Daniel Schreiber Management von Controllingwissen
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Daniel Schreiber Management von Controllingwissen
Tronx 4 LNU
GABLER RESEARCH Unternehmensführung & Controlling Herausgegeben von Universitätsprofessor Dr. Dr. habil. Wolfgang Becker, Otto-Friedrich-Universität Bamberg und Universitätsprofessor Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber, WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar
Die Schriftenreihe präsentiert Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung im Themenfeld Unternehmensführung und Controlling. Die Reihe dient der Weiterentwicklung eines ganzheitlich geprägten Management-Denkens, in dem das Controlling als übergreifende Koordinationsfunktion einen für die Theorie und Praxis der Führung zentralen Stellenwert einnimmt.
Daniel Schreiber
Management von Controllingwissen Ein sach- und verhaltensorientierter Ansatz zur Verbesserung der Manager-Controller-Beziehung Mit einem Geleitwort von Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. Wolfgang Becker
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Stefanie Loyal Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2205-2
Geleitwort Das Controlling ist hinsichtlich seiner Bedeutung sowohl von der Unternehmenspraxis, als auch der wissenschaftlichen Forschung mittlerweile anerkannt. Die resultierende Notwendigkeit zur Etablierung von Controller-Stellen in Unternehmen ist dem Aufgabenfeld der Controllingorganisation zuzuordnen. In den frühen Jahren der diesbezüglich einschlägigen Controlling- bzw. ManagementAccounting-Forschung betrachtete die Forschung vor allem sachliche Aspekte der Aufgabenzuteilung und der (aufbau- und ablauf-)organisatorischen Eingliederung von Controllern in Unternehmen. Erst in den letzten Jahren hat sich – einem die gesamte ökonomische Forschung betreffenden Trend folgend – auch die Berücksichtigung von verhaltenswissenschaftlichen Aspekten in der Controllingforschung etabliert. Die verhaltenswissenschaftliche Perspektive erweitert somit das Forschungsfeld und bietet zugleich eine Schnittstelle zu Theorien, die traditionell zuvor nicht bzw. nur unzureichend behandelt wurden. In diesem Zusammenhang besitzt vor allem die Berücksichtigung von Informationen und Wissen eine besondere Bedeutung, da diese – in der Führungslehre unzweifelhaft anerkannt – eine wesentliche Grundlage für Führungsentscheidungen von Managern bilden. Gleichzeitig kann die Kognitionsforschung nachweisen, dass Menschen nur eine begrenzte Kapazität zur Informations- und Wissensverarbeitung besitzen. Daher muss dem Manager als Entscheidungsträger eine personelle Unterstützung zur Seite gestellt werden, welche diese kognitionstheoretisch belegten Defizite beseitigen hilft. In der Beziehung zwischen dem Manager und seiner Unterstützungskraft – in meisten Fällen in Person des Controllers – erfolgt ein kontinuierlicher Austausch von Controllingwissen. Dieser Wissensaustausch unterliegt potenziellen Problemfeldern, die sowohl sachlicher, als aber auch verhaltensbasierter Natur sein können. Mein Schüler Daniel Schreiber befasst sich in seiner Arbeit mit möglichen Strategien und Instrumenten zur Verringerung bzw. Behebung identifizierter Problemfelder unter Verwendung von informations- und wissenstheoretischen Ansätzen. Auf Basis eines theoretisch ausformulierten Modellgerüsts für das Management von Controllingwissen der Manager und Controller stellt er das Instrument der Community of Practice als ein geeignetes Werkzeug zur Operationalisierung des
VI
Geleitwort
Modells dar. Dieses Instrument gestaltet er unter der Berücksichtigung beider Perspektiven, der Sach- und der Verhaltensperspektive, aus. Anhand einer Einzelfallstudie schildert Daniel Schreiber anschaulich die Umsetzung seines theoretischen Konstrukts bzw. des Instruments der Community of Practice bei der DaimlerChrysler AG. Damit liefert er einen praxisrelevanten und -nahen Gestaltungsvorschlag, um die Beziehung zwischen Managern und Controllern zu verbessern. Dieser Gestaltungsvorschlag ist nicht zuletzt aufgrund der Übertragbarkeit auf andere Branchen besonders wertvoll. Daniel Schreiber hat mit seiner Arbeit eine aktuelle und interessante Untersuchung zum Gegenstandsfeld des verhaltensorientierten Controlling verfasst, die inhaltlich sowohl dem Themenfeld des Controlling, als aber auch des Wissensmanagements zugeordnet werden kann. Ich wünsche diesem Buch eine hohe Verbreitung nicht nur in diesen beiden Forschungsrichtungen, sondern auch in der betrieblichen Praxis.
Univ.-Professor Dr. Dr. habil. Wolfgang Becker
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Dezember 2009 von der Universität Bamberg als Dissertation angenommen. Sie entstand überwiegend während meiner Tätigkeit als Doktorand in der Finance Academy, einer Weiterbildungseinheit für Finance & Controlling in der DaimlerChrysler AG. Für das Gelingen dieser Arbeit möchte ich mich bei einer Vielzahl von Personen herzlich bedanken. An erster Stelle danke ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. habil. Wolfgang Becker, der mich während der gesamten Promotion stets förderte und motivierte. Mein Dank gilt ebenfalls Prof. Dr. Brigitte Eierle für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie Prof. Dr. Matthias Muck für die Übernahme der Rolle des Drittgutachters. Für die vielen fachlichen Anregungen und konstruktiven Diskussionen im Rahmen der Doktorandenkolloquien möchte ich mich bei den internen und externen Doktoranden des Lehrstuhls für Unternehmensführung und Controlling bedanken. Insbesondere gilt mein Dank Dipl.-Kfm. Stefan Fischer sowie Dipl.-Kfm. Björn Baltzer für die wertvollen Hinweise und die intensiven Diskussionen. Weiterhin bin ich zahlreichen Personen der ehemaligen DaimlerChrysler AG zu Dank verpflichtet. Vor allem bedanke ich mich bei Dr. Thomas Riegler, dem damaligen Leiter der Finance Academy, der mir den nötigen Freiraum für die Erstellung der Arbeit verschaffte. Meinen Doktoranden- und Arbeitskollegen der Finance Academy danke ich für die sehr gute Zusammenarbeit. Ein ganz großes „Dankeschön“ gilt dem Kreis der Doktorandenkollegen aus dem Konzern, die mir jederzeit mit Rat & Tat zur Seite standen und für angenehme Ablenkung während des Erstellungsprozesses gesorgt haben – Besonders freue ich mich über die aus der gemeinsamen Zeit entstandenen Freundschaften. Mein besonderer Dank gilt meinen Freunden aus Schul- und Studienzeit, die jederzeit für mich da waren und mich motivierten, dieses Vorhaben erfolgreich zu meistern. Danke für Eure Unterstützung! Ohne die vielfältige Unterstützung meiner Eltern wäre diese Arbeit jedoch nicht möglich gewesen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.
Daniel Schreiber
Inhalt Geleitwort ........................................................................................................ V Vorwort .......................................................................................................... VII Abbildungsverzeichnis ................................................................................. XIII Abkürzungsverzeichnis ................................................................................. XV
1
Einführung .............................................................................................. 1 1.1 Problemstellung ............................................................................... 3 1.2 Zielsetzung ....................................................................................... 7 1.3 Forschungsfeld und Methodik ......................................................... 8 1.4 Aufbau der Arbeit .......................................................................... 12
2
Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis .......... 2.1 Managementverständnis ................................................................ 2.1.1 Perspektiven der Unternehmensführung .......................... 2.1.2 Unternehmerisches Handeln ............................................ 2.1.3 Unternehmenspolitik ...................................................... 2.2 Controllingverständnis ................................................................... 2.2.1 Konzeptionelle Grundlagen des Controlling .................... 2.2.2 Controllingbegriff aus einer wertschöpfungsorientierten Perspektive ....................................................................... 2.2.3 Aufgabenträger des Controlling ..................................... 2.3 Wissensverständnis ........................................................................ 2.3.1 Begriffseingrenzung von Wissen ..................................... 2.3.2 Entstehung von individuellem Wissen ............................. 2.3.3 Entstehung von organisationalem Wissen ..................... 2.3.4 Wissensbasis .................................................................. 2.3.5 Ansätze für das Management von Wissen ..................... 2.4 Controllingwissensverständnis ...................................................... 2.4.1 Inhalte von Controllingwissen ......................................... 2.4.2 Arten von Controllingwissen ........................................... 2.5 Zwischenfazit .................................................................................
17 17 18 21 25 27 28 31 35 38 39 43 45 52 55 58 59 61 62
X
Inhalt
3
Modell für das Management von Controllingwissen ......................... 65 3.1 Integrierte Leistungs- und Wertkette für Controllingwissen .......... 65 3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen ............................................................................................ 69 3.2.1 Informationslieferung und -aufnahme ............................. 69 3.2.1.1 Umgang des Managers mit Informationen ...... 70 3.2.1.2 Umgang des Controllers mit Informationen ... 71 3.2.2 Interaktion Manager und Controller ................................ 72 3.2.2.1 Prinzipal-Agenten-Theorie .............................. 73 3.2.2.2 Motivationstheorien ........................................ 77 3.2.3 Aufbau von individuellem Wissen ................................... 81 3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen ......... 81 3.3.1 Programm für Controllingwissen ..................................... 82 3.3.1.1 Leistungstiefe des Controllingwissens ............ 82 3.3.1.2 Leistungsbreite des Controllingwissens .......... 84 3.3.2 Strategien für Controllingwissen ..................................... 85 3.3.2.1 Wissensstrategien ............................................ 87 3.3.2.2 Controllingwissenstrategien ............................ 89 3.3.3 Explizierung von Controllingwissen und Einfluss der Kultur ............................................................................... 93 3.3.3.1 Unternehmenskultur ........................................ 94 3.3.3.2 Controllingkultur ............................................. 97 3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen ........................................ 100 3.4.1 Prozesse für Gruppenlernen von Controllingwissen ...... 101 3.4.1.1 Modell der Wissensbausteine ........................ 102 3.4.1.2 Kernprozesse für Controllingwissen ............. 105 3.4.2 Organisationsstrukturen und Verhalten in Gruppen ...... 110 3.4.2.1 Ergänzung traditioneller Strukturmodelle ..... 113 3.4.2.2 Modifikation der Organisationsstruktur ........ 117 3.4.2.3 Fundamentale Reorganisation ....................... 119 3.5 Controllingwissensbasis als Produkt des Lernprozesses .............. 121 3.5.1 Inhalte der Controllingwissensbasis .............................. 122 3.5.1.1 Schichtmodell der organisatorischen Wissensbasis ................................................. 123 3.5.1.2 Controllingwissen im Schichtmodell ............ 124 3.5.2 Technische Abbildung der Controllingwissensbasis ..... 127 3.5.2.1 Technologie zur Informations- und Wissensspeicherung ...................................... 127 3.5.2.2 Speicherung von Controllingwissen ............. 128
Inhalt 3.6 Erfolgsbetrachtung ....................................................................... 3.6.1 Ansätze zur monetären Bewertung von Controllingwissen .......................................................... 3.6.1.1 Deduktiv-summarische Ansätze ................... 3.6.1.2 Induktiv-analytische Ansätze ........................ 3.6.2 Bewertung von Controllingwissen durch ein Gesamtsystem ................................................................ 3.6.2.1 Balanced Scorecard ....................................... 3.6.2.2 Bewertungs- und Steuerungsaspekte für Controllingwissen ......................................... 3.6.2.3 Storytelling .................................................... 3.7 Unternehmenspolitik für Management von Controllingwissen ........................................................................ 3.7.1 Rolle der Unternehmenspolitik im Managementmodell 3.7.2 Controllingwissensspezifische Unternehmenspolitik .... 3.8 Zwischenfazit ...............................................................................
4
Instrument zur Umsetzung des Managementmodells ..................... 4.1 Anforderungen an Instrumente für das Management von Controllingwissen ....................................................................... 4.2 Instrument der Community of Practice ........................................ 4.2.1 Grundlegendes Begriffsverständnis der CoP ................. 4.2.2 Eignung der CoP für das Management von Controllingwissen .......................................................... 4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen ....................................................................... 4.3.1 Informationslieferung, -aufnahme und Aufbau von implizitem Wissen ......................................................... 4.3.2 Programm-, Strategie- und Kulturaspekte ..................... 4.3.3 Prozesse und Organisation des Gruppenlernens in der CoP ................................................................................. 4.3.4 Controllingwissensbasis als Ergebnis der CoP und technische Umsetzung ................................................... 4.3.5 Bewertung der Aktivitäten einer CoP ............................ 4.3.6 Unternehmenspolitische Gestaltung einer CoP für das Management von Controllingwissen ............................. 4.4 Zwischenfazit ..............................................................................
XI 130 132 133 135 136 137 140 143 145 145 147 151
153 153 155 155 158 160 161 161 164 168 169 174 175
XII 5
6
Inhalt Fallstudie für das Management von Controllingwissen .................. 5.1 BSC-Community in der Finance Academy DaimlerChrysler ..... 5.1.1 Finance Academy DaimlerChrysler ............................... 5.1.2 BSC-Community ........................................................... 5.2 Ausgestaltung der BSC-Community ............................................ 5.2.1 Programm-, Strategie- und Kulturaspekte der BSC-Community ........................................................... 5.2.2 Prozesse und Organisation der BSC-Community .......... 5.2.3 BSC-Infobase als Produkt und technische Umsetzung .. 5.2.4 Bewertung und politische Unterstützung der BSC-Community ........................................................... 5.3 Zwischenfazit ...............................................................................
179 180 180 183 186 187 189 192 193 197
Zusammenfassung und Ausblick ...................................................... 199 6.1 Zusammenfassung und Innovationsbeitrag .................................. 199 6.2 Weiterer Forschungsbedarf und Ausblick .................................... 203
Literaturverzeichnis ...................................................................................... 205
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30:
Theoretisches Vorgehen der Arbeit ....................................... 10 Vorgehensmodell der Arbeit ................................................. 15 Balanced Value Map ............................................................. 23 Integrierte Leistungs- und Wertkette ..................................... 24 Dimensionen der Unternehmenspolitik ................................. 26 Controlling als Bestandteil des Managementzyklus .............. 34 Wissenstreppe ....................................................................... 40 Zyklus des Wahlverhaltens ................................................... 47 Wissensspirale ....................................................................... 51 Arten und Bestandteile des Controllingwissens .................... 62 Integrierte Leistungs- und Wertkette für Controllingwissen . 68 Fähigkeitsmatrix .................................................................... 87 Wissensbestand Controllingwissen ....................................... 90 Zielzustand Controllingwissensbestand ................................ 91 Strategische Handlungsalternativen für Controllingwissen ... 92 Prozessschritte der Modelle für das Management von Wissen .......................................................................... 102 Bausteine des Wissensmanagements ................................... 104 Instrumente für das Management von Wissen .................... 110 Schichtmodell der organisatorischen Wissensbasis ............ 122 Wirkungskreislauf der Führungsgrößen .............................. 131 Entwicklungs-Perspektive einer Wissensscorecard ............. 139 Bewertungs- und Steuerungsaspekte für Controllingwissen 142 Wissensquadrant der PHONAK AG ................................... 148 Controller-Leitbild des Controllervereins ........................... 149 Indikatoren für die Bewertung von CoP-Aktivitäten .......... 173 Zeitlicher Projektverlauf BSC-Community ......................... 186 Prozess des Wissensaustauschs in der BSC-Community .... 191 Beispiel für ein Ergebnis aus der BSC-Community-Arbeit 192 Nutzerzahlen der BSC-Community nach Kalenderwochen 196 Überblick über Innovationen der Arbeit ............................. 203
Abkürzungsverzeichnis APQC BSC BWL CC/MC CIV CKO CoP DBW DC AG DCU EDV FA FB/IE FuE GfWM GR/EQM HMD HWB IAO IO IT IuK KM KW KPI MIS PuK R&D S-O-R S-R SWOT WiSt WISU ZfB ZfbF ZfCM ZfO
American Productivity and Quality Centre Balanced Scorecard Betriebswirtschaftslehre Corporate Controlling/Methods Controlling Calculated Intangible Value Chief Knowledge Officer Community of Practice Die Betriebswirtschaft DaimlerChrysler AG DaimlerChrysler Corporate University Elektronische Datenverarbeitung Finance Academy Fortschrittliche Betriebsführung und Industrial Engineering Forschung und Entwicklung Gesellschaft für Wissensmanagement Group Research/Engineering Quality Management Handbuch der maschinellen Datenverarbeitung Handwörterbuch der Betriebswirtschaft Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation Industrielle Organisation Informationstechnologie Information- und Kommunikation Knowledge Management Kalenderwoche Key Performance Indicator Management Information System Planung und Kontrolle Research & Development Stimulus-Organism-Response Stimulus-Response Strenghts Weaknesses Opportunities Threats Wirtschaftswissenschaftliches Studium Das Wirtschaftsstudium Zeitschrift für Betriebswirtschaftslehre Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Controlling & Management Zeitschrift für Organisation
1 Einführung
Das Handeln eines Unternehmens wird durch vielfältige Herausforderungen, die aus dem Unternehmensumfeld erwachsen, aber auch unternehmensinduzierter Art sein können, beeinflusst. Marktanforderungen und Umfeldbedingungen wirken auf ein Unternehmen als exogene Komplexitätstreiber ein.1 Als Gründe für eine Zunahme von Komplexität und Dynamik des Umfelds gelten u.a. der beschleunigte technologische Wandel gepaart mit der wachsenden Komplexität des Produktangebots und kürzeren Produktlebenszyklen, der strukturelle Wandel zur Informations- und Wissensgesellschaft sowie die Globalisierung und Änderung rechtlicher Regelungen.2 Mit wachsenden externen Herausforderungen nehmen auch die unternehmensinterne Komplexität und Abstimmungsprobleme zwischen Führung und Ausführung zu. Die traditionellen Aufgaben der Unternehmensführung in Form der Planung, Organisation, Leitung und Kontrolle allein können den Anforderungen nicht mehr gerecht werden und erfordern die Ergänzung durch ein Controlling.3 Um das primäre Ziel der Unternehmensführung, die langfristige Sicherung der Unternehmensexistenz, zu verfolgen4, muss die originäre Controllingfunktion wertschöpfungsorientiertes Handeln anstoßen und ausrichten5. Zur Erfüllung dieser originären Lokomotionsfunktion umfasst Controlling ebenso die derivativen Funktionen der wechselseitigen Abstimmung von Führung und Ausführung sowie die Herstellung von Informationskongruenz.6 Zu den bedeutenden Trägern von Controllingaufgaben sind vorrangig Manager und Controller zu zählen7, durch deren Zusammenarbeit Controlling erst
1 2 3 4 5 6 7
Vgl. Bliss, C. (2000), S. 4 ff. Vgl. z.B. Rose, C. (2000), S. 231 f.; Neumann, R. (2000), S. 17; Middelmann, U. (2001), S. 493 ff.; Soukup, C. (2001), S. 37 ff.; Hopfenbeck, W./Müller, M./Peisl, T. (2001), S. 21; Karboul, A. (2002), S. 272 f. und Pietsch, G. (2003), S. 39 ff. Vgl. Becker, W. (1999), S. 2 f. Vgl. Ulrich, H. (1968), S. 194; Becker, W. (1996), S. 32; Hahn, D. (2001), S. 13 und Pape, U. (2004), S. 13. Vgl. Becker, W. (1999), S. 3. Nach Stahl hat das strategische Controlling die Aufgabe der Existenzsicherung eines Unternehmens, vgl. Stahl, P. (1991), S. 170 ff. Vgl. Becker, W. (1999), S. 3. Vgl. Bauer, M. (2002), S. 1.
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1 Einführung
verwirklicht wird8. In dieser zwischenmenschlichen Beziehung zwischen Controller und Manager ist es die Aufgabe des Controllers, durch Unterstützungsarbeit in der Interaktion mit dem Manager die Optimierung der Leistungen des Managements zu ermöglichen9, damit dieses die Lokomotionsfunktion erfüllen kann. Unterstellt, dass Entscheidungsträger begrenzt Informationen aufnehmen und zu Wissen verarbeiten können, sind diese auf die Unterstützung durch den Controller und sein spezifisches Wissen angewiesen. Der Controller hingegen benötigt einen Einblick in den Wissensbestand des Managers, um dessen Bedarf an Unterstützungsleistungen feststellen zu können. BIEL begründet diese Unterstützung durch den Controller folgendermaßen: „Die meisten Manager sind total überlastet und haben daher nicht ausreichend Zeit, sich allen Themen in gebührender Weise zu widmen.“10 Der gegenseitige Wissensaustausch zwischen Manager und Controller führt zu einer gegenüber den Möglichkeiten des Einzelnen potenziell überlegenen Fähigkeit zur Problemlösung.11 Durch das Zusammenspiel der Partner lassen sich Spezialisierungsvorteile nutzen.12 Schlüssel für den Aufbau einer optimalen Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller ist der sach- und verhaltensorientiert gestaltete Austausch von deren spezifischem Controllingwissen mit dem Ziel, den Unternehmenserfolg zu steigern. Insbesondere ist dabei der Verhaltensaspekt zu berücksichtigen, da die Interaktion zwischen Menschen auch irrationalen Handlungsmustern folgt, die diverse Problematiken offenbaren. Als ein Vehikel für die Erreichung dieses Zieles und als ein möglicher Ansatz zur Lösung von Verhaltensproblemen, lässt sich das Management von Controllingwissen einsetzen. Mit Hilfe geeigneter Instrumente und Methoden für das Management von Wissen, jeweils unter Berücksichtigung von Sach- und Verhaltensaspekten, kann es gelingen, dieses Controllingwissen als Erfolgspotenzial aufzubauen bzw. als Ressource geeignet zu bewirtschaften und durch Anwendung des Controllingwissens im Managementprozess langfristig die Existenz eines Unternehmens zu sichern.
8 9 10 11 12
Vgl. Niedermayr, R. (1994), S. 68. Vgl. Bauer, M. (2003), S. 250. Biel, A. (2002), S. 28. Vgl. von Briel, K. (2005), S. 8 f. Vgl. Weber, J. (2004), S. 37 f.
1.1 Problemstellung
3
1.1 Problemstellung In der Schilderung der Ausgangssituation wurde die Beziehung zwischen Controller und Manager thematisiert. Diese beiden Akteure, neben weiteren, sind zu den Trägern von Controllingaufgaben zu zählen. Unterstellt, dass Unternehmen über Controller und Manager verfügen und dass diese die Hauptaufgabenträger des Controlling darstellen13, wird deren Interaktion im Folgenden untersucht. Diese Interaktion ist von großer Bedeutung, da Manager Bedarfe an Informationen und Wissen über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge haben, um Entscheidungen treffen zu können. Dabei werden Manager durch Controller bedient.14 Letzteren obliegt es außerdem, mögliche Fehlentscheidungen zu korrigieren und verbesserte Entscheidungen herbeizuführen15, um den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen zu können. Damit wird der Beziehung zwischen Controller und Manager eine besondere Bedeutung zugesprochen. Innerhalb der Beziehung zwischen Manager und Controller existieren an Schnittstellen der Interaktion jedoch zum Teil erhebliche Problembereiche, die eine negative Beeinträchtigung der Partnerschaft auslösen können. Diese lassen sich auf drei Ebenen darstellen: 1. Auf einer individuellen Ebene werden sowohl Manager als auch Controller zum einen durch eigene Interessen und Motive getrieben. Diese Interessen können durch opportunistisches Verhalten zu Ungunsten des Gegenübers umgesetzt bzw. durch intrinsische wie extrinsische Motivation beeinflusst werden (Wollen-Probleme). Zum anderen können aber auch Wissensdefizite des jeweiligen Partners zum Treffen falscher Entscheidungen führen (Könnens-Probleme). 2. Im Rahmen der Interaktion zwischen Managern und Controllern beeinträchtigt das jeweilige Rollenverständnis und das Verhalten in Gruppen die Zusammenarbeit. So kann die Unterstützung des Controllers aus Sicht des Managers etwa als unnötige Kontrolle, Machtverlust oder auch als Statusproblem erlebt werden und damit zu einer Nichtakzeptanz des Controllers führen. 3. Auf der Ebene einer Organisation bestimmt die Unternehmenspolitik die Zusammenarbeit beider Parteien. Komponenten der Unternehmenspolitik sind die Kultur, Struktur und Strategie eines Unternehmens16, welche sich auf die Beziehung der Manager und Controller auswirkt. Eine Kultur des 13 14 15 16
Vgl. Lanter, N. (1996), S. 2. Vgl. Hirsch, B./Schäffer, U./Weber, J. (2008), S. 6. Vgl. Hirsch, B. (2008), S. 41 und von Briel, K. (2005), S. 5 f. Vgl. Becker, W. (2008), S. 76 ff., der auch die Unternehmensvision aufführt. Diese ist ein Bestandteil der Unternehmenspolitik.
4
1 Einführung
Misstrauens, organisatorische Gestaltungsmaßnahmen, die einen Austausch von Wissen zwischen den Akteuren erschweren oder fehlende strategische Leitlinien behindern eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Diese Ebenen betreffen inhaltlich vier verschiedene Aufgabenfelder des Controlling in Anlehnung an BECKER17: Zielbildungs- und Planungsaufgaben: Anregung und Unterstützung von Zielbildungsprozessen sowie die Planung durch die Bereitstellung von systematisch-methodischen Lösungsansätzen für Zukunftsprobleme. Steuerungs- und Kontrollaufgaben: Vorgabe von Planungs- und Handlungsgrößen und deren Umsetzung. Außerdem Aufbau, Abstimmung und Anwendung von Überwachungsmechanismen zu diesem Aufgabenfeld. Management-Rechnungsaufgaben: Aufbau, Abstimmung, Nutzung und Pflege sowie instrumentelle Weiterentwicklung des führungsorientierten Finanz- und Rechnungswesens. Berichts- und Beratungsaufgaben: Konzeptionierung und Administration von Controllinginformationssystemen, sowie Sicherstellung der bedarfsgerechten Informationsbereitstellung und betriebswirtschaftliche Beratung von Führungskräften. Um die Probleme der Interaktion lösen zu können, müssen auf einer Sachebene Gestaltungsmaßnahmen erfolgen, die eine Zusammenarbeit zwischen Controller und Manager ermöglichen bzw. fördern. Insbesondere ist dabei das menschliche Verhalten sowohl auf individueller Ebene als auch im Rahmen der Interaktion zu berücksichtigen. Nur wenn die Perspektive des menschlichen Verhaltens in die Untersuchung einbezogen wird, lassen sich Handlungsempfehlungen für die Gestaltung der in der Controllingliteratur als partnerschaftlich beschriebenen Beziehung18 entwickeln. Die Notwendigkeit der Untersuchung der Beziehung zwischen Manager und Controller unterstreicht etwa LANTER, indem er ausführt: „Controlling könnte als Ganzes infrage gestellt werden, sofern sich das Gespann ManagerController nicht als tragender Pfeiler einer ergebnisorientierten Führung bewährt.“19 Insbesondere der Verhaltensaspekt in Bezug auf Controlling wurde in der Controllingforschung aber bisher nur selten untersucht.20 GAULHOFER stellt 1989 fest: „Im Rahmen der kaum mehr überschaubaren Fülle der Publikationen zum Controlling ist die Beschäftigung mit der verhaltensbezogenen Seite dieses 17 18 19 20
Vgl. Becker, W. (1999), S. 12. Vgl. Lanter, N. (1996), S. 4. Lanter, N. (1996), S. 4. Vgl. zu einer Berücksichtigung von Verhaltensaspekten in den bekanntesten Ansätzen der Controllingforschung Bramsemann, U./Heineke, C./Kunz, J. (2004).
1.1 Problemstellung
5
Aufgaben- und Tätigkeitsbereichs jedoch als peripher und rudimentär zu beurteilen.“21 Sieben Jahre später berichten WIELPÜTZ und LANTER den gleichen Status.22 Ähnlich argumentiert HIRSCH auch in jüngsten Arbeiten.23 KARLOWITSCH konstatiert, dass verhaltensorientierte Arbeiten mit Controllingbezug oft nur auf Stellenanzeigen beruhen. Im Rahmen dieser Stellenanzeigen wird auf gewünschte Eigenschaften des Controllers eingegangen.24 Zusammenfassend zeigt sich der Forschungsstand in einem aktuellen Zitat von HIRSCH/SCHÄFFER/WEBER: „Verhaltensorientierung und Controlling stellen noch ein weites (Forschungs-)Feld dar.“25 Während auf individueller Ebene die Prinzipal-Agenten-Theorie26 noch Lösungsansätze zur Behinderung opportunistischen Verhaltens (Wollen-Probleme) bietet, wurde das Könnens-Problem weitaus seltener untersucht.27 Dieses Könnens-Problem ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Person nicht über notwendiges spezifisches Wissen verfügt oder dieses kurzfristig erwerben kann und sich dadurch kognitive Fehler bei der Entscheidungsfindung nicht ausschließen lassen.28 Mit dieser Aussage wird dem spezifischen Wissen der Aufgabenträger des Controlling ein besonderer Stellenwert zuteil. Die Zusammenarbeit zwischen beiden Partnern, dem Manager und dem Controller, basiert auf einem zwischenmenschlichen Austausch von aufgabenspezifischem Wissen, welches hier als Controllingwissen bezeichnet werden soll. Der Wissensaustausch von Controllingwissen führt dazu, dass Könnens-Probleme minimiert oder sogar vermieden werden. Im Zusammenhang mit diesen Ausführungen stellt sich die Frage, wie die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Controller und Manager unter sach- und verhaltensorientierten Aspekten und mit besonderer Berücksichtigung des Wissensaustauschs von Controllingwissen gestaltet werden kann.
21 22 23 24 25 26 27 28
Gaulhofer, M. (1989), S. 151. Eine Übersicht über Ansätze in der verhaltensorientierten Controlling-Diskussion zeigt er auf S. 148 ff. Vgl. zu weiteren Ansätzen auch Karlowitsch, M. (1997), S. 20 ff. und Hoffjan, A. (1998), S. 67 ff. Vgl. Wielpütz, A.U. (1996), S. 51 f. und Lanter, N. (1996), S. 58 ff. Vgl. Hirsch, B. (2005), S. 282 und Hirsch, B. (2008), S. 40. Vgl. Karlowitsch, M. (1997), S. 17. Hirsch, B./Schäffer, U./Weber, J. (2008), S. 11. Auf die Prinzipal-Agenten-Theorie wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch intensiver eingegangen. Vgl. Weber, J. et. al. (2003), S. 10. Vgl. Hirsch, B./Schäffer, U./Weber, J. (2008), S. 8.
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1 Einführung
Als ein Lösungsansatz für die möglichen Probleme aus Sach- und Verhaltensperspektive lassen sich Gestaltungsansätze und Instrumente aus dem Wissensmanagement29 verwenden. In Verbindung mit diesem Lösungsansatz sowie dem Einsatz von Konzepten und Instrumenten des Wissensmanagements lässt sich ein zweites Problemfeld aufzeigen: In den Gestaltungsansätzen wurden bisher im Kontext Controlling die Themen des Begriffs, Entstehens und Managements von Wissen und des Aufbaus der Wissensbasis vernachlässigt30. Bisher sind noch keine Ansätze für das Management dieses spezifischen Wissens in der wissenschaftlichen Literatur aufzufinden. Dies ist aufgrund der besonderen Bedeutung der Unternehmensfunktion Controlling für die Sicherung der langfristigen Existenz des Unternehmens und des zur Ausführung dieser Funktion benötigten Wissens, verwunderlich.31 Dabei kann Controlling aus Sicht verschiedener Autoren sogar als Initiator für das Management von Wissen dienen, da ihm eine besondere Bedeutung im Rahmen der unternehmensweiten Informationsversorgung zukommt.32 Eine dritte Problematik ergibt sich daraus, dass bisher existierende Modelle für das Management von Wissen sehr oft auf einer abstrakten Ebene verbleiben und sich nur allgemeine Handlungsempfehlungen ableiten lassen. Eine Konkretisierung für bestimmte Unternehmensfunktionen oder organisatorische Teilbereiche gibt es nur vereinzelt.33 Dieses Problem liegt unter anderen darin begründet, dass es keine abschließende Theorie der Lernenden Organisation gibt, welche als Basis für diese Thematik gilt.34 Nur eine Konkretisierung der oft auf einer MetaEbene diskutierten Gestaltungsmöglichkeiten lässt die Steuerung einzelner Bestandteile und damit ein Management von Controllingwissen zu. Hierzu bedarf es der Umsetzung eines Ansatzes mit Hilfe geeigneter Instrumente. Diese drei Problemfelder – erstens die Probleme im Zusammenhang mit den individuellen Aspekten der Interaktion und der Gestaltung der Rahmenbedingungen für das Gespann Controller-Manager, zweitens die fehlende Existenz 29
30 31 32 33 34
Erste Ansätze, die das Wissen als bedeutenden Faktor für den Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung hervorheben, stammen aus den 50er Jahren. Im Rahmen von Management ansätzen wird auf das Management von Wissen seit ca. 30 Jahren näher eingegangen, vgl. zu einer Übersicht der Autoren z.B. Soukup, C. (2001), S. 36 und Güldenberg, S. (2003), S. 235. Vgl. Weber, J. (2002), S. 42; Raps, A. (2002), S. 128; Kunz, J. (2003), S. 99; Kunz, J./Lindner, S. (2005), S. 4. und die Aussagen bei Rose, C. (2007), S. 79. Vgl. Weber, J. (1999), S. 474. Vgl. Eschenbach, R. (1996), S. 721 f.; Guldin, A. (1998), S. 71; Grothe, M. (1999), S. 179 und Güldenberg, S./Hoffmann, W. (1999), S. 341 sehen das Management von Wissen als die zentrale Aufgabe des Controlling an. Vgl. dazu etwa die Arbeit von Raps, A. (2002) über das Management von Wissen im strategischen Controlling mit Hilfe von Softwaretools oder die Arbeit von Wolf, P. (2003) über Management von Wissen in der PKW-Entwicklung mit Communities of Practice. Vgl. Wengelowski, P. (2000), S. 44 und Laßleben, H. (2002), S. 16.
1.2 Zielsetzung
7
spezifischer Ansätze für das Management von Controllingwissen, drittens die fehlende Konkretisierung zur Umsetzung von Ansätzen für das Management von Controllingwissen mittels Instrumenten – bilden die Grundlage der Arbeit. Bestehende Forschungslücken im Rahmen der drei Problemfelder sollen geschlossen werden. 1.2 Zielsetzung Ziel der Arbeit ist es, einen sach- und verhaltensorientierten Ansatz zur Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller, auf Basis eines Instrumentes für das Management von Controllingwissen, zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen fünf Teilziele behandelt werden, die den Gang der Untersuchung leiten: 1. Es soll eine Begründung geliefert werden, warum die Beziehung zwischen Manager und Controller sowohl sach- als auch verhaltensorientiert untersucht und gestaltet werden muss. 2. Es soll gezeigt werden, was unter Management, Controlling und Wissen zu verstehen ist und warum Ansätze des Managements von Wissen geeignet sein können, das Zusammenspiel zwischen Manager und Controller zu gestalten und Könnens-Defizite zu reduzieren. 3. Es soll dargestellt werden, dass das Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette ein geeignetes Analyseraster für die Bestandteile eines Managementprozesses für Controllingwissen ist. 4. Es soll die Eignung des Instrumentes der Community of Practice für die Operationalisierung des Managements von Controllingwissen gezeigt werden, wenn dieses sach- und verhaltensorientiert umgesetzt wird. 5. Es soll dargelegt werden, dass sich durch ein sach- und verhaltensorientiertes Management von Controllingwissen der Unternehmenserfolg aus theoretischer Sicht positiv beeinflussen lassen kann.35 Während die ersten vier Teilziele besonders der Modellbildung dienen und deduktiv aus der relevanten Literatur abgeleitet werden sollen, ist es Aufgabe des fünften Teilziels, entgegengesetzt vorrangig mit einem induktiven Charakter dazu Beobachtungen aus der Unternehmenspraxis aufzuzeigen. Als Ergebnis soll die Arbeit einen Mehrwert für die Forschung schaffen, indem sie ein Modell für das Management von Controllingwissen bereitstellt. Mit die-
35
Die finanzielle Bewertung von Wissen/immateriellem Vermögen soll dabei nur einen unter geordneten Stellenwert erhalten, vielmehr soll die Erfolgsbewertung des Managements von Controllingwissen im Vordergrund stehen.
8
1 Einführung
sem Modell sollen sich mögliche Probleme der Zusammenarbeit des Managers mit dem Controller lösen lassen. Darüber hinaus soll aber auch dem praxisorientierten Leser ein Leitfaden zur Verfügung gestellt werden, um die theoretisch erarbeiteten Vorgaben in der alltäglichen Unternehmenspraxis umsetzen zu können. 1.3 Forschungsfeld und Methodik Zur Einordnung der zu behandelnden Thematik in den wissenschaftlichen Kontext wird im Folgenden das relevante Forschungsfeld der Arbeit skizziert und in einem nächsten Schritt die Forschungsmethode aufgezeigt, die das Vorgehen leitet. Die Wissenschaftstheorie unterscheidet verschiedene Einzelwissenschaften36, die in zwei Gruppen gegliedert werden können37: Einerseits die metaphysischen Wissenschaften, welche die Theologie und auch Teile der Philosophie umfassen, andererseits die Vielzahl der nichtmetaphysischen Disziplinen. Die nichtmetaphysischen Wissenschaften lassen sich wiederum in Formal- und Realwissenschaften trennen. Während die Formalwissenschaft abstrakte Aussagen trifft und keinen Bezug zu realen Vorkommnissen herstellt, trifft die Realwissenschaft Aussagen über Gegenstände und das Verhalten von Menschen und kann bezüglich ihrer logischen und faktischen Wahrheit, im Gegensatz zu der Formalwissenschaft, überprüft werden. Da sich die Betriebswirtschaftslehre (BWL) mit realen Erscheinungen in Betrieben und den dort beschäftigten Personen befasst, ist sie den Realwissenschaften zuzuordnen38 und versteht sich nach herrschender Meinung als eine angewandte Wissenschaft39. Ihre Aufgabe ist es, beschreibende, theoretische und pragmatische Aussagen über die Lenkung und Gestaltung von Betrieben zu treffen.40 Die angewandten Wissenschaften verfolgen das Ziel, Probleme des handelnden Menschen zu untersuchen, für deren Lösung kein befriedigendes Wissen 36 37 38 39
40
Notwendige Bedingung für eine Wissenschaft ist es, das diese eine systematische Wissensaufbereitung ermöglicht. Vgl. zu den Anforderungen an eine Wissenschaft Wortman, M.S. (1961), S. 13 ff. Vgl. zu einer Übersicht Raffée, H. (1974), S. 23. Vgl. Raffée, H. (1974), S. 21 f. Vgl. Hill, W. (1994), S. 128: Hill versteht die BWL als eine anwendungsorientierte Disziplin, mit deren Hilfe man Managementprobleme lösen und einen gewünschten Sollzustand unter der Vorgabe eines Anfangszustands und vorgegebener Rahmenbedingungen mit diversen Maßnahmen erreichen kann. Die BWL ist nach dem Verständnis von Gutenberg eine Wissen schaft, vgl. dazu Gutenberg, E. (1957), S. 612. Vgl. Hill, W. (1994), S. 122.
1.3 Forschungsfeld und Methodik
9
zur Verfügung steht41, sowie Instrumente und Konzepte zur Problemlösung bereitzustellen. Die BWL verfolgt dabei verschiedene Forschungsziele auf der Basis eines Entdeckungs-, Begründungs- und Anwendungszusammenhangs. Der Entdeckungszusammenhang umfasst eine Deskription des Forschungsgegenstands. Das Begründungsziel besteht darin, Aussagen über Ursache-WirkungsBeziehungen zu generieren.42 Diese Begründung von Zusammenhängen kann mit Hilfe einer empirischen Überprüfung erfolgen und letztlich dazu führen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis angewendet werden können. Auf diese Weise wird der Anwendungszusammenhang dargestellt.43 Die Entwicklung von einer engen wirtschaftlichen Betrachtung von Betrieben44 hin zu einer interdisziplinären Betrachtung des Managements von Institutionen und der Führung von Menschen begründet die Managementlehre.45 Im Rahmen dieser Arbeit werden neben rein betriebswirtschaftlichen Konzepten auch zum Teil angrenzende Wissenschaftsgebiete eingebunden und der enge Bezugsrahmen der BWL, wo es notwendig erscheint, erweitert. So werden etwa auch Themen aus der Soziologie integriert. Reale Führungsprobleme der Praxis sollten nicht innerhalb der Grenzen akademischer Disziplinen untersucht werden, sondern setzen eine multiperspektivistische Sichtweise voraus.46 Besonders für das hier zu behandelnde Thema ist die Einbeziehung übergreifender Themengebiete und Theorien sinnvoll, um einen Einblick in das umfassende Managementkonzept zu erhalten.47 So wird neben der betriebswirtschaftlichen Perspektive ein weiterer Schwerpunkt auf verhaltenswissenschaftliche Disziplinen gelegt, deren Forschungsgegenstand die verschiedenen Aspekte und Erscheinungsformen menschlichen Verhaltens sind.48 Im Rahmen des Forschungsprozesses soll eine Forschungsmethodik angewendet werden, die sowohl deduktive als auch induktive Bestandteile umfasst.49 Basierend auf einer umfangreichen Literaturrecherche wird deduktiv ein Modell für das Management von Controllingwissen und ein Instrument zur Umsetzung dieses Modells aus einer nominalen Perspektive erarbeitet und damit der Entde41 42 43 44 45 46 47
48 49
Vgl. Ulrich, H. (1981), S. 5. Vgl. Hill, W. (1994), S. 128. Vgl. Atteslander, P. (2000), S. 19. Vgl. Wild, J. (1974), S. 147ff. zu der eingeschränkten Sicht der BWL. Vgl. Bleicher, K. (2004), S. 29 f. und Staehle, W.H. (1999), S. 71 ff. Vgl. Ulrich, P. (1994), S. 181 f. Der Übergang von der reinen betriebswirtschaftlichen Betrachtung hin zur Managementlehre ist insbesondere in der angloamerikanischen Literatur nachvollziehbar. Dort vermischen sich ökonomische und sozialwissenschaftliche Ansätze zu einer Lehre der Unternehmensführung (= Managementlehre). Vgl. Schanz, G. (1993), Sp. 4522. Vgl. zu einem ähnlichen Vorgehen auch die Arbeiten von Schüppel, J. (1996); Henschel, A. (2001); Simmler, U. (2002) und Trillitzsch, U. (2004).
10
1 Einführung
ckungszusammenhang vorgestellt. Dazu werden Modelle und Theorien aus unterschiedlichsten Forschungsrichtungen verknüpft und in Bezug zueinander gesetzt. Grundlagen dafür bilden ein wertschöpfungsorientiertes Management- und Controllingverständnis sowie ein ganzheitliches Wissensverständnis, auf deren Basis der Begriff des Controllingwissens entwickelt wird. Anhand des Modells der Integrierten Leistungs- und Wertkette lassen sich deduktiv einzelne Prozessund Strukturbestandteile entsprechend den grundlegenden Perspektiven des Controlling- bzw. Wissensverständnisses ableiten. Ein weiterer Schritt im Rahmen des deduktiven Forschungsvorgehens besteht in der Instrumentalisierung des Modells als Theoriekonstrukt, ebenfalls basierend auf einer umfangreichen Literaturbasis. Da es ein Ziel der BWL ist, einen Anwendungsbezug herzustellen, erfolgt im Gegenstrom aus einer realen Perspektive induktiv die Untersuchung eines Instrumentes zur Anwendung des theoretischen Modells der Arbeit.50 Dieses Vorgehen erfolgt im Rahmen des situativ geprägten Interpretationsspielraums (s. zum Gegenstromverfahren Abb.1).
Abbildung 1: Theoretisches Vorgehen der Arbeit51
50 51
Vgl. zu diesem Vorgehen auch Becker, W. (1990), S. 296 und Fuchs, R. (2005), S. 4 f. In Anlehnung an Becker, W. (2006), S. 21 und Becker, W. (1990), S. 296.
1.3 Forschungsfeld und Methodik
11
Die induktive Forschungsmethode zur Herstellung des induktiven Bezugsrahmens aus Praxissicht richtet sich nach der Forschungsfrage bzw. der Problemstellung und dem anvisierten Ziel. Hier kann nach fünf Arten von Forschungsfragen unterschieden werden, die nach dem Was?, Wer?, Wo?, Wie? oder Warum? fragen.52 Je nach Ziel der Arbeit kann eine entsprechende Untersuchungsmethode zur Beantwortung der forschungsleitenden Frage angewendet werden. Falls die Forschungsfrage nach dem Was fragt, kann zum einen die explorative Frage im Mittelpunkt stehen. Aufgrund dieser Frage lässt sich eine explorative Studie mit dem Ziel der Hypothesenentwicklung anwenden und daraus Handlungsempfehlungen ableiten. Zum anderen können Was-Fragen auf eine bestimmte Qualität abzielen. In diesem Fall werden z.B. Umfragen genutzt, um die Forschungsfrage zu bearbeiten. Für Forschungsfragen, die nach dem Wer und Wo fragen, werden üblicherweise Instrumente wie Umfragen oder die Datenanalyse bevorzugt, um den Untersuchungsgegenstand zu bearbeiten. Forschungsfragen, die nach dem Wie und Warum fragen, haben einen erklärenden Charakter. Hier empfehlen sich die Fallstudie oder Experimente als dominante Forschungsmethode. Da die Forschungsfrage dieser Arbeit der Frage nachgeht, Wie ein Management von Controllingwissen erfolgen kann, bieten sich letztere Instrumente an. Für die Anwendung einer Fallstudie spricht, dass Verhaltensweisen der Akteure nicht von dem Forscher manipuliert werden können und die Anwendbarkeit verschiedener Methoden der Datensammlung wie z.B. Interviews, Fragebögen und Beobachtungen mit sowohl qualitativen als auch quantitativen Daten möglich ist.53 Diese Eigenschaften können durch die Forschungsmethodik der Experimente nicht geleistet werden, da diese vom Forscher beeinflusst werden können.54 Es gibt zwei verschiedene Typen von Fallstudien, die in Single und Multiple Case Studies unterschieden werden können. Unter einer Single Case Study55 versteht EISENHARDT: “a research strategy which focuses on understanding the dynamics present within single settings.“56 Eine Multiple Case Study beinhaltet dagegen eine Reihe von einzelnen Untersuchungen, die Bestandteile einer zeitlich weiter und vom Umfang größer angelegten Untersuchung sind. Die Forschungsmethode der Fallstudie ermöglicht eine Beschreibung und Erklärung und dient damit der Erkenntnisgewinnung. Deskriptive Fallstudien beschreiben z.B. Sachverhalte oder Handlungen. Eine Erklärung kann durch 52 53 54 55 56
Vgl. Yin, R.K. (1994), S. 5 ff. Vgl. North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 30 f. Vgl. Dul, J./Hak, T. (2008), S. 5. Im Deutschen wird der Begriff Einzelfallstudie verwendet. Eisenhardt, K. (1989), S. 534.
12
1 Einführung
explorative und explanative Fallstudien erfolgen. Erstere haben die Generierung von Hypothesen zum Ziel, letztere das Testen von Theorien.57 Die Generierung von Theorien wird der interpretativen Perspektive zugeordnet, die Deskription (als Teilmenge) und das Testen von Theorien der positivistischen.58 YIN schlägt vor, die Theorieentwicklung vor einer empirischen Überprüfung stattfinden zu lassen.59 EISENHARDT hingegen wählt den anderen Ansatz und geht davon aus, dass auf Grundlage einer Fallstudie Theorien abgeleitet werden.60 Im Rahmen dieser Arbeit soll, basierend auf dem Gegenstromverfahren, nach der deduktiven Entwicklung der Theorie die Fallstudie als induktive Vorgehensweise verwendet werden, um die Praxisrelevanz der theoretischen Annahmen zu untermauern und damit ersterem Verständnis gerecht zu werden. Dieses entspricht der von YIN vorgeschlagenen Analysetechnik des „Logic Models“, wobei empirisch beobachtete Geschehnisse mit theoretisch vorhergesagten Ereignissen verglichen werden.61 Als Forschungsdesign wird eine Einzelfallstudie gewählt. Der Betrachtungszeitraum mit einer Dauer von über einem Jahr und der hohe Aufwand zur Durchführung dieser Einzelfallstudie sprechen für die Einzelfallbetrachtung.62 Der Zusatznutzen durch die Betrachtung weiterer Fallstudien wurde vom Verfasser als gering und im Hinblick auf den zeitlichen Zusatzaufwand als unverhältnismäßig beurteilt. 1.4 Aufbau der Arbeit Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einem Thema erfordert zunächst die theoretische Lokalisierung der Arbeit. Dazu erfolgt in einem Grundlagenkapitel eine Übersicht über die grundlegenden Theorien, die jeweils zu einem späteren Zeitpunkt in der Arbeit aufgegriffen und vertieft werden (Kapitel 2). In einem ersten Schritt wird das Managementverständnis (Kapitel 2.1) vorgestellt und dabei auf die verschiedenen Perspektiven der Unternehmensführung mit dem Fokus auf die Integration von Sach- und Verhaltensaspekten – das unternehmerische Handeln – dargestellt anhand der Integrierten Leistungs- und Wertkette, sowie auf die Unternehmenspolitik als Handlungsrahmen eingegangen. Dem folgt die Klärung des Controllingbegriffs in Kapitel 2.2 mit einer Übersicht 57 58 59 60 61 62
Vgl. Riedl, R. (2006), S. 122. Vgl. Riedl, R. (2006), S. 124. Vgl. zu diesem Vorgehen Yin, R.K. (1994). Vgl. zu diesem Vorgehen Eisenhardt, K.M. (1989). Vgl. Yin, R.K. (1994), S. 116 ff. zu verschiedenen Analysetechniken. Vgl. Yin, R.K. (1994), S. 40 ff.
1.4 Aufbau der Arbeit
13
bestehender Controllingkonzeptionen mit Fokussierung auf ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis, der Erläuterung der verschiedenen Perspektiven sowie der Vorstellung der Aufgabenträger von Controlling in Person von Managern und Controllern. Das folgende Kapitel 2.3 befasst sich mit dem Wissensverständnis. Dabei sind der Begriff des Wissens einzugrenzen und der durch die Lerntheorie und Theorien des organisationalen Lernens geprägten Prozess aufzuzeigen. Dieser entwickelt sich vom Entstehen individuellen bis hin zu organisationalem Wissen und dessen Speicherung in der Wissensbasis. Ergänzend werden Ansätze des Managements von Wissen aufgezeigt. Anschließend (Kapitel 2.4) wird auf Inhalte und Arten von Controllingwissen eingegangen. Das Zwischenfazit (Kapitel 2.5) fasst alle Überlegungen zusammen und ebnet den Weg zur Entwicklung eines Modells auf Basis der vorgestellten Grundlagen. Das Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette (Kapitel 3) dient im folgenden Verlauf der Arbeit als Struktur für das Management von Controllingwissen. Dazu wird dessen Gestaltung für Controllingwissen in Kapitel 3.1 beschrieben. Anschließend werden orientiert am Modell die einzelnen Bestandteile für Controllingwissen adaptiert und sowohl sach- als auch verhaltensorientiert gestaltet. Input für die betriebliche Wertschöpfung (Kapitel 3.2) ist nach dem Verständnis dieser Arbeit die Informationslieferung. Informationen werden von Controllern und Managern aufgenommen und in der gemeinsamen Interaktion ausgetauscht. Dadurch entsteht individuelles Wissen. Es bedarf der Definition des Programms und der Strategie für Controllingwissen (Kapitel 3.3), bei dessen Explizierung die Unternehmenskultur eine entscheidende Rolle spielt. Kapitel 3.4 behandelt das Gruppenlernen von Controllingwissen, welches sich nach dem Modell der Wissensbausteine darstellen lässt und durch organisationale Gestaltungsmaßnahmen ergänzt wird. Ergebnis des Gruppenlernens und Speicherplatz für Controllingwissen ist die Controllingwissensbasis (Kapitel 3.5), die sowohl inhaltlich als auch technisch beschrieben wird. Spiegelbildlich zur Leistungsebene des Modells der Integrierten Leistungs- und Wertkette folgt die Betrachtung des Erfolges auf der Wertebene (Kapitel 3.6) mit der Darstellung verschiedener Ansätze zur Bewertung. Abschließend wird die Bedeutung der Unternehmenspolitik als umfassender Handlungsrahmen für Aktivitäten des Managements von Controllingwissen beschrieben (Kapitel 3.7). Das Kapitel schließt mit einem Zwischenfazit (Kapitel 3.8). Ausgehend von den theoretischen Modellannahmen stehen Instrumente zur Umsetzung dieses Modells im Vordergrund des Kapitels 4. Dazu werden zunächst aus den theoretischen Überlegungen des vorherigen Kapitels die Anforderungen an Instrumente erfasst (Kapitel 4.1). Das Instrument der Community of Practice ist ein geeignetes Instrument für die Umsetzung des Modells (Kapitel 4.2), weshalb es im Folgenden beschrieben wird. Die Ausgestaltung des Instru-
14
1 Einführung
mentes für das Management von Controllingwissen erfolgt in Kapitel 4.3 mit der detaillierten Prozessbeschreibung von der Informationslieferung und -aufnahme, über Programm-, Strategie- und Kulturaspekte, Prozesse und Strukturen des Produktes und der Bewertung bis hin zur politischen Gestaltung. Anschließend fasst ein Zwischenfazit (Kapitel 4.4) die Erkenntnisse zusammen. Im Folgekapitel (Kapitel 5) wird anhand einer Einzelfallstudie, deren methodische Eignung bereits in der Einführung prinzipiell diskutiert wurde, die Anwendung einer Community of Practice für das Management von Controllingwissen in der ehemaligen DaimlerChrysler AG beschrieben. Dazu erfolgt zunächst eine Situationsbeschreibung (Kapitel 5.1). Dieser schließt sich die Darstellung der Ausgestaltung des Instrumentes an, die dem Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette für Controllingwissen folgt (Kapitel 5.2). Dabei stehen wiederum Programm-, Strategie- und Kulturaspekte, Prozesse und organisatorische Gestaltung, der Speicher für das Wissen, dessen technische Umsetzung sowie die Perspektive der Politik im Fokus. Auch dieses Kapitel schließt mit einem Zwischenfazit (Kapitel 5.3). Abschließend erfolgen ein Fazit mit den wichtigsten Erkenntnissen der Arbeit (Kapitel 6.1) und ein Ausblick auf weiter- und tiefergehende Forschungsmöglichkeiten zu diesem spezifischen Themenbereich (Kapitel 6.2). Eine Übersicht über das gesamte Vorgehen zeigt Abb.2.
1.4 Aufbau der Arbeit
Abbildung 2:
Vorgehensmodell der Arbeit
15
2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Die Beschäftigung mit dem Management von Controllingwissen als Gestaltungsansatz für die Beziehung zwischen Manager und Controller bedarf der Darstellung von grundlegenden Annahmen. Zunächst ist das Management- bzw. Führungsverständnis zu klären. Damit sollen die zu untersuchenden Teilaspekte aufgeführt werden, welche im Hinblick auf das Management von Controllingwissen von Bedeutung sind. In einem nächsten Schritt gilt es, den Begriff des Controlling zu erläutern. Hierzu werden zunächst Controllingkonzeptionen und anschließend das wertschöpfungsorientierte Controllingverständnis aus verschiedenen Perspektiven vorgestellt. Hier zeigt sich die hohe Bedeutung der Funktion des Controlling für die Sicherung des langfristigen Unternehmensbestandes. Auch wird die Beziehung zwischen Manager und Controller thematisiert. Anschließend wird auf die Thematik des Wissens eingegangen. Dazu wird auf den Begriff, aber auch auf den Prozess zur Entwicklung von Wissen, bis hin zur Speicherung und in diesem Zusammenhang auf das organisationale Verständnis von Lernen, fokussiert. Ergänzt wird die Betrachtung um existierende Modelle des Wissensmanagements und deren Mängel in Bezug auf eine konkrete Anwendung. Es folgt die Charakterisierung von Controllingwissen, insbesondere von Inhalten und Arten. Anhand dieser Aussagen lassen sich Grundlagen für die Entwicklung eines Modells des Managements von Controllingwissen ableiten. 2.1 Managementverständnis Zunächst bedarf es der Begriffsbestimmung von Unternehmensführung63. Das Verständnis der Unternehmensführung lässt sich aus verschiedenen Perspektiven beleuchten, nämlich aus einer funktionalen, prozessualen, instrumentalen und einer institutionalen Sichtweise. 63
In dieser Arbeit werden die Begriffe „Unternehmensführung“ und „Management“ (englisch für Führung) synonym verwendet.
18
2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Anschließend wird ein Modell für unternehmerisches Handeln aufgezeigt, das als Basis für das Management von Controllingwissen im weiteren Verlauf der Arbeit dient. Es zeigt die für das zugrunde liegende Managementverständnis zu untersuchenden Aspekte. Als dritter Schwerpunkt wird auf die Unternehmenspolitik eingegangen, welche die Rahmenbedingungen für das unternehmerische Handeln umfasst. 2.1.1 Perspektiven der Unternehmensführung Der Begriff der Unternehmensführung kann als mehrdimensionales Phänomen betrachtet werden64, da eine einzige Perspektive nicht ausreicht, um alle Aspekte bzw. Fragestellungen zu klären.65 Zur Beschreibung des Phänomens der Unternehmensführung lassen sich vier Perspektiven wählen:66 Die funktionale Sichtweise beschreibt die Aufgaben und Inhalte der Tätigkeiten der Unternehmensführung. Die prozessuale Sichtweise beleuchtet Unternehmensführung als Folge von Vorgängen, die aus dem Handeln zwischen Individuen oder Gruppen im Zeitablauf erfolgen. Die instrumentale Sichtweise geht der Frage nach der Eignung von Instrumenten zur Umsetzung der Ausführung von Funktionen der Unternehmensführung nach. Die institutionale Sichtweise bezieht sich auf die Träger, Organe oder Subjekte der Unternehmensführung und betrachtet damit strukturelle Beziehungen. Aus der funktionalen Perspektive betrachtet, ist es das langfristige Ziel eines Unternehmens, verstanden als Institution wirtschaftlichen Handelns67, seinen Bestand zu sichern.68 Nur durch den dauerhaften Bestand können Ansprüche von Stakeholdern in Form der Bedürfnisbefriedigung, der Entgelterzielung und der Bedarfsdeckung erfüllt werden.69
64 65 66 67 68 69
Vgl. Becker, W. (1999), S. 2. Vgl. zu dieser Aussage z.B. Zloch, S. (2007), S. 13. Vgl. z.B. Macharzina, K./Wolf, J. (2008), S. 37. Vgl. Becker, W. (1996), S. 24. Eine Übersicht über verschiedene Begriffsdefinitionen von Unternehmen liefert beispielsweise Macharzina, K. (2003), S. 13 ff. Vgl. dazu Becker, W. (1996), S. 32. Vgl. zu diesen Ausführungen und der dort genannten weiterführenden Literatur Becker, W. (1996), S. 29 f.
2.1 Managementverständnis
19
Die Sicherung des Unternehmensbestandes erfolgt durch die Gestaltung70 und Lenkung71 von Unternehmen unter technisch-wirtschaftlichen Sachaspekten sowie unter personellen Verhaltensaspekten. Im Speziellen ist es Aufgabe der Unternehmensführung, die ganzheitliche Harmonisation des Wertschöpfungsgefüges unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten des unternehmerischen Handelns durchzuführen.72 Unter technisch-wirtschaftlichen Sachaspekten erfolgt die Gestaltung und Lenkung mit den Bestandteilen der Steuerung und Regelung73, indem das Zusammenspiel von Potenzialen und Prozessen mit dem Ziel einer durchgängigen Ausrichtung auf die unternehmerischen Wertschöpfungszwecke ermöglicht wird.74 Dazu ist die Ermittlung und Förderung von geeigneten markt- und unternehmensspezifischen Erfolgspotenzialen75 sicherzustellen. Marktbezogene Erfolgspotenziale werden anhand der Nachfrage nach bestimmten Kombinationen von Preisen und Eigenschaften von Produkten bestimmt76 und lassen sich durch die geeignete Auswahl einer attraktiven Branche sowie durch die Auswahl einer geeigneten Wettbewerbsstrategie generieren.77 Unternehmensbezogene Erfolgspotenziale resultieren aus dem unternehmensinternen Status quo der Ressourcenausstattung, die Grundlage für einen überdurchschnittlichen Unternehmenserfolg sein kann. Personelle Verhaltensaspekte beziehen sich auf das menschliche Verhalten. Dieses lässt sich u.a. mit Hilfe der Verhaltenswissenschaften, einer interdisziplinär ausgerichteten Forschungsrichtung, untersuchen, die das individuelle Verhal-
70 71
72 73
74 75
76 77
Die Gestaltung umfasst dabei die (gedankliche) Erstellung eines Modells eines Unternehmens, vgl. dazu Ulrich, H./Probst, G.J.B. (1991), S. 254. Als Lenkung bezeichnen Ulrich/Probst das laufende Treffen von Entscheidungen und deren Umsetzung sowie die Definition von Teilzielen, Initiierung und Kontrolle von zielgerichteten Aktivitäten der einzelnen Komponenten und Elemente, um das Unternehmen an Umfeldbedingungen und veränderte eigene Anforderungen anzupassen, vgl. Ulrich, H./Probst, G.J.B. (1991), S. 255. Vgl. Becker, W. (1999), S. 2. Einen umfassenden Zugang zu dem wertschöpfungsorientierten Verständnis zeigt auch Küpper, H-U. (1997), auf. Aus einer kybernetischen Perspektive umfasst die Steuerung die Vorgabe von Führungsgrößen durch das Führungssystem, während die Regelung eine willensdurchsetzende Vorwärtskoppelung und willenssichernde Rückkoppelung beinhaltet. Vgl. zu weiteren Ausführungen Becker, W. (1996), S. 69 f. Vgl. Zloch, S. (2007), S. 12. Vgl. zum Begriff des Erfolgspotenzials und verschiedenen Definitionen Wolfrum, U. (1993), S. 69 ff. Nach Gälweiler stellen Erfolgspotenziale im Rahmen des strategischen Managements die im Mittelpunkt stehenden Führungs- bzw. Steuerungsgrößen dar, vgl. Gälweiler, A. (1987), S. 23 f. Vgl. Dellmann, K. (1991), S. 433. Vgl. Bamberger, I./Wrona, T. (1995), S. 3.
20
2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
ten unter vielfältigen Aspekten erklären und prognostizieren möchte.78 Der Verhaltensbegriff bezieht sich dabei sowohl auf das unbewusste Reagieren als auch auf das willensgesteuerte Agieren, das auch als Handeln bezeichnet wird.79 Die Beeinflussung des menschlichen Handelns im Hinblick auf das Erreichen bestimmter Ziele ist ein zentrales Merkmal der Führung.80 Für die Generierung von Erfolg wird die Arbeitsleistung eines jeden Mitarbeiters benötigt. Diese wird durch die individuelle Leistungsfähigkeit (Können) und die individuelle Leistungsbereitschaft (Wollen) determiniert.81 Im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre bedarf es aufgrund der Fülle an Erkenntnissen eines selektiven Zugriffs auf die Verhaltenstheorien. Hier bieten sich u.a. die kognitiven Motivationstheorien an82, die individuelle Motive und Bedürfnisse und deren Befriedigung aufgreifen83 und untersuchen, inwieweit individuelles Verhalten durch persönliche Eigenschaften und situations- bzw. umfeldbezogene Gegebenheiten motiviert wird.84 Darüber hinaus muss, wie in der Problemstellung beschrieben, auch eine Harmonisierung zwischen den Interessensträgern innerhalb eines Unternehmens mit den situativen Bedingungen der Unternehmensumwelt unter Berücksichtigung der Wertschöpfungszwecke hergestellt werden.85 Zu deren Beschreibung eignet sich u.a. die Prinzipal-Agenten-Theorie. Diese erfasst die Beziehung zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und dem Auftragnehmer (Agent) und untersucht, wie das Verhalten zwischen beiden Parteien gestaltet und optimiert werden kann.86 Über die Einzelbeziehung zwischen zwei Individuen hinaus ist bei der verhaltensorientierten Diskussion auch die Interaktion zwischen den Akteuren bzw. ihr Gruppenverhalten zu betrachten. Aus einer prozessualen Perspektive lassen sich die Steuerung und Regelung unter einem betriebswirtschaftlichen Fokus87 mit den Begriffen der Planung, Organisation, Leitung und Kontrolle beschreiben88. Der sog. „Managementzyk78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88
Vgl. Küpper, H-U. (2008), S. 94. Vgl. Schanz, G. (1993), Sp. 4522. Vgl. Wild, J. (1982), S. 32. Vgl. Schanz, G. (1993), Sp. 4528. Vgl. auch Küpper, H.U. (2008), S. 95. Er ergänzt die Motivationstheorien durch Einbeziehung der psychologischen Feldtheorien und Theorien zur Arbeitsleistung und -zufriedenheit. Vgl. Schanz, G. (1993), Sp. 4525 Vgl. Schaefer, S./Lange, C. (o.J.), S. 16. Vgl. Becker, W. (2008), S. 77. Vgl. z.B. Ross, S.A. (1973); Picot, A./Dietl, H./Franck, E. (2008), S. 72 ff. und Meyer, M. (2004), S. 61 ff. Vgl. zu dieser Aussage Benz, K. (1998), S. 21. Vgl. Becker, W. (1999), S. 3. Er baut auf Terry, G.R. (1972), S. 4 auf, der Planning, Organizing, Actuating und Controlling unterscheidet. Koontz, H./O’Donnell, C./Weihrich, H. (1981), S. 26 ergänzen die Instrumente von Planung, Organisation, Personaleinsatz und
2.1 Managementverständnis
21
lus“ beginnt bei der Planung auf Basis von konkreten Zielen, setzt sich über die Entscheidung fort und mündet in der Überprüfung des Ausmaßes an Zielerreichung als Kontrolle.89 Bezug nehmend auf eine instrumentale Perspektive, können vielfältige Werkzeuge eingesetzt werden, um Management zu betreiben. Diese können sowohl Sach- als auch Verhaltensaspekten gerecht werden. Die Menge an Instrumenten ist in diesem überblickshaften Rahmen kaum darzustellen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird aber an geeigneter Stelle mit dem Fokus auf Instrumente für das Management von Wissen darauf zurückzukommen sein. Ebenso knapp kann die institutionale Sicht der Unternehmensführung behandelt werden. Nach allgemeinem Verständnis sind es die Unternehmensführer bzw. Manager, welche die Unternehmensführung ausüben. Anhand der Ausführungen zur Funktion der Unternehmensführung wurde zunächst der Umfang des zu betrachtenden Untersuchungsfeldes abgesteckt. Sowohl Sach- als auch Verhaltensaspekte sind zu behandeln, wenn von Management gesprochen wird. Die prozessuale Perspektive zeigt auf, wie ein idealtypischer Managementprozess gestaltet ist. Auf diese Perspektive soll zurückgegriffen werden, wenn der Managementprozess für Wissen behandelt wird. Die instrumentale Perspektive wird im Verlauf der Arbeit insofern vertieft, als verschiedene Instrumente für das Management von Wissen vorgestellt werden sollen. Aus institutionaler Perspektive wird die Rolle des Managers in der Beziehung zum Controller untersucht. 2.1.2 Unternehmerisches Handeln Die fortwährende Wertschöpfung hat eine bedeutende Rolle für die Sicherung des Unternehmensbestands, weshalb das unternehmerische Handeln hier nochmals vertieft vorgestellt werden soll. Dazu sind die Begriffe des unternehmerischen Handelns und der Wertschöpfung zu erläutern. Diese Ausführungen stellen die Grundlage für die Betrachtung des Modells der Integrierten Leistungsund Wertkette dar. In Bezug auf das unternehmerische Handeln lässt sich eine operative und eine strategische Führungsaufgabe unterscheiden.90 Ziel der operativen Füh-
89
Leitung ebenso durch das Controlling als weiteres Element des Managementzyklusses. Vgl. zu anderen Auffassungen: Kosiol, E. (1976), S. 56 ff. Er unterteilt die Phasen in die Planung, Realisation (Verwirklichung) und Kontrolle. Steinle, C. (1978), S. 107 f. untergliedert in Planen, Organisieren und Steuern (Kontrollieren). Steinmann, H./Schreyögg, G. (1991), S.7 ff. nennen die Phasen Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle. Vgl. Becker, W. (1996), S. 33 und Wild, J. (1981), S. 31 ff.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
rungsaufgabe ist die Erfolgserzielung und die laufende Liquiditätssicherung. Ziel der strategischen Führungsaufgabe91 ist nach GÄLWEILER, „so früh wie möglich und so früh wie notwendig für die Schaffung und Erhaltung der besten Voraussetzungen für anhaltende und weit in die Zukunft reichende Erfolgsmöglichkeiten, das heißt für ‚Erfolgspotentiale’ zu sorgen.“92
Anhand eines Wirkungszusammenhangs lassen sich die Größen Erfolg, Liquidität und Erfolgspotenziale wie folgt darstellen: Werden Leistungen eines Unternehmens unter der Annahme einer hinreichenden Nachfrage und Absatzmenge sowie mit geringeren Kosten als Erlösen auf dem Markt abgesetzt, so hat dies positive Auswirkungen auf die Liquiditätssituation. Die Liquidität kann zum Aufbau neuer Erfolgspotenziale verwendet werden, die als Vorsteuergrößen den zukünftigen Erfolg ermöglichen. Diese setzen wiederum den beschriebenen Wirkungskreislauf in Gang, wenn sie von der Unternehmensführung eingesetzt werden.93 Nur durch einen laufenden und dauerhaften Aufbau von Erfolgspotenzialen können Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten ermöglicht werden.94 Resultat des beschriebenen Kreislaufs ist die Wertschöpfung. Unter Wertschöpfung versteht BECKER: „…eine Erfolgsgröße, die das Ergebnis des Prozesses kennzeichnet, der zur Schaffung betrieblicher Werte führt. Mit der Wertschöpfung wird speziell der Mehrwert bestimmt, den ein Betrieb aufgrund seiner betrieblichen Leistungserstellung den Vorleistungswerten hinzufügt (engl. value added, frz. valeur ajoutée) und der sich auf unterschiedliche Anspruchsgruppen mit Entgelterzielungsinteressen, nämlich auf Arbeitnehmer, Fiskus und Kapitalgeber verteilt.“95
Spiegelbildlich zu der wertbasierten Betrachtung lässt sich dieser Wirkungskreislauf auch auf einer leistungsbasierten Ebene betrachten: Unternehmen, als offene Institutionen der Wirtschaft bzw. Gesellschaft, sind in Beschaffungs- und Absatzmärkte integriert und finanzieren sich auf dem Kapitalmarkt.96 Ausgehend von einer leistungsmäßigen Betrachtung werden auf den Beschaffungsmärkten Leistungen bezogen. Diese stellen unternehmensintern Leistungspotenziale dar, die anhand eines Leistungsprozesses zu Produkten transformiert werden. Diese werden auf den Absatzmärkten angeboten. Das Leistungsprogramm bestimmt 90 91 92 93 94 95 96
Vgl. Becker, W. (1996), S. 100, aufbauend auf Gälweiler, A. (1974) und Gälweiler, A. (1987), S. 23 f. Auch Kirsch/Grebenc ordnen der strategischen Unternehmensführung die Erhaltung bestehender und den Aufbau neuer Erfolgspotenziale zu, vgl. Kirsch, W./Grebenc, H. (1986), S. 33. Gälweiler, A. (1987), S. 23 f. Vgl. Mann, R. (1990), S. 104; Dellmann, K. (1991), S. 420 und Becker, W. (1999), S. 5 f. Vgl. dazu die Ausführungen von Becker, W. (1999), S. 6f., der auf die Arbeit von Gälweiler, A. (1987) zurückgreift. Becker, W. (2000), S. 51. Vgl. Fuchs, R. (2005), S. 33 f.
2.1 Managementverständnis
23
die Tiefe und Breite der zu erstellenden Leistungen. Die beschriebenen Zusammenhänge, einschließlich der zeitlichen Dimension, zeigt die Balanced Value Map (s. Abb.3).
Abbildung 3: Balanced Value Map97 Auf Grundlage dieser Überlegungen und des Konzeptes der Wertkette nach PORTER98, welche BECKER modifiziert99, entwickelte selbiger die Integrierte Leistungs- und Wertkette, die das unternehmerische Handeln zeigt (s. Abb.4). 97 98
In Anlehnung an Becker, W. (2008), S. 30. Vgl. zum Konzept der Wertkette Porter, M.E. (1992), S. 59 ff. Durch Wertaktivitäten, die einzelne Bestandteile des Wettbewebvorteils sind, werden Güter erstellt, mit denen Wert geschaffen wird. Für jede einzelne Wertaktivität ist durch die Fokussierung auf einzelne
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Abbildung 4: Integrierte Leistungs- und Wertkette100 Dieses Modell stellt den gleichen Sachverhalt wie die bereits beschriebene Balanced Value Map dar, orientiert sich graphisch jedoch an dem Wertkettenmodell nach PORTER und ermöglicht eine prozessuale Betrachtung des Sachverhalts.
Bestandteile der Wertschöpfungsaktivität die Kostensituation im Vergleich zum Wettbewerb überprüfbar. Gleichzeitig kann eine Wertaktivität aber auch im Hinblick auf die Bedürfnisbefriedigung der Abnehmer auf ihren Beitrag für eine Differenzierung vom Wettbewerb hin untersucht werden. Aus dem Vergleich der Kostensituation und der Differenzierung ergeben sich Unterschiede zum Wettbewerb, aus denen Wettbewerbsvorteile resultieren können. Die Wertkette stellt somit ein Instrument dar, um die differenzierte Entstehung und Verwendung von Kosten zu ergründen und um potenzielle Differenzierungsquellen zu verstehen und zu identifizieren. 99 Vgl. zu den Kritikpunkten an dem Konzept der Wertkette Becker, W. (1996), S. 91 f. 100 Vgl. für diese Art der Darstellung der Integrierten Leistungs- und Wertkette die Arbeit von Fuchs, R. (2005), S. 47.
2.1 Managementverständnis
25
Ein Unternehmen ist durch Transaktionen in Märkte eingebunden101, indem es als wirtschaftende Institution Leistungen für die eigene Leistungserstellung bezieht (wobei die Frage über den Umfang des Bezugs von Fremdleistungen in Form des Programms beantwortet werden muss), und die selbst erstellten Leistungen wiederum in Märkten anbietet. Diese Beziehungen können die Gestalt einer mehrgliedrigen Wertschöpfungskette annehmen, die aus einer unternehmensübergreifenden Perspektive Kunden, das Unternehmen selbst und Lieferanten umfasst. Darüber hinaus agieren auch Konkurrenten in den Märkten und führen zur Existenz von Wettbewerbsbeziehungen in unternehmerischen Interaktionsstrukturen. Damit spannt sich das unternehmerische Handeln im sog. Strategischen Viereck auf. Im Strategischen Viereck findet unternehmerisches Handeln zwischen dem betrachteten Unternehmen, Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern statt.102 Das Handeln lässt sich aus einer prozessualen Perspektive als Handeln entlang einer integrierten Leistungs- und Wertkette beschreiben und kann in eine Leistungs- und in eine Wertsphäre untergliedert werden. Während die Leistungssphäre materielle und immaterielle Realgüterprozesse abbildet, stellt die Wertsphäre deren monetäres Spiegelbild dar. Dieses Modell ermöglicht eine umfassende und strukturierte Analyse des unternehmerischen Handelns und zeigt entsprechende Handlungsfelder auf. Deshalb soll es im Verlauf der Arbeit als Analyseraster für das Management von Controllingwissen dienen. 2.1.3 Unternehmenspolitik Die integrative Gestaltung und Lenkung aller unternehmerischen Ressourcenpotenziale erfolgt durch die Ausgestaltung der Unternehmenspolitik.103 Damit gibt die Unternehmensführung einen Handlungsrahmen vor104, welcher das unternehmerische Handeln bestimmt. Die Unternehmenspolitik dient der Sicherung des langfristigen Unternehmensbestands und umfasst langfristige und allgemeine Vorgaben, welche das generelle Verhalten eines Unternehmens leiten.105 Kom-
101 102 103 104 105
Vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen Becker, W. (1996), S. 72 ff. Vgl. Becker, W. (1996), S. 85. Vgl. Becker, W. (1996), S. 115. Vgl. Becker, W. (1996), S. 99. Vgl. Ulrich, H. (1990), S. 20 f. und Hungenberg, der in diesem Zusammenhang von einer normativen Ebene spricht, vgl. Hungenberg, H. (2006), S. 39 ff.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
ponenten der Unternehmenspolitik sind die Kultur, Strategie und Struktur, die sich in einem Leitbild niederschlagen (können).106 Nach dem Führungsverständnis dieser Arbeit ist die Unternehmenspolitik im Sinne der Ganzheitlichkeit gefordert, sowohl rationale Sachaspekte als auch sozio-psychologische Verhaltensaspekte zu berücksichtigen.107 Abbildung 5 zeigt einen Überblick über die zu untersuchenden Dimensionen in ihrer allgemeinen Form:
Abbildung 5:
Dimensionen der Unternehmenspolitik
Im Einzelnen sind die Dimensionen zunächst allgemein zu beschreiben: Die Unternehmenskultur beinhaltet die Überzeugungen, Denkmuster, Wertvorstellungen und Verhaltensnormen, die das Sprechen, Denken und Handeln von Organisationsmitgliedern prägen.108 Nach HINTERHUBER ist Strategie „die Kunst und die Wissenschaft, die Ressourcen der Unternehmung – die Information eingeschlossen – zur Erreichung der von der Unternehmenspolitik festgelegten Ziele einzusetzen.“109 Die Dimension der Struktur umfasst die Aspekte der organisationalen Gestaltung (Träger bzw. Rollen), Organisationsformen und die Ausgestaltung von Systemen.
106 Vgl. Becker, W. (2008), S. 76 ff. Becker ergänzt die Begriffe der Kultur, Strategie und Struktur um die Unternehmensvision. Diese stellt Kernaussagen der Unternehmenspolitik in knapper Form dar und wird in dieser Arbeit als Leitbild verstanden. 107 Vgl. zu dieser Aussage Stephan, P. (2002), S. 37. 108 Vgl. Hauschild, S./Licht, T./Stein, W. (2001), S. 78. 109 Hinterhuber, H.H. (1990), S. 27.
2.2 Controllingverständnis
27
Die Unternehmenspolitik beeinflusst die Kultur, die Strategie und die Struktur eines Unternehmens.110 Für alle Mitarbeiter sichtbar wird die Unternehmenspolitik als Leitbild, welches das Handeln im Unternehmen determiniert. Die unternehmenspolitische Gestaltung rundet das Verständnis von Management ab. Von besonderer Bedeutung ist die Beschäftigung damit, da in der Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller etwa kulturelle Aspekte, wie Vertrauen und gemeinsame Werte, spezifische Strategien im Umgang mit Controllingwissen, aber auch besondere strukturelle Gestaltungsmöglichkeiten, wie etwa Netzwerke oder Rollenzuweisungen zu berücksichtigen sind. Die Aspekte der Kultur, Strategie und Struktur werden im folgenden Verlauf in die Beschreibung der einzelnen Prozessschritte eingeflochten. Durch die Konzentration auf den Prozess des Umgangs mit Controllingwissen werden keine Interdependenzen zwischen Kultur, Strategie und Struktur untersucht, sondern im Rahmen derjenigen Schritte vertieft, an denen sie einen wesentlichen Einfluss auf den Prozess ausüben, wobei geringfügig auch Dopplungen zu Gunsten eines besseren Prozessverständnisses in Kauf genommen werden. 2.2 Controllingverständnis Nachdem das Managementverständnis geklärt wurde, steht im Folgenden der Begriff des Controlling im Vordergrund. Dieser soll zunächst in der allgemeinen Ausprägung dargestellt werden, anschließend erfolgt eine Fokussierung auf eine wertschöpfungsorientierte Sichtweise, die dem Managementverständnis dieser Arbeit entspricht. Anschließend wird – analog zum bisherigen Vorgehen – Controlling aus einer funktionalen Perspektive vorgestellt. Eine prozessuale Sichtweise des Controllingbegriffs folgt dieser Betrachtung. Die instrumentale Perspektive wird nur überblickshaft erwähnt, da ähnlich der Argumentation im Rahmen des vorherigen Kapitels Controllinginstrumente nicht im Vordergrund der Arbeit stehen. Vielmehr wird auf Instrumente für das Management von Wissen einzugehen sein. Das institutionale Verständnis ist als vierter Bestandteil als besonders wichtig hervorzuheben, da hier die Beziehung zwischen Manager und Controller darzustellen ist.
110 Vgl. zu einer ähnlichen Unterscheidung auch das St. Galler Managementmodell von Bleicher, K. (2004), S. 77 ff. Der Autor führt in seinem Managementmodell eine normative (hier: politisch) und eine strategische Ebene ein.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
2.2.1 Konzeptionelle Grundlagen des Controlling Sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft wird eine lebhafte Diskussion über den Gegenstand des Controlling geführt.111 Bis heute herrscht noch immer ein uneinheitliches Verständnis, was unter Controlling zu verstehen ist, und welche Entwicklungen vorstellbar sind. KÜPPER sieht drei Entwicklungen als Ausprägungen des Controlling:112 Controlling als Bezeichnung für Aufgabenbereiche bekannter Arbeitsgebiete (z.B. Umbenennung des „internen Rechnungswesens“ in „Controlling“). Controlling als Oberbegriff für eine Vielzahl von Gebieten (z.B. „Controlling“ als Zusammenfassung von „Planung, Kontrolle und Informationssystem“). Controlling als ein neuer Problembereich. Während in der Praxis vorrangig Fragestellungen um die Aufgaben von Controllern bzw. Controllingabteilungen, die Anforderungen an Controller und die organisatorische Verankerung in Abteilungen untersucht und diskutiert werden113, entwickelten sich in der Wissenschaft vor allem Controllingkonzeptionen, um den Begriff des Controlling zu erfassen.114 Ziel solcher Konzeptionen ist es, eine Mittlerfunktion zwischen Theorie und Praxis anzubieten, indem sie theoretische Fundamente mit praktischen Handlungsempfehlungen verknüpfen.115 Dabei hat die funktionale Dimension eine grundlegende Bedeutung für eine Controllingkonzeption.116 Anhand der Funktionen fragt man nach dem Kern des Controlling, wobei die organisatorische Gestaltung davon strikt getrennt werden muss.117 Eine Controllingkonzeption lässt sich induktiv aus den Aufgaben in der Praxis ableiten118 oder deduktiv auf Grundlage des Zwecks des Controlling auf Basis einer zugrunde liegenden Theorie herleiten.119 Im Gegenstromverfahren können die gewonnenen Aussagen miteinander abgeglichen werden.120
111 112 113 114 115 116 117 118 119 120
Vgl. zu dieser Aussage z.B. Weber, J. (2008), S. 2. Vgl. Küpper, H-U. (2008), S. 3 ff. Vgl. Becker, A. (2003), S. 48 ff. Vgl. Scherm, E./Pietsch, G. (2004), S. 9. Vgl. Weber, J. (2008), S. 2 f. Vgl. Wall, F. (2008), S. 465, die in diesem Artikel auch einen Vergleich verschiedener Controllingkonzeptionen vornimmt. Vgl. Küpper, H-U. (2008), S. 8. Vgl. zu einer Übersicht über empirische Studien u.a. über die Aufgaben von Controllern z.B. Weber, J. (2008), S. 9 ff. und Horváth, P. (2008), S. 42 ff. Vgl. Küpper, H-U. (2008), S. 9ff. und Weber, J. (2008), S. 33. Vgl. zum Abgleich im Gegenstromverfahren Becker, W. (1990), S. 296.
2.2 Controllingverständnis
29
An dieser Stelle erfolgt ein kurzer Überblick über bestehende Konzeptionen, die sich anhand der Funktionen des Controlling unterscheiden lassen. Diese kann man zunächst in drei klassische Kategorien unterteilen:121 Die rechnungswesenorientierten Konzeptionen weisen dem Controlling die Aufgaben der Informationsversorgung mit den Daten des Rechnungswesens zu. Der Fokus der Betrachtung, beispielhaft nach SCHNEIDER, liegt allein auf monetären Größen und der operativen Unternehmensebene, wodurch qualitative Merkmale vernachlässigt werden.122 Informationsorientierte Ansätze erweitern den ersten Ansatz, indem sie nicht nur auf monetäre Größen abstellen, sondern das gesamte Unternehmenszielsystem mit nicht monetären Größen betrachten. Die Rolle des Controlling, aus Sicht von REICHMANN stellvertretend für diese Auffassung, besteht in der Koordination der Informationsbereitstellung mit dem Informationsbedarf.123 Als dritter Ansatz werden die koordinationsorientierten Konzepte des Controlling aufgeführt, die den am weitesten verbreiteten Ansatz mit einer hohen Relevanz zur Praxis darstellen.124 Dieser Auffassung wird daher gegenwärtig die größte Aufmerksamkeit zuteil.125 Dem Controlling werden im Rahmen des Ansatzes, der auf der Denkweise von HORVÁTH basiert, umfassende Koordinationsaufgaben zugesprochen.126 Diese Konzeption unterscheidet ein Führungs- und ein Ausführungssystem, sowie eine Primär- und eine Sekundärorganisation. Innerhalb der koordinationsorientierten Konzeptionen besteht eine Differenzierung darin, welchen Umfang die Koordinationsaufgabe einnimmt.127 HORVÁTH vertritt eine planungs- und kontrollorientierte Perspektive, die auf die Koordination von Planung, Kontrolle und Informationsversorgung zielt, wenn er behauptet: „Die Controllingfunktion (oder Controlling) besteht in der ergebniszielorientierten Koordination von Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung…“.128 Führungsgesamtsystemorientierte Konzeptionen, wie etwa die Konzeption von KÜPPER, sehen Controlling als Koordination der Teile des Führungssystems.129 121 Vgl. Pietsch, G. (2003), S. 5 ff. und Weber, J. (2008), S. 21 mit Ergänzung der rationalitätsorientierten Controllingkonzeption. Schaefer, S. (2008), S. 17 unterscheidet nur in informations- und in koordinationsorientierte Controllingkonzeptionen. Einen besonders ausführlichen Überblick über Controllingkonzeptionen zeigt Rösner, M. (2003), S. 64 ff. auf. 122 Vgl. zu diesem Ansatz z.B. Schneider, D. (1992). 123 Vgl. Reichmann, T. (2006). 124 Vgl. Möller, K./Stoi, R. (2002), S. 561 ff. 125 Vgl. Bauer, M. (2002), S. 3. 126 Vgl. zu einer ausführlichen Beschreibung des Ansatzes Horváth, P. (2008), S. 73 ff. 127 Vgl. Schaefer, S. (2008), S. 22 ff. und Pietsch, G. (2003), S. 8. 128 Horváth, P. (2008), S. 123. 129 Vgl. Küpper, H-U. (2008), S. 28 ff.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Ein neuerer Ansatz, als Ergänzung zu den bisher genannten, stellt die rationalitätsorientierte Controllingkonzeption dar. Die Controllingkonzeption der Rationalitätssicherung der Führung, nach grundlegenden Arbeiten von WEBER/ SCHÄFFER130, geht davon aus, dass Führung von Akteuren mit individuellen und kontextbezogenen kognitiven Beschränkungen, d.h. unter Rationalitätsdefiziten, durchgeführt wird.131 Rationalitätssicherung durch Controlling zielt darauf ab, die Führung durch Entlastungen, Ergänzungen sowie Begrenzungen zu unterstützen, um deren Aufmerksamkeit auf entscheidungsrelevante Aspekte zu lenken.132 Dabei wird diese Konzeption als den anderen drei bereits genannten Controllingkonzeptionen übergeordnet verstanden.133 Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Controllingverständnis zugrunde gelegt, das sich aus einem wertschöpfungsorientierten Hintergrund ableitet und die Funktion hat, den Wertschöpfungskreislauf eines Unternehmens durch die Ausrichtung des gesamten Handelns auf Erfolgspotenziale anzutreiben und aufrechtzuhalten.134 Die Ableitung der Funktion des Controlling aus betriebswirtschaftlichen Wertschöpfungszwecken beinhaltet dabei ergänzend auch die Informationsund Koordinationsfunktion, die Bestandteil vieler Controllingkonzeptionen sind.135 Der bedeutende Unterschied zu den bisher aufgeführten, „klassischen“ Controllingkonzeptionen besteht darin, dass Controlling als integrierte Aufgabe der Unternehmensführung charakterisiert und damit als Führungsfunktion, ergänzt durch führungsunterstützende, beschrieben wird.136 Um die Beziehung zwischen Manager und Controller zu analysieren, eignet sich diese Sichtweise des Controlling insbesondere: Wird die Führungsfunktion des Controlling dem Manager zugeordnet, die führungsunterstützenden Funktionen dem Controller, so ist deren Zusammenwirken elementar für das Controlling.137 Der Manager selbst führt nach diesem Verständnis Controlling aus und benötigt dafür Controllingwissen, das der Controller ebenfalls braucht. Eine Untersuchung der Interaktion bzw. Beziehung beider Träger von Controllingwissen mit dem Ziel eines Managements von Controllingwissen auf Basis des wertschöpfungsorientierten Controllingverständnisses liegt daher nahe. 130 131 132 133 134 135 136
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (1999b). Vgl. Weber, J. (2008), S. 26. Vgl. Möller, K./Stoi, R. (2002), S. 562. Vgl. Schaefer, S. (2008), S. 25. Vgl. zu dieser Konzeption Becker, W. (1999). Vgl. Benz, K. (1998), S. 29 und Rösner, M. (2003), S. 64. Controlling als Führungsfunktion wird außerdem in der reflexionsorientierten Controllingkonzeption nach Pietsch/Scherm, beschrieben, die in der Controllingfunktion die Reflexion von Entscheidungen, die im Rahmen der anderen Führungsfunktionen getroffen werden, verstehen. Vgl. dazu Pietsch, G/Scherm, E. (2001). 137 Vgl. Becker, W. (1999), S. 7 f. für eine institutionale Zuordnung der Controllingaufgaben.
2.2 Controllingverständnis
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Auf eine detaillierte Beschreibung des Controllingbegriffs aus einer wertschöpfungsorientierten Perspektive wird im Folgenden eingegangen. 2.2.2 Controllingbegriff aus einer wertschöpfungsorientierten Perspektive Die umfassenden Ansätze bezüglich eines Controllingverständnisses erfordern eine Konzentration auf einen konkreten Ansatz, um eine zielgerichtete Untersuchung zu ermöglichen. Analog zum wertschöpfungsorientierten Managementverständnis werden dazu im Folgenden die bereits im Rahmen der Begriffsbestimmung von Unternehmensführung vorgestellten Perspektiven für ein wertschöpfungsorientiertes Controllingverständnis beschrieben. Aus einer funktionalen Perspektive ist Controlling als eine Teilfunktion der Unternehmensführung zu betrachten. Die Notwendigkeit zur Etablierung einer Controllingfunktion beruht sowohl auf Schnittstellenproblemen zwischen Führung und Ausführung sowie auf Komplexitätsgründen.138 Schnittstellenprobleme zwischen Führung und Ausführung ergeben sich aufgrund der äußerst engen Wechselwirkungen bzw. Systembeziehungen.139 Die Komplexität resultiert aus den exogenen Komplexitätstreibern, die in Form von Marktanforderungen und Umfeldbedingungen von außen auf Unternehmen einwirken und den endogenen Komplexitätstreibern, welche die innerbetriebliche Unternehmenskomplexität determinieren.140 Es bedarf sowohl der externen als auch der internen Harmonisierung, um die Anpassungs- und Fortschrittsfähigkeit zu erhalten und die Lebensfähigkeit eines Unternehmens zu sichern. Die Beobachtung des Unternehmensumfelds und die Erfüllung der Ansprüche, die innerhalb eines Unternehmens gestellt werden, verlangen und binden Managementkapazität und erfordern eine methodische und instrumentelle Unterstützung.141 BECKER beschreibt die Funktionen des Controlling folgendermaßen: „Controlling stellt sich als eine integrierte Aufgabe der Unternehmensführung dar, die im Dienste der Optimierung von Effektivität und Effizienz das initialisierende Anstoßen sowie das wertschöpfungsorientierte Ausrichten des Handelns von Betrieben sicherzustellen hat. Diese originäre Funktion des Controlling wird hier als Lokomotion bezeichnet. Die Wahrnehmung der originären Funktion der Lokomotion setzt insbesondere die begleitende Erfüllung der derivativen Funktionen der wechselseitigen Abstimmung (Integration, Koordination und Adaption) von Führung und 138 Vgl. Becker, W. (1999), S. 3. 139 Vgl. zu einer ausführlichen, systemtheoretischen bzw. kybernetischen Beschreibung Becker, W. (1990). 140 Vgl. Bliss, C. (2000), S. 4 ff. 141 Vgl. Hoffmann, W./Niedermayr, R./Risak, J. (1996), S. 19.
32
2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis Ausführung sowie der dementsprechenden Schaffung von Informationskongruenz innerhalb der Führung und Ausführung voraus. Die Wahrnehmung dieser derivativen Funktionen erfolgt vorrangig über wertorientierte Gestaltungs- und Lenkungsmechanismen.“142
Das wertschöpfungsorientierte Handeln wurde bereits als grundlegende Voraussetzung für die Existenz eines Unternehmens vorgestellt. Innerhalb dieses Verständnisses kommt nun der originären Funktion der Lokomotion die Aufgabe zu, das unternehmerische Handeln in Form der Integrierten Leistungs- und Wertkette und damit die Wertschöpfung im Sinne eines Kreislaufs sicherzustellen.143 Aufgabe der Lokomotionsfunktion ist das initialisierende Anstoßen der Erfolgspotenziale, um wertschöpfende Aktivitäten einzuleiten sowie das zweckorientierte Ausrichten des gesamten unternehmerischen Führungs- und Ausführungshandelns, um damit für eine dauerhafte Geschlossenheit des Wertschöpfungskreislaufs zu sorgen.144 Um die Lokomotionsfunktion ausüben zu können, bedarf es zweier Voraussetzungen: Zum einen muss eine durchgängige Abstimmung der Führungsaktivitäten erfolgen. Zum anderen müssen die zu Wertschöpfungszwecken benötigten Informationen allen involvierten Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden. Diese Aufgaben werden von den derivativen Funktionen des Controlling in Form der Abstimmungsfunktion einerseits und der Informationsfunktion andererseits übernommen.145 Die Abstimmungsfunktion des Controlling hat die Aufgabe, die Funktionen im Managementzyklus auf die Wertschöpfungszwecke auszurichten, um damit das unternehmerische Handlungssystem vor uneinheitlichem Handeln zu bewahren.146 Dabei kann zwischen drei verschiedenen Abstimmungserfordernissen unterschieden werden, die in einer zeitlichen Reihenfolge einen präsituativen, situativen oder postsituativen Charakter aufweisen:147 Eine Abstimmung, die sich auf das zukünftige Handeln eines Unternehmens bezieht, wird als Integration bezeichnet. Eine Abstimmung im Rahmen der jeweiligen akuten Umsetzung der Planung wird als Koordination benannt. Eine Abstimmung, die im Rahmen der Kontrolle der Umsetzung der Planung erfolgt und eine Neuplanung sowohl innerhalb der Führung als auch der Ausführung auslösen kann, wird als Adaption definiert. 142 143 144 145 146 147
Becker, W. (1999), S. 3. Vgl. Becker, W. (1999), S. 5. Vgl. Becker, W. (1999), S. 7. Vgl. Becker, W. (1999), S. 7 f. Vgl. Becker, W. (1999), S. 8. Vgl. Becker, W. (1999), S. 8 f. Vgl. ähnlich auch Niedermayr, R. (1994), S. 59 ff.
2.2 Controllingverständnis
33
Die Abstimmungsfunktion des Controlling bezieht sich aus organisatorischer Sicht sowohl auf vertikale, als auch auf horizontale und laterale Abstimmungsbedürfnisse. Während erstere zwischen über- bzw. untergeordneten hierarchischen Ebenen erfolgt, läuft die horizontale Abstimmung zwischen Personen auf der gleichen hierarchischen Ebene ab. Ein laterales Abstimmungsbedürfnis ergibt sich aus der Einbeziehung aller Stakeholder eines Unternehmens, die eine Abstimmung auf verschiedenen hierarchischen Ebenen beansprucht.148 In die Abstimmung werden sowohl Sach- als auch Verhaltensaspekte einbezogen.149 Die Aufgabe der Informationsfunktion, als zweite derivative Funktion des Controlling, besteht darin, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit ein Optimum zwischen dem Informationsbedarf, der Informationsnachfrage und dem Informationsangebot zu erreichen. Das Controlling hat dabei eine abgestimmte, schnelle und bedarfsgerechte Versorgung des Managements mit den benötigten Informationen durchzuführen, um die betriebliche Wertschöpfung zu ermöglichen.150 Aus einer prozessualen Perspektive stellt sich die Ausführung der Lokomotionsfunktion dar, indem entlang des Managementzyklusses, beginnend mit der Planung, die Unterstützung der Zielbildung und Planungsaktivitäten auch in Bezug auf Wertschöpfungsaktivitäten erfolgt. Für die Durchsetzung und Realisation werden Beratungsleistungen erbracht und Entscheidungshilfen geliefert. Für den Prozessschritt der Kontrolle findet eine laufende Überwachung der unternehmerischen Aktivitäten statt (s. Abb.6).151
148 Vgl. zu einer Übersicht vertikaler, horizontaler und lateraler Abstimmungsbedarfe Becker, W. (2006), S. 83. 149 Vgl. Becker, W. (1999), S. 9. 150 Vgl. Becker, W. (1999). S. 9 f. 151 Vg. Becker, W. (1999), S. 7.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Abbildung 6: Controlling als Bestandteil des Managementzyklus152
152 Vgl. Becker, W. (1999), S. 4.
2.2 Controllingverständnis
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Die Ausführung der Abstimmungsfunktion erfolgt, indem zunächst die Interdependenzen zwischen den Funktionen des Managementzyklusses ermittelt, in einem folgenden Schritt erfasst und anschließend in das unternehmerische Handeln integriert werden.153 Die Wahrnehmung der Informationsfunktion, deren Ziel die führungsgerechte Informationsversorgung darstellt, wird dadurch wahrgenommen, dass zunächst der Informationsbedarf festgestellt wird, um dann ein Angebot von Informationen in einer abgestimmten, schnellen und bedarfsgerechten Form dem Management bereitzustellen.154 Instrumente zur Umsetzung der originären Funktion des Controlling und der derivativen Funktionen werden ebenso wie die Prozessperspektive nur kurz angeschnitten, da diese nicht im Fokus der Arbeit stehen. Die Lokomotionsfunktion kann unter Verwendung von kybernetischen Steuerungs- und Regelungsmechanismen ausgeführt werden.155 Für die Umsetzung der derivativen Funktionen eignen sich vorrangig wertorientierte Gestaltungs- und Lenkungsmechanismen.156 Hierzu steht eine breite Auswahl an Instrumenten zur Verfügung.157 Aus institutionaler Sicht wird nach dem Verständnis dieser Arbeit die Lokomotionsfunktion stellvertretend bzw. vorrangig vom Manager ausgeführt, während die derivativen Funktionen der Abstimmung und Informationsversorgung stellvertretend bzw. vorrangig durch den Controller übernommen werden.158 Hierzu wird im folgenden Kapitel nochmals intensiver auf diese Thematik eingegangen, da sich der Forschungsgegenstand der Arbeit aus der Arbeitsbeziehung zwischen Manager und Controller ergibt. 2.2.3 Aufgabenträger des Controlling In der Schilderung der Ausgangssituation und des Problemaufrisses wurden Controller und Manager als Aufgabenträger des Controlling bezeichnet und deren Interaktion als zu untersuchend dargestellt. Dafür soll im Folgenden 153 Vgl. Becker, W. (1999), S. 9. 154 Vgl. Becker, W. (1990), S. 310 ff. 155 Vgl. Becker, W. (1999), S. 7. Instrumente, um die Lokomotionsfunktion ausüben zu können, sind vorrangig strategischer Art wie beispielsweise die Balanced Scorecard, StärkenSchwächen-Analysen oder Entscheidungsmodelle. Es gibt jedoch kein typisches Instrument zur Umsetzung der Lokomotionsfunktion. 156 Vgl. Becker, W. (1999), S. 8. 157 Vgl. dazu Geisler, R. (2001), S. 54: Instrumente, um derivative Funktionen auszuführen, sind beispielsweise Budgetierungsinstrumente, Kennzahlen und Kennzahlensysteme, Verrechnungspreissysteme, wertanalytische Methoden sowie entscheidungsorientierte Kostenrechnungs- und Kalkulationsinstrumente. 158 Vgl. Becker, W. (1999), S. 7 f.
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nochmals vertieft auf diese Annahme und die Rollenverteilung zwischen den beiden idealtypischen Aufgabenträgern des Controlling eingegangen werden. Die Aufgaben zur Erfüllung der Funktionen des Controlling werden außer vom Controller (in zentralen oder dezentralen Unternehmensbereichen)159 von weiteren Aufgabenträgern sowie von Führungskräften als übergeordnete Aufgabenträger übernommen. Eine Stelle bzw. Instanz des Controllers bzw. Controllerbereichs160 muss nicht notwendigerweise geschaffen werden, um die Aufgaben zu erfüllen.161 WELGE führt als alternative Aufgabenträger etwa Mitarbeiter des Rechnungswesens, des Treasurys oder der IT-Abteilung an, die zusätzlich zu ihren angestammten Aufgabenfeldern Controllingaufgaben wahrnehmen.162 Aber auch Mitarbeiter aus Strategieabteilungen oder interne Revisoren sind potenzielle Aufgabenträger von Controllingaufgaben, sowie externe Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer, Managementtrainer oder Vertreter von Banken und Analysten.163 Diese möglichen Aufgabenträger stellen ggf. eine Konkurrenz für den Controller in seiner Beziehung zum Manager dar. BAUER behauptet: „Zur Unterstützung der Manager können neben dem Controller auch andere Akteure potenziell als Träger von Controllingaufgaben tätig sein. Die Controller haben jedoch eine besondere Stellung, weil sie schon seit langem und explizit mit dieser Funktion betraut sind.“164 Diesem Zitat soll insofern gefolgt werden, als der Controller als wichtigster Counterpart des Managers für die Ausführung der Controllingaufgaben dargestellt wird. Dabei bekleidet der Controller vorrangig eine Servicefunktion als Lieferant und Betreuer von Systemen und Methoden, übernimmt aber keine Steuerungsaufgaben. Er unterstützt vielmehr den Manager bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Die Aufgaben des Controllers lassen sich anhand seiner Rolle im Unternehmen beschreiben. Unter dem Begriff der Rolle versteht WISWEDE „relativ konsistente, mitunter interpretationsbedürftige Bündel von Erwartungen, die an eine soziale Position gerichtet sind und als zusammengehörig perzipiert werden.“165 Vor allem durch die Dezentralisierung der Entscheidungskompetenzen in Unternehmen wird die traditionelle Rolle des Controllers als „Hüter der Zah-
159 160 161 162 163
Vgl. zur zentralen und dezentralen Gestaltung Weber, J. (2008), S. 471 ff. Vgl. dazu Welge, M.K. (1988), S. 400. Vgl. Herzog, A. (1999), S. 7. Vgl. Welge, M.K. (1988), S. 403 f. Vgl. dazu Herzog, A. (1999), S. 37; Weber, J./Schäffer, U./Bauer, M. (2000), S. 33; Mosiek, T. (2002), S. 161 ff. und Weber, J. (2008), S. 403 ff. Vgl. zu einer ausführlichen Diskussion bezüglich der Aufgabenzuordnung Herzog, A. (1999), S. 21 ff. 164 Bauer, M. (2002), S. 6. 165 Wiswede, G. (1977), S. 18.
2.2 Controllingverständnis
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len“ mit der „klassischen“ Aufgabe der Informationsversorgung166 in Frage gestellt. Während diese vor allem in der Abwicklung von Routineprozessen bestand, entwickelt sich der Aufgabenbereich des Controllers zu einer den Manager unterstützenden und beratenden Funktion. Der Controller übernimmt zunehmend die Rolle eines internen Unternehmensberaters und Sparringspartners für die Führungskraft.167 Anhand einer in den 50er Jahren erstellten Studie aus den USA über Controller-Typen erkennt ZÜND drei Controller-Rollen.168 In einer relativ statischen Umwelt nimmt der Controller die Rolle eines „Registrators“, in einer begrenzt dynamischen Umwelt die eines „Navigators“ und im Fall einer extrem dynamischen Umwelt die eines „Innovators“ ein. SATHE entdeckt vier Rollen des Controllers:169 Die Rolle des Controllers, in welcher dieser in die unternehmerischen Entscheidungsprozesse eingebunden ist, die des Controllers, der als unabhängige Überwachungsinstanz in einem Unternehmen fungiert, die des „geteilten“ Controllers, dessen Aufgaben einerseits die Managementunterstützung und andererseits die Überwachung sind, diese jedoch von verschiedenen Personen ausgeführt werden, und zuletzt die Rolle des starken Controllers, der beide Aufgaben in einer Person vereint. BRAMSEMANN unterscheidet ebenfalls vier Rollen des Controllers:170 der Controller als „kritischer Berater der Unternehmensleitung“ zur Sicherung der langfristigen Unternehmensentwicklung, der Controller als „interner Berater“ und „Methodenspezialist“ zur Erkennung und Beseitigung von Schwachstellen, der Controller als „Planverkäufer“ und Moderator von Gruppeninteressen, der Controller als „Informationskoordinator“ zur Steuerung der strategischen und operativen Tätigkeit. In den vergangenen Jahren haben sich einschneidende Änderungen bezüglich der Aufgaben der Controller ergeben. Dies wird beispielsweise daran ersichtlich, dass vermehrt Aufgaben des Controllers in Shared Services Organisationen171 ausgelagert oder sogar fremd vergeben werden. Dazu behauptet MOSIEK: „In Anlehnung an die klassische Aufgabenzentralisierung stellt die Shared Service 166 Vgl. Weber, J. (1999), S. 474 und Horváth, P. (2008), S. 61 ff. 167 Vgl. Hoffmann, D. (2000), S. 87 und Weber, J./David, U./Prenzler, C. (2001), S. 8. Vgl. zu möglichen negativen Konsequenzen dieser Entwicklung Weber, J. (1999), S. 477 f. 168 Vgl. Zünd, A. (1985), S. 32 und David, U. (2005), S. 33 f. 169 Vgl. Sathe, V. (1983), S. 35 ff. 170 Vgl. Bramsemann, R. (1993), S. 71 ff. und zu einer Übersicht über weitere Rollendefinitionen Bauer, M. (2002), S. 8. 171 Ein Shared Services Center erbringt unternehmensinterne Dienstleistungen in überregionalen Organisationseinheiten und stellt eine Mischform bestehender Organisationsformen dar. Vgl. zu dieser Aussage Schuurmans, L./Stoller, C. (1998), S. 37.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Center Konzeption einen aktuellen Trend dar, Controllingteilaufgaben organisatorisch zu bündeln.”172 Frei werdende Kapazitäten können so etwa vermehrt der Informationsversorgung und der betriebswirtschaftlichen Beratung gewidmet werden. Diese Ausführungen sollen zeigen, welche Rolle der Controller im Zusammenspiel mit dem Manager einnimmt. Um seiner Rolle gegenüber dem Manager gerecht werden zu können, bedarf es einer intensiven Interaktion zwischen den Partnern. Diese Interaktion beruht auf dem Austausch von Informationen und Wissen. Sowohl Manager als auch Controller müssen dem jeweilig anderen ihr Wissen zur Verfügung stellen, damit sie die entsprechenden Aufgaben ausführen können. Der Controller stellt sein Expertenwissen dem Manager bereit, damit dieser fundierte Entscheidungen treffen kann. Dafür muss der Manager jedoch auch seinem Controller Wissen vermitteln, damit dieser den Bedarf des Managers versteht. Auf das Begriffsverständnis von Wissen und dessen Management wird im Folgenden näher eingegangen. 2.3 Wissensverständnis Bisher wurde in der Arbeit der Begriff des Wissens genutzt, ohne auf diesen im Spezifischen einzugehen. Ziel dieses Kapitels ist es, den Begriff „Wissen“ zu definieren und das Entstehen von Wissen aufzuzeigen. Dabei wird deutlich, dass es sich um einen extrem breit gefächerten Begriff handelt, der aus verschiedensten Blickwinkeln betrachtet werden kann.173 Hier wird der Fokus auf ein vorrangig betriebswirtschaftliches Verständnis gelegt. Die Erklärung des Entstehens von zunächst individuellem Wissen, dass sich in der Folge zu einem organisationalem Wissen erweitert, ist ebenso ein vielschichtiges Unterfangen. Dabei dient der hier aufzuzeigende Prozess als Grundlage für eine tiefergehende Untersuchung über das Management von Controllingwissen im Rahmen der Beziehung zwischen Manager und Controller.
172 Mosiek, T. (2002), S. 113. 173 Vgl. zu einer umfassenden Übersicht Neumann, R. (2000), S. 53 f. und Amelingmeyer, J. (2004), S. 41 f.
2.3 Wissensverständnis
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2.3.1 Begriffseingrenzung von Wissen Der Begriff des Wissens lässt sich anhand der Abgrenzung von Zeichen, Daten und Informationen beschreiben:174 Zeichen bilden die unterste Ebene einer Begriffshierarchie. Bei Zeichen handelt es sich um Buchstaben, Ziffern oder Sonderzeichen, die in keinem Zusammenhang zueinander stehen. Wenn Zeichen mit Hilfe von Regeln in eine bestimmte Ordnung gebracht werden (Syntax), entstehen daraus Daten. Sie bilden die Grundlage für Informationen und Wissen. Informationen sind diejenigen Daten, die persönlich verwertbar sind, d.h. eine spezifische Bedeutung haben. Wissen entsteht durch die Verarbeitung und die Verankerung wahrgenommener Informationen, durch Vernetzung.175 NORTH erweitert die Begriffsabgrenzung zu einer Wissenstreppe (s. Abb.7), die weitere relevante Begriffe gegenüber Wissen abgrenzt. Um Wissen im Unternehmenskontext verwertbar zu machen (Anwendungskontext), muss dieses umgesetzt werden können, d.h. es müssen daraus Fertigkeiten entstehen. Die Motivation einer Person (Wollen) ist entscheidend dafür, dass Wissen auch in Form einer Handlung umgesetzt wird. Nur so kann eine Person, Gruppe oder die Organisation aus Informationen Wissen generieren und damit Probleme lösen (Können). Das Handeln kann zu Wertschöpfung führen. Wenn Wissen zweckorientiert für die Problemlösung eingesetzt wird (richtiges Handeln), spricht man von einer Kompetenz. Die Kernkompetenzen sichern die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens auf einer obersten Stufe der Wissenstreppe.176
174 Vgl. Luft, A.L. (1994), S. 72 ff.; Rehäuser, J./Krcmar, H. (1996), S. 3; Weggemann, M. (1999), S. 34 ff. und Wiederspohn, K. (2001), S. 17 f. 175 In Anlehnung an Davenport, T.H./Prusak, L. (1998), S. 27 ff. 176 Vgl. North, K. (2005), S. 34 f.
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Abbildung 7:
2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Wissenstreppe177
Die Abgrenzung an dieser Stelle zeigt bereits ein breites Untersuchungsfeld, wenn eine nähere Beschäftigung mit dem Begriff des Wissens erfolgt. Insbesondere gibt diese Abgrenzung erste Hinweise sowohl darauf, dass der Entwicklung von Wissen ein Prozess zugrunde liegt, als auch darauf, dass Wissen ein mögliches Erfolgspotenzial für das unternehmerische Handeln darstellt. Darüber hinaus werden sowohl Sachaspekte, wie der Anwendungsbezug von Wissen, aber auch Verhaltensaspekte, wie das Wollen und Können, die im Zusammenhang mit strategischen und kulturellen Aspekten noch im weiteren Verlauf der Arbeit anzusprechen sind, innerhalb dieses Bezugsrahmens aufgeführt. Zunächst soll jedoch auf das Verständnis von Wissen eingegangen werden. Je nach Forschungsrichtung können verschiedene Perspektiven für das Verständnis von Wissen eingenommen werden. Dies zeigen zwei generelle Ausführungen: NONAKA/TAKEUCHI definieren Wissen, aus einer (vorrangig) soziologisch verankerten Perspektive, folgendermaßen: “Information is a flow of messages, while knowledge is created by that very flow of information, anchored in the beliefs and commitment of its holder.”178 Im Rahmen dieses Wissensverständnisses ist das Wissen an einzelnen Personen behaftet und
177 Vgl. North, K. (2005), S. 32. 178 Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 58.
2.3 Wissensverständnis
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kann damit nicht elektronisch gespeichert und von anderen Personen genutzt werden.179 ROPOHL bezeichnet Wissen als „…die Menge der in Informationsspeichern fixierten und durch planmäßigen Abruf reproduzierbaren Informationen.“180 Dabei steht hier die Daten- und Informationsverarbeitung im Vordergrund. Wissen wird als Ressource verstanden, die sich in Informationssystemen speichern lässt.181 Im Rahmen dieser Arbeit sollen jedoch beide Perspektiven integriert betrachtet werden: Zum einen muss untersucht werden, wie Wissen überhaupt entsteht.182 Dieses ist, sofern es niemandem mitgeteilt wird, an einzelne Personen geknüpft. Sobald dieses Wissen jedoch anderen Individuen zugänglich gemacht wird, erlangt es den Status einer Ressource. In letzterem Fall lassen sich Möglichkeiten zur Bewirtschaftung der Ressource „Wissen“ behandeln.183 Da es ein Ziel der Arbeit ist, das Management von Controllingwissen aufzuzeigen, muss zunächst näher auf den Ressourcencharakter von Wissen eingegangen werden. Auf die Entstehung von individuellem Wissen wird jedoch im weiteren Verlauf noch intensiver fokussiert, da individuelles Lernen die Grundlage für die Existenz der Ressource Wissen bildet. Wissen gilt als wichtige Grundlage zur Erstellung von Gütern und Dienstleistungen.184 Zentrale Erfolgsfaktoren einer Leistungserstellung sind unter anderem Ideen, Kreativität sowie die Lern- und Problemlösefähigkeit der Mitarbeiter185, die alle mit dem Begriff des Wissens verbunden sind. Der steigende Anteil immaterieller Leistungsbestandteile in Produkten und die kontinuierliche Interaktion mit dem Kunden kennzeichnen eine Weiterentwicklung hin zur Wissensgesellschaft, in der nicht mehr die Produktion von materiellen Gütern für Unternehmen im Vordergrund der Anstrengungen steht, sondern die Bereitstellung 179 Vgl. Neumann, R. (2000), S. 58 ff. zu einer Übersicht des Begriffs Wissen in der Wissenssoziologie. 180 Ropohl, G. (1979), S. 216. 181 Weitere Vorarbeiten zu der Bedeutung von Wissen als Produktionsfaktor stammen von Schröder, H. (1979), der den Faktor Wissen in die Produktionsfunktion integriert, indem er die durch Forschung und Entwicklung generierten Kenntnisse mit den dafür benötigten Aufwendungen gleichsetzt, und von Brockhoff, K. (1986), S. 525 ff., der empirisch darstellt, dass Wissen, welches durch Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten eines Unternehmens entsteht, im Gegensatz zu Arbeit und Kapital, die größte Grenzproduktivität hat. 182 Eine eigene Definition soll hier jedoch nicht der Masse der bestehenden Definitionen zugefügt werden. 183 Zu einer Übersicht von Wissensdefinitionen mit betriebswirtschaftlichem Charakter vgl. z.B. Albrecht, F. (1993), S. 59 ff.; Neumann, R. (2000), S. 53; Amelingmeyer, J. (2004), S. 45 f. und Schimmel, A. (2002), S. 99 ff. 184 Vgl. Quinn, J.B. (1992), S. 6. 185 Vgl. Pawlowsky, P. (1998), S. 11 f.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
von wissensbasierten „Problemlösungen“.186 Damit wird Wissen zum zentralen Produktionsfaktor von Unternehmen187 und gilt als wichtigste persönliche und wirtschaftliche Ressource.188 Die Bedeutung von Wissen und dessen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens spiegelt sich in der Etablierung des wissensbasierten Ansatzes189 wieder.190 Durch die Anwendung der Ressource Wissen kann ein überdurchschnittlicher Unternehmenserfolg generiert werden.191 Aus dieser Perspektive stellt Wissen ein Erfolgspotenzial dar. Erfolgsunterschiede resultieren danach aus der Ausstattung mit spezifischem Wissen und der Fähigkeit, durch Lernprozesse den Wissensbestand zu verändern.192 Resultate des Lernprozesses sind organisationale Fähigkeiten, basierend auf einer gemeinsamen Wissensgrundlage193, die zu Wettbewerbsvorteilen führen.194 Die unterschiedliche Ausstattung von Unternehmen mit Wissen liegt in den Schwierigkeiten bei dessen Transfer sowie in der Imitierbarkeit begründet.195
186 Vgl. Picot, A./Scheuble, S. (2000), S. 20. 187 Vgl. Schüppel, J. (1996), S. 183 und insbesondere zu den Merkmalen von wissensintensiven Unternehmen Starbuck, W.H. (1992), S. 716 ff. 188 Vgl. dazu beispielsweise Drucker, P.F. (1993), S. 69 und Birkett, W.P. (1995), S. 45. Vgl. zu dem Begriff der Ressource im Allgemeinen z.B. Freiling, J. (2001), S. 14. Wissen kann als strategische Ressource und damit als potenzieller Wettbewerbsvorteil betrachtet werden, da es wertvoll, selten, nicht imitierbar und nicht ersetzbar ist. Vgl. Grant, R.M. (1996), S. 111 f. und Desouza, K.C./Awazu, Y. (2004), S. 7. 189 Im Englischen wird der Begriff „Knowledge based view“ verwendet. Vgl. zum wissensbasierten Ansatz z.B.: Nelson, R.R./Winter, S.G. (1982); Grant, R.M (1996); Spender, J.C./Grant, R.M. (1996); Conner, K.R./Prahalad, C.K. (1996); Foss, N.J. (1996); Kogut, B./Zander, U. (1996); Teece, D.J. (1998); Grant, R.M. (2003); Kuivalainen, O. (2003); Nickerson, J.A./Zenger, T.R. (2004); Nonaka, I./Toyama, R./Nagata, A. (2004) und Foss, N.J. (2005). 190 Vgl. zu gegensätzlichen Meinungen, ob es einen eigenen wissensbasierten Ansatz gibt z.B. Grant, R.M. (1996), S. 110, der davon ausgeht, dass es sich beim wissensbasierten Ansatz um eine eigenständige Theorie der Firma handelt. Teece, D.J. (1998) hingegen geht noch nicht von einer eigenständigen Theorie der Firma aus. Antlitz, A. (1999), S. 55 argumentiert, dass erst bewiesen werden muss, dass Wissen für den Unternehmenserfolg verantwortlich ist, bevor von einem wissensbasierten Ansatz gesprochen werden kann. 191 Diverse Studien gehen den Forschungsfragen nach, ob (a) die Ausstattung mit Wissen zum Erfolg führt, (b) ob Merkmale des Wissens Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben, und (c) ob vorhandenes Wissen und Lernprozesse Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben. Vgl. dazu die Übersicht über empirische Forschungen zum Erfolgseinfluss von Wissen in Al-Laham, A. (2004), S. 414. 192 Vgl. Bierly, P./Chakrabarti, A. (1996), S. 123 und Al-Laham, A. (2004), S. 405. 193 Unter einer gemeinsamen Wissensgrundlage (common knowledge) versteht Grant die Wissenselemente, die allen Organisationsmitgliedern bekannt sind, vgl. Grant, R.M. (1996), S. 114. 194 Vgl. Grant, R.M (1996), S. 116f. 195 Vgl. Kogut, B./Zander, U. (1992), S. 387.
2.3 Wissensverständnis
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Nach der Begriffsabgrenzung von Wissen sind verschiedene Sichtweisen bezüglich dessen Verständnisses aufgezeigt worden. Dabei wird Wissen einerseits als personengebunden und daher nicht bewirtschaftbar gezeigt, andererseits als Ressource bzw. sogar als Erfolgspotenzial charakterisiert. Da sich aber beide Perspektiven ergänzen können, d.h. Wissen nur durch (individuelles) Lernen entstehen kann, bevor es genutzt werden kann, wird im Folgenden zunächst jeweils auf die Entstehung von individuellem Wissen eingegangen. Anschließend ist die Transformation zu organisationalem Wissen und, um der betriebswirtschaftlichen Fokussierung gerecht zu werden, auf das Management von Wissen und die Wissensbasis als „Produkt des Wissensproduktionsprozesses“ einzugehen. Eine intensivere Betrachtung verschiedener Konzepte und Modelle erfolgt im Rahmen der Modellentwicklung in Kapitel 3. 2.3.2 Entstehung von individuellem Wissen Individuelles Wissen entsteht durch individuelles Lernen. Die Erklärung von individuellem Lernen beruht dabei auf zwei grundlegenden Sichtweisen, der behavioristischen und der kognitivistischen Lerntheorie.196 Die behavioristische Lerntheorie setzt den Schwerpunkt der Betrachtung von Lernen auf die Untersuchung der Ergebnisse von Lernen, während die kognitivistische Lerntheorie den Prozess des Lernens als beobachtbares Verhalten in den Vordergrund der Betrachtung stellt.197 Die Wurzeln der behavioristischen Lerntheorie liegen in den Arbeiten von WATSON198 und – darauf aufbauend – von SKINNER199. Aus diesen Vorarbeiten, aber auch aus dem Tierversuch von PAVLOV200, entstand das sog. Reiz196 Vgl. zu den Ausführungen Edelmann, W. (2000), S. 29 ff.; Zimbardo, P.G./Gerrig, R.J. (1999), S. 207 ff. und Bednorz, P./Schuster, M. (2002), S. 11 ff. 197 Vgl. Al-Laham, A. (2003), S. 52. 198 Vgl. Watson, J.B. (1968), S. 35 ff. Die ursprüngliche Arbeit entstand 1930. Er vertritt die Auffassung, dass sich nur das beobachtbare Verhalten als Grundlage für die Verhaltensforschung von Individuen eignet. 199 Vgl. dazu die Arbeit mit dem Titel „Science and human behaviour“ von 1953 in der deutschsprachigen Ausgabe Skinner, B.F. (1973). Skinner baut auf der Sichtweise von Watson auf und geht davon aus, dass Verhalten vollständig durch Reize aus der Umwelt verursacht wird, vgl. Skinner, B.F. (1973), S. 379 ff. und zu den Instanzen, die Verhalten steuern vgl. S. 307 ff. 200 Vgl. Pavlov, I.P. (1960), als Nachdruck des originalen Werks von 1927 und zu einer kurzen Darstellung Pawlow, I.P. (1972), S. 15 ff.: Der Wissenschaftler trainierte einen Hund, indem er im Zusammenhang mit der Fütterung, die einen Speichelfluss beim Hund ausübte, gleichzeitig eine Glocke erklingen ließ. Nach einigen Fütterungen erklang nur noch der Glockenton. Obwohl kein Futter verabreicht wurde, reagierte der Hund mit einer Reaktion in Form von Speichelfluss. Erst nach einer längeren Zeit wurde diese Reiz-Reaktionskette schwächer. Der
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Reaktions-Modell201. Im Rahmen der behavioristischen Lerntheorie werden Reiz und Reaktion sowie deren Beeinflussung durch die Konditionierung202 behandelt, aus denen Lernen resultiert. Der Mensch wird als ein Wesen angesehen, dessen Verhalten auf stabilen Reiz-Reaktionsketten beruht, jedoch wird in diesem Ansatz die Verarbeitung des Reizes, hin zum Ergebnis, ausgeblendet.203 Diese Lücke, die sog. „Black Box“ des Lernprozesses, wurde im Verlauf der Zeit durch die kognitivistische Lerntheorie geschlossen, die den Menschen als aktives Individuum darstellt, der aufgrund seiner Wahrnehmungen UrsacheWirkungs-Beziehungen ableitet und rational handelt.204 Die kognitivistische Lerntheorie ist auf TOLMAN205 zurückzuführen, der auf den menschlichen Organismus Bezug nimmt und das sog. „S-O-RParadigma“206 begründete: Menschen reagieren nicht auf objektive Reize, sondern schaffen sich ihre eigene strukturierte Umwelt in Form von „Cognitive Maps“ und ordnen von außen herangetragene Informationen und Wahrnehmungen in diese mentalen Abbildungen ein. Sind noch keine „Cognitive Maps“ vorhanden, werden diese entwickelt und mit möglichen Verhaltenskonsequenzen ergänzt. Tritt ein erwartetes Ergebnis auf, erfolgt Lernen.207 Sowohl der behavioristische als auch der kognitivistische Ansatz zur Erklärung von Lernen sind aufgrund ihrer Einseitigkeit nur bedingt dazu geeignet, das Lernen eines Individuums zu beschreiben. BANDURA entwickelte, aufbauend auf diesem Kritikpunkt, den Ansatz der sozialen Lerntheorie208, einer Synthese der behavioristischen und der kognitivistischen Perspektiven:209 Die soziale Lerntheorie bezieht das soziale Umfeld als Einflussfaktor für Lernen mit in die Betrachtung ein und umfasst neben dem Lernen aus eigenen Erfahrungen auch das Lernen durch Beobachtung von anderen Individuen. Falls die Handlungen, die auf Beobachtungen basieren und dementsprechend den
201 202
203 204 205 206 207 208 209
Versuch wurde unter dem Begriff der Konditionierung bekannt. Hinweis zu Autorenangabe: Die unterschiedliche Schreibweise des Autors ist den Verlagsangaben entnommen. Das Reiz-Reaktions-Modell wird auch als S-R-(Stimulus-Response-)Modell bezeichnet. Vgl. Zimbardo, P.G./Gerrig, R.J. (1999), S. 208 ff.: Es gibt verschiedene Arten der Konditionierung in Form der klassischen Konditionierung (Erlernen anhand von Signalen), der instrumentellen Konditionierung und der operanten Konditionierung (Lernen anhand von Konsequenzen). Vgl. dazu die grundlegenden Arbeiten von Thorndike, E.L. (1932) und Skinner, B.F. (1973). Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 78 f. Vgl. Henschel, A. (2001), S. 96 f. Vgl. Tolman, E.C. (1967). Das S-O-R-Paradigma (Stimulus-Organismus-Response) erweitert das S-R-(StimulusResponse-) Paradigma um die Betrachtung des Organismus. Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 82 f. und Weide, T. (2004), S. 36. Die soziale Lerntheorie wird auch unter dem Begriff des „Modell-Lernens“ in der Literatur behandelt, vgl. Edelmann, W. (2000), S. 188 und Güldenberg, S. (2003), S. 86 ff. Vgl. Bandura, A. (1979).
2.3 Wissensverständnis
45
eigenen Vorstellungen angepasst werden, bei ihrer Ausführung eine positive Bewertung erfahren, resultiert eine Etablierung der Lernerfahrung. Bei einer negativen Resonanz werden die Beobachtungen in Frage gestellt. Ergänzt wird der Prozess des Lernens durch das Verlernen und das Vergessen, die in der Lerntheorie von ebenso großer Bedeutung wie das Lernen sind. Unter Verlernen verstehen PROBST/BÜCHEL einen Prozess, bei dem bestehendes Wissen in Frage gestellt wird.210 Verlernen findet statt, wenn bewusst ein bestimmtes Wissen abgestoßen wird. Dieses erfolgt, wenn individuelle, alte Wissensbestände durch neue Wissensbestände ersetzt und nicht ergänzt werden. Im Gegensatz dazu geschieht Vergessen unbewusst und ist auf eine individuelle, begrenzte kognitive Fähigkeit zurückzuführen.211 Durch die Prozesse des Verlernens und Vergessens wird es einer Person ermöglicht, neues Wissen aufzunehmen und alte Wissensstrukturen zu ändern. 2.3.3 Entstehung von organisationalem Wissen Individuelles Wissen ist so lange personengebunden, bis es mit anderen Individuen im Rahmen des Gruppenlernens geteilt wird. Dieses stellt die nächsthöhere Aggregationsebene des individuellen Lernens dar. Dabei bringen Menschen ihr individuelles Wissen und ihre Erfahrungen als Diskussionen in eine Gruppe ein, wodurch neue Kenntnisse gewonnen werden.212 HOLZKAMP unterscheidet beim Gruppenlernen in partizipative und kooperative Gruppen-Lernprozesse:213 Partizipative Lernprozesse sind dadurch gekennzeichnet, dass Individuen in einer Gruppe vom Wissen anderer Gruppenmitglieder profitieren, indem sie ihre individuelle Wissensbasis ergänzen.214 Das kooperative Lernen erfolgt, indem Gruppenmitglieder gemeinsam fachliche Asymmetrien in einem wechselseitigen Prozess überwinden und dabei keine „Überlegenheit“ einer Person über eine andere besteht. Beim kooperativen Lernen orientieren sich die Individuen an anderen Gruppenmitgliedern.215 Aus organisationaler Perspektive gibt es verschiedene Ansätze, wann man von dem Wissen des Unternehmens und dessen Entwicklung sprechen kann: die
210 211 212 213 214
Vgl. Probst, G.J./Büchel, B.S. (1998), S. 73. Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 91 ff. Vgl. Güldenberg, S./Hoffmann, W. (1999), S. 339. Vgl. Holzkamp, K. (1993), S. 501 ff. Vergleichbar ist das partizipative Lernen mit einem „Meister-Novizen-Verhältnis“, wobei es Ziel des Meisters ist, den Novizen auf einen Wissensstand zu bringen, der seinem nahekommt. 215 Vgl. Lave, J./Wenger, E. (1991), S. 100.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Ansätze der lernenden Organisation216. Sie ähneln, von der zeitlichen Erscheinung gesehen, den Entwicklungen der individuellen Lerntheorie217 und lassen sich in die Theorien des Anpassungslernens, die Theorien der geteilten Annahmen und die Theorien der Entwicklungen einer Wissensbasis untergliedern:218 Als eine der ersten Arbeiten zum Konstrukt des organisationalen Lernens gilt die Arbeit über das Anpassungslernen nach MARCH/OLSEN219, aufbauend auf den Erkenntnissen von CYERT/MARCH220. Das Lernen einer Organisation geschieht durch die Anpassung an ihre Umwelt aufgrund von direkten oder indirekten Erfahrungen und hat seine Ursprünge im Behaviorismus. Organisationales Lernen erfolgt, indem eine Organisation durch Stimuli ihre Ziele und Regeln anpasst und dadurch ein verbessertes organisatorisches Handeln erreicht.221 MARCH/OLSEN legen einen Ideal-Zyklus des Lernens für ihre weiteren Untersuchungen zugrunde, den sie anschließend auch auf seine Anwendbarkeit und Einschränkungen hin untersuchen (s. Abb.8).222 Organisationale Lernprozesse können erfolgen, wenn Organisationsmitglieder zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Diskrepanz zwischen ihrem eigenen Weltbild und der Realität bemerken.
216 Vgl. zu einer Übersicht über Ansätze z.B. Neumann, R. (2000), S. 77; Güldenberg, S. (2003), S. 109 ff.; Henschel, A. (2001), S. 121 ff.; Simmler, U. (2002), S. 55 ff. und Kalmring, D. (2004), S. 35 ff. Dabei ist zu beachten, dass es bisher in dem Forschungsprogramm der Lernenden Organisation zwar eine Fülle von Theorien gibt, aber bisher noch kein allumfassender Zugang besteht. Vgl. zu dieser Aussage auch Wengelowski, P. (2000), S. 44 und Laßleben, H. (2002), S. 16. 217 Vgl. Geißler, H. (1995), S. 10 ff.; Güldenberg, S. (2003), S. 109 ff.; Simmler, U. (2001), S. 56 f.; Schüppel, J. (1996), S. 14 sowie Wengelowski, P. (2000), S. 46 ff. 218 Vgl. zu dieser Unterteilung die Arbeiten von Klimecki, R./Probst, G.J./Eberl, P. (1991), S. 129; Güldenberg, S. (2003), S. 119 ff. und Staehle, W.H. (1999), S. 915 f. Eine andere Untergliederung in vier Theoriestränge nimmt beispielsweise Schüppel, J. (1996), S. 14 vor. Eberl P. (1996), S. 19 fügt den drei „klassischen“ Typen weitere Theoriestränge zu, die sich mit dem organisationalen Lernen befassen. Dabei handelt es sich um eine informations- und wahrnehmungsorientierte Perspektive, um die systemisch-kybernetische und um die politische Perspektive. 219 Vgl. March, J.G./Olsen, J.P. (1976). 220 Vgl. Cyert, R.M./March, J.G. (1963). 221 Vgl. Wengelowski, P. (2000), S. 46. 222 Vgl. March, J.G./Olsen, J. P. (1976), S. 13.
2.3 Wissensverständnis
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Abbildung 8: Zyklus des Wahlverhaltens223 1.
Diese Abweichung zwischen dem Weltbild und der Realität führt zu individuellem Handeln, welches dem kollektiven und organisationalen Handeln gleichgesetzt wird. 2. Individuelle Kognitionen führen daher als Ergebnis zu organisationalen Handlungen. 3. Die Umwelt reagiert auf die organisationalen Handlungen. 4. Die Reaktion der Umwelt beeinflusst wiederum die individuellen Weltbilder der Organisationsmitglieder und deren Handlungen. Die Erfahrungen werden in organisationalen Routinen (Vorschriften, Regeln etc.) gespeichert. Dieser Lernzyklus kann jedoch an diversen Stellen unterbrochen werden und in der Folge nicht zu einem verbesserten Anpassungsverhalten einer Organisation führen.224 Das Lernverständnis des behavioristischen Ansatzes ist aufgrund seines Bezuges zum individuellen Lernen und dessen Übertragung auf die Organisation allerdings nur eingeschränkt dazu fähig, organisationales Lernen zu erklären, da die Lernprozesse auf individueller Ebene verbleiben. Trotz dieser Kritik an dem Ansatz gilt er als Basis für weitere Arbeiten zum organisationalen Lernen. Die Theorien der geteilten Annahmen gehen auf ARGYRIS/SCHÖN225 zurück und stellen Handlungstheorien als Grundlage für ihren Ansatz des organisationalen Lernens, das sie dem individuellen gleichsetzen226, in den Vordergrund 223 In Anlehnung an March, J.G. /Olsen, J. P. (1976), S. 13. 224 Vgl. March, J.G./Olsen, J.P. (1976), S. 14 ff. Der mögliche Bruch des Zirkels des organisationalen Lernens erfolgt jeweils an den einzelnen Prozessschritten. 225 Vgl. Argyris, C./Schön, D. (1978). 226 Vgl. Reber, G. (1989), Sp. 962 f.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
der Betrachtung. Handlungstheorien prägen menschliches Verhalten, setzen immer an einer Wissensbasis von bestimmten Normen und Werten an und bestimmen damit das Handeln eines Individuums. Die Handlungstheorien können zwei Formen annehmen: Zum einen gibt es eine offizielle Handlungstheorie (Espoused Theory), die als anerkannte Basis für das Handeln in Organisationen dient, den Umgang innerhalb dieser Organisationen regelt und beispielsweise in Form von Unternehmensleitlinien verankert ist. Zum anderen gibt es die Gebrauchstheorie (Theory-in-Use), die im Gegensatz zu der offiziellen Theorie diejenigen Verhaltensweisen beinhaltet, die tatsächlich von den Organisationsmitgliedern gelebt werden.227 Nach dem Verständnis der Autoren erschafft sich jedes Individuum seine eigenen Handlungstheorien mit dem Resultat, dass jedes Organisationsmitglied über ein unterschiedliches Bild eines Unternehmens verfügt. Ziel eines Organisationsmitglieds ist es, ein vollständiges Verständnis der Organisation zu erhalten, um seine Person selbst in Beziehung zu dieser zu verstehen. Um ein gemeinsames einheitliches Bild erzeugen zu können, bedarf es einer allgemeinen Vorlage von „Organizational Maps“ (z.B. Ablaufdiagramme), die Bestandteil der offiziellen Handlungstheorie sind. Mitglieder einer Organisation handeln täglich nach ihrem eigenen Organisationsverständnis (Theories-in-Use) und den gemeinsamen „Organizational Maps“. Treten zwischen einem erwarteten Ergebnis einer Handlung und dem tatsächlichen Ergebnis Diskrepanzen auf, werden Korrekturen des Abbildes der Organisation vorgenommen. Dieser Vorgang führt zu Veränderungen in den „Theories-in-Use“ und begründet damit organisationales Lernen. Die Autoren unterscheiden drei Lernniveaus: Einfache Lernprozesse betreffen nur die „Theories-in-Use“ und beinhalten nicht grundlegende Werte oder Normen einer Organisation. Die „Theoriesin-Use“ werden entsprechend der neuen Erkenntnisse nur angepasst. Hier sprechen die Autoren vom „Single-Loop-Learning“.228 Das „Double-Loop-Learning“ bezieht sich auf weiter reichende Veränderungen, die sowohl organisationale Restrukturierung als auch Strategieänderungen beinhalten.229 Nur der Vorgang der Veränderung der „Theories-inUse“ stellt dabei organisationales Lernen dar, da nur durch diesen Prozess Veränderungen in der organisationalen Wissensbasis gespeichert werden, d.h. nur wenn die Änderungen von der Organisation wahrgenommen werden, kann es zu Anpassungen kommen.230
227 228 229 230
Vgl. Argyris, C./Schön, D. (1978), S. 10 ff. Vgl. Argyris, C./Schön, D. (1978), S. 19. Vgl. Argyris, C./Schön, D. (1978), S. 21 ff. Vgl. Wengelowski, P. (2000), S. 55.
2.3 Wissensverständnis
49
Eine dritte Form des organisationalen Lernens stellt das „Deutero-Learning“ dar. Diese Art von Lernen beschreibt das Lernen über das Lernen der Organisation selbst.231 Im Vordergrund steht die Analyse der Problemsituation, in der Lernen selbst als Objekt betrachtet wird. Während die bereits genannten Lernformen auf Rückkoppelung basieren, ist das Verständnislernen proaktiver Art, da zukünftige Bedürfnisse erkannt und befriedigt werden.232 Organisationales Lernen geschieht durch Entwicklungsprozesse sowie die Überprüfung und Reflektion vorhandener und gelebter Strukturen und Handlungswege. Durch die ständigen Anpassungen entwickelt sich eine Organisation weiter. Mit dieser Theorie des organisationalen Lernens stellen die beiden Autoren einen umfassenden Ansatz dar, der die Grundlage für viele weiterführende Arbeiten ist.233 Theorien der Entwicklung einer Wissensbasis werden durch die Arbeit von DUNCAN/WEISS begründet. Die Autoren unterscheiden zwischen individuellem und organisationalem Lernen als Grundlage zur Generierung von Wissen.234 Während individuelle Lernprozesse Wissen erzeugen, das nur einer Person zugänglich ist, generiert organisationales Lernen öffentliches Wissen und ist auch für andere Organisationsmitglieder in Form einer Wissensbasis zugänglich.235 Die Änderungen der Wissensbasis erfolgen durch das organisationale Lernen und werden nur vorgenommen, wenn die organisationale Effizienz erhöht sowie Handlungen effektiver gestaltet werden können und die Änderungen nicht mit bestehenden Weltbildern der Entscheidungsträger in einer Organisation kollidieren.236 Träger der Prozesse des organisationalen Lernens sind alle Organisationsmitglieder, wobei diejenigen Akteure Veränderungen beeinflussen, die über die größten Machtressourcen in einer Organisation verfügen und damit die dominierende Koalition darstellen. Einzelne Individuen oder Gruppen können Änderungsvorschläge entwickeln und diese der dominanten Koalition vortragen, welche die Änderungen ggf. akzeptiert und mit Hilfe geeigneter Instrumente in der Organisation implementiert.237 Dieser letztgenannte Theoriestrang entspricht 231 232 233 234
Vgl. Argyris, C./Schön, D. (1978), S. 26. Vgl. Krüger, W. (2000), S. 246 ff. Vgl. Wahren, H.-K. (1996), S. 56 f. Vgl. zu dieser Vorgehensweise z.B. Shrivastava, P. (1983); Schüppel, J. (1996), S. 64 ff.; Güldenberg, S. /Hoffmann, W. (1999), S. 339; Güldenberg, S. (2003), S. 77; Henschel, A. (2001), S. 94 ff.; Simmler, U. (2001), S. 39 ff. und Weide, T. (2004), S. 34. 235 Vgl. Duncan, R.B./Weiss, A. (1979), S. 87 f. und Müller-Stewens, G./Pautzke, G. (1991), S.193: Individuelles Wissen wird im Dialog mit Kollegen in der Organisation geteilt, die sich kritisch mit dem Vorschlag auseinandersetzen und dadurch selber neues Wissen generieren können. Ist das neue Wissen von Bedeutung, wird es in der organisationalen Wissensbasis institutionalisiert und ersetzt das alte Wissen. 236 Vgl. Duncan, R.B./Weiss, A. (1979), S. 94 f. 237 Vgl. Eberl, P. (1996), S. 37.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Verständnis am besten, da zwischen individuellem Lernen und organisationalem Lernen unterschieden wird. Außerdem ermöglicht dieser Ansatz auch die getrennte Betrachtung in Bezug auf unterschiedliche Wissensträger. Das Modell der Wissensspirale vereinigt die theoretischen Überlegungen mit den Lerntheorien und den Theorien der Entwicklung einer Wissensbasis. Damit dient es als eine Grundlage für die Untersuchung des in der Problemstellung angesprochenen Prozesses. In diesem Modell beschreiben NONAKA/ TAKEUCHI anhand von vier Schritten, wie sich aus individuellem Wissen von Unternehmensmitgliedern organisationales Wissen eines Unternehmens entwickelt:238 1. Sozialisation: Die Sozialisation ist ein Prozess auf individueller Ebene, bei dem implizites Wissen239 generiert wird. Dieser Lernprozess kann durch Beobachten und Imitieren erfolgen. Das implizite Wissen wird nicht zwangsläufig expliziert und steht damit nicht der Organisation zur Verfügung. 2. Externalisierung: Die Externalisierung ist ein Prozess, bei dem implizites Wissen in explizites Wissen umgewandelt wird. Die Explikation von implizitem Wissen kann dabei etwa in Form von Dialogen mit anderen Unternehmensmitgliedern erfolgen. Nur durch die Explizierung von Wissen ist dieses für andere Organisationsmitglieder nutzbar. 3. Kombination: Die Kombination ist ein Prozess, in dem verschiedene externalisierte Wissenspartikel miteinander verbunden werden. Individuen tauschen und kombinieren ihr Wissen. Durch die Rekonfiguration von bereits existenten Informationen und Wissen kann organisationales Wissen entstehen, das von allen Unternehmensmitgliedern genutzt werden kann. 4. Internalisierung: Durch die Internalisierung wird das neue, explizite Wissen wiederum in implizites Wissen transformiert. Nachdem Erfahrungen durch Sozialisation, Externalisierung und Kombination zu neuem Wissen geworden sind, werden sie der individuellen Wissensbasis durch mentale Modelle internalisiert und damit zu wertvollen Wissensressourcen. Jeder dieser Prozessschritte kann, für sich allein genommen, neues Wissen produzieren. Im Rahmen dieses Modells werden jedoch die Interaktionen zwischen
238 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 62 ff. 239 Vgl. Polanyi, M. (1985), S. 27 f. Dieser Begriff geht auf die Arbeit von Polanyi zurück. Er unterteilt Wissen in explizites und implizites Wissen. Explizites Wissen kann formal beispielsweise durch Bücher artikuliert werden, implizites Wissen baut auf den Erfahrungen des Einzelnen auf und beinhaltet schwer fassbare Faktoren wie persönliche Überzeugungen oder künstlerische Fähigkeiten.
2.3 Wissensverständnis
51
den vier Formen untersucht. Diese epistemologische Perspektive240 wird durch ontologische Dimensionen (Individuum, Gruppe, Organisation, Organisationsübergreifend) erweitert. Implizites Wissen von Individuen ist die Basis für die Generierung von organisationalem Wissen. Das gehobene, implizite Wissen wird anhand der Wissensspirale auf die Organisationsebene übertragen und darüber hinaus verbreitet (s. Abb. 9).241
Abbildung 9:
Wissensspirale242
240 Der Begriff der Epistemologie geht auf die philosophische Auseinandersetzung mit dem Begriff des Wissens ein und beschäftigt sich in der „westlichen Philosophie“ mit der Trennung von Subjekt und Objekt. Vgl. dazu ausführlich Nonaka, I./Takeuchi, H. (1997), S. 32 ff. 241 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 72. 242 In Anlehnung an Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 87.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Eine Organisation kann erfolgreich neues Wissen erzeugen, wenn es ihr gelingt, die schwierigen Übergänge von implizitem zu explizitem Wissen zu meistern und in routinierte, organisationale Prozesse zu fassen. Damit die Wissensspirale wirken kann, sind folgende Voraussetzungen notwendig:243 1. Intention: Es müssen klare Ziele vorgegeben werden. 2. Autonomie: Es muss Autonomie herrschen, damit unerwartete Ideen entstehen können. 3. Fluktuation und kreatives Chaos: Bestehendes muss in Frage gestellt werden und dazu führen, dass schöpferische Kräfte freigesetzt werden. 4. Redundanzen: Redundanzen können zur Betrachtung verschiedener Perspektiven führen. 5. Notwendige Vielfalt: Ein gleichberechtigter Zugang zu Informationen fördert die Interaktion und Diskussion und kann zu neuen Ideen führen. Ergänzt wird das Konzept der Wissensspirale durch ein Organisationsmodell244, das sich mit der Ausgestaltung geeigneter Rahmenbedingungen befasst. 2.3.4 Wissensbasis Ergebnis bzw. Produkt245 der Lernaktivitäten ist die organisationale Wissensbasis246. Die organisationale Wissensbasis kann als Schnittmenge des individuellen, kollektiven und organisationalen Wissens verstanden werden247 und wird entweder durch die Integration von externen Wissensträgern oder durch die unternehmensinterne Entwicklung von Wissen verändert.248 Durch die Speicherung des Wissens in der Wissensbasis einer Organisation entsteht ein Gedächtnis, das durch die vielen verschiedenen Inputs von Organisationsmitgliedern über einen längeren Zeitraum hinweg von Individuen unabhängig wird.249 Zur Beschreibung des Konstrukts der organisationalen Wissensbasis gibt es verschiedene Ansätze bzw. Modelle, so u.a. die technologisch orientierten Modelle, den Ansatz der
243 244 245 246
Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 88 ff. Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 127 ff. Vgl. zu dem Begriff des Wissens als Produkt Roehl, H. (2000), S. 67 ff. Vgl. Neumann, R. (2000), S. 72. Unter der organisationalen Wissensbasis versteht der Autor den Ausdruck des Wissensbegriffs auf organisationaler Ebene. 247 Vgl. Al-Laham, A. (2003), S. 98. 248 Vgl. Amelingmeyer, J. (2004), S. 85. 249 Vgl. Hedberg, B. (1981), S. 6. “...members come and go, and leadership changes, but organizations’ memories preserve certain behaviors, mental maps, norms, and values over time.”
2.3 Wissensverständnis
53
Speicherung von Wissen in Routinen und Regeln, die Modelle des organisationalen Gedächtnisses oder das sog. Schichtmodell.250 Technologisch orientierte Modelle beschreiben die Möglichkeiten zur Speicherung von Wissen in einer Organisation durch elektronische Speichermedien.251 Die Modelle der Wissensspeicherung mittels Routinen und Regeln bilden nach LEVITT/MARCH Ergebnis und Ausgangspunkt organisationalen Lernens, da sie Erfahrungen aus vergangenen Handlungen der Organisation beinhalten und diese konservieren.252 Im Zeitablauf ändern sich die Regeln und Routinen253 durch die Anpassung an neue oder veränderte Herausforderungen in der Umwelt, wodurch sich die organisationale Wissensbasis folgerichtig auch verändert. Die Modelle des organisationalen Gedächtnisses hingegen ziehen Parallelen zum menschlichen Gehirn.254 Das organisationale Gedächtnis beinhaltet kollektiv verfügbares Wissen und Erfahrungen, die für zukünftige Handlungen allen Organisationsmitgliedern zur Verfügung stehen und durch eine Aggregation unabhängig von einzelnen Individuen sind. Die Funktionsweise und die Speicherorte des organisationalen Gedächtnisses beschreiben beispielsweise WALSH/UNGSON. Dazu entwickeln die Autoren ein Modell, das aus fünf internen Speicherorten für organisationales Wissen besteht und durch einen sechsten, das Externe Archiv, ergänzt wird:255 Individuen speichern diejenigen Informationen, die auf ihren individuellen Erfahrungen basieren, in den eigenen Gedächtnissen. Die Kultur einer Organisation speichert Erfahrungen, die für die Bewältigung zukünftiger Aufgaben von Nutzen sind. Durch die Transformation eines Inputfaktors in ein Produkt werden Informationen generiert, wodurch der Transformationsprozess als ein weiterer Speicherort aufgeführt werden kann. Auch sind organisationale Strukturen ein Speicherort. Sie beziehen sich nach dem Verständnis der Autoren vor allem auf das Rollenverhalten der
250 Vgl. dazu Raub, S. (1998), S. 45 ff.; Neumann, R. (2000), S. 190 ff. und Kunz, J. (2006), S. 100 ff. 251 Vgl. zu einer Übersicht Roehl, H. (2000), S. 91 ff. 252 Vgl. Levitt, B./March, J.G. (1988), S. 320: Organisationen lernen, indem sie Routinen entwickeln, in denen sie Erfahrungen aus Handlungen speichern. Unter Routinen subsumieren sie Regeln, Prozesse, Vereinbarungen, Konventionen, Strategien und Technologien, aus denen Organisationen bestehen und mit denen sie agieren. 253 Vgl. zu den Routinen auch beispielsweise Nelson, R.R./Winter, S.G. (1982), S. 14 ff. 254 Vgl. zu den Modellen des organisationalen Gedächtnisses Walsh, J.P./Ungson, G.R. (1991) und Jelinek, M./Litterer, J.A. (1994), S. 28 ff. 255 Vgl. Walsh, J.P./Ungson, G.R. (1991), S. 62 ff.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Organisationsmitglieder und speichern Rollenerwartungen und Rollenverteilungen. Als fünfter interner Speicherort fungiert die physische Struktur einer Organisation, die verschiedenste Informationen über die Ausgestaltung der Arbeit und Arbeitsplätze, etwa als Verhaltensrichtlinien, speichert. Das externe Archiv besteht aus ehemaligen Mitarbeitern, Wettbewerbern und der interessierten Umwelt in Form von Behörden, Aktionären etc. Diese Interessensgruppen speichern ebenso Informationen in ihren Gedächtnissen, wobei jedoch der Zugriff hier auf die Organisation eingeschränkt ist. Während die beschriebenen Modelle vorrangig auf die Funktionsweise und Speicherorte der organisationalen Wissensbasis eingehen, legt PAUTZKE mit seinem sog. Schichtmodell der Wissensbasis ein Modell vor, das nicht nur auf die verschiedenen Speicherorte eingeht, sondern sich auch auf die Inhalte bezieht.256 Die Wissensbasis enthält den Wissensstand der Organisation und grenzt in Form von Schichten ab, welches Wissen den Mitgliedern einer Organisation zur Verfügung steht und damit genutzt werden kann.257 Es gibt fünf Schichten: 258 1. Von allen geteiltes, explizites Wissen der Organisation. 2. Individuelles Wissen der Organisationsmitglieder (Detailwissen der Mitglieder). 3. Nicht zugängliches, individuelles und implizites Wissen der Organisationsmitglieder. 4. Objektwissen, welches weder der Organisation noch den Mitgliedern zum aktuellen Zeitpunkt zur Verfügung steht, auf das aber potenziell zurückgegriffen werden kann. 5. „Sonstiges kosmisches Wissen“: gesamtes Wissen der Welt. Verschiedene Faktoren können eine Dynamik der Wissensbasis bewirken.259 Hierzu zählen die Veränderungen in der Umwelt der Wissensbasis. Über umweltinduzierte Veränderungen hinaus reagiert die Wissensbasis eines Unternehmens auch durch die Abänderung der Verfügbarkeit verschiedener Wissensträger dynamisch. Ebenso kann ein Wandel der Wissensinhalte der verschiedenen Wissensträger zur Umgestaltung der Wissensbasis führen.260
256 257 258 259
Vgl. Pautzke, G. (1989). Vgl. Pautzke, G. (1989), S. 63. Vgl. Pautzke, G. (1989), S. 78 ff. Vgl. zu den Faktoren für die Änderung einer Wissensbasis Amelingmeyer, J. (2004), S. 84 ff. und das Modell der Dynamik der Wissensbasis S. 118 f. 260 Die inhaltlichen Änderungen der Wissensbasis erfolgen wiederum durch das individuelle Lernen, das Gruppenlernen und das organisationale Lernen, aber auch durch das Verlernen.
2.3 Wissensverständnis
55
2.3.5 Ansätze für das Management von Wissen Im Rahmen von Managementansätzen wird auf das Management von Wissen als Ressource seit den 70er Jahren näher eingegangen.261 Ziel des Managements von Wissen ist es, mit Hilfe geeigneter Instrumente Wettbewerbsvorteile durch einen Wissensvorsprung zu erreichen.262 Wie bereits in den Ausführungen zum Begriff des Wissens zu entnehmen war, gibt es auch in Bezug auf das Management von Wissen verschiedene Ansichten. Man unterscheidet oft in ingenieurwissenschaftliche, soziologische und ganzheitliche bzw. wirtschaftswissenschaftliche Ansätze im Wissensmanagement.263 Bei den Ingenieurwissenschaften mit den technokratisch geprägten Ansätzen steht die Daten- und Informationsverarbeitung im Vordergrund, mit dem Ziel der Rationalisierung und Effektivitätssteuerung von Wissensressourcen. Alleiniger Betrachtungsgegenstand der technokratischen Modelle, die ihren Fokus auf die Forschung und Entwicklung legen, ist der Produktionsfaktor Wissen.264 Die Soziologie mit den Modellen aus der Wissensökologie265 betrachtet eine Organisation als Wissenssystem mit einer eigenen Lernfähigkeit und spezifischer Kompetenz im Umgang mit eigenem und fremdem Wissen. Diese Modelle mit systemischem Theoriegerüst266 fordern, dass Rahmenbedingungen eines Unternehmens so gestaltet werden sollen, dass sich Wissen eigenständig entwickeln kann und Mitarbeiter selbstständig Wissen erwerben und nutzen. Organisationen werden als dynamisch und lernend charakterisiert, die sich im Einklang mit ihrer Umwelt eigenständig erneuern und nicht steuerbar sind. Aufgabe der Unterneh261 Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 235 ff. 262 Vgl. Probst, G.J./Raub, S. (1998), S. 134. 263 Diese Einteilung gehört zu den am häufigsten vorgenommenen, vgl. dazu Roehl. H. (2000), S. 89; North, K. (2005), S. 171 und Weide, T. (2004), S. 59. Reinhardt dagegen unterscheidet zwischen ökonomischen und managementwissenschaftlichen Ansätzen. Zu den ökonomischen Ansätzen zählen nach seiner Einteilung die Ansätze aus der Volkswirtschaftslehre und aus der BWL, während in den managementwissenschaftlichen Ansätzen verschiedene vereinigt werden, vgl. Reinhardt, R. (2002), S. 59. Aulinger, A./Fischer, D. (2000), S. 645 unterteilen in Ansätze zur Wissenslogistik, Generierung von neuem Wissen und der Wissensmessung. Darüber wird Wissensmanagement auch in der Psychologie (Aspekte des Denkens, Lernens und Vergessens), Philosophie (Bestimmung des Begriffs Wissen), Pädagogik (Fragen der Wissensvermittlung) und in den Naturwissenschaften behandelt. Vgl. dazu Amelingmeyer, J. (2004), S. 2 ff. Einen Überblick über verschiedenste Ansätze liefern auch Schimmel, A. (2002), S. 292 ff. und Götz, K./Schmid, M. (2004). 264 Vgl. Albrecht, F. (1993), S. 71. 265 Die Ökologie des Wissens nach Kirsch, W. (1996), S. 51 ist eine „Wissenschaft, die sich mit den Beziehungen zwischen einem (betriebswirtschaftlichen) System und dem Wissen im sozio-ökonomischen Feld beschäftigt.“ 266 Die allgemeine Systemtheorie geht auf den Biologen Ludwig von Bertalanffy zurück. Vgl. von Bertalanffy, L. (1949).
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
mensführung ist es, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Generierung, den Austausch und die Nutzung von Wissen zu fördern.267 Zu den bekanntesten Vertretern dieses Wissensmanagementansatzes zählen WILLKE268 in der deutschsprachigen Literatur, und SENGE269 im angloamerikanischen Umfeld. Ganzheitliche Modelle des Managements von Wissen, die vorrangig aus den wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen stammen, verbinden die technokratischen und wissensökologischen Herangehensweisen zu einem Gesamtkonzept. Diese beinhalten die Beschreibung von förderlichen Rahmenbedingungen für das Management von Wissen und zeigen oft einzelne Phasen eines Wissensmanagementprozesses auf, anhand derer Gestaltungsempfehlungen abgeleitet werden.270 Im Vorfeld wurde bereits eine solche Verbindung gefordert, weshalb der Fokus im Folgenden auf diesen Modellen liegt.271 Aufgrund der Fülle von Modellen kann hier nur eine kleine Auswahl der wichtigsten Modelle erfolgen. Diese lassen sich in drei Gruppen untergliedern. Die erste Gruppe von Modellen behandelt fast ausschließlich die Gestaltung von Rahmenbedingungen, die zweite Gruppe untersucht Rahmenbedingungen und Prozesse, die dritte Gruppe konzentriert sich auf operative Prozesse: Erste Gruppe: ALBRECHT differenziert in eine strategische und eine operative Komponente.272 Dem strategischen Management ordnet er die Verankerung der Wissensorientierung, die Schaffung einer wissensorientierten Unternehmenskultur, die Entwicklung einer Wissensstrategie und das strategische Management der Humanressourcen und Wissenstechnik zu. Die operative Komponente beinhaltet die Umsetzung und Realisierung der Wissensstrategie. Dabei fokussiert der Autor nur auf die Gestaltung der strategischen Ebene.273 Eine inhaltlich tiefergehende Auseinandersetzung mit Prozessen zum Aufbau und zur Entwicklung von Wissen sowie der Umgang hiermit werden in seinem Konzept vernachlässigt.274 Gleiches gilt auch für BLEICHER. Er unterscheidet in seinem für die Ressource Wissen angewendeten integrierten Managementmodell die Dimensionen „Aktivitäten“, „Strukturen“ und „Verhalten“, die auf jeweils einer normativen, strategischen und operativen Ebene ausgestaltet werden.275 Während er Gestal267 268 269 270 271 272 273 274 275
Vgl. North, K. (2005), S. 172. Vgl. Willke, H. (2001). Vgl. Senge, P.M. (2008). Vgl. zu einer Übersicht über verschiedene Konzepte z.B. Neumann, R. (2000), S. 239 ff.; Thiesse, F. (2001), S. 44 ff. und North, K. (2005), S. 174 ff. Vgl. dazu Kapitel 2.3.1. Vgl. Albrecht, F. (1993), S. 102 ff. Vgl. Albrecht, F. (1993), S. 100 f. Vgl. zu dieser Kritik auch Neumann, R. (2000), S. 251 und Güldenberg, S. (2003), S. 241. Vgl. Bleicher, K. (2004), S. 81 ff. und im Speziellen das Schaubild auf S. 82 in seinem Werk.
2.3 Wissensverständnis
57
tungshinweise für die normative und strategische für Wissen in aller Kürze darstellt, vernachlässigt er die Ausgestaltung von operativen Prozessen. Zweite Gruppe: Das Baustein-Modell nach PROBST/RAUB/ROMHARDT gilt als das bekannteste Modell des Wissensmanagements in der deutschsprachigen Literatur276, das einen operativen Wissensprozess in einem Unternehmen mit strategischen Gestaltungsfeldern kombiniert.277 Unternehmenspolitische Aspekte werden jedoch nur peripher behandelt.278 NORTH entwirft das Wissensmarktkonzept mit einer Ebene der Rahmenbedingungen, einer Ebene der Spieler und Spielregeln und einer Ebene der Instrumente und Prozesse.279 Auch BULLINGER untersucht den organisationalen Gestaltungsrahmen und erwähnt instrumentale Aspekte. Dabei hebt er insbesondere das Human Ressource Management und die Informations- und Kommunikationstechnologie hervor.280 Dritte Gruppe: SCHÜPPEL entwirft das Modell der vier Akte zum Aufbau eines Wissensmanagements, welches den konzeptionellen Rahmen einer wissensorientierten Unternehmensführung darstellt und anhand von vier Akten (Prozessen) das gesamte erreichbare Wissens- und Lernpotenzial eines Unternehmens heben soll.281 Dabei konzentriert sich der Autor auf die prozessuale Ausgestaltung und deren instrumentelle Umsetzung. Er vernachlässigt aber die Ausgestaltung von Rahmenbedingungen.282 Das Konzept des AMERICAN QUALITY and PRODUCTIVITY CENTRE (AQPC) untersucht in Unternehmen bestehende Wissensmanagementaktivitäten und zeigt instrumentelle Gestaltungsmöglichkeiten auf.283 Bei dem Konzept handelt es sich allerdings eher um eine Checkliste der durchzuführenden Maßnahmen, als um ein geschlossenes Implementierungskonzept.284 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf Teilaspekte verschiedener Modelle für das Management von Wissen zurückgegriffen. Insgesamt lässt sich aber für alle „ganzheitlichen“ Modelle konstatieren, dass diese oftmals nur Teilbereiche in 276 Die Feststellung beruht darauf, dass dieses Modell in nahezu allen wissenschaftlichen Quellen zur Thematik des Wissensmanagements aufgeführt bzw. auf dieses referenziert wird. 277 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006). 278 Vgl. zu dieser Kritik auch Schimmel, A. (2002), S. 306 f. und Kalmring, D. (2004), S. 60. 279 Vgl. North, K. (2005), S. 261 ff. 280 Vgl. Bullinger, H.-J./Prieto, J. (1998), S. 88 f.; Bullinger, H.-J./Warschat, J./Prieto, J./Wörner, K. (1998), S. 8 f. Sager, M./Aebi, M. (2003), S.102 unterscheiden die Dimensionen Inhalt/Kontext, Kultur, Wissensmanagementprozesse und Infrastruktur. DeTienne, K.B. et al. (2004), S. 28 ff. nennen die vier Dimensionen “Organizational Culture”, “Organizational leadership”, “Chief Know-ledge Officers” und “Technology”. 281 Vgl. Schüppel, J. (1996). 282 Vgl. Schimmel, A. (2002), S. 317. 283 Vgl. APQC (1996). 284 Vgl. North, K. (2005), S. 186.
58
2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Bezug auf das Managementverständnis dieser Arbeit beinhalten (etwa in Bezug auf Sach- und Verhaltensaspekte), selten eine Verbindung zwischen dem Entstehen von Wissen und dessen Management integrieren sowie kaum konkrete Ausprägungen zeigen und damit auf einer „Meta-Ebene“ verharren. Aus diesem Grund soll ein Ansatz entwickelt werden, der Teile aus mehreren Modellen miteinander vereint, um so einen Gesamtansatz zu konstruieren, der die in der Problemstellung als dritte genannte Problematik überwindet. Im Rahmen dieses Kapitels wurde auf den Begriff des Wissens, die Entstehung von Wissen durch individuelles Lernen, organisationales Lernen und den Begriff der Wissensbasis eingegangen. Abschließend ließen sich ganzheitliche Modelle für das Management von Wissen aufzeigen. Bereits die Begriffsabgrenzung von Wissen zeigte ein weites Untersuchungsfeld auf, das sowohl Sach- als auch Verhaltensaspekte beinhaltet. Die Definition von Wissen unterschied verschiedene wissenschaftliche Perspektiven mit dem Fokus eines Verständnisses von Wissen als Ressource bzw. Erfolgspotenzial. Die individuelle Entwicklung von Wissen stellt einen kaum steuerbaren Aspekt dar und lässt sich im Unternehmensbezug vorrangig durch die Theorien des organisationalen Lernens fundieren. Ergebnis des Prozesses, der durch die Wissensspirale abgebildet wurde, ist die organisationale Wissensbasis. Das Management von Wissen lässt sich mit Hilfe verschiedener Modelle beschreiben, die jedoch aus Sicht dieser Arbeit nicht dem Anspruch der Ganzheitlichkeit folgen. Aufgrund dieses Mangels und der Notwendigkeit für das Management von Wissen, soll nach der Entwicklung des Begriffs von Controllingwissen im folgenden Unterkapitel ein spezifisches Managementmodell für Controllingwissen entwickelt werden. 2.4 Controllingwissensverständnis Abschließend für den Grundlagenteil muss vertieft auf das Controllingwissen als Untersuchungsgegenstand im Rahmen der Beziehung zwischen Manager und Controller eingegangen werden. Dieses lässt sich einerseits inhaltlich beschreiben, andererseits können verschiedene Arten dieses Controllingwissens existieren.
2.4 Controllingwissensverständnis
59
2.4.1 Inhalte von Controllingwissen Controllingwissen lässt sich aus der Sicht von HERZOG in drei Inhalte unterscheiden285: Faktenwissen: Dabei handelt es sich um unternehmensinternes, fachspezifisches Wissen einerseits und generelles Wissen andererseits. Methodenwissen: Methodenwissen beinhaltet die Kenntnis über objektiv erlernbare Techniken. Inhaltlicher Schwerpunkt des controllingspezifischen Methodenwissens ist die Kenntnis über Budgetierung, Abweichungsanalysen, das Berichtswesen und das Rechnungswesen. 286 Beziehungswissen: Dieses Wissen stellt die Beziehung von Wissensträgern untereinander in den Vordergrund, das insbesondere in großen, wissensbasierten Organisationen von Bedeutung ist. Diese Beschreibung verbleibt jedoch auf einem abstrakten Niveau und könnte für verschiedenste Wissensbegriffe verwendet werden. PIETSCH führt die Begriffe der Methodenkenntnis und der Geschäftskenntnis zur Beschreibung von Controllingwissen an.287 Unter Ersterem versteht er die Kenntnis diverser betriebswirtschaftlicher Methoden und Instrumente. Die Geschäftskenntnis umfasst die Wissensbestände über die Rahmenbedingungen, innerhalb derer Entscheidungen in einem Unternehmen getroffen werden.288 KALMRING unterscheidet, ähnlich wie HERZOG, ebenfalls Methoden- und Faktenwissen und vertritt mit einem controllingspezifischen Verständnis die Auffassung, dass Methodenwissen die Kenntnis und Anwendung von Instrumenten und Methoden des Controlling beinhaltet, während Faktenwissen das Wissen über die relevanten Anwendungsgebiete der Controllingmethoden umfasst.289 In dieser Arbeit wird eine Kombination der Konzepte angestrebt. Zum einen wird die Methoden- und Faktenkenntnis als inhaltlicher Bestandteil des Controllingwissens verstanden. Unter dem Methodenwissen muss nach dem der Arbeit zugrunde liegenden Controllingverständnis das Wissen über Steuerungs- und Regelungsinstrumente einerseits sowie Wissen über wertorientierte Gestaltungsund Lenkungsmechanismen andererseits subsumiert werden. Damit umschließt 285 286 287 288
Vgl. Herzog, A. (1999), S. 71. Vgl. Herzog, A. (1999), S. 79. Vgl. Pietsch, G. (2003), S. 65 f. Vgl. dazu auch Rehäuser, J./Krcmar, H. (1996), S. 8 ff., die hier den Begriff des Faktenwissens vorschlagen, welches sich auf die Kenntnis unternehmensinterner und -externer Sachverhalte bezieht. 289 Vgl. Kalmring, D. (2004), S. 119. Auch Küpper, H.-U./Weber, J./Zünd, A. (1990), S. 283 unterscheiden in Fakten- und Methodenwissen im Kontext von Controllingwissen. Eine andere Unterscheidung nehmen Dörnemann et al. (2000), S. 313 vor, die unter Controllingwissen das Wissen über Methoden, Strukturen und Prozessinhalten verstehen.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
dieses das Wissen über geeignete Instrumente und Methoden zur Ausführung der Lokomotionsfunktion einerseits und das Wissen über anzuwendende Instrumente und Methoden zur Ausübung der derivativen Funktionen des Controlling andererseits. Ersteres ist nach dem Verständnis vorrangig beim Manager, als Führungswissen, aufzufinden, das Methodenwissen über die Ausführung der Abstimmungs- und Informationsversorgungsfunktion, als Ausführungswissen, beim Controller. Beide Parteien müssen jedoch ein Verständnis für die Wissensschwerpunkte des Anderen haben. Der Controller muss die Methoden des Managers verstehen, damit er entsprechende Informationen und Wissen bereitstellen kann, der Manager hingegen muss ein Mindestmaß an Methodenwissen des Controllers kennen, damit er das Potenzial der Unterstützungsleistung einschätzen kann. Unter Faktenwissen ist das Wissen über das Handlungsfeld des Controlling zu verstehen. Dieses bezieht sich auf Wissen, um im Rahmen von Zielbildungsund Planungsaufgaben relevante Faktoren der unternehmensinternen, aber vor allem auch -externen Gegebenheiten berücksichtigen zu können. Für Steuerungsund Kontrollaufgaben muss ein Verständnis des unternehmerischen Handelns vorliegen, damit diese Aufgaben angemessen erfüllt werden können. Eine ähnliche Aussage kann bezüglich des führungsorientierten Finanz- und Rechnungswesens getätigt werden. Eine weitere Form von Faktenwissen in Bezug auf Controlling umfasst das Wissen zur Ausführung von Berichts- und Beratungsaufgaben. Dieses Faktenwissen muss sowohl beim Manager als auch beim Controller vorhanden sein. Beide Partner müssen ein gleiches Verständnis der internen und externen Gegebenheiten haben, damit eine Zusammenarbeit zielführend wirkt. Das Methoden- und Faktenwissen muss um das Beziehungswissen, welches HERZOG in seine Betrachtung einbezieht, ergänzt werden. Dieses Beziehungswissen beschreibt das Wissen der Manager und Controller über weitere Besitzer von Controllingwissen. Konkret bedeutet dies, dass beide Partner den jeweiligen Wissensstand von Controllingwissen des Anderen, aber auch weiterer Personen, innerhalb oder außerhalb einer Organisation kennen. Mit Hilfe des vorhandenen Beziehungswissens ist es beispielsweise möglich, für eine spezifische Thematik den entsprechenden Wissensträger des benötigten Controllingwissens ausfindig zu machen und auf dessen Controllingwissen zurückzugreifen. Dies trifft insbesondere auf die Beziehung zwischen Manager und Controller zu.
2.4 Controllingwissensverständnis
61
2.4.2 Arten von Controllingwissen Ergänzend zu den Inhalten können außerdem Arten von Controllingwissen unterschieden werden. Es gibt zahlreiche Literaturquellen, die sich mit verschiedenen Arten von Wissen im Allgemeinen auseinandersetzen.290 Insbesondere die Typologie von POLANYI, der implizites und explizites Wissen unterscheidet291, ist eine der am häufigsten verwendeten Typologien und bildet die Grundlage für diverse Konzepte zum Thema Wissensmanagement.292 Diese Unterscheidung in implizites und explizites Wissen, die auch auf Controllingwissen angewendet werden kann (so ist implizites Wissen etwa die Kenntnis über die Interpretation von Kennzahlen, während explizites Wissen etwa in Form eines Planungshandbuchs verfügbar ist), ist von großer Bedeutung für das Management von Controllingwissen. Denn nur wenn Wissen in expliziter Form vorhanden ist, kann dieses als Ressource bewirtschaftet werden. Eine Übersicht über die Arten und Bestandteile von Controllingwissen zeigt Abb.10.
290 Eine Übersicht über verschiedene Arten von Wissen zeigen u.a. Machlup, F. (1980), S. 108; Sackmann, S.A. (1992), S. 142; Wikström, S./Norman, R. (1994), S. 10 ff.; von Krogh, G./Venzin, M. (1995), S. 421; Rehäuser, J./Krcmar, H. (1996), S. 7; Zahn, E. (1998), S. 43; Blumentritt, R./Johnston, R. (1998), S. 289 ff.; Neumann, R. (2000), S. 65; Schreyögg, G. (2001), S. 7 ff. und Schimmel, A. (2002), S. 324 ff. 291 Vgl. Polanyi, M. (1985), S. 27 f. 292 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1997), S. 8 und Amelingmeyer, J. (2004), S. 47.
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2 Grundlagen für ein wertschöpfungsorientiertes Verständnis
Abbildung 10: Arten und Bestandteile des Controllingwissens Eine ähnliche Unterscheidung nimmt auch BAUMGARTNER vor, der prozeduales und deklaratives Wissen unterscheidet. Ersteres bezieht sich auf wenig greifbare und nur schwer verbalisierbare Kenntnisse, während das deklarative Wissen leicht operationalisierbare und vermittelbare Inhalte (z.B. Dokumente, Bücher) umfasst.293 2.5 Zwischenfazit Die grundlegende Beschäftigung mit den Begriffen der Unternehmensführung, dem Controlling, Wissen und Controllingwissen haben eine Basis für die Entwicklung eines Modells für das Management von Controllingwissen gelegt.
293 Vgl. Baumgartner, P. (1993), S. 71.
2.5 Zwischenfazit
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Die wichtigsten Aussagen, die gleichzeitig das weitere Vorgehen determinieren sind folgende: Die Unternehmensführung bzw. das Management muss unter Sach- und Verhaltensaspekten untersucht werden. In diesem Zusammenhang kann zum einen das Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette als Struktur dieser Arbeit und damit Analyseraster verwendet werden. Zum anderen sind auch unternehmenspolitische Aspekte zu integrieren. Mit Hilfe der Funktion des Controlling kann der langfristige Unternehmensbestand gesichert werden. Ein konkreteres Verständnis für die Unternehmenspraxis ergibt sich aus der Betrachtung des Zusammenspiels zwischen Manager und Controller. Wenn der Begriff Wissen analysiert wird, muss neben dem Ressourcenverständnis auch der Entwicklungsprozess durch Lernen in die Betrachtung einbezogen werden. Nur mit Hilfe eines Gesamtverständnisses des Prozesses können Handlungsempfehlungen in Bezug auf die sach- und verhaltensorientierte Gestaltung vorgenommen werden. Controllingwissen ist das Wissen, welches zwischen Managern und Controllern ausgetauscht wird und in Methoden-, Fakten- und Beziehungswissen gegliedert werden kann. Insbesondere ist die Explizierung von Controllingwissen vonnöten, um dieses bewirtschaften zu können. Diese vier Kernaussagen zusammengenommen, zeigen den Bedarf, ein spezifisches Modell für das Management von Controllingwissen entwickeln zu müssen.
3 Modell für das Management von Controllingwissen
Sowohl die Problemstellung als auch die Ausführungen zu den grundlegenden Begriffsbestimmungen zeigen auf, dass ein Ansatz für das Management von Controllingwissen zur Förderung des Wissensaustausches zwischen Controller und Manager entwickelt werden kann und sollte. Als ein Analyseraster wurde das Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette vorgestellt. Anhand einzelner Aspekte dieses Modells werden nun sukzessive Handlungsfelder für das Management von Controllingwissen herausgegriffen und sowohl eine sach- als auch eine verhaltensorientierte Betrachtung vorgenommen. Ziel dieses Kapitels ist es, ein umfassendes Modell für das Management von Controllingwissen zu generieren, welches in einem folgenden Schritt mit Hilfe eines geeigneten Instrumentes in der Praxis umgesetzt werden kann. Ein solches Modell muss einerseits die Komplexität wiedergeben, andererseits aber auch durch Einfachheit charakterisiert sein.294 3.1 Integrierte Leistungs- und Wertkette für Controllingwissen Im Folgenden wird das Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette angewendet. Dabei werden entlang der einzelnen Aspekte manager- und controllerspezifische Adaptionen behandelt. Zunächst erfolgt die Darstellung des gesamten Modells für Controllingwissen auf einer aggregierten Ebene, danach wird auf die einzelnen Bestandteile vertiefend eingegangen. Auf der Leistungsebene gelangen grundlegende Informationen als Input in die Unternehmenssphäre und stellen damit die Grundlage für den Aufbau von Controllingwissen dar. Die Informationslieferung von controllingrelevanten Informationen kann beispielsweise durch Veröffentlichung einer Information in einer Fachzeitschrift oder anhand eines Gesetzestextes erfolgen. Informationen werden als potenzielle neue Herausforderung für ein Unternehmen bekannt, indem diese exemplarisch entweder von der Unternehmensführung durch die Person des Managers oder die des Controllers aufgegriffen werden. Der Manager 294 Vgl. zu diesen Anforderungen Becker, W. (1996), S. 60.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
allein kann nicht alle neuen Informationen und deren Auswirkungen auf sein Unternehmen überblicken und ist daher auf die Unterstützung bei der Informationsversorgung durch den Controller angewiesen,295 die zu seinem klassischen Aufgabengebiet zählt.296 Jedoch muss der Controller nicht zwangsläufig nur als Informationsversorger agieren, er kann auch in die Rolle des betriebswirtschaftlichen Beraters schlüpfen297 und eine Vorauswahl bezüglich der bereitzustellenden Informationen treffen. Diese Interaktion zwischen Manager und Controller birgt jedoch die Gefahr der Beeinflussung im Rahmen der Bereitstellung von Informationen. Letztendlich muss der Manager entscheiden, ob eine Information für das Treffen seiner Entscheidung von Bedeutung ist. Durch die gedankliche Auseinandersetzung mit der für ihn relevanten Information, generiert der Manager ebenso wie der Controller implizites Wissen, indem etwa die Relevanz und Anwendbarkeit der Information hinterfragt wird. Durch die gedankliche Beschäftigung mit der Information und den Konsequenzen des Handelns erfolgt Lernen, und es wird implizites Wissen aufgebaut. Das individuelle Lernen der Manager und Controller lässt sich nur sehr bedingt steuern, da Lernen ein individueller Vorgang ist. Allein die eigene Einstellung und Motivation sind für das Lernen entscheidend. Der Manager entscheidet, ob eine controllingspezifische Information Relevanz für sein Unternehmen hat. Anhand des Leistungsprogramms bestimmt der Manager wie umfangreich Controllingwissen intern aufgebaut bzw. extern eingekauft werden muss (Tiefe) und welcher Bedarf an Controllingwissen vorhanden sein muss, bzw. auf einem unternehmensinternen oder -externen Markt verkauft werden kann (Breite). Im Rahmen des Aufbaus von Controllingwissen muss entschieden werden, wer der Lieferant dieses Controllingwissens ist, der ggf. ein Konkurrent des Controllers sein könnte. Im Zusammenhang mit der Festlegung des Programms ist die Strategie über den Bedarf und den Umgang mit Controllingwissen zu untersuchen. Hier bieten sich sog. „Wissensstrategien“ an, auf die im weiteren Verlauf der Arbeit näher eingegangen wird. Das Controllingwissen wird entweder in expliziter Form der Controllingwissensbasis als Produkt zugeführt oder in Form eines Managementprozesses erweitert und dann in die Controllingwissensbasis eingestellt. Der Manager als Mitglied der dominanten Koalition298 kann sein Controllingwissen explizieren, dieses als Produkt direkt der Controllingwissensbasis zur Verfügung stellen und 295 Vgl. zu dieser Aussage Biel, A. (2002), S. 27 f. 296 Vgl. z.B. Horváth, P. (2008), S. 295 f. und Weber, J. (2004), S. 105. 297 Vgl. z.B. Hoffmann, D. (2000), S. 87; Weber, J./David, U./Prenzler, C. (2001), S. 8 und Seggebruch, G. (2000), S. 120. 298 Vgl. dazu Duncan, R.B./Weiss, A. (1979).
3.1 Integrierte Leistungs- und Wertkette für Controllingwissen
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damit als Grundlage für unternehmerische Handlungen setzen sowie als verbindlich erklären. Auch der Controller ist angehalten, sein implizites Controllingwissen zu explizieren. Im Gegensatz zur dominanten Koalition kann der Controller sein Wissen jedoch nicht der Controllingwissensbasis direkt zukommen lassen. Es muss vorher mit der dominanten Koalition abgestimmt werden. Nach dem Verständnis des Lernprozesses des organisationalen Lernens, abgebildet durch das Modell der Wissensspirale299, erfolgt vor der Ablage des Controllingwissens in der organisationalen Controllingwissensbasis die Kombination, bei der das Controllingwissen zunächst in Form des Gruppenlernens ausgetauscht wird. Die Funktionsweise des Gruppenlernens lässt sich anschaulich unter Zuhilfenahme der operativen Bausteine des Modells von PROBST/RAUB/ROMHARDT abbilden300: Zunächst wird neues Controllingwissen (das expliziert wurde) identifiziert. Durch gemeinsame Interaktion erwerben andere Gruppenmitglieder Controllingwissen. In Form der Kombination verschiedener Wissenspartikel anderer Gruppenteilnehmer wird neues Controllingwissen entwickelt. Dieses kann in einem nächsten Schritt verteilt und anschließend genutzt werden. Es erfolgt die Speicherung der Ergebnisse. Falls der Kombinationsprozess in Zusammenarbeit mit dem Manager geschah, kann das Wissen über die neue Richtlinie direkt der Controllingwissensbasis zugefügt werden. Eine Steuerung des Gruppenlernens ist nur begrenzt möglich, jedoch können geeignete Rahmenbedingungen gestaltet werden. Hier bietet sich im weiteren Verlauf die Untersuchung von Aspekten der strukturellen und kulturellen Ausgestaltung an, insbesondere auch in dem Fall der Beteiligung des Managers an dem Gruppenlernen. Ergebnis des Lernprozesses ist die Controllingwissensbasis, mit derer Hilfe die zu erfüllenden Aufgaben bewältigt werden können. Diese enthält als Ergebnis das Controllingwissen der Manager und Controller. Der Controller bietet sich hier als Verwalter der Controllingwissensbasis an, da er im Umgang mit solchen Systemen vertraut ist. BIEL behauptet: „Die technischen, insbesondere computergestützten Systeme, Instrumente bzw. Werkzeuge der Controller nehmen heute einen dominierenden Platz in der Controllerpraxis ein.“301 Die Inhalte der Controllingwissensbasis können in einem nächsten Schritt dazu genutzt werden, Mitglieder der gesamten Organisation über neue Themen zu unterrichten. Dieses Controllingwissen muss genutzt werden. Dazu können Anreize gesetzt werden, die eine Nutzung des neuen Controllingwissens fördern. Im Rahmen der Aktualisierung der Wissensbasis ist außerdem zu bestimmen, wie veraltetes Controllingwissen aus der Wissensbasis entfernt wird. So kann etwa durch Versionie299 Vgl. zu der Wissensspirale Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995). 300 Vgl. zu dem Modell der Wissensbausteine Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006). 301 Biel, A. (2002), S. 29.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
rung oder Datumsergänzungen der Hinweis auf Aktualität festgestellt werden und nach einem vorher definierten Prozess das alte Controllingwissen gelöscht werden. Die Inhalte der Controllingwissensbasis lassen sich zur generellen Problemlösung verwenden und dadurch auch unternehmensinternen oder -externen Kunden zur Verfügung stellen. Durch Verlernen kann eine Aktualisierung der Controllingwissensbasis erfolgen. Die Leistungsebene wird im Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette durch eine Wertebene ergänzt. Diese stellt die Leistungsebene in Form einer wertmäßigen Betrachtung „spiegelbildlich“ dar. Dafür sollen im weiteren Verlauf Ansätze zur Bewertung von Wissen im Allgemeinen sowie deren mögliche Adaption auf Controllingwissen gezeigt werden. Folgende Abbildung (s. Abb. 11) stellt den gesamten, hier in Form der Integrierten Leistungs- und Wertkette beschriebenen Prozess für das Management von Controllingwissen dar:
Abbildung 11: Integrierte Leistungs- und Wertkette für Controllingwissen Nach der Darstellung dieses Gesamtbildes werden im Folgenden die spezifischen Gestaltungsmaßnahmen und mögliche Modelle und Ansätze gezeigt, die das
3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen
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Management von Controllingwissen erklären und damit die Beziehung zwischen Controller und Manager gestalten sollen. Diese orientieren sich an den einzelnen Prozessbestandteilen und den jeweilig angedeuteten Problemfeldern. 3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen Eine aktuelle Herausforderung für Unternehmen ist die Informationsflut. Aufgrund der Vielfalt ist es kaum möglich alle Informationen der Umwelt zu berücksichtigen und deren Bedeutung zu erkennen. Ziel ist es, die geeigneten Informationen herauszufiltern, zu Wissen zu transformieren und unternehmensintern zu nutzen und die nicht benötigten Informationen abzuweisen. Um jedoch die Relevanz einer Information abschätzen zu können, müssen die Informationsempfänger die Fähigkeit besitzen diese inhaltlich zu verstehen. Für die Betrachtung der Beziehung zwischen Manager und Controller stellt sich die Frage, wie eine Informationslieferung und -aufnahme aus Sicht dieser Akteure erfolgt. In einem nächsten Schritt wird die Interaktion zwischen Controller und Manager thematisiert, in der neben sachorientierten auch verhaltensorientierte Aspekte angesprochen werden. Als Ergebnis aus der Beschäftigung mit einer controllingrelevanten Information resultiert der Aufbau von individuellem Controllingwissen. 3.2.1 Informationslieferung und -aufnahme Eine Informationslieferung erfolgt, indem Manager und Controller mit einer controllingrelevanten Information konfrontiert werden. Dies kann auf vielfältige Arten erfolgen, sowohl bewusst als auch unbewusst, gewollt oder ungewollt. Diese Information wirkt als Stimulus auf das Individuum. Sowohl für den Manager als auch für den Controller gilt, dass die Aufnahme von controllingrelevanten Informationen einen individuellen Akt darstellt, der allein durch die Person vollzogen wird. Dennoch sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, die Informationslieferung und -aufnahme zu beeinflussen. Der Aufnahme einer Controllinginformation kann das individuelle Lernen folgen, sollte die Information von Interesse für Manager bzw. Controller sein.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
3.2.1.1 Umgang des Managers mit Informationen Manager benötigen für das Treffen von Entscheidungen fundiertes Controllingwissen, welches aus der Verarbeitung von controllingrelevanten Informationen entstehen kann. Dabei gilt es, die existierende Informationsflut derart zu beschränken, dass dem Manager möglichst nur relevante Controllinginformationen zur Verfügung stehen, aus denen er, ggf. in Zusammenarbeit mit dem Controller, Controllingwissen entwickeln kann. Für die Selektion der controllingrelevanten Informationen aus der Informationsflut steht der Controller bereit. Aus Sicht des Managers gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Informationslieferung bzw. -aufnahme zu gestalten. Hierzu kann der Manager seinen Controller steuern: Der Manager kann den Controller darum bitten, auf bestimmte controllingrelevante Informationen besonders zu achten, die von Relevanz für das Treffen von Entscheidungen sind. Der Manager kann mit einer systematischen Bereitstellung bzw. Förderung von bestimmten Informationsmedien (z.B. Bezug von Zeitschriften, Förderung von Online-Angeboten, Austausch mit Lehrstühlen etc.) die gezielte Informationsaufnahme fördern. Der Manager kann seinen Controller (etwa in der Zielvereinbarung) dazu verpflichten, an ausgewählten Fachtagungen oder Seminarveranstaltungen teilzunehmen, um dort benötigte controllingrelevante Informationen aufzunehmen. Eine weitere Möglichkeit zur Eindämmung der Informationsflut sowie zur Beeinflussung der Informationsaufnahme, stellt die Gestaltung von Informationssystemen dar. Dadurch, dass Informationssysteme bestimmte Strukturen für die Informationsverarbeitung vorgeben, lassen sich die Art und der Umfang der jeweilig benötigten Information bestimmen. KEMPER definiert den Begriff des Informationssystems folgendermaßen: „Das Informationssystem des Führungssystems hat die Aufgabe, die anderen Führungsteilsysteme mit Informationen über Ausführungshandlungen zu versorgen. Die zur Erfüllung dieser Aufgabe wahrgenommenen Funktionen sind Informationsbeschaffung, Informationsspeicherung und Informationsübertragung.“302
Zur Abbildung von Informationen können etwa Management-InformationsSysteme (MIS) verwendet werden303, welche die Informationsversorgung aller Führungsebenen gewährleisten. Die Informationsversorgung einer schmaler gefassten Zielgruppe von überwiegend mittleren Führungsebenen übernehmen
302 Kemper, M. (1995), S. 47. 303 Vgl. Gladen, W. (2008), S. 10. Zu einer tieferen Auseinandersetzung mit verschiedenen Informationssystemen vgl. z.B. Holten, R. (1999), S. 29 ff. und Herold J.T. (2003), S. 124 ff.
3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen
71
Entscheidungsunterstützungssysteme. Führungsinformationssysteme hingegen stellen der obersten Führungsebene Informationen zur Verfügung.304 Die Informationsaufnahme allein trifft jedoch noch keine Aussage darüber, ob der Manager eine controllingrelevante Information zu Controllingwissen verarbeiten kann. Die Entscheidung über die Bedeutung und den Umfang einer Information kann nur getroffen werden, wenn der Manager die Fähigkeit besitzt, dieses zu verstehen. Fähigkeitsdefizite können dazu führen, dass Informationen nicht verarbeitet werden. Im Fall von Fähigkeitsdefiziten kann der Manager einerseits den Controller um weitere Erläuterungen einer Information bitten, um ein verbessertes Verständnis zu erhalten,305 andererseits lassen sich durch geeignete Maßnahmen der Personalentwicklung, wie etwa Fortbildungsmaßnahmen, Fähigkeitsdefizite verringern.306 3.2.1.2 Umgang des Controllers mit Informationen Auch Controller nehmen controllingrelevante Informationen auf. Darüber hinaus unterstützen sie den Manager bei der Informationsaufnahme, indem sie zielgerichtet Informationen bereitstellen. Diese Unterstützung kann verschiedene Ausprägungen annehmen und variiert zwischen der reinen Informationsversorgung, bis hin zur betriebswirtschaftlichen Beratung in Form eines intensiven Wissensaustauschs. Die Rolle des Controllers in der Leistungserbringung bzw. der reaktiven Informationsversorgung muss nicht zwangsläufig durch das Management vorgegeben werden. Sie kann auch vom Controller gestaltet werden. Aus einem personalen Rollenverständnis wird einem Individuum die Fähigkeit zur eigenen Interpretation der Umwelt und eigenständigem Handeln eingeräumt.307 Hiernach kann man in Role-Taking und Role-Making unterscheiden: Role-Taking ermöglicht es einem Individuum, die Einstellung, Erwartung und das Verhalten eines Interaktionspartners, einer Gruppe oder von sonstigen Institutionen zu antizipieren und aufgrund dessen sein Verhalten anzupassen.308 Role-Making hingegen umfasst auch die Fähigkeit, eine Rolle aktiv modifizieren zu können. Bezüglich der personalen Rollentheorie ist es für den Controller sinnvoll, in der Interaktion mit seiner Umwelt ein gemeinsames Selbstver304 305 306 307 308
Vgl. zu dieser Abgrenzung Mayer, J.H. (1999), S. 65 ff. und Mentrup, A. (2003), S. 14 ff. Vgl. Weber, J./Hirsch, B./Linder, S./Zayer, E. (2003), S. 39. Vgl. dazu z.B. Staehle, W.H. (1999), S. 161 und Küpper, H.-U. (2008), S. 240. Vgl. zu dieser Ansicht die grundlegende Arbeit von Mead, G.H. (1934). Vgl. dazu auch Kronast, M. (1989), S. 153 ff.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
ständnis des Controlling zu entwickeln, um daraus die Entwicklung neuer Rollen und damit auch neuer Aufgaben im Sinn des Role-Making, zu generieren.309 Es bietet sich nach dem Verständnis des Role-Making die Möglichkeit, wie auf einem Markt mit Wettbewerbern zu agieren und anstatt auf Anweisungen einer höheren Instanz zu warten, gleich nachfrageorientierte Leistungen von sich aus anzubieten.310 Controller können somit aus dem Verständnis des Role-Making die Informationsaufnahme des Managers proaktiv beeinflussen. Während es dem Management überlassen ist, die Gestaltung von Informationssystemen zu steuern bzw. die Anforderungen an ein solches System zu stellen, liegt es oftmals bei den Controllern, die Gestaltung umzusetzen und die Systeme operativ zu betreiben.311 Durch die Lieferung controllingrelevanter Informationen an den Manager und der möglichen Beeinflussung der Informationsaufnahme haben die Controller einen entscheidenden Anteil an der Basis für die Entwicklung von Controllingwissen. Manager und Controller müssen neben dem Wollen – also der Bereitschaft zur Informationsaufnahme – die Fähigkeit haben, Informationen überhaupt zu bewerten. Für den Controller bieten sich nach Rücksprache mit dem Manager Fortbildungsmaßnahmen an, um das „Können“ zu ermöglichen. 3.2.2 Interaktion Manager und Controller Der Manager steht der Problematik gegenüber, dass er spezielle, fachspezifische Informationen nicht immer bewerten kann.312 Der Controller hingegen wird Informationen vorrangig aus der eigenen, controllerspezifischen Perspektive aufnehmen313 und damit ggf. die Tragweite der Auswirkungen einer solchen Information auf das Gesamtunternehmen und seine Prozesse nicht erkennen können. Eine gemeinsame Zusammenarbeit des Managers und des Controllers mit dem Ziel eines Wissensaustauschs von Controllingwissen kann hier Abhilfe schaffen. Aus solchen Interaktionen können jedoch mögliche Verhaltensprobleme resultieren. Diese Probleme sind das Ergebnis verschiedener Informationsstände und führen unter Umständen zum Missbrauch von Macht. Da der Manager auf309 Vgl. Kronast, M. (1989), S. 177. 310 Vgl. David, U. (2005), S. 81 f. 311 Vgl. Mosiek, T. (2002), S. 66 dazu, dass Controller Informationssysteme gestalten und pflegen. 312 Vgl. zu diesem Argument auch Reichmann, T. (2006), S. 40. 313 Vgl. Weber, J./Hirsch, B./Linder, S./Zayer, E. (2003), S. 32.
3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen
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grund seiner beschränkten Zeit- und Fähigkeitsressourcen nicht alle Informationen ermitteln bzw. bewerten kann, ist dieser auf die Unterstützung durch den Controller angewiesen. Der Controller kann durch sein Handeln einen gewissen Einfluss auf Entscheidungen der Führungskräfte ausüben.314 Während eine formelle Autorität für Controller gegenüber dem Management nicht vorgesehen ist315, können sie jedoch insbesondere durch die Kenntnis über vorhandene controllingrelevante Informationen, deren Aufbereitung und Verfügbarmachung informellen Einfluss nehmen.316 Durch die Rolle des Controllers als Informationslieferant, der die Informationsaufnahme beeinflussen kann, erhält dieser eine Machtposition. Aus dieser Machtposition kann ein opportunistisches Verhalten resultieren, aus dem sich umfangreiche Verhaltensspielräume zu Gunsten des Controllers eröffnen.317 3.2.2.1 Prinzipal-Agenten-Theorie Die Machtkonstellation zwischen Manager und Controller lässt sich anhand der Prinzipal-Agenten-Theorie318 darstellen. Sie beschäftigt sich mit der Aufgabendelegation zwischen dem Prinzipal (hier der Manager), als anweisendem Akteur und dem Agent (hier der Controller), als dem angewiesenen Akteur und geht von der Grundannahme aus, dass Prinzipal und Agent unterschiedliche Interessenslagen haben.319 Die Gefahr in jeder Interaktion besteht in einem opportunistischen Verhalten, das aus Informationsasymmetrien resultiert. Deren Interaktion lässt sich anhand der normativen Prinzipal-Agenten-Theorie320 untersuchen. Untersuchungsgegenstand ist – unter besonderer Berücksichtigung der Interessen und des Informationsstands von Prinzipal und Agent – die Ausgestaltung von vertraglichen Regelungen, mit deren Hilfe das Verhalten des Agenten im Sinne des Auftraggebers zu steuern ist.321
314 315 316 317 318
Vgl. Herzog, A. (1999), S. 212 f. Vgl. Bauer, M. (2002), S. 124. Vgl. Kunz, J. (2003), S. 100. Vgl. Mosiek, T. (2002), S. 56. Vgl. zur Prinzipal-Agenten-Theorie z.B. Ross, S.A. (1973); Picot, A./Dietl, H./Franck, E. (2008), S. 85 ff. und Meyer, M. (2004), S. 61 ff. 319 Vgl. Weber, J./Hirsch, B./Linder, S./Zayer, E. (2003), S. 10. 320 Im positiven Zweig der Prinzipal-Agenten-Theorie hingegen steht die Beschreibung und Erklärung von institutionellen Auftragsbeziehungen im Vordergrund. Vgl. dazu Küpper, H.-U. (2008), S. 82. 321 Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 82.
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Informationsasymmetrien liegen in folgenden Fällen vor:322 Wenn Eigenschaften verborgen sind (Hidden Characteristics) und der Prinzipal entweder die Eigenschaften des Agenten und/oder die Leistung vor Abschluss eines Vertrages nicht kennt: So ist es etwa dem Manager nicht möglich, die Fähigkeiten des Controllers zu kennen. Er kann sich nicht sicher sein, ob der Controller überhaupt die Informationen bewerten kann und wie umfangreich die Unterstützung beispielsweise im Rahmen der Informationsvorselektion sein wird. Wenn verborgene Informationen (Hidden Information) nach Vertragsabschluss von Seiten des Agenten dem Prinzipal vorenthalten oder unrichtig weitergegeben werden: Für die Interaktion zwischen Manager und Controller kann nach Beauftragung der Informationsbeschaffung des Managers an den Controller folgen, dass der Controller nicht alle wichtigen Informationen an den Manager weitergibt, oder diese sogar zu seinem Nutzen manipuliert. Wenn verborgene Handlungen (Hidden Actions) dadurch entstehen, dass ein Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht permanent überwacht und im Fall von Fehlleistungen diese nicht eindeutig dem Agenten oder der Umgebung zuordnen kann: Diese Problematik, bezogen auf die Interaktion zwischen Manager und Controller, resultiert beispielsweise daraus, dass ein Manager zum einen nur ein sehr begrenztes Zeitbudget für Kontrollen hat und zum anderen, dass neben dem Controller noch ggf. weitere Stellen im Unternehmen mit der gleichen Aufgabe, in Form der Unterstützung bei der Informationslieferung und -aufnahme, beteiligt sein können. Wenn der Prinzipal agenten-spezifische Investitionen nach Vertragsabschluss getätigt hat, und dadurch in die Abhängigkeit des Agenten gerät, entsteht für den Agenten die Möglichkeit, den Vertrag zu seinen Gunsten nachzuverhandeln (Hidden Intention). Durch die Abhängigkeit des Managers vom Controller kann Letzterer etwa erreichen, dass sein Arbeitsauftrag erweitert wird. Eine beispielhafte Situation in der Interaktion zwischen Manager und Controller wäre die, dass der Manager ein Informationssystem programmieren lässt, dass jedoch nur der Controller bedienen kann. So wäre es für den Controller etwa möglich, weitere Aufgaben in Bezug auf den Umgang mit dem System, an sich zu binden, die ursprünglich von anderen Aufgabenträgern des Controlling erfüllt worden wären.
322 Vgl. zu einer Übersicht von Informationsasymmetrien Rasmusen, E. (1994), S. 165 ff.; Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R.T. (2001), S. 57 und Küpper, H.-U. (2008), S. 83.
3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen
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Für die einzelnen Problemfelder lassen sich verschiedene Lösungswege aufzeigen:323 Im Fall von verborgenen Eigenschaften, die vor einem Vertragsabschluss von Relevanz sein können, hat der Prinzipal die Möglichkeit ihm angebotene Verträge bzw. Eigenschaften des Agenten vor Vertragsabschluss zu prüfen (Screening). Ebenso lassen sich durch Vorlage mehrerer Verträge und der Entscheidung des Agenten für einen bestimmten Vertrag (Self Selection) Rückschlüsse auf dessen Eigenschaften ziehen. Von Seiten des Agenten kann dieser selber auch durch ein Signalling seine Eigenschaften bzw. Fähigkeiten vor Vertragsabschluss offenbaren, um damit seine Eignung zu zeigen. In Bezug auf die Interaktion zwischen Manager und Controller, stellt der Manager die Qualifikation des Controllers sicher, indem er beispielsweise (Arbeits-)zeugnisse anfordert oder nach Seminarbescheinigungen fragt. Darüber hinaus – bezogen auf die Self Selection – kann der Manager dem Controller verschiedene Vorgehensweisen für den Umgang mit Informationen vorschlagen. Die Auswahl einer optionalen Vorgehensweise durch den Controller lässt auf das vorhandene Controllingwissen zum Umgang mit Methoden, Fakten und Beziehungen innerhalb eines Unternehmens schließen. Die Initiative zur Offenlegung der Fähigkeiten ist jedoch auch vom Controller aus anzustoßen. So demonstriert dieser auch von selber, beispielsweise durch Projektdokumentationen oder Abschlussberichte von Projekten, seine Fähigkeiten bezüglich einer bestimmten Thematik. Eine Vertragsgestaltung wird in der Praxis selten erfolgen, da die von Controllerbereichen erbrachten Leistungen generell schwer messbar sind. Ausnahmen bilden diejenigen Fälle, in denen Controlling als Profitcenter organisiert ist oder Controlling als interne Dienstleistung auf internen Märkten angeboten wird.324 Im Fall von verborgenen Informationen nach Vertragsabschluss liegt der Lösungsansatz zum einen in der Self Selection und zum anderen in der Einrichtung von Anreiz- bzw. Kontrollsystemen zur Beeinflussung der Handlungen des Agenten. Für die Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller ist es zwingend notwendig, dass sich der Manager (Prinzipal) darauf verlassen kann, dass der Controller die richtigen Informationen bzw. das geeignete Controllingwissen zur Verfügung stellt. Der Manager, der auf das spezifische Controllingwissen des Controllers bei der Entscheidungsfindung angewiesen ist, kann das Instrument der Self Selection anwenden, um das Problem der verborgenen Informationen zu überwinden. Beispielsweise hat der Manager die Möglichkeit, dem Controller 323 Lösungswege zeigen u.a. Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R.T. (2001), S. 57 ff.; Küpper, H.-U. (2008), S. 84 ff. und Homburg, C. (2001), S. 69 ff. auf. 324 Vgl. David, U. (2005), S. 85 f.
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mehrere optionale Wege zur Erreichung eines bestimmten Ziels vorzugeben, deren Auswahl dem Controller selbst überlassen wird. Die Auswahl einer bestimmten Herangehensweise lässt Rückschlüsse auf die Problemlösungskompetenz des Controllers zu. Des Weiteren lassen sich Anreiz- und Kontrollsysteme einrichten. Ein Anreizsystem ist nach WILD „…die Summe aller bewusst gestalteten Arbeitsbedingungen, die bestimmte Verhaltensweisen (durch positive Anreize, Belohnung etc.) verstärken, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens anderer dagegen mindern (negative Anreize, Strafen)“325 Bei der Gestaltung von Anreizsystemen sind vier Elemente zu berücksichtigen:326 1. Bemessungsgrundlage: Die Bemessungsgrundlage bestimmt den Anteil der Leistung, welche die Höhe einer Belohnung festlegt. 2. Formen der Belohnung: Extrinsische Formen der Belohnung werden nach Realisierung einer Aufgabe gewährt und können materieller oder auch immaterieller Art sein. Die intrinsische Belohnung erfolgt im Rahmen der Aufgabenerfüllung in immaterieller Form und kann sowohl in der Verteilung von Aufgaben als auch in der Ausgestaltung von Verhaltensrichtlinien vorliegen.327 Diese können etwa verbesserte Aufstiegsmöglichkeiten oder Freiräume bei der Arbeitsgestaltung etc. umfassen. 3. Belohnungsregel: Die Belohnungsregel bestimmt die Höhe und Art der Belohnung für eine bestimmte Art der Ausprägung der Bemessungsgrundlage. Dabei definiert die Belohnungsfunktion das Verhältnis zwischen der Höhe der Bemessungsgrundlage und dem Umfang der Belohnung. Eine Belohnungsregel muss transparent sein und von dem Begünstigten wahrgenommen werden. 4. Ausschüttungsregel: Als viertes Element der Anreizgestaltung bestimmt die Ausschüttungsregel den Zeitpunkt der Belohnung. Ebenso eignen sich Kontrollsysteme, um ungewünschtes Verhalten des Controllers zu verhindern. Hier stellt sich allerdings die Frage, wie ein solches System in der Realität gestaltet werden kann, so dass es die Kontrolle ermöglicht. Verborgene Handlungen, die ebenfalls erst nach Vertragsabschluss beobachtet werden können, lassen sich auch durch die Gestaltung von Anreiz- und Kontrollsystemen mildern. Ziel dieser Instrumente ist es in diesem Fall, Fehlleistungen des Controllers bei Erfüllung seiner Aufgabe zu verhindern. Bei der Interaktion zwischen Manager und Controller kann insbesondere das Kontrollsystem für die Lösung des Problems infrage kommen. Da mehrere Aufgabenträger über den Aufgabenbereich des Controllers hinaus Controllingaufgaben wahr325 Wild, J. (1973), S. 47. 326 Vgl. Friedl, B. (2003), S. 505 327 Vgl. Guthof, P. (1995), S. 23 ff.; Friedl, B. (2003), S. 506 f. und Brose, M. (2006), S. 50 f.
3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen
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nehmen, würden sich insbesondere Instrumente eignen, die Prozesse beschreiben, Verantwortlichkeiten festlegen und Zielerreichungsgrade definieren. Die Gefahr der Hidden Intention, die auch noch nach Vertragsabschluss auftreten kann, lässt sich durch nachverhandlungssichere Verträge minimieren. Ziel der nachverhandlungssicheren Verträge ist es, dass die Abhängigkeit des Managers vom Controller begrenzt wird. Kritikpunkte an dem Einsatz der Prinzipal-Agenten-Theorie zur Untersuchung der Interaktion von Managern und Controllern sind folgende: Die Prinzipal-Agenten-Theorie geht davon aus, dass der Prinzipal, also in diesem Fall der Manager, ein vollständiges Verständnis über den Handlungsspielraum des Agenten, in diesem Fall den Controller, hat.328 Insbesondere berücksichtigt das Modell keine Verhaltensweisen der Interaktionspartner.329 Damit schränkt das Modell die Aussagefähigkeit auf normative, theoretische Annahmen ein. Des Weiteren ist die im Rahmen der Theorie aufgeführte Vertragsgestaltung zwischen Manager und Controller nicht immer zutreffend. Insbesondere in dieser Beziehung ist die Gestaltung von dezidierten Leistungsverträgen nur selten möglich, da Controllingleistungen nur schwer messbar sind. Aufgrund dieser Tatsache ist eine Vertragsgestaltung problematisch. Über die Prinzipal-Agenten-Theorie hinaus können auch motivationsbasierte Gestaltungsaspekte zur Untersuchung der Interaktion zwischen Manager und Controller zu Rate gezogen werden, um realitätsnähere Untersuchungen vornehmen zu können und damit den Problemen der Prinzipal-Agenten-Theorie entgegenzuwirken. Nach KÜPPER ist die Betrachtung beider Ansätze notwendig, da sie sich beide inhaltlich ergänzen.330 3.2.2.2 Motivationstheorien Motivationsbasierte Gestaltungsaspekte betreffen die Beeinflussung bzw. Steuerung von Verhalten auf Grundlage von Motiven einzelner Personen. Dazu muss ein Verständnis über Motive der beteiligten Personen vorliegen. Diese hierzu entwickelten Motivationstheorien lassen sich in Inhalts- und Prozesstheorien untergliedern.331 Inhaltstheorien zeigen Motive auf, wie ein bestimmtes individuelles Verhalten erzeugt wird. Damit geben sie auch Hinweise 328 329 330 331
Vgl. zu diesem Argument Meyer, M./Heine, B-O. (2005), S. 13. Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 91. Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 98. Vgl. zu dieser Unterscheidung Campbell, J.P./Pritchard, R.D. (1976). Diese Aussage treffen Zimbardo, P.G./Gerrig, R.J. (1999), S. 721 und Staehle, W.H. (1999), S. 220.
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zur Gestaltung verhaltensorientierter Anreizsysteme. Prozesstheorien hingegen untersuchen, auf Grundlage welcher Werte eine Gesamtmotivation erzeugt wird.332 Als die bekanntesten Ansätze der Inhaltstheorien333 lassen sich die Bedürfnispyramide nach MASLOW und die Zwei-Faktoren-Theorie nach HERZBERG/MAUSNER/SNYDERMAN darstellen. MASLOW erklärt menschliches Verhalten mit fünf hierarchisch angeordneten Bedürfnisklassen, den physiologischen Bedürfnissen (z.B. Nahrung), Sicherheitsbedürfnissen (z.B. Recht und Ordnung), sozialen Bedürfnissen (z.B. Sympathie), Bedürfnissen nach Wertschätzung (z.B. Status) und Bedürfnissen nach Selbstverwirklichung. Eine Nichterfüllung der ersten Vier führt zu einem Mangelzustand, das Fünfte ist ein Wachstumsmotiv. Erst wenn die jeweils untergeordneten Bedürfnisse befriedigt sind (unter der Annahme, dass die elementarsten Bedürfnisse zuerst wirksam werden), wirken die Bedürfnisse handlungsleitend.334 Zentrale Aussage des Ansatzes ist es, dass im Fall einer Befriedigung der ersten vier Defizitmotive ein höheres Engagement und eine Leistungsmotivation erst dann erwartet werden können, wenn sich die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung bietet.335 Die Zwei-Faktoren-Theorie von HERBERG/MAUSNER/SYNDERMAN336 entstammt einer empirischen Studie zu Faktorengruppen, die Arbeitsunzufriedenheit verhindern bzw. Zufriedenheit herstellen. Zu den Faktoren, die Zufriedenheit bewirken, zählen die Autoren die Tätigkeit selbst, die Möglichkeit etwas zu leisten, die Möglichkeit zur Weiterentwicklung, Verantwortung bei der Arbeit, Aufstiegsmöglichkeiten und Anerkennung. Ihre positive Ausprägung bewirkt Zufriedenheit, was diese Motivatoren darstellen.337 Die andere Faktorengruppe wird als die der Hygienefaktoren bezeichnet, die Unzufriedenheit auslösen, wenn sie nicht erfüllt werden.338 Mit diesen Ausführungen haben die Auto-
332 Vgl. Zimbardo, P.G./Gerrig, R.J. (1999), S. 721. 333 Vgl. Wielpütz, A.U. (1996), S. 82 und Brandstätter, V./Schnelle, J. (2007), S. 52 zu der Aussage, dass Maslow als der prominenteste Vertreter bezüglich der Inhaltstheorien gilt. Die Studie von Herzberg hatte für die Arbeitswelt große Bedeutung. Vgl. dazu die Aussage von Uhl, A. (2000), S. 152 und Ulich, E. (2001), S. 47. 334 Vgl. zu den Ausführungen Maslow, A.H. (1970), im Speziellen zu den einzelnen Bedürfnissen S. 35 ff. 335 Vgl. Ulich, E. (2001), S. 46. 336 Vgl. Herzberg, F./Mausner, B./Snyderman, B.B. (1959). 337 Vgl. Herzberg, F./Mausner, B./Snyderman, B.B. (1959), S. 113 f. 338 Vgl. Herzberg, F./Mausner, B./Snyderman, B.B. (1959), S. 113: Hygienefaktoren sind die Gestaltung der äußeren Arbeitsbedingungen, die Beziehung zu Arbeitskollegen, die Beziehung zu Vorgesetzten, die Firmenpolitik, die Entlohnung und die Krisensicherheit des Arbeitsplatzes.
3.2 Durch Informationslieferung und -aufnahme zum individuellen Wissen
79
ren viele Unternehmen dazu veranlasst, Veränderungsprozesse in Bezug auf die Arbeit anzustoßen.339 Beide Theorien kommen sich dabei von ihrer Aussage her sehr nahe.340 In Bezug auf die Informationsversorgung des Managers durch den Controller und deren gemeinsame Interaktion lassen die Inhaltstheorien folgenden Schluss zu: Zunächst muss es dem Manager gelingen, die aktuellen Bedürfnisse des Controllers zu erkennen und zu verstehen. Wenn ihm diese bekannt sind, muss er das Arbeitsumfeld derart gestalten, dass die Defizitmotive aus Sicht der Theorie von MASLOW erfüllt sind und darüber hinaus die Aufgaben eine Selbstverwirklichung des Controllers ermöglichen. Die gleiche Aussage lässt sich auch auf die Zwei-Faktoren-Theorie anwenden. Die Hygienefaktoren müssen erfüllt werden. Darüber hinaus muss die Aufgabe des Controllers so beschaffen sein, dass sie Zufriedenheit generiert. So sollte der Manager dem Controller verantwortungsvolle Aufgaben übergeben, mit denen sich dieser beweisen kann. Über die reine Informationsversorgung hinaus ist insbesondere die Akzeptanz des Controllers als betriebswirtschaftlicher Berater des Managers eine Option, um die Motivation zu fördern. Sollten die Bedürfnisse des Controllers zufrieden gestellt sein, kann die Motivation zur „unverzerrten“ Informationsversorgung bzw. darüber hinaus die Versorgung mit Controllingwissen aufrechterhalten oder erreicht werden. Der Controller ist motiviert, seinen Manager bei der Auswertung geeigneter Informationen zu unterstützen. Damit werden die Probleme der Prinzipal-Agenten-Theorie gemildert. Das Interesse, Informationen oder Controllingwissen zurückzuhalten oder zu verfälschen, nimmt ab, da der Controller selber nun auf die Informationen bzw. das Controllingwissen des Managers angewiesen ist, um seine Rolle ausüben zu können. Exemplarisch für die Prozesstheorien lässt sich die VIE-Theorie (ValenzInstrumentalitäts-Erwartungs-Theorie) nach VROOM341, dem Begründer der Prozesstheorie,342 aufführen.343 Die Prozesstheorien fragen nicht, welche Faktoren für Individuen wichtig sind, sondern wie Werte unter Einbeziehung des individuellen Handelns zur Motivation führen.344
339 340 341 342 343
Vgl. Ulich, E. (2001), S. 48. Vgl. Staehle, W.H. (1999), S. 227. Vgl. Vroom, V.H. (1964). Vgl. zu dieser Aussage Staehle, W.H. (1999), S. 231. Vgl. zu der Behauptung, dass die Theorie von Vroom der bekannteste Ansatz im Rahmen der Prozesstheorien ist Zimbardo, P.G./Gerrig, R.J. (1999), S. 724 und dass dieser sich als forschungsleitend erwiesen hat Wiswede, G. (1995), S. 203. 344 Vgl. Semmer, N.K./Udris, I. (2004), S. 165.
80
3 Modell für das Management von Controllingwissen
Motivation ist nach dem Verständnis des Autors das Produkt von Werten und Erwartungen. Diese werden anhand von drei Einflussfaktoren erfasst345: Valenz: Subjektive Bewertung der zu erreichenden Belohnung. Instrumentalität: Wahrscheinlichkeit längerfristiger Folgen, die zur Belohnung führen. Erwartung: Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, dass aus einer bestimmten Aktivität ein bestimmtes, kurzfristiges Arbeitsergebnis resultiert. Diese Annahmen lassen sich auf ein Praxisbeispiel, hier auf den Controller, nach der VIE-Theorie übertragen346: Ein Controller erwartet, dass aus sorgfältiger Arbeit ein gutes Arbeitsergebnis resultiert (Erwartung). Dieses gute Arbeitsergebnis wird sich wahrscheinlich längerfristig, etwa in Form eines höheren Gehalts, niederschlagen (Instrumentalität). Der Controller fragt sich außerdem, ob die mögliche zu erreichende Belohung die erhöhte Sorgfalt wert ist (Valenz). Die Gesamtmotivation ist die Summe aller Werte. Auf die Organisationsebene übertragen ließe sich Motivation positiv beeinflussen, indem eine möglichst hohe Transparenz über Handlungsergebnisse und ihre Folgen geschaffen wird.347 Nicht nur Controller benötigen Transparenz, auch die Manager sollten die Ziele und Bedürfnisse ihrer Unterstellten kennen348, um die Motivation für die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit abschätzen zu können. In Bezug auf die Informationsversorgung und die Unterdrückung möglicher Probleme aus Informationsasymmetrien, kann ein opportunistisches Verhalten des Controllers gegenüber dem Manager dadurch verhindert werden, dass der Controller in die Gestaltung einer Zielvereinbarung einbezogen wird. Durch die gemeinsame Bestimmung von Zielen lassen sich von Seiten des Managers Ziele und Bedürfnisse des Controllers erfassen. Mit Hilfe von konkretisierten Angaben ist die Motivation des Controllers durch die Transparenz der Ziele und deren Belohnung beeinflussbar. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Informationslieferung und -aufnahme ein komplexes Themenfeld umfasst, innerhalb dessen sowohl Manager als auch Controller unterschiedliche Rollen einnehmen und in der gemeinsamen Interaktion auf Verhaltensprobleme stoßen (können), die sich durch Steuerungsmaßnahmen aus der Prinzipal-Agenten-Theorie und der Motivationstheorien jedoch mit geeigneten Maßnahmen lösen lassen.
345 346 347 348
Vroom, V.H. (1964), S. 15 ff. Vgl. zu diesem Beispiel Zimbardo, P.G./Gerrig, R.J. (1999), S. 724. Vgl. Semmer, N.K./Udris, I. (2004), S. 167. Vgl. Kirchler, E./Walenta, C. (2005), S. 350.
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
81
3.2.3 Aufbau von individuellem Wissen Durch die gedankliche Beschäftigung mit Informationen werden diese zu individuellem Wissen. Sollte eine controllingrelevante Information von Interesse für eine Person sein, erfolgt Lernen. Andernfalls wird die Information ausgeblendet. Der Lernkontext ist unabhängig von der Art des Wissens, wodurch sich der entsprechende Lernprozess mit der Entstehung verschiedener Arten des Controllingwissens nicht von dem des Erlernens von anderen Arten des Wissens unterscheidet. Folgerichtig gibt es keine spezifische Ausgestaltung für das Entstehen von individuellem Controllingwissen. Der Prozess des Erlernens verläuft somit idealtypisch nach den Ausführungen zur Lerntheorie. Sowohl Manager als auch Controller erschaffen eine individuelle Wissensbasis. Nach dem Verständnis des organisationalen Lernens nach DUNCAN/WEIS ist es von Seiten der Unternehmensführung nicht möglich, diesen individuellen Lernprozess zu beeinflussen.349 Einzig die Gestaltung von lernfördernden Rahmenbedingungen ist ein Ansatzpunkt, um das Lernen zu unterstützen. Ähnlich der Argumentation bei Informationslieferung und -aufnahme kann dies etwa durch Bereitstellung von Informationsquellen aller Art, wie durch den Bezug von Zeitschriften oder die Teilnahme an Seminaren erfolgen. Produkt des individuellen Lernprozesses ist das implizite Controllingwissen,350 welches jedoch nicht zwangsläufig der Organisation zur Verfügung gestellt wird.351 3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen Wurde implizites Controllingwissen aufgebaut, so gilt es in einem nächsten Schritt die Möglichkeiten bzw. den Prozess, die Explizierung dieses Wissens zu untersuchen. Erst mit der Explizierung des Controllingwissens ist ein Wissensaustausch möglich. Hierzu sollen wieder eine Sach- und eine Verhaltensperspektive eingenommen werden. Zunächst wird anhand der Gestaltung des Leistungsprogramms mit Hilfe geeigneter Wissensstrategien festgelegt, welches Wissen bzw. Controllingwissen von welchem Wissenslieferant für die Ausführung der Controllingaufgaben benötigt wird. Dementsprechend können Strategien und Ziele entwickelt werden. Darüber hinaus müssen jedoch auch verhaltensbasierte Aussagen getroffen werden, wie überhaupt Controller und Manager dazu bewegt
349 Vgl. Duncan, R.B./Weiss, A. (1979), S. 87 ff. 350 Controller und Manager generieren neben Controllingwissen auch andere Arten von Wissen. Hier werden die anderen Wissensarten bzw. -bestandteile aber ausgeblendet. 351 Vgl. Pawlowsky, P. (1994), S. 266.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
werden können, ihr vorhandenes, implizites Controllingwissen zu explizieren. Hierzu wird vorrangig auf die Unternehmenskultur eingegangen. 3.3.1 Programm für Controllingwissen Bisher wurde anhand der Informationsaufnahme und -lieferung beschrieben, wie Controllingwissen auf individueller Ebene generiert wird. Dabei erfolgte mehrfach die Andeutung, dass es auch Informationen gibt, die für das Unternehmen nicht von Interesse sind. Ziel des Managements von Controllingwissen ist es, das „richtige“ Controllingwissen zu fördern, das sowohl von Managern als auch Controllern benötigt wird, um damit die Funktionen des Controlling ausführen zu können. Der Bedarf an Controllingwissen kann durch das Leistungsprogramm definiert werden, in dessen Rahmen auf die Tiefe und die Breite des Controllingwissens einzugehen ist.352 3.3.1.1 Leistungstiefe des Controllingwissens Die Leistungstiefe bestimmt dabei im Allgemeinen die Ausdifferenzierung einer Leistungskategorie.353 Damit werden das Verhältnis von Eigen- und Fremdleistungen und damit verbunden der vertikale Integrationsgrad der Lieferanten in den Leistungserstellungsprozess definiert.354 Es stellt sich die Frage, welches Controllingwissen unternehmensintern aufgebaut und welches von externen Anbietern, wie etwa Unternehmensberatern, akquiriert werden soll, damit die Controllingfunktionen optimal ausgeübt werden können. Die Entscheidung für den externen Bezug kann getroffen werden, wenn der Controller das benötigte Controllingwissen aktuell nicht bereitstellen kann oder potenzielle Konkurrenten des Controllers eine bessere Versorgung mit benötigtem Controllingwissen ermöglichen können. Es muss die Entscheidung zwischen „Make or Buy“ getroffen werden355, die u.a. auf der Theorie der Transaktionskosten356 beruht. Falls Kooperationsformen mit Lieferanten von Controllingwissen eingegangen werden, sollten die dabei entstehenden Kosten geringer sein als 352 Vgl. Meyer, A./Dullinger, F. (1998), S. 713. Die Problematik der Leistungsbestimmung wird vor allem in der speziellen Betriebswirtschaftslehre des Marketings ausführlicher behandelt, vgl. zu dieser Feststellung auch de Miroschedji, S.A. (2002), S. 227. 353 Vgl. Meyer, A./Dullinger, F. (1998), S. 722. 354 Vgl. Becker, W. (1996), S. 87 und Fuchs, R. (2005), S. 116. 355 Vgl. zu den Grundsatzfragen der Make-or-Buy-Entscheidung z.B. Berlien, O. (1993), S. 66 ff. 356 Vgl. zum Transaktionskostenansatz z.B. Picot, A./Dietl, H. (1990); Hildebrandt, K. (1990) oder Hohberger, S. (2001), S. 9 ff.
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
83
die Kosten, die für die eigene Generierung von Controllingwissen entstehen würden.357 Die Akquisition von externem Controllingwissen verursacht nicht nur Kosten für den Erwerb, es entstehen auch Such-, Koordinations- und Transaktionskosten358. Im Rahmen der Eigenproduktion von Controllingwissen hingegen entstehen etwa Kosten für die Generierung von Wissen, durch die Akquisition von neuem Personal, die Förderung von Lernaktivitäten mit diversen Instrumenten, wie etwa Schulungen, Konferenzen und virtuellen Schulungsangeboten.359 Während die Kosten für eine externe Akquisition von Controllingwissen, etwa in Form von Tagessätzen externer Unternehmensberater, erfassbar sind, ist die interne Erfassung von Kosten äußerst problematisch. Die Herstellung einer Kausalbeziehung zwischen Kosten für den Wissensaufbau und dem tatsächlich generierten Wissen ist nur schwer möglich. Den nur exemplarisch aufgeführten Kosten steht der Nutzen gegenüber. Auch dieser lässt sich nur schwer bestimmen, da eine monetäre Bewertung von Wissen kaum möglich ist. Diese Problematik wird an anderer Stelle jedoch noch intensiver zu diskutieren sein. Über den Kostenaspekt hinaus müssen bei der Ausgestaltung der Leistungstiefe im Hinblick auf Controllingwissen aber auch weitere Gegebenheiten beachtet werden: Wird Controllingwissen aus einer externen Quelle, wie etwa von einem Unternehmensberater, bezogen, besteht die Gefahr des Wissensverlustes.360 Dieser Wissensverlust lässt sich zum einen damit begründen, dass unternehmensinterne Kompetenzen bezüglich einer bestimmten Controllingthematik nicht aufgebaut werden, zum anderen dadurch, dass dieses Controllingwissen nicht zwangsläufig der Controllingwissensbasis zur Verfügung gestellt wird. Hier müssen, insbesondere für unternehmensexterne Lieferanten von Wissen, Regeln gestaltet werden, die eine Speicherung des externen Controllingwissens ermöglichen bzw. fördern. Denkbar wäre hier eine vertragliche Gestaltung dahin gehend, dass mit Ende einer Projekttätigkeit alle Ergebnisse dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden müssen. Auch ist zu definieren, welche Arten von Controllingwissen überhaupt bezogen werden sollen oder können. So ist beispielsweise ein externer Bezug von Beziehungswissen kaum möglich. Hier kann der Controller Wettbewerbsbarrieren gegenüber seiner Konkurrenz aufbauen, indem er im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit dem Manager und anderen Controllern über potenziell mehr rele357 Vgl. Antlitz, A. (1999), S. 13. 358 Vgl. Antlitz, A. (1999), S. 54 und S. 78 f. Suchkosten entstehen durch die Suche nach geeignetem Wissen, Koordinationskosten resultieren aus einem steigenden Aufwand für Verwaltung und Eingliederung des Wissens. Auch sind Transaktionskosten für die Wissensübertragung zu berücksichtigen. 359 Vgl. Demsetz, H. (1991), S. 171. 360 Vgl. Antlitz, A. (1999), S. 135 f. und de Miroschedji, S.A. (2002), S. 128.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
vantes Beziehungswissen für die Aufgabe der Versorgung mit Controllingwissen verfügt als seine Konkurrenten. Der Bezug von unternehmensexternem Controllingwissen kann jedoch auch positive Effekte erreichen: Frei gewordene Ressourcen lassen sich für die Entwicklung von neuen Controllingwissenspotenzialen einsetzen.361 3.3.1.2 Leistungsbreite des Controllingwissens Die Leistungsbreite bestimmt im Allgemeinen den Umfang an Leistungen und Produkten, die ein Unternehmen auf dem Absatzmarkt anbietet.362 Hierbei steht ausdrücklich nicht das Angebot von Controllingleistungen, sondern das Angebot von Controllingwissen im Vordergrund. Es stellt sich die Frage, wer die Empfänger bzw. Abnehmer dieses Controllingwissens sind. Das können neben dem Manager auch andere Unternehmensbereiche sein, aber auch unternehmensexterne Adressaten, die „Best-Practice“-Controllingwissen beziehen wollen. Ein externer Bezug liegt beispielsweise vor, wenn ein Unternehmen nachweislich ein geeignetes Controllinginstrument entwickelt hat, das andere Unternehmen ebenso übernehmen möchten und für das sie bereit sind zu bezahlen.363 Bei der Gestaltung der Leistungsbreite ist das Verhältnis zwischen Breite und den mit zunehmender Breite steigenden Komplexitätskosten zu optimieren.364 Mit einem steigenden Angebot von Controllingwissen steigen die Kosten zur Komplexitätsbewältigung und der Aktualisierung des Bestands sowie von dessen Speicherung. Diesem Aufwand ist der Nutzen durch die Anwendung bzw. der Absatz von Controllingwissen gegenüberzustellen. Wie bereits im Rahmen der Diskussion um die Leistungstiefe ist auch hier festzustellen, dass eine monetäre Bewertung von Wissen sich als äußerst problematisch darstellt. Darüber hinaus lassen sich jedoch auch unabhängige Determinanten aufführen, welche die Breite der Controllingwissensbasis bestimmen. Zum einen kann eine große Breite auf ein umfangreiches Aufgabenfeld des Controllerbereichs hindeuten. Damit lassen sich ebenso aus funktionaler Sicht hypothetische Aussagen über den Stellenwert von Controlling treffen: Eine breite Controllingwissensbasis kann ein Indikator für einen hohen Stellenwert von Controlling in einem Unternehmen sein. Sollten vor allem unternehmensexterne Kunden Interesse an dem Controllingwissen haben, ließe sich die Innovationskraft des Un361 Vgl. Antlitz, A. (1999), S. 135 f. 362 Vgl. Fuchs, R. (2005), S. 115. 363 So gibt es beispielsweise Unternehmen wie etwa die Porsche AG, die eine interne Unternehmensberatung besitzt, welche andere Unternehmen mit ihrem „Porsche“-Wissen berät. 364 Vgl. Meyer, A./Dullinger, F. (1998).
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
85
ternehmens in Bezug auf Controllinginstrumente oder -methoden herausstellen. Problematisch hingegen ist eine Lieferung an einen unternehmensexternen Kunden, falls dieser das Wissen zur Stärkung seiner eigenen Wettbewerbsposition und damit ggf. zur Schwächung des Lieferanten von Controllingwissen verwendet. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Definition der Leistungstiefe und -breite von Controllingwissen als ein Phänomen auf hohem Abstraktionsniveau darstellt. Mit der Hilfe von geeigneten Strategien und Zielen kann die Ausführung jedoch konkretisiert werden. 3.3.2 Strategien für Controllingwissen Strategien für den Umgang mit der Ressource Wissen bzw. Controllingwissen stellen eine Weiterentwicklung der markt-, ressourcen- und kernkompetenzenbasierten Strategien dar. Der marktbasierte Ansatz, der auf der klassischen Industrieökonomik365 basiert, besagt, dass der Erfolg eines Unternehmens sowohl von der Struktur der Branche abhängig ist, in der es operiert, als auch von der Strategie einzelner Geschäftsbereiche eines Unternehmens.366 PORTER gelingt es, allgemeine strategische Handlungsempfehlungen bezüglich der Wahl einer attraktiven Branche und der Position in dieser abzuleiten.367
365 Eine Übersicht über die Entwicklungen in der klassischen Industrieökonomik liefern beispielsweise Tirole, J. (1994), S. 2 ff.; Shy, O. (1995), S. 2 ff.; Cabral, L.M. (2000), S. 3 ff.; Bühler, S./Jaeger, F. (2002) und Bester, H. (2007). Im Rahmen dieser Theorie, die vor allem auf die Autoren Mason und Bain zurückgeht, wird das Marktverhalten mit Hilfe von Marktstrukturanalysen untersucht, um dieses zu erklären. Vgl. Mason, E.S. (1939 und 1959) und Bain, J. (1968). Hier spricht man auch von der sog. „Harvard-Schule“. Während die Forscher ihren Ansatz aus empirischen Studien ableiteten und zu einem Teil die formale Theorie vernachlässigten, konzentrierte sich im Gegensatz dazu die „Chicagoer Schule“ um George J. Stigler (1968) auf die theoretische Analyse. 366 Vgl. Rühli, E. (1995), S. 93 f. 367 Vgl. Porter, M.E. (1992), S. 31 ff.: Die Strategie der Kostenführerschaft zielt darauf ab, im Vergleich zu den Wettbewerbern in einer Branche der kostengünstigste Hersteller zu werden, um durch diese Position überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Die Strategie der Differenzierung verfolgt das Ziel, in einer Branche ein einmaliges und von Konsumenten hoch bewertetes Produkt anzubieten, um daraus überdurchschnittliche Ergebnisse zu generieren. Eine dritte Möglichkeit der strategischen Positionierung liegt in der Konzentration auf Schwerpunkte. Dabei erfolgt die Konzentration auf ein begrenztes Segment in einer Branche mit einem maßgeschneiderten Angebot, das wiederum über einen Kostenschwerpunkt oder einen Differenzierungsschwerpunkt Wettbewerbsvorteile generieren kann.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Der ressourcenorientierte Ansatz368 fokussiert, im Gegensatz zu dem der Marktorientierung, viel mehr auf die unternehmenseigene Ressourcenausstattung und erklärt diese für den Unternehmenserfolg verantwortlich.369 Der Erfolg eines Unternehmens resultiert aus strategischem Verhalten in Bezug auf die Verwendung seiner spezifischen Ressourcen. Ausgehend von diesen müssen mit Hilfe der Analyse von Schwächen und Stärken eines Unternehmens geeignete Wettbewerbsstrategien abgeleitet werden, um anhand dieser Erfolg zu generieren.370 Der (kern)kompetenzenorientierte Ansatz verbindet sowohl die Markt- als auch die Ressourcenperspektive.371 Dabei zielt dieser Ansatz vor allem auf das Verständnis unternehmensindividueller Fähigkeiten372 und Ressourcen als Vorstufen zu Kompetenzen und deren Einfluss auf den Unternehmenserfolg ab. Da Ressourcen allein allerdings nur ein Potenzial für den Geschäftserfolg darstellen können, müssen sie durch Fähigkeiten aktiviert werden, um Wert zu erzeugen. Der Prozess erfolgt anhand der kontinuierlichen Schaffung und Verbindung von kollektivem, betrieblichem Wissen.373 Der wissensbasierte Ansatz zeigt Strategien zur wissensorientierten Gestaltung eines Unternehmens auf, für die es verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten gibt.374 Diese sollen nun überblickshaft vorgestellt und anschließend in Bezug auf das Controllingwissen angewendet werden. 368 Die Begründung des ressourcenorientierten Ansatzes wurde durch Vorarbeiten von Penrose in den 50er Jahren geprägt. Sie rückt die internen Ressourcen und Fähigkeiten in den Vorder grund der Betrachtung und stellt die Analyse der Stärken und Schwächen eines Unternehmens als Ausgangspunkt für die Entwicklung strategischer Managementinstrumente dar. Vgl. Penrose, E.T. (1959). Eine ausgiebigere Bearbeitung der ressourcenorientierten Ansätze durch andere Autoren erfolgte zu Beginn der 80er Jahre; vgl. zu der zeitlichen Entwicklung Freiling, J. (2000). 369 Vgl. zu den ressourcenorientierten Beiträgen im strategischen Management z.B. Wernerfelt, B. (1984); Barney, J. (1991), S. 101; Rasche, C./Wolfrum, B. (1994), S. 502 ff.; Rühli, E. (1995), S. 94 ff.; zu Knyphausen-Aufsess, D. (1995), S. 82 ff.; Bamberger, I./Wrona, T. (1995) und Duschek, S./Sydow, J. (2002), S. 426 ff. Empirische Studien stellen die Ergebnisse der industrieökonomischen Forschung in Frage; vgl. dazu beispielsweise die Studie von Hansen, G.S./Wernerfelt, B. (1989). 370 Vgl. Rasche, C./Wolfrum, B. (1994), S. 502. 371 Vgl. zum kompetenz- und kernkompetenzorientierten Ansatz z.B. Prahalad, C.K./Hamel, G. (1990); Stalk, G./Evans, P./Shulman, L.E. (1992); Leonard-Barton, D. (1992); Amit, R./Schoemaker, P.J. (1993); Hamel, G. (1994); Rasche, C. (1994); Hax, A.C./Majluf, N.S. (1996); Krüger, W./Homp, C. (1997) und Homp, C. (2000). 372 Vgl. dazu Pousttchi, P./Herrmann, A. (2001), S. 310. Unter Fähigkeit verstehen die Autoren Routinen beim Gebrauch von Ressourcen und das Verständnis über die Interaktion und das Zusammenwirken unternehmensspezifischer Ressourcen. Kompetenz hingegen ist die längerfristige Beherrschung der Interaktion und des Zusammenwirkens vieler verschiedener Ressourcen. 373 Vgl. Brown, J.S./Duguid, P. (1999), S. 77. 374 Vgl. Remus, U. (2002), S. 92 f.
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
87
3.3.2.1 Wissensstrategien Eine erste Analyse von Wissensstrategien legten BIERLEY/CHAKRABARTI vor, die unterschiedliche Wissensstrategien von Unternehmen anhand einer Studie von 21 Unternehmen der US-amerikanischen Pharmabranche von 1977 bis 1991 empirisch untersuchten und auf deren Effizienz überprüften.375 Aus den Ergebnissen entwickelten die Autoren ein Instrument zur Definition von Wissensstrategien. Dazu verwenden sie eine Fähigkeitsmatrix376, an der auf einer Achse das Niveau des Wissensvorsprungs gegenüber der Konkurrenz aufgetragen und auf einer zweiten Achse die aktuelle interne Nutzung von Wissen gekennzeichnet wird (s. Abb. 12).
Abbildung 12: Fähigkeitsmatrix377 Es lassen sich vier Quadranten unterscheiden, für die jeweils adäquaten Wissens375 Vgl. Bierly P./Chakrabarti, A. (1996) und zu einer weiteren Erläuterung der Studie auch Welge, M./Al-Laham, A. (2001), S. 51 f. 376 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 51 f. Ähnlich auch von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 110 ff. 377 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 51.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
strategien angewendet werden können. Die Wissensstrategie für den ersten Quadranten, der sich durch einen niedrigen Wissensvorsprung und eine geringe Wissensnutzung auszeichnet, befürwortet ein Outsourcing von Fähigkeiten. Der zweite Quadrant, gekennzeichnet durch einen niedrigen Wissensvorsprung, aber einer hohen Wissensnutzung, impliziert entweder die Strategie der Substanzerhaltung einiger Basisfähigkeiten oder die Verbesserung von Basisfähigkeiten. Der dritte Quadrant mit den Merkmalen eines hohen Wissensvorsprungs, aber einer geringen Wissensnutzung, verlangt nach der Strategie der Anwendung von vorhandenen Potenzialen. Einen hohen Wissensvorsprung und einen hohen Grad der Wissensnutzung zeichnet den vierten Quadranten aus. Die Wissensstrategie sollte bei dieser Charakterisierung dahin gehend geplant werden, dass Fähigkeiten auch auf andere Märkte/Geschäftsbereiche übertragen werden. Das gleiche Instrument der Matrix wendet AL-LAHAM an, der eine VierFelder-Matrix aufbaut, anhand derer er ebenfalls Wissensstrategien ableitet. Dabei spannt er auf einer x-Achse die Dimension „Relevanz des Wissens für die Wettbewerbsstrategie“ mit den Ausprägungen „niedrig“ und „hoch“ und auf der y-Achse die Dimension „Aktuelle Wissensmärkte“ mit den gleichen Ausprägungen auf. Den einzelnen Feldern ordnet er strategische Maßnahmen zu:378 Hohe Relevanz/niedrige Wissensstärke: Auf individueller Ebene Akquisition von implizitem Wissen durch Weiterbildung oder Neueinstellungen und den Einsatz freier Mitarbeiter, Berater etc. Auf organisationaler Ebene bieten sich die Bildung von Kooperationen oder Allianzen mit anderen Unternehmen an. Niedrige Relevanz/niedrige Wissensstärke: Explizierung von implizitem Wissen, Verbesserung der Wissensnutzung durch kulturspezifische, strukturelle und technologische Maßnahmen und Verbesserung der Multiplikation und Integration von Wissen in Form von Mentoring und Aus- und Weiterbildung. Niedrige Relevanz/hohe Wissensstärke: Transfer der Wissenspotenziale in andere Anwendungsbereiche. Hohe Relevanz/hohe Wissensstärke: Einsatz von Sicherungs- bzw. Schutzstrategien wie z.B. Geheimhaltungsmaßnahmen und rechtliche Absicherung sowie Maßnahmen der Vertragsgestaltung, Arbeitsgestaltung und Anreizstruktur. Auch ZACK nutzt eine zweidimensionale Darstellung, indem er eine wissensbasierte SWOT-Analyse379 konstruiert, um mit deren Hilfe Wissensstrategien abzu378 Vgl. Al-Laham, A. (2003), S. 345 ff. 379 Im Rahmen der SWOT-Analyse werden Unternehmensstärken (Strenghts) und -schwächen (Weaknesses) einerseits und Umweltchancen (Opportunities) sowie -gefahren (Threats) andererseits auf einer Matrix abgetragen. Durch eine Auflistung aller externen und internen
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
89
leiten.380 Dabei werden die Wissensressourcen und Fähigkeiten mittels ihrer strategischen Möglichkeiten und Gefahren systematisiert, um Vorteile sowie Schwächen zu analysieren. Eine Visualisierung ermöglicht es, in einem nächsten Schritt geeignete, wissensorientierte Strategien abzuleiten. Mit Hilfe der Analyse kann erkannt werden, welches Wissen entwickelt oder akquiriert werden muss. GÜLDENBERG erweitert die zweidimensionale Betrachtung in Bezug auf die Ressource Wissen hin zu einem Wissensattraktivitäts-Portfolio381, das auf der Lerntheorie aufbaut und Wissensbestandteile eines Unternehmens anhand der Dimensionen „organisationale Wissensposition“ mit den Ausprägungen „schwach“ und „stark“, „Verbreitungsgrad des Wissens“ mit den Ausprägungen „weit verbreitet“ und „einzigartig“ und „wirtschaftlicher Nutzen“ mit den Ausprägungen „niedrig“ und „hoch“ in einem dreidimensionalen Portfolio einordnet. Leitfaden für die Betrachtung des Modells ist der Wissenslebenszyklus, der bei einer schwachen organisationalen Wissensbasis, einem geringen wirtschaftlichen Nutzen und einem einzigartigen Wissen beginnt. Den einzelnen strategischen Positionen werden jedoch keine konkreten strategischen Optionen zugeordnet.382 Damit dient diese Darstellung nur als Abbildung möglicher Positionen, ohne jedoch strategische Handlungsoptionen aufzuzeigen und soll daher für die weitere Betrachtung in Bezug auf Controllingwissen ausgeblendet werden. 3.3.2.2 Controllingwissenstrategien Im Folgenden werden verschiedene Ansätze miteinander kombiniert, um als Ergebnis eine Strategie für den Umgang mit Controllingwissen zu entwickeln, die mit dem Forschungsziel dieser Arbeit vereinbar ist. Mit Hilfe dieser Ausführungen kann erkannt werden, welches Controllingwissen in der Beziehung zwischen dem Manager und Controller überhaupt aufgebaut und ausgetauscht werden soll, damit der Unternehmenserfolg positiv beeinflusst werden kann. Um eine möglichst praxisnahe Umsetzbarkeit zu erreichen, soll als Grundlage für die Ableitung von Wissensstrategien für Controllingwissen die beispielhafte Einführung einer neuen Richtlinie mit Controllingrelevanz betrachtet werden. Dabei wird auch in die drei Arten des Controllingwissens unterschieden, in Methoden-, Fakten- und Beziehungswissen.
Entwicklungen kann die strategische Stoßrichtung eines Unternehmens abgeleitet werden; vgl. dazu z.B. Macharzina, K. (2003), S. 298 ff. mit einem Beispiel. 380 Vgl. Zack, M.H. (1999), S. 130 ff. 381 Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 383 ff. 382 Vgl. zu einer Kritik auch Al-Laham, A. (2003), S. 343 f.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Zunächst ist der aktuelle Wissensbestand des Controllingwissens zu ermitteln. Dieses kann etwa durch eine Erstellung eines Inventars der organisationalen Controllingwissensbasis erfolgen und ließe sich als Aufgabe etwa dem Controller zuordnen, der mit dem Umgang mit IT-Systemen zur Aufnahme solcher Inhalte vertraut ist. Durch diese Maßnahme ist jedoch nur die Erfassung von explizitem Controllingwissen möglich. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in Form von Expertengesprächen sowohl mit Managern als auch mit Controllern eine Analyse des vorhandenen Wissenstandes durchzuführen. So könnte mit strukturierten Interviews eine Abschätzung erfolgen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten im Unternehmen vorhanden sind. Diese Wissensbestände des Controllingwissens lassen sich anschließend auch in Aufgabenfelder des Controlling unterscheiden, um so eine grobe Strukturierung zu ermöglichen. Beispielhaft lässt sich der aktuelle Wissensbestand zur Thematik der neuen Richtlinie darstellen (s. Abb. 13):
Abbildung 13: Wissensbestand Controllingwissen Die Darstellung gibt, exemplarisch betrachtet, jeweils eine mittelhohe Ausprägung von Controllingwissen an über die Methoden zur Umsetzung der neuen Richtlinie über Controllingwissen, darüber, welche Personen mit der Thematik beschäftigt sind und darüber, welche Hintergründe bzw. Auswirkungen diese neue Richtlinie auf das Unternehmen haben wird. In einem zweiten Schritt lassen sich die grundlegenden Sollvorstellungen für die jeweiligen Arten des Control-
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
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lingwissens in einer Gesamtdarstellung mit der Ausgangssituation, dem IstZustand, vergleichen (s. Abb. 14).
Abbildung 14: Zielzustand Controllingwissensbestand Die Festlegung der Ziele wird (vorrangig) durch den Manager erfolgen, dabei kann dieser jedoch auch auf die Unterstützung des Controllers zurückgreifen. Der Controller hat die Rolle eines „Wissenscontrollers“, der den Manager bei der Anpassung der Controllingwissensbasis und der Ausgestaltung von Zielen und Strategien hinsichtlich des Umgangs mit Controllingwissen unterstützt.383 In einem dritten Schritt stehen die strategischen Maßnahmen im Fokus, die die Zielerreichung unterstützen. Um die Komplexität möglichst gering zu halten, sollen jeweils isolierte Betrachtungen für die drei Arten des Controllingwissens vorgenommen werden. Anhand der Kriterien „Bestand vorhandenes Controllingwissen“ und „Bedarf an Controllingwissen“, jeweils mit den Ausprägungen „gering“ und „hoch“, lässt sich eine Matrix aufspannen. Die Ermittlung des Bestandes an Controllingwissen wurde bereits im vorherigen Schritt erläutert. Hier muss entweder der Manager allein oder in Zusammenarbeit mit dem Controller den jeweiligen Ausprägungsgrad des Bestandes an Controllingwissen bzw. dessen Erstellung bestimmen. Zudem ist der Bedarf an Control383 Vgl. Middelmann, U. (2001), S. 506.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
lingwissen festzulegen. Aus den vier einzelnen Feldern lassen sich Strategien für den Umgang mit Controllingwissen, hier jeweils zu einer bestimmten Thematik (wie in diesem Fall die Einführung einer neuen Richtlinie) und zur jeweiligen Art des Wissens (Methoden-, Fakten- und Beziehungswissen), bestimmen (vgl. Abb. 15). So müssten im Rahmen einer umfassenden Analyse für alle drei Arten des Controllingwissens eigene Matrizen aufgestellt werden.
Abbildung 15: Strategische Handlungsalternativen für Controllingwissen Folgende strategische Handlungsalternativen ergeben sich aus der Analyse: Geringer Bestand/geringer Bedarf: Sollte kaum Controllingwissen bezüglich einer neuen Richtlinie vorliegen und dieses Thema auch für die Anwender des Controllingwissens nicht von Bedeutung sein, kann dieses etwa durch Löschung aus der Controllingwissensbasis entfernt werden, um dadurch Ressourcen zu sparen. Ebenfalls kann kommuniziert werden, dass dieses spezifische Controllingwissen nicht mehr benötigt wird, womit Individuen ein Hinweis auf ein mögliches „Verlernen“ gegeben wird. Zudem
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
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sollten Fördermaßnahmen zum Wissensaufbau, etwa in Form von Seminaren, beendet werden. Hoher Bestand/geringer Bedarf: Sollte ein hoher Bestand von Controllingwissen existieren, jedoch aktuell kein Bedarf danach vorhanden sein, lässt sich die Nachfrage durch geeignete Maßnahmen ggf. erhöhen. So kann etwa durch Informationsveranstaltungen, Kommunikationsinstrumente oder andere Mittel zur Erregung der Aufmerksamkeit, die Notwendigkeit des Themas bzw. der Bedarf an Controllingwissen, in diesem Fall der neuen Richtlinie, geweckt werden. Auch kann dieses Wissen aus der Controllingwissensbasis gelöscht werden, um Speicherkapazitäten für neues Controllingwissen zur Verfügung zu stellen. Geringer Bestand/hoher Bedarf: Im Fall eines geringen Bestandes an Controllingwissen, jedoch gleichzeitig hohem Bedarf, müssen Maßnahmen zum gezielten Aufbau von Controllingwissen getroffen werden. Dies könnten etwa die Schulung von Managern und Controllern sein oder ggf. auch der Bezug von externem Controllingwissen. Auf die Entscheidung des Bezugs wurde bereits im Rahmen der Gestaltung des Leistungsprogramms eingegangen. Hoher Bestand/hoher Bedarf: Bei einem hohen Bedarf und einem hohen Wissensbestand gilt es, das aktuelle Controllingwissen zu verwalten, zu aktualisieren und auszubauen. Die jeweiligen Handlungsalternativen stellen jedoch nur allgemeine Aussagen dar. Die Festlegung von Strategien und Zielen setzt allerdings voraus, dass dieses Controllingwissen explizit vorliegt. Andernfalls kann kein Management erfolgen. Deshalb wird im Folgenden auf die Explizierung von Controllingwissen eingegangen wozu vorrangig verhaltensbasierte Themen vorzustellen sind. 3.3.3 Explizierung von Controllingwissen und Einfluss der Kultur Eine strategische Ausrichtung für den Umgang mit Controllingwissen ist nicht möglich, solange dieses Controllingwissen in impliziter Form noch in den Köpfen der Manager und Controller verankert ist. Es gilt daher, die Explizierung des Controllingwissens zu fördern. Da eine solche Explizierung von Wissen nicht erzwungen werden kann, müssen Aspekte betrachtet werden, welche die Motivation der Manager und Controller zu einer Preisgabe des Controllingwissens fördern. Hierzu wurde im Rahmen der Interaktion zwischen dem Manager und Controller bereits auf die Motivation bezüglich der Informationsversorgung eingegangen. Ausgeklammert wurden bei dieser Betrachtung jedoch bisher un-
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
ternehmenskulturelle Aspekte, die neben der Gestaltung von Anreiz- und Kontrollsystemen Einfluss auf den Wissensaustausch zwischen Manager und Controller haben können. 3.3.3.1 Unternehmenskultur Die Unternehmenskultur prägt die Überzeugungen, Denkmuster, Wertvorstellungen und Verhaltensnormen, die das Sprechen, Denken und Handeln von Organisationsmitgliedern beeinflussen.384 Sie lässt sich aus zwei theoretischen Perspektiven, der des Variablen- und der des Metaphernansatzes, untersuchen.385 Während der Variablenansatz davon ausgeht, dass ein Unternehmen eine Kultur besitzt, postuliert der Metaphernansatz, dass ein Unternehmen eine Kultur ist.386 Der Variablenansatz stellt die Unternehmenskultur als eine von mehreren organisatorischen Variablen dar, die einen Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat, aus verschiedenen materiellen und immateriellen Elementen besteht und aktiv geschaffen und verändert werden kann.387 Der Metaphernansatz hingegen besagt, dass die Unternehmenskultur eine Art Metapher ist, die sich als System durch die täglichen Interaktionen der Unternehmensmitglieder konstituiert und verändert,388 d.h. die Kultur kann nicht aktiv beeinflusst werden. Beide Sichtweisen bilden jeweils Extreme, zwischen denen aber auch Ansätze existieren, die davon ausgehen, dass Organisationen einerseits Kulturen sind, auf die man aber andererseits behutsam einwirken und sie damit verändern kann.389 Das wohl bekannteste und am weitesten verbreitete Modell zur Unternehmenskultur ist das Modell nach SCHEIN.390 Dieses verbindet beide Modelltypen, indem es drei Ebenen der Unternehmenskultur aufspannt391, die das Verhalten von Unternehmensmitgliedern bestimmen. Anhand der Determinanten der Ebenen lassen sich jeweils Möglichkeiten zur Beeinflussung des Verhaltens ableiten: Die oberste bzw. erste Ebene besteht aus Artefakten als beobachtbare Ausprägungen. Diese können in verbaler (Geschichten, Liedern etc.), interakti384 Vgl. Hauschild, S./Licht, T./Stein, W. (2001), S. 78. 385 Vgl. Heinen, E. (1997), S. 15 ff. und Schreyögg, G. (2003), S. 450. Schwarz, G. (1989), S. 33 ergänzt den integrativen Ansatz, der eine Verbindung beider Ansätze darstellt. 386 Vgl. Schwarz, G. (1989), S. 35 f. 387 Vgl. Sackmann, S.A. (1992), S. 155 ff. 388 Vgl. Rohloff, S. (1994), S. 94 ff. und Sackmann, S.A. (1992), S. 161 f. 389 Vgl. zu dieser Aussage und den einzelnen Ansätzen Schwarz, G. (1989), S. 33 ff.; Hofstede, G. (1991), S. 199 und Schreyögg, G. (2003), S. 450. 390 Vgl. Schein, E.H. (1985). Vgl. zu der Aussage über den Bekanntheitsgrad Alavi, M./Kayworth, T.R./Leidner, D.E. (2005), S. 194. 391 Vgl. Schein, E.H. (1985), S. 13 ff.
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
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onaler (Riten, Traditionen etc.) und objektivierbarer Form (Statussymbole, Logos etc.)392 vorkommen. Die mittlere bzw. zweite Ebene umfasst Werte. Werte sind nach SCHEIN Prinzipien, nach denen sich Unternehmensmitglieder verhalten.393 Die unterste bzw. dritte Ebene und damit die Basis der Unternehmenskultur enthält das Wesentliche der Kultur in Form von Grundannahmen394. Diese sind unbewusst und werden von den Unternehmensmitgliedern als so selbstverständlich angenommen, dass sie nicht diskutierbar sind. Diese Grundannahmen haben sich im Laufe der Zeit aus Werten abgeleitet, die dauerhaft bestimmte Probleme gelöst haben.395 Die Tiefe der Ebene offeriert den Grad der Beeinflussbarkeit der Unternehmenskultur. Während die oberste Ebene nur „oberflächliche“ Gründe für das Verhalten von Unternehmensmitgliedern enthält, bestimmen die „tiefergehenden“ Ebenen die wahren Gründe für Verhalten. Es gilt daher, die Grundannahmen und Werte zu ermitteln und zu verstehen, um die oberste Stufe der Kultur richtig zu deuten.396 Auf der obersten Ebene der Kultur kann das Verhalten von Organisationsmitgliedern mit Hilfe von Anreizen bzw. Anreizsystemen beeinflusst werden. In Bezug auf die Explizierung von Wissen muss vorrangig die intrinsische Motivation gefördert werden, da Formen der extrinsischen Motivation, wie etwa Sanktionen oder Regelungen, eine Explizierung von implizitem Wissen eher behindern.397 Eine monetäre Form von Anreizen kann nicht eingesetzt werden, da eine Bewertung von Wissen kaum möglich ist.398 Somit ist vorrangig die Gestaltung von Anreizen vorzunehmen, die aus intrinsischer Sicht die Explizierung von implizitem Wissen fördern können. Dazu zählen etwa Karriereaussichten, Partizipation, Inhalte der Arbeit oder Anerkennung im Unternehmen.399 Über die Gestaltung von Anreizen hinaus muss die Unternehmenskultur aber 392 Vgl. zu einer Übersicht über die verschiedenen Ausprägungen und zu weiteren Beispielen: von Rosenstiel, L. (2000), S. 151. 393 Vgl. Schein, E.H. (1985), S. 15 und zu einer Übersicht über Wertdimensionen und Bestandteile Rohloff, S. (1994), S. 116. 394 Vgl. zu einer Übersicht über die Grundannahmen Kluckhohn, F.R./Strodtbeck, F.L. (1961), S. 10 ff. 395 Vgl. Schein, E.H. (1985), S. 18 ff. 396 Vgl. dazu Schwarz, G. (1989), S. 147: Von den Artefakten, Werten und Grundannahmen gehen unterschiedliche Wirkungen aus. Artefakte übernehmen eine Verständigungs- und Verstärkungsfunktion, Werte haben eine Vorgabe- und Auswahlfunktion in Bezug auf Handlungsprozesse inne, und Grundannahmen übernehmen eine Bedeutungs- und Interpretationsfunktion. 397 Vgl. Osterloh, M./Frost, J. (2000), S. 65. 398 Vgl. von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 212. 399 Vgl. Nohr, H. (2001), S. 9.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
auch Barrieren beseitigen, die den Austausch von Wissen beeinflussen bzw. verhindern können.400 Barrieren bestehen sowohl in individueller als auch in organisationaler Art.401 Individuelle Barrieren im Umgang mit Wissen führen dazu, dass Individuen ihr persönliches Wissen der Organisation nicht zur Verfügung stellen bzw. in der Organisation vorhandene Wissenspotenziale nicht nutzen. Organisationale Wissensbarrieren verhindern den Umgang mit Wissen innerhalb einer Organisation und führen zu einer suboptimalen Ausschöpfung der Wissensbasis.402 Erstere liegen etwa in der fehlenden Fähigkeit begründet, sich einer neuen Situation anzupassen oder im fehlenden Selbstvertrauen bezüglich der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Mögliche organisationale Barrieren können dann bestehen, wenn eine gemeinsame Sprache fehlt, organisationale Routinen die wissensorientierte Kultur nicht unterstützen, Prozesse nicht auf den Umgang mit Wissen abgestimmt sind und die Leitbilder eines Unternehmens nicht den Stellenwert von Wissen hervorheben. Der Abbau von Barrieren kann nur durch eine Kultur des Vertrauens und der Fehlertoleranz erreicht werden, in der Wissensteilung erwünscht ist und die von einem Innovationsgeist und einer hohen Kommunikationsintensität geprägt ist.403 Eine solche propagierte Kultur zeichnet sich durch diverse Erfolgsfaktoren aus: Offenheit: Wissensfreundliche Unternehmen propagieren freien Zugriff auf und freien Austausch von Wissen. Auch werden die Bereitschaft zum Arbeiten mit fremdem Wissen und die Offenheit gegenüber allen Wissensquellen gefordert.404 Vertrauen: Vertrauen muss sowohl von Seiten des Unternehmens als auch von Seiten des Mitarbeiters gegeben sein. Das Unternehmen darf das Angebot und die Nachfrage von Wissen nicht sanktionieren, sondern muss diese positiv honorieren. Mitarbeiter hingegen müssen bereit sein, Firmengeheimnisse zu bewahren, und dazu fähig sein, eigenverantwortlich zu handeln.
400 Vgl. zu einer Übersicht von individuellen und organisationalen Wissens- und Lernbarrieren Schüppel, J. (1996), S. 122. 401 Vgl. von Krogh, G./Ichijo, K./Nonaka, I. (2000), S. 18 ff. und Al-Laham, A. (2003), S. 369 ff. Heppner erweitert diese um Barrieren des Wissenstransfers auf Gruppenebene, vgl. Heppner, K. (1997), S. 213 ff. 402 Vgl. dazu und im Folgenden Schüppel, J. (1996), S. 110. 403 Vgl. Friedrich, R./Raffel, F.-C. (1998), S. 51 ff.; De Long, D.W./Fahey, L. (2000), S. 121 f.; von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 206 ff. und Bleicher, K. (2004), S. 118. 404 Vgl. Davenport, T.H./De Long, D.W./Beers, M.C. (1998), S. 52.
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
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Gemeinschaft: Ein Gemeinschaftsgefühl entsteht, wenn Mitarbeiter auf der Basis von gemeinsamen Werten und Grundannahmen gemeinsame Ziele verfolgen.405 VON KROGH ergänzt diese Liste, indem er neben der Dimension „Vertrauen“ noch ein aktives Einfühlungsvermögen, die Möglichkeit, Hilfe in Anspruch zu nehmen, Nachsichtigkeit im Urteilen und Mut als weitere Erfolgsfaktoren für eine wissensfreundliche Unternehmenskultur nennt.406 Im Falle von deren Existenz kann sich eine Kultur herausbilden, die ein positives Verhalten bezüglich der Wissensteilung begründet.407 Diese auf einem sehr abstrakten Niveau liegenden Aussagen werden im Folgenden auf den spezifischen Fokus des Controllingwissens bzw. den Manager und Controller als Repräsentanten der Träger von Controllingwissen angewendet. 3.3.3.2 Controllingkultur Zunächst ist festzustellen, dass eine Controllingkultur existieren kann. Eine Controllingkultur ist eine Unterform bzw. Subkultur408 der Unternehmenskultur. Die Controllingkultur wird von der Unternehmenskultur beeinflusst, trägt selbst aber auch zu einer Gestaltung der Unternehmenskultur bei.409 Eine Subkultur kann auf funktions- und aufgabenspezifische Unterschiede sowie räumliche und organisatorische Differenzen innerhalb eines Unternehmens zurückgeführt werden.410 Eine Controllingkultur bestimmt dabei die Abgrenzung, Auswahl und Anwendung der Controllinginhalte und Controllinginstrumente. Sie manifestiert sich durch das Controllingverständnis, das Aufgabenspektrum sowie über die
405 Vgl. Alvesson, M. (1995), S. 152. 406 Vgl. von Krogh, G./Ichijo, K./Nonaka, I. (2000), S. 49 ff.; Armutat, S. et al. (2002), S. 38 ff. und Renzl, B. (2003), S.106 ff. Eine Auflistung weiterer Eigenschaften aus Sicht verschiedener Autoren zeigt Al-Laham, A. (2003), S. 384. 407 Vgl. Alavi, M./Kayworth, T.R./Leidner, D.E. (2005), S. 197. 408 Vgl. Kremmel, D. (1996), S. 63; Veser, E. (1995), S. 19; Schreyögg, G. (2003), S. 466 ff. und De Long, D.W./Fahey, L. (2000), S.117 zum Begriff der Subkultur. Eine Subkultur ist eine Teilkultur, die nur von einer bestimmten Gruppe von Unternehmensmitgliedern getragen wird. Es können sich Funktionalkulturen, objektbezogene Kulturen oder regionalspezifische Subkulturen herausbilden. 409 Vgl. Witt, F.-J. (1994), S. 3 ff. Eine empirische Untersuchung belegt diese Aussage. 410 Vgl. Wunderer, R./Walser, F. (1986), S. 243. Die Autoren beschreiben die Konfliktpotenziale zwischen Mitgliedern der Marketing- und der F&E-Abteilung, die stellvertretend für unterschiedliche Subkulturen stehen.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Werkzeugvielfalt.411 Nach Ansicht von BIEL resultiert ein erfolgreiches Controlling aus einer Controllingkultur, die durch geringes Hierarchie- und Statusdenken geprägt ist, wenig politisch ausgerichtet ist, kein übermäßiges Bereichsdenken fördert, eine offene Kommunikation und Transparenz bietet, es ermöglicht, Konflikte konstruktiv zu lösen, auf Vertrauen basiert und eine Fehlertoleranz aufweist und eine gemeinsame Vision hat. Im Mittelpunkt dieser Aspekte und damit als ausschlaggebend für eine positive Controllingkultur stehen dabei die Transparenz und das Vertrauen, die als die wichtigsten Bestimmungsfaktoren für ein modernes Controlling gelten.412 In Bezug auf Controllingwissen stellt sich die Frage, wie eine Controllingkultur ausgestaltet sein muss, damit sowohl Manager als auch Controller bereit sind, ihr Controllingwissen zu explizieren. Einerseits müssen Anreize für die Explizierung von Controllingwissen etabliert werden. Diese sollten vor allem immaterieller Art sein und die intrinsische Motivation der Manager und Controller zur Wissensbereitstellung fördern. Andererseits muss eine Kultur derart ausgestaltet sein, dass sie die Entstehung und die Nutzung von vorhandenem Controllingwissen fördert, indem sie ein Klima des Vertrauens, Helfens und Unterstützens zwischen den Wissensträgern entwickelt und damit gleichzeitig Barrieren für den Austausch von Controllingwissen abbaut.413 Sollte eine solch spezifische Controllingkultur (noch) nicht existieren, so müsste nach dem Modell von SCHEIN ein Eindringen in die Ebene der Werte und Grundannahmen erfolgen.414 Dieses ist jedoch nur in einem sehr begrenzten Umfang und nur längerfristig möglich. Ausgangspunkt für eine mögliche Beeinflussung der Controllingkultur ist zunächst eine Diagnose der vorhandenen Situation. Auf Basis eines IstZustandes findet eine Beurteilung statt, die in einem nächsten Schritt das aktive Gestalten ermöglicht.415 Das Kulturmanagement416 als Oberbegriff für diese Aktivitäten kann anhand von drei Dimensionen durchgeführt werden:417
411 Vgl. Witt, F.-J. (1994), S. 10. 412 Vgl. Biel, A. (2002), S. 31. 413 Vgl. dazu auch Hinterhuber, H.H. (2004), S. 267 f. Er verortet diese Aufgaben im strategischen Controlling. 414 Vgl. dazu das Modell von Schein, E.H. (1985). 415 Vgl. Kobi, J-M./Wüthrich, H.A. (1986), S. 65 ff. Sie führen auch geeignete Instrumente und Vorgehensweisen zur Diagnose auf. 416 Zum Begriff des Kulturmanagements äußern sich Kobi, J.-M./Wüthrich, H.A. (1986), S. 162 folgendermaßen: „Es gibt kein Kulturmanagement, sondern nur kulturbewusstes Management.
3.3 Programm und Strategie für expliziertes Controllingwissen
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Eine Kulturgestaltung kann durch die Kulturträger erfolgen, indem bei der Personalgewinnung auf ein „Fit“ der Person zur Kultur geachtet wird, eine entsprechende Vermittlung vorgenommen wird und die Personalentwicklung die Kulturgestaltung abstimmt. So ist in Bezug auf die Träger des Controllingwissens im Rahmen der Personalgewinnung darauf zu achten, dass diese potenziell einer offenen, wissensteilenden Controllingkultur gegenüber positiv eingestellt sind. Ebenso sollte eine Vermittlung von gelebten Werten erfolgen. Weiterhin können Kontextbedingungen Ansatzpunkte für die aktive Beeinflussung einer Unternehmenskultur darstellen. So ist etwa die Erstellung eines Leitbildes eine Möglichkeit, die gewünschten Rahmenbedingungen darzustellen.418 KRONAST unterscheidet zwei Typen von ControllingLeitbildern:419 Ein derivatives Controlling-Leitbild kann aus dem Unternehmensleitbild abgeleitet werden und enthält damit Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung des Controlling. Wenn ein Controlling-Leitbild ohne einen direkten Bezug zum Unternehmensleitbild aus den Reihen des Controlling entwickelt wird, handelt es sich um ein originäres ControllingLeitbild. Es beeinflusst das Handeln der Unternehmensmitglieder, denen die Funktion des Controlling übertragen wurde. Durch spezifische Vorgaben wird das Handeln in Bezug auf die Ausführung von Controllingaufgaben beeinflusst und in eine vorgegebene Richtung gelenkt. Ein dritter und ebenso wichtiger Ansatzpunkt für das Kulturmanagement ist die Person der Führungskraft und deren Einwirkung auf die Unternehmenskultur.420 Durch sein Handeln hat der Manager einen hohen Einfluss auf die Unternehmenskultur. So sollte die Führungskraft eher Fragen stellen, als Antworten geben, eher zuhören als sprechen und eher Experimentierfreude besitzen als kurzfristige Erfolg unterstützen.421 Während diese Gestaltungsaspekte dem Manager zuzuordnen sind, können Controller jedoch auch unterstützend wirken. Im Gegensatz zum Einfluss des Managers auf die Kultur ist der Einfluss des Controllers jedoch eher gering.422 Eine
417 418 419 420 421 422
Unternehmenskultur kann in diesem Sinne nicht ‚gemanaged’, sondern nur ‚vorgelebt’ und ‚gelebt’, allenfalls gestaltet werden.“ Vgl. zu diesen Dimensionen Sackmann, S.A. (1992), S. 171 und ausführlich dazu S. 172 ff. Vgl. zu einem controllingspezifischen Leitbild auch Wielpütz, A.U. (1996), S. 142 ff. Vgl. Kronast, M. (1989), S. 202 ff. Vgl. dazu Sackmann, S.A. (1992), S. 171 ff.; Rohloff, S. (1994), S. 186 ff.; Kremmel, D. (1996), S. 182 ff.; Dill, P./Hügler, G. (1997), S. 184 und Tuppinger, J. (2003), S. 179 ff. zu einer Auflistung verschiedener Instrumente für das Kulturmanagement. Vgl. Hatten, K.J. (2002), S. 3. Vgl. Schwarz, G. (1989), S. 233 ff. Der Autor nennt als Träger der Gestaltung von Unternehmenskultur die Gruppen der externen Consultants, der Personalabteilung und der Führungskräfte. Vgl. zu dieser Aussage auch eine Studie über Controllingkultur von Witt, F.-J. (1994).
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Studie unter Managern über das Fremdbild des Controllers zeigt, dass der Controller bei der Prägung einer Controllingkultur weitgehend versagt. Das Eigenbild des Controllers ist vornehmlich positiv in Bezug auf die fachliche Qualifikation geprägt und zielt nur geringfügig auf eine Beeinflussung der Unternehmenskultur ab.423 Controller sollten jedoch darauf achten, dass ihre Sprachregelungen, Handlungsprogramme und Vergegenständlichungen so ausgestaltet sind, dass auch Nichtcontroller ihre Ausführungen in geeigneter Form interpretieren und einsetzen können.424 Eine gemeinsame Sprache ist ein wesentliches Ausdrucksmerkmal kultureller Gemeinsamkeiten.425 Sollten die kulturellen Rahmenbedingungen eine Explizierung von Controllingwissen fördern, ist in einem nächsten Schritt zu untersuchen, wie mit dem expliziten Controllingwissen umgegangen wird. Der Manager kann sein Controllingwissen oder auch das Wissen, dass eine Information für ein Unternehmen nicht von Bedeutung ist, direkt der Controllingwissensbasis zufügen. Dieses liegt, nach dem Verständnis des organisationalen Lernens, laut DUNCAN/WEIS darin begründet, dass der Manager Teil der dominanten Koalition ist. Somit muss er nicht zwangsläufig eine Abstimmung mit anderen Organisationsmitgliedern vornehmen.426 Anders verhält es sich mit dem Controller. Der Explizierung von Wissen im Allgemeinen folgt entweder die Zuführung des Controllingwissens in die Controllingwissensbasis oder die Sozialisation in Form des Gruppenlernens. Deshalb wird im Folgenden zunächst auf das Gruppenlernen von Controllingwissen eingegangen, bevor abschließend das Phänomen der Controllingwissensbasis im darauf folgenden Kapitel betrachtet wird. 3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen Nach der Explizierung von Controllingwissen ist dieses so lange weiterhin personengebunden, bis es entweder vom Manager in die Controllingwissensbasis überführt wurde oder im Rahmen der Kombination nach dem Verständnis des organisationalen Lernens von NONAKA/TAKEUCHI mit anderen Personen ausgetauscht und kombiniert wird.427 Nach erfolgtem Austausch bzw. Kombination kann das Controllingwissen der Wissensbasis zugefügt werden, nicht jedoch 423 424 425 426 427
Vgl. Witt, F.-J. (1994), S. 6 ff. Vgl. Fischer, T. (2002), S. 270 ff. Vgl. Ritsch, K. (2004), S. 125. Vgl. dazu die Lerntheorie nach Duncan, R.B./Weiss, A. (1979). Vgl. dazu das Modell der Wissensspirale nach Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 87.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
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ohne zuvor eine Abstimmung mit Mitgliedern der dominanten Koalition zu durchlaufen.428 Übertragen auf die Praxis können Manager ihr Controllingwissen direkt in die Controllingwissensbasis einstellen, ohne das Controllingwissen zwangsläufig mit anderen Managern bzw. der Unternehmensleitung oder aber Controllern abstimmen zu müssen. Beispielsweise könnte, analog zu dem Exempel der Einführung einer neuen Richtlinie, vom Manager eine bestimmte Prozessdokumentation, insbesondere für den Controller, als verbindlich eingestuft werden und direkt in die Controllingwissensbasis eingefügt werden. Controller hingegen müssen ihr Controllingwissen jedoch erst mit anderen Controllern und/oder dem Manager austauschen und weiterentwickeln, bevor es zur Abstimmung bezüglich der Einstellung in die Controllingwissensbasis kommt. In der Praxis lässt sich dieser Schritt auch nachvollziehen: Sollte jeder Controller etwas Neues gelernt haben, wird er dies erst mit seinen Kollegen diskutieren, bevor er es dem Manager zur Abstimmung gibt, der oft über geringe Zeitressourcen und geringeres Verständnis verfügt. Somit steht im Folgenden der Prozess des Gruppenlernens im Vordergrund der Betrachtung. Dieser Prozess, von NONAKA/TAKEUCHI als „Kombination“ bezeichnet, kann mit Hilfe der betriebswirtschaftlich fundierten Prozessmodelle für das Management von Wissen dargestellt werden. Diese Darstellung eröffnet die Möglichkeit, an einzelnen Prozessschritten Steuerungsaspekte und Instrumente vorzustellen, mit denen diese umgesetzt werden können. Ergänzend dazu steht weiterhin die Institutionalisierung von Gruppenlernen im Mittelpunkt des darauf folgenden Kapitels. Die sachorientierte Perspektive wird durch verhaltensorientierte Aspekte in Form des Gruppenverhaltens ergänzt. 3.4.1 Prozesse für Gruppenlernen von Controllingwissen Als besonders geeignet und praxisrelevant lassen sich Prozessmodelle für die Beschreibung des Gruppenlernens heranziehen. Dies lässt sich einerseits damit begründen, dass viele der bestehenden Modelle auf Erfahrungen der Praxis beruhen.429 Anderseits stellen diese Modelle ein anschauliches Analyseraster für die Umsetzung dar, indem sich für einzelne Prozesse Handlungsempfehlungen und instrumentelle Aspekte ableiten lassen. 428 Vgl. dazu die Lerntheorie nach Duncan, R.B./Weiss, A. (1979). 429 Beispielhaft seien hier das Phasenmodell vom AQPC (1996) oder das Modell der Wissensbausteine nach Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006) genannt, die aus der Praxisbeobachtung entstanden.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
In den Grundlagen wurde auf Modelle verwiesen, die einen Prozess für das Management von Wissen beschreiben. Abb. 16 zeigt die einzelnen Prozessschritte vorgestellter Modelle: Modell für das Management von Wissen Modell nach Bullinger/ Prieto430 Baustein-Modell nach Probst/Raub/Romhardt431 Wissensmarktkonzept nach North432
Vier Akte nach Schüppel433
Benchmark-Studie vom AQPC434
Prozessschritte (Kernprozesse) für das Management von Wissen Identifikation, Erwerb, Entwicklung, (Ver-) teilung, Nutzung, Bewahrung von Wissen Identifikation, Erwerb, Entwicklung, (Ver-) teilung, Nutzung, Bewahrung von Wissen Offenlegung von Informations- und Wissensanalyse von Geschäftsprozessen, Wissensträgern und Wissensquellen Systematische Auseinandersetzung mit den für das eigene Geschäft charakteristischen Wissenselementen, Analyse der eigenen Lernprozesse, Identifizierung der Wissensund Lernbarrieren, konkrete Gestaltung eines Wissensmanagements Erzeugung, Identifikation, Sammlung, Anpassung, Organisation, Anwendung und Teilung von Wissen
Abbildung 16: Prozessschritte der Modelle für das Management von Wissen
3.4.1.1 Modell der Wissensbausteine Im Folgenden wird auf das Modell der Wissensbausteine nach PROBST/RAUB/ ROMHARDT435 zurückgegriffen, da es eine enorm hohe Verbreitung in der
430 431 432 433 434 435
Vgl. Bullinger, H-J./Prieto, J. (1998). Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 32. Vgl. North, K. (2005), S. 259 ff. Vgl. Schüppel, J. (1996), S. 192 ff. Vgl. APQC (1996), S. 7. Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006).
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
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Literatur hat.436 Darüber hinaus hat es dadurch einen hohen Praxisbezug, dass die einzelnen Prozessschritte aus der empirischen Forschung abgeleitet wurden.437 Des Weiteren nutzt das Modell grundlegende Gedanken des St. Galler Managementmodells, das sich in die wertschöpfungsorientierte Perspektive dieser Arbeit einfügt. BLEICHER etwa versteht strategisches Management folgendermaßen: „Strategisches Management ist auf den Aufbau, die Pflege und die Ausbeutung von Erfolgspotentialen gerichtet, für die Ressourcen eingesetzt werden müssen“.438 Dabei setzt er auf den Vorarbeiten von GÄLWEILER auf.439 Anhand ihrer Praxiserfahrung identifizieren die Autoren praktische Probleme im Umgang mit Wissen in Organisationen und gruppieren diese in sechs Kategorien. Diese Kategorien werden als Kernprozesse des Wissensmanagements beschrieben und bilden die Struktur des Modells. Da die einzelnen Bausteine des Wissensmanagements untereinander durch Kausalitäten verbunden sind, wirkt sich eine Intervention auf einen Baustein auch auf andere aus. Folgende Bausteine werden als Kernprozesse des Wissensmanagements erkannt:440 Wissensidentifikation: Schaffung von Transparenz über unternehmensinternes und unternehmensexternes Wissen. Wissenserwerb: Möglichkeiten zur Erschließung neuer Wissensquellen. Wissensentwicklung: Generierung von neuem Wissen. Wissens(ver-)teilung: Wege, um das Wissen einer Organisation für alle Organisationsmitglieder nutzbar zu machen. Wissensnutzung: Nutzung von vorhandenem Wissen durch alle Organisationsmitglieder. Wissensbewahrung: Sicherung des organisationalen Wissens. Die operativen Kernprozesse werden durch zwei weitere Bausteine in Form der Wissensziele und der Wissensbewertung, die auf strategischer Ebene von Bedeutung sind und das Konzept zu einem Managementregelkreis ausbauen, ergänzt (s. Abb.17).441
436 Vgl. von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 100 und Neumann, R. (2000), S. 244. 437 Vgl. Kalmring, D. (2000), S. 55. Das Modell wurde anhand der Methode des Action Research entwickelt, vgl. dazu Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 28. 438 Bleicher, K. (1999), S. 75 439 Vgl. Bleicher, K. (1999), S. 76. 440 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 2 ff. 441 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 30 f.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Abbildung 17: Bausteine des Wissensmanagements442 Die Wissensziele geben die strategische Stoßrichtung vor und untergliedern sich in normative, strategische und operative Ziele, angelehnt an das St. Galler Managementkonzept.443 Erst wenn Ziele feststehen, können organisationale Lernprozesse angestoßen werden. Ergänzend dazu können auch zu diesem Zeitpunkt Bewertungskriterien zur Erfolgsmessung berücksichtigt werden, die sich aus den Zielen ableiten lassen. Für die weiteren Ausführungen wird hier jedoch der Fokus auf den operativen Kernprozessen liegen.
442 In Anlehnung an Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 32. 443 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 40 ff. und vgl. zu dem St. Galler Managementmodell und der Unterteilung in eine normative, strategische und operative Ebene Bleicher, K. (2004), S. 77 ff.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
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3.4.1.2 Kernprozesse für Controllingwissen Der erste operative Kernprozess ist die Wissensidentifikation. Ziel dieses Prozessschrittes ist die Schaffung von Transparenz über das vorhandene implizite sowie explizite Controllingwissen. Dieses schließt daher insbesondere auch die Identifikation von Wissensträgern ein, da implizites Controllingwissen nur „in den Köpfen“ der Manager und Controller vorhanden ist. Für den potenziellen Wissensaustausch zwischen Controllern untereinander oder unter Teilnahme von Managern beim Gruppenlernen bedeutet die Identifikation von Controllingwissen zum einen der Abgleich von eigenem Wissen mit dem der Controllingwissensbasis, um mögliche Defizite zu erkennen, zum anderen die Kontaktaufnahme mit anderen potenziellen Controllingwissensträgern zwecks eines Wissensaustauschs. Sollte im ersten Fall das eigene Wissen mit den Wissensbeständen der Controllingwissensbasis übereinstimmen, so muss kein Gruppenlernen erfolgen. So könnte es etwa in der Praxis vorkommen, dass jemand genau das Methodenwissen besitzt, das in der Controllingwissensbasis schon in gleicher Form vorhanden ist. Eine Kontaktaufnahme kann entweder aus eigener Motivation erfolgen oder auch durch institutionelle Vorgaben initiiert werden, etwa in Form von Regelkommunikation oder Teilnahme an Arbeitsgruppen zu controllingrelevanten Themen. Als Instrument zur Identifikation von Controllingwissensträgern dienen beispielsweise unternehmensinterne „Gelbe Seiten“, die neben den Kontaktdaten auch Informationen über Kompetenzfelder oder Projekterfahrungen von Personen enthalten können.444 Dem Manager kann im Hinblick auf die Identifikation von Controllingwissen insofern eine steuernde Rolle zukommen, als dass er durch seine übergeordnete hierarchische Stellung, ggf. als Vorgesetzter mehrerer Controller, deren potenzielles Controllingwissen abschätzen und damit die Identifikation erleichtern kann. Er kann etwa verschiedene Experten zu einem bestimmten Thema gezielt ansprechen und zum Austausch von Controllingwissen einladen. Der Prozessschritt des Wissenserwerbs schließt sich der Identifikation des Controllingwissens an. Auf organisationaler Ebene wurde diese Thematik bereits bei der Programmgestaltung beschrieben. Als Lösungsansatz galt entweder die Erhöhung des unternehmensinternen Controllingwissensbestands durch eigene Anstrengungen oder den externen Bezug von Controllingwissen. Beim Gruppenlernen ist es das Ziel der Controller und Manager, bestehende Wissenslücken durch den Erwerb von Controllingwissen in gemeinsamer Interaktion zu schlie444 Vgl. Weber, J./Grothe, M./Schäffer, U. (1999), S. 14 ff. zu einem Beispiel für das Instrument der „Gelben Seiten“.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
ßen. Dieses kann erfolgen, wenn Controllingwissensträger ihr persönliches Wissen explizieren. So ließen sich beispielsweise Konferenzen planen in denen Controllingwissen an Controller und Manager vermittelt werden kann. Besonders sinnvoll ist die gemeinsame Beteiligung von Controllern und Managern am Prozess des Wissenserwerbs. Manager können so erkennen, welche Wissensbestände im Unternehmen potenziell vorhanden sind und vor allem von dem Fachwissen der Controller lernen. Dadurch, dass Controller sich aufgrund ihrer Spezialisierung oft besser in Bezug auf operative Themen verstehen, kann der Manager Controllingwissen auch über Auswirkungen von strategischen Entscheidungen erwerben. Der Controller hingegen gewinnt Controllingwissen über übergreifende Themenbereiche und kann so Entscheidungen des Managers besser nachvollziehen. Die Erkenntnisse aus dem Wissenserwerb können wiederum der Wissensidentifikation zugute kommen. Diesem Prozessteil folgt die Wissensentwicklung. Die Wissensentwicklung bezeichnet die Erweiterung des explizierten Wissens, welches zuerst identifiziert und dann erworben wurde. Bei der Wissensentwicklung wird das bestehende, individuelle Wissen in einen Diskussionsprozess eingebracht. Dieser Diskussionsprozess dient dazu, das eigene Wissen zunächst mitzuteilen, um es dann weiterzuentwickeln oder zu verwerfen. Erst durch die gemeinsame Interaktion kann das bestehende Wissen auf seinen Inhalt hin getestet und für nutzbar bzw. nicht nutzbar erklärt werden. Hier sollten sowohl Manager als auch Controller teilnehmen. Sind nur Manager an dem Prozess der Entwicklung von Controllingwissen beteiligt, wird ggf. dieses Wissen ohne Beachtung der Umsetzbarkeit der Inhalte auf operativer Ebene weiterentwickelt und scheitert an mangelnder Akzeptanz durch die Controller, die das Controllingwissen anwenden müssen. Sollte eine Entwicklung von Controllingwissen nur im Kreis der Controller stattfinden, so besteht die Gefahr, dass die Anwendbarkeit für andere Themenbereiche im Unternehmen vernachlässigt wird. Ein gemeinsamer Prozess der Wissensentwicklung von Controllingwissen ist zu befürworten, da ein gemeinsam abgestimmtes Controllingwissen eine höhere Akzeptanz gegenüber dem unabgestimmten, individuell entwickelten Controllingwissen beim Management erhält. Ein Lösungsansatz ist es demnach, sowohl Manager als auch Controller gemeinsam in die Entwicklung von Controllingwissen einzubeziehen. Hier werden, wie auch im Prozess des Wissenserwerbs von Controllingwissen, verschiedene Perspektiven in den Entwicklungsprozess einbezogen. Einerseits lassen sich durch die Perspektive des Managers Bezüge zum Gesamtunternehmen herstellen und so etwa Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche mit in die Betrachtung einbeziehen. Andererseits werden Controllingthemen auch im Hinblick auf die Tiefe und operative Umsetzung aus Perspektive des Controllers behandelt.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
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Eine weitere Besonderheit des Controllingwissens liegt darin begründet, dass im Falle der Anwesenheit der dominanten Koalition in Person des Managers eine weitere Abstimmung mit dem Management am Ende des Prozesses entfallen kann. Durch die gemeinsame Interaktion erfolgt bereits eine Abstimmung. Auf die verhaltensbezogenen Aspekte einer solchen Zusammenarbeit zwischen Controllern und Managern in einer Gruppe wird noch im Verlauf der Arbeit einzugehen sein. Der Wissensentwicklung von Controllingwissen folgt der Prozessschritt der Wissensverteilung. Ziel dieses Bausteins ist die Verfügbarmachung des entwickelten Controllingwissens. Diesem Prozessschritt kommt vor dem Hintergrund der Virtualisierung sowie der Team- bzw. Projektarbeit und damit häufiger räumlicher Distanz innerhalb eines Unternehmens eine große Bedeutung zu. Nur mit der Unterstützung durch geeignete Instrumente der Wissensverteilung können alle Unternehmensmitglieder von gemeinsamen Lernprozessen profitieren. So lassen sich insbesondere elektronische bzw. internetbasierte Instrumente wie Foren, Chatrooms oder Email-Versand nutzen, um das gemeinsam entwickelte Wissen zu verteilen. Für Controllingwissen könnte etwa eine zielgruppenspezifische Verteilung des Controllingwissens erfolgen. Hier wären dem Manager bzw. dem Controller eine unterschiedliche Menge bzw. Tiefe an Ergebnissen der Wissensentwicklung bereitzustellen, die jeweils dem persönlichen Bedarf entsprechen. Als Gegenargument kann jedoch aufgeführt werden, dass insbesondere eine einheitlich gestaltete Verteilung von Controllingwissen im Sinne des Gruppenlernens ist, damit in Zukunft von einem gleichen Wissensbestand an Controllingwissen auszugehen ist. Die Verteilung von Controllingwissen kann jedoch nur erfolgen, wenn Manager als Teil der dominanten Koalition in den Gesamtprozess eingebunden werden. Andernfalls bedarf es vor der Verteilung von Controllingwissen einer Abstimmung mit dem Manager. Als fünfter Baustein des Modells wird die Wissensnutzung angegeben. Ziel ist es, dass das identifizierte, erworbene, erweiterte und verteilte Wissen auch im Unternehmenskontext genutzt wird. Controllingwissen wird dann genutzt, wenn sowohl Manager als auch Controller Vorteile aus der Anwendung des Controllingwissens generieren können. Auf Seiten der Manager besteht die Möglichkeit, die Nutzung des Controllingwissens durch eine Etablierung von Anreiz- bzw. Sanktionssystemen zu fördern bzw. die Nichtnutzung zu sanktionieren. Sollte der Manager an dem Gesamtprozess beteiligt gewesen sein bzw. die Nutzung des Controllingwissens in seinem Interesse liegen, so liegt es an ihm, in eine Vorreiterrolle zu schlüpfen und als Vorbild die Nutzung von neuem Wissen vorzuleben.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Für Controller können Anreiz- bzw. Sanktionssysteme nur begrenzt wirken. Aber auch Controller haben eine Möglichkeit, die Nutzung des Controllingwissens durch die Manager zu beeinflussen. Durch ihre Fachkenntnis und das Auftreten in der Rolle als betriebswirtschaftlicher Berater müssen sie den Manager von der Qualität des gemeinsam entwickelten Controllingwissens überzeugen. Sollte dieses gelingen, kann die Motivation zur Nutzung des Controllingwissens gefördert werden. Als letzter Baustein wird die Wissensbewahrung genannt. Hier wird das Wissen selektiert, das der Wissensbasis zugefügt werden soll, und gespeichert. Die Selektion von in die Controllingwissensbasis einzustellenden Inhalten erfolgt durch das Management. Sie kann jedoch entfallen, wenn Manager an dem gesamten Prozess teilgenommen haben. Das Controllingwissen wird in der Controllingwissensbasis gespeichert. Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass einzelne Prozessbausteine auch in einer anderen Reihenfolge ablaufen können, bzw. es müssen nicht zwangsläufig alle Prozesse durchlaufen werden. Die Arbeit von PROBST/RAUB/ROMHARDT stellt über die Prozessdefinition hinaus umfangreiche Möglichkeiten zum Management der einzelnen Kernprozesse mit Hilfe diverser Instrumente dar. Darüber hinaus gibt es weitere, zahlreiche Instrumente, mit denen Unternehmen ihr Wissen bewirtschaften. Um diese unübersichtliche Anzahl von Instrumenten zumindest zu kategorisieren, eignet sich das Baustein-Modell. Ein Überblick über verschiedene Instrumente für das Management von Wissen im Allgemeinen vermittelt Abb. 18.445 Einige Instrumente sind jedoch nicht überschneidungsfrei und nur einem Wissensbaustein zuzuordnen, sondern können mehrere Prozesse abdecken. Nach der Darstellung des Gruppenlernens wird ein weiteres Augenmerk auf der Organisation dieses Gruppenlernens liegen. Weiterhin werden auch verhaltensorientierte Aspekte, die innerhalb der Gruppenarbeit existieren, beschrieben.
445 Vgl. zu Übersichten verschiedener Instrumente Eppler, M. (1997), S. 10 ff.; Bach, C./Homp, C. (1998), S. 102 f.; Bullinger, H.-J./Prieto, J. (1998), S. 102 f.; von Felbert, D. (1998), S. 125 ff.; Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006); Busch, V./Wernig, B. (1999), S. 579 ff.; Herbst, D. (2000), S. 86 f.; Güldenberg, S. (2003), S. 255 ff.; Hopfenbeck, W./Müller, M./Peisl, T. (2001), S. 281 ff.; Reinmann-Rothmeier, G./Mandl, H./Erlach, C./Neubauer, A. (2001), S. 86; Remus, U. (2002), S. 128 ff.; Böhmann, T./Krcmar, H. (2002), S. 387 ff. und von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 114 ff.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen Phase Wissensidentifikation446
Instrumente Wissenslandkarte Gelbe Seiten Wissensbroker Suchmaschine
Wissenserwerb447
Benchmarking Kooperationen
Wissenserweiterung448
Vorschlagswesen Kreativitätstechnik Think Tanks
Wisens(ver)teilung449
Lessons Learned Diskussionsforen E-Learning Mentorship Job Rotation
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Erläuterung des Instrumentes Darstellung der Träger, Umfang und Art des Wissens Identifikation von Wissensträgern Organisationsinterner Makler von Wissen Software, die nach Kriterien Suchaktivitäten im Internet durchführt Strukturierter Vergleich von Prozessen Zusammenarbeit mit Unternehmen, um von deren Wissen zu profitieren Eingabe von betrieblichen Verbesserungsvorschlägen Anregung systematischer Denkansätze Wissensaustausch innerhalb von interdisziplinär zusammengesetzten Expertenteams Auswertung von Fehlern zur Problemlösung Diskussion spezifischer Themen von Wissensanbietern und –nachfragern Lernen mit IuK-Technologien über räumliche/ zeitliche Distanz Wissensweitergabe eines Experten an eine Nachwuchskraft Systematische Erweiterung des Wissens durch Personalrotation
446 Vgl. von Krogh, G./Venzin, M. (1995), S. 426 zu Wissenslandkarten; North, K. (2005), S. 299 und von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 104 zu „Gelben Seiten“; von Felbert, D. (1998), S.129 zum Wissensbroker und Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 85 zu Suchmaschinen. 447 Vgl. North, K. (2005), S. 286 f. zum Benchmarking; Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 100 f. zu Kooperationen und Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 121 zum Vorschlagswesen. 448 Vgl. von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 118 zu Kreativitätstechniken, S. 119 zu Think Tanks und Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 133 zu Lessons Learned. 449 Vgl. North. K. (2005), S. 299 zu Diskussionsforen; Köhne, S./Ruisz, R./Krcmar, H. (2002), S. 463 ff. zu E-Learning; von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 137 zu Mentorship und von Felbert, D. (1998), S. 138 zu Job Rotation.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Fortsetzung Phase Instrumente Wissensnutzung450
Wissensportale
Groupwaresysteme Job Enrichment Wissensspeicherung451
Datenbanken Data Warehouse Mikroartikel
Erläuterung des Instrumentes Integration von Software-Anwendungen zur Nutzung von Wissen in einer einheitlich gestalteten, durchgängigen Umgebung Realisierung der räumlich und zeitlich verteilten Zusammenarbeit Erweiterung der anzuwendenden Wissensbasis durch erweiterte Entscheidungs- und Kontrollbefugnisse Verwaltung logisch verknüpfter Dateien Bereichsspezifische Ablage von Informationen mit Option der mehrdimensionalen Auswertung Zusammenfassung wichtiger Informationen
Abbildung 18: Instrumente für das Management von Wissen
3.4.2 Organisationsstrukturen und Verhalten in Gruppen Die vorgestellten Prozesse des Baustein-Modells wurden jeweils aus der Perspektive des Controllers bzw. des Managers ausgestaltet. Dabei wurde zum einen die organisatorische Gestaltung vernachlässigt, indem nur der Begriff der „Zusammenarbeit in Gruppen“ benutzt wurde, zum anderen standen auch nicht die Aspekte des Verhaltens im Rahmen dieser Gruppenarbeit im Vordergrund der Prozessbeschreibung. In diesem Abschnitt werden daher zunächst mögliche Organisationsformen aufgezeigt, die eine Zusammenarbeit zwischen Managern und Controllern fördern und anschließend auch verhaltensorientierte Aspekte, die das Gruppenverhalten und die Interaktion in einer Gruppe beeinflussen, genannt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht452 wird eine Organisation als Instrument begriffen, mit dessen Hilfe die Steuerung des unternehmerischen Leistungspro450 Vgl. Riempp, G. (2002), S. 450 ff. zu Wissensportalen; Maedche, A. (2002), S. 428 f. zu Groupwaresystemen und Schimmel, A. (2002), S. 367 zum Job Enrichment. 451 Vgl. Rehäuser, J./Krcmar, H. (1996), S. 15 zu Datenbanken; Deking, I. (2003), S. 274 zu Data Warehouse und zu Mikroartikeln Soukup, C. (2001), S. 63. 452 Vgl. zu einer Übersicht über verschiedene Theoriezweige u.a. Vahs, D. (2005), S. 22 ff. und Bea, F.X./Göbel, E. (2006), S. 58 ff.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
111
zesses unterstützt wird.453 Bei der Gestaltung einer Organisation lassen sich die Gestaltung des Aufbaus in Form der Verteilung von Aufgaben auf Aufgabenträger (mit den Prozessen der Aufgabenanalyse, -synthese und -verteilung) und die Gestaltung des Ablaufs von Leistungsprozessen (mit den Prozessen der Arbeitsanalyse, -synthese und -verteilung) unterscheiden.454 Traditionelle Organisationsmodelle455 zeichnen sich durch ein gewisses Maß an Bürokratie aus, die sich als Hierarchie, d.h. als einer formalisierte Über- und Unterordnung von Stellen, und Autorität, d.h. als Entscheidungsbefugnis einer hierarchisch höher angeordneten Stelle auf ein anderes Unternehmensmitglied, manifestiert. Auf aktuelle Entwicklungen, etwa im Umgang mit Wissen, reagieren Unternehmen mit Ausgestaltung moderner Organisationsformen.456 Die bürokratiegeprägten, traditionellen Organisationsstrukturen versagen aufgrund verschiedener Umstände:457 Wissensorientierte Unternehmen erbringen oft keine standardisierten Leistungen, weshalb bürokratische Strukturen ungeeignet erscheinen. Die Lernfähigkeit eines Unternehmens wird durch bürokratische Strukturen negativ beeinträchtigt. Der Wissensfluss wird durch eine traditionelle, bürokratische Struktur eingeschränkt. Die Ausgestaltung der Autorität stößt an ihre Grenzen, wenn Experten durch ihr Wissen informell eine höhere Autorität besitzen, als dies die Hierarchie vorgibt. Hier bietet sich die Schaffung einer Wissensorganisation an458, die den Problemen einer bürokratisch geprägten Organisationsstruktur begegnet und die Ressource Wissen bzw. deren Austausch in den Vordergrund stellt. Folgende
453 Die institutionelle Sichtweise der Organisation nach systemtheoretischem Verständnis umfasst im Gegensatz zur instrumentellen Sichtweise einen wesentlich weiter gefassten Blickwinkel, in dem sie das gesamte soziale Gebilde einer Organisation einschließt und auch aus einer dynamischen Perspektive betrachtet. 454 Vgl. zu einer Übersicht der Elemente der Aufbau- und Ablauforganisation z.B. Grochla, E. (1995), S. 89 ff.; Schreyögg, G. (2003), S. 109 ff.; Kieser, A./Walgenbach, P. (2003), S. 77 ff.; Laux, H./Liermann, F.(2005), S. 175 ff. sowie Bea, F.X./Göbel, E. (2006), S. 256 ff. 455 Unter traditionellen Organisationsmodellen werden hier die funktionale Organisation, bei der gleichartige Funktionen gebündelt und auf eine organisatorische Einheit übertragen werden, die divisionale Organisation, bei der gleiche Objekte zu Sparten bzw. Geschäftsbereichen zusammengefasst werden, und die Matrixorganisation, die durch zwei Gliederungsprinzipien gekennzeichnet ist, verstanden. 456 Vgl. von Krogh, G./Ichijo, K./Nonaka, I. (2000), S. 176 f. 457 Vgl. Corell, A.C. (1998), S. 77 f. 458 Vgl. zu dem Begriff der Wissensorganisation North, K. (2005), S. 74.
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Kriterien sind für eine innovative und anpassungsfähige Organisation von Bedeutung:459 geringe Spezialisierung auf Stellen- und Abteilungsebene, starke Dezentralisierung, flache Hierarchien, Minimierung von Stäben, einfache Koordination, leichte Ergänzbarkeit von temporären Teams, sowie höhere Selbstbestimmung und Organisationskultur zur Koordination von innovativen Aktivitäten. AL-LAHAM schlägt drei mögliche Lösungswege vor, um den Wissensaustausch zu fördern:460 1. Als erste Möglichkeit für die Organisationsgestaltung nennt der Autor die Ergänzung traditioneller Strukturmodelle um team- bzw. prozessorientierte Aspekte. Dazu können u.a. Wissensallianzen und Gruppen461 sowie Projekte und Communities of Practice462 als mögliche Organisationsformen angewendet werden.463 Die Organisationsformen der Arbeitsgruppe, des Teams und insbesondere die der Community of Practice sind die in der Unternehmenspraxis meistgenutzten Formen.464 2. Als zweiten Vorschlag unterbreitet er die Modifikation bestehender Organisationsstrukturen. Unternehmen können Rollen, Einheiten465 oder Abteilungen etablieren, welche die Aufgabenfelder des Wissensmanagements koordinieren.466 3. Als dritte Form der Organisationsgestaltung nennt AL-LAHAM die fundamentale Reorganisation der Aufbaustruktur nach wissens- und lernorientierten Kriterien. Da Wissensbestände in einem Unternehmen typischerweise polyzentrisch verteilt sind, müssen die Organisationsstrukturen heterar-
459 Vgl. Kieser, A./Walgenbach, P. (2003), S. 428 und die dort aufgeführten Autoren. 460 Vgl. Al-Laham, A. (2003), S. 390 ff. 461 Vgl. North, K. (2005), S. 104 ff. Unter Wissensallianzen versteht der Autor die gemeinsame Nutzung und Entwicklung der organisationalen Wissensbasen. Gruppen bilden nach seinem Verständnis die kleinste Einheit einer Allianz. 462 Der Begriff der Community of Practice wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch ausführlich vorgestellt. 463 Vgl. North, K. (2005), S. 108 ff. und Maier, R. (2007), S. 177 ff. 464 Vgl. Maier, R. (2007), S. 177 f. 465 Ein Beispiel für eine Einheit, die mit dem Management von Wissen betraut werden kann, ist etwa eine Corporate University. Vgl. zu dieser Aussage Hilse, H. (2001), S. 176 ff. und Simon, W. (2002), S. 87. Vgl. zum Begriff der Corporate University z.B. Meister, J.C. (1998) und Stauss, B. (1999). 466 Vgl. Maier, R. (2007), S. 1460.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
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chisch467 durch Dezentralisierung geprägt sein.468 Hierarchien sollten abgebaut werden, um eine flachere Organisation zu entwickeln, in der Schnittstellen reduziert und Flexibilität erhöht werden sowie Entscheidungsgeschwindigkeiten zunehmen.469 Im Folgenden werden diese drei Möglichkeiten den Austausch von Controllingwissen zu fördern untersucht. Dazu dienen Überlegungen, wie für Träger des Controllingwissens ein Wissensaustausch unterstützt werden kann. 3.4.2.1 Ergänzung traditioneller Strukturmodelle Als erste Gestaltungsform lassen sich formale Organisationsstrukturen, wie die Linieninstanz, Stabsstelle, Teil einer Matrixorganisation oder Sparte durch Team- bzw. Gruppenarbeit ergänzen. So lassen sich einerseits Projektteams oder Arbeitsgruppen gezielt bilden, die ein spezifisches Thema bearbeiten. Dabei kann die Unternehmensführung die Mitglieder dieser Gruppe in Bezug auf Controllingwissen, etwa Controller mit spezifischen Kenntnissen über ein bestimmtes Themengebiet und Manager, die ein solches Thema verantworten, bestimmen und durch Vorgaben von Zielen die Zusammenarbeit steuern. Ein Wissensaustausch von Controllingwissen kann so durch Auswahl geeigneter Teilnehmer gefördert werden. Durch die Anwesenheit eines definierten Projekt- oder Teamleiters in solchen Teams, lässt sich diese Art der Organisationsform jedoch kaum von formalen Organisationsstrukturen trennen. Andererseits können sich im Unternehmen auch auf eigene Initiative hin Gruppen bilden, die sich zu einer spezifischen Thematik zusammenfinden. Diese unterscheiden sich maßgeblich von den gesteuerten, da sie vorrangig aus intrinsischen Motiven existieren. Eine solche Art von Gruppe ist etwa die Community of Practice, ein freiwilliger Zusammenschluss von Experten, die ein gemeinsames, geschäftsspezifisches Interesse an einem spezifischen Thema haben und diesbezüglich Wissen austauschen und entwickeln.470 Bezugnehmend auf Controllingwissen können dies Controller und Manager sein, die ohne direkte Steuerung durch die Unternehmensführung Controllingwissen austauschen. 467 Vgl. zum Begriff der Heterarchie McCulloch, W. (1945), S. 89 ff. Der Autor beschreibt damit ein Netzwerk, das aus Knoten und Verbindungen besteht. Die Verbindungen sind dabei dezentral und variabel. In Bezug auf Organisationen geht Probst, G.J. (1992), S. 495 davon aus, dass sich in der Heterarchie hierarchische Strukturen nach Bedarf umkehren lassen und situativ ausgestaltet werden. 468 Vgl. von der Oelsnitz, D./Hahmann, D. (2003), S. 202. 469 Vgl. Neumann, R. (2000), S. 348. 470 Vgl. Frost, B./Holzwarth, C. (2001), S. 53.
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Während in formalen Organisationsstrukturen die Rollen durch die Unternehmensführung festgelegt werden können, ist dies für Gruppen, die sich ohne Eingriff durch die Unternehmensführung selbst zusammenfinden, nur begrenzt möglich. In diesem Fall liegt es an den Mitgliedern der Gruppe, eigene Rollen zu definieren und zu verteilen. Da bei der Interaktion zwischen Manager und Controller bisher nur individualistische Motivationstheorien beachtet wurden, finden im Folgenden Beziehungen in Gruppen und deren Einflussfaktoren Beachtung. Das Verhalten einer Gruppe lässt sich anhand verschiedener Variablen beschreiben, die einen Einfluss auf das Handeln (in) einer Gruppe haben. STEINMANN/SCHREYÖGG nennen folgende Variablen von Gruppenprozessen:471 Kohäsion Normen und Standards interne Sozialstruktur kollektive Handlungsmuster Die vier Variablen werden im Folgenden beschrieben und auf Controllingwissen bzw. das Verhalten von Managern und Controllern in einer Gruppe angewendet. Auf eine Unterscheidung in formelle Gruppen – wie Teams – oder informelle Gruppen – wie Communities of Practice – kann verzichtet werden, da in jeder Gruppe sowohl formelle als auch informelle Aspekte in unterschiedlichem Ausmaß existieren.472 Die Kohäsion bestimmt die Attraktivität der Gruppe, die etwa von Vorteilen durch die Gruppenzugehörigkeit, der Art, wie ein Mitglied aufgenommen wird, der Art der sozialen Interaktion und dem Prestige der Gruppenzugehörigkeit abhängt.473 „Die Kohäsion bezeichnet das Ausmaß, in dem eine Gruppe eine kollektive Einheit bildet und die einzelnen Gruppenmitglieder sich zu der Gruppe hingezogen fühlen.“474 Aus Unternehmensperspektive ist das Verhältnis zwischen Kohäsion und Gruppenleistung und damit die Produktivität einer Gruppe von besonderem Interesse. Die Auswirkung der Kohäsion auf die Gruppenleistung ist nur dann posi471 Vgl. Steinmann, H./Schreyögg, G. (2005), S. 598. Diese Variablen stellen diejenigen dar, welche von besonderer Bedeutung sind und/oder besonders häufig in der Literatur untersucht wurden. Vgl. zu einer Anwendung im Spezifischen auf das Gruppenverhalten im FuEControlling Schorb, M. (1994), S. 69 ff., der allerdings nur auf Kohäsion und Normen eingeht. Staehle, W.H. (1999), zeigt ähnliche Variablen unter dem Begriff „Aspekte der Gruppe“ auf und ergänzt die Betrachtung von Gruppen durch Themen der Kommunikation, Interaktion, Führung, Konflikt, Macht und Vertrauen. 472 Vgl. Staehle, W.H. (1999), S. 270. 473 Vgl. Franken, S. (2007), S. 173. 474 Steinmann, H./Schreyögg, G. (2005), S. 602.
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tiv, wenn die Gruppenmitglieder sich mit den Unternehmenszielen identifizieren. Beeinflusst wird dieser Zusammenhang u.a. durch Diversität der Gruppenmitglieder, beispielsweise hinsichtlich des beruflichen Erfahrungshintergrundes. Die Diversität wirkt sich produktiv auf die Gruppenleistung aus, wenn die Aufgaben anspruchsvoll sind.475 Diese Aussagen lassen eine Handlungsempfehlung für die Zusammensetzung einer Gruppe für Controllingwissen zu, die sowohl aus Managern als auch aus Controllern bestehen sollte. Normen und Standards stellen informelle Zielvorstellungen bezüglich des Handelns dar und prägen das Verhalten der Gruppenmitglieder.476 Die Einhaltung von Normen und Standards führt damit zu einem gesetzten Ziel. Dieses sollte aus Sicht der Unternehmensführung idealerweise mit dem der Gruppenmitglieder übereinstimmen. Sollten diese Normen nicht konform sein, so schlägt STAEHLE vor, das Konkurrenzdenken unter den Gruppenmitgliedern zu erhöhen, die Gruppenmitglieder räumlich zu trennen, die Gruppengröße zu erhöhen oder die Anzahl der Gruppentreffen zu verringern.477 Durch diese Maßnahmen kann es gelingen, den Einfluss einzelner Gruppenmitglieder zu verringern, die Normen und Standards in der existierenden Form ablehnen. Für die Gruppenarbeit zwischen Managern und Controllern sollten diese Maßnahmen gar nicht notwendig sein, um die Normen bzw. Standards und damit das Verhalten zu beeinflussen. Durch die Teilnahme von Managern und Controllern an der Gruppenarbeit können gemeinsame Normen herausgebildet werden, die durch die Beteiligung der Manager in der Gruppe zumindest zu einem gewissen Grad mit denen der Unternehmensführung konform sind. Die interne Sozialstruktur beschreibt die Status-, Rollen- und Führungsstruktur innerhalb einer Gruppe. Erstere bestimmt die Rangordnung innerhalb einer Gruppe, die Rollenstruktur gibt an, welche Erwartungen an das Verhalten eines Status- bzw. Positionsinhabers gestellt werden und die dritte, in Form der (informellen) Führungsstruktur legt fest, wer das Verhalten einer Gruppe beeinflusst.478 Im Fokus steht im Folgenden die Rollenstruktur, die sich auf die Rollenverteilung in der Gruppe bezieht. Anhand der Rollenverteilung kann eine Status- und Führungsstruktur abgeleitet werden. Für den Umgang mit Wissen zeigt TOUET mögliche Rollen von Führungskräften auf:479 Die Rolle des Managers als „Gestalter lernfördernder Arbeitssysteme“ ist durch die Delegation von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an die Mitarbeiter gekennzeichnet. Als Führungsinstrumente können Zielerrei475 476 477 478 479
Vgl. Staehle, W.H. (1999), S. 283. Vgl. Steinmann, H./Schreyögg, G. (2005), S. 605 f. Vgl. Staehle, W.H. (1999), S. 279. Vgl. Steinmann, H./Schreyögg, G. (2005), S. 607 ff. Vgl. Touet, M. (2002), S. 287 ff.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
chungs- und Mitarbeitergespräche dienen. Durch Feedback wird ein Lernprozess in Gang gesetzt, der sich positiv auf die Wissensbasis auswirken kann. In der Rolle des Managers als „Initiator und Ausrichter individueller Lernprozesse“ nehmen die strategischen Entscheidungen und Ziele eine besondere Bedeutung ein, da sie einen Orientierungsmaßstab für das Verhalten der Mitarbeiter darstellen und als Bewertungsgrundlage dienen. Durch die Gestaltung spezifischer Handlungsziele können Lernimpulse auftreten. In der Rolle des Managers als „Lernpartner/Coach“ ist es Aufgabe der Führungskraft, die Mitarbeiter dazu zu bewegen, Kompetenzen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit einzubringen, und sie zum Lernen zu befähigen. In der Rolle des Managers als „Gestalter von Arenen zur Wissenstransformation“ stellt sich die Aufgabe, den Dialog in der Gruppe zu fördern, um dadurch den Prozess der Wissensgenerierung von individuellem zu kollektivem Wissen zu ermöglichen. Um dieses zu erreichen, müssen Führungskräfte Arenen schaffen, in denen das Wissen aus verschiedensten Bereichen zusammentrifft, durch den Dialog expliziert und dadurch für ein Unternehmen nutzbar gemacht werden kann. Die Rolle des Controllers leitet sich jedoch nur aus der Gestaltung der Rolle des Managers ab. Für die Gruppenarbeit von Managern und Controllern in einer Gruppe lässt sich das Promotorenmodell von WITTE heranziehen.480 Der Autor beschreibt anhand eines Innovationsprozesses die Rollen des Macht- und Fachpromotors.481 Der Machtpromotor fördert den Innovationsprozess durch seine formale, hierarchische Position und ist im Idealfall Mitglied der höchsten Unternehmensebene. Der Fachpromotor hingegen ist eine Person, die durch das Fachwissen den Prozess fördert. Studien haben ergeben, dass das gemeinsame Auftreten von Fachund Machpromotor die günstigste Struktur darstellt.482 Im Idealfall für die Zusammenarbeit zwischen Managern und Controllern in einer gemeinsamen Gruppe wird dem Manager die Rolle des Machtpromotors, dem Controller die Rolle des Fachpromotors zugesprochen. In der Realität könnten jedoch auch mehr als ein Manager bzw. mehr als ein Controller in einer Gruppe vorhanden sein. Des Weiteren wäre es möglich, dass ein Manager mehr Fachwissen als der Controller in einem bestimmten Themengebiet besitzt. Damit kann keine spezifische Aussage für die Gruppenarbeit zwischen Manager und Controller getroffen werden, wenn kein idealtypischer Zustand herrscht.
480 Vgl. Witte, E. (1976). 481 Vgl. hierzu und den folgenden Ausführungen Witte, E. (1976), S. 322 ff. 482 Vgl. Witte, E. (1976), S. 323.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
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Kollektive Handlungsmuster beschreiben die Risikobereitschaft in Gruppen, das Gruppendenken und konzertierte Gruppenaktionen.483 Alle drei Aspekte können in einer Gruppe beobachtet werden. Die Risikobereitschaft zeigt, wie hoch die Bereitschaft einer Gruppe ist, etwa eine Entscheidung gemeinsam zu tragen und dafür ein Risiko des Scheiterns in Kauf zu nehmen. Das Gruppendenken ist ein Gradmesser dafür, wie groß das gemeinsame Verständnis für ein Thema der einzelnen Gruppenmitglieder ist. Konzertierte Gruppenaktionen treten auf, wenn alle Gruppenmitglieder eine bestimmte Überzeugung vertreten und diese in Form einer gemeinsamen Handlung äußern. Diese drei Aspekte der kollektiven Handlungsmuster lassen sich jedoch nicht für die Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller gegenüber anderen Mitgliedern spezifizieren, da sie von den einzelnen Gruppenmitgliedern und deren Eigenschaften abhängig sind. Die Thematik nimmt eine untergeordnete Rolle ein. 3.4.2.2 Modifikation der Organisationsstruktur Als zweite und weitere Möglichkeit zur Förderung des Wissensaustausches wurde die Modifikation der Organisationsstruktur vorgeschlagen. Ziel dieses Vorhabens ist die Einrichtung von Rollen, Abteilungen oder Einheiten, die das Management von Wissen organisieren. Während bei der Ausführung der Gruppenarbeit nur Rollen innerhalb der Gruppe gezeigt wurden, lässt sich aber auch eine unternehmensweite Betrachtung der Rollen für Wissen vornehmen. Die Verwirklichung einer wissensorientierten Organisation kann durch die Einrichtung von geeigneten Stellen in der Organisationsstruktur unterstützt werden.484 Auf oberster Unternehmensebene platziert KALMRING die Rolle des Chief Knowledge Officers (CKO).485 Ergänzend dazu schlagen PROBST/ RAUB/ROMHARDT die Etablierung eines Kompetenzfeldverantwortlichen mit der Aufgabe der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung eines spezifischen Kompetenzfeldes, einen Brückenbauer mit der Aufgabe der Vernetzung von Kompetenzfeldern und der Vermittlung von Kontakten sowie einen Transparenzschaffer mit der Aufgabe der Schaffung einer hinreichenden Transparenz über die organisationale Wissensbasis486 vor.487 Die Einrichtung der jeweiligen Stellen kann je nach Unternehmensgröße auch in Form einer Abteilung erfolgen. 483 Vgl. Steinmann, H./Schreyögg, G. (2005), S. 621 ff. 484 Vgl. zu einer Übersicht verschiedener Rollen Davenport, T.H./Prusak, L. (1998), S. 107 ff. und Gehle, M. (2006), S. 156 ff. 485 Vgl. Earl, M.J./Scott, I.A. (1999); Maier, R./Remus, U. (2002), S. 115; Kalmring, D. (2004), S. 91 und DeTienne, K.B. et al. (2004), S. 36 f. zu einer näheren Beschreibung der Rolle des „Chief Knowledge Officers“. 486 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 245 f.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Die Einrichtung der Stelle eines CKOs im Allgemeinen bzw. die des Kompetenzfeldverantwortlichen im Speziellen ist für Controllingwissen zu untersuchen. Ein CKO, der für das unternehmensweite Management von Wissen zuständig ist, wäre nach diesem Verständnis sowohl für das Management von Wissen im Allgemeinen als auch für das Management von Controllingwissen zuständig. Um dieses zu gewährleisten, müsste diese Person selbst ein umfangreiches allgemeines Wissen und Controllingwissen besitzen. Das ist fraglich, da nach dem Verständnis dieser Arbeit Manager, und dazu zählt hier der CKO, wenn er auf oberster Unternehmensebene angesiedelt ist, über begrenzte Zeitressourcen verfügten. Damit ist der Nutzen eines CKOs im Hinblick auf das Management von Controllingwissen in Frage zu stellen. Die Etablierung eines Kompetenzfeldverantwortlichen hingegen wäre durch eine Fokussierung auf ein bestimmtes Themenfeld, so auch für Controllingwissen, eher denkbar. So könnte einem solchen Controllingwissensverantwortlichem die Aufgaben zukommen, die Controllingwissensbasis zu gestalten, zu lenken und zu entwickeln. Darüber hinaus könnte er Controller und Manager zusammenführen und Transparenz über vorhandenes Controllingwissen schaffen. Konkret könnten die Aufgaben an den einzelnen Bestandteilen des gesamten Managementprozesses abgeleitet werden: Bei der Informationslieferung könnte die Aufgabe in der Unterstützung bei der Suche nach Informationen und der Bereitstellung sowie in der Auswahl geeigneter Informationsmedien liegen. Für die Bestimmung des Programms kann ein Kompetenzfeldverantwortlicher das Management mit Beratungsleistungen unterstützen und dabei etwa eruieren, welcher Umfang und welche inhaltliche Tiefe eines bestimmten Themas für das Unternehmen in Zukunft von Relevanz sein wird. Ebenso ließe sich bei der Entwicklung einer controllingwissensspezifischen Strategie der Kompetenzfeldverantwortliche etwa für die Erhebung des Wissensbestandes einsetzen. Zur Unterstützung bei der Explizierung könnte der Kompetenzfeldverantwortliche beispielsweise im Feld des Kulturmanagements eingesetzt werden und so etwa die Durchführung von Kommunikationsmaßnahmen übernehmen oder an der Erstellung eines Leitbilds mitwirken. Zudem gibt es vielfache Möglichkeiten, einem Kompetenzfeldverantwortlichen für einzelne Prozessschritte des Gruppenlernprozesses Aufgaben zuzuteilen, wie etwa den Aufbau von „Gelben Seiten“ zur Wissensidentifikation von Controllingwissen, die Veranstaltung von Konferenzen, um den Wis487 Vgl. zu weiteren Rollen Maier, R. (2007), S. 162 ff. und ähnlich umfassend auch Amidon, D.M./Skyrme, D.J. (1997), S. 334 ff.; North, K. (2005), S. 121 f.; Kalmring, D. (2004), S. 93 ff. und Gehle, M. (2006), S. 156 ff.
3.4 Gruppenlernen von Controllingwissen
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senserwerb von Controllingwissen zu ermöglichen, die Förderung des Aufbaus von Gruppen, in denen Controller gemeinsam mit Managern ihr Controllingwissen ausbauen können, die Übernahme der Verteilung des Controllingwissens, die Propagierung des Nutzens vom Einsatz des gemeinsam entwickelten Controllingwissens sowie ggf. die Moderation der Abstimmung des Controllingwissens mit dem Management vor Einstellung in die Controllingwissensbasis. Die Pflege der Controllingwissensbasis und deren Betrieb ließen sich auch durch einen Kompetenzfeldverantwortlichen für Controllingwissen durchführen. Die gezeigten Ansatzpunkte stellen ein breit gefächertes Aufgabenfeld für die potenzielle Einrichtung eines Kompetenzfeldverantwortlichen dar. Dabei sind jedoch neben den möglichen positiven Aspekten wie der Unterstützung der Controller und Verantwortlichkeit für diese Aufgaben auch Kritikpunkte zu nennen. Ein Kompetenzfeldverantwortlicher für Controllingwissen stellt unter Umständen einen Konkurrenten für den Controller dar, sollte er etwa Aufgabenteile des Controllers übernehmen. Dies könnte sich negativ auf die Motivation des Controllers ausüben, sein Controllingwissen zu explizieren. Ebenso muss ein solcher Kompetenzfeldverantwortlicher selbst über ein umfangreiches Controllingwissen verfügen, um seine Aufgaben ausführen zu können. Nur wenn er ein umfassendes Verständnis über Controlling besitzt, kann er geeignete Ansätze für dessen Management erarbeiten. Die Etablierung einer solchen Stelle ist damit unternehmensindividuell zu klären, insbesondere sollten bei der Entscheidung die unternehmenskulturellen Gegebenheiten berücksichtigt und die Größe der potenziellen Wissensbasis von Controllingwissen in die Entscheidung einbezogen werden, um einen solchen Schritt zu begründen. Ein Lösungsansatz für die kritischen Merkmale könnte darin liegen, einem Controller diese Stelle zuzuteilen. 3.4.2.3 Fundamentale Reorganisation Als dritter Ansatz zur Förderung des Wissensaustauschs wurde die fundamentale Reorganisation vorgeschlagen. Hierbei sind weit reichende Änderungen der Organisationsstruktur vorzunehmen, die einen Wissensaustausch verbessern bzw. vereinfachen sollen. Um eine wissensorientierte Organisation strukturell zu
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
modellieren, gibt es verschiedene Ansätze.488 Eine besondere Rolle nehmen dabei netzwerkartige Strukturen ein, die, im Gegensatz zu hierarchisch geprägten Strukturen, flexibel die aktuellen Herausforderungen in Form der Dynamik und Komplexität bewältigen können:489 NONAKA/TAKEUCHI erachten die sog. Hypertext-Form als geeignete Struktur für die wissensspezifische Ausgestaltung einer Organisation.490 Sie zeichnet sich durch eine Mixtur von zentralen, fixen und dezentralen, flexiblen Bestandteilen auf drei Ebenen aus und verbindet die hierarchiegeprägte Struktur für die Bearbeitung von standardisierten Aufgaben und die projektorientierte Struktur für neuartiges Vorgehen miteinander. Sie besteht aus einer zentralen Geschäftssystem-Ebene, auf der das operative Geschäft durch eine bürokratische Struktur geprägt wird: aus einer oberen Ebene von Projektteams, die sich speziellen Aufgaben in Form von Projektarbeit widmen, und einer unteren Ebene der Wissensbasis, die sich aus verschiedenen Wissensträgern zusammensetzt und sich als Kultur oder Technologie eines Unternehmens darstellen lässt. Wissen wird dadurch erzeugt, dass Mitarbeiter aus den Funktionsbereichen der Geschäftssystem-Ebene in Projektteams entsendet werden, dort neues Wissen generieren und dieses nach Projektende in die Wissensbasis des Unternehmens einfließen lassen.491 Während diese Autoren einen Anteil an Hierarchie erhalten wollen, sehen andere Ansätze einen höheren Grad an Autonomie vor. So empfehlen etwa QUINN/ANDERSON/FINKELSTEIN die Organisationsform des Spiderwebs. Dabei handelt es sich um ein virtuelles Netzwerk, das aus Spezialisten besteht, die für einen bestimmten Zweck eingebunden werden. Das Netzwerk wird nach Abschluss einer Aufgabe wieder aufgelöst. Dieses Instrument zeichnet sich durch Freiheit und Eigenverantwortung des einzelnen Experten aus und kann mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) den Wissensaustausch unterstützen.492 MILES ET AL. stellen die Zellenform als Organisationsform für eine wissensorientierte Ausrichtung eines Unternehmens dar. Dieser Begriff steht als Metapher für eine lebende, sich anpassende Organisationsform, vergleichbar mit Zellen in lebenden Organismen, die allein existieren und einen bestimmten Nutzen erbringen können; zusammen sind sie aber auch in der Lage, komplexe Auf488 Vgl. Hopfenbeck, W./Müller, M./Peisl, T. (2001), S. 409; Soukup, C. (2001), S. 185 ff.; North, K. (2005), S. 98 ff. und Maier, R. (2007), S. 158 ff. zu einer Übersicht über verschiedene Organisationsformen. 489 Vgl. von der Oelsnitz, D./Hahmann, D. (2003), S. 203 und zu einer Auflistung verschiedener Organisationsformen Krebs, M. (1998), S. 33. 490 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995). 491 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995), S. 160 ff. 492 Vgl. Quinn, J.B./Anderson, P./Finkelstein, S. (1996), S. 78 ff.
3.5 Controllingwissensbasis als Produkt des Lernprozesses
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gaben zu erfüllen. Zellen können dabei mit Organisationseinheiten oder Teams verglichen werden, die durch eigenverantwortliches Handeln und den Austausch von Wissen der gesamten Organisation Nutzen stiften.493 Allen Ansätzen gemeinsam ist die Idee, Arbeit in Teams bzw. Gruppen zu organisieren. Der Wissensaustausch wird gefördert, indem Organisationsmitglieder kontinuierlich mit neuen Teammitgliedern bzw. Aufgaben konfrontiert werden, zu deren Bewältigung sie neues Wissen generieren müssen. In der unternehmerischen Realität lassen sich solche Ansätze, die eine vollständige Teamoder Projektarbeit propagieren, selten erkennen. Eine abgeschwächte Version der vollständigen Teamarbeit, wie etwa das Modell von NONAKA/TAKEUCHI, lässt Überschneidungen zu bestehenden Organisationsformen wie die der Community of Practice, erkennen. Für Controllingwissen ist eine Arbeit in Teams bzw. Gruppen von Managern und Controllern zu fördern, damit der Wissensaustausch von Controllingwissen forciert wird. Auch die Anregungen aus den vorgestellten Modellen zeitlich befristete Gruppen zu gründen, lassen sich auf das Controllingwissen übertragen, wenn dieses für spezifische Themen erfolgt. So könnte für die Einführung einer neuen Richtlinie ein Team aus Managern und Controllern gegründet werden, das sich nach der Einführung einer solchen Richtlinie wieder auflöst. Eine unternehmensweite Umgestaltung der Organisation in solche Formen ist jedoch kaum für eine breite Praxisanwendung möglich. Mit diesen Ausführungen wurden die organisatorischen Aspekte im Rahmen der Gruppenarbeit näher beleuchtet. Neben der sachorientierten Beschreibung der Gruppenarbeit in Prozessform, ließen sich auch verhaltensorientierte Aspekte, abgeleitet aus organisatorischen Gestaltungsmaßnamen, aufzeigen. Nach dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Modell ist das Ergebnis des Lernprozesses die organisationale Controllingwissensbasis, die im folgenden Kapitel thematisiert wird. 3.5 Controllingwissensbasis als Produkt des Lernprozesses Die Controllingwissensbasis ist das Produkt des individuellen Lernens und des Explizierens von Controllingwissen der Manager mit Unterstützung des Controllers bzw. das Ergebnis des Gruppenlernens der Controller, ggf. mit Managern oder nach Abstimmung mit diesen. Aufbauend auf den Grundlagen wurden verschiedene Modelle aufgezeigt und das Schichtmodell der Wissensbasis für besonders geeignet erklärt.494 Neben der Beschreibung der Inhalte der Controlling493 Vgl. Miles, R.E. et al. (1997), S. 12. 494 Vgl. dazu die Ausführungen in Kapitel 2.3.4.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
wissensbasis wird, ergänzend dazu, auch die technische Abbildung überblickshaft495 im Folgenden behandelt. 3.5.1 Inhalte der Controllingwissensbasis Die organisationale Wissensbasis umfasst nach PAUTZKE den Wissensbestand, der den Mitgliedern einer Organisation im Prinzip zur Verfügung steht und damit in organisatorische Handlungen und Entscheidungen einfließen kann.496 Dazu entwickelt der Autor das Schichtmodell der organisatorischen Wissensbasis, das aus fünf Schichten besteht (s. Abb. 19).497
Abbildung 19: Schichtmodell der organisatorischen Wissensbasis498
495 496 497 498
Hier wird nur auf den aktuellen Stand der Technik eingegangen. Vgl. Pautzke, G. (1989), S. 63. Vgl. Pautzke, G. (1989), S. 78 ff. In Anlehnung an Pautzke, G. (1989), S. 79.
3.5 Controllingwissensbasis als Produkt des Lernprozesses
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3.5.1.1 Schichtmodell der organisatorischen Wissensbasis Folgende Inhalte werden im Schichtmodell aufgeführt: 1. Die innerste Schicht (Schicht 1) besteht aus von allen geteiltem, explizitem Wissen. Dieses Wissen ist allen Organisationsmitgliedern zugänglich und kann als das Wissen der Organisation bezeichnet werden. 2. Die Wissensbasis eines Unternehmens umfasst neben dem geteilten, expliziten Wissen auch das individuelle Wissen ihrer Mitglieder, das der Organisation zur Verfügung gestellt wird (Schicht 2). Dabei handelt es sich um das Wissen einzelner Mitarbeiter. 3. Über das individuelle, für eine Organisation verfügbare Wissen hinaus, umfasst die dritte Schicht das nicht zugängliche individuelle und implizite Wissen der Organisationsmitglieder. 4. Schicht vier enthält Objektwissen, das weder der Organisation, noch den Mitgliedern zum aktuellen Zeitpunkt zur Verfügung steht, aber auf das potenziell zurückgegriffen werden kann. Hierbei handelt es sich um Wissen der Umwelt, über das ein Metawissen in der Organisation vorhanden ist, z.B. in Bibliotheken, Vorträgen etc. 5. In der fünften Schicht befindet sich der größte Teil des Wissens, von PAUTZKE als „sonstiges kosmisches Wissen“ bezeichnet. Dieses stellt das gesamte Wissen der Welt dar, über das kein Metawissen vorliegt. Die einzelnen Schichten bestimmen damit die Grenzen für das Wissen, das eine Organisation nutzen kann. Dabei stellt die hier gezeigte Wissensbasis zunächst ein statisches Konstrukt dar und entspricht einer Momentaufnahme des aktuellen Wissensbestandes. Verschiedene Faktoren können jedoch eine Dynamik der Wissensbasis bewirken.499 Hierzu zählen die Veränderungen in der Umwelt der Wissensbasis, wie der technische Fortschritt von Instrumenten, personelle Änderungen, wenn etwa Mitarbeiter Unternehmen verlassen, oder auch Veränderungen der Anforderungen an ein Unternehmen beispielsweise aus Sicht des Kapitalmarktes. Über umweltinduzierte Veränderungen hinaus reagiert die Wissensbasis eines Unternehmens auch durch die Abänderung der Verfügbarkeit verschiedener Wissensträger dynamisch. Außerdem kann ein Wandel der Wissensinhalte der verschiedenen Wissensträger zur Umgestaltung der Wissensbasis führen.500
499 Vgl. zu den Faktoren für die Änderung einer Wissensbasis Amelingmeyer, J. (2004), S. 83 ff. und das Modell der Dynamik der Wissensbasis, S. 114 f. 500 Die inhaltlichen Änderungen der Wissensbasis erfolgen wiederum durch das individuelle Lernen, das Gruppenlernen und das organisationale Lernen, aber auch durch das Verlernen.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
3.5.1.2 Controllingwissen im Schichtmodell Die Controllingwissensbasis umfasst u.a. das in der Controller-ManagerBeziehung entwickelte Controllingwissen. Analog zu dem Schichtmodell sind den jeweiligen Schichten Bestandteile von Controllingwissen zugeordnet. Dabei werden hier auch Beispiele verwendet, um die jeweilige Abgrenzung zu anderen Wissensbestandteilen aufzuzeigen. In der ersten Schicht befindet sich das „von allen geteilte Wissen“. Dabei handelt es sich um explizites Controllingwissen, das von allen Unternehmensmitgliedern geteilt wird und jedem zugänglich ist. Dieses liegt in den Ausprägungen als Methodenwissen, Faktenwissen und Beziehungswissen vor. Explizites Methodenwissen ist beispielsweise das dokumentierte Controllingwissen in Form einer Prozessdokumentation über ein bestimmtes Vorgehen. Bei der Einführung einer neuen Richtlinie würde dieses etwa eine Prozesslandkarte darstellen, die anhand einzelner Prozessbestandteile den Prozess der Umsetzung zur Einführung oder Anwendung einer neuen Richtlinie beschreibt. Explizites Faktenwissen würde in dem Fall der Einführung einer neuen Richtlinie beispielsweise in der Dokumentation ihrer Auswirkungen auf das Unternehmen vorliegen und so etwa betroffene Unternehmensbereiche aufführen. Dokumentiertes Beziehungswissen ließe sich z.B. in Form von „Gelben Seiten“ darstellen, worin die Kompetenzen einzelner Controller aufgeführt sind. In der zweiten Schicht befindet sich das individuelle Controllingwissen der Organisationsmitglieder, das diese der Organisation zur Verfügung stellen. Hierbei handelt es sich einerseits um das Controllingwissen der Manager, das diese ohne Abstimmung der Controllingwissensbasis zufügen können, andererseits um das Controllingwissen einzelner Controller, die es mit der dominanten Koalition abgestimmt haben, ohne den Gruppenlernprozess zu durchlaufen. Methodenwissen wäre dabei etwa eine Handlungsanweisung für die Durchführung einer bestimmten Handlung. Im Rahmen der Einführung einer neuen Richtlinie wäre das z.B. eine verbindliche Vorschrift. Individuelles Faktenwissen wäre beispielsweise das bereitgestellte Controllingwissen über Plandaten einer Abteilung, die bis zur Explizierung individuell erarbeitetet wurden. Für eine neue Richtlinie könnte das individuelle Faktenwissen Kennzahlen zur Erfolgsmessung umfassen. Beziehungswissen als individuelles Controllingwissen stellt etwa das Wissen eines Managers über die Kompetenzen eines externen Unternehmensberaters dar. Dieses Wissen kann der Manager preisgeben, indem er im Rahmen von Prozessdokumentationen über die Einführung einer neuen Richtlinie die Namen und Daten eines unternehmensexternen Spezialisten ergänzt. Die erste und zweite Schicht des Controllingwissens stellen die aktuelle Controllingwissensbasis dar.
3.5 Controllingwissensbasis als Produkt des Lernprozesses
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Die dritte Schicht umfasst das nicht zugängliche, individuelle und implizite Controllingwissen der Manager und der Controller. Dieses Controllingwissen ist für andere Organisationsmitglieder nicht sichtbar. Durch die Ausführung von Handlungen oder durch die Zuordnung von Aufgaben können andere Organisationsmitglieder jedoch Vermutungen über den individuellen Bestand anstellen. Implizites Methodenwissen stellt dabei das Controllingwissen eines Managers oder Controllers über die Anwendung geeigneter Instrumente in einer spezifischen Situation dar. So kann die Person ggf. auf einen individuellen Erfahrungsschatz zurückgreifen, wenn eine neue Richtlinie eingeführt werden soll. Diese Person kann intuitiv, ohne auf Dokumentationen zurückgreifen zu müssen, das geeignete Instrument anwenden. Implizites Faktenwissen bezieht sich etwa auf vertrauliche Informationen über die Auswirkungen einer bestimmten Handlung. Im Fall der Einführung einer neuen Richtlinie könnte dieses Controllingwissen die personellen Auswirkungen in Form von notwendigen Entlassungen von Mitarbeitern enthalten, die aufgrund der Veränderungen nicht mehr ihren ursprünglichen Aufgaben nachgehen können. Beziehungswissen wäre etwa dasjenige Controllingwissen über die Stärken und Schwächen von anderen Organisationsmitgliedern oder unternehmensexternen Personen. So kann ein Manager mit Hilfe dieses Wissens geeignete Personen für die Einführung einer neuen Richtlinie für ein Projektteam bestimmen, ohne dass die Entscheidungskriterien den anderen Organisationsmitgliedern bekannt sein müssen. Besondere Aspekte bei der Zurückhaltung von Controllingwissen in impliziter Form stellen die personelle Macht und unternehmenspolitische Einflussfaktoren dar. So liegt es in der Natur des Menschen begründet, relevantes Wissen zu horten, um einen persönlichen Machtanspruch ausüben zu können. Auch unternehmenspolitische Gegebenheiten, die sich in Form nichtrationaler Entscheidungen und Handlungen äußern können, hemmen die Explizierung von implizitem Wissen. Controllingwissen auf der vierten Schicht der organisationalen Controllingwissensbasis kann aktuell nicht genutzt werden. Dabei ist keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten des Controllingwissens möglich, weil dieses Wissen unspezifisch ist und alle drei Arten des Controllingwissens umfasst. Allerdings ist in der Organisation ein Metawissen über dieses Controllingwissen vorhanden. Controllingwissen ist damit potenzielles Wissen einer Organisation, das etwa in unternehmensexternen Seminarveranstaltungen und Konferenzen angeboten werden kann. Innerhalb einer Seminarveranstaltung kann auf potenzielles Controllingwissen verwiesen werden, das aber für das Unternehmen noch nicht verfügbar ist. Es könnte aber in Zukunft, nach Teilnahme an dem Seminar, zum Controllingwissen der dritten, zweiten oder ersten Schicht werden.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Auch das Controllingwissen der fünften und damit äußersten Schicht des Modells ist nicht näher spezifizierbar. Bei diesem „sonstigen kosmischen Wissen“ kann es aufgrund der unklaren Inhalte nicht zu einer Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten des Controllingwissens kommen. Als solches Wissen könnte etwa das Controllingwissen eines anderen Unternehmens verstanden werden, auf das kein Zugriff erfolgen kann. Dieses Wissen und das Wissen der vierten Schicht müssten zunächst durch den Prozess des organisationalen Lernens in die inneren drei Schichten des Modells aufgenommen werden, bevor dieses potenziellen Nutzen für eine Organisation stiften kann. Die Veränderung der Controllingwissensbasis erfolgt nach dem Verständnis des Gesamtprozesses. Treten neue Herausforderungen auf, so wird die Information internalisiert, es erfolgt ggf. eine Explizierung und ein Gruppenlernen, und nach Abstimmung mit der dominanten Koalition wird das Controllingwissen der Wissensbasis zugefügt. Dynamik bedeutet jedoch auch, dass existierendes Wissen ersetzt oder gelöscht werden muss. Hier stellt sich die Frage, wie dieser Prozess gestaltet ist und wer die Verantwortung trägt. Die einzigen Bestandteile von Controllingwissen, die gelöscht bzw. ersetzt werden können, sind die der ersten und der zweiten Schicht. Nur diese liegen in expliziter Form vor. Der Prozess der Löschung von Controllingwissen kann der Argumentation des organisationalen Lernens folgen und auch zwischen Manager und Controller unterscheiden. Der Manager kann aufgrund seiner Autorität bestimmen, welches Controllingwissen nicht mehr benötigt wird. In der Praxis wäre dieses etwa die Entscheidung, dass eine alte Richtlinie nicht mehr gültig ist und durch eine neue ersetzt bzw. aktualisiert werden muss. Der Controller kann den Manager bei der Entscheidung unterstützen. Der Controller selber kann jedoch nur in Abstimmung mit dem Manager die Löschung vornehmen, bzw. müsste nach dem hier vorgeschlagenen Verständnis des organisationalen Lernens erst einen Abstimmungsprozess mit anderen Controllern bzw. Managern durchlaufen, in welchem die Entscheidung zur Löschung bzw. Überarbeitung von Wissen getroffen wird. Die operative Durchführung würde – analog zum Einstellen von Controllingwissen in die Controllingwissensbasis – dem Controller zugeteilt. Neben der abstrakten Abbildung des Controllingwissens mit Hilfe des Schichtenmodells lässt sich die Controllingwissensbasis in der Praxis etwa mit Hilfe von IT-Instrumenten als Wissensspeicher abbilden. Dieser Aspekt wird im folgenden Kapitel angesprochen.
3.5 Controllingwissensbasis als Produkt des Lernprozesses
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3.5.2 Technische Abbildung der Controllingwissensbasis Bisher wurde nur das theoretische Abbild des Controllingwissens in der Wissensbasis betrachtet und der Controller als Verwalter dieser Controllingwissensbasis dargestellt. Von dieser abstrakten Betrachtung weg soll jetzt ein Blick auf die praxisrelevante Umsetzung geworfen werden. Dabei stehen zum einen Informationssysteme im Mittelpunkt, welche die Informationslieferung und -speicherung ermöglichen und damit den ersten Schritt im Rahmen des grundlegenden Managementprozesses von Controllingwissen technisch abbilden. Zum anderen sollen aber auch Wissenssysteme betrachtet werden, die über die reine Speicherung von Informationen hinausgehen, Informationen mit Wissensträgern verknüpfen und damit die Controllingwissensbasis ansatzweise darstellen. 3.5.2.1 Technologie zur Informations- und Wissensspeicherung Am Beispiel eines Controllinginformationssystems lassen sich Komponenten eines Informationssystems aufführen. Zu den Komponenten eines Controllinginformationssystems zählen die Benutzerschnittstelle, das Datenbanksystem, die Kommunikationsschnittstelle, die Applikationsbibliothek und eine Sammlung von Endbenutzerwerkzeugen.501 Ein Controlling-Informationssystem sollte verschiedene funktionale Anforderungen erfüllen, die sich durch Realitätsnähe der Abbildung von Unternehmensstrukturen, der Flexibilität in Bezug auf Veränderungen in der Systemumwelt, Transparenz der Verarbeitungsabläufe, Benutzerfreundlichkeit, Aktualität, Vollständigkeit und Stimmigkeit der Daten sowie die schnelle Verfügbarkeit von Daten mit dem individuell benötigten Detaillierungsgrad auszeichnen.502 Informationssysteme müssen verschiedenen Anforderungen gerecht werden503 und lassen sich entlang von vier Dimensionen gestalten504: 1. Die Dimension der Informationsgewinnung und -verarbeitung legt fest, welche Informationen vom Management benötigt werden. 2. Die Dimension der Anwendungsorientierung bestimmt den Informationsprozess derart, dass die Unternehmensführung die für die Ausführung ihrer Tätigkeiten benötigten Informationen erhält.
501 Vgl. Biethahn, J./Fischer, D. (1994), S. 51 ff. 502 Vgl. Piontek, J. (2005), S. 127. 503 Vgl. zu den Anforderungen an ein Informationssystem Huch, B./Schimmelpfeng, K. (1994), S. 21. 504 Vgl. hierzu und im Folgenden Bleicher, K. (2004), S. 366 ff.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
3.
Die Dimension der kommunikativen Verfügbarkeit von Informationen enthält die insulare bzw. vernetze Kommunikation und die zeitlich abgestimmte Bereitstellung. 4. Die Dimension der Verarbeitung von Informationen durch das Management definiert, welchen Zeitbezug die jeweiligen Informationen haben und wie hoch der Nutzungsgrad von Informationen ist. Auf technologischer Seite ist eine Entwicklung der bestehenden Systeme von den bisherigen Data-Warehouse-Lösungen hin zu sog. Knowledge-WarehouseLösungen zu verfolgen. Während Data-Warehouse-Lösungen einzelne Daten bereitstellen, können aktuelle Knowledge-Warehouse-Lösungen dank analytischer Fähigkeiten den Kontext zwischen einzelnen Daten und Informationen aufzeigen. Durch diese bedeutsame Verknüpfung verschiedener Informationen zu einem Kontext ist es im Ansatz möglich, Wissen zu verwalten.505 Wissen wird gespeichert, wenn Wissensnutzer und Wissensquellen zusammengeführt werden.506 Dazu bedarf es jedoch zunächst der Transformation von Wissen aus Informationen. So kann, etwa mit Hilfe von Entscheidungsunterstützungssystemen, die Transformation von Daten über Informationen hin zu Wissen unterstützt werden.507 Als Lösungsansatz für die Verbindung von Wissensquellen und Wissensnutzern nennen PROBST/RAUB/ROMHARDT die Einrichtung von Datennetzen und den Einsatz von Groupwaresystemen.508 Eine Speicherung von Wissen ermöglicht der Einsatz von künstlichen Speichersystemen.509 MENTRUP fordert die Etablierung eines wissensorientierten Informationssystems, das die bestehenden Informa-tionsquellen und bereits dokumentiertes Wissen von einzelnen Personen, aber auch Verweise auf Wissensträger enthält.510 3.5.2.2 Speicherung von Controllingwissen Für Controllingwissen ist ein Informationssystem spezifisch auszugestalten. Idealerweise sollte ein System für die Speicherung von Controllingwissen sowohl die Informationsspeicherung von Controllinginformationen als auch Controllingwissen verwalten können. Ersterer Anspruch resultiert aus dem Prozessschritt der Informationsaufnahme und Informationsbereitstellung von control505 506 507 508 509 510
Vgl. zu einer vorrangig informationstechnologischen Ausführung Owerfeldt, D. (2005). Vgl. Mentrup, A. (2003), S. 38. Vgl. Gladen, W. (2008), S. 10. Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 154 ff. Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 282 ff. Vgl. dazu und im Folgenden Mentrup, A. (2003), S. 45 ff.
3.5 Controllingwissensbasis als Produkt des Lernprozesses
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lingrelevanten Informationen, Letzterer aus dem Konstrukt der Controllingwissensbasis. Dazu muss dieses System in Bezug auf Controllingwissen sowohl den Ansprüchen der Manager als auch der Controller gerecht werden. Außerdem kann eine inhaltliche Strukturierung erfolgen, die auf einer spezifischeren Ebene etwa nach Zielgruppen oder Themen und für Controllingwissen nach den drei Arten des Controllingwissens unterscheidet. Die zielgruppenspezifische Gestaltung ist insofern bedeutsam, als dass Manager oft nur über begrenzte zeitliche Ressourcen verfügen, um umfangreiche Informationen bzw. umfangreiches Wissen zu erfassen. Es würde sich anbieten, speziell für Manager eine aggregierte Form der Inhalte bereitzustellen. Der Controller hingegen sollte den Gesamtumfang an Controllinginformationen bzw. -wissen erhalten. Eine Unterscheidung nach Controllingthemen erleichtert den Nutzern des Systems eine strukturierte Suche. Auch die Speicherung von Controllingwissen nach verschiedenen Arten (Methoden-, Fakten- und Beziehungswissen) hilft beim Auffinden des Gesuchten. Neben der Verwaltung der Bestände müssen jedoch auch Regeln zur Löschung von vorhandenen Beständen eingerichtet werden. So wäre es denkbar, dass jeder Bestand im System mit einem Haltbarkeitsdatum indexiert wird, das zu einem bestimmten Zeitpunkt, etwa nach sechs Monaten, abläuft. Dann sollte dieses Wissen zur Aktualisitätsprüfung an den Ersteller gesendet werden. Der operative Betrieb eines solchen Controllinginformations- bzw. Controllingwissenssystems sollte in den Händen der Controller liegen. Diese sind mit dem Umgang mit solchen Systemen vertraut und kennen durch ihre Zusammenarbeit mit den Managern auch deren Bedürfnisse. Wenn vorhanden, könnte ebenso ein Kompetenzfeldverantwortlicher für Controllingwissen bei dem Aufbau und Betrieb eines solchen Systems helfen. Aus einer Verhaltensperspektive lässt sich die Einrichtung von Zugriffsrechten behandeln, die allerdings zu Verhaltensproblemen führen kann, wenn keine einheitlichen Standards gesetzt werden. So wäre einerseits etwa der Ausschluss bestimmter Personen oder Personengruppen schädlich, da deren Motivation zum Wissensaustausch sinken würde. Andererseits könnte eine Öffnung für alle Unternehmensmitglieder auch zu einem ungewünschten Wissensabfluss führen, beispielsweise wenn Unternehmensmitglieder das Unternehmen verlassen oder wenn unternehmensexterne Personen auf das Controllingwissen zugreifen können. Im Sinne einer wissensorientierten Gestaltung eines Unternehmens sollte jedoch prinzipiell dem ganzen Unternehmen die Controllingwissensbasis zugänglich sein. Dieses würde den Wissensaustausch fördern und diesbezügliche Verhaltensprobleme eliminieren. Letztendlich ist diese Entscheidung jedoch von
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
der obersten Unternehmensführung zu treffen, da diese sich generell auf die Unternehmenskultur auswirkt und so etwa das Thema „Vertrauen“ tangiert. Besonders wichtig bei der Konzeptionierung bzw. Einführung eines entsprechenden IT-Systems ist neben der Verteilung von Zugriffsrechten die einfache Bedienbarkeit. Nur wenn eine einfache Bedienung möglich ist, werden zum einen Controllinginformationen bzw. -wissen eingestellt und zum anderen auch abgerufen. Deshalb sind im Rahmen der Entwicklungsphase unbedingt Vertreter aller Nutzergruppen in die Gestaltung einzubinden. Nur wenn ein solches System für alle Anwender verständlich und nutzbar ist, lässt sich Motivation zur Nutzung erzeugen bzw. Verhalten beeinflussen. Zusammengefasst hat dieses Kapitel zum einen anhand von konkreten Beispielen gezeigt, wie die Controllingwissensbasis inhaltlich ausgestaltet ist. Zum anderen wurden auch technische Aspekte zur Etablierung eines möglichen Systems dargestellt. Hier war neben der Unterscheidung zwischen Informations- und Wissenssystemen insbesondere auf die Konzeptionierung sowie auf Verhaltensthemen einzugehen. Mit den Ausführungen zur Wissensbasis des Controllingwissens schließt die Betrachtung der Leistungsebene des vorgestellten Modells. Im weiteren Verlauf ist auf die spiegelbildliche Betrachtung der Leistungsebene, auf die Wertebene, einzugehen. Im Folgenden werden Ansätze vorgestellt, mit deren Hilfe eine Bewertung von Wissen erfolgen kann. Denn nur wenn ein Nutzen aus dem Management von Controllingwissen erzielbar ist, lohnt der damit verbundene Aufwand. 3.6 Erfolgsbetrachtung Ziel der Erfolgsbetrachtung ist der Nachweis, dass der gemeinsame Wissensaustausch zwischen Controller und Manager den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen kann. Die Erfolgsbetrachtung des Managements von Controllingwissen lässt sich, ebenso wie die prozessuale Betrachtung des Leistungsflusses, anhand des Modells der Integrierten Leistungs- und Wertkette beschreiben. Spiegelbildlich zur Leistungssphäre werden im Rahmen der Wertebene Erfolgspotenziale, Erfolg und Liquidität in den Blickpunkt gerückt. Erfolgspotenziale als strategische Vorsteuergrößen bilden die Grundlage für Wertschöpfung in einem Unternehmen und setzen einen Wirkungskreislauf in Gang, der über die operativen Führungsgrößen Erfolg und Liquidität den Erfolg
3.6 Erfolgsbetrachtung
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realisiert und Liquidität sichert, um Erfolgspotenziale zu erneuern.511 Der Erfolg ist das Ergebnis von strategischen Aktivitäten und dient als Vorsteuergröße der Liquidität bzw. des Cashflows. Diese wiederum ermöglichen Investitionen in Erfolgspotenziale und führen zu einem dynamischen Wirkungskreislauf (s. Abb. 20).512
Abbildung 20: Wirkungskreislauf der Führungsgrößen Auf die Bedeutung von Wissen als Erfolgspotenzial wurde bereits in den Ausführungen zum wissensbasierten Ansatz eingegangen.513 Es erfolgte die Aussage, dass durch den Einsatz von Wissen Erfolg generiert werden kann und daher dem Wissen der Status des Erfolgspotenzials zusteht. Als problematisch zeigte sich jedoch der Nachweis dieser Behauptung. Die Problematik besteht darin, dass zu einer Aussage über Erfolg eine Bewertung erfolgen muss. Erfolg beruht auf der Realisierung der strategischen Handlungsalternativen und lässt sich als Differenz zwischen Erlösen und Kosten erfassen, die während einer bestimmten Periode im Zusammenhang mit der Wissensbasis entstanden sind. Es wurde aber darauf verwiesen, dass diese Erhebung für Wissen unmöglich sei. So wären zwar extern eingekaufte Leistungen (Kosten) und extern verkaufte Wissensprodukte (Erlöse) zu bewerten, jedoch könnten die unternehmensinternen Aktivitäten in Form von Kosten zum Aufbau von Wissen bzw. Nutzen durch den unternehmensinternen Einsatz von Wissen nur eingeschränkt bewertet werden (z.B. durch die aufgebrachte Arbeitszeit zum Aufbau der Wissensbasis oder IT-Kosten). Insbesondere treffen diese Aussagen auch auf Controllingwissen zu. Neben der generellen Problematik der Bewertung lässt sich die Liste controllingwissensspezifisch um die Problematik der Abgrenzung von Controllingwissen zu 511 Vgl. Becker, W. (1999), S. 6 und Mann, R. (1990), S. 104 sowie die Ausführungen in Kapitel 2.1.2 und 3.1. 512 Vgl. Dellmann, K. (1991), S. 420. 513 Vgl. dazu die Ausführungen in Kapitel 2.3.1.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
anderen Arten von Wissen sowie um die Problematik der internen Bewertung von Leistungen, die auf Controllingwissen basieren, ergänzen. Letzteres Problem lässt sich auch schon daran erkennen, dass selbst die Bewertung von Controllingleistungen, in der Literatur unter dem Stichwort der Effizienz von Controlling behandelt, nur ansatzweise möglich ist.514 Alternativ werden deshalb Ansätze und Indikatoren gezeigt, die Hinweise für einen möglichen Erfolg aufzeigen können und damit eine Begründung für Wissen bzw. Controllingwissen als Erfolgspotenzial erlauben. Dazu dienen zum einen die Ansätze zur Bewertung von Wissen, die den Wert des Wissens der Wissensbasis abbilden, zum anderen Ansätze, die mit Hilfe verschiedenster Kriterien und deren Kausalitäten einen Einfluss durch Nutzung von Wissen auf den Erfolg zeigen. Weiterhin soll eine Anwendung auf Controllingwissen geprüft werden. 3.6.1 Ansätze zur monetären Bewertung von Controllingwissen Eine Bewertung von Wissen bzw. der organisationalen Wissensbasis stellt eine der größten Herausforderungen im Management von Wissen dar. In der Literatur lassen sich verschiedene Konzepte finden, die ansatzweise versuchen, vorhandenes Wissen zu erfassen und zu bewerten.515 Im Vordergrund dieser Ansätze steht dabei die Bewertung des immateriellen Vermögens, zu dem die organisationale Wissensbasis gezählt werden kann.516 Die Bewertungsmethoden beziehen sich dabei auf die Ermittlung des intellektuellen Kapitals eines Unternehmens, das sich in verschiedene Bestandteile untergliedern lässt. Diese Bestandteile unterscheiden sich je nach Autor:517 KALMRING untergliedert intellektuelles Kapital in Humankapital, welches das Wissen und die Fähigkeiten eines Mitarbeiters umfasst und in das unternehmerische Strukturkapital, das wiederum in das geschützte und in das ungeschützte unterteilt werden kann. Das geschützte, immaterielle Struktur-
514 Vgl. zu dem Problem der Effizienzmessung bzw. zu Ansätzen zur Messung Kurrle, A. (1995); Becker, W./Benz, K. (1996) und zu einer Übersicht in Küpper, H.-U. (2008), S. 577 ff. 515 Vgl. zu einer Übersicht über verschiedene Ansätze: Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 213 ff.; Bontis, N./Dragonetti, N.C. (1999); Edvinsson, L./Brünig, G. (2000), S. 153 ff.; Schäfer, A. (2001), S. 58 ff; North, K. (2005), S. 213 ff.; Kalmring, D. (2004), S. 125 ff. und Weide, T. (2004), S. 197 ff. Im Folgenden werden die am häufigsten in der Literatur genannten Ansätze näher erläutert. 516 Vgl. Schomann, M. (2001), S. 62. 517 Vgl. zu einer Übersicht Schäfer, A. (2001), S. 20 ff. und die dort aufgeführten Definitionen.
3.6 Erfolgsbetrachtung
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kapitel enthält Patente oder Lizenzen, während das ungeschützte etwa aus dem Wissen über die internen Geschäftsprozesse besteht.518 STEWART und EDVINSSON/BRÜNIG hingegen unterscheiden Humankapital, strukturelles Kapital und Kundenkapital als Formen von intellektuellem Kapital.519 Auf diese Untergliederung greift auch SCHNEIDER zurück, erweitert das Kundenkapital jedoch um das Beziehungskapital und schließt alle wesentlichen Anspruchsgruppen eines Unternehmens ein.520 SVEIBY teilt das intellektuelle Kapital in die Mitarbeiterkompetenz, in interne Strukturen, die beispielsweise als Patente, Konzepte und Modelle auftreten, und externe Strukturen, die Beziehungen mit Kunden und Lieferanten enthalten.521 Somit enthalten alle Ansätze zur Messung von intellektuellem Kapital Überschneidungen zum Wissensverständnis von (Controlling-)wissen. Das Humankapital nach KALMRING enthält Methodenwissen, das ungeschützte Strukturkapital lässt sich dem Faktenwissen zuordnen. SCHNEIDERS Ergänzung um das Beziehungskapital wie auch das intellektuelle Kapital nach den Strukturen von SVEIBY decken sich mit dem Beziehungswissen. Diese Überschneidungen deuten darauf hin, dass zwar (Controlling-)Wissen ein Bestandteil des intellektuellen Kapitals ist, jedoch muss es nicht deckungsgleich sein. Alle Ansätze zur Messung von intellektuellem Kapital – unabhängig von deren jeweiliger Definition – und damit zu einer Gradbestimmung von Wissen können generell zum einen in deduktiv-summarische und zum anderen in induktiv-analytische Ansätze unterteilt werden.522 3.6.1.1 Deduktiv-summarische Ansätze Deduktiv-summarische Ansätze beziffern den Unterschied zwischen Markt- und Buchwert eines Unternehmens mit Hilfe verschiedener Indikatoren und bewerten das immaterielle Vermögen monetär. Der Wert des immateriellen Vermögens stellt sich als nicht erklärbarer Teil des Markwertes dar. Vernachlässigt werden bei dieser Sichtweise allerdings die Untergliederungen in die einzelnen Bestandteile des intellektuellen Kapitals und die Schwankungen von Marktpreisen.523 Zu den bedeutendsten deduktiv-summarischen Ansätzen können die Buchwert518 Vgl. Kalming, D. (2004), S. 125, der auf die Untergliederung von Sullivan, P.H. (1998), S. 5 f. zurückgreift. 519 Vgl. Stewart, T.A. (1998), S. 87ff. und Edvinsson, L./Brünig, G. (2000), S. 27 ff. 520 Vgl. Schneider, U. (2001), S. 100. 521 Vgl. Sveiby, K.E. (1997), S. 8 ff. 522 Vgl. Schäfer, A. (2001), S. 59 und North, K. (2005), S. 219. 523 Vgl. Schomann, M. (2001), S. 155.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
Marktwert-Relationen, Tobins’q und der Calculated Intangible Value (CIV) gezählt werden.524 Erstere bestimmen den Wert von immateriellem Vermögen durch die Subtraktion des Buchwertes525 vom Marktwert526 eines Unternehmens. Durch dieses Verfahren kann der monetäre Wert des immateriellen Vermögens zwar ermittelt werden, eine Interpretation ist jedoch kaum möglich, da eine Kausalität zwischen dem Wert des immateriellen Vermögens und dem Aktienkurs äußert fragwürdig ist. Der Quotient Tobins’q527, entwickelt von dem Nobelpreisträger JAMES TOBIN, setzt den Marktwert eines Gegenstandes in Bezug zu seinen Wiederbeschaffungskosten und ermöglicht einen branchenbezogenen Vergleich.528 Ein hoher Wert des Quotienten lässt auf eine hohe Rentabilität des Gegenstandes schließen.529 Dieses kann auf immaterielle Gegenstände wie Patente oder Lizenzen übertragen werden. Der CIV wurde besonders für Unternehmen mit einer geringen Ausstattung an materiellen Gütern entwickelt.530 Bei dieser Methode wird eine finanzielle Bewertung des immateriellen Vermögens mit Hilfe des Marktwertes vorgenommen, da dieser nicht nur materielle Güter in seinem Wert umfasst, sondern auch immaterielle Bestandteile berücksichtigt. Der CIV kann anhand von sieben Schritten aus Werten der Bilanz und Vergleichswerten der gleichen Branche berechnet werden.531 Im Ergebnis belegt der CIV, dass Unternehmen mit einer ausgeprägten und großen Wissensbasis eine höhere Eigenkapitalrendite haben als Unternehmen mit einer weniger entwickelten organisationalen Wissensbasis. Die vorgestellten Ansätze ermöglichen lediglich die Bewertung von intellektuellem Kapital. Es lässt sich jedoch keine Aussage über den Bestand einzelner Elemente der Wissensbasis treffen. Die Bewertung des gesamten intellektuellen Kapitals als eines Bestandteils des Unternehmenswerts erlaubt ebenso wenig Rückschlüsse auf Ursachen oder Maßnahmen, die eine Änderung innerhalb der Wissensbasis hervorrufen können. 524 Vgl. zu den Ausführungen North, K. (2005), S. 219ff.; von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 169 ff. und Kalmring, D. (2004), S. 130 f. 525 Summe der in der Bilanz aufgeführten Aktiva. 526 Bei einem börsennotierten Unternehmen der Börsenkurs aller Aktien. 527 Zu einer umfassenden Darstellung des Konzeptes und dessen Anwendung in Bezug auf deutsche Aktiengesellschaften vgl. Gehrke, N. (1994). 528 Für ein Gesamtunternehmen verwendet man zur Ermittlung von Tobins’q den Marktwert dividiert durch den Betrag für die Wiederbeschaffung des Anlagevermögens, vgl. dazu auch North, K. (2005), S. 221 f. 529 Vgl. Weide, T. (2004), S. 198. 530 Vgl. Stewart, T.A. (1998), S. 220 f. 531 Vgl. die Beispielsrechnung für dieses Vorgehen von Stewart, T.A. (1998), S. 222 f.
3.6 Erfolgsbetrachtung
135
Mit Hilfe solcher Methoden ist es aber zumindest möglich, eine Bestandsänderung von intellektuellem Kapital zu ermitteln und damit eine Tendenzaussage für die Veränderung der Wissensbasis zu treffen. Ein Erfolg wäre die Differenz aus einem höheren Wert der Wissensbasis im Vergleich zur Ausgangssituation. Eine Übertragung der Ideen auf das spezifische Controllingwissen ist jedoch nicht möglich, wenn selbst die Definition von intellektuellem Kapital von ihren Bestandteilen her unterschiedlich ist – eine Abgrenzung verschiedener Wissensarten fällt somit noch schwerer. 3.6.1.2 Induktiv-analytische Ansätze Induktiv-analytische Ansätze hingegen zielen auf die Beschreibung und die Bewertung von einzelnen Elementen der Wissensbasis ab, um daraus Prognosen für deren Entwicklung zu generieren. Sie versuchen, die rein monetäre Sichtweise der deduktiv-summarischen Ansätze durch nichtfinanzielle Indikatoren zu erweitern, um eine differenziertere Betrachtung des intellektuellen Kapitals zu ermöglichen.532 Diese können wiederum in Ansätze unterschieden werden, die eine Bilanzierung des Wissens als Ziel haben und damit auch Veränderungen der Wissensbasis ermitteln können, wie der „Intangible Asset-Monitor“ und der „Intellectual Capital Navigator“, und in diejenigen, die sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Indikatoren zu einem Gesamtsystem vereinen.533 Letztere werden aufgrund der umfassenden Betrachtung anhand eines Gesamtsystems im nächsten Kapitel gesondert betrachtet, da sie sich grundlegend unterscheiden. Folgende Ansätze lassen sich benennen: SVEIBY entwickelte den „Intangible Asset-Monitor“ zur Messung von immateriellen Vermögenswerten und gestaltet sein Instrument nach Zielgruppen in eine auf unternehmensextern und -intern (management-) bezogene Darstellung.534 Während die externe Darstellung vor allem auf Bestandsgrößen zu einem festen Zeitpunkt basiert, zielt die interne Darstellung auf das Aufzeigen von Veränderungen und Trends ab. Immaterielle Vermögenswerte535 können in Kompetenz der Mitarbeiter, interne Struktur und externe Struktur untergliedert werden, die der Autor anhand der Indikatoren Wachstum/Erneuerung, Effizienz und Stabilität beurteilt.536 532 533 534 535 536
Vgl. von der Oelsnitz, D./Hahmann, M. (2003), S. 171. Vgl. zu dieser Übersicht auch North, K. (2005), S. 225. Vgl. Sveiby, K.E. (1998), S. 223 ff. Sveiby setzt die immateriellen Vermögenswerte mit dem intellektuellen Kapital gleich. Vgl. Sveiby, K.E. (1998), S. 225.
136
3 Modell für das Management von Controllingwissen
Der „Intellectual Capital Navigator“ von STEWART ist eng am vorherigen Ansatz angelehnt. Das Instrument untersucht die drei Bestandteile des immateriellen Kapitals in Form von Humankapital, strukturellem Kapital und Kundenkapital537, denen jeweils verschiedene Messgrößen538 zugeordnet werden. Die Darstellung der Ist- und Soll-Größen auf einem Radar-Chart, dem Navigator des intellektuellen Kapitals, ermöglicht die Durchführung eines einfachen Soll-Ist-Vergleichs und die Ableitung von Handlungsempfehlungen, um gezielte Interventionen in die organisationale Wissensbasis zu tätigen.539 Beide Ansätze versuchen, eine Bewertung von immateriellem Wissen anhand eines Soll-Ist-Vergleiches vorzunehmen. Damit kommen sie der Auffassung dieser Arbeit näher, da mit diesen Methoden die Überprüfung der Auswirkungen der Strategien auf die Wissensbasis vorgenommen werden kann. Auch die Unterscheidung nach verschiedenen Arten des Wissenskapitals ähnlich dem in dieser Arbeit verwendeten Begriffsverständnis lässt eine genauere Unterscheidung zu. Für Controllingwissen sind beide Ansätze insofern von der Grundidee her nutzbar, als dass diese nach verschiedenen Arten, analog zum Controllingwissen mit den Arten des Methoden-, Fakten- und Beziehungswissen, unterscheiden. Zudem lässt sich nach dem Ansatz von SVEIBY ebenso die benötigte interne Darstellung der Veränderungen erkennen, die in Bezug auf die Definition von Erfolg gefordert wurde. Da es sich jedoch bei beiden Ansätzen um sehr abstrakte Methoden handelt, die ebenfalls sehr abstrakte Indikatoren verwenden, lassen sich diese auch nur als grundlegende Ideen verstehen. Über die finanziellen Indikatoren in Form des intellektuellen Kapitals hinaus gibt es aber auch Ansätze, um nichtfinanzielle Indikatoren in ein Bewertungsschema zu integrieren. Auf diese Ansätze wird im Folgenden näher eingegangen. 3.6.2 Bewertung von Controllingwissen durch ein Gesamtsystem Die Integration von finanziellen und nichtfinanziellen Indikatoren in ein Gesamtsystem kann etwa am Beispiel des Instrumentes der Balanced Scorecard (BSC) 537 Vgl. zu der Definition und detaillierten Beschreibung der drei Arten des Kapitals Stewart, T.A. (1998), S. 87 ff. 538 Aufgrund der Übersichtlichkeit wählt Stewart jeweils nur drei Messgrößen pro Art des immateriellen Kapitals aus. Vgl. zu den einzelnen Messgrößen für das Humankapital Stewart, T.A. (1998), S. 224 ff., für das strukturelle Kapital S. 229 ff. und für das Kundenkapital S. 233 ff. 539 Vgl. North, K. (2005), S. 225 f.
3.6 Erfolgsbetrachtung
137
gezeigt werden.540 Dabei dient dieses nur als Gerüst, da es nicht das primäre Ziel ist, Wissen zu bewerten. Jedoch eignet sich das Instrument für eine gezielte Auseinandersetzung etwa mit der Definition von Kennzahlen zur Messung intangibler Werte und Inhalte der Wissensbasis. 3.6.2.1 Balanced Scorecard Während Bewertungsinstrumente des klassischen Controlling in der Regel nur auf eine finanzielle Perspektive fokussieren, ergänzt die BSC als Steuerungsinstrument auch eine interne Prozess-, Kunden-, Lern- und Wachstumsperspektive541, um eine ausgewogene Mischung gegenüber Indikatoren zur finanziellen Bewertung zu erhalten. Den einzelnen Perspektiven werden qualitative und quantitative Indikatoren zugeordnet und diese durch Kausalbeziehungen miteinander verbunden. Im Vordergrund der BSC steht jedoch vor allem die Erreichung finanzwirtschaftlicher Ziele, die über finanzielle Kennzahlen operationalisiert werden, um den Fortschritt des Aufbaus von Kompetenzen und die Generierung von intellektuellem Kapital für zukünftiges Wachstum zu überwachen.542 Speziell für die Lern- und Wachstumsperspektive werden Kennzahlen benötigt, die Aspekte des Lernens sowie des Umgangs mit Wissen und Fähigkeiten erfassen können. In Bezug auf Wissen greifen mehrere Autoren auf das grundlegende Modell der BSC zurück und gestalten dieses für die Bewertung von Managementaktivitäten für Wissen durch eine Wissensscorecard543 aus. Anstelle der klassischen Perspektiven der BSC können die Bausteine des Wissensmanagements nach dem Bausteinmodell544 als Wissensidentifikation, Wissenserwerb, Wissensentwickelung, Wissensanwendung, Wissensverteilung und Wissensbewahrung eingesetzt werden. In der Literatur gibt es verschiedene Auffassungen, wie die einzelnen Perspektiven für Wissen anhand der BSC ausgestaltet werden sollen: So schlägt NOHR vor, eine BSC mit fünf Perspektiven zu schaffen und ergänzend zu einer finanziellen Perspektive vier Wissensperspektiven aufzuführen.545 Der Prozess der Wissensidentifikation wird dabei nicht berücksichtigt, da das Vorhandensein von Wissen vorausgesetzt wird. Die Perspektive des Wissenserwerbs und die der Wissensentwicklung werden zu540 Vgl. zur BSC die grundlegende Arbeit von Kaplan, R.S./Norton, D.P. (1992). 541 Vgl. Kaplan, R.S./Norton, D.P. (1996), S. 25 ff. zu der Beschreibung der einzelnen Perspektiven. 542 Vgl. Kaplan, R.S./Norton, D.P. (1996), S. 2. 543 Vgl. zu diesem Begriff z.B. Kaps, G. (2001). 544 Vgl. zu dem Bausteinmodell Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006). 545 Vgl. Nohr, H. (2001), S. 21 ff. und Kaps, G. (2001), S. 24 ff.
138
3 Modell für das Management von Controllingwissen
sammengefasst, die anderen vier Perspektiven gleichen den Wissensbausteinen546. Den einzelnen Perspektiven werden Ziele und Maßgrößen zugeordnet.547 Einen ähnlichen Ansatz verfolgen HELM ET AL., welche die ursprüngliche BSC als Grundlage verwenden und für jede der vier Perspektiven strategische Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen in Bezug auf die einzelnen Bausteine des Wissensmanagements entwickeln.548 Wie auch bei der klassischen BSC ist die finanzielle Perspektive der Wissensscorecard über Ursache-Wirkungs-Ketten mit der Kunden-, Lern- und Entwicklungs- sowie Prozessperspektive verbunden. Somit haben alle drei verbundenen Perspektiven einen Einfluss auf die finanzielle Perspektive, in welche die übergeordneten Rentabilitäts- und Ertragsziele eingehen.549 Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Generierung von strategischen Zielen, Maßnahmen und Wissenskennzahlen550 für die einzelnen Wissensprozesse innerhalb jeder Perspektive der BSC551: Der Aufbau von langfristigen Erfolgspotenzialen ist das Ziel der Lern- und Entwicklungsperspektive, in deren Vordergrund im Speziellen das Individuum steht. Die Prozessperspektive zielt auf die optimale Gestaltung der Wertschöpfungskette und den Umgang mit Wissen über operative Prozesse in einem Unternehmen ab. Im Rahmen der Kundenperspektive wird das Ziel verfolgt, Wissen über Kunden zu generieren, um auf dieser Basis rentable Kundenleistungen und Beziehungen etablieren zu können. Einen beispielhaften Überblick über Subdimensionen der Lern- und Entwicklungsdimension, deren strategische Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen vermittelt Abb. 21.
546 Vgl. zu den Wissensbausteinen Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006). 547 Vgl. dazu in der Übersicht über mögliche strategische Ziele und Kennzahlen die Tabelle in Nohr, H. (2001), S. 23. 548 Vgl. Helm, R. et al. (2004). 549 Vgl. Helm, R. et al. (2004), S. 135. 550 Vgl. zu Kennzahlen in Bezug auf Wissensmanagement auch Busch, V./Wernig, B. (1999), S. 579 ff. und Witt, F.J. (2002), S. 377. 551 Vgl. Helm, R. et al. (2004), S. 135 ff.
3.6 Erfolgsbetrachtung Subdimension Wissen erwerben
Wissen entwickeln
Wissen verteilen
Wissen anwenden
Strategisches Ziel (Bsp.) Mitarbeiterenwicklung fördern, erkennbare Wissenslücken schließen Mitarbeiter sollen Freiräume erhalten, um Wissen selbstständig zu entwickeln Mitarbeiterentwicklung durch Weiterbildung soll gefördert werden
139 Maßnahme (Bsp.) Einbindung eines externen Dienstleisters
Kennzahl (Bsp.)
Förderung einer innovationsfreundlichen Unternehmenskultur Entwicklung einer Anreizstruktur zur Förderung von Wissensaustausch Erstellung einer Bedarfsanalyse für die Weiterbildung
Anzahl der Innovationszirkel
Ausgaben für Personalmarketing oder entwicklung
Zahl der Zugriffe auf Datenbanken zum Wissensaustausch
Die WeiterbilZufriedenheit mit der dungsmaßnahmen Fort- und Ausbildung sollen nach den und des AnwendungsAnforderungen im bezugs Arbeitsumfeld ausgerichtet sein Wissen Das implizite Wis- Dokumentation Mitarbeiterfluktuation bewahren sen soll im Unterder Personalnehmen bewahrt entwicklung werden Abbildung 21: Entwicklungs-Perspektive einer Wissensscorecard552 Nach der Vorstellung der Ansätze folgt eine Bewertung für die Anwendbarkeit. Die Idee der Nutzung einer Scorecard nach NOHR zur Messung von Wissen hat nur einen geringen Bezug zum Konzept der BSC. Er nutzt die Grundidee und ersetzt die vier Perspektiven der BSC durch Wissensbausteine. Diesen ordnet er Kennzahlen zu. Eine Kausalitätsverknüpfung erfolgt jedoch nicht. Der Ansatz von HELM et al. gestaltet die klassischen Perspektiven der BSC nach den Bausteinen des Bausteinmodells553 aus. Dadurch ist dieses Konzept den Ideen der 552 Vgl. Helm, R. et al. (2004), S. 138. 553 Vgl. zu dem Bausteinmodell Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006).
140
3 Modell für das Management von Controllingwissen
BSC näher als die Erarbeitung einer „einfachen“ Scorecard für Wissen. Für jede Perspektive entwickeln sie spezifische Ziele, Maßnahmen und Indikatoren zur Messung. Damit legen sie ein schlüssiges Konzept vor, das jedoch, aufgrund der Vielzahl von wissensbezogenen Indikatoren, sehr komplex wirkt. Auch ist die monetäre Messbarkeit in Form einer finanziellen Kennzahl problematisch, da einzelne Indikatoren mit monetären Größen bewertet werden müssen. Ergebnis der einzelnen Indikatoren ist eine finanzielle Kennzahl, die eine Bewertung der Aktivitäten des Managements von Wissen zulässt. Damit stellt diese jedoch nicht den Wert von Wissen dar. Beide Ansätze können prinzipiell für Controllingwissen ausgestaltet werden, indem diesen Ansätzen spezifische Ziele, Maßnahmen und Indikatoren zugeordnet werden, die etwa eine Unterscheidung nach Zielgruppen oder Controllingwissensbestandteilen zulassen. Die grundlegende Idee, durch Indikatoren – wie hier mit Hilfe der Struktur der BSC – Ziele und Maßnahmen festzulegen und diese anschließend zu überprüfen, lässt sich auch auf das Managementverständnis dieser Arbeit und damit auch auf Controllingwissen übertragen. Da eine Erfassung von Erlösen und Kosten zur Berechnung von Erfolg jedoch nicht möglich ist, soll ein Indikatorensystem zumindest Stellhebel liefern, anhand derer eine positive bzw. negative Veränderung der Wissensbasis ermittelt werden kann. Damit wird zwar nicht der Erfolg aufgezeigt, jedoch zumindest Einflussfaktoren für den Erfolg. 3.6.2.2 Bewertungs- und Steuerungsaspekte für Controllingwissen Grundlage für eine Erfassung von Maßnahmen, Zielen und Indikatoren kann die Abbildung des Leistungsprozesses der Integrierten Leistungs- und Wertkette sein. Anhand der einzelnen Prozessschritte lassen sich die jeweiligen Ansatzpunkte zur Steuerung von Aktivitäten zusammenfassen, Handlungsanweisungen geben und anschließend mit der Hilfe von Indikatoren bewerten. Dieses Vorgehen kann direkt in Bezug auf Controllingwissen erfolgen und soll ermitteln, welche Indikatoren den Erfolg des Wissensaustausches von Controllingwissen zwischen Manager und Controller bestimmen können. Das Ergebnis ist eine Übersicht aller bisher vorgestellten Prozessbestandteile, möglicher Maßnahmen zur Steuerung und beispielhafter Indikatoren (s. Abb. 22).
3.6 Erfolgsbetrachtung Prozessschritt Prozessbestandteile (Bsp.) Informations- Anreizsystem für lieferung und Controllinginfor-aufnahme von mationen Controllinginformationen Informationsmedien Controlling
Programmund Strategiegestaltung für Controllingwissen
141 Steuerungsmaßnahmen (Bsp.) Festlegung von Anreizen zur Informationsbereitstellung
Indikator (Bsp.) Zielerreichungsgrad eines im Anreizsystem hinterlegten Ziels Bereitstellung control- Anzahl controllingspezifischer lingspezifischer Informationsmedien Medien (z.B. Zeitschriften) InformationsGestaltung eines InMenge an Contsystem für Control- formationssystems für rollinginformatiolinginformationen Controllingnen in Form des informationen Datenvolumens Verwertbare Cont- Beurteilung der VerAnteil verwertbarollingwertbarkeit von Cont- rer Controllingininformationen rollinginformationen formationen, durch InformationsZufriedenheit mit empfänger Inhalten Tiefe und Breite Bestimmung der Anteil externes/ Eigen- bzw. internes ControlFremdleistung lingwissen in Wissensbasis Akquisition /Liefe- Entscheidung zwischen Kosten für den rung von Control- Eigen- oder FremdErwerb von exlingwissen erstellung ternem Controllingwissen Erreichung von Bestimmung von Con- ZielerreichungsControllingwistrollingwissenszielen grad senszielen
142
3 Modell für das Management von Controllingwissen
Fortsetzung Prozessschritt Prozessbestandteile (Bsp.) Gruppenlernen Identifikation von von ControlControllingwissen lingwissen
Steuerungsmaßnahmen (Bsp.) Erfassung von potenziellen Trägern des Controllingwissens
Indikator (Bsp.) Anzahl Teilnehmer an Veranstaltungen, Anzahl Personen in „Gelben Seiten“ Erwerb von Cont- Erfassung der mögliAnzahl der Teilrollingwissen chen Kontakte zum nehmer an VeranErwerb von Controlstaltungen, lingwissen Anzahl Veranstaltungen Anzahl von Erweiterung von Erfassung der Gruppen, Anzahl Controllingwissen möglichen Kontakte zur Erweiterung von der Teilnehmer in Controllingwissen Gruppen (Ver-)teilung von Erfassung der Bereit- Anzahl der Controllingwissen stellung von entwickel- Beiträge in Foren/ tem Controllingwissen Chats, Anzahl Adressaten Nutzung von Cont- Bereitschaft zur Zufriedenheit mit rollingwissen Nutzung der Ergebnis- Inhalten se des Gruppenlernes von Controllingwissen Speicherung von Erfassung der EingaAnzahl und HäuControllingwissen ben in die Controlfigkeit der lingwissensbasis Eingaben ControllingInhalte der ContBestimmung des Bestand an Wiswissensbasis rollingwissensbasis Bestands von Control- sen (Anzahl Artilingwissen kel, etc.) Nutzung der Cont- Verwendung des gene- Anzahl Zugriffe, rollingwissensbasis rierten bzw. akquirier- Nutzer, Häufigten Controllingwissens keit des Zugriffs Anzahl der BeteiQualität der Inhalte Überprüfung der der Controllingwis- Qualität der einzelnen ligten an der Wissensbasis Controllingwissenssensentwicklung bestandteile Abbildung 22: Bewertungs- und Steuerungsaspekte für Controllingwissen
3.6 Erfolgsbetrachtung
143
Diese Aspekte geben jedoch nur einen Eindruck von möglichen Aspekten zur Messung von Erfolg. Vielmehr soll diese Übersicht zeigen, wie viele Indikatoren einen potenziellen Erfolg begründen können. Fast alle Indikatoren lassen sich quantitativ erfassen. Hier bietet sich ein jeweiliger Soll-Ist-Vergleich bzw. der Vergleich der Daten über eine bestimmte Periode hinweg an. So lassen sich etwa die Anzahl von Teilnehmern an Seminaren, die Anzahl von Beiträgen zu einer bestimmten Controllingthematik oder die Zugriffe auf die Controllingwissensbasis problemlos erfassen und vergleichen. Qualitative Daten lassen sich hingegen nur durch Beobachtungen und Schätzungen oder durch Gespräche mit Nutzern bzw. mit der Zielgruppe der jeweiligen Maßnahme ermitteln. So kann etwa der Anteil verwertbarer Informationen, Aussagen über den Nutzen des Controllingwissens oder die Zufriedenheit mit den Inhalten nur indirekt ermittelt werden. Die Aggregation und Gewichtung aller quantitativen sowie subjektiv bewerteten qualitativen Indikatoren könnte theoretisch in einer Gesamtkennziffer zusammengefasst werden. Diese würde einen temporalen Vergleich ermöglichen. Die Problematik liegt jedoch zum einen in der Auswahl geeigneter Indikatoren und zum anderen auch in der jeweiligen Messung bzw. Bewertung der Ausprägungen der Indikatoren begründet. 3.6.2.3 Storytelling Eine weitere Methode zur Bewertung von Aktivitäten des Managements von Wissen liefert die Methode des Storytelling.554 Mit Hilfe umfangreicher Interviews lassen sich „Erfolgsgeschichten“ ableiten, die aufzeigen, wie ein bestimmter Wissenspartikel durch seinen Einsatz einen bestimmten Geschäftserfolg generiert hat. Dieser Geschäftserfolg kann in der Praxis jedoch oft nur subjektiv bestimmt werden. Ziel dieser Methode ist es daher, Kausalitäten zwischen Wissen und Erfolg herzustellen. Ein Beispiel für dieses Vorgehen kann wiederum anhand der Einführung einer neuen Richtlinie abgeleitet werden: Ein Controller nimmt am Gruppenlernprozess teil, erweitert sein spezifisches Wissen, kann auf die Ergebnisse des Prozesses in der Controllingwissensbasis zurückgreifen und das Wissen in der Zusammenarbeit mit seinem Manager anwenden. Dadurch, dass seine Suchkosten gering sind, kann er seine Aufgaben ohne Zeitverlust durch Suchen geeigneter Ansätze erledigen und so das Projekt zügig abschließen. Dem gegenüber stehen jedoch Opportunitätskosten für die Wissensgenerierung. Durch die Hin554 Vgl. zum Storytelling Reinmann-Rothmeier, G./Vohle, F. (2001) und Henschel, A. (2001), S. 61 ff.
144
3 Modell für das Management von Controllingwissen
terfragung des Kosten-Nutzen-Vergleiches lassen sich subjektive Bewertungen des Erfolgs generieren. Oft sind die Erfolgsgeschichten über einzelne Projekte jedoch zu spezifisch, um mit Hilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse bewertet zu werden. Deshalb können sie auch kaum auf andere Projekte übertragen werden.555 Des Weiteren sind diese Kausalitäten in Frage zu stellen. Die Methode des Storytelling lässt sich jedoch auch mit der Bewertungsmethode der Indikatoren kombinieren. Hier würde sich etwa im Rahmen der Bewertung von qualitativen Indikatoren, die in Abb. 23 der Bewertungs- und Steuerungsaspekte für Controllingwissen entnommen werden können, diese Methode anbieten. Zudem wäre es möglich, auch Kausalitäten zwischen verschiedenen Indikatoren zu ermitteln, die bei einer Zusammenführung zu einer Gesamtkennzahl eingesetzt werden könnten. Zusammenfassend stellt sich die Messung von Erfolg des (Controlling-) Wissens als problematisch dar. Eine direkte Messung von Erfolg durch einen Kosten-Erlös-Vergleich scheint unmöglich. Ein Lösungsansatz ist die Erfassung von Indikatoren durch Gesamtsysteme. Diese versuchen, durch die Erhebung von Indikatoren eine verallgemeinernde Aussage über den Erfolg der Aktivitäten zum Management von (Controlling-)Wissen zu treffen. Für Controllingwissen lässt sich diese Vorgehensweise nutzen, indem den jeweiligen Prozessschritten für das Management von Controllingwissen Maßnahmen und Indikatoren zugeordnet werden, die eine Tendenzaussage erzielen können. Mit Hilfe der Methode des Storytelling lassen sich zudem Kausalitäten ermitteln, die bei einer Aggregation zu einer Spitzenkennzahl beitragen können. Mit dem Aspekt der Bewertung schließt die Betrachtung des Modells der Integrierten Leistungs- und Wertkette als Analyseraster für das Management von Controllingwissen. Anhand eines umfassenden Prozesses konnten sowohl sachals auch verhaltensorientierte Aspekte untersucht werden, die das Management von Controllingwissen beeinflussen, aber auch vom Management gesteuert werden können. Neben prozessualen Aspekten wurden an jeweils geeigneter Stelle unternehmenspolitische Aspekte berücksichtigt. Damit sollte eine unmittelbare Auswirkung dieser Stellhebel in Form der Unternehmenskultur, -strategie und struktur auf die jeweiligen Prozessschritte verdeutlicht werden. Im Folgenden werden diese einzelnen Aspekte angesprochen, um diese in einem Gesamtzusammenhang darzustellen.
555 Vgl. Hofer-Alfeis, J. (2003).
3.7 Unternehmenspolitik für Management von Controllingwissen
145
3.7 Unternehmenspolitik für Management von Controllingwissen Die Unternehmenspolitik spannt einen Rahmen für das Handeln eines Unternehmens auf. Die integrative Gestaltung und Lenkung erfolgt unter Sach- und Verhaltensaspekten durch die Unternehmenspolitik.556 Im Folgenden wird zunächst näher auf den Begriff der Unternehmenspolitik und die Aspekte der Ausgestaltung, anschließend auf Controllingwissen eingegangen. Dabei steht insbesondere die Zusammenfassung der Erkenntnisse für die Unternehmenskultur, -strategie und -struktur in einem controllingwissensspezifischen Leitbild im Fokus. 3.7.1 Rolle der Unternehmenspolitik im Managementmodell Der Begriff der Unternehmenspolitik beruht auf den Arbeiten von SANDIG557 und MELLEROWICZ558 als Vertreter der klassischen deutschsprachigen Ansätze559 und den neueren Arbeiten von ULRICH und ULRICH/FLURI.560 SANDIG versteht unter der sog. Betriebswirtschaftspolitik als Oberbegriff für die Unternehmenspolitik561 die „Lehre von den tatsächlichen und den möglichen Zielsetzungen und Entscheidungen, die von der Führung einer Betriebswirtschaft (eines Betriebes, einer Unternehmung) im Innenverhältnis und gegenüber dem Markte der Betriebswirtschaft getroffen werden.“562 MELLEROWICZ postuliert, dass die Unternehmenspolitik alles umfasst, was für die Aufrechterhaltung eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist, und befürwortet eine Abstimmung aller Teilentscheidungen und Teilpolitiken.563 Beide Autoren sehen ihre Arbeit weniger theorieverhaftet, sondern eher praxisnah.564 Im Gegensatz zu den 556 557 558 559 560
561
562 563 564
Vgl. dazu die Ausführungen und entsprechende Literaturhinweise in Kapitel 2.1.3. Vgl. Sandig, C. (1966). Vgl. Mellerowicz, K. (1976). Vgl. Rühli, E. (1996b), S. 391. Vgl. zu einer Übersicht von verschiedenen Ansätzen und Autoren auch Kirsch, W. (1991), S. 62. Vgl. Ulrich, P. (1994) und Ulrich, P./Fluri, E. (1995). Vgl. zu dieser Einordnung auch Bleicher, K. (1994), S. 124; Bomke, P. (1995) und Kieser, A./Oechsler, W.A. (2004). Zu einer historischen Entwicklung auf dem Themengebiet der Unternehmenspolitik vgl. Rühli, E. (1996a und 1996b). Vgl. Sandig, C. (1966), S. 17. Der Autor grenzt den Begriff der Betriebswirtschaftspolitik von der Unternehmenspolitik ab. Die Betriebswirtschaftspolitik ermöglicht die Einbeziehung des Betrachtungsgegenstands von öffentlichen Einrichtungen, Genossenschaften, Verbänden etc., die nicht zu dem Begriff des Unternehmens gezählt werden. Sandig, C. (1966), S. 6. Vgl. Mellerowicz, K. (1976), S. 78 ff. Vgl. Sandig, C. (1966), S. 5 und Mellerowicz, K. (1976), im Vorwort.
146
3 Modell für das Management von Controllingwissen
„klassischen“ Ansätzen legt ULRICH ein stärker theorieorientiertes Konzept vor, indem er systemtheoretisch argumentiert und die Rolle der Unternehmenspolitik in der Regelung der allgemeinsten Art sieht. Zur Etablierung der Unternehmenspolitik kann nach ULRICH ein dreistufiges Vorgehen erfolgen:565 1. Ermittlung und Beurteilung der Ausgangslage (Ist-Zustand): Im Rahmen des ersten Schrittes müssen dafür Werte, Stärken und Schwächen eines Unternehmens sowie Chancen und Risiken aus Entwicklungen der Umwelt ermittelt werden. Hierzu können als Analysemethoden etwa Wertprofile, Stärken-Schwächen-Profile und Schemata zur Erfassung relevanter Informationen dienen, um die Ist-Situation zu beschreiben. 2. Definition des angestrebten Soll-Zustandes: Ein Soll-Zustand lässt sich mit Hilfe eines Unternehmensleitbildes definieren, welches die Idealvorstellungen eines Unternehmens beschreibt und ggf. visualisiert. Dieses stellt eine einheitliche unternehmenspolitische Ausrichtung dar, gibt oberste Leitlinien für Manager vor, erfüllt die Funktion der Motivation der Führungskräfte, dient der Information für neue Führungskräfte, liefert eine Basis für die Öffentlichkeitsarbeit und leistet einen Beitrag zur Sinnfindung mit ihrer Orientierungs- und Stabilisierungsfunktion.566 Inhaltlich kann auch eine ökonomische und/oder soziale Zielausrichtung Bestandteil eines Unternehmensleitbildes sein.567 Es muss für eine längere, unbestimmte Zeit bestehen und gilt als Glied einer Kette von Normen und Vorstellungen, welche die Handlungen in einem Unternehmen detailliert bestimmen.568 GRÜNIG zeigt die Vorgehensweise zur Schaffung eines Leitbildes, die bei der Bestimmung der Ausgangslage beginnt. Dem folgt die Festlegung des Rahmens der Leitbildbearbeitung, der Themenbereiche und die Bearbeitungsfolge. Als nächste Schritte müssen Schlüsselgrundsätze ergänzt, sowie die Anzahl von Grundsätzen bestimmt und deren Zweckmäßigkeit überprüft werden. Der letzte Schritt besteht in der Gestaltung der Struktur des Leitbilds.569 3. Erarbeitung von Handlungsalternativen und deren Konsequenzen sowie Beschlussfassung: Diese beinhaltet das Zusammenstellen möglicher Unternehmens- und Führungskonzepte, deren Beurteilung und die Auswahl geeigneter Konzepte. Das Unternehmenskonzept beinhaltet Ziele und konkrete Handlungsanweisungen.570 Das Führungskonzept umfasst Grundsatzentscheide und definiert damit Ziele und Grundsätze des Führungsinstrumenta565 Vgl. hierzu und den Inhalten der einzelnen Schritte Ulrich, H. (1990), S. 37 ff. 566 Vgl. Bleicher, K. (1994), S. 504 f. und Ulrich, P./Fluri, E. (1995), S. 93. 567 Vgl. Bleicher, K. (1994), S. 506 und insbesondere für den deutschsprachigen Raum die Ausführungen von Matje, A. (1996), S. 93 ff. 568 Vgl. Brauchlin, E. (1984), S. 313. 569 Vgl. Grünig, R. (1988), S. 258 ff. 570 Vgl. Corell, A.C. (1998), S. 74.
3.7 Unternehmenspolitik für Management von Controllingwissen
147
riums und dessen Ausgestaltung.571 Damit umfassen die Konzepte nicht nur die Bestimmung von Zielen, sondern auch die Mittel und Verfahrensweisen zu ihrer Erreichung unter leistungswirtschaftlichen, finanzwirtschaftlichen und sozialen Aspekten.572 Innerhalb der Schritte zwei und drei können die Aspekte der Kultur, die Strategie und die Struktur aktiv beeinflusst werden. Ein Soll-Zustand lässt sich mit Unternehmensstrategien bestimmen, und Aspekte wie Idealvorstellungen und Motivation lassen sich der Unternehmenskultur zuordnen und sind Inhalt von Schritt zwei. Organisatorische Themen finden sich in der Umsetzung von Konzepten in Schritt drei wieder. Im Folgenden gilt es, diese Schritte zur Etablierung einer Unternehmenspolitik auf Controllingwissen anzuwenden. 3.7.2 Controllingwissensspezifische Unternehmenspolitik Für Controllingwissen lassen sich die bereits in der Arbeit aufgeführten Aspekte der Unternehmenskultur, -strategie und -struktur in ihrer Ausprägung für Controllingwissen in die Unternehmenspolitik integrieren. Grundlage dafür ist die Aussage von MELLEROWICZ, nach der es innerhalb der allgemeinen Unternehmenspolitik auch diverse Teilpolitiken gibt.573 Für eine Übertragung auf Controllingwissen lässt sich das bereits gezeigte Vorgehen für die Etablierung einer Unternehmenspolitik im Allgemeinen nach ULRICH verwenden:574 Als erster Schritt muss die Ermittlung und Beurteilung der Ausgangslage in Bezug auf Controllingwissen erfolgen. Dazu kann der Bestand der Controllingwissensbasis und der Umgang mit diesem Controllingwissen, wie beispielsweise in dieser Arbeit anhand einer Prozessdokumentation für das Management von Controllingwissen, aufgezeigt und beurteilt werden. Eine solche Beurteilung kann etwa mit Hilfe von Aussagen der Nutzer des Controllingwissens über die Zufriedenheit des aktuellen Status Quo erfasst werden, der sich durch eine Untersuchung der Beziehungsqualität zwischen Manager und Controller im Hinblick auf den Wissensaustausch zeigen ließe. Anschließend bedarf es der Definition eines Soll-Zustandes für Controllingwissen. Hierzu kann ein controllingwissensspezifisches Leitbild erstellt werden. Grundlage für ein solches Leitbild bieten zum einen Wissensleitbilder, zum an571 Vgl. Ulrich, H. (1990), S. 31 ff. 572 Vgl. Ulrich, H. (1990), S. 99 f. 573 Vgl. Mellerowicz, K. (1976), S. 92 ff. Der Autor behauptet, dass es funktionsbezogene Teilpolitiken gibt. Vgl. dazu auch Ulrich, H. (1990), S. 179 f. und Bleicher, K. (1994), S. 271 ff. 574 Vgl. Kapitel 3.7.1.
148
3 Modell für das Management von Controllingwissen
deren auch Controllerleitbilder. Ein Beispiel für ein Wissensleitbild führen PROBST/RAUB/ROMHARDT an, das sie bei dem Hörgerätehersteller PHONAK erkannt haben. Dieses Unternehmen entwickelte einen Wissensquadranten575, der die Aktivitäten des Unternehmens in Bezug auf die Ressource Wissen ausgestaltet und in seinem Inneren das eigentliche Wissensleitbild mit kulturellen Werten und strategischen Zielen enthält (s. Abb. 23).576
Abbildung 23: Wissensquadrant der PHONAK AG577
575 Bei dem Wissensquadranten handelt es sich um eine Matrix, die zwei Dimensionen bezüglich des Umgangs mit Wissen aufzeigt. Die erste Dimension beschreibt den Umgang mit unternehmensinternem und -externem Wissen. Die zweite Dimension enthält die Entwicklung von Wissen bzw. die Nutzung von Wissen. 576 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 43 f. 577 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 44.
3.7 Unternehmenspolitik für Management von Controllingwissen
149
Controllerleitbilder578 als Leitbilder einer Teilpolitik579 ermöglichen die Präzisierung der Unternehmenswerte in Controllerwerten.580 Ein Beispiel für ein Controller-Leitbild zeigt Abb. 24. Ein Controllingwissensleitbild könnte nach den Ausführungen zum Wissensleitbild etwa zum einen die strategischen Ziele enthalten, die in Bezug auf Controllingwissen aus dem gewünschten Bestand der Controllingwissensbasis abgeleitet werden können, und zum anderen kulturelle Werte umfassen, die einen Wissenstausch von Controllingwissen zwischen Manager und Controller begünstigen.
Abbildung 24: Controller-Leitbild des Controllervereins581 Die Erstellung eines Leitbildes für Controllingwissen ist jedoch zwiespältig zu sehen582: Einerseits widerspricht der Gedanke des langfristig angelegten Leitbildes einem wissensorientierten Unternehmen, da sich dieses dynamisch und fle578 Vgl. zu Controller- bzw. Controllingleitbildern die Ausführungen von Kronast, M. (1989), S. 198 ff. und Weber, J./David, U./Prenzler, C. (2001), S. 19 ff. Vgl. die Arbeit von David, U. (2005), S. 195 ff. zu einer Übersicht verschiedener Leitbilder von Controllerbereichen. 579 Das Leitbild einer Teilpolitik kann ein bestehendes Unternehmensleitbild ergänzen und so auch die Gestaltung von Themenfeldern umfassen, die nicht in dem übergreifenden Unternehmensleitbild enthalten sind, vgl. dazu Becker, R./Mackenthun, M./Müller, R. (1978), S. 170. 580 Vgl. David, U. (2005), S. 107 ff. 581 In Anlehnung an Controllerverein (2008). 582 Vgl. Matje, A. (1996), S. 89.
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
xibel den internen und externen Gegebenheiten anpassen muss. Andererseits kann ein Leitbild den Lernprozess in einem Unternehmen fördern, indem es allen Unternehmensmitgliedern eine generelle Richtung aufzeigt. Eine Überprüfung und Anpassung des Leitbildes in regelmäßigen Abständen überwindet jedoch den möglichen negativen Aspekt. Im Rahmen des dritten Schrittes gilt es, die Unternehmens- und Führungskonzepte zu konkretisieren. Dies geschieht mit Hilfe von Unternehmens- und Führungsgrundsätzen.583 Hier werden etwa eindeutige Verantwortlichkeiten für den Umgang mit Controllingwissen definiert. So lassen sich in diesem Zusammenhang vor allem strukturelle Aspekte wie die Organisationsform, Rollendefinition und Ausgestaltung von IT-Systemen vornehmen. Bezogen auf Controllingwissen eignet sich bei der Organisationsform vor allem die Gruppenarbeit von Managern und Controllern im Team.584 Die Rollendefinition des Managers sollte die des Coaches und die Rollendefinition des Controllers die eines betriebswirtschaftlichen Beraters sein. Im Hinblick auf IT-Systeme müssen Manager gestaltende bzw. steuernde Funktionen und Controller die ausführenden Funktionen übernehmen. Des Weiteren sind beispielsweise auch Zugriffsrechte zu definieren.585 Schließlich stellt sich die Frage nach der Verantwortlichkeit für die Gestaltung einer controllingwissensspezifischen Politik und damit eines controllingwissensspezifischen Leitbildes. Die Verantwortung liegt nur bei den Managern, da diesen generell die Ausgestaltung der Unternehmenspolitik obliegt.586 Manager werden ständig von ihren Mitarbeitern beobachtet und müssen sich mit der entsprechenden Politik identifizieren und diese vorleben.587 Controller können die politische Gestaltung hingegen kaum beeinflussen, da die Unternehmenspolitik der obersten Leitung obliegt, die diese Funktion bestenfalls nur mit der mittleren Leitungsebene zu teilen hat.588 Einzig eine Unterstützung bei der Entwicklung eines solchen Controllingwissensleitbildes kann dem Controller zuteil werden. Nach BECKER sollte der Controller generell darauf achten, dass ein Leitbild erstellt und kommuniziert wird.589 Anhand dieser Ausführungen wird die Rolle der Unternehmenspolitik deutlich. In ihr werden sowohl kulturelle, strategische als auch strukturelle Elemente integriert und mit Hilfe eines Leitbildes visualisiert. Eine Übertragbarkeit auf 583 Vgl. Hahn, D. (2001), S. 112. 584 Vgl. hierzu und im Folgenden die Ausführungen in Bezug auf die Organisationsstruktur in Kapitel 3.4.2. 585 Vgl. hier die Ausführungen in Kapitel 3.5.2. 586 Vgl. Mellerowicz, K. (1976), S. 80 und Siegwart, H./Malik, F./Mahari, J. (1995), S. 10. 587 Vgl. Neumann, R. (2000), S. 398. 588 Vgl. Mellerowicz, K. (1976), S. 80 und Siegwart, H./Malik, F./Mahari, J. (1995), S. 10. 589 Vgl. Becker, H-J. (2005), S. 43.
3.8 Zwischenfazit
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Controllingwissen ist derart gegeben, dass in den Schritten zur Etablierung einer (controllingwissensspezifischen) Politik die controllingwissensspezifischen Aspekte der Kultur, Strategie und Struktur integriert werden konnten. 3.8 Zwischenfazit Kapitel drei hat ein Modell für das Management von Controllingwissen aufgezeigt. Als Grundlage für das Management von Controllingwissen wurden verschiedene Ansätze aus den Bereichen Controlling, individuellem und organisationalem Lernen sowie dem Management von Wissen im Allgemeinen miteinander verbunden und im Speziellen auf Controllingwissen angewendet. Als verbindendes Element und Betrachtungsrahmen wurde das Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette gewählt. Die wichtigsten Erkenntnisse dieses Kapitels lassen sich stichpunktartig zusammenfassen: Input für den Managementprozess ist die Informationslieferung bzw. -aufnahme. Diese erfolgt durch den Manager mit möglicher Unterstützung des Controllers, wobei Letzterem auch die Verwaltung von Informationssystemen zukommt. Im Rahmen der Zusammenarbeit, in welcher der Controller die Rolle des betriebswirtschaftlichen Beraters einnimmt, können Verhaltensprobleme existieren. Diese lassen sich einerseits auf einen unterschiedlichen Informationsstand, andererseits auf unterschiedliche Motivation zurückführen. Durch die Beschäftigung mit einer spezifischen Controllingthematik erfolgt individuelles Lernen sowohl beim Manager als auch beim Controller. Der gewünschte Umfang der Controllingwissensbasis lässt sich anhand der Dimensionen der Tiefe und Breite bestimmen. Im Hinblick auf die Tiefe gilt es zu entscheiden, ob und wie viel Controllingwissen extern akquiriert wird. Die Breite definiert den Umfang von Controllingwissen zu einer bestimmten Thematik. Die abstrakte Behandlung lässt sich durch controllingwissensspezifische Strategien konkretisieren. Um die Strategien umsetzen zu können, bedarf es jedoch der Explizierung von Controllingwissen. Hier fördert eine spezifische Controllingkultur den Wissensaustausch von Controllingwissen zwischen Manager und Controller. Während der Manager sein Wissen direkt der Controllingwissensbasis zuführen kann, muss der Controller sein Controllingwissen zunächst in einen Gruppenlernprozess einbringen. Dieser kann anhand von sechs sog. Wissensbausteinen abgebildet werden. Durch eine Teilnahme von Managern und Controllern in einem solchen Prozess lassen sich Abstimmungsproble-
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3 Modell für das Management von Controllingwissen
me umgehen und gemeinsam Controllingwissen entwickeln. Entsprechende Organisationsformen fördern den Wissensaustausch von Controllingwissen. Ergebnis des gesamten Lernprozesses von Controllingwissen ist die Controllingwissensbasis. Diese umfasst, spezifisch strukturiert, das Controllingwissen eines Unternehmens, das von Managern und Controllern eingestellt wurde. Mit Hilfe von IT-Instrumenten lässt sich die Controllingwissensbasis verwalten. Der Erfolg durch das Management von Controllingwissen ist nicht direkt messbar. Alternativ wurden Bewertungsansätze für (Controlling-)Wissen vorgestellt. Auf Grundlage von Indikatorensystemen ließ sich eine beispielhafte Übersicht von Indikatoren, die sich für einen möglichen Erfolg verantwortlich zeigen, erstellen. Die Unternehmenspolitik spannt den Handlungsrahmen auf und vereinigt die grundlegende kulturelle, strategische und strukturelle Gestaltung für das Controllingwissen. Dieses kann mit Hilfe eines Leitbildes für Controllingwissen visualisiert werden. Nachdem ein Modell für das Management von Controllingwissen vorliegt, stellt sich die Frage, wie ein solches Modell praktisch umgesetzt werden kann. Zwar wurden an vielen Stellen mögliche Beispiele für die konkrete Anwendung aufgeführt und ebenso Instrumente angesprochen, die zur Umsetzung des Modells genutzt werden können, jedoch verblieb die Darstellung auf einer zu abstrakten Ebene, als das konkrete Maßnahmen gezeigt werden konnten. Aus diesem Grund wird im folgenden Kapitel ein Instrument erarbeitet, mit dem das Modell zu einem großen Teil umgesetzt werden kann.
4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
Nachdem im vorherigen Kapitel ein Modell für das Management von Controllingwissen vorgestellt wurde, wird in diesem Kapitel ein Instrument ausgewählt, mit dem das Modell umgesetzt werden kann. Nach einer Ausarbeitung der Anforderungen an ein solches Instrument für das Management von Controllingwissen wird eine grundlegende Beschreibung des Instrumentes vorgenommen, wobei der Schwerpunkt auf der Begründung für dessen Auswahl liegt. Anschließend lässt sich entlang des grundlegenden Prozesses die Ausgestaltung des Instruments für Controllingwissen vornehmen. Außerdem werden die Aspekte der Kultur, Strategie und Struktur berücksichtigt. Ergänzend sind die Erfolgsmessung und die Einbindung in die Unternehmenspolitik zu untersuchen. 4.1 Anforderungen an Instrumente für Management von Controllingwissen Anhand der Anwendung des Modells der Integrierten Leistungs- und Wertkette für Controllingwissen sollen im Folgenden Anforderungen zusammengestellt werden, die an Instrumente für das Management von Controllingwissen und damit das Management der Beziehung zwischen Manager und Controller zu stellen sind. Damit einhergehend wird eine Vielzahl möglicher Instrumente590 für die weitere Betrachtung ausgeschlossen. Ein Instrument für das Management von Controllingwissen muss: 1. sowohl Sach- als auch Verhaltensaspekten gerecht werden: Das Instrument muss einerseits aus einer Sachperspektive Ziele, Strukturen und Prozesse aufweisen, die eine Steuerung durch die Unternehmensführung zulassen. Andererseits muss es aber auch verhaltensrelevante Aspekte integrieren, welche die Motivation zur Benutzung und die Freiwilligkeit der Zusam590 Im Folgenden werden Instrumente als Negativ-Beispiel genannt, die bereits im Kapitel 3.4.1 aufgezeigt wurden.
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells menarbeit von Managern und Controllern fördern. Dadurch entfallen solche Instrumente des Wissensmanagements, die nicht auf eine gemeinsame Interaktion zielen, wie etwa Datenbanken oder E-Learning-Software. alle Prozessschritte des Managementmodells abdecken können: Ein Instrument sollte die sechs Kernprozesse des Baustein-Modells nach PROBST/ RAUB/ROMHARDT in Form von Identifikation, Erwerb, Entwicklung, (Ver-)Teilung, Nutzung und Speicherung von Controllingwissen integrieren.591 So eignen sich keine Instrumente für die Umsetzung des Modells, die nur einzelne Bausteine des Modells abdecken, wie etwa Wissenslandkarten für die Identifikation von Wissen, Vorschlagswesen zum Wissenserwerb, Kreativitätstechniken zur Wissenserweiterung, Diskussionsforen zur Wissens(ver-)teilung, Groupwaresysteme zur Wissensnutzung oder Mikroartikel zur Wissensspeicherung. die physische Interaktion zwischen Managern und Controllern ermöglichen: Insbesondere persönliche Treffen beeinflussen den Wissensaustausch, in deren Rahmen Emotionen, Verhalten und Einstellungen einzelner Personen zum Tragen kommen. So ist etwa das Vertrauen gegenüber anderen Teilnehmern, das durch den persönlichen Kontakt entstehen kann, ein entscheidendes Merkmal für die Bereitschaft zum Wissensaustausch. Daher eigenen sich IT-gestützte Instrumente, wie etwa Diskussionsforen oder Wissensportale, für die Umsetzung des Modells nur bedingt. ein Gruppenlernen ermöglichen: Der Prozess des Gruppenlernens ist ein wichtiger Bestandteil des Managementmodells. Mit Hilfe eines Austausches von Controllingwissen zwischen Controllern und Managern wird gemeinsam getragenes Controllingwissen erarbeitet. Hier versagen Instrumente des Wissensmanagements, die das Lernen einer einzelnen Person im Fokus haben wie etwa das Mentoring oder Job Rotation. verschiedene Arten des Controllingwissens verarbeiten können: Controllingwissen besteht in dem Managementmodell aus Methoden-, Fakten-, und Beziehungswissen. Alle drei Arten zur Speicherung dieses Controllingwissens sollten mit den Instrumenten des Wissensmanagements ermöglicht werden. Ungeeignet dafür sind etwa Instrumente wie „Gelbe Seiten“ (Beziehungswissen), Benchmarking oder Kooperationen (Methoden- und Faktenwissen), die nur auf bestimmte Arten von Wissen anzuwenden sind. eine Relevanz für die Praxis aufweisen: Instrumente des Wissensmanagements sollten des Weiteren einen hohen Praxisbezug haben, der durch eine einfache Einsetzbarkeit bzw. Nutzbarkeit für einen großen Teil der Unternehmensmitglieder mit verschiedenen Wissenskontexten und geringen Nut-
591 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 29 ff.
4.2 Instrument der Community of Practice
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zungsbarrieren charakterisiert ist. Hier wären Instrumente, die etwa ein hohes technisches Verständnis zur Nutzung erfordern, wie z.B. DataWarehouse-Lösungen, nicht gut geeignet um das Managementmodell umzusetzen. Insbesondere Manager haben nur beschränkte zeitliche Ressourcen für die mögliche Nutzung solcher Systeme. 7. sich dynamisch den Gegebenheiten des Unternehmens anpassen: Damit sind feste Strukturen, die etwa durch IT-Systeme vorgegeben sein können und die sich nicht dynamisch auf neue Themen und neue Wissensträger anpassen lassen, nicht für das Management von Controllingwissen im Sinne des vorgestellten Modells geeignet. Ein Instrument für das Management von Wissen muss sach- und verhaltensorientierten Aspekten gerecht werden, alle Prozessschritte integrieren, eine Interaktion zwischen Manager und Controller, möglichst physisch und in Form einer Gruppe erfolgen, verschiedene Controllingwissensarten berücksichtigen können, praxisrelevant und anpassungsfähig sein und letztendlich damit in die Kultur und Strategie eines Unternehmens passen. Ein Instrument, das allen vorgestellten Ansprüchen gerecht wird, ist das Instrument der Community of Practice. Dieses Instrument wird im Folgenden vorgestellt und seine Eignung begründet. 4.2 Instrument der Community of Practice Zunächst wird der Begriff der Community of Practice definiert und allgemeine Charakteristika dieses Instruments vorgestellt. Dazu werden ebenso die Historie, die theoretische Fundierung und der idealtypische Lebenszyklus einer Community of Practice betrachtet. Aufbauend auf dem grundlegenden Verständnis ist es dann möglich, die Eignung des Instrumentes zur Operationalisierung des Modells für das Management von Controllingwissen zu untersuchen. 4.2.1 Grundlegendes Begriffsverständnis der CoP Die Community of Practice (CoP)592 ist ein Netzwerk von Experten, die ein gemeinsames, geschäftsspezifisches Interesse an einem Thema haben und diesbe592 Synonym zu dem Begriff der Community of Practice, der den prominentesten Begriff in der Diskussion um das Instrument der Wissensgemeinschaften darstellt, vgl. Romhardt, K. (2002), S. 35. Beispielsweise werden die Begriffe „Community“, „Knowledge Community“, „Wissensgemeinschaft“, „Wissensnetzwerk“, „Business Community“ und „Praxisgemeinschaft“ verwendet. Botkin hingegen grenzt den Begriff der CoP von dem der Knowledge Community ab, vgl. Botkin, J. (1999), S. 30 f. Während Ersterer eine informelle Gruppe
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
züglich Wissen austauschen und entwickeln.593 Unter einer CoP versteht WENGER “groups of people informally bound together by shared expertise and passion for a joint enterprise“594. Als Grundbausteine einer CoP gelten die Thematik, die das Beschäftigungsfeld umreißt, die Gemeinschaft der Mitglieder, deren Beziehungen, die auf Respekt und Vertrauen aufbauen und dadurch den Austausch von Wissen ermöglichen, und die geteilten Erfahrungen aus der Praxis.595 Der Grund der Mitgliedschaft in einer CoP kann in einer gemeinsamen Historie, gemeinsamen Geschäftstätigkeiten, in der Zugehörigkeit zu dem gleichen Unternehmen, in vergleichbaren Lebenssituationen und gemeinsamen Mitgliedschaften, aber auch in dem Teilen gemeinsamer Ansichten, in geographischer Nähe, Ähnlichkeiten im Arbeitsstil oder im Bedarf an denselben Ressourcen liegen.596 CoPs ermöglichen die Explizierung des impliziten Wissens durch interaktive Kommunikationsstrukturen bzw. längerfristig bestehende Beziehungsnetzwerke innerhalb der Gruppe und begünstigen damit den kontinuierlichen Wissens- und Informationsaustausch.597 Dabei ist das Instrument der CoP kein neues, sondern existiert schon seit Jahrhunderten.598 Aber erst seit einigen Jahren, im Zusammenhang mit der Thematik der „Lernenden Organisation“, werden CoPs in Bezug auf deren Einbindung in eine Organisation untersucht.599 Die Historie der wissenschaftlichen Beschäftigung bezüglich der CoP kann in drei Phasen gegliedert werden:600 Der Ursprung der Betrachtung von CoPs im Organisationszusammenhang begann mit einer Fallstudie über die Servicetechniker des Kopiergeräteherstellers Xerox.601 Hier wurde der informelle Austausch von Wissen hinsichtlich von Problemlösungen untersucht.
593 594 595 596 597 598 599 600 601
kennzeichnet, beschreibt Zweiter ein managementorientiertes Steuerungs- und Interventionsmodell. Vgl. Frost, B./Holzwarth, C. (2001), S. 53. Wenger, E.C./Snyder, W.M. (2000), S. 139. Vgl. Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 27 ff. Vgl. Wenger, E.C. (1998), S. 127. Vgl. Elsner, S.H. (2002), S. 275 und Smith, H.A./McKeen, J.D. (2003), S. 398. Vgl. Wenger, E.C./Snyder, W.M. (2000), S. 140; Henschel, A. (2001), S. 44 ff. und Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 5. Vgl. Maier, R. (2007), S. 178; Smith, H.A./McKeen, J.D. (2003), S. 395 und Wolf, P. (2003), S. 79. Vgl. North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 39 f. Vgl. Brown, J.S./Duguid, P. (1991) und Brown, J.S. (1991), S. 109.
4.2 Instrument der Community of Practice
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Eine anschließende Phase enthielt die praktische Ausgestaltung von CoPs in Großorganisationen. Die CoP wurde zu einem Instrument bzw. Ort für das ganzheitliche Management von Wissen.602 Die dritte Phase, die bis heute andauert, ist durch ein umfangreiches Wachstum bestehender CoPs und zahlreiche Neugründungen gekennzeichnet. Die theoretische Fundierung des Konstruktes liegt in der Theorie des sozialen Lernens.603 Diese geht davon aus, dass Lernen ein durch Personengruppen selbstorganisierter und selbstgesteuerter Prozess ist, der nicht von außen beeinflusst werden kann oder soll604 und in einem gemeinsamen praxisbezogenen Kontext, Interesse oder Bestreben durch soziale Interaktion geschieht.605 Je öfter Personen an Aktivitäten einer CoP teilnehmen, desto mehr lernen sie und identifizieren sich mit der Gruppe, wodurch sie wiederum zur weiteren Teilnahme motiviert werden und gemeinsame Normen, Werte und Ziele entwickeln.606 Charakteristika von CoPs sind, dass sie weder an Hierarchien noch an Organisationsgrenzen gebunden sind und selten mehr als 50 Mitglieder umfassen. Die Mitgliedschaft ist freiwillig607 und beruht nicht auf einer Entscheidung der Unternehmensführung, sondern auf inhaltlicher Verbundenheit sowie persönlichen Präferenzen und intrinsischen Motiven.608 Zu den weiteren Merkmalen einer idealtypischen CoP zählen die Volatilität des Teilnehmerkreises, die eigenverantwortliche Bestimmung von Inhalten und Themen, die Entwicklungs- und Ergebnisoffenheit sowie die Selbstverwaltung.609 Der Ansicht der absoluten Selbststeuerung widersprechen jedoch WENGER/MCDERMOTT/SNYDER und wünschen sich eine aktive und systematische, gleichzeitig aber auch eingeschränkte Unterstützung einer CoP durch die Unternehmensführung. Entscheidend dabei ist es, die Beeinflussungsmaßnahmen vorsichtig zu gestalten, um die selbstorganisierende Dynamik der Community nicht zu zerstören.610 Gestaltungsmaßnahmen können durch die Bereitstellung von Ressourcen und Infrastruktur sowie durch Anerkennung der Arbeitsergeb602 Vgl. Raimann, J. (2002), S. 52; Smith, H./McKeen, J.D. (2003), S. 399 und Winkler, K./Mandl. H. (2003), S.6. 603 Vgl. Lave, J./Wenger, E.C. (1991) und eine Übersicht in Wenger, E.C. (1998), S. 11 ff. 604 Vgl. Wenger, E.C. (1998), S. 225. 605 Vgl. Soekijad, M./Huis in’t Veld, M.A.A./Enserink, B. (2004), S. 4 und North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 15; vgl. dazu außerdem die Ausführungen zum Gruppenlernen in Kapitel 2.3.3. 606 Vgl. Thompson, M. (2005), S. 152 und bezüglich des Gruppenverhaltens Kapitel 3.4.2. 607 Vgl. Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 36. 608 Vgl. Henschel, A. (2001), S. 47 ff. 609 Vgl. Schoen, S. (2001), S. 58 f. und Elsner, S.H. (2002), S. 272 f. 610 Vgl. McDermott, R. (1999), S. 111; Schoen, S. (2001), S. 63 und den dort aufgeführten Autoren sowie Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 12 und Verburg, R.M./Andriessen, J.H. (2006), S. 16.
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
nisse und deren Nutzung erfolgen.611 Dieser Auffassung der bedingten Unterstützung soll im Weiteren gefolgt werden, da sie dem Grundtenor der vorrangig betriebswirtschaftlichen Ausrichtung der Arbeit entspricht, der davon ausgeht, dass eine Steuerung der Aktivitäten möglich ist. Die idealtypische Entwicklung einer CoP612 kann anhand eines Lebenszyklusmodells aufgezeigt werden613, welches aus fünf Phasen besteht:614 In einer ersten Phase gibt es nur informelle Beziehungen. Diese werden in einer zweiten Phase mit der Gründung einer CoP institutionalisiert. In der dritten Lebensphase einer CoP wird neues Wissen stetig generiert und unter den Mitgliedern ausgetauscht. Die anschließende Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass das Engagement von Teilnehmern abnimmt, wenn ein Thema nicht mehr von Interesse ist. In der fünften und letzten Phase hat die CoP ihre Existenzberechtigung verloren, da kein neues Wissen mehr produziert wird. Die CoP löst sich auf. Nach der Vorstellung der Grundlagen soll die Eignung des Instrumentes für das Management von Controllingwissen begründet werden. Sie lässt sich anhand einer Vielfalt von Argumenten belegen und gegenüber anderen Instrumenten abgrenzen. 4.2.2 Eignung der CoP für das Management von Controllingwissen Anhand der Anforderungen des Modells für das Management von Controllingwissen wird im Folgenden die CoP als ein geeignetes Instrument geschildert: 1. CoPs sind in der Theorie des Sozialen Lernens verankert und lassen sich daher mit der theoretischen Fundierung des organisationalen Lernprozesses dieser Arbeit vereinbaren. Die Charakteristika der CoP auf der einen Seite, bestimmt aus Freiwilligkeit und Selbstgestaltung sowie Teilnahme aus intrinsischer Motivation, lassen Verhaltensbetrachtungen zu. Auf der anderen Seite lassen sich aber auch aus einer Perspektive der Sachaspekte durch das Management Rahmenbedingungen gestalten und zu einem Teil steuernde Maßnahmen ergreifen, welche die Arbeit einer CoP begünstigen. Dadurch
611 Vgl. Wenger, E.C./Snyder, W.M. (2000), S. 142 ff. und Henschel, A. (2001), S. 49. 612 Eine CoP verfügt meistens weder über einen festgelegten Anfangs- noch Endpunkt, vgl. Henschel, A. (2001), S. 50. 613 Vgl. dazu auch alternative Ansätze von Schoen, S. (2001), S. 114 ff.: Er stellt ein Lebenszyklus-Modell mit nur drei Phasen vor. Gongla, P./Rizzuto, C.R. (2001), S. 846 ff. hingegen gehen davon aus, dass eine CoP keinem Lebenszyklus folgt, sondern anhand von fünf Evolutionsstufen charakterisiert werden kann, die nicht mit der Beendigung von CoP-Aktivitäten schließen. 614 Vgl. Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 68 ff.
4.2 Instrument der Community of Practice
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grenzt sich das Instrument der CoP auch von Teams als Organisationsform ab, die nicht selbstbestimmt agieren können. Weiterhin gelingt es mit der CoP, einen großen Teil des Prozesses für das Management von Controllingwissen abzudecken. Dabei verbindet das Instrument der CoP einzelne voneinander unabhängige Instrumente, wie etwa die „Gelben Seiten“ oder Informationssysteme. Die CoP ermöglicht als integrierendes Element für das Gruppenlernen die Identifikation von Controllingwissen, indem sie einen abgegrenzten Personenkreis vereinigt. Ebenso werden der Wissenserwerb und die Weiterentwicklung von Controllingwissen durch die Zusammenarbeit von Controllern und Managern ermöglicht. Die Nutzung des Controllingwissens ist durch den hohen Grad der Interaktion in der CoP positiv zu bewerten und eine CoP kann durch ihren Fokus auf eine bestimmte Thematik die Speicherung des Controllingwissens in strukturierter Form ermöglichen, da es sich um einen überschaubaren Bestand handelt. Die Arbeit in einer CoP wird vorrangig durch physische Kontakte bestimmt. Der Nutzen einer CoP ergibt sich aus der Zusammenarbeit, der sozialen Interaktion. IT-gestützte Software-Lösungen können die Interaktion ergänzen, jedoch nicht ersetzen. Das Gruppenlernen ist integraler Bestandteil einer CoP. In einer CoP treffen Experten zusammen und tauschen ihr Wissen aus. Ergebnis dieses Wissensaustausches ist Lernen in Form von Gruppenlernen. Es können Mitglieder verschiedenster Unternehmensbereiche, Funktionen, Hierarchieebenen sowie geographischer Regionen in einen gemeinsamen Wissensaustausch eingebunden werden. Durch die direkte Interaktion in der CoP zwischen dem Manager als Teil der dominanten Koalition (und als Machtpromotor) und dem Controller (als Fachpromotor)615 wird der Abstimmungsprozess vereinfacht, da die Unternehmensführung direkt eingebunden wird. Das Instrument der CoP kann verschiedene Arten des Controllingwissens verarbeiten. Methoden- und Faktenwissen lässt sich in dem persönlichen Austausch von Controllingwissen übermitteln und das Beziehungswissen wird eben durch diese Zusammenarbeit generiert. Sowohl Manager als auch Controller können erkennen, welche Personen das jeweilige Controllingwissen besitzen, wenn dieses expliziert wird. Für die Praxis ist das Instrument der CoP von hoher Bedeutung. Dies lässt sich mit der Verbreitung der Beschreibung von Praxisbeispielen von CoPs
615 Vgl. zu dem Macht- und Fachpromotor die Ausführungen in Kapitel 3.4.2.1.
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
in der Literatur belegen.616 Als weiteres Argument für den Einsatz bzw. Förderung der Gründung von CoPs gelten Erkenntnisse aus Expertengesprächen. So wurden einerseits Gespräche mit Controllingverantwortlichen geführt, welche die Forderung eines Wissensaustausches zwischen Controllingwissensträgern vertraten und dies durch die gemeinsame Zusammenarbeit in Form von Expertenrunden oder CoPs umsetzen möchten. Allerdings wurde bemängelt, dass solche umfassenden Konzepte bisher noch nicht controllingthemenspezifisch umgesetzt wurden. Andererseits wurde mit Wissensmanagement-Verantwortlichen der Einsatz einer CoP für das Management von Wissen diskutiert. Dieses Instrument wurde jeweils für spezifische Themen eingesetzt und aus eigenen Erfahrungen der Gesprächspartner heraus im Rahmen der Umsetzung als geeignet für das Management von Wissen bewertet. Hierbei ist jedoch für die Praxis zu konstatieren, dass es sich häufig um unvollständige, oft zu operative Lösungen handelt, die wichtige Gestaltungsmaßnahmen ausblenden.617 7. Eines der Charakteristika einer CoP ist die ständige, dynamische Veränderung des Teilnehmerkreises. Durch die stetige Veränderung der Teilnehmer muss die CoP dynamisch reagieren. Mit dem Zugang neuer Mitglieder werden ggf. neue Themen und/oder Perspektiven bezüglich eines bestimmten Themas eingebracht. Aufgrund der Argumente für die Eignung der CoP als Instrument für das Management von Controllingwissen erfolgt im Weiteren die Ausgestaltung des Instrumentes. Dabei liegt der Fokus vor allem auf dem Gruppenlernprozess, der das Instrument hauptsächlich kennzeichnet. Darüber hinaus sollen jedoch auch Gestaltungsaspekte der Kultur, Strategie, Struktur und Politik aufgenommen werden, welche die Arbeit einer CoP fördern können und damit eine beschränkte Beeinflussung bzw. Steuerung durch die Unternehmensführung ermöglichen. Ziel des folgenden Kapitels ist es, eine praxisnahe Ausgestaltung zu zeigen. 4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen Das Instrument der CoPs wird im Folgenden für das Management von Controllingwissen angewendet. Hierzu wird wiederum auf das der Arbeit zugrunde liegende Modell Bezug genommen und anhand der Prozessschritte die Gestaltung einer CoP für das Management von Controllingwissen vorgenommen. An616 Vgl. z.B. Wenger, E.C./Snyder, W.M. (2000), S. 143 ff. über Hewlett-Packard; Storck, J/Hill, P.A. (2000) über Xerox; Henschel, A. (2000), S. 223 ff. über Anderson Consulting; Frost, B./Holzwart, C. (2001) über Siemens und Schütt, P. (2003) über IBM. 617 Vgl. zu Forschungslücken in Bezug auf das Konstrukt der CoP Schoen, S. (2001), S. 71 ff.
4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen
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schließend erfolgt mit Hilfe verschiedener Indikatoren eine Bewertung der Aktivitäten. Wie bereits in der Modellvorstellung gezeigt, sollen die Aspekte der Kultur, Strategie und Struktur jeweils an geeigneter Stelle eingeflochten werden. 4.3.1 Informationslieferung, -aufnahme und Aufbau von implizitem Wissen Im Rahmen des Prozesses der Informationslieferung und -aufnahme gibt es unabhängig von der Existenz einer CoP zahlreiche individuelle Ereignisse. Ob und wie ein Controller seinen Manager mit Informationen versorgt oder wie der Manager selber Informationen aufnimmt steht nicht im Fokus der Betrachtung. Allein die Tatsache, dass eine spezifische Controllinginformation für ein Unternehmen von Bedeutung ist, gibt einen Hinweis darauf, dass ggf. eine CoP zu jener Thematik gegründet werden könnte. Diese Information kann dann dazu führen, dass eine gemeinsame Beschäftigung mit dieser Thematik, etwa im Rahmen einer CoP, angeregt wird. 4.3.2 Programm-, Strategie- und Kulturaspekte Ist eine Information für das Unternehmen von Bedeutung, wird durch die Gestaltung des Programms die notwendige Tiefe und Breite an benötigtem Controllingwissen zu einer bestimmten Thematik festgelegt. Sollte etwa deutlich geworden sein, dass eine weitere Beschäftigung mit einer neuen Thematik für ein Unternehmen von Bedeutung ist, so muss die Überlegung erfolgen, wie der Erwerb dieses spezifischen Controllingwissens erfolgen kann. Die Leistungstiefe von Controllingwissen bestimmt dabei den Anteil von Wissen, der selbst entwickelt bzw. extern bezogen wird. Für die Gestaltung einer CoP bestimmt die Leistungstiefe damit den gewünschten Umfang von Wissen, der innerhalb einer CoP entwickelt wird. So könnte eine CoP ein bestimmtes Themenfeld selber bearbeiten, während ggf. andere Themen an unternehmensexterne Berater vergeben werden könnten. In diesem Zusammenhang sollte wiederum eine Kosten-Nutzen-Betrachtung erfolgen. Im Fall eines Fremdbezuges entstehen Kosten für die Suche, die Akquisition und die Eingliederung bzw. Verwaltung von externem Controllingwissen. Diese Kosten müssen geringer sein als die Kosten für eine Eigenproduktion. Kosten für die Eigenproduktion können entstehen, wenn die Etablierung von CoPs vom Unternehmen gefördert wird und wenn etwa Reise- und Opportunitätskosten im Rahmen der Teilnahme an CoP-Aktivitäten anfallen. Eine Förde-
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
rung zur Etablierung von CoPs könnte etwa darin bestehen, Veranstaltungen zu organisieren und/oder den Wissensaustausch über Anreizsysteme zu fördern. Auch ist die gezielte Ansprache sowohl von Managern als auch Controllern als potenzielle Mitglieder einer CoP eine Möglichkeit, den Wissensaustausch von Controllingwissen zu unterstützen. Die Leistungsbreite bestimmt die Menge an Controllingwissen, die das Management benötigt oder die externe Kunden nachfragen. Hier ist zu definieren, wie Ergebnisse der gemeinsamen Zusammenarbeit aufbereitet und ggf. geliefert werden und welche Menge an Controllingwissen benötigt wird. Im Hinblick auf Kosten und Nutzen sind die Kosten für die Verwaltung des Controllingwissensbestandes, die mit zunehmender Menge des Wissens und daraus resultierend der Komplexität zunehmen, dem Nutzen des Einsatzes von Controllingwissen oder der Erlöse aus der Lieferung an Kunden gegenüberzustellen. Wurde im Rahmen des Programms die generelle Förderung von CoPs für den Aufbau von Controllingwissen befürwortet, gilt es dieses Vorgehen mit einer Strategie festzulegen. Während die Programmgestaltung unabhängig von der CoP erfolgt, lässt sich die Strategieentwicklung aus zwei Perspektiven betrachten: einerseits aus Sicht der Unternehmensführung, andererseits aus Sicht der CoP und deren Mitglieder. Der Unternehmensführung obliegt es, etwa mit Hilfe von Wissensquadranten, im Speziellen ausgestaltet für Controllingwissen, eine Strategie für den Aufbau, die Verwaltung oder den Abbau von Controllingwissen vorzugeben. Mit den Strategien verbunden lässt sich in einem nächsten Schritt der Grad der Förderung zur Etablierung von CoPs für spezifische Controllingthemen und damit die Zusammenarbeit zwischen Controller und Manager bestimmen. HAAG/LIEB untergliedern in quantitative und qualitative Ziele von CoPs, die sich jedoch sehr spezifisch auf einzelne operative Gegebenheiten beziehen.618 Ist etwa nur ein geringer Wissensbestand an Controllingwissen für ein spezielles Thema vorhanden, der jedoch von hoher Bedeutung ist, kann die Unternehmensführung gezielt die Etablierung einer CoP fördern, die dieses Thema behandelt. Außerdem ist auch durch die Verweigerung einer Unterstützung ein Abbau von Wissen zu bestimmten Thematiken möglich. Hier ist jedoch der Hinweis angebracht, dass eine Förderung der Etablierung einer CoP stets auch Grenzen hat. Auch die Mitglieder einer CoP können eine Strategie für ihre Zusammenarbeit entwickeln. Da es sich bei der CoP aber um ein in gewissem Maße selbst618 Vgl. Haag, M./Lieb, M. (2001), S. 56 f. Sie führen als quantitative Ziele die Anzahl aktiver Mitglieder, den Mitarbeiterkreis, der sein Wissen anbietet, und Besucher von sog. Wissensshops an. Als qualitatives Ziel fordern sie, dass eine CoP im Vergleich zu anderen Wissensquellen einen höheren Nutzen bietet, eine hohe Qualität hat und ein zeitsparendes Arbeiten ermöglichen soll.
4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen
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steuerndes Phänomen handelt ist die Strategiedefinition ein komplexes Phänomen, da jedes Mitglied eigene Ziele verfolgt. Eine Aggregation individueller Strategien zu einer CoP-Strategie scheint, auch mit dem Hintergrund der grundlegenden Charakteristika einer CoP, kaum möglich bzw. muss Ergebnis eines Gruppenlernprozesses sein. Im Rahmen der Programm- und Strategiegestaltung sollten jedoch auch Ansätze zur Förderung der Teilnahme an CoP-Aktivitäten behandelt werden. Hier lässt sich der Aspekt der Unternehmenskultur anführen. Diese ist von hoher Bedeutung für die Etablierung bzw. Existenz einer CoP.619 Der hohe Stellenwert der Unternehmenskultur liegt darin begründet, dass die Mitgliedschaft in einer CoP auf Freiwilligkeit und damit verbunden einer intrinsischen Motivation beruht. Eine Unternehmenskultur muss geeignete Voraussetzungen für eine aktive Teilnahme für CoP-Mitglieder schaffen und deren Aktivitäten im Rahmen des Managements von Wissen unterstützen. Ein hohes Maß an Vertrauen von Seiten der Unternehmensführung kennzeichnet diese Kultur und ermöglicht es den Unternehmensmitgliedern, zu experimentieren und dabei Risiken einzugehen. Ferner muss ein gegenseitiges Verständnis und eine Offenheit für Innovationen sowie die individuelle Eigenverantwortung gefördert und die Zusammenarbeit, auch über Abteilungs- und Organisationsgrenzen hinaus, ermöglicht werden.620 Insbesondere für Controllingwissen ist die Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller zu fördern. Das oft vorhandene unternehmensinterne Konkurrenzdenken, vor allem auch zwischen Trägern der Controllingfunktion untereinander, muss verhindert werden. Die Förderung von CoPs, etwa durch das Einräumen von individuell gestaltbaren zeitlichen Freiräumen zur Teilnahme an Aktivitäten, resultiert so in gemeinsamer Etablierung von Kontext und Identität.621 Auch kann es hinsichtlich Kontext und Identität an einer gemeinsamen Sprache bzw. einem Verständnis der Aufgaben der anderen Mitglieder mangeln. Daher muss eine offene, vertrauensvolle Kultur vorhanden sein bzw. geschaffen werden, damit sich eine gemeinsame Sprache entwickelt und ein gemeinsames Verständnis gegenüber Problemen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten entsteht. Kulturanalysen erlauben die Überprüfbarkeit der vorherrschenden Kultur und zeigen Gestaltungsspielräume auf.622 Eine aktive Beeinflussung entsprechender CoP-Aktivitäten lässt sich etwa durch die Gestaltung von Anreizen erreichen. In Bezug auf CoPs erweisen sich 619 Vgl. Judge, W.Q./Fryxell, G.E./Dooley, R.S. (1997), S. 81 f. 620 Vgl. Henschel, A. (2001), S. 66; Frost, B./Holzwarth, C. (2001), S. 57 ff. und North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 21 f. 621 Vgl. Frost, B./Holzwarth, C. (2001), S. 57 ff. und Smith, H.A./McKeen, J.D. (2003), S. 402. 622 Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006), S. 336.
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
extrinsische Anreize jedoch als negativ623 und können intrinsische verdrängen. Das Teilen des Wissens erfolgt als Resultat eines extrinsischen Anreizes nicht aufgrund der Sinnhaftigkeit, sondern aufgrund einer Belohnung. Diese wiederum muss kontinuierlich angehoben werden, um weiterhin Anreize zu schaffen. Eine extrinsische Belohnung für die Teilnahme an Community-Aktivität ist darüber hinaus problematisch, da die Quantifizierung einzelner Leistungen fast unmöglich ist. Deshalb müssen intrinsische Anreize zur Mitarbeit in einer CoP geschaffen werden.624 Sie resultieren aus einer Anerkennung der Leistungen, der Akzeptanz als Experte auf einem spezifischen Themengebiet oder aus der Erweiterung des eigenen Arbeitsfeldes. Zusammenfassend wird die Arbeit von CoPs – in engen Grenzen – durch die Gestaltung der Kultur gefördert. Ebenso ist der Gestaltungsspielraum von Seiten der Unternehmensführung aufgrund des hohen Grads an Selbststeuerung eingeschränkt. Es gilt die CoP-Aktivitäten zu unterstützen, sie jedoch nicht zu stark zu beeinflussen.625 4.3.3 Prozesse und Organisation des Gruppenlernens in der CoP Unter der Voraussetzung, dass Manager und Controller bereit sind, an Aktivitäten der CoP teilzunehmen und ihr Controllingwissen zu explizieren, kann dies entlang des Prozesses des Gruppenlernens beschrieben werden. Wie im generellen Verständnis des zugrunde liegenden Modells ist es auch für CoP-Aktivitäten des Managers möglich, Controllingwissen direkt der Wissensbasis zukommen zu lassen. Dieser Aspekt wird jedoch an dieser Stelle nicht weiter verfolgt, im Fokus steht die Zusammenarbeit des Managers und des Controllers in einer CoP. Die Prozesse des Baustein-Modells626 werden im Folgenden dazu verwendet, um den Wissensaustausch von Controllingwissen zu beschreiben und die Aufgaben zu zeigen, welche das Instrument einer CoP unterstützt:627 Die Identifikation von Controllingwissen erfolgt, wenn Manager und Controller durch ihre Teilnahme an Aktivitäten der CoP jeweils Experten treffen. In Gesprächen, den virtuellen Austausch von Ideen oder auch durch die Nutzung von Expertenverzeichnissen bzw. Mitgliederlisten, in denen Kompetenzen einzelner Manager und Controller aufgeführt sind, findet eine Visualisierung von Kompetenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen statt. Ebenso 623 624 625 626 627
Vgl. Frost, B./Holzwarth, C. (2001), S. 56 ff. Vgl. North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 21 f. Vgl. Frost, B./Holzwarth, C. (2001), S. 57 ff. Vgl. Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (1998). Vgl. Wenger, E.C./Snyder, W.M. (2000), S. 140 f., ergänzt durch Storck, J./Hill, P.A. (2000), S. 70; Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 14; Dückert, S. (2003), S. 20 und North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 36.
4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen
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lassen sich bereits bestehende Aktivitäten, Initiativen oder informelle Gruppen, die sich mit einer ähnlichen oder gleichen Thematik befassen, im Unternehmensumfeld durch die Institutionalisierung einer CoP auffinden. So ermöglicht die Gründung einer CoP auch die Erkennung von den Abteilungs-, Bereichs- und Organisationsgrenzen überschreitenden Problemen und deren Adressierung an geeignete Experten. Im Rahmen der Mitgliedschaft lernen Manager die Probleme auf operativer Ebene kennen. Controller können einen Gesamtüberblick über eine bestimmte Problematik gewinnen und so Zusammenhänge besser kennen lernen. Der Erwerb von Controllingwissen in einer CoP erfolgt durch die physische und/oder virtuelle Teilnahme an Aktivitäten der CoP. Innerhalb dieser Gruppe findet idealerweise ein kontinuierlicher Gedankenaustausch statt, der über einen Aufbau der persönlichen Wissensbasis hin zu einer spezifischen Thematik führt. Unter der Annahme, dass die Mitglieder einer controllingwissensspezifischen CoP als Experten jeweils umfangreiches Controllingwissen über ihre spezifisches Aufgabenumfeld besitzen, dafür aber Wissenslücken in angrenzenden Wissensfeldern haben, können alle Mitglieder profitieren und so bestehende individuelle Wissenslücken schließen. Auch die Aufnahme neuer Manager oder Controller in den Kreis der CoP erweitert die Möglichkeiten zum Erwerb von Controllingwissen. Durch die Teilnahme an Aktivitäten der CoP und der Interaktion mit anderen Managern und Controllern können Teilnehmer einerseits auf einer individuellen Basis ihr Controllingwissen „testen“, indem sie dieses zur Debatte stellen. Durch die Interaktion wird andererseits das Controllingwissen aller am Diskussionsprozess beteiligten Mitglieder erweitert. Dadurch, dass auch Manager als Mitglieder einer CoP teilnehmen und als Vertreter der dominanten Koalition gelten, entfallen weitere Abstimmungserfordernisse. Die (Ver-)teilung von Controllingwissen erfolgt zunächst innerhalb des Mitgliederkreises der CoP. Dieses kann jedoch zielgruppenspezifisch im Hinblick auf die Teilnehmer der CoP verteilt werden. Manager benötigen aufgrund der zeitlich beschränkten Kapazitäten eine stärker komprimierte Aufbereitung des Controllingwissens, während für den Controller vor allem ausführliche Inhalte von Bedeutung sind. Als mögliche Instrumente zur (Ver-)teilung von (Controlling-)wissen können etwa elektronische Medien verwendet werden, wie z.B. E-Mail-Verteilerlisten oder Newsletter. Die Wahrscheinlichkeit der Nutzung von gemeinsam erarbeitetem Controllingwissen wird dadurch erhöht, dass dieses durch die Zusammenarbeit entwickelt wurde und daher untereinander abgestimmt ist. Durch die Beteiligung mehrerer Personen an der Erweiterung des Controllingwissens, ist ein gewisses Maß an Qualität gesichert. So können die Nutzer darauf bauen,
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
dass anderen CoP-Mitgliedern etwa Fehler aufgefallen wären. Durch die Beteiligung der Manager an dem Prozess kann der Nutzer sicher sein, dass dieses Controllingwissen unternehmenskonform ist und keine Fehlanwendung erfolgt. Die Bewahrung des Controllingwissens kann in Form von Speichermedien innerhalb der CoP erfolgen. Dabei muss dieses nicht deckungsgleich mit der Controllingwissensbasis sein, eventuell kann ein Speichermedium je CoPThema bestehen, welches ein Bestandteil der gesamten Controllingwissensbasis ist. Eine Strukturierung lässt sich nach Unterthemen innerhalb des Speichermediums vornehmen. Im Rückgriff auf das Beispiel der neuen Richtlinie könnte so entlang des Prozesses zu deren Einführung das Controllingwissen abgespeichert werden. Des Weiteren wäre eine zielgruppenspezifische Speicherung für Manager bzw. Controller möglich, die sich an der jeweiligen Menge an Controllingwissen oder dem spezifischen Bedarf orientieren kann. Dieser Gruppenlernprozess unter Beteiligung von Managern und Controllern findet innerhalb einer CoP statt. Dabei sind CoPs organisatorische Gebilde, die außerhalb von Organisationsstrukturen und Hierarchien operieren.628 Das Instrument ist charakterisiert als soziales, heterarchisches Netzwerk, das sich durch die Beziehungen seiner Mitglieder definiert.629 Durch eine Abgrenzung zu anderen Organisationsformen630 lassen sich CoPs anschaulich charakterisieren: Sie bilden eine Konstante im Vergleich zu anderen Organisationsformen wie Teams und Funktionsbereiche, da sie aufgrund ihres Charakters durch die Unternehmensführung weder umorganisiert noch umstrukturiert werden, und vermitteln dadurch einen gewissen Grad an Stabilität.631 Im Vergleich zu Teams sind CoPs unstrukturierte Gruppen von Mitgliedern, die sowohl innerhalb aber auch außerhalb von Organisationsgrenzen existieren und in der Regel länger als Teams bestehen.632 Die CoP besteht, weil sie ihren Mitgliedern einen Mehrwert verschafft.633 Im Vergleich zu Funktionsbereichen, in denen ein spezifisches Ziel unter der Vorgabe von Ressourcen, Prozessen und Rollen verfolgt wird, sind CoPs lose verknüpft, selbstgesteuert und informell ausgestaltet und definieren das Rollenverständnis nach Expertenstatus.634 Da628 629 630 631 632
Vgl. Smith, H.A./McKeen, J.D. (2003), S. 395. Vgl. Henschel, A. (2001), S. 65. Vgl. zu einer Abgrenzung zu anderen Organisationsformen auch Schoen, S. (2001), S. 66 ff. Vgl. Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 20. Vgl. Botkin, J. (1999), S.32 f.; Smith, H.A./McKeen, J.D. (2003), S. 396 f. und Wenger, E.C. (1998), S. 96. 633 Vgl. Peltonen, T./Lämsä, T. (2004), S. 254 f. 634 Vgl. Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 41 ff. und Peltonen, T./Lämsä, T. (2004), S. 254 f.
4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen
167
durch, dass CoPs sowohl Manager als auch Controller aus verschiedensten funktionalen und geographisch verteilten Unternehmensstandorten bzw. aus zentralen und dezentralen Unternehmensbereichen vereinen, wird eine einheitliche Koordination bzw. Verwaltung und damit auch Management des vorhandenen Controllingwissens ermöglicht. Aufgrund ihres hohen Grades an Selbstbestimmung können CoPs somit nur bedingt in bestehende Organisationsstrukturen eines Unternehmens eingegliedert werden. In der Praxis werden CoPs jedoch häufig an bestehende Organisationseinheiten angegliedert, um durch diese Institutionalisierung eine gezielte Förderung zu ermöglichen. Das Verhalten innerhalb der CoP wird u.a. von der Kohäsion, Normen und der Rollenverteilung bestimmt.635 Die Kohäsion in einer CoP ist dadurch charakterisiert, dass ihre Mitglieder gleiche Interessen und Expertenwissen besitzen. Verfolgt die CoP außerdem die Ziele des Unternehmens, so kann deren Existenz aus Sicht der Unternehmensführung als nützlich bzw. förderungswürdig eingestuft werden. Normen und/oder Standards bestimmten das informelle Verhalten in der Gruppe. Dadurch, dass Mitglieder oft Experten sind, das aber nicht explizit dokumentiert ist, würde es beispielsweise als Norm gelten, dass Mitglieder Experten sein müssen. Des Weiteren wird das Verhalten durch die Rollenverteilung bestimmt. Idealtypisch gibt es verschiedene Rollen innerhalb einer CoP, die sich etwa nach dem Aktivitätsgrad der Mitarbeit unterscheiden636 oder nach ihrer Aufgabe, wie etwa der Leitung oder der Koordination637. Die Ausgestaltung der einzelnen Rollen und deren Aufgabenbereiche wird typischerweise den CoPs selber überlassen. Eine Beeinflussung von Seiten der Unternehmensführung ist für die Rollengestaltung kaum möglich. Nur durch gezielte Förderung einzelner Personen wäre ein Eingriff auf Entscheidungen denkbar. Sind die Teilnehmer der CoP Manager und Controller, so lassen sich jeweils idealtypische Rollen einnehmen, die den Wissensaustausch von Controllingwissen fördern können. Der Controller präsentiert sich dem Manager als kompetenter Wissensträger und Experte für spezielle Controllingthemen und kann als Fachpromotor agieren, der durch sein Fachwissen überzeugt. Wenn er seinem Expertenstatus gerecht wird, kommt ihm ggf. die Rolle eines betriebswirtschaftlichen Beraters zu. Manager hingegen sollten ihre Rolle als Machtpromotor, in der sie formelle Macht besitzen, gegen 635 Vgl. dazu auch die Ausführungen in Kapitel 3.4.2. 636 Vgl. Wenger, E.C. (1998), S. 154 f. 637 Vgl. Henschel, A. (2001), S. 58 f.; Haag, M./Lieb, M. (2001), S. 57; Schoen, S. (2001), S. 118 f.; Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 36; Smith, H.A./McKeen, J.D. (2003), S. 404 f. und North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 77 ff.
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
die Rolle eines Coaches oder Mentors eintauschen und dadurch hierarchische Hürden vermeiden, die den Wissensaustausch behindern könnten.638 Um die Aktivitäten einer CoP zu forcieren, können neben physischen Treffen ergänzend Systeme zum Wissensaustausch das Management von Controllingwissen in Form der zielgruppenspezifischen Gestaltung unterstützen. Besonders vorteilhaft ist deren Verwendung, wenn eine große räumliche Distanz die CoPMitglieder trennt.639 Diese Instrumente müssen die Entwicklung und den Austausch von Controllingwissen ermöglichen und nur in dem Rahmen eingesetzt werden, wie diese sich in das soziale Umfeld integrieren lassen.640 Dabei können solche Instrumente auch den Zusammenhalt innerhalb einer CoP fördern, den Aufbau informeller Kontakte initiieren und ein altruistisches Verhalten der Mitglieder hervorrufen.641 Die Informationstechnologie nimmt im Rahmen der CoP-Aktivitäten jedoch nur einen nachrangigen Stellenwert nach den sozialen, kulturellen und organisationalen Faktoren ein.642 4.3.4 Controllingwissensbasis als Ergebnis der CoP und technische Umsetzung Ergebnisse von CoP-Aktivitäten lassen sich als Controllingwissensprodukt des Prozesses in Form einer Controllingwissensbasis bzw. als Teil der Controllingwissensbasis darstellen. Inhalt des Wissensspeichers ist zum einen das Controllingwissen der Manager, welches ohne Abstimmungsprozesse der Controllingwissensbasis zugefügt wurde, zum anderen die Ergebnisse der Zusammenarbeit von Managern und Controllern. Die Inhalte richten sich nach der spezifischen Ausrichtung bzw. Thematik der CoP. Die Wissensbasis muss jedoch ständig aktualisiert werden, da andernfalls ihr Nutzen nachlässt oder gar Schaden durch die Anwendung von nichtaktuellem Wissen möglich ist. Eine technische Infrastruktur sollte diverse Elemente enthalten, um die gemeinsame Zusammenarbeit via elektronischer Medien zu ermöglichen.643 Diese Anforderungen können in Form einer internetbasierten Online-CommunityPlattform realisiert werden644, die sich Knowledge Bases, Knowledge Ex638 639 640 641
Vgl. dazu auch die Argumentation in Kapitel 3.4.2. Vgl. Elsner, S.H. (2002), S. 272 f. Vgl. Henschel, A. (2001), S. 85 ff. Vgl. zu diesen Vorteilen Levina, N./Vaast, E. (2006), S. 14 und den dort aufgeführten Literaturquellen. 642 Vgl. Botkin, J. (1999), S.120; Henschel, A. (2001), S. 85 und Peltonen, T./Lämsä, T. (2004), S. 256. 643 Vgl. Smith, H.A./McKeen, J.D. (2003), S. 401. 644 Vgl. Gongla, P./Rizzuto, C.R. (2001); Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002),
4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen
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changes, Project Spaces sowie Groupware und Internet-Community-Software bedient.645 Bei der Ausgestaltung der elektronischen Medien muss berücksichtigt werden, dass die Weitergabe von Wissen oftmals erst dann stattfindet, wenn sich die Mitglieder einer Community persönlich getroffen haben. Eine weitere Anforderung an ein Wissenssystem ist eine einfache Bedienung. Während Controller durch ihre tägliche Arbeit generell ein gutes Verständnis im Umgang mit Informationssystemen besitzen, muss es für Manager möglichst einfach zu nutzen sein. Somit sind für die controllingwissensspezifische Gestaltung die Anforderungen von Managern und Controllern gleichermaßen zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Aufbereitung des Inhaltes. Eine Strukturierung nach Themen bzw. Zielgruppen vereinfacht die Suche nach vorhandenem Controllingwissen. Analog zu dem grundlegenden Modell der Arbeit muss in einem nächsten Schritt gezeigt werden, dass Aktivitäten einer CoP zu einem Nutzen führen, damit diese als geeignetes Instrument für das Management von Controllingwissen bezeichnet werden können. 4.3.5 Bewertung der Aktivitäten einer CoP Nur wenn die Etablierung und Existenz einer CoP Nutzen stiftet, ist sowohl die Unterstützung von Seiten der Unternehmensführung und deren Akzeptanz als auch die Bereitschaft der CoP-Mitglieder zur Mitarbeit vorhanden. Im Hinblick auf eine CoP ist es auch nur bedingt möglich, eine monetäre Erfolgsbetrachtung durchzuführen. Kosten entstehen etwa durch die Förderung von Aktivitäten wie persönliche Treffen, die Veranstaltung von Konferenzen oder in Form von Opportunitäskosten durch die Teilnahme an Aktivitäten. Nutzen hingegen resultiert aus der erfolgreichen Anwendung der Arbeitsergebnisse. Ein Erfolg der Aktivitäten der CoP lässt sich anhand der Erhebung von Indikatoren feststellen. Je nach Ausprägung können diese einen Hinweis auf einen Nutzen der Zusammenarbeit von Managern und Controllern in der CoP geben. Ähnlich der Messung von Aktivitäten des Managements von Wissen im Allgemeinen, werden im Folgenden beispielhafte Indikatoren quantitativer sowie qualitativer Art auf CoP-Ebene vorgeschlagen.646 Diese Indikatoren lehnen sich an dem der Arbeit zugrunde liegenden Managementprozess an. Eine spezifische Betrachtung für Controllingwissen innerhalb der Aktivitäten einer CoP ist nur sehr eingeschränkt möglich. Dies liegt daran, dass eine CoP S.197 f. und North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 79 f. 645 Vgl. zu diesen Begriffen Trier, M. (2003), S. 51 und zu weiteren Instrumenten vom Brocke, J. (2005). 646 Vgl. zu diesem Vorgehen auch Botkin, J. (1999), S. 198 ff.
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
für ein spezifisches Thema existiert. Ist dieses ein Controllingthema, so umfassen die Indikatoren die Bewertung von Controllingwissen. Die einzige Möglichkeit zur Differenzierung gegenüber anderen CoPs ist die Einbeziehung des Verhältnisses der Mitgliederzahl von Managern und Controllern. Sollte z.B. kein Manager anwesend sein, hat dies eine Auswirkung auf das Gesamtergebnis einer CoP: Wenn kein Manager an den Aktivitäten teilnimmt, müsste eine Abstimmung der entwickelten Ergebnisse mit dem Management erfolgen. Dies würde wiederum den Nutzen, der aus schnellem, qualitativ hochwertigem und kostengünstig geschaffenem Controllingwissen durch eine CoP erschaffen wird647 durch den Abstimmungsaufwand verringern. Im Folgenden werden die einzelnen Prozessteile mit entsprechenden, beispielhaften Maßnahmen und Indikatoren vorgestellt (Abb. 25): Für die Informationslieferung und -annahme werden keine Indikatoren erhoben, da diese nicht Teil der CoP-Aktivitäten darstellen. Für die Programm- und Strategiegestaltung sind die Tiefe und Breite des Programms festzulegen, die eine Entscheidung zwischen einer Förderung oder Vernachlässigung der CoP durch die Unternehmensführung bestimmen. Für die Programmtiefe sind die Bedeutung der Thematik und die Auswahl von Mitgliedern entscheidend, für die Programmbreite das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen der Erschaffung. Sollten Ziele bezüglich einer CoP bestehen, lassen sich diese über einen Zielerreichungsgrad messen. Die Wissensidentifikation ist als positiv zu betrachten, wenn möglichst qualitativ hochwertige Wissensquellen bzw. Wissensträger in Form von Managern und Controllern als Experten auf ihrem Fachgebiet gefunden werden und wenn der Zugang zu neuem Controllingwissen leicht möglich ist. Eine steigende Mitgliederzahl erhöht die Wahrscheinlichkeit der Identifikation von Controllingwissen. Mit Hilfe von Befragungen kann des Weiteren eine Zeitersparnis dadurch gemessen werden, dass Wissensträger in „Gelben Seiten“ aufzufinden sind und eine eigene Recherche entfallen kann (z.B. Vermeidung von Suchkosten). Ergebnisse der Wissensgenerierung sind positiv zu werten, wenn eine schnelle und qualitativ hochwertige Schaffung von Controllingwissen erfolgt. Messbar ist diese anhand einer Qualitätsbeurteilung. Eine zunehmende Zahl von durchgeführten Veranstaltungen oder eine steigende Mitgliederzahl und damit Menge von Experten erhöht potenziell die Möglichkeit zur Generierung von Controllingwissen. Im Rahmen der Wissensentwicklung kann die Erweiterung der bestehenden, individuellen Wissensbasis als Indikator dienen. Um diese zu messen, las647 Vgl. Enkel, E. et al. (2001).
4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen
171
sen sich Befragungen der Mitglieder, aber auch die Erfassung der Anzahl von Aktivitäten zur Wissensentwicklung durchführen. Des Weiteren kann auch das Verhältnis Manager/Controller betrachtet werden. Die Wissens(ver-)teilung ist als vorteilhaft zu kennzeichnen, wenn sie eine optimale Distribution des entwickelten Controllingwissens ermöglicht. Darüber hinaus lassen sich sowohl die Anzahl von Veranstaltungen, im Rahmen derer die entwickelten Inhalte verwendet werden, als auch die Anzahl bzw. der Umfang der Verteilung durch diverse Medien erfassen. Werden Beiträge und Inhalte aus der CoP-Aktivität in der Praxis angewendet, erfolgt eine Nutzung von Controllingwissen. Dies ist etwa durch Befragungen in Form von Interviews oder Umfragen zu erfassen, die als Indikatoren z.B. die Anzahl der verwendeten Beiträge und Inhalte zählen oder die subjektive Bewertung der Nutzungsgewohnheiten von neuem Wissen enthalten. Die Wissensbewahrung lässt sich anhand von Nutzerstatistiken bewerten, die darstellen, wie viele und wie oft Controllingwissenspartikel in das Speichermedium eingestellt wurden. Abschließend lassen sich die Veränderungen bezüglich der Inhalte, Nutzung und Qualität des Speichermediums der CoP erfassen und eine Bewertung vornehmen. Dazu lässt sich der Bestand an Artikeln, die Anzahl von Zugriffen und Nutzern sowie die Aktualität des Wissens bewerten.
172 Prozess Programmund Strategiegestaltung einer CoP
Gruppenlernen von Controllingwissen in der CoP
4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells Prozessbestandteile Programmtiefe CoP Programmbreite CoP Erreichung von Zielen Identifikation von Controllingwissen bzw. Trägern des Controllingwissens Generierung von Controllingwissen
Erweiterung von Controllingwissen
(Ver-)teilung von Controllingwissen
Maßnahme (Bsp.) Entscheidung zwischen Förderung oder Vernachlässigung Entscheidung zwischen Förderung oder Vernachlässigung Bestimmung von Zielen Erfassung von potenziellen Quellen und Trägern des Controllingwissens Erfassung der möglichen Kontakte zum Erwerb von Controllingwissen Erfassung der möglichen Kontakte zur Erweiterung von Controllingwissen
Bewertung des bereitgestellten Controllingwissens
Indikator (Bsp.) Bedeutung der Thematik für das Unternehmen Aufwand und Nutzen für die Produktion Zielerreichungsgrad Qualitätsbeurteilung Wissensquellen/ -träger, Anzahl der Veranstaltungen und neuen Kontakte, Zeitersparnis durch Zugang zum Wissen Qualitätsbeurteilung, Anzahl der Veranstaltungen und Mitglieder Anzahl der Diskussionsrunden und Mitglieder, Verhältnis Manager/Controller, individueller Nutzen durch Erweiterung des individuellen Wissensbestands Zufriedenheit mit der Aufbereitung des Wissens, Anzahl der Aktivitäten/Medien, bei denen auf entwickeltes Wissen zurückgegriffen wird
4.3 Community of Practice für das Management von Controllingwissen Fortsetzung Prozess
Controllingwissensbasis
Prozessbestandteile Nutzung von Controllingwissen
Maßnahme (Bsp.) Erfassung der Bereitschaft zur Nutzung der Ergebnisse der CoP-Aktivitäten
Speicherung von Controllingwissen
Erfassung der Eingaben in das Speichermedium für Arbeitsergebnisse Bestimmung des Bestands von Controllingwissen Verwendung des Controllingwissens Überprüfung der Qualität der einzelnen Controllingwissensbestandteile
Inhalte des Speichermediums der CoP Nutzung des Speichermediums der CoP Qualität der Inhalte des Speichermediums der CoP
173
Indikator (Bsp.) Anzahl der wieder verwendeten Beiträge und Inhalte, quantitative Erfolgsbewertung der Nutzung von neuem Wissen Zugriffe für Uploads, Häufigkeiten von Uploads Bestand an Controllingwissen (Anzahl Artikel, etc.) Anzahl Zugriffe, Nutzer, Häufigkeit des Zugriffs Aktualität des Wissens
Abbildung 25: Indikatoren für die Bewertung von CoP-Aktivitäten Die einzelnen Indikatoren lassen sich neben einer quantitativen Erfassung, die oftmals nicht möglich ist, durch Befragungen von Mitgliedern einer CoP in der Form von Tiefeninterviews oder mit Hilfe der Methode des Storytelling nach einer längeren Existenz einer CoP ermitteln.648 Dabei wird der Nutzen durch die Anwendung von Controllingwissen ermittelt. Auf einer individuellen Ebene ist die Mitgliedschaft in einer CoP so lange beizubehalten, wie die Kosten in Form von Opportunitätskosten sowie Reise- und Kommunikationskosten unter dem durch die CoP zusätzlich generierten Nutzen liegen.649
648 Vgl. Schütt, P. (2003), S. 99 f. 649 Vgl. North, K./Franz, M./Lembke, G. (2004), S. 68 f.
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
Aus der Gesamtbetrachtung einer Bewertung lassen sich Hinweise auf den Erfolg von CoP-Aktivitäten ableiten, der aus einer Verkürzung von Projektlaufzeiten, Verringerung von Suchkosten, aus zusätzlichem Umsatz, der durch CoPBeiträge generiert wurde und aus der Vermeidung von Doppelarbeit oder Hebung von Synergien durch Arbeitsteilung resultiert. Als eine weitere Möglichkeit zur Bewertung der Aktivitäten einer CoP ließe sich auch eine Aggregation einzelner Indikatoren650 zu einer Spitzenkennzahl vornehmen. Kausalbeziehungen zwischen einzelnen Indikatoren könnten mit der Methode des Storytelling ermittelt werden. Wie im Rahmen der allgemeinen Bewertung von Aktivitäten zum Management von Controllingwissen, ist auch eine Erfolgsbewertung des Managements von Controllingwissen kaum möglich. Lösungsansätze stellen in beiden Fällen die Bewertung verschiedener Indikatoren dar, die zumindest eine Tendenzaussage erlauben. Die Ausführungen zur Kultur, Strategie und Struktur lassen sich im Rahmen der unternehmenspolitischen Gestaltung vereinen. 4.3.6 Unternehmenspolitische Gestaltung einer CoP für das Management von Controllingwissen Aus einer unternehmenspolitischen Perspektive ist die generelle Zustimmung zur Gründung von CoPs und deren Förderung als notwendig anzusehen. Es muss der politische Wille von Seiten der obersten Unternehmensführung existieren, den gemeinsamen Wissensaustausch von Managern und Controllern zu gewähren bzw. zu fördern. Dafür müssen Vorbehalte von Managern wie auch Controllern gegenüber der Zusammenarbeit in Expertengruppen durch politische Interventionen abgebaut und der Nutzen für beide Gruppen von Wissensträgern in den Vordergrund gestellt werden. Die Unternehmenspolitik kann diese Zusammenarbeit durch Gestaltung von grundlegenden Handlungsanweisungen beeinflussen. Angelehnt an ULRICH wird eine Unternehmenspolitik für eine controllingspezifische CoP folgendermaßen etabliert:651 1. In einem ersten Schritt sollte eine Ermittlung und Beurteilung der Ausgangslage bezüglich der Förderung einer controllingspezifischen CoP erfolgen. Dazu kann etwa eine Übersicht schon existierender CoPs erstellt und 650 Vgl. Hariharan, A./Cellular, B. (2005), S. 16, die fordern, höchstens 15 Messgrößen zu verwenden. Levett, G.P./Guenov, M.D. (2000), S. 261 wollen sich auf fünf bis acht Messgrößen beschränken. 651 Vgl. zu den allgemeinen Aussagen der Gestaltung einer Unternehmenspolitik Kapitel 3.7.
4.4 Zwischenfazit
175
deren Nutzen gezeigt werden. Des Weiteren ist zu hinterfragen, ob die Förderung einer CoP mit Mitgliedern aus dem Management bzw. Controllern mit der Unternehmenskultur vereinbar ist. Auch ist der Bestand an vorhandenem spezifischem Controllingwissen einer bestimmten Controllingthematik zu prüfen. Ist genügend Controllingwissen vorhanden, ist eine Förderung zur Gründung von CoPs nicht unbedingt notwendig bzw. auch für Manager bzw. Controller nicht von Interesse. 2. In einem zweiten Schritt ist die Definition eines Soll-Zustandes vorzunehmen. Dazu dienen das Programm und die Strategien in Bezug auf die Arbeit einer CoP. Darüber hinaus müssen die in einer CoP gewünschten Werte festgelegt werden, die ein vertrauensvolles Miteinander im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Managern und Controllern bestimmen. So ist eine extreme Gruppen- und Sprachbildung zu verhindern. Dies kann etwa in Form einer Visualisierung der Werte bzw. Ansprüche an die CoP in Kommunikationsmedien bezüglich der Einführung einer (neuen) CoP erfolgen. 3. Dritter Schritt für die Entwicklung einer Kultur ist die Konkretisierung von Unternehmens- und Führungskonzepten. Dieser Aspekt ist jedoch hinsichtlich der Gestaltung einer CoP als kritisch anzusehen. Die strukturelle Gestaltung, wie etwa die Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten, ist der CoP selbst zu überlassen. Ebenso sind Führungssysteme nur indirekt von Außen zu gestalten. Die oberste Unternehmensführung hat nur eine eingeschränkte Möglichkeit, durch die Gestaltung der Unternehmenspolitik das Handeln von bzw. in CoPs zu beeinflussen. Nach dieser Erkenntnis sollen nochmals alle Ergebnisse des gesamten Kapitels zusammengefasst werden. 4.4 Zwischenfazit Zur Operationalisierung des Modells für das Management von Controllingwissen wurde das Instrument der CoP vorgestellt. Mit Hilfe dieses Instrumentes, welches im Gegensatz zu anderen auch einen Gestaltungsrahmen spannt, innerhalb dessen verschiedene, voneinander unabhängige Instrumente für das Management von Wissen integriert werden können, lässt sich ein Management von Controllingwissen abbilden. Hier müssen jedoch auch Kritikpunkte an dem Instrument der CoP für das Management von Controllingwissen geäußert werden: Der Einsatz der CoP betrifft sowohl Sach- als auch Verhaltensaspekte. Hier ist jedoch kritisch darauf zu verweisen, dass eine CoP nicht immer gesteuert werden kann. Es ist möglich, dass sich eine CoP ohne Eingriff durch die
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4 Instrument zur Umsetzung des Managementmodells
Unternehmensführung vielleicht sogar unbemerkt etabliert, komplett unabhängig agiert und sich damit der Steuerung bzw. Unterstützung entzieht. In diesem Fall ist ein Management von Wissen mit Hilfe einer CoP nicht möglich. Der Einsatz von CoPs für das Management von Controllingwissen in institutionalisierter Form der Zusammenarbeit von Managern und Controllern ist nicht immer planbar. So kann es in der Praxis dazu führen, dass nur Controller oder andere Controllingwissensträger, nicht aber Manager Mitglieder einer CoP sind bzw. werden. In Bezug auf das gesamte Modell für das Management von Controllingwissen kann das Instrument der CoP nicht alle einzelnen Bestandteile abbilden. So sind individuelle Prozesse, wie die Informationsaufnahme oder das individuelle Lernen nicht durch die Ausgestaltung einer CoP zu beeinflussen. Gleiches gilt für Rahmenbedingungen. Innerhalb einer CoP können Mitglieder die Ausgestaltung des Handlungsrahmens für ihre Zusammenarbeit bestimmen. Rahmenbedingungen auf Unternehmensebene, wie etwa die Unternehmenskultur, lassen sich nicht immer verändern. Darüber hinaus lassen sich noch Kritikpunkte allgemeinerer Art erfassen. Diese können in der behandelten Thematik, der extremen Gruppenbildung, Sprachenbildung, Preisgabe von unternehmensinternem Wissen und dem möglichen politischen Missbrauch bestehen.652 Die Wahl einer bestimmten Thematik kann zur Folge haben, dass dieser unter Umständen ein zu hoher Stellenwert in einem Unternehmen eingeräumt wird. Ebenso wird durch Unterstützung von CoPs die Cliquen-Bildung gefördert, die eine zu starke Abschottung zu Kollegen bzw. anderen Themen oder Aufgaben zur Folge haben kann. Eine zu intensive Auseinandersetzung mit einer bestimmten Thematik unter Experten kann dazu führen, dass sich eine Sprache innerhalb der Gruppe entwickelt, die für Außenstehende nicht mehr verständlich ist. Dieses schlägt sich insbesondere in der Verteilung des Wissens nieder, wenn potenzielle Nutzer aufgrund der Sprache keinen Zugang zu dem Wissen finden können. Generelles Problem bei der Diskussion bestimmter Themen ist auch die Gefahr, unternehmensinternes, geheimes Wissen zu offenbaren. So kann ein potenzieller Wettbewerbsvorteil gegenüber einem Konkurrenten durch die Preisgabe von spezifischem Expertenwissen gefährdet sein. Zuletzt kann sich eine CoP auch zu einem politischen Spielball verwandeln, wenn eine zu intensive Beeinflussung der Aktivitäten durch die Unternehmensführung erfolgt oder die Mitarbeit einzelner Personen durch diese gesteuert wird. Abschließend ist zu bemerken, dass das Instrument der CoP nur eine Lösung darstellt, um Aktivitäten des Managements von Wissen umzusetzen. Auch 652 Vgl. Wenger, E.C./McDermott, R./Snyder, W.M. (2002), S. 139 ff.
4.4 Zwischenfazit
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andere wären denkbar, jedoch erscheint dieses Instrument, trotz der Kritik, als besonders geeignet, da es auf die spezifische Zielgruppe von Managern und Controllern adaptierbar ist und die Ansprüche an das Modell umsetzen kann. Damit eine solche Anwendung jedoch nicht auf einer theoretischen Perspektive verbleibt, wird im Folgenden die Anwendung dieses Instrumentes in der Praxis in Form einer Einzelfallstudie betrachtet. Der Nutzen dieser Fallstudie liegt insbesondere darin, dass die teils abstrakt wirkenden Ausführungen damit auf ein konkretes Beispiel in der Unternehmenspraxis umgesetzt werden.
5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
Die theoretische Eignung des Konzeptes der CoP für das Management von Controllingwissen wurde im vorherigen Kapitel aufgezeigt. Damit ein solches Instrument jedoch nicht in der Theorie auf einem abstrakten Niveau verbleibt, soll eine Umsetzung des Instrumentes in der Praxis untersucht werden. Dazu dient eine Fallstudie. In der Finance Academy Daimler-Chrysler (FA), einer unternehmensinternen Akademie der ehemaligen DAIMLERCHRYSLER AG (DC AG)653, die sich als eine zentrale Wissensdrehscheibe für Themen rund um Accounting, Controlling, Investor Relations, Tax und Treasury versteht, wurde die Gründung einer CoP zu dem Thema BSC angeregt. Anhand des darzustellenden Praxisfalls wird deutlich, wie die theoretischen Implikationen praxisnah umgesetzt werden können. Damit bietet diese Fallstudie einen theoretisch fundierten Handlungsleitfaden für die Einrichtung und den Betrieb von CoPs für das Management von Controllingwissen. Überdies zeigt sich auch anhand der Beschreibung, dass dieses Instrument nicht nur unternehmens- und themenspezifisch als Einzelfall zu betrachten ist, sondern auch in anderen Unternehmen und zu anderen Thematiken anwendbar ist. Nachstehend soll zunächst das unternehmerische Umfeld beschrieben werden, innerhalb dessen die CoP agiert. Dazu wird in aller Kürze auf die DC AG eingegangen und insbesondere die FA vorgestellt. Dem folgt die konkrete Beschreibung der CoP, namens „Balanced Scorecard Community“ (BSCCommunity). Der in dem Modell beschriebene Prozess dient dafür als Grundlage654, ergänzt um Aspekte der Kultur, Strategie und Struktur sowie der Politik. Auch Indikatoren zur Bewertung der Aktivitäten der BSC-Community werden vorgestellt.
653 Sämtliche Angaben beziehen sich auf das Jahr 2005 und 2006, in denen die Chrysler AG noch Bestandteil des DaimlerChrysler-Konzerns gewesen ist. 654 Vgl. Kapitel 3.1.
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5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
5.1 BSC-Community in der Finance Academy DaimlerChrysler Die Fallstudie der BSC-Community wurde in der FA geplant und implementiert. Um den Bezugsrahmen zu skizzieren, wird hier in aller Kürze die DC AG, die seit 2007 als Daimler AG firmiert, vorgestellt. Im Anschluss daran wird vertieft auf die Entstehungsgeschichte der FA, deren Ziele, Aufgaben und Leistungen eingegangen. Die DC AG zählte zu den führenden Automobilproduzenten weltweit.655 Das Angebot an Automobilen reichte vom Kleinwagen der Marke SMART über Sportwagen bis hin zur Luxuslimousine MAYBACH. Weiter bot die DC AG eine breite Palette an Nutzfahrzeugen, angefangen von Kleintransportern über Schwer-Lkws bis hin zu Reisebussen. Dabei vereinigte sie die Marken MAYBACH, MERCEDES-BENZ, CHRYSLER, JEEP, DODGE, SMART, STERLING, WESTERN STAR, SETRA, MITSUBISHI FUSO, THOMAS BUILT BUSES und ORION. DAIMLERCHRYSLER FINANCIAL SERVICES offeriert außerdem Finanz- und weitere fahrzeugbezogene Dienstleistungen. Insgesamt arbeiteten zum Jahresende 2005 über 380000 Menschen für die DC AG und erzielten in demselben Geschäftsjahr einen Umsatz von fast 150 Mrd. Euro. Nach der allgemeinen Beschreibung soll im Folgenden auf die FA fokussiert werden. 5.1.1 Finance Academy DaimlerChrysler Die FA, gegründet als eine Abteilung im Bereich Corporate Controlling/Methods Controlling (CC/MC) des Konzerncontrolling der DC AG, leistet einen Beitrag zur Förderung eines einheitlichen Verständnisses von Finance und Controlling, indem sie die konzernweite Harmonisierung und Implementierung von Prozessen und Methoden unterstützt und das Verständnis für finanzwirtschaftliche Gesamtzusammenhänge und Geschäftsprozesse in der DC AG aufbaut.656 Die Gründung der FA beruhte auf den zunehmenden externen Herausforderungen durch verschärfte Wettbewerbsbedingungen, veränderte Rahmenbedingungen, ständig wachsende gesetzliche Anforderungen und auf der daraus resultierenden unternehmensinternen Notwendigkeit zur Anpassung von Methoden, Instrumenten, Strategien und Prozessen. Eine im Jahr 2002 durchgeführte Statusquo-Analyse, deren Ziel es war, die aktuelle Situation bezüglich der fachlichen Weiterbildungsmaßnahmen im Finanz- und Controllingbereich der DC AG zu erfassen, stellte die Basis für die Einrichtung dieser Abteilung dar. Auch wurde 655 Vgl. dazu und im Folgenden DaimlerChrysler AG (2006). 656 Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Bihler, W. (2006), S. 178 f.
5.1 BSC-Community in der Finance Academy DaimlerChrysler
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in diesem Zusammenhang ein Soll-Profil erstellt, anhand dessen ein erwünschter Zustand der fachlichen Weiterbildung in demselben Bereich ermittelt wurde.657 Die Status-quo-Analyse wurde unter den obersten Führungskräften des Konzerns in der Form von Interviews und Fragebögen durchgeführt und beinhaltete als Untersuchungsschwerpunkte Fragen über Umfang und Inhalt bestehender Fachseminare und deren subjektive Qualität sowie über Aktivitäten zum Management von Wissen. Das Soll-Profil hingegen beinhaltete Fragen zu möglichen Handlungsoptionen und -bedarfen für Qualifizierungsmaßnahmen. Die Status-quoUntersuchung zeigte als Resultat, dass kein systematisches Qualifizierungsprogramm innerhalb des Finanz- und Controllingbereichs bestand, ein Angebot für die Schulung von neuen, unternehmensrelevanten Gesetzen und Richtlinien und deren Umsetzung fehlte, ein Missverhältnis zwischen aktuell vorhandenen Kompetenzen und den zukünftig benötigten Anforderungen bestand, die bestehenden Bildungsangebote weder ausreichend koordiniert noch standardisiert waren und eine mangelnde Transparenz vorherrschte und der gemeinsame Wissensaustausch innerhalb des Bereichs als ineffektiv bewertet wurde. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde im Jahr 2003 die FA gegründet, um den Missständen entgegenzuwirken. Ziele dieser unternehmensinternen Weiterbildungseinheit sind die Förderung einer einheitlichen Finanz- und Controllingsprache im Konzern, die Einhaltung von Finanz- und Controllingstandards sowie die Unterstützung einer Standardisierung der Prozesse und Methoden. Die FA bietet einen weit gefächerten Leistungsumfang an, dessen Hauptbestandteil das Seminarprogramm darstellt, das aus drei Säulen besteht:658 1. Die erste Säule des Leistungsangebotes ist ein maßgeschneidertes, den Anforderungen jeder Führungsebene angepasstes Curriculum, das Führungskräften des Finanz- und Controlling-Bereiches einen Überblick über generelle Grundlagen, Zusammenhänge und aktuelle Themen mit relevantem Fachbezug verschafft. Dabei besteht dieses Programm aus verpflichtenden und frei wählbaren Elementen. Verpflichtend für Führungskräfte der untersten Management-Ebene ist ein Seminar, welches überblickshaft Themen, Methoden und Prozesse aus dem Themenbereich Finanzen und Controlling vermittelt. Mit hierarchisch höherer Management-Ebene verkürzt sich die Dauer der Seminare. Thematisch stehen zunehmend strategische Inhalte, Themen zur Organisation und zu Geschäftsmodellen im Vordergrund der Veranstaltungen für Abteilungsleiter oder Direktoren sowie Vice657 DaimlerChrysler AG (2002), S. 3 f. 658 Vgl. Riegler, T. (2006), S. 5
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5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
Presidents, welche die Zielgruppe dieser Programme bilden.659 Durch frei wählbare Spezialseminare kann das Curriculum nach persönlichen Bedürfnissen ergänzt werden. 2. Spezialseminare bilden die zweite Säule des Leistungsangebotes der FA. Es wird eine Vielzahl von Spezialseminaren zu verschiedenen Finanz- und Controlling-Themen angeboten, die allen Mitarbeitern des Finanz- und Controlling-Bereiches zugänglich sind. Inhalt dieser Seminare sind vorrangig praxisnahe Themen, die von den Teilnehmern im operativen Tagesgeschäft benötigt werden. Als Referenten werden fast ausschließlich interne Führungskräfte und Mitarbeiter eingesetzt, die einen starken Praxisbezug der entsprechenden Themen vermitteln können. Durch den Einsatz verschiedenster Methoden wie Fallstudien, Diskussionen oder Planspiele werden Inhalte zu sieben Themenbereichen660 vermittelt. 3. Eine dritte Säule bietet Führungskräften und Mitarbeitern außerhalb des Finanz- und Controlling-Bereiches in Veranstaltungen Einblicke in aktuelle finanz- und controllingspezifische Themen. Im Vordergrund stehen dabei vor allem Seminare, die einen Gesamtüberblick vermitteln. Als Referenten werden auch hier zum größten Teil unternehmensinterne Fach- und Führungskräfte eingesetzt. Ergänzt wird das Seminarangebot, das kontinuierlich durch die Teilnehmer evaluiert wird661, um unternehmensinterne Beratungsleistungen und um Aktivitäten zum Management von Wissen. Die Beratungsleistungen umfassen die Konzeptentwicklung, Planung und Koordination, Durchführung und Nachbereitung sowie die Wissensbereitstellung und Kommunikation. Damit bietet die FA den unternehmensinternen Kunden den Aufbau von optimalen Qualifizierungs- und Kommunikationskonzepten unter der Wahrung von Konzerninteressen und festgelegten Standards, die Sicherstellung der Durchgängigkeit und inhaltlichen Konsistenz von Qualifizierungs- und Kommunikationskonzepten sowie die Generierung von Synergieeffekten durch Umsetzung von bewährten Konzepten und Qualifizierungsbausteinen. Neben den Schulungs- und Beratungsleistungen versteht sich die FA ebenso als „Wissensplattform“.
659 Ergänzt wird die Hierarchie durch die Ebene C, B und A, welche die Bereichsvorstände, den Gesamtvorstand und den Vorstandsvorsitzenden (in dieser Reihenfolge) umfassen. 660 Hierbei handelt es sich um folgende Themenbereiche: Value Based Management, Accounting, Controlling, Investor Relations, Treasury, Strategische Projekte, Geschäftsbereiche/Market Performance Center/Werke. 661 Vgl. Bihler, W. (2006).
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5.1.2 BSC-Community Im Rahmen dieses Leistungsangebotes wurde das Konzept einer CoP entwickelt, welches im Folgenden beschrieben wird.662 Während das Leistungsprogramm der FA überwiegend der Wissensvermittlung dient, ermöglicht die CoP das gezielte Management des gesamten Wissensprozesses und fördert damit auch die Explizierung von implizitem Wissen. Die Initiative zur Gründung einer CoP basierte im Wesentlichen auf zwei Zielen: Zum einen sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, nicht nur Wissen zu vermitteln und dieses den Mitarbeitern bereitzustellen, sondern auch ein Instrument anzubieten, anhand dessen implizites Wissen der Mitarbeiter expliziert und der Aufbau der Wissensbasis vorangetrieben werden sollte. Zum anderen wurde auch von Seiten der Führungskräfte und Mitarbeiter die Schaffung eines Instrumentes gefordert, um intensiv Wissen aufzubauen, zu entwickeln und auszutauschen. Letzteres resultierte aus einer regulären Seminarveranstaltung als Best-Practice-Veranstaltung im Frühjahr 2005 zur BSC. Bei der BSC handelt es sich um ein Instrument, an dessen Planung und Implementierung oftmals sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter mit Controllingerfahrung beteiligt sind. Während Führungskräfte etwa den strategischen Gestaltungsrahmen bestimmen und z.B. Ziele festlegen, liegt es an den Controllern, gemeinsam mit dem Management Key Performance Indicators (KPIs) zu definieren und zu erheben.663 Da außerdem jeder Einsatz einer BSC spezifisch ausgestaltet ist, d.h. je nach Ziel, Branche und Funktion verschieden erarbeitet werden muss, gibt es generell nur wenige standardisierte Referenz-BSCs.664 Diese Eigenschaften der BSC und Projekte zu deren Planung und Implementierung lassen daher einen großen Spielraum für Diskussionen über ihre Gestaltung offen. Innerhalb des BSC-Best-Practice-Seminars, dessen Teilnehmer Führungskräfte und Mitarbeiter verschiedener Hierarchieebenen und geographischer Standorte aus zentralen und dezentralen Controllingbereichen waren, wurden abgeschlossene, aber auch laufende Projekte zur Thematik der BSC vorgestellt und diskutiert. Eine Umfrage unter den Teilnehmern der Best-Practice-Veranstaltung665 ergab den Wunsch zur Etablierung einer Möglichkeit, spezifische Thematiken intensi662 Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Becker, W./Riegler, T./Schreiber, D. (2007), S. 123 ff. und Becker, W./Schreiber, D. (2007), S. 16 f. 663 Vgl. dazu z.B. Weber, J./Schäffer, U. (1999a), S. 105 ff. 664 Vgl. zu dieser Aussage z.B. Horváth&Partners (2004), S. 57 f. 665 Die Umfrage, die Bestandteil der Seminarevaluation war, wurde am 7. April 2005 unter den Teilnehmern der BSC-Best-Practice-Veranstaltung durchgeführt. Von 46 Teilnehmern nahmen 21 Personen an dem Evaluationsprozess teil.
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5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
ver zu behandeln. Auf die Frage, ob die Gründung einer CoP zur inhaltlichen Vertiefung spezifischer BSC-Thematiken von Interesse sei, antworteten 29 % der Teilnehmer mit starker Zustimmung, 71 % der Teilnehmer mit Zustimmung. Eine Bereitschaft zur aktiven Teilnahme an gemeinsamen Aktivitäten zeigten 85 % der Teilnehmer. Der ausgeprägte Wunsch nach einem Wissensaustausch über die Thematik der BSC resultiert dabei, neben der hohen Bedeutung des Konzepts und dessen Anwendung in der DC AG, vor allem in fehlenden Standards für BSCs und dem geringen BSC-spezifischen Wissensaustausch. Besonders die ausgeprägte dezentrale Organisationsstruktur und damit verbunden die hohe Eigenverantwortung einzelner Gesellschaften mit jeweils eigenen BSCProjekten erschwert den Austausch von BSC-spezifischem Controllingwissen und auch die Etablierung von standardisierten Prozessen und Instrumenten. Basierend auf den Umfrageergebnissen und dem Wunsch, die Instrumente für das Management von Controllingwissen über die reine Wissensvermittlung hinaus auszuweiten, wurde von Seiten der FA ein Konzept für die Gründung einer CoP zur Thematik der BSC in Projektform erstellt. Das Vorgehen umfasste sowohl die Gestaltung von Prozessen als auch von Rahmenbedingungen mit geeigneten kulturellen, strategischen und strukturellen Gegebenheiten. Im Sommer 2005 entstand ein Vorschlag zur Gründung einer CoP für das Management von BSC-Wissen, bezeichnet als „Balanced Scorecard Community“ (BSCCommunity). Dieser Vorschlag diente der Bildung einer CoP, deren Mitglieder die weitere Ausgestaltung selbst bestimmten sollten. Deshalb wurden zunächst grundlegende Vorgaben gesetzt mit dem Ziel, die Steuerungsaktivitäten seitens der FA sukzessive abzubauen. Die Mitgliedschaft in der englischsprachigen BSC-Community, welche einzelne Unternehmensbereiche erlangen und Repräsentanten entsenden, setzt BSCProjekterfahrung voraus und beruht auf Freiwilligkeit. Eine Teilnahme an gemeinsamen Tätigkeiten ist unabhängig von der hierarchischen Position, der Konzerngesellschaft und des geographischen Standortes möglich. Das von der FA angebotene Leistungsspektrum der BSC-Community umfasst exklusiv für Mitglieder der BSC-Community:666 Die Organisation von jährlich zwei BSC-Community-Workshops, die das Herzstück der CoP darstellen. In den physischen Treffen werden BSCspezifische Themen von allen Mitgliedern der BSC-Community diskutiert und ein gemeinsamer Konsens zu diesen Inhalten erarbeitet. Diskussionsgrundlage dafür bilden Arbeitsergebnisse einzelner Untergruppen (Subteams) zu BSC-spezifischen Themen, die sich unabhängig von den zwei organisierten Veranstaltungen eigenverantwortlich zusammenfinden und mit666 Vgl. Riegler, T. (2006).
5.1 BSC-Community in der Finance Academy DaimlerChrysler
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tels Koordination der FA bestimmte Themen vorbereiten. Ergänzt wird der Workshop-Tag durch ein gemeinsames „Get-together“, eine intranetbasierte Kommunikationsplattform (BSC-InfoBase) auf Grundlage von LOTUS NOTES TEAMROOM, bestehend aus einem Mitgliederverzeichnis, einem Forum und einer Dokumentenablage, einen Newsletter mit den Ergebnissen aus gemeinsamen Aktivitäten, die Möglichkeit, inhaltliche Beratungsleistungen zu BSC-Themen von der Strategiedefinition bis hin zur Identifikation von Kennzahlen zu erhalten sowie konzeptionelle Unterstützung bei der Umsetzung von spezifischen Qualifizierungsprogrammen zu BSC-Themen. Vervollständigt wird das Angebot um die halbjährlich stattfindende BSC-BestPractice-Konferenz, die nicht nur BSC-Community-Mitgliedern, sondern einer weiter gefassten Zielgruppe zugänglich ist. Im Rahmen dieser Konferenz werden zum einen herausragende DaimlerChrysler BSC-spezifische Projekte und Ansätze vorgestellt, zum anderen aber auch die in der BSC-Community erarbeiteten Ergebnisse einer größeren Mitarbeiterzahl präsentiert. Dieses Konzept wurde Führungskräften der DC AG zugesandt mit der Bitte, mögliche Teilnehmer zu nennen, die Erfahrung in Bezug auf BSC-Projekte haben und bei denen ein Interesse an der Teilnahme an der BSC-Community besteht. Ergebnis dieser Aktion war die positive Rückmeldung von 17 Personen, sowohl von Führungskräften als auch Mitarbeitern aus Controllingbereichen, die Mitglied der BSC-Community wurden. Diese Experten trafen sich im Anschluss an die zweite BSC-Best-PracticeVeranstaltung im Herbst 2005 zu einem Workshop, der ausschließlich den Mitgliedern der BSC-Community zugänglich war. Für diesen ersten Workshop wurde das Thema „Kommunikation einer BSC“ vorgegeben, zu dem sich alle Beteiligten austauschten, ihre Erkenntnisse und Erfahrungen mitteilten und sich darauf einigten, gemeinsam in Kleingruppen (Subteams) noch intensiver die Thematik zu bearbeiten. Während der Phase zwischen der zweiten und dritten BSC-Best-PracticeKonferenz wuchs die Gruppe der BSC-Community-Mitglieder um sechs Personen, die aufgrund der positiven Erfahrungen anderer Mitglieder beitraten. Während der dritten BSC-Best-Practice-Konferenz im Frühling 2006 wurden erste Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit der Subteams abgestimmt und der Unternehmensöffentlichkeit präsentiert. Im zweiten Workshop wurden drei Subteams gegründet. Neben dem Thema der Kommunikation wurden auch die Thematik der „Kennzahlen“ und das Thema „IT-Instrumente zur Umsetzung einer BSC“ angestoßen. Die Mitgliederzahl wuchs um zwei weitere auf 25 bis zum Sommer
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5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
2006.667 Eine Übersicht über den zeitlichen Ablauf und die Mitgliederzahl zeigt Abb. 26.
Abbildung 26: Zeitlicher Projektverlauf BSC-Community Bis zum Ende der Beobachtungsphase durch den Verfasser dieser Arbeit im Juli 2006 setzte sich die BSC-Community aus Mitarbeitern verschiedener Controllingbereiche auf Sachbearbeiterebene bis hin zu Führungskräften der oberen Managementebene zusammen, die aus über zehn verschiedenen Ländern von vier Kontinenten zusammentrafen, um gemeinsam an Aktivitäten der CoP teilzunehmen. Nach der Vorstellung des Bezugsrahmens soll im Folgenden die konkrete Ausgestaltung der BSC-Community gezeigt werden. Diese lässt sich mit Hilfe des grundlegenden Modells strukturiert beschreiben. 5.2 Ausgestaltung der BSC-Community Die Arbeitsweise der BSC-Community lässt sich anhand des in dieser Arbeit vorgestellten Modells strukturiert beschreiben. Schwerpunktmäßig wird dabei wiederum die prozessuale Perspektive eingenommen, ebenso werden Rahmenbedingungen behandelt. Der Idee der Gründung der BSC-Community ging der Wunsch eines vertieften Wissensaustausches von BSC-Wissen von Seiten der Experten dieser Thematik voraus. Dieser Wunsch wurde von der FA aufgenommen und galt als Grundlage für die Erarbeitung eines Konzeptes für den Wissensaustausch. Die individuellen Erfahrungen und Fähigkeiten von Führungskräften und Mitarbei667 Die gesamte Beobachtungsperiode über das Konzept der BSC Community bezieht sich auf den Zeitraum zwischen April 2005 und Juli 2006, in welchem der Verfasser Mitglied des Projektteams war.
5.2 Ausgestaltung der BSC-Community
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tern über die Planung und Implementierung von BSC-Projekten stellen einen bedeutenden Wissensschatz für die DC AG dar. Durch die mögliche Hebung dieses impliziten Wissens, dessen Austausch, Erweiterung und Anwendung auf spezifische Problemstellungen innerhalb des Konzerns lassen sich aktuelle Projekte und Folgeprojekte zur Thematik der BSC effizienter und effektiver gestalten. 5.2.1 Programm-, Strategie- und Kulturaspekte der BSC-Community Mit der Erarbeitung des Konzeptes der BSC-Community wurde bezugnehmend auf die Leistungstiefe eine „Eigenproduktion von BSC-Wissen“ angestrebt und die Akquisition von externem BSC-Wissen als nicht notwendig erachtet, da man aufgrund der Vielzahl an Projekten und Experten für das Instrument der BSC genügend Wissenspotenziale im DC-Konzern vermutete. Im Rahmen dieser Entscheidung erfolgte auch die Ablehnung der Einbeziehung von unternehmensexternen BSC-Experten in den Prozess des Wissensaustausches. Die Ergebnisse der BSC-Community sollten dem DC-Konzern auf verschiedenste Arten bereitgestellt werden. So wurde einerseits die Veranstaltung von Konferenzen geplant, andererseits wurden aber auch Möglichkeiten zum unternehmensinternen Verkauf von BSC-Wissen angedacht. Eine unternehmensinterne Beratungseinheit für BSC-Projekte unterstützte als Mitglied der BSCCommunity den Wissensaustausch mit eigenem Expertenwissen und setzte die Erkenntnisse aus dem Wissensaustausch auch in Form von Beratungsaufträgen wiederum bei unternehmensinternen Kunden ein. Ebenfalls erfolgte eine Diskussion über die Leistungsbreite, ablesbar an der Menge an potenziell zu bearbeitenden BSC-Themen. Als initialisierende Themen wurden die Entwicklung eines Kommunikationskonzeptes mit den dazugehörigen Instrumenten, der Prozess der Auswahl eines geeigneten Softwareprogramms zur Abbildung einer BSC und die Definition von KPIs vorgeschlagen – dies jedoch mit dem Wissen, dass mit wachsendem Themenspektrum die Komplexität der Handhabung innerhalb der BSCCommunity steigen würde. Um dieser Komplexität gerecht zu werden, wurde die Einrichtung von Kleingruppen (Subteams) innerhalb der BSC-Community angedacht, in deren Rahmen die jeweiligen Experten ihr Expertenwissen einer bestimmten Thematik austauschen können. Durch diese Gestaltungsmaßnahme konnten mehrere Themen gleichzeitig bearbeitet werden, ohne eine zu hohe Komplexität zu erzeugen. In vielen Gesprächen mit BSC-Experten wurde erkannt, dass zum einen ein hohes implizites Wissenspotenzial an BSC-Wissen im DC-Konzern vorhanden
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5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
ist. Zum anderen ließ sich, insbesondere angespornt durch den erfolgreichen Einsatz des Instrumentes der BSC bei der Sanierung der Chrysler AG, eine bestehend hohe Nachfrage nach solchem Wissen erkennen. Die Strategie der BSCCommunity aus Sicht der FA bestand daher darin, den Wissensaufbau von BSCWissen zu fördern und implizites Wissen freizulegen. Um diese Strategie zu verfolgen, standen die Durchführung von Maßnahmen zur Konzeptionierung, Gründung und permanenten Unterstützung der BSC-Community im Vordergrund der strategischen Gestaltung. Dieses Projekt wurde gleichermaßen als Pilotprojekt für weitere CoPs zu anderen strategisch relevanten Controllingthemen gestartet. Für die BSC-Community wurden keine direkten Ziele vorgegeben, sondern nur der potenzielle Nutzen des Wissensaustausches hervorgehoben. Als möglicher Nutzen galten die Etablierung eines exklusiven Netzwerks, der DCkonzernweite Wissenstransfer von BSC-Controllingwissen, die Standardisierung von BSC-Prozessen sowie Bereitstellung und Nutzung einer breiten Wissensbasis über BSC-relevantes Controllingwissen. Die Mitglieder konnten so prüfen, ob ihre individuellen Ziele mit dem möglichen Nutzen der BSC-CommunityAktivitäten übereinstimmten. Eine einheitliche Strategie von Seiten der ersten BSC-CommunityMitglieder ließ sich in den Anfängen der BSC-Community noch nicht erkennen, da individuelle Interessen und Ziele weit divergierten. Die genannten Ziele der einzelnen Teilnehmer lagen in dem Austausch von Wissen und Erfahrungen, der Erweiterung des persönlichen Wissens, dem Kennenlernen anderer Experten und damit der Vergrößerung des eigenen Netzwerks und in der Etablierung gemeinsamer, konzernweiter Standards für BSC-Projekte.668 Grundlegend für die Bereitschaft zur Explizierung des individuellen, impliziten BSC-Wissens und damit zur aktiven Teilnahme als Mitglied am Wissensaustausch in der BSC-Community ist eine Kultur, die dieses fördert. Eine solche Kultur wird etwa durch die Freiwilligkeit der Teilnahme, durch die Ergebnisoffenheit der Aktivitäten, durch die gemeinsame Sprache der Experten und durch den Anreiz, eigene Erfahrung in die Gemeinschaft einbringen zu können und als Experte für BSC-Projekte anerkannt zu werden, gefördert. Dadurch, dass die Teilnahme an Veranstaltungen bzw. die Mitgliedschaft in der BSC-Community nicht verpflichtend ist und damit auch nicht in individuellen Zielvereinbarungen festgeschrieben wird, basiert das Engagement primär auf intrinsischen Motiven. Die intrinsische Motivation und die fehlenden Zielvorgaben mündeten in einer ausgeprägten Bereitschaft zur Mitarbeit in der BSCCommunity. Die Teilnahme an den gemeinsamen Aktivitäten wurde auf Mit668 Hierbei handelt es sich um die Ergebnisse einer Umfrage unter den BSC-Community-Mitgliedern, die nach dem zweiten BSC-Workshop im Frühjahr 2006 durchgeführt wurde.
5.2 Ausgestaltung der BSC-Community
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glieder beschränkt, die einschlägige Erfahrungen mit dem Managementinstrument der BSC haben, um sicherzustellen, dass alle Experten dieselbe Sprache sprechen und verstehen. Dieses förderte erheblich die Gruppenkohäsion. Auch konnten sich so alle Teilnehmer an Diskussionen beteiligen, und Verständnisprobleme wurden vorweg vermieden. Die Diskussionen innerhalb der Expertengruppe zeichnete sich durch eine große Offenheit aus, die auf der Erkenntnis der Teilnehmer beruhte, dass eine offene Aussprache nicht nur zu Erfolgserlebnissen, sondern auch von zunächst erfolglosen Aktivitäten zu einem Lerneffekt führt. Ein materielles Anreizsystem wurde bewusst nicht verwendet, um keine Einflussnahme auf die primär selbststeuernden Aktivitäten vorzunehmen. Als immaterielle Anreize von Seiten der FA wurden die möglichen Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit und damit der persönliche Nutzen sowie der Nutzen dieser Aktivitäten für den DC-Konzern herausgestellt. Diese reichten von der Einbeziehung der Arbeitsergebnisse in anderen Seminarveranstaltungen und damit der Anerkennung der Mitglieder als Experten, über den Ausbau persönlicher Netzwerke zwischen den Teilnehmern bis hin zu der möglichen Etablierung DCkonzernweiter Standards für BSC-Projekte. Als Ergebnis ist zu nennen, dass sich innerhalb der BSC-Community eine sehr offene und vertrauensvolle Kultur entwickelte, die durch den gemeinsamen Wunsch zur Wissensteilung geprägt wurde. Es wurden Erfolge, aber auch Probleme bei der Umsetzung spezifischer BSC-relevanter Aktivitäten angesprochen und gemeinsam diskutiert. Die Etablierung spezifischer Normen konnte nicht festgestellt werden. Die besondere Kultur innerhalb der BSC unterschied sich maßgeblich von der (gelebten) DC-spezifischen Unternehmenskultur, die stark hierarchiegeprägt ist und daher einen derart hierarchiefreien und damit offenen und vertrauensvollen Wissensaustausch oft nicht ermöglicht. 5.2.2 Prozesse und Organisation der BSC-Community Die konkrete Arbeitsweise der BSC-Community lässt sich mit Hilfe der sechs Kernprozesse des Baustein-Modells669 aufzeigen: 1. Sowohl im Rahmen der BSC-Best-Practice-Konferenz als auch durch gezielte Ansprachen von Fachexperten werden BSC-Spezialisten als Wissensträger identifiziert. Zeigen diese Interesse an einer Mitgliedschaft in der BSC-Community, werden sie zu dem BSC-Workshop eingeladen. Darüber
669 Vgl. zu dem Modell Probst, G.J./Raub, S./Romhardt, K. (2006).
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hinaus hilft das virtuelle Mitgliederverzeichnis der BSC-InfoBase bei der Identifikation von Wissensträgern. 2. Im Rahmen der Präsenzveranstaltungen in Form der BSC-Konferenz und des BSC-Workshops, aber auch der Arbeit in Subteams stellen BSCExperten ihre Ansätze, Erfahrungen und Methoden über spezifische BSCThematiken vor. Hierdurch wird das implizite Methoden-, Fakten- und Beziehungswissen der Experten sichtbar gemacht und BSC-spezifisches Wissen generiert. 3. Eine Erweiterung des individuellen Wissens erfolgt maßgeblich durch die Einbringung von Arbeitsergebnissen der Subteams in die BSC-Workshops. So lässt sich das persönliche Wissen durch Lernprozesse ausbauen und durch die Vorstellung und Abstimmung im Rahmen des BSC-Workshops verifizieren. Um den Diskussionsprozess zu unterstützen und eine virtuelle Teilnahme an dem Lernprozess zu ermöglichen, wurden in der BSCInfoBase für alle Mitglieder Foren eingerichtet. 4. Die (Ver-)Teilung des BSC-Wissens erfolgt zunächst in der Runde der BSCCommunity-Mitglieder. Wurde ein gemeinsamer Konsens erarbeitet, werden die Arbeitsergebnisse im Rahmen der folgenden BSC-Konferenz und durch die fallweise Einbeziehung in andere Seminarangebote einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die intranetbasierte Dokumentenablage der InfoBase und die Versendung eines Newsletters mit Arbeitsergebnissen unterstützen die (Ver-)Teilung des Wissens. 5. Das durch die Teilnahme an BSC-Community-Aktivitäten erworbene Wissen kann idealerweise bei der täglichen Arbeit eingesetzt und genutzt werden. Besonders die unternehmensspezifischen Inhalte erlauben eine gute Umsetzbarkeit der Lerninhalte. 6. Die Arbeitsergebnisse können durch eine dauerhafte Speicherung dem DCKonzern zur Verfügung gestellt werden. Damit wird das Risiko eines Wissensverlustes durch Ausscheiden eines Experten verringert. Den gesamten Prozess des Managements von BSC-Wissen zeigt Abb.27:
5.2 Ausgestaltung der BSC-Community
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Abbildung 27: Prozess des Wissensaustauschs in der BSC-Community Durch die Einbindung verschiedener Instrumente auf der Ebene von einzelnen Prozessschritten gelingt es, die Problematik der „Insellösung“ zu vermeiden, indem alle Leistungsangebote ineinandergreifen und einen durchgängigen Prozess beschreiben. Mit der Gründung der BSC-Community und deren vorgestellten Leistungsbestandteilen wurde die Struktur bereits vorgegeben. Die Organisationsform der CoP hat den Vorteil, dass in der BSC-Community, im Gegensatz zu anderen Organisationsformen wie Abteilungen oder Teams, ein abteilungs- und hierarchieübergreifender Wissensaustausch zustande kommt. Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter aus verschiedenen zentralen und dezentralen Bereichen diverser geographischer Regionen können sich allein aufgrund ihres Expertenstatus und ohne eine zeitliche Vorgabe bezüglich der Existenz einer CoP versammeln. Die Rollenverteilung innerhalb der BSC-Community lässt sich folgendermaßen beschreiben: Mitarbeitern der FA kamen die Rollen der Koordinatoren bzw. anfangs auch der Moderatoren zu, die Aktivitäten zum Wissensaustausch anstießen und koordinierten. Innerhalb der BSC-Community gibt es aufgrund der bisher überschaubaren Mitgliederanzahl keine strikte Aufgabenteilung, etwa wie die Rolle des Leiters. Im Zusammenhang mit der Rollenverteilung innerhalb der
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5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
BSC-Community konnte allerdings beobachtet werden, dass die hierarchische Position der Personen innerhalb der Gruppe keinen offensichtlichen Einfluss auf den Wissensaustausch hatte. Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter mit BSC-Expertenerfahrung hatten einen gleichberechtigten Status innerhalb der Gruppe. 5.2.3 BSC-Infobase als Produkt und technische Umsetzung Das Produkt des Wissensaustausches innerhalb der BSC-Community sind gemeinsam erarbeitete Lösungen im Umgang mit dem Instrument der BSC. Diese befinden sich nach Speicherung in der „BSC-InfoBase“. Das erste Arbeitsergebnis ist eine Datenbank für die Auswahl geeigneter Instrumente zur Kommunikation BSC-relevanter Themen an Mitarbeiter im DC-Konzern. Gegliedert nach Projektphasen und Zielgruppen werden Kommunikationsinstrumente aufgeführt, deren Kosten und Implementierbarkeit bewertet und Kontaktpersonen mit Erfahrung über den Einsatz eines bestimmten Instrumentes aufgeführt (vgl. Abb. 28)
Abbildung 28: Beispiel für ein Ergebnis aus der BSC-Community-Arbeit670 670 Finance Academy DaimlerChrysler (2006).
5.2 Ausgestaltung der BSC-Community
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Dieses Produkt ermöglicht es anderen Mitgliedern der BSC-Community, einen kompakten Überblick über mögliche Instrumente zu erhalten. Entstanden ist es durch die gemeinsame Erarbeitung eines standardisierten Prozesses zur Einführung einer BSC. Viele praktische Beispiele über die Verwendung von Kommunikationsinstrumenten im DC-Konzern bei BSC-Projekten lieferten die Grundlage für diese Übersicht. Die Mitarbeit verschiedener Experten an der Erstellung des Produktes lässt auf eine hohe Umsetzungsqualität schließen und ermöglicht die Reduktion von Suchkosten bei der Wahl geeigneter Kommunikationsinstrumente. So reicht in Zukunft ein Blick in die Datenbank aus, um mögliche Instrumente für die Kommunikation in Bezug auf die Einführung einer BSC zu erhalten, die Kosten abschätzen zu können und bei Rückfragen Experten zu erreichen. Als technische Plattform wurde ein IT-System ausgewählt, welches den Wissensaustausch über die physischen Treffen hinaus auch auf virtuellem Weg ermöglicht und mit dessen Hilfe BSC-Wissen verteilt und auch entwickeltes und abgestimmtes BSC-Wissen gespeichert werden kann. Die FA hat für diesen Zweck eine standardisierte Datenbanklösung, basierend auf LOTUS NOTES TEAMROOM, zur Verfügung gestellt, die verschiedene Leistungsangebote beinhaltet. Die sog. „BSC-InfoBase“ umfasst drei Bestandteile, die den Managementprozess von BSC-Wissen unterstützen: Ein Forum, strukturiert nach Veranstaltungen und Themen, ermöglicht die virtuelle Diskussion bestimmter Inhalte. Eine Datenbank verwaltet alle explizit bereitgestellten Inhalte. Darüber hinaus existiert ein Mitgliederverzeichnis, welches die Kontaktinformationen der einzelnen Mitglieder umfasst. Ergänzt wird das Angebot durch eine Dokumentation für den Umgang mit der Datenbank und eine Übersicht über die neuesten Änderungen. Dieses System lässt insbesondere die Verknüpfung der erarbeiteten Ergebnisse zu, wie etwa im Fall der Datenbank die Kommunikationsinstrumente für BSC-Projekte: In dieser Datenbank werden Informationen mit persönlichem Bezug und damit BSCWissen gespeichert. Das IT-System ist bewusst einfach gestaltet, damit es auch von Datenbank-unerfahrenen Nutzern ohne Anweisung intuitiv verwendet werden kann. 5.2.4 Bewertung und politische Unterstützung der BSC-Community Über die Darstellung der einzelnen Prozessschritte und der entsprechenden Rahmenbedingungen hinaus, ist insbesondere auch eine Bewertung der Aktivitäten vorzunehmen. Nur wenn Mitglieder einen Nutzen ihrer Mitgliedschaft er-
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kennen können und das Unternehmen von den Ergebnissen profitiert, können CoPs längerfristig existieren. Ein Erfolg der BSC-Community-Aktivitäten lässt sich nur ansatzweise ermitteln. Hierzu sind die im Rahmen der Aktivitäten der CoP entstandenen Kosten zu bewerten und dem aus den Aktivitäten generierten Nutzen gegenüberzustellen. Kosten sind durch die Etablierung der BSC-Community in Form der Konzepterstellung entstanden. Dies beinhaltete die Opportunitätskosten der beteiligten Mitarbeiter, die Kosten für Kommunikation und Reisen. Außerdem wurde die Softwarelizenz vor Beginn der Aktivitäten erworben, welche neben den einmaligen Anschaffungskosten auch laufende Kosten für Wartung und Updates mit sich zieht. Im laufenden Betrieb entstanden Kosten für die Organisation von Veranstaltungen sowie Reisekosten. Auf Erlösseite können jedoch außer der Weiterbelastung der Kosten für Veranstaltungen (etwa Kosten für Übernachtungen oder Seminarpauschalen der Veranstaltungsorte) an die Kostenstellen der Teilnehmer keine monetären Werte aufgeführt werden, da der Nutzen aus den BSC-Community-Aktivitäten zunächst aufgrund der erst kurzen Lebensdauer noch nicht erfassbar ist. Ebenso kann die Verwendung des generierten BSC-Wissens im Rahmen von Beratungseinsätzen nicht zwangsläufig dem Nutzen der BSC-Community zugerechnet werden. Deshalb wurden anstelle einer monetären Bewertung verschiedene qualitative und quantitative Aussagen anhand eines Fragebogens ermittelt, den die 25 Mitglieder der BSC-Community ausfüllten. Die Ergebnisse werden anhand der bekannten Struktur aufgeführt: Indikatoren zur generellen Bewertung der Aktivitäten der BSC-Community lassen sich anhand der Programmtiefe und -breite der BSC-Community ermitteln. Die Programmtiefe kann etwa anhand der Bedeutung der generellen Thematik der BSC für den DC-Konzern, die von den Mitgliedern als hoch eingeschätzt wird, bewertet werden, die Programmbreite anhand der Kosten und Nutzen. Deren Erfassung ist jedoch, wie bereits erwähnt, als problematisch zu betrachten. Die Identifikation von BSC-Wissen kann erfolgen, wenn Wissensträger und Wissensquellen von Teilnehmern der BSC-Community-Aktivitäten identifiziert werden. Mit einer steigenden Anzahl potenzieller Wissensträger steigt die Wahrscheinlichkeit, neues Wissen zu identifizieren. Gleiches gilt für die Menge und Qualität des identifizierten Wissens. Die befragten Mitglieder der BSC-Community hoben hervor, dass sie ihr persönliches Netzwerk durch die Teilnahme an gemeinsamen Aktivitäten erweitern konnten. Zur Identifikation von Wissensträgern wurde das Instrument der „Gelben Seiten“ eingesetzt, welches neben Fähigkeiten und Kompetenzen einzelner
5.2 Ausgestaltung der BSC-Community
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Mitglieder auch deren Kontaktdaten aufzeigt. Diesem sprachen die Teilnehmer der BSC-Community einen hohen Nutzen zu. Die Generierung von BSC-Wissen hängt von einer regelmäßigen Teilnahme an BSC-Community-Aktivitäten einerseits und einer steigenden Mitgliederzahl anderseits ab. Die Ergebnisse der Umfrage belegen, dass über die Hälfte der Mitglieder neues Wissen generierte. Eine Erweiterung des persönlichen BSC-Wissens kann anhand der regelmäßigen Teilnahme an und Einbringung von Wissen in BSC-CommunityWorkshops erfasst werden. Diese dienen vor allem der Diskussion und Abstimmung von BSC-spezifischen Themen und erfüllen nach Angabe der BSC-Community-Mitglieder in hohem Maß die Ansprüche auf Wissenserweiterung. Die (Ver-)teilung des gemeinsam erarbeiteten BSC-Wissens innerhalb der BSC- Community erfolgte mit Hilfe eines Newsletters. Dessen Nutzen kann durch eine Befragung der Adressaten nach Zufriedenheit gemessen werden. Eine Nutzung von BSC-spezifischem Wissen in der Unternehmenspraxis kann etwa mit Hilfe von persönlichen Gesprächen mit Mitgliedern der BSCCommunity erfasst werden. Als Ergebnis aus den Gesprächen stellte sich heraus, dass eine überwiegende Anzahl der Mitglieder plant, die Erkenntnisse umzusetzen. Die Speicherung von BSC-Wissen lässt sich anhand der Anzahl von Speichervorgängen messen. Die Anzahl der bereitgestellten Inhalte wuchs mit jeder Veranstaltung und jedem Treffen. Die Nutzung der InfoBase als Wissensspeicher für BSC-Wissen kann anhand der Häufigkeit der Nutzung, der Zugriffszahlen und der Anzahl von Inhalten bewertet werden. Es konnten in allen Bereichen Daten erhoben werden, die im Ergebnis zeigten, dass alle Mitglieder die InfoBase nutzen. Es gab sogar konstant tägliche Zugriffe auf die InfoBase (s. Abb. 29)
196
5 Fallstudie für das Management von Controllingwissen
5
4
3
2
1
0
Abbildung 29: Nutzerzahlen der BSC-Community nach Kalenderwochen671 Die aufgeführten Indikatoren können jedoch nur Tendenzaussagen liefern, des Weiteren sind sie nur als Beispiele zu betrachten. Die Problematik der Erfassung konkreter Ergebnisse bzw. deren Bewertung einerseits und der Kausalität zwischen den Ergebnissen und einem möglichen Erfolg der BSC-CommunityAktivitäten insgesamt andererseits ist nicht immer gegeben. Die Generierung einer Spitzenkennzahl ließe sich etwa über eine kausale Verknüpfung einzelner Indikatoren ermitteln, die im Rahmen der BSC-Community-Aktivitäten auch erfasst wurde. So wurden den 25 Mitgliedern der BSC-Community die Frage nach dem subjektiv empfundenen gesamten Nutzen der Mitgliedschaft im Verhältnis zu den investierten Kosten wie Reisekosten und Opportunitätskosten gestellt. Ergebnis war die Erkenntnis, dass der subjektive Nutzen bei weitem die Opportunitätskosten übersteigt. Auf einer Skala von 1 = wesentlich mehr Kosten als Nutzen bis 5 = wesentlich mehr Nutzen als Kosten wurde der Mittelwert 4,5 erreicht. Alle Maßnahmen und Gestaltungsaspekte wären jedoch ohne Wirkung geblieben, wenn die Aktivitäten der BSC-Community nicht von der obersten Ebene der Unternehmensführung gebilligt worden wären. So wurde vom Finance&Controlling-Bereichsvorstand das Commitment für die Förderung des Wissensaustausches zugesichert. Als Grundlage für die politische Unterstützung galt dabei die aktuelle und zukünftig erwartet hohe Aktualität der Thematik der BSC 671 Finance Academy DaimlerChrysler (2006).
5.3 Zwischenfazit
197
im DC-Konzern und der vermutet hohe Wissensbestand an implizitem Wissen über die BSC. 5.3 Zwischenfazit Das Fallbeispiel der BSC-Community hat eine beispielhafte Umsetzung des Instrumentes der CoP für eine aktuelle Controllingthematik gezeigt. Neben der Entstehungsgeschichte wurden einzelne Prozessbausteine und Rahmenbedingungen beschrieben, die den Wissensaustausch zwischen BSC-Experten sowohl in der Rolle als Führungskraft aber auch als Mitarbeiter ermöglichten. Ähnlich wie in der generellen Charakterisierung des Modells der CoP ist auch für die BSCCommunity eine direkte Erfolgsmessung nicht möglich. Lediglich die Konzeption, Erfassung und Bewertung verschiedener Indikatoren kann einen Hinweis auf den Nutzen der BSC-Community geben. Insbesondere die Unternehmenspolitik muss die Förderung einer solchen CoP zulassen, damit diese existieren kann. Die BSC-Community stellt ein Praxisbeispiel von vielen zur Umsetzung des Instrumentes der CoP dar. Eine Verallgemeinerung der Ausführungen ist nur eingeschränkt möglich. Eine solche CoP muss unternehmens- und themenspezifisch angepasst werden, damit sie einen Wissensaustausch fördert. Nach der allgemeinen bis hin zur nun sehr spezifischen Betrachtung des Managements von Controllingwissen sollen in einem folgenden Schritt die wichtigsten Erkenntnisse der gesamten Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick über noch näher zu untersuchende Themenfelder gegeben werden
6 Zusammenfassung und Ausblick
Ziel des letzten Kapitels der Arbeit ist es zum einen, eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse zu liefern und zum anderen in Form eines Ausblickes den weiteren Forschungsbedarf, in Verbindung mit den angesprochenen Themenfeldern, aufzuzeigen. 6.1 Zusammenfassung und Innovationsbeitrag Ziel der Arbeit war es, einen sach- und verhaltensorientierten Ansatz zur Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller, auf Basis eines Instrumentes für das Management von Controllingwissen, zu entwickeln. Dieses Vorhaben resultierte daraus, dass in der Controllingliteratur bisher Verhaltensaspekte und damit auch die Beziehung zwischen dem Controller und dem Manager kaum untersucht wurden. Aber eben diese Beziehung galt es zu thematisieren, da durch die Zusammenarbeit der Partner erst Controlling möglich ist, durch das die Existenzsicherung eines Unternehmens erfolgen kann. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden fünf Teilziele definiert, die gleichzeitig die Struktur der Arbeit aufzeigten: 1. Es galt, eine Begründung zu liefern, warum die Beziehung zwischen Manager und Controller sach- und verhaltensorientiert zu untersuchen war. 2. Die Begriffe des Management, Controlling und Wissen sollten beschrieben werden, um anhand dieses Verständnisses einen Ansatz für das Management von Controllingwissen zu erarbeiten, mit dessen Hilfe das Zusammenspiel zwischen Manager und Controller auf Basis des jeweiligen Controllingwissens gestaltet werden kann. Dieser Ansatz des Managements von Controllingwissen sollte dazu dienen, Könnens-Defizite zu reduzieren. 3. Das Modell der Integrierten Leistungs- und Wertkette sollte als geeignetes Analyseraster für das Management von Controllingwissen vorgestellt werden. 4. Die Eignung des Instrumentes der CoP, unter Berücksichtigung von Sachund Verhaltensaspekten, sollte für die Umsetzung des theoretischen Modells für das Management von Controllingwissen gezeigt werden.
200 5.
6 Zusammenfassung und Ausblick
Zuletzt sollte der mögliche Erfolg des sach- und verhaltensorientierten Managements von Controllingwissen belegt werden. In der Schilderung der Ausgangslage und der Problemsituation zeigte sich die Bedeutung des Controlling, ausgeführt von Manager und Controller, und es wurden mögliche Probleme im Rahmen der Interaktion beider Partner thematisiert. Diese ließen sich auf individueller Ebene, auf Gruppenebene und auf Unternehmensebene beschreiben und dienten als Grundlage für das Forschungsinteresse der Arbeit. Auf individueller Ebene sind dies Wollens- und Könnens-Probleme, auf Gruppenebene mögliche Verhaltensprobleme in Gruppen und auf Organisationsebene Problematiken, die sich aus der Strategie, Struktur und Kultur ergeben können, wenn diese nicht controllingwissensspezifisch ausgerichtet sind. Bei der Beschäftigung mit den grundlegenden Begriffen der Arbeit wurden die Begriffe des Managements, Controlling und Wissens, insbesondere auch des Controllingwissens, erläutert und in Bezug zueinander gesetzt. Diese Begriffsbestimmung zeigte, dass neben sachorientierten auch verhaltensorientierte Aspekte für ein ganzheitliches Managementverständnis von Relevanz sind. Dabei kommt der Verhaltensbetrachtung eine besondere Aufmerksamkeit zu, da es sich bei der der Beziehung zwischen Manager und Controller um eine zwischenmenschliche Beziehung handelt, bei der neben reinen Sachaspekten auch Motivation, Wissen und Emotionen von Bedeutung für das Handeln sind. Nur unter Berücksichtigung dieser Aspekte kann der Austausch von Controllingwissen zwischen Manager und Controller umfassend untersucht werden. Als Innovationsbeitrag sind die integrative Betrachtung betriebs- und sozialwissenschaftlicher Aspekte mit der Darlegung des Managements von Wissen als Gestaltungsansatz für die Beziehung zwischen Manager und Controller aus Sicht des verhaltensorientierten Controlling zu betrachten. Der Prozess von der individuellen Informationsaufnahme über das individuelle Lernen, das Explizieren von Controllingwissen, dessen Weiterentwicklung, Nutzung und Speicherung in der Controllingwissensbasis, lässt sich anhand der Leistungsebene des Modells der Integrierten Leistungs- und Wertkette analysieren. Ergänzend können auch Aspekte der Kultur, Strategie und Struktur berücksichtigt werden, die in der Unternehmenspolitik verankert sind. Darüber hinaus kann eine Erfolgsbetrachtung erfolgen, die für Controllingwissen jedoch nur eingeschränkt möglich ist. Innovativ im Sinne der Controllingforschung sind die sach- und verhaltensorientierte Ausgestaltung des Modells für das Management von Wissen damit insbesondere die Gestaltungshinweise für die Beziehung zwischen Manager und Controller:
Zusammenfassung und AusblickZusammenfassung und Innovationsbeitrag
201
Die Informationsaufnahme und -versorgung des Managers erfolgt idealtypisch durch den Controller und kann durch die gezielte Beeinflussung gestaltet werden, etwa durch systematische Bereitstellung von Informationsquellen oder die Bereitstellung von strukturierten Informationssystemen. Wenn der Controller sein Rollenverständnis gegenüber dem Manager zu dem eines betriebswirtschaftlichen Beraters entwickelt, kann er Einfluss auf dessen Entscheidungen nehmen. Im Rahmen der Interaktion zwischen Manager und Controller kann es zu Verhaltensproblemen bezüglich Wollensund Könnens-Problemen kommen. Erstere lassen sich durch vertragliche und außervertragliche Gestaltungsformen, Anreiz- und Kontrollsysteme sowie Beeinflussung der Motivation lösen. Könnens-Probleme werden durch den gezielten Wissensaufbau durch die Interaktion des Controllers mit dem Manager gelöst. Der Wissensaufbau wird durch das Leistungsprogramm bestimmt, das den Anteil des extern zu beziehenden Controllingwissens und dessen Bedarf erfasst. Der Controller muss sich hier als der geeignete Lieferant von Controllingwissen für den Manager behaupten. Anhand einer Controllingwissensstrategie lassen sich auf Basis des Ist-Bestandes an Controllingwissen ein Soll-Bestand und notwendige Maßnahmen zur Erreichung des SollBestandes von Controllingwissen erarbeiten. Um die Explizierung von Controllingwissen zu ermöglichen, muss eine vertrauensvolle Controllingkultur geschaffen werden, die intrinsische Anreize zur Explizierung von Controllingwissen setzt. Das Kulturmanagement kann hier Lösungsansätze etwa im Rahmen der Personalrekrutierung oder des Verhaltens des Managers liefern. Controller müssen vor allem eine gemeinsame Sprache finden, die auch Nichtcontrollern, wie etwa dem Manager, verständlich ist. Als geeignete Form des Wissensaufbaus von Controllingwissen zwischen Manager und Controller stellt sich das Gruppenlernen dar. Durch die gemeinsame Zusammenarbeit von Controllern und Managern kann Controllingwissen identifiziert, erworben, entwickelt, verteilt, genutzt und gespeichert werden. Zur Umsetzung der einzelnen Bausteine lassen sich verschiedenste Instrumente des Wissensmanagements anwenden. Aus organisatorischer Perspektive kann die Realisierung des Gruppenlernens etwa in Form einer Community of Practice erfolgen. Außerdem ließe sich die Stelle eines CKOs oder Kompetenzverantwortlichen einrichten, die Anwendung einer netzwerkartigen Struktur wird nicht empfohlen. Im Rahmen des Gruppenlernens wird das Verhalten innerhalb der Gruppe durch die Kohäsion, die Normen und Standards, die Sozialstruktur und das kollektive
202
6 Zusammenfassung und Ausblick
Handlungsmuster bestimmt. In der Gruppe sollten sowohl Macht- als auch Fachpromotoren vertreten sein. Der Speicher des Controllingwissens wird mit der Controllingwissensbasis abgebildet. Aus einer technischen Perspektive heraus bieten sich Knowledge-Warehouse-Lösungen für die Umsetzung an. Deren Gestaltung sollte in den Händen der Manager liegen, der operative Betrieb in denen der Controller. Für die Erfolgsbetrachtung der Aktivitäten des Managements von Controllingwissen eignet sich die Anwendung eines Gesamtsystems mit Indikatoren, die entlang des Prozessmodells Werte erfassen, um damit ein Gesamtbild über den Erfolg darzustellen. Ergänzend kann die Methodik des Storytelling verwendet werden, um Kausalitäten zwischen einzelnen Indikatoren zu ermitteln. Die Unternehmenspolitik muss gewährleisten, dass der Austausch von Controllingwissen zwischen Manager und Controller gewünscht und gefördert wird. Ein Controllingleitbild, das den Wissensaustausch von Controllingwissen anregt, zeigt das Commitment der Unternehmensführung. Die Umsetzung eines solchen Modells lässt sich mit dem Instrument der CoP bewerkstelligen. Die Eignung der CoP wurde gegenüber anderen Instrumenten des Wissensmanagements anhand von sieben Merkmalen auf Basis der Modellentwicklung abgeleitet. Das Instrument der CoP eignet sich besonders für die Umsetzung aufgrund der Berücksichtigung von Sach- und Verhaltensaspekten, der Abbildung aller relevanten Prozessschritte des Managementprozesses für Controllingwissen, der Fokussierung auf der physischen Interaktion und dem Gruppenlernen, der Verwendbarkeit für Methoden-, Fakten- und Beziehungswissen als Bestandteile des Controllingwissens, der Relevanz für die Praxis und letztlich der dynamischen Anpassung an Unternehmens- und Umwelteinflüsse. Als Innovationsbeitrag ist die theoretisch fundierte und geschlossene Anwendung des Instrumentes einerseits und die Indikatorengestaltung zur Erfolgsmessung andererseits zu sehen. Der mögliche Erfolg des Instrumentes für das Management von Controllingwissen ließ sich anhand einer Einzelfallstudie zeigen. Hier wurde in der ehemaligen DAIMLERCHRYSLER AG die sog. BSC-Community gegründet, deren Erfolg mit Hilfe verschiedener, aus der Theorie abgeleiteter Indikatoren bewertet wurde. Als Innovation gilt hier die konkrete, praxisrelevante Entwicklung von Indikatoren zur Messung des Erfolges. Im Rahmen dieser fünf Unterziele wurden verschiedene Ergebnisse erreicht, die aus wissenschaftlicher Perspektive eine Innovation darstellen. Diese Aspekte sind in Abb. 30 stichpunktartig nach den jeweiligen Kapiteln zusammengefasst:
Zusammenfassung und AusblickWeiterer Forschungsbedarf und Ausblick
Kapitel Grundlagen Prozessmodell
Instrument
BSC-CoP
203
Innovationsbeitrag der Arbeit - Management von Wissen als Gestaltungsansatz für die Beziehung zwischen Manager und Controller für einen Beitrag zum verhaltensorientierten Controlling - Analyseraster für die sach- und verhaltensorientierte Gestaltung der Beziehung zwischen Manager und Controller - Integration von Sach- und Verhaltensaspekten in ein Modell für das Management von Controllingwissen - Entwicklung von Indikatoren zur Bewertung von Aktivitäten für das Management von Wissen - Theoretisch fundierte Anwendung des Instrumentes der CoP - Entwicklung theoretischer Indikatoren zur Bewertung von CoP-Aktivitäten - Entwicklung praxisrelevanter Indikatoren zur Bewertung von CoP-Aktivitäten
Abbildung 30: Überblick über Innovationen der Arbeit Zusammenfassend wurde in der Arbeit ein Modell für das Management von Controllingwissen für die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller erarbeitet und eine Möglichkeit zu dessen Operationalisierung gezeigt. Damit wurde ein Beitrag insbesondere zur verhaltensorientierten Controllingforschung geleistet. In diesem Rahmen konnten jedoch nicht alle bestehenden, spezifischen Forschungslücken ausgefüllt werden. An einigen Stellen mussten idealtypische Annahmen getroffen werden, da es aufgrund des Umfangs bzw. der Spezifität nicht immer möglich war, umfangreichere Untersuchungen vorzunehmen. Das folgende Kapitel gibt eine Übersicht über den weiteren Forschungsbedarf und einen Ausblick. 6.2 Weiterer Forschungsbedarf und Ausblick Im Rahmen der Arbeit wurden an einigen Stellen tiefergehende Ausführungen vermieden, da entweder der Bezug zur Themenstellung der Arbeit fehlend war, oder aber in der wissenschaftlichen Literatur noch Lücken bestehen. Inhalt des folgenden Abschnitts ist das Aufzeigen der Lücken in der wissenschaftlichen Literatur, um anderen Forschern, die sich mit einer ähnlichen The-
204
6 Zusammenfassung und Ausblick
matik (in der Zukunft) befassen wollen, Hinweise auf ungeklärte Fragestellungen zu geben. Folgende drei Themenfelder wurden erkannt: Erstes Gebiet der wissenschaftlichen Forschung, in dem noch Lücken zu finden sind, ist die Bewertung der Ressource Wissen. Die Bedeutung von Wissen für den Unternehmenserfolg ist unumstritten. Jedoch fehlen bisher schlüssige Konzepte zur Bewertung von Wissen und der Messung des Einflusses von Wissen auf den Unternehmenserfolg. Diese Problematik wird auch darin sichtbar, dass man beim sog. „wissensbasierten Ansatz“ noch immer nicht von einer Theorie der Firma bzw. von einem Paradigma sprechen kann. Die Lösung des Problems scheint allerdings nur möglich, wenn alle Kosten zur Wissenserstellung sowie alle Erlöse aus der Nutzung von Wissen erfasst werden können. So ließe sich dieses ggf. mit der Etablierung und Untersuchung von Wissensmärkten erreichen. Die zweite Forschungslücke, die bei der Beschäftigung mit dem Konzept der CoP identifiziert wurde, ist die Bewertung der Aktivitäten einer CoP. In dieser Arbeit wurden diverse Indikatoren anhand eines entwickelten Modells für das Management von Controllingwissen abgeleitet, die jedoch nur eine Auswahl darstellen. Aber nicht nur die Erfassung von Indikatoren, sondern auch deren Bewertung kann diskutiert werden. Des Weiteren wurde das Storytelling als Möglichkeit zur Aufdeckung von Kausalitäten vorgestellt. Hier stellt sich die Frage, ob wirklich alle Kausalitäten so entdeckt bzw. begründet werden können. Als Lösungsansatz wird eine intensivere Betrachtung des Untersuchungsobjektes der CoP vorgeschlagen. Dies könnte etwa anhand des Vergleiches mehrerer Fallstudien erfolgen, um die Ergebnisse zu validieren. Hierzu könnten umfangreichere Methoden des Storytelling eingesetzt werden, mit denen anhand von Tiefeninterviews Indikatoren und Kausalitäten gewonnen werden könnten. Dazu ist es allerdings zum einen notwendig, eine hinreichend große Mitgliederzahl von CoPs zu befragen, und zum anderen muss eine CoP schon über einen längeren Zeitraum existieren, um verlässliche Geschichten erheben zu können und um daraus Bewertungsmaßstäbe ableiten zu können. Ein ähnlich begründetes, noch spezifisch zu untersuchendes Forschungsthema stellt der spezifische Einsatz von CoPs für das Management von Controllingwissen dar. Die Fallstudie in dieser Arbeit zeigt nur ein mögliches Instrument für das Management von Controllingwissen. Weder in der Literatur noch in Praxisgesprächen konnte ein anderer Ansatz für das Management von Controllingwissen gefunden werden, der den Ansprüchen dieser Arbeit gerecht geworden wäre. Die Anwendbarkeit anderer Instrumente könnte jedoch getestet werdem
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