z k2z’ α
k1 y
k2 y
ky
k1z’
Abbildung 2.18: Beispiel mit zwei Wellenzahlvektoren k1 und k2 . Ihre Projektionen auf die vier Achsen entsprechen denjenigen Werten die im quasi 2D Fall gemessen werden. • Der oben beschriebene Schritt wird f¨ ur alle m¨oglichen Kombinationen kiy und kjz wiederholt. Numerisches Beispiel Der quasi zweidimensionale Algorithmus soll anhand eines Beispieles demonstriert werden. Abb. 2.19 zeigt das analytisch erzeugte Wellenfeld ohne zus¨atzliches Rau¨ schen, welches analysiert werden soll. Das Feld ist durch die Uberlagerung von vier ebenen Wellen generiert worden. Die einzelnen Parameter der Exponentialfunktionen nach Gl. 2.47 werden wie folgt gew¨ahlt: Uo1 Uo2 Uo3 Uo4
= 1.0 = 1.0 = 1.0 i = 1.0 i
ky1 ky2 ky3 ky4
= 2 π · 0.20 m−1 = 2 π · 0.20 m−1 = 2 π · 0.29 m−1 = 2 π · 0.29 m−1
42
kz1 kz2 kz3 kz4
= 2 π · 0.21 m−1 = −2 π · 0.21 m−1 = 2 π · 0.33 m−1 = −2 π · 0.33 m−1
z z’ 60 y’ 2 0 -2 -60
y 60 y-A 0 chs e
0 se ch zA
60 -60
-60
-60
60
Abbildung 2.19: Darstellung eines Wellenfeldes bestehend aus vier ebenen Wellen mit gleichen Amplituden. In der Aufsicht rechts sind zus¨atzlich die Messachsen y, z, y und z eingezeichnet. Aus diesem Wellenfeld werden die ben¨otigten Daten entlang der vier Achsen an jeweils 120, mit ∆ = 1 m uniform verteilten Punkten heraus geschrieben (Abb. 2.20). uber (y, z) um α = 30◦ gedreht. Die Das orthogonale Achsenpaar (y , z ) ist gegen¨ k¨ unstlichen Daten werden mit gaussschem Rauschen (SNR = 3 dB) u ¨berlagert. Die auf die einzelnen Achsen projizierten Wellenzahlen werden mit einer PencilParameter L¨ange P = 54 extrahiert. Die Anzahl Signalpole wird mit Hilfe des AIC-Kriteriums bestimmt.
Amplitude
4
0
-4 -60
0
y-Achse
60 -60
0
60 -60
z-Achse
0
y’-Achse
60 -60
0
60
z’-Achse
Abbildung 2.20: Darstellung der Realteile der vier k¨ unstlich generierten Verschiebungen mit u ¨berlagertem Rauschen u ¨ber den Ort (y, z, y und z -Achse).
In Abb. 2.21 sind die vorgegebenen Wellenzahlen in der (ky , kz )-Ebene als Kreise und die durch den quasi zweidimensionalen Matrix-Pencil Algorithmus gesch¨atzten als Kreuze dargestellt. Wie Abb. 2.21 zeigt, werden alle vier Wellenzahlen gefunden und deren Komponenten korrekt gepaart. Die Sch¨atzgenauigkeit ist mit weniger als 0.5 % Abweichung bei so stark verrauschten Daten als sehr gut zu beurteilen.
43
Wellenzahlkz[rad/m]
. 0.4 2 π 0.2
0
-0.2
-0.4
.2 π 0.2
0.24
0.28
0.32
Wellenzahlky[rad/m]
Abbildung 2.21: Abbildung der gegebenen (Kreise) und der gesch¨atzten (Kreuze) Wellenzahl Vektoren in der (ky , kz )-Ebene.
2.4 2.4.1
Inverses Problem: Extraktion der Materialkennwerte Einleitung und Anforderung
Die Parametersch¨atzung nicht linearer algebraischer Modelle spielt in vielen Gebieten der Wissenschaft und der Technik eine wichtige Rolle. Daher existieren eine ganze Menge von leistungsf¨ahigen Algorithmen auf diesem Gebiete. Zum Beispiel werden im Lehrbuch von Hoepcke [Hoe80] oder demjenigen von Koch [Koc97] einige der grundlegenden Verfahren vorgestellt und diskutiert. Im vorliegenden Problem, der Bestimmung der elastischen Eigenschaften aus der Dispersionsbeziehung, soll ein Algorithmus verwendet werden, der die folgenden Anforderungen erf¨ ullt: • genaue Resultate sollen erreicht werden • der Algorithmus muss in der Lage sein, ein komplexes und nichtlineares Modell zu optimieren • die Methode muss robust im Hinblick auf viele Ausreisser sein In der Arbeit von Britt und Luecke [BL73] wurde ein entsprechender Algorithmus gefunden, der den ersten zwei Punkten gerecht wird. Danuser und Stricker [DS98] verwenden als Basis denselben Optimierungsalgorithmus und haben unter anderem mit der konsequenten Behandlung der Fehlerfortpflanzung im Beobachtungsraum ein effizientes Werkzeug zur Ausreisserdetektion entwickelt, wodurch dem dritten Punkt Rechnung getragen wird.
44
Im vorliegenden Kapitel werden zuerst die mathematischen Grundlagen des verwendeten Algorithmus er¨ortert. Anschliessend wird dieses Werkzeug so angepasst, dass es in der Lage ist, die in Kapitel 2.2.3 behandelte Theorie zu fitten.
2.4.2
Methode der kleinsten Quadrate
Die zugrunde liegende mathematische Funktion, welche die Beziehung zwischen den reinen Eingangsdaten, den Beobachtungen, und den gesuchten Modellparametern beschreibt, kann in impliziter Form folgendermassen geschrieben werden f (x, l) = 0
(2.50)
wobei x der Vektor der u unbekannten Modellparameter und l der Vektor der n ungest¨orten Beobachtungen darstellt. Da in realen Anwendungen die Messdaten immer mit Rauschen und anderen Fehlern behaftet sind, wird l geschrieben als l = ˜l + e. Die Beobachtungen werden mit ˜l bezeichnet und e sind die a priori unbekannten Fehler im Beobachtungsraum. Man unterscheidet drei Typen von Fehlern: zuf¨allige statistisch verteilte Fehler, systematische Fehler und grobe Fehler. Systematische Fehler m¨ ussen bei der Datenaufnahme vermieden werden, oder k¨onnen durch eine Anpassung des Modelles, beziehungsweise dessen Verfeinerung, ber¨ ucksichtigt werden. Grobe Fehler sind sogenannte Ausreisser. Um ihren grossen Einfluss auf die Sch¨atzwerte zu unterdr¨ ucken, m¨ ussen sie erkannt und aus dem Beobachtungsvektor ˜l ausgeschlossen werden. Erst dadurch wird ein stabiler und robuster Optimierungsalgorithmus erreicht. Nur die zuf¨alligen Fehler k¨onnen mit Hilfe von statistischen Verteilungen charakterisiert werden. In den meisten Anwendungen gehorchen diese der Normalverteilung. 2Fehler ˜ ˜ Schreibt man l ∼ N l, Σll anstelle von l ∼ N l, σ I , mit dem Erwartungswert l, der Kovarianzmatrix Σll von ˜l und mit σ 2 als der Varianz der Beobachtungen, ist es m¨oglich, Beobachtungen unterschiedlicher Genauigkeit und Gr¨ossenordnung entsprechend zu gewichten. Der Optimierungsprozess kann im Wesentlichen auf zwei unterschiedliche Arten angegangen werden: • Minimieren der Summe der Quadrate der Residuen e im Beobachtungsraum T
Θe = e e
mit
˜ f x, l + e = 0,
(2.51)
was als geometrisches Fitten bezeichnet wird. Die Fehler e entsprechen somit dem Abstand zwischen den Beobachtungen ˜l und den analytisch bestimmten, auf den Sch¨atzungen x beruhenden, Punkten.
45
• Minimieren der Summe der Quadrate der Residuen w im Funktionenraum mit f x, ˜l − w = 0, (2.52) Θw = wT w dem sogenannten algebraischen Fitten. Der entscheidende Vorteil in der geometrischen Prozedur liegt darin, dass mit den Residuen e im Beobachtungsraum Ausreisser detektiert werden k¨onnen. Zus¨atzlich kann gezeigt werden, dass bei normal verteilten Beobachtungen die Minimierung der Residuen e einem Maximum-Likelihood Sch¨atzverfahren entspricht [DS98]. Sollen, wie dies oben erw¨ahnt ist, die Beobachtungen unterschiedlich gewichtet werden, muss Gl. 2.51 zu Gl. 2.53 erweitert werden −1 T ˜ mit f x, l + e = 0 (2.53) Θe = e Qll e Wobei die Kofaktormatrix Qll aus der Normierung der Kovarianzmatrix Qll = Σll /σ02 resultiert, deren Inverse als Gewichtungsmatrix interpretiert werden kann. σ0 ist ein Normierungsfaktor, welcher als die a priori Standardabweichung einer Beobachtung mit Einheitsgewicht gesehen werden kann. Ist f (x, l) eine nicht lineare Funktion von x und l, existiert keine geschlossene L¨osung des Problems, wodurch ein iteratives Verfahren ben¨otigt wird. Das Verfahren von Britt et al. [BL73] wird implementiert, es soll im Folgenden kurz skizziert werden. ˆ (0) und mit Gestartet wird mit einem Anfangswert f¨ ur die Modellparameter x ˆ ˜ den Beobachtungen l(0) = l. Gestoppt wird das Verfahren, wenn das Inkrement % ˆ (t + 1) − x ˆ (t) beim Iterationsschritt t eine vorgegebene Genauigkeit er∆x(t) =x reicht. Gleichzeitig mit den Modellparametern werden die Beobachtungen aufdatiert ˆl(t + 1) = ˆl(t) + ∆l(t). % Im allgemeinsten Fall kann mit Hilfe des Lagrange’schen Formalismus die Zielucksichtigung ihrer Nebenbedingung f (x, l) = 0, funktion Θe = eT Q−1 ll e, unter Ber¨ minimiert werden, in dem das Extremum der Gl. 2.54 gesucht wird. Φ (x, l, λ) = eT Q−1 ll e − 2 λ · f (x, l)
(2.54)
wobei λ die Lagrange’schen Multiplikatoren sind. Die Funktion f (x, l) wird mit ˆ , ˆl entwickelt, wodurch aus Gl. 2.54 die Hilfe der Taylor Reihe um den Punkt x partiell linearisierte Zielfunktion Gl. 2.55 entsteht Φ (x, l, λ) ≈ eT Q−1 (2.55) ll e − 2 λ · (A ∆x + B ∆l − w) ˆ (t), ˆl(t) . Die Sch¨atzung der Residuen Mit A = ∂f /∂x, B = ∂f /∂l und w = −f x & % ) berechnet werden. Die notwendige Bedingung, dass kann somit als e = t ∆l(t t =0
46
ˆ ˆ (t), l(t) station¨ar und somit die Zielfunktion minimiert wird, Gl. 2.55 im Punkt x ist ! "T ∂Φ ∂Φ ∂Φ =0 (2.56) , , ∂∆x ∂∆l ∂λ Aus Gl. 2.56 entsteht somit das folgende lineare Gleichungssystem Gl. 2.57 AT λ = 0 T −Q−1 ll e + B λ = 0 A ∆x + B ∆l − w = 0
(2.57)
Die Lagrange’schen Multiplikatoren λ in Gl. 2.57 werden eliminiert und das System wird nach ∆x und ∆l aufgel¨ost, wodurch sich f¨ ur die neu gesch¨atzten Inkremente Gl. 2.58 ergibt % = AT Q−1 A −1 AT Q−1 w ∆x ww ww (2.58) T −1 −1 T −1 T −1 % = Qll B Q ∆l A Qww w ww I − A A Qww A Mit Qww = B Qll BT als der Kofaktormatrix der Funktionsresiduen w.
2.4.3
Fehlerfortpflanzung und Ausreisserdetektion
Die Detektion von Ausreissern ist essenziell um ein robustes Sch¨atzverfahren zu erhalten. Um die G¨ ute der einzelnen Beobachtungen zu beurteilen, ist eine statistische Charakterisierung der Sch¨atzfehler in Bezug auf das analytische Modell n¨otig. Dazu muss die bis jetzt lediglich im Funktionenraum bekannte Kofaktormatrix Qww in den Raum der Unbekannten ∆x und ∆l transformiert werden. Koch [Koc97] sagt, dass die lineare Transformation y = H z + c der normalverteilten Zufallsvariabel z ∼ N (¯z, Σzz ) zu einer anderen normalverteilten Zufallsvariabel (2.59) y ∼ N H z¯ + c, H Σzz HT f¨ uhrt. Um nun die ben¨otigte Kofaktormatrix Q∆l uck% ∆l % zu berechnen, kann unter Ber¨ sichtigung von Gl. 2.58, diese lineare Transformation benutzt werden. Als Nebenprodukt kann gleichzeitig die Kofaktormatrix der gesch¨atzten Modellparameter bestimmt werden (Gl. 2.60). " ! Q∆x Q∆x % % ∆x % % ∆l = [H1 |H2 ] Qww [H1 |H2 ]T (2.60) Q∆x Q % % ∆l % % ∆l ∆l mit
−1 T −1 H1 = AT Q−1 A Qww ww A T −1 −1 T −1 I − A A Qww A H2 = Qll BT Q−1 A Qww ww
47
Es bleibt noch zu zeigen, dass Qxˆ xˆ = Q∆x % ∆x % gilt. Dies folgt aus der Beziehung % ˆ (t + 1) = x ˆ (t) + ∆x(t). ˆ x W¨ahrend des Inkrements t wird das ganze System um x ˆ als fehlerfrei vorausgesetzt wird. Die Anwendung linearisiert, das heisst auch, dass x der linearen Fehlertransformation zeigt, dass Qxˆ xˆ = Q∆x % ∆x % ist. Auf dieselbe Art gilt. kann auch gezeigt werden, dass Qˆlˆl = Q∆l % ∆l % ur die Residuenvektoren ej aller Punkte Nun wird ein statistischer Test T j f¨ aufgestellt. −1 j T ˆj Qjeˆeˆ ˆ e e j T = (2.61) pσ ˆ02 ˆj werden Die Residuenvektorene als p-dimensional normalverteilte Zufallsvariabeln j j 2 ˆ ∼ N 0, σ0 Qeˆeˆ . σ ˆ0 ist ein Sch¨atzwert f¨ ur σ0 und berechnet sich als angenommen e ˆ ˆT (Qll )−1 e e (2.62) ν ν ist der Freiheitsgrad des Problems. Die Teststatistik T j ist eine Zufallsvariabel mit Fisher-Verteilung T j ∼ Fα,p,ν , wobei das α-Quantil die Irrtumswahrscheinlichkeit angibt. Die rechenintensive Inversion von Qll kann umgangen werden, indem die ¨berpr¨ uft werden (Gl. 2.63). p-Dimensionen von ej unabh¨angig voneinander u σ ˆ02 =
Tj =
p '
Tij < Fα,1,ν
Tij =
mit
i=1
ˆj e ( i Qjeˆeˆ ii σ ˆ0
(2.63)
Ein Messpunkt wird ausgeschlossen, wenn T j = ”falsch”. Nebenbei bemerkt, entspricht die eindimensionale Fisher-Verteilung der Student-Verteilung. Neben der Ausreisserdetektion ist auch ein Kriterium n¨otig, welches erlaubt ultigen Beobachtungen z¨ahlen, gePunkte, die momentan zur Menge k der ung¨ ultigen zu klassifizieren. Da von diesen gebenenfalls als solche der Menge j der g¨ Punkten keine Residuen im Beobachtungsraum existieren, werden sie anhand ihrer Residuen im Funktionenraum beurteilt. Eine zu Gl. 2.61 a¨hnliche Testfunktion wird aufgestellt (Gl. 2.64) −1 k T ¯ k Qkw¯ w¯ ¯ w w k (2.64) T = 2 qσ ˆ0 ˆ , ˜lk ein Vektor mit q-Komponenten ist, entsprechend der Anzahl ¯ k = −f x Wobei w Funktionen f . Die Kofaktormatrix Qkw¯ w¯ wird unter Ber¨ ucksichtigung von Gl. 2.57 durch die lineare Transformation Gl. 2.65 berechnet. ! k " ! " ∂f ∂f Qll 0 k Qw¯ w¯ = HT (2.65) , ∂l ∂x l=˜lk ,x=ˆx 0 Qxx ) *+ , H
Der getestete Punkt wird als g¨ ultig klassifiziert, wenn T k < Fα,q,ν .
48
2.4.4
Vorgehen am Beispiel der Dispersionskurven
Das in den vorangegangenen zwei Unterkapiteln 2.4.2 und 2.4.3 dargelegte Verfahren, wird in diesem Kapitel auf die Bestimmung der elastischen Materialparameter aus den Dispersionskurven angewendet. Die in Kapitel 2.2.3 entwickelte numerischanalytische Theorie wird dabei als treibende, modellbeschreibende Funktion verwendet. Sensitivit¨ atsanalyse In Abb. 2.22 ist das Frequenzspektrum der Umfangsmoden n = 4 des 22.5◦ -Rohres abgebildet, um die Namensgebung der einzelnen Wellenmoden in Erinnerung zu rufen. F(4,5) F(4,4)
Frequenz[kHz]
600
F(4,3) 400 F(4,2)
200
0 0
F(4,1)
1500
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 2.22: In der Literatur u ¨bliche Namensgebung der Wellenmoden am Beispiel eines CFK-Rohres, dargestellt im Frequenzspektrum. Um den Einfluss der einzelnen Steifigkeitselemente auf die Dispersionskurven im benutzten Frequenzbereich qualitativ zu erfassen, wird eine Sensitivit¨atsanalyse durchgef¨ uhrt. Einerseits wird das zylindrisch-orthotrope Materialmodell (Abb. 2.23), mit den neun unabh¨angigen Steifigkeitselementen untersucht. Andererseits wird das Verhalten im Fall des geschichteten Materials (Abb. 2.24), unter der Annahme des transversalisotropen Verhaltens einer Schicht, analysiert. Die unabh¨angigen Steifigkeitselemente werden einzeln um ±10 % und ±20 % variiert. Dadurch wird erst ersichtlich welche der einzelnen elastischen Gr¨ossen bestimmbar sind. Dies ist entscheidend, denn wenn nach einer Gr¨osse optimiert werden soll, welche nur einen sehr
49
Frequenz[kHz]
600 400 200
C 11
C 22
C 33
C 12
C 13
C 23
C 44
C 55
C 66
Frequenz[kHz]
0
600 400 200
Frequenz[kHz]
0
600 400 200 0
0
1500
Wellenzahl[rad/m]
3000 0
1500
Wellenzahl[rad/m]
3000 0
1500
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 2.23: Frequenz-Spektren eines CFK-Rohres. Darstellung des Einflusses der Variation der einzelnen unabh¨angigen Steifigkeitselemente im Falle des Umfangmodes n = 4 unter Annahme eines zylindrisch-orthotropen Materialverhaltens. bescheidenen Einfluss auf die zu untersuchende Funktion hat, wird der Algorithmus scheitern. Im zylindrisch-orthotropen Fall, werden die Materialdaten des 22.5◦ -Rohres nach Anhang C verwendet. Das Verhalten des Frequenzspektrums des Umfangmodes n = 4 wird untersucht. Dabei k¨onnen folgende Einfl¨ usse festgestellt werden: C11 : Ein Einfluss kann nur bei h¨oheren Frequenzen festgestellt werden → nicht bestimmbar im untersuchten Frequenzbereich. C22 : Einfluss nur schwach im Mode F(4, 2) im unteren Frequenzbereich ersichtlich → nicht bestimmbar. C33 : In den Moden F (4, 3) und F (4, 4) ist ein deutlicher Einfluss erkennbar, das heisst genau dort wo axiale Verschiebungskomponenten vorherrschen, variiert die Ausbreitungsgeschwindikeit → bestimmbar.
50
C12 : Kein Einfluss ersichtlich → nicht bestimmbar. C13 : Kein Einfluss ersichtlich → nicht bestimmbar. C23 : Schwacher Einfluss auf denselben Mode wie C22 →nicht bestimmbar. C44 : Grosser Einfluss mit zunehmender Frequenz in den Moden F (4, 2) und F (4, 3) → bestimmbar. C55 : Grosser Einfluss im Mode F (4, 1), zus¨atzlich ist die Cutoff-Frequenz von F (4, 5) ausschliesslich durch C55 bestimmt → bestimmbar. C66 : Die Cutoff-Frequenz von F (4, 4) wird durch dieses Steifigkeitselement bestimmt → bestimmbar.
Frequenz[kHz]
Nebenbei bemerkt, verhalten sich nicht axialsymmetrische Moden mit anderen Umfangswellenzahlen nahezu identisch. Der Einfluss der f¨ unf transversalisotropen Eigenschaften einer Schicht auf das Dispersionsverhalten eines aus 15 dieser Schichten aufgebauten Rohres, welche einen uber der Rohrachse einschliessen, kann wie folgt charakteWinkel von ±22.5◦ gegen¨ risiert werden: 600 400 200
C 11 0
0
1500
C 33
3000 0
Frequenz[kHz]
Wellenzahl[rad/m]
1500
3000
Wellenzahl[rad/m]
600 400 200 0
C 13
C 12 0
1500
Wellenzahl[rad/m]
3000 0
1500
Wellenzahl[rad/m]
C 44 3000 0
1500
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 2.24: Frequenz-Spektren eines CFK-Rohres. Darstellung des Einflusses der Variation der einzelnen unabh¨angigen Steifigkeitselemente im Falle des Umfangmodes n = 4 unter der Annahme eines geschichteten Strukturaufbaus, bestehend aus 15 um ±22.5 ◦ gedrehten transversalisotropen Schichten.
51
C11 : Nur die Cutoff-Frequenz des Modes F (4, 4) wird durch dieses Steifigkeitselement beeinflusst → bestimmbar. C33 : Die Ausbreitungsgeschwindigkeit aller Moden, ausser F (4, 1), werden variiert → bestimmbar. C12 : Nur ein schwacher Einfluss auf die Cutoff-Frequenz des Modes F (4, 4) ist erkennbar → nicht bestimmbar. C13 : Kein Einfluss auf das Dispersionsverhalten → nicht bestimmbar. C44 : Dieses Steifigkeitselement beeinflusst die Geschwindigkeit des Modes F (4, 1) und die Cutoff-Frequenz von F (4, 5) → bestimmbar. Aus diesen Erkenntnissen wird im Folgenden der Optimierungsalgorithmus f¨ ur zwei unterschiedliche Vektoren x aufgeschrieben: • orthotrop: x1 = [C33 , C44 , C55 , C66 ] • geschichtet: x2 = [C11 , C33 , C44 ]
Frequenz[kHz]
Dieselbe Untersuchung wurde auch durchgef¨ uhrt f¨ ur die Ingenieurmoduln E11 , ur die E22 , E33 , G23 , G13 , G12 , ν23 , ν13 und ν12 . In Abb. 2.25 sind die Resultate f¨ Variation der Elastizit¨atsmoduln und die Querkontraktionszahlen dargestellt. Auf 600 400 200
E 11
E 22
E 33
ν 23
ν 13
ν 12
Frequenz[kHz]
0
600 400 200 0
0
1500
Wellenzahl[rad/m]
3000 0
1500
Wellenzahl[rad/m]
3000 0
1500
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 2.25: Darstellung des Einflusses der Variation der drei Elastizit¨atsmoduln (oben) und der drei Querkontraktionszahlen (unten).
52
die Abbildung des Einflusses der Schubmoduln kann verzichtet werden, da G23 = C44 , G13 = C55 und G12 = C66 . Ein Vergleich mit Abb. 2.23 zeigt, dass die Einfl¨ usse der Ingenieurmoduln denjeusse der Elastizit¨atsmonigen der Steifigkeitselemente Cij sehr ¨ahnlich sind. Die Einfl¨ dul E33 und der Poissonzahl ν23 wiederspiegeln sich in denselben Moden in derselben Gr¨ossenordnung, was zus¨atzliche Schwierigkeiten mit sich bringt. Konkrete Anwendung Die Funktion welche es im Falle von Dispersionskurven zu optimieren gilt, kann in impliziter Form als Gl. 2.66 f (x, l) = eig (K (x, k) , M (k)) − (2 π f )2 = 0
(2.66)
geschrieben werden kann. Der Vektor der Unbekannten x enth¨alt die gesuchten Modellparameter Cij , wie sie oben beschrieben sind und der Beobachtungsvektor l setzt sich aus der Frequenz f und der Wellenzahl k zusammen. Zus¨atzlich muss die Genauigkeit der Beobachtungen in der Kofaktormatrix Qll vorgegeben werden. % m¨ % und ∆l Zur Bestimmung der Inkremente ∆x ussen die Jacobi Matrizen A und B der Lagrange’schen Funktion Φ aufgestellt werden. Da dies nicht in geschlossener Form m¨oglich ist, bedienen wir uns numerischer N¨aherungen. Somit l¨asst sich zum Beispiel Φ (x, l + dl) − Φ (x, l − dl) ∂Φ = (2.67) ∂l 2 dl approximieren. Modell initialisieren
l
j
Fit
Ausreisser detektieren
Ja
Ende
Nein
NeuePunkte akquirieren
Change j inl
Fit
Abbildung 2.26: Flussdiagramm des Optimierungsalgorithmus. Abb. 2.26 zeigt das Vorgehen f¨ ur Wellenmoden mit der Umfangswellenzahl n. In einem ersten Schritt wird das Modell initialisiert. Dabei wird der Messdatensatz l in ultige lk Punkte, unterteilt. Dies kann erfolgen, zwei Teilmengen, g¨ ultige lj und ung¨ ˆ (0) generiert wird, welin dem ein k¨ unstlicher Datensatz l mit den Startwerten x cher mit bekanntem gaussschem Rauschen u ¨berlagert wird. Alle Messwerte werden
53
zuerst der Teilmenge lk zugeordnet. Basierend auf den statistischen Daten von l werden mit Gl. 2.63 neue Punkte gesucht, diese entsprechen dann dem ersten g¨ ultigen % (t) die gew¨ ˆ solange optimiert, bis ∆x unschte GenauPunktesatz lj (0). Nun wird x igkeit erreicht hat. Mit Hilfe dieser neuen Modellparameter werden die Ausreisser im Datensatz lj bestimmt. Anschliessend folgt ein zweiter Optimierungsdurchgang. Aufgrund dessen gesch¨atzten Modellparametern neue Punkte aus dem als ung¨ ultig k klassierten Punktesatz l gesucht werden. Die ganze Prozedur wird solange wiederholt, bis keine neuen Punkte mehr gefunden und auch keine neuen Ausreisser mehr detektiert werden.
2.4.5
Beispiel mit k¨ unstlichen Daten
Um den Optimierungsalgorithmus zu testen, werden k¨ unstliche Daten nach dem Modell von Kapitel 2.2.3 generiert. Dazu wird das effektive orthotrope Materialverhalten des 22.5◦ Rohres gew¨ahlt. Die Steifigkeitselementen und die geometrischen Gr¨ossen sowie die Dichte k¨onnen aus dem Anhang C entnommen werden. Zur Diskretisierung in radialer Richtung werden 30 lineare Elemente verwendet. Die Wellenmoden mit der ganzzahligen Umfangsmodulation n = 2 werden in diesem Beispiel untersucht. Die grauen Punkte in Abb. 2.27 zeigen die berechneten Punkte der Dispersionsbeziehung. Die reinen Daten werden mit zweidimensionalem gaussschem Rauschen 700
Frequenz[kHz]
600 500 400 300 200 100 0
0
500
1000
1500
2000
2500
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 2.27: K¨ unstliche Datenpunkte der Dispersionskurve des 22.5◦ Rohres, welche zum Testen des Optimierungsalgorithmus verwendet werden, als graue Punkte dargestellt. Die schwarzen Ringe bezeichnen die vom Optimierungsalgorithmus als g¨ ultig klassifizierten Punkte.
54
u ¨berlagert, in der Dimension der Frequenz mit einer Standartabweichung von 5 kHz und in der Wellenzahl mit 5 m−1 . Solange es sich um normalverteiltes Rauschen handelt, kann auch deutlich st¨arkeres Rauschen den Daten beaufschlagt werden. Zus¨atzlich werden im gesamten Beobachtungsraum zuf¨allig Ausreisser platziert. Der Anteil Ausreisser entspricht einem Viertel aller Datenpunkte. Alle diese Punkte werden dem oben beschriebenen Algorithmus als Eingangsdaten u ¨bergeben. Die durch die schwarzen Ringe gekennzeichneten Punkte in Abb. 2.27 zeigen die vom Algorithmus als g¨ ultig klassifizierten Punkte. Alle Ausreisser wurden ¨ auch als solche erkannt. Die zwei steileren Aste des Dispersionsdiagramms weisen auf Grund des Berechnungsalgorithmus weniger Punkte auf, da die Punkte mit vorgegebenem, gleichbleibendem Wellenzahlinkrement berechnet werden. In Abb. 2.28 sind die Fehlermasse der Frequenz (graue Punkte) und der Wellenzahl (schwarze Punkte) nach Gl. 2.64 dargestellt. Dieses dimensionslose G¨ utekriterium berechnet sich nach Gl. 2.64. Die gr¨osstenteils saubere Normalverteilung im
Fehlermass[-]
4
0
-4
0
300
600
Abbildung 2.28: Darstellung der Fehlermasse der als g¨ ultig klassifizierten Punkte. Die grauen Punkte entsprechen der Frequenz und die schwarzen der Wellenzahl. Fehlermass, spricht f¨ ur eine gute Qualit¨at der gesch¨atzten Parameter. Im Falle von schlecht gesch¨atzten Materialparametern oder von Modellfehlern k¨onnten gewisse Trends in den Fehlermassen der einzelnen Moden beobachtet werden, wie dies zum Beispiel in Kapitel 3.4.1 gesehen werden kann. Die im Sinne der kleinsten Fehlerquadrate im Funktionenraum optimal gesch¨atzten Materialeigenschaften nehmen folgende Werte an: C33 = 1.02 · 1011 N/m2 C55 = 4.78 · 109 N/m2
C44 = 1.90 · 1010 N/m2 C66 = 3.76 · 109 N/m2
dies entspricht den folgenden, in Bezug auf die gegebenen Parameter, relativen Fehlern: C44 : 0.16% C33 : 0.55% C66 : 0.10% C55 : 0.09%
55
1.30
x10 11
2.10
x10 10
C33 1.90
2 Steifigkeit[N/m]
1.10
0.90 5.00
C44
5
25
x10
45
1.70
9
4.00
5
25
x10
C55
C66 3.80
4.75
4.50
45
9
5
25
45
Iterationsschritt
3.60
5
25
45
Iterationsschritt
Abbildung 2.29: Aufzeichnung der Entwicklung der Werte der vier Materialparameter nach denen w¨ahrend eines Optimierungsprozesses gefittet wird. Wird das Verhalten der einzelnen Optimierungsparameter w¨ahrend des Prozesses beobachtet (Abb. 2.29), kann festgestellt werden, dass die gr¨ossten Anpassungen in den Parametern zu Beginn des Prozesses erfolgen. Die mehr oder weniger horizontalen Bereiche am Anfang, sind Iterationsschritte, die unmittelbar nach einer ¨ Ausreisserdetektion erfolgen. Die Anderungen in den Eigenschaften sind marginal, da in diesem speziellen Fall meist keine oder nur wenige Punkte als Ausreisser klassifiziert werden.
2.5
Schlussfolgerungen
Die wichtigsten Erkenntnisse aus den vorangegangenen Unterkapiteln im Hinblick auf die folgenden Experimente werden hier festgehalten. Frequenzband Die Experimente werden in einem Frequenzbereich bis 750 kHz durchgef¨ uhrt. Diese maximale Frequenz entspricht einer kleinsten Wellenl¨ange von ca. 2 mm. Damit ist garantiert, dass die gr¨osste Dimension der Mikrostruktur der Probe viel gr¨osser ist als die kleinste Wellenl¨ange. Dadurch werden lokale Resonanzen vermieden, was die Verwendung der effektiven Materialeigenschaften rechtfertigt.
56
Materialverhalten Zur Bestimmung der Materialparameter soll einerseits das in Gl. 2.6 beschriebene Werkstoffverhalten, welches nur von den 5 transversal isotropen Schichtparametern abh¨angt verwendet werden. Andererseits wird das allgemeine zylindrisch-orthotrope Materialverhalten untersucht. Da je nach betrachtetem Fall nur 3 respektive 4 elastische Eigenschaften einen Einfluss auf das Dispersionsverhalten im betrachteten Frequenzband haben, vereinfacht sich der Optimierungsalgorithmus erheblich. Wellenmoden Die Abweichungen in den Dispersionskurven infolge unterschiedlicher Umfangswellenzahlen sind in den oberen drei Vierteln des verwendeten Frequenzbereichs marginal. Eine Trennung der Umfangsmoden in der Signalverarbeitung, durch einen zweidimensionalen Matrix-Pencil Algorithmus setzt somit enorm hohe Anspr¨ uche an die Qualit¨at der experimentellen Messdatenerfassung. Zudem setzt dieses Vorgehen voraus, dass nur Wellenmoden propagieren, welche durch den harmonischen Ansatz (Gl. 2.10) beschrieben werden k¨onnen. Die Zuordnung einzelner extrahierter Punkte der Dispersionskurve zum richtigen Umfangsmode ist vom Optimierungsalgorithmus her prinzipiell m¨oglich, aufgrund der erforderlichen Genauigkeiten in der Messung der Zeitreihen und der Sch¨atzung der Wellenzahlen jedoch kaum Erfolg versprechend. Wird dagegen im Experiment versucht, haupts¨achlich Moden mit einer bestimmten Umfangswellenzahl anzuregen, umgeht man die oben erw¨ahnten Probleme, ohne dass man einen grossen Informationsverlust in Kauf nehmen muss. Andere nicht absichtlich laufende Wellenmoden, die sicher vorhanden sind, k¨onnen mit Hilfe der Ausreisserdetektion w¨ahrend des Optimierungsprozesses erkannt und ausgeschlossen werden.
57
58
Kapitel 3 Numerische Wellenausbreitung 3.1
Einleitung
Die theoretisch-analytische Behandlung elastischer Wellenph¨anomene in zylindrischen, anisotropen Strukturen ist aufgrund der Komplexit¨at nur beschr¨ankt m¨oglich. Obwohl ein Rohr mit Kreisquerschnitt geometrisch betrachtet eine einfache Struktur ist, l¨asst sich im anisotropen Fall nicht einmal die Dispersionsbeziehung analytisch exakt l¨osen. Man verwendet daher L¨osungsans¨atze, welche die Gleichungen nur n¨aherungsweise erf¨ ullen oder man bedient sich der Asymptotik. Mit der starken Zunahme der Rechenleistung in den letzten Jahren, gewannen numerischen Algorithmen zunehmend an Bedeutung. Bei diesen Verfahren wird das Problem in viele kleine Teilgebiete unterteilt, in denen das Teilproblem unter Ber¨ ucksichtigung der angrenzenden Gebiete gel¨ost wird. Die numerische Modellierung von elastischen Wellen im Zeitbereich wurde im Rahmen dieser Arbeit zur Behandlung der folgenden Punkte entwickelt: • Um die komplexen Signalverarbeitungsalgorithmen systematisch zu testen sollen realistische Datens¨atze k¨ unstlich generiert werden. • Durch die Visualisierung der Wellen soll das Verst¨andnis dieser Ph¨anomene gef¨ordert werden. • Optimierung der Anregung durch das Piezoelement. Gezielt sollen unterschiedliche Wellenmoden angeregt werden k¨onnen. Die Simulation dynamischer, elastischer Probleme kann grunds¨atzlich mit drei verschiedenen Verfahren angegangen werden. Zu den direkten Methoden im Zeitbereich geh¨oren: • Finite Integrationstechnik, finite integration technique (FIT) [Mar97, FMLK95]
59
• Methode der finiten Elemente finite element method (FEM) [Bat96, ZT00] • Finite Differenzen im Zeitbereich finite difference time domain (FDTD) [Yee66, Mad76, Taf95] Die Finite Integrationstechnik ist eine r¨aumliche Diskretisierungstechnik, welche direkt auf die dem Ph¨anomen zugrundeliegenden physikalischen Gleichungen in Integralform angewendet wird. Diese werden f¨ ur eine Kontrollfl¨ache oder ein Kontrollvolumen approximativ gel¨ost. Die zeitliche Diskretisierung wird analog zum FDTD-Algorithmus gew¨ahlt, so dass ein explizites Verfahren entsteht. Die Methode der finiten Elemente wurde in den 50er Jahren zur numerischen L¨osung von Problemstellungen in der Strukturmechanik eingef¨ uhrt. Die physikalischen Grundgleichungen werden nicht direkt diskretisiert und gel¨ost, sondern es wird u ¨ber die Formulierung des Variationsprinzips das zugeh¨orige Energiefunktional minimiert. Die zeitliche Diskretisierung erfolgt explizit oder implizit, zum Beispiel nach dem Integrationsverfahren nach Newmark (siehe Anhang B). Die Methode der finiten Differenzen im Zeitbereich diskretisiert direkt die physikalischen Grundgleichungen in differentieller Form. Dabei werden die o¨rtlichen und zeitlichen partiellen Ableitungen mit zentralen Differenzenquotienten ersetzt. Ein explizites lineares Gleichungssystem entsteht. Alle drei Verfahren sind in den Gebieten Kontinuumsmechanik, Akustik, Elektrodynamik und Fluiddynamik einfach und sehr elegant anwendbar. Die numerische Dispersion kann in allen Algorithmen durch eine ausreichende Abtastung der kleinsten Wellenl¨ange im Ort hinreichend klein gehalten werden. Der zeitliche Diskretisierungsparameter muss in jedem Fall gewisse Stabilit¨atskriterien erf¨ ullen. In jedem dieser drei Simulationsverfahren sollen die einzelnen Dimensionen der verwendeten Gitterzellen dieselbe Gr¨osse haben oder nur kleine Unterschiede aufweisen. Die ¨ortlichen und zeitlichen Gitterparameter sind in allen drei F¨allen in derselben Gr¨ossenordnung zu w¨ahlen. Die Verfahren FIT und FDTD weisen im Wesentlichen dieselben Vor- und Nachteile auf, w¨ahrend als zus¨atzlicher Nachteil der FE-Methode der massiv gr¨ossere Rechenaufwand hervorzuheben ist (Anhang B). Aufgrund ihrer Anschaulichkeit und Einfachheit wird im Rahmen dieser Arbeit nur noch die Methode der finiten Differenzen weiter angewendet. Die Methode wurde erstmals von Yee im Jahre 1966 publiziert [Yee66]. Dieser Original Yee FDTD-Algorithmus, zweiter Ordnung in der Zeit und im Ort, diskretisiert die Maxwell’schen Gleichungen. Yee benutzte ein elektrisches Feld welches gegen¨ uber dem Magnetfeld eine ¨ortliche und zeitliche Verschiebung aufweist, womit das duale Gittersystem eingef¨ uhrt worden ist (staggered grid ). Von Madariaga [Mad76] wurde der Yee’sche Schl¨ usselalgorithmus erstmals auf die Grundgleichungen der linearen Elastodynamik f¨ ur homogene isotrope Medien angewendet. Dieser Algorithmus basiert
60
auf einer versetzten Anordnung der Spannungs- und Geschwindigkeitskomponenten. Die sogenannte Velocity-Stress Finite-Difference Method (VS-FD-Methode) in Zylinderkoordinaten ist entstanden, wobei in dieser Publikation die Winkelabh¨angigkeit als trigonometrisch und somit bekannt angenommen wird, was das Problem auf zwei Dimensionen reduziert. Madariaga hat in derselben Publikation auch die Stabilit¨at und die numerische Dispersion diskutiert. Die korrekte Stabilit¨atsanalyse des original Yee-Algorithmus wurde 1975 von Taflove [Taf95] publiziert. Temple [Tem88] publizierte 1988 den Algorithmus in kartesischen Koordinaten f¨ ur inhomogene, anisotrope dreidimensionale Strukturen. 10 Jahre sp¨ater erweitern die Geophysiker Chen et al. [CCL98] das Verfahren auf zylindrische Koordinaten f¨ ur isotrope Werkstoffe. Zudem sind Erweiterungen auf viskoelastische Stoffe [RBS94] und energieabsorbierende R¨ander [Ran88] ver¨offentlicht worden. Zur Verminderung der numerischen Dispersion wurden einige Modifikationen vorgenommen, zum Beispiel die Erh¨ohung der Fehlerordnung [BJLT86] oder die Modifikation des Gitters durch Saenger et al. [SGS00]. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Publikationen findet sich in [SS95].
3.2
Anisotropes Rohr
Die numerische Simulation mechanischer Wellenausbreitungsph¨anomene in anisotropen Rohren wird mit Hilfe eines Verschiebungs-Spannungs-Finiten-Differenzen Schemas im Zeitbereich behandelt. Wie Gsell et al. [GLD01] gezeigt haben, kann auf die explizite Berechnung der Spannung verzichtet werden, was eine Reduktion des Speicherplatzes um einen Faktor drei mit sich bringt. Zus¨atzlich wird die Anzahl notwendiger Rechenoperationen (Floating Point Operations FLOPS) um einen Viertel gesenkt. In der vorliegenden Arbeit wird auf diesen, ausschliesslich die Informatikmittel betreffenden Vorteil verzichtet. Dadurch wird die Behandlung der geometrischen und der mechanischen Randbedingungen sowie der im Kapitel 3.3.4 ¨ beschriebenen Ubergangsbedingungen stark vereinfacht.
3.2.1
Analytische Problembeschreibung
Werden die linearen kinematischen Relationen Gl. 2.1 in das linear elastische Stoffgesetz Gl. 2.6 eingesetzt, resultieren explizite Gleichungen Gl. 3.1 f¨ ur die sechs mechanischen Spannungskomponenten σ =C·L·u
(3.1)
Im allgemeinsten Fall ist σ abh¨angig von 21 elastischen Konstanten, der radialen Koordinate r sowie den partiellen Ableitungen des Verschiebungsvektors u bez¨ uglich der Ortskoordinaten.
61
Die dynamischen Gleichgewichtsbedingungen am infinitesimalen Element enthalten die zeitliche Abh¨angigkeit des Problems. Nach Graff [Gra91] k¨onnen sie unter Vernachl¨assigung a¨usserer Volumenkr¨afte wie folgt geschrieben werden (Gl. 3.2). ∂σrr 1 ∂σrϕ ∂σrz σrr − σϕϕ ∂ 2 ur + + + = 2 ∂t ∂r r ∂ϕ ∂z r 2 ∂σrϕ 1 ∂σϕϕ ∂σϕz 2 ∂ uϕ = + + + σrϕ ρ· 2 ∂t ∂r r ∂ϕ ∂z r 2 ∂ uz ∂σrz 1 ∂σϕz ∂σzz 1 ρ· = + + + σrz 2 ∂t ∂r r ∂ϕ ∂z r ρ·
(3.2)
Somit sind die Beschleunigungen eines materiellen Punktes abh¨angig von den lokalen o¨rtlichen Spannungs¨anderungen, dem Radius r und der Dichte ρ. Neben den mechanischen Grundgleichungen m¨ ussen zus¨atzlich Randbedingungen erf¨ ullt werden. Das Modell wird als vom Vakuum umgeben angenommen, was die folgenden mechanischen Randbedingungen verlangt: σrj (Ri , ϕ, z, t) = 0 σrj (Ra , ϕ, z, t) = 0 σzj (r, ϕ, 0, t) = 0 σzj (r, ϕ, L, t) = 0
mit
j = r, ϕ, z
(3.3)
wobei L die L¨ange des Rohres bezeichnet.
3.2.2
Diskretisierung der Gleichungen
Alle ¨ortlichen und zeitlichen partiellen Ableitungen der neun ben¨otigten, oben beschriebenen Differentialgleichungen werden durch zentrale finite Differenzen approximiert. Dazu muss das Kontinuum der zu untersuchenden Struktur in Gitterzellen der Dimensionen dr, dϕ und dz unterteilt werden. Die sechs Spannungs- und die drei Verschiebungsgr¨ossen werden so auf einer Gitterzelle angeordnet, dass alle ben¨otigten Differenzen sauber zentriert und von zweiter Fehlerordnung sind (Abb. 3.6). Diese versetzte Anordnung ist eine der Voraussetzungen, damit ein stabiler Algorithmus entstehen kann. Diese Zuordnung der Feldkomponenten bedingt zudem, dass zentrale Differenzen verwendet werden m¨ ussen, was in der Simulation mechanischer Wellenausbreitung zwingend ist, da Vor- oder R¨ uckw¨artsdifferenzen die Ausbreitung der Wellen jeweils nur in eine Richtung erm¨oglicht. Die Approximationen der Ableitungen k¨onnen mit Hilfe der Taylorapproximation hergeleitet werden. Die erste Ableitung einer Funktion f (x) bez¨ uglich x an der Stelle x0 berechnet sich auf einem versetzten Gitter nach Gl. 3.4 f (x0 + ∆x/2) − f (x0 − ∆x/2) ∂f (x) -= (3.4) + O(∆x2 ) ∂x x=x0 ∆x
62
In Abb. 3.1 ist die versetzte Verteilung der Komponenten im eindimensionalen Fall abgebildet. f(x 0 - ∆ x/2) f’( x 0 - ∆ x)
f(x 0 +∆ x/2)
f’(x 0)
x
f’(x 0 +∆ x)
∆x
Abbildung 3.1: Allokation der Komponenten von f (x) und f (x) im eindimensionalen Fall. In der Literatur sind selbst die Spannungskomponenten gegen¨ uber den Verschiebungskomponenten um einen halben Zeitschritt ∆t/2 verschoben. Stabilit¨atsuntersuchungen [GLD01] zeigen, dass diese zus¨atzliche Versetzung nicht erforderlich ist um einen stabilen Algorithmus zu erhalten. Zudem ist es vorteilhaft, wenn alle mechanischen Gr¨ossen zum selben Zeitpunkt berechenbar sind. Die ben¨otigten Approximationen der zweiten zeitlichen Ableitungen einer Funktion f (t) zur Zeit t0 berechnen sich nach Gl. 3.5 ∂ 2 f (t) -f (t0 + ∆t) − 2 · f (t0 ) + f (t0 − ∆t) = + O(∆t2 ) (3.5) ∂t2 t=t0 ∆t2 Bedingt durch das krummlinige Koordinatensystem und somit der Kr¨ ummung der Struktur, entstehen Summanden in den Differentialgleichungen, welche keine ¨ortlichen Ableitungen enthalten sondern mit 1/r multipliziert werden. F¨ ur die vorgeschlagene Diskretisierung, befinden sich die Werte dieser Komponenten nicht auf den erforderlichen Gitterpl¨atzen. Dieses Problem wird umgangen, indem diese Komponenten auf die ben¨otigten Gitterpl¨atze linear interpoliert werden. Durch die konsequente Diskretisierung der Gl. 3.1, entsteht f¨ ur jede Gitterzelle ein lineares explizites Gleichungssystem zur Berechnungen der sechs Spannungskomponenten. Die einzelnen Spannungen sind abh¨angig von den elastischen Gr¨ossen Cij , den ¨ortlichen Gittergr¨ossen ∆x, ∆ϕ und ∆z, dem Radius r und den Werten einzelner, benachbarter Verschiebungskomponenten u. Aus dem diskretisierten Impulssatz (Gl. 3.2) k¨onnen die drei Verschiebungskomponenten einer Zelle zum neuen Zeitpunkt t0 + ∆t wiederum aus einem expliziten linearen Gleichungssystem berechnet werden. Der neue Verschiebungsvektor u(t0 +∆t) ist abh¨angig von den momentanen und den alten Werten des Verschiebungsvektors (u(t0 ) bzw. u(t0 − ∆t)), den o¨rtlichen Gittergr¨ossen, dem gew¨ahlten Zeitinkrement ∆t und von den Werten einzelner benachbarten Spannungskomponenten zur Zeit t0 , sowie der Dichte ρ. Die versetzte Anordnung der Gitterkomponenten l¨asst mehrere M¨oglichkeiten offen die geforderten Randbedingungen (Gl. 3.3) in das numerische Modell einzuarbeiten. Die optimalste L¨osung wird erreicht, wenn das Gitter von Abb. 3.6 so in
63
die Struktur gelegt wird, dass auf die Materialgrenzen jeweils zwei Spannungskomponenten der geforderten mechanischen Randbedingungen zu liegen kommen. Diese Komponenten k¨onnen einfach gleich Null gesetzt werden. Die geforderte dritte Komponente der Randbedingung liegt eine halbe Gitterzelle innerhalb der Struktur. Diese Bedingung kann durch die Anordnung einer fiktiven Schicht der entsprechenden Spannungskomponente, eine halbe Zelle ausserhalb des materiellen Gitters, erf¨ ullt werden. Die Werte dieser fiktiven Spannungskomponenten sind gleich dem negativen Wert ihrer entsprechenden materiellen Gitterpunkte. Linear auf die Strukturoberfl¨ache interpoliert wird somit die dritte Spannungsbedingung auch erf¨ ullt. Bei dieser Anordnung sind zur Berechnung der von null verschiedenen Randnormalspannungen σii zus¨atzlich fiktive Verschiebungskomponenten ur oder uz ausserhalb der Struktur n¨otig. Diese k¨onnen aus den diskretisierten Gleichungen f¨ ur die Oberfl¨achenspannungen σrr = 0 oder σzz = 0 bestimmt werden.
3.2.3
Implementierung des Algorithmus
Um mechanische Wellen in der Struktur anzuregen, k¨onnen an bestimmten Gitterpunkten Spannungs- oder Verschiebungsgr¨ossen als diskrete Zeitfunktion vorgegeben werden. Im Falle einer Verschiebungsanregung kann der Algorithmus schematisch wie in Abb. 3.2 beschrieben werden. W¨ahrend der Anregungsphase t < tanr werden die Werte der anzuregenden Gitterpunkte des Verschiebungsfeldes umom auf ¨ das gew¨ unschte Niveau gesetzt. Diese Anderung der Feldkomponenten hat Spannungs¨anderungen der umliegenden Punkte zur Folge, welche nun berechnet werden. Die Spannungsrandbedingungen m¨ ussen jetzt erf¨ ullt beziehungsweise erzwungen werden. Anschliessend werden die Verschiebungen uneu aus dem herrschenden Spannungsfeld berechnet. Bevor die Struktur mit den n¨achsten Werten der Anregungsfunktion angeregt wird, werden die Elemente der Verschiebungsfelder gem¨ass Abb. 3.2 u ¨bergeben. Diese Schema wird solange ausgef¨ uhrt, bis die gew¨ unschte Simulationsdauer tend erreicht ist.
3.2.4
Numerische Stabilit¨ at und Energie
Um einen stabilen Algorithmus zu erhalten, m¨ ussen die ¨ortlichen und zeitlichen Diskretisierungsparameter gewisse Stabilit¨atskriterien erf¨ ullen. Die Welle mit der k¨ urzesten Wellenl¨ange λmin , welche sich in der Struktur ausbreitet, muss im Ort hinl¨anglich oft abgetastet werden. Dies legt die gr¨osste Dimension der Gitterzellen fest und f¨ uhrt zum folgenden Kriterium Gl. 3.6: λmin ≥8 max(∆r, ∆ϕ · rmax , ∆z)
64
(3.6)
Anfangsbedingungen: u alt =0; u neu =0 u mom =0; σ =0
ENDE Ja
Nein
Nein
t<tanr
t<tend
Ja Erzwingungder Verschiebungsanregung
t=t+∆t
Berechnungder mechanischen Spannungen
Vererbung u alt = u mom
Erzwingungder mechanischen Randbedingungen
Berechnungder neuenVerschiebung u neu= …
u mom= u neu
Abbildung 3.2: Schematische Darstellung des Algorithmus zur Simulation mechanischer Wellenausbreitung im Falle einer Verschiebungsanregung. Man stellt jedoch fest, dass eine ¨ortliche Abtastung von nur 8 Punkten pro Wellenl¨ange eine grosse numerische Dispersion zur Folge hat. Eine 20ig-fache Abtastung der kleinsten Wellenl¨ange ist empfehlenswert um einen hinreichend genauen Algorithmus zu erzeugen. Der andere kritische Wert ist die Gr¨osse des Zeitschrittes ∆t. Der maximale Zeitschritt ist abh¨angig von den elastischen Materialdaten, der Geometrie und den ¨ortlichen Diskretisierungsparametern. In kartesischen Koordinaten kann ein exaktes Kriterium [FMLK95] angegeben werden. Dieses Kriterium wurde von Chen et al. [CCL98] empirisch auf ein zylindrisches Koordinatensystem angepasst. ∆t ≤
cmax ·
(
1 1 ∆r 2
+
1 (∆ϕ·rmin )2
+
1 ∆z 2
(3.7)
Wobei cmax die maximale Ausbreitungsgeschwindigkeit ist. Eine fundiertere Untersuchung dieses Kriterium findet sich in Gsell et al. [GLD01]. Hier wird nach dem
65
generellen von Neumann Stabilit¨atskriterium [Str99] numerisch gezeigt, dass der Zeitschritt ∆t sogar leicht gr¨osser gew¨ahlt werden kann, als dies Gl. 3.7 erlaubt und die Stabilit¨at immer noch garantiert ist. Das oben angegebene Kriterium Gl. 3.7 hat sich der Einfachheit wegen bew¨ahrt und wird im Rahmen dieser Arbeit angewendet. Das nicht dissipative Verhalten des implementierten Modelles bedingt die Konstanz der totalen mechanischen Energie, wenn keine Energie von aussen zugef¨ uhrt ¨ wird. In einem konservativen System ist die Uberwachung der kinetischen und der potentiellen Energie, sowie deren Summe, ein wichtiges Hilfsmittel zur Validierung der Methode. In einer ersten Approximation werden die Energien innerhalb einer Gitterzelle als konstant angenommen. Die kinetische ∆K und die potentielle Energie ∆U einer Zelle berechnet sich nach Gl. 3.8 bzw. Gl. 3.9 ∆K ≈
∂um ∂um 1 · ρ · i · i · rm · ∆r · ∆ϕ · ∆z 2 ∂t ∂t
(3.8)
1 m m m (3.9) · σ · · r · ∆r · ∆ϕ · ∆z 2 ij ij wobei die Einstein’sche Summationskonvention gelten soll. Alle Feldkomponenten werden in die Mitte der Zelle interpoliert, was durch den Index m bezeichnet wird. Die totale elastische Energie E der gesamten Struktur berechnet sich aus der Summe der kinetischen und potentiellen Energien der einzelnen Gitterzellen, summiert u ¨ber alle materiellen Gitterzellen Gl. 3.10 E= (∆K + ∆U ) (3.10) ∆U ≈
Abb. 3.3 zeigt die normierte totale, die potentielle und die kinetische Energie als eine Funktion der Zeit, wie sie w¨ahrend einer Simulation berechnet wurden. In diesem Beispiel wurde ein beidseitig eingespanntes Aluminiumrohr mit den Dimensionen Ri = 0.015 m, Ra = 0.017 m und L = 0.9 m verwendet. Die axialen und radialen Verschiebungskomponenten 0.2 m vom linken Ende werden axialsymmetrisch angeregt. F¨ unf Zyklen einer Sinusfunktion der Frequenz f0 = 250 kHz multipliziert mit einem Hanningfenster wurde als Anregungsfunktion verwendet (Hansin-Puls). Wie in Abb. 3.3 ersichtlich, wird w¨ahrend der Anregungsphase Energie in das System hinein gepumpt. Ist die Anregung der Struktur vorbei, nach ca. 20 µs, bleibt die totale elastische Energie nahezu konstant. Wie Langzeit-Simulationen zeigen, kann eine vernachl¨assigbare Abnahme der totalen Energie festgestellt werden [GLD01]. Zwischen der kinetischen und der potentiellen Energie kann ein Energieaustausch beobachtet werden. Der Erste und der Dritte dieser Austauschvorg¨ange sind bedingt durch die Reflexionen der zwei unterschiedlich schnell laufenden Wellenmoden am linken Ende des Rohres. Der schon reflektierte schnellere Mode kreuzt mit dem einfallenden langsameren Mode und erzeugt den Zweiten Energieaustausch. In der totalen Energie treten kleine Schwankungen auf wenn die Wellen reflektiert
66
NormierteEnergie
1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0
0
20
40
60
80
100
Zeit[µs]
Abbildung 3.3: Ein beidseitig eingespanntes Aluminium Rohr wurde axialsymmetrisch bei 250 kHz angeregt. Die totale (schwarz), kinetische (schwarz gestrichelt) und potentielle (grau) Energie wurde w¨ahrend einer numerischen Simulation berechnet und gegen¨ uber der Zeit aufgetragen. werden. Dies wird auf die Annahme der Konstanz der Energie innerhalb einer Gitterzelle zur¨ uckgef¨ uhrt. Durch die Verkleinerung der Zellen oder mit Ans¨atzen h¨oherer Ordnung kann dieser Effekt verkleinert werden. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Genauigkeit eines Algorithmus zur Simulation von Wellenausbreitungsph¨anomenen ist dessen numerische Dispersion. Diese durch die Diskretisierung entstehende Ungenauigkeit kann durch eine ausreichende Abtastung im Ort klein gehalten werden. Auf dieses Thema wird kurz in Kapitel 3.4.1 eingegangen.
3.2.5
Simulationsbeispiele
Die Leistungsf¨ahigkeit des oben vorgestellten Simulationsalgorithmus soll anhand von zwei Beispielen verdeutlicht werden: • Anregung der Oberfl¨achenspannungen in einem Punkt. • Axialsymmetrische Anregung einer Verschiebungskomponente. Die Ausbreitung mechanischer Wellen, angeregt in einer Punktquelle, soll in einem anisotropen Rohr untersucht werden. Die mechanischen und die geometrischen Daten entsprechen denen des 0◦ CFK-Rohres (Anhang C). Als Anregungsfunktion wird ein Hansin-Puls mit einer Mittelfrequenz von 250 kHz mit f¨ unf Zyklen gew¨ahlt. Die drei Spannungen σrr , σrϕ und σrz einer Gitterzelle an der Oberfl¨ache, in der Mitte des Rohres werden angeregt. Das Rohr ist an beiden Enden eingespannt.
67
a)
b)
c)
Abbildung 3.4: Axiale (a), radiale (b) und tangentiale (c) Verschiebungskomponenten auf der Aussenfl¨ache eines orthotropen Rohres 20 µs nach dem Beginn der Anregung. Die drei Oberfl¨achenspannungen wurden an einem Punkt angeregt. Die Mittelfrequenz der Anregung betr¨agt 250 kHz. Abb. 3.4 zeigt Momentaufnahmen der Verschiebungsfelder der drei Komponenten auf der Oberfl¨ache der Struktur 20 µs nach dem Beginn der Anregung des Rohres. Im Wesentlichen k¨onnen drei verschiedene Wellenmoden, die sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten, beobachtet werden. Zudem sind, wie es f¨ ur anisotrope Materialien zu erwarten ist, die Geschwindigkeiten der einzelnen Moden richtungsabh¨angig, wodurch ellipsenf¨ormige Wellenfronten entstehen. Die Kopplung unter den Verschiebungsrichtungen bedingt, dass die einzelnen Moden, bei n¨aherer Betrachtung, in allen drei Abbildungen zu erkennen sind. Die axialen Verschiebungskomponenten der Stirnfl¨ache desselben Rohres werden in einem zweiten numerischen Experiment axialsymmetrisch angeregt. Wieder wird ein engbandiger Hansin-Puls, sieben Zyklen bei 150 kHz, als Anregungsfunktion verwendet. Diese Mittelfrequenz l¨asst die Fortpflanzung zweier Wellenmoden zu, da sie u ¨ber der Ersten aber unter der Zweiten Cutoff-Frequenz von 480 kHz des verwendeten Rohres liegt. Abb. 3.5a zeigt die radialen Oberfl¨achenverschiebungen 60 µs nach dem Beginn der Anregung der Struktur. Wie erwartet breiten sich zwei Wellenmoden unter-
68
a)
b)
Abbildung 3.5: Radiale Verschiebungskomponente auf der Aussenfl¨ache eines transversal isotropen Rohres, 60 µs (a) und 165 µs (b) nach dem Beginn der Anregung. Die axialen Verschiebungen auf der Stirnfl¨ache links werden angeregt. Die Mittelfrequenz der Anregung betr¨agt 150 kHz. Zur besseren Visualisierung ist der Radius um einen Faktor vier vergr¨ossert. schiedlicher Geschwindigkeit aus. Der schnellere, longitudinale Mode weisst vorwiegend axiale Verschiebungen auf. Die Verschiebungen des langsameren Wellenpaketes sind in radialer Richtung dominant. W¨ahrend der Reflexion am linken, eingespannten Ende entsteht ein zweiter radialer Mode, wodurch dem longitudinalen Mode Energie entzogen wird. Dieses Ph¨anomen r¨ uhrt daher, dass die Randbedingung am rechten Rohrende nur durch ein zus¨atzlich entstehendes, lauff¨ahiges Wellenpaket und einer Randschichtschwingung erf¨ ullt werden kann. Abb. 3.5b zeigt das radiale Oberfl¨achenverschiebungsfeld nach der Reflexion des gesamten ersten Wellenpaketes.
3.3
Piezoelement und vollst¨ andig simuliertes Experiment
In dieser Arbeit werden in den Wellenausbreitungsexperimenten zur Anregung der Struktur piezoelektrische Elemente verwendet. Das Vorgehen zur Einarbeitung dieser Energiewandler in das numerische Modell wird im folgenden Kapitel erl¨autert. Die numerische Beschreibung dieser Elemente erlaubt neben ihrer Optimierung, eine wirklichkeitsgetreue Anregung der Wellen in den Rohren. Bei nicht ber¨ uhrungsfreier Anregung im Experiment kann diese nicht allein durch die Vorgabe mechanischer
69
Spannungen oder Verschiebungen beschrieben werden. Die entsprechende Kombination der beiden Feldgr¨ossen kann gefunden werden, wenn zus¨atzlich zur Struktur auch das Piezoelement numerisch abgebildet wird. Wie im physikalischen Experiment werden im Modell mechanische Wellen durch das Anbringen einer Potentialdifferenz zwischen den Elektroden des Piezoelementes erzeugt. F¨ ur gewisse Anwendungen sind bestimmte Wellentypen erforderlich. Die Art und die Gr¨osse der durch das Piezoelement erzeugten Wellen ist von dessen Design abh¨angig. Einen wesentlichen Einfluss spielen die Geometrieverh¨altnisse sowie die Anordnung der Elektroden. Mit Hilfe des numerischen Modelles, kann das Piezoelement derart optimiert werden, dass die gew¨ unschten Wellen auch erzeugt werden k¨onnen. Dadurch wird die kosten- und zeitintensive Laborarbeit stark reduziert.
3.3.1
Piezoelektrisches Materialverhalten
Die Piezoelektrizit¨at wird in der vorliegenden Arbeit als lineare Materialeigenschaft beschrieben, welche elektrische Felder mit mechanischen Verschiebungen koppelt und umgekehrt [Ris83]. Dieser Effekt tritt nur in Materialien auf, deren Kristallstruktur keine Punktsymmetrie aufweist. Um den Effekt zu optimieren, wird in der Produktion der Piezoelemente das Material u ¨ber die Curie-Temperatur erhitzt. Ein starkes ¨ausseres elektrisches Feld wird angelegt, so dass sich die Kristalle entsprechend ihren Ladungsschwerpunkten ausrichten k¨onnen, man spricht von Polarisation. Das Material wird unter Wirkung des a¨usseren Feldes wieder abgek¨ uhlt. Dieser Prozess wirkt sich auf die mechanischen und die elektrischen Eigenschaften aus. Je nach Symmetrieeigenschaften der verwendeten Piezo-Kristalle ist die Anisotropie anders ausgepr¨agt. Die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten PiezoMaterialien (Bleizirkonat-Titanat-Keramiken: PZT26 und PZT27) besitzen eine hexagonale Symmetrie in ihrer Kristallstruktur. Dies bedingt eine Transversalisotropie in den elastischen Konstanten. Zus¨atzlich sind drei piezoelektrische und zwei dielektrische Parameter n¨otig um das entsprechende globale Verhalten zu beschreiben. Je nach Polarisationsrichtung a¨ndert sich auch die Hauptrichtung der Anisotropie.
3.3.2
Problemrelevante Gleichungen
Zur Beschreibung des mechanischen Verhaltens k¨onnen die kinematischen Relationen Gl. 2.1 und das dynamische Gleichgewicht Gl. 3.2 unver¨andert u ¨bernommen werden. Den linear elastischen Stoffgleichungen Gl. 2.6 wird der piezoelektrische Kopplungseffekt superponiert, was zu Gl. 3.11 f¨ uhrt σ = CE · + e · E
(3.11)
wobei e der piezoelektrische Tensor dritter Stufe ist, E das elektrische Feld beschreibt und CE den elastischen Materialtensor bei konstantem elektrischem Feld darstellt.
70
Dieser Kopplungseffekt muss dem elektrischen Stoffgesetz u ¨berlagert werden Gl. 3.12 D = e · + ε · E
(3.12)
wobei ε der Tensor zweiter Stufe der dielektrischen Permittivit¨atskonstanten bei konstanter mechanischer Dehnung ist. Da keine freien Ladungen im Piezoelement vorhanden sein k¨onnen, muss die Divergenz des dielektrischen Verschiebungsstromes D verschwinden Gl. 3.13 ∇·D=0
(3.13)
Die elektromagnetische Wellenl¨ange ist im untersuchten Frequenzbereich (bis einige MHz) im Vergleich zur kleinsten Dimension des Piezoelementes sehr gross, deshalb kann mit der quasi statischen Potentialgleichung Gl. 3.14 gearbeitet werden E = −∇Φ
(3.14)
wobei Φ das elektrische Potential beschreibt. Die Geschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen ist um den Faktor 104 bis 105 gr¨osser als die akustische Geschwindigkeit, das heisst, dass sich der elektrische im Vergleich zum mechanischen Zustand ohne Zeitverz¨ogerung einstellt. Neben den mechanischen sind auch elektrische Randbedingungen zu erf¨ ullen. Im Falle von freien R¨andern muss die Komponente des dielektrischen Verschiebungsstromes, die senkrecht zur Oberfl¨ache steht verschwinden [HDG00]. An den Elektroden muss das Potential gleich dem angelegten a¨usseren Potential sein.
3.3.3
Numerische Behandlung
Wie in Kapitel 3.2 beschrieben, wird die zu simulierende Struktur in Gitterzellen unterteilt. Aufgrund der sp¨ateren Kopplung des Piezoelementes an das Rohr, wird die Diskretisierung analog behandelt. Die zus¨atzlich ben¨otigten elektrischen Feldkomponenten Φ und D werden nach denselben Kriterien auf dem Gitter angeordnet wie die mechanischen Gr¨ossen. Dies f¨ uhrt zu einer Anordnung, wie sie Abb. 3.6 zeigt. Damit nur eine zus¨atzliche Variable in der Simulation ber¨ ucksichtigt werden muss, wird nur das elektrische Potential berechnet. Zur Berechnung der mechanischen Spannungen wird in Gl. 3.11 das elektrische Feld durch das quasi statische Potential Gl. 3.14 und die Dehnungen durch die kinematischen Relationen Gl. 2.1 ersetzt. Dies f¨ uhrt zu Gl. 3.15 σ = CE · L · u − e · ∇Φ
(3.15)
Die partiellen Ableitungen von u und Φ werden durch zentrale Differenzen ersetzt. Das f¨ uhrt zu sechs expliziten linearen Gleichungen f¨ ur die Berechnung der Spannungen. Die Diskretisierung des Impulssatzes bleibt sich gleich. Zur Berechnung des
71
σrϕ ,Dz
σrr,σϕϕ,σzz σϕz ,Dϕ ∆ϕ/2
∆r/2
ur
uϕ σrz ,Dr
∆r
∆z/2
∆z r
uz ,Φ
z
∆ϕ
ϕ
Abbildung 3.6: Allokation der mechanischen und elektrischen Feldkomponenten auf einer Gitterzelle, so dass die Finiten-Differenz-Approximationen sauber zentriert und von zweiter Ordnung sind. elektrischen Potentials wird Gl. 3.14 in Gl. 3.12 und anschliessend in Gl. 3.13 eingesetzt. Eine Poisson’sche Differentialgleichung f¨ ur das Potential Φ resultiert. Die Approximation der partiellen Ableitungen f¨ uhrt zu einem impliziten linearen Gleichungssystem Gl. 3.16 f¨ ur Φ A·Φ=b (3.16) Im Falle einfacher geometrischer Verh¨altnisse ist die Matrix A gut konditioniert. Daher l¨asst sich Gl. 3.16 durch eine simple Matrixinversion l¨osen. Die Matrix A h¨angt nur von der Geometrie und den Materialparametern ab und ist somit zeitinvariant. Dies hat zur Folge, dass die zeitintensive Inversion der Matrix A zur L¨osung von Gl. 3.16 nur einmal durchgef¨ uhrt werden muss. Der Vektor b beinhaltet neben geometrischen und materiellen Gegebenheiten auch den Einfluss des momentan herrschenden Verschiebungsfeldes u.
3.3.4
Vollst¨ andig simuliertes Experiment
Ein ringf¨ormiges Piezoelement gekoppelt an ein Rohr derselben radialen Abmessungen soll numerisch beschrieben werden. Die Kopplung zwischen den beiden Werkstoffen wird als ideal angenommen. Der mechanische Einfluss der Leimschicht und der Elektroden wird vernachl¨assigt. Die Oberfl¨achenspannungen und Verschiebungen der beiden Materialien auf der Grenzschicht m¨ ussen somit gleich gross sein. Mit ¨ dem vorgestellten Algorithmus k¨onnen alle sechs Ubergangsbedingungen einer Gitterzelle erf¨ ullt werden. Fiktive Spannungs- und Verschiebungskomponenten werden dazu eingef¨ uhrt, wie in Abb. 3.7 dargestellt. Die getroffene Wahl der Materialgrenze in Bezug zum Gitter verlangt die folgenden fiktiven Feldkomponenten:
72
GitterPiezo
GitterRohr r z
ϕ
uPr σ Prr σ Pϕϕ σ Pzz
σ Prz Φ uPz
uPr P ϕz
σ zz
uR r uPϕ
σR zz
uR ϕ
σR rz
uR r
uR z
R R σR rr σ ϕϕ σ zz
Abbildung 3.7: Schematische Darstellung je einer Gitterzelle an der Grenzfl¨ache Piezoelement-Rohr. Die fiktiven Spannungs- und Verschiebungskomponenten, die ¨ notwendig sind um alle Ubergangsbedingungen zu erf¨ ullen, sind grau abgebildet. • Piezoelement:
P uPr , uPϕ und σzz
R R • Rohr: uR r , uϕ und σzz
¨ Die sechs Ubergangsbedingungen f¨ uhren zu entsprechend vielen linearen Gleichungen, welche nach den sechs gesuchten fiktiven Verschiebungs- und Spannungskomponenten aufgel¨ost werden k¨onnen. Die Wahl der Grenzfl¨achen bez¨ uglich des Gitters ¨ kann auch anders erfolgen, was andere Ubergangsgleichungen f¨ ur die einzelnen Komponenten zur Folge hat. Der Berechnungsablauf kann mit den folgenden Punkten umschrieben werden. • Preprocessing: 1. Initialisieren aller Feldkomponenten gem¨ass den Anfangsbedingungen. 2. Berechnung der notwendigen Gr¨ossen und invertieren der Matrix A. • For Loop: 1. Anbringen der Potentialdifferenz auf die Elektroden des Piezoelementes gem¨ass der Anregungsfunktion und dem momentanen Zeitinkrement. 2. Berechnen der Potentialverteilung im Piezoelement, unter Ber¨ ucksichtigung der elektrischen Randbedingung und des momentanen Verschiebungsfeldes. 3. Berechnung der mechanischen Spannungsfelder. Im Rohr ist das Feld nur abh¨angig vom momentanen Verschiebungszustand. Aufgrund des Kopplungseffektes im Piezoelement spielt das elektrische Potential hier zus¨atzlich in die Spannungsberechnung mit rein.
73
4. Erzwingen der Spannungsrandbedingungen in beiden Materialien. 5. Berechnen der fiktiven Feldkomponenten zwischen dem Piezoelement und ¨ dem Rohr, so dass die Ubergangsbedingungen erf¨ ullt werden. 6. Die neuen Verschiebungen werden aufgrund des herrschenden Spannungfeldes berechnet. 7. Vererben der Verschiebungsfelder. 8. Erh¨ohen des Zeitinkrementes und zur¨ uck zu Punkt 1, dies wird solange wiederholt, bis die gew¨ unschte Simulationsdauer erreicht ist. • Postprocessing: Speichern der gew¨ unschten Daten und deren Weiterverarbeitung.
3.3.5
Simulationsbeispiele
In einem ersten Beispiel soll die Anwendung des vorgestellten Simulationswerkzeuges zur Optimierung des Piezoelementdesigns demonstriert werden. Zur simultanen Bestimmung aller elastischen Materialparameter muss die Struktur in alle Richtungen beansprucht werden. Dies kann durch die gleichzeitige Anregung mehrerer Wellenmoden erreicht werden. Aufgrund der endlichen Speichertiefe der AnalogDigital-Wandlung im experimentellen Aufbau und durch eine begrenzte Aufl¨osung der verwendeten Signalverarbeitungsalgorithmen sollen die angeregten Wellenmoden Amplituden derselben Gr¨ossenordnung besitzen. Dies kann durch ein geschicktes Design des Piezoelementes erreicht werden. Ein homogenes axial polarisiertes piea)
b)
c)
freierRand Erdung angelegteSpannung(Phase0˚) angelegteSpannung(Phase180˚)
Abbildung 3.8: Untersuchte Elektrodenkonfigurationen der piezoelektrischen Ringelemente. a) zwei Elektroden Piezoelement, b) 4 Elektroden Piezoelement und c) segmentiertes Piezoelement.
74
zoelektrisches Ringelement, bestehend aus PZT26, ist auf die Stirnfl¨ache des 22.5◦ CFK-Rohres geklebt. Die L¨ange des Rohres betr¨agt L = 1000 mm. Die radialen Dimensionen des Piezoelementes entsprechen denjenigen des Rohres, die L¨ange betr¨agt 2 mm und die Materialdaten k¨onnen aus dem Anhang C entnommen werden. Zwei verschiedene Elektrodenkonfigurationen sollen im axialsymmetrischen Fall untersucht werden. Im ersten Fall wird die ¨aussere Spannung an die Elektrode der Stirnfl¨ache angelegt, w¨ahrend die geerdete Elektrode zwischen den beiden Strukturen angeordnet ist (Abb. 3.8a). In der zweiten Konfiguration wird die starke elektromechanische Kopplung zwischen einer radialen elektrischen Potentialdifferenz und der Schubspannung σrz ausgenutzt. Dazu werden zwei zus¨atzliche Elektroden auf den Mantelfl¨achen angebracht, wie dies in Abb 3.8b ersichtlich ist. Angeregt wird die Struktur mit f¨ unf Zyklen eines Hansin-Pulses bei einer Mittelfrequenz von 150 kHz. Die Amplitude betr¨agt 400 VPP . Der wesentliche Frequenzinhalt des Pulses liegt deutlich unter der zweiten Cut-Off-Frequenz des Rohres (520 kHz). Dies bedingt, dass nur zwei axialsymmetrische Wellenmoden sich ausbreiten k¨onnen, wie dies in Abb. 3.9 ersichtlich ist. In der zwei Elektrodenkonfiguration breitet sich im Wesentlichen nur der schnellere Wellenmode aus, der haupts¨achlich axiale Verschie2ElektrodenPiezoelement Verschiebung[nm]
50 0 axial
-50 50 0
radial
-50
4ElektrodenPiezoelement Verschiebung[nm]
50 0 axial
-50 50 0 -50 0.0
0.5
radial 1.0
z-Achse[m]
Abbildung 3.9: Radiale und axiale Oberfl¨achenverschiebungen aufgetragen u ¨ber die L¨ange des Rohres. In beiden F¨allen wurde das 22.5◦ CFK-Rohr mit einem Puls mit Mittelfrequenz von 150 kHz axialsymmetrisch angeregt. Oben mit dem zwei Elektroden Piezoelement und unten mit dem vier Elektroden Piezoelement.
75
a)
b)
c)
Abbildung 3.10: Wellenmoden mit Umfangswellenzahl n = 2 werden mit Hilfe eines segmentierten Piezoelementes angeregt. Axiale (a), tangentiale (b) und radiale (c) Verschiebungskomponenten auf der Aussenfl¨ache eines CFK-Rohres, 160 µs nach dem Beginn der Anregung.
bungskomponenten beinhaltet. Auch ein langsamerer zweiter Wellentyp entsteht, welcher jedoch nicht aktiv angeregt wird. Dessen Entstehung ist bedingt durch den Zwang, den die Erf¨ ullung der Randbedingung mit sich bringt. Mit vier Elektroden wird dieser Mode aktiv angeregt. Die Amplitude wird derart verst¨arkt, dass die radialen Auslenkungen des schnelleren axialen Wellenpaketes u ¨bertroffen wird. Das angestrebte ausgeglichene Amplitudenverh¨altnis konnte somit erreicht werden. Das zweite Beispiel behandelt die Ausbreitung nicht axialsymmetrischer Wellen. Ziel ist, dass haupts¨achlich Wellentypen mit der Umfangswellenzahl n = 2 angeregt werden. Die Elektroden des Piezoelementes aus Abb. 3.8b werden in vier Segmente unterteilt. Alternierend wird der originale Anregungspuls oder die um 180◦ phasenverschobene Funktion an den einzelnen Segmenten angelegt (Abb. 3.8c). Die selben Material- und Geometriekennwerte wie im axialsymmetrischen Beispiel werden verwendet. Als Anregung dienen sieben Zyklen eines Hansin-Pulses bei 100 kHz. Da die Cut-Off Frequenz des Biegemodes F (2, 4) mehr als 500 kHz betr¨agt, werden nur 3 Moden mit der Umfangswellenzahl n = 2 angeregt. Abb. 3.10 zeigt die drei Verschiebungsfelder auf der Mantelfl¨ache des 0◦ CFK-Rohres 160 µs nach Beginn der Simulation. Wie zu erwarten ist, breiten sich drei Wellenmoden mit unterschiedli-
76
chen Geschwindigkeiten in axialer Richtung aus. W¨ahrend der langsamste radiale Mode (Abb. 3.10c) und der mittlere tangentiale (Abb. 3.10b) o¨rtlich getrennt sind, ist die Trennung zum schnellsten axialen Puls (Abb. 3.10a) noch nicht ganz erfolgt. Durch die Kopplung der senkrecht stehenden Verschiebungskomponenten sind alle drei Wellenpakete in allen drei Abbildungen sichtbar. Abb. 3.11 zeigt qualitativ a)
b)
c)
Abbildung 3.11: Darstellung der Verschiebungsfelder (strichpunktiert: ur , ausgezo¨ber den Umfang des Rohres (fett grau) gen: uϕ und gestrichelt: uz ) aufgezeichnet u an den Positionen: a) z = 250 mm, b) z = 420 mm und c) z = 750 mm. die Verschiebungskomponenten u ¨ber den Rohrumfang gezeichnet an Querschnitten mit unterschiedlichen L¨angskoordinaten (Abb. 3.11a bei z = 250 mm, Abb. 3.11b bei z = 420 mm und Abb. 3.11c bei z = 750 mm). Deutlich zu erkennen ist, dass in allen Querschnitten die Hauptanteile der Verschiebungskomponenten der Umfangsmodulation n = 2 gehorchen. Da die Figuren jeweils einzelne Wellenmoden zeigen, ist auch ersichtlich, dass die Verschiebungsfelder den in Gl. 2.10 gew¨ahlten Ansatzfunktionen in Richtung ϕ entsprechen.
3.4
Signalverarbeitung mit numerisch erzeugten Daten
Aufgrund der mehrstufigen, eher komplexen Signalverarbeitung werden die vorgeschlagenen Algorithmen in diesem Kapitel zuerst auf Daten angewendet, welche mit Hilfe des Simulationsalgorithmus erzeugt worden sind. Die Vorteile dieses Vorgehens liegen auf der Hand: • Die zu bestimmenden Materialparameter sind a priori bekannt. • Die Geometrie, das heisst in diesem Fall die Radien, sind bekannt und das Rohr ist perfekt rund. • Durch die Messkette bedingte, unbekannte Fehler k¨onnen ausgeschlossen werden.
77
Der Einfluss der numerischen Dispersion kann durch die Wahl einer ausreichenden Abtastung in akzeptablen Grenzen gehalten werden. Da das Resultat a priori bekannt ist, erlaubt dieses Vorgehen gewisse Aussagen u ¨ber das numerische Verhalten, im Speziellen die numerische Dispersion, des Simulationsalgorithmus zu machen. In den folgenden zwei Unterkapitel werden die k¨ unstlichen Messdaten mit Hilfe der Simulation des Rohres generiert, einerseits ohne und andererseits mit dem Piezoelement.
3.4.1
Rohr ohne Piezoelement
Der Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, dass durch eine Kraft- oder Verschiebungsanregung, welche direkt auf die Struktur einwirkt, die angeregten Moden sauber kontrolliert werden k¨onnen. Die Material- und Geometriedaten des verwendeten Rohres entsprechen denjenigen des 22.5◦ Rohres. Sie k¨onnen aus dem Anhang C entnommen werden. Die numerische Simulation erfolgt mit den diskreten Gittergr¨ossen ∆r = 1.5 · 10−4 m, ∆ϕ = 2 π/64, ∆z = 1.5 · 10−4 m und ∆t = 1.5 · 10−8 s. Im Vergleich zur axialen und radialen Richtung, ist die Dimension der Gitterzellen in der tangentialen Richtung deutlich gr¨osser. Da nur Wellenmoden mit kleinen Umfangswellenzahlen angeregt werden, hat dies keinen Einfluss auf die Genauigkeit der Simulation. Die Struktur wird in einem Frequenzband von 50 − 750 kHz angeregt. Als Anregungsfunktion wird eine Sinusfunktion, deren Frequenz linear mit der Zeit zunimmt, multipliziert mit einem Hanningfenster. Die Pulsl¨ange betr¨agt T = 3.75 · 10−5 s. Angeregt werden alle drei Verschiebungsrichtungen aller Punkte einer Stirnfl¨ache des betrachteten Rohres mit der ganzzahligen Umfangsmodulation n = 2.
Amplitude[-]
1
0
-1
0
0.2
0.4
Zeit[ms]
0
0.2
0.4
Zeit[ms]
Abbildung 3.12: Darstellung von zwei aufgenommenen, normierten Verschiebungssignalen gegen¨ uber der Zeit aus einem numerischen Experiment. Die Amplituden der drei Verschiebungsrichtungen wurden jeweils addiert. Links 0.015 m und rechts 0.075 m von der Anregung entfernt.
78
An 500 uniformverteilten Punkten entlang einer Mantellinie, werden die drei Verschiebungsrichtungen u ¨ber die Zeit aufgezeichnet und gespeichert. Abb. 3.12 zeigt zwei solcher k¨ unstlich gemessener Zeitsignale bei verschiedenen z-Koordinaten. Anschliessend werden die drei Verschiebungskomponenten eines Punktes addiert, wodurch man in einem Signal die Informationen u ¨ber alle drei Richtungen erh¨alt. Nach diesem ersten Schritt des numerischen Experimentes wird der Matrix-Pencil Algorithmus auf die gewonnenen Daten angewendet. Zuerst werden die 500 Zeitsignale in den Fourierraum transformiert. Um Aliasing zu vermeiden, werden die Datenvektoren zuerst mit einem entsprechend langen Hanningfenster multipliziert. Die Frequenzaufl¨osung der diskreten Fouriertransformation kann zus¨atzlich k¨ unstlich erh¨oht werden, indem dem Zeitvektor Nullen angeh¨angt werden. In Abb. 3.13 sind f¨ ur die Frequenzen 100 kHz und 500 kHz die normierten Real¨ teile der Amplituden u ¨ber den Ort dargestellt. Aus diesen Signalen, die als Uber-
Amplitude[-]
1
0
-1 0
250
500
Punkteinz
0
250
500
Punkteinz
Abbildung 3.13: Darstellung des Realteiles der normierten Amplitude gegen den Messort. Links bei einer Frequenz von 100 kHz und rechts bei 500 kHz. lagerung von ged¨ampften Sinusfunktionen interpretiert werden k¨onnen, gilt es nun die Parameter, das heisst die Wellenzahlen, und die Anzahl der trigonometrischen Funktionen zu sch¨atzen. Der oben beschriebene Matrix-Pencil Algorithmus wird auf die Datenvektoren angewendet. Der Pencil-Parameter wird als P = 0.45 · N gew¨ahlt. Die Anzahl der Signale wird mit dem AIC-Kriterium gesch¨atzt. Nebenbei bemerkt, ist diese Ordnungssch¨atzung zuverl¨assiger, wenn den gemessenen Zeitsignalen etwas Gausssches Rauschen (hier SNR = 50 dB) addiert wird. Die grauen Punkte im Hintergrund von Abb. 3.14 zeigen die durch den Matrix-Pencil Algorithmus gesch¨atzten Dispersionsbeziehungen. Deutlich erkennbar ist, dass das Verfahren alle auftretenden Wellenmoden erkennt und sauber sch¨atzt, jedoch bei tiefen Wellenzahlen im Bereich der in Kapitel 2.2.4 angesprochenen beinahe Kreuzungspunkten gewisse M¨angel bestehen. Diese gesch¨atzten Punkte der Dispersionskurven werden als Eingangsdaten f¨ ur die Methode der kleinsten Quadrate zur Sch¨atzung der elastischen Materialparame-
79
700
Frequenz[kHz]
600 500 400 300 200 100 0
0
500
1000
1500
2000
2500
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 3.14: Durch den Matrix-Pencil Algorithmus gesch¨atzte Dispersionskurven, dargestellt als graue Punkt. Die schwarzen Ringe markieren die Punkte, die von der Methode der kleinsten Quadrate als g¨ ultige Messwerte klassifiziert wurden. ter verwendet. Dieser Auswertung liegt ein zylindrisch-orthotropes Modell zugrunde. Die vom Optimierungsalgorithmus als g¨ ultig klassifizierte Punkte sind durch schwarze Kreise gekennzeichnet. Ausreisser werden vor allem im Falle von niedrigen Frequenzen detektiert, was sicher auch darauf zur¨ uckzuf¨ uhren ist, dass die Struktur erst ab 50 kHz angeregt wurde und somit im tiefen Frequenzbereich sehr wenig Energie in der Struktur vorhanden ist. Kurvenabschnitte, welche grosse Wellenl¨angen abbilden werden auch eher ausgeschlossen. Dies ist dadurch erkl¨arbar, dass nur ein Bruchteil einer Wellenl¨ange abgetastet wird, was die Genauigkeit der Wellenzahlsch¨atzung
Fehlermass[-]
4
0
-4
0
150
300
450
Abbildung 3.15: Darstellung der Fehlermasse der als g¨ ultigen Punkte. Die grauen Punkte entsprechen der Dimension der Frequenz und die schwarzen der Wellenzahl.
80
negativ beeinflusst. Diese Tatsache bedingt auch, dass eine untere Grenze f¨ ur die Sch¨atzung der Wellenzahl existiert. Diese h¨angt im Wesentlichen von der L¨ange der abgetasteten Strecke ab. In Abb. 3.15 sind die Fehlermasse der Frequenz (graue Punkte) und der Wellenzahl (schwarze Punkte) nach Gl. 2.64 dargestellt. Zu erwarten w¨are, wenn die Simulation perfekt mit dem analytischen Modell u ¨bereinstimmen w¨ urde, dass diese Fehlermasse eine Normalverteilung aufweisen, die durch das k¨ unstlich u ¨berlagerte Rauschen bedingt ist, wie das in Kapitel 2.4.5 der Fall ist. Man stellt jedoch fest, dass die einzelnen Moden gewisse Trends aufweisen. Diese werden auf die, durch den Simulationsalgorithmus bedingte numerische Dispersion zur¨ uckgef¨ uhrt. Mit anderen Worten f¨ uhren die leicht falschen Ausbreitungsgeschwindigkeiten der einzelnen Moden zu systematischen Fehlern. 1.30
x10 11
10 2.10 x10
C33
C44 1.90
2 Steifigkeit[N/m]
1.10
0.90 5.00
5 x10 9
25
45
1.70 4.00
5 x109
25
C55
C66 3.80
4.75
4.50
45
5
25
Iterationsschritt
45
3.60
5
25
Iterationsschritt
45
Abbildung 3.16: Aufzeichnung der Entwicklung der Werte der vier Materialparameter nach denen gefittet wird w¨ahrend eines Optimierungsprozesses. Das Verhalten der vier Materialeigenschaften w¨ahrend einer Optimierung ist in Abb. 3.16 dargestellt. Im ersten Schritt erfolgt der gr¨osste Fortschritt, danach ¨ sind die Anderungen in den Parametern eher klein. Auf die, im Sinne der kleinsten Fehlerquadrate optimal bestimmten elastischen Eigenschaften hat die numerische Dispersion des Simulationsalgorithmus einen Einfluss. Durch die leicht falschen Wellengeschwindigkeiten werden die bestimmten Materialeigenschaften beeintr¨achtigt. Die folgenden relativen Fehler wurden erhalten: C33 : 1.73%
C44 : 1.31%
C55 : 1.88%
81
C66 : 1.07%
3.4.2
Rohr mit Piezoelement
Um dem wirklichen Experiment noch einen Schritt n¨aher zu kommen, wird das Simulationsmodell von Kapitel 3.4.1 um ein piezoelektrisches Ringelement erweitert. Das Material dieses Piezoelementes (PZT26) weist, gem¨ass Hersteller, die folgenden elektrischen, piezoelektrischen und mechanischen Eigenschaften auf: ε11 = 7.33 · 10−9 F/m
ε22 = 7.33 · 10−9 F/m
ε33 = 6.19 · 10−9 F/m
e31 = −1.98 C/m2 e24 = 9.86 C/m2
e32 = −1.98 C/m2 e15 = 11.6 C/m2
e33 = 14.7 C/m2
E C11 = 1.68 · 1011 N/m2 E C12 = 1.10 · 1011 N/m2 E C44 = 3.01 · 1010 N/m2
E C22 = 1.68 · 1011 N/m2 E C13 = 9.99 · 1010 N/m2 E C55 = 3.01 · 1010 N/m2
E C33 = 1.23 · 1011 N/m2 E C23 = 9.99 · 1010 N/m2 E C66 = 2.88 · 1010 N/m2
Mit der Dichte ρ = 7700 kg/m3 . Die Radien werden entsprechend den Rohrradien als Ri = 0.014 m und Ra = 0.0155 m gew¨ahlt. Die Dicke des Elementes betr¨agt 1.5 mm. Das Element ist axial polarisiert und zur Anregung der Umfangsmoden mit der ganzzahligen Wellenzahlen n = 2, wird die Elektrodenkonfiguration gem¨ass Abb. 3.8c) gew¨ahlt. Dieselbe Anregungsfunktion wie im vorangegangenen Kapitel wird an die Elektroden angelegt, wobei hier die Amplituden mit ±200 V angesetzt werden. Es werden an denselben Gitterpunkten wie in Kapitel 3.4.1 die Verschiebungsdaten aufgenommen und gespeichert. Entsprechend werden auch die Dispersionskurven 700
Frequenz[kHz]
600 500 400 300 200 100 0 0
500
1000
1500
2000
2500
3000 0
Wellenzahl[rad/m]
500
1000
1500
2000
2500
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 3.17: Aus dem vollst¨andigen numerischen Experiment extrahierte Dispersionskurven. Links sind alle ermittelten Punkte dargestellt, w¨ahrend rechts nur die, durch den Fit-Algorithmus als g¨ ultig klassierten Punkte, in Bezug auf dem Umfangsmode n = 2, abgebildet sind.
82
extrahiert. Auf der linken Seite der Abb. 3.17 sind die erhaltenen Dispersionskurven abgebildet. Deutlich zu erkennen ist, dass nicht nur die f¨ unf erwarteten Moden mit der Umfangswellenzahl n = 2 vom Matrix-Pencil Algorithmus gefunden werden, sondern dass man zus¨atzlich einen ganze Reihe weiterer lauff¨ahiger Wellenmoden erh¨alt. Bedingt durch die grosse Anzahl in den Signalen enthaltenen Moden mit stark unterschiedlichen Amplituden, werden die durch den Matrix-Pencil Algorithmus gesch¨atzten Wellenzahlen immer ungenauer, das heisst die Streuung der Wellenzahlen in den einzelnen Moden wird gr¨osser. Einen wesentlichen Einfluss darauf hat hier die Sch¨atzung von falschen Signalordnungen. Wird die Anzahl vorhandener Moden untersch¨atzt, hat dies einen negativen Einfluss auf die restlichen extrahierten Wellenzahlen. Dies a¨ussert sich im Dispersionsdiagramm durch pl¨otzliche Abzweigungen vom eigentlichen Mode. Alle Punkte dieser Dispersionskurven werden nun dem Fit-Algorithmus u ¨bergeben. In Abb. 3.17 rechts sind die vom Algorithmus als g¨ ultig klassifizierten Punkte abgebildet. Trotz der vielen unerw¨ unschten Wellenmoden ist der Optimierungsalgorithmus in der Lage, die richtigen f¨ unf Moden mit der Umfangswellenzahl n = 2 zu finden. Wobei der Mode F (2, 4) nur schwach vertreten ist.
Fehlermass[-]
3
0
-3
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Abbildung 3.18: Fehlermasse der als g¨ ultig klassifizierten Punkte. Die grauen Punkte entsprechen der Dimension der Frequenz und die schwarzen der Wellenzahl. Werden die Fehlermasse (Abb. 3.18) der g¨ ultigen Punkte betrachtet, k¨onnen wiederum gewisse Trends beobachtete werden. Dies ist, wie schon oben angemerkt wurde, auf systematische Modellfehler zur¨ uckzuf¨ uhren. Die Trends sind jedoch nicht mehr ganz so ausgepr¨agt wie in Abb. 3.15, dies aufgrund der kleineren Sch¨atzgenauigkeit der extrahierten Dispersionskurve. Abb. 3.19 zeigt die Fortschritte der vier Parameter w¨ahrend ihrer Optimierung. Wie dies zu erwarten ist, findet im ersten Optimierungsdurchgang der gr¨osste Fortschritt, beziehungsweise die gr¨osste Ann¨aherung an den gegebenen Wert, statt. Je weiter die Prozedur fortgeschritten ist, desto kleiner sind auch die erzielten Ann¨aherungen. Der Fit-Parameter C66 verh¨alt sich jedoch anders. Dies wird auf die schwa-
83
che Vertretung des Modes F (2, 4) im Datensatz zur¨ uckgef¨ uhrt. Gem¨ass Abb. 2.23 ist dieser Mode als einziger sensitiv auf das Steifigkeitselement C66 . Die folgenden Genauigkeiten in den Materialeigenschaften beziehungsweise deren relative Fehler konnten erhalten werden: C33 : 2.69%
C44 : 2.89%
C55 : 0.63%
C66 : 2.93%
Die relative Genauigkeit der vier simultan bestimmten Materialeigenschaften liegt somit in der Gr¨ossenordnung von 3.0%. Dies sind ¨ahnlich gute Werte, wie sie im deutlich weniger komplexen Fall in Kapitel 3.4.1 gefunden wurden. 1.20
x10 11
2.10
x10 10
C33
C44 1.90
2 Steifigkeit[N/m]
1.00
0.80 1 x10 9 5.00
40
80
C55
4.80
4.60 1
1.70 1 x109 4.00
40
80
C66
3.80
40
80
Iterationsschritt
3.60 1
40
80
Iterationsschritt
Abbildung 3.19: Aufzeichnung der Entwicklung der Werte der vier Materialparameter nach denen gefittet wird w¨ahrend eines Optimierungsprozesses. Um noch auf die Problematik der vielen, eigentlich unerw¨ unschten Moden einzugehen, soll Abb. 3.20 betrachtet werden. Abgebildet sind die ersten 60 mm der abgewickelten radialen Verschiebungskomponente der Mantelfl¨ache des untersuchten Rohres. Die diskreten Spr¨ unge des angelegten elektrischen Potentials u ¨ber den Umfang, sind auch noch im radialen Verschiebungsfeld des Rohres deutlich erkenn¨ bar. Diese abrupten Anderungen haben zur Folge, dass sich neben dem gew¨ unschten Mode n = 2 auch noch zahlreiche andere Moden ausbreiten. Betrachtet man das Verschiebungsfeld gesamthaft u ¨ber den Umfang, jedoch nur bei einer bestimmten z-Koordinate, so k¨onnen die Verschiebungen analytisch auch mit Hilfe einer Fourierreihe in ϕ abgebildet werden. Das bedeutet, dass das Wellenfeld ausschliesslich mit ganzzahligen Umfangsmoden, die sich in axialer Richtung ausbreiten, beschrieben werden kann. Die einzelnen Fourierkomponenten k¨onnen stark unterschiedliche Amplituden aufweisen. F¨ ur den Matrix-Pencil Algorithmus
84
Amplitude[nm]
100 0 -100 0
100
fa
Um ng
200
0.06
d] ra [G
0.04 300
0.02
[m] chse
z-A
0
Abbildung 3.20: Darstellung der radialen Oberfl¨achenverschiebungskomponente in einer Abwicklung des Rohres. stellt sich somit das in Kapitel 2.3.5 untersuchte Problem. Der Algorithmus ist nicht mehr in der Lage alle Wellenmoden zu detektieren und mit einer ausreichenden Genauigkeit zu sch¨atzen. Dadurch kann auch das auftreten der vielen Moden im gemessenen Dispersionsdiagramm links in der Abb. 3.17 erkl¨art werden.
3.5
Schlussfolgerungen
Mit den entwickelten Simulationsmodellen des orthotropen Rohres wurde ein starkes Werkzeug zur Visualisierung der komplexen Wellenph¨anomene geschaffen. Sowohl ¨ die Energiebetrachtungen als auch die Uberpr¨ ufung der Dispersionskurven zeigen, dass der Algorithmus bei ausreichend feiner Diskretisierung hinreichend genau ist. Die numerische Implementierung des Piezoelementes und dessen Kopplung an das oben erw¨ahnte Rohrmodell liefert vor allem in Bezug auf das optimale Design des piezoelektrischen Transducers neue Erkenntnisse. Zudem werden alle angeregten Wellenmoden in der Struktur sichtbar, auch diejenigen die nicht gewollt angeregt worden sind. Dadurch sind auch die vielen, nicht bewusst angeregten Wellenmoden in den durch den Matrix-Pencil Algorithmus bestimmten Dispersionsdiagrammen erkl¨arbar. Es handelt sich dabei um Moden, welche nicht mit dem Ansatz Gl. 2.10 beschrieben werden k¨onnen, sondern um L¨osungen deren Wellenzahlvektor nicht in die Richtung der Rohrachse zeigt und deren Wellenfronten wahrscheinlich auch nicht
85
eben sind. Mit Hilfe von k¨ unstlichen Messdaten, welche durch das Aufzeichnen der Oberfl¨achenverschiebungen aus den entsprechenden Simulationen gewonnen werden, konnte gezeigt werden, dass die in Kapitel 2 vorgestellten Verfahren zur Bestimmung der elastischen Eigenschaften erfolgreich angewendet werden k¨onnen. Die erreichte Genauigkeit der Resultate ist ausreichend.
86
Kapitel 4 Experimente und Auswertung 4.1
Experimenteller Aufbau
In der experimentellen Strukturwellenausbreitung sind Verschiebungsamplituden in der Gr¨ossenordnung von einigen Nanometern u ¨blich. Dadurch k¨onnen die Linearit¨atsannahmen in Bezug auf die kinematischen Relationen und des Stoffgesetz eingehalten werden. Um diese sehr kleinen Deformationen in einem breiten Frequenzband mit hoher Aufl¨osung zu messen, verwenden wir ein heterodynes Laserinterferometer (Polytec OFV303). Das Lasersignal wird nach einen Prinzip von Goodbread [DHPV96] demoduliert. Dieses Verfahren wurde speziell f¨ ur die oben erw¨ahnten Anforderungen entwickelt. Ein wesentlicher Vorteil dieser laserbasierten Messtechnik liegt in der Ber¨ uhrungslosigkeit. Einerseits muss dadurch keine Interaktion des zu messenden Ph¨anomens mit der Messmethode ber¨ ucksichtigt werden. Andererseits k¨onnen durch Verschieben des Laserkopfes und somit des Messpunktes die Oberfl¨achenverschiebungen in einem ganzen Gebiet gemessen werden. Sind Proben mit nichtreflektierenden Oberfl¨achen zu untersuchen oder interessiert nicht nur die Auslenkung senkrecht zur Oberfl¨ache, m¨ ussen diese mit retroreflektierendem Band abgedeckt werden. Dieses Band reflektiert den Laserstrahl genau in derselben Richtung wie er einf¨allt. Dadurch k¨onnen die Verschiebungen in verschiedenen r¨aumlichen Richtungen gemessen werden. Um externe Einfl¨ usse auf die sehr sensible Messung klein zu halten wird das Experiment auf einem schwingungsabsorbierenden Tisch (Newport RS4000) durchgef¨ uhrt, womit vor allem Geb¨audeschwingungen absorbiert werden. In Abb. 4.1 ist schematisch der verwendete Messaufbau skizziert. Das ganze Experiment wird von einem Laborrechner gesteuert. Als Kontroll-Software wird Labview von National Instruments verwendet. Die einzelnen elektronischen Ger¨ate kommunizieren u ¨ber die IEEE 488 (GPIB) Schnittstelle mit dem Rechner. Der Ablauf
87
MHPD4
OFV3001
KH3988 A/D IEEE 488
LabView
r ig
ge
r
PI-560
T
Pos.System
Rohr
OFV303
1:100
PC
Piezo KH7500
DS345
Abbildung 4.1: Schematische Darstellung des verwendeten experimentellen Aufbaus zur Messung von Strukturwellenph¨anomenen. einer standardisierten Messung ist im Folgenden geschildert: ¨ • Auf dem Rechner wird die diskrete Anregungsfunktion generiert. Ublicherweise verwenden wir einen linearen Sinussweep in einem Hanning Fenster, wie das in Abb. 4.2 links dargestellt ist. • Dieses digitale Datenpaket wird auf den Funktionsgenerator (Stanford DS345) geladen. Danach gelangt es als analoges Signal durch ein BNC-Kabel auf den Spannungsverst¨arker. Der Funktionsgenerator generiert auch das Triggersignal, u ¨blicherweise liegt diese Frequenz zwischen 10 Hz und 40 Hz. • Im Spannungsverst¨arker (Krohn-Hite 7500) wird das Signal um einen Faktor 100 verst¨arkt. Dies gelingt jedoch nicht im ganzen Frequenzband, da die Leistungsf¨ahigkeit des Verst¨arkers im h¨oheren Frequenzbereich markant abnimmt. Deshalb wird dieses Signal, mit welchem das Experiment effektiv getrieben wird, um den Faktor 100 abgeschw¨acht und anschliessend dargestellt (Abb. 4.2 rechts). • Das Signal wird weiter auf die Elektroden des Piezoelementes gegeben, wodurch Wellen in der Struktur angeregt werden. • Die Oberfl¨achenverschiebungen u ¨ber die Zeit werden mit dem Laserinterferometer (OFV303) detektiert. Das Signal vom Laserkopf wird entsprechend demoduliert (OFV3001 und MHPD4). • Das Demodulatorsignal wird analog Bandpass gefiltert (Krohn-Hite 3988). • Das gefilterten Signale wird anschliessend mit einem Analog/Digital Wandler (National Instruments NI5911) digitalisiert. Diese A/D-Karten besitzen
88
Amplitude[V]
2
2
1
1
0
0
-1
-1
-2
-2 0
0.25
0.5
0
Zeit[ms]
0.25
0.5
Zeit[ms] 400
Amplitude[-]
400
200
200
0 0
500
1000
0 0
Frequenz[kHz]
500
1000
Frequenz[kHz]
Abbildung 4.2: In Computer generiertes, diskretes Anregungssignal (links oben) und das nach dem Spannungsverst¨arker abgegriffene Signal (rechts oben), aufgetragen gegen die Zeit. Unten sind die entsprechenden Spektren abgebildet.
Amplitude[nm]
eine vertikale Aufl¨osung zwischen 8 und 21 Bits, je nach verwendeter Abtastfrequenz. In den meisten Experimenten wird, bedingt durch die maximal auftretende Frequenz, eine Abtastfrequenz von 12.5 MHz gew¨ahlt, was einer Aufl¨osung von 12 Bits entspricht. Der A/D-Wandler wird mit dem Triggersignal des Funktionsgenerators ausgel¨ost. Um den Signalrauschabstand zu vergr¨ossern, werden die Verschiebungen in jedem Punkt 500 Mal gemessen und ¨ anschliessend gemittelt. Uber den PCI-Bus gelangen diese Daten dann auf die Festplatte des Rechners. Anschliessend k¨onnen sie weiter verarbeitet werden. Abb. 4.3 zeigt zwei Messsignale unterschiedlicher z-Koordinate. 30
30
0
0
-30
0
0.1
0.2
0.3
Zeit[ms]
-30
0
0.1
0.2
0.3
Zeit[ms]
Abbildung 4.3: Gemessene Oberfl¨achenverschiebungen eines faserverst¨arkten Rohres. Links 20 mm vom Piezoelement entfernt und rechts in 120 mm Entfernung.
89
Zur Messung der Dispersionskurven m¨ ussen einige Punkte entlang einer Mantellinie gemessen werden. Dazu wird ein Positioniersystem verwendet, welches u ¨ber dessen Controller (Physik Instrumente PI560) mit dem Computer gesteuert werden kann. Da die Achse des Translationstisches nicht genau parallel zur Probenoberfl¨ache oder diese Oberfl¨ache nicht sauber eben ist ¨andert sich der Abstand zwischen der Probe und dem Laserkopf dauernd. Deshalb wird eine Steuerung des Laserfokus n¨otig, was jeweils vor der Messung eines neuen Punktes vorgenommen wird. Ein auf Labview basierter Regler, wird als Autofokussystem verwendet. Als Stellgr¨osse wird ein dem Lasersignallevel proportionales Spannungssignal im Demodulator abgegriffen.
4.2
Experimente versus Simulation
Das in Kapitel 3 vorgestellten Simulationsverfahren, basierend auf der Diskretisierung der partiellen Ableitungen mit zentralen Differenzen, wurde bis anhin nur numerisch u ¨berpr¨ uft. Neben der Betrachtung der totalen mechanischen Energie im System, wurden die aus der Simulation gewonnenen Dispersionskurven mit einem analytischen Modell verglichen. Obwohl in beiden Vorgehensweisen gut Resultate beobachtet werden, reichen sie nicht aus, um eine schl¨ ussige Aussage u ¨ber die Qualit¨at der Abbildbarkeit der vorhandenen physikalischen Ph¨anomene zu machen. Vergleiche mit Experimenten sind deshalb unabdingbar. Dazu wird ein physikalisches Experiment, so weit als m¨oglich, exakt in der Simulation nachgebildet. Die im Experiment gewonnenen Oberfl¨achenverschiebungsmessdaten werden mit entsprechenden Simulationsdaten in Zeitbereich beziehungsweise im Frequenzbereich miteinander verglichen. Die folgenden Unterkapitel enthalten zwei solcher Vergleiche.
4.2.1
Kreisrunder Aluminium Stab
Als erstes soll ein m¨oglichst einfaches Experiment mit Materialien durchgef¨ uhrt werden, welche gut bekannt sind. Dazu verwenden wir einen Aluminium Stab mit Kreisquerschnitt, Radius R = 5 mm und der L¨ange L = 2.0 m. Die isotropen Materialeigenschaften werden angenommen als: λ = 5.41 · 1010 N/m2
µ = 2.71 · 1010 N/m2
ρ = 2700 kg/m2
wobei λ und µ die Lam´e Konstanten sind. Auf die eine Stirnfl¨ache des Stabes wird ein axial polarisiertes piezoelektrisches Element (Radius R = 5 mm und Dicke d = 2 mm) geklebt. Um den Einfluss dieser Leimschicht zu minimieren, wird sie m¨oglichst d¨ unn gehalten. Die Elektroden sind auf den Stirnfl¨achen des Aktuators angeordnet. Dadurch wird ein axiales elektrisches Feld generiert. Das Piezoelement besteht aus
90
dem Material PZT27. Nach Angaben des Herstellers besitzt dieser Werkstoff die folgenden elektrischen, piezoelektrischen und mechanischen Eigenschaften: ε11 = 1.00 · 10−8 F/m
ε22 = 1.00 · 10−8 F/m
ε33 = 8.09 · 10−9 F/m
e31 = −3.09 C/m2 e24 = 11.6 C/m2
e32 = −3.09 C/m2 e15 = 11.6 C/m2
e33 = 16.0 C/m2
E C11 = 1.47 · 1011 N/m2 E C12 = 1.05 · 1011 N/m2 E C44 = 2.30 · 1010 N/m2
E C22 = 1.47 · 1011 N/m2 E C13 = 9.37 · 1010 N/m2 E C55 = 2.30 · 1010 N/m2
E C33 = 1.13 · 1011 N/m2 E C23 = 9.37 · 1010 N/m2 E C66 = 2.12 · 1010 N/m2
und die Dichte ρ = 7700 kg/m3 . An dieses Piezoelement wird eine breitbandige Anregungsfunktion angelegt, mit einer Amplitude von ±200 V. Es handelt sich um einen linearen Sinussweep mit der Startfrequenz 5 kHz und der Endfrequenz 250 kHz. Die Pulsdauer betr¨agt 0.2 ms. Zus¨atzlich wird diese Funktion mit einem entsprechend langen Hanning Fenster multipliziert. Gemessen wird die Oberfl¨achenverschiebung in einem Punkt 150 mm nach dem Piezoelement. Die Verschiebung in der (r, z)-Ebene, welche mit der Stabachse einen Winkel von 45◦ einschliesst wird aufgezeichnet. ¨ Um m¨oglichst aussagekr¨aftige Resultate darzustellen, benutzen wir die Ubertragungsfunktion G(ω). Sie ist definiert als G(ω) =
Y (ω) X(ω)
(4.1)
wobei X(ω) die Fouriertransformierte der Anregung und Y (ω) die Fouriertransformierte der Messung darstellt. Somit stellt G(ω) die Systemantwort auf eine Einheitsanregung im Frequenzbereich dar. Die numerische Simulation wird mit einem rotationssymmetrischen Algorithmus durchgef¨ uhrt. Die folgenden Diskretisierungsparameter werden gew¨ahlt: ∆r = 0.25 mm
∆z = 0.25 mm
∆t = 2.5 · 10−8 s
womit eine schnelle, stabile und genaue Simulation gew¨ahrleistet ist. ¨ Abb. 4.4 stellt den absoluten Betrag der Amplitude der Ubertragungsfunktion Gl. 4.1 dar. Die ausgezogene Linie entspricht dem Experiment und die gestrichelte der numerischen Simulation. Bis zu einer Frequenz knapp unterhalb von 200 kHz ¨ kann eine sehr gute Ubereinstimmung festgestellt werden. Die Resonanz¨ uberh¨ohung nahe bei 200 kHz wird vom Simulationsalgorithmus nicht mehr ganz so perfekt abgebildet. Die deutlich zu grosse Amplitude der Simulation, kann mit der fehlenden
91
Amplitude[nm]
120
80
40
0
0
100
200
Frequenz[kHz]
¨ Abbildung 4.4: Absoluter Betrag der Ubertragungsfunktion G(ω) in einem Aluminium Stab. Die ausgezogene Linie entspricht der Messung und die gestrichelte der Simulation. Materiald¨ampfung im numerischen Modell begr¨ undet werden. Die Frequenzverschiebungen k¨onnen durch fehlerhafte Materialdaten und auch durch den nicht modellierten Einfluss der Leimschicht begr¨ undet werden. ¨ Abb. 4.5 zeigt die Phase der Ubertragungsfunktion. Bis auf die grosse konstante ¨ Verschiebung ist die Ubereinstimmung sehr gut. Dieser konstante Phasenunterschied zwischen der Simulation und dem Experiment ist einerseits bedingt durch die elektronischen Ger¨ate in der Messkette (Laserinterferometer, Verst¨arker). Andererseits ist der Signalrauschabstand unter 10 kHz sehr klein, was entsprechende Unsicherheiten in der Phase zur Folge hat, welche im ganzen Frequenzband sichtbar bleiben.
Phase[Radians]
0
40
80
0
100
200
Frequenz[kHz]
¨ Abbildung 4.5: Phase der Ubertragungsfunktion G(ω) in einem Aluminium Stab. Die ausgezogene Linie entspricht der Messung und die gestrichelte der Simulation.
92
4.2.2
Anregung des Umfangmodes n = 2 im CFK-Rohr
Zur Bestimmung der Materialeigenschaften sollen, wie dies in Kapitel 2.5 begr¨ undet ist, nur Wellenmoden mit einer bestimmten Umfangswellenzahl angeregt werden. In diesem Kapitel wird versucht, Moden mit Umfangswellenzahl n = 2 anzuregen. Die gemessenen Resultate werden mit einer entsprechenden numerischen Simulation verglichen. Als Probe wird ein CFK-Rohr verwendet. Die Kohlefasern schliessen alternierend einen Winkel von ±45◦ zur Rohrachse ein. Die Material- und Geometrieparameter k¨onnen dem folgenden Kapitel entnommen werden. Ein axial polarisiertes piezoelektrisches Ringelement wird auf die Stirnseite des Rohres geklebt. Das Piezoelement besteht aus dem Material PZT26. Die entsprechenden Materialdaten k¨onnen aus dem Kapitel 3.4.2 entnommen werden. Die Elektroden sind nach Abb. 3.8c) segmentiert. Sie werden mit einem Spannungspuls von ±200 V getrieben. Das Zeitsignal ist ein linearer Sinussweep von 5 kHz bis 250 kHz, welcher mit einem Hanningfenster u ¨berlagert ist. Die Pulsdauer betr¨agt 0.15 ms. Gemessen werden die radialen Oberfl¨achenverschiebungen u ¨ber die Zeit an 92 u ¨ber den Rohrumfang uniformverteilten Punkten, 145 mm von der Anregung entfernt. Abb. 4.6 oben zeigt eine solche Punktmessung gegen¨ uber der Zeit. Unten sind die Amplituden zu zwei bestimmten Zeitpunkten u ¨ber den Umfang aufgetragen.
Amplitude[nm]
40 20 0 -20 -40 0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
Zeit[ms] 20
Amplitude[nm]
Amplitude[nm]
40 20 0 -20 -40
30
Umfang
60
10 0 -10 -20
90
30
Umfang
60
90
Abbildung 4.6: Experimentelle Anregung der Umfangsmoden n = 2 im CFK-Rohr mit Wicklungswinkel ±45◦ . Dargestellt ist ein gemessenes Zeitsignal und die Verschiebungen u ¨ber den Umfang zu zwei Zeitpunkten, an der Stelle z = 145 mm.
93
Amplitude[nm]
Die Art der Anregung bedingt, dass diese Zeitpunkte unterschiedlichen Frequenzen entsprechen. Unten links, in Abb. 4.6, das heisst bei tiefen Frequenzen, kann die Umfangsmodulation n = 2 sehr sch¨on gesehen werden. Aber auch hier sind kleine Abweichungen sichtbar. Im Falle von h¨oheren Frequenzen, Abb 4.6 rechts unten, ist die erwartete Umfangsmodulation auch noch ersichtlich, jedoch hat der Einfluss anderer Moden hat deutlich zugenommen. In einem zweiten, ¨ahnlichen Beispiel, mit demselben Rohr, demselben Piezoelement und bis auf die Pulsl¨ange von 0.2 ms derselben Anregungsfunktion wird die Auslenkung in der (r, z)-Ebene, mit einem Winkel von 45◦ zur Rohrachse 145 mm hinter dem Piezoelement gemessen und anschliessend in Abb. 4.7 mit einer entsprechenden Simulation verglichen.
40
0
-40
0
0.1
0.3
0.2
Amplitude[nm]
20 10 0 -10 -20 0
0.05
0.1
0.15
Zeit[ms]
Abbildung 4.7: Vergleich der Zeitsignale der Amplituden zwischen Messung (ausgezogen) und Simulation (gestrichelt) in einem CFK-Rohr. ¨ Die Ubereinstimmung des ersten Wellenpaketes ist, wie dies in der Vergr¨osserung ersichtlich ist sehr gut. Dabei handelt es sich um den Mode F(2,1), welcher im gew¨ahlten Frequenzbereich gr¨osstenteils axiale Verschiebungskomponenten aufweist. Im Bereich h¨oherer Frequenzen, oberhalb der Cut-Off-Frequenz der Moden F(2,2) ¨ und F(2,3) kann nicht mehr von einer Ubereinstimmung gesprochen werden. Erst nachdem der angeregte Puls durch ist, nach ca. 0.25 ms stimmt die Simulation wieder mit dem Experiment u ¨berein. Es handelt sich dabei um eine Randschichtschwingung die sehr langsam abklingt.
94
Die doch erheblichen Abweichungen im h¨oheren Frequenzbereich sind einerseits auf die mit der Frequenz steigende und modenabh¨angige Materiald¨ampfung, welche im Simulationsmodell nicht ber¨ ucksichtigt ist, zur¨ uckzuf¨ uhren. Andererseits ist der Einfluss der Leimschicht im numerischen Modell nicht implementiert. Dieser Einfluss wird vor allem im Falle der Schub¨ ubertragung zwischen Piezoelement und Struktur massgebend.
4.3
Bestimmung der elastischen Eigenschaften
In diesem Kapitel werden die entwickelten Werkzeuge zur Bestimmung der elastischen Eigenschaften auf Messdaten angewendet. Ein erstes Experiment wird mit einem Aluminiumrohr durchgef¨ uhrt. Dies aufgrund der guten Kenntnis der isotropen Materialeigenschaften des Werkstoffes. Danach werden Messungen am 22.5◦ CFK-Rohr durchgef¨ uhrt. Die Auswertung erfolgt einerseits mit einem zylindrischorthotropen Materialmodell und andererseits mit einem Modell, das aus transversauglich der z-Achse um die e1 Richtung lisotropen Schichten, welche um ±22.5◦ bez¨ gedreht sind, aufgebaut ist. Anschliessend wird das unidirektional faserverst¨arkte 0◦ CFK-Rohr untersucht und dessen transversalisotrope Eigenschaften bestimmt. Zum Schluss werden die Modelle miteinander verglichen.
4.3.1
Aluminium Rohr
Als Probe wird ein gezogenes Aluminiumrohr (Extrudal-043) von Alusuisse verwendet. Der innere Radius betr¨agt Ri = 0.014 m und der a¨ussere Ra = 0.016 m. Die Dichte betr¨agt nach Angaben des Herstellers ρ = 2700 kg/m3 . ¨ Zuerst wird die Sensitivit¨at der Dispersionskurven auf eine Anderung der zwei unabh¨angigen isotropen Materialparameter untersucht. Abb. 4.8 links zeigt den Ein¨ fluss auf die Anderung von λ um ±10 % und ±20 %, w¨ahrend die Abb. 4.8 rechts die Dispersionskurven infolge einer Variation von µ zeigt. Man stellt fest, dass der Parameter λ selbst im Bereich h¨oherer Frequenzen nur einen bescheidenen Einfluss auf die Dispersion aus¨ ubt. Dies im Gegensatz zum Schubmodul, welcher das Verhalten beider Wellenmoden entscheidend beeinflusst. Im Experiment wird das Rohr mit einem Piezo-Ring-Element (PZT26) derselben radialen Dimensionen wie sie das Rohr aufweist angeregt. Das Piezoelement ist 2 mm dick, axial polarisiert und besitzt, zum anregen axialsymmetrischer Wellen, eine Elektrodenkonfiguration gem¨ass Abb. 3.8b). Ein linearer Sinussweep in einem Hanningfenster (fmin = 20 kHz, fmax = 250 kHz und T = 250 µs) mit ±50 V Amplitude wird auf die Elektroden gegeben. An 250 Punkten mit dem Abstand ∆z = 0.5 mm werden die Oberfl¨achenverschiebungen u ¨ber die Zeit gemessen, die Abtastfrequenz betr¨agt 5 MHz. Um simultan die radialen und axialen Verschiebungskomponenten
95
Frequenz[kHz]
600
400
200
λ 0 0
400
800
1200
1600
µ 2000 0
Wellenzahl[rad/m]
400
800
1200
1600
2000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 4.8: Dispersionskurven der ersten beiden axialsymmetrischen Wellenmoden im Aluminiumrohr. Links ist der Einfluss der Variation von λ und rechts von µ dargestellt. zu messen, ist der Laserstrahl so angeordnet, dass er mit der Rohrachse einen Winkel von 45◦ einschliesst und sich in der r-z-Ebene befindet. Die Zeitsignale werden durch einen Bandpass (HP = 10 kHz, LP = 500 kHz) gefiltert und jeweils 500mal gemittelt. Abb. 4.9 links zeigt die mit Hilfe des Matrix-Pencil Algorithmus extrahierten Dispersionskurven. Die Signalordnung wurde mit dem AIC-Kriterium gesch¨atzt. Wie das Bild zeigt, sind auch in diesem Beispiel viele nicht absichtlich angeregte Wellenmoden bestimmt worden. Abb. 4.9 rechts zeigt die vom Optimierungsalgorithmus 250
Frequenz[kHz]
200 150 100 50 0 0
200
400
600
0
800
Wellenzahl[rad/m]
200
400
600
800
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 4.9: Im Aluminiumrohr experimentell bestimmte Dispersionskurven. Links die vom Matrix-Pencil Algorithmus bestimmten Punkte und rechts die vom Optimierungsprozess als g¨ ultig klassifizierten Punkte, u ¨berlagert mit der theoretisch bestimmten Kurve (grau).
96
als g¨ ultig klassifizierten Punkte. Die u ¨berlagerten, ausgezogenen grauen Linien sind die Dispersionskurven, die mit Hilfe der durch den Algorithmus bestimmten Mate¨ rialparameter berechnet wurden. Eine saubere Ubereinstimmung wurde gefunden. Kleine Artefakte sind die Punkte, welche nicht auf einem der beiden Moden liegen. Es handelt sich dabei um Punkte die zuf¨allig in der N¨ahe des Modes T(0,1) liegen und daher als g¨ ultige Punkte klassiert wurden. Da deren Anzahl aber gering ist, werden die zu fittenden Materialparameter nur marginal beeinflusst. In den ersten Auswertungen wurden jeweils beide elastischen Eigenschaften, das heisst λ und µ gefittet. Der Optimierungsprozess wurde mehrere Male durchgef¨ uhrt, jeweils mit unterschiedlichen Startwerten. Die folgenden Resultate konnten ermittelt werden: λ = 5.14 · 1010 N/m2 ± 10%
µ = 2.46 · 1010 N/m2 ± 2%
Die grosse Streuung im Parameter λ ist durch die bescheidene Sensitivit¨at der Dispersionsbeziehung auf diese Eigenschaft zur¨ uckzuf¨ uhren. In einem n¨achsten Schritt erfolgt eine Anpassung des Algorithmus, so dass die Optimierung nur noch mit dem sensitiveren Parameter µ getrieben wird. F¨ ur unterschiedliche Startwerte von µ und f¨ ur verschiedene λ’s, welche sich jedoch im oben angegebenen Intervall befinden, werden die Messdaten ausgewertet. F¨ ur den zu bestimmenden Schubmodul resultieren dieselben Werte wie sie oben angegeben sind. λ k¨onnte zum Beispiel durch die Messung von Resonanzfrequenzen bestimmt werden. Dazu kann der gleiche experimentelle Aufbau benutzt werden.
4.3.2
22.5◦ CFK-Rohr
Als Probe wird ein CFK-Rohr verwendet, dessen Fasern alternierend um ±22.5◦ um die Richtung e1 rotiert sind. Der Aufbau der Struktur ist im Kapitel 2.2.2 beschrieben. Die radialen Dimensionen betragen Ri = 0.014 m und Ra = 0.0155 m, sowie der L¨ange L = 1.711 m. Die Dichte des verwendeten Werkstoffes betr¨agt ρ = 1549 kg/m3 . Das Rohr wird piezoelektrisch angeregt. Die Radien des Piezoelementes sind mit denen der Zylinderschale identisch, w¨ahrend die Dicke 2.0 mm betr¨agt. Das Element besteht aus dem Werkstoff PZT26 und ist axial polarisiert. Die Elektrodenanordnung gem¨ass Abb. 3.8c) unterst¨ utzt die Anregung von Wellenmoden mit der ganzzahligen Umfangswellenzahl n = 2. Die Segmentierung der Elektronen wurde durch simples Einritzen im Hilfe eines Messers bewerkstelligt. Beim Anregungspuls handelt es sich um einen linearen Sinussweep (fmin = 50 kHz und fmax = 750 kHz) multipliziert mit einem 150 µs langen Hanningfenster. Die Amplitude betr¨agt ±100 V. Die Oberfl¨achenverschiebungen werden an 450 Punkten mit dem Abstand 0.2 mm gemessen. Der kleine Abstand ist bedingt durch die kleinste zu erwartende Wellenl¨ange, die in diesem Fall 2.1 mm betr¨agt. Eine hinreichende Abtastung, 10mal,
97
O FV 30 3
OFV303
A 45°
A SchnittA-A
Ansicht
Abbildung 4.10: Zur Detektion aller Verschiebungsrichtungen gew¨ahlte Anordnung zwischen dem Laserinterferometer und der Probe. ist dadurch gew¨ahrleistet. Die grosse Anzahl gemessener Punkte ist n¨otig um auch die vorhandenen grossen Wellenl¨angen erfassen zu k¨onnen. Die Amplituden werden gegen die Zeit aufgenommen, bei einer Abtastfrequenz von 12.5 MHz. Der Laserkopf wird gegen¨ uber dem CFK-Rohres gem¨ass Abb. 4.10 angeordnet. Mit dieser Konstellation beeinflussen alle drei Verschiebungsrichtungen das vom Laser detektierte Signal. Nach der Filterung durch einen Bandpass (HP = 10 kHz, LP = 1000 kHz) werden jeweils 500 Messsignale desselben Punktes gemittelt, wodurch eine weitere Verbesserung des Signalrauschabstandes erreicht wird. Nachdem die Messdaten in den Fourierraum transformiert worden sind, erfolgt die Bestim700
Frequenz[kHz]
600 500 400 300 200 100 0 0
1000
2000
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 4.11: Aus den Verschiebungsmessdaten des 22.5◦ CFK-Rohres bestimmten Dispersionskurven.
98
mung der Wellenzahlen mit Hilfe des Matrix-Pencil Algorithmus. Die Sch¨atzung der Signalordnung beruht auf dem AIC-Kriterium. Abb. 4.11 zeigt die im 22.5◦ CFK-Rohr gesch¨atzten Dispersionskurven. Sehr viele Moden sind erkennbar. Wobei deren 4 oder 5 markanter hervortreten, es handelt sich dabei, wie sp¨ater gezeigt wird, um Wellenmoden mit der Umfangswellenzahl n = 2. Die vielen zus¨atzlichen Moden oder auch das Rauschen sind auf die vielen nur schwach angeregten Moden zur¨ uckzuf¨ uhren, welche die Resultate der Signalverarbeitung markant verschlechtern. Mit zylindrisch-orthotropem Materialmodell Eine erste Auswertung erfolgt mit dem allgemeinen zylindrisch-orthotropen Materialmodell, mit seinen neun unabh¨angigen elastischen Eigenschaften. Optimiert werden nur die in Kapitel 2.4.4 bestimmten Parameter C33 , C44 , C55 und C66 . Das dem Optimierungsalgorithmus unterliegende theoretische Modell der Dispersionsbeziehung ist auf 30 linearen Elementen aufgebaut. 700
Frequenz[kHz]
600 500 400 300 200 100 0 0
1000
2000
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 4.12: Die als zum zylindrisch-orthotropen Modell zugeh¨orig klassifizierten Punkte der Dispersionskurven, u ¨berlagert mit den theoretisch bestimmten Kurven (grau). Die Abb. 4.12 zeigt die Punkte der Dispersionskurve aus Abb. 4.11 welche als g¨ ultig, in Bezug auf das Modell, klassifiziert wurden. Punkte aller f¨ unf erwarteten Moden wurden gefunden. Im Vergleich zum Aluminium Rohr kann eine deutlich gr¨ossere Streuung der Messwerte ausgemacht werden, was durch die Pr¨asenz vieler Moden zur¨ uckzuf¨ uhren ist. Bei den im Hintergrund dargestellten grauen Linien, han-
99
1.1
x10 11
2.0
x10 10
C33
C44
2 Steifigkeit[N/m]
1.0
1.9
0.9 0 20 9 x10 5.0
40
60
80
1.8 0 20 9 x10 4.0
100
40
60
80
C55
C66
4.8
4.6 0
100
3.8
20
40
60
80
3.6
100
Iterationsschritt
0
20
40
60
80
100
Iterationsschritt
Abbildung 4.13: Darstellung der optimierten elastischen Materialdaten w¨ahrend des Fit-Prozesses, f¨ ur unterschiedlich gew¨ahlte Startwerte. delt es sich um die theoretisch berechneten Kurven, basierend auf den bestimmten ¨ Materialdaten. Eine sehr gute Ubereinstimmung konnte gefunden werden. Die Entwicklung der vier optimierten elastischen Eigenschaften w¨ahrend der FitProzedur ist in Abb. 4.13 dargestellt. Unterschiedliche Startwerte wurden gew¨ahlt. Schon nach dem ersten Optimierungsschritt fallen jeweils zwei verschiedene Kurven praktisch aufeinander und divergieren im weiteren Verlauf nur noch unwesentlich. Nur der Parameter C66 weisst w¨ahrend des Vorgangs leicht gr¨ossere Differenzen auf, was durch die schwache und ungenaue Pr¨asenz des f¨ ur diesen Parameter massgebenden Mode F (4, 2) bedingt ist. Die folgenden Materialeigenschaften konnten ermittelt werden: C44 = 1.96 · 1010 N/m2 C33 = 1.03 · 1011 N/m2 C55 = 4.70 · 109 N/m2 C66 = 3.72 · 109 N/m2 Mit geschichtetem Materialmodell Eine zweite Auswertung basiert auf einem geschichteten Materialmodell, wobei die einzelnen Schichten als transversalisotrop und um die Richtung e1 um ±22.5◦ gedreht sind. Wiederum werden nur die in Kapitel 2.4.4 erw¨ahnten Parameter C11 , C33 und C44 bestimmt. Das mathematische Modell der Dispersionsbeziehung besteht analog zum wirklichen Aufbau des Rohres aus 15 unidirektional faserverst¨arkten Schichten mit alternierendem Rotationswinkel. Eine einzelne dieser Schichten ist
100
700
Frequenz[kHz]
600 500 400 300 200 100 0 0
1000
2000
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 4.14: Die als zum geschichteten Modell zugeh¨orig klassifizierten Punkte der Dispersionskurven. jeweils durch 5 lineare finite Elemente approximiert. Dadurch besteht das Modell aus 75 Elementen. Aufgrund dieser hohen Anzahl und begrenzter Rechenleistung, konnte nur die H¨alfte der Punkte, das heisst jede zweite Frequenz, des oben verwendeten Datensatzes als Eingangsdaten f¨ ur den Optimierungsalgorithmus verwendet werden. In Abb. 4.14 sind als ausgezogene graue Linien die Dispersionskurven dargestellt, welche mit den optimierten Materialparameter berechneten wurden. Die schwarzen Punkte sind diejenigen des gesamten Datensatzes aus Abb. 4.11, welche vom Algorithmus als g¨ ultig klassifiziert wurden. Wiederum sind alle 5 Moden F (2, 1 − 5) gefunden worden. Vergleicht man die Abb. 4.12 und Abb. 4.14, stellt man nur sehr kleine Differenzen fest, das heisst, dass mehr oder weniger dieselben Messpunkte als g¨ ultig klassifiziert wurden. Abb. 4.15 zeigt die Ann¨aherung der 3 zu fittenden Parameter an ihre, im Sinne der kleinsten Fehlerquadrate optimalen Werte. Wieder kann der typische Verlauf beobachtet werden. Die folgenden Werte konnten ermittelt werden: C11 = 1.05 · 1010 N/m2
C33 = 1.36 · 1011 N/m2
C44 = 4.91 · 109 N/m2
Um eine Aussage u ¨ber die Plausibilit¨at dieser Werte und vor allem u ¨ber das dahinter stehende Modell zu machen, werden diese Werte im folgenden Kapitel mit den bestimmten elastischen Eigenschaften des 0◦ CFK-Rohres verglichen.
101
2 Steifigkeit[N/m]
10
1.2
11
x10
C11
9
x10
C33
1.3
1.0
0.8
1.5
0
20
40
60
80
1.1
Iterationsschritt
x10
5.7
C44
5.2
0
20
40
60
80
4.7
0
Iterationsschritt
20
40
60
80
Iterationsschritt
Abbildung 4.15: Darstellung der optimierten elastischen Materialdaten w¨ahrend des Fit-Prozesses, im Falle der Anwendung des geschichteten Materialmodells.
0◦ CFK-Rohr
4.3.3
Frequenz[kHz]
Als Probe wird ein CFK-Rohr verwendet, dessen Fasern parallel zur Rohrachse verlaufen, was einem transversalisotropen Materialverhalten entspricht. Ziel dieses Experimentes ist es zu zeigen, ob das geschichtete Materialmodell, wie es im zweiten Teil von Kapitel 4.3.2 verwendet wurde, wirklich g¨ ultig ist. Wenn das der Fall ist, ◦ sollte das in diesem Kapitel untersuchte 0 CFK-Rohr dieselben elastischen Eigenschaften aufweisen, wie sie f¨ ur das geschichtete Modell des 22.5◦ Rohres extrahiert wurden. Die piezoelektrische Anregung des hier verwendeten Rohres entspricht exakt derjenigen des 22.5◦ Rohres. Auch die geometrischen Abmessungen sind identisch.
600 400 200
C 11 0
0
1500
C 33
3000 0
Frequenz[kHz]
Wellenzahl[rad/m]
1500
3000
Wellenzahl[rad/m]
600 400 200 0
C 13
C 12 0
1500
Wellenzahl[rad/m]
3000 0
1500
Wellenzahl[rad/m]
C 44 3000 0
1500
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 4.16: Einfluss der Variation der f¨ unf unabh¨angigen Steifigkeitselemente auf die Dispersionskurven im transversalisotropen Fall.
102
Die Verschiebungsamplituden werden unter demselben Winkel und an den, zu Kapitel 4.3.2 entsprechenden Punkten aufgezeichnet. Wie aus Abb. 4.16 ersichtlich ist, zeigt die Sensitivit¨atsanalyse des dispersiven Verhaltens auch in diesem Falle, dass im wesentlichen nur die Steifigkeitselemente C11 , C33 und C44 einen hinreichend grossen Einfluss auf die Dispersionskurven besitzen. Zus¨atzlich u ¨bt auch das Element C12 einen Einfluss auf Dispersionsverhalten aus. Die Reaktion des Modes F(2,4) auf eine Variation von C12 ist jedoch deutlich kleiner als diejenige von C11 . Dies ist dadurch erkl¨arbar, dass der eigentliche Einfluss auf diesen Mode vom Steifigkeitselement C66 kontrolliert wird, das sich im Falle der Transversalisotropie als C66 = (C11 − C12 ) /2 berechnen l¨asst. Das Element C11 ist jedoch deutlich gr¨osser, wodurch der marginale Einfluss von C12 begr¨ undet ist. 700
Frequenz[kHz]
600 500 400 300 200 100 0 0
1000
2000
3000
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung 4.17: Experimentell bestimmte Dispersionskurve des 0◦ CFK-Rohres dargestellt als schwarze Punkte. Die im Hintergrund sichtbaren grauen Kurven, wurden aufgrund der gefitteten Materialparameter analytisch berechnet. Die Abb. 4.17 zeigt die als zum Modell zugeh¨orig klassifizierten Punkte der experimentell bestimmten Dispersionskurve (schwarze Punkte). Als ausgezogene graue Linien sind die analytisch bestimmten Kurven abgebildet. Sie basieren auf den durch ¨ den Optimierungsalgorithmus bestimmten elastische Eigenschaften. Eine gute Ubereinstimmung konnte gefunden werden. Der Verlauf der drei zu optimierenden Materialeigenschaften w¨ahrend des FitProzesses ist in Abb. 4.18 dargestellt. Das Verhalten der einzelnen Eigenschaften entspricht wiederum dem erwarteten, typischen Ann¨ahern an den optimalen Wert. Die folgenden, im Sinne der kleinsten Fehlerquadrate optimalen Werte f¨ ur die effek-
103
tiven elastischen Materialeigenschaften wurden bestimmt: C11 = 1.01 · 1010 N/m2
C33 = 1.30 · 1011 N/m2
2 Steifigkeit[N/m]
10
1.1
11
x10
C11
1.0
0.9
1.50
9
x10
C33
1.25
0
C44 = 4.33 · 109 N/m2
40
80
Iterationsschritt
120
1.00 0
4.4
x10
C44
4.2
40
80
Iterationsschritt
120
4.0
0
40
80
Iterationsschritt
120
Abbildung 4.18: Verhalten der drei Materialparameter w¨ahrend des Optimierungsprozesses. Die oben angegebenen Steifigkeitselemente des 0◦ CFK-Rohres werden zu ihrer ¨ Uberpr¨ ufung mit den von Dual et al. [DS90] bestimmten Ingenieurmoduln verglichen. E3 = 1.29 · 1011 N/m2 E2 = 0.92 · 1010 N/m2 G13 = 0.49 · 1010 N/m2 ν32 = 0.41 Kombiniert man diese Angaben, mit den im Rahmen dieser Arbeit bestimmten Steifigkeitselementen, kann einerseits das Material vollst¨andig charakterisiert werden und andererseits k¨onnen die Ergebnisse u ¨berpr¨ uft werden, da eine u ¨berz¨ahlige Gr¨osse vorhanden ist. Die 5 unabh¨angigen Materialparameter k¨onnen somit angegeben werden als: C11 = 1.01 · 1010 N/m2 C33 = 1.33 · 1011 N/m2
C12 = 2.78 · 109 N/m2 C44 = 4.33 · 109 N/m2
C13 = 5.26 · 109 N/m2
¨ Der Vergleich der u ¨berz¨ahligen Gr¨osse C33 zeigt eine sehr gute Ubereinstimmung. Die Abweichung liegt im Bereich weniger Prozente.
4.4
Schlussfolgerungen
Der direkte Vergleich zwischen der vollst¨andigen numerischen Simulationen und dem entsprechenden physikalischen Experiment liefert teils u ¨berzeugende Resultate. ¨ Sehr gute Ubereinstimmungen k¨onnen beobachtet werden, wenn die Anregung der Strukturwellen u ¨ber Normalspannungen erfolgt. Die Schub¨ ubertragung wird infolge der nicht modellierten Leimschicht und der Elektroden in der Simulation deutlich
104
u ¨bersch¨atzt. Inhomogenit¨aten im Material sowie die nicht ber¨ ucksichtigte Materiald¨ampfung tragen auch zu den gefundenen Abweichungen zwischen der Simulation und dem Experiment bei. Die vorgeschlagene Methode zur Bestimmung der elastischen Materialeigenschaften liefert im Falle von isotropen Rohren, hier Aluminium, sehr gute Resultate f¨ ur den Parameter µ. Aufgrund der schwachen Sensitivit¨at der Dispersionskurven kann λ im betrachteten Frequenzbereich nur ungenau bestimmt werden. Dem k¨onnte jedoch begegnet werden, indem dieser Parameter aus Messungen von Resonanzfrequenzen bestimmt wird. Die Robustheit des Optimierungsverfahrens einerseits gegen¨ uber unterschiedlicher Anfangswerte in den zu sch¨atzenden Parametern und andererseits gegen¨ uber einer grossen Anzahl Ausreisser kann als sehr gut bezeichnet werden. Die Bestimmung der globalen Materialeigenschaften der zwei unterschiedlichen ¨ kohlefaserverst¨arkten Rohre konnte erfolgreich ausgef¨ uhrt werden. Die Ubereinstimmung der gemessenen Dispersionskurven mit den, auf den gefitteten Materialeigenschaften basierenden, analytisch generierten Kurven, kann als sehr gut bezeichnet werden. Werden die Materialeigenschaften des 0◦ CFK-Rohres mit denjenigen des 22.5◦ Rohres, welche mit dem geschichteten Materialmodell bestimmt wurden, verglichen, stellt man bei den Parametern C33 und C44 grosse Abweichungen fest. Im ¨ber 25%. Beachtet man zus¨atzlich noch, dass eine grosFalle von C33 betr¨agt diese u se Sensitivit¨at der Dispersionskurven gegen¨ uber diesen Parametern vorhanden ist, muss davon ausgegangen werden, dass das angenommene Materialmodell, welches aus um ±α rotierten transversalisotropen Schichten aufgebaut ist, f¨ ur die untersuchten Rohre verworfen werden muss. Dies kann einerseits auf eine nicht homogene Verteilung der Schichtdicken zur¨ uckzuf¨ uhren sein. Andererseits werden massgebende Effekte, die durch den gewickelten Aufbau der Struktur, im angenommenen Materialmodell nicht ber¨ ucksichtigt. Der Vergleich zwischen den bestimmten Materialdaten des 0◦ CFK-Rohres und den, am selben Rohr, von Dual et al. [DS90] angegebenen Ingenieurmoduln, erlaubt einerseits die vollst¨andige Charakterisierung diese transversalisotropen Mate¨ rials und andererseits deutet die sehr gute Ubereinstimmung auf eine hohe Genauigkeit der gemessenen Parametern hin. Des weiteren eignet sich der entwickelte Algorithmus auch, um die vielen Punkte beziehungsweise die vielen gemessenen Moden der extrahierten Dispersionskurven dem ad¨aquaten mathematischen Modell zuzuordnen.
105
106
Kapitel 5 Ausblick Im Folgenden sind einige Gedanken und Ideen aufgelistet, welche aufgrund des begrenzten zeitlichen Rahmens in der vorliegenden Arbeit nicht behandelt werden konnten, in einer k¨ unftigen, weiterf¨ uhrenden Arbeit jedoch erfolgversprechende Ansatzpunkte sein k¨onnten. • Zur Untersuchung des Dispersionsverhaltens der Rohre wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Modell verwendet, das auf dem Hamilton’schen Prinzip und auf einer Diskretisierung in der radialen Richtung basiert. Einen noch wesentlich effizienteren Algorithmus erreicht man, wenn man zur Formulierung des Energiefunktionales eine Potenzreihe in Richtung des Radius ansetzt. Dadurch kann die Dimension der Massen- und der Steifigkeitsmatrix deutlich kleiner gehalten werden. • Die Verwendung dickwandiger Rohre, sowie eine Erh¨ohung der maximalen Frequenz w¨ urde die Bestimmung von mehr als nur vier elastischen Eigenschaften in zylindrisch-orthotropen Rohren erm¨oglichen. • Die Adaption der vorgestellten Methode zur Bestimmung der elastischen Eigenschaften auf andere anisotrope Rohre (zum Beispiel glasfaserverst¨arkter Kunststoff) scheint naheliegend und ist ohne grossen Aufwand zu implementieren. Der entwickelte Algorithmus l¨asst auch die Untersuchung geschichteter Strukturen zu. Ausserdem k¨onnen im Falle von fluidgef¨ ullten Rohren, bei bekannter a¨usserer Schale, Informationen u ¨ber das mechanische Verhalten des Fluids erhalten werden. • Vorstellbar ist auch die Anpassung des Verfahrens an andere Geometrien, wie zum Beispiel St¨abe mit Kreisquerschnitt oder mit Rechteckquerschnitt. Bei letzteren Querschnittsformen sind zweidimensionale lineare Elemente im
107
numerisch-analytischen Algorithmus aus Kapitel 2.2.3 erforderlich. Die Anwendung auf Platten ist prinzipiell auch m¨oglich. Man generiert dazu hinreichend ebene Wellen, oder bei einer punktf¨ormigen Anregung muss die Messstrecke gen¨ ugend weit (3 − 4 λ) von der Quelle entfernt angeordnet sein, so dass das Verh¨altnis Wellenl¨ange zu Radius hinreichend klein wird und somit der Einfluss der Kr¨ ummung der Wellenfront auf deren Ausbreitung vernachl¨assigt werden kann. Zudem l¨asst sich die Wellenausbreitung im Nahfeld nicht mit Exponentialfunktionen sondern mit Besselfunktionen beschrieben, was zu Problemen mit den Ansatzfunktionen im Matrix-Pencil Algorithmus f¨ uhren w¨ urde. • Prinzipiell ist mit dem vorgestellten Verfahren auch die Bestimmung der D¨ampfung m¨oglich. Einerseits ist der Matrix-Pencil Algorithmus in der Lage komplexe Wellenzahlen zu sch¨atzen, wobei deren Imagin¨arteil die D¨ampfung charakterisiert. Andererseits kann die analytische Theorie zur Bestimmung der Dispersionskurven auf viskoelastische Materialmodelle erweitert werden. Auch das Optimierungsverfahren kann problemlos erweitert werden. Die grosse Herausforderung ist, ein Modell f¨ ur die D¨ampfung zu finden, das die Physik hinreichend genau beschreibt. • Die Verwendung einer Punktquelle auf der ¨ausseren Mantelfl¨ache des Rohres scheint eine vielversprechende Alternative zu sein, da keine ebenen Wellenfronten erzeugt werden m¨ ussen. Es ist jedoch eine entsprechende mathematische Formulierung der Dispersionsbeziehung n¨otig. Durch deren Messung in unterschiedliche Richtungen, von der Punktquelle aus betrachtet, d¨ urfte die elastische Materialcharakterisierung m¨oglich sein. • Eine genaue Untersuchung des Verhaltens des verwendeten retroreflektierenden Klebebandes im hohen Frequenzbereich w¨ urde gewisse, vorhandene Unsicherheiten ausschliessen. Nicht die Mikrostrukturresonanzen, sie sind bei den verwendeten Frequenzen noch nicht entscheidend, sondern das globale Verhalten dieser weichen Schicht sollte eingehend studiert werden. • Zur besseren Beschreibung des vollst¨andigen physikalischen Experimentes mit Hilfe der Methode der Finiten Differenzen, w¨are die Ber¨ ucksichtigung der vorhandenen Leimschicht zwischen dem Piezoelement und der Struktur unabdingbar. Da jedoch weder die Materialeigenschaften noch die Geometrie dieser Schicht hinreichend bekannt sind sollte davon abgesehen werden. Eine wirklichkeitsn¨ahere Simulation kann somit nur bei kontaktloser Anregung erzielt werden, wie dies zum Beispiel die elektromagnetischen akustischen Transducer erm¨oglichen.
108
• Um das Experiment wirklichkeitsn¨aherer mit Hilfe des numerischen Simulationsalgorithmus zu beschreiben, sollte die Materiald¨ampfung ber¨ ucksichtigt werden. Dies kann, wie in der Literatur im eindimensionalen Fall gezeigt wird, relativ einfach durch das Einf¨ uhren sogenannter Speichervariablen erreicht werden. Auch vorhandene Material Inhomogenit¨aten k¨onnen mit Hilfe des vorgestellten Simulationswerkzeuges ber¨ ucksichtigt werden. • Zur Verk¨ urzung der Simulationsdauer empfiehlt sich die Parallelisierung des Algorithmus, wodurch das Problem simultan in den einzelnen Teilgebieten, verteilt auf unterschiedliche Prozessoren, gel¨ost wird. Zwischen den einzelnen Zeitschritten muss ein Abgleich der Grenzgebiete erfolgen. Des Weiteren kann durch die Approximation der Differentialquotienten mit Differenzenquotienten h¨oherer Ordnung zus¨atzlich die Rechenzeit wie auch der Speicherbedarf erheblich reduziert werden. • Ein Materialmodell zur Beschreibung des globalen Verhaltens der gewobenen, faserverst¨arkten Rohre, mit Hilfe der transversalisotropen Eigenschaften eines einzelnen Bandes, sollte hergeleitet werden. Das Modell kann u ¨berpr¨ uft werden durch die Messungen an Rohren, die mit unterschiedlichen Winkeln gewickelt wurden.
109
110
Anhang A Dispersionsbeziehung analytisch A.1
Mathematische Formulierung
Ausgegangen wird von den Bewegungsdifferentialgleichungen Gl. A.1 des unendlich langen orthotropen Rohres. 2 ∂ 2 ur ∂ 2 ur ∂ ur 1 ∂ur 1 1 ∂ 2 ur + C + C + ρ 2 = − 2 C22 ur + C11 66 55 ∂t r ∂r2 r ∂r r2 ∂ϕ2 ∂z 2 1 ∂uϕ 1 ∂ 2 uϕ + (C12 + C66 ) − 2 (C22 + C66 ) r ∂ϕ r ∂r∂ϕ 2 ∂uz ∂ uz 1 + (C13 + C55 ) + (C13 − C23 ) r ∂z ∂r∂z ρ
ρ
∂ 2 uϕ 1 ∂ur 1 ∂ 2 ur = (C + C ) + C ) + (C 22 66 12 66 ∂t2 r2 ∂ϕ r ∂r∂ϕ 2 ∂ uϕ 1 ∂uϕ 1 1 ∂ 2 uϕ + + C66 + u C − ϕ 22 ∂r2 r ∂r r2 r2 ∂ϕ2 ∂ 2 uz ∂ 2 uϕ 1 + C44 + + C ) (C 23 44 ∂z 2 r ∂ϕ∂z 1 ∂ur ∂ 2 ur ∂ 2 uz = + C ) + C ) (C + (C 23 55 13 55 ∂t2 r ∂z ∂r∂z 1 ∂ 2 uz 1 ∂uz ∂ 2 uϕ + (C23 + C44 ) + + C55 r ∂ϕ∂z ∂r2 r ∂r 2 2 ∂ uz ∂ uz 1 + C + 2 C44 33 r ∂ϕ2 ∂z 2
111
(A.1)
Die harmonischen Ansatzfunktionen Gl. 2.10 werden in Gl A.1 eingesetzt. Danach werden die Ausdr¨ ucke nach folgenden Regeln Gl. A.2 normiert ξh + Ro 2 δ k → h Ω C11 /ρ ω → h r →
(A.2)
wobei ξ ∈ [−1, 1] die dimensionslose Koordinate der Schalendicke deren Ursprung auf dem mittleren Radius Ro liegt, δ und Ω die dimensionslose Wellenzahl beziehungsweise Kreisfrequenz sind. In Matrixform geschrieben resultiert das folgende gekoppelte Differentialgleichungssystem Gl. A.3 u (ξ) + A(ξ) · u (ξ) + B(ξ) · u(ξ) = 0
(A.3)
Die Matrizen A und B sind durch die folgenden Elemente aij und bij aufgebaut: 2h 2 Ro + h ξ 2 (C12 + C66 ) h n = C11 (2 Ro + h ξ) (C13 + C55 ) δ = C11 2 (C12 + C66 ) h n =− C66 (2 Ro + h ξ) 2h = 2 Ro + h ξ =0 (C13 + C55 ) δ =− C55 =0 2h = 2 Ro + h ξ
a11 = a12 a13 a21 a22 a23 a31 a32 a33
112
(A.4)
4 C22 h2 + 4 C66 h2 n2 + (2 Ro + h ξ)2 (C55 δ 2 − C11 Ω2 ) C11 (2 Ro + h ξ)2 4 (C22 + C66 ) h2 n =− C11 (2 Ro + h ξ)2 2 (C13 − C23 ) h δ = C11 (2 Ro + h ξ) 4 (C22 + C66 ) h2 n =− C66 (2 Ro + h ξ)2 4 C66 h2 + 4 C22 h2 n2 + (2 Ro + h ξ)2 (C44 δ 2 − C11 Ω2 ) =− C66 (2 , Ro + h ξ)2 2 (C23 + C44 ) h n δ =− C66 (2 Ro + h ξ) 2 (C23 + C55 ) h δ =− C55 (2 Ro + h ξ) 2 (C23 + C44 ) h n δ == − C55 (2 Ro + h ξ) 4 C44 h2 n2 + (2 Ro + h ξ)2 (C33 δ 2 − C11 Ω2 ) =− C55 (2 Ro + h ξ)2
b11 = − b12 b13 b21 b22 b23 b31 b32 b33
A.2
(A.5)
L¨ osung mit Potenzreihen
Zur L¨osung des Gleichungssystems A.3 wird es durch Umformung und Substitution auf ein System erster Ordnung gebracht: ! " u (ξ) 0 −I u(ξ) + · =0 (A.6) B A u (ξ) u (ξ) ) *+ , ) *+ , ) *+ , Γ (ξ)
D(ξ)
Γ(ξ)
Wobei I die Einheitsmatrix ist. Durch die oben beschriebene Substitution folgt Gl. A.7 (A.7) Γ (ξ) + D(ξ) · Γ(ξ) = 0 ussen erf¨ ullt werden. Das SysDie Randbedingungen σrj (ξ = ±1) = 0, ∀j = r, ϕ, z m¨ tem kann, nach Cauchy-Kovalevskaya [RR93], durch den Potenzreihenansatz Gl. A.8 gel¨ost werden. ∞ ψi · ξ i (A.8) Γ(ξ) = i=0
113
Die erste Ableitung von A.8 nach ξ schreibt sich als Gl. A.9
Γ (ξ) =
∞
ψj · j · ξ
j−1
∞
=
i=j−1
j=1
ψ i+1 (i + 1) ξ i
(A.9)
i=0
Die Matrix D(ξ) wird um ξ = 0 mit einer Taylorreihe entwickelt Gl. A.10 D=
∞
χj · ξ j
(A.10)
j=0
Das Produkt D(ξ) · Γ(ξ) wird gem¨ass Gl. A.11 umgeschrieben D(ξ) · Γ(ξ) = =
∞
χj · ξ · j
j=0 ∞ ∞
∞
ψi · ξi
i=0
(A.11)
χj · ψ i · ξ j+i
j=0 i=0
Durch die Substitution l = i + j, tauschen der Summationsreihenfolge und der ¨ entsprechenden Anderung der Summationsgrenzen folgt Gl. A.12 =
l ∞
χj · ψ l−j · ξ l
(A.12)
l=0 i=0
Gl. A.12 eingesetzt in Gl. A.6 resultiert in Gl. A.13 ∞ l ξ l (l + 1)ψ l+1 + χj · ψ l−j = 0
(A.13)
j=0
l=0
Gl. A.13 muss f¨ ur alle ξ ∈ [−1, 1] und l ∈ [0, ∞] erf¨ ullt werden, somit muss Gl. A.14 gelten l (l + 1)ψ l+1 + χj · ψ l−j = 0 (A.14) j=0
Alle ψ l+1 k¨onnen aus den zuvor berechneten ψ 0...l bestimmt werden. Die sechs unbekannten Koeffizienten ψ 0 k¨onnen durch Einsetzen der Ansatzfunktionen in die Randbedingungen bestimmt werden. Ein homogenes lineares Gleichungssystem resultiert. Damit eine nicht triviale L¨osung existiert, muss die Determinante der Koeffizientenmatrix verschwinden, wodurch das Dispersionsverhalten Ω = f (δ) bestimmt ist.
114
A.3
Konvergenz des Algorithmus
Die Konvergenz des Algorithmus soll anhand eines Beispieles gezeigt werden. Dazu wird das Frequenzspektrum des 0◦ -Rohres (siehe Kapitel 4) mit unterschiedlicher Anzahl Summanden der Potenzreihen (l = 5, 8 und 10) aufgezeichnet. Zus¨atzlich sollen auch unterschiedliche Umfangsmoden (n = 0 und n = 2) verglichen werden Abb. A.1. W¨ahrend zwischen 5 und 8 Summanden noch deutliche Unterschiede in den Dispersionskurven auszumachen sind, vor allem Bereich kleiner Wellenl¨angen, bringt die Erh¨ohung von 8 auf 10 Summanden nur noch eine marginale Verbesserung.
Frequenz[kHz]
Umfangsmoden=0
Umfangsmoden=2
300
300
200
200
100
0 0
400
800
l=5 100 l=8 l=10 0 1200 0
Wellenzahl[rad/m]
l=5 l=8 l=10 400
800
1200
Wellenzahl[rad/m]
Abbildung A.1: Vergleich der Frequenzspektren des 0◦ CFK-Rohres, berechnet mit unterschiedlicher Anzahl Summanden der Ansatzfunktion (l = 5, 8 und 10 ).
115
116
Anhang B FDTD versus FEM Am Beispiel der L¨angswellenausbreitung in einem Stab sollen Argumente aufgezeigt werden, welche f¨ ur numerische Behandlung von Wellenph¨anomenen mit der Methode der finiten Differenzen sprechen. Das Beispiel der L¨angswellen wurde aufgrund seiner ¨ Einfachheit und damit auch Ubersichtlichkeit gew¨ahlt.
B.1
L¨ angswellen mit FDTD
Die kinematische Relation in die lineare Stoffgleichung eingesetzt, f¨ uhrt im eindimensionalen Fall zu Gl. B.1 f¨ ur die Spannung σ σ=E·
∂u ∂x
(B.1)
wobei E der Elastizit¨atsmodul ist. Das dynamische Gleichgewicht am infinitesimalen Element schreibt sich als Gl. B.2 ρ·
∂σ ∂2u = 2 ∂t ∂x
(B.2)
Die Randbedingungen werden als frei-frei modelliert. Die Geometrie des Problems kann aus Abb. B.1 entnommen werden. Die partiellen Ableitungen werden mit zenσ1
u1
σ2
σI
u2
uI
σ I+1
∆x L
Abbildung B.1: Balken mit dem verschobenen Gitter und den n¨otigen Feldkomponenten zur L¨angswellensimulation
117
tralen Differenzen zweiter Ordnung approximiert. Die diskretisierten Gleichungen schreiben sich als Gl. B.3 und Gl. B.4 E n n n (B.3) σi = · ui − ui−1 ∆x ∆t2 n n+1 n n n−1 · σi+1 − σi + 2 ui − ui ui = (B.4) ρ ∆x wobei der Index i die diskrete Ortskoordinate und n die Nummer des Zeitschrittes bezeichnet. Die Randbedingungen werden erzwungen, indem σ1 und σI−1 gleich null gesetzt werden.
B.2
L¨ angswellen mit FEM
Der Balken wird in I eindimensionale Elemente der L¨ange ∆x unterteilt. Nach Bathe [Bat96] sind Elemente tiefer Ordnung mit in den Knoten konzentrierten Massen in der Simulation von Wellenph¨anomenen von Vorteil. Die lokale Steifigkeitsmatrix Kli eines Elementes mit linearem Verschiebungsansatz ist in Gl. B.5 gegeben. ! " EA 1 −1 l · (B.5) Ki = −1 1 ∆x Die lokale Massenmatrix Mli ist nach Gl. B.6 gegeben. ! " ρ A ∆x 1 0 l · Mi = 0 1 2
(B.6)
F¨ ur ein nicht dissipatives Material sind die dynamischen Knotengleichgewichtsbedingungen des Gesamtsystems gegeben in Gl. B.7. ¨ +K·u=f M·u
(B.7)
¨ M und K sind die assemblierten, globalen Massen- und Steifigkeitsmatrizen. u und u bezeichnen den Knotenverschiebungs- beziehungsweise den Knotenbeschleunigungsvektor. f stellt den ¨ausseren Lastvektor dar.
B.2.1
Explizite Zeitintegration
Die zweifache zeitliche Ableitung des Verschiebungsvektors u wird durch eine zentrale Differenz zweiter Ordnung approximiert (Gl. B.8) ¨= u
1 n+1 · u − 2 un + un−1 2 ∆t
118
(B.8)
wobei n den diskreten Zeitschritt bezeichnet. Die damit linearisierte Gleichung B.7 wird nach un+1 aufgel¨ost. Es entsteht das explizite lineare Gleichungssystem (Gl. B.9) zur Berechnung der neuen Verschiebung. un+1 = M−1 (f − K · un ) ∆t2 + 2 un − un−1
B.2.2
(B.9)
Implizite Zeitintegration
Die numerische Integration der Gl. B.7 u ¨ber die Zeit erfolgt zum Beispiel mit Hilfe der Newmark Methode [Bat96], die u ¨ber die Gleichungen B.10 und B.11 definiert ist. / . ¨n + δ u ¨ n+1 ∆t (B.10) u˙ n+1 = u˙ n + (1 − δ) u " ! 1 ¨ n+1 ∆t2 ¨n + β u un+1 = un + u˙ n ∆t + ( − β) u (B.11) 2 Mit Gl. B.12 f¨ ur den diskreten Zeitschritt n + 1 ¨ n+1 + K · un+1 = f n+1 M·u
(B.12)
kann ein implizites Gl. B.13 und zwei explizite Gl. B.14 und Gl. B.15 lineare Glei¨ n+1 erhalten werden. chungssysteme f¨ ur un+1 , u˙ n+1 und u ¨ n) (α0 M + K) un+1 = f n+1 + M (α0 un + α1 u˙ n + α2 u ) ) *+ , *+ , ˆ K
(B.13)
ˆ f
ˆ wird als effektive Steifigkeitsmatrix und ˆf als effektiver Knotenlastvektor bezeichK net. ¨n ¨ n+1 = α0 un+1 − un − α1 u˙ n − α1 u (B.14) u ¨ n + α4 u ¨ n+1 u˙ n+1 = un + α3 u
(B.15)
wobei α0 = 1/β ∆t2 , α1 = 1/β ∆t, α2 = 1/2 β − 1, α3 = (1 − δ)∆t und α4 = δ ∆t. β und δ sind Integrationsparameter. Newmark empfiehlt als ein unkonditioniert stabiles Integrationsschema die konstante mittlere Beschleunigungsmethode. Dazu sind β = 1/4 und δ = 1/2 zu w¨ahlen.
B.3
Vergleich FDTD und FEM
Die Berechnung eines neuen Zeitschrittes erfordert in der FEM-Vorgehensweise die ˆ (implizit) oder der Massenmatrix M Inversion der effektiven Steifigkeitsmatrix K (explizit). Da die Matrizen unabh¨angig vom herrschenden Zustand sind, muss diese
119
Inversion nur einmal durchgef¨ uhrt werden. Die Berechnung der Inversen schr¨ankt jedoch die Anwendbarkeit des Algorithmus auf Strukturen die aus wenigen Elemenˆ und ten bestehen ein. Die im drei dimensionalen Fall schwach besetzten Matrizen K M weisen Bandstruktur auf. Nach erfolgter Inversion sind sie voll besetzt. Die anschliessende Multiplikation mit den Lastvektor bedingt, dass die notwendige Anzahl FLOPS pro Zeitschritt in der FE-Simulation um ein vielfaches Gr¨osser ist als im FDTD-Algorithmus. Die oben beschriebenen Wahl der Integrationsparameter β und δ im impliziten Fall beseitigt zwar das Stabilit¨atsproblem, jedoch m¨ ussen zur Erreichung einer hinreichend genauen Simulation die ¨ortlichen und zeitlichen Diskretisierungsparameter dem FDTD-Algorithmus entsprechend klein gew¨ahlt werden. Die f¨ ur lineare FE-Modelle bekannte Flexibilit¨at der Elementgeometrie im Falle von statischen und strukturdynamischen Problemen wird im Falle der Simulation von Wellenph¨anomenen stark eingeschr¨ankt. Wie bei der FDTD-Methode gilt, dass die Elemente m¨oglichst gleich grosse Seitenl¨angen aufweisen sollen und im ganzen Modell die gleich grossen Elemente verwendet werden sollten.
120
Anhang C Verwendete Material- und Geometriedaten Die einzelnen Dispersionskurven sowie numerischen Simulationen, welche f¨ ur die CFK-Rohre berechnet wurden, beruhen auf den folgenden Material- und Geometriedaten: 0◦ Rohr
22.5◦ Rohr
45◦ Rohr
C11
1.034
1.034
1.034
[1010 N/m2 ]
C22
1.034
1.429
4.377
[1010 N/m2 ]
C33
13.36
10.14
4.377
[1010 N/m2 ]
C23
0.558
1.967
3.376
[1010 N/m2 ]
C13
0.558
0.524
0.442
[1010 N/m2 ]
C12
0.327
0.361
0.442
[1010 N/m2 ]
C44
0.490
1.905
3.319
[1010 N/m2 ]
C55
0.490
0.479
0.410
[1010 N/m2 ]
C66
0.330
0.375
0.410
[1010 N/m2 ]
L
1.714
1.711
1.719
[m]
Ri
0.0140
0.0140
0.0140
[m]
Ra
0.0155
0.0155
0.0155
[m]
1549
1549
1549
ρ
121
[kg/m3 ]
122
Literaturverzeichnis [Aka74]
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Lebenslauf Daniel Gsell geboren am 31. Dezember 1971 in Z¨ urich
Ausbildung 1996 - 2002
Doktorand am Institut f¨ ur mechanische Systeme, ETH-Z¨ urich
1991 - 1996
ETH-Z¨ urich, Abteilung f¨ ur Bauingenieurwesen Abschluss mit Auszeichnung: Dipl. Bau-Ing. ETH
1986 - 1990
Mathematisch-Naturwissenschaftliches-Gymnasium Z¨ urich Abschluss: Maturit¨at Typus C
1984 - 1986
Sekundarschule in St¨afa (ZH) ¨ Primarschule in Urikon / St¨afa (ZH)
1978 - 1984
Praktika / Berufliche T¨ atigkeiten 1996 - 2002
Assistent am Institut f¨ ur mechanische Systeme, ETH-Z¨ urich
1993 - 1996
Hilfsassistent an folgenden Instituten der ETH-Z¨ urich: - Institut f¨ ur mechanische Systeme - Institut f¨ ur Baustatik und Konstruktion - Institut f¨ ur Geod¨asie und Photogrammetrie
Sept.-Okt. 1994
Wolfseher und Partner AG, Adliswil Beratende Materialtechnologen und Bauingenieure
M¨arz-April 1994
Dr. Vollenweider AG, Z¨ urich Beratende Ingenieure ETH / SIA
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