Lackadditive
Johan Bieleman
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Johan Bieleman
Lackadditive
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Johan H. Bieleman Servo Delden BV Langestraat 167 NL-7494 Delden
Das vorliegende Werk wurde sorgfiltig erarbeitet. Dennoch iibernehmen Herausgeber, Autoren, Ubersetzer und Verlag fur die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlagen sowie ftir eventuelle Druckfehler keine H a h n g .
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Bieleman, Johan: Lackadditive / Johan Bieleman. Wiley-VCH, 1998 ISBN 3-527-28819-8
-
Weinheim; New York; Chichester; Brisbane; Singapore; Toronto:
0 WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69469 Weinheim (Federal Republic of Germany). 1998
Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache iibertragen oder ubersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dalj diese von jedermann frei benutzt werden durfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschutzte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form - by photoprinting, microfilm, or any other means - nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. Registered names, trademarks, etc. used in this book, even when not specifically marked as such, are not to be considered unprotected by law. Satzkonvertierung: ProSatz Unger, D-69469 Weinheim Druck: betz-druck gmbh, D-6429 1 Darmstadt Bindung: Wilhelm Osswald & Co, D-67433 Neustadt Printed in the Federal Republic of Germany.
Vorwort
Lackadditive stellen eine aurjerst wichtige Gruppe von Rohstoffen vor, die zur Herstellung von Lacken und Beschichtungen sowie verwandten technischen Erzeugnissen benotigt werden. Die Qualitat und manche Anwendungseigenschaften der Lacke werden in hohem Mal3e von den eingesetzten Additiven bestimmt. Die richtige Auswahl aus dem breiten Angebot der Additive ist daher von groBer Bedeutung. In der Praxis kommt der Lacktechniker oft erst nach vielen Versuchsreihen, also meist rein empirisch, zu einer Auswahl von Additiven, eine Erklarung, warum das eine Additiv in der Formulierung wirkt und das andere nicht, wird dabei nicht gefunden. Es ist das primare Ziel dieses Buches, die Lacktechniker und ihre sachverstandigen Mitarbeiter dariiber zu informieren, wie die bekanntesten Additivgruppen wirken, welche Effekte diese bei einer richtigen Anwendung hervorrufen konnen und wo der Lacktechniker Vorteile erreichen kann. Die chemisch-technischen Grundlagen und die Theorien uber die Wirkungsweise von Additiven, wie Verdicker, grenzflachenaktive Verbindungen, Oberflachenmodifizierungsmittel, Katalysatoren, Biozide usw., werden ausfihrlich erlautert. Auch wurde grorjer Wert auf die Erfassung der fiir die Praxis wichtigen optischen Aspekte bei Lackierungen gelegt. Das Buch ist ideal fiir Lackingenieureund -chemiker aus der Industrie, Handel, Instituten, Hochschulen und Behorden. Obwohl zur Vervollstandigung einige Handelsnamengenannt werden, ist das Buch keine ijbersicht von Lackrohstoffen nach Handelsnamen. Ebenso ist es kein rein wissenschaftliches Buch mit detaillierter Beschreibung der Theorien und Veroffentlichungen, ohne daLi diese in einen Zusammmenhang mit Praxisanwendungen gebracht werden. Viele Fachspezialisten haben an der Ausgabe dieses Buches mitgewirkt. Ihnen gebiihrt herzlichen Dank. Besonders herzlich mochte ich mich bei Herrn Dr, Dieter Stoye, Dorsten, bedanken. Ohne seine Ermutigungen ware dieses Buch wohl nicht so schnell entstanden. Der Leitung der SERVO-Delden B.V, Delden, und den Herren des Geschaftsfiihrungsbereichs,,Lackrohstoffe" der Huls Aktiengesellschaft, Marl, sei gedankt fir die personliche Unterstijtzung und die Bereitstellung der technischen und materiellen Mittel. Januar 1997
Johan H. Bieleman
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Inhaltsverzeichnis
1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
3 3.0 3.0.1
3.0.2 3.0.3 3.1 3.1.1 3.1.2
Die Autoren und ihre Beitrage .............................
XVII
Einfuhrung ............................................ J Bieleman Additive in Farben und Lacken ............................. Begriffsbestimmung ..................................... Einstufung nach Funktionen ...............................
1 1 1 2
Verbrauchsmengen ...................................... Wirtschafiliche Bedeutung von Additiven .................... Literatur ..............................................
3
Grundlagen ........................................... J Bieleman Einfiihrung ............................................ Wechselwirkungen ...................................... Chemische Zusammensetzung ............................. Wirksamkeit der Additive ................................. Anwendungen .......................................... Literatur ..............................................
5
Verdicker ............................................. J Bieleman und G. Kroon Grundlagen ............................................ Einfiihrung ............................................ Rheologie und Viskositat ................................. Viskositatsmessungen .................................... Anorganische Verdicker .................................. Einfiihrung ............................................ Organoschichtsilikate ....................................
9
4
4
5 5
7 7
8 8
9 9 10 14 17
17 17
VI I I
Inhdtsverzeichn is
3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.5.1 3.1.5.2 3.1S.3 3.1.6 3.1.6.1 3.1.6.2 3.1.6.3 3.1.7
Herstellung der Organoschichtsilikate ....................... Rheologie und Organoschichtsilikate ........................ EinfluD der Organoschichtsilikate auf die Lackeigenschaften . . . . . Absetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pulvermethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pastenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leicht dispergierbare Organoschichtsilikate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organische Verdicker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organische Verdickungsmittel fir Anstrichstoffe auf Wasserbasis . Verdickungsmittel fiir Losemittelfarben ...................... Cellulosederivate ........................................ Chemie von Celluloseethern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugabe von Celluloseethern zu einer Farbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Farbeigenschaften. beeinflufit durch Celluloseether . . . . . . . . . . . . . Assoziative Celluloseether . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommerzielle Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . NeueEntwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Toxikologie und Entsorgung ............................... PUR-Verdicker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemischer Aufbau und Lieferform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften der PUR-Verdicker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lackformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lackeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organische Verdicker fiir losemittelhaltige Lacke . . . . . . . . . . . . . . Einfiihrung ............................................ Produktubersicht ........................................ Hydriertes Ricinusol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uberbasische Sulfonate ................................... Handelsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20 21 25 26 27 28 29 29 30 30 30 31 31 31 34 35 35 38 41 45 48 49 50 51 51 52 53 54 56 57 58 59 59 59 60 60 62 62 63 63
4
Grenzflachenaktive Verbindungen ........................
67
4.I
1 Bieleman. u!Heilen. S. Silbel; M. Ortelt und u! Scholz Netz- und Dispergiermittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
3.2 3.2.0 3.2.0.1 3.2.0.2 3.2.1 3.2.1.1 3.2.1.2 3.2.1.3 3.2.1.4 3.2.1.5 3.2.1.6 3.2.1.7 3.2.2 3.2.2.1 3.2.2.2 3.2.2.3 3.2.2.4 3.2.2.5 3.2.2.6 3.2.2.7 3.2.2.8 3.2.3 3.2.3.1 3.2.3.2 3.2.3.3 3.2.3.4 3.2.3.5 3.2.3.6
In haltsverzeichnis
IX
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.3.1 4.1.3.2 4.1.3.3 4.1.3.4 4.1.3.5 4.1.4 4.1.4. I 4.1.5 4.1.6 4.1.6.1 4.1.6.2 4.1.6.3 4.1.6.4 4.1.6.5 4.1.6.6 4.1.7 4.1.7.1 4.1.7.2 4.1.8
Einfiihrung ............................................ 69 Begriffsbestimmungen ................................... 69 Der Dispergierprozefl .................................... 71 Die Pigmentbenetzung ................................... 73 Mechanische Zerteilung .................................. 76 Stabilisierung .......................................... 77 Stabilisierung in polaren Medien: Praxisbeurteilungen . . . . . . . . . . 84 Stabilisierung in apolaren Systemen: Praxisbeurteilungen . . . . . . . 85 Chemische Zusammensetzung der Netz- und Dispergiermittel . . . . 87 91 Polymere Dispergiermittel ................................ Problemlosungen ........................................ 92 Bestimmungsmethoden ................................... 95 95 Messung der Grenzflachenladung .......................... Dispergiermittelbedarf ................................... 95 96 Ablauf des Dispergierprozesses ............................ Dispersionsgrad ........................................ 97 Flockulationsgrad ....................................... 97 98 Ausschwimmen: Rub-out-Test ............................. Biologische und toxikologische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Tenside ............................................... 100 Polymere .............................................. 100 100 Handelsprodukte ........................................
4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.3.1 4.2.3.2 4.2.4 4.2.4.1 4.2.4.2 4.2.5 4.2.6 4.2.7
Entschaumung von waRrigen Anstrichstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfiihrung ............................................ Schaumbildung in wal3rigen Anstrichstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursachen der Schaumstabilisierung ......................... Stabilitatsmindernde Parameter ............................ Schaumstabilitiitsfordernde Parameter ....................... Aufbau und Wirkungsweise von Entschaumern und Schauminhibitoren ............................................. Entschaumer ........................................... Schauminhibitoren ...................................... Formulierung der Wirkstoffe ............................... Testmethoden zur Beurteilung von Entschaumern . . . . . . . . . . . . . . Herstellerinformation ....................................
107 107 109 110 111 112
4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.4.1 4.3.4.2 4.3.4.3 4.3.4.4
Haftvermittler .......................................... Definition ............................................. Modelle zur Interpretation von Haftungserscheinungen . . . . . . . . . . Haftfestigkeit im Verbund ................................. Haftvermittler .......................................... Allgemeines ........................................... Organofunktionelle Silane ................................ Metallorganische Verbindungen ............................ Chlorierte Polyolefine ....................................
114 114 114 116 117 117 118 122 125
101 101 102 103 104 106
X
Inhaltsverzeichnis
4.3.4.5 4.3.4.6 4.3.4.7 4.3.4.8 4.3.4.9 4.3.4,lO
Spezielle Kondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phosphorsaureester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyethylenimin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silikone und silikon-modifizierte Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
125 127 127 128 128 129
4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6 4.4.7
Additive zur Verbesserung der Untergrundbenetzung . . . . . . . . . . . Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung der Oberflachenspannung fiir die Untergrundbenetzung Beeinflussung der Oberflachenspannung von Lacken . . . . . . . . . . . Messung der Oberflachenspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemie der Silikonadditive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung der Silikonadditive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131 131 131 133 133 134 138 139 140
5
Additive zur Oberflachenmodifizierung .................... 1 Bieleman. W Scholz. W Heilen. S. Silbel; U Ferlzer und G. Liiers
143
5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.1.6 5.1.7 5.1.8 5.1.9 5.1.10
Additive zur Verbesserung der Oberflachenglatte (Slipadditive) . . . Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Bedeutung der Oberflachenglatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluflfaktoren auf die Kratzfestigkeit ...................... Gleitfahigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beeinflussung der Oberflachenglatte ........................ Silikonadditive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung der Oberflachenglatte ............................ Handelsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mattierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen der Mattierung .................... Meflverfahren zur Charakterisierung von Oberflachen . . . . . . . . . . GlanzundSheen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberflachenrauhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften. die durch Mattierungsmittel nicht beeinfluat werden sollten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsmechanismen der Mattierungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsiibliche Mattierungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Bedeutung ................................ Anforderungen an moderne Mattierungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . Amorphe Kieselsauren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Natiirliche Kieselsauren und Fullstoffe ...................... Organische Mattierungsmittel ..............................
144 144 144 145 145 146 147 147 148 149 151
5.2 5.2.1 5.2.1.1 5.2.1.2 5.2.1.3 5.2.1.4 5.2.1.5 5.2.2 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.2.3 5.2.2.4 5.2.2.5 5.2.2.6
152 152 153 153 154 155 155 157 157 158 158 159 161 162
Inhaltsverzeichnis
5.2.3 5.2.3.1 5.2.3.2 5.2.3.3 5.2.3.4 5.2.3.5 5.2.4
Anwendung der Mattierungsmittel .......................... Allgemeine Parameter. die die Mattierung beeinflussen . . . . . . . . . Losemittelhaltige Systeme ................................ Wasserverdiinnbare Systeme .............................. High-Solids/strahlenhirtendeSysteme ....................... Pulverlacke ............................................ Handelsprodukte ........................................ Literatur
6
6.1 6.1.1 6.1.1.1 6.1.1.2 6.1.1.3 6.1.2 6.1.2.1 6.1.2.2 6.1.2.3 6.1.2.4 6.1.2.5 6.1.3 6.1.4 6.1.4.1 6.1.4.2 6.1.4.3 6.1.4.4 6.1.4.5 6.1.5 6.1.6 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.2.6 6.2.7
7
7.1
..............................................
XI 162 162 166 166 167 167 168 168
Verlauf- und Filrnbildehilfsmittel ......................... J Bieleman. J Hajas und K . Dorm Verlaufmittel ........................................... Einfihrung ............................................ Definition und Messung des Verlaufs ........................ Verlaufsbestimmende physikalische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Verlaufsverbesserung: Wirkungsweise der Verlaufsadditive . . . . . . Handelsubliche Verlaufsadditive ............................ Polymere .............................................. Silikone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fluortenside ........................................... Losemittel ............................................. Sonstige Additive ....................................... Eigenschaften der Verlaufsadditive .......................... Verwendung der Verlaufsadditive ........................... Polymere .............................................. Silikone ............................................... Fluortenside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Losemittel ............................................. Sonstige Additive ....................................... Praktische Hinweise ..................................... Toxikologie und Entsorgung der Verlaufsadditive . . . . . . . . . . . . . . Filmbildehilfsmittel ..................................... Einfiihrung ............................................ Polymerdispersionen: Struktur/Filmbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsweise der Filmbildehilfsmittel ...................... Produktiibersicht ........................................ AnwendungstechnischeAspekte ............................ Okologie und Toxikologie ................................. Handelsnamen ..........................................
172 172 172 174 177 177 177 179 179 179 181 181 182 182 183 184 185 186 186 188 189 189 190 192 196 200 206 207
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207
Katalytisch wirksarne Verbindungen ...................... J Bieleman und R . Lomolder Trockenstoffe ..........................................
211
171
212
XI1
In haltsverzeichnis
Einfiihrung ............................................ Historischer Uberblick uber die Verwendung von Trockenstoffen . . Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmelzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direktumsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Trocknungsmechanismusund die Funktion von Trockenstoffen Trockenstoffmetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktive Trockenstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfstrockenstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombinationstrockenstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlust an Trocknungsvermogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bleifreie Trockenstoffsysteme ............................. Bleitrockenstoffsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ersatz eines Bleitrockenstoffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wasserverdunnbare Lacke ................................ Charakteristische Trocknungsphanomene wasserverdunnbarer Beschichtungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.10.2 Koordinationswirkungen auf Trockenstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.10.3 Vorkomplexierte Trockenstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.11 High-Solids-Lacke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.12 Analysenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.13 Biologische und toxikologische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.14 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
231 233 234 235 237 237 239
Katalysatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Melaminharz-vernetzende Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katalyse von HMM.Systemen. Fremdvernetzung . . . . . . . . . . . . . . Anbieternachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katalyse reaktiver Melaminharzsysteme. Selbstkondensation . . . . Allgemeine Formulierungshinweise ......................... Polyurethansysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein fuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2K-PUR-S ysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmehartende 1K PUR-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyurethan-Pulverlacke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuchtigkeitshartende 1K PUR-Systeme ..................... Anbieternachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epoxidharzsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epoxy-Amin-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epoxy-Carboxy-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epoxy/Phenol-Formaldehydharz-Sy steme ....................
240 240 242 242 244 247 248 249 250 250 252 257 260 260 263 263 263 265 267 268
7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.4.1 7.1.4.2 7.1.4.3 7.1.5 7.1.6 7.1.6.1 7.1.6.2 7.1.7 7.I .8 7.1.9 7.1.9.1 7.I .9.2 7.1.10 7.1.10.1
7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.2.1 7.2.2.2 7.2.2.3 7.2.2.4 7.2.2.5 7.2.3 7.2.3.1 7.2.3.2 7.2.3.3 7.2.3.4 7.2.3.5 7.2.3.6 7.2.4 7.2.4.1 7.2.4.2 7.2.4.3 7.2.4.4
212 212 214 217 217 217 218 218 221 222 224 226 227 229 229 230 230
7.2.4.5
8
8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.3 8.1.4 8.1.5 8.1.5.1 8.1.5.2 8.1.5.3 8.1.5.4 8.1.6 8.1.7 8.1.8 8.2 8.2.1 8.2.1.1 8.2.1.2 8.2.1.3 8.1.1.4 8.2.2 8.2.2.1 8.2.2.2 8.2.3 8.2.3.1 8.2.3.2 8.2.3.3 8.2.3.4 8.2.3.5 8.2.3.6 8.2.3.7 8.2.4 8.2.4.1 8.2.4.2 8.2.4.3 8.2.4.4 8.2.4.5 8.2.5 8.2.5.1
.......................................
269
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
270
Speziell wirksame Additive .............................. .J Bieleman. T Bolle. A . Braig. 1 Glasel; A4. Kohler und R . Spang Hautverhinderungsmittel ................................. Einfiihrung ............................................ Begriffsbestimmung ..................................... Ursachen der Hautbildung ................................ Folgen der Hautbildung ................................... Bekampfung der Hautbildung .............................. Antioxidantien .......................................... Blockierungsmittel des Polymerisationskatalysators . . . . . . . . . . . . Losemittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Retentionsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Hinweise ..................................... Toxikologische Eigenschaften .............................. Handelsprodukte ........................................
273
Anbieternachweis
Lichtschutzmittel ....................................... Einfiihrung ............................................ Umwelteinflusse auf Lacke ................................ Photooxidation von Polymeren ............................. Stabilisierungsmoglichkeiten .............................. Wirtschaftliche Bedeutung ................................ Grundlagen ............................................ UV-Absorber ........................................... Sterisch gehinderte Amine (HALS) ......................... Eigenschafien von Lichtschutzmitteln ....................... Anforderungsprofil an Lichtschutzmittel ..................... Loslichkeit und Vertraglichkeit von Lichtschutzmitteln . . . . . . . . . . Fluchtigkeit von Lichtschutzmitteln ......................... EinfluB der Eigenfarbe der Lichtschutzmittel auf die Farbe des Lackes ................................................ Interaktionsneigung von UV-Absorbern ...................... Bestandigkeit von W Absorbern ........................... Nebenreaktionen von HALS ............................... Venvendung von Lichtschutzmitteln ........................ Stabilisierung von 2-Schichtlackierungen .................... Stabilisierung von 1-Schichtlackierungen .................... Stabilisierung von Pulverlacken ............................ Stabilisierung UV-hartender Klarlacke ....................... Stabilisierung von Holzlacken ............................. Praktische Hinweise ..................................... Priifmethoden ..........................................
274 274 274 275 275 276 276 279 282 283 283 284 284 285 285 285 286 288 288 288 289 293 296 296 297 297 298 298 299 300 300 300 302 303 305 305 305 305
XIV
Inhaitsverzeichnis
8.2.5.2 8.2.5.3 8.2.6
Empfehlungen fur den Einsatz von Lichtschutzmitteln . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Toxikologie und Entsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
307 307 308
8.3 8.3.1 8.3.1.1 8.3.1.2 8.3.1.3 8.3.2 8.3.2.1 8.3.2.2 8.3.2.3 8.3.3 8.3.3.1 8.3.3.2 8.3.4 8.3.4.1 8.3.4.2 8.3.5 8.3.6
Korrosionsinhibitoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrochemische Korrosionsprozesse ....................... Korrosionsschutz durch organische Beschichtungen . . . . . . . . . . . . Handelsiibliche Korrosionsinhibitoren ....................... Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhibierungsmechanismen ................................ Inhibitorklassedcharakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produkte und Produkteigenschaften ......................... Flugrostinhibitoren ...................................... Inhibitoren fur permanenten Korrosionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Hinweise. Formulierungsgrundsatze . . . . . . . . . . . . . . . . Flugrostinhibitoren . . . . . . . . . . ............................ Inhibitoren fiir permanenten Korrosionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . Toxikologie und Entsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hersteller und Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
309 309 309 311 313 314 314 315 318 319 319 320 322 322 322 324 324
8.4 8.4.1 8.4.2 8.4.3 8.4.4 8.4.5 8.4.5.1 8.4.5.2 8.4.5.3 8.4.5.4 8.4.5.5 8.4.5.6 8.4.5.7 8.4.5.8 8.4.5.9 8.4.6 8.4.7 8.4.8 8.4.8.1 8.4.8.2 8.4.8.3 8.4.8.4 8.4.8.5 8.4.8.6 8.4.9
Biozide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topf- oder Lagerkonservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebshygiene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topfkonservierende Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formaldehyd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formaldehydabspatter .................................... Glutaraldehyd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phenolderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sauren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carbonsaurenamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quarternare Ammoniumverbindungen (Quats) . . . . . . . . . . . . . . . . Isothiazolinon-Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alkohole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filmkonservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanieren von Untergriinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filmkonservierende Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzimidazole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carbamate und Dithiocarbamate ........................... N-Haloalkylthio-Verbindungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2-n-Octyl-4-isothiazolin-3-on (OIT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zink-Pyrithion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diuron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SchluBbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
325 325 326 328 330 332 332 333 334 334 335 336 336 336 338 338 341 341 342 342 343 343 343 344 344
Inhaltsveneichnis
8.4.10 8.5 8.5.1 8.5.1.1 8.5.1.2 8.5.1.3 8.5.2 8.5.2.1 8.5.2.2 8.5.2.3 8.5.2.4 8.5.2.5 8.5.3 8.5.4
Handelsprodukte ........................................ Flammhemm-Mittel ..................................... Grundlagen ............................................ Brennbarkeitsklassenund Priifmethoden ..................... Der Verbrennungsvorgang ................................ Wirkungsweise der Flammhemmung ........................ Gebrauchliche Flammhemm-Mittel : Aufbau. Wirkungsmechanismen und Eigenschaften ................................... Anorganische Flammhemm-Mittel .......................... Halogenhaltige Flammhemm-Mittel ......................... Phosphorhaltige Flammhemm-Mittel ........................ Verkohlungsfordernde Flammhemm-Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intumescenzsysteme ..................................... Verbrauch und Verwendung ............................... Lieferantenverzeichnis;Handelsprodukte ....................
8.6 8.6.1 8.6.1.1 8.6.1.2 8.6.2 8.6.2.1 8.6.2.2 8.6.3 8.6.3.1 8.6.3.2 8.6.4 8.6.5 8.6.5.1 8.6.5.2 8.6.6 8.6.7
Photoinhibitoren als Additive in UV-hartbaren Lacken . . . . . . . . . . Einfiihrung ............................................ Abrenzung von Photoinitiatoren gegenuber anderen Lackadditiven Entwicklung der UV-Hartung .............................. HauptkomponentenUV-hartbarer Lacke ..................... Photoinitiatoren ......................................... Reaktive Harze und Verdiinner ............................. Radikalische Photohartung ................................ Mechanistische Betrachtungen ............................. Untersuchungen zur Reaktionskinetik ....................... W-Hartungstechnik ..................................... Anwendungsbeispielefir Photoinitiatoren .................... Klarlacke .............................................. Pigmentierte Lacke ...................................... Toxikologie und Entsorgung ............................... Handelsnamen .......................................... Literatur ..............................................
9
9.1 9.2
Arbeitssicherheit und Entsorgung ......................... A . Postma EinfGhrung ............................................ Begriffserlauterung ......................................
9.3 9.4
Biologische und toxikologische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsdaten ........................................
9.5 9.6
Arbeitssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entsorgung und Verpackungen ............................. Literatur ..............................................
xv 345 346 346 346 347 349 351 351 352 354 355 355 357 358 359 359 359 360 361 361 362 363 363 364 365 366 367 368 370 370 370 375 375 375 376 377 377 378 379
XVI
Inhaltsverzeichnis
10
Qualitatssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A . Postma Einfiihrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitatsnorm ISO-9000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umweltschutz und Arbeitssicherheit ........................ Qualitatspriifung der Additive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
380
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
383
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
385
10.1 10.2 10.3 10.4
10.5
380 380 382 382 382
Die Autoren und ihre Beitrage
Johan Bieleman, SERVO-Delden BV, DeldedNL 1 Einfiihrung 2 Grundlagen 3 Verdicker 3.1 Anorganische Verdicker 3.2.2 PUR-Verdicker 3.2.3 Verdicker fir losemittelhaltige Lacke 4 Grenzflachenaktive Verbindungen 4.1 Netz- und Dispergiermittel 5.1.2 Additive zur Verbesserung der Oberflachenglatte 6 Verlauf- und Filmbildehilfsmittel 7 Katalytisch wirksame Verbindungen 7.1 Trockenstoffe 8 Speziell wirksame Additive 8.1 Hautverhinderungsmittel Dr. Thomas Bolle, Ciba Spezialitatenchemie AG, Basel/CH 8.2 Lichtschutzmittel Dr. Adelbert Braig, Ciba Spezialitatenchemie AG, Basel/CH 8.3 Korrosionsinhibitoren Dr. Klaus Doren, Polymer Latex GmbH & Co. KG, Marl/D 6.2 Filmbildehilfsmittel Dr. Uwe Ferner, Georg Luers, Grace GmbH, Worms/D 5.2 Mattierungsmittel
Jurgen Glaser, Acima A.G., Buchs/CH 8.4 Biozide
J h o s Hajas, Byk-Chemie GmbH, Wesel/D 6.1 Verlaufmittel Dip1.-Ing Wernfried Heilen, Dr. Stefan Silber,Tego Chemie Service GmbH, EsserdD 4.2 Entschaumer 5.1.4/5 Additive zur Verbesserung der Oberflachenglatte
XVIII
Die Autoren und ihre Beitrage
Dr. Manfred Kohler, Dr. Andreas Valet, Ciba Spezialitiitenchemie AG, BaselKH 8.6 Photoinitiatoren als Additive in UV-hartbaren Lacken Gijsbert Kroon, Hercules BV, ZwijndrechtlNL 3.2 Organische Verdicker 3.2.1 Cellulose Verdicker
Dr. Rainer Lomolder, Huls AG, Marl/D 7.2 Katalysatoren Dr. Martina Ortelt, Huls AG, Marl/D 4.3 Haftvermittler Aljan Postma, SERVO-Delden BV, Delden/NL 9 Arbeitssicherheit und Okologie 10 Qualitatssicherung Dr. Wilfried Scholz, Byk Chemie GmbH, WeseVD 5 Oberflachenmodifizierungsmittel 5.1.1/.3/.6/.7/.8/.9 Additive zur Verbesserung der Obenflachenglatte Dr. Raimund Spang, Sika Chemie AG, Bad Urach/D 8.5 Flammhemm-Mittel
1 Einfuhrung Johan Bieleman
1.1 Additive in Farben und Lacken Bei der Zusammensetzung von Farben und Lacken sind folgende Basiskomponenten zu unterscheiden:
- Bindemittel - Pigmente und Fullstoffe - Losemittel - Additive iiber die Wahl des Bindemittels werden die primaren Eigenschaften der Lackschicht bestimmt. Hahng, manche optische und mechanische Eigenschaften sowie Bestandigkeiten werden in hohem MaBe von der Art des Bindemittels bestimmt. Die weiteren festen Komponenten der Lackschicht wie Pigmente und Fullstoffe werden vom Bindemittel in einer Matrix fixiert. Die Auswahl des Pigmentes bestimmt den Farbton sowie in starkem MaBe Eigenschaften wie Deckghigkeit und Korrosionsfestigkeit. Fullstoffe dienen besonders zur Verbilligung der gesamten Rohstoffkosten, beeintrichtigen daneben jedoch auch viele andere Eigenschaften. Das Losemittel bzw. Verdiinnungsmittel dient vor allem dazu, die Verarbeitbarkeit der festen und hochviskosen Kompenten des Lackes wahrend der Herstellung, Applikation und Filmbildung zu ermoglichen. Neben den genannten Hauptkomponentendes Lackes bestimmen die eingesetzten Additive in hohem MaSe die Lackeigenschaften. Die Grundeigenschaften der drei Hauptkomponenten eines Lackes - Bindemittel, Pigment und Fullstoff - konnen mit Additiven stark modifiziert werden.
1.2 Begriffsbestimmung Es ist HuBerst schwierig, eine einheitliche und genaue Definition der Additive zu geben : die Zusammensetzung dieser Gruppe ist sehr inhomogen. iiber Additive lassen sich viele unterschiedliche Funktionen beeinflussen.
2
I Einjiihrung
Eine mogliche Definition ist folgende: ,Jls Additive sind die Komponenten zu bezeichnen, die in kleinen Mengen neben Bindemitteln, Pigmenten/Fiillstofen und Losemitteln zur Formulierung der Farbe eingesetzt werden, um wahrend ihrer Herstellung, Lagerung, Verarbeitung oder in der Lackschicht gewiinschte Eigenschaften erzielen zu konnen .LL
1.3 Einstufung nach Funktionen Der Ausdruck ,,geforderte Eigenschaften" deutet nicht nur auf technische Eigenschafien hin; auch wirtschaftliche Aspekte, wie z. B. Kostenreduzierung wahrend der Produktion und Verbesserung der Ausbeute von Pigmenten, gehoren in diesen Komplex. Der Anteil an Additiven in einer Lackrezeptur betragt selten mehr als insgesamt 5 Massenprozent. Ubliche Dosierungen einzelner Additive liegen in der Groflenordnung von 1 Massenprozent, bezogen auf die gesamte Lackrezeptur. Es gibt eine grofle Auswahl an Additiven. Diese sind, eingestufi nach ihren Funktionen, in folgenden Gruppen einzuteilen:
Verdicker Es handelt sich um Additive, die das rheologisches Verhalten des Lackes beeinflussen. Grenzflachenaktive Verbindungen Dazu gehoren: - Netz- und Dispergiermittel - Entschaumer - Hafivermittler Oberflachenmodifizierungsmittel Diese Gruppe wird unterteilt in: - Slipadditive - Mattierungsmittel Verlaufmittel und Filmbildehilfsmittel Filmbildehilfsmittel sind auch bekannt als Koalescenzmittel und werden in Polymerdispersionssystemen venvendet. Katalytisch wirksame Additive Zu dieser Gruppe gehohren : - Trockenstoffe - Katalysatoren
1.4 Verbrauchsmengen
3
Speziell wirksame Additive Die iibrigen Additive werden unter dieser Bezeichnung zusammengefaflt. Es handelt sich um: - Hautverhinderungsmittel - Lichtschutzmittel - Korrosionsinhibitoren - Biozide - Flammhemm-Mittel - Photoinitiatoren
1.4 Verbrauchsmengen Aus den relativen Verbrauchsmengen der Additivgruppen ergibt sich, dafl mengenmaflig die katalytisch wirksamen Additive das groflte Volumen ausmachen, sie stehen in dieser Hinsicht noch vor den grenzflachenaktiven Verbindungen und den Verdickern (Abb. 1.4-1) ['-I1. Die geschilderten Verhaltnisse basieren auf dem Weltverbrauch und konnen je nach Region landerspezifisch stark abweichen. Trockenstoffe fir oxidativ trocknende Farben und Lacke haben bei den katalytisch wirksamen Additiven immer noch den groflten Anteil. Der Trend %r die Verbrauchsmengen an Trockenstoffen ist jedoch riicklaufig, da immer mehr hochkonzentrierte Trockenstoffe verwendet werden und der Verbrauch an physikalisch trocknenden Lacken unter Verdrangung der oxidativ trocknenden Systeme standig zunimmt.
Additivgruppe
Verbrauch in % des Gesamtvolumen
Katalytisch wirksame Additive Oberflachenmodifizierungsmittel Verdicker Grenzflachenaktive Verbindungen Verlauf- und Filmbildehilfsmittel Speziell wirksame Additive
28 12 16 19 10 15
Abb. 1.4-1. Relative Verbrauchsmengen der Additivgruppen
4
I Einfihrung
1.5 Wirtschaftliche Bedeutung von Additiven Obwohl der Anteil an Additiven in einer Lackformulierung relativ gering ist, liegt der Gesamtverbrauch in Europa jahrlich iiber 100000 t ! Die relative Bedeutung der Additive in einer Lackrezeptur ist nicht einfach mit den Begriffen ,,verbrauchte Menge" oder ,,Wert" zu beschreiben; entscheidend ist der technische Einflulj des Additivs auf die Lackeigenschaften. Die Bedeutung der Additive fur eine Lackrezeptur wird am besten ausgedriickt als dessen Beitrag zur Qualitatsverbesserung des Lackes. Leider laljt sich ein solcher Beitrag generell schlecht als Wirtschaftsfaktor - wie es haufig gewiinscht wird - quantifizieren. Die rein wirtschaftliche Bedeutung der Additive, bezogen auf die RohstofTkosten oder auf das Rohstoffvolumen, ist hingegen eher bescheiden (Abb. 1.4-2)
Lackrohstoff
Mengen in YO
Wert in % ~
Bindemittel Losemittel Wasser Pigmente Fullstoffe Additive Gesamt
29,5 27,4 10,6
31,7 15,5
18,7
45,9 395 3,4
12,3
1s
100
-
100
Abb. 1.4-2. Relative Verbrauchsmengen der Lackrohstoffe
Additive nehmen also, bezogen auf die Mengen, nur einen sehr bescheidenen Platz ein. Der relativ hohere Anteil, bezogen auf den Wert, deutet auf die hohen Kosten pro Volumeneinheit mancher Additive hin. In Abbildung 1.4-2 kommt deutlich zum Ausdruck, da13 die zusatzlichen Rohstoffkosten eines Lackes durch den Einsatz von Additiven nur minimal sind. Die Begriindung fur den Einsatz eines Additivs ist dessen Beitrag zu einer hoheren Lackqualitat.
Literatur [ 1-11 Bieleman, J.H., Coatings Agenda Asia Paczfic I9Y6/IYY7, Campden Publ. London,
S. 150 [ 1-21 Stoye-Freitag, Lackharze, Carl Hanser Verlag, Munchen 1996, S. 396 [ 1-31 The Demand,fov Coating Additives, 3 . Auflage; TRL Ltd., London 1991, S . 1 18- 120
2 Grundlagen Johan Bieleman
2.1 Einfuhrung Als Additive sind die Komponenten zu bezeichnen, die in kleineren Mengen neben Bindemitteln, PigmentedFullstoffen und Losemitteln zur Formulierung der Farbe eingesetzt werden, um wahrend der Herstellung, Lagerung und Verarbeitung der Farbe oder in der Lackschicht gewiinschte Eigenschaften ermoglichen zu konnen (s. Abschn. 1.2). Aus dieser Definition kann man erkennen, da8 es eine Vielfalt an Anwendungszwecken fir Additive gibt; die Additivgruppe ist sehr inhomogen. Lackadditive sind hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrer Funktionen auBerordentlich unterschiedlich. Die einzigen Phanomene,die die verschiedenenAdditivgruppengemeinsam haben, sind die Tatsachen, da8 Additive definitionsgemafl ,,in kleineren Mengen eingesetzt werden" und dafl es Zweck ihrer Verwendung ist, ,,gewiinschte Eigenschaften zu ermoglichen". Diese Fakten deuten schon an, da8 es sehr unwahrscheinlichist, generelle und typische physikalische oder chemische Eigenschaften fiir alle Additive gemeinsam aufzeichnen zu konnen. In der Tat ist es so, da8 die verschiedenenGruppen getrennt betrachtet werden mussen. In diesem Kapitel werden die Basiskonditionen, auf denen die typische Anwendung eines Additivs beruhen, erlautert.
2.2 Wechselwirkungen Additive werden eingesetzt zur Modifizierung der Lackeigenschaften, die uber das Bindemittel, Pigment und Losemittel erreicht werden. Charakteristisch fiir Additive ist weiterhin, da13 sie ihre Wirksamkeit an bestimmten Orten im Lack oder in der Lackschicht entfalten sollten. Aufgabe der Additivhersteller ist es, die Additive so zu konzipieren, da8 die Additivmolekiile tatsachlich dort im Lack konzentriert werden, wo sie ihre Wirkung zeigen sollen (Abb. 2.2-1).
6
2 Grundlagen
Piament
Bindemittel
Losemittel
Abb. 2.2- 1. Wechselwirkungen zwischen Additiven und sonstigen Lackbestandteilen
Typische charakteristische Eigenschaften des Additivs, die von groDer technischer Bedeutung sind: -
-
Grenzflachenaktivitat Dampfdruck Loslichkeit des Additivs in der Fliissigphase chemische Stabilitat
Die Bedeutung dieser Eigenschaften wird im folgenden anhand einiger Beispiele demonstriert.
Grenzflachenaktivitat iiber chemische Modifizierungen konnen Molekiile so maflgeschneidert werden, darj sie eine erhohte Affinitat zur bestimmten Grenzflachen aufweisen. Carboxylierung, Sulfatierung bzw. Phosphatierung von Fettalkoholenfihrt zur Bildung anionaktiver, also negativ geladener Gruppen im Molekiil. Diese chemische Modifizierung des Fettalkohols hat eine erhohte Adsorption an den Oberflachen basischer Pigmente zur Folge (kovalente Bindungskrafte). Dampfdruck Als Hautverhinderungsmittel fiir oxidativ trocknende Farben wird in der Praxis iiberwiegend Methylethylketoxim verwendet. Die Wirkung beruht auf einer chemischen Komplexierung und als Folge davon einer Blockierung des Katalysators. Der hohe Dampfdruck des Oxims fuhrt zu einer schellen Verdunstung des Oxims, sobald der Lack appliziert ist und sich somit die Verdunstungsoberflache des Lackes sehr stark vergrorjert hat; dabei wird der Katalysator freigesetzt.
2.4 Die Wrksamkeit der Additive
7
Loslichkeit Entschaumer sollen ihre Wirkung an der Grenzflache FlussigkeitILuft zeigen. Oft sind Entschaumer nur schwach in der Fliissigphase loslich. Sobald der Lack aufgetragen ist, findet eine Abtrennung und ein Aufrahmen des Entschaumers statt; es bildet sich somit eine erhohte Konzentration des Entschaumers an der Grenzflache FliissigkeitLuft . Chemische Stabilitat Eine beschrankte chemische Stabilitat bei erhohter Temperatur ermoglicht zum Beispiel die Freisetzung von Sauren im Falle von saurekatalysierten Lacken.
2.3 Chemische Zusammensetzung In ihren chemischen Zusammensetzungen unterscheiden sich die Additive aufierordentlich voneinander. Teils sind es chemisch eindeutig definierbare Verbindungen wie zurn Beispiel Oxime, Silikone, Celluloseether, Metallseifen, teils sind es sehr komplexe Praparationen aus verschiedenen Verbindungen. Es handelt sich dabei nicht ausschliefllichurn synthetischeProdukte. Manche Additive bestehen aus Naturstoffen (z. B. Lecithin) oder modifizierten bzw. aufbereiteten Naturstoffen (z. B. Cellulosederivate). Jedoch gehohrt die Mehrheit der Additive zur Klasse der synthetischen Verbindungen.
2.4 Wirksamkeit der Additive Additive, zum Beispiel Entschaumer, werden eingesetzt, um gut definierbare Eigenschaften zu erhalten. Jedoch sind Additive oft in mehrfacher Hinsicht wirkSam. Manchmal ist diese mehrfache Wirksamkeit gewollt : Netzmittel fiihren zu einer besseren Pigmentbenetzung und nicht selten auch zu einer verbesserten Haftung der Lackschicht auf dem Substrat und wirken dam verlaufsfordernd. Auch Hautverhinderungsmittelwirken zusatzlich als Verlaufmittel. Es konnen aber auch negative Nebenwirkungenauftreten: Verdicker wirken zusatzlich unerwiinscht auch als Mattierungsmittel, Dispergiermittel zusatzlich als Polymerisationskatalysatoren. Diese Phanomene sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die komplexe Struktur eines Lackes zuriickzufiihren; hinzu kommt, da13 auch Additive oft komplex zusammengesetzt sind.
8
2 Grundlagen
2.5 Anwendungen Additive werden ublichenveise nach folgenden Kriterien ausgewahlt [2-'1: -
-
Funktionalitat Verfiigbarkeit Vertraglichkeit Preis4Leistungsverhaltnis
Die Funktionalitat hangt direkt mit der Zusammensetzung und den mengenmaljigen Einsatzempfehlungen des Lieferanten zusammen. Additive sind oft ,,Problemloser" ; sie werden zur Beseitigung aktueller Produktionsprobleme ausgesucht und sofort in die Rezeptur aufgenommen. Allein die Vefigbarkeit des Additivs ist dabei entscheidend. Vertraglichkeit ist ebenfalls ein auljerst wichtiges Kriterium. In der Praxis werden verschiedene Additive in der gleichen Formulierung eingesetzt. Dabei konnen sich manche Wirkungen gegenseitig aufheben. So konnen Dispergiermittel die Effektivitat der Assoziativverdicker negativ beeinfluljen. Auch kann die Wirkung und Effektivitat des Additivs wahrend der Lagerung der Farbe als Folge von physikalischen oder chemischen Wechselwirkungen mit anderen Komponenten der Lackrezeptur stark beeintrachtigt werden. Die Risiken solcher unerwiinschter Prozesse konnen bei ausreichenden Kenntnissen aller eingesetzten Rohstoffe und deren Chemie reduziert werden, jedoch kann was den Beitrag der Additive anbelangt - auch die Reihenfolge der Rohstoffzugabe von Bedeutung sein. Additive werden iiblichenveise vor dem Dispergierprozelj, z. B. Dispergiermittel, Verdicker, Bakterizide, oder wahrend der Auflackungsphase des Lackproduktionsprozeljes zugegeben. Auch die Dosierungsmenge mancher Additive ist kritisch; die Komplexitat einer Lackrezeptur erfordert, dalj die einzusetzende Menge in jeder Rezeptur empirisch ermittelt wird. Da Additive Substanzen sind, die nur in kleinen Mengen zugefiigt werden, ist der Einflulj auf die Gesamtrohstoflkosten relativ unbedeutend. Entscheidend ist vielmehr, ob die gewiinschte Verbesserung erreicht wird.
Literatur [2-11 Sharma, M. K., Parikh, A, Surface Phenomena Waterborne Coatings, Plenium Press, New York 1995, S. 203
3 Verdicker Johan Bieleman
3.0 Grundlagen 3.0.1
Einfuhrung
Verdicker werden in Lacken und Farben eingesetzt, um dem System die gewiinschten rheologischen Eigenschaften zu geben. Das rheologische Verhalten eines Lackes beeinflul3t sowohl dessen Herstellung und Lagerung als auch die anwendungstechnischen Eigenschafien. Verdicker werden wahrend der Herstellung meist schon vor dem Dispergierungsprozel3 der Mahlpaste - abgestimmt auf das Dispergiergerat - zur Erzielung eines optimalen FlieBverhaltens zugegeben. Werden die Pigmente in einem zu diinnen Medium dispergiert, dann tritt turbulentes Flieaverhalten auf, wodurch ein grol3er Teil der zugefiihrten Energie verloren geht, also nicht optimal fiir den Dispergierprozel3 genutzt wird. Wahrend der Lagerung sollte die Farbe eine ausreichend hohe Viskositat haben, damit auch schwere Pigmentteilchen nicht sedimentieren. In 2hnlicher Weise werden uber die Viskositatseinstellungviele anwendungstechnische Eigenschafien bestimmt, z. B. das FlieB-, Ablauf- und Streichverhalten sowie die Schichtdicke und Deckfahigkeit. Zur Einstellung der Rheologie gibt es viele Moglichkeiten. Durch Zugabe desVerdickers wird eine Viskositiitserhohung erzielt. Als geignete Verdicker werden in der Praxis sehr haufig sowohl organische als auch anorganische Produkte verwendet. Um die Wirkungsweisedieser Verdicker in Lacken zu verstehen, sind einige rheologische Grundkenntnisse erforderlich; daher werden zunachst einige Begriffe der Rheologie erlautert.
10
3 krdicker
3.0.2
Rheologie und Viskositat
DefinitionsgemaS versteht man unter Rheologie ,,die Lehre von der Verformun und dem Flieherhalten der Materie unter Einwirkung auBerer Krafte"[3-13 Wortlich ubersetzt bedeutet der aus dem Griechischen stammende Begriff ,,rheas" das FlieBen.
3-2f
Flieherhalten und Stromung
Bei der Stromung in Flussigkeiten wird zwischen laminarer und turbulenter Stromung unterschieden. Eine Stromung wird als laminar bezeichnet, wenn die parallelen, unendlich diinnen Flussigkeitsschichten - aus denen wir uns die Flussigkeit zusammengesetzt vorstellen konnen - sich im Verhaltnis zueinander so bewegen, dalj keine Vermischung stattfindet [3-31. Als Folge davon lassen sich laminare Stromungen, vorausgesetzt dalj dabei keine turbulenten Stromungen entstehen, mathematisch leicht beschreiben. Die Stromung wird als turbulent oder dilatant bezeichnet, wenn eine Vermischung erfolgt. Bei einer turbulenten Stromung geht ein groBer Teil der Energie, die eingesetzt wird, um eine Stromung zu bewirken, verloren und kann somit - im Unterschied zur laminaren Stromung - nicht f i r das eigentliche Ziel, eine Stromung zu erreichen, genutzt werden. Sowohl wahrend der Herstellung als auch wahrend der Anwendung sind die Stromungen in Lacken und Beschichtungsmitteln hauptsachlich laminar. Scherspannung, Schergeschwindigkeitund Viskositat
Zur Veranschaulichung rheologischer GroSen wird haufig das Zwei-Platten-Modell verwendet (Abb. 3.0-1). Stellen wir uns, wie bei der laminaren Stromung beschrieben, ein Flussigkeitsvolumen vor, das aus einer Vielzahl von Fliissigkeitsschichten besteht. Die oberste Schicht mit der Flache A wird durch die Krafi F (N= kg m / s 2 ) mit der Geschwindigkeit v ( d s ) bewegt. Die untere Schicht ist fixiert. Die Richtung dieser Kraft verIauft parallel zu den Grenzflachen der Schichten. In diesem Fall betragt die ,,Beanspruchung" Kraft FIFlache A . Diese Beanspruchung wird als Scherspannung oder als Schubspannung z bezeichnet. Die Scherspannung ist somit diejenige Kraft, mit der zwei angrenzende Flussigkeitsschichten im Verhaltnis zueinander bewegt ~ e r d e n [ ~ - ' ] .
v=o
F i" i.'
Abb. 3.0-1. Das Zwei-Platten-Model1
3.0 Grundlagen
11
M Scherspannung z = Krafi F in [Pa] = Flache A [m21 Da eine Scherkraft auf die oberste Schicht des Gesamtfliissigkeitsvolumenseinwirkt, wird diese Schicht in Richtung der Kraft gedriickt. Die Schicht kann sich jedoch nicht fiei bewegen, weil die angrenzende Schicht mitgerissen wird. Diese angrenzende Schicht wiedenun reil3t die nachfolgende Schicht mit und so weiter. Die unterste Schicht in einem Gefal3, die durch den Boden, auf dem sich die Fliissigkeit befindet, in ihrer Beweglichkeit eingeschrankt ist, bleibt am Boden haften und wird nicht verdrhgt. Die Geschwindigkeitsdifferenzzwischen der betrachteten obersten und untersten Flussigkeitsschicht dividiert durch den Abstand beider Schichten voneinander wird als Schergeschwindigkeitsgefille(oder auch Schergradient oder Schergeschwindigkeit) D bezeichnet. Wenn die Geschwindigkeit der obersten Schicht mit v und der Abstand der Schichten voneinander mit h bezeichnet werden, gilt folgende Gleichung:
D = Schergeschwindigkeit=
Geschwindigkeit v in [s-'] Abstand h
Die Schergeschwindigkeit wird auch als ,,Schergefalle" oder im Englischen als ,,shear rate" bezeichnet. Als Zeichen hierfiir findet man statt D manchmal auch y. In Abbildung 3.0-2 sind die fiir Farben und Lacke typischen Bereiche der Schergeschwindigkeit angegeben [3-'1.
Vorgang Pigmentsedimentation Verlauf Ablaufen unter Schwerkrafi ijberziehen im Tauchbad Streichen, Pinseln Spritzen Pigmentdispergierung Druckfarben : Walzen
Schergeschwindigkeitsbereich D (s-')
... 1 0 - ~
... lo-' ... 10' loo ... lo2 lo2 ... lo4 10' ... lo6 10' ... lo5 lo4 ... lo6
Abb. 3.0-2. Typische Schergeschwindigkeitsbereiche fir Farben und Lacke
Der Quotient aus z und D ist der Viskositatsquotient q kurz Viskositat genannt.
12
3 Verdicker
Die Viskositat ist somit ein Ma13 fiir den Stromungswiderstand,mit dem sich eine Fliissigkeit ihrer Verformung widersetzt. Viskositat und Zahigkeit sind identische Begriffe. Ganz allgemein hangt die Viskositat q nicht nur von der Schergeschwindigkeitund der Scherkraft ab, sondern auch vom Druck p, der Temperatur der Belastungsdauer t und einer kritischen Scherkraft zo. Es gilt folgende Beziehung:
r
Weitere Parameter sind z. B. der Sauregrad, die Konzentration und die magnetische oder die elektrische Feldstarke. Viskositatskurven In den nachfolgenden Viskositatskurven wird die Beziehung zwischen Viskositat und Schergeschwindigkeit f i r Systeme mit unterschiedlichem Flieljverhalten dargestellt.
I . Newton khes Flieflverhalten Das Flierjverhalten einer Substanz heifit newtonisch, wenn ihre Viskositat bei einer einfachen Scherstromung bei vorgegebenem Druck und vorgegebener Temperatur unabhangig von der Schergeschwindigkeit (oder der Schubspannung) und der Zeit ist (Abb. 3.0-3). Mathematisch wird die Flierjkurve nach Newton beschrieben durch: T =q-D
(5)
Beispiele f i r Newton’sche Fliissigkeiten sind Wassser und reine Losemittel. Die Viskositat entspricht der Steigerung der Scherspannungskurve in der Flierjkurve.
se
h
-’
Schergeschwindigkeit (s )
verhalten
3.0 Grundlagen
13
2. Pseudoplastizitat und Plastizitat
Das Flieljverhalten einer Substanz heiljt pseudoplastisch (oder strukturviskos), wenn ihre Viskositat bei einer einfachen Scherstromung bei vorgegebenem Druck und vorgegebener Temperatur bei konstanter Schergeschwindigkeit (oder konstanter Schubspannung) zeitunabhangig ist und mit steigender Schergeschwindigkeit (oder mit zunehmender Belastung, Scherspannung) abnimmt (Abb. 3 .O-4).
I:a
5
9
2! !
'
-
Abb. 3.0-4. Pseudoplastisches FlieSverhalten
10
lo9
10-I
I
10
lo2 lo3 lo4
Schergeschwindigkeit (s-')
Bei pseudoplastischen Substanzen istjedem Belastungswertein Viskositatswert zugeordnet. Da dieser Viskositatswert nicht konstant ist, spricht man bei Viskositatsangaben von der ,,scheinbaren Viskositat." Nahezu alle Farben und Lacke zeigen mehr oder weniger ein pseudoplastisches Flieljverhalten! Anderungen in der Belastung fiihren zu Reaktionen der Lackkomponenten. Eine zunehmende Schergeschwindigkeit (oder auch zunehmende Scherspannung) kann z. B. zu einer Orientierung der Polymermolekiile oder dispergierten Partikel in Stromungsrichtung, zu einer Flockulatauflosung oder zur Entschlaufung der Makromolekule fiihren. Im Falle von Pseudoplastizitat handelt es sich um eine Form von Strukturviskositat ohne Flieljgrenze. Mulj jedoch erst eine Flieljgrenze uberschritten werden, dann handelt es sich um ein plastisches Flieljverhalten. Das Flieljverhalten einer Substanz heiI3t plastisch, wenn sich diese bei vorgegebenem Druck und vorgegebener Temperatur unterhalb einer kritischen Schubspannung zo wie ein elastischer Korper verhalt und wenn das Flief3en erst beim ijberschreiten dieser Flieljgrenze 70 einsetzt. Beispiele sind Druckfarben und ,,feste Farben." Beim plastischen Flieljverhalten sind folgende zwei Flierjkurven zu unterscheiden: Bingham-Systeme zeigen ein Flieljverhalten, bei dem es bei Beanspruchungen unterhalb einer Flieljgrenze keinerlei Bewegung gibt. Oberhalb davon verhalt sich das System wie eine Newton-Flussigkeit. Deren Viskositatskoeffizient sowie der Wert der Flieljgrenze sind zwei Kennwerte, die gemeinsam das Bingham-Material charakterisieren. Beispiele sind Suspensionen und Pigmentpasten.
14
3 Erdicker
Die Casson-Relationist eine spezielle Form der Beziehungen zwischen Schubspannung und Scherspannung sowie einer FlieSgrenze. All diese Grokn treten bei der Casson-Relation als Quadratwurzeln auf, was die Darstellung der Flieljkurven erleichtert [3-41. 3. Thixotmpie Das Flieherhalten einer Substanz heil3t thixotrop, wenn ihre Viskositat bei einer einfachen Scherstromung bei vorgegebenem Druck und vorgegebener Temperatur bei konstanter Schergeschwindigkeit (oder konstanter Scherspannung) mit zunehmender Zeit abnimmt und nach Beendigung der Beanspruchung wieder zunimmt (Abb. 3.0-5).Thixotropes Verhalten bedeutet also einen Abbau der Substanzstruktur wahhrend der Belastungsphase. lo4 h
dc
1o3
\
Y
4
lo2
t a 0
10
5
1
%
10-’
4. Dilatanz
Das FlieSverhalten einer Substanz heiljt dilatant, wenn ihre Viskositat im Falle einer einfachen Scherstromung bei vorgegebenem Druck und vorgegebener Temperatur bei konstanter Schergeschwindigkeit (oder konstanter Schubspannung) zeitunabhiingig ist und mit steigender Schergeschwindigkeit (oder Schubspannung) mnimmt (Abb. 3.0-6).
3.0.3 Viskositatsmessungen Zu den einfachsten Moglichkeiten der Viskosititsmessung gehort die Messung mit den sogenannten Auslaufbechern. Dazu gibt es in Deutschland den DIN-Becher, in Amerika den Ford-Cup und weltweit genormt den ISO-Becher. Diese Becher haben am unteren Boden eine 6ffnung mit einem bestimmten Durchmesser. Das MeR-
3.0 Grundlagen
____ lo9
Abb. 3.0-6. Dilatantes FlieRverhalten
lo-* 10''
.
--
I
15
10
~---~103 104
lo2
Schergeschwindigkeit (s-')
prinzip besteht aus die Beobachtung der Auslaufzeit eines Anstrichstoffes mit einem festgelegten Volumen aus der &fnung des Bechers. Zur Aufnahme von FlieDkurvennicht-Newton'scher h c k e sind diese Becher ungeeignet. In diesem Falle werden MeDgerate mit definiertem Schergefalle und meBbarer Schubspannung bevorzugt. Diese Bedingungen erfiillen Rotationsviskosimeter, in denen sich ein Zylinder konzentrisch in einem mit dem zu messenden Lack gefillten zylindrischen Becher dreht. In Abbildung 3.0-7 werden einige wichtige rheologische Begriffe (DIN 1342) zusammengefasst.
16
3 krdicker ____-___
Begriffe
Bedeutung ~
~
~
~
Deformation
a) Anderung der Gestalt oder des Volumens (qualitativ) b) Gleichbedeutend mit Verformung
Dynamische Viskositat
a) Der f i r Scherstromungen maljgebende Viskositatskoeffizient (die Stotfitonstante q im FlieRgesetz fiir Newton'sche Flussigkeiten) b) Fur nicht-Newton'sche Flussigkeiten und im FlieRbereich plastischer Stoffe ein Wert der Scherviskositatsfunktion fiir gegebene Schubspannung oder fur gegebene Schergeschwindigkeitsgefalle. Die vollstandige Benennung muate ,,dynamische Scherviskositat" lauten. Der Zusatz ,,dynamisch" dient zur Unterscheidung von der kinematischen (Scher-)viskositat, der Zusatz ,,Scher-" zur Unterscheidung von der Dehn- oder Volumenviskositat. Der Kennwert der dynamischen Viskositat heil3t Fluiditat.
Elastizitat
Eigenschaft eines Stoffes, derzufolge eine Spannung eine reversible Verformung hervorruft. Die von auljeren Kraften verrichtete Arbeit wird reversibel als Formanderungsenergie gespeichert
Flieagrenze
Kleinste Scherspannung 7 ] oberhalb derer ein plastischer Stoff sich rheologisch wie eine Flussigkeit verhalt
FlieBkurve
Grafische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Scherspannung und Geschwindigkeitsgefalle D fiir eine einer Schichtenstromung untenvorfene Flussigkeit oder f i r einen plastischen Stoff oberhalb der FlieRgrenze. FlieBkurven sind nur in viskosimetrischen Stromungen definiert. T
Kinematische Viskositat
Quotient aus dynamischer Viskositat und Dichte
Laminares FlieRen
Stromung, in der keine merkliche Querdurchmischung auftritt. (Gegensatz: turbulentes FlieBen)
Strukturviskositat
FlieBverhalten von Stoffen, deren Viskositat bei hoheren Werten der Scherspannung oder des Schergeschwindigkeitsgefalles kleiner ist als bei niedrigen Werten. Die Stoffeigenschaft ,,strukturviskos" sagt nichts iiber die Zeitabhangigkeit des FlieBverhaltens aus.
Viskoelastizitat
Erscheinung, daR Stoffe sowohl Elastizitat als auch Viskositat besitZen konnen.Viskoelastische Stoffe speichern einen Teil der Verformungsarbeit.
Viskositat
a) Qualitativ: Eigenschaft eines Stoffes, unter Einwirkung einer Spannung zu flieflen (viskos gleich zahflussig) und irreversibel deformiert zu werden. Dabei wird Stromungsenergie in Warme umgewandelt b) im Sinne eines Viskositatskoeffizienten,z.B. dynamische Viskositat q c) im Sinne einer Viskositatsfimktion
Viskositatskurve
Graphische Darstellung der Scherviskositatsfunktion iiber dem Geschwindigkeitsgefalle oder iiber der Scherspannung. Fur eine Newton'sche Flussigkeit erhalt man eine parallel zur Abzisse verlaufende Gerade. Viskositatskurven sind nur in viskosimetrischen Stromungen definiert.
Abb. 3.0-7. Rheologische Begriffe
3.1 Anorganische Verdicker Johan Bieleman
3.1.1
Einfuhrung
Organisch modifizierte Schichtsilikate (,,Organoclay") sind die bekanntesten anorganischen Verdicker und finden seit Jahrzehnten eine sehr breite Anwendung in der hrben- und Lackindustrie. Zu den bekanntesten Schichtsilikatengehoren die Hectorite und Bentonite. Andere wichtige anorganische Verdicker sind die pyrogen erzeugten Kieselsauren. In diesem Kapitel werden die Schichtsilikate ausfiihrlich beschrieben. (Der Text basiert grol3tenteils auf einer Publikation von S~hwindt[~-~].)
3.1.2 Organoschichtsilikate In der Natur findet man sehr haufig mineralische Stoffe, welche die Eigenschaft haben, in Wasser zu quellen und gut formbare Massen m bilden. Die Tone sind allgemein bekannte Vertreter dieser Stoffklasse. Lehmigen Boden verleihen sie die schwere Struktur. Als Rohstoff zur Herstellung keramischer Gegenstande werden sie seit Jahrtausenden von der Menschheit genutzt. In der Mitte der dreiaiger Jahre dieses Jahrhunderts entdeckte man, dal3 es innerhalb dieser weitverzweigten Familie eine Gruppe von Mineralien gibt, die sogenannten Smektite, die in Wasser bei Anwendung ausreichender Scherkrafte und im geeigneten pH-Bereich zum Aufbau gelartiger Strukturen fiihren. Mit Hilfe der Rontgenbeugungsspektroskopiewurden die Smektite sehr intensiv untersucht, und man fand, dalj sie generell die in Abbildung 3.1- 1 dargestellte morphologische Struktur haben. Es handelt sich um Silikate, die in drei Schichten aufgebaut sind. Die Mittelschicht aus A1203-0ktaedern wird beiderseits von Si02-Tetraedernumgeben. Diese Elementarbausteine sind wiederum plattchenformig wie die Karten bei einem Stapel Spielkarten iibereinandergeschichtet (Abb. 3.1-2). Der Abstand zwischen zwei benachbarten Schichten betragt etwa 10- 15 A. Als Dicke eines solchen Elementarplattchens wurden 9,6 A gemessen.
18
3 Verdicker
Abb. 3.1-1. Struktur des Smektits
AUSTAUSCHBARE KATIONEFI
k
WASSER
I 3 n
o 0.
SAUERSTOFF, HYDROXYL ALUMINIUM, EISEN, MAGNESIUM
SILICIUI?,
ALUMINIUM
Abb. 3.1-2. Smektitschichten
Im Unterschied zu anderen Schichtsilikaten sind jedoch bei den Smektiten nicht alle Oktaeder gleichartig aufgebaut. Teilweise ist das zentrale, positive Metallion isomorph durch ein anderes mit geringerer Wertigkeit ersetzt. Dadurch erhalt das Kristallgitter insgesamt eine negative Ladung, welche wiederum durch adsorbierte Kationen auf den Basalflachen kompensiert wird (Abb. 3.1-3). Zwei im Hinblick auf die technischen Anwendungsmoglichkeitenbesonders wichtigen Smektite sind der Montmorillonit und der Hectorit. Der Montmorillonit ist ein Aluminiumschichtsilikat mit der theoretischen Zusammensetzung : [(A13,34Mg0,66)Si8020(0H)41N%,66
3. I Anorganische Vemlicker
19
Abb. 3.1-3. Elementarplattchen des
Smektits In den zentralen Aluminiumoxid-Oktaeder-Schichtenistjedes sechste A13+-Ionisomorph durch ein Mg2+-Ionersetzt. Die negative Gitterladung wird durch Na+-Ionen auf den Basalflachen ausgeglichen. Bei den in der Natur vorkommenden Montmorilloniten findet man neben Na+Ionen haufig Ca2+-Ionenoder Mischungen von beiden. Montmorillonit wird praktisch nicht in reiner Form angetroffen, sondern fast immer vermischt mit anderen Mineralien. Schichtsilikate mit einem sehr hohen Gehalt an Montmorillonit sind die bekannten Bentonite. Lagerstatten davon findet man an vielen Stellen der Erde. Beim Hectorit handelt es sich urn ein Magnesiumschichtsilikat mit der theoretischen Zusammensetzungr3-61, [3-71
In den Magnesiumoxid-Oktaedern ist jedes neunte Mg2+-Ionisomorph durch ein Li+-Ion ersetzt. Die Ladungskompensationerfolgt im wesentlichen durch Na+-Ionen auf den Basalflachen. Zur Zeit ist weltweit nur eine einzige abbauwiirdige Lagerstatte 6 r Hectorit bekannt, und zwar in der Nahe des Ortes Hector in Kalifornien. Mittels elektronenmikroskopischerUntersuchungen wurde gehnden, dalj die Primarplattchen von Montmorillonit (Bentonit) groljenordnungsmaljig folgende Dimensionen haben : 0,8 pm Lange 0,8 pm Breite 0,001 pm Dicke Fur die Primarteilchen des Hectorits gelten: 0,8 pm Lange 0,08 pm Breite 0,001 pm Dicke Hectorite sind, wegen des geringen Eisengehalts, im allgemeinen weil3er als Bentonite; Bentonite sind jedoch leichter zu verarbeiten. Entscheidend fiir die Entwicklung von Anwendungsmoglichkeiten fiir Smektite war die Beobachtung, dalj sich auf den Basalflachen adsorbierten Kationen gegen andere Kationen austauschen lasser~[~-~]’ r3-91. Auf diese Weise konnen die Metallkationen auch durch organischeKationen ersetzt werden, und aus einem hydrophilen Smektit entsteht ein hydrophobes Organoschichtsilikat. Diese Stoffe sind dadurch charakterisiert, dalj sie bei Anwendung ge-
20
3 krdicker
eigneter Scherkrafte zum Aufbau gelartiger Strukturen in organischen Medien fiihren. Die Ionenaustauschkapazitatder Smektiteliegtbei 80-1 SOMilliaquivalentpro1OOg Schichtsilikat. Pro austauschbares Kation stehen groSenordnungsma13ig auf einer Basalflache 80 A zur Verfiigung. Obwohl dieses Gebiet sehr intensiv erforscht wurde und bis heute mehrere hundert Arbeiten zu dieser Thematik publiziert wurden, hat sich in der Praxis jedoch nur eine sehr kleine Gruppe organische Verbindungen als brauchbar fiir technische Anwendungen enviesen. Besondere Bedeutung haben nur die quaternaren Ammoniumverbindungen erlangt.
Von den vier Liganden mu13 wenigstens einer eine langkettige Alkylgruppe mit mindestens 12 C-Atomen sein. Bei den handelsublichen Organoschichtsilikaten trim man haufig folgende Kationen an: (DimethyI-dioctadecyl-ammonium)+ (Dimethyl-benzyl-octadecyl-ammonium)+. Durch den Einbau spezieller Gruppen R' ... R4 oder durch eine weitere Modifizierung der Ionenaustauschreaktion konnen verschiedene Eigenschaften der Organoschichtsilikate, wie z. B. die Kompatibilitat mit aromatischen oder mit hochpolaren Losemitteln, die Dispergierbarkeit in organischen Medien, entscheidend beeinflufit und gesteuert werden. Die Ionenaustauschreaktion lauft nach folgendem Schema ab : C1-
+ Na-Schichtsilikat
-
Schichtsilikat + NaCl
Bei Bentonit und Hectorit erfolgt sie in 24 h quantitativ. Rontgenstrukturanalysen an Organoschichtsilikaten haben gezeigt, da13 der Plattchenabstand 17-25 A betragt. Die Alkylgruppen liegen parallel zur Oberflache, wobei aus sterischen Griinden teilweise ijberlappungen erfolgen.
3.1.3 Herstellung der Organoschichtsilikate Zum besseren Verstandnis der Organoschichtsilikate sei kurz der Herstellungsproze13 beschrieben (Abb. 3.1-4). Der rohe Smektit mu13 zunachst moglichst weitgehend von allen mineralischenverunreinigungen befreit werden. Dazu wird er in envarmtem Wasser dispergiert und die Suspension wird intensiv ~entrifugiert[~-~].
3.1 Anorganische Verdicker Wasser
Dispergiertank quart. AmmoniumWasser
21
Windsiihter Vorfilter
RiicksUnde
Abb. 3.1-4. Herstellungsschema f i r Organoschichtsilikate
Die gereinigte Suspension wird anschlierjend dem Reaktionstank zugefiihrt. Nach einer Feststoffbestimmung kann die zum Ionenaustausch notwendige Menge an quaternarem Ammoniumchlorid berechnet werden. Diese wird langsam und unter standigem Riihren der Suspension zugegeben. Das Ruhren wird solange fortgesetzt, bis die Ionenaustauschreaktion beendet ist. Die entstandene OrganoschichtsilikatSuspension wird nun abfiltriert. Bei diesem Vorgang findet zugleich ein sorgfaltiger Waschprozelj statt, um das bei der Reaktion entstandene NaCl quantitativ zu entfernen. Die Filtratpaste wird getrocknet. Beim abschlieoenden MahlprozeD entsteht das Organoschichtsilikat in der handelsiiblichen Pulverform.
3.1.4 Rheologie und Organoschichtsilikate Organoschichtsilikate bestehen in Lieferform, d. h. als Pulver, aus Stapeln von Plattchen, welche wiederum agglomeriert sind. GrorjenordnungsmaDig enthalt 1 g eines solchen Materials 10l6-10l8 Silicatplattchen. Diese Zahl macht unmittelbar klar, darj bereits durch geringe Zusatze eines Organoschichtsilikatszu einer organischen Fliissigkeit eine rheologische Struktur erzeugt werden kann, wenn es gelingt, das pulverformige Organoschichtsilikat in seine Elementarplattchen zu zerlegen und diese zu einer reversiblen, kartenhausahnlichen Struktur zu verkniipfen. Zur Untersuchung des Dispergiervorganges eines Organoschichtsilikates eignen sich die Rontgenbeugungsspektroskopie und die IR-Spektroskopie. Als Modellsubstanz sei eine 10%ige Mischung eines Organoschichtsilikats mit einem Mineralol gewahlt. Beobachtet werden die Silikat-IR-Bande der Si-0-Si-Valenzschwingungen bei 1040 cm-' (Abb. 3.1-5). Abbildung 3.1-5 zeigt relativ breite Bande, wenn das Modellsystem nur leicht von Hand verriihrt wird. Durch intensiveres Dispergieren verengt sich die Bande. Durch Zugabe von 3,8 % Aceton zum handverriihrten System findet eine noch starkere
22
3 Verdicker
handverrtihrt+ Aceton 60 rnin mahlen 40 min mahlen 30 rnin mahlen 20 min mahlen 10 min mahlen
-, 0 min mahlen
I
1204 1164 1124 1084 1044 1004 964 924
884
844
cm-l
Abb. 3.1-5. IR-Spektren des Si-0-Si-Valenzschwingungsbereichsvon handgeriihrten und gemahlenen 10%igen OrganoschichtsilikatMineralol-System
Verengung statt. Die starkste Verengung ist zu beobachten, wenn das System nach Zugabe von Aceton intensiv dispergiert wird (Abb. 3.1-6). Die Veranderung in der Breite der Silikat-Bande 1aDt sich dadurch erklaren, daB bei gestapelten Plattchen eine starke Kopplung der Molekulbewegungen benachbarter Plattchen zu einer breiten Vibrationsbande fiihrt. Eine VergroBerung des Abstandes benachbarter Plattchen muB infolgedessen zu einer Entkopplung der Si-0-Si-Valenzschwingungen und damit zu einer Verringerung der Bandenbreite fihren. In
s P
.-
ohne Aceton
I
I
I
I
I
I
I
1258 1207 1156 1105 1054 1003 952
I
1
,
901
850
799
3,8% Aceton
Abb. 3.1-6. IR-Spektren des Si-0-Si-Valenzschwingungsbereichesvon gemahlenen 1O%igen Organoschichtsilikat/Mineralol-Systemenmit und ohne Zusatz von Aceton
3. I Anorganische Verdicker
23
vollig dispergiertem Zustand m u t e die Bande zu monochromatischen Si-O-Si-Valenzschwingungen zusammenbrechen. Der Plattchenabstand muJ3 um so groljer und der Dispergierzustand um so besser sein, je schmaler die Bande bei 1040 cm-' ist. Die Rolle des Acetons in der Modellsubstanzl a t sich mittels der IR-Spektroskopie noch weiter verfolgen. Zugabe von 3,8% Aceton zum handverriihrten Organoschichtsilikathlineralol-Systemliefert das in Abbildung 3.1-7 gezeigte Spektrum. Die Bande bei 1720 cm-' entspricht dem ,,fieien", d.h. im Mineral01 gelosten und die Bande bei 1705 cm-' dem an das Organoschichtsilikatgebundenen Aceton.
s
1798 1775 1752 1729 1706 1683 1660 1637 1614 1591
Abb. 3.1-7. IR-Spektrum des C=O-Valenzschwingungsbereichs nach Zugabe von 3,8% Aceton zu einem handverrtihrten 1 0 %igen Organoschichtsilikatineralol-System
Intensives Dispergieren fihrt zu dem in Abbildung 3.1-8 gezeigten Spektnun. Offensichtlich ist das gesamte Aceton nun an das Organoschichtsilikatgebunden. Den Dispergiervorgang eines Organoschichtsilikateskann man sich aufgrund dieser Fakten folgendermaljen vorstellen (Abb. 3.1-9). Durch Anwendung genugend hoher Scherkraftewerden zunachst die Agglomerate von Plattchenstapeln zerlegt. Die Zugabe eines polaren Losemittels fihrt zu einer VergroSerung des Plattchenabstandes in den Stapeln, die Van-der-Waals'schen Anziehungskrafie verringern sich, und die Stapel lassen sich bei Anwendung weiterer Scherkrafte in die Elementarplattchen zerlegen. Gleichzeitig findet eine Solvatisierung der organischen Kationen auf den Basalflachen statt. Abbildung 3.1-10 zeigt den Zustand eines voll aktivierten Organoschichtsilikatplattchens.Als polare Losemittel werden in der Praxis Methanol, Ethanol, Propylencarbonat und Aceton verwendet. Durch Wasser wird schlieljlich uber Wasserstofiriickenbindungen (Abb. 3.1- 1 1) zwischen den Hydroxylgruppen auf den Kanten der Plattchen eine dreidimensio-
24
s
3 firdicker
82,8 80,9
-
1705 cm-’ 79,O I I I I I I I I 1 1798 1775 1752 1729 1706 1683 1660 1637 1614 1591 CKil
Abb. 3.1-8. IR Spektrum eines intensiv dispergierten 10 %igen Organoschichtsilikat/Mineralol-Systems mit 3 YOAceton
Abb. 3.1-9. Aufschlulj eines konventionellen organophilen Schichtsilikats
nale Gitterstruktur errichtet. Diese Struktur ist reversibel. Sie bricht bereits bei Anwendung geringer Scherkrafte zusammen und kann sich im Ruhezustand wieder regenerieren. Damit ist die Moglichkeit gegeben, in einem organischen Medium eine rheologische Struktur zu erzeugen.
3.1 Anorganische Verdicker
I
I
sio* Abb. 3.1-10. Aktiviertes
Organoschichtsilikatplattchen
25
*l2'3
OH
OH OH
SIO*
Abb. 3.1-11. Wasserstoffbriickenbindungen
Dispergiert man ein Organoschichtsilikat in einer Lackfarbe, so erhoht sich durch den Strukturaufbau notwendigerweise die Viskositat. Entscheidend fir den Wirkungsmechanismus der Organoschichtsilikate ist jedoch nicht die viskositatserhohende Wirkung, sondern die Reversibilitat des dreidimensionalen Netzwerks. Denn dadurch werden thixotropes bzw. pseudoplastisches Flieflverhalten (s. Abschn. 3.0.2) moglich, je nachdem wie schnell die Wiederherstellung des Ausgangszustandes erfolgt.
3.1.5 Einflun der Organoschichtsilikate auf die Lackeigenschaften Bei der Herstellung, Lagerung und Verarbeitung von Lackfarben spielen rheologische Vorgange eine grolje Rolle. Aus Abbildung 3.1-12 geht hervor, in welchen Bereichen die auftretenden Schergeschwindigkeitenliegen (s. Abschn. 3.0.2). Bei der Herstellung von Lackfarben (z. B. beim Dispergieren von Pigmenten mit schnellaufenden Riihrern, Sandmuhlen usw.) bewegen sich die Schergeschwindig-
26
3 Verdicker
Mischen, Dispergieren mit schnellaufenden Riihren, Transport, Lagerung
Streichen, Spritzen, Trocknung
s -1 Abb. 3.1-12. Schergeschwindigkeitenbeim Herstellen und Applizieren von Lackfarben
keiten im Bereich von lo2- lo5 s-'. Bei der Lagerung und dem Transport der Fertigprodukte liegen sie unter 1 s-'. vor der Verarbeitung murj aufgeriihrt oder geschuttelt werden. Das geschieht bei 10- lo2 s-'. Die Applikation durch Spritzen, Rollen, Streichen erfordert Schergeschwindigkeiten von lo3- lo5 s-l. Bei der anschliel3enden Trocknung findet man Werte unter 1 s-'. Im Bereich der hohen Schergeschwindigkeiten wird das rheologische Verhalten einer Lackfarbe durch die Hauptkomponenten Bindemittel, Losemittel, Pigmente und Fullstoffe sowie deren Wechselwirkungen bestimmt. Seine Wirkung entfaltet das Organoschichtsilikat erst im Bereich der niedrigen Schergeschwindigkeiten, also unterhalb von etwa 100 s-' . Gesteuert und beeinfluat werden beispielsweise -
-
das Absetzen von Pigmenten, Fullstoffen etc. in Lackfarbe das Ablaufen von Beschichtungen, der Verlauf von Beschichtungen.
3.1.5.1
Absetzen
Wir betrachten ein kugelformiges Teilchen der Dichte p in einer Flussigkeit der Dichte pfl. Es unterliegt folgenden Kraften: Gravitationskraft Fg = 4/3 (r3 .n p g) Auftrieb Fa = 4/3
(1)
(2 .n pfl g)
Stromungswiderstand (Stokes'sches Gesetz): F,
(2) =6 n
q vr
(3)
3.I Anorganische Verdicker
Abb. 3.1.-13. Absetzen -
27
1
In stationaren Zustand gilt F, = Fg - Fa
und daraus errechnet sich fir die Sedimentationsgeschwindigkeit:
wobei: q
Viskositat Dichte der Kugel PFI Dichte der Flussigkeit v Geschwindigkeit der Kugel r Kugelradius g Gravitationskonstante p
Vernachlassigt werden Grenzschichtenund Wechselwirkungenzwischen den Partikeln, welche die Sedimentationsgeschwindigkeitmeistens stark verlangsamen. Die Sedimentationsgeschwindigkeitist umgekehrt proportional zur Viskositit. Um das Sedimentierenvon Pigmenten zu verringern, mu13 also die Viskositat bei niedrigen Schergeschwindinkeitenmoglichst hoch eingestellt werden.
3.1.5.2
Ablaufen
Auf einem vertikalen Untergrund sei eine Beschichtung der Dicke X aufgetragen worden. An der Stelle x (0 < x < X) herrschen dann die Scherspannung z, = p x g und die Schergeschwindigkeit 0,= dvx/dr, wenn der Film unter dem EinfluD der SchwerkraR mit der Geschwindigkeit v, flieBt. Daraus folgt :
28
€
3 Verdicker
X
Y
wdxk
Abb. 3.1-14. Ablaufen
oder
Pxg dv, = rl
Das abgelaufene verlaufene Volumen V,errechnet sich aus:
v,
= -PXg t 3rl
3
Die Geschwindigkeit des Ablaufens ist also proportional dem Quadrat der Schichtdicke und umgekehrt proportional der Viskositat. Um das Ablaufen zu verringern, mulj man die Viskositat der Lackfarbe bei niedrigen Schergeschwindigkeiten erhohen. 3.1.5.3
Verlaufen
Wir nehmen an, dalj sich nach der Applikation eines Lackfilms der durchschnittlichen Filmdicke X auf der Oberflache parallele Erhohungen und Vertiefungen befinden, welche eine Amplitude Ao, und eine Wellenlange A haben. Unter dem EinfluD der Oberflachenspannung y glattet sich die Filmoberflache. Fur die Amplitude A, zur Zeit t gilt dann:
3.1 Anorganische Verdicker
Abb. 3.1-15. Verlaufen
29
I
Das Verlaufen ist folglich um so besser, je niedriger die Viskositat der Lackfarbe bei kleinen Schergeschwindigkeitenist. Das Absetzen von Pigmenten in einer Lackfarbe, das Ablaufen der Beschichtung an senkrechten Flachen und das Verlaufen der Beschichtungsoberflache sind also in rheologischer Hinsicht kontrire Eigenschaften. Bei der Formulierung von Lackfarben und Steuerung ihrer rheologischen Eigenschaften durch Organoschichtsilikate handelt es sich also aus physikalischen Griinden stets damn, einen guten KompromiR zu finden.
3.1.6 Einarbeitung Zur Einarbeitung von Organoschichtsilikaten in Lackfarben gibt es eine Reihe von Methoden, die jedoch im Prinzip Modifikationen von zwei Basisverfahren, namlich der Pulvermethode und der Pastenmethode, sind. 3.1.6.1
Pulvermethode
Das Organoschichtsilikatwird hierbei als trockenes Pulver zusammen mit dem Pigment im Bindemittel-Losemittel-Gemisch dispergiert. Je nach der zur Verfiigung stehenden Menge an Losemittel in der Formulierung, den Benetzmgseigenschafen des Bindemittels und den verwendeten Dispergiergeraten sind Variationen in der Reihenfolge der Zugabe der Rezepturkomponenten moglich. Das polare Losemittel mu13 in der Dispergierphase zugesetzt werden.
30
3 krdicker
3.1.6.2
Pastenmethode
Bei diesem Verfahren wird zunachst eine Stammpaste des Organoschichtsilikats im Losemittel hergestellt, z. B. nach folgender Arbeitsweise: -
-
Losemittel 90,O Gewichtsteile Organoschichtsilikat 7,5 Gewichtsteile 5 min dispergieren mit einem Hochleistungsriihrscheibengerat polares Losemittel 2,5 Gewichtsteile 5 min dispergieren mit einem Hochleistungsriihrscheibengerat
Die Menge an Organoschichtsilikat in der Paste kann variieren,jedoch sollten 10% nicht iiberschritten werden, da hoher konzentrierte Pasten schwer zu handhaben sind und eine gute Vordispergierung des Organoschichtsilikats dann meistens nicht mehr gewahrleistet ist. Die Zugabe der Stammpaste erfolgt zum Mahlgut. Variationen des Zugabezeitpunktes sind je nach Benetzungseigenschaften der Bindemittel und der venvendeten Dispergiergerate moglich. Wichtig ist jedoch, dal3 auch Stammpasten einer intensiven Scherbeanspruchung bei der Einarbeitung in das Mahlgut unterworfen werden, um ihre volle Wirksamkeit zu entfalten. 3.1.6.3
Leicht dispergierbare Organoschichtsilikate
Der Wunsch nach leichterer Einarbeitbarkeit von Organoschichtsilikaten in Lackfarben sowie nach einer grofltmoglichen Flexibilitat bei der Wahl des Zugabezeitpunktes fijhrte zur Entwicklung einer neuen Generation von Organoschichtsilikaten. Diese Produkte sind dadurch charakterisiert, dal3 sie zur Dispergierung und zur Entfaltung ihrer vollen rheologischen Wirksamkeit deutlich niedrigere Scherkrafte benotigen als die konventionellen Organoschichtsilikate und da13 die Zugabe eines polaren Losemittels nicht mehr notwendig ist. Sie konnen bei der Herstellung problemlos pulverformig dem Mahlgut zugefiigt werden. Eine Vordispergierung, d. h. Pastenherstellung, ist nicht erforderlich. Der Zugabezeitpunkt ist bei diesen leicht dispergierbaren Produkten nicht kritisch und kann je nach Betriebserfordernissen in weiten Grenzen variiert werden. In manchen Fallen ist sogar die Einarbeitung in eine fertige Lackfarbe zur Korrektur der rheologischen Eigenschaften moglich.
3.1.7 Handelsprodukte Bentone (Rheox Inc.) Tixogel (Sud-Chemie GmbH)
3.2 Organische Verdicker Gijsbert Kroon
3.2.0
Einfiihrung
Organische Verdicker kommen sowohl in Farb- und Lacksystemen auf Losemittelbasis als auch auf Wasserbasis zur Anwendung. Hierdurch werden die Viskositat, FlieBverhalten, Ablaufwiderstand und Verarbeitungsviskositat bei geringer und hoher Schergeschwindigkeit geregelt. Bei richtiger Wahl des Verdickungsmittels kann man dem Lacksystem auch einen bestimmten Flierjpunkt oder ein zeitabhangiges Flierjverhalten verleihen.
3.2.0.1 Organische Verdickungsmittel fur Anstrichstoffe auf Wasserbasis In Lacken auf Wasserbasis konnen die Verdickungsmittel nach der Art und Weise, wie sie den Anstrichstoff verdicken, unterschieden werden. Es gibt Produkte, die nur die Wasserphase verdicken, und Systemverdickungsmittel, die dem Lack durch Wechselwirkung mit anderen Lackbestandteilen Viskositat verleihen.
Wasserphasenverdickungsmittel Innerhalb der Produktgruppe, die nur die Wasserphase verdickt, sind Celluloseether die am haufigsten benutzten Materialien. Wir konnen folgende Produktgruppen unterscheiden : -
Cellulosederivate Starkederivate Acrylatverdickungsmittel
Verschiedene Produkte auf Starkebasis kommen in sehr hoch pigmentierten preiswerten Anstrichstoffen als Ersatz sowohl des Bindemittels als auch des Verdikkungsmittels zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Anstrichstoffe mit einer Pigment-Volumen-Konzentrationvon mehr als 85 %. Die Anwendung dieser Art von Anstrichsystemen nahm in den letzten Jahrzehnten stark ab. Acrylatverdickungsmittel kommen auch in beschrinktem Mal3e in Wandfarben und eher bei der Innenanwendung zum Einsatz. Der Vorteil solcher Produkte ist, daB sie in flussiger Form als Emulsion geliefert werden. Nachteilig ist, daB die verdickende Wirkung von
32
3 Verdicker
dem pH-Wert des Beschichtungssystems abhangt. Wenn der pH-Wert der Lackfarbe schwankt, schwankt auch ihre Viskositat. Fur dekorative Emulsionsfarben kommen vor allem Cellulosederivate zur Anwendung. Die am haufigsten angewandten Materialien sind Hydroxyethylcellulose, Ethylhydroxyethylcellulose,Methylhydroxyethylcellulose, Methylhydroxypropylcellulose und Carboxymethylcellulose. Diese Produkte werden detailliert in Abschnitt 3.2.1 besprochen. Der Vorteil von Produkten, die die Anstrichstoffe nur uber die Wasserphase verdicken, ist, dal3 sie systemunabhangig funktionieren und daher das rheologische Verhalten des Anstrichstoffes bei solchen Produkten vorhersehbar wird. Die Produkte verdicken die Wasserphase in zwei Stufen. Das Wasser wird durch Wasserstoffbriicken gebunden, was nur zu einer geringen Viskositatserhohung fuhrt. Bei Erhohung der Konzentration wird die Viskositat durch Polymerkettenuberlappung enorm erhoht und die letztendliche Viskositat des Anstrichmittels erzielt. Ein Lacksystem verhalt sich einerseits wie ein viskoelastisches Material, hat also flussige Eigenschaften, andererseits aber auch wie ein elastisches Material. Nachteil eines solchen Verdickungsmechanismusist, dal3 aufgrund der dominierenden Wirkung der elastischen Komponente die Viskositat der Lackfarbe unzureichend wird. Dadurch konnen Verdickungsmittel fiir Hochglanzfarben, die mit dem Pinsel verstreichbar sind, nicht genutzt werden. Dariiber hinaus konnen hochmolekulare Verdickungsmittel zur Flockulation von Pigmentteilchen und Bindemittelteilchen bei unzureichender Stabilisierung von Pigment oder Bindemittel beitragen. Dies fuhrt zu einer Verringerung des Filmglanzes bei Hochglanzfarben und zu einer erhohten Wasserempfindlichkeit der letztlich entstehenden Beschichtung. Diese Probleme wiederum haben zur Entwicklung der Systemverdickungsmittel gefiihrt.
Systemverdickungsmittel Unter Systemverdickungsmitteln werden organische Verdickungsmittel verstanden, die zwar in bestimmtem Mal3e wasserloslich sind, die Lackfarbe aber infolge der Wechselwirkung mit anderen Farbkomponenten verdicken. Es wird angenommen, dal3 diese Interaktionen auf hydrophoben Kraften beruhen. Eine schematische Wiedergabe eines solchen Mechanismus enthalt Abbildung 3.2- 1. Innerhalb der Gruppe von Systemverdickungsmittelnkann man drei Produktgruppen unterscheiden: -
Hydrophob modifizierte Polyoxyethylene Assoziative Acrylatverdickungsmittel Assoziative Celluloseether
Hydrophob modiJiziertePolyethylenoxide
Diese Produkte sind meist besser als Polyurethanverdickungsmitteloder als hydrophobically modified ethoxylated urethanes (HEUR) bekannt. Die Basis jedoch ist Polyoxyethylen, an das auf verschiedenen Wegen hydrophobe Gruppen chemisch gebunden werden konnen. Im Falle eines Polyurethanverdickungsmittelsgeschieht dies durch Reaktion mit Polyisocyanaten. Dies ist aber auch durch eine Reaktion
3.2 Organische Verdicker
d Binder-
33
m
Binderpartikel
m Abb. 3.2-1. Das Wirkungsprinzip von Systemverdickungsmitteln
mit beispielsweise Halogenalkanen oder Epoxiden moglich. Obwohl die Anbindung der hydrophoben Gruppen an die Basis Polymer-Polyethylenoxid unterschiedlich sein kann, hat dies kaum Einflul3 auf das Verhalten der Produkte in der Lackfarbe. Diese Produkte werden in Abschnitt 3.2.2 detailliert besprochen. AssoziativeAcrylatverdickungsmittel
Assoziative Acrylatverdickungsmittel sind unter dem Terminus hydrophobically modified alkali-swellable emulsions (HASE) bekannt. Diese Produkte konnen chemisch aus drei Blocken zusammengesetzt sein, wiedergegeben in Abbildung 3.2-2. Fur die Wasser- bzw. Alkaliloslichkeit wird ein hydrophiles Monomer wie Acrylsaure eingebaut. Um ein optimales Gleichgewicht zwischen Wasserempfindlichkeit und Wasservertraglichkeitzu erhalten, wird ein hydrophobes Monomer wie Ethylacrylat als Comonomer eingesetzt. Dieses Monomer tragt jedoch nicht zum assoziativen Verhalten solcher Produkte bei. Fiir die Bearbeitung des assoziativen Verhaltens braucht man eine starkere hydrophobe Gruppe. Aus diesen Griinden wird ein drittes Monomer eingebaut, wie z. B. ein Alkylvinylether mit einer Alkylgruppe
Acrylsaure Methacrylsaure Maleinsaureanhydrid
Ethylacrylat Butylacrylat Methylmethacrylat
Alkylvinylether
Abb. 3.2-2. Strukturbildungsblocke von assoziativen Acrylatverdickungsmitteln
34
3 Verdicker
von mindestens acht Kohlenstoffatomen. Die Loslichkeit in Wasser kann weiter durch Vernetzen des Polymers eingeschrankt werden. Das Endprodukt ist eine wasserige Emulsion rnit einer milchartigen Farbe. Diese Acrylatverdickungsmittel losen sich nur in einem pH-Bereich von 8 bis 10. Auljerhalb dieses pH-Bereiches nimmt die Viskositat und somit die verdickende Wirkung solcher Produkte ab. Dies ist wiederum einer der Nachteile solcher Materialien. Ein weiterer Nachteil ist der anionogene Charakter in einer alkalischen Umgebung. Dies fiihrt zu einer erhohten Wasserempfindlichkeit, so daR derartige Produkte fiir AuBenfarben nicht geeignet sind. Die erwahnten Schwachen konnen in vielen Fallen durch Formulierungsanpassungen korrigiert werden. Assoziative Celluloseether
In der Farbenindustrie werden neben den traditionellen Celluloseethern auch assoziative Celluloseether eingesetzt mit dem primaren Ziel, den Widerstand gegen Spritzer und die Deckkraft der Lackfarbe zu steigern. Diese Produkte werden auf Basis von Hydroxyethylcellulose und Ethylhydroxyethylcellulosehergestellt, wobei das Basispolymer mit hydrophoben Gruppen modifiziert wird. Die hydrophoben Gruppen sind in der Lage, eine Wechselwirkung mit anderen Lackbestandteilen einzugehen. Eine detaillierte Beschreibung dieser Produkte findet sich in Abschnitt 3.2.1. 3.2.0.2 Verdickungsmittel fur Losemittelfarben In losemittelhaltigen Anstrichstoffen wird die Viskositat zum grol3en Teil durch das Bindemittel selbst bestimmt. Es werden Verdickungsmittel eingesetzt, um Thixotropie zu erzielen und eine Sedimentierung von Pigmenten zu bekampfen. Dariiber hinaus ergeben bestimmte Verdickungsmittel eine Viskositatssteigerung und ein pseudoplastischeres FlieBverhalten. Diese Verdickungsmittel werden im Abschnitt 3.2.3 besprochen. Wir konnen die organischen Verdickungsmittelin dem Schema in Abbildung 3.2-3 zusammenfassen. Die Haupthnktionen von Verdicker lassen sich mit drei Kernbegriffen zusammenfassen : -
Stabilitat Losemittelretention Rheologie
In den Abschnitten 3.2.1 bis 3.2.3 werden die verschiedenen Produkte speziell unter Beriicksichtigung dieser Kernbegriffe behandelt. Fur Literaturangaben wird auf die Abschnitte 3.2.1 bis 3.2.3 venviesen.
3.2 Organische Verdicker
35
Organische Verdickungsmittel
Farben auf Wasserbasis
Wasserphasenverdickungsmittel I
1
Cellulosederivate Starkederivate -Acrylatverdickungsmittel
Farben auf
t
Rizinusol-Derivaten Metallseifen Polymerische Gebinde Anionogene Polymere
Systemverdickungsmittel
L
-Hydrophob modifizierte Polyox yethylene
Assoziative Acrylatverdickungsmittel Assoziative Celluloseether
Abb. 3.2-3. Verdickungsmittel
3.2.1 Cellulosederivate Gijsbert Kroon Celluloseether kommen bereits seit Jahrzehnten als Verdickungsmittel fiir Latexfarben zur An~endung[~-"]. Weltweit werden ca. 35 000 t nicht-ionogene Celluloseether pro Jahr als Verdickungsmittel in Latexfarben verarbeitet: ein betrachtliches Volumen. Dieses Kapitel widmet sich sowohl den traditionellen Celluloseethern als auch den assoziativen Celluloseethern in Dispersionsfarben. 3.2.1.1
Chemie von Celluloseethern
Das Grundmaterial fiir die Herstellung von Cellulosederi~aten[~-' 1-[3-151 ist Cellulose. Cellulose ist ein Polysaccharid und ist aus sogenannten Anhydroglucoseeinheiten zusammengesetzt, die uber 1,4-beta-glucosidischeVerbindungen aneinander gebunden sind (Abb. 3.2-4). Sowohl der Ursprung der Cellulose als auch die angewandte Reinigungsmethode haben Einflul3 auf die Qualitat und die physikalischen Eigenschaften der Cellulo-
36
3 Verdicker
4;FpT-&H+" H
OH
CHzOH
n
Abb. 3.2-4. Struktur von Cellulose
seether, die aus Cellulose produziert worden sind. Die wichtigsten Quellen fi r Cellulose sind Baumwoll-Linters und Holzcellulose. Baumwoll-Linter enthalt ca. 90 % Cellulose, wahrend die Reinheit von Holzpulp nur 50 % betragt. Baumwoll-Linters hat einen vie1 hoheren durchschnittlichen Polymerisationsgrad als Holzcellulose und stellt daher die wichtigste Quelle f i r die Herstellung hohermolekularer Celluloseether dar. Jede Anhydroglucose-Einheit enthalt drei funktionelle Hydroxylgruppen, die fi r eine chemische Modifikation geeignet sind. Die Modifikationvon Cellulose erfolgt meistens uber Veresterung und Veretherung und ist in ihrer Art ziemlich komplex. Obwohl die Hydroxylgruppen eine Reaktivitat besitzen, die mit der von kurzen aliphatischen Alkoholen vergleichbar ist, ist es schwierig, Reaktionen ablaufen zu lassen. Dies hat mit dem kristallinen Charakter von Cellulose zu tun. Die Polymerketten sind stark geordnet (Abb. 3.2-5), und zwar durch die Formation der Wasserstoffbriickenbildung zwischen zwei benachbarten Ketten. Durch die Behandlung der Cellulose mit Lauge wird eine negative repulsive Ladung an den Ketten angebracht, wodurch die Kristallinitat des Polymers aufgebrochen wird und die Hydroxylgruppen fir Reagentien erreichbar werden. Durch die Lauge werden die Hydroxylgruppen in die noch reaktiveren Alkoxidionen umgewandelt. Diese reaktive Cellulose wird Alkalicellulose genannt. Die Herstellung der Alkalicellulose stellt eines der Geheimnisse fi r die Herstellung guter Cellulose
I
\
-
Abb. 3.2-5. Modifikation von Cellulose
3.2 Organische Verdicker
37
Produkte dar. Eine Veresterung kann uber die Williamson-Synthese durch Reaktion mit einem Halogenalkan oder durch Oxyalkylierung stattfinden. Die eher fir Farbanwendungenwichtigen Reaktionen sind in Abbildung 3.2-6 dargestellt. Cell-ONa Alkalicellulose Cell-ONa Alkalicellulose
Cell-ONa Alkalicellulose
+ CH2-CH2 ' 0 '
Cell-O-CH2CH20H
Ethylenoxid
+ CICH2COO-Na'
Hydroxyethylcellulose d CeIl-O-CH2COO-Na'
Natriummonochloroacetat
+ CH3CI
Carboxymethylcellulose
4
Methylchlorid
Cell-0-CH3 Methylcellulose
Abb. 3.2-6. Einige Beispiele fir die Synthese von Cellulosederivaten
Die Reaktion von Alkalicellulose mit Ethylenoxid ergibt Hydroxyethylcellulose, und rnit Monochloressigsaure wird Carboxymethylcellulosegebildet. Methylcellulose kommt durch die Reaktion von Cellulose rnit Methylchlorid, unter Anwesenheit von Lauge, zustande. Meistens wird nicht Methylcellulose als Verdickungsmittel verarbeitet, sondern die Mischether Methylhydroxyethylcellulose und Methylhydroxypropylcellulose. Zur Charakterisierungder Produkte sind Art und Anzahl der Substituenten,die sich im Polymer befinden, n~twendig[~-'~~-[~-''~. Zu diesem Zweck wurden zwei Definitionen eingefiihrt. Der Substitutionsgrad (DS) wird als die durchschnittliche Anzahl von Hydroxylgruppen definiert, die pro Anhydroglucose-Einheit substituiert ist. Der molare Substitutionsgrad (MS) wird als die durchschnittliche Anzahl molarer Substituenten pro Anhydroglucose-Einheit definiert. Fiir Methylcellulose und Carboxymethylcelluloseist der DS ausreichend, um das Material zu charakterisieren. Fur Hydroxyethylcellulose ist dies jedoch nicht der Fall. Nach Reaktion rnit Ethylenoxid enthalt der Substituent schliel3lichwieder eine Hydroxylgruppe, die in der Lage ist, weiter zu reagieren, wodurch es moglich wird, dal3 nach der Reaktion mehr als ein Substituent pro Hydroxylgruppe vorhanden ist. Dies wird rnit der folgenden Strukturformel von Hydroxyethylcellulose (HEC) in Abbildung 3.2-7 erlautert. Beruhend auf den angegebenen Definitionen ist die molare Substitution 2.5, wahrend der Substitutionsgrad 1.5 betragt.
38
3 Verdicker
Abb. 3.2-7. Struktur von Hydroxyethylcellulose
3.2.1.2 Zugabe von Celluloseethern zu einer Farbe
Das Verdickun smittel kann wahrend verschiedener Stadien des Produktionspro~ e s s e s [ ~ - [3-' " ~ $' hinzugefiigt werden. Die ublichste Methode ist aber das Hinzufiigen zu der Pramix-Phase vor dem Mahlen von Pigment und Fullstoffen. Die Celluloseether werden vor allem in Form eines Pulvers verkaufi. Die wasserloslichen Polymere neigen dazu, wahrend des Losungsprozesses zu agglomerieren, wenn sie nicht sorgfaltig der Wasserphase beigemischt wurden. Die Aurjenschicht des Polymerteilchens schwillt zu einem Gel an, wodurch es schwierig wird, die innersten Teile zu losen. Die Losungszeit des Produktes hangt von dem Agglomerationsmafi ab. Es ist wichtig, darj die Teilchen zuerst gut in der Wasserphase verteilt werden. Aus diesem Grunde kommen die meisten Celluloseether nach einer Behandlung mit Glyoxal zur Anwendung. Dies ergibt eine voriibergehende Vernetzung des Polymers, so dafi das Material Zeit hat, sich vor dem Losen in der Wasserphase gut zu verteilen. Die Hydrationszeit kann durch die Menge an Glyoxal, die dem Produkt beigegeben wurde, eingestellt werden. Die Vernetzung mit Glyoxal vermeidet Klumpenbildung. Die Hydrationszeit ist dariiber hinaus von der Temperatur und dem pH des Systems abhangig. Der Effekt der Glyoxalbehandlung auf das Auflosungsverhalten von Celluloseethern ist in der folgenden Abbildung 3.2-8 wiedergegeben. Der Celluloseether kann als Pulver, Polymerlosung oder als Suspension beigegeben werden. Die Polymerlosung 1al3t sich wahrend des gesamten Produktionsprozesses problemlos beimengen. Es ist wichtig, einer Tanklosung ein Konservierungsmittel hinzuzufugen. Die Beigabe des Celluloseethers kann auch in Form einer Suspension in organischen Losemitteln wie Glykolen und Coaleszenzmitteln stattfin-
3.2 Organische Verdicker
39
Zeit (rnin) + HEC, behandelt mit Glyoxa +- HEC unbehandeli
Abb. 3.2-8. EinfluB der Glyoxalbehandlungauf das Auflosungsverhaltenvon Celluloseethern
den. Der Vorteil von Suspensionen ist, dafi der Celluloseether in einer hoheren Konzentration, als dies bei einer Polymerlosung der Fall ist, eingesetzt werden kann. Dadurch steht weiterhin mehr freies Wasser fir die Formulierung zur Verf%gung. Es ist sogar moglich, und dies stellt eine haufig angewandte Methode dar, glyoxalbehandelte Celluloseether in Wasser zu suspendieren, bevor das Material der Farbe beigemischt wird. Die Beigabe als h l v e r wird vor allem fiir die Mahlphase benutzt. Haufig wird der pH des Pramix nach Zugabe des Verdickungsmittels erhoht, um die Auflosungszeit zu verkiirzen. Von der Beigabe des Celluloseethers als Pulver am Ende des Farbherstellungsprozesses wird abgeraten. Die Menge des zu dosierenden Verdickungsmittels hangt von der gewiinschten Viskositat des Endproduktes, der Farbe, ab. In den preiswerteren Deckenfarben kommt Carboxymethylcellulose als Verdickungsmittel und Bindemittel zur Anwendung und die Dosierung kann gut und gerne 3 Gew.% betragen. In Wandfarben mit einer Pigment-Volumen-Konzentrationvon 30-80 % liegt der Celluloseetherverbrauch bei ungefahr 0,3-0,6 Gew.%. Zur Erlauterung werden hier nacheinander eine Farbrezeptur einer matten Innenwandfarbe (Abb. 3.2-9) auf Basis eines Styrolacrylat-Bindemittelsund einer losemittelfieien matten Innenwandfarbe (Abb. 3.2-10) auf Basis eines Vinylacetat-ethylen-Copolymersangegeben. In Silikatfarben ist die Dosierung wieder etwas geringer, namlich 0,l-0,3 Gew.%. In diesen Farbsystemen konnen nur die hydrophilen Celluloseether wie Hydroxyethylcellulose, hydrophob modifizierte Hydroxyethylcellulose und Carboxymethylcellulose zur Anwendung kommen. Wegen des hohen Elektrolytgehaltes sind Ethylhydroxyethylcellulose und die Methylcellulosederivate in solchen Systemen nicht ausreichend loslich,
40
3 Verdicker Gewichtsteile
Wasser Natriumhexamethaphosphat[Befeuchter] Ammoniumsalz von Polyacrylsaure [Dispergiermittel] Entschaumer Celluloseether (MV*) Konservierungsmittel Titandioxid Calciumkarbonat (2 pm) Calciumkarbonat (5 pm) Talk Styrolacrylat-Latex (50% fester Stoft) Methoxypropanol Coaleszenzmittel Wasser Gesamt
*
140 2 3 2 4 2 92 168 252 42 100 9 15 169 1000
Mittlerer Viskosetyp; 2% Brookfield-Viskositat: -6000 mPas
Abb. 3.2-9. Formulierung einer Innenwandfarbe (PVC 80 YO)beruhend auf einem Styrolacrylat-Bindemittel mit 0,4 Gew.% eines mittelviskosen Celluloseethers
Gewichtsteile Wasser Natriumhexamethaphosphat [Befeuchter] Ammoniumsalz von Polyacrylsaure [Dispergiermittel] Entschaumer Celluloseether (MV*) Konservierungsmittel Titandioxid Calciumkarbonat (2 pm) Calciumkarbonat (5 pm) Talk VAc-E-Latex (50% fester Stoff) Wasser Gesamt
*
170 2 3 2 4 2 92 168 252 42 1 I5 148
1000
Mittlerer Viskosetyp; 2% Brookfield-Viskositat: -6000 mPas
Abb. 3.2-10. Formulierung einer losemittelfreien Innenwandfarbe (PVC 80 %) beruhend auf einem Vinylacetat-ethylen-Copolymer-Bindemittelmit 0,4 Gew.% eines mittelviskosen Celluloseethers
3.2 Organische Verdicker
3.2.1.3
41
Farbeigenschaften,beeinfluat durch den Celluloseether
Der Celluloseether stattet die Farbe mit drei Grundeigenschaften aus: Viskositat, Stabilitat und Wa~serretention"-'~~' [3-181-[3-221. Das Verdickungsmittel ist wihrend aller Prozefi- und Anwendungsphase der Farbe einschliefilich Produktion, Lagerung und Anwendung von Wichtigkeit. In der Herstellung vermittelt das Verdickungsmittel dem Pramix wahrend des Mahlens der Farbe ausreichende Viskositit, um eine gute Mischung und Dispersion der Pigmente zu erreichen. Bei unzureichender Viskositit der Mahlphase wiirde vie1 Mischenergie in einer turbulenten Stromung verloren gehen und somit nicht fiir das Mahlen der Pigmente genutzt werden konnen. Wahrend der Lagerung der Farbe vermitteln die Verdickungsmittel Stabilitat, um die Pigment- und Fullstofieilchen suspendiert zu halten und eine Sedimentierung zu vermeiden. Durch Minimalisierung der Neigung zum Verkleben der dispergierten Teilchen erhohen die Verdickungsmittel die mechanische Stabilitat und die Frost-Tau-Stabilitat der Farbe. Wahrend der Anwendungsphase der Farbe sorgt das Verdickungsmittel fiir eine ausreichende Beladung des Auftragers, Rolle oder Pinsel, und es wird der Transport der Farbe aus der Dose zum Substrat akzeptabel. Dariiber hinaus tragen die Verdikkungsmittel zu der richtigen Anwendungsviskositat bei, was das Deckvermogen der Farbe stark fordert. Auch beeinflussen die Verdickungsmittel das FlieRen der Farbe. Auf porosen Substraten ist die Wasserretention von Celluloseethern wichtig, so dab das Wasser nicht direkt in den Untergmd gesaugt wird. Obwohl die Hauptfimktionen der Celluloseether hier genannt worden sind, werden viele andere Eigenschaften der Farbe auch durch die Wahl des Typs des Celluloseethers beeinflufit. Einflua der Substituentenwahl
Obwohl es nicht moglich ist, fiir die besten Celluloseether ein Schwarz/Weifi-Bild in Termini von Farbeigenschaften zu zeichnen, kann man aufgrund von Erfahrungen und experimenteller Forschung sehr wohl etwas uber den Einflufi der Substituentenwahl auf die Farbeigenschaften sagen. Die verschiedenen Farbeigenschaften, die durch die Wahl des Verdickungsmittels beeinflufit werden, konnen an verschiedenen Produkte verglichen werden. Zu diesem Zweck vergleichen wir Hydroxyethylcellulose (HEC), Methylhydroxyethylcellulose (MHEC), Ethylhydroxyethylcellulose (EHEC) und Carboxymethylcellulose (CMC) bezuglich der verschiedenen Farbeigenschaften. Die relative Leistung ist in Abbildung 3.2-1 1 wiedergegeben. WZihrend des Dispergierens von Pigment und Fiillstoffen ist es wichtig, dafi das Verdickungsmittel den Dispersionsgrad nicht negativ beeinfldt. Das beste Ergebnis erzielt man mit Hydroxyethylcellulose, was durch Titrationsmethoden von Polymerlosungen an Titandioxidpasten einfach festzustellen ist. Dies zeigt sich bei Farbsystemen, bei denen relativ wenig polymere Dispergierungsmittel eingesetzt werden. Die Schaumbildung warend des Mahlprozesses, aber auch wahrend des weiteren Ablaufs des Herstellungsprozesses, m d soweit wie moglich eingeschrankt werden. Dies bedeutet, dafi das Verdickungsmittel die Oberflachenspannung der
42
3 Verdicker
Schlechtestes Ergebnis
Bestes Ergebnis
Pigmentdispersion Schaumbildung
Verdickungseffizienz Lagerstabilitat Biostabilitat Verstreichbarkeit Pinselviskositat Spritzresistenz
FlieSen Ablaufwiderstand Wasserretention Farbentwicklung Scheuerfestigkeit
HEC HEC MHEC HEC HEC HEC MHEC MHEC MHEC HEC HEC HEC HEC
CMC CMC HEC EHEC EHEC EHEC CMC HEC CMC EHEC CMC CMC MHEC
EHEC EHEC EHEC MHEC MHEC CMC HEC CMC HEC CMC EHEC EHEC EHEC
MHEC MHEC CMC CMC CMC MHEC EHEC EHEC EHEC MHEC MHEC MHEC CMC
Abb. 3.2-1 1. EinfluS der Substituenten von Celluloseethern auf die verschiedenen Eigen-
schaften
kontinuierlichen Phase so wenig wie moglich verringern darf. Dies ist der Grund dafur, darj die hydrophileren Celluloseether (CMC und HEC) hier am besten funktionieren. Die verdickende Wirkung des Celluloseethers hangt mehr von dem Molekulargewicht als von der Substituentenwahl ab. Man kann aber einen indirekten Effekt feststellen. Methylcellulosederivate besitzen eine bestimmte Interaktion mit Pigmenten, resultierend in einem etwas geringerem Dispersionsgrad der Farbe. Dies hat einen geringen Effekt auf die Viskositat der Farbe, und es kann dann so aussehen, als ob die MHEC in ihrer verdickenden Wirkung etwas effizienter ist. Dariiber hinaus kann man feststellen, da13 die Pseudoplastizitat von Methylcelluloselosungen etwas geringer ist als die von Hydroxyethylcellulose und Ethylhydroxyethylcellulose. Dies ergibt im mittleren Scher-Bereich (Brookfield-Viskositat, Stormer-Viskositat) und bei hoherer Schergeschwindigkeit eine hohere Viskositat und wirkt positiv auf den verdickenden Effekt des Produktes und auf die Anwendungsviskositat. Dies ist der Grund dafir, daD Farben, die mit Methylcellulosederivaten verdickt sind, haufig eine etwas hohere ICI-Viskositat aufweisen. Die hohere Anwendungsviskositat ist positiv f i r die Deckkraft (dickere Farbschicht) und den Widerstand gegen Spritzer wahrend einer Anwendung mit der Rolle. Die geringere Viskositat bei geringeren Schergeschwindigkeiten ist positiv fir das FlieDen, aber negativ f i r den Ablaufwiderstand bei Auftragung auf vertikale Flachen. Die Lagerstabilitat der Farbe ist allgemein bei Hydroxyethylcelluloseam besten, in Anbetracht der geringen Interaktion mit Pigment, Fullstoffen und Bindemittel der Farbe. Dariiber hinaus wird die Lagerstabilitat durch die Tatsache gefordert, darj Wasser im Temperaturbereich von 0 bis 100°C trotz des Vorhandenseins von Elektrolyten und Glykolen ein sehr gutes Losemittel f i r HEC ist.
3.2 Organische Verdicker
43
Der Widerstand gegen Enzyme ist bei Kontamination rnit Mikroorganismen, die aus verschiedenen Quellen in die Farbe gelangen konnen, wichtig. Spezielle Enzyme konnen die Celluloseetherkette am Sauerstoff der 1,4-glycosidischen Bindung chemisch aufbrechen, so darj das Endprodukt eine geringere Kettenlhge hat, was einen Viskositatsverlust bewirkt. Wenn die Anhydroglucose-Einheit einen Substituenten tragt, wird das Enzym sterisch daran gehindert, den Sauerstoff anzugreifen, und die Kette bleibt unbeeintriichtigt. Wenn also dafiir gesorgt wird, darj jede Anhydroglucose-Einheit einen Substituenten enthalt, wird das Material 100%ig biostabil sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die meisten Celluloseether enthalten 10 bis 20 % unsubstituierte Monomereinheiten und werden den groljten Teil der aufgebauten Viskositat nach Kontamination verlieren. Es stehen heute aber gleichformiger substituierte Hydroxyethylcellulosen[3~'61~ [3-231 zur Verfigung, die einen Prozentsatz an unsubstituierten Anhydroglucose-Einheitenvon unter 2 Gew.% enthalten. Dies ist der Grund dafiir, darj diese Produkte den groljten Widerstand gegen Enzyme aufweisen, wie in Abbildung 3.2-12 dargestellt. Die Graphik zeigt, darj nach enzymatischer Kontamination einer Polymerlosung mit einer Viskositat von 100 KU die Abnahme der Viskositat bei der ,,biostabilen" Hydroxyethylcellulose (HEC-B) am geringsten ist, so darj die Farbe in der Praxis immer noch benutzt werden kann, ohne das Produkt aufbereiten zu mussen. Darj Celluloseether mit verbessertem Widerstand gegen enzymatischen Abbau zur Verfiigung stehen, bedeutet jedoch nicht, darj die Beigabe von Konservierungsmitteln entfallen kann. Diese Beigabe vermittelt eine bestimmte Anwendungssicherheit. Fiir die Auftragung der Farbe auf porose Flachen ist eine gute Wasserretentionsleistung des Verdickungsmittels sehr wichtig. Die Wasserretention scheint in der Praxis beim hydrophileren Celluloseether HEC am besten zu sein. Die Farbsysteme rnit Farbpigmenten ergeben f i r Hydroxyethylcellulose normalerweise kein Problem, was die Flockulation dieser Farbpigmente angeht. Die Farbentwicklung wird f i r HEC daher auch nicht oder kaum durch die angewandte Scherkraft beeinflufit. In rub-out-Tests findet man dies deutlich in der geringen Abweichung des unter Schereinwirkung bearbeiteten Teils des Farbfilms im Vergleich mit dem nicht bearbeiteten. 30 Y
H
25
> 20
HEC-B
HEC (MS 2.5) HEC (MS 1.8) Celluloseethertyp
MHEC
Abb. 3.2-12. Viskositatsverlustvon Polymerlosungen nach Kontamination rnit 10 ppm Cellulose als Funktion des Substituententyps des Celluloseethers
44
3 Verdicker
Dies ist ein wichtiger Vorteil der Hydroxyethylcellulose. Methylcellulosederivate und auch Ethylhydroxyethylcellulose weisen haufig eine bestimmte Interaktion rnit Farbpigmenten auf, so dalj es zu einer bestimmten Flockulation des Pigmentes kommt, was bei der Einwirkung von Scherkraften verstarkt wird. Der anionogene Charakter von Carboxymethylcellulosemacht das Produkt weniger widerstandsfahig gegen Wettereinflusse. Diese Cellulose besitzt auch eine betrachtlich geringere Scheuerfestigkeit als nichtionogene Celluloseether. Zusammenfassend konnten wir sagen, dalj es keinen Celluloseether gibt, der in allen Punkten die besten Ergebnisse aufweist. Man kann aber Abbildung 3.2- 12 entnehmen, dalj HEC die positivsten Punkte verbucht, was sich in der groljen Popularitat dieses Produktes in Europa und Amerika und seiner Universalitit in der Anwendung widerspiegelt. Trotzdem kann dies ortlich stark unterschiedlich sein. In Deutschland beispielsweise wird vie1 Methylcellulose verbraucht, was historisch aufgrund der dortigen Ansiedlung von Methylcellulose-Herstellern zu erklaren ist.
Einflun des Molekulargewichtes Neben der Wahl des Substituenten hat auch das Molekulargewicht des Celluloseethers Einflulj auf die Farbeigenschaften. Der Einflulj des Molekulargewichtes ist in Abbildung 3.2-1 3 zusammengefaljt.
Bester Viskositatstyp Verdickungseffizienz Widerstand gegen Spritzer FlieBen Ablaufwiderstand Deckkraft Verarbeitungszeit (Topfzeit) Verstreichbarkeit Scheuerfestigkeit Vorkommen von Pigment-Flockulation
100000 6 000 100000
6 000 und 100000 6 000 6 000 100000 100 000 6 000
Abb. 3.2-13. EinfluR des Molekulargewichtes von Celluloseethern auf die Farbeigenschaft
Zur Vereinfachung der Erlauterung werden zwei Viskositiitstypenverglichen,namlich ein Produkt mit einer 2 %igen Brookfield-Viskositat (20 rpm) von 6000 mPas und ein Produkt rnit einer Viskositat von 100000 mPas. Fur Hydroxyethylcellulose rnit einem MS von 2,5 bedeutet dies einen Vergleich mit einem Molekulargewicht von 650000 (6000-Typ) rnit einem Molekulargewicht von 1 100000 (100000-Typ). Es liegt auf der Hand, dalj ein hoheres Molekulargewicht des Celluloseethers zu einer besseren verdickenden Wirkung fiihrt. Ein hoheres Molekulargewicht fiihrt zwar zu einer erhohten Spritzneigung bei Anwendung rnit der Rolle, aber das Flie-
3.2 Organische Verdicker
45
ben der Farbe ist besser. Im allgemeinen erwartet man dies gerade nicht, aber experimentell ist einfach festzustellen, da13 die Wiederherstellung der Struktur nach Auftragung bei einem niedrigmolekularen Produkt viel schneller vor sich geht als bei einem hochmolekularen Material. Man mul3 daher einen Vergleich bei einer konstanten Viskositat der Farbe durchfiihren. Langere Molekule sind zwar elastischer (mehr Spritzer), aber kiirzere Molekiile ergeben nach Streckung des Molekuls eine viel schnellere Ruckkehr in den energetisch bevorzugten ,,Knauel"-Zustand. Von solchen niedermolekularen Produkten kann man auch einen besseren Ablaufwiderstand erwarten. In der Praxis verhalt sich dies auch so, aber da die aufzutragende Schichtstarke 400 pm im allgemeinen nicht uberschreiten soll, fallt dieser Unterschied nicht auf. Die Verarbeitungszeit oder Topfzeit der Farbe ist fiir ein geringeres Molekulargewicht besser und scheint eine Funktion der Polymer-Molekiil-Konentration zu sein. Die Farbentwicklung von Pigmenten kann bei hohermolekularem Material durch teilweise Flockulation der Farbpigmente negativ beeinflubt werden. Dies wird durch die Wahl einer schwachen Stabilisierung dieser Pigmente und des Titanweil3 verstarkt. Eine Wasserempfindlichkeitder Farbe wird verstiirkt,wenn man sich fir ein geringeres Molekulargewicht entscheidet. Kurzere Polymerketten gehen eher in Losung als langere Ketten, und die Scheuerfestigkeit nimmt bei Zunahme des Molekulargewichtes daher auch zu. Es durfle klar sein, dalj es allerdings kein Molekulargewicht gibt, das fir alle Eigenschaften und Erfordernisse fiir die Farbe das beste Ergebnis erzielt. Fur eine Verbesserung der Farbqualitat geht man aber auf geringer molekulares Material iiber, da dies den Widerstand gegen Spritzer, die Deckkraft und die Topfzeit verbessert. 3.2.1.4
Assoziative Celluloseether
Die traditionellen Celluloseether statten Latexfarben mit einer groben Vielfalt von brauchbaren Eigenschaften aus, aber wie so oft gibt es noch Moglichkeiten zur Verbesserung. Die Farbindustrie hat die Anforderungen an die Rheolo ie der Farben bei der Entwicklung qualitativ besserer Farben vers~hiirft[~-'~~* [3-1 [3-2413[3-251. Die Deckkrafl muD verbessert werden, so da13 ein ,,one coat hiding"-Produkt entsteht. Dies ist durch Anpassung der Titanweil3-Konzentration und durch optimale Anwendung der Fiillstoffkornbinationen und der Teilchengroae-Verteilungenmoglich. Um Kosten zu sparen ist die Verbesserung der Anwendungsviskositat auch ein wiinschenswertes Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. Die ICI-Viskositat miibte dann ungefahr bei 200 mPas liegen. Dies war nur bei Celluloseethern mit einem sehr geringen Molekulargewicht (300000) moglich. Die verdickende Wirkung ist in diesem Fall beschrankt, da bei einer hohen Dosierung die Losung zu teuer wird und dariiber hinaus zu viele hydrophile Komponenten in die Farbe gelangen, was die Wasserempfindlichkeit verstarkt. Anfang der achtziger Jahre entstand der Bedarf an spritzarmen Farben und einer Verbesserung der Fliebeigenschaften. Generell wird ein geringeres pseudoplastischen Flierjverhalten bevorzugt. Dies hat zu der Einfiihrung von Systemverdickungsmitteln wie assoziativen Acrylatverdik-
8.
46
3 Verdicker
c
BinderY--
Abb. 3.2-14. Verdickungsmechanismus eines assoziativenCelluloseethers
kungsmitteln und Polyurethanverdickungsmittelngefihrt. Als Reaktion hierauf hat man ein Systemverdickungsmittel auf Cellulosebasis entwickelt. Der Wirkungsmechanismus eines solchen Produktes ergibt sich aus Abbildung 3.2- 14. Das Basispolymer ist Hydroxyethylcelluloseoder Ethylhydroxyethylcellulose.Das Molekulargewicht des Basispolymers liegt betrachtlich unter dem des Wasserphasenverdickungsmittels, namlich bei circa 300000 Dalton. Dariiber hinaus ist das Polymer mit hydrophoben Alkyl- oder Alkylarylgruppen modifiziert. Die Konzentration dieser hydrophoben Gruppen liegt unterhalb 1 Gew.%, so dafl die Hydrophobie des Produktes selbst sich nicht substantiell andert. Die hydrophoben Gruppen sind aber in der Lage, eine Interaktion mit Bindemittelteilchen einzugehen und so einen Beitrag zur Viskositat zu leisten. Dieser Verdickungsmechanismus resultiert in einem geringeren Newton’schen FlieBverhalten, wie in Abbildung 3.2- 15 wiedergegeben. Die Viskositat ist von der Schergeschwindigkeit abhangig: bei geringer Schergeschwindigkeit ergibt sich eine niedrige und bei hoher Schergeschwindigkeit eine hohere Viskositit. Dies ergibt also die gewiinschte Verbesserung beziiglich Flieflverhalten, Spritzwiderstand und Deckkraft. 30000
10
3
100
30
10000
1000
300
3000
Abb. 3.2-15. Rheologische Kurve fur eine Farbe verdickt mit traditionellem Celluloseether (HEC) und assoziativem Celluloseether(HMHEC)
3.2 Organische Verdicker
47
Die assoziativen Celluloseether verdicken die Farbe aufgrund von zwei Mechanis[3-271 : Wasserphasenverdickung und Systemverdickung. Das bedeutet, daD diese Produkte eine bestimmte Abhhgigkeit von der Farbzusammensetzung aufweisen. Diese Erscheinung ist nicht so stark wie bei Systemverdikkungsmitteln wie Polyurethanen, aber es ist doch wichtig zu wissen, wie der systemverdickende Bestandteil von der Farbzusammensetzung abhangt[3-281-[3-301. Es gibt drei Hauptbestandteile, mit denen eine Interaktion eingegangen werden kann : -
das Bindemittel Pigmente und Fullstoffe oberflachenaktive Bestandteile
Die verdickende Wirkung des assoziativen Celluloseethers hangt am starksten von dem Bindemittel ab. Bei ausreichendem Vorhandensein von Dispergierungsmitteln kann die Interaktion mit TitanweiD und Fullstoffen beschrhkt werden. Die Interaktion mit oberflachenaktiven Stoffen spielt erst eine Rolle in Situationen, in denen ein uberstabilisiertes Bindemittel benutzt wird. Daher reicht es im Rahmen dieses Kapitels auch aus, nur auf den Einflulj der Bindemittelzusammensetzung auf die verdickende Wirkung des assoziativen Celluloseethers einzugehen. Untersuchungen von Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben nachgewiesen, dal3 die Interaktion auf hydrophoben Kraften beruht und die verdickende Wirkung verstarkt wird durch : -
Verkleinerung der TeilchengroDe des Bindemittels Verringerung der Menge der oberflachenaktiven Stoffe, also weniger Stabilisatoren/Emulgatoren Wahl von Emulgatoren mit kurzeren Ethylenoxidketten Verringerung der Menge an Acrylsaure- oder Methacrylsaure-Comonomeren Steigerung der Hydrophobie der Polymerteilchen des Latex
Zusammenfassend kann man sagen, daD die Interaktion des assoziativen Celluloseethers und des Bindemittels durch Steigerung der Hydrophobie des Bindemittels und VergroDerung der fieien Obefflache der Bindemittelteilchen verstarkt wird. Daher sehen wir auch die starkste Verdickung bei Acrylatdispersionen und Styrolacrylatdispersionen. Es tritt eine ausreichende Interaktion mit Vinylacrylaten und Vinylacetat-Copolymeren auf. Eine nur geringe Interaktion findet man fir VinylacetatHomopolymere. Der Vorteil dieser assoziativen Celluloseether ist die Tatsache, daD diese Produkte in einer breiten Skala von Farbsystemen von Halbglanz- bis matten Deckenfarben als einfache Verdickungsmittel funktionieren konnen. Sie behalten die Eigenschaften der traditionellen Verdickungsmittel und ergeben dariiber hinaus verbesserten Verlauf, Deckkraft und Widerstand gegen Spritzen.
48
3 Verdicker
3.2.1.5
Kommerzielle Produkte
In Abbildung 3.2- 16 sind die wichtigsten Firmen angegeben mit den Produkttypen und den Produktnamen, die an die Farbindustrie geliefert werden. Die traditionellen Celluloseethertypen werden wie folgt abgekiirzt: -
-
-
Carboxymethylcellulose (CMC) Hydroxyethylcellulose (HEC) Methylhydroxyethylcellulose (MHEC) Methylhydroxypropylcellulose (MHPC) Hydroxypropylcellulose (HPC) Ethylhydroxyethylcellulose(EHEC)
Die assoziativen Celluloseether werden nur von Hercules und AKZO Nobel produziert und werden wie folgt abgekiirzt: -
-
hydrophob modifizierte Hydroxyethylcellulose (HMHEC) hydrophob modifizierte Ethylhydroxyethylcellulose(HMEHEC)
Unternehmen
Produktname
Produkttyp
Hercules
Natrosol Culminal Klucel Blanose Natrosol Plus Bermocol AKU-CMC
HEC MHEC, MHPC HPC CMC HMHEC EHEC, HMEHEC CMC MHEC HEC CMC MHEC, MHPC CMC CMC/MHEC MHPC
Union Carbide
Tylose MH Tylose H Tylose C Walocel M Walocel C Walocel XM Methocel Cellosize
Courtaulds
Celacol
AKZO Nobel Hoechst Wol ff [Bayer] Dow Chemical
HEC MHPC
Abb. 3.2-16. Kommerzielle Celluloseether fur die Farbindustrie
Die Lieferanten verfigen beziiglich ihrer Produkte uber ausfiihrliche Dokumenta[3-3 '1--[3-361 ist von Lieferant zu Lieferant unterschiedtion. Diese Inf~rmation[~-~'], lich, kann aber sowohl Informationen beziiglich der verschiedenen Typen, Bezeichnungen, chemischen Zusammensetzung und des Viskositatsbereiches der Produkte
3.2 Organische Verdicker
49
als auch Farbformulierungsrichtlinien enthalten. Die Dokumentation verschiedener Lieferanten wird in[3”71beschrieben.
3.2.1.6 Neue Entwicklungen
Im Bereich Cellulosederivate fiir die Farbindustrie sollten zwei Entwicklungen genauer betrachtet werden. Dabei handelt es sich um die Entwicklung von flussigen Celluloseethern und die Entwicklung von Celluloseethern fiir Marktsegmente wie Hochglanzfarben, Primer und Top coats fiir Metall und Holz sowie Beizen. Flussige Celluloseether Hydroxyethylcellulose und die assoziativen Celluloseether stehen jetzt auch in fliissiger Form zur Verfiigung. Das Produkt ist eine wasserige Suspensiondieser Celluloseether und hat einen Aktivgehalt von 25%. Die Vorteile eines solchen Produktes sind die Einfachheit des Dosierens und die Pumpbarkeit als Fliissigkeit. Das Produkt kann den HerstellungsprozeI3 beschleunigen und kann einfach an dessen Ende zur Viskositatskorrektur eingesetzt werden. Die Produkte sind wegen der Tatsache, dab das System auf Wasserbasis beruht und keine Losemittel und keine Alkylarylethoxylate enthalt, umweltfieundlich. Celluloseether fur neue Marktsegmente Celluloseether werden vor allem in Farben rnit einem Pigment-Volumen-Konzentrationsbereich von 30 bis 85 % eingesetzt. In Hochglanzfarben und in eher industriell verarbeiteten Farben auf Wasserbasis kamen Celluloseether jedoch nicht wirklich zum Durchbruch. Dies hat mit den Erfordernissen solcher Systeme im Bereich Fliefiverhalten, Anwendungsviskositat,Wasserempfindlichkeit und Filmglanz sowie Spritzbarkeit zu tun. Celluloseether muken rnit Polyurethanverdickungsmitteln kombiniert werden, um in solchen Systemen zur Anwendung kommen zu konnen. Neue Entwicl~lungen[~-~~]~ [3-281 im Bereich von niedermolekularen, assoziativen Celluloseethern ermoglichen es, urn als Verdickungsmittel in Hochglanzfarben (Pinselauftragung)und in spritzbaren Farben fiir Holz und Metall gut zu funktionieren. Veroffentlichungen in diesem Bereich sind seit 1992 regelmafiig erschienen. Das Molekulargewicht von solchen niedermolekularen, assoziativen Celluloseethern lie@ in der GrorJenordnung von 50000 Dalton. a e r das assoziative Verhalten hinaus werden Netzwerke rnit dem Bindemittel gebildet, und es kommt ein viskoseres FlieBverhalten zustande, was in einem guten Verlaufen der Farben nach Auftragen rnit Pinsel, Rolle oder Spritze resultiert. Diese Materialien sind rnit verschiedenen Spritztechniken zu verarbeiten wie Air, Airless und HVLP Die Zusammensetzungdieser Materialien ist so gestaltet, daI3 eine Flockulationvon Bindemittel und Pigmenten beschrankt wird und sich dadurch eine optimale Dispersion der Farbbestandteile ergibt. All das kommt dem Filmglanz und der Wasser-
50
3 krdicker
bestandigkeit der Farbe zugute. Auf die verfiigbare Literatur bezuglich solcher Produkte wird am Ende von Kapitel 3 verwiesen.
3.2.1.7
Toxikologie und Entsorgung
Celluloseether stellen kein okologisches Langzeitproblem dar. Das Material ist langsam biologisch abbaubar. Kleine Abfallmengen konnen uber das normale Effluentsystem abgeleitet werden, wahrend grol3e Mengen zu einer zentralen Mulldeponie gebracht werden mussen. Der biologische Sauerstoffverbrauch lie@ bei maximal 20 mg pro g Polymer. Celluloseether fir die Farbindustrie sind nicht als direkte Nahrungszusatze akzeptiert, da die Reinheit dieser Produkte unterhalb des dafiir erforderlichen Standards liegt. Von einer Celluloseether-Exposition sind keine Gefahren bekannt. Dennoch werden in SicherheitsdatenblatternAnweisungen fiir Erste-Hilfe-Aktivitaten nach Kontakt mit solchen Produkten erteilt. Bei Augenkontakt wird empfohlen, mit Wasser zu spulen. Nach Kontakt mit der Haut kann mit Seife und Wasser gewaschen werden. Nach oraler Zufuhr wird empfohlen, grol3e Mengen von Wasser zu trinken und den Mund mit Wasser zu spulen. Bei Inhalation des Pulvers wird empfohlen, frische Luft einzuatmen und einen Arzt aufzusuchen. Brand- und Explosionsgefahr ist nur vorhanden, wenn Pulver fein in der Luft verteilt ist und eine Zundung hinzukommt. Bei einer Lagerung ist daher eine gute Beluftung Voraussetzung. Bei einem Brand konnen Wasser, Schaum, Kohlendioxid, Sand und Loschpulver benutzt werden. Wenn das Pulver auf einem nassen Boden verteilt ist, kommt es zu Glatte, was verhindert werden mul3. Als personliche Schutzmittel werden Handschuhe (Hautschutz), Staubbrille (Augenschutz) und Mund- und Nasenfilter bei der Verarbeitung pulverformiger Produkte empfohlen. Die Materialien sind im allgemeinen geruchs- und geschmackslos und weisen einen neutralen pH in Losung (pH 5.5-8.5) auf. Celluloseether haben einen minimalen Explosionsgrenzwert von 156 g/m3 und eine Selbstentzundungstemperatr von ca. 370 "C. Dariiber hinaus ist das Material stabil. Der LD,,-Wert f i r Ratten liegt bei mehr als 5 g Produkt pro kg Korpergewicht. Bei Augenreizungstests an Kaninchen nach einer Celluloseether-Exposition weisen diese eine leichte Linsenreizung auf.
3.2 Organische krdicker
3.2.2
51
PUR-Verdicker
Johan Bieleman 3.2.2.1
Einfuhrung
Polyurethan- oder PUR-Verdicker ziihlen auf dem Gebiet rheologischer Additive zu den wichtigsten Entwicklungen. Mit diesen Verdickern larjt sich die Rheologie warjriger Lacke erheblich verbessern. Die ersten PUR-Verdicker w r d e n schon in den siebziger Jahren vorgestellt. Inzwischen gehoren diese Verdicker, die aufgrund des Verdickungsmechanismus auch als Assoziatiwerdicker bezeichnet werden, zu den bedeutendsten Verdickern fir warige Farb- und Lacksysteme. Im Vergleich zu den traditionellen Cellulose- und Acrylatverdickern verleihen diese Verdickungsmittel dem System verbesserte Flierj- und Verlaufseigenschaften und verhindern das Spritzen beim Rollen. Urspriinglich w d e n diese Verdicker wegen der verbesserten Verlaufseigenschafien besonders fir Dispersionslacke empfohlen. Inzwischen haben die Polyurethan-Verdicker bewiesen, daB sie auch in anderen warigen Systemen gute Ergebnisse erzielen. Beispielsweise sind sie in Industrielacken wegen ihrer relativen Hydrophobie oder in hochpigmentierten Dispersionsfarben wegen ihrer geringen Neigung zum Spritzen beim Rollauftrag von Vorteil. Die Rheologie konventionell formulierter Dispersionsfarben wird mit Hilfe von Cellulose-Verdickungsmittelneingestellt. Derartige Lackfarben zeigen im Vergleich zu konventionellen Alkydharz-Beschichtungsmittelnein deutlich unterschiedliches Flierjverhalten (Abb. 3.2- 17). Die Viskositatskurve (Rheogramm) der Dispersionsfarbe zeigt eine nichtlineare Abhangigkeit der Viskositat von der Scherspannung. Eine Erhohung der Scherspan-
1 d.
Abb. 3.2-17. Typisches Rheogramm einer Disper-
einer Alkydharzfarbe
Aussehen
-
Pinsel-, Spruh-, Rollenauhrag
Schergexhwindigkeit(sec-1)
52
3 Verdicker
nung fuhrt zu einer abnehmenden Viskositat (strukturviskos). Im Falle des Alkydharzlackes zeigt sich eine wesentlich geringere Abnahme der Viskositat, d. h. die Strukturviskositat des Lackes ist weniger ausgepragt, ein nahezu Newton'sches FlieRverhalten. Diese Abweichung in der Rheologie sind die Ursache f i r technisch relevante Unterschiede zwischen Dispersionsfarbenund Alkydharzfarben wie Verstreichbarkeit,Verlauf- und Ablaufverhalten.Durch die hohere Strukturviskositat und wegen der hohen Viskositat im niedrigen Scherbereich ist der Verlauf der Dispersionsfarbenschlechter, das Ablaufverhalten aber besser (s. Abschn. 3.1.4). Der Streichwiderstand ist geringer, bedingt durch die niedrige Viskositat im hohen Scherbereich (s. Abschn. 3.0.2). 3.2.2.2 Chemischer Aufbau und Lieferform
PUR-Verdickungsmittel bestehen ublichenveise aus nichtionischen hydrophoben Polymeren, die entweder in flussiger Form, z. B. als 50 %ige Losung in Wasser oder in organischen Losemitteln, oder in Pulverform verfigbar sind. Diese synthetischen Verdicker basieren auf wasserloslichem Polyurethan mit einem relativ niedrigen Molekulargewicht (ca. 10000 bis 50000). Die PUR-Polymeren entstehen durch Reaktion von Diisocyanaten mit Diolen und hydrophoben Blockierungskomponenten. Die nachstehende chemische Struktur ist ein typisches Beispiel: H I
R -N-c
O 1 I
0 II (OCH~CH~)~-
R'I-N-
0 II
c pcych),
I"
-0
O
H
I1
I N-R
- c-
I
(1)
wobei R und R' jeweils eine hydrophobe, aliphatische oder aromatische Gruppe darstellen. Im Molekul kann somit zwischen den folgenden drei Segmenten (,,Bausteingruppen") unterschieden werden : -
hydrophobe Endsegmente mehrere hydrophile Segmente Urethangruppen
Mogliche hydrophobe Segmente sind beispielsweise Oleyl, Stearyl, Dodecylphenyl und Nonylphenyl. Die Zusammensetzung des hydrophoben Segments ist von groBer Bedeutung f i r die viskositatserhohenden Eigenschaften, besonders das Adsorptionsverhalten (Kapitel4) [3-381. Viele Molekiilstrukturen sind moglich, in der Praxis haben sich besonders PURVerdicker mit linearen und kammformigen Polymerstrukturen durchgesetzt. Der entscheidende Faktor fi r die viskositatssteigernde Wirkung besteht darin, dal3 jedes Molekul zumindest zwei hydrophobe Endsegmente enthalt. Bei den vorliegenden hydrophilen Segmenten R ' handelt es sich urn Polyether oder Polyester. Beispiele sind Polyester der Maleinsaure und Ethylenglykol sowie Polyether, wie
3.2 Organische Verdicker
53
beispielsweise Polyethylenglykol oder Polyethylenglykolderivate.Mogliche Diisocyanate sind z. B. IPDI, TDI und HMDI. Die Produkteigenschaflendieser PUR-Verdicker ergeben sich nicht nur aus diesen Grundkomponenten; auch das Verhaltnis zwischen hydrophoben und hydrophilen Segmenten spielt dabei eine Rolle. PUR-Verdicker sind in zwei Formen verfiigbar : als Losung in Wasser/organischem Losemittel oder als Pulver. Die Pulverqualitat ermoglicht es, vollstandig losemittelfreie Emulsionsfarben zu formulieren. Das Pulver wird als 3 %ige wal3rige Losung oder als Vormischung in Wasser/Glykol dem Ansatz zugegeben, wobei das Pulver nachtraglich oder in einer Produktionsphase in die Farbe eindispergiert wird.
3.2.2.3
Wirkungsmechanismus
Das Vorhandensein hydrophober und hydrophiler Gruppen im selben Molekul weist auf eine bestimmte Oberfiachenaktivitat hin. Bei einer Losung in Wassser findet die Bildung von Micellen tatsachlich oberhalb einer charakteristischen Konzentration statt. Im Gegensatz zu monomeren Tensiden kann dasselbe Molekul des PURVerdickungsmittels in mehr als einer Micelle vorhanden ~ e i n [ ~ ' ~ ~ ] . Dadurch ergeben sich Strukturen, die die Mobilitat der Wassermolekule verringern und die Viskositat erhohen (Abb. 3.2-18). Die hydrophoben Segmenteim Molekul konnen an der Oberflachevon Polymerdispersionsteilchen und gegebenfalls - abhangig von der Oberflachenstruktur - auch an der Oberflache von Feststoffteilchen wie Pigmente und Fullstoffe adsorbieren.
Micelle
p-,-
I
Abb. 3.2-18. Wirkungsmodell Assoziativverdicker
1
54
3 krdicker
Die Absorption bzw. Assoziation der hydrophoben Gruppen an den Oberflachen der Dispersionsteilchen hat f i r die Viskositatserhohung wahrend des Einsatzes in Dispersionssystemen eine grorjere Bedeutung. Da jedes PUR-Molekul zumindest zwei hydrophobe Segmente enthalt, ist es moglich, dal3 zwei Polymeremulsionsteilchen uber das PUR-Molekul eine gegenseitige Bindung eingehen und damit ein dreidimensionales ,,Skelett" oder Netzwerk bilden. Dieses Netzwerk bewirkt eine Immobilisierung der Bestandteile im Lack und fiihrt somit zu einer Viskositatserhohung. Die Bindung des Polymerteilchens an die Micellen der PUR-Molekule erfolgt in gleicher Weise. Das Ausma13 der Assoziation rnit dem Polymerteilchen hangt von den Eigenschaften der hydrophoben Gruppe und von den Polymeremulsionsteilchenab. Somitwerden feinere Dispersionen(groBereGesamtoberflache)mit einem PUR-Verdicker stirker verdickt als grobere Disper~ionen[~-~~]. Die zwischen dem PUR-Verdicker und den Dispersionsteilchen aufgebaute Struktur ist im wesentlichen gegenuber mechanischen Einwirkungen bestandig, so darj sich ein praktisch Newton'sches Flieljverhalten ergibt. Die rnit einem PUR-Verdickungsmittel erzielte Viskositatserhohung ist die Summe der durch folgende Punkte erreichten Verdickungseffekte: 1) Erhohung der Viskositat des Wassers durch Auflosung des PUR-Polymeren. 2) Micellbildung undoder Bildung von PUR-Micellen. 3) Assoziationen mit Polymerdispersionsteilchen.
Es wurde empirisch festgestellt, da13 bei einer Venvendung in Emulsionsfarben und Beschichtungsmitteln der Effekt der Viskositatserhohung in folgender Reihe abnimmt[3-391. Groljenordnung 3 9 2 9 1 Aufgrund der Bildung von Assoziationen mit Dispersionsteilchenwerden PUR-Verdicker auch als assoziative Verdickungsmittel bezeichnet. Manchmal wird auch die Bezeichnung ,,PU-Verdicker" venvendet (US-Literatur).
3.2.2.4 Eigenschaften der PUR-Verdicker
Generelle Eigenschaften
Die Polyurethan- oder PUR-Verdickungsmittel zahlen auf dem Gebiet der Additive fur wasserverdunnbare Beschichtungsmittel zu den wichtigsten Entwicklungen. Die Eigenschaften dieser PUR-Verdickungsmittel (im Vergleich zu Cellulose-Verdickungsmitteln) sind nachstehend zusammengefarjt: Starken : Verlauf Alkydahnliche Rheologie Deckkraft Hydrophobe Eigenschaften
3.2 Organische Verdicker
55
Geringe Spriihnebelbildung Biostabilitat Schwachen: Ablaufverhalten Vertraglichkeit mit glykolhaltigen Abtonpasten Die verdickende Wirkung wird stark von Assoziationen dieser Verdicker mit Dispersionsteilchen im System beeinflusst. Dazu ist die Zusammensetmg des hydrophoben Segmentes von groljer Bedeutung.
Verdickung im mittleren und im hoheren Schergebiet Fiir die Abhangigkeit der verdickenden Wirkung der PUR-Verdicker im mittleren bzw. im hoheren Scherbereich kann folgende Differenzierung durchgefiihrt werden : ,,Medium-shear " PUR-krdicker
Diese zeigen eine eine starke Viskositatserhohung im mittleren Scherbereich (1 0 bis 1000 s-') und die hiermit verdickten Systeme weisen in diesem Bereich ein fast Newton'sches Flieherhalten und eine hohe Scherstabilitat auf. Unter hoheren Scheranspriichen wird die Netzwerkstruktur in geringem MaBe abgebaut und das Flieljverhalten ist strukturviskos. Diesem Abbau liegen Desorptionsprozesse zwischen dem PUR-Verdicker und dem Polymerteilchen zu Grunde [3-381. Ebenfalls gibt es Hinweise, da13 - besonders in hochpigmentierten Systemen - Deflockulationsprozesseunter den Scherbedingungenzu einer Viskositatsreduzierung fiihren konnen. In welchem MaBe diese Viskositatsabbauprozesse unter hohen Scherbeanspruchungen stattfinden, ist abhiingig von der Bindungsstarke der PUR-Verdicker-Molekle zum Polymerteilchen. ,,High-Shear " PUR-krdicker Diese ebenfalls als Assoziatiwerdicker zu bezeichnenden Verdicker weisen verbesserte Scherbestandigkeit auf, so da13 mit ihrer Hilfe scherstabile Dispersionsfarben und -1acke formuliert werden konnen. High-Shear PUR-Verdicker zeigen ihre hochste Leistung im hoheren Scherbereich, ab einer Scherspannung von etwa 1000 s-'. Diese Verdicker enthalten multifhktionelle hydrophobe Segmente, die fest auf den ublichen Polymerteilchen adsorbiert werden ( Abb. 32-19). Die verdickendeWirkung im Bereich mittlerer und niedriger Schergeschwindigkeit ist gering, so da13 eine msatzliche Beigabe dieser Verdicker moglich ist, ohne da13 die Viskositat im mittleren Scherbereich zu stark beeinflul3t wird. Zur optimalen Einstellung des rheologischen Verhaltens konnen PUR-Verdicker der beiden Gruppen kombiniert werden.
56
3 Verdicker
1
.
a 0
0
.. - .- ...
0
Abb. 3.2-19. Wirkungsmodell High-Shear PUR-Verdicker
Assoziatiwerdicker
’
0
3.2.2.5 Anwendungen Polyurethan-Verdicker ermoglichen die Formulierung wasserverdunnbarer Lacke, deren rheologische Eigenschaften praktisch identisch sind mit den Lacken auf Basis organischer Losemittel. Die zwischen dem PUR-Verdicker und den Dispersionsteilchen aufgebaute Struktur ist gegeniiber mechanischen Einwirkungen im wesentlichen bestandig, so da13 sich ein praktisch Newton’sches Flieljverhalten ergibt (Abb. 3.2-20). Als Folge hiervon werden das Verlaufverhalten, die Schichtdicke und der Streichwiderstand des Lackes optimiert.
l 0
102
10’ o
1.0
103
+
10’
lo3 L
Scherspannung 1s’)
Abb. 3.2-20. FlieDkurve einer Dispersionsfarbe mit PUR-Verdicker
3.2 Organische krdicker
57
Die hohe Viskositat im Bereich einer hohen Scherspannungfiihrt beispielsweise im Vergleich zu Cellulose-Verdickern zu einem besseren Streichwiderstand. PUR-Verdicker verhindern eine Spriihnebelbildungbeim Rollenauftrag. Dies beruht auf dem relativ niedrigen Molekulargewicht des PUR-Molekuls. Gerade wegen ihrer geringen Neigung zur Spriihnebelbildung werden PUR-Verdicker in Dispersionsfarben mit einem mittleren bis hohen Pigmentgehalt eingesetzt und hier im allgemeinen mit Cellulose-Verdickernkombiniert. Die optimalen viskositatserhohendenEigenschaften werden erst nach erfolgter Assoziation mit den Dispersionsteilchen erzielt. Abhangig von der Assoziationsmoglichkeit ist daher eine bestimmte Reifezeit erforderlich, die zwischen zwei Stunden und maximal zwei Tagen liegen kann. Um die Rheologie einzustellen, ist es empfehlenswert, zunachst eine Einstellung der Viskositat im hohen Scherbereich vorzunehmen. Diese Viskositat ist bis zu einem maximalen charakteristischen Systemwert direkt proportional zur Konzentration. Die Viskositat im mittleren und unteren Scherbereich kann zu hoch sein, um einen guten Verlauf sicherzustellen. Durch die Zugabe von Glykolen oder Glykolethern wird die Viskositat in diesen Bereichen verringert. Der gleiche Effekt l a t sich rnit Polyethylenglykol-Additiven oder Tensiden erzielen. Es wird angenommen, dalj diese Tenside die Bildung schwacherer Assoziationsbindungen rnit den Emulsionsteilchen verhindern. 3.2.2.6
Lackformulierung
Viele Komponenten, die ublichenveise bei der Lackformulierung eingesetzt werden, beeinflussen die Wirkung von PUR-Verdickungsmitteln. Aus dem beschriebenen Verdickungsmodell, das hauptsachlich eine Kombination aus Assoziation und Micellbildung umfaljt, geht klar hervor, dalj insbesondere die Komponenten, die sich auf die Assoziation zwischen PUR-Verdicker und Polymerteilchen sowie auf die Micellbildung auswirken, auch die rnit Hilfe des PUR-Verdickers erzielte Verdickung beeinflussen. Folgende Einflusse lassen sich festhalten: -
Tenside, die zur Stabilisierung der Polymerteilchen eingesetzt werden. Diese Tenside stehen hinsichtlich der Assoziationsprozesse in direktem Wettbewerb zum PUR-Verdicker. Es ist ebenfalls moglich, dalj die PUR-Verdicker uber die Tensidmolekiile direkt an den Polymerteilchen adsorbiert werden.
-
Wasserlosliche organische Losemittel wie beispielsweise Ethylenglykol, Glykolether usw. beeintrachtigen die Micellbildung, weil sich die Unterschiede in der Grenzflachenspannung zwischen der Micelle und der kontinuierlichen Phase verringern, d. h. die Zahl der Micellen und damit ihr Anteil an der Skelettbildung nehmen ab.
-
Dispergierhilfsmittel, wie beispielsweise niedrigmolekulare Polyacrylatsalze, werden iiblichenveise zur Dispergierung und Stabilisierung der Pigmente in was-
58
3 Verdicker
serverdiinnbaren Lacken und Beschichtungsmitteln eingesetzt. Nach der DLVOTheorie erhohen die Polyelektrolyte die Anzahl der Molekiile in einer Micelle. Dies bedeutet, darj weniger reine Verdickermolekiile zur ijberbriickung der Micellen oder der Polymerteilchen zur Vefigung stehen. Als Folge davon nimmt die Festigkeit des Skeletts ab. -
Wasserunlosliche Komponenten, wie beispielsweise Filmbildendehilfsmittel, Antischaummittel, haben im allgemeinen eine viskositatserhohende Wirkung. Da solche Produkte in den Micellen aufgelost werden, nimmt das Volumen der Micelle zu und damit zwischen einer Micelle und einem Polymerteilchen ab. Daher konnen mehrere Molekiile, einschlierjlich der niedrigmolekularen PUR-Verdicker, an der Uberbriickung oder Skelettbildung teilnehmen, was eine Skelettverstarkung und somit eine Viskositatserhohung zur Folge hat[3-381.
Die ,,Losemittel" konnen auch die Oberflache der Polymerteilchen aufweichen und damit die Moglichkeiten einer Haftung oder Adsorption der hydrophoben Gruppen des PUR-Molekiils erhohen.
3.2.2.7 Lackeigenschaften
PUR-Verdickungsmittel bestehen aus hydrophoben Polymeren. Im Vergleich zu hydrophilen Verdickungsmitteln, wie beispielsweise Polyacrylaten und Celluloseethern, verringern PUR-Verdickungsmittel das Wasserabsorptionsvermogen des Lackes. Es ist jedoch eindeutig, da13 hier grorje Unterschiede zwischen den verschiedenen PUR-Verdickungsmitteln bestehen und darj die Zusammensetzung und Menge der hydrophoben Komponente eine entscheidende Rolle spielen (Abb. 3.2-2 1).
Verdickungsmittel
Wasseraufnahme des Farbfilms nach 24 h. Gew. %
PUR-Verdicker I PUR-Verdicker 11
22 32,5
PUR-Verdicker I: Wasserunloslich, loslich in E.G. PUR-Verdicker 11: Wasserloslich Abb. 3.2-21. Einflulj auf die Wasseraufnahme
Hinsichtlich ihrer Abriebfestigkeit sind die PUR-Verdicker den hydrophileren Cellulose- und Polyacrylat-Verdickern iiberlegen (Abb. 3.2-22). Die oben stehenden Ausfiihrungenverdeutlichen, darj PUR-Verdicker ihre Aktivitat der Micellbildung und Assoziation mit Dispersionsteilchen verdanken. Es bestehen auch Wechselwirkungen mit anderen Komponenten wie Losemitteln und Additiven.
3.2 Organische Verdicker
59
~
Scheuerfestigkeit nach DIN 53778 Verdicker
%
PUR-Verd. I Hydroxy Ethyl Zellulose Polyakrylat
0,30 0,35
190
200 pm Schicht 7 Tage 28 Tage 949 Zyklen 344 Zyklen 4 12 Zyklen
1020 Zyklen 474 Zyklen 593 Zyklen
Abb. 3.2-22. Einflulj auf die Scheuerfestigkeit
Im Vergleich zu den traditionellen Verdickern bieten PUR-Verdicker interessante Moglichkeiten zur Verbesserung des Verlaufs und der Filmdicke. Auljerdem tritt wahrend des Rollauftrags eine geringere Spriihnebelbildung auf. Die chemische Zusammensetzung von PUR-Verdickern hat einen starken Einflulj auf die Lackeigenschafien, wie beispielsweise Wasserempfindlichkeit,Glanz und WeiOgrad.
3.2.2.8 Handelsprodukte Borchigel L 75N (Borchers GmbH) Coatex BR 100 (Coatex S.A.) SER-AD FX 1010 (SERVO Delden B.V)
3.2.3 Organische Verdicker fur losemittelhaltige Lacke Johan Bieleman 3.2.3.1
Einfuhrung
Organische Verdicker werden erfolgreich eingesetzt zur Optimierung der rheologischen Eigenschaften in Lacken auf Basis organischer Losemittel. Besonders werden Ablaufen und Absetzen durch Zusatz geeigneter organischer Verdicker verhindert. Dazu stehen dem Lackformulierer eine grolje Auswahl an unterschiedlichen Produkten zur Verfiigung. Die Variationsmoglichkeiten im chemischen Aufbau dieser Verdicker sind auljerordentlich vielseitig. Von den anorganischen Verdickern (s. Abschn. 3.1) unterscheiden sich organische Verdicker ofi dadurch, dalj sie eine gewisse Grenzflachenaktivitat aufweisen. Viele dieser Additive werden wahrend der Filmbildung in die Polymermatrix eingebaut.
60
3 krdicker
Damit ergeben diese optimale optische Lackeigenschaften, wie z. B. Glanz. Jedoch zeigen die anorganischen Verdicker meist eine starker verdickende Wirkung. 3.2.3.2
Produktubersicht
Zu den am haufigsten angewandten organischen Verdickern fi r die Verwendung in organischen Losemitteln enthaltenden Lacken gehoren: -
-
hydriertes Ricinusol Polyamide uberbasische Sulfonate
Die Starken und Schwachen dieser Verdicker werden in der Abbildung 3.2-23 aufgelistet. Ebenfalls werden die typischen Eigenschaften verglichen mit den zwei wichtigsten Vertretern der anorganischen Verdicker, den Schichtsilikaten und Kieselsaure-basierenden Verdi~kern[~-~']. Es sei darauf hingewiesen, dal3 es sich bei diesem Vergleich urn sehr allgemeine Eigenschaften handelt; abhangig von der spezifischen Produktqualitat konnen in der Praxis erhebliche Abweichungen festgestellt werden.
Verdicker
Starken
Schwachen
hydriertes Ricinusol
stark thixotrop Verlaufeigenschaften
Temperatursensibilitat ,,Seeding" Losemittelabhangigkeit
Polyamide
Temperaturstabilitat universal
uberbasische Sulfonate
Einarbeitung hoher Glanzgrad Temperaturstabilitat Universal Preis Hitzebestandigkeit
Einarbeitung Zwischenhaftung geringe Wirkung in niedrig pigmentierten Systemen
Schichtsilikate
Kieselsaure
inert Hitzebestandigkeit
Einarbeitung moglicher Glanzverlust Einarbeitung moglicher Glanzverlust
Abb. 3.2-23. Vergleich typischer Verdickereigenschaften
3.2.3.3
Hydriertes Ricinusol
Hydrierte Ricinusole sind die am haufigsten verwendeten organischen Verdicker fur nicht-wal3rige Systeme. Sie gehoren zu der Gruppe der Fettsaurederivate (s. Abschn. 3.2) und werden hergestellt aus gehartetem Ricinusol. Dabei konnen
3.2 Organische Verdicker
61
weitere chemische Modifizierungen vorgenommen werden, wie Amidbildung, Veresterung oder Veretherung. Solche Modifizierungen ermoglichen die Anpaljung an einen bestimmten Anwendungszweck und besonders auch an die Losemittelzusammensetzung des Lackes. Dennoch konnen diese Verdicker, basierend auf hydrierten Ricinusolen, charakterisiert werden als Triglyceride von 12-Hydroxystearinsaure. Dieses Molekul zeigt eine dreidimensionale Struktur und verfiigt uber eine Funktionalitiit zur Bildung von Wasserstoffbriickenuber die Hydroxylgruppen in der Fettsaurekette. Bei ausreichender Konzentration des Verdickers im Lacksystem konnen sich Wasserstoffbriicken bilden zwischen zwei benachbarten Verdicker-Molekulen oder zwischen Verdicker und dem Bindemittel. Diese Wechselwirkungen fiihren zur Bildung von Netzwerken. Solche Netzwerke bewirken eine Viskositatserhohung des Lackes. Jedoch ist die Wirkung nicht ausschlieljlich zuriickzufiihren auf die Bildung von Wasserstoffbriicken. Auch die wachsartige Struktur der hydrierten Ricinusole spielt dabei eine wichtige Rolle. Die beste Verdickung wird erreicht, indem das hydrierte Ricinusol nur teilweise im Lack gelost wird. Die im Lack eingesetzten organischen Losemittel uben einen groljen Einflulj auf die verdickende Wirkung der hydrierten Ricinusole aus. Sowohl die festen als auch die pastenformigen hydrierten Ricinusole mussen zur Einarbeitung in den Lack dispergiert und aktiviert ~ e r d e n [ ~ - ~ ' ] . Wahrend der Dispergierung wird das hydrierte Ricinusol benetzt, dabei bildet sich eine kolloide Gelstruktur. Die Ausbildung dieser Gelstruktur erfolgt in folgenden drei ~tufen[~-~']: Stufe 1 : In dieser Stufe liegt der Verdicker als Pulveragglomerat im BindemitteV Losemittel vor. Stufe 2: Einwirkung von Scherkraften und Warme uber einen bestimmten Zeitraum fiihrt zur Aufspaltung der Agglomerate und zum Quellen des Verdickers im Losemittel. Stufe 3: Bei anhaltender Warme und Scherwirkung uber einen bestimmten Zeitraum werden die im Losemittel gequollenen Teilchen in Primarteilchen aufgeteilt, die fiir die Entwicklung der vollen Aktivitat erforderlich sind. Die optimale Einarbeitungstemperatur liegt allgemein, abhangig von der Modifizierung, zwischen etwa 35 und 70 "C. Hydrierte Ricinusole konnen, wenn sie hohen Temperaturen undoder sehr langen Verweilzeiten ausgesetzt oder teilweise in Losemitteln wie Xylol gelost werden, an rheologischen Eigenschafien verlieren. Beim Abkiihlen oder nach Verdunstung des Losemittels wahrend der Filmbildung kristallisiert der Verdicker aus, die Kristalle werden als kleine Kornchen in der getrockneten Schicht sichtbar. Dieses Phiinomen ist bekannt als ,,seeding". Es ist moglich, ein nur teilweise gelostes organisches Additiv aufzuarbeiten, indem der Lack widrend des Abkiihlens erneut geschert wird. Hierdurch werden die gequollenen Teilchen wieder in ihre rheologisch wirksame kolloide Strukturuberfiihrt [3-421. Hydrierte Ricinusole ergeben eine relativ starke Thixotropie und damit verbunden gute Verlaufseigenschaften der Lackfarbe.
62
3 Verdicker
3.2.3.4 Polyamide
Polyamide gibt es in sehr vielen Zusammensetzungen. Sie werden hergestellt aus verschiedenen Carboxylverbindungen und Aminen. Die Rohstoffe und Konditionen werden so gewahlt, dalj hochmolekulare wachsartige Polymere mit endstandigen Amid-Gruppen entstehen. Die Strukturbildung im Lack kommt einerseits durch Chelatbildung, anderseits durch die Bildung von Wasserstoffbriicken zu Stande. Polyamide quellen in manchen organischen Losemitteln auf, wodurch das molekulare Volumen des Verdickers - und damit auch die Viskositat - stark zunimmt. Im Ruhestand befinden sich die gequollenen, teilweise verknauelten Molekiilketten in einem Zustand idealer Unordnung mit der Folge einer hohen Viskositat. Ahnlich wie bei den Cellulose-Verdickern in wal3rigen Systemen (s. Abschn. 3.2.1) orientieren sich die Molekiile bei zunehmender Scherung parallel zur Stromungsrichtung. Dadurch konnen die Molekiile einfacher aneinander vorbeigleiten, was sich in einer geringeren Viskositat ausdriickt. Mit Polyamiden verdickte Lacke weisen daher eine ausgepragte Strukturviskositat auf. Polyamide miissen wahrend der Einarbeitung voll dispergiert werden. Manche Typen benotigen, wie dies der Fall ist bei den hydrierten Ricinusolen, ebenfalls eine minimale Einarbeitungstemperatur. Im Falle von bestimmten Polyaminoamiden ist diese Einarbeitungstemperatur so hoch, dalj die Verdicker wahrend der Bindemittelherstellung bei Temperaturen iiber 150°C zugegeben und in das Bindemittelmolekiil chemisch eingebaut werden. Polyamide konnen die Zwischenhaftung der Lackschichten nachteilig beeinflussen [3-411. Angenommen wird, dalj die Polyamidmolekiile in der Lackschicht zur Grenzflache Lackschicht/Luft migrieren, wodurch die Haftung der folgenden Schichtes negativ beeinfluljt wird.
3.2.3.5 Uberbasische Sulfonate
ijberbasische Sulfonate gehoren zu den neuesten Verdickern fi losemittelhaltige Lacke. Diese Sulfonate werden hergestellt aus z. B. Calciumsulfonaten in einem organischen Losemittel. Diese neutralen Calciumsulfonate werden einem Carbonisierungsprozelj untenvorfen, um basisches Calciumsulfonat der folgenden Struktur zu erhalten: (R S03)2pCa++.xCaC03 R = Alkyl und/oder Arylgruppe
x = 1 ...20
In dieser Formulierung liegt das Calciumcarbonat in kolloid dispergierter amorpher Form vor, als Losemittel wird ein organisches Losemittel venvendet [3-431. Das basische Calciumcarbonat wird anschlieljend in eine kristalline Form umgewandelt. Die Mikrokristalle haben eine Groljenordnung von 0,5 bis 3 pm.
Literatur
63
Calciumsulfonat-Molekule werden uber die polare Sulfonatgruppe auf den Calciumcarbonatteilchen adsorbiert. h e r van-der-Waals Krafie entstehen Wechselwirkungen zwischen den apolaren Segmente der adsorbierten Sulfonatmolekule. Als Folge dessen werden Mikrostrukturen gebildet, wodurch die Viskositat erhoht wird. Das erreichte rheologische Verhalten ist stark strukturviskos. Ein wesentlicher Vorteil dieser Verdicker ist ihre leichte Einarbeitung. Die uberbasischen Verdicker sind fliissig und erreichen optimale Wirkung durch leichtes Einriihren. Die Gelstrukturen, die mit basischen Sulfonaten erzielt werden, sind sehr temperaturstabil. Die Vorteile umfassen weiter ein gutes Ablaufvehalten - die Ablaufneigung frisch applizierter Lackschichten lafit sich leicht zu unterdriicken und keinen Glanzverlust. Eine Einschrhkung ist ihre hohe Alkalitat, diese Verdicker konnen nicht mit sauren Katalysatoren kombiniert werden. Die hochste Effektivitat wird in hochpigmentierten Systemen erreicht.
3.2.3.6
Handelsprodukte
Thixcin R (Rheox Inc.) Irgagel (Lubrizol Inc.) SER-AD FX 2050 (SERVO-Delden B.X)
Literatur Literatur zu Abschnitt 3.0 [3-11 Seminarbuch ,,Physica Rheologiekurs ",ThIS Scientific B.V,1 1 November 1991 [3-21 Patton,T.C., Paint Flow and Pigment Dispersion, Wiley-Interscience, New York, 2. Auflage, 1978 [3-31 Rheologie-Handbuch,Firmenpublikation der Kronos Titan, Leverkusen [3-41 SchulGe, W., Werle, R., Dispersions-Silikatsysteme, Expert Verlag TAW Esslingen, S. 378
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64
3 Verdicker
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4 GrenzflachenaktiveVerbindungen Johan Bieleman
Unter grenzflachenaktiven Verbindungen versteht man meist niedermolekulare Substanzen, die sich aus einer Losung an Grenzflachen anreichern. Bei der Anreicherung bilden die grenzflachenaktiven Verbindungen molekulare Filme, wodurch die Eigenschaften der Systeme nachhaltig beeinfluBt werden. Es kommt dabei infolge Anreicherung zu einer Reduktion der Grenzflachenspannung zwischen beiden angrenzenden Phasen. Bei der Grenzflachenspannunghandelt es sich um Krafie im Grenzbereich zweier Phasen. Die Bedeutung dieses physikalischen Begriffes wird dadurch anschaulich gemacht, daB die Eigenschaften einer Substanz, z. B. einer Flussigkeit, zweidimensional betrachtet werden. Die Molekule im Inneren der Fliissigkeit sind nach allen Seiten etwa gleichstarken Bindungkraften unterworfen. Auf Molekiile in der obersten Schicht dagegen werden vorwiegend Kohasionskrafte in Richtung auf das Innere der Flussigkeit ausgeubt. Die Bindungskrafte mit der Luft sind aderst gering und zu vernachlassigen. Um ein Molekiil aus dem FliiBigkeitsinneren in die HuBere, weniger stark gebundene Schicht zu bringen, murj Arbeit aufgewendet werden. Diese reversible Arbeit pro Einheit der Oberflache ist die spezifische Grenzflachenspannung und wird gewohnlich angegeben in N m-'. Die Grenzflachenspannungy gibt die fieie (oder Gibbs'sche) Energie pro Oberflache wieder. Die freie Energie ist immer positiv. Die VergroSerung der Grenzflache eines Systems beinhaltet damit eine Zunahme der auf die Flacheneinheit bezogenen freien Energie (genauer : Enthalpie), die zugefiihrt werden muB. Eine Vergroflerung der Grenzflache wird somit nie spontan erfolgen. In der Gleichung e
dG dF bedeuten G die freieEnthalpie, F die Flache und y die Grenzflachenspannung. Der Begriff Oberflachenspannung ist ein Sonderfall der Grenzflachenspannung und wird allgemein fiir Grenzflachen mit Gas (Luft) als eine der zwei Phasen betrachtet. Typische Obefflachenspannungeneiniger Losemittel und Bindemittel werden in Abbildung 4-1 und fiir feste Substrate in Abbildung 4-2 aufgelistet (s. auch Abschn. 6.1.1.2). Die Grenzflachenspannungist wesentlich bei der Herstellung, Lagerung undverarbeitung eines Lackes, manche Eigenschaften des ausgehirteten Lackfilms werden direkt von ihr beeinfluljt. y=->o
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4 Grenzflachenaktive Verbindungen
Lose- und Bindemittel
Oberflachenspannung in mN m-'/20 "C
Wasser Ethy lenglykol lsobutylacetat Xylol Lackbenzin Butylacetat n-Heptan Silikonol n-Oktan M el aminharze Alkydharze Polyacrylate
72,s 48,4
25,5 32 26 27,6 20,4 18 21,s 42 ... 58 26 . ..60 27 . ..40
Abb. 4- 1 . Oberflachenspannungen einiger Lose- und Bindemittel
Substrate
Oberflachenspannung in mN m-'/20 "C
Glas Phosphatisierter Stahl PVC Polystyrol Polyethylen Polypropylen PTFE
73 43 ...4 6 39 ...42 36 ...42 32 ...39 28 19
Abb. 4-2. Oberflachenspannung einiger Substrate
In Farben und Lacken unterscheiden wir folgende Grenzflachen: -
-
Fliissig/Luft : Fest/Luft:
Pigmentbenetzung,Verlaufund Filmbildung, Entschaumung Pigmentbenetzung und Stabilisierung, Untergrundbenetzung, Lackfilmqualitat Flussig/Flussig: Pigmentbenetzung Haftung, mechanische Eigenschafien des Lackes Fest/Fest:
Die Benetzung eines Pigmentes durch die Flussigphase (Bindemittel, Losemittel, Additive) ist umso besser, je niedriger die Grenzflachenspannung ist. Eine gute Benetzung des Substrates ist eine von mehreren Voraussetzungen fur eine gute Haftung. Im vorliegenden Kapitel werden Additive beschrieben, deren Wirkung in groDem MaBe von der Grenzflachenaktivitat abhangt. In den Abschnitten 5.1 und 6.1 werden ebenfalls Additive beschrieben, die eine starke Grenzflachenaktivitat aufweisen.
4.1 Netz- und Dispergiermittel Johan Bieleman
4.1.1 Einfuhrung Unter Dispergieren versteht man die homogene Verteilung von Feststoffen in einem flussigen Medium. Beim Dispergieren mussen die Haftkrafte, die zwischen feinsten Feststoffpartikeln wirksam sind, uberwunden werden. Bei der Betrachtung von Farben und Lacken sind die Pigmente und Fullstoffe charakteristische Beispiele von Feststoffen. Als Flussigmedium sollen besonders Wasser und Bindemittel/Losemittelbetrachtet werden. Wird das Pigment nicht richtig dispergiert, resultieren daraus negative Eigenschaften. Hierzu gehoren zum Beispiel lange Dispergierdauer, hohe Herstellkosten, Verlust an Lackqualitatseigenschaften wie Farbstarke, Verteilungsgrad der Pigmente und Fullstoffe, Bodensatzbildung, Trennung der Phasen und schlechtere Applikationseigenschaften. Nach der Applikation der Lackfarbe fiihren diese mangelhaften Eigenschaften zu minderwertiger Deckfahigkeit und Glanzgrad und manchmal zu Oberflachenstorungen sowie sichtbaren Farbunterschieden in der Lackschicht. Ein zusatzlicherNachteil ist, dal3die Eigenschaftendes oft teuren Pigments unzureichend ausgenutzt und damit die Rohstoffkosten der Farbe unnotig erhoht werden. Es ist deswegen auljerst wichtig, Methoden anzuwenden, die es ermoglichen, das Pigment optimal zu dispergieren und gegen Flockulation zu stabilisieren. Hierzu werden geeignete Pigmentdispergiermittelverwendet. In diesem Kapitel werden Prozesse, die bei der Dispergierung und Stabilisierung von Pigmenten und Fullstoffen in Farben und Lacken eine wichtige Rolle spielen, erlautert. Auljerdem wird auf die Eigenschaften und Anwendung der Dispergiermittel detailliert eingegangen.
4.1.2 Begriffsbestimmungen 0
Agglomerate sind Ausflockungen von Primarteilchen undoder Aggregaten, deren Flachen uber Kohasionskrafte miteinander verbunden sind. Die Gesamtober-
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4 Grenzfiachenaktive Verbindungen
Quaderformig Kugelformig
Stabformig
Unregelmassig geformt
Primarteilchen (nach DIN 53206, BI. 1)
Aggregate (nach DIN 53206, BI. 1 )
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Agglomerate (nach DIN 53206, BI. 1)
Abb. 4.1-1. Primarteilchen,
Aggregate, Agglomerate
flache der Teilchen ist gegenuber der Oberflachensumme der einzelnen Bestandteile nicht wesentlich verandert (Abb. 4.1 - 1). 0
Aggregate bestehen definitionsgema aus uberbriickten Primarteilchen (miteinander venvachsenen Kristalliten), deren gemeinsame Oberflache bedeutend geringer ist als die Summe der Oberflachen der einzelnen Teilchen (Abb. 4.1-1). In der Praxis lassen sich die Unterscheidungen zwischen Aggregate und Agglomerate nicht immer eindeutig treffenE4-’].
0
Brownsche Bewegung. Unter dem Mikroskop beobachtbare dauernde, spontane Bewegungen von feinsten, in einer Flussigkeit suspendiertenTeilchen.
0
Dispergierbarkeit beschreibt den Aufwand, der notig ist, um die Pulverteilchen in einer kontinuierlichen fliissigen Phase zu verteilen, so dalj jedes Teilchen vollkommen von der Flussigkeit umgeben ist und mit anderen Teilchen keinen andauernden Kontakt mehr hat.
0
Dispergiermittel sind Additive, die die Verteilung der dispergierten Phase (Feststoffe) in der kontinuierlichen Phase (Dispersionsmittel/Flussigphase)wahrend der Herstellung, Lagerung undoder Verarbeitung verbessern.
0
Dispergierung beschreibt sowohl den gesamten Prozel3, als auch die Teilprozesse, bei denen pulverformiges Material mit Flussigkeiten gemischt wird, mit dem Ziel, dal3 schliefllich alle Partikel gleichmaig im Flussigmedium verteilt sind.
4. I Netz- und Dispergiermittel
71
0
Flockulate sind lose Ausflockungen von Pigmentteilchen, in denen die Anziehungskrafie zwischen den Teilchen schwacher sind als in Aggregaten und sehr vie1 schwacher als in Agglomeraten.
0
Grenzflachenaktive Substanzen sind solche Verbindungen, die sich in einer Flussigphase derartig verteilen, darj ihre Konzentration an der Grenzflache groljer ist als im Inneren des Flussigmediums, wodurch eine Herabsetzung der Grenzflachenspannungder Flussigphase erreicht wird.
0
Der isoelektrische Punkt ist die Bezeichnung fiir denjenigen pH-Wert einer warjrigen Losung, bei dem geloste amphotere Elektrolyte ungeladen erscheinen.
0
Kolloide sind Stoffe in einem sehr fein verteilten Zustand (Teilchendurchmesser 0,Ol bis 1 pm)
0
Mahlung ist die Teilchenverkleinerung von Pigmenten. Sie ist als ein uberholter Begriff anzusehen, da praktisch alle Pigmente bereits in einer endgultigen zwar flockulierten - PrimargroSe angeboten werden (sog. micronisierte Pigmente).
0
Unter dem Begriff Mahlpaste versteht man die Zusammensetzung eines Dispergieransatzes aus festen und flussigen Bestandteilen.
0
Netzmittel sind Additive, die zur Gruppe der grenzflachenaktiven Substanzen gehoren. Sie bestehen aus amphophilen Molekiilen, die die Einarbeitung von Feststoffen in ein flussiges Medium erleichtern.
0
Primarteilchen sind die kleinsten bei der Herstellung des Feststoffes anfallenden Teilchen. Bei Pigmenten und Fullstoffen handelt es sich um kleine Kristalle, bei denen bei einer weiteren Vermahlung Bruchflachen innerhalb des Kristallgitters entstehen (Abb. 4.1-1). Im trockenen Zustand lagern sich die Primarteilchen zu Agglomeraten und Aggregaten zusammen.
0
Zetapotential ist die Bezeichnung fir die Galvanispannung im diffisen Teil der elektrochemischen Doppelschicht an der Grenzflache zweier nicht mischbarer Phasen, z. B. Pigmentteilchen und Flussigphase.
4.1.3
Der DispergierprozeD
Die Qualitat eines Lackes wird in hohem Masse vom Dispersionszustand der Pigmentpartikel im flussigen Medium bestimmt. Eine vollstandige Dispergierung der Pigmente ist die Voraussetzung fir eine optimale Farbstarke-Entwicklung, ein gutes Deckvermogen, einen hohen Glanz sowie eine gute Wetterbesthdi keit und kann auch die mechanischen Eigenschaften des Lackfilms verbessern [4-*,E31 Der Dispergierprozess kann als Vorgang betrachtet werden, in dem die fest/gasformigen Grenzschichten in festlflussige Grenzschichten umgewandelt werden mit dem Ziel, die Pigmentteilchen einzeln zu verteilen und in diesem Zustand zu stabilisieren.
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4 Grenzflachenuktive Verbindungen
Der Dispergierprozess beinhaltet also das Benetzen der Pigmentagglomerate und -aggre ate, dazu noch das Zerteilen der Agglomerate und das Nachbenetzen der~elben~-~]. Das Ziel der Dispergierung ist die vollstandige Zerteilung der Pigmentflockulate, -agglomerate und -aggregate in fein verteilte Primarteilchen. Die Stabilisierung des einmal erreichten Zustandes, d. h. die Verhinderungder Ausflockung, ist eine wichtige Voraussetzung fiir optimale Lackeigenschaften. Ein optimaler Dispersionszustand setzt daher nicht nur eine gute Dispergierung voraus, sondern ebenso eine optimale Dispersionsstabilitat. Folgende Lackeigenschaften hangen in teilweise betrachtlichem Umfang von der Dispersionsstabilitat ab: -
-
-
Lagerstabilitat im Gebinde Deckvermogen und Ergiebigkeit Erreichbarer Glanzgrad und Glanzhaltung Verarbeitbarkeit Farbton und Farbtonstabilitat
Beschrieben nach der aufzuwendenden Energie wird die maximale Dispergierbarkeit definiert als
wobei Eminfur die theoretisch minimal aufzuwendende Energiemenge und D,, fur die maximale Dispergierbarkeit ~ t e h t [ ~ ' ~ ] . Folglich hat die Dispergierbarkeit die Dimension Masse pro Energie und ist daher ein direktes Ma13 fur die Menge an Pulver, die unter Anwendung einer bestimmten Energie in der Flussigkeit dispergiert werden kann. Da in der Praxis kein Verfahren mit 100%iger Ausbeute ablauft, mulj ein Wirkungsfaktor K e eingefuhrt ~ werden, der den realen Bedingungen Rechnung tragt. Es gibt also folgende Beziehung:
wobeiO
4.1 Netz- und Dispergiermittel
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4.1.3.1 Die Pigmentbenetzung Das pulvefomige Pigment enthalt - abhangig von der Hydrophilie der Pigmentobefflache - eine Schicht adsorbierten Wassers oder adsorbierter Luft. Da die Pigmente nicht als Primarteilchen, sondern in Fom von Agglomeraten und Flockulaten angeliefert werden, ergeben sich zwischen den Pigmentpartikeln grolje Hohlraume, die mit Luft und Wasser ausgefiillt ~ i n d [ ~ - ~ ’ ~ - ’ ] . So sind in vier Volumenteilen des Ti02-Pigmentpulvers etwa drei Volumenteile Lufi enthalten, d. h. das Pigment liegt in einer Pigmentvolumenkonzentration von nur 25% in Luft verteilt vor! Diese Luft/Wasser-Mengen mussen wahrend des Netzvorganges durch die flussige Phase, in der das Pigment dispergiert wird, ersetzt werden. Die Adsorptionsenergien der Losemittel oder Harze reichen ublicherweise nicht aus, um die Pigmentbenetzung zu bewerkstelligen.
Benetzungstheorie Die Vorgange wahrend des Benetzungsprozesseswerden von den charakteristischen Eigenschaften der Flussigphase und der Pigmentobefflache, dem Ausmarj der Zwischenraume in den Agglomeraten und der Art des mechanischen Prozesses, mit deren Hilfe die Komponenten miteinander verarbeitet werden, bestimmt. Die Benetzung eines Feststoffes durch einer Flussigkeit wird annahernd berechnet nach Young’s Gleichung (Abb. 4.1-2 und 4.1-3):
oder anders ausgedriickt: cos 6 = (Ysv - Ysl)/YIv (4) wobei ysv = die Grenzflachenspannungzwischen Feststoff und Luft ysl = die Grenzflachenspannung zwischen Feststoff und Flussigphase ylv = die Grenzflachenspannungzwischen Flussigphase und Luft, 8 = der Kontaktwinkel zwischen Feststoff und Flussigphase Wenn 0 < 90” ist, wird die Benetzung beschleunigt bei einer Reduzierung von ylv. Dies fiihrt unmittelbar zu der Schluljfolgerung,darj die Venvendung von Netzmitteln, die sowohl ylv als auch ysl reduzieren, besonders zu empfehlen sind. Leider ist der Benetzungsvorgang doch noch komplizierter. Mehrere Benetzungsvorgange spielen eine Rolle.
Abb. 4.1-2. Kontaktwinkel nach Young
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4 Grenzjlachenaktive Verbindungen Konkrktwinkel ~~
0
= 180°
Benetlung -
schlecht
schlecht
schlecht/
massig
gut
Abb. 4.1-3. Kontaktwinkel und
w= u
Benetzung
s~onton
Nach Parfitt wird der Benetzungsvor ang einer Feststoffoberflache durch ein flussiges Medium in drei Stufen unterteilt' 8 (Abb. 4.1-4) : -
Adhasion (Anderung von A nach B in Abb. 4.1-4) Immersion (Anderung von B nach C in Abb. 4.1-4) Spreiten (Anderung von C nach D in Abb. 4.1-4)
Die benotigte Arbeit zur Benetzung von 1 cm2 einer Oberflache wird durch den Unterschied in Grenzflachenenergie vor und nach der Benetzung angegeben: w d = Ysl
- 7s"
Wd = Dispersionsarbeit A
B
C
D
Flussig
Abb. 4.1-4. Benetzungsvorgang
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4.I Netz- und Dispergiermittel
Die Dispersionsarbeit ist die Summe der Adhasions- (W,), Immersions- (K), und Spreitungsarbeit ( W,):
w, = w,+ w,+ ws
(6)
Aus Gleichung (3) kann, unter der Voraussetzung, daB die Feststoffoberflache im Gleichgewicht mit dem Dampf der Flussigkeit ist, folgende Beziehungen fiir die Energieanderungenvon W,, die Adhasionsarbeit, ermittelt werden:
w,= Ysl
-
(Ylv + Ysv) = -Ylv
(cos 8 + 1)
(7)
Genauso fiir die Immersionsarbeit K: = 4ysl - 4ysv = -4y,,
cos 8
(8)
und fiir die Spreitungsarbeit Ws:
ws = (Ysl + Yl")
- Ysv = -Y1v
(cos 8 - 1)
(9)
Hieraus folgt, daB die Adhasionsbenetzungautomatisch, die Immersionsbenetzung nur bei 8 < 90" und die Spreitung nur bei 8 = 0" hervorgerufen wird. Dergesamte Prozel3 der Benetzung von auBeren Oberflachen lauft also nur freiwillig ab, wenn der Kontaktwinkel 8 = 0" ist. In allen anderen Fallen ist ein erheblich groBerer Arbeitsaufwand erforderlich, um eine vollkommene Benetzung zu erreichen. Durch Zusatz von oberflachenaktiven Substanzen wird der Kontaktwinkel und damit die fiir die Benetzung erforderliche Arbeit verkleinert. Der EindringungsprozeBder Fliissigkeit in die Hohlraume der Agglomerate ist auBerst kompliziert und im hohen MaBe von der Geometrie des Feststoffes abhangig. Im einfachsten Falle eines zylindrischen Schlauches mit gleichbleibendem Profil erfolgt das Eindringen in Abwesenheit von Luft nur spontan, wenn 8 < 90" ist. Normalerweise befindet sich doch Lufi in diesen Zwischenraumen, deren Druck erheblich ansteigt, wenn die Flussigkeit in die Hohlraume eindringt. Ware die Flussigkeit einma1 durch die Zwischenraume hindurch eingedrungen, wiirde der Luftdruck innerhalb der Agglomerate ansteigen. Damit wird die vollstandige Benetzung unmo lich gemacht. Bei Lufieinschlul3tritt eine vollstandige Benetzung nur bei 8 = 0" ein[ 'I. Die Geschwindigkeit, mit der die Benetzung erfolgt und mit der die Flussigkeit in die Zwischemiume der Agglomerate eindringt, wird Gr horizontale Kapillaren mit konstantem Querschnitt nach der Washburn-Gleichung berechnet :
B
wobei
I2
=r
1
=
- t . ylv- cos 8 1 2 ~ die Penetrationstiefe innerhalb die Zeit t
= die Viskositat des fliissigen Mediums ylV = GrenzflachenspannungFlussigmedium
darstellt
8
=
r
=
Kontaktwinkel Radius der Poren
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4 Grenzflachenaktive Verbindungen
Aus Gleichung (10) folgt, dal3 fur eine schnelle Penetration eine hohe Oberflachenspannung der Flussigkeit und ein kleiner Kontaktwinkel rnit der festen Oberflache ausschlaggebend sind. Unglucklicherweise konnen beide Voraussetzungen im Normalfall nicht erreicht werden; klar ist, dal3 ein geringer Kontaktwinkel, 8-Wert, ein wesentliches Erfordernis ist. Fur die Anwendung fir Pulver konnen wir anstelle von Y aus Gleichung (1 0) einen Faktor K nehmen, wobei K einen mittleren ,,Effektiv-Radius" der Poren im locker zusammengepackten Pulverbett enthalt, als auch einen Kriimmungsfaktor fiir den komplexen Verlauf der Poren :
l2 = K*t-yl;cos 8 1 2 ~
(1 1)
Fur die Praxis konnen wir aus der Gleichung (1 1) entnehmen, dal3 das Eindringen von Flussigkeit in das Pulverteilchen leichter erfolgt, je groljer K ist. Das heiDt, dal3 locker gepackte Teilchen, rnit groben Poren, wie bei groben Pigmentpulverteilchen meistens der Fall, schneller benetzt werden als fein verpackte Pulverteilchen. Die Benetzung von feinteiligen Pigmentpulverteilchen wird deswegen immer schwieriger als die Benetzung gleicher Pigmente mit groberen Teilchen sein. Auch konnen wir aus Gleichung (1 1) entnehmen, dal3 die Penetrationsgeschwindigkeit erhoht wird, wenn die Viskositat gering und die Oberflachenspannung hoch ist. Letztere nimmt in den meisten Fallen bei einem polaren Harz rnit dem Feststoffgehalt Z U [ ~ - ' ~ ' .In der Praxis ist es notwendig, zwischen Bindemittelgehalt und Oberflachenspannung einen Kompromilj zu finden. Je kleiner der Kontaktwinkel, desto leichter erfolgt das Eindringen der Flussigkeit in die Poren. Durch Einsatz von grenzflachenaktiven Substanzen, hier rnit Netzmittel bezeichnet, laljt sich der Kontaktwinkel stark zu beeinflussen. Die Zugabe solcher Netzmittel ist fiir den Benetzungs- und Desagglomerisierungsprozelj,sowohl in bezug auf die aufzuwendende Arbeit als auf die Erhohung der Geschwindigkeit, von grol3er Bedeutung. Als Netzmittel haben sich in der Praxis besonders niedermolekulare grenzflachenaktive Verbindungen bewahrt, die im Molekul mehrere, chemisch unterschiedliche, adsorptionsfahige Gruppen enthalten. Derartige multifunktionelle Netzmittel lassen sich zur Benetzung verschiedener Pigmentqualitaten einsetzen. Wahrend des Pigmentbenetzungsprozessesfihrt die Benetzung der Pigmentteilchen zum Teil zu einer spontanen Zerteilung der Pigmentagglomerate. Die ubrigen Agglomerate und Aggregate werden mechanisch zerteilt.
4.1.3.2 Mechanische Zerteilung
Die Pigmentflockulate, -agglomerate und -aggregate werden wahrend dieses Schrittes im Dispergierprozel3 durch Zufuhr mechanischer Energie - um die Wechselwirkungen der Feststoffteilchen untereinander zu uberwinden - in kleinere Teilchen zerteilt. Hierzu wird der Mahlgutansatz rnit Dispergiergeraten dispergiert.
4.1 Netz- und Dispergiermittel
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Das verwendete Dispergiergerat spielt eine wesentliche Rolle im mechanischen Zerteilungsschritt und unterstiitzt dazu auch den Benetzungsvorgang. Fur leicht dispergierbare Systeme wird der Dissolver haufig eingesetzt. Bei hohen Anforderungen an die Feinheit oder bei schwerdispergierbaren Pigmenten reicht eine Dispergierung mit dem Dissolver nicht aus. In diesen Fallen haben sich als Dispergiergerate schnellaufende Riihrwerkkugelmiihlen wie Perlmuhlen besonders durchgesetzt[+']. Die neu entstandenen kleineren Teilchen mussen sofort gegen eine erneute Zusammenlagerung (Ausflockung oder Flockung) geschutzt werden.
4.1.3.3
Stabilisierung
Nicht nur wahrend der Herstellung, sondern auch wahrend der Lagerung und der Verarbeitung sol1 das dispergierte Pigmentteilchen gegen Ausflockung geschutzt werden, um Nachteile wie Farbveranderungen, Bodensatzbildung,Viskositatsanderungen usw. zu vermeiden. Aufgabe des Pigmentdispergiermittels ist es, die optimalen TeilchengroSen in der Dispersion zu stabilisieren. Als Folge von Brown'schen Bewegungen kommt es in dispersen Systemen dauernd zu Zusammenstoljen der Pigmentteilchen. Eine unzureichende Stabilisierung der Teilchen kann dann zu Ausflockungen fiihren[4-21. Bei der Annaherung von zwei dispergierten Pigmentteilchen treten Wechselwirkungskrafte - sowohl Anziehungskrafte als auch Abstohngskrafle - zwischen diesen Teilchen auf. Anziehungskrafte,die zwischen den kolloid dispergierten Pigmentteilchen wirken, sind :
- London-van der Waals-Krafte, d. h. zwischenmolekulare Krafte mit Reichweiten von wenigen Molekiildurchmessern. Es handelt sich dabei um elektromagnetische Anziehungskrafte, entstanden aus Wechselwirkungen zwischen den Dipolen in den Teilchen. Die London-van der Waals-Krafte sind in kolloiden Dispersionen, also in Dispersionen mit maximalen Teilchengroljenvon 1 pm, die dominierenden Anziehungskrafte. Die Starke dieser Kraft hang von der Zusammensetzung der Teilchen und dem Dispersionsmedium ab. In der Regel ist die Sti-irke dieser Kraft proportional der Teilchengrolje und umgekehrt proportional dem Abstand zwischen den Teilchen. - Polymerbriicken bei adsorbierten Polymeren. - Wasserstoffbriickenbindungskrafte zwischen Donator- und Akzeptorgruppen. Ihre Reichweite ist geringer als die der London-van der Waals-Krafte, ihre Bindungskraft ist dagegen groser. - Elektrostatische Anziehungskrafle durch auf den Grenzflachen angeordnete Ladungen. Bei groberen Pigmentteilchenwird die Stabilitat zudem noch von Gravitationskraften beeinflat. Wirksame Abstohngskrafte, uber die eine Stabilisierung erfolgen kann, sind:
78
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
-
Ionenkrafte infolge AbstoSung durch die Grenzflachenladungen nach dem Coulombschen Gesetz. Diese Stabilisierung einer Dispersionen, wobei Ion-AbstoSungskrafte dominieren, ist bekannt als elektrostatische oder auch als Coulombsche Stabilisierung (Abb. 4.1-5).
-
AbstoSung durch adsorbierte Polymerschichten (sterische Stabilisierung) (Abb. 4.1-6).
Abb. 4.1-5. Elektrostatische Stabilisierung
Elektrostatische Stabilisierung ;DLVO-Theorie
Stabilisierung disperser Systeme durch elektrostatische AbstoSung tritt ein, wenn die dispergierten Teilchen eine gleichartige elektrische Ladung besitzen. Diese Ladung kann auf verschiedene Arten entstehen. Folgende drei Mechanismen sind dabei moglich: -
-
-
Dissoziation von ionogenen Gruppen, die sich auf der Oberflache der Teilchen befinden Adsorption von nur einer Art von Ionen oder Adsorption entgegengesetzt geladener Ionen in unterschiedlichem Ausmarj Eine ungleichmarjige Anzahl an gelosten Gegenionen
Die klassische Theorie, die die Wechselwirkung zwischen den London-van der Waals-Anziehungskraften und den elektrostatischen Abstorjungskraften beschreibt,
4.1 Netz- und Dispergiermittel
79
ist als DLVO-Theorie bekannt und wurde unabhiingig von Derjaguin und Landau sowie von Verwey und Overbeek erarbeitetL4-''I. Zusammengefaljt beinhaltet die DLVO-Theorie folgendes: Dispergierte Teilchen unterliegen zwei Kraften mit groljem Einfldbereich, die die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, da13 zwei Teilchen flockulieren, wenn sie unter dem Einflulj der zufalligen Brown'schen Bewegung zusammenstoljen. Diese Krafte sind: -
die London-van der Waals-Anziehungskrafte die elektrostatische AbstoBung zwischen elektrischen Doppelschichten gleicher Ladung.
Diese Krafte sind vollig unabhangigen Ursprungs und konnen gesondert bewertet werden. Um das gesamte Energiepotential als Funktion des Abstands zwischen beiden Teilchen zu erhalten, mu13 neben der abstol3enden Kraft auch die anziehende Kraft beriicksichtigt werden. Die Wechselwirkung zwischen den Teilchen wird dadurch erzielt, dalj die f i f t e fir jede Distanz zwischen den Teilchen miteinander addiert werden. Die Wechselwirkung zwischen zwei geladenen Teilchen wird als Iherlappung ihrer elektrischen Doppelschichten angesehen, welche die AbstoSung bewirkt. Wenn die Anziehungskraft die elektrostatische Abstoljung ubersteigt, wird die Dispersion nicht stabil sein. Wenn die elektrostatische Abstoljung die Anziehungskraft uberschreitet und die Hohe der resultierenden Energiebarriere groljer ist als kT (thermische Energie), so ist die Flockulationsrate nahezu null (Abb. 4.1-7) In diesem Diagramm der Potentialenergie(Abb. 4.1-7 ) wird gezeigt, wie V, mit zunehmenden Abstand, abhangig von der Dicke der elektrostatischen Doppelschicht, exponentiell abnimmt. V, zeigt eine fast gegenlaufige Abhangigkeit vom Quadrat des Teil~henabstandes[~-'~]. Der Verlauf der Kurve fiir die gesamte Potentialenergie wird weitgehend von V, bestimmt und hangt deshalb von der Elektrolytkonzentration ab. Die V,,,-Kurve fir Dispersionen in waljrigen Systemen weist immer zwei Minima auf. Das erste Minimum kommt durch eng miteinander verbundene Teilchen ,die daher schwer zu trennen sin4 zustande. Abstossung
Teiichenabstond
sek. Minimum
Anziehung
Abb. 4.1-7. Mechanismus der elektrostatischen Stabilisierung (DLVO-Theorie)
80
4 Grenzjlachenuktive Verbindungen
Das zweite Minimum resultiert aus einem eher losen Verbund (Flockulate), der durch relativ niedrige Energiezufuhr, also schon unter geringen Scherkrafte, zerstort werden kann, sich aber zuriickbildet, wenn diese nicht mehr wirken (thixotropes System). Ein zweites Minimum ist fur kolloide Teilchen in Medien mit niedriger Dielektrizitatskonstantetheoretisch nicht moglich, es sei denn, dal3 andere Faktoren als die Ladung wirksam werden. Falls die Energie aus ZusammenstoOen, induziert von Brown'schen Bewegungen oder mechanischen Einflussen, zwischen den Teilchen grol3 genug ist, um das Energie-Maximum, Vmax, ubenvinden zu konnen, fallen die Teilchen in das erste Minimum, d. h. die Teilchen agglomerieren oder bilden Aggregate. Vie1 Energie ist erforderlich, um diese Agglomerate wieder aufzubrechen. Als Ma13 fir die elektrostatische Stabilitat von kolloiden Suspensionen dient das Zetapotential der Feststoflleilchen in der Suspension. Eine Hauptaufgabe des Dispergiermittels ist es, das Zetapotential an der Pigment/Fullstoff-Grenzflache zu einer gesamten Negativ-Ladung zu andern, damit die Anziehungskrafte eliminiert werden. Bei der relativen Verschiebung zweier nicht mischbarer Phasen z. B. Pigment und Flussigphase nehmen die Ionen des diffusen Teils der elektrochemischen Doppelschicht an der Bewegung der flussigen Phase teil, wahrend die Ionen der dichten Schicht mit der festen Phase zusammenbleiben. Daher wird die Teilnahme der Ionen der diffusen Schicht an der relativen Flussigkeitsbewegung nicht durch das gesamte interphasische Potential (thermodynamisches Potential) charakterisiert, sondern auschliel3lich durch jenen Teil, der die Potentialverringerung im Gebiet der diffusen Schicht darstellt. Als Zetapotential oder auch elektrokinetisches Potential wird die Potentialverringerung zwischen der Rutschgrenze der Flussigkeit und dem Rest der Flussigkeit bezeichnet. Das Zetapotential wird durch die Bestimmung der Bewegungsgeschwindigkeit eines elektrischen Feldes der suspendierten Teilchen ermittelt (z. B. mit dem Elektro Kinetic Analyzer, EKA)[4-'31.Weil das Zetapotential in einigem Abstand von der Oberflache des Teilchens gemessen wird (z. B. 5 A), ist dieses Potential die Summe des Oberflachenpotentials und der Ladungen adsorbierter Substanzen sowie geladener adsorbierter Hilfsstoffe oder Verunreinigungen. Das Zetapotential ist also das Resultat aller Ladungen des Teilchens und ist ein gutes Mal3 fir die elektrostatische Stabilisierung. In Abbildung 4.1-8[4-141wird das Zetapotential eines Rutil-Titandioxidpigments (TiO,) als Funktion des pH-Wertes dargestellt, gemessen bei verschiedenen Anfangskonzentrationen des Dispergiermittels Polyacrylsaure (PA). Ohne PA ist das Ti02 unter pH 5,7 positiv geladen und negativ oberhalb dieses pH-Wertes. Das Zetapotential wird durch PA in allen Fallen negativer. Das PA adsorbiert also auch an einer Oberflache mit einer (geringen) negativen Ladung! Dies bedeutet, dal3 die Adsorption von Polyacrylsaure auf der Oxidoberflache nicht ausschliel3lich die Folge einer elektrostatischen Wechselwirkung ist.
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4. I Netz- und Dispergiermittel
Abb. 4.1-8. Zetapotential eines Pigment-
teilchens als Funktion des pH bei verschiedenen Dosierungen von Polyacrylsaure (PA)
---_ = PA0
-
3 PH
= PA0,71 (* 1@g/m2)
- .. - .. -
= PA 10 (. 10" g/m2)
Sterische Stabilisierung Der Begriff sterische Stabilisierung erfaljt alle Aspekte der Stabilisierung kolloid verteilter Teilchen durch nichtionische Makromolekiile und wird sowohl fir w a rige als auch nichtwal3rige Systeme verwendet. Folgende Faktoren sind dabei fiir die Effektivitat der sterischen Stabilisierung von Bedeutung: - die Struktur der adsorbierten Schicht - die Dicke der adsorbierten Schicht - die bevorzugt adsorbierten Segmente und ihre Haufigkeit Bei der Adsorption eines Polymennolekiils an einer Grenzflache Feststoff/Fliissigphase wird das Molekul uber eine Anzahl von Ankersegmenten an der Oberflache vom Feststoffteilchen (z. B. Pigment) festgesetzt. Andere Segmente vom gleichen Molekiil bleiben in der Flussigphase gelost. Wir unterscheiden also ,,anhaftende" und ,,geloste" Segmente. In der adsorbierten Schicht haben die solvatierten Segmente die groljte Konzentration direkt an der Oberflache; diese Konzentration nimmt mit der Entfernung ab. Falls sich zwei Teilchen mit solchen adsorbierten Schichten einander nahern, wird zwischen den auljersten Seiten der adsorbierten Schichten der erste Kontakt entstehen. Die relativ niedrige Polymerkonzentrationen laljt zuerst noch eine Penetration der difisen Polymerschichten beider Teilchen zu. Dies fiihrt wiederum zu einer Erhohung der Polymerkonzentration. Wenn sich die polymeren Schichten iiberlagern, nimmt die freie Energie der Mischung aus Polymeren und Flussigmedium zu. Durch den Unterschied des osmotischen Drucks zwischen der ijberlappungsschicht und dem umgebenen Fliissigme-
82
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
dium neigt das Losemittel dazu, in die Zonen zwischen den Teilchen hinein zu diffundieren und die Teilchen solange auseinander zu drangen, bis sich die Zonen nicht mehr uberlappen. Es entsteht also eine abstoljende Kraft zwischen den Teilhen[^‘'^] mit dem Ergebnis einer Stabilisierung. Diese Art der Stabilisierung wird als osmotische Stabilisierung bezeichnet. Wenn die Teilchen so fest aufeinander gedriickt werden, daJ3 der Abstand zwischen den zwei Teilchen geringer ist als die Summe der Dicken der beiden adsorbierten Schichten, fiihrt dies zu einer Komprimierung der Schichten. Dadurch wird die Anzahl der Konfigurationen der Polymermolekiile in diesen Schichten vermindert, also die Entropie gesenkt. Sowohl die gegenseitige Penetration als auch die Komprimierung der adsorbierten Schichten fiihrt zu einer abstoljenden Kraft zwischen den Teilchen. Diese abstoljende Kraft iibertrifll dabei schnell die London-van der Waals-Anziehungskraft. Hierbei entsteht ein Minimum Vmin in der Wechselwirkungkurve (Abb. 4.1-9). Diese Kurve stellt den Zusammenhang der Wechselwirkungsenergien zwischen zwei sterisch stabilisierten Teilchen in Abhangigkeit von ihrem Abstand dar. Bei gleichem Abstand tritt das Minimum zweimal bei einer adsorbierte Schichtdicke auf.
,
I
L
Abb. 4.1-9. Wechselwirkungenzwischen zwei sterisch stabilisierten Teilchen a = Van der Waals Anziehungskrafte; b = sterische Abstoljung durch dunne Adsorptionsschicht ; c = sterische AbstoBung durch dicke Adsorptionsschicht; d = Summe von a und b.
Die Grolje des Minimums Vminist abhangig von der Schichtdicke der adsorbierten Schicht und von der van der Waals-Anziehungskraft bei diesem Abstand. 1st die Schichtdicke zu gering, dann wird die abstoljende Kraft erst bei einem Abstand, bei dem die van der Waals-Anziehungskraft schon uberwiegt, bedeutend werden; es resultiert eine Netto-Anziehungskraft , die Dispersion wird im Minimum der Wechselwirkungskurve flockulieren bzw. aggl~merieren[~-’ ‘I. Sterisch stabilisierte Dispersionen sind somit nur dann stabil, wenn die ,,gelosten“ Segmente der adsorbierten Schicht tatsachlich gut in der Flussigphase loslich sind. 1st das nicht der Fall so schrumpft die Schicht, die Schichtdicke nimmt ab und die Teilchen flockulieren. Allgemein gilt, daJ3 die Zusammensetzungen der adsorbierten Schicht und des Mediums gewisse Ahnlichkeiten haben sollten, wie dies z. B. bei solvatisierten Schichten der Fall istL4-”].Dies ist fiir die Praxis von groljer Wichtigkeit und zeigt, darj
4. I Netz- und Dispergiermittel
83
z. B. solche Dispergiermittel gewahlt werden mussen, die die Losemittelmolekule leicht in die adsorbierte Schicht einschliel3en und solubilisieren. Anderseits deutet dies auch auf die Bedeutung der Losemittel/Bindemittel-Zusammensetzung fir eine optimale Wirkung der Dispergiermittel hin. Die Salzkonzentration spielt eine wichtige Rolle in polaren Medien, wenn die adsorbierte Schicht aus Polyelektrolyten besteht. 1st die Salzkonzentration hoch, so wird die adsorbierte Schicht diinn und die stabilisierende Wirkung gering sein. Im allgemeinen werden hierbei auch elektrostatische Effekte eine Rolle spielen. Der elektrische Beitrag von adsorbierten Schichten ist fiir die Stabilisierung einer Dispersion sicherlich von besonderer Bedeutung. Dies sollte aber nicht so interpretiert werden, darj adsorbierte Schichten immer zu einer Abstorjung und damit einer Erhohung der Stabilitat von zwei sich annahernden Teilchen fiihren. Adsorbierte Polymerschichten konnen auch das umgekehrte, namlich eine Zunahme der Anziehung zwischen zwei Teilchen bewirken. Solche Phanomene sind bei Teilchen bekannt, die mit Homopolymer beschichtet ~ i n d [ ~ ”was ~ ] ,zuriickzufiihren ist auf eine ijberbriickung von zwei Teilchen durch ein Polymermolekul. Energetische Effekte der sterischen Stabilisierung Das Prinzip der Wechselwirkungen, die beim Annihern zweier Pigmentteilchen zwischen den adsorbierten Polymerketten stattfinden, stellt den Kern der Theorie der elektrostatischen Stabilisierung dar. Eine adsorbierte Schicht weist viele Merkmale einer polymeren Losung auf. Deshalb kann die Verbindung zweier Schichten wahrend eines Zusammenstorjes von Partikeln mit Hilfe der Theorie polymerer Losungen beschrieben werden. Wenn sich die polymeren Schichten uberlagern, wachst die freie Energie der Mischung aus Polymerem und Losemittel und bewirkt eine AbstoDung zwischen den zwei Teilchen. Die Abstorjungsenergie wird starker, wenn sich die Partikel weiter anr~ihern[~-~]. Die freie Energie dieses Vorgangs AGr ist abhangig von der Anderung der Enthalpie (MY,) und der Entropie (AS,):
Vorzeichen und absoluter Wert der freien Energie werden durch den Wert der Enthalpie- und Entropie-Anteile bestimmt. Bei AGr = 0 ist das Flockulationsverhalten so, als ob keine Adsorptionsschichten vorhanden waren. Wenn die freie Energie einen positiven Wert annimmt, findet keine Flockulation statt. Eine der folgenden drei Bedingungen mussen fiir eine positive fieie Energie als Voraussetzung fiir eine Dispersionsstabilitat erfiillt sein : -
-
Der Entropie- (TAS,) und der Enthalpie-Anteil mussen negativ sein, und ersterer nimmt einen groDeren absoluten Wert an. Dies wird entropische Stabilisierung genannt und bedeutet, daD die Anzahl der Konfigurationen der Polymermolekule in der adsorbierten Schicht vermindert wird. Beide Ausdriicke sind positiv, und die Enthalpie-hderung ist grorjer (sog. enthalpische Stabilisierung).
84 -
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
AHr ist positiv und ASr negativ. Beide Terme sind dann an der Stabilisierung beteiligt (entropisch/enthalpischeoder kombinierte Stabilisierung).
Die elektrostatische Stabilisierung ist sehr effektiv in polaren Medien, z. B. in Wasserlacken. In apolaren Medien wie losemittelhaltigen Pasten werden die Pigmente am besten sterisch stabilisiert. Stets spielen Dispergiermittel, obwohl von unterschiedlicher Zusammensetzung, fiir die Stabilisierung eine wichtige Rolle. 4.1.3.4
Stabilisierung in polaren Medien :Praxisbeurteilungen
In einer polaren kontinuierlichen Phase wie in Wasser wird die grorjte Stabilitat erzielt, wenn das Dispergiermittel der Oberflache der Pigmentteilchen eine elektrostatische Ladung verleiht. Bei Annaherung von zwei Teilchen mit gleicher Ladung wird eine Coulombsche Abstorjung hervorgerufen (siehe Abb. 4.1-5). Polycarboxylatemit niedriger Molmasse enveisen sich in dieser Beziehung als sehr wirksame Di~pergiermittel[~-~I. Sie konnen grundsatzlich nach beiden angegebenen Stabilisierungs-Methoden Pigmente gegen Ausflockung stabilisieren durch: Elektrostatische AbstoJung Die Polycarboxylate sind negativ geladen. Nach Adsorption auf der Pigmentoberflache nimmt die gesamte Ladung des Pigmentteilchens zu und damit ebenfalls die Abstorjung infolge der entstehenden difisen Doppelschicht um das Teilchen. Sterische AbstoJung Die polymere Struktur ermoglicht die Bildung einer relativ dicken Schicht (abhangig vom molekularen Aufbau, dem Anteil an adsorbierenden Gruppen und dem Molekulargewicht) um das Pigmentteilchen. Wahrend des Trocknungsvorgangeseines wal3rigen Lacks nimmt die Polaritat durch das Verdunsten von Wasser generell ab und damit die Bedeutung der elektrostatischen Abstorjung. Besonders dann ist die zusatzliche sterische Stabilisierung des polymeren Dispergiermittels von grorjer Bedeutung. Die Natrium- und Ammoniumsalze der Homo- oder Copolymeren aus Acrylsaure, Methacrylsaure oder aus Maleinsaure sind als Polyelektrolyte sehr fiir diese Anwendung geeignet. Uber die polaren Gruppen werden diese Polymere fest an der Pigment- oder Fullstoffoberflache ads~rbiert[~-~I. Das Ausmarj der Polyelektrolytwirkungund deren Optimum hangen ebenfalls von der Molmasse ab. Das Optimum bei Polyacrylaten liegt bei einer Molmasse von M = ca. 8000 g/mol. Die Zunahme der Molmasse ist bei Dispergiermitteln zumeist mit einem Anstieg der Mindestviskositat, die bei einer Dispersion erreicht werden kann, verbunden. Aurjerdem ist dann eine grol3ere Dispergatormenge erforderlich. In der Praxis werden solche Polyacrylate manchmal mit Polyphosphaten kombiniert. Diese Polyphosphate werden besonders in hartem Wasser zur Komplexierung von im Wasser befindlichen Calcium-Ionen eingesetzt. Polyphosphate haben dazu noch eine unterstiitzende Wirkung als Dispergiermittel und tragen insbesondere zur
4.1 Netz- und Dispergiermittel
85
elektrostatischen Stabilisierung bei (s. Abschn. 4.1.4.1 fiir chemische Zusammensetzungen). Eine optimale Wirksamkeit ist gegeben,wenn die Molekulargewichtsverteilungdes Dispergiermittels verhaltnismaflig eng ist, weil die hohen und niedrigen Molmassenfraktionen nur in unzureichendem Ma0 Gegenionen enthalten und sogar als Flockungsmittel wirken konnen. Die Dosierungmenge ist verhaltnismaflig kritisch und laljt sich einfach uber einen Titrationsvorgang bestimmen (s. Abschn. 4.1.6). 4.1.3.5 Stabilisierungin apolaren Systemen: Praxisbeurteilungen
Organische losemittelbasierte Systeme zeichnen sich u. a. dadurch aus, dal3 sie meistens im Vergleich zu Wasser eine vie1 niedrigere Polaritat und damit Dielektrizitatskonstante haben. Obwohl die elektrostatische Stabilisierung in solchen Systemen nicht vernachlassigt werden sollte (wenig Ladungen konnen bereits zu hohen Oberflachenpotentialen fiihren[4-’81),werden dispergierte Pigmentteilchen in erster Linie durch adsorbierte Polymerschichten gegen Flockung stabilisiert. Die gegenseitige Abstoflung der Teilchen erfolgt aufgrund von Enthalpie- und Entropieanderungen bei der Durchdringung oder der Kompression der Adsorptionsschichten. Da die abstoflenden Krafte nur im Bereich der Adsorptionsschichten wirksam sind, erfordert die sterische Stabilisierung eine ausreichende Dicke der adsorbierten Schichten. Die London-van der Waals-Anziehungskrafie besitzen eine groflere Reichweite, nehmen jedoch rnit der Entfernung stark ab. Fiir eine effektive sterische Stabilisierung sind mehrere Bedingungen zu erfiillen, wie : - eine vollstslndige Bedeckung der Pigmentoberflache rnit adsorbierten Molekulen - die Stabilisator-Molekulemussen fest an der Oberflache verankert sein und durfen nicht desorbiert werden, wie dies z. B. beim Zusammenstoflen der Pigmentteilchen oder wahrend einer Verdiinnung der Dispersion geschehen konnte - die Schichtdicke mu13 ausreichend sein - die Stabilisator-Molekiile mussen in moglichst langgestreckter Form adsorbiert werden und einen solvatisierten Kettenteil in das Medium hinaustragen, der dann eine Schutzbarriere geeigneter Dicke a ~ f b a u t [ ~ ” ’ ~ - ’ ~ ] .
Diese Konditionen lassen sich rnit polymeren Verbindungen besser erfiillen als mit monomeren. Die Bedingungen einer vollstindigen Bedeckung der Pigmentteilchen und einer festen Bindung setzen hohe Adsorptionsenergien beim adsorbierenden Molekul voraus. Das wird am besten rnit Polymeren erreicht, weil diese eine groBereAnzahl Adsorptionskontakte rnit der Pigmentoberflache eingehen konnen. Hierdurch ist die Gesamtsumme der Adsorptionsenergien pro Molekul sehr hoch, auch noch, wenn diese bei den einzelnen Adsorptionskontakten gering sind. Statistisch gesehen ist es wenig wahrscheinlich, dafl ein Molekiil vollig desorbiert wird, im Gegensatz zu der Adsorption eines Tensids, das nur rnit einer einzigen Bindung adsorbiert wird.
86
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
Im Vergleich zu Copolymeren sind Homopolymere generell bei der sterischen Stabilisierung weniger aktiv. Eine Polymerkette neigt zur Assoziierung entweder rnit Losemittelmolekulen oder mit der Pigmentoberflache (gute Ankermoglichkeiten). Als polymere Pigmentdispergierhilfsmittel f i r nichtwaljrige Lacke haben sich besonders Zweiblockpolymere vom AB-Typ bewahrt, wobei Se ment A das relativ kurze Ankersegment mit vielen Haftgruppen d a r ~ t e l l t [ ~ ~ . Abhangig ~ ~ ' ~ - ~ von ' der Zusammensetzung der Pigmentoberflache (und Segment A), kann die Adsorption von Segment A uber ionogene Bindungen oder Bildung von Wasserstoffbriicken verlaufen (Abb. 4.1 - 10).
7
A
B
Abb. 4.1-10. Adsorption von AB-Copolymeren. (a) h e r ionogene Bindungen; (b) uber Wasserstoffbriicken
Typische funktionelle Haftgruppen fir das A-Segment sind Carboxyl, Amin, Sulfat und Phosphat fur ionogene Bindungen oder Polyether und Polyamid f i r Wasserstoffbindungen. B stellt die solvatisierte Seitenkette dar und ist also der stabilisierende Teil des Molekuls. Wichtigste Voraussetzung f i r B ist, dal3 es eine ausreichende Schichtdicke auf dem Pigmentteilchen bildet, d. h. dalj das B-Segment vollig solvatisiert und darnit frei beweglich in der Flussigkeitsphase ist. Bei abnehmender Loslichkeit klappen die Seitenketten auf der Pigmentoberflache zusammen, die Schichtdicke und damit auch die stabilisierende Funktion nehmen stark ab. Diese Loslichkeit sol1 auch wahrend der Trocknungsphase des Lackes gegeben sein, da sonst die Pigmente in der trocknenden Schicht noch ausflocken konnen. Fur die Stabilisierung von Pigmentteilchen rnit einer ublichen Teilchengrolje von 0,l bis 10 pm reicht eine Schichtdicke von 5 bis 20 nm aus. Die Stabilisierung ist rnit Seitenketten zu erreichen, die Molmassen A4 = 1000 bis 15000 g/mol aufweisen [4-2.4- 19.4-2 I ] Die Schichtdicke kann weiter optimiert werden, indem das B-Segment und das Dispergierharz vollig aufeinander abgestimmt werden. In diesem Falle wird das Dispergierharz uber die polymeren Stabilisatormolekule stark auf dem Pigmentteilchen adsorbiert und urn das Pigmentteilchen konzentriert. Als geeignete Polymere f i r Segment B haben sich besonders modifizierte Polyacrylate und Polyhydroxystearate bewahrt (Abb. 4.1- 1 1).
4. I Netz- und Dispergiermittel
87
\
CH3
B
A A 8 Blockpolymer
(b) Abb. 4.1-1 1. Polymere Dispergiermittel : (a) Polyhydroxystearat ; b) AB Blockpolymer
4.1.4
Chemische Zusammensetzung der Netzund Dispergiermittel
Netz- und Dispergiermittel gehoren zu der Gruppe der amphiphilen grenzflachenaktiven Substanzen, im deutschen Sprachraum auch bekannt unter der Bezeichnung Tenside. Nach der Definition sind amphiphile grenzflachenaktive Substanzen ,,chemische Verbindungen, die, wenn aufgelost oder dispergiert in einer Flussigphase, an einer Grenzflache adsorbieren und in dieser Grenzflache eine Anzahl von physikalisch-chemischen oder chemischen Eigenschaften bewirken, die von praktischer Bedeutung sind." Dieses Adsorbieren an der Grenzflache kommt zum Ausdruck in der Erniedrigung der Oberflachen- bzw. der Grenzflachenspannung. Durch diese Eigenschaften werden Konditionen fiir die Anwendung als Netz- und Dispergiermittel geschaffen. Die charakteristische amphiphile Struktur deutet hin auf die Anwesenheit sowohl einer oder mehrerer hydrophoben (lipophilen) Gruppen wie auch einer oder mehrerer hydrophiler (lipophober) Gruppen im Tensid-Molekiil. Bedingt durch diese Struktur konzentrieren sich die grenzflachenaktiven Stoffe an der Grenzflache zwischen einer polaren und einer apolaren Phase ,wobei sich der hydrophile Teil des Molekuls der polaren und der hydrophobe Teil der apolaren Phase zuwendet. Wenn die Verbindung vorwiegend hydrophil ist, wird das Produkt wasserloslich sein. Wenn der hydrophobe Teil vorherrschend ist, so wird die Verbindung schlecht bis gar nicht loslich in Wasser sein. Nur wenn der hydrophobe und hydrophile Teil aufeinander abgestimmt sind, wird die fiir das System erforderliche Oberflachenaktivitat erreicht. Schematisch werden grenzflachenaktive Verbindungen manchmal nach dem Schwanz-Kopf-Model1 dargestellt (0-). Darin symbolisiert der Schwanz (-) die hydrophobe Gruppe und der Kopf (0) die hydrophile Gruppe (Abb. 4.1-12).
88
-
4 Grmzjlachenaktive Verbindungen Hydrophil
Anionisch
Kationisch Amphoter
Hydrophob
Abb. 4.1-12. GrenzflachenaktiveVerbindungen
Nichtionisch
Einige fur die Anwendung als Netz- und Dispergiermittel typische Zusammensetzungen der hydrophoben und der hydrophilen Gruppen werden in Abbildung 4.1-13 schematisch dargestellt. Grenzflachenaktive Substanzen werden durch die chemischen Stuktur ihrer hydrophilen Gruppen charakterisiert. Diese Gruppen konnen ionisch oder nichtionisch ~ein[~-**]. Dazu hat sich folgende Einteilung bewahrt : -
-
anionische grenzflachenaktive Substanzen kationische grenzflachenaktive Substanzen nichtionische grenzflachenaktive Substanzen amphotere grenzflachenaktive Substanzen
CHZOH HO
OH
HO
OH
Abb. 4.1-13. Einige Beispiele hydrophober und hydrophiler Gruppen
4.1 Netz- und Dispergiermittel
89
Anionische grenzflachenaktive Substanzen sind amphiphile Verbindungen, bei denen die hydrophoben Reste anionische Gruppen tragen. Beispiele hierflir sind Sulfate, Sulfonate, Phosphate und Carboxylate (Seifen). Zur Neutralisation werden dem Anion kleine, die grenzflachenaktiven Eigenschaften der Substanz nur wenig beeinflussende Kationen wie Natrium-, Kalium-, Ammonium- oder Aminionen gegenubergestellt. Bei den Sulfonaten ist die hydrophile Sulfonat-Gruppe uber eine KohlenstoffSchwefel-Bindung mit dem hydrophoben Rest verknupft. Alkylarylsulfonate werden technisch durch Reaktion von Schwefeltrioxid SO3 mit der in Frage kommenden Alkylarylgruppe hergestellt und anschlieljend neutralisiert. R[C6&]H
+ SO3 + R[C6H4]S03H
Sulfonate sind thermisch und chemisch sehr stabil. Bei den Sulfaten ist das Schwefelatom der hydrophilen Sulfatgruppe uber ein Sauerstoffatom an den hydrophoben Rest gebunden. ROH + SO3 + ROS03H Die Estergruppe ist im sauren Milieu starker hydrolyseanfallig als im alkalischen. Auch ist sie gegenuber thermischen Beanspruchungen weniger resistent als die analogen Sulfonate. Phosphatester oder Phosphorsaureester werden im allgemeinen durch Umsetzung von Alkoholen mit Phosphorpentoxid P205hergestellt.
3 ROH + P205
+
ROP03H2 + (RO)*P03H
Die Auswahl an hydrophoben Gruppen, die nach den genannten Methoden sulfatiert, sulfoniert oder phosphatiert werden konnen, ist grolj und nicht ausschlieljlich beschrankt auf monomere hydrophobe Gruppen. So konnen auch Polymere sulfatiert oder phosphatiert werden. Fur den Einsatz als Dispergiermittel vefigt man so uber die Moglichkeit, die adsorbierte Schichtdicke uber Molekiilvergroljerung des eingesetzten Dispergators zu erhohen und somit die sterische Stabilisierung zu verstiirken. Einer der bekanntesten Vertreter der Carboxylate bei der Anwendung als Dispergiermittel sind die Polyacrylate. Die Salze der Polyacrylsaure gehoren zu den ersten Vertreter der synthetischen polymeren Dispergiermittel; sie werden unter Abschnitt 4. I .4.1. besprochen. Kationische grenzflachenaktive Substanzen sind fiir den Einsatz als Netz- und Dispergiermittel wegen ihre Reaktivitiit mit den weit verwendeten anionischen Verbindungen nur von geringer Bedeutung. Es handelt sich um amphiphile Verbindungen, bei denen die hydrophoben Reste als Kation auftreten, meisens Derivate von Fettaminen. Nichtionische grenzflachenaktiveVerbindungen sind amphiphile Verbindungen die in waljriger Losung nicht in Ionen dissozieren konnen. Beispiele sind Alkylpolyglykolether und Alkylarylpolyglykolether.
90
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
Es handelt sich dabei iibenviegend um Addukte von Ethylenoxid undoder Propylenoxid. Diese Addukte werden durch Anlagerung an die beweglichen Protonen hergestellt und durch Basen oder (Lewis)-Sauren katalysiert : ROH + nCH2-CH2
RO(CH2CH20),H
\ /
0 An ein Basismolekiil konnen mehrere Ethylenoxid-Molekiileaddiert werden; auch das Addukt enthalt bewegliche Wasserstoffatome. Wasserloslichkeitwird durch Hydratation erzielt, z. B. uber Wasserstoffbriickenbildung an den polaren Polyether-Gruppen. Wenn man eine verdiinnte Losung dieser Polyethylenglykolverbindungenin Wasser envarmt, so werden die Wasserstoflbriickenbindungen aufgebrochen. Diese Dehydratation resultiert in einer Triibung, verursacht durch das jetzt wasserunlosliche Molekiil. Die Temperatur, bei welcher dieser Effekt auftritt, ist charakteristisch fur die Verbindung und direkt von der Kettenlange des Polyethers abhangig. Fur einen Vergleich der Grenzflachenaktivitat von nichtionischen, ethoxylierten Verbindungen auf Basis verschiedener Ausgangsprodukte ist das von Griffin vorgestelltes ,,HLB-System" hilfreich. HLB steht fiir ,,Hydrophilic-Lipophilic-Balance", also das Hydrophil-lipophile-Gleichgewicht. Das HLB-System ist eine systematische Methode, die das Verhaltnis zwischen den hydrophilen (wasserfreundlichen) und den hydrophoben oder lipophilen (olfreundlichen) Gruppen im Tensid-Molekiil andeuten. HLB ist definiert als A HLB = 5
(13)
wobei A = % Ethylenoxid in Gew.% im Molekiil bedeutet. Wichtig fiir die Auswahl eines Netzmittels ist jedoch nicht nur sein HLB-Wert, sondern mehr noch seine chemische Struktur. Das HLB-System ist nur von Bedeutung fur nichtionogene Netzmittel. Fur ionogene Netzmittel ist es weniger geeignet; der Einflul3 der geladenen Gruppe wird im beschriebenen HLB-System vernachlassigt, ist jedoch fur die Wirkung von entscheidener Bedeutung. Amphotere grenzflachenaktive Verbindungen haben zwitterionische hydrophile Gruppen. Beispiele sind Aminocarbonsauren und Betaine : RHa-CH2COO-
-
RHN-CH2COOH
Der elektrische Ladungszustand ist vom pH-Wert der Losung abhangig.
4.I Netz- und Dispergiermittel
91
4.1.4.1 Polymere Dispergiermittel Polymere Materialien werden schon seit mehreren Jahrhunderten zur Herstellung stabiler Dispersionen verwendet. So wurden schon im Mittelalter Naturprodukte wie EiweiB und arabisches Gummi eingesetzt, um wasserverdunnbare Farben und Tinten herzustellen. Erst in den letzten Jahrzehnten hat man mit grooem Erfolg vollig synthetische Polymere als Pigmentdispergiermittel verwendet und damit qualitativ hochwertige Farben und Lacke produziert. Nach der Anzahl der bei der Herstellung eingesetzten Monomertypen unterscheiden wir folgende Polymere : Homopolymere: basiert aus nur einem Monomer Copolymere: basiert auf zwei Monomeren Terpolymere: basiert auf drei Monomeren Weiter wird eine Klassifizierung der Copolymeren nach der Verteilung der Monomeren und Monomersegmente in der Polymerkette durchgefiihrt: Statistische Polymere: die A und B Segmente sind willkurlich verteilt
.......AAABBABBBBBAAAAAABB.......... Blockpolymere:
die Segmente sind zu Blocken gruppiert
...............AAAAAAAAAABBBBBBBBB...... Pfropfpolymere:
diese bestehen aus einem linearen Homopolymerriickgrad, auf das Seitenketten von anderen Monomerblocken aufgepfropft sind
.........AAAAAAAAAAAAAAAA.............. B B B
B B B
Fur die Praxis ist die Gruppe der Polyelektrolyte sehr wichtig. Dabei handelt es sich um Polymere, bei denen einzelne Monomere nach Losung in Wasser oder anderen polaren Losemittel elektrisch geladene Gruppen tragen. Bei diesen Gruppen konnen wir zwischen starken und schwachen Polyelektrolyten unterscheiden. Fur starke Polyelektrolyte ist die Dissoziierung der Segmente unabhhgig vom pH, Beispiele hierfiir sind Sulfat und quaternare Amin-Gruppen an einer Polymerkette. Bei den schwachen Polyelektrolyten ist die elektrische Ladung pH-abhangig; typische Beispiele hierfiir sind Polymere mit Carboxylat- oder Amin-Gruppen. Fur Polycarboxylate nimmt die Dissoziierung der Gruppen zu mit der pH-Zunahme. Oberhalb eines bestimmten pH-Wertes liegen alle Gruppen in dissoziiertcr Form vor, das Polymere hat in diesem pH-Bereich Eigenschaften wie ein starker Polyelektrolyt. Als Folge der elektrostatischen AbstoBung zwischen den geladenen Segmenten im Molekul nimmt ein geloster, dissoziierter Polyelektrolyt eine gestreckte Molekulform an im Vergleich zu einem nicht dissoziierten Polyelektrolyten. Zunehmende
92
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
Salz- bzw. Elektrolytkonzentration in der Losung fihrt zu einer Schrumpfung des Polyelektrolytmolekuls und letztlich zu einer Konformation, die mit einem nicht dissoziierten Polymermolekiil vergleichbar ist. Wie in Abschnitt 4.1.3.4 angedeutet, handelt es sich bei den in der Praxis erfolgreich eingesetzten Polyacrylaten um Salze der niedrigmolekularen Polyacrylsaure. Polyacrylsaure wird bei der radikalischen Polymerisation aus Acrylsaure hergestellt: II CH2=CH
I
-P
[CHZ-CH-1,
COOH
I
COOH
Als Kationen werden Natrium und Ammonium bevorzugt. Diese Polyacrylate sind wasserloslich. Technische Produkte haben Molmassen im Bereich von etwa 2000 bis 20000 g/mol; das Optimum fik die Anwendung als Dispergiermittel fir die in die Lackindustrie venvendeten Pigmente und Fiillstoffe liegt bei M = ca. 8000. Die unter Abschnitt 4.1.3.4 genannten Polyphosphatewerden durch Schmelzenvon Orthophosphaten hergestellt. Es bilden sich nur lineare Baugruppen und keine ringformigen S t r u k t ~ r e n [ ~ Die - ~ ~Bezeichnung ]. Hexametaphosphat, die oft venvendet wird, ist deswegen nicht korrekt. Die Verknupfung erfolgt stets iiber -P-0-P- Bindungen:
ONa ONa ONa ONa Hochste Wirksamkeit als Wasserentharter wird mit Polyphosphaten mittlerer Kettenlange erreicht (Bereich n = 6). Die Polyphosphate hoherer Kettenlangen haben den Nachteil schlechterer Loslichkeit.
4.1.5
Problemlosungen
Ausschwimmen
Ein bekanntes Problem aus der Praxis ist das Phanomen des Ausschwimmens. Ausschwimmen - oder ,,Floating" - ist das selbstandige Entmischen des Pigments aus einem zunachst homogenen Anstrichstoff. Hierbei entsteht eine farblich inhomogene Oberflache, wobei sogenannte Benard'sche Zellen oder Streifen sichtbar sind. Die Lackoberflache weist ein fleckiges Aussehen auf. Dieses Phanomen tritt haufig in Lackschichten auf, die mit mehreren Pigmentsorten pigmentiert sind. Das Entmischen der Pigmente hangt mit der unterschiedlichen Pigmentbeweglichkeit zusammen.
4. I Netz- und Dispergiermittel
93
Im trocknenden Lackfilm bilden sich aufgrund der LosemittelverdunstungWirbelstrome aus, die zur Bildung von Benardzellen fihren. Diese stehen in engem Zusammenhang mit der Abgabe des Losemittels beim Trocknen des Lackes, unabhangig davon, ob dieser unpigmentiert oder pigmentiert ist[4-241. Ursache hierfiir ist das Auftreten kleiner lokaler Temperatur-, Dichte-,Viskositats-, und Oberflachenspannungsgradienten beim Verdunsten des Losemittels. Die Bildung dieser Gradienten wird dadurch erklart, darj das an der Lackoberflache verdunstende Losemittel hier eine etwas abgekiihlte Zone ausbildet, die sich beispielsweise gegenuber der unteren Schicht des Films durch eine verinderte Obefflachenspannung auszeichnet. Die resultierenden Wirbelstrome bewirken einen Stofftransport von z. B. Pigmentteilchen im Lackfilm, welcher im Idealfall sechseckige Zellen entstehen lafit, die auch nach volligem Trocknen oder Einbrennen des Lackfilms erhalten bleiben (Abb. 4.1-14 und 4.1-15).
Abb. 4.1-14. Lackoberflache: Benardzellen
Oberflachenstorungen durch Benardzellenbildung
niedrige Oberflachenrpannung
hohe Oberflachenspannung
ortlihe g r h r e Farbliefe
Abb. 4.1-15. (a) Zirkulationsstromung in jeder Zelle mit Aufwtirtsbewegung im Zellenzentrum, (b) Dispergierkontrolle im Rub-out-Test
94
4 Grenzflachenaktive krbindungen
Sind Pigmente unterschiedlicher Partikelgrolje und Dichte in der Lackschicht, so werden die einzelnen Pigmentteilchen entsprechend ihrer Beschaffenheit mit unterschiedlicher Geschwindigkeit von den Konvektionsstromen transportiert. Dabei kommt es aufgrund der unterschiedlichen Beweglichkeit zu einer Separation der Pigmente. Insbesondere an den Begrenzungskanten wird dies klar sichtbar. Eine derarti e Pigmentseperation kann durch geeignete Additivzugaben unterdriickt ~ e r d e n ~ Dabei ~ - ~ ~bieten ] . sich verschiedene Moglichkeiten an, wobei folgende Phanome beeinfluljt werden : -
die Beweglichkeit der Pigmente die TeilchengroDe der Pigmente das Stromungsverhalten wahrend der Trocknung
Die Beweglichkeit der Pigmentteilchen ist abhangig von der Teilchengrofie, dem spezifischen Gewicht, der Morphologie, den physikalischen Eigenschaften der Oberflache und auch vom Flockulationsgrad des Pigments. Auljer den Kraften, die uber das Stromungsverhalten die Bewegung der Teilchen beeinflussen, sollte die Gravitationskraft envahnt werden, die die Bewegung der Teilchen in der trocknenden Lackschicht beeinflufit. Nach dem Stokes’schen Gesetz gibt es folgende Beziehung zwischen der Sedimentationsgeschwindigkeitkugelformiger Teilchen und deren Teilchengrolje: V = D (dpi-dbi) ?/q
wobei
V
= die
D
= Proportionalitatsfaktor
(14)
Sedimentationsgeschwindigkeit
dpi= Dichte des Feststoffteilchens db, = Dichte des Flussigmediums Y = Radius des Feststoffteilchens q = Viskositat des Flussigmediums Nach Gleichung ( 14) nimmt die Sedimentationsgeschwindigkeitmit der Erhohung der Teilchengrolje stark zu. Rechnerisch ergibt sich, dalj die Sedimentationsgeschwindigkeit von Ti02-Teilchen groljenordnungsmafiigum den Faktor 1000 hoher liegt als die von ublichen GasruD-Pigmentteilchen. Obwohl nicht alle Randbedingungen fiir das Stokes’sches Gesetz erfiillt werden, konnen wir aus Gleichung (14) entnehmen, daD eine Erhohung des Teilchendurchmessers die Sedimentationsgeschwindigkeit ebenfalls erhoht; der Teilchendurchmesser ist von groljerer Bedeutung als das spezifische Gewicht. Flockulation fiihrt zu einer Teilchenvergroljerung und zu einer Erhohung der Sedimentationsgeschwindigkeit. Das bedeutet, dalj Flockulation von relativ groljen Pigmentteilchen wie Ti02 in Mischungen mit kleineren, meist organischen Pigmentteilchen zu einer Verstarkung der Seperation zwischen diesen Pigmenten fiihrt. Umgekehrt ist es auch denkbar, daD die zunachst kleineren Pigmentteilchen nach starker Flockulation eine Teilchengrolje annehmen, die die Grolje der Ti02-Pigmentteilchen noch ubertrifft !
4.1 Netz- und Dispergiermittel
95
Additive wie Pigmentdispergiermittelunterdriicken die Flockulation und Reduzieren damit die Sensibilitat des Ausschwimmens. Das Stromungsverhalten beeinflufit den Stofftransport; Erhohung der Viskositiit fihrt zu ein Erniedrigung der Stromung. Besonders geeignet sind dabei Additive, die eine gewisse Pseudoplastizitat bewirken und nur die Viskositat im niedrigen Scherbereich erhohen.
4.1.6 Bestimmungsmethoden Zur Bestimmung des Dispergierverhaltens stehen viele Methoden zur Verfiigung. Mit Ausnahme der Messung der Grenzflachenladung konnen alle hier genannten Methoden einfach durchgefiihrt werden. 4.1.6.1
Messung der Grenzflachenladung
Aus Abschnitt 4.1.3 folgt, d a D Pigmentteilchen durch elektrostatische AbstoDungskrafte stabilisiert werden konnen, wenn die Dichte der Grenzflachenladung ausreichend hoch ist. Die elektrische Grenzflachenladung der Pigmentteilchen wird durch Gegenionen im Dispergiermedium kompensiert. Dabei bildet sich eine diffuse elektrische Doppelschicht aus, die das Teilchen kugelformig umgibt. Ein sehr geeignetes MeDverfahrenzur Charakterisierungdes Ladungszustandesberuht auf der Ermittlung der Geschwindigkeit, mit der geladenen Teilchen in einem elektrischen Feld ande ern[^-*^]. Dazu werden laseroptische Verfahren eingesetzt. 4.1.6.2 Dispergiermittelbedarf Wahrend des Dispergierprozesses mussen die Verhaltnisse zwischen den verschiedenen Komponenten - Pigmente/Fullstoffe, Losemittel, Bindemittel und Additive optimal aufeinander abgestimmt werden. Das optimale Ergebnis hangt stark von den Qualitaten und Mengen der eingesetzten Netz- und Dispergiermittel ab. Folgende Methode ist ein einfaches Verfahren zur Bestimmung des Dispergiermittelbedarfs fir waDrige Pigmentpasten basierend auf Pigmenten, die leicht von Wasser benetzt werden. Zunachst wird die sog. Wasserzahl ermittelt ; hierunter versteht man diejenige Menge an Wasser, die eine bestimmte Masse an Pigment undoder Fullstoff gerade eben benetztL4''*I. Dazu werden einer kleinen Menge Pigment/Fullstoff portionsweise destilliertes Wasser zugegeben und kraftig gemischt. Der Endpunkt, bezeichnet als Netzpunkt, ist dann erreicht, wenn das Gemisch voll benetzt ist und eine zusammenhangende
96
4 Greni-jlachenaktiveVerbindungen
Paste bildet. Die Wasserzahl wird in ml Wasser/lO g Pigment und/oder Fullstoff ausgedriickt. Aus der der Wasserzahl entsprechenden Menge Wasser und dem Pigment/FullstoffGemisch wird mittels des Dissolvers eine Suspension hergestellt, die portionsweise titriert wird rnit einer konzentrierten Dispergierrnittellosung. Nach jeder Zugabe wird die Viskositat gemessen. Die ermittelten Viskositatswerte der einzelnen Pigmentdispersionen werden in ein Diagramm, der Dispergiermittelbedarfkutve,ubertragen. Das Viskositatsminimum ist identisch mit dem minimalen Dispergierrnittelbedarf. Da wahrend des Dispergierprozesses die gesamte Pigmentoberflache erheblich erhoht wird, wird in der Praxis eine gronere Menge an Dispergiermittel gebraucht (ca. 50 % mehr als dem Minimalwert entspricht) (Abb. 4.1-1 6).
I
\
--i--.-
DispergiermiiteCDosierung
4.1.6.3
----b
Abb. 4.1-16. Viskositatsverlauf bei Zugabe des Dispergiermittels rnit rheologischem Optimalwert (Mindestviskositiit)
Ablauf des Dispergierprozesses
Es existieren viele Methoden, rnit deren Hilfe die Dispergierung der Pigmenten in flussigen Medien oder im getrockneten Lackfilm untersucht werden kann. Sie reichen von den praxisnahen Methoden bei der Produktionskontrolle bis hin zu den raffinierten Techniken, rnit denen im Labor Aussagen uber Anzahl, GroBe und Art der in einer Dispersion vorliegenden Teilchen gemacht werden konnen. Fur die Produktionskontrolle ist die Bestimmung der Mahlfeinheit die vielleicht schnellste und am besten geeignete MeDmethode. Hier gibt es mehrere Moglichkeiten, die alle auf dem gleichen Prinzip beruhen. In der Praxis wird haufig rnit dem Grindometer nach Hegman gearbeitet. Dieser Test laDt sich schnell durchfiihren, ist dabei billig und reproduzierbar, wenn die Vorschrift genau eingehalten wird. Ein Nachteil dieser Methode ist die Tatsache, daD nur die grobsten TeilchengroBen erfaDt werden, wahrend die TeilchengroDenverteilung nicht gemessen wird. AuBerdem liegt das Problem in der Interpretierbarkeit der MeDergebnisse.
4.I Netz- und Dispergiermittel
97
4.1.6.4 Dispersionsgrad Der Dispersionsgrad eines Pigmentes beeinfluljt die optischen Eigenschaften eines Lackes. Die Lichtstreuung, Aufhellvermogen, Opazitat, Farbstich und Glanz sind alle eine Folge der Teilchengrolje und konnen daher als ein Malj angesehen werden. Das Aufhellvermogen kann zur Messung das Dispersionsgrades von Weiljpigmenten herangezogen werden. Hierzu werden an den zu untersuchenden weiljpigmentierten Lackproben gleiche Mengen vordispergierten Runes zugesetzt und die Helligkeit der getrockneten Filme bestimmt. Das besser dispergierte Weiljpigment zeigt bessere Lichtstreuung und erhoht somit die Helligkeit der Lackprobe. Ein besser dispergiertes Pigment bewirkt einen Blaustich, da die Lichtstreuung im blauen Bereich des natiirlichen Lichtes zunimmt. Der Glanzgrad eines getrockneten Lackfilms gibt ebenfalls Aussagen uber den Dispersionsgrad. Er wird bestimmt von der Brechzahl der Schicht, der Textur ihrer Oberflache und dem Beleuchtungswinkel. Fehlstellen in der Obefflache von Lackfilmen, die etwa 0,l pm tief sind, sind fir den Glanzabfall verantwortlich. Da dieser Wert etwa der Grolje eines Pigmentteilchens wie TiOz entspricht, wird deutlich, dalj das Pigment eine wichtige Rolle fir den Glanz von Lacken ~ p i e l t [ ~ - ~ ] . Rheologische Methoden stellen ebenfalls einen brauchbaren Weg zur Bestimmung des Dispersionsgrades da. Allerdings bereitet die Interpretation der beobachtetenn Phanomene haufig Schwierigkeiten.
4.1.6.5 Flockulationsgrad Der Flockulationsgrad einer Dispersion Ialjt sich uber verschiedene Methoden ermitteln. Neben der PVK sind die wichtigsten Faktoren AgglomeratiodAggregationund Flockulation des Pigments. Der Zusammenhang zwischen Glanz nach dem Einbrennen bei 180 "C und dem prozentualen Gehalt an Teilchen, die grofier als 0,5 pm sind, zeigt Abbildung 4.1 - 17. 8 50E ._ 0 0-
40-
E 8 r
?? 3020-
-2 a Abb. 4.1-17. Glanzhaltung eines Einbrennlackes
10-
0
I
98
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
Die Bestimmung der Deckfahigkeit stellt ebenfalls eine zwar beschrankt zu verwendende, doch Praxis orientierte Methode dar zur Beurteilung des Flockulationsgrades. Generell nimmt die Deckfahigkeit nach Flockung ab; Ausnahmen sind feinteilige Pigmente - Teilchengrorje unter 0,3 pm - wobei die Deckfihigkeit nach Flockung sogar zunehmen kann. Zur Beurteilung der Deckfahigkeit wird eine definierte Schichtdicke auf einem Kontrastuntergrund aufgetragen und die Deckfahigkeit des nassen oder getrockneten Films abgelesen. Die Bestimmung der Sedimentation ist als qualitativer Test zur Bestimmung des Flockulationsgrades anzusehen. Alle obengenannte Methoden haben den Vorteil, dalj diese ausgefuhrt werden konnen, ohne die Pigmentsuspension zu verdunnen. Bei vielen anderen Methoden, wie die Bestimmung statistischer Kornverteilungskurven mit dem Coulter-Counter oder die mikroskopischen Beurteilungen, murj das Material stark verdiinnt werden, was wiederum die Gefahr des Flockulierens beinhaltet und damit zu Fehlinterpretationen fihren kann.
4.1.6.6 Ausschwimmen : Rub-out-Test Eine auljerst praktikables und einfaches Priifverfahren, um das Ausschwimmen und damit oft indirekt auch die Flockulation von Pigmenten in Lackfilmen sicht- und merjbar zu machen, ist der sogenannte Rub-out-Test. Unter Rub-out wird die Farbveranderung, die beim Reiben an einer angetrocketen Schicht im Vergleich zu einer unbeanspruchten Stelle entsteht, verstanden. Liegen die Pigmente nicht mehr statistisch homogen verteilt vor oder sind diese stark flockuliert, so wird durch den mechanischen Vorgang des Reibens eine homogene Verteilung der Pigmentteilchen wieder hergestellt. Sie bleibt im allgemeinen bis zur endgiiltigen Trocknung erhalten, wenn der Rub-out-Test zum richtigen Zeitpunkt durchgefuhrt ~ i r d [ ~ - ~ ’ ] . Eine Entmischen der Pigmente oder eine Ruckbildung von Flockulaten ist infolge der hohen Viskositat des fast trockenen Lackes nach dem Ausreiben nicht mehr moglich. Es entsteht der angestrebte Farbton des homogenen Gemisches. An der Farbdifferenz zum ungeriebenen Film erkennt man das Ausmalj der Storung. Eine Quantifizierung der Farbdifferenz ist durch Ermittlung der Farbstarke der geriebenen und der ungeriebenen Flache moglich. Dazu zieht man die Remissionsmessung an beiden Flachen heran und berechnet daraus die Farbstarke der beiden Flachen (Abb. 4.1 - 18)[4-2s1.
F
= Forbstarke
K
= Absorptionsbeiwert
s
= Streubeiwert
I
noch Kubelko-Munk
R W= Remissionsgradeiner undurchsichtigen Schicht
Abb. 4.1-18. Farbstarke als Funktion des Remissionsgrades deckender Lackschichten
99
4.1 Netz- und Dispergiermittel
Hieraus 1aSt sich die ,,Rub-out-Zahl" nach der folgenden Beziehung leicht berechnen : R Z = (Fg/Fng-l } 100
(15)
Rub-out-Zahl Farbstarke des geriebenen Films Fng= Farbstarke des nicht geriebenen Films
RZ Fg
= =
Man kann sowohl positive als auch negative Rub-out-Zahlen erhalten. Positive RZ bedeutet, daS die Farbstarke des geriebenen Films grorjer ist als die des ungeriebenen Films. Bei negativen RZ ist es umgekehrt. Kein Rub-out-Effekt liegt vor, wenn RZ gleich null ist. In der Praxis wird der Begriff Rub-out-Effekt sehr haufig mit dem Begriff Flockulation gleichgesetzt. Dies sollte aber nur dann erfolgen, wenn der signifikante Nachweis, darj Flockulation vorliegt, durch geeignete andere Priifungen (2. B. Mikroskopie) erbracht worden ist. Jedoch sind Rub-out-Zahlen durch Vorzeichen und AusmaS bei kritischer Betrachtung gute Hinweise auf die Ursache fir Entmischungserscheinungenund deren Behebung.
Polyelektrolytmolekul in Losung Adsorption an
kurz
Abb. 4.1-19. Polyelektrolyte als Dispergier- und Flockungsmittel
elektrostatische AbstoRung
lang
Anziehung durch Bruckenbildung
4.1.7 Biologische und toxikologische Eigenschaften Die biologischen und toxikologischen Eigenschaften werden durch die produktspezifische Zusammensetzung bestimmt. Es gibt keine einheitliche chemische Zusammensetzung in der gesamten Gruppe der Netz- und Dispergiermittel. Die Informationen in diesem Kapitel beschranken sich deswegen auf zwei generelle Daten zu Netz- und Dispergiermitteln, unterteilt in ,,Tenside" und ,,Polymere."
100
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
4.1.7.1
Tenside
Netz- und Dispergiermittel, die zur Klasse der Tenside gehoren und von hydrophober Natur sind, konnen eine fettlosende Wirkung zeigen. Dies kann beim Hautkontakt zur Hautentfettung und Hautschadigung durch Rotung und Entzundung fihren. Ubenviegend sind diese Verbindungen daher als reizend mit R-Satz 36/38 (s. Abschn. 9.4) eingestuft. Zusatzstoffe oder Losemittel konnen zu einer anderen Kennzeichnung fiihren. Die akute orale Toxizitat der als Additiv venvendeten Tenside liegt im allgemeinen im Bereich groljer als 2000 mg/kg und fuhrt deswegen nicht zu eine Gefahrstoffkennzeichnung. Wegen des Verdachts der endokrinen Wirkung von Alkylphenolethoxylatenwerden auch bei Farb- und Lackadditiven mogliche Alternativen f i r diese Produktgruppe angeboten. Die biologische Abbaubarkeit von fast allen Additivtensiden ist sehr gut (>90 % OECD-Confirmatory). Auch hier konnen Zusatzstoffen die Abbaubarkeit eventuell negativ beeinflussen. 4.1.7.2
Polymere
Die im Additivbereich venvendeten Acrylpolymere und Polyurethane sind keine Gefahrstoffe. Allerdings sollten Polymere immer als chemische Verbindungen betrachtet werden, insbesondere im Falle von staubformigen Produkten. Von Polymeren ist bekannt, darj diese meistens schlecht biologisch abbaubar sind; in der Regel bleiben sie relativ lange im Vorfluter einer Klaranlage. Im Falle des Natriumpolyacrylats betragt beispielsweise die biologische Abbaubarkeit 15 bis 30% nach 28 Tagen. In Abbauversuchen mit Hilfe von Pilzen kann der biologische Abbau jedoch erheblich beschleunigt werden.
4.1.8 Handelsprodukte Disperbyk (Byk-Chemie) Efka (EFKA Chemicals) Tegosperse (Tego Service) Borchigen (Borchers) SER-AD FX (SERVO Delden BV) Calgon N (BK Ladenburg GmbH)
4.2 Entschaumung von wanrigen Anstrichstoffen Wernfried Heilen und Stefan Silber
4.2.1
Einfuhrung
WaSrigen Anstrichstoffen werden fast immer grenzflachenaktive Hilfsstoffe, wie z. B. Emulgatoren zur Stabilisierung der Bindemittel oder aber Netz- und Disper-
giermittel zur Benetzung der Substrate (Abschn. 4.4) bzw. der einzubringenden Pigmente und Fullstoffe (Abschn. 4. l), beigefligt. Die wichtigste Eigenschaft dieser tensidischen Substanzen ist ihr Vermogen, sich an Grenzflachen anzureichern, und sich gemas ihrer chemischen Struktur zu orientieren. Dies Ghrt zu einer Reduktion der Grenzflachenspannung. Als unerwiinschte Begleiterscheinung bewirken diese Tenside, daS die bei der Herstellung oder bei der Applikation der Anstrichstoffe eingebrachte Luft in Form von Schaumblasen stabilisiert wird. Die Stabilisierung der Schaumblasen beginnt zunachst mit der Ausbildung von orientierten monomolekularen Schichten der grenzflachenaktiven Substanzen an der Oberflache der Luftblasen im Anstrichstoff. Steigen die mit Tensidmolekiilen beladenen Luftblasen im Beschichtungssystem auf, so bildet sich in weiteren Schritten im oberen Bereich der flussigen Phase ein Agglomerat dieser Luftblasen aus, in dem die kugelformige Struktur der Luftblasen zunachst beibehalten wird. Dieser Kugelschaum weist in aller Regel eine Lamellendicke von mehreren pm auf. Im weiteren kommt es dann unter dem EinfluD der Gravitation zu einem AbflieSen der Flussigkeit (Drainage) aus diesem Grenzbereich und - unter Deformation der ehemals spharischen Kugelblasen - zur Entstehung von Polyeder~chaum[~-**~. Dieser Lamellenauslauf endet bei Schichtdicken zwischen 10 und 100 nm. Im Polyederschaum werden durch die Ausbildung von Tensiddoppelschichten, resultierend aus der erfolgten weiteren Annaherung der Gasblasen aneinander sowie durch die aufgrund der Drainage resultierenden Konzentrationserhohungder Tenside, sehr dunne Schaumlamellen stabilisiert, die relativ groae Luftvolumina ~ m h i i l l e n [ ~ - ~ ~ ] . Wenn die Blasen bei Trocknung des Lackfilmes aufplatzen, m r e n Polyeder- und Kugelschaum zu den in warigen Anstrichstoffen unerwiinschten Oberflachenstorungen wie Kratern oder Pinholes (Abb. 4.2-1). Die Neigung zur Schaumstabilisierung kann zwar bereits bei der Formulierung durch die Wahl der Komponenten und der Zusammensetzung eingeschrinkt werden, wirklich ausreichend konnen solche Storungen aber nur durch den Zusatz geeigneter Entschaumer und Schauminhibitoren vermieden ~ e r d e n [ ~ ' ~ ~ ] .
102
4 Gren$achenaktive Verbindungen
Abb. 4.2-1 , Makroschaum auf der a
Oberflache einer Reinacrylat-Ilispersionsfarbe
4.2.2
Schaumbildung in wallrigen Anstrichstoffen
Die Schaumbildung in warjrigen Anstrichstoffen kann verschiedene Ursachen haben : Luft wird sowohl bei der Herstellung als auch bei der Applikation warjriger Beschichtungen eingetragen. Sie kann aber auch aus porosen Substraten freigesetzt werden. Dariiber hinaus konnen durch chemische Prozesse (Reaktion von Isocyanaten mit Feuchtigkeit) bei der Lackhartung Gase freigesetzt werden. Am einfachsten laat sich der Lufteintrag wahrend des Herstellungsprozesses vermeiden oder zumindest der entstandene Schaum wieder abbauen. Schwieriger ist die effektive Verminderung von Blasen bei der Applikation, da hier die eingebrachte Luft sehr zugig vor der Trocknung der Beschichtung eliminiert werden murj. Als besonders kritische Applikationsmethoden seien hier beispielsweise das Gierjverfahren und das Airless-Spritzen erwahnt. Natiirlich wird aber auch beim Rollen oder Streichen Luft in einen Anstrich eingetragen. Beim Gieaverfahren flierjt Anstrichstoff aus einem schmalen Spalt auf ein durch den Lackvorhang bewegtes Substrat. ijberschussige Lackmengen werden aus einem Auffangbehalter mit Hilfe einer Pumpe in das Vorratsgefarj zuriickgeflihrt. Dabei werden in den Anstrichstoff betrachtliche Luftmengen eingetragen und fein verteilt. Diese Luft fiihrt dann, wenn sie nicht ausreichend schnell entfernt werden kann, im Fortgang der Lackierung zu einer fehlerhaften Beschichtung. Auch beim Airless-Spritzen treten erhebliche Schaumprobleme auf. Sie sind nur zum Teil zuriickzufuhren auf Luft, die beim Aufriihren der Farbe vor der Applikation eingetragen wird. Zusatzlich wird Luft unter den Druckbedingungen in der Pumpe im Lack gelost. Nach Druckreduzierung beim Durchtritt des Anstrichstoffes durch die Duse und der dann stattfindenden Druckreduzierung kommt es zu einer Ubersattigung der Farbe an geloster' Luft. Diese vormals geloste Luft wird dann im
4.2 Entschaumung von wayrigen Anstrichstoffen
103
Anstrichfilm wahrend der Trocknung freigesetzt. Zusatzlich wird beim Aufprall des spritzviskosen Materials auf den zu beschichtenden Untergrund Lufl inkorpo~ i e r t [ ~ - Beides ~ ' ] . fiihrt letztendlich zu (Mikro-) Blasen im Film (Abb. 4.2-2). Es ist also zum Erzielen fehlerfreier Beschichtungen ganz wesentlich, die Stabilisierung von Luflblasen in Anstrichstoffen moglichst vollstandig zu vermeiden. Bevor uber mogliche Losungsangebote zum Erzielen fehlerfreier Beschichtungen berichtet wird, sollen im folgenden die physikalisch-chemischen EinflurjgroBen diskutiert werden, die Schaumstabilisierung und Entschaumung warjriger Systeme bestimmen.
Abb. 4.2-2. Mikroschaum in einer auf Acrylat basierenden Holzbeschichtung
4.2.3 Ursachen der Schaumstabilisierung Leitet man einen Luflstrom in eine Flussigkeit ein, so nehmen die Blasen in der Regel Kugelform an. Da Kugeln bei vorgegebenem Volumen der Korper die kleinste Oberflache aufweisen, wird auf diese Weise die kleinstmogliche Oberflachenenergie erreicht. Zur Erzeugung dieser Kugelblasen ist die Anwesenheit grenzflachenaktiver Substanzen in der Flussigkeit zunachst nicht erforderlich. Jedoch entstehen abhangig von der Anwesenheit grenzflachenaktiver Substanzen ,,nackte" Kugelblasen oder Schaumblasen mit Tensidhulle, die erhohte Stabilitat aufweisen. Die Kugelblasen steigen in der sie umgebenden Flussigkeit nach oben, wobei diese Bewegung mit Hilfe des Stokes'schen Gesetzes beschrieben werden kann. Demnach gilt, dal3 grorje Blasen schneller aufsteigen als kleine, denn bei konstanter Viskositat ist die Aufstiegsgeschwindigkeit v proportional dem Quadrat des Blasenradius Y. Demzufolge wirken auch eine hohe Viskositat q des Beschichtungssystems sowie ein rascher Viskositatsanstieg wahrend der Lacktrocknung einer Entluftung entgegen.
104
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
Wenn die Gasblasen die Flussigkeitsoberflache erreichen und durchdringen, zeigen sie, je nachdem, ob es sich um ,,nackte" oder mit einem Oberflachenfilm umhullte Blasen handelt, unterschiedliches Verhalten (Abb. 4.2-3). Die ,,nackten" Blasen reil3en auf, das eingeschlossene Gas kann entweichen, die Flussigkeit fliel3t zusammen. Die Blasen mit Tensidhiille bleiben beim Durchdringen der Oberflache von einer Lamelle umschlossen. Die so entstandenen Lamellenblasen bilden eine S c h a ~ m k r o n e [ ~ - ~ ~ . ~ - ~ ~ ] ,
--h e
t L
f
d
4
Abb. 4.2-3. Aufstieg und Stabilisierung von Luftblasen in tensidfreien (links) und tensidhaltigen (rechts) Flussigkeiten
4.2.3.1
Stabilitatsmindernde Parameter
Das Volumen einer Schaumkrone wird kleiner, unmittelbar nachdem sie sich ausgebildet hat. Hierfur sind im wesentlichen die Effekte Drainage und Blasenkoaleszenz verantwortlich. An der Grenzflache zwischen Schaum und Umgebung verdunstet Flussigkeit und die obersten Schaumblasen zerplatzen. Die dabei freigesetzte Fliissigkeit verteilt sich auf die Lamellen und die Plateaugrenzbereiche. Die Kriimmung der Oberflache (Abb. 4.2-4) in der Plateauzone signalisert einen Unterdruck: eine Saugwirkung tritt auf, die den Lamellen Flussigkeit entzieht. Die Schaumdrainage bewirkt, dalj die Wandstarke der Flussigkeitslamellen kontinuierlich kleiner wird, bis die Blase platzt. In zwei voneinander getrennt vorliegenden Blasen mit den Durchmessern d 1 und d2 (wobei d 1 > d2) stellen sich verschiedene Driicke p l und p2 (p2 > p l ) ein. Beide Blasen stellen isoliert stabile Systeme dar. Bringt man die Blasen aber in Kontakt, entsteht ein neues System, das aufgrund der unterschiedlichen Innendriicke nicht stabil ist[4-291.Das Gas der kleinen Blase diffundiert wegen des hoheren Innendruckes durch die Kontaktflache zwischen den beiden Blasen in die grolje Blase. Die kleine Blase verschwindet dadurch mit der Zeit, und die grolje Blase nimmt einen groljeren Durchmesser d 1* an. Gleichzeitig stellt sich in der neuen Blase ein Druck p 1* ein, der kleiner ist als der Druck p 1 (Abb. 4.2-5).
4.2 Entschaumung von wajrigen Anstrichstoffen
105
Abb. 4.2-4. Grundprinzipien der Drainage-
wirkung
KontaWchen van Blasen mit dem Durchmesser d
Blase I
Blase 2
Blase 1 Blase 2
"stabil"
"nicht stabil"
t=t+At
Abb. 4.2-5. Blasenkoaleszenz
EinfluR der Blasengr6Re auf die SchaumstabiliHt
Die Zeit, innerhalb der die Blase verschwindet, ist von der Wandstarke der Kontaktflache abhangig. Bei kleinen Wandstarken erfolgt die Diffusion schneller als bei grol3en Wandstiirken (Abb. 4.2-6). Insbesondere fir geloste Kugelblasen in hochviskosen Beschichtungen ist dariiber hinaus als weiterer Destabilisierungsmechanismus die diffusionskontrollierte Losun der Lufl in der flussigen Phase zu beriicksichtigen. Nach Epstein und Plesset[ 341 nimmt die Zeit, bis zu der eine von flussiger Phase eingeschlossene Kugelblase aufgelost wird, mit der dritten Potenz des Kugelradius zu. Dies bedeutet, dat3 insbesondere kleine Kugelblasen (<5 pm) bevorzugt uber Losungsvorgange verschwinden konnen. Diese dargestellten Grundprozessebewirken, dal3 das Schaumvolumen mit der Zeit kleiner wird. Andererseits gibt es eine Reihe schaumstabilitatsfordernder Parameter. Sie behindern die Verringerung des Schaumvolumens.
8
106
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
I3 Lamellendicke
I
Alkyd-System
I..
I
PU-System
Abb. 4.2-6. Abhangigkeit der Schaumstabilisierung von der Lamellendicke (Bildausschnitt entspricht 1,2 x 0,9 mm)
4.2.3.2
SchaumstabilitatstijrderndeParameter
Nach G i b b ~ [ ~verhalten - ~ ~ I sich Schaumlamellen wie elastische Membranen, insbesondere wenn sie kurzzeitigen Beanspruchungen ausgesetzt werden. Beim Dehnen eines Tensidfilmes wird als Folge der Erniedrigung der Gleichgewichtskonzentration an grenzflachenaktiven Substanzen die Oberflachenspannung erhoht. Diese sog. Gibbselastizitat tritt nur dann auf, wenn die Deformation schnell genug ablaufi, so dalj fur die grenzflachenaktive Substanz keine Zeit bleibt, in die vergroljerte Lamellengrenzflache hinein- oder aus der verkleinerten herauszudiffindieren. Steht jedoch geniigend Zeit zwischen der Deformation der Grenzflache und der Einstellun eines neuen Gleichgewichtes zur Verfiigung, so tritt auch der Marangonieffekt au&361. Solange der Gleichgewichtszustand nicht erreicht ist, wirkt eine zusatzliche, zeitlich abnehmende Ruckstellkraft stabilisierend. Diese resultiert aus dem diffusionskontrollierten Transport der Tensidmolekule aus der Flussigkeit in die Lamellengrenzflache und vice versa. Der Marangonieffekt resultiert also aus der Variation der Oberflachenspannung. Das Wechselspiel von Gibbs- und Marangonief-
4.2 Entschaumung von wayrigen Anstrichstoffen
107
fekt stabilisiert so den Schaum gegen Schwankungen in Filmdicke und Kugelgrorje. In die Phasengrenzflache GadFlussigkeit einer Blase konnen sich insbesondere auch polymere Tenside (u.a. Ethoxylate) einlagern. Diese Schicht hat dann eine hohere Viskositat als die Umgebungsfliissigkeit. Auch aufgrund dieser hoheren Oberflachenviskositat wird das Ablaufen des Wassers verzogert. Ein anderer Mechanismus der Schaumstabilisierung ist elektrostatischer Natur. Wenn die grenzflachenaktiven Substanzen ionischen Charakter haben, bilden sich sowohl entlang der inneren als auch entlang der aurjeren Oberflache gleichnamige Ladungen. Die elektrostatische Abstorjung der Lamellengrenzflachen wirkt weiterer Drainage oder Ausdiinnung entgegen. Die haufig schnell ansteigende Viskositat der antrocknenden Beschichtung behindert uberdies die Annaherung von Gasblasen aneinander. Dies ware aber erforderlich, damit aus kleineren grorjere Blasen entstehen, die eine raschere Aufstiegsgeschwindigkeiten besaen. Kommen sich zwei kleine Blasen trotzdem nahe, so behindert die hohe Viskositat zusatzlich die Drainage, d. h. das AbflieSen von Flussigkeit aus der Lamelle und so ebenfalls die Koaleszenz. Wahrend der Trocknung verlaufl der Viskositatsanstieg im Beschichtungsquerschnitt zudem nicht gleichmarjig, sondern erfolgt vielmehr in den aurjeren Schichten des Films sehr vie1 rascher als in den tieferen Schichten. Dann ubernehmen die auSeren Schichten des Films eine Sperrschichtfunktion. Wird die Diffusion ubermarjig durch diese Sperrschicht behindert, so ist insbesondere bei Warmetrocknung auch mit weiteren Blasen zu rechnen, die mit Losemitteldimpfen bzw. Filmbildehilfsmittel ausgefiillt sind. Dieses unerwiinschte Phanomen ist als Kocherbildung bekannt. Neben den Viskositatsphanomenen ist auch die Wanderung von Blasen bei Stromung des Lackes im Film durch Oberflachenspannungsgradienten zu beriicksichtigen. Wahrend der Ausbildung Benardscher Zellen gelangen Luftblasen in Bereiche geringerer Oberflachenspannung und somit zur S~bstratoberflache[~”~],
4.2.4 Aufbau und Wirkungsweise von Entschaumern und Schauminhibitoren 4.2.4.1
Entschaumer
Entschaumer werden bei bereits vorhandenem Schaum zugesetzt und wirken unter anderem dem oben envahnten Gibbs- und Marangonieffekt entgegen. Um wirksam zu sein, mussen sie eine niedrige Oberflachenspannung, eine Unloslichkeit zur entschaumenden Phase sowie zur Gewahrleistung eines langandauernden Effektes eine hohe Verdampfungsenthalpie besitzen.
108
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
Andererseits diirfen keine Oberflachenstorungen wie Krater erzeugt werden, so dalj auch eine ausreichende Vertraglichkeit des Entschaumers im Bindemittelsystem gewahrleistet sein mull. Nach in der L i t e r a t ~ r [ ~ - ~akzeptierten ’ ~ ~ - ~ ~ IWirkungsmechanismenmiissen die als feine Tropfchen dispergierten, entschaumungsaktiven Substanzen in die Schaumlamellen gelangen. Dort mulj der Entschaumer in die Tensidschicht eindringen, wozu eine hohe Spreitungsaktivitat erforderlich ist. Dies laljt sich anerkanntennaaen auch durch die Forderung nach positiven Eindring- ( E ) und Spreitungskoeffizienten (S) a u s d ~ i i c k e n [ ~ - ~ ~ ~ ~ - ~ ~ ] :
s =g m -g d -gmd > 0 >0 mit g, = Oberflachenspannung des Mediums, g d = Oberflachenspannung des Entschaumeroles, g m d = Grenzflachenspannung zwischen Medium und Entschaumertropfen. E
=g m
-g
d + gmd
Die durch das Spreiten hervorgerufenen Spannungsgradienten fiihren zum Aufreiljen der Lamelle. Wenn der Eindringkoeffizient positiv ist, dringt der Entschaumertropfen in die - die Lamelle stabilisierende -Tensidschicht ein. Der so resultierende Film zeigt geringere Kohasion als der die Lamelle zuvor stabilisierende dunne Tensidfilm, es kommt zum Bruch der Lamelle (Abb. 4.2-7). Kommerzielle Entschaumer dieser Art basieren haufig auf Silikonolen mit g d = 20 mN/m, was fiir die meisten Schaume positive Eindring- und Spreitungskoeffizienten bedingt. Durch den Zusatz feinteiliger, hydrophober Festkorper, wie beispielsweise hydrowerden entschaumungsaktive phober K i e s e l ~ a u r e n [ ~ oder - ~ ~Harn~toffderivate[~-~~], ] Substanzen in ihrer Wirkun verstarkt. Diese Wirkung erklart sich am besten durch einen Entnetzungsvorgang[ 441.Der die Schaumlamelle stabilisierende Tensidfilm kann den hydrophoben Festkorper nicht benetzen. Die resultierenden geringen Adhasionskrafte bringen die Schaumblasen zum Platzen, so dalj die eingeschlossene Luft entweicht. Eine weitere Funktion der hydrophoben Substanzpartikel ist es, das sie tragende 0 1 daran zu hindern, sich auf der Lamellenoberflache vollstandig zu verteilen, was den
8
Abb. 4.2-7. Modell zur Wirkungsweise von Entschaumern
4.2 Entschaumung von wa$rigen Anstrichstofen
109
Entnetzungsvorgang vermindern wiirde. Geeignete Entschaumerkieselsauren zeigen sehr grorje spezifische Oberflachen zwischen 50 und 500 m2/g. Die durchschnittliche Teilchengrorje sol1 weniger als 10 pm, vorzugsweise 0,2-5 pm betragen. Die beste Entschaumung wird dann erreicht, wenn die h drophoben Kieselsauren die effektiven Schichtdicken der Lamellen erreichen L4-427. 4.2.4.2
Schauminhibitoren
Schauminhibitoren werden dem zu entschaumenden System vor der Schaumbildung zugesetzt. Bei der Herstellung eines Produktes, das zur Schaumbildung neigt, wird der Schauminhibitor so friih wie moglich - idealerweise bereits dem Mahlgut - wahrend der Herstellung zugesetzt. Die Lamellenbrechung folgt auch hier den zuvor beschriebenen Mechanismen. Die erwahnte Unloslichkeit des Entschaumeroles im schaumenden System und die Forderung nach positiven Spreitungs- und Eindringkoeffizienten sind zwar notwendige, aber nicht ausreichende Bedingungen fir die Eignung von Entschaumern als Schauminhibitoren. In der Praxis entscheiden die Tropfchengrorjenverteilungenund Grenzflachenspannungen g,d von dispergierten Entschaumertropfchen die Verwendbarkeit von Entschaumern und Schauminhibitoren. Jiingere E r g e b n i s ~ e [ ~haben - ~ ~ ] gezeigt, darj hohere und langere Scherung G, geringe Grenzflachenspannungeng m d zwischen Entschaumerol und Bindemittel-Matrix, niedrige Viskositaten der Entschaumertropfchen t,+dsowie hohe Viskositaten q,,, der zu entschaumenden Systeme tendenziell zu niedrigen Teilchengroljen der Entschaumerole fihren und umgekehrt. Fur eine gute Performance sind monodisperse Teilchengrorjenverteilungen zwischen 2- 10 pm ideal, hingegen zeigen Entschaumertropfchen < 1 pm kaum noch Wirksamkeit. Vor allem als Folge des unterschiedlichen Dispergiervermogens der Lacksysteme und ihrer Rezepturbestandteilewerden hierfiir unterschiedliche Tragerole benotigt. Insbesonderedann,wenn die Farbe mit einem scherkraftreichenDispergieraggregat bearbeitet wird, kann durch eine zu gute Eindispergierung des Schauminhibitors dessen Wirkung beeintrachtigt werden, so dalj eine erhohte Dosierung erforderlich wird. Fur den Anwender und Formulierer ergibt sich aus diesen physikalischen Zusammenhangen die Empfehlung, Entschaumer-Compounds als Schauminhibitoren vor allem fir Anwendungen mit hohen bis mittleren Scherkraften zu verwenden; aufgrund ihrer voreingestellten Teilchengrorjenverteilungen sind o/w-EntschaumerEmulsionen fir Anwendungen mit niedrigen Scherkraften - Aufflackgut oder Postaddition - zu bevorzugen. Die jeweiligen Teilchengrorjenverteilungensind ausschlaggebend fir die Charakteristik von Lacksystemen kurz nach ihrer Herstellung bzw. nach erneuter applikationsbedingter Scherung. Insbesondere Polyethersiloxanole mit geringer Grenzflachenspannung weisen nach langerer Lagerung haufig eine wesentlich starkere Feinverteilung der Tropfchen und damit verbunden eine schlechtere Wirksamkeit auf. Lagerstabiler sind hier Polyethersiloxane mit hohen Grenzflachenspannungen gmd. Andererseits sind zur Verminderung von Oberflachenstorungen geringe Grenzflachenspannungen gunstiger. Durch strukturelle Variation von Polyethersi-
1 10
4 Crenzjlachenaktive Verbindungen
loxanen sowie durch geeignete Formulierung laRt sich fiir jedes Lacksystem jedoch unter Beriicksichtigung der dishtierten Parameter ein geeigneter Entschaumer bereitstellen.
4.2.5
Formulierung der Wirkstoffe
Entschaumer bestehen im wesentlichen aus: -
-
-
wasserunloslichen, weitgehend hydrophoben organischen Flussigkeiten. Beispiele hierfur sind mineralische, vegetative und tierische Ole sowie Polydimethylsiloxane oder Mischungen hieraus, hydrophoben Feststoffen, Emulgatoren zur leichteren Dispergierbarkeit, sowie ggf. Wasser.
Bislang haben aus der Vielzahl entschaumungsaktiver Formulierungen fiir waDrige Lacksysteme vor allem Mineralolentschaumer und Silikonentschaumer Bedeutung erlangt. Als klassische, spreitungsaktive Substanzen werden in Entschaumerformulierungen aromatische oder zunehmend aliphatische Mineralole eingesetzt. Die friiher vie1 venvendeten aromatenhaltigen Ole bringen physiologische und okologische Risiken mit sich. Aliphatische Tragerole sind zwar unbedenklicher, sie reduzieren aber wie auch die aromatischen Ole oft wegen ihrer Unvertraglichkeit den Glanzgrad von Dispersionslacken. Mineralolentschaumer werden in der Regel durch Einmischen und Dispergieren von hydrophoben Kieselsauren in Mineral01 hergestellt. Der Kieselsaureanteil liegt dabei zwischen 5 und 15 Gew.%. Haufig werden weitere Substanzen zugesetzt, beispielsweise Emulgatoren und Feststoffe wie Metallseifen, Wachse oder Fettamide. Einfache Silikonole werden vielfach aufgrund ihrer hohen Verdampfungsenthalpie und niedrigen Oberflachenspannung als Schauminhibitoren eingesetzt. Auch hier beeinfluRt der Zusatz synthetischer Kieselsauren das Entschaumerverhalten positiv. Hierbei konnen auch hydrophile Kieselsauren verwendet werden, die dann bei Temperaturen von 150-200 “C und Reaktionszeiten von einer bis mehrerer Stunden in situ hydrophobiert werden. Eine Klasse hervorragend wirksamer Entschaumer ist durch die Modifizierung von funktionalisierten Polydimethylsiloxanen mit hydrophoben Polyethern zuganglich. Man erhalt so spreitungsaktive Wirkstoffe, die ihre Starken besonders in den modernen waRrigen Lacksystemen zeigen. Neben dem Vorteil, den Glanz nicht zu reduzieren, zeichnen sich solche Entschaumer durch gute Vertraglichkeit aus. Zur Synthesevon Polyethersiloxanenkonnenverschiedene Reaktionswegebeschritten ~ e r d e n [ ~ Durch - ~ ~ I .Kondensationsreaktionen zwischen Polyether und Siloxanblock entstehen uber eine SiOC-Bindung verknupfle C ~ p o l y m e r e [ ~ - ~ ;” ~ -~*’ durch Ubergangsmetalle katalysierte Hydrosilylierungsreaktionen entstehen uber eine Sic-Bindung Polyethersiloxane (Abb. 4.2-8).
111
4.2 Entsckaumung von waJrigen Anstrickstoffen Kondensation SiCl + HO- CH SiOR + HO- CH
-
Abb. 4.2-8. Reaktionsschemata zur
Synthese von Polyethersiloxanen
- -+ - Si- 0 - CH - + HCI - + - Si - 0 - C H - + ROH
Addition I Hydrosilylierung SiH + H,C = CH + Si - CH,- CH,
-
- -
-
Dabei ist der Siloxanblock fiir die Grenzflachenaktivitat verantwortlich, wahrend uber den Polyetherblock vor allem der Grad der Vertraglichkeit gesteuert wird. Durch gezieltes Design der Copolymersegmente konnen heute fiir nahezu alle Anwendungsfalle geeignete Entschaumer bereitgestellt werden. Allgemein zeichnen sich die hydrophoben Polyethersiloxane dadurch aus, daD sie zwar eine hohe Unvertraglichkeit zum schaumenden Medium aufweisen, im getrockneten Film hingegen selektiv vertraglich sind. Dadurch ist die Kombination von hoher Entschaumungsaktivitat mit geringer Kraterneigung moglich. Da Polyethersiloxane auch ohne hydrophobe Feststoffe gut entschaumen, sind auch feststofieie Entschaumer formulierbar, die besonders wenig zu Lackstorungen neigen. Haufig werden Entschaumer auf Basis von Polyethersiloxanen als o/w-Emulsionen formuliert, die bereits voreingestellte TropchengroDenverteilungen besitzen.
4.2.6 Testmethoden zur Beurteilung von Entschaumern Fur den Praktiker ist es notwendig, die Wirksamkeit geeigneter Entschaumer in Laborversuchen zu ermitteln. Obschon es haufig nicht moglich ist, die Ergebnisse aus den Laborversuchen ohne weiteres auf den Betriebsmabstab zu ubertragen, existieren eine Reihe praxisnaher Testmethoden. Wir wollen uns hier auf einige wenige Methoden beschranken, von denen wir glauben, dal3 sie die Unterdriickung der Schaumbildung bei Herstellung und Abfillung der Farbe sowie die Verhinderung des Schaumens bei der Applikation, mit hinreichender Genauigkeit zu messen, gestatten. Eine vielfach praktizierte Methode ist der Ruhrtest (Abb. 4.2-9). In die Dispersion oder die formulierte Farbe wird dabei unter definierten Bedingungen mittels eines Turbinenriihrers Luft eindispergiert. Die so bearbeitete Dispersion oder Farbe wird dann, unmittelbar nach Abstellen des Riihrers, in eine Mensur bis zur Eichmarke gefillt und gewogen. Die Dichte wird durch die eingeriihrte Luftmenge verringert und ist ein MaB fir die Wirksamkeit des Entschaumers (Abb. 4.2-9) Viele Entschaumer verursachen Oberflachenstorungen, von denen insbesondere Krater ebenso unerwiinscht sind wie die Storungen, welche durch Schaumblasen verursacht werden. Zur ijberpriifimg kann im AnschluB an den Ruhrtest die aufgeschaumte Probe auf eine - idealerweise auf einer schiefen Ebene fixierten - Folie gegossen werden. Zusatzlich 1aBt sich so nach Trocknung des Filmes - ggf. unter Zuhilfenahme eines Mikroskopes - die entluftende Wirkung des Entschaumers be-
1 12
4 Grenzfliichenaktive Verbindungen Turbine oben abgedeckl
Ruhrmotor mit 2500 UPM und einem Drehzahlmesser
100 rnl
100 ml MeRkolben, Waage
Abb. 4.2-9. Riihrtest
urteilen. Dariiber hinaus hat sich die Erfahrung bestatigt, die (End-) Auswahl von Entschaumern moglichst applikationsnah zu treffen. Grundsatzlich 1al3t sich festhalten, dal3 die notwendige Dosierung bzw. Wirkung eines Entschaumers von der gewahlten Formulierung abhangt. Besonders stark wirken sich Art und Stabilisierung der Bindemittel, die Pigmentierungshohe sowie Aufbau und Ionogenitat der eingesetzten grenzflachenaktiven Hilfsmittel zur Pigment- und Substratbenetzung aus.
4.2.7 Herstellerinformation Unter anderem bieten folgende Firmen Entschaumer an und sind mit ihren Erfahrungen bei der Auswahl geeigneter Produkte behilflich :
4.2 Entschaumung yon wayrigen Anstrichstoflen
Hersteller Air Products Byk-Chemie Drew Daniel Products Dow Corning Henkel Miinzing Troy Chemical Tego Chemie Service
Produktname SUrfLnOl BYk Drew Dapro DC PA Dehydran, Foamaster Agitan Troykyd TEGO@Foamex
1 13
4.3 Haftvermittler Martina Ortelt
4.3.1 Definition Die Begriffe der Haftung und Haftfestigkeit gehoren heute zum selbstverstandlichen Sprachschatz jener, die sich in irgendeiner Form mit der Herstellung von Verbunden befassen. Es kann sich dabei um Verbunde aus gleichen oder unterschiedlichen Werkstoffen handeln. Die Herstellung kann z. B. durch Kleben, Anstreichen, Lackieren oder Fiillen erfolgen. In allen Fallen denkt man bei dem Gebrauch der Be riffe Haftung und Haftfestigkeit immer an eine bestimmte Festigkeit der Verbunde74-49] . Fur Beschichtungen ist die Haftfestigkeit in DIN 55945 definiert. Sie ist danach ein Ma13 6 r den Widerstand, den die Beschichtung aufgrund ihres Haftvermogens einer mechanischen Trennung vom Untergrund entgegensetzt. Die Haftfestigkeit einer Beschichtung bei Einwirkung von Wasser und Feuchtigkeit wird als Naljhaftung bezei~hnet[~-~'I. Die Haftung kann unter anderem durch Haftvermittler verbessert werden. Darunter versteht man allgemein alle Stoffe, die der Verbesserung der Haftfestigkeit der miteinander zu kombinierenden Werkstoffe d i e n e ~ ~ [ ~ - ~ ' ] .
4.3.2 Modelle zur Interpretationvon Haftungserscheinungen Aufgrund der Komplexizitat der Haftungserscheinungen existieren eine Vielzahl von Modellen (Abb. 4.3-1). Keines davon ist allein zur vollstandigen Erklarung der Haftung imstande. Sicher ist, dalj jedes Model1 einen bestimmten Anteil an den komplexen Haftungsvorgangen b e ~ c h r e i b t [ ~ - ~ ~ ] . Der Grundgedanke der mechanischen Adhasion besteht in der Annahme, darj das fliissige Beschichtungsmaterial in den Vertiefimgen bzw. Poren der Oberflache des Substrats aushartet und dort wie Dubel oder Druckknopfe mechanisch verankert ist. Heute hat sich die Ansicht weitgehend durchgesetzt, darj dieser sicherlich mehr oder weniger vorhandene Effekt nur eine begrenzte Bedeutung hat. Vielmehr wird die Auffassung vertreten, dalj die bei Vergrorjerung der ,,Rauhigkeit" einer Sub-
4.3 Hafmermittler
115
Modelle zur Interpretation der Haftung
I
mtehanisches AdhYsionsmodell
spezifische AdhYsionsmodelle
I
molekularphysikalische Interpretation dcr GrenzflllchenvorgYnge Polarisationdheorie nach DE BRUYNE 1935 Grundlage: Dipolcharakter der MoleMlle
-
elektrostat. Theorie nach DERJAGIN 1950 Grundlage: Transport elektr. Ladungen. elektr. Doppelschicht Diffusionstheon‘e nach VOJUCKIJ 1960 Grundlage: Beweglichkeit der Molekole, Diffusion v. MolekUIsegrnenten
Ausbildungen thermodynamische Intemretation der chernischer Gre~zWchenvorgYnge Bindungen Thennodvnarnik de[ aab1960 phasenarenzea Theorien Grundlage: Chernisorption; kovalente und ionische nach ZISMAN, FOWKES, GOOD, WU 1963 Bindungen Grundlage: Ober- u. Grenzflachenenergie. Struktur der Grenzflachenschicht, Adsorption, DispenionskWRe
Abb. 4.3-1. Modelle zur Interpretationvon Hahgserscheinungen
stratoberflache beobachtbare stiirkere H a b g auf die VergroSerung der wirksamen Oberflache mriickzufiihren ist[4-491. Fast alle Ursachen fiir das Auftreten einer Haftung lassen sich auf die physikalisch und chemisch bedingten intermolekularen Wechselwirkungen in der Grenzflache bzw. Grenzflachenschicht zuriickfiihren. Zu den physikalischen Wechselwirkungen gehoren die Ausbildung von permanenten Dipolen (Bindungsenergie <20 kJ/mol) induzierten Dipolen (Bindungsenergie<2 kJ/mol) - Dispersionskrafien nach London -
Die Bindungsenergien fiir die ebenfalls wichtigen Wasserstoffbriickenbindungen liegen bei <50 kJ/mol. Vom bindungsenergetischenStandpunktaus betrachtet miissen chemische Bindungen zwischen Beschichtun und Substrat m hohen Haftfestigkeiten fiihren. Man unterscheidet zwischent4-527 -
kovalenten Bindungen (Bindungsenergie 60-700 kJ/mol) und ionischen Bindungen (Bindungsenergien 600- 1000 kJ/mol).
AulJer der Ausbildung spezifischer Bindungen an der Phasengrenze spielt auch die Benetzung einer Oberflache eine bedeutende Rolle. So kommt W. A. Zisman zu der allgemeinen Feststellung, daB eine Substanz von einer Oberflache nur dann ad-
1 16
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
sorbiert werden kann, wenn ihre Oberflachenenergie kleiner (hochstens gleich) der kritischen Oberflachenenergie des Feststoffes ist[4-491. Als Mal3 der Benetzung einer Oberflache durch eine Flussigkeit dient der Kontaktwinkel im Gleichgewicht. Voraussetzung fur die Benetzung ist ein Kontakt- bzw. Randwinkel von kleiner 90".
4.3.3 Haftfestigkeit im Verbund Die EinfluBfaktoren auf die Haftung sind von vielfaltiger Natur. Sie sollen an folgendem Beispiel eines Verbundes aus Bandstahl (Abb. 4.3-2 und einer Lackschicht, welche einen Haftvermittler enthalt, dargestellt werden[ -491.
h
Haftvermittler
Bandstahl
- Stahltyp - chern.Struktur der
- chern.Struktur (funktionelle Gruppen)
- Molrnasse - Konzentration
obemache Oxidschicht Oxidhydratschicht sorptionsgebundene Gase, LOsernittel - physik.StruMur OberfMchengeometrie\ Oberflachenmorphologie Obemachenenergie Gitterstbnrngen
- Vertrilglichkeiten
- mech.Bearbeiiung - Veainken Folge: Veandenrng der chern. u. phpik. Struktur der Obemache - Waschen rnit Wasser/ Ltkemittel
- Pigrnente - Additive, Weichrnacher - Art des LOsernittels bm. Gernisches - FlieRverhalten, Viskositat - Oberflachenspannung
Auftragsbedingungen Filrneigenschaften Schichtdicke rnech. Eigenschaften (Harte, Elastizitat) Homogenitilt des Films Diff.-Konst. f. Gase und Wasserdampf Hrttungsbedingongen Ternperatur Zeit
-
-
und Bedingungen --Prllfmethoden Pr(lfkbrperherste1lung Prflfbedlngungen
- Prflfungsablauf - Prflfgerilte
Lackformulierung
- Bindernittel
Beispiale von EinfluR faMoren auf die Haftfestigkeit irn Verbund
-
Umweltbedingungen
- Licht - Ternperatur - Feuchte - aggressive Medien
- rnech. Belastungen
Abb. 4.3-2. Mogliche EinfluBfaktoren auf die Haftung am Beispiel von lackiertem Bandstahl
4.3 Haftvermittler
1 17
Ein wirksamer Schutz von Substraten ist nur moglich, wenn die Beschichtung ausreichend gut haftet. Um den Anforderungen zu entsprechen, ist man vielfach an bestimmte Bindemitteltypen bei der Lackformulierung gebunden, so da13 Haftungsprobleme schon dadurch oft vorprogrammiert sind. In solchen Fallen hilft haufig nur die Zugabe von Haftvermittlern.
4.3.4 Haftvermittler 4.3.4.1
Allgemeines
Aufgrund der grol3en Vielfalt von Beschichtungssystemen, des unterschiedlichen Charakters der zu beschichtenden Flache (Holz, Metall, Papier, Leder, Kunststoff usw.), seiner Struktur (eben, poros, homogen usw.) und der Beanspruchungsart (Temperatur, Dehnbarkeit, Hygroskopizitat usw.) kann es ein Additiv zur Verbesserung der Haftung mit universeller Anwendbarkeit nicht g e b e ~ ~ ~ ~ ' ~ ~ ] . Der Markt bietet eine Vielzahl an unterschiedlichen chemischen Varianten von Haftvermittlern an. Die Bandbreite urnfafit dabei unter anderem Silane, Silikone, Titanverbindungen, Zirkonate, Amide, Imine, Phosphorsaureester, aurjerdem speziell modifizierte Polymere. Daneben gibt es auch fir andere Zwecke bestimmte Bindemittel, Weichmacher und Additive (z. B. Netzmittel), die als Nebenwirkung gute Haftfestigkeit bewerkstelligen. Entscheidend ist in bezug auf die Haftfestigkeit in vielen Fallen die Gesamtformulierung eines Lackes bzw. Beschichtungsmaterials. So ist bekannt, dalj viskositatssenkende Zusatze wie 2.B. Losemittel die Haftfestigkeit durch verbesserte mechanische Verankerung des Filmes verbessern. Hierbei kann auch das AnlosedAnquellen des Untergrundes Kunststofhntergriinde, Vorlackierung) zur Haftungsverbesserungmit beitragenI4-535. Allgemein geht man davon aus, da13 die Wirkungsweise zum Teil auf der Ausbildung von chemischen Bindungen mit der Substratoberflache und dem Bindemittel, zum Teil auf der Erhohung der Benetzbarkeit der Oberflache oder der Ausbildung einer Zwischenschicht zwischen Substrat und Bindemittel b e r ~ h t [ ~ ' ~ ~ ] . Silane,Titanate und Zirkonate sind bedingt durch die h l i c h k e i t ihrer Substituenten auch in ihrer Wirksamkeit ahnlich. Sie enthalten meist drei gleiche oder ahnliche Substituenten in Form von Alkoxygruppen, uber die eine Verkniipfung zum Substrat stattfindet. Der vierte Substituent ist ein organischer Rest, der in der Lage ist mit dem Bindemittel in Wechselwirkung zu treten. Einige Haftvermittler konnen als Zusatz in der jeweiligen Formulierung oder in Form einer Oberflachenvorbehandlungeingesetzt werden. Der Vorteil der letzteren Vorgehensweise ist dabei, da13 der Haftvermittler sich direkt in der Grenzschicht befindet und so optimal wirksam werden kann. Von Nachteil ist jedoch der zusatzliche Arbeitsschritt.
1 18
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
4.3.4.2 OrganofunktionelleSilane
Struktur und Abgrenzung gegenuber Alkylsilanen: Organofunktionelle Silane haben die allgemeine S t r u k t ~ r [ ~ - ~ ~ ] Y-(CH2),- Six3
n
=
0-3
mit der organofunktionellen Gruppe 0
/ \
Y: H2N-, CH2=CH-, CH2=C(CH3)-COO-, CH2-CH-CH20-,
HS-, Cl-
und der siliciumfunktionellen Gruppe X : meist -OCH3, -OC2H5 (allgemein Alkoxygruppen, teilweise auch -0-COCH3, -Cl) Abgrenzung gegeniiber den Alkylsilanen: Neben den funktionellen Organosilanen gibt es noch die sogenannten nichtfunktionellen Organo- oder Alkylsilane. Es handelt sich dabei um Silane der allgemeinen Struktur: CH3-(CH2),-Six3
X = -OCH3, -OC2Hs, (-C1)
und n
= 0-16
Die Alkylgruppe ist jedoch nicht in der Lage, eine Bindung zum Polymer einzugehen, so dalj Alkylsilane nicht als Haftvermittler wirksam sind. Sie werden lediglich zur Hydrophobierung und organophilen Einstellung anorganischer Materialien verwendet.
Wirkungsweise Ihre Wirkungsweise erklart man ganz allgemein damit, darj die Alkoxygruppen bzw. siliciumfunktionellen Gruppen (-X) mit dem Substrat in Wechselwirkung treten, wahrend die organofunktionelle Gruppe (-Y) die Verbindung zum Polymeren her~tellt[~ : -~~] Polymer + Y-(CH2),-SiX3
+ Substrat +. Polymer-(CH2),-Si-0-Substrat
Die Wirkungsweise der organofunktionellen Silane besteht aus mehreren moglichen Teilschritten: 1. Reaktion der siliciumjiinktionellenGruppe
Die Alkoxygruppen hydrolysieren mit Oberflachenfeuchte des anorganischen Substrates (Glas, Metall, Fiillstoffe, Pigmente) oder bei der Zubereitung einer warjrigen Losung wobei reaktive Silanole gebildet werden: Y-(CH2),-SiX3 + H20 Y-(CH2)n-Si(OH)3 + 3 HX
4.3 Hafwermittler
1 19
Fiir die Hydrolysegeschwindigkeit gibt es folgende Abstufung: -C1> -0-COCH3 > OR (OCH3 > OC2H5> OC3H7) Saure- oder Basenkatalyse, auljerdem Katalyse mit bestimmten metallorganischen Verbindungen wie Zinnverbindungen (Dibutylzinndilaurat) beschleunigen den Vorgang. Abgesehen von den Aminosilanolen sind die gebildeten Silanole nicht stabil. Unter Kondensation mit OH-Gruppen der anorganischen Oberflache wird ein fester Verbund zum Untergrund geschaffen. Von groljer Bedeutung fiir einen guten Verbund ist auch in diesem Zusammenhang die Ausbildung von H-Briicken. Die verschiedenen anorganischen Materialien besitzen dabei eine unterschiedliche Oberflachenaktivitat gegenuber Silanen. Als gut gelten Glas, Quadsand und Glimmer. Mittlere Aktivitat besitzen Magnesiumoxid, Kaolin, Talkum, silikatische Fiillstoffe, Eisenoxid, Titandioxid und anorganische Pigmente und eine schlechte Aktiviat RUB,Kreide, Bariumsulfat und Calciumsulfat (Gips). Zu den Metallen mit guter Affinitiit zahlen Eisen, Aluminium, Zink und Kupfer. Gute Verbunde konnen auch zu mineralischen Baustoffen wie Natursteinen, Beton, Kalksandstein und Ziegeln hergestellt werden. Bei Verwendung von Silanen als Haftvermittlern mulj beriicksichtigt werden, daB in Abhhgigkeit von unter anderem der Silankonzentration und dem pH-Wert wasserunlosliche Polysiloxane gebildet werden konnen und auch eine Reaktion der gebildeten Silanole mit dem Bindemittel der Beschichtung erfolgen kann.
2. Reaktion der organofunktionellen Gruppe
Der organofunktionelle Rest geht demgegenuber mit dem organischen Polymeren eine Verbindung ein. Folgende Moglichkeiten bestehen z. B. :
- radikalisch, Propfung (Vinylsilan) z. B. fir ungesattigte Polyester, EPDM-Kautschuk -
bei Epoxiden: OH
0
I
/ \
= Si-XH + CH2-CH-R
4
= Si-X-CH2-CH-R OH
0
I
/\
= Si-0-CH2-CH-CH2 + H2N-R -
-
bei Polyurethanen: = Si-XH + O=C=N-R +
+
= Si-0-CH2-CH-CH2-NH-R
= Si-X-CO-NHR
bei Phenolharzen : = Si-NH2 + HO-CH2-Ph-OH
+
= Si-NH-CH2-Ph-OH
120
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
Tabelle 4.3-1gibt Hinweise uber die Silane, die als Haftvermittler fir die einzelnen Bindemitteltypen in Frage kommen k o n n e t ~ [ ~ - ~ ~ ’ . Tabelle 4.3- 1. Auswahl der Silan-Haftvermittler Organofunktionelle Gruppe des Silan-Haftverrnittlers
Empfohlen fur folgende Polymere
Amino-
Epoxid, Phenol, Melamin, Furan, Harnstoff, PVC, Urethan, Polyvinylbutyral, Polyimid, Polychloropren, Nitrilkautschuk u.a. Ungesattigte Polyester, EPDM, Polyolefine, Urethan, Alkyd
Vinyl-, Methacryl Epoxid
Epoxid, Phenol, Epichlorhydrin, PVC, Polyester, Urethan, Polysulfid, Acrylat
Mercapto-
alle Elastomere, Urethan, Polysulfid, PVC Phenol, Harnstoff- oder Melaminharze, Epoxidharze
Harnstoff Chlor-
Epoxidharze, Polyurethan, Therrnoplaste
Eigenschaften und Anwendung
Organofunktionelle Silane sind in den iiblichen organischen Losemitteln losliche, brennbare und hydrolyseempfindliche Verbindungen mit gunstigen toxikologischen Eigenschaften. Sie gelten als sehr effektive Haftvermittler, wenn es darum geht, die Haftung zwischen anorganischen (Glas, Mineralien, Metall) und or anischen Materialien (Duroplasten, Thermoplasten, Elastomeren) zu verbessern[4%1 . Die Venvendung organofunktioneller Silane als Haftvermittler wurde Mitte der 40er Jahre f i r glasfaserverstarkte Kunststoffe patentiert. GFK war damit die erste GroBanwendung. Vinyl- und Methacrylsilan behandelte Glasfasern sind fur Polyesterlaminate Stand der Technik. Amino- oder Epoxidsilane haben sich f i r Phenol- und Epoxidharzlaminate bewahrt. Fur den Einsatz in Beschichtungen, Lacken und Farben sind ihre besonderen Vorteile -
-
-
die Haftungsverbesserung besonders nach Wassereinwirkung, wo sich Proben oftmals von selbst vom Untergrund trennen die Verbesserung der Chemikalienresistenz die Hydrophobierung ein verbesserter Korrosionsschutz
Verschiedentlich konnte die Haftung von Lacken und Dichtungsmassen auch auf organischen Untergriinden durch Silane verbessert werden, ohne da13 es hierfir eine befriedigende Erklarung gibt. Die Auswahl des Silan-Haftvermittlers erfolgt auch
4.3 Hafhtermittler
121
in diesen Anwendungen nach der moglichen Reaktion der organofunktionellen Gruppe mit dem verwendeten Bindemittel. Der Silan-Haftvermittler kann wahlweise als Additiv oder in Form eines Primers (Silangehalt 1-2 %) zur Vorbehandlung des Untergrundes eingesetzt werden. Als Additiv zugemischt, werden hohere Mengen benotigt als in Form des Primers. Eventuell muB der konkurrierende Einflul3 anwesender mineralischer Anteile in der Mischung beachtet werden. Zugemischtes Silan wird von anorganischen Verbindungen absorbiert und steht dann nicht mehr zur Hahirkung nach aul3en zur Verfigung[4-561.
Zur Herstellung des Primers wird eine verdunnte Silanlosung (Silangehalt 1-2 %) hergestellt und dunn aufgetragen. Als Loser eignen sich organische Losemittel wie Alkohole, Ketone oder Aromaten ggf. unter Zusatz geringer Mengen Wasser. Auch waBrige Losungen konnen verwendet werden. Dabei wird das Silan in Konzentrationen von 0,2 bis 2% unter Zusatz von Saure (meist Essigsaure) bei pH-Werten zwischen 3 und 4 in Wasser hydrolysiert. Je nach Silantyp entsteht nach 5 bis 60 Minuten eine klare, waBrige Losung, die aufgrund der Bildung von oligomeren Siloxanen jedoch nur begrenzte Zeit stabil bleibt. Fur die aminofunktionellen Silane wird zur Herstellung der waBrigen Losung kein Saurezusatz benotigt. Ihre waBrigen Losungen sind im Vergleich zu den anderen Typen aderdem uber einen deutlich langeren Zeitraum stabil. WaBrige Silanlosungen entfalten ehva 30 min nach Herstellung ihre volle Wirksamkeit (5, 8). Tabelle 4.3-2 zeigt Beispiele wichtiger organofunktioneller Silane. Tabelle 4.3-2. Beispiele f i r Haftvermittler auf Silanbasis
Name
Struktur
3-Aminopropyl-trimethoxysilan N-Methyl-3-aminopropy l-trimethoxysilan 3-Aminopropyl-triethoxysilan
3-Aminopropyl-methyl-diethoxysilan N-Aminoethyl-3-aminopropyl-trimethoxysilan N-Aminoethyl-3-aminopropyl-methyldimethoxysilan 3-Ureidopropy l-triethoxysilan 3-Methacryloxypropyl-trimethoxy silan
H2N(CH2)2NH(CH2)3Si(CH3)(OCH3)2 H2NCONH(CH2)3Si(OC2H5)3 CH2=C(CH3)COO(CH2)3Si(OCH3)3 0
3-Glycidyloxypropyl-trimethoxysilan 3-Mercaptopropy l-trimethoxysilan
3-Chlorpropyl-trimethoxy silan
Vinyltrimethoxysilan
/ \
CH~-CHCHZO(CH~)~S~(OCH~)~ HS(CH2)3Si(OCH3)3 Cl(CH2)3Si(OCH3)3 CH2=CHSi(OCH3)3
122
4 Grenzgachenaktive Verbindungen
Beispiele fur Handelsprodukte: Dynasilan (Huls AG) Prosil (PCR Incorporated) Silan (Union Carbide Chemicals GmbH) Additiv-Typen (Dow Corning) GF-Typen (Wacker-Chemie)
4.3.4.3 Metallorganische Verbindungen Titanate und Zirkonate
Organotitanate und Zirkonate werden seit Jahren bereits erfolgreich als Additive zur Haftungsverbesserung in Lacken und Druckfarben eingesetzt. Daneben finden sie Anwendung als Katalysatoren fiir Veresterungs- und Umesterungsreaktionen, Polyadditionsreaktionen und der Polymerisation. Titanate und Zirkonate sind sehr reaktive Verbindungen. Sie bilden mit OH- und COOH-Gruppen stabile Bindungen und werden daher auch als Vernetzungsagens in Industrielacken, Drahtlacken, Druckfarben und Dispersionsfarben eingesetzt. Sie erhohen in solchen Systemen dabei die Hartungsgeschwindigkeit, verbessern gleichzeitig Wasser- und Chemikalienresistenz und Temperatur~tabilitat[~-~~]. Von Bedeutung sind sie ebenfalls als Dispergierhilfsmittel. Haftvermittler auf Basis von Organotitanaten und -zirkonaten haben folgende allgemeine Strukturen (Abb. 4.3-3).
OR Ester:
I
RO-M-OR
I
OR
Chelate: (z.8.) CH3
OR:
Ti oderZr M: R, R,: z.B. -i-C3H7,-n-C,H, R:, -I-C3H,
Abb. 4.3-3. Struktur der Organotitanateund -2irkonate
Fur die Chelatbildung wird haupsachlich Acetylacetonat verwendet. Tabelle 4.3-3 zeigt einige Beispiele der als Haftvermittler eingesetzten Titanate und Zirkonate[4-54,4-57] Wie die Silane werden auch Titanate und Zirkonate entweder in Form einervorbehandlung (Primer) oder durch Zusatz als Additiv eingesetzt. Durch eine Vorbehand-
4.3 Hafmermittler
123
Tabelle 4.3-3. Beispiele f i r Haflvermittlerauf Titanat- und Zirkonatbasis Name
Struktur
Tetra isopropyl titanat Tetra n-butyl titanat n-Butyl polytitanat Isopropyl triisostearoyltitanat
Titanacetylacetonat (verschiedene Moglichkeiten)
Isopropyl tri(N-ethylaminoethyl amino) titanat Neoalkyl tri(p-N-( P-aminoethyl) amino phenyl) titanat
Zitronensaurediethy lesterzirkonat
lung verbessern sie dabei Benetzung und Haftung von Beschichtungen auf Untergriinden wie Glas, Metal1 und Kunststoffen (vorbehandelt). Durch ihre ahnlich hohe Reaktivitat gegenuber z. B. Wasser, OH-, COOH-, NH2-, CONH-Gruppen ist ihre Wirkungsweise mit der der Silane vergleichbar. Linda11 und Duncan beschreiben die Wirkun sweise von Titanacetylacetonat in Druckfarben wie in Abbildung 4.3-4 dargestellt6 - 5 8 ] . Im Vergleich zu den reinen Estern ist die Reaktivitat der Chelate geringer. Vor allem im Bereich Druckfarben fiihrt die hohe Reaktivitat der Ester zu unerwiinschten Vorreaktionen mit dem Bindemittel, so dal3 dort die Chelate hauptsichlich zum Einsatz kommen. Die meiste Bedeutung hat hier Titanacetylacetonat. Ganz besondere Bedeutung hat Titanacetylacetonat bei der Verbesserung der Haftung von losemittelbasierten Druckfarben auf schwierigen Untergriinden wie vor-
Bindemittel
Bindemittel
----T--
OH
OR
I
Ti(Chel) 2
-
OR OH
I Substnt
6
I
Ti(Chel)2
I
P Substnt
Abb. 4.3-4. Wirkungsweise von Titanacetylacetonat als Haftvermittler
+ 2 ROH
124
4 Grenzfliichenaktive Verbindungen
behandelten Polyethylen- und P~lypropylenfolien[~-~'~. Die Anbindung erfolgt hierbei z. B. mit OH-Gruppen, die bei einer Coronavorbehandlung entstehen. Linda11 und Duncan beschreiben den Einsatz von Titanacetylacetonat in Druckfarben ftir den Verpackungsdruck. Die Vorteile liegen neben guter Haftungsgebung in guten toxikologischen Eigenschaften und den verbesserten Wasser-, Losemittelund Hitzebestandigkeiten. Die starke Eigenfarbe und der starke Eigengeruch schranken jedoch die Einsatzmo lichkeiten zum Teil ein. Neue Entwicklungen zeigen hier jedoch Verbesserungen[$-581. Neoalkoxy-organotitanateund Organozirkonate werden von Kenrich Petro Chemicals als geeignete Haftvermittler mit ausreichender Temperaturstabilitat bei 200 "C ftir eine breite Palette von verschiedenen Kunststoffintergriinden wie Polyurethanen und Polypropylen be~chrieben[~-~~I. Beispiele ftir Handelsprodukte: TYZOR (Titanate und Zirkonate) (DuPont) (Titanate und Zirkonate) (Kenrich Petrochemicals Inc.) Ken-React Tilcom (Titanate) (Tioxide Chemicals)
Zirkon-Aluminate Sathyanarayana und Yaseen beschreiben Zirkon-Aluminate als eine neue Klasse von metallorganischen Hafivermittlern, welche gute Wirkung auf Metallen und umfa13t : schwierigen Substraten a ~ f w e i s e n [ ~ - .~D~ie' ~Anwendung -~'] -
-
Losemittelhaltige und wa13rige Beschichtungen (High-Solid-Polyester und Epoxide, Alkydharzsysteme) Kautschukanwendungen
Zirkon-Aluminate bilden uber OH-Gruppen Wechselwirkungen zur Metalloberflache. AnschlieSend gehen die Carboxylgruppen des Zirkon-Aluminates Kondensationsreaktionen mit OH-Gruppen des Harzes ein: H Substrat + HO(Al/Zr)-RCOOH
I
+
Substrat-0-(Al/Zr)-RCOOH
(I)
(1) H
(I) + HO-PE-COOH
I
+ Substrat-0-(Al/Zr)-RCOO-PE-COOH
(2)
Im Vergleich zu Silanen sind die Zirkonaluminate hydrolytisch stabil. Sie gelten als Haftvermittler fur eine Anzahl an Substraten (Metalle, schwierige Untergriinde). AuBerdem verbessern sie die Naljhaftung und damit den Korrosionsschutz von losemittelhaltigen und wa13rigen Beschichtungen. Zirkonium-Aluminate sind hochpolar und lassen sich nicht einfach in das HardLosemittelsystem einarbeiten. Der Anwender mu13 hohe Scherkrafte fur die Einarbeitung aufbringen, um sie moglichst fein verteilt im System vorliegen zu haben.
4.3 Hafwermittler
125
Beispiele fiir Handelsprodukte: Manchem (RhBne Poulenc)
4.3.4.4 ChloriertePolyolefine Dabei handelt es sich 2.B. um chloriertes Polyethylen und Pol rop len, die durch y dI. l y Chlorierung der entsprechenden Polyolefine erhalten werdenL4Sie werden vor allem fiir die Haftungsverbesserung von unvorbehandelten polyolefinischen Untergriinden verwendet. Sie finden zum einen in Form von Haftprimern ihren Einsatz, die in Schichtdicken von 2-5 m appliziert werden. Zur Verbesserung der H a h g von Druckfarben sind diese Primer meist ausreichend wirksam. Auf eine Vorbehandlung z. B. durch Beflammen oder Coronaentladung kann jedoch trotzdem nicht immer verzichtet werden. Dies gilt besonders fiir Polyethylen. Auf Polypropylen oder EPDM-modifiziertem Polypropylen sind diese Haftprimer jedoch gut wirksam. Die Wirksamkeit ist dabei abhangig von der Schichtdicke. Als giinstig werden Schichtdicken zwischen 2 und 4 m, auljerdem etwas hohere Trocknungstemperaturenangesehen. In der Praxis ist es jedoch schwierig, Schichtdicke und Oberflachenbenetzun immer in der4'I. selben Weise und mit der erforderlichen Genauigkeit zu erreichenL4Auch zur Haftungsverbesserungvon Beschichtungen auf anderen Kunststoffintergriinden oder Metallen wie galvanisierten Stahl oder Aluminium sind chlorierte Polyolefine geeignet. AuSer in Form von Haftprimern werden sie zusatzlich als Additivzusatz in der Beschichtung selbst verwendet. Hierbei ist zu beriicksichtigen, da13 basische Pigmente wie Zinkoxid und Lithopone eine Zersetzung begiinstigen und damit die Stabilitiit negativ beeinflul3t werden kann. Weiterhin ist zu beriicksichtigen, dal3 chlorierte Polyolefine unter bestimmten Bedingungen zur HC1-Abspaltung neigen. Durch Zugabe von ,,Fangern" wie z. B. Epoxiden kann eine Stabilisierung e r f ~ l g e n [ ~ - ~ ~ ] . Beispiele fiir Handelsprodukte (chloriertes Polypropylen) : Chloriertes Polyolefin CP (Eastman Chemical) Hardlen (Toyo Kasei) 4.3.4.5 Spezielle Kondensate
Polyester Zur Haftungsverbesserung werden auch spezielle Polyesterharze angeboten, die sich hinsichtlich Flexibilitat/Hirte und ihren VertraglichkeitedLoslichkeiten unterscheiden. Sie verbessern allgemein die Haftung auf verschiedenen metallischen, mineralischen und Kunststoffintergriinden, teilweise melaminharzbeschichteten Spanplatten, ebenso die Zwischenschichthahg. Dabei gibt es auch spezielle Varianten, die selbst auf olefinischen Untergriinden wie z. B. PPEPDM (vorbehandelt), die Haftung verbessern konnen. Solche Haftvermittler finden Einsatz in Lak-
126
4 Grenzfliichenaktive Verbindungen
ken (CANICOIL-Coating, losemittelhaltigen und waSrigen Industrielacken), konventionellen und strahlenhartenden Druckfarben, Klebstoffen, FuSbodenfarben, StraSenmarkierungsfarben usw. Beispiele fiir Handelsprodukte: Haftharz (Huls AG) Phthalopal (BASF) Borchigen (Gebr. Borchers AG) Plusolit (Pluess-Staufer AG) Alresat (Hoechst) WorleeAdd (Worlee)
Kolophoniumester Kolophonium wird durch Extraktionsprozesse und nachfolgende Aufarbeitung aus verschiedenen Holzern (meist Kiefernarten) gewonnen. Das Kolophonium besteht aus einer Reihe sogenannter Harzsauren, wobei der Hauptbestandteil Abietinsaure ist. Daneben sind Neoabietin-, Palustrin-, Pimar-, Isopimar- und Dehydroabietinsaure vertreten. Die Carboxylgruppe der Harzsauren kann u. a. zu Estern umgesetzt werden. Solche Ester konnen als Haftvermittler f%r Metalle ~ i r k e n [ ~ - ~Einsatz ’]. finden sie dabei z.B. im Flexo-, Folien- und Verpackungsdruck. Beispiel fur ein Handelsprodukt : Rokrasin (Robert Kraemer GmbH)
Produkte auf Basis von Saccharose Als Haftvermittler haben auch Produkte auf Basis des Disaccharids Saccharose (Sucrose) eine gewisse Bedeutung. Sucroseacetoisobutyrat (SAIB) ist dabei kommerziell erhaltlich:
Sucroseacetoisobutyrat Die hochviskose Flussigkeit dient neben der Anhebung des Festkorpergehaltesohne Verlust an Filmharte der Verbesserung der Haftung von Beschichtungen f i r Holz, Papier, Kunststoffe und Metalle. Von Vorteil ist auch die gute Pigmentbenetz~ng[~-~].
4.3 Hafwermittler
127
Mit ahnlicher Anwendung wie SAIB wird auch Sucrosebenzoatbe~chrieben[~-~~]. Beispiel fiir ein Handelsprodukt: SAIB Sucroseacetoisobutyrat (Eastman) 4.3.4.6
Phosphorsaureester
Zur Verbesserung der Haftung auf metallischen Substraten, aber auch zur Verbesserung der Zwischenschichthafhmg werden spezielle Phosphorsaureester angeboten. Ein weiterer Schwerpunkt fiir den Einsatz solcher Produkte ist die Verbesserung des Korrosionsschutzes(Passivierung des metallischen Untergrundes). Beispiele fiir Handelsprodukte: Lubrizol (The Lubrizol Corporation) Additol (Hoechst) 4.3.4.7 Polyethylenimin
Polyethylenimine (PEI) sind verzweigte, spharische polymere Amine, die aus Aziridin hergestellt werden (Gehalt an fieiem Aziridin < 1 ppm). Auf zwei Kohlenstofffatome folgt immer ein Stickstoffatom. Keine kationische Polymerklasse vereint so viele kationische Aminfunktionen auf engstem Raum. Das Verhaltnis von primaren :sekundken :tertiaren Aminen liegt bei etwa l :2 : l. H
I
Aziridin
I
Polyethylenimin (PEI)
128
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
Der kationische Charakter kann durch Protonierung gesteigert werden. Polyethylenimine sind gut Ioslich in polaren und teilweise auch in unpolaren Losemitteln. Mit Wasser sind sie in jedem Verhaltnis mischbar. In Lacken, Farben und Klebstoffen verbessern sie die Haftung allgemein auf porosen und nicht porosen Oberflachen. Sie werden aurjerdem als Hatter 6 r Epoxidharze eingesetzt. In Tinten erhohen sie die Wasserfestigkeit. Weitere Einsatzgebiete sind die Papierherstellung (Aggregation von Papierfasern), die Komplexierung von Schwermetallen (Anwendung z. B. in der Abwasseraufbereitung), die Holzkonservierung , der Textilbereich usw. Beispiel fur ein Handelsprodukt: Lupasol (BASF)
4.3.4.8 Silikone und silikon-modifizierte Polymere
Silikone bzw. Polyorganosiloxane sind polymere organische Siliciumverbindungen, in denen das Silicium direkt mit Kohlenstoff verbunden ist und in denen mindestens eine Bindung zu Sauerstoff vorhanden ist. Durch die Anwesenheit reaktiver Silanolgruppen und bedingt durch eine grenzflachenaktive Aktivitat geben Silikone und entsprechend Silikon modifizierte Polymere allgemein gute Haftung zu Metallen, mineralischen Substraten und teilweise Glas. Daneben konnen solche Haftvermittler zusatzlich die Wasserbestandigkeit verbes~ern[~-~'I. Beispiele fur ein Handelsprodukt: Dow Coming Additiv (Dow Corning)
4.3.4.9
Sonstiges
Plattchenformige Fullstoffe bzw. Pigmente Eine mechanische Haftfestigkeitsverbesserung kann mit plattchenformigen Fullstoffen bzw. Pigmenten erreicht werden. Vie1 praktiziert in diesem Sinne ist dabei der Einsatz von Talkum. Die Haftkrafte zwischen den plattchenformigen Teilchen und zum Untergrund werden jedoch von der Lackformulierung selbst bestimmt. Die Wirksamkeit erstreckt sich aurjerdem fast ausschliefllich auf mineralische Untergriinde, auch G l a ~ [ ~ - ~ ~ ] . Beispiel fir ein Handelsprodukt: Talkum SM-MI 0 (Scheruhn Talkum-Bergbau GmbH)
Weitere Sathyanarayana und Yaseen beschreiben eine Reihe von weiteren chemischen Verbindungsklassen, die haftvermittelnd wirken konnenr4'601.
4.3 Hafivermittler
129
Hierunter gelten unter anderem: Amide/Imide als Haftvermittler fiir auf Vinyl basierende Klebstoffe fiir Metalle, Holz und Kunststoffe. - Naphthenate (Metallseifen) als Hafivermittler fiir unter anderem Bitumen, Antifouling- und teilweise auch Druckfarben. - Organophosphor-Enamine als neue Klasse von Haftvermittlern 6 r Glas. - Silylgruppenhaltige Polymere zur Verbesserung der Haflung zu metallischen Untergriinden. -
4.3.4.10 Zusammenfassung
Beschichtungen konnen nur dann ihren Zweck voll erfiillen, wenn sie ausreichend gut hafien. Der Einsatz von Haftvermittlern stellt dabei eine wichtige Moglichkeit zur Verbesserung der Haftung dar. Der fiir die jeweilige Anwendung geeignete Hafivermittler hangt unter anderem von der Anwendung, der Zusammensetzung der Beschichtung und vom Untergrund ab. Tabelle 4.3-4gibt abschliesend einen ijberblick uber geeignete Haftvermittler in Abhangigkeit von der Beschichtung und dem Untergrund.
130
4 GrenzJlachenaktive Verbindungen
Tabelle 4.3-4. Einsatzgebiete fur die verschiedenen Haftvermittler Haftvermittler
Beschichtungssysteme
Untergriinde
Silane
allgemein fur Beschichtungen auf Basis Epoxid, Phenol, Harnstoffoder Melaminharz, Furan, PVC, Urethan, PVB, Polyimid, Polychloropren, Kautschuk, Polyester, Polyolefine, Alkydharze, Primer
Glas, mineralische Untergriinde (Beton, Naturstein, Ziegel usw.), zum Teil Metalle (Fe, Al, Zn, Cu); glasfaserverstarkte Kunststoffe
Titanate Zirkonate
Druckfarben (Basis z. B. Nitrocellulose, PVB, CAB, CAP), Industrielacke (-OH, -COOH, -NH2 haltige Bindemittel, z. B. Polyester, Polyamide), Drahtlacke (Polyester, Polyesteramide, Polyesterimide usw.), Primer
kritische polyolefinische Untergriinde z. B. vorbehandeltes PP, Metalle (z. B. Al, Stahl), Glas
Zirkon-Aluminate
losemittelbasierte und wanrige Beschichtungen, Klebstoffe, Kautschuk, High Solid Polyester/Epoxide, Alkydharze
Metalle, schwierige Untergriinde
chlorierte Polyolefine
allg. Kunststoffbeschichtung, Primer
vor allem unpolare Kunststoffe (PP, PE) teilweise ohne Vorbehandlg. moglich, Metalle
Polyester
Lacke (CANKOIL-Coating, losemittelhaltige und wanrige Industrielacke), konventionelle und strahlenhartende Druckfarben, Klebstoffe, Funbodenfarben, Stranenmarkierungsfarben
Metalle, mineralische Untergriinde, Kunststoffe, melaminharzbesch. Spanplattten; Verbesserung der Zwischenschichthaftung
Kolophoniumester
Flexo-, Folien- und Verpackungsdruck
Metalle
Sucrosederivate
Lacke, Druckfarben, Hot Melts
Holz, Papier, Kunststoffe, Metalle
Phosphorsaureester
Beschichtungen z.B. auf Basis von Alkydharzen, Polyestern, Acrylaten
Metalle,Verbesserung der Zwischenschichthaftung
Polyethylenimin
Lacke, Klebstoffe, Primer
allgemeine Verbesserung der Haftung auf porosen und nicht porosen Oberflachen
Silikone
allgemein organische Beschichtungen
Metalle, mineralische Untergriinde, teilweise Glas
Talkum
allgemein organische Beschichtungen
mineralische Untergriinde
4.4 Additive zur Verbesserung der Untergrundbenetzung Mlfried Scholz
4.4.1 Einfuhrung
Bei der Applikation eines Lackes auf einem Untergrund wird erwartet, darj das Beschichtungsmaterial das Substrat leicht und gleichmiil3ig benetzt. Die gute Benetzung ist Voraussetzung fiir eine optisch einwandfreie Oberflache, gute H a h g des Beschichtungsfilms zum Untergrund und volle Funktionalitat der Beschichtung (Schutz des Substrates).
4.4.2 Bedeutung der Oberflachenspannungfur die Untergrundbenetzung Wesentlich fiir die Untergrundbenetzung sind in erster Linie die Oberflachenspannungen der beteiligten Materialien, also des in der Regel flussigen Lackmaterials und des Untergrundes. Ganz allgemein sollte fiir eine gute Untergrundbenetzung die Obefflachenspannung des Lackes (cL)niedriger sein als die des zu beschichtenden Substrats (cs) oder hochstens gleichgrorj.
Wenn die Oberflachenspannungdes Lackes uber der des Untergrundes liegt, ist mit Benetzungsstorungen zu rechnen (Abb. 4.4- 1). Eine zu hohe Obefflachenspannungdes Beschichtungmaterialsist zwar die eigentliche Ursache der schlechten Benetzung, andere Faktoren konnen aber mal3geblich an der Auspragung der Benetzungsstorungenbeteiligt sein. Die Schichtstarke spielt beispielsweise ebenfalls eine entscheidende Rolle: Benetzungsstorungen treten besonders deutlich bei dunnschichtiger Applikation auf, hohere Schichtstarken konnen solche Storungen eventuell uberdecken. In ahnlicher Weise kann sich auch die RheologieNiskositat des Lackmaterials auswirken: bei diinnflussigen Materialien mit eher Newton’schem Flierjverhalten werden Benetzungsstorungen sofort offen-
132
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
Abb. 4.4-1. Schlechte Untergrundbenetzung eines wasserigen Einbrennlackes auf metallischem Untergrund. Die Benetzungsstorungen werden in diesem Fall hervorgerufen durch Verunreinigung des Substrates (Olriickstande) und die relativ hohe Oberflachenspannung des (wasserigen)Lacksystems
bar, wahrend bei hoherviskosen Systemen (evtl. zusatzlich mit FlieSgrenze) die Storungen nicht sichtbar werden. Die Benetzungsvorgange werden weiterhin auch dadurch noch komplexer, daS naturlich auch die Polaritat der zu beschichtenden Oberflache und eventuelle Strukturen (Porositat, Rauhigkeit) eine Rolle spielen konnen. Man kann nicht davon ausgehen, daS die Oberflachenspannung uber die gesamte Oberflache hinweg gleichma13ig ist, insbesondere bei ,,naturlichen" Oberflachen wie etwa Holz, mu13 man mit UnregelmaSigkeiten rechnen. Durch Verunreinigungen konnen zusatzlich, raumlich eng begrenzt, Oberflachenspannungsdifferenzen hervorgerufen werden, die dann lokal zu Benetzungsproblemen etwa in Form von Kratern fuhren. SchlieSlich mu13 noch ein zeitlicher Aspekt beriicksichtigt werden. Direkt nach der Applikation mag beispielsweise aufgrund der vorliegenden Oberflachenspannungen eine ausreichende Benetzung gegeben sein. Bis zum vollstandigen Abschlu13 der Filmbildung konnen sich diese Verhaltnisse aber noch andern und ungunstigenfalls auch zu einer Verschlechterung der Benetzung fiihren. Wahrend die Oberflachenspannung des Untergrundes sich nicht andert, treten aber in der flussigen Phase durch das Verdunsten der Losemittel und die einsetzenden Vernetzungsreaktionen
4.4 Additive zur Verbesserungder Untergrundbenetzung
133
durchaus Anderungen der Oberflachenspannung ein. Steigt die Oberflachenspannung der flussigen Phase soweit an, dalj sie deutlich uber der des Untergrundes liegt, kann es plotzlich zur Entnetzung kommen, falls die Viskositat dies noch zulaljt.
4.4.3
Beeinflussung der Oberflachenspannungvon Lacken
Die Auswahl der eingesetzten Bindemittel und Losemittel entscheidet in erster Linie uber die Oberflachenspannung des flussigen Lackmaterials; die Pigmente haben keinen Einflulj. In der Praxis stehen aber natiirlich bei der Auswahl dieser Rohstoffe nicht deren Oberflachenspannungen im Vordergrund, sondern ganz andere Eigenschaften. Bei den Bindemitteln wird man sich nach dem gewiinschten Vernetzungsmechanismus richten, den geforderten Bestandigkeiten und mechanischen Eigenschafien des fertigen Lackfilmes. Bei den Losemitteln steht deren Losevermogen fiir die verwendeten Harze im Vordergrund, ihr Verdunstungsverhalten, Flammpunkt und - heute immer starker - ihre okologische Einstufung. Es liegt daher nahe, die Oberflachenspannung des Lackmaterials unabhangig von den anderen Rohstoffen uber geeignete Additive einzustellen. Wie oben gezeigt, heiljt das in der Regel, dalj zur Verbesserung der Untergrundbenetzung die Oberflachenspannung des Lackes reduziert werden mulj. Additive die dies leisten konnen sind Polysiloxane und Fluortenside, wobei in der Praxis uberwiegend unterschiedlich modifizierte Polysiloxane (,,Silikonadditive") zum Einsatz kommen. Die Chemie der Silikonadditive wird detailliert in Abschnitt 4.4.5 beschrieben. Silikone sind sehr vielseitige Additive, die liir ganz unterschiedliche Zwecke in Lacken eingesetzt werden konnen. In diesem Kapitel interessiert uns nur ihre Eigenschaft die Oberflachenspannung deutlich zu reduzieren und dadurch die Untergrundbenetzung zu verbessern. Weitere Einsatzmoglichkeiten von Silikonen sind an anderer Stelle beschrieben (Entschaumer s. Abschn. 4.2, Verbesserung der Oberflachenglatte s. Abschn. 5.1,Verlaufmittel s. Abschn. 6.1). In Einzelfallen besteht auch der Wunsch, die Oberflachenspannungdes Lackes anzuheben statt zu reduzieren; dies ist uber Additive nicht zu erreichen. In diesen Fallen mu0 man diejenigen Rezepturbestandteile identifizieren, die fiir die niedrige Oberflachenspannung verantwortlich sind, und versuchen, sie durch andere Rohstoffe mit hoherer Oberflachenspannung zu ersetzen.
4.4.4 Messung der Oberflachenspannung Wegen der Bedeutung der Oberflachenspannung fiir die Substratbenetzung ist es nutzlich, geeignete Methoden zur Bestimmun der Oberflachenspannung von Flussigkeiten und Festkorpern verfligbar zu haben b-661.
134
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
Die statische Oberflachenspannung von Lackmaterialien laljt sich vergleichsweise einfach rnit der Ringabregmethode nach Nouy bestimmen. Fur Applikationsprozesse die mit hoheren Geschwindigkeiten ablaufen (Druckverfahren, Walzenauftrag) kann die z. B. mit der Blasenmethode bestimmte dynamische Oberflachenspannung aussagekraftiger ~ e i n [ ~ Fur - ~ ~beide ] . Methoden und andere ahnliche Verfahren sind geeignete MeBgerate am Markt erhaltlich. Die Bestimmung der (kritischen) Oberflachenspannung von Feststoffoberflachen nach der Randwinkelmethode ist recht zeitaufwendig, mit automatischen Geraten heute aber auch als Routinemethode e i n ~ e t z b a r [ ~ Von - ~ ~ ]der . Randwinkelmethode abgeleitet ist ein Verfahren mit dem man rein qualitativ die Benetzbarkeit einer festen Oberflache durch AuRragen verschiedener Testflussigkeiten abschatzen kann[+@I Messungen der Oberflachenspannungensind sicher fiir systematischeUntersuchungen sehr hilfreich und notwendig. Fur eine schnelle Problemlosung in der Praxis liefern aber praxisnahe Applikationstest wegen der doch recht komplexen Zusammenhange meist schneller aussagekraftigere Resultate.
4.4.5
Chemie der Silikonadditive
Unter den Begriff ,,Silikone" fallen chemisch gesehen eine sehr grol3e Anzahl verschiedenster Produkte, die in den unterschiedlichsten technischen Bereichen Verwendung finden. Nur ein kleiner Teil davon ist als Additiv fiir Lacke und Beschichtungen einsetzbar.
Nichtmodifizierte Polydimethylsiloxane Alle fiir Lacke und Beschichtungen geeigneten Silikone gehen auf die vergleichsweise einfach aufgebauten Polydimethylsiloxane zuriick (Abb. 4.4-2). Ihre Grundkette besteht aus mehreren Si-0- Einheiten (Siloxan-Einheiten), wobei jedes Siliciumatom zwei Methylgruppen tragt. Eine Moglichkeit diese Struktur zu variieren besteht darin, die Kettenlange zu verandern. Mit zunehmender Kettenlange steigt die Viskositat dieser Silikonole und somit ist ihre Viskositat ein brauchbares Marj f i r das Molekulargewicht; bei einigen Handelsprodukten taucht der Zahlenwert der Viskositatsangabe sogar als Teil der Produktbezeichnung auf. HOheres Molekulargewicht bedeutet gleichzeitig auch verringerte Loslichkeit in Lacksystemen und schlechtere Vertruglichkeit.
(CH,),Si Of
If.
[f
(CH,), Abb. 4.4-2. Chemische Struktur der Polydimethylsiloxane (,,Silikonole")
4.4 Additive zur Verbesserungder Untetgrundbenetzung
135
Bei kleinem Molekulargewicht sind neben linearen Molekiilen auch ringformge Strukturen moglich. In beiden Fallen (linear und ringformig) wird der typische Silikoneffekt der Erniedrigung der Obefflachenspannung durch die Dimethylstrukturen hervorgerufen. Polydimethylsiloxane rnit niedrigem Molekulargewicht (Anzahl der Dimethylgruppen x < 60) und ringformige Silikone (x = 3 bis 6) reduzieren die Oberflachenspannung und fiihren daneben auch zur Verlaufsverbesserung. Ihre Viskositat liegt zwischen 1 und 50 mPas. Die ringformigen Produkte (sowie auch die linearen rnit x < 6) sind fluchtig und ihr Einsatz daher nicht unproblematisch: sie entweichen aus dem Lackfilm und konnen d a ~ z.B. , im Einbrennofen, zu hochmolekularen Produkten kondensieren und dann andere Lackmaterialien und Substrate kontaminieren und Kraterbildung verursachen. Produkte mit hoherem Molekulargewicht (60 < x < 100; Viskositat 50-100 mPas) bringen zusatzlich noch eine Verbesserung des Gleitvermogens in das Lacksystem rnit ein (s. Abschn. 5.1). Polydimethylsiloxane rnit x 1200 (Viskositat 60000 mPas) weisen fir viele gebrauchliche Bindemittelsysteme gerade die richtige Abstimmung zwischen Vertraglichkeit und Unvertraglichkeit auf, um als Entschaumer wirksam zu sein. Produkte rnit noch hoherem Molekulargewicht (x > 1400,Viskositat > 100000 mPas) sind schlierjlich so unvertraglich und in Lacksystemen unloslich, darj sie ganz definiert Krater erzeugen und deshalb nur f i r Spezialeffekte (Hammerschlag-Lacke) eingesetzt werden konnen.
-
-
Polymethylalkylsiloxane
Um das Eigenschafisbild der Polysiloxane zu verandern, kann man neben der Variation der Kettenlange auch die Methylgruppen der Siloxaneinheiten (teilweise) durch andere Seitenketten ersetzen. Polysiloxane mit Methylalkylgruppen anstelle der Dimethylgruppen zeigen ebenfalls noch die typischen Silikoneigenschaften, aber die Oberflachenspannung dieser Verbindungen steigt rnit zunehmender Kettenlange der Alkylseitenkette deutlich an (Abb. 4.4-3).
R =
Alhl -(CH,);CH,
Abb. 4.4-3. Struktur der Polymethylalkylsiloxane und Einflulj der Lange der Alkylseitenkette auf die Oberflachenspannung
Organisch modifizierte Polysiloxane
Wichtiger fiir Lackanwendungen ist die Moglichkeit, einige der Methylgruppen durch chemisch ganz andere Gruppen zu ersetzen, man spricht dann ganz allgemein von ,,organisch modifizierten" Polysiloxanen. Die organische Modifizierung
136
4 Grenzjlachenaktive Verbindungen
stellt eine elegante Methode dar, die Vertraglichkeit der Silikonprodukte mit Lacksystemen zu steuern. Die eingefiihrten Seitenketten verbessern die Vertraglichkeit und der weiter oben beschriebene Einflulj des Molekulargewichts der PolysiloxanGrundkette tritt dagegen in den Hintergrund. Am haufigsten werden Polysiloxane mit Polyetherketten modifiziert (Abb. 4.4-4).Diese Art der Modifizierung bietet so vielfaltige Moglichkeiten, dalj Silikonadditive mit ganz spezifischem Eigenschaftsprofil synthetisiert werden konnen, zugeschnitten auf die Anforderungen verschiedenster Einsatzgebiete.
Abb. 4.4-4. Polyethermodifizierte Polysiloxane. Die Polyetherseitenketten konnen aus Ethylenoxid-Einheiten (EO) und Propylenoxid-Einheiten (PO) aufgebaut sein
Die Dimethylstrukturen sind fiir die niedrige Oberflachenspannung der Silikonadditive verantwortlich und man kann daher durch Veranderung des Verhaltnisses Dimethylgruppen zu Polyethermodifizierungen (x :y ) ganz gezielt bestimmte Werte der Oberflachenspannung einstellen. Hinzu kommt die Moglichkeit, wie bereits oben beschrieben, die verbliebenen Dimethylgruppen (teilweise) durch Methylalkylgruppen zu ersetzen. Dadurch wird die Oberflachenspannung weiter erhoht und die Reduzierung der Lack-Oberflachenspannung durch das Additiv fallt dementsprechend geringer aus. Weiterhin kann auch die Struktur der Polyetherkette selbst variiert werden. Die Polyether sind in der Regel aus Ethylenoxid-Einheiten (EO) und Propylenoxid-Einheiten (PO) aufgebaut. Polyethylenoxid ist sehr hydrophil (polar), Polypropylenoxid dagegen hydrophob (unpolar). Uber das Verhaltnis EOPO 1al3t sich somit die Polaritat des gesamten Silikonadditivs steuern: hoher EO-Anteil erhoht die Polaritat und das Additiv wird besser vertraglich in polaren Lacksystemen, was bis zur Wasserloslichkeit gehen kann. Gleichzeitig nimmt allerdings auch die Tendenz zur Schaumstabilisierung zu. Hoher PO-Anteil andererseits verringert die Wasserloslichkeit und verstarkt die entschaumenden Eigenschafien. Neben dem EO/PO-Verhaltnis und der Anzahl der Polyetherketten ist aul3erdem noch wichtig, ob die Seitenketten statistisch entlang der Silikon-Grundkette verteilt sind (kammartige Struktur), ob eine Blockstruktur vorliegt, oder die Polysiloxankette nur endstandig modifiziert ist.
4.4 Additive zur Verbesserungder Untergrundbenetzung
137
Ein Detail ist schlieljlich noch die Art der Anbindung der Polyether-Seitenkette an das Polysiloxan-Grundgeriist.In Abbildung 4.4-4 ist zu sehen, dalj die Polyetherkette nicht direkt, sondern uber eine (kurze) Alkylkette angebunden ist; solche Molekule sind hydrolysestabil. Bei einer direkten Anbindung fiihrt in der Regel sehr leicht eine Hydrolyse zur Abspaltung der Polyetherketten und zur Kondensation der Polysiloxane zu hohermolekularen Strukturen (Verlust der Vertraglichkeit, d. h. Gefahr der Kraterbildung).
Andere Modifizierungen Zwar ist die Modifizierung mit Polyetherketten die haufigste Art der Modifikation, aber es sind auch andere Moglichkeiten denkbar und in der Praxis realisiert. Interessant sind Polyester- und Aralkylgruppen als modifizierende Elemente (Abb. 4.4-5 und 4.4-6). Auch mit derart modifizierten Silikonadditivenkann die Oberflachenspannung von Lacksystemen reduziert werden. Im Vergleich zu den polyethermodifizierten Produkten sind diese Additive aber deutlich thermostabiler. Wahrend polyethermodifizierte Polysiloxane ab ca. 150 "C thermisch abgebaut werden, sind die polyester- und aralkylmodifizierten Produkte bis uber 200 "C stabil. Der Abbau der Additive sollte moglichst vermieden werden, da er zu Problemen beim ijberlakkieren und zu Zwischenschichthaftungsproblemenfiihren kann.
Abb. 4.4-5. Polyestermodifizierte Polysiloxane
Abb. 4.4-6. Aralkylmodifizierte Polysiloxane
138
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
Silikontenside fur wanrige Systeme
Wie bereits erwahnt, lassen sich durch Anpassen der Polaritat auch Silikonadditive herstellen, die in wasserigen Lacksystemen vertraglich sind. Oft zeigt sich jedoch, darj die Wirkung dieser auf den oben beschriebenen Polysiloxanen basierenden Additive in wasserigen Systemen nicht ausreichend ist, speziell wenn es um die Benetzung sehr niedrigenergetischer Oberflachen (Kunststoffe) geht. Durch den Wassergehalt haben solche Systeme haufig eine sehr hohe Oberflachenspannung, die zwar durch das Silikonpolymer abgesenkt wird, fir eine ausreichende Benetzung aber immer noch zu hoch liegt. Fur derartige Falle wurde eine weitere Klasse spezieller Silikonadditive konzipiert, die Silik~ntenside[~-’~]. ChemischgesehensinddieseAdditive ebenfallspolyethermodifizierteSiloxane,aber das deutlich geringere Molekulargewicht fiihrt zu einer ausgeprigten tensidahnlichen Struktur. Aufgrund dieser Struktur reduzieren die Silikontenside die Oberflachenspannung wasseriger Systeme sehr stark, vergleichbar den Fluortensiden. Gegenuber diesen Produkten haben die Silikontensidejedoch einen wichtigen Vorteil: die durch Silikontenside entstehende Schaumstabilisierung ist praktisch zu vernachlasigen, wahrend Fluortenside in dieser Beziehung nicht immer unproblematisch sind.
4.4.6 Anwendung der Silikonadditive Bereits geringste Mengen von Silikonen konnen deutliche Effekte im Lacke hervorrufen. Um Probleme zu vermeiden, mussen beim Einsatz dieser Additive einige Punkte beachtet werden. Dosierung
Aufgrund ihrer starken Oberflachenaktivitat liegen die Einsatzmengen der unverdunnten Polysiloxane (100 % Wirksubstanz) typischerweise zwischen 0,01% und 0,2 % bezogen auf die Gesamtrezeptur. Um solche geringen Mengen vernunftig handhaben zu konnen, werden meist (zum Teil sehr stark) verdiinnte Anlosungen der Additive eingesetzt. Wenn die Dosierung zu hoch ist oder wenn das Silikonadditiv zu stark unvertraglich ist, so kann sich dies durch Kraterbildung bemerkbar machen. Eine iiberdosierung kann auch die iiberlackierbarkeit verschlechtern und Haftungsprobleme der zweiten Schicht auf der ersten hervorrufen. Prinzipiell sind silikonhaltige Lackfilme uberlackierbar, wenn man nur beachtet, darj die aufzutragende Lackschicht in der Oberflachenspannungniedrig genug liegt. 1st das Silikon in der unteren Lackschicht allerdings zu hoch dosiert, wirkt der iiberschulj praktisch als Trennschicht zwischen den beiden Lackschichten und verminderte Haftung ist das Resultat. Daraus ergibt sich, darj bei der Verwendung von Silikonadditiven immer die geringstmogliche Dosierung einzusetzen ist, die gerade den gewiinschten positiven Effekt - in diesem Fall die gute Untergrundbenetzung - bewirkt. In der Praxis darf man haufig auch nicht eine Lackrezeptur isoliert von anderen Rezepturen betrachten. Lacke die gleichzeitig oder nacheinander in z. B. der gleichen
4.4 Additive zur Verbesserungder Untergrundbenetzung
139
Spritzanlage verwendet werden, konnen sich gegenseitig storen. Einfall von Spritznebel eines Lackes in einen fiisch applizierten Film eines anderen Lackes kann zu Kratern fiihren, wenn der Spritznebel eine niedrigere Oberflachenspannung aufweist als der Lackfilm. In diesem Fall ist es also notwendig, alle beteiligten Lackmaterialien auf ungefahr die gleiche Oberflachenspannungeinzustellen. Einarbeitung und Prufung Die Einarbeitung der Silikonadditive in die Lackmetarialien ist meist unkritisch. Sie werden im allgemeinen wihrend der Auflackphase zugegeben und eingeriihrt. Es mul3 lediglich sichergestellt sein, dal3 die Additive gleichmil3ig im gesamten Ansatz verteilt sind. 1st dies nicht der Fall, konnen lokale ijberkonzentrationenzu Kratern fiihren. Zur Priifung der Wirksamkeit kann man die Reduzierung der Oberflachenspannung durch Messungen ermitteln (s. Abschn. 4.4.4)oder durch einen moglichst praxisnahen Applikationstest den Einflul3 auf die Untergrundbenetzung direkt uberpriifen. Nebeneffekte Silikonadditive verandern nicht nur die Oberflachenspannung eines Lacksystems, sondern, wie bereits mehrfach erwahnt, auch andere Lackeigenschaften. Im Einzelfall ist zu klaren, ob diese Einflusse erwiinscht oder unerwiinscht sind. Die Beeinflussung von Verlauf und Oberflachenglatte wird in den meisten Fallen sicherlich positiv gesehen. Zu den negativen Begleiteffekten von Silikonadditiven gehoren in erster Linie Probleme beim ijberlackieren (Benetzungs- und Haftungsprobleme) und Schaumbildung. Wie gezeigt wurde, ist fiir problemloses ijberlackieren die richtige Dosierung dieser Additive und die Beachtung der Einbrenntemperatur wesentlich. Die korrekte Dosierung spielt ebenfalls fiir die durch Silikone hervorgerufene Schaumbildung eine grolje Rolle. Auljerdem ist die Chemie des Silikons selbst ausschlaggebend: wenn eine Lackrezeptur unter den konkreten Applikationsbedingungen stark zur Schaumbildung neigt, kann durch Einsatz eines geeigneteren Silikonadditivs (weniger vertraglich, hohere Oberflachenspannung) der Schaum vermieden werden oder zumindest soweit reduziert werden, dalj ein Entschaumer keine Probleme mit der volligen Entschaumung hat. Bei uberlegtem Einsatz von Silikonadditiven laljt sich also deren Eigenschaft die Untergrundbenetzung zu verbessern optimal nutzen, ohne dalj dadurch andere Lackdefekte auftreten mussen.
4.4.7
Handelsprodukte
Byk-300-Serie SER-AD FK 329 Baysilon Tegowet Silwet
(Byk Chemie) (SERVO-Delden) Payer) (Tego) (Union Carbide)
140
4 Grenzflachenaktive Verbindungen
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5 Additive zur Oberflachenmodifizierung Mlfried Scholz
Die mechanischenund optischen Eigenschafteneiner Lackoberflachewerden in erster Linie vom Lackbindemittel und, im Falle einer pigmentierten Beschichtung, den darin dispergierten Feststoffpartikeln bestimmt. Die Auswahl des Bindemittels entscheidet uber die mechanische Harte, die Kratzfestigkeit und Scheuerbestiindigkeit des Lackfilms ; auch der Gleitwiderstand wird dadurch festgelegt. Alle diese Eigenschaften stehen in Verbindung miteinander. ijber Polysiloxane und Wachszubereitungen als Additive kann man diese Oberflachencharakteristik unabhangig vom Lackbindemitteln andern. Eine wesentliche optische EigenschaR des Lackfilms stellt der Glanz dar. Auch hier hat das Bindemittel einen, wenn auch nur geringen, EinfluI3; wesentlich wichtiger sind aber die dispergierten Pigmente und Fullstoffe. Von Bedeutung sind TeilchengroBe und -form sowie ihr Dispergierzustand: kleine und gut dispergierte, deflockulierte Teilchen sind Voraussetzung fiir hohe Glanzwerte. Teilweise Flockulation fiihrt zu groI3eren Feststoffteilchen und bewirkt eine Glanzreduzierung. Urn ganz gezielt niedrige Glanzwerte einzustellen, werden aber besser Mattierungsmittel als Additive eingesetzt.
5.1 Additive zur Verbesserung der Oberflachenglatte (Slipadditive) Mlfried Scholz, WernfriedHeilen und Johan Bieleman
5.1.1 Einfuhrung Die Eigenschafi ,,glatt" kann im Zusammenhang mit Lackoberflachen in zweierlei Hinsicht verwendet werden. Zum einen kann man damit eine Oberflache beschreiben, die frei von Strukturen (Narbigkeit) ist, also geometrisch eben. Dieser Aspekt, und wie er mit Additiven beeinflufit werden kann, ist Gegenstand des Abschnitts 6.1 (Verlaufadditive). ,,Glatt" kann aber auch die Gleitfahigkeit der Oberflache bezeichnen und ist dann ein Ma13 fir den Reibungswiderstand oder Gleitwiderstand dieser Oberflache. In diesem Kapitel wird Oberflachenglatte immer in diesem Sinne verstanden.
5.1.2
Begriffsbestimmungen
Einige Begriffe in Zusammenhang mit der Oberflachenglatte kann man wie folgt definieren: -
-
Gleiten ist die Relativbewegung zwischen zwei sich beriihrenden Korpern. Kratzfestigkeit ist die Widerstandsfahigkeit einer Oberflache gegenuber sichtbaren, linienformigen Verletzungen durch sich bewegende, die Oberflache beriihrende harte Korper; der kratzender Korper befindet sich dabei in relativer Bewegung zur Oberfla~he[~"~. Der englische Begriff ,,mar resistance" beeinhaltet die Kratzfestigkeit und den Widerstand gegen die Ausbildung streifenformiger Markierungen durch reibenden Kontakt mit scharfen Gegenstanden auf einer La~koberflache[~-~].
5.I Additive zur Verbesserung der Oberfachenglatte
145
5.1.3 Praktische Bedeutung der Oberflachenglatte Abhangig vom Einsatzgebiet des Lackes kann die Gleitfahigkeit des Lackfilms von Interesse sein oder aber andere, damit in engem Zusammenhang stehende Eigenschafien. Bei FuRbodenbeschichtungen oder Parkettlacken beispielsweise, ist die Oberflachenglatte der Beschichtung ausschlaggebend fiir den Gebrauchsnutzen. Zu hohe Glatte erhoht die Rutschgefahr und fiir Sporthallenboden etwa existieren recht enge Vorgaben fiir die Oberflachenglatte. Auch bei Papierbeschichtungen ist die richtige Oberflachenglatte wichtig fiir die weitere Verarbeitbarkeit der beschichteten Papiere und auch in diesem Falle keine eine zu hohe Gleitfahigkeit z. B. die Stapelfahigkeit negativ beeinflussen. Die Oberflachenglatte entscheidet auch mit dariiber, wie sich eine Oberflache anfiihlt; durch Veranderung der Gleitfihigkeit laBt sich der ,,GrifY' des beschichteten Materials einstellen (soft-feeling-Effekt). Bei vielen Anwendungsfallen wird die Oberflachenglatte einer Beschichtung erhoht, weil sich dadurch auch ein besserer Oberflachenschutz ergibt. Eine glattere Oberflache ist nicht harter, aber die erhohte Gleitfahigkeit tiiuscht eine hohere Hirte vor. Durch die hohere Gleitfahigkeit ist die Oberflache nicht mehr so leicht mechanisch zu verletzen, d. h. die Kratz- und Scheuerbestandigkeit ist erhoht und Oberflachenmarkierungen durch Metallteile (Ringfestigkeit, metal-marking) oder etwa Schuhe (Schuhsohlenabrieb, black-heel-marking) werden vermieden. Fiir diese Anwendungen gilt: je hoher die Gleitfihigkeit, desto deutlicher der Effekt. Zerkratzte Oberflachen sind optisch nicht mehr ansprechend und zusatzlich ist auch die Schutzhnktion der Beschichtung beeintrachtigt.
5.1.4 EinfluDfaktoren auf die Kratzfestigkeit Die Kratzfestigkeit eines Lackfilmes setzt sich komplex zusammen aus: derHarte den elastischen beziehungsweise viskosen Eigenschafien des ausgehirteten Materials - dessen Gleiteigenschafien -
Die Harte ist definiert als der Widerstand, den ein Festkorper dem Eindringen eines anderen Korpers entgegensetd5-']. Die Eindringhirte hat einen groRen Einflurj auf die Kratzfestigkeit einer Oberflache, obwohl Lackfilme nie eine solche H&te aufweisen, die sie automatisch kratzfest machen wiirde. Hinzu kommt, dal3 mit steigender Hirte sich andere Eigenschafien wie Flexibilitat und Haftung stark verschlechtern. Einen groRen EinfluR hat die Oberflachenharte auf die Beschaffenheit von entstehenden Kratzern.
146
5 Additive zur Ober-achenmodijizierung
Je harter und sproder eine Oberflache ist, desto eher neigt sie zum AufieiSen. An der Kratzspur brechen unregelmaDige Stucke heraus. In einer weicheren Oberflache entstehen gleichmaflige Kratzspuren, die durch plastische Deformation des Lackmaterials zustande kommen. Sowohl ,,weiche" als auch ,,harte" Oberflachen konnen kratzfest sein. Entscheidend dafiir ist das zahelastische Verhalten des Lackfilms. Das ideal kratzfeste Lacksystem muljte rein elastische Eigenschaften aufweisen. Das heifit, eine Oberflache darf deformierbar sein, solange die Deformation durch die ,,Federeigenschaften" der Polymermatrix selbstiindig wieder riickgangig gemacht wird. So ist zum Beispiel der relative weiche Kautschuk aufgrund seiner uberwiegend elastischen Eigenschaften ziemlich kratzfest. Der dritte EinfluSfaktor auf die Kratzfestigkeit ist die Oberflachenglatte oder -beschaffenheit; sie bestimmt die Gleiteigenschaften.
5.1.5
Gleitfahigkeit
Um zwei Flachen aneinander vorbeigleiten zu lassen, ist eine Reibungskraft zu iibenvinde~~[~-'.~-~]. Befinden sich die zwei Flachen urspriinglich in Ruhe, ist zunachst die Haftreibung, danach nur noch die geringere Gleitreibung zu ubenvinden. Die Reibung auRert sich als eine der Bewegung und damit der Geschwindigkeit entgegengerichte Kraft. Die Hauptursache der Reibung ist die unebene Oberflache der Korper. Bei mikroskopischer Betrachtung enveisen sich selbst mit groljer Sorgfalt bearbeitete Oberflachen noch als rauh und zerkluftet. Fur eine Festkorperoberreibung gilt: Die Reibungskraft (F)ist direkt proportional der Belastung (G). Der Proportionalitatsfaktor 6 r diese beiden Groljen ist der dimensionslose Reibungskoeffizient m. Die Reibungskraft ist unabhangig von der Beriihrungsflache der gleitenden Korper. Lafit man also eine Flache mit definierter Andruckkraft uber eine andere gleiten, so ist die resultierende Reibungskraft allein vom Reibungskoeffizienten m und somit von der Oberflachenbeschaffenheit abhangig : F
=m
G (bei konstanter Geschwindigkeit)
Hohe Reibung ist gleichbedeutend mit dem Aufeinanderprallen vieler mikroskopisch kleiner Oberflachenunebenheiten. Es kommt zum Abrieb oder sogar zum Eindringen solcher Unebenheiten in die gegenuberliegende Flache und somit zu Kratzern. Dies kann man durch sorgfaltiges Polieren reduzieren. Beim Poliervorgang werden die feinen Unebenheiten an der Lackoberflache abgetragen, was die Anzahl der moglichen Angriffsstellen reduziert. Noch effektiver 1aSt sich die Kratzempfindlichkeit durch Aufbringen eines Gleitmittelfilmes minimieren.
5.I Additive zur Verbesserung der Ober-achenglatte
147
5.1.6 Beeinflussung der Oberflachenglatte Zur Verringerung der Reibung ganz generell werden in der Technik Schmiermittel eingesetzt, die zwischen den beiden Oberflachen einen Film bilden und so die Flachen auf diese Weise voneinander trennen. h l i c h kann man auch bei Lackoberflachen vorgehen: in den Lack werden Additive eingebracht, die sich nach der Applikation an der Oberflache konzentrieren und hier einen Gleiteffekt h l i c h wie bei einem Schmierfilm bewirken, ohne aber tatsachlich einen makroskopisch sichtbaren Film zu bilden. In der Praxis haben sich hierfiir zwei Produktgruppen als geeignet erwiesen: Silikonadditive (Polysiloxane) und Wachse.
5.1.7 Silikonadditive Die Chemie der modifizierten Polysiloxane (Silikonadditive) wwde ausfiihrlich in Abschnitt 4.4.5 beschrieben. Diese Produkte sind alle grenzflachenaktiv, d. h. sie konzentrieren sich in der Oberflache des Lackfilms. Wihrend die organischen Modifizierungen der Molekiile (die zur Steuerung der Vertraglichkeit eingefiihrt wden) sich bevorzugt in den Lackfilm orientieren, sind die Dimethyl-Einheiten (und Iangere Alkylketten) iiberwiegend nach auljen gerichtet und letztendlich fiir den Gleiteffekt verantwortlich. Je zahlreicher die Dimethylstrukturen sind, desto starker ist in der Regel die Reduzierung des Gleitwiderstandes durch das Additiv. Ahnlich wie beim Einflul3 auf die Oberflachenspannung des Lackes gilt auch hier, dal3 bereits geringste Mengen eines Silikonadditivs (ab ca. 0,01% der Wirksubstanz) die Oberflachenglatte deutlich verbessern konnen. Mit steigender Dosierung nimmt der Effekt zu, um dann ein Plateau zu erreichen. Weitere Erhohung der Silikonkonzentration bringt keine Erhohung des Slip-Effektes mehr, da die Lackoberflache vollstlindig mit Silikonmolekiilen belegt ist; mehr Silikon erhoht nur die Gefahr, dal3 unerwiinschte Nebeneffekte wie schlechte Zwischenschichthahg oder Schaumstabilisierung auftreten. Die Ermittlung der richtigen Dosierung zum Erreichen des gewiinschten Gleiteffektes ist also in der Praxis wichtig. Am Markt sind geeignete Silikonadditivemit abgestimmten Vertraglichkeiten fiir losemittelhaltige/losemittelfkeie und wal3rige Lacksysteme erhaltlich. Die in Abschnitt 4.4.5 e r w h t e n Silikontenside, die in wiiljrigen Systemen besonders stark die Oberflachenspannung erniedrigen, haben wegen ihres geringen Gehaltes an Dimethylgruppen praktisch keinen Einflurj auf die Oberflachenglatte der Beschichtung. Wird in wal3rigen Lacken auch eine hohere Oberflachenglatte erwiinscht, miissen diese Silikontenside in Kombination mit Silikonpolymeren eingesetzt werden. Bei den standardmiiljig zur Verbesserung der Oberflachenglatte eingesetzten Silikonadditiven handelt es sich, entsprechend den in Abschnitt 4.4.5 gezeigten Struk-
148
5 Additive zur Oberjlachenmodifizierung
turen, um nicht reaktive Verbindungen. Die Molekule enthalten keinerlei chemische Gruppen die an den Vernetzungsreaktionen des Lackbindemittels teilnehmen konnen und demzufolge befinden sich nach der Filmbildung die Silikonadditive in der Lackfilmoberflache, sind aber nicht in das Bindemittelgeriist eingebunden. Aufgrund dieser Tatsache kann man die Additive auch relativ einfach - durch Abwischen mit Losemittel beispielsweise - aus der Oberflache (zumindest teilweise) wieder entfernen. Die uber Silikonadditive zu erzielende bessere Gleitfahigkeit und Kratzfestigkeit ist also nur ein temporarer Effekt, der mit der Zeit immer schwacher wird, sobald die Additivkonzentration in der Lackoberflache abnimmt. Wenn ein permanentere Effekt gewiinscht wird, kann dies mit reaktiven Silikonadditiven erreicht werden. Derartige Produkte enthalten im Molekul Reaktivgruppen die an der Vernetzungsreaktion des Bindemittels teilnehmen konnen (z. B. OH-Gruppen f i r 2K-PU-Systeme oder Doppelbindungen f i r UV-vernetzende Systeme). Wenn auf diese Weise das Silikonadditiv in der Lackoberflache fixiert ist, kann es nicht mehr durch einfaches Abwischen entfernt werden und die erhohte Gleitfahigkeit ist dauerhafter. Bei Auflenanwendungen einer solchen Beschichtung mu13 allerdings beachtet werden, dalj durch die normale Abwitterung das Gleitadditiv auch mit als erstes aus der Oberflache verschwindet, da es ja an die alleroberste Bindemittelschicht gebunden ist. Unter diesen Bedingungen gibt ein reaktives Silikonadditiv sicher eine langere Wirksamkeit als ein nichtreaktives, aber der verbesserte Gleiteffekt ist trotzdem nur von begrenzter Dauer. Bei Anwendungen im Innenbereich (keine oder nur geringe UV-Belastung) bleibt die Wirksamkeit des Gleitadditives wesentlich Ianger erhalten. Generell ist bei der Venvendung von reaktiven Silikonen zu beachten, da13 ein aerlackieren der silikonhaltigen Lackschicht und gute Haftung darauf nur nach sehr sorgfaltigem und ausreichendem Anschleifen gewahrleistet ist.
5.1.8
Wachse
Wachse lassen sich nicht uber ihre chemische Zusammensetzung definieren, vielmehr ist ,,Wachs" ein technologischer Sammelbegriff f i r Stoffe, die sich wachsartig verhalten. Unter anderem bedeutet dies, dafl sie einen Schmelzpunkt von mindestens 40 "C aufiveisen (im Unterschied zu Olen und Fetten) und eine sehr niedrige Schmelzviskositat haben (im Unterschied zu Harzen und anderen Polymeren). Durch die niedrige Viskositat sind die Schmelzen nicht fadenziehend wie Polymerschmelzen, sondern tropfend. Das alteste bekannte Wachs ist das Bienenwachs, spater wurde die Palette durch andere tierische Wachse, durch pflanzliche Wachse wie das Carnaubawachs und auch Wachse fossiler Herkunft (Paraffinwachse, Montanwachse) erweitert. Neben diesen Naturwachsen gib es auch halbsynthetische Wachse, d. h. chemisch modifizierte Natunvachse. Die heute technisch bedeutsamste Gruppe von Wachsen sind die synthetischen Wachse wie Polyethylen-, Polypropylen-, Fischer-Tropsch- oder Ethylvinylacetat-Wachse.
5.I Additive zur Verbesserung der Oberjlachenglatte
149
Fur die Anwendung in Lacken und Beschichtungen miissen die Wachse in eine Form gebracht werden, die eine problemlose Einarbeitung gewahrleistet; Dispersionen in Wasser und organischen Losemitteln sowie mikronisierte Wachse sind am Markt erhaltlich. Als Basis fiir die Wachszubereitungen werden Wachse mit unterschiedlicher Harte und unterschiedlichem Schmelzpunkt eingesetzt, um die Eigenschaften den Anforderungen der verschiedenen Anwendungsbereiche anzupassen; auch Mischungen verschiedener Wachse sind iiblich. Abhiingig von der TeilchengroDe der Wachspartikel kann auch der Glanz der Beschichtung beeinflul3t werden. Sehr feinteilige Wachsdispersionen sind auch fir hochgliinzende Systeme geeignet und grobteiligere Wachsadditive konnen mit zur Mattierung herangezogen werden. Wachsadditive mussen hoher dosiert werden als die in Abschnitt 5.1.7 beschriebenen Silikone, um die Gleitfahigkeit zu erhohen; die typische Zugabemenge liegt meist zwischen 1% und 2%. Der durch Wachse hervorgerufene Gleiteffekt ist wesentlich dauerhafter als bei den Silikonen, auch bei Adenanwendungen. Probleme beim ijberlackieren wachshaltiger Beschichtungen sind in der Regel nicht zu erwarten. Neben einer hoheren Gleitfahigkeitkonnen Wachsadditive auch eine Hydrophobierung der Oberflache bewirken, die Schleifbarkeit und Griffigkeit verbessern und einige spezielle Typen sind auch zur Rheologiekontrolle geeignet. Durch Einsatz besonders weicher Wachse ist es auch moglich, einen abstumpfenden Effekt zu erzielen, d. h. der Gleitwiderstand wird erhoht statt erniedrigt. Auf die auDerdem mogliche Mattierwirkung wurde bereits hingewiesen.
5.1.9 Messung der Oberflachenglatte Der Lacktechniker beurteilt die Oberflachenglatte am schnellsten mit seinem ,,Daumen", allerdings ist dies eine sehr subjektive Beurteilung und keine eigentliche Messung. Streicht man mit den Fingern uber die Oberflache, so kann man zwar recht leicht Unterschiede in der Glatte verschiedener Beschichtung feststellen, aber eine quantitative Auswertung ist kaum moglich. Objektiver wird die Beurteilung, wenn man einen definierten Priifkorper uber die Oberflache bewegt und die d a f aufiuwendende ~ Kraft bestimmt. Ein solcher Priifkorper hat iiblicherweise einen Filzbelag auf der Auflageflache; fir unebene Lackoberflachen (strukturierte Beschichtungen) kann ein Korper mit drei kugelformig ausgebildeten Auflagepunkten verwendet werden (Abb. 5.1- 1). Am einfachsten setzt man nun diesen Priifkorper auf die waagerecht liegende Lackoberflache und kippt dann langsam die Testflache aus der Waagerechten. Bei einem bestimmten Kippwinkel wird dann der Priifkorper abgleiten; je kleiner dieser (Abgleit-) Winkel, desto besser die Oberflachenglatte (Abb. 5.1-2). Genauere Ergebnisse erhalt man, wenn man direkt die Kraft miDt, die am Priifkorper aufmwenden ist, um ihn uber die Oberflache zu bewegen. Dies kann z.B. uber
150
5 Additive zur Oberflachenmodifizierung
Abb. 5.1-1. Unterschiedliche Priifkorper zur Messung der Oberflachenglatte bei ebenen (links) und strukturierten (rechts) Lackoberflachen
Abb. 5.1-2. Bestimmung der Oberflachenglatte iiber den Abgleitwinkel
KraltirieRdose
Abb. 5.1-3. Gleitfahigkeitsmessung durch Bestimmen der aufzuwendenden Zugkraft
eine einfache Fedenvaage erfolgen oder - komfortabler - uber einen elektrischen Kraftaufnehmer, dessen Signal dann auf einem Schreiber registriert wird (Abb. 5.1-3). Zu unterscheiden ist noch zwischen der Haftreibung und der Gleitreibung. Urn den Priifkorper zunachst uberhaupt in Bewegung zu setzen, rnurj die Haftreibung uberwunden werden. Zur Aufrechterhaltung der Bewegung ist dann nur noch eine Kraft aufzuwenden, die der Gleitreibung entspricht ; die Gleitreibung ist stets niedriger als die Haftreibung. Diese Differenzierung zwischen Haft- und Gleitreibung ist iiber die in Abbildung 5.1-3 dargestellte Methode rnOgli~h[~”].
5.I Additive zur Verbesserung der Oberjlachenglatte
5.1.10 Handelsprodukte Byk 300-Serie Tegoglide Cerafak, Aquacer SER-AD FS Baysilon Paint Additives Siliconole
(Byk-Chemie) (Tego Service) (Byk-Cera) (SERVO-Delden) Payer) (Dow Corning) (Wacker)
15 1
5.2
Mattierung Uwe Ferner und Georg Liiers
5.2.1
Physikalische Grundlagen der Mattierung
Mattierungsmittel haben die Funktion, aus einer glanzenden Lackoberflache eine diffus streuende Flache zu erzeugen (Abb. 5.2-1). Der Betrachter sol1 durch ein angenehmes Erscheinungsbild im Hinblick auf die sichtbaren und fihlbaren Eigenschafien von der Qualitat des Gegenstands uberzeugt werden. Der Eindruck des Mattgrades wird sich bei seiner Betrachtung aus verschiedenen Einzelbeobachtungen wie Scharfe und Kontrast von sich spiegelnden Bildern, Intensitat des reflektierten Lichts usw. zusammensetzen. Bei beweglichen Gegenstanden wird er verschiedene Glanzgrade bei verschiedenen Betrachtungswinkeln feststellen. Er wird visuell die Qualitat der Beschichtung beurteilen unter Gesichtspunkten wie GleichmaDigkeit, Welligkeit oder die Abwesenheit von Pinselstrichen. Er wird bei eingehender Priifung die Oberflache mit seinen Fingern beriihren, die Gleiteigenschaften aufnehmen und eine Rauhigkeit vermerken. Bei transparenten Filmen wird er auf die Scharfe und Brillanz des Untergrundes achten.
Abb. 5.2-1. Mattierte Lackoberflache
5.2 Mattierung
5.2.1.1
153
MelJverfahren zur Charakterisierung von Oberflachen
Die verschiedenen Aspekte der Beschreibung von Oberflachen konnen in drei unabhangige Kategorien aufgeteilt werden: -
-
Farbeindruck Reflektionseigenschafien der Oberflache Struktur der Oberflache
Die beiden letzteren werden unter dem Begriff Glanz oRmals zusammengefast. Wahrend es fiir die Zuordnung des Farbeindruckes normierte Verfahren gibt, ist eine solche Moglichkeit der quantitativen Bestimmung des psychologischen Eindrucks einer mattierten Oberflache nicht vorhanden. Eine Summe von sensorischen Eindriicken wird wahrgenommen und bestimmt die Bewertung des beurteilten Gegenstands. Fur viele dieser durchaus wichtigen Eindriicke, wie z. B. Welligkeit, Glanzschleier, Blauschleier sind keine MeSverfahren verfiigbar.
5.2.1.2 Glanz und Sheen ijblichenveise wird Glanz entsprechend verschiedener internationaler Standards an Lackfilmen gemessen, die auf einer glatten nicht absorbierenden Oberflache aufgezogen wurden. Der in einem Winkel von 60" zur Normalen reflektierte Lichtanteil wird einfachheitshalber mit Glanz bezeichnet. Wird die Messung des reflektierten Lichtes bei 85" vorgenommen wird der reflektierte Lichtanteil als Sheen bezeichnet. Fiir einige andere Anwendungen ist ebenfalls ein Winkel von 20" gebrauchlich. Es ist anzumerken, das derartige Messungen fir eine Routinekontrolle ausreichend sind. Fur Forschungszwecke ist es erforderlich, die Lichtreflektion kontinuierlich uber den Winkel von 180" zu messen. Die Mesergebnisse hangen aufgrund der unterschiedlichen geometrischen Verhaltnisse ab vom verwendeten Gerat und von der Art der Kalibrierung (Abb. 5.2-2).
Glafte ObeMiSche
spiegelbildliche Reflexion
Abb. 5.2-2. Prinzip der Glanzmessung
100 Glanzeinheiten (glanzend)
Mikrorauhe Obemache
diffuse Reflexion (Lichtstreuung) weniger als 100 Glanzeinheiten (maw
154
5 Additive zur Oberflachenrnodifizierung
5.2.1.3
Oberflachenrauhigkeit
Die Rauhigkeit des Filmes, hervorgerufen durch Mattierungsmittel ist primar verantwortlich fiir die Reduktion des Glanzes und den E i n h c k der Mattheit der Beschichtung. Der Zusammenhang zwischen Rauhigkeit und Mattgrad ist bis heute nur unvollstandig verstanden. Bei einer mikroskopischen Betrachtung einer mattierten Oberflache zeigt sich eine eindeutige Rauhigkeit. Sie hat keine offensichtlichen Regelmaljigkeiten und scheint mit Partikeln oder Aggregaten in der Nahe der Oberflache erklarbar zu sein. Aufnahmen von Lackquerschnitten zeigen eine gleichmasige Verteilung der Partikel in alle Richtungen. ijblichenveise betragt die Lackfilmdicke ein Vielfaches des Partikeldurchmessers (Abb. 5.2-3).
Abb. 5.2-3. Querschnittsauhahme von Lackfilmen
Verschiedene statistische Methoden werden benutzt, um die Oberflachenrauhigkeit eines Lackfilmes zu beurteilen. Neben aufwendigeren Charakterisierungen wie HOhenverteilung, Steigungsverteilungen und Durchfiihrungen von Autokorrelationsund Fourier-Transformationen werden am haufigsten die folgenden Werte verwendet : -
Rmax:maximale Differenz zwischen hochstem und niedrigstem Niveau R,: Mittlere Differenz zwischen maximalen Hohen und Tiefen mehrerer unabhangiger Meljabschnitte
5.2 Mattierung
155
5.2.1.4 Eigenschaften, die durch Mattierungsmittel nicht beeinfluat werden sollten Lacke werden formuliert, um vielerlei Funktionen erflillen zu konnen, wie z.B. Schutzhnktion gegen Wasser, Licht, mechanische Einwirkung u. a. Die Einstellung des Mattgrades erfolgt vielfach im letzten Schritt. Moderne Mattierungsmittel sollten deshalb die nachfolgenden Eigenschafien aufiveisen: -
keine Beeinflussung der Transparenz oder des Haze keine Sedimentation wiihrend langer Lagerung kein Einflul3 auf die Trocknung des Lackes kein Einflul3 auf die Zwischenfilmhaftung gleichmaige Oberflachenrauhigkeit Verbesserung der Abriebseigenschaften des Lackes Scherstabilitiit und Widerstandsfahigkeit gegen Partikelzerstorung bei der Einarbeitung keine Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften des Films gute Kratzbesthdigkeit und Widerstand gegen Aufpolieren kein Einflulj auf die Witterungsbestandigkeit
5.2.1.5
Wirkungsmechanismender Mattierungsmittel
Schrumpfende Lacksysteme Wie in Abschnitt 5.2.1.2 und 5.2.1.3 beschrieben entsteht fiir einen Beobachter der Eindruck eines matten Films, wenn das einfallende Licht diffis an der Lackoberflache gestreut wird. Die fiir diesen Prozelj erforderliche mikrorauhe Obefflache wird durch die Mattierungsmittel erzeugt, die gleichmaBig im Film und auf der Oberflache des getrockneten Lackes verteilt sind. ,,Konventionelle" Lacksysteme enthalten einen mehr oder weniger hohen Anteil an fluchtigen Komponenten oder Losemittel. Unmittelbar nach der Applikation zeigt der NaBlack aufgrund der Oberflachenspannung eine glatte, glhzende Obefflache. Die Mattierungsmittelteilchen sind gleichmaig im Film verteilt. Durch das Abdampfen des Losemittels wird die Filmdicke reduziert; es erfolgt ein Schrumpfprozelj, der bis zu 70% betragen kann. Eine zusatzliche chemische Vernetzung der Lackkom onenten tragt auch zu diesem Prozelj bei. Es gibt einen Zwischenzustand, von FeigR1 als Gelierungsschritt bezeichnet, bei dem die Mattierungsmittelpartikel im Film fixiert sind. Die Beeinflussung dieses Vorgangs ist entscheidend fiir die Ausbildung des Matteffektes. Durch die Fortfiihrung des Schrumpfprozesses zum festen Film wird die mikrorauhe Oberflache ausgebildet. Dieser Vorgang ist in Abbildung 5.2-4 demonstriert. Dieser Mechanismus verdeutlicht aber auch, dalj zur Ausbildung einer mikrorauhen Oberflache der Lackfilm mit Partikeln gefiillt sein muB, das heiljt Partikel mit niedriger Dichte, bei den Silicagelen zum Beispiel durch hohes Porenvolumen gewahrleistet, sind sehr effektive Mattierungsmittel (s. Abschn. 2.4 und Kap. 3).
I 56
5 Additive zur Oberflachenmodifizierung glaffe glnl8nzende
Nanfilm
ObenWche
Filmschrumpfung
--
Gelierung
+ fixierte Matfierungsmiffelteilchen
weitere Filmschrumpfung
mikrorauher, matter Lackfilm
Glattung der Filmoberflache aufgrund Mattierungsmittelteilchen
der Obertlachenspannung eingeschrankte Beweglichkeit
Abb. 5.2-4. Schematische Darstellung des Trocknungsvorganges bei losungsmittelhaltigen
Lacksystemen
,,Volumenstabile"Lacksysteme
Schon seit Jahren gibt es eine Entwicklung, die Abgabe von Losungsmitteln in die Atmosphare zu begrenzen. Diese Vorgabe, unterstiitzt durch die Gesetzgebung in verschiedenen europaischen Landern, hat zu einer verstarkten Entwicklung von umweltfreundlichen Lacksystemen gefiihrt, wie zum Beispiel : -
-
Pulverlacke strahlenhartende Systeme High-Solids Systeme Wasserlacke
Mit Ausnahme von Wasserlacken werden diese Lacksysteme mit sehr wenig oder ohne fluchtige Komponente oder Losemittel formuliert.
5.2 Mattierung
157
Wahrend des Hartungsschritts gibt es deshalb keinen ausgepragten Schrumpfjxozes, weswegen diese Lacke sehr vie1 schwerer zu mattieren sind. Die Mattierbarkeit wird hier wesentlich durch die Reaktivitat des Systems beeinflat. Dies wird vor allem bei strahlenhartenden Lacksystemen deutlich (s. Abschn. 5.2.3.4). In einigen Systemen werden neben silicatischen Mattierungsmitteln zusatzlich chemische Reaktionen oder Unvertraglichkeiten (Pulverlacke) erzeugt oder durch die Beeinflusung der Aushartung der Lackoberflache durch Sauerstoffinhibierung (Strahlerkombinationen bei UV Lacken) eine rauhe Filmoberflache ausgebildet. Eine andere grundsatzliche Moglichkeit ist das Anpassen von Mattierungsmitteln mit kontrolliert en er Partikelgroflenverteilung an die Lackfilmstarke, wie von Field und Kent[5-5Fzur Mattierung von UV-Lacken vorgeschlagen wurde. Die Grol3e der Mattierungsmittelpartikel wird so eingestellt, darj schon im Zustand des flussigen Lackfilms eine Mikrorauhigkeit erzeugt wird. Ein grol3er Anteil der Partikel sollte ein wenig grol3er sein als die Filmstirke, jedoch scharf begrenzt, um nicht den Eindruck einer rauhen Oberflache zu erzeugen. Dieses Verfahren stellt aber Anforderungen an die Konstanz der Schichtdicke und ist im wesentlichen nur fir Roller Coating-Applikationen geeignet. Andererseits sind nur relativ grobe Kieselsauremattierungsmittel in High-SolidsSystemen effektiv. Wegen des hohen Festkorpers dieser Formulierungen ist eine grol3ere Mattierungsmittelkonentrationnotwendig. Dadurch wird aber die Rheologie oder Viskositat stark beeinflust, was ein befriedigendes Verhalten bei der Applikation erschwert. In der Praxis ist man deshalb auf Kompromisse zwischen Glanzgrad und Rheologie des Lackes angewiesen. Erreicht wird dies auch durch Mattierungsmittelkombinationen oder Unterstiitzung durch Wachse bzw. organische Mattierungsmittel. Diese modernen Lacksysteme stellen generell eine grol3e Herausforderung fir die Entwicklung neuer effektiver Mattierungsmittel dar.
5.2.2 Handelsubliche Mattierungsmittel 5.2.2.1
Einfuhrung
Matte Lackoberflachen sind aus unterschiedlichen Griinden erwiinscht, sei es aus modischen Gesichtspunkten, sei es um Fehlstellen auf dem lackierten Substrat zu kaschieren oder bei lackierten Teilen z.B. fir Gebaude oder Dacher zur Erhohung der Sicherheit Blendfreiheit zu garantieren. Die Verbesserung allgemeiner Produkteigenschafien wie z. B. Abriebverhalten oder Bestindigkeit konnen auch Grund fiir den Einsatz von mattierten Lacken sein. In fiiiheren Zeiten wurden Matteffekte durch nachtragliches Schleifen von Glanzlacken mit Bimsmehl oder Stahlwolle erzielt. Diese Methoden waren im Laufe der Zeit nicht mehr wirtschaftlich, so dalj sich der Einsatz von Mattierungsmitteln in
158
5 Additive zur Oherfachenmodifizierung
Lacken immer mehr durchsetzte. Vor allem die Moglichkeit der groljtechnischen Herstellung von synthetischen Kieselsauren nach dem 2. Weltkrieg fiihrte zu einer immer breiteren Anwendung in unterschiedlichen Beschichtungssystemen. Die einfachste Moglichkeit ein Lacksystem zu mattieren besteht darin, den Pigment- oder Fiillstoffanteil zu erhohen. Diese Moglichkeit ist aber nur bei pigmentierten Lacken anwendbar und fiihrt zu erheblichen Einbuljen bei der Lackqualitat. Es haben sich deshalb organische und vor allem anorganische Produkte mit definierter Partikelgroljenverteilung durchgesetzt.
5.2.2.2 Wirtschaftliche Bedeutung Der Markt synthetischer Kieselsauren (Silicagele, gefallte Kieselsauren) fiir Mattierungsmittel lag 1994 in Europa etwa bei 1 1 000 t. Sie werden in der Rangfolge der Bedeutung in folgenden Lacksystemen eingesetzt : -
-
-
Mobel- und Holzlacke Malerlacke Coil-Coating Lacke Dunnschichtsysteme wie Folien- oder Lederlacke Druckfarben Industrielacke (meistens zur Glanzkorrektur)
Natiirliche Kieselsauren wie Diatomenerde werden vor allem aus Preisgriinden zusammen mit Pigment und Fullstoffen in Wandfarben eingesetzt. Die als Mattierungsmittel venvendeten Wachse sind vor allem mikronisierte Polyolefine, die aufgrund ihrer geringeren Mattienvirkung verglichen mit Kieselsauren weniger bedeutend sind. Sie werden oft in Kombination mit Kieselsauren venvendet, wenn besondere Eigenschaften der Lackoberflache verlangt werden oder der Einflulj auf die Rheologie des Lacksystems reduziert werden soll. Abbildung 5.2-5 gibt einen aerblick iiber gangige Mattierungsmittel, Hersteller und Handelsnamen.
5.2.2.3 Anforderungen an moderne Mattierungsmittel Die Formulierung von Farben und Lacken stellt einen hohen Anspruch an die Technik und erfordert ein hohes Malj an Wissen bezuglich der chemischen und physikalischen Zusammenhange der einzelnen Komponenten im Lacksystem und der Oberflache des zu behandelnden Untergrunds. Moderne Mattierungsmittel erfillen den Anspruch, eine matte Filmoberflache zu erzeugen, ohne die ubrigen Eigenschaften des fliissigen oder aufgetragenen Lackfilms negativ zu beeinflussen. Die Einarbeitung kann sogar ohne vie1 Aufwand in den fertigen Lack erfolgen. Traditionell dienen die verschiedensten Produkte zur Mattierung von transparenten und pigmentierten Lacksystemen z. B. :
5.2 Mattierung
Polymers mlkron. Hamstotl:omldehydhane)
Synthetische Kleulslumn
SILICAGELE Grace Dsvlmn SYLOID.
cdde
DIATOMEN-
ERDE - Celile
GasiP Hersteller: SCMOlldden Silcmne FALLUNGS-
John Manville
MlKRONlSlERT
GEFALLTE TYPEN
Typen:
Typen:
- Polyelhylen
- Dispersionen - Pasten
- Polypmpylen - Polyemid - PolYflUo
L.wr Lanm Mane Zwflnn Oy ZeomatP AGGLOMERIERTE FALLUNGSKlESELSAUREN
Pergopak (Ciba Geigy) Deuteron (Schdner)
Hersteller: Hersteller
PPG LoveP Rhbne-Poulenc FlalosiP
- Talkum
(PTFE)
KIESELSAUREN muAcematt'
159
~
Langer (Lancowax)
- Hoechst (Ceridust)
- Mia0 Powder Inc
- Byk 8 Cera - Hcechst
- Bader - Daniel - Langer
-Allied Chem.
D.OuTS 100
Abb. 5.2-5. Mattierungsmitteltypen
-
synthetische amorphe mikronisierte Kieselsauren natiirliche mikronisierte Kieselsauren mikronisierte oder gefallte Wachse natiirlich vorkommende Mineralien wie z. B. Kreide
Bei weitem die groljte wirtschafiliche Bedeutung haben die synthetischen amorphen Kieselsauren erlangt. Die Griinde liegen in der aderordentlich hohen Effizienz, der hohen Transparenz der damit hergestellten Filme und in der Leichtigkeit der Einarbeitung, verbunden mit nahezu volligen inertem Verhalten in fast allen Lacksystemen. 5.2.2.4
Amorphe Kieselsauren
Chemische und physikalische Eigenschaften Der Hersteller hat vielfiltige Moglichkeiten, auf das Verhalten der Kieselsaurepartikel in dem fliissigen Lack sowie im vernetzten Film Einflulj zu nehmen. Die amorphe Struktur vermindert im Verhaltnis zu den kristallinen Produkten das Gesundheitsrisiko. Als reine Si02-Verbindung mit sehr stabiler, von OH-Gruppen belegter Oberflache, gehen die Partikel, mit Ausnahme von einigen bekannten Anlagerungsvorgangen, keine Reaktion mit den Lackkomponenten ein. Die hohe Oberflachenenergie sorgt fiir die leichte Benetzung und damit leichte Trennung der Agglomerate bei der Einarbeitung in den fliissigen Lack.
I 60
5 Additive zur Oher-achenmodifizierung
Die Wirksamkeit der Partikel, d. h. welche Gewichtskonzentration an Mattierungsmittel erforderlich ist, um einen gewiinschten Mattgrad zu erzielen, hangt in erster Linie von der Dichte der Purtikef ab. Der Hersteller hat die Moglichkeit, zu dem Volumen des Silicagels ein Porenvolumen hinzuzufugen. Silicapartikel konnen als Mikroschwamm verstanden werden, die bis zu 85 % aus Leervolumen bestehen. Dadurch ergibt sich eine doppelte Steigerung der Wirksamkeit, einmal weil eine wesentlich groljere Anzahl von Partikeln einer fir diese Anwendung gunstigen Grolje erzeugt werden konnen und zum anderen, weil ein Teil der flussigen Lackphase von den Partikeln aufgesaugt wird und sich damit die auf das Volumen bezogene Konzentration steigert. Im Vergleich zu unporosen feinteiligen Mineralstoffen ist bei den synthetischen amorphen Kieselsaureprodukten eine 3- bis 4-fache Steigerung der Effizienz zu envarten. Die Vorteile fir den Lackhersteller liegen damit in der geringeren spezifischen Dichte des fertigen Lackes und in dem gewichtsmaBig geringeren Anteil an als Festkorper vorliegender Substanz. Silicagelpartikel sind transparent, haben einen Brechungsindex von 1.46, der damit in der Nahe der iiblichen Lacksysteme liegt. Nur wegen dieser Gegebenheiten lassen sich rnit amorphen Kieselsauren hochgradig transparente, mattierte Lackfilme herstellen, die sogar auf dunklem Untergrund keine Grauschleier erzeugen. Der Hersteller von Mattierungsmitteln venvendet Beschichtungen der Silicapartikel, um verbesserte Eigenschaften im flussigen Lacksystem oder im Lackfilm zu erzeugen. Die vielfach eingesetzte Beschichtung mit Wachs, einem niedrig molekularen Polyolefin, daraus erzeugten Derivaten oder einem Mineralwachs, verhindert das harte Absetzen der Partikel wahrend der Lagerung des flussigen Lackes. Die Wachsbeschichtung bewirkt eine Flokkulation und ein daraus aufgebautes sehr weiches und leicht aufriihrbares Sediment. Bekannt sind ebenfalls Beschichtungen rnit anorganischen Salzen z. B. Fluoriden zur Beeinflussung rheologischer Eigenschaften und Aushartungsgeschwindigkeiten. Weitere wichtige Eigenschaften der Mattierungsmittel sind die mittlere Purtikefgrope und die Purtikelgoflenverteifung. Das Erscheinungsbild der getrockneten Lackoberflache wird bestimmt durch die letzen ca. 5 % Grobanteil der Volumenverteilung. Eine strenge Kontrolle ist notwendig, um reproduzierbare Ergebnisse beim Anwender zu erzeugen. Verkniipft rnit diesem Zusammenhang ist der Einflulj auf die Mattierwirkung. Grobere Produkte erzeugen eine rauhere Oberflache und bewirken damit eine starkere Lichtstreuung. Die Hersteller bieten Mattierungsmittel rnit verschiedener Partikelgrolje zur Optimierung der Lackfilmeigenschaften an. Neben diesen allgemein giiltigen Eigenschaften unterscheiden sich die am Markt angebotenen Typen wesentlich in anderen Eigenschaften. Herstellverfahren Wirtschaftliche Bedeutung zur Herstellung von synthetischen Kieselsauren haben das sogenannte Sol-Gel Verfahren und das Fallungsverfahren gefunden. Daneben wird amorphe Kieselsaure hergestellt durch Pyrolyse von Siliciumtetrachlorid in heiBer Flamme (pyrogene Kieselsaure), vorzugsweise verwendet als Verdickungsmittel, sowie durch thermische Aufbereitung von Quarz im Lichtbogen.
5.2 Mattierung
161
Beim Sol-Gel Verfahren erfolgt die Bildung eines dreidimensionalen Netzwerkes durch Polymerisation von Natriumsilicat mit S~hwefelsaure[~-~]. Das sich bildende Hydrogel md3 zunachst durch Waschung vom Natriumsulfat befreit werden. Eine geeignete Prozeljfiihrung fiihrt zur Stabilisierung einer voluminosen Struktur des Gels. Nach erfolgter Trocknung wird durch Strahlmahlung rnit integrierter oder anschlieljender Sichtung, die gewiinschte Partikelgroljenverteilung erzeugt. In einer Strahlmiihle wird das zu mahlende Gut durch Gasstrahlen beschleunigt und auf andere langsamere Partikel gelenkt. Die hohen erzielbaren Geschwindigkeiten ermoglichen weit niedrigere PartikelgroSen als durch mechanische Mahlung. Da im wesentlichen nur eine Partikel-Partikel-Kollisionerfolgt, wird eine Verunreinigung des Produktes durch Abrieb der Mahlwerkzeuge vermieden. Gegebenenfalls wird durch Zusatz von Wachs wahrend der Mahlung eine Beschichtung der Partikel erzeugt. Die wichtigen Qualitatsmerkmale der Produkte liegen in der hohen Reinheit und der Konstanz der Partikelgroljenverteilung. Bei den gefillten Kieselsaureproduktenwird in die Vorlage einer Natriumsilicatlosung die Polymerisation durch die Zugabe einer Saure her~orgerufen[~-~]. Durch die Steuerung der Bedingungen laljt sich das Wachstum der entstehenden Partikel und die innere Struktur bestimmen. Der Feststoff wird durch Filtration abgetrennt, durch Waschung vom Natriumsulfat gereinigt und getrocknet. Die Einstellung der Partikelgrofle erfolgt durch Mahlung mit anschlieljender Sichtung. Im Unterschied zum SolGel Verfahren laljt sich die Fallung in der Weise steuern, dalj zumindestens teilweise die gewiinschte Partikelgrolje schon bei der Gelierung eingestellt wird. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmalder beiden Typen liegt in der Porengroljenstruktur der beiden Produkte. Das mit dem Sol-Gel Verfahren hergestellte Silicage1 weiljt eine eng verteilte Porengrolje im Bereich von 10 bis 60 nm auf. Die Produkte des Fallungsverfahrens zeigen eine Porengroljenverteilung, die im groben Bereich bis uber 1000 nm reicht. Die Ursache liegt in der Vernetzung von mehreren, beim FallungsprozeB entstehenden Primaraggregaten zur endgultigen Partikelgrolje. In den meisten Anwendungen sind Produkte nach beiden Herstellverfahren in gleicher Weise einsetzbar. 5.2.2.5 Natiirliche Kieselsauren und Fiillstoffe Natiirliche Kieselsauren wie z. B. Diatomenerden (Celite@von John Manville) werden vor allem in Emulsionswandfarben zusammen rnit Fullstoffen zur Mattierung eingesetzt. Diese Produkte unterscheiden sich von synthetischen Kieselsauren durch eine sehr viel breitere Partikelgroljenverteilung,hohere Dichte, geringere spezifische Oberflache sowie durch den teilweise kristallinen Charakter. Sie sind den synthetischen Produkten bei Eigenschaften wie dem Dispergierverhalten oder der Transparenz in Klarlacksystemen unterlegen. Fullstoffe wie z. B. Talkum konnen uber die Erhohung der Pigmentvolumenkonzentration mattieren. Die Pigmentvolumenkonzentration,bei der die Eigenschaften und Verarbeitungsmoglichkeiten des Lacksystems nicht mehr akzeptabel sind, ist jedoch sehr viel schneller erreicht als bei den porosen synthetische Kieselsauren, deren Poren sich rnit Bindemittel fillen. Das heist auch, dal3 Fullstoffe den synthe-
162
5 Additive zur Oberjlachenmodijizierung
tischen Mattierungsmitteln bezuglich der Mattierungseffizienz und des Einflusses auf andere Eigenschaften wie mechanische Eigenschaften, Chemikalienbestandigkeit, Tranzparenz bei gleichem Glanz sowie des Absetzverhaltens unterlegen sind.
5.2.2.6 Organische Mattier~ngsmittel[~-~5-101 Wachse oder organische Polymere konnen in feinverteilter Form als Mattierungsmittel wirken. Vor allem Polyolefine,wie Polypropylen und Polyethylen werden durch sogenannte HeiBfallung oder als Dispersion in Lacke eingearbeitet. Wegen der geringen Effizienz werden Wachse im allgemeinen zusammen mit Kieselsaure eingesetzt. Untersuchungen des Einflusses von Lackfilmdicke und Partikelgroae von Wachsen auf die Mattienvirkung zeigen die Unabhingigkeit von der Partikelgrolje und bessere Wirkung bei hoheren Filmdicken. Diese Beobachtungen bekraftigen die Theorie des Reservoir Effekts und des Aufschwimmens der Teilchen an die Oberflache als entscheidenden Schritt. Neben der Mattienvirkung beeinflussen Wachse natiirlich die Oberflacheneigenschaft des Lackfilms positiv. Mattierungsmittel auf Polymerbasis wie z. B. Pergopak@,ein Harnstoff-Formaldehyd Kondensat, werden meistens in Kombination mit Kieselsauren venvendet und konnen spezielle Oberflacheneigenschaften verbessern. So konnen sogenannte Soft-feel Lacke hergestellt werden, die in der Lage sind Kunststoffoberflachen einen angenehmen, weichen lederartigen Griff zu verleihen.
5.2.3 Anwendung der Mattierungsmittel [5-11 bis 5-13] 5.2.3.1
Allgemeine Parameter, die die Mattierung beeinflussen
Neben den chemischen und physikalischen Eigenschaften der Mattierungsmittel selbst spielen eine ganze Reihe von anderen Faktoren, die mit der Anwendung von Mattierungsmitteln in Lacken zusammenhangen, eine entscheidende Rolle f%r die Qualitat der Mattierung. Die wichtigsten Charakteristika der Mattierungsmittel hangen mit der Ausbildung einer mikrorauhen Lackoberflache als Voraussetzung f i r die Lichtstreuung zusammen. Betrachtet man den Wirkungsmechanismus der Mattierungsmittel, sei es, daa der Lackfilm mit Mattierungsmittelteilchen gefullt werden mulj oder darj die Mattierungsmittelteilchen sich an der Oberflache anlagern mussen, so ist sehr verstandlich oder trivial, darj die Mattienvirkung in erster Linie von der Volumenkonzentration der Mattierungsmittelteilchen abhangt. Je hoher die Volumenkonzentration der Mattierungsmittel ist, desto starker wird der Glanz des Lacksystems reduziert. Die
163
5.2 Mattierung
40 35
Glanz YO
Abb. 5.2-6. EinfluD der mittleren Partikelgrol3e von silicatischen Mattierungsmitteln
-
30 25 20 15 10 5, 0%
2%
auf den Glanz
6%
4%
8%
Mattierungsmittelmenge
Volumenkonzentration des Mattierungsmittels wird von dessen Dichte entscheidend beeinflurjt (s. Abschn. 5.2.1.5). Dieser Effekt der Konzentration ist in Abbildung 5.2-6, der Mattierungskurve von zwei unterschiedlichen Mattierungsmittel anschaulich verdeutlicht. Die Partikelgrorjeoder besser Partikelgroljenverteilungbildet den zweiten entscheidenden Faktor fir die Wirkung der wichtigsten Mattierungsmittelklassen, der Kieselgele und Fallungskieselsauren. Je hoher die PartikelgroDe ist, desto effektiver ist ein Mattierungsmittel im allgemeinen. Ein Vergleich ist allerdings nur bei gleicher Lackfilmdicke sinnvoll. In der Praxis mu13 bei der Auswahl das Mattierungsmittel auf die Lackfilmdicke abgestimmt werden, weil ein grobes Mattierungsmittel bei dunnen Schichten eine unakzeptable Rauhigkeit der Lackoberflache erzeugen kann. So bringen bei hoheren Lackfilmdicken grobere Mattierungsmittel eine bessere Mattierwirkung. Die TeilchengroBe der Mattierungsmittel beeinflurjt aurjerdem das sogenannte Glanz/Sheen-Verhaltnis. Bei steigender Partikelgrorje kommt es zur Annaherung der Glanz- (60" MeBwinkel) und Sheen- (85' Merjwinkel) Werte (Abb. 5.2-7). Grobere Produkte werden deswegen bevorzugt beim Lackieren von grobflachigen Beschichtungen eingesetzt, wie z. B. Fassadenverkleidungen und BodenbeschichWeiber Polyester Coil Coating Lack 18 pm TrockenfilmsUrke JU
I
Glanz und Sheen Werte %
Abb. 5.2-7. EinfluR der mittleren PartikelgroRe auf Glanz und Sheen
5
6
7
8
9
101112
mitU. Partikelgr6k, vrn
164
5 Additive zur Ohevfliichenmodifizierung
tungen. Man vermeidet so den Eindruck des sogenannten Aufglanzens bei der Betrachtung aus einem flachen Winkel. Wie anfangs gesagt, ist das Porenvolumen (oder die Dichte) von Kieselgelen entscheidend fur die hohe Effizienz dieser Produktklasse. Allerdings sollte bei der Auswahl eines Mattierungsmittels auch der Einflulj von hohem Porenvolumen auf die Rheologie oder Viskositat des Lackes bedacht werden. Es ist manchmal gunstig, vor allem in High-Solids-Systemen, wo der Einflu0 auf die Rheologie sehr stark ist, eventuell Produkte mit geringerem Porenvolumen zu wahlen und eine hohere Mattienvirkung iiber die Partikelgrolje zu erreichen. Lacke konnen auch durch den Einsatz von Wachsen mattiert werden. Allerdings ist die Effizienz von Wachsen als Mattierungsmittel niedriger als bei silicatischen Mattierungsmitteln. Untersuchungen haben gezeigt, dal3 bei Wachsen die Teilchengrolje keinen Einflul3 auf den Mattiereffekt hat. Im Gegensatz zu silicatischen Mattierungsmitteln steigt die Wirksamkeit von Wachsen bei der Mattierung mit zunehmender Schichtstarke des Lackes. Dieser Efffekt spricht fiir die Ausschwimmtheorie von Wachsen, das heil3t die Partikel schwimmen an die Oberflache des Lackfilmes und konnen dort ihre Wirkung ausiiben. Kriterien, die fiir die generellen Eigenschaften von Lacken wichtig sind, spielen auch neben dem Mattierungsmittel selbst eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung des Matteffektes. Dies sind Formulierung, Applikation, sowie die Aushartung des Lackes. Formulierung des Lacksystems Bei der Formulierung des Lackes beeinflussen folgende Parameter die Mattierung: -
-
Bindemittelbasis Festkorper Losemittel Additive Dispergierung des Mattierungsmittels
Lacke auf Basis unterschiedlicher Bindemitteltypen lassen sich aufgrund ihres Benetzungsverhaltens unterschiedlich gut mattieren. Abbildung 5.2-8 verdeutlicht dies bei Formulierungen, die auf gleiche Festkorper eingestellt sind. So sind Nitrocelluloselacke bei weitem leichter zu mattieren als saurehartende Lacke. Die Theorie der Mattierung von Lacken, d.h. die Erzeugung einer mikrorauhen Oberflache durch Abdampfen von Losemittel und darauf folgendem Schrumpfprozel3 macht deutlich, dalj ein Lack mit niedrigem Festkorper und hohem Losemittelanteil naturlich leichter zu mattieren ist. Die Art des Losemittels vor allem seine Fliichtigkeit spielt auch eine wichtige Rolle bei der Orientierung der Mattierungsmittel und beim Schrumpfen des Lackes. Additive wie z. B. Verlaufsmittel beeinflussen Benetzungsverhalten und Oberflachenspannung des Naljlackes und konnen so extreme Veranderungen im Glanzgrad hervorrufen.
165
5.2 Mattierung
a
t N C
60 -50
a40
!30.. 0
20
1
lo 0 -
0
5
15
10
% Mattlerungsmittelauf Festkllrper NaRfilrndicke 100 prn
Abb. 5.2-8. Mattierwirkung von SYLOIDO ED 30 in verschiedenen Lacksystemen
Um einen gleichmaig und moglichst niedrigen Glanzgrad zu erreichen, mussen Kieselsauren, die als agglomeriertes Pulver vorliegen, ausreichend dispergiert werden. Bei den meisten Mattierungsmitteln auf Kieselsaurenbasis genugt eine Dissolvereinarbeitung mit einer Umfangsgeschwindigkeitder Scheibe von etwa 5-7 m / s . Applikation des Lackes -
Auftragsmethode (Spritzen, GieBen, Roller Coater, Streichen) Schichtdicke bzw. Konstanz der Schichtdicke Untergrund.
Die unterschiedliche Applikation eines mattierten Lackes kann zu unterschiedlichen Niveaus im Glanzgrad fihren. So haben unterschiedliche Auftragsmethoden wie Spritzen, GieBen, Streichen oder Roller Coater-Auftrag einen EinfluB auf die Orientierung der Mattierungsmittel sowie auf die Konstanz der Schichtdicke. Je niedriger die Schichtdicke des trockenen Lackfilms ist, desto niedriger ist der Glanzgrad bei konstanter Mattierungsmittelkonzentration(Abb. 5.2-9). 50-
-
45
40 -
5J 0
Abb. 5.2-9. Einflua der Trockenfilmstarke auf den Glanz
lop
20
30
40
50
60
Trockenfilmstlrke wrn
70
80
166
5 Additive zur Oberflachenrnodijizierung
Die Abbildung verdeutlicht auch, dafi es fiir eine bestimmte Schichtdicke einen geeigneten Mattierungsmitteltyp gibt. Bei dunner Schicht ist eine feine Type optimal, weil die grobere Type zwar vergleichbar mattiert, die Oberflachenrauhigkeit in diesem Fall aber nicht akzeptabel ist. Dagegen sind bei dickerer Schicht grobere Mattierungsmittel effizienter. Der Untergrund wie z. B. offenporiges Holz kann durch die Saugwirkung auf den flussigen Lack zu einer Anreicherung von Mattierungsmittelteilchen an der Oberflache und damit zur ungleichmafiigen Mattierung flihren.
Aushartung des Lackes Die Trocknung oder Aushartung eines Lackes beeinflufit die Orientierung der Mattierungsmittel entscheidend. Sind die Auswirkungen bei lufttrocknenden Lacken bei dem Einsatz von Losemitteln mit unterschiedlicher Fluchtigkeit mitentscheidend, so spielt z. B. bei losemittelfreien strahlenhirtenden Systemen alleine die Hartungsgeschwindigkeit die entscheidende Rolle fir die Effizienz eines Mattierungsmittels. Die Luftfeuchtigkeit hat Einflurj auf die Losemittelverdunstung und beeinflufit so auch indirekt die Ausbildung des Glanzgrades. Im folgenden sol1 auf die Besonderheiten beim Mattieren der wichtigsten Lacksysteme eingegangen werden.
5.2.3.2
Losemittelhaltige Systeme
Diese Lacke sind wegen ihrer fluchtigen Anteile leicht zu mattieren. Die PartikelgroSe der Mattierungsmittel sollte jedoch auf die Trockenfilmdicke abgestimmt werden, damit eine noch akzeptable Oberflachenrauhigkeit erhalten wird. Bei den Silicagelen sind Typen mit einem moglichst hohen Porenvolumen am effektivsten. Um ein Absetzen des Mattierungsmittels in Klarlacken zu verhindern, sollten wachsbeschichtete Kieselsauren bevorzugt werden.
5.2.3.3 Wassewerdunnbare Systeme Die Mattierung von Wasserlacken ist grundsatzlich kein Problem. Geringer Festkorper und eine physikalische Trocknung im ersten Schritt ermoglichen eine gute Orientierung der Mattierungsmittelteilchen. Beim Einsatz von wachsbeschichteten Kieselsauren sollte die Vertraglichkeit kontrolliert werden, sowie all zu grofie pHUnterschiede zwischen Mattierungsmittel und Lacksystem vermieden werden. Bei der Mattierung von Dispersionen sollte die Einarbeitung des Mattierungsmittels so erfolgen, dafi das Mattierungsmittel vorbenetzt ist. Ansonsten kann es durch die starke wasseranziehende Wirkung der Mattierungsmittelpartikel eventuell zu einer Kongulation der Dispersion kommen. Das Mattierungsmittel kann in Wasser Coloser und Verdicker vordispergiert werden und anschliefiend zur Dispersion gegeben werden. Eine Alternative sind Silicagele, die schon mit Wasser vorbenetzt sind.
5.2 Mattierung
167
Diese Vorgehensweise ist auch bei einem gegeniiber Scherkraften sensiblen Bindemittel oder bei erhohter Schaumbildung zu empfehlen. Die Einarbeitung des Mattierungsmittels uber Pasten ist eine weitere Alternative zur Vermeidung dieser Probleme. 5.2.3.4
High-Solids/strahlenhartende Sy~terne[~-~' 5-14
5-191
Lacksysteme mit einem moglichst geringen Anteil an fluchtigen organischen Losungsmitteln gewinnen zunehmend an Marktanteilen. Der hohe Festkorper von bis zu 100% fiihrt dazu, dal3 der SchrumpfprozeS des Lackfilms fast ausschliefilich von der Vernetzung der Polymere herriihrt. Unters~chungen[~-'~] haben gezeigt, daB der Schrumpf zwischen 4 und 15 % liegt, im Vergleich zu 70 % bei der Verdunstung von Losungsmitteln. Deshalb werden relativ groBe Mengen Mattierungsmittelbenotigt, bezogen auf den NaBlack. Grobe silicatische Mattierungsmittel sind z. B. in High-Solids Alkyd- oder Polyurethansystemen am wirkungsvollsten. Strahlenhartende Systeme zeigen ein differenziertes Verhalten. Die Mattierbarkeit hangt von der Formulierung und von der damit verbundenen Reaktivitat ab. Allgemein sind weniger reaktive Formulierungen relativ einfach zu mattieren. Hochreaktive Systeme wie zum Beispiel generell die Elektronenstrahlhartung bereiten grooere Schwierigkeiten. Bestandteile der Lackformulierung, die vor allem die Hartung an der Oberflache beeinflussen, haben einen sehr starken EinfluB auf die Mattierung. So erschweren Photosynergisten die Mattierbarkeit enorm. Auf der anderen Seite konnen Aushhmgstechnologien, wie z. B. der Einsatz von Strahlern unterschiedlichen Wellenlangenspekts die Aushartung an der Oberflache verzogern, was vorteilhaft f kdie Mattierung ist. Dieses Verhalten von strahlenhiirtendem Lack hat auch Konsequenzen fiir die Auswahl der Mattierungsmittel. Im Gegensatz zu den Auswahlregeln fiir konventionelle Lacke mattieren bei ,,langsamen" UV-Systemen wachsbehandelte feine Kieselsauretypen am besten. Bei schnellen Systemen sind grobe wachsbehandelte oder unbehandelte Typen am geeignetsten. Eine Ausnahme bilden ungesattigte Polyesterlacke, die mit Styrol verdiinnt werden. Die niedrige Fliichtigkeit von Styrol fiihrt zu einem starkeren Volumenschrumpf, weswegen die Mattierbarkeit entsprechend einfacher ist. 5.2.3.5 Pulverlacke Pulverlacke unterscheiden sich von ihrer Rohstoflbasis und Verarbeitung grundsatzlich von Fliissiglacken. Mattierungsmittel auf Kieselsaurebasis sind auf diesem Gebiet unterreprasentiert. Ihre Mattierwirkung in diesen Systemen ist nicht sehr ausgepragt und hohere Konzentrationen fiihren zu einer starken Beeinflussung der Schmelzviskositat.Dagegen werden Kieselsauren aber als FlieShilfsmittelbenutzt.
168
5 Additive zur Oher-achenmodifizierung
Andere Moglichkeiten zur Mattierung, wie man sie bei Flussiglacken findet, sind grundsatzlich moglich, sind aber mit den bekannten Nachteilen verbunden. Fullstoffe sind nicht sehr effektiv, beeinflussen in hoher Konzentration die Lackeigenschaften und mussen in Kombination mit anderen Mattierungsmitteln verwendet werden. Wachse sind wenig effektiv, konnen die Flieljeigenschaften des Pulvers verschlechtern und im Film Glanzschleier verursachen. Im Gegensatz dazu verbessern Wachse die Kratzfestigkeit und ,,Anti-blocking"-Wirkungder geharteten Filme. Am effektivsten sind in Pulverlack sogenannte Mattharter, die durch eine zusatzliche chemische Vernetzung (,,dual cure") einen matten Film erzeugen.
5.2.4
Handelsprodukte
SY LOID Vestowax Lanco-Wachs Ceridust PERGOPACK ACEMATT Gasil LO-VEL SILCRON ZEOMATT
(Grace) (Hiils) (Langer) (Hoechst) (Ciba) (Degussa) (Crosfield) (PPG) (SCM) (Zeofinn)
Literatur Literatur zu Abschnitt 5.1 [5-I] Heilen,W., Struck, S., Farbe und Lack 101 (1995), Nr. 4, S.376 [5-21 Fink, H . F., Berger, R., Heilen, W., Goldschmidt Essen, Firmenmitteilung Nr. 66, (1989), S. 42 [5-31 Haubennestel, K., Bubat, A., T.A.W. Wuppertal, Additiv-Seminar-Bericht, 718 Marz 1991, S . 1
Literatur zu Abschnitt 5.2 [5-41 Feig, P., Paint Manufacture, Nov. 1968 [5-51 Field, R. J., Kent, D. J., ,,Relationship of Cured Film Gloss and Roughness with Size
of the Micronized Silica Gel Particles," Poster presented at RadEch, 1995, Maastricht
Literatur
[5-61 [5-71 [5-81 [5-91
169
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6 Verlauf- und Filmbildehilfsmittel Johan Bieleman
Verlauf und Filmbildung spielen fiir die Verarbeitung eines Lackes und fir die Eigenschafien der Beschichtung eine wichtige Rolle. Verschiedene Faktoren haben auf diese beiden Groflen bestimmte Auswirkungen. Bei dem Verlauf und Filmbildung eines Lackes spielen Grenzflachenvorgange eine entscheidende Rolle. Die freie Oberflachenenergie eines Lackes ist einer der wichtigsten Parameter fir den Verlauf. Lacke sind Flussigkkeiten mit relativ geringerer Oberflachenspannung, die auf Feststoffen mit hoherer Grenzflachenspannunggut verlaufen sollen. Dabei wird die freie Oberflachenenergie des gesamten Systems reduziert. Filmbildungin Dispersionsfarbenund -1acken tritt erst auf, nachdem die Bindemittelpolymerteilchen ineinander verflossen sind. Voraussetzung hierfiir ist eine auf die Trocknungstemperatur der Umgebung abgestimmte Filmbildungstemperatur. Diese kann durch Mitverwendung von Filmbildehilfsmittel gesteuert werden.
6.1
Verlaufmittel J Hajas
6.1.1
Einfiihrung
Beschichtungen konnen grundsatzlich zwei Aufgaben bzw. Funktionen erfullen, die schiitzende Funktion und die dekorative Funktion, d. h sie konnen den Untergrund schutzen undoder das dekorative Aussehen verandern. Dabei hat der Verlauf einer Beschichtung meistens keinen Einflufl auf die schutzende Wirkung. Lacke mit weniger akzeptablem Verlauf konnen gleich gute Bestandigkeiten in der Glanzhaltung oder in der Korrosionsbestandigkeit aufweisen, wie Lacke mit idealem Verlauf. Im Gegensatz dazu ist der dekorative Eindruck einer Beschichtung sehr wohl vom Verlauf abhangig. Lackierte Produkte, sei es ein Mobelstiick, ein Kuhlschrank oder ein Auto, lassen sich mit gutem Verlauf vie1 besser verkaufen. Aus diesem Grund werden f i r die Optimierung des Verlaufsverhaltens einer Beschichtung Additive in umfangreichem MaSe benotigt und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgreich entwickelt und vermarktet. 6.1.1.1
Definition und Messung des Verlaufs
Definition
Der Begriff Verlauf ist f i r die meisten Lackfachleute ein MaS f i r die ,,Glattheit" einer Lackoberflache und wird normalenveise rein visuell beurteilt. Zu typischen Verlaufsstorungen bzw. Oberflachenstorungen, welche zu einer Verschlechterung des Gesamteindruckes ,,guter Verlauf" Ehren, zahlen z. B. : -
-
-
Orangenschalen-Effekt Strukturbildung Krater Fischaugen Zugluftempfindlichkeit Substratbenetzungsprobleme Pinsel-Auftragsspuren Lauferbildung Stippenbildung Nadelstiche, U.S.W.
6.1 Verlaufmittel
173
Der Verlauf ist in der Praxis ein recht komplexer Sachverhalt, bei der eine groae Anzahl von Storfaktoren das Ergebnis beeinflussen konnen. Nach Patton[6-'1wurde der Verlauf noch als rein viskositatsabhangiges Phanomen definiert, heutzutage wird neben Viskositat auch die Oberflachenspannung als wichtigster Faktor bei der Entstehung von Verlaufsstorungen betrachtet. Um die Komplexitat des Begriffs Verlauf zu vereinfachen,werden bei der Betrachtung nur diese beiden Faktoren beriicksichtigt. Andere Storungen, wie z.B. Substratbenetzung, Nadelstiche, Laufer, usw., werden in den entsprechenden Abschnitten dieses Werkes beriicksichtigt. Der Verlauf wird nach DIN 55945 definiert, als ,,das mehr oder weniger ausgepragte Vermogen eines noch jliissigen Anstriches, die bei seinem Auftragen entstehenden Unebenheiten selbsttatig auszugleichen." Heute wird unter diesem Begriff auch das Vermogen des Lackes verstanden, die nach der Applikation auftretenden Storungen wie z. B. der Orangenschalen-Effekt oder Krater die bei dem Auftrag noch gar nicht sichtbar sind, selbsttitig zu verhindern.
Messung des Verlaufs Die Beurteilung des Verlaufs kann am nassen oder am getrockneten Lack erfolgen. Fiir die Beurteilung im nassen Zustand kann der Lack mit verschiedenen Verlaufspriifiakeln auf Kontrastkarten oder andere geeignete Substrate appliziert werden, um das Zusammenflieljen der applizierten Schicht hinsichtlich Verlauf zu beurteilen. Verlaufsmessungen dieser Art werden heute fast ausschlieljlich fir Malerlacke angewendet. Wichtiger ist die Beurteilung des Verlaufs am getrockneten Lackfilm, da das Auftragsverfahren bzw. die Randbedingungen der Applikation (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Schichtdicke, Verdiinnung, Zerstaubung usw.) das Ergebnis entscheidend beeinflussen konnen. Dabei spielt die visuelle Betrachtung nach wie vor eine sehr wichtige Rolle bei der Beurteilung des Verlaufs, sie wird aber zunehmend durch objektive optische Messungen ersetzt. Sogenannten DOI-Messungen sind in erster Linie fir Autolacke in Nordamerika im Einsatz gewesen. Bei dieser Messung wird die Verzerrung eines Spiegelbildes am glanzenden Lackfilm als Basis flir die Auswertung genommen. Durch Verwendung eines Goniophotometers lasst sich die Lichtstreuung einer glanzenden Oberflache messen, wobei die sogenannten ALFA-Werte (Lichtstreuung beim Meljwinkel von 45" in einem Winkelbereich von 0,6") verlaufsrelevant sind[6-21. L6-31 Durch neue Entwicklungen im Bereich der Lasertechnik wurden weitere Moglichkeiten zur Beurteilung der Oberflachenbeschaffenheit geschaffen. So entwickelte die k.Rodenstock ein Gerat, welches mittels IR-Laserstrahl die Topografie eines Lackfilms abtasten und in dreidimensionalen Grafiken darstellen kann. Diese Methode hat sich zur Charakterisierung von relativ kleinen Oberflachen (einige mrn2 bis einige cm2) und von lokalen Oberflachenstorungen (Krater, Nadelstiche usw.) bewahrt. Die Rauhigkeit der Oberflache kann mit sehr groljer Genauigkeit angegeben werden [6-41.
174
6 Veda$ und Filmhildehiljimittel
Ebenfalls basierend auf Laserstrahlreflexion arbeitet ein wave-scan Merjgerat (BYK-Gardner). Dabei wird die Welligkeit der glanzenden Lackoberflache entlang einer Linie von 10 cm analysiert. Als Malj fiir den Verlauf, werden dimensionslose Zahlen fiir die ,,kurze Narbe" oder ,,kurze Welle" sowie fiir die ,,lange Narbe" oder ,,lange Welle" angegeben. Je kleiner diese Zahlen ausfallen, desto besser ist wird der Verlaue6-'I. Fur die Welligkeitswerte bei unterschiedlichen Lackqualititen werden in der Tabelle 6.1- 1 einige Beispiele angegeben. Tabelle 6.1- 1. Welligkeitswerte bei unterschiedlichen Lackqualitaten Visuelle Betrachtung (Auto-Klarlacke) Sehr guter Verlauf Akzeptabler Verlauf Schlechter Verlauf (Orangenschalen-Effekt)
6.1 .I .2
,,lange Welle" 2,1
,,kurze Welle"
8,6
891 18,3
14,8
26,9
Verlaufsbestimmende physikalische Eigenschaften
Oberflachenspannung Ein Lackfilm bekommt eine glatte Oberflache dadurch, dalj durch die Oberflachenspannung des flussigen Lackes die Grorje der Oberflache minimiert wird. Rein theoretisch betrachtet ist der Verlauf um so besser, je groRer die Oberflachenspannung ist, da auch die physikalischen Krafte, die die Oberflache glatten umso grol3er sind. Die Oberflachenspannungen (oder exakter : die Grenzflachenspannungen an der Grenzflache Flussigkeit/Luft) einiger flussiger Lackkomponenten sind in der Tabelle 6.1-2 angegeben (s. Kap. 4). Physikalische Ursachen von Verlaufsstorungen Entgegen der oberflacheneinebnenden Wirkung der Oberflachenspannung wirken mehrere Storfaktoren: -
Rheologie: hohe Viskositat bzw. stark pseudoplastisches Verhalten bzw. Vorhandensein einer (hohen) Flierjgrenze (s. Abschn. 3.0.2) Applikation: strukturierte Oberflache (Pinselspuren, grobe Zerstaubung etc.) Lokale Oberflachenspannungsunterschiededurch Losemittelverdunstung
Entsprechend der Begriffsbestimmung des Verlaufs, wird hier nur kurz auf die Rolle von Rheologie und Applikation hingewiesen. Die Wichtigkeit der Oberflachenspannung wird ausfuhrlich diskutiert.
6.I Verlaufmittel
175
Tabelle 6.1-2. Oberflachenspannungen von fliissigen Lackkomponenten Komponente
Oberflachenspannung, mN/m (bei 23 "C)
Losemittel Testbenzin Xylol Wasser Isopropanol n-Butanol Propylenglykol-n-methylether Butylglykol Butylacetat
25,2-31,4 32,2 72,2 21,7 22,3 27,7 27,4 253
Bindemittel: Alkydharze Polyesterharze (gesattigt)
Melamin-Formaldehyd-Harze Acryl harze WaSrige Acrylat-Dispersionen Wasserlosliche Alkydharze
26,5-30,9 24,6-32,8 34,s-45,9 27,4-33,6 32,O-36,8 32,8-37,l
Rheologie und Verlauf Grundsatzlich gilt: je niedriger die Viskositat, um so besser ist der Verlauf. Diese physikalische Gesetzmaljigkeit laljt sich dadurch erklaren, daB ein Lack mit niedriger Viskositat vie1 weniger Widerstand gegen der oberflacheneinebnendenWirkung der Oberflachenspannung zeigt, als ein hochviskoses System. Den besten Verlauf zeigen Lacksysteme mit sehr niedriger FlieJpnze (Abschn. 3.0.2) oder ohne FlieJgrenze sowie mit Newtonschem FlieBverhalten; stark pseudoplastische Systeme sind dagegen schlecht im Verlauf. Beim Verlaufen eines Lackes ist der Schergeschwindigkeitsbereichunterhalb von 1 s-' maljgebend. Bei thixotropen Systemen gilt: je Ianger der Strukturaufbau dauert, um so besser ist der Verlauf. Deflockulierende Netz- und Dispergieradditive ergeben eine mehr oder weniger ausgepragte Newton'sche Rheologie sowie eine niedrige Flieljgrenze und somit einen guten Verlauf. Bei den kontrolliert flockulierenden Typen laljt sich dagegen eine hohe Flieljgrenze sowie mehr pseudoplastisches Verhalten mit besserer Standfestigkeit, aber mit etwas schlechterem Verlauf messen. Trotz dieser erheblichen Unterschiede werden die deflockulierenden Netz- und Dispergieradditive nie als Verlauhittel eingestuft. Da fir die meisten Lackapplikationenneben dem Verlauf auch andere Eigenschaften, wie z.B. Standfestigkeit, wichtig sind, mulj in vielen Fallen ein Kompromg zwischen Verlauf und Standfestigkeit gefunden werden. Die Viskositatserhohung wiihrend der ersten, noch ,,flussigen" Phase der Filmbildung ist ebenfalls sehr wichtig fir einen guten Verlauf. Wenn der Lack schnell ,,anzieht", bedeutet diese Tatsache automatisch einen schlechteren Verlauf als bei lang-
176
6 Verlauf- und Filmhildehilfi~mittel
samer Trocknung. Dieses Verhalten kann am einfachsten durch Losemittelkombinationen (Hochsieder!) gesteuert werden. Applikation und Verlauf Durch manche Applikationsverfahren (Streichen, Rollen, Spritzen mit grober Zerstaubung) wird eine strukturierte Oberflache erzeugt. Die Aufgabe der Verlaufsadditive ist in solchen Fallen die applikationsbedingte Oberflachenstruktur einzuebnen. Verlaufsadditive dieser Art werden in der englischsprachigen Fachliteratur ,, levelling additives genannt. Deflockulierende Netz- und Dispergiermittel gewahrleisten wie envahnt eine mehr Newton'sche als pseudoplastische Rheologie, und somit eine Nebenwirkung als levelling additives. In anderen Applikationsverfahren (Gieljen, feine Zerstaubung) wird eine glatte Oberflache erzeugt, die dann durch Losemittelverdunstung und der damit verbundenen lokalen Oberflachenspannungsunterschiede einen schlechteren Verlauf ergibt. Die hierfiir eingesetzten Additive werden in der einschlagigen Literatur als ,,surfaceflow additives bezeichnet. Durch den Einsatz von langsam verdampfenden Losemitteln lassen sich beide Arten des Verlaufs verbessern, fir ,,levelling" mit ausreichendem Ergebnis. Fur ,,surface flow" sind die polymeren oder silikonbasierenden Verlaufsadditive vie1 wirksamer als Losemittel und sie sind aus diesem Grund heute meistens unverzichtbare Bestandteile einer guten Lackformulierung. "
"
Oberflachenspannung und Verlauf Wie bereits envahnt, ist die Oberflachenspannung ein Parameter, der in entscheidendem MaBe den Verlauf beeinflufit. Die meisten Probleme mit dem Verlauf treten auf, wenn sich in der Oberflachenspannung des Lackes lokale Unterschiede zeigen. Solche lokalen Unterschiede entstehen durch Losemittelverdampfung und durch die damit verbundenen turbulenten Stromungen im Lackfilm. Der flussige Lack bewegt sich immer in die Richtung der groljeren Oberflachenspannung, wodurch ein ungleichmaljiges Profil (Orangenschalen-Effekt) entsteht. Wenn die Losemittelverdamphng unter gunstigen Verdampfungsbedingungen wie z.B. bei Nitrolacken (niedrige Verdampfungszahl und Zugluft) extrem schnell ist, kann der Lackfilm durch die Wirbelstromungen regelrecht aufgerissen werden (Zugluftempfindlichkeit). Lokale Oberflachenspannungsunterschiedekonnen auch durch kontaminierendwirkende Verunreinigungen mit extrem niedriger Oberflachenspannung (silikonhaltiger Overspray, Olnebel usw.) entstehen. Hier kann der Lackfilm ebenfalls aufgerissen werden, es entstehen punktformige konzentrierte Verlaufsstorungen (Krater) oder groljere Oberflachenstorungen (Fischaugen). Antikrater-Additive sind Verlaufsadditive, die die Oberflachenspannung stark herabsetzen (z. B. Silikone, Fluortenside) und somit die ortlichen Oberllachenspannungsunterschiede eliminieren oder deutlich reduzieren.
6.I Veraufmittel
177
6.1.1.3 Verlaufsverbesserung: Wirkungsweise der Verlaufsadditive Die verlaufsfordernde Wirkung kann in den meisten Fallen entweder auf die Veranderungen der Rheologie, oder auf die Veranderung der Oberflachenspannung zuriickgefiihrt werden. Polymere Verlaufsadditive (z. B. Polyacrylate) wirken durch ihre gezielte Unvertraglichkeit im Lacksystem. Durch diese Unvertraglichkeit reichern sie sich an den Grenzflachen des Systems an. Sie reduzieren die Oberflachenspannung des Lackes meistens nur in geringem Mal3e; sie gleichen aber die lokalen Unterschiede aus. Silikone reduzieren zwar in betrachtlichem Mane die Oberflachenspannung und somit auch die Kraft die fiir den Verlauf am wichtigsten ist, sie gleichen aber die durch Losemittelverdamphng entstehenden lokalen Unterschiede der Oberflachenspannung aus, was schliesslich zu einer Verlaufsverbesserung bei geringeren Dosierungen fiihrt. Bei erhohter Dosierung kann der Verlauf verschlechtert ~ e r d e n [ ~ - ~ ] . Die Antikrater-Wirkung der Silikone nimmt mit zunehmender Konzentration zu, da diese Eigenschaft eindeutig mit der Reduzierung der Oberflachenspannung korreliert. Ahnliche Effekte bewirken auch Fluortenside, die die Oberflachenspannung noch starker reduzieren als Silikone. Losemittel mit hohem Siedepunkt reduzieren nicht nur die Viskositat des Lackes, sondern verhindern durch ihre verzogerte Verdampfung, daD die Viskositat nach der Applikation zu schnell ansteigt. Sie lassen somit mehr Zeit fiir den eigentlichen Verlauf. Auch die fluchtigen, niedermolekularen (meist zyklischen) Dimethylpolysiloxane bewirken den gleichen Effekt.
6.1.2 Handelsubliche Verlaufsadditive 6.1.2.1 Polymere Unter den polymeren Verlaufsadditiven spielen die Polyacrylate die wichtigste Rolle. Daneben werden noch Celluloseacetobutyrat sowie weitere Spezialpolymere eingesetzt. Polymere Verlaufsadditive haben gegenuber den Silikonen oder Fluortensiden den Vorteil, dal3 sie eine einwandfreie ijberlackierbarkeit ermoglichen, und somit ohne Risiko auch in Grundierungen und Fullern rnit guter Zwischenschichthaftung eingesetzt werden konnen.
Polyacrylate Meistens handelt es sich um Homo- und Copolymerisate (s. auch Abschn. 4.1.4.1) mit einem Molgewicht zwischen ca. 5000 und 100000. Die Polymere sind mittelbis hochviskose, honigartig fliel3ende Substanzen mit einem Glasubergangstempe-
178
6 krlaufi und FilmhildehilJvmittel
ratur von -20°C oder darunter. Sie werden entweder in losemittelfreier Form oder als Losung geliefert. Ihre Wirksamkeit wird durch Variierung der Zusammensetzung (Polaritat und Auswahl des Monomeren) und des Molgewichtes eingestellt. Dementsprechend verandern sich auch die Loslichkeit und Vertraglichkeit im Lacksystem. Lineare Acrylat-Polymere sind schlechter vertraglich als die verzweigten [6-61. Fur Pulverlacke werden spezielle Lieferformen eingesetzt (Masterbatch oder PulAls Monomer wird in erster ver, auf porosem Kiesel~aure-Tragermaterial)[~'~~. Linie Butylacrylat eingesetzt. Als Comonomere finden z. B 2-Ethylhexylacrylat, Ethylacrylat, Acrylsaure, 2-Hydroxyethylacrylat Anwendung. Fur waljrige Lacksysteme werden die Acryl-Polymerisate durch Einbau von polaren Grup en (meistens Carboxylgruppe oder Polyethylenglykol) wasserloslich gemachtL6d: Produkte dieser Art werden vonviegend in wasserloslichen und Hybridsystemen (Autolacke, Fuller, Einschichtlacke) verwendet, sie konnen aber auch in festkorperreichen polaren losemittelhaltigen Systemen eingesetzt werden. Bei den Iosemittelfreien Systemen werden die Acrylat-Verlaufmittel sehr haufig in ungesattigten Polyesterlacken oder in W-hartenden Systemen eingesetzt. In Epoxy-Formulierungen bewirken Polyacrylate neben Verlaufsverbesserung auch eine gute Entluhng. Handelsprodukte: Acronal@ 4F, BYKO-355, BYK@-361,ModaflowO, ResiflowO W-50, SER-AD@FX 100.
Celluloseacetobutyrat Es werden meistens Produkte mit hohem Buttersaureanteil und mit mittlerem Molgewicht eingesetzt. Fur ungestattigte Polyesterlacke oder fiir UV-Lacke konnen auch die styrolloslichen niedrigviskosen, niedermolekularen Typen empfohlen werden.
Handelsprodukte: z. B. CAB 55 1-0,2
Sonstige Polymere Es werden noch verschiedene Polymerisate als verlauffordernde Additive - nicht als allgemein verwendbare Losung sondern eher als echte Spezialitat - eingesetzt, wie z. B. hochmolekulare aromatische und aliphatische Kohlenwasserstoffharze, polymerisierte trocknende Ole, hochmolekulare butanolveretherte Melaminharze, modifizierte Polybutadien-Verbindungen,Polyvinylether, Polyvinylbutyrale, modifizierte Polyalkylenglykole. Sie sind meistens nicht als Additive erhaltlich, sondern werden als chemische Rohstoffe oder Bindemittel angeboten. Sie gehoren zu den streng gehuteten Geheimnissen vieler Lackchemiker.
6.1 Verlaufmittel
179
6.1.2.2 Silikone
Silikone (Dimethylpolysiloxane sowie modifizierte Dimethylpolysiloxane) werden in der Lackindustrie seit Anfang der fiinfziger Jahre eingesetzt. Die unmodifizierten niedermolekularen, meist fluchtigen Silikone werden als verlauffordernde Additive sowohl fiir ,,levelling", als auch fiir ,,surface flow" eingesetzt. Die modifizierten Silikone finden als ,,surface flow control additives" Anwendung, sie beeinflussen aber gleichzeitig auch die Substratbenetzung, Antikrater-Wirkung, Schaumstabilisierung oder Entschaumung, Kratzfestigkeit sowie zahlreiche andere Lackeigenschaften. Durch chemische Modifizierung der Dimethylpolysiloxan-Kettekonnen die wichtigsten Silikon-Eigenschaften, wie Vertraglichkeit, Reduzierung der Oberflachenspannung, Hitzestabilitat, Gleitwiderstand, Mobilitat im vernetzten Lack usw. gesteuert werden. Die wichtigsten Modifizierungen werden entweder am PolysiloxanGeriist oder an den Seitenketten durchgefiihrt. Bei den Modifizierungen am Silikon-Grundgeriist werden die Dimethylpolysiloxan-Gruppen durch Methylalkyloder Methylaryl-Polysiloxangruppen ersetzt. Bei den Seitenketten konnen Polyether wie Polyethylenglykol, Polypropylengycol oder deren Mischungen, Polyester, sowie funktionelle Seitenketten mit chemisch reaktiven Endgruppen wie OH oder Acryl-Endgruppen, eingesetzt werden. Handelsprodukte: BYK@-300, BYK@-310, BYK@-320,BYK@-333, BYK@-370, Tego-Glide@444, Baysilonol@PL, Paint Additive 56, SER-AD@FS 440.
6.1.2.3 Fluortenside
Fluortenside sind anionische, kationische, oder nicht ionogene oberflachenaktive Verbindungen mit perfluorierten Alkylgruppen in dem Molekul. Sie gewahrleisten im Vergleich zu den nicht fluorierten Abkommlingen gleichen Aufbaus eine vie1 stiirkere Reduzierung der Obefflachenspannung. Handelsprodukte: Fluorad@FC- 129, FC- 170C, FC-430, FC-43 1.
6.1.2.4 Losemittel
Es werden meistens Losemittel wie Kohlenwasserstoffe (Alkylbenzole, Paraffine, Isoparaffine und Cycloparaffine), Ester (Lactate, Glykolether-ester), Ketone (Cyclohexanon,Terpenkohlenwasserstoffe), Alkohole und Glykole (Cyclohexanol, Propylenglykol), Glykolether (Ethylenglykoletherund Propylenglykolether)sowie weitere spezielle Zusammensetzungen mit einer Verdampfungszahl von > 50 (bezogen auf Dimethylether = 1) eingesetzt. Tabelle 6.1-3 zeigt einige wichtige verlaufsfordernde Losemittel sowie deren Siedepunkte und Verdampfungszahlen. Fiir die erreichbare Verlaufsverbesserung
180
6 krlaufi und Filmhildehilfsmittel
sind die Verdampfungszahlen sowie die Viskositat des Bindemittels im gegebenen Losemittel mal3gebend. Tabelle 6.1-3. Verlaufsfordernde Losemittel Losemittel
Siedepunkt ("C)
Terpentin Diisobutylketon Ethyllactat (Lactonal*) Orangenterpene DekalinO Shellsol@T Butylglykol Solvesso'"' 150 Pine Oil Diacetonal kohol Shellsol'"' AB Methoxybutanol Butylglykolacetat Tetralin'"' Kristallol'"' 60 lsophoron N-Methylpyrrolidon Dipropylenglykol-n-methylether Cyclohexanol Butyllactat Glykolsaure-butylester 2-Ethylhexanol I ,2-Prop lenglykol Shellsol" K lsopar@M Methylcyclohexanol SoIvessoO 200 Propylencarbonat Ethyldiglykol Butyldiglykol Benzylalkohol Tripropylenglykol-n-methylether Buty ldiglykolacetat Hexylen lykol Texanol
154- 185 163- 173 ca. 155 150-190 189-192 184-212 ca.171 187-207 180-230 ca. 168 186-2 15 159-163 186- 194 ca. 207 180-210 ca. 215 202-205 ca. 188 ca. 161 ca. 183 ca. 182 ca. 184 ca. 187 195-245 204-247 155-175 2 19-282 24 1-242 ca. 202 ca. 230 ca. 205 ca. 242 235-250 195-199 244-247
x
a
Verdampfungszahl (Diethylether = 1) 45 48 79 75-80 100 107 1 I9 120 120-150 125-147 148 160 190 200 295 330 360 400 400 443 460 600 600 620 680 800 > 1000 > 1000 1200 > 1200 1770 > 2000 > 3000 4800 > 5000
Neben den hier aufgefiihrten Losemitteln sind auch spezielle Losemittelmischungen mit optimierter Verdampfungskurve auf dem Markt erhaltlich. Handelsnamen: Byketol@-OK.
6.I Verlaufmittel
18 1
6.1.2.5 Sonstige Additive Weitere Verbindungen wie z. B. Crotonsaure, Benzoesaure, Monoglyceride, Rizinusol, Glycidylester von verzweigten Cg-C &arbonsauren werden noch als Verlaufsadditiv fiir einige Anwendungen eingesetzt. Da sie nur in speziellen Formulierungen angewendet werden, ist ihre Bedeutung als gering anzusehen.
6.1.3 Eigenschaften der Verlaufsadditive Tabelle 6.1-4 gibt einen ijberblick uber die wichtigsten Verlaufsadditive und ihre Anwendungen. Tabelle 6.1-4. Handelsubliche Verlaufsadditive -Typische Produkteigenschaften
Polymere
Silikone
Fluortenside
Reduzierung Anwendungsbereiche der Oberflachenspannung
Wichtigsten Merkmale
gering
losemittelhaltige, waljrige Systeme und losemittelfteie Systeme
Verlau fsverbesserung Antikrater-Wirkung Antikocher-Wirkung Gute Zwischenschichthaftung Negativ: Klebrigkeit bei hoher Dosierung, Triibung im Lackfilm bei zu starker Unvertraglichkeit
gering
Pulverlacke
Verlaufsverbesserung Antikrater-Wirkung Negativ: Klebrigkeit bei hoher Dosierung
gering bis stark
losemittelhaltige, waljrige und losemittelfreie Systeme
Verlaufsverbesserung Substratbenetzung
stark bis extrem stark
losemittelhaltige, waljrige und losemittelfteie Systeme
Gleitwiderstand-Reduzierung Antikrater-Wirkung Negativ: Schaumstabilisierung, Zwischenschichthahng (Polyethermod. Typen) Verlaufsverbesserung Substratbenetzung Antikrater-Wirkung Negativ: sehr starke Schaumstabilisierung, Oberflachenprobleme/ Krater bei ijberdosierung, Zwischenschichthaftung kann verschlechtert werden
182
6 Verlauf- und Filmbildehilfsmittel
Tabelle 6.1-4. (Fortsetzung)
Reduzierung
Anwendungsbereiche
Wichtigsten Merkmale
losemittelhaltige und waljrige Systeme
Verlaufsverbesserung Negativ: Trocknungsverzogerung, Verringerung der Viskositat und der Standfestigkeitmoglich
der Oberflachenspannung
Losemittel
kein bis sehr gering
6.1.4 Verwendung der Verlaufsadditive 6.1.4.1 Polymere Polyacrylate
Fur losemittelhaltige Systeme werden homo- und copolymere Polyacrylate eingesetzt. Handelsiibliche Produkte rnit einem Molgewicht von ca. 10000 sowie mit einer Oberflachenspannung von ca. 25 -26 mN/m sind sehr effektive Verlaufsadditive. Durch Erhohung des Molgewichtes nimmt die Unvertraglichkeit im Bindemittel zu; es kann in Klarlacken zu einer Triibung fiihren. Gleichzeitig ist eine entschaumende/entliiftende Wirkung zu beobachten. Die Dosierung in diesem Bereich bewegt sich zwischen 0,l und 1%. In Einbrennlacken fiir Spritzapplikation (Autolacke, Haushaltsgeratelacke) sind heute die Acrylate fast unverzichtbar, sie sind hier in Konzentrationen von 0,l-0,5 % im Einsatz. Bei gewissen Auftragsverfahren und Systemen (Coil-Coating, Polyester-Melamin-Bindemittel)werden Polyacrylate auch in Dosierungen von mehr als 1 % eingesetzt. Hochmolekulare Polyacrylate aus vorwiegend unpolaren Monomeren sind in den meisten Lacksystemen zu unvertraglich, sie werden als Antikocher-Additive eingesetzt. Sie verbessern den Verlauf nicht, bei erhohter Dosierung kann sogar ein schlechterer Verlauf entstehen. Sie werden in Kombination rnit Acrylat-Verlaufmitteln rnit mittlerer Polaritat und rnit mittlerem Mol ewicht sowie mit polyethermodifizierten Methylalkyl-Polysiloxanen empfohlen[ *I. Die Dosierung der Antikocher-Polyacrylate liegt bei Klarlacken unter 0,l %, bei pigmentierten Systemen rnit 0,l-0,5 % etwas hoher. Polyacrylaternit mittlerem Molgewicht und mit polarem Aufbau (Carboxylfunktionelle oder nicht-ionisch modifizierte Strukturen) werden in wal3rigen Einbrennsystemen haufig fur die Kontrolle des Verlaufs eingesetzt. Sie werden auch in hoherpolaren festkorperreichen losemittelhaltigen Formulierungen rnit Erfolg verwendet. Bei Pulverlacken werden meistens dieselben Acrylate eingesetzt, wie bei den losemittelhaltigen oder losemittelfreien Lacken. Durch die spezielle Pulverlack-Her-
8
6.I Verlaufmittel
183
stellungstechnologie konnen flussige Polyacrylate nur uber ein Masterbatch oder durch Aufbereitung mit einer saugfahigen festen Tragersubstanz (meistens porose Fallungskieselsaure) mit einem Aktivsubstanzgehalt von ca. 60 % eingesetzt werden. Acrylate verbessern in Pulverlacken nicht nur den Verlauf, sondern sie besitZen auch eine Antikrater-Wirk~ng[~-~]. Ihre Einsatzkonzentration bewegt sich zwischen 0,3 und 1 % Additiv-Wirksubstanz auf den fertigen Pulverlack berechnet.
Celluloseacetobutyrat Celluloseacetobutyrat (CAB) wird nicht nur als Bindemittel, sondern auch als Additiv in vielen Lackystemen eingesetzt. Holzlacke auf Basis von saurehartenden Harzen, Polyurethanen, ungesattigten Polyestern, UV-hiirtenden Bindemitteln werden oft mit CAB zur Verbesserung der Filmbildung und des Verlaufs modifiziert. CAB kann durch eine zu starke Unvertraglichkeit im Lacksystem sogar als Mattierungsmittel eingesetzt werden. Auch Einbrennsystemeauf Basis von Alkydharzen, Polyesterharzen oder AcrylharZen werden haufig mit CAB als Verlaufsadditiv formuliert.
Sonstige Polymere Niedrigreaktive veretherte Melaminharze werden als Verlaufsadditive in Einbrennlacken auf Basis von Acrylaten sowie in Epoxy-Phenolharz-Formulierungeneingesetzt. Kohlenwasserstoffharze,modifizierte Polybutadiene sowie speziellepolymerisierte Ole werden in lufttrocknenden Alkydharz-Systemen verwendet. Polyvinylether und Polyvinylbutyral finden in Einbrennsystemen auf Basis von Acrylharzen sowie in Epoxy-Systemen und silikonmodifizierten Bindemitteln Anwendung. Alle Polymerisate wirken durch ihre gezielte Unvertraglichkeit und durch die dadurch entstandene Grenzflachenaktivitat im Lacksystem.
6.1.4.2 Silikone Unmodifiiierte Silikone Niedermolekulare, niedrigviskose Silikonole sind in der Lackindustrie seit Anfang der fiinfziger Jahre im Einsatz. Sie werden heute noch in Nitrocelluloselacken und in anderen preiswerten Holzlacken als Verlaufsadditiv verwendet, ihre Bedeutung ist aber in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken. Die niedermolekularen Silikonole sind fluchtig, sie gewahrleisten ahnliche Effekte wie hochsiedende Losemittel. Sie verbessern auch die Gleitfahigkeit, dieser Effekt geht aber nach einigen Stunden oder Tagen - parallel zur Verdampfung der Silikone - deutlich zuriick.
Modifizierte Silikone Tabelle 6.1-5 gibt einen ijberblick iiber die wichtigsten Silikon-Modifizierungen und deren Anwendungsgebiete.
184
6 Verlaufi und Filmhildehilfimittel
Tabelle 6.1-5. Silikonmodifizierungen und deren Anwendung Chemische Modifizierung
Anwendung als Verlaufsadditiv in:
Nebeneffekte
Polyether (EO)
Losemittelhaltige Systeme/ wal3rige Systeme
Gleitwiderstand-Verbesserung Antikrater-Wirkung
Polyether(EO/PO)
Losemittelhaltige Systeme
Gleitwiderstand-Verbesserung Antikrater-Wirkung
Polyester
Losemittelhaltige Systeme
Gleitwiderstand-Verbesserung Hitzestabilitat
Polyester- mit OHEndgruppe
Losemittelhaltige Systeme (Can-coatings)
Permanenter Slip
Polyester mit AcrylEndgruppe
Peroxidhartende Systeme, UV-Lacke
Permanenter Slip
Polyester/Polyether (OH-funktionell)
Losemittelhaltige und waRrige Systeme (Can-coatings)
Gleitwiderstand-Verbesserung Permanenter Slip
Methyl-al kyl
Losemittelhaltige Systeme
Gleitwiderstand-Verbesserung Eliminierung von Wischerspuren Entschaumung
Aralkyl
Losemittelhaltige Systeme
Entschaumung Hitzestabilitat
6.1.4.3
Fluortenside
Sie werden in losemittelhaltigen, losemittelfreien und wal3rigen Systemen in erster Linie als Antikrater- und Substratbenetzungsadditive eingesetzt. Durch ihre starke Oberflachenaktivitat reichen schon sehr geringe Dosierungen (0,O1 bis ca. 0,2 'YO) aus, um Oberflachenprobleme wie mangelnde Substratbenetzung oder Krater zu losen, es konnen aber gleichzeitig auch Probleme aufireten wie z. B. Schaumstabilisierung oder Verschlechterung der Zwischenschichthaftung. Die Loslichkeit der Fluortenside im filmbildenden Bindemittel mu0 wahrend der gesamten ,,flussigen Phase" der Trocknung erhalten bleiben, sonst konnen Krater durch die extrem niedrige Oberflachenspannung der ortlich angereicherten Fluortensid-Molekule entstehen. Tabelle 6.1-6gibt einen ijberblickuberdieVerwendungderwichtigstenFluortenside. Sie unterscheiden sich von den Silikonen dadurch, dalj sie einen stirkeren AntikraterEffekt und eine sehr gute Substratbenetzung ermoglichen, wahrend die Verlaufsverbesserung meistens nicht so bedeutend ist. Die Fluortenside erhohen sogar die ,,kurze Narbe" bei erhohten Konzentrationen (siehe Abb. 6.1-1). Sie werden zurverlaufsverbesserung meistens in sehr geringen Konzentrationen(0,O1 bis 0,05 %) angewendet.
6.I Verlaufmittel
1 85
Tabelle 6.1-6. Verwendung von Fluortensiden Chemische Struktur
Verwendung in:
Erzielte Effekte:
Ammonium-perfluordecylsulfonat
wasrig: Kolloidale Dispersionen
Antikrater-Effekt Substratbenetzung Verlauf
N-Substituierte Perfluoroctylsulfonsaureamide, anionisch
wasrig: Latexsysteme (anionisch)
Substratbenetzung Antikrater-Effekt Verlauf
N-Substituierte Perfluoroctylsolfonsaureamide, kationisch
wasrig: Kationische Bindemittel
Substratbenetzung Antikrater-Effekt Verlauf
N-Substituierte Perfluoroctylsulfonsaureamide. nicht ionisch
wasrig: Latexsysteme, kolloidale Dispersionen
Substratbenetzung Antikrater-Effekt
Losemittelfrei : (1K PU)
Substratbenetzung Antikrater-Effekt Verlauf
wasrig : Wasserlosliche Systeme
Substratbenetzung, Antikrater-Effekt Verlauf
Losemittelfreie 2K-Systeme
Substratbenetzung Verlauf, Antikrater-Effekt
Losemittelhaltige Systeme
Substratbenetzung, Verlauf Antikrater-Effekt
Peffluorierte polymere Ester
6.1.4.4
Losemittel
Losemittel werden, im Vergleich zu den bisher geschilderten Additiven, in deutlich hoheren Dosierungen verwendet. Typisch sind Einsatzmengen von 2-5 % bezogen auf das Gesamtsystem. Bei der Auswahl der Losemittel sind in erster Linie die Verdampfungszahl, das Trocknungsverfahren sowie bei hoheren Einsatzmengen auch die Loslichkeit des Bindemittels im gegebenen Losemittel zu beriicksichtigen. Fur lufttrocknende Systeme konnen Losemittel mit einer Verdampfungszahl bis ca. 150-200 in den erwahnten Dosierungen ohne Trocknungsverzogerung eingesetzt werden. Lediglich bei schnelltrocknenden Systemen sowie bei erhohten Schichtdikken mussen in dieser Hinsicht Abstriche gemacht werden. Typische Losemittel fiir diesen Einsatz sind z. B. Terpentin, Ethyllactat, Butylglykol, Metoxibutanol, Diacetonalkohol. Bei geringeren Dosierungen (1% oder
186
6 Verlauf- und Filmbildehilfmittel
weniger) sind naturlich auch Losemittel mit hoheren Verdampfungszahlen akzeptabel. Fur forciert trocknende Systeme bis 80 "C sind auch Losemittel rnit einerverdampfungszahl bis zu 400-500 (z. B. Diisobutylketon, Dipropylenglykol-Monomethylether, Isophoron, N-Methylpyrrolidon, Shellsol A@)in Dosierungen von 2-5 % noch problemlos einsetzbar. Bei Einbrennsystemen - je nach Einbrenntemperatur - konnen auch die extrem hochsiedenden Losemittel mit Verdampfungszahlen von deutlich mehr als 500 (Methylcyclohexanol, Ethyldiglykol, Butyldiglykol, Butyldiglykolacetat, Shellsol@ K, Solvesso@200) verwendet werden. Haufig werden auch spezielle Kombinationen aus Losemitteln rnit niedrigen, mittleren und hohen Verdamphngszahlen eingesetzt. Die Empirie spielt in solchen Formulierungen eine sehr wichtige Rolle.
6.1.4.5 Sonstige Additive
Crotonsaure wurde in zinkoxidpigmentierten Alkydharz-Malerlacken sowie in Olfarben als Verlaufmittel eingesetzt. Ahnliche Effekte wurden auch rnit Benzoesaure erzielt. Rizinusol und Monoglyceride werden als reaktive Verlaufsadditive in geringen Mengen in einigen speziellen Einbrennsystemen und in losemittelfreien Polyurethanen verwendet. Glycidylester von verzweigten C9-C,2-Carbonsauren (Cardura@)werden auch in losemittelfreien Epoxy-Systemen und in Einbrennsystemen benutzt. Ihre Dosierung bewegt sich zwischen 1-3 %. Sie verbessern nur den Verlauf, Antikrater-Effekte oder Gleitwiderstand-Verbesserungkann hier nicht erwartet werden.
6.1.5
Praktische Hinweise
Durch zunehmende Additivdosierung wird der Verlauf nicht immer automatisch besser. Polyacrylat-Verlaufsadditive ergeben eine typische Sattigungskurve: rnit zunehmender Konzentration wird das Ergebnis besser, das Ma13 der Verbesserung dagegen geringer. Sie konnen nicht beliebig hoch dosiert werden, da bei erhohten Dosierungen (um ca. 1%) die Oberflachenklebrigkeit zunimmt. Silikone und auch Fluortenside ergeben optimale Verlaufswerte bei Spritzapplikation nur in einem engen Konzentrationsbereich, meistens bei ca. 0,05 % AdditivWirksubstanz auf den Gesamtlack berechnet, oder sogar darunter. Abbildung 6.1-1 zeigt die Wirkung von einem Fluortensid (perfluorierter polymerer Ester), einem polyethermodifiziertem Silikon und einem copolymeren Acrylat-Verlaufsadditiv auf die Welligkeit eines Alkyd-Melamin-Einbrennlackes(,,kurze Narbe")[6-51.
6.I Verlaufmittel 25
187
+sillkon
20-
10
-
5-
0
I
0
0,025 0,05 0,075
0,l
0,125 0.15 0,175
0,2
0,225 025 0,275
0,3
Additivdosierung (Wirksubstanz auf das Gesamtsystem berechnet [%] Abb. 6.1-1. Welligkeit eines Einbrennlackes mit unterschiedlichen Verlaufsadditiven, als Funktion der Additivdosierung
Verlaufsfordernde Losemittel bewirken in diesem Konzentationsbereich keine sichtbare Verlaufsverbesserung. Bei Konzentrationen von 2-5 % ergeben sie eine Kurve mit ahnlichem Verlauf wie bei den Polyacrylaten. In Pulverlacken bewirken die Acrylat-Verlaufsadditive den gleichen Effektr6-’I. Durch ideale Applikation durch den Anwender kann mit einem schlecht verlaufenden Lack ein akzeptabler Verlauf erreicht werden, und umgekehrt; auch ein gut verlaufender Lack kann durch ungeeignete Bedingungen zu einem schlechten Verlauf fiihren. Erfahrene Lackierer konnen sehr vie1 uber die richtige Einstellung der Spritzpistole, uber Faktoren wie Zugluft, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Spritzabstand usw. erzahlen. Praktische Erfahrungen spielen eine sehr wichtige Rolle beim Verlauf sogar bei automatischen Spritzanlagen, Robotern kann die menschliche Erfahrung beim Einstellen der Anlagen nicht durch Theorie ersetzt werden.
188
6 Verlauf- und Filmbildehilfimittel
6.1.6
Toxikologie und Entsorgung der Verlaufsadditive
Verlaufsadditive auf Basis von polymeren Substanzen sind im allgemeinen ahnlich zu handhaben wie vergleichbare Lackharze. Die wohl gefahrlichste Komponente der Verlaufsadditiven ist das Losemittel. Da diese Angaben in den jeweiligen Sicherheitsdatenblattern der kommerziell erhaltlichen Produkte enthalten sind, wird hier nur ganz kurz auf mogliche Gefahren bei niedrigen MAK-Werten hingewiesen. Besonders kritisch sind in dieser Hinsicht die aromatischen Losemitteln, sowieTerpenkohlenwasserstoffe und Isophoron. Ester der Milchsaure (Ethyllactat, Butyllactat) sind dagegen als physiologisch weitgehend unbedenklich eingestuft. Bei der Entsorgung der Verlaufsadditiven mussen bei den fluorhaltigen Produkten spezielle Entsorgungsvorschrifen eingehalten werden. Andere brennbare Losemittel, Polymere und Polymerlosungen konnen in normalen Verbrennungsanlagen unter Beriicksichtigung der jeweiligen Betriebsvorschrifen vernichtet werden.
6.2 Filmbildehilfsmittel Klaus Doren
6.2.1
Einfiihrung
Begriffserlluterung Filmbildehilfsmittel (FBHM) ist der Name einer Gruppe von Additiven fir solche wasserverdiinnbaren Farben und Lacke, die Polymerdispersionen als Bindemittel enthalten. Die auch als Koalesziermittel bezeichneten Stoffe haben die Aufgabe, die Verfilmung von Polymerdispersionen unter vorgegebenen Applikationsbedingungen zu ermoglichen bzw. zu optimieren. Da FBHM, wie unten erlautert wird, als Weichmacher wirken, aber gleichzeitig fluchtig sein mussen, charakterisiert der Ausdruck ,,temporarer Weichmacher" ihre Funktion sehr gut. Die haufig venvendete Bezeichnung Losemittel (z. B. in ,,losemittelfreien" Dispersionsfarben) ist zwar hinsichtlich der chemischen Struktur dieser Additive teilweise korrekt, trim aber nicht den Sinn ihrer Verwendung. Analog den Losemitteln in Lacken sind FBHM allerdings fiir die Emissionen verantwortlich, die bei der Trocknung von Dispersionsfarben und -1acken auftreten. Die Emissionen dieser prinzipiell als umweltfreundlich eingestuften Produkten sind zwar relativ gering, da nur wenige Prozent an FBHM enthalten sind, aber es gilt auch hier der allgemeine Trend zur Emissionsvermeidung. So werden einige Dispersionsinnenfarben heute bereits ohne Koalesziermittel hergestellt. In anderen Farben und Lacken auf Dispersionsbasis, an die hohere technische Anforderungen gestellt werden, ist ein Verzicht auf die positiven Effekte von FBHM noch nicht moglich. Vor der Vorstellung der Produktgruppe sol1 zunachst der Verfilmungsprozelj von Polymerdispersionen beschrieben werden, anschlieljend die Rolle, die FBHM dabei spielen. Danach werden die Produkte selbst sowie ihr Einflul3 auf anwendungstechnische Eigenschaften von Dispersionsfarben und -1acken vorgestellt. Den Abschlulj bilden Betrachtungen zur Okologie und Toxikologie.
Abkurzungen ADE BZ 1 BZ2
Adipinsaurediester Benzin, aromatenfrei Benzin, aromatenhaltig
190
6 krlaufi und Filmbildehiljbnittel
DEB Diethylenglykolbutylether(Butyldiglykol) DMP Dimethylphthalat DPB Dipropylenglykolbutylether EB Ethylenglykolbutylether (Butylglykol) EPH Ethylenglykolphenylether HPE Ethylhexansaure-Hydroxypropylester NMP N-Methylpyrrolidon PB Propylenglykolbutylether PPH Propylenglykolphenylether TPiB 3-Hydroxy-2.2.4-Trimethylpentylisobutyrat
6.2.2
Polymerdispersionen:Struktur/Filmbildung
In ihrem Aufbau unterscheiden sich Polymerdispersionen deutlich von anderen, im Beschichtungssektor ublichen Bindemitteln. Da hier die Ursache fiir die Verwendung von FBHM liegt, sollen zunachst Struktur und Filmbildung von Polymerdispersionen betrachtet werden. Typische Bindemittel sind in der Regel Harze, die unmittelbar oder nach Losung in Losemitteln (z. B. Alkydharze, Acrylate, Polyester etc.) bzw. nach Verdunnung mit Reaktivverdunnern (Epoxidharze, Polyurethane) eingesetzt werden. Bei wasserverdunnbaren H a r ~ e n [ ~kann - ~ ] man zwei Gruppen unterscheiden : -
-
Wasserlosliche Produkte, deren relativ kurzkettigen Molekule (Molekulargewicht MG <20000) infolge Einbaus von Sauregruppen durch Salzbildung in Wasser gelost werden konnen, ggf. mit Unterstiitzung geringer Mengen an Colosemitteln. Harzemulsionen (z. B. Alkydharze, Epoxidharze), in denen Harzmolekule (MG >20000) in Form sehr kleiner, durch externe Emulgatoren stabilisierter Tropf-
chen in Wasser verteilt sind. Bei allen diesen Systemen folgt der rein physikalischen Trocknung eine Verlangerung der zunachst relativ kurzkettigen Molekule durch chemische Reaktionen (z. B. oxidative Trocknung bei Alkydharzen, Vernetzung bei 2K-Produkten). Erst nach dieser Kettenverlangerung konnen solche Harze die Anforderungen an Lackbindemittel erfiillen. Polymerdispersionenbestehen ahnlich wie Harzemulsionen aus in Wasser fein verteilten Partikeln. Diese stol3en sich aufgrund der auf ihrer Oberflache befindlichen Emulgatorhulle gegenseitig ab und sind so gegen Koagulation geschutzt und stabilisiert. Die Partikel enthalten bereits langkettige Polymere (Molmasse bis zu 106), die (in der Regel) nicht zu Kettenverlangerungsreaktionen fahig sind. Die Polymerkugeln haben Durchmesser von etwa 30-500 nm, in Spezialfallen bis zu mehreren Mikrometern. Bei der Trocknung bildet sich auf rein physikalischem Wege aus diesen Partikeln ein kontinuierlicher Polymerfilm.
6.2 Filmbildehilfmittel
191
Die Verfilmung von Polymerdispersionen[6-101 kann in drei Teilschritte gegliedert werden (Abb. 6.2- 1): Konzentration, Verdichtung und eigentliche Verfilmung[6-1'I. Zunachst reduziert sich das Volumen durch Verdunsten bzw. durch Wegschlagen des Wassers in saugende Untergriinde. Durch die Volumenverringerung gezwungen, nahern sich die Polymerkugeln einander an. Bei fortschreitender Konzentration werden die abstol3enden Krafte der Emulgatorhullen uberwunden, und es kommt zu einem direkten Kontakt der Partikel. Dieser KonzentrationsprozeB geht uber die dichteste Kugelpackung hinaus, wobei die Polymerteilchen zu einer Deformation gezwungen werden, die letztendlich zu einem homogenen, geschlossenen Film fiihrt. Dieser Ablauf kann mit dem Rasterelektronenmikroskop verfolgt werdenL6-12].Die Verfilmung ist nach dem Zusammenbrechen des Stabilisierungssystems irreversibel: Die Polymerpartikel konnen durch Wasserzugabe nicht mehr redispergiert werden. Hierauf beruht die Wasserfestigkeit der Dispersionsfilme, die eine Grundvoraussetzungfiir ihren Einsatz in Farben und Lacken ist. Der 1etzteTeilschritt der Verfilmung lauft nach der eigentlichen Trocknungsphase ab und kann Tage oder sogar Wochen dauern. Durch Diffusion von Molekiilketten uber die urspriinglichen Teilchengrenzen hinweg (Interdiffision) kommt es zu einem wirklichen VerschweiBen der P~lymerpartikel[~-'~], zum Verschwinden der Grenzflachen und infolgedessen zur Entwicklung hoher mechanischer Filmfestigkeiten. Die Filmbildungwird vor allem durch die sogenannten Kapillarkrafte[6-141 bewirkt, die gegen Ende des Konzentrationsprozesses auftreten. Diese Krafte werden umso grolJer je dunner die Wasserfilme zwischen den Polymerteilchen werden. Durch sie
de Interdiffusion
Abb. 6.2-1. FilmbildeprozeB von Polymerdispersionen
192
6 Verlauf: und Filmbildehiljhittel
werden die Kugeln aufeinander geprefit und so deformiert, da13 sie das gesamte Volumen ausfiillen. Als weiterer Effekt kommt das Bestreben des Polymers hinzu, die Oberflachenspannung durch Verringerung der Oberflache zu minimieren. Zum Verstandnis des Filmbildeprozesses ist vor allem die Betrachtung der Krafte wichtig, die der Verfilmung entgegen~tehen[~-'~]. Neben den envahnten Abstoljungskraften handelt es sich um den Deformationswiderstand der Partikel. Dieser hangt rnit der Polymerharte zusammen, d. h. mit der Glasubergangstemperatur TG des Polymeren, und rnit der aktuellen Temperatur wahrend der Verfilmung. Harte Partikel lassen sich wenig oder gar nicht deformieren und sind nicht zur Verfilmung fahig. Die TG wird durch die Wahl der das Polymer bildenden Monomerbausteine und deren Mengenverhaltnisse eingestellt. In der Regel kombiniert man verschiedene ,,harte und weiche" Monomere. Fur jede Polymerdispersion existiert eine typische Grenztemperatur, oberhalb derer die Partikel so weich sind, dalj die Kapillarkrafte deren Deformationswiderstand ubenvinden und eine Verfilmung bewirken konnen. Diese Temperatur kann mit einer Filmbildebank nach DIN 53 787 bestimmt werden und heiBt Mindestfilmbildetemperatur MFT. Die MFT ist eng rnit der TG des dispergierten Polymerisates verknupft[6-*61.Neben der TG beeinflussen weitere Dispersionsund Polymereigenschaften wie Teilchengrolje, Teilchengroljenverteilung, Molekulargewicht, Vernetzungsgrad, Emulgatoren etc. die Verfilm~ng[~-"].Auf Details kann hier nicht eingegangen werden. Fur die weitere Betrachtung ist als entscheidend festzuhalten: Wahrend der Trocknung einer Polymerdispersion verschweiDen die Polymerpartikel unter dem Druck der Kapillarkrafte und bilden rein physikalisch durch Deformation einen homogenen, nicht mehr redispergierbaren, wasserfesten Film. Dieser Prozelj Iauft allerdings nur oberhalb der MFT der Polymerdispersion ab.
6.2.3 Wirkungsweise der Filmbildehilfsmittel Sie Die MFT bedeutet eine Einschrankung fir den Einsatz einer darf einerseits nicht oberhalb der Verarbeitungstemperatur liegen, und sie legt andererseits uber die TG die Endharte des Films, d.h. der Beschichtung, fest. Diese Einschrankung kann durch forcierte Trocknung umgangen werden. Insbesondere bei handwerklicher Verarbeitung wird jedoch ublichenveise bei Raumtemperatur appliziert, in Extremfallen noch bei Untergrundtemperaturen von 5 "C. Eine optimale Verfilmung des Bindemittels mu13 auch dann garantiert sein. Dispersionen, die bei derartig niedrigen Temperaturen verfilmen, ergeben Beschichtungen, die fir viele Anwendungen nicht ausreichend hart sind. FBHM beseitigen beide Einschrankungen. Setzt man einer Dispersion ein derartiges Additiv zu, so difindiert es in die Polymerpartikel und verringert deren Harte. Es wirkt somit als Weichmacher und erlaubt eine Verfilmung der Polymerpartikel auch unterhalb der eigentlichen MFTITG. Da Koalesziermittel, wie oben bereits envahnt, tempor%re Weichmacher sind, verdunsten sie wahrend bzw. nach der Applikation, und die urspriingli-
6.2 Filmbildehilfmittel
I93
che Harte des Polymerisates entwickelt sich zuriick. Insofern konnen mit Dispersionen auch bei ublichen Umgebungstemperaturen harte, mechanisch belastbare Beschichtungen hergestellt werden. Fiir die Wirksamkeit eines FBHM sind drei Aspekte entscheidend: seine Verteilung in der Dispersion, seine Fahigkeit zur Erweichung des Polymerisates und die Geschwindigkeit, mit der es den trocknenden Beschichtungsfilm wieder ver1aljt[6-19],[6-201 Naturgemalj diffindiert ein Koalesziermittel in der Regel nicht vollstandig in die Polymerteilchen, sondern verteilt sich in der Dispersion zwischen Polymer und Wasser. Diese Verteilung ist fiir die Effektivitat des FBHM sehr wichtig. Man beschreibt die Verteilung durch ein Dreiphasenmodell[6-211 (Abb. 6.2-2) mit den Pha-
A: Kern C B: Schale C: Serum
Abb. 6.2-2. Dreiphasenmodell[6-211
sen Teilchenkern, Teilchenschale und waljrige Phase (Serum). Das Verteilungsgleichgewicht hangt von der Polaritat des Polymerisates und von der Wassermischbarkeit des Koalesziermittels ab. Zu beachten ist, dalj die Teilchenoberflachen in der Regel polarer sind als das restliche Polymer, da sich hier die hydrophilen Komponenten (Emulgatoren, Initiatorendgruppen, Sauregruppen etc.) anreichern. Bezuglich der Wassermischbarkeit ist zu bedenken, dalj das Serum nicht aus Wasser besteht, sondern Emulgatoren und Salze enthalt. Dies bedeutet, dal3 sich in jeder Kombination aus Dispersion und Koalesziermittel ein individuelles Verteilungsgleichgewicht einstellt, das schwer vorhersagbar ist. Da sich die Verfilmung an den Kontaktflachen der Partikel abspielt, wird ein in der Teilchenschale vorhandenes FBHM besonders wirksam sein. Hydrophile Koalesziermittel befinden sich teilweise in der Wasserphase und konnen die Verfilmung naturgemalj weniger beeinflussen. Des weiteren wird der im Serum befindliche Anteil des FBHM mit diesem in saugende Untergriinde wegschlagen. Bei nichtsaugenden Untergriinden kann ein hydrophiles Koalesziermittel dagegen aus der schrumpfenden Wasserphase wieder starker ins Polymer einwandern, so dalj dann sein Anteil im Polymer groljer ist, als aufgrund der urspriinglichen Verteilung anzunehmen ist. Es besteht auch ein enger Zusammenhang zwischen Verteilungsgleichgewichtund Verdunstungsgeschwindigkeit des FBHM (s. Abschn. 6.2.4). So wird ein FBHM, das sich im Teilchenkern anreichert, aufgrund der starken Wechselwirkung mit dem Polymerisat langsamer aus dem Film verdunsten. Die wesentliche Aufgabe des Koalesziermittels besteht darin, die MFT einer Dispersion effektiv zu senken. In der Literat~r[~-’~]’ [6-221wird beschrieben, wie man
194
6 krlauf- und Filmhildehilfsmittel
aus den Glasiibergangstemperaturen von Polymer und FBHM sowie deren Volumenanteilen die TG des modifizierten Polymers ermittelt. Aus der durch das FBHM abgesenkten TG des Polymerisates ergibt sich die reduzierte MFT der Dispersion, die eine Verfilmung bei niedrigeren Temperaturen zulafit. Die Wirkung eines guten Koalesziermittels besteht aber nicht nur in der Absenkung der MFT sondern auch in der Optimierung des als Interdiffusion beschriebenen Prozesses (s. Abschn. 6.2.2).Dieser Effekt wird durch das An uellen des Polymers, d. h. durch die Erho43I. Die Interdiffusion bewirkt wie erwahnt hung des freien Volumens, gefordert[6-2 die hohe Festigkeit von Polymerfilmen und beeinflufit auch andere anwendungstechnische Eigenschaften positiv (s. Abschn. 6.2.5). Der dritte Faktor, der die Wirkungsweise eines FBHM bestimmt, ist das Verdunst~ngsverhalten[~ Hierbei - ~ ~ ~ .sind zwei Grundforderungen zu beachten: -
Das Koalesziermittel sollte das Polymer rasch wieder verlassen, damit die applizierte Beschichtung moglichst schnell hart wird, d. h. wenig Verschmutzungsund Verblockungsneigung sowie hohe mechanische Belastbarkeit aufweist.
-
Das FBHM mu13 wahrend des letzten Teilschrittes des Filmbildeprozesses, also wahrend der eigentlichen Verschweifiung der Partikel noch im Polymer vorhanden sein. Ansonsten ist die MFT nicht ausreichend abgesenkt und es entsteht kein rififreier Film. Dies bedeutet, dafi ein FBHM langsamer verdunsten muR als Wasser.
In praxi bereitet es haufig Probleme, beide Forderungen gleichzeitig zu erfiillen. Dies resultiert z. B. daraus, dafi die Verdunstung von Koalesziermitteln im Gegensatz zu der von Wasser nicht von der Luftfeuchtigkeit beeinfluat wird (s. Abschn. 6.2.4).Betrachtet man die Effektivitat, mit der diverse FBHM die MFT einer Dispersion absenken (Abb. 6.2-3),und die Geschwindigkeit, mit der Dispersionsfilme ihre Harte entwickeln (Abb. 6.2-4),so stellt man fest: Hinsichtlich der MFT-Absenkung sehr effektive FBHM verbleiben in der Regel lange im Film und umgekehrt. Als Beispiel hierfiir seien einerseits 3-Hydroxy-2.2.4-Trimethylpentylisobutyrat (TPiB) und andererseits Butylglykol (EB, Ethylenglykolbutylether) genannt. Allerdings leisten auch einige schneller verdunstende Koalesziermittel einen positiven Beitrag, indem sie wahrend der friihen Phase der Verfilmung die gegenseitige Benetzung und die Deformation der Polymerteilchen fordern. Gut wirksame, lange im Polymer verbleibende, in der Regel weniger hydrophile Mittel haben offenbar keinen Einflurj auf die Trocknung. Polarere Koalesziermittel konnen durch Wechselwirkung mit dem Wasser (Wasserstoffbriickenbindungen)die Verdunstung verlangsamen. Exakte Vorhersagen sind auch hier kaum moglich. Da ein Zusammenhang zwischen dem Verdunstungsverhaltenvon FBHM und der Trocknung von Dispersionsfarben besteht, sei hier kurz auf die Trocknung von Dispersionen und Dispersionsfarben eingegangen. In der Literatur werden verschiedene Vorstellungen entwickelt. So wird berichtet, daa das Wasser anfinglich mit konstanter Geschwindigkeit verdunstet, wobei die Verdunstungsgeschwindigkeit von aufieren Bedingungen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftbewegung abhangig ist. Mit fortschreitender Trocknung verlangsamt sich die Verdunstung und
195
6.2 Filmbildehiljsmittel
1%FBHM 0 3% FBHM
5% FBHM
StymCAuylat-Dispedon (MFT 32'C)
n m
a
w
n X
r
n
m w
N
Nm
W
a
m
n
m n
W
I-
4
n m
xa
a
Abb. 6.2-3. Effektivitat von Filmbildehilfsmitteln: MFT-Absenkung
100
1% FBHM 0 3% FBHM k3 5% FBHM StymCAuylat-DisFerrlon (Pendelhane : Ws)
:80 C
%
z
. l
5 2
-
80
2 r V
m
P
a
40
5
2
2
20
0
n m
W
a
X
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N
m
2
a
W
m
n
I-
Abb. 6.2-4. Verdunstung von Filmbildehilfsmitteln: Entwicklung der Pendelharte
196
6 Verlauf: und Filmhildehilfimittel
geht letztendlich in einen diffusionskontrollierten ProzeB iiber[6-251.Alternativ wird ein Schichtenmodell[6-261(Abb. 6.2-5) diskutiert: Die Trocknung beginnt von der Oberflache aus, und eine sogenannte Zwischenschicht wandert von oben nach unten durch die Farbe auf das Substrat zu. Oberhalb ist die Farbe bereits trocken, unterhalb noch naB. Hier gilt bzgl. der Geschwindigkeit der Verdunstung im Prinzip ahnliches wie oben. Erreicht die Zwischenschicht das Substrat, so fallt die zunachst konstante Verdunstungsgeschwindigkeit ab und nahert sich Null. Dieses Model1 kann die RiSneigung bei Dispersionslacken erklaren, die durch die Spannung zwischen der trockenen Oberflachenhaut und der noch weichen tieferen Schicht entsteht. Nicht erklart wird allerdings die durch die Hautbildung erschwerte Durchtrocknung des Systems.
trocken. poros
_-_-_ _-_ --- _ -_---_-________ - _- _ -- _ -
- -
-
-
-
-
-
-
Zwischenschicht
naR
Abb. 6.2-5. Trocknung von DispersionsSubstrat
farben: Schichtenmodell r6-261
Abschlieflend seien die Koalesziermittel entsprechend ihrer Effektivitat in drei Gruppen eingeteilt'6-271: -
-
Mittel, die weniger die Filmbildung als die Wasserverdunstung, d. h. die Trocknung der Dispersionsfarbe beeinflussen Koalesziermittel, die die gegenseitige Benetzung und die Deformation der Polymerpartikel und somit auch deren Verfilmung fordern ,,echte" Filmbildehilfsmittel, welche die feste VerschweiBung der Polymerpartikel durch Erleichterung der Interdiffusion unterstutzen
Dieses unterschiedliche Verhalten ist nicht im Sinne von gut und schlecht zu sehen, sondern eroffnet in praxi Moglichkeiten, anwendungstechnische Eigenschaften von Dispersionsprodukten zu steuern. Diese Effekte sollen weiter unten besprochen werden.
6.2.4
Produktubersicht
Hinsichtlich der chemischen Struktur lassen sich grob zwei Typen von FBHM unterscheiden: reine Kohlenwasserstoffe und mehr oder weniger polare Produkte, die Alkohol-, Ether-, Ester- und Ketofunktionen bzw. Kombinationen hiervon enthalten. Die zweite Gruppe umfaBt nicht nur weitaus mehr Produkte als die erste, sondern sie hat auch die groBere Bedeutung. In Abschnitt 6.2.3 wurde eine Einteilung hinsichtlich Effektivitat envahnt. Interessant ist eine andere Klassifizierung, die von Mercu-
197
6.2 Filmbildehilfsmittel
rio et a1.[6-211 vorgenommen wurde und auf dem in der gleichen Publikation vorge-
stellten Dreiphasenmodell (Abb. 6.2-2)basiert. Diese Einteilung ist zwangslaufig vereinfachend, gibt aber dem Anwender Hilfestellung und sol1 deshalb auch hier zur Charakterisierung verschiedener Koalesziermittelbenutzt werden (Abb. 6.2-6). Aufenthaltsott
I
A
AB
ABC
C
I Produkt
Benzine
Ester Ketone
Etheralkohole
Glykole hydrophile Etheralkohole
Votteile
begrenzte Filmbildung
sehr gute Filmbildung
gute Filmbildung Steuerung der Offenzeit
Steigerung der Offenzeit Frost-Tau-Stabilittit
Nachteile
schwierige Einarbei- niedrige Offenzeit tung Verblockungsneigung Glanzverlust
Stabilittit kein echtes FBHM Wegschlagen ins Wegschlagen ins Substrat Substrat Verblockungsneigung FrUhwasserfestigkeit Friihwasserfestigkeit
Bei oben erwahnten Kohlenwasserstoffenhandelt es sich im wesentlichen um Benzine, wahrend reine Aromaten wie das friiher verwendete Xylol kaum noch zum Einsatz kommen. Die Benzine sind heute in der Regel aromatenarm und bestehen in geruchsarmen, aromatenfreien Versionen aus Isoparaffinen oder Cycloaliphaten. Diese unpolaren Stoffe d i h d i e r e n sehr stark in die Polymerpartikel, reichern sich aber aufgrund der deutlich polaren Struktur der Teilchenschalen[6-211 verstirkt im Teilchenkern (A-Typ) an. Hierdurch erweichen sie zwar das Polymer, beeinflussen aber die Verfilmung weniger effektiv. Problematisch ist ihre Einarbeitung in Dispersionen, wodurch es zu triiben Filmen und in Farben zu Glanzverlust kommen kann. Ihr wesentlicher Vorteil liegt insbesondere im giinstigen Preis, weshalb sie haufig in Kombination mit polaren FBHM wie Etheralkoholen verwendet werden. Als giinstig werden neben dem Geruch der aromatenfreien Produkte ihre entschaumende Wirkung sowie der Beitrag zur Steuerung der offenen Zeit eingeschatzt[6-281. Zur zweiten Gruppe von FBHM (AB-Typ), die sich im Polymerteilchen auf Kern und Schale verteilen, gehoren die Produkte, die sich seit vielen Jahren in klassischen Dispersionsfarben bewihrt haben. Dies ergibt sich neben der effektiven Absenkung der MFT auch aus ihrer leichten Einarbeitung in und guten Vertraglichkeit mit Dispersionen (s. Abschn. 6.2.5).Es handelt sich hierbei vor allem um Ester wie 3-Hydroxy-2.2.4-Trimethylpentylisobutyrat(TPiB), Diester der Adipinsaure (ADE), Dimethylphthalat (DMP), 2-Hydroxypropylester der Ethylhexansaure (HPE) und Benzylbenzoat. Die Hydrolysestabilitat dieser Ester ist auch bei hohen pH-Werten in Farbformulierungen gut, so dal3 bei Lagerung kein Wirksamkeitsverlust zu erwarten ist. Wie oben (s. Abschn. 6.2.3)beschrieben fordern sie die Filmbildung, insbesondere die Interdiffision, optimal, verbleiben aber sehr lange im
198
6 VerlauF und Filmhildehiljimittel
Film. Dies ist bei Dispersionsfarben weniger problematisch, aber bei Wasserlacken hinsichtlich OberflachenharteNerblockung und mechanischer Festigkeit im Friihstadium von Nachteil. TPiB hat trotz hervorragender technischer Eignung in Dispersionsinnenfarben an Bedeutung verloren, weil der charakteristische Geruch vom Verbraucher nicht mehr akzeptiert wird. Ebenfalls aus Geruchsgriinden haben sehr wirksame Ketone wie 2 4 1-Cyclohexenyl)-Cyclohexanon, Cyclohexanon und Isophoron keine Bedeutung als FBHM erlangt. Dimethylphthalat wird im Zuge der allgemeinen Diskussion der Phthalate in letzter Zeit kritisch gesehen. Die groljte Einzelgruppe stellen die Etheralkohole dar. Neben den friiher ausschlieljlich venvendeten Ethylenglykoletherderivaten haben die Propylenglykolabkommlinge Marktanteile gewonnen. Etheralkohole verteilen sich aufgrund ihrer starkeren Hydrophilie auf Polymer und Serum (ABC-Typ). Hierdurch wirken sie zwar als gute Koalesziermittel, mussen aber in der Regel hoher dosiert werden als oben genannte Ester. Gemische beider Produktgruppen konnen sehr gute Resultate liefern. Zu beachten ist bei Etheralkoholen, darj sie weniger universe11 mit Dispersionen vertraglich sind (Einarbeitung) und aufgrund ihrer Hydrophilie leicht mit dem Serum in porose Untergriinde wegschlagen. Ebenfalls aus ihrer Hydrophilie resultiert der Nachteil, dalj Etheralkohole Lackfilmen im friihen Stadium eine gewisse Wasserempfindlichkeit verleihen konnen. Andererseits ist ihre grolje Bedeutung in Wasserlacken auf die rasche Verdunstung (Harte, Blockfestigkeit) und die Nutzung zur Steuerung der offenen Zeit zuriickzufiihren. Hier enveist sich die grolje Produktvielfalt bei Etheralkoholen als vorteilhaft, die eine breite Variation der Verdunstungsge~chwindigkeit[~-~~~. [6-301 (Abb. 6.2-7) ermoglicht. Als Beispiele
PPH
0
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Verdunstungszeit/ min
Abb. 6.2-7. Verdunstungsgeschwindigkeit von FilrnbildehiIf~rnitteln[~-~~~. r6-301
1600
6.2 Filmbildehilfmittel
199
fir schnelle Verdunstung seien Butylglykol (EB, Ethylenglykolbutylether), der im Wasserlackbereich am weitesten verbreitete Etheralkohol, und Propylenglykolbutylether (PB) genannt. Dipropylenglykolbutylether (DPB) nimmt eine mittlere Stellung ein, wahrend Propylen- und Ethylenglykolphenylether (PPH bzw. EPH) iihnlich bzw. sogar langsamer verdunsten als TPiB. Letztere werden auch in typischen Dispersionsfarbenverwendet. ErwartungsgemaB sind EB und PB hinsichtlich der MFT-Absenkung deutlich ungiinstiger als PPH, EPH oder TPiB, deren Niveau DPB erstaunlicherweise fast erreicht. Unter der MaRgabe, daS ein FBHM langsamer verdunsten muR als Wasser, ist bei der Einstellung der Verdunstungsgeschwindigkeit, d. h. der Auswahl entsprechender FBHM, immer die rel. Luftfeuchtigkeit und die Luftbewegung wh-end der Applikation zu beachten. Wie die beiden Diagramme (Abb. 6.2-8) zeigen, kann sich das Verdunstungsverhalten einer 80 :20-Mischung aus Wasser/EB bei 50 % rel. Lufifeuchtigkeit vollig anders entwickeln als bei 70 % [6-301.In der Praxis hat sich gezeigt, daR eine erfolgreiche Verarbeitung von Wasserlacken eine gute Kenntnis des Trocknungsverhaltensdes Losemittel-Wasser-Gemischesvoraussetzt. Neben Luftfeuchtigkeit und Temperatur haben bei Spritzapplikation z. B. die Zerstaubungsmethode (pneumatisch, airless, Hochrotation) und die Trocknungsmethode (Umluft, Kombination Umluft-/IRTrocknung) einen wesentlichen Einfl~R[~”’], [6-321.
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50% rel. Luftfeuchtigkeit
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20
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Verdunsteter Anteil I
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Abb. 6.2-8. ButylglykoVWasser-Gemisch:Verdunstung~verhalten[~”~~
200
6 Verlaufi und Filmbildehi&nittel
Die letzte Gruppe von FBHM, zu der Glykole und hydrophile Etheralkohole gehoren, befindet sich weitgehend in der Wasserphase (C-Typ) und kann daher nicht als alleiniges FBHM verwendet werden. Sie hat merklichen Einflurj auf die Trocknung von Wasserlacken, insbesondere auf die offene Zeit, auf die Frost-Tau-Stabilitat und die Wirkung von assoziativen Verdickern (s. Abschn. 6.2.5). Insofern sind diese Stoffe als Lackadditive durchaus von Bedeutung, in Dispersionssystemen allerdings nur in Kombination mit echten FBHM. Eine grossere Rolle spielen Produkte vom C- aber auch vom ABC-Typ als sogenannte ,,coupling agents" oder Colosemittel in Wasserlacken auf Basis wasserverdunnbarer Harze (s. Abschn. 6.2.2 . Dort haben sie wesentlichen Einflurj auf Viskositat und Stabilitat der LackeL6'31, wobei der HLB-Wert, d. h. die Balance zwischen hydrophilem und lipophilem Charakter, die entscheidende Eigenschaft darstellt. Abschlierjend sei N-Methylpyrrolidon (NMP) envahnt, das eine grorje Bedeutung als FBHM in PU-Dispersionen hat. Insbesondere nach der Prapolymer-IonomerMethode hergestellte Produkte enthalten aufgrund dieses Verfahrens bereits NMP [6-341, so dalj ihre MFT bei 0 "C liegt. Es sei auf einen anderen interessanten Aspekt bei PU-Dispersionen hingewiesen. Diese unterscheiden sich hinsichtlich der Teilchenmorphologie insofern von klassischen Polymerdispersionen, als die hydrophilen Segmente der PU-Molekulketten durch Wasser angequollen werden. Dies fiihrt zu einer Erweichung und somit zu einer Absenkung der MFT. Insofern wirkt hier Wasser als FBHM und verursacht die fi r PU-Dispersionen typische hohe Filmharte bei gleichzeitig niedriger MFT["351.
J
6.2.5 Anwendungstechnische Aspekte Zu Beginn seien einige grundsatzliche Bemerkungen zum Einsatz von FBHM gemacht. In der Regel erfolgt ihr Zusatz zur Dispersion wahrend der Farbenherstellung. Lediglich bei sehr hart eingestellten Polymerdispersionen 6 r Dispersionslacke oder fur preiswerte Innenfarben riistet bereits der Rohstoffhersteller zur Erleichterung des Handlings oder aus Kostengriinden das Bindemittel mit einem Koalesziermittel aus. Die Zugabe kann dann auch bereits wahrend der Polymerisation erfolgen. Bei Zusatz von FBHM ist Koagulatbildung oder sogar eine vollige KOagulation der Dispersion infolge Schockreaktion moglich, insbesondere wenn die Zugabe schlagartig erfolgt. Dieser Effekt kann folgendermaDen vermieden werden: durch langsame Dosierung des FBHM unter Ruhren, ggf. nach Verdunnung mit Wasser, durch Kombination mit einem hydrophileren Produkt oder im Falle wasserunloslicher Koalesziermittel durch Zusatz von Netzmitteln, wie sie zur Pigmentdispergierung eingesetzt ~erden["~'].Generell ist zu beachten, da13 eine weichgemachte Dispersion eine verringerte Stabilitat besitzt und bei Scherung, Frost oder Elektrolytbelastung eher koaguliert als im unmodifizierten Zustand. Ursache hierfiir ist vor allem die an sich gewiinschte Q ~ e l l u n g [ ~und - ~Erweichung ~] der Dispersionspartikelschale durch das FBHM. Die Tatsache, darj Glykole und hydrophile Etheralkohole die Frost-Tau-Stabilitat von Dispersionssystemen erhohen, steht
6.2 Filmbildehilfsmittel
20 1
hierzu nicht im Widerspruch. Diese Stoffe erniedrigen lediglich die Gefriertemperatur des Wassers, ohne die Dispersionsstabilitat selbst zu erhohen. Ein weiterer Effekt, der sich aus der Quellung der Polymerpartikel ergibt, ist das Ansteigen der Dispersionsviskositatbei Zugabe von FBHM. In Extremfallen kann dieser Vorgang zur Eindickung oder sogar zur Koagulation der Dispersion fiihren. In der Regel sollte der Viskositatsanstieg einen Tag nach Zugabe des Koalesziermittels abgeschlossen sein. Der Effekt kann als preiswerte Verdickungsmoglichkeit genutzt werden, wobei das Jerdickungsmittel" den Film nach Trocknung wieder verlarjt und somit die Wasserfestigkeit nicht negativ beeinflurjt. In Abbildung 6.2-9 sind die Viskositaten zweier Styrol-Acrylat-Dispersionenin Abhangigkeit vom zugesetzten Koalesziermittel aufgelistet. Deutlich wird, darj einige hydrophilere Produkte einen Verdiinnungseffekt haben, somit die Partikel kaum oder gar nicht anquellen, wiihrend die meisten Produkte eine deutliche Erhohung der Viskositat bewirken. Besonders stark wirkt das aromatenhaltige Benzin, wodurch die oben (s. Abschn. 6.2.4) vorgenommene Einstufung als A-Typ (bevorzugter Aufenthalt im Teilchenkern) bestatigt wird. Die Verdickung kann als erstes Indiz fir die gute Wirksamkeit eines FBHM gewertet werden, wobei der Effekt, wie Abbildung 6.2-9 zeigt, erheblich vom Bindemittel selbst abhangt. Nach der Einarbeitung des FBHM sollte die Dispersion bzw. Farbe ca. einen Tag reifen, damit sich das Verteilungsgleichgewicht einstellen kann. Ein Dispersionsfilm sollte anschlierjend bei guter Einarbeitung und Vertraglichkeit des Koalesziermittels klar und stippenfrei sein. AbschlieSend seien noch zwei weitere Voraussetzungen flir die Verwendbarkeit von FBHM genannt: Der Geruch spielt, wie oben (s. Abschn. 6.2.4) bereits angesprochen, eine bedeutende Rolle. Geruchsarmut ist inzwischen nicht nur ein wesentliches Kriterium, sondern speziell 1800 1
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Abb. 6.2-9. Dispersionsviskositat: Einflulj von Filmbildehilfsmitteln (3 %)
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202
6 VerIauF und Filmbildehilfsmittel
beim Einsatz in Innenfarben eine unabdingbare Voraussetzung, da insbesondere Ianger andauernde Geruchsbelastigung von heutigen Endabnehmern nicht mehr akzeptiert wird. Des weiteren mu13 ein FBHM auch bei hohem pH-Wert, wie in Farben und Lacken ublich, gegen Hydrolyse stabil sein. Probleme konnen hier Ester der Glykolether bereiten. Sie senken die MFT von Polymerdispersionenz.T. recht gut ab, gehen aber bei Hydrolyse in die entsprechenden, weniger effektiven Etheralkohole uber. Hierdurch ist die MFT moglichenveise nicht mehr ausreichend abgesenkt und der Film verfilmt nicht einwandfrei (Ri13bildung). AbschlieBend seien die wesentlichen Anforderungen an ein FBHM zusammengefaBt: effektive Absenkung der MFT und rasches Verdunsten aus dem Film als Grundforderungen, problemlose Einarbeitung, gute Vertraglichkeit (Dispersionsstabilitat und -viskositat), Hydrolysestabilitat, geringer Geruch, kein negativer EinfluD auf das Filmaussehen und selbstverstandlich gunstiger Preis. Im folgenden sol1 auf weitere anwendungstechnische Aspekte bei Venvendung von FBHM eingegangen werden. Einige Details wurden im Zusammenhang mit der Diskussion der FBHM-Typen bereits angesprochen (s. Abschn. 6.2.4). Traditionell spielt der Einflu13 von FBHM auf die Pigmentbindebaft von Dispersionen eine gro13e Rolle. Durch die Auswahl des richtigen Koalesziermittels kann man die Scheuerwerte einer Farbenrezeptur optimieren und sowohl einen okonomischen als auch bei Reduzierung des FBHM-Gehaltes (geringere Emission) einen okologischen Vorteil erzielen. Den EinfluB verschiedener FBHM auf die Scheuenverte einer Innenfarbe (PVK: 83 %) auf Basis einer Styrol-Acrylat-Dispersion zeigt Abbildung 6.2-10. Die besten Resultate erzielen die klassischen FBHM vom AB-Typ:
Anm.: S/A-Dispersion (MFT:23'C) MI: DPBlBZl (12)
M2: HPUBZZ (1:Z)
Abb. 6.2-10. Pigmentbindung: EinfluS von Filmbildehilfsmitteln
203
6.2 Filmbildehilfsmittel
Die Farben ubertreffen das Niveau ,,waschbestandig" deutlich. Mit Propylen- und Ethylenglykol-Butylether liegen die Scheuerwerte ebenso wie mit dem schwer einzuarbeitenden, aromatenfieien Benzin deutlich unter dem Grenzwert der DIN 53 778, wahrend Butyldiglykol, Ethylenglykolphenylether sowie das aromatenhaltige Benzin das Kriterium ,,waschbestandig" knapp erfiillen. Interessant sind die beiden Mischungen, die Benzine enthalten, da sich hier gute Pigmentbindung mit gunstigem Preis und Geruchsarmut (v. a. Mischung 1) verbinden lassen. Die n e r sicht verdeutlicht, daD die VerschweiDung der Polymerpartikel und weniger die schnelle HZirteentwicklung (erhohter Abriebwiderstand) der Dispersion die entscheidende Rolle spielt. Dies wird durch das Verhalten einer weichen Styrol-Acrylat-Dispersion (MFT: 4 "C) bestatigt, die ublicherweise ohne Zusatz von Koalesziermitteln in losemittel- und weichmacherfreien Innenfarben verwendet wird. Setzt man der Rezeptur (PVK: 79%) steigende Mengen des langsam verdunstenden Koalesziermittels HPE zu, so steigen die Scheuerwerte kontinuierlich an und erreichen bei ca. 10% FBHM bezogen auf Dispersion ein Maximum (Abb. 6.2-1 1). Bei weiter erhohter Dosierung wird keine merkliche Verbesserung der Scheuerwerte erzielt. Selbst bei einem Zusatz von 30% tritt allerdings auch keine Verschlechterung ein, obwohl der Polymerfilm bei einer derartig hohen Menge an Koalesziermittel sehr weich sein sollte. Erwahnt sei an dieser Stelle der Einsatz von FBHM in pulverformigen Dispersionsfarben auf Basis von Redispersionspulvern. Diese Produktgruppe wurde in letzter Zeit verstarkt diskutiert, da sie okologische (Gebindeentsorgung,Verzicht auf Konservierungsmittel, kein Wassertransport) mit technischen und okonomischen Vor-
0
3
6
10
15
20
30
Dosierung HPE /Oh bezogen auf Dispersion (SlA; MFTCC).
Abb. 6.2-11. Pigmentbindung: EinfluB der Filmbildehilfsmitteldosierung
204
6 Verlaup und Filmhildehilfsrnittel
teilen (Frost-, Lagerstabilitat, niedriger Verpackungspreis) ~ e r b i n d e t [ ~ -Auch ~~]. hier werden Koalesziermittel verwendet, um die im Vergleich zu Polymerdispersionen schlechtere Pigmentbindekraft von Redispersionspulvern zu optimieren. Es handelt sich dabei um feste oder auf mineralischen Fullstoffen adsorbierte Produkte. Als FBHM verwendete Diole verbessern zusatzlich durch Desaktivierung der in den Redispersionspulvern enthaltenen Polyvinylalkohol-Schutzkolloide die Wasserfestigkeit der Farben r6-381. Vor allem unter dem Aspekt der Emissionsreduzierung besteht auch hier die Tendenz, durch Einsatz weicherer Polymerisate den volligen Verzicht auf Koalesziermittel zu ermoglichen. Auf die Filmmechanik haben FBHM einen deutlichen Einflulj. So existiert fiir jede Farbenformulierung eine optimale Zusatzmenge an Koalesziermittel, durch welche die innere Spannung und damit die Riljneigung der Farbe abgebaut ~ i r d [ ~ Der -~~]. Effekt wird auf die Erweichung und die Vergroljerung des freien Volumens des Polymeren zuriickgefiihrt. Propylenglykol, ein hydrophiles, weniger effektives FBHM, wird haufig verwendet, wirkt aber vor allem in der Friihphase der Filmtrocknung. Koalesziermittel sind jedoch nur unterhalb der kritischen Pigmentvolumenkonzentration (KPVK) effektiv. Oberhalb, insbesondere knapp oberhalb der KPVK wirkt sich eine Erhohung der FBHM-Menge nicht mehr gunstig aus, hier konnen nur Fullstoffe mit armierender Wirkung das sogenannte Mud-Cracking unterbinde~~[~-~']. Das Verhalten hangt sehr stark von der jeweils gewahlten Kombination aus Dispersion, Fullstoffen und Koalesziermittel ab. Die Lage der KPVK selbst wird ebenfalls von Art und Menge des eingesetzten FBHM beeinflufit. Durch Anhebung der KPVK wird die Pi mentbenetzung verbessert, was sich in erhohter Zahl an Scheuerzyklen aufiert [6-&], [6-421 In engem Zusammenhang mit obigen Aussagen zur Rifineigung steht auch der Aspekt der Filmdichtigkeit. FBHM beeinflussen z. B. die Wasserdampfdurchlassigkeit von Dispersionsfilmen dra~tisch["~~], was vor allem im Korrosionsschutz eine wesentliche Rolle spielt. So wird bei einer Styrol-Butadien-Dispersion, die als Bindemittel in Korrosionsschutzlacken dient, beobachtet, da13 trotz niedriger MFT von 0 "C der Zusatz von Koalesziermittel das Ergebnis im Salzspriihtest deutlich verbessert. Dies ist erstaunlich, da die Trocknungstemperatur unter Normalbedingungen (ca. 20 "C) erheblich oberhalb der TG des Polymerisates liegt, bestatigt aber eindrucksvoll die Wirkung von FBHM auf den Verfilmungsprozelj. Im Fall einer sehr harten Styrol-Acrylat-Dispersion(TG = 57 "C), die ebenfalls fiir Korrosionsschutzanwendungen empfohlen wird, werden schnell verdunstende Glykolether mit einem echten Weichmacher kombiniert, um so schnelle Harteentwicklung und optimale Verfilmung zu erzielen r6-431.In der L i t e r a t ~ r [ ~wird - ~ ~uber ] die Wirkung von DEB und TPiB bzw. deren Mischungen auf das Korrosionsschutzverhaltenvon AcrylatDispersionen berichtet. Es wird auch hier festgestellt, dalj durch einen hoheren Anteil an Koalesziermittel die Verfilmung der Polymerpartikel und auch die Einbindung von Pigmenten und Fullstoffen verbessert wird. Hohere Anteile des hydrophileren DEB bringen Nachteile, wobei nicht geklart wird, ob diese aus der Hydrophilie oder der schlechteren Verfilmungswirkung von DEB resultieren. Es bewahren sich wiederum Kombinationen aus Etheralkoholen und Benzinen, wobei letztere gute Verfilmungseigenschaften, Hydrophobie (Friihwasserfestigkeit) und entschaumende Wirkung (Verhinderung von Mikroschaum) einbringen. Weitere Hinweise
6.2 Filmbildehilfsmittel
205
zum Verhalten von FBHM in Korrosionsschutzformulierungenwerden an anderer Stelle gegeben[6-451. Eine wichtige Funktion iibernehmen FBHM bei der Einstellung der Oberflachenspannung von Wasserlacken (s. Kap. 4).ijblichenveise besitzen Dispersionssysteme schlechtere Benetzungseigenschafen als losemittelhaltige Produkte. Netzmittel und Tenside bringen zwar eine Verbesserung, verstarken jedoch die Wasserempfindlichkeit, zumal sie im Lackfilm verbleiben. Giinstig verhalten sich hier Etheralkohole, wenn auch erst in Dosierungen von 4-5 % bezogen auf Dispersion [6-3619 [6-461. Fiir die Verarbeitbarkeit von Wasserlacken ist neben dem richtigenTrocknungsverhalten die Rheologie entscheidend. Polyurethan-Verdicker konnen Dispersionslakken ein FlieB- verhalten verleihen, welches durch Reduktion der low-shear-Viskositat (Verlauf) und Anhebung der high-shear-Viskositat (Streichwiderstand)dem losemittelhaltiger Produkte nahe kommt. Dieser Effekt beruht auf der Wechselwirkung zwischen Verdicker und Rezepturkomponenten und hangt somit stark von der Farbenzusammensetzung ab. Eine genaue Vorhersage des Verhaltens Gllt aufgrund der Komplexitat der Systeme s~hwer[~-"'~. Hinsichtlich des Verhaltens der Polymerdispersion ist neben der Partikelstruktur (GroRe, GroDenverteilung, Oberflachenbeschaffenheit) und der Art des Emulgators auch das FBHM w e s e n t l i ~ h [ ~ -Diese ~~]. wirken unterschiedlich: hydrophobe Produkte erhohen die Viskositat infolge der friiher diskutierten Partikelquellung, hydrophilere senken die Viskositat. Ursache flir letzteren Effekt ist der EinfluB, den ein FBHM auf die Micellenstruktur eines assoziativen Verdickers hat. Hydrophile Koalesziermittel wie z. B. Butylglykol oder Propylenglykol reduzieren die Oberflachenspannung (s. 0 . ) und erhohen damit das Losevermogen der Wasserphase. Hierdurch wird die Zahl der Verdickermicellen erniedrigt und somit die Viskositat des Systems. In der Regel wird dabei die lowshear-Viskositat erheblich starker beeinflufit als die high-shear-Viskositatr6-491. In diesem Zusammenhang sei auf den Glanz von Dispersionsfarben und -1acken eingegangen. Dieser wird ebenfalls durch Koalesziermittel beeinfldt, da in solchen Farben verwendete Bindemittel zumeist eine hohe MFT/TG aufweisen und somit vie1 FBHM benotigen. Eine optimale Verfilmung, d. h. der Zusatz einer ausreichenden Menge FBHM ist Voraussetzung fiir guten Glanz. Destabilisiert allerdings ein Koalesziermittel eine Dispersion (s.o.), so kann es wahrend der Verfilmung zu Flockulation und somit zu Oberflachenstorung und Glanzverlust kommen. Einen gunstigen Effekt auf den Glanz haben wasserlosliche Koalesziermittel, vor allem Propylenglykole, die durch Verlangerung der offenen Zeit Verlauf und Glanz von Dispersionslackenverbessern. Der EinfluD von FBHM auf die Trocknung von Dispersionsfarben und -lacken sol1 hier nicht weiter diskutiert werden, da wesentliche Aspekte bereits in den Abschnitten 6.2.3 und 6.2.4 besprochen wurden.
206
6 Verlauf- und FilmhildehilJvmittel
6.2.6 Okologie und Toxikologie Koalesziermittel werden in Dispersionsfarben und -1acken eingesetzt, also Produkten, die aufgrund des Verzichtes auf Losemittel als umweltfreundlich betrachtet werden, naturgemalj aber eine gute Mischbarkeit mit Wasser besitzen. Dies birgt eine Gefahr in sich, die schon im alten Argument anklingt, da13 beim Austausch von losemittelhaltigen Farben und Lacken gegen waBrige Systeme die Umweltproblematik von der Luft ins Wasser verlagert werde. Es ist daher konsequent, dal3 typische FBHM wie auch Polymerdispersionen selbst grundsatzlich als wassergeghrdend eingestuft werden und somit nicht in Gewasser gelangen durfen. In der Regel erfolgte fur die polaren Stoffe die Einstufung in Wassergefahrdungsklasse WGK 1 (schwach wassergefahrdend) oder WGK 2 (wassergefahrdend). Lediglich Benzine, die kaum wassermischbar und somit mechanisch abtrennbar sind, sind in WGK 0 eingeordnet. Das wesentliche Argument fur die Einfuhrung wasserverdunnbarer Beschichtungsstoffe war zunachst die erheblich geringere Entflammbarkeit. Diesen Vorteil besitZen Wasserlacke in aller Regel. So ist selbst Butylglykol mit einem Flammpunkt von 63OC in Kombination mit Wasser nicht mehr entflammbar. Ein weiteres Ziel war, die durch Losemittel hervorgerufene gesundheitliche Belastung der Hersteller und Verarbeiter von Farben und Lacken zu reduzieren. Dies ist quantitativ durch Umstellung auf wasserverdunnbare Produkte und qualitativ durch Auswahl weniger bedenklicher Stoffe gelungen. Dennoch handelt es sich bei Koalesziermitteln nicht um vollig unbedenkliche Substanzen, sondern um Chemikalien, bei deren Handling ebenso konsequente Arbeitshygiene erforderlich ist wie bei klassischen Losemitteln [6-501. Einige FBHM sind als reizend oder gesundheitsschadlich eingestuft, und es mussen z.T. MAK-Werte beachtet werden. Aufgrund der relativ geringen Einsatzmengen fallt letzteres erheblich leichter als bei losemittelhaltigen Produkten. Der speziell bei Butylglykol vor einigen Jahren diskutierte Verdacht auf fruchtschadigende Wirkung hat sich nicht bestatigt: Das Produkt ist in Schwangerschaftsgruppe C ein estuft, d. h. eine Gefahrdung besteht bei Beachtung des MAK-Wertes nicht [B511. Eine Diskussion einzelner Koalesziermittel wurde den Rahmen dieser Darstellung sprengen. Es sei daher auf die Angaben in den Sicherheitsdatenblatternder Hersteller verwiesen. Stand friiher die unmittelbare Belastung von Farbenhersteller und -verarbeiter im Vordergrund, so wird heute, wie bereits erwahnt, generell die Vermeidung von Emissionen aus Beschichtungsstoffen angestrebt. Aufgrund der Produktion von Dispersionsfarben und -putZen in Deutschland ist mit einer Emission in der Grol3enordnung von 10000 jato zu r e ~ h n e n [ ~ Hierbei - ~ ~ ] . handelt es sich insbesondere um die lange nach der Applikation verdunstenden, klassischen FBHM vom AB-Typ. Es werden schon heute Produkte fir den Innenbereich angeboten, die vollig ohne Zusatz von FBHM auskommen. Auch bei Auljenfarben und Wasserlacken 6 r diverse Einsatzgebiete wird eine Reduktion angestrebt, der Verzicht bereitet jedoch mehr Probleme, da hier die technischen Anforderungen naturgemalj hoher sind. Der Trend zur weiteren Reduktion von Emissionen wird durch gesetzliche Verordnungen bzw. Initiativen der Farben- und Lackhersteller forciert. So gibt es schon seit
Literutur
207
Jahren die KELCH-Verordnung in der S c h w e i ~ [ ~ die - ~ ~allerdings I, noch einen relativ grorJen Spielraum fiir den Einsatz klassischer, schwerfluchtiger FBHM lafit. Das von der EG erarbeitete ECO-Label[6-541begrenzt den VOC-Gehalt in matten Dispersionsfarben auf maximal 30 g/L (bezogen auf ,,Farbe minus Wasser“). Der Verband der deutschen Lackindustrie hat 1996 eine Richtlinie herausgegeben, die bei Dispersionsfarben zwischen ,,losemittelfiei” und ,,losemittelfrei, weichmacherfrei” u n t e r ~ c h e i d e t [ ~[6-561. - ~ ~ ]Dabei ~ werden FBHM mit einem Siedepunkt unter 250 OC als Losemittel bezeichnet, solche mit einem Siedepunkt oberhalb 250 “C als Weichmacher. In beiden Klassen gilt als Grenzwert 1 g/L (bezogen auf die Farbe), der somit deutlich uber die Forderungen des ECO-Labels hinausgeht. Auf diese Weise sol1 dem Verbraucher die Moglichkeit gegeben werden, Produkte mit unterschiedlichem Emissionspotential zu unterscheiden und durch seine Kaufentscheidung einen sinnvollen Beitrag zur Reduktion von Emissionen zu leisten.
6.2.7 Handelsnamen BASF : Lusolvan, Palatinol, Solvenon Colner Benzin Raffinerie: Cobersol DOW: Dalpad, Dowanol Eastman : Texanol Exxon : Isopar, Solvesso SERVO-Delden B.V SER-AD FX 5 1 1 Shell: Kristallol, Shellsol Weitere Firmen bieten ebenfalls als Filmbildehilfsmittelzu verwendende Produkte ohne Handelsnamen unter ihrer chemischen Bezeichnung an.
Literatur Literatur zu Abschnitt 6.1 [6-11 [6-21 [6-31 [6-41 [6-51 [6-61 [6-71 [6-81
Geriitehundbuchwave-scan, BYK-Gardner GmbH, Geretsried Fensterseifer, F., Qualitut und Zuverlussigkeit 33 (1988), S . 183- 190 Ladstadter, E., GeiRner, W., Furbe + Luck 85 (1979), S . 920-924 Geratehundbuch Rodenstock RM-600 Nicht veroffentlichtes Priifergebnis der Fa. BYK-Chemie, 1995 Skora, S., Polymers Paint Coating Journal, Sept.5. (1979) S . 867870 Hajas, J., Juckel, H., Bubat, A., Furbe + Luck 102 (1996/9) Hajas, J., Dawid, B., Bubat, A., Furbe + Luck 101 (1995)
208
6 krlauf und Filmbildehiljkmittel
Literatur zu Abschnitt 6.2 [6-91 [6-101 [6-1 I] [6-121 [6-131 [6-141 [6-151 [6-161 [6-171 [6-181 [6- 191 [6-201 [6-211 [6-221 [6-231 [6-241 [6-251 [6-261 [6-271 [6-281 [6-291 [6-301 [6-3 I ] [6-321 [6-331 [6-341 [6-351 [6-361 [6-371 [6-381 [6-391 [6-401 [6-4 I ] [6-421 [6-431 [6-441 [6-451 [6-461
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7 Katalytisch wirksame Verbindungen Johan Bieleman
Unter katalytisch wirksamen Verbindungen versteht man Substanzen, die zur Beschleunigung einer chemischen Reaktion dienen. Diese Beschleuniger oder Katalysatoren bilden eine vielseitige Gruppe von Additiven und konnen zu den altesten Additivgruppen gerechnet werden. Lacke und sonstige Beschichtungssysteme bilden wahrend des Filmbildungsprozesses eine feste Schicht, wobei verschiedene physikalische und chemische Prozesse eine Rolle spielen. Die physikalische Trocknung tritt beim Verdunsten der Losemittel ein oder durch Einsickern des flussigen Lackanteils in das porose Substrat. Oxidative Trocknung erfolgt nach dem Verdunsten der Losemittel aus dem Lack und anschliel3ende Oxidation des ungesattigen Bindemittels durch Einwirkung von Luftsauerstoff. Oxidative Trocknung kann durch Zusatz von Trockenstoffen beschleunigt werden. Eine weitere Trocknungsart ist die Trocknung durch chemische Reaktionen, wie Kondensation oder Polyaddition, unter Warmeeinwirkung oder ohne diese (Einbrennlacke, Zweikomponentenlacke). Diese chemischen Reaktionen konnen durch Einsatz von Katalysatoren beschleunigt werden. In diesem Kapitel wird die Gruppe katalytisch wirksamer Verbindungen eingeteilt in Trockenstoffe, Katalysatoren und Photoiniatoren. Trockenstoffe sind ebenfalls Katalysatoren,jedoch werden sie ublicherweise als separate Gruppe betrachtet. Es sei darauf hingewiesen, dal3 Photoinitiatoren als Additive im Abschnitt 8.6 bei den UV-hartenden Lacken behandelt werden.
7.1 Trockenstoffe Johan Bieleman
7.1.1 Einfuhrung Trockenstoffe werden Beschichtungsmitteln zugegeben, um deren Ubergang vom flussigen in den festen Zustand innerhalb einer angemessenen Zeit zu bewirken. Dieser ijbergang erfolgt durch oxidative Vernetzung, die durch das metallische Kation einer Metallseife beschleunigt wird. Ein Trockenstoff ist eine in organischen Lose- und Bindemitteln losliche Metallseife, die die Trocknung,Vernetzungoder Aushartung oxidierbarer Lackbindemittel fordert oder bes~hleunigt[~"~. Diese Metallseifen werden in flussiger oder fester Form angeboten. In flussiger und geloster Form sind Trockenstoffe auch unter der Bezeichnung Sikkative bekannt.
7.1.2 Historischer Uberblick uber die Verwendung von Trockenstoffen In der Literatur uber Beschichtungsmittel der ersten Generation finden sich keinerlei Hinweise auf die erstmalige Verwendung von Trocknungsbeschleunigern. Aus den heute verfiigbaren Informationen geht jedoch deutlich hervor, dalj man einen Zusammenhang zwischen den verbesserten Trocknungseigenschafen von Beschichtungsmitteln auf Pflanzenolbasis und der Verwendung einiger natiirlicher Mineralfarben als Pigmente sah. Diese Erkenntnis fuhrte immerhin dazu, dalj diese Stoffe dem Beschichtungsmittel in geringen Mengen nicht fiir Abtonzwecke, sondern zur Verbesserung der Trocknungseigenschafen zugegeben wurden. Berichten zufolge war die Praxis des gezielten Einsatzes dieser Pigmente schon im alten Agypten, in jedem Fall aber bereits um 2000 v. Chr. verbreitet. Als geeignete Stoffe erwiesen sich Blei-, Eisen- und Manganverbindungen, deren Reaktivitat ausreichte, um mit den im Pflanzenol enthaltenen Fettsauren Seifen zu bilden. Cobalt, das unter den modernen Trockenstoffen die grol3te Aktivitat aufweist, wurde zum damaligen Zeitpunkt keine Bedeutung beigemessen. Dieser Umstand ist moglicherweise darauf zuriickzufiihren, da13 die naturlichen Cobaltverbindungen mit Fettsauren nur sehr schwach reagieret~[~-~I.
7.1 Trockenstofle
213
Bereits 1388verwendete J. Alcherius bei der LackherstellungKupfervitriol.Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde von den Gebriidern Van Eyk in Flandern Zinkvitrio1 eingesetzt, um die Lacktrocknung zu verbessern. In neuerer Zeit hat es dem Anschein nach erst nach 1840ijberlegungen oder Untersuchungen zu Trockenstoffen fiir Ole gegeben. In dieser Zeit begann man damit, Zinkoxid anstelle von BleiweiD als BasisweiDpigment zu verwenden. Den Anstolj zu den Untersuchungen hatte zweifellos die Beobachtung gegeben, d a D bei Nichtverwendung des reaktiven Bleipigments eine Verschlechterung der Trocknungseigenschaften eingetreten war. Im Verlauf der Untersuchungen mu13 ein Fachmann oder Wissenschaftler der damaligen Zeit zu der Erkenntnis gekommen sein, da13 fiir die Aktivitat einer Metallverbindung deren Loslichkeit von Bedeutung ist. Die ersten Arbeiten auf dem Gebiet der Trockenstoffherstellung gingen also mit Bemiihungen einher, die natiirlichen Stoffe in den Olen zu losen. In der zweiten Halfte des neunzehnten Jahrhunderts wurden bei der Herstellung geschmolzener Blei- und Mangan-Resinate und -Linoleate groDe Erfolge erzielt. Die Eignung von Cobalt als Trocknungskatalysatorwurde um die Jahrhundertwende entdeckt, ohne dal3 jedoch die naheren Umstande, die letztendlich zu dieser Erkenntnis gefiihrt hatten, aufgezeichnet worden waren. Die ersten Trockenstoffeversetzten den Lackhersteller in die Lage, dieTrocknungseigenschaften seines Beschichtungsmittels durch Zugabe eines eigens dafiir bestimmten Stoffes zu verbessern. Aufgrund der nicht einheitlichen Zusammensetzung der Verbindungen konnten jedoch keine exakt vorhersehbaren Ergebnisse erzielt werden. Auch wenn der gesamte Metallanteil mit der Saure bis zu einer erwarteten Metallkonzentration reagierte - was selten der Fall war - oxidierten die vorhandenen Anionen, was wiederum eine verringerte Loslichkeit im Bindemittel und damit einen Aktivitatsverlust zur Folge hatte. Deutliche Fortschritte in der Trockenstofftechnologie brachten die zwanziger Jahre mit der Herstellung von Metallnaphthenaten. Die Naphthensaure hat keine exakt festgelegte Zusammensetzung, sondern ist eine Mischung aus Sauren, die alle im wesentlichen dieselbe Struktur aufweisen. Eine Veranderung des Mischungsverhaltnisses bedingt aber auch eine Veranderung der Saurezahl und des damit zusammenhangenden Saureaquivalents, so dalj der Metallgehalt des Trockenstoffs von Charge zu Charge variierte. Dadurch da13 diese Metallnaphthenate als Losungen in organischen Losemitteln angeboten wurden, wurde die Entwicklung ein weiteres gutes Stiick vorangebracht. Man vefigte damit nicht nur uber problemlos zu handhabende Stoffe, sondern auch uber die Moglichkeit, den Metallanteil genau einzustellen. Die Einfiihrung der Naphthenate in der Lackindustrievollzog sich rasch. Die nachste Entwicklungsstufe auf dem Gebiet der Trockenstoffe wurde mit der Einfiihrung von Octoaten erreicht. Da diese Trockenstoffe aus synthetischer 2-Ethylhexansaure hergestellt werden, ist die chemische Zusammensetzung kontrollierbar und ein gleichmafliges Eigenschaftsbild gewahrleistet. Auch andere, neu auf den Markt kommende synthetische Sauren wie Isononansaure, Heptansaure und VersaticSaure (Shell) werden in der Trockenstomroduktion eingesetzt. Diese zuletzt genannten synthetischen Sauren haben hohere Saurezahlen als Naphthensaure, weisen eine hohere Gleichmaljigkeit im Eigenschaftsbild auf, sind heller
2 14
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
und haben nicht den fur die handelsiiblichen Naphthensauren charakteristischen Geruch. Ferner bieten sie die Moglichkeit, Trockenstoffe mit einem wesentlich hoheren Metallgehalt als bei Venvendung von Naphthenaten herzustellen. In jungerer Zeit standen schlierjlich basische Metallseifen mit extrem hohem Metallgehalt zur Verfiigung. Bei der Herstellung dieser Trockenstoffe kombiniert man Monocarbonsauren wie 2-Ethylhexansaure mit Kohlendioxid oder polyfunktionelle Sauren miteinander. Herkommliche Trockenstoffe sind in Wasser weder loslich noch emulgierbar und aufgrund einer schnellen Hydrolyse in wal3rigen Systemen nur begrenzt stabil. Das Interesse an oxidativ trocknenden Beschichtungsmitteln mit niedrigem Losemittelgehalt fiihrte zur Entwicklung einer neuen Generationen hochwirksamer Trocknungskatalysatoren fiir Wasserlacke und High-Solids-Lacke.
7.1.3 Zusammensetzung Als Trockenstoffe einsetzbare Metallseifen sind in einer groRen Vielzahl bekannt. Nachstehend sind einige in Frage kommende VerbindYungen aufgefiihrt (Abb. 7.1-1)
[7-11:
Neutrale Seifen (R-COO-)2M2+
oder (R-COO-)3M3+
Saure Seifen (R-C00-)2M2+. R-COOH oder (R-COO-)3M3+ R- COOH
-
Basische Seifen (R-C00-)3M;'OH Organische Komplex- bzw. Mischseifen (RCOO-)( R'COO-)M2+ oder
(RCOO-)(R'COO-)(R2C00-)M3+ Anorganische/organische Komplex- bzw. Mischseifen (R-COO-)2(CO:-)2M2+
Abb. 7.1-1. Metallseifen
wobei : X R-COOM
= P- bzw. B= Carbonsaure-Ion = Metall-Ion
7. I Trockenstoffe
2 15
Bei neutralen Seifen, die als Trockenstoffe Verwendung finden, handelt es sich urn Dicarboxylate; die meisten Trockenstoffinetalle liegen in der Oxidationsstufe 2+ vor. Saure Trockenstoffe enthalten zusatzlich Saure, um die Verarbeitungseigenschaften zu verbessern und die Viskositat der Seifenlosung im Kohlenwasserstoff zu reduzieren. Bei den basischen Trockenstoffen ist ein Teil der Fettsaureanionen durch andere Anionen ersetzt. Drei Arten von basischen Trockenstoffen konnen an dieser Stelle genannt ~ e r d e n [ ~: ' ~ ] -
Hydroxide Oxide Sonstige
Die in der Praxis wichtigsten Trockenstohetalle sind Cobalt, Zirkonium, Mangan und Calcium. Als weitere, weniger bekannte Metalle sind Zink, Kupfer, Barium, Vanadium, Cer und Eisen sowie Trockenstoffe auf Basis von Kalium, Strontium, Aluminium, Wismut und Lithium zu nennen. Blei, friiher einer der wichtigsten Trockenstoffinetalle,hat aus Toxizitatsgriinden stark an Bedeutung verloren. Es hangt in erster Linie von dem bei der Herstellung der Metallseife verwendeten Anion ab, ob ein Trockenstoff die wichtigsten, nachstehend aufgemrten Anforderungen erfiillt: -
gute Loslichkeit und hohe Stabilitit in verschiedenen Bindemittelarten; dies schlieljt die Verwendung von Sauren mit zu geringer MolekiilgroSe aus, hohe Lagerstabilitat des Trockenstoffs, der Trockenstoff sollte eine geeignete Metallkonzentration auheisen, eine ausreichend niedrige Viskositat erleichtert die Handhabung des Trockenstoffs, der Trockenstoff sollte uber eine optimale katalytische Wirkung verfiigen, das beste Preis/Leistungs-Verhaltnis.
Die ersten Trockenstoffebasierten im wesentlichen auf Kolophonium- oder LeinolFettsauren. Aufgrund der Anwesenheit ungesattigter Saureradikale, die oxidieren und zur Polymerisation fiihren, verringert sich leider wahrend der Lagerung die Loslichkeit dieser Resinate und Linoleate. Aus Tall61 hergestellte Tallate sind die jungeren Nachfolger der Resinate und Linoleate. Obwohl diese Tallate uber eine ahnlich schlechte Lagerstabilitat vefigen, werden sie auch heute noch in begrenztem Umfang uberwiegend in Druckfarben eingesetzt. JahrelanghatteNaphthensaureunter den Trockenstoffsaurendiegrol3tekommerzielle Bedeutung (Abb. 7.1-2). Naphthensaure gewinnt man aus bestimmten Erdolen, unter anderem aus Venezuela stammend. Der Naphthensiiuregehalteines Erdols liegt selten uber 1 bis 2 %. Die Struktur der Saure lal3t sich als ein Cyclopentanringbeschreiben, der am Ende einer Seitenkette eine Carbonsauregruppe tragt, wobei sich zwischen dieser Endgruppe und dem Ring ein bis drei Methylengruppen befinden. Die anderen Ring-Kohlenstoffatome sind gewohnlich durch kurze aliphatischeKetten substituiert, aber dies ist nicht immer der Fall. Allgemein gilt, dal3 die besseren Naphthensauren Verbindungen mit durchschnittlich 12 bis 14 Kohlenstoffatomen sind. Mit den modernen Verfahren der Erdolraffination erhalt man geringere Mengen Naphthensaure als mit den alten Verfahren. Dadurch wird es zunehmend schwierig, Naphthensaure in grol3eren Mengen zu gewinnen.
2 16
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
T?
TI
R3-Y-FH HC CkL(CH2),-COOH \ /
5"R,
R I . R?, R3 und R4 sind kurze Alkylketten oder Wasserstoff. X = 1 bis 3.
R I . R2 und R3 sind Alkylketten. Die Gesamtanzahl der Kohlenstoffatome in allen Ketten betragt acht.
Abb. 7.1-2. Typische Trockenstoffanionen
Dies ist einer der Griinde dafur, darj heute anstelle der Trockenstoffe auf Basis des reinen Naphthenats fast ausschlierjlich Trockenstoffe auf Basis synthetischer Sauren venvendet werden. Hinzu kommt, darj mit synthetischen Sauren hergestellte Trockenstoffe eine bessere Qualitat aufweisen, sowie der Umstand, da13 f i r die Trockenstoffproduktiongeeignete synthetische Sauren in grorjen Mengen verfiigbar sind. Im Vergleich zu Naphthenaten bieten ,,synthetische" Trockenstoffein der Regel folgende Vorteile: sie sind geruchsarm, haben bessere Farbeigenschaften und weisen geringere Schwankungen im Feststoffgehalt sowie einen hoheren Metallgehalt auf. Zu den fur die Trockenstoffproduktion geeigneten synthetischen Sauren zahlen unter anderem die C8-bis C10-Sauren. Primare synthetische Sauren erhalt man im 0x0-Prozerj, bei dem ausgewahlte, verzweigte Olefine mit Kohlenmonoxid und Wasserstoff zu Aldehyden umgesetzt werden, die dann zu den entsprechenden Sauren oxidiert werden. Die sekundare 2-Ethylhexansaurewird durch Aldolkondensationvon Butyraldehyd mit nachfolgender Oxidation hergestellt. Tertiare Sauren oder Trialkylessigsauren werden aus einem bestimmten Olefin unter Venvendung von Kohlenmonoxid und eines Saurekatalysators hergestellt. Die traditionellen Trockenstoffseifen sind in der Regel in Lackbenzin gelost, um der leichten Handhabung halber problemlos gierjbare Flussigkeiten zu erhalten und bei der Einmischung in die Farbe eine rasche Verteilung zu gewahrleisten. Zur Verbesserung der Lagerstabilitat und Vertraglichkeit mit Bindemitteln und reaktiven Pigmenten konnen dem Trockenstoff dariiber hinaus Stabilisatoren zugegeben werden. Fur geruchsarme Farben und Farben mit einem niedrigen Gehalt an
7.1 Pockenstofle
217
aromatischen Losemitteln steht eine neue Palette von Trockenstoffen zur Verfiigung, die in nicht-aromatischen, organischen Losemitteln gelost vorliegen.
7.1.4
Herstellung
Fur die Herstellung von Trockenstoffen konnen drei Verfahren herangezogen werden L7-41: -
das Fallungsverfahren oder Verfahren der doppelten Umsetzung das Schmelzverfahren die Direktumsetzung
Die Wahl des Verfahrens und der besonderen Verfahrensbedingungen ist vom eingesetzten Metall, den gewiinschten Produkteigenschaften, der gewiinschten Reinheit, von Rohstoffierfiigbarkeit und -kosten sowie vom Metallgehalt abhangig. 7.1.4.1
Fallungsverfahren
Im Fallungsverfahren oder Verfahren der doppelten Umsetzung reagiert das Natriumsalz der Fettsaure in einer heil3en wal3rigen Losung mit einem geeigneten Metallsalz. Der Metallseifenniederschlag wird filtriert, gewaschen, getrocknet und gemahlen. Das Verfahren wird zur Herstellung von Aluminium-, Calcium-, Magnesium-, Zink-, Cadmium-, Strontium- und Bariumseifen sowie von Cobalt und Bleiseifen eingesetzt. RCOOH + NaOH aq\ RCOONa + H20 MeS04 (as) + 2 RCOONa %. (RCOOh Me + Na2S04 7.1.4.2
(1)
Schmelmerfahren
Im Schmelzverfahren reagieren Metalloxide, -hydroxide oder -carbonate und andere Salze bei 150-200 "C direkt mit den Fettsauren. Die Reaktion wird durch Abtrennung des Reaktionswassers abgeschlossen. Die geschmolzene Seife wird mit Filterhilfsstoffen behandelt und in noch heiljem Zustand filtriert. Danach wird die Seife entweder verkaufsfertig verpackt oder als Losung in einem geeigneten Losemittel angeboten. Me0 + 2 RCOOH + (RCOOh Me + H20
(2)
In einer Verfahrensvariante reagiert eine flussige Fettsaure mit einer wal3rigen Oxid-, Hydroxyd- oder Carbonataufschlammung. Es konnen organische Losemittel
2 18
7 Kataiytisch wirksame Verbindungen
wie beispielsweise Lackbenzin verwendet werden. Das Reaktionswasser wird azeotrop abgetrennt mit anschlieljender Klarung der Metallseifenlosung. Die Seifenlosung kann sodann zu einer fliissigen Seife konzentriert oder vollstandig eingedampft werden, bis man einen Feststoff erhalt. In einem unlangst entwickelten kombinierten Fallungs- und Schmelzverfahren reagieren die Metalloxide, -hydroxide oder -carbonate mit einer waflrigen Ammoniumoder Alkylamincarboxylatlosung.Die Reaktionspartner werden bis auf eine Temperatur erhitzt, bei der es zur Dissoziation des Aminkomplexes und zur Bildung der Seife kommt. Das fluchtige Amin kann zuriickgewonnen und riickgefiihrt werden. 7.1.4.3 Direktumsetzung Das Verfahren der Direktumsetzung wird mit Fettsauren in geschmolzenem Zustand oder in Kohlenwasserstoffen gelosten Fettsauren unter Verwendung eines Katalysators durchgefuhrt. Die Saure reagiert direkt mit dem in fein verteilter Form vorliegenden Metall, und man erhalt so die Metallseife und gegebenenfalls Wasserstoff. Mogliche Katalysatoren sind Wasser, aliphatische Alkohole und niedermolekulare, organische Sauren. Beim Verfahren der Direktumsetzung fallt kein Abwasser an, man erhalt ein hochreines Produkt, und das Verfahren ist kostengunstiger als andere Verfahren. In den Fallen, in denen Wasserstoff anfallt, ist es jedoch erforderlich, fiir dessen sorgfaltige Entfernung zu sorgen und darauf zu achten, dalj die Explosionsgrenze nicht erreicht wird. Einige Metalle sind aufgrund ihrer unzureichenden Reaktivitat fiir das Verfahren der Direktumsetzung nicht geeignet. 2 Me + 4 RCOOH + O2
Kata'ysator)
(RCOOh Me + 2 H 2 0
(3)
Sowohl bei dem Fallungs- als auch bei dem Schmelzverfahren kann unter einer Vielzahl von Sauren die jeweils geeignete ausgewahlt werden.
7.1.5 Der Trocknungsmechanismus und die Funktion von Trockenstoffen Die Trocknung von Beschichtungsmitteln, die oxidativ trocknende Bindemittel wie beispiels weise oxidativ trocknende Alkydharze oder trocknende Ole enthalten, erfolgt durch Verdunstung des Losemittels, an die sich bestimmte chemische Reaktionen anschlieljen. Durch diese Vorgange wird bewirkt, dalj der Lackfilm vom flussigen in den festen Zustand ubergeht. Die chemischen Reaktionen fiihren zu einer oxidativen Vernetzung und Polymerisation und sind fiir die Filmbildung von grorjer Bedeutung. Die oxidative Vernetzung wird durch Zugabe von Trockenstoffen beeinfluljt und beschleunigt.
7. I Trockenstoffe
2 19
Oxidative Vernetzun ist ein Autoxidationsprozefi, der im wesentlichen in folgenden vier Stufen ablaufta-51 : -
Stufe 1: Induktionsphase Stufe 2: Peroxidbildung Stufe 3 : Peroxidzersetzung in freie Radikale Stufe 4: Polymerisation
Die Induktionsphasebeginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem das Beschichtungsmittel aufgetragen wird, und endet mit beginnender Sauerstoffaufnahme durch den Film aus der Luft. Der aufgenommene Sauerstoff bildet uber die vorhandenen Doppelbindungen Peroxide. Mit Beginn der Peroxidzersetzung entstehen aktive Gruppen, an denen die Vernetzung erfolgt. Im Verlauf des Vernetzungsprozesses in der Polymerisationsphase nimmt die Viskositat rasch zu. Je nach Art des Beschichtungssystems betragt die Dauer der Polymerisationsphase mehrere Tage oder Wochen. Die letzte Stufe besteht im allmahlichen Abbau des Films. Die nicht konjugierten, mehrfach ungesattigten Ester weisen eine groljere Reaktivitat gegenuber Sauerstoff auf als angesichts der Anzahl der vorhandenen Doppelbindungen zu erwarten ware. Dieser Umstand ist dadurch zu erklaren, dafi die verschiedenen Methylengruppen durch mehr als eine Doppelbindung beeinflufit werden. Nach entsprechender Aktivierung findet eine innermolekulare Umformung statt, und je nach der urspriinglichen Anordnung der einzelnen Doppelbindungen konnen sich konjugierte Doppelbindungen bilden. Bei einfach ungesattigten Estern bildet sich infolge der Aktivierun der neben der Doppelbindung angeordneten Methylengruppe ein Hydr~peroxid[~-~?
0 H
Dariiber,welcher Mechanismus letztendlich die Aktivierung der Methylengruppen bewirkt, besteht noch Uneinigkeit. Liegen konjugierte Strukturen wie beispielsweise im Falle von Holzol vor, bei dem es sich im wesentlichen um den Glycerinester der Elaeostearinsaure handelt, wird Sauerstoff unter Bildung eines cyclischen 1,CPeroxids direkt an das konjugierte System angelagert.
Abbildung 7.1-3 zeigt verschiedene Moglichkeiten der Wirkungsweise einesTrokkenstoffs in der Induktionsphase und wahrend der Peroxidbild~ng[~-~I. Die Stufen 1 und 2 (Induktion und Peroxidbildung) erfahren durch die Anwesenheit von Trockenstoffen eine starke Beschleunigung.
220
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
--
Sauerstoffaufnahme
co3++02+ ~ 0 0 0 ~ ' ~ 0 0 0+~ RH ' COO OH^+ + R' R'+02 ROO' Wasserstoffextraktion Co3++ RH + Co2++ R'
+ Hi
Direkte Aktivierung der Doppelbindung
R-CH
=C
H +~ co3+ -+RC-- CH: H
+ co2+
Saurezersetzung
0 1 I R-C-O-Co3+
+ R' + C 0 2 + Co2+
Abb. 7.1-3. CobaltkatalysierteReak-
tionen
Aufgrund ihrer Neigung zu Redox-Reaktionen und ihrer Fahigkeit, sich an den vorhandenen Doppelbindungen anzulagern und dadurch neue Verbindungen mit einer grorjeren Oxidationsneigung zu bilden, fungieren diese mehnvertigen Metalle als Sauerstofftrager. Die zur Aktivierung der Sauerstoffaufnahme durch ein ungesattigtes Harz erforderliche Energie betragt bei Einsatz von Cobalt nur ein Zehntel der ohne Cobalt erforderlichen Aktivierungsenergie. Das Eindringen aktivierten Sauerstoffs in den Film begunstigt die Peroxidbildung. Der Nachweis der Peroxidbildung wird durch Versuche erbracht, indem man die Jodzahl bestimmt und Infrarot-Untersuchungen durchfuhrt und dadurch die Abnahme der Doppelbindungen feststellt "-'I. Sobald sich Hydroperoxide oder cyclische Peroxide gebildet haben, kann es zu deren Dissoziation in freie Radikale und anschlieOend zu einer Reihe von Nachfolgereaktionen kommen (Abb. 7.1-4). Wie sich ein mehnvertiges Metal1wie Cobalt auf die Zersetzung der entstandenen Peroxide auswirkt, laOt sich wie folgt darstellen: ROOH + Co2+ + Ro' + OH- + Co3+
(6)
Das Cobalt mit einer niedrigeren Wertigkeit wird regeneriert :
ROOH + co3+ --+ ROO* + H+ + co2+
(7)
Dieser Zyklus wiederholt sich bis zur vollstandigen Zersetzung des Peroxids. Sodann konnen die zuvor aufgezeigten Reaktionen stattfinden, und es kommt zur Vernetzung. Die Rolle der Trockenstoffe in diesem Prozerj ist zwar allgemein bekannt, laOt sich aber nicht in allen Einzelheiten erklaren.
7.1 Tmckenstofle
Start: RH + Initiator
+ R' oder R-0-O'
221
u. a. Verbindungen
Kette :
R'+ 0 2 R-0-0'
+ R-0-0'
+ RH + R-0-0-H + R'
Verzweigung : ROOH + RO'+HO' 2ROOH + RO'+ROO'+H20 RO'+RH + R O H + R ' HO'+RH - + H 2 0 + R ' Abb. 7.1-4. Reaktionen bei der Autoxydation und Polymerisation
Abbruch: R'+ROO' -+ ROOR -+ R-R u. a. Verbindungen 2R' + ROOR+OZ 2ROO'
7.1.6 lkockenstoffmetalle Die Metalle lassen sich im wesentlichen in zwei Gruppen einteilen: aktive Trockenstoffe und Hilfstrockenstoffe. Diese Unterscheidung sollte jedoch nur der allgemeinen Orientierung dienen, da es bei der Eingruppierung erhebliche ijberschneidungen gibt. Aktive Trockenstoffe beschleunigen die Sauerstoffaufnahme sowie die Peroxidbildung und -2ersetzung. Im hoheren Temperaturbereich weisen auch einige andere Metalle wie beispielsweise Wismut diese katalytische Aktivitiit auf, wahrend sie bei Raumtemperatur ohne Wirkung bleiben. Hilfstrockenstoffeselbst haben keine katalytische Wirkung, erhohen aber anscheinend die Aktivitat der aktiven Trockenstofhetalle (Abb. 7.1-5). Man geht von der Annahme aus"-'], daB der Hilfstrockenstoff die Loslichkeit des aktiven TrockenstofKnetalls erhoht, das Redox-Potential des Metalls verandern
Abb. 7.1-5. Trockenstofhetalle
Aktive Trockenstoffe
Hilfstrockenstoffe
Cobalt Mangan Eisen Cer Vanadium Blei
Barium Zirkonium Calcium Wismut Zink Kalium Strontium Lithium
222
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
kann oder dal3 seine Wirkungsweise mit groBer Wahrscheinlichkeit auf einer Komplexbildung rnit dem primaren Trockenstoff beruht.
7.1.6.1 Aktive Trockenstoffe Cobalt Cobalt ist zweifellos von allen Trockenstoffmetallen das bedeutendste und meistvenvendete. Es sind keine anderen Metalle bekannt, die bei Raumtemperatur eine ahnliche Effektivitat zeigen. Es handelt sich bei Cobalt ubenviegend um einen Oxidationskatalysator und insofern um einen Trockenstoff fi r die Oberflachentrocknung. Wird Cobalt allein eingesetzt, so kann es zu Runzelbildung auf der Lackoberflache kommen; um eine gleichmal3ige Durchtrocknung sicherzustellen, wird Cobalt deshalb im allgemeinen in Kombination rnit anderen Metallen wie Mangan, Zirkonium, Blei, Calcium und Kombinationstrockenstoffen auf Basis dieser Metalle eingesetzt. Cobalt ist stark rot-violett gefarbt und farbt einen Klarlack bei hoheren Anwendungskonzentrationen leicht ein. Wird der Cobalttrockenstoff jedoch rnit Terpentinol, Dipenten oder ahnlichen Losemitteln vermischt, die zur Sauerstoffaufnahme wahrend der Lagerung neigen, so nimmt das Beschichtungsmittel eine kraftige griine Farbe an. Normalenveise ist dieser Griinton nach der Trocknung nicht mehr vorhanden; er bleibt nur dann langer erhalten, wenn Cobalt in Verbindung mit Calcium eingesetzt wird. Cobalt ist ein Ubergangsmetall, das in zwei verschiedenen Wertigkeiten vorliegen kann und f i r seine Fahigkeit zur Bildung von Koordinationsverbindungen bekannt ist. Setzt man Cobalt einem unverdiinnten Harz als Trockenstoff zu, so kann es zu erheblichen Viskositatsveranderungen kommen. Diese Begleiterscheinung 1aSt sich jedoch dadurch vermeiden, dal3 man das Harz zuvor verdunnt. Das oben beschriebene Problem trim im allgemeinen jedoch lediglich auf Harze rnit hohermolekularen Anteilen wie beispielsweise auf Alkydharze und Copolymere mit sehr hoher Viskositat zu und tritt in ahnlicher Weise bei Calcium- und Zinktrockenstoffen auf. Der durch Cobalt verursachte Runzeleffekt wird bei Einbrennrunzellacken als enviinschte Begleiterscheinung genutzt.
Mangan Auch Mangan ist ein aktiver Trockenstoff, weist jedoch im allgemeinen eine geringere Aktivitat als Cobalt auf. Als Polymerisationsbeschleunigerin Einbrennlacken ist Mangan in der Regel wirksamer als Cobalt. Cobalt und Mangan verbessern im wesentlichen die Oberflachentrocknung des Lackfilms. Mit Mangan werden bessere Trocknungseigenschafen bei niedrigen Temperaturen erreicht, als dies mit Cobalt moglich ware. AuSerdem bildet ein manganhaltiger Lackfilm bei grol3er Feuchtigkeit keine Runzeln und unterscheidet sich insofern von einem Film, der ausschliel3lich Cobalt enthalt. Bei einem weiSen Lack verzichtet man im allgemeinen auf die Verwendung von Mangan oder beschrankt sich auf
7.1 Trockenstoffe
223
einen sehr niedrigen Mangangehalt. Bei einem hoheren Mangangehalt nimmt das Beschichtungsmittel einen rosa oder rosa-gelben Farbton an. Dariiber hinaus bietet Mangan den Vorteil, darj es keine i j b e r h h n g oderversprodung des eingebrannten Lackfilms bewirkt, anders als dies bei alleiniger Verwendung von Cobalt der Fall ist. Auch bei zur Hautbildung neigenden Systemen wie beispielsweise Urethan-Olen erzielt man mit Mangan gute Ergebnisse. Mangan wird selten als alleiniger Trockenstoff eingesetzt: Als primarer Trockenstoff wird meist Cobalt verwendet; Mangan ist ein sehr nutzliches Modifizierungsmittel. Vanadium Vanadium unterscheidet sich von den bisher behandelten Metallen dadurch, darj es seine grorjte Stabilitat bei der hochsten Wertigkeit aufweist. Ein betrachtlicher Nachteil ist die Neigung dieses Metalls, den Lackfilm zu verfkben. Dariiber hinaus neigt Vanadium anscheinend besonders zu Problemen mit dem Verlust an Trocknungsvermogen, wodurch seine Einsatzmoglichkeiten weiter eingeschrankt werden. Eisen Eisen ist in oxidativ trocknenden Lacken nicht wirksam und wird in olhaltigen Gebindeeinbrennlacken und dunkelfarbigen Einbrennlacken verwendet. Es entfaltet seine katalytische Wirkung gewohnlich erst ab Einbrenntemperaturen oberhalb 130"C. Eisentrockenstoffeweisen eine sehr dunkle Farbe auf. CedSeltene Erden Cer- und Seltene Erd-Trockenstoffe beschleunigen die Polymerisation und Durchtrocknung. Diese Art von Trockenstoffen eignet sich besonders fiir Einbrennlacke, weirje Lacke und transparente Decklacke, bei denen der Farbtonbestiindigkeit entscheidende Bedeutung zukommt. Ein weiteres Gebiet, auf dem sie sich als besonders nutzlich erweisen, sind Alkyd- und Epoxidharze oder Kombinationen dieser beiden Harze mit Aminharzen. Blei In seiner Funktion als Trockenstoff beschleunigt Blei die Polymerisation der trocknenden Ole, bis ein harter, unloslicher Lackfilm entsteht. Blei ist zwar ein aktiver Trockenstoff,wird jedoch fast ausschlierjlich in Kombination mit Cobalt oder Mangan eingesetzt. Deswegen wird es auch manchmal als Hilfstrockenstoffbezeichnet. Im Gegensatz zu Cobalt und anderen Trockenstoffen fiir die Oberflachentrocknung bewirkt Blei, dal3 ein Lackfilm uber seine gesamte Dicke durchtrocknet, und gilt deshalb als ein Trockenstoff fiir die Durchtrocknung. Dariiber hinaus verbessert Blei die Flexibilitat, Zahigkeit und Bestandigkeit des Lackfilms. Neben seiner Funktion als die Durchtrocknung verbessernder Trockenstoff erhoht Blei die Wasser- und Salzspriihbestandigkeiteines Lackfilms und eignet sich deshalb besonders fiir Korrosionsschutzbeschichtungen.Ferner dient Blei als Pigment-
224
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
dispergierhilfsmittel und als Benetzungsmittel und wirkt sich somit positiv auf das Anreiben des Beschichtungsmittels aus. Blei kommt selten als alleiniger Trockenstoff, sondern eher in Verbindung mit Cobalt oder Mangan zum Einsatz. Haufig setzt man auch Calcium zu, um ein Ausfallen des Bleis und die Bildung von Glanzschleiern zu verhindern. Nicht einsetzbar ist Blei in Aluminiumlacken, bei denen es die Ausschwimmeigenschaften des Pigments beeintrachtigt, und in schwefelhaltiger Atmosphare, da Blei dort Verfarbungen verursachen wurde. Aufgrund des wachsenden Umweltbewurjtseins sind die aktuellen Einsatzmoglichkeiten von Bleitrockenstoffen in Beschichtungsmitteln beschrankt.
7.1.6.2
Hilfstrockenstoffe
Barium Dieser Trockenstoff wird als Ersatzstoff fur Blei in bleifreien Beschichtungsmitteln eingesetzt. Barium verbessert das Durchtrocknen einer Beschichtung und verfigt uber gute Pigmentbenetzungseigenschaften. Barium gilt im Gegensatz zu Blei nicht als ein kumulatives Gift, weist aber eine relativ hohe akute Toxizitat auf. Diese Eigenschaft verbietet seine Venvendung in bestimmten Beschichtungssystemen. Wahrend der Lackherstellung sind beim Umgang mit Bariumtrockenstoffen bestimmte Vorsichtsmaljnahmen zu treffen. Dan von bariumhaltigen Beschichtungsmitteln eine Gefahr ausgeht, gilt angesichts der niedrigen Dosierung allgemein jedoch als ausgeschlossen. Die Anwesenheit von Barium wie auch anderer Schwermetalle und Arsen in Spielsachen, Stiften usw. ist jedoch nicht wiinschenswert, und es gibt gesetzliche Bestimmungen, nach denen diese Stoffe in Spielsachen und Schreibgeraten nur eingeschrankt Venvendung finden durfen.
Calcium Calcium selbst verfugt als Trockenstoff nur uber eine geringe Wirksamkeit, enveist sich jedoch in Kombination mit aktiven Trockenstoffen als sehr nutzlich. Man kann in Bindemitteln mit geringer Bleivertraglichkeit das Blei teilweise durch grorjere Mengen Calcium ersetzen und dadurch bei gleichbleibender Trocknungswirksamkeit ein Ausfillen des Bleis verhindern. Calciumtrockenstoffe eignen sich dariiber hinaus als Pigmentbenetzungsmittel und als Pigmentdispergierhilfsmittel, und sie tragen dazu bei, Harte und Glanz zu verbessern sowie die Haut- und Streifenbildung zu verringern.
Wismut Wismut ist ein ,jungeres" Trockenstoffinetall, das als Ersatzstoff f i r Blei eingesetzt wird. Es bewirkt eine starke Aktivierung des Trockenstoffs Cobalt und verbessert die Durchtrocknungseigenschaftenund das Trocknungsverhalten unter ungunstigen
7.1 Trockenstoffe
225
Witterungsbedingungen. Wismut wird auch in Einbrennlacken eingesetzt, um deren Harte zu verbessern.
Zink Die primare Funktion von Zink besteht darin, den Lackfilm ,,offen" zu halten, damit insbesondere bei cobalthaltigen Lackfilmen und Einbrennlacken die Beschichtung vollstandig durchtrocknen kann und eine Runzelbildung auf der Oberflache vermieden wird. Zink ist ein sehr wirksames Benetzungsmittelund Pigmentdispergierhilfsmittelund verkiirzt bei friihzeitiger Zugabe zum Beschichtungsmittel die fiir das Mischen und Anreiben erforderliche Zeit erheblich. Da Zink eine auljerordentlich helle Farbe aufweist, kann es in verhaltnismaljig grorjen Mengen zugegeben werden, ohne dalj es zu einer Verfarbung des Lackfilms kommt. Als hilfreich erweist sich Zink auch bei der Stabilisierung von Blei sowie bei der Verbesserung von Harte, Glanz und Farbtonbestandigkeit von Lacken.
Kalium Seine groljte Wirksamkeit entfaltet Kalium, wenn es in Verbindung mit Cobalt zum Einsatz kommt. In warjrigen Beschichtungssystemen und in High-Solids-Lacken auf Basis niedermolekularer Bindemittel bewirkt Kalium eine starke Aktivierung von Cobalt.
Strontium Strontium ist ein weiterer moglicher Ersatzstoff fiir Blei in bleifreien Systemen. Es erweist sich als wirksam unter ungunstigen Witterungsbedingungen und fdrdert die Durchtrocknung. Die Adenbestandigkeit schwach pigmentierter Beschichtungsmittel wie Beizen kann durch die Verwendung von Strontium anstelle von Zirkonium negativ beeinfluljt werden.
Lithium Lithium erbringt die besten Ergebnisse in Verbindung mit Cobalt. Es wird vorwiegend als Ersatzstoff fiir Blei sowie in High-Solids-Lacken auf Basis eines niedermolekularen Bindemittels eingesetzt. Lithium fordert die Durchtrocknung und Harte der Beschichtung und reduziert die Neigung von High-Solids-Lacken zur Runzelbildung.
Zirkonium Zirkoniumtrockenstoffe sind die am weitesten verbreiteten Ersatzstoffe fiir Blei in Beschichtungsmitteln, die ausschlieljlich nicht toxische Trockenstoffsysteme enthalten durfen. Sie verbessern die Durchtrocknung vorwiegend durch die Bildung von Koordinationsverbindungen.
226
7 Katalytisch wirksame krhindungen
Zirkonium kommt ubenviegend in Verbindung mit Cobalt und Calcium zum Einsatz. Die mit dieser Kombination erzielten Ergebnisse entsprechen annahernd denen von Cobalt/Blei/Calcium-Kombinationen. Im Vergleich mit anderen Hilfstrokkenstoffen verfugt Zirkonium uber bessere Eigenschaften in bezug auf Farbe, Vergilbungsneigung und Haltbarkeit. Trockenstoffsysteme fur bei Raumtemperatur hartende Alkydharzlacke enthalten fast immer Trockenstoffkombinationen wie beispielsweise Cobalt/Blei/Calcium und Cobalt/Zirkonium/Calcium.Die genaue Dosierung hangt von der Zusammensetzung des Beschichtungsmittels und von den jeweils gestellten Anforderungen ab. Die nachfolgende Tabelle zeigt Beispiele f i r typische und maximale Zugabemengen in mittel- bis langoligen Alkydharzlacken (Abb. 7.1-6).
Trockenstoffmetall
Typische Konzentration
ijbliche maximale Konzentration
co Mn Pb Ce Zr Ca Ba Va Bi Zn Sr K Li Abb. 7.1-6. Typische Anwendungskonzentrationender Trockenstoffmetalle (Metal1 bezogen auf Bindemittelfeststoffgehalt)
7.1.7
Kombinationstrockenstoffe
Aufgrund des zuvor beschriebenen synergistischenEffekts ist es in der Lackindustrie allgemein ublich geworden, verschiedene Metalle in Kombination miteinander zu verwenden. Diese Kombinationstrockenstoffe enthalten einen oder mehrere aktive Trokkenstoffe in Verbindung mit mindestens einem oder mehreren Hilfstrockenstoffen. Vielfach werden diese Kombinationstrockenstoffe vom Hersteller als gebrauchsfertige Mischungen oder als vorkomplexierte Trockenstoffe angeboten. Gebrauchsfertig gemischte Trockenstoffe bieten den Vorteil der Qualitatskonstanz, einer optima-
7.1 Tmckenstoffe
227
len Metallzusammensetzung und eines geringen Losemittelgehalts, und sie ermoglichen eine rationellere Produktionsweise. Neben den bereits genannten Vorteilen weisen die vorkomplexiertenTrockenstoffe im allgemeinen bessere Trocknungseigenschaftenauf. Die Komplexierung der verschiedenen Metalle erfolgt wahrend des Herstellungsverfahrens. Diese Vorzuge erweisen sich bei Einsatz der Trockenstoffe in High-Solids-Lacken, wasserverdunnbaren Lacken oder in Lacken fiir besonders ungunstige Witterungsbedingungen als auflerordentlich ~ e r t v o l l [ ~ Abbildung -~]. 7.1-7 enthalt Richtrezepturen fiir verschiedene Bindemittelsysteme.
Harztyp
Aktiver Trockenstoff
Hilfstrockenstoff
Trocknende Ole Mittelolige Alkydharze Langolige Alkydharze Epoxyester Polyurethan dlhaltige Lacke Polyester
0,03 Co oder Mn 0,04 Co 0,05Co 0,03 Co 0,02 Co oder Mn 0,03Co oder Mn 0,Ol c o
0,2 Zr, 0,l Ca 0,2 Zr, 0,l Ca 0,3 Zr, 0,2 Ca 0,l Ce 0,l Zr, 0,05 Ca 0,2 Zr, 0,l Ca
Abb. 7.1-7. Richtrezepturen f i r Kombinationstrockenstoffe bei Einsatz verschiedener Bindemittelarten
7.1.8 Verlust an Trocknungsvermogen Oxidativ trocknende Beschichtungsmittel neigen gewohnlich mit zunehmender Lagerzeit zu einer Verlangerung der Trocknungszeit. Die Ursache hierfiir ist moglicherweise ein Aktivitatsverlust beim Trockenstoff. Wie zuvor beschrieben, fordern Trockenstoffe katalytisch die Polymerisation des Bindemittels. Der Trockenstoff sollte deshalb mit dem Bindemittel in Kontakt kommen und freibeweglich sein, um die Differenz zwischen der verhaltnismaflig kleinen Menge Trockenstoff und der Anzahl der Doppelbindungen im Bindemittel auszugleichen. Daraus lafit sich schlieflen, dafl alle Reaktionen in einem Beschichtungsmittel, die die Mobilitat des Trockenstoflholekiils beeinflussen, auch einen Einflulj auf das Trocknungsverhalten haben. Da sich ein Beschichtungsmittelaus mehreren Bestandteilenzusammensetztund es zwischen diesen Bestandteilen zu zahlreichen chemischen oder physikalischen Reaktionen kommen kann, ist es schwierig, die moglichen Ursachen fiir eine Reduzierung der Mobilitat von Trockenstoffen vollstandig aufzulisten. Nachstehend sollen nur die Hauptursachen fiir einen Verlust an Trocknungsvermogen genannt werden :
228
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
Chemisorption des Trockenstofls an der Pigmentoberfliiche Da es sich bei der physikalischen Adsorption um einen reversiblen Prozelj handelt, hat diese in der Regel keinen Einflulj auf die Leistung des Trockenstoffs. Chemisorption tritt an Pigmenten auf, an deren Oberflache sich Sauregruppen befinden, und wirkt sich am ungiinstigsten aus, wenn Pigmente mit groljer Oberflache verwendet werden. Ein gutes Beispiel h i e f i r ist oxidierter RUB. Auch die Losemittelzusammensetzung hat Auswirkungen auf eine eventuelle Chemisorption. Die grorjte Beeintrachtigung des Trockenstoffsystems ist auf mindenvertige Losemittel zuriickzufiihren. Salzbildung Das Reaktionsprodukt aus dem Trockenstoffmetall und den langkettigen aliphatischen Sauren - deren Bildung durch Hydrolyse des Bindemittels oder anderer Inhaltsstoffe verursacht wird - ist normalenveise im Beschichtungsmittel nicht loslich und setzt sich nach Kristallisation ab. Bildung unloslicher Komplexe Dieses Phanomen wird haufig in geruchsarmen Farben und Lacken mit aromatenarmen Losemitteln beobachtet. Komplexe herkommlicher Trockenstoffe wie beispielsweise reine Octoate weisen in diesen Systemen lediglich eine begrenzte Loslichkeit auf und neigen zur Kristallisation. Hydrolyse des Trockenstofls In wasserverdunnbaren Lacken ist dies die Hauptursache fiir einen Verlust an Trocknungsvermogen. Zunachst wird der Trockenstoff in Anwesenheit von Wasser hydratisiert. Diese Hydrate sind unstabil und iiihren zur Hydrolyse der Metallseife und schlieljlich zur Unloslichkeit der zugrundeliegenden Metall~eife[~-~].
Folgende drei Moglichkeiten bieten sich an, um einen durch Modifizierung des Trockenstoffsystems bedingten Verlust an Trocknungsvermogen zu bekampfen oder zu verhindern : -
-
-
Der erste Weg besteht in der Wahl eines Trockenstoffsystems, das mit dem Beschichtungssystem uneingeschrankt kompatibel ist. Der Trockenstoff sollte im Bindemittel loslich sein und weder eine lagerungsbedingte Triibung des Beschichtungsmittels noch die Bildung von Glanzschleiern wahrend des Trocknens verursachen. Die zweite Moglichkeit besteht darin, der Anreibepaste eine Uberschuljmenge Trockenstoff zuzusetzen, indem man die Hilfstrockenstoffmenge e ~ - h o h t [ ~Auf -~]. dieses Verfahren kann jedoch nicht immer zuriickgegriffen werden, da durch eine ijberdosierung des Trockenstoffs Viskositat und Harte (weichmachende Wirkung) sowie Haltbarkeit oder Farbtonbestandigkeit beeintrachtigt werden. Als dritte Moglichkeit kann ein Trockenkraftstabilisator wie beispielsweise Cobalthydroxynaphthenat venvendet werden. Die Funktion dieser Trockenkraftstabilisatoren besteht darin, dalj sie mit den Sauregruppen an der Pigmentoberfla-
7.1 Trockenstofle
229
che reagieren und dadurch die Chemisorption des aktiven Trockenstoffs verhindern oder daJ3 sie mit Saurebestandteilen im Bindemittel reagieren. Dieses wirksame Verfahren der Minimierung des Verlusts an Trocknungsvermogen hat sich auch wirtschaftlich bewahrt.
7.1.9 Bleifreie Ikockenstoffsysteme Blei ist ein kumulierendes Gift, seine Einsatzmoglichkeiten als Trockenstoff in Beschichtungsmitteln sind deshalb beschrankt. Man ist infolgedessen dazu uber e angen, nicht-toxische Trockenstoffsysteme bleifreien Systemen gleichzusetzen[?- I. Blei ist ein starker Polymerisationstrockenstoff, der dariiber hinaus die Fahigkeit besitzt, die Sauerstoffaufnahme des Harzmolekuls zu katalysieren, und ferner wenn auch in geringerem Umfang - die Bildung von Radikalen katalytisch fordert. Aus diesen Griinden ist Blei als eine ganz besondere Art von Trockenstoff zu betrachten. Will man einen solchen Trockenstoff durch einen anderen ersetzen, so kann dies nur durch Anpassung der gesamten Trockenstoffzusammensetzung erfolgen. Das hat sich sowohl in Laborversuchen als auch in der Praxis gezeigt.
Q
7.1.9.1
Bleitrockenstoffsysteme
Blei kommt als Trockenstoff ubenviegend in Verbindung rnit Cobalt und Calcium zum Einsatz. Eine typische Zusammensetzung fiir einen Trockenstoff auf Bleibasis ist: 0,05 YOCobalt 0,5% Blei 0, 1% Calcium
Blei verleiht einem oxidativ trocknenden Lack ausgezeichneteDurchtrocknungseigenschafien. Neben ihrer Toxizitat weisen Bleitrockenstoffe folgende Nachteile auf begrenzte Loslichkeit in bestimmten Arten von Alkydharzlacken, schlechte Vertraglichkeit mit Aluminiumpigmenten sowie ihre Eigenschaft, mit Schwefel zu reagieren und dadurch Bleisulfid zu bilden, das eine Verfarbung des Lackfilms verursacht. Nach Iangerer Alterung des Beschichtungsmittels kann es dazu kommen, daB der Bleitrockenstoff mit langkettigen Fettsauren im Alkydharz reagiert und es somit zur Bildung unloslicher und damit nicht reaktiver Bleisalze kommt. Diese Bleisalze verursachen einen Verlust an Trocknungsvermogen. In Laborversuchen ebenso wie in der Praxis hat sich gezeigt, daB Cobalt/ZirkoniudCalcium-Kombinationstrockenstoffeein Sihnliches Trocknungsverhalten wie Cobalt/Blei/Calcium-Kombinationstrockenstoffe aufweisen. Das bedeutet jedoch nicht, daB es ausreicht, Blei lediglich durch Zirkonium zu ersetzen. Es ist auch erforderlich, die Cobalt- und Calciummengen entsprechend zu verandern.
230
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
7.1.9.2
Ersatz eines Bleitrockenstoffs
Beim Ersatz eines Co/Pb/Ca-Kombinationstrockenstoffs durch einen Co/Zr/CaKombinationstrockenstoff wird folgende Vorgehensweise empfohlen: -
-
-
zunachst ersetzt man den Bleitrockenstoff zu 60% durch einen Zirkoniumtrokkenstoff, man erhoht den Cobaltgehalt um 20%, man erhoht den Calciumgehalt um 50- 100%, man ersetzt das bleihaltige Additiv zur Verhinderung des Verlusts an Trocknungsvermogen durch ein ahnliches Additiv, das kein Blei enthalt.
Das Trocknungsverhalten aller Versuchstrockenstoffsystemeist im Hinblick auf alle denkbaren Anwendungsbedingungen zu uberpriifen. Die Trocknungseigenschafen eines Lacks, der unter ungunstigen Bedingungen zum Einsatz kommt, lassen sich durch speziell hergestellte bleifreie Kombinationstrockenstoffe optimieren. Die Abbildung 7.1-8 enthalt Trockenstoffempfehlungen unter Verwendung vorkomplexierter Kombinationstrockenstoffe und unter Auslassung bleihaltiger Trockenstoffe.
Trocknerzusammensetzung
Metallgehalt, %
Dosierungsmengea)
AuDenlacke
Innenlacke
Bemerkungen
Co-Zr-Ca, basisch
10,2
3...7
beschrankt geeignet
geeignet
Universaltrockner, Blei- und Bariumfrei
Co-Zr-Ca, neutral
8,8
6...9
geeignet
geeignet
Optimale Trocknung auch bei Kalte und fur High-Solids
0,8... I ,2 3...6
ungeeignet geeignet
geeignet geeignet
Kostengunstig Bariumhaltig, Toxisch
3...5
geeignet
geeignet
Fur High-Solids; nicht fur Weirjlacke
Co-Zr
15
Co-Ba-Zn Co-Li
1 1,6
a)
38
Massenanteil des Kombinationstrockenstoffs, bezogen auf den Harzfeststoffgehalt.
Abb. 7.1-8. Bleifreie Kombinationstrockner - Empfehlungen
7.1.10 Wasserverdiinnbare Lacke Wasserverdiinnbare, oxidativ trocknende Lacke werden als Ersatz fiir in organischen Losemitteln losliche Farben und Lacke weitgehend akzeptiert. Wasserverdunnbare und losemittelverdunnbare, oxidativ trocknende Bindemittel weisen im
7.1 Trockenstofle
23 1
wesentlichen denselben Trocknungsmechanismusauf. Erhebliche Unterschiede bestehen jedoch in der Trocknungsleistung. Verantwortlich fiir verschiedene Probleme bei der Trocknung von wasserverdiinnbaren Lacken, wie beispielsweise langsames Antrocknen,Verlust an Trocknungsvermogen, schlechte Durchtrocknung und Harte, ist neben der Losemittelzusammensetzung auch das verwendete Bindemittelsystem. Durch Wasser kann es zur Hydrolyse des Bindemittels oder des Metalltrockenstoffs und damit zu einem Verlust an Trocknungsvermogen kommen. Dariiber hinaus kann Wasser die Sauerstoffaufhahme des Bindemittels und infolgedessen den Autoxidationsprozel3 verlangsamen. Man halt Wasser fiir einen starken Liganden und spricht ihm die Fahigkeit zu, Metallionen wie beispielsweise Co zu komplexieren. Da Wasser ein starker Ligand ist, bewirkt es eine Komplexbildung der Metallionen, beispielsweise im Falle von Cobalt. Der entstehende Co(OH2)p-Komplex besitzt ein schwacheres Oxidationspotential; daraus ergibt sich fiir Cobalt als Autoxidationskatalysator ein verringertes Leistungsvermogenund auljerdem eine Instabilitat. Eine praktische Abhilfemaljnahme zum Ausgleich des durch Wasseranlagerung verursachten Verlustes an Trocknungsvermogen besteht in der Verwendung sehr hoher Einsatzmengen an primaren Trockenstoffen beispielsweise Cobalt oder Mangan.
7.1.10.1 Charakteristische 'kocknungsphanomene wasserverdunnbarer Beschichtungsmittel Schon seit den ersten Versuchen zur Herstellung wasserverdunnbarer Alkydharzlacke ist bekannt, dal3 die Zugabe von Trockenstoffen zu Problemen fiihren kann (Abb. 7.1-9).
0 0 0
0 0
0
Schlechte Anfangstrocknung Abnahme der Trocknungsgeschwindigkeit bei Lagerung Unvertriiglichkeit zwischen Trockenstoff und Harz Oberflachenstorungen Stabilitatsverlust des kolloiden Systems Glanzverlust
Abb. 7.1-9. Probleme mit oxidativ trocknenden, wasserverdiinnbaren Beschichtungen
Zu den spezifischen Auswirkungen von Einflussen, die nicht in direktem Zusammenhang mit Trockenstoffen stehen, sich jedoch stark auf die Trocknungsgeschwindigkeit auswirken, zahlt zunachst der Einflul3 der Luftfeuchtigkeit. Die Verdunstungsgeschwindigkeit des LosemittelsNerdiinners, d. h. des Wassers, hangt natiirlich weitgehend von der relativen Luftfeuchtigkeit ab. Es konnte experimentell nachgewiesen werden, dalj fiir eine optimale Anwendung und Trocknun eine zwischen 50 und 80% liegende relative Luftfeuchtigkeit erforderlich ist"-' . Be1 was-
8 .
232
7 Katalytisch wirksume Verbindungen
serverdunnbaren Beschichtungsmitteln findet wahrend des Trocknungsvorganges ein Ubergang von der wal3rigen zur organischen kontinuierlichen Phase statt. Dies hat grol3en EinfluB auf das Leistungsvermogen des Trocken~toffes[~-'*~. Neben der Losemittelzusammensetzungist das Bindemittelsystem fiir verschiedene Trocknungsmangel bei wasserverdunnbaren Beschichtungsmitteln verantwortlich, beispielsweise lange Gesamttrocknungszeit, Verlust an Trocknungsvermogen, schlechte Durchtrocknung und Harte. Durch Hydrolyse des Bindemittels kann es zur Bildung von Sauren kommen, die wiederum rnit dem Trockenstoff-Kation Salze bilden. Ein Niederschlag dieses Salzes bewirkt eine weniger wirksame TrockenstofRonzentration und einen Verlust an Trocknungsvermogen. Die Sauerstoffaufnahme des Bindemittels kann auch durch Wasser beeintrachtigt werden, was einen verlangsamten Autoxidationsvorgang zur Folge hat r7-1'I. Dies ist auf die geringe Loslichkeit von Sauerstoff in Wasser zuriickzufihren. h e r Wechselwirkungen zwischen Lackbestandteilen und Trockenstoffenbei wasserverdunnbaren Lacken ist im Zusammenhang mit dem Neutralisationsmittel, den Pigmenten und der bereits erorterten Wechselwirkung mit Wasser berichtet worden. Stickstoffhaltige Neutralisationsmittel, beispielsweise Ammoniak und Amine, bilden aus Cobalt oder Mangan komplexe Metallionen, die eine geringere katalytische Wirkung haben. Um den Trocknungsvorgang zu optimieren, ist es auBerst wichtig, den pH-Wert leicht alkalisch einzustellen und fi r eine Stabilisierung des pH-Wertes wahrend der Lagerung zu sorgen. Die Trocknungszeitvon rnit saurehaltigen Alkydharzemulsionenhergestellten Lakken kann verkiirzt werden, wenn der Alkydharzemulsion zunachst ein basischer Calcium-Trockenstoff zugesetzt wird. In diesem Fall kann eine gewisse Neutralisierung rnit dem basischen Ca-Trockenstoff erfolgen. Die unterschiedliche Zusammensetzung von wasserverdiinnbaren und losemittelverdunnbaren, oxidativ trocknenden Beschichtungsmitteln erfordert auch eine Anpassung der Trockenstoffe und Kombinationstrockenstoffe. Da die herkommlichen Trockenstoffe in Lackbenzin, Xylol oder anderen aliphatischedaromatischen Losemitteln gelost sind, sind sie in waBrigen Systemen nicht leicht dispergierbar. Bei der Venvendung herkommlicher Trockenstoffe miissen diese vor der Neutralisation im Bindemittel gelost werden, was einen erheblichen Viskositatsanstieg und Verarbeitungsschwierigkeiten zur Folge haben kann. Herkommliche Trockenstoffeneigen zu einer Destabilisierung emulgierter Bindemittel. Die Vertraglichkeit dieser Trockenstoffe rnit derartigen Bindemitteln 1aBt sich durch die Zugabe geeigneter Tenside und Verdunnung des Trockenstoffs rnit Losevermittlern verbessern. Die Leistung des Trockenstoffs ist ferner von dem Zeitpunkt der Trockenstoffzugabe zum Beschichtungsmittel abhangig. Die besten Ergebnisse erzielt man in der Regel dann, wenn man den Trockenstoff in der Auflackphase der Lackproduktion zusetzt. In diesem Fall konnen nur wasseremulgierbare Trockenstoffe verwendet werden. Fur wasserverdunnbare Beschichtungsmittel werden folgende Trockenstofhetalle empfohlen: Cobalt, Mangan, Zirkonium, Calcium, Zink, Lithium und Kalium.
7.1 Trockenstofle
233
Bessere Trocknungseigenschaften lassen sich durch Einsatz von Metallkomplexen auf Cobaltbasis erzielen. 7.1.10.2 Koordinationswirkungenauf 'kockenstoffe Liganden beispielsweise o-Phenanthrolin oder 2,2-Bipyridyl sind bekannte Trokkenstoffaktivatoren, die auch in traditionellen losemittelhaltigen Lacken zum Einsatz kommen. Aufgrund ihrer hohen Kosten und ihres speziellen Anwendungsgebietes werden sie jedoch fast ausschliel3lich fir losemittelhaltige Polyurethanlacke verwendet. Liganden beeinflussen die Elektronenverteilungim Metall, d. h. die Spinmultiplizitat. Durch den Liganden wird sowohl die Stabilitit (thermodynamischer Effekt) als auch die Wirksamkeit (kinetischer Effekt) des Metallions beeinfldt. Liganden mit schwacher Feldstirke, beispielsweise Wasser, fiihren zu hoher Elektronenspinkonfiguration (Abb. 7.1-10). Die Struktur des Liganden kann grorjen Einflul3 auf die Elektronenubergangsgeschwindigkeithaben. Schwache Feldstarke
Abb. 7.1-10. Elektronenverteilung (Co" '(phen)3)3' wird beis ielsweise schneller reduziert als (CoPI I (NH3)6)3' oder (Co' "(eth~lenarnin)3)~+
Hohe Feldstarke
Oktahedral
Die Komplexbildung erfolgt uber die n-Elektronen der konjugierten Bindungen im Phenanthrolin-Molekl. Somit kann die Wirksamkeit des Trockenstoffkatalysatorsdurch Wahl des richtigen Liganden fiir das Trockenstoff-Metallion gesteigert werden. Da beide Wertigkeitsstufen der primaren Trockenstoffe Cobalt und Mangan fiir das Erreichen optimaler Wirksamkeit vorliegen mussen, ist es sehr kompliziert, diejenigen Ligandeigenschaften zu ermitteln, die zwecks bestmoglicher Trocknung optimiert werden mussen. Loslichkeitsaspekte komplizieren dieses Problem zusatzlich. Die Rolle, die diese Liganden spielen, besteht hauptsachlich darin, den aktiven Trockenstoff in seiner aktiveren Wertigkeitsstufe zu halten, obwohl dessen Einflurj auf die kinetischen Faktoren nicht giinzlich geklart ist. Auch Hilfstrockenstoffebieten ein zweites Metall an, das in der Lage ist, mehrere Wertigkeitsstufen aufrechtzuerhalten. Dadurch konnen dem Metall des primaren
234
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
Trockenstoffes Liganden zur Verfiigung gestellt werden, so dalj dieses Metall in seiner aktiveren Wertigkeitsstufe verbleibt und damit die Aktivitat des primaren Trokkenstoffes gesteigert wird. 7.1.10.3 Vorkomplexierte 'Ikockenstoffe Traditionelle Trockenstoffe in wasserverdunnbaren sowie feststoffreichen Beschichtungen haben sich, wie bereits erortert, nicht gut bewahrt. Ihre Eigenschaften werden durch Vorkomplexierung der primaren Trockenstoffe mit Hilfe von Liganden optimiert. Die allgemeine Struktur dieser neuen Trockenstoflklasse ist aus Abbildung 7.1- 1 1 ersichtlich.
{ Me(Lig.),}" (OOCR)"
Me = Metall Lig. = Ligand n = Anzahl Liganden rn = Wertigkeit Metallion
Abb. 7.1-1 1. Vorkomplexierte Trockenstoffe
Die katalytische Wirkung kann kontrolliert werden, hangt jedoch von dem fur die Komplexierung gewahlten Liganden ab. Die Komplexierung rnit Wasser kann, wie im Falle der Verwendung eines auf Metallseife basierenden Standardtrockenstoffes in einer wasserverdunnbaren Beschichtung, durch Vorkomplexierung mit sorgfaltig ausgewahlten Liganden verzogert werden. Dies erklart den Verlust an Trocknungsvermogen, der bei Lagerung von rnit vorkomplexierten Trockenstoffen rezeptierten wasserverdunnbaren Beschichtungsmitteln auftritt. Aufgrund des Vorkomplexierungsvorgangessind wir auch in der Lage, die Auswirkung der Redoxaktivitat des primaren Trockenstoffes und damit die Auswirkungen der katalytischen Eigenschaften auf die Zersetzung von Peroxiden entsprechend einzustellen, ohne die katalytische Wirksamkeit hinsichtlich der Aufnahme von Sauerstoff zu beeintrachtigen, was bei fiir eine Verwendung in feststoffreichen Beschichtungsmitteln rezeptierten Trockenstoffen auBerst hilfreich ist. Die Venvendung von Liganden, die die Emulgierung des primaren Trockenstoffes in Wasser unterstiitzen, fiihrt zu einem weiteren Vorteil: Neben der Verbesserung der katalytischen Wirksamkeit wird auch die Vertraglichkeit des Trockenstoffes rnit dem wasserverdiinnbaren Beschichtungsmittel betrachtlich verbessert. Zu den Hauptvorteilen der vorkomplexierten,wasseremulgierfahige Trockenstoffe zahlen eine verbesserte Vertraglichkeit rnit dem fliissigen Beschichtungsmittel und optimale optische Eigenschaften des getrockneten F i l m e ~ [ ~ ' ' ~ ] . In der nachstehenden Abbildung 7.1- 12 haben wir beispielhaft zur Verdeutlichung die Rezeptur eines auf einer Alkydharzemulsion basierenden wasserverdiinnbaren Beschichtungsmittels zusammengestellt.
7.1 Trockenstofle
-
235
Wasser
- PUR-Verdickungsmittel - Dispergiermittel - Benetzungsmittel - Entschaumer - Titandioxid
In einer Perlmuhle dispergieren und folgende Bestandteilezugeben: 50 0,3 7
- Alkydharzemulsion (50 %) - WEB-Co-8-Trockenstoff - PUR-Verdickungsmittel(5 % in Wasser) - Wasser
5,2
Abb. 7.1-12. Rezeptur eines wasserverdiinnbaren glanzenden Alkydharzdecklacks in Gew.% (Basis :langolige Alkydharzemulsion)
7.1.1 1 High-Solids-Lacke Feststofieiche Lacke (,,High Solids") erfiillen die Anforderungen an umweltfreundlichere Lacke mit geringeren Emissionen an organischen Losemitteln im Vergleich zu den konventionellen Alkydlacken. Das Bindemittel in feststofieichen, oxidativ trockenden Lacksystemen ahnelt auf dem ersten Blick den traditionellen Alkydharzen mit geringem oder mittlerem Feststoffgehalt. Es wird normalerweise als hochkonzentrierte Losung in organischen Losemitteln angeboten. Um jedoch die Rezeptierung feststofieicher Lacke mit ahnlichen Anwendungs- und Trocknungseigenschafen zu ermoglichen, sind andere Eigenschaften, beispielweise das Molekulargewicht des Harzes, reduziert und die Reaktivitat erhoht worden. Wegen des hohen Feststoffgehaltes ist die aufgebrachte Schichtdicke wesentlich hoher. Grundsatzlich ist der oxidative Polymerisationsvorgang der High Solids mit den traditionellen, losemittelverdiinnbaren Lacksystemen identisch und wird durch Trockenstoffe betrachtlich beschle~nigt[~-'~I.
Charakteristische 'kocknungseigenschaftenvon High-Solids-Lacken Ein typisches Beispiel eines feststofieichen Decklackes ist aus Abbildung 7.1- 13 ersichtlich. DefinitionsgemaD enthalten feststofieiche Alkydharzbeschichtungen im Vergleich zu traditionellen Alkydharzen geringere Mengen organischer Losemittel. Darauf ist die kiirzere Abliiftzeit nach dem Lackauftrag zuriickzufiihren (Abb. 7.1-14). Die offene Zeit ist bei feststoffreichen Lacken jedoch wesentlich h g e r ; dies ist ein Ergebnis des niedrigen Molekulargewichtes und der geringen Eigenviskositat des Bindemittels.
236
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
Titandioxid feststoffreiches Alkydharz ( 100% Feststoffe) Dispergiermittel Trockenstoff aliphatische KW-Losemittel geruchloses Hautverhinderungsmittel
39 Gew.% 48 0,4
3,2 83 0,6 100
Abb. 7.1-13. Feststoffreicher Decklack, 88 % Feststoff (Basis: langoliges feststoffreiches Alkydharz)
Abluftzeit Offene Zeit* Staubtrocken-Zeit* Klebfrei-Zeit* Durchtrocknungszeit* Harte, 100 mm Schicht
,,High Solid" Alkydharz
traditioneller Alkydharzlack
0,75 Std. 2,50 Std.
1 Std. 1 Std. 2,5 Std. 4 Std. 6 Std. 50 s
3 Std. 5,5 Std. 7 Std. 22 s
Abb. 7.1-14. Typische Trocknungseigenschafen - Feststoffreicher Lack im Vergleich zu traditionellem Alkydharz (* mit dem BK-Trocknungsrecorder ermittelte Werte)
Die hohere aufgebrachte Schichtdicke, die auf den hoheren Feststoffgehalt bei durchaus vergleichbarer Anwendungsrheologie zuriickzufiihren ist, sowie die hohere Reaktivitat erklaren das Risiko einer zu schnellen Oberflachentrocknung und einer schlechten Durchtrocknung (Abb. 7.1-15). Dies ist in der Tat ein typisches Hauptphanomen des Hartungsvorganges bei feststofieichen Lacken und verdeutlicht die Notwendigkeit einer Anpassung der Trockenstoffzusammensetzung.
0
0 0 0 0 0
Schlechte Anfangstrocknung Schlechte Durchtrocknung Weiche Beschichtungen Runzelbildung Schlechtes Aussehen Dunkle Vergilbung
Abb. 7.1-15. Trockenstoflbedingte Probleme bei feststoffreichen Lacken
Die Wirkung der katalytischen Eigenschaften der Trockenstoffe ist bei feststoffreichen Lacken im wesentlichen mit derjenigen traditioneller Alkydharzlacken iden-
7.1 Trockenstoffe
237
tisch. Ein kritischer Punkt ist dabei die Loslichkeit des Trockenstoffes in den flussigen Lackrezepturen mit niedriger Polaritat. Aufgrund der im Vergleich zu herkommlichen Bindemitteln hoheren Reaktivitat kann es dazu kommen, dalj ein starker Trockenstoffkatalysator eine rasche Polymerisation des Bindemittelmolekiils an der Grenzflache zur Luft bewirkt, was zur Runzelbildung auf der Oberflache der Lackschicht fihrt. Die Reaktivitat des Trockenstoffs sollte andererseits auch nicht zu gering sein. Das hatte lange Trocknungszeiten und einen weichen Lackfilm zur Folge. Es ist deshalb auljerst wichtig, die Katalysierung des Trocknungsvorgangs und die Runzelneigung gut aufeinander abzustimmen. Vorkomplexierte Trockenstoffe aus Cobalt und Alkalimetallen sowie herkommliche Cobalt/Zirkonium/Calcium-Kombinationstrockenstoffe kommen in High-Solids-Lacken zum Einsatz. Vorkomplexierung solcher Trockenstoffe mit organischen Liganden verringert die Neigung zur Runzelbildung[7-141.
7.1.12 Analysenverfahren Da das Metall der aktive Bestandteil des Trockenstoffs ist, kommt der Bestimmung des Metallanteils groBe Bedeutung zu. Die beiden gangigen Analysenverfahren zur Bestimmung des Metallgehalts von Trockenstoffen sind die Komplexometrie und die Atomabsorptionsspektr~skopie~~~'~~. Andere Verfahren, mit denen sich die physikalischen Eigenschaften von Trockenstoffen ermitteln lassen, sind die Bestimmung der Dichte, der Farbe, der Viskositat und der nichtfluchtigen Bestandteile.
7.1.13 Biologische und toxikologische Eigenschaften Trockenstoffe fir losemittelhaltige Lacke enthalten aliphatische Losemittel. Die Trockenstoffhersteller haben aus okologischen Griinden freiwillig auf aromatenhaltige Losemittel verzichtet. Abbildung 7.1- 16 zeigt die fir die unterschiedlichen Trockner zutreffende Kennzeichnung. Aus dieser Auflistung geht hervor, dalj die meisten Trockenstoffe, basierend auf OECD-Reizungstesten,als haut-undoder augenreizend angesehen werden mussen. Cobalttrocknerhaben sich in einem Sensibilisierungstestnach Kligman-Magnusson als potentiell hautsensibilisierend (R-Satz 43) erwiesen und sind dementsprechend gekennzeichnet (s. Abschn. 9.4). Die bleihaltigen Trockenstoffe werden ab 1. September 1996 entsprechend der 2 1. Anderung der EG-Richtlinie 671548 als toxisch eingestuft und mit dem R-6 1Satz und dem Totenkopfsymbol gekennzeichnet (ab 0.5 % Bleiverbindung).
23 8
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
Produktname
Kennzeic hnung
Barium 12,s
Xn;
R 20122,36138
CAS-Nummer
68876-86-8
S 28,36137
R 38
Xi;
s 37 R 38 s 37
68551-41-7(basisch) 68409-80-3 24593-34-8
Xi;
R 43,38
68409-81-4
Calcium 10
Xi;
Cer 10 Cobalt 10
S 24,36137 Mangan 10
Xi;
Strontium 10
Xi;
Zink 12
Xi;
Zirkon 6
Xn;
R 38
s 37 R 38 s 37 R 38 s 37 R 38,65
68551-42-8 2457-02-5 68551-44-0 22464-99-9
S 37,62
Zirkon 12
Xn;
R 38,65
22464-99-9
S 37,62
Zirkon 18 Blei 36 Lithium 2 Kalium 10 Eisen 6 Chromoctoat Kupfer Vanadium Wismutoctoat Zinnoctoat Nickel-2-ethylhexanonat
R 38 s 37 R 61,62,20122,33 T; S 36137139,45,53 Xi; R 38 s 37 Xi; R 38 s 37 R 38 Xi; s 37 R 22,43 Xn; S 24,28,36137 R 22 (R10) Xn; S 24/25,36137,46 oder R 38 Xi; s 37 R 38" Xi; s 37 Xi + N R 36138,52153 S 26128 Xi; R38,43 S 24,28,36137
Xi ;
Abb. 7.1-16. Kennzeichnungen fur synthetische Trockenstoffe
22464-99-9 15696-43-2(neutral) 68603-83-8 (basisch) 27253-30-1 68604-78-4 68308-20-3 20195-23-7 68308-19-0 1338-02-9 68815-09-5 67874-71-9 301-1 0-0 7580-31-6
7.1 Tmckewtoffe
239
AuDerdem sind in der 2 1. und 22. Anderung der EG-Richtlinie 67/548 neue Kennzeichnungen fiir aliphatische und aromatische Losungsmittel festgelegt warden. (Xn; R-Satze 38,65 und S-Satze 37,62). ijber die biologische Abbaubarkeit von Metalltrocknern sind kaum Testdaten verfiigbar. Da die Metallkomponentenprinzipiell nicht abbaubar sind, sollten die Trockner,besonders im Falle von Schwermetallen, nicht in die Kanalisation gelangen . Die synthetischen Sauregruppen der Metalltrockner sind uberwiegend gut biologisch abbaubar.
7.1.14 Handelsnamen Nuodex Octa-Soligen Valirex Manosec Cuprisec ACO
(SERVO-Delden B.X) (Borchers) (van Loocke) (Rhone Poulenc) (Durham) (Abshagen)
7.2 Katalysatoren Rainer Lomolder
7.2.1
Einfiihrung
Im Gegensatz zu physikalisch trocknenden, thermoplastischen Lackharzen stellen chemisch vernetzbare Harze nieder- und mittelmolekularen Charakters die Grundlage hochwertiger, chemikalienbestandiger und vielfach auch bewitterungsbest%ndiger Lacke und Beschichtungen dar. Allen diesen Systemen ist gemein, dal3 nach der Filmbildung eine chemische Reaktion (Hartung) - haufig zwischen zwei verschiedenen Lackharzklassen, dem Bindemittel und dem Harter oder Vernetzer - erfolgt, die zu einem von hoher Bestandigkeit gepragten Eigenschaftsprofil fiihrt. Da die Vernetzungsreaktionvon Lackharzen,wie die ubenviegende Anzahl von Reaktionen in der organischen Chemie, vielfach nur langsam ablaufen, zahlen neben der Temperatur Katalysatoren und ihre gezielte und dosierte Anwendung zu den wichtigsten Instrumenten der Reaktionsbeschleunigung in der Lackchemie, um wichtige Applikationsparameter - und somit Kundenanforderungen - zu erfiillen. Die Wahl des Katalysators oder einer Katalysatorkombinationoder geeigneter Konzentrationen kann entscheidenden Einflulj auf die Erfiillung oder Nichterfiillung des Anforderungskatalogs des Kunden haben. An dieser Stelle sollen zunachst einige grundlegende Aspekte zur Reaktionskinetik und speziell zur Wirkungsweise von Katalysatoren ausgefuhrt werden. Wie jede chemische Reaktion, so stellen auch Vernetzungsreaktionenvon LackharZen prinzipiell Gleichgewichtsreaktionendar, wobei hier jedoch das Gleichgewicht weit zugunsten der vernetzten Spezies liegen mul3. A + B e C Lackharze vernetzte Harze
+
+
[Dl [Abspaltprodukte]
Die weitestgehend vollstandige Verschiebung des Gleichgewichtes zugunsten der Produkte C + D, d.h. in Richtung Vernetzung, wird in der Lackchemie einerseits durch groL3e Differenzen der freien Enthalpie AG, (Abb. 7.2-1) zwischen Edukten und Produkten - wie z.B. in 2 K-Systemen der Fall - oder durch Entfernung eines Produktes aus dem Reaktionsgemisch - wie Alkohole von veretherten MelaminharZen, Blockierungsmittel von blockierten Polyisocyanaten - in warmehartenden Systemen mit Unterstutzung erhohter Temperatur erreicht.
7.2 Katalysatoren
24 1
Wie schnell sich ein derartiges Gleichgewicht einstellt, ist nicht allein abhiingig von den freien Enthalpien der Ausgangs- und Endprodukte, sondern vor allem bedingt durch die in Abbildung 7.2-1 dargestellte Aktivierungsenergie A@, die zum Durchlaufen des aktivierten Zustandes notwendig i ~ t [ ~ - ' ~ ] .
4 - _ _ _ _ _ _ _ - -- -- - - - - -
Abb. 7.2-1. Schematische Darstel-
lung von Reaktions- und Aktivierungsenthalpie chemischer Reaktionen
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ - -_ -_ -_ _ _ _ _ _ _ _ Edukte
Produkte
Die in Abbildung 7.2-1 dargestellten Grorjen besitzen dabei folgende Bedeutung: AG, die Differenz der freien Enthalpien, ist die fiir die Lage des Gleichgewichtes mabgebliche Grobe - sofern es sich einstellen kann, was seinerseits bedingt ist durch die GroRen AG und A G , den Aktivierungsenthalpien fir Hin- und Ruckreaktion. Letztgenannte konnen in der organischen Chemie so grob sein, daJ3 die Reaktionen trotz giinstigem AG nicht ablaufen ! Den Schlussel zwischen Aktivierungsenergieund Geschwindigkeitskonstante lieferten uns im 19. Jahrhundert Arrhenius und Van't Hoff (Abb. 7.2-2):
Abb. 7.2-2. Arrhenius-Gleichung
A d
K = c . e-RT
Aus dieser Gleichung larjt sich die altbekannte Erfahrung ableiten, dab zur Reaktionsbeschleunigung eine Temperaturerhohung ihren sinnvollen Beitrag in Form von kiirzeren Hiirtungszeiten leisten kann. Die Reaktionsbeschleunigng durch den Einsatz von Katalysatoren l a t sich allgemein durch einen niedrigeren Ae-Wert erklken, d. h. dal3 bei vorgegebenerTemperatur eine grobere Wahrscheinlichkeit fiir Edukte besteht, die Aktivierungsschwelle zu uberwinden und in den vernetzten Zustand iiberzugehen. Gleiches gilt selbstverstindlich auch fiir die Ruckreaktion in Form von Ruckspaltung oder Depolymerisation, sofern simtliche Reaktionspartnernoch im System befindlich sind (Abb. 7.2-3). Fiir den Lackformulierer ergibt sich jedoch weiterhin die fatale Konsequenz, da13 z. B. bei Einsatz von Katalysatoren in warmehwenden 1K-Formulierungen nicht nur die Hartungstemperatur deutlich abgesenkt, sondern gleichzeitig die Lagerstabilitat der Formulierung beeintrachtigt werden kann. Jedes Vernetzungsprinzip bedarf eines spezifischen Katalysatortyps, in der Regel besitzen sie Saure- bzw. Basencharakter. Daher - und weil fiir den F'raktiker einsichtiger - gliedert sich dieser Abschnitt nicht in Katalysatorklassen, sondern orientiert sich an Vernetzungsprinzipien und ihren charakteristischen Harzklassen.
242
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
Abb. 7.2-3. Schematische Darstellung der Aktivierungsenthalpien einer katalysiertedunkatalysierten Edukte
Reaktion
Produkte
7.2.2 Melaminharz-vernetzende Systeme 7.2.2.1
Einfiihrung
Melaminharze stellen den bedeutendsten Vertreter der Klasse der Aminoplastharze. Sie werden aus den in Abbildung 7.2-4 dargestellten Basisrohstoffen durch Umsetzung mit Formaldehyd und anschlieflender Acetalisierung ge~onnen[~-’’]. Da die Vernetzungsprinzipienauf die ubrigen Vertreter dieser Gruppe wie Guana-
NHZyNyNHl
HzNyNyNH2
NYN NH2
NYN R
Melamin
Guanarnin
K
H2N
,-Y-rH K
0
NH2
Harnstoff
H-NYN-H 0 Glykoluril
Abb. 7.2-4. Aminoplastgrundkorper
min, Glykoluril- oder Harnstoflharze angewendet werden konnen, werden die Melaminharze im folgenden stellvertretend behandelt. Die Produktvielfalt der zur Anwendung kommenden Melaminderivate ist betrachtlich. Ausgehend vom Melamin wird in der Harzsynthese mit Formaldehyd zu NMethylolmelamin umgesetzt und weiter mit Alkoholen - in der Regel Butanol, Isobutanol oder Methanol unter saurer Katalyse acetalisiert (verethert) (Abb. 7.2-5). In Abhangigkeit der zur Harzsynthese eingesetzten Mengenverhaltnisse von Melamin, Formaldehyd und Alkohol werden Harztypen gewonnen, die sich im Gehalt an NH-, CH20H- oder CH20R-Gruppen sowie im Molekulargewicht durch anschlieflende partielle Selbstkondensation nicht vollstandig methylolisierter oder acetalisierter T e e n unterscheiden [7- 181.
243
7.2 Katalysatoren
NH2
R'
+ hohere \R Kondensate
N
R = HICH20H
R,,, N \ R"
=
+ hohere R" Kondensate
R, CH20R'
Abb. 7.2-5. Harzsynthese Melaminharze
Die Vernetzungsreaktionen bei der Aushartung von Kombinationen aus Polyolen in der Regel carboxylgruppenhaltig - und Melaminhanen sind komplex und vielfiltig, in vielen Fallen noch nicht vollstiindig aufgeklirt. Generell verlaufen diese Reaktionen saurekatalysiert, d. h. analog der Katalyse zur Synthese der Amino lasp7-181 tharze, Hauptpfade sind die Umacetalisierung (1) bzw. Acetalisierung (2) (Abb. 7.2-6). ,CH20R
y yN\CH20-@ + ROH /N\
/N\
(1) Umacetalisierung
(2) Acetalisierung
Abb. 7.2-6. Vernetzungsreaktionen mit Polyolen
Auch Carbonsauregruppendes Polyols sind prinzipiell,wenn auch deutlich langsamer, als Nucleophil zur Reaktion mit Melaminharzen bef&igt[7-191. Inwieweit die Reaktion nach einem sN1- oder S~2-MeChaniSmUS verlauft, ist nicht vollstandig geklart, Reaktivitatsunterschiede zwischen primiiren und sekundiren Alkoholen, Carbonsauren und Mercaptanen konnten jedoch auf einen SN2-Mechanismus hindeuten[7-201*[7-21I. Der Vernetzung zwischen Melamin und Polyol iiberlagert ist eine Selbstkondensation des Melaminharzes, stark abhangig vom Melaminharztyp. Wahrend vollveretherte Harze vom HMM-Typ (Hexamethoxymelamin)eine relativ geringe Tendenz
244
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
zur Selbstvernetzung zeigen, mu13 mit diesem Reaktionsweg bei teilveretherten oder imino ru enhaltigen Harzen in erheblichem Umfange gerechnet ~ e r d e n [ ~ - ' ~ ] ' [7-1gl,fi-21!%-221 (Abb. 7.2-7).
Abb. 7.2-7. Selbstkondensation von Melaminharzen
Auch diese Reaktion ist saurekatalysiert, bedarf im Falle reaktiver Harze jedoch lediglich einer schwach sauren Katalyse. Im Prinzip handelt es sich um jene Reaktion, die zur Vorkondensation der reaktiven Melaminharze zur Molekulargewichtserhohung der Lieferform genutzt wird. Aufgrund der Komplexizitatund trotz der zahlreichen Grauzonen zwischen Fremdund Selbstvernetzung der verschiedenen Melaminharztypen wird im folgenden vereinfachend die Katalyse der Fremdvernetzung im Kapitel der HMM-Harze und die der Selbstvernetzung im Kapitel der reaktiven Melaminharze behandelt.
7.2.2.2 Katalyse von HMM-Systemen, Fremdvernetzung Wie im vorangegangenen Kapitel ausgefuhrt, bedarf die Vernetzungsreaktion unter Umacetalisierung (1) einer sauren Katalyse. Als Protonenquelle kommen anorganische Sauren wie Salzsaure, Phosphorsauren und als organische Sauren Carbonsauren oder Sulfonsauren in Betracht. Die Aktivierungsenergie wurde mit 12,5 kcal/ mol, unabhangig vom Sauretyp e r ~ n i t t e l t [ ~Die - ~ ~relative ]. Wirksamkeit verschiedener Katalysatoren ist roportional zur Quadratwurzel des Verhaltnisses der DissoPI, d. h. sie ist direkt abhangig von der Saurestarke. Zur Einziation~konstanten[~-* stellung vertretbarer Hartungsbedingungen werden HMM-Harze nicht mit den relativ schwachen Carbonsauren sondern mit stark sauren Katalysatoren kombiniert, ublicherweise sulfonsaure Katalysatoren wie p-Toluolsulfonsaure (PTSA), Dodecylbenzolsulfonsaure (DDBSA), Dinonylnaphtalinsulfonsaure (DNNSA) oder Dinonylnaphtalindisulfonsaure (DNNDSA).
7.2 Katalysatoren
245
Ein weiteres Instrument zur Steuerung der Reaktivitiit eines Systems besteht in der Variation der Katalysatorkonzentration, da die Reaktionsgeschwindigkeit sich direkt proportional verhalt r7-211. Gangige Konzentrationen fir den Einbrennsektor liegen im Falle der freien Sulfonsauren bei ca. 0,5 %, bezogen auf Festharz. Das Hauptproblem mit freier Sulfonsaure katalysierter (HMM-)Systeme fir den Einbrennbereich besteht in ihrer kritischen Lagerstabilitat, die sich bereits bei nur maBig erhohter Temperatur in Form eines deutlichen Viskositatsanstiegs, ggf. einer verstiirkten Kraterneigung, Glanzschleier oder Ausschwimmeffekten bemerkbar machen kann. Eine Problemlosung der Schere aus hoher Reaktivitat und mangelnder Lagerstabilitat wurde in Form ,,blockierter" oder latenter Saurekatalysatoren gefunden. Durch ein der protonenkatalysierten Umacetalisierung vorgelagertes, temperaturabhangiges Gleichgewicht wird ein der Katalyse durch freie p-TSA vergleichbares Reaktivitatsniveau bei deutlich verbesserter Lagerstabilitat erzielt. Zwei Prinzipien der thermolabilen Sulfonsauredesaktivierung haben sich im Markt bewahrt : Neutralisation durch tert-Amine vom Morpholin-, Pyridin- oder tertAlkylamin-Typ (Abb. 7.2-8) sowie nichtionogene Addukte der PTSA (Abb. 7.2-9). Fiir einige ionogene Blockierungen wurde durch das vorgelagerte Gleichgewicht eine Erhohung der Aktivierungsenergie der Vernetzungsreaktion von 123 auf 21 kcal/mol ermittelt[7-211.
R-SO,H
Abb. 7.2-8. Ionogene Blockierung von Sulfonsauren
Abb. 7.2-9. Nichtionogene Blockierung von Sulfonsauren
R-SO3H
+&'
0
+ NRj
-
0
&
AT
R-SO*-0
R-SO; HNRj
YYOH
Die Dosierung orientiert sich selbstverstandlicham geforderten Reaktivitatsniveau, in der Regel werden fir warmehartende Lacke ca. 0,5-1% Wirksubstanz @-TSA o.a.), bezogen auf Festharz, formuliert, d.h. abhangig vom Molgewicht des Blokkierungsmittels 1-5 % Feststoff des blockierten Katalysators. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Technologien besteht in den signifikant geringeren Leitwerten von Formulierungen auf Basis des kovalenten Adduktes, ein grorjer Vorteil in elektrostatischen Spritzanwendungen. Weiterhin kann beziiglich Einbrennvergilbung die Verwendung kovalent blockierter Systeme vorteilhaft sein. In der Regel weisen ionogen blockierte Katalysatorenim UnterenTemperaturbereich eine signifikant hohere Aktivitat auf als die nichtionogenen Typen. Dieser Umstand ist gepaart mit einer besseren Lagerstabilitit von Systemen auf Basis nichtionogen blockierter Katalysatoren. Ursachlich hangen diese Phanomene mit einer wesentlich effektiveren Blockierung im Falle der kovalenten Bindung zusammen. Die Aktivitatsunterschiede zwischen beiden Blockierungtechnologien sind im Temperaturbereich > 180 "C gering, in Grenzbereichen kann jedoch eine Entscheidung zugunsten der ionogenen Blockierung erforderlich werden.
246
7 Katalytisch wirksarne Verbindungen
In den Abbildungen 7.2- 10 und 7.2- 1 1 sind die Reaktivitaten (Harteentwicklung bei 20 min Hartung) und Lagerstabilitaten bei 60 "C eines HMM-vernetztenden Systems (80120, WeiDlack) auf Basis eines mittelmolekularen, verzweigten Polyesters (DYNAPOL@H 905, SZ 5 mg KOWg) bei Venvendung verschiedener Katalyseprinzipien im Vergleich zur unkatalysierten Variante dargestellt. Die Konzentrationen der Katalysatoren betrugen jeweils auf 0,5 % p-TSA, bezogen auf Festharz. 180
-
.. ,
.. .
- ._
. .. .
. .. . ...-
._.
__ .
.. . ...
. .~
~
-, . .
.~
-.
180 140 - -
-
120 --
c.
.p 100 -c
9 f I
-. 80 60
120 "C
140 "C
180 'C
Hnrtungsternperahrr
Abb. 7.2-10. Harte (Konig) eines Weiljlackes auf Basis DYNAPOL H 90YHMM (80/20) in Abhangigkeit vom Katalysatortyp; Hartung : 20 min
Sehr deutlich wird der katalytische Effekt der sulfonsauren Katalyse gegeniiber einer de facto nicht vorhandenen sauren Katalyse durch die Carboxylgruppen des Polyesterharzes. Das ionogen blockierte System weist in dem hier eingesetzten Konzentrationsbereich eine der freien p-TSA-Katalyse sehr vergleichbare Reaktivitat auf. Wegen der effektiveren nichtionogenen Blockierung tritt ein merklicher katalytischer Effekt erst ab ca. 140 "C ein, der bei 160 "C das Niveau der ionogenen Blockierung erreicht. GroOe Vorteile zeigen die latenten Katalysatoren envartungsgemal3 in der Lagerstabilitat der Formulierungen. Die dargestellte Studie kann lediglich exemplarischen, orientierenden Charakter besitzen, andere VariationsgroDen mit erheblichem EinfluD auf die Hartungsbedingungen wie Molekulargewicht, Saurezahl, Verzweigungsgrad, Glastemperatur und Art der reaktiven Gruppen (Monomerzusammensetzung) des Polyesterharzes sowie generell die Art des Kombinationspartners (Acrylat, Alkyd, Epoxid, etc.) blieben zwangslaufig unberiicksichtigt.
7.2 Katalysatoren
247
50
20
10
0
0
32
64
96 L.0.R.it
128
100
F1
Abb. 7.2-1 1. Viskositatsanstieg (Auslaufzeit (DIN-4) der DYNAPOL@H 905/HMM-Formulierung bei 60 "C
7.2.2.3 Anbieternachweis Freie Sauren Kings Indust. NACURE 155 (DNNDSA) NACURE 5016 (DDBSA) NACURE 1051 (DNNSA) NACURE 5076 (DDBSA) NACURE 4054 (H3P04) K-Cure 1010 @-TSA) Byk-Chemie Anchor Hiils Lehmann + Monobutylphosphorvoss saure Servo-Delden SER-AD FA 192 Hoechst
Additol XK 350,406, XW 335, XW 392
Blockierte Katalysatoren ionogen nicht-ionogen NACURE 3525 (DNNDSA) NACURE 1419 NACURE 1323 (DNNSA) NACURE 5225 (DDBSA) NACURE 2500 @-TSA) NACURE 4167 (H3P04) BYK Catalyst 450 Catalyst S 475 DYNAPOL Katalysator 1203
SERCAT KA 2050
248
7 Katulytisch wirksume Verbindungen
7.2.2.4
Katalyse reaktiver Melaminharzsysteme, Selbstkondensation
Im Gegensatz zur Fremdvernetzung verlauft die Selbstkondensation reaktiver, z. B. iminogruppenhaltiger Melaminharze schneller, so daR aufgrund der Konkurrenzsituation neben angebundenem Polyol groflere Hartsegmentbereiche aus Homokondensat des Melaminharzes im Netzwerk nach der Hartung vorliegen, die im Vergleich zum HMM-Harz zu einer Beeintrachtigung der Harte-/Elastizitatitsbalance und bei gleichem Verhaltnis aus Polyester und Melamin verminderten Bestandigkeiten fiihren kann. Zur Kompensation der Selbstvernetzung, die zur Reduzierung der Vernetzungsstellen fiir das Pol 01 fiihrt, werden derartige Systeme mit hoherem Melaminharzanteil f ~ r m u l i e r t [" ~7 -211. ~~ In einkomponentigen,warmehartenden Systemen ist zur Katalyse der Selbstvernetzung und anteiliger Fremdvernetzung der Carboxylgehalt der Polyole mit 1025 mg KOH/g in der Regel ausreichend. Hohere Reaktivitaten konnen durch zusatzlichen Einsatz der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen stark sauren Katalysatoren oder ihrer blockierten Addukte erzielt werden. Aufgrund der hoheren Reaktivitat ist bei Einsatz freier Sulfonsauren besonderes Augenmerk auf die Lagerstabilitat zu richten. Einen Extremfall stellen die hochreaktiven ,,saurehartenden" Systeme z. B. fiir die Holzlackierung dar, in denen Sulfonsaurekonzentrationen von 1-5 % zur Anwendung kommen und eine Hartun bereits bei Umgebungs- oder leicht erhohter Temperatur (< 100 "C) erlauben[7-263V-251 .
Y-
180
180
140
d
120
.-A
s 100
I
Y
80 /'
5
I
60
40 I
-x-
kovalent block&rt-_
1
20
0
1
100 'C
120 'C
140 "C
160 'C
HILrtungrternperatur pC]
Abb. 7.2-1 2. Reaktivitat eines Polyesterharzes (DYNAPOL" H 905) in Kombination mit reaktivem Melaminharz (Cymelo 325, 70/30) unter verschiedenen Katalyseprinzipien (Weinlack, Katalysatormenge : 0.5 YOWirksubstanz auf Festharz, Hartung : 20 min)
7.2 Katalysatoren
249
In Abbildung 7.2- 12ist die Katalysatorwirkunganhand einer Formulierung auf Basis eines verzweigten Polyesters (Saurezahl 5 mg KOH/g) und Cymel@325 als reaktivem (iminogruppenhaltigen) Melaminharz aufgezeigt. Trotz der relativ geringen Saurezahl wird bereits eine beachtliche Harte durch die Eigenkatalyse des Harzes erzielt. Hoch reaktive Systeme lassen sich durch Einsatz von 0,s% PTSA oder entspr. dosierter Mengen latenter Katalysatoren erzielen. Mit Ausnahme nichtionogen blockierter Katalysatoren miissen dann jedoch erhebliche Konzessionen an die Lagerstabilitiit gemacht werden, wie Abbildung 7.2- 13 zu entnehmen ist. Hier verIaufi lediglich die Viskositatskurve bei Verwendung des nichtionogen blockierten Katalysators identisch mit der nicht zusatzlich katalysierten Variante. 400
--
350
..
300 - /
250 -.
/*
/
! j
/'
200 --
ie
/' /
I
0
Abb. 7.2-13. Lagerstabilitat (Auslaufzeit) des Polyester-basierenden WeiSlackes bei 60 "C und Verwendung reaktiver Melaminharze
7.2.2.5 Allgemelne Formulierungshinweise
Mit Ausnahme der nichtionogen blockierten Katalysatoren fiihrt der Einsatz von Beschleunigern bereits bei moderat erhohten Temperaturen zu einer partiellen Fremdvernetzung bzw. Selbswernetzung der Melaminharze. Da es sich um eine typische Gleichgewichtsreaktion (s. Kap. 7.2.1) handelt, lafit sich die Lage zugunsten der unvernetzten Spezies durch Venvendung von alkoholischen Losemitteln in der
250
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
Formulierung verschieben. Primare Alkohole sind gegenuber sekundarer oder tertiarer zu bevorzugen. Wahrend der Formulierung von katalysierten Lacken ist zu beachten, dalj die Katalysatoren nicht in konzentrierter Form mit anderen gegenuber Sauren reaktiven Komponenten wie z. B. basischen Netzmitteln, Epoxidverbindungen, Korrosionsschutzinhibitoren, UV-Stabilisatoren in Kontakt kommen, d. h., dalj sie separat dosiert und eingearbeitet werden sollten. Die Katalysatoren sollten als Additive nach der Pigmentierung und Komplettierung zugegeben werden, um Adsorptionseffekte an Pigmenten oder partielle Vernetzung durch Erwarmung wahrend des Mahlvorganges zu vermeiden. Im Falle ionogen blockierter Katalysatoren kann unter Umstanden eine Einarbeitung vor der Pigmentierung vorteilhaft sein, da sie Netzmittelcharakter aufweisen konnen. Basische Pigmente und Fullstoffe, basisch nachbehandelte amorphe Kieselsauren oder basisch modifizierte Pigmente, wie z. B. A1203/Zn0 modifiziertes Ti02[7-261, konnen desaktivierende Einflusse ausiiben, so dalj fiir hochreaktive Systeme Kombinationen dieser Typen mit sauren Katalysatoren zu vermeiden sind. Obwohl starke Sauren einen negativen Einflulj auf den Korrosionsschutz haben sollten, durfte der positive Effekt der hoheren Vernetzung uberwiegen. Unterschiede zwischen verschiedenen Katalysatoren durflen u. a. auf unterschiedliche Pigment- und Untergrundbenetzung zuriickzufuhren sein, hangen somit auch vom Gesamtsystem ab und konnen an dieser Stelle nicht detailliert behandelt werden. Fur die Beschichtung von Leichtmetallen kann jedoch die Verwendung von Phosphorsaure (-derivaten) empfohlen werden, da durch sie haufig eine deutliche Haftungsverbesserung erzielt wird. In waflrigen Einbrennlacken sollte die Verwendung freier Sauren als Katalysatoren vermieden werden, da es zu pH-Anderungen und somit zu Viskositatsanderungen oder Koagulationseffekten kommen kann. Empfohlen werden hier die ionogen blockierten Typen.
7.2.3 Polyurethansysteme 7.2.3.1
Einfuhrung
Polyurethane zahlen aufgrund ihres auflergewohnlichenEigenschaftsprofils mittlerweile zu den bedeutendsten Polymerklassen auf dem Lacksektor. Zwar ist ihre Chemie im Vergleich zu den vorher behandelten Melaminharzsystemen wesentlich uberschaubarer und klarer zu strukturieren, die Vielschichtigkeit der Anwendungen macht jedoch an dieser Stelle auch fiir die im folgenden zu erorternden Systeme signifikante Einschrankungen erforderlich. Auf einschlagige Mono ra hien mit vollstandigerem Charakter wird in diesem Zusammenhang verwiesen 7-2 1p"-291. Prinzipiell kann die Polyurethanchemie fiir den Lack- und Beschichtungsbereich in mehrere Untergruppen gegliedert werden (Abb. 7.2-14).
8 P
7.2 Katalysatoren
Urethanmodifizierte Lackharze
~
Isocyanurat- oder biuretbasierend
2K PUR Systeme
25 1
1
blockierte Polyisocyanate 1K warmehartend
polyolmodif iziert
1
1K feuchtigkeitshartend
Abb. 7.2-14. Gliederung PUR-System
Einerseitswerden urethanmodifizierte Lackharze venvendet, um durch das Einfiihren der Urethanstrukturen dem Harzkorper besondere Eigenschaften zu verleihen in der Regel gute Harte-/Elastizitatitsbalance,Chemikalienbestandigkeitoder Trocknungseigenschaften, beispielhafte Harztypen sind TPU -auch losemittelhaltig-, Urethanalkyde, Dispersionen oder strahlenhiirtbare Urethanacrylate. Anwendung finden hier in der Regel monomere Diisocyanate. Andererseitswird die hohe Reaktivitat der IsocyanatgruppengegenuberAlkoholen, Wasser oder Aminen zur Vernetzung bei Umgebungstemperatur oder forcierten Trocknung unter Urethan- oder Harnstoffbildung genutzt. Thermisch reversible Blockierung der Isocyanatgruppen fiihrt zu lagerstabilen, warmehartenden 1 K-Systemen. In diesen Anwendungen kommen nahezu ausschlierjlich Polyisocyanate zum Einsatz. Dieser Strukturiemng iiberlagert ist die Klassifizierung in aromatische und aliphatische Di- und Polyisocyanate. Unterschiede bezuglich Bewitterungs- und Vergilbungsbestindigkeit einerseits und Preis andererseits grenzen die Anwendungsbereiche zwischen aliphatischen (HDI, IPDI, H-MDI) und aromatischen Rohstoffen (TDI, MDI) relativ klar ab. Im folgenden werden daher die fiir den Lacksektor bedeutenderen PUR-Systeme auf Basis (cyc1o)aliphatischer Polyisocyanate schwerpunktmafiig behandelt (Abb. 7.2-14). Vom chemischen Standpunkt betrachtet, reduzieren sich die Vernetzungsreaktionen fiir die zu beschreibenden PUR-Systeme auf zwei wesentliche Typen (Abb. 7.2- 15): Die Urethanbildung durch Reaktion mit Polyolen und die Harnstoffbildung durch Reaktion mit Aminen oder Wasser. Dabei ist die Reaktion zwischen freiem Amin und freiem Isocyanat so schnell, darj eine Nutzung dieses Prinzips - wenn nicht zumindest eine der Komponenten in blockierter oder durch andere Modifizierungen in schwach reaktiver Form vorliegt [7-301*[7-3'1 - fTir den Lacksektor unmoglich ist. Die Reaktionen von Polyisocyanaten mit Polyolen oder Wasser sind hingegen haufig genutzte Prinzipien, sie sind haufig nicht hinreichend schnell, so darj sie einer zusatzlichen Katalyse bediirfen. In der
252
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
R-NCO
+ R'-OH
a) mit Amin
R-NCO
+ R'-NH?
h) mit Wasser
R-NCO+H?O
Urethanreaktion:
- a R-NH
0-R'
R-NH
NH-R'
Harnstoffbildung -+
-
--C
[R-NH,+COz]
-
R-NH
YH
+ COz
R
Abb. 7.2-15. Reaktion von Isocyanaten rnit Alkoholen, Aminen, Wasser
Katalyse von PUR-Systemen auf dem Lacksektor finden neben Sauren in Form von Lewis-sauren Metallkatalysatoren tert-Amine als Lewis Basen Venvendung. Saure Katalysatoren wie vorzugsweise Organozinnverbindungenentfalten ihre katalytische Aktivitat durch eine Erhohung der Carbonylaktivitat der NCO-Gruppe in Form einer Koordination des Carbonylsauerstoffs, wahrend basische Katalysatoren - in der Regel tert-Amine - die Nucleophilie der Reaktionspartner Alkohol oder Wasser erhohen (Abb. 7.2-16)[7-321-[7-341. 6 + 6
R-N=C=O + M
R-N-C-O--M
Katalyse der Lewis-SYure R-OH
+ NR?
6 t h --D
R-O--H--NR,
Katalyse durch tert. Amin
Abb. 7.2-16. Wirkungsweise von PUR-Katalysatoren
7.2.3.2 2K-PUR-Systeme 2K-PUR-Systeme auf Basis aliphatischer/cycloaliphatischer Polyisocyanate sind mittlenveile fest etablierter Bestandteil der Lacktechnologie, Inbegriff fiir hochste Qualitat und Bestandigkeit. Neben den klassischen Anwendungen Autoreparatur-, Flugzeug-, GrolJfahrzeug-, und KunststoMacke werden sie seit ca. 15 Jahren in sowie in Industrie- und HolzlackieTopcoats der Automobilserienlackierung[7~351 rungen fir den qualitativ hochwertigen Bereich eingesetzt. Neben den losemittelhaltigen Lacksystemen finden sie weiterhin Anwendung im Elastomersektor, fiir Sicherheitsgla~er[~-~~I, fiir Kunst~toffglaser[~-~~~, im Bereich der Scheibenummantelung fur Automobile, im Automobilinnenausbau als PVC-Ersatz r7-381 sowie f i r optische A n ~ e n d u n g e n [ ~in- Form ~ ~ ] losemittelfreier oder -armer Systeme. Mittlenveile fortgeschrittene Entwicklungenbetreffen den walJrigen 2 K-PUR-Sektor zur Losemittelreduzierung f i r den industriellen Bereich [7-401.
7.2 Katalysatoren
253
Der Polyisocyanatsektor fiir wetter- und vergilbungsbestandige Lacke wird von Derivaten zweier Diisocyanate, dem aliphatischen Hexamethylendiisocyanat(HDI) und dem cycloaliphatischen Isophorondiisocyanat, (IPDI) (Abb. 7.2- 17) in Form ihrer Isocyanurate dominiert. !!
NCO
Hexamethylendiisocyanat
R Isocyanuratstruktur
Isophorondiisocyanat
Abb. 7.2-17. Hexamethylendiisocyanat-,Isophorondiisocyanat- und Isocyanuratstruktur
HDI-Isocyanurat besitzt aufgrund seiner aliphatischen Struktur Weichharzeigenschaften, wahrend das cycloaliphatische IPDI-Isocyanurat Hartharzcharakter aufweist. Letzteres wird u. a. ein esetzt, um Chemikalienbestandigkeiten gegen atzende Medien zu verbessern[P411,17-421 oder das Antrocknungsverhalten von 2KPUR-Formulierungen zu optimieren. Aufgrund seiner primaren NCO-Gruppenverfiigtdas aliphatischeHDI-Isocyanurat uber eine hohere Basisreaktivitat gegeniiber H-aciden Nucleophilen wie Polyolen oder Wasser als das cycloaliphatisch-sekundire bzw. sterisch gehinderte, primare NCO-Gruppen aufweisende IPDI-Isocyanurat. Abbildung 7.2- 18 zeigt den Reaktivitatsunterschied zwischen HDI- und IPDI- Isocyanurat in einer unkatalysierten Modellreaktion mit 1-Octanol bei 20 "C. Dieser Reaktivitatsunterschied ist prinzipiell auch in der Reaktion mit Wasser festzustellen. Diesem Umstand mu13 generell bei der Formulierung von 2K-PUR-Systemen Rechnung getragen werden. Wahrend bei Verwendung von HDI-Isocyanurat durchaus Katalysatoren geringerer Aktivitat wie Zn-Octoat oder tert-Amine eingesetzt werden konnen, bedarf IPDI-Isocyanurat in der Regel aktiverer Beschleuniger wie
6o 50
Abb. 7.2-18. Modellreaktion von Polyisocyanaten auf Basis von HDI- und IPDIIsocyanurat mit 1-Octanol, unkatalysiert, 20 OC
I
/
20
0
5
10
20
50
100
200
500
254
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
DBTL oder Wismuth-Salze. In Abbildung 7.2-19 sind die Gelierzeiten von 2KPUR-Klarlackformulierungen (60 s, DIN-4,20 "C) auf Basis von IPDI-Isocyanurat (VESTANAT@T 1890, Hiils AG) und eines weichen Hydroxyacrylatharzes (SYNTHALANO HS 86B, Synthopol Chemie) bzw. HDI-Isocyanurat (DESMODURO N 3390) in Kombination mit einem harten Acrylatharz (MACRYNAL@SM 510 N der Hoechst AG) bei Venvendung verschiedener Katalysatoren dargestellt, wobei weniger aktive Katalysatoren mit 0,5 %, bezogen auf Harzanteil (a. H.), aktive mit 0,04% a.H. formuliert wurden. Sehr deutlich wird die geringe Wirksamkeit von Zn-, Sn(I1)- und tert-Aminkatalysatoren, sie weisen vielfach mit 0,5 % ein unbefriedigendes Aktivitatsniveau. Als interessante Alternative zu Sn-Katalysatoren empfiehlt sich ein Bi-Katalysator[7-431. Bemerkenswert an Abbildung 7.2- 19 ist, dalj die Polyisocyanate offensichtlich unterschiedlich stark auf bestimmte Katalysatoren ansprechen: So ist das IPDITrimere sehr unempfindlich gegenuber Sn (11)-Katalysatoren. Generell sprechen HDI-Trimere starker auf Zinnkatalysatoren an. Auch Zn-Katalysatoren, die in relativ hohen Dosen eingesetzt werden mussen, zeigen bei IPDI-Derivaten eine relativ geringe Wirkung. Dibutylzinndilaurat kann als einer der effektivsten und am weitest verbreiteten Katalysatoren fur 2K-PUR-Systeme betrachtet werden. Die einzusetzende Menge hangt sehr stark vom eingesetzten Polyisocyanat (s. Abb. 7.2- 19), dem Kombinationspartner, der angestrebten Reaktivitat und der damit verbundenen Topfzeit ab. Fur Acrylatformulierungen kann als erste Naherung f i r HDI-Systeme eine DBTLKonzentration von 0,001-0,01%, f i r IPDI-Trimer-Systeme 0,Ol-0,1% Cjeweils auf Festharz bezogen) zur Einstellung einer Gelierzeit von Spritzlackformulierungen von ca. 10 h bei 20 "C angegeben werden. 70
60
50
40
20 10 0
Katalysatortyp
Abb. 7.2-19. Wirksamkeit verschiedener Katalysatoren in 2K-Formulierungen auf Basis von IPDI- bzw. HDI Trimerem
255
7.2 Katalysatoren
Weniger aktive Katalysatoren, die in Systemen mit HDI-Isocyanurat verwendet werden konnen, wie Zn-Octoat oder tert-Amine, werden in Groljenordnungen von 0,2-0,5 % empfohlen. Als Faustregel zur Topfzeiteinstellung kann Jerdoppelung der Katalysatorkonzentration bewirkt eine Reduzierung der Gelzeit um 1/3" als erste Naherung angenommen werden. Die Abhangigkeit der Gelierzeit der oben aufgefiihrten Acryl-PU-Formulierungen von der DBTL-Konzentration ist in Abbildung 7.2-20 wiedergegeben. Auch hier werden die unterschiedlichen Reaktivitaten der Basispolyisocyanate sowie ihre unterschiedliche Empfindlichkeit gegenuber DBTL als Katalysator und schwankenden Konzentrationen offensichtlich. Aufgrund seines Weichharzcharakters weisen 2K-PU-Formulierungen auf Basis von HDI-Polyisocyanaten haufig mangelnde Trocknungseigenschafen auf, die nur in begrenztem Umfang durch eine hohere Katalyse behoben werden konnen, da diese wiederum zu einer dramatischen Verkiirzung der Verarbeitungszeit des Naljlackes fiihrt (s. Abb. 7.2-20). Als Alternative zu einer erhohten Katalysatordosierung werden vielfach Gemische aus HDI- und IPDI-Isocyanurat eingesetzt, die eine Verkiirzung der Trocknungszeit mit dem Vorteil einer langen Topfzeit verbinden. In Abbildung 7.2-2 1 ist die Verbesserung des Trocknungsverhaltens einer 2K-AcrylatPU-Formulierung auf Basis von HDI-Isocyanurat und MACRYNAL@SM 510 n durch anteilige Verwendung von IPDI-Isocyanurat dargestellt. Auch in dieser Tabelle wird durch den mit dem IPDI-Isocyanuratgehalt ansteigenden DBTL-Bedarf zur Einstellung vergleichbarer Gelzeiten der Reaktivitatsunterschied zwischen HDI- und IPDI-Derivaten untermauert. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dalj derartige Techniken - vor allem bei hoheren IPDI-Polyisocyanatanteilen (>50 %) - die mechanischen Eigenschaften und die Bestandigkeiten der urspriinglich auf HDI optimierten Formulierung beeintrachtigen konnen und dalj in jedem Fall eine sorgfaltige Priifung erforderlich ist. Bei den zur Katalyse von 2K-Systemen auf Basis von HDI-Polyisocyanaten empfohlenen tertiaren Amine ist anzumerken, dalj sie neben der Urethan- auch die Wasserreaktion be~chleunigen["~~, was im Falle von HDI-Derivaten zu keiner gravierenden Beeintrachtigung des mechanischen Eigenschaftsprofils der Beschichtung fiihren mu& bei hoheren Schichtstarken und hoher Luffeuchtigkeit jedoch uner. I "
- 30 25
i
2o
8'5
10
5
Abb. 7.2-20. Abhangig-
0
___ *.,
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'%. 0..
"..... 3
256
7 Katalytisch uirksame krhindungen Verhaltnis der Festharze HDI-Trimer : IPDI-Trimer 10010 70130 50150
DBTL-Konzentration [% auf Harz] Staubtrockenzeit[min] Pendelharte (Konig, [s]) nach: 4 h 24 h 3d
Endharte
n. d.
0,O 15 120 n. d.
154
45 157
14 154
I88
188
188
0,0075
270 n. d. 35
0,Ol 180
Abb. 7.2-21. Mischungen von HDI- und IPDI-Polyisocyanaten zur Verbesserung der Trocknungseigenschaften.Harze: DESMODUR@N 3390,VESTANATOT 1890 L, MACRYNAL" SM 510 N, OH : NCO = 1 : I , Gelzeit 12-14 h, Spritzauftrag,Schichtdicke ca. 30 pm
wiinschte Blasenbildung oder anderen optischen Filmstorungen zur Folge haben kann. Prinzipiell werden fir 2K-Systeme7 die auf einer reinen Vernetzung durch IPDI-Polyisocyanatenbasieren, tert. Amine nicht empfohlen, da neben der geringen Aktivitat (s. Abb. 7.2- 19) die Feuchtigkeitshartung zu einer erheblichen Veranderung der Filmmechanik fuhren kann. Bei gesattigten Polyestern als Kombinationspartner in 2K-PUR-Formulierungen murj beachtet werden, dalj die Polyestersynthese in der Regel unter Metallionenkatalyse, haufig Sn-Salzen, erfolgt. Derartige Katalysatorriickstande konnen die zur Einstellung einer bestimmten Topfzeit erforderliche DBTL-Menge im Vergleich zu Acrylatsystemen deutlich reduzieren. Ferner konnen batchabhangige, schwankende Restmetallgehalte stark schwankende DBTL-Mengen zur Topfzeiteinstellung zur Folge haben. Gleiches trim auf lactonmodifizierte Acrylatharze zu. Waljrige 2K-PUR-Systeme werden aus verschiedenen Griinden ohne Verwendung eines Katalysators formuliert. Die ubenviegende Anzahl der Metallkatalysatoren ist empfindlich gegenuber Wasser und ,,hydrolysieren" zu inaktiven Salzen. Weiterhin sollten Katalysatoren die Urethanreaktion beschleunigen; da sie in der Regel auch die Wasserreaktion erheblich katalysieren wiirden, ware die Einarbeitung der Polyisocyanate in die wabige Phase erheblich erschwert, eine verstarkte Schaumbildung - auch nach der Applikation - zu beobachten.
Allgerneine Forrnulierungshinweise Katalysatoren werden in der Regel als Bestandteil der Polyolkomponente formuliert. Im Falle von HDI-Polyisocyanaten sollte generell derart verfahren werden, bei IPDI-Polyisocyanaten kann aufgrund der geringeren Reaktivitat in Ausnahmefallen der Katalysator der Polyisocyanatkomponente zugesetzt werden. Da generell in 2K-PUR-Systemen wasserfreie Polyole und Losemittel verwendet werden miissen, ist mit Reaktivitatseinbul3en durch Hydrolyse der Katalysatoren nicht zu rechnen. In vielen Fallen (z. B. DBTL) empfiehlt sich die Verwendung von verdunnten Katalysatorlosungen, um eine leichte Einarbeitbarkeit, vollstandige Durchmischung und exakte Dosierung zu gewahrleisten. In bezuglich Reaktivitat empfindlichen pig-
7.2 Katalysatoren
257
mentierten Formulierungen ist die Einarbeitung der Katalysatoren nach der Pigmentdispergierung ratsam, da Adsorptionseffekte an Pigmenten die haufig sehr geringen Katalysatorkonzentrationen signifikant verandern konnen. In jedem Fall ist eine Topfzeit- und Reaktivitatskontrolle des fertigen Lackansatzes erforderlich. Bei Verwendung neuer Polyolbatches (vor allem : Polyester- und lactonverlangerte Polyacrylatpolyole) ist aufgrund der durchaus schwankenden Restkatalysatorkonzentrationen der Harzherstellung ein orientierender Laboransatz empfehlenswert.
7.2.3.3
Warmehartende1K-PUR-Systeme
Applikationsparameter oder hohe Umriistkosten der Lackieranlagen schranken haufig die Anwendbarkeit von 2K-PUR-Systemen ein und lassen auf den ersten Blick den hohen technologischen Standard dieser Lackharzklasse fiir Tauchanwendungen oder Walzenauftrag nicht zu. Durch geeignete Technologien - der thermisch reversiblen Blockierung von NCO-Gruppen - wird dieser hohe Standard jedoch auch solchen Applikationen zuganglich gemacht. Derartige einkomponentige, warmehartende PUR-Systeme konnen in ihren Bestiindigkeiten und mechanischen Eigenschaftsprofilen den 2K-PUR-Systemen durchaus nahe kommen. Hauptanwendungsfelder der blockierten aliphatischen Polyisocyanate sind hochwertige Einbrennlackierungen auf den Gebieten: -
Coil- und Can-Coating wegen ihrer hohen Witterungsstabilitat, der hervorragenden Verformbarkeit und Sterilisationsbestandigkeit unter sauren Bedingungen Automobilerstlackierung fiir witterungsbestandige und auch gegen sauren Regen resistente Decklackierungen [7-451 oder auch fiir Steinschlagschutzfiiller Pulverlackierungen fiir witterungsbestandige Ausenanwendungen
Die Blockierung der NCO-Funktion, deren Prinzip in Abbildung 7.2-22 beschrieben ist, kann prinzipiell aus einer Fulle H-acider Komponenten gewahlt werden, de facto haben sich jedoch nur einige wenige durchgesetzt: Caprolactam als Universalagens fiir PUR-Systeme mit Einbrenntemperatwen > 160 "C wie Coil- und Pulverlackanwendungen sowie MEK- bzw. Acetonoxim fiir den Niedertemperaturbereich L 130 "C, der fiir Automobilanwendungen relevant ist. Blockierungen mit Malonester- bzw. Acetessigesterderivaten ermoglichen hohe Reaktivitaten, fiihren aber gleichzeitig zu limitierten Lagerstabilitaten der 1K-Formulierungen und finden lediglich im Automobilbereich E i n ~ a t z [ ' - ~ ~ ] .- E [ ~ine - ~in ~ ]zunehmendem Umfang genutzte Blockierungstechnologie ist die interne, blockierungsmittelfie Blockierung via Uretdionstrukturen fiir den Pulverlackbereich (s. Abschn. 3.4)[7-491.
AT
Abb. 7.2-22. Blockierung von PIC; a) warmehartende 1 K-Systeme,Vernetzung
0
8 AT
258
7 Katalytisch wirksame Verhindungen
Von den zwei prinzipiell denkbaren Vernetzungsmechanismen- einer Addition der Polyolkomponente an das blockierte Polyisocyanat mit anschlieljender Abspaltung des Blockierung~rnittels[~-~~~ oder einer der Urethanreaktion vorgelagerten Deblockierung - wird mittlenveile aufgrund zahlreicher Studien zu diesem Thema letzterer f a v o r i ~ i e r t [ ~-[7-531. - ~ ~ ]Da in diesem Zusammenhang Gleichgewichte zwischen blockierten Polyisocyanaten einerseits und Blockierungsmittel und freiem Isocyanat andererseits angenommen werden konnen, leiten sich fiir die Reaktivitat eines 1 KPUR-Systems einige relevante Konsequenzen ab : In einer Reihe homologer Blockierungsmittel hangt die Deblockierungstemperatur in erster Naherung vom Siedepunkt des Blockierungsmittels ab, da niedrigsiedende Blockierungsmittel schneller aus dem Gleichgewicht entfernt werden. Andererseits kann das Gleichgewicht zugunsten der Deblockierung verschoben werden, indem die zweite Komponente, das Polyisocyanat, durch beschleunigte Bildung des stabileren Urethans abreagiert. Hier ist der Ansatzpunkt fur die Katalyse von 1K-PUR-Systemen zu sehen. In der Regel finden hier die gleichen Katalyseprinzipien wie bei den 2K-PUR-Formulierungen Anwendung, d. h. uber Lewis-Saure-Katalysatoren. Generell sind hier jedoch deutlich hohere Katalysatordosierungen einzusetzen, um eine signifikante Reaktivitatssteigerung zu erzielen. Im Falle von DBTL werden Konzentrationen von 0,2-0,5 %, bezogen auf Festharz, empfohlen. Abbildung 7.2-23 zeigt den Einflulj der Katalysatordosierung auf die Reaktivitat eines als Weiljlack formulierten 1K-warmehartenden Acrylat-PUR-Systems auf Basis eines Oxim-blockierten IPDI-Polyisocyanates (VESTANAT@B 1358 A, Huls AG). Bereits eine Konzentration von 0,1% fuhrt zu einer drastischen Reduktion von Hartungstemperatur und -zeit. Die weitere Erhohung der Katalysatormenge von 0,5 auf 1,0% zeigt nur noch geringe Wirkung. 60
.
-
7.
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50
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- o - unkat ..-.. 0.10% - 0,20%
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20
10
I
O l 120
140
130
Halrtungstampentur p
150
q
Abb. 7.2-23. Einflulj DBTL-Konzentration auf Reaktivitat eines Oxim-blockierten 1 KAcry lat-PUR-Systems
7.2 Katalysatoren
259
Neuentwicklungen auf dem Sektor der Sn-Katalysatorendeuten darauf hin, dal3 mit aktiveren Katalysatoren weitere Steigerungen in der Reaktivitat moglich sind, so daR u. U. Oxim-blockierte Polyisocyanate bereits bei 120 "C ausgehartet werden konnten [7-541. Die Aktivitat einiger marktgiingigerKatalysatoren-vonviegend Sn-Katalysatorenist in Abbildung 7.2-24 dargestellt. Studiert wurde wiederum ein TiOz-pigmentiertes 1K-System auf Basis des Oxim-blockierten IPDI-Trimeren (VESTANAT@B 1358 A, Huls AG) in Kombination mit einem Acrylatharz (SYNTHALAN@HS 86 B, Synthopol Chemie). Die Katalysatoren wurden auf gleichen Metallgehalt der Formulierung, 0,5 % DBTL a. H. entsprechend, dosiert. Wie bereits in der Studie fiir 2K-Systeme dargestellt, entfaltet DBTAc eine dem DBTL sehr vergleichbare Aktivitat, wahrend Monobutylzinntrisoctoat (MBTS) und ein Bi-Katalysator (COSCAT@ 83)[7-431eine signifikant geringere Aktivitat zeigen. Es ist interessant festzustellen, dal3 im Falle von MBTS der Unterschied zum DBTL bei hoheren Temperaturen geringer ausfillt. WaRrige PU-Einbrennlacke gewinnen vor allem in der Automobilindustrie - neben dem klassischen Anwendungsgebiet der KTL - auf dem Gebiet der Fuller zunehmend an Bedeutung. Die zuvor besprochenen hoch aktiven Sn-Katalysatoren fiir den losemittelhaltigen Sektor konnen hier nicht eingesetzt werden, da sie vom Losemittel Wasser hydrolysiert und inaktiv werden. Mittels Mercapto- undloder chelatisierender Liganden konnen hydrolysestabile Sn(1V)-Katalysatoren realisiert ~ e r d e n [ ~ -Durch ~ ~ ] .die Stabilisierung gegen Hydrolyse werden die Sn-Atome jedoch effektiv abgeschirmt, so daR sie in ihrer Aktivitat deutlich unter der des
\ 40
1
OC 120
140
130
Hlrtungsbmpwatur ('C)
Abb. 7.2-24. Reaktivitat von 1 K-PUR-Systemen in Abhingigkeit vom Katalysatortyp
260
7 Katalytisch wirhame Verbindungen
DBTL oder vergleichbarer Typen liegen. Hartungstemperaturen von < 140 "C konnen in der Regel mit Oxim-blockierten Polyisocyanaten nicht venvirklicht werden.
Allgemeine Formulierungshinweise Warrnehartende 1K-PU-Systeme werden in der Regel katalysiert. Aufgrund der Hydrolysempfindlichkeit der Katalysatoren sollten die Polyole und Losemittel weitgehend wasserfrei eingesetzt werden. Zur Vermeidung von Adsorptionseffekten an Pigmenten ist es empfehlenswert, den Katalysator nach dem Mahlvorgang zuzusetZen, um Reaktivitatseinbuflen zu vermeiden. Besonders in Systemen, die uber amorphe Kieselsauren mattiert werden, konnen Wasser und Adsorptionseffekte nicht ausgeschlossen werden. Hier empfehlen sich spezielle Katalysatorzubereitungen wie z. B. DYNAPOL@Katalysator C 3 1 (Hiils AG).
7.2.3.4 Polyurethan-Pulverlacke Polyurethan-Pulverlacke basieren in der Regel auf caprolactam-blockierten Polyisocyanaten als Harterkomponente, Oxime finden in dieser Anwendung wegen der verstarkten Einbrennvergilbung im Bereich hoher Schichtdicken keine Beriicksichtigung. Derartige Systeme werden nicht in jedem Fall katalysiert, haufig wird DBTL in 0,15 YOempfohlen. Im Falle der moderneren internen Blockierung auf Basis von Uretdionstrukturen (Abb. 7.2-25) wird jedoch ein deutlicher Katalysatoreinflulj beobachtet. Abbildung 7.2-26 zeigt die Abhangigkeit der Gelzeit eines PUR-Pulverlackes auf Basis IPDIUretdion und eines Polyesters bei 200 "C in Abhangigkeit von der DBTL-Konzentration (die zur Synthese der Uretdion-basierenden Harze notwendigen geringen DBTL-Mengen blieben unberiicksichtigt). In typischen Formulierungen werden 0,15 % DBTL empfohlen. Die Einarbeitung des Katalysators erfolgt uber ein Masterbatch mit einem DBTL-Gehalt von ca. 10%. 0
1 I
R -N
A
Y 0
7.2.3.5
N-R
AI
2R-NCO
Abb. 7.2-25. Uretdion als intern blockierter Vernetzer
Feuchtigkeitshartende 1K-PUR-Systeme
Im Vergleich zu den ebenfalls bei Umgebungstemperatur hartenden 2K-PUR-Systemen nimmt die Produktklasse der in der Regel auf dem cycloaliphatischen IPDI basierenden, vergilbungsstabilen, feuchtigkeitshartenden NCO-Prepolymeren zwar eine Nischenstellung ein, sie erfreuen sich jedoch zunehmender Beliebtheit fi r den Bereich der Kunststofflackierung, Kork-, Betonbeschichtung, Korrosionsschutzsysteme und der Dickschichtsysteme fur die Balkon- und Dachsanierung. Hervorste-
7.2 Katalysatoren
26 1
I
0
0.1
0,05
0.15
DBTL-Konz. (34)
Abb. 7.2-26. DBTL-EinfluS auf die Gelzeit eines Pulverlackes auf Basis IPDI-Uretdion bei
200 "C
chende Merkmale dieser Harzklasse sind: Hohe Elastizitat bei hoher Harte, sehr gute Haftung auf verschiedensten Substraten, hohe Chemikalienbesandigkeit und problemloses Durchhartungsverhalten bei niedrigen Temperaturen undoder hoher Luftfeuchte. Die Reaktivitat IPDI-basierender Prepolymere gegenuber Wasser ist als relativ gering einzustufen, so da13 sie fiir ein befiiedigendes Durchhartungsvermogen einer zusatzlichen Katalyse bediirfen. Wie bereits unter Abschnitt 7.2.3.1 ausgefiihrt, wird die Reaktion von Isocyanaten mit Wasser durch tertiare Amine katalysiert. Standardtyp fiir derartige Anwendungen ist Diazabicyclo[2.2.2.]octan (Triethylendiamin, DABCOB crystal, Air Products Inc.), das je nach gewiinschter Reaktivitat mit 0,2-0,8%, bezogen auf Festharz, eingesetzt wird. Bewahrt hat sich die Ausnutzung synergistischer Effekte durch Mitverwendung von Zinnkatalysatoren, z. B. DBTL, in einer Konzentration von ca. 0,1% (s. Abb. 7.2-28). Amidine wie 1,8-Diazabicyclo[5.4.0.]undec-7-en (POLYCAT@DBU, Air Products Inc.) zeigen eine im Vergleich zu DABCO hohere Aktivitat, so dal3 0,2% in der Regel ausreichend sind. Der Katalyse der ,,Isocyanathydrolyse" ist die Freisetzung von C02 immanent (s. Abb. 7.2-15), so dal3 im Bereich sehr hoher Schichtdicken mit Blasenbildung durch entweichendes COz gerechnet werden mu& Zur iiberwindung dieses Problems werden haufig Komponenten mitverwendet, die durch ein vorgelagertes Gleichgewicht mit Wasser reagieren und das Hydrolyseprodukt anschliefiend mit dem Prepolymer ohne COz-Bildung vernetzt. Dabei handelt es sich um hydrolyseempfindliche Sub-
262
7 Katalytisch wirksame krhindungen
stanzen vom Aldimin-, Ketimin- oder Oxazolidintyp (z. B. VESTAMINO A 139 (Aldimin, Huls AG), Harter OZO (Bisoxazolidin, Bayer AG), die unter dem Einflulj von Feuchtigkeit in Diamin und Aldehyd bzw. Keton riickspalten (Abb. 7.2-27).
R-NzCH-R'
+ HzO
--*
R-NHz
+ R'-CHO
+R-NCO
R"-NH
Abb. 7.2-27. Verwendung von Aldiminen zu Hartung von Isocyanaten
Ketimine weisen jedoch den Nachteil auf, mit Prepolymeren auch in Abwesenheit von Wasser zu reagieren, so dalj nicht von einer Einkomponentigkeit ausgegangen werden kann[7-561.Aldimine enveisen sich aufgrund der hoheren Elektonegativitat des Aldehyds als wesentlich stabiler, systemabhangig sind Lagerstabilitaten von Klarlacken von mehreren Monaten durchaus erzielbar. Haufig werden diese blokkierten Diamine jedoch kurz vor der Verarbeitung zugesetzt, so dalj ihr stark beschleunigender Charakter ohne Einbuljen in der Lagerstabilitat ausgenutzt werden kann. In der Regel wird die Stochiometrie auf 50 % der umzusetzenden NCO-Gruppen eingestellt. Abbildung 7.2-28 zeigt den Einflulj verschiedener Katalysatorprinzipien auf die Antrocknung eines feuchtigkeitshartenden IPDI-Prepolymers (VESTICOATO UT 994, Huls AG).
Katalysatortyp (YObezogen auf Festharz) unkatalysiert 0,l YODBTL 0,4% DABCO 0,4% DABCO 12,7% VESTAMIN O,l% DBTL A 139
Staubtrocken-
zeit (h) Klebfreiheit
43h
3h
2,5 h
2h
0,75 h
(manuell)
3h
2,25 h
2,25 h
1,l h
0,5 h
Harte Konig nach 1 d in YO des Endwertes 65
75
85
96
91
Abb. 7.2-28. Katalyse von feuchtigkeitshartenden IPDI-Prepolymeren
Oxazolidine sind wesentlich reaktionstrager als Aldimine, angemessene Reaktivitaten sind nur unter Mitvenvendung von Katalysatoren erzielbar : Unter saurer Katalyse von ca. 0,5 % Carbonsauren oder -anhydriden (HHPSA, Methyl-HHPSA, Salicylsaure, 2-Ethylhexansaure, Olsaure) wird die Hydrolyse des Oxazolidins beschleunigt, die dadurch freigesetzten Hydroxylgruppen bedurfen - sofern erwiinscht - einer Urethankatalyse durch z. B. DBTL zur V e r n e t ~ u n g [ ~ Bisoxazo-~~]. lidine (Harter OZ, Bayer AG) werden in der Regel stochiometrisch eingesetzt,
7.2 Katalysatoren
263
wobei jedoch die Stochiometrie auf reine Harnstoff- (Funktionalitat 2) oder auf Harnstoff- und Urethanreaktion (Funtionalitat 4) bezogen sein kann. Generell bleibt anzumerken, dal3 bei der Formulierung von feuchtigkeitshartenden Prepolymeren auf weitestgehenden FeuchtigkeitsausschluS von Losemitteln und Pigmenten m achten ist. In neuerer Zeit wurden verschiedene, einfach anmwendende Verfahren zur Bindung von Restfeuchte durch Verwendung calcinierten Aluminiumsulfates Giulini-Chemie), Calciumoxid (BYK-Chemie) oder Monooxazolanen entwickelt 7-581y [7-591.
!
7.2.3.6 Anbieternachweis Metallkatalysatoren
tert-Amine
Blockierte Harter
fir Feuchtigkeitshlirtung Air Products
DABCO T 9 (Sn-oct.) T 12 (DBTL)
Elf-Atochem
FASCAT-Reihe (Sn)
Acima
METATIN-Reihe (Sn)
Ciba-Geigy Hiils
IRGASTAB DBTL VESTICOAT Katalysator VESTAMIN A 139 C 31 DESMORAPID PP
Bayer Caschem
DABCO crystal POLYCAT DBU
Harter OZ
COSCAT 83 (Bi) COTIN 200 (DBTL) OCTASOLIGEN-Zn (Zn-octoat)
Borchers Industrial Copolymers
INCOZOL-Reihe
Angus-Chemie
ZOLDINE-Reihe
7.2.4
Epoxidharzsysteme
7.2.4.1 Einfuhrung
Aufgrund der Vielseitigkeit der moglichen Kombinationspartner und der Anwendungen, der in der Regel durch sie verliehenen hohen Chemikalienfestigkeitenvon Beschichtungen und aufgrund ihres attraktiven Preises zahlen Epoxidharze zu den bedeutendsten Harzvertretern in der Lacktechnologie.
264
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
Die Vielseitigkeit dieser Harzklasse ist nicht zuletzt auf die Reaktionsfreudigkeit der Epoxidgruppen zuriickzufuhren, die mit hochreaktiven Nucleophilen wie Aminen gut verarbeitbare 2-Komponentensysteme aber auch mit weniger reaktiven Vertretern wie modifizierten Polyphenolen, Polyolen oder Polycarboxylaten warmehartende Einkomponentensysteme ermoglicht. Die Vernetzung von Epoxidharzen erfolgt in der Regel uber eine nucleophile Offnung des Oxiranringes durch polyfunktionale, H-acide Nucleophile (Abb. 7.2-29)[7-601.Die Geschwindigkeit der Addition einer funktionellen Gruppe an den Oxiranring hangt envartungsgemal3 von ihrer Nucleophilie ab und ist f i r die bedeutendsten Gruppen in einer Reihe Amine %Saure z Phenole > Alkohol einzu~tufen[~-~~].
Nu-H+
A - do”
Abb. 7.2-29. Oxiranoffnung
Wie in Isocyanat- und in Melamin-vernetzenden Systemen mu13 die Vernetzung von Epoxysystemen haufig katalytisch unterstutzt werden, wobei prinzipiell basische oder saure Katalysatoren - letztere jedoch bevorzugt - zum Einsatz kommen. Im Falle der sauren Katalyse geht man von einer Polarisierung der C-0-Bindung durch Anlagerung des Katalysators an den Oxiran-Sauerstoff aus, die die Ringoffnung durch das Nucleophil erleichtert (Abb. 7.2-30)[7-601. Da prinzipiell die entstehende sekundare OH-Gruppe ebenfalls als Nucleophil fungieren kann, besteht bei der sauren Katalyse die Gefahr einer partiellen Homopolymerisation des Epoxidharzes und somit einer nicht exakt definierten Vernetzung, die zu schwankenden Eigenschaftsprofilen der Beschichtung fuhren kann. Wenn auch nicht so ausgepragt, ist diese Situation der sauren Katalyse von Melamin-vernetzenden Systemen vergleichbar. H-X+
A
&R b
~
Nu-H
-+ HX
Nu OH
Abb. 7.2-30. Saure Katalyse
Basische Katalysatoren wirken in der Regel durch Aktivierung des Nucleophils, indem die H-acide Gruppe zumindest partiell deprotoniert wird und somit eine hohere Nucleophilie erhalt. In diesem Fall wird eine deutlich gerin ere Tendenz zur Homopolymerisation des Epoxidharzes beobachtet (Abb. 7.2-3 1) &60] . Im folgenden sol1 auf die Katalyse der drei wichtigsten Vertreter der Epoxidharzsysysteme eingegangen werden : Den zweikomponentigen Epoxy/Aminsystemen, den warmehartenden Epoxy/Carboxy- und Epoxy/Phenol-Formaldehyharzsystemen.
Abb. 7.2-31. Basische Katalyse
7.2 Katalysatoren
265
7.2.4.2 Epoxy-Amin-Systeme Epoxydharze sind gegenuber Di- und Polyaminen hoch reaktiv, die Umsetzung setzt bereits bei Umgebungstemperatur ein, so dalj es sich prinzipiell um zweikomponentig zu verarbeitende Systeme handelt. Die Reaktivitat fallt in der Reihe aliphatische > cycloaliphatische > aromatische Amine. Grolje Anwendung finden 2KEpoxy-Amin-Systeme auf Basis von Bisphenol A-Derivaten im Bereich Beton-, Bodenbeschichtung sowie im Korrosionsschutz. Obwohl die Geschwindigkeit der Epoxy-Amin-Umsetzung vielfach hinreichend hoch ist, kann in manchen Fallen eine zusatzliche Katalyse zur schnelleren Aushartung hilfreich sein. Vor allem fiir die etwas reaktionstrageren cycloaliphatischen Diamine ist eine Katalyse zur besseren Durchhartung bei niedrigen Umgebungstemperaturen Stand der Technik. Die Reaktion von Aminen mit Epoxiden wird in der Regel durch saure Katalysatoren wie Carbonsauren - sofern sie nicht unlosliche Salze bilden -, Phenole oder Alkohole beschleunigt, wobei die Aktivitat in erster Naherung mit dem pK,-Wert korreliert. Haufig verwendete Katalysatoren sind saure Katalysatoren wie z. B. Salicyl-, Milchsaure oder hydroxylgruppenhaltige (phenolische) tert-Amine wie tris(Dimethylaminomethy1)-Phenol.Die besondere Wirkung der letztgenannten Kata90
70
80
c 50
I
40
30 20 10 0
Abb. 7.2-32. Gelzeit von 2K-Epoxidharzformulierungenbei Verwendung verschiedener Katalysatoren. Zusammensetzung: 50g VESTAMIN@IPD, 44g Benzylalkohol, 6g Katalysator, 219g Epikote 828, Priifung: 200g, Ansatz ,23 "C Badtemperatur
266
7 Katalytisch wirksame Verbindungen
lysatortyps wird auf die Kombination aus basischem Katalysator und saurer OHGruppe zuriickgefihrt, bei der die OH-Gruppe ijbergangszustande der Katalyse durch Wasserstoflbriickenbindungen stabilisieren kann. Vereinfacht handelt es sich um eine Mischung der Mechanismen aus Abbildung 7.2-30 und 7.2-3 1 r7-601. Bei der haufig anzutreffenden Venvendung von Benzylalkohol in Epoxy/Aminformulierungen wird neben dem katalytischen Effekt der Hydroxylgruppe besonders der weichmachende Charakter, der zu einer hoheren Beweglichkeit der funktionellen Gruppen und somit einer besseren Durchhartung Ehrt, genutzt. Die Effektivitat von Katalysatoren mit verschiedenen Katalysatorprinzipien ist am Beispiel des Isophorondiamins (IPD) in einer Formulierung mit einem BisphenolA-Harz aufgezeigt Abbildung 7.2-32, wobei auf gleiche Massenteile Katalysator eingestellt wurde. Die gangigsten Katalysatoren im losemittelfieien 2 K-Epoxybereich sind tris-(Dimethylaminomethyl)-Phenol und Salicylsaure. Die Konzentrationsabhangigkeit der Salicylsaurekatalyse auf die Gelzeit ist in Abbildung 7.2-33 dargestellt. Praxisubliche Katalysatorkonzentrationen liegen bei ca. 2 %, bezogen auf Bindemittel. Wie Benzylalkohol werden die Katalysatoren generell in die Aminkomponente formuliert. Salicylsaure als Feststoff mu13 in der Regel in Benzylalkohol vorgelost werden und fuhrt zu hoherviskosen Harterformulierungen. Milchsaure Ehrt zu gerin70
60
50
.-
40
g
5
8 30 20
10
0.-
0
0,3
0,6
0,s
I
Konzentration Salicvl&iure
1.3
1.6
2
I%l
Abb. 7.2-33. EinfluS der Salicylsaurekonzentrationauf die Gelzeit einer 2K-Epoxidharzformulierung. Zusammensetzung: 50g IPD, 50-x g Benzylalkohol, x g Katalysator, 219 g Epikote 828, Priifung: 200g-Ansatz, 23 "C Badtemperatur
7.2 Katalysatoren
267
gerer Verfirbung der Harterkomponente, besitzt aber den Nachteil von Loslichkeitsproblemen bei niedrigen Temperaturen. Pis-(Dimethylaminomethy1)-Phenol zeigt geringere katalytische Aktivitat als Salicylsaure, ist dariiber hinaus sehr geruchsintensiv und fiihrt im Vergleich zu anderen Katalysatoren zu sproderen Beschichtungen.p-Toluolsulfonsaure zeigt seinem pK, entsprechend eine hohe katalytische Aktivitat, kann jedoch haufig zu Unvertraglichkeiten fiihren. In vielen Fallen werden bzgl. Katalyse optimierte Harterformulierungenbzw. Katalysatorzubereitungenvon Systemlieferanten angeboten.
7.2.4.3
Epoxy-Carboxy-Systeme
Neben einer begrenzten Anwendung im Bereich losemittelhaltiger Automobildeckl a ~ k e [ ~ besitzt - ~ ' ] das auf der Reaktion zwischen Epoxid- und Carboxylgruppen beruhende Vernetzungsprinzip uberragende Bedeutung im Pulverlacksektor in Form von ,,Hybrid-Systemen" auf Basis hohermolekularer Bisphenol-A-Epoxidharze und carboxylgruppenhaltiger Polyester bzw. auf TGIC als vergilbungsstabiler EpoxyHarterkomponente in Kombination mit carboxylierten Harzen fiir wetterstabile Sy~ t e m e [ ~ - ~Pulverlacke *]. auf Basis hochreaktiver Epoxy-Carbox -Systeme sind Basis einer neuen Klarlacktechnologie fir den Automobilbereich[ 631. Carbonsauren stellen schwacheNucleophile dar und sind somit gegenuber Epoxidharzen verhaltnismaljig reaktionstrage. Eine schnelle Vernetzung erfolgt nur bei erhohter Temperatur und in der Regel unter Verwendung von Katalysatoren, die zur Erhohung der Nucleophilie der Carbonsaure basischen Charakter besitzen (s. Abb. 70.2-3 1)[7-641 Die Reaktivitat unkatalysierter Systeme hangt direkt von der Saurestarkeab. So addieren sich Sulfonsauren bereits bei Um ebungstemperatur unter Warmetonung an Epoxidharze, wahrend mit Adipinsaure15-651 150 "C fiir einen vollst. Umsatz der Epoxidgruppen benotigt werden. Im unkatalysierten Fall mulj generell mit einer Selbstvernetzung des Epoxidharzes als Konkurrenzreaktion gerechnet werden, da die im System befindlichen Carbonsauren die Addition freier Hydroxylgruppen an die Oxirangruppe katalysieren (s. Abschn. 7.2.4.1). Als basische Katalysatorenzeigen zwar auch anorganischeBasen einen beschleunigenden Effekt, waren somit prinzipiell zur Vernetzung von Lackharzen geeignet, tert-Amine erweisen sich jedoch als effizienter und vertraglicher. In letztgenannte Produktgruppe sind prinzipiell auch Amidine und Imidazole einzuordnen. ,,Hybrid" - oder TGIC - Pulverlacke weisen haufig bereits eine fiir den ublichen Hartungsbereich ausreichende Reaktivitat auf, was auf die verwendeten Monomere bzw. auf die zur Herstellung benutzten Katalysatoren zuriickzufiihren ist, fiir hoch reaktive Systeme mu13 jedoch basisch katalysiert werden. Abbildung 7.2-34 zeigt die Abhangigkeit der Gelzeit eines ,,Hybrid"-Pulverlackes in Abhangigkeit von der eingesetzten Mengen eines Amidin-Katalysators bzw. -Harters. In ahnlicher Weise und Dosierung konnen andere tert-Amine wie DABCOB, Amidine oder auch N-Heterocyclen wie I m i d a ~ o l e [ ~eingesetzt -~~] werden. In allen Fallen sollten die Konzentrationen und die Extrusionsbedingungen bei der Homogeni-
2
268
7 Katalytisch wirksume Verbindungen
220 200
E Y 8
180 160
?
-
2 Q .-
140
P)
120
(3
100
80
0
0,l
0,2
0,3
0,4
K a ~ m O W oM n I T u K m 0 $4 yX)
0,5
0,6
Abb. 7.2-34. Abhangigkeit der Gelzeit eines HybridPulverlackes von d& Amidin-
konzentration
sierung sowie die Abkuhlbedingungen sorgfaltig ausgewahlt werden, da derart hoch reaktive S steme unter ungunstigen Bedingungen bereits im Extruder anreagieren konnen[?671.Die basische Katalyse von ,,Hybrid"-Systemen mit tert-Aminen kann zu einer leichten Einbrennvergilbung fiihren, so dalj Weiljlacke in der Regel nicht katalysiert werden.
Die Struktur von Phenol-Formaldehydharzen und die Art der einer Vernetzung zuganglichen funktionellen Gruppen ist komplex und ~ i e l f a l t i g [ ~ - ~,~auch ] ' [ ~die -~~] diesen Abschnitt dominierenden Umsetzungsprodukte von Bisphenol A und Epichlorhydrin sind im weiteren Sinne modifizierte Phenol-Formaldehydharze. Im Bereich vernetzender Lacksysteme sind die Resole und ihre veretherten Derivate in der Gruppe der Phenol-Formaldehydharze von groljer Relevanz. Kombinationen rnit hohermolekularen Epoxidharzen auf Basis von Bisphenol A besitzen uberragende Bedeutung auf dem Sektor Emballagenlacke und hier bevorzugt den Doseninnenschutzlacken ( G o l d l a ~ k e ) [ ~ - ~. I~n~derartigen - [ ~ - ~ ~ ~Systemen liegen mit den sekundaren OH-Gruppen und den Epoxyfunktionen des Epoxidharzes sowie den freien oder veretherten Methylolgruppen und den phenolischen OH-Gruppen der Resolkomponente prinzipiell vier funktionelle Gruppen vor, wobei jedes Harz zur Selbstvernetzung und mindestens zwei funktionelle Gruppen (im Falle der veretherten Resole) zur Reaktion mit der Epoxyfunktion befahigt sind (Abb. 7.2-35)[7-731. Die phenolischen und die sekundar-aliphatischen OH-Gruppen sind, entsprechend ihrer Nucleophilie, gegenuber Oxiranen reaktionstrage, so dalj diese Systeme in der Regel bei hohen Temperaturen (ca. 200 "C) unkatalysiert gehartet werden. Die Verwendung von sauren Katalysatoren fiihrt neben einer hoheren Reaktivitat zu einer starkeren Selbstvernetzung von Epoxid- (s. Abschn. 7.2.4.1) und Resolharz (s. Abschn. 7.2.2) mit der Konsequenz einer hohen Chemikalienfe~tigkeit[~-~~] aber auch der Gefahr einer eingeschrankten Ela~tizitat[~-~']. ijblichenveise finden starke Sauren vom Phosphorsaure- bzw. Sulfonsauretyp in einer Groljenordnung von 0,3-
7.2 Katalysatoren
269
CH~OR
R = HlAlkyl
\r
0 Reaktive Gruppen =
Abb. 7.2-35. Resolhanlhohermolekulares Bisphenol A-Epoxidharz. (Darstellung von phenol, methylol, sekunaren-OH und Epoxidgruppen)
1% Verwendung (bezogen auf wirksame Saure und Festharz), wobei Phosphorsauren haufig zu einer Verbesserung des Korrosionsschutzes fiihren. Phosphorsaure sollte in Glykol-Losemitteln vorgelost sein, um eine bessere Einarbeitung zu gewahrleisten und lokale ijbersauerungen zu vermeiden. Phenol-Formaldehydharzevom Novolaktyp finden breite Verwendung in Kombination mit hohermolekularen EP-Harzen auf dem Pulverlacksektor fiir den HeavyDuty-Bereich ohne Anforderung an Vergilbungsstabilitat[7-681, [7-701*[7-721. Da die Vernetzung hier uber eine Umsetzung der phenolischen OH-Gruppe mit dem Oxiranring erfolgt, wird uber eine Aktivierung der sauren OH-Gruppe mittels basischen Katalysators die Reaktion beschleuni t [7-641. ijblicherweise finden terth i n e oder Imdazoltypen Verwendungf7-641,&OI, V-721, t7-751, V-761-
7.2.4.5
Anbieternachweis tert-Amine
Anchor
Sauren
ANCAMINE K 54 (DMP 30) Anchor (BF3) - BDMA
Bakelite
RUTADUR DMP 30 BDMA
Beschleuniger DT 3 126 VESTAGON B3 1, B55, B68
Hiils
Witco
AMICURE DBU-E AMICURE (Dicyandiamid)
RUTADUR BF~-500 RUTADUR DDS
Ciba-Geigy
Primmer
Kat. f. EP-Pulverlacke
POLYPOX DB POLYPOX DMP 30 Euredur 13
Polypox Salicylsaure
270
7 Katafytisch wirksame Verbindungen
Literatur Literatur zu Abschnitt 7.1 [7-11 Seibt, H., Ullmanns Enzykfopadie, 4. Auflage,Vol. 23, Weinheim,VCH, S. 421 [7-21 Stewart, W. J., ,,Paint Driers and Additives", FSCP-USA., Federation Series Unit 1 1 ( 1969) [7-31 Love, D. J., Pol. Paint Cul. 1 175, Nr. 4146, S. 438 [7-41 Feldman, M., Buono, F., Kirk-Othmer Encyclopedia, New York, Wiley 1979 [7-51 Middlemiss, R. G., 1 of Water-borne Coatings (Nov. 1985), S. 3 [7-61 Sutton, D. A., Farmer, E. H., 1 Chem. SOC.122 (1943) [7-71 Belletikre, S. J., 1 Coating Technology 59, Nr. 752, S. 101 [7-81 Bieleman, J. H., Farbe und Lack 94 (l988), S. 434 [7-91 Hurley, R., Handbook ofcoating Additives, Dekker, New York, S. 485 [7-101 Bieleman, J. H., Pol. Paint Col. J 179, Nr. 4230 [7-113 Karsa, D. R, Bieleman., J. H., Waterborne Coatings and Additives, Roy.Soc.Chem., 1995 [7-121 Nicholson, J. W., Occa Monograph (1985), Nr. 2, S. 1 [7- 131 Bieleman, J. H., Pol.Paint CofourJ. (1 992), Nr. 182, S. 4 I2 [7-141 Bieleman, J. H., Fatipec Briissef 1996, Kongrepbuch, A, S. 1 12 [7- 151 IS0 46 I9 : Driers,for paints and varnishes, Jan. 1982
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[7-401 [7-411 [7-421 [7-431 [7-441
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8 Speziell wirksame Additive Johan Bieleman
Diese Gruppe umfal3t Additive, die wahrend Herstellung, Lagerung oder Anwendung bestimmte Effekte im Lack ergeben. Es handelt sich um Hautverhinderungsmittel, eingesetzt in oxidativ trocknenden Lacken, und urn Lichtschutzmittel, die als Stabilisator gegen die Lichteinwirkung zugesetzt werden. Korrosionsinhibitorenund Biozide zeigen ihre Schutzwirkungsowohl im flussigen Lack als auch im ausgeharteten Lackfilm. Flammhemm-Mittelwerden als Schutzmittel zur Hemmung des Sauerstoffiutrittes in schwerbrennbarenijberzuge eingesetzt. Auch werden in diesem Kapitel die Photoinitiatoren fiir W-hartende Lacke behandelt.
8.1 Hautverhinderungsmittel Johan Bieleman
8.1.1 Einfuhrung Unter Hautverhinderungsmitteln versteht man Additive, die dem Lack zugesetzt werden, um Hautbildung wahrend der Produktion oder Lagerung des Anstrichmittels zu vermeiden. Diese Additive, auch bekannt als Antihautmittel, werden in kleinen Mengen meistens wahrend der Lackherstellung zugegeben oder wahrend des Lackverbrauchs den Restmengen zugesetzt. Hautbildung ist die Folge einer Filmbildung an der Oberflache eines flussigen Lackes oder einer Farbe. Der Mechanismus dieser ungewollten Hautbildung ist identisch mit der Filmbildung nach der Applikation des Lackes. Wir konnen die Hautbildung in folgende Gruppen einteilen: -
Hautbildung als Folge physikalischer Prozesse Hautbildung als Folge chemischer Prozesse Hautbildung als Folge physikalischer und chemischer Prozesse
Hautbildung fihrt nicht nur zum Materialverlust, sondern auch zur Qualitatsminderung des Lackes und sollte deswegen verhindert werden. In diesem Kapitel werden Ursachen, Folgen und Bekampfung der Hautbildung erlautert.
8.1.2
Begriffsbestimmung
Hautverhinderungsmittel: Additive, die die ungewollte Hautbildung auf Lacken, Farben oder Druckfarben verhindern Antihautmittel : Synonym fiir Hautverhinderungsmittel MEKO: Abkiirzung f i r Methylethylketoxim (2-Butanonoxim)
8.1 Hautverhinderungsmittel
275
8.1.3 Ursachen der Hautbildung Hautbildung ist auf eine friihzeitige Filmbildung an der Obefflache des nassen Lackes nuiickzuWen. Aus der Praxis ist die Hautbildung von oxidativ trocknenden Lacken bekannt. Diese Lacke enthalten trocknende ole oder makromolekulare Bindemittel. Beispiele sind lufttrockende Alkydharze, Epoxyester, Urethanalkydharze und viele andere modifizierte Ole. Durch Einwirkung von Sauerstoff geht das flussige Lackbindemittel in den festen Zustand uber. Obwohl das Hautbildungsproblemam haufigsten in oxidativ trocknenden Lacken vorkommt, kann es auch in anderen Systemen aufireten, z. B. in hochpigmentierten Dispersionsfarben und in physikalisch trockenden Losemittelsystemen wie Chlorkautschuk- und Vinyllacken. Im Prinzip ist der Hautbildungsmechanismus identisch mit dem Filmbildungsmechanismus. Als bestimmende Faktoren, die eine Hautbildung verursachen, sind zu unterscheiden[8-'19[8-21: -
Polymerisationsvorgange an der Oberflache in der Dose oder sonstigen Verpakkungen Gelierungseffekte als Folge einer Austrocknung an der Lackoberflache eine Kombination beider Effekte
Hautbildung als Folge von Polymerisationsvorghgen treten in der Praxis besonders in farblosen und pigmentierten Lacken, basierend auf oxidativ trocknenden Bindemitteln, auf.
8.1.4 Folgen der Hautbildung Hautbildung in der Verpackung bedeutet Qualitiitsverlust in mehrerer Hinsicht. Als Folge der Hautbildung kann der Lack nicht sofort verarbeitet werden, die Haut murj zuerst unter Materialverlust beseitigt werden. Es geht nicht nur ein Teil des Lacks verloren, sondern es wurde nachgewiesen, darj die Konzentration an Trockenstoffen in der Haut uberdurchschnittlich hoch ist im Vergleich zum restlichen Lack; daher kann die Hautbildung zu einer Verlangerung der Trocknung des Lackes Ghren. Auch konnen Reste der Haut im Lack zuriickbleiben und als storende Piinktchen oder andere Teilchen im trochnenden Film sichtbar werden. Als Folge hiervon mu13 die Lackschicht abgeschliffen werden, verbunden mit einer erheblichen Kostenerhohung des Arbeitsprozesses. Daher sind die Risiken einer Hautbildung weitgehend zu reduzieren.
276
8 Speziell wirksame Additive
8.1.5 Bekampfung der Hautbildung Zur Bekampfung der Hautbildung konnen mehrere Methoden genutzt werden. Erstens kommt eine Anpassung der Zusammensetzung des Lackes im Frage. So konnen eine Erniedrigung oder Anderung des Anteils an Trockenstoffen oder der filmbildenden Harze zu einer Erniedrigung der Hautbildung fiihren. Dadurch werden jedoch auch generelle Lackeigenschaften wie die Filmbildung nachteilig beeinfluat. Zweitens kann im Falle von oxidativ trocknenden Lacken der freie Raum oberhalb der Lackoberflache mit einer inerten Atmosphare, z. B. Stickstoff, ausgefullt werden. Dadurch wird die flussige Lackoberflache vom Sauerstoff freigehalten. Auch dieses Verfahren hat grolje Nachteile. Bei dieser Methode ware es notwendig, die inerte Atmosphare bei jeder Offnung des GefaDes zu erneuern. Eine andere, sehr einfach durchzufiihrende Methode ist das umgekehrte Lagern des GeGDes; erst bei Venvendung wird das GefaD wieder in seine normale Position gebracht. Diese Methode ist jedoch unsicher, aus Marketinggriinden unattraktiv und wenig brauchbar. Die in der Praxis erfolgreichste Methode zur Bekampfung der Hautbildung von Lacken und Farben ist die Zugabe von Hautverhinderungsmitteln als Additive. Diese Mittel sind in folgende Verbindungsklassen einzuteilen: -
Antioxidantien Blockierungsmittel des Polymerisationskatalysators Losemittel Retentionsmittel
In der Praxis haben sich die Blockierungsmittel des Polymerisationskatalysatorsam besten bewahrt. Hier haben sich besonders die Oxime wie Methylethylketoxime durchgesetzt . Die Hautverhinderungsmittel werden selektiert, wobei folgende Eigenschaften besonders betrachtet werden: -
-
die Wirksamkeit zur Hautverhinderung Vertraglichkeit mit anderen Lackkomponenten Beeinflussung der Trocknungszeit EinfluD auf Verfarbung und Filmeigenschaften EinfluS auf Geruch Viskositat Toxizitat
8.1.5.1
Antioxidantien
Antioxidantien sind organische Verbindungen, die oxidationsfahigen Verbindungen zur Verzogerung von Autoxidationsreaktionen zugegeben werden. Es gibt nur wenig chemische Verbindungen, von denen bekannt ist, daD sie eine oxidationshemmende Wirkung haben. Die bekanntesten Antioxidantien sind Verbindungen auf Basis von Phenolen und Aminen.
8.1 Hautverhinderungsmittel
277
Diese Verbindungen sind jedoch schwerfliichtig und verlangern damit die Trocknungzeit der Lacke. Das hochwirksame Phenol als solches wiirde zugleich die Trocknung zu stark beeinflussen und ist deswegen vollkommen ungeeignet zur Anwendung in oxidativ trocknenden Farben und Lacken. Die Wirksamkeit kann durch chemische Modifizierung der Phenolverbindung reduziert werden. Ein Beispiel ist die ortho-Substitution im Ring durch eine Alkyl-Gruppe. Dennoch zeigen auch diese modifizierten Phenole - auch sterisch gehinderte Phenole genannt - noch eine sehr starke Antioxidantienwirkung, so dalj die Dosierungsmenge sehr niedrig gehalten werden mulj, damit die Trocknung nur noch wenig - innerhalb akzeptabler Grenzen - verlangert wird. BHT (2,6-Di-tert-Butylphenol)gehort zu den am haufigsten eingesetzten Antioxidantien; es wird in vielen Industriebereichen, inklusiv der Farben- und Lackindustrie, eingesetzt. Beispiele fiir phenolische Antioxidantien sind Hydrochinon OH
@ OH
Hydrochinonmethylester (MON) qCH3
9 OH
p-Kresol
2.6-Di-tert-butyl-4-methoxyphenol (BHT)
Guajacol ?H
278
8 Speziell wirksame Additive
o-Isopropylphenol OH
Wirkungsmechanismus Der Wirkungsmechanismus der phenolischen Antioxidantien beruht auf ihrer Reaktion mit den zur Polymerisation wichtigen sauerstoffhaltigen fi-eien Radikalen wahrend des Autoxidati~nsprozesses[~~~~ : ROO. + A H
-
ROOH+A-
(7)
wobei ROOH ein Peroxid und AH ein phenolisches Antioxidanz sind. Das Antioxidanz steht bei dieser Reaktion im Wettbewerb mit den organischen autoxidationsfahigen Substanzen. ROO. + RH + ROOH + R.
(8)
Die Reaktionsgeschwindigkeit[8-11 der wirksamen Antioxidantien ist jedoch vie1 grol3er als die der Autoxidation[8-21.Dabei sollte das entstehende Phenolradikal A. keine Wasserstoffatome von anderen Molekiilen abziehen, d.h es sollte nicht an der Kettenverzweigung teilnehmen: A.+RH
3 AH+R*
(9)
Es wurde festgestellt, dalj gehinderte Phenole sogar zwei Peroxy-Radikale entfernen konnen. Das nach Gleichung (7) primar gebildete Radikal A. kann mit einem weiteren Peroxy-Radikal reagieren:
PhenolischeAntioxidantien als auch sekundare Amine reagieren fast ausschliel3lich mit sauerstofftragenden Radikalen wie Peroxy- und Alkoxyradikalen[*”].
Anwendungen Ubliche Zusatzmengen sind 0,05 bis 0,2 % Antioxidantien berechnet auf die gesamte Menge des Systems. Phenolische Antioxidantien werden beschrankt eingesetzt, hauptsachlich in Druckfarben. Fur Malerfarben sind diese Produkte wegen ihres negativen Einflusses auf die Trocknung - sie entweichen nur auljerst langsam aus der trocknenden Lackschicht - praktisch ungeeignet. In weirjen Lacken fiihren phenolische Antioxidanten leicht zur Vergilbung. Neben der negativen Beeinflussung der Farbe (besonders in Kombination mit Eisenverbindungen werden tiefgefarbte Komplexe gebildet) sind als weitere Nachteile der phenolischen Antioxidantien ihre toxi-
8.I Hautverhinderungsmittel
279
kologischen Eigenschaften und die Geruchsbelastung zu nennen. Antioxidantien nehmen daher als Hautverhinderungsmittelnur eine untergeordnete Rolle ein. Amine werden ebenfalls nur selten als Antihautmittel eingesetzt, da ihre Wirksamkeit nur gering ist und die Nachteile vergleichbar sind mit denen der Phenole (Vergilbung,Verlangerungder Trocknungszeit, Geruchsbelastung). Amine sind dagegen hervorragende Liganden f?ir Trockenstoffe, besonders fiir Cobalt. 8.1.5.2 Blockierungsmittel des Polymerisationskatalysators Weitaus die bedeutendste Verbindungsklasse der Hautverhinderungsmittel ist diese Gruppe. Die Wirkung als Hautverhinderungsmittel kommt durch die Komplexierung des Polymerisationskatalysatorszu~tande[~-~]. Die wichtigsten Vertreter dieser Klasse sind die Oxime. Ihre Struktur wird gekennzeichnet durch die Oxim-Gruppe: >C=NOH. Zu den kommerziell verfiigbaren Oximen gehoren: Methylethylketoxim H
H
H
HC-C-C-CH H
I
H
H
N
0 H
Cyclohexanonoxim H
Acetonoxim " H 5 -
H
5 - CHH 0 w
Methylethylketoxim (MEKO) ist mit Abstand das meist verwendete Hautverhinderungsmittel. Cyclohexanonoxim ist ein festes Material und verdunstet im Vergleich zu MEKO nur aul3erst langsam. Es bleibt deswegen wiihrend der gesamten Trocknungsphase grokenteils in der Lackschicht und verzogert damit die Lacktrocknung. In der Praxis ist seine Verwendung beschrankt auf Druckfarben, wobei dem Antrocknen der oxidativ trocknende Druckfarbe auf der Druckwalze auch bei langem Stillstand uber Nacht vorgebeugt wird. Nachteilig ist die Einarbeitung: das pulveformige Cyclohexanonoxim ist in den ublichen Lacklosemitteln wie den aliphatischen Kohlenwasserstoffen nur schwer loslich.
280
8 Speziell wirksame Additive
Acetonoxim ist ebenfalls ein pulverfdrmiges Material, verdunstet jedoch schneller aus dem Lack als Cyclohexanonoxim. Es ist praktisch ohne Geruch und wird beschrankt eingesetzt in geruchsarmen Lacksystemen.
Herstellung von Methylethylketoxim (2-Butanonoxim) Methylethylketoxim gehohrt als chemische Verbindung zu den Iminen. Die Herstellung geschieht durch direkten Umsatz von Methylethylketon mit Hydroxylamin:
Diese Reaktion wird in der Praxis normalerweise in einem schwach sauren Medium durchgefiihrt, z. B in einem Essigsaurehlatriumacetat-Medium.
Eigenschaften und Anwendung von Methylethylketoxim MEKO ist eine niedrigvikose Fliissigkeit und wird als 100 %iges Material eingesetzt. Charakteristische physikalische Eigenschaften von MEKO werden in Abbildung 8. I - 1 ~iedergegeben[’-~I.
Aussehen : Dichte (20°C): Schmelzpunkt :
farblose, niedrigviskose Fliissigkeit 923 kg/m3
-15 “C 62°C Siedepunkt : 152 “C Saurezahl (DIN 53402) : <1 Geruch : mild Dampfdruck (20 T): 3,5 mbar Verdunstungszahl (Butylacetat = 1 ) : 10
Flammpunkt (DIN 55679), ’C:
Abb. 8.1-1. Physikalische Eigenschaften von Methylethylketoxim
Die Popularitat von MEKO als Hautverhinderungsmittel wird dadurch erklart, da13 es eine hohe Wirksamkeit bei niedrigen Anwendungskonzentrationenhat und kaum Nebenwirkungen zeigt. Anders als es z. B. bei den Antioxidantien den Fall ist, bleibt MEKO nicht permanent im trockenden Film, sondern verdunstet sofort nach der Applikation des Lackes, also wahrend der ersten Phase der Filmbildung. So wird die gesamte Trocknungzeit durch Zugabe von MEKO nicht nachteilig beeinflufit (Abb, 8.1-2). ijbliche Anwendungskozentrationenvon MEKO als Hautverhinderungsmittel in konventionellen Lacken liegen zwischen 0,l und 0,5 %, bezogen auf dem Fertiglack. Die Zugabemengen sind abhangig vom Lacksystem und dessen Neigung zur Hautbildung.
8.1 Hautverhinderungsmittel
Staubfreie Trocknung nach Durchgetrocknet nach Hautbildung nach
28 1
Ohne Antihautmittel
mit 0,2% MEKO
1 h 45 min 4 h 45 min 3d
2h 4h >250 d
Abb. 8.1-2. Trockenzeiten eines Alkydharzlackes in Abhangigkeit von MEKO. Hochglanz-WeiBlack, basierend auf einem langoligen Alkydharz. Sikkativierung : 0,05 YO Co; 0,3% Zr; 0,1% Ca, berechnet auf festes Bindemittel. Trockenzeiten getestet bei: N a b film-Schichtdicke 60 pm,Trocknungstemperatur 23 "C, Luftfeuchtigkeit 65 %.
Sowerden in hochreaktiven oxidativ trocknendenHigh-Solids-Lackenhohere Mengen, bis zu 0,7%, eingesetzt. Diese hoheren Konzentrationen fiihren dazu, daD der Film wiihrend der Trocknung sich nicht sofort schlient. Eine zu schnelle Polymerisation an der Oberflache wiirde das Entweichen von Luft und eingeschlossenen Gasen im trocknenden Lack verhindern. Eine Erhohung der Konzentration an MEKO fiihrt jedoch zu einer Reduzierung der Polymerisationsgeschwindigkeit an der Oberflache. Als Folge dessen kommt es zu einer Erhohung der Sauerstoffaufnahme in der Lackschicht und damit verbunden zu einer Verbesserung des Durchtrocknens und Harte der High-Solids-Lackschicht. MEKO wird vorzugsweise erst kurz vor dem Abfiillen des fertigen Lackes eingearbeitet. Eine friihere Zugabe sofort nach dem DispergierprozeD in den noch warmen Lack ist wegen derverdunstungstendenz von MEKO nicht zu empfehlen. In der Praxis wird aderdem in Verpackungseinheitenmit einem groDen Luftraum oberhalb der Lackobertlache sicherheitshalber noch eine kleine Menge, einer bis etwa 25 %igen verdunnten Losung von MEKO auf den schon abgefiillten Lack gegeben. Dariiber hinaus wird MEKO in der Farb- und Lackindustrie als Blockierungsmittel fiir Isocyanate und Silane eingesetzt.
Wirkungsmechanismusvon MEKO Das Wirkungsmechanismus von MEKO als Hautverhinderungsmittel beruht auf seiner Fahigkeit, die Metallionen der Primartrockenstoffe, Cobalt bzw. Mangan, zu komplexieren[8-61(Abb. 8.1-3).
Co3++ 6 Ox. + [Co (Ox.),$'
wobei Ox. = Methylethylketoxim Abb. 8.1-3. Methylethylketoxim zur Komplexierung von Cobalt
Das stochiometrische Verhaltnis zwischen Cobalt und MEKO sol1 1 : 6 sein. Die gebildeten Komplexe sind im Lack so stabil, daD sie nicht andenveitig umgesetzt
282
8 Speziell wirksame Additive
werden konnen und nicht in der Lage sind, die Oxidationspolymerisation zu beschleunigen. Das Cobalt ist in diesem Zustand als AutoxidationskatalysatorunwirkSam. Das Oxim verdunstet wegen seines hohen Dampfdrucks sofort nach der Applikation und das Metallion wird freigesetzt. Die Primartrockner beschleunigen die Trocknung oxidativ trocknender Lacke als Redox-Katalysator. Wahrend des Trocknungsprozesses wird Lufisauerstoff an den ungesattigten Gruppen der Harzmolekule adsorbiert. In weiteren Stufen werden sich durch die hohe EMK beim Wertigkeitswechsel C O ~ + ’ ~ polymerisierbare + Radikale ausbilden, die letzlich zum getrockneten und ausgeharteten Film fuhren. Hydroperoxidspaltung :
ROOH + co2+ + RO. + co3++ OHROOH + co3+ + ROO. + co2++ H+ 2 ROOH co2+
--+ ROO. + RO. + HzO + co3++ ep 1,8 v
Das mit MEKO komplexierte Cobaltion besitzt diese katalytische Fahigkeit nicht. Damit ist das komplexierte Cobaltion als Katalysator zur Bildung von Radikalen aus den Peroxiden unwirksam. 8.1.5.3 Losemittel
Losemittel wirken als Hautverhinderungsmittel, wobei das Losemittel die polymerisierten Bestandteile, die eine Haut bilden wurden, auflosen. In wal3rigen Anstrichsystemen und Pigmentdispersionen werden organische Losemittel verwendet, die hauptsachlich als Wasserriickhaltemittel wirken (s. Abschn. 8.1.5.4). Nur selten werden mit Additivzusatzmengen, d. h. Dosierungen bis ca. 5 %, zufriedenstellende Resultate erreicht. Die gesamte Lose- bzw. Verdunnungsmittelzusammensetzung spielt dabei eine Rolle. Die Zugabe von Losemitteln, die in Additivmengen eine ausreichend vorbeugende Wirkung zeigen, ist beschrankt auf physikalisch trocknende Systeme, z. B. Chlorkautschuk oder Vinyllacke. Als Losemittel konnen zusatzlich nichttrocknende Ole verwendet werden. Fur oxidativ trocknende Lacke werden beschrankt Terpene wie Terpentinol (s. Abschn. 6.1.2.4) eingesetzt; diese haben selbst einen inhibierenden Einflua auf die Polymerisation des Bindemittels. Als Nachteil der Methode zur Verhinderung von Hautbildung ist zu erwahnen, da13 die rheologischen Eigenschaften des Lackes durch die Losemittelzugabe verandert werden.
8.1 Hautverhinderungsmittel
203
8.1.5.4 Retentionsmittel Retentionsmittel werden zur Verbesserung der Lackbestiindigkeit gegen das Eintrocknen eingesetzt. Wa13rige Pigmentdispersionen, Dispersionsfarben und -1acke enthalten ublicherweise Retentionsmittel, die die Verdunstung des Wassers an der Oberflache verzogern. Die Verdunstung fiihrt zu einer Konzentrationserhohug des Feststoffes und als Folge dessen kann es leicht zu einer Filmbildung an der Produktoberflache bestehend aus Koagulaten der Polymerteilchen oder aus Pigmentflockulaten kommen. Das Retentionsmittel- oder in diesem Falle auch Wasserriickhaltemittel- verhindert das Austrocknen der Farbe. Wird auf solche Mittel verzichtet, so kann es besonders bei angebrochenen Gebinden an Deckeln und Wandungen schon nach kurzester Zeit zu Verkrustungen kommen. Durch Einmischung der getrockneten Partikel in die Dispersionsfarbe werden diese nicht mehr redispergiert, dies kann bei der spateren Applikation zu Streifen- oder Sti penbildungen, zum Verstopfen feiner Dusen oder Siebdruckschablonen fihren[8'7f Bei den Retentionsmitteln handelt es sich um hohersiedende Losemittel wie mehrwertige Alkohole vom Typ Ethylenglykol, 1,2-PropyIenglykol und Glykolether. Nach Applikation des Anstrichssystems, die solche Losemittel enthalten, verbleiben diese Mittel zunachst gro13tenteils im Anstrichfilm und werden langsam an die Umgebung abgegeben. Wird fiir Dispersionsfarben die Anforderung gestellt, diese losemittelfiei einzustellen, so mu13 auf den Einsatz solcher Stoffe als Retionsmittel verzichtet werden. Als losemittelfreie Retentionsmittel werden Polyethylenglykolether eingesetzt ebenso wie Zucker- und Harnst~ffderivate["~~. Auch zeigen manche Verdicker, wie Celluloseether und Polysaccharide wasserriickhaltende Eigenschaften. Polyethylenglykolethergehohren zur Klasse der Tenside und bestehen aus Additionsprodukten von Ethylenoxid an Alkohole. Die hochste Wirksamkeit haben diejenigen mit einer langen Polyglykolkettevon z.B. 15 Ethylenoxid-Einheiten. Der Wirkungsmechanismusbesteht darin, dalj die Polyglykolkette das Wasser infolge Hydratisierung zuriickhalt. Die Oberflachenaktivitat dieser Verbindungen erklart die uberproportionale hohe Konzentration des Mittels an der Oberflache der Farbe. Durch Zugabe der losemittelfreien Retentionsmittel wird die Eintrocknungsbestandigkeit im Vergleich zu rein wanrigen Systemen deutlich verbessert und damit die Neigung zur Hautbildung unterdriickt, jedoch wird die Effektivitat von bekannten Losemitteln wie Ethylenglykol oder 1,2-Propylenglykolnicht ganz erreicht.
8.1.6
Praktische Hinweise
Fur alle besprochene Hautverhinderungsmittel gilt, da13 diese zu einem bestimmten Zeitpunkt der Lackformulierung und Lagerung der Bildung einer Haut bzw. eines ungewiinschten Filmes vorbeugen sollen. Zu einer anderen Zeit, so wahrend der
284
8 Speziell wirksame Additive
Trocknung des Lackes, sol1 das Hautverhutungsmittel jedoch keinen negativen Einflul3 auf die Filmbildung zeigen. Diese Forderungen scheinen in einem gewissen Widerspruch zueinander zu stehen. Besonders wichtig ist es deshalb, die Nebeneffekte der Hautverhinderungsmittel in der Formulierung zu iiberpriifen. An erster Stelle steht die Beeinflussung der Filmbildung. Manche Hautverhinderungsmittel wie die Antioxidantien verzogern unerwiinscht den Filmbildungsprozefl. Oxime verdunsten hingegen zusammen mit dem Losemittel und beeinflussen deswegen die Filmbildung wahrend der Trocknung eines Lackes weniger oder haben iiberhaupt keinen trockungsverzogernden Effekt. Hautverhinderungsmittel mit einer hohen Verdunstungszahl wie z. B. die Oxime werden vorzugsweise wahrend der Auflackphase bei der Lackherstellung zugegeben. Die Zugabe zur Mahlpaste ist wegen der hohen Temperaturen, die wahrend der Dispergierung entstehen konnen, und wegen der damit zu envartenden rascheren Verdunstung des Hautverhinderungsmittels nicht zu empfehlen.
8.1.7 Toxikologische Eigenschaften Methylethylketoxim (MEKO) ist als meist venvendetes Hautverhinderungsmittel nach Anweisung der amerikanischen EPA (Environmental Protection Agency) toxikologisch weitgehend untersucht worden. MEKO ist schon langere Zeit zu kennzeichnen. Untersuchungsergebnisse zeigen, dafl bei langfristiger Exposition zusatzliche Risiken auftreten konnen. Unter anderem sind Veranderungen an roten Blutkorperchen festgestellt worden. Resultate im Rahmen einer Onkogenitatsstudie fuhren zur Erkenntnis, da13 irreversible Schaden nicht ausgeschlossen werden konnen. Die aktuelle Kennzeichnung ist dem Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen. Die biologische Abbaubarkeit von MEKO ist mit >70% (aerobisch aktivierter Schlamm, nach 14 und 18 Tagen) als gut zu bezeichnen. Zur Toxikologie der anderen Hautverhinderungsmittel sei venviesen auf die entsprechenden Sicherheitsdatenblatter.
8.1.8 Handelsprodukte Exkin (SERVO-Delden) Additol (Vianova) Antigel (Schwegmann)
8.2 Lichtschutzmittel Thomas Bolle
8.2.1
Einfiihrung
Bilder fiir die Ewigkeit! Die ersten Zeugnisse menschlicher Kunst stammen aus der spaten Altsteinzeit. Weltberiihmt sind die Tierdarstellungen in den Hohlen von Lascaux im Suden Frankreichs. Einige tausend Jahre spater entstanden in Agypten zur Zeit des Neuen Reiches die einzigartigen Grabmalereien im Tal der Konige. Gemalt w d e n sie als Bilder fir die Ewigkeit - als Symbole und Begleitung fir den langen Weg des Pharaos nach seinem Tode. Die Farben der Kunstler aus der Urzeit basierten auf Naturprodukten, enthielten aber bereits wesentliche Bestandteile moderner Beschichtungen. Tierfette wurden als Bindemittel eingesetzt; Ocker war ein antikes Pigment. Der Zeitpunkt ihrer Entdeckung markierte das Ende der Ewigkeit fir die antiken Kunstwerke. Scharen von Besuchern brachten eine nachhaltige Storung des Jahrtausende alten Gleichgewichts von Dunkelheit, konstanter Temperatur und Schutz vor schadigenden Umwelteinflussen. Heute sind die Hohlen Sudfrankreichs und die meisten Graber Agyptens geschlossen, um diese einmaligen Zeugnisse vergangener Kulturen fiir zukunftige Generationen zu erhalten. Moderne Beschichtungsstoffe mussen in der Regel neben ihrer dekorativen Aufgabe vor allen Dingen auch eine Schutzfunktion fir das Substrat erfiillen. Dabei sind sie selbst zum Teil drastischen Umwelteinflussen ausgesetzt. Wenn sie auch nicht mehr fir die Ewigkeit geschaffen sind, so konnen die Beschichtungsstoffeunserer Zeit dank hoch spezialisierter Rohstoffe eine betrachtliche Lebensdauer erreichen. 8.2.1.1
Umwelteinflusseauf Lacke
Das Geriist eines jeden Lackes ist sein Bindemittel. Weitere mogliche Bestandteile sind organische Losemittel, Wasser, Pigmente, Fullstoffe und Additive. Nach der Applikation bestimmt das Bindemittel als Trager aller anderen Lackbestandteile, Haftvermittler zum Untergrund und mal3geblicher Faktor fiir die Qualitiit der Lackobefflache entscheidend die Funktionalitat und Lebensdauer einer Beschichtung. Wie bereits e r w h t , sind Lacke den unterschiedlichstenUmwelteinflussen ausgesetzt. Abbildung 8.2-1 zeigt die wichtigsten Umwelteinflusseund die damit verbun-
286
8 Spezieil wirksame Additive
Abb. 8.2-1. Umwelteinfliisse auf Beschichtungen und Schadensbilder
denen Schadensbilder. Weiterhin werden die Aufgaben eines intakten Lacksystems gezeigt. Die durch UV-Licht, Sauerstoff, Feuchtigkeit und Luftschadstoffe entstehenden Qualitatseinbuflenkonnen in zwei Gruppen eingeteilt werden: -
Oberflachenveranderungenwie Farbtonverschiebung,Glanzverlust, Kreidung Beeintrachtigung der Schutzfunktion durch Blasen, Risse und Enthahng
Dem anfanglichen Verlust an Asthetik durch Oberflachenveranderg kann bei weitergehender Schadigung der totale Verlust der Schutzfunktion der Beschichtung folgen (z.B. durch Enthaftung). Konsequenz der Schaden an der Lackierung kann die Zerstorung des Substrats sein. 8.2.1.2 Photooxidation von Polymeren Von den in Abschnitt 8.2.1.1 geschilderten Umwelteinflussen sol1 hier insbesondere auf den Einflurj von Licht eingegangen werden. Als Licht wird gemeinhin der sichtbare Bereich des elektromagnetischen Spektrums im Bereich von 400-750 nm verstanden[8-81.Die an diesen Bereich angrenzende kurzenvellige und damit energiereichere Strahlung wird als UV-Licht bezeichnet, wobei auf der Erdoberflache nur der Bereich >280 nm von Bedeutung ist. Noch kurzwelligere Strahlung wird von der Erdatmosphare absorbiert. Obwohl die
8.2 Lichtschutzmittel
287
W-Strahlung im Bereich von 280-400 nm nur etwa 6% der Intensitat des auf der Erde eintreffenden Lichts ausmacht, ist sie hauptsachlich fiir den Polymerabbau verant~ortlich[~'~~. PhotochemischeProzesse konnen allerdings nur ausgelost werden,wenn Licht auch absorbiert wird. In Abbildung 8.2-2 sind die wichti sten Einzelschritte des photooxidativen Abbaus von Polymeren dargestellt[8-' I. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Ketteninitiierung (Abb. 8.2-2) Gleichung (1) zu. Wahrend ,,reine" Polymere wie Polymethylmethacrylatoder aliphatische Polyester kein Licht absorbieren konnen, wirken lichtabsorbierende Verunreinigungen als Sensibilisatoren. Diese Sensibilisation (z. B. Katalysatorreste, Restlosemittel) ubertragen die absorbierte Energie auf die Polymerkette. Dabei werden Radikale gebildet, die mit Sauerstoff weiter reagieren (Photooxidation). Neben der Photooxidation konnen aber auch rein thermische Prozesse ablaufen. Polymere, die wie Polystyrol oder aromati-
8
Ketteninitiierung polymer*
UV-Llcht
b
freie Radikale (Po, PO: HO*, ...)
(*: kann enthalten:>=O, Hydroperoxide, Katalysatorreste)
-
Kettenfortpflanzung P*+02
POOS
POO*+PH
POOH+P*
Kettenverzweigung POOH
POOH
Licht odcr WSrm Licht odcr W t m c
b
PO*+*OH
b
PO*+PO*+H2O
PO*+ PH
POH + P*
HO*+ PH
H20 + Po
Kettenabbruch P*+P*
P-P
P. + POO*
POOP
P*+PO*
POP
PO. + PO.
POOP
Abb. 8.2-2. Photooxidativer Abbau von Polymeren
(1)
288
8 Speziell wirksame Additive
sche Polyester selbst Licht absorbieren, sind auch ohne Verunreinigungen gegen photooxidative Abbauprozesse empfindlich. 8.2.1.3
Stabilisierungsmoglichkeiten
Aus Abbildung 8.2-2 er eben sich auch die grundsatzlichen Stabilisierungsmoglichkeiten fur Polymere[P "I: -
-
Verhinderung der in Gleichung (1) dargestellten Bildung von Radikalen durch Ausfiltern des schadigenden UV-Lichts. Dam sind UVAbsorber geeignet. Hat eine funktionelle Gruppe im Polymer, die auch als Chromophor bezeichnet wird, aber bereits Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung aufgenommen, kann der angeregte Zustand durch einen Akzeptor (Quencher)geloscht werden. Zerstorung der bereits gebildeten Radikale, bevor deren schadigende Weiterreaktion eintreten kann. Dazu sind Radika@nger geeignet. Speziell gegen Peroxide konnen auch Peroxidzersetzer eingesetzt werden.
8.2.1.4
Wirtschaftliche Bedeutung
Lichtschutzmittel wurden primar fir Automobillackierungen entwickelt. Erst durch Lichtschutzmittel wurden 2-Schichtdecklacke, bestehend aus einem Metallic-Basislack und einem abschlierjenden Klarlack, technisch moglich. 1995 wurden weltweit etwa 50 Millionen Fahrzeuge produziert. Bei einem angenommenen Decklackverbrauch (pigmentiert oder klar) von 5 kg pro Karosse ergeben sich 250000 t zu stabilisierender Flussiglack[x"21. Daneben gewinnt auch die Stabilisierung von sogenannten Industrielackierungen zunehmend an Bedeutung. Als Beispiele konnen hier Holzlacke fiir den AuBenbereich, KunststoMacke und Pulverlacke genannt werden.
8.2.2
Grundlagen
Einteilung der Lichtschutzmittel Die grundsatzlichen Stabilisierungsmoglichkeiten von Polymeren wurden bereits im Abschnitt 8.2.1.3 beschrieben. Danach lassen sich Lichtschutzmittel in 4 Klassen einteilen 31 : 1. UV-Absorber: Wie bereits beschrieben besteht die wichtigste Aufgabe der UVAbsorber in einer zu den im Polymer vorhandenen Chromophoren konkurrierenden UV-Absorption. Damit sol1 verhindert werden, daB diese Chromophore in den angeregten Zustand ubergehen, aus dem Radikale gebildet werden konnen.
8.2 Lichtschutzmittel
289
2. Quencher: Chromophore im angeregten Zustand werden durch Quencher geloscht, d. h. in den Grundzustand uberfiihrt. Ein Quencher ubernimmt die Energie des Chromophors und gibt sie in Form von unschadlicher Warme oder Strahlung ab. Beispiele fiir Quencher sind organische Nickelverbindungen. 3. Radikalfdnger: Hier sind prinzipiell zyklisch wirksame und nicht zyklisch wirksame Radikalf~gerzu unterscheiden. Bei den zyklisch wirksamen Radikalfangern handelt es sich fast ausschlierjlich um sterisch gehinderte Amine (englisch: Hindered Amine Light Stabilizers; Kurzform HALS). Die wichtigsten nicht zyklisch wirksamen Radikalfanger sind die phenolischen Antioxidantien, die auch als primare Antioxidantien bezeichnet werden. Sie unterbrechen die Kettenreaktion beim Polymerabbau und werden dabei verbraucht. 4. Peroxidzersetzer: Hydroperoxide werden durch Peroxidzersetzer, die auch als se-
kundare Antioxidantien bezeichnet werden, zerstort. Die wichtigsten Vertreter dieser Substanzklasse sind Thioether und Phosphite. Der Wirkungsmechanismus ist ionisch und fihrt wie bei primaren Antioxidantien zum Verbrauch der Additive. An dieser Stelle soll noch erwahnt werden, darj UV-Absorber als Quencher und HALS auch als Peroxidzersetzer wirken konnen. Von besonderer technischer Bedeutung ist der gemeinsame Einsatz von UV-Absorbern und HALS, der eine noch bessere Schutzwirkung ermoglicht als die Einzelkomponenten. Auf diese zwei Lichtschutzmittelklassen soll im weiteren naher eingegangen werden.
8.2.2.1 UV-Absorber UV-Absorber-Klassen
Verschiedene organische Molekule konnen schadliches UV-Licht absorbieren und in fir das Polymer unschadliche Energie umwandeln. Die technisch wichtigsten Substanzklassen ~ i n d [ ~:- ' ~ ] -
(2-Hydroxypheny1)benztriazole(BTZ) Hydroxyphenyl-s-Triazine(HPT) 2-Hydroxybenzophenone (BP) Oxalanilide
Weitere Beispiele sind Hydroxyphenylpyrimidine, Salicylsaurederivateund Cyanoacrylate. Die Formeln der technisch wichtigsten UV-Absorber-Klassen sind der ijbersicht auf Seite 290 zu entnehmen. Jede dieser UV-Absorberklassen ist durch ein fiir diese Klasse eindeutiges Spektrum charakterisiert. In Abbildung 8.2-3 sind die entsprechenden Transmissionsspektren dargestellt. Betrachtet man die Wellenlange, bei der in Lacken eingesetzte Polymere ihre maximale Empfindlichkeit haben (z. B. Polyester: 320 nm), so sieht man, darj ein UV-Absorber insbesondere zwischen 290-350 nm absorbieren m~B[*-'~l. Je nach zu schutzendem Substrat und Verunreinigungen im Binde-
290
8 Speziell wirksame Additive
OH
2 4 2-Hydroxyphenyl-)Benztriazol
Hydroxyphenyl-s-Triazin
Oxalanilid
2-H ydrox ybenzophenon
280
290
300
310
320
330
340
350
360
370
380
390
400
410
Wellenlange (nm)
Abb. 8.2-3. Transmissionsspektren verschiedener UV-Absorberklassen (Konzentration: 1,4 x mol/L in Chloroform)
8.2 Lichtschutzmittel
29 1
mittel ist auch eine Absorption bei hoheren Wellenlangen wiinschenswert. Hier ist allerdings zu beachten, darj mit dem Beginn des Spektrums des sichtbaren Lichts bei ca. 400 nm eine physikalische Grenze besteht, die nicht uberschritten werden dad. Die Folge waren unerwiinschte Farbeffekte im Substrat. Aus Abbildung 8.2-3 geht hervor, darj Benztriazole die am deutlichsten ins langwellige W verschobene Absorptionskante besitzen und damit die breiteste Schutzwirkung aufweisen, gefolgt von den Hydroxyphenyl-s-Triazinen.Dies hat zu Folge, darj diese beiden W-Absorberklassen heute die grorjte technische Bedeutung besitzen. Wahrend Oxalanilide nur ein Absorptionsmaximum bei ca. 300 nm besitzen, findet man bei den anderen W-Absorberklassen zwei Absorptionsmaxima im Bereich von 280-400 nm (Benztriazole: > 340 nm, Hydroxyphenyl-s-Triazine:335-340 nm, Benzophenone: 320-330 nm). Ein marjgeschneiderter Schutz des Substrats kann auch durch den leichzeitige Einsatz unterschiedlicher UV-Absorberklassen erreicht werden [8-16?. Fur den Schutz eines Substrats ist neben der Absorptionscharakteristik eines UVAbsorbers vor allem das Lambert-Beer'sche Gesetz von Bedeutung.
Die Extinktion E (wird auch als Absorbance Abs bezeichnet) ist ein Ma13 fir die Filterwirkung eines W-Absorbers bei einer gegebenen Wellenlange. Dem Lambert-Beer'schen Gesetz kann man entnehmen, darj die Extinktion von einem moglichst hohen Extinktionskoeffizienten E/(L mol-' cm-'), der Konzentration c/(mol L-') des UV-Absorbers und der Schichtdicke d/(cm) des Klarlacks abhangt. Da der Extinktionskoeffizient E molekiilspezifisch ist, murj fiir eine verbesserte Schutzwirkung die Konzentration c des UV-Absorbers oder die Schichtdicke d erhoht werden. Wirkungsprinzip von W-Absorbern
Ein UV-Absorber murj prinzipiell folgende Anforderungen erfiillen: UV-Licht besser und schneller absorbieren als das zu schutzende Substrat, die aufgenommene Energie schnell wieder abfiihren und diesen Zyklus mehrfach durchlaufen konnen. Oxalanilide besitzen als einzige der technisch interessanten UV-Absorberklassen keine phenolische OH-Gruppe. Experimentelle Ergebnisse deuten auf einen intramolekularen Protonentransfer bei der Energieumwandlung hi"'-']. Die Energieumwandlung im Falle von phenolischen W-Absorbern sol1 exemplarisch am Beispiel der Benztriazole erklart werden. In Abbildung 8.2-4 sieht man, da13 das Benztriazolmolekul durch Energieaufnahme (Energie des W-Lichts) vom Grundzustand in den angeregten Singulettzustand ubergeht. Dadurch wird der Stickstoff basischer als der phenolische Sauerstoff. Die Folge ist die in Abbildung 8.2-4 dargestellte ,,Keto-Enol-Tautomerie66[8'181. Die aufgenommene Energie wird nun sehr schnell, bevorzugt strahlungslos, wieder abgegeben. Dadurch bildet sich das urspriingliche Molekul wieder zuriick und kann den Zyklus erneut durchlaufen. Im Falle der Benztriazole resultiert ein langwelliges Absorptionsmaximum von 340-350 nm. Die genaue Lage des Maximums hangt von der Polaritat des Substrats und der Substitu-
292
8 Speziell wirksame Additive
r
- ,- -
H+-Ubertragung I
sI‘
u- . H+-Ubertragung
SO
So‘
-
...................................
i--
>N..H-O-
>N+I. 0-
Phenol
Chinon
strahlungslore
j
Desaktivierung
f
Abb. 8.2-4. Wirkungsprinzip von UV-Absorbern
tion des Benztriazolmolekiils ab[*-”]. Eine intakte intramolekulare Wasserstoffbriicke ist Grundvoraussetzung fur den oben beschriebenen Mechanismus der Benztriazole. Storungen wie ein stark polares Substrat konnen zum Verlust der Wirkung als UV-Absorber fuhren und das Molekiil gegen photochemische Reaktionen empfindlich machen. Der Wirkungsmechanismus der Hydroxypheny I-s-Triazine und Benzophenone ist dem der Benztriazole vergleichbar. Strukturen ausgewahlter UV-Absorber
Benztriazol- 1 : Benztriazol-2: Benztriazol-3 : Benztriazol-4: HPT-1: HPT-2 HPT-3 :
2-(2-Hydroxy-3-tert-butyl-5-propionsaureisooctylester)-2Hbenztriazol 2-(2-Hydroxy-3,5-di-tert-amyl-phenyl)-2H-benzt~azol Reaktionsprodukt aus 2-(2-Hydroxy-3-tert-butyl-5propionsauremethylester)-2H-benztriazolund Polyethylenglykol 300 2-(2-Hydroxy-3,5-di( 1,l -dimethylbenzyl)phenyl)2H-benztriazol 2-[4-((2-Hydroxy-3-dodecyloxy/tridecyloxypropyl)oxy-2-hydroxyphenyl)]-4,6-bis( 2,4-dimethylphenyl)- 1,3,5-triazin 2-[4-(2-Hydroxy-3-(2-ethylhexyl)-oxy-2-hydro~yphenyl)]-4~6bis-(2,4-dimethylphenyl)- 173,5-triazin 2-(4-octyloxy-2-hydroxyphenyl)-4,6-bis( 2,4-dimethylphenyl)I ,3,5-triazin
8.2 Lichtschutzmittel
Benzophenon- 1 : Benzophenon-2 : Oxalanilid-1:
293
2-Hydroxy-4-octyloxy-benzophenon 2-H ydroxy-4-dodecyloxy-benzophenon N-(2-Ethoxyphenyl)-N'-(4-isododecylphenyl)ethandiamid
Die entsprechenden Strukturformeln sind in Abbildung 8.2-5 dargestellt. ~~
Bezeichnung
Struktur
-
a;NH@ CH, CH, CO, C,H,
BTZ-1
liissig
BTZP
est
BTZ-3
'liissig
BTZ-4
'est
BTZ-1
BTZ-2
BTZ-3
BTZ-4
HPT-1: R = CHz CH(0H) CHI 0 C I ~ H Z ~ C I ~ H Z ~
HPT-1
fliissig
HPT-2
fest
HPT-2 R = CHz CH(0H) CHz 0 CH2 CH(CzH5) C4H9
HPT-3
fest
HPT-3: R = C S H I ~
BP-1
fest
BP-2
flussig
OH
BP-1: R = 0 CsH17 BP-2 R = 0 CIZHIS R
Oxalanilid-1 fliissig
6
NH-
c - c -NH
II
0
II
-Q-
c12H25
0
Abb. 8.2-5. Strukturen von UV-Absorbern
8.2.2.2 Sterisch gehinderte Amine (HALS) Wirkungsprinzipvon HALS
Das gemeinsame Strukturelement aller technisch bedeutenden HALS ist die 2,2,6,6-Tetramethylpiperidingruppe.Die eigentliche Wirksubstanz sind allerdings
294
8 Speziell wirksame Additive
Nitroxylradikale, die sich aus dem urspriinglichen Strukturelement bilden. In Abbildung 8.2-6 ist der modifizierte Denisov-Zyklus dargestellt, der das Wirkungsprinzip der HALS beschreibt[8-201p[8-221. Unter dem Einflurj von Licht und Sauerstoff bildet sich aus der urspriinglichen 2,2,6,6-Tetramethylpiperidingruppe ein Nitroxyradikal. Untersuchungen deuten darauf hin, da13 diese Reaktion entweder direkt oder iiber die entsprechende NH-Zwischenstufe verlaufi. Das gebildete Nitroxyradikal ist nur stabil, wenn die sterische Hinderung in a-Stellung zum Stickstoff gegeben ist. Durch Rekombination mit Radikalen bildet sich als Zwischenstufe ein Aminoether, der mit Peroxyradikalen wieder zum Nitroxylradikal weiterreagiert. Aus dem Peroxyradikal werden Alkohol- oder Carbonylgruppen gebildet. Die Bildung dieser Produkte ist subtratspe~ifisch[~-~~~. Stabile Nitroxylradikale konnen allerdings aufgrund ihrer roten Eigenfarbe nicht direkt eingesetzt werden. Dies wurde bereits bei Konzentrationen > 0,5 % zu unenviinschten Verfarbungen in der Beschichtung fuhren.
modifizierter Sauerstoff
Peroxide
M
Produkte
ROO.
(KOH + R50)
R'+
0 2
Abb. 8.2-6. Wirkungsprinzip von HALS - modifizierter Denisov-Zyklus
Die Bildung von Nitroxylradikalen fiihrt zu einer deutlichen Reduktion von Peroxiradikalen in einer Beschichtung. Dies wurde in Acrylat/Melamin-Klarlacken experimentell nachgewie~en[~-~~]. Gleichzeitig wurde eine verminderte Bildung von Carbonylgruppen festgestellt. Die Bildungsgeschwindigkeit der Nitroxylradikale hangt entscheidend vom Substitutionsmuster am Piperidinstickstoff des HALS-Molekiils ab. So wurde gefunden, darj sich Nitroxylradikale im Falle von >N-CH3 wesentlich schneller bilden als mit einer >N-CO-CH3-Substitution[8-251, was die deutlich bessere Schutzwirkung der >N-CH3-HALS erklart. Strukturen ausgewahlter HALS
HALS- 1 : HALS-2 : HALS-3 :
Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidinyl)sebacat Bis( 1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidinyl)sebacat Bis( 1-octyloxy-2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidinyl)sebacat
8.2 Lichtschutzmittel
295
HALS-4:
Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidiny1)[3,5-bis(1,l-dimethylethyl4-
HALS-5:
N-( l,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidinyl)-2-dodecylsuccinimid N-( 1 -Acetyl-2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidinyl)-2-dode cylsuccinimid
hydroxy-phenyl)methyl]butylpropandioat
HALS-6: HALS-7:
N-(2-hydroxyethyl-2,2,6,6-tetramethylpiperidin-4-olBernsteinsaure Copolymer
Die entsprechenden Strukturformeln sind in Abbildung 8.2-7dargestellt.
Struktur
Bezeichnung
R HALS-1
5.0
R = H (rest)
HALS-2
5.0
R = CH3 (flussig)
HALS-3
9.6
R = OCeH,,(iso) (flussig)
HALS-4
5.3
HALS-5
5.3
HALS-6
11.5
HALS-7
Abb. 8.2-7. Strukturenvon HALS
296
X Speziell wirksame Additive
8.2.3 Eigensc haften von Lichtschutzmitteln 8.2.3.1 Anforderungsprofil an Lichtschutzmittel
Lacksysteme im Automobilbereich Da Lichtschutzmittel hauptsachlich in Lacken f i r den Fahrzeugbereich zum Einsatz kommen, wurden die meisten Ergebnisse mit Lichtschutzmitteln in diesen Lacken generiert. Automobillacke sind wie folgt aufgebaut : Phosphatierung, Elektrotauchlackierung, Zwischenfiiller, Decklack. Beim Decklack wird zwischen 1-Schichtund 2-Schichtaufbau unterschieden. Beim 2-Schichtaufbau wird auf einen pigmentierten Basislack noch zusatzlich eine Klarlackschicht appliziert. [8-271: Folgende Lacksysteme sind im Automobilbereich von Bedeutung[8-2611. -
Thermisch hartbare Acrylatharze mit Melaminvernetzung (Thermosetting Acrylics = TSA). Bei hohem Festkorpergehalt spricht man von High-Solids (HSTSA), bei denen in der Regel ein Saurekatalysator benotigt wird.
-
2-Komponenten-Polyurethanlacke(2K-PUR). Dabei reagiert ein Polyol mit einer
-
Isocyanatkomponente. 1-Komponenten-Polyurethanlacke( 1K-PUR). Dabei reagiert ein Polyol mit einer blockierten Isocyanatkomponente.
Zu envahnen sind weiterhin AlkydMelamin-Lacke und Lacke auf Basis Epoxyacrylat/Anhydrid oder Carbonsaure. Heute sind auch vollig losemittelfreie Lacksysteme wie Pulverlacke oder UV-hartende Lacke moglich, die zum Teil auf den oben genannten Bindemitteln basieren. In 2-Schicht-Automobillacken kommt heute die Kombination aus W-Absorbern und HALS zum Einsatz. Wahrend die UV-Absorber vor allem f i r die Farbtonhaltung und die Haftung des Klarlacks oder des gesamten Decklacks verantwortlich sin4 bewirken HALS eine lange wahrende Glanzhaltung und sorgen f i r RiOfreiheit. Typische Einsatzkonzentrationen sind in Klarlacken von 40 pm Schichtstarke 1,5-2% UV-Absorber und 1 % HALS, bezogen auf den Festkorper des Bindemittels. In einigen Fallen kann auch eine Stabilisierung des Basislacks zu Verbesserungen der Bewitterungsstabilitat flihren. Dies hangt in erster Linie von den gewahlten Bindemitteln und Pigmenten ab.
Anforderungsprofil an UV-Absorber und HALS -
-
Primaranforderungen an UV-Absorber : hoher Extinktionskoeffizient, breite Absorptionsbande zwischen 290-3 80 nm, steile Absorptionskante und photochemische Stabilitat. Primaranforderung an HALS : hohe Wirksamkeit. Sekundaranforderungen an UV-Absorber und HALS : gute Loslichkeit in typischen Lacklosemitteln, bevorzugt flussig; Extraktionsbestandigkeit; geringe
8.2 Lichtschutzmittel
297
Fluchtigkeit im Bereich von 80- 160 "C; gute Vertraglichkeit rnit dem Bindemittel; keine Interaktion rnit anderen Lackbestandteilen; leichte Einarbeitbarkeit in warjrige Lacksysteme (moglichst ohne Co-Solvens) bzw. in Pulverlacke (Schmelzpunkt nahe Extrusionstemperatur). 8.2.3.2 Loslichkeit und Vertraglichkeitvon Lichtschutzmitteln
Lichtschutzmittel sollten in den gangigen Lacklosemitteln (z. B. Methylethylketon, n-Butanol, Ethylacetat) gut loslich sein. Besonders einfach zu handhaben sind flussige Lichtschutzmittel. Ein Beispiel fiir eingeschrtinkte Loslichkeit ist BTZ-4, das nur zu 0,4% in n-Butanol und zu 4 % in Ethylacetat loslich ist. Fliissige Lichtschutzmittel wie BTZ-1, BTZ-3, HPT-1, HALS-2 und HALS-3 sind hingegen in den oben genannten Losemitteln zu mehr als 50% loslich. Zur Einarbeitung in wal3rige Lacksysteme sind in der Regel nur fliissige Lichtschutzmittel geeignet. Sie konnen entweder vor Zugabe des Wassers in das Bindemittel eingearbeitet werden oder nachtraglich eindispergiert werden. Im Falle von Pulverlacken sind feste Lichtschutzmittel rnit einem Schmelzpunkt nahe der Extrusionstemperatur (70100 "C) bevorzugt. Hohere Schmelzpunkte konnen zu Storungen durch unzureichende Verteilung des Lichtschutzmittels oder Rekristallisation fiihren. Generell sollten Lichtschutzmittel rnit der Polymermatrix des Bindemittels vertraglich sein. Unvertraglichkeit kann sich durch Belagbildung auf der Lackoberflache nach dem Einbrennen oder der Lagerung bei hoheren Temperaturen zeigen. 8.2.3.3 Fluchtigkeit von Lichtschutzmitteln
Ein Automobildecklack kann verschiedenen thermischen Belastungen ausgesetzt sein. Beim Einbrennen werden Temperaturen von zum Teil deutlich uber 120 "C erreicht, die beim produktionsbedingten Stillstand der FlieSbander auch uber langere Zeit einwirken konnen. Andererseits konnen bei hohen Temperaturen und insbesondere uber dunklen Farbtonen sehr hohe Oberflachentemperaturen auf der Karosse entstehen. Daher miissen Lichtschutzmittel eine geringe Fluchtigkeit besitzen. Neben der Polymermatrix und der Vernetzungsdichte des Bindemittels sind die Substituenten von entscheidender Bedeutung. So reduziert eine hohere molare Masse in der Regel die Fluchtigkeit, kann aber auch zu Loslichkeitsproblemen fiihren. Bei einem TSA-Klarlack mit einer Schichtstiirke von 20 ym, der bei 130 "C 30 min eingebrannt und anschlierjend bei 150 "C 60 min zusatzlich belastet wurde, wurden folgende Fliichtigkeiten gefunden: BTZ-2, BP-I > 80%; BTZ-3 1-2%; HPT-1, HPT-2 < 1%. Eine weitere Moglichkeit zur Reduzierung der Fluchtigkeit ist der Einbau in das Polymergeriist. Beispiele hierfiir sind HPT-1, HPT-2 und BTZ-3, die uber reaktive OH-Gruppen verfiigen. Diese OH-Gruppen konnen mit Isocyanaten oder Melaminharzen reagieren.
298
N Speziell wirksame Additive
8.2.3.4 EinfluO der Eigenfarbe der Lichtschutzmittel auf die Farbe des Lacks Im Gegensatz zu HALS, die oberhalb einer Wellenlange von 250 nm nicht absorbieren, erscheinen UV-Absorber in Substanz gelblich. Idealerweise priift man den Einflufl dieser Eigenfarben auf den Lack in einem TSA-Klarlack uber einem weiBen Basislack nach Einbrennen und ijberbrennen. Wie nach dem Lambed-Beer’schen Gesetz zu envarten ist, nimmt die Farbe des Klarlacks (durch denYellownessindex YI charakterisiert) mit steigender UV-Absorberkonzentration und zunehmender Schichtdicke zu. Der Gelbstich ist mit Oxalanilid-1 und HPT-1 am geringsten.
8.2.3.5
Interaktionsneigung von UV-Absorbern
Reaktive Lackbestandteile wie Amine oder Metallkatalysatoren konnen mit UVAbsorbern reagieren. Dies fuhrt in der Regel zu unerwiinschter Vergilbung des Klarlacks. UV-Absorber mit phenolischer OH-Gruppe neigen zur Interaktion mit diesen reaktiven Lackbestandteilen, die zu einer Storung der intramolekularen Wasserstoffbriicke unter Bildung chinoider Strukturen fihrt. In Abbildung 8.2-8 ist die Interaktionsneigung der phenolischer UV-Absorberklassen anhand von Modellversuchen dargestellt:
unstabilisiert
BP-2
BR-4
HPT-1
2 % UV-Absorber
Abb. 8.2-8. Interaktionsneigung phenolischer UV-Absorber in basisch und metallkatalysierten Lacken
8.2 Lichtschutzmittel -
299
In einem 2K-Epoxy-Klarlack (Schichtdicke 30 pm) wird die Vergilbung nach dem Einbrennen und 48 h Lagerung bei Raumtemperatur durch Messung des Anstiegs des Yellownessindex YI verfolgt. Wahrend bei Benzophenonen und Benztriazolen starke Vergilbung auftritt, fehlt den Hydroxyphenyl-s-Triazinen diese Interaktionsneigung fast ~ O l l i g [ ~ ' 'Auch ~ ~ . rnit anderen stark basischen Aminen wird dieses Verhalten gefimden.
- Einem TSA-Klarlack werden 2 % Aluminiumtrisacetylacetonat zugesetzt und bei 130 "C, 30 min uber einem weiljen Basislack eingebrannt (Schichtdicke 40 pm). Das Ergebnis ist dem in einem 2K-Epoxy-Klarlack vergleichbar. Wahrend rnit HPT-1 kaum Unterschiede zur unstabilisierten Probe zu erkennen sind, kann rnit BP-2 und BTZ-4 deutliche Vergilbung festgestellt werden. Interaktion kann auch rnit anderen Katalysatoren wie Zinkoktoat oder Zinnkatalysatoren auftreten. 8.2.3.6 Bestandigkeit von UV-Absorbern Die Verweildauer von UV-Absorbern hangt im wesentlichen von der Fluchtigkeit, der Vertriglichkeit, der Extrahierbarkeit und der photochemischen Stabilitat des UV-Absorbers ab. In Abbildung 8.2-2 sind die wichtigsten Reaktionsschritte bei der Photooxidation von Polymeren dargestellt. UV-Absorber sind organische Molekule und konnen damit selbst in photooxidative Abbauprozesse einbezogen werVon entscheidender Bedeutung fir die Permanenz von UV-Absorbern ist damit die Radikaldichte im Bindemittel, die je nach Bindemittelklasse stark variiert. So erzeugen HS-TSA- und TSA-Klarlacke eine hohe Radikaldichte, die ma& geblich von den Synthesebedingungen des Acrylats abhangt[8-291.Restlosemittel und Katalysatorreste spielen dabei eine wichtige Rolle. Wesentlich weniger Radikale werden in 1K-PUR- und 2K-PUR-Klarlacken erzeugt. Hier sind UV-Absorber Radikalangriffen weniger stark ausgesetzt. Die Radikaldichte in einer Beschichtung wird weiterhin von der Energie der Strahlungsquelle und der Zugabe von HALS beeinflul3t. Die Zugabe von HALS erhoht die Lebensdauer eines W-Absorbers deutli~h[~-~']. Eine weitere wichtige Einfluljgrolje ist die Schichtdicke des Klarlacks. Je hoher die Schichtdicke des Klarlacks ist, umso stiirker ist der interne Filtereffekt, der in tieferen Klarlackschichten liegende W-Absorbermolekule schutzt [8-3'1.Aus der Literatur ist bekannt, dalj Oxalanilide und Benzophenone photochemisch weniger stabil sind als Benztriaz~le[~-~~],[~-~~~ . Dies hat zur Folge, dal3 rnit Oxalanilid-1 stabilisierte Klarlacke nach 5 Jahren in Florida keine ausreichende Haftung mehr zeigen. Im Gegensatz dazu wurde rnit Benztriazol-3 vollstandige Haftung festgestellt. Die photochemische Bestandigkeit der technisch wichtigsten W-Absorberklassen kann wie folgt angegeben werden : Hydroxyphenylbenztriazole >Oxalanilide > Hydroxyben~ophenone[~-'~]. Hydroxyphenyl-s-Triazinesind ahnlich stabil wie Benztriazole.
300
8 Speziell wirksame Additive
8.2.3.7 Nebenreaktionenvon HALS Die Interaktionsneigung der HALS-Radikalfanger hangt besonders von ihrer Basizitat ab. Die Basizitat wird mal3geblich von der Substitution am Piperidinstickstoff bestimmt. Je tiefer der pkb-Wert ist, umso basischer ist eine Verbindung. Die starker basischen HALS rnit H- oder CH3-Substitution am Stickstoff haben pkb-Werte um 5. HALS mit Acyl- oder 0-Alkylsubstitution reagieren dagegen nicht mehr basisch. In einigen Fallen konnen starker basische HALS zu Probleme verursachen: In basenkatalysierten 2K-Lacken konnen H-substituierte HALS wie HALS- 1 zu einer reduzierten Topfzeit fiihren. In sauerkatalysierten Lacken, wie HS-TSA-Lacken kann der Einsatz basischer HALS zu Salzbildung rnit dem Katalysator fiihren, was eine unzureichende Aushartung zur Folge hat. In diesen Lacksystemen miissen nichtbasische HALS wie HALS-3 oder HALS-6 eingesetzt ~ e r d e n [ * - ~ ~ ]., A1 [ *s- ~Beispiel ~' seien HS-TSAKlarlacke genannt, die rnit p-Toluolsulfonsaure katalysiert werden. HALS-3 hat sich aurjerdem in pigmentierten 1-Schichtlackierungen bewahrt, in denen Pigmente mit saurer Oberflache eingesetzt werden.
8.2.4 Verwendung von Lichtschutzmitteln 8.2.4.1 Stabilisierung von 2-Schichtlackierungen Der Aufbau von Lacksystemen fur den Automobilbereich wurde bereits in Abschnitt 8.2.3.1 beschrieben. Die Verwendung von Lichtschutzmitteln sol1 nun anhand einiger Beispiele diskutiert werden. Die entsprechenden Priifmethoden und Beurteilungskriterien sind in Abschnitt 8.2.5.1 zusammengefaDt. In Abbildung 8.2-9 ist die Wirkung von UV-Absorbern und HALS in einem TSAKlarlack uber einem silbermetallic Basislack wahrend Freibewitterung in Florida dargestellt. Die Qualitat der Beschichtung wird hier durch den 20" Glanz und die Rirjbildung beurteilt. Ohne Lichtschutzmittel fallt der Glanz bereits nach kurzer Bewitterungsdauer stark ab. Nach 2,5 Jahren ist der Klarlack gerissen. Der Einsatz eines UV-Absorbers allein kann starken Glanzverlust und Rirjbildung nach 4,5 Jahren Florida-Bewitterung nicht verhindern. Dies ist am Beispiel von Oxalanilid- 1 gezeigt, das sogar in erhohter Konzentration eingesetzt wurde (3 % bezogen auf den Festkorper des Bindemittels). Die zusatzliche Zugabe von 1% HALS-2 bewirkt eine leicht verbesserte Glanzhaltung und Rirjfreiheit uber den dargestellten Bewitterungszeitraum hinaus. Das beste Resultat wird allerdings rnit der Kombination aus 2 % BTZ-1 und 1 % HALS-2 erzielt. Nur hier ist der Glanzverlust von Beginn an verzogert. Auch nach mehreren Jahren in Florida bleibt der 20" Glanz auf hohem Niveau, obwohl weniger BTZ- 1 als Oxalanilid-1 eingesetzt wurde. Die breitere Schutzwirkung der Benztriazole, die schon in Abschnitt 8.2.2 beschrieben wurde, wird hier deutlich. Man kann dies auch an der Haftung der 5 Jahre in Florida
8.2 Lichtschutzmittel
30 1
N
5
6
R
Jahre in Florida
Abb. 8.2-9. Stabilisierungvon 2-Schichtlackierungen,dargestellt anhand der Florida-Bewitterung eines TSA-Klarlacks uber einem wal3rigen silbermetallic Basislack
bewitterten Bleche nach zusatzlicher Feuchtlagerung (40 "C, 48 h) und Gitterschnitt erkennen. Nur der mit 2 % BTZ-1 und 1% HALS-2 stabilisierte Klarlack zeigt ausreichende Haftung. Der Filtereffekt der verschiedenen UV-Absorberklassen kann auch anhand der Farbtonanderung AE des Decklacks nach der Bewitterung gezeigt werden. In Tabelle 8.2- 1 wird die Farbtonanderung eines Decklacks aus TSA-Klarlack und unterschiedlich pigmentierten Basislacken nach 54 Monaten Florida-Bewitterung gezeigt. Die geringste Schutzwirkung wird mit Oxalanilid-1 erreicht. Obwohl dasTransrnissionsspektrum von von Benzophenon-2 eine breitere Schutzwirkung zeigt (s. Abb. 8.2-3), ist die Verbesserung gegenuber Oxalanilid- 1 nur unwesentlich. Mit BTZ-3 ist die Farbtonanderung deutlich geringer. Aufgrund der nach langeren Wellenlangen verschobenen Absorptionskante der Benztriazole ist die Schutzwirkung im Vergleich zu Oxalaniliden oder Benzophenonen deutlich besser. Dazu kommt noch die wesentlich hohere photochemische Stabilitat der Benztriazole. Eine sehr gute Farbtonhaltung kann auch durch Blends von Hydroxyphenyl-s-Triazinenund Benztriazolen erreicht werden. Dabei wird die sehr hohe Extinktion der HPT bei 300 nm mit der nach langeren Wellenlangenverschobenen Absorption der BTZ kombiniert. Generell sind diese Ergebnisse auch auf waBrige Klarlacke ubertragbar. Aufgund der leichteren Einarbeitung wird hier haufig eine Kombination aus BTZ-3 und
302
8 Speziell wirkvarne Additive
Tabelle 8.2- 1. Filtereffekt verschiedener UV-Absorberklassen in einem TSA-Klarlack uber unterschiedlich pigmentierten Basislacken (Bewitterung: 54 Monate Florida) Stabilisierung rotmetallic
Farbtonanderung AE gelbmetallic
violettmetallic
~~
unstabilisiert 2,5 YOOxalanilid-l
31,3 23,8
2,s Yo BP-2 2,s YOBTZ-3
19,2 10,l
28,9
38,2
14,6 15,l
21,l
43
18,5 3,O
HALS-2 eingesetzt. Gute Ergebnisse konnen aber auch mit anderen fliissigen Lichtschutzmitteln wie HPT- 1, BTZ- 1 oder HALS-3 erzielt werden. Feste Lichtschutzmittel konnen in Wasserlacke meist nicht eingearbeitet werden. Haufig wird auch die Frage einer zusatzlichen Basislackstabilisierng diskutiert. Hier kann allerdings keine eindeutige Empfehlung gegeben werden. Eine Stabilisierung des Basislacks hangt von dessen Bindemittel, Pigmentierung, Additivierung und den darunter und dariiber liegenden Lackschichten ab. Im Falle von UVAbsorbern kann die durch Basislackstabilisierung verbesserte Schutzwirkung auch durch eine entsprechend erhohte Einsatzkonzentration von UV-Absorber im Klarlack erreicht werden. Hier steht eine verbesserte Farbtonhaltung und die Haftung des Basislacks auf einem lichtempfindlichen Substrat im Vordergrund. Im Falle von HALS ergibt sich ein differenziertes Bild. Bei empfindlichen Basislackbindemitteln oder nicht wetterechten Pigmenten kann die Zugabe von HALS-2 oder HALS-3 zu einer erhohten Schutzwirkung fiihren. Insbesondere Glanzhaltung und Haftung konnen so verbessert werden. Bei Priifung einer zusatzlichen Basislackstabilisierung sollte daher mit 1% HALS begonnen werden. 8.2.4.2 Stabilisierung von 1-Schichtlackierungen
1-Schichtdecklacke sind pigmentiert. Im Gegensatz zu 2-Schichtdecklacken ist hier keine schutzende Klarlackschicht vorhanden. Durch Sedimentation der Pigmente vor dem Einbrennen entsteht zwar ein sehr dunner pigmentfreier Film, der jedoch in der Praxis nicht mit UV-Absorbern stabilisiert werden kann. Nach dem LambertBeer’schen Gesetz waren dazu extrem hohe UV-Absorberkonzentrationen notig. Da aber auch Pigmente UV-Licht absorbieren, kann in 1-Schichtlackierungen in der Regel auf UV-Absorber verzichtet werden. Empfehlenswert ist hier eine Grundstabilisierung rnit 1,5-2% HALS. Dies fiihrt zum Schutz des Bindemittels und verhindert friihzeitige Vermattung oder Kreidung durch Bindemittelabbau. Aber auch in 1-Schichtlackierungen kann der Einsatz von UV-Absorbern sinnvoll sein. In Abbildung 8.2- 10 ist ein entsprechendes Beispiel gezeigt. Der mit einem Kobaltspinell pigmentierte 2K-PUR-Decklack ist fir UV-Licht nicht vollstandig undurchlassig. Aus Abbildung 8.2-10 geht hervor, dal3 der unstabilisierte Lack nach 2 Jahren in Florida vollstandig vermattet ist. Der Zusatz von 2 % BTZ-4 allein bringt envar-
303
8.2 Lichtschutzmittel 100 90
80 70
0
0
(Y
40
30 20
10 0 0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
Jahre in Florida (5"S, black box, nicht geheid)
Abb. 8.2-10. Anwendung von UV-Absorbern in 1-Schichtlackierungen, dargestellt anhand der Florida-Bewitterung eines blaupigmentierten 2K-PUR-Decklacks
tungsgemal3 keine wesentliche Verbesserung. Im Gegensatz dazu wird mit 2% HALS-2 eine deutlich bessere Schutzwirkung erreicht. Allerdings tritt nach 27 Monaten in Florida Enthaftung zwischen Basislack und lichtempfindlichem Epoxyprimer auf. Das transparente Pigment konnte den Abbau des Primers durch UV-Licht nicht verhindern. Dieses Problem konnte durch eine Kombination von 1% BTZ-4 und 1% HALS-2 gelost werden. Auch im Falle einer geringen Pigmentvolumenkonentration sollte zusatzlich ein W-Absorber eingesetzt werden. Diese Ergebnisse sind auch auf Industrielackierungenubertragbar. Der Schutz des Bindemittels in pigmentierten Decklacken durch HALS kann einen deutlich verbesserten Korrosionsschutzbewirken. 8.2.4.3 Stabilisierung von Pulverlacken In letzter Zeit ist das Interesse an Pulverklarlacken, insbesondere fir die Automobilserienlackierung, deutlich gestiegen. Hier gelten ahnliche ijberlegungen wie fir 2-Schichtlackierungen (s. Abschn. 8.2.4.1). Die wesentlichen Unterschiede zu Flussiglacken liegen in hoheren Klarlackschichtstiirken (60-80 pm), dem Extrudieren bei der Einarbeitung der Additive und der Applikation. Im Gegensatz zu Flussig-
304
8 Speziell wirksame Additive
100
90
ao 70
N
60
c Q
b
k
50 40
30 20 10 0 0
400
800
1200
1600
2000
2400
2800
3200
MOO
4000
4400
4800
5200
Stunden Bewitterung im Xenon-WOM (CAM 180)
Abb. 8.2-1 1. Stabilisierung eines Pulverlacks, dargestellt anhand der Schnellbewitterung eines carbonsaurevernetzten Epoxyacrylats
lacken sollten Lichtschutzmittel fiir Pulverlacke fest sein und im Bereich der Extrusionstemperatur schmelzen (70- 1 10 "C). Hohere Schmelzpunkte konnen zu Problemen bei der Einarbeitung fiihren. In Abbildung 8.2-1 1 ist die Stabilisierung eines carbonsaurevernetzten Epoxyacrylats dargestellt. Dazu wurde ein XenonWeatherometer als Schnellbewitterungsgerat eingesetzt. Der unstabilisierte Pulverklarlack ist nach 2000 h gerissen. Die Zugabe von 1% HALS-4 bringt keine wesentliche Verbesserung. Dagegen bewirkt der Zusatz von 2 % UV-Absorber in Kombination mit 1% HALS-4 eine stark verbesserte Schutzwirkung. Die besten Ergebnisse werden dabei mit HPT-2 erzielt. Mit HPT-2 ist auch die Vergilbung nach dem Einbrennen und ijberbrennen in diesem Lacksystem am geringsten. Mit HPT-2 konnen auch auf Polyester basierende Bindemittel stabilisiert werden, die z. B. mit blockierten Isocyanaten oder TGIC (Trisglycidylisocyanurat)vernetzt werden. Anstelle von HALS-4, das fur Polyacrylate besonders geeignet ist, sollte in Polyestern HALS-7 eingesetzt werden. Die Einsatzkonzentrationen sollten bei 03-2 % UVAbsorber (je nach Pigmentierung) und 1-2 % HALS liegen.
8.2 Lichtschutzmittel
8.2.4.4
305
Stabilisierung UV-hartender Klarlacke
Lange Zeit galt der gemeinsame Einsatz von Photoinitiatoren und W-Absorbern aufgrund konkurrierender UV-Absorption als unmoglich. Inzwischen ist aber bekannt, dalj auch W-hartende Klarlacke stabilisiert werden konnen[8-361’ [8-371. Da sich die Absorptionsspektrenvon UV-Absorber und Photoinitiator nicht vollstandig uberlagern, kann der Photoinitiator trotz Verwendung eines UV-Absorbers unter LichteinfluB zerfallen. Als Photoinitiatoren sind insbesondere Blends aus Bisacylphosphinoxiden und u-Hydroxyketonen geeignet, die auch noch sichtbares Licht im Bereich von 400-450 nm absorbieren. Fiir W-hartende Lacke hat sich HPT-1 als besonders geeigneter W-Absorber erwiesen, der in Kombination mit HALS-2 oder HALS-3 empfohlen werden kann. Generell sind fiir W-hlirtende Klarlacke flussige Lichtschutzmittel besonders geeignet. Die Einsatzkonzentrationen entsprechen denen normaler Klarlacke (s. Abschn. 8.2.4.1). 8.2.4.5 Stabilisierung von Holzlacken Der Einsatz von Klarlacken auf Holz ist nur bei Stabilisierung mit W-Absorbern und HALS moglich. Auch hier gelten wieder die in Abschnitt 4-1 empfohlenen Einsatzkonzentrationen. Da sich jedoch das Substrat Holz wesentlich von anderen Substraten unterscheidet, mussen bei der Verwendung von Lichtschutzmitteln einige Besonderheiten beachtet werden. Bei der Vorbehandlung des Holzes hat sich der Einsatz von phenolischen Antioxidantien oder HALS als vorteilhaft erwiesen (1% bezogen auf den Festkorper des Bindemittels). Fur Klarlacke auf Basis langoliger trocknender Alkydharze ist die Kombination aus BTZ-1 und HALS-3 besonders geeignet. Der W-Absorber verhindert eine vorzeitige Farbtonbderung der Holzoberflache, wahrend das HALS die Rirjbildung des Klarlacks deutlich verzogert. Fur Holz im Innenbereich (z. B. Parkett oder Mobel) ist die Stabilisierung mit UVAbsorber empfehlenswert.
8.2.5 Praktische Hinweise 8.2.5.1 Prufmethoden Bei der Priifbng der Bewitterungsstabilitat von Beschichtungen wird grundsatzlich zwischen Freibewitterung und Schnellbewitterungunterschieden. Die Freibewitterung sol1 den Belastungen im Alltagsgebrauch einer Lackierung entsprechen und moglichst schnelle Ergebnisse liefern. Im Automobilbereich gilt die Freibewitterung in Florida (Tropenklima) als weltweiter Standard. Von Bedew tung sind auljerdem folgende Standorte: Arizona (trockenes Wustenklima), Al1ungdAustralien (hohe W-Belastung) und Jacksonville/Florida (Tropenklima +
306
8 Speziell wirksame Additive
Luftverschmutzung). Je nach Substrat und Anwendung sind auch lokale Freibewitterungstationen von Bedeutung. In der kunstlichen Schnellbewitterung sol1 die Priifdauer drastisch reduziert und gute Korrelation mit der Freibewitterung erreicht werden. Folgende Schnellbewitterungsmethoden sind besonders verbreitet : -
-
Xenon-Weatherometer (Fa. Atlas): Zyklus CAM 180 (SAE-J 1960); 0,55 W/m2 Xenon-Weatherometer (Fa. Atlas): Zyklus CAM 7 (102 min Belichtung bei 60 "C, 18 min Belichtung bei Regen und 40 "C), 0,35W/m2 W C O N (Fa. Atlas), QUV (Fa. Q-Panel): Fluoreszenzlampen WB-313 oder UVA-340; Zyklus: 8 h UV bei 70 "C, 4 h Kondensation bei 50 "C)
Die entsprechenden Lampenspektren sind in Abbildung 8.2- 12 dargestellt. Unter UVB-3 13-Bedingungen wird insbesondere die Riljbildung der Klarlacke gepriift. Allerdings ist die Korrelation mit der Freibewitterung von 1-Schichtlackierungen oder der Farbtonhaltung von 2-Schichtlackierungen schlecht. Die beste ijbereinstimmung von Frei- und Schnellbewitterung wird durch Xenon-Lampen erreicht, da das Spektrum dieser Lampen dem Spektrum des Sonnenlichts sehr nahe kommt. Glanzverlust, Riljbildung, Farbtonanderungen und Haftung konnen hier zuverlassig beurteilt werden. Allerdings ist die Bewitterungsdauer im Vergleich zu W B - 3 13Bedingungen deutlich Ianger. In Tabelle 8.2-2 sind die wichtigsten Beurteilungskriterien fGr Lacke beschrieben. 1.4
0.2
0 270
280
290
300
310
320
330
340
350
360
370
380
390
Wellenliinge (nm)
Abb. 8.2-12. Spektren der fur die Schnellbewitterung verwendeten Lampentypen (nach: Q-
Panel Lab Products)
8.2 Lichtschutzmittel
307
Tabelle 8.2-2. Beurteilungskriterien f i r Lacke Beurteilungskriterium
Norm
Glanz (20°, 60°, 85") DO1 (Distinctness of Reflected Image) Farbtonanderung AE Yellownessindex YI Haftung (Gitterschnitt) RiBbildung
DIN 67530 ASTM E 430 DIN 6147 ASTM D 1925 EN I S 0 2409 TNO-Skala
8.2.5.2
Empfehlungen fur den Einsatz von Lichtschutzmitteln
In Klarlacken ist der gemeinsame Einsatz von W-Absorbern und HALS Stand der Technik. Empfohlen werden Einsatzkonzentrationen von 1-3 % W-Absorber und 03-2 % HALS. Diese Angaben beziehen sich auf den Festkorper des Bindemittels (bei 2K-Lacken einschlierjlich Harter). Wahrend die Einsatzkonzentration von HALS unabhangig von der Schichtdicke ist, muD bei UV-Absorbern das LambertBeer'sche Gesetz beachtet werden (s. Abschn. 8.2.2.2). Als Anhaltspunkt kann der Einsatz von 1 3% BTZ-1 in einem 40 Bm dicken Klarlack gelten. In pigmentierten 1-Schichtlacken wird generell der Einsatz von 1-2% HALS empfohlen (bezogen auf den Festkorper des Bindemittels). In Abhiingigkeit von der Pigmentvolumenkonzentration und der Art des Pigments kann eine zusatzliche Stabilisierung mit 0-2% W-Absorber sinnvoll sein (s. Abschn. 8.2.4.2). 8.2.5.3 Handelsnamen
In diesem Abschnitt sollen die Handelsnamen der wichtigsten diskutierten Verbindungen genannt werden (bei Mischungen bezieht sich der Handelsname immer auf die Hauptkomponente des entsprechenden Lichtschutzmittels): BTZ-1: BTZ-3 : HPT- 1: Oxalanilid-1: HALS-2: HALS-3 : HALS-4 : HALS-5 HALS-6:
Tinuvin 384 (Ciba-Geigy) Tinuvin 1130 (Ciba-Geigy) Tinuvin 400 (Ciba-Geigy) Sanduvor 3206 (Clariant) Tinuvin 292 (Ciba-Geigy) Tinuvin 123 (Ciba-Geigy) Tinuvin 144 (Ciba-Geigy) Sanduvor 3056 (Clariant) Sanduvor 3058 (Clariant)
308
X Speziell wirksame Additive
8.2.6 Toxikologie und Entsorgung Bei Fragen beziiglich Toxikologie und Entsorgung wird auf die Sicherheitsdatenblatter der einzelnen Hersteller venviesen.
8.3 Korrosionsinhibitoren Adalbert Braig
8.3.1 Einfuhrung Die durch Korrosion von Metallen hervorgerufenen Schaden liegen in den Industrienationen in einer GroDenordnung von 3 bis 5 % des jahrlichen Brutto-Sozialproduktes. Dies erklart sowohl das allenthalben groDe Interesse am Korrosionsschutz, als auch die erheblichen Anstrengungen der Industrie mit neuen Konzepten zu effizienten und zugleich umweltvertraglichen Losungen zu gelangen. ZunehmendesUmweltbewuStsein in Verbindungmit verschaer Gesetzgebung in bezug auf Losungsmittelemission und Schwermetalle (Blei, Chrom, Barium und teilweise Zink) haben in den vergangenen Jahren im Bereich des Korrosionsschutzes durch organische Beschichtungen zu einer Neuausrichtung der Forschungsschwerpunkte gefiihrt. Hervorzuheben sind hierbei insbesondere die Entwicklung von waSrigen Lacksystemen, von schwermetallfieien Korrosionsschutzpigmenten und von organischen, speziell auf Lackanwendungen zugeschnittenen Korrosionsinhibitoren. 8.3.1.1 Grundlagen Nach K a e ~ c h e [ * -bezeichnet ~~] man als Korrosion der Metalle eine von deren Oberflache ausgehende Beschadigung, welche durch chemische Reaktionen des Metalls mit Bestandteilen seiner Umgebung hervorgerufen wird. Die resultierenden Korrosionsprodukte konnen dabei festerhchichtbildender (z. B. Oxide, Carbonate) oder loslicherhichtschichtbilbildender Natur (z. B. Sulfate, Chloride, Nitrate) sein. Die hohe Affinitat von Sauerstoff zu in der Praxis wichtigen Metallen wie Eisen, Aluminium und Zink fiihrt an deren Oberflache sehr rasch zur Ausbildung dunner Oxidschichten. Diese Affinitat I a t sich, wie aus Tabelle 8.3-1 zu ersehen ist in Form der Go-Werte (Go = partielle molare fieie Enthalpie bei Standardbedingungen; 298 K, Normaldruck, fiir die Bildung von 1 mol Metalloxid) au~driicken[~-~~l. Aufbau und Zusammensetzung dieser oxidischen Schichten sind mal3geblich fir das Korrosionsverhalten der verschiedenen Metalle verantwortlich. So wachst z. B. im Falle von Aluminium die Oxidschicht porenfrei und durch partiellen Einbau in das Metallgitter fest anhaftend auf. Damit kann sie eine Schutzfunktion (Eigenpassivierung) ubernehmen. Ab einer gewissen Dicke dieser Oxidschicht kann kein
3 10
8 Speziell wirksame Additive
Tabelle 8.3- 1. Affinitatswerte von verschiedenen Metallen zu Sauerstoff
Go(298)in kJ/mol
Metalloxid
-11,2 -1582,4 -1058,l -146,O -245,l -1015,5
-742,2 -21 1,7 -3 18,3
Sauerstoff mehr an die Metalloberflache gelangen und die Reaktion kommt zum Stillstand. Anders liegen die Verhaltnisse beim Eisen: wie in Abbildung 8.3-1 dargestellt, bilden sich bereits bei Raumtemperatur innerhalb von Sekunden Oxidschichten in einer GrolJenordnung von ca. 100 A. Die gebildeten Oxidschichten sind poros und haften nur ungenugend an der Metalloberflache. Sauerstoff gelangt somit weiterhin an die Oberflache und die Oxidation des Metalls Iauft bis zu dessen vollstandigemVerbrauchweiter. Die Fahigkeit zur Bildung passivierender Oxidschichten ist eng an die Volumenverhaltnisse zwischen Metall und zugehorigem Metalloxid geknupft. Wie aus Tabelle 8.32 zu entnehmen ist, ist eine Eigenpassivierung dann moglich, wenn die Molvolumina von Metall und Metalloxid vergleichbar oder annahernd vergleichbar sind[8401. Danach gestatten die Verhaltnisse im Falle von Aluminium mit einem Volumenkoeffizienten von ca. 1 einen Einbau des Metalloxids in das Oberflachengitter des Metalls, d. h. die Ausbildung der oxidischen Schutzschicht. Volumenkoeffizienten s 1 bedeuten demnach unzureichende Haftung des Oxids an der Oberflache, wahrend bei VolumenkoeffizientenQ 1 keine oder nur eine partielle Bedeckung ermoglicht wird.
289°C
245°C
2oo0
9 0
2
6
4
t [min]
8
Abb. 8.3-1. Dicke ( d )von Eisenoxidschichten unter Normalatmosphare als Funktion von Temperatur und Zeit ( t ) (nach Evans r8-421)
8.3 Korrosionsinhibitoren
3 11
Tabelle 8.3-2. Volumenkoeffizienten von MetallMetalloxid (Pilling-Bedworth) Metall
MeOMetall Volumenkoeffizient (VK)
Volumenverhaltnis MetaWMeO
Aluminium Eisen Zink
1,28
2,16
ca. 1 : 1 ca. 1 :2 ca. 1 : 1,5
139
Untermauert werden diese Aussagen durch den Vergleich der Gitterkonstantenvon Metall und Metalloxid. Bei groBer Differenz dieser Konstanten (Tab. 8.3-3) findet das Metalloxid keinen ausreichenden Platz fiir einen Einbau in das Oberflachengitter des Metalls. Tabelle 8.3-3. Vergleich der Gitterkonstanten von Metall und Metalloxid Metall
Metalloxid
Differenz
Al: 4,04 A
A1203:$15 8, Fe203:592 A
1,11 A 2,56 8,
Fe: 2,86 A
8.3.1.2 Elektrochemische Korrosionsprozesse
Verrostende Gegenstande und die daraus resultierenden moglichen Konsequenzen sind eigentlich jedermann aus dem taglichen Leben ein Begriff, sei es, dalj dem geliebten Automobil endgiiltig die weitere Zulassung entzogen wird oder dalj irgendwelche festgerostete Schrauben dem Heimwerker alle Miihe bereiten. Verantwortlich fir dieses sichtbare Verrosten eines Metalls oder auch von verschiedenen, in Kontakt stehenden Metallen sind elektrochemische Korrosionsprozesse. Zu diesemThemaexistieren eine Vielzahl umfangreicher wissenschaftlicherUntersuchungen und Werke[8"11-[8441, so dalj an dieser Stelle eine Einschrankung auf die wesentlichsten Gesichtspunkte erforderlich ist. Grundsatzlich verlaufen elektrochemische Korrosionsprozessein Form von anodischen und kathodischen Teilreaktionen in Gegenwart eines Elektrolyten. Zwischen Anode und Kathode findet eine Elektronenwanderung statt, welche sich in Form eines Stromflusses adert. Im einfachsten Fall la& sich dies anhand einer Korrosionszelle (Abb. 8.3-2) beschreiben. Dabei tauchen ein Metall A (z.B. Eisen) und ein Metall B (2.B. Kupfer) in eine Elektrolytlosung. Das in der elektrochemischen Spannungsreihe elektronegativere Metall (hier: Eisen) wird dabei zur Anode. Beide Metalle sind uber einen metallischen Leiter und die Elektrolytlosung leitend miteinander verbunden. In einer solchen Zelle wiirde infolge Oxidation der Anode (Metallauflosung) und eine Reduktionsreaktion an der Kathode (z. B. Wasserstoffabscheidung) ein Strom flieljen.Ver-
3 12
Speziell wirksame Additive
I)
+ -
--
Anode - -
Metallischer Leiter
-Kathode Elektrolyt
Abb. 8.3-2. Korrosionszelle
einfacht lassen sich die Vorgange bei der elektrochemischen Korrosion wie folgt darstellen : Anodische Reaktion Me + Me"++ ne-
(Metallauflosung)
Kathodische Reaktionen:
2 H+ + 2e-
+
H2
(Saures Medium)
0 2
+ 4 Hf + 4 e
0 2
+ 2 H20 + 4 e-- + 4 OH-
+ 2 H20
(Saures, 02-haltiges Medium) (Sauerstoffreduktion in neutralem/ alkalischem Medium)
In der Praxis laufen derartige Prozesse naturlich nicht raumlich getrennt, sondern an ein und derselben Oberflache ab. Grundlage dafiir sind kleinste Korrosionszellen, sogenannte galvanische Lokalelemente. Mal3gebend fur ihre Bildung sind z. B. Verunreinigungen an der Oberflache, Inhomogenitaten in der Zusammensetzung, Deformation des Kristallgitters durch mechanische Bearbeitung oder Zunderschichten [8-451. Eine schematische Darstellung ihrer Wirkungsweise nach B u k o w i e ~ k i ' ~ ist - ~ ~in' Abbildung 8.3-3 fiir eine Eisenoberflache wiedergegeben. Danach iibernimmt die Oxidschicht die Funktion der Kathode, wahrend die anodische Auflosung des Metalls an den Defektstellen der Oxidschicht stattfindet.
Fe
*+
OH'
0,-haltige NaCI-Lbsung
Oxidschicht (Kathode) /
/
/
Eisen (Anode) 2Fe +2Fe2'+4e
4 e +2H20c02 *40H
e
b
Abb. 8.3-3. Wirkungsweise eines galvanischen Lokalelementes bei der Korrosion von Eisen in waljriger NaC1-Losung (nach Bukowiecki [8-461).
8.3 Kormsionsinhibitoren
3 13
Als Korrosionsprodukteentstehen Eisenchlorid und Natriumhydroxid,also wasserlosliche Produkte. Bei der Korrosion des Eisens unter atmospharischen Bedingungen werden hingegen weitestgehend feste Korrosionsprodukte (Rost) gebildet : Anode :
Fe + Fe2++ 2 e-
Kathode :
H20 + 0.5 0
Folgereaktionen:
Fe2++ 2 OH- + Fe(OH)2 2 Fe(OH)2 + 0.5 0 2 + H2O + 2 Fe(OH)3 Fe(OH), + FeOOH+H20 Rost
2
+ 2 e-
-+
2 OH-
Die Zusammensetzung des Rostes ist uneinheitlich und hangt von FaktorenwieTemperatur, Sauerstoff- und Elektrolytkonzentration, Art des Elektrolyten und pH-Wert der Umgebung ab. So konnen in Abhangigkeit von diesen Faktoren Eisenoxidhydrate des Typs a-, p-, y-, &FeOOH, sowie Fe304 (Magnetit) und a-bzw. y- Fez03 entstehen. Dariiber hinaus spielen fiir die Praxis die Existenz sogenannter Sulfat- oder Chloridnester eine wichtige Rolle. Die verschiedenen Rostmodifikationen und deren Bildung ist in der weiterfiihrendenLiteratur umfassend ~ i e d e r g e g e b e n [ ~ - ~I.~ ~ - [ ~ - ~ ~
8.3.1.3 Korrosionsschutz durch organische Beschichtungen Der Schutz metallischer Oberflachen durch organische Beschichtungen (Lacke) erfolgt bis heute traditionell im wesentlichen durch die Anwendung nachfolgender Konzepte: -
Einsatz von Korrosionsschutzpigmenten Barrierebeschichtungen Zinkstaubanstriche
Korrosionsschutzpigmente lassen sich grundsatzlich in chemisch inerte Pigmente (z. B. Eisenglimmer) und chemisch bzw. elektrochemisch aktive Pigmente unterscheiden. Erstere verbessern die Barrierewirkung der Beschichtung durch Verlangerung der Diffusionswege fiir Wasser, Sauerstoff und korrosionsstimulierende Ionen. Die Wirkung der chemisch aktiven Pigmente hingegen, beruht auf einer Stabilisierung des pH-Wertes der Beschichtung und die der elektrochemisch wirksamen Pigmente auf einer Passivierung der Metalloberflache (Schutzschichtbildung im anodischen Bereich oder Verlangsamung der Rostbildung im kathodischen Bereich durch hohes Oxidationspotential). Wichtigste Vetreter sind solche auf Basis von Phosphaten, Boraten, Silicaten, Molybdaten und Chr~maten['-~~]. Barrierebeschichtungen sind so konzipiert, darj Wasser, Sauerstoff und korrosionsfordernde Ionen moglichst von der Metalloberflache ferngehalten werden. Entscheidend ist eine Verlangerung der Diffisionswege fiir diese Komponenten. Dies wird im wesentlichen durch die Auswahl geeigneter plattchenformiger Pigmente (z. B. Eisenglimmer), ausreichend hohe Vernetzungsdichte des Bindemittels und vergleichsweise hohe Schichtdicken der aufgebrachten Beschichtung e r r e i ~ h t ~ " ~ ~ ] .
3 14
8 Speziell wirksame Additive
Bei Zinkstaubanstrichen fungiert Zink als sogenannte Opferanode, weil dieses gegenuber Eisen das unedlere Metall ist. Stahloberflachen werden auf diese Weise kathodisch geschutzt [8-541. Durch die Entwicklung neuer Bindemittel (z. B. fiir waflrige Lacksysteme) und die verscharfte Gesetzgebung bezuglich Losungsmittelemission und Schwermetalle sowie steigender Anforderungen an die Performance von Beschichtungen murj heute, uber die bestehenden Konzepte hinaus, an neue Entwiirfe gedacht werden. Als echte Alternative kann die Einsatzmoglichkeit von Korrosionsschutzadditiven (Korrosionsinhibitoren) zur Erzielung eines dauerhaften Schutzes angesehen werden (Abschn. 8.3.2).
8.3.2 Handelsiibliche Korrosionsinhibitoren Korrosionsinhibitoren reprasentieren sowohl bezuglich ihrer chemischen Substanzklassen, als auch hinsichtlich der Vielzahl an Anwendungsgebieten ein weites Feld. So werden Inhibitoren beispielsweise in flussigen Medien wie Olen, Ol-maserEmulsionen oder auch Kiihlkreislaufen breit eingesetzt. Daneben existieren wichtige Anwendungen wie der Schutz metallischer Gegenstande im Verpackungsbereich durch fluchtige Inhibitoren (Dampfphaseninhibitoren) oder die Inhibierung der Saurekorrosion beim Transport stark saurer Medien. Der Markt fur Korrosionsinhibitoren wuchs nach einer Studie in den USA[8-541im Zeitraum zwischen 1987 und 1992 um jahrlich 6,7%. Das Umsatzvolumen lag anfangs der neunziger Jahre in einer Groljenordnung von ca. 800 x lo6 Dollar, fir das Jahr 2000 wird mit einer Verdoppelung gerechnet, wobei f i r organische Inhibitoren im Verhaltnis zu anorganischen ein deutlich starkeres Wachstum envartet wird. Die Einsatzmoglichkeit solcher Inhibitoren in Lacksysteme galt lange Zeit als umstritten, da speziell im Bereich des permanenten Korrosionsschutzes hohe Aktivitat und geeignete Sekundareigenschaften in Einklang gebracht werden mussen (Abschn. 8.3.2.3). Letztere unterscheiden sich grundlegend von den Anforderungen fur flussige Systeme. 8.3.2.1
Definition
Ein Inhibitor ist eine Substanz, welche eine chemische Reaktion unterbindet oder verlangsamt. Danach ist ein Korrosionsinhibitor eine Substanz, welche nach Zusatz zu einem Medium bereits in kleinen Mengen den Korrosionsangriff auf das Metall verlangsamt bzw. die Geschwindigkeit von Teilreaktionen des Korrosionsprozesses hemmt [8-551.
8.3 Korrosionsinhibitoren
3 15
8.3.2.2 Inhibierungsmechanismen In einer Korrosionszelle mit ihren vier Komponenten Anode, Kathode, Elektrolyt und metallischer Leiter (s. Abschn. 8.3.1.2) lassen sich drei durch Inhibitoren im Sinne einer Hemmung von Korrosionsprozessen beeinflussen. Man kennt folgende M(jglichkeiten[8-551. [8-561. -
Potentialverschiebungan der Anode (anodische Inhibierung) Potentialverschiebungan der Kathode (kathodische Inhibierung) Bildung von deckenden oder adsorptiven Schichten auf der Metalloberflache
Weitere Moglichkeiten im Zusammenhang mit Beschichtungsstoffensind: Verringerung der Porositat und damit der Permeabilitat der Beschichtung fir Wasser, Sauerstoff und korrosionsstimulierende Ionen (z. B. Chloride und Sulfate)[8-571 - Verbesserung der Haftung, insbesondere der NaBhahng zwischen Beschichtung und Metalloberflache Oftmals gestaltet sich eine eindeutige Zuordnung als schwierig, da speziell im Falle organischer Inhibitoren eine Berlagemng von anodischen, kathodischen, adsorptiven und anderen Effekten stattfinden kann. -
Anodische Inhibierung
Anodisch passivierende Inhibitoren lassen sich grundsatzlich in oxidierende und nicht oxidierende Substanzen ~ n t e r t e i l e n [ ~ -Zu ~ ~den ] . klassischen Vertretern des oxidierenden Typs gehoren z.B. Nitrite oder Chromate, wahrend die nicht oxidierenden Inhibitoren durch Substanzklassen wie Phosphate, Wolframate, Molybdate und Carboxylate (s. Abschn. 8.3.3) reprasentiert sind. Im Wirkungsmechanismus unterscheiden sich die beiden Klassen u.a. dadurch, daB oxidierende Substanzen wie Chromate keinen Sauerstoff zur Inhibierung benotigen (die Schutzwirkung wird durch eine Kombination aus Adsorption und gezielter Oxidschichtbildung, d. h. Reparatur von Defektstellen bei gleichzeitiger Reduktion des Inhibitors erreicht). Nicht oxidierende Inhibitoren wie Carboxylate benotigen hingegen die Anwesenheit von Sauerstoff. Diese Verbindungen erlauben eine effiziente Inhibierung, indem sie die Adsorption von Sauerstoff an der Anode fordern, der danach als eigentlicher Passivator anzusehen ist[8-581.Da in der Atmosphare Sauerstoff stets in mehr als ausreichender Menge vorhanden ist, sind solche Inhibitoren aus dieser Sicht auch bestens fir den Einsatz in Beschichtungssystemegeeignet. Zu den anodisch wirksamen Verbindungen konnen auch bestimmte Carbonsauren gerechnet werden (s. Abschn. 8.3.3.2), welche anodische Defektstellen durch Bildung schwerloslicher Salze oder Komplexe verschliel3en und somit eine weitere Metallauflosung unterbinden. Kathodische Inhibierung
Kathodische Inhibitoren verlangsamen entweder die kathodische Teilreaktion insgesamt oder sie bilden selektiv schwerloslicheNiederschlage in den kathodischen Bereichen. Als prinzipelle Moglichkeit bei atmospharischer Korrosion ist ein Inhibie-
3 16
8 Speziell wirksame Additive
rungsmechanismus auf Basis von Sauerstoffreduktion denkbar. Die weitaus meisten kathodischen Inhibitoren wirken jedoch, indem sie die ansteigenden Alkalinitat in den kathodischen Bereichen zur Bildung schwerloslicher Niederschlage ausnutzen. Verbindungen mit dieser Fahigkeit spielen vorzugsweise im Bereich der Wasserbehandlung eine Rolle. Schichtbildung Inhibierende Schichten beeinflussen in der Regel die gesamte Metalloberflache und damit indirekt anodische und kathodische Teilprozesse. Eine klare Abgrenzung zwischen beispielsweise einer reinen Deckschicht und anodischer Aktivitat im Sinne von Salzbildung an Defektstellen ist nicht immer moglich, dennoch seien schichtbildende Vorgange an dieser Stelle isoliert betrachtet. Eine Inhibierung durch Schichten kann grundsatzlich in Form von Deckschichten, Passivschichten oder schichtbildende Adsorption e r f ~ l g e n [ * :- ~Vor ~ ] ange, welche zu schichtbildender Adsorption fuhren, wurden z. B. von Schultze[*-'I anhand von Benzimidazolderivaten eingehend analytisch untersucht. Danach ergeben sich modellhaft nach Adsorption an der Metalloberflache bzw. der Oxidschicht verschiedene Orientierungsmoglichkeiten f i r die Inhibitoren. Die Ausrichtung kann parallel oder senkrecht zur Metalloberflache uber den heterocyclischen Anteil, Koadsorption von Anionen im Falle von Inhibitorsalzen, Adsorption an der oxidischen Oberflache oder sogar Einbau in die Oxidschicht, Filmbildung (Polymerisation) z. B. durch anodische Oxidation erfolgen. Als Deckschichten konnen beispielsweise Fe2+-bzw. Fe3+-Salzefungieren, welche mit dem Inhibitor gebildet werden. Unter Passivschichten sind dagegen eher Monoschichten zu verstehen, welche z. B. oxidativ oder reduktiv erzeugt wurden. Beide, Deck- oder Passivschichten konnen quasi als Grenzflachenbarriere aufgefasst werden, deren Aufgabe darin besteht, Sauerstoff und/oder korrosionsfordernde Ionen von der Metalloberflache fernzuhalten. Stabilitat und damit Wirksamkeit solcher Schichten sind nach R u ~ [an~eine - ~Reihe ~ ~ von Voraussetzungen geknupft : -
-
Die Deckschicht ist nur wirksam, wenn die gebildeten Salze schwerloslich und hydrolysestabil sin4 fest anhaften und eine dichte Barriere gegenuber Sauerstoff und Ionen bilden. Oxidationsempfindliche Fe2+-Salze sind zumeist ungeeignet, da die resultierenden Fe3+-Salzehaufig leicht unter Bildung schlecht anhaftender Eisenoxidschichten hydrolysiert werden konnen. Die Wirksamkeit einer Passivschicht ist nur dann gegeben, wenn sie gegenuber der Umkehrung ihrer Bildungsreaktion unempfindlich ist, d. h. oxidativ erzeugte Schichten diirfen nicht reduktionsempfindlich und umgekehrt sein.
Permeabilitat Wie in Abschnitt 8.3.2.2 angedeutet, gestaltet sich eine eindeutige Zuordnung zum Wirkungsmechanismus speziell beim Einsatz organischer Inhibitoren in Beschichtungssysteme oft als schwierig, da die Schutzwirkung haufig durch sich uberlagernde Effekte zustande kommt. So konnen z.B. per se eindeutig anodisch wirk-
8.3 Korrosionsinhibitoren
3 17
same Inibitoren auf Basis von Carboxylaten wie das Tridecylaminsalz der Mercap-
tobenzothiazolyl-Bernsteinsaure (MBTS) bei entsprechendem strukturellen Aufbau zusatzlich die Barriereeigenschafien einer Beschichtung verbessern (Abb. 8.3-4). Ein vergleichbarerEinfluS auf die Barriereeigenschafienkann grundsatzlich fiir all die Inhibitoren angenommen werden, welche uber kathodische oder anodische Aktivitat hinaus eine gewisse hydrophobierende Wirkung aufweisen. Ausschlaggebend ist eine Balance zwischen hydrophilen und hydrophoben Strukturelementen, d. h. rein hydrophobierend wirkende Substanzen behindern in aller Regel den Aufbau polarer Wechselwirkungen zwischen Lackfilm und Substratoberflache,was in Konsequenz zu ungenugender Haftung fiihrt.
20
10
0
5
10
15
20
25
Tage
Abb. 8.3-4. Einflul3 von MBTS-Tridecylaminsalz auf die Wasseraufnahme von 2K-Epoxid-
harzprimern
Haftungsverbesserung Die Haftung, insbesondere bei Einwirkung von hoher Luftfeuchtigkeit oder Wasser (NaDhaftung) stellt einen der wichtigsten Parameter beim Einsatz von Beschichtungen dar. Solange die Haftung nicht durch aul3ere Einflusse gestort wird, findet normalerweise auch keine Unterrostung statt[8-611. Neben Inhibitoren spielen zur gezielten Haftungsverbesserun v a. metallorganische Kuppler auf Basis von Zirkonaten und Titanaten eine Rollef8-621 .
Jo
3 18
X Speziell wirksame Additive
8.3.2.3 Inhibitorklassen/Charakteristika Bei einer Vielzahl organischer Verbindungen lassen sich inhibierende Eigenschaften nachweisen. Dazu gehoren nach einer Zusammenstellung von Trabanelli["631 beispielsweise Acetylenderivate und aromatische Ringsysteme, aliphatische und cyclische Amine, stickstoff-, schwefel- undoder sauerstoffhaltige Heterocyclen, hohere Aldehyde und Ketone, Carbonsauren und deren Derivate, Stickstoff-Schwefel-Verbindungen wie Thioharnstoffderivate, Thiophosphate etc. MaSgebend fiir die inhibierende Wirkung sind sterischer Aufbau und die Ladungsverteilung des Gesamtmolekuls. Die inhibierenden Eigenschaften solcher Verbindungsklassen allein bedingen nicht zwangslaufig deren Eignung fiir einen Einsatz in Beschichtungssystemen. Wie in Abschnitt 8.3.2 bereits angedeutet, miissen fiir Lackanwendungen Aktivitat und Sekundareigenschaften in Einklang gebracht werden. Danach muS an einen effizienten und modernen Inhibitor fiir den permanenten Korrosionsschutz in Lacken nachfolgendes Anforderungsprofil gestellt werden : -
-
hohe Aktivitat bei niedriger Einsatzkonzentration geringe Wasserloslichkeit ausreichende thermische Stabilitat Unempfindlichkeit gegen Oxidation (Alterung) hohe Aktivitat im Bereich pH 5-8 (idealerweise pH 2-14) hohe Reinheit niedrige Toxizitat Vertraglichkeit mit den verschiedensten Bindemitteltechnologien
Dariiber hinaus sind leichte Einarbeitbarkeit und die Einsatzmoglichkeit als alleinigen Inhibitor anzustreben. Der Anforderungspunkt ,,geringe Wasserloslichkeit" spielt fiir den permanenten Korrosionsschutz in Lacken eine wichtige Rolle. Zu hohe Loslichkeit fiihrt bei den notwendigen Einsatzkonzentrationen (Abschn. 8.3.3.1) sehr rasch zu einer Erhohung der Wasserempfindlichkeit der Beschichtung und in Konsequenz zur Bildung osmotischer Blasen und Delaminierungsproblemen. Von diesem Anforderungspunkt ausgenommen sind die meisten Inhibitoren (Ausnahme: wasseremulgierbare Inhibitoren), welche speziell f i r den temporaren Korrosionsschutz (Punkt-/Flugrostinhibierung) in wal3rigen Lacksystemen entwickelt wurden. Derartige Inhibitoren (Abschn. 8.3.3.1) benotigen eine ausreichend hohe Wasserloslichkeit, um die Korrosion des Substrats temporar, d. h. wahrend der Trocknungsphase des Lacksystems unterbinden zu konnen. Die Einsatzkonzentrationen fiir diese Produkte liegt allerdings deutlich unter denen fiir den permanenten Schutz, so daS die Gefahr einer erhohten Wasserempfindlichkeit deutlich minimiert ist. Hohe Reinheit in der Zusammensetzung ist insofern anzustreben, als Verunreinigungen ihrerseits durchaus oberflachenaktiv sein konnen und damit mit dem Inhibitor in Konkurrenz um die Metalloberflache stehen. Der Anspruch an Produkte mit niedriger Toxizitat gewinnt vor dem Hintergrund sich verscharfender Gesetzgebung und gestiegenem Umweltbewuatsein zunehmend an Gewicht. Akute Toxizitat, okotoxikologisches Verhalten und Fragen der spateren
8.3 Korrosionsinhibitoren
3 19
Entsorgung sind heute bei der Neuentwicklung und Auswahl von Produkten wesentlich mitentscheidend, wobei vor allem auf die Verwendung bestimmter Schwermetalle wie Blei, Chrom, Barium und zunehmend auch Zink verzichtet wird. Aus der Vielzahl moglicher Verbindungen haben sich fiir den Einsatz in Lacksysteme im wesentlichen folgende Substanzklassen als geeignet herauskristallisiert: -
organische Sauren und deren Salze basische Verbindungen wie organische Basen und Amine oxidierend wirkende organische Verbindungen
8.3.3 Produkte und Produkteeigenschaften Wie in Abschnitt 8.3.2.3 erwihnt, muB im Zusammenhang mit Produkten und deren Eigenschaften zwischen Flugrostinhibitoren fiir den temporken Korrosionsschutz und Inhibitoren fiir den permanenten Schutz unterschieden werden.
8.3.3.1 Flugrostinhibitoren
Flugrostinhibitoren sind entweder wasserlosliche oder wasseremulgierbare Substanzen, welche bei Zusatz zu warigen Lacksystemen bereits in sehr geringen Konzentrationen die Korrosion von vorzugsweise Eisenmetallen wahrend der Trocknungsphase der Beschichtungssysteme unterbinden. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Vermeidung von Gebindekorrosion wahrend der Lagerung wal3riger Systeme. Solche Inhibitoren werden in der Praxis haufig nicht allein, sondern in Kombination eingesetzt, um speziell auf schwierigen Substraten (z. B. entlang von SchweiBnahten) eine Flugrostbildung zu verhindern. Einer der altesten und wohl bekanntesten Vertreter aus dieser Produkteklasse ist Natriumnitrit, wobei anzumerken ist, darj die Industrie diese Substanz heute mehr und mehr durch alternative Losungen zu ersetzen sucht. Die Griinde dafiir liegen darin, darj in der Kombination von Natriumnitrit und den zur Neutralisation der Bindemittel verwendeten Aminen Nitrosamine entstehen konnen. In Tabelle 8.3-4 sind einige der wichtigsten kommerziell verfiigbaren Produkte, sowie deren Eigenschafien zusammengefasst. In einigen Fallen ist die chemische Zusammensetzung von den Herstellern lediglich generisch und nicht im Detail offengelegt. Handelsnamen und Produktehersteller sind am Ende des Kapitels aufgefihrt. Wasseremulgierbare Inhibitoren konnen aufgrund ihrer geringen Wasserloslichkeit auch einen Beitrag zum permanenten Korrosionsschutz leisten. Einige Hinweise zur praktischen Anwendung von Flugrostinhibitoren sind in Abschnitt 8.3.4 wiedergegeben.
320
8 Speziell wirksame Additive
Tabelle 8.3-4. Eigenschaften und Einsatzmengen wichtiger Flugrostinhibitoren (Handelsnamen siehe Abschn. 8.3.6) Zusammensetzung
Lieferform
Einsatzmenge
Emulgierend wasserloslich
2-Amino-methoxy-propanol p)
fliissig kristallin
0,2-0,s %
loslich
0,l- 1 YO
loslich
flussig
0,25-3 % 0.8-3 % 0,3- 1 %
emulgierend emulgierend loslich emulgierend
0,2-0,s Yo
loslich
Bas. Ammoniumbenzoatb)
Ba-Salz der Dodecylnaphthalinsulfonsaure') Ca-Salz der Dodecylnaphthalinsulfonsaured, Alkylenadditionsverbindung') Org. Zn-Komplex' Aminneutralisierte 2-Mercaptobenzothiazolyl-bernsteinsaurep'
fliissig fliissig fliissig
1-2 Yo
Fusnoten siehe Abschnitt 8.3.6. Hersteller und Handelsnamen
8.3.3.2 Inhibitoren fur permanenten Korrosionsschutz Im Gegensatz zu den meisten Flugrostinhibitoren handelt es sich bei den Inhibitoren f i r permanenten Schutz um Substanzen mit geringer Wasserloslichkeit. Die heute kommerziell verfiigbaren Produkte, ubenviegend als Ersatz fur traditionelle Korrosionsschutzpigmente entwickelt, kommen in der Praxis entweder alleine oder auch in Kombination mit solchen Pigmenten zum Einsatz, um beispielsweise gezielt die Schutzwirkung im anodischen Bereich zu verstarken. Es darf erwartet werden, dalj die Bedeutung solcher Inhibitoren in den kommenden Jahren sprunghaft zunehmen wird, dies insbesondere im Zusammenhang mit der sturmischen Entwicklung waljriger Lacksysteme. In diesen Systemen werden mit traditionellen Korrosionsschutzpigmenten haufig Vertraglichkeitsprobleme und nach Auffassung der Lackindustrie unzureichende Performance beobachtet. Die erforderlichen Einsatzmengen (Tab. 8.3-5) fur diese Art Inhibitoren sind im Vergleich zu Flugrostinhibitoren hoher, jedoch deutlich niedriger als typischerweise f i r Korrosionsschutzpigmente. Dies erlaubt dem Anwender speziell in der Entwicklung neuer Systeme eine groljere Formulierungsfreiheit. In Tabelle 8.3-5 sind die wichtigsten kommerziell verfiigbaren Produkte und deren erforderliche Einsatzmengen (bezogen auf Gesamtlack) zusammengefasst, Tabelle 8.3-6 gibt die gemalj den Herstellerangaben wichtigsten Anwendungsgebiete fiir diese Produkte wieder. Fur eine erfolgreiche Anwendung dieser Inhibitoren in den verschiedenen Anwendungsgebieten der Industrie- oder Automobilreparaturlackierung mussen eine Reihe von Formulierungsgrundsatzen beachtet werden, auf die in Abschnitt 8.3.4 eingegangen wird.
8.3 Korrosionsinhibitoren
32 1
Tabelle 8.3-5. Eigenschaften und Einsatzmengen wichtiger Inhibitoren f i r permanenten Korrosionsschutz (Handelsnamen siehe Abschn. 8.3.6) Zusammensetzung
Lieferform
Einsatzmenge
Aminocarboxylat (Metallsalz) h,
fliissig
1-6%
Zn-Salz der Nitroisophthalsaure’) Zn-Salz der Cyanursaure k,
kristallin kristallin
I-2%
Zn-Salz der Dodecylnaphthalinsulfonsaure I) Mg-Salz der Dodecylnaphthalinsulfonsaurem)
fliissig fliissig
0,5-5%
2-Mercaptobenzothiazolyl-bernsteinsauren,
kristallin
0,5- 1 3 %
Tridecylaminsalz der 2-Mercaptobenzothiazolylbernsteinsaure O) Aminkomplex der ToluoylpropionsaureP’
fliissig kristallin
1-3% 1-2%
Zr-Komplex der Toluoylpropionsaureq)
kristallin
03- 1 %
1-2%
1-3%
FuSnoten siehe Abschnitt 8.3.6, Hersteller und Handelsnamen
Tabelle 8.3-6. Einsatzgebiete wichtiger Inhibitoren fiir permanenten Schutz (Handelsnamen siehe Abschn. 8.3.6) Zusammensetzung
Einsatzgebiete
Aminocarboxylat (Metallsalz) h,
losungsmittelhaltige Systeme
Zn-Salz der Nitroisophthalsaure i,
konv. Alkyd-, Epoxid-, Polyester-, PUR-, Vinyl-, Acrylharze in Kombination mit Zn-Phosphat
Zn-Salz der Cyanursaure k,
waBrige und losungsmittelhaltige Systeme in Kombination mit Zn-phosphat
Zn-Salz der Dodecylnaphthalinsulfonsaure”
wasserverdiinnbare Systeme, HS-Lacke
Mg-Salz der Dodecylnaphthalinsulfonsaure m, wasserverdiinnbare Systeme, HS-Lacke
2-Mercaptobenzothiazolyl-bernsteinsauren,
Polyvinylbutyral-Kombinationen,Acryl-, Polyester-, Epoxyesterharze (losungsmittelhaltig)
Tridecylaminsalz der 2-Mercaptobenzothiazolyl-bernsteinsaure O) Aminkomplex der Toluoylpropionsaurep, Zr-Komplex der Toluoylpropionsaureq)
konv. Alkyd-, Epoxidharze, HS-Systeme waBrige Dispersionen, wasserverd. Systeme, Hybridsysteme waSrige Dispersionen, wasserverd. Systeme, Hybridsysteme
FuBnoten siehe Abschnitt 8.3.6, Hersteller und Handelsnamen
322
X Speziell wirksame Additive
8.3.4 Praktische Hinweise, Formulierungsgrundsatze Zur erfolgreichen Anwendung von Inhibitoren in Beschichtungssystemen sind eine Reihe von Formulierungsgrundsatzen zu beachten, welche nachfolgend zusammengefasst sind.
8.3.4.1 Flugrostinhibitoren Flugrost tritt bei der Anwendung waBriger Lacksysteme vorzugsweise dann auf, wenn die Systeme bei hoher Luftfeuchtigkeit oder niedrigen Umgebungstemperaturen appliziert werden, d. h. die Trocknung der Systeme verzogert ist. Als besonders empfindlich erweisen sich in diesem Zusammenhang gestrahlte Oberflachen mit hoher Rauhigkeit, eher schwierig gestalten sich die Verhaltnisse in Gegenwart von Schweihahten. Eine Inhibierung der Flugrostbildung entlang von SchweiBnahten gelingt im Gegensatz zu allen anderen Fallen haufig nur durch eine Kombination verschiedener Produkte. Fur den Entwickler von Lackformulierungen empfiehlt sich grundsatzlich folgendes Vorgehen:
- Identifizierung des/der geeigneten Produkte Identifizierung der erforderlichen Einsatzkonzentration(en) unter Variation der Trocknungsbedingungen - Uberpriifung der Beschichtungseigenschaften in Feuchtlagerungsversuchen, urn speziell im Falle wasserloslicher Flugrostinhibitoren eine Erhohung der Wasserempfindlichkeit der Systeme auzuschlierjen
-
8.3.4.2
Inhibitoren fur permanenten Korrosionsschutz
Fur den Einsatz von Inhibitoren im Bereich des permanenten Korrosionsschutzes konnen prinzipiell zwei Konzepte verfolgt werden: Anwendung als alleiniger Inhibitor (z. B. Ersatz von Korrosionsschutzpigmenten) - Kombination mit Korrosionsschutzpigmenten (z. B. im Sinne einer Verstarkung -
gewisser Schutzeigenschaften) Eine Kombination mit Korrosionsschutzpigmenten kann im einfachsten Fall so aussehen, daB der Inhibitor auf eine bestehende Lackformulierung aufgesetzt wird. Dabei reichen in aller Regel kleine Zusatzmengen, doch fuhrt dieses Vorgehen zwangslaufig zu einer Verteuerung der Formulierungen. Werden Korrosionsschutzadditive als alleinige Inhibitoren eingesetzt, gelten zunachst folgende Formulierungsgrundsatze :
- Die meisten Inhibitoren zeigen systemspezifisch ein Performanceoptimum so daB eine Priifung von Konzentrationsreihen zu empfehlen ist.
8.3 Korrosionsinhibitoren
323
-
Hohere als die von den Herstellern empfohlenen Einsatzmengen fiihren in aller Regel nicht zu zusatzlichen Verbesserungen.
-
Kristalline oder pulverformige Produkte werden zweckmaJ3ig trotz ihres Additivcharakters in der Berechnung der Formulierung (z. B. der Pigmentvolumenkonzentration) als Pigmente angesehen, auch wenn sie im Einzelfall in der Formulierung in vollstandig geloster Form vorliegen konnen.
Der Austausch von Korrosionsschutzpigmenten durch Inhibitoren erfolgt wegen der stark unterschiedlichen Einsatzmengen grundsatzlich in der Form, daB der Inhibitor zusammen mit einer erhohten Menge an Fullstoff oder Inertpigment eingesetzt wird. In der Praxis begnugt man sich haufig damit, die Pigmentvolumenkonzentration (PVK) beim Vergleich von Formulierungen konstant zu halten. Dies ist jedoch nicht ausreichend, da bei der Substitution von beispielsweise Pigmenten haufig Stoffe mit einem deutlich hoheren Bindemittelbedarf (hohere Olzahl) zum Einsatz kommen. Damit sinkt der Anteil an freiem Bindemittel in der Formulierung, was zu drastischen Anderungen der Beschichtungseigenschaften wie z. B. dem Korrosionsschutzverhalten %hen kann. Bei dem oben beschriebenen Austauschkonzept ist demnach korrekterweise das Verhaltnis von Pigmentvolumenkonzentration(PVK) zu kritischer Pigmentvolumenkonzentration(KPVK) konstant zu halten. Pulverformige Inhibitoren sollten dabei, wie oben erwahnt, als Pigmente angesehen werden. Die beiden genannten GroSen PVK und KPVK lassen sich wie folgt bestimmen. Die Pigmentvolumenkonzentration als eine von der Dichte der Rohstoffe abhangige GroBe wird rechnerisch uber nachfolgende einfache Formel ermittelt : PVK (%) = Vp x 100 x (V, + V&' ( Vp : Volumen aller Pigmente, Fullstoffe und ggf. kristallinen Inhibitoren; Vb : Vo-
lumen aller nichtfluchtigen Bindemittelanteile). Die kritische Pigmentvolumenkonzentration als die Grenze, an der zwischen den einzelnen Pigment-, oder Fullstoffpartikeln kein freies Bindemittel mehr zur Verfiigung steht, ist wesentlich durch die Olabsorption (Olzahl) der kristallinen Rohstoffe bestimmt. Eine experimentelle Bestimmung der kritischen Pigmentvolumenkonzentration ist %r die Praxis haufig entschieden zu aufwendig. In guter Naherung laBt sie sich jedoch uber die 01zah1[8-641 des eingesetzten Pigment-/Fullstoff-/ Inhibitorgemischsberechnen: KPVK (%) = VPf x 100 x ( Vpf + 0Zpf x 0.93-l)-' : Volumen aller Pigmente, Fullstoffe und kristallinen Inhibitoren; OZpf : Olzahl des Pigment-/Fullstoff-/Inhibitorgemischs).
F(f,'
Eine korrekte Substitutionvon z. B. Pigmenten durch andere Pigmente oder durch eine Kombination aus Inhibitoren und Fullstoffen larjt sich danach sehr einfach aus dem Verhaltnis von PVK zu KPVK ableiten.
324
X Spezieil wirksame Additive
Die Uberpriihng der Korrosionsschutzeigenschaften solcher Beschichtungen erfolgt in der Regel primar anhand von Schnellbewitterungspriifungen wie dem Salzspriihtest (ASTM B 1 17) oder Feuchtlagerung (DIN 500 17 KK). In der jungeren Vergangenheit werden jedoch zunehmend auch zyklische Bewitterungsmethoden angewandt, dies v. a. vor dem Hintergrund einer haufig beobachteten mangelnden Korrelation zwischen speziell Salzspriihresultaten und dem Verhalten dieser Beschichtungen in der Freibewitterung.
8.3.5 Toxikologie und Entsorgung Die bekannte Toxizitat speziell von Chromaten und Bleiverbindungen hat wesentlich zur Entwicklung der heute kommerziell verfigbaren Inhibitoren beigetragen. Hinter diesen Entwicklungen steht u.a. das Bemiihen der Industrie, nur einwandfreie Produkte am Markt anzubieten. Angaben zur Toxizitat und zu Fragen der Entsorgung dieser Produkte sind in den Sicherheitsdatenblattern der einzelnen Hersteller wiedergegeben.
8.3.6 Hersteller und Handelsnamen Die Handelsbezeichnungen und die Hersteller der in den Tabellen 8-6 bis 8-8 aufgefuhrten Produkte sind nachfolgend aufgelistet : a) b) c) d) e) f)
g) h) i) k) 1) m) n) O)
p) q)
(u)
AMP-90: Angus Chemie GmbH, D-49479 Ibbenbiiren @CotrolAMB: CasChem, Inc., Bayonne, NJ (USA) ONacorr 1 15 1 : King Industries, Norwalk, CT (USA) ONacorr 1351 : King Industries, Norwalk, CT (USA) ('Lanco-Rustgard FW: Georg M. Langer & Co., D-27721 Ritterhude @SerAD FA 379: SERVO-Delden BY NL-7490 AA Delden @Irgacor252 FC: Ciba Spezialitatenchemie AG, CH-4002 Basel 'QCotrol 18-8: CasChem, Inc., Bayonne, NJ (USA) "Sicorin RZ:BASF AG, D-67056 Ludwigshafen OAlcophor 827 W: Henkel KGaA COC - Coating, D-40589 Dusseldorf ONacorr 1552: King Industries, Norwalk, CT (USA) ONacorr 165 1 : King Industries, Norwalk, CT (USA) "'lrgacor 252 LD: Ciba Spezialitatenchemie AG, CH-4002 Basel (K> Irgacor 153: Ciba Spezialitatenchemie AG, CH-4002 Basel @I lrgacor 1405: Ciba Spezialitatenchemie AG, CH-4002 Basel '%gacor 1930: Ciba Spezialitatenchemie AG, CH-4002 Basel
8.4
Biozide Jiirgen Klaus Glaser
8.4.1
Einfiihrung
Die Anwendung von Bioziden als Lackadditive ist zur Zeit ein brisanter Diskussionsstoff. Die Griinde fir diese Diskussionen kommen aus dem Umweltschutz und den daraus abgeleiteten ijberlegungen beziiglich der Umweltvertraglichkeitund der zu erstellenden Okobilanzen. Die zum Teil idealisierten ,,neuartigen" Formulierungen machen, bedrangt durch das Ersatzlosemittel Wasser, den Einsatz von bioziden Wirkstoffen erforderlich, um dem raschen Verderben der Farbe vorzubeugen. Aus allseits bekannten Griinden, ist der Einsatz von sogenannten ,,chemischen Keulen", wie zum Beispiel den Quecksilberverbindungen in den meisten Staaten verboten. Trotz des aul3erordentlich breiten Wirkungsspektrwns dieser Substanzen, sowie der geringen Einsatzmengen, ist deren okotoxikologischeBewertung sehr ungiinstig. Im Zusammenhang mit den modernen Wirkstoffen und deren Zubereitungen wird vermehrt der ijberbegriff Mikrobizid verwendet. Aufgrund ihrer meist spezifischen Wirkungsweise kann es sich dabei um Bakterizide, Fungizide und Algizide handeln. Diese biologisch aktiven Substanzen weisen oft ein sehr spezifisches Wirkungsspektrum auf. Sie sind in der Regel okotoxikologisch wenig bedenklich und erfiillen gezielt, alleine oder in Kombination mit anderen biologisch aktiven Stoffen, die an sie gestellten Anforderungen. Je nach Einsatzgebiet spricht man heute unter anderem von Topfkonservierungsmitteln undoder Filmkonservierungsmitteln. Mit der Wahl dieser zum Teil neuen Generation von Wirkstoffen sind die Diskussionen betreffend Umweltgefahrdungjedoch nicht beendet und die biologisch aktiven Substanzen sind weiter der Kritik ausgesetzt. Wahrend die einen dariiber nachdenken, ob man diese Wirkstoffe uberhaupt braucht, denken die anderen dariiber nach, warum es trotz Einsatz dieser chemischen Substanzen Schadensfalle gibt. Um es vorwegzunehmen, umweltrelevant sind moderne Mikrobizide (Einsatzmengen : 0,05 bis 4 %, ausgenommen Antifoulings) bei sachgemaer Anwendung nur in sehr geringem MaBe. Der Entscheid flir den Einsatz von Mikrobiziden steht auljer Frage, sind doch die Konsequenzen bei Fehlen derselben durch die Praxis tausendfach nachgewiesen : stinkende oder unbrauchbare Farben im Topf, verschimmelte Wande und veralgte Fassadenoberflachen; Resultate welche wenig erstrebenswert sind, weil sie das Ansehen des Herstellers schadigen und den Arbeitseinsatz bei der Produktion und der Verarbeitung nicht lohnen. Der Anteil der Mikrobizide ist in der Gesamtrezeptur sehr gering und eigentlich auch kein entscheidender Kostenfaktor fiir das Anstrich-
326
8 Spezieil wirksame Additive
mittel. Fur den Wert- und Funktionserhalt ist das Mikrobizid jedoch unentbehrlich. Gegenstand dieses Kapitels sind die Bakterizide, Fungizide und Algizide, welche fur die Topfkonservierung und die Filmkonservierung verwendet werden. Um etwaige Miljverstandnisse zu vermeiden, sollen die wichtigsten der nachfolgend verwendeten Begriffe kurz definiert werden.
8.4.2 Definitionen Algen Die Algen sind eine Gruppe des Pflanzenreichs, in der entwicklungsgeschichtlich betrachtet recht urtiimliche Organismen verschiedener Farbung zusammengefaljt sind. Algen sind in der Lage, sich mit Hilfe der Photosynthese selbstandig zu ernahren. Ihr Vegetationskorper ist ein- oder mehrzellig, fadenformig oder abgeflacht, mit verhaltnismal3ig komplizierter innerer Organisation bei hoheren Formen, jedoch ohne Leitungsbahnen. Die Zellen enthalten stets Zellkerne. Ihr Vorkommen ist im Meer, Siiljwasser oder an feuchten Orten wie zum Beispiel nassen Wanden, im Boden und auf Schnee. Mit Pilzen in Symbiose lebende Algen bilden die sogenannten Fle~hten[~'"]. Bakterien Bakterien sind vorwiegend einzellige Mikroorganismen, die keinen Zellkern besitZen (Durchmesser mitunter kleiner als 0,001 mm). Die Vermehrung erfolgt durch Spaltung oder in einigen Fallen durch Sprossung. Manche Bakterien haben charakteristisch angeordnete Geiljeln, mit Hilfe derer sie sich aktiv bewegen konnen. Mit wenigen Ausnahmen sind die Bakterienzellen von einer starren oder halbstarren Zellwand umgeben, die ihnen eine konstante Form gibt. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Zellformen konnen kugel-, stabchen- und schraubenformige Bakterien unterschieden werden. Die Unterteilung der Bakterien durch die Gramfarbung in grampositive und gramnegative Bakterien wird auf strukturelle Unterschiede in der Zellwand zuriickgefiihrt. Manche Arten der Bakterien konnen sogenannte Endosporen - allgemein Sporen genannt - bilden. Das sind Dauerformen des Bakteriums, welche aufgrund ihrer hohen Widerstandsfahigkeit gegen ungiinstige Umwelteinfliisse (Hitze, Kalte, Trockenheit, chemische Einflusse) besondere Bedeutung haben. Es sind verschiedene Ernahrungsformen bekannt. Einige Bakterienarten konnen wie die griinen Pflanzen Licht als Energiequelle nutzen und decken ihren Kohlenstoffbedarf mit dem Kohlendioxid aus der Luft. Andere Formen gewinnen die notwendige Energie durch die Oxidation anorganischer Substanzen (z. B. Ammoniak wird von der Gattung Nitrosomonas zu Nitrit oxidiert). Die meisten Bakterienarten decken aber ihren Energie- und Kohlenstoffbedarf nur aus organischen Substanzen und kommen in Substraten mit neutralem bis schwach alkalischem pH-Wert vor. In bezug auf die Temperatur ist die un-
8.4 Biozide
327
terste Wachstumsgrenze der Gefrierpunkt des Zellsafies und die oberste der Siedepunkt des Wassers. Aufgrund der vielfaltigen Ernahrungsformen ist das Vorkommen der Bakterien kaum begrenzt [S-651 .
Konservierungsmittel Konservierungsmittel sind gema13 Definition Stoffe, welche Produkte, die nicht fir den sofortigen Gebrauch bestimmt sind, haltbar machen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von Konservierungsmitteln, die in einem mit Mikroorganismen verseuchten Umfeld biostatisch undoder biozid wirken. Dies murj vorausgeschickt werden, da Stoffe, die chemische oder physikalische Vorgange wie Oxidation, Hydrolyse, Polymerisation, Phasentrennung und Austrocknung verhindern, auch im weiteren Sinn als Konservierungsstoffegelten. Konservierungsmittelsind Stoffe, die in bereits geringen KonzentrationeneineVermehrung von Mikroorganismenverhindern. Dabei mu13 der Mikroorganismus nicht zwingend abgetotet, sondern lediglich an seiner Vermehrung gehindert werden. Mit Blick auf die Sauberkeit der Produktionsanlagen ist jedoch eine mehr oder minder rasche Abtotung der Keime in den meisten Fallen angezeigt. Weitere Anforderungen an ein Konservierungsmittel sind unter anderem ein breites Wirkungsspektrum (das heifit, Wirksamkeit gegen alle Mikroben, welche die Haltbarkeit der Produkte verringern), sowie gute Vertaglichkeit im lacktechnischen Sinne, chemische Stabilitat, geringe Toxizitat gegenuber Warmblutern oder allgemein giinstige okotoxikologische Eigenschafien. In der Lack- und Farbenindustrie werden antimikrobielle Wirkstoffe wie folgt eingesetzt : Top) oder Lagerkonservierungsmittel
Das Topfkonservierungsmittel sollte eine gute Wasserloslichkeit aufweisen, da es zur Haltbarmachung von wasserhaltigen Produkten im Gebinde dient und sich die Mikroorganismen - vor allem Bakterien und Pilze - in der waI3rigen Phase vermehren. Nachdem es seinen Zweck erflillt hat, sollte es analytisch moglichst nicht mehr nachweisbar sein und sich vollstandig - da13 heiRt, mindestens ohne unenviinschte Nebenprodukte - abbauen. Filmkonsewierungsmittel
Das Wirkungsspektrum von Filmkonservierungsmitteln sollte vor allem Pilze und im Fall der AuSenanwendung unbedingt auch Algen einschliefien. Im Gegensatz zu den Topfkonservierungsmitteln sol1 die Wasserloslichkeit, die UV-Empfindlichkeit und die Fliichtigkeit moglichst gering sein. Damit wird eine vorzeitige Reduktion der Wirksubstanzen(speziel1 bei AuDenanwendung) vermieden und der LangzeitFilmschutz ist gegeben.
Mikroben Die Bezeichnung Mikroben ist ein Oberbegriff flir viele verschiedene Mikroorganismen wie Algen, Bakterien und Pilze.
328
X Speziell wirksame Additive
Mikrobistatische Substanzen Mikrobistatische Substanzen sind chemische Stoffe, die durch ihre spezifische Wirkung das Wachstum und die Vermehrung von Mikroorganismen hemmen. Nach Entfernung der mikrobistatischen Substanz wird das Wachstum und die Vermehrung fortgesetzt. Jedoch kann ein und dieselbe Substanz in Abhangigkeit ihrer Konzentration sowohl mikrobistatische als auch mikrobizide Eigenschaften haben. Aufgrund der spezifischen Wirkung auf verschiedene Mikroorganismen unterscheidet man zum Beispiel zwischen Bakteriostatika und F ~ n g i s t a t i k a [ ~ - ~ ~ ] .
Mikrobizide Substanzen Solche Substanzen sind chemische Stoffe, die Mikroorganismen abtoten. Aufgrund der spezifischen Wirkung auf verschiedene Mikroorganismen unterscheidet man zum Beispiel zwischen Bakterizid, Fungizid und A l g i ~ i d [ ~ - ~ ~ ]
Pilze Pilze sind heterogene Gruppen von Mikroorganismen, die auch zu den LagerpflanZen gerechnet werden. Es sind chlorophyllfreie Organismen mit echten Zellkernen, deren Zellwande aus Chitin und/oder Zellulose bestehen. Neben einzelligen kommen auch vielzellige Formen vor. Die Fortpflanzung erfolgt sowohl geschlechtlich wie ungeschlechtlich auf vielfaltige Art und Weise, vor allem aber durch die Bildung von begeiflelten und unbegeiflelten Sporen. Pilze sind in allen, vorzugsweise jedoch in den feuchten Klimaten der Erde verbreitet. Es gibt Wasserformen und solche, die sich auf festen Substraten entwickeln. Als chlorophyllfi-eie Organismen sind sie auf organischen Kohlenstoff angewiesen. Neben den von totem organischen Material lebenden Pilzen gibt es auch einige Parasiten, die als Krankheitserreger bei Menschen, Tieren und Pflanzen auftreten. Manche Pilze leben in Symbiose mit Algen (Flechten), hoheren Pflanzen (Mykorrhiza) oder I n ~ e k t e n [ * - ~ ~ ] .
8.4.3 Topf- oder Lagerkonservierung Alle Systeme, die Wasser und biologisch abbaubare Stoffe enthalten, sind ein moglicher Nahrboden fur Mikroorganismen. Das gilt fiir die synthetischen wie auch fiir natiirliche oder naturahnliche Produkte. Die Natur hilft sich ihrerseits mit chemischen Wirkstoffen, welche mikrobizide Wirkung entfalten und aus dem groBen eigenen ,,Labor" stammen, um einem biologischen Abbau entgegenzuwirken. Die Problematik bei kiinstlichen Produkten ist nahezu die gleiche, jedoch mit dem Unterschied, dafl der Mensch fur einen ausreichenden und verniinftigen Schutz sorgen mufl. Wasser ist in jedem Fall der limitierende Faktor fiir den mikrobiellen Befall. Allerdings genugen bereits sehr geringe Mengen an Feuchtigkeit, urn einen potentiellen Lebensraum 6 r Mikroorganismen zu begriinden, wie folgendes Beispiel beweist. Wasser zeigt in Erdolprodukten, wie unter anderem Benzin und Kerosin, eine
8.4 Biozide
329
gewisse Loslichkeit. In diesem Wasser und insbesondere der Grenzflache zwischen dem Wasser und dem fraglichen Produkt, sowie auch in dem Wasser, welches durch Kondensation aus der Luftfeuchtigkeit in den Treibstofftanks an deren unten liegende Seite wandert, wachsen kohlenwasserstoffoxidierende Mikroben. Der Schaden am Produkt ist sehr gering, aber es entsteht ein Mikrobenschlamm der die Ansaugfilter verstopfen kann. Wenn diese Schlammschicht zu dick wird, konnen sich auch Bakterien bilden, die Schwefelwasserstoff produzieren, und dadurch kann es zur Korrosion an Treibstoffeinspritzsystemenkommen[8-661.Um dem entgegenzuwirken, werden Erdolprodukte genau wie die Lacke und Anstrichsmittel konserviert. Wichtig ist, daS die Konservierungsstoffe mit Vernunft eingesetzt werden und vor dem Einsatz auf ihr Korrosionpotential gepriift worden sind. Bei Lacken und Anstrichsmitteln auSert sich ein mikrobieller Befall durch Viskositiitsverlust, Verfarbungen und ublen Geruch. Die ijbeltater sind zumeist gramnegative Bakterien der Gattung Pseudomonas, deren Wachstumsoptimum bei pH 7-9 liegt. Pilzbefall tritt vor allem bei hochpigmentierten Produkten auf. Allgemein ist festzuhalten, daS saure Produkte leichter zu konservieren sind als neutrale oder alkalische Produkte. Der Grund liegt zurn Teil in der Wirkungsentfaltung und Stabilitat von chemischen Konservierungsstoffen bei unterschiedlichen pH-Werten. Weitere Schwierigkeiten fir eine erfolgreiche Konservierung konnen Inhaltsstoffe mit groSer spezifischer Oberflache, wie zum Beispiel organische Pigmente und Aktivkohle sein, da die Konservierungsmittel durch Oberflachenphanomene wie Adsorbtion inaktiviert werden. Viele der am Markt erhaltlichen Biozide zeigen aufgrund ihres chemischen Aufbaues und der damit verbundenen chemischen Reaktivitat eine geringe Stabilitat gegenuber oxidierenden und reduzierenden Substanzen wie zum Beispiel Natriumsulfit. Der Wirkstoff wird abgebaut, und es resultiert daraus eine nicht ausreichende Lagerkonservierung. Positiv kann sich allerdings ein hoher Gehalt an Restmonomeren auswirken, da diese zum Teil ebenfalls mikrobizid wirken, jedoch aus toxikologischen Griinden nicht erwiinscht sind. Um Aussagen uber die Anwendungskonzentration, Art und Zusammensetzung des Konservierungsmittels fir ein Produkt machen zu konnen, ist in vielen Fallen ein mikrobiologischer Test unumganglich. Die Testmethoden fir diese Konservierungstests sind unterschiedlich. In den meisten Fallen wird fiir die Priifung ein Gemisch aus verschiedenen Bakterien- und Pilzstammen verwendet, wobei es durchaus vorteilhaft ist, wenn dieselben Mikroorganismen aus den verdorbenen Produkten selbst stammen. Mit diesem ,,Biococktail'' (ca. 1,0 x lo9 Keime/mL) wird die Probe mit einer Standardmenge, ublich sind 1 mL/SOg Probe, inokuliert und nach gewissen Zeitabstinden auf lebensfahige Keime hin untersucht. Dieser einfache Test gestattet den effektiven Stand der Konservierung nach der Produktion zu beurteilen. Um jedoch eine verbindliche Aussage uber die Qualitat der Topf- oder Lagerkonservierung treffen zu konnen, murj der Test repetitiv durchgefiihrt werden; d.h. das Muster wird wiederholt in bestimmten Zeitabstanden und eventuell mit steigender Konzentration an Bakterien und Pilzen inokuliert. Das Resultat des repetitiven Tests erlaubt, im Gegensatz zum einfachen Test, eine gesicherte Aussage uber die Belastbarkeit der bioziden Ausriistung und damit der ZuverlaSigkeit der Konservierung der Produkte, welche wiederholter mikrobieller Kontamination ausgesetzt sind. Dieser wiederholten mikro-
330
R Speziell upirksame Additive
biellen Kontamination wird oft zuwenig Rechnung getragen. Als auslosende Momente fiir eine Infektion rnit Mikroben konnen dabei zum Beispiel nicht luftdicht verschlossene Gebinde, infizierte Kondenswasser, welches von der kontaminierten Deckelinnenseite auf die Oberflache des Produktes tropft, ein schlecht gereinigter Lagertank, ein schmutziges Gebinde, kontaminiertes Verdunnungswasser, ein Maler, der den verunreinigten Pinsel in das Produkt taucht oder Abmischungen mit anderen kontaminierten Produkten (Pigmentpasten), in Frage kommen. Die in der Folge auftretenden Mangel, wie Geruchsentwicklung,Verfarbung oder Viskositatsabfall, sind die unenviinschten Konsequenzen. Der Einsatz von Topfkonservierungsmittelnschutzt die Anstrichsmittel von der Lagerung der Rohmaterialien uber die Herstellung bis zu deren Verbrauch. Andererseits kann auch eine gute Betriebshygiene vie1 dazu beitragen, Schadensfiille resp. den damit verbundenen Mehraufwand an Bioziden undoder Arbeit zu verringern und damit auch logischenveise Kosten zu sparen.
8.4.4 Betriebshygiene Mitentscheidend fiir eine sichere Konservierung ist eine gute Betriebshygiene. Darnit vermeidet man hohe Anfangskeimzahlen ,was sich in tieferen Dosierungen der Konservierungsmittel niederschlagt. Der Anfangskeimzahl wird oft zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dieser Umstand ist oft der Grund fiir Probleme bei der Produktion und spater im Produkt selbst. Die Topfkonservierungsmittel sind je nach Art der Keime in der Lage, dieselben abzutoten; sie verbrauchen sich jedoch dabei irreversibel und stehen im spateren ,,pot life" (Topfleben) nicht mehr zur Verfugung. Nebst den vorgangig beschriebenen Problemen rnit Keimen von Bakterien und PilZen existiert jedoch auch ein Problem rnit Enzymen. Diese legen in der Regel Zeugnis ab von einer bestehenden oder auch vergangenen Aktivitat von Mikroorganismen und lassen sich rnit den ublichen Entkeimungsmethoden nur mangelhaft unter Kontrolle bringen. Die meisten Biozide wirken nicht, oder nur in einer stark uberhohten Dosis gegen die Enzyme. Das ist dann auch der Grund, dal3 ein Produkt, obwohl keimfrei, plotzlich Viskositatsabfall zeigt. Um das zu verhindern, ist die Qualitat der Rohstoffe, das heirjt deren moglichst tiefe Keimzahl, von entscheidender Bedeutung. Untersuchte Rohstoffe und Ihre Keimzahlen sind in Tabelle 8.4-1 zusammengefafit. Wasser, welches fiir die Produktion venvendet wird, sollte einwandfrei sein. 1st das nicht der Fall, so sollten die Mikroben rnit UV-Behandlung oder mit einer Biozid-Behandlung vor der Produktionsphase abgetotet werden. Eine chemische Behandlung des Wassers wird meist in Lagertanks durchgefiihrt. Damit gibt man dem Biozid genugend Kontaktzeit, um die Mikoorganismen abzutoten. Dieses Wasser sollte von Zeit zu Zeit auf seine Sterilitat untersucht werden, da bei zu tiefer Dosierung eines einzigen Wirkstoffes die Gefahr besteht, dal3 sich tolerante Keime gegen diesen Wirkstoff herausbilden. Diese ,,gezuchteten" Mikro-
8.4 Biozide
331
ben sind spater meist schwer und nur unter Verwendung anderer biozider Wirkstoffe mit chemisch unterschiedlicher Struktur und Wirkungsweise zu bekampfen. Derselbe Effekt ist aus der Medizin bekannt, wenn Behandlungen mit Antibiotika zu ffiih abgebrochen werden oder die Dosierung zu tief war. Eine weitere Infektionsquelle sind Stammlosungen wie zum Beispiel Verdickerlosungen. Diese mussen, wenn sie nicht sofort nach der Herstellung weiterverarbeitet werden, unbedingt konserviert werden. Unter guter Betriebshygiene ist auch das regelmal3ige Reinigen der Produktionsanlage zu verstehen. Dabei kann Betriebswasser oder noch besser Wasser, das mit Biozid ausgeriistet wurde, verwendet werden. Dieses kann anschlieaend, je nach Art des verwendeten Konservierungsmittel, in der Produktion mitverwendet werden. Um wirklich sicher zu sein, sollten die Produkte in regelmaBigen Abstanden auf ihre Sterilitiit und eventuell auf ihre Inokulationsbestandigkeit gepriifi werden.
Tabelle 8.4-1. Zellzahl von R ~ h s t o f f e n [ ~ - ~ ~ ] Material
Emulsionen Acrylemulsion ( 1 00 %)
Zahl an Keimedg
Vinylacetat-Copolymer
5,3 x lo5-1,o x lo6 i,o x lo4 I,O x lo7
Pigmente Kupferphthalcyamin-Paste Halogenierte Phthalcyamin-Paste Halogeniertes Cobaltphthalcyamin Titandioxid Chrom-Pulver Bariumchromat
1,5 x 103-1,75 x lo6 4,4x lo5 l,o x los l,o x lo2 6,l x lo2 3,l x lo2
Fullstoffe Amorphes Calciumcarbonat Precipitiertes Calciumcarbonat Magnesium-Aluminium-Silicat Kaolin China-Ton Kristallines Calciumcarbonat Bariumsulfat
2,o x 1,5 i,3 x l,o x 1,0 x 3,O x 1.0 x
Vinylacetat-butylacrylat-Copolymer
Additive Casein Carboxymethylzellulose Hydroxymethyzellulose Prozeljwasser Ionentauscherwasser Trinkwasser Wasser aus Lagertanks
lo8 107
lo7 10' 108-3,0 x 10" 10" lo2
3,4 x io6-i,i x lo7 7,O x lo8-1,0 x 10" 2,9 x lo4 4,4x lo4-2,8 x lo5 I,O x lo4 < l,o x lo2 i,o x lo4-1,o lo7
332
8 Speziell wirksame Additive
8.4.5 Topfkonservierende Wirkstoffe Bezuglich der Wirkungsmechanismen begnugen wir uns nachfolgend rnit der Einteilung in membranaktive und elektrophilaktive Biozide. Eine eindeutige Zuordnung ist nicht immer moglich,denn manche Molekule konnen aufgrund der chemischen Struktur einen oder mehrere Wirkungsmechanismen aufweisen. Einige der nachfolgend aufgefiihrten Wirkstoffe oder Wirkstoffklassen konnen auch als filmschiitzende Additive eingesetzt werden, da die Abgrenzung in der Wirkung auf die Zielorganismen nicht eindeutig ist. Die Unterscheidung wird hier willkiirlich nach der Haufigkeit der Anwendung gemacht. Die Wirkungsweise der konservierenden Wirkstoffe kann vereinfacht wie folgt vereinfacht zusammengefaflt werden: Membranaktive Krkstofle -
-
Unspezifische Adsorbtion an der Zellmembran Storung der Funktion der eingelagerten Proteine Verlust der Semipermeabilitat der Membran: Austritt von Ionen und organischen Molekiilen Inhibierung des Substrattransportes und der ATP-Synthese
Zu diesen Wirkstoffen zahlen zum Beispiel Alkohole, Carbanilide, Quarternare Ammoniumverbindungen, Phenole, Sauren, Biguanide und Guanidine. Elektrophilaktive Wirkstofle -
-
Reaktion rnit nukleophilen funktionellen Gruppen von Zellbestandteilen insbesondere Blockierung von Aminosauren und Enzymen
Zu diesen Wirkstoffen zahlen zum Beispiel Aldehyde und Aldehydabspalter, Substanzen mit aktivierten Halogenverbindungen, Isothiazolinone und Organometallverbindungen [8-681.
8.4.5.1
Formaldehyd
Die abtotende bzw. inaktivierende Wirkung wird auf Reaktionen rnit Carboxyl-, Amino-, Hydroxyl-, undoder Sulfnydrylgruppen der Zellproteine zuriickgefiihrt. Das antimikrobielle Wirkungsspektrum betrim vor allem Bakterien, in geringerem Masse Schimmelpilze und Hefen. Deshalb werden Formaldehyd und Formaldehydabspalter rnit einer Fungizidkomponente verstarkt.Der Wirkungsbereich erstreckt sich von pH 3- 10. Speziell zu envahnen ist die sporizide Wirkung des Formaldehyds. Im weiteren ist Formaldehyd ohne Wirkungseinbulje vertraglich rnit anionischen, kationischen und nichtionischen Detergentien. Unvertraglichkeit findet man rnit Ammoniak, Kasein, Alkali, Proteinen, oxidierenden Substanzen und Schwermetallsalzen. Die Reaktivitat und Fliichtigkeit kann als Nachteil im Sinne von Ge-
8.4 Biozide
333
ruchsbelastigung, Unvertraglichkeit und Instabilitat des Wirkstoffes angesehen werden. Andererseits ist es gerade diese Fluchtigkeit, die dem Formaldehyd seine Dampfphasenwirkung verleiht, wovon bei der Konservierung von wal3rigen Flussigkeiten im Kopfraum von Gebinden, Tanks oder in Verpackungen erfolgreich Gebrauch gemacht wird. Gasformiger Formaldehyd ist schwer zu handhaben und deshalb greift man auf flussige oder feste Verbindungen zuriick wie z.B. im einfachsten Fall Formalin (30-45%ige Losung von Formaldehyd in Wasser) oder auf Paraformaldehyd (Polyoxymethyl& HO-(CH20),-H; n = 8- 100 ), ein kristallines weiBes Polymerisat[8-671-[8-691.
8 HIC'"
Formaldehyd; CAS-Nr. 50-00-0
8.4.5.2 Formaldehydabspalter Darunter werden Verbindungen verstanden, die weniger fluchtig, geruchsarmer und stabiler sind als Formaldehyd. Allerdings trim fiir sie die Tatsache zu, dalj ihre mikrobizide Wirkung letztendlich auch auf dem abgespaltenen Formaldehyd beruht. Davon ausgeschlossen sind jene Verbindungen die zwar Formaldehyd abspalten konnen, aber doch auf ganz andere Weise wirken, wie z.B. Bronopol. Seine antimikrobielle Wirksamkeit ist deutlich hoher als der theoretische Formaldehydgehalt[8-681.Mit Hilfe der formaldehydabspaltenden Verbindungen ist Formaldehyd als Topfkonservierungsmittel,wenn auch in maskierter Form, sehr weit verbreitet und stellt haufig den einen Wirkungspartner in einer Biozidmischung dar. Diese Verbindungen, Flussigkeiten oder Pulver, konnen in folgende wichtigen Hauptklassen eingeteilt werden:
0-Hydroxymethyl-Verbindungen(Hemiformale) Das sind Reaktionsprodukte von Alkoholen mit Formaldehyd. Im weitersten Sinn kann auch Wasser als Alkohol angesehen werden. Das entsprechende Reaktionsprodukt ist Formalin. Unter sauren Bedingungen entstehen Formale und in diesen ist der Formaldehyd so fest ebunden, daD er nicht mehr als antimikrobieller Wirk. stoff zur Vefigung steht[8-6! -[8-691
Amino-Formaldehyd-Additions-und -kondensationsprodukte Reaktionsprodukte aus Formaldehyd mit Aminen unter Abspaltung von Wasser. Diese Produkte entfalten ihre mikrobielle Wirkung entsprechend dem Formaldehydgehalt, den sie in waDrigen Medien freisetzen. Beispiele sind 1,3-0xazolidine, Dioxazolidinmethane, Hexahydro-s-Tiiazineoder Tetrahydro-1,3-0xazine[~-~~]-[~-~~].
334
8 Speziell wirksame Additive
Amid-Formaldehyd-Additionsprodukte Die Addition von Formaldehyd an Amide oder an Substanzen rnit Amid-konfiguration kann zu mikrobizid wirksamen formaldehvdabsPaltenden Substanzen fiihren. wie zum Beisflie! N-Hydroxymethyl-chloracetamidoher N,N'-Bis(hydroxymethyl): harnstoff[8-67 [8 691
8.4.5.3
Glutaraldehyd
Diese olige Fliissigkeit ist etwa 20-ma1 wirksamer als Formaldehyd, wobei sie Bakterien, Pilze, Sporen und Viren abtotet. Deshalb wird Glutaraldehyd auch haufig als Desinfektionsmittel eingesetzt. Es besitzt jedoch eine nicht zu unterschatzende metallkorrodierende Wirkung. Der Wirkungsmechanismus beruht auf der Reaktion rnit Sulfhydryl- und Aminogruppen der Mikroorganismenzelle. Die Reaktionsfahigkeit steigt rnit ansteigendem pH-Wert. In wanrigen Losungen kommt es zur Polymerisation von Glutaraldehyd, vor allem im hoherem pH-Bereich (>9). Durch diese Polymerisation gehen viele Aldehydgruppen verloren und als Konsequenz daraus auch die Wirksamkeit. Was die Stabilitat angeht, so ist der optimale pH 5,0, beziiglich der bakteriziden Wirkung wird das Optimum bei pH 7,5-8,5 erreicht. Zur Tnaktivierung kommt es durch Ammoniak und rimare Amine im neutralen und basischen pH-Bereich, sowie rnit Na-Bi~ulfit['-"~[~-~'! H
v
?
o=c-c-c-c-c=o I I HI!II!Il!iH
Glutaraldehyd; CAS-Nr. 1 1 1-30-8
8.4.5.4
Phenolderivate
Phenol stand am Anfang dieser auch heute nicht unwichtigen Mikrobizidgruppe. Allerdings wurde Phenol durch seine alkylierten und/oder halogenierten Derivate, die eine hohere Wirksamkeit aufweisen, abgelost. Die antimikrobielle Wirkung entfalten Phenolderivate im undissoziierten Zustand. Durch EinGhrung von aliphatischen oder aromatischen Gruppen vermindert sich die Aziditat und Wasserloslichkeit, woraus eine bessere Lipoidloslichkeit und schlufiendlich hohere antimikrobielle Wirkung resultiert. Halogenierung von Phenolen steigert die Aktivitat rnit der Anzahl der Halogensubstituenten und zunehmendem Atomgewicht des Halogens, wobei die Aktivitatssteigerung in para-Stellung ausgepragter ist als in orthoStellung. Phenolderivate zahlen zu den membranaktiven Mikrobiziden. In niedrigen Dosierungen wirken sie mikrobistatisch, indem sie die Zellmembran adsorbtiv belegen. Dieser Vorgang ist bei Verdiinnung reversibel. Bei hoheren Dosierungen wirken sie mikrobizid, aber werden dabei nicht verbraucht [8-671p[8-691. Alle Phenole geben mit Celluloseethern Verdickungen; das begrenzt ihre Dosierung. Urn Ausflockung zu vermeiden, sollten Phenolderivate den Pigmentpasten
335
8.4 Biozide
oder Dispersionsfarben als verdiinnte Losung zugegeben oder im Wasseranteil vorgelegt werden. In Dispersionsfarben wandern phenolische Stoffe ins Bindemittel ab, wobei sich geradep-Chlor-rn-kresol diesbeziiglich noch am gunstigsten verhglt[8-7°1. Phenolderivate,speziell die halogenierten, haben den Ruf, extrem toxisch und umweltbelastend zu sein. Diese Behauptung trim fiir einige dieser Verbindungen sicher zu, aber es gibt auch sehr positive Beispiele wie p-Chlor-rn-kresol. Dieser Vertreter der halogenierten Phenolderivate zeigt eine LD50 oral von 5 129 mgkg Ratte, ist nicht sensibilisierend, zeigt keine Akkumulation, ist weder mutagen noch teratogen und wird in Oberflachenwasser und Atmosphare abgebaut[8-671.
8.4.5.5
Sauren
Sauren spielen unter den Konservierungsstoffen eine bedeutende Rolle. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich jedoch vor allem von der Lebensmittelkonservierung uber den kosmetischen bis hin zum pharmazeutischen und medizinischen Bereich. Die Wirkungsweise der Sauren beruht, abgesehen von der Erniedrigung des pH-Wertes und der damit verbundenen Unterdriickung der Bakterienvermehrung sowie Sporenauskeimung, auf der Fahigkeit im nichtdissoziiertem Zustand als membranaktive Mikrobizide zu wirken. Dabei dringen sie in die Mikroorganismenzelle ein und unterbrechen Stofiechselfunktionen. Mit steigendem pH-Wert sinkt der Anteil an undissoziierter Saure und damit auch die Membranaktivitat. Organische Sauren sind daher grundsatzlich nur im sauren Bereich einsetzbar, wahrend anorganische Sauren , mit Ausnahme der Schwefeligen Saure, auch im Neutralbereich zu einem beachtlichen Anteil in undissoziierter Form vorliegen. In der Tabelle 8.4-2 sind die wichtigsten Konservierungssauren mit Dissoziationsgrad und pH-Wert aufgefiihrt [8-671-[8-691. Tabelle 8.4-2. Dissoziationskonstante und pH-Wert von Konservierungs~auren[~~~~~ Konservierungsstoff
Dissoziationskonstante
pH-Wert
Schwefelige Saure Salicylsaure Ameisensaure p-Chlorbenzoesaure Benzoesaure p-Hydroxybenzoesaure Essigsaure Sorbinsaure Propionsaure Dehydracetsaure Hydrogensulfit Borsaure
134 x i,o7 x 1,77 9,3 6,46 x 3,3 x i,76 i,73 x i,32 x 5,3 x 1,02 7,3 x
1,81 2,97 3,75 4,03 4,18 4,48 4,75 4,76 4,88 5,27 ($99 9,14
1o
-~
10-~ 10-~ 10-~
10-~ 10-~ 10-~ 10-~
1o
-~
10-’O
336
8 Speziell wirksume Additive
8.4.5.6
Carbonsaureamide
Die wichtigsten Vertreter dieser Mikrobizidgruppe im technischen Topfkonservierungsbereich sind N-Methylolchloracetamid und 2-Chloracetamid. Thre antimikrobielle Wirkung beruht nicht auf der Amidgruppe, sondern auf dem aktivierten Halogen in cr-Stellung. Der ausgepragte elektrophile Charakter dieser Molekule erlaubt es ihnen, mit nukleophilen Gruppen in der Mikrobenzelle zu reagieren und dadurch die eigentliche mikrobizide Wirkung zu entfalten. Die genannten Vertreter dieser Gruppe sind vertraglich rnit anionischen, kationischen und nichtionischen Detergentien. Unvertraglich sind sie rnit starken Sauren und Alkalien. Die Bakterienwirkung ist etwas geringer als die Pilzwirkung. Die Vorzuge dieser Mittel sind Geruchlosigkeit, gute Loslichkeit sowie der gunstige Verteilungsfakt~r[~-~~~-[~-~~~.
8.4.5.7 Quarternare Ammoniumverbindungen (Quats) Kennzeichnend fur diese Verbindungsklasse ist eine positiv geladene, hydrophile Gruppe in Form einer Ammoniumgruppe. Diese ermoglicht eine adsorbtive Belegung der negativ geladenen Oberflache der Mikroorganismenzelle (= membranaktives Mikrobizid). In der Folge ist die auflere Membran so beeintrachtigt, dafl sie ihre Funktion als Schutzbarriere nicht mehr erfiillen kann. Weitere Wirkstoffe konnen dann bis zur Zytoplasmamembran vordringen und rnit dieser in Wechselwirkung treten. Um optimale Wirksamkeit zu entfalten mufl eines der vier Radikalen eine Kettenlange von C12bis C I 6aufweisen. Die Quat's besitzen ein sehr breites Wirkungsspektrum, jedoch werden grampositive Bakterien bei wesentlich geringeren Konzentrationen abgetotet als gramnegative Bakterien. Mit steigendem pH-Wert (> 7) steigt die antimikrobielle Wirkung von Quat's, sie fehlt aber ganzlich bei einem pH-Wert < 3. Sie sind mit anionischen Tensiden, Emulgatoren und vielen Inhalsstoffen unvertraglich. Daher konnen sie nur in niederen Dosierungen eingesetzt werden, weshalb sie auch meistens in Kombination mit anderen Wirkstoffen zum Einsatz gelangen[8-"1-[8-691. 8.4.5.8
Isothiazolinon-Derivate
Die antimikrobielle Wirkung dieser Verbindungen beruht auf einer aktivierten N-SBindung im Ring. Wenn es zu einer Reaktion rnit nukleophilen Zellkomponenten (Aminosauren, Proteinen, Enzymen) kommt, offhet sich der Ring und die mikrobiozide Wirkung wird eingeleitet. Dabei wird der elektrophilaktive Wirkstoff irreversibel verbraucht. Die Wirksamkeit dieser Mikrobizide nimmt rnit steigender Stabilitat des Molekuls ab.
2-MethyI-4-isothiazolin-3-one (MIT); CAS-Nr. 2682-20-4
8.4 Biozide
337
Als besonders reaktiver Vertreter dieser Substanzklasseist 5-Chlor-2-methyl-4-isothiazolin-3-on (CMIT) bekannt. Der Grund fiir die hohe Wirksamkeit von CMIT ist das zusatzlich vorhandene vinylog aktivierte Chloratom. 0
CI
p's i
'CH3
5-Cloro-2-methyl-4-isothiazolin-3-on (CMIT); CAS-Nr. 26 172-55-4
Im Gegensatz zum nicht chlorierten und stabileren 2-Methyl-4-isothiazolin-3-on (MIT), enthalt CMIT zwei toxophore Gruppen in ein und demselben Molekiil. Die Unterschiede in der Wirksamkeit von CMIT und MIT konnen durch Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration einfach nachgewiesen werden. Ein weiterer Vorteil von CMIT ist die Tatsache, dalj es die sonst weit verbreitete Schwache von Konservierungsstoffen gegen Pseudomonaden nicht aufweist. Jedoch fehlt die Kurzzeitwirkung sowie eine DarnpQhasenwirkung und so kann es durch Kondenswasserbildung zu lokalen Verdiinnungseffekten und in der Folge zu Schimmelbildung kommen. Abhilfe kann durch die Kombination mit einem dampfphasenwirksamen Konservierungsmittel geschaffen werden. Als weitere Schwierigkeit im Umgang mit CMIT mu13 seine kritische Stabilitat angesehen werden. So wird der Wirkstoff bei Anwesenheit von oxidierenden oder reduzierenden Substanzen, bei pHWerten uber 8, bei Temperaturen uber 40 "C sowie durch Natriumthioglykolat, Amine, Mercaptane, Sulfide und Sulfite relativ rasch abgebaut oder aber inaktiviert. Durch Zugabe von zweiwertigen Ionen wie zum Beispiel Cu2+, Mg2+ und Ca2+kann CMIT stabilisiert werden und vor einem nukleophilen Angriff auljerhalb der Mikroben-Zelle geschutzt werden. Die stabilste Verbindung unter den Isothiazolinonderivatenist 1,2-Benzisothiazolin-3-on (BIT). Die relativ hohe Warmetoleranz wie auch Lagerstabilitat uber einen weiten pH-Bereich (3- 1 1) steht, im Vergleich zu CMIT, gegen eine geringere Wirksamkeit und ein unausgeglichenes Wirkungsspektrum. Die hochsten BIT-Konzentrationen werden fiir die Hemmung oder Abtotung von Pseudomonaden und einige Pilzarten wie zurn Beispiel Aspergillus niger und Trichoderma viride benotigt. In Kombination mit Eisensalzen fiihrt BIT zu Vefarbungen.
1,2-BenzisothiazoIin-3-on(BIT); CAS-Nr. 2634-22-5
Die Verbindung 2-Methyl-4,5-trimethylen-4-isothiazolin3-on (MTIT) ist stabiler als CMITaber weniger stabil als BIT. Im Gegensatz zu BIT ist jedoch die antibakterielle Wirkung vie1 hoher und schlieRt auch die Pseudomonaden ein. Fur die fungizide Wirkung sind dagegen hohere Konzentrationenvon MTIT erforderlich.
338
8 Speziell wirksame Additive
Alle Isothiazolinonderivate, am starksten aber CMITund BIT, sind Hautsensibilisierer[8-671-[R-691
8.4.5.9
Alkohole
Alkohole sind rasch wirkende Biozide, doch werden in der Regel, im Vergleich zu anderen Wirkstoffen, hohe Einsatzkonzentrationen benotigt. Ganz allgemein wachst die mikrobizide Wirkung der Alkohole mit steigendem Molekulargewicht und mit der Kettenlange wobei das Maximum bei 5-8 C-Atomen liegt. Ihre desinfizierende Wirkung beruht hauptsachlich auf der Denaturierung von Proteinen. Diese ist jedoch abhangig vom Wassergehalt (Optimum bei ca. 30 % Wassergehalt). Im Fall von absoluten Alkoholen ubenviegt die dehydrierende Wirkung. Alkohole wirken sehr schnell und sind deshalb oft das Mittel der Wahl zur Desinfektion mit dem Vorteil, darj auf behandelten Gegenstanden und Oberflachen keine unerwiinschten chemischen Ruckstande verbleiben. Zur Wirkstoffgruppe der Alkohole zahlen auch andere Molekiile die neben der OH-Gruppe, die fiir einen Alkohol typisch ist, auch noch andere biozide Strukturelemente enthalten. Als wichtige Beispiele im Konservierungsbereich werden hier 2-Bromo-2-nitro-propan-1,3-diol (Bronopol), 2-Bromo-2-nitro-propan-1-01 (BNP) und 5-Bromo-5-nitro-1,3-dioxan (Bronidox) genannt. Diese Verbindungen sind elektrophil aktive Substanzen deren eigentliche antimikrobielle Wirkung aber nicht auf Formaldehydabspaltung beruht. Sie ist das Ergebnis der Reaktion mit Thiolgruppen in Enzymen und es wird auch ein Eingriff auf die Zellwandsynthese vermutet. Mit Metallionen wie zum Beispiel Eisen oder Aluminium konnen diese Substanzen Nitrosamine bilden[8-671-[8-691.
8.4.6
Filmkonservierung
Jede Oberflache und jedes Substrat kann ein geeigneter Nahrboden fur Mikroorganismen sein, wenn ausreichend Feuchtigkeit zur Verfiigung steht. Im Gegensatz zur Gebindekonservierung, wo Wasser im Uberflurj vorhanden ist, ist auf Oberftachen nicht immer genugend Wasser verfiigbar. Im Bereich dieses speziellen okologischen Standortes haben sich andere Mikroorganismen als Bakterien, namlich Pilze, Algen und Flechten spezialisiert. Ihre Anspriiche an den Feuchtigkeitsgehalt sind nicht so hoch wie die der Bakterien. Pilze konnen, wie die Bakterien, organische Kohlenstoffquellen als Energiequelle nutzen. Algen benotigen sogar nur eine ausreichende Lichtquelle und Kohlendioxid fiir ihre Ernahrung. Algen sind durch ihre griine oder orange Eigenfarbung leichter zu identifizieren als Pilze. Die meist braun-schwarzen Fruchtkorper und Sporen werden oft als solche nicht erkannt und fir Schmutz gehalten, oder auch umgekehrt. Im Gegensatz zu den Algen konnen Pilze nicht nur auf dem Film sondern auch im und unter dem Anstrich-Film im Substrat (z. B. Blaueerregende Pilze im Holz) wachsen. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen:
8.4 Biozide -
339
Der Pilz wachst im Film auf und nutzt denselben als Nahrstoffquelle (primarer Bewuchs).
Er wachst auf den Schmutzpartikeln, die sich auf der Filmoberflachen abgelagert haben und nutzt diese als Nahrstoffquelle (sekundarer Bewuchs). - Der Pilz wachst unter dem Film im Substrat und nach dem Durchbruch durch den Farbfilm bildet er stark gefarbte Sporen. Durch das Durchwachsen des Lackfilms wird derselbe poros und seine H a b g wird verschlechtert. -
Viele der Pilzarten konnen im Innenbereich wie auch im Aurjenbereich von Gebauden wachsen. Algen werden meist nur im Aurjenbereich angetroffen, da sie mit nur wenigen Ausnahmen eine starke Lichtquelle flir ihr Wachstum benotigen. Das gilt auch fir die Flechten. Aus diesen Tatsachen ergeben sich je nach Anwendungsgebiet unterschiedliche Anforderungen an das Filmkonservierungsmittel: Innenanwendung: Die zum Einsatz vorgesehenen Produkte sollen vor allem fungizid oder fungistatisch wirken. In den meisten Fallen kann eine Auslaugung des oder der Wirkstoffe durch Beregnung der Filmoberflache ausgeschlossen werden; damit spielt die Wasserloslichkeit der eingesetzten Mikrobizide nur eine untergeordnete Rolle. Eine geringe Wasserloslichkeit ist jedoch in jenen Raumen wichtig, die eine hohe Raumfeuchtigkeit aufweisen. Durch Kondensation der Lufifeuchtigkeit an den kiihleren Wanden kann es zu Kondenswasserbildung und damit auch zu starker Reduktion des Wirkstoffgehaltes durch Auswaschung kommen. Durch Verminderung der Wirkstofikonzentration im Bereich der Filmoberflache kann es schon nach kurzer Zeit zu Pilzwachstum kommen. Dies gilt insbesondere fir Anstriche in Molkereien, in Brauereien und in Kiisereien wo die Belastung mit Pilzsporen prozerjbedingt hoch ist und die Wande periodisch mit Kondenswasser benetzt sind und nach den Arbeitsgangen oft zusatzlich noch abgewaschen werden. AuJenanwendung: Die verwendeten Produkte sollten Pilze wie auch Algen in ihrem Wirkungsspektrum einschlieoen. 1st dies nicht der Fall so kann es ungewollt zu sehr selektiven ,,Zuchtungen" von Algen oder Pilzen auf dem Film kommen. Im iibrigen sollte die Loslichkeit der Wirkstoffe in Wasser relativ gering sein um einen moglichst guten Langzeitschutz zu erzielen. Trotz geringer Wasserloslichkeit ist die Migration der Wirkstoffe im leicht angequollenem Lackfilm moglich und das biozide Praparat kann seine volle Aktivitat uber den gewiinschten Zeitraum entfalten.
Die pH-Werte der exponierten Beschichtungenkonnen entscheidenden Einflulj auf das Verhalten der Biozide haben. Probleme treten insbesondere in Zementen, PutZen oder Farben auf, die sehr hohe pH-Werte (> 10) aufweisen. Auch unter diesen extremen Bedingungen darf das Konservierungsmittel nicht abgebaut werden. Fur einen dauerhaften Schutz ist die Art des Farb- oder Lacksystems ebenfalls wichtig. Durch Erkenntnisse aus systematischen Arbeiten uber die einzelnen Wirkstoffe, den Einflurj des Bindemittels und der Pigmentierung, konnen im heutigen Zeitpunkt schon recht gute Voraussagen uber die Eignung sowie Wirkungsdauer fungi-
340
8 Speziell wirksame Additive
zider Lacke oder Beschichtungen gemacht werden. In Lacken sind meist hohere Zusatze an Bioziden als in Dispersionsfarben oder in Putzen notwendig. Die Wirkung halt jedoch in Lacken und Putzen langer an. Die akute Wirksamkeit der Filmschutzmittel ist in hochpigmentierten Systemen hoher als in bindemittelreichen Systemen, vor allem ist die Fernwirkung besser. Der Langzeitschutz ist dagegen in bindemittelreichen Systemen grosser, weil der Film nur eine geringe Migration der Wirkstoffe zulaDt. In Extremfallen, wenn sehr geringe Wasserloslichkeit der Mikrobizide und hoher Bindemittelgehalt vorliegen, kann es zur Blockierung der Konservierungsmittel im Film und damit zum Ausbleiben der erhofllen Oberflachenaktivitatkommen. Um den verschiedenen EinfluRfaktoren Rechnung zu tragen und die Wahl eines geeigneten Filmkonservierungsmittel zu vereinfachen, wurden verschiedene Testmethoden zur Uberpriifung der Wirksamkeit der Mikrobizide im Film, zur Priifung der Auswaschbestandigkeit aus denselben sowie ihrer chemischen Stabilitat entwickelt. Da es fiir den ,,Nichtfachmann" keineswegs einfach ist bei vorgelegten Testresultaten, aus der Vielfalt der dazu venvendeten Methoden, die fiir ihn und sein System optimale Testmethode zu erkennen, sind nachfolgend die wichtigsten Kriterien fur eine kritische Beurteilung aufgefuhrt : -
-
-
Wie lange und bei welcher Temperatur wurden die noch nicht ausgestrichenen NaRmuster vor dem Applizieren gelagert? Mit welcher Schichtdicke wurde der Film appliziert? Aus was bestand der Haftuntergrund? Wie lange und bei welcher Temperatur wurde der applizierte Film getrocknet? Auf welche Art und Weise wurden Belastungstests, wie z.B. Auswaschbestandigkeit und UV-Bestandigkeit, am trockenen Film durchgefiihrt? Mit welchen Mikroorganismen wurde die mikrobiologische Aktivitat uberpriift? Bei welcher Temperatur und fiir wie lange wurden die Proben inkubiert? Wie wurden die Proben bewertet?
Aus den Testresultaten ist ersichtlich welche biozide Ausriistung die geeignetste fiir das gepriifte System ist; das Langzeit-Verhalten kann jedoch nur im Praxisversuch schliiOig nachgewiesen werden. Viele Vorgange, die auf natiirliche Art und Weise in der Praxis ablaufen, konnen im Labor nicht oder nur ungenugend resp. nicht simultan nachgestellt werden. So kann bei starker Verschmutzung, trotz an sich genugendem Fungizidzusatz, Pilzbefall auftreten, wenn ein sehr wenig wasserloslicher Wirkstoff venvendet wird. Durch Abwaschen der Schmutzschicht 1aSt sich die Wirkung aber wieder herstellen. Um diese Reinigungsvorgange zu vermeiden undoder ihr Ausbleiben zu kompensieren, bevorzugt man Beschichtungen mit einer gewissen Fernwirkung. Durch eine dosierte Abgabe eines pilzwidrigen Wirkstoffes in die Schmutzschicht bleibt diese ebenfalls pilzfrei. Dieser Effekt der Fernwirkung geht aber auf Kosten der Dauenvirkung, wenn das Filmkonservierungsmittel nur einen Aktivstoff beinhaltet. Da dies bekannt ist, sind die meisten Mikrobizide fur die Filmkonservierung Mischungen aus verschiedenen Aktivstoffen, wobei ein oder mehrere Partner erhohte Wasserloslichkeit und damit Fernwirkung aufweisen, wahrend dem die anderen Partner mit einer moglichst geringen Wasserloslichkeit eine gute Dauenvirkung garantieren.
8.4 Biozide
341
8.4.7 Sanieren von Untergrunden Die Analyse einer bewachsenen Oberflache und die sich daraus ergebende Schuldzuweisung fiihrt oft zu folgendem Tatbestand: Aus Kostengriinden wurde kein Filmschutzmittel, oder dieses nur in ungenugender Dosierung eingesetzt. Ein weiterer Grund fiir Pilz- oder Algenbewuchs kann auch das unvollstandige Wirkungsspektrum des eingesetzten Mikrobizides sein. In allen Fallen ist es sehr wichtig die Schadorganismenzu identifizieren und mit Hilfe einer Testserie im Labor das beste Schutzmittel sowie die korrekte Dosierung fiir das Anstrichsmittel zu bestimmen. Bevor jedoch die bewachsene Oberflache mit der mikrobizid ausgeriisteten Beschichtung neu iiberstrichen wird mulj der Biofilm abgetotet und entfernt werden. Ein Durchwachsen der neu aufgetragenen Schicht von unten wird damit ebenso vermieden, wie das Durchschlagen der Farbpigmente, die von den Mikroorganismen produziert werden. Dafiir werden oxidierende Chemikalien, oder speziell geeignete Sanierungsmittel venvendet. Folgende Schritte werden fiir die Durchfiihrung einer erfolgreichen Sanierung empfohlen: -
-
-
Der Biofilm wird mit einem geeigneten Saniermittel behandelt. Erst nach einer Kontaktzeit von circa 12 h werden die abgetoteten Mikroorganismen mechanisch entfernt. Durch diesen Schritt vermeidet man, dalj Pilzsporen in die Lufi gelangen und sich weiter ausbreiten. Danach wird die derart vorbereitete Oberflache erneut mit dem Saniermittel behandelt, sodalj allfallig uberlebende Mikroorganismen in Spalten und Mikrorissen ebenfalls abgetotet werden. Nach dem vollstandigen Trocknen der Oberflache wird nun das mikrobizid ausgeriistete Anstrichsmittel aufgetragen, um abermaligen Bewuchs zu verhindern.
8.4.8 Filmkonservierende Wirkstoffe Wie bereits im Abschnitt 8.4.5 beschrieben, gilt auch fiir die filmkonservierenden Wirkstoffe die vereinfachte Einteilung in membranaktive und in elektrophilaktive Biozide. Einige der Wirkstoffe werden sowohl als Topf- wie auch als Filmkonservierungsmittel in entsprechenden Formulierungen eingesetzt. Diese oftmals aufwendigen Rezepturen bestehend aus verschiedenen Wirk- und Hilfsstoffen, werden je nach Anwendungsgebiet und Anforderungen speziell entwickelt. In den folgenden Abschnitten sind die m r Zeit wichtigsten Substanzen oder Substanzklassen, die im Filmschutz zur Anwendung kommen, aufgefiihrt.
342
8 Speziell wirksame Additive
8.4.8.1
Benzimidazole
Als wichtigster Vertreter dieser Produktegruppe im Filmschutzbereich ist Carbendazim bekannt. Dieses technische Fungizid zeichnet sich durch seine hohe chemische und physikalische Stabilitat aus. Seine Wirkung beruht auf der Hemmung der DNASynthese. Carbendazim ist ein reines Fungizid und unwirksam gegen Algen und Bakterien. Leider weist das Wirkungsspektrum gewisse Lucken auf und so werden beispielsweise Vertreter der Pilzarten Afternaria.Mucol; Geotrichum, Candida und Stveptoverticiffiumwenig oder erst bei Vorliegen sehr hoher Konzentrationen am Wachstum gehindert. Durch Kombinationen mit anderen Wirkstoffen l a t sich dieses Manko jedoch aufheben. Durch seine sehr geringe Wasserloslichkeit ist Carbendazim besonders gut fiir den Schutz stark wetterexponierter Oberflachen geeignet[8-671-[8-691.
NH-CO-OCH3 H Carbendazim; CAS-Nr. 10605-21-7
8.4.8.2
Carbamate und Dithiocarbamate
Die Mikrobizide aus dieser Substanzklasse weisen zum Teil sehr unterschiedliches Verhalten bezuglich Wirksamkeitsspektrum und Wirkungsmechanismus auf. Zu dieser Gruppe gehoren sowohl Bakterizide, Fungizide und Algizide. Die Substanz 3-Jodpropargyl-N-butylcarbamat,kurz IPBC genannt, ist mit seiner hohen fungiziden Wirkung zur Zeit der bekannteste und wichtigste Vertreter der Carbamate. Das Wirkungsspektrum von IPBC umfaSt Algen, Schimmelpilze, holzzerstorende Pilze, holzverfarbende Pilze und auch Bakterien, jedoch ist die Wirksamkeit gegen letztere vergleichsweise geringer. Vor allem in weiljen Anstrichen kann IPBC, wie alle jodorganischen Verbindungen, in gewissen ungunstigen Konstellationen zu Vergilbung fiihren. In losemittelhaltigen Systemen kann es zu einer katalytischen Abspaltung von Jod durch die Anwesenheit von metallorganischen Trockenstoffen kommen; Ein Vorgang, welcher in der Folge zu starker Gasentwicklung fiihrt. Die Wirksamkeit der Dithiocarbamate beruht im wesentlichen auf der Tatsache, daS sie in der Lage sind mit den fur den Zellstofiechsel wichtigen Metallkationen Komplexe zu bilden. Diese Eigenheit der Dithiocarbamate kann zu Problemen bei Anwesenheit von Schwermetallen fiihren, weil diese mit den Dithiocarbamaten farbige Komplexe bilden. Das kann zu nicht tolerierbaren Verfarbungen des Anstrichsmittels in der NaBphase und auch am applizierten Anstrichsfilm fiihren. AuSerdem verzogern alle Wirkstoffe dieser Klasse die oxidative Trocknung. Ziram und Thiram sind die beiden am haufigsten eingesetzten Dithiocarbamate im Bereiche der technischen Konservierung. Beide Wirkstoffe sind wenig wasserloslich, jedoch gut gegen Pilze, Algen und gegen Bakterien. Im Gegensatz zu Ziram hat Thiram jedoch einige Lucken im Wirkungsspektrum gegen Bakterien[8-671~[8-691.
8.4 Biozide
343
H3C-CH2-CH2-CH2-N-C-O-CH2-CcCJ I I1 H O 3-Jodpropargyl-N-butylcarbamat ; CAS-Nr. 55406-53-6
Ziram; CAS Nr. 15465- 14-2 H3C,
,N -C -S - S -C-N,
H3C
{
{
P
3
CH3
Thiram; CAS-Nr. 137-26-8
8.4.8.3
N-Haloalkylthio-Verbindungen
Diese Verbindungen enthalten als toxophore Gruppe eine TrihalogenmethylthioGruppe (S-CX3). Die mikrobizide Wirkung von N-Haloalkylthio-Verbindungenberuht auf der Fahigkeit die N-S-Bindung zu o&en und elektrophil mit nukleophilen Stoffen der Mikrobenzelle zu reagieren. Optimale mikrobizide Wirksamkeit haben solche Substanzen, in denen die N-S-Bindung eine mittlere Stabilitat hat und die als toxophore Gruppe S-CC12F enthalten. Diese Substanzen werden vor allem als Fungizide in Anstrichsmitteln eingesetzt mit dem Vorteil der geringen Wasserloslichkeit. Als Nachteil dieser Verbindungen, in Blickrichtung auf die okologische Anforderungen an das Konservierungsmittel, kann der Gehalt von Chlor und zum Teil Fluor im Molekiil gesehen werden. Wichtige Vertreter dieser Wirkstoffklasse sind Folpet, Fluorfolpet, Captan, Dichlofluanid und Tolylfluanidr8-681. 8.4.8.4
2-n-Octyl-4-isothiazolin-3-on(OIT)
Diese Verbindung gehort zu den unter Abschnitt 8.4.5.8 behandelten Isothiazolinonderivaten. Das Wirksamkeitspektrum von OIT umfal3t Pilze, Algen und Bakterien. Da seine fungizide Wirksamkeit sehr hoch ist wird es vor allem als Filmschutzmittel, aber auch als Konservierungsmittel in Schneid- und Bohrolen eingesetzt. Nachteilig ist die vergleichsweise hohe Wasserloslichkeit von OITund der damit verbundenen raschen Auswaschung des Wirkstoffes aus dem Anstrichsfilm bei Auoenanwendungen r8-681, r8-691. 8.4.8.5 Zink-Pyrithion
Zink-Pyrithion ist ein membranaktives Mikrobizid, dafl auch komplexbildende Eigenschaften hat. Die Wirksamkeit richtet sich vor allem gegen Pilze; die Wirk-
344
8 Speziell wirksame Additive
samkeit gegen Bakterien ist viel schwacher. bei einem pH-Wert > 8 wandelt sich Zink-Pyrithion in besser losliche Alkalisalze um. In Anwesenheit von Schwermetallionen wie zum Beispiel Eisen- oder Kupferionen konnen sich farbige Komplexe bilden. Das kann zu nicht tolerierbaren Verfarbungen in weil3en Anstrichsmitteln fihren [8-h7lp[x-701
8.4.8.6
Diuron
Dieser Harnstoffabkommling ist ein praktisch reines Algizid. Die Wirkungsweise beruht auf dem Unterbruch des photosynthetischen Elektronentransports und damit der Photosynthese. Diuron ist lichtstabil, nicht fluchtig, wenig wasserloslich und zeigt ein giinstiges toxikologisches Profil. Damit ein zufriedenstellender Schutz des Anstrichfilms erreicht wird, mu13 Diuron mit einem Fungizid kombiniert werden[X-67].[ 8 - 6 8 ] H3C, ,N-C-N' H3C
0
H
QCI
CI Diuron; CAS-Nr. 330-54-1
8.4.9 SchluDbemerkung Der weltweite Trend in Richtung wasserbasierte Anstrichsysteme, aufgrund von okologischen Uberlegungen, wurde erst durch den Einsatz von Konservierungsmitteln ermoglicht. Sie ermoglichen es abbaubare Produkte zu venvenden, indem sie das Wachstum von Mikroorganismen unterdriicken oder verhindern. Dem Lacktechniker steht eine grol3e Auswahl an Konservierungsmitteln zur Verfiigung und seine Aufgabe ist es eine optimale Wahl fiir sein Anstrichsmittel zu treffen. Unterstiitzung findet er bei den Biozidformulierern, welche sowohl die mikrobiologischen wie auch die lacktechnischen Probleme kennen. In enger Zusammenarbeit entstehen dann ,,maTJgeschneiderte" Losungen fiir das anwendungsfertige Produkt. Bei diesen Formulierungen kommen Wirkstofiombinationen zur Anwendung, welche durch die Erweiterung des Wirkungsspektrums eine tiefere Dosieung ermoglichen. Ein kompetenter Biozidlieferant ist in der Lage, mikrobielle Probleme zu erkennen, die geeigneten Aktivstoffe zu finden und daraus anwenderfreundliche Produkte zu entwickeln. Der Lackhersteller kann seinerseits durch gute Produktionshygiene sehr viel dazu beitragen, dal3 Mikrobizide in geringeren Dosierungen eingesetzt werden, womit die Kosten und die Umweltbelastung reduziert werden.
8.4 Biozide
345
Mit dem Einsatz von Mikrobiziden schliel3en wir gewissermaaen einen temporiiren Vertrag mit der Natur. Wir verzogern die naturgegebenen Abbaumechanismen fiir einen gewissen Zeitraum und haben dafiir die Aufivendungen fiir das Konservierungsmittel zu tragen.
8.4.10 Handelsprodukte Metatin Proxel Prevent01 Mergal Nuosept
(Acima) (ICI) (Bayer) (Riedel de Haen) (Huh)
8.5 Flammhemm-Mittel R. Spang
8.5.1
Grundlagen
Flammhemm-Mittel werden in Additivmengen in Beschichtungssystemen eingesetzt, diese Additive geben in der Hitze nicht brennbare Komponenten ab, die durch Storung der Verbrennungsreaktion in der Flamme oder andere Mechanismen wie Unterbindung der Sauerstoffzufuhr und Aufbau von Schutzschichten den Brandverlauf hemmen und die Brandausbreitung verlangsamen bzw. im gunstigsten Fall verhindern.
8.5.1.1
Brennbarkeitsklassen und Prufmethoden
Jahrlich werden viele Menschenleben und grol3e materielle Werte durch Brande vernichtet (allein in Deutschland 500 Todesopfer und 2,5 Milliarden Schadenssumme im Jahr 1980); dem vorbeugenden Brandschutz kommt daher grooe Bedeutung zu. Um das Brandrisiko von Baustoffen und anderen Materialien vergleichbar und abschatzbar zu machen, wurden Klassifizierungssysteme zur Beurteilung von Eigenschaften wie Entflammbarkeit, Flammenausbreitung u. a. geschaffen. Je nach Einsatzgebiet und Land gibt es verschiedene Vorschriften und Priifmethoden zur Einklassierung von Materialien[8-7'1-[8-731 . In Deutschland wird im baulichen Brandschutz die Einteilung der Baustoffe nach 5 Brandklassen vorgenommen (DIN 4102): Die Baustoffklasse A 1 und A 2 (nicht brennbar), die nur durch entsprechenden Aufbau des Materials aus praktisch rein anorganischen Bestandteilen erreicht werden konnen, sowie die Klassen B 1 (schwer entflammbar), B 2 (normal entflammbar) und B 3 (leicht entflammbar). In diesen Klassen kann das Basismaterial aus brennbaren (organischen) Bestandteilen bestehen, die Entzundbarkeit und Flammausbreitungsgeschwindigkeit mulj sich aber bei B 1 und B 2 innerhalb gewisser Grenzen bewegen und das Material sollte bei Verhinderung weiterer Warmezufuhr selbstverloschende Eigenschaften zeigen. Bauteile (die z.T. Verbundsysteme verschiedener Materialtypen darstellen) werden in Feuerwiderstandsklassen eingeteilt, wobei die Zeit in Minuten angegeben wird, die das Material bei Einwirkung eines Normfeuers ohne Verlust seiner Funktionsfahigkeit ubersteht (bis F 60 = feuerhemmend, F 90 und 120 = feuerbestandig, F 1 80 = hochfeuerbestandig). Leicht entflammbare Baustoffe (B 3) sollten in Bauwerken nicht venvendet werden, aul3er wenn sie werksmaf3ig zu Verbundwerkstoffen mit wenigstens B 2 verarbeitet
8.5 Flammhemm-Mittel
347
sind. Beschichtungen bis 0,5 mm Dicke auf massiven mineralischen Untergriinden brauchen diesen Richtlinien allerdings nicht unbedingt zu entsprechen. B 2-Baustoffe (wie z. B. Holz, Polystyrol, Fugendichtmassen) sind fiir viele Bauanwendungen zugelassen, bei Hochhausern gelten allerdings scharfere Anforderungen, hier ist vielfach B 1 notwendig (Beispiele fiir B 1-Baustoffe sind Gipskarton, HartPVC-Rohre, Eichenparkett). Fur viele Einsatzzwecke (z.B. in Transport- und Verkehrsmitteln,Elektroindustrie, Polstermobelherstellung etc.) wurden eigene, meist national verschiedene, Priifhormen geschaffen. Eine wichtige internationale Brennbarkeitspriifung ist die UL 94Vorschrift der amerikanischen Underwriter-Laboratories, bei der vertikal aufgehangte Materialproben am unteren Probenende durch eine Bunsenflamme fiir 10 s beflammt werden und nach ihrem Verhalten dabei in Brennbarkeitsklassen eingeteilt werden: 94 v-0 94 V-1 94 v-2
Nachbrenndauer 1 5s 125s 525 s
Nachgluhdauer 130 s 160 s 160s
Brennendes Abtropfen nein nein ja
Fur viele Kunststoffe ist, abhangig von ihrer stofflichen Basis, zur Erfiillung von Brandschutzanforderungen eine Ausriistung mit flammhemmenden Mitteln notwendig. Oft werden diese flammhemmenden Zusatze als ,,Flammschutzmittel" bezeichnet, was eigentlich zu hoch gegriffen ist, da sie im Normalfall eine Entzundung des Materials nur bei schwachen Ziindquellen verhindern konnen. Sie wirken aber der schnellen Flammenausbreitung entgegen, verzogern so das Fortschreiten des Brandes und verschaffen dadurch bedrohten Personen Gelegenheit zur Flucht bzw. der Feuenvehr Zeit zur Brandbekampfung und -eindammung. Die Bezeichnung ,,Flammhemm-Mittel", was dem im englischen Sprachgebrauch ublichen ,,Flame retardants" entspricht, erscheint daher treffender. 8.5.1.2 Der Verbrennungsvorgang
Das Brandverhalten eines Materials wird neben den aul3eren Bedingungen wie -
Temperatur Zundquelle (Flammstarke) Sauerstoffzufuhr Schichtdicke des Materials und Geometrie der Teile Beeinflussung durch Nachbarmaterialien vor allem durch folgende Materialeigenschaften selbst bestimmt: Zersetzungstemperatur (Pyrolysenbeginn) Entzundlichkeit (Zundtemperatur) Heizwert (Verbrennungswarme) Warmeleitfahigkeit Verkohlungsneigung (Karbonisierung) Art der gebildeten Brandgase
348
8 Speziell wirksame Additive
Der Ablauf des Verbrennungsvorganges1a13t sich in 2 Schritte aufteilen: zunachst die Pyrolysereaktion in der kondensierten Phase (dem festen Substrat), gefolgt von der Oxidation der Pyrolyseprodukte in der G a ~ p h a s e ~[8-751. ~-~~]. Voraussetzung fiir den Verbrennungsprozerjbei festen Kunststoffen ist zunachst die therrnische Zersetzung des Materials. Dafiir mu13 die Bindungsenergie der Polymeren, die in der Groljenordnung von 200 bis 400 kJ/mol liegt, uberwunden werden; die fiir diesen endothermen Vorgang notwendige Energie mu13 durch eine aul3ere Hitzequelle (Strahlung oder Flamme) bzw. die Exothermie des Verbrennungsvorgangs selbst aufgebracht werden. Durch die Pyrolyse der Polymeren bilden sich in der kondensierten Phase teilweise verkohlte (karbonisierte) feste Produkte bei duromeren Kunststoffen bzw. eine Polymerschmelze im Fall von Thermoplasten; bedingt durch die niedrige Sauerstoffkonzentration, die an der Grenzflache der kondensierten Phase herrscht, kommt es hier nur zu Schwelungs- und Gluhvorgangen. In der Gasphase hingegen vermischen sich die brennbaren Pyrolysegase mit Luftsauerstoff, entziinden sich und verbrennen in stark exothermer Reaktion. Die dabei freiwerdende Verbrennungswarme kann die Energie fur weitere Pyrolyse der Substratoberflache liefern, d. h. die Verbrennung kann ohne weitere Energiezufuhr von au13en fortschreiten. Es kommt zur Flammenausbreitung mit Temperaturen bis ca. 1200°C in der Gasphase der Flammenfront und bis ca. 500°C in der Oberflache der kondensierten Phase (Tab. 8.5-1). Tabelle 8.5- 1 . Verbrennungsvorgang in der Gasphase und der kondensierten Phase
Gasphase
Kondensierte Phase Energiebilanz
Ausgangszustand
Brandbeginn
Luft ( 0 2 )
Luft ( 0 2 ) nicht brennbare Gase brennbare Gase 250 C
Polymer
tI
brennbare Fliissigprodukte verkohlte Feststoffe
Flammausbreitung Oxidation Verbrennung' tiliihcn
1200°C
500 "C
Endotherm (-QI)
Bei der Gasphasenreaktion in der Flamme handelt es sich um eine Radikalkettenreaktion, die mit den bei der Pyrolyse aus dem Polymer abgespaltenen Radikalen bzw. Molekulteilchen beginnt und ihr schnelles Fortschreiten den dabei gebildeten sehr ,,heinen" (d. h. aderst reaktiven) Radikalen OH* und H* verdankt, die vor allem durch die sogenannte Verzweigungsreaktion mit Luftsauerstoff in grol3er Menge gebildet werden: H * + 0 2 + O*+OH* 0 * + H 2 + H*+OH*
8.5 Flammhemm-Mittel
349
Die bei der Verbrennung entstehenden Gase stellen fiir Personen das groBte Brandrisiko dar, da als haufigste Todesursache bei Branden das Einatmen giftiger und heiBer Brandgase sowie Sauerstofhangel gefunden wurde. Hauptausloser todlicher Vergiftungen ist dabei das Kohlenmonoxid, das bei jedem Brand in hoher Konzentration entsteht. 8.5.1.3
Wirkungsweise der Flammhemmung
'
Hemmende Eingriffe in den Verbrennungsvorgang lassen sich hinsichtlich Mechanismus (physikalisch oder chemisch und Wirkungsort (in der Gasphase oder kondensierten Phase) ~nterscheiden[~-~ 1-[8-761 . Tabelle 8.5-2 zeigt eine ijbersicht der unterschiedlichen Flammhemmungsprinzipien. Tabelle 8.5-2. Wirkungsweise der Flammhemmung Wirkungsart physik. chem. (A) Verdiinnung der brennbaren Masse (B) Endotherme Zersetzung (C) Bildung einer Verkohlungsschicht (D) RadikalGngerwirkung
x
Wirkungsort Gasphase Kondensierte Phase X
x
X X
X
X
X X
X
Verdunnung der brennbaren Masse
Die Anwesenheit anorganischer Fiillstoffe in der kondensierten Phase vermindert die Konzentration brennbarer Substanzen und verringert dadurch den ,,Heizwert" des Substrats, d. h. die daraus potentiell gewinnbare Verbrennungsenergie. Bei der Pyrolyse des Substrats bzw. durch Fiillstoffzersetzung in der kondensierten Phase fieigesetzte sowie bei der Verbrennung entstehende inerte Gase verdunnen in analoger Weise die Konzentration brennbarer Substanzen in der Gasphase und senken so die Exothermie der Verbrennungsreaktion in der Flamme. Diese inerten Bestandteile wirken also wie Ballaststoffe, die am Ort des Brandes anwesend sind und daher mit aufgeheizt werden miissen, d.h. dem Feuer Energie entziehen, ohne aber selbst einen Beitrag zur Verbrennungsenergie zu liefern. Aus der kondensierten Phase in die Gasphase ubertretende inerte Zersetzungsgase konnen aul3erdem eine Art Schutzschicht an der Grenzflache bilden und die Sauerstoflkonzentration dort weiter absenken, was zu einer Verringemng der Gliih- und Schwelvorgange an der Substratobefflache fiihrt und damit ebenfalls zur Verringerung der fieiwerdenden Verbrennungswarme. Endotherme Zersetzung
Bei dieser Methode wird in die Energiebilanz des Verbrennungsvorgangs eingegriffen. In der kondensierten Phase (Substrat) sind Fullstoffe enthalten, die sich bei
350
8 Speziell wirksame Additive
Warmeeinwirkung endotherm unter Abspaltung von Inertgasen (z. B. Wasserdampf) zersetzen. Die dadurch verbrauchte Energie Qz wird dem Verbrennungsvorgang entzogen, d. h. der aus der Verbrennungsenergie Qv zur Pyrolyse des Substrats (Aufwendung von Qp) venvendbare Energieanteil wird kleiner. Sobald in der Energiebilanz Qv - Qz - Qp = AQ der verbleibende Betrag AQ unter Null sinkt, kann das betreffende Substrat seine Weiterverbrennung nicht mehr selbst unterhalten: das Material ist zwar brennbar, aber selbstverloschend. Ein Brand kann sich in diesem Fall nur bei andauernder Energiezufuhr von auBen ausbreiten, d. h. bei Weiterwirkung einer externen Zundquelle. Ein typischer Vertreter der uber endotherme Zersetzung wirksamen Klasse von Flammhemm-Mitteln ist Aluminiumtrihydrat (ATH), das in stark endothermer Reaktion (Qz = 298 kJ/mol) Wasser abspaltet:
Bildung einer Verkohlungsschicht Sind im Substrat verkohlungsfordernde Substanzen vorhanden, wie Aromaten und andere Kohlenstoffgeriiste mit vielen C=C-Doppelbindungen oder OH-reiche organische Verbindungen, so kann es im Brandfall an der Oberflache der kondensierten Phase durch Abspaltungsreaktionen zu einer Karbonisierung der Oberflachenschicht kommen. Es bildet sich eine schwer entziindliche Verkohlungsschicht, die wie ein Deckel oder eine Glasur iiber dem Substrat liegt und die weitere Verbrennung erschwert, indem sie einerseits den Hitzedurchtritt ins Substrat hemmt und damit dem Fortgang der Pyrolyse in tiefere Substratschichten entgegenwirkt, und andererseits den ijbergang der brennbaren Pyrolyseprodukte aus der kondensierten Phase in den Gasraum behindert und damit den Nachschub an brennbarem Material in die Flammenphase bremst. Fur OH-reiche organische Verbindungen verlauft die Karbonisierungsreaktion uber Dehydratisierung unter Saurekatalyse:
Aus den entstehenden C=C-doppelbindungsreichen Substanzen kommt es dann uber radikalische Additionsreaktionen zur Bildung einer kohlenstoffreichen Schicht. Phosphor- und Phosphonsaureester zeigen ahnliche Wirkung:
8.5 Flammhemm-Mittel
35 1
Die entstehenden Phosphorsaurederivate wirken dehydratisierend; sie konnen auBerdem weiter zu Polyphosphorsaure kondensieren und so zusatzlich eine Art ,,Schutzglasierung" bilden. Borsaure wirkt ahnlich.
Radikalfangerwirkung Dieser Effekt findet in der Flamme selbst statt und wirkt durch die Urnwandlung der dort vorhandenen ,,heiBen" in ,,kiihle", d. h. weniger reaktive Radikale. Als Radikalfanger werden meist Halogene (X) eingesetzt, die durch die Hitzeeinwirkung aus dem in der kondensierten Phase befindlichen Flammhemm-Mittel abgespalten werden, in die Gasphase ubergehen und dort mit den ,,heiBen" Radikalen H* und OH* abreagieren und diese so aus der Radikalkettenreaktion entfernen:
HX+H*
+ H2+X*
HX+OH* + H 2 0 + X * Die dabei entstehenden ,,kiihlen" Radikale X* sind langlebig genug, um in einem DreierstoB mit Festpartikeln wie RUB zu rekombinieren und damit die Radikalkettenreaktion abzubrechen: x * + x * + x2 X*+H* + HX Die Anwesenheit eines dritten Partikels bei der Rekombinierungsreaktionist notwendig, um die StoDenergie abzufiihren und damit einen sofortigen Wiederzerfall der rekombinierten Radikale zu vermeiden.
8.5.2 Gebrauchliche Flammhemm-Mittel -Aufbau, Wirkungsmechanismus und Eigenschaften 8.5.2.1
Anorganische Flammhemm-Mittel
Das bei weitem verbreitetste Material dieser Klasse ist Aluminiumtrihydrat Al(OH)3[8-771;Magnesiumhydroxid Mg(OH)2 sowie Borsaure und ihre Derivate werden in weit geringerem Umfang eingesetzt. Flammhemmend wirksam sind diese Substanzen neben ihrem Verdiinnungseffekt (nach A) vor allem durch die En-
352
8 Speziell wirksarne Additive
dothermie ihrer Zersetzung (Mechanismus B), wobei Borsaure zusatzlich auch noch verkohlungsfordernd wirkt. Wesentlich bei derartigen flammhemmenden Fullstoffen ist, da13 ihre Zersetzungstemperaturen zwischen 200 und 300 O C liegen, damit sie bereits zu einem friihestmoglichen Zeitpunkt des Brandgeschehens ihre Wirkung entfalten konnen. Daher ist Kreide CaC03, die erst bei 900 "C Kohlendioxid abspaltet, wenig geeignet. Ein Nachteil dieser Flammhemm-Mittel ist, da13 eine gute Flammhemmungswirkung meist erst mit Fullgraden oberhalb 60% erreicht wird; ihr grol3er Vorteil ist, dal3 sie keine giftigen oder korrosiven Case entwickeln und so in physiologischer Hinsicht als einwandfrei einzustufen sind. Weitere anorganische Flammhemm-Mittel sind Ammoniumpolyphosphate sowie mikroverkapselter roter Phosphor; ihre Wirkung ist vor allem auf die Forderung der Bildung von Karbonisierungsschichten zuriickzufiihren (Mechanismus C). Das Einsatzgebiet vieler Ammoniumpolyphosphat-Typen ist durch ihre Wasserloslichkeit begrenzt, es stehen jedoch auch sehr langketti e bzw. mikroverkapselte Typen mit sehr geringer Wasserloslichkeit zur Verfiigung&I . Ein keramisches Material, das im Brandfall versintert und so eine Glasschutzschicht auf dem Substrat bilden soll, ist wegen seiner hohen Sintertemperatur (800 bis 900 "C) nur in Spezialfallen sinnvoll e i n s e t ~ b a r [ ~Alle - ~ ~ ]organischen . Flammhemm-Mittel sind Feststoffe und daher nicht fiir transparente Systeme einsetzbar. Tabelle 8.5-3. Anorganische Flammhemm-Mittel Substanz Al um i n i umhy droxid (-trihydrat) Magnesiumhydroxid Borsaure
Zersetzungstemperatur
A l ( 0H)3 Mg(W2
H3B03
180-200 "C um 340 "C 2 Stufen: 130-200 "C 260-270 "C
8.5.2.2 Halogenhaltige Flammhemm-Mittel Diese Klasse der halogenierten Flammhemm-Mittel ist nach der anorganischen die am weitesten verbreitete mit etwa einem Viertel des Gesamtverbrauchs. Meist werden Brom- und Chlorverbindungen eingesetzt, sowohl als Additive und Weichmacher als auch in einbaubarer Form als Bestandteil der Reaktivkomponenten. Die halogenierten Systeme wirken uber den Radikalfangermechanismus (D). Brom- bzw. Chlorwasserstoff werden im Brandfall aus dem Substrat abgespalten, gehen in die Gasphase uber und brechen dort in der Flamme die Radikalkettenreaktion ab. Prinzipiell sind alle Halogene als Radikalfanger wirksam, die unterschiedliche Abspaltungstendenz bestimmt aber ihren praktischen Einsatz: ein an organischen Kohlenstoff gebundenes Fluor (R-F) spaltet zu schwer ab, Jod jedoch zu leicht (d. h. Jodverbindungen sind bereits bei Gebrauchstemperatur labil). R-Br spaltet leichter ab als R-CI und da die Stabilitat der aromatischen Halogenverbin-
8.5 Flammhemm-Mittel
353
dungen wiederum hoher als die der aliphatischen ist, haben sich aromatische Bromverbindungen und aliphatische Chlorverbindungen als am geeignetsten erwiesen. Die Bromverbindungen spalten sich in einem gunstigen engen Temperaturbereich ab, wobei es zu einer hohen HBr-Konzentration in der Gasphase bereits im Anfangsstadium des Brandes kommt, was sie noch effektiver als die meisten chlorierten Flammhemm-Mittel macht. Durch ihre gute thermische Stabilitat sind sie fir den Einsatz in thermoplastischen Kunststoffen sehr geeignet. Chlorparaffine werden gerne als flussige Weichmacher eingesetzt. Um ein Auswandern der flussigen Flammhemm-Mittelaus dem Material zu verhindern, werden in vielen Systemen halogenierte Reaktivkomponentenverwendet, die bei der Hartung von reaktiven Kunstharzen wie Polyurethanen, Epoxidharzen, ungesattigten Polyesterharzen und Alkydharzen in das Bindemittelgeriist eingebaut werden und so nicht mehr migrieren konnen. Eine Auswahl der verbreitetsten halogenierten Flammhemm-Mittel zeigt Tabelle 8.5-4.
Tabelle 8.5-4. Halogenierte Flammhemm-Mittel ~~
thermisch stabil bis
Bemerkungen
als Additive: Chlorparaffine
Polybromodiphenyloxide
7'
9-9
billig, lichtstabil, fliissig Weichmacher
bis 83% Br
Br,
Polybromodiphenyle
220 "C
30-70% CI
H-(CH),-H
Brx
8-8
'
bis 80% Br
400
OC
teuer, wenig- lichtstabil, fest sehr effektiv fiir Thermoplaste
als Reaktivkomponenten(einbaubar):
CI- u. Br. haltige Polyole (C1 bis 7%, Br bis 46%)
fiir PUR
als Bausteine im Bindemittel: Dibromoneopenty lglykol Tetrabromobisphenol-A HET-Saureanhydrid
Tetrabromophthalsaureanhydrid
Da Halogenverbindungen sehr gute flammhemmendeWirkung zeigen, sind Anteile von 15-30% meist ausreichend zum Erlangen einer guten Brandschutzklasse. Ihre Wirkung wird durch gleichzeitigen Einsatz von Antimontrioxid noch verstarkt, da
354
8 Speziell wirksame Additive
dieses Metalloxid im Brandfall verdampft und synergistisch (uber intermediare SbX3-Bildung) in den Radikalfangermechanismus der Halogenwasserstoffe eingreift. Nachdem Antimontrioxid in Staubform aber als potentielles Karzinogen angesehen wird, ist von seinem Einsatz aus physiologischen Griinden abzuraten. Zinkhydroxystannate bzw. Zinkborate werden als mogliche Alternative diskutiert[8-801. Halogenhaltige Verbindungen erzeugen im Brandfall generell korrosive und gesundheitsschadliche saure Gase. Vor allem die Korrosionswirkung auf Metall und elektrische Leitungen kann ein Problem werden, die toxische Wirkung von Halogenwasserstoffen tritt gegenuber dem im Brandfall meist als Hauptgefahrenausloser entstehenden Kohlenmonoxid eher in den Hintergrund. Sehr kritisch wird in neuerer Zeit aber vor allem die bei aromatischen Bromverbindungen wie polybromierten Diphenyloxiden im Brandfall mogliche Erzeugung von Dioxinen gesehen; dadurch wird auch die Entsorgung bzw. Wiedervenvertung von Kunststoffgehausen und elektrischen Leiterplatten, die haufig auf diese Weise brandgeschutzt wurden, stark erschwert[*-*'].
8.5.2.3
Phosphorhaltige Flammhemm-Mittel
Diese Klasse nimmt zur Zeit den dritten Platz in der Verbreitung der FlammhemmMittel ein, ihre Bedeutung diirfte aber zunehmen. Phosphorhaltige Verbindungen, meist in Form von Phosphorsaureestern und Phosphonsaureestern, wirken flammhemmend uber ihre Bildung von Verkohlungsschichten (Mechanismus C). Sie sind besonders effektiv in hydroxylgruppenhaltigen Bindemitteln, da sie dort uber die Freisetzung der Phosphorsaure die sauer katalysierte Abspaltung von Wasser und Erzeugung von C=C-doppelbindungsreichenStrukturen fordern, die radikalisch zu temperaturstabilen Kohlenstoff-Deckschichten weiterreagieren. Die Bildung einer glasurahnlichen Polyphosphorsaure-Schmelzeuber dem Substrat wirkt zusatzlich brandhemmend. Die meisten phosphorhaltigen Flammhemm-Mittel werden in Form von Weichmachern eingesetzt, wobei in diesem Fall darauf zu achten ist, dal3 sie moglichst wenig fliichtig sin4 damit der Flammschutz auch uber langere Zeit erhalten bleibt. Verbindungen wie Diethylphosphat sind hier trotz ihrer guten Wirksamkeit weniger geeignet, da sie vor allem bei kleinen Schichtstarken allmahlich aus dem Substrat abdampfen konnen; Diphenylkresylphosphat z. B. ist hier vorzuziehen. Manche dieser Phosphorverbindungen sind zusatzlich noch halogeniert, um die Radikalfangenvirkung der Halogene als Zusatzeffekt auszunutzen; es besteht hier auch ein Synergieeffekt zwischen Phosphor und Halogenen durch intermediare Bildung von PX5 und POX3. Tabelle 8.5-5 zeigt eine Ubersicht uber wichtige Vertreter dieser Substanzklasse. Die nicht halogenierten Phosphorverbindungen setzen im Brandfall keine sauren Gase frei, und sind daher im Hinblick auf Korrosionsrisiken unbedenklicher als die halogenierten Systeme. Allerdings wird inzwischen bei einigen verbreiteten phosphorhaltigen Flammschutzweichmachern ein physiologisches Risiko vermutet, z. B. bei Tris(chlorethy1)phosphat und Dimethylmethylphosphonat [8-7R1.
8.5 Flammhemm-Mittel
355
Tabelle 8.5-5. Phosphorhaltige Flammhemm-Mittel
als Additive (Weichmacher) Phosphorsaureester wie Triethylphosphat
(CH3-CH2-0)3P=O
Diphenylkresylphosphat Tris- P-chlorethylphosphat Phosphonsaureester wie Dimethylmethylphosphonat
als Reaktivkomponenten (einbaubar) P-haltige Polyole wie Diethyl-N,N-bis(2-hydroxyethyl)-aminomethylphosphonat (7-10% P) oder Dibutyl-dihydroxyethyl-diphosphat
(CI-CH2-CH2-O)3P=O (CH3OhP-CH3
8
(CH~-CH~-O)~-P-CHZ-N(CH~-CH~-OH)~
8
?
(HO-CH2-CH2-0-7)20
W4HY
Vorteile: flussig, effektiv, z. T. halogeniert (Synergieeffekte) Nachteile: Preis, z. T. nicht sehr hydrolysestabil
8.5.2.4 Verkohlungsfordernde Flammhemm-Mittel Verbindungen mit hohem Anteil an C=C-Doppelbindungen, aromatischen Strukturen und Hydroxyl-, Ether- und Estergruppen sind besondern zum Aufbau von zusammenhangenden Karbonisierungsschichten (,,char formation") geeignet (Mechanismus C). Sie konnen Bestandteile des Bindemittels sein (wie aromatische Polyester in Polyurethan- und ungesattigten Polyestersystemen, Cellulose- und Zucker-Derivate in Polyurethanharzen oder Textilien), sie konnen als Fullstoffe eingebracht werden (wie Melaminharze) oder sich bei der Aushartung von Reaktivsystemen bilden wie 2.B. in den sogenannten PIR-Schaumen, bei denen neben den aus Isocyanat und Polyol entstandenen Urethan-Gruppen durch katalysierte Reaktion von uberschussigem Isocyanat doppelbindungsreiche Isocyanurat-Ringe entstehen[8-821 (Tab. 8.5-6).
8.5.2.5
Intumeszenzsysteme
Intumeszenzsysteme (lat. intumescere = anschwellen) werden vor allem als Brandschutzbeschichtung fiir Holz und Metall angewandt, Bestandteile davon konnen aber auch in Kunststoffsysteme iibernommen werden. Ihre Wirkungsweise besteht darin, darj die Beschichtung im Brandfall aufzuschaumen beginnt und eine auf das ca. hundertfache Volumen aufgeblahte porige Dammschicht bildet, die hitzeisolie-
356
8 Speziell wirksame Additive
Tabelle 8.5-6. Doppelbindungs-, aromaten- und OH-reiche Verbindungen als FlammhemmMittel ~.
Aromatische Polyester Aromatische Polycarbonsauren (Phthalsauren)
fur PU, UPE fur UPE 0
Polyisocyanuratbildende Formulierungen
fur PUR-Schaum
+
R
Cellulose Zucker-Derivate =usammen P-Verbindungen mit
1
I
!O&
OH
I
als Polyolbausteine in PUR, Textilien
I
als Fiillstoffe
Melaminharze u. a. /
N\
Wirkung: Bildung temperaturstabiler hochvernetzter Strukturen
(Verkohlungsschichten)
rend wirkt und durch nicht brennbare Gase in den Schaumporen den Sauerstoffzutritt verhindert. Intumeszenzsysteme bestehen aus einer ,,Kohlenstoffquelle" (d. h. verkohlungsfordernde Substanzen wie Pentaerythrit, Starke, Harnstoflharze u. a.), einem ,,Saurespender" (z. B. Ammoniumpolyphosphat), einem ,,Treibmittel" als Quelle nicht entflammbarer Gase zum Aufschaumen des Systems und ein am besten thermoplastisches Bindeharz, das bei Brandtemperaturen aufschmilzt, die Treibgase am Entweichen hindert und zusammen mit dem Ruckstand der Kohlenstoffquelle die isolierende Karbonschaumschicht aufbaut. Bei Feuereinwirkung laufen in der Intumeszenzschicht folgende chemische Reaktionen ab : Der ,,Saurespender" spaltet nicht entflammbare Gase (Ammoniak) ab und setzt Saure frei: (NH&P04
>I50
c H3P04 + 3 NH3
Die Phosphorsaure katalysiert nun die Zersetzungsreaktion der ,,Kohlenstoffquelle", wobei Wasser abgespalten und eine Karbonisierungsschicht gebildet wird (evtl. uber intermediare Bildung von Phosphorsaureestern). Gleichzeitig schmilzt das Bindeharz auf und wird durch die bei der thermischen Zersetzung des ,,Treibmittels" freiwerdenden Gase zum Schaum aufgetrieben.
8.5 Flammhemm-Mittel
357
Wahrend friiher als Treibmittel gerne Chlorparaffine u. a. eingesetzt wurden, die als Radikalfanger und Treibgas zugleich wirkten, werden heute bevorzugt Melamine und Guanidine verwendet, um das Entstehen korrosiver Gase zu vermeiden. Intumeszenzsysteme sind sehr effektiv in ihrer Brandschutzwirkung. So laljt sich bei Stahlbauteilen (die oberhalb 500 "C ihre Tragfaigkeit verlieren) mit einem Intumeszenzschichtauftrag von unter 0,5 mm bereits die Feuerwiderstandsklasse F 90 erreichen, wahrend so ausgeriistetes Holz der Baustoflklasse B 1 (schwer entflammbar) entspricht [8-831.
8.5.3 Verbrauch und Verwendung Der jahrliche Gesamtverbrauch an Flammhemm-Mitteln betragt ca. 650000 t, davon entfallen etwa 40% auf die USA und je 30% auf Westeuropa und den Fernen Osten. Prozentual teilt sich diese Gesamtmenge auf die einzelnen FlammhemmMittel-Klassen wie folgt a ~ f [ ~ - ~ ~ ] . -
-
Anorganische 47% Halogenhaltige 34 % (davon 18 % Bromverbindungen 7% Chlorverbindungen 9% Antimontrioxid als Synergist) Phosphorhaltige 14% (davon 4% mit zusatzlichem Halogen) Andere 5%
Wahrend die Bromverbindungen insgesamt als effektivste und dabei noch verhaltnismaljig kostengunstige Flammhemm-Mittel anzusehen sind und sie deshalb als Standard-Brandschutzmittel in den meisten thermoplastischen Kunststoffen eingesetzt wurden, werden inzwischen aus physiologischen Griinden (und auch zur Vermeidung von korrosiven Gasen im Brandfall) vermehrt Alternativen dazu gesucht, was aber z.T. ein Zuriickschrauben der Brandschutzanforderungen notwendig machen wiirde. In Reaktivsystemen (weniger in den uber die Schmelze verarbeiteten Thermoplasten) sind Phosphorsaureverbindungen eine gute, wenn auch nicht immer gleichwertige Alternative. Fiir hochgefiillte Systeme bieten sich die anorganischen Flammhemm-Mittel (Aluminiumtrihydrat als Standard, daneben vor allem Magnesiumhydroxid) als kostengunstige und physiologisch einwandfreie Wahl an.
358
8 Speziell wirksame Additive
8.5.4
Lieferantenverzeichnis;Handelsprodukte
Albright & Wilson GmbH (GB) Bayer AG (D) Dead Sea Bromine Co. LTD. (Israel) Great Lakes Chemical (USA) Hoechst AG (D) Martinswerk GmbH (D) Nordmann, Rassmann GmbH & Co. (D) Vereinigte Aluminium-Werke AG (D)
Phosphorsaureester, Phosphorverbindungen Phosphorsaureester Bromierte Verbindungen Bromierte Verbindungen Phosphorverbindungen, chlorierte Paraffine Aluminiumhydroxid Verschiedene Systeme Aluminiumhydroxid
8.6 Photoinitiatoren als Additive in UV-hartbaren Lacken Manfred Kohlel; Andreas Valet
8.6.1 Einfuhrung Die W-Hartung ist ein umweltfreundliches Lackierverfahren, bei dem im allgemeinen keine Losungsmittel eingesetzt werden miissen. Die flussige Beschichtung erstarrt unter W-Belichtung in Sekunden zur fertigen Lackschicht. Die Reaktion beruht auf komplexen photo-, radikal- und polymerchemischen Vorgiingen in kondensierter Phase, bei denen der Photoinitiator als ,,Lackadditiv" eine Schlusselstellung einnimmt. Er wandelt die eingestrahlte Energie in eine chemische Reaktion um und spielt daher im Hartungsvorgang eine zentrale Rolle. Im Unterschied zu den konventionellen Additiven, die der Formulierung wahlweise zugesetzt werden, um die Eigenschaften zu optimieren, ist der Photoinitiator unverzichtbarer Bestandteil einer W-hartbaren Formulierung.
8.6.1.1
Abgrenzung von Photoinitiatoren gegenuber anderen Lackadditiven
Unter Lackadditiven versteht man Zusatze, die in relativ geringen Konzentrationen die Eigenschaften des Lackes vor oder nach der Verfestigung beeinflussen. Verlaufs-, Netz- und Dispergiermittel, Entschaumer oder Additive zur Verbesserung der Oberflacheneigenschaften und Haftung sind klassische Additive (s. Kap. 1). Ihre Wirkung beruht in der Regel auf physikalischen Wechselwirkungen mit den anderen Komponenten der Formulierung oder dem Untergrund. Licht- und Korrosionsschutzmitteloder Biozide wirken als Additive mit Schutzwirkung. Sie inhibieren chemische oder biologische Prozesse, die zu einer Zerstorung der Lackschicht und des Substrates fiihren. Im Unterschied dazu setzen Katalysatorenoder Initiatoren Reaktionen in Gang. Im Fall der L a c k h h g handelt sich dabei um die Verfestigung einer Beschichtung. Katalysatoren, z. B. Cobaltsalze, kommen in lufttrocknenden Systemen vor. Sie beschleunigen die chemische Reaktion, liegen aber nach deren Ablauf chemisch unverandert vor (s. Abschn. 7.1). Anders ist es bei Initiatoren, deren Reaktionsprodukte (2.B. Radikale) sich an die ungesattigten Komponenten anlagern und dadurch Bestandteil der polymeren Schicht werden. Ein bekannter Vertreter dieses Typs ist das Benzolyperoxid, das beim Erhitzen in Phenylradikale und Kohlendioxid zerfallt.
360
8 Speziell wirksame Additive
Im Unterschied zu Peroxiden reagieren Photoinitiatoren ausschlierjlich auf Licht und sind als Substanzen sehr stabil und problemlos handhabbar. Die anwendungsbereiten Lackformulierungen sind in lichtundurchlassigen GefaDen lange lagerfahig und gegen Temperatureinwirkung weitgehend stabil. Sie lassen sich unter normalen Raumlichtbedingungen als Schicht auftragen und harten erst bei der Bestrahlung mit intensivem UV-Licht aus. Die folgenden Ausfuhrungen beziehen sich ausschlierjlich auf die radikalische UVHartung, weil sie heute die grorjte Bedeutung hat. Daneben gibt es auch Photoinitiatoren, deren Wirkung auf einem ionischen Mechanismus beruht. 8.6.1.2 Entwicklung der UV-Hartung Die UV-Hartung beruht auf der Photopolymerisation von Vinylmonomeren [8-851. Die Entwicklung der UV-Hartung als Technologie ist eng mit der Entdeckung von Photoinitiatoren verknupft. Die photochemischen Spaltungsreaktionen von Benwurden in den 70er Jahren unzoinethern [X-ghl, [8-871 und Benzildimethylketal[8-881 tersucht. Benzilketale eigneten sich als Photoinitiatoren fiir die Hartung von Klarlacken auf Holz, Papier und Kunst~toffen[*-~~]. Die Einfiihrung der Hydroxyketone als hochreaktive und vergilbungsfreie Photoinitiatoren anfangs der 80er Jahre, eroffnete weiter neue Anwend~ngsrnoglichkeiten[~-~~~~[~-~'~. Eine weitere Entwicklung stellen die Aminoketone dar, die sich durch ihre imVergleich zu den Benzilketalen oder Hydroxyketonen langwelligere Absorption besonders fur den Einsatz in dunnen, pigmentierten Schichten, z. B. UV-hartbaren Druckfarben, eignen["9213[8-931. Eine Herausforderung stellten langere Zeit dicke, dekkend pigentierte Schichten dar, wie sie bei der Mobellackierung zum Einsatz kommen. Infolge der geringen Transparenz derartiger Systeme steht dem Initiator in den unteren Bereichen der Lackierung nur wenig Licht zur Verfiigung. Hier haben sich inzwischen acylierte Phosphinoxidderivate als besonders geeignete Photoinitiatoren enviesen[8-5411[88977. Sie bewirken eine gute Durchhartung und fuhren zu keiner unenviinschten Vergilbung. Der aktuelle Stand der Photoinitiatoren und UVHartung wurde in Uberskhtsa&keln und Monographien zusammenfassend beschrieben [8-y81-[8-lo31 Eine Auflistung von Beispielen in Tabelle 8.6-1 sol1 verdeutlichen, in welchen ganzlich unterschiedlichen - Anwendungsbereichen die Hartung mit Photoinitiatoren und Licht schon Eingang gefunden hat. Die Anwendungen der Photohartung lassen sich auch danach einteilen, ob die aufgetragene Schicht vollflachig ausgehartet (Lacke und Druckfarben) oder ob unter Erzeugung einer Abbildung nur an bestimmten Stellen belichtet wird (Photoimaging). Der wichtigste Vorteil bei der Anwendung der UV-Hartung in der industriellen Lackierung ist heute, dafl es sich um eine umweltfreundliche Technologie handelt, die auflerdem im Ver leich zu konventionellen Prozessen Energie-, Raumund Zeit-sparend ist [X-1041.[ & I 5 1 UV-Lackierte Gegenstande kommen bisher vonviegend im Innenbereich zum Einsatz. Die Auflenanwendungen befinden sich derzeit im Entwicklungsstadium. Dabei zeigt sich, darj die UV-Hartung in Gegenwart von Lichtschutzmitteln moglich
8.6 Photoinitiatoren als Additive in Uphartbaren Lacken
36 1
Tabelle 8.6- 1. Unterschiedliche Anwendungsgebiete der UV-Hartung Mobel- und Fuflbodenlackierung UV-Hartung von Druckfarben Bedrucken von Kunststoffverpackungen und Tragetaschen Hochglanzlacke auf Zeitschriften und Postkarten Glasfaser-Verbundmassen f i r Container und Rohren Skilackierung Gedruckte Schaltungen in Haushaltsgeraten Herstellung von Druckplatten f i r den Zeitungsdruck Herstellung von Compact Discs Photoresists f i r Computerchips Hiirtung von Zahnfillungen Ummantelung von optischen Lichtleitfasern fir die Kommunikationstechnik Herstellung von komplizierten dreidimensionalen Modellen (Stereolithographie)
ist, und somit einer Stabilisierung von UV-gehirteten Lackschichten gegenuber Witterungseinfliissen prinzipiell nichts im Wege steht.
8.6.2 Hauptkomponenten UV-hartbarer Lacke 8.6.2.1 Photoinitiatoren
Zur Einordnung der bekannten Photoinitiatoren und als Leitlinie zur Entwicklung neuer Produkte wurden Beziehungen zwischen der Initiatorwirkung und der chemischen Struktur hergestellt. Die meisten Photoinitiatoren enthalten eine Benzoylgruppe, die hauptsachlich fir die Aufnahme der Lichtenergie verantwortlich ist. Durch die Absorption der Strahlungsenergie wird das Initiatormolekiil in einen angeregten Zustand befordert, aus dem heraus die Bildung eines Radikalpaares erfolgt. Photochemisch gebildete Radikalpaare liegen energetisch im sogenannten Triplettzustand vor. Bei der UV-Hartung addieren sich die gebildeten Radikale an die Doppelbindungen der ungesattigten Reaktionspartner. Abbildung 8.6- 1 beschreibt den schematischen Ablauf einer durch Photoinitiatoren ausgelosten Polymerisation.
Abb. 8.6-1. Schematischer
Ablauf einer durch Photoinitiatoren ausgelosten Vernetzungsreaktion R-R’ : Photoinitiator
,,R -’
362
8 Speziell wirksame Additive
Die photochemische Bildung des Radikalpaares kann entweder durch die Spaltung eines Molekules (monomolekulare Reaktion) oder durch die Reaktion von zwei . PhotoinitiaMolekulen miteinander (bimolekulare Reaktion) erfolgen[8-'063~[8-'081 toren des monomolekularen Typs sind effektiver als bimolekulare Kombinationen (z. B. BenzophenodAmin), da kein zweiter Reaktionspartner benotigt wird. In Tabelle 8.6-2 sind wichtige Photoinitiatoren aufgefiihrt, die durch eine Spaltungsreaktion ein Radikalpaar ergeben. In allen Fallen entsteht ein Benzoyl- oder Ac lradikal (R' .). Der zweite Radikaltyp ist je nach Struktur der Abgangsgruppe (RY.) unterschiedlich. Tabelle 8.6-2. Beispiele f i r Photoinitiatoren des monomolekularen Typs
Benzoinether Benzildimethylketal Diethoxyacetophenon H ydroxyketone Aminoketone Monoacylphosphinoxide Bisacylphosphinoxide
Benzoyl Benzoyl Benzoyl Benzoyl substituiertes Benzoyl substituiertes Benzoyl (Acyl) substituiertes Benzoyl (Acyl)
Alkyoxybenzyl Dimethoxybenzyl Diethoxymethyl 2-Hydroxyalkyl 2-Aminoalkyl disubstituierter Phosphinoxyrest monosubstituierter Phosphinoxyrest
Von besonderem Interesse sind heute Photoinitiatoren, die sich von den Phosphinoxiden ableiten (Mono- und Bisacylphosphinoxide). Untersuchungen an einem Monoacyl hos hinoxid zeigten, dal3 das Phosphinoxidradikal reaktiver als das Acylradikal ist 8-'09! Im Unterschied zu den Monoacylphosphinoxiden lassen sich bei den Bisacylphosphinoxiden photochemisch zwei Acylgruppen als Radikale abspalten['-' lo].
8.6.2.2 Reaktive Harze und Verdunner Als Reaktivharze werden hauptsachlich acrylatmodifizierte Oligomere und ungesattigte Polyester eingesetzt. Bei den Acrylatharzen handelt es sich z.B. um Epoxy-, Polyester- oder Polyurethan-Oligomere, die als Endgruppen Acrylsaureester tragen. Ungesattigte Polyester sind Kondensate aus Dicarbonsauren und Diglykolen mit polymerisationsfahigen Doppelbindungen, die meistens von der Malein- oder Fumarsaure stammen. Als Reaktivverdunner dienen (co)polymerisationsfahige Flussigkeiten mit relativ niedriger Viskositat. Beispiele der wichtigsten Harze und Reaktivverdunner sind in Tabelle 8.6-3 aufgefuhrt. Die eingesetzten Harzsysteme sind einer standigen Weiterentwicklungunterworfen. Dabei geht es vor allem urn eine Verringerung der toxischen Eigenschaften[*-" 'I, die Verbesserung der Haflung auf dem Substrat[8-"21und die Entwicklung von Systemen, die mit Wasser verdunnbar sind'8-"31.
8.6 Photoinitiatorenals Additive in UV-hartbarenLacken
363
Tabelle 8.6-3. Wichtige Reaktivharze und Verdiinner Name
Abkiirzung
Epoxyacrylate Polyesteracrylate Polyurethanacrylate Ungesattigte Polyester Hexandioldiacrylat Polyethylenglykoldiacrylat Trimethylolpropantriacrylat
EPOA PESA PURA UPES HDDA PEGDA TMPTA TPGDA St
Tripropylenglykoldiacrylat Styrol (Verdiinner f i r UPES)
8.6.3 Radikalische Photohartung 8.6.3.1 Mechanistische Betrachtungen
Der Mechanismus des photochemischen HZirtungsvorganges1aSt sich mit den Begriffen Latenz, Initiierung und ,,Dominoeffekt" anschaulich beschreiben (Abb. 8.6-2). Unter Latenz versteht man in diesem Zusammenhang, daS nach dem Beschichtungsvorgang die Reaktion auf relativ einfache Weise durch eine aul3ere Einwirkung (die Belichtung) ausgelost werden kann. Die intensive Lichteinwirkung erzeugt aus den Initiatormolekiilen eine hohe Radikalkonzentration pro Zeit und Flache. Die Anlagerung dieser Radikale an die Doppelbindungen der Harze und Verdunner lost eine Kettenreaktion aus, die durch den direkten Kontakt der Reaktionspartner in kondensierte Phase nach dem ,,Dominoprinzip" ablauft. Auf diese Weise bringt ein Initiatorradikal eine Vielzahl von Doppelbindungen zur Reaktion. Das Endprodukt der Reaktion ist ein makromolekulares Netzwerk. Luftsauerstoff hemmt die radikalische Polymerisation, da das Sauerstoffmolekul als Biradikal die Tendenz hat, sich an das wachsende Polymer anzulagern. Die daLatentes System:
-
R R'
+
II I I IIIIII II I II (UngesattigteVerbindungen)
8
hw
Abb. 8.6-2. Latenz, Initiierung und Dominoeffekt bei UV-hartbaren Systemen R-R: Photoinitiator
+
Initiierung:
R.+W
"Dominoeffekt":
R. ReaMion_ PPP/->/->l IIII I
Polymeres Netzwerk:
11111111111111
R-XXXXXXXXXXX
364
8 Speziell wirksame Additive
bei entstehenden Peroxidradikale sind nicht mehr genugend reaktiv zur Fortsetzung der Reaktionskette und fiihren zum Abbruch. Die Hemmwirkung des Luftsauerstoffs macht sich bei unvollstandiger Hartung durch eine klebrige oder nicht wischfeste Oberflache bemerkbar. Amine, die in Nachbarstellun zum Stickstoffatom ein Wasserstoffatom tragen, wirken als KetteniibertragerL8-14]. Der Kettenabbruch durch Sauerstoffinhibierung und die Wirkungsweise von Aminen sind in Abbildung 8.6-3 schematisch dargestellt.
B
Initilerung:
--
- hV2 R.
R R
+
R.
CH,=CHR
Kettenfortpf8nzung:
RCH,~HR +
n CH,=CHR (Monomer)
RCH,~HR
R(CH,CHR),-CH,-CHR
R(CH,CHR),-CH,-~~HR + 0,
Abb. 8.6-3. Kettenabbruch
R(CH,CHR),-CH,-CHR-O,. (kann keine Ken8 mehr starten)
R(CH2CHR),-CH2-CHR-O~ + HD
Neuer Kettenstart:
D-
+
CH,=CHR
-
R(CH,CHR),-CH,-CHR-0-0-H
DCH,kHR
+ D.
durch Sauerstoffinhibierung und erneuter Kettenstart durch Kettenfibefirgger R - R : Photoinitiator; HD: Wasserstoffdonator
Die Initiierung und Hartung findet nur an den belichteten Stellen statt. Da die Kettenlange der Polymerisation in molekularen Dimensionen liegt, kann sich die Reaktion nicht auf unbelichtete Bereiche ausdehnen. Darauf basiert das Imaging-Verfahren, bei dem man durch eine Maske belichtet und anschlieljend die unbelichteten (ungeharteten ) Stellen herauslost. Bei der Belichtung wird das Photoinitiatormolekul gespalten. Die gebildeten Radikale konnen rekombinieren oder sich an reaktionsfahige Doppelbindungen anlagern und eine Initiierung auslosen. In der Endphase der Reaktion, wo die restlichen Photoinitiatormolekiile in einem stark vernetzten Polymer eingeschlossen sind, wird es hauptsachlich zur Rekombination kommen.
8.6.3.2 Untersuchungen zur Reaktionskinetik Es gibt verschiedene Meljmethoden, um den kinetischenverlauf der photoinitiierten Polymerisation zu verfolgen und quantitativ zu erfassen. Zu den wichtigsten gehoren die Photo Differential Scanning Calorime (Photo-DSC)[8~”51.[8~’ 16] und die Real nme Infrarot Spektroskopie (RTIR) [8-11713-1 19]. Damit la13t sich das Reaktionsverhalten von UV-hartbaren Formulierungen unter verschiedenen Bedingungen messen. Bei der kalorimetrischen Messung wird die Polymerisationswarme in Abhangigkeit von der Belichtungszeit aufgezeichnet. Es entsteht ein Peak, dessen Form und Flacheninhalt etwas uber den Reaktionsverlauf aussagt. Die RTIR-Spektroskopie registriert den Umsatz an Doppelbindungen, wobei insbesondere Aussagen uber den Anfangsverlauf der Reaktion moglich sind. Beide Meljmethoden zeigen, dalj die Polymerisation nach einer kurzen Inhibierungsphase sehr spontan einsetzt und in kurzer
8.6 Photoinitiatoren als Additive in UVhartbarenLacken
365
Zeit ein Maximum erreicht. Der sogenannte Trommsdodf- oder Gel- Effekt bewirkt bei radikalischen Polymerisationen eine Selbstbeschleunigung, da mit ansteigender Viskositat die Abbruchrate abnimmt [8- 1201. In der erstarrten Masse aber ist die Reaktionsgeschwindigkeit bei fortgesetzter Belichtung gering, obwohl noch Doppelbindungen und Photoinitiator vorhanden sind. Die Beweglichkeit der Reaktionspartner ist stark eingeschrankt,so darj es nicht zu dem notwendigen Kontakt kommen kann. Das Reaktionsverhalten von Systemen, die WeiBpimente[8-'211oder Lichtschutzmitte1[8-'221enthalten, wurde ebenfalls mit Hilfe der RTIR-Methode untersucht.
8.6.4 UV-Hartungstechnik Der Einsatz der Photohartung bietet sich besonders bei planaren Objekten an, die sich nahe an einer Lichtquelle vorbeifiihren lassen. Dreidimensionale Teile (z. B. Stiihle) sind in einer geschlossenen Bestrahlungskammer so von den Lampen umgeben, darj eine gleichmarjige Beleuchtung aller lackierten Stellen gewahrleistet ist. Ein haufig verwendeter Strahlertyp ist die 80 W/cm QuecksilberrnitteldruckLampe, die im kurzwelligen Bereich von 200 bis 320 nm Licht in einem breiten Spektrum aussendet aber auch Wellenlingen von 360,410 und 430 nm ausstrahlt. Bestimmte Dotierungsstoffe konnen das Spektrum in den langwelligen Bereich verschieben. Die Strahlerleistung wird ublicherweise in Watt pro Zentimeter der Lampenlange, z. B. 80 W/cm angegeben. Die Hartungsanlagen sind so konstruiert, darj eine optimale Ausnutzung des Lichtes gewahrleistet ist und keine schadliche W-Strahlung oder das durch kurzwelliges UV-Licht entstehende Ozon nach aurjen dringen. Die Belichtungszeit larjt sich uber die Geschwindigkeit des Transportbandes regulieren, auf dem das beschichtete Substrat unter der Strahlungsquelle vorbeigefiihrt wird. Eine Bandgeschwindigkeit von 10 ndmin unter zwei 80 W/cm-Lampen entspricht einer Belichtungszeit von vier Sekunden. Durch die schnelle Aushartung konnen beispielsweise bereits kurze Zeit nach dem Auftragen des Lackes die fertigen Teile gestapelt werden. Im Dauerbetrieb ist es wichtig, darj ein Leistungsabfall der Lampen oder andere Storungen, die zu einer Beeintrachtigung des Hartungsresultates fiihren, sofort festgestellt werden. Bereits kleine Veranderungen der Hartungsbedingungen haben grorje Auswirkungen auf das Ergebnis. Entscheidende Kriterien fiir Kontrolle und Bewertung der Hartung sind Eigenschaften wie Wisch- und Kratzfestigkeit, Losemittelresistenz, Abriebbestandigkeit, Hartewert und Substrathahng. Da es bei photochemischen Prozessen in Polymeren haufig zu Farbveranderungen kommt (Vergilbungseffekt),ist die Konstanz des Gelbwertes (z. B. Yellowness-Index) bei Klarlacken auf hellem Untergrund oder bei Weirjlacken von besonderer Bedeutung. Durch das sehr schnelle Erstarren der viskos-flussigen Beschichtung wahrend der UV-Hartung erreicht man hohe Glanzwerte. Die Oberfache bleibt glatt und ungestort wie bei einer Flussigkeit.
366
8 Speziell wirksame Additive
8.6.5 Anwendungsbeispiele fur Photoinitiatoren In den vorliegenden Beispielen werden zwei Hydroxyketone (HK- 1 und HK-2) und ein Bisacylphosphinoxid (BAPO), deren chemische Strukturen in Abbildung 8.6-4 dargestellt sind, venvendet.
HK-1 Ocn,
HK-2 CH,O
Abb. 8.6-4. Beispiele fur heute ein-
Bisacylphorphinoxid (BAPO)
gesetzte Photoinitiatoren : Chromophor Teil des HK
Abbildung 8.6-5 zeigt schematisch,wie Hydroxyketonehauptsachlich die Oberflachenhartung, Bisacylphosphinoxide dagegen die Durchhartung bewirken, wobei zu beachten ist, darj natiirlich eine homogene Verteilung der beiden Photoinitiatoren uber die ganze Lackschicht vorliegt.
Strahlungsquelle
u u
UV LicIll r380nm
[UV ) LiChl >380nrn
m Q a 0
U~UUUDU
0, 0, 0, 0, 0 ' 0, 0, 0 0, 0, 0,
Beschichtetes substrat
02
0, 4 0, 0. o>
Abb. 8.6-5. Oberflachenhartung und Durchhartung mit HWBAPO-Mischungen in pigmentierten Lacksystemen I/ :HK; / :BAPO I
Die folgenden Praxisbeispiele sollen als Orientierung f i r den Einsatz von Photoinitiatoren in verschiedenen Anwendungen dienen. Die Lacke eignen sich besonders fir die Beschichtung von Holz oder Kunststoff. Die Priifungen und Messungen, mit denen das Hartungsergebnis beurteilt wird, sind in Tabelle 8.6-4 aufgefihrt.
8.6 Photoinitiatoren als Additive in Whartbaren Lacken
367
Tabelle 8.6-4. Priifungen und MeBmethoden Hartungsgeschwindigkeit (HG)
Es wird die maximale Bandgeschwindigkeit in d m i n bestimmt, die ausreicht um eine wischfeste und durchgehartete Lackschicht zu erhalten.
Pendelharte nach Konig (PH)
Die Messung erfolgt nach DIN 53 157 und die Angabe in Sekunden Schwingungsdauer.
YellownessIndex (YI)
Es wird der Farbunterschied der Probe im Vergleich zu einem WeiRstandard nach ASTM D- 1925-88 gemessen.
Glanz (GL)
Die Glanzmessung wird mit einem Reflektometer nach DIN 67530 bei Einstrahlungswinkeln von 20" und 60" durchgefiihrt.
8.6.5.1
Klarlacke
Die Reaktivitatsunterschiede zwischen den Acrylatharzen EPOA, PESA und PURA werden in dem in Tabelle 8.6-5 beschriebenen Experiment deutlich. Epoxyacrylate sind hochreaktiv, sie ergeben harte Lackschichten, die allerdings auch relativ sprode sind. Polyurethanacrylate sind deutlich weniger reaktiv (hier konnte erst nach Erhohung der Photoinitiatorkonzentrationeine wischfeste Oberflache erhalten werden), liefern aber flexiblere Schichten. Die Polyesteracrylate nehmen eine Mittelstellung zwischen den Epoxy- und Polyurethanacrylatenein. Tabelle 8.6-5. Hartungsgeschwindigkeitenverschiedener Acrylat-Klarlacke Formulierung: Photoinitiator: Belichtung :
Harz und TPGDA im Gewichtsverhaltnis 4 : 1 2% HK-1 Schichtdicke (naB): 150 pm Zwei 80 W/cm Quecksilbermitteldruck-Lampen
Formulierung
Hiirtungsgeschwindigkeit ( d m i n )
Pendelharte (s)
EPOA + TPGDA PESA + TPGDA PURA + TPGDA
60 10 <10
132 55 -
UPES/Styrol-Formulierungenwerden seit uber 25 Jahren in der Holzveredlungsindustrie ~ e r w e n d e t [ ~ -In' ~diesen ~ ~ . Systemen zeigt Benzildimethylketal eine hohere Reaktivitat als die Hydroxyketone. Aus den Resultaten in Tabelle 8.6-6 erkennt man, darj durch den Zusatz von nur 5 % BAPO zum Hydroxyketon die H&e deutlich ansteigt und im Vergleich zum Benzildimethylketal eine geringere Vergilbung eintritt. Fur den Einsatz von UV-geharteten Lacken in Aurjenanwendungen ist der Zusatz von Lichtschutzmitteln (UV-Absorber undoder Radikalfanger; s. Abschn. 8.2) in
368
8 Speziell wirksame Additive
Tabelle 8.6-6. Hartung eines UPES/Styrol-Klarlackes Formulierung: Schichtdicke (na13): Belichtung: Hartungsgeschwindigkeit:
66% UPES-Harz in Styrol 300 pm Zwei 80 W/cm Quecksilbermitteldruck-Lampen 3 dmin
2% Photoinitiator
Pendelharte (s)
Yellowness-Index
Benzildimethylketal HK- 1 95% HK-I+ 5% BAPO
133 56 109
19,8 996 12,o
den Lack notwendig. Dabei konkurriert der UV-Absorber allerdings wahrend des Hartungsprozesses mit dem Initiator um das Licht und kann daher dessen Wirkung betrachtlich herabsetzen. Daher mulj das Absorptionsverhalten von Initiator und Absorber aufeinander abgestimmt sein. UV-Absorber vom Hydroxyphenyl-s-Triazin-T p sind f i r den Einsatz in UV-hartbaren Formulierungen besonders geeigneti8- 241. Beim Zusatz des UV-Absorbers zum reinen Hydroxyketon nimmt die Harte des Lacks zunachst deutlich ab und steigt dann durch den Einflulj des langerwellig absorbierenden Bisacylphosphinoxides wieder an (Tab. 8.6-7). Dabei ergibt die Mischung aus 95% Hydroxyketon und 5 % BAPO schon eine ausreichende Pendelharte. Bei hoheren BAPO-Mengen nimmt der Gelbwert etwas zu.
r
Tabelle 8.6-7. Hartung in Gegenwart eines UV-Absorbers des Hydroxyphenyl-s-Triazin-Typs Formulierung : Schichtdicke (nal3): Belichtung: Hartungsgeschwindigkeit:
EPOA/HDDA/PEGDA + 2 % UV-Absorber 100 pm Zwei 80 W/cm Quecksilbermitteldruck-Larnpen 10 d m i n
2% Photoinitiator
Pendelharte (s)
Yellowness-Index
HK-I (ohne W-Absorber) HK- 1 95% HK-1+ 5% BAPO 75 YOHK- 1 + 25 % BAPO BAPO
183 74 148 1 74 188
8,2 62 791 991 17,O
8.6.5.2
Pigmentierte Lacke
Im Unterschied zu den Klarlacken ist wegen der geringeren Lichtdurchlassigkeit der pigmentierten Lacke die Durchhartung grorjerer Schichtdicken problematisch. Hier haben sich Acylphosphinoxid-Initiatorenbesonders bewahrt. Bei den folgenden Beispielen werden Gemische aus drei Teilen Hydroxyketon und einem Teil
8.6 Photoinitiatoren als Additive in Whartbaren Lacken
369
BAPO (HWBAPO) eingesetzt. Tabelle 8.6-8 zeigt Hirtungsresultate mit zwei Acrylat-Weirjlacken, die 25 % Titandioxid des Rutil-Typs enthalten. Beide Photoinitiator-Gemische aus HK-1 oder HK-2 und BAPO ergeben sehr h l i c h e Ergebnisse. Der Epoxyacrylat-Weirjlack ist reaktiver, da er bei hoherer Bandgeschwindigkeit (5 m/min) als der Polyesteracrylat-Weirjlack(3 m/min) hohere Pendelharten ergibt. Tabelle 8.6-8. Hartung von zwei Acrylat-WeiBlacken Formulierung: Photoinitiator: Schichtdicke (naB) : Belichtung : Hartungsgeschwindigkeit:
FormulierunglPhotoinitiator PESA/HDDA/TMPTA/Ti02 HK- 1/BAPO HK-2/BAPO EPOA/HDDA/Ti02 HK- 1/BAPO HK-2/BAPO
s. Tabelle HK-l/BAPO und HK-2/BAPO 100 pm 80 W/cm Quecksilbermitteldruck-Lampe 3 d m i n bzw. 5 d m i n Pendelhae (s)
Yellowness-Index
Glanz 20°/600
148 151
299 390
76/89 78/89
169 174
4,4 473
81/93 82/94
Ein Weirjlack auf UPES/Styrol-Basis, der ebenfalls 25 % Titandioxid des gleichen Typs enthalt, wurde bei zwei verschiedenen Bandgeschwindigkeiten gehiirtet (Tab. 8.6-9). Die bessere Hartung der Lackschicht bei niedriger Bandgeschwindigkeit zeigt sich vor allem in der Pendelharte, aber auch in hoheren Glanzwerten. Tabelle 8.6-9. Hartung eines UPES/Styrol-WeiRlackes bei zwei verschiedenen Bandgeschwindigkeiten Formulierung: Photoinitiator: Schichtdicke (nan): Belichtung :
UPES/St/Ti02 3 % HK-2/BAPO 150 pm Kombination aus einer dotierten 120 W/cm und einer 80 W/cm Quecksilbemitteldruck-Lampe,
Bandgeschwindigkeit
Pendelhiirte (s)
4dmin 2 dmin
49 81
Yellowness-Index
Glanz 2Oo/6O0 76/88 82/90
Durch die Kombination von Titandioxid mit verschiedenen Farbpigmenten wurden deckende Buntlacke hergestellt, die sich ebenfalls mit 3 % des HK-2/BAPO Gemisches harten lierjen (Tab. 8.6- lo).
370
8 Speziell wirksame Additive
Tabelle 8.6- 10. Hartung buntpigmentierter Lacke Formulierung : Photoinitiator: Schichtdicke (nal3): Belichtung :
PESA/HDDNTMPTA/TiO2/Buntpigment 3 % HK-UBAPO 100 pm Kombination aus einer dotierten120 W/cm und einer 80 W/cm
Quecksilbermitteldruck-Lampe Hartungsgeschwindigkeit:
3 m/min
Titandioxid/Pigment
Pendelharte (s)
9 YOTiOz / 1YOPigment Blau 15 :4 8 YOTi02 /2% Pigment Blau 15 :4 7 % Ti02 /3 YOPigment Blau 15 :4 9 % Ti02 / 1?LOPigment Orange 73 9 % Ti02 /1 YOPigment Gelb 74 9 % TiOz / I YOPigment Griin 36
154 143 131 149 86 90
8.6.6 Toxikologie und Entsorgung Angaben zur Toxikologie und Entsorgung der kommerziell verfligbaren Produkte sind den Datenblattern der jeweiligen Hersteller zu entnehmen.
8.6.7 Handelsnamen DarocurO 1173 (HK-I), Irgacure@184 (HK-2), Irgacure@149 (HK-1/BAPO 95/5), Irgacure@1800 (HK-2/BAPO 75/25), Irgacure@8 19 (neuer BAPO Photoinitiator), alle Ciba Spezialitatenchemie AG, CH-4002 Basel
Literatur Literatur zu Abschnitt 8.1 [S-11 Hurley, R., Handbook of Coating Additives, Dekker, New York, S. 485 [8-21 [8-31 [8-41 [8-51
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Literatur
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8 Speziell wirksame Additive
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374
8 Speziell wirksame Additive
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9 Arbeitssicherheitund Entsorgung Aljan Postma
9.1 Einfuhrung Das biologische Verhalten von chemischen Substanzen, zu denen auch Lackadditive gehoren, spielt in unserer Umwelt eine wichtige Rolle. Bei der Verarbeitung und Entsorgung von Additiven und Endprodukten sind nicht nur die dermatologischen und toxikologischen Eigenschafien zu betrachten. Auch die biologischen Effekte auf unsere Umwelt, beispielsweise mogliche Luftverunreinigungen durch emittierte Losemittel, oder die biologische Abbaubarkeit von wasserloslichen Additiven bestimmen den verantwortlichen Einsatz dieser Rohstoffe.
9.2 Begriffserlauterungen Dermatologie:
Toxische Effekte auf der Haut
Responsible Care :
Verantwortliches Handeln Eine weltweite Initiative, die von der chemischen Industrie fiir die chemische Industrie entwickelt wurde. Sie manifestiert den Willen, die Bedingungen fiir den Schutz von Gesundheit und Umwelt sowie fiir die Sicherheit von Mitarbeitern und Mitbiirgern standig zu verbessern, unabhingig von gesetzlichen Vorgaben. Sie ist auch die Verpflichtung jedes einzelnen Mitarbeiters der Unternehmen, seine personliche Kompetenz zum Nutzen von Mensch und Umwelt einzusetzen.
Product Stewardship: Das Einrichten von Entwurf, Produktion, Logistik, Anwendung und Wiederverwendung in solch einer Art und Weise, da13 die Sicherheit und der Beitrag an Kontinuitat optimal gewahrleistet sind.
376
9 Arbeitssicherheit und Entsorgung
Onkogenitatsstudie:
Eine Toxizitatsstudie zur Untersuchung moglicher Geschwulstbildung (z. B. Kanzerogenitat).
Endokrine Wirkung : Endokrine Storungen sind die Einflusse, die von ausserhalb des Organismus (exogen) kommend, das hormonelle Gleichgewicht oder die Hormonwirkung im Korper verandern. OECD-Confirmatory : Ein biologischer Abbaubarkeitstest, publiziert von der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD).
9.3 Biologische und toxikologische Eigenschaften Als Folge der Gesetzgebung werden immer haufiger Stoffe nach diesen Effekten und Systemen beurteilt und ausgewahlt. Bei den Additiven handelt es sich um eine ganze Reihe unterschiedlicher chemischer Verbindungen, die bestimmte Effekte aufweisen. In Europa sind samtliche Stoffe von der europaischen Kommission in GeWhrdungsklassen eingestuft worden und andere werden auf Basis von Beurteilungen vom Produzenten oder Importeur gekennzeichnet. Europaweit werden von den chemischen Verbanden ,,Responsible Care" und ,,Product Stewardship" Programme gefordert und auch die Behorden fragen immer ofter nach Oko-Audits und zertifizierten Umweltmanagementsystemen. Produktverantwortlichkeit und die Suche nach weniger umweltbelastigenden Alternativen werden von diesen Programmen stimuliert. Man sieht dann auch, dal3 bestimmte Stoffe oder Stoffgruppen, welche friiher vie1 eingesetzt wurden, auf Basis neuer Kenntnisse uber Toxizitat oder Umweltverhalten nicht mehr venvendet werden. In manchen Fallen hat die Industrie freiwillig auf einen weiteren Einsatz solcher Stoffe verzichtet. Quecksilber zum Beispiel wurde friiher in Form einer organischen Quecksilberverbindung sowohl in wal3rigen als auch in organischen losemittelbasierenden Farben und Lacken als Biozid eingesetzt. Heute verzichtet die Farben- und Lackindustrie freiwillig auf dessen Einsatz. Es werden stattdessen Biozide mit verbesserten okologischen und toxikologischen Eigenschaften benutzt (s. Abschn. 8.4). In vielen europaischen Landern hat die Industrie freiwillig auf den Einsatz von Alkylphenolethoxylaten, wegen der vermeintlichen endokrinen Effekte dieser Verbindungen, verzichtet. Ein weiteres Beispiel sind die Trockenstoffe; diese werden jetzt weitgehend auf Basis aliphatischer Kohlenwasserstoffe anstelle von aromatenhaltigen Losemitteln (Lackbenzin) formuliert.
9.5 Arbeitssicherheit
377
9.4 Sicherheitsdaten Basierend auf Responsible Care und Product Stewardship stimmen Produzenten von Stoffen oder Stoffgruppen die toxikologischen und okotoxikologischen Kennzeichnungsbefunde miteinander ab und &en eine einheitliche Kennzeichnung durch, wo es moglich ist. Hiermit wird unter anderem erreicht, da13 klare Informationen an den Verbraucher abgegeben werden. In den Sicherheitsdatenblattem findet der Verbraucher die Basisinformationen uber produktspezifische Sicherheitskenndaten . Seit 1985 gibt es in Europa gesetzliche Vorschriften, denen zufolge auf den Verpackungen (oko-)toxischer Substanzen ein Etikett mit den diesbeziiglichen Gefahrensymbolen und sogenannte R- und S-Satze geklebt werden mulj. Dabei beinhalten die R-Satze die Risiken der Substanzen und die S-Satze beschreiben die notwendigen Sicherheitsmaljnahmen.Diese R- und S-Satze werden auch im Produktsicherheitsdatenblatt aufgenommen. In Abbildung 9.4- 1 werden die Texte der flir Additive haufig venvendeten R- und S-Satze erwahnt. Die spezifischen Informationen uber generelle toxikologische und biologische Eigenschaften der Additive werden in den entsprechenden Kapiteln dieses Buches gegeben. Detaillierte Informationen uber Toxizitat und Abbaubarkeit der Tenside ist den Surfactant Science Series zu entnehmen r9-'1-r9-51.
9.5 Arbeitssicherheit Wie den entsprechenden Kapiteln zu entnehmen ist, sind verschiedene Additive als Gefahrstoff zu kennzeichnen. In den meisten Fallen handelt es sich dabei um Risiken durch Hautkontakt. Eine strenge Hygiene ist notwendig. Auch sind die Risiken von Losemitteldiimpfen, insbesondere im Fall unzureichender Ventilation, zu beachten. Die fiir die Arbeiter notwendigen Sicherheitsinformationenmussen, zur Gewahrleistung einer sicheren Verarbeitung, den Sicherheitsdatenblattern entnommen und in Form einer Arbeitsanweisung weitergegeben werden. Die Verarbeitung der als Gefahrstoff gekennzeichnetenAdditive zu einem Lacksystem kann eine Kennzeichnung des Endproduktes zur Folge haben. In Europa sol1 in diesem Falle eine Beurteilung nach den Kennzeichnungskriterien der europaischen Gemeinschaft durchgefiihrt werden.
378
9 Arbeitssicherheit und Entsorgung
R-Satze
Wortlaut
R 20122 R 22 R 33 R 36 R 36/38 R 38 R 40 R 43 R 48120122
Gesundheitsschadlich beim Einatmen und Verschlucken Gesundheitsschadlich beim Verschlucken Gefahr kumulativer Wirkungen Reizt die Augen Reizt die Augen und die Haut Reizt die Haut Irreversibler Schaden moglich Sensibilisierung durch Hautkontakt moglich Gesundheitsschadlich: Gefahr ernster Gesundheitsschaden bei langerer Exposition durch Einatmen und durch Verschlucken Schadlich fur Wasserorganismen, kann in Gewassern langerfristig schadliche Wirkungen haben Kann das Kind im Mutterleib schadigen Kann moglichenveise die Fortpflanzungsfihigkeit beeintrachtigen Gesundheitsschadlich : kann beim Verschlucken Lungenschaden verursachen
R 52/53 R 61 R 62 R 65 S-Satze
Bei der Arbeit nicht essen, trinken, rauchen Beriihrung rnit der Haut vermeiden Beriihrung rnit den Augen und der Haut vermeiden Bei Beriihrung rnit den Augen sofort mit Wasser abspiilen und Arzt konsultieren Bei Beriihrung rnit der Haut sofort abwaschen rnit vie1 .. . (vom Hersteller anzugeben, hier Wasser und Seife) Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe und Schutzkleidung tragen Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und SchutzbrilleIGesichtsschutz tragen Geeignete Schutzhandschuhe tragen Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt zuziehen (wenn moglich dieses Etikett vorzeigen) Bei Verschlucken sofort arztlichen Rat einholen und Verpackung oder Etikett vorzeigen Nur in gut geliiften Bereichen venvenden Exposition vermeiden - vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen Bei Verschlucken kein Erbrechen herbeifuhren. Sofort arztlichen Rat einholen und Verpackung oder dieses Etikett vorzeigen
S 20121
S 24 S 24/25 S 26
s 28 S 36/31 S 36/37/39
s 37 s 45 S 46
S 51 s 53 S 62 -
Abb. 9.4-1. Erklarung einiger R- und S-Satze
9.6 Entsorgung und Verpackungen Hochstens bis etwa 5 % der gesamten Rohstoffmenge in einer Lackformulierung gehoren zur Produktgruppe der Additive.
Literatur
379
Dennoch mussen im Entsorgungsfall diese Additive oder die damit produzierten Endformulierungen als chemischer Abfall bezeichnet werden. Die Entsorgung sol1 deswegen nur durch eine behordlich anerkannte Firma vorgenommen werden. Auch fiir Verpackungen mit Restmengen an Additiven sol1 ein dazu geeigneter Abfallverarbeiter beauftragt werden. Die gereinigte und eventuell zuriickgewonnene Verpackung kann oft wiederverwendet werden.
Literatur [9-11 Schick, M. J., ,,Nonionic Surfactants," Surfactant Science Series 1 (1967), Marcel Decker Inc. [9-21 Swisher, R.D., ,,Surfactant Biodegradation," Surfactant Science Series 3 (1970), Marcel Decker Inc. [9-31 Jungermann, E., ,,Cationic Surfactants," Suvfactant Science Series 4 ( 1970), Marcel Decker Inc. [9-41 Gloxhuber, C . , ,,Anionic Surfactants-Biochemistry, Toxicology, Dermatology," Surfacfant Science Series 10 (1 980), Marcel Decker Inc. [9-51 Gloxhuber, C., Kunstler, K., ,,Anionic Surfactants-Biochemistry,Toxicology, Dermatology", Surfactant Science Series 43 (1992), Marcel Decker Inc.
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10 Qualitatssicherung Aljan Postma
10.1 Einfuhrung Warum Qualitatssicherung? Eine Qualitatssicherung ist notwendig, um gleichbleibende Gute der Produkte zu garantieren. Die Philosophiedes amerikanischenQualitatsexpertenCrosby ist, dalj Qualitat einfach dadurch zu realisieren ist, dalj ein Mange1 an Qualitat sofort eliminiert wird: ,,Quality is freecc[lO-I], [lo-21 Wenn die Arbeit gleich am Anfang gut ausgefiihrt wird, konnen spatere Probleme verhindert werden. Bei Additiven kommt Qualitatssicherung unter anderem dadurch zum Ausdruck, dalj die Produktspezifikationen zuverlassig eingehalten werden. Qualitatsmhgel erkennbar machen heist, dafiir Sorge zu tragen, daljjede Aktivitat, die zu einem Produkt oder einem Service fiihrt, derartig beurteilt und festgelegt ist, dalj MiBverstandnisse oder Fehler ausgeschlossen sind. Dies kann erreicht werden mittels eines Qualitlitssystems, das auch innerhalb der Farben- und Lackindustrie und deren Kunden akzeptiert wird und anhand der geltenden internationalen Norm ISO-9001gepriifi wird.
10.2 Begriffsbestimmungen Zu den ISO-9000 Normen (ISO: International Standard Organisation) gehoren: IS0 9000: Die ausfiihrlichste Norm. Sie bezieht sich auf Entwicklung, Produktion, Verkauf und Nachsorge, also auf den gesamten Prozess. IS0 900 1 : Qualitatssystem fiir Entwicklung, Herstellung, Installation und Nachsorge. IS0 9002 : Qualitatssystem fir Herstellung und Installation. IS0 9003 : Qualitatssystem fir die Endpriifung und Tests. IS0 9004: Bezieht sich auf Richtlinien fiir ein Qualitlitssystem.
382
10 Qualitatssicherung
10.3 Qualitatsnorm ISO-9000 In der ISO-9000 Norm werden alle zu beachtenden Regeln in zwanzig Paragraphen festgelegt. Firmen, welche ein solches ISO-9000 Qualitatssystem eingefiihrt haben, konnen sich dieses durch einen hierzu akkreditierten Zertifizierer (z. B. T U y DQS, Lloyds, Det Norske Veritas usw.) bescheinigen lassen. Diese Zertifizierung geschieht durch ein intensives Audit, wobei der ganze primare ProzeD nach den Aspekten der ISO-9000 Norm beurteilt wird. Bei Gutbefund wird ein offizielles Zertifikat mit einer Gultigkeitsdauer von drei Jahren abgegeben. Innerhalb dieser drei Jahre werden periodische Audits durchgefiihrt. Nach drei Jahren erfolgt erneut ein Gesamtaudit. Zweck dieser Audits ist das standige Verbessern der Organisation. Durch Verbesserungsvorschlage,Qualitatszirkel, Bewertung von Beanstandungen, Management Review Meetings usw. werden die Mitarbeiter und das Management standig aufgefordert und motiviert, die Qualitatsphilosophie ,,Mach es gleich gut" weiter zu entwickeln.
10.4 Umweltschutz und Arbeitssicherheit Qualitatssicherungssysteme werden oft mit Umwelt- und Arbeitssicherheitssystemen kombiniert. Fur Umweltschutzzertifizierung ist 1996 eine neue Norm, die ISO- 14001, eingefiihrt worden. Der Aufbau ist der ISO-9001 Qualitatsnorm analog. Man hat auch die Moglichkeit, ein Okoaudit nach den europaischen EMAS-Richtlinien durchzufihren (Environmental Management Audit System). Bei dieser Zertifizierung wird der Dialog mit der Gesellschaft beriicksichtigt und Dinge wie Responsible Care und Product Stewardship (s. Abschn. 9.3) spielen eine sehr wichtige Rolle.
10.5 Qualitatspriifung der Additive Zur ijberpriifung der Qualitat von Additiven werden physikalische und chemische Kenndaten venvendet. Es handelt sich dabei besonders um einfach festzulegende Kenndaten wie Viskositat, Dichte, Feststoffgehalt, Farbzahl, Saurezahl, IR-Spektrum usw. Zur Bestimmung dieser Kenndaten werden ubenviegend international akzeptierte bzw. normierte Methoden venvendet wie die ISO, DIN und ASTM Normen.
Literatur
383
Bei diesen Normen handelt es sich um uberpriifte, gut reproduzierbare Bestimmungsmethoden. Es gibt ein breites Angebot an Additiven. Die chemischen Zusammensetzungen konnen, abhangig von der Anwendung, sehr weit auseinander liegen. Es gibt deswegen kein eindeutiges Konzept oder eine Auflistung der Qualitatsbestimmungsmethoden fiir Additive. Eine Auswahl aus gangigen Priifmethoden zur Qualitatitssicherung von Additiven wird in Abbildung 10-1 a~fgelistet"~'~~.
Norm
Ausgabe
06.84 DIN 1306 03.91 DIN 53217 T 1 03.91 DIN 53217 T 2 03.91 DIN 53217 T 3 D N I S O 4630/ASTM 1544 11.82 07.88 DIN/ISO 627 1 09.81 DIN/ISO 2592 09.78 DIN 51755 DIN 53216
04.89
DIN 53240 ASTM 1172 DIN 53491 I S 0 3682 DIN 53917 ASTM D2040 ASTM D 2669
12.71 1989 06.55 1983 1989 1991
DIN 53015 DIN 1342 T 2
09.78 10.86
DIN 51777 T 1
03.83
Erlauterung Dichte, Begriffe, Angaben Dichte, Allgemeines Dichte, Pyknometer-Verfahren Dichte, Tauchkorper-Verfahren Farbzahl nach Gardner Farbzahl f ir klare Fliissigkeiten, nach Hayson Flammpunkt im offenen Tiegel, nach Cleveland Flammpunkt im geschlossenen Tiegel, nach Abel Pensky Nichtfliichtige Anteile,Verfahrenbei erhohter Temperatur Hydroxylzahl pH-Bestimmung Refiaktionszahl Saurezahl Triibungspunkt fir nichtionogene Tenside Viskositat mit dem Rotations-Viskosimeter, nach Brookfield Wskositat mit dem Kugelfall-Viskosimeter, nach Hoppler Viskositkit, Newton'sche Fliissigkeiten Wassergehalt, Bestimmung nach Karl Fischer
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Abb. 10-1. Charakteristische Priifnormen f i r Lackadditive
Literatur [lo-11 Crosby, P. B., Quality is free (1984), S . 1 [10-21 Crosby, P. B., Illusions about Quality, Across the Board (1996), Nr. 6, S. 38 [ 10-31 Liickert, O., Priiftehnik bei Lackherstellung und Lackverarbeitung, Bd. 2, Vincenz Verlag, 1992, S. 167
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Ablaufen 27 f. Absetzen 26f. Abwitterung 148 Acetonoxim 257,279 Acrylatharze 362 f Acrylatverdickungsmittel 3 1 f. Acrylatverdickungsmittel, assoziative 32 ff. Additive, Anwendungen 8 Additive, chemische Zusammensetzung 7 Additive, Definition 1 Additive, Eigenschafien 6 f. Additive, Funktionen 2 Additive,Verbrauchsmengen 3 f. Additive, Wechselwirkungen 5 fT Additive, Wirksamkeit 7 Additive, wirtschafiliche Bedeutung 4 Adhiision 74f. Adhasionsarbeit 75 Adhasionsmodelle 1 I5 Adsorption von Polymermolekulen 8 1, 85 Adsorptionsschichten, Korrosionsschutz 316 Affinitat von Sauerstoff 309 f. Agglomerat 23,69 Agglomeration 82 Aggregate 70 Airless-Spritzen 102 Aktivierungsenergie 24 1 Aldimine 262 ALFA-Werte 173 Algen 326,338 Alkalicellulose 36 f. Alkohole, als Konservierungsmittel 338 Aluminiumtrihydrat 350 f. Amid-Formaldehyd-Addukte 334 Amine 364
Amino-Formaldehyd-Addukte 333 Aminoplastharze 242 amorphe Kieselsauren 159ff. amphotere Tenside 88,90 anionische Tenside 88 Anodenreaktion 3 1 1 Anodische Inhibierung 3 15 anorganische Flammhemm-Mittel 35 1 ff. anorganische Verdicker 17 Antihautmittel siehe Hautverhinderungsmittel Antioxidantien 276 ff Antioxidantien, Anwendungen 278 Antioxidantien, phenolische 277 f., 289 Antioxidantien, Wirkungsweise 278 Arbeitssicherheit 377f. Assoziatiwerdicker 53, 56 ATH 350 Aufhellvermogen 97 Aufschaumer, Flammhemm-Mittel 355 ff. Auslaufbecher 14 Ausschwimmen 92 fY. Ausschwimmen, Messung 98 Automobilbereich, Lacksysteme 296 Bakterien 326 f., 329 Barium 224 Barrierebeschichtungen 3 13 Basislackstabilisierung 302 Baumwoll-Linters 36 Benardzellen 93 Benetzung 68, 115 Benetzungsstorungen 132 Benetzungsvorgang 74 Benetzung, Theorie 73 ff. Bentonit 19f. Benzimidazole 342
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Register
Benzine 197 Benzolyperoxid 359 Bewitterung 301 BHT 277 Bindemittel 47,68 Bindemittelbedarf 323 Bingham-Systeme 13 Biostabilitat 43 Biozide 325 ff. Biozide, elektrophilaktive 332 Biozide, Filmkonservierung 34 1 ff. Biozide, membranaktive 332 2,2-Bipyridyl 233 Blasenkoaleszenz 104f. Blasenmethode 134 Blei 223.229 bleifreie Trockenstoffsysteme 229 f. Bleitrockenstoffsysteme 229 Blockierungsmittel 279 ff. Blockpolymere 91 Borsaure 35 1 f. Brandklassen nach DIN 4 102 346 f. Brandschutz 346 Brandverhalten 347 Brennbarkeit, Priifnormen 347 Bromverbindungen, Flammhemm-Mittel 353 Bronidox 338 Bronopol 338 Calcium 224 Calciumsulfonate 62 f. Caprolactam 257 Carbamate 342 Carbendazim 342 Carbonsaureamide 336 Carboxymethylcellulose (CMC) 37,41 ff. Casson-Relation 14 Cellulose 35 f. Celluloseacetobutyrat 178, 183 Cellulosederivate 3 1 f., 35 Celluloseether 35 ff. Celluloseether, assoziative 32,34,45 Celluloseether, Beeinflussung der Farbeigenschaften 4 I ff. Celluloseether, Chemie 35 ff. Celluloseether, Einarbeitung 38 ff. Celluloseether, Entsorgung 50 Celluloseether, flussige 49 Celluloseether, Molekulargewicht 44
Celluloseether, niedrigmolekulare 49 Celluloseether, Substituentenwahl 4 1 ff. Celluloseether, Toxikologie 50 Cellulose, Modifikation 36 f. Cer 223 Chemisorption von Trockenstoffen 228 chlorierte Polyolefine 125 Chlorverbindungen, Flammhemm-Mittel 353 Cobalt 222 Cobalt, Blockierung 28 1 f. Cyclohexanonoxim 279 DABCO 261 Dampfdruck 6 DBTL 254 f., 260 DBTL-Konzentration 258 Deckenfarben 39 Deckfahigkeit 98 Deckschichten 3 16 Denisov-Zyklus 294 Dermatologie 375 Diatomenerden 161 Dibutylzinndilaurat 254 f. Diisocyanate 25 1 Dilatanz 14 Dispergierbarkeit 70, 72 Dispergieren 6 1, 69 Dispergierhilfsmittel 57 Dispergiermittel 69 ff. Dispergiermittelbedarf 95 Dispergiermittel, chemische Zusammensetzung 87 Dispergiermittel, Polymere 86 f., 91 Dispergiermittel, Toxikologie und Biologie 100 DispergierprozeR 21 ff., 71 Dispergierprozefl, Untersuchung 96 Dispergierverhalten 95 Dispergiervorgang 24 Dispersionsarbeit 74 f. Dispersionsfarben, Trocknung 196 Dispersionsgrad, Messung 97 Dispersionsstabilisierung 77 ff. Dispersionsstabilisierung,elektrostatische 78 ff. Dispersionsstabilisierung,enthalpische 83 Dispersionsstabilisierung, entropische 83 Dispersionsstabilisierung,in apolaren Medien 85ff.
Register
Dispersionsstabilisierung,in polaren Medien 84f. Dispersionsstabilisierung,osmotische 82 Dispersionsstabilisierung,sterische 78, 81 Dispersionsstabilitat 72 Dispersionsviskositat 201 Dithiocarbamate 342 Diuron 344 DLVO-Theorie 78 ff. DOI-Messungen 173 Drainagewirkung 105 Dreiphasenmodell 193 ECO-Label 207 Eigenpassivierung 309 Einbrennlack, Welligkeit I87 Eindringkoeffizient 108 Eindringungsprozelj 75 Einkomponenten-PUR-Systemesiehe 1K-PUR-Systeme Eisen 223 Eisenglimmer 3 I3 Elastizitat 16 elektrochemische Korrosionsprozesse 311ff. elektrostatische Abstoljung 84 elektrostatische Stabilisierung 79 endokrine Wirkung 376 Entmischung 92 ff., 98 Entnetzung 108 Entschaumer 107ff. Entschaumer, Formulierung 1 10 Entschaumer, Testmethoden 1 1 1 f. Entschaumer, Wirkungsweise 108 Entschaumung 101 ff. Entsorgung 378 f. Enzyme 330 Enzyme, Kontamination 43 Epoxide, als Haftvermittler 1 19 Epoxidharzsysteme 263 ff. Epoxy-Amin-Systeme 265 f. Epoxy-Carboxy-Systeme 267 ff. Epoxy/Phenol-FormaldehydharzSysteme 268 f. Ester, als Filmbildehilfsmittel 197f. Etheralkohole 198 f. Ethylhydroxyethylcellulose(EHEC) 41 ff.
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Farbstarke 98 feststofieiche Lacke siehe High-SolidsLacke Filmbildebank 192 Filmbildehilfsmittel 189 ff. Filmbildehilfsmittel, Anwendung 200 ff. Filmbildehilfsmittel, Definition 189 Filmbildehilfsmittel, Effektivitat 195 Filmbildehilfsmittel, EinfluD auf Viskositat 20 1 Filmbildehilfsmittel, Filmbildungstemperatur 193 f. Filmbildehilfsmittel, Filmmechanik und Filmdichtigkeit 204 Filmbildehilfsmittel, Klassifizierung 197 Filmbildehilfsmittel, Okologie und Toxikologie 206 Filmbildehilfsmittel, Pendelharte 195 Filmbildehilfsmittel, Pigmentbindung 203 f. Filmbildehilfsmittel,Verdunstung 194, 199 Filmbildehilfsmittel, Wirkungsweise 192ff. Filmbildung von Polymerdispersionen 190 ff. Filmdichtigkeit 204 Filmkonservierung 338 ff. Filmkonservierung, Auljenanwendung 339 Filmkonservierung, Innenanwendung 339 Filmkonservierungsmittel 327,34 1 Filmkonservierungsmittel, Testmethoden 340 Filmmechanik 204 F-Lacke 261 ff. Flammhemm-Mittel 346 ff. Flammhemm-Mittel, anorganische 35 1 f. Flammhemm-Mittel, halogenhaltige 352 ff. Flammhemm-Mittel, phosphorhaltige 354 f. Flammhemm-Mittel, verkohlungsfordernde 355 Flammhemm-Mitte1,Verndung 357 Flammhemmung, Wirkungsweise 349 Flammschutnnittel siehe FlammhemmMittel Flechten 338 ff. FlieDgrenze 16
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Register
FlieRkurve 12ff., 16, 56 FlieDverhalten, dilatantes 14 FlieRverhalten, newtonisches 12 Fliefiverhalten, plastisches 13 f. FlieRverhalten, pseudoplastisches I3 FlieDverhalten, thixotropes 14 Floating 92 ff. Flockulate 7 1, 80 Flockulation 32, 79, 82 Flockulationsgrad, Messung 97 Flugrostinhibitoren 3 19 f., 322 Fluortenside 179, 184 f. Formaldehyd 332 f. Formaldehydabspalter 333 Formalin 333 Freibewitterung 305 f. Fremdvernetzung 244 ff. Fiillstoffe 349 f. galvanische Lokalelemente 3 12 gefallte Kieselsauren I61 Gel-Effekt 364 f. Gelierzeit 254 Gibbselastizitat 106 GieRverfahren 102 Glanz 153,205 Glanzgrad 97 Glanzmessung 153 Glasiibergangstemperaturen 194 Gleitfahigkeit 146 Glutaraldehyd 334 Glykole 200 Glyoxal 38 Grenzflachen 68 grenzflachenaktive Verbindungen 57, 67ff., 71, 88, 100 grenzflachenaktive Verbindungen, Definition 87 grenzflachenaktive Verbindungen, Schaumbildung 101 Grenzflachenaktivitat 6 Grenzflachenladung, Messung 95 Grenzflachenspannung 67 Grindometer 96 Guanidine 357 Haftfestigkeit 1 14ff. Haftungserscheinungen, Modelle Haftungsverbesserung 3 17 f. Haftvermittler 1 14 ff.
1 14ff.
Haftvermittler auf Silanbasis 121 Haftvermittler, chlorierte Polydefine 125 Haftvermittler, Einsatzgebiete 130 Haftvermittler, Kolophoniumester 126 Haftvermittler, Phosphorsaureester 127 Haftvermittler, Polyester 125 f. Haftvermittler, Polyethylenimin 127f. Haftvermittler, Saccharose-Produkte 126 Haflvermittler, Silane 118 Haftvermittler, Silikone 128 Haftvermittler, Talkum 128 Haftvermittler, Titanate und Zirkonate 122ff. Haftvermittler,Varianten 1 17 Haftvermittler, Wirkungsweise 1 17ff. Haftvermittler, Zirkon-Aluminate 124 Halogene, Flammhemm-Mittel 35 1 halogenhaltige Flammhemm-Mittel 352 ff. Halogenverbindungen, Gasentwicklung 354 HALS 289 HALS, Anforderungen 296 f. HALS, Nebenreaktionen 300 HALS, Strukturen 294 f. HALS, Wirkungsweise 293 ff. Handelsprodukte, Biozide 345 Handelsprodukte, Celluloseether 48 Handelsprodukte, Entschaumer 1 13 Handelsprodukte, Epoxidharz-Katalysatoren 270 Handelsprodukte, Filmbildehilfsmittel 207 Handelsprodukte, FlammhemmMittel 358 Handelsprodukte, Haftvermittler 1 22, 125 Handelsprodukte, Hautverhinderungsmittel 284 Handelsprodukte, Katalysatoren 270 Handelsprodukte, Korrosionsinhibitoren 324 Handelsprodukte, Lichtschutzmittel 307 Handelsprodukte, Mattierungsmittel 168 Handelsprodukte, Netz- und Dispergiermittel 100 Handelsprodukte, organische Verdicker 63 Handelsprodukte, Organoschichtsilicate 30 Handelsprodukte, Photoinitiatoren 370 Handelsprodukte, PUR-System-Katalysatoren 263
Register
Handelsprodukte, PUR-Verdicker 59 Handelsprodukte, Silikonadditive 139 Handelsprodukte, Slipadditive 151 Handelsprodukte,Titanate und Zirkonate 124 Handelsprodukte,Trockenstoffe 239 Handelsprodukte,Verlaufsadditive 178ff. Harnstoffderivate 108 Hiirtungstemperatur 241 Harze 190 HASE 33 Hautbildung 275 ff. Hautverhinderungsmittel 274 ff. Hautverhinderungsmittel, Nebeneffekte 283 f. HDI-Isocyanurat 252 ff. Hectorit 19f. Hemiformale 333 High-shear PUR-Verdicker 55 High-Solids 167 High-Solids-Lacke 235 ff. Hilfstrockenstoffe 22 1,224 ff. HLB-System 90 HMM-Harze 244 ff. Holzlacke, Lichtschutz 305 Holzpulp 36 Hybrid-Pulverlacke 265,268 Hydrationszeit 38 hydriertes Ricinusol 60 Hydrolyse von Trockenstoffen 228 Hydrolysegeschwindigkeit 119 hydrophile Segmente 52 Hydrophilic-Lipophilic-Balance 90 Hydrophilie 53 ff., 87 hydrophobe Segmente 52 f. Hydrophobie 53 ff., 87 Hydroxyethylcellulose(HEC) 37 f., 41 ff. Hygiene 330 Immersion 74 f. Immersionsarbeit 75 Intumeszenzsysteme 355 ff. Ionenaustauschkapazitat 20 IPBC 342 IPDI-Isocyanurat 252 R,261 isoelektrischer Punkt 71 Isothiazolinone 336 ff. ISO-9000 Normen 381 f.
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Kalium 225 Karbonisierungsreaktion 350 Katalysatoren 2 1 1,240 Katalysatoren, Epoxy-Amin-Systeme 265 Katalysatoren, Epoxy-Carboxy-Harze 267 Katalysatoren, EpoxyPhenol-Formaldehydharze 269 Katalysatoren, Formulierung 249 f Katalysatoren, Karbonisierung 350 Katalysatoren, Lewis-Saure 258 Katalysatoren, PUR-Systeme 253 ff. Katalysatoren, Sulfonsauren 244 ff. Katalysatoren,Wirkungsweise 24 1 Kathodenreaktion 3 11 kathodische Inhibierung 3 15f. kationische Tenside 88 Keimzahl 330f. Ketimine 262 Kieselsaure 60, 108, 110, 158 Kieselsaure, Eigenschaften 159 Kieselsaure, Herstellungsverfahren 160f. Kieselsaure, Porenvolumen 164 Klarlacke, UV-Hartung 367 f, Koalesziermittel siehe Filmbildehilfsmittel Kolloide 71 Kolophoniumester 126 Kombinationstrockenstoffe 226 f., 230 Konservierungsmittel 327 Konservierungsmittel, Sauren 335 Konservierungstests 329 Kontaktwinkel 73 ff. Kontamination 43 Korrosion, elektrochemische 3 1 1 ff. Korrosion, Grundlagen 309 ff. Korrosionsinhibitoren 3 14ff. Korrosionsinhibitoren, Anforderungen 318f. Korrosionsinhibitoren, Definition 3 14 Korrosionsinhibitoren, Formulierung 322 Korrosionsinhibitoren,permanente 320 f., 322 Korrosionsinhibitoren, Substanzklassen 318f. Korrosionsinhibitoren,Toxikologie und Entsorgung 324 Korrosionsinhibitoren,Wirkungsweise 315K Korrosionsinhibitoren,wirtschaftliche Bedeutung 314 Korrosionsschaden 309
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Register
Korrosionsschutz 204,223 Korrosionsschutz, organische Beschichtungen 313 Korrosionsschutzpigmente 3 13f. Korrosionszelle 3 12 Kratzfestigkeit 144 ff. Kugelblasen 103 Lackeigenschaften, Modifizierung 5 f. Lackfilm, Topografie 173 Lackformulierung 57 Lagerkonservierung 328 ff. Lagerkonservierungsmittel 327 Lagerstabilitat 42 Lambert-Beer’sches Gesetz 29 1 Lamellenblasen 104 Levelling additives 176 Lewis Base 252 Lewis-Saure 252 Lewis-Saure-Katalysator 258 Lichtschutzmittel 285 ff. Lichtschutzmittel, Anforderungen 296 f. Lichtschutzmittel, Dosierung 307 Lichtschutzmittel, Eigenfarbe 298 Lichtschutzmittel, Fluchtigkeit 297 Lichtschutzmittel, Loslichkeit 297 Lichtschutzmittel, Priifmethoden 305 Lichtschutzmitte1,Venvendung 300 Lichtschutzmittel, wirtschaftliche Bedeutung 288 Liganden, f i r Trockenstoffmetalle 233 f. Lithium 225 London-van der Waals-Krafte 77 Losemittel 68, 179, 185 Losemittel, als Hautverhinderungsmittel 282 Losemittel, verlaufsfdrdernde 180 losemittelhaltige Mattierungsmittel 166 Losemittelverdunstung 93 Loslichkeit 7 Luftsauerstoff, als Radikalfinger 363 Magnesiumhydroxid 35 1 f. Mahlung 71 Mangan 222 Mar resistance 144 Marangonieffekt 106 Mattierbarkeit 157 Mattierung, Formulierung 164 f. Mattierungsmittel 152 ff.,157, 165 f.
Mattierungsmittel, amorphe Kieselsauren 159ff. Mattierungsmittel, Anforderungen 155, 158 Mattierungsmittel, Anwendung 162ff. Mattierungsmittel, in High-Solid-Lacken 167 Mattierungsmittel, in Pulverlacken 167 Mattierungsmittel, in strahlenhartenden Systemen 167 Mattierungsmittel, in Wasserlacken 166f. Mattierungsmittel, losemittelhaltige Systeme 166 Mattierungsmittel, organische 162 Mattierungsmittel, Partikelgrolje 163 Mattierungsmitteltypen 159 Mattierungsmittel, Wirkungsmechanismen 155 Mattierungsmittel, wirtschaftliche Bedeutung 158 Mattienvirkung 165 MBTS-Tridecylaminsalz 3 17 mechanische Zerteilung 76 f. Medium-shear PUR-Verdicker 55 MEKO 257,274,276,279 MEKO, Anwendung 280 f. MEKO, Eigenschaften 280 MEKO, Herstellung 280 MEKO, Toxikologie 284 MEKO, Wirkungsmechanismus 28 1 f. Melamine 357 Melaminharze 242, 296 Melaminharze, reaktive 248 ff. Melaminharze, Synthese 243 Melaminharz-vernetzende Systeme 242 metallorganische Haftvermittler 122 Metallseifen 2 14 Metallseifen, aus Direktumsetzung 2 18 Metallseifen, Zusammensetzung 2 14 ff. Methylcellulose 37 Methylethylketoxime siehe MEKO Methylhydroxyethylcellulose(MHEC) 37,41 ff. Methylhydroxypropylcellulose 37 Micellen 53 f. Mikroben 327 Mikrobenschlamm 329 mikrobistatische Verbindungen 328 Mikrobizid 325 mikrobizide Verbindungen 328
Register
Mindestfilmbildetemperatur 192 Montmorillonit 18ff. Naphthenate 2 13 Naphthensaure 2 15f. natiirliche Kieselsauren 161 Netzmittel 69 ff. Netzmittel, chemische Zusammensetzung 87 Netzmittel, Definition 7 1 Netzmittel, Toxikologie und Biologie 100 Netzpunkt 95 Newton, FlieDkurve 12 N-Haloalkylthio-Verbindungen 343 nichtionische Tenside 88 Nitroxylradikale 294 N-Methylpyrrolidon 200 Oberflachen, Charakterisierung 153 Oberflachenglatte 144ff., 147 Oberflachenglatte, Bedeutung 145 Oberflachenglatte, Messung 149f. Oberflachenmodifizierung 143K Oberflachenrauhigkeit 154 Oberflachenspannung 67 f., 13 1,174, 176 Oberflachenspannung, Einstellung durch Additive 133 Oberflachenspannung, Messung 133f. Oberflachenspannung von Wasserlacken 205 Oberflachenviskositat 107 Octoaten 213 OECD-Confirmatory 376 Oko-Audits 376 Olzahl 323 o-Phenanthrolin 233 organische Verdicker 59 organofimktionelle Silane 118ff. Organonickelverbindugen 289 Organoschichtsilicate 17ff. Organoschichtsilicate, Aufschld 2 1 ff. Organoschichtsilicate, Einarbeitung 29 f. Organoschichtsilicate, EinfluR auf Lackeigenschafien 25 ff. Organoschichtsilicate, Herstellung 20 Organoschichtsilicate, Infrarotspektrum 21 f. Organoschichtsilicate, leicht dispergierbare 30
391
Organoschichtsilicate, Rheologie 2 1ff. Organozinn-Katalysatoren 258 f. Organozinnverbindungen 252 Oxazolidine 262 Oxidation 348 Oxime 279 Paraformaldehyd 333 Parfitt, Benetzungsvorgang 74 Passivschichten 3 16 Pastenmethode 30 Penetration einer Flussigkeit 75 f. Permeabilitat 3 16f. Peroxidbildung 220 Peroxidzersetzer 288 f. Pfiopfpolymere 9 1 Phenole, als Biozide 334 f. Phenol-Formaldehydharze 268 Phenolharze, als Hafhermittler 119 Phosphatester 89 Phosphite 289 Phosphonsaureester 354 Phosphorsaureester 127,354 Phosphorsauren 269 Photoimaging 360 Photoinitiatoren 359 ff. Photoinitiatoren, Anwendungen 366 Photoinitiatorsysteme 362 Photooxidation 286 ff. physikalische Wechselwirkungen 115 Pigmentbenetzung 73 ff. Pigmentbindung 203 Pigmentdispergiermittel 95 pigmentierte Lacke, UV-Hartung 368 f. Pigmentseparation 94 Pigmentteilchen, Beweglichkeit 94 Pigmentvolumenkonzentration 323 Pilze 328,338 Plastizitiit 13 Polyacrylate 84,92, 177, 182 Polyacrylsaure 80 Polyamide 60,62 Polycarboxylate 84 Polydimethylsiloxane 134f. Polyelektrolyte 84,91 Polyester 125f., 256 Polyether 136 Polyethersiloxane 109f. Polyethylenimin 127 Polyglykolether 89 f.
392
Register
Polyisocyanate 251 Polymerdispersionen 190 ff. Polymere, Klassifizierung 9 1 Polymerisation, photoinitiierte 36 1 Polymerkettenuberlappung 32 Polyole 243,25 1 Polyoxyethylene, hydrophob modifizierte 32 f. Polyphosphate 84,92 Polysiloxane 134ff., 147 Polysiloxane, modifizierte 135 Polyurethane, als Haftvermittler 1 19 Polyurethan-Verdicker siehe PUR-Verdicker Primarteilchen 7 1 Primer 121 Product Stewardship 375 Propfung 119 Priifkorper 149 f. Pseudomonas 329,337 Pseudoplastizitat 13 Pulverlacke 167 Pulverlacke, Lichtschutz 303 Pulvermethode 29 PUR-Systeme 250 ff., 296 PUR-Systeme, Einkomponenten- siehe I KPUR-Systeme PUR-Systeme, Gliederung 25 1 PUR-Systeme, Pulverlacke 260 PUR-Systeme, Zweikomponenten siehe 2K-PUR-Systeme 1K-PUR-Systeme, feuchtigkeitshartend 260 ff. 1 K-PUR-Systeme, Reaktivitiit 259 1 K-PUR-Systeme, warmehartend 257 ff. 2K-PUR-Systeme, Anwendungen 252, 257,261 2K-PUR-Systeme, Formulierung 253 f., 259 PUR-Verdicker 5 1 ff. PUR-Verdicker, Anwendungen 56 f. PUR-Verdicker, Beeinflussung der Lackeigenschaften 58 f. PUR-Verdicker, chemischer Aufbau 52 f. PUR-Verdicker, Eigenschaften 54 f. PUR-Verdicker, Flieljverhalten 5 1 f. PUR-Verdicker, High-shear 55 PUR-Verdicker, Medium-shear 55 PUR-Verdicker,Wechselwirkungen 57 f. PUR-Verdicker,Wirkungsmechanismus 53 f.
pyrogene Kieselsaure 160 Pyrolysereaktion 348 Qualitatsmanagement 38 1 f. Qualitatspriifung 382 f. Qualitatssicherung 38 1 ff. Qualitatssicherung, Priifmethoden 383 Quarternare Ammoniumverbindungen siehe Quats Quats 336 Quecksilbermitteldruck-Lampe 365 Quellung 200 f. Quencher 288 f. Radikale 287 Radikalfanger 288 f., 35 1 Randwinkelmethode 134 Reaktivverdunner 362 f. Reibung 146, 150 Responsible Care 375 Retentionsmittel 283 Rheologie 10 ff., 175 Rheologie, Begriffsdefinitionen Ricinusol, Einarbeitung 61 Ricinusol, hydriertes 60 f. Ringabreiljmethode 134 Rosten 313 R-Satze 238,377 Rub-out-Test 98 f. Rub-out-Zahl 99 Ruhrtest 1 1 1 f. Runze Ibildung 2 37 Runzeleffekt 222
I6
Salzbildung 228 Salzkonzentration 83 Sanierung 341 Sanierungsmittel 34 1 Sauren, als Konservierungsmittel 335 Schadensbilder durch Umwelteinflusse 286 Schaumbildung 101 ff., 139 Schaumdrainage 104 f. Schauminhibitoren 107, 109 Schaumstabilisierung 103, 106 Schergeschwindigkeit 10 ff., 26 Scherspannung 10 ff. Scheuerfestigkeit 59 Schichtbildung, Korrosionsschutz 3 16 Schichtenmodell der Trocknung 196
Register
2-Schichtlackierungen, Lichtschutz 300 ff., 302 Schichtsilicate 17ff., 60 Schnellbewitterung 305 f. schrumpfende Lacksysteme 155 Schrumpfhngsprozelj 155 Sedimentationsgeschwindigkeit 27,94 Sedimentierung 34 Seeding 61 Selbstkondensation 247 ff. Selbstkondensation, Melaminharze 244 Seltene Erden 223 Sensibilisierung, Photooxidation 287 Sheen 153 Sikkative siehe Trockenstoffe Silane, organohnktionelle 118ff. Silan-Haftvermittler, Eigenschaften 120fE Silanole 1 18 f. Silicagel 160 Silicatfarben 39 silicatische Mattierungsmittel 163 Silikonadditive, als Slipadditive 147f. Silikonadditive,als Verlaufsadditive 179, 183 Silikonadditive, Chemie 134ff. Silikonadditive, Dosierung 138f. Silikonadditive, Einarbeitung 139 Silikonadditive, Nebeneffekte 139 Silikone 128 Silikonmodifizierungen 184 Silikonol 108, 110, 134ff. Silikontenside 138 Slipadditive 144ff. Slipadditive, Silikone 147f. Slipadditive,Wachse 148f. Smektit 17K, 19 Soft-feel Lacke 162 Sol-Gel Verfahren 161 Sporen 326 Spreiten 74f., 108 Spreitungsarbeit 75 Spreitungskoeffizient 108 Spriihnebelbildung 57 S-Satze 238,377 Stabilisierung 77 ff., 288 Stabilitiit 4 1 ff. Stabilitatsminderung 104 Starkederivate 3 1f. statistische Polymere 9 1 sterisch gehinderte Amine siehe HALS
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sterische AbstoSung 84 Stokes’sches Gesetz 26,94 Stromung, laminare 10 Stromung, turbulente 10 Strontium 225 Strukturviskositat 16 Substitutionsgrad 37 Sucroseacetoisobutyrat 126 Sulfatester 89 Sulfonate 89 Sulfonate, uberbasische 60, 62 Sulfonsaurekatalysatoren,Blockierung 245 ff. Sulfonsauren 245 ff., 248 Surface flow additives 176 Systemverdickungsmittel 32 ff., 45 f. Talkum
128, 161 Teilchengroaenverteilungen 109 Tenside siehe grenzflachenaktiveVerbindungen tertiare Amine 252,255 f. Thioether 289 Thiram 342f. Thixotropie 14,34,80 Titanacetylacetonat 123f. Titanate 122 Tone 17 Topfkonservierung 328 ff. Topfkonservierungsmittel 327,332 Toxikologie 376 Treibmittel 356 f. Trockenkraftstabilisator 228 Trockenstoffe 2 12 ff. Trockenstoffe, aktive 222 ff. Trockenstoffe, Aktivierung durch Liganden 233 f. Trockenstoffe, Analyse 237 Trockenstoffe, Anforderungen 2 15 Trockenstoffe, Biologie und Toxikologie 237ff. Trockenstoffe,Funktion 2 18ff. Trockenstoffe,Geschichte 212 ff. Trockenstoffe,Kennzeichnungen 238 Trockenstoffe, synthetische 2 16 Trockenstoffe, vorkomplexierte 234 f. Trockenstoffmetalle 22 1 ff. Trockenstoffmetalle,Konzentrationen 226 Trockenstoffsysteme,bleifreie 229 f.
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Trocknung 107, 166 Trocknungseigenschaften, High-SolidsLacke 235ff. Trocknungseigenschaften, wasserverdunnbare Lacke 23 1 ff. Trocknungsmechanismus 2 18ff. Trocknungsvermogen 227 ff. Trocknungsvorgang 156 Trockung von Dispersionsfarben 194 f. Trommsdorff-Effekt 364 f. Umwelteinflusse 285 f. Umweltmanagement 376 Umweltschutzzertifizierung 382 Untergrundbenetzung 131 ff. Uretdion 260 f. UV-Absorber 288 ff., 290,298 UV-Absorber, Anforderungen 296 f. UV-Absorber-Klassen 289 ff. UV-Absorber, Stabilitat 299 UV-Absorber, Strukturen 292 f. UV-Absorber, Wirkungsweise 29 1 f. UV-hartende Klarlacke, Lichtschutz 305 UV-Hartung 359 ff. UV-Hartung, Anwendungen 360 f. UV-Hartung, Anwendungsgebiete 36 1 UV-Hartung, AuBenanwendungen 367 f. UV-Hartung, Klarlacke 367 f. UV-Hartung, Mechanismus 363 UV-Hartung, pigmentierte Lacke 368 f. UV-Hartung, Reaktionskinetik 364 UV-Hartung, Testmethoden 367 Vanadium 223 Verarbeitungszeit 45 Verbrennungsvorgang 347 ff. Verdicker 9 ff. Verdicker, anorganische 17 ff. Verdickereigenschaften 60 Verdicker fur Anstrichstoffe auf Wasserbasis 31 Verdicker fir Losemittelfarben 34 Verdicker, organische 3 1 ff,, 59 Verdicker, PUR 5 1 ff. Verdickung 47 ff. Verdickungsmechanismus 46 Verdunnung, brennbare Masse 349 Verdunstungsgeschwindigkeit I 98 Verdunstungsverhalten 199 Vergilbung 298 f.
Vergilbungseffekt 365 verkohlungsfordernde Flammhemm-Mittel 355 Verkohlungsschicht 350 Verlauf 172ff. Verlaufen 28 f. Verlaufmittel 172 ff. Verlaufsadditive, Celluloseacetobutyrat 178, 183 Verlaufsadditive, Dosierung 186 f. Verlaufsadditive, Eigenschaften 181 Verlaufsadditive, Fluortenside 179, 184 Verlaufsadditive, Polyacrylate 177, 182 Verlaufsadditive, Polymere 178 Verlaufsadditive, Silikone 179, 183 Verlaufsadditive,Toxikologie und Entsorgung 188 Verlaufsadditive,VeMrendung 182 ff. Verlaufsadditive,Wirkungsweise 177 verlaufsfordernde Losemittel 180 Verlaufsstorungen 174 Verlaufsverbesserung 177 Verlauf, Definition 172 f. Verlauf, EinfluB von Losemitteln 179, 185 Verlauf, Lackapplikation 176 Verlauf, Messung I73 f. Verlauf, Oberflachenspannung 176 Verlauf, Rheologie 175 f. Vernetzung 240 Vernetzungsreaktionen, Epoxidharze 263 f. Vernetzungsreaktionen, Melaminharze 243 Vernetzungsreaktionen, Polyole 243 Vernetzungsreaktionen, PUR-Systeme 25 1 Vernetzung, oxidative 220 f. Vernetzung, photoinitiierte 361 Viskoelastizitat 16 Viskositat IOff., 16, 27, 32,41 Viskositat, dynamische 16 Viskositat, kinematische 16 Viskositatskurve 12 ff., 16 Viskositatsmessung 14 f. Viskositatsquotient 1 1 Volumenkoeffizient 3 10 f. volumenstabile Lacksysteme 156 f. vorkomplexierte Trockenstoffe 234 Vorkomplexierung 234
Register Wachsadditive 149 Wachse 148f., 164 Wandfarben 39 Wandfarben, Formulierung 40 Washburn-Gleichung 75 Wasseraufnahme 58 Wasserempfindlichkeit 33,45 Wasserfestigkeit 191 Wasserlacke, Oberflachenspannung 205 Wasserphasenverdickungsmittel 3 1 f., 47 Wasserretention 41 Wasseniickhaltemittel 283 Wasserstoflbriickenbindung 23,25,61, 77,119 wasserverdiinnbare Lacke 230K wasserverdiinnbare Mattierungsmittel 166 Wasserzahl 95 f. Welligkeit 174, 187
Welligkeitswert 174 Wismut 224 Yellownessindex 298, 365 Young’s Gleichung 73 Zellzahl 331 Zersetzung, endotherme 349 Zetapotential 71, 80 Zink 225 Zink-Pyrithion 343 f. Zinkstaubanstriche 3 14 Ziram 342f. Zirkon-Aluminate 124 Zirkonate 122 Zirkonium 225 f, Zweiblockpolymere 86
Zweikomponenten-PUR-Systemesiehe 2K-PUR-Systeme
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