Alfred Neudörfer Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte
Alfred Neudörfer
Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte Methoden und systematische Lösungssammlungen zur EG-Maschinenrichtlinie 4. Auflage
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Dr. Alfred Neudörfer Technische Universität Darmstadt Magdalenenstraße 2 64289 Darmstadt Deutschland
[email protected]
ISBN 978-3-642-19188-6 e-ISBN 978-3-642-19189-3 DOI 10.1007/978-3-642-19189-3 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996, 2002, 2005, 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: eStudio Calamar S.L. Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort zur vierten Außage
Die "neue" Maschinenrichtlinie 2006/42/EG hat in die Sicherheitstechnik richtig Bewegung gebracht: Das Angebot diesbezüglicher Seminare und Publikationen wird langsam unübersichtlich, manche sicherheitsrelevante Normen werden nicht nur in Fachkreisen leidenschaftlich diskutiert, über den Verlängerungszeitraum der Konformitätsvermutung einer solchen Norm musste das höchste europäische Gremium entscheiden. Zunehmend werden an vielen Technischen Universitäten Dissertationen verfasst, deren Autoren sich mit Fragestellungen der Maschinensicherheit wissenschaftlich auseinandersetzen. Zahlreiche (Fach)Hochschulen bieten inzwischen entsprechende(Pflicht)Lehrveranstaltungen an. Die "neue" Maschinenrichtlinie bzw. deren Anhänge haben viele neue Sicherheitsaspekte verpflichtend eingeführt, als Stichworte seien hier exemplarisch genannt die gestiegene Bedeutung der Ergonomie, zulässige Sonderbetriebsarten bei geöffneten Schutzeinrichtungen oder unverlierbare Befestigungselemente an feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen. Das Berücksichtigen all dieser neuen Aspekte in der vierten Auflage bedeutete letztendlich, das Buch neu schreiben zu müssen. Die ursprüngliche Ausrichtung blieb jedoch unverändert: Keinen Katalog für aktuelle sicherheitstechnische Komponenten zusammenzutragen oder Rechtssätze kommentieren, sondern eine didaktisch aufgebaute Sammlung neuer und bewährter Ideen und vor allem von Methoden zum Lösen sicherheitstechnischer Fragestellungen für den allgemeinen Maschinenbau zu erstellen. Es verbleibt aber festzustellen, dass sich Vollständigkeit nach keiner Seite hin erreichen ließ. Manches Wissen mag zwar veraltern. So auch in der Sicherheitstechnik. Bedauerlich wäre, wenn es verschwinden würde. Deshalb finden Leser auch Lösungen, über die Zeit und Entwicklung zwar hinweggegangen sind, die jedoch eine bemerkenswerte Erfindungshöhe hatten und von einer beeindruckenden Wirksamkeit waren. Die Erfahrung zeigt, dass manche "alte" Idee nach gründlichem geistigen Recycling und kreativem Variieren überaus zweckdienlich wird, auch in der heutigen Sicherheitstechnik. Die aufgeführten Beispiele sollen daher anregen, den Blick über den Tellerrand der in aktuellen Richtlinien und Normen aufgeführten Festlegungen zu richten, die an sich immer konservativ, sprich bewahrend sind, und den Mut zu eigenen Lösungen zu unterstützen. Denn nur so ist der Fortschritt beim Gestalten sicherheitsgerechter Produkte möglich. Der Verfasser hat möglichst viele Ergebnisse fruchtbarer und zielführender Diskussionen aus zahlreichen Konstrukteursseminaren sowie Erfahrungen und Erkenntnisse aus durchgeführten Maschinenprüfungen eingepflegt. Auch wenn er dabei vorm Bildschirm saß und glaubte, einsam zu schreiben, stimmte das nicht. Viele schrieben mit. Auf jeden Fall Ingenieur-Studenten der Technischen Universität Darmstadt und der Nagaoka University of Techno-
VI logy, Japan, mit ihren frischen Ideen genauso wie mancher Seminarteilnehmer mit seinen wertvollen praktischen Erfahrungen. Stellvertretend für alle sei an dieser Stelle Herr Schymiczek (Kverbeland Group) genannt. Ihm und allen Ungenannten sei an dieser Stelle herzlichst gedankt! Ausdrücklich sei all denen gedankt, die am Zustandekommen dieser Auflage maßgeblich beteiligt waren. Besonders hervorzuheben seien die Herren Adams und Keller. Herrn Adams (Schmersal-Elan, Wettenberg) sei Dank ausgesprochen für die Offenheit für Fragen, vor allem aber für seine fundierten Antworten. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt es auszusprechen für seine akribische Durchsicht der dritten Auflage sowie die stets konstruktiven Diskussionen zu neuen Inhalten und Ideen. Den gleichen Dank und Anerkennung gilt es Herrn Keller (TU Darmstadt) auszusprechen, der die anspruchsvolle Aufgabe hervorragend gelöst hat, alle manuell gezeichneten bildlichen Darstellungen der letzten Auflagen digital umzugestalten und neue Abbildungen zu zeichnen. Dabei hat er seine besondere Qualifikation als Druckermeister und Mediengestalter in den Umbruch und das Layout einfließen lassen und das typographische Erscheinungsbild des Buches optimiert. Gedankt sei auch den Herren Apfelt (IFA, Sankt Augustin) und Frick (ibf, Vils) für die kritische Durchsicht und Ratschläge zu den Abschnitten, die auf die Nutzung zeitgemäßer Software-Tools eingehen und für die Überlassung aktuellen Informationsmaterials. Einen ganz besonderen Dank gilt Herrn Prof. Wegner (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle) auszusprechen für die zur Verfügung gestellten anthropometrischen Daten für das Kapitel 7. Nicht zuletzt bedankeich mich beim Verlag und allen seinen Mitarbeitern für die angenehme und anregende Zusammenarbeit. Das Buch soll dazu dienen, die Maschinenrichtlinie, andere europäische Richtlinien sowie wichtige internationale, europäische und nationale Normen zu erläutern, um allen zu helfen, die diese Rechts- und Informationsquellen umsetzen müssen, d. h. allen, die Maschinen herstellen, benutzen oder prüfen bzw. Maschinensicherheit lehren. Jedoch Vorsicht! Der Inhalt des Buches ist keine rechtsverbindliche Interpretation dieser Quellen. Denn nur der Wortlaut der jeweiligen europäischen Richtlinien und deren nationale Umsetzung in Gesetze und Richtlinien sowie die aktuellen Europäischen Normen sind letztendlich rechtlich relevant. Und hier stoßen Bücher an ihre Grenzen: Diese Schriftsätze ändern sich schneller als sich Neuauflagen erstellen lassen. Möge das Buch trotzdem ein gern genutztes Nachschlagewerk bleiben für alle, die sich mit der Sicherheit von Maschinen befassen.
Alfred Neudörfer Bensheim, im Januar 2011
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Vorwort zur ersten Auflage Produkte sicherheitsgerecht auszulegen und zu konstruieren geht über das Einhalten von Vorschriften hinaus. Sicherheitsgerecht zu konstruieren fordert Konstrukteure genauso heraus, wie die konstruktive Umsetzung aller anderenAnforderungen, deren Erfüllung erfolgreiche marktgerechte Produkte ausmachen. Durch die Verwirklichung des Binnenmarkts hat sich der Bedarfnach Informationen über das Gestalten sicherheitsgerechterProdukte erhöht. Das dazu benötigte Wissen ist zwarvorhanden, aber aufzahlreiche Quellen unterschiedlichsterNaturverteilt, vom Fachbuch bis zum umfangreichen Vorschriftenwerk. Es wird meistens uneinheitlich dargeboten und vor allem in den Vorschriften in einer den Konstrukteuren nicht immer geläufigen juristisch betonten Sprache verfasst. Ziel des vorliegenden Buchs ist es, die wichtigsten sicherheitsrelevanten Erkenntnisse und Sachverhalte so kurz wie möglich und so ausführlich wie nötig in der Sprache der Konstrukteure wiederzugeben und sie deren Denkweise anzupassen. Die Idee zu diesem Buch geht auf ein Konstrukteurseminar zurück, das seit Jahren das VDI-Bildungswerk veranstaltet. Es entstand aus dem immer wieder herangetragenen Wunsch nach Unterstützung der Konstrukteure bei der Umsetzung der wichtigsten Anforderungen beim Konstruieren sicherheitsgerechter Maschinen und Produkte. Die wiedergegebenen Sachverhalte gehen hauptsächlich auf praktische Erfahrungen und persönliche Erkenntnisse des Verfassers während der langjährigen Tätigkeit als MaschinenpTÜfer eines berufsgenossenschaftlichen Fachausschusses zurück. Beratungsgespräche bei Maschinenherstellem haben inunerwiederbestätigt, wie nützlich und vor allem wie praktisch ein solider theoretischer Fundus aus den Gebieten der Mechanik, des methodischen Konstruierens, der Sicherheitstechnik und der Ergonomie sein kann. Das aus den praktischen Erfahrungen und deren systematischen Autbereitung hergeleitete und im Buch wiedergegebene Wissen stützt sich zwar aufdie theoretischen Grundlagen der Ergonomie, der Sicherheitswissenschaft und des methodischen Konstruierens. Die theoretischen Ansätze werden hauptsächlich zur systematischen Gliederung des Stoffs und für seine didaktische Autbereitung herangezogen. Die Erkenntnisse und Darstellungsmethoden sind zwar theoretisch nicht perfekt, haben sich jedoch in der Praxis als gut anwendbar und umsetzbar erwiesen, indem sie oft vor Ort nach einer Beratung von Konstrukteuren und Betriebspraktikem geholfen haben, Maschinen undVerfahren sichererund damitmenschengerechter zu gestalten. Die aus der Praxis, der Fachliteratur und dem Vorschriftenwerk gewonnenen Erkenntnisse und Lösungsbeispiele erheben keinen Anspruch aufVollständigkeit. Sie sind vielmehr ein Versuch, das in vielen Quellen uneinheitlich dargebotene Wissen und die mehr oder weniger bekannten sicherheitstechnischen und ergonomischen Problemlösungen aus der Praxis im Sinne des methodischen Konstruierens so zusammenzufassen und systematisch derart aufzubereiten, damit praxiserfahrene Konstrukteure, die oft schnell übertragbare Lösungsansätze suchen, zumindest eine Anregung zu Lösung eigener Konstruktionsaufgaben finden. Aufbau und Darbietung der meisten systematischen Lösungssammlungen gehen auf Grundlagen des methodischen Konstruierens zurück, zahlreiche Beispiele sind bewusst an die komprimierte, für die Wissensvermittlung und Wissenspeicherung sehr wirkungsvolle Darstellungsart der Konstruktionskataloge angelehnt. Aber Vorsicht! Ein Buch kann in der heutigen dynamischen Entwicklung der sicherheitsrechtlichen Gesetzgebung der Europäischen Union immer nur eine Momentaufnahme sein. Auch lassen sich die aufgeführten Lösungsbeispiele nicht ungeprüft aufjedes Problemjeder Branche übertragen. Branchenspezifische Lösungen
VIII für gleiche sicherheitstechnische Fragestellungen unterscheiden sich nicht selten in vielen Einzelheiten. Beispiele und Methoden sollen eher zu einer menschenbezogenen Denkrichtung der Konstrukteure hinführen, ihre Kreativität aufdiesem Gebiet aktivieren und Anregungen zum eigenen Gestalten geben. Im konkreten Fall sind eigene Lösungen zumindest mit den aktuellen normativen Festlegungen abzustimmen, Konsultationen mit den für die Prüfung derjeweiligen Maschinen autorisierten Prüf- oder Zertifizierungsstellen sind empfehlenswert. Mein herzlicher Dank gilt allen, die an der Entstehung dieses Buchs beteiligt waren. Zu besonderem Dank bin ich meiner Frau Ursula verpflichtet, in deren Händen die Herstellung der umfangreichen Zeichnungen lag. Dank ihres zeichnerischenKönnens, ihrer besonderen Sorgfalt und ihres Gefühls für Ästhetik, ist es ihr gelungen, in den bildlichenDarstellungen dieAufmerksamkeit aufdas Wesentliche zu lenken. Meinem Sohn Thomas, der mit seinen umfangreichen Kenntnissen der Rechnersysteme und Programme die Seiten gestaltet und den Umbruch erstellt hat, gilt der gleiche Dank. Nicht zuletzt bedanke ich mich beim Springer-Verlag und allen seinen Mitarbeitern, die es ermöglicht haben, eine Idee zu verwirklichen. Möge das Buch einen Beitrag zur menschengerechten Gestaltung technischer Produkte leisten.
Alfred Neudörfer Bensheim, im Juli 1996
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Inhaltsverzeichnis
1 Einfü.hrung
1
1.1 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte im Rückblick •.•.••.•.••.•.• 1 1.2 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte heute •.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.• 3 1.3 Systematische Lösungssammlungen •.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.• 5 1.4 Sichere Produkte sind Chefsache 8 1.5 Zum Buch ••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.• 9
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte 11 2.1 Allgemeine Rechtssystematik 11 2.1.1 Grundlegende rechtliche Aspekte 11 2.1.2 Systematik des Produktsicherheitsrechts 13 2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht 14 2.2.1 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG 17 2.2.2 Europäische Normen 21 2.2.3 Konformitätsbewertungsverfahren 25 2.2.4 Technische Unterlagen 32 2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht 36 2.3.1 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) 36 2.3.2 Staatliches und berufsgenossenschaftliches Regelwerk .39 2.3.3 GS-Zeichen, BG-PRÜFZERT-Zeichen .42 2.4 Produkthaftung •.•.••.•.•.••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•46 2.4.1 Produkthaftungsgesetz 47 2.4.2 Unbestimmte Rechtsbegriffe 48 2.4.3 Produktfehler 50 2.4.4 Sicherheitstechnische Nachrüstungen und deren Kosten 53 2.4.5 Produktüberwachung 54 2.5 Zusammenfassung •.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.• 57
3 Der Mensch im Arbeitssystem
59 3.1 Arbeitssystem •.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.• 59 3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen 64 3.2.1 Technisierungsstufe 66 3.2.2 Äußere Funktionselemente von Maschinen 68 3.2.3 Typologie der äußeren Funktionselemente 72 3.3 Zusammenfassung .•.•.••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.• 76
4 Gefährdungen und Risiken im Arbeitssystem
77 4.1 Gefahr - Gefährdung - Risiko.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.• 77 4.2 Gefahren im Arbeitssystem••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.• 78 4.2.1 Stochastische und deterministische Gefahren 80 4.2.2 Mechanische Gefahren 86
x 4.2.3 Gefahr durch Kollision, Stoß und Sturz 87 91 4.2.4 Gefahr durch plötzlich freiwerdende mechanische Energie 4.3 GefahrsteIlen .•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••.•.•. 100 100 4.3.1 Grundtypen von Gefahrstellen l02 4.3.2 Verletzungen an Gefahrstellen 4.3.3 Gefahrstellen der funktionellen Systeme 105 107 4.3.4 Typologie und Systematik der Gefahrstellen 115 4.4 Gefahrenanalysen, Gefährdungsanalysen 116 4.4.1 Zweck von Gefährdungsanalysen 116 4.4.2 Durchführung von Gefährdungsanalysen 120 4.4.3 Suchstrategie für Gefährdungen 4.5 Risikobeurteilung •.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••.•.•. 124 124 4.5.1 Umgang mit Risiken 125 4.5.2 Risiken in der Technik 129 4.5.3 Grenzrisiko, Restrisiko 131 4.5.4 Risikobeurteilung in der Praxis 141 4.5.5 Dokumentation der Risikobeurteilung 145 4.5.6 Nutzung zeitgemäßer Software-Tools 149 4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 149 4.6.1 Vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung 150 4.6.2 Grundprinzipien menschlichen Verhaltens 151 4.6.3 Verhaltensbedingte Unfälle 154 4.6.4 Unfälle durch Reflexe 155 4.6.5 Unfälle durch unbewusstes und bewusstes Handeln 158 4.6.6 Manipulation von Schutzmaßnahmen 160 4.6.7 Menschliche Zuverlässigkeit 162 4.6.8 Verhalten in gefährlichen Situationen 4.7 Zusammenfassung .••.•.••.•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•. 164
5 Sicherheitstechnik
169 169 5.1 Sicherheitsstrategien 171 5.1.1 Grundlegende Konstruktionsmaßnahmen 173 5.1.2 Organisatorische Voraussetzungen 5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen ••....••• 176 176 5.2.1 Prinzip des sicheren Bestehens (safe life) 185 5.2.2 Prinzip des beschränkten Versagens (fail safe) 192 5.2.3 Prinzip der Redundanz 198 5.2.4 Zuverlässige Steuerungen 203 5.2.5 Normen zu sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen 5.2.6 Wahrscheinlichkeitstheoretische Verfahren für Steuerungen .206 5.2.7 Zusammenfassung 222 5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen detenninistische Gefährdungen.•••• .223 223 5.3.1 Drei Wege der Sicherheitstechnik 226 5.3.2 Funktioneller Ablauf eines Unfalls 5.4 Unmittelbare Sicherheitstechnik •.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.•228 228 5.4.1 Geometrische Gestaltungsmaßnahmen 239 5.4.2 Energetische Gestaltungsmaßnahmen 5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik .•.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•249 249 5.5.1 Schutzeinrichtungen im Arbeitssystem 250 5.5.2 Schutzeinrichtungen: Grundtypen und Auswahlkriterien 254 5.5.3 Trennende Schutzeinrichtungen
XI
5.5.4 Fangende Schutzeinrichtungen im Überblick 257 5.5.s Schutzhauben an Drehmaschinen und Fräsmaschinen 259 5.5.6 Schutzhauben an Schleifmaschinen 267 5.5.7 Schutzaufbauten an Fahrzeugen 273 5.5.8 Grundlegende Bauarten trennender Schutzeinrichtungen 275 5.5.9 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen 278 5.5.10 Schutzeinrichtungen als Zukaufteile 290 5.5.11 Unverlierbare Befestigungselemente 294 5.5.12 Zusätzliche Funktionen trennender Schutzeinrichtungen 297 5.5.13 Abweisende Schutzeinrichtungen .302 5.6 Verriegelungen und Zuhaltungen ••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••.•.•.•304 5.6.1 Funktionelle Kopplungen 304 5.6.2 Elektrische Verriegelung trennender Schutzeinrichtungen 308 5.6.3 Aufbau von Verriegelungen und Zuhaltungen .309 5.6.4 Arbeiten bei offenen Schutzeinrichtungen 317 5.6.5 Akzeptanz und Manipulation von Schutzeinrichtungen 321 5.7 Sicherheitsschalter •.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.326 5.7.1 Elektromechanische Sicherheitsschalter 326 5.7.2 Sicherheits-Näherungsschalter 335 5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen .••.•.•.••.•.••.•.••••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.344 5.8.1 Grundlegende Bauarten ortsbindender Schutzeinrichtungen .344 5.8.2 Gestaltung ortsbindender Schutzeinrichtungen 350 5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion •.•....•....•.•..•.•....•.•..358 5.9.1 Bauarten der Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion .358 5.9.2 Durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen 361 5.9.3 Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen 371 5.9.4 Lichtschranken 373 5.9.5 Lichtgitter und Lichtvorhänge .376 5.9.6 Blanking und Muting 383 5.9.7 Tastende Lasersysteme 391 5.9.8 Kamerabasierte Schutzsysteme .395 5.9.9 Ultraschall-Schutzsysteme .397 5.9.10 Passive Infrarot-Schutzsysteme 399 5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik •.••.•.•.••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•.402 5.10.1 Passive Sicherheitsinformationen .403 5.10.2 Aktive Sicherheitsinformationen .415
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
.427 6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile •.•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.••.•.•.••.•.••.427 6.1.1 Sicherung von Fangstellen 428 6.1.2 Sicherung von Einzugstellen .430 6.1.3 Sicherung von Einzugstellen mit variabler Geometrie .437 6.1.4 Sicherung von Auflaufstellen .438 6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren .•.••.•.••.•.••••.•.••.444 6.2.1 Arbeitsbühnen und Podeste 445 6.2.2 Auf- und Abstiege 446 6.2.3 Geländer 458 6.2.4 Durchgänge 461 6.2.5 Multifunktionale Absturzsicherungen 464 6.2.6 Zusammenfassung 466
XII
6.3 Not-Halt-Einrichtungen .•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.•..•.•. 467 6.3.1 Aktivierung von Not-Halt-Einrichtungen .468 6.3.2 Steuerungstechnische Aspekte .472 6.4 Hauptbefehlseinrichtungen ..•.•.••.•.•..•.•.••.•.•..•.•.••.•.••.•.•..•.•.••.•.•..•.•. 475 6.4.1 Funktion de Hauptbefehlseinrichtungen .475 6.4.2 Netztrenneinrichtung (Hauptschalter) .478 6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik.•.••.•.•..•.•.480 6.5.1 Anwendung geometrischer Prinzipien .480 6.5.2 Anwendung kinematischer Prinzipien .482 6.5.3 Anwendung allgemeiner Gestaltungsprinzipien .485
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
487 7.1 Grundlagen und Randbedingungen 488 7.1.1 Langzeitwirkung ergonomischer Mängel... .488 7.1.2 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept 489 7.2 Räumliche Gestaltung 492 7.2.1 Anthropometrische Daten 492 7.2.2 Somatographie 496 7.2.3 Körperstellungen und Körperhaltungen .499 7.2.4 Bewegungstechnische Gestaltung 500 7.2.5 Sichtgeometrie 503 7.2.6 Höhe von Arbeitsflächen 506 7.2.7 Mannlöcher, Durchgangs-, Zugangs- und Zugriffsöffnungen 511 7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs •. 516 7.3.1 Anzeiger und Anzeigen 516 7.3.2 Bedienteile 522 7.3.3 Vermeidung unerwünschter Betätigung von Bedienteilen. 524
8 Wichtige Begriffe der Maschinensicherheit
529
9 Schrifttum
547
10Stichwortverzeichnis
573
1 Einführung
1.1 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte im Rückblick “Die Unfallverhütungstechnik ist eines jener wichtigen Sondergebiete der technischen Wissenschaften, durch deren Verwertung nicht nur einem bestimmten Interessentenkreise, sondern der gesamten mit der Technik in Berührung kommenden Bevölkerungsschichten die größten Vorteile erwachsen, an deren Ausgestaltung, Förderung und Vervollkommnung daher auch die Angehörigen dieser Schicht ein lebhaftes Interesse haben oder wenigstens haben sollten.” Mit diesen Worten beginnt eine Dissertation [1.1] aus dem Jahre 1906, wohl die erste im deutschen Sprachraum, die sich mit der technischen Unfallverhütung, konkret mit konstruktiven und funktionellen Aspekten von Fingerschutzeinrichtungen für Tiegeldruckpressen, wissenschaftlich auseinandersetzt, Bild 1.1-1. Der Präventionsgedanke und die sich aus ihm entwickelnde Sicherheitstechnik waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nur eine Angelegenheit betrieblicher Praktiker oder der Aufsichtsbehörden, sondern auch der Stätten, in denen Technik in Gestalt von Forschung und Lehre gepflegt wurde, der Technischen Hochschulen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Arbeitsschutz in Deutschland schon eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich gebracht, angefangen mit dem Preußischen „Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fabriken“ von 1839 über die Einführung der Gewerbepolizei 1853 [1.2] und den Zentralen Verband der Preußischen Dampfkesselvereine 1884 bis zur Bismark‘schen Sozialgesetzgebung 1885 mit der Einführung der Unternehmer-Pflichtunfallversicherung in der Rechtsform selbstverwalteter Berufsgenossenschaften. Alles Meilensteine für den technischen Arbeitsschutz!
Die obige wissenschaftliche Arbeit ist insofern bemerkenswert, da um die vorletzte Jahrhundertwende Schutzeinrichtungen, wie wir sie heute an Maschinen gewohnt sind und wie sie vielfach Pflicht sind, kaum anzutreffen waren. Das belegt z. B. die aus einem Lieferkatalog nach [1.3] aus dieser Zeit entnommene Abbildung einer Papierprägemaschine, Bild 1.1-2. Obwohl die dargestellte Maschine zahlreiche Gefahrstellen mit erheblichem Verletzungspotenzial aufweist, ist der einzig erkennbare Schutz die etwas bescheiden ausgefallene Verdeckung der Zahnradeinläufe. Eine rechtliche Handhabe, um notwendige Sicherheitseinrichtungen unmittelbar bei Maschinenherstellern und -lieferanten durchzusetzen, gab es damals nicht. Trotzdem hat im Laufe der D E
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Bild 1.1-1 Fingerschutz an Tiegeldruckpressen [1.1]
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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1 Einführung
Bild 1.1-2 Papierprägemaschine um 1900 [1.2]
Zeit nicht nur die Maschinenentwicklung gewaltige Fortschritte gemacht, sondern auch die mit ihr verknüpfte Sicherheitstechnik. Diese begrüßenswerte Entwicklung war hauptsächlich in der Zusammenarbeit der Maschinenhersteller mit den Revisionsingenieuren der Gewerbeaufsichtsämter, der Technischen Überwachungsvereine, der Berufsgenossenschaften und seit den zwanziger Jahren, d. h. schon lange bevor das Arbeitssicherheitsgesetz in Kraft trat, mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieuren, -technikern, -meistern, die damals schon von weitsichtig geleiteten Firmen eingeführt worden sind) begründet. Auch Sicherheitsbeauftragte haben durch praxisnahe, aus der täglichen Arbeit begründete Vorschläge zu diesem Erfolg beigetragen. Vor allem die branchenorientierten Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaften (mit ihrem Aufgabenverbund Prävention, Aufsichtsdienst und Versicherung) und ihre besonders qualifizierten Ingenieure, Technische Aufsichtsbeamte, bei denen seit über hundert Jahren der Gedanke der aktiven Unfallverhütung höchste Priorität genießt, haben ihr erfahrungs-
gebundenes Fachwissen über Sicherheitsmaßnahmen an Maschinen nicht nur den bei ihnen versicherten Mitgliedsbetrieben, sondern auch den Maschinenherstellern weitergegeben, damit Sicherheitsmaßnahmen am wirkungsvollsten umgesetzt werden konnten. Sie alle haben die Sicherheit technischer Arbeitsmittel wesentlich beeinflusst. Eine wichtige Rolle spielte dabei die 1920 gegründete Zentralstelle für Unfallverhütung (ZefU) beim damaligen Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Entbehrte diese Zusammenarbeit anfangs stringenter gesetzlicher Grundlagen (zwar lag schon 1928/1929 dem Reichstag ein Entwurf für ein Maschinenschutzgesetz vor, er scheiterte allerdings wegen der Widerstände der Wirtschaft gegen dezidierte Sicherheitsanforderungen an Maschinen [1.4]), so entstand für Maschinenhersteller 1968 durch das ”Gesetz über technische Arbeitsmittel – Gerätesicherheitsgesetz – GSG” eine andere Situation. Es verpflichtete jeden Hersteller, in der Bundesrepublik Deutschland nur solche Erzeugnisse auf den Markt zu bringen, die sicherheitstechnisch dem jeweils aktuellen Stand der Technik genügten. In mehreren Forschungsarbeiten wurden schon relativ früh in der Konstruktionsforschung in der Bundesrepublik Deutschland sowohl methodische Hilfsmittel, z. B. Konstruktionskataloge für sicherheitstechnische Fragestellungen entwickelt als auch formal betonte methodische Vorgehensweisen erarbeitet, mit denen Konstruktionsaufgaben und Aufgaben der Maschinensicherheit gelöst werden konnten, [1.5-7]. Jedoch schon wesentlich früher wurden in der DDR Fragen der Arbeitssicherheit und der Maschinensicherheit wissenschaftlich untersucht und erforscht, so an der TU Dresden, an der TU Magdeburg[1.8] bzw. am damaligen Zentralinstitut für Arbeitsschutz (Dresden). Dort entstanden hervorragende Beiträge zur konstruktiven Sicherheit, die ihren Weg in die dortige betriebliche Praxis [1.9 -11] fanden, nicht jedoch zu allen Sicherheitsfachleuten in der Bundesrepublik Deutschland. Sogar das heikle Problem der Manipulation von Sicherheitsschaltern wurde dort schon in den sechziger Jahren in seltener Offenheit diskutiert, [1.12].
1.2 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte heute
1.2 Konstruieren Produkte heute
sicherheitsgerechter
Die Welt von heute ist von Technik geprägt. Neben ihren offensichtlich positiven Wirkungen sind die von technischen Systemen ausgehenden unerwünschten Folgen für Mensch und Umwelt eine ständige Herausforderung für jeden Ingenieur, egal ob er als Konstrukteur, Betriebs- oder Prüfingenieur arbeitet. Zahlreiche Gesetze (hier sei das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz genannt), Verordnungen des staatlichen Arbeitsschutzes (insb. die Betriebssicherheitsverordnung), berufsgenossenschaftliche Vorschriften, internationale, europäische und nationale Normen formulieren heute Anforderungen an die Sicherheit technischer Erzeugnisse und greifen bei Nichterfüllung in die Marktfähigkeit der Produkte ein. Neben der Funktionserfüllung und der Wirtschaftlichkeit technischer Erzeugnisse ist deren Sicherheit für den Benutzer und für die Umwelt ein vordringliches Ziel der Konstrukteure. Sie müssen Sicherheitsanforderungen an ihre Konstruktionen ernst nehmen und entsprechende nationale und europäische Vorschriften und normative Festlegungen als feste Forderungen akzeptieren. Einhalten von Sicherheitsvorschriften allein ist noch keine Garantie für ein sicheres und zugleich kommerziell erfolgreiches Produkt, [1.13]. Rechtssätze formulieren Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen naturgemäß sehr allgemein und geben bestenfalls Schutzziele vor, enthalten aber kaum umfassende Hinweise auf praktische Lösungsmöglichkeiten. Aus gutem Grund, denn in der Verantwortung und in den Händen der Konstrukteure liegt letztlich die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben in zeitgemäße aber trotzdem sichere, zuverlässig funktionierende und marktfähige Produkte, z. B. Maschinen. Konstrukteure haben schon immer gute Arbeit geleistet. Wie sonst hätten die heutigen Maschinen das beachtliche sicherheitstechnische Niveau erreichen können? Der ganze Wirbel um die Maschinenrichtlinie der letzten Jahre hat eigentlich keine (sicherheits-)technische Begründung, sondern beruht eher auf der Tatsache, dass jetzt jemand mit seinem guten Namen bürgen muss, dass die notwendige Sicherheit auch tatsächlich in die ausgelieferte Maschine eingebaut ist und dass dies auch für Juristen und Marktaufsichtsbehörden nachweisbar sein muss.
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Über eins müssen wir uns aber trotzdem im Klaren sein: Perfekt sind unsere Maschinen immer noch nicht, werden aber immer besser. Die Evolution der Sicherheitstechnik besteht meistens nicht in der Realisierung völlig neuer Lösungen, sondern eher im Gegenteil: Unzulänglichkeiten sind der Antrieb zur Verbesserung, Irrtümer die Voraussetzung für ihre Korrektur! Technische Entwicklungen haben nicht nur Funktion und Zuverlässigkeit technischer Erzeugnisse sondern auch deren Sicherheit wesentlich verbessert. Trotzdem zeigen sicherheitstechnische Begutachtungen von Maschinen bei Herstellern und bei Betreibern, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen ihre Sicherheitsfunktion nicht immer optimal erfüllen. Auch wenn viele der im Bild 1.2-1 beispielhaft dargestellten Mängel an Schutzeinrichtungen der Betreiber der Maschine zu verantworten hat, so führt eine gründliche Analyse oft zur Erkenntnis, dass sich zwar die Maschinenarbeiter nicht “vorschriftsmäßig” verhalten haben, wenn sie z. B. Schutzeinrichtungen nicht sorgfältig festgeschraubt oder sie gar manipuliert haben. Die eigentliche Ursache waren häufige Prozessstörungen, zu deren Beseitigung Schutzeinrichtungen immer wieder umständlich ab- und angeschraubt werden mussten. Eine konstruktive Unzulänglichkeit im Verbund mit einem nicht zu Ende durchdachtem Bedienungs- und Sicherheitskonzept der technologischen Maschinenfunktion haben letztlich ein sicherheitswidriges Verhalten nach sich gezogen. Obwohl in Vorschriften fast alles geregelt war! Oder vielleicht gerade deshalb? Bei der aktuellen europäischen Rechtslage, dem heutigen Stand der Sicherheitstechnik und der (Un)menge relevanter Vorschriften kann ein Einzelner selbst in Teilbereichen kaum über alle Kenntnisse und Informationen in voller Tiefe verfügen, die zur Bewältigung konkreter Sicherheitsaufgaben notwendig sind. Trotzdem müssen sie gelöst werden. Es gibt wohl keinen anderen Weg, als fehlende Informationen systematisch zu suchen, zu beschaffen und sie dann konsequent in laufende Konstruktionsprozesse einzubinden. Konstrukteure sind dabei jedoch nicht auf sich alleine gestellt. Sie finden Hilfe nicht nur in Sicherheitsnormen und -vorschriften sondern auch auf zahlreichen Internetseiten, von denen als repräsentativ die der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt SUVA genannt sei, www.suva.ch. Wirkungsvolle Hilfen
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1 Einführung
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Bild 1.2-1 Häufige Konstruktionsfehler an Schutzeinrichtungen
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1.3 Systematische Lösungssammlungen
sind die von einigen Herstellern von Sicherheitskomponenten /1.4, 1.5, 1.8, 1.9/ herausgegebenen Software-Tools, Produktinformationen und Leitfäden zur Anwendung eigener Produkte auf Internetseiten sowie die von öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bildungsträgern /1.2, 1.3,1.6, 1.10, 1.11-13/ angebotenen Seminare und Informationsveranstaltungen derselben Hersteller. Auch noch so ausführliche und komfortable Softwaretools mit ihren Informationssystemen können ihre Vorteile nur dann voll zur Geltung bringen, wenn ihre Benutzer über das entsprechende Hintergrund- und Handlungswissen verfügen und den Überblick darüber behalten, welche sicherheitstechnischen Aspekte in welchen Phasen des Konstruktionsprozesses umgesetzt werden müssen. Eine praktikable Möglichkeit, sicherheitstechnische Aspekte wirkungsvoll in den Konstruktionsprozess zu integrieren, bietet immer noch das methodische Konstruieren, mit folgerichtiger Umsetzung der Gestaltungsprinzipien der konsequenten Aufgabenteilung, sowie der Anwendung der Grundregeln, einfach und eindeutig zu konstruieren. Auch wenn es schon etwas in „die Jahre“ gekommen sein sollte! Einen wesentlichen Fortschritt für das Konstruieren menschengerechter Produkte bieten heutige CAD-Tools, z. B. /1.1, 1.7/, die es ermöglichen, schon in frühen Phasen der Produktentwicklung durch Simulationen und Animationen Gefahrstellen systematisch zu suchen und zu erkennen, Gefährdungssituationen für Maschinenbenutzer frühzeitig zu entdecken oder durch Nutzung von digitalen Man-Models (Manekins) ergonomische Fragestellung effektiv zu lösen. Für ihre praktische Tätigkeit des Entwerfens und Gestaltens sicherheitsgerechter Produkte benötigen Konstrukteure neben der Vielzahl von Informationen über Maschinenmerkmale, Gefahrenmerkmale und praktische Lösungsmöglichkeiten auch eine problemübergreifende Systematik, mit der sie sich im breiten Wissenssfeld der Sicherheitstechnik orientieren, ihr sicherheitsrelevantes Wissen wiederauffindbar ordnen, auch ungewöhnliche Zusammenhänge erkennen und letztlich neue Lösungen finden können. Für ähnliche Aufgaben auf anderen Gebieten der Technik haben sich in der Praxis systematische Lösungssammlungen bzw. Konstruktionskataloge bewährt.
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1.3 Systematische Lösungssammlungen Aktuelle europäische und internationale Normen, die sicherheitsrelevante Sachverhalte beim Konstruieren tangieren, haben nicht selten Umfang und Preise erreicht, die langsam Fachbüchern entsprechen. In der Praxis und im einschlägigen Schrifttum (Verordnungen, Richtlinien, Normen, Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (BGVVorschriften), Sicherheitsregeln, Prüfgrundsätze, Fachbücher, Monographien, Fachaufsätze, Firmenschriften usw.) sind zahlreiche sicherheitstechnische Fragestellungen und deren Lösungen bekannt. Deren Vielfalt lässt sie kaum auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Sachverhalte, die sie beschreiben, sind auf zahlreiche Quellen verteilt. Als Entscheidungshilfen im Konstruktionsprozess, die einen schnellen Zugriff zu vergleichbaren Daten und prinzipiellen Möglichkeiten voraussetzen, sind solche Informationsquellen nur bedingt verwertbar. Dazu sind sie inhaltlich zu unterschiedlich aufgebaut und formal zersplittert. Es ist allzu verständlich, dass Konstrukteure Beispielsammlungen verlangen, die ihnen helfen, die recht abstrakten und umfangreichen Inhalte der Rechtssätze in konkrete Maßnahmen in ihren Konstruktionen umzusetzen. Beispielsammlungen sind ein gern benutztes Konstruktionshilfsmittel, enthalten sie doch bekannte Lösungen für bestimmte technische Fragestellungen und geben Anregungen für eigene Problemlösungen. Spontanes und unkritisches Sammeln von Beispielen bringt Konstrukteure aber auch nur bedingt weiter. Beispielsammlungen als Wissensspeicher erweisen sich jedoch dann besonders wirkungsvoll, wenn sie • einen schnellen Zugriff zu vergleichbaren Daten erlauben • leicht verständlich und einfach in der Handhabung sind • universell und direkt im Konstruktionsprozess einsetzbar sind und • aufgrund des systematischen Aufbaus zu neuen, eigenen Lösungen führen. Diese Anforderungen erfüllen systematische Lösungssammlungen und Konstruktionskataloge (Wissensspeicher) immer noch gut, auch wenn sie für die „digital natives“ etwas altmodisch wirken.
1 Einführung
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Diese in diesem Buch vornehmlich verwendeten unmittelbar visuell zugänglichen systematischen Wissensspeicher orientieren sich an Konstruktionskatalogen gemäß der VDI Richtlinie 2222 Bl. 2. Der grundsätzliche Aufbau der Konstruktionskataloge ist im Bild 1.3-1 dargestellt. Systematische Lösungssammlungen sind synoptische Tabellen hoher Informationsdichte, erfüllen jedoch nicht konsequent alle formalen Kriterien der Konstruktionskataloge. Sie enthalten, systematisch geordnet, einheitlich dargestellte Beispiele für sicherheitstechnische Fragestellungen oder Lösungen und die sie charakterisierenden Daten, Zahlenangaben und logische Aussagen, [1.14]. Systematische Lösungssammlungen bestehen aus einem Gliederungs-, Haupt- und Zugriffsteil. Beim Gliedern einer Lösungssammlung ist die Aufgabe zu bewältigen, aus der Fülle verschiedenartigster Merkmale diejenigen herauszufinden, deren logische Kombination die in Frage kommenden Lösungen systematisch, eindeutig und ergänzungsfähig gliedern und beschreiben. Diese systematisierende Merkmale (SMij) sind zu
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Merkmalsfamilien, zu ordnenden Gesichtspunkten (OGPi) zusammengefasst. Graphisch ist die Gliederung so aufgebaut, dass ordnende Gesichtspunkte im Spaltenkopf des Gliederungsteils stehen. Systematisierende Merkmale sind ihnen in den Zeilen untergeordnet. Zur schnellen Orientierung im Lösungsfeld sind möglichst vielen systematisierenden Merkmalen bildliche Symbole zugeordnet. Sie wirken wie Adressbilder, erleichtern die Orientierung im Lösungsfeld und somit den Zugriff auf die Beispiele des Hauptteils. Der Hauptteil der Lösungssammlung enthält möglichst viele Beispiele, die sich aus der sinnvollen Kombination der Gliederungsmerkmale ergeben. Graphisch sind diese Beispiele auf das Wesentliche reduziert und einheitlich dargestellt. Haupt- und Gliederungsteil bilden das Kernstück jeder systematischen Lösungssammlung. Der Zugriffsteil enthält Merkmale und Parameter, welche die Lösungen des Hauptteils qualitativ und quantitativ beschreiben, z. B. Zahlenwerte, Aussagen über Einsatzmöglichkeiten,
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Bild 1.3-1 Grundsätzlicher Aufbau von Konstruktionskatalogen
1.3 Systematische Lösungssammlungen
verbale Erläuterungen und weitere ergänzende Angaben. Auch hier wurde beim graphischen Gestalten besonderer Wert auf schnelles visuelles Erfassen und Vergleichen gelegt, z. B. durch Zahlenangaben in Form von Balkendiagrammen, deren synoptische Gegenüberstellung einen direkten Vergleich ermöglicht und somit zu einem Informationsgewinn führt. Die Darbietung einheitlich wiedergegebener sicherheitsrelevanter Informationen und Erkenntnisse ist graphisch so aufbereitet und optimiert, dass trotz erheblicher Informationsdichte die Übersichtlichkeit nicht verloren geht und der Leser vor langem Suchen bewahrt wird. Systematische Lösungssammlungen kommen der auf Bilder orientierten Sehens- und Denkweise sowie der systematischen Arbeitsweise der Konstrukteure entgegen. Sie ermöglichen schnell und zielgerichtet Lösungen zu finden durch sys-
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2*3 2*3 2*3
tematischen Zugriff über die logische Gliederung, die Bilder des Hauptteils oder Zahlenwerte des Zugriffsteils und erlauben, durch eigene Merkmalkombinationen Anregungen für eigene sicherheitstechnische Lösungen zu holen, Bild 1.3-2. Klare Gliederung, systematischer und einheitlicher Aufbau des Stoffgebietes sind wesentliche didaktische Aspekte der Wissensaufbereitung und Wissensvermittlung. Daher eignen sich systematische Lösungssammlungen nicht nur als Konstruktionshilfsmittel sondern auch als schulungsbegleitende Unterlagen oder nach gründlicher didaktischer Reduktion auch für die Gestaltung von Präsentationsmedien. Problembereiche des methodischen Konstruierens mit systematischen Lösungssammlungen und Konstruktionskatalogen behandelt sehr ausführlich [1.15] in seinem dreibändigen Werk.
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Bild 1.3-2 Zugriffsmöglichkeiten auf Lösungen
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1 Einführung
1.4 Sichere Produkte sind Chefsache „Es geht nicht darum, mit dem Kopf durch die Wand gehen zu wollen, sondern die Ausgangstür zu finden“. Werner von Siemens Ein Wort vorab an die geborenen und erkorenen Führungskräfte. Die weiteren Kapitel dieses Fachbuchs wenden sich vornehmlich an Konstrukteure in den operativen Ebenen der Linienstruktur eines Unternehmens. Sie müssen Produkte als funktionierendes Ganzes so konstruieren und so gestalten, dass ihre Benutzer mit ihnen die gestellten Arbeitsaufgaben effektiv, wirtschaftlich, vor allem aber sicher und ohne Gesundheitsschäden im Sinne einer humanen Produktivität meistern können. Aus zahlreichen Seminaren, Beratungen und Gesprächen hat sich jedoch beim Verfasser die Erkenntnis verfestigt, dass die Sicherheit von Produkten und Maschinen ein äußeres Merkmal der Unternehmenskultur ist, also letztendlich - Chefsache. Das Qualitätsmerkmal Sicherheit ist zwar immateriell, bewahrt Sie aber als Chef oder Vorgesetzter und Ihre Firma vor rechtlichen Konsequenzen, materiellen Verlusten und vor einem schlechten Image in der Öffentlichkeit. Mit der CE-Kennzeichnung (und Konformitätserklärung) signalisieren Sie der Öffentlichkeit und den (Aufsichts-)Behörden, dass Ihrer Meinung nach Ihre Produkte alle wesentlichen Sicherheitsanforderungen erfüllen. Soweit, so gut. Eine inkorrekte oder fehlende CE-Kennzeichnung ist oft ein willkommener Anlass für behördliche Maßnahmen. Ein kausaler Zusammenhang zu einem Unfall muss dabei nicht bestehen. Unfälle werden immer noch durch mangelnde Sicherheit verursacht, mit und ohne CE-Kennzeichnung auf dem Produkt. Und dies kann Konsequenzen nach sich ziehen. Mit anderen Worten: Es geht nicht um “sichere“ Papiere, sondern primär um sichere Produkte. Sicherheit Ihrer Produkte basiert auf dem Wissen und Können Ihrer Mitarbeiter, vor allem aber auf Ihrem persönlichen Entschluss, nur sichere Produkte zu erzeugen und vertreiben zu wollen. Sie können und müssen wohl auch diesbezügliche Aufgaben und Arbeiten delegieren. Nicht „wegdelegieren“ können Sie aber Ihre Gesamtverantwortung für die Erfüllung aller rechtlichen Verpflichtungen, die sich aus den Anforderungen an die Sicherheit Ihrer Produkte ergeben.
Kooperieren Sie vorausschauend und aktiv mit Berufsgenossenschaften und Aufsichtsbehörden der Länder. Die sitzen zwar am längeren Hebel, sind aber eine Quelle wichtiger und verbindlicher Informationen. Beteiligen Sie sich an europäischen Normungsvorhaben. Sie müssten wissen, dass Normen nicht den geistigen Zustand zeitgenössischer Ingenieurkunst abbilden, sondern der vielen Gremien und deren Mitglieder, die über zukünftige Ausrichtung der Maschinensicherheit entscheiden: Mit Ihnen oder ohne Sie! Sie haben aber die Möglichkeit, diese Entscheidungen durch aktive Mitarbeit zu beeinflussen. Sicherheit Ihrer Produkte lässt sich weder herbeiprüfen oder gar herbeizertifizieren, sondern muss erstmal konstruiert werden. Sicherheitsgerechtes Konstruieren ist keine einmalige Aktion, sondern ein konstruktions- und herstellungsbegleitender Prozess, der organisiert und kommuniziert sein will. Schaffen Sie dafür betriebsinterne Strukturen und setzen Sie klare Signale. Geben Sie Ihren Konstrukteuren Chancen zur Weiterbildung und Zeit, sicherheitstechnische Lösungen zu Ende zu denken. Denn wer Sicherheit nur „eben mal schnell macht“, macht schnell Fehler. Ausgangspunkt für sicherheitsgerechte Konstruktionen ist eine redliche Analyse aller Gefährdungen in allen Lebensphasen des Produktes sowie eine realistische Prognose und Beurteilung aller mit diesen Gefährdungen verbundenen Risiken. Sorgfältig und für Juristen verständlich und nachvollziehbar dokumentiert, befreien solche Risikobeurteilungen vom Vorwurf der Fahrlässigkeit und schützen Sie vor zivil-, ordnungsoder gar strafrechtlichen Folgen, die sich sonst aus nachgewiesener Fahrlässigkeit herleiten lassen. Bei der Risikobeurteilung sind vor allem ingenieurmäßiger Sachverstand und Lebensnähe gefragt, denn es ist immer zu unterscheiden, welche Ereignisse vorhersehbar bzw. wahrscheinlich und welche hypothetisch sind. Das ist weder Schwarze Magie noch brauchen Ihre Konstrukteure dazu höhere Weihen. Es ist eine strukturierte und systematische Ingenieurtätigkeit wie jede andere auch. Ihre Konstrukteure müssen die prognostizierten Risiken wegkonstruieren, d.h. sie systematisch und umfassend auf ein Niveau unterhalb des tolerierbaren Restrisikos mindern. Denn, lebensnah betrachtet, ist Umgang mit der technischen Pro-
1.5 Zum Buch
dukten immer mit Restrisiken verbunden. Doch was sind Restrisiken? Das sind bewusst akzeptierte Risiken (nach Anwendung harmonisierter Sicherheitsnormen und die des täglichen Lebens), erkannte, aber falsch beurteilte Risiken sowie (noch) nicht erkannte Risiken. Restrisiken verbleiben, können sich daher realisieren!! Irren ist menschlich. Versichern Sie sich deshalb selbst und Ihre Firma gegen mögliche zivilrechtliche Haftung für solche Irrtümer. Seien Sie dabei weder zu ängstlich noch zu großzügig. Gehen Sie allen Informationen über Beinahunfälle und Unfälle systematisch mit dem Ziel nach, substantielle Verbesserungen im Sicherheitskonzept Ihrer Produkte zu bewirken. Dokumentieren Sie diese Aktivitäten und deren Ergebnisse. Machen Sie die Sicherheit Ihrer Produkte genauso zum Bestandteil der Unternehmenskultur wie die Qualität und Umweltfreundlichkeit. Verfolgen Sie das Unternehmensziel Produktsicherheit mit gleichem Engagement und gleicher Konsequenz wie Qualität, Termine und wirtschaftlichen Erfolg! „Das Verhüten von Unfällen darf nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden sondern als ein Gebot der menschlichen Verpflichtung und der wirtschaftlichen Vernunft.“ Werner von Siemens.
1.5 Zum Buch Das Vorgehen zur Gliederung und Darstellung des sicherheitsrelevanten Wissens fußt auf langjährigen praktischen Erfahrungen des durch methodisches Konstruieren und Ergonomie geprägten Verfassers aus seiner Tätigkeit als Maschinenprüfer (GS) eines berufsgenossenschaftlichen Fachausschusses und als Ausbilder von Konstrukteuren bei öffentlichen und privaten Bildungsträgern. Das angewendete systematisches Aufbereiten des sicherheitsrelevanten Wissens ist daher kein lebensfremdes Theoretisieren, sondern eine in der Praxis bewährte Methode und zugleich Voraussetzung, dieses umfangreiche Wissensgebiet zu überblicken und zu erklären: Leser sollen zwar Vorschriften kennen und die Theorie verstehen, vor allem aber sollen sie zu deren praktische Umsetzung angeleitet werden. Das Buch fügt dem systematischen Konstruieren keine neue Me-
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thode hinzu, integriert aber wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden der Konstruktionslehre unter den Gesichtspunkten der Praxis in das systematische Gestalten sicherheits- und ergonomiegerechter Maschinen im weitesten Sinne, um konstruktionsbedingte Unfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen zu verhindern bzw. mögliche Wiederholungen zu minimieren. Das Buch ist bewusst nicht als wissenschaftliche Arbeit konzipiert, sondern als methodisch aufgebautes Nachschlagewerk mit vielen Beispielen für den Praktiker. Damit schließt es die in vielen Quellen anzutreffende Informationslücke, nämlich, mit welchen konstruktiven Methoden und Maßnahmen die in der Gefahrenanalyse festgestellten und beurteilten technischen Risiken abzuwenden sind: Sicherheitstechnische Probleme bzw. deren Lösungen stehen im Vordergrund, nicht Vorschriftentexte, deren Interpretation oder Umformulierungen. Das Buch vermittelt zwar Grundlagenwissen über rechtliche Hintergründe und Verfahren zu dem in der Maschinenrichtlinie vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren. Es ist jedoch nicht als Leitfaden konzipiert für die juristische, organisatorische oder verwaltungstechnische Abwicklung der CE-Kennzeichnung und EG-Konformitätserklärung bzw. Einbauerklärung oder für die Integration dieser Prozeduren in die Konstruktionsabteilungen. Hier sei auf das einschlägige Schrifttum, z. B. auf [1.16 - 1.19] verwiesen. Die im Buch sehr oft herangezogene „Richtlinie des Europäischen Rats und Parlament vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) – EG Maschinenrichtlinie 2006/42/EG„ wird im weiteren Text als „Maschinenrichtlinie“ bezeichnet. Herangezogene Quellen (Bücher und Aufsätze) sind im Text und im Schrifttumsverzeichnis mit eckigen Klammern [ ], Firmenschriften mit schrägen Klammern / / zitiert. Die im Verzeichnis aufgeführten Rechtssätze sowie das ergänzende Schrifttum erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Aktualität. Europäische Richtlinien und Normen führen viele neue Bezeichnungen, manchmal unglücklich übersetzt, für sicherheitstechnische Sachverhalte ein. Die neuen Begriffe werden zwar möglichst konsequent verwendet. Auf alte, gewohnte und in der Praxis eingeführte Bezeichnungen wird jedoch dann zurückgegriffen, wenn sie Sachverhalte treffender beschreiben
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1 Einführung
bzw. kürzer wiedergeben. Die behandelten Sachverhalte beziehen sich vornehmlich auf Produkte, die der Maschinenrichtlinie und somit dem Teil des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes und den ihm nachrangig erlassenen Rechtsverordnungen unterliegen, die hauptsächlich gewerblich genutzte Maschinen und ähnliche Einrichtungen betreffen und nicht unbedingt Verbraucherprodukte (consumer products), die für Endkonsumenten bestimmt sind. Für diese Produkte sind meistens andere EG-Richtlinien relevant. So ist z. B. für privat genutzte Elektrogeräte, z. B. Waschmaschinen, die EG-Niederspannungsrichtlinie der entscheidender Rechtsatz. Für diese Produkte sind im Geräte- und Produktsicherheitsgesetz weitere Festlegungen zu finden, die zwar in diesem Buch angesprochen werden, nicht aber dessen Schwerpunkt bilden. Ausführlich und erschöpfend sind diesbezügliche technische Fragestellungen z. B. in [1.20] behandelt. Des Weiteren wird nicht auf Sicherheitsaspekte eingegangenen, die hygienesensible Anwendungenlungen von Maschinen und Produkten tangieren. Hier sei auf die ausführlichen Quellen [1.21, 1.22] verwiesen. Das Buch richtet sich mit seinen Inhalten vornehmlich an Konstrukteure mechanischer Komponenten von Maschinen, weniger an Elektro- und Steuerungskonstrukteure. Wissens- und Handlungsgebiete der letztgenannten Konstrukteure haben sich nicht zuletzt durch die aktuellen Entwicklungen in der Normung zu einem engen Spezialgebiet der Sicherheitstechnik entwickelt, das in zahlreichen Publikationen, wie z. B. [1.23] erschöpfend behandelt ist. Die in diesen Publikationen und Normen festgehaltenen Sachverhalte werden in den jeweiligen Kapiteln eher als fundierte Übersicht behandelt, um den „Mechanikern“ einen soliden Überblick als Basis für die notwendige Kommunikation zwischen allen am Konstruieren sicherheitsgerechter Maschinen Beteiligten zu geben. Aus den Inhalten des Buches lässt sich aber kein Rechtsanspruch ableiten, da jede Maschine und jedes Produkt spezifische Lösungen erfordert unter Berücksichtigung aktueller internationaler, u. U. aber auch nationaler Normen. Der Hersteller muss daher in eigener Verantwortung überprüfen, ob die in diesem Buch gefundene und in Frage kommende Lösung im konkreten Einzelfall
die Schutzziele des Anhangs I der Maschinenrichtlinie erfüllt und zumindest das gleiche Sicherheitsniveau erreicht, wie die in der einschlägigen harmonisierten EN-Norm beschriebenen Lösungen. Die im Buch aufbereiteten Inhalte können zwar Konstrukteuren ein gründliches Studium relevanter Rechtssätze, d. h. der EG-Richtlinien und EN- bzw. ISO-Normen, und soweit noch relevant, der nationalen DIN-Normen in der jeweils aktuellen Fassung, nicht ersparen, geben ihnen aber den notwendigen Überblick über die aktuelle Sicherheitsphilosophie, um normative Vorgaben mit eigenen Fähigkeiten, Kenntnissen und Mitteln optimal umsetzen zu können. Fehlerbetrachtungen spielen in der Sicherheitstechnik eine wichtige Rolle. Mit Fehlern ist stets rechnen, nicht nur in technischen Systemen. Trotz aller Bemühungen, Fehler auch in dieser Auflage zu vermeiden bzw. deren Anzahl zu minimieren, mag dieser oder jener der Aufmerksamkeit des Verfassers entgangen sein und auf seine Entdeckung warten. Das Gestalten menschengerechter, d. h. sicherheits- und ergonomiegerechter Produkte ist kein Selbstzweck, sondern folgt dem Ziel, Arbeitssicherheit sowie Gesundheits- und Umweltschutz zu verbessern, vor allem aber die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und somit zur humanen Produktivität beizutragen. Das Buch hat das Ziel, Lesern Werkzeuge zum Analysieren vorhandener und zum Entwickeln neuer sicherheitstechnischer Lösungen zu geben und ihnen Hilfsmittel beim Bewältigen ihrer Konstruktionsaufgaben auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik zur Verfügung zu stellen, damit Konstrukteure aus Beispielen assimilierend neue Ideen entwickeln können. Mit folgender Intention: Bei vielen sicherheitstechnischen Beratungen ist immer wieder aufgefallen, mit wieviel Engagement und welcher Vehemenz die These „Das geht nicht, weil...“ vertreten wurde und welch beachtlicher argumentativer Aufwand nachgeschoben wurde, um dieses schnell ausgesprochene „Weil“zu begründen. Mit positiver Einstellung und vergleichbarem Aufwand hätten die Konstrukteure in gleicher Zeit mehrere brauchbare Ideen gefunden und das Problem gelöst. Zu dieser notwendigen positiven Einstellung zu sicherheitstechnischen Fragen im Konstruktionsprozess will der Verfasser beitragen. Denn es ist immer besser, früh Gedanken zu investieren als später teuer nachrüsten zu müssen!
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
Konstruieren und Gestalten ist ein kreativer und schöpferischer Vorgang, der allerdings nicht in einem rechtsfreien Raum geschieht. Da Denkweise und Sprache der Juristen und der Ingenieure weit auseinander liegen, sollten Konstrukteure, um sich präventiv rechtskonform zu verhalten, zumindest einen Überblick haben über die wichtigsten nationalen und europäischen Rechtsbereiche und über die aus ihnen hergeleiteten Anforderungen an das Konstruieren sowie die mit ihnen verbundenen Rechtsfolgen.
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2.1 Allgemeine Rechtssystematik 2.1.1 Grundlegende rechtliche Aspekte Voraussetzung für Rechtsfolgen ist der Nachweis der doppelten Kausalität: Das Produkt muss einen Fehler haben (haftungsbegründende Kausalität) und der Fehler muss ursächlich sein für eine Verletzung bzw. einen Schaden (haftungserfüllende Kausalität). Vom Schutzrecht und Produktsicherheitsrecht abgesehen, tangieren die sog. drei großen Rechtsgebiete (Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht) die Tätigkeiten aller Konstrukteure, Bild 2.1-1 und 2.1-2. Grob verallgemeinernd gesagt, dient das Strafrecht der Abschreckung, das öffentliche Recht dem Gemeinwohl, das Zivilrecht dem Nutzen einzelner Bürger. Zivilrecht. Im Zivilrecht gilt das Grundprinzip der Privatautonomie auf der Basis freiwilliger Vereinbarungen, sprich Verträge. Es beruht auf der Freiheit des Rechtssubjekts im Verkehr mit anderen Rechtssubjekten. Grundsätzlich gilt, dass jeder, der durch sein Tun oder Unterlassen rechtswidrig und schuldhaft einen Schaden verursacht, dafür unbeschränkt haftet. Das betrifft zwar vorerst Hersteller als juristische Personen, aber je nach Rechtslage auch natürliche Personen. Bei
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Bild 2.1-1 Rechtliche Aspekte beim Konstruieren
Konstruktions- und Informationsfehlern sind das leitende Konstrukteure und Planer, letztlich aber alle Konstrukteure im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs. Produktfehler können bei Gefährdungsdelikten sogar schon dann Rechtsfolgen hervorrufen, auch wenn sie noch nicht zu Schäden geführt haben. Zivilrechtliche Aspekte stellen allgemeine Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen an Produkte und an Verfahren, auch wenn keine öffentlich-rechtliche Vorschriften dafür bestehen, wie z. B. bei Produkten für private
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
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Bild 2.1-2 Systematik des deutschen Rechts
Endverbraucher. Deren Nichteinhalten kann zu zivilrechtlichen Haftungsansprüchen führen. Zur zivilrechtlichen Haftung gehören Regressansprüche der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Berufsgenossenschaften) und Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz. Die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz als Folge von Konstruktionsfehlern ist eine Unternehmenshaftung, keine Mitarbeiterhaftung. Spezialisierte Versicherungsunternehmen bieten entsprechende Dienstleistungen und Versicherungsschutz an. Öffentliches Recht. Rechtsnormen des öffentlichen Rechts legen allgemeine Anforderungen an Produkte samt ihrer Grenzen verbindlich fest. Das Erfüllen dieser Forderungen ist die notwendige Voraussetzung, um entwickelte, konstruierte und hergestellte Produkte legal in Verkehr zu bringen und dabei vor behördlichen Interventionen sicher zu sein. Für Hersteller ist der Teil des öffentlichen Rechts von besonderer Bedeutung, der auf dem Gebiet der Technik versucht, Grenzen der allgemeinen Handlungsfreiheit im Gemeinschaftsinteresse abzustecken. Es handelt sich um
Auflagen aufgrund zahlreicher gesetzlicher Regelungen im Sinne eines hoheitlichen Über- oder Unterordnungsrechts, also nicht um das Prinzip des freiwilligen Konsens, wie im Zivilrecht. Strafrecht. Entstehen durch Produkte oder Verfahren Körperverletzungen bis zur Todesfolge, greift das Strafrecht mit seinem Sanktionsanspruch, Genugtuung herzustellen und Prävention zu bewirken. Anforderungen und Konsequenzen des Strafrechts können im Unterschied zum Zivilrecht nicht versicherungstechnisch gemildert werden, sondern müssen persönlich getragen werden. Strafrechtliche Anforderungen gelten neben und gleichzeitig zu zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen. Arbeitsrecht. Bei nachgewiesenen Konstruktionsfehlern, die zu rechtlichen Konsequenzen für den die Arbeitgeber geführt haben, sind auch vom Arbeitgeber ausgelösten arbeitsrechtlichen Folgen für die Verursacher, z. B. für Konstrukteure, nicht ausgeschlossen. Alles Sachverhalte, die den meis-
2.2 Europäisches Recht
ten Konstrukteuren nicht immer bewusst sind, Bild 2.1-3. 7DWEHVWDQG
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13
zipiell darauf verzichtet, selbst detaillierte Sicherheitsanforderungen vorzuschreiben. Statt dessen hat er eine Rechtssystematik entwickelt, die sich auf drei Ebenen gründet, Bild 2.1-4.
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Bei allen rechtlichen Maßnahmen gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Eingriffe in die Freiheit müssen einen (legitimen) Zweck verfolgen und hierzu geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen, zumutbar) sein. Unfälle und Schäden und die mit ihnen verbundenen Rechtsfolgen lassen sich vermeiden, wenn bei der Produktentwicklung und -konstruktion konform mit dem geltenden technischen Recht vorgegangen und sicherheitsgerecht konstruiert wird. Nachfolgende Abschnitte geben einen Überblick über die wichtigsten Gebiete des Produktsicherheitsrechts, die für Konstrukteure relevant sind. Ausführlich und erschöpfend ist dieses Wissensgebiet in [2.1] behandelt.
2.1.2 Systematik des Produktsicherheitsrechts Der Gesetzgeber, der die Nutzung der Technik wegen ihrer Vorteile für die Gesellschaft erlaubt, hat durch allgemein verbindliche Gesetze zu gewährleisten, dass der Forderung nach Sicherheit aller ihrer Nutzer angemessen Rechnung getragen wird. Dabei müssen Gesetze zur Rechtssicherheit führen, denn sie ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung und Anwendung innovativer Technologien. Das Produktsicherheitsrecht ist dadurch gekennzeichnet, dass der Gesetzgeber prin-
Bild 2.1-4 Systematik des Produktsicherheitsrechts
In vom Parlament verabschiedeten Gesetzen oder in Verordnungen (Recht, welches nicht das Parlament schafft, sondern eine Regierung bzw. ihre Minister, auf ein Gesetz gestützt generiert) legt der Gesetzgeber verbindliche Schutzziele fest. Beim Errichten und Nutzen betreffender technische Systeme müssen diese Schutzziele mindestens erreicht werden, können natürlich übertroffen werden. Aufgrund sich wandelnden Wertmaßstäbe legt die Rechtsordnung die Mittel zum Erreichen dieser Schutzziele durch Generalklauseln fest. Dabei bezieht sie sich fallweise auf technische Standards, wie z. B. allgemein anerkannte Regeln der Technik, Stand der Technik, neueste Erkenntnisse der Technik, Stand von Wissenschaft und Technik, gesicherte sicherheitstechnische/arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse usw. Art, Ausmaß und Niveau notwendiger Sicherheitsmaßnahmen bestimmen sich somit nach dem jeweils maßgeblichen Standard. Im konkreten Einzelfall muss ermittelt werden, welche Sicherheitsvorkehrungen erforderlich sind, um diesen Standard zu erreichen. Hier greifen nun Technische Regel-
14
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
werke, z. B. Normen, ein. Sie enthalten eine Vielzahl sicherheitstechnischer Detailregelungen, die von Fachleuten nach festgelegten Verfahren im Konsens erarbeitet und fortlaufend dem technischen Fortschritt angepasst werden. Als rein privatrechtliche Regelwerke haben sie keine verbindliche hoheitliche Kraft. In der Praxis aber stützen sich viele Anwender auf diese Regelwerke, wenn sie zur Lösung eigener sicherheitstechnischer Probleme z. B. den „Stand der Technik“ als Maßstab heranziehen. Ausführlich sind diese Fragestellungen im Abschnitt „2.4.2 Unbestimmte Rechtsbegriffe“ auf Seite 48 behandelt.
2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht Rechtliche Einflüsse auf das Konstruieren haben in Deutschland eine lange Tradition. Das europäische Recht fügt neue Gesichtspunkte hinzu. Sie liegen jedoch eher auf der formalen denn auf der materiellen Ebene. Zu ihnen gehören vor allem die formale Pflicht zur Gefahrenanalyse, zur Risikobeurteilung, zur
Technischen Dokumentation und zur eigenverantwortlichen Konformitätserklärung einerseits. Andererseits gehört zu ihnen die gestiegene rechtliche Relevanz der Technischen Dokumentation und der Betriebsanleitungen. Von besonderer Bedeutung ist die verurschuldensunabhängige Produkthaftung der Hersteller. Mit der Verwirklichung des Binnenmarkts entstand für Hersteller eine neue rechtliche Situation. Die Eigenverantwortung der Hersteller für die Sicherheit ihrer Produkte ist wesentlich gewachsen. Der materielle Inhalt zahlreicher europäischer Rechtsbestimmungen zählt jetzt zu den unbedingt einzuhaltenden Anforderungen, die schon in den frühen Phasen des Konstruktionsprozesses festgelegt werden sollten. Ihrem Ursprung nach lassen sie sich in zwei Kategorien unterteilen, die sich auf zwei wesentliche Ziele der europäischen Einigungspolitik zurückführen lassen. Einerseits ist es der politische Wille, alle Handelshemmnisse zu beseitigen, die sich der Verwirklichung des Binnenmarkts entgegenstellen, Bild 2.2-1 und 2.2-2.
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Bild 2.2-1 Wichtige Europäische Richtlinien für Maschinensicherheit und Arbeits- und Gesundheitsschutz
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2.2 Europäisches Recht
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Bild 2.2-2 Europäisches und nationales Produktsicherheitsrecht für Konstrukteure
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16
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
Dazu gehörten u. a. auch viele uneinheitlichen nationalen Sicherheitsanforderungen an Arbeitsmittel und Maschinen in den jeweiligen Mitgliedsstaaten. Das Ziel war, für Hersteller eine weitestgehende Unabhängigkeit von nationalstaatlichen Stellen und deren Vorgaben zu erreichen. Andererseits wirkt sich die politische Absicht, Arbeitsbedingungen in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu vereinheitlichen, ebenfalls auf die Gestaltung von Produkten und Maschinen aus, wenn auch nur mittelbar: Kunden (Auftraggeber) stellen an die Maschinenkonstruktion Forderungen, die aus den Vorschriften zu ihrer sicheren Nutzung hervorgehen. CE-Richtlinien (Communautés Européennes).CEbzw. EG-Richtlinien werden von der Generaldirektion der Europäischen Kommission erarbeitet, vom Rat der Europäischen Gemeinschaft auf der Grundlage von EG-Verträgen erlassen und vom Europäischen Parlament verabschiedet. EGRichtlinien entwickeln in den Mitgliedsstaaten keine unmittelbare rechtliche Wirkung, sondern sind für sie ein verbindlicher Gesetzgebungsauftrag. EG-Richtlinien müssen daher innerhalb einer gesetzten Frist in deren nationales Recht unverändert transformiert werden. Erst damit haben EG-Richtlinien für die Mitgliedsstaaten die gleiche rechtliche Bedeutung wie Gesetze. Auch wenn einzelne Mitgliedsstaaten sie nicht oder nur mangelhaft in ihre nationale Gesetzgebung umsetzen sollten, muss das nationale Regelwerk europakonform ausgelegt werden: europäisches Recht bricht nationales Recht! Sicherheitsrelevante europäische Richtlinien definieren Schutzziele durch grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen. Einhalten dieser sicherheitstechnischen Mindestanforderungen ist für jeden Hersteller obligatorisch. Alle für Hersteller relevanten EG-Richtlinien, die sich aus dem Artikel 95 EG-Vertrag (vormals Artikel 100 a) ergeben, müssen von allen Mitgliedsstaaten ohne Änderungen in ihr nationales Recht umgesetzt werden. Damit existieren in allen Mitgliedsstaaten gleichwertige verbindliche nationale Vorschriften für die Produktsicherheit. Mitgliedsstaaten müssen harmonisierte EN-Normen, die Grundanforderungen der Richtlinie spezifizieren und kon-
kretisieren, innerhalb einer festgelegten Frist in nationale Normen umsetzen. Form und Textgestaltung ist auch bei Normen zwar freigestellt, Inhalte müssen sie jedoch unverändert übernehmen. In der Bundesrepublik Deutschland geschah die Umsetzung im Bereich der Binnenmarktrichtlinien, z. B. für die Maschinenrichtlinie, durch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) mit seiner 9. Verordnung sowie durch harmonisierte und nichtharmonisierte EN-Normen. Alle Hersteller müssen in eigener Verantwortung planvoll Maßnahmen treffen und Konsequenzen ziehen, um diese Mindestanforderung an die Sicherheit ihrer Produkte verbindlich einzuhalten und diese nach außen zu dokumentieren. Es bleibt ihnen aber unbenommen, gleiche oder bessere Sicherheit auf andere Weise, als in harmonisierten EN-Normen niedergelegten, zu realisieren. Damit ermöglicht das europäische Recht, neue Wege in der Sicherheitstechnik zu beschreiten. Die in diesem Zusammenhang an einem Produkt angebrachte CE-Kennzeichnung und die vom Hersteller in eigener Verantwortung ausgestellte Konformitätserklärung signalisieren den nationalen Behörden, dass für dieses Produkt weder ein Grund noch die Möglichkeit besteht, den Import oder Vertrieb innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mit Argumenten zur unzureichenden Maschinensicherheit zu behindern. Jeder Staat kann grundsätzlich die Vermarktung und Verwendung von Produkten in seinem Hoheitsgebiet besonderen Auflagen unterwerfen, beschränken oder gar unterbinden, wenn Produkte eine ernste und unmittelbare Gefahr für die Benutzer bedeuten. Er muss aber der EU-Kommission das identifizierte gefährliche Produkt und die mit ihm verbundenen Gefahren melden, die sie je nach Ergebnis der Produktüberprüfung im Sinne des Schutzklauselverfahrens in eine EUNotifizierungsliste aufnimmt und auch veröffentlicht. Beim Umsetzen von Richtlinien auf der Basis des Artikels 137 EG-Vertrag (vormals Artikel 118) in nationales Recht, die sich vornehmlich an Betreiber und Betriebe richten, sind in den einzelnen Staaten Abweichungen zum höheren Sicherheitsniveau hin erlaubt.
2.2 Europäisches Recht
17
den zu vereinheitlichen, beizubehalten oder zu verbessern. Mit der überarbeiteten „runderneuerten“ Maschinenrichtlinie 2006/42/EG wurden mehrere Kritikpunkte weitestgehend behoben, obwohl das ursprüngliches Ziel, die Vereinfachung der rechtlichen Bestimmungen, nicht vollständig erreicht wurde. Vielmehr verbesserte die Novellierung die Rechtssicherheit der Zieladressaten (Hersteller und deren Konstrukteure). Dabei wurden praktisch keine substantiellen Neuigkeiten festgelegt, sondern die Anwendbarkeit der Maschinenrichtlinie wesentlich verbessert. Sehr ausführlich sind die Inhalte und die Änderungen zur Vorgänger-Richtlinie in [2.3] behandelt. Der materielle Inhalt der Maschinenrichtlinie ist in 29 Artikeln des verfügenden Teils und in zwölf Anhängen festgehalten, Bild 2.2-3. Im Verfügendem Teil legt die Maschinenrichtlinie im Sinne einer Verwaltungsvorschrift Verfah-
2.2.1 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Wie jede andere EG-Richtlinie auch, ist die Maschinenrichtlinie [2.2] ein Gesetzgebungsauftrag an die Mitgliedsstaaten. Sie sind verpflichtet, ihren materiellen Inhalt unverändert ins nationale Recht umzusetzen und es durchzusetzen. Mit der „alten“ Maschinenrichtlinie 98 / 37 / EWG verfolgten die Europäische Kommission und das Europäische Parlament mehrere Ziele. Einerseits war es das Sicherstellen des freien Warenverkehrs innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) durch Abbau (sicherheits-)technischer Handelshemmnisse, andererseits war es der politische Wille, das technische Sicherheitsniveau und die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen an Maschinen in den Mitgliedsstaaten durch einheitliche Vorgaben sowohl für Hersteller als auch für Aufsichtsbehör5LFKWOLQLHGHV(XURSlLVFKHQ3DUODPHQWVXQGGHV5DWHV YRP0DL
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Bild 2.2-3 Aufbau der Maschinenrichtlinie
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
18
ren fest, mit dem für jede handelbare Maschine ihre Übereinstimmung mit der Maschinenrichtlinie dokumentiert sein muss. Die Anhänge regeln technische Details und Ausführungsmöglichkeiten. Von besonderer Bedeutung ist der Anhang I, dessen Inhalt sehr ausführlich und konkret alle grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen an die Maschine festlegt, die zwingend erfüllt werden müssen. Definition der Maschine in der Maschinenrichtlinie. Maschinen sind in der Richtlinie als „eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind“ recht allgemein, eher juristisch und daher von der im allgemeinen Maschinenbau üblichen Auffassung abweichend definiert. Ähnliches gilt für die Definition unvollständiger Maschinen. Praktisch tätigen Konstrukteuren verlangen beide Definitionen beachtliche mentale Umsetzungsarbeit ab. Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie, sind u. a. • • • • • •
Einzelmaschinen verkettete Maschinen auswechselbare Ausrüstungen, bewegliche Maschinen Maschinen zum Heben von Lasten, Maschinen zum Heben oder Fortbewegen von Personen, • Bauaufzüge • unvollständige Maschinen, siehe Bild 2.2-4. Vorgaben des Anhangs I sind Richtschnur und Maßstab zugleich für die Entwicklung, Konstruktion und Gestaltung richtlinienkonformer Maschinen und somit eine wichtige Informationsquelle für jeden Maschinenbauer und sollten für jeden Konstrukteur unmittelbar verfügbar sein. Ebenfalls wichtig ist der Anhang IV, in dem das Prüf- und Bescheinigungsverfahren für die in einigen Mitgliedsstaaten als besonders gefährlich geltenden Maschinen (Maschinen mit erhöhtem Gefahren- bzw. Risikopotenzial) festge-
legt und die Maschinen selbst in 28 Positionen vollständig benannt und aufgelistet sind. Es handelt sich dabei z. B. um • Holz- und Fleischbearbeitungsmaschinen • Pressen und Biegepressen mit einem Hub größer als 6 mm und einer Geschwindigkeit von mehr als 30 mm/s • Gummi- bzw. Kunststoffspritzgieß- oder Formpressmaschinen mit manueller Beschickung
Gesamtheit von Maschinen. Im Sinne der Maschinenrichtlinie bilden Einzelmaschinen einschließlich maschineller Ausrüstungen die prinzipiell zusammenwirken können und so angeordnet und betätigt werden, dass sie als Gesamtheit funktionieren, eine Gesamtheit von Maschinen. Der Begriff Gesamtheit von Maschinen sollte jedoch mit gesundem Menschenverstand, Augenmaß und ingenieurmäßigem Zugang ausgelegt werden. Charakteristisch für die Gesamtheit von Maschinen sind die räumlichen, funktionellen, steuerungstechnischen und sicherheitstechnischen Verknüpfungen der einzelnen Komponenten, Bild 2.2-5. Räumliche Verknüpfung: Ergibt sich aus der Zusammenhängenden Anordnung der Komponenten zu einem Ganzen, wenn z. B. die einzelnen Maschinen zu einer räumlich zusammenhängenden Gesamtheit angeordnet sind, die durchlaufenden Werkstücke mit einem Transfersystem zwischen den Maschinen transportiert werden und sich alle Komponenten innerhalb eines Schutzzaunes befinden. Funktionelle Verknüpfung: Die Maschinen sind funktionell verknüpft und bilden produktionstechnisch eine Einheit, in der das Zusammenwirken der Maschinen auf ein gemeinsames Produktionsziel ausgerichtet ist. Steuerungstechnische Verknüpfung: Maschinen haben eine übergeordnete Steuerung und gemeinsame Befehlseinrichtungen. Sicherheitstechnische Verknüpfung: Sie ist dann vorhanden, wenn durch die steuerungstechnische Verknüpfung eine Gefährdung einer Maschine auf eine andere Maschine übertragen wird. Dann müssen übergeordnete sicherheitstechnische Maßnahmen für die gesamte Anlage getroffen werden, z. B. dadurch, dass Befehlseinrichtungen zum Stillsetzen nicht nur die jeweilige Maschine
2.2 Europäisches Recht
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Bild 2.2-4 Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
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Bild 2.2-5 Gesamtheit von Maschinen
stoppen, sondern auch die vor- und nachgeschalteten Komponenten und Einrichtungen.
Abgrenzung zur Niederspannungsrichtlinie. Die maschinenbezogene Schutzziele der Niederspannungsrichtlinie sind in die Schutzziele der Maschinrichtlinie integriert. Maschinenähnliche Produkte, die z. B. vornehmlich für die privaten Endverbraucher oder Bürobereiche bestimmt sind, sind produktbezogen der Niederspannungsrichtlinie 2006/95/EG zugeordnet. Bei klassischen elektrischen Maschinen aus dem Hochspannungsbereich (Transformatoren, Schaltgeräte) dominieren elektrische Gefährdungen. Deshalb sind sie ebenfalls aus dem Geltungsbereich der Maschinerichtlinien ausgenommen, Bild 2.2-6. Technische Dokumentation. Die Maschinenrichtlinie verleiht ausführlichen technischen Dokumentationen und den Betriebsanleitungen einen besonderen Stellenwert, der weit über das hinausgeht, was das ”alte” Gerätesicherheitsgesetz (GSG) in Deutschland gefordert hat. Es ist nur von Vorteil, wenn dass Konstruktionsabteilungen aufgrund ihres Informationsvorsprungs, der sich zwangsläufig während der Pro-
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Bild 2.2-6 Maschinenähnliche Produkte, die nicht unter die Maschinenrichtlinie fallen
duktentwicklung ergibt, die technische Dokumentation zur Konformitätserklärung nicht nur zusammenstellen sondern auch pflegen. Die Maschinrichtlinie stellt hierbei besonders die personalisierte Zuordnung heraus und verlangt, dass eine natürliche Person benannt ist, die für die Zusammenstellung und Archivierung der technischen Unterlagen autorisiert ist. Unterlagen brauchen zwar nicht körperlich aufbewahrt werden, müssen aber innerhalb der Zeitspanne von 10 Jahren nach Auslieferung der letzten Maschine auf Wunsch nationaler Marktaufsichtsbehörden in einer Amtssprache innerhalb angemessener Zeit (üblich sind 14 Tage) zur Verfügung gestellt werden. Es ist empfehlenswert, Aufbewahrungsfristen den jeweiligen Verjährungsfristen der Produkthaftung anzupassen. Eine sachgerechte Umsetzung der Maschinenrichtlinie ist heute zwar schon die
2.2 Europäisches Recht
Regel. Bei vielen Maschinen- und Geräteherstellern bestanden und bestehen immer noch Unsicherheiten bei der korrekten Anwendung und Erfüllung der Anforderungen der Maschinenrichtlinie, obwohl sie auf zahlreiche Publikationen, z. B. [2.4 - 2.6] und Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zurückgreifen können. Das Bemühen vieler Organisationen auf diesem neuen Aufgabengebiet qualifizierte Hilfen zu geben, ist ebenfalls unverkennbar, [2.7 - 2.11].
2.2.2 Europäische Normen Allgemein betrachtet, ist Normung ein freiwilliger Prozess, der auf einem Konsens zwischen den verschiedenen Akteuren des Wirtschaftslebens beruht. Die demokratische Legitimation der Normung ist dadurch gewährleistet, dass alle interessierten Kreise mitarbeiten können. Normen sind die höchste Stufe der von einer Institution erarbeiteten Dokumente, die unter Mitwirkung interessierter Kreise im Konsens der Akteure und im Einklang mit festgesetzten Regeln entstanden und allgemein zugänglich sind. Normen legen vornehmlich Regeln, Leitlinien oder Tätigkeitsmerkmale für wiederkehrende Anwendungen fest. Normen geben die überwiegende Fachmeinung wieder. Im Sinne einer Generalklausel gelten Normen als allgemein anerkannte Regeln der Technik bzw. als Stand der Technik (harmonisierte EN-Normen), nicht aber als Stand von Wissenschaft und Technik. Es ist das Merkmal der Freiwilligkeit ihrer Anwendung, das Normen von verpflichtenden Vorschriften (Gesetzen, Verordnungen) unterscheidet. Die Maschinenrichtlinie gibt in ihrem Anhang I sehr ausführlich grundlegende Sicherheitsund Gesundheitsschutzanforderungen vor. Damit setzt sie verbindliche Ziele, die auf mehreren Wegen erreicht werden können. Um die Anforderungen zu konkretisieren, entstehen im Mandat der Europäischen Kommission unter Federführung von CEN (Comité Européen de Normalisation) bzw. CENELEC (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) europäische Normen, die ihre rechtliche Relevanz erst durch eine Harmonisierung bekommen. Mit dieser Mandantierung ist die Initiative zur Erstellung von Normen von interessierten und betroffenen
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Verbänden an eine hoheitliche Stelle übergegangen. Europäische Norm (EN) ist eine von den privatrechtlichen Institutionen CEN bzw. CENELEC (beide sind nach belgischem Zivilrecht gegründete Vereine, dienen aber als politisches Instrument der Europäischen Gemeinschaft zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts) angenommene und veröffentlichte Norm, die mit der Verpflichtung verbunden ist, von den Mitgliedsstaaten der EG unverändert (mit der Nummer der EN-Norm) auf nationaler Ebene übernommen zu werden. Die Ausarbeitung der EN-Normen in Fachgremien erfolgt in Zusammenarbeit mit allen im privatwirtschaftlichen Interesse operierenden Organisationen mit dem Ziel, die Facharbeit möglichst auf einer Ebene durchzuführen und durch parallele Abstimmungsverfahren die gleichzeitige Anerkennung als ISO / IEC-Norm herbeizuführen. Europäische Normen, siehe Bild 2.2-7, sind hierarchisch nach dem deduktiven Prinzip ”vom Allgemeinen zum Konkreten” in drei Ebenen gegliedert, in • Typ A-Normen: Sicherheitsgrundnormen • Typ B-Normen: Sicherheitsfachgrundnormen • Typ C-Normen: Maschinensicherheitsnormen Diese Normen haben in Verbindung mit der Maschinenrichtlinie eine erhebliche rechtliche Relevanz sobald sie harmonisiert sind. Europäische Normen gelten als harmonisiert, wenn sie • unter einem Mandat und im Auftrag der Europäischen Kommission von privatrechtlichen Institutionen erarbeitet • im Amtsblatt der EU im Rahmen der betreffenden Richtlinie als Fundstelle aufgenommen und • in mindestens einem der Mitgliedsstaaten als nationale Norm umgesetzt worden sind. Mitgliedsstaaten müssen europäische Normen unverändert ins nationale Normenwerk übernehmen und zugleich von ihnen abweichende nationale Normen Zug um Zug zurückziehen. Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN)
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
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Bild 2.2-7 System der Europäischen Normen
veröffentlicht für die Bundesrepublik Deutschland EN Normen als DIN EN Normen in seinem Regelwerk. An der Bezeichnung EN ist allein nicht zu erkennen, ob es sich „nur“ um eine „europäische“ oder bereits um eine „im europäischen Amtsblatt veröffentlichte und somit harmonisierte“ Norm handelt. Erst das Vorwort einer Norm gibt die entsprechende Information. Eine Liste im pdf-Format der aktuellen harmonisierten Normen zum kostenlosen Downloaden ist z. B. unter www.vdma.org verfügbar. Typ A-Normen: Sicherheitsgrundnormen. Sie regeln z. B. grundlegende Fest legun gen, Verfahren und Begriffe zur Gestaltung sicherheits- und ergonomiegerechter Maschinen. Typ B-Normen: Sicherheitsfachgrundnormen. Sie richten sich an Hersteller von Maschinen und von Sicherheitskomponenten. Sie regeln Sicherheitsaspekte, die für mehrere Arten von Maschinen in gleicher Weise relevant sind, z. B. Mindestab-
stände gegen Erreichen von Gefahrstellen, Sicherheitsabstände für Schutzeinrichtungen und die Ausführung von Sicherheitskomponenten, z. B. von Not-Halt-Einrichtungen. Typ B-Normen gehen zwar nicht auf Schutzmaßnahmen konkreter Maschinen ein, stellen aber mehrere Lösungsmöglichkeiten vor. Hersteller können Typ B-Normen anwenden, wenn für ihre Produkte keine Typ CNormen vorhanden sind. Dann müssen sie aber eine auf eigenes Fachwissen beruhende Risikobeurteilung vornehmen und aus ihr Entscheidungen für die Konstruktionen treffen, die das Sicherheitsniveau vergleichbarer Typ C-Normen erreichen. Getroffene Entscheidungen, Festlegungen und Vereinbarungen sind zu dokumentieren. Dabei ist es manchmal hilfreich, rechtzeitig eine Prüfstelle einzubeziehen und eine schriftliche Vereinbarung mit dem Betreiber über Grundbedingungen und evtl. zusätzliche Anforderungen zu treffen. Typ C-Normen: Maschinensicherheitsnormen. Sie treffen Festlegungen zu spezifischen Ge-
2.2 Europäisches Recht
fährdungen einer Maschinenart oder -gruppe. CNormen dürfen Festlegungen nicht wiederholen, die in Typ A- oder B-Normen enthalten sind, müssen aber auf diese Normen und deren Festlegungen verweisen. Typ C-Normen dürfen sich zwar auf Typ A-Normen und Typ B-Normen beziehen, können aber von deren Lösungen abweichen, wenn dies für eine konkrete Maschinenart sinnvoll und somit eine andere Lösung erforderlich ist. Das Gleiche gilt auch für Typ B-Normen in Bezug auf Typ A-Normen. Daher ist es immer ratsam, nach allen für eine konkrete Maschine relevanten Typ C-Normen zu recherchieren. Typ C-Normen können sowohl Typ B- als auch A-Normen „schlagen“, [2.9]. So legt z. B. die Typ B-Norm EN 60 204-1 „Sicherheit von Maschinen- Elektrische Ausrüstung von Maschinen“ den Mindestschutzgrad von elektrischen Schaltgeräten auf IP 22 (finger- und tropfwassersicher) fest. Die Typ C-Norm ISO 12 643-1 (vormals EN 1010-1) „Sicherheitstechnische Anforderungen an Konstruktion und Bau von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen“ verlangt aber, dass elektrische Betriebsmittel dem höheren Schutzgrad IP 54 (staub- und spritzwassersicher) entsprechen müssen. Hintergrund: An diesen Maschinen ist mit hohem Anfall von brennbarem Papierstaub zu rechnen. Vermutungswirkung. Vorab: Juristisch betrachtet ist die Vermutungswirkung nur ein jederzeit widerrufliches Indiz für die Erfüllung der Anforderungendes Anhangs I der Maschinenrichtlinie. Folglich entbindet eine noch so strikte Anwendung einer (mehrteiligen?) harmonisierten Norm (Typ C-Norm) den Hersteller nicht von der Pflicht, Risikobeurteilungen durchzuführen! Er muss immer klären, ob die Norm zutreffend ist, welche grundlegenden Anforderungen der einschlägigen Richtlinien sie behandelt (steht im Anhang Z), ob Risiken existieren, die von der Norm nicht erfasst werden und ob die Norm unterschiedliche Lösungen anbietet, die eine Auswahl erfordern. Obwohl Normen weder ein Gesetz noch eine formell juristisch bindende Vorschrift sind, haben harmonisierte EN-Normen für die Hersteller eine besondere Bedeutung: Wenden Hersteller harmonisierte EN-Normen an, können sie davon ausgehen, dass die Ersteller von Typ C-Normen entsprechende Gefahrenanalysen und Risikobeurteilungen durchgeführt haben und die vorgeschlagenen
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Lösungen zur Risikobeherrschung dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Veröffentlichung entsprechen. Angestrebt ist, die Inhalte alle fünf Jahre zu überprüfen, zu aktualisieren bzw. zu revidieren. Hersteller können davon ausgehen, dass sie dann alle grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllen, sofern sie in den Normen hinreichend konkret behandelt werden (Vermutungswirkung). In strittigen Fällen müssen dann Aufsichtsbehörden Herstellern eine eventuelle Nichterfüllung nachweisen. Doch Vorsicht! Nur harmonisierte EN-Normen, d. h. im Auftrag der Europäischen Kommission und unter Leitung von CEN oder CENELEC erarbeitete, nach Freigabe durch die EU-Kommission (und vorheriger beratender Mitarbeit von CEN/CENELEC Consultants) und im Amtsblatt der EU als Fundstelle veröffentlichte Normen bewirken beim Anwenden die Konformitätsvermutung mit grundlegenden Anforderungen des Anhangs I der Maschinenrichtlinie! Mit anderen Worten: Bauen Hersteller Maschinen nach harmonisierten EN-Normen, können sie vorerst davon ausgehen, dass ihre Maschinen CE-konform sind, obwohl rechtlich betrachtet, harmonisierte EN-Normen nur einen empfehlenden Charakter haben. Bei abweichenden Lösungen bestimmen harmonisierte EN-Normen während der iterativ durchzuführenden Risikobeurteilung mit ihren Festlegungen den Maßstab, mit dem fallweise beurteilt wird, ob und wie gut eigene Lösungen die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen des Anhangs I der MRL erfüllen. Das Ergebnis ist entscheidend für die CEKonformität. Die Beweislast dreht sich im Falle der grundsätzlich möglichen eigenständigen sicherheitsgerechten Gestaltung um. Jetzt müssen Hersteller gegenüber Aufsichtsbehörden die Übereinstimmung ihrer Maschine mit grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie nachweisen. Sie müssen beweisen, dass sie eine gleichwertige sicherheitstechnische Lösung verwirklicht haben, Bild 2.2-8. Zur eigenen Rechtssicherheit können Hersteller vorab freiwillig eine notifizierte Stelle einschalten, um die Frage der Konformität klären zu lassen, oder noch besser, freiwillig Maschinen dort z. B. einer GS-Baumusterprüfung zu unterziehen. Diese Stellen werden von der Landesbehörde benannt, sobald die Zentralstelle der Länder (ZSL
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
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Bild 2.2-8 Zwei Wege zur Umsetzung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen
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in München) in einem Akkreditierungsverfahren die Einhaltung aller Anforderungen nach EN ISO/ IEC 17 250 festgestellt hat. Voraussetzung für die Tätigkeit als notifizierte Stelle im Sinne des Anhangs IV der Maschinenrichtlinie ist, dass der Mitgliedsstaat sie als solche bei der Europäischen Kommission gemeldet hat. Für Konstrukteure sind maschinenbezogene Typ C-Normen noch aus einem anderen Grund wichtig. In vielen von ihnen finden sie systematische Auflistungen von Gefahren, die für die jeweilige Maschine oder Maschinengruppe relevant sind. Das ist ein wichtiges Hilfsmittel für die eigene Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung. Fehlen für bestimmte Maschinen noch harmonisierte Normen, dürfen hilfsweise die bis jetzt gültigen und im Abschnitt 2 des Normenverzeichnisses der 9. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) aufgeführten nationalen DIN-Normen und technische Spezifikationen (VDE-Bestimmungen, VDI-Richtlinien, Regelwerk der Berufsgenossenschaften usw.) angewendet werden, Bild 2.2-9. Eine Aktualisierung dieser Normen ist laut Beschluss des Ausschusses für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (AtAV) derzeit nicht vorgesehen: Das nationale Produktsicherheitsrecht ist daher für Konstrukteure nur noch
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eine Orientierung und hat an Bedeutung erheblich verloren. Bis alle geplanten europäischen Normen in Kraft treten, wird wegen langwieriger, auf Kompromisse bedachten Verhandlungen (Normen können also sicherheitstechnische Lösungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner enthalten) eine geraume Zeit vergehen, trotz beschleunigter Verfahren. Mit zunehmender Überführung bishe-
2.2 Europäisches Recht
riger Normentwürfe in harmonisierte EN-Normen verlieren die bisher noch zur Präzisierung der Maschinenrichtlinie notwendigen nationalen Vorschriften und Normen ihre Gültigkeit. Für Hersteller bedeutet das praktisch, dass sie sich zukünftig zur sicheren Gestaltung ihrer Produkte konsequent auf europäische Sicherheitsnormen, insbesondere auf Typ C-Normen stützen sollten. Vor allem dann, wenn sie ihre eigene Lösungen mit vergleichbaren Sicherheitsniveau nicht einer Baumusterprüfung unterziehen lassen oder mögliche Rechtsrisiken nicht auf sich nehmen wollen. Dann sind sie gefordert, eigene Sicherheitskonzepte zu entwickeln und diese in die Risikobeurteilung zu überführen. IEC und ISO-Normen. Diese Normen entstehen unter Federführung von ISO (International Standards Organisation) und IEC (International Electrotechnical Committee). Sie gelten nicht nur in Europa, sondern weltweit. Im Unterschied zur europäischen Ebene besteht auf globaler Ebene keine Verpflichtung, ISO-Normen in das nationale Regelwerk zu übernehmen. Ihre Bedeutung außerhalb Europas ist daher unterschiedlich. Schon früher wurden in ISO/IEC-Normen sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte für das Konstruieren von Maschinen geregelt, so z. B. für landwirtschaftliche Maschinen aber auch für Auswuchtmaschinen oder Textilmaschinen. Die europäische Normungsarbeit verfolgt das Ziel, wenn auch nicht alle doch möglichst viele zur Revision anstehenden EN-Normen als EN ISO/IEC Normen zu veröffentlichen. Mittlerweile sind Inhalte zahlreicher harmonisierter EN-Normen, welche die Sicherheit von Maschinen spezifizieren, von der internationalen Normung aufgegriffen und in ISO/IEC-Normen umgesetzt worden. Haben ISO/IEC-Normen den materiellen Inhalt harmonisierter EN-Normen vollständig übernommen und sind sie formal harmonisiert, haben sie für die Maschinenhersteller die gleiche rechtliche Bedeutung, wie originäre EN-Normen und lösen ebenfalls die Vermutungswirkung aus: Die nach diesen Normen gebauten Maschinen erfüllen die sicherheitstechnischen Vorgaben der Maschinenrichtlinie. Das hat für global agierende Hersteller den Vorteil, dass sie sich, auf längere Zeit betrachtet, auf weltweit gleiche Sicherheitsstandards schon jetzt einstellen können.
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2.2.3 Konformitätsbewertungsverfahren Spätestens seit 1. 1. 1995 müssen alle in Verkehr gebrachten Maschinen konform mit allen relevanten EG-Richtlinien, vor allem mit der Maschinenrichtlinie sein. Hersteller können beim Konformitätsbewertungsverfahren im Rahmen der CE-Kennzeichnungspflicht aus mehreren Möglichkeiten frei wählen. Konformitätserklärung. Hersteller müssen für jede gefertigte bzw. ausgelieferte verwendungsfertige Maschine eine EG-Konformitätserklärung ausstellen, um die Übereinstimmung mit der Maschinenrichtlinie zu dokumentieren. Erst dann dürfen sie an der Maschine dauerhaft und gut sichtbar die CE-Kennzeichnung anbringen. Wenn mit diesen Maschinen noch weitere Gefahren und mit ihnen verbundene Risiken verknüpft sind, deren Beherrschung in anderen EGRichtlinien geregelt sind (z. B. ATEX, Druckgeräte), so muss sichergestellt sein, dass die CE-Kennzeichnung tatsächlich die Übereinstimmung mit allen relevanten Richtlinien signalisiert. Jede zertifizierte Maschine, auch wenn deren Komponenten mehreren EG-Richtlinien entsprechen, darf im Typenschild oder in dessen unmittelbaren Nähe nur eine einzige CE-Kennzeichnung tragen. Dies gilt auch für solche Maschinen, für die auf Grund ihrer technologischen Funktion mehrere Richtlinien gelten, die eine CEKennzeichnungspflicht nach sich ziehen. So ist davon auszugehen, dass die meisten neuzeitigen Maschinen eine elektrische und elektronische Ausrüstung haben und daher die EMV-Richtlinie (Elektromagnetische Verträglichkeit) mitgelten wird. Maßnahmen der EMV müssen sicherstellen, dass einerseits Maschinen ausreichende elektromagnetische Störfestigkeit haben, anderseits von Maschinen ausgehenden Störungen innerhalb zulässiger Grenzen bleiben. Inhalt der Konformitätserklärung muss dem Anhang II der Maschinenrichtlinie entsprechen und in der Sprache des Verwendungslandes verfasst sein. Einzelne Schritte und Vorgänge, die dem eigentlichen Ausstellen der Konformitätserklärung als Ergebnis eines Konformitätsbewertungsverfahren vorausgehen, sind im Bild 2.2-10 zusammengefasst. Diese Schritte gelten nur für Maschinen, Produkte oder Baugruppen, deren Sicherheit EG-Richtlinien regeln. Des-
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
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Bild 2.2-10 Prinzipielle Schritte und Ablauffolge des Konformitätsbewertungsverfahrens
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2.2 Europäisches Recht
halb ist eine Richtlinienrecherche unbedingt allen weiteren Unternehmungen voranzustellen, um die Rechtsgrundlage zu ermitteln, welche die Notwendigkeit einer Konformitätsbewertung und die mit ihr verbundenen CE-Kennzeichnungspflicht festlegt. Sofern mehrere CE-Richtlinien zur Anwendung kommen, ist zu überprüfen, ob ein Anwendungsvorrang festgelegt ist und ob sich ggf. die anzuwendenden Rechtsvorschriften gegenseitig ausschließen. Normen in der Konformitätserklärung. Nur das Auflisten aller relevanten EG-Richtlinien (in den meisten Fällen sind es die Maschinenrichtlinie und die EMV-Richtlinie) in der Konformitätserklärung ist zwingend vorgeschrieben, nicht aber das Auflisten angewendeter europäischer oder nationaler Normen. Normen sind nach der auf europäischem Recht basierenden Richtlinienstruktur keine bindenden Rechtsvorschriften. Das Auflisten möglichst vieler Normen in der Konformitätserklärung kann bewirken, dass Gutachter beim Beurteilen von (Körper-)Schadensfällen sehr sorgfältig prüfen werden, ob alle aufgelisteten Normen auch vollständig umgesetzt waren. Eine partielle Umsetzung einer aufgelisteten Norm, so begründet sie auch sein sollte, kann die Rechtsentscheidung negativ beeinflussen. Fazit: Beim Auflisten von Normen in der Konformitätserklärung kann weniger mehr sein. In EN-Normen, vor allem in Maschinensicherheitsnormen, sind typische Konstruktionsmaßnahmen aufgeführt, die diese Zielvorgaben realisieren. Da Normen aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte immer nur konkrete, zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens erreichten technischen Lösungen festhalten, geben sie später, zum Zeitpunkt ihrer Anwendung, bestensfalls den Stand der Technik zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung (Weißdruck) wieder. Die Frage der Aktualität kann bei Produkthaftungsfragen von entscheidender Bedeutung sein. Neuere, zeitgemäßere Entwicklungen können von den konkreten normativen Vorgaben abweichen, das Schutzziel aber auf andere Weise erreichen. Eigene sicherheitstechnische Lösungen müssen mindestens das gleiche Sicherheitsniveau wie die genormten Vorgaben aufweisen. Hersteller sind darüber nachweispflichtig. Funktionalität (Benutzerorientiertheit ist gefragt, keine Überfunktionalität!) und Einhalten des Kostenrahmens sind für die Akzeptanz von
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Sicherheitsmaßnahmen durch Benutzer wohl die wichtigsten Gesichtspunkte. Heutzutage sind Kunden nicht immer bereit, zusätzlichen oder gar übertriebenen sicherheitstechnischen Aufwand zu honorieren, vor allem dann nicht, wenn, berechtigt oder unberechtigt, der Verdacht einer erschwerten Handhabbarkeit aufkommt. Ausschlaggebend für das Sicherheitsniveau der zu treffenden Maßnahmen ist das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung, die während der Konstruktionsphase mehrmals durchgeführt werden sollten. Gleiche oder vergleichbare Sicherheit lässt sich nicht selten mit unterschiedlich aufwendigen Maßnahmen erreichen. CE-Kennzeichnung. Vorab: CE-Kennzeichnung wendet sich primär an staatliche (Marktüberwachungs-)Behörden Europas, nicht an den Maschinenbenutzer. Sie ist nur in den gesetzlich zugelassenen Fällen erlaubt. CE-Kennzeichnung dokumentiert nach außen die einseitige Erklärung (Behauptung) des Herstellers bzw. des Importeurs, dass seiner Überzeugung nach für die verwendungsfähige Maschine, alle Sicherheitsanforderungen aus die für relevanten EG-Richtlinien erfüllt sind. CE-Kennzeichnung ist also eine öffentliche Konformitätserklärung, der sichtbare Abschluss eines erfolgreichen Konformitätsbewertungsverfahrens, [2.10]. Eine mit CE gekennzeichnete Maschine darf daher innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) keinen behördlichen Handelsbeschränkungen unterliegen. CE-Kennzeichnung ist ein Verwaltungszeichen und kein Sicherheitszeichen im engeren Sinne, wie es z. B. das VDE- oder das GS-Zeichen sind und die sich primär an den Kunden (Endverbraucher, Anwender und Maschinenbenutzer) richten. Da die CE-Kennzeichnung der zu erwartenden Lebensdauer der Maschine entsprechen muss, empfiehlt es sich keine Aufkleber zu verwenden, sondern die CE-Kennzeichnung gut sichtbar auf einen dauerhaft angebrachten metallischen Träger, z. B. mit auf dem Typenschild der Maschine oder in dessen Nähe, dann aber in gleicher Technik ausgefüht, unterzubringen, Bild 2.2-11. Bei Anlagen, die aus mehreren verketteten Maschinen bestehen, wird die CE-Kennzeichnung an eine repräsentativen Stelle, z. B. Steuerstand, Leitwarte angebracht.
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
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7\S867 1U %M Bild 2.2-11 CE-Kennzeichnung am Typenschild
Einbauerklärung. Maschinenteile, Aggregate oder Baugruppen, die nur im an- oder eingebauten Zustand in eine Maschine bestimmungsgemäß funktionieren, gelten im Sinne der Maschinenrichtlinie als nicht verwendungsfähig. Darunter fallen auch komplette, vollständige Maschinen, die sicherheitstechnisch unvollständig ausgeliefert werden, weil z. B. Kunden spezielle Wünsche oder Randbedingungen vereinbart haben. Solche Maschinen sind im Sinne der Maschinenrichtlinie nicht verwendungsfähig und dürfen keine CEKennzeichnung tragen. Für sie darf nur eine Einbauerklärung (mit Montageanleitung) ausgestellt werden. Die Einbauerklärung muss Aussagen darüber enthalten, welche grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie relevant sind und welche eingehalten werden. Die Einbauerklärung muss dem Betreiber auch die Inbetriebnahme der Maschine so lange untersagen, bis sie als Ganzes der Maschinenrichtlinie entspricht. Es ist sinnvoll, kundenfreundlich und auch ein Gebot der Redlichkeit in einem Begleitdokument dem Betreiber mitzuteilen, welche Sicherheitsmaßnahmen der Hersteller realisiert hat und welche Maßnahmen der Betreiber in eigener Verantwortung durchzuführen hat. Dieser Zusatz ist für die Rechtssicherheit des Herstellers vor allem dann wichtig, wenn auf Kundenwunsch (unbedingt schriftlich im Kaufvertrag festhalten!) eine, ansonsten der Maschinenrichtlinie entsprechende Maschine ohne Schutzeinrichtungen ausgeliefert werden soll, die der Betreiber vor Ort (kostengünstiger?) selbst anpassen will oder wenn die Maschine mit einer Schutzkonzeption nach Kundenwunsch gebaut werden soll.
Praktische Umsetzung. Um sicherheitsgerechte Maschinen oder Produkte zu konstruieren und Konformitätsbeurteilungen mit zuverlässigem Ergebnis durchführen zu können, ist u. a. ein permanenter Zugang zu aktuellen Informationen über Entwicklungen der Sicherheitstechnik in den relevanten EG-Richtlinien, harmonisierten Normen und anderen Regeln der Technik notwendig. Das setzt jedoch neben einem, wohl immer mehr anwachsenden, verwaltungstechnischen Aufwand auch eine entsprechende Personalkapazität mit ausreichendem Fachwissen voraus. Das sind betriebswirtschaftliche Faktoren, die Hersteller bei der Beantwortung der Frage heranziehen müssen, ob sie ein von einer benannten Stelle genehmigtes System zur umfassenden Qualitätskontrolle aufbauen, das die Erfüllung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen gewährleistet und sie dann EG-Konformitätsbewertungen selbst ausführen werden oder von einem spezialisiertem Ingenieurbüro bzw. gar einer notifizierte Prüfstelle ausführen lassen, Bild 2.2-12. Die Verantwortung, alle Verfahrensschritte für das Konformitätsbewertungsverfahren einzuhalten, obliegt einzig und allein dem Hersteller. Diese Verantwortung ist nicht teilbar, unabhängig davon, ob er einen Dritten in das Konformitätsbewertungsverfahren eingeschaltet hat oder nicht. Mit anderen Worten: Der Hersteller bleibt immer der Herr des Verfahrens und damit auch in der Verantwortung für die Korrektheit der Konformitäts- bzw. der Einbauerklärungen und für das Anbringen der EC-Kennzeichnung. Maschinen nach Anhang IV. Eine Besonderheit bilden Maschinen mit besonderem Risikopotenzial, die im Anhang IV der Maschinenrichtlinie abschließend aufgelistet sind. „Abschließend aufgelistet“ bedeutet, dass nur und nur die in der Liste aufgeführten Maschinenarten, unter diese Bestimmungen fallen und in einigen Mitgliedsstaaten als besonders gefährlich gelten, auch wenn einzelne Fachleute anderer Meinung sind. Ein hohes Gefährdungspotenzial bzw. besonderes Risiko sind vor allem dann vorhanden, wenn Maschinen mit bewegten Werkzeugen spanabhebend oder spanlos fasrige organische Stoffe bearbeiten, deren physikalischen Parameter dem Körpergewebe entsprechen und die Beschickung, Entnahme oder Werkstückvorschub manuell erfolgt.
2.2 Europäisches Recht
Werden diese Maschinen unter strikter Anwendung harmonisierter C-Normen konstruiert und gebaut, dürfen sie ohne Baumusterprüfung in den Verkehr gebracht werden. Wenn Hersteller solche Maschinen nicht unter Anwendungen dieser Normen konstruieren und bauen, können sie zwischen EG-Baumusterprüfung und dem Verfahren einer umfassenden Qualitätssicherung wählen. Positives Ergebnis einer EG-Baumusterprüfung muss innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gegenseitig anerkannt werden, denn Anforderungen der EG-Richtlinien haben Gesetzeskraft und sind für jedes im EWR vertriebenes Produkt verbindlich. Der im Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie ansässige und daher für die Behörden jederzeit im Rahmen einer hoheitlichen Handlung greifbare Hersteller erklärt mit der CE-Konformitätserklärung / Einbauerklärung und der CE-Kennzeichnung in eige-
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Bild 2.2-12 Europäisches Konformitätsbewertungsverfahren
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ner Verantwortung, das er alle Vorgaben der Maschinenrichtlinie erfüllt hat. Wer gilt als Hersteller? Wer als Hersteller auftritt, wird als Hersteller behandelt! Als Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie gilt nicht nur der eigentliche Produzent, in dessen Namen und auf dessen Rechnung Maschinen auf den Binnenmarkt kommen. Rechtlich betrachtet, kann jeder zum Hersteller werden, ohne jemals ein Produkt oder Maschine hergestellt zu haben: Denn, jeder der es hinnimmt, dass mit seinem Namen oder seiner Marke gekennzeichnete Produkte in den Verkehr gebracht werden, kann als Quasi-Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz in Anspruch genommen werden. Somit gilt auch derjenige als Hersteller, der durch Aufdruck seines Namens oder Marke den Eindruck erweckt, er habe das Produkt hergestellt und sei er auch nur Lieferant des Produkts. Lässt sich Hersteller durch Angaben auf dem Produkt nicht eindeutig feststellen, ist der Lieferant zur Auskunft über den Hersteller verpflichtet, mit dem er zusammenarbeitet. Der Lieferant haftet dann neben dem eigentlichen Hersteller oder Quasi-Hersteller selbst, wenn er diese Auskunft nicht fristgerecht erteilt. Quasi-Hersteller müssen ihren Sitz im Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie haben. Als Hersteller gilt z. B. auch derjenige, der Komponenten (Handelsware ohne CE-Kennzeichnung aber mit Einbauerklärung und Montageanleitung eines oder mehrerer Hersteller) zu einer Maschine zusammenbaut oder aus mehreren CE-gekennzeichneten Maschinen eine Gesamtheit von Maschinen oder sie zu einer verketteten Anlagen funktionell zusammenbaut. Er ist dann auch rechtlich verantwortlich für die Sicherheit der gesamten Anlage, Bild 2.2-13 . Vorsicht: Hier genügt es nicht, Einbauerklärungen der einzelnen Komponenten oder Konformitätsbescheinigungen der Maschinen zusammenzustellen und abzuheften. Es müssen alle Einzelkomponenten, ganz besonders aber gemeinsame Schnittstellen und das Gesamtsystem sicherheitstechnisch geprüft und die Konformität fürs Ganze bescheinigt werden. Wer eine vorhandene Maschine umbaut, wird zu deren Hersteller. Ob beim Umbauen einer Altmaschine das Sicherheitsniveau einer vergleichbaren CE-gekennzeichneten Maschine erreicht wer-
30
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
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Bild 2.2-13 Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie
den muss, hängt entscheidend davon ab, ob durch Umbaumaßnahmen eine „wesentliche Änderung“ der Maschine eingetreten ist. Sie liegt immer dann vor, wenn nach dem Umbau neue Risiken auftreten, die von den vorhandenen Schutzmaßnahmen nicht mehr beherrscht werden. Aufschluss darüber können nur redlich durchgeführte Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen geben.
• Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ergeben, dass mögliche Personenschäden irreversibel bzw. mögliche Sachschäden sehr hoch sein können • originäre Schutzeinrichtungen (z. B. trennende) sind nicht in der Lage, den neuen Gefahren bzw. erhöhten Risiken ausreichend entgegenzuwirken siehe Bild 2.2-14.
Wesentliche Änderung einer Maschine. Eine wesentliche Änderung einer Maschine liegt dann vor, wenn folgende Bedingungen zugleich erfüllt sind • Umbau der Maschine bewirkt neue Gefährdungen bzw. höhere Risiken • Wahrscheinlichkeit des Personen- oder Sachschadens erhöht sich
Durch eine wesentliche Änderung der Maschine erlischt eine evtl. vorhandene originäre Konformitätserklärung des Herstellers. Eine wesentliche Änderung liegt dagegen nicht vor nach dem: • Instandsetzen • Einbau von Original-Ersatzteilen
2.2 Europäisches Recht
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31
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Bild 2.2-14 Entscheidungskriterien zur wesentlichen Änderung einer Maschine
• Austausch von Teilen zur Verbesserung der Verfügbarkeit • Austausch von Werkzeugen • Verbessern der Schutzfunktion, z. B. Nachrüsten mit einer höherwertigen Schutzmaßnahme Nochmals: Werden an einer Altmaschine höherwertige Schutzmaßnahmen verwirklicht, z. B. einfache Verdeckungen durch verriegelte Verkleidungen ersetzt, gilt dies nicht als wesentliche Änderung, die Pflichten im Sinne des Konformitätsbewertungsverfahrens auslöst, da sie die Maschinensicherheit verbessern, [2.11]. Sonst würde sich dies für zukünftige eigenverantwortliche Bemühungen zur Erhöhung der Maschinensicher-
heit höchstwahrscheinlich als kontraproduktiv erweisen. Eine wesentliche Änderung führt für den Umbauer zu mehreren Konsequenzen. Er muss: • neue Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen durchführen und ggf. adäquate sicherheitstechnische Maßnahmen realisieren • alle Schutzziele der Maschinenrichtlinie mit sicherheitstechnischen Maßnahmen erreichen • Ergebnisse der Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung und die getroffenen sicherheitstechnischen Maßnahmen dokumen-
32
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechter Produkte
tieren und auf Verlangen der Behörden vorzeigen • eine aktuelle Betriebsanleitung erstellen • eine neue Konformitätserklärung ausstellen und die CE-Kennzeichnung an der Maschine anbringen Der Umbauer übernimmt dann alle Pflichten eines originären Herstellers somit auch die Pflichten aus der Produkthaftung und der Produktüberwachung.
2.2.4 Technische Unterlagen für Maschinen Technische Dokumentation. Der Anhang II der Maschinenrichtlinie verpflichtet Hersteller, Technische Unterlagen (auch interne technische Dokumentation genannt) für die von ihnen produzierten Maschinen zusammenzustellen. In diesen Unterlagen müssen vornehmlich alle realisierten Maßnahmen festgehalten sein, die grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen betreffen, Bild 2.2-15. Die technischen Unterlagen müssen u. a. enthalten: • allgemeine Beschreibung der Maschine
• Beschreibung und Erläuterungen zur Funktionsweise der Maschine • Gesamtplan der Maschine • alle Steuerungspläne • detaillierte und vollständige Pläne, evtl. mit Berechnungen, Versuchsergebnissen usw., sofern sie für die Überprüfung der Übereinstimmung der Maschine mit den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen notwendig sind • Listen aller relevanten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen aus - allen herangezogenen EG-Richtlinien - angewandten europäischen und ggf. nationalen Normen - anderen technischen Spezifikationen, die bei der Konstruktion der Maschine berücksichtigt wurden • Unterlagen über die Ergebnisse der Gefahrenanalyse und Risikobeurteilung • Beschreibung sicherheitstechnischer Lösungen zur Risikominimierung • von benannten Stellen ausgestellte technische Berichte oder Zertifikate • ein Exemplar der Betriebsanleitung • eine Kopie der EG-Konformitätserklärung der
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Bild 2.2-15 Interne- und externe technische Unterlagen
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2.2 Europäisches Recht
Maschine, Konformitätserklärungen verbauter Sicherheitsbauteile und ggf. Einbauerklärungen und Montageanleitungen verbauter unvollständiger Maschinen sowie Konformitätserklärungen verbauter Sicherheitsbauteile • nur bei Serienfertigung: Zusammenstellung intern getroffener Maßnahmen zur Gewährleistung der Übereinstimmung der Maschinen mit den Bestimmungen der Maschinenrichtlinie. Hersteller können die technischen Unterlagen selbst anfertigen oder anfertigen lassen. Sie brauchen zwar nicht ständig und tatsächlich körperlich vorhanden sein, müssen jedoch auf begründetes Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist (in der juristischen Praxis sind das 14 Tage) zusammengestellt und zur Verfügung gestellt werden. Technische Unterlagen müssen 10 Jahre lang nach dem letzten Tag der Herstellung der Maschine verfügbar sein. Hersteller müssen in der EG-Konformitätserklärung eine natürliche Person benennen, die zur Bereitstellung der technischen Unterlagen autorisiert ist. Maschinenbetreiber haben keinen öffentlichrechtlichen Anspruch auf diese ausführlichen internen Unterlagen, die „richtiges“ Know-How des Herstellers enthalten, sondern nur auf die externe Dokumentation: Betriebsanleitung, Konformitäts- oder Einbauerklärung / Montageanleitung für unvollständige Maschinen und auf Informationen, die im Typenschild der Maschine festgehalten sind. Im Rahmen der freien Vertragsgestaltung können jedoch sachdienliche Vereinbarungen (z. B. Einsicht in den Räumlichkeiten der Herstellerfirma, Hinterlegung bei einem Notar oder gegengezeichnetes Abnahmeprotokoll in der Betreiberfirma usw.) auf privatrechtlicher Basis getroffen werden. Betriebsanleitungen. Hersteller erstellen Betriebsanleitungen, damit das Produkt überhaupt erfolgreich genutzt werden kann. Aus der Sicht des Gesetzgebers hat die Betriebsanleitung jedoch folgende zwei Hauptaufgaben: 1. über den vorgesehenen bestimmungsgemäßen Verwendungszweck informieren und diesen ggf. einschränken. 2. vor Gefahren warnen, die bei bestimmungsgemäßen Verwendung drohen und
33
nicht zum allgemeinen Erfahrungswissen des Benutzerkreises gehören. Glichen Betriebsanleitungen früher eher Produktbzw. Funktionsbeschreibungen einer Maschine, so müssen heute Betriebsanleitungen auf die Bedürfnisse der Maschinenbenutzer ausgerichtet sowie tätigkeits- und handlungsorientiert aufgebaut sein [2.12], um den (sicheren) Umgang mit der Maschine zu erlernen. Lernoptimiert sind Betriebsanleitungen dann, wenn die darin enthaltene Information • • •
sachlich richtig (wahr) vollständig (aber nicht überladen) verständlich (klar formuliert)
dargeboten sind. Dies gilt besonders für sicherheitsbezogene Informationen. Denn Betriebsanleitungen sind sie heute ein untrennbarer Teil des Sicherheitskonzeptes der Maschine. In ihnen enthaltene Informationsfehler gelten als Produktfehler und können zu gleichen rechtlichen Konsequenzen führen. Informationen zum sicherheitsgerechten Verhalten sollen zwei Ebenen berücksichtigen: • die Zeitebene der Lebensphasen der Maschine, s. Bild 2.2-16 und darin • die funktionale Ebene der einzelnen Systeme der Maschine, siehe Abschnitt „3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen“ auf Seite 64. Die Sprachenfrage (Übersetzung in die Sprache(n) des Verwendungslandes) ist zwischen den Vertragspartnern privatrechtlich nicht „verhandelbar“. Es gelten hierfür die rechtlichen Vorgaben der Maschinenrichtlinie: Original-Betriebsanleitungen können in einer Amtssprache der EU verfasst sein. Wenn die Amtssprache nicht die Sprache des Verwendungslandes ist, besteht Übersetzungspflicht. Zu übersetzen hat der Hersteller oder der Importeur in das Sprachgebiet. Die Letztverantwortlichkeit für die Richtigkeit verbleibt immer beim Hersteller. Die Informationsgestaltung, Darbietungsform und Layout der Betriebsanleitungen sind in der Maschinenrichtlinie nicht vorgeschrieben, ihre Ausführung bleibt also dem Hersteller in ei-
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
34
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Bild 2.2-16 Wichtige Benutzerinformationen in Betriebsanleitungen
gener Verantwortung überlassen. Als besonders wirkungsvoll erweisen sich Betriebsanleitungen, wenn deren Inhalte wie folgt strukturiert aufgebaut sind [2.13]: • • • •
Leistungsbeschreibung Maschinenbeschreibung Gefahren- und Sicherheitshinweise Tätigkeitsbeschreibung mit Handlungsan-
weisungen (Das Handeln-Können muss im Mittelpunkt stehen!) • Beschreibung der Funktionsweise • Technische Unterlagen (soweit für den sicheren Umgang notwendig). Anforderungen an sicherheitsbezogene Inhalte von Betriebsanleitungen sind im Abschnitt 1.7.4 des Anhangs I der Maschinenrichtlinie festgelegt,
2.2 Europäisches Recht
35
die in weiteren Abschnitten noch spezifiziert bzw. ergänzt werden. Beim Anwenden harmonisierter EN-Normen sind deren Vorgaben hinsichtlich Betriebsanleitungen und Gefahrenhinweise unbedingt zu beachten. Betriebsanleitungen müssen demnach Maschine und Hersteller eindeutig identifizieren, die bestimmungsgemäße Verwendung genau festlegen, sachwidrige Verwendungen und vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen verbieten, richtigen Umgang und Handhabung für alle Lebensphasen vorgeben und vor Restrisiken warnen. Sicherheitshinweise, Warnungen vor Restgefahren und das Verbot aller dem Hersteller bekannten oder vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendungen sollen dem eigentlichen Aussageteil der Betriebsanleitung vorangestellt werden. Betriebsanleitungen müssen u. a. folgende Informationen enthalten:
Aus juristischer Sicht stellen sich an die Formulierung der Gefahren- und Sicherheitshinweise folgende Anforderungen:
• Allgemeine Angaben: - EG-Konformitätserklärung - alle Angaben zur Identifizierung der Maschine und des Herstellers (Firmenname und vollständige Anschrift) - Bezeichnung der Maschine - technische Beschreibung der Maschine • Sicherheitsrelevante Informationen: - grundlegende Sicherheitshinweise - Festlegungen zur bestimmungsgemäßen Verwendung und Warnungen vor sachwidriger Verwendung bzw. vor erfahrungsgemäßen Fehlanwendungen in allen Lebensphasen - Angaben zu Restrisiken - Anforderungen an das Maschinenpersonal und Arbeitsplätze - Angaben zu Werkzeugen, die verwendet werden dürfen - Angaben über Emissionswerte von Lärm und Vibrationen, Hinweise auf besondere Gefahren, z. B. durch explosionsfähige Atmosphäre - u. v. m.
Betriebsanleitung ist sowohl Bestandteil der Maschine als auch der Technischen Unterlagen. Ausführlich und erschöpfend werden diese Fragestellungen z. B. in [2.12] behandelt.
Es empfiehlt sich, diesen Abschnitt typographisch besonders wirkungsvoll zu gestalten unter Nutzung gleicher Piktogrammen bzw. Sicherheitszeichen, die als Maßnahme der hinweisenden Sicherheitstechnik an der Maschine platziert sind.
• Es muss eindeutig beschrieben sein, wann und warum eine Maschine gefährlich ist, • Gefahren müssen konkret bezeichnet sein • Gefahrenart muss deutlich herausgestellt sein • Es dürfen weder eigenes Nachdenken noch Schlussfolgerungen über Gefahren notwendig sein • Der Funktionszusammenhang Gefahr-Folgen muss so verständlich dargelegt sein, dass er plausibel wird • Folgen müssen in vollem Umfang genannt sein • Gefahrvermeidende Verhaltensweisen müssen begründet sein.
Betriebsanweisung. Generell gilt, dass die vom Hersteller erstellte Betriebsanleitung alle Informationen enthalten muss, aus denen Maschinenbetreiber Betriebsanweisungen für seine Mitarbeiter zum sicheren Arbeiten mit und an der Maschine in seinem Betrieb erstellen können. Maschinenbetreiber müssen in eigener Verantwortung aufgrund der für sie relevanten gesetzlichen Bestimmungen, ihrer Fürsorgepflicht und ihres Hausrechts unter Berücksichtigung aller betrieblichen Gegebenheiten in betriebsinternen maschinenspezifischen Betriebsanweisungen alle erforderlichen Schutzmaßnahmen (z. B. Verhalten bei Störungen, Benutzung persönlicher Schutzausrüstung, regelmäßiges Prüfen der Schutzeinrichtungen u. v. m.) für die Maschinenarbeiter sowie für das Instandhaltungs- und Wartungspersonal festlegen, an deren Sprachniveau anpassen und allgemein zugänglich machen, z. B. durch Aushang an oder in Nähe der Maschine. Es ist ratsam, dass der Hersteller den Betreiber auf seine Pflicht zum Erstellen der Betriebsanweisung in geeigneter Form schriftlich hinweist.
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht Das Produktsicherheitsrecht in Deutschland ist im Umbruch. Einerseits strahlt das übergeordnete Europäische Recht konsequent ein, andererseits ist eine generelle Deregulierung und Entbürokratisierung auf nationaler Ebene unverkennbar. Diese an sich positive Entwicklung ist jedoch verbunden mit erhöhter Eigenverantwortlichkeit sowohl der Hersteller als auch Maschinenbetreiber und Maschinenarbeiter.
2.3.1 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) Das ”Gesetz über technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz - GSG)” aus dem Jahr 1968 setzte den alten juristischen Grundsatz auf technische Produkte um, dass jeder, der eine Gefahr geschaffen hat, die zum Schutze der Benutzer oder Dritter alle notwendigen und erforderlichen Vorkehrungen zu treffen hat, um Schäden zu vermeiden, abzuwenden oder soweit wie möglich einzuschränken. Es verpflichtete Hersteller und Importeure, nur sichere technische Arbeitsmittel in Verkehr zu bringen. Die Gültigkeit des zuletzt im Jahre 1992 novellierten Gesetzes wurde zum 30. April 2004 aufgehoben und durch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) einschl. aktualisierter Rechtsverordnungen ersetzt, Bild 2.3-1. Dieses Gesetz ist, wie jedes andere Gesetz auch, allgemein gültig und für jeden in der Bundesrepublik Deutschland verbindlich. Genauso verbindlich sind alle Rechtsverordnungen, die an dieses Gesetz angebunden sind. Mit ihnen übernahm die Bundesregierung weitere EG-Richtliniennien ins nationale Recht, die sicherheitstechnische Sachverhalte regeln. Mit diesem Gesetz wurde nicht nur der materielle Inhalt des „alten“ Gerätesicherheitsgesetzes der aktuellen Rechtslage im Binnenmarkt angepasst sondern auch die Vorgaben aus der europäischen „Produktsicherheitsrichtlinie“ 2001/95/ EG, der EG-Richtlinien 92/59/EWG „Allgemeine Produktsicherheit“ und 93/68/EWG „CE-Kennzeichnung“ (die bis dahin auf nationaler Ebene im Produktsicherheitsgesetz vom 22. April 1997 geregelt waren) in nationales Recht umgesetzt. Das GPSG hat den Zweck, die Sicherheit technischer Produkte (also nicht nur der technischen Arbeits-
mittel, z. B. Maschinen, sondern auch der Endverbraucherprodukte) zu verbessern, indem Hersteller (Produzenten, aber auch diejenigen, die sich durch Anbringen ihres Namens, Kennzeichens oder Marke als Hersteller ausgeben) und Händler (auch Importeure) verpflichtet, nur sichere Produkte zur gewerblichen oder privaten Nutzung auf den Markt zu bringen. Das Gesetz bezieht sich auf das erstmalige geschäftsmäßige Inverkehrbringen, bei dem zumindest ein Kaufmann beteiligt ist, also nicht auf den Handel zwischen Privatpersonen. Des Weiteren sorgt das Gesetz dafür, dass die CE-Kennzeichnung nur in den gesetzlich zugelassenen Fällen erfolgt. Das Gesetz gilt auch für alle verwendungsfähige Arbeitseinrichtungen, wie Werkzeuge, Arbeitsgeräte, Arbeits- und Kraftmaschinen, Hebeund Fördereinrichtungen, Schutzausrüstungen und Einrichtungen, die nicht Teil technischer Arbeitsmittels sind, wie z. B. Einrichtungen zum Beheizen, Kühlen, Be- und Entlüften sowie Beförderungsmittel aber auch Haushalts-, Sport- und Freizeitgeräte und Gegenstände der privaten Nutzung, (Endverbraucherprodukte, consumer products), [2.14]. Grundlegende Pflichten. Für das Konstruieren von Maschinen sind neben der generellen Aussage des § 4 des GPSG vor allem die 9. GPSGV (Maschinenverordnung) als nationale Umsetzung des verfügenden Teils der Maschinenrichtlinie von besonderer Bedeutung. Beachtet der Hersteller die Schutzziele der im GPSG herangezogenen Rechtssätze nicht, setzt er sich dem Risiko aus, dass zuständige Behörden, bei Beanstandungen oder Unfällen massiv intervenieren werden. Das GPSG regelt die Befugnisse der zuständigen Behörden, wenn sie Kenntnis über nicht sichere Produkte bekommen: Verbot des Inverkehrbringens, öffentliche Warnung vor nicht sicheren Produkten sowie deren Rückruf u. v. m. Behörden, in Deutschland sind das Gewerbeaufsichtsämter bzw. Staatliche Ämter für Arbeitsschutz, können demnach Ausstellungsverbote auf Messen, aber auch öffentliche Warnungen veranlassen oder selbst aussprechen, die Einfuhr aus Drittländern verhindern, den Rückruf unsicherer Produkte anordnen und den weiteren Verkauf untersagen. Behördliche Untersagungsverfügungen werden in den Amtlichen Mitteilungen der Bun-
2.3 Nationales Recht
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Bild 2.3-1 Aufbau des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes
desanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) bundesweit und auf ihrer Homepage http://www.baua.de/prax/index.htm unter vollen Namensnennung des Herstellers und Typenbezeichnung der Maschine weltweit veröffentlicht. Aus kaufmännischer Sicht ein verheerendes Signal an potentielle Kunden! Vor dem Erlass einer Untersagungsverfügung muss jedoch die Behörde prüfen, ob der gewünschte Zweck auch durch Rechtsmittel erreicht werden kann, die den Hersteller weniger beeinträchtigen. Dies ist z. B. der Fall, wenn er freiwillig die von der Behörde geforderten Maßnahmen unverzüglich praktisch umsetzt und er sich kooperativ zeigt.
Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden. In solchen Situationen verpflichtet das GPSG Hersteller zur aktiven Zusammenarbeit mit den Behörden und zur weitestgehenden Informationspflicht. Die Informationspflicht umfasst nicht nur das eindeutige Identifizieren der Produkte (Anbringen der Namen des Herstellers bzw. des Bevollmächtigten bzw. Importeurs und deren Adressen auf dem Produkt bzw. dessen Verpackung) sondern auch die Verpflichtung, der Öffentlichkeit allgemein und anlassunabhängig die den Behörden zur Verfügung stehenden Informationen über von Produkten ausgehenden Gefahren zugänglich zu machen. Das ist dann der Fall, wenn Her-
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
steller wissen oder an Hand der ihnen vorliegenden Informationen oder ihrer Erfahrung eindeutige Anhaltspunkte dafür haben, dass von einem von ihnen in Verkehr gebrachten Produkt eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit von Personen ausgeht. Mit anderen Worten: Geht von einem Produkt eine Gefahr für Sicherheit und Gesundheit aus, müssen zukünftig Hersteller unverzüglich die zuständige Behörde informieren und mit ihr zusammenarbeiten (§ 5 Abs. 2). Für diese Verpflichtung reicht es schon aus, wenn eindeutige Anhaltspunkte vorliegen. Das GPSG regelt auch die Pflichten von Herstellern und Händlern (Marktbeobachtung, Beschwerde-, und Reklamationsmanagement, Maßnahmen, und Resourcenpläne für ein funktionierendes Rückrufmanagement) und legt noch einen weiteren, auf Prävention ausgerichteten Aspekt fest, die Pflicht der Hersteller zum eigenständigen Rückruf. Sie impliziert letztlich eine unternehmensinterne Rückrufplanung: Hersteller müssen durch Risikomanagement und vorherige Organisation (zum richtigen Zeitpunkt die richtigen, sprich handlungs- und entscheidungsfähige Personen mit den nötigen Kompetenzen und Arbeitsmöglichkeiten zusammenzubringen) für einen Rückruf gewappnet sein [2.15, 2.16]. Dies ist vorerst zwar vor allem für Hersteller von Verbraucherprodukten relevant. Aber auch für Hersteller von gewerblich genutzten Maschinen können solche präventiven Maßnahmen von Vorteil sein. Vor allem dann, wenn Produkte in großen Serien hergestellt werden. Unkorrekte Verwendung der CE-Kennzeichnung. Das GPSG verbietet eindeutig die unkorrekte Verwendung der CE-Kennzeichnung und bestimmt mögliche Konsequenzen, die dieser Tatbestand nach sich ziehen kann, Bild 2.3-2. Unkorrekte Verwendung der CE-Kennzeichnung ist einer Urkundenfälschung gleichgestellt. Bei missbräuchlicher („angemaßter“) oder falscher Kennzeichnung, z. B. bei • Nichterfüllung zutreffender EG-Richtlinien • Kennzeichnung nicht kennzeichnungsfähiger Produkte • Kennzeichnung vor Inkrafttreten der EGRichtlinie
müssen Hersteller ihre Produkte den Forderungen der zutreffenden EG-Richtlinie anpassen. Überwachungsbehörden können Kraft Gesetzes Bußgelder verhängen, das Inverkehrbringen beschränken, untersagen oder das Produkt vom Markt zurückziehen lassen. Eine falsche CE-Kennzeichnung kann auch eine Untersagungsverfügung durch einzelne oder alle Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums auslösen. Fehler rund um die CEKennzeichnung verursachen nicht nur beachtlichen Ärger mit Behörden, sondern binden auch Personal und Sachmittel, die eigentlich für die Weiterentwicklung der Produkte und der Firma des Herstellers gedacht sind. Sie ziehen auch meistens erhebliche Kosten nach sich, die für Korrekturen und Rechtsbeistand notwendig sind. 0LVVEUlXFKOLFKH $QEULQJXQJGHU &(.HQQ]HLFKQXQJ
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Bild 2.3-2 Rechtsfolgen aus unkorrekter CE-Kenzeichnung
2.3 Nationales Recht
2.3.2 Staatliches und berufsgenossenschaftliches Regelwerk In Deutschland gibt es für das Produktsicherheitsrecht, seine Festlegung aber auch Überwachung einen historisch gewachsenen Dualismus: die Aktivitäten der Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz und die der Berufsgenossenschaften, Bild 2.3 3. OHJDOH%DVLV $UEHLWVVFKXW]JHVHW]$UE6FK* 6R]LDOJHVHW]EXFK9,,
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zes sowie des Umweltschutzes nach. Die Ämter und deren Aufsichtsbeamten verfügen über ein beachtliches Sanktionspotenzial. Grundlage für Tätigkeit dieser Behörden sind staatliche, für jeden verbindliche Rechtssätze, d. h. Gesetze und Verordnungen (VO) im Sinne von Verwaltungsvorschriften. Verordnungen sind Rechtsnormen der Exekutive (nicht vom Parlament beschlossen sondern von Bundesregierung, Bundesministerium, Landesregierung erlassen) zu einem Gesetz, Bild 2.3-4. 9HURUGQXQJHQ
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Bild 2.3-4 Staatliche Vorschriften- und Regelwerke
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Bild 2.3-3 Dualismus in der Sicherheitstechnik
Staatliche Arbeitsschutzvorschriften. Staatliche Ämter für Arbeitsschutz (früher Staatliche Gewerbeaufsichtsämter) wurden Mitte des 19. Jahrhunderts als Organe der Staatsmacht etabliert (damals als Gewerbepolizei), um zielgerichtet polizeilichen Aufgaben in gewerblichen Betrieben nachzukommen und gesetzliche Vorgaben des (damals etwas anders motivierten) Arbeitsschutzes um- und durchzusetzen. Staatliche Ämter für Arbeitsschutz sind Landesbehörden, aus Steuergeldern finanziert und mit Polizeigewalt ausgestattet. Sie haben zwar in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Bezeichnungen, kommen jedoch regional den gleichen Überwachungsaufgaben des technischen und sozialen Arbeitsschut-
Konkretisierung der Verordnungen im technischen Bereich erfolgt durch Technische Regeln (TR). Von besonderer Bedeutung ist dabei die Betriebssicherheitsverordnung für die Nutzung von Maschinen in gewerblichen Betrieben und die 9. GPSV-Maschinenverordnung für die Hersteller. Staatliche Vorschriften haben eine höhere rechtliche Priorität als berufsgenossenschaftliche Vorschriften. Technische Regeln sind Empfehlungen und technische Vorschläge, die einen Weg zum Einhalten eines Gesetzes oder einer Verordnung aufzeigen. Sie sind keine Rechtsnormen und haben nicht zwangsläufig die Relevanz von Gesetzen. Autonomes Recht der Berufsgenossenschaften. Berufsgenossenschaften (BG) sind seit Ende des 19. Jahrhunderts ein Teil der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung. Sie finanzieren sich durch Beiträge, für die ausschließlich die Unternehmer der obligatorisch versicherten Mitgliedsbetriebe aufkommen. Für die Angehörigen der
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
Betriebe (Versicherte) sind Berufsgenossenschaften eine Unfallversicherung. Für die Unternehmer sind sie eine Haftpflichtversicherung gegen zivilrechtliche Folgen von Unfällen in ihren Betrieben. Schon seit mehr als 100 Jahren sind Berufsgenossenschaften durch Kontrollen, Beratung und Ausbildung präventiv tätig. Vom Status her sind gewerbliche und landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften Körperschaften des Öffentlichen Rechts, die von Sozialpartnern (in Sozialwahlen gewählte Vertreter der Unternehmer und der Arbeitnehmer) selbst verwaltet werden. Die Anzahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften wurde durch politische Vorgaben radikal reduziert. Sie sind mit den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand im Dachverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) integriert. Das Sozialgesetzbuch (SGB VII) räumt im § 15 den Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung das Recht ein, Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (früher Unfallverhütungsvorschriften, zu UVV abgekürzt) als Rechtsgrundlage ihrer Tätigkeit zu erlassen. UVVen sind autonomes Recht (Satzungsrecht), gelten also im Unterschied zu Gesetzen und Verordnungen nicht für jedermann, sondern vorerst nur für die jeweilige Berufsgenossenschaft und für die bei ihr versicherten Betriebe (Mitgliedsunternehmen) und deren Angehörige (Versicherte). Präventionsabteilungen der Berufsgenossenschaften überwachen einerseits das Einhalten dieser Vorschriften, beraten andererseits die Mitgliedsbetriebe und deren Mitarbeiter in allen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Mitarbeiter der Präventionsabteilungen sind eher beratende Ingenieure denn Aufsichtspersonen. Gewerbeaufsichtsämter und Berufsgenossenschaften sind durch Verwaltungsvorschriften gehalten, zu kooperieren. Die Berufsgenossenschaften überwachen in ihren Mitgliedsbetrieben auch das Einhalten der staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, soweit sie den berufsgenossenschaftlichen Präventionsrahmen tangieren. Berufsgenossenschaften verfügen dank branchenspezifischer Ausrichtung und unmittelbarer Erfahrungen ihrer Präventionsabteilungen mit den aktuellen Entwicklungen der Technik und dem Unfallgeschehen über umfangreiches sicherheitstechni-
sches Wissen, das in zahlreichen Schriften unterschiedlichster rechtlicher Verbindlichkeit festgehalten ist. Die Verwirklichung des Binnenmarktes hat in den gesetzlich geregelten erweiterten Präventionsauftrag der Unfallversicherer entscheidend eingegriffen, vor allem in das autonome Recht, die sicherheitstechnische Ausführung von Maschinen über Unfallverhütungsvorschriften zu beeinflussen. Denn die neuen Bestimmungen für das Herstellen, Inverkehrbringen, Inbetriebnehmen und Benutzen von Maschinen werden ausnahmslos europakonform durch staatliche Rechtsvorschriften (Gesetzte, Verordnungen und Technische Regeln) umgesetzt. Dies hat viele Regelungen der Berufsgenossenschaften außer Kraft gesetzt. Das Regelwerk der Berufsgenossenschaften musste darauf bereinigt und neu geordnet werden mit dem Ziel, die Anzahl der Vorschriften radikal zu verringern, sie transparenter zu gestalten und Doppelregelungen aus den staatlichen Arbeitsschutzvorschriften zu vermeiden. Das führte zu einem systematisch geordneten und gegliederten Vorschriften- und Regelwerk. Es ist hierarchisch in vier Ebenen aufgebaut: Vorschriften, Regeln, Informationen und Grundsätze, Bild 2.3-5. Dieses Regelwerk hat noch solange Bedeutung, wie es für die behandelten Fragestellungen noch keine entsprechenden Technischen Regeln gibt. In der aktuellen Entwicklung des technischen Rechts ist der Trend des Übergangs vom autonomen Recht der Berufsgenossenschaften zu staatlichen Arbeitsschutzvorschriften der Behörden unverkennbar. BGV-Vorschriften. BGV-Vorschriften haben die höchste rechtliche Relevanz. Verstöße gegen sie sind nicht selten bußgeldbewährt. Einige Vorschriften regeln die Organisation des Arbeitsschutzes im Betrieb und das Verhalten der Versicherten. Andere beziehen sich auf bestimmte Gefährdungsarten und schreiben Anforderungen an Arbeitsverfahren, Arbeitsumgebung sowie Arbeitsmittel im nicht europäisch harmonisierten Bereich fest. BGV-Vorschriften dürfen im Unterschied zu den früheren Unfallverhütungsvorschriften keine technischen Vorgaben für Arbeitsmittel, für die es EG-Richtlinien und harmonisierte Normen gibt, enthalten. Trotzdem finden Konstrukteure in diesen Vorschriften wichtige Informationen, da sie
2.3 Nationales Recht
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
den sicheren Umgang mit Maschinen festlegen, der erst durch konstruktive Maßnahmen vorbereitet und ermöglicht werden muss. Berufsgenossenschaften werden auch zukünftig mit Vorschriften Sachverhalte regeln, die von europäischen Rechtsätzen nicht berücksichtigt sind, um schneller und flexibler wirksame Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz durchsetzen zu können. Auch für Maschinen, die bereits vor dem Stichtag der Umsetzung europäischer Regelungen in Mitgliedsunternehmen in Betrieb waren (Altmaschinen), galten selbstverständlich Unfallverhütungsvorschriften. Viele von ihnen wurden inzwischen von allen Berufsgenossenschaften zurückgezogen. Ihr materieller Inhalt ist in eine oder mehrere BGR-Regeln eingeflossen Er ist unter http: // www.hvbg.de/d/pages/arbeit /praev/bgvr6. htm abrufbar. Berufsgenossenschaften können aber an Altmaschinen, an denen sich schwere Unfälle ereignen, Nachrüstungen fordern, damit bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden. Berufsgenossenschaften haben die Anzahl gültiger Vorschriften radikal reduziert. Nicht nur Konstrukteure sollten sich aber der Tatsache bewusst bleiben, dass die Verringerung der Anzahl von Vorschriften nicht zugleich die Anzahl zu lösender sicherheitstechnischer Fragestellungen im gleichen Maße reduziert hat. Die ist zumindest gleich geblieben. Nur müssen sicherheitstechnische Fragen jetzt aus eigener Initiative und in eigener Verantwortung gelöst werden! BGR-Regeln. Berufsgenossenschaftliche Regeln konkretisieren bestimmte BG-Vorschriften im Sinne früherer Durchführungsanweisungen (DA) zu Unfallverhütungsvorschriften. Sie enthalten wichtige Teile des berufsgenossenschaftlichen Erfahrungsgutes, wie z. B. Lösungsansätze, Erläuterungen, Zusammenhänge mit staatlichen Arbeitsschutzvorschriften bzw. Normen und setzen die jeweiligen abstrakten Schutzziele in konkrete Konstruktionsmaßnahmen um. BG-Regeln reagieren zeitnah und flexibel auf Unfallgeschehen, Entwicklungen von Berufskrankheiten, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren und auf Fortschritte der Sicherheitstechnik. BG-Regeln gelten als Stand der Sicherheitstechnik. BGI-Informationen. Sie sind Zusammenstellungen, die sich mit Merkblättern, Hinweisen und Empfehlungen für bestimmte Arbeitsbereiche, Arbeitsverfahren und Arbeitsplätze, an die Mit-
gliedsbetriebe richten, um die praktische Anwendung der Regeln zu erleichtern. BGG-Grundsätze. Diese Veröffentlichungen umfassen Grundsätze für die Prüfung technischer Arbeitsmittel (z. B. Krane) oder Grundsätze, die Modalitäten zum Qualifikationsnachweis für bestimmte Tätigkeiten, festlegen. Aktueller Stand und Bezugsquellen des Regelwerkes sind im Verzeichnis [2.17] registriert.
2.3.3 GS-Zeichen, BG-PRÜFZERT-Zeichen Das inner- und außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bekannte GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit) und die der Vergabe vorangestellte freiwillige Prüfung bei einer der rund 50 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit autorisierten unabhängigen Prüfstellen, gab bis jetzt Herstellern die Gewissheit, dass sie dem gesetzlichen Auftrag des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) gerecht geworden sind, nur sichere Erzeugnisse in den Verkehr zu bringen. Weitere Prüfzeichen sind ebenfalls „im Umlauf“, Bild 2.3-6. GS-Zeichen. Das GS-Zeichen und das ihm vorangehende Prüfverfahren streben weitergehende Ziele als die CE-Kennzeichnung an, die lediglich die vom Hersteller bescheinigte Übereinstimmung mit der Maschinenrichtlinie signalisiert. Hersteller dürfen im Gegensatz zur EC-Kennzeichnung das GS-Zeichen nicht von sich aus vergeben und an den Maschinen anbringen. Sie bekommen von einer zugelassenen, d. h. einer akkreditierten Prüfund Zertifizierungsstelle nach einer erfolgreichen Prüfung eine Lizenz dazu. Diese Stelle stellt eine Berechtigung aus, deren Aufbau und Inhalt gesetzlich vorgeschrieben ist. Das GS-Zeichen ist durch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) ein geschütztes Zeichen und eine sinnvolle Ergänzung der CEKennzeichnung, vor allem für verwendungsfähige Maschinen und Arbeitsmittel, für die noch keine harmonisierten Maschinensicherheitsnormen vorliegen. Seitdem die rechtliche Grundlage des aus dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) hergeleiteten Prüfverfahrens den europäischen Kriterien angepasst wurde, ist die Bedeutung des GS-Zeichens sogar gewachsen.
2.3 Nationales Recht
Prüfverfahren. Das GS-Prüfverfahren wird auf Antrag eingeleitet und durch einen Vertrag geregelt. Es berücksichtigt neben europäischen Richtlinien und Normen auch den aktuellen Stand der Technik, z. B. Prüfgrundsätze berufsgenossenschaftlicher Fachausschüsse, die weitergehender sein können als EN-Normen. Richtschnur und Maßstab ist die „berechtigterweise zu erwartende
Sicherheit“ im Sinne der Produkthaftung. Seit Inkrafttreten der Maschinenrichtlinie im Jahr 1993 wird in Deutschland strikt auf die Trennung zwischen Prüfung und Zertifizierung geachtet. Nach erfolgter Prüfung übergibt der Prüfingenieur die gesamten Akten dem Zertifizierer, der die Einhaltung und richtige Interpretation der herangezogenen Richtlinien und Normen gegenprüft. Hierbei (XUR7HVW
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
wird in Hinblick auf Neutralität und Objektivität auf eine strenge Personaltrennung geachtet (VierAugen-Prinzip). Erst nach diesem Vorgang wird die GS-Prüfbescheinigung ausgestellt oder die EG-Baumusterbescheinigung ausgehändigt. Prüfungen, die auch die Überprüfung der Vollständigkeit der Technischen Dokumentation einschließen, folgen systematische Kontrollmaßnahmen der Prüfstelle zur Überwachung der Produkte und des Qualitätssicherungssystems (produktbezogenes Qualitätsmanagement) beim Herstellen der Maschine und zur rechtmäßigen Verwendung des GS-Zeichens. Sobald die Prüfstelle Abweichungen gegenüber dem baumustergeprüften Produkt feststellt, erfolgt in der Regel eine Korrektur und eine anschließende Nachprüfung. Sind die Abweichungen besonders sicherheitsrelevant, wird die Zeichenlizenz (GS-Zertifikat) entzogen, bis hin zur Veranlassung von Rückrufaktionen und Warnung der Öffentlichkeit durch zuständige Behörden (Staatliche Ämter für Arbeitssicherheit). Fazit: Das GS-Zeichen besagt, dass eine zugelassene neutrale Stelle ein repräsentatives Produktmuster umfassend und erfolgreich auf Sicherheit und auf Einhalten aller relevanten Vorschriften geprüft hat und dass sie die Fertigung des Produkts regelmäßig, meistens jährlich, kontrolliert. BG-PRÜFZERT-Zeichen. Weder die Maschinenrichtlinie noch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) regeln Anforderungen an die Sicherheit von Erzeugnissen, die selbst nur Teile eines technischen Arbeitsmittels sind, z. B. Maschinenwerkzeuge für die Holz- und Metallbearbeitung. Sie können freiwillig, z. B. bei den zuständigen berufsgenossenschaftlichen Prüf- und Zertifizierungsstellen (DGUV Test) geprüft werden. Euro-Test-Zeichen. Einige deutsche Prüfstellen sind der europäischen Prüfstellengemeinschaft Euro-Test® beigetreten. Sie realisiert im Bereich freiwilliger Maschinenprüfungen die Harmonisierung sicherheitstechnischer Anforderungen auf europäischer Grundlage. Die Euro-Test® Kooperation vereinigt z. Z. die Fachkompetenz von zwölf Prüforganisationen aus neun europäischen Ländern.
Euro-Test® ist eine freiwillige Prüfung, die auf der Maschinenrichtlinie und den dazugehörenden europäischen Normen basiert. Das ET-Zeichen wird unter gleichen Voraussetzungen wie das GS-Zeichen erteilt. Es dokumentiert zusätzlich, dass die erteilende Prüfstelle im Verbund mit anderen europäischen Prüfstellen ist und die Prüfung nach europäischen Maßstäben erfolgte. Missbräuchliche Verwendung. Erfahrungen aus der Vergangenheit lehren, dass weder das GS-Zeichen noch die CE-Kennzeichnung gegen Missbrauch gefeit waren, sind und es auch zukünftig nicht sein werden. Deshalb gilt weiterhin, dass nur bei GS-Zeichen mit einem eindeutigen Identifikationszeichen, z. B. VDE, TÜV oder BG-PRÜZERT, sich das Prüfverfahren im Falle eines Falles schnell nachvollziehen lässt. Missbräuchliche Nutzung des GS-Zeichens gilt als Ordnungswidrigkeit, beharrliche Wiederholungen des Missbrauchs als Straftat. Im berufsgenossenschaftlichen Bereich führen die im Prüf- und Zertifizierungssystem der Berufsgenossenschaften zusammengefassten Prüfstellen der jeweiligen berufsgenossenschaftliche Fachausschüsse, die das gesamte Gebiet der Arbeitssicherheit betreuen, diese Prüfungen durch. Einige von ihnen sind zugleich notifizierte Prüf- und Zertifizierungsstellen. Sie haben meistens auch die Befugnis, EG-Baumusterprüfungen für Maschinen nach Anhang IV der Maschinenrichtlinie durchzuführen. Alleine die von ihnen vergeben Prüfplaketten tragen ein kodiertes Identifikations- und Verwaltungszeichen mit verschlüsselter Identifikationsnummer des Prüfverfahrens. Fragen der Rechtssicherheit. Eine erfolgreich durchgeführte GS-Prüfung befreit von der Vorwerfbarkeit, bei der sicherheitsgerechten Gestaltung eines Produktes fahrlässig gehandelt zu haben. Vorsicht ist jedoch geboten: Die unabhängige GS-Prüfung verbunden mit der Bescheinigung, dass der Stand der Sicherheitstechnik eingehalten ist, gibt dem Hersteller zwar eine Sicherheit vor behördlichen Interventionen oder strafrechtlichen Vorwürfen, entlastet ihn nur bedingt in zivilrechtlichen Haftungsfällen: ein Produkt, das verwaltungsrechtlich als in Ordnung empfunden worden ist, ist dadurch nicht zugleich zivilrechtlich unangreifbar geworden.
2.3 Nationales Recht
Dies ist vor allem bei solchen Produkten zu beachten, die zwar in den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, aber nicht nur in gewerblichen Betrieben unter den dort zu erwartenden personellen und organisatorischen Randbedingungen eingesetzt werden, sondern auch von Laien benutzt werden oder bei denen man, lebensnah betrachtet, davon ausgehen muss, dass besondere Personengruppen, z. B. Kinder in Kontakt kommen können. Von besonderer Bedeutung sind hier die auf dem freien Markt angebotenen motorisch angetriebenen Gartengeräte (z. B. Häcksler), Elektrowerkzeuge (z. B. Handbohrmaschinen, Schleifmaschinen, Kapp- und Gehrungssägen) oder Büromaschinen (z. B. Aktenvernichter). So bestätigte z. B. der Bundesgerichtshof in einem Urteil [2.18] Schadensersatzansprüche eines Kleinkindes gegenüber einem Hersteller eines Aktenvernichters. Das Kind steckte seine Finger in den Papierzuführschlitz, das Gerät lief unvermittelt an. Seine Schneidwalzen verletzten die Finger so schwer, dass sie teilweise amputiert werden mussten. Das Gericht würdigte zwar, dass der Hersteller das Gerät dem Stand der Technik entsprechend gebaut hat und es auch mit Erfolg einer GS-Prüfung durch Dritte unterzogen hat. Es nahm zwar als günstig hin, dass die Vorinstanz die Konstruktion des Aktenvernichters nicht als fehlerhaft beurteilt hat, argumentierte jedoch, dass der Hersteller
45
1. einen naheliegenden Fehlgebrauch durch Kinder nicht konstruktiv berücksichtigt hat und 2. schuldhaft die Informationspflicht verletzt hat, indem er einen gebotenen Warnhinweis am Gerät und in der Betriebsanleitung auf mögliche Verstümmelung von Fingern durch nicht einsehbare Werkzeuge unterlassen hat und somit gegen die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen und dadurch die Verletzung des Kindes verursacht hat. Die CE-Kennzeichnung und das GS-Zeichen bedeuten keinesfalls das Gleiche, sie widersprechen sich aber auch nicht. Weder ersetzt das GS-Zeichen die CE-Kennzeichnung, noch konkurriert es mit ihr. Es darf nur zusätzlich an der Maschine angebracht werden. Bestrebungen einiger EU-Länder, andere Zeichen mit dem Inhalt und der Bedeutung der CEKennzeichnung nicht mehr zuzulassen, haben sich bis jetzt nicht durchgesetzt, [2.19]. Ob und wie sich das GS-Zeichen als Sicherheitszeichen weiterhin behaupten wird, wird die Zukunft zeigen. Die hängt vor allem davon ab, ob die EU-Kommission die im § 7 des GPSG geregelte Vergabe des GS-Zeichens weiterhin als nationalen Alleingang Deutschlands auffasst.
46
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
2.4 Produkthaftung Umgang mit technischen Produkten birgt immer Risiken, vor allem dann, wenn Produkte nicht allen Sicherheitsanforderungen oder -erwartungen entsprechen. Wenn Produkte, Geräte oder Maschinen die zugesicherten oder erwarteten Eigenschaften, z. B. die notwendige Sicherheit nicht aufweisen oder Produkte nachweisbar dem Benutzer bzw. einem Dritten gar Schäden zugefügt haben, drohen Herstellern Konsequenzen, Bild 2.4-1.. Produkthaftung des Herstellers wird im Schadensfall ermittelt. Dabei kann ein (höherer) Sicherheitsstandard herangezogen werden, der sich am Erwartungshorizont der Allgemeinheit orientiert und immer auf den konkreten Einzelfall bezogen bleibt. Und das gemäß dem Grundsatz, dass derjenige, der eine Gefahr schafft, alle zum Schutze der Benutzer oder dritter notwendigen und erforderlichen Vorkehrungen zu treffen hat, um Schäden zu vermeiden, abzuwenden oder soweit wie möglich einzugrenzen. Das ist jahrelange juristische Praxis. Zu Unterscheiden sind hier
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In Deutschland beruht die Produkthaftung auf zwei Rechtsgrundlagen: 1. § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) 2. Produkthaftungsgesetz. Beide Gesetze stehen nebeneinander und können fallweise als Grundlage für die Anspruchsdurchsetzung eines Geschädigten herangezogen werden. Haftung nach § 823 BGB. Der Produktfehler muss vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt worden sein. Für den Haftungsausschluss muss der Hersteller beweisen, dass der festgestellte Produktfehler nicht auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruht. Vertragrechtliche Gewährleistungs- und Sachschadensersatzansprüche bestehen nur zwischen Vertragspartnern. Diese Ansprüche schützen das Äquivalenzinteresse: der Käufer hat An-
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• vertragsrechtliche Gewährleistungsansprüche und Sachschadensersatzansprüche (Sachmängelhaftung) • Produzentenhaftung nach dem Deliktrecht • und Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz.
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Bild 2.4-1 Konsequenzen aus fehlerhaften Produkten
spruch darauf, dass ein Produkt die vertraglich vereinbarten Eigenschaften (einschl. Qualität und Sicherheit) besitzt. Das Deliktrecht schützt dagegen grundsätzlich nur das Integritätsinteresse und gilt für jedermann. Es gewährt Anspruch auf Unversehrtheit bestimmter Rechtsgüter, wie Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum. Vermögensinteressen schützt es nicht. Neben der zivilrechtlichen Haftung stehen noch die strafrechtliche Verantwortung für fehlerhafte Produkte und das öffentlich-rechtliche Produktsicherheitsrecht.
2.4 Produkthaftungsgesetz
2.4.1 Produkthaftungsgesetz Mit der EG-Richtlinie ”Produkthaftung” des Rats der Europäischen Gemeinschaft vom 25. 7. 1985 (85/374/EWG bzw. 1999/34/EG) setzte der Rat der EU eine weitere Maßnahme zur Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt um [2.20]. In der Bundesrepublik Deutschland wurde sie mit dem Produkthaftungsgesetz (ProduktHaftG) vom 15. 12. 1989 (letzte Änderung 19. 07. 2002) in verbindliches nationales Recht umgesetzt. Es führte den bis dato in der deutschen Rechtsprechung nicht üblichen Grundsatz der verschuldensunabhängigen Haftung ein. Hersteller haften demnach immer für Schäden, die durch sicherheitsrelevante Fehler ihrer Produkte verursacht worden sind. Sie haften für Konstruktionsfehler, Fabrikations- und Instruktionsfehler sowie für Schäden aufgrund mangelnder Produktbeobachtung am Markt. Das Produkthaftungsgesetz greift primär, wenn Schäden durch fehlerhafte Produkte entstehen, die gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt sind und hierzu auch von den Geschädigten auch hauptsächlich verwendet worden sind. Bei Schäden durch überwiegend gewerblich genutzte Produkte, und darunter wird wohl die überwiegende Anzahl der Maschinen fallen, wird auf absehbare Zeit weiterhin die Schadensersatzpflicht im Sinne des § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches, u. a. in Verbindung mit dem Recht zum Regress der Aufsichtsbehörden, dem Herstellerregress der Berufsgenossenschaften, angewendet. Es kommt noch ein Aspekt dazu: Die ursprüngliche Intention der Produkthaftungsrichtlinie, Endverbrauchern eine Möglichkeit zu geben, ihre Schadensansprüche auf einfachem Wege dem Hersteller eines fehlerhaften Produktes gegenüber geltend zu machen, hat sich durch die juristische Praxis erweitert. Produkthaftungsgesetz gilt aber auch für den gewerblichen Bereich. Nur Schäden an überwiegend gewerblich genutzten Sachen (z. B. Arbeitsmitteln) sind ausgeschlossen. Personenschäden fallen vollständig unter das Produkthaftungsgesetz. So wird z. B. zunehmend das Produkthaftungsgesetz herangezogen, um die Haftungsverpflichtungen aus Unfällen mit gewerblich genutzten Maschinen zu realisieren, indem Berufsgenossenschaften zunehmend Regressforderungen an Hersteller richten, an deren Maschi-
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nen anerkannte Arbeitsunfälle geschahen, die auf mangelnde technische Sicherheit zurück geführt wurden. Die Haftpflicht im Sinne des Produkthaftungsgesetzes besteht schon aufgrund der Tatsache, dass der Hersteller ein fehlerhaftes Produkt auf den Markt gebracht hat, ohne dass ihm ein konkretes Verschulden nachgewiesen werden kann oder muss. Vertragliche Begrenzungen oder Ausschlüsse der Haftung sind nicht möglich. Als Hersteller gilt nicht nur der Produzent, sondern auch derjenige, der als Hersteller auftritt, aber auch der Importeur für Produkte aus nichteuropäischen Wirtschaftsräumen. Die Haftung erfasst vornehmlich Körper- und Gesundheitsschäden verursacht durch fehlerhafte Produkte ohne Gebrauchseinschränkung, sowie Schäden an Sachen des privaten, nicht aber des gewerblichen Gebrauchs. Im Sinne des Produkthaftungsgesetzes sind nur solche Fehler relevant, welche die Sicherheit, nicht aber die Gesamtfunktion des Produkts beeinträchtigen. Das Produkthaftungsgesetz sieht zwar keine zwingende Versicherungspflicht für die Hersteller vor, die verschuldungsunabhängige Haftung hat aber die Bedeutung von kombinierten Betriebs- und Produkthaftungsversicherungen erhöht. Damit dürften persönliche zivilrechtliche Folgen bei nachgewiesenen Konstruktionsfehlern in den meisten Fällen abzuwenden sein. Nach dem Produkthaftungsgesetz haftet der Hersteller nur für sicherheitsrelevante Fehler, ausgenommen für solche, die nach Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht erkannt werden konnten und deshalb vom Hersteller auch nicht vermieden werden konnten (Entwicklungsfehler). Bei sehr schweren oder tödlichen Unfällen, die sich auf Konstruktionsfehler zurückführen lassen, haben die Konstrukteure eine persönliche strafrechtliche Verantwortung und Haftung. Haftungsdauer. Unzureichende Sicherheit einer Maschine ist ein Mangel. Beim Kauf einer Maschine gilt handelsrechtlich generell eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren. Innerhalb dieser Frist kann der Käufer (Betreiber) vom Verkäufer (Hersteller) verlangen, Mängel zu beseitigen oder eine mangelfreie Sache zu liefern. Der Verkäufer (Hersteller) trägt alle dadurch entstandenen Kosten. Nach Ablauf dieser Frist gehen die Nachrüs-
48
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
tungskosten zu Lasten des Maschinenbetreibers. Es sei denn, der Verkäufer habe den Käufer arglistig getäuscht. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist der Nachweis in der Praxis äußerst schwierig. Für den Maschinenbetreiber ist daher ratsam, sicherheitstechnische Mängel während der Inbetriebnahme oder zumindest innerhalb der gesetzlichen Gewährungsfrist von zwei Jahren zu erkennen und schriftlich zu reklamieren. Haftungsdauer im Falle eines Schadens ist zeitlich auch begrenzt. Nach § 12 ProduktHaftG verjährt der Anspruch drei Jahre nach dem Moment, in dem ein Opfer Kenntnis bekommen hat vom, • Schaden • Fehler • Ersatzpflichtigen. Nach § 13 ProduktHaftG erlischt der Anspruch zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen des konkreten Produkts indes in jedem Fall und von Gesetzes wegen.
Einrichtungen und Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Verhinderung von Störfällen oder zur Begrenzung ihrer Auswirkungen gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Sicherheitstechnik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg im Betrieb erprobt sind“. Bedeutung der Generalklauseln. Aus juristischer Sicht haben Generalklauseln den Vorteil, dass sie zwar ein Anforderungsniveau beschreiben, die Rechtsvorschriften aber von Detailregelungen freihalten. Aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht haben sie den Vorteil, Maschinen und Verfahren flexibel und legal an den technischen Fortschritt anpassen zu können. Des Weiteren ermöglichen Generalklauseln unterschiedliche materielle Sicherheitsmaßnahmen, bestehend aus technischen und organisatorischen Komponenten, als gleichwertig zu betrachten, sofern die schutzzielkonforme Wirksamkeit der Maßnahmen nach den Regeln der praktischen Vernunft nachgewiesen wird. Generalklauseln haben weitere Vorteile:
2.4.2 Unbestimmte Rechtsbegriffe In der juristischen Praxis des Produktsicherheitsrechts spielen unbestimmte Rechtsbegriffe der Technik (Generalklauseln) eine wichtige Rolle. Sie verknüpfen rechtliche und ingenieurwissenschaftliche Aspekte sicherheitstechnischer Sachverhalte. Die bekanntesten und für Hersteller wichtigsten Generalklauseln sind • allgemein anerkannte Regeln der Technik, • Stand der Technik und • Stand von Wissenschaft und Technik, siehe Bild 2.4-2. Generell gilt, dass der Stand von Wissenschaft und Technik die Obergrenze der Möglichkeiten angibt, den Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik geben deren Untergrenze an. Für Anlagen und Maschinen, die der Störfallverordnung [2.21] unterliegen, kommt noch ein weiterer unbestimmter Rechtsbegriff, der Stand der Sicherheitstechnik, dazu: „Der Stand der Sicherheitstechnik im Sinne dieser Verordnung umfasst den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren,
• Verweisungen auf Generalklauseln verhindern, dass die Gesetze mit detaillierten Vorschriften technischen Inhalts überladen werden. Denn der Gesetzgeber kann wegen seines beschränkten Sachverstandes nicht - für alle zu regelnden Wissensgebiete Sicherheitsnormen aufstellen - mit Gesetzen dem raschen technischen Fortschritt zeitnah folgen • Die Bezugnahme auf den Sachverstand der jeweils kompetenten Wissenschaftler und Ingenieure schafft eine Selbstregulierung, die es ihnen ermöglicht, für gesetzliche Schutzzielvorgaben konkrete Beschaffenheitsanforderungen an technische Systeme im Wege einer privatrechtlichen Selbstordnung zu bestimmen. • Die flexible und anpassungsfähige Systematik behindert nicht die Weiterentwicklung neuer Technologien. Unvermeidlicher Nachteil aller Generalklauseln ist eine gewisse Unbestimmtheit. Anwender (Hersteller, Betreiber, Behörden, Sachverständige) können nicht unmittelbar erkennen, was materiell verlangt wird. Vielmehr müssen sie Angemessenheit, Wirksamkeit und Zuverlässigkeit getroffe-
2.4 Produkthaftungsgesetz
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ner Sicherheitsmaßnahmen vergleichend bewerten. Dies geht über die vereinfachende Frage „Wo steht das?“ hinaus. Manchmal müssen Behörden und Gerichte ggf. in den Meinungsstreit der technischen Fachleute eintreten und selbst ermitteln, was im Einzelfall technisch notwendig, geeignet, angemessen bzw. vermeidbar ist. Generalklauseln haben noch weitere Nachteile:
weit und welche Regelwerke zur Konkretisierung des jeweiligen Standards herangezogen werden) ist nicht immer offensichtlich. Entscheidend ist dabei, ob bestimmte fachliche Anforderungen an das regelschaffende Gremium, an das Verfahren für das Zustandekommen der Regelwerke und an ihre Fortgeltung erfüllt sind.
• Generalklauseln sind mit einer gewissen Rechtsunsicherheit behaftet. Solange jedoch ein allgemeiner gesellschaftlicher Konsens über Nutzung und Anwendung bestimmter Technologien besteht, ist diese Unzulänglichkeit relativ gering. • Sie haben zwei Schwachstellen: - Bedeutung unterschiedlicher Standards ist vielen Konstrukteuren unklar - unklar ist auch, wie diese Standards im Einzelfall festgelegt werden (Ist die Meinung der Fachleute oder der Gerichte maßgebend?) • Grad der rechtlichen Verbindlichkeit (inwie-
Das Produkthaftungsgesetz führt einen neuen Gesichtspunkt ein: Im Rahmen der verschuldensunabhängigen Haftung schließt die alleinige Einhaltung von Normen eine Haftung im Schadensfall nicht mehr aus. Normen in diesem Sinne legen sicherheitstechnische Mindestanforderungen fest, nicht aber die aktuellen technischen Möglichkeiten. Anforderungen der Normen dürfen nicht unterschritten, wohl aber überschritten werden. Technische Normen, auch harmonisierte EN-Normen, sind für das Produkthaftungsgesetz zwar nicht bedeutungslos, durch Anwenden von Normen entzieht sich jedoch niemand der Verantwortung für eigenes Handeln.
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Bild 2.4-2 Wichtige unbestimmte Rechtsbegriffe der Technik (Generalklauseln)
50
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
Im Sinne des Produkthaftungsgesetzes bedeutet das, dass derjenige, der sich beim Konstruieren nur an Normen hält, sich zwar um die Produktsicherheit bemüht, jedoch nicht alles unternimmt, sein Produkt an den möglichen Stand der Sicherheitstechnik anzupassen. Stand der Sicherheitstechnik bedeutet vorerst in diesem Sinne, dass das Machbare ausgenutzt werden muss, wobei es nicht notwendig ist, dass dieses Machbare bereits längere Zeit erprobt ist und allgemein anerkannt ist. Das ist jenes Sicherheitsniveau, wie es auch die Maschinenrichtlinie im Anhang I als Stand der Technik vorgibt. Stand der Technik im Sinne der Maschinenrichtlinie sind technische Erkenntnisse, die für die Praxis als hinreichend gesichert und wirtschaftlich durchführbar sind. Das Einhalten des Standes der Technik im Sinne öffentlich-rechtlichen Sicherheitsanforderungen ist Voraussetzung für das legale Inverkehrbringen eines Produktes. Hersteller sollten sich in Sinne der Produkthaftung beim Entwickeln und Konstruieren ihrer Produkte nicht nur die allgemein anerkannten Regeln der Technik oder am Stand der Technik orientieren. Sie sollten sich mit aller Sorgfalt zeitbezogen an den neuesten allgemein zugänglichen technischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren und alle nach dem gesicherten Stand von Wissenschaft und Technik möglichen Sicherheitsvorkehrungen treffen. Der verfügbare Stand von Wissenschaft und Technik ist nämlich der Maßstab beim Zumessen der zivil- und strafrechtlichen Verantwortung im Falle eines schweren Unfalls technischer Ursache. Im Sinne eigener (gefühlter) Rechtssicherheit ist es also ratsam zu akzeptieren, dass alle Sicherheitsmaßnahmen, die nach dem im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts vorhandenen neuesten Stand von Wissenschaft und Technik umsetzbar sind. Das ist ein neuer Gesichtspunkt für eine Berufsgruppe, die traditionell in fast allen Lebenssphären auf die ordnende Kraft von Normen vertraut. Mit dem Bezug auf den jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik verfolgt der Gesetzgeber mit dem Produkthaftungsgesetz das Ziel, die Sicherheitstechnik an den technischen Fortschritt zu koppeln und damit den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge zu verankern, [2.22]. Pragmatisch betrachtet, haben aber widerstreitende wissen-
schaftliche Theorien und Konzepte nur an der Grenze des menschlichen Erkenntnisvermögens ihre Berechtigung. Bewegt man sich jedoch beim Anwenden des Standes der Technik auf der Basis eines fundierten Wissens, das durch langjährige Erfahrungen gestützt wird, schaffen Rechtssätze wie Normen, Richtlinien und Technische Regeln eine hohe Rechtssicherheit, auch in Haftungsfragen. Aber keine absolute! Zivilrechtlich unangreifbar werden die Produkte dadurch aber nicht! Entspricht das Produkt dem in Normen (auch in harmonisierten EN-Normen!) festgehaltenen Stand der Technik, so kann der Hersteller mit Fug und Recht erwarten, dass sein Produkt weder an den Binnengrenzen des Europäischen Wirtschaftsraums noch in den Betrieben von staatlichen (Markt-)Aufsichtsbehörden beanstandet werden kann. Das alles entlastet aber haftungsrechtlich nicht, wenn an einem mit CE oder GS gekennzeichneten Produkt ein Unfall passiert, [2.23]. Sich gegen Haftungsfälle zu wappnen, bedeutet immer noch eigenständig anhand von Risikobeurteilungen zu prüfen, welche weitergehende Sicherheitsvorkehrungen noch notwendig sind bzw. was noch mehr zu tun ist, als der Stand der Technik verlangt. Dies ist besonders bei allen Produkten wichtig, bei denen man bei lebensnaher Betrachtung davon ausgehen muss, dass sie in Hände von Laien oder Kindern gelangen können. Einhalten der in Normen festgehaltenen allgemein anerkannten Regeln der Technik ist aber oft strafrechtlich relevant. So verknüpft z. B. bei schweren Unfällen der § 323 des Strafgesetzbuches „Baugefährdung“ Verstöße gegen allgemein anerkannte Regel der Technik mit strafrechtlichen Konsequenzen für jeden, der die Verletzung des Rechtsgutes zu verantworten hat.
2.4.3 Produktfehler Juristisch betrachtet, beginnt der Prozess zur Herstellung eines jeden Produkts bereits mit dem Entwickeln und Konstruieren. Sicherheitsrelevante Produktfehler können allen Lebensphasen des Produkts auftreten. Die Rechtsprechnung unterscheidet Entwicklungsfehler, Konstruktionsfehler, Fabrikations- und Instruktionsfehler sowie für Schäden aufgrund mangelnder Produktbeobachtung am Markt, siehe Bild 2.4-3.
2.4 Produkthaftungsgesetz
51
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3UlYHQWLRQVPDQDKPHQ Bild 2.4-3 Haftungsgründe nach dem Produkthaftungsgesetz und Präventionsmaßnahmen zu deren Vermeidung
Entwicklungsfehler. Darunter fallen Fehler oder Fehlentscheidungen, deren Gefahrenpotenzial zum Entwicklungszeitpunkt trotz Anwendung aller zumutbaren Sorgfalt nach dem gesicherten Stand von Wissenschaft und Technik nicht er-
kannt, die mit ihnen verbundenen Risiken nicht realistisch eingeschätzt werden konnten und daher nicht vermeidbar waren. Die sich aus Entwicklungsfehlern realisierenden Risiken hängen nicht von der Beurteilung des einzelnen Herstel-
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
lers ab, sondern müssen generell anhand des jeweiligen Wissensstandes beurteilt werden. Für unvermeidbare Entwicklungsfehler besteht für betroffene Hersteller weder eine verschuldensunabhängige Haftung im Sinne des Produkthaftungsgesetzes noch eine Delikthaftung. Die Gesellschaft muss akzeptieren, Schäden aus Entwicklungsfehlern als Tribut an die Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit zu tragen. Konstruktionsfehler. Konstruktionsfehler liegen vor, wenn schon in frühen Phasen des Konstruktionsprozesses gegen (sicherheits)technische Erkenntnisse verstoßen wird. Konstruktionsfehler treten nicht an einem einzelnen Produkt auf, sondern haften einer ganzen Serie an. Für Konstruktionsfehler muss der Hersteller im vollen Umfang haften. Die Maschinenrichtlinie verpflichtet alle Hersteller u. a. die in ihrem Anhang I festgehaltenen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu verwirklichen. Zumindest müssen sie den Stand der Technik einhalten. Der Stand der Technik ist die Richtschnur und der Maßstab nicht nur für die „berechtigterweise zu erwartende Sicherheit“ sondern auch für die Erfüllung der Sorgfalts- und Verkehrssicherheitspflichten, [2.23]. Erfüllen Hersteller diese grundsätzlichen Anforderungen nicht, so liegen bereits ursächliche Fehlerquellen für die Produktsicherheit vor. Schon deshalb ist es sinnvoll, die in der Maschinenrichtlinie festgelegte Strategie des Konstruierens sicherheitsgerechter Maschinen • Beseitigung und Minimierung von Gefahren durch konstruktive Maßnahmen (unmittelbare, inhärente Sicherheitstechnik) • Anwendung technischer Schutzmaßnahmen gegen nicht zu beseitigende Risiken (mittelbare Sicherheitstechnik) • Unterrichtung der Benutzer über die noch verbleibenden Restrisiken (hinweisende Sicherheitstechnik) konsequent und systematisch umzusetzen. Auch die Anwendung des methodischen Konstruierens und konsequenter Einhaltung der Grundregeln eindeutig, einfach und sicher zu konstruieren, senkt die Möglichkeit von Konstruktionsfehlern wesentlich. Konstruktionsfehler, wie z. B. Berechnungsfehler, Fehlkonstruktion sicherheits-
relevanter Teile, unwirksame Verkleidung von Gefahrstellen, konstruktionsbedingte Bedienungserschwerung, nicht zu Ende gedachte Entstörund Wartungsprozeduren, leicht manipulierbare Schutzeinrichtungen usw. ziehen oft das gerne als Entschuldigung benutzte „menschliches Versagen“ nach sich. Dieser Begriff kommt häufig in Unfallberichten vor. Die Erfahrung zeigt aber, dass dem menschlichen Versagen an Ort und Stelle oft ein technisches Versagen vorangegangen ist, das Maschinenbenutzer versucht haben zu kompensieren und dabei Risiken auf sich genommen haben, um trotz technischer Unzulänglichkeiten ihre Arbeitsaufgabe zu erfüllen. Mit anderen Worten: Sie halfen der Maschine, sie bedankte sich dafür mit einem Unfall. Dafür wurde die Maschine nicht konstruiert. Diese Verkettung sollten sich Konstrukteure immer bewusst machen. Fabrikationsfehler. Fabrikationsfehler sind meistens keine systematischen Fehler. Sie entstehen erst bei der Herstellung des Produkts und haften deshalb nur einzelnen Serienexemplaren an, nicht der ganzen Serie. Typische Beispiele sind so genannte Ausreißer, z. B. versteckte Materialfehler (z. B. Gußlunker), Herstellungsfehler (z. B. überschrittene Maßtoleranzen) oder Montagefehler (z. B. Einbau defekter Dichtungen). Das sind Fehler, die sich trotz aller zumutbaren Vorkehrungen in Einzelfällen in die Produktionskette eingeschlichen haben. Ausreißer sind in engen Grenzen von der Fabrikationsverantwortung ausgenommen. Instruktionsfehler. Instruktionsfehler liegen dann vor, wenn Hersteller nicht alle für den sicheren Umgang mit dem Produkt erforderlichen Informationen an Benutzer weitergeben. Betriebsanleitungen sind Bestandteile des Produkts. Fehlerhafte Betriebsanleitungen sind Produktfehler im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Betriebsanleitungen müssen alle erforderlichen sicherheitsrelevanten Informationen und Instruktionen für die sichere bestimmungsgemäße Verwendung des Produkts in allen seinen Lebensphasen enthalten. Betriebsanleitungen müssen Benutzern über etwaige Restrisiken informieren, die z. B. durch konstruktive Maßnahmen nicht vermieden oder ausreichend reduziert werden konnten und gegen die Schutzeinrichtungen nicht oder unvollständig wirksam sind. Betriebsanleitungen müssen auch
2.4 Produkthaftungsgesetz
auf bekannte und mögliche sachwidrige Verwendungen des Produkts hinweisen, d. h. auf Verwendungsmöglichkeiten, die von der Bezeichnung und Beschreibung der Maschine her billigerweise erwartet werden können oder die sich aus der Erfahrung des Herstellers bereits ergeben haben. Die Instruktionspflicht der Hersteller beschränkt sich nicht nur auf Betriebsanleitungen. Er muss auch den Benutzer der Maschine unmittelbar warnen, z. B. durch Anbringen von Warnschildern an der Maschine selbst, am besten in unmittelbarer Nähe möglichen Gefährdung.
2.4.4 Sicherheitstechnische Nachrüstungen und deren Kosten Beim Inverkehrbringen sind einerseits Hersteller bzw. Lieferanten dafür verantwortlich, dass ihre Maschinen alle sicherheitstechnischen Mindestanforderungen des Anhangs I der Maschinenrichtlinie erfüllen. Sie dokumentieren dies in eigener Verantwortung mit der ausgestellten Konformitätserklärung und mit der an der Maschine angebrachten CE-Kennzeichnung. Andererseits verpflichtet die Betriebssicherheitsverordnung alle Maschinenbetreiber, in ihren Unternehmen, in denen sie uneingeschränkt das Hausrecht ausüben, nur Maschinen zu benutzen, die der Maschinenrichtlinie entsprechen. Unzureichende Sicherheit einer Maschine ist ein Sachmangel. Um ihn zu entdecken, muss der Maschinenbetreiber selbst oder eine beauftragte, ent-
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sprechend qualifizierte Person die abgelieferte Maschine unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern auf offensichtliche sicherheitstechnische Mängel untersuchen und die gefundenen Mängel sofort rügen, Bild 2.4-4. Sicherheitstechnische Mängel (z. B. Nichterfüllung der Vorgaben der Maschinenrichtlinie trotz ausgestellten Konformitätserklärung und angebrachten CE-Kennzeichnung), die trotz ordnungsgemäßer Eingangsuntersuchung nicht erkennbar waren und z. B. erst beim Probelauf (im Sinne einer angemessenen Untersuchung) oder während der Nutzung der Maschine auftreten, muss der Maschinenbetreiber unverzüglich nach der Entdeckung, aber innerhalb von zwei Jahren dergesetzlichen Gewährleistungspflicht des Herstellers rügen. Innerhalb dieser Frist kann der Maschinenbetreiber vom Verkäufer (Hersteller) verlangen, Mängel zu beseitigen oder eine mangelfreie, d. h. eine sichere Maschine zu liefern. Der Verkäufer (Hersteller) trägt alle dadurch entstandenen Kosten. Ungerügte Mängel führen zur Genehmigung der gelieferten Maschine und damit zum Verlust sämtlicher gegebener Gewährleistungsrechte. Der Verkäufer (Hersteller) behält dagegen unverändert alle seine Rechte aus dem Kaufvertrag. Nach Ablauf der Frist von zwei Jahren gehen daher die Nachrüstungskosten zu Lasten des Maschinenbetreibers. Er hat also keinen Anspruch auf eine kostenlose sicherheitstechnische Nachrüstung. Es sei denn, der Verkäufer (Hersteller) habe ihn arglistig getäuscht (dann drei Jahre).
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Bild 2.4-4 Beanstandung sicherheitstechnische Mängel
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
Selbst wenn dies der Fall wäre, ist der Nachweis in der Praxis äußerst schwierig. Für den Maschinenbetreiber ist daher ratsam, sicherheitstechnische Mängel spätestens während der Inbetriebnahme oder zumindest innerhalb der Gewährungsfrist zu erkennen und schriftlich zu reklamieren. Oft unterschätzt, jedoch von einer bestimmten Relevanz ist in diesem Zusammenhang das Rechtsinstrument der Abnahme: Unter Abnahme ist die Billigung des Arbeitsergebnisses des Herstellers durch den Maschinenbetreiber als im wesentlichen vertragsgerecht zu verstehen. Die Abnahme kehrt die Beweislast um. Ab diesem Zeitpunkt muss der Maschinenbetreiber etwaige Fehler beweisen, bis dahin war es der Hersteller.
2.4.5 Produktüberwachung Herstellerpflichten. Die im GPSG vorgeschriebene Produktüberwachungspflicht setzt dort ein, wo nicht ausgeschlossen werden kann, dass bereits vorhandene Mängel eines Produkts erst nach dessen Inverkehrbringen offensichtlich werden. Die Marktbeobachtung eigener Produkte muss das systematische Sammeln und Auswerten von Informationen (z. B. eigene Marktbeobachtung, Beschwerdebücher, Kulanzleistungen, Kunden- und Reparaturdienstberichte, Ersatzteilverbrauch, Beanstandungen, Schäden, Unfälle usw.)
nach sich ziehen und zur Rückkopplung mit den Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen führen, siehe Bild 2.4-5. Hersteller müssen in ihren Betrieben alle erforderlichen organisatorischen Maßnahmen treffen, damit sie nachträglich aufgetretenen Fehler erkennen und auf sie unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit reagieren können. Je nach Schwere der Fehler können sich die notwendigen Maßnahmen hochschaukeln, mit einer Warnung beginnend, über einen Auslieferungsstopp bis zu Rückrufaktionen, die nicht nur kostenträchtig sondern auch meistens rufschädigend sind. Produktbeobachtung muss auch darauf ausgerichtet sein, sachwidrige, nichtbestimmungsgemäße Verwendungen und vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen aufzudecken. Die Verpflichtung, im Rahmen des Zumutbaren alle Gefahren abzustellen, die mit der Benutzung eines ausgelieferten fehlerhaften Produkts verbunden sind, besteht auch dann, wenn es zum Zeitpunkt der Herstellung allen geltenden normativen Festlegungen entsprochen hat. Normen legen aufgrund der meist langen Entstehungsgeschichte nicht immer den aktuellen Stand der Technik, sondern meistens nur allgemein anerkannte Regeln der Technik und somit Minimalanforderungen fest. Es genügt daher nicht, (harmonisierte) Normen zu erfüllen, wenn die technische Entwicklung darüber hinausgegangen ist oder wenn sich
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2.4 Produkthaftungsgesetz
beim Benutzen eines technischen Gerätes Gefahren gezeigt haben, die in Normen noch nicht berücksichtigt sind, [2.24]. Einhalten von Normen darf nicht als „Ruhekissen“ gegen mögliche Haftungsansprüche aus Schädigungen der Produktbenutzer aufgefasst werden. Nicht nur Hersteller haben Überwachungs- und Mitteilungspflichten, sondern auch alle Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes bzw. deren Behörden. Staatliche Marktüberwachung. Bürger der Europäischen Union haben in allen Mitgliedsstaaten Anspruch auf gleiches Sicherheitsniveau. Das europäische Recht weist daher allen Mitgliedsstaaten die Aufgabe zu, EG-Richtlinien korrekt umzusetzen und anzuwenden. Bei einem CE-gekennzeichneten Produkt, sollen Behörden vorerst von der Unbedenklichkeit ausgehen. Es ist aber allen Mitgliedsstaaten erlaubt, mit Stichproben zu überprüfen, ob die in Verkehr gebrachten Produkte alle Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllen. Dieser Auftrag wird von behördlichen Marktüberwachungsmaßnahmen realisiert, mit der Zielsetzung, sowohl den Arbeits-, Gesundheits- und Verbraucherschutz zu verbessern als auch für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Marktaufsichtsbehörden überprüfen, ob die in Verkehr gebrachten Produkte allen wesentlichen Anforderungen der anzuwendenden Richtlinien entsprechen und ob geeignete Schritte zur Behebung von Konformitätsmängeln eingeleitet oder gar Sanktionen ergriffen werden müssen. Um Unabhängigkeit und Objektivität der Marktüberwachung sicherzustellen, muss jeder Mitgliedsstaat diese Aufgaben nationalen Behörden übertragen. Die Gestaltung der dazu notwendigen Infrastruktur liegt in der Kompetenz eines jeden Staates. Die Marktaufsicht ist daher in jedem Mitgliedsstaat anders strukturiert und organisiert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass zukünftig die Marktüberwachung unter Ausnutzung aller zeitgemäßen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten sowohl innerhalb der Mitgliedstaaten als auch zwischen ihnen effektiv gestaltet sein wird. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Marktüberwachung zweigeteilt. Für Produkte, die unter die Maschinenrichtlinie und Niederspannungsrichtlinie fallen, liegt sie bei den Aufsichtsbehörden der zuständigen Landesministerien, bei Staatlichen Ämtern für
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Arbeitsschutz (in über 80 Gewerbeaufsichtsämtern). Für die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben der EMV-Richtlinie ist die bundesunmittelbare Bundesnetzagentur (vormals Regulierungsbehörde) für Telekommunikation und Post (Reg TP) in Mainz zuständig. Das europäische Recht schließt systematische Marktkontrollen aus, eine Regelüberwachung ist nicht vorgesehen. Im harmonisierten Bereich (Produkte mit CE-Kennzeichnung) und bei Arbeitsmitteln mit GS-Zeichen beschränken sich Überwachungsmaßnahmen z. Z. auf Stichproben. Marktaufsichtsbehörden müssen von sich aus immer dann aktiv werden, wenn sie von einem sicherheitsrelevanten Produktmangel erfahren. Sie stützen sich dabei auf aktive und passive Informationsquellen. Passive Informationsquellen sind z. B. Meldungen der Zollbehörden, Unfallanzeigen aus dem gewerblichen Bereich, Medienberichte, Verbraucherbeschwerden sowie Selbstanzeigen der Hersteller, wenn sie z. B. selbst einen Mangel erst nach der Auslieferung entdecken. Zu den aktiven Informationsquellen gehören z. B. eigene Kontrollen, Schwerpunktmaßnahmen (auch länderübergreifende) sowie Meldungen der Europäischen Kommission im Rahmen ihrer Aktivitäten von RAPEX (Rapid Exchange for Information System) oder von ICSMS (Internet-supported information and communication system for the pan-European market surveillance of technical products, http://www.icsms.org). Behörden wenden sich zuerst an Hersteller und suchen die Zusammenarbeit, denn Hersteller sind zuerst zum Handeln verpflichtet. Behörden haben jedoch das Recht, Verwaltungsakte unterschiedlicher Tragweite zu erlassen, z. B. • Ausstellen von Produkten (z. B. auf Messen) bzw. deren Verkauf (zeitweilig) zu verbieten • Maßnahmen (z. B. die Anbringung der CEKennzeichnung) anzuordnen • Prüfungen zu veranlassen • Rücknahme-/Rückrufaktionen sowie Sicherstellen/Beseitigen (Vernichten) anzuordnen • hoheitliche öffentliche Warnungen auszusprechen und sie im Internet unter Nennung des Herstellers und des Produkts veröffentlichen.
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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnungen werden je nach Schwere die Behörden zumindest als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern ahnden. Rückrufmanagement. Ein Rückruf soll bei erkannten Sicherheitsmängeln bzw. Risiken den wahrscheinlichen Lauf der Dinge aufhalten, bevor sich Risiken in einem haftungs- oder strafrechtlich relevanten Unfall verwirklichen können. Ein gut organisiertes Rückrufmanagement kann Rechtsrisiken zu einer Zeit beheben, in der noch kein Schaden eingetreten ist. Grundsatz: Niemals die Dynamik eines „falsch laufenden“ Rückrufs unterschätzen! Bisherige Rechtspraxis: Verpflichtung zum Produktrückruf war aus dem Zivil- und Strafrecht begründet. Gesetzlich waren nur Rechtsfolgen fehlerhafter Produkte geregelt. Neue Rechtslage: Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz schreibt ausdrücklich Rückrufregelung im Sinne aktiven Handelns vor. Hersteller müssen also von sich aus aktiv werden. Risiken müssen sie schon früh intern und extern kommunizieren, um nicht auf Unfälle oder behördliche Auflagen als „einzige Mitteilung“ angewiesen zu sein. Sobald ein Hersteller entdeckt, dass sein Produkt mangelhaft ist und zu Schäden führen kann, darf er nicht warten, bis der Schaden eintritt. Stellt nämlich eine Marktaufsichtsbehörde erstmal fest, dass ein Produkt nicht sicher ist, kann sie Hersteller zwingen, das Produkt zurückzunehmen oder den Rückruf anzuordnen. Dann werden Haftungs- und Imageschäden unkalkulierbar. Die wichtigsten Vorkehrungen sind: • richtlinienkonform konstruieren, produzieren und lückenlos dokumentieren! Wir-
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kungsvolles Qualitätsmanagement implementieren. zentrale Stelle einrichten, die aktiv den Markt eigener Produkte und die des Wettbewerbs, evtl. Rückrufaktionen, ausgesprochene Untersagungsverfügungen (http://www.icsms.org, http://baua.de) beobachtet. Das ist keine Nebenbeschäftigung eines ohnehin überlasteten Mitarbeiters, sondern die Aufgabe einer mit notwendigen Ressourcen und Kompetenzen ausgestatteten (Stabs-)Stelle. Reklamationen nicht nur mit der Marketingabteilung nachgehen, sondern zu prüfen, ob sie nicht durch Konstruktions- oder Fertigungsfehler verursacht wurden. Handlungsfähiges Rückruf-Team aufstellen. Die kompetenten und zu Entscheidungen befugten Personen aus Einkauf, Konstruktion (Risikobeurteilung), Fertigung/ Montage, Verkauf/Marketing, Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit (die mit den Usancen der Medien wirklich vertraut ist) müssen jederzeit erreichbar sein. Interne und externe Abläufe, d. h. Verantwortlichkeit für Rückrufe eindeutig zuordnen, dokumentieren und sicherstellen, dass Entscheidungsträger im Krisenfall entscheiden können und auch dürfen. Kommunikationsprozesse intern wie extern sicherstellen (z. B. aktuelle Telefonund Faxnummern sowie Internetadressen aller Mitglieder des Rückruf-Teams, aber auch der Staatsanwaltschaft, der Marktaufsichtsbehörden, der Presse usw. aktualisieren, pflegen und griffbereit halten).
2.5 Zusammenfassung
2.5 Zusammenfassung Die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes hat für Hersteller eine neue Rechtslage gebracht. Die Maschinenrichtlinie und das sie in nationales Recht umsetzende Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) mit samt seinen Rechtsverordnungen dienen zwei Zwecken: Einerseits soll der Binnenmarkt davor geschützt werden, dass im Europäischen Wirtschaftsraum das Inverkehrbringen von Handelsgütern unter Berufung auf nicht eingehaltene nationale Sicherheitsstandards untersagt werden kann. Andererseits soll unterbunden werden, dass technische Arbeitsmittel und ihnen gesetzlich gleichgestellten Gerätschaften und Gegenstände in den Verkehr gebracht werden, ohne bestimmte Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Der im Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie ansässige und daher für die Behörden jederzeit im Rahmen einer hoheitlichen Handlung greifbare Hersteller erklärt mit der CE-Konformitätserklärung / Einbauerklärung und der CE-Kennzeichnung in eigener Verantwortung, dass er alle Vorgaben des europäischen Produktsicherheitsrechts eingehalten habe. Von einer Behörde wird dies vor dem Inverkehrbringen nicht kontrolliert. Damit gilt aber für die Hersteller das volle Haftungsrecht, also im Schadensfall das Risiko strafrechtlicher Verfolgung sowie das Risiko von Produkthaftungsprozessen Geschädigter auf Schadensersatz und auf Schmerzensgeld. Für Händler sind alleine das einfach zu prüfende Vorhandensein bestimmter Dokumente und Formalien zumutbar, wie z. B. der CE-Kennzeichnung selbst, der Konformitätserklärung und der Betriebsanleitung, nicht aber die sicherheitstechnische Verantwortung für die Konstruktion. Die Hersteller stehen in der Pflicht, nur sicherheitsgerechte Produkte auf dem Markt zu bringen. Bezogen auf die Produkt- und Maschinensicherheit erfolgte zwar keine wesentliche Verschärfung der vorher schon durch nationale Gesetze, Vorschriften und Normen festgelegten Standards. Die Verantwortung der Hersteller ist jedoch gewachsen, vor allem durch die in der Bundesrepublik Deutschland bis jetzt nicht übliche verschuldensunabhängige Haftung für Produktfehler und durch das in den meisten Fällen in eigener Ver-
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antwortung durchzuführende CE-Kennzeichnung und das ihr vorausgehende Konformitätsbewertungsverfahren sowie die personalisierte Verantwortung für die Konformitätserklärung über die Übereinstimmung der Maschinen mit den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie und des in harmonisierten EN-Normen festgehaltenen Sicherheitsniveaus sowie die Nennung einer Person, die für das Zusammenstellen der technischen Unterlagen autorisiert ist. Auch haben die von Maschinenherstellern in eigener Verantwortung zu erstellenden sicherheitsrelevanten Informationen in der Produktdokumentation, in der Betriebsanleitung und bei der Sicherheitskennzeichnung der Maschinen eine höheres rechtliches Gewicht bekommen, als es bis jetzt in der deutschen Rechtsauffassung üblich war. CE-Kennzeichnung ist nicht primär für Endverbraucher bestimmt, sondern ist ein Verwaltungszeichen für die Marktaufsichts- und Zollbehörden. Wenn auch die CE-Kennzeichnung nicht beansprucht, ein Qualitäts-, Sicherheits- oder Umweltschutzzeichen zu sein, als welches sie von vielen angesehen wird, hat die mit ihr signalisierte Konformität mit dem in der Maschinenrichtlinie festgelegtem Sicherheitsniveau eine nicht zu unterschätzende rechtliche Bedeutung. Europäisches Recht bringt für Hersteller aber auch Vorteile. Obwohl Maschinenbenutzer selbstverständlich sichere Produkte fordern, sind sie nicht immer bereit, den für das sichere und damit auch hochwertigere Produkt notwendigen höheren Preis „zu bezahlen“. Hier sorgen europaweit geltenden Sicherheitsstandards für gleiche Wettbewerbsbedingungen und bauen so vermeintliche oder wirkliche Nachteile deutscher Hersteller gegenüber inner- und außereuropäischen Konkurrenten ab. Einhalten öffentlich-rechtlicher Vorgaben ist für die eigene Rechtssicherheit der Hersteller wichtig, allerdings nur gegen behördliche Interventionen. Haftungsrechtlich betrachtet, belegen eingehaltene Normen, dass sich Hersteller bemüht haben, sicherheitstechnische Anforderungen mit Mindeststandards zu erfüllen. Eine zivilrechtliche Haftung ist damit nicht ausgeschlossen. Deshalb ist es für Hersteller wichtig, den Stand der Wissenschaft und Technik zu beobachten und ihn in Konstruktionen einfließen zu lassen. Ge-
58
2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte
nauso wichtig ist aber auch, dass dem eigentlichen Entwickeln und Konstruieren eine ausführliche und redliche Analyse betrieblicher Anforderungen vorangeht, deren Ergebnisse in einer verbindlichen Anforderungsliste festgehalten werden. Andernfalls kann es passieren, dass Produkte oder Maschinen zwar formal und objektiv gesetzlichen Vorgaben entsprechen, trotzdem weder bedarfsnoch sicherheitsgerecht sind. Derartige Maschinen bzw. die an ihnen getroffenen Sicherheitsmaßnamen werden nicht akzeptiert. Vielmehr bringen sie ihre Benutzer auf „Ideen“, die meistens die Arbeitssicherheit der Erfinder nicht gerade erhöhen. Sie können neue Gefährdungen heraufbeschwören, an die während des Konstruierens niemand gedacht hat.
Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte oder Maschinen bedeutet daher mehr als das Einhalten von Vorschriften und anderer rechtlicher Vorgaben. Nachschlagen in Richtlinien und Normen sowie das abwehrende Fragen, „Wo steht das?!?“, um nur die allernötigsten, vom Gesetzgeber geforderten Sicherheitsmaßnahmen widerwillig umsetzen zu müssen, können intensives Nachdenken über sicherheits- und menschengerechte aber trotzdem betriebstaugliche Lösungen und deren Verwirklichen niemals ersetzen. Das war, ist und bleibt immer noch die originäre Aufgabe kreativer Konstrukteure, denn Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte unterliegt gleichen Anforderungen, Restriktionen und Randbedingungen, wie jede andere Konstruktionsarbeit auch.
3 Der Mensch im Arbeitssystem
Das Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte und Maschinen verfolgt das Ziel, gegenseitige funktionelle Beziehungen zwischen Menschen und seiner technischen Umwelt so zu gestalten, dass weder deren Gesundheit noch Umwelt geschädigt werden. Um möglichst alle Aspekte beim Lösen dieser komplexen Aufgabe zu berücksichtigen, ist ein systemtheoretischer Ansatz vorteilhaft. Eine verallgemeinerte Betrachtungsweise aller in Frage kommenden funktionellen Beziehungen zwischen dem Menschen und seiner technischen und natürlichen Umwelt liefert die Theorie des Arbeitssystems in Verbindung mit den in der Konstruktionswissenschaft angewendeten Methoden und den dort eingeführten Wirkgrößen Stoff, Energie und Information. Erst im Verbund mit allgemeinen Aussagen dieser theoretischen Betrachtungsweisen ist es möglich, die in der Praxis gewonnenen Erkenntnisse für das Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte zu abstrahieren, zu verallgemeinern und zu ordnen aber auch auf möglichst viele Anwendungen zu übertragen.
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3.1 Arbeitssystem Beim Arbeiten wirkt der Mensch bewusst und zielgerichtet auf einen Arbeitsgegenstand ein, um ihn gemäß der vorgegebenen Aufgabe zu verändern. Geschah dies in den frühen Technisierungsstufen nahezu ohne oder nur mit einfachen Hilfsmitteln, so geschieht das heute mit mannigfaltigen, meistens hochentwickelten komplizierten und komplexen Arbeitsmitteln (Apparaten, Geräten, Maschinen), denn es ist kaum möglich, Produktionsaufgaben ohne Einsatz maschineller Einrichtungen zeitgemäß zu lösen. Zwischen den originären Grundkomponenten des Arbeitssystems Mensch-Arbeitsgegenstand befindet sich jetzt, systemtechnisch betrachtet, eine dritte Komponente, die Maschine. Zu den gegenseitigen Wirkungen zwischen Arbeitsperson und Arbeitsgegenstand kommen noch Wirkungen zwischen Mensch und Maschine, sowie Wirkungen zwischen der Maschine und dem Arbeitsgegenstand hinzu. Diese drei Komponenten und ihre gegenseitigen Beziehungen bilden die Grundstruktur und den Kern eines jeden Arbeitssystems, Bild 3.1-1.
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A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
Bild 3.1-1 Grundstruktur des Arbeitssystem
3 Der Mensch im Arbeitssystem
60
In der Grundstruktur des Arbeitssystems lassen sich formal zwei funktionelle Bereiche unterscheiden: Wirkbereich und Arbeitsbereich. Der Wirkbereich des Arbeitssystems befindet sich zwischen Maschine und Arbeitsgegenstand. Im Wirkbereich ändern Werkzeuge der Maschine unter Ausnutzung bekannter physikalischer oder chemischer Effekte das Produkt im Sinne der vorgegebenen Arbeitsaufgabe. Sensoren erfassen dort die erfolgten Änderungen und leiten gewonnene Informationen an bzw. in die Maschine weiter. Maschinen werden so konstruiert, dass sie zur Erfüllung einer gewünschten Arbeitsaufgabe die dazu notwendigen technologischen Gesamtfunktionen im Wirkbereich realisieren. Arbeitsbereich ist primär der geometrische und funktionelle Bereich der Maschine, auf den sich alle Aktivitäten der Arbeitspersonen während der Nutzung der Maschine richten, um mit der Maschine die gestellte Arbeitsaufgabe erfüllen zu können. Über seine Funktionselemente geben sie z. B. Befehle mit Bedienteilen ein und entnehmen aus Anzeigern prozessrelevante Informationen. Zum Arbeitsbereich gehören auch Funktionselemente, die zum Reinigen, Entstören, Rüsten
und Warten usw. außerhalb des eigentlichen Normalbetriebs, im Sonderbetrieb, der Maschine erreicht werden müssen. Dort, wo sich Arbeits- und Wirkbereich räumlich und zeitlich überschneiden, dürfen die im Wirkbereich bewusst genutzten physikalischen oder chemischen Effekte niemanden gefährden, weder Personen die mit oder an der Maschine arbeiten, noch jene, die sich in der Nähe der Maschine aufhalten. Vor allem dann nicht, wenn ein unmittelbares Zusammenwirken zwischen der Arbeitsperson und dem Arbeitsgegenstand noch möglich oder gar notwendig ist. Arbeitssysteme existieren nicht für sich allein, sondern sind untereinander funktionell verbunden und in eine betriebliche Umgebung integriert. Betriebliche Einheiten agieren wiederum in einer wirtschaftlichen, gesellschaftliche und natürlichen Umwelt, Bild 3.1-2. Arbeitssysteme sind demnach über ihre pragmatisch festgelegten Systemgrenzen sowohl mit der unmittelbaren Umgebung als auch der Umwelt über Eingangs- und Ausgangsgrößen verbunden. Arbeitssysteme wirken sowohl auf andere Arbeitssysteme als auch auf die Umgebung
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Bild 3.1-2 Umgebung und Umwelt der Arbeitssysteme
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3.1 Arbeitssystem
schlechtern sie sich mit zunehmendem Alter, einmal durch Krankheiten bedingt aber auch durch Verschleißerscheinungen und den allgemeinen körperlichen und geistigen Rückbau, [3.2]. Sollen Produkte, Maschinen und Abläufe menschengerecht ausgeführt sein, müssen sie mit den, diesmal von Natur aus vorgegebenen „technischen“, d. h. geometrischen, stofflichen, energetischen und informationstechnischen Eigenschaften der Menschen in Einklang gebracht werden, Bild 3.1-3. 6WRII JHRPHWULVFKH (LJHQVFKDIWHQ
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und Umwelt ein. Umwelt und Umgebung wirken wiederum durch die Systemgrenzen hindurch auf Arbeitssysteme ein. Bei Arbeitssystemen mit stationären Maschinen, wie z. B. Druckmaschinen oder Werkzeugmaschinen werden betriebliche Umgebungseinflüsse dominieren. Bei Arbeitssystemen mit mobilen Maschinen, wie z. B. Erdbaumaschinen oder Maschinen der Land- und Forstwirtschaft werden unmittelbare Einflüsse aus der Umwelt und auf die Umwelt eine wichtige Rolle spielen, da z. B. bodenbearbeitende Maschinen Teile der Umwelt als Arbeitsgegenstand bearbeiten und verändern. Arbeiten mit oder an Maschinen erfordert zielgerichtete Handlungen und Tätigkeiten. Maschinenbenutzer müssen z. B. Bedienteile betätigen, Gegenstände bewegen, an bestimmte Stellen der Maschinen sicher gelangen können, sich festhalten können, Vorgänge beobachten oder Informationen aufnehmen und verarbeiten können usw. Alle diese Aktivitäten stellen objektive Belastungen dar, die bei konkreten Personen zu individuell unterschiedlichen, subjektiven Beanspruchungen führen, [3.1]. Ob eine Tätigkeit (für alle Menschen objektiv gleiche Belastung) für ein Individuum ausführbar, erträglich, zumutbar oder unzumutbar ist, hängt vor allem von seiner konkreten, subjektiven Beanspruchung ab. Beim Konstruieren und Gestalten von Maschinen werden technische, d. h. geometrische, stoffliche, energetische und informationstechnische Größen und Abläufe festgelegt. Maschinen weisen dann zahlreiche messbare technische Parameter auf. Aber auch Menschen haben „technische“ Eigenschaften. Im Vergleich zu technischen Systemen bewegen sich die den Menschen charakterisierenden Kenngrößen mit ihren Werten in relativ engen Grenzen. Konstrukteure müssen sich immer bewusst machen, dass der Mensch als Gattung und jede Person als Individuum eine Anhäufung von Variablen ist, die dazu noch inter- und intraindividuellen Streuungen unterliegen. Kenngrößen streuen einerseits aufgrund naturgegebener Individualität eines jeden Einzelnen nicht nur von Person zu Person (interindividuelle Streuung), sondern sie ändern sich bei Individuen im Laufe ihres Lebens (intraindividuelle Streuung). Im jungen Erwachsenenalter erreichen praktisch alle physiologischen Parameter ihre höchsten, im ganzen Leben erreichbaren Werte. Ab 30 ver-
61
,
Bild 3.1.3 Technische Eigenschaften des Menschen
Beim Anpassen von Maschinen an Menschen dürfen sich Konstrukteure weder an feste, nur für eine bestimmte Person gültige Werte oder gar an durchschnittliche Werte halten. Eine Maschine oder ein Arbeitsplatz, der maßgeschneidert auf eine konkrete Person abgestimmt ist, wird sich wahrscheinlich für eine andere Person genauso katastrophal auswirken, wie Maschinen oder der Arbeitsplätze, die an einen „durchschnittlichen“ Menschen angepasst sind. Deshalb müssen alle menschenbezogene Kenngrößen einer Zielpopulation mit ihren Streuungen berücksichtigt werden. Dieses Postulat ist einer der wichtigsten Grundsätze für das Gestalten menschengerechter Arbeitsplätze, Maschinen und Produkte. Alle menschenbezogene Einflussfaktoren im Sinne technischer Eigenschaften müssen beim methodischen Entwickeln und Gestalten einer menschengerechten Technik als determinierende Größen, d. h. als feste Forderungen in Anforderungslisten für die zu konstruierende Maschine
3 Der Mensch im Arbeitssystem
62
aufgenommen werden. Beispiele für die wichtigsten charakteristischen „technischen“ Parameter der Menschen sind im Bild 3.1-4 aufgeführt. DOOJ *U|H
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Bild 3.1-4 Charakteristische „technische“ Parameter des Menschen
Die getroffene Aufteilung technischer Eigenschaften der Menschen ist zwar methodisch sinnvoll, darf aber nicht dazu verleiten, beim konkreten Gestalten sicherheits- und ergonomiegerechter Maschinen diese Aspekte getrennt zu betrachten und zu behandeln. Die Parameterbereiche Geometrie, Energie und Information berühren vornehmlich ergonomische Fragestellungen; Festigkeitsparameter tangieren hauptsächlich sicherheitstechnische Aspekte der zu gestaltenden Maschinen bzw. Arbeitssysteme. Sowohl ergonomische als auch sicherheitstechnische Gestaltungsbereiche beeinflussen sich gegenseitig, meistens im Sinne einer Synergie, wenn auch nicht immer zwingend. So kann sich die in der Ergonomie grundsätzlich
positiv aufgefasste Erreichbarkeit, z. B. von Bedienteilen, negativ auswirken, wenn sie sich auf Gefahrstellen bezieht. Andererseits müssen z. B. beim Festlegen der Abmessungen von Schutzeinrichtungen anthropometrische Gegebenheiten der Zielpopulation genauso berücksichtigt werden, wie die zum Öffnen und Schließen von Schutzeinrichtungen benötigten Körperkräfte oder Wahrnehmungsgrenzen des Gesichtssinns beim Durchblicken durch Schutzeinrichtungen, um Prozesse zu beobachten usw. Ergonomiegerecht gestaltete Schutzeinrichtungen beeinflussen entscheidend deren Akzeptanz und somit die Sicherheit der zu schützenden Personen. Konstrukteure müssen sowohl den Arbeits- als auch den Wirkbereich funktionell abgrenzen und menschengerecht gestalten. Der Arbeitsbereich muss natürlichen Kenngrößen der Zielpopulation angepasst sein. Das ist die Aufgabe des ergonomiegerechten Konstruierens. Im technologisch notwendigen Arbeits- und Wirkbereich dürfen sich Maschinenfunktionen mit ihren Gefährdungen nicht auf Personen auswirken. Das ist die Aufgabe des sicherheitsgerechten Konstruierens. Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht nicht darum, Arbeitssysteme so zu gestalten, dass Arbeitende unterfordert oder gar geschont werden, sondern darum, dass sie keinen schädigenden Wirkungen ausgesetzt werden. Die durch die Konstruktion von Maschinen bzw. durch die Gestaltung von Arbeitssystemen festgelegten Arbeitsbedingungen können sich förderlich, neutral oder schädigend auswirken. Werden Maschinen nicht menschengerecht gestaltet, sind arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen nicht ausgeschlossen. Sie haben nicht nur Folgen für Arbeitende, sondern nicht selten auch für Hersteller. Sie beginnen mit einem schlechten Image und reichen bis zu behördlichen Auflagen. Arbeitsbedingungen, die zu einer normalen Ermüdung führen, verursacht durch die für die Arbeit notwendige Vorausgabe physischer und psychischer Kräfte, gelten nicht als schädigend. Belastungen gelten erst dann als schädigend, wenn sie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren hervorrufen. Sie können als plötzlich auftretende, von außen einwirkende, körperschädigende Ereignisse (Unfälle bzw. durch sie entstehende Verletzungen) auftreten oder sich allmählich als Krankheiten manifestieren. Nur ein Teil arbeits-
3.1 Arbeitssystem
bedingter Erkrankungen wird im Sinne der Sozialversicherung als entschädigungsfähige Berufskrankheiten anerkannt. Berufskrankheiten sind Erkrankungen, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ausdrücklich als Berufskrankheit bezeichnet. Damit eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann, muss die versicherte Arbeitstätigkeit die Ursache für die schädigende Einwirkung sein, die Einwirkung wiederum muss ursächlich für die Erkrankung sein und die Erkrankung muss in der Liste ”Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung” [3.3] ausdrücklich aufgeführt sein. Diese Liste enthält ausschließlich solche Erkrankungen durch gefährliche Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße ausgesetzt sind als die übrige Bevölkerung. Listete die erste Berufskrankheiten-Verordnung im Jahr 1925 elf Krankheiten als Berufskrankheiten auf, so enthält die aktuelle Berufskrankheiten-Verordnung inzwischen 72 Berufskrankheiten. Wird die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt, haben die Betroffenen Anspruch auf das gesamte Leistungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere auf Heilbehandlung, Rehabilitation oder Geldleistungen. Viele durch ungünstige Arbeitsbedingungen hervorgerufene Erkrankungen werden weder als Berufskrankheit noch als Unfall anerkannt; sie gehen in das allgemeine Krankheitsgeschehen als arbeitsbedingte Erkrankungen ein, Bild 3.1-5. Fazit: Maschinen und Produkte sind dann menschengerecht gestaltet, wenn sie eine humane Produktivität gewährleisten, d. h. wenn beim Umgang mit diesen Produkten in allen ihren Lebensphasen sich Menschen weder Unfällen (plötzlich auftretenden Körperschäden) aussetzen noch längerfristig auftretende Gesundheitsschädigungen durch mangelnde ergonomische Anpassung
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Bild 3.1-5 Arbeitsbedingte Gefährdungen
oder gar eine Berufskrankheit erleiden. In den Händen der Konstrukteure liegt nicht nur die Verantwortung für die funktionsgerechte Auslegung der Maschinen gemäß den in der Anforderungsliste festgelegten Vorgaben, sondern auch für die körperliche Unversehrtheit späterer Maschinenbenutzer oder Dritter.
64
3 Der Mensch im Arbeitssystem
3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen
Verformungen auf. Sie stehen für den mechanischen Zusammenhalt der Maschine und sorgen für ihre statische Stabilität gegenüber der Umgebung. Das statische System bestimmt die Abmessungen der Maschine. Mit ihm sind alle übrigen Systeme der Maschine mittelbar oder unmittelbar mechanisch verbunden und funktionell gekoppelt. Das statische System (Gehäuse, Rahmen, Basiskörper, Tragwerk) muss auch Freiräume und Volumina aufweisen, die ständig oder Teilweise zum Stoff-, Energie- und Informationsfluss benötigt werden: von Durchführungen für Kabel und Energieketten über Werkstückkanäle bzw. Werkstückzuführungen bis zu ergonomischen Freiräumen, wie Sichträume, Greifräume, Beinräume usw., [3.6]. Das kinematische System (Bewegungssystem) gewährleistet Bewegungen und Führung bewegter Teile der Maschine, der Werkzeuge bzw. Bewegungen mobiler Maschinen. Es wandelt Informationen in kinematische Größen (Positionen, Weglängen, Geschwindigkeiten) mit Hilfe von Energie und Informationen um. Das Bewegungssystem umfasst auch Baugruppen, die Relativbewegungen zwischen Werkzeugen und Werkstück sowie Relativbewegungen der Maschine zur Umgebung ermöglichen.
Maschine ist eine der drei bestimmenden Komponenten des Arbeitssystems. Sie ist ein technisches Gebilde, in dem Stoff, Energie und Informationen gespeichert, geleitet, umgeformt, gewandelt oder verknüpft werden, gemäß ihrer technologischen Funktion [3.4]. Eine andere Definition enthält die Maschinenrichtlinie [3.5]: Maschine ist eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzen menschlichen oder tierischen Kraft ausgestatte oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind. Maschinen setzen sich demnach aus mehreren unterscheidbaren und beschreibbaren Baugruppen zusammen, zwischen denen logische Beziehungen und Strukturen bestehen, also aus Systemen, die untereinander funktionell gekoppelt sind. Die Systeme erfüllen konkrete technische Teilfunktionen. Erst ihr Zusammenwirken ermöglicht die Gesamtfunktion der Maschine, Bild 3.21. Das statische (tragende) System und seine Baugruppen nehmen Kräfte, Schwingungen und VWDWLVFKHV 6\VWHP
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Bild 3.2-1 Funktionelle Systeme von Maschinen
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3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen
Das Energiesystem (Antriebssystem) versorgt alle Systeme mit den für die Arbeitsaufgabe notwendigen Energiearten und -mengen. Es umfasst sowohl stoffliche Energieträger als auch Baugruppen zur Zufuhr, Speicherung, Verteilung, Übertragung und Umwandlung von Energien. Sie kommen aus internen und externen Energiequellen. Auch die von biochemischer Energie gespeiste Muskelkraft kann eine Energiequelle für Maschinen und Geräte sein. Das Informationssystem versorgt alle Systeme mit den für die Steuerung, Regelung und Optimierung des Arbeitsprozesses erforderlichen Informationen. Es verarbeitet, leitet und speichert Informationen, stellt sie zum richtigen Zeitpunkt allen anderen Systemen zur Verfügung, überwacht die Einhaltung bestimmter Zustände und Abläufe und zeigt deren Verlauf und Ergebnisse dem Menschen an. In letzter Zeit ist der Trend zur konsequenten Trennung zwischen Information (Software) und der physikalischen Funktion, die an bestimmte Bauteile anderer Maschinensysteme gebunden ist, unverkennbar.
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65
Zum Wirkorgansystem (Werkzeugsystem) gehören Baugruppen, die auf den Arbeitsgegenstand einwirken und ihn verändern. Es umfasst neben den eigentlichen Wirkorganen, sprich Werkzeugen, auch Baugruppen zur Speicherung, Bewegung, Aufnahme, Fixierung und Entnahme der Werkzeuge. Werkzeuge bewirken mit durch Informationen gesteuerten Relativbewegungen und Energieeinwirkungen beim Arbeitsgegenstand die Bildung oder Änderungen seiner Form bzw. seiner Lage, seiner Stoffeigenschaften usw. Das Arbeitsgegenstandsystem (Werkstücksystem) und seine Baugruppen gewährleisten, dass der Arbeitsgegenstand den Wirkorganen (Werkzeugen) in einem prozeßgerechten Zustand zur Verfügung gestellt wird und als Produkt die Maschine verlässt. Es umfasst alle Baugruppen zur Speicherung, Bewegung, Aufnahme, Fixierung und Entnahme des Arbeitsgegenstands und ist unmittelbar mit dem Wirkbereich des Arbeitssystems funktionell verknüpft. Im Bild 3.2-2 ist ein Schablonendrucker für Leiterplatten dargestellt und seine typischen Bau-
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Bild 3.2-2 Funktionelle Systeme eines Schablonendruckers zum genauen Auftragen von Lötpaste auf Leiterplatten /3.1/
66
3 Der Mensch im Arbeitssystem
teile bzw. Baugruppen den funktionellen Systemen und den drei Gestaltungsbereichen beispielhaft zugeordnet. Zur Technologie: Diese Maschinen sind meistens ein Teil verketteter Produktionslinien und dienen zum maßgenauen Auftragen von Lotpasten auf Leiterplatten. Die Leiterplatten durchlaufen die Maschine quer zur Bedienungsseite. Um Verformungen der Leiterplatten beim Auftragen der Lotpaste entgegenzuwirken, werden magnetisch fixierbare Auflagepunkte softwaregesteuert positioniert. Leiterplatten werden vor dem Beschichten fixiert und mit Hilfe eines Kamerasystems und Aktoren automatisch exakt an Passermarken ausgerichtet. Zum Auftragen drückt eines der alternativ einsetzbaren Beschichtungssysteme (Rakel, Pendeldruckknopf) die genau dosierte Menge Lotpaste durch die Freiräume einer auswechselbaren Schablone auf die Leiterplatte. Alle Beschichtungssysteme bewegen sich translatorisch in Führungen. Ein automatischer, mit separatem Antrieb ausgerüsteter Schablonenreiniger beseitigt bei Bedarf Verschmutzungen von der Unterseite der Schablone. Zum Arbeitsbereich gehören mehrere Bedienteile, eine Tastatur, Maus, Bildschirm und optische Signalgeber. Eingriffe in den Prozess erfolgen über eine bedienungsfreundliche Bildschirmoberfläche. Der gesamte Wirkbereich ist mit schwenkbaren, elektrisch verriegelten Verkleidungen gesichert (Schutzbereich). Die technische bzw. technologische Aufgabe einer Maschine gilt vordergründig als gelöst, wenn alle funktionellen Systeme so gestaltet und verknüpft sind, dass die Maschine Arbeitsgegenstände bzw. Produkte in der vorgegebenen Stückzahl, Geschwindigkeit, Toleranz, Qualität, Reproduzierbarkeit usw. herstellt. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass die Maschine ihre volle Leistungsfähigkeit nur dann entwickeln kann, wenn sie samt ihren funktionellen Systemen mit den von Natur gegebenen Eigenschaften des Menschen harmonisiert ist. Deshalb ist im Sinne der Zielvorgabe des Arbeitssystems, optimale Produktivität unter humanen Bedingungen zu erreichen, neben der rein technisch-funktionellen noch eine menschbezogene Betrachtungsweise der Maschinen unbedingt notwendig. Die Einbindung des Menschen hängt von der jeweiligen Technisierungsstufe des Arbeitssystems ab.
3.2.1 Technisierungsstufe Die Technisierungsstufe spiegelt vordergründig wieder, welche technischen Mittel zum Bewältigen einer Arbeitsaufgabe herangezogen werden, aber auch welche Teilfunktionen Menschen im Arbeitssystem übernehmen müssen, Bild 3.2-3. Rein manuelle Tätigkeiten haben die niedrigste Technisierungsstufe. Menschen erledigen eine Arbeitsaufgabe ohne technische Hilfsmittel. Sie übernehmen mit ihrem Körper alle Funktionen eines Arbeitsmittels und somit auch die Funktionen aller Systeme, vom tragenden System bis zum Informationssystem: Skelett und Muskulatur müssen Gewichts- und Reaktionskräfte aufnehmen (Funktion des statischen Systems), Arme, Hände und Finger halten das Produkt (Arbeitsgegenstandsystem), führen zugleich Wirkbewegungen aus (Aufgabe des kinematischen Systems und des Werkzeugsystems), um das Produkt gemäß der Arbeitsaufgabe zu verändern. Die von Natur gegebenen Werkzeuge (Hände) werden durch Muskelkräfte (Energiesystem) bewegt und durch die im zentralen Nervensystem verarbeitete Sinneswahrnehmungen und dadurch hervorgerufenen Handlungen koordiniert (Informationssystem). Mit fortschreitender technischer Entwicklung übernahmen Maschinen mit ihren funktionellen Systemen immer mehr Teilaufgaben, die vorher Menschen verrichten mussten. Maschinen bzw. ihre Systeme haben immer mehr Funktionen den Menschen abgenommen und sie von anstrengender körperlicher Arbeit befreit, mit den Aufgaben des statischen Systems beginnend (Haltearbeit) bis zu den informationstechnischen Aufgaben in automatisierten Arbeitssystemen. Ihre Aufgaben haben sich zu informationsverarbeitenden Tätigkeiten verschoben. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. In vielen heutigen Arbeitssystemen müssen Menschen neben relativ einfachen, routinemäßigen informationsverarbeitenden Aufgaben auch Aufgaben in höheren Entscheidungsebenen übernehmen. Spektakuläre Unfälle und Störfälle der letzten Zeit deuten darauf hin, dass das Wissen über die naturgesetzmäßigen Wirkungen und Ursachen der Prozesse und deren Auswirkungen allmählich zum reinen Bedienungswissen abgeflacht ist, das durch Eingliedern in festgelegte Arbeitsabläufe erworben wird.
3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen
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Bild 3.2-3 Aufgabenteilung zwischen Menschen und Maschine in unterschiedlich entwickelten Arbeitssystem [3.7]
67
3 Der Mensch im Arbeitssystem
3.2.2 Äußere Funktionselemente von Maschinen Betrachtet man in der Struktur des Arbeitssystems das zielgerichtete Zusammenwirken der Menschen mit Maschinen im Arbeits- und Wirkbereich, lassen sich vorerst zwei äußere funktionelle Bereiche unterscheiden: Wahrnehmungsbereich und Handlungsbereich. Aus dem Wahrnehmungsbereich strömen Informationen über die Wirkungen und Zustände der Maschine und des Prozesses auf die Menschen zu, die sie mittelbar mit Anzeigern oder unmittelbar mit seinen Sinnen wahrnehmen. Auf den Handlungsbereich der Maschine richten sich alle zielbewussten Aktivitäten der Menschen, die für das Erfüllen der Arbeitsaufgabe mit der Maschine notwendig sind. Sowohl im Wahrnehmungs- als auch im Handlungsbereich können Gefährdungen vorkommen. Vor allem dann, wenn der Arbeitsbereich der Maschine mit ihrem Wirkungsbereich räumlich und funktionell zusammenfällt. Deshalb muss ein dritter Bereich, der Schutzbereich, mit seinen Baugruppen allen potentiellen Gefährdungen entgegenwirken, um die körperliche Unversehrtheit aller, d. h. sowohl der Arbeitspersonen als auch Dritter zu gewährleisten, Bild 3.2-4. Jeder dieser Bereiche hat äußere Funktionselemente, mit denen Menschen unmittelbar in Kontakt kommen. Sie sind im weitesten Sinne Maschinenelemente. Nicht nur weil sie Teile der Maschine sind, sondern weil sie physikalische
5H]HSWRUHQ
Wegen der Tragweite eventueller Fehlentscheidungen in kritischen Phasen, die oft in vom Prozessgeschehen räumlich entfernten Ebenen getroffen werden, ist die Bedeutung der Menschen als funktionelles Element des Arbeitssystems eher gewachsen und nicht gesunken, wie man aufgrund der verbliebenen geringeren Anzahl der Entscheidungen und Handlungen in hochtechnisierten Arbeitssystemen vermuten könnte. Dies gilt besonders für aufkommende oder bereits eingetretene kritische Zustände oder Störungen! In frühen Technisierungsstufen war das Gefährdungspotential für Menschen relativ gering. Durch die von Natur aus beschränkte mechanische Leistungsfähigkeit der Menschen konnten die auf Körper einwirkenden Energiedichten niemals die heute üblichen Größenordnungen der Körper- und Umweltgefährdungen erreichen. Einbinden von Arbeitspersonen in jeweilige Teilfunktionen der Maschine ist in der Maschinenrichtlinie beim Festlegen des Gefährdungspotentials und der mit ihm verbundenen Modalitäten des CE-Konformitätsbewertungsverfahren eindeutig festgelegt. Die Maschinenrichtlinie unterscheidet hierbei normales und hohes Gefährdungspotential. Ein besonders hohes Gefährdungspotential ist vor allem dann vorhanden, wenn Maschinen mit bewegten Werkzeugen spanlos oder spanabhebend fasrige organische Werkstoffe bearbeiten oder verändern, deren physikalischen Parameter denen des menschlichen Gewebes entsprechen und die Werkstückbeschickung, Werkstückbewegung (Vorschub) oder Werkstückentnahme manuell erfolgen. Arbeitspersonen übernehmen dann teilweise Aufgaben des Arbeitsgegenstandsystems und gelangen somit unmittelbar in den Wirkbereich der Maschine. Hier besteht das Risiko, dass Werkzeuge die ihnen zugedachten technologischen Operationen am Menschen ausführen. Das führt unweigerlich zu schwersten Verletzungen. Der Anhang IV der Maschinenrichtlinie listet Maschinen mit besonders hohem Gefährdungspotential bzw. Risiko auf. Die Übereinstimmung der getroffenen Sicherheitsmaßnahmen mit den dort getroffenen Vorgaben kann der Hersteller selbst festlegen. Sie kann auch im Rahmen einer Baumusterprüfung von einer zugelassenen Stelle erfolgen.
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Bild 3.2-4 Wahrnehmungs,- Handlungs- und Schutzbereich
3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen
Funktionen im Rahmen des Stoff-, Energie- und Informationsflusses innerhalb und außerhalb der Maschine übernehmen. Äußere Funktionselemente müssen Beziehungen zwischen Mensch und Maschine und Produkt im Arbeitssystem so einfach, sicher und problemlos, wie nur möglich gestalten. Maschinenbenutzer wünschen sich vor allem hohe Zuverlässigkeit, gefolgt von einfacher, intuitiver Bedienbarkeit und angemessener Funktion. Am Beispiel einer Planschneidemaschine, einer in der Papierverarbeitung weitverbreiteten Maschine, sollen die funktionellen Bereiche des Arbeitssystems und der Maschine erläutert werden, Bild 3.2-5. Planschneidemaschinen werden zum formatgenauen Schneiden von Papierstapeln oder ähnlichen bogenförmigen Materialien benutzt. Sie bestehen aus einem Ständer 1 und einem Tisch 2, den ein Joch 3 überspannt. Der Papierschneider legt das Schnittgut 4 von Hand auf den Tisch unter das Joch. Der mit einer Gewindespindel bewegter Sattel 5 schiebt das Schnittgut maßgenau unter die senkrechte Messerebene. Die Sattelbewegung geschieht entweder automatisch gemäß vorher eingegebenen Schnittfolge oder wird manuell mit einem Bedienteil von der Frontseite der Maschine $UEHLWVEHUHLFK
ausgelöst. Danach senken sich aus dem Joch der Pressbalken 6 und der Messerbalken 7, der das extrem scharfe Messer 8 trägt und tauchen nach dem Schneidvorgang in das Joch wieder ein. Die tabellarische Darstellung im Bild 3.2-6 gibt einer Partitur ähnlich die zeitliche und funktionelle Ablauffolge des Schneidens in einem Harmonogramm nach [3.8] wieder. Im Kopf der Tabelle sind der Arbeits- und Wirkbereiche der Planschneidemaschine sowie deren äußeren Funktionselemente schematisch dargestellt. Jedes Funktionselement steht im Kopf einer Spalte, in der die mit ihm auszuführenden Tätigkeiten aufgezeichnet werden. Für die einzelnen Schritte des Papierschneidens sind die Zeilen der Tabelle vorgesehen. Die zum Aktivieren der Funktionselemente benutzten Gliedmaßen sind schematisch in Sechsecke eingezeichnet. Ihre senkrecht orientierten Spitzen symbolisieren den Anfang und das Ende der Aktivierung, der parallele Zwischenteil deren Dauer. Die Zeitachse ist in dieser Darstellung senkrecht ausgerichtet. Das Schneiden eines Papierstapels läuft wie folgt ab: Nach dem manuellen Auflegen des Papierstapels 4 und dessen Positionieren mit dem Sattel 5 kann der Papierschneider durch das Betä9HUNHKUVEHUHLFK
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Bild 3.2-5 Wahrnehmungs,- Handlungs- und Schutzbereich am Beispiel einer Planschneidemaschine
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70
3 Der Mensch im Arbeitssystem
tigen des Pedals 10 den Pressbalken 6, der unmittelbar hinter dem Messer 8 angeordnet ist, kontrolliert mit gefahrlos geringer Kraft und Geschwindigkeit herablassen, um zu überprüfen, wo die Schnittkante auf dem Papierstapel verlaufen wird (Schnittandeutung). Nach dem Loslassen des Pedals kehrt der Pressbalken selbsttätig in seine Ausgangslage nach oben zurück. Das eigentliche Schneiden wird mit der Zweihandschaltung 11 ausgelöst. Der Pressbalken 6 senkt sich jetzt mit erheblicher Kraft unmittelbar vor dem Schnitt, um den Stapel und seine einzelnen Blätter zu fixieren, damit das ihm nachfolgende Messer einen genauen und sauberen Schnitt ausführen kann. Der über eine kinematische Kette hydraulisch angetriebene Messerbalken 7 bzw. das von ihm getragene Messer 8 bewegen sich danach gegen das Schnittgut, das mit den Sattel 5 genau zur Schnittkante auf dem Tisch positioniert wurde. Das Messer setzt auf eine Ecke des Stapels auf und durchschneidet ihn mit einer ziehenden Bogenbewegung. Das Messer zerteilt nicht nur das Schnittgut sondern drängt mit seiner Keilform auch das abgeschnittene Material nach vorne ab, wo der Papierschneider die Abschnitte nach beendigen des Schnittes von Hand entfernt. In der tiefsten Stellung taucht das Messer geringfügig in die Schneidleiste aus Kunststoff 9 ein, um auch den untersten Papierbogen des Stapels durchzutrennen. Das Messer kehrt danach selbsttätig in die Ausgangsposition nach oben zurück, gefolgt vom nacheilenden Pressbalken. Somit ist die sehr scharfe Messerschneide jederzeit vom Pressbalken verdeckt und gegen zufälliges Berühren von vorne gesichert. Während der Absenkbewegung des Messers muss der Papierschneider synchron mit beiden Händen die Zweihandschaltung gedrückt halten, damit sie während der gefahrbringenden Messerbewegung an einen sicheren Ort gebunden sind. Lässt er nur einen der Knöpfe während des Schneidens los, hält der Vorgang abrupt an, Messer und Pressbalken bleiben stehen. Nach regulärem Ablauf des Schnittvorgangs kehren beide Werkzeuge in ihre Ausgangslagen so zurück, dass der Pressbalken jetzt dem Messer nacheilt und es somit gegen Zugriff sichert.
Nach jedem Schnitt greift der Papierschneider unter das Messer und unter den Pressbalken, um den Stapel für den nächsten Schnitt zurechtzurücken. Damit gelangen seine Hände regelmäßig unter diese beiden (nicht aktiven) Werkzeuge. Der Wirkbereich der Planschneidemaschine, d. h. der räumliche Bereich, in dem ihre Werkzeuge (Sattel, Pressbalken und Messer) auf das Schnittgut einwirken, erstreckt sich auf die ganze Fläche des Maschinentisches. Der Arbeitsbereich der Planschneidemaschine, in dem sich der Papierschneider während des Normalbetriebs überwiegend aufhält, um mit ihr zu arbeiten, befindet sich auf der Frontseite der Maschine. Der Wahrnehmungsbereich umfasst nicht nur diverse Leuchtmelder, Anzeigegeräte oder Bildschirme, sondern auch die unmittelbar einsehbare Messerebene. Zum Handlungsbereich gehören nicht nur Bedienteile zum Ein- und Ausschalten der Maschine und zum Steuern der Sattelbewegung bzw. zum gefühlvollen Absenken des Pressbalkens durch Betätigen des Pedals, um Schnitte anzudeuten, sondern auch die Tischebene, auf welcher der Papierschneider mit dem Schnittgut hantiert. Äußere Funktionselemente auf der Rückseite der Maschine, z. B. der Exzenterhebel für den Messerbalken 12, werden zwar beim eigentlichen Schnittvorgang nicht betätigt, werden aber für Rüstarbeiten benötigt. Sie liegen frei zugänglich auf der Maschinenrückseite, d. h. im Verkehrsbereich der Maschine. Der Wirkbereich mit seinem hydraulisch und mechanisch bewegten Messer, seinem Pressbalken und dem mechanisch bewegten Sattel fällt vollständig mit dem Arbeitsbereich und dem frei zugänglichen Verkehrsbereich räumlich deckungsgleich zusammen. Da der Papierschneider darüber hinaus verfahrensbedingt sehr häufig in die Messerebene greifen muss, um z. B. das Schnittgut zurecht zu rücken oder Papierschnipsel zu entfernen, müssen die Baugruppen des Schutzbereichs (der Lichtvorhang, die Zweihandschaltung samt nachgeordneter Steuerung sowie die Verkleidung an der Rückseite der Maschine) den gesamten Wirkbereich vollständig und zuverlässig sichern.
3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen
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Bild 3.2-6 Betätigungsabfolge beim Schneiden mit einer Planschneidemaschine (Harmonogramm nach [3.8])
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71
72
3 Der Mensch im Arbeitssystem
3.2.3 Typologie der äußeren Funktionselemente Maschinen und ihre funktionelle Systeme werden zweckgebunden für eine schier unüberschaubare Vielfalt konkreter Aufgaben konstruiert. Um sie zu erfüllen, werden in Maschinen eine nicht geringere Vielfalt an Werkzeugen und Verfahren genutzt. Jedoch jede, auch noch so einfache Maschine hat funktionelle Systeme, Darüber hinaus hat jedes dieser funktionellen Systeme einen Wahrnehmungs-, Handlungs- und Schutzbereich mit äußeren Funktionselementen, auf die Maschinenarbeiter einwirken aber die auch auf sie zurückwirken können. Die Systeme der Maschine samt ihren Funktionselementen müssen daher menschengerecht, d. h. ergonomie- und sicherheitsgerecht gestaltet sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass alle äußeren Funktionselemente schon frühzeitig während des Konstruktionsprozesses erkannt werden. Der Anhang I der Maschinenrichtlinie listet viele Beispiele äußerer Funktionselemente auf, auch wenn sie dort anders benannt sind. Er enthält auch Vorgaben zu deren Ausführung. Trotzdem sollten Konstrukteure lernen, sie in allen Maschinensystemen systematisch und konsequent zu suchen. Ungeachtet aller Unterschiede haben äußere Funktionselemente Gemeinsamkeiten, die es ermöglichen, sie in eine allgemeingültige Typologie einzuordnen. Leitgedanke dafür ist das Auffinden von ordnenden Gesichtspunkten und systematisierenden Merkmalen. Diese Unterscheidungsmerkmale basieren auf den in diesem Kapitel getroffenen Festlegungen und sind Grundlage für die Typologie der äußeren Funktionselemente Bild 3.2-7. Der erste ordnender Gesichtspunkt bezieht sich auf die Lebensphasen der Maschinen, Bild 3.2-8. In der Nutzungsphase, in der Arbeiter mit Maschinen zielgerichtet Arbeitsgegenstände verändern, also produzieren, erfüllen die Maschinen den Auftrag, für den sie gebaut wurden. In der Nutzungsphase lassen sich zwei wesentliche Betriebsarten unterscheiden, der Normalbetrieb und der Sonderbetrieb. Während des Sonderbetriebs werden Maschinen auf den Normalbetrieb (Produktion) gerüstet, entstört, gewartet usw. damit sie ihren vorgegebenen Bestimmungszweck erfüllen können. Die Nutzungsphase ist zwar die wichtigste und meistens auch die längste Lebensphase der Maschi-
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Bild 3.2-7 Unterscheidungsmerkmale für Funktionselemente
nen, jedoch nicht die einzige, in der Menschen mit Maschinen in Kontakt kommen, um sie auf die Produktion vorzubereiten oder sie nachbereiten, müssen sie mit Maschinen auch vor und nach der Nutzung umgehen. Maschinen werden dann selbst zum Arbeitsgegenstand, auf den Menschen mit Werkzeugen oder anderen Hilfsmitteln einwirken. Dabei können sie sich ungünstigen oder gar schädigenden Einwirkungen aussetzen, [3.9, 3.10, 3.11]. Das gilt zwar auch für den Sonderbetrieb innerhalb der Nutzungsphase, vor allem aber für alle der Nutzung vorausgehenden Phasen, (Transport und Versand, Aufbau und Inbetriebnahme, Probelauf usw.) und für alle der Nutzung nachfolgenden Phasen (Abbau zum Umziehen oder zum Verschrotten, Demontage, Entsorgung bzw. Recycling). Der zweite und dritte ordnende Gesichtspunkt berücksichtigen die Wahrnehmungs- Handlungsund Schutzbereiche mit ihren Funktionen Leiten oder Hindern. Maschinen können ihre technologische Funktion nur dann erfüllen, wenn zwischen ihren Systemen ein im Konstruktionsprozess festgelegtes geordnetes Zusammenwirken der allgemeinen Größen Stoff, Energie und Information besteht.
3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen
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Bild 3.2-8 Lebensphasen einer Maschine
Und da auch Maschinenarbeiter diese allgemeinen Größen über äußere Funktionselemente des Wahrnehmungs-, des Handlungs- und des Schutzbereichs eingeben oder sie mit ihrer Hilfe entnehmen, geht der vierte ordnende Gesichtspunkt auf diese allgemeinen Größen ein und berücksichtigt sie als systematisierende Merkmale. Die allgemeine Größe Stoff hat dabei eine Besonderheit: Hier ist zu unterscheiden zwischen physikalischen bzw. chemischen Eigenschaften des Stoffs und den geometrischen des Stoffs als materielle Wirklichkeit. Die erstgenannten wirken auf den Menschen unmittelbar biochemisch
73
ein. Die geometrischen Eigenschaften des Stoffs wirken im Sinne einer raumfüllenden Materie mittelbar über Form (Abmessungen, Entfernungen) oder räumliche Disposition (Anordnung im Arbeits- und Wirkbereich) als dimensionsbehaftete körperliche Gegenstände der materiellen Umwelt. Der letztgenannte Sachverhalt wird mit dem Merkmal Raum berücksichtigt. Die Unterscheidungsmerkmale des fünften ordnenden Gesichtspunkts bilden die ebenfalls schon vorgenommene systemtheoretische Unterteilung von Maschinen in funktionelle Systeme. Die Typologie, s. Bild 3.2.9, offenbart in der Fülle der verschiedenartigen Erscheinungsformen eine verständliche und überschaubare Ordnung. Die in der Typologie aufgeführten Beispiele äußerer Funktionselemente erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr soll die Typologie helfen, alle vorkommenden äußeren Funktionselemente schon in der Konstruktionsphase einer konkreten Maschine zu erkennen und zu berücksichtigen. Darüber hinaus zeigt sie den konsequenten Weg zum Auffinden von äußeren Funktionselementen in realen Arbeitssystemen Die Typologie hat sich in der Praxis als universeller Leitfaden für die Beurteilung und Überprüfung der ergonomischen und sicherheitstechnischen Gestaltung von Maschinen bewährt und hat geholfen, gestalterische Schwachstellen im Handlungs- Wahrnehmungs- und Schutzbereich schnell und konsequent zu finden, sowohl in der Planungsphase beim Hersteller als auch an fertiggestellten und beim Betreiber aufgestellten Maschinen. Im Bild 3.2-10 sind am Beispiel einer größeren mechanischen Exzenterpresse wichtige äußere Funktionselemente der jeweiligen Subsysteme für den Sonderbetrieb dargestellt. Alle Funktionselemente müssen für Einstellungs- und Rüstarbeiten vor und nach der Nutzungsphase erreichbar sein. Und zwar ohne besondere körperliche Anstrengung oder gar Verletzungsgefahr. Offensichtlich ist, dass einige äußere Funktionselemente von der Standfläche aus nicht zu erreichen sind. Für ein sicheres Arbeiten an ihnen müssen zusätzliche Aufstiegshilfen, Podeste, Maschinentritte usw. vorgesehen werden, damit viele unzugänglichen äußeren Funktionselemente vom Personal, auch mit Werkzeugen oder Ersatzteilen in der Hand, erreicht werden können, ohne sich der Gefahr eines Tiefensturzes auszusetzen.
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74 3 Der Mensch im Arbeitssystem
Bild 3.2-9 Typologie sicherheitsrelevanter äußerer Funktionselemente von Maschinen (Fortsetzung nächste Seite)
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3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen 75
76
3 Der Mensch im Arbeitssystem
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Bild 3.2-10 Äußere Funktionselemente für Einstellarbeiten an einer mechanischen Presse der Metallverarbeitung
3.3 Zusammenfassung Die allgemeinen, systematischen Betrachtungweisen des Arbeitssystems und das erweiterbare Beschreibungssystem der äußeren Funktionselemente als Kontaktstellen der Menschen mit technischen Gebilden liefern Grundideen und Leitgedanken zum Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte. Beide Verfahren sind zugleich universell einsetzbare Werkzeuge für menschenbezogene Analysen von Maschinen und Arbeitsprozessen. Mit ihnen lassen sich schon in frühen Phasen des Konstruktionsprozesses viele Beeinträchtigungen und Gefährdungen identifizieren. Nachfolgende Kapitel behandeln die wichtigsten äußeren Funktionselemente des Schutzbereiches, die für Gesundheit und Sicherheit aller Maschinenbe-
nutzer und Dritter von Bedeutung sind sowie Regeln des sicherheits- und ergonomiegerechten Gestaltens dieser äußeren Funktionselemente. Schwerpunkt liegt hierbei vorerst auf der systematischen Ermittlung von Gefahren und Gefährdungen sowie der Beurteilung von Risiken, die mit den Funktionselementen bzw. Tätigkeiten an ihnen verknüpft sind (Kapitel 4), gefolgt von der konstruktionssystematischen Aufbereitung wichtigster sicherheitstechnischer Maßnahmen zur Beherrschung von Gefahren und Risiken (Kapitel 5 und 6) und der Anwendung der Grundsätze des methodischen Konstruierens zur Gestaltung ergonomiegerechter äußerer Funktionselemente bzw. ergonomiegerechter Maschinen (Kapitel 7).
4 Gefährdungen und Risiken im Arbeitssystem
Die heutzutage in Maschinen installierten Leistungen bedeuten für alle, die mit oder an Maschinen arbeiten, potenzielle Gefahren. Sie dürfen sich nicht schädigend auswirken, weder auf Menschen, noch auf die Umwelt. Maschinenhersteller müssen ihre Produkte mit dem Sicherheitsniveau ausstatten, welches die Gesellschaft erwartet. Um dieses Sicherheitsniveau technisch zu realisieren, dürfen Hersteller nur menschengerechte, d. h. ergonomie- und sicherheitsgerechte Maschinen auf den Markt bringen. Geschah diese Prozedur früher eher pragmatisch nach einem unverbindlichen aber bewährten Diagnose-Therapie Konzept, entstand für Hersteller mit der Verwirklichung des Binnenmarktes in den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums EWR eine neue Rechtslage. Die Maschinenrichtlinie legt für das Konstruieren menschengerechter Maschinen verbindlich vier Schritte fest: 1. Systematisches Suchen von Gefahren 2. Analyse gefährlicher Situationen beim Arbeiten mit oder an Maschinen (Gefährdungsanalyse) 3. Abschätzung und Beurteilung der mit ihnen verbundenen Risiken 4. Realisierung und Dokumetation der Sicherheitsmaßnahmen zur Risikobeherrschung. Hersteller sind verpflichtet, alle mit ihren Maschinen verbundenen Gefahren zu ermitteln, die sich aus ihnen ergebenden Gefährdungen zu analysieren und die mit ihnen verbundenen Risiken zu beurteilen. Die dann zu ergreifenden Sicherheitsmaßnahmen richten sich jeweils nach den ermittelten Gefährdungen und den sie begleitenden Risiken. Hersteller müssen nachweisbar Maschinen unter Berücksichtigung der gewonnen Erkenntnisse entwerfen, konstruieren und bauen. Damit sind systematisches Suchen nach Gefahren, Ge-
fährdungsanalysen und Risikobeurteilungen an die vorderste Stelle aller Maßnahmen des sicherheitsgerechten Konstruieren gerückt und sind somit von strategischer Bedeutung.
4.1 Gefahr - Gefährdung - Risiko Begriffe Gefahr, Gefährdung, Risiko entstammen aus der Allgemeinsprache, haben aber in der Sicherheitstechnik eine enge Bedeutung. Sie bilden die Grundlage für Gefährdungsanalysen bzw. Risikobeurteilungen, deren Ergebnis jede konstruktive Sicherheitsmaßnahme beeinflusst. Diese Begriffe sind hierarchisch aufgebaut und sachlogisch begründet. Im praktischen Sprachgebrauch, aber leider auch in vielen Rechtssätzen und EN-Normen wird diese gebotene Differenzierung nicht konsequent eingehalten und die Begriffe werden auch dort nicht immer korrekt benutzt. Das kann leicht zu Missverständnissen führen. Zur Begriffsbestimmung: Als Gefahr wird im allgemeinen Sprachgebrauch [4.1] die Möglichkeit bezeichnet, dass ein Schaden oder ein Unfall eintritt. Gefahr ist also zumeist etwas Physisches, Greifbares. Etwas, was Naturgesetzen unterliegt. Im sicherheitstechnischen Sinne ist Gefahr ein objektiv vorhandenes energetisches oder stoffliches Potenzial (latentes oder virulentes, abhängig von der momentanen Wirkung), das von sich aus zu unterschiedlich schweren Beeinträchtigungen, gesundheitlichen Schäden oder Unfällen führen kann. Das ist z. B. immer dann der Fall, wenn das hinter der Gefahr stehende Energiepotenzial Größenordnungen erreicht, die zu körperschädigenden Energiedichten am oder im Körper führen, d. h. wenn bei ihrem Einwirken relevante physiologische Grenzwerte („Festigkeitswerte“) des Menschen überschritten werden. Eine Gefährdung tritt dann ein, sobald es möglich ist, dass Menschen mit Gefahren zeitlich
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
78
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
und räumlich zusammentreffen und sie sich diesen konkreten Gefahren aussetzen. Erst dieses Zusammentreffen ist die notwendige Bedingung, damit Beeinträchtigungen, gesundheitliche Schäden oder Unfälle eintreten. Gefährdungen haben also eher den Charakter einer handlungsbezogenen Situation. Während sich Gefahren als kausale Effekte betrachten lassen, also Ereignisse mit einer bestimmten Ursache und daraus folgenden Wirkung, ist der Ausgang von Gefährdungssituationen ungewiss. Risiko ist die aus diesem Sachverhalt hergeleitete Wahrscheinlichkeitsaussage zu den mit unterschiedlicher Häufigkeit auftretenden Auswirkungen von Gefahren auf Mensch bzw. Umwelt (sprich Gefährdungen) und zu der möglichen Schwere der Auswirkungen und deren Folgen. Risiko ist also eine kalkulierte Prognose für ein unerwünschtes Ereignis. Schwere der Folgen ist dabei der dominierende Aspekt. Eintrittswahrscheinlichkeit hängt von der Auftrittwahrscheinlichkeit der Gefahren und der prozessbedingten Eingriffshäufigkeit der Personen, d. h. von der Häufigkeit der Gefährdungen ab. Höhe des Risikos einer gesundheitlichen Gefährdung oder eines Körperschadens ergibt sich zudem noch durch die Möglichkeit oder Unmöglichkeit technischer, organisatorischer oder personenbezogener Schutzmaßnahmen.
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4.2 Gefahren im Arbeitssystem Die heutige Arbeitswelt ist durch zahlreiche Einwirkungen und Belastungen gekennzeichnet, von denen Gefahren für Gesundheit oder Leib und Leben ausgehen. Es handelt sich, konstruktionssystematisch betrachtet, um stoffliche, energetische oder informatorische Phänomene, Bild 4.2-1. Zu den stofflichen Phänomenen gehören rein physikalische Wirkungen, wie z. B. klimatische Bedingungen. Auch geometrische Gegebenheiten und Masse der Gegenstände als raumfüllende Eigenschaft der materiellen Umwelt können die Gesundheit beeinträchtigen: Defizite in der geometrischen Gestaltung des Arbeitsbereiches, vor allem Diskrepanzen zwischen Körpergrößen, Sehaufgabe und den Arbeitsplatzabmessungen führen zu erzwungenen Körperhaltungen, die auf Dauer Wirbelsäulenerkrankungen genauso hervorrufen
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,QIRUPDWLRQ
Bild 4.2-1 Gefährdungen im Arbeitssystem
können, wie das zu häufige Hantieren mit zu schweren oder sperrigen Lasten. Zu gefährdenden stofflichen Phänomenen gehören auch unmittelbare Einwirkungen von Stoffen, die zu unter-
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 79
schiedlichen biochemischen Reaktionen im oder am Körper führen können. Dazu gehört der beabsichtigte oder unbeabsichtigte Umgang mit Gefahrstoffen und biologisch aktiven Substanzen. Für Gefahren sind freiwerdende und auf den Körper einwirkende Energiepotenziale, die von ihrem Niveau her Menschen schädigen können, relevant. Sie können schon durch kurzzeitiges Wirken zu Schädigungen führen, wie z. B. die Einwirkung von Explosionen, von elektrischer Energie, von ungeschützten bewegten Maschinenteilen, kontrolliert oder unkontrolliert bewegten Gegenständen, von hohen oder tiefen Temperaturen. Energien können auch durch Langzeitwirkungen gesundheitliche Schäden hervorrufen, wie z. B. Lärm und Vibrationen, ionisierende und nichtionisierende Strahlungen usw. Aber auch Informationen, die spontane Reaktionen hervorrufen als Folge von Stress-Situationen, Hektik oder Schock, können Menschen im Arbeitsprozess unmittelbar gefährden. Dazu kommen noch mittelbare Gefahren, hervorgerufen durch ungünstige Beleuchtung oder Informationsdarbietung mit Anzeigern und Bedienteilen, durch psychomentale Belastungen und organisatorische Mängel, die sicherheitswidriges Verhalten begünstigen, oft verursacht durch ergonomische Unzulänglichkeiten der Maschinen. Die Norm EN ISO 14 121 listet erschöpfend alle denkbaren Gefahren auf, die beim Umgang und beim Nutzen von Maschinen möglich sind. So abstrakt die Maschinenrichtlinie eine Maschine auch definiert, so konkret und mannigfaltig sind die ihnen innewohnenden Gefahren. Es gibt zwar äußere Funktionselemente (Kontaktstellen), die Menschen praktisch an allen Maschinenarten beeinträchtigen oder gar gefährden können, sobald sie ungünstig gestaltet sind. Dazu gehören z. B. ergonomische Mängel in der geometrischen und informationstechnischen Anpassung des Arbeitsbereiches oder potenzielle Gefahren an bewegten mechanischen Teilen, Gefahrenpotenziale elektrischer Antriebsenergien usw. Jede Maschinenart hat aber spezifische Gefahren, die sich aus den technologischen Aufgaben und den umgesetzten Energien und Stoffen ergeben. Bei Maschinen der Metallurgie werden z. B. die Gefahrenpotenziale der Wärmeenergie im Vordergrund stehen. Aufgrund der Vielzahl der Stoffe und ihrer Reaktionsmöglichkeiten, die das Wesen der chemischen Industrie ausmachen, wer-
den z. B. bei dort eingesetzten Maschinen stoffliche Gefahrenpotenziale dominieren, Bild 4.2-2. Systematische Unfalluntersuchungen zeigen, dass bestimmungsgemäßes Verwenden von Maschinen während der eigentlichen Nutzungsphase bzw. im Normalbetrieb relativ sicher ist. Das Unfallrisiko erhöht sich außerhalb des eigentlichen Normalbetriebs, d. h. im Sonderbetrieb der Maschine, wenn Personen an Maschinen z. B. mit Werkzeugen hantieren, sie entstören, reparieren oder warten. Die meisten Unfälle signalisieren, dass Menschen überfordert waren. Es nutzt wenig, menschliche Mängel zu beklagen und Unfallursachen primär im menschlichen Versagen der Betroffenen zu suchen. Menschen müssen genommen werden, wie sie sind. Sie lassen sich nicht ändern. Wohl aber Maschinen! Es muss daher erlaubt sein, die Frage nach dem menschlichen Versagen auch Konstrukteuren im Sinne einer intellektuellen Fehlleistung zu stellen. Unfälle als Folge von Bedienungs0DVFKLQH
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Bild 4.2-2 Typische Gefährdungskombinationen
80
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
fehlern lassen sich sehr oft auf ungünstige Konstruktionen zurückführen. Konstrukteure müssen Maschinen und Arbeitsabläufe so gestalten, dass Gefahren nicht zum Tragen kommen und Maschinen ein sicheres Arbeiten ermöglichen, oder noch besser, fördern. Konstrukteure müssen möglichst vielen sicherheitswidrigen Handlungen im Voraus entgegenwirken, d. h. menschliche Fehler tolerierbar machen und zwar in allen Phasen eines Maschinenlebens, von der Montage bis zur Verschrottung. Die Vorgabe, mit Maschinen sicher arbeiten zu können, muss nach Abschluss ihrer Konstruktionsphase verbindlich erfüllt sein. Das setzt voraus, dass sicherheitstechnische Überlegungen im Konstruktionsprozess fest verankert sind und deren Umsetzung konsequent in jeder seiner Phasen verwirklicht und überprüft wird. Das eine Gefahr begründende Schädigungspotenzial kann entweder mit gleichbleibender oder zeitabhängiger Wahrscheinlichkeitsdichte (Häufigkeit) wirksam werden. Man unterscheidet demnach deterministische und stochastische Gefahren.
4.2.1 Stochastische und deterministische Gefahren Auch bei Gefahren bewegen sich die entscheidenden Effekte zwischen beiden Polen menschlicher Existenz: den deterministischen Systemen der Ordnung und der Planung einerseits und den stochastischen oder zufallsbestimmten Systemen der Unregelmäßigkeit und Unvorhersagbarkeit andererseits. Gefahren, die beim Umgang mit technischen Arbeitsmitteln vorkommen können, lassen sich auf zwei Ursachen zurückführen: auf stochastisch und deterministisch auftretende Effekte, Bild 4.2-3. Beide Arten von Gefahren können grundsätzlich in allen funktionellen Teilsysteme der Maschinen vorkommen und dort unmittelbar oder mittelbar Maschinenarbeiter oder Dritte gefährden, Bild 4.2-4. Deterministische Gefahren. Sie sind durch den funktionellen Aufbau des Arbeitsmittels bedingt, z. B. bei Werkzeugmaschinen durch technologisch notwendige Gefahrstellen, wie Sollbewegungen von Werkzeugen, Werkstücken und Spannzeugen. Auch Gefahren aus dem Spanfluss bzw. aus
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Bild 4.2-3 Deterministische und stochastische Gefahren
den Kühl- und Schmiermitteln gehören dazu. Deterministische, permanente Gefahren sind latent während der gesamten Lebensdauer bzw. Betriebszeit der Maschine mit gleichbleibender hohen Eintrittswahrscheinlichkeit vorhanden, die wesentlich höher liegt als bei stochastischen Gefahren. Schon aufgrund dieser konstanten Eintrittswahrscheinlichkeit ziehen sie hohe Risiken nach sich und müssen deshalb konstruktiv als erstes angegangen werden, denn die Erfahrung zeigt, dass jeder mit deterministisch auftretende Gefahren möglicher Unfall auch einmal eintreten wird. So ist ein Unfall an einer ungesicherten Gefahrstelle im Wirkbereich einer Maschine lediglich eine Frage der Zeit. Deterministisch auftretende Gefahren an Gefahrstellen sind praktisch immer sichtbar und erkennbar. Die mit ihnen verbundenen Risiken sind vorhersehbar. Sie sind mit den Mitteln und Methoden der Konstruktionstechnik beeinflussbar. Konstrukteure müssen deterministische Gefahren, z. B. Gefahrstellen erst einmal zu erkennen, bevor sie mit den Methoden der Sicherheitstechnik (konstruktive Maßnahmen, Schutzeinrichtungen, Warnungen) Maschinen oder andere Arbeitsmittel so gestalten können, dass deterministische Gefahren nicht zu Unfällen führen. Stochastische Gefahren. Stochastische Gefahren treten im Unterschied zu deterministischen Gefahren während der Lebensdauer einer Maschine mit einer zeitabhängigen Wahrscheinlichkeit auf, dann aber plötzlich und überraschend. Zwar
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 81
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Bild 4.2-4 Beispiele für Ursachen mechanischer Gefährdungen in funktionellen Systemen von Maschinen
führt nicht jede strukturelle Unzulänglichkeit gleich zu einer Havarie mit gravierenden Personen- oder Umweltschäden. Wenn sie aber „durchschlägt“, dann sind die Auswirkungen nicht selten verheerend, von allen denkbaren Verletzung angefangen, ziehen sie nicht selten hohe Sachschäden und spektakuläre Vorfälle im Sinne der Störfallverordnung nach sich, welche die Umwelt gefährden und dann weitreichende Folgen für Betreiber und Hersteller haben, Bild 4.2-5. Der wesentliche Aspekt bei der Beurteilung stochastischer Gefahren und der mit ihnen verbundenen Gefährdungen liegt im Beantworten der Frage, wie sie sich auf die Gesamtsicherheit des Arbeitssystems auswirken. Um die Tragweite der Funktionsstörungen für die Sicherheit von Personen oder für Sachschäden beurteilen zu können und auch festlegen zu können, welche konstruktiven Maßnahmen zur Abwehr der Folgen stochastischer Gefahren zu treffen sind, müssen ihre Ursachen und Wirkungen systematisch und konsequent ermittelt werden, Bild 4.2-6 . Stochastisch auftretende Bauteilversagen und die mit ihnen verbundenen Gefahren lassen sich prinzipiell nicht vollständig vermeiden. Der Ge-
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Bild 4.2-5 Auswirkungen von Bauteilversagen
82
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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Bild 4.2-6 Systematische Ermittlung stochastischer Gefahren
danke, dass sich, z. B. im Rahmen einer Risikobeurteilung, alle denkbaren Fehler (Nichterfüllung der geforderten Funktion) und die sich daraus ergebenden Gefahren oder zumindest nur alle an sich zu vermeidende Fehler schon in der Konstruktion eliminieren lassen, ist, philosophisch betrachtet, selbst schon mit dem prinzipiellen Denkfehler behaftet, dass Menschen eine fehlerfreie Technik entwickeln könnten. Auch wenn z. B. versucht wird, auf reiner quantitativen Basis einen allgemein gültigen Zusammenhang zwischen Gefahrenpotenzial und Sicherheitsmaßnahmen herzuleiten, verbleibt immer noch ein zu akzeptierendes Restrisiko. Stochastisch auftretende Gefahren sind grundsätzlich nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb eines festzulegenden Zeitraums begrenzt beeinflussbar. Aufgrund praktischer Erfahrungen und mit Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Statistik lässt sich zwar voraussagen, dass stochastische Gefahren innerhalb einer Zeitspanne mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeitsdichte (Häufigkeit) auf-
treten können. Der genaue Zeitpunkt eines konkreten unerwünschten Ereignisses lässt sich nicht eingrenzen, geschweige genau vorhersagen. Ausfallraten der meisten sicherheitsrelevanten Bauteile und der damit verbundenen Gefahren sind nicht konstant, sondern zeitabhängig, Bild 4.2-7 [4.2, 4.3, 4.4]. Der zeitliche Verlauf der Ausfallrate, über die Betriebszeit betrachtet, hängt vom Aufbau der Geräte bzw. der Maschinen bzw. deren Systeme ab: Systeme, die aus einer überschaubarer Zahl ähnlicher Bauteile bestehen, die hauptsächlich durch Abnutzung oder Verschleiß ausfallen, verhalten sich anders als Systeme, die aus einer großen Zahl funktionell gekoppelter, heterogener (mechanischer, hydraulischer, elektrischer, elektronischer) Komponenten bestehen. Zur Charakterisierung der Ausfallrate der erstgenannten Systeme wird sehr oft die sog. Badewannenkurve herangezogen. Nach der Phase der mit zunehmender Lebensdauer zurückgehenden Frühausfälle, z. B. als Folge von Konstruktions- oder Herstellungsfehlern, folgt ein längerer Zeitabschnitt zufälliger Ausfälle. Die Ausfallrate ist jetzt ist konstant und unabhängig von der Betriebsdauer. Innerhalb gleicher Zeiträume fällt immer der gleiche Prozentsatz an Bauteile aus. Ausfallraten aller im betrachteten System betriebenen Komponenten lassen sich ermitteln, ggf. auf Betriebsbedingungen umrechnen und zu einer Gesamtausfallrate aufsummieren. Deren Kehrwert ist die MTTF (Mean Time To Failure) oder für reparierbare Systeme MTBF (Mean Time between Failure). Am Ende der Lebensdauer häufen sich Spätausfälle, z. B. als Folge von Abnutzung oder Verschleiß. Die Ausfallrate und die Häufigkeit nachfolgender Gefahren und die mit ihnen verbundene Risiken steigen an. Die Verschleißphase weist auf das Ende der Lebensdauer der Bauteile hin. Mathematisch betrachtet, handelt es sich bei der Badewannekurve um die Überlagerungen von drei charakteristischen Weibull-Verteilungskurven [4.5, 4.6], Bild 4.2-8. Neue Erkenntnisse belegen, dass nur ein Teil der heute eingesetzten Bauteile oder Baugruppen den „klassischen Badewannenverlauf“ der Ausfallrate aufweisen, Bild 4.2-9. Untersuchungen aus der Luftfahrtindustrie, belegen, dass z. B. nur 4% aller untersuchten elektronischen und mechanischen Komponenten dieses Ausfallverhalten zeigen, dagegen fast 90% der Komponen-
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 83
$XVIDOOGLFKWH
PHFKDQLVFKH 6\VWHPH
K
HOHNWURQLVFKH 6\VWHPH
=XIlOOLJH $XVIlOOHGXUFK lXHUH(LQZLUNXQJHQ
)UKDXVIlOOH GXUFK .RQVWUXNWLRQVIHKOHU
6SlWDXVIlOOHGXUFK $OWHUQ9HUVFKOHLXVZ
%HWULHEV]HLWW )UKDXVIlOOH
]XIlOOLJH$XVIlOOH
6SlWDXVIlOOH
QW]OLFKH/HEHQVGDXHU
Bild 4.2-7 „Klassische“ Ausfallrate von Bauteilen (Badewannenkurve) [4.8]
$XVIDOOGLFKWH
E$XVIDOOVWHLOKHLW)RUPSDUDPHWHU 7FKDUDNWHULVWLVFKH/HEHQVGDXHU W$E]XJVJU|H GHXWHWDXI.RPSRQHQWHQPLW9RUEHODVWXQJ GHXWHWDXIVLFKHUHVhEHUOHEHQVHLW%HREDFKWXQJVEHJLQQ
9HUWHLOXQJVIXQNWLRQGHUDXVJHIDOOHQHQ7HLOH
Bild 4.2-8 Weibull-Verteilungskurven nach [4.9]
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
84
%HLVSLHOH
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NRQ VWDQW
VWHLJHQG
NRQ VWDQW
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/XIWIDKUWLQGXVWULH $QWHLO
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W
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VWHLJHQG
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W
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6FKZDFKVWURPEDXWHLOH HOHNWURQLVFKH%DXWHLOH /('*OKELUQHQ
W
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W $XVIDOOKlXILJNHLW
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W
NRQ VWDQW
$XVIDOOUDWH
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$XVIDOOUDWH VWHLJHQG
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Bild 4.2-9 Ausfallrate unterschiedlicher Baugruppen nach [4.7, 4.10]
HOHNWURQLVFKH*HUlWH 5HODLV
.RPSOH[HHOHNWURQLVFKH RGHUK\GUDXOLVFKH .RPSRQHQWHQ 5HODLV
HOHNWURQLVFKH%DXWHLOH
9HUDUEHLWXQJVPDVFKLQHQ PLWXQPLWWHOEDUHP.RQWDNW ]XP:HUNVWRII ]%%UHFKPDVFKLQHQ :HUN]HXJPDVFKLQHQ
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 85
ten keine ausgeprägte Verschleißphase mehr aufweisen, [4.10]. Diese positive Entwicklung lässt sich wohl auf verbesserte Konstruktions-, Fertigungs- und Kontrollverfahren und auf ein hochentwickeltes Qualitätsmanagement zurückführen. Auch wenn die Erkenntnisse der Luftfahrtindustrie sich nicht ohne weiteres auf den allgemeinen Maschinenbau übertragen lassen, gilt aber auch hier, dass das Ausfallverhalten von der Komplexität der Komponenten oder Baugruppen bestimmt wird, [4.11]: Je komplexer die Komponente oder Baugruppe ist, desto wahrscheinlicher wird eine konstante niedrige Ausfallrate, die sich entweder von Anfang an oder nach kurzer Ein-
laufphase (Burn-in-Effekt) einstellt und bis zum Ende der Lebensdauer erhalten bleibt. Dieser Sachverhalt beeinflusst auch die Festlegung von Instandhaltungsstrategien und -maßnahmen. 6WRFKDVWLVFKH*HIDKUHQODVVHQVLFKJUXQGVlW]OLFK DXI GUHL 8UVDFKHQ ]XUFNIKUHQ DXI %DXWHLOYHUVD JHQ)HKOKDQGOXQJHQXQG)HKOHUEHLGHU,QVWDQGKDO WXQJ>@%LOG Bauteilversagen manifestiert sich z. B. als strukturelle Unzulänglichkeit der jeweiligen Untersysteme des Arbeitsmittels, z. B. Rohr- oder Schlauchbruch, Steuerungsfehler als Folge des Versagens elektronischer Bauteile, funktionelle Ausfälle von Schutzeinrichtungen, bzw. unge-
VWRFKDVWLVFKH$XVIlOOH )HKOHUXUVDFKH
)UKDXVIlOOH
.RQVWUXNWLRQVIHKOHU]% ]XNRPSOH[H%DXJUXSSHQ ]XNRPSOL]LHUWH6WUXNWXUHQ 8QWHUGLPHQVLRQLHUXQJ IDOVFKH/DVWNROOHNWLYH :HUNVWRIIHKOHU]% *XVVIHKOHU 4XDOLWlWVPlQJHOLQGHU)HUWLJXQJ ]%]XZHLWH7ROHUDQ]HQ 0RQWDJHIHKOHU]% XQNRUUHNWHU(LQEDX (LQEDXYRUJHVFKlGLJWHU7HLOH
)HKOHUKDIWH ,QVWDQGKDOWXQJ
(LQZLUNHQYRQ)HOGHUQKRKHU (QHUJLHGLFKWHGLH]% ]X9HUVSU|GXQJHQIKUHQ QLFKWYRUVHKEDUH%HODVWXQJHQ]% (UVFKWWHUXQJHQ9LEUDWLRQHQ YHUlQGHUWH8PZHOWEHGLQJXQJHQ
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XQNRUUHNWH,QEHWULHEQDKPH]% ]XVFKQHOOHV$QIDKUHQGHU$QODJH XQNRUUHNWHU%HWULHE]% hEHUODVWXQJGXUFK]XVFKQHOOH 0DWHULDO]XIXKU PDQJHOKDIWDXVJHELOGHWHVXQG XQWHUZLHVHQHV3HUVRQDO
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Bild 4.2-10 Beispiele und Ursachen für stochastisch bedingte Ausfälle
86
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
wollte Freisetzung von energiebehafteten Werkzeugen bzw. deren Teilen, Werkstücken oder Spannmitteln. Bedienungsfehler und Instandhaltungsfehler haben ihre Ursache in den Grenzen der menschlichen Zuverlässigkeit. Die Häufigkeit dieser Fehler lässt sich zwar durch ergonomiegerechte Gestaltung von Anzeigern, Bedienteilen und Handlungsabläufen aber auch durch Auswahl, Aus- und Weiterbildung des Personals verringern. Vollständig ausschließen lassen sie sich nicht. Bei numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen lassen sie sich z. B. auf Bedienungsfehler im Handbetrieb, auf Fehler im Programm oder bei der Programmauswahl zurückführen und äußern sich meistens als Kollisionen zwischen Werkzeug und Werkstück. Von besonderer Bedeutung sind Bauteilausfälle in sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen, die funktionell gekoppelt sind z. B. mit ortsbindenden Schutzeinrichtungen (Zweihandschaltungen), Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion (Lichtvorhängen) oder mit verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen. Da die Schutzwirkung dieser Einrichtungen direkt von der ordnungsgemäßen Funktion der Steuerung abhängt, müssen bei entsprechend hohen Risiken zielgerichtete Gestaltungsmaßnahmen getroffen werden. Konstruktive Maßnahmen zur Beeinflussung stochastischer Gefahren sind z. B. gestalterische Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensdauer oder Zuverlässigkeit von Bauteilen, Konzeption und Architektur von Steuerungen, die mehrere Bauteilausfälle verkraften oder Vorgabe von sich regelmäßig wiederholenden Überprüfungen besonders beanspruchter Bauteile. Methodisches Vorgehen beim Konstruieren unterstützt dieses Vorhaben allerdings nur dann, wenn die Grundregeln eindeutig, einfach und sicher zu konstruieren konsequent angestrebt und durchgehalten werden [4.12].
4.2.2 Mechanische Gefahren Von den im Bild 4.2-1 aufgelisteten Gefahren im Arbeitssystem, von denen an realen Maschinen immer mehrere gleichzeitig auftreten, werden weiterhin nur mechanische Gefahren betrachtet, weil sie trotz der durch technologische Entwicklungen aufkommenden anderen Energiearten immer noch einen deutlichen Schwerpunkt der Maschinenunfälle bilden. Mechanische Gefähr-
dungen sind untrennbar an Relativbewegungen zwischen Menschen und Gegenständen bei deren Zusammentreffen gebunden, Bild 4.2-11. *HJHQVWDQG
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(UOlXWHUXQJ 1U
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6FKODJ6WR
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LQ %HZHJXQJ
LQ5XKH
6WR6WXU]
Bild 4.2-11 Relativbewegungen bei mechanischen Gefährdungen
Bei unkontrollierten Bewegungen können Personen entweder auf feststehende oder bewegte Gegenstände auftreffen oder sie können von diesen Gegenständen erreicht oder getroffen werden. Betroffene schätzen bei Kollisionen die kinetische Energie unkontrolliert bewegter Gegenstände meistens falsch ein, z. B. dann, wenn sie spontan versuchen, umfallende, rutschende oder rollende Gegenstände aufzuhalten. Beim Zusammentreffen gelten das Impulserhaltungsgesetz und die Gesetzmäßigkeiten des plastisch-elastischen Stoßes: Personen können die sich langsam bewegende Gegenstände, die im Verhältnis zum Menschen eine wesentlich größere Masse haben, auch unter Aufwendung maximaler Körperkräfte nicht aufhalten. Auch noch so kräftige Personen werden weggeschleudert oder geraten darunter. Beim Zusammentreffen von Körperteilen mit Gegenständen oder Maschinenteilen kann es schon bei geringen Geschwindigkeiten und Kräften zu Verletzungen kommen, wenn die Oberflächenstruktur so ausgebildet ist, dass sie den Körper traumatisch beschädigen kann. Das können
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 87
nicht nur Schneiden, sondern auch scharfe Ecken und Kanten oder rauhe Oberflächen sein. Ursache mechanischer Gefährdungen ist die mechanische Energie in allen ihren Arten. Mechanische Gefährdungen sind dann vorhanden, wenn sich Personen zeitlich und räumlich der Einwirkung mechanischer Energie aussetzen, d. h. wenn sich Gefahren im Arbeits- und Verkehrsbereich des Arbeitsmittels befinden oder die Personen in den Wirkbereich gelangen können. Die wichtigsten Arten mechanischer Energie, die für das Unfallgeschehen an Maschinen maßgebend, sind kinetische und potenzielle Energie, Bild 4.2-12. $UWGHU 7UlJHUGHU (QHUJLH (QHUJLH %HZHJXQJ
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$EVWXU] VWHOOHQ
NLQHWLVFKH (QHUJLH
Wie jede Energie, so sind auch diese Energiearten an materielle Träger gebunden, an Gegenstände (z. B. an Teile kraftbetriebener Arbeitsmittel, deren Werkzeuge, Werkstücke, Produkte oder Abfälle) oder an Personen bzw. deren Körperteile. Kinetische Energie ist mit der Masse bewegter Gegenstände oder Personen und mit dem Quadrat deren Geschwindigkeit verknüpft. Das gilt auch für gefahrbringende Bewegungen, die zu Verletzungen führen können. Sie können als freie Bewegung, deren Trajektorien von den Anfangsbedingungen des verursachenden physikalischen Effekts abhängen oder als Bewegung in festgelegten Bahnen ablaufen. Bewegungsbahnen sind dann durch die Art der Lagerungen oder Führungen vorgegeben. Rotative und translatorische Bewegungen sind für weitere Betrachtungen von besonderen Bedeutung. Ist die kinetische Energie mit kontrolliert bewegten Gegenständen verknüpft, handelt es sich um Gefahrstellen: Die Gefahr ist an einen bestimmten Ort gebunden. Ist die kinetische Energie an unkontrolliert bewegte Gegenstände gebunden, handelt es sich um Gefahrquellen: Die Gefahr geht von einen bestimmten Ort aus. Potenzielle Energie kann ihre Ursache in der Höhendifferenz der Gegenstände oder Personen zur Bezugsebene, in komprimierten Medien oder vorgespannten Federn haben. Potenzielle Energie wird dann gefährlich, wenn sie sich unkontrolliert in kinetische Energie umsetzt und gefährdete Personen die sie verursachende Bewegung nicht mehr beeinflussen können oder einer drohenden Kollision nicht mehr ausweichen können. Diese Merkmale, sinnvoll kombiniert, beschreiben eindeutig und funktionell grundlegende mechanische Gefahren. Nachfolgende Abschnitte befassen sich mit solchen Gefahren, die beim Konstruieren von sichereren Maschinen besonders wichtig sind.
$QVWRVWHOOHQ
4.2.3 Gefahr durch Kollision, Stoß und Sturz
%HZHJXQJHQ LQ IHVWJHOHJWHQ %DKQHQ
7UlJKHLWV NUlIWH
Bild 4.2-12 Grundlegende mechanische Gefährdungen
Unfälle, bei denen die potenzielle oder kinetische Energie an den menschlichen Körper gebunden sind, enden immer damit, dass der Körper bzw. seine Teile nach einem Aufprall diese Energie aufnehmen und verkraften d. h. in Verformungsenergie umwandeln müssen, Bild 4.2-13.
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
88
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$EELOGXQJ
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9HUOXVW GHV .|USHU JOHLFK JHZLFKWV
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DXVJOHLW I|UGHUQGH 6XEVWDQ]HQ
5ROOUHLEXQJ
EHJHKEDUH 5ROOHQ EDKQHQ
Bild 4.2-13 Gefährdungen durch Verlust des Körpergleichgewichts
Abstürze. Stürze von höher gelegenen Flächen gehören zu den häufigen Unfällen an großen Maschinen. Einem Absturz geht in der Regel der Verlust des Körpergleichgewichts voraus, indem Kanten höhergelegener Flächen überschritten oder überfahren werden. Danach wandelt sich die potenzielle Energie des Körpers zuerst in kinetische Energie des freien Falls um, die beim Aufprall von der Körpermasse aufgezehrt und in Verformungsenergie umgesetzt wird. Die Schwere absturzbedingter Verletzungen hängt von der Masse
des Stürzenden, von der Fallhöhe bzw. Aufprallgeschwindigkeit ab, aber auch von der Steifigkeit und Beschaffenheit der Oberfläche des Aufprallorts und von der zuerst auftreffenden Körperregion. Sie muss wie eine vorauseilende Knautschzone die Wucht des Aufpralls auffangen und als Verformungsenergie verkraften. Absturzunfälle führen wegen der relativ hohen Energiedichten und der unterschiedlichsten Verformbarkeit der jeweiligen Körperteile und deren Gewebearten zu differenzierten, meist schweren, Verletzungen. Zudem können die im Körper unterschiedlich geschützten inneren Organe aufgrund der beim Aufprall auftretenden Verzögerungen und der mit ihnen verknüpften Massenkräften und hohen Flüssigkeitsdrücken zerbersten. Verrenkungen, komplizierte Brüche der Extremitäten, Hüften, Rippen und Wirbeln, sogar innere Verletzungen und Rupturen mit Todesfolge sind leider nicht selten. Plötzlich nachgebende oder durchbrechende Standflächen, auch wenn die Höhendifferenz gering ist, können nicht nur den Beginn eines Absturzes markieren sondern auch Schreckreaktionen hervorrufen, die dann zu sekundären Unfällen führen. Tiefensprünge. Sie haben eine ähnliche Energiebilanz wie Abstürze. Beim bewussten Abfangen des Sprungs von einer erhöhten Fläche aus sind alle Beingelenke (Hüftgelenke, Kniegelenke und Fußgelenke) sowie Bänder, Sehnen und Muskeln beteiligt. Sie müssen die kinetische Energie des Körpers aufzehren, vor allem dann, wenn der Boden hart ist und vorübergehend keine Energie speichern kann. Die Hauptlast tragen die Gelenke. Typische Unfallverletzungen sind Zerrungen, Verstauchungen, Dehnungen und Bänderrisse. Auf Dauer werden sich beim ständigen Wiederholen (auch ohne Verletzungen) mit Instabilitäten, Deformitäten und Bewegungseinschränkungen der Gelenke einstellen. Diese Sprünge sind nur auf den ersten Blick reine Verhaltensfehler. Mit einem Abspringen ist immer dann zu rechnen, wenn Zuund Abgänge zu höhergelegenen Arbeitsplätzen nicht optimal gestaltet sind. Kollisionen. Treffen Menschen am Ende einer gewollten oder ungewollten Bewegungsbahn auf feststehende Teile der Umgebung oder der Maschine, kommt es zu ähnlichen Verletzungen, wie bei Stürzen von höher gelegenen Flächen. Die Fol-
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 89
gen hängen einerseits von der Geschwindigkeit und der Masse des Betroffenen sowie von der Verformbarkeit des auftreffenden Körperteils, andererseits von der Geometrie und der Beschaffenheit der Aufprallfläche ab. Verletzungen können Prellungen und Stauchungen beim Auftreffen auf große Flächen sein, , Bild 4.2-14. Beim ungewollten oder unkontrollierten Berühren von Schneiden entstehen Schnitt- oder Stichverletzungen. Das Verletzungsrisiko ist besonders an solchen Wirkflächen von Werkzeugen hoch, die zum Trennen von faserigen organischen Stoffen (Holz, Papier, Leder, Textil, Lebensmittel) oder zum Eindringen in diese Stoffe gestaltet werden. Schon normale, unbedachte Handbewegungen können hier beim Zusammentreffen zu tiefen Fleischwunden führen. Anstoßstellen entstehen immer dann, wenn beim Festlegen der Abmessungen von Maschinen, vor allem beim Festlegen von Innenmaßen (Kon-
:LU NXQJ
:LUN ULFKW XQJ
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IHVWH7HLOHPLW UDXHQVWDUUHQ 2EHUIOlFKHQVRZLH DXVJHSUlJWHQ .DQWHQ XQG(FNHQ
(FNHQUDGLXVZLQNHO 3UHOOXQJHQ 9HUIRUPXQJVYHUP|JHQ 3ODW]ZXQGHQ LQQHUH9HUOHW]XQJHQ *HKLUQ HUVFKWWHUXQJHQ K
6WLFKVWHOOHQ
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$UEHLWVJHJHQVWlQGH XQG:HUN]HXJHPLW VFKDUIHQ6FKQHLGHQ
UDXHRGHU VWUXNWXULHUWH 2EHUIOlFKHQ 6FKOHLIZHUN]HXJH
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%HLVSLHOH
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EHOLHELJH )OlFKH
EHOLHELJH 5LFKWXQJ ]XP .|USHU
turen in die oder durch die der spätere Benutzer passen muss) die geometrischen Eigenschaften der Zielpopulation samt der statistischen Streuung unberücksichtigt bleiben. Es müssen ausreichend bemessene Freiräume überall dort vorgesehen werden, wo sich Personen in Maschinen hineinbeugen, um z. B. Einstellungen vorzunehmen: Voll auf die Arbeitsaufgabe konzentriert, vergessen sie alle Hindernisse in der Bewegungsbahn des Kopfes. Sobald sie sich aufrichten, bekommen sie einen überraschenden Schlag auf den Hinterkopf. Ihm folgt ein spontanes Vorbeugen und darauf ein erneutes Anstossen, das nicht selten mit Gesichts- oder Unterkieferverletzungen endet. Bewegungsräume der Menschen müssen besonders dort berücksichtigt werden, wo sie aktiv in den Prozess eingreifen, ihn beobachten oder entstören oder dort, wo mit Reflexbewegungen oder anderen Schreckreaktionen gerechnet werden muss.
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OlQJV ]XP .|USHU
5HLEVWHOOHQ HEHQH )OlFKH
Bild 4.2-14 Gefährdungen durch gefahrbringende Körperbewegungen
6FKUIXQG 5LVVZXQGHQ
90
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Stolpern. Stolpern ist die letzte Warnung vor dem Sturz! Stolpern ist das Ergebnis des plötzlichen Unterschieds zwischen erwarteten und den tatsächlich eingetretenen Bewegungsmöglichkeiten der unteren Extremitäten. Beim Stolpern bremst eine Unebenheit den Fuß abrupt ab, während der Körper sich weiter vorwärts bewegt. Sein Schwerpunkt verschiebt sich nach vorne. Der Stolpernde verliert darauf sein Gleichgewicht. Es erfolgt eine spontane Ausgleichbewegung oder ein Sturz. Den drohenden Sturz versucht er durch reflexartiges und daher unkontrolliertes Festhalten, auch in der Nähe gefährlicher Stellen, zu verhindern. Dieser Greifreflex tritt auch dann immer auf, wenn die Standfläche unvermittelt und überraschend nachgibt und sei es nur um wenige Zentimeter. Den Stürzen durch Stolpern fehlen zwar die hohen Energien, die sich aus der Höhendifferenz des freien Falls ergeben, sind aber keinesfalls harmlos und führen oft zu schweren Verletzungen. Mit Stolperstellen ist dann zu rechnen, wenn Höhendifferenzen in der Kontur begehbarer Oberfläche auftreten. Bei glatten Auftrittflächen kann schon ein Absatz von ca. 5 - 6 mm oder eine rampenförmige Steigung von > 25% (15o) eine Stolperkante bilden, Bild 4.2-15. Bei Fliesenböden sind das ca. 2 mm, bei Pflaster und groben Platten sind es ca. 5 mm. Beim Umknicken setzt der Fuß längs einer Kante oder andere Unebenheit auf und kippt schräg ab. Das Sprunggelenk wird einseitig außerhalb der Schwerkraftlinie belastet, verdreht und überbeansprucht. Verletzungsrisiko ist besonders dort hoch, wo abgestiegen oder abgesprungen wird, z. B. von einem Podest oder von der letzten Treppenstufe und auf der Grundfläche Unebenheiten vorkommen. %HLVSLHOH
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Bild 4.2-15 Gefährdung durch Stolperstellen
Treppenstürze. Das Auf- und Absteigen von Treppen ist eine im frühen Kindesalter eingeübte Kulturtechnik. Schon nach wenigen Schritten stellt sich jeder auf das Schrittmaß der jeweiligen Treppe ein. Ändern sich beim Begehen der Treppe plötzlich das Stufenmaß oder die Steigung der Treppe, kommt es zur Irreführung der Erwartung und man kommt man aus dem Tritt. Straucheln oder Stürze sind dann vorbestimmt [4.13, 4.14]. Ausrutschen. Rutschgefahren entstehen, wenn sich zwischen Schuhsohle und Trittfläche unzureichende Reibungskräfte einstellen. Plötzliche Änderungen des Reibungskoeffizienten zwischen Schuhsohlen und Boden (Haft-, Gleit- oder Rollreibung) beeinflussen den festen Stand. Ausrutschen ist das Ergebnis des eklatanten Unterschieds den erwarteten und den tatsächlich vorhandenen Reibungskräften zwischen Schuhsohle und Boden. Überraschende Veränderungen der Kraftübertragung zwischen Füßen und Boden, z. B. beim Übergang auf andere Bodenbeläge oder Auftreten auf ausgleitfördernde Substanzen (Eis, Schnee, glitschige Nahrungsmittelreste, Kunststofffolienreste, Granulat usw.) versuchen Betroffene mit reflexartigen Ausgleichbewegungen zu kompensieren. Oft ist jedoch ein Sturz oder unkontrolliertes Suchen nach Halt, auch in Gefahrstellen hinein, nicht mehr zu vermeiden. Ausgleiten wird in bestimmten Bewegungsabläufen oder Bewegungsphasen begünstigt, z. B. in der Anfangs- und der Endphase des Fußabrollens, wenn nur noch die Sohlen- oder Absatzkante des Schuhs unmittelbaren Kontakt mit dem Boden hat, bei plötzlichen Richtungsänderungen, wie beim schnellen „Um-die-Ecke-Gehen“ usw. Besondere Sturzgefahr besteht beim Betreten frei drehbarer Walzen von Rollenbahnen. Die Rollreibung in den Lagern der Walzen liegt um Größenordnungen unter der Haft- oder Gleitreibung zwischen üblichen Fußbodenbelägen und Schuhsohlen. Beim Auftreten längs der Mantellinie der Walzen ist ein plötzliches Wegdrehen und das damit verbundene Abknicken des Fußes in den Raum zwischen den Walzen kaum zu vermeiden. Einen ähnlichen Effekt haben auf flachem Untergrund rollende Partikel, wie Getreidekörner, Kunststoffgranulat oder Metallgrieß.
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 91
4.2.4 Gefahr durch plötzlich freiwerdende me chanische Energie Das Potenzial von Gefahrquellen liegt im plötzlichen und unkontrollierten Freisetzen kinetischer oder potenzieller Energie, Bild 4.2-16. Gefahren gehen primär von Gegenständen aus, wie von Maschinenteilen, Werkzeugen, Werkstücken bzw. deren Teilen, aber auch von Abfällen, die aus dem Wirkbereich ungewollt und unvorhersehbar heraus- oder weggeschleudert werden oder von Gegenständen, die von höher gelegenen Stellen herabfallen. Die freigesetzten Gegenstände fliegen dann auf ballistischen Bewegungsbahnen auf Personen zu. Wenn sie Personen treffen, dann kommt es meistens zu schweren Verletzungen. Schädigende potenzielle Energie kann auch in vorgespannten, bewusst elastisch gestalteten Maschinenelementen, z. B. in Federn, in komprimierten Medien, in unter hohem hydrostatischen Druck stehenden Fluiden, im Unterdruck evakuierter Behälter oder im Überdruck vorgespannter Gase oder Dämpfe gespeichert sein. Diese Ge$UWGHU PHFKDQLVFKHU (QHUJLH (IIHNW
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fahren treten stochastisch auf, kommen schnell und überraschend auf Personen zu. Im Gegensatz zu eindeutig lokalisierbaren räumlichen Bereichen der Gefahrstellen, in die sich Personen begeben müssen, erweitern freie Bewegungsbahnen der Gefahrquellen den Gefahrenbereich jetzt wesentlich, weil er letztlich vom Niveau der freigesetzten Energie und kinematischen Randbedingungen abhängt. Dieser Gefahrenbereich lässt sich zwar räumlich festlegen, wie im Bild 4.2-17 am Beispiel einer Drehmaschine dargestellt [4.15], der akute Gefahrenfall zeitlich aber nicht exakt vorhersagen. [4.16] unterscheidet Gefahrenbereiche an Werkzeugmaschinen in zwei Ordnungen, Bild 4.2-18. Der Gefahrenbereich erster Ordnung umspannt radial das Spannfutter (Drehen) oder die Werkzeugaufnahme (Fräsen) und umhüllt die Schar möglicher Flugbahnen tangential abgeschleuderter Teile. Bei einem Großteil der Schadensfälle bewegen sich Werkstücke, Werkzeuge, Spannmittel und Bruchstücke in diesen Bereich hinein. Alle weiteren Hüllflächen der Flugbahnen
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Bild 4.2-16 Gefährdung durch plötzlich freiwerdende mechanische Energie
92
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
werden Grundlagen für die Berechnung von Energien vorgestellt, die durch sich lösende Teile rotierender Körper freigesetzt werden. Im Bild 4.2-19 sind die drei grundsätzlichen Fälle, einschließlich der Berechnungsformel und Nomogramme gegenübergestellt:
Bild 4.2-17 Primärer Gefahrenbereich einer Drehmaschine beim Wegschleudern von Backeneinheiten [4.15]
abgeschleuderter Teile, z. B. hervorgerufen durch Abprallen der Teile am Werkzeugmaschinenkörper, fallen in den Gefahrenbereich zweiter Ordnung. Die beachtlichen Energien weggeschleuderter Gegenstände bergen ein erhebliches Verletzungspotenzial in sich. Neue technische Entwicklungen, wie z. B. die wesentlich gesteigerte Prozessgeschwindigkeit beim Hochgeschwindigkeitszerspanen (High Speed Cuting, HSC) verleihen den Gefahren durch plötzlich freiwerdenden kinetische Energie eine neue Größenordnung. HSCWerkzeugmaschinen sind gekennzeichnet durch eine hohe Dynamik ihrer Verfahrbewegungen in gesteuerten Achsen (bis zu 40 m/min) und sehr hohe Spindeldrehfrequenzen (32 000 1/ min, in besonderen Fällen bis zu 100 000 1/min). Hohe Drehfrequenzen führen zu hohen Werkzeugbelastungen durch Fliehkräfte. Bricht jetzt ein Werkzeug, sein Teil oder Teile des Werkzeugsystems, haben die Bruchstücke erhebliche kinetische Energien. So kann nach [4.15] die kinetische, d. h. die rotatorische und die translatorische Energie freisetzungsgefährderter Elemente des Werkstücksystems, z. B. Spannbackeneinheiten, eine Größenordnung erreichen, die mit der kinetischen Energie von Geschossen vergleichbar ist. Die Wirkung auf die Umgebung ist entsprechend. Dieser Sachverhalt stellt eine neue Größenordnung mechanischer Gefahren bei der spanenden Metallbearbeitung dar. Sie muss bei der Auslegung der Maschinen, der Werkzeuge und deren Sicherheitskonzeption berücksichtigt werden. In [4.16, 4.17]
1. Rotierende Teile (z. B. rotationssymmetrische Drehteile, usw.), die sich z. B. durch nachlassende Haltekräfte (z. B. Spannkraftausfall) oder äußere Kraftwirkungen von der Arbeitsspindel lösen und mit relativ geringen Translationsgeschwindigkeit aber hoher Rotationsenergie wegfliegen. Da sich das anschließende Verhalten des Teiles, das von der Umsetzung der gespeicherten Rotationsenergie in translatorische Bewegungen abhängt, nicht vorhersagen lässt, muss für die Beurteilung der zu erwartenden Wirkung die gesamte Rotationsenergie als freizusetzende kinetische Energie in Betracht gezogen werden. 2. Im bestimmten Abstand von der Drehachse befestigte Teile (z. B. Schneidplatten eines Fräsers), die sich z. B. durch nachlassende Haltekräfte oder äußere Kraftwirkungen vom Grundkörper lösen, werden tangential zum Flugkreis weggeschleudert und bewegen sich translatorisch vom Grundkörper weg. Die Translation ist durch eine Rotation überlagert. Die Translationsgeschwindigkeit wegfliegender Teile entspricht der Umfangsgeschwindigkeit ihres Schwerpunktes vor dem Lösen vom rotierenden Grundkörper. Die Energie der begleitenden Eigenrotation, die aufgrund kinematischer Gesetzmäßigkeiten immer auftritt und die sich aus der Drehbewegung um den momentanen Schwerpunkt des Bruchstücks und dessen Massenträgheitsmomentes ergibt, kann gegenüber der kinetischen Energie der translatorischen Bewegung vernachlässigt werden. 3. Teile, die in einer radialen Nut des rotierenden Grundkörpers geführt sind (z. B. Backeneinheiten) bewegen sich im Versagensfall aufgrund der Fliehkräfte radial bis zum Ende der Führung und fliegen dort weg. Zur tangentialen Geschwindigkeit (Fall 2) kommt noch die radiale Geschwindigkeitskomponente aufgrund
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 93
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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Bild 4.2-19 Kinetische Energie wegfliegender Teile an Werkzeugmaschinen, [4.17, 4.18]
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4.2 Gefahren im Arbeitssystem 95
der Zentrifugalbeschleunigung entlang der Führungsnut hinzu, die das Teil erfährt. Abgeschleuderte Teile, die sich von rotierenden Gegenständen gelöst haben, erfüllen alle Merkmale von Gefahrquellen. Sobald sich ein rotierender Gegenstand (Werkstück, Werkzeug) selbst aus der Einspannung befreit oder ein Teilstück von ihm löst haben, fliegt das Teil anfangs mit der momentanen Umfangsgeschwindigkeit unkontrolliert in tangentialer Richtung zur ursprünglichen Kreisbahn weg. Zugleich rotiert das Teil entsprechend der Gesetzmäßigkeit überlagerter Bewegungen mit der momentanen Winkelgeschwindigkeit der Spindeldrehbewegung um den eigenen Schwerpunkt im Raum weiter. Die Bewegungsenergie des sich entlang einer Wurfparabel bewegenden Bruchstücks setzt sich somit aus einem translatorischen und rotatorischen Anteil zusammen. Die von [4.19] durchgeführten experimentellen Untersuchungen zeigten, dass freigesetzte rotierende Gegenstände, z. B. zylindrische Drehwerkstücke zwar eine hohe Rotationsenergie haben, von der sich beim Aufprall auf ein Hindernis (Maschinengestell, Schutzeinrichtung) jedoch nur ein Bruchteil in translatorische Energie umsetzt, die für das Durchdringen von Hindernissen ausschlaggebend ist. Leichte Teile, wie z. B. Wendeschneidplatten von Fräswerkzeugen oder Fräskassetten haben trotz hoher Drehfrequenzen einen relativ geringen Energiegehalt, Bild 4.2-20. Er reicht jedoch aus, schwere Verletzungen zu verursachen, aber auch Schutzkonstruktionen zu durchschlagen. Für das Durchdringen von Hindernissen ist nicht nur das Energieniveau der auftreffenden Teile maßgebend, sondern auch deren Makro- und Mikrogeometrie und das Verformungsvermögen der Teile. Weggeschleuderte harte und scharfkantige Wendeschneidplatten mit der relativ geringen Masse von 0,01 kg haben z. B. zumindest das gleiche Durchdringungsverhalten wie stumpfe Werkzeugbruchstücke der Masse 0,1 kg aus nachgiebigerem Werkstoff, vor allem dann, wenn die Wendeschneidplatte mit ihrem Schneidkeil auftrifft. Zwei Faktoren begünstigen sich dabei gegenseitig: 1. Das Volumen des Werkstoffs der Schutzeinrichtung, das die Aufprallenergie absorbieren muss (Produkt der kleinstmöglich pro-
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Bild 4.2-20 Energiegehalt von Fräswerkzeugen [4.19]
jizierten Aufprallfläche der Schneidplatte mit der Wanddicke) ist gering. 2. Wendeschneidplatten bestehen aus besonders hartem Material und sind bewusst so konstruiert, dass sie mit geringer Energie durch die zu zerspanende Werkstoffe gelangen. Sie durchdringen folglich auch den Werkstoff der Schutzeinrichtungen beson-
96
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
ders gut. (Anmerkung: Die heute zur Zerspanung verwendeten Hartmetalle wurden ursprünglich als Einsätze für Geschossspitzen panzerbrechender Munition entwickelt und eingesetzt).
•
• •
Für das Auslegen und Dimensionieren trennender Schutzeinrichtungen mit vornehmlich fangender Funktion sind nach der Norm EN 12 415 bei Drehmaschinen die Energie abgeschleuderter Aufsatzbacken bis 2,5 kg, bei Fräsmaschinen die Energien abgeschleuderter Fräskassetten bis 0,1 kg (EN 12 417) als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Abgeschleuderte Teile, die im Versagensfall erst innerhalb des rotierenden Gegenstandes radial beschleunigt werden und dann mit der Umfangsgeschwindigkeit seine Kontur verlassen, wie z. B. Backeneinheiten an Spannfuttern von Drehmaschinen, haben eine hohe translatorischen Energie. Ihre sich aus der Drehbewegung um den momentanen Schwerpunkt des Bruchstücks und aus dem Massenträgheitsmomentes ergebende Rotationsenergie ist so gering, dass sie sich gegenüber der dominierenden Translationsenergie vernachlässigen lässt. Im Bild 4.2-21 sind Translationsenergien freigesetzter Teile an Drehmaschinen und Fräsmaschinen gegenübergestellt. Abgeschleuderte Backeneinheiten an Drehmaschinen und Werkzeugbruchstücke an Fräsmaschinen haben die höchsten Werte der translatorischen Energie und somit das höchste Gefahrpotenzial. Die dargestellten Werte und Verhältnisse geben nur eine grobe Übersicht über die Energien freigesetzter Teile. Ausführliche Nomogramme zur Bestimmung dieser Energiewerte für unterschiedliche Teile enthält der Forschungsbericht [4.17]. Auswuchtmaschinen, mit denen geometrische Achsen von auszuwuchtenden Werkstücken (Rotoren) mit ihren Hauptträgheitsachsen in Einklang gebracht werden, nutzen Fliehkräfte, um Unregelmäßigkeiten in der Massenverteilung (Unwuchten) nach Maß und Zahl festzustellen und um Angaben zum Massenausgleich zu machen. Auch beim Gestalten dieser Messmaschinen ist das Ziel, alle Gefahren, die unmittelbar von der Nutzung der Maschine ausgehen, möglichst gering zu halten. Folgende deterministische und stochastische Gefahren müssen in Betracht gezogen werden:
•
Personen können drehende Maschinenteile oder den auszuwuchtenden Rotor berühren, Teile vom Rotor oder Ausgleichsmassen können sich lösen und wegfliegen, der Rotor kann von den Lagerständern abheben der Rotor kann bersten.
Bei der Gefährdungsanalyse und bei der Risikobeurteilung ist zu beachten, dass sich die jeweiligen Gefahren aus der breiten Formvarianz der Rotoren und den zum Auswuchten notwendigen verschiedensten Auswuchtbedingungen ergeben. Zwar werden die meisten Rotoren bei Drehzahlen ausgewuchtet, die unterhalb ihrer Betriebsdrehzahl liegen, manchmal aber müssen Rotoren bei oder oberhalb ihrer höchsten Betriebsdrehzahl ausgewuchtet oder gar geschleudert werden. Dann lässt sich ein größeres Versagen des Rotors oder sein Zerbersten nicht mehr so zuverlässig ausschließen wie beim niedertourigen Auswuchten. Wegfliegende Teilchen, Rotorteile oder deren Bruchstücke haben eine hohe kinetische Energie gespeichert, die mit einem erheblichen Verletzungspotenzial einhergeht. Die Norm ISO 7475 legt zur Beurteilung der Auswirkung dieser Teile auf notwendige Schutzeinrichtungen drei Kriterien fest, Bild 4.2-22. 1. Impuls. Dieses Kriterium unterstellt, dass der Impuls eines Teilchens oder Rotorteils auf die Schutzeinrichtung als Ganzes übertragen wird und über die Standfestigkeit der Schutzeinrichtung entscheidet. 2. Absolutes Energieniveau. Dieses Kriterium unterstellt, dass die kinetische Energie eines Teilchens oder Rotorteils die Struktur der Schutzeinrichtung als Ganzes belastet. Es entscheidet über den physischen Zusammenhalt der Schutzeinrichtung oder deren Teile (z. B. Sichtfenster). 3. Flächenbezogene Energiedichte. Dieses Kriterium unterstellt, dass sich die kinetische Energie eines Teilchens oder Rotorteils in seiner kleinsten Auftrefffläche konzentriert. Es entscheidet über die Perforationsfestigkeit der Schutzeinrichtung.
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 97
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Bild 4.2-21 Gefahrquellen durch weggeschleuderte Teile beim Fräsen bzw. Drehen und deren translatorischen Bewegungsenergie, [4.17]
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98 4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Bild 4.2-22 Gefahrenparameter und Beurteilungskriterien für weggeschleuderte Teile an Auswuchtmaschinen nach ISO 7475
4.2 Gefahren im Arbeitssystem 99
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Zusammenfassung. Die bisher behandelten mechanischen Gefahren beziehen sich einerseits auf Gefahren durch Verlust des Körpergleichgewichts, andererseits auf Gefahren durch unerwartet freiwerdende kinetische bzw. potenzielle Energie. Erstgenannte Gefahren sind hauptsächlich für Maschinen von Bedeutung, deren Abmessungen es unmöglich machen, von der Aufstellungsebene aus aufgrund der Höhendifferenz an oder mit diesen Maschinen zu arbeiten oder für Maschinen, bei denen Absturzgefahr besteht. Die anderen mechanischen Gefahren kommen hauptsächlich an Maschinen vor, die hohe Energien umsetzen, schnelle translatorische Wirkbewegungen ausführen oder mit sehr hohen Drehfrequenzen arbeiten. Beide Arten von Gefahren können sowohl stochastisch (weggeschleuderte Teile) als auch deterministisch (Gefahrstellen) auftreten, Bild 4.2-23. Von besonderer Bedeutung für sicheres Arbeiten an oder mit Maschinen sind Gefahrstellen. Das sind mit Bewegungs- und Antriebsenergie be-
Bild 4.2-23 Gefahren an Werkzeug- und Werkstücksystem einer Drehmaschine
haftete Maschinenteile, Werkzeuge und Werkstücke, die sich in festgelegten Bahnen bewegen und aufgrund ihrer Konfigurationen, der gegenseitigen geometrischen Beziehungen zum menschlichen Körper und der einwirkenden Energiedichten Personen mechanisch schädigen können. Gefahrstellen wirken deterministisch. Schon aufgrund ihres ständigen Vorhandenseins ziehen sie für Beschäftigte immer erhebliche latente Risiken nach sich. Deshalb müssen Gefahrpotenziale der Gefahrstellen und die mit ihnen verbundenen Risiken mit Konstruktionsmaßnahmen als erstes ausgeschaltet werden. Dazu müssen Konstrukteure aber Gefahrstellen in ihren Konstuktionen erstmal als solche erkennen. Mit Gefahrstellen, den mit ihnen verknüpften wichtigsten mechanischen Gefahren, ihrer Beschaffenheit bzw. ihren Eigenarten und mit den sie begründenden mechanischen Gesetzmäßigkeiten beschäftigt sich der nachfolgende Abschnitt.
100
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
4.3 Gefahrstellen Gefahrstellen, Ursache wichtigster und häufigster mechanischer Gefährdungen, entstehen bei bestimmten Konfigurationen geführter Gegenstände, die sich aufgrund gespeicherter kinetischer Energie oder von außen zugeführten Antriebsenergie in festgelegten Bahnen bewegen und dabei Menschen gefährden können. Gefährdungen ergeben sich oft daraus, dass energiebehaftete Bewegungen, die zur Erfüllung technologischer Funktion herangezogen werden, sich nicht, wie eigentlich vorgesehen, auf den Arbeitsgegenstand, sondern ungewollt auf Menschen auswirken. So betrachtet, ist ein Unfall an einer Gefahrstelle ein ungeplantes, unkontrolliertes Einwirken mechanischer Energie auf den Menschen. Die Möglichkeit dazu besteht vor allem dann, wenn sich Gefahrstellen im Arbeitsbereich einer Maschine befinden und Personen sie unmittelbar erreichen können.
4.3.1 Grundtypen von Gefahrstellen Zu Unfällen kommt es beim räumlichen und zeitlichen Zusammentreffen von Personen mit gefahrbringenden Bewegungen der Gefahrstellen. Aufgrund der auf den Körper einwirkenden Kräfte, der höheren Festigkeitswerte und des geringen Verformungsvermögens der bewegten Teile kommt es beim Zusammentreffen mindestens zu einer der nachfolgenden Wirkungen auf den Körper, zu: • • •
Abdrängen oder Wegschieben elastischen oder plastischen Verformungen Eindringen von Gegenständen.
Ob und wie diese äußeren Belastungen Personen letztlich beanspruchen oder gar gefährden, hängt im starken Maße von der Wirkrichtung und Größe der Kräfte ab. Bewegte Teile, die den Körper tangieren und deren Kräfte entlang der Oberfläche des Körpers wirken, verursachen meistens keine tiefe Wunden. Verletzungen sind meist weniger ernsthaft, es sei denn, es handelt sich um großflächige Verletzungen oder um Einwirkungen größerer Kräfte. Sie können zu Ablederungen führen, Gliedmaßen ausreissen oder gar Menschen mitreißen.
Quer bzw. senkrecht zur Körperoberfläche wirkende Kräfte können nicht nur die Oberfläche sichtbar schädigen, sondern auch innere Organe in Mitleidenschaft ziehen. Hohe Flächenpressungen führen zu Quetschwunden, hohe Normalkräfte zu Knochenbrüchen oder zu Verletzungen innerer Organe. Beliebig zur Körperoberfläche ausgerichtete Kräfte oder Drehmomente, führen zu besonders schweren und komplizierten Verletzungen, von schweren Quetschungen bis zum Abdrehen von Körperteilen. Neben kinematischen Parametern bewegter Teile bestimmt noch die geometrische Form der Wirkfläche die Ausprägung der Gefahrstellen. Hier wird unterschieden zwischen punkt- und linienförmigen Berührungen bzw. ebenen und gekrümmten flächigen Berührungen. Das Wirkprinzip, die Wirkrichtung zum Körper und die geometrische Form der Wirkfläche bewegter Gegenstände charakterisieren neun Grundtypen mechanischer Gefahrstellen: Stoßstellen, Quetschstellen, Scherstellen, Schneidstellen, Stichstellen, Reibstellen, Fangstellen, Einzugsstellen und Auflaufstellen. Zu Gefahrstellen werden auch unter hohem Druck austretenden Flüssigkeiten gezählt. Diese Grundtypen mechanischer Gefahrstellen sind im Bild 4.3-1 zusammengestellt und die sie charakterisierenden Größen und Parameter aufgelistet. Die nächsten Abschnitte gehen auf sie näher ein. Gefahrenparameter. Gefahrenparameter bzw. deren Ausprägung charakterisieren und kennzeichnen einerseits Gefahrstellen und deren Wirkung, und beeinflussen andererseits den Verletzungsmechanismus. Sie lassen sich in zwei Gruppen unterteilen, in gegenstand- und menschbezogene Kenngrößen. Zu den gegenstandbezogenen Kenngrößen gehören die Makrogeometrie der Gegenstände, wie z. B. ihre Form und Größe, Mikrogeometrie ihrer Wirkfläche, wie z. B. ihre Oberflächenrauigkeit, Kinematik gefahrbringender Bewegungen, wie z. B. ihre Richtung und Geschwindigkeit, dynamische Parameter, wie z. B. die Größe der Kraft und das Energieniveau sowie Werkstoffparameter, wie z. B. Nachgiebigkeit (Verformungsvermögen) und Härte der Wirkflächen oder Reibungsbeiwerte usw. So einleuchtend einzelne Gefährdungs-
4.3 Gefahrstellen 101
*HIDKUVWHOOHQ :LUN :LUN :LUN *UXQGW\SHQ XQJ ULFKW IOlFKH XQJ
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Bild 4.3-1 Grundtypen mechanischer Gefahrstellen
102
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
parameter und deren Auswirkungen sowohl auf die Gefahrstelle selbst als auch auf den Verlauf einer Verletzung auch sind, gibt es zur Zeit im allgemein zugänglichen Schrifttum kaum Veröffentlichungen, die sich systematisch mit der Problematik der Gefährdungsparameter oder mit Grenzwerten mechanischer Beanspruchungen der Menschen in Gefahrstellen so auseinandersetzen, dass die gewonnenen Ergebnisse unmittelbar in das Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte einfließen könnten. Grenzwerte für die mechanische Gefährdungen liegen selten als Zahlenwerte, meistens nur als verbale Erläuterungen vor. Das grundlegende Problem liegt wohl in der breiten interindividuellen und intraindividuellen Streuung körperlicher Eigenschaften der Menschen. Anders als bei technischen Werkstoffen kann es für Menschen und seine Körperteile keine konstanten Werte für viskoelastische Eigenschaften des Gewebes geben. Die am toten Gewebe (in vitro) ermittelten Messwerte gelten nicht ohne weiteres für den lebenden Organismus (in vivo). Mechanische Eigenschaften gleicher Gewebearten hängen stark von den Körperregionen ab. Im Schrifttum sind Arbeiten, die sich unter gerichtsmedizinischen Aspekten mit den Entstehungsumständen und mit dem Verlauf von Schnitt- und Stichverletzungen beschäftigen, relativ häufig vertreten. Veröffentlichte Ergebnisse sind jedoch nur unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Randbedingungen, sofern sie überhaupt angegeben sind, auf den Verletzungsmechanismus in Gefahrstellen anwendbar. Die Arbeiten [4.20, 4.21] beschäftigen sich mit Einflussfaktoren auf den Wickelvorgang an glatten Wellen, die Monographie [4.22] setzt sich sehr ausführlich und ergiebig mit Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhängen auseinander, die beim Walzen metallischer Werkstoffe von Bedeutung sind. Einige Ergebnisse stimmen gut mit den Erfahrungen aus Unfällen an Einzugstellen überein, sofern die Unterschiede zwischen metallischen Werkstoffen und dem menschlichen Gewebe berücksichtigt werden. Die wichtigsten Ergebnisse beider Veröffentlichungen sind in den Bildern 4.3-2 und 4.3-3 zusammengefasst.
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Bild 4.3-2 Gefährdungsparameter an Fangstellen [4.20]
4.3.2 Verletzungen an Gefahrstellen Die Unfallchirurgie [4.23] bezeichnet als Wunden alle durch äußere Gewalteinwirkungen aufgetretenen Unterbrechungen des Gewebezusammenhangs an der Körperoberfläche oder im Körperinneren, begleitet von geöffneten Lymphenspalten und Blutgefäßen. Mechanische Wunden werden dort unterteilt in geschlossene Wunden (geschlossene Knochenbrüche, Luxationen der Gelenke), oberflächliche Wunden (Hautverletzungen, welche die Lederhaut nicht durchtrennen), perforierende Wunden (hautdurch-
4.3 Gefahrstellen 103
(IIHNW
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Bild 4.3-3 Gefährdungsparameter an Einzugsstellen [4.22]
trennende Wunden) und komplizierte Wunden. Komplizierte Wunden entstehen als Folge mehrschichtiger Verletzungen und betreffen sowohl Knochen als auch Weichteile bzw. die von ihnen eingeschlossenen Körperhöhlen. Bei Maschinenunfällen mit Gefahrstellen kommt es zu Schnitt-, Stich-, Schürf- und Quetschwunden. Schnittwunden sind glattrandige Wunden, bei denen alle Gewebe bis auf den Wundengrund durchtrennt sind. Im Nachbarbereich treten keine Gewebeschädigungen auf. „Glatte“ Amputationen lassen sich mikrochirurgisch relativ
gut behandeln und haben verhältnismäßig gute Wiederherstellungsprognosen. Stichwunden entstehen durch Eindringen spitzer Gegenstände in das Körperinnere. Aus dem Erscheinungsbild des Einstichs ist nicht immer ersichtlich, welche Organe der eingedrungene Gegenstand auch noch verletzt hat. Quetschwunden zeichnen sich durch Schädigung des kutanen und subkutanen Gewebes ohne Durchtrennung der Haut aus. Sie wirken unterschiedlich weit in die Tiefe. Besonders gefährliche Quetschwunden sind Zerreissungen als Folge
104
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
breitflächiger Gewalteinwirkung. Diese komplizierten Verletzungen, wie sie z. B. beim Einziehen der Hand zwischen zwei Walzen üblich sind, sind chirurgisch nicht immer einfach zu beherrschen. Ihre Heilungs- und Wiederherstellungsprognosen haben sich zwar Dank der in den letzten Jahren eingeführten plastisch-handchirurgischen Operationsverfahren wesentlich verbessert, trotzdem muss nach Abheilung mit bleibenden Einschränkungen wichtiger Handfunktionen gerechnet werden. Vor allem dann, wenn Weichteile so stark verformt sind, dass sie absterben oder wenn Knochensubstanz zertrümmert ist und in das Weichgewebe eindringt. In Betracht der in den heutigen Maschinen umgesetzten Energiedichten ist bei der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung in den meisten Fällen von einer solchen Verletzungsschwere auszugehen. Bei Walzenquetschverletzungen wirken auf die obere Extremität gleichzeitig Druck-, Zugund Reibungskräfte ein. Ausmaß der Schädigung hängt primär von der Größe des Drucks ab, der sich im Gewebe aufbaut und somit von der Geometrie des Walzenpaares (Krümmungsradien, Spaltweite), der Lagerungsart (starr, nachgiebig), der Oberflächenbeschaffenheit der Walzen sowie der Dicke der eingezogenen Hand. Der Querschnitt der eingezogenen Hand variiert mit der Eindringtiefe. Entsprechend ändert sich die Druckbeanspruchung des Handgewebes, Bild 4.3- 4. [4.24] unterscheidet je nach Ausprägung der wichtigsten Schädigungseinflussgrößen (Zug-, Druck- und Reibungskräfte) drei Hauptverletzungstypen: 1. Ausgedehnte Gewebeschäden in den tieferen Strukturen der Hand bei überwiegenden Druckeinwirkungen. 2. Ausgedehnte Oberflächenverletzungen (Hautrisse, Ablederungen sowie Zerreißungen der darunterliegenden Gewebestrukturen) bei Einzugstellen mit geringer Druckeinwirkung aber griffigen Walzenoberflächen. 3. Verbrennungen durch Reibungswärme bei Relativbewegungen zwischen der Handoberfläche und der Oberfläche rotierender Walzen aufkommt oder durch heiße Walzenoberflächen.
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Bild 4.3-4 Druckbeanspruchung der eingezogenen Hand [4.24]
Kombination dieser Einflussgrößen in der zeitlichen Abfolge ihres Wirkens führt zu unterschiedlichen Erscheinungsformen der Verletzungen. Übergänge können dabei fließend sein: Wird zum Beispiel beim Einziehen der Hand die Haftreibung zwischen Haut und Walzenoberfläche nicht überwunden, entstehen Zugkräfte, die zu Gewebedehnungen und beim Überschreiten der Festigkeitswerte zu Gewebezerreißungen führen. Sobald sich zwischen der Hand und der Walze Gleitreibung einstellt, sinken zwar die Zugkräfte, Relativbewegungen erzeugen aber Reibungswärme, die Verbrennungen nach sich zieht, Bild 4.3-5. Schürfwunden, die z. B. durch tangential wirkende Reibkräfte beim Schrammen rauher Oberflächen mit ungeschützter Haut entstehen, zeichnen sich durch reversible, ausheilbare Verletzungen der oberen Hautschichten aus. Eine Besonderheit bilden durch Hochdruck hervorgerufene Flüssigkeits- oder Gasinjektionen des Körpers. Die eingebrachten Medien breiten sich nach dem Durchdringen der Haut (Eingangspforte ist meistens sehr klein) rasch und weit im Unterhautgewebe und Körper aus.
4.3 Gefahrstellen 105
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Bild 4.3-5 Typische Verletzungen an Einzugsstellen [4.24]
4.3.3 Gefahrstellen der funktionellen Systeme Jedes funktionelles System einer Maschine hat typische Gefahrstellen, Bild 4.3-6. Gefahrstellen sind im Sinne der äußeren Funktionselemente ungewollte Kontaktstellen des Menschen mit Maschinensystemen. Die meisten Gefahrstellen sind Teile des Werkzeug- und Werkstücksystems. Sie werden bewusst gestaltet, um mit ihnen technologische Funktionen zu verwirklichen. Auch im Bewegungssystem und im Energiesystem kommen Gefahrstellen vor, hauptsächlich an Antriebselementen. Im statischen System sind Gefahrstellen vorerst ein Widerspruch an sich. Das tragende System soll für die statische Stabilität der Maschine sorgen. Gefahrstellen sind zwar an Bewegungen gebunden. Die Baugruppen des statischen Systems bilden aber, kinematisch betrachtet, den Bezugsrahmen für alle beweglichen Teile und übernehmen somit die Funktion des Widerlagers für bewegte Gegenstände der jeweiligen Gefahrstellen. Im Informationssystem der Maschinen kommen heute, bis auf wenige Ausnahmen, praktisch
keine nennenswerte mechanische Gefahrstellen mit körperschädigendem Verletzungspotenzial mehr vor. Kombinierte Gefahrstellen. Die technische Praxis kennt weitaus mehr Gefahrstellen als die im Bild 4.3-1 dargestellten Grundtypen, bei deren Gliederung abstrahierte Grundformen die ausschlaggebende Rolle spielen. Reale Maschinenteile haben komplizierte Formen, die zu kombinierten Gefahrstellen führen. Sie weisen zugleich Merkmale mehrerer grundlegender Gefahrstellen auf und lassen sich als Kombination dieser Grundtypen typisieren. Die Ausprägung eines Grundtyps dominiert dabei und bestimmt somit auch den Verletzungsmechanismus. Im Bild 4.3-7 sind typische Kombinationen der Einzugstellen mit anderen Grundtypen der Gefahrstellen zusammengefasst. Dieser Typisierungsansatz kann zwar die Vielfalt aller real vorkommenden Gefahrstellen nicht vollständig wiedergeben, zeigt aber einen Weg, sie in einer Typologie eindeutig zu beschreiben und an realen Maschinen aufzufinden und zu lokalisieren.
106
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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6FKDX JODV
Bild 4.3-6 Typische Gefahrstellen der funktionellen Systeme von Maschinen
4.3 Gefahrstellen 107
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(LQ]XJVWHOOH
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VHQNUHFKW ]XP .|USHU
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EHOLHELJH )RUP
=DKQUDGJHWULHEH
6FKQHFNHQJHWULHEH
:DO]HQPLW 4XHUVFKOLW]HQ
=HUNOHLQHUXQJVXQG 7UDQVSRUWVFKQHFNHQ
6FKQHLGVWHOOHQ
$UW
4XHWVFKVWHOOHQ
6FKHUVWHOOHQ
:LUN IOlFKH
0DVFKLQHQWHLO
JHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJ
.UHLVPHVVHU
7UDQVODWLRQ VWUXNWXULHUW
6WDQJH TXHU
5RWDWLRQ
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
=\OLQGHU
QLFKW GHILQLHUWH 6FKQHLGHQ
5RWDWLRQ EHJUHQ]W
PHKUHUH GHILQLHUWH 6FKQHLGHQ
6FKHLEH 3ODWWH
GHILQLHUWH SXQNWXHOOH 6FKQHLGH
DOOJHPHLQH %HZHJXQJ
QLFKW GHILQLHUWH 6FKQHLGHQ
%DQG
GHILQLHUWH SXQNWXHOOH 6FKQHLGH
EHOLHELJH )RUP
+OVHQDEVWHFKPHVVHU
7UHQQVFKQHLGHU
6WLFKVWHOOHQ
3HUIRULHUZDO]HQ
5HLEVWHOOHQ
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$XIODXIVWHOOHQ
3UHVVElQGHU
Bild 4.3-7 Kombinierte Gefahrstellen
4.3.4 Typologie und Systematik der Gefahrstellen Eine feinere Typisierung als mit der Kombination von Grundtypen der Gefahrstellen lässt sich nur mit einem systematisch aufgebauten Gliederungssystem erreichen, bestehend aus systematisierenden Merkmalen, die zu Familien ordnender Gesichtspunkte zusammengefasst sind, Bild 4.3-8. Dieses Begriffsgebäude bildet die Grundlage für systematische Lösungssammlungen von Gefahrstellen, wie sie beispielhaft für Ein-
Bild 4.3-8 Unterscheidungsmerkmale von Gefahrstellen
zug-, Quetsch-, Scher- und Schneidstellen in den Bildern 4.3-9. bis 4.3-11 dargestellt sind. Gefahrstellen entstehen, bis auf wenige Ausnahmen, durch die Bewegung und die Konfiguration beweglicher Gegenstände, die in festen Bahnen geführt sind. Führungen sind Maschinenteile, die Relativbewegungen fester Körper ermöglichen sowie Form und Länge der Bewegungsbahnen bestimmen. Die wichtigsten Führungen sind Translations- und Rotationsführungen. Die erstgenannten ermöglichen geradlinige Bewegungen. Ihnen ist das Merkmal Translation zugeordnet. Rotationsführungen ermöglichen Kreis- bzw. Drehbewegungen. Kreisbewegungen unterscheiden sich in umlauffähige (Merkmal Rotation) und nichtumlauffähige Bewegungen, wie z. B. Pendel- oder Schwingbewegungen (Merkmal Rotation begrenzt). Alle anderen Festkörperbewegungen (Merkmal allgemeine Bewegung)
108
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
lassen sich den kinematischen Gesetzen entsprechend aus Translations- und Rotationsbewegungen zusammensetzen oder in sie zerlegen. Der nächste ordnende Gesichtspunkt berücksichtigt, wie bei den Grundtypen, die Richtung energiebehafteter Relativbewegungen zwischen Gegenständen und Körper. Man unterscheidet zwischen Längs- und Querbewegungen. Querbewegungen und die mit ihnen verbundenen Kraftwirkungen (Merkmal quer bzw. senkrecht zum Körper) belasten die Körperteile mit Normal-, Quer- oder Scherkräften und Biegemomenten. Längsbewegungen (Merkmal längs zum Körper) belasten den Körper mit Reib- und Zugkräften. Kraftwirkungen, die allgemein zum Körper ausgerichtet sind, werden mit dem Merkmal allgemeine Richtung charakterisiert. Bewegungen lassen sich nach ihrem zeitlichen Verlauf in gleichförmige, beschleunigte, oszillierende Bewegungen u. v. m. unterteilen. Diese Eigenschaften beeinflussen zwar die Einwirkmodalitäten in der Gefahrstelle, nicht aber den kinematischen Bewegungstyp, der für das Zustandekommen einer Gefahrstelle ausschlaggebend ist. Deshalb gehen diese Merkmale in die Gliederung der Gefahrstellen nicht ein. Die nächste Gruppe der ordnenden Gesichtspunkte berücksichtigt die bewegten Gegenstände selbst. Hinsichtlich der Anzahl der Gegenstände, die eine Gefahrstelle bilden, ist vorab zu unterscheiden, ob sie durch einen oder mehrere, d. h. mindestens zwei Gegenstände entsteht. Wesentliche Gliederungsmerkmale der Gegenstände rühren aus ihrer geometrischen Form und der Oberfläche ihrer Wirkflächen. Technische Gegenstände weisen eine unüberschaubare Vielfalt unterschiedlichster Formen auf. Die meisten dieser Formen lassen sich in erster Näherung zu einigen wenigen Grundformen abstrahieren. Unter das Merkmal Stange fallen alle schlanken prismatischen Körper beliebiger Querschnitte, wie z. B. Hebel, Gestänge und ähnlich langgestreckte Bauteile. Es ist noch zu unterschieden, ob die Kraftwirkungslinie bzw. die Bewegungsrichtung parallel, quer oder allgemein ausgerichtet zur Längsachse des Körpers wirkt (Merkmal Stange längs bzw. Stange quer). Das systematisierende Merkmal Scheibe, Platte umfasst alle flachen Gebilde, die durch ausgeprägte Ausdehnungen in zwei Richtungen ei-
ner Ebene gekennzeichnet sind. Kennzeichnend für Körper, die dem Merkmal Zylinder zugeordnet sind, sind kreisrunde Querschnitte mit einer Drehachse, einer ausgeprägten Ausdehnung entlang der Längsachse und evtl. einer Drehbewegung um diese Drehachse. Typische Bauteile sind Wellen, Zylinder, Walzen. Dem Merkmal Band sind alle nicht biegesteifen Gegenstände zugeordnet, die nur Zugkräfte, aber weder Druck- oder Querkräfte noch Biegeoder Torsionsmomente übertragen können, wie z. B. Seile, Riemen, Bänder, Ketten usw. Alle anderen Gegenstände (z. B. Formstücke) fallen unter das Merkmal allgemeine Form. Der letzte ordnende Gesichtspunkt berücksichtigt die Oberflächenstruktur der Wirkflächen. Wirkflächen, die keine ausgeprägte Struktur aufweisen, sind dem Merkmal glatt zugeordnet. Es ist jedoch zu beachten, dass auch diese Oberflächen herstellungsbedingt stets bestimmte Rauhigkeitswerte aufweisen, die jedoch beim Kontakt nicht zu Verletzungen, wie z. B. zu Abschürfungen führen. Wirkflächen werden dann als strukturiert aufgefasst, wenn sie eine oder mehrere abzählbare Konturen (z. B. Zähne, Nasen, Kalotten, Kanäle usw.) aufweisen. Dann sind diese Wirkflächen dem Merkmal Struktur zugeordnet. Eine besondere Struktur bilden Schneiden. Sie sind gekennzeichnet durch einen Schneidkeil, der aufgrund seiner Geometrie ins Körpergewebe eindringen oder es trennen kann. Außer der Anzahl der Schneiden wird noch unterschieden zwischen geometrisch bestimmten und unbestimmten Schneiden und der Art der Schnittlinie (Linie, Punkt). Bei Schneiden ist für eine Verletzung die Relativbewegung zwischen Körper und Schneide ausschlaggebend. Bei einer Verletzung muss sich nicht immer die Schneide bewegt zu haben, manchmal langt dafür schon ein Berühren der Schneide. Vor allem dann, wenn die Schneidgeometrie auf die mechanischen und stofflichen Eigenschaften des zu bearbeitenden Stoffes abgestimmt ist und diese ähnliche Werte wie das Körpergewebe aufweisen, wie es z. B. bei Textilfasern, Leder, Papier usw. der Fall ist. Der praktische Einsatz des Gliederungsund Typisierungssystems beim sicherheitstechnischen Begutachten von Maschinen hat gezeigt, dass sich fast alle Gefahrstellen mit einer Kombination dieser formalisierten, abstrakten Merkmale nachvollziehbar und eindeutig beschreiben
4.3 Gefahrstellen 109
*HIDKUVWHOOHQ 0DVFKLQHQWHLO
0DVFKLQHQWHLO *UXQGW\S )RUP
:LUN IOlFKH
HLQH 6FKHLEH GHILQLHUWH 3ODWWH 6FKQHLGH
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)RUP
1U
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JODWW )HXFKWZDO]HQ )DUEZDO]HQ 'UXFN]\OLQGHU .DODQGHU
JODWW
TXHU]XP .|USHU
5RWDWLRQ
:DO]HQXQG =\OLQGHUPLW 9HUWLHIXQJHQ XQG*UXEHQ
=\OLQGHU
VWUXNWXULHUW
VWUXNWXULHUW
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GHILQLHUWH SXQNWXHOOH 6FKQHLGH
5RWDWLRQ DOOJHPHLQH 7UDQVODWLRQ 5LFKWXQJ ]XP.|USHU
=\OLQGHU
%DQG
6FKHLEH 3ODWWH
:DO]HQ :HOOHQXQG =\OLQGHU LQ1lKHYRQ :DQGOXQJHQ
JODWW
6WDQJH TXHU
NHLQH %HZHJXQJ
VWUXNWXULHUW
Bild 4.3-9 Systematik der Einzugsstellen (Fortsetzung nächste Seite)
VWUXNWXULHUW EHOLHELJH )RUP
3URILOVWDQJHQ LQ1lKH XPODXIHQGHU :DO]HQ :HOOHQXQG =\OLQGHU %RJHQ YHUHLQ]HOXQJV HLQULFKWXQJHQ *UHLIHU WURPPHOQ
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3UHVVElQGHU
JODWW
3HUIRULHU ]\OLQGHU 6KUHGGHU ZDO]HQ
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110
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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0DVFKLQHQWHLO *UXQGW\S
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:LUN IOlFKH
JHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJ :LUN :LUN $UW $UW IOlFKH ULFKWXQJ
)RUP
$EELOGXQJ 1U
=\OLQGHU
VWUXNWXULHUW
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NHLQH %HZHJXQJ
EHOLHELJH )RUP
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JODWW
OlQJV]XP .|USHU
JODWW
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DOOJHPHLQH 5LFKWXQJ ]XP.|USHU
6FKHLEH 3ODWWH
5RWDWLRQ GHILQLHUWH SXQNWXHOOH 6FKQHLGH
5RWDWLRQ (LQ]XJVWHOOHQ
5HLEJHWULHEH
=DKQUDG JHWULHEH
6FKHLEH 3ODWWH
TXHU]XP 7UDQVODWLRQ VWUXNWXULHUW 6WDQJH .|USHU OlQJV
VWUXNWXULHUW
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JODWW
7UDQVODWLRQ NHLQH %HZHJXQJ
Bild 4.3-9 Systematik der Einzugsstellen
6FKQHFNHQ JHWULHEH
=\OLQGHU
5RWDWLRQ
=\OLQGHU
=DKQVWDQJHQ DQWULHEH
JODWW
6FKHLEH 3ODWWH
6WDQJH TXHU
3ODQVFKOHLI VFKHLEHQ
,QQHQXQG $XHQUXQG VFKOHLI VFKHLEHQ
4XHUWUDYHUVHQ EHU EHJHKEDUHQ 7UDQVSRUW ElQGHUQ
4.3 Gefahrstellen 111
*HIDKUVWHOOHQ 0DVFKLQHQWHLO
0DVFKLQHQWHLO *UXQGW\S
)RUP
:LUN IOlFKH
JHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJ :LUN $UW $UW ULFKWXQJ
:LUN IOlFKH
)RUP
6WDQJH TXHU
$EELOGXQJ 1U
$XVOHJHUJUHLIHU *LWWHUWUDQVSRUW ElQGHU
JODWW
NHLQH VWUXNWXULHUW %HZHJXQJ TXHU]XP .|USHU
JODWW
0LWQHKPHU DQ 7UDQVSRUWNHWWHQ
6FKHLEH 3ODWWH 5lGHUPLW 6SHLFKHQ XQG %RKUXQJHQ
5RWDWLRQ
6WDQJH TXHU
)DO]VFKZHUW
=\OLQGHU
7UDQVODWLRQ
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DOOJHPHLQH %HZHJXQJ
JODWW
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DOOJHPHLQH %HZHJXQJ
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VWUXNWXULHUW
7UDQVODWLRQ
VWUXNWXULHUW 6WDQJH TXHU
3UHVVEDONHQ XQG 6DWWHODQ 3ODQVFKQHLGH PDVFKLQHQ
TXHU]XP 7UDQVODWLRQ .|USHU =\OLQGHU
5RWDWLRQ
JODWW 7UDQVODWLRQ
5ROOHQEDKQ I|UGHUHU
JODWW NHLQH %HZHJXQJ
DOOJHPHLQH %HZHJXQJ
6FKHLEH 3ODWWH
3UHVVVWHPSHO DQ %DOOHQSUHVVHQ
6FKHLEH 3ODWWH DOOJHPHLQH %HZHJXQJ
Bild 4.3-10 Systematik der Scher- und Quetschstellen (Fortsetzung nächste Seite)
6LHEUDKPHQ EDQG
112
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
*HIDKUVWHOOHQ 0DVFKLQHQWHLO
0DVFKLQHQWHLO *UXQGW\S 6FKHUVWHOOH
)RUP
:LUN IOlFKH
6FKHLEH VWUXNWXULHUW 3ODWWH
JHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJ :LUN :LUN $UW $UW IOlFKH ULFKWXQJ
%HLVSLHO
$EELOGXQJ
)RUP
1U
5RWDWLRQ
TXHU]XP .|USHU
JODWW
6WDQJH TXHU
6WHXHUVFKHLEHQ PLW1RFNHQ
6WDQJH OlQJV
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JODWW
VWUXNWXULHUW
7UDQVODWLRQ
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VWUXNWXULHUW 5RWDWLRQ EHJUHQ]W NHLQH %HZHJXQJ 6WDQJH OlQJV
JODWW
VFKZHQNEDUH 0DVFKLQHQWHLOH
6FKHLEH 3ODWWH
WUDQVODWRULVFK EHZHJWH 0DVFKLQHQWHLOH +\GUDXOLNRGHU 3QHXPDWLN ]\OLQGHU
7UDQVODWLRQ
4XHWVFKVWHOOHQ
JODWW 5RWDWLRQ EHJUHQ]W
TXHU]XP .|USHU
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VWUXNWXULHUW 7UDQVODWLRQ
6FKHLEH 3ODWWH
5ROOHQ5lGHU (QHUJLHNHWWHQ
5RWDWLRQ HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
PHKUHUH GHILQLHUWH 7UDQVODWLRQ 6FKQHLGHQ
5RWDWLRQ
JODWW
=\OLQGHU
NHLQH %HZHJXQJ
6FKHLEH 3ODWWH
3UHVVXQG 6WDQ]ZHUN ]HXJH
Bild 4.3-10 Systematik der Scher- und Quetschstellen
5LOOHQZHUN ]HXJH
4.3 Gefahrstellen 113
*HIDKUVWHOOHQ 0DVFKLQHQWHLO
0DVFKLQHQWHLO *UXQGW\S
)RUP
:LUN IOlFKH
6WDQJH TXHU
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
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%HLVSLHO
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1U
6WHUQPHVVHU &XWWHUPHVVHU
QLFKW QLFKW YRUKDQGHQ YRUKDQGHQ
=\OLQGHU
0HVVHUZHOOH
PHKUHUH 5RWDWLRQ GHILQLHUWH 6FKQHLGHQ
JODWW
6FKHLEH 3ODWWH
)UlV ZHUN]HXJH 6lJHEOlWWHU
6FKHLEH 3ODWWH DOOJHPHLQH 5LFKWXQJ ]XP.|USHU HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
6FKQHLGVWHOOHQ
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QLFKW QLFKW YRUKDQGHQ YRUKDQGHQ NHLQH %HZHJXQJ
7UDQVODWLRQ
JODWW
6FKHLEH 3ODWWH
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5RWDWLRQ EHJUHQ]W
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
6WDQJH TXHU
JODWW
6FKHLEH 3ODWWH
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PHKUHUH GHILQLHUWH 6FKQHLGHQ
6WDQJH TXHU
.UHLVPHVVHU
6FKODJVFKHUH +HEHOVFKHUH 3DSSVFKHUH
3ODQVFKQHLGH PDVFKLQH
TXHU]XP .|USHU 7UDQVODWLRQ
7UDQVODWLRQ VWUXNWXULHUW
0HVVHUEDONHQ PLW 'XUFKEUFKHQ
6WDQJH TXHU
NHLQH %HZHJXQJ
Bild 4.3-11 Systematik der Schneidstellen (Fortsetzung nächste Seite)
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
4XHUVFKQHLGHU
114
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
*HIDKUVWHOOHQ 0DVFKLQHQWHLO
0DVFKLQHQWHLO *UXQGW\S
)RUP
:LUN IOlFKH
JHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJ
$UW
:LUN ULFKWXQJ
$UW
:LUN IOlFKH
)RUP
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
6WDQJH TXHU
%HLVSLHO
$EELOGXQJ
1U
5RWDWLRQV TXHUVFKQHLGHU PLW 6WDWRUXQG 5RWRUPHVVHU
NHLQH %HZHJXQJ
=\OLQGHU
VWUXNWXULHUW
6FKHLEH 3ODWWH
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
5RWDWLRQ
6SLUDOERKUHU 3DSLHUERKUHU
TXHU]XP .|USHU
6FKQHLGVWHOOHQ
=\OLQGHU
5RWDWLRQV TXHUVFKQHLGHU PLW]ZHL 5RWRUPHVVHUQ
5RWDWLRQ
.UHLVVFKHUHQ
HLQH GHILQLHUWH 6FKQHLGH
6FKHLEH 3ODWWH
6FKHLEH 3ODWWH
%DQG
JODWW
7UDQVODWLRQ DOOJHPHLQH NHLQH 5LFKWXQJ %HZHJXQJ ]XP.|USHU
IHVWVWHKHQGH 5DQGEHVFKQLWW PHVVHU
Bild 4.3-11 Systematik der Schneidstellen
lassen. Vor allem lassen sich mit dieser Abstraktion Gefahrstellen in der Realität erkennen, identifizieren und lokalisieren. Und das nicht nur an fertigen Maschinen, sondern auch schon in frü-
hen Phasen des Konstruktionsprozesses anhand von CAD-Simulationen. Und das ist eine wichtige Voraussetzung für Risikobeurteilungen und ihnen vorausgehende Gefährdungsanalysen.
4.4 Gefahrenanalysen, Gefährdungsanalysen 115
4.4 Gefahrenanalysen, Gefährdungsanalysen Zur Begriffsbestimmung: Gefahren sind potenzielle oder virulente Schadensquellen (Energien bzw. Stoffe mit schädigendem Potenzial). Die Möglichkeit eines Unfalls oder eines Gesundheitsschadens ist erst dann gegeben, wenn Menschen mit bestimmten Gefahren zeitlich und räumlich zusammentreffen können. Dieser Sachverhalt bzw. solche Situationen werden als Gefährdung bezeichnet. Gefährdung ist demnach die einer Sache innewohnende Eigenschaft oder Fähigkeit, potenziell Schaden zu verursachen, sobald Menschen mit ihr zusammentreffen. Das mit einer Gefährdung verbundene Risiko hängt u. a. von der Schwere möglicher Verletzungen und von der voraussichtlichen Häufigkeit unerwünschter Ereignisse ab. Die heutige Arbeitswelt ist durch zahlreiche Einwirkungen und Belastungen gekennzeichnet, von denen Gefahren für Gesundheit oder Leib und Leben ausgehen. Aus Sicht der Produktentwicklung sollen Gefährdungsanalysen also Analysen des Zusammentreffens von Personen mit Gefahren als Vorstufe für Risikobeurteilungen, Entscheidungsgrundlagen liefern, um Maschinen mit höchstmöglichen Maß an Sicherheit zu entwerfen, indem mögliche Gefahren früh erkannt und durch konstruktive, sicherheitstechnische oder hinweisende Maßnahmen beseitigt werden bzw. das von ihnen ausgehende Risiko auf ein gesellschaftlich akzeptiertes Niveau minimiert wird. Gefährdungsanalysen nach Abschluss der Konstruktionsphase, oder gar erst an der fertigen Maschine durchgeführt, verfehlen diese Wirkung. Gefährdungsanalysen binden personelle, sachliche und zeitliche Ressourcen, verursachen Kosten in Konstruktionsabteilungen. Konstruktionskosten sind ein Teil der Produktkosten. Das umbarmherzige Gesetz der Wirtschaftlichkeit gebietet daher, einerseits Gefährdungsanalysen so präzise wie möglich durchzuführen, um wenigstens halbwegs sicher zu sein, rechtliche Anforderungen erfüllt zu haben, andererseits sie mit geringstmöglichen Aufwand zu verwirklichen. Ziel der Gefährdungsanalyse ist, erstmal eine Entscheidungsbasis zu schaffen, um systematisch und organisiert festzustellen, ob Risiken, die sich aus den ermittelten Gefährdungen ergeben, unterhalb vereinbarter Grenzrisiken liegen. Für die
vor jeder konstruktiven oder organisatorischen Maßnahme notwendigen Risikobeurteilung ist es erfahrungsgemäß oft hinreichend, wenn eine konsequente Gefährdungsanalyse durchgeführt wird, vor allem dann, wenn es sich um deterministisch auftretende Gefahren, z. B. um mechanische Gefahrstellen handelt. Für die Beurteilung der Risiken aus stochastisch auftretenden Gefahren gibt es z. Z. kein allgemein anerkanntes, universell anwendbares Verfahren, das sich für alle Anwendungen und für alle Technologien gleich gut eignet. Gefährdungsanalysen und die konstruktive Umsetzung ihrer Ergebnisse sind für Maschinenhersteller grundsätzlich nichts Neues. Konstrukteure haben schon lange vor der Einführung der Maschinenrichtlinie pragmatisch aufgebaute Analysen durchgeführt, wenn auch nicht immer mit dem jetzt geforderten formalen Aufwand (Dokumentation) und der gebotenen Konsequenz. Die Ergebnisse solcher nichtformalisierter Analysen wurden auch konstruktiv umgesetzt, sonst hätten die heutigen Maschinen ihr beachtliches Sicherheitsniveau wohl kaum erreichen können. Haben Hersteller darüberhinaus ihre Maschinen einer freiwilligen GS-Prüfung unterzogen, war die von der Prüfstelle systematisch vorgenommene Schwachstellenanalyse und konsequent dokumentierte Mängelliste die erste Stufe der Gefährdungsanalyse. Sie wurde durch die von den Maschinenprüfern unterbreiteten Lösungsvorschlägen zur Abwendung der an der Maschine festgestellten Gefährdungen ergänzt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen berücksichtigten nicht nur allgemein anerkannte Regeln der Technik, sondern entsprachen mindestens dem Stand der Technik. Welcher der Vorschläge letztlich umgesetzt wurde, lag in alleiniger Verantwortung der Hersteller, die ihre Lösungen gegenüber der Prüfstelle nachweisen und dokumentieren mussten. Erfolgreich abgeschlossene GS-Prüfungen befreiten die Maschinenhersteller im Falle eines Maschinenunfalls vom Vorwurf der Fahrlässigkeit, die eine wesentliche Voraussetzung für viele haftungs- und strafrechtliche Konsequenzen ist. Die europäische Gesetzgebung veränderte die Lage wesentlich. Die Eigenverantwortung der Hersteller erhöhte sich: Sie sind für die Analyse der Gefahren und für die ermittelten Ergebnisse der Gefährdungsanalyse selbst verantwortlich.
116
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Zwar können sie Gefährdungsanalysen an Prüfstellen oder spezialisierte Ingenieurbüros delegieren, aus der Verantwortung für die sicherheitsgerechte Ausführung ihrer Produkte können sich Hersteller dadurch grundsätzlich nicht lösen.
4.4.1 Zweck von Gefährdungsanalysen Gefährdungsanalysen sollten schon in frühen Stadien des Konstruktionsprozesses erfolgen. So sinnvoll dieses Anliegen auch ist, so zeigt die Erfahrung, dass dazu ein umfangreiches Praxis- und Expertenwissen notwendig ist, das stets durch aktuelle Erfahrungen an fertigen und eingesetzten Maschinen optimiert werden muss. Denn Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen „vom grünen Tisch aus“ durchgeführt, sind ohne Berücksichtigung konkreter Unfalluntersuchungen, die das gesamte Gefährdungsbild offenlegen, nur von begrenzter Aussagekraft. Schon aus diesem Grund sind systematische Beobachtungen eigener Produkte im betrieblichen Alltag und auf dem freien Markt sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden und Unfallversicherern nur von Vorteil. Denn deren Experten wissen über das Unfallgeschehen am besten Bescheid. Gefährdungsanalysen sollten nicht als unvermeidbarer, bürokratischer Aufwand aufgefasst werden. Sie geben nämlich Impulse für die Entwicklung, Konstruktion und Dokumentation der Maschinen durch: • • • •
Auflistung der Gefahren, Gefährdungen und Risiken Auflistung aller konstruktiven Möglichkeiten zur Abwehr Festlegen notwendiger Maßnahmen und Prüfungen Auflistung notwendiger Benutzerinformationen für die sichere Nutzung.
Dieses produktbezogene Wissen lässt sich immer zum Vorteil des Herstellers gewinnbringend umsetzen.
4.4.2 Durchführung von Gefährdungsanalysen Bei Gefährdungsanalysen wiederholt sich das grundlegende Dilemma des Konstruierens: Informationsbedarf und Entscheidungsräume sind am Anfang des Konstruktionsprozesses sehr groß, die Menge zuverlässiger Informationen aber relativ gering. Am Ende des Konstruktionsprozesses ist es umgekehrt. Dieser Widerspruch spitzt sich bei Gefährdungsanalysen mit der Innovationshöhe der Konstruktionsaufgabe zu. Zum Erkennen von Gefährdungen stehen grundsätzlich zwei Methoden zur Verfügung, Bild 4.4-2: 1. vorausschauende (prospektive) Methoden, 2. nachträgliche (retrospektive) Methoden. Bei prospektiver Gefährdungsermittlung geht es darum, durch Analyse aller in Betracht kommenden Bedingungen möglichst viele Gefährdungen zu erkennen, bevor es zu Unfällen oder anderen Gesundheitsschädigungen kommt. Wichtig ist dabei zu berücksichtigen, dass entschei*HIlKUGXQJVDQDO\VH
UHWURVSHNWLYHV
SURVSHNWLYHV
QDFKWUlJOLFKHV (UIDVVHQ YRQ
YRUDXVVFKDXHQGHV (UPLWWHOQ YRQ
8UVDFKHQ
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%HGLQJXQJHQ
%HGLQJXQJHQ
NRQVWUXNWLYH0DQDKPHQ
Bild 4.4-2 Methoden der Gefährdungsanalysen
4.4 Gefahrenanalysen, Gefährdungsanalysen 117
dende Informationen oft unbekannt sind oder nicht bekannt sein können. Nachträglich scheint aber alles offensichtlich (gewesen zu sein). Retrospektiv werden Gefährdungen erfasst, indem Ursachen eingetretener Unfälle, Berufskrankheiten und sonstiger arbeitsbedingter Gesundheitsschädigungen systematisch ermittelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Sicherheitsmängel häufig bis zu einer kritischen Situation unentdeckt bleiben können. Deshalb ist es wichtig, möglichst auch Beinahunfälle, die in keiner Statistik auftauchen, zu untersuchen und aus ihnen Konsequenzen der Konstruktion herleiten. Hier sei auf die Pflichten des Herstellers zur Produktbeobachtung nochmals hingewiesen, die im Produkthaftungsgesetz und im Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes festgelegt sind. Beide grundsätzlichen Möglichkeiten der Gefährdungsanalyse stehen nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr ergänzt die eine Möglichkeit die andere, da zwischen ihnen Wechselwirkungen bestehen. Welche Art der Gefahrenermittlung im konkreten Fall überwiegen wird, hängt von der Art der Konstruktionsaufgabe ab, d. h. ob Basisinnovationen, Neukonstruktionen, Anpassungs- und Variantenkonstruktionen durchzuführen sind, [4.25], Bild 4.4-3. Bei Basisinnovationen und Neukonstruktionen werden prospektive Methoden dominie3URGXNW
JUXQGOHJHQG XPZlO]HQG QHX
QHX
.RQVWUXNWLRQV *HIlKUGXQJVDQDO\VH DXIJDEH
/|VXQJV SULQ]LS
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1HX NRQVWUXNWLRQ
$QSDVVXQJV NRQVWUXNWLRQ
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YRUJHJHEHQ YRUJHJHEHQH *UREJHVWDOW
9DULDQWHQ NRQVWUXNWLRQ
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Bild 4.4-3 Gefährdungsanalysen während des Konstruktionsprozesses
ren, da meistens nur wenige oder gar keine Erfahrungen mit Gefahren und Gefährdungen vorliegen, die mit dem grundlegend neuen Produkt und unbekannten Lösungsprinzipien verbunden sind. Trotzdem müssen aufgrund unvollständigen Wissens Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen Risiken möglichst richtig vorhergesagt und in ihrer Tragweite prognostiziert werden. Dabei spielen alle im Sinne des Standes von Wissenschaft und Technik allgemein zugänglichen, d. h. veröffentlichten Erkenntnisse eine besondere Rolle. Wenn auch bei Basisinnovationen nicht selten nur unvollständige Erkenntnisse über Gefahren vorliegen, vor allem dann, wenn andere, noch wenig übliche Verfahren, Energiearten oder Stoffe zum Einsatz kommen, ergänzen retrospektive Methoden prospektive Vorgehensweisen. Oft ist es möglich, auf ähnliche, affine Sachverhalte zurückzugreifen. Aber man muss wissen und akzeptieren: Auch in der Sicherheitstechnik lassen sich nicht alle Eventualitäten vorausdenken. Die Zukunft lässt sich nicht voraussagen. Bei Variatenkonstruktionen, am anderen Ende der Innovationsskala, werden an bekannten Produkten hauptsächlich Technologie- und Gestaltungsfragen geklärt. Auch wenn jetzt retrospektive Methoden der Gefährdungsanalyse vorwiegen, kommen auch prospektive Methoden zum Tragen, wenn auch zum geringeren Teil. Da Gefährdungsanalysen aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung auch von rechtlicher Relevanz für evtl. behördliche Nachprüfungen sind, sollten alle Rechtssätze, die zum Umsetzen der Maschinenrichtlinie notwendig sind, d. h. europäische und nationale Normen, Vorschriften der Berufsgenossenschaften, Technische Regeln usw., in den Konstruktionsabteilungen so präsent sein, dass auf sie ohne Umwege zugegriffen werden kann. Das zu aussagekräftigen Gefährdungsanalysen notwendige breite Expertenwissen ist z. Z. in den Konstruktionsabteilungen nicht immer vorhanden. In Gefährdungsanalysen muss auch Wissen über den praktischen Einsatz der Maschine unter Betriebsbedingungen einfließen. Deshalb sollten Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen immer von einer interdisziplinär zusammengesetzten Arbeitsgruppe vorgenommen werden, in der neben Konstrukteuren und Sicherheitsfachleuten auch kompetente Mitarbeiter
118
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
aus der Fertigung, Montage, Wartung und aus dem Kundendienst zumindest beratend mitwirken. Sind die zu konstruierende Maschinen für den Eigengebrauch vorgesehen, ist es ratsam, zur Gefährdungsanalyse auch noch den Betriebsrat und den Betriebsarzt hinzuzuziehen. Herstellern stehen grundsätzlich zwei Verfahrenswege zur Gefährdungsanalyse offen: die verkürzte und die ausführliche Gefährdungsanalyse, Bild 4.4-4. Verkürzte Gefährdungsanalysen. Vereinfachte, verkürzte Gefährdungsanalyse kommt nur dann in Frage, wenn Hersteller Maschinen strikt nach harmonisierten Typ C-Normen (Maschinensicherheitsnormen) bauen. Herstellern können sich dann auf die Konformitätsvermutung berufen und müssen lediglich prüfen, ob die in der Norm aufgelisteten Gefahren auch von ihren Maschinen ausgehen. Um die im Anhang I der Maschinenrichtlinie festgelegten Prüfpunkte brauchen sie sich dann nicht mehr zu kümmern, da sie beim vollständigen Umsetzen einer Typ C-Norm davon ausgehen können, dass die geforderten Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der Maschinenrichtlinie )U0DVFKLQHQ UHOHYDQWH5HFKWVVlW]H (85LFKWOLQLHQ KDUPRQLVLHUWH1RUPHQ QDWLRQDOH1RUPHQ 8QIDOOYHUKWXQJVYRUVFKULIWHQ
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•
•
viele listen systematisch, oft in Tabellenform, maschinenspezifische Gefährdungen auf; neuere listen sogar Risiken auf sie stellen diesbezüglich Zusammenhänge zu relevanten Typ A- und Typ B-Normen her und sie beschreiben praxisbewährte sicherheitstechnische Maßnahmen.
Wer jedoch nur nach Normen baut ist nicht mehr innovativ! Denn Normen (auch Typ C-Normen!) schlagen nur Standardlösungen für bekannte Probleme vor. Der Vorteil des allgemeinen Maschinenbaus in Deutschland besteht eben darin, flexibel auf spezielle Kundenwünsche zu reagieren. Deshalb wird sich die verkürzte Gefahrenanalyse nur in Ausnahmefällen anwenden lassen. Ausführliche Gefährdungsanalysen. Anhang I der Maschinenrichtlinie ist die Richtschnur zum Gestalten richtlinienkonformer Maschinen und zugleich eine wichtige Informationsquelle für aus-
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Bild 4.4-4 Verfahren zur Gefährdungsanalyse
4.4 Gefahrenanalysen, Gefährdungsanalysen 119
führliche Analysen von Gefährdungen. Konsequentes und aufwendiges Abarbeiten aller in diesem Schriftsatz aufgeführten Punkte ist aber für eine ausführliche Gefährdungsanalyse konkreter Maschinen meistens nicht notwendig. Sowohl die von der Theorie des Arbeitssystems als auch die vom Anhang I zur Maschinenrichtlinie herrührenden Vorgaben müssen bei lebensnaher Betrachtung als strategische Ziele betrachtet und pragmatisch angegangen werden. Der Drang zum Perfektionismus, konsequent ohne Maß und Ziel umgesetzt, kann bei Gefährdungsanalysen jeden vernünftigen Rahmen sprengen, da dann alle denkbaren Situationen berücksichtigt werden müssten, aus denen sich Gefährdungen ergeben könnten. Hier müssen Konstrukteure wissen, wann nichts zu tun ist. Das setzt allerdings voraus, dass in Konstruktionsabteilungen sicherheitsrelevantes Erfahrungswissen über reale Gefährdungen und Risiken an konkreten Maschinen vorliegt.
schen und stofflichen Wirkungen vorauszusehen, ihre Effekte richtig einzuschätzen und sie bei der Wahl von Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Praktische Erfahrungen zeigen, dass dieses Vorgehen in den Konstruktionsabteilungen schnell verinnerlicht wird und zu aussagekräftigen Ergebnissen führt. Nach relativ kurzer Zeit entwickelt sich dort ein maschinen- bzw. firmenspezifisches Erfahrungswissen. Gefährdungsanalysen dürfen nicht dem Hang zum Perfektionismus unterliegen, sondern den bewährten Ingenieurgrundsatz „so ungenau wie möglich, so genau wie nötig“ umsetzen, sollen die Gefährdungsanalysen einerseits nicht ins Banale abgleiten, anderseits sich nicht ins Uferlose und Absurde steigern. Dazu muss zielgerichtet ein theoretisch gestütztes Erfahrungswissen über Inhalt und Methodik maschinenspezifischer Gefährdungsanalysen erarbeitet und so dokumentiert werden, damit es in der Konstruktionsabteilung personenunabhängig verfügbar bleibt.
Checklisten. Checklisten gibt es nur für das Vorhersehbare. Der Zwang zur Allumfassendheit und Universalität ist der größte Nachteil beim Einsatz von veröffentlichten oder kommerziellen Checklisten, die möglichst alle denkbaren Gefahren stichpunktartig auflisten. Das ”Abarbeiten” der meistens umfangreichen, ausführlichen Auflistungen führt nicht selten zum formalistischen Vorgehen, zum oberflächlichen Betrachten jeweiliger Gefahrensituationen und zu Fehleinschätzungen tatsächlicher Risiken. Der Verdacht, dass vor lauter erhobenen Daten die realen Schwachstellen nicht mehr gesehen werden, lässt sich nicht immer von der Hand weisen. Zwischenruf in einem Seminar: „Checklisten contra Denken!“
Einschalten einer Prüfstelle. Es gibt noch eine andere Möglichkeit: Hilfestellung durch eine Prüfstelle. Obwohl bei den meisten Maschinen die Hersteller in eigener Verantwortung das CE-Konformitätsbewertungsverfahren durchführen können, ist zu überlegen, ob es nicht von Vorteil ist, anfangs eine oder zwei nicht prüfungspflichtige Maschinen von einer notifizierten Prüf- und Zertifizierstelle (benannten Stelle) prüfen und somit zur Konformitätsbewertung vorbereiten zu lassen. Dies bedeutet zwar erstmal einen finanziellen Aufwand als Preis für externes Expertenwissen. Es ist aber eine Investition in die Zukunft. Damit vermeiden Konstrukteure einerseits zukünftig formelle Fehler, andererseits lernen sie das systematische Vorgehen bei der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung vor Ort an eigenen Produkten kennen. In Verbindung mit dem auf die Besonderheiten der jeweiligen Konstruktionen zugeschnittenen Vorgehen lässt sich dann fremdes und eigenes Erfahrungswissen ohne größeren Aufwand auf andere Maschinen des gesamten Produktionsprogramms übertragen. Dieses Wissen bekommt eine strategische Bedeutung, sobald der Hersteller sich auf sich auf dem Binnenmarkt oder Weltmarkt erfolgreich behaupten will.
Maschinenspezische Gefährdungsanalysen. Zu aufschlussreicheren Ergebnissen führt die Konzentration auf wirkliche Gefahren, um nicht ins Formale abzugleiten. Um alle relevanten Gefährdungsarten und ihre Risiken konsequent zu ermitteln, bietet sich bei einer vollständigen Gefährdungsanalyse an, von den Gesetzmäßigkeiten des Zusammenwirkens des Menschen im Arbeitssystem mit der konkreten Maschine auszugehen und für jede Lebensphase der Maschine möglichst viele stochastische und alle deterministischen körperschädigenden energeti-
120
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
4.4.3 Suchstrategie für Gefährdungen Wie in anderen Gebieten der Technik, hilft auch beim konstruieren sicherheitsgerechter Produkte nur systematisches Vorgehen beim Finden von Lösungen effektiv weiter. Bei der Gefährdungsanalyse muss das systematische und methodische Vorgehen in zwei Ebenen ablaufen. Einmal in der Ebene der einzelnen Lebensphasen der Maschine und dort weiter in der Ebene einzelner funktionellen Systeme bzw. Baugruppen. Gefährdungen während der Lebensphasen einer Maschine. Beim Umgang mit Maschinen können nicht nur in der eigentlichen Nutzungsphase sondern auch in allen frühen und späten Lebensphasen Gefährdungen auftreten, sobald Menschen an oder mit Maschinen arbeiten, Bild 4.4-5. Auswirkungen dieser Gefährdungen werden oft unterschätzt. Konstrukteure müssen dafür sor-
gen, dass Gefährdungen nur zu akzeptablen und auch akzeptierten Restrisiken führen. Einerseits müssen sie präventiv Konstruktionsfehler vermeiden, z. B. durch Umsetzen der Regeln des montage-, demontage- oder recyclinggerechten Konstruierens. Andererseits müssen sie energetische und stoffliche Potenziale möglicher Gefahren einzelner Lebensphasen ermitteln und ihnen mit Konstruktionsmaßnahmen entgegenwirken. Zugleich müssen sie aber so konstruieren, dass alle, die mit oder an Maschinen arbeiten, sich aufgrund vorgegebener Sicherheitskonzepte nicht gezwungen sehen, unnötige Risiken auf sich zu nehmen, wenn sie in den jeweiligen Maschinenlebensphasen vorgegebene Arbeitsaufgaben erfüllen (müssen). Dazu erweisen sich zeitgemäße 3D-CAD-Programmme als besonders hilfreich. Sie ermöglichen z. B. Montage- und Demontagevorgänge oder Bewegungen einzelner Elemente oder Baugruppen 7\SLVFKH*HIlKUGXQJHQ
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Bild 4.4-5 Beispiele für Gefährdungen in den jeweiligen Lebensphasen der Maschine
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4.4 Gefahrenanalysen, Gefährdungsanalysen 121
zu simulieren. Damit lassen sich viele Unverträglichkeiten und gefahrbringende Situationen vorab entdecken und vermeiden, die nicht selten vor Ort zu gefährlichen Improvisationen führen würden. Animierte CAD-Modelle der menschlichen Gestalt sind dabei besonders hilfreich. Aber nicht alles ist vorhersehbar, simulierbar und von Konstrukteuren beeinflussbar! Betriebsanleitungen sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Sie müssen die bestimmungsgemäße Verwendung von Maschinen sowie alle sicherheitsrelevanten Informationen für die jeweiligen Maschinenlebensphasen festlegen. Zugleich müssen Betriebsanleitungen Benutzer über etwaige sachwidrige bzw. nicht bestimmungsgemäße Verwendungen oder Verhaltensweisen informieren und unvermeidbare Restrisiken angeben.
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Suchstrategie zum Entdecken von Gefahrstellen. Um konkrete Gefährdungen zu erkennen, müssen erst einmal alle Gefahrstellen bekannt, identifiziert und lokalisiert sein. Sie müssen daher systematisch gesucht und gefunden werden. Im Idealfall schon in der Konstruktionsphase, spätestens aber an der fertigen Maschine, jedenfalls noch vor der Auslieferung an den Kunden. Das nachfolgend vorgestellte Vorgehen beim Suchen mechanischer Gefahrstellen ist die Quintessenz zahlreicher Maschinenprüfungen. Es hat sich bei kleinen Geräten genauso wie bei Maschinen oder großen Anlagen bewährt. Zuerst müssen die Untersuchungsgrenzen festgelegt und dokumentiert werden. Nach dem Festlegen der Untersuchungsgrenzen einer Maschine durchläuft es systematisch folgende Schritte, Bild 4.4-6: •
•
•
Identifikation und funktionelle sowie räumliche Festlegung der jeweiligen funktionellen Systeme mit ihren äußeren Funktionselementen und des funktionellen Zusammenwirkens dieser Systeme (auf die Untersuchungstiefe abgestimmte Funktionsstruktur). Identifikation der Energie- und Kraftflüsse in der Funktionsstruktur und deren Verfolgung in der Maschine, um Ort und Zeit aller möglicherweise körperschädigender Energiewirkungen festzulegen. Vom statischen System beginnend, den mit Informationen beaufschlagten Ener-
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Bild 4.4-6 Suchstrategie für Gefahrstellen der Nutzungsphase
•
giefluss im Bewegungs-, Energie- und Informationssystem bis zu den Baugruppen des Werkzeug- und Werkstücksystems verfolgen und dabei konsequent nach Gefahrstellen und gefahrbringenden Situationen suchen. Da der Werkstückdurchlauf den Aufbau und die Wirkungsweise der meisten Maschinen bestimmt, ist es für das sys-
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
tematische Auffinden von Gefahrstellen und gefahrbringenden Situationen zweckdienlich, den Weg des Werkstücks durch die Maschine zu verfolgen und dabei alle für den Bearbeitungsprozess relevante Teilfunktionen, wie z. B. Aufnehmen, Bewegen, Positionieren, Fixieren, Bearbeiten, Kontrollieren, Lösen und Verlassen des Werkstücks zu analysieren. Konstrukteure erkennen dann ziemlich schnell, welche Teilfunktionen in welcher Reihenfolge und mit welchen Baugruppen verwirklicht werden und welche Gefährdungen dabei entstehen. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Zusammenwirken der Werkzeuge mit dem Werkstück im Wirkbereich der Maschine, d. h. das Werkzeug- und Werkstücksystem. Am Beispiel einer Untertischhubkreissäge soll die Suche nach Gefahrstellen und aus ihnen resultierenden Gefährdungen im Bereich des Werkzeug- und Werkstücksystems erläutert werden, Bild 4.4-7.
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Bild 4.4-7 Gefahrstellen an einer Untertischschuhkreissäge [4.26]
Mit Untertischhubkreissägen werden fixierte, plattenförmige Werkstücke, z. B. einzelne oder gestapelte Spanplatten mit einer längs unterhalb der Tischplatte verfahrbaren Kreissäge einzeln aufgeteilt [4.26]. Die Spanplatten laufen bei der Bearbeitung wie folgt durch die Maschine: Der Maschinentisch 1, auf den die Werkstücke meistens von Hand aufgelegt werden, nimmt sie auf und stützt sie gegen vertikale Kräfte ab. Kraftbewegte Spannzangen 2 erfassen die Werkstücke und bringen sie in Sägeposition. Dabei können die Spannzangen mit den Werkstücken oder mit dem Maschinengestell Quetschstellen bilden. Anschläge legen die Schnittposition am Werkstück fest. Auch hier sind Quetschstellen zwischen den Anschlägen und Werkstücken bzw. dem Maschinengestell möglich. Ähnlich strukturierte Quetschstellen können am vertikal verfahrbaren Druckbalken 3 entstehen, der die positionierten Werkstücke gegen den Maschinentisch drückt. Das Kreissägeaggregat 4 ist auf einem Laufund Hubwagen montiert und ist zunächst unter der Tischfläche versenkt. Kurz vor dem Sägen taucht es auf, führt den Schnitt aus, taucht unter die Tischplatte und fährt unterhalb des Tischs in die Ausgangsposition zurück. Dass die Schneiden des schnelldrehenden Sägeblatts während des Sägens Schneidstellen mit erheblichem Verletzungspotenzial bilden, ist offensichtlich. Zu prüfen ist aber auch, ob sich das versenkte Sägeblatt nicht mit den Fingern durch den Schlitz im Maschinentisch erreichen lässt. Nach dem Sägen wird der Druckbalken angehoben- auf mögliche Quetschstellen in der obersten Position ist zu achten! Danach können die Werkstücke in eine neue Sägeposition gebracht werden oder die Zuschnitte aus der Maschine entnommen werden. Beim Positionieren der Spanplatten können sie an der Frontseite Anstossstellen bilden, wenn sie formatbedingt aus der Maschine in den Arbeitsbereich hineinragen. Vorgehensweise an großen Maschinen und verketteten Anlagen. Mag dieses Aufteilen in (Sub) Systeme bzw. Baugruppen für kleinere, überschaubare Maschinen etwas akademisch anmuten, erweist es sich bei größeren Maschinen oder Anlagen, die immer aus wohl unterscheidbaren Baugruppen oder funktionell verknüpften, d. h. koordiniert zusammenarbeitenden industriellen Maschinen (oft mit mehreren lokalen und einer
4.4 Gefahrenanalysen, Gefährdungsanalysen 123
einander gekoppelt. Hier müssen einerseits einzelne Maschinen betrachtet werden, vor allem müssen immer Gefahrstellen und aus ihnen resultierenden Gefährdungen an allen Schnittstellen zwischen den jeweiligen Maschinen systematisch gesucht werden. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Maschinen mehrerer Hersteller und/oder Generationen (Alt- und Neumaschinen) zum funktionierendem Ganzen integriert werden müssen. Ausgehend von einer Übersicht müssen an einzelnen Maschinen bzw. Baugruppen und deren internen Schnittstellen, wie oben dargelegt, Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen Risiken konsequent und systematisch ermittelt und beurteilt werden. Die systematische Gefährdungsanalyse und anschließende Risikobeurteilung muss alle Betriebszustände der verketteten Anlage mit einbeziehen, vor allem die Aktivitäten und das Verhalten der in die jeweiligen Betriebszustände eingebundenen Personen, wie z. B. Einrichter, Maschinenarbeiter, Programmierer, Trouble-Shooter. Dies schließt alle vorhersehbaren Bedingungen, die für den sicheren Umgang mit der Anlage bereitgestellt werden müssen, auch Sonderbetriebsarten, wie z. B. Prozessbeobachtung, mit ein. Das Definieren unterschiedlicher Schutzzonen für unterschiedliche Arbeitsaufgaben ist hier oft zielführend.
zentralen Steuerung, die immer steuerungstechnisch, oft auch sicherheitstechnisch verknüpft sind) bestehen, als sehr hilfreich. Denn nur mit einem systematischen Ansatz lassen sich einzelne Gefährdungen konsequent aufspüren. Und das auch an Maschinen, für die es noch keine Typ C-Norm gibt oder für die noch andere Rechtssätze als die zwei „klassischen“ Richtlinien, Maschinenrichtlinie und EMV-Richtlinie, relevant sind! Auch hier müssen zuerst Untersuchungsgrenzen festgelegt und dokumentiert werden. Lassen sich bei Geräten oder Einzelmaschinen diese Grenzen räumlich und funktionell relativ einfach festlegen, ist die Situation bei großen Maschinen oder Anlagen, die aus mehreren starr oder flexibel funktionell verketteten Maschinen bestehen, etwas aufwändiger. Größere Maschinen oder Maschinenanlagen haben Außen- und Innenschnittstellen, z. B. wie in Bild 4.4-8 [4.27] dargestellt: Außenschnittstellen (externe Schnittstellen) grenzen einzelne Anlagen voneinander ab. Abgrenzungskriterien müssen von Fall zu Fall pragmatisch gewählt werden, z. B. unter verfahrenstechnischen, funktionellen, steuerungstechnischen und/oder arbeitsorganisatorischen Gesichtspunkten. Innerhalb einzelner Anlagen sind deren Maschinen oder andere Komponenten über Innenschnittstelle (interne Schnittstelle) funktionell mit-
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Bild 4.4-8 Externe und interne Schnittstellen in großen Anlagen [4.27]
124
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
4.5 Risikobeurteilung
4.5.1 Umgang mit Risiken
Einer der ersten Sätze des verbindlichen Anhangs I der EG-Maschinenrichtlinie lautet: Der Hersteller einer Maschine oder sein Bevollmächtigter hat dafür zu sorgen, dass eine Risikobeurteilung vorgenommen wird, um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu ermitteln. Die Maschine muss dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikobeurteilung konstruiert und gebaut werden. Bis jetzt haben sich Konstrukteure oft schwer damit getan, beim Bewerten von Gefährdungen bzw. bei der Frage, ob und welche Schutzmaßnahmen zu deren Beherrschung erforderlich sind, in Risiken zu denken. Dazu bedarf es erstmal einer terminologische Klärung, denn viele Begriffe entstammen aus der Allgemeinsprache, haben aber hier eine enge Bedeutung. Gefahr ist ein physikalischer oder chemischer Effekt mit einem Potenzial, das zu einer Verletzung führen kann, also zumeist etwas Physisches, Greifbares. Die Höhe des energetischen bzw. des stofflichen Potenzials ist die entscheidende Einflussgröße für die wertmäßige Einstufung des Risikoparameters „Schwere der Verletzung“ bei der Risikobeurteilung. Tritt der Mensch mit seinen Handlungsmöglichkeiten und seinem nie zuverlässig vorhersehbaren Verhalten räumlich und zeitlich zur Gefahr hinzu, begibt er sich in diese Gefahr. Es entsteht eine Gefährdung. Gefährdung hat den Charakter einer handlungsbezogenen Situation bzw. eines Vorgangs. Folglich können Gefahren auch dann bestehen, wenn (noch) keine Gefährdung vorliegt. Während sich Gefahren als kausale Effekte betrachten lassen, also Ereignisse mit einer bestimmten Ursache und daraus folgenden Wirkung, ist der Ausgang von Gefährdungssituationen ungewiss. Gefahren und Gefährdungen folgen allgemeingültigen Naturgesetzen ohne menschliches Zutun. Betrachtet man Höhe und Wahrscheinlichkeit von Schadensereignissen, die entstehen können, sobald sich Gefahren in Gefährdungssituationen auf den Menschen oder Umwelt auswirken würden, begibt man sich in die Denkkategorien des Risikos. Risiko als solches basiert jedoch nicht auf Naturgesetzen sondern resultiert aus menschlichen Überlegungen und Entscheidungen: Risiko ist eine kalkulierte Prognose eines möglichen Schadens oder Vorteils für einen oder mehrere Betroffene.
Der Begriff Risiko ist im deutschen Sprachgebrauch negativ im Sinne eines Wagnisses mit ungewissem Ausgang belegt. Daher wird der Begriff Risiko meistens nur dann verwendet, wenn negative Konsequenzen drohen. Der Ursprung des Begriffs Risiko liegt wohl im arabischen risq mit der Bedeutung Gabe von Gottes Gnade, Löhnung, Glück, [4.28]. Demnach war ursprünglich der Begriff Risiko nicht ausschließlich negativ besetzt. Risiko im heutigen Sinne leitet sich vom frühitalienischen risicare ab, was nicht nur die Möglichkeit bedeutet, Verluste zu erleiden, sondern auch ein Wagnis, das Chancen eines Gewinns in sich birgt. Gewinn und Risiko gehören zusammen. Zur Lebenserfahrung gehört das Faktum: Risiko ist die Kehrseite der Chance. Um Chancen zu ergreifen, muss man handeln, und jegliches Handeln ist mit Risiken verbunden. Risiko ist also ein Wagnis mit Aussicht auf einen Vorteil, bei dem nachteilige Wirkungen aller Art zwar eintreten können, aber nicht eintreten müssen. Risiken werden mehr oder weniger bewusst um einer Chance oder eines Vorteils willen eingegangen. In jüngster Zeit werden viele Vorschläge zur Klassifizierung technischer Risiken diskutiert, eine allgemeine Einigung ist noch nicht in Sicht, obwohl nach [4.29] schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein Anonymus eine aufschlussreiche Sicht des Risikos gefunden hat: ”Die Furcht vor Schäden sollte nicht nur der Schwere des Schadens, sondern auch der Wahrscheinlichkeit des Ereignisses proportional sein”. Diese Auffassung bildete die Basis nicht nur für die mathematische Behandlung von Glücksspielen oder Versicherungen sondern auch für die damals neu aufkommenden unternehmerischen Tätigkeiten im kapitalistischen Sinne, für die bewusstes In kaufnehmen kalkulierter Risiken mit der Aussicht auf Gewinne charakteristisch ist. Das ist die wirtschaftliche Dimension des Risikos. Im Umgang mit technischen Risiken hat sich die Aufteilung in Risikoanalyse, Risikobewertung und Risikobeurteilung sowie Risikomanagement eingebürgert, [4.30]. Bei der Risikoanalyse liegt der Schwerpunkt in der Untersuchung der Auswirkung von Gefahren bzw. Gefährdungen, um zu ermitteln, was alles passieren könnte. Risikobewertung quantifiziert die Vorgänge. Risikobe-
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urteilung klärt die Frage, welche Risiken akzeptabel sind. Risikomanagement hat die Aufgabe, die mit geeigneten und vertretbaren Maßnahmen ermittelten Risiken zu kontrollieren, zu begrenzen, zu reduzieren und mit den Betroffenen zu kommunizieren, Bild 4.5-1.
4.5.2 Risiken in der Technik Vorab: Das Freisein von Gefahren im Sinne eines zeitlich und örtlich eingegrenzten Zustandes sehr geringer Schadenswahrscheinlichkeit, und nur so lässt sich der Begriff Sicherheit interpretieren, kann weder nachträglich erprüft, geschweige (herbei)zertifiziert werden, sondern muss vorher konstruiert und produziert werden. Zwar ist ein möglichst frühes Erkennen und Abschätzen von Fehlern und deren Auswirkungen, verbunden mit konsequenten fehlervermeidenden Maßnahmen der beste Weg, zukünftige Risiken schon während der Entstehung der Produkte zu vermeiden. Der Versuch aber, stets so zu konstruieren, dass technische Risiken möglichst gering gehalten werden, in dem man bewusst weit von Verschleiß- oder Lebensdauergrenzen, z. B. durch starkes Überdimensionieren, entfernt bleibt, zieht schnell wirtschaftliche Risiken nach sich, dass solche Produkte sich auf dem Markt auf Dauer erfolgreich behaupten können.
125
Konstrukteure müssen technische und wirtschaftliche Risiken in Einklang bringen, [4.12]. Zwar müssen die Hersteller von Maschinen möglichst alle zu erwartenden oder vorliegenden Gefährdungen für alle Lebensphasen der Maschine und die mit ihnen verknüpften Risiken ermitteln, bewerten und beurteilen. Dabei müssen sie jedoch zu bedenken, dass die Wirklichkeit reicher an Phänomenen ist, als sie methodisch vorab erforschbar oder vorhersehbar sind. Bei allen bisherigen normativen Festlegungen im europäischen Rechtssystem zur Gefährdungsanalyse bzw. zur Risikobeurteilung blieb ein Aspekt unberücksichtigt, der das Ergebnis entscheidend beeinflussen kann: die zu ermittelnden Gefährdungen und die zu beurteilenden Risiken werden immer von konkreten Personen mit individuellen Einstellungen zu Risiken eingestuft. Risikofreudige Personen werden dabei eher zu Entscheidungen tendieren, die den größten Gewinn versprechen. Risikoscheue Personen werden dagegen Folgen betonen, die besonders hohe Verluste oder negative rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können, auch wenn sie unwahrscheinlich sind. Kühle Rechner werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten in Beziehung zum möglichen Verlust und Gewinn setzen und sich für die Option mit größtem Erwartungsnutzen entscheiden. Mit anderen Worten: ein objektiv vorhandenes
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Bild 4.5-1 Risikoanalyse, Risikobeurteilung, Risikomanagement
126
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Risiko kann subjektiv durchaus unterschiedlich eingestuft werden, sobald es nur einzelne Personen beurteilen. Erfahrungen aus der Praxis bestätigen, dass es noch andere Diskrepanzen zwischen der objektiven Risikolage und der subjektiven Risikowahrnehmung gibt. Die wichtigste fußt darauf, dass sich Gefahrenkognition umgekehrt proportional zur Gefahrenexposition verhält: Risiken werden bei seltenen Tätigkeiten gerne überschätzt und bei häufig ausgeführten Tätigkeiten deutlich unterschätzt. So überrascht es nicht, dass im gewerblichen Bereich ausgebildete Elektrofachkräfte in schwere Stromunfälle häufiger verwickelt sind als elektrotechnische Laien, [4.31, 4.32]. Glaubt man gar erfahrenen Arbeitspsychologen, so sind wir wahrscheinlich überhaupt nicht in der Lage, Risiken zuverlässig abzuschätzen: „Einer der am meisten misslingendsten geistigen Leistungen ist das Abschätzen von Risikowahrscheinlichkeiten im Arbeitsschutzzusammenhang“ [4.33]. Noch anders verhält es sich mit der persönlichen Akzeptanz von Risiken. Nach [4.34] sind für eine unterschiedliche Akzeptanz objektiv vorhandener Risiken u. a. ausschlaggebend •
• •
Sachverhalt, ob jemand ein Risiko freiwillig eingeht oder ob es ihm aufgezwungen wird der persönliche (gesellschaftlicher) Nutzen katastrophal hohe Gefahrenpotenziale
•
mögliche negative Konsequenzen erst in ferner Zukunft eintreten können, Bild 4.5-2.
Schon deshalb ist es empfehlenswert, für Risikobeurteilungen Verfahren anzustreben, die einen inneren Fehlerausgleich haben, z. B. Entscheidungsfindung in Arbeitsgruppen. Eine interdisziplinäre Zusammensetzung der Arbeitsgruppe aus kompetenten Mitarbeitern unterschiedlichster betrieblicher Bereiche (z. B. Entwicklung, Konstruktion, Elektrokonstruktion, Fertigung, Montage, Vertrieb, Kundendienst, Sicherheitsabteilung) kann nur von Vorteil sein, da Gesichtspunkte angesprochen werden, an die Konstrukteure allein nicht denken (können) und die Verantwortung sich auf mehrere Schultern aufteilt. Prinzipiell müssen für jede gefundene Gefährdung alle mit ihr verbundenen Risiken beurteilt bzw. bewertet werden. Die Frage, nach welchen Kriterien Hersteller die sich aus der Gefährdungsanalyse ergebenden Risiken als hoch oder niedrig einzustufen haben, oder die Frage nach der Festlegung von Restrisiken als Risiken, welche nach Einsatz konstruktiver, sicherheits- und verhaltenstechnischer Maßnahmen noch verbleiben dürfen, ist bis heute nicht allgemeingültig geklärt. Universell einsetzbare Verfahren zur Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung, die reproduzierbare, personenunabhängige Ergebnisse erwarten lassen, gibt es bis heute noch nicht [4.35]. Ob es sie jemals geben wird, ist fraglich.
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Festzuhalten ist vorerst: Risiko ist eine zu erwartende Häufigkeit und Schwere eines Schadens bei fest umrissener Sachlage. Im technischen Sinne (z. B. EN ISO 14 121 und EN 61 508) wird Risiko als ein zukünftiges Ereignis aufgefasst, d. h. als ein mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu erwartender Schaden aus einem vorhandenen Schadenspotenzial. Das Risiko hat folglich zwei Komponenten: die Tragweite des Schadens S bzw. den Erwartungswert des Schadensausmaßes bzw. seiner Schwere und seine Eintrittshäufigkeit H. Das Risiko ergibt sich demnach aus der Beziehung zwischen einer potenziellen Gefahr, die eintreten und einen Schaden verursachen kann, und der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (Eintrittswahrscheinlichkeit ist der Grenzwert der relativen Häufigkeit eines zufälligen Ereignisses nach unendlich vielen “Läufen”). Eine Gefährdung wird erst zum Risiko, wenn zu der zu erwartenden Schadenshöhe noch die Eintrittswahrscheinlichkeit oder -häufigkeit des unerwünschten Ereignisses hinzugezogen wird. Oft wird das Risiko als Produkt von S und H als Risikozahl umschrieben, [4.36]: R=S*H Dieser Zusammenhang ergibt im H-S Diagramm Hyperbeln gleichen Risikos (gleicher Risikoklassen Ri). In doppeltlogarithmischer Darstellung ergeben sich aus ihnen Geraden gleichen Risikos, Bild 4.5-3. +
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Bild 4.5-3 Risiko als Zusammenhang von Häufigkeit und Schadenshöhe unerwünschter Ereignisse
Je häufiger (wahrscheinlicher) ein bestimmter Schaden ist, desto geringer muss dessen Tragweite sein, damit ein bestimmtes Risiko nicht über-
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schritten wird. So einsichtig und einfach dieser Zusammenhang rechnerisch auch erscheint, die Wirklichkeit gibt er nur bedingt wieder. Errechnete Werte lassen sich nicht ohne Weiteres vergleichen. Arithmetisch betrachtet, kann der berechnete Wert des Risikos eines großen, wenn nicht katastrophalen, aber sehr selten auftretenden Schadens gleich sein mit dem Zahlenwert eines Risikos kleiner, aber sehr häufig auftretender Schäden. Es ist ratsam, nicht der Illusion mathematischer Korrektheit zu unterliegen. Unter Fachleuten ist unstrittig, das bei Ergebnissen von quantitativen Risikoanalysen aufgrund der Unsicherheiten in Daten und Schätzwerten bestensfalls die Größenordnung bestimmbar ist. Der multiplikativer Ansatz birgt noch eine weitere prinzipielle Unzulänglichkeit in sich: Fordert man im Hinblick auf unermesslichen Schaden eine verschwindende Eintrittswahrscheinlichkeit, so führt das zur Multiplikation einer extrem großen Zahl mit einer extrem kleinen Zahl (Unendlich mal Null). Das Ergebnis kann, wie uns die Mathematik lehrt, jeden beliebigen Wert annehmen. Damit wird das Risiko zwar kalkulierbar aber nicht mehr bewertbar [4.37]. Prognosen über die Tragweite des zu erwartenden Schadens sind immer mit Unwägbarkeiten behaftet. Die Tragweite wird maßgeblich von vielen Randbedingungen und Umgebungsverhältnissen beeinflusst, die nicht immer vorhersehbar sind. Die entscheidende Einflussgröße beim wertmäßigen Einstufen des Risikoparameters „Ausmaß des Schadens“ ist die Höhe des energetischen bzw. des stofflichen Potenzials der jeweils betrachteten Gefahrstelle bzw. Gefahrquelle. Sofern dieses Potenzial nicht durch Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik zielgerichtet reduziert wurde, ist deshalb bei der Beurteilung des Restrisikos, das nach getroffenen und umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen verblieben ist, der gleiche Anfangswert anzunehmen. Denn die Maßnahmen der mittelbaren Sicherheitstechnik, z. B. Schutzeinrichtungen, reduzieren nicht das Niveau des Schädigungspotenzials. Es bleibt z. B. bei manipulierten Schutzmaßnahmen vollständig erhalten und auch wirksam. Um das Schadensaumaß im funktionellen Zusammenhang zur Risikobestimmung stärker zu gewichten, schlägt [4.9] vor, im multiplikativen Berechnungsschema des Risikos die variable S mit einem Aversionsexponenten a > 1 zu potenzieren.
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Um die Häufigkeit detaillierter zu berücksichtigen, schlägt [4.38] einen additiven Ansatz vor. Zugleich bezieht er das Schadensausmaß auf den absoluten Grenzwert für das individuelle Risiko einer Person, auf ihren Tod, Bild 4.5-4. In der Realität werden Risiken in erster Linie nach ihrer Tragweite und erst dann nach deren Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet und akzeptiert. Risiken mit hohen Personenschäden bei geringer Häufigkeit, z. B. Flugzeugabstürze, werden weder vom Individuum noch von der Gesellschaft akzeptiert, im Gegensatz zu den weit höheren Risiken im Straßenverkehr. Risiken werden z. Z. außer in der Versicherungswirtschaft kaum quantifiziert. Auf der anderen Seite ist beim Beurteilen der Arbeitssicherheit von Maschinen die Tendenz unverkennbar, sich weniger um Risiken zu kümmern, bei denen nur Bagatellkörperschäden oder reine Sachschäden zu erwarten sind. Anders ist die Situation im Bereich der Umweltsicherheit. Hier können sich Risiken, die “lediglich” zu einem, wenn auch hohem, Sachschaden führen, z. B. Verschmutzung der Umwelt durch freigesetzte Chemikalien, für den Verursacher in der Öffentlichkeit katastrophal auswirken. Derartige Risiken müssen und werden firmenpolitisch auch entsprechend hoch bewertet.
Lässt sich das Schadensausmaß noch relativ zuverlässig einschätzen, ist das Abschätzen der Eintrittshäufigkeit dadurch erschwert, dass es sich um einen komplizierten Zusammenhang mehrerer Einflussgrößen handelt, wie z. B. die Zeitspanne, in der sich Personen dem Risiko aussetzen und die technischen Möglichkeiten der Beherrschung der Gefährdungen, zeitlicher Aufenthalt von Personen im Gefahrenbereich, Möglichkeit einer Gefahrenabwendung, Eintrittswahrscheinlichkeit des unerwünschten Ereignisses, [4.39]. Eintrittswahrscheinlichkeit und Entwicklung von Schäden hängen von technischen Randbedingungen ab, z. B. von Berechnungsansätzen und Auslegungsverfahren der Maschinenteile, ihrer Betriebsbelastung, Beanspruchung und Qualität der späteren Wartung. Eintrittswahrscheinlichkeit lässt sich zumindest theoretisch aufgrund bekannter oder aus Erfahrung geschätzter Daten potenzieller Vorgänge und Maschinenprozesse prognostisch eingrenzen (objektiv zu erwartende Eintrittswahrscheinlichkeit). Das Auftreten eines einzelnen, früher noch nicht beobachteten zufälligen Ereignisses ist auch mit Mitteln der Zuverlässigkeitsbetrachtung nicht vorhersehbar! Erst bei vielfacher Wiederholung des zufälligen Ereignisses wird man möglicherweise
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Gesetzmäßigkeiten ableiten können, die dann für die Vorhersage zukünftiger Ereignisse bei ähnlich gelagerten Fällen herangezogen werden können. Bei allen abgeschätzten oder gar in Zahlen gefassten und auf Zeitabstände bezogenen Eintrittswahrscheinlichkeiten muss sich jeder immer der Tatsache bewusst bleiben, dass sich aus Wahrscheinlichkeiten keine absolute Sicherheiten herleiten lassen: Auch mit allerkleinsten Wahrscheinlichkeitswerten ist es verträglich, dass das zufällige Ereignis heute und morgen und übermorgen eintritt, vielleicht aber auch erst nach vielen Jahren. Der Zufall hat kein Gedächtnis! Erfahrungen zeigen, dass diese Zusammenhänge nicht einer eindimensionalen Kausalkette gehorchen, sondern dass es noch andere dynamische Prozesse geben muss, die den Verlauf eines Schadens beeinflussen. Um Risiken zu begegnen, muss deshalb die Vorstellung über Sicherheitsziele korrigiert werden: von der angestrebten und prinzipiell nicht erreichbaren absoluten Sicherheit (Nullrisiko) hin zu einem individuell als auch gesellschaftlich akzeptierten Grenz- bzw. Restrisiko.
4.5.3 Grenzrisiko, Restrisiko Vor Gefahren sicher zu sein ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Gesellschaftliche und individuelle Akzeptanz von Gefahren bzw. der mit ihnen verbundenen Risiken beruht auf abwägenden Entscheidungen (Risikobeurteilungen), die sich auf qualitative oder quantitative Verfahren stützen. Indem versucht wird, alles zu bedenken und allem vorzukehren, um potenzielle Gefahren und die mit ihnen verbundenen Risiken zu erkennen, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen und die Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere des Schadens auf ein tragbares Maß zu verringern. Es besteht auch Konsens unter Fachleuten, dass Risiken bzw. deren Bewertungen immer an Grenzwerte gebunden sind. Das ist die rationale Ebene der Fragestellung. Neben dieser rationalen Ebene haben Risiken bzw. deren Akzeptanz noch eine emotionale Ebene, die der rationalen Ebene letztlich überlegen ist. Die Risikoakzeptanz ist wesentlich durch subjektive Einstellungen jedes Einzelnen und damit der Gesellschaft geprägt.
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Deshalb müssen in sensiblen Bereichen der Technik oft Urteile von Laien beachtet werden, auch wenn sie erhebliche Schwächen aufweisen. Vor allem in Deutschland, wo Begriffe Gefahr, Gefährdung, Risiko, Grenz- und Restrisiko politisch-philosophisch bis emotionsgeladen diskutiert werden. Politiker leisten bewusst oder unbewusst dieser Haltung nicht selten Vorschub. Fordern sie z. B. sinngemäß: ”..alle nach Art und Ausmaß der möglichen Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle auszuschließen”, so erwecken sie bei Nichtfachleuten die der Realität widersprechende Vorstellung, dass Stör- und Unfälle bei Erfüllung der genannten Forderung ein für allemal vermieden sind. Ein lobenswertes, aber unerreichbares Schutzziel! Die EN ISO 14 121-1 und die inzwischen zurückgezogene DIN V 19 250 beschreiben die Zusammenhänge zwischen den Begriffen Risiko, Grenzrisiko, Restrisiko, Gefahr und Sicherheit, Bild 4.5-5. Der ISO/IEC-Guide 51:1999, der diese Begriffe auf internationaler Ebene festlegt, benutzt statt des Begriffs Grenzrisiko den Begriff vertretbares (toleriertes) Risiko (tolerable risc), als das „Risiko, das im gegeben Kontext basierend auf den gültigen Wertvorstellungen der Gesellschaft akzeptiert wird.“
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Bild 4.5-5 Zusammenhang zwischen Gefahr, Grenzrisiko und Sicherheit
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Sicherheitsvorräte von Produkten verbrauchen sich. So betrachtet, besteht die Sicherheit (Sachlage bzw. Zustand sehr geringer aber vereinbarter Schadenswahrscheinlichkeit), nur innerhalb einer festgelegten Zeitspanne, z. B. der vorbestimmten Lebensdauer eines Produkts. Es ist sinnvoll, diesen Sachverhalt in der technischen Dokumentation festzuhaltenen. Somit sind Restrisiken wertund zeitmäßig eingegrenzt. Restrisiken lassen sich zwar direkt als (unscharfe) Größe quantitativ erfassen aber auch durch sicherheitstechnische Festlegungen indirekt beschreiben. Es wird oft durch autorisierte Stellen in Form von Rechtssätzen festgelegt, z. B. in berufsgenossenschaftlichen Regelungen oder staatlichen Vorschriften für technische Sachverhalte und Lösungen. Das Grenzrisiko (vertretbares Risiko) trennt die komplementären Bereiche der hohen und der niedrigeren Schadenswahrscheinlichkeit. Dies wird oft nicht ganz treffend als die Bereiche der Gefahr und der Sicherheit bezeichnet. Gefahr in diesem Sinne ist eine Sachlage, bei der das vorhandene Risiko, d. h. bei der die Häufigkeit und Auswirkung der zu befürchtenden direkten und indirekten Schäden aller Art für Leben und Gesundheit ein Grenzrisiko überschreitet. Aufgabe der Sicherheitstechnik ist es, mit zielgerichteten Maßnahmen und vertretbarem Aufwand das Grenzrisiko RT zu erreichen, Bild 4.5-6.
Risiken können beliebige positive Werte auf einer Werteachse annehmen. Das Grenzrisiko ist das größte noch vertretbare oder hinzunehmende Risiko eines bestimmten Vorgangs oder Zustandes. Es gibt dabei technische aber auch wirtschaftliche Grenzen, deren Erreichen man zwar anstreben kann, ihre Endlichkeit bzw. Unerreichbarkeit man aber akzeptieren muss. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), München, wertet alle tödlichen Arbeitsunfälle systematisch aus. Im Jahr 2009 verzeichnete sie 23 tödlich verlaufende Unfälle an Maschinen (Quote 0,7.10-6 bei 31 Millionen Vollarbeitern). Welches Todesrisiko ist dagegen mit der Natur verbunden? Die offizielle Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden, weist für das Jahr 2005 139 Tote durch Einwirkung von Naturkräften, wie Blitzschlag, Hochwasser, frei lebende Tiere, klimatische Auswirkungen usw. aus (Quote 1,7.10-6 bei 81 Millionen Einwohnern). Das Risiko, einen tödlichen Unfall mit oder an einer gewerblich genutzten Maschine zu erleiden, bewegt sich z. Z. in Deutschland zumindest in der gleichen Größenordnung, wie für einen Unfall durch Einwirkung von Naturkräften. Hier trägt die technische Prävention in allen ihren Bereichen einen wesentlichen Anteil zu dieser Entwicklung bei. Sicherheit ist daher immer eine relative Aussage, auch im zeitlichen Sinne. 5LVLNR 5
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Bild 4.5-6 Risiken und sicherheitstechnischer Aufwand
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Reduziert sie z. B. mit einer Sicherheitsmaßnahme S1 das aktuelle Risikos R 0 auf R 1, hat sie dennoch ihr Ziel verfehlt, weil es immer noch weit oberhalb des akzeptierten Grenzrisikos RT liegt. Das Risiko R 1 ist nicht tolerabel. Es müssen weitere, meist aufwendigere Sicherheitsmaßnahmen S2 getroffen werden, um das Risiko R 2 gleich oder noch besser, kleiner als RT zu setzen. Dann liegt das zu erwartende Risiko R 2 unterhalb des akzeptierten (Grenz)risikos und muss erstmal als sozial toleriert werden. Die Notwendigkeit einer kontinuierlichen kritischen Überprüfung des aktuellen vertretbaren Risikos bleibt davon unberührt, vor allem wenn Entwicklungen in der Technik und Wissenschaft wirtschaftlich machbare Verbesserungen erlauben. Dabei sind fünf Aspekte zu beachten: 1. Der sicherheitstechnischer Aufwand wächst nicht linear sondern mindestens überproportional, wenn nicht gar exponentiell. 2. Technische und gesellschaftliche Entwicklungen zeigen sich gegenüber Risiken immer weniger tolerant. Sie werden zukünftig Grenzrisiken immer mehr nach unten drücken. Ein heute akzeptiertes Restrisiko wird zukünftig nicht mehr hingenommen. 3. Restrisiken sind • bewusst akzeptierte Risiken – nach Anwendung harmonisierter Normen – des täglichen Lebens • erkannte, aber falsch beurteilte Risiken • nicht erkannte Risiken 4. Restrisiken lassen sich nicht beseitigen, ohne den Nutzen des Produkts infrage zu stellen oder gar unmöglich zu machen. 5. Es wird immer ein prinzipiell nicht zu eliminierender Teil des Restrisikos verbleiben – das sozialadäquate hinzunehmende Risiko: das Leben ist nun mal lebensgefährlich! Denn auch mit noch so ausgeklügelten und aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen ist es prinzipiell unmöglich, alle Risiken vollständig zu eliminieren. Zu endlichen Kosten wird es immer ein Restrisiko menschlichen Handelns geben! Restrisiken verbleiben, können sich daher realisieren! Als Bemessungsgrundlage für Restrisiken müssen daher auch Ereignisse hingenommen werden, die von außen kommen, deren Tragweite sich we-
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der vorhersehen noch mit äußerster Sorgfalt abwenden lässt. Sie sind im juristischen Sinne Höhere Gewalt und als Elementarereignisse (Jahrtausendhochwasser!) zu werten. Da das Recht nur menschliches Verhalten beeinflussen kann, sind Naturrisiken aus juristischer Sicht weniger gravierend zu bewerten als technische Risiken.
4.5.4 Risikobeurteilung in der Praxis Zur Zeit gibt es weder ein allgemein gültiges, universell einsetzbares noch ein verbindliches Verfahren, mit dem sich alle denkbaren Risiken objektiv beurteilen lassen sondern ein ganzes Bündel von Methoden zur Risikobeurteilung: Unterschiedliche Risiken können nicht mit einem einzigen Risikoindikator ausgedrückt werden! Eine Beurteilung konkreter Risiken an Maschinen ist nur unter Berücksichtigung der Wirkungszusammenhänge aller Risikofaktoren aber auch nur unter Abwägung der zu ihrer Eindämmung möglichen Vorkehrungen möglich. Grundsätzliches Vorgehen. Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen müssen an „ungeschützten“ Maschinen erfolgen, auch wenn Schutzmaßnahmen bereits vorhanden sein sollten. Anderenfalls werden nur Restrisiken beurteilt. Für das konsequente Auflisten aller, auch bereits gesicherter Gefahren, spricht folgender Sachverhalt: Gefährdungsanalysen, Risikobeurteilungen und die aus ihnen hergeleiteten und dokumentierten sicherheitsrelevante Konstruktionsmaßnahmen dienen letztlich der Rechtssicherheit der Hersteller. Somit begeben sich Konstrukteure, sobald sie Risikobeurteilungen durchführen, auf das Wirkungsfeld von Juristen. Schon aus diesem Grund ist es für alle, die mit dieser Aufgabe beauftragt sind, und das werden in den meisten Fällen Ingenieure sein, sinnvoll, die schriftliche Dokumentation der Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen konsequent der Denkweise der Juristen (und Marktaufsichtsbehörden) anzupassen. Und die unterscheidet sich wesentlich von der Denkweise der Ingenieure, Bild 4.5-7. Ingenieure versuchen, auf direktem Wege eine praktikable Lösung eines Problems zu finden. Sie konzentrieren sich primär auf vielversprechende Ansätze, die sie auch meistens schnell umsetzen. Unabhängig davon, ob sie dabei methodisch-sys-
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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Bild 4.5-7 Unterschiedliche Denkweise von Ingenieuren und Juristen
tematisch oder spontan-intuitiv vorgehen, [4.40]. Alle anderen Überlegungen verfolgen sie vorerst nicht weiter, binden sie aber im weiteren Verlauf des Konstruktionsprozesses nach und nach ein. Ganz anders verfahren Juristen: In ihren Überlegungen berücksichtigen sie synchron vorerst alle für und gegen einen Sachverhalt sprechenden Argumente bis zur endgültigen Wertung bzw. Entscheidungsfindung. Erst dann trennen sie nach sorgfältiger Abwägung aller dafür und dagegen sprechender Sachverhalte die weniger wichtigen von den entscheidenden Aspekten und begründen mit ihnen die gefundene Entscheidung bzw. Lösung (Gutachterstil). Und da Juristen in Rechtsstreitigkeiten immer das letzte Wort haben, ist es sinnvoll und hilfreich, sich bei der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung dem Gutachterstil anzupassen: Alle Gefährdungen und alle mit ihnen verbundenen Risiken, auch wenn sie an der zu beurteilenden Maschine durch Maßnahmen der Sicherheitstechnik schon gesichert sein sollten, aufzulisten und ihnen dann die getroffenen oder noch zu treffenden Maßnahmen zuzuordnen. Auch wenn Konstrukteure meinen sollten, bereits gesicherte Gefahren bräuchten nicht mehr aufgelistet werden.
Es geht vielmehr darum, nachzuweisen, dass Konstrukteure ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, alle Gefahren und Gefährdungssituationen und die mit ihnen verbundenen Risiken zu untersuchen, die für Maschinenbenutzer wichtig sind. Dabei ist es unerheblich, ob Gefahren oder Gefährdungssituationen durch normative Vorgaben erfasst sind oder nicht. Je schlüssiger und plausibler die Risikobeurteilung möglichen Fragen der (Markt-)Aufsichtsbehörden zu beantworten vermag, desto effektiver lassen sich deren Nachfragen oder Ermittlungen beilegen. Es gibt eine Ausnahme, bei der im Rahmen der Risikobeurteilung die bereits gefundene Abwehrmaßnahme bewertet wird: Die Risikobeurteilung sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen. Hier wird das Risiko bewertet, das mit dem Versagen der Steuerung verbunden ist, sprich das Schutzniveau im Fehlerfall der steuerungstechnischen Schutzmaßnahme, und nicht das Risiko, das durch die Steuerung reduziert werden soll, s. Abschnitt „5.2.4 Zuverlässige Steuerungen“ auf Seite 199. Das ist ein grundlegender Unterschied, der häufig zu Irritationen führt. Analytische Verfahren. Im Laufe der technischen Entwicklung haben sich nicht nur die unterschiedlichsten Risiken sondern auch Methoden zu deren Beurteilung entwickelt. Risikobewertungen bzw. -beurteilungen sind wohl deren wichtigstes Ergebnis. In der Gefährdungsanalyse werden unter Nutzung aller verfügbaren Informationen Gefährdungen festgelegt und danach die mit ihnen verbundenen Risiken eingeschätzt und beurteilt. Unter Berücksichtigung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und umweltrelevanter Gesichtspunkte werden die ermittelten Risiken bewertet und dann über ihre Vertretbarkeit entschieden. Für besonders sensible oder komplexe bzw. komplizierte technische Einrichtungen und Anlagen mit erheblichem Gefährdungspotenzial sind zum Abschätzen von Risiken über 60 Verfahren zur Risikobeurteilung im Einsatz [4.35]. Die häufig verwendeten Verfahren sind im Bild 4.5-8 vergleichend gegenübergestellt. Sie haben sich vornehmlich in den Gebieten der Reaktortechnik, Luft- und Raumfahrt und chemischen Anlagen bewährt. Diese qualitativen, quantitativen, deterministischen oder probabilistischen Verfahren gehen meistens von der logisch-systematischen Abbil-
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Bild 4.5-8 Wichtige analytische Verfahren zur Risikobeurteilung
dung diskreter Systemzustände aus. Sie haben das Ziel, Schwachpunkte einer Maschine bzw. Anlage und die mit ihnen verbundenen stochastischen, zufallsbestimmten Gefährdungen zu erkennen und zu kategorisieren, deren Ursachen und Auswirkungen festzustellen, ihnen mögliche und erforderliche Sicherheitsmaßnahmen zuzuordnen und die Ergebnisse zu dokumentieren. Diese Analyseverfahren, von denen einige genormt sind, lassen sich hinsichtlich ihrer Ausrichtung, Vorgehensweise und Ergebnisse in qualitative und quantitative Verfahren unterteilen. Quantitative Verfahren (z. B. Ausfalleffektanalyse [4.41], Störfallablaufanalyse, Ereignisbaumana-
lyse, Fehlerbaumanalyse) prognostizieren (zahlenmäßige) Angaben der Eintrittswahrscheinlichkeiten von unerwünschten gefährlichen Ereignissen bzw. Zuständen, analysieren deren Auswirkungen bzw. Schadensausmaß und quantifizieren die mit ihnen verbundenen Risiken für Menschen bzw. für die Umwelt. Diese Werte ermöglichen Bauteile und Maschinen untereinander zu vergleichen. Qualitative Verfahren (z. B. Checklisten-Methoden, vorläufige Gefahrenanalyse, PAAG- bzw. HAZOP-Analyse) sind die ältesten Methoden. Sie haben das Ziel, alle Aspekte umfassend darzustellen, die für die Sicherheit einer Maschine bzw. Anlage von Bedeutung sind. Sie erfassen einer-
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
seits systematisch alle für die Sicherheit relevanten Bauteile während ihrer stochastischen Ausfallphase. Andererseits liefern sie Aussagen über die unerwünschten gefährlichen Zustände, die möglich sind, vor allem Ereignisse, die sich auf den nicht bestimmungsgemäßen Betrieb beziehen. Andere, durchaus mögliche Ereignisabläufe werden dem akzeptierten Restrisiko zugeordnet, ohne dass seine Höhe bekannt ist: Restrisiken können sich realisieren. Praktische Erfahrungen zeigen, dass ausgewogene und umfassende Sicherheitsbetrachtungen einer Maschine bzw. Anlage und das Ableiten wirkungsvoller Gegenmaßnahmen erst dann möglich sind, wenn beide Methoden gemeinsam und ineinander greifend angewendet werden. Dies setzt voraus eine synergetische Zusammenarbeit der Mitglieder des Gremiums, ein hohes Fachwissen und fundierte praktische Kenntnisse über grundlegende naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge, ausführliche und erschöpfende praxisgestützte interdisziplinäre Informationen über die Maschine und ihre Zustände. Nicht zuletzt wegen des hohen Aufwands und aufgrund des Aufbaus typischer Maschinen (breites Beanspruchungsprofil der Maschinenelemente und Baugruppen, kaum gesicherte Ausfallraten dieser Bauteile, funktionelles Zusammenwirken mechanischer und elektronischer Bauteile usw.) werden diese Methoden im allgemeinen Maschinenbau immer noch relativ selten angewendet, zumal nur solche Fehler oder Ausfälle berücksichtigt werden, die vorausgedacht werden können. Auch noch so aufwendige Verfahren können das grundsätzliche Problem, dass jede Risikobeurteilung nur eine Prognose ist, nicht beseitigen: die Richtigkeit eines vorhandenen Risikos lässt sich letztendlich nur durch seine Realisierung, durch ein (hoffentlich nicht) eingetretenes Schadensereignis nach Ablauf des Betrachtungszeitraums beweisen. Hier zeigt die Praxis mit ihren spektakulären Unfällen, deren banale Ursachen trotzdem niemand vorhergesehen hat, die Grenzen des menschlichen Geistes immer wieder auf. Die Möglichkeit und das Eintreten unvermuteter Ereignisse aufgrund der latenten Gefahr, die in jedem technischen System steckt, d. h. die Möglichkeit von Überraschungen im wahren Sinne des Wortes, muss man akzeptieren. Das ist ein Charakteristikum stochastischer Gefährdungen.
Trotzdem sind die analytischen Verfahren zur Risikoabschätzung der im allgemeinen Maschinenbau vorkommenden Gefährdungen geeignet, wenn ihre Grenzen berücksichtigt werden. Multiplikative Verfahren. Sie definieren das Risiko als Produkt aus Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens. Als Beispiel für dieses Vorgehen sei das Verfahren nach [4.42] vorgestellt. Es beschreibt eine quantifizierte Risikobeurteilung, die auf diesen multiplikativen Ansatz zurückgreift. Die Eintrittswahrscheinlichkeit AW ist in fünf Stufen, die Schwere möglicher Verletzungen in vier Stufen klassifiziert. Die Multiplikation beider Zahlen führt zu einem Wert der Risikoprioritätenzahl RPZ. Visualisiert wird dieses Verfahren in einer Risikomatrix (Risikolandschaft), Bild 4.5-9.
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134
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Bild 4.5-9 Risikoprioritätenzahl nach {4.42]
Ist die Risikoprioritätenzahl gleich oder größer 8, sind Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Es ist offensichtlich, dass in der Festlegung von Werten, die bestimmte Maßnahmen implizieren, die Schwierigkeit des Verfahrens liegt. Außerdem muss man sich beim Anwenden dieses Verfahrens aller im Abschnitt 4.5.1 diskutierten Grenzen und Unzulänglichkeiten bewusst sein. Risikographen und Entscheidungsmatrizen. Das sind algorithmische semiquantitative Verfahren. Sie haben gegenüber einer multiplikativ ermittelten Risikoprioritätenzahl den Vorteil, dass sie Abhängigkeiten zwischen den jeweiligen Risikoparametern aufzeigen und die jeweils unterschiedlich gewichtet werden können. Risikographen lassen
5LVLNREHXUWHLOXQJ
sich auf das Grundkonzept der DIN V 19 250 aus dem Jahr 1989 (seit August 2004 zurückgezogen) zurückführen. Sie versuchte Risikobeurteilungen zu vereinheitlichen. Sie bezog sich zwar vornehmlich auf sicherheitstechnische Aspekte von Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen, enthielt aber auch grundlegende, auf andere sicherheitstechnische Fragestellungen übertragbare Ansätze zur Risikobetrachtung. Diese Norm ermöglichte konkrete Risiken aufgrund einiger weniger, das jeweilige Risiko kennzeichnenden Parameter anhand eines Zuordnungs- und Klassifizierungsschemas mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes abzuschätzen. Sinnvolles Kombinieren der Beschreibungsmerkmale der vier Beurteilungskriterien, Schadensausmaß, Aufenthaltsdauer, Gefahrenabwendung und Eintrittswahrscheinlichkeit des unerwünschten Ereignisses, führte in einer Entscheidungsmatrix zu acht Risikoanforderungsklassen [4.39], Bild 4.5-10. Aktuelle Risikographen für den allgemeinen Maschinenbau bzw. Steuerungsbau enthalten die Normen EN ISO 13 849 und EN ISO 14 121, deren Risikographen prinzipiell der gleichen Vorgehensweise folgen, Bild 4.5-11. Die Einordnung des bei einem Arbeitsmittel bzw. in seiner Steuerung auftretenden Risikos in Risikoklassen ergibt sich aus der Kombination von drei Beurteilungsgesichtspunkten mit jeweils zwei Merkmalen. Nach [4.43] sind dem Gesichtspunkt “Schwere der Verletzung” S
zwei Merkmale zugeordnet: leichte Verletzungen mit reversiblen Folgen S 1 (leichte Quetschungen oder Schnittwunden) und schwere Verletzungen mit irreversiblen Folgen (z. B. Amputationen, Lähmumgen oder tödliche Folgen) S 2. Der zweite Gesichtspunkt F berücksichtigt den zeitlichen Rahmen, in dem sich Personen Gefährdungen aussetzen. Hier wird unterschieden zwischen selten bis öfters F 1 (z. B. Zugriff, um Fehler zu beheben oder Maschine einzurichten) und häufig bis dauernd F 2 (z. B. zyklischer Eingriff in ein Werkzeug, um Teile einzulegen und zu entnehmen). Der dritte Gesichtspunkt P berücksichtigt, inwieweit Betroffene eine Gefährdung erkennen und von sich aus abwenden können (z. B. unmittelbar wahrnehmbar aufgrund beobachtbarer physikalischer Effekte oder nur mittelbar mit technischen Hilfsmitteln visuell oder akustisch angezeigt). Bei diesem Parameter wird unterschieden, ob das Abwenden bedingt P 1 oder kaum möglich ist P 2. Nach [4.44] beeinflussen u. a. noch folgende Aspekte die Auswahl des Parameters P: • • • •
beaufsichtigter oder unbeaufsichtigter Betrieb Betrieb der Einrichtung durch Fachleute oder Laien Schnelligkeit des Auftretens der Gefährdung (schnell, langsam) Möglichkeit zur Vermeidung der Gefährdung (durch Flucht oder Eingriffe Dritter)
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135
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Bild 4.5-10 Risikograph der DIN V 19 250 (zurückgezogen, nur noch von historischer Bedeutung)
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136
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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Bild 4.5-11 Prinzipieller Aufbau von Risikographen
Diese Merkmale, sinnvoll und im Einklang mit praktischen Erfahrungen aus dem Unfallgeschehen kombiniert, ergeben für die Risikohöhe fünf Anforderungsklassen I bis V, Bild 4.5-12. Bei drohenden Körperschäden ist es bei der Abwägung einzelner Merkmale opportun, immer von der schwerstmöglichen Verletzung oder Gesundheitsgefährdung auszugehen, die eintreten kann. Hier geben Berichte über Unfallursachen, sofern sie zugänglich sind, wertvolle Anhaltspunkte. Höhere Risiken erfordern aufwendigere Sicherheitsmaßnahmen als niedrige Risiken. Insbesondere aktive Schutzeinrichtungen, deren Zuverlässigkeit von der fehlerfreien Funktion mehrerer Subsysteme bzw. der Steuerung abhängt, müssen bei höheren Risiken immer mehr Fehler beherrschen. Risikobeurteilungen nach der EN ISO 13 849-1 beziehen sich zwar genau genommen nur auf Bauteilversagen innerhalb der Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen, d. h. Baugruppen des Informationssystems und die Folgen der Bauteilversagen für die Gefährdeten. Dieses Verfahren ist aber im Sinne der Maschinenrichtlinie eine für die meisten normalen Fälle des allgemeinen Maschinenbaus als eine praktikable und zugleich ausreichende Möglichkeit, Risiken zu bewerten. Verfahren der Risikographen und der Entscheidungsmatrizen lassen sich synergetisch kombinieren. [4.45] entwickelte anhand normativer
Vorgaben und praktischer Erfahrungen aus Maschinenprüfungen und Unfalluntersuchungen ein ähnlich praktikables Verfahren zur Risikobeurteilung. Es besteht aus einem Risikograph und einer Beurteilungssystematik. Mit ihnen lassen sich konkrete Risiken an Fertigungsanlagen bzw. an deren Komponenten- und damit auch an Einzelmaschinen, einer der vier Risikogruppen zuordnen. Die dazu notwendigen praxisgerecht formulierten Randbedingungen und Beurteilungsmaßstäbe kann der Anwender durch Vergleichen leicht auf eigene Fragestellungen übertragen. Wichtigste Prämisse für das Verfahren ist, dass alle Beurteilungen (Verletzungsschwere, Eingriffshäufigkeit und Abwehrmöglichkeiten) vorerst ohne Schutzmaßnahmen, auch wenn sie geplant oder schon vorhanden sein sollten, erfolgen. Nur dies führt zu vergleichbaren Ergebnissen und Aussagen. In diesem Verfahren, Bild 4.5-13, ist der entscheidende und daher an erster Stelle stehender Beurteilungsgesichtspunkt die zu erwartende Verletzungsschwere, für die das energetische oder stoffliche Schädigungspotenzial maßgebend ist: 1. Verletzungen, die zum Tode oder zu irreversiblen Körperschäden (z. B. Amputationen, Gelenkversteifungen, Lähmungen usw.) führen können, sind der Verletzungsgruppe V 1 zugeordnet. Die Folgen lassen
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Bild 4.5-12 Beispiele für die Risikobeurteilung sicherheitsrelevanter Baugruppen an Maschinen [4.39]
138
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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Bild 4.5-13 Risikobeurteilung an Maschinen und Fertigungsanlagen nach [4.45]
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sich nicht mehr medizinisch rehabilitieren. Als Arbeitsunfälle verpflichten sie Unfallversicherer zu Rentenleistungen und ziehen nicht selten empfindliche Rechtsfolgen für die Verantwortlichen nach sich. 2. Verletzungen, die zu reversiblen Körperschäden (vom Fingerbruch bis zu komplizierten aber ausheilbaren Verletzungen) und zu Arbeitsausfällen von mehr als drei Arbeitstagen (meldepflichtige Unfälle) führen können, sind der Verletzungsgruppe V 2 zugeordnet. 3. Bagatellverletzungen, die im Betrieb in das Verbandbuch eingetragen werden, fallen in die Verletzungsgruppe V 3. Der zweite Beurteilungsgesichtspunkt ist die Aufenthaltshäufigkeit und die Expositionsdauer aller in Frage kommenden Personen im Gefahrbereich: Dabei müssen betriebliche Situationen in allen Lebensphasen, d. h. vor, während und nach der Nutzung und allen Betriebsarten der Maschine redlich analysiert und beurteilt sowie die Qualifikation aller Personen berücksichtigt werden, die in die Fertigungsanlage oder Maschine eingreifen können: 1. Zyklische oder verfahrensbedingte ständige Eingriffe in Gefahrstellen (z. B. in Pressenwerkzeuge), sowie stets zu erwartende Eingriffe (ungehinderter Zugriff oder leicht umgehbare Hindernisse) werden gleichwertig beurteilt. 2. Gelegentliche Eingriffe haben zwar keine exakt festgelegte oder vorhersehbare Häufigkeit, müssen aber immer dann unterstellt werden, wenn für sie Ursachen auftreten (z. B. Prozessstörungen) oder verfahrensbedingte Anlässe (z. B. Werkzeugwechsel, Justierungen usw.) bestehen. 3. Das Merkmal “Eingriff möglich, aber nicht zu erwarten,” setzt voraus, dass zwar die geometrische Konfiguration zwar Eingriffe zulässt aber zugleich unterstellt es, dass weder eine erkennbare Ursache noch Veranlassung vorliegt, in Gefahrstellen oder Gefahrbereiche einzugreifen. Hier sind aber Verhaltensweisen im Sinne nichtbestimmungsgemäßer Nutzung in Betracht einzubeziehen, z. B. Staubwischen an den “unmöglichsten” Stellen oder spontanes Ent-
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stören aber auch die vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung. Der dritte Beurteilungsgesichtspunkt berücksichtigt die Möglichkeit der Gefahrenabwehr durch aktives Handeln gefährdeter Personen. Dabei ist entscheidend, ob Personen die Möglichkeit haben, Gefahren zu erkennen und ihnen auszuweichen. Ob sich ein Schaden abwenden lässt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst einmal von der Geschwindigkeit, mit der die Gefahr entsteht bzw. wirksam wird, bezogen auf die physischen und psychomentalen Fähigkeiten des Menschen, der Gefahr auszuweichen. Dabei ist die Erkennbarkeit der Gefahr genauso entscheidend wie die Wirkung mangelnder Erfahrung und vor allem eines evtl. mangelnden Risikobewusstseins. Beispiel: Selbstinitiierte Abwehr mechanischer Gefahren setzt einerseits eine Schließgeschwindigkeit von höchstens 10 mm/s für bewegte Teile von Gefahrstellen voraus. Vorsicht ist jedoch geboten: Dieses allgemeine Geschwindigkeitslimit ist nur an Quetsch-, Scher- und Schneidstellen mit translatorischer Wirkbewegung und separater Zustellbewegung zu vertreten. Bei Auflauf- und Einzugstellen fallen die Zustellbewegung (Einziehen) und die Wirkbewegung (Quetschen) zusammen. Dieser Effekt ist rein geometrischer/statischer Natur, von der Drehzahl und damit auch von der Umfangsgeschwindigkeit unabhängig. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind deshalb an Auflauf- und Einzugstellen als Möglichkeit einer selbstinitiierter Gefahrenabwehr grundsätzlich abzulehnen! Andererseits geht dieser Beurteilungsgesichtspunkt auch davon aus, dass akute Gefahren für den Betroffenen wahrnehmbar und erkennbar sind. Die dazu notwendige Aufmerksamkeit und Konzentration werden bei gelegentlichen Eingriffen ausreichen, nicht aber bei zyklischen oder taktgebundenen Tätigkeiten im Wirkbereich der Gefahrstellen. Bei diesen Eingriffen muss davon ausgegangen werden, dass Personen, durch Monotonie ihrer Tätigkeit bedingt, virulente Gefahren nicht mehr wahrnehmen können und daher auch nicht erkennen werden. Deshalb wird hier eine selbstinitiierte Abwehrmöglichkeit grundsätzlich verneint. Bei Risikobeurteilungen am anderen Ende der Verletzungsskala (Bagatellverletzungen) wird Möglichkeit der Gefahrenabwehr nicht mehr berücksichtigt. Durch sinnvolles Kombinieren der
140
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Merkmale sind acht praxisrelevante Entscheidungspfade hergeleitet, die am Ende der Pfade zu vier Risikogruppen (R 1 bis R 4) führen. Prinzipiell sind zwar noch mehr Risikogruppen denkbar. Verfeinerte Betrachtungen erschweren jedoch erfahrungsgemäß die praktische Anwendbarkeit des Verfahrens ohne dass die Aussagen über Risiken zuverlässiger werden. Nach Abschluss der systematischen Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung liegt für einzelne Maschinen, Anlageteile und für die Gesamtanlage die Einstufung in eine der Risikogruppen R 1 bis R 4 vor. Die jeweilige Risikogruppe bestimmt das Niveau der zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen, siehe dazu Abschnitt „5.5.3 Trennende Schutzeinrichtungen“ auf Seite 255. Ein auf beliebige Gefährdungen und unterschiedlichste technische Randbedingungen universell anwendbares Verfahren zur einheitlichen Bewertung unterschiedlicher Risiken in der Technik steht noch nicht zur Verfügung. Es wird wohl auch nicht so leicht zu entwickeln sein, da die Arbeitssysteme und deren Aufgaben zu unterschiedlich sind. Risikobeurteilungen müssen daher pragmatisch aber trotzdem verantwortungsvoll angegangen und werden. Die Maschinenrichtlinie stellt zwar Gefährdungsanalysen und Risikoabschätzungen bzw. -bewertungen an die vorderste Stelle aller Maßnahmen des sicherheitsgerechten Konstruieren. Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen sind jedoch, lebensnah betrachtet, iterative Prozesse, die je nach Stand des Entwicklungs-, Konstruktions- und Montageprozesses mehrmals durchlaufen, mit allen an der Entstehung der Maschine Beteiligten kommuniziert und vor allem die getroffenen technischen Abwehrmaßnahmen sorgfältig dokumentiert werden müssen. Risiken an mechanischen Gefahrstellen. Für eine Gefährdungsanalyse ist das Identifizieren und das räumliche Festlegen von Gefahrstellen an konkreten Maschinen oder Fertigungsanlagen wohl die wichtigste Voraussetzung zum Ermitteln von Gefahren und aller mit ihnen verbundenen Gefährdungen und Risiken. Zu prägenden Merkmalen mechanischer Gefahrstellen gehören makro- und mikrogeometrische Konfigurationen der sie bildenden Teile sowie das Niveau der sie bewegenden Energien bzw. die in den Gefahrstellen wirkenden Energiedichten. Alle diese Merkmale be-
stimmen den Schädigungsmechanismus und sind somit ausschlaggebend für die Art und Schwere einer Verletzung. Zur realistischen Einschätzung der sich an Gefahrstellen ergebenden Gefährdungen und vorhandener Risiken müssen noch die Betriebsart (Normalbetrieb, Sonderbetrieb) und die Wahrscheinlichkeit des Eingriffs bzw. des Eintritts einer Verletzung berücksichtigt werden. Die letztgenannten Aspekte setzen allerdings genaue Kenntnisse voraus über alle technologischen Aspekte, die Bedienungskonzepte und -modalitäten der Maschine, deren Störanfälligkeit sowie über das Verhalten der Benutzer (vorhersehbare Fehlanwendungen, Manipulationsanreiz usw.) und über das in der Praxis tatsächlich eingetretene Unfallgeschehen (und hier vor allem die sich realisierte Unfallschwere). Unter diesem Gesichtspunkt ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung von beidseitigem Vorteil: Berufsgenossenschaften, die anerkannte Arbeitsunfälle entschädigen müssen, sind vom Gesetzgeber gehalten, Unfälle systematisch auszuwerten, die aus ihnen gewonnenen Erkenntnisse in Präventionsmaßnahmen umzusetzen und sie zu veröffentlichen. Branchenspezifische Verfahren zur Risikobeurteilung und zur Festlegung nachgeordneter Sicherheitsmaßnahmen werden aufgrund praktischer Erfahrungen im Sinne retrospektiver Analysemethoden zunehmend in internationalen Normen, vor allem in Maschinensicherheitsnormen (Typ C-Normen) vorgestellt. So enthält z. B. die EN ISO 11 111 “Sicherheitsanforderungen für Textilmaschinen” u. a. ausführliche und systematisch aufgebaute Aussagen über Risiken, die mit bestimmten Gefahrstellen an Textilmaschinen verbunden sind. Typische Beispiele aus diesen Zusammenstellungen enthält das Bild 4.5-14. Die dort aufgeführten Risikoklassen sind nach sorgfältiger Abwägung konkreter Randbedingungen auch auf andere Branchen übertragbar. Aufgrund der großen Vielfalt der in der Praxis anzutreffenden Maschinenarten und der an ihnen vorkommenden Gefahrstellen, die zum Erfüllen technologischer Funktionen notwendig sind, wird es auch in absehbarer Zukunft ohne wissenschaftliche Vorarbeiten kaum praktikabel sein, allumfassende und allgemein anwendbare Verfahren zur Gefährdungsanalyse und zur Risikobeurteilung herzuleiten.
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Bild 4.5-14 Risikoklassen für Gefahrstellen an Textilmaschinen nach EN ISO 11 111
4.5.5 Dokumentation der Risikobeurteilung Das europäische technische Recht verlangt ausreichende Dokumentationen aller Risiken, die von Maschinen ausgehen sowie der jeweiligen Gegenmaßnahmen, die gewährleisten, dass Risiken unterhalb akzeptierter Grenzwerte bleiben. Das ist besonders wichtig für Restrisiken, die trotz getroffener technischer Maßnahmen verbleiben. Grundlegende sicherheitstechnische Anforderungen und deren Erfüllung in allen Phasen des Lebenslaufes einer Maschine müssen nachvollziehbar dokumentiert sein. Für die eigene Rechtssicherheit kann es nur von Vorteil sein, wenn diese Dokumentation einerseits von einem syste-
matischen Ansatz ausgeht und andererseits in einer Form vorliegt, auf die ohne großen Aufwand schnell zurückgegriffen werden kann. Gliederung und Aufbau der Dokumentationen kann sich nach Gefahren, z. B. gemäß Anhang I der Maschinenrichtlinie, orientieren oder der technischen und technologischen Funktion der Maschine folgen. Zuerst ist es sinnvoll, die (Betrachtungs-)Grenzen der Maschine festzulegen und zu dokumentieren. Damit ist auch der Umfang der durchgeführten Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen eingegrenzt und festgelegt. Ein wichtiger Bestandteil der Dokumentation ist die vollständige Auflistung aller relevanten Gefährdungen (Negativ-Liste) und der tech-
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
nischen Lösungen, mit denen diese Gefährdungen abgewendet werden (Positiv-Liste). Grundsätzlich sollte jede Gefahrstelle, auf welche die Risikobeurteilung eingeht, in den Konstruktionsunterlagen wiederauffingbar dokumentiert bzw. markiert sein. Bildhafte Symbole als Planungshilfen, wie sie z. B. von [4.46] entwickelt wurden, helfen, Gefährdungen und getroffene Schutzmaßnahmen in Zeichnungen oder digitalisierten Konstruktionsdaten übersichtlich zu dokumentieren. Formalisierte Vordrucke haben sich dabei genauso bewährt, wie ausführliche Videound Fotodokumentationen sicherheitstechnischer Lösungen an fertigen Maschinen. Dazu bieten zeitgemäße Hardware (digitale Photo- und Videokameras) und Software (Bild- und Textverabeitungsprogramme, Tabellenprogramme, spezielle Software-Tools) viele Möglichkeiten, diese Aufgabe rationell und effektiv zu bewältigen. Weder Formblätter noch ihr Aufbau bzw. deren Inhalt sind normativ festgelegt. Ausführung der Dokumentation liegt in der Verantwortung der Hersteller. Aktuelle praktische Erfahrungen belegen, dass Drang zum Perfektionismus oder eigene Unsicherheiten oft dazu führen, möglichst alle denkbaren Gefahren berücksichtigen und dokumentieren zu wollen. Die Variationsmöglichkeiten aller Aspekte, die technische Gefahren an Maschinen ausmachen, können jedoch diesem an sich vernünftigen und begrüßenswerten Bemühen eher schaden und es vom Aufwand her überfordern. Deshalb gilt auch hier der bewährte Ingenieurgrundsatz: so ungenau
wie möglich, so genau wie nötig. So kann durchaus von Fall zu Fall (vor allem dann, wenn strikt nach harmonisierten Typ C-Normen, Maschinensicherheitsnormen, gebaut wurde) pragmatisch entschieden werden, ob nicht vereinfachten Listen, wie z. B. im Bild 4.5-15 dargestellt, der geforderten Dokumentationspflicht nachkommen. Aktuelle Rechtspraxis und Rechtsauffassung gehen davon aus, dass während des Erarbeitens dieser Normen kompetente Fachleute maschinenspezifische Risikobeurteilungen durchgeführt haben, sie also weitgehend vorweggenommen haben. Allerdings müssen, sofern vorhanden, Analysen und Risikobeurteilungen für signifikante Gefährdungen gemacht werden, wenn die jeweilige Maschinensicherheitsnorm sie nicht berücksichtigt. Auf der anderen Seite kann sich der Aufwand einer ausführlichen Dokumentation als besonders nützlich bei Rechtsstreitigkeiten nach Unfällen oder Schadensfällen erweisen. Dies setzt aber gehöriges Erfahrungswissen über reale Gefährdungen voraus. Der Übersichtlichkeit halber sollten immer synoptische tabellarische Aufstellungen aller relevanten Gefährdungen und Auflistungen sicherheitstechnischer Lösungen angestrebt werden, wie beispielhaft im Bild 4.5-16 dargestellt. Das gilt für alle Lebensphasen der Maschine! Je nach Größe der Maschine bzw. Umfang der Anlage und der Untersuchungstiefe kann diese Dokumentation durchaus einen zwei-, manchmal sogar einen dreistelligen Seitenumfang bekommen. Um trotzdem den Überblick nicht zu verlieren, ist es hilfreich, die getroffenen Sicherheitsmaßnah-
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Bild 4.5-16 Ausführliche Dokumentation der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung
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144
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
men im Layout der Anlage mit ihren Bezugsnummern der tabellarischen Dokumentation festzuhalten, Bild 4.5-17. Sicherheitsrelevante Informationen fallen an unterschiedlichsten Stellen in allen Entstehungsphasen der Maschine an. Damit alle Informationen spätestens nach Abschluss der Montage nachvollziehbar in der Dokumentation zusammenfließen können, muss die betriebliche Organisation darauf abgestimmt sein. Formblätter sollten der Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung bereits in der Konzeptphase der Maschine vorliegen, damit alle sicherheitsrelevanten Informationen von Anfang an und in allen nachfolgenden Phasen festgehalten werden können.
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Systematische Auflistungen von Gefährdungen, der mit ihnen verbundenen Risiken und der sie aufhebenden technischen Maßnahmen sind eine wichtige Voraussetzung für das Zusammenarbeiten mit Stellen, die z. B. GS-Prüfungen durchführen, für das Erstellen von Betriebsanleitungen und für Auswahl und Umsetzung konstruktiver Maßnahmen, die den ermittelten Gefährdungen entgegenwirken. In diesen Listen ist firmeninternes Know-How niedergelegt. Nur Aufsichtsbehörden haben aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags das Recht, sie einzusehen, allerdings nur aus einem gegebenen Anlass. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
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Bild 4.5-17 Übersicht getroffener Sicherheitsmaßnahmen aufgrund der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung [4.47]
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Dritte, d. h. Maschinenbetreiber bzw. Kunden haben ein Recht zur Einsicht grundsätzlich nicht. Im Rahmen der Gestaltung von Kaufverträgen können aber entsprechende privatrechtliche Regelungen im gegenseitigen Einvernehmen unter vertrauensbildenden Vereinbarungen und Maßnahmen getroffen werden (z. B. Einsicht beim Hersteller, Niederlegung bei einem Notar usw.).
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nutzt werden, sollen sie ihre Wirkung auf Dauer voll entwickeln. Oft werden auch firmenspezifische Eigenentwicklungen, meistens Checklisten auf Word- oder Excel-Basis verwendet. Auch sind mehrere ähnlich konzipierte Softwarelösungen auf dem Markt und im Einsatz, z. B. von /4.5/. Sie stoßen aber wegen zwei charakteristischer Unzulänglichkeiten schnell an ihre Grenzen.
4.5.6 Nutzung zeitgemäßer Software-Tools Risikobeurteilungen sind die Basis von Konformitätsbewertungsverfahren und zugleich Bestandteile interner Produktdokumentation. Dem heutigen Stand der Informationsverarbeitung und der Dokumentenverwaltung in der Konstruktion entsprechend, werden sie immer häufiger rechnergestützt durchgeführt. So vielversprechend der Einsatz zeitgemäßer Software-Tools auch ist, müssen Anwender jedoch die Erfahrung aus der betrieblichen Praxis akzeptieren, dass Laien mit ihnen keine redlichen Risikobeurteilungen erstellen können, die dem Geist und den Anforderungen der Maschinerichtlinie entsprechen. Vermag auch die beste Software diese Prozeduren wirkungsvoll zu unterstützen, solides sicherheitsbezogenes Wissen, ingenieurmäßigen Sachverstand und konsequentes Vorgehen kann sie nicht ersetzen. So effektiv SoftwareTools auch sind, zwei Aspekte sind bei ihrem geplanten Einsatz in Betracht zu ziehen: 1. Sollen die Konstrukteure die Systematik des Prozesses der Risikobeurteilung nachhaltig verinnerlichen, ist es sinnvoll, erstmal mit der „Barfußmethode“ der Papierversion zu beginnen, damit alle Beteiligten alle Zusammenhänge und Abhängigkeiten des Verfahrens erkennen und lernen, die einzelnen Schritte des Konformitätsbewertungsverfahren innerhalb der Software zu begreifen. Auch dieses Vorgehen muss aber erstmal mit Zeit- und Kostenaufwand eingeführt werden. Die „Barfußmethode“ ist schwer auf dem aktuellen Stand zu halten und stark an Personen gebunden. 2. Software-Tools müssen von den Konstrukteuren aber ggf. auch von anderen, z. B. von technischen Redakteuren für die Dokumentation permanent eingesetzt und be-
1. Da Risikobeurteilungen wegen der in den Konstruktionsabteilungen üblichen Arbeitsteilung oft gleichzeitig projektgebunden von mehreren Benutzern bearbeitet werden müssen, kommt es häufig zu Aktualisierungskonflikten. So werden z. B. frühere Versionen durch aktuelle Änderungen überschrieben. Dies führt zu Datenverlusten. Für Konstruktionsteams von zwei oder mehreren Personen sollten allein schon aus diesem Grund netzwerkfähige Systeme bevorzugt werden, die relevante Daten in eine strukturierte Datenbank einbinden. 2. Liegen Daten unstrukturiert vor, lassen sich kaum automatische oder halbautomatische Konvertierungsroutinen entwicklen, die dazu beitragen, die im Unternehmen vorhanden Daten bei Änderungen von Normen oder Richtlinien weiter verwendbar zu halten. Für ihre nachhaltige Nutzbarkeit in der täglichen Praxis sind u. a. folgende Aspekte von Bedeutung: • • •
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•
•
zentrale und einheitliche Datenverwaltung in Netzwerk Kompatibilität zu firmenspezifischen Datensicherungsmaßnahmen Integrationsmöglichkeit der Risikobeurteilung im arbeitsteiligen Konstruktionsprozess und in dessen Fortschritt parallele Nutzbarkeit und Dokumentation im Netzwerkbetrieb ohne Aktualisierungskonflikte effektive Volltext-Suchmöglichkeiten, vor allem in aktuell gültigen, für die akut zu lösende Konstruktionsaufgabe relevanten EN-Normen und Richtlinien organisiertes Wissensmanagement durch Verknüpfungen zu Richtlinien- und Nor-
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•
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
mendatenbanken sowie zu Sicherheitsbauteile- und Maßnahmenbibliotheken umfassende Kontrollmöglichkeiten, wie z. B. Auflisten aller noch offenen Punkte eines angefangenen bzw. laufenden Konformitätsbewertungsverfahren unmittelbare Überführung der Ergebnisse des abgeschlossenen Konformitätsbewertungsverfahrens in die Dokumentation und Betriebsanleitung Aktualisierungsservice in Form von Wartungsverträgen. Dabei ist besonders wichtig, dass alle Daten aus früheren Projekten bei Normen- oder Richtlinienänderungen automatisch der halbautomatisch konvertiert werden.
Diese Anforderungen erfüllt z. B. das vom Softwareanbieter /4.2/ entwickelte Software-Tool „Safexpert“ besonders effektiv. Es wird hier stellvertretend vorgestellt. Safexpert ist als Datenbank konzipiert und hat eine vernetzte modulare Struktur, Bild 4.5-18. Somit erleichtert dieses Software-Tool nicht nur die Dokumentenverwaltung sondern gewährleistet auch die Pflege der Daten, erhöht die Qualität der Aufzeichnungen, garantiert die notwendige
Flexibilität in den Such- und Zugriffsmöglichkeiten zu relevanten Daten und Abläufen, und beschleunigt dadurch die Arbeit der Konstrukteure. Kristallisationskern des Programms ist das Modul „CE-Leitfaden (inklusive Risikobeurteilung)“, das auf den Vorgaben des Anhangs I der Maschinenrichtlinie fußt. Ausgeführt ist es als tabellarische Gefährdungslisten gemäß EN ISO 14 121-1, optional aufgebaut nach den Zugriffskriterien Gefährdungen-Gefahrstellen-Lebensphasen der Maschine, in denen sie auftreten können. Die hinterlegte Liste der Gefährdungen, das systematisch aufgebaute Verfahren zur strukturierter Risikobetrachtung und das Schema zur optionalen Bewertung des Risikos sowie die Ermittlung des notwendigen Zuverlässigkeitsniveaus sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen auf der Basis der EN ISO 13 849-1 (PLr) oder EN 62 061 (SIL) vereinfachen die Durchführung der Diagnosephase des Konformitätsbewertungsverfahrens wesentlich, Bild 4.5-19. Alle dokumentierten Gefährdungen lassen sich auch in anderen Reihenfolgen auflisten, z. B. in der Reihenfolge Gefahrstellen-Gefährdungen-Lebensphasen. Dieser Ablauf ist vor allem bei späteren Umbauten technischer Arbeitsmittel von Vorteil,
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Bild 4.5-18 Modularer Aufbau von Safexpert /4.2/
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Bild 4.5-19 Durchführung der Diagnosephase des Konformitätsbewertungsverfahrens mit Safexpert /4.2/
da sich Sicherheitskonzepte der ursprünglichen Konstruktion auch nach Jahren sehr rasch nachvollziehen lassen. Zudem ist es möglich, alle konstruktiven Maßnahmen (die in EN-Normen festgelegten aber auch eigene), die zur Beherrschung der in der Risikobeurteilung festgestellten Risiken zu treffen sind, zu registrieren und allen Konstrukteuren zugänglich zu machen. Von besonderer Bedeutung und Vorteil ist das Modul „NormManager“. In ihm werden alle im Amtsblatt der EU harmonisierten EN-Normen zu sicherheitsrelevanten Richtlinien (Maschinen, EMV, ATEX, Druckgeräte und Niederspannung) übers Internet auf den aktuellen Stand gehalten. Darüber hinaus wird im Zuge des Aktualisierungslaufs geprüft, welche laufenden Projekte weder Konstruktionsabteilung von aktuellen Normänderungen betroffen sind. Mehrere Filterfunktionen ermöglichen firmensspezifische und persönliche Favoriten zu definieren, die die Auswahl aus dem gepflegten Pool aller erfassten Nor-
men und anderer Rechtssätzen eingrenzen und auf die wirklichrelevanten Normen reduzieren. Je nach Konfiguration des Programms bekommen Nutzer damit eine persönliche Zusammenstellung der wichtigsten sicherheitsrelevanten EN-Normen (einschließlich der Information über erfolgte Änderungen per E-Mail), die als Volltext (!) in Deutsch und Englisch, im PDF-Format vorliegen. So ist es möglich, mit der Software AcrobatReader EN-Normen als Nachschlagwerk zu nutzen und nach Stichworten normenübegreifend zu suchen. Die Anzahl verfügbarer Normen richtet sich nach der jeweiligen Ausrüstungsstand des Programms. Die Standardpakete enthalten ca. 65 Typ A- und B-Normen aus dem bereich „Sicherheit von Maschinen“. Alle weiteren Normen, z. B. spezielle Typ C-Normen können beliebig dazu ergänzt werden. Es ist auch möglich, bereits bestehende Normen zu verknüpfen, allerdings unter Wahrung der Urheberrechte. Weiterhin stehen die Texte der für den Maschinen- und Anlagenbau wichtigsten
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
EU-Richtlinien sowie eine Bibliothek sicherheitsrelevanter Piktogramme zur Verfügung. Alle Listen werden vom Softwareanbieter zyklisch aktualisiert. Eine wesentliche Erleichterung der Sacharbeit und der Vereinfachung der Verwaltungsarbeit übernimmt das Modul „Projektmanagement“. Es organisiert nachvollziehbar den Ablauf des Verfahrens sowie die gesamte Protokoll- und Dokumentationsverwaltung. Die Überwachungsfunktion „Statusauswertung“ listet alle Punkte auf, die im gesamten Konformitätsbewertungsverfahren noch offen geblieben sind. Das ist ein wesentlicher Beitrag zur Rechtssicherheit aller Beteiligter, vor allem der Unterzeichner von EG-Konformitätserklärungen oder Einbauerklärungen! Das Modul „Prüf- und Abnahmeassistent“ ermöglicht, die Übereinstimmung gelieferter Maschinen mit den Anforderungen der Maschinenrichtlinie im Rahmen einer einheitlichen Abnahme zu überprüfen und andererseits Qualitätssicherungsprüfungen vor der Auslieferung bzw. vor der Übergabe vorzunehmen. Die standardmäßig mitgelieferte Prüfliste nach Anhang I der Maschinenrichtlinie vereinfachen Maschinenabnahmen wesentlich und beugen Meinungsverschiedenheiten vor. Für jeden Prüfpunkt kann bestimmt werden, ob eine Sichtprüfung, Funktionsprüfung, Messung oder Dokumentationsprüfung und in welcher Prüftiefe sie durchgeführt werden soll. Die Ergebnisse sind in einem Abnahmeprotokoll niedergelegt. Die Software kann mit ihren
Prüflisten den Sachverstand des Prüfers nicht aufwiegen. Darauf wird im Handbuch hingewiesen. Safexpert lässt sich Dank seiner Konzeption und des in seinen Datenbanken festgehaltenen Wissens einerseits problemlos in die Erstellung von Produktdokumentationen und Betriebsanleitungen integrieren. Es verleitet andererseits nicht zu einem formalen Vorgehen des „schnellen Abhakens“. Synchron zu den jeweiligen Phasen des Konstruktionsprozesses eingesetzt, vereinfacht es die Prozedur der Konformitätsbewertung wesentlich und macht Ergebnisse transparenter und zum Teil personenunabhängig. Safexpert ist z. Z. das einzige dem Autor bekannte System, das nach Prüfung und Zertifizierung durch notifizierte Stellen (TÜV Österreich und TÜV Rheinland) als Hilfsmittel zur Konformitätsbewertung empfohlen wird und das von vielen Zertifizierungsstellen, z. B. von der NSBIV AG, Schweiz (Notified Body 1247) als die Anforderungen der Konformitätsbewertung der Maschinenrichtlinie erfüllend anerkannt wird. Fazit: Mit Safexpert kann der gesamte Konformitätsbeurteilungsprozess und -bescheinigungsprozess gemäß der Maschinenrichtlinie effizient durchgeführt und dokumentiert werden. ,000$ 'LHVHV LP /DXIH HLQHV ')*3URMHNWHV HQWZLFNOHWH LQWHUDNWLYH 7RRO HUP|JOLFKW X a. LQ &$'6LPXODWLRQHQV\VWHPDWLVFKQDFK*HIDKUVWHOOHQ ]XVXFKHQVLH]XLGHQWL¿]LHUHQXQGLQGDV9HUIDKUHQ GHU5LVLNREHXUWHLOXQJHLQ]XEH]LHKHQ%LOG 4
Bild 4.5-20 Lokalisierung von Gefahrstellen in CADSimulationen /4.1, 4.3/
6LFKHUKHLWVZLGULJHV9HUKDOWHQ149
4.6 Sicherheitswidriges Verhalten Zur Risikobeurteilung gehören nicht nur das Bestimmen der Einflüsse technischer Sachverhalte sondern auch die Klärung der Fragen, welchen Einfluss das Verhalten der Maschinenbenutzer auf ihre eigene Sicherheit hat, welche Verhaltensweisen zu erwarten sind, ob und wie sie konstruktiv beeinflusst werden können, um die Sicherheit aller zu verbessern.
4.6.1 Vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung Sowohl die Maschinenrichtlinie als auch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz fordern eine lebensnahe Auffassung des menschlichen Verhaltens beim Verwenden von Maschinen zu berücksichtigen. Und das schon während deren Konstruktion! Beide führen als Gegensatz zur bestimmungsgemäßen Verwendung den etwas sperrig formulierten Begriff der „vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung“ ein. Manchmal ist in Schriftsätzen noch der unkorrekt aus dem englischen Text der „alten“ Maschinenrichtlinie übersetzter Begriff „vernünftigerweise vorhersehbarer Missbrauch“ anzutreffen. Konstrukteure sind somit verpflichtet, diese Fehlanwendungen vornehmlich mit technischen, zumindest mit hinweisenden Sicherheitsmaßnahmen entgegenzuwirken. Es ist jedoch, ebenfalls lebensnah betrachtet, kaum möglich, jede mögliche Fehlanwendung vorherzusehen und präventiv durch technische Maßnahmen vollständig zu verhindern oder zu erschweren. Fehlanwendungen sind weder vom Hersteller noch vom Konstrukteur gewünscht, können sich aber aus dem vorhersehbaren (jedoch nicht jedem denkbaren) Verhalten ergeben. Die Möglichkeiten des Fehlverhaltens sind vielfältig. Auf die Frage, was vernünftigerweise vorhersehbar ist, gibt es keine allgemein gültige Antwort. Es wird sich wohl immer um Einzelfallentscheidungen handeln. Fehlanwendungen sind jedoch kein irrtümliches oder versehentliches sondern ein bewusstes oder beabsichtigtes Verhalten, mit dem aus den Erfahrungen der Praxis, den Lehren aus Unfällen und nach dem normierten Stand der Technik zu rechnen ist.
„Vorhersehbar“ bedeutet daher vorerst eine Prognose, die sich allerdings nur aufgrund zugänglicher Daten und Erfahrungen erstellen lässt. Mit der den Herstellern auferlegten Produktbeobachtungspflicht strebt der Gesetzgeber deshalb an, dass Hersteller von sich aus ermitteln, welche Fehlanwendungen ihrer Produkte in der Praxis tatsächlich vorkommen. Das ist besonders bei Endverbraucher-Produkten wichtig. Hier kann der Hersteller von einemdurchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verwender, nicht vom „dümmsten anzunehmenden Verbraucher“ ausgehen (Urteil des EuGH/C 210/96) Es ist ratsam und opportun, wenn Konstrukteure vorab in der technischen Dokumentation schriftlich festlegen, welche Verhaltensweisen sie annehmen und welche sie ausschließen. Zur Zeit besteht folgender allgemeiner Konsens, z. B. [4.48], dass bei gewerblich eingesetzten Maschinen vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass •
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sich niemand sicherheitsgerecht verhalten wird, wenn sich Schutzmaßnahmen lediglich auf Schilder und Aufkleber mit Sicherheitshinweisen und auf Auflistungen von Sicherheitsbotschaften in Betriebsanleitungen oder in Betriebsanweisungen beschränken aber nicht verriegelte/zugehaltene bewegliche Schutzeinrichtungen bei laufender Maschine geöffnet werden Schutzeinrichtungen manipuliert werden, wenn sie die erforderliche Sicht auf den Prozess behindern Schutzeinrichtungen nach Reparaturen nicht wieder angebaut werden, wenn sie sich nur umständlich wieder anbringen lassen und dabei die Befestigungselemente leicht „verloren gehen“ können die mit geringem handwerklichen oder intellektuellen Aufwand manipulierbaren Sicherheitsschalter wirkungslos gemacht werden, wenn sich die Maschine dann bei laufendem Prozess einfacher entstören lässt vergessen wird, beim Start einer unübersichtlichen Maschine ein Anlaufwarnsignal zu geben, wenn die Befehle „Warnen“ und „Anlaufen“ nicht zwangsläufig sequentiell gekoppelt sind
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Knieleisten von Geländern als Auftritt verwendet werden, um hoch liegende Stellen zu erreichen Transportbahnen überquert werden, wenn sie Steuerstände von Steuerungsschränken trennen. Steuerungsschränke unbefugt geöffnet werden, wenn die dort eingebaute Sicherungsautomaten häufig auslösen Not-Halt-Befehlseinrichtungen verdeckt werden, wenn sie häufig durch ungewollten Körperkontakt ausgelöst werden, bei Reparaturarbeiten Hauptbefehlseinrichtungen nicht betätigt und gesichert werden, wenn sie umständlich erreichbar sind.
Nicht jede denkbare Fehlanwendung und atypische Verhaltensweise sind bei der Maschinenkonstruktion zu berücksichtigen und in der zugehörigen Betriebsanleitung zu verbieten. Als nicht vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen einer Maschine gelten z. B. •
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Ignorieren der Inhalte anwenderfreundlich gestalteter Betriebsanleitungen bzw. der Betriebsanweisungen mutwillige Beschädigungen von Schutzeinrichtungen (Vandalismus) und Sabotageakte (heimlich, absichtlich und böswillig herbeigeführte Eingriffe um Arbeitgeber oder Kollegen zu schädigen) Verwenden von Sonderwerkzeugen zur Demontage von Schutzeinrichtungen oder von Sicherheitsschaltern Nachbau besonders gestalteter Teile zur Manipulation von Sicherheitsschaltern oder von Zweihandschaltungen Überbrücken von Sicherheitsbausteinen im Schaltschrank absichtliche Änderungen des Steuerungsprogramms (Eingriff in die Software) Übersteigen von Umzäunungen mit Hilfe von Leitern (es sei denn, dass sich an dieser Stelle sich ein wichtiges Bedienteil befindet) Handlungen im Sinne von Selbstverschulden (unverständliches, leichtfertiges Verhalten, das in gröblicher Weise gegen das von einem verständigen Menschen in eigenem Interesse zu erwartende Verhalten verstößt).
Rechtlich betrachtet, bewirken diese Ausschlüsse, dass Konstrukteure gegen derart massive Eingriffe in das Sicherheitskonzept einer Maschine kaum präventive Maßnahmen entgegesetzen können. Fazit: Der Begriff „vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung“ subsummiert eine Reihe von Verhaltensweisen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Konstrukteure sicherheitsgerechtes Verhalten späterer Maschinenbenutzer sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Dieser Aspekt kann bei Unfällen und deren juristischen Aufarbeitung von erheblicher Bedeutung sein. Das ist die rechtliche Seite des Problems. Um zielgerichtet mit konstruktiven Maßnahmen entgegen zu wirken, brauchen Konstrukteure Grundkenntnisse über das menschliche Verhalten, um sie in wirksame Sicherheitsmaßnahmen umsetzen zu können.
4.6.2 Grundprinzipien menschlichen Verhaltens Wenn sich Menschen im Arbeitssystem nicht den Gefahrensituationen angepasst verhalten, werden sie zu einem ebenso eminenten Risikofaktor wie versagende sicherheitsrelevante Bauteile. Insofern sind Unfälle als systemimmanentes Versagen zu begreifen, eine allgegenwärtige Möglichkeit, die jeder, wenn sie erstmals eintritt, schockiert konstatiert, doch in der Folge sehenden Auges in Kauf nimmt. Im Grunde sind solche Ereignisse in einem Arbeitssystem „normal“. Der Risikofaktor Mensch lässt sich weder ausschließen noch optimieren. Nur andauernde Schulung birgt die Chance, sich positiv auszuwirken. Konstrukteure verfügen zwar über ein fundiertes Wissen über die zu konstruierenden Maschinen, spätere Benutzer haben aber meistens das bessere Wissen über Aufgaben und die Fertigkeiten, um sie mit Maschinen erfüllen zu können. Beide Wissensbereiche müssen nicht unbedingt übereinstimmen. Mit der Gestaltung der Maschinen legen die Konstrukteure auch fest, wie Benutzer mit ihnen umgehen werden. Es ist nur verständlich und redlich, dass Konstrukteure dabei vorerst annehmen, dass sich spätere Benutzer beim Umgang mit den Maschinen aus ihrer Sicht “vernünftig” verhalten werden. Doch Vorsicht ist geboten: Menschen verhalten sich wie im Leben so auch beim Lösen von Ar-
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beitsaufgaben vor allem ökonomisch. Sie streben an, die ihnen übertragenen oder selbst gestellten Aufgaben so schnell und so gut wie nötig zu erledigen und sich dabei zugleich so wenig wie möglich zu beanspruchen. Dieses Verhalten muss nicht immer vernünftig oder sicherheitsgerecht sein. Unfalluntersuchungen zeigen, dass sich viele Verletzte während des Unfalls oder kurz davor häufig nach diesem Prinzip verhalten haben. So kommt es z. B. bei Maschinen, deren Entstörungsprozeduren nicht zu Ende gedacht wurden, vor, dass große Bereiche über den eigentlichen Ort der Störung hinaus zeitraubend ausgeräumt werden müssen, weil nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung und Ansprechen der Verriegelung alle Prozesseinstellungen verloren gehen und nur die „leere“ Maschine sich in ihre Grundposition zurückgefahren lässt. Das führt nicht nur zur zusätzlichen körperlichen Arbeit, sondern auch zu mentalen Belastungen, z. B. zu Stress und Gereiztheit. Einmal bei den Maschinenarbeitern, die nach dem Wiederanfahren die ausgeräumten Teile, meistens unter Zeitdruck, wieder einschleusen müssen, aber auch bei den Produktionsverantwortlichen, sobald die Verzögerung die vorgegebenen Produktionsziele gefährdet. Eine von Konstrukteuren unzureichend gestaltete Entstörung provoziert neue ergonomische und sicherheitstechnische Probleme im Arbeitssystems des Maschinenbetreibers. Das führt oft zu Konflikten, die lange nachwirken können, auch wenn Ursachen für das umständliche Entstören längst behoben wurden. Im Sinne des Konstruierens sicherheitsgerechter Maschinen sind der Normalfall nicht stets aufmerksame, überlegt handelnde, konzentriert arbeitende Menschen, sondern konkrete Personen, deren Aufmerksamkeit von innen oder außen abgelenkt sein kann, die unter Zeitdruck handeln, nicht den notwendigen Überblick in konkreten (Gefahren-)Situationen haben, sich aber gerne auf verfestigte Gewohnheitshandlungen verlassen oder bewusst improvisieren [4.49]. Menschen machen und werden auch immer Fehler machen: bei Routinehandlungen ab und zu, bei Improvisationen oder Panikentscheidungen bzw. unter Stress sogar oft. Dem Menschen fehlen, wahrscheinlich entwicklungsbedingt, Instinkte für wahrnehmbare technische Gefahren. Offenbar sind die rund 250 Jahre, die moderne Technik alt ist, noch zu
kurz, als dass er ihr gegenüber die gleiche vernünftige Einstellung wie gegenüber natürlichen Gefahren (z. B. Blitz, Erdbeben, Unwetter) entwickeln konnte. Er muss erst durch langwieriges Beobachten, Identifizieren und Interpretieren lernen, zu einem Urteil über Gefährdungen bzw. Risiken zu kommen, denen sich auszusetzen er letztlich bereit ist. Noch schwieriger wird die Situation für Gefährdungen, die sich seinen unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmungen entziehen und die ihm nur als kodierte Informationen vermittelt werden können (elektrischer Strom, Strahlungen, Gefahrstoffe). Unverkennbar ist der Trend, Arbeitssysteme so zu gestalten, dass Bauteilfehler unmittelbar keine unerwünschten Folgen für Machinenbenutzer nach sich ziehen und gemachte Verhaltensfehler angezeigt werden, damit Benutzer Irrtümer noch rechtzeitig bemerken, um sie korrigieren zu können. Diese fehlertolerante Technik kann aber auch nur wieder fehlerbehaftet sein. Konstrukteure müssen sich stets bewusst machen, dass Benutzer Vorteile dieser Systemeigenschaften entdecken und sich dann auch auf das Tolerieren eigener Fehler durch das System verlassen. Menschen neigen dazu, viele sicherheitstechnische Vorteile durch erhöhte Risikobereitschaft zu kompensieren, weil sie sich zu sicher wähnen. Menschliche Unzulänglichkeiten können daher die Qualität fehlertoleranter Systeme nur verschlechtern, niemals verbessern.
4.6.3 Verhaltensbedingte Unfälle In Unfalluntersuchungsberichten taucht häufig die Floskel “menschliches Versagen” auf. Gemeint ist eine fachliche oder moralische Inkompetenz. Obwohl, objektiv betrachtet, nicht leicht festzustellen ist, wo bzw. bei wem die Ursache für einen Unfall liegt, wird das Versagen nicht selten dem Verunglückten selbst angelastet. Oft liegt das tatsächliche Versagen in der Technik, d. h. beim Konstrukteur. Und zwar immer dann, wenn er das wahrscheinliche Verhalten zukünftiger Benutzer nicht berücksichtigt hat oder sie durch die getroffenen Gestaltungsmaßnahmen überhaupt erst zu sicherheitswidrigen Verhaltensweisen veranlasst haben, Bild 4.6-1. Daher ist es unumgänglich, beim Gestalten von Maschinen und Arbeitsabläufen Grundsätze
152
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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Bild 4.6-1 Gestaltungsmaßnahmen, die zu sicherheitswidrigen Verhalten führen (Fortsetzung nächste Seite)
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Bild 4.6-1 Gestaltungsmaßnahmen, die zu sicherheitswidrigen Verhalten führen
des menschlichen Verhaltens in möglichst allen seinen Ausprägungen zu berücksichtigen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Verhalten als beobachtbare Reaktion der Menschen auf
konkrete Situationen aufgefasst. Bezogen auf verhaltensbedingte Unfälle bedeutet dies, dass bereits vorher etwas „falsch“ sein musste, was dem (Fehl-)Verhalten voraus ging. Dazu gehören tech-
154
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
nische Unzulänglichkeiten (z. B. chronische Störungen im Produktionsablauf) genauso wie falsches oder unzureichendes prozessuales Wissen der Maschinenarbeiter. Die relativ komplizierten und komplexen Abläufe und Zusammenhänge des menschlichen Verhaltens lassen sich in erster Näherung mit der rückgekoppelten Informationsflusskette Wahrnehmen-Verarbeiten-Handeln vereinfacht umschreiben und erklären. Im oder am Körper befinden sich Rezeptoren, die Informationen aus der Umgebung oder aus dem Körper aufnehmen. Das zentrale Nervensystem verarbeitet diese Informationen, mit Effektoren setzt der Mensch die bewusst oder unbewusst verarbeiteten Informationen in Handlungen um. Die Informationsumsetzung ist mit einer individuellen und situationsbedingten Zeitverzögerung behaftet. Dabei müssen nicht nur Ebenen bewusster oder unbewusster Handlungen sondern auch die Ebene der Reflexe einbezogen werden. Wenn auch nicht jedes sicherheitswidrige Verhalten zwangsläufig einen Unfall nach sich zieht, lässt sich die Entstehung vieler Unfälle auf das Verhalten des Verletzten zurückführen. Die zahllosen Möglichkeiten zu einem Unfall führender Verhaltensweisen lässt sich auf typische, immer wieder nachweisbare unfallbegünstigende Verhaltensweisen reduzieren. Sowohl reflexive Reaktionen als auch bewusstes und unbewusstes Handeln können zu Unfällen führen. Es muss sich nicht immer um ein Fehlverhalten im Sinne eines Abweichens von gesetzten oder bekannten Normen handeln. Kaum zu glauben, ist aber so: Manche Unfälle entsprechen den Vorschriften, weil Normensetzer reale Risiken oder Verhaltensweisen nicht erkannt und falsch bewertet haben oder weil durch normative Festlegungen neue Risiken dazukommen sind. Andererseits gibt es leider keine statistischen Angaben, die Verhalten in unfallträchtigen Situationen dokumentieren, die durch spezifische Fähigkeiten des Menschen ohne Unfallfolgen, d. h. erfolgreich bewältigt wurden.
4.6.4 Unfälle durch Reflexe Bei der Informationsverarbeitung auf der Ebene der Reflexe (angeborene Reiz-Reaktions-Ketten) kommt es zu keinen mentalen Entscheidungsprozessen. Typische Beispiele sind schreckhafte, unkontrollierte Bewegungen. Diese spontan ablaufenden Verhaltensweisen dürfen nicht als vollwertige Handlung zur Maschinenbedienung herangezogen werden. Bei Überlegungen über mögliche Abläufe von Gefahren- und Notfallsituationen muss dieses Verhalten aber unbedingt berücksichtigt werden. Zwei typische Beispiele für solche Zusammenhänge sind im Bild 4.6-2 und 4.6-3 festgehalten: (LQ]XJVVWHOOH
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Bild 4.6-2 Unfälle durch Reflexbewegungen beim manuellen Waschen von Druckzylindern
Manuelles Reinigen von Walzen an Druckmaschinen geschieht oft im Tippbetrieb: Die Walzen rotieren mit geringer Drehfrequenz, die Umfangsgeschwindigkeit ist auch gering. Beginn und Ende der Drehbewegung kann der Drucker durch Betätigen eines Druckknopfs beeinflussen. Das Schaltelement hat keine Selbsthaltung, so dass sich die Walzen nur so lange drehen, wie der Drucker den Druckknopf betätigt. Wird der zum Reinigen benutzte lose gefaltete Putzlappen eingezogen, hält der Drucker ihn reflexartig fest und versucht ihn aus dem Spalt herauszuziehen. Er stemmt sich für einen Augenblick gegen die Einzugskraft. Zugleich versucht er unbewusst sich mit der anderen Hand an der Maschine abzustützen, um den Kraftfluss durch seinen Körper auf möglichst kurzem Wege zu schließen. Dabei drückt er spontan den Druckknopf durch anstatt ihn loszulassen.
6LFKHUKHLWVZLGULJHV9HUKDOWHQ155
Seine andere Hand wird vorerst so lange eingezogen, bis er unter Schmerzen den Druckknopf bewusst loslässt. Ein Schalter mit den Schaltzuständen „AusEin-Aus“ („Panikschalter“), die in gleicher Betätigungsrichtung ausgelöst werden, wirkt dieser Gefährdung entgegen. Der Schalter muss leicht gedrückt werden, um die Bewegung einzuleiten, nach dem Loslassen stoppt die Bewegung. Sie kommt auch dann zum Stehen, wenn der Schalter über den ersten definierten Bewegungswiderstand im Greifrereflex durchgedrückt wird. Zu ähnlichen Situationen kann es beim Schnittandeuten an Planschneidemaschinen kommen. Beim Schnittandeuten senkt der Papierschneider durch ein gefühlvolles Betätigen des Pedals den Pressbalken auf den Papierstapel. Die Absenkkraft ist dabei auf einen gefahrlosen Wert limitiert. Klemmt er sich dabei die Finger ein, versucht er sie reflexartig herauszuziehen. Auch hier schließt er kurzzeitig den Kraftfluss durch seinen Körper auf möglichst kurzem Wege. Dabei stützt er sich mit einem Bein gegen den Fußboden ab, mit dem anderen drückt er das Pedal unbewusst durch, womit er die Absenkkraft erhöht. Das reflexartige Schließen des Kraftflusses durch den Körper führt bei über Fußhebel betätigten Pressbalken zwar zu keinen ernsthaften, wohl aber zu schmerzhaften Fingerverletzungen, trotz geringer, weil technisch begrenzter Absenkkräfte. Befreien kann er sich nur, wenn er bewusst die Betätigungskraft reduziert oder den Fuß vom Pedal nimmt. Auch hier würde der oben beschriebene Panikschalter eine verhaltensgerechte Problemlö4XHWVFKVWHOOH
Bild 4.6-3 Unfälle durch Reflexbewegungen beim Schnittandeuten
sung bieten. Reflexauswirkungen lassen sich nicht willentlich beeinflussen. Alle Versuche, mit ihnen sicherheitsgerechtes Verhalten zu bewirken, sind zum Scheitern verurteilt. Konstruktionsmaßnahmen zur Vermeidung reflexbedingter Gefährdungen sind deshalb vorrangig.
4.6.5 Unfälle durch unbewusstes und bewusstes Handeln Unfall ist üblicherweise ein so seltenes Ereignis, dass er von Unbeteiligten nicht als Bedrohung empfunden wird. Denn Unfälle passieren nur den anderen, so die allgemeine Meinung. Andererseits wird aus Schaden nur der klug, der ihn als vernunftgemäß verarbeiteter Erfahrung auch als solche akzeptiert. Für bewusstes und unbewusstes Handeln ist charakteristisch, dass Menschen in mehreren hierarchisch aufgebauten Ebenen Informationen verarbeiten bzw. generieren. Unbewussten Abläufen liegen Verhaltensweisen oder Fertigkeiten zu Grunde, die durch langes Lernen zur Gewohnheit wurden und als Handlungsautomatismen in tieferen Bewusstseinsebenen ablaufen, ohne dass er über die Handlungen bewusst nachdenken muss. Unbewusste Verhaltensweisen lassen sich, wenn auch schwer, bewusst beeinflussen, anderen Situationen anpassen und modifizieren. Bei bewussten Verhaltensweisen vollzieht sich die Informationsverarbeitung im Gehirn, dem wirklichen Umweltvermittlungsorgan der Menschen. Aufgrund des redundanten Teils der von Rezeptoren kommenden Informationen und des im Gedächtnis gespeicherten Wissens erkennen Menschen relevante und innovative Teile der Information, verarbeiten sie weiter, indem sie ein geistiges Modell zur Rekonstruktion der Gegebenheiten entwickeln. Danach treffen sie Entscheidungen und entwickeln Strategien, die sie dann in Handlungen umsetzen. Bewusste Informationsverarbeitung überführt objektive äußere Situationen durch Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozesse in subjektiv gefärbte innere Abbildungen der Situationen. Wertvorstellungen über Ziele und Ergebnisse von Handlungen sowie eigene Erfahrungen über Chancen des Eintretens von Ergebnissen als Folge von Handlungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Der Ansatz einer Regelung mit übergeordneten Ebenen be-
156
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
ruht auf dem Soll-Ist-Vergleich nach einer Aktion, Bild 4.6-4. Dieses Blockschaltbild ist zwar zum Veranschaulichen des Verhaltens in Arbeitssystemen brauchbar, trifft jedoch nur eine von vielen Facetten des menschlichen Verhaltens. Einerseits ist die Verhaltensvariabilität der Menschen in Arbeitssystemen sehr breit, andererseits lässt sich nachträglich das Wieso oder Warum eines Verhaltens nicht immer eindeutig ermitteln. Menschen reagieren nicht stur nach dem Schema auf Eingangsgrößen mit Ausgangsgrößen zu antworten. Sie unterliegen während der Entscheidungen nicht selten Wahrnehmungsverzerrungen, äußeren und inneren Ablenkungen oder inneren Widersprüchen. Mehrere Faktoren beeinflussen diesen Prozess: • •
•
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Bild 4.6-5 Einflüsse auf menschliche Informationsverarbeitungsprozesse [4.50]
ter erschwerten Bedingungen von der Umgebung zu trennen. Sie können sich selbst Aufgaben stellen, Ziele vorgeben und entsprechend ihnen nach handeln. Sie sind die tatsächlich agierenden und nicht nur die reagierenden Elemente im Arbeitssystem. Schon deshalb beginnt sicherheitsgerechtes Verhalten im Kopf! Die Persönlichkeit, dazu gehören Aspekte wie Motivation, Einstellungen, Pflichtbewusstsein, Neugier, Leichtsinn usw., ist im Sinne einer hierarchischen Regelung der Informationsverarbeitungskette übergeordnet. Typische Verhaltens-
kognitive Faktoren, z. B. geistige Fitness und Ressourcen situative Faktoren, z. B. kontextuelle Eingebundenheit von Informationsquellen in Handlungen affektive Faktoren, z. B. emotionale Erregtheit, die physiologische Erregungszustände hervorrufen, Bild 4.6-5.
Andererseits vermögen Menschen relevante Informationen von sich aus zu suchen und sie auch un-
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Bild 4.6-4 Regelungstechnischer Ansatz des menschlichen Verhaltens
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muster, die in der Persönlichkeit begründet sind, äußern sich z. B. durch folgende individuell unterschiedlich ausgeprägte Neigungen: •
•
•
Informationen auf Ähnlichkeiten mit gemachten Erfahrungen zu prüfen, um vertraute Zusammenhänge zu erkennen und um die mit ihnen verbundenen Handlungen aus dem Gedächtnis abzurufen häufig erlebte und leicht aktivierbare Ereignisse mit aktuellen Ereignissen zu verbinden und eingeübte Verhaltensweisen zu wiederholen persönliche Sichtweisen und Aktivitäten zu bestätigen, zu sichern und abweichende Informationen umzudeuten oder zu vernachlässigen
•
•
sich voll den unmittelbar vor Augen befindlichen Aufgaben zu widmen und den Rest, auch gefährliche Situationen, zu vergessen wenn auch selten, durch Disziplinlosigkeit Vorgaben zu ignorieren bzw. durch Sorglosigkeit oder Selbstzufriedenheit die notwendige Aufmerksamkeit und Vorsicht gegenüber potenzieller Gefahren der Technik zu vernachlässigen.
Es gibt aber auch sicherheitswidrige Verhaltensweisen, auf die Konstrukteure praktisch keinen Einfluss haben, so z. B. auf Verhaltensweisen, die aus der Persönlichkeit oder aus sozialen oder wirtschaftlichen Zwängen herrühren, Bild 4.6-6.
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Bild 4.6-6 Psychologische Vielfalt sicherheitsgefährdender Handlungen im Arbeitssystemen nach [4.51]
158
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Trotzdem müssen Hersteller bei Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen auch Benutzungsarten und sicherheitsgefährdernde Handlungen in Betracht ziehen, die nach vernünftigen Ermessen zu erwarten sind. Dabei dürfen sie sich weder von Naivität (der Mensch ist von vornherein edel, hilfsbereit und gut) noch vom Wunschdenken (den Menschen so behandeln zu wollen, wie er sein sollte, nicht wie er ist), zu falschen Schlüssen verleiten lassen. Einerseits gehören zu sicherheitsgefährdernden Handlungen Aufmerksamkeit, Gedächtnis, und Verhaltensfehler andererseits aber bewusste Regelverstöße, als die vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung gelten. Für die gibt es zwar unbegrenzt viele Möglichkeiten. Aber nur theoretisch, denn erfahrungsgemäß wissen Hersteller ziemlich genau, welche konkreten Fehlanwendungen ihrer Maschinen naheliegen und auch vorkommen. Es ist opportun, dass Hersteller vorab schriftlich festlegen, welche Verhaltensweisen sie annehmen und welche sie ausschließen. Sind nichtordnungsgemäße Verwendungen mit inakzeptablen Risiken verbunden, müssen Maschinen so konstruiert sein, dass diese Verwendungen möglichst verhindert werden. Vor allem dann, wenn Maschinen in Hände von Laien kommen können. Darüberhinaus müssen Betriebsanleitungen den bestimmungsgemäßen Gebrauch eindeutig festlegen und sachwidrige Verwendungen bzw. vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen verbieten. Umgehen von Schutzeinrichtungen ist so eine „Verwendung“. Es ist eine bewusste Handlung, von der Konstrukteure nicht selten meinen, dass sie von ihnen kaum beeinflussbar ist, da sie durch die konstruierten Schutzeinrichtungen ihrer Pflicht zu Genüge nachgekommen sind. Das reicht nicht!
4.6.6 Manipulation von Schutzmaßnahmen Umgehen von Schutzeinrichtungen oder Abweichen von sicheren, in Betriebsanleitungen festgehaltenen Entstörprozeduren bedeutet unerlaubte, sogar rechtswidrige Eingriffe, s. auch Abschnitt „5.6.5 Akzeptanz und Manipulation verriegelter Schutzeinrichtungen“ auf Seite 322. Unfalluntersuchungen, in denen das Umfeld der Betroffenen oder sie selbst vertrauensvoll mitgearbeitet haben, führen meistens zum Ergebnis,
dass allen Betroffenen und ihren Kollegen sowohl die Gefährlichkeit als auch die Illegalität derartiger Eingriffe bewusst war, [4.52]. Ihr Handeln lässt sich jedoch überwiegend auf technische bzw. betriebliche Umstände und nicht auf solche zurückführen, die in der Struktur der Persönlichkeit liegen. Betriebliche Ursachen hängen mit planerischen oder konstruktiven Unzulänglichkeiten zusammen. Sie äußern sich z. B. durch: •
•
•
•
wiederkehrende Störungen im Prozess, verursacht z. B. durch Mängel der Anlage oder in der erreichbaren Teilegenauigkeit (Seufzer eines Betriebsingenieurs: “Den größten Beitrag zur aktiven Arbeitssicherheit können Konstrukteure leisten, indem sie Maschinen konstruieren, die so funktionieren, wie es beim Kauf versprochen wurde!”). fehlende oder erschwerende Eingriffs- oder Zugriffsmöglichkeiten, um z. B. notwendige Stichproben gefahrlos entnehmen zu können. fehlende Segmentabschaltung, um bei Störungen gefahrlos in Teilbereiche eingreifen zu können, ohne dass die Gesamtanlage abgeschaltet und dann wieder umständlich und zeitraubend hochgefahren werden muss. ungünstige Platzierung ungefährlicher oder häufig zu betätigender Funktionselemente z. B. Bedienteile, Vorratsbehälter, Einfüllöffnungen usw. hinter Schutzeinrichtungen, Bild 4.6-7.
Treten bei derart konzipierten Maschinen bzw. Anlagen Störungen auf, versuchen Betroffene sie auf schnellstem und einfachsten Wege zu beseitigen. Lässt dies die Konstruktion oder das in der Betriebsanleitung festgehaltene Entstörverfahren nicht zu, suchen Betroffene einen Ausweg, denn sie fassen den Mehraufwand als Misserfolg für die reibungslose Erfüllung ihrer Arbeitsaufgabe auf. Lernpsychologisch betrachtet, tendieren Misserfolge dazu, das sie auslösende Verhalten zu ändern, hier die Maschine unter Umgehung der vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen zu entstören. Die jetzt weniger aufwendige Beseitigung der Störung wird fataler Weise als Erfolg erlebt. Erfolgreiches Verhalten tendiert dazu, wiederholt zu werden, bis es sich zu einer, leider sicherheitswid-
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Bild 4.6-7 Gestaltungsmaßnahmen, die sicherheitsgerechtes Verhalten fördern
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160
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
rigen, gefährlichen Gewohnheit verfestigt, [4.53]. Im Laufe der Zeit stumpft das Bewusstsein über eingegangene Risiken ab, da Betroffene davon überzeugt sind, Gefahren durch umsichtiges Verhalten zu beherrschen. Die Gefahr ist jedoch objektiv vorhanden und wartet auf ihre Chance, die sie auch bekommt! Bereits geringfügige Änderungen im Prozessablauf oder im Verhalten können schwere Unfälle nach sich ziehen. Es steht außer Frage, dass die den Unfall auslösenden Faktoren im Verhalten der Betroffenen liegen. Planungsfehler begünstigen jedoch ihr Fehlverhalten. Planer und Konstrukteure müssen sensibler auf die aus der Praxis kommenden Forderungen der Benutzer an die Bedienbarkeit von Maschinen und deren Sicherheitskonzepte eingehen. Systematisches Sammeln von Informationen (aus Kulanzleistungen, Kundendienst- und Reparaturberichten, Ersatzteilverbrauch, aus Beanstandungen der Kunden, Sachschäden, Unfällen und Unfallberichten der Versicherer) im Rahmen der Produktüberwachung liefert wichtige Erkenntnisse. Sie erschweren nicht das sicherheitsgerechte Konstruieren, sondern bilden die Grundlage, um benutzerfreundliche und zugleich sicherheitsgerechte Maschinen zu bauen. Nur benutzerfreundliche und betriebsgerechte Gestaltung der Sicherheitstechnik wirkt sicherheitswidrigem Verhalten effektiv entgegen.
einmal in Frage zu stellen oder gar emotional abzulehnen. Auch bei einer durch Motivation und Schulung herbeigeführten Akzeptanz sicherheitsrelevanter Vorschriften (Wissen, Wollen und Können für sicherheitsgerechtes Verhalten sind vorhanden) sind außergewöhnliche Situationen nicht ausgeschlossen. Jeder Mensch hat eine individuelle und situationsbedingte, stochastische „Daneben-Greif-Quote“. Wahrscheinlichkeiten solcher Fehlgriffe fasst das Bild 4.6-8 zusammen. Jedem von uns unterlaufen unbeabsichtigte Fehler, Vergessensfehler, Überlegungs- und Denkfehler, Fehler, die sich auf Auslassen oder Vertauschen von Teilschritten zurückführen lassen, usw. Die mit ihnen verbundenen Risiken und deren Auswirkungen sind in Arbeitssystemen, in denen Menschen Teilfunktionen übernehmen, nicht immer prognostizierbar. Menschliche Fehler müssen in diesem Zusammenhang als zwangsläufige Ereignisse unterstellt werden, vor allem dann, wenn Zeitdruck, emotionale Belastungen (Depressionen, Euphorie, Langeweile) bzw. innere oder äußere Ablenkungen ins Spiel kommen. Zur quantitativen Abschätzung menschlicher Zuverlässigkeit im Sinne der Wahrscheinlichkeitsrechnung wird die menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit HEP (Human Error Probability) herangezogen. Das Komplement zur Fehlerwahrscheinlichkeit wird als Zuverlässigkeit menschlicher Handlungen R bezeichnet.
4.6.7 Menschliche Zuverlässigkeit
HEP = N/n
Es gibt kein menschliches Verhalten mit vollständiger Gewissheit. Ist die menschliche Zuverlässigkeit analog zur technischen Zuverlässigkeit als eine angemessene Erfüllung einer Arbeitsaufgabe über eine bestimmte Zeitdauer unter vereinbarten Bedingungen definiert, so kann das immer nur eine relative Aussage sein, [4.54]. Die Annahme fehlerfreier Maschinenbenutzer ist eine Illusion. Menschen verhalten sich nicht immer wie voll funktionsfähige, logisch denkende, vernünftige Wesen, die von hehren Zielen ausgehen und sich bemühen, sie zu erreichen. Es gehört zur menschlichen Natur, sich nach Gewohnheitshandlungen zu richten, an deren Ursprung man sich schon nach relativ kurzer Zeit nicht mehr so recht erinnert oder auch noch so wohlgemeinte Verhaltensvorschriften und Sicherheitsmaßnahmen erst
N n
R = 1 - HEP
Anzahl der gemachten Fehler Anzahl der Fehlermöglichkeiten
Menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit HEP ist ein Schätzwert für die Wahrscheinlichkeit, dass eine vorgegebene Tätigkeit zu irgend einem beliebigen Zeitpunkt fehlerhaft ausgeführt wird. Ausführliche Datensammlungen mit Aussagen zur Zuverlässigkeit menschlicher Leistungen auf dem Gebiet der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -umsetzung sind z. B. in [4.54] aufgelistet. Diese Zahlenwerte sind jedoch mit Vorsicht zu verwenden. Verhaltensfehler kommen wahrscheinlich viel häufiger vor. Vor allem, wenn unbemerkte Selbstkorrekturen möglich sind. Für Fehler in komplexen Situationen kann über die Häufigkeit nur spekuliert werden, [4.55]. Menschliche
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Bild 4.6-8 Menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit (HEP) nach [4.54]
162
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
Fehlerwahrscheinlichkeit hängt zwar stark von der durchzuführenden Aufgabe, aber auch von technischen Randbedingungen (Sinnfälligkeit von Handlungen, Kompatibilität zwischen Bedienteilbewegung und Anzeigerreaktion u. v. m.) und Umgebungseinwirkungen ab, wie folgendes Beispiel zeigt, [4.54]. HEP für das Betätigen von Bedienteilen in falscher Richtung: normale Bedingungen: unter starkem Stress:
0,0001 - 0,001 0,5
Die Praxis zeigt immer wieder, dass in Stress-Situationen viele spontan reagieren, ohne Rücksicht darauf, dass andere Dinge wichtiger sein könnten. So kommt es z. B. bei Kollisionen mit bewegten Massen immer wieder zu schwersten Verletzungen, weil Betroffene die den kippenden, rutschenden oder rollenden Gegenständen innewohnende kinetische Energie unter- und die eigenen Kräfte überschätzen, sich dann den bewegten Massen entgegenstellen und versuchen spontan z. B. schwere Materialrollen aufzuhalten. Beim Zusammentreffen gelten das Impulserhaltungsgesetz und die Gesetzmäßigkeiten des plastisch-elastischen Stoßes. Personen können die sich langsam bewegende Gegenstände, die im Verhältnis zum Menschen eine große Masse haben, nicht aufhalten, auch nicht unter Aufbringung maximaler Körperkräfte. Noch so kräftige Personen werden weggeschleudert oder geraten darunter. Erst nach sich immer wiederholenden Üben kann man in Stress-Situationen mit sachgerechten Reaktionen rechnen. Nicht nur übermäßig hoher Stress erhöht die Fehlerwahrscheinlichkeit. Mentale Unterforderungen können ebenfalls die Wachsamkeit reduzieren und die Zuverlässigkeit von Handlungen herabsetzen [4.56], Bild 4.6-9. Dieses Phänomen häuft sich bei handlungsarmen Beobachtungstätigkeiten während der Überwachung automatisierter Anlagen.
4.6.8 Verhalten in gefährlichen Situationen Verhalten bei Störungen. Störungen bergen ein erhebliches Unfallpotenzial in sich. Sie sind oft die letzten Warnungen vor (fehl)verhaltensbedingten Unfällen. Dies bedeutet, dass bereits vorher etwas „falsch gelaufen ist“, z. B. dem Fehlverhalten chronische Unterbrechungen im Prozess voraus gegan-
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Bild 4.6-9 Zusammenhang zwischen psychischem Stress und menschlicher Zuverlässigkeit [4.56]
gen sind. Daraus lässt sich eine grundsätzliche Sicherheitsregel herleiten: Prozessstörungen sind erstmal konstruktiv zu vermeiden! Und wenn sie schon aufgetreten sind, gleich beim ersten Mal konsequent deren Ursache aufdecken und beseitigen. Maschinenbetreiber sollten schon im eigenen Interesse solche Vorkommnisse unverzüglich dem Maschinenhersteller schriftlich mitteilen. Maschinenhersteller können mit ihnen vertraglich vereinbaren, solche Vorfälle an ihren Maschinen melden zu müssen, um in eigener Regie in Zusammenarbeit mit dem Betreiber Verbesserungen der Benutzbarkeit zu bewirken. Verhalten während Unfallsituationen. Oft wird behauptet, nicht selten von den Gefährdeten selbst, das sie z. B. der Kollision an einer Stoßstelle ausweichen können, wenn die gefahrbringende Bewegung nur langsam genug abläuft, oder dass sie sich gar aus einer Einzugstelle an langsam laufenden Walzen selbst noch befreien können. Viele Unfälle widersprechen diesen Ansichten. Wenn auch bei Stoß- und Quetschstellen die Geschwindigkeit der gefahrbringenden Schließbewegung eine Rolle spielen sollte, dann aber bestenfalls bis zum erfolgten Erfassen der Körperteile in der Enge. Sobald Gliedmaße fixiert sind und die Bewegung innerhalb der Zeitspanne der Signalverarbeitung visuell wahrgenommener Gefahr (bis 0,3 s nach [4.57], die ”Schrecksekunde” ist dabei noch unberücksichtigt!) weiter fortschreitet, haben sich durch Verformung der Körperteile schon so große Normalkräfte und somit auch
6LFKHUKHLWVZLGULJHV9HUKDOWHQ163
Reibungskräfte aufgebaut, die ein Zurückziehen unmöglich machen. Ein Befreien aus einem sich sehr spontan aufbauenden Aufwicklungsvorgang von Kleidungsstücken oder Haaren in einer Fangstelle an einer rotierenden glatten Welle durch Zurückziehen ist prinzipiell unmöglich. Das reflexartige, d. h. vom Willen nicht beeinflussbare Zurückziehen verstärkt nur den Wickelvorgang: das Erhöhen einer Trumkraft vergrößert, den Gesetzmäßigkeiten der sich selbstverstärkenden Seilreibung entsprechend, zwangsläufig die ihr entgegengesetzte Reibkraft. Besonders heimtückisch sind Einzugstellen. Beim Einziehen entsteht ebenfalls ein Selbstverstärkungseffekt. Sobald ein Körperteil, meistens ein Finger, erfasst ist, wird er tiefer in den Einzugsspalt eingezogen und mit ansteigenden Normalkräften gequetscht. Aufgrund der Reibungsgesetze bewirken sie direkt proportional höhere Reibungskräfte, die um so kräftiger den Körperteil einziehen. Ein unterer Wert für die Walzenumfangsgeschwindigkeit, bei dem Körperteile nicht mehr eingezogen werden, ist nicht bekannt, wohl aber schwerste Handverletzungen bei einer Umfangsgeschwindigkeit von 1,8 m/min! Bei der Konfiguration von Walzen, die eine Einzugstelle ausmachen, spielt die Drehrichtung eine entscheidende Rolle. Eine auf den ersten Blick harmlose Auslaufstelle wird bei einer betriebsbedingten Umkehr der Drehrichtung im Tippbetrieb plötzlich zur gefährlichen Einzugstelle. Beim bewusst ausgelösten Stoppen bei einer Drehfrequenz von 60 1/min und einer Reaktionszeit des Gefährdeten und der Maschine von 0,5 s werden beide Walzen noch fast eine halbe Umdrehung nachlaufen. Das ergibt eine Einzugsstrecke, die etwa der Länge des Unterarms entspricht. Dies führt zu schwersten Verletzungen am Unterarm, Bild 4.6-10. Auch bei geringen Geschwindigkeiten lassen sich Zylinder und Walzen wegen ihrer Massenträgheit und der Abbremszeit des Antriebsstrangs nie sofort ohne Nachlauf stoppen. So können lose gefaltete Putzlappen, die in die Einzugstelle geraten, Finger in die Enge der nachlaufenden Einzugstelle nachziehen, weil der Gefährdete den Lappen reflexartig festhält. Helfer versuchen den Eingezogenen zu befreien und drücken das Befehlsgerät zur Bewegungsumkehr der Walzen. Das bedeutet aber für den Betroffenen eine wesentliche Ver-
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Bild 4.6-10 Einzugsgefahr durch Maschinennachlauf
schlimmerung seiner Verletzungen, da er den engen Spalt der Einzugstelle zum zweitenmal passieren muss, diesmal in umgekehrter Richtung. Die Befreiung gestaltet sich einfacher, wenn konstruktive Maßnahmen vorgesehen waren, mit denen sich der Spaltabstand (und wenn es nur um wenige Millimeter handelt) vergrößern lässt. Nach dem Lösen der Lagerung bricht die Keilwirkung der Enge zusammen und die Normal- und Reibkräfte hören auf zu wirken. Auch an schnellaufenden Schneidstellen kann man sich durch Ausweichbewegungen den drohenden Verletzungen kaum entziehen. Für den Verlauf schwerer Handverletzungen an Kreissägen wurde experimentell nachgewiesen, dass das Durchsägen eines Unterarms von ca. 60 mm Durchmesser innert etwa 40 bis 80 ms geschieht. Der dazu notwendige Impuls von 13 bis 18 Ns beträgt höchstens 20% des Impulses, den eine rutschende Person beim Auftreffen auf das Sägeblatt ausübt. Diese Untersuchung bestätigt die praktische Erfahrung, dass Reaktionszeiten der Menschen zu lang sind, um gefährdete Hände bewusst aus dem Flugkreis eines rotierenden Sägeblattes zurückziehen zu können, [4.58]. Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass ein bewusstes, selbstinitiertes Befreien aus nahezu allen Gefahrstellen so gut wie unmöglich ist. Konstruktive Schutzmaßnahmen sind daher unabdingbar.
164
4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
4.7 Zusammenfassung Juristisch betrachtet, beginnt das Herstellen einer richtlinienkonformen Maschine bereits in ihrer Planungs- und Konstruktionsphase. Die Maschinenrichtlinie verpflichtet Hersteller, für jede Maschine eine Risikobeurteilung vorzunehmen, angemessene Sicherheitsmaßnahmen zu treffen und dies alles zu dokumentieren. Dank des bereits erreichten hohen Sicherheitsniveaus ist die Anzahl der Maschinenunfälle, von denen Maschinenhersteller erfahren, relativ gering. Deshalb fällt es noch vielen schwer, die von ihren Maschinen ausgehenden Gefährdungen bzw. Risiken retrospektiv statistisch so zu erfassen und so auszuwerten, dass aus den Erkenntnissen allgemeingültige Schlüsse gezogen werden können. Trotzdem müssen Konstrukteure Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen Risiken, wie andere Konstruktionsmängel auch, vorausschauend schon in ihren Entwürfen, technischen Zeichnungen oder CAD-Datensätzen und CAD-Simulationen entdecken, erkennen, beheben und dies dokumentieren, Bild 4.7-1 und 4.7-2. Systematische Auflistungen von Gefahren, Gefährdungen, der mit ihnen verbundenen Risiken und der sie aufhebenden technischen Maßnahmen sind nicht nur als Nachweis für das Einhalten akzeptierter Restrisiken wichtig, sondern auch für das Erstellen von Betriebsanleitungen notwendig und auch eine Grundvoraussetzung für das Aufstellen interner und externer Dokumentationen. Systematisches Suchen und konsequentes Erkennen aller stochastischen und deterministischen Gefahren ist nur ein, wenn auch wesentlicher Teil aller Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen. Risikobeurteilung ist eine kalkulierte Prognose, eine Abfolge logischer Schritte, um Gefährdungen systematisch zu suchen, sie zu erkennen, ihre Konsequenzen zu prüfen und Eintrittswahrscheinlichkeiten und schädigende Auswirkungen abzuschätzen und abzuwägen. Bei Risikobeurteilungen ist es immer ratsam, realistisch zu bleiben und zu unterscheiden, welche Ereignisse vorhersehbar, welche wahrscheinlich und welche hypothetisch sind. Die mit Gefährdungen verbundenen Risiken müssen bewertet bzw. beurteilt werden, um geeignete Sicherheitsmaßnahmen auszuwählen, die sowohl im Einklang mit dem Stand der Sicherheitstechnik stehen als auch technische, ergono-
mische und wirtschaftliche Anforderungen erfüllen. Gefahrenanalysen und Risikobeurteilungen sind ein entwicklungs- und konstruktionsbegleitender Prozess. Sie müssen während des Konstruierens mehrmals in zwei Ebenen erfolgen: einmal in der Zeitebene der Lebensphasen der Maschine und dort jeweils in der funktionellen Ebene der einzelnen Systeme der Maschine. In jeder Lebensphase gibt es in jedem System der Maschine typische Situationen und Tätigkeiten, in denen es zu spezifischen Gefährdungen kommt. Pragmatisch und lebensnah betrachtet, ist es aus der Sicht der Praxis sinnvoll, frühestens während der Konzeptphase des Konstruktionsprozesses (sobald die Funktionsstruktur erstellt worden ist) intensiv mit Risikobetrachtungen zu beginnen. Denn Funktionsstrukturen sind eine ideale Grundlage zur Fehleranalyse, indem sie anstatt der zu erfüllenden Teilfunktionen der einzelnen Blöcke durch Negation entsprechendes Ausfallverhalten und dessen Auswirkung offenbaren und zugleich aufzeigen, welche Funktionen Menschen übernehmen. Spätestens in der Entwurfsphase, also zum Zeitpunkt der ersten animierten CAD-Simulationen der Maschine oder deren wesentlichen Baugruppen sollten Risikobeurteilungen angestellt werden. Häufig wird der Fehler gemacht, mit Risikobetrachtungen erst an fertigen Maschinen zu beginnen. Das ist eindeutig zu spät. Zu diesem Zeitpunkt gibt es erfahrungsgemäß kaum noch preisgünstige und wirkungsvolle Verbesserungsmöglichkeiten. Die mögliche Schwere der Verletzung ist der entscheidender Parameter bei der Risikobeurteilung. Gefährdungen dürfen nur aufgrund minimaler Folgen und nicht wegen minimaler Eintrittswahrscheinlichkeit vernachlässigt werden. Denn beim Abschätzen von Eintrittswahrscheinlichkeiten möglicher Unfälle, als weiteren Gesichtspunkt der Risikobeurteilung, muss immer folgende, aus Lebenserfahrung gewonnene Erkenntnis der Betriebspraktiker ins Kalkül einbezogen werden: Sobald eine Maschine oder ein Arbeitsmittel einen Unfall zulässt, ist es nur eine Frage der Zeit, wann er passiert. Mit anderen Worten: Wer das Denken in Risiken akzeptiert, muss auch akzeptieren, dass sich Risiken verwirklichen. So betrachtet, impliziert die Akzeptanz des Begriffs (Rest-)Risiko, dass Un-
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4 Gefährdungen und Risken im Arbeitssystem
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Bild 4.7-2 Leitfaden zur Risikobeurteilung
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fälle möglich sind und dass mit ihnen, redlich betrachtet, auch gerechnet werden muss. Und dann soll man bitte nicht so überrascht tun und entsetzt sein, wenn sie passiert sind! Dies gilt auch für Aufsichtsbehörden und Berufsgenossenschaften. Wie schwer die Verletzungen sein werden, hängt zwar primär von technischen Gegebenheiten und vom Verhalten der Gefährdeten ab. Auch wenn Zufall und viele weitere Unwägbarkeiten eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen, gilt nach heutigem Verständnis der Normen und Richtlinien eine Maschine unzureichend konstruiert, wenn das vernünftigerweise vorhersehbare Fehlverhalten der Benutzer unberücksichtigt blieb. Tiefe des Verfahrens, Formalismus und Dokumentationsaufwand der Risikobeurteilung sollen im Einklang mit der Höhe der Risiken für die Maschinenarbeiter und somit auch für den Hersteller stehen. Bei rein monetären Bewertungen ist Vorsicht geboten: Wenn es zu spät ist, erkennt jeder den Wert der Sicherheit, der meist weit über deren (Entstehungs-)Preis liegt. Denn ein erlittener (finanzieller) Verlust wandelt sich unverzüglich in langandauerndes Wissen um! Die auf der Risikobeurteilung basierende Sicherheitstechnik hat die Aufgabe, Risiken zu gesellschaftlich akzeptierten Restrisiken zu mini-
mieren, um Schäden an Mensch, Umwelt und Sachwerten zu vermeiden bzw. zu begrenzen. Entscheidend ist daher, a priori Maschinen und Arbeitsmittel so zu konstruieren, dass ein Unfall möglichst unwahrscheinlich wird. Die dazu führenden Konstruktionsmaßnahmen zielen in zwei Richtungen: 1. mit den Regeln des Konstruierens ein zeitgemäßes, zuverlässig funktionierendes technisches Gebilde (technische Zuverlässigkeit und Beherrschung von Fehlern zur Verhinderung stochastischer, zufallsbedingter Gefahren, sprich funktionale Sicherheit) zu konstruieren, besser gesagt seine sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit zu verwirklichen [4.59] und 2. auf das Umsetzen eines Systems aufeinander abgestimmter und ineinander greifender Sicherheitsmaßnahmen (Eliminierung von Fehlern) zur Verhinderung deterministischer, vorbestimmter Gefahren, die Sicherheitstechnik im engeren Sinne zu verwirklichen, [4.60]. Mit diesem wohl wichtigsten Teil des Konstruierens sicherheitsgerechter Produkte beschäftigen sich die zwei nachfolgenden Kapitel.
5 Sicherheitstechnik
Europäisches und nationales Recht verpflichten Hersteller technischer Produkte, nur sichere Erzeugnisse in den Verkehr zu bringen. Hersteller müssen vorab alle an ihren Erzeugnissen vorkommenden Gefährdungen ermitteln und die mit ihnen verbundenen Risiken bewerten bzw. beurteilen. Sie müssen ihre Produkte unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung entwerfen und so bauen, dass sich Gefahren nicht schädigend auf spätere Benutzer oder Dritte bzw. auf die Umwelt auswirken können. Das setzt voraus, dass Hersteller schon in der Konstruktionsphase schlüssige Sicherheitskonzepte mit einer allgemein gültigen Strategie umsetzen.
5.1 Sicherheitsstrategien Sicher zu konstruieren ist nach [5.1] eine der drei Grundregeln für methodisches Konstruieren erfolgreicher Produkte, Bild 5.1-1. Eindeutig und einfach zu konstruieren ist für das Erfüllen technischer Funktionen und für wirtschaftliches Herstellen bestimmend. Sicherheitsgerechtes Konstruieren tangiert moralische und ethische, vor allem aber rechtliche Ebenen. Das Ergebnis muss eine Maschine bzw. ein Produkt als funktionierendes Ganzes sein, mit dem Menschen in einem Arbeitssystem ihre Arbeitsaufgaben effektiv und dabei sicher erfüllen können. Die setzt voraus, dass Konstrukteure über ein hohes Fachwissen verfügen aber auch die Gesetzmäßigkeiten der Analyse, der Synthese und der Optimierung beherrschen. Zur Begriffsbestimmung: Wie in allen Wissensgebieten, so ist auch in der Sicherheitstechnik terminologische Sorgfalt ratsam. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter sicher oft das zuverlässige Erfüllen technischer Funktionen verstanden, d. h. die Fähigkeit eines technischen Systems, innerhalb vorgegebener Grenzen und während einer bestimmten Dauer die vom Verwendungs-
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Bild 5.1-1 Grundregeln zum Konstruieren erfolgreicher Produkte [5.1], modifiziert
zweck gestellten Anforderungen zu erfüllen (funktionale Zuverlässigkeit). Im eigentlichen Sinne ist aber unter sicher vor allem frei sein von Gefahren für Mensch und Umwelt gemeint. So auch in diesem Buch. Sicherheit und Zuverlässigkeit haben nach [5.2] viele Gemeinsamkeiten. Sie beziehen sich immer auf zukünftige Ereignisse unter vereinbarten oder festgelegten Bedingungen und haben damit Wahrscheinlichkeitscharakter. Sie unterscheiden sich darin, dass Aspekte der Sicherheit nur eine Teilmenge der Zuverlässigkeit umfassen: Ereignisse und Zustände, die zu Gefährdungen von Mensch und Umwelt führen können. Strategien der Zuverlässigkeit orientieren sich vornehmlich nach wirtschaftlichen Kriterien. Sicherheitsstrategien müssen darauf gerichtet sein, akzeptierte (Rest)Risiken für Menschen und Umwelt zu gewährleisten. Der Begriff Sicherheit
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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5 Sicherheitstechnik
Um dies erreichen zu können, müssen Konstrukteure begründete Entscheidungen für Situationen treffen, in denen mehr Ereignisse möglich sind als tatsächlich eintreten werden. Dazu müssen sie vorerst den sicherheitstechnischen Zustand der Maschine planen bzw. den vorhandenen sicherheitstechnischen Zustand beschreiben. Im nächsten Schritt müssen sie die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine während aller ihrer Lebensphasen definieren, beschreiben und von vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendungen abgrenzen. Schließlich müssen sie alle auftretenden Gefährdungspotentiale, deren Eintrittswahrscheinlichkeit, die zu erwartende Schadenshöhe bzw. Folgen eines denkbaren Unfalls abwägen, bewerten und beurteilen. Risiken, die sich zu existenzbedrohenden Situationen für Maschinenbenutzer und -betreiber bzw. -hersteller entwickeln können, müssen sie natürlich zuerst angehen, um ausreichende Sicherheit zu erzeugen. Dazu haben sich drei Methoden entwickelt, Bild 5.1-2:
(safety), als Schutz der Menschen beim Umgang mit technischen Systemen, ist abzugrenzen vom Begriff security, als Schutz von Personen gegenüber zielgerichteten böswilligen Angriffen anderer. Sicherheitskonzepte müssen schon in frühen Entstehungsphasen der Produkte die notwendige Sicherheit in alle technischen Funktionen und in zu realisierenden Bauteile integrieren. Sonst muss Sicherheit umständlich nachkonstruiert oder gar teuer am fertigen Produkt nachgerüstet werden, oft mit bescheidenem Erfolg. Hersteller sind beim Umsetzen dieses Ziels noch eine geraume Zeit auf sich gestellt, weil das Vorschriftenwerk sicherheitsrelevanter normativer Festlegungen auf europäischer Ebene immer noch im Werden ist. Und wegen der kontinuierlichen Entwicklung der Technik (und auch der Vorschriften) auch wohl nie zu einem allgemein verbindlichen Abschluss kommen wird! Trotzdem müssen Hersteller bzw. deren Konstrukteure für ihre Produkte in eigener Verantwortung ganzheitliche Sicherheitsstrategien entwickeln, d. h. mit geordneter Methodik die Kausalkette zwischen Ursache und Wirkung von Gefahr, Gefährdung und Risiko und konstruktive Maßnahmen festlegen, um Schutzziele zu verwirklichen. Das primäre Ziel ist, Unfälle und Schäden nach Möglichkeit erst gar nicht entstehen zu lassen.
1. In der Konstruktion werden Gefährdungspotentiale vermieden oder derart reduziert, dass selbst bei deren vollständigen Freisetzung keine Gefährdung für Mensch und Umwelt entstehen kann. Dieses Konzept
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Bild 5.1-2 Strategische Entscheidungen von Schäden und Unfällen
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5.1 Sicherheitsstrategien
führt zur innewohnenden, inhärenten Sicherheit. 2. Durch Integration passiver oder aktiver Sicherheitsmaßnahmen in die Konstruktion wird die Eintrittswahrscheinlichkeit unerwünschter Ereignisse soweit reduziert, dass Gefährdungspotentiale ausreichend zuverlässig beherrscht werden. Das ist das Konzept der zusätzlichen, integrierten Sicherheit. 3. Durch technische und organisatorische Maßnahmen wird die Auswirkung von Schäden oder von Unfällen auf ein individuell akzeptables und gesellschaftlich akzeptiertes Niveau begrenzt. Damit die während des Konstruierens getroffenen Sicherheitsmaßnahmen die in sie gesetzten Erwartungen hinsichtlich Funktion, Kosten und zuverlässigen Wirkung erfüllen können, müssen sie ineinandergreifen und dürfen sich nicht widersprechen. Außenstehende (z. B. Marktaufsichtsbehörden) müssen sie akzeptieren. Maschinenbenutzer müssen sie als notwendig und zumutbar empfinden. Auch wirtschaftliche Aspekte spielen eine Rolle: neben erhöhten Anschaffungskosten schlagen auch Folgekosten für Wartung und Nachrüstungen zu Buche. Maschinenbetreiber müssen deshalb Sicherheitsmaßnahmen als bezahlbaren Vorteil erkennen. Nicht nur zu wenig, sondern auch zu viel an Sicherheit (Überfunktionalität statt Benutzerorientiertheit!) kann das Erreichen der Schutzziele in Frage stellen. Überfunktionalität entsteht, wenn versucht wird, den Gefahren durch immer neue und aufwendigere sicherheitstechnische Maßnahmen beizukommen, ohne eine wirkliche Sicherheit erlangen zu können, weil versäumt wurde, Gefährdungssituationen unter allen möglichen Gesichtspunkten vernünftig, lebensnah und praxisgerecht zu analysieren. Anders formuliert: Die Zahl der durch sicherheitstechnische Maßnahmen „gelösten“ Probleme steigt zwar; doch die Zahl der im Zuge dieses Lösungsprozesses neu geschaffenen Probleme steigt ebenfalls, manchmal sogar schneller. Sicherheitstechnik, übrigens wie jede andere Technik auch, wird nur dann akzeptiert, wenn sie für Benutzer durchschaubar ist und ihnen nutzt. Von mangelnder Akzeptanz zusätzlicher Kosten bei den Betreibern abgesehen, muss ein “Über-
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angebot” an Sicherheit nicht unbedingt die Verfügbarkeit oder Handhabbarkeit der Maschinen erhöhen oder Arbeitsabläufe begünstigen. Dann müssen Konstrukteure damit rechnen, dass solch ein Sicherheitskonzept sicherheitswidriges Verhalten provoziert und neue Risiken heraufbeschwört. Beim Umsetzen der Forderung nach der Verwirklichung höchstmöglicher aber zugleich vertretbarer Sicherheit, d. h. nach dem Verwirklichen einer Maschine mit akzeptiertem Restrisiko, entwickelten sich in der Praxis aus den obigen strategischen Grundsätzen abgestufte Methoden, die schon in der Konstruktionsphase Vorbedingungen für sicherheitsgerechte Produkte schaffen. Konstruktionsmaßnahmen müssen sowohl unvorhersehbaren, stochastischen, als auch vorbestimmten, deterministischen Gefährdungen entgegenwirken.
5.1.1 Grundlegende Konstruktionsmaßnahmen Unterschiedliche Wirkungsweisen deterministischer und stochastischer Gefahren auf Menschen bedingen auch unterschiedliche Methoden zu deren Beherrschung. Das liegt in der Natur der Sache. Ansätze, mit denen sich die jeweiligen Gefahren konstruktiv beeinflussen lassen, unterscheiden sich erheblich. Deshalb ist es notwendig, konsequent zu unterscheiden, welche der beiden Gefahren bzw. Gefährdungen mit welchen Methoden beseitigt oder minimiert werden sollen, Bild 5.1-3. Stochastische Gefahren bzw. Gefährdungen lassen sich vor allem auf Bauteilausfälle bzw. Bauteilversagen zurückführen, also eher auf zufällige Ereignisse. Sie tangieren die Zuverlässigkeit von Maschinen, können zwar, müssen aber nicht die Sicherheit der Beschäftigten beeinträchtigen. Nicht jedes Erhöhen der Zuverlässigkeit verbessert daher die Sicherheit und umgekehrt. Konstruktionsmaßnahmen, die stochastischen Gefährdungen entgegenwirken, verfolgen das Ziel, die zeitabhängige Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, mit der Produkte innerhalb einer vereinbarten Betriebsdauer unter definierten Betriebsbedingungen die ihnen zugedachte Funktion erfüllen, störfest gegenüber zufälligen Bauteilausfällen bleiben und somit weder Menschen noch Umwelt schädigen. Mit anderen Worten, diese Maßnahmen zielen darauf, die Auswirkung zufälliger, gefahrenverursachender Fehler zu beherrschen. Die
172
5 Sicherheitstechnik
geben sich wesentliche Unterschiede in ihren Nutzungspotentialen, Bild 5.1-4.
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Bild 5.1-3 Grundlegende Konstruktionsmaßnahmen zur Gefahrenabwendung und Risikobeherrschung
bekanntesten Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen sind das • Prinzip des sicheren Bestehens (safe life) • Prinzip des beschränkten Versagens (fail safe) • Prinzip der Redundanz. Anwendungsmöglichkeiten und effiziente Wirkung der jeweiligen Prinzipien hängen vom physikalischen Aufbau der Maschinensysteme ab, deren Zuverlässigkeit sie erhöhen sollen. Hier er-
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Bild 5.1-4 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen und deren Nutzungspotenzial
So liegen bei mechanischen Komponenten erhebliche Möglichkeiten in Safe-life-Maßnahmen und Wartungsstrategien. Diese Maßnahmen sind dagegen bei elektronischen Systemen nicht besonders wirkungsvoll. Elektronische Systeme erlauben jedoch viel effektiver als alle anderen Systeme das Prinzip der Redundanz und der Diversität sowie entsprechende Selbsttest- und Überwachungsverfahren zu nutzen. Deterministische Gefahren bzw. die mit ihnen verbundenen Gefährdungen sind dagegen vornehmlich durch den funktionellen Aufbau der Maschine oder durch angewandte Verfahren bedingt. Sie lassen sich meistens auf systematische Unzulänglichkeiten bzw. Fehler zurückführen. Deterministische Gefährdungen beeinträchtigen unmittelbar die Sicherheit von Menschen. Die gegen deterministische Gefährdungen gerichteten Konstruktionsmaßnahmen verfolgen das Ziel, zu verhindern, dass sich latente Gefahren auf Menschen auswirken können. Mit anderen Worten, diese Maßnahmen versuchen, gefahrenverursachende Fehler nicht aufkommen zu lassen bzw. sie zu eliminieren. Diese Maßnahmen sind unter den Begriffen
5.1 Sicherheitsstrategien
• unmittelbare Sicherheitstechnik • mittelbare Sicherheitstechnik • hinweisende Sicherheitstechnik allgemein eingeführt und bekannt. Im Unterschied zu Maßnahmen gegen stochastische Gefährdungen, deren Anwendbarkeit und Wirksamkeit vom Aufbau der Maschinensysteme abhängen, ist für die Anwendung der jeweiligen Maßnahmen gegen deterministische Gefährdungen eine verbindliche Priorität und Reihenfolge durch die Maschinenrichtlinie vorgegeben, Bild 5.1-5. Es wird jedoch so gut wie unmöglich sein, das Ziel, eine ausreichend sichere Maschine zu konstruieren, von der nur akzeptierte Restrisiken ausgehen sollen, mit nur einer einzigen der Konstruktionsmaßnahmen erreichen zu wollen. Vielmehr müssen Konstruktionsmaßnahmen mit ihren Methoden aufeinander abgestimmt sein, um sich im Sinne einer Synergie zu ergänzen und zu unterstützen. Nur das funktionelle Zusammenwirken aller Methoden, umgesetzt in Konstruktionsmaßnahmen, kann zu Maschinen mit akzeptablen und akzeptierten Restrisiken führen. Wegen der grundlegenden Bedeutung der Konstruktionsphase für das spätere Produkt müssen in ihr das Gefährdungspotential ermittelt, das zu erwartende Risiko beurteilt, die anzuwendenden sicherheitstechnischen Lösungen und deren Priorität festgelegt und umgesetzt werden. Beispiele für die Möglichkeit einer symbiotischen Umsetzung der Konstruktions- und Schutzmaßnahmen gegen deterministisch und stochastisch wirkende Gefährdungen an Auswuchtmaschinen enthält die Norm EN ISO 7475. Zugleich beschreibt sie technische Möglichkeiten für die Umsetzung der Methoden der unmittelbaren und mittelbaren Sicherheitstechnik in Abhängigkeit vom Gefährdungspotential aller möglichen Gefahrstellen und -quellen in Abhängigkeit von der Höhe der sie begleitenden Risiken, Bild 5.1-6. Deterministisch wirkende Gefahrstellen, hauptsächlich Fang-, Reib- oder Schneidstellen, ergeben sich aus Konfigurationen der auszuwuchtenden rotierenden Körper, an denen sich Menschen verletzen können. Stochastische Gefährdungen (Gefahrquellen) entstehen beim Auswuchten immer dann, wenn sich Teile der auszuwuchtenden Körper oder Ausgleichgewichte lö-
173
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Bild 5.1-5 Drei Stufen und Prioritäten der Sicherheitstechnik
sen, sich unkontrolliert in freien Bahnen bewegen und Menschen erreichen und verletzen können.
5.1.2 Organisatorische Voraussetzungen Die Maschinenrichtlinie führt mit den Verpflichtungen, Risikobeurteilungen konstruktionsbegleitend, d. h. iterativ im Rahmen eines obligatorischen Konformitätsbewertungsverfahrens durchzuführen, eine für das Konstruieren weitreichende Neuerung ein, einen gesetzlichen Eingriff in die an sich freie und kreative Tätigkeit der Konstrukteure. Dieser neue Sachverhalt blieb von vielen unbemerkt und auch unwidersprochen. Er muss jetzt aber in den Konstruktionsabteilungen strategisch vorbereitet und organisatorisch umgesetzt werden. Sachmittel. Zum erfolgreichen Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte müssen sachliche (z. B. zugängliche Sammlungen aktueller har-
5 Sicherheitstechnik
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174
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Bild 5.1-6 Risikobezogene Maßnahmen der unmittelbaren und mittelbaren Sicherheitstechnik beim Auswuchten nach ISO 7475
5.1 Sicherheitsstrategien
monisierter EN-Normen) und personelle (z. B. sicherheitstechnisch ausgerichtete Weiterbildung der Konstrukteure) Maßnahmen umgesetzt sein. Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte ist keine einmalige Aktion, sondern ein konstruktionsbegleitender Prozess, der organisiert und kommunziert werden muss. Sicherheit kommunzieren. Wichtig sind deshalb z. B. regelmäßige Besprechungen aller sicherheitstechnischen Fragen in einer Arbeitsgruppe. In ihnen dürfen aber Konsens nicht mit Richtigkeit verwechselt werden. Die Mitglieder müssen sich statt dessen der Möglichkeit eines Irrtums stets bewusst bleiben. Gegenteilige Meinungen müssen sie ernsthaft diskutieren und Risiken ernst nehmen. Des Weiteren ist es notwendig, eine organisierte Beobachtung der Maschine auf den Markt einschließlich des Nachweises, dass die entdeckten Mängel beseitigt wurden und die Umkonstruktion zur Verbesserung der Maschinensicherheit geführt hat und ggf. ein wirksames Rückrufmanagement einzuführen. Die Maschinenrichtlinie verlangt verbindlich, statt der in der Vergangenheit meistens pragmatisch nur gedanklich vorgenommene Gefährdungsanalyse jetzt während des Konstruktionsprozesses iterativ eine Risikobeurteilung durchzuführen und sie ausführlich und nachvollziehbar zu dokumentieren, damit die Übereinstimmung der Maschinen mit den grundlegenden, verbindlichen sicherheitstechnischen Anforderungen (Anhang I der Maschinenrichtlinie) für (Markt)Aufsichtsbehörden überprüfbar und nachvollziehbar wird. Dies setzt voraus, dass die für die jeweilige Maschine relevanten Sicherheitsanforderungen (und nur die!) in der "klassischen" Anforderungsliste registriert sind. Ergebnisse müssen in Schriftform festgehaltene signifikanten Gefährdungen und durchdiskutierte Lösungsmöglichkeiten (auch für Sonderbetriebsarten!) sein. Die Erfahrung zeigt, dass in ihr nur dann realistische Anforderungen festgehalten werden, wenn bei deren Aufstellung auch Vertreter des Maschinenbetreibers (möglichst auch ein Sprecher der betrieblichen Praxis und bei größeren Projekten in den Räumlichkeiten des Betreibers) beteiligt sind. Bei Basisinnovationen und Neukonstruktionen ist es ratsam, schon in den frühen Phasen des Konstruktionspozesses die Kompetenz
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berufsgenossenschaftlicher Fachausschüsse einfließen zu lassen. . Hilfsmittel. Ein wichtiger Bestandteil des sicherheitsgerechten Konstruierens ist also die vollständige Auflistung dieser Gefährdungen, aller mit ihnen verbundener Risiken (Negativ-Liste) sowie der technischen und organisatorischen Lösungen, mit denen sie abgewendet werden (Positiv-Liste). Bildhafte Symbole als Planungshilfsmittel, wie sie z. B. von [5.3,] entwickelt wurden, helfen, Gefährdungen und getroffene Schutzmaßnahmen in bildlichen Darstellungen, in CAD-Simulationen, möglichst mit digitalen Mensch-Modellen aber auch in der technischen Dokumentation zu lokalisieren. Formalisierte Vordrucke in Papierform oder unter Nutzung zeitgemäßer Softwaretools haben sich genauso bewährt, wie ausführliche Video- oder Fotodokumentationen sicherheitstechnischer Lösungen an fertiggestellten Maschinen. Sicherheitsrelevante Informationen fallen an unterschiedlichsten Orten in allen Entstehungsphasen der Maschine an. Damit alle Informationen spätestens nach Abschluss der Montage nachvollziehbar und wiederauffindbar in den Listen zusammengetragen werden, muss die betriebliche Organisation auf diese neuen Aufgaben sachlich und personell abgestimmt sein. Listenblätter, in Papierform oder digitalisiert, sollten bereits in der Konzeptphase der Maschinen den Konstruktionsabteilung vorliegen, damit alle sicherheitsrelevanten Informationen von Anfang an allen zur Verfügung stehen. Sehr hilfreich sind dabei Software-Tools, die als Datenbank aufgebaut sind und eine modulare Struktur haben. Systematische Auflistungen von Gefährdungen, von beurteilten Risiken und von den sie aufhebenden technischen Maßnahmen (z. B. als synoptische Negativ-Positiv-Listen einschließlich einer sorgfältigen Foto-Dokumentation der tatsächlich umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen ausgeführt) sind nicht nur als Nachweis für das Durchführen der den beurteilten Risiken und verbleibenden Restrisiken adäquaten Sicherheitsmaßnahmen wichtig, sondern auch für das Erstellen von Betriebsanleitungen notwendig. Diese Listen sind auch eine Grundvoraussetzung zum Aufstellen interner und externer Dokumentationen und dienen letztendlich der Rechtssicherheit der Konstrukteure.
176
5 Sicherheitstechnik
5.2 Konstruktionsmaßnahmen stochastische Gefährdungen
gegen
Stochastische Gefährdungen lassen sich vor allem auf Bauteilversagen und auf strukturelle Unzulänglichkeiten zurückführen. Unfälle, die sich eindeutig auf erkennbare und nachweisbare Konstruktions- oder Werkstoffehler zurückführen lassen, kommen relativ selten vor, treten dafür aber überraschend auf. So ergeben sich z. B. an NC-Werkzeugmaschinen stochastische Gefährdungen aus unkontrollierbaren Maschinenbewegungen, aus unerwarteten Anläufen oder Durchläufen, aus dem Überschreiten von Werkzeug- oder Spindeldrehzahlen während Programmier- oder Einstellarbeiten als Folge von Hardware- oder Softwarefehlern sowie aus Kollisionen als Folge von Werkzeugbruch usw. Ausfälle hydraulischer oder elektronischer Bauteile, verbunden mit ungünstigen Konzeptionen von Energiesystemen oder Steuerungen, können sich ebenfalls negativ auf die Gesamtsicherheit von Maschinen auswirken. Stochastische Gefährdungen treten aber auch als Folge von Fehlbedienungen oder von fehlerhaften Instandhaltungsarbeiten auf. Es gibt mehrere Sicherheitsprinzipien, nach denen sich Maschinen so konstruieren lassen, dass von ihnen möglichst nur abschätzbare oder berechenbare Risiken durch stochastische Gefährdungen ausgehen, Bild 5.2-1. Wichtige Voraussetzung zum konstruktiven Vermeiden von Ausfällen und Störungen oder zumindest zum Abschwächen deren Folgen ist das Erkennen und Abschätzen möglicher Fehler und Störgrößen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Produktentstehung. Das Berücksichtigen und die Dokumentation vereinbarter Fehler bzw. Fehlerausschlüsse sind rechtlich von entscheidender Bedeutung. Konstruktionsmaßnahmen zur Verhinderung stochastischer Gefährdungen zielen in mehrere Richtungen: Erhöhung der Zuverlässigkeit von Maschinenteilen bzw. Baugruppen, um die technisch mögliche Zuverlässigkeit gegen Bruch, Verformung, ungewollte Ortsveränderung von Maschinenteilen oder Baugruppen zu erlangen. Bruch oder extreme Verformungen von Maschinenteilen bedeuten nicht selten auch Gefährdungen der an der Maschine beschäftigten Personen und unbeteiligter Dritter. Beeinflussung der Folgen beim Ein-
tritt von Bauteilfehlern oder -ausfällen, z. B. in Steuerungen, die sonst zu unerwarteten gefahrbringenden Situationen an der Maschine führen würden. Gewährleisten bzw. Verbessern der zuverlässigen Funktion im Sinne eines störungsfreien Zusammenwirkens von Bauteilen und Funktionsgruppen. Störungen im Prozessablauf ziehen oft ein spontanes, gefährliches Eingreifen der an Maschinen beschäftigten Personen in den Wirkbereich der Maschine nach sich. Von den Prinzipien, mit denen sich die zuverlässige Funktion von Bauteilen, Baugruppen und Systemen in der Praxis erreichen und beurteilen lässt, sind das • Prinzip des sicheren Bestehens (safe life), • Prinzip des beschränkten Versagens (fail safe) • Prinzip der Redundanz die bekanntesten. Diese Prinzipien sind strategische Vorgaben zum Beherrschen stochastischer Gefährdungen. Sie lassen sich aber nicht immer und nicht unter allen Umständen umsetzen. Funktionelle Besonderheiten und charakteristische Beispiele der konstruktiven Umsetzung dieser Prinzipien sind in zahlreichen Quellen, die sich mit methodischem Konstruieren auseinandersetzen, ausführlich und erschöpfend behandelt. Deshalb wird hier auf die Methoden nur kurz an Hand einiger typischer Beispiele eingegangen. Ansonsten sei auf die einschlägigen Quellen, z. B. [5.4, 5.6], verwiesen.
5.2.1 Prinzip des sicheren Bestehens (safe life) Seine Maßnahmen verfolgen vorerst das Ziel, Bauteile ausgehend von anerkannten und bewährten Berechnungshypothesen so zu bemessen und auszulegen, dass Fehler als Folge von Bauteilversagen höchst unwahrscheinlich werden. Mit anderen Worten, Bauteile und Strukturen müssen so ausgelegt sein, dass sie die vorgesehene Lebensdauer überstehen, ohne dass bekannte oder vereinbarte Fehler auftreten, Bild 5.2-2. Beim Dimensionieren von Querschnitten, Auswählen von Werkstoffen, Gestalten und Herstellen von Maschinenteilen und -baugruppen sollten schon aus rechtlichen Gründen Erkenntnisse, Methoden, Simulationsverfahren, Berechnungs-
177
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
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Bild 5.2-1 Wichtige Sicherheitsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen nach [5.4] und [5.5]
5 Sicherheitstechnik
178
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Bild 5.2-2 Beispiele für Methoden des Prinzips des sicheren Bestehens /5.44, 5.48/
179
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
ansätze, -hypothesen und -programme angewendet werden, die mindestens dem Stand der Technik entsprechen und die Erkenntnisse von Schadensanalysen berücksichtigen [5.7-5.9]. Es müssen zeitgemäße Berechnungsverfahren oder experimentelle Prüfmethoden berücksichtigt werden, die oft zu anderen Ergebnissen führen als allgemein anerkannten Regeln der Technik. Beispiel: Obwohl Passfedern als Teile von WelleNabe-Verbindungen gemäß der noch oft vertretenen Lehrmeinung auf Flächenpressung bzw. auf Scherung berechnet werden, zeigen neuere Forschungsergebnisse, dass bei Dauerbelastung nicht Passfedern zerstört werden, sondern dass die Welle-Nabe-Verbindung als Ganzes durch Risse in der Welle versagt, [5.10-5.12]. Wichtige Voraussetzungen zum Erreichen eines zuverlässigen Verhaltens von Bauteilen und Baugruppen innerhalb der vorgesehenen Lebensdauer ist nach [5.13] das Umsetzen der im methodischen Konstruieren verankerten Grundregeln einfach und eindeutig zu konstruieren und die konsequente Anwendung der Konstruktionsprinzipien der Aufgabenteilung und der Selbstverstärkung. Prinzip der Selbstverstärkung. Es verkehrt das Unvermeidliche ins Nützliche. Beispiel: An Drehmaschinen stellen hohe Spindeldrehzahlen besondere Anforderungen an kraftbetätigte Spannfutter, da die an deren Spannbacken verfügbare Spannkraft mit steigender Drehzahl wegen der mit ihr quadratisch anwachsenden Fliehkräfte stark abfällt. Ab bestimmten Spindeldrehzahlen erfolgt keine zuverlässige Aufnahme und Übertragung der am Werkstück angreifenden Zerspanungskräfte. Das rotierende Werkstück kann sich lösen und eine stochastische Gefährdung bilden. Mit dem Prinzip der Selbstverstärkung lässt sich die negative Wirkung technologisch bedingter und daher unvermeidbarer Fliehkräfte ins Positive umkehren, um sich spannkraftverstärkend auszuwirken. Im Bild 5.2-3 sind drei Beispiele dargestellt: Im ersten Beispiel werden zur Realisierung des Prinzips der Selbstverstärkung an einem Ziehkeilspannfutter Ausgleichsgewichte eingesetzt, um mit Fliehkräften Spannkräfte zu verstärken. Bei diesem Futter entstehen Spannkräfte durch axiales Ziehen eines Kegels mit hydraulischen oder pneumatischen Kolben. In seinem Mantel sind drei T-Nuten eingearbeitet, in denen je ein
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Bild 5.2-3 Prinzip der Selbstverstärkung an kraftbetätigten Spannzeugen
Spannbacken geführt ist. Durch Ziehen bewegen sich die Spannbacken im Grundkörper des Spannfutters radial auf die Drehachse zu. Die Keilwirkung in den T-Nuten erzeugt in ihnen Spannkräfte. Die Ausgleichsgewichte sind im Grundkörper des Spannfutters hinter den Spannbacken radial und parallel zu ihnen geführt. Die auf sie ebenfalls einwirkenden, nach außen gerichteten Fliehkräfte werden mit einem zweiarmigen Hebel abgegriffen. Der Hebel lenkt ihre Wirkrichtung um 180o im Sinne der nach innen gerichteten Spannkräfte um und überträgt sie auf die Spannbacken. Das Verhältnis seiner Hebelarme ist so gewählt, dass es zugleich deren Betrag vergrößert. Es geht auch ohne Ausgleichgewichte: Die Konstruktion des zweiten Beispiels nutzt zur Beeinflussung der Spannkräfte die Formgebung ei-
180
5 Sicherheitstechnik
nes außerhalb des Flugkreises der Spannbacken liegenden Stellringes. In seine konische Innenfläche sind drei T-Nuten eingearbeitet, in denen je ein Spannbacken geführt ist. Zum Spannen des Werkstücks wird der Ring axial nach vorne gedrückt. Darauf bewegen sich die Spannbacken im Grundkörper des Spannfutters radial auf die Drehachse zu. Die Keilwirkung in den T-Nuten erzeugt in ihnen Spannkräfte. Bei hohen Drehfrequenzen versuchen Fliehkräfte den Stellring aufzuweiten. Aufgrund seiner formschlüssigen Verbindung mit den Spannbacken in den TNuten verformt er sich aber so, dass er auf die Spannbacken drückt. Mit zunehmender Fliehkraft steigt die Klemmkraft stetig an. Ähnlich, wenn auch nicht bewusst gestaltet, wirkt sich der Selbstverstärkungseffekt der Fliehkräfte bei Spanndornen aus, mit denen hohle Drehstücke von innen gespannt werden. Die in den Spanndornen aufkommenden Fliehkräfte verstärken prinzipiell die ebenfalls nach aussen gerichteten Spannkräfte. Das gilt unabhängig davon, ob die Werkstückspannung mechanisch oder mit hydraulischem Druck erfolgt. Sicherheit kann an Maschinen und anderen Produkten nicht allein mit konstruktiven Gestaltungsmaßnahmen der Maschinenteile oder der funktionellen Baugruppen erreicht werden. Auch Informationssysteme und Steuerungen müssen in das Sicherheitskonzept der Maschine einbezogen sein. Resistenz gegen Umwelt- und Umgebungsbedingungen. Die zuverlässige Funktion von Bauteilen setzt voraus, dass Prozess- oder Umweltbedingungen keine Funktionsbeeinträchtigungen oder gar Ausfälle verursachen. Auf der Bauteilebene wird die Wirksamkeit des Sicherheitskonzepts des sicheren Bestehens durch Umgebungseinflüsse beeinflusst, die sich nicht immer zuverlässig vorhersagen lassen, wie z. B. durch Korrosion, Alterung, Versprödung durch energiereiche Strahlung usw. Aber auch Gestaltungsfehler oder ungünstige Montagevorgaben können unnötige Beanspruchungen sicherheitsrelevanter Bauteile nach sich ziehen. Sie alle erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Bauteile im Betrieb versagen. So können z. B. durch Bruch oder Undichtigkeiten von Hydraulik-Schlauchverbindungen mehrere stochastische Gefährdungen aufkommen, [5.14]:
• unkontrollierte Maschinenbewegungen • Abreißen mit Aufpeitschen der Schlauchleitungen • dünner Flüssigkeitsstrahl, der Kleidung durchdringt und die Haut perforiert • Rutsch- und Brandgefahr durch ausgetretene Hydraulikflüssigkeit. Möglichkeiten für günstige und ungünstige Gestaltung von Hydraulik-Schlauchleitungen im Sinne des Prinzips des sicheren Bestehens sind beispielhaft im Bild 5.2-4 gegenübergestellt. Beim Gestalten müssen Umgebungsbedingungen und deren Einfluss auf die Lebensdauer der Bauteile berücksichtigt werden. Ein Beispiel für die Berücksichtigung der Umgebungseinflüsse ist das Verwenden von Teilen oder Baugruppen, deren physikalisches Prinzip bzw. gerätetechnischer Aufbau bestimmten Beanspruchungen, die Lebensdauer oder zuverlässige Funktion beeinträchtigen, prinzipiell besser widerstehen. Bei Bauteilen oder Baugruppen der elektrischen Ausrüstung von Maschinen, z. B. bei Schaltgeräten, würden Wasser, Kühlschmiermittel, Staub oder Späne, die in das Innere eindringen, zu ernsthaften Funktionsstörungen oder Gefährdungen führen. Aber auch direktes oder indirektes Berühren von spannungsführenden Teilen bedeutet immer eine akute Gefährdung. Die notwendigen Gehäuse müssen so dicht wie möglich sein, am besten ohne Öffnungen oder Schlitze. Öffnungen lassen sich jedoch dann nicht vermeiden, wenn Erreichbarkeit für Wartungsund Kontrollzwecke notwendig ist oder wenn Öffnungen für die Zufuhr von Kühlluft notwendig sind. Die EN 60 529 legt konkrete Vorgaben für die konstruktive Ausführung von Gehäusen und Umhüllungen fest, vor allem für den Schutz gegen von aussen zugeführte Körperteilen, Gegenständen und Flüssigkeiten, Bild 5.2-5. So werden für den Einsatz in rauhen Umgebungseinflüssen für Sicherheitsfunktionen elektromechanisch wirkende Positionsschalter immer häufiger durch berührungslos wirkende Näherungsschalter ersetzt. An Fleischereimaschinen z. B., die aus hygienischen Gründen mit heißem Hochdruckwasserstrahl gereinigt werden, kam es bei elektromechanisch wirkenden Sicherheitsschaltern immer wieder zu Störungen. Trotz hochwertiger Schutzarten nach IP (International Protection, ei-
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
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181
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182 5 Sicherheitstechnik
6FKXW]JHJHQHLQGULQJHQH
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
gentlich aber Ingress Protection, Eindringschutz) drang durch die Dichtspalte immer wieder Feuchtigkeit ein und verursachte Kontaktstörungen. Auch maschinenbaulich ausgeführte Befestigungen der Schalter widerstanden oft dem Staudruck des heißen Wasserstrahles nicht und gaben nach. Funktionselemente der Näherungsschalter sind dagegen hermetisch in Kunststoff vergossen, haben keine abzudichtende bewegte oder unbewegte Teile und lassen sich in den Maschinenrahmen so bündig einbauen, dass sie dem Wasserstrahl keine nennenswerte Angriffsfläche mehr bieten. So können berührungslos wirkende Näherungsschalter über die gesamte Lebensdauer der Maschine ihre Funktion zuverlässig erfüllen. Bauteilzuverlässigkeit. Eine der wichtigsten Maßnahmen gegen stochastische Gefährdungen ist das Erzielen einer ausreichenden Bauteilzuverlässigkeit. Die früher oft angewandte Überdimensionierung möglichst vieler Bauteile ist heute weder unter Kostenaspekten, noch unter dem Gesichtspunkt der Resourcenknappheit und den heute geforderten Leistungsgewichten zu vertreten. Soweit die allgemeine Lehrmeinung. Andererseits sind im Anhang I der Maschinenrichtlinie für Maschinen, bei denen Hebevorgänge Gefahren hervorrufen, Betriebs- und Prüfkoeffizienten zahlenmäßig vorgegeben, deren Einhaltung durch statische und dynamische Prüfungen der mechanischen Festigkeit nachgewiesen werden muss. Auch für Druckbehälter sind in einschlägigen Technischen Regeln Sicherheitskoeffizienten zahlenmäßig vorgegeben, deren Einhaltung bei der Auslegung nachgewiesen werden muss. Dauerfeste Auslegung ist bei Federn besonders wichtig, um zu verhindern, dass gebrochene Federn bzw. deren Bruchstücke unkontrolliert wegfliegen oder dass sich Baugruppen durch ausbleibenden Formschluss plötzlich gefahrbringend bewegen und überraschend neue Gefahrstellen bilden. Bauteilausfälle lassen sich auch beherrschen, wenn aktiv in ihre wahrscheinliche Ausfallrate eingegriffen wird. Das kann einmal durch Vorwegnahme von Frühausfällen geschehen, z. B. durch gewolltes künstliches Voraltern oder durch gesteuertes kurzzeitiges mechanisches oder thermisches Überlasten mit anschließender Prüfung und Selektion der Bauteile. Spätausfälle lassen sich z. B. vermeiden durch konsequentes Überwachen vorgegebener
183
Lastwechselzahlen kritischer Bauteile und konsequentes Austauschen noch vorm Erreichen der vorbestimmten Zeitfestigkeit. Dazu müssen aber schon in der Konstruktionsphase Mess- und Anschlussmöglichkeiten für Überwachungsinstrumente vorgesehen werden. Im Unterschied zu elektrischen Anlagen ist bei hydraulischen Systemen das energieführende Medium für Messungen nicht einfach zugänglich. Deshalb ist es bei diesen Systemen sinnvoll, schon in der Konstruktionsphase an Anschlüsse für Messgeräte in den Rohrleitungen zu denken, um später z. B. ohne montagemäßige Eingriffe in das Rohrsystem wichtige Kenngrößen des Fluids messtechnisch erfassen und visualisieren zu können, aus deren Verlauf sich Rückschlüsse auf den Zustand bestimmter Aggregate (z. B. Pumpen) ziehen lassen. Begrenzen der wirksamen Energie. Zufällige Ausfälle als Folge der Überlastungen lassen sich mit selbsttätigen wirkendenden Schutzmaßnahmen (z. B. Berstscheiben, Rutschkupplungen, Scherbolzen, Schmelzsicherungen usw.), welche die wirksame Energie beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte begrenzen, beeinflussen. Im Bild 5.2-6 sind synoptisch die wichtigsten in der Praxis bewährten Sicherheitseinrichtungen (Berstscheiben und Sicherheitsventile) zur Begrenzung von Drücken in fluidischen Medien vergleichend gegenübergestellt. Berstscheiben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie beim Überschreiten eines definierten Druckes im Inneren des zu überwachenden Raumes zerstört werden aufgrund des Überschreitens der mechanischen Festigkeit des Werkstoffes, aus dem sie bestehen oder indem die Stabilität ihrer Struktur unumkehrbar zusammenbricht. Berstscheiben kehren nach ihrem Ansprechen nicht mehr in ihre Ausgangslage zurück und müssen ausgetauscht bzw. erneuert werden. Das Ansprechen von Sicherheitsventilen beruht vornehmlich auf dem nicht mehr vorhandenen Gleichgewicht zwischen den Kräften, die einerseits am Ventilsitz durch den Druck des Mediums entstehen und den betragsmäßig eingestellten Kräften, die von aussen auf den Ventilsitz wirken. Die meisten Sicherheitsventile kehren nach dem erfolgten Druckausgleich selbsttätig in ihre Ausgangsposition zurück. Durch gasdynamische Effekte in Verbindung mit der Elastizität der jewei-
5 Sicherheitstechnik
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184
Bild 5.2-6 Prinzipieller Aufbau von Berstscheiben und Sicherheitsventilen
XQJHHLJQHWIU )OVVLJNHLWHQ 0HVVHUVDW]MHGHU]HLW IUHLHQ4XHUVFKQLWW GDGXUFK'UXFNYHUOXVW
QXUQRFKIUZHQLJH (LQVDW]EHGLQJXQJHQ HUODXEW
185
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
ligen Bauteile bzw. Krafterzeuger (z. B. Federn) kann es zum „Flattern“ kommen, das wiederum zu mechanischer Überlastung der gesamten Konstruktion (Ventile und Rohre bzw. Druckbehälter) führen kann. Berstscheiben und Ventile haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die es für die konkreten Problemstellungen zu nutzen gilt. Die Begrenzung der in Gefahrstellenwirksamen Energie ist auch eine probate Methode der unmittelbaren Sicherheitstechnik, um deterministische Gefährdungen zu vermeiden. Einrichtungen zum Überlastungsschutz müssen ein bistabiles Verhalten haben. Bei der im Bild 5.2-7 dargestellten Knickstab-Umkehr-Berstscheibe /5.59/ wird dazu das Prinzip der Stabknickung herangezogen: Durch Druckkräfte überlastete Stäbe knicken schlagartig und irreversibel ein, (Euler´scher Knickstab, 1774). Die Berstscheibe ist eine dünnwandige kugelförmige Kuppel (Blechkalotte) 1. Eine ihrer Höhenlinie ist als Trennfugen 4 ausgeführt und teilt in zwei Teile auf. Der obere Teil der Kuppel stützt sich über Verbindungsstege ab. Zwischen dem Druckmedium und der aufgetrennten, durchlässigen Kuppel ist eine weiche Dichtungsmembrane 3. Die schmalen Ver-
,GHH
5.2.2 Prinzip des beschränkten Versagens (fail safe) Diese Konstruktionsmaßnahmen verfolgen eine andere Zielrichtung. Sie bewirken, dass trotz eingetretener Bauteilausfälle ein vorab festgelegtes Sicherheitsniveau nicht unterschritten wird. Das Prinzip des beschränkten Versagens lässt sich mit aktiven oder passiven Methoden verwirklichen, Bild 5.2-8. Die nach diesem Prinzip gebauten Einrichtungen sind so konstruiert, dass sie bei gewollter Auslösung im Gefahrenfall einerseits zuverlässig funktionieren, Störungen oder Defekte sich andererseits stets zur „sicheren Seite“ hin auswirken
3URGXNW
(QWZLFNOXQJ
bindungsstege 2 sind die eigentlichen Knickelemente. Das Medium drückt auf die abgedichtete Aussenfläche der Kuppel. Die Kuppel wandelt die Flächenlast des Mediums in einzelne Druckkräfte um, die Verbindungsstege aufnehmen müssen. Bei Überlastung knicken die schmalen Stege ein und werden zerstört. Das Druckmedium biegt den Rest der Kuppel um den breiten Verbindungssteg auf, die Ausblasöffnung ist frei.
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'UXFNPHGLXP
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Bild 5.2-7 Berstscheibe mit bistabilen Verhalten (Knickstab-Umkehr-Berstscheibe) /5.59/
$
5 Sicherheitstechnik
186
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:DFKVDPNHLWV NRQWUROOVFKDOWHU
Bild 5.2-8 Beispiele für passive und aktive Methoden des Prinzips des beschränkten Versagens
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
und gleichzeitig die Nutzfunktion, wenn auch mit Einschränkungen, erhalten bleibt. Systeme fallen dann in einen sicheren Zustand, von dem keine Gefährdung zu erwarten ist. Dieses Prinzip wurde erstmals im großtechnischen Maßstab in der im Jahre 1872 von Westinghouse erfundenen indirekten Einkammer-Luftdruckbremse verwirklicht und als Zugbremse für Personenzüge bestimmter Länge eingesetzt. Passive Methoden. Passive Methoden zielen darauf, Auswirkungen von Bauteilausfällen selbsttätig, möglichst ohne Zufuhr von Energie und Signalen von aussen so zu beeinflussen, dass die den Bauteilen bzw. den Funktionseinheiten zugedachten Aufgaben unter allen Umständen befriedigend ausgeführt werden. Das setzt voraus, dass für den Normalfall dem System dauernd autark Energie bereitgestellt wird. Im Gefahrenfall oder bei Fehlern wird diese Energie bewusst abgebaut und die freiwerdende Energie zur Auslösung von Schutzfunktionen genutzt. Der Endzustand danach ist energiearm bzw. energielos. Danach muss das System für eine neue Benutzung erst wieder „geladen“ werden. Für dieses Prinzip auch Effekte ausgenutzt, die immer vorhanden sind, z. B. die Wirkung der Erdanziehungskraft oder der Reibung bzw. die mit ihr erzielbare Selbsthemmung (Schneckengetriebe, Bewegungsgewinde). Ein hochgelegenes Wasserreservoir kann z. B., der Schwerkraft folgend, immer zuverlässig ohne externe Energien Kühl- oder Löschwasser liefern. Unabhängigkeit von externer Energiezufuhr kann z. B. durch Speichern in Federn, Druckbehältern oder Batterien erreicht werden. In Sicherheitsschaltern bewirkt mechanische Zwangsführung eindeutige Schaltzustände: Entsprechend gestaltete Mechanismen trennen bei Federbruch oder stark klebenden Kontakten (Fehlerfall) zwar endgültig aber für den Fehlerfall zwangsläufig und galvanisch zuverlässig den Stromkreis. Zwangsgeführte Kontakte, die mit starren, auf Dauerfestigkeit dimensionierten mechanischen Koppelungsgliedern (Kämmen) verbunden sind, bewirken, dass Öffner- und Schließerkontakten niemals gleichzeitig geschlossen sein können. Verbleibt im Relais mit zwangsgeführten Kontakten ein beliebiger Schließerkontakt geschlossen (z. B. wegen verschweißter Kontakte) und ist das Relais dabei nicht erregt, kann kein Öffner
187
mehr geschlossen werden. Bleibt der Öffnerkontakt nach dem Erregen des Relais trotzdem geschlossen (magnetische Kraft reicht zum Aufreißen der Kontakte nicht aus), bewirkt die mechanische Kopplung, dass auch der Schließerkontakt offen bleibt. Das Bild 5.2-9 zeigt eine mögliche Umsetzung des passiven Prinzips des beschränkten Versagens an hydraulischen Schlauchleitungen. Ist das gesteuerte Rückschlagventil weit entfernt vom Hubzylinder angebracht, kann das Druckmedium im Falle eines Schlauchbruchs ungehindert entweichen. Der Kolben senkt sich unkontrolliert ab. Ist das Rückschlagventil dagegen unmittelbar am Hubzylinder angebracht, spricht es auf den Druckverlust an und sperrt die Absenkbewegung. XQJQVWLJ
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1DFK9HUVDJHQGHU6FKODXFKOHLWXQJ YHUKLQGHUWGDVJHVWHXHUWH5FNVFKODJ YHQWLOGDV=XVDPPHQEUHFKHQGHU )OVVLJNHLWVWVlXOH
:HUN]HXJVHQNWVLFKXQ NRQWUROOLHUWDE
:HUN]HXJEOHLEWREHQ
Bild 5.2-9 Schlauchleitungen mit Rückschlagventilen [5.14]
Ein Beispiel für das Umsetzen des Prinzips der Aufgabenteilung zur Verwirklichung des passiven Prinzips des beschränkten Versagens zeigt die Gestaltung des im Bild 5.2-10 dargestellten pneumatischen Endschalters. Das Kunststoffgehäuse 1 und der Schalthebel 2 haben zwar unterschiedliche Funktionen, sind aber in einem Stück im Spritzgußverfahren hergestellt. Das Filmgelenk 3 verbindet beide Teile und ermöglicht die Schaltbewegung. Die Kinematik der Schaltbewegung wird durch die Kulissenführung 4 bestimmt, die durch eine beidseitige Bogenaussparung im Hebel verwirklicht ist, mit der Hebel am Gehäuse um den Drehpunkt des Filmgelenks im Kreisbogen geführt ist. Sollte das Filmgelenk mit der Zeit brechen, wird
5 Sicherheitstechnik
188
6FKDOWKHEHO
)LOPJHOHQN
%RJHQIKUXQJ
*HKlXVH
Bild 5.2-10 Prinzip des beschränkten Versagens an mechanischen Teilen eines pneumatischen Endschalters /5.42/
die Schaltfunktion nicht beeinträchtigt, denn die Führung setzt die freie Schwenkbewegung in die zu gewährleistende Schaltbewegung um. Der Formschluss der Kulissenführung verhindert zugleich, dass der Schalthebel abfällt und verloren geht. Federn mit Fail-Safe-Verhalten. Sind Federn Bestandteile von sicherheitsrelevanten Baugruppen, darf Drahtbruch nicht zu kritischen Zuständen, wie z. B. zum Verlust der Sicherheitsfunktion, führen. Ein Gewinn an Betriebszuverlässigkeit und damit an Sicherheit ist dann gegeben, wenn bei $Q]DKOGHU 6SLUDOHQ
HLQH
$EELOGXQJ 1U
Aktive Maßnahmen. Bei den Maßnahmen aktiver Methoden handelt es sich, systemtechnisch betrachtet, um Schutzsysteme. Sie erkennen abnormale Zustände, greifen über Stellglieder in den Prozess ein, um die Auswirkung eines Schadens zu begrenzen. Diese Maßnahmen greifen in maschinelle Abläufe ein und führen Prozesse in sichere Zustände zurück, sobald vereinbarte Fehler auftreten und erkannt werden. Bewährte Einrichtun(UOlXWHUXQJHQ 'HU'UDKWGUXFKPHVVHULVWJU|HU DOVGHU:LQGXQJVDEVWDQG 6LFK,QHLQDQGHUYHUVFKUDXEHQEHL 'UDKWEUXFKLVWEHLP=XVDPPHQ GUFNHQGHU)HGHUYHUKLQGHUW (VYHUEOHLEWVWHWVHLQHUHVWOLFKH 9HUIRUPEDUNHLW)HGHUNUDIW
)HGHU
]ZHL
Drahtbruch kaum Federweg verloren geht und die Federsteifigkeit sowie Federkraft erstmal nahezu unverändert bleibt. Dieses Verhalten der Federn lässt sich z. B. mit den im Bild 5.2-11 dargestellten konstruktiven Lösungen verwirklichen. Sind Druckfedern so berechnet und bemessen, dass der Drahtdurchmesser d größer ist als der Windungsabstand s, können sich die Federbruchstücke nicht ineinander verschrauben sondern setzen aufeinander auf. Schraubentellerfedern bestehen aus zwei gleichen ineinander geschraubten Schraubendruckfedern mit tellerfederähnlichen Querschnitt aus Bandstahl. Auch hier führt der Bruch einer einzelnen Spirale zu keinen wesentlichen Änderungen der Federsteifigkeit. Mehrdrahtspiralfedern sind aus Drahtlitzen aus bis zu 30 Einzeldrähten gewickelt. Auch nach einzelnen Drahtbrüchen bleibt die Feder erstmal, wenn auch eingeschränkt, funktionsfähig.
)HGHU
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Bild 5.2-11 Federn mit Fail-Safe-Verhalten
189
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
gen sind z. B. sich selbständig unter den Stößel einschwenkende formschlüssige Blockiereinrichtungen im Antriebsstrang von Pressen, die zugleich die Steuerung zwangsläufig abschalten, sobald der Grenzwert des Stößelnachlaufs überschritten wird. Werkzeugbruchkontrollen bzw. Werkzeugbruchüberwachungen stellen Werkzeugzerstörungen vor bzw. während des Bearbeitungsprozesses fest. Steuerungen müssen dafür sorgen, dass Werkstücke dann nicht mehr weiter bearbeitet werden. Maschinenbesatzungen akzeptieren solche elektronische Werkzeug- und Prozessüberwachungssysteme allerdings nur dann, wenn die Systeme einfach und unkompliziert zu handhaben sind und „funktionieren“. Das ist dann der Fall, wenn sie z. B. beschädigte, fehlende und stumpfe Werkzeuge oder Kollisionen der Werkzeuge mit anderen Maschinenteilen zuverlässig anzeigen aber keine falschen Meldungen produzieren. Hängt der sicherheitsgerechte Verlauf eines Prozesses vom bewussten Eingreifen des Menschen ab, so muss bei entsprechenden Risiken ein übergeordnetes Überwachungssystem erkennen, ob auch der Mensch körperlich noch in der Lage ist, korrigierend einzugreifen (Sicherheitsfahrschaltung in Triebwagen). Zur zuverlässigen Erfüllung des Prinzips des beschränkten Versagens müssen wichtige Bauteile in tieferen Systemebenen, z. B. energiespeichernde Federn zumindest nach dem Prinzip des beschränkten Versagens ausgelegt und konstruiert sind. Noch besser ist es, wenn sie nach dem Prinzip des sicheren Bestehens ausgelegt sind, damit sie allen verhergesehenen Belastungen widerstehen. Nur so können sie vitale Funktionen aufrecht und ungewollte selbstverursachte Betriebsunterbrechungen in vernünftigen Grenzen halten. Von besonderer Bedeutung ist das Konstruktionsprinzip des beschränkten Versagens beim Konzipieren von Antriebssystemen und beim Gestalten von Steuerungen und Informationssystemen. Hier wirken sich Fehler besonders weittragend aus. Aktive Methoden des Prinzips des beschränkten Versagens werden in zeitgemäßen Antriebseinheiten, z. B. Getriebemotoren eingesetzt, Bild 5.2-12. Getriebemotoren, die dem Stand der Technik entsprechen, haben neben reinen passiven Schutzmaßnahmen (z. B. IP-Schutzgrade gegen eindringendes Wasser, Berührung oder Festkörper) auch solche Schutzmaßnahmen integriert, die auf außergewöhnliche Belastungen mit einem aktiven
0RWRU
*HWULHEH
hEHUODVWXQJ hEHUODVWXQJ
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Bild 5.2-12 Fail-safe-Maßnahmen an Getriebemotoren
Verhalten antworten und Ausfällen und Schäden entgegenwirken. Weitere Beispiele, wie sich die aktiven Maßnahmen des Prinzips des beschränkten Versagens zielgerichtet konstruktiv in den jeweiligen funktionellen Systemen von Maschinen umsetzen lassen, sind im Bild 5.2-13 festgehalten. Bremssysteme. Bremsen sind das letzte Glied einer Kette, die im Bedarfsfall gefahrdrohende Bewegungen stoppt. Bremsen wirken unmittelbar auf mechanische Komponenten der jeweiligen Subsysteme der Maschine. Ihr Versagen stellt die gesamte der Abschaltprozedur in Frage. Bremsen wirken dann zuverlässig, wenn sie beim Bremsen ohne Zufuhr von informationstragender Hilfsenergie auskommen. Dies ist bei einem Energieausfall z. B. durch Leckage, Leitungsbruch oder Stromausfall wichtig. Dieser Effekt tritt nur dann ein, wenn die Energien, die sowohl zum Steuern als auch zum Aufbringen der Bremskraft benötigt werden, bereits im Bremssystem anderweitig, z. B. in Federn gespeichert ist. Die Bremswirkung setzt dann beim Unterbrechen des Energieflusses zwangsläufig ein und wird erst durch erneute Energiezufuhr aufgehoben. Das Konzept und die Bauteile des Bremssystems unterstützen sich dann gegenseitig. Die zur Sicherheitsbremsung bzw. -abschaltung notwendige Energie ist bei diesen Systemen intern gespeichert. Die gespeicherte Energie dient nicht nur zur Steuerung der Bremseinrichtungen sondern wird auch zum Aufbringen der Bremskraft umgewandelt. Störungen oder Fehler im System geben diese Energie frei und lösen selbsttätig den Bremsvorgang aus. Energiearmer Zustand erzwingt den gefahrlosen Zustand des Systems. Bremssysteme,
5 Sicherheitstechnik
190
0DQDKPH
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.UDIWPHVVODJHU 0HODJHUEXFKVHQ
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:HUN]HXJ
die nach dem Prinzip des beschränkten Versagens konstruiert sind, überwachen sich selbst: nicht nur der eingetretene, vorausgesehene Gefahrenfall, gegen den durch zielgerichtete Signalgabe geschützt werden soll, bringt das Bremssystem zum Auslö-
Bild 5.2-13 Prinzip des beschränkten Versagens in funktionellen Systemen von Maschinen
sen, sondern auch eingetretene Fehler oder Bauteilausfälle im System selbst, Bild 5.2-14. Aktive Maßnahmen des beschränkten Versagens bzw. deren Schutzsysteme lassen sich auch auf andere Baugruppen von Maschinen anwenden.
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
$QWULHEVHQHUJLH
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(UOlXWHUXQJHQ
1U
JHO|VW
HOHNWULVFKH
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Bild 5.2-14 Bremssysteme nach dem Prinzip des beschränkten Versagens
191
192
5 Sicherheitstechnik
Zusammenfassung. Das Sicherheitskonzept des beschränkten Versagens ist eine wirkungsvolle Maßnahme zur Beherrschung stochastischer Gefährdungen und somit eine Maßnahme zur Verbesserung der sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit und damit der Erhöhung der Sicherheit technischer Systeme. Systeme, die nach diesem Konzept konstruiert sind, können aber nur im gewünschten Sinne wirksam sein, wenn • Auftreten, Art und Ablauf der Fehler vorhersehbar sind, • die Schädigungsgrenze erkennbar ist oder nach deren Erreichen eine Warnung erfolgt, deren Ursache auch nachgegangen wird, • während des Schädigungsablaufs die zu erwartende Funktion zwar verringert aber immer noch ausreichend erfüllt wird, • das System im Fehlerfall von sich aus einen stabilen sicheren Betriebszustand einnimmt und in ihm so lange verharrt, bis die Ursache behoben oder repariert ist. Für dieses Sicherheitskonzept ist es auch unabdingbar, dass Systeme instandhaltungsfreundlich konstruiert und gestaltet sind, damit Inspektionsmaßnahmen zur Überprüfung der normalen Funktion und zur Erkennung einer eingeschränkten Funktion sowie die Durchführung geplanter Instandhaltungsmaßnahmen leicht und schnell möglich sind. Es müssen deshalb vorab Maßnahmen konstruktiv getroffen sein für bekannte und wahrscheinliche Reaktionen des Instandhaltungspersonals auf Fehler, wie z. B. Ab- oder Umschalten von Antrieben oder Abbremsen usw. Bei der dazu notwendigen vorgeschalteten Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ist auch das vernünftigerweise zu erwartende Fehlverhalten des Personals zu berücksichtigen.
5.2.3 Prinzip der Redundanz Jede Sprache benutzt beim Übermitteln von Nachrichten einen Überschuss an Wörtern, die zwar keine neue Information tragen, wohl aber die gegebene Nachricht verdeutlichen, akzentuieren und sie vor Störungen beim Übermitteln schützen. Solche informativen Zusätze werden redundant (lat: redundantia = Überfülle) genannt. Red-
undante Anteile sind aber nicht überflüssig, sondern notwendig, will man die Nachricht richtig verstehen. Auch bei technischen Informationsübertragungen werden in Nachrichten Elemente zugefügt, die zwar keine zusätzliche Informationen liefern, aber die beabsichtigte Nachricht stützen und sie gegen Störungen unempfindlich machen. Redundanz gibt hier an, um wieviel größer der Informationsgehalt einer Nachricht ist, als er nach dem Entscheidungsgehalt der Quelle sein müsste. Auf die Vorgabe, die Zuverlässigkeit technischer Systeme zu verbessern, übertragen, bedeutet das, dass redundante (mehrstrangige bzw. mehrkanalige) Systeme mehr Teilsysteme haben, als zur Erfüllung der Funktion notwendig wären, damit bei Störungen eines Teilsystems das redundante System dessen Funktion übernimmt. Im Unterschied zum Prinzip des beschränkten Versagens, bei dem im Fehlerfall das System in einen definierten Zustand gebracht wird, bleibt bei redundanten Systemen die Funktion vorerst voll oder teilweise erhalten. Wohl eines der frühesten, nach diesem Prinzip arbeitendes Notfallsystem ging bei der Tower Bridge in London 1894 in Betrieb. Die Klappbrücke war so gebaut, dass im Fall eines Defekts ihre Funktion nicht gefährdet war: Alle wichtigen Aggregate und Leitungen für das Öffnen und Schließen der die Fahrbahn tragenden Stahlflügel waren doppelt vorhanden. Das Prinzip der Redundanz funktioniert nur dann zuverlässig, wenn über die Funktionsübernahme beim Ausfall eines Systems im Fehlerfall durch andere, deren Ansprechen bzw. Fehlerfolgen beobachtbar sind bzw. angezeigt werden und die ausgefallenen Systeme ausgetauscht oder repariert werden können. Redundante Konstruktionen müssen deshalb eine leichte und störungsarme Instandhaltung ermöglichen. Die Anwendung des Prinzips der Redundanz ist nur sinnvoll, wenn das Ansprechen redundanter Bauteile oder Strukturen die entstandene Situation verbessert und nicht nur verkompliziert. Redundante Bauteile müssen dem Prinzip des sicheren Bestehens oder dem des beschränkten Versagens genügen, damit sie allen zu erwartenden Belastungen widerstehen und somit das Sicherheitsprinzip nicht von sich aus gefährden. Das gilt besonders für Schalteinrichtungen. Denn eine im Ernstfall ausgefallene oder nicht aktivier-
193
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
bare redundante Gruppe ist kein Beitrag zur Gesamtsicherheit. Ziel ist, mit minimaler Redundanz höchste Fehlertoleranz zu erreichen, [5.17].
5HGXQGDQ]
Diversität. Die zentrale Frage redundant aufgebauter Systeme ist, welche Elemente in welchem Umfang reserviert sein sollen, damit beim Einhalten vorgegebener Grenzen die Systemzuverlässigkeit optimiert wird. Die Grenzen können z. B. Volumen, Masse, Kosten oder Anforderungen an die Wartung der redundanten Elemente sein. Das Prinzip der Redundanz hat jedoch eine schwerwiegende Unzulänglichkeit: Gemeinsam fehlerverursachende Ausfälle (Common Mode Failure, CMF) setzen zwangsläufig das ganze redundante System außer Betrieb. Deshalb ist es notwendig, möglichst viele gemeinsame fehlerverursachende Störungen und Ausfallursachen im Voraus zu erkennen und zu berücksichtigen und ihnen sich mit diversitärem Aufbau entgegen wirken. Die Zuverlässigkeit erhöht sich bedeutend, wenn die redundanten Systeme voneinander unabhängig nach verschiedenen Wirkprinzipien arbeiten und räumlich getrennt installiert sind, Bild 5.2-15 Systematische Fehler, z. B. infolge Korrosion oder äußerer Gewalteinwirkung können nicht zum Versagen führen, wenn bei prinzipverschiedenen, gegenseitig völlig unabhängigen Technik das gleichzeitige Versagen beteiligter Systeme nach menschlichen Ermessen ausreichend unwahrscheinlich wird. Diversität redundanter Systeme wird erreicht, wenn Teilsysteme nach unterschiedlichen physikalischen oder logischen Prinzipien arbeiten, z. B. mit unterschiedlichen Konstruktionsmerkmalen, mit räumlich getrennt verlegten Leitungen, mit Kombinationen elektromechanischer und elektronischer Bauteile, mit Steuerkreisbauteilen unterschiedlicher Bauart und aus unterschiedlichen Fertigungslosen, mit Sicherheitsschaltern, die als Kombination Öffner-Schließer ausgeführt sind, mit unterschiedlicher Soft- und Hardware verschiedener Entwickler oder Hersteller usw.
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Das Prinzip der redundanten Anordnung. Diesis Prinzip lässt sich mit mehreren Konstruktionsmaßnahmen verwirklichen. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal liegt in der Beantwortung der Frage, ob alle redundanten Einheiten schon während des normalen Betriebs wirksam sind oder ob
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Bild 5.2-15 Homogene und diversitäre Redundanz nach [5.4]
sie, erst beim Versagen durch einen Schaltungsvorgang ausgelöst, die Schutzfunktion übernehmen. Man spricht von aktiver bzw. von passiver Redundanz, Bild 5.2-16. Bei aktiven redundanten Anordnungen sind zusätzlichen Baugruppen ständig in Betrieb und an der vorgesehenen Funktion voll (heiße Redundanz) oder unter erleichterten Bedingungen (warme Redundanz) beteiligt. Bei passiver redundanter Anordnung (kalte Redundanz) werden zusätzliche Baugruppen bei Ausfall oder bei Störungen zugeschaltet und übernehmen erst dann die Funktion der ausgefallenen Elemente, [5.18]. Redundante Bauteile oder Funktionsgruppen können parallel, seriell oder kreuzweise geschaltet sein. Auf elektrische Schalter angewendet, gewährleistet die Parallel-Redundanz ein zuverlässiges Einschalten, die Serien-Redundanz dagegen ein zuverlässiges Ausschalten. Bei Überwachungsaufgaben wird bei entsprechend hohen Risiken oft das Prinzip der Entscheidungsredundanz angewendet. Hierbei
5 Sicherheitstechnik
194
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Bild 5.2-16 Prinzipien der redundanten Anordnung [5.19]
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
Kombination der Prinzipien Fail-safe und Redundanz. Beide Prinzipien lassen sich im Sinne eines Synergieeffektes kombinieren. Die ZweikreisSicherheitsbremse im Bild 5.2-19 wird horizontal am Lagerschild des Antriebsmotors oder am eigenen Anbauflansch der Maschine montiert. Sie ist so ausgelegt und konstruiert, dass beim Ausfall eines Bremskreises der andere seine Sicherheitsfunktion vollständig übernimmt, da sie mit zwei voneinander unabhängig wirkenden Bremsscheiben (Redundanz) ausgerüstet ist und die Bremswirkung nach dem Ruhestromprinzip (fail-safe) eingeleitet wird. Bei stromloser Magnetspule 1 drücken mehrere vorgespannte Druckfedern 2 den Spulenträger 3 und Ankerscheibe 4 auseinander. Dadurch wird die Bremsscheibe I zwischen der Rückseite des Spulenträgers und der Flanschplatte 5, die Bremsscheibe II zwischen der Ankerscheibe 4 und der Bremsplatte 6 geklemmt. Die Bremsplatte ist mit Distanzbolzen 7 an das Grundgestell der Maschine angeschraubt. So fließt die Bremskraft von beiden Bremsscheiben zum Grundgestell des Motors oder Maschine. Beim Anlegen von Spannung und Bestromen der Spule ziehen sich Ankerscheibe und Spulenträger magnetisch
werden mehrere Signale parallel überwacht und miteinander nach bestimmten Strategien verglichen werden (Auswahlredundanz, Vergleichsredundanz), um geeignete Reaktionen einzuleiten. Dieses Prinzip wird oft bei mehrkanalig aufgebauten sicherheitsbezogenen Teilen von Maschinensteuerungen angewendet. Im Bild 5.2-17 ist schematisch der Aufbau einer diversitär ausgeführten dreikanaligen Sicherheitssteuerung dargestellt, deren zuverlässige Wirkung noch durch Anwendung des Prinzips des beschränkten Versagens zusätzlich verbessert wurde. Die dreikanalige Ausführung eröffnet die Möglichkeit, dass nach Ausfall eines Teilsystems der Betrieb aufrecht gehalten und der Fehler für eine gewisse Zeit toleriert wird. Das als fehlerhaft identifizierte Teilsystem wird vom weiteren Entscheidungsprozess ausgeschlossen, die verbleibenden Teilsysteme schalten auf sicheren Betrieb um. Erst nach dem Auftreten eines weiteren Fehlers, muss das Gesamtsystem in einen definierten sicheren Zustand überführt werden. Im Bild 5.2-18 sind einige typische gerätetechnische Realisierungen des Prinzips der redundanten Anordnung für unterschiedlich aufgebaute Systeme synoptisch zusammengefasst.
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Bild 5.2-17 Redundante Sicherheitssteuerung /5.55/
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195
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196
5 Sicherheitstechnik
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(UOlXWHUXQJHQ
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0
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Bild 5.2-18 Beispiele für die gerätetechnische Umsetzung redundanter Maßnahmen (Fortsetzung nächste Seite)
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
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:LUNSULQ]LS
3
5HGXQGDQWH(UIDVVXQJGHU/DJHXQG *HVFKZLQGLJNHLWVSDUDPHWHUEHZHJWHU7HLOH
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,VWZHUW $ ,VWZHUW $ ,VWZHUW $ ,VWZHUW $ ,VWZHUW $ ,VWZHUW $
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197
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Bild 5.2-18 Beispiele für die gerätetechnische Umsetzung redundanter Maßnahmen
an, überwinden die Federkraft und bewegen sich gegeneinander, da beide schwimmend in einer Verzahnung auf der Nabe gelagert und geführt sind. Beide Bremskreise öffnen sich. Beim bewussten Wegnehmen der Spannung aber auch
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Bild 5.2-19 Zweikreis-Sicherheitsbremse ROBA-Stop® /5.43/
bei ungewollter Unterbrechung der Energiezufuhr (Stromausfall) oder nach Auslösen der Not-HaltBefehlseinrichtung fallen beide Bremsen zwangsläufig ein. Über den Hebel der Handlüftung es ist es möglich, beide Bremsen mechanisch zu öffnen. Zusammenfassung. Redundante Maßnahmen können eine gewisse Sicherheit gegenüber stochastischen Gefährdungen bewirken, dürfen aber die Komplexität des Gesamtsystems nicht erhöhen. Sonst wird es fehleranfällig und damit unzuverlässig und unsicher. Ziel muss sein, mit minimaler Redundanz höchste Fehlertoleranz zu erreichen. Um gegen Fehler gemeinsamer Ursache gewappnet zu sein, müssen redundante Systeme diversitär (heterogen) aufgebaut sein. Dabei ist anzustreben, redundante Komponenten so unterschiedlich wie möglich zu realisieren. Diversitäre Redundanz ist zwar aufwendig und teuer, aber nur mit ihr lassen sich sowohl zufällige als auch systematische Fehler beherrschen. Das sind wichtige Gesichtspunkte beim Auslegen sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen.
198
5 Sicherheitstechnik
5.2.4 Zuverlässige Steuerungen Dieser Abschnitt kann nur grundsätzliche Fragestellungen der sich rasant entwickelnden Steuerungstechnik und der mit ihr verknüpften sicherheitstechnischen Fragen systematisch aufbereiten. Die nachfolgenden Erläuterungen sind eher als Orientierung denn als Handlungsanleitungen oder Lösungssammlungen in diesem Gebiet gedacht und behandeln daher nur kurz die wichtigsten sicherheitsrelevanten Aspekte von Steuerungen. Zahlreiche Quellen, wie z. B. [5.20, 5.21, 5.22] und einschlägige Normen, z. B. die IEC 61 508, EN ISO 13 849-1, EN 60 204, IEC 62 061 usw. gehen auf diese Fragestellungen sehr ausführlich ein. Grundsätzliches. Die zuverlässige Funktion von Steuerungen entscheidet über Sicherheit von Personen beim Umgang mit Maschinen. Die Sicherheit, besser gesagt, der Zustand sehr geringen Schadenshöhe und -wahrscheinlichkeit im Sinne akzeptierter Restrisiken, bezieht sich vor allem auf die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschinen. Die Maschinenrichtlinie fordert aber auch, dass sich die Sicherheit auf vernünftigerweise vorhersehbare Fehler bzw. vorhersehbare Fehlanwendungen beziehen muss. So unterschiedlich Steuerungen auch ausgeführt sein mögen, sie haben dennoch einige Gemeinsamkeiten: Sie sind funktionelle Baugruppen des Informationssystems einer Maschine und realisieren logische Funktionen. Sie koordinieren die Stoff- und Energieflüsse im Wirkbereich des Werkzeug- und Werkstücksystems im Sinne der Arbeitsaufgabe. Sie sind aus diskreten Bauelementen aufgebaut und haben typische Strukturen. Teile von Steuerungen sind für die Sicherheit von Personen dann relevant, wenn gefahrbringende Situationen im Wirkbereich nicht ausgeschlossen sind und mit Verletzungen zu rechnen ist, Bild 5.2-20. Steuerungen unterscheiden sich nach der angewendeten Technik, d. h. nach den Trägern der Information in fluidische, elektrische und elektronische Steuerungen. Jede Art hat auf Grund der physikalischen Prinzipien ihrer Bauteile und des informationstragenden Mediums spezifische sicherheitstechnische Merkmale, die sich wesentlich unterscheiden und beim Konzipieren und bei der Auslegung von Steuerungen berücksich-
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Bild 5.2-20 Struktur und Aufbau von Steuerungen
tigt werden müssen. So ändern z. B. elektromechanisch wirkende Schaltelemente auf Grund geometrisch eindeutiger Schaltstellungen ihren Schaltzustand nur durch äußere Betätigung oder Ansteuerung, nicht durch elektromagnetische Störeinflüsse. Umgebungseinflüsse, die beim Einsatz elektromechanischer Schaltglieder fast bedeutungslos sind, können für elektronische Bauteile schwerwiegende Probleme bedeuten, so z. B. negative Temperaturen oder über Fremdfelder bzw. Leitungen eingekoppelte elektromagnetische Störungen. Bei elektronischen Bauteilen, z. B. bei Transistoren, sind kaum Fehlerausschlüsse möglich, da sie sich auf Grund interner Fehler, d. h. ohne äußere Befehle, aktivieren können und damit unter Umständen überraschend Gefährdungen hervorrufen können, Bild 5.2-21.
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
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6FKDOWJHUlWH 6WHXHUVFKW]H 5HODLV /HLVWXQJVVFKW]H
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PLNUR SUR]HVVRU JHVWHXHUW
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199
6RIWZDUH
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(UOlXWHUXQJHQ
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)HKOHUDXVVFKOVVH VLQGQLFKWP|JOLFK
0DQDKPHQ]XU'UXFNXQG 7HPSHUDWXUEHJUHQ]XQJLP 6\VWHPXQG]XU)LOWUDWLRQGHV 0HGLXPVQRWZHQGLJ
7HPSHUDWXUVFKZDQNXQJHQ EHU/HLWXQJHQRGHU)HOGHU =XYHUOlVVLJH:LUNXQJLVWQXU HLQJHNRSSHOWH GXUFK6WHXHUXQJVNRQ]HSWH HOHNWURPDJQHWLVFKH6W|UXQJHQ UHDOLVLHUEDU QLFKWGXUFK%DXWHLODXVZDKO
,QVWDOODWLRQVIHKOHULQGHU +DUGZDUH V\VWHPDWLVFKH)HKOHUHLQVFKO &RPPRQ0RGH)HKOHU 3URJUDPPLHUIHKOHU +DQGKDEXQJVIHKOHU %HGLHQXQJVIHKOHU 0DQLSXODWLRQHQ 9LUHQSURJUDPPH
0DQDKPHQ]XU )HKOHUYHUPHLGXQJ 6WUXNWXULHUWHU(QWZXUI 3URJUDPPDQDO\VH 6LPXODWLRQ 0DQDKPHQ]XU )HKOHUEHKHUUVFKXQJ UHGXQGDQWH+DUGXQG6RIZDUH 5$05207HVW &387HVW
Bild 5.2-21 Spezifische Eigenschaften unterscheidlicher Steuerungstechnologien
Fehlerbetrachtungen und Fehlerausschlüsse. Zur allgemeinen Lebenserfahrung gehört die Tatsache, dass alle Bauelemente auf Grund von Fehlern ausfallen können und im Laufe der Zeit auch ausfallen werden. Irgendwann geht alles kaputt. Sie sind dann nicht mehr in der Lage, ihre bestimmungsgemäße Funktion innerhalb vorgegebener Toleranzen zuverlässig auszuführen. Fehlerbetrachtungen sind deshalb eine wichtige Voraussetzung für die Auslegung
sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen. Allgemein betrachtet, sind Fehlerbetrachtungen Ausfluss aller Überlegungen, mit denen sich das Verhalten eines Systems im Fehlerfall beschreiben und praktisch überprüfen lässt. Um den Fehlerfall eindeutig festzulegen und einzuordnen, ist es notwendig zu vereinbaren, welche Fehler für welche Bauteile oder Strukturen anzunehmen sind und welche Fehler man vernachlässigen bzw. ausschließen kann. Diese Sachverhalte müssen ein-
200
5 Sicherheitstechnik
deutig beschrieben und aufgelistet sein. Nur dann ist es möglich, die erforderliche Zuverlässigkeit einer Steuerung zu konzipieren, zu realisieren und zu überprüfen. Nur dann sind auch reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse auch bei unterschiedlichen Prüfern bzw. Prüfstellen möglich. Ausführliche Fehlerlisten für elektrische und fluidische Steuerungen und deren Bauteile enthalten die Quellen [5.21, 5.22]. Sie basieren nicht nur auf den im Schrifttum festgehaltenen Aussagen, sondern stützen sich insbesondere auf langjährige praktische Prüferfahrungen eines unabhängigen Instituts. Eine sehr umfangreiche Liste von Fehlerausschlüssen enthält auch die Norm EN ISO 13 849- 1. Im Bild 5.2-22 sind beispielhaft vereinbarte Fehler und Modalitäten für deren Ausschluss für Schlauchleitungen und Verschraubungen sicherheitsrelevanter hydraulischer Steuerungen aufgelistet. Anmerkung: Fehlerbetrachtungen müssen bei konkreten hydraulischen Steuerungen alle ihre Bauteile berücksichtigen, d. h. Rohrleitungen, Wege- Strom- und Sperrventile (Sitzventile), Arbeitszylinder, Druckübersetzer, Druckminderer, Filter, Energiespeicher, Druckbehälter, Pumpen, Motoren und Sensoren. Auch sind Auswirkungen von Gestaltungsmängel in die Überlegungen einzubeziehen. Sicherheitsfunktionen. An zeitgemäßen Maschinen sind in allen ihren Lebensphasen immer mehrere Sicherheitsfunktionen zu realisieren. Die wichtigsten Sicherheitsfunktionen, die von den Steuerungen umgesetzt werden müssen, sind in den Bildern 5.2-23 und 5.2-24 zusammengefasst. Das zuverlässige Erfüllen der Sicherheitsfunktion ist für die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten vor allem dann von besonderer Bedeutung, wenn sie sich in Gefahrbereichen aufhalten oder in sie hineingreifen und sie sich vorher durch Einleiten dieser Funktionen gesichert haben. Dies ist zum Beispiel während Sonderbetriebsarten (Arbeiten bei geöffneten Schutzeinrichtungen) von
besonderer Bedeutung. Gefahrbringende Bewegungen dürfen niemanden verletzen. An jene Teile von Steuerungen, die funktionell mit gefahrbringenden Bewegungen in dem Sinne verknüpft sind, dass Eingangssignale sicherheitsrelevante Ausgangssignale erzeugen, d. h. sicherheitsrelevante Funktionen übernehmen, werden zahlreiche Anforderungen an ihre Zuverlässigkeit gestellt. Sie beziehen sich vornehmlich auf die Widerstandsfähigkeit der Steuerungen gegen die von aussen eingeschleppten, über Feldeinwirkungen oder über Leitungen eingekoppelten Störungen, auf das Verhalten der Steuerungen im Fehlerfall, d. h. bei Bauteilausfällen und vor allem auf ihre zuverlässige Wirkung beim gewollten Aufheben der Schutzwirkung von Schutzeinrichtungen durch Personen, um den Sonderbetrieb wie Reinigen oder Einrichten sicher durchführen zu können oder beim automatischen Aufheben der Schutzwirkung beim sog. Muting. Stochastische Ausfälle oder Störungen in sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen können zu schwerwiegenden Unfällen führen. Deshalb müssen für sicherheitskritische Belange besonders zuverlässige, fehlerresistente Steuerungen eingesetzt werden, die sowohl bei steuerungsinternen Fehlern als auch bei Fehlfunktionen an Schnittstellen, z. B. an Sicherheitsschaltern, Maschinen in definierte Zustände überführen und sie so lange wie erforderlich aufrechthalten. Für Maschinensysteme, die nach einer Fehlerentdeckung sichere Zustände nicht sofort herbeiführen können, sind fehlertolerante Steuerungen erforderlich, welche die ursprüngliche Aufgabe noch eine gewisse Zeit zufriedenstellend erfüllen. Sicherheitsrelevante Wirkung der Steuerung und deren Zuverlässigkeit sind nicht dasselbe. So kann z. B. die Sicherheit eines Systems, das aus verhältnismäßig unzuverlässigen Bauteilen besteht, mit seiner redundanten Struktur höher liegen als die Sicherheit eines einfach strukturierten Systems, das aus zuverlässigen Bauteilen aufgebaut ist. Sicherheit geht aber immer vor Zuverlässigkeit!
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
)HKOHUDQQDKPH
%DXWHLO
)HKOHUDXVVFKOX
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201
(UOlXWHUXQJHQ
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MD MD ZHQQNHLQHEHVRQGHUHQ VLFKHUKHLWVWHFKQLVFKH $QIRUGHUXQJHQYRUOLHJHQ
9HUVWRSIHQ =XVHW]HQ
YRQ 6WHXHUXQG 0HOHLWXQJHQ
QHLQ ZHQQEHVRQGHUH VLFKHUKHLWVWHFKQLVFKH $QIRUGHUXQJHQYRUOLHJHQ XQG 1HQQZHLWH!PPEHWUlJW
EHVRQGHUHVLFKHUKHLWV WHFKQLVFKH$QIRUGHUXQJHQ HUJHEHQVLFKZHQQ DXIJUXQGIHKOHUKDIWHU6WHXHU RGHU0HVVVLJQDOHHLQH *HIlKUGXQJDXINRPPHQNDQQ ]%EHLGHU 9HQWLOEHUZDFKXQJPLW 'UXFNVFKDOWHUQ
MD ZHQQNHLQHEHVRQGHUHQ VLFKHUKHLWVWHFKQLVFKHQ $QIRUGHUXQJHQYRUOLHJHQ
MD MDZHQQ
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'LPHQVLRQLHUXQJ :HUNVWRIIDXVZDKO +HUVWHOOXQJ$QRUGQXQJ GHP6WDQGGHU7HFKQLN PLQGHVWHQVGHQDOOJHPHLQ DQHUNDQQWHQ5HJHOQGHU 7HFKQLNHQWVSUHFKHQ NHLQHEHVRQGHUHQ VLFKHUKHLWVWHFKQLVFKHQ $QIRUGHUXQJHQYRUOLHJHQ
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Bild 5.2-22 Beispiele einer Fehlerliste nach [5.22]
EHVRQGHUHVLFKHUKHLWV WHFKQLVFKH$QIRUGHUXQJHQ HUJHEHQVLFKZHQQ 0DVVHQK\GUDXOLVFK KRFKJHKDOWHQRGHU DEJHEUHPVWEHLKRKHU NLQHWLVFKHQ(QHUJLH ZHUGHQ GXUFK9HUVDJHQ GHU6FKODXFKOHLWXQJ DXVWUHWHQGHV'UXFNPHGLXP $XISHLWVFKHQ HLQH XQPLWWHOEDUH*HIlKUGXQJYRQ 3HUVRQHQEHVWHKW VLFK3HUVRQHQLP P|JOLFKHQ*HIDKUHQEHUHLFK GHU6FKODXFKOHLWXQJHQOlQJHU RGHUGDXHUKDIWDXIKDOWHQ )HKOHUGXUFK )HUWLJXQJVPlQJHO (LQEDXXQG0RQWDJHIHKOHU OHLVWXQJVPLQGHUQGH (LQIOVVHGXUFK$OWHUXQJ VLQGQLFKWDXV]XVFKOLHHQ
5 Sicherheitstechnik
202
0DVFKLQHQIXQNWLRQHQ
%HWULHEV6WRSS 6WRSSHLQJHOHLWHW 6WLOOVHW]HQ GXUFK$NWLYLHUXQJ HLQHU 6FKXW]HLQULFKWXQJ
(UOlXWHUXQJHQ 1U
)XQNWLRQHOOHVSUR]HVVDEKlQJLJHV6WLOOVHW]HQGHU 0DVFKLQHQEHZHJXQJ .HLQH6LFKHUKHLWVUHOHYDQ]GDKHUDXFK NHLQH]XVlW]OLFKH6LFKHUKHLWVPDQDKPH
5HDNWLRQDXIGDV$XVO|VHQ]%GXUFK|IIQHQHLQHU YHUULHJHOWHQWUHQQHQGHQ6FKXW]HLQULFKWXQJ LVWGDV 9HU]|JHUQGHV$QWULHEVPRWRUVHLQVFKOLHOLFKGHU hEHUZDFKXQJGHU%UHPVUDPSH (LQGHP%HWULHEVVWRSEHUJHRUGHQWHVGHU*HIDKUVLWXDWLRQ
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VLFKHUHU +DOW
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VLFKHUHU $QDOXI
'XUFKODXI VLFKHUKHLW
XQEHDEVLFKWLJWHJHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJHUIROJHQ
VLFKHU EHJUHQ]WH %HVFKOHXQLJXQJ
0DVFKLQHQEHZHJXQJGUIHQQLFKWEHUVFKULWWHQZHUGHQ
VLFKHU %HZHJXQJ EHJUHQ]WH *HVFKZLQGLJNHLW
$XIHLQHEHDEVLFKWLJWH0DVFKLQHQWDNWEHZHJXQJGDUINHLQH
'LHYRUJHVHKHQHQ*HVFKZLQGLJNHLWVJUHQ]ZHUWHGHU XQGVLFKQLFKWYRQDXHQlQGHUQODVVHQ
'DVhEHUVFKUHLWHQHLQHVYRUJHJHEHQHQ
%HVFKOHXQLJXQJVJUHQ]ZHUWHVZLUG]XYHUOlVVLJYHUKLQGHUW
VLFKHUEHJUHQ]WH6WUHFNH
=XVWLPPIXQNWLRQ 0DVFKLQHQEHZHJXQJHQZHUGHQHLQJHOHLWHWJHVWHXHUWXQG PLWHLQHP6FKDOWHU XQWHUEURFKHQHQYRQHLQHP6WDQGRUWLQQHUKDOEGHV*HIDKU RKQH6HOEVWKDOWXQJ EHUHLFKHV 0DVFKLQHQEHZHJXQJHUIROJWELV]XHLQHPIHVWYRUJHJHEHQHQ VLFKHU 6FKULWWPDGDQDFKHUIROJWHLQVLFKHUHU+DOW:HUWHIUGDV EHJUHQ]WHV HLQJHVWHOOWH6FKULWWPDGUIHQVLFKYRQDXHQQLFKWlQGHUQ 6FKULWWPD ODVVHQ $QWULHEJHKWQDFKGHP(UUHLFKHQGHVYRUJHJHEHQHQ VLFKHU *UHQ]ZHUWVDXFKLP7LSSEHWULHELQGHQVLFKHUHQ+DOW EHJUHQ]WH EHU'HU*UHQ]ZHUWPXVVGHQWHFKQLVFKHQP|JOLFKHQ $EVROXWODJH 1DFKODXIEHUFNVLFKWLJHQ
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6LHHUJlQ]HQÄNODVVLVVFKH³6LFKHUKHLWVIXQNWLRQHQ
Bild 5.2-23 Wichtige Sicherheitsfunktionen
203
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
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5HYHUVLHUHQ GHU%HZHJXQJ
SUR]HVVUHOHYDQW
Bild 5.2-24 Wichtige Sicherheitsfunktionen in pneumatischen Systemen [5.24)
5.2.5 Normen zu sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen. Ohne Normung ist eine international ausgerichtete industrielle Produktion unmöglich. Dies gilt für die Sicherheitstechnik im Allgemeinen und für die zuverlässige Erfüllung von Sicherheitsfunktionen durch Steuerungen im Besonderen. In diesen Sektor der Technik greifen z. Z. mehrere Normen ein, die zwar prima vista gleiche Sachverhalte festlegen, sich doch in Einzelheiten und vor allem in ihrer Praktikabilität doch wesentlich unterscheiden, obwohl zwischen ihnen Zusammenhänge bestehen, s. Bild 5.2-25. Viele in diesen Normen festgelegten Sachverhalte lassen sich auf das Grundkonzept der im Jahr 1989 erschienenen Norm DIN V 19 250 zurückführen, die sich auf sicherheitstechnische Aspekte von Mess-, Steuer- und Regelein-
richtungen bezog und die mit ihnen verbundenen Risiken bewertete. So überrascht es nicht, dass zwischen den jeweiligen „aktuellen“ Normen historische Zusammenhänge bestehen. Das Nebeneinander dieser Normen kann die Maschinenhersteller und deren Konstrukteure durchaus verunsichern. Dem entgegen zu wirken, werden in den folgenden Abschnitten die wichtigsten Normen kurz vorgestellt und kommentiert. EN 954-1 Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen. Diese Typ B-Norm entstand zu einer Zeit, in der die meisten Maschinensteuerungen teilweise noch mechanisch, vor allem aber pneumatisch, hydraulisch und elektromechanisch aufgebaut waren. Für die funktionale Sicherheit der sicherheitsbezogenen Teile einer Steuerung definiert sie und beschreibt die Eigenschaften der Sicherheits-
204
5 Sicherheitstechnik
5LVLNREHXUWHLOXQJQDFK,62E]Z,62 'HWHUPLQLVWLVFKHU$QVDW]
3UREDELOLVWLVFKHU$QVDW] (QWZXUIYRQVLFKHUKHL]VEH]RJHQHQHOHNWULVFKHQHOHNWURQLVFKHQXQGSURJUDPPLHUEDUHQ HOHNWURQLVFKHQ6WHXHUXQJVV\VWHPHQ65(&6 IU0DVFKLQHQ
(QWZXUIYRQVLFKHUKHLWVEH]RJHQHQ HOHNWURQLVFKHQK\GUDXOLVFKHQ XQGSQHXPDWLVFKHQ6WHXHUXQJHQ
6LFKHUKHLWVEH]RJHQH6WHXHUXQJVIXQNWLRQ 6\VWHPEDVLHUHQGHU$QVDW] 4XDQWLWLYHU6LFKHUKHLWVLQGH[ 6LFKHUKHLWVLQWHJULWlWVOHYHO6,/ 6,/=XRUGQXQJ0HWKRGRORJLH 5LVLNRPDWUL[ $UFKLWHNWXUHQQLFKWYRUJHJHEHQ $QIRUGHUXQJHQ]XU9HUPHLGXQJ %HKHUUVFKXQJYRQ]XIlOOLJHQ $XVIlOOHQ
6LFKHUKHLWVNDWHJRULHQ $UFKLWHNWXUXQG%DXWHLORULHQWLHUW (QWVFKHLGXQJVEDXP $XVIlOHZHUGHQQLFKWHUIDVVW
4XDOLWDWLYHU6LFKHUKHLWVLQGH[ $UFKLWHNWXU3HUIRUPDQFH/HYHO3/ 3/%HVWLPPXQJPLW(QWVFKHLGXQJVElXPHQ $UFKLWHNWXUHQYRUJHJHEHQ $QIRUGHUXQJHQ]XU9HUPHLGXQJ%HKHUUVFKXQJ YRQ]XIlOOLJHQ$XVIlOOHQ
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.DWHJRULHQ
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,(&ELV )XQNWLRQDOH6LFKHUKHLW VLFKHUKHLWVEH]RJHQHU HOHNWULVFKHUHOHNWURQLVFKHU XQGSURJUDPPLHUEDUHU HOHNWURQLVFKHU6\VWHPH *URWHFKQLVFKH $QODJHQ
,(& )XQNWLRQDOH6LFKHUKHLW VLFKHUKHLWVEH]RJHQHU 7HLOHHOHNWULVFKHU HOHNWURQLVFKHU XQGSURJUDPPLHUEDUHU HOHNWURQLVFKHU 6WHXHUXQJVV\VWHPH
,62 6LFKHUKHLWYRQ0DVFKLQHQ± 6LFKHUKHLWVEH]RJHQH7HLOHYRQ 6WHXHUXQJHQ653&6 7HLO$OOJHPHLQH*HVWDOWXQJVOHLWVlW]H 7HLO9DOLGLHUXQJ 1LFKWHOHNWULVFKH653&6 PHFKDQLVFKSQHXPDWLVFKXVZ
(1 6LFKHUKHLWYRQ0DVFKLQHQ± 6LFKHUKHLWVEH]RJHQH7HLOH YRQ6WHXHUXQJHQ %HLEODWW /HLWIDGHQIUGLH%HQXW]XQJXQG $QZHQGXQJ
(OHNWULVFKH653&6 .RQIRUPLWlWVYHUPXWXQJ ELV HOHNWULVFKH6LFKHUKHLWVDVSHNWH IXQNWLRQDOH6LFKHUKHLWVDVSHNWH
Bild 5.2-25 Normen zur Auslegung zuverlässiger Maschinensteuerungen
funktionen. Dabei geht sie von einem deterministischen Ansatz aus, z. B. durch verwenden „bewährter Bauteile und bewährter Sicherheitsprinzipien“ und vom Ansatz der Fehlerentdeckung: Nur wenn ein Fehler entdeckt wird, kann die Steuerung eine sicherheitsbezogene Reaktion einleiten. Die Fehlerbeherrschung der jeweiligen Kategorie definiert sich durch die Architektur der Steuerung und durch die Qualität der verwendeten Bauteile und Komponenten. Die Norm legt nicht fest, welche Sicherheitsfunktionen und welche Kategorien im Einzelfall anzuwenden sind. Allen Unzulänglichkeiten (aus heutiger Sicht) zum Trotz, ermöglicht die EN 954-1 mit ihren „Kategorien“ angemessene steuerungstechnische Maßnahmen für fallbezogene Risiken zu treffen, mit denen sie sich beherrschen lassen, unabhängig von der Art der eingesetzten informationstragenden Energie, z. B. elektrische, hydraulische, mechanische, pneumatische.
Sicherheitskategorien. Die verbindlichen Anforderungen an die zuverlässige Wirkung sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen sind normativ in der EN 954-1 in fünf Sicherheitskategorien festgelegt. Diese Sicherheitskategorien sind unabhängig von der Technologie der Steuerung formuliert. Auf diese Kategorien beziehen sich alle maschinenspezifischen Normen bei sicherheitsrelevanten Fragen von Steuerungen. Die Sicherheitskategorien müssen mit den Ergebnissen der Risikobeurteilung korrelieren. Die entscheidenden Gesichtspunkte für die Risikobeurteilung sind die Schwere möglicher Verletzungen, die Häufigkeit, mit der sich Personen der Gefahr aussetzen sowie die Möglichkeit, Gefahren zu erkennen oder sich ihnen zu entziehen, Bild 5.2-26. Maschinensicherheitsnormen (Typ CNormen) konkretisieren, welche Kategorien anzuwenden sind. Die Anforderungen der jeweiligen Sicherheitskategorien lassen sich nur mit
205
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
*HIlKUGXQJVDQDO\VH5LVLNREHZHUWXQJ +lXILJNHLW
6FKZHUH
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.DWHJRULH
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.DWHJRULH VLFKHUKHLWVUHOHYDQWH7HLOHYRQ6WHXHUXQJHQ
Bild 5.2-26 Risikoparameter und Risikograph für sicherheitsrelevante Teile von Steuerungen nach EN 954-1
unterschiedlichen Maßnahmen bzw. Konzepten erfüllen, Bild 5.2-27. Nicht jede Sicherheitskategorie lässt sich an jeder Schutzeinrichtung oder Sicherheitsmaßnahme realisieren. Generell gilt: Je höher das Risiko, desto höher sind die Anforderungen an das Systemverhalten bei auftretenden Fehlern, desto höher ist auch der geräte-
technischer und schaltungslogischer Aufwand. Sicherheitskategorien beginnen mit der Forderung nach zuverlässigen Wirkung der Steuerung, die sich gut mit elektromechanischen Bauteilen umsetzen lässt, und reichen bis zur aufwendigen Einfehlersicherheit oder Selbstüberwachung der Steuerung, die sich nur im funktionellen Verbund
6FKXW]HLQULFKWXQJ
6LFKHUKHLWVEH]RJHQH 7HLOHGHU6WHXHUXQJ
9HUULHJHOXQJ
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1RW+DOW
.DWHJRULH 7\SLVFKH 0DQDKPH
%
1U
6WDQGDUG DXVIKUXQJ
7HVWXQJ
5HGXQGDQ]
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Bild 5.2-27 Schutzeinrichtungen und Bauteile für die jeweiligen Schutzkategorien
206
5 Sicherheitstechnik
aus elektronischen Bauteilen, strukturellen Maßnahmen und einer ausgeklügelter Software realisieren lassen, Bild 5.2-28. Das Bild 5.2-29 enthält beispielhaft eine synoptische Gegenüberstellung von hydraulischen Steuerungen bzw. deren sicherheitsrelevanten Teile, die den Anforderungen der jeweiligen Sicherheitskategorie nach EN 954-1 entsprechen. Ziel eines Revisionsverfahrens war es, einerseits das zufallsbedingte Ausfallverhalten von Bauteilen und -gruppen mit dem determistischen Prinzip der Kategorien mit Hilfe wahrscheinlichkeitstheoretischer Ansätze zu berücksichtigen, andererseits bewährte Festlegungen und Inhalte in die internationalen Ebene (ISO, IEC) zu integrieren. Die Norm EN 954-1 sollte ursprünglich nach ihrer Revision und der sich aus ihr ergebenden Überleitung in die EN ISO 13 849-1 zurückgezogen werden, lebt aber in zweierlei Form weiter: einmal durch ihre „Architekturen“, auf die ihre Nachfolgenorm EN ISO 13 849-1 aufbaut, andermal durch die Verlängerung ihrer Harmonisierung bis zum 31. 12. 2011 (bis auf Weiters). Diese Fristverlängerung bedeutet, dass Hersteller beim Anwenden zwischen der EN 954-1 und der EN ISO 13 848-1 wählen können. Mit der EN 954-1 begeben sie sich aber in eine indifferente Rechtlage: Inzwischen sind etliche unter der aktuellen Maschinenrichtlinie gelisteten Typ B- bzw. Typ C-Normen überarbeitet und verweisen auf die EN ISO 13 849-1 bzw. auf die EN IEC 62 061. Inwiefern sich aus einer Anwendung der EN 954-1 jetzt noch eine de facto Vermutungswirkung herleiten lässt, sei dahingestellt.
5.2.6 Wahrscheinlichkeitstheoretische Verfahren für Steuerungen. Wahrscheinlichkeitstheoretische (probabilistische) Ansätze zur Auslegung sind weder im allgemeinen Maschinenbau noch in der Sicherheitstechnik prinzipiell neu. Seit ca. 85 Jahren beruht die Auslegung bzw. die Auswahl von Wälzlagern auf Wahrscheinlichkeitsaussagen über ihre zu erwartende nominelle Lebensdauer als Umdrehungszahl, die von 90% einer genügend großen Menge gleicher Wälzlager erreicht oder überschritten wird, bevor die ersten Anzeichen einer Werkstoffermüdung auftreten, [5.24, 5.25]. Et-
was jünger sind nach [5.26] die wahrscheinlichkeitsgestützten Ansätze des Explosionsschutzes, die das zeitlich zu erwartende Vorkommen explosionsfähiger Atmosphäre in gefahrdrohender Konzentration bzw. Mengen und die voraussichtliche Häufigkeit gleichzeitig auftretender Zündquellen berücksichtigten. In der Prozessindustrie (Chemie und Verfahrenstechnik) haben Bewertungen der Ausfallwahrscheinlichkeit elektrischer und elektronischer Sicherheitssteuerungen spätestens seit den Großkatastrophen des letzten Jahrhunderts (z. B. in Seveso, Bophal) einen besonders hohen Stellenwert. Das hat sich auch in internationalen Normen niedergeschlagen. Das in der EN 954-1 beschriebene Verfahren zur Analyse und Bewertungen von Risiken, die mit sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen beherrscht werden sollen, geht von einer kausalen, nicht beeinflussbaren Vorbestimmtheit des Verhaltens bewährter Bauteile der Steuerung aus. Die für diese Norm charakteristischen Kategorien berücksichtigen nur strukturelle Anforderungen an Steuerungen. Sie berücksichtigen weder Zuverlässigkeit noch Ausfallwahrscheinlichkeit von Bauteilen oder Baugruppen, die letztlich bestimmen, wie zuverlässig die Steuerung ihre Sicherheitsfunktion erfüllen wird. Das Verfahren zum Bestimmen der Kategorien beruht also auf einem deterministischen Ansatz, der die Realität nur unvollständig wiedergibt, da Sicherheit und Zuverlässigkeit zukünftiges Verhalten unter vereinbarten Bedingungen beschreiben. Beide haben Wahrscheinlichkeitscharakter: Stochastische Phänomene mit deterministischen Methoden beherrschen zu wollen ist ein Widerspruch in sich, [5.27-5.30]. IEC 61 508 „Funktionale Sicherheit elektrischer, elektronischer und programmierbarer elektronischer Systeme“. Diese Norm beschäftigt sich mit der funktionalen Sicherheit (also mit der sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit) von Steuerungensystemen in einem allgemeinen und übergreifenden Sinne. In ihren sieben Teilen (Teile 1 bis 3 sind normativ, Teile 4 bis 7 informativ) beschreibt sie allgemein im Sinne einer (aus formalen Gründen nicht harmonisierbaren) Norm grundlegende Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen im Sinne eines funktionalen Sicherheitsmanagements, die mit elektrischen/elek-
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
$QIRUGHUXQJVSURILO 8PZHOWXQG HLQJHVHW]WH (UNHQQHQ .DWHJRULH %DXWHLOH HLQ]HOQHU QDFK(1 %HWULHEV )HKOHU EHGLQJXQJHQ
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Bild 5.2-28 Anforderungen an sicherheitsbezogene Steuerungen nach EN 954-1
VHOEVWWlWLJHhEHUZDFKXQJ HUNHQQW)HKOHUIUK]HLWLJ
207
5 Sicherheitstechnik
208
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Bild 5.2-29 Beispiele für die Umsetzung der Anforderungen nach EN 954-1 in fluidischen Steuerungen nach [5.22, 5.31]
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
tronischen und programmierbaren elektronischen Systemen (E/E und PES) realisiert sind, Bild 5.2-30. Das in der Norm IEC 61 508 festgelegte Vorgehen unterscheidet sich erheblich von den bis jetzt in der Sicherheitstechnik angewendeten Verfahrensweisen. Die Grundphilosophie der Norm ist sehr ausführlich in [5.32] erläutert. Sie geht vom folgenden wahrscheinlichkeitstheoretischen Ansatz aus: Die für das Erreichen einer bestimmten Sicherheitsintegritätsstufe zugeordnete, zahlenmäßig festgelegte Wahrscheinlichkeit für das 7HLO LQIRUPDWLY
7HLO QRUPDWLY
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7HLO QRUPDWLY
7HLO QRUPDWLY
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7HLO QRUPDWLY
7HLO LQIRUPDWLY
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Bild 5.2-30 Aufbau und Inhalt der Norm IEC 61 508
209
Auftreten eines gefährlichen Fehlers im System darf nicht überschritten werden. Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgt sie zwei Richtungen: Ausgehend von einer Risikobeurteilung fußt das Einhalten des Sicherheitsniveaus darauf, einerseits Fehler in Steuerungen zu vermeiden oder zu beherrschen, andererseits die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Ausfälle auf definierte Werte zu begrenzen, damit die Wahrscheinlichkeit für den Übergang in einen unsicheren Zustand hinreichend gering bleibt. Das notwendige sicherheitstechnische Niveau muss über die gesamte Lebensdauer der Anlage eingehalten werden, denn Ursachen von Fehlern, auf die Unfälle zurückzuführen sind, lassen sich während des gesamten Lebenszyklus finden, nicht nur während der Entwicklungsund der Konstruktionsphase. Zur Erreichung dieser Ziele stehen drei unabhängige, aber aufeinander abgestimmte Prinzipien zur Verfügung: • Fehlerbeherrschende oder fehlertolerante Architektur der Steuerung • Begrenzte Ausfallwahrscheinlichkeit PDF (Probability of Dangerous Failure) der Systeme und Geräte, wobei gilt: PDFSystem = PDFGerät • Systematische Integration der Sicherheit durch Planungs-, Entwurfs- und Realisierungsmaßnahmen zur Fehlervermeidung und Fehlerbeherrschung, nicht nur beim Hersteller, sondern auch beim Betreiber Maßstab des erreichten Niveaus der sicherheitsbezogenen Leistungsfähigkeit der Steuerung sind Sicherheitsintegritätsstufen SIL (Safety Integrity Level), die der ermittelten Höhe des Risikos entsprechen. Jedem in der Risikobeurteilung erkannten gefahrbringenden Ereignis (als Folge eines gefährlichen Fehlers) ist mit dem SIL ein quantifizierter Bereich der Ausfallwahrscheinlichkeit zugeordnet, der wiederum mit der Stufe der Risikominderung korrespondiert. Bei einem gefährlichen Fehler ist die geforderte Sicherheit nicht mehr gewährleistet, das System fällt in einen unsicheren Zustand. Die grundlegende Idee ist dabei, dass die für das Erreichen einer bestimmten, im SIL festgelegten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines gefährlichen Fehlers im System nicht überschritten werden darf. Sicherheitsfunktionen müssen so ausgelegt sein, dass die Wahrscheinlichkeit des Übergangs in so einen unsiche-
210
5 Sicherheitstechnik
ren Zustand hinreichend gering ist. Der jeweilige SIL (SIL 1 steht für die niedrigste Sicherheitsstufe, SIL 4 für die höchste) ist eine von vier diskreten Stufen zur Spezifikation der Anforderungen an eine Sicherheitsfunktion. Je höher das vorhandene Risiko ist, desto höher muss der SIL der Steuerung, die diese Sicherheitsfunktion realisieren soll, die dieses Risiko wieder minimieren soll. Basis zum Bestimmen der Sicherheitsintegrität ist die Risikobeurteilung. Zur Ermittlung des Risikos benutzt die Norm einen Risikograph, Bild 5.2-31. Versagensgrenzwerte. Beim Festlegen eines SIL wird jeder Sicherheitsfunktion einer der Versagensgrenzwerte zuzuweisen: PFD (Probability of Failure on Demand, Wahrscheinlichkeit, die entworfene Funktion auf Anforderung nicht auszuführen) oder PFH (Probability of Failure per Hour, Wahrscheinlichkeit eines gefahrbringenden Ausfalls pro Stunde). PFD ist relevant für niedrige, sporadische Anforderungsraten (weniger als einmal pro Jahr), PFH steht für höhere bzw. ununterbrochene, kontinuierliche Anforderungsraten, Bild 5.2-32.
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Architektur der Steuerung. Systeme können einkanalig (Fehlertoleranz 0), zweikanalig (Fehlertoleranz 1) oder dreikanalig (Fehlertoleranz 2) ausgeführt sein. Zu beachten ist weiterhin, ob das Ausfallverhalten aller Komponenten ausreichend oder unzureichend definiert und wertemäßig erfasst sind. Diagnosedeckungsgrad. (DC, Diagnostic Coverage) Er bezieht sich auf die Entdeckbarkeit gefahrbringender Ausfälle, z. B. durch Selbsttests.
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Bild 5.2-32 SIL und Ausfallraten
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Bild 5.2-31 Risikograph nach IEC 61 508
3% NDXPP|JOLFK
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
Die Norm IEC 61 508 bietet ein sehr wirksames Instrumentarium zur sicherheitsgerechten, auf Risikobeurteilungen basierenden Konstruktion und Nutzung von größeren und sensiblen großtechnischen Industrieanlagen (Umfang der Norm beträgt an die 450 Seiten). Aus dieser Norm wurden weitere Normen hergeleitet, die diese allgemeinen, eher für das Sicherheitsmanagement getroffenen Vorgaben spezifizieren, so z. B. die Norm IEC 61 511 für Prozessindustrien, die Norm IEC 62 061 für die Maschinenbauindustrie und die Norm IEC 62 304 für medizinische Bereiche. ersteller und Betreiber solcher Anlagen werden sie nutzen, da sie über entsprechende personelle und sachliche Ressourcen verfügen. Auch für Hersteller von Sicherheitskomponenten ist das Anwenden dieser Norm beim Entwickeln und Bauen eine wichtige Voraussetzung für die Marktgängigkeit ihrer Produkte. Solche Sicherheitskomponenten bieten deren Anwendern beim Realisieren sicherheitsrelevanter Steuerungen den Vorteil, dass sie sich nicht mehr im Sinne der EN 954-1 nur auf bewährte Bauteile (die zwar immer noch bedeutsamen sind) sondern auf die Qualität des Entwicklungsprozesses und der Produktion beim Gerätehersteller verlassen können. Für Maschinen aber, die in den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, wird sie, lebensnah betrachtet, nur in Ausnahmefällen anwendbar sein, denn auch hier wirkt die normative Kraft des Faktischen: Es lassen sich an Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie weder Risikopotentiale (Energiedichte und ihr ausgesetzte Anzahl potenzieller Opfer) noch ein Unfallgeschehen (Anzahl der tatsächlich auf Versagen von Steuerungen zurückführbaren Unfälle) ausmachen, die den zur Umsetzung der Norm IEC 61 508 notwendigen sachlichen, organisatorischen und personellen Aufwand rechtfertigen würden. Auch aus folgendem Grund würde die praktische Umsetzung der doch recht komplexen und aufwendigen Prozeduren der IEC 61 508 kaum die Akzeptanz des allgemeinen Maschinenbaus finden: Konstrukteure mittelständiger Betriebe des allgemeinen Maschinenbaus beherrschen die dazu erforderlichen mathematischen Methoden (Markov-Modelle, Petri-Netze) in der Regel nicht in dem Maße, das zum Umsetzen in konkrete Steuerungsmaßnahmen notwendig ist.
211
EN ISO 13 849-1 „Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze“. Der Grundgedanke der EN ISO 13 849 gibt die durch die Praxis gestützte Erkenntnis wieder: Statt zu versuchen, in eine unter rein funktionellen Gesichtspunkten entwickelte Steuerung nachträglich Sicherheitsfunktionen zu integrieren, ist ein anderes Vorgehen viel wirkungsvoller und einem Sicherheitsnachweis dienlicher: Vorab eine Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung durchzuführen, daraus Sicherheitskonzept bzw. Architektur festzulegen und darauf aufbauend, alle anderen Funktionen der Steuerung zu realisieren. Die Ausgangsbasis für die Risikobeurteilung in dieser Norm bleibt der aus EN 954-1 bekannte, leicht modifizierte Risikograph mit seinen abgestuften Risikoparametern Schwere möglicher Verletzungen, Expositionsdauer im Gefahrenbereich und die Möglichkeit der Vermeidung von Gefährdungen. Ergänzt ist der Risikograph einmal mit der Risikopyramide, welche die Höhe des Risikos in den einzelnen Zweigen des Entscheidungsbaums symbolisiert. In der zweiten Erweiterung führen die Äste des Entscheidungsbaumes nicht mehr zur Matrix einsetzbarer Steuerungskategorien sondern zu erforderlichen (required) Performance-Levels PLr. Sie sind in fünf Stufen abgestuft und mit a, b, c, d und e bezeichnet, Bild 5.2-33. PLr sind die Messlatte für die in der Steuerung zu erreichenden Performance Levels PL. Deshalb ist auch der durch die Steuerung zu erreichende PL konsequent von dem PLr (Ergebnis der Risikobeurteilung und zugleich feste Forderung für den Entwicklungsprozess der Steuerung) zu unterscheiden. Die Qualität der gesamten Sicherheitsfunktion hängt zwar primär von der Architektur der Steuerung (schon in der EN 954-1 durch Kategorien charakterisiert) aber auch noch von anderen, zufallsbedingten Faktoren ab. Das liegt in der Natur aller technischen Systeme. Um Einflüsse von Zuverlässigkeit und Ausfallverhalten zu berücksichtigen, führt die Norm EN ISO 13 849 einfache, praktikable Verfahren sowie drei relativ leicht handhabbare und rechnerisch einfach bestimmbare Zuverlässigkeitsparameter einschließlich der Skalierung ihrer Wertebereiche ein:
212
5 Sicherheitstechnik
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3
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KlXILJ DQGDXHUQG
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Bild 5.2-33 Risikoparameter und Risikograph für sicherheitsrelevante Teile von Steuerungen nach EN ISO 13 349
• Beschreibung von Zuverlässigkeit von Bauteilen durch MTTFd-Wertebereiche (Mean Time To Dangerous Failure) • Beschreibung der Fehleraufdeckungsgrade durch DC-Wertebereiche (Diagnostic Coverage) • Beschreibung der Resistenz gegen Ausfälle gemeinsamer Ursache CCF (Common Cause Failure) mit einem Punktesystem. Die Kombination der ermittelten Parameter einschließlich ihrer Werte bestimmen den mit einer konkreten Steuerung erreichbaren Performance Level PL, Bild 5.2-34. Somit ist es nicht mehr nötig, Ausfallraten von Bauelementen, Diagnose-Deckungsgrade, Ausfälle gemeinsamer Ursache und andere Wahrscheinlichkeitsgrößen durch komplexe mathematische Modelle in eine einzige Ausfallwahrscheinlichkeitsgröße umzurechnen. In gewissen Grenzen lassen sich sogar Defizite bei einem dieser Parameter durch höhere Werte bei einem anderen Parameter kompensieren. Die jeweiligen PL-Stufen geben also die Fähigkeit sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen wieder, ihre Funktion unter vorhersehbaren Bedingungen zuverlässig aus-
zuführen und somit Risiken zu beherrschen bzw. zu mindern. Sie quantifizieren die Zuverlässigkeit steuerungstechnischer Maßnahmen und deren sicherheitsbezogener Teile, letztlich das sicherheitsbezogene Leistungsvermögen der Steuerung. Gestaltung und Ausführung der jeweiligen Baugruppen sicherheitsbezogener Teile der Steuerung, getrennt für jede Sicherheitsfunktion betrachtet, bestimmen diejeweiligen PL, die zu einem gemeinsamen Performance Level zusammengefasst werden. Eine Steuerung kann also verschiedene Sicherheitsfunktionen mit unterschiedlichen PL realisieren. Die Brücke zur EN 954-1 wird durch Verknüpfen der Architektur der realisierten Steuerung, (mit der entsprechende Kategorie charakterisiert) mit der Kombination der quantifizierten Zuverlässigkeitsparameter MTTFd, DC und CCF geschlagen. Erst jetzt führt dieses Verfahren zur der neuen, zentralen Bewertungsgröße für die Zuverlässigkeit der Steuerung, zu deren Performance Level PL, Bild 5.2-35. Der „Gesamt-PL“ der Steuerung muss im Laufe deren Entwicklung mehrmals mit dem in der Risikobeurteilung mit Hilfe des Risikographen zugeordneten PLr verglichen werden. Der PL
213
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
3DUDPHWHU 'LDJQRVH'HFNXQJVJUDGH'&
$QIRUGHUXQJHQDQ6WHXHUXQJ
0DIUGLH)HKOHUHUNHQQXQJLQHLQHPVLFKHUKHLWVUHOHYDQWHQ 6\VWHPDOV9HUKlOWQLVGHU:DKUVFKHLQOLFKNHLWHQWGHFNWHU %HGHXWXQJ JHIlKUOLFKHU)HKOHU GGEH]RJHQDXIGLH :DKUVFKHLQOLFKNHLWDOOHUJHIlKUOLFKHU)HKOHUG 'LDJQRVWLF &RYHUDJH G
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3DUDPHWHU
3DUDPHWHU $XVIDOOUDWH077)G 0LWWHOZHUWGHU%HWULHEVGDXHURKQHJHIlKUOLFKH)HKOHULQ %HGHXWXQJ HLQHPHLQ]HOQHQ.DQDOGHU6WHXHUXQJ 0HDQ 7LPH 7R GDQJHURXV )DLOXUH $XVIDOOUDWHSUR.DQDO 077)IU FRQVW
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Bild 5.2-34 Bestimmung und Nachweis des erreichbaren Performance Levels PL
5 Sicherheitstechnik
214
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6LFKHUKHLWVEH]RJHQH7HLOHYRQ 6WHXHUXQJHQPVVHQ $QIRUGHUXQJHQGHU.DWHJRULH HUIOOHQ
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Bild 5.2-35 Sicherheitskategorien von Steuerungen und mögliche Performance Levels PL
)HKOHUWROHUDQ] DOOH)HKOHUZHUGHQHUNDQQW RGHU )HKOHUDQKlXIXQJIKUWQLFKW ]XP9HUOXVWGHU 6LFKHUKHLWVIXQNWLRQ EHUZLHJHQGGXUFKGLH 6WUXNWXUFKDUDNWHULVLHUW
215
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
der fertigen Steuerung darf nicht kleiner sein als PLr. Der PL korrespondiert mit dem Safety Integrated Level SIL aus der IEC 61 511. Er ist, wie das SIL, über Ausfallgrenzwerte ebenfalls in fünf Stufen definiert, Bild 5.2-36. :DKUVFKHLQOLFKNHLW HLQHVJHIDKUEULQJHQGHQ $XVIDOOVSUR6WXQGH>K@
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• die risikokompensierende Eigenschaft der jeweiligen Steuerungskategorien auf mehrere Arten zu erreichen, Bild 5.2-38 • . Damit ist ein quantitativer Nachweis der Zuverlässigkeit von Sicherheitskreisen und deren Komponenten mit einem vereinfachten Verfahren erbracht, das wissenschaftlich und durch die Prüfungspraxis abgesichert ist, [5.38]. Eine wünschenswerte breite Anwendung dieser Norm hängt noch von der allgemeinen Verfügbarkeit gesicherter Daten über das Ausfallverhalten von Steuerungskomponenten ab. Im Anhang C dieser Norm sind für elementare Bauteile Ausfallraten bzw. Angaben zu der zu erwartenden Lebensdauer aufgeführt. Zu hinterfragen ist aber die Verlässlichkeit solcher Daten, wenn es um konkrete Fragestellungen zu individuellen Ausfallraten von Komponenten unter äußerst unterschiedlichen Einsatzbedingungen geht, wie sie in der täglichen Einsatzpraxis der Maschinen vorkommen. Es ist anzunehmen, dass Hersteller von Steuerungs- und Sicherheitskomponenten diese Daten während der Erprobungsphase ihrer Produkte ermittelt haben. Es bleibt zu hoffen, dass Gesetze des Marktes eine Veröffentlichung solcher Daten beschleunigen werden.
6,/ 6,/
G H
6,/
Bild 5.2-36 Zusammenhang zwischen PL und SIL
Mit diesem genormten Verfahren lässt sich • der erforderlicher PL relativ einfach aber trotzdem ausreichend genau quantifizieren • eine bestimmte Kategorie mit mehreren PL abdecken, Bild 5.2-37. 3)+
6LFKHUKHLWVUHOHYDQWH7HLOHYRQ6WHXHUXQJHQ ´.DWHJRULHQ´
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Bild 5.2-37 Zusammenhang zwischen PL und Sicherheitskategorie
QLHGULJ
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'LDJQRVH'HFNXQJVJUDGH'&
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KRFK
5 Sicherheitstechnik
216
=XYHUOlVVLJNHLWVQLYHDX
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EELVF
G
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KRFK
KRFK -
Bild 5.2-38 Anforderungen für Sicherheitskategorien nach EN ISO 13 849-1 nach [5.33]
H
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
PC-Programm SISTEMA. Das Windows-Tool (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) unterstützt Maschinen- sowie Steuerungshersteller und Prüfstellen bei der Gestaltung, Integration und Bewertung von sicherheitsbezogenen Teilen von Maschinensteuerungen und berücksichtigt alle heute relevanten Steuerungstechnologien. Das Programm wurde von dem damaligen BGIA entwickelt, um neben der Erhöhung der Akzeptanz des probabilistischen Ansatzes durch strukturierte Bedienerführung die vollständige und fehlerfreie Anwendung der EN ISO 13 849-1 zu ermöglichen, hauptsächlich aber um die Ausfallwahrscheinlichkeit und damit die funktionelle Zuverlässigkeit geplanter oder bereits realisierter Steuerungen einfach und schnell berechnen zu können. Das Programm bildet die Struktur der sicherheitsbezogenen Teile von Steuerungen für Sicherheitsfunktionen auf der Basis einer hierarchischen von Subsystemen, Maschinen, Blöcken und Elementen unter Berücksichtigung der gewählten designierten Architektur (Kategorien), Bild 5.2-39. Der Anwender eröffnet zunächst das Projekt, definiert danach die Maschine und in ihr die Gefahrstellen, um ihnen sukzessiv alle erforderlichen Sicherheitsfunktionen bzw. die mit ihnen gekoppelten erforderlichen risikobezogenen Performance Levels PLr zuzuweisen.
Bild 5.2-39 Hierarchischer Aufbau des Programms SISTEMA
217
Über Eingabemasken werden relevante Parameter wie die Risikoparameter zur Bestimmung des erforderlichen PLr, die Kategorie des Steuerungssystems, die Maßnahmen gegen Fehler gemeinsamer Ursache (Common Cause Failure, CCF) bei mehrkanaligen Systemen, die mittlere Bauteilgüte (Mean Time to Dangerous Failure, MTTFd) und die mittlere Testqualität (average Diagnostic Coverage, DCavg) von Bauelementen eingegeben. Nach der Dateneingabe sind die berechneten Ergebnisse sogleich sichtbar. Ein Nachschlagen in Tabellen und das zahlenmäßige Berechnen anhand allgemeiner Formeln entfällt dadurch. Die Variation der Parameter zeigt sich sofort in den Ergebnissen der Berechnung. Dies ermöglicht es dem Benutzer, Parameterwerte abzuändern und sogleich ohne großen Aufwand das Ergebnis beurteilen zu können und damit die Auslegung der Steuerung zu optimieren. Die Resultate der Berechnungen werden in einem druckbaren Report zusammengefasst. Neben ihrer Flexibilität zeichnet sich das Programm durch eine komfortable und intuitive Bedienbarkeit aus. Die Programmoberfläche gliedert sich in vier Bereiche, s. Bild 5.2-40. Komfortable Bibliotheksfunktionen (CCFMaßnahmen, DC-Maßnahmen und Verfahren guter ingenieurmäßiger Praxis) runden den Leis-
218
5 Sicherheitstechnik
tungsumfang von SISTEMA ab. Die mitgelieferten Bibliotheken enthalten einige Standardelemente, Blöcke und komplette Subsysteme. Benutzer können die Bibliotheken als Datenbank für ihre häufig genutzten Bauteile beliebig erweitern. Sie können auch weitere Bibliotheksmodule nachinstallieren, um z. B. die Berechnung des erreichbaren Performance Levels als Qualitätsstufe der Risikominderung für die jeweilige Sicherheitsfunktion der Steuerung unter Verwendung der in Herstellerbibliotheken hinterlegten sicherheitstechnischen Zuverlässigkeitswerten durchführen zu können. Die Software kann nach der Registrierung als Freeware von den Internetsei-
Bild 5.2-40 Eingabemaske der SISTEMA
ten der DGUV zur kostenlosen Benutzung heruntergeladen werden (http://www.dguv.de, Webcode d1123). Der 260-seitige Report „Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen - Anwendung der EN ISO 13 849-1“ (Webcode d18471) ist mit der Software abgestimmt und erklärt anhand vieler Beispiele von in der Praxis realisierten und bewährten Steuerungen die praktische Anwendung der Norm EN ISO 13 849-1, beginnend mit der Risikobeurteilung über die Gestaltung der zu konzipierenden Steuerungen (incl. Software) bis zu deren Validierung. Der Report [5.33] ist als Lehrbuch und zugleich als Nachschlagewerk konzipiert.
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
IEC 62 061 Sicherheit von Maschinen - Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer, elektronischer und programmierbarer elektronischer Steuerungen. Diese Norm hat das Ziel, die Leistungsfähigkeit (Performance) von elektrischen Steuerungssystemen bezogen auf signifikante Gefahren zu definieren unter Gesichtspunkten des gesamten Sicherheitslebenszyklus zu definieren und festzulegen. Des Weiteren legt sie eine Methodik zur Risikobeurteilung und zum Bestimmen des Safety Integrity Levels (SIL) als Zuverlässigkeitsindikator für die von der Steuerung zu erfüllende Sicherheitsfunktion fest. Ausgehend von der Terminologie und der Systematik der IEC 61 508 basieren die zum Erreichen der erforderlichen Performance entwickelten Methoden auf der Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeiten und Folgen zufälliger und systematischer Fehler und setzen konsequent einen systemischen Ansatz um, Bild 5.2-41. Ausgangspunkt dafür ist eine Analyse von Gefährdungen und die Bewertung bzw. Beurteilung der mit ihnen verbundenen Risiken, die unmittelbar mit der Nichterfüllung von Sicherheitsfunk-
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6LFKHUKHLWVEH]RJHQHVHOHNWULVFKHV6WHXHUXQJVV\VWHP
0DQDJHPHQW GHU IXQNWLRQHOOHQ 6LFKHUKHLW
tionen, die von der zuverlässigen Wirkung von sicherheitsbezogenen Teilen der Steuerung abhängen. Im Unterschied zur EN ISO 13 849-1, die zur Bestimmung des Performance Levels (PLr) als Zuverlässigkeitsindikator für die von der Steuerung zu erfüllende Sicherheitsfunktion einen Entscheidungsbaum benutzt, geschieht dies hier mit einer Entscheidungsmatrix. Die Beurteilungsparameter sind, ähnlich wie bei der EN ISO 13 849-1, die Schwere der möglichen Verletzung S (Zeilen der Matrix) und die Wahrscheinlichkeit des möglichen Schadens, die in Klassen K quantifiziert ist (Spalten der Matrix), Bild 5.2-42. Die Klasse entsteht durch Addition der den Beurteilungskriterien Häufigkeit der Exposition F, der Wahrscheinlichkeit der Schadensvermeidung P und, als zusätzliches Beurteilungskriterium, der Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses W zugeordneten Werten, (K = F+ W + P). Die praxisgerechten, sich an Beispielen orientierenden Formulierungen der jeweiligen Beurteilungskriterien sind sehr hilfreich für die wertmäßige Zuordnung. In den Feldern der Matrix erfolgt dann die zahlenmäßige Bewertung der Ri-
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0DQDJHPHQWDNWLYLWlWHQXQGGLHWHFKQLVFKHQ $NWLYLWlWHQ9HUDQWZRUWOLFKNHLWHQ3HUVRQHQ $EWHLOXQJHQXQG2UJDQLVDWLRQHQ
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219
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$EVFKQLWW
Bild 5.2-41 Systemischer Ansatz der EN IEC 62 061
5 Sicherheitstechnik
220
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Bild 5.2-42 Bestimmungsmatrix für SIL nach EN IEC 62 061
siken durch den Safety Inegrity Level (SIL). Dabei steht SIL 1 für ein niedriges, SIL 3 für ein hohes Risiko. Bei der Realisierung der Sicherheitsfunktionen, Safety Related Control Function (SRCF) werden andere mathematischen Modelle angewendet, die weniger „Sonderfälle“ in der Berechnung berücksichtigen ohne auf „vereinfachte“ Berechnungsverfahren zurück zu greifen. Somit
können auch komplexere Systeme gut abgebildet und entwickelt werden. Die zu realisierende Steuerungssysteme sind nicht an vorgegebene Architekturen gebunden, sondern werden blockweise als Subsystemen betrachtet und die Auswirkung von Geräten mit integrierter Diagnose auf die Zuverlässigkeit des gesamten Steuerungssystems berücksichtigt. Dabei wird der Diagno-
5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen
sedeckungsgrad für jedes Subsystem separat berechnet. Bemerkenswert ist, dass einkanalige Lösungen bis für Risiken vorgesehen sind, die durch steuerungstechnische Maßnahmen entsprechend SIL 3 beherrscht werden müssen. Ausführlich sind Inhalt und Anwendungsmöglichkeiten der Norm samt Berechnungsbeispielen für ausgewählte Sicherheitsfunktionen und deren gerätetechnische Realisierung sind in [5.34] beschrieben. Fazit. Sobald eine technische Schutzmaßnahme von der zuverlässigen Wirkung einer Steuerung, genauer von deren sicherheitsbezogenen Teilen (z. B. von einem Schaltgerät oder einer speicherprogrammierbaren Steuerung) abhängt, bekommt ihre funktionelle Sicherheit, sprich sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit, eine besondere Bedeutung. Die von ihr realisierte Sicherheitsfunktion (bestehend aus einem Eingangskreis, Auswertung und Ausgangskreis) ist dann eine wichtige risikomindernde Maßnahme. Die verwendete Technik bzw. die informationstragende Energieart der Steuerung entscheidet über die Anwendbarkeit der jeweiligen Normen, Bild 5.2-43. 6WHXHUXQJHQ
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,(& %DVLV1RUP IU )XQNWLRQDOH6LFKHUKHLW UHOHYDQWH3DUDPHWHU 6,/6,/FODLPOLPLW '&&&)E OG%G
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Bild 5.2-43 Normen für zuverlässige Maschinensteuerungen im Überblick
Zwar hat sich durch das Einführen der EN ISO 13 849-1 und der EN 62 061 als Nachfolgenormen der EN 954-1 einiges geändert, vor al-
221
lem in Bezug auf die Beurteilung und Nachweis der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen und Software, jedoch vertragen sich die bis jetzt eingesetzten sicherheitsbezogenen Bauteile und deren Applikationen in Steuerungen mit den Zielvorgaben der neuen Normen sehr gut. Das Verfahren nach EN ISO 13 849-1 knüpft an die EN 954-1 mit der dort vorgeschalteten Risikobeurteilung anhand eines erweiterten Risikographs, der nicht zu Kategorien sondern zu einem erforderlichen Performance Level PLr führt. Es folgt eine Entscheidung über den strukturellen Aufbau (Architektur) der Steuerung, die den bekannten Kategorien entspricht. Es folgen die zusätzlichen Schritte zum Nachweis der funktionellen Zuverlässigkeit der entworfenen Steuerung, um zu überprüfen, ob der mit ihnen erreichte Performance Level PL gleich dem oder größer als der erforderliche, risikobezogene PLr ist. Das Verfahren ist für alle Steuerungssysteme anwendbar für alle heute relevanten Technologien. Das Verfahren nach IEC 62 061 ist zwar anders strukturiert und stützt sich auch auf ähnliche Verfahren und Bewertungen, bezieht sich jedoch nicht auf die inzwischen etablierten Kategorien. Die Risikobeurteilung basiert auf einer Risikomatrix, die zu erforderlichen SIL-Werten führt. Das Beurteilungskriterium zur Gefahrenexposition ist um den Gesichtspunkt der Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses erweitert, das Beurteilungskriterium Aufenthaltsdauer ist zeitmäßig quantifiziert. Nachteilig ist allerdings das etwas komplizierte Beurteilen kontaktbehafteter elektromechanischer Komponenten und die Nichtanwendbarkeit von pneumatischen und hydraulischen Systemen, obwohl sie oft in Abschaltkreisen verwendet werden. Bei elektromechanischen, elektronischen aber auch bei nicht elektrischen Komponenten ist die EN ISO 13 849-1 und 2 (sie ist universell einsetzbar) bzw. übergangsweise die EN 954-1(sie entspricht de facto nicht mehr dem Stand der Technik) anzuwenden. Sobald komplexe elektrische bzw. elektronische Teile von Steuerungen und/ oder eine Anwender-Software zur Programmierung von Sicherheitsfunktionen angewendet werden, bietet sich die IEC 62 061 an [5.34]. Die Norm IEC 61 508 dürfte für die meisten Anwendungen des allgemeinen Maschinenbaus „überdimensioniert„ sein.
222
5 Sicherheitstechnik
5.2.7 Zusammenfassung Zum Schluss noch einige grundsätzlichen Gedanken zu hochentwickelten Sicherheitssystemen: Im Unterschied zu mechanischen Komponenten, bei denen sich meistens eine sinnfällige Zuverlässigkeit nachvollziehen lässt, zeichnen sich elektronische Systeme durch eine unsinnliche Wirkung aus: der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ist bei ihnen nicht immer leicht nachvollziehbar. Auch wenn elektronische und rechnergestützte Systeme sicherheitstechnisch noch so hochgezüchtet werden können, darf keines dieser Systeme versuchen, menschliche Schwächen beim Umgang mit technischen Systemen zu kompensieren. Müssen Konstrukteure sogar damit rechnen, dass beim Umgang und bei der Nutzung der Maschinen auf der moralisch-ethischen Ebene Defizite im sicherheitsgerechtem Verhalten vorliegen, darf nicht noch die Illusion erweckt werden, dass mit automatisierten Systemen die Sicherheit von selbst „läuft“, [5.35]. Keine Sicherheitstechnik kann besser sein als ihr Benutzer, und erst recht nicht besser sein als ihr Gestalter! Für alle drei Prinzipien zur Beherrschung stochastischer Gefährdungen (safe life, fail safe, Redundanz) gilt:Um ein zuverlässiges Verhalten der Maschinen zu erreichen, müssen Bauteile bzw. Baugruppen eindeutig, einfach und im Sinne des Prinzips der konsequenten Aufgabenteilung konstruiert sein. Nur dann können Sicherheitsprinzipien möglichst vielen stochastischen Ausfällen und den mit ihnen gekoppelten Gefährdungen wirkungsvoll entgegenwirken und die Sicherheit der Maschinenbenutzer oder Dritter gewährleisten.
Aber: Technische Zuverlässigkeit und Sicherheit bedingen sich nicht immer gegenseitig. Nicht jeder stochastisch auftretender und die Zuverlässigkeit der Maschine beeinträchtigender Bauteilausfall bedeutet für die Maschinenarbeiter auch eine Gefährdung. Bauteilausfälle in Sicherheitsteuerungen ziehen dagegen immer eine potentielle Gefährdung nach sich. Nicht jede konstruktive Maßnahme, die Zuverlässigkeit erhöht, verbessert auch die Sicherheit der Maschinenbenutzer und umgekehrt. In der Praxis sind zuverlässige, störungsarm arbeitende Altmaschinen bekannt, die kaum repariert werden müssen, zugleich aber zahlreiche offensichtliche Gefahrstellen mit erheblichem Gefährdungspotential aufweisen. Hier sind Nachrüstungen notwendig. Bekannt sind aber auch zuverlässige Maschinen mit bedarfsgerechten und benutzerorientierten Sicherheitsmaßnahmen, eine zuverlässig wirkende Steuerung eingeschlossen. Verschlechtern Sicherheitsmaßnahmen die Zuverlässigkeit oder die Verfügbarkeit von Maschinen, müssen die Konstrukteure damit rechnen, dass die Maschinenarbeiter versuchen werden, in eigener Regie „nachzubessern“. Dann setzen sie sich Risiken aus, an die niemand vorab niemand gedacht hat. Stochastische Bauteilausfälle bilden aber keinen deutlichen Ursachenschwerpunkt bei Maschinenunfällen. Der liegt immer noch außerhalb der eigentlichen Nutzungsphase der Maschine bei den deterministischen wirkenden Gefährdungen, bei denen wiederum Gefahrstellen an bewegten Maschinenteilen und Werkzeugen dominieren. Das belegen z. B. die in den Mitteilungsblättern der gewerblichen Berufsgenossenschaften veröffentlichten Unfallberichte.
5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen
5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen Konstruktive Maßnahmen gegen deterministische, vorbestimmte Gefährdungen haben das Ziel, diese Gefährdungen bzw. die mit ihnen verbundenen Risiken für die voraussichtliche Lebensdauer der Maschine, d. h. in allen Lebensphasen der Maschine beseitigen. Deterministische Gefährdungen lassen sich auf den funktionellen Aufbau der Maschinen oder auf die angewandten Verfahren zurückführen. Die sie verursachenden physikalischen Prinzipien und Effekte in Konfigurationen von Maschinenteilen haben oft eine gewollte technologische Funktion, zu deren Erfüllung die Maschinen konstruiert sind. Deterministische Gefährdungen sind somit permanent während der gesamten Lebensdauer der Maschine mit einer konstanten extrem hohen Eintrittswahrscheinlichkeit ( = 100 = 1) vorhanden. Technologische Funktionen ungewollt auf den Menschen angewendet, bedeuten schon auf Grund der heute üblichen Höhe der in Maschinen installierten Leistung und der sich daraus ergebenden Energiedichten immer eine Gefährdung. Deshalb müssen deterministische Gefährdungen als erstes konstruktiv angegangen und behoben werden. Typisches Beispiel für deterministische Gefährdungen ist das Zusammentreffen des Menschen mit Gefahrstellen. Sie haben mit ihren geometrischen Konfigurationen der sie bildenden Maschinenteile und der an sie gebundene Energie (Antriebsenergie oder kinetische Energie ) ein permanentes Gefährdungspotential. Aus ihm entwickeln sich beim zufälligen oder bewussten Zusammentreffen mit einem Körperteil meistens Unfälle. Unfälle an ungesicherten Gefahrstellen sind vorhersehbar und nur eine Frage der Zeit. Sie passieren nicht, sondern werden von Konstrukteuren verursacht.
5.3.1 Drei Wege der Sicherheitstechnik Unfälle bzw. Verletzungen müssen unter allen Umständen verhindert werden. Das ist einer der wichtigsten Grundsätze der Sicherheitstechnik. Maschinen sind ihrer Bauart nach energieumsetzende Systeme und daher mit Energien aller Art behaftet. Die Arbeitsprinzipien der Maschinen
223
sind durch vielfältige Kraftwirkungen und Bewegungen charakterisiert, die Menschen gefährden können, z. B. durch Sollbewegungen von Werkzeugen und Werkstücken im Wirkbereich. Gegen deterministische Gefährdungen gerichtete Konstruktionsmaßnahmen verfolgen das Ziel, zu verhindern, dass sich latente Gefahren auf Menschen auswirken können. Die Leitidee ist, Sicherheitsmaßnahmen als kompatiblen, homogenen und integrierten Bestandteil des Konstruierens aufzufassen, um zu akzeptablen und akzeptierten Risiken, z. B. an Gefahrstellen zu gelangen. Diese Konstruktionsmaßnahmen verändern nicht primär die Zuverlässigkeit der Maschinen, sondern verbessern die Sicherheit der Menschen. Die abgestuften Maßnahmen, deren Reihenfolge ihrer Anwendung festgelegt ist, waren unter den Begriffen • unmittelbare Sicherheitstechnik • mittelbare Sicherheitstechnik • hinweisende Sicherheitstechnik bekannt und allgemein eingeführt, Bild 5.3-1. Diese in der technischen Praxis bewährte Philosophie abgestufter Methoden mit ihren Prioritäten (unmittelbare, mittelbare, hinweisende Sicherheitstechnik) sind auf der internationalen Ebene von der EN ISO 12 100 übernommen worden, allerdings unter Verwendung anderer Begriffe. Deren Inhalt ist aber praktisch gleich geblieben: • Beseitigung oder Minimierung des Gefahrenpotenzials (Integration des Sicherheitskonzeptes in die Entwicklung und den Bau der Maschine) • Ergreifen von Schutzmaßnahmen gegen nicht zu beseitigende Gefahren durch Minimieren der Eintrittswahrscheinlichkeit relevanter Gefährdungen • Unterrichtung der Benutzer über verbleibende Restgefahren auf Grund unvollständiger Wirksamkeit getroffener Schutzmaßnahmen, Hinweise auf eine eventuell erforderliche Spezialausbildung und Notwendigkeit persönlicher Schutzausrüstung. Grundsätzlich lassen sich deterministische Gefährdungen mit allen drei Methoden unwirksam machen, Bild 5.3-2.
224
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.3-1 Methoden der Sicherheitstechnik
Die ersten beiden Methoden sind aber nur auf den ersten Blick gleichwertig, um Menschen vor Gefährdungen zu schützen. Die Wirkungsweise der unmittelbaren Sicherheitstechnik ist unveränderbar und manipulationsfest. Maßnahmen der mittelbaren Sicherheitstechnik haben diese Eigenschaft nicht. Deshalb sind bei Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen erstmal alle
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Unmittelbare Sicherheitstechnik. Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik versuchen möglichst viele Gefahren zu vermeiden. Viele mechanische Gefahrstellen lassen sich im Sinne der unmittelbaren Sicherheitstechnik konstruktiv so
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Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik auszuschöpfen, bevor auf Methoden der mittelbaren Sicherheitstechnik zurückgegriffen wird.
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Bild 5.3-2 Beispiel für angewandte Methoden der Sicherheitstechnik
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5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen
umgestalten, dass sie keine Gefährdungen aufkommen lassen. Zumindest lassen sich ihre schädigende Wirkungen auf den Körper mindern. Das Umsetzen dieser Idee ist zwar mit kreativem und konstruktivem Aufwand verbunden, führt aber zu optimalen Ergebnissen, da Gefahren ein für allemal eliminiert sind und sicherheitstechnische ”Extras” mit allen ihren Unzulänglichkeiten überflüssig werden. Wichtig: Beim Bewerten verbliebener Restrisiken am Ende des Konstruktionsprozesses haben die umgesetzten Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik den entscheidenden Vorteil, dass sie den wichtigen und in den meisten Risikobeurteilungsverfahren an erster Stelle stehenden Risikoparameter „Schwere der Verletzung“ wesentlich reduzieren bzw. ganz eliminieren. So faszinierend diese Aussicht auch sein mag, an konkreten Maschinen lassen sich nicht alle Gefahren vermeiden, sondern nur solche, die keine technologischen Funktionen haben, für welche die Maschine konstruiert wurde. Gefahrstellen an Werkzeugen führen im Wirkbereich der Maschinen technologische Funktionen aus, um z. B. Werkstücke zu bearbeiten. Dafür werden Maschinen ja konstruiert. Vermeiden von Gefahrstellen mit technologischen Funktionen führt sich selbst ad absurdum, da Maschinen nur mit ihnen im vorgesehenem Sinne funktionieren. Gefahrstellen mit technologischen Funktionen lassen sich deshalb grundsätzlich nicht vermeiden, sondern müssen mit Maßnahmen der mittelbaren Sicherheitstechnik angegangen werden. Mittelbare Sicherheitstechnik. Sie sichert vornehmlich funktionelle, technologische Gefahren. Die sie verursachenden Maschinenteile oder Werkzeuge haben eine gewollte technologische Funktion, die sie an einem Objekt ausführen. Unabhängig davon, ob es sich um ein zu bearbeitendes Werkstück oder um Menschen handelt. Die Auswirkungen der Gefahren müssen durch besonders gestaltete Maschinenteile bzw. -gruppen, z. B. durch Schutzeinrichtungen für Mensch und Umwelt unwirksam gemacht werden. Schutzeinrichtungen sind zur Erfüllungen der technologischen Funktion der Maschinen nicht unbedingt notwendig, sondern zusätzliche Baugruppen, die der Sicherheit der Beschäftigten dienen. Die Schutzwirkung muss unabhängig vom Willen und von der Aufmerksamkeit der
225
Gefährdeten sein. Schutzeinrichtungen dürfen die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine nicht unangemessen erschweren, den Arbeitsablauf nicht verlängern oder gar hemmen, [5.35, 5.36]. Stören Schutzeinrichtungen beim Arbeiten oder werden sie als unnütz aufgefasst, sind sie weder optimal gestaltet noch in die Konzeption der Maschine einbezogen. Dann ist damit rechnen, dass sie umgangen oder manipuliert werden. Viele nachträglich angebrachte Schutzeinrichtungen erwartet ein ähnliches Schicksal, da sie ihre Funktion meistens nicht optimal erfüllen, sich ohne besonderen intellektuellen und handwerklichen Aufwand manipulieren lassen und nicht in das optische Erscheinungsbild der Maschine passen. In das Konzept und Erscheinungsbild integrierte Schutzeinrichtungen unterstützen den Arbeitsablauf und werden daher bereitwilliger akzeptiert. Wichtig: Umgesetzte Maßnahmen der mittelbaren Sicherheitstechnik reduzieren bei der Restrisikobeurteilung nicht den Risikoparameter „Schwere der (potentiellen) Verletzung“ sondern nur den Parameter „Häufigkeit bzw. Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens mit der Gefahr“. Hinweisende Sicherheitstechnik. Methoden der hinweisenden Sicherheitstechnik richten sich an gefährdete Personen. Sie versuchen im Bewusstsein Bereitschaft zum sicheren Verhalten hervorzurufen, indem sie angeben, unter welchen Bedingungen Benutzer mit Maschinen gefahrlos umgehen können. Hinweisende Sicherheitstechnik schützt nicht technisch vor Gefahren, sondern setzt Menschen voraus, die alle Gefahren erkennen, die sich an vermittelte Botschaften halten und anschließend auch richtig handeln. Eine zwangsläufige Wirkung ist nicht gegeben, der Erfolg hängt nur von der inneren Einstellung und somit vom Verhalten Gefährdeter ab. Deshalb darf sich der Konstrukteur auf Gefahrenhinweise, Warnungen oder Anleitungen zum sicheren Verhalten allein nicht verlassen. Sie sind nur zusätzliche, unterstützende Maßnahmen. Da es keine Gewissheit im menschlichen Verhalten gibt, können umgesetzte Maßnahmen der hinweisenden Sicherheitstechnik Restrisiken überhaupt nicht beeinflussen. Ihre Umsetzung in Betriebsanleitungen ist aber von erheblicher juristischer Bedeutung.
5 Sicherheitstechnik
226
5.3.2 Funktioneller Ablauf eines Unfalls Um zu entscheiden, welche konstruktive Maßnahmen gegen deterministische Gefährdungen bereits in der Konstruktionsphase wirkungsvoll umzusetzen sind, muss bekannt sein, welche gestalterischen Aspekte einen Unfall bedingen bzw. welche funktionellen Zusammenhänge sich zwischen Menschen und Maschinenteilen bei Unfällen an mechanischen Gefahrstellen einstellen. Sie sind im Bild 5.3-3 zusammengefasst. .|USHUWHLOH
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• Zugänglichkeit der Gefahrstelle • eine „lichteWeite“,die denAbmessungen des menschlichen Körpers bzw. seiner Gliedmaßen entsprechen bzw. widersprechen und/oder • Oberflächenstruktur, an der sich Personen schneiden, abschürfen oder anstoßen können.
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Gefahrstellen geht stets ein unerwünschtes räumliches und zeitliches Zusammentreffen des Menschen mit der Gefahrstelle voraus. Gefahrstellen sind Konfigurationen von Maschinenelementen, die sich gefahrbringend in festen Bahnen bewegen. Gefahrbringende Bewegungen sind der Auslöser für Verletzungen. Da jedoch hinter jeder Bewegung immer eine mechanische Energie steht, ist die ungewollte Einwirkung dieser Energie der eigentliche Ursprung der Gefahr. Allerdings nur dann, wenn sie eine Größenordnung erreicht, die zu körperschädigenden Energiedichten am oder im gefährdeten Körperteil führt. Nicht nur bewegte Maschinenteile können verletzen. Mit Verletzungen ist auch immer dann zu rechnen, wenn bewegte Körperteile sehr scharfe Schneiden oder Reibstellen berühren. Das Vorhandensein einer Konfiguration bewegter Maschinenteile allein reicht für Verletzungen noch nicht aus. Es müssen mindestens noch eine der nachfolgenden geometrischen Bedingungen erfüllt sein:
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Bild 5.3-3 Funktionelle Zusammenhänge an Gefahrstellen
Damit es zum Unfall an einer mechanischen Gefahrstelle kommt, muss sich ein räumliches und zeitliches Beziehungsgefüge zwischen geometrischen und energetischen Gegebenheiten der Maschine einerseits und bestimmten Vorgängen (Handlungen oder Unterlassungen durch gefährdete Personen) verwirklichen. Verletzungen an
Sowohl Maschinenteile als auch Körperteile haben viskoelastische und plastische Eigenschaften. Bei Körperteilen wirken sich unter mechanischen Belastungen noch zusätzlich viskoelastische Eigenschaften des Gewebes aus. Erreicht der Mensch die Gefahrstelle und wird er von ihr erfasst, so verformen sich sowohl Gliedmaßen als auch beteiligte Maschinenelemente. Im Verhältnis der Steifigkeiten (besser gesagt, der Federkennlinien) ist lebendes Gewebe den meisten Konstruktionswerkstoffen unterlegen. Beim Zusammentreffen mit unnachgiebigen Teilen kommt es dann zu traumatischen Verformungen oder zur Zerstörung des Gewebezusammenhangs der Körperteile, zu Verletzungen. Bewusst weich und nachgiebig gestaltete Maschinenteile absorbieren beim Zusammentreffen den überwiegenden Teil der in der
5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen
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Bild 5.3-4 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen
Gefahrstelle wirkenden Energie und halten sie so zum größten Teil vom menschlichen Körper fern. Mit ernsthaften Verletzungen ist dann nicht zu rechnen, wenn auch zu bedenken ist, dass jede elastische Verformung eine gespeicherte Energie bedeutet. Die im Strukturbild dargestellten funktionellen und strukturellen Zusammenhänge des Unfalls an einer mechanischen Gefahrstelle bieten Ansatzpunkte für Anwendungsmöglichkeiten der unmittelbaren und mittelbaren Sicherheitstechnik. Sie sind im Bild 5.3-4 gegenübergestellt. Die unmittelbare Sicherheitstechnik bietet mindestens genau so viele Gestaltungsmöglich-
keiten, wie die mittelbare Sicherheitstechnik. Es sei hier aber nochmals hervorgehoben: Zwar verfolgt die unmittelbare Sicherheitstechnik das Ziel, deterministische Gefahren zu beseitigen bzw. zu minimieren. Auch wenn sie oft als Königsweg dargestellt wird, lässt sie sich nur auf Gefahrstellen anwenden, die keine technologische Funktionen ausführen. Trotz dieser Einschränkung eröffnet die unmittelbare Sicherheitstechnik mit ihren Methoden interessante Möglichkeiten. Besonderheiten und Einzelheiten der jeweiligen Methoden behandeln die nachfolgenden Abschnitte.
5 Sicherheitstechnik
Mindestabstände in Gefahrstellen. In vielen Fällen lassen sich durch Variieren geometrischer Bedingungen (z. B. der Achsabstände, der Endlagen bewegter Teile usw.) Mindestabstände innerhalb der für Gefahrstellen charakteristischen geometrischen Konfiguration von Maschinenteilen erreichen. Dann können Körperteile nicht mehr erfasst werden, da sie zwischen Maschinenteile gefahrlos durchpassen. Die Gefahrstelle ist zwar prinzipiell vorhanden, hat aber ihre destruktive Wirkung
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Geometrische Gestaltungsmaßnahmen beeinflussen das räumliche Zusammentreffen der Menschen mit Gefahrstellen. Sie zielen auf das Einhalten von Mindestabständen in Gefahrstellen, von Sicherheitsabständen zu Gefahrstellen sowie auf die durch Formgebung beeinflussbare Wirksamkeit von Gefahrstellen. Dem Zusammenhang zwischen Abmessungen von Maschinenteilen und Körpermaßen kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Körpergrößen und Abmessungen der Gliedmaßen variieren von Person zu Person und sind über die gesamte Population, statistisch betrachtet, nach der Gauß‘schen Glockenkurve verteilt. Sie bewegen sich aber, im Unterschied zu den sehr unterschiedlichen Abmessungen heutiger Maschinen und deren Teile, in überschaubaren Grenzen. Mit Hilfe gesicherter anthropometrischer Daten lassen sich Sicherheitsabstände festlegen, die Personen nicht überwinden können, andererseits Mindestabstände bestimmen, zwischen die alle Menschen bzw. deren Gliedmaßen passen, ohne sich zu verletzen. Sicherheitsabstände für die meisten Körperteile sind in der EN ISO 13 857, Mindestabstände in der EN 349 quantitativ festgelegt.
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Bild 5.4-1 Mindestabstände nach [5.37]
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5.4.1 Geometrische Gestaltungsmaßnahmen
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Konstruktive Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik verfolgen das Ziel, deterministische Gefährdungen, sofern sie keine technologische Funktion haben, für die voraussichtliche Lebensdauer der Maschine, auch während ungewöhnlicher Situationen, zu vermeiden. Dazu stehen geometrische und energetische Gestaltungsmaßnahmen zur Verfügung.
verloren. Die Wirksamkeit dieser Methode steht und fällt mit anthropometrisch ermittelten Mindestabständen. Im Bild 5.4-1 sind beispielhaft die in der Schweiz gebräuchlichen Mindestabstände zum Vermeiden von Quetsch- und Einzugstellen an Walzen festgehalten. Das Bild 5.4-2 enthält normative Festlegungen zum praktischen Umsetzen der Mindestabstände. So vielversprechend die Methode des Einhaltens von Mindestabständen auch scheint, sie lässt sich nicht universell umsetzen. So lassen sich Quetsch- und Scherstellen mit dieser geometrischen Gestaltungsmaßnahmen re-
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5.4 Unmittelbare Sicherheitstechnik
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5 Sicherheitstechnik
lativ gut, Einzugstellen bedingt, Auflaufstellen, Schneidstellen und Stichstellen grundsätzlich nicht vermeiden. Das Gefährdungspotential von Schneid- und Stichstellen liegt nicht nur in der Bewegungsenergie, sondern verbirgt sich auch in der Geometrie der Schneide, die in Stoffe eindringen oder Späne abtragen soll. Besonders gefährlich sind Schneiden, deren Schneidkeil und Schneidwinkel für das Trennen fasriger organischer Stoffe, wie z. B. Papier, Textil, Leder oder Lebensmittel ausgelegt und geschliffen sind. Schon ein Berühren der Schneide dieser Werkzeugen kann schwere Schnittverletzungen nach sich ziehen! Bei Schneiden, die zum Bearbeiten von anderen Werkstoffen mit höheren Festigkeitswerten, z. B. von Metallen, vorgesehen sind, besteht eine Verletzungsgefahr beim Berühren der Schneiden wegen der anderen Keilwinkel und Schneidradien nicht immer. Recht gut lässt sich z. B.dasVerletzungspotenzial an Flächen reduzieren, bei denen sich scharfe Kanten oder hohe Rauigkeiten vermeiden lassen, die sich sonst wie unregelmäßig verteilte Schneiden am Umfang einer Schleifscheibe abrasiv auf die Körperoberfläche auswirken können. An Auflaufstellen müssen vorgespannte Zugmittel der Hülltriebe auf bewegten Scheiben oder Walzen aufliegen, damit sich überhaupt der zur Kraft- bzw. Energieübertragung notwendige Reibschluss aufbauen kann. Diese unfallträchtige Enge ist funktionell bedingt. Die geometrischen Methoden der gefahrlosen Mindestabstände lassen sich für Auflaufstellen zwischen Scheiben und Zugmitteln daher prinzipiell nicht anwenden. Sicherheitsabstände. Eine der effektivsten Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik ist das Vermeiden der Zugänglichkeit bzw. der Erreichbarkeit von Gefahrstellen durch Einhalten von Sicherheitsabständen. Sie sind zahlenmäßig so festgelegt, dass alle Personen der Zielpopulation sie nicht überwinden können. Durch diese Gestaltungsmaßnahmen entstehen an Maschinen bzw. an deren Teilen, z. B. an Einfülltrichtern stoffliche Hindernisse, die ohne extreme Anstrengungen nicht zu überwinden sind, Bild 5.4-3. Die Unerreichbarkeit lässt sich durch Einhalten genormter Sicherheitsabstände verwirklichen. Sie wurden unter Berücksichtigung anthropometrischer Maße einschließlich Sicherheitszuschläge
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Bild 5.4-3 Unerreichbarkeit durch Form des Einfülltrichters
und der von Natur aus gegebenen biomechanischen Eigenschaften des Menschen (z. B. Kompressibilität und Streckvermögen von Gliedmaßen und deren Bewegungsgrenzen) ermittelt. Die Norm EN ISO 13 857 gibt für hohe und geringe Risiken, die von Gefahrstellen ausgehen, unterschiedliche Sicherheitsabstände vor, Bild 5.4-4. Beim Hinüberreichen über eine Kante, z. B. von Maschinengestellen, müssen die Höhe der Kante b, der Abstand der Gefahrstelle vom Boden a und der waagrechte Abstand c der Kante von der Gefahrstelle aufeinander abgestimmt sein, um die Unerreichbarkeit zu gewährleisten. Sie stehen in einem funktionellen Zusammenhang. Ein Parameter ist frei wählbar, die anderen zwei müssen aus der Tabelle stets zur sicheren Seite hin ermittelt werden, Interpolationen zwischen den Werten sind nicht zu lässig. Die jeweiligen Wertepaare von a und c bilden mit b als Parameter eine Treppenkurve im rechtwinkligen räumlichen Netz, die sichere Bereiche von Gefahrbereichen trennt, Bild 5.4-5. Zur Übersicht sind anthropometrisch ermittelte Kurven der Bewegungsräume und der maximalen Greifbereiche von Personen der Zielpopulation mit einer Körpergröße von 1. 900 mm und 1. 500 mm angegeben, [5.38]. Die Körpergröße von 1 .900 mm entspricht in etwa dem
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Bild 5.4-4 Sicherheitsabstände nach EN ISO 13 857
95. Perzentil der Körpergrößen der deutschen Bevölkerung; nur 5% der Bevölkerung sind größer. Die Körpergröße von 1.500 mm entspricht in etwa dem 5. Perzentil; nur 5% der Bevölkerung sind kleiner. Für Personen innerhalb dieser Perzentilbereiche bieten die normativen Festlegungen genügend Sicherheit. Zum Festlegen von Sicherheitsabständen sind grundsätzlich Reichweiten der größten in Frage kommenden Personen maßgebend. Um einem möglichst großen Teil der Bevölkerung entsprechend hohe Sicherheit gegen das Erreichen von Gefahrstellen zu bieten, müssen beim Festlegen von Reichweiten und Greifweiten für beson-
ders hohe Risiken mindestens das 99. Perzentil der in Frage kommenden Population berücksichtigt werden. Sicherheitsabstände und die mit ihnen verknüpfte Frage nach der Erreichbarkeit von Gefahrstellen sind nicht an das kartesische Koordinatensystem gebunden, sondern können sich auch auf das sogenannte Fadenmaß beziehen, Bild 5.4-6. Damit sind z. B. auch Krümmungen großer Papierrollen berücksichtigt, welche die Erreichbarkeit von Einzugstellen erschweren. Analog zu den Sicherheitsabständen für obere Extremitäten sind in der Norm EN ISO 13 857 auch Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefahrstellen mit unteren Gliedmaßen festgelegt.
5 Sicherheitstechnik
232
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Bild 5.4-5 Sicherheitsabstände und Reichweiten für obere Extremitäten nach EN ISO 13 857 an Barrieren der Höhe 1.000 mm, 1.400 mm und 1.600 mm für geringe und hohe Risiken sowie Greifbereiche und Bewegungsräume [5.38]
233
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Bild 5.4-6 Sicherheitsabstände (Fadenmaß) zu Einzugstellen nach EN 1034
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Die genormten Werte sind im Bild 5.4-7 zusammengefasst. Gefährdungen für untere Gliedmaße sind denkbar, wenn z. B. Personen versuchen, mit ihren Füßen Austritts- und / oder Einlassöffnungen freizumachen oder wenn sie mit mitgängergeführten Maschinen arbeiten. Bei stationären Maschinen und Anlagen ist mit den obigen Aktivitäten mit Hilfe der unteren Gliedmaßen dann zu rechnen, wenn sich entsprechende Öffnungen in unmittelbarer Nähe der Flurebene befinden. Ob alle Festlegungen einen Beitrag zur Sicherheit bedeuten, ist fraglich. Sobald nämlich die in der Norm aufgeführten lichten Weiten für die jeweilige Person groß genug sind, um hineinkrabbeln zu können, wird sie dies auch tun.
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Bild 5.4-7 Sicherheitsabstände nach EN ISO 13 857
Nichterreichbarkeit von Gefahrstellen durch Öffnungen. Verletzungen sind vermieden, wenn Gefahrstellen nicht erreicht werden können, Bild 5.4-8 und 5.4-9. Dieser geometrischen Gestaltungsmaßnahme liegt die Erfahrung zu Grunde, dass die Kontur von Öffnungen (lichte Weite) und deren Abmessungen Abstände bestim-
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.4-8 Sicherheitsabstände beim Hindurchgreifen durch Öffnungen nach EN ISO 13 857
235
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Bild 5.4-9 Sicherheitsabstände beim Umgreifen von Hindernissen nach EN ISO 13 857
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236
5 Sicherheitstechnik
men, die Personen mit ihren Gliedmaßen nicht überwinden können, wenn sie durch Öffnungen durchgreifen. Je größer die Öffnungen, um so weiter können Menschen mit größeren und auch längeren Gliedmaßen hindurchgreifen. Desto größer muss auch der Sicherheitsabstand zwischen Öffnung und Gefahrstellen sein, um sie unerreichbar zu machen. Je kleiner die Öffnungen, desto näher können schützende Konstruktionen an Gefahrstellen heranrücken, weil nur dünnere Gliedmaßen durchpassen, die auch üblicherweise kürzer sind. Diese Gesetzmäßigkeiten gelten nicht nur bei geometrischen Gestaltungsmaßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik. Sie müssen auch beim Dimensionieren und Platzieren trennender Schutzeinrichtungen (also auch in der mittelbaren Sicherheitstechnik) berücksichtigt werden. Beim Festlegen dieser Sicherheitsabstände wurde in der EN ISO 13 857, folgender Gestaltungsgrundsatz herangezogen: Der Abstand der Konturen s r , die nicht erreicht werden dürfen (Außenkonturen), wird von der Reichweite der größten in Frage kommenden Personen bestimmt. Die lichten Weiten der Öffnungen e (Innenkonturen), die für das Durchgreifen maßgebend sind, werden von den Körpermaßen der Menschen mit den zierlichsten Gliedmaßen hergeleitet. Damit sind auch Disproportionalitäten, z. B. Personen mit dünnen, überlangen Armen, berücksichtigt. Sicherheitsabstände und Abmessungen der Öffnungen ergeben sich aus statistisch ermittelten anthropometrischen Maßen zuzüglich eines Sicherheitszuschlages. Die Norm ordnet lichten Weiten quadratischer, kreisförmiger und schlitzförmiger Öffnungen e entsprechende Sicherheitsabstände s r zu und legt Sicherheitsabstände für das Umgreifen von Hindernissen fest. Abweichend von der jetzt nicht mehr gültigen, früher aber maßgebenden nationalen Norm DIN 31 001 T. 1, muss jetzt sogar bei Öffnungen kleiner als 4 mm ein Sicherheitsabstand eingehalten werden. Diese Festlegung ist aus praktischer Sicht nur schwer nachvollziehbar. Eine weitere, der Praxis nicht gerade entgegenkommende Verschärfung ist die Vergrößerung des Sicherheitsabstandes von 200 mm auf 850 mm für schlitzförmige Öffnungen von mehr als 20 mm lichter Weite. Diese Vorgabe vergrößert zwangsläufig die Baulänge aller Maschinen, die mit bogen-,
platten- oder bahnförmigem Material beschickt werden. Maschinensicherheitsnormen (Typ CNormen), die sicherheitstechnische Belange konkreter Maschinen oder Maschinengruppen regeln, können unter Berücksichtigung spezieller technologischer Gegebenheiten oder Bedienungskonzepte und der sich aus ihnen ergebenden Risiken kleinere oder größere Sicherheitsabstände als die in der EN ISO 13 857 vorgegebenen Werte festlegen. Auf andere bauähnliche Maschinenarten mit den ähnlichen Gefahrstellen oder -quellen sind diese maschinenspezifischen Sicherheitsabstände nur dann übertragbar, wenn es sich um gleiche Risiken handelt. Formaljuristisch ist jetzt allerdings die Vermutungswirkung der produktbezogenen Maschinensicherheitsnormen fraglich. Analog zu den Sicherheitsabständen beim Durchgreifen mit oberen Extremitäten legt die Norm EN ISO 13 857„Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefahrstellen mit unteren Gliedmaßen“ fest. Die genormten Werte sind im Bild 5.4-10 zusammengefasst. Gefährdungen für untere Gliedmaßen an Öffnungen sind denkbar, wenn z. B. Personen versuchen, mit ihren Füßen Austritts- und/oder Einlassöffnungen freizumachen. Die Anwendung dieser genormten Maße ist bei lebensnaher Betrachtung nur in Bodennähe praktikabel, zumal die in der Norm abgebildeten Körperhaltungen unter normalen Umständen kaum auszuführen sind, schon aufgrund unwillkürlich einsetzender Reaktionen des Gleichgewichtssinns und biomechanisch bedingter Beweglichkeitsgrenzen der Beingelenke Höher gelegene Öffnungen sind aus üblichen Körperhaltungen, die bei der Maschinenarbeit eingenommen werden, mit Beinen oder Füßen kaum zu erreichen. Bei diesen Öffnungen muss aber damit gerechnet werden, dass z. B. in sie aus der Hocke mit Händen gegriffen wird. Die Entscheidung, ob es dann noch angebracht ist, von schützenden Konstruktionen zu sprechen und diese Norm anzuwenden, bleibt dem geneigten Leser selbst überlassen. Jedenfalls muss der Anwendung dieser Norm eine gründliche und ausführliche Risikobeurteilung vorangehen, in die auch die zu erwartenden Verhaltensweisen einschließlich der vorhersehbaren Fehlanwendungen und die mit ihnen verbundenen Risiken einfließen.
237
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Bild 5.4-10 Sicherheistanstände für untere Extremitäten nach EN ISO 13 857
Vermeiden durch Formgebung. Haben Gefahrstellen keine technologische Funktion, lassen sie sich durch Variieren von Geometrie/ Form der Maschinenteile, die sonst für Gliedmaßen gefährliche Konfigurationen bilden, vermeiden. Gefahrstellen haben dann aufgehört zu existieren. Dieses Verfahren bietet den Vorteil der vollständigen Sicherheit, da die Maßnahme, neben ihrer zuverlässigen Wirkung auch manipulationsfest ist. Diese Lösungen kommen ohne sicherheitstechnische „Extras“ aus. Anhand praktischer Beispiele
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Bild 5.4-11 Konstruktiv vermiedene Scherstelle
238
5 Sicherheitstechnik
werden Anwendungen dieser Methoden nachfolgend vorgestellt, Bilder 5.4-11 bis 5.4-13. Beim Versuch, ein verkantetes Teil aus dem Werkzeug einer Kunststoffschweißmaschine zu entfernen, wurde dem Maschinenarbeiter mehrere Glieder des Zeige- und Mittelfingers der Gebrauchhand abgeschert. Werkzeuge der Schweißstation verbinden Kunststoffteile mit einer Folie. Das Unterwerkzeug bewegt sich in einem Ring auf und ab. Befindet sich das Unterwerkzeug 1 in der oberen Endlage, öffnet sich zwischen ihm und dem Ring 2 ein Ringspalt. Bei der Abwärtsbewegung entsteht im Freiraum (mit x bemaßt) eine Scherstelle ohne technologische Funktion. Diese Scherstelle lässt sich daher vermeiden. Wird das Unterwerkzeug durch Anbringen eines umlaufenden Bordes so umgestaltet, dass es in der oberen Endlage mit seiner Unterkante nicht mehr aus dem Ring herausragt, ist der scherende Ringspalt ein für allemal verschwunden. Die Gefahrstelle hat aufgehört zu existieren, Verletzungen sind nicht mehr möglich. Anderes Beispiel: Kreismesser für den Randbeschnitt von bahnförmigem Material oder zur Längstrennung von Bahnen haben aufgrund der Schneidkeilgeometrie und der frei zugänglichen Schneidenlänge ein erhebliches Verletzungspotenzial. Mehrere Normen geben daher vor, dass an Kreismessern im Arbeits- und Verkehrsbereich der nicht zum Schneiden benutzte Teil des Kreismessers gegen unbeabsichtigtes Berühren mit Schutzeinrichtungen gesichert sein muss. Die meisten Schutzeinrichtungen sind topf- oder scheibenförmige Verdeckungen und sichern einseitig den Großteil des Umfangs des Kreismessers. Nach dem notwendigen Nachschleifen verringert sich der Durchmesser des Kreismessers. Zugleich vergrößert sich der Spalt zwischen Messerumfang und Schutzeinrichtung. Damit ist einerseits der seitliche Zugriff zur Schneide möglich, andererseits begünstigt der größer gewordener Spalt Papierstauungen innerhalb der Schutzeinrichtung, sobald die Bahn oder der abgeschnittene Randstreifen reißen. Dann sind Arbeiter gezwungen, zum Entstören in der Nähe der Schneide zu hantieren. Schnittverletzungen sind nur noch eine Frage der Zeit. Statt aufwendiger, aber trotzdem unzuverlässig wirkende Schutzeinrichtungen wurde dem Kreismesser 1 als Schutzscheibe eine nicht mitdrehende
Scheibe 2 deutlich größeren Durchmessers mit ausgespartem Schneidsegment (Meniskus 3) vorgesetzt. Die Schneide ist unerreichbar, Papierstauungen sind vermieden, Bild 5.4-12.
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Bild 5.4-12 Konstruktiv vermiedene Schneidstelle
Die dünne Distanzscheibe 4 hält das Kreismesser auf Abstand zur Schutzkonstruktion. Der Schneidkeil des Kreismessers ist so zur Schutzscheibe orientiert, dass die Schneide nicht in die Finger eindringen kann. Die durch Nachschleifen des Kreismessers sich einstellende Durchmesserverringerung verbessert sogar die Schutzwirkung. Die Schneide wird durch den vergrößerten Durchmesserunterschied zur Schutzscheibe noch schlechter erreichbar. Nachstellarbeiten nach dem Schleifen sind nicht mehr nötig. Papierstauungen zwischen Messer und Schutzscheibe kommen aufgrund des kleinen Zwischenraums praktisch nicht mehr vor. Zum gefährlichen Hantieren in der Nähe des Messers gibt es damit auch keinen Anlass mehr. Diese Konstruktionsmaßnahme der unmittelbaren Sicherheitstechnik hat den Produktionsablauf entstört, gefährliche Hantierungen in Nähe der Kreismesser überflüssig gemacht und somit die Arbeitssicherheit wesentlich erhöht. Pließt- und Poliermaschinen dienen vornehmlich zum manuellen Polieren metallischer und nichtmetallischer Oberflächen. Die Scheiben be-
239
stehen aus weichem nachgiebigem Material, damit sie sich auch an Freiformflächen anpassen und keine sichtbaren Bearbeitungskanten hinterlassen. Das an der Spindelstirnseite zur Aufnahme von Spindelverlängerungen vorgesehene Innengewinde kann Finger erfassen, einziehen und abdrehen. Ein dünner Stift im Sackloch unterbindet den Fang- und Einzugseffekt der Gewindewendel. Die Spindelverlängerung muss jetzt aber eine entsprechende konzentrische Bohrung haben, Bild 5.4-13. )OOVWLIW
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Bild 5.4-13 Konstruktiv vermiedene Fangstelle
Manche Gefahrstellen lassen sich so in die Maschinenkonzeption integrieren, dass sie überhaupt nicht mehr nach aussen in Erscheinung treten und damit unzugänglich werden. Typische Beispiele dafür sind angeflanschte Getriebemotoren, bzw. geregelte hochdynamische Einzelantriebe, die Keilriemen- und Kettenantriebe oder zentrale Wellen (Königswellen) mit ihren funktionsbedingten Gefahrstellen ersetzen oder die bewusst sichere Gestaltung umgebender Teile von Auflaufstellen an Transportbändern.
5.4.2 Energetische Gestaltungsmaßnahmen Im Unterschied zu geometrischen Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik, die auf das Vermeiden des Zusammentreffens von Gliedmaßen mit Gefahrstellen zielen, lassen energetische Methoden das Zusammentreffen zu, versuchen aber Verletzungen durch Beeinflussung der sich im Körper ergebenen Energiedichten zu vermeiden, Bild 5.4-14. Energetische Gestaltungsmaßnahmen gehen vom Leitgedanken aus, dass Verletzungen ausbleiben, wenn konstruktive Maßnahmen bewirken, dass Energiedichten in gefährdeten Gliedmaßen kein körperschädigendes Niveau erreichen kön-
nen, d. h. die Wirkenergie der Gefahrstelle Menschen nicht verletzen kann. Weitere Lösungsansätze für diese Methode bietet die Funktionsstruktur des mechanischen Unfalls, Abschnitt „5.3.2 Funktioneller Ablauf eines Unfalls“ auf Seite 226. Aus ihr lassen sich folgende Möglichkeiten bzw. deren Kombinationen herleiten: • Begrenzen der wirksamen Energie • Unterbrechung des Kraftflusses zur Gefahrstelle • gewollte Verformung von Maschinenteilen. Begrenzen der wirksamen Energie. Kräfte, die Bauteile belasten, verursachen innere Beanspruchungen, die je nach den im Werkstoff wirksamen Energiedichten elastische und plastische Verformungen oder gar die Zerstörung des physikalischen Zusammenhalts hervorrufen. Diese grundlegende physikalische Kausalität der Festigkeitslehre gilt grundsätzlich auch für den menschlichen Körper. Die Zusammenhänge sind aber aufgrund des inhomogenen Aufbaus des Körpers aus mehreren Gewebearten mit unterschiedlichsten mechanischen Eigenschaften viel komplizierter als bei den meisten Konstruktionswerkstoffen, deren Aufbau und Verhalten sich mit relativ gut erforschten Werkstoffgesetzen beschreiben lässt. Das beim Dimensionieren von Bauteilen angewendete Konzept, das davon ausgeht, dass die sich aus der äußeren Belastung und der geometrischen Disposition ergebenden Beanspruchungen durch gestalterische Maßnahmen in zulässigen Werten, d. h. unter allgemein anerkannten, experimentell abgesicherten Werkstoffgrenzwerten zu halten, ist auf Belastungen von Körperteilen in Gefahrstellen aus mehreren Gründen nur bedingt anwendbar. Auch die Kenntnis aller in der Gefahrstelle wirkenden Belastungskräfte und ihrer zeitlichen Verläufe reicht nicht aus, um sicherheitstechnisch begründete Kraftgrenzwerte festzulegen, deren Einhaltung mit genügend großer Wahrscheinlichkeit Verletzungen ausschließt. Hierbei ist eine Vielzahl weiterer Aspekte, z. B. die Flächenpressung in der Kontaktfläche des Körperteils, zu berücksichtigen, die bis hin zu medizinischen und verletzungsmechanischen Fragestellungen reichen, [5.39]. Im allgemein zugänglichen Schrifttum sind kaum systematisch ermittelte Beanspruchungsgrenzen des menschlichen Körpers für Belastungen
5 Sicherheitstechnik
240
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241
in Gefahrstellen veröffentlicht. Im einschlägigen Schrifttum, vor allem aus dem Gebiet der Rechtsmedizin, sind zwar Ergebnisse biomechanischer Versuche veröffentlicht, die ermittelten Grenzwerte können für Konstruktionsmaßnahmen im Sinne der unmittelbaren Sicherheitstechnik bestenfalls zur Orientierung dienen. Biomechanische Versuche dienen hauptsächlich zur Beantwortung kriminologisch interessierender Fragestellungen. Versuche werden meist nicht unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt, so dass zu den erheblichen inter- und intraindividuellen Schwankungen durch Geschlecht und Alter noch weitere Einflüsse und Unwägbarkeiten hinzukommen. Auch sind Versuchsbedingungen und Methodik oft nicht sorgfältig dokumentiert und Ergebnisse in unüblichen Einheiten angegeben, die pragmatisch aus der verwendeten Versuchsanordnung hervorgegangen sind. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Werte am toten Gewebe (in vitro) ermittelt wurden und daher zum Beurteilen der beim körperlichen Kontakt mit einer Gefahrstelle sich aufbauenden Kraftwirkungen im lebendem Gewebe (in vivo) praktisch unbrauchbar sind, sind diese Werte für das Festlegen allgemein akzeptierter Grenzwerte, z. B. einer Schmerzgrenze, moralisch bedenklich. Auch zugefügte Schmerzen, für die kaum Grenzwerte angegeben werden können, stellen, strafrechtlich betrachtet, Körperverletzungen dar. Es wird hier ausdrücklich davor gewarnt, derart ermittelte Werte ohne Berücksichtigung der komplexen Zusammenhänge für Konstruktionsmaßnahmen zu übernehmen! Im Vorschriftenwerk und sicherheitstechnischen Schrifttum sind zur Fragestellung von Grenzwerten für Kräfte in Gefahrstellen, die zu keinen ernsthaften Verletzungen führen, einige, meist pragmatische Festlegungen zu finden. So nimmt z. B. die EN ISO 11 111 pragmatisch Kraftwirkungen als ungefährlich an, wenn die physische Kraft der Bedienungsperson der wirksamen Kraft, der Masse und der Geschwindigkeit der bewegten Maschinenteile widerstehen kann, d. h. wenn sie bewegte Teile von Hand gefahrlos anhalten kann, die gefährdete Hand ohne Anstrengung zurückziehen kann oder die Quetschgefahr gering ist. Mehrere Typ C-Normen geben für Gefahrstellen, meistens für Quetschstellen, Zahlenwerte für als ungefährlich geltende Kräfte an.
Nicht immer ist klar zu erkennen, ob sich die angegebenen Grenzwerte auf statische und/oder dynamische, aus der Bewegung der Bauteile herrührende Kräfte beziehen. Nur einige Regelwerke geben die Bedingungen an, unter denen Kräfte messtechnisch an den jeweiligen Gefahrstellen ermittelt werden. Bei der messtechnischen Erfassung ist die Frage von entscheidender Bedeutung, wie gut das elastische und dynamische Verhalten des Messgerätes, meistens handelt es sich um Federsysteme, mit den viskoelastischen Eigenschaften des menschlichen Körpers übereinstimmt. Da normativ festgelegte Werte für vergleichbare Gefahrstellen erheblich differieren, müssen bei ihrem Festlegen auch technische und technologische Randbedingungen einen Einfluss gehabt haben. In [5.39] werden Ergebnisse von Versuchen vorgestellt, in denen Probanden die auf sie einwirkenden Quetschkräfte und die durch sie hervorgerufenen Körperbeanspruchungen sensorisch bewertet haben. An diesen Versuchen beteiligten sich rund 50 im Erwerbsleben stehende Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren. Sie stuften die Wirkungen individuell nach den Kriterien „gut erträglich“, „erträglich“ und „nicht erträglich“ ein. Unterbrechung des Kraftflusses zur Gefahrstelle. Diese Methode versucht, verformende, sprich traumatisierende Wirkungen der Gefahrstelle auf den menschlichen Körper zu verhindern, indem sie die Kraftwirkungen zwischen Körper und wirksamer Gefahrstelle im Gefahrfall möglichst noch vor dem Erreichen der noch zu vertretbaren (Schmerz-)Grenze unterbrechen. Am wirkungsvollsten sind Maßnahmen, die Kraftwirkungen unterbrechen, die sich beim Erfassen aufbauen, indem sie die dazu notwendigen Reaktionskräfte zusammenbrechen lassen. Typische Beispiele sind Springrollen an Übergabestellen von Transportbändern auf Rollenbahnen, Zeile 23 im Bild 5.4-20. Die vorerst eingezogene Hand drückt die lose aufliegende erste Rolle aus ihrer Kalottenlagerung heraus. Der sich nach dem Prinzip der Selbstverstärkung einstellende Einziehvorgang der Hand mit immer größer werdenden Normalund Reibkräften in den immer enger werdenden Spalt ist unterbrochen. Ausklinkvorgänge laufen immer dynamisch ab, es müssen daher beim Gestalten der Teile nicht nur ihr Gewicht, sondern
242
5 Sicherheitstechnik
auch ihre Massenträgheitsmomente, kinematische Verhältnisse der Ausklinkbewegung und die nach dem Ausklinken sich ergebenden Freiräume berücksichtigt werden. Der Ausklinkvorgang kann zu erheblichen Kräften an der eingezogenen Hand führen, wenn eine Last auf der Springrolle liegt. Mit ernsthaften Verletzungen ist dann nicht zu rechnen, wenn die Springrolle nach unten ausweichen kann, Bild 5.4-15. In jeder Seitenwange der Rollenbahn 1 sind schräg nach unten orientierte Führungsnuten 2 eingearbeitet. In ihnen kann sich die Springrolle 4 gegen die elastischen Kräfte der Schenkelfeder 5 bewegen, sollte jemand in die Einzugstelle zwischen der Springrolle und der Umlenkwalze des Transportbandes 6 geraten. Nach dem Befreien der Hand gleitet die Springrolle selbsttätig in ihre Schutzposition zurück. Wird der Kraftfluss nicht unmittelbar in der Gefahrstelle, sondern im Antriebsstrang unterbrochen, hängt die Wirkung nicht nur von der Zuverlässigkeit des Kraftbegrenzers, sondern auch von seiner Ansprechzeit und dem Massenträgheitsmoment des zur Gefahrstelle führenden Restantriebsstrangs ab. Bei lang andauernden Nachlaufzeiten muss das Unterbrechen als Signal zum Einleiten eines Abbremsens genutzt werden. Von den im allgemeinen Maschinenbau als Überlastschutz verwendeten Kraftbegrenzern, wie kraftschlüssige Fügeteile (Klemmbacken), sich zerstörende Elemente (Scherstifte bzw. Brechbolzen) oder Reibkupplungen (Rutschnaben) haben sich zum Personenschutz hauptsächlich formschlüssig wirkende Überlastkupplungen (Sicherheitskupplungen) bewährt.
Überlastkupplungen, die zur Momentbegrenzung nur reibschlüssige Elemente nutzen, eignen sich nur bedingt, denn ihre wesentliche Nachteile, wie hohe Streuung eingestellter Überlastmomente aufgrund eingedrungener Schmierstoffe oder durch Korrosion verursachter hoher Losbrechmomente (z. B. "Festbacken" der Beläge), beeinträchtigen ihre zuverlässige Wirkung. Vor allem dann, wenn sie im Ernstfall nach langer Zeit zum ersten Mal durchrutschen sollen. Formschlüssige, spielfreie Überlastkupplungen haben eine sehr hohe, über die Lebensdauer unabhängige Auslösegenauigkeit und beeinflussen durch ihre geringe Massenträgheit und Spielfreiheit die Auslösedynamik (Abschaltzeiten im Bereich von Millisekunden sind möglich) günstig. Besonders wirkungssicher sind formschlüssige Überlastkupplungen, die aus wenigen axial bewegten Teilen bestehen und deren Ausrasten signaltechnisch überwacht wird, Bild 5.4-16. Auch für translatorische Bewegungen bzw. für Zug- und Druckkräfte wurden Begrenzer entwickelt, Bild 5.4-17. Die zu übertragende Kraft fließt wie folgt durch den Kraftbegrenzer durch: über die Stange 1 eingeleitet, gelangt sie über die Ringnut 3 und die Schrägen der Verriegelungselemente 4 formschlüssig in das Gehäuse 2 , um von dort über das Anschlussgewinde abgeleitet zu werden. Tellerfedern 6 drücken über den Gleitring 5 die Verriegelungselemente in die Ringnut hinein. Spannkräfte der Federn, und damit die Ansprechkräfte FB und Auslösekräfte FA, lassen sich durch Verändern der Anzahl der Distanzscheiben 7 variieren. Die Mutter 8 ist immer gegen Anschlag gedreht, um unbeabsichtigtem oder unbefugtem Verstellen (QGVFKDOWHU
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Bild 5.4-15 Konstruktiv vermiedene Einzugstelle /5.76/
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Bild 5.4-16 Formschlüssige Sicherheitskupplung /5.38/
243
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Bild 5.4-17 Kraftbegrenzer für translatorische Bewegungen [5.40]
der Auslösekraft zu erschweren. Bleibt die Kraft der Zugstange unterhalb von FB, überträgt sie der Kraftbegrenzer starr und spielfrei. Übersteigt die Kraft diesen Wert, drücken sich die Schrägen der Verriegelungselemente aus der Ringnut zunehmend heraus und komprimieren gleichzeitig die Tellerfedern. Die übertragene Kraft steigt jetzt linear an, bis sie den Wert FA erreicht. Die Verriegelungselemente verlassen jetzt die Ringnut. Der Formschluss bricht zusammen. Die übertragbare Kraft fällt schlagartig auf einen Wert FC ab, der sich aus den Reibungsverhältnissen ergibt. Der Kraftbegrenzer ist ausgerastet, er hat den Kraftfluss unterbrochen. Sein Ausrasten lässt sich mit Sensoren registrieren. Sobald die Überlastung verursachende Störung behoben ist, lässt sich der Kraftbegrenzer durch Zurückschieben der Stange reaktivieren. Weder die Kraftbegrenzung noch die Höhe der Auslösekraft hängen von deren Richtung ab. [5.40]. Gewollte Verformung von Maschinenteilen. Diese Methode versucht durch Werkstoffwahl und Gestaltungsmaßnahmen die Steifigkeit oder Festigkeit der Maschinenteile soweit herabzusetzen, dass schädigende Energien beim Erfassen durch gewollte Verformung in ”schmerzunempfindliche” Maschinenteile fließen und sich dort ab-
bauen, Bild 5.4-18. Weiche, nachgiebige Bauteile entschärfen Kraftspitzen und flachen den Verlauf des Impulses beim Zusammentreffen des Körperteils mit der Gefahrstelle ab. Steifigkeitswerte nachgiebiger Maschinenteile müssen mit viskoelastischen Eigenschaften gefährdeter Körperteile abgestimmt werden. Schon einfache Änderungen, wie z. B. das Aufkleben eines 19 mm dicken Streifen aus Moosgummi auf die Wirkflächen experimentell untersuchter Quetschstellen, haben bei Probanden dazu geführt, dass sie subjektiv we-
Bild 5.4-18 Elastische Schließkante an Schutzeinrichtungen [5.42]
244
5 Sicherheitstechnik
Bild 5.4-19 Sicherheitsspanner nach /5.82/
sentlich höhere Kräfte als beim unmittelbaren Kontakt mit metallischen Oberflächen noch als akzeptabel empfunden haben, [5.41]. Sicherheitsspanner. Die geometrischen und energetischen Methoden der unmittelbaren Sicherheistechnik sind im Sinne einer Synergie in der Konstruktion des im Bild 5.4-19 dargestellten Sicherheitsspanners umgesetzt. Beim Spannvorgang wird der Zylinder beidseitig mit dem Druckmedium beaufschlagt. Durch die Kolbenstange ist die Fläche auf der Oberseite des Kolbens kleiner als die Fläche der Unterseite. Diese Flächendifferenz ΔA ergibt mit dem Staudruck p im Ringraum eine Schließkraft. Sie ist für den Menschen gefahrlos klein bemessen (5 bis 10 N). Sie reicht aber aus, die Kolbenstange und den Spannmechanismus zu bewegen. Kurz vor den Spannpunkt, und unter der Einhaltung der Sicherheitsabstände nach EN 349 zwischen dem Klemmhebel und dem Spanngut erfolgt die Druckentlastung der Oberseite und damit der Aufbau der vollen technologischen Spannkraft von bis zu 250 N. Die jetzt aktive Quetschstelle ist aber we-
gen des geringen Resthubes für Finger nicht mehr zu erreichen und damit ungefährlich geworden. Anwendungsbeispiele. Im Bild 5.4-20 sind für die jeweiligen typischen Gefahrstellen Anwendungsbeispiele aus der Praxis für die Umsetzung der Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik zusammengestellt. Die aufgeführten Beispiele lassen sich nicht ungeprüft auf jedes sicherheitstechnische Problem jeder Branche übertragen. Branchenspezifische Lösungen für gleiche sicherheitstechnische Fragestellungen unterscheiden sich nicht selten in vielen Einzelheiten, die technologisch, nicht menschenbezogen begründet sind. Fazit: Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik führen zu zuverlässigen, manipulationsfesten und oft zu kostengünstigen Lösungen. Sie lassen sich zwar nicht bei technologisch bedingten Gefahrstellen anwenden. Der Vorteil einer fast perfekten Sicherheit durch radikal reduziertes Verletzungspotenzial der Gefahrstellen sollte stets dort genutzt werden, wo es nur möglich ist.
245
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Bild 5.4-20 Beispiele für Lösungen der unmittelbaren Sicherheitstechnik (Fortsetzung nächste Seite)
5 Sicherheitstechnik
246
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Bild 5.4-20 Beispiele für Lösungen der unmittelbaren Sicherheitstechnik (Fortsetzung nächste Seite)
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Bild 5.4-20 Beispiele für Lösungen der unmittelbaren Sicherheitstechnik (Fortsetzung nächste Seite)
5 Sicherheitstechnik
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
249
5.5.1 Schutzeinrichtungen im Arbeitssystem
Maschinen sind stets als sichere Konstruktionen auszuführen. Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik sind zu bevorzugen. Sie beruhen hauptsächlich auf konstruktiven und gestalterischen Maßnahmen, vor allem aber auf der sicherheitsbezogenen Anwendung und Umsetzung anthropometrischer Daten und der Berücksichtigung von Grenz- und Schwellenwerten der auf Menschen einwirkenden Energien. Damit werden Gefahren wirkungsvoll vermieden. Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik lassen sich nicht immer anwenden, so vielversprechend deren Möglichkeiten auch sein mögen. Nicht vermeiden lassen sich grundsätzlich Gefahrstellen, mit denen z. B. Werkstoffe verformt oder bearbeitet werden. Das sind gewollte technologische Gefahrstellen von Werkzeugen, die bewusst „gefährlich“ konstruiert sein müssen, um sie im Sinne der Arbeitsaufgabe auch zielgerichtet einzusetzen. Diese funktionsbedingten Gefahrstellen haben eine gewollte technologische Funktion, die sie an einem Objekt ausführen. Unabhängig davon, ob es sich um das zu bearbeitende Werkstück handelt oder ob es Personen sind, die Gefahrstellen erreicht haben. Um Verletzungen zu verhindern, müssen Baugruppen der mittelbaren Sicherheitstechnik gefährdete Personen schützen. Die wichtigsten Baugruppen sind Schutzeinrichtungen.
Schutzeinrichtungen sind zusätzliche technische Einrichtungen, die für die technologische Grundfunktion der Maschine nicht unbedingt notwendig sind, wohl aber für die Sicherheit der daran Arbeitenden. Funktionell betrachtet, sind Schutzeinrichtungen im Sinne allgemeiner Zusammenhänge im Arbeitssystem äußere Funktionselemente des Schutzbereiches. Schutzeinrichtungen sind räumlich und/oder zeitlich trennend wirksam und verhindern, dass Menschen mit Gefahren der Maschine bzw. deren Systeme oder mit Gefahren des Arbeitsprozesses zusammentreffen, Bild 5.5-1. Schutzeinrichtungen bieten somit Schutz (originäre Wirkung), gleichzeitig und zugleich bilden sie prinzipiell ein Hindernis zwischen der Arbeitsperson und der Maschine bzw. dem Prozess. Mit ihrer originären Schutzwirkung werden Schutzeinrichtungen naturgemäß Stoff-, Energieund Informationsflüsse zwischen Maschine und Arbeitsperson beeinflussen. Zugleich bestimmen sie aber auch den Umgang der Arbeitsperson mit der Maschine. Allein durch das Vorhandensein von Schutzeinrichtungen, aber noch viel mehr durch ihre Handhabung und Aktivierung, z. B. für notwendige Wartungsarbeiten im Gefahrenbereich der Werkzeuge, beeinflussen sie nicht nur einzelne Handlungen sondern ganze Abläufe im Arbeitsprozess [5.42]. Die Modalitäten ihrer Schutzfunktion bestimmen bei der Handhabung nicht nur räum-
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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250
5 Sicherheitstechnik
liche und steuerungstechnische Bedingungen im Handlungs-. Wahrnehmungs- und Schutzbereich sondern auch Randbedingungen des Zusammenwirkens zwischen Mensch und Maschine bzw. zwischen Mensch und Arbeitsgegenstand. Beim Gestalten der Schutzeinrichtungen geht natürlich Sicherheit vor Komfort. Nur dürfen ergonomische Gestaltungsaspekte nicht außer Acht gelassen werden. Sie entscheiden darüber, ob Schutzeinrichtungen von den Beschäftigten akzeptiert oder abgelehnt werden. Randbedingungen und damit auch die Schutzeinrichtungen und deren Einbindung in das Maschinenkonzept müssen so abgestimmt sein, dass sie weder als Wahrnehmungs- noch als Handlungshemmnis aufgefasst werden. Auf keinen Fall dürfen sie der Aufgabenerfüllung widersprechen oder effizientes bzw. sinnvolles Arbeiten mit und an der Maschine stören.
5.5.2 Schutzeinrichtungen: Grundtypen und Auswahlkriterien Schutzeinrichtungen unterbrechen die Möglichkeit des räumlichen und/oder zeitlichen Zusammentreffens von Personen mit Gefahrstellen oder Gefahrquellen mit Personen. Dazu werden entweder ruhende oder bewegte materielle Sperren genutzt, die von sich aus ein Zusammentreffen unmöglich machen. Oder es werden mit ihnen bewusst durch Steuerungen gefahrbringende Situationen unterbrochen. Schutzeinrichtungen sind immer zusätzliche Bauteile bzw. Baugruppen. Sie können daher von sich aus niemals das hohe Niveau der inhärenten Sicherheit konstruktiver Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik erreichen. Nur zuverlässig wirkende Schutzeinrichtungen gewährleisten die Sicherheit, die man von ihnen berechtigterweise erwarten kann. Das heißt, nur wenn an Schutzeinrichtungen konsequent die Prinzipien der Bedingungslosigkeit, der vollständigen Wirkung und der hohen Funktionsgüte konstruktiv umgesetzt werden, erfüllen sie ihre primäre Funktion: unter allen Betriebsbedingungen das räumliche und/oder zeitliche Zusammentreffen von Personen mit gefährlichen Situationen, z. B. mit gefahrdrohenden Bewegungen, jederzeit zu verhindern, Bild 5.5-2.
Grundtypen von Schutzeinrichtungen. Schutzeinrichtungen verhindern, dass Personen Gefahrstellen oder Gefahrquellen erreichen können, oder sie bewirken, dass Personen rechtzeitig aus dem räumlichen Bereich der Gefahrstelle herausgebracht werden, Personen sich während gefahrbringender Situationen an ungefährlichen Orten aufhalten müssen oder gefahrbringende Bewegungen rechtzeitig vor dem Erreichen der Gefahrstelle unterbrochen werden. Demnach lassen sich Schutzeinrichtungen, wie im Bild 5.5-3 dargestellt, in folgende Grundtypen unterteilen: • feststehende trennende Schutzeinrichtungen • bewegliche (verriegelte) trennende Schutzeinrichtungen • abweisende Schutzeinrichtungen • ortsbindende Schutzeinrichtungen • Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion. Für konkrete Maschinen und für Risiken, die mit den jeweiligen charakteristischen Arbeitsabläufen und Arbeitsbedingungen verbunden sind, lassen sich durch Kombinieren dieser Grundtypen maßgeschneiderte Schutzsysteme [5.44] realisieren, die funktionell mit dem Informationssystem der Maschinen gekoppelt sind, Bild 5.5-4. :LUN SULQ]LSLHQ
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Bild 5.5-2 Gestaltungsprinzipien für Schutzeinrichtungen [5.43]
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-3 Grundtypen von Schutzeinrichtungen
gIIQHQGHU6FKXW] HLQULFKWXQJXQWHUEULFKWGLH JHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJ XQGKHEWGLHPDWHULHOOH 7UHQQXQJGHU*HIDKUVWHOOH YRQ0HQVFKHQDXI 6HLQH6LFKHUKHLWKlQJWMHW]W YRQGHU]XYHUOlVVLJHQ )XQNWLRQVLFKHUKHLWV UHOHYDQWHU7HLOHGHU 6WHXHUXQJDE 6FKXW]HLQULFKWXQJHQELQGHQ ZlKUHQGGHUJHIDKU EULQJHQGHQ%HZHJXQJ 3HUVRQHQDQHLQHQVL FKHUHQ2UWYRQGHPDXVVLH *HIDKUVWHOOHQQLFKWHU UHLFKHQN|QQHQ%HLP 9HUODVVHQGHVVLFKHUHQ 2UWHVVWRSSWGLH JHIDKUEULQJHQGH%HZHJXQJ
6FKXW]HLQULFKWXQJHQ YHUKLQGHUQ*HIlKUGXQJHQ GXUFK8QWHUEUHFKHQ JHIDKUEULQJHQGHU %HZHJXQJHQVREDOG 3HUVRQHQVLFKHUH*UHQ]HQ EHUVFKUHLWHQXQGVLHVLFK GHU*HIDKUVWHOOHQlKHUQ
251
252
5 Sicherheitstechnik
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6FKXW] HLQULFKWXQJ
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[
RUWVELQGHQGH
Bild 5.5-4 Schutzsysteme an Maschinen
=ZHLKDQG VFKDOWXQJ
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
Akzeptanz von Schutzeinrichtungen: Ein grundsätzliches Problem. Es müssen auch Aspekte berücksichtigt werden, welche die Funktionalität einzelner Anlagekomponenten und die Verfügbarkeit der gesamten Anlage beeinflussen sowie wirtschaftliche Gesichtspunkte. Alle entscheiden letztlich darüber, ob Schutzeinrichtungen von den Beschäftigten und vom Betrieb akzeptiert werden. Schutzeinrichtungen bedeuten aber im Unterschied zu Konstruktionsmaßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik immer den Einsatz zusätzlicher Bauteile bzw. Baugruppen. Abgesehen vom zusätzlichen konstruktiven und materiellen Aufwand, bergen sie grundsätzlich immer die Möglichkeit in sich, dass sie ausfallen oder umgangen werden. Die Erfahrung zeigt, dass trotz vorhandener Schutzeinrichtungen Unfälle vorkommen, weil Schutzeinrichtungen unwirksam waren oder gar manipuliert wurden. Bei der Ursachenforschung stellt sich oft heraus, dass Maschinenbenutzer nur selten Schutzeinrichtungen aus freien Stücken umgangen haben, sondern meistens nur dann zur Tat gegriffen haben, wenn Schutzeinrichtungen die normale Arbeit erschwert oder notwendige Tätigkeiten, z. B. Entstören, erschwert oder gar behindert haben. Dann versuchten Maschinenbenutzer, den von den Konstrukteuren festgelegten Zweck der Schutzeinrichtungen in ihrem Sinne zu ”optimieren”, weil sie sonst ihre Arbeitsvorgaben nicht erfüllen konnten. Solche Schutzeinrichtungen erfüll-
253
ten dann die ihnen zugedachten Sicherheitsfunktionen nur unvollkommen. Genau genommen, bedeuteten sie ein technisches Versagen, eine Fehlleistung der Konstrukteure, die die Maschinenbenutzer in ihrem Sinne korrigiert haben. Dass sie sich dann Risiken aussetzten, an die vorher niemand gedacht hat, kam ihnen nicht in den Sinn. Wirkungsvolle Schutzeinrichtungen, die zugleich von den Maschinenbenutzern akzeptiert werden sollen, müssen in erster Linie so gestaltet sein, dass sie ihre Sicherheitsfunktion über die gesamte Lebensdauer der Maschine beständig erfüllen, allen vorhersehbaren betrieblichen Belastungen standhalten sowie die Nutzung und die Handhabung der Maschine begünstigen, zumindest nicht unzumutbar erschweren. Einzelsicherung oder Bereichssicherung? Mit trennenden Schutzeinrichtungen und Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion lassen sich sowohl einzelne Gefahrstellen an Maschinen als auch großräumig ganze Maschinen oder Anlagen sichern. Beide Möglichkeiten haben spezifische Vor- und Nachteile, Bild 5.5-5. Generell aber gilt: Bei der Einzelsicherung müssen oft unterschiedliche Maßnahmen und Technologien im Steuerungskonzept der Maschine vereinigt werden. Bei einer Bereichssicherung ist es oft einfacher, die Sicherheitstechnik in ein einheitliches Steuerungskonzept zu integrieren. Für welche Möglichkeit die Entscheidung
$EELOGXQJ
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1U
9RUWHLOH
Bild 5.5-5 Weiträumige Sicherung und Sicherungsmaßnahmen mit einzelnen Schutzeinrichtungen
254
5 Sicherheitstechnik
fällt, hängt einerseits von den Arbeitsaufgaben des Personals, andererseits vom funktionellen Konzept der Maschine und deren Größe bzw. räumlichen Ausdehnung ab. Auswahl von Schutzeinrichtungen. Gefahren, die technologische Funktionen haben und sich deshalb konstruktiv nicht vermeiden lassen, müssen mit Schutzeinrichtungen gesichert werden. Damit wird für Betroffene ausreichender Schutz realisiert, Risiken werden auf akzeptable Restwerte gedrückt. Prinzipiell können dazu alle Grundtypen der Schutzeinrichtungen herangezogen werden. Über die Ausführung und das notwendige Sicherheitsniveau der in Frage kommenden Schutzeinrichtungen sowie deren steuerungstechnische Einbindung in das Informationssystem der Maschine entscheidet das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung, Bild 5.5-6. So ist es daher opportun, dass an einer und derselben Maschine unterschiedlich aufwendige Schutzeinrichtungen eingebaut sind, deren steuerungstechnische Einbindung unterschiedlichen Sicherheitskategorien bzw. dem Performance-Level PLr genügt. So stellen sich z. B. bei einer mechanischen Presse an die Zweihandschaltung und den Lichtvorhang, die Pressenarbeiter beim zyklischen Einlegen von Teilen in den Wirkbereich der Werkzeughälften vor Quetsch- und Scherstellen schützen, andere Anforderungen als an seitlichen Verkleidungen, die nur für Rüstarbeiten geöffnet werden müssen oder gar an eine nur mit Aufstiegshilfen zugängliche Klappe, die nur gelegentlich für Wartungszwecke von Fachkräften geöffnet werden muss und durch die Gefahrstellen mit niedrigem Verletzungspotential erreichbar sind. Dieses systematische Vorgehen ist nicht nur bei Einzelmaschinen anwendbar, deren Schutzeinrichtungen aufgrund reichlicher Erfahrungen über die Jahre weiterentwickelt und optimiert wurden, sondern vor allem bei ausgedehnten automatisierten Produktionsanlagen. Die Betriebspraxis zeigt, dass immer wieder in laufende Fertigungsprozesse eingegriffen werden muss, um zu korrigieren oder zu entstören. Hier ist es unabdingbar, sich bei der Auswahl und Ausführung von Schutzeinrichtungen und Verriegelungskonzepten auf redlich durchgeführten und mit den Maschinenbenutzer durchdiskutierten Prozessstörungen, Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen zu stützen.
5.5.3 Trennende Schutzeinrichtungen Trennende Schutzeinrichtungen sind Bauteile oder Baugruppen der mittelbaren Sicherheitstechnik. Sie werden in nahezu allen Subsystemen der Maschinen eingesetzt. Trennende Schutzeinrichtungen sichern technologisch bedingte oder konstruktiv unvermeidbare Gefahrstellen, indem sie dem räumlichen und zeitlichen Zusammentreffen von Personen mit Gefahrstellen bzw. deren gefahrbringenden Bewegungen mit „materiellen Barrieren“ im Sinne einer körperlichen Sperre entgegenwirken. Damit verhindern sie, dass Personen Gefahrstellen erreichen können aber auch, dass Gefahren vom gesicherten Raum aus Personen erreichen und schädigen können. Trennende Schutzeinrichtungen können zwar mannigfaltig ausgeführt sein, sie lassen sich in vier Grundbauarten unterteilen: • • • •
Verkleidungen Verdeckungen Umzäunungen Abschirmungen
Trennende Schutzeinrichtungen unterscheiden sich funktionell in ihrer Wirkrichtung und ihrer relativen Lage zur Gefahrstelle. Demnach ist zu unterscheiden, ob sie allseitig abschirmen oder nur die zu erwarteten Zugriffsrichtung verdecken und ob sie unmittelbar vor der Gefahrstelle angebracht sind oder ob sie weiträumig mehrere Gefahrstellen bzw. andere gefährliche Zustände sichern, Bild 5.5-7. Weiträumiger Schutz durch Umzäunungen ist immer dann vorteilhaft, wenn mehrere, räumlich zusammenhängende Gefahrstellen gesichert werden müssen. Weiträumig und allseitig wirkende Abschirmungen sind auch dann notwendig, wenn aus dem schädigenden Potential räumlich wirkender Energiefelder (wegfliegende Teile, wie zerbrochene Werkzeuge oder Werkstücke, gesundheitsschädigender Lärm, gefährliche Strahlungen, Explosionen usw.) oder gefährlicher Stoffe (Kühlund Schmieremulsionen, Dämpfe, Gase, Funken, heiße oder geschmolzene Stoffe, Staub usw.) hervorgehen, aus deren Emissionen sich vorhersehbare Risiken ergeben und Personen vor ihnen geschützt werden müssen. Abschirmungen müssen aus geeigneten, ausgewählten Werkstoffen herge-
255
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
5LVLNR JUXSSH
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5LVLNR JUXSSH
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$EZHKU XQP|JOLFK
9 UHYHUVLEOH .|USHUVFKlGHQ PHOGHSIOLFKWLJH 8QIlOOH
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9 %DJDWHOOXQIlOOH 9HUEDQGVEXFK
5
8QWHUZHLVXQJ
Bild 5.5-6 Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung als Grundlage für die Auswahl von Schutzeinrichtungen nach [5.45]
stellt und so gestaltet und ausgelegt sein, dass sie Personen von diesen unerwünschten Wirkungen jederzeit zuverlässig räumlich und zeitlich trennen. Trennende Wirkung der Schutzeinrichtungen in der Schutzstellung bzw. der Öffnungszustand beweglicher Schutzeinrichtungen lässt sich mit Verriegelungsmaßnahmen (Verriegelungen oder Zuhaltungen) funktionell mit gefährlichen Zu-
ständen oder Situationen, z. B. mit gefahrbringenden Bewegungen funktionell koppeln. Ob eine Verriegelung ausreicht oder ob eine Zuhaltung notwendig ist, bestimmt das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung aller Tätigkeiten, die nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung im vorher geschützten Raum durchzuführen sind. Grundlegende Anforderungen an Bau, Ge-
5 Sicherheitstechnik
256
5LFKWXQJ /DJHGHU GHU 6FKXW] 6FKXW] ZLUNXQJ HLQULFKWXQJ
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9HUGHFNXQJHQ
6FKXW]HLQULFKWXQJHQGLH XQPLWWHOEDUYRU*HIDKUVWHOOHQ DQJHEUDFKWVLQGXQGDOOHLQH RGHU]XVDPPHQPLWDQGHUHQ %DXWHLOHQGDV(UUHLFKHQGLHVHU *HIDKUVWHOOHQYRQGHU]X HUZDUWHQGHQ=XJULIIVVHLWH YHUKLQGHUQ
8P]lXQXQJHQ
6FKXW]HLQULFKWXQJHQGLH ZHLWUlXPLJXPPHKUHUH*H IDKUVWHOOHQVRDQJHJEUDFKWVLQG GDVVVLHDOOHLQRGHUPLWDQGHUHQ %DXWHLOHQGDV(UUHLFKHQGHU *HIDKUVWHOOHRGHUHLQHQ=XWULWW ]XGHQ*HIDKUVWHOOHQRKQH +LOIVPLWWHOYHUKLQGHUQ
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6FKXW]HLQULFKWXQJHQGLH DOOVHLWLJZLUNHQXQGZHLWUlXPLJ XPPHKUHUH*HIDKUVWHOOHQVR DQJHEUDFKWVLQGGDVV XQHUZQVFKWH(QHUJLHIHOGHU RGHU(PLVVLRQHQYRQ6WRIIHQ QLFKWQDFKDXHQZLUNHQ N|QQHQ
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8QPLWWHOEDU YRUGHU *HIDKUVWHOOH
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6FKXW]HLQULFKWXQJHQGLHZHLW UlXPLJXPPHKUHUH*HIDKU 8PZHKUXQJHQ VWHOOHQDQJHEUDFKWVLQG6LH YHUULQJHUQGLH:DKUVFKHLQ XQG OLFKNHLWGHV(UUHLFKHQVLQGHP *HOlQGHU VLHGHQ=XWULWWEHKLQGHUQ6LH KDEHQHKHUDEZHLVHQGHE]Z KLQZHLVHQGH6FKXW]ZLUNXQJ
Bild 5.5-7 Grundbauarten trennender Schutzeinrichtungen
staltung und Ausführung von trennenden Schutzeinrichtungen, die vornehmlich Personen vor me-
chanischen Gefährdungen schützen, sind sehr ausführlich in der EN 953 festgehalten.
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
5.5.4 Fangende Schutzeinrichtungen im Überblick Für die Sicherheit der Beschäftigten ist die Penetrationsfestigkeit der fangenden Schutzeinrichtungen besonders wichtig. Fangende Schutzeinrichtungen müssen alle von innen auftreffenden Gegenstände zuverlässig zurückhalten und dürfen sich dabei nicht aus der Verankerung lösen oder so weit in den Arbeitsbereich ausbeulen, dass sie Personen gefährden können. Physikalisch betrachtet, müssen fangende Schutzeinrichtungen gefahrbringende kinetische Energie der aus dem Wirkbereich der Maschine oder aus ihrer Umgebung sich auf Personen zubewegenden Gegenstände beim Auftreffen auf die Schutzeinrichtung in andere, ungefährliche Energiearten (Wärmeenergie, Verformungsenergie) umwandeln. Fangende Schutzeinrichtungen verhindern zugleich den Zugriff bzw. Zutritt zu Gefahrstellen. Für die funktionsgerechte Auslegung fangender Schutzeinrichtungen müssen nicht nur das Niveau der kinetischen Energie auftreffender Gegenstände betrachtet werden sondern noch weitere Einflussgrößen, wie z. B. Abmessungen, Masse, Dichte und Oberflächenstruktur der Gegenstände sowie Betrag und Richtung des Aufprallgeschwindigkeitsvektors. So müssen z. B. Schutzaufbauten an Erdbaumaschinen, die Fahrer in der Kabine vor herabstürzenden Gestein schützen oder das Zusammendrücken der Kabine beim Umstürzen und anschließendem Überrollen verhindern (Gefahrquelle mit großen Massen aber relativ geringen Geschwindigkeiten), eine andere Struktur haben, als Schutzhauben an Hochgeschwindigkeitswerkzeugmaschinen, die relativ kleine Bruchstücke auffangen müssen, die jedoch mit hohen Geschwindigkeiten aufprallen. Obwohl in beiden Fällen die zu absorbierenden Energien sich in gleichen Größenordnungen bewegen können, müssen die ersten Schutzeinrichtungen über eine stabile Zelle mit großen Verformungsreserven verfügen, die anderen müssen gegen das Durchdringen scharfkantiger metallischer Bruchstücke ausgelegt sein. Grundtypen fangender Schutzeinrichtungen sind im Bild 5.5-8 gegenübergestellt. Sie werden nachfolgend vorerst kurz kommentiert und in den nachfolgenden Abschnitten ausführlich beschrieben. Ursache der Gefahr, vor der fangende Schutzeinrichtungen schützen, ist die kinetische Energie
257
der sich in freien Flugbahnen bewegenden Teile. Erreichen sie Personen, können sie sie erheblich verletzen. Diese stochastisch auftretenden Gefahren unterscheiden sich in der Ausprägung der kinetischen Energie der Gefahrquellen und in der Frage, welche Körperteile gefährdet sein können. Kleine, leichte aber mit hoher Geschwindigkeit weggeschleuderte Teile können ernsthafte Augenverletzungen verursachen. Deshalb muss z. B. bei gewerblich genutzten Nähmaschinen zwischen der Nadel und dem Gesicht der Näherin ein transparenter Augenschutz angebracht sein, der verhindert, dass splitternde Nadelteile Augen treffen können. Damit der Augenschutz auch benutzt wird, ist das Einstellen der ordnungsgemäßen Schutzposition funktionell mit der Nadelbewegung gekoppelt, mit dem Antrieb der Nähmaschine elektrisch verriegelt. Eine andere Augengefährdung bilden wegspritzende Schweißfunken in Roboterstraßen. Sie können das weitmaschige Gitter üblicher Umzäunungen nahezu ungehindert passieren und die Augen von Passanten gefährden. Hier haben sich in Augenhöhe angebrachte, durchsichtige, aber undurchlässige Kunststoffscheiben bewährt. Numerisch gesteuerte Drehmaschinen haben neben Schleifmaschinen und Hochgeschwindigkeitsfräsmaschinen aufgrund der hohen kinetischen Energien des rotierenden Spannfutters und Werkstückes das höchste Gefährdungspotential unter spanabhebenden Werkzeugmaschinen. Bei spanender Bearbeitung besteht immer dann ein Unfallrisiko, wenn Späne, vor allem aber Bruchstücke oder ganze Bauteile den Wirkbereich unkontrolliert verlassen und Personen treffen. Schutzhauben, deren Türen und deren Sichtfenster müssen so dimensioniert sein und aus stoßfesten, energieabsorbierenden Werkstoffen gebaut sein, dass sie Bruchstücke mit Energien von mehreren kJ zuverlässig auffangen. Übliche Spanschutzhauben, als einfache Blech oder Kunststoffkonstruktion ausgeführt, wie sie zum Abfangen von Spänen an konventionellen Werkzeugmaschinen, z. B. an Drehmaschinen, verwendet werden, erfüllen diese Anforderungen nicht, [5.46]. Eine ganz andere Gefährdung tritt an Erdbaumaschinen oder landwirtschaftlichen Maschinen auf, deren Fahrer durch herabfallende oder die Kabine durchstoßende Gegenstände verletzt werden können oder beim Umkippen mit und ohne Überschlag der Maschine in der Fahrerkabine er-
5 Sicherheitstechnik
258
NLQHWLVFKH(QHUJLH *HIlKUGXQJ YRQ %HWUDJ 0DVVH *HVFKZLQ GLJNHLW
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Bild 5.5-8 Typologie fangender Schutzeinrichtungen
drückt werden können. Die bei diesen Ereignissen unkontrolliert freigesetzte kinetische Energie nimmt trotz der relativ niedrigen Geschwindigkei-
ten wegen der erheblichen Massen der Maschinen so große Werte an, dass sich Fahrer schwer oder tödlich verletzen können.
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
5.5.5 Schutzhauben an Drehmaschinen und Fräsmaschinen Schutzhauben als Untergruppe von Abschirmungen sind fangende, trennende Schutzeinrichtungen, die Personen vor Gefahrquellen, d. h. vor überraschend und unkontrolliert wegfliegenden Gegenständen im Sinne stochastischer Gefährdungen schützen, zugleich aber auch Zugriffe in Gefahrbereiche verhindern. Die wichtigsten Gestaltungsbereiche von Schutzhauben sind Sichtscheiben sowie Schutzwände, einschließlich deren Führungen und Befestigungselemente, mit denen 6FKHLEHQDXIEDX
sie mit der Grundkonstruktion der Maschine verbunden sind, Bild 5.5-9. Der Aufprall freigesetzter, mit hohen Energie behafteter Massen ruft in den Führungen verschiebbarer Türen und in den Verbindungen der Schutzwände mit dem tragenden System der Maschine erhebliche Reaktionskräfte hervor, die zuverlässig aufgenommen werden müssen, damit nicht die gesamte Schutzeinrichtung herausgeschleudert wird. Befestigungen und Führungen müssen für ein sicheres Bestehen ausgelegt oder nach dem Prinzip des beschränkten Versagens gestaltet sein. 6FKHLEHQEHIHVWLJXQJ
9RUVDW]VFKHLEHQ 6LFKHUHKHLWV *ODV
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259
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3RO\FDUERQDWVFKHLEHQPVVHQJHJHQ FKHPLVFKHXQGDEUDVLYH (LQZLUNXQJHQYRQLQQHQPLW 6LFKHUKHLWVJODVVFKHLEHXQGYRQ DXHQPLWQLFKWVSOLWWHUQGHU .XQVWVWRIIVFKHLEHRGHUVSOLWWHU IDQJHQGHU)ROLHJHVFKW]WVHLQ
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Bild 5.5-9 Gestaltungsbereiche fangender Schutzhauben
260
5 Sicherheitstechnik
Auch sollten energieabsorbierende Bereiche der Schutzhauben im Inneren als austauschbare Verschleißteile ausgeführt sein, um nach dem Einschlag nur das verformte Teil und nicht die ganze Schutzeinrichtung austauschen zu müssen. Aus technologischer Sicht ist es von Vorteil, wenn Schutzhauben so konzipiert sind, dass der Wirkbereich der Maschine von oben oder von vorne beladen bzw. bestückt werden kann. Schutzhauben müssen dabei so dicht sein, dass aus dem Wirkraum der Maschine in den Arbeitsbereich und in die Umgebung weder Späne gelangen noch Kühlschmierstoffe tropfen können. Zugleich müssen Schutzhauben auch nach ergonomischen Gesichtspunkten konstruiert sein. Schutzhauben müssen trotz erheblicher Massen (mehrere Hunderte kg sind keine Seltenheit) handhabbar bleiben. Ergonomische und sicherheitstechnische Aspekte. Beim Gestalten von Schutzhauben für Werkzeugmaschinen muss ein Kompromiss zwischen sicherheitstechnischen Anforderungen und ergonomischen Aspekten gefunden werden: Speziell bei numerisch gesteuerten oder Hochgeschwindigkeitsdrehmaschinen müssen Fanghauben alle durch Werkzeugbruch, Lösen des Werkzeugs aus der Einspannung oder freigesetzte Spannzeuge abgeschleuderte Massen zurückhalten, um Menschen vor Verletzungen und die Maschine vor Beschädigungen (durch federnd zurückgeworfene Teile) schützen. Zu prüfen ist, ob Sichtfenster im unmittelbaren Gefahrenbereich angeordnet sein müssen. Hauben bzw. Sichtfenster müssen zwar den Prozess soweit beobachtbar lassen, damit ihn der Maschinenarbeiter aus einer ungezwungenen Körperhaltung mit Hilfe möglichst vieler natürlicher Informationsquellen optimal führen kann. Sichtfenster außerhalb des unmittelbaren Aufprallbereichs sind nicht nur ein Zugewinn an Arbeitssicherheit, sondern ermöglichen ein ungestörtes Beobachten, da sie weniger mit Kühlschmiermitteln benetzt und weniger von Spänen getroffen werden. Aufgrund des erheblichen Verletzungspotentials der hinter den Hauben ablaufenden Zerspanungsprozesse müssen Schutzhauben elektrisch zugehalten werden: Sie lassen sich nur öffnen, wenn das Informationssystem der Maschinen einen gefahrlosen Zustand festgestellt hat.
Schwere verschiebbare Schutzhauben können beim Schließen zurückfedern und unkorrekt schließen. Das führt in der Zuhaltung zur Meldung, dass die Tür nicht geschlossen ist. Ein erneutes Anfahren wird blockiert, obwohl der Betätiger im Verriegelungsschalter steckt. Industrie-Stoßdämpfer an der Hauptschließkante oder magnetische Rastungen helfen, die Tür langsam und korrekt zu schließen und verhindern diese lästige Störung. An Hochgeschwindigkeitswerkzeugmaschinen müssen Schutzhauben im Bereich der direkten Flugbahn das größte in Frage kommende Bruchstück zuverlässig zurückhalten. Bei Drehmaschinen sind das weggeschleuderte Spannbacken, bei Fräsmaschinen Werkzeugbruchstücke. Hier haben sich ausreichend dimensionierte, energieabsorbierende (gute Verformbarkeit der gesamten Schutzhaube durch großflächige Verstrebungen) Verkleidungen in Sandwichbauweisen bewährt. Besonders hohes Energieaufnahmevermögen haben Verbundwerkstoffe mit Hart-Strukturschäumen oder Metallschäumen als Zwischenschicht. Diese Werkstoffe bieten den Vorteil, Verformungsenergien auf die jeweiligen Schichten verteilen zu können und dabei noch sehr gute schalldämmende Eigenschaften zu haben. [5.47] beschreibt die Ausführung von Schutzhauben und Schutztüren an einer Versuchswerkzeugmaschine (maximale Spindeldrehfrequenz bis zu 100.000 1/min), bei der Risiken aus freigesetzten Teilen erheblich höher liegen als bei Produktionsmaschinen, Bild 5.5-10. Die Aussenhaut der Schutztür ist mit einer Sichtscheibe ausgestattet, um das Einfahren eines Programms beobachten zu können. Vor dem Hochgeschwindigkeitsbetrieb wird innen vor die Sichtscheibe zwangsläufig eine massive Schutzblende geschoben, da keine z. Z. bekannte durch-
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Bild 5.5-10 Struktur der Schutzwand einer experimentellen HSC-Werkzeugmaschine [5.47]
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
sichtige Scheibe bei diesen Spindeldrehfrequenzen dem Aufschlag weggeschleuderter Teile standhalten würde. Auch die Ausführung der Wände unterscheidet sich deutlich von den Schutzwänden von Produktionsmaschinen. Stoßfestigkeit von Werkstoffen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Auslegung und Konstruktion ist die Verwendung ausreichend stoßfester und energieabsorbierender Werkstoffe. Da allgemein zugängliche Werkstoffkennwerte für stoßartige Werkstoffbelastungen kaum zur Verfügung stehen, entwickelte Institut für Arbeitsschutz (IfA), Sankt Augustin, speziell für Schutzeinrichtungen von Werkzeugmaschinen, ein Prüfverfahren samt Prüfvorrichtung, [5.48]. Über eine leistungsfähigere Beschussanlage verfügt das Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb der TU Berlin. Die bis jetzt veröffentlichten Ergebnisse der Beschussversuche zum Ermitteln kritischer Aufprallenergien für die jeweiligen Werkstoffe sind im Bild 5.5-11 zusammengefasst. Mehrere Europäische Normen, so z. B. die EN 12 415, fordern als Sicherheitsnachweis der Maschinenkapselungen gegen abgeschleuderte Massenteile besondere Prüfprojektile und unterteilen die Werkstoffe in mehrere Widerstandsklassen, Bild 5.5-12. Beim Auffangen weggeschleuderter Teile durch die Schutzhaube muss deren zerstörerische kinetische Energie in andere unschädliche Energieformen, möglichst irreversibel, umgewandelt werden. Bei metallischen Werkstoffen ist das die für elastisches und plastisches Verformen notwendige Energie. Bei Verbundscheiben aus Mineralglas wird der wesentliche Teil der kinetischen Energie in Oberflächenspannungsenergie durch Riss- und Bruchvorgänge (Glassplitter und Glaspulver) umgesetzt. Kunststoffscheiben, z. B. aus Polycarbonat, zeichnen sich durch eine hohe Kerbschlagzähigkeit und hohe Energieaufnahme bei Überbeanspruchungen aus. Bei der für diesen Werkstoff charakteristischen extremen Verformungsfähigkeit ist es die elastische bzw. plastische Verformungsarbeit, beim Widerstand gegen Durchdringen sind es das Dämpfungs- und das Absorptionsvermögen, [5.49]. Das wohl auffallendste Ergebnis der Werkstoffprüfungen ist, dass bei 8 mm dicken Poly-
261
carbonatplatten etwa die gleiche Stoßfestigkeit wie bei 3 mm dicken Stahlblechen ermittelt wurde. Durchsichtiges Polycarbonat eignet sich wegen seines hohen Energieaufnahmevermögens besonders gut als Sichtscheibenwerkstoff für Schutzhauben. Sichtscheiben müssen besonders zuverlässig mit Schutzwänden verbunden sein, da davon ausgegangen werden muss, dass sich Maschinenarbeiter eine geraume Zeit während der Bearbeitung vor der Scheibe, d. h. im primären Gefahrenbereich der Werkzeugmaschine, aufhalten werden, um Zerspanungsvorgänge zu beobachten. Aufgrund hoher Bruchdehnung und Kerbschlagzähigkeit von Polycarbonat muss damit gerechnet werden, dass sich Sichtscheiben um mehr als 100 mm elastisch ausbeulen können. Solche Verformungen ohne Durchschlag können zu Kopfverletzungen führen, wenn Maschinenarbeiter zu nahe an der Sichtscheibe stehen. Damit sich Sichtscheiben nicht aus der Verankerung lösen und herausgeschleudert werden können (besonders gefährlich bei langsam fliegenden schweren Wurfkörpern), muss die Verbindung einem Herausschlüpfen der Scheibe entgegenwirken und zugleich beim Nachgeben möglichst viel Energie absorbieren, um sie dem nachfolgenden Zurückfedern zu entziehen. Beschussversuche mit genormten Proben haben ergeben, dass Einspannrahmen mit einer Überdeckung von 25 mm ein Herausziehen der Scheibe aus der Verankerung verhindern. Beim Auffangen größerer Wurfkörper oder bei größeren Sichtscheiben ist eine Überdeckung von mindestens 100 mm notwendig. Der wesentliche Nachteil des Werkstoffs ist, dass sein Energieaufnahmevermögen durch Kühlschmiermittel und heiße Späne schon nach wenigen Jahren drastisch absinkt und er deutlich versprödet. Auch Kleber (Verbundscheiben!) und Dichtungsmassen an den Rändern oder als Verbund mit dem Rahmen können eine rasche Versprödung verursachen. Diese Veränderungen sind nicht sichtbar! Polycarbonatscheiben müssen wegen dieser Abnahme der Bruchdehnung und Kerbschlagzähigkeit von beiden Seiten und von allen Stirnseiten geschützt werden. Auf der Wirkbereichseite müssen Sicherheitsscheiben vor chemischen Einflüssen durch Kühlschmiermittel und vor abrasiver und thermischer Einwirkung heißer Späne schützen, Bild 5.5-13.
5 Sicherheitstechnik
262
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
263
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Bild 5.5-11 Stoßfestigkeit von metallischen Werkstoffen und Sichtscheiben[5.48, 5.59]
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Bild 5.5-12 Nach EN 12 415 geprüfte Werkstoffe für Schutzhauben [5.49, 5.50]
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264 5 Sicherheitstechnik
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-13 Befestigung von Sichtscheiben
Der Schutz der Polycarbonatscheiben von außen gegen die in der Hallenluft enthaltenen Aerosole darf zu keinen neuen Gefahren führen. Deshalb müssen wegen der Splittergefahr statt Glasscheiben Scheiben aus nicht splitterndem Kunststoff vorgesetzt und Zwischenräume hermetisch abgedichtet werden. Der Splittergefahr kann man auch mit Selbstklebefolien entgegenwirken. Sichtscheiben müssen in die Schutzwände so eingebaut sein, dass Kühlschmierstoffe nicht die Stirnseiten Polycarbonatscheiben benetzen und so in den Werkstoff eindringen und ihn verändern können. Sichtscheiben aus Polycarbonat sind als Verschleißteile einzustufen. Die Einbindung der Sichtscheibenränder muss daher so gestaltet sein, dass sich Sichtscheiben nach einer Beschädigung unkompliziert austauschen lassen. Entscheidender sicherheitstechnischer Aspekt für Schutzhauben ist die Rückhaltefähigkeit der Schutzwand und der Sichtscheibe. Beide müssen der Energie des Aufpralls widerstehen, deren Niveau von der Masse bzw. vom Durchmesser und von der Umfangsgeschwindigkeit des Spannzeuges bestimmt wird. Sie müssen so gestaltet und so dimensioniert sein, dass sie nach dem Abfangen an der zur Arbeitsperson zugewandten Seite keine sicherheitstechnisch bedeutsame Schäden aufweisen. Es dürfen weder durchgehende Risse noch Splitter entstehen oder gar Bruchteile austreten. Die Rückhaltefestigkeit ist nicht nur eine Frage des Werkstoffs, sondern auch der Gestaltung, d. h. wie energieverzehrend die Schutzwand, die Sichtscheibe und deren Verbindung untereinander bzw. mit dem statischen System der Maschine ausgeführt ist. Grundsätzlich ist eine hohe Verformbarkeit bei gleichzeitiger Festigkeit zu verwirklichen. Wandstrukturen (Profilierungen, Verrippungen usw.) müssen so ge-
265
staltet sein, dass sie bei Stoßbelastungen nicht versteifend oder federnd wirken, sondern als Deformationsstruktur durch plastische Verformung oder innere Reibungsverluste möglichst viel Bewegungsenergie absorbieren bzw. in Wärme umwandeln. So zeigen Stahlgitter, die der Scheibe vorgesetzt sind, nur dann Schutzwirkung, wenn sie sich großflächig verformen können. Bei der Beurteilung genügt es nicht, nur den Betrag der kinetischen Energie auftreffender Körper heranzuziehen. Das Rückhaltevermögen hängt vor allem von der volumenbezogenen Energie ab, bei der die kinetische Energie der Flugkörper auf das zu verformende Volumen des Schutzeinrichtungswerkstoffs (projizierter Körperquerschnitt mal Scheibendicke) bezogen wird. Die Rückhaltefähigkeit eines Schutzkabinenwerkstoffes, insbesondere der Sichtscheibe, darf daher nicht allein nach der unter definierten Versuchsbedingungen einwirkenden Aufprallenergie beurteilt werden. Es müssen noch weitere Faktoren berücksichtigt werden, z. B.: • Masse und Geschwindigkeit des auftreffenden Körpers • Form des Auftreffkörpers (spitz, flach) • Auftreffort (Scheibenmitte, Scheibenrand) • Auftreffwinkel • Größe und Dicke der Sichtscheibe • Befestigung der Sichtscheibe • Alter und Vorschädigungen der Sichtscheibe. Die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Stoßfestigkeit sind im Bild 5.5-14 zusammengestellt. Abrasive Belastung durch Späne verschlechtet nicht nur die Transparenz der Scheiben sondern mindert auch ihre mechanische Festigkeit. Kühl- und Schmierstoffe lassen die Scheiben verspröden und verringern deren Energieaufnahmenvermögen. Die Schutzwirkung lässt in beiden Fällen nach. Das periodisches Austauschen von Sichtscheiben ein wichtiger Beitrag zum sicheren Wirken der Schutzhauben! Austauschintervalle betragen für beidseitig geschützte Polycarbonatscheiben mit Abdichtung der Stirnseiten (Schnittkanten) alle fünf Jahre, für nur einseitig geschützte Scheiben alle zwei Jahre. Hersteller müssen in der Betriebsanleitung auf das Abnehmen des Energieaufnahmevermögens und auf die Notwendigkeit des Austausches unter Berück-
5 Sicherheitstechnik
266
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Bild 5.5-14 Einflüsse auf das Rückhaltevermögen von Sichtscheiben [5.50]
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
sichtigung der Einbau- und Montagehinweise der Scheibenhersteller eingehen. Austausch einer Scheibe ist spätestens dann angezeigt, wenn • plastische Verformungen nach Aufprall • Risse oder andere Beschädigungen auf der Innen- oder Aussenseite • beschädigte Randabdichtung • Beeinträchtigungen der Transparenz • in das Innere der Verbundscheibe eingedrungene Kühl- und Schmierstoffe sichtbar werden.
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benbrüche sein. Zerberstende Schleifscheiben und deren Bruchstücke sind stochastisch auftretende Gefahrquellen. Sie bedeuten für alle an der oder mit der Maschine tätigen Personen und für die Maschine selbst erhebliche Risiken. Weitere, wenn auch geringere Risiken ergeben sich aus wegfliegenden Spänen und Splittern (hohe Geschwindigkeiten und Temperaturen), aus gefährlichen Arbeitsstoffen (Stäube, allergerisierende biologische Substanzen in Kühlschmiermittteln usw.) und aus Einwirkungen von Lärm und Schwingungen. Die EN 13 218 beschreibt im Wesentlichen die Ausführung sicherheitsrelevanter Bauteile an Schleifmaschinen.
5.5.6 Schutzhauben an Schleifmaschinen Schleifmaschinen bearbeiten Werkstücke mit Schleifwerkzeugen, d. h. rotierenden Scheiben mit eingebundenen Schleifmitteln, die geometrisch unbestimmte und unregelmäßige Schneidkeile haben. Hohe Schnittgeschwindigkeiten sind charakteristischfür das Schleifen. Sie senken Schnittkräfte, verbessern die Oberflächengüte und reduzieren den Schleifscheibenverschleiß. Schnell rotierende Schleifscheiben speichern aber eine hohe kinetische Energie, besonders bei Schnittgeschwindigkeiten über 50 m/s. Beim spontanem Zerbersten der Scheiben sind herumfliegende Bruchstücke (direkt auftreffende Primärbruchstücke oder an Maschinenteilen abprallende größere Partikel, wie Sekundärbruchstücke, bzw. kleinere Splitter) ebenfalls mit beachtlichen Energien behaftet. Zerbersten von Scheiben, dessen Ablauf und die Einwirkung der Bruchstücke auf die Umgebung und die gegenseitige Beeinflussung der Bruchstücke durch Reibung, Zerstörung und Verkanten sind rein stochastische Vorgänge. Durch Zentrifugalkräfte hervorgerufene Spannungen und sie überlagernde, aus Zerspanungskräften des Schleifprozesses herrührende innere Betriebsspannungen dürfen innere Bindungskräfte nicht überschreiten. Fertigungsfehler (z. B. ungleichmäßiges Abkühlen beim Herstellen), gefüge- oder formbedingte Unwuchten, Fehler bei der Lagerung (Schleifscheiben reagieren empfindlich auf Schlag, Stoß, Zug und Biegung) und unsachgemäße Behandlung der Scheiben beim Schleifen (z. B. Wärmespannungen durch stark wechselnde Umgebungstemperaturen) können zu Eigenspannungen führen und zugleich die Ursache für Schei-
Schleifkörperschutz. Das zuverlässige Zurückhalten der Bruchstücke im Falle eines Schleifkörpers ist das wichtigste Schutzziel, das mit fangenden Schleifkörperschutzhauben realisiert wird. Schutzhauben müssen Schleifkörper soweit wie möglich allseitig eng umschließen. Das begünstigt nicht nur ihre Rückhaltefähigkeit sondern z. B. auch den Berührungsschutz sowie die Luftführung zur Staubabsaugung. Zugleich brauchen Schutzhauben eine Arbeitsöffnung. Sie darf nur den zum Zerspanen benötigten Teil der Schleifscheibe freilassen. Bei Scheibenbruch muss die Schutzhaube möglichst viele Bruchstücke auffangen, zugleich darf sie von ihnen nicht durchschlagen werden. Das ist nicht nur eine Frage der Werkstoffwahl und der Formgebung sondern auch der Ausführung aller mechanischer, d. h. aller stoff-, form- oder reibschlüssiger Verbindungen, z. B. das Verwenden von Dehnschrauben. Teile der Schutzhauben untereinander und Schutzhauben selbst müssen mit dem statischen System der Maschine so verbunden sein, dass sie sich beim Scheibenbruch nicht lösen und unkontrolliert bewegen. Wirkbereichschutz. Bei Schleifmaschinen, die mit Schnittgeschwindigkeiten größer als 50 m/s arbeiten, müssen mit Zusatzschutzeinrichtungen ausgerüstet sein, um die aus der Schleifkörperschutzhaubenöffnung austretenden Bruchstücke im Wirkbereich zurückzuhalten, Bild 5.5-15. Das Schutzziel gilt vordergründig als erreicht, wenn vom Scheibenbruch weder in der Bearbeitungsposition noch in der Werkstückwechselposition des Spindelstocks Gefahren ausgehen.
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-15 Fangende Schutzeinrichtungen für Schleifmaschinen
Die EN 13 218 schlägt beispielhaft fangende Schutzeinrichtungen vor, die den ganzen Wirkbereich abtrennen oder Schleifkörperschutzhauben mit Innenschutzhauben (dynamische Haubenverschlüsse, auch Rot-Visiere genannt), die die Arbeitsöffnung erst beim Schleifkörperbruch zwangsläufig schließen. Rot-Visier (Rotationsvisier) ist eine in der unbeweglichen Schutzhaube angeordnete schwenkbare Schutzeinrichtung, die beim Schleifkörperzerknall durch Bruchstücke mitgerissen wird. Damit schließt sie die Arbeitsöffnung der Schutzhaube und hält die Bruchstücke im Inneren zurück, Bild 5.5-16. Rot-Visiere schützen nicht immer und nicht unter allen Umständen. Sie sichern zwar z. B. bei Aussenrundschleifmaschinen während des Werkstückwechsels, bei dem sich der Spindelstock in einer hinteren Positionen befindet, alle, die in den Wirkbereich eingreifen müssen. Nicht so beim Schleifen. Dazu wird der Spindelstock in die vordere Position eingefahren. Während des Außen-
rundschleifens kann die Haubenöffnung nicht vollständig geschlossen sein, da der zur Bearbeitung notwendige Teil der Schleifscheibe unverdeckt bleiben muss. Zudem ist die Haubenöffnung direkt auf den Arbeiter gerichtet. Fazit: Während des Außenrundschleifens können RotVisiere den Austritt primärer Bruchstücke nicht verhindern! Hier bieten nur großräumige stabile Verkleidungen ausreichenden Schutz. Dimensionieren, Gestalten und Werkstoffwahl. Beim Gestalten der Schleifkörperschutzhauben und zusätzlicher Wirkraumverkleidungen sind die im Abschnitt 5.5.5 behandelten Sachverhalte, wie z. B. kritische Aufprallenergie, alterungsbedingte Änderungen des Rückhaltevermögens usw., zu berücksichtigen. Der direkte Auftreffbereich von Primär- und Sekundärbruchstücken einschl. eines Streubereichs anders ausgelegt sein als der Bereich, der nur von Splittern getroffen werden kann. Die Längsausdehnung des Streubereichs entspricht der größten Breite des für die Schleifmaschinen vorgesehenen Schleifkörpers erweitert um einen Bereich, der sich beidseitig aus einem Winkel von 20o zu den Seitenflächen der Schleifscheibe, einschließlich des Verfahrweges des Spindelstockes, ergibt. Die senkrechte Ausdehnung wird durch Tangenten der Scheiben zu Konturen der Arbeitsöffnung der Schleifkörperschutzhauben bestimmt, Bild 5.5-18. Wanddicken der Schleifkörperschutzhauben sind in Abhängigkeit vom verwendeten Werkstoff, den Schnittgeschwindigkeiten und der Masse der
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Bild 5.5-16 Funktionsweise des Rot-Visier
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
Schleifkörper festzulegen. Beim Dimensionieren zusätzlicher Wirkraumverkleidungen und Festlegen der Wanddicken ist zu berücksichtigen, ob Schleifkörper von einer Schleifkörperschutzhaube eingeschlossen sind oder nicht. Energieabsorbierende Werkstoffe mit ausgeprägter Streckgrenze und möglichst hohem Dämpfungsvermögen verlängern die Einwirkdauer der Bruchstücke auf die Schutzhauben und wandeln die gefährliche kinetische Energie der Bruchstücke irreversibel in ungefährliche Energien (Verformungsenergie, Wämeenergie) um. Solche Werkstoffe erfüllen wichtige Voraussetzungen für die Verformbarkeit und das Energieaufnahmevermögen, Bild 5.5-19 und Bild 5.5-20. Profile und Bleche aus Baustählen werden bevorzugt, andere Werkstoffe sind zwar auch zulässig, ihre Anwendbarkeit bezogen auf maximale Zerspanunsgeschwindigkeit und Scheibenabmessungen ist eingeschränkt. Schleifkörperschutzhauben und zusätzlicher Wirkraumverkleidungen müssen für den größten Durchmesser des Schleifkörpers und die maximale Drehzahl der Schleifspindel ausgelegt sein. Die Kontur der Schleifkörperschutzhauben soll dem Umfang der Schleifscheibe im möglichst ge3UR]H
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Bild 5.5-18 Zu berücksichtigende Streubereiche der Bruchstücke bei der Auslegung von Zusatzschutzeunrichtungen
ringen Abstand folgen, zumindest sollen sie als Mehrecke ausgeführt sein. Der Öffnungswinkel der Schleifkörperschutzhauben ist für die jeweiligen Bauarten der Schleifmaschinen unterschiedlich, Bild 5.5-21.
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Bild 5.5-19 Wanddicken für Schleifkörperschutzhauben aus unterschiedlichen Werkstoffen nach EN 13 218
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5 Sicherheitstechnik
270
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Bild 5.5-20 Wanddicken für Schleifkörperschutzhauben aus Stahl nach EN 13 218
271
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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5LVLNR
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Bild 5.5-21 Gestaltung von Schutzhauben nach EN 13 218 (Fortsetzung nächste Seite)
6WLUQ VHLWH
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5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-21 Gestaltung von Schutzhauben nach EN 13 218
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272
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
raum für eine große männliche sitzende Person mit Schutzhelm definiert, Bild 5.5-22. Die wichtigsten fangenden Schutzeinrichtungen sind Überrollschutzaufbauten (Roll-OverProtective-Structures, ROPS) und Schutzaufbauten gegen herabfallende Gegenstände (FallingObject-Protective-Structures, FOPS). Aber auch Schutzgitter vor Front- und Heckscheiben und Kotflügel halten eindringende Gegenstände von Maschinenführern fern, Bild 5.5-23. ROPS und FOPS können auch in die tragende Struktur der Kabine integriert sein. ROPS und FOPS sind im Sinne der Maschinenrichtlinie Sicherheitsbauteile zur Beherrschung hoher Gefährdungspotentiale und hoher Risiken nach Anhang IV. Sie müssen daher einer Baumusterprüfung durch eine anerkannte Prüfstelle unterzogen werden, die das Prüfergebnis bescheinigt. Überrollschutzaufbauten sind rahmenähnliche Konstruktionen über dem Fahrerplatz, die den mit einem Sicherheitsgurt angeschnallten Fahrer von Erdbaumaschinen oder landwirtschaftlichen Maschinen beim Umsturz und beim Überrollen
5.5.7 Schutzaufbauten an Fahrzeugen An einigen Erdbaumaschinen bzw. an Forst- und Landwirtschaftsmaschinen können durch Kollisionen mit bewegten Gegenständen Situationen mit tödlichem Risiko entstehen, vor denen fangende Schutzeinrichtungen den Maschinenführer bewahren müssen. Solche Situationen können z. B. durch herabfallende Gegenstände, zurückschnellende Anschlagmittel von Anbauwinden oder durch umkippende Maschinen selbst entstehen. Aber auch das von Reifen oder Raupen hochgeschleudertes Erdreich kann Maschinenführer mittelbar oder unmittelbar gefährden, [5.51]. Schutzaufbauten erfüllen ihre Sicherheitsunktion nur dann, wenn sie im Falle eines Falles einen im Inneren einen Überlebensraum gewährleisten. In ihm dürfen keine Gegenstände den Maschinenführer schwer verletzen. In Tests wird überprüft, ob Teile der verformten Schutzeinrichtung in einen definierten Freiraum (Verformungsgrenzbereich, nach ISO 3164 Deflection Limiting Volume, DLV) eindringen. Er ist als rechtwinkliger Hüll-
5FNVHL WH
6,3
9R U G H U V HL WH
273
Bild 5.5-22 Verformungsgrenzbereich (Deflection Limiting Volumne DLV) nach ISO 3164
5 Sicherheitstechnik
274
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Bild 5.5-23 Fangende Schutzeinrichtungen an mobilen Maschinen
der Maschine vor schweren oder tödlichen Verletzungen schützen. Leichte Verletzungen, z. B. Prellungen oder andere Stoßverletzungen, werden in Kauf genommen. Pfosten und Querstreben müssen so dimensioniert und mit dem tragenden System der Maschine verbunden sein, dass sie den zu erwartenden Belastungen standhalten (Nachweis durch genormtes statisches Prüfverfahren nach EN ISO 3471). In Prüfständen werden Überrollschutzaufbauten mit quasistatischen Kräften an definierten Angriffspunkten in mehreren waagrechten Richtungen und in senkrechter Richtung beaufschlagt. Waagrechte Prüfkräfte, die als erste eingeleitet
werden, simulieren das eigentliche Überollen. Die danach aufgebrachten senkrechten Kräfte bilden das Liegenbleiben auf dem Dach am Ende der Abrollbewegung nach. Werte der Prüfkräfte leiten sich aus dem in Frage kommenden Fahrzeuggewicht her. Der funktionelle Zusammenhang zwischen den Einflussgrößen ist linear bzw. exponentiell. Die Schutzeinrichtungen müssen sowohl diesen Kräften widerstehen als auch die eingeleitete Energie so aufnehmen, dass ein definierter Überlebensraum (DLV) um den Fahrer herum erhalten bleibt.
275
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
Das Kraftkriterium berücksichtigt den Sachverhalt, dass der Schutzaufbau beim Eindringen in weichen, nachgiebigen Boden einen wesentlichen Teil der Energie dort umsetzt. Beim Überrollen auf hartem Boden muss praktisch die gesamte Energie von der Struktur des Aufbaus aufgenommen werden. Schutzdächer mit FOPS-Eigenschaften schützen den Fahrer von Erdbaumaschinen vor herabfallenden Gegenständen; die Schutzwirkung kann gegen das Eindringen von Gegenständen in horizontaler Richtung erweitert werden (Front-Guard, FG). Aufprallen herabfallender Gegenstände auf das Schutzdach ist ein dynamischer Vorgang. Die Schutzwirkung lässt sich mit statischen Belastungen nicht vollständig verifizieren. Die dynamische Belastbarkeit wird in Fallversuchen mit Prüfkörpern getestet, deren Massen und Fallhöhen so abgestimmt sind, dass sie bestimmte Werte potentieller Energie speichern, die sich beim freien Fall in kinetische Energie und dann in Verformungsenergie umsetzt. Das Gefährdungspotential bestimmt das notwendige Energieaufnahmevermögen der Schutzkonstruktionen. Für das vorhersehbare Auftreffen von herabfallenden Ziegelsteinen, kleineren Betonbruchstücken oder Handwerkzeugen müssen die Schutzkonstruktionen für ein Energieaufnahmevermögen von mindestens 1.365 Joule ausgelegt sein. Beim vorhersehbaren Aufprall schwerer Gegenstände (Felsbrocken, Abbruchmaterial, Bäume) müssen Schutzkonstruktionen mindestens eine kinetische Energie von 11.600 Joule absorbieren können, ohne sich dabei so zu verformen, dass der Fahrer in der Kabine eingeklemmt oder schwer verletzt werden kann. Bei der Prüfung dürfen auch keine Risse oder Brüche an tragenden Teilen auftreten. Das Schutzdach darf die Sicht nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigen. Lamellengitter haben die geringste optische Überdeckung. Das Schutzdach muss in der Breite mindestens die Breite der Fahrerkabine überdecken und die vertikale Sitzebene nach vorne mindestens 1.500 mm und nach hinten 500 mm überragen. Die lichte Höhe zwischen horizontaler Sitzfläche und Dach darf 1.200 mm nicht unterschreiten.
5.5.8 Grundlegende Schutzeinrichtungen
Bauarten
trennender
Trennende Schutzeinrichtungen haben im Laufe ihrer Entwicklung mannigfaltige Formen angenommen. An den in der Praxis üblichen trennenden Schutzeinrichtungen lassen sich grundsätzliche Gemeinsamkeiten ausmachen und systematisieren. Sie ergeben sich vornehmlich aus ihren Funktionen, Bild 5.5-24 und 5.5-25. Trennende Schutzeinrichtungen sind beweglich oder feststehend ausgeführt. Bewegliche Schutzeinrichtungen können Teile größerer feststehender Schutzeinrichtungen sein. Von feststehenden, unbeweglichen, unlösbaren Schutzeinrichtungen abgesehen, müssen beide Arten jedoch mit der Grundkonstruktion der Maschine, mit dem statischen System, eindeutig verbunden sein. Befestigung feststehender trennender Schutzeinrichtungen muss entweder als 6FKXW] HLQULFKWXQJ
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Bild 5.5-24 Gliederungsmerkmale trennender Schutzeinrichtungen
5 Sicherheitstechnik
276
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Bild 5.5-25 Bauarten trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)
277
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
gIIQHQ
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Bild 5.5-25 Bauarten trennender Schutzeinrichtungen
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(
278
5 Sicherheitstechnik
unlösbare oder nur mit Werkzeugen lösbare Verbindung ausgeführt sein. Entfernen und Anbringen von Schutzeinrichtungen mit Werkzeugen ist dann ein montagemäßiger Vorgang und hat folglich den Charakter einer Reparatur. Schutzeinrichtungen müssen sich dabei bistabil verhalten: eindeutig befestigt oder gelöst sein. Sie dürfen ohne montierte Befestigungselemente nicht in der Schutzstellung verbleiben. Sonst täuschen sie eine nichtvorhandene Sicherheit vor. Klappbare Schutzeinrichtung ohne Verriegelung dürften demnach nicht mehr verwendet werden. Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen gewähren vorerst direkten Schutz vor der Gefahrstelle, indem sie den unmittelbaren Zugriff zu ihr verhindern. Ihre Beweglichkeit rührt entweder von elastischer Verformbarkeit besonders gestalteter Maschinenteile her oder wird durch rotatorische oder translatorische Führungen ermöglicht. Trennende Schutzeinrichtungen müssen oft erlauben, dass in den Bereich der Gefahrstelle betriebsmäßig eingegriffen werden kann, um z. B. zu entstören, einzurichten, zu reinigen. Dafür muss dann ihr Öffnen ohne Werkzeuge möglich sein und zugleich gefährliche Situationen in einen Zustand mit akzeptierten Risiken bringen. Bei bewussten Eingriffen oder Eingriffen aus betrieblichen Gründen muss das Öffnen mit gefahrbringenden Bewegungen der Gefahrstellen funktionell gekoppelt sein. Das kann als zeitliche oder als funktionelle Kopplung über die Steuerung und/oder den Antrieb, d. h. als Verriegelung oder Zuhaltung ausgeführt sein. Nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung müssen immer zusätzliche Schutzmaßnahmen wirksam werden, die dem akut vorhandenen Risiko beim Hantieren an den jetzt zugänglichen Gefahrstellen entsprechen. Schutzeinrichtungen müssen auch dann beweglich ausgeführt sein, wenn sie Gefahrstellen sichern, deren Geometrie sich während des Arbeitsprozesses ändert, z. B. wenn sich geometrischen Größen des Arbeitsgutes, das eine Gefahrstelle bildet, im Laufe der Zeit ändern, wie es z. B. bei anwachsenden Durchmessern aufrollender Materialrollen der Fall ist. Bewegliche Schutzeinrichtungen können entweder bewusst von Hand oder zwangsläufig von Werkstücken oder von maschinellen Einrichtungen geöffnet, bewegt und ge-
schlossen werden im Sinne einer kinematischen Kette, Steuerung oder Regelung. Bei geregelten Schutzeinrichtungen überwachen Sensoren sicherheitsrelevante Bewegungsparameter, z. B. den Öffnungsweg für unterschiedlich hohe Werkstücke. Aufgrund ermittelter Differenz zum Sollwert ändern Aktoren diese Bewegungsparameter, damit ein Zugriff zu Gefahrstellen verhindert wird. Die Norm EN 953 unterteilt trennende Schutzeinrichtungen, die in erster Linie zum Schutz von Personen vor mechanischen Gefährdungen vorgesehen sind, etwas anders. Sie unterscheidet pragmatisch in feststehende, bewegliche und einstellbare Schutzeinrichtungen, Bild 5.5-26. Die Norm legt auch Anforderungen an Bau und Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen fest
5.5.9 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen Trennende Schutzeinrichtungen sind äußere Funktionselemente und im weitesten Sinne Maschinenelemente, die beim Zusammenwirken der Menschen mit Maschinen die Funktion haben, räumliches und zeitliches Zusammentreffen mit Gefahrstellen oder Gefahrquellen durch stoffliche Hindernisse zu unterbinden und somit die aus möglichen Gefährdungen resultierenden Risiken zu minimieren. Sollen trennende Schutzeinrichtungen ihre Sicherheitsfunktion optimal erfüllen, müssen bei deren Gestaltung und Auslegung mehrere grundlegende Gestaltungsprinzipien umgesetzt werden. Diese Gestaltungsprinzipien sind als Leitlinien bzw. idealisierte Vorgaben aufzufassen, die sich in der Praxis zwar nicht immer vollständig verwirklichen lassen, deren Einhalten jedoch angestrebt werden muss. Schutzeinrichtungen können als zusätzliche Bauteile bzw. Baugruppen von sich aus niemals das hohe Niveau der inhärenten Sicherheit konstruktiver Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik erreichen. Nur wenn an Schutzeinrichtungen die Prinzipien der Bedingungslosigkeit, der vollständigen Wirkung und der hohen Funktionsgüte konstruktiv umgesetzt werden, erfüllen sie ihre primäre Funktion, das räumliche und/oder zeitliche Zusammentreffen von Personen mit gefahrdrohenden Situationen unter allen Betriebsbedin-
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
%HLVSLHOH
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279
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Bild 5.5-26 Bauarten trennender Schutzeinrichtungen nach EN 953
280
5 Sicherheitstechnik
gungen jederzeit zu verhindern. Damit trennende Schutzeinrichtungen ihre Sicherheitsfunktion erfüllen können, müssen beim konstruktiven Umsetzen dieser Prinzipien neben üblichen Fragen der Werkstoffwahl und der Berücksichtigung mechanischer Gesichtspunkte vor allem sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte in den Mittelpunkt gestellt werden, um ihre zuverlässige Wirkung zu gewährleisten. Berücksichtigen beider menschbezogener Aspekte entscheidet nicht nur über die zuverlässige Erfüllung der Sicherheitsfunktion der Schutzeinrichtungen sondern auch über ihre Akzeptanz bei den Beschäftigen, d. h. ob die mit erheblichem Aufwand konstruierten und gefertigten Schutzeinrichtungen von ihnen bereitwillig benutzt oder aber abgelehnt oder gar manipuliert werden. Werden Schutzeinrichtungen umgangen, waren sie nicht optimal gestaltet oder in die Handhabungsabläufe an der Maschine nur unvollkommen einbezogen. Die in das Konzept und das Erscheinungsbild der Maschine integrierte Schutzeinrichtungen unterstützen den Arbeitsprozess und werden eher akzeptiert, Bilder 5.5-27 und 5.5-28. Allgemeine Anforderungen an Gestaltung und Bau von feststehenden und beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen sind in der EN 953 festgelegt. Die wichtigsten Gestaltungsgesichtspunkte trennender Schutzeinrichtungen sind im Bild 5.529 zusammengefasst und werden nachfolgend kommentiert.
Bild 5.5-27 Beispiel für gelungene Integration von Schutzeinrichtungen in das Designkonzept der Maschine
Bild 5.5-28 Integration von Schutzeinrichtungen (Rundtaktmaschine) /5.57/
Sicherheitstechnische Gesichtspunkte. Sie sind ausschlaggebend für die Erfüllung der Sicherheitsfunktion. Schutzeinrichtungen müssen zwar Gefahrstellen ausreichend sichern, dürfen aber die Benutzbarkeit der Maschinen nicht unzumutbar erschweren, technologische Funktionen nicht stören oder gar neue Gefahren heraufbeschwören, z. B. neue Gefahrstellen bilden. Schutzeinrichtungen dürfen auch keine Sicherheit vortäuschen. Maschenweite und Abstand der Schutzeinrichtung von Gefahrstellen müssen so abgestimmt sein, dass mindestens die Vorgaben der EN ISO 13 857 erfüllt sind. Haben Schutzeinrichtungen Öffnungen, um z. B. Werkstücke einbringen oder entnehmen zu können, müssen Gefahrstellen unerreichbar bleiben. Auch hier gelten die in der EN ISO 13 857 festgelegten Zusammenhänge zwischen Öffnungsweite und Abstand zur Gefahrstelle. Dies führt zu tunnelartigen Schutzeinrichtungen am Maschinenanfang und Maschinenende. Bei lichten Weiten der Schlitze von mehr als 20 mm über Transportbändern muss die äußere Kante der Schutzeinrichtung 850 mm von der nächstliegenden Gefahrstelle entfernt sein. Die Erfahrung zeigt, dass trotz aller Beteuerungen nahezu jede Schutzeinrichtung im Laufe der Zeit einmal abgenommen oder geöffnet werden muss. Grundsätzlich gilt, dass auch bei geöffneten Schutzeinrichtungen Gefährdungen möglichst vermieden und Beschäftigte vor Gefahren geschützt sein sollen. Wie Schutzeinrichtungen
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-29 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)
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281
5 Sicherheitstechnik
282
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Bild 5.5-27 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-27 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)
283
5 Sicherheitstechnik
284
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Bild 5.5-27 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
dafür gestaltet sein müssen und welche weiteren Maßnahmen notwendig sind, entscheidet der Öffnungsgrund bzw. die Öffnungshäufigkeit und das im Rahmen der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ermittelte Risiko für Tätigkeiten, die hinter geöffneten Schutzeinrichtungen durchzuführen sind. Müssen Schutzeinrichtungen nur für Wartungs- oder Reparaturarbeiten geöffnet werden, also für Arbeiten, die mit Werkzeugen durchgeführt werden oder einen Montagevorgang bedeuten, so sind Schutzeinrichtungen mit dem Maschinengestell so zu verbinden, dass sie sich auch nur mit Werkzeugen lösen lassen. Praktische Erfahrungen zeigen, dass nur unverlierbar mit der Schutzeinrichtung verbundene Schrauben dazu führen, dass Schutzeinrichtungen nach Beendigung der Arbeiten bereitwilliger wieder angeschraubt werden. Soweit möglich, sollten Schutzeinrichtungen nach dem Lösen der Befestigungselemente nicht in Schutzstellung verbleiben können. Sonst täuschen sie die Schutzfunktion nur vor, da sie sich sehr einfach und schnell öffnen lassen. Bewegliche Schutzeinrichtungen sollen ebenfalls ein erkennbares bistabiles Verhalten aufweisen: Sie sollen eindeutig geschlossen sein oder eindeutig geöffnet sein; mehrdeutige Zwischenzustände sind unerwünscht, Bild 5.5-30.
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Bild 5.5-30 Schwenkbare Schutzeinrichtung mit zwei stabilen Endlagen [5.52]
285
In der Schutzstellung der schwenkbaren Verkleidung drückt sie die Gasdruckfeder in eine stabile Lage gegen einen Anschlag. Beim Öffnen durchläuft sie einen labilen Zwischenzustand, aus dem sie entweder vor dem Erreichen der Kipplinie selbsttätig in die ursprüngliche Schutzstellung zurückfällt oder nach deren Überwindung in die neue stabile Öffnungsposition einschwenkt. Müssen Schutzeinrichtungen betriebsmäßig geöffnet werden, muss dies ohne Werkzeug möglich sein. Dann muss aber ihr Öffnen mit gefahrbringenden Situationen funktionell gekoppelt, z. B. elektrisch verriegelt oder zugehalten sein. Damit bei geöffneten Schutzeinrichtungen notwendige Tätigkeiten mit bestimmten, akzeptablen Risiken durchgeführt werden können, müssen weitergehende Schutzmaßnahmen mit dem sich jetzt ergebenden Risiko sowie mit technischen und technologischen Gegebenheiten abgestimmt sein. Verriegelungen so zu konzipieren, dass nach dem betriebsmäßigen Öffnen der Schutzeinrichtungen überhaupt keine Bewegung der Maschinen oder deren Baugruppen möglich ist, provoziert nur Manipulationen und sicherheitswidriges Verhalten! Ist das betriebsmäßige Öffnen der Schutzeinrichtungen mit gefahrbringenden Bewegungen funktionell gekoppelt, muss die Verriegelung oder die Zuhaltung so gestaltet sein, dass sie sich nicht auf einfache Weise mit allgemein zugänglichen Gegenständen (Klebebänder, Drahtstücke, Münzen, Kabelbinder u. ä.) manipulieren lassen können. Trotzdem wird man immer wieder von der Kreativität und der, leider fehlgeleiteten, technischen Intelligenz vieler Maschinenbenutzer überrascht! Schutzeinrichtungen und deren Befestigungselemente müssen für die gleiche Lebensdauer ausgelegt sein, wie die Maschinen, an denen sie angebracht sind. Damit Schutzeinrichtungen den zu erwartenden betriebsmäßigen Beanspruchungen standhalten, müssen sie ausreichend fest und haltbar ausgelegt sein, aus geeignetem Werkstoff bestehen und ausreichend dimensioniert sein. Das gilt nicht nur für fangende Schutzhauben sondern für alle trennende Schutzeinrichtungen. Bei der Werkstoffwahl müssen Gesichtspunkte wie Bruchfestigkeit, Verformbarkeit, Kratzfestigkeit, chemische Beständigkeit, optische Eigenschaften usw., berücksichtigt werden.
286
5 Sicherheitstechnik
Werkstoffwahl. Schutzeinrichtungen als funktionelle Teile von Maschinen müssen so konstruiert sein, dass sie die gleiche Lebensdauer wie die gesamte Maschine haben und nicht vorzeitig, z. B. wegen mangelnder mechanischer Festigkeit ausfallen und dann als Ersatzteile nachgerüstet werden müssen. Um dies zu erreichen, müssen nicht nur gestalterische Aspekte berücksichtigt werden, sondern auch Werkstoffe entsprechend den zu erwartenden Beanspruchungen gewählt und deren Verarbeitung vorgegeben werden. Es gibt keinen universellen Werkstoff, der für alle Schutzeinrichtungen bzw. deren Aufgaben optimal geeignet ist. Jeder Werkstoff hat Vor- und Nachteile. Die sich aus der Forderung nach optimaler Schutzwirkung und guter Handhabung der Schutzeinrichtung ergebenden Anforderungen müssen die Wahl des Werkstoffs, des Halbzeugs und dessen Verarbeitung bestimmen, Bild 5.5-31. Weitere Aspekte für die Werkstoffwahl sind elektrostatische Eigenschaften, Transparenz, Korrosionsbeständigkeit, Rückhaltevermögen, Temperaturbeständigkeit, Brennbarkeit usw. Polycarbonate und Verbundwerkstoffe eröffnen neue Möglichkeiten beim Gestalten von Schutzeinrichtungen. Beim massiven Blech breiten sich z. B. Biege- und Körperschallwellen in der gesamten Struktur fast ungedämpft aus und ziehen großflächige und lang nachhallende Abstrahlung störenden Luftschalls nach sich. Beim schwingungsdämpfenden Verbundblech, bestehend aus zwei metallischen Deckblechen, die viskoelastische Kunststoff-Zwischenschichten einschließen, klingen Schallwellen nach ihrer Erregung durch Reibung in der Zwischenschicht zeitlich und örtlich schnell ab und führen zu keiner nennenswerten Abstrahlung von Luftschall, [5.53]. Unter Berücksichtigung einiger Besonderheiten (z. B. erst biegen, dann stanzen), sind diese Bleche gut zu verarbeiten. Eine ausführliche Entscheidungsmatrix zur Werkstoffwahl für Schutzeinrichtungen enthält die Homepage von /5.31/. Flexible trennende Schutzeinrichtungen. Aus festen, aber beweglichen oder flexiblen Bestandteilen hergestellte Schutzvorhänge haben eine gewisse trennende Schutzwirkung. Als flexible kompakte Blende, als Vorhang mit sich überdeckenden Lamellen oder als Bürsten (mit Feldern aus schwarz-gelben Borsten als zusätzliche Warnung auf vorhandene Gefahren) ausgeführt und
z. B. vor Öffnungen zur Materialzufuhr bzw. -abfuhr angebracht, bieten sie, wenn sie entsprechend gestaltet und dimensioniert sind, ausreichenden Schutz vor aus dem Wirkbereich herausgeschleuderten Partikeln [5.49]. An Holzbearbeitungszentren erfolgt die sog. Pendelbearbeitung: während auf einer Hälfte des Maschinentisches das Werkstück bearbeitet wird, wird auf der anderen für den nächsten Bearbeitungsvorgang gerüstet, zu dem die Bearbeitungseinheit entlang des Maschinentisches bewegt wird. Eine Vollkapselung der Maschine ist nicht möglich, da sich die Bearbeitungseinheit über das gespannte Werkstück hinwegbewegen muss. Die Kapselung muss daher mit flexiblen Verdeckungen ausgerüstet sein, die natürlich bei der Verfahrbewegung das Werkstück nicht beschädigen dürfen. Sie haben aber keine ausreichende Schutzwirkung gegenüber einem zielgerichteten Hineingreifen in den Wirkbereich. Für diesen Fall müssen prinzipiell die Sicherheitsabstände in Abhängigkeit vom lichten Profil und den Abmessungen der Durchlassöffnungen mindestens mit den Festlegungen der EN ISO 13 857 abgestimmt sein, Bild 5.5-32. Maschinensicherheitsnormen (Typ-C Normen) können branchenspezifisch unterschiedliche Werte festlegen. Flexible Schutzvorhänge aus mehreren Schichten sich überlappenden und versetzten Lamellen werden vornehmlich bei Holzbearbeitungszentren verwendet, um Maschinenarbeiter vor weggeschleuderten Werkzeugbruchstücken zu schützen. Von besonderer Bedeutung sind Lamellenvorhänge. Diese Schutzvorhänge sind in der Regel an der Unterkante der Kapselung der Bearbeitungseinheit angeordnet und schließen den Raum um den Aggregatträger mit seinen rotierenden Werkzeugen, um das auf dem Maschinentisch aufgespannte Werkstück und der auf die Kapselung aufgesetzte Absaughaube ab. An diese Schutzvorhänge stellen sich daher mehrere, gegenseitig abhängige, manchmal sich aber widersprechende Anforderungen: Sie sollen ihre Sicherheitsfunktion (Rückhaltefähigkeit) zuverlässig erfüllen, zur effektiven Luftführung der Absauganlage den Raum zwischen den festen Teilkapselung und dem Maschinentisch flexibel abschließen und dabei universell, praxistauglich und dabei kostengünstig sein. In [5.54] sind Ergebnisse von Beschussversuchen von Lamel-
Bild 5.5-31 Werkstoffe für trennende Schutzeinrichtungen
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 287
5 Sicherheitstechnik
288
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lenvorhängen veröffentlicht und zugleich Konstruktions- und Gestaltungsempfehlungen für die industrielle Umsetzung der Forschungsergebnisse bzw. für die Auswahl geeigneter Schutzvorhänge abgeleitet. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie sind nachfolgend zusammengefasst, Bild 5.5-33. Die Rückhaltefähigkeit eines Lamellenvorhangs hängt von mehreren Parametern ab. Die Breite der Lamellen übt einen wesentlichen Einfluss aus. Es kann zwar keine allgemeingültige quantitative Mindestbreite angegeben werden, beim Dimensionieren der Vorhänge sollte sie so breit wie möglich gewählt werden. Die Länge der Lamellen beeinflusst die Rückhaltefähigkeit relativ gering. Aufgrund ihrer Abnahme mit länger werdenden Lamellen sollte sie so kurz wie möglich gehalten werden. Die Dicke der Lamellen beeinflusst stark die Rückhaltefähigkeit und sollte je nach Anforderung durch den Bearbeitungsprozess 1 und 3 mm betragen. Grundsätzlich ist ein Vorhang mit vielen dünnen einem mit wenigen dickeren Lagen vorzuziehen, da dadurch das „Wegkippen“ der Lamellen nach dem Aufschlag effektiver unterbunden wird. Die Anzahl der Lagen hängt eng mit der Dicke der Lamellen zusammen, da meistens die Gesamtdicke des Vorhangs aus Konstruktionsgründen begrenzt ist. Es ist immer ein
Bild 5.5-32 Flexible trennende Schutzeinrichtungen
System mit vielen dünnen Lagen bevorzugen, es sollte jedoch mindestens aus drei (besser vier) Lagen bestehen. Der Werkstoff der Lamellen, vor allem sein Energieabsorptionsvermögen, beeinflusst wesentlich das Rückhaltevermögen. Als am besten geeignet hat sich das Weich-PVC-P 70 mit einer Shore-Härte (A) 70 erwiesen. Es wird bevorzugt in Schießständen zum Auffangen von Projektilen eingesetzt. Die Lage des Aufprallortes bezogen auf die Mittellinie der Lamelle (horizontal) und den Abstand zur Einspannung (vertikal) übt einen unterschiedlichen Einfluss aus. Die größte Rückhaltefähigkeit ist beim Mittigen Aufprall, laterale Abweichungen beeinflussen sie wenig. Die vertikale Lage des Aufpralls hat einen stärkeren Einfluss. Je näher er bei der Einspannung liegt, desto effektiver wird das „Wegkippen“ der Lamelle unterbunden. Beim Aufprallen in unmittelbarer Nähe der Einspannung versagt der Vorhang vorwiegend durch plastische Deformation der Lamellen. Schutzvorhänge sollten deshalb so dimensioniert sein, dass er soweit wie möglich unter die Werkstückkante reicht (großer unterer Überhang), damit die Bruchstücke mit großer Wahrscheinlichkeit auf den oberen Bereich der Lamellen auftreffen. Der Aufprallwinkel (von der Normale der Lamellenoberfläche gemessen) beeinflusst stark die
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
289
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Bild 5.5-33 Gestaltungsregeln für Lamellenvorhänge nach [5.54]
290
5 Sicherheitstechnik
Rückhaltefähigkeit elastischer Hauben. Sie lässt sich durch die Formgebung der Haube beeinflussen. Die ideale rechtwinklige (normale) Aufprallrichtung auf jede potentielle Lamelle ergibt sich wegen der zum rotierenden Werkzeug tangential (oder nahezu senkrecht zu seiner Rotationsachse) ausgerichteten Flugbahn der abgeschleuderten Werkzeugbruchstücke nur bei kreisförmigen Hauben Die haben auch einen kleineren strömungswirksamen Querschnitt und führen zu höheren Strömungsgeschwindigkeit der Luft bei der Späneabsaugung. Zumindest sollte diese ideale Form durch ein Sechseck angenähert werden. Die Aufprallwinkel sind dann jedenfalls günstiger als bei rechteckigen Hauben. Nur auf Stoß in den Ecken des Vorhangs (Übergang zwischen den einzelnen Vorhangstücken) gesetzte Lamellen bilden für die Werkzeugbruchstücke quasi einen durchgängigen Spalt. Deshalb empfiehlt sich Winkelprofile mit 40 mm Schenkellänge in jede zweite Lamellenschicht einzusetzen. Ergonomische Gestaltungsgesichtspunkte. Das Umsetzen ergonomischer Aspekte entscheidet über die Handhabbarkeit und damit über die Akzeptanz der Schutzeinrichtungen. Die wichtigste ergonomische Anforderung besteht darin, dass Beschäftigte beim Hantieren mit Schutzeinrichtungen nicht mehr als notwendig beansprucht werden dürfen. Deshalb sind beim Gestalten der Schutzeinrichtungen auch ergonomische Gesichtspunkte umzusetzen. Schutzeinrichtungen müssen an geometrische, energetische und informationstechnische Parameter der Maschinenbenutzer angepasst sein. Nur dann, wenn Schutzeinrichtungen das Arbeiten, Rüsten, Warten und Inspizieren nicht erschweren, werden sie von Beschäftigten akzeptiert. Akzeptanz der Schutzeinrichtungen ist immer dann gegeben, wenn sie technologische Funktionen begünstigen oder die Arbeit erleichtern. Geringes Gewicht bzw. durch Federn, Gasdruckfedern usw. unterstütztes Bewegen sind wichtige Voraussetzungen für einfaches, am besten einhändiges Anheben oder Verschieben beweglicher Schutzeinrichtungen. Hand- und bewegungsgerechte Griffe, die in allen Stellungen der Schutzeinrichtung Handbewegungen nicht behindern und Aufbringen von Betätigungskräften unterstützen, erleichtern die Handhabung. Griffe be-
günstigen mit ihrer Signalwirkung das Schließen von Schutzeinrichtungen. Zuverlässiges Arretieren in den Endlagen verhindert ein überraschendes Zurückfallen geöffneter Schutzeinrichtung. Öffnungswinkel schwenkbarer Schutzeinrichtungen müssen so groß sein, dass sich einerseits ungehinderte Sicht ergibt, andererseits Stoßstellen bei den vorgesehenen Tätigkeit vermieden sind. Bedienteile für Eingriffe in den Prozess müssen sich erreichen lassen, ohne Schutzeinrichtungen öffnen zu müssen. Bedienteile können außerhalb der Schutzeinrichtungen positioniert sein oder in Ausbrüchen untergebracht sein. Dabei können in der Nähe der Bedienteile engere Maschenweiten notwendig werden, um die Durchgriffsicherheit zu erfüllen. Sollen Vorgänge hinter Schutzeinrichtungen beobachtet werden, müssen sie eine ausreichende Sicht ermöglichen. Wenn keine Undurchlässigkeit gegenüber Spänen, Stäuben und Flüssigkeiten gefordert ist, sind dunkel gehaltene Drahtgitter besser geeignet als Vollscheiben aus transparentem Kunststoff. Bei ungünstigen Lichtverhältnissen müssen hinter Schutzeinrichtungen lichttechnische Maßnahmen getroffen werden: Brand- und Explosionsschutz beachten! Schutzeinrichtungen dürfen weder dröhnen noch klappern. Signalisieren Schutzeinrichtungen nicht die erforderliche Sicherheit oder wirken sie „draufgesetzt“, weil sie z. B. nicht stabil gebaut sind, werden sie als unschöne, minderwertige und deshalb störende Elemente empfunden und kaum akzeptiert, [5.42].
5.5.10 Schutzeinrichtungen als Zukaufteile Der Zuliefermarkt bietet eine Reihe von Sicherheitsbauteilen an. Das Angebot umfasst nicht nur fertige elektrische oder elektronische Sicherheitskomponenten, wie z. B. Zweihandschaltungen, Lichtschranken, Auswertebausteine usw. sondern auch eine Vielzahl trennender Schutzeinrichtungen, u. a. bewegliche Verkleidungen, modular und im Baukastensystem aufgebaute Umzäunungssysteme, Schutzeinrichtungen oder Maschinenkapseln bzw. Maschineneinhausungen zum Nachrüsten älterer oder zum sicherheitsgerechten Gestalten neuer Maschinen. /5.10, 5.33, 5.49, 5.59, 5.78/
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
Nachrüstsätze. Spezialisierte Firmen bieten trennende Schutzeinrichtungen zum Nachrüsten älterer Werkzeugmaschinen an, die zum Zeitpunkt ihrer ersten Inbetriebnahme zwar dem damals geltendem Sicherheitsstandard entsprachen, den heutigen Anforderungen aber nicht mehr genügen. Diese Schutzeinrichtungen sichern vor Gefahrstellen und Gefahrquellen des Wirkbereiches konventioneller Werkzeugmaschinen, Bild 5.5-34. Dem heutigen Stand der Technik entsprechend, sind sie so ausgeführt, dass ihr Öffnen mit den gefahrbringenden Bewegungen des Wirkbereichs verriegelt sind. Diese Schutzeinrichtungen gibt es in Standardbauformen, individuelle Lösungen sind jedoch möglich. Dies gilt auch für Schutzeinrichtungen, die ganze Maschinen sichern (Maschinenkapseln oder Maschineneinhausungen). In den meisten Fällen wird es günstiger sein, auf Erfahrungen und Herstellungsmöglichkeiten dieser Anbieter zurückzugreifen, als Nachrüstsätze selbst zu konstruieren und zu bauen. Bewegliche Verkleidungen. Bewegliche Verkleidungen wurden ursprünglich als Führungsbahnschutz für Werkzeugmaschinen entwickelt, um hochwertige Führungen vor Spänen und Kühlmitteln oder vor mechanischen Beschädigungen zu schützen. Ihre trennende Wirkung lässt sich aber genauso gut zum Schutz von Personen an bestimmten Gefahrstellen mit variabler Geometrie nutzen. Die wichtigsten Bauformen beweglicher Schutzeinrichtungen sind im Bild 5.5-35 zusammenfassend gegenübergestellt. Homogene runde Faltenbalge, aus Gummi oder PVC hergestellt, verhindern zuverlässig den Zugriff zu Fangstellen an drehenden Wellen oder Spindeln, deren zugängliche Länge sich durch Bewegungen von Baugruppen ändert. Einen ähnlich wirkungsvollen Schutz vor Fangstellen bieten Teleskopfedern. Sie sind aus Federstahlband spiralförmig gewickelt mit Überdeckung. Die Feder wird bei der Montage über die Welle gezogen oder, in besonderer Ausführung, nachträglich um die Welle gewickelt. Ein Zentrierflansch fixiert die Feder auf einer Seite der Baugruppe oder des Gehäuses, auf der anderen Seite geschieht dies mit einer drehbaren Aufnahmehülse. Sie muss die sich beim Verfahren der Baugruppen ergebenden Verdrehungen der Feder zulas-
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291
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Bild 5.5-34 Nachrüstsätze für Werkzeugmaschinen /5.14, 5.59
5 Sicherheitstechnik
292
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Bild 5.5-35 Bewegliche Verkleidungen z.B. /5.2, 5.4, 5.22, 5.26, 5.31, 5.33, 5.45, 5.49, 5.53, 5.64/
5LFKWLJ 6SlQH
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
sen. Bei großen Abmessungen ist es ratsam, die Flanschbefestigung mit Kugellagern zu versehen. Beim Einbau sind Teleskopfedern so zu orientieren, dass Späne oder Staub entlang der konstruktionsbedingten konischen abgesetzten Form ungehindert, d. h. „treppab“, abfallen. Beim vertikalen Einbau mit dem größerem Durchmesser nach oben stellt sich ein Selbstreinigungseffekt ein. Teleskopfedern benötigen keine besondere Wartung, sie sollten aber bei stärkeren Verschmutzungen regelmäßig gereinigt und eingeölt werden. Teleskopfedern gibt es in mehr als 600 Ausführungen und Größen. Faltenbalge oder Faltschürzen (aus mehreren Teilen zusammengenäht, zusammengeschweißt oder zusammengeklebt) können je nach Form einzelne oder mehrere Gefahrstellen großflächig sichern. Sie sind jedoch für Bereiche ungeeignet, in denen Metallspäne anfallen. Rollo-Verkleidungen rollen sich zu einer Seite auf oder zur anderen ab. Je nach Beanspruchung können Rollo-Verkleidungen mit stabilem Metallgehäuse und mit Schmutzabstreifern ergänzt werden. Nachrüsten mit einer Rollo-Verkleidung ist meistens problemlos möglich. Teleskop-Stahlverkleidungen mit Abstreiflippen zwischen den Segmenten trennen den zu schützenden Bereich wasserdicht ab und bieten dabei den robustesten Schutz. Ihr Einsatz ist schon in frühen Phasen des Konstruktionsprozesses zu
293
berücksichtigen, da sie einerseits besondere Führungen benötigen, andererseits beim Zusammenfahren große Freiräume beanspruchen. Um Gestaltungsfehler zu vermeiden, ist eine rechtzeitige Beratung durch den Hersteller ratsam. Große Teleskop-Stahlverkleidungen sind begehbar. Flexible Schürzen aus Stahl-, und Messing- oder eloxierten Leichtmetallprofilen sind entweder als Ganzmetallschürzen oder als ein Verbund von Metallamellen mit Kunststoffgelenken (Kedern) oder mit hochreissfestem Gewebe als Trägermaterial, das die Gelenkfunktion übernimmt, ausgeführt. Sie werden immer dann eingesetzt, wenn aus Platz- oder Kostengründen andere bewegliche Verkleidungen nicht geeignet sind. Umzäunungen. Umzäunungen sichern großräumig Maschinen, Anlagen sowie Handling- und Robotersysteme vorm Betreten und verhindern, dass sich Werkzeuge, Werkstücke oder andere Teile auf Personen unkontrolliert zubewegen und sie gefährden können, Bild 5.5-36. Umzäunungen, deren Sicherheitsfunktion ausschließlich im Verhindern des Zugriffs bzw. des Zutritts zu Gefahrstellen besteht, sind keine Sicherheitsbauteile im Sinne der Maschinenrichtlinie. Mehrere Hersteller bieten ausgereifte Baukastensysteme für Schutzzäune an, mit denen sich Gefahrbereiche in vielen Varianten einfach, wirkungsvoll und kostengünstig sichern lassen.
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Bild 5.5-36 Umzäunungen nach dem Baukastensystem z.B. /5.1, 5.5, 5.7, 5.10, 5.14, 5.61, 5.64, 5.69, 5.80, 5.81/
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294
5 Sicherheitstechnik
Baukastensysteme ermöglichen Schutzeinrichtungen beliebig zu kombinieren und zu erweitern. Baukastensysteme bestehen u. a. aus Pfosten, Feldrahmen mit Gitterfüllungen oder geschlossenen Füllungen, Schiebe- und Hubtüren und Halterungen für Sicherheitsbauteile z. B. Sicherheitsschalter, Lichtschranken, Scharnierschalter usw. Besonders flexibel handhaben lassen sich Systeme aus stranggepressten Leichtmetallprofilen. Bei ihnen lassen sich Streben und Traversen problemlos versetzen und entfernen, demontierte Teile lassen sich wiederverwenden. Nacharbeiten, z. B. Lackieren entfallen. Bei zugekauften Schutzeinrichtungen haftet der Käufer/Anwender für die sachgerechte Montage und für deren Anwendung gemäß geltender Vorschriften. Bei der Auswahl der Komponenten und bei deren Aufstellung müssen unbedingt die genormten Sicherheitsabstände zu den zu sichernden Gefahrstellen des Gefahrbereichs eingehalten werden. Von besonderer Bedeutung sind dabei Übergreifsicherheit und Bodenfreiheit. Einzelheiten regelt die EN ISO 13 857. Größe und Form der Gittermaschen und -öffnungen hängen von der Entfernung der Gefahrstellen vom Gitter ab. Der lichte Abstand zwischen Unterkante der Zaunelemente und dem Fußboden darf maximal 170 mm betragen (Besenfreiheit). Soll der Gefahrbereich hinter der Umzäunung mindestens einmal pro Schicht oder für Rüstarbeiten betreten werden, muss das Öffnen der Zugangstür mit den gefahrbringenden Bewegungen bzw. Situationen je nach deren Gefahrenpotential verriegelt bzw. zugehalten sein. Kann beim Starten der Maschine der Gefahrenbereich vom Steuerpult aus nicht eingesehen werden, muss eine „Quittiertaste“ vorhanden sein. Sie muss so positioniert sein, dass sie einerseits vom Gefahrenbereich aus nicht erreichbar ist, andererseits muss von diesem Standort aus der gesamte Gefahrenbereich vollständig einsehbar sein. Erst nach Betätigen dieser Taste darf das Starten der Maschine möglich sein.
5.5.11 Unverlierbare Befestigungsmittel. Im Anhang I Ziffer 1.4.2.1 der Maschinenrichtlinie wird eine besondere Anforderung an die Gestaltung feststehender trennender Schutzeinrichtungen gestellt: Die Befestigungsmittel müssen
nach dem Abnehmen der Schutzeinrichtungen mit den Schutzeinrichtungen oder mit der Maschine verbunden bleiben. Bei der Überarbeitung der Maschinenrichtlinie hatten die Regelsetzer das Ab- und Wiederanbauen feststehender trennender Schutzeinrichtungen vor Auge, die sehr selten, z. B. zu Reparaturzwecken, demontiert werden müssen. Die Erfahrung zeigt, dass verloren gegangene oder „vergessene“ Schrauben oft ein willkommener Anlass sind, Schutzeinrichtungen nicht wieder anzubauen. Mit dieser Vorgabe wollten die Regelsetzer erreichen, dass diese Schutzeinrichtungen nach Abschluss dieser Tätigkeiten wieder ordnungsgemäß angebracht werden und sie ihre Sicherheitsfunktion weiterhin zuverlässig erfüllen können. Des Weiteren dürfen Schutzeinrichtungen ohne ihre Verbindungselemente nicht in geschlossener Stellung verbleiben (sehr schwer bei horizontal ausgerichteten Schutzeinrichtungen zu verwirklichen). Damit soll verhindert werden, dass Schutzeinrichtungen nicht „provisorisch“ im Maschinengestell positioniert werden können, nur „weil es so praktisch ist“. Diese Vorgaben gelten vorerst für Verbindungselemente aller feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen. Die Formulierung aus der EN 953:2009, Abschnitt 7.2: Wenn es vorhersehbar ist (z. B. für Instandhaltungsarbeiten), dass die feststehende trennende Schutzeinrichtung entfernt wird, müssen Befestigungsmittel an der trennenden Schutzeinrichtungen oder Maschine befestigt verbleiben, öffnet jedoch Räume für Entscheidungen, ob z. B. alle Feldelemente einer Umzäunung mit unverlierbaren Verbindungselementen an allen Pfosten befestigt sein müssen, wenn der Zugang ins Innere durch mehrere verriegelte oder zugehaltene Zugangstüren (schneller, einfacher und bequemer) möglich ist. Das Ergebnis der Risikobeurteilung entscheidet letztendlich darüber, ob eine feststehende trennende Schutzeinrichtung mit den obigen besonderen Anforderungen notwendig ist und welche Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Dabei muss auch das voraussichtliche Verhalten der Maschinennutzer lebensnah berücksichtigt werden. Im Bild 5.5-37 sind einige Realisierungen unverlierbarer Befestigungselemente vergleichend gegenüber gestellt. Lösungen, die dem Risiko verlorengegangener Schrauben entgegenwirken, sind nicht neu. In
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
Bild 5.5-37 Unverlierbare Befestigungsmittel an trennenden Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)
295
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296 5 Sicherheitstechnik
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
der Elektro- und Feinwerktechnik (dort z. B. als Fastener bezeichnet) werden unverlierbare Verbindungselemente, entweder als besonders gesicherte Schraubenverbindungen oder als Schnellverschlüsse ausgeführt, schon lange erfolgreich eingesetzt. In diesen Branchen geht es zwar auch um Sicherheitsaspekte, vornehmlich aber darum, die Montage der relativ kleinen Schrauben zu erleichtern und die Schrauben gegen Verlieren zu sichern, damit sie bei der Demontage nicht auf empfindliche oder unter Spannung stehende bzw. stromführende Bauteile fallen können. Die dafür entwickelten Lösungen haben sich in der Praxis bewährt. Sie sind jedoch wegen ihrer geringen Abmessungen und damit ihrer eingeschränkten Haltekraft für den Einsatz an größeren Schutzeinrichtungen nur bedingt geeignet. Ihre Wirkprinzipien lassen sich jedoch zur Erfüllung der obigen Vorgabe für selbst zu gestaltende mechanisch anspruchsvollere lösbare, aber unverlierbare, Verbindungen übertragen. Aber auch der Markt bietet als Handelsware mehrere praktikable Lösungen an. Sie sind zwar noch keine preisgünstigen Massenprodukte, müssen aber nicht mehr einzeln und damit wesentlich teuer in Eigenregie konstruiert und hergestellt werden Bei der Auswahl und Auslegung der Verbindung müssen fallbezogen mehrere Fragestellungen berücksichtigt und aufeinander abgestimmt werden, z. B.: • Wie groß ist der zusätzliche Aufwand bei der Konstruktion, Berechnung, Montage, Logistik und Lagerhaltung? • Bleibt die Trennfuge im demontierten Zustand frei, um eine problemlose Montage und Demontage zu ermöglichen? • Muss die Trennfuge/Schutzeinrichtung zusätzlich bearbeitet werden, um die Sicherungselemente nicht zu verspannen? • Ist ein Ausgleich des Mittenversatzes zwischen den Bohrungen der Schutzeinrichtung und den Bohrungen im Gestell möglich? Diese technologischen Anforderungen müssen mit den sicherheitstechnischen Vorgaben aus der Risikobeurteilung in Einklang gebracht werden.
297
5.5.12 Zusätzliche Funktionen trennender Schutzeinrichtungen Multifunktionale Schutzeinrichtungen. Trennende Schutzeinrichtung können zusätzlich zur eigentlichen Sicherheitsfunktion noch weitere Funktionen innerhalb der Maschine übernehmen, Bild 5.5-38. Trennende Schutzeinrichtungen können sowohl zusätzliche Sicherheitsfunktionen erfüllen, wie z. B. vor Lärm schützen, Gefahrstoffe absaugen oder andere Emissionen verhindern als auch technologische Funktionen unterstützen, wie z. B. Zufuhr von Kühl- und Schmieremulsionen ermöglichen, Werkstücke zuführen oder den Werkzeugwechsel begünstigen. Praktische Erfahrungen bestätigen, dass Schutzeinrichtungen, die Vorteile beim Arbeiten mit Maschinen bringen, weil sie z. B. das Einfädeln einer Materialbahn begünstigen, von den Beschäftigten stets als Arbeitshilfen erkannt und deshalb selten umgangen oder unwirksam gemacht werden. Sie ermöglichen, Arbeitsaufgaben besser, einfacher oder schneller zu meistern. Diese Funktionsintegration erhöht einerseits die Akzeptanz von Schutzeinrichtungen, da sie für die Erfüllung der Arbeitsaufgaben hilfreich oder gar unabdingbar sind. Andererseits verringern multifunktionale Schutzeinrichtungen die Anzahl der Baugruppen bzw. Bauteile der jeweiligen Maschinen. Diese Aspekte sind nicht nur ein Beitrag zur zuverlässigen Erfüllung technologischer Funktionen sondern wirken sich auch günstig auf Gestehungs- und Betriebskosten der Maschinen aus. Umgekehrt können aber technologisch notwendige Baugruppen Schutzfunktionen übernehmen. So verwehrt z. B. die hochgefahrene Rollenabsenkbühne an Doppeltragwalzen-Rollenschneidernden Zugang zu zahlreichen gefährlichen Einzugstellen. Zugleich kann sie aufgrund der zum Absenkung schwerer Papierrollen notwendigen Dimensionen und Querschnitten durchaus evtl. herausfliegende Rollen auffangen, Bild 5.5-39. Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen. Bewegliche, trennende Schutzeinrichtungen müssen so mit der Grundkonstruktion, d. h. mit dem statischen System der Maschine so verbunden sein, dass sich Befestigungs- und Führungselemente nur mit Werkzeug lösen lassen. Von Hand
5 Sicherheitstechnik
298
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Bild 5.5-38 Multifunktionale Schutzeinrichtungen
oder maschinell bewegte Schutzeinrichtungen müssen so ausgelegt sein, dass sie in den Endpunkten ihrer Bewegungsbahnen definierte und stabile Endlagen einnehmen. Das kann z. B. durch Anfahren von stabilen Schwerpunktlagen der Schutzeinrichtungen bzw. der Bewegungsmechanismen oder durch besondere Halterungen erfolgen. Grundsätzlich sind für Halterungen formschlüssige Elemente zu bevorzugen. Kraftschlüssige Halterungen, z. B. Magnete, oder reibschlüssige Halterungen, z. B. mit Federn vorgespannte Kugelkalotten, sind wegen ihrer nachlassenden Wirkung (Verschleiß) zum Halten von Schutzeinrichtungen in Endlagen, aus denen sie zurückfallen könnten, nicht zu empfehlen, wohl aber zur Rastung, d. h. zum Fixieren der geschlossenen Schutzeinrichtung. Das Bild 5.5-40 enthält einige, in der Praxis bewährte konstruktive Lösungen zur Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen. In der Schutzstellung, wird damit ein mögliches Klappern und Dröhnen verhindert, das erfahrungsgemäß so stört, dass es die Akzeptanz von Schutzeinrichtungen vermindert. Schutzeinrichtungen dürfen sich nach dem Lösen der Befestigungsmittel nicht in der Schutzstellung halten, um keinen sicheren Zustand in einer gefährlichen Situation vorzutäuschen. Auch bei Schutztüren muss der nicht ordnungsgemäß verschlossener Zustand erkennbar gemacht werden, z. B. durch eine Feder, welche die Tür aufdrückt. Zuverlässige Arretierung in oberen
5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-40 Arretierung der Endlagen beweglicher Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)
299
5 Sicherheitstechnik
300
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Bild 5.5-40 Arretierung der Endlagen beweglicher Schutzeinrichtungen
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
Endlagen verhindert überraschendes Nachfedern und Zurückfallen geöffneter Schutzeinrichtungen und die damit verbundenen Gefährdungen. Verletzungen durch unkontrolliert zurückfallende oder gar zurückschlagende Schutzeinrichtungen sind nicht akzeptabel! Ein wichtiger Gesichtspunkt ist das einfache Handhaben und Lösen der Sperre beim Schließen der Schutzeinrichtung. Gasdruckfedern sind hierfür bewährte und in der Praxis erprobte Bauteile. Sie übernehmen zugleich mehrere Funktionen, z. B. das Aufbringen des Kraftschlusses für die Arretierung, Gewichtsentlastung und Führen der Bewegung beim Öffnen und Schließen der Schutzeinrichtung. Beanspruchungsgerecht ausgewählt und nach Herstellerangaben eingebaut, ermöglichen Gasdruckfedern Dank ihres physikalischen Prinzips einhändiges, kontrolliertes und bequemes Öffnen und Schließen von Schutzeinrichtungen. Für die Rechtssicherheit der Maschinenhersteller ist jedoch der Hinweis in der Betriebsanleitung wichtig, dass Maschinenbetreiber bei nachlassender Federkraft die Gasdruckfedern austauschen müssen. Für alle konstruktiven Maßnahmen zur Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen gilt: Arretierungen müssen, genauso wie Schutzeinrichtungen, über die gesamte Lebensdauer der Maschine zuverlässig wirken, d. h. allen physikalischen und chemischen Einwirkungen während und außerhalb der Nutzungsphase widerstehen. Stochastische Ereignisse, z. B. Gewalt- oder Dauerbrüche, dürfen die zuverlässige Funktion nicht beeinträchtigen. Beschädigungen müssen sich erkennen und leicht beseitigen lassen.
301
Zusammenfassung. Trennende Schutzeinrichtungen (Verkleidungen, Verdeckungen oder Umzäunungen) sind die ältesten Schutzeinrichtungen, die zur Unfallverhütung eingesetzt wurden. Aufgrund ihrer langen Entwicklungsgeschichte kommen sie einem Optimum ziemlich nahe. Trennende Schutzeinrichtungen wirken trotz ihres relativ einfachen Aufbaus immer dann besonders zuverlässig, wenn bei ihrer Gestaltung sicherheitstechnische und ergonomische Gesichtspunkte konsequent berücksichtigt und umgesetzt wurden. Sicherheitstechnische Aspekte bestimmen, wie wirkungsvoll trennende Schutzeinrichtungen ihre Sicherheitsfunktion erfüllen. Vor allem ergonomische Aspekte sind es aber, die über die Akzeptanz dieser materiellen Barrieren durch Beschäftigte entscheiden. Sind Schutzeinrichtungen in die Handhabung und Nutzung der Maschine so eingebunden, dass sie z. B. unnötige Handlungen erzwingen, Störungen im Arbeitsprozess verursachen oder gar Produkte beschädigen, dürfen sich Konstrukteure nicht wundern, dass Maschinenbenutzer zur Selbstinitiative greifen und Schutzeinrichtungen manipulieren. Dieser durch Erfahrung gestützter Sachverhalt muss präventiv in Betracht gezogen werden, wenn bei der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung pflichtgemäß über vorhersehbare Fehlanwendungen nachgedacht wird. Trennende Schutzeinrichtungen werden auch in Zukunft, trotz Fortschritte der Steuerungstechnik und der Informationsverarbeitung von elektronischen Sicherheitssystemen oder von Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion nicht vollständig verdrängt.
5 Sicherheitstechnik
302
an sich nicht prinzipiell abzulehnen. Sie fand sich im Insasseschutz in Personenkraftwagen der Firma Audi AG, im Personenrückhaltesystem procon/ten® wieder, jedoch in kinematischer Umkehr des ursprünglichen Wirkprinzips, Zeile 8 im Bild 5.5-41. Bei einer Kollision wird nicht die gefährdete Person, sondern die potentielle Stoßstelle am Lenkrad aus dem Flugkreis der unkontrollierten Körperbewegung weggeschwenkt. Dazu wird die Relativbewegung des starren Motorblocks zu nachgiebigen Karosserie abgegriffen und zum Wegziehen der Lenksäule und Strammen des Rückhaltegurtes genutzt. Beim Airbag (Zeile 7 im Bild 5.5-41) weist im Falle einer Kollision das Luftkissen die gefährdeten Personen von der Stoßstelle am Lenkrad bzw. am Armaturenbrett zurück. Sein Wirkprinzip ist jedoch eine Kombination mittelbarer und unmittelbarer Maßnahmen (Abweisung und zielgerichtete Verformung).
5.5.13 Abweisende Schutzeinrichtungen Eine Gefährdung ist auch dann verhindert, wenn Personen oder deren Körperteile kurz vor dem räumlichen und zeitlichen Zusammentreffen mit Gefahren aus der Gefahrenzone zwangsläufig, d. h. gesteuert von der Gefahr getrennt werden. Das ist das Wirkprinzip aller abweisenden Schutzeinrichtungen. Sie waren früher weit verbreitet, wurden aber im Laufe der Zeit durch wirkungsvollere Schutzsysteme ersetzt. An heutigen Maschinen ist der Einsatz abweisender Schutzeinrichtungen von untergeordneter Bedeutung. Ausnahmen sind wenige spezielle Anwendungen in der Papierverarbeitung (gesteuerte Finger- bzw. Handabweiser an Registerstanzmaschinen und Heftmaschinen, feststehende abweisende Umwehrungen an Anlegern von Druckmaschinen) und als Anfahrschutz vor Rädern an Flurförderzeugen. Die Idee des zwangsläufigen gesteuerten räumlichen Trennens von Person und Gefahr ist aber 6FKXW] *HIDKU REMHNW GXUFK
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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik
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Bild 5.5-41 Abweisende Schutzeinrichtungen
5
303
304
5 Sicherheitstechnik
5.6 Verriegelungen und Zuhaltungen Oft ist es notwendig, festgelegte Reihenfolgen im Ablauf bestimmter Tätigkeiten strikt einzuhalten, z. B. Herunterfahren gefahrdrohender Situationen nach den Öffnen einer Schutzeinrichtung oder Verhindern von Aktivitäten in eine gefahrdrohende Situation hinein. Um Zwangsläufigkeit zu bewirken, wurden funktionelle Kopplungen entwickelt, die in einer Abhängigkeitskette im Sinne logischer sequentieller Funktionen durch Freigeben oder Sperren bewirken, dass Sicherheitsfunktionen nur in einer vorbestimmten Reihenfolge ablaufen können. Sie werden physikalisch mit speicherfähigen Bauteilen realisiert und stellen eine zwangsläufige Abhängigkeit zwischen zwei wohlunterscheidbaren Anfangs- und Endzuständen her. Grundsätzlich muss dabei der letzte Ausgangszustand so lange erhalten bleiben, bis eine Situation oder ein Anfangszustand vorliegen, die den anderen stabilen Endzustand verlangen, [5.55].
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5.6.1 Funktionelle Kopplungen Logische sequentielle Funktionen sind eine Grundvoraussetzungen für Aufbau und Gestaltung von Steuerungen und Prozessabläufen. Sie müssen aber auch im Zusammenwirken zwischen Menschen und technischen Einrichtungen berücksichtigt werden. Um gefahrdrohenden Situationen entgegenzuwirken, sind für die Arbeitssicherheit u. a. folgende drei sequentiellen Funktionen bzw. Abläufe von Bedeutung: • Es muss verhindert werden, dass jemand in eine gefährliche Situation geraten kann, z. B. eine gefahrdrohende Bewegung erreichen kann (lock out). • Es muss gewährleistet sein, dass Operationen nur in vorgegebener Reihenfolge ablaufen, um z. B. unbeabsichtigte Betätigungen zu verhindern (interlock). • Es muss verhindert werden, dass Operationen vorzeitig unterbrochen werden (lock in). Diese funktionellen Kopplungen müssen je nach Gefährdung und Risiko fallweise in allen Systemen der Maschine verwirklicht werden, Bild 5.6-1.
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Bild 5.6-1 Funktionelle Kopplungen in Maschinensystem
305
tung folgen, dem gefahrlosen Zustand muss also erstmal eine bewusste Handlung vorausgehen. Bei Verriegelungen mit Zuhaltungen (spätmittelhochdeutsch halden = hüten, bewahren) müssen dagegen erst hinter der Schutzeinrichtung gefahrlose Zustände eingetreten sein, bevor sie sich öffnen lässt. Die notwendige Reihenfolge durchzuführender Operationen hängt jetzt nicht vom Willen der Maschinenarbeiter ab, sondern ist technisch durch Freigabe der Verriegelung erzwungen, sprich zugehalten. Dies ist dann notwendig, wenn bei hohen Risiken eine falsche Abfolge zu negativen Konsequenzen, Schäden oder Unfällen führen würde. Verriegelungen mit Startfunktion ermöglichen durch Schließen der Schutzeinrichtung gefahrbringende Situationen im Wirkbereich unmittelbar einzuleiten, unabhängig davon, nach welchem Modus (Verriegelung, Verriegelung mit Zuhaltung) die Schutzeinrichtung vorher geöffnet wurde. Im Bild 5.6-3 sind die wichtigsten Typen von Zuhaltungen zusammengefasst, die im Laufe der Entwicklung der Sicherheitstechnik entstanden sind. Die ersten Zuhaltungen waren materielle Sperren, deren Baugruppen über einfache Mechanismen kinematisch gekoppelt waren und be-
An trennenden Schutzeinrichtungen sind funktionelle Kopplungen von besonderer Bedeutung. Sie müssen zweierlei gewährleisten: 1. Beim Öffnen der funktionell gekoppelten Schutzeinrichtungen müssen alle gefahrbringenden Bewegungen unterbrochen werden: entweder müssen sie rechtzeitig stoppen oder bereits zum Stillstand gekommen sein bevor Personen sie erreichen können. 2. Bei geöffneten Schutzeinrichtungen dürfen keine gefahrbringenden Bewegungen, vor allem die des Dauerlaufes, möglich sein. Maschinenbewegungen müssen entweder blockiert sein oder nur mit akzeptierten Risiken ablaufen. An trennenden Schutzeinrichtungen haben sich Verriegelungen, Verriegelungen mit Zuhaltung (kurz Zuhaltungen genannt) und Verriegelungen mit Startfunktion als funktionelle Kopplungen durchgesetzt, Bild 5.6-2. Bei Verriegelungen (althochdeutsch rigil = Stange, Querholz) muss dem bewussten Öffnen der Schutzeinrichtung das Stoppen einer gefahrbringende Bewegungen hinter der Schutzeinrich-
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Bild 5.6-2 Funktionelle Kopplungen an trennenden Schutzeinrichtungen
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5 Sicherheitstechnik
306
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307
stimmte Betätigungsabfolgen erzwungen haben, z. B. durch Sperren oder Freigabe formschlüssiger Elemente zwischen Schutzeinrichtung und Bedienteilen. Später kamen Sperren auf, die bewusst so gestaltet waren, dass deren Öffnen eine bestimmte Zeitspanne beanspruchte, während der gefahrbringende Bewegungen abgeklungen waren. Geschah das früher z. B. durch Aufschrauben langer Gewindegänge ohne messtechnische Überwachung, sind heute Zeitrelais oder aktive Zuhaltungen üblich, die erst nach registriertem Stillstand ein Öffnen der Schutzeinrichtung erlauben. System gefangener Schlüssel. Weiterentwicklung mechanischer Zuhaltungen führte zu Einrichtungen mit sicherheitsgerichtetem Schlüsseltransfer. Das System arbeitet nach einem zwangsweisen und zuverlässigen mechanischem Wirkprinzip. Es basiert auf Zuhaltungen mit Schlüsselwahlschaltern als Steuerelemente, die mit trennenden Schutzeinrichtungen oder Armaturen funktionell so gekoppelt sind, dass sie mit sog. „gefangenen“ Schlüsseln deren Betätigungselemente freigeben oder blockieren. Während der Betätigungsabfolge kommen die Schlüssel aus dieser Einrichtung auf kurzem Wege und für kurze Zeit in Hände unterwiesener Personen. Um Betätigungen in richtiger Reihenfolge fortsetzen zu können, müssen codierte Schlüssel in vorgegebener Reihenfolge in die passenden Schließzylinder der Zuhaltungen eingesteckt und verrastet werden. Das System ist so ausgelegt, dass am Ende einer ganzen Abfolge kein freier Schlüssel übrig bleibt. Mit anderen Worten: Solange nur ein Schlüssel frei ist, lässt sich die Anlage nicht wieder Betrieb setzen. Bei diesen Zuhaltungen entfallen Verdrahtungen und elektrische Signale. Das System eignet sich für Schutzeinrichtungen mit seltenem Zugriff bzw. Zugang und für explosionsgefährdete Bereiche. Die für die jeweiligen Schaltelemente unikaten Schlüssel (mit individueller Schließung) sind je einem dazu passendem Schließzylinder in der Zuhalteeinrichtung und im Schlüsselwahlschalter zugeordnet. Die Schließung im Zylinder ist so ausgeführt, dass sich der Schlüssel nur in der sicherheitsrelevanten Stellung abziehen lässt. Zum Ablauf: Vorerst sind alle Schlüssel in den Schlössern gefangen, d. h. unlösbar mit bestimmten Bauteilen formschlüs-
sig verbunden. Das Freiwerden eines gefangenen Schlüssels ist nur nach seiner Schließbewegung möglich. Schließen und Entnehmen eines Schlüssels ist nur möglich, wenn alle vorgegebenen Bedingungen, z. B. Stillstand der gefahrbringenden Bewegung durch Abschalten erreicht ist. Das setzt voraus, dass die Zeit zwischen dem Abschalten und dem Zugriff/Zugang zur Schutzeinrichtung größer ist als die Auslaufzeit der gefahrbringenden Bewegung hinter der Schutzeinrichtung. Diese Zeitspanne muss gleich bleiben. Ist das nicht der Fall, muss sich Freigabezeit im System einstellen lassen (Zugriffs- oder Zutrittsgeschwindigkeit 1,6 m/s) oder der Stillstand muss messtechnisch überwacht werden. In der einfachsten Version funktioniert der Schlüsseltransfer wie folgt: • Zum betriebsmäßigen Starten wird der Dauerlauf durch Drehen des Schlüssels im Schlüsselschalters in die Stellung, aus der er sich dann nicht mehr herausziehen lässt, eingeleitet. • Um den Dauerlauf zu unterbrechen, wird der Schlüssel im Schalter aus der nicht abziehbaren Stellung in die Abzugstellung umgeschaltet. Stromkreis wird durch zwangsweises Öffnen der Kontakte unterbrochen und der Schlüssel freigegeben. • Danach folgt der manueller Transfer des Schlüssels vom Schalter zur trennenden beweglichen Schutzeinrichtung. • Durch Einführen und Drehen des Schlüssels im Schließzylinder in die nicht abziehbare Stellung wird die Zuhaltevorrichtung an der Schließkante der Schutzeinrichtung entsperrt. • Die Schutzeinrichtung lässt sich öffnen. • Mechanische Fehlschließsicherung im Zylinder blockiert die Rückdrehung des Schlüssels bei geöffneter Schutzeinrichtung. • Nach dem Schließen der Schutzeinrichtung erfolgt ihre Versperrung durch erneutes Drehen des Schlüssels von der nicht abziehbaren Stellung in die Abzugstellung. • Wieder zum Schalter gebracht, wird der Schlüssel zum Wiedereinschalten des Dauerlaufs benutzt. Dazu wird aus der abziehbaren Stellung in die nicht abziehbare Stellung gedreht und ist wieder gefangen.
308
5 Sicherheitstechnik
Sollen mehrere sicherheitsrelevante Handlungen vollzogen werden, müssen Schlüssel-Verteilerboxen zwischengeschaltet werden. Das System der gefangener Schlüssel lässt sich im Vergleich zu elektrischen Zuhaltungen kostengünstiger aufbauen. Es lässt sich aber auch mit ihnen kombinieren, /5.16, 5.24/. Zeit- und drehzahlabhängige Zuhaltungen. Zeitabhängige Zuhaltungen, verwirklicht z. B. durch langandauernde Öffnungsprozeduren oder elektrische Zeitrelais, setzen kurze und stets gleichbleibende Nachlaufzeiten voraus. Werden gefahrbringende Bewegungen mit einer Messstrecke überwacht, so ist nicht nur gewährleistet, dass sich die Zuhaltung erst nach dem Stillstand öffnen lässt, sondern auch, dass sich gefahrbringende Bewegungen im geöffneten Zustand nicht anfahren lassen. Je nach Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung kann es angezeigt sein, besondere steuerungstechnische Maßnahmen vorzusehen, z. B. einen diversitär redundanten Aufbau der Signalflusskette, um eine adäquate Zuverlässigkeit (PL, SIL) der notwendigen Sicherheitsfunktionen zu erreichen. Viele empfinden Zuhaltungen mit ihren zwangsläufigen Funktionen während des normalen Produktionsablaufs besonders lästig. Schon deshalb müssen sie zuverlässig funktionieren, ohne nachfolgende Prozessstörungen zu verursachen. Vor allem aber müssen sie erlaubte Handlungen von illegitimen Übertretungen für jeden unterscheidbar machen.
5.6.2 Elektrische Verriegelung trennender Schutzeinrichtungen Trennende Schutzeinrichtungen bilden in ihrer Schutzstellung räumlich eine materielle Barriere zwischen Personen und Gefährdungssituationen. Die Erfahrung zeigt, dass trotz aller Beteuerungen jede trennende Schutzeinrichtung mindestens einmal für unterschiedliche Zwecke geöffnet bzw. entfernt werden muss, Bild 5.6-4. Wenn Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ergeben, dass Schutzeinrichtungen nur für Wartungs- oder Reparaturarbeiten, also für Arbeiten, die mit Werkzeugen durchgeführt werden oder einen Montagevorgang bedeuten, geöffnet werden müssen, reicht es aus, Schutzeinrich-
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Bild 5.6-4 Öffnungsmodalitäten an Schutzeinrichtungen
tungen mit dem Maschinengestell so zu verbinden, dass sie sich auch nur mit Werkzeugen lösen oder schließen lassen. Trotz der primären konstruktiven Zielsetzung, Eingriffe in Gefahrstellen entbehrlich zu machen oder höchstens im Stillstand zuzulassen, sind nicht selten Tätigkeiten innerhalb des mit trennenden Schutzeinrichtungen gesicherten Wirkbereichs notwendig. Es handelt sich z. B. um Entstör-, Justier-, Reinigungs-, Rüstbzw. Wartungsarbeiten, die sich nur bei laufender Maschine oder bewegter Materialbahn durchführen lassen bzw. aus unmittelbarer Nähe beobachtet werden müssen. Müssen Schutzeinrichtungen, betriebsmäßig oder häufig, z. B. innerhalb einer Arbeitsschicht mindestens einmal geöffnet werden, müssen sie sich ohne Werkzeuge leicht handhaben und unkompliziert öffnen und schließen lassen. Das Öffnen von Schutzeinrichtungen muss mit gefahr-
309
bringenden Situationen dann aber funktionell gekoppelt sein, d. h. verriegelt oder zugehalten sein. Spätestens beim Öffnen muss die gefährliche Situation beendet sein. Im geöffneten Zustand dürfen keine gefahrbringende Bewegungen mehr ablaufen noch sich neue anlaufen. Unterbrechen gefahrbringender Situationen mit anschließender Aufhebung der Verriegelung der Schutzeinrichtung kann auch durch bewusstes Betätigen eines Bedienteils eingeleitet werden, Bild 5.6-5. Dieses Bedienteil mit nur zwei wohl unterscheidbaren Schaltstellungen muss so ausgeführt sein, dass die gewählte Schaltstellung unmittelbar ersichtlich ist. Darüber hinaus ist es nützlich, den Sonderbetrieb durch Aufleuchten eines Leuchtmelders zu signalisieren. Bewusstes Aufheben der Schutzwirkung einer Schutzeinrichtung darf nur für einen, vom Schaltpult aus oder dem von der geöffneten Schutzeinrichtung aus übersehbaren Bereich der Maschine oder Anlage möglich sein. Sonst kann es passieren, dass zwar derjenige, der die Schutzwirkung bewusst aufgehoben hat, die Maschine unter besonderen Bedingungen mit akzeptierten Risiko weiterrücken kann, ein Arbeitskollege, der unbemerkt eine andere, ebenfalls wirkungslose Schutzeinrichtung geöffnet hat, sich der vollen Wirkung aller jetzt erreichbaren oder zugänglichen Gefahrensituationen aussetzt. Ist jedoch die funktionelle Kopplung so konzipiert, dass nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung und nachfolgendem zwangsläufigen Stoppen der Maschine sie sich überhaupt nicht mehr weiterrücken lässt, erhöht das die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Improvisationen oder provoziert gar Manipulationen bzw. ein anderes sicherheitswidriges Verhalten, da die Betroffenen sonst ihre Arbeitsaufgabe bei stehender Maschine nicht durchführen können. Daher ist es sinnvoller, mit abgestuften sicherheitstechnischen Maßnahmen vorab dafür zu sorgen, dass die notwendigen Tätigkeiten mit einem vertretbaren und akzeptierten Restrisiko durchgeführt werden können.
5.6.3 Aufbau von Verriegelungen und Zuhaltungen Funktionelle Kopplungen zwischen Öffnungszustand der Schutzeinrichtung und gefahrbringenden Situationen lassen sich in Abhängigkeit vom Risiko, das mit dem Öffnen oder mit dem
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Bild 5.6-5 Verriegelungskonzept für Schutzeinrichtungen
geöffneten Zustand der Schutzeinrichtung verbunden ist, mit Verriegelungen, mit Zuhaltung und Verriegelungen mit Startfunktion unterteilen, Bild 5.6-6. Verriegelungen. Verriegelte Schutzeinrichtungen können jederzeit geöffnet werden, lösen dabei aber Sicherheitsfunktionen aus, die zuver-
310
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.6-6 Ablauffolge bei verriegelten Schutzeinrichtungen mit und ohne Zuhaltung sowie mit Startfunktion
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311
lässig erfüllt sein müssen. Verriegelungen stellen zwischen dem Öffnungszustand trennenden Schutzeinrichtungen und gefahrbringenden Situationen eine offene Signalflusskette her: Vor Beginn gefahrdrohender Situationen müssen trennende Schutzeinrichtungen zwangsläufig wirken, gefahrdrohende Situationen müssen unerreichbar sein. Während gefahrbringender Situationen muss die Schutzwirkung zwangsläufig aufrechtgehalten bleiben. Öffnen der Schutzeinrichtung muss gefahrdrohende Situationen beenden. Als Signalgeber, die das Öffnen der Schutzeinrichtung in ein elektrisches Signal umsetzen, werden mechanisch betätigte Sicherheitsschalter oder berührungslos wirkende Sicherheits-Näherungsschalter benutzt. Die Signallaufzeit in der Steuerung, das Bremsverhalten des Antriebs, die räumliche Disposition der Schutzeinrichtung zu Gefahrstellen, Breiten der Spalte, durch die man gefahrbringende Situationen beim Öffnen erreichen könnte, sowie die Greifgeschwindigkeit müssen mit gefahrbringenden Situationen so abgestimmt sein, dass ihr Nachlauf innerhalb der Zeitspanne beendet ist, die zum vollständigen Öffnen der Schutzeinrichtung notwendig ist und in der die nachlaufende gefahrdrohenden Bewegungen noch erreichbar wären. Spaltweite e, die Sicherheitsabstand sr sowie Nachlaufzeit müssen daher so aufeinander abgestimmt sein, dass die noch aktiven Gefahrstellen nicht erreicht werden können, Bild 5.6-7. Lassen sich diese Grenzwerte nicht einhalten oder dauert der Nachlauf länger als 10 s, ist eine Verriegelung mit Zuhaltung erforderlich. Verriegelung mit Zuhaltung. Lässt sich die Schutzeinrichtung erst dann öffnen, wenn gefahrbringende Bewegungen zum Stillstand gekommen sind, spricht man von einer Verriegelung mit Zuhaltung, vereinfacht auch von einer Zuhaltung. Zuhaltungen sind immer dann erforderlich, wenn nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung noch Werkzeuge aufgrund hoher Antriebsenergie oder Massenträgheitsmomente länger nachlaufen würden, als das vollständige Öffnen der Schutzeinrichtung dauern würde und die gefahrdrohende Situation mit einem hohen Risiko für die Maschinenarbeiter verbunden wäre. Einsatz von Zuhaltungen ist aber auch sinnvoll bei eingezäunten automatisierten Fertigungseinrichtungen, um ungewolltes Anhalten ablaufender Fertigungstakte durch zufälliges, irrtümli-
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Bild 5.6-7 Öffnungsweiten und Sicherheitsabstände an verriegelten Schutzeinrichtungen nach ISO 12 643
ches aber auch absichtliches Öffnen einer einfach verriegelten Schutztür zu verhindern. Zuhaltungen vermeiden solche unnötige aber kostentreibende Unterbrechungen des Bearbeitungsprozesses aber auch ungewollte Störungen (z. B. Bahnrisse durch schnelles Herunterfahren, Werkzeugbruch beim Wiedeanfahren). Zuhaltungen sorgen dafür, dass die Bearbeitung kontrolliert zu Ende gebracht wird, bevor die Schutztür zum Öffnen freigegeben wird. Sie erhöhen somit die Verfügbarkeit der Maschine. Je nach dem, wie die Sperreinrichtung (Riegel) betätigt wird, unterscheidet man zwischen magnetkraftbetätigten und federkraftbetätigten formschlüssigen Zuhaltungen, Bild 5.6-8 Zugehaltene Schutzeinrichtungen funktionieren wie eine geschlossene Signalflusskette: Die Schutzeinrichtung befindet sich vorerst in Schutzposition. Sicherheitsschalter überwachen die Stellung der Schutzeinrichtung. Die Sperreinrichtung (Riegel), als letztes Glied der Signalflusskette, fixiert formschlüssig die Schutzeinrichtung in ih-
5 Sicherheitstechnik
312
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Bild 5.6-8 Prinzipieller Aufbau formschlüssiger Zuhaltungen
313
rer Schutzstellung. Die Stellungsüberwachung der Sperreinrichtung prüft den Zustand ”verriegelt” oder ”entriegelt”. Ein Öffnen der Zuhaltung setzt voraus, dass der Stillstand gefahrbringender Situationen von der Steuerung eingeleitet, von ihren Sensoren zuverlässig erkannt und die Öffnungsmöglichkeit durch Ansteuern der formschlüssigen Sperreinrichtung der Sicherheitsschalter mechanisch freigegeben wird. Für Zuhaltungen waren bis jetzt Sicherheitsschalter üblich, in die sowohl die Sperreinrichtung als auch die Stellungsüberwachung so integriert waren, dass zwischen ihnen eine zwangsläufig wirkende mechanische Abhängigkeit bestanden. Inzwischen bietet der Markt Lösungen an, bei denen das Zuhalten rein kraftschlüssig durch Kräfte eines steuerbaren Magnetfeldes erfolgt. Federkraftbetätigte formschlüssige Zuhaltungen. Sie funktionieren nach dem Ruhestromprinzip. Im stromlosen Zustand, d. h. auch bei Stromausfall, ist der Riegel durch die Federkraft gesperrt und öffnet sich erst durch ein Stromsignal. Die magnetische Kraft der bestromten Spule zieht dann den Riegel gegen die Federkraft in eine instabile Position, entsperrt die Zuhaltung und die Schutzeinrichtung lässt sich öffnen. Bei Stromunterbrechung durch Ausschalten oder Ausfall rastet der Riegel wieder selbsttätig ein. Das System fällt daher immer zur sicheren Seite, auch bei ungewollter Stromunterbrechung. Bei federkraftbetätigter Zuhaltung lässt sich eine geöffnete Schutzeinrichtung im stromlosen Zustand weder schließen noch sperren, eine geschlossene Schutzeinrichtung lässt sich ohne Stromzufuhr weder entsperren noch öffnen. Federkraftbetätigte Zuhaltungen sollen bevorzugt für Personenschutzfunktionen eingesetzt werden. Magnetkraftbetätigte formschlüssige Zuhaltungen. Sie basieren auf dem Arbeitsstromprinzip. Im stromlosen Zustand ist der Riegel durch die Federkraft entsperrt, die Schutzeinrichtung lässt sich öffnen. Nach dem Schließen des Stromkreises bringen Magnetkräfte den Riegel gegen die Feder in Sperrstellung, die Schutzeinrichtung ist gesperrt. Der Riegel verharrt in der Sperrstellung, solange die Spule bestromt ist. Das Sperren der Schutzeinrichtung kann erst erfolgen, wenn die Schutzeinrichtung vorher im Sinne einer Anlauftestung geöffnet wurde. Der wesentliche Nach-
teil besteht darin, dass bei Stromausfall die Zuhaltung öffnet und Gefahrbereiche zugänglich macht. Das kann zu unsicheren Zuständen führen. Magnetkraftbetätigte Zuhaltungen sollen daher bevorzugt für Maschinenschutzfunktion und nur in begründeten Ausnahmefällen für Personenschutzfunktionen eingesetzt werden. Manuelles Entsperren von Verriegelungen. Je nach Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung muss für jedes Zuhaltungsprinzip und bestimmte Situationen ein manuelles Entsperren der Zuhaltung vor Ort vorgesehen sein: einmal mit Werkzeug (Hilfsentriegelung im Versagensfall der Zuhaltung) bzw. ohne Werkzeug (Not- bzw. Fluchtentsperrung im Gefahrenfall, wenn zugehaltene Schalter auf der anderen Seite einer Umzäunung, in begehbaren Räumen oder Maschineninnenräumen eingebaut sind), Bild 5.6-9. Nach einem Betätigen der Not-Entsperrung sollte sich der Normalzustand nur mit einem merklichen Aufwand wiederherstellen lassen, der mit einer kleinen Reparatur vergleichbar ist. $NWLYLHUXQJ
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Bild 5.6-9 Entsperren von Zuhaltungen /5.16/
314
5 Sicherheitstechnik
Missbräuchen der Hilfsentriegelungen kann psychologisch mit Plombierungen entgegengewirkt werden. Verriegelung mit Startfunktion. Bei den obigen Verriegelungsmaßnahmen darf die gefahrbringende Bewegung nach dem Schließen der vorher geöffneten trennenden Schutzeinrichtung nicht anlaufen, wohl aber bei Verriegelungen mit Startfunktion. Schließen der Schutzeinrichtung bewirkt ein Anlaufen der Maschine unabhängig davon, ob vorher das Öffnen im Sinne einer Verriegelung oder Zuhaltung erfolgte. Diesen Modus lässt zwar die Maschinenrichtlinie vorerst nicht zu, dennoch können Maschinensicherheitsnormen (Typ C-Normen) grundsätzlich ein Ingangsetzen des Arbeitszyklus durch Schließen einer trennender Schutzeinrichtung regeln, indem sie z. B. zusätzliche Schutzmaßnahmen verlangen, die alle Risiken aufheben, die durch den Anlauf entstehen. Gestaltung von Zuhaltungen. In der Praxis treten beim Umgang mit Zuhaltungen oft Probleme auf, die sich auf vermeidbare Unzulänglichkeiten in der Konstruktion oder bei der Montage zurückführen lassen. Gestaltungsmängel können einerseits die Verfügbarkeit gesicherter Anlagen beeinträchtigen, andererseits aber auch die Akzeptanz der Schutzmaßnahme in Frage stellen. Im Bild 5.6-11 sind wichtige Gestaltungsgesichtspunkte zusammengefasst. Neben elektrischen Zuhaltungen kommen in der Praxis auch anders aufgebaute Systeme vor. Sie lassen sich gerätetechnisch mit formschlüssigen Sperrsystemen oder mit Sicherheitsschaltern mit Stellungsüberwachung verwirklichen, Bild 5.6-12. Magnetkraftbetätigte kraftschlüssige Zuhaltungen. Sie funktionieren ohne formschlüssige mechanische Verriegelungselemente. Ein angesteuerter Elektromagnet erzeugt unmittelbar die erforderliche Zuhaltekraft für eine optional zuschaltbare Rastung (mit besonderer Einrichtung einstellbar von 30 N bis 170 N) und den für die eigentliche Zuhaltung notwendigen, bis zu bis zu 1.500 N /5.37/ ansteigenden Kraftschluss. Die Zuhaltung verhindert, dass eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung, z. B. eine Schutztür, unbeabsichtigt geöffnet werden kann, solange eine Gefahr virulent ist. Die Rastung verhindert ein
spontanes Aufschwingen der Schutzeinrichtung nach ausgeschalteter Zuhaltefunktion. Magnetkraftbetätigte kraftschlüssige Zuhaltungen bestehen aus zwei Gehäusen: Das eine, am Rahmen montierte, enthält den Lesekopf, die Auswerteeinheit (Prozessor) und die Magnetspule. Das andere, an der Schutzeinrichtung montierte, enthält den Betätiger (Transponder) und die Ankerplatte, Bild 5.6-13. Im geschlossenen Zustand müssen sich Ankerplatte und Spulenkern physisch großflächig lückenlos berühren, um die Magnetfeldlinien zu schließen und damit den Kraftschluss vollständig aufzubauen. In dieser Stellung empfängt auch der Betätiger (Transponder) das informationstragende elektromagnetische Feld, das von der Sende-EmpfängerStation (Lesekopf) ausgestrahlt wird. Der Transponder verarbeitet es und sendet die neue Information als Antwort zurück zum Lesekopf, damit sie in die Auswerteeinheit weitergeleitet und dort verarbeitet werden kann. Durch individuelle Codierung dieses Informationsflusses sind Manipulationen praktisch ausgeschlossen. In der im Bild 5.6-10 dargestellten Ausführung eines solchen Gerätes /5.66 / speist die Auswerteeinheit die Magnetspule mit einem Gleichstrom Iconst, der mit einem Wechselanteil überlagert ist. Aus dem zeitlichen Verlauf der Spulenspannung U(t), der sich beim Schließen der Magnetfeldlinien durch Induktion markant ändert, erzeugt die Auswerteeinheit vorgegebene Modi für das Ein- und Ausschalten der Sicherheitsausgänge, u. a. zum Aktivieren der Zuhaltefunktion nach dem Arbeitsstromprinzip. Die Möglichkeit, den Gleichstromanteil über die Auswerteeinheit zu steuern, erlaubt es, die Zuhaltekraft so weit zu reduzieren, dass das Gerät zusätzlich als magnetische Rastung funktioniert. Gleichzeitig erzeugt sie die Meldung, ob die Schutzeinrichtung noch geschlossen oder schon geöffnet ist. Der Restmagnetismus (Remanenz) des Haltemagneten beeinträchtigt beim Bearbeiten ferromagnetischer Metalle die zuverlässige Erfüllung der Zuhaltefunktion. An geöffneten Schutzeinrichtungen kann er Metallspäne an die Kontaktfläche des Spulenkerns anziehen. Beim nächsten Schließen würde dadurch ein Luftspalt zwischen Ankerplatte und Kontaktfläche entstehen, der den Verlauf der Magnetfeldlinien negativ beeinflussen und somit die Zuhaltekraft wesentlich reduzieren würde. Um dies zu vermeiden, wurden Lö-
315
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Bild 5.6-11 Gestaltungsregeln für elektromechanische Zuhaltungen an trennenden Schutzeinrichtungen
5 Sicherheitstechnik
316
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Bild 5.6-12 Bauarten von Zuhaltungen an trennenden Schutzeinrichtungen
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317
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5.6.4 Arbeiten bei offenen Schutzeinrichtungen 0DJQHW VSXOH
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Bild 5.6-13 Magnetkraftbetätigte kraftschlüssige Zuhaltung /5.66/
sungen entwickelt, die beim Öffnen die Kontaktfläche selbsttätig entmagnetisieren und damit die Remanenz eliminieren. Ferromagnetische Metallspäne, die an der Oberfläche haften, fallen dann ab, /5.18/.
Was als Widerspruch in sich scheint, denn Schutzeinrichtungen sollen ja gerade das Erreichen von technologisch notwendigen, d. h. unvermeidbaren Gefahrstellen verhindern, ist in bestimmten Lebensphasen der Maschine oft eine zwingende Notwendigkeit: Manche Tätigkeiten, wie z. B. Beobachten zur Fehlereinkreisung, Rüsten, Teachen, usw. können nicht anders als an „laufenden“ Gefahrstellen durchgeführt werden, sollen die Werkstücke die Maschinen in der geforderten Ausführung und Qualität verlassen. Ist die funktionelle Kopplung beweglicher trennende Schutzeinrichtungen mit den gefahrbringenden Bewegungen so gestaltet, dass nach dem Öffnen diese Bewegungen zwar stoppen, aber danach „gar nichts mehr geht“, sehen sich die Maschinenarbeiter, welche die oben genanten Tätigkeiten aufgrund ihres Arbeitsauftrages durchführen müssen, gezwungen, sich „etwas einfallen lassen zu müssen“, sprich zu manipulieren [5.56]. Danach setzen sie sich aber dem vollen Risiko der jetzt ungesicherten Gefahrstellen aus. Diese Realität respektierend, hat die damalige Berufsgenossenschaft „Druck und Papierverarbeitung“ schon 1985 ein anderes, redliches aber ehrlicheres Verriegelungskonzept entwickelt und umgesetzt, als die damals noch offiziell verfolgte Strategie der „Alles-odernichts-Verriegelung“ Bild 5.6-14 [5.57].
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Bild 5.6-14 Sicherheitskonzept nach VBG 7i [5.57]
318
5 Sicherheitstechnik
Nach dem Öffnen der verriegelten oder zugehaltenen Schutzeinrichtungen vor den Druckwerken, stoppt zwar deren Dauerlauf, die Walzen lassen sich aber unter Applikation in ihrer Wirksamkeit abgestufter Schutzmaßnahmen wie Schaltleisten, Zweihandschaltungen, Tippbetrieb usw. kontrolliert weiterrücken. Die Drucker setzten sich zwar einen erhöhten Restrisiko aus, das aber weit unter dem Risiko einer durch Manipulation zugänglichen voll aktiven Gefahrstelle lag. Diese Maßnahmen haben sich bewährt, weil sie einen realen Gewinn an Sicherheit bedeuteten. So überrascht es nicht, dass schon vor dem Inkrafttreten der "neuen" Maschinenrichtlinie die EN 1010 „Sicherheitstechnische Anforderungen an Konstruktion und Bau von Druck- und Papierverarbeitenden Maschinen“ als eine der wenigen Typ C-Normen für Sonderbetriebsarten bei geöffneten Schutzeinrichtungen ein abgestuftes Bündel von Maßnahmen der dreistufigen Sicherheitstechnik mit verbindlicher Reihenfolge (Vermeiden, Sichern, Hinweisen) erlaubt hat, Bild 5.6-15. Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik zielen dort auf die Begrenzung der in den Gefahrstellen wirksamen Energien, z. B. durch Reduzierung der Drehfrequenz bzw. der Geschwindigkeit oder durch Wegbegrenzung. Maschinenbewegungen mit sicher reduzierter Geschwindigkeit werden bewusst eingeleitet oder unterbrochen durch Betätigen von Schaltern ohne Selbsthaltung (Tippbetrieb). Eine wichtige Voraussetzung für sicheres Arbeiten in diesem Modus ist, dass der Arbeiter jederzeit freie Sicht auf die Gefahrstellen haben muss und sie keine Sekunde aus den Augen lassen darf. Sicher reduzierte Geschwindigkeit im Sinne dieser Norm ist eine Geschwindigkeit, bei der zu vertreten ist, dass sich Personen rechtzeitig und sicher Gefährdungen, z. B. Schließbewegungen, entziehen können. Das Konzept der sicher reduzierten Geschwindigkeit funktioniert jedoch bei Einzug- oder Auflaufstellen nicht. Maßnahmen der mittelbaren Sicherheitstechnik sichern mit ortsbindenden Schutzeinrichtungen, wie z. B. Zweihandschaltungen oder Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion, wie z. B. Schaltleisten vor gefahrbringenden Bewegungen an erreichbaren bzw. zugänglichen Gefahrstellen. Wertigkeit, Rang und die bei der Anwendung einzuhaltende Reihenfolge ergeben sich aus verfahrens- und antriebstechnischen Randbedingun-
gen, wobei immer die höherwertigere Maßnahme umzusetzen ist. Alle sicherheitsrelevanten Bauteile von Steuerungen, die in die sichere Ausführung der Sonderbetriebsarten eingebunden sind, z. B. elektrische Verriegelungskreise, Not-HaltSchaltkreise, Weg- und Geschwindigkeitsbegrenzung im Tippbetrieb usw. müssen besonderen Anforderungen, z. B. den Sicherheitskategorien nach EN 954-1 bzw. dem risikobezogenen PLr der EN ISO 13 849 genügen, damit stochastische Bauteilausfälle ihre Sicherheitsfunktion nicht beeinträchtigen. Ungeachtet umgesetzter Konstruktionsmaßnahmen müssen Hersteller ihrer Informationspflicht nachkommen. Vor allem müssen sie in Betriebsanleitungen alle Modalitäten für die sichere Durchführung der Sonderbetriebsarten verbindlich festlegen. Dieses Vorgehen ist unter Berücksichtigung spezifischer Besonderheiten auch auf andere Branchen übertragbar [5.56], zumindest auf solche, in denen bahn- oder bogenförmiges Material bearbeitet wird. Wegen unterschiedlicher Randbedingungen, Gepflogenheiten und Einstellungen zu Risiken sind aber andere Prioritäten möglich, zumal die Maschinenrichtlinie einen Paradigmenwechsel vollzogen hat [5.58]. Die Maschinenrichtlinie erlaubt mit dem Vorgehen, zuerst Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen durchzuführen und aus deren Ergebnissen abgestufte Konstruktionsmaßnahmen zur Gefahrenabwendung herzuleiten, auch das Arbeiten an geöffneten Schutzeinrichtungen mit akzeptierten Restrisiken zu gestalten und diese Tätigkeiten zugleich auf eine legale Basis zu stellen, d. h. konform mit geltenden Sicherheitsvorgaben durchzuführen. Grundsätzlich dürfen sich Betroffene bei diesen Tätigkeiten nur vertretbaren und akzeptierten Risiken aussetzen, die allerdings von den Risiken des Normalbetriebs, d. h. des Betriebs bei geschlossenen Schutzeinrichtungen, abweichen dürfen. Deshalb müssen für alle Tätigkeiten des Sonderbetriebs, die nur bei geöffneten Schutzeinrichtungen möglich sind, vorab Risikobeurteilungen durchgeführt werden, in denen redlich für jede Gefährdung die mögliche Verletzungsschwere (Schadensausmaß), die Eintrittswahrscheinlichkeit und Abwehrmöglichkeiten geklärt werden. Um aus dem Ergebnis unter Berücksichtigung verfahrenstechnischer oder antriebstechnischer Rand-
319
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Bild 5.6-15 Sicherungsmaßnahmen für Arbeiten bei offenen trennenden Schutzeinrichtungen nach EN 1010 (ISO 12 643)
320
5 Sicherheitstechnik
bedingungen sicherheitstechnische Maßnahmen herzuleiten, ist es opportun, vergleichbare Risiken inner- oder außerhalb der Branche heranzuziehen und die dort getroffenen Sicherheitsmaßnahmen auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen. Punkt 1.2.5 des Anhangs I der Maschinenrichtlinie ermöglicht, Sonderbetriebsarten der Maschine bei geöffneten beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen oder bei deaktivierten nichttrennenden Schutzeinrichtungen zu nutzen, sobald vier festgelegte steuerungstechnische Voraussetzungen erfüllt sind, Bild 5.6-16. Anhang I enthält sogar eine Öffnungsklausel: Sind die obigen Maßnahmen jedoch betrieblich nicht anwendbar, weil technologisch zwin-
gende Notwendigkeiten für bestimmte Tätigkeiten vorliegen, können legal weitere zusätzliche Schutzmaßnahmen angewendet werden, sofern sie zu tolerierten Restrisiken führen. Gegen die Bedenken, dass diese Sonderbetriebsarten ständig eingesetzt werden, „weil sie so praktisch sind“, sprechen ökonomische Gründe: Die minimierten Prozessparameter, die das Restrisiko über ein niedriges Energieniveau im Wirkbereich auf einen akzeptablen Wert reduzieren, vermindern natürlich die Produktivität der Maschine und damit auch das betriebswirtschaftliche Ergebnis erheblich. Die wirtschaftliche Vernunft wird schon dafür sorgen, diese Betriebsart auf ein Minimum zu beschränken. %HWULHEVZDKOVFKDOWHU DNWLYLHUHQ
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Bild 5.6-16 Sicherungsmaßnahmen für Arbeiten bei geöffneten trennenden Schutzeinrichtungen an Werkzeugmaschinen
321
5.6.5 Akzeptanz und Manipulation von Schutzeinrichtungen Umgehen und Manipulation von Schutzeinrichtungen: Ein Sachverhalt, deren wahren Ursachen lange Zeit von vielen tabuisiert wurden. Eigentlich unverständlich, denn ohne negative Rückmeldungen konnte es lange keine positiven Änderungen in der Konstruktion von Maschinen geben. Das hat sich inzwischen geändert: So hat z. B. der damalige Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) eine Untersuchung veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass an die 37% der untersuchten metallverarbeitenden Maschinen Sicherheitseinrichtungen manipuliert waren (die entdeckt und analysiert wurden, die Dunkelziffer lag und liegt wahrscheinlich höher), [5.59]. Nicht geändert hat sich leider die Tatsache, dass sich an Maschinen mit manipulierten Schutzeinrichtungen immer wieder Unfälle ereignen, wie aus den Mitteilungsblättern der Berufsgenossenschaften zu entnehmen ist. Rechtlich betrachtet, sind solche Eingriffe mindestens als grobe Fahrlässigkeit zu werten. Es kann aber noch schlimmer kommen: Manchmal bezahlt der Erfinder für sein, leider fehlgeleitetes, Ideenreichtum mit seiner Gesundheit oder gar mit seinem Leben. Die unmittelbare Verantwortung bei Unfällen als Folge von Manipulationen liegt zwar erstmal in den Führungsebenen der Maschinenbetreiber. Der Bericht offenbart aber auch, dass sich mindestens 50% der zugegebenen Motive zur Manipulation bis in die Konstruktionsabteilungen zurückverfolgen lassen. Diese Ergebnisse waren erstaunlich wie erschreckend. Aber nur für manche. Manipulationsversuche. Das „Aushebeln“ von Schutzmaßnahmen kann auf dreierlei Arten geschehen: 1. Umgehen auf einfache Weise: Unwirksammachen von Hand oder mit leichtverfügbaren Gegenständen (wie z. B. mit Bleistiften, Drahtstücken, Flaschenöffnern, Kabelbindern, Klebestreifen, metallisierten Folien, Münzen, Nägeln, Schraubendrehern, Taschenmessern, Türschlüsseln, Zangen aber auch mit Werkzeugen, die für die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine benötigt werden) ohne größere
intellektuelle Anstrengungen oder handwerkliches Geschick. 2. Manipulation: Im Sinne der Sicherheitstechnik ein absichtlicher, eigenmächtiger, zielgerichteter und verdeckter Eingriff mit Werkzeug in das Sicherheitskonzept einer Maschine zum eigenen Vorteil. 3. Sabotage: Heimlich, absichtlich und böswillig herbeigeführter Eingriff in ein technisches System, um Arbeitgeber oder Kollegen zu schädigen. Konstrukteure dürfen die technische Intelligenz und die Kreativität der Maschinenbenutzer nicht unterschätzen, die sie beibewusster Manipulation von Schutzeinrichtungen offenbaren: Die Kreativität fängt mit plumpen, aber wirkungsvollen Eingriffen in den mechanischen Aufbau der Signalflusskette oder mit kunstvoll nachgefeilten Schaltzungen von Sicherheitsschaltern der Bauart K 2 an, geht über schwer erkennbares Lösen formschlüssiger Wellen/Naben-Verbindungen am Schaltnocken weiter bis zu raffiniert herbeigeführten Leitungs- und Querschlüssen, zu getarnten und sorgfältig versteckten, aber schnell zugänglichen Überbrückungsschaltern in ÖffnerSchließer-Kombination in der Verbindungsleitung zwischen Steuerung und Sicherheitsschalter oder zu mit einem Draht überbrückten Sicherheitsbausteinen im Schaltschrank. Dies ist nur eine kleine Kostprobe angetroffener erfolgreicher Manipulationen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Vor allem sollten Konstrukteure bedenken, dass die Maschinenarbeiter (aufgrund ihrer Berufsausbildung mit technischem Verständnis und handwerklichem Geschick ausgestattet) meistens wesentlich mehr Zeit haben, sich über nicht zu Ende gedachte Bedienungs- und Sicherheitskonzepte zu ärgern und über „Verbesserungen“ nachzudenken, als die Konstrukteure dafür hatten eben dieses Konzept zu entwickeln und zu realisieren, nicht selten nur auf normative Vorgaben gestützt und fernab der Bedürfnissen der Praxis. Die Aufgabe, mögliche Manipulationen voraus zu denken, ist aber auch widersprüchlich: Unbescholtene Konstrukteure sollen die Phantasie und den Tatendrang der zwar oft unter Druck stehenden aber zugleich mit reichlich Zeit zum Nachdenken ausgestatteten Maschinenarbeiter nachvollziehen und gewonnene Erkenntnisse in ihren Konstruktionen unter den heute üblichen
5 Sicherheitstechnik
322
kurzen Zeitvorgaben in manipulationsfeste Sicherheitsmaßnahmen umsetzen. Trotzdem muss diese Aufgabe gemeistert werden, z. B. durch systematische Schwachstellensuche in Funktionsstrukturen bzw. Signalflussketten, Bild 5.6-17. Um mögliche Manipulationen vorherzusehen, bietet die vom HVBG entwickelte Checkliste [5.60] wertvolle Dienste. Die Erfahrung des Verfassers besagt aber, dass es einen wesentlicher Fortschritt bedeuten würde, wenn sich Konstrukteure im Gedanken in die Lage des Benutzers versetzen und dann die Frage ehrlich und redlich beantworten würden, was sie mit dem vorgefun9HUULHJHOXQJ
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denen Bedienungs- und Sicherheitskonzept wohl selbst anfangen würden. Beweggründe zur Manipulation. Manipulationen geschehen selten aus freien Stücken, sondern deuten auf nicht optimale Maschinen- bzw. Bedienungskonzepte hin. Mit der Konstruktion und der Gestaltung der Maschinen legen Hersteller nicht nur fest, was die Maschinen alles können werden, sondern auch wie Benutzer mit ihnen umgehen werden. Zur erfolgreichen Konstruktion gehört nicht nur, dass die Maschine ihre technologische Funktion hin-
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Bild 5.6-17 In der Praxis beobachtete Manipulationen an verriegelten Schutzeinrichtungen
323
sichtlich der im Pflichtenheft dokumentierten Ausstoßmenge, Qualität und Toleranzen der zu erzeugenden Produkte erfüllt. Sie muss aber auch ein schlüssiges Sicherheitsund Bedienungskonzept haben, damit die Benutzer die Maschinefunktionen überhaupt erst realisieren können. Beide Gestaltungsbereiche greifen ineinander, sollten daher auch gemeinsam und synchron entwickelt und verwirklicht werden. Hier bieten inzwischen zahlreiche Maschinensicherheitsnormen, z. B. die ISO 12 643 oder EN 12 717 praktikable Lösungen an. Trotzdem findet man, auch an neuen Maschinen, immer wieder planerische und konstruktive Unzulänglichkeiten, wie z. B. • Wiederkehrende Störungen im Arbeitsablauf, hervorgerufen z.B. durch Mängel in der technologischen Konzeption oder in der Teilegenauigkeit (O-Ton eines Betriebsingenieurs: „Den größten Beitrag zur aktiven Arbeitssicherhit können Konstrukteure leisten, wenn sie Maschinen so konstruieren, dass sie genauso funktionieren, wie es beim Kauf versprochen wurde“). • Fehlende oder erschwerende Eingriffsoder Zugriffsmöglichkeiten, um z. B. notwendige Stichproben gefahrlos entnehmen zu können. • Fehlende Segmentabschaltungen mit Materialpuffern, um bei Störungen gefahrlos in Teilbereiche eingreifen zu können, ohne dass die Gesamtanlage abgeschaltet und dann wieder zeitraubend hochgefahren werden muss. • Aber auch nicht zu Ende gedachte Sicherheitskonzepte findet man in der Praxis immer wieder. Viele Fehler werden bei verriegelten Schutzeinrichtungen gemacht, so z. B. wenn ungefährliche oder häufig zu betätigende Funktionselemente, z. B. Bedienteile, Vorratsbehälter, Einfüllöffnungen hinter (verriegelten) Schutzeinrichtungen untergebracht sind. • Die Verriegelung beim Öffnen einer Schutzeinrichtung die gefahrbringende Situation zwar schnell und zwangsläufig unterbricht, die Maschine oder der Prozess sich aber nachher überhaupt nicht mehr weiterrücken lassen oder von Anfang implementiert werden muss.
Niemand zweifelt daran, dass Konstrukteure beim Konzipieren und Verwirklichen technologischer und menschenbezoger Funktionen nach bestem Wissen und Gewissen vorgehen. Niemand wird ihnen auch verübeln, dass sie auch vorerst annehmen, dass sich spätere Benutzer beim Umgang mit den Maschinen vernünftig und korrekt verhalten werden. Doch Vorsicht, bitte: Menschen verhalten sich wie im täglichen Leben so auch beim Lösen von Arbeitsaufgaben vor allem vorteilsorientiert. Sie streben an, die ihnen übertragenen oder selbstgestellten Aufgaben so schnell und so gut wie nötig zu erledigen und sich dabei gleichzeitig selbst so wenig wie möglich zu beanspruchen. Menschen versuchen aber auch aktiv und unterstützend in den Prozess einzugreifen, wenn er nicht so „läuft“, wie er soll. Sie versuchen, Störungen auf schnellsten und einfachsten Wege zu beseitigen. Lässt dies die Konzeption (und das in der Betriebsanleitung niedergeschriebene Entstörverfahren) nicht zu, suchen sie einen Ausweg, indem sie z. B. Verriegelungen umgehen. Sie fassen nämlich oft den Mehraufwand als persönlichen Misserfolg für die reibungslose Erfüllung ihrer Arbeitsaufgabe auf. Die unter Umgehung der vorgesehen Sicherheitsmaßnahmen weniger aufwendige Entstörungsprozedur wird dagegen als Erfolg erlebt. Erfolgreiches Verhalten tendiert dazu, wiederholt zu werden, bis es sich zu einer, leider sicherheitswidrigen und gefährlichen Gewohnheit verfestigt. Je häufiger solch ein Regelverstoß von der Führungsebene toleriert und nicht sanktioniert wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, weiterhin straflos gegen die Regel verstoßen zu dürfen, bis das unkorrekte Verhalten zur neuen informellen Regel wird. Denn im Laufe der Zeit stumpft das Bewusstsein über eingegangene Risiken ab, da die Handelnden davon überzeugt sind, Gefahren durch umsichtiges Verhalten zu beherrschen. Doch die Gefahr ist jedoch objektiv vorhanden und wartet auf ihre Chance, die sie auch bekommt. Juristisch betrachtet steht außer Frage, dass die den Unfall auslösenden Faktoren vordergründig im Verhalten der Betroffenen liegen. Konzeptionelle Fehler der Maschine begünstigen jedoch das für die Betroffenen (lebens-)gefährliche Fehlverhalten. Solche Maschinen sind ist nicht konform mit der Maschinenrichtlinie.
324
5 Sicherheitstechnik
Wege aus dem Dilemma. Hersteller sind verpflichtet, Schutzmaßnahmen so zu konzipieren, dass bei ausreichender, d. h. dem ermittelten Risiko entsprechende Sicherheit die Funktionsfähigkeit und Benutzungsfreundlichkeit der Maschine gewährleistet bleibt. Es ist immer besser, durch ein durchdachtes und mit der Praxis abgestimmtes Sicherheitskonzept ein kalkuliertes und akzeptiertes Restrisiko einzugehen, als die Maschinenarbeiter nach erfolgreicher Manipulation sich dem vollen Risiko ungesicherter Situationen aussetzen zu lassen. Konstruieren sicherheitsgerechter Maschinen bedeutet mehr als das Einhalten von Vorschriften und anderer rechtlicher Vorgaben. Nachschlagen in diesen Werken sowie das abwehrende Fragen „Wo steht das?!“, um widerwillig nur die allernötigsten Sicherheitsmaßnahmen umsetzen zu müssen, können intensives Nachdenken über sicherheits- und menschengerechte aber trotzdem betriebstaugliche Lösungen nicht ersetzen. Vor allem müssen Konstrukteure sensibler auf die aus der Praxis kommenden Forderungen der Betreiber an die Bedienbarkeit von Maschinen und deren Sicherheitseinrichtungen reagieren und auf sie ernsthaft eingehen. Sie erschweren nicht das sicherheitsgerechte Konstruieren, sondern bilden die Grundlage, benutzerfreundliche und zugleich sicherheitsgerechte Maschinen zu bauen (Zusammenhang zwischen Sicherheit und Verfügbarkeit). Das setzt voraus, dass dem eigentlichen Entwickeln und Konstruieren eine ausführliche und redliche Analyse betrieblicher Anforderungen, auch unter Einbeziehung der Maschinenarbeiter, vorangeht, deren Ergebnisse in einer verbindlichen Anforderungsliste festgehalten sind. Andernfalls kann es passieren, dass Maschinen bzw. die an ihnen getroffenen Sicherheitsmaßnahmen nicht akzeptiert werden. Vielmehr bringen sie ihre Benutzer auf „Ideen“, die meistens nicht im Sinne der Arbeitssicherheit sind. Sie können neue Gefährdungen heraufbeschwören, an die während des Konstruierens niemand gedacht hat. Der erste Teil dieser Herausforderung lässt sich erfahrungsgemäß mit vertretbarem Aufwand und ausreichender Erfolgsquote vorab durch systematische Fehlersuche an Hand von Funktionsstrukturen bzw. Signalflussketten meistern.
Den zweiten Teil der Aufgabe, Manipulationsversuchen entgegen zu wirken, müssen Konstrukteure mit den ihnen vertrauten Methoden lösen, wie jede andere Konstruktionsaufgabe auch. Denn sicherheitsgerechtes Konstruieren ist keine Schwarze Magie!! Aber: Manipulationen geschehen selten aus freien Stücken, sondern deuten auf nicht optimale Maschinen- bzw. Bedienungskonzepte hin. Mit sicherheitswidrigen Handlungen ist immer dann zu rechnen, wenn • Arbeitsabläufe Handlungen abverlangen, die sich nicht unmittelbar positiv auf Arbeitsergebnisse auswirken • Arbeitsabläufe zu ständigen Wiederholungen immer gleicher Arbeitsschritte zwingen oder wenn das Erreichen angestrebter Arbeitsziele immer wieder neuer Anläufe bedarf • Schutzeinrichtungen die für die Tätigkeit notwendigen Seh- und Bewegungsräume einschränken • Wenn Schutzeinrichtungen die zum erfolgreichen Arbeiten notwendige visuelle oder auditive Rückkopplung erschweren oder gar unterbinden • Fehlersuche und Entstören bei geöffneten Schutzeinrichtungen unmöglich ist Mit anderen Worten: Mit Manipulationen ist immer dann zu rechnen, wenn eingeschränkte Maschinenfunktionen oder unzumutbare Erschwernisse die Maschinenbenutzer zum „Nachbessern“ von Schutzkonzepten verleiten oder gar zwingen. Hersteller müssen demnach Schutzmaßnahmen so gestalten, dass bei tolerierten und akzeptierten Restrisiken sowohl Funktionsfähigkeit als auch Benutzerfreundlichkeit der Maschine gewährleistet bleiben: zukünftige Manipulationsversuche vorausdenken, ihnen mit Konstruktionsmaßnahmen entgegenwirken und zugleich Handhabung der Maschinen zu verbessern. Hersteller von Maschinen sind demnach dreifach in der Pflicht: 1. Gründe und Anreize für Manipulationen vorwegnehmen und Umgehen von Verriegelungen präventiv verhindern durch zu Ende gedachte Bedienungs- und Sicherheitskonzepte der Maschinen.
325
2. Manipulationen konstruktiv erschweren, z. B. durch unzugänglichen Einbau von Sicherheitsschaltern, Verwenden von Scharnierschaltern, Befestigung der Sicherheitsschalter und deren Betätiger mit Schrauben, die sich zwar einschrauben aber nicht mehr lösen lassen usw. 3. Unzulänglichkeiten im Rahmen der im Geräte- und Produktsicherheitsgesetz festgelegten Beobachtungspflicht systematisch aufdecken und beseitigen durch konsequente Produktbeobachtung bei allen Betreibern (Berichte der Kundendienstmonteure und Ersatzteillieferungen sind da manchmal sehr aufschlussreich!). Aber auch der Auftraggeber und der spätere Betreiber einer Maschine kann Manipulationen vorausschauend entgegenwirken, indem er eine für beide Seiten verbindliche Anforderungsliste Pflichtenheft mit redlichen Anforderungen zusammen mit dem Maschinenhersteller unter Einbeziehung der Maschinenarbeiter diskutiert und festlegt und auch offen über Störungen und Unzulänglichkeiten des Prozesses spricht und diese Sachverhalte dokumentiert. Benutzungsfreundliche Schutzeinrichtungen. Wichtig zu wissen: Schutzeinrichtungen, auch verriegelte, werden immer dann bereitwillig angenommen und nicht manipuliert, wenn sie Arbeitsabläufe nicht behindern, sondern unterstützen oder vereinfachen! Fehler im Sicherheitskonzept, die zu Manipulationen an Schutzeinrichtungen zwingen, sind dagegen „echte“ Konstruktionsfehler, für die Maschinenhersteller u. U. haften müssen. Sicherheitstechnische Lösungen mit tolerierten Restrisiken müssen nicht nur für den störungsfreien Normalbetrieb sondern auch für das Rüsten, Testen, Entstören und für die Fehlersuche verwirklicht sein. Manipulationsversuche nur technisch zu erschweren, wie z. B. im Beiblatt der
EN 1088 dargelegt, löst das Problem nur scheinbar. Denn sobald der Druck groß genug ist, finden die Maschinenarbeiter auch eine „Lösung“. Vielmehr muss die Ursache für Manipulationen behoben werden. Nicht Überfunktionalität (auch sicherheitstechnische), sondern Benutzerfreundlichkeit ist gefragt! Bei Zweifeln über ein ausreichendes Sicherheitskonzept empfiehlt es immer noch, sich sachkundigen Rat bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Hersteller von Sicherheitskomponenten einzuholen Trennende Schutzeinrichtungen unterbinden durch materielle Barrieren das räumliche und zeitliche Zusammentreffen von Menschen mit gefährlichen Situationen. Grundlegende Anforderungen an deren Gestaltung enthalten die EN 953 und EN 1088. Neben den zu lösenden Fragen zur Werkstoffwahl und der Berücksichtigung mechanischer Gesichtspunkte wie z. B. Festigkeit, müssen sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte beachtet werden. Sie entscheiden nicht nur über die Qualität der Schutzfunktion sondern auch darüber, ob die mit erheblichen Aufwand konstruierten und gefertigten Schutzeinrichtungen von den Beschäftigten bereitwillig benutzt oder aber abgelehnt oder gar manipuliert werden. Schlussbetrachtung. Zum Schluss noch einige aus der Praxis hergeleiteten Merksätze für alle Konstrukteure: Verriegelungen so zu konzipieren, dass nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung überhaupt keine Bewegung der Maschine oder deren Baugruppen möglich ist, provoziert nur sicherheitswidriges Verhalten und in letzter Konsequenz Unfälle! Jedoch sind die Ursachen zu bekämpfen, nicht die Menschen: Funktioniert eine Maschine nicht wie sie soll, versuchen die Benutzer ihr zu helfen. Sie bedankt sich dafür irgendwann mit einem Unfall. Dafür wurde sie aber eigentlich nicht konstruiert!
5 Sicherheitstechnik
5.7 Sicherheitsschalter
Elektromechanisch wirkende Sicherheitsschalter unterbrechen mit ihren Kontakten Stromkreise. Der sichere Arbeitsablauf an einer Maschine und die Sicherheit der an ihr Beschäftigten hängt wesentlich von der einwandfreien Funktion der Sicherheitsschalter ab. Sicherheitsschalter müssen deshalb gegenüber üblichen Grenztastern besonderen Anforderungen genügen, (EN 60 204-1 ”Elektrische Ausrüstung von Maschinen; Allgemeine Anforderungen”, EN 1088 ”Sicherheit von Maschinen; Verriegelungseinrichtungen mit und ohne Zuhaltung” und EN 60 947-5-1 ”Steuergeräte und Schaltelemente; Elektromechanische Steuergeräte”). Sie müssen u. a. folgende Konstruktionsmerkmale aufweisen:
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5.7.1 Elektromechanische Sicherheitsschalter
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Betriebsmäßiges Öffnen von Schutzeinrichtungen muss gefahrbringende Situationen zuverlässig beenden. Als Signalgeber, die das Öffnen der Schutzeinrichtungen in elektrische Signale umsetzen, werden vornehmlich Sicherheitsschalter benutzt. Werden Schutzeinrichtungen selten geöffnet, lassen sich zwar diese Signale auch mit Steckvorrichtungen, mit denen sich Leitungen reversibel unterbrechen lassen, erzeugen. Für häufiges Öffnen sind jedoch kontaktbehaftete elektromechanische oder berührungslos wirkende kontaktlose Schalter unabdingbar. Sicherheitsschalter (auch Positionsschalter mit Sicherheitsfunktion bzw. mit Personenschutzfunktion, Positionsgeber, Wegfühler genannt) sind eines der wichtigsten Bauteile zum Schutz von Personen bei geöffneten trennenden Schutzeinrichtungen. Sicherheitsschalter überwachen, ob Schutzeinrichtungen in Schutzfunktion sind oder nicht. Sie sind das Bindeglied zwischen Schutzeinrichtung und Maschinensteuerung. Sie wandeln die an die Parameter der Bewegung der Schutzeinrichtung (Drehwinkel, Verschiebeweg) gebundene Information in steuerungskonforme elektrische Signale. Die Maschinensteuerung muss sie so weiterverarbeiten, dass gefahrbringende Situationen zuverlässig und rechtzeitig unterbrochen werden.
• zwangsläufiges und zuverlässiges mechanisches Trennen der Öffnungsschaltglieder, • zuverlässiges Trennen im Fehlerfall, z. B. bei Federbruch oder verschweißten Kontakten. In der Richtung, in der die Zwangsläufigkeit erfolgt, dürfen keine federnden Teile wirken, • eine für den Anwendungsfall ausreichende Schutzart, mindestens IP 54, besser IP 67 über die gesamte Lebensdauer, • ausreichend dimensionierte Verbindungsund Befestigungselemente, die während der Lebensdauer betriebsmäßigen Belastungen, wie Schaltkräften, Erschütterungen usw., standhalten, • Kontaktausführung: Wechsler mit zwangsläufig trennendem Öffner oder • zwangsläufig trennender Öffner mit zusätzlichem Schließer, Bild 5.7-1.
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326
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Bild 5.7-1 Schaltablauf
5.7 Sicherheitsschalter
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Bild 5.7-2 Arten von Sicherheitsschaltern
Sicherheitsschalter der Bauart K1. Sie haben, wie normale Grenztaster auch, einfache Betätigungselemente (Stößel, Hebel mit Rolle, Winkelhebel usw.). Erst zusätzliche, mit der Schutzeinrichtung verbundene Formstücke, wie Nocken, Kurvenscheiben oder Anfahrlineale mit Schrägen, aktivieren beim Öffnen der verriegelten oder zugehaltenen trennenden Schutzeinrichtung den Sicherheitsschalter. Sie müssen so gestaltet und montiert sein, dass die Bewegung der Schutzeinrichtung zuverlässig unter Einhaltung der vom Hersteller vorgegebenen Schaltbedingungen eine Hubbewegung im Kontaktraum des Schalters erzeugt welche die Kontakte zwangsläufig trennt und über den ganzen Bewegungsbereich der Schutzeinrichtung auch getrennt hält. Schaltnocken und Schaltlineale müssen vom Anwender hergestellt wer-
327
den und bedeuten immer einen zusätzlichen Konstruktions- und Kostenaufwand. An schwenk- und klappbaren Schutzeinrichtungen werden negative Nockenscheiben, die mit der Drehachse der Schutzeinrichtung form- oder stoffschlüssig verbunden sind, als Schaltelemente eingesetzt. Am Umfang ist eine Aussparung, in die das Betätigungselement des Schalters hineinragt. Bei geschlossener Schutzeinrichtung befindet sich das Betätigungselement des Sicherheitsschalters in der Aussparung. Beim Öffnen der Schutzeinrichtung dreht sich die Kurvenscheibe und drückt über die eingearbeiteten Schrägen das Betätigungselement in den Sicherheitsschalter hinein. Kontakte öffnen sich zwangsläufig. Zugleich hindert der zylindrische Teil der Kurvenscheibe das Betätigungselement in die Kontaktstellung zurückzukehren. Die gleiche Funktion haben Anfahrlineale an verschiebbaren Schutzeinrichtungen, Bild 5.7-4. Sicherheitsschalter mit Rollenhebel vertragen meistens höhere Anfahrgeschwindigkeiten und sind weniger verschmutzempfindlich. Sicherheitsschalter mit Stößelbetätigung (Kuppelstößel, Dachstößel) erfordern niedrigere Anfahrgeschwindigkeiten, haben jedoch eine geringere Anzahl mechanischer Bauteile (Versagen wegen Bauteilausfällen ist unwahrscheinlicher!) und erlauben den Schaltpunkt in engeren Grenzen zu halten. Abmessungen der Gehäuse und der Stößel sind in den Normen EN 50 041 und EN 50 047 geregelt. Sicherheitsschalter der Bauart K2. Sie benötigen keine zusätzlichen, selbst anzufertigenden Teile. Hersteller liefern den kompletten Sicherheitsschalter samt Betätigungssystem, das ein funktionelles Bestandteil des Sicherheitsschalters ist. Entweder ist es im Schalter integriert oder als getrennter Betätiger ausgeführt. Der Betätiger wird an der beweglichen Schutzeinrichtung, der Schalter am festen Teil der Maschine befestigt. Bereits bei kleinen Öffnungsspalten im Bereich von Millimetern spricht der Schalter an. Bei Sicherheitsschaltern mit integriertem Betätiger verbindet kinematisch ein Mechanismus (Hebel, Kulisse) den Schalter mit der Schutzeinrichtung. Getrennte Betätiger sind meistens als formkodierte Schaltbügel, Schaltstifte oder Schaltzungen ausgeführt. Sie sind fest mit der Schutzeinrichtung verbunden. Beim Schließen
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.7-3 Grundtypen der Sicherheitsschalter
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5.7 Sicherheitsschalter
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Bild 5.7-4 Einbaumöglichkeiten von Sicherheitsschaltern
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329
330
5 Sicherheitstechnik
der Schutzeinrichtung tauchen sie in das Schaltergehäuse ein. Beim Öffnen werden sie aus dem Schaltergehäuse gezogen und lösen dabei über einen besonderen Mechanismus Schaltbewegungen aus. Der Schalter lässt sich nur mit diesem formkodierten Schaltbügel betätigen, da er wie ein Schlüssel wirkt. Schalterhersteller bieten inzwischen Betätiger mit mehrstufiger Kodierung an. Dem eigentlichen Schaltmechanismus ist dann eine Vielzahl von Nockenscheiben vorgelagert, die nur durch die ihnen entsprechende Kontur am Betätiger verdreht werden müssen, bevor sich die Schaltbewegung auslösen lässt. Bei dreh- und schwenkbaren Schutzeinrichtungen dürfen bestimmte Eintauchradien nicht unterschritten werden. Für den Einbau in Nähe von Nebenschließkanten wurden für Sicherheitsschalter der Bauart K 2 spezielle Radiusbetätiger entwickelt, die auch kleine Eintauchradien erlauben. Es sind Bügel, die gegenüber ihrer Befestigungsplatte schwenkbar sind. Federn halten die Bügel in ihrer Grundausrichtung. Der Gefahr, dass Betätiger von Schutzeinrichtungen abgebaut werden, um sie in den Schalter zu stecken und die Verriegelung zu manipulieren, lässt sich mit unlösbaren Verbindungselementen (Nieten) oder mit besonders gestalteten Einwegschrauben begegnen, die sich zwar mit gängigen Werkzeugen eindrehen, aber nicht mehr lösen lassen. Scharnier-Sicherheitsschalter für Schutztüren oder drehbar angeschlagene Schutzklappen nehmen bei den Schaltern der Bauarten K 2 eine Sonderstellung ein, Bild 5.7- 5. Bei ihnen werden zwei Funktionen mit einer einzigen Baugruppe erreicht: Schwenkbewegung der Tür/Klappe und Signalisierung dieser Bewegung. Die Baugruppe besteht aus einem Schalter (zwangsläufiger Öffner) und zwei Spritzgusselementen, die mit den Drehbändern des Scharniers verschraubt werden. Mechanisch ist sie so aufgebaut, dass ein Nocken, der mit dem beweglichen Band des Scharniers verbunden ist, beim Öffnen der Tür den Schalterstößel gegen die Stößelrückstellfeder drückt und zugleich die Kontakte öffnet. Beim Schließen der Tür schließt auch die Federkraft die Kontakte. Die Auslösung des Schaltsignals erfolgt bei ca. 5°, der gesamte Öffnungswinkel beträgt ca. 135°. Das Scharnier wird vorerst ohne Schalter am Türelement montiert und ist bereits voll funktionsfähig. Die Baugruppe kann anschließend pro-
6FKDOW DXIVDW] .DEHO 6FKDOWHU
1RFNHQ PLW 5LHJHO %DQGWHLO %DQGWHLO Bild 5.7-5 Scharnier-Sicherheitsschalter /5.16/
blemlos aufgesetzt werden. Neben diesem Vorteil der einfachen Montage an allen gängigen Türholmen (Vierkantrohre, stranggepresste Leichtmetallprofile) haben Scharnier-Sicherheitsschalter noch zwei sicherheitstechnische Vorteile: • Dank der kompakten Bauweise sind Zugriffe zur Betätigungsmechanik (Nocken, Stößel) und somit Manipulationen des Schalters mit einfachen Mitteln wesentlich erschwert. Ein weiteres Hemmnis sind Schrauben mit unterschiedlichen Köpfen, zu deren Lösen mehrere Werkzeuge gebraucht werden. • Mit Scharnier-Sicherheitsschaltern lässt sich die Redundanz einer Türüberwachung viel einfacher gestalten, als mit zwei Schaltnocken für konventionelle Sicherheitsschalter, indem man das sowieso notwendige zweite Scharnier der Tür durch einen weiteren Scharnierschalter ergänzt. Der untere Schalter sollte gegen mechani-
5.7 Sicherheitsschalter
sche Beschädigungen, z. B. mit einer stabilen Verdeckung, geschützt sein. In Scharnier-Sicherheitsschalter lässt sich zusätzlich eine mechanische federbelastete Wiederanlaufsperre integrieren. Beim Wiederschließen der Schutzeinrichtung werden die sicherheitsrelevanten Schalterkontakte mechanisch vorerst so lange offen gehalten, bis ein kleiner Knopf bewusst betätigt und damit die Federmechanik entsperrt wird. Erst dann ist die Maschinensteuerung wieder betriebsbereit. Aufgrund vieler Vorteile setzen sich in der Praxis Sicherheitsschalter der Bauart K 2 immer mehr durch. Einbau von Sicherheitsschaltern. Ungünstiger Einbau kann bewirken, dass auch Sicherheitsschalter, die allen Anforderungen entsprechen, die vorgesehene Aufgabe nur unvollständig erfüllen, Bild 5.7-6. • Sicherheitsschalter müssen durch ihre Betätigungsart oder ihre funktionelle Einbindung in die Steuerung so gesichert sein, dass sie nicht einfach (z. B. mit Drahtstücken, Kabelbindern, Klebestreifen, Münzen usw.) umgangen werden können. • Sicherheitsschalter müssen so eingebaut sein, dass sie einerseits gegen Verschmutzungen geschützt sind, andererseits zum Justieren und Kontrollieren ohne größeren Aufwand zugänglich sind. • Sicherheitsschalter müssen zuverlässig mit dem Grundgestell verbunden sein (z. B. mit Schrauben, die sich zwar einschrauben aber nicht mehr aufschrauben lassen). Schaltergehäuse mit Langlöchern sollten nach der Montage verstiftet sein. • Sicherheitsschalter dürfen nicht zu mechanischen Anschlägen umfunktioniert werden. • Sicherheitsschalter müssen so angebracht sein, dass sie vor Schäden durch vorhersehbare Einflüsse geschützt sind. • Schaltschrägen der Kurvenscheiben oder der Anfahrlineale müssen den Vorgaben der Schalterhersteller entsprechen. Einerseits sind die Vorgaben für den Mindestöffnungsweg einzuhalten, andererseits muss schon beim spaltbreiten Öffnen der Schutzeinrichtung das Schalten erfolgen.
331
• Dieser Schaltzustand muss über den ganzen Bewegungsbereich der Schutzeinrichtung erhalten bleiben. • Die Bewegungsbahnen der Nocken und der Schalthebel sollten gemeinsame Tangenten haben. • Zuleitungen und Anschlüsse sind sorgfältig auszuzuführen; Leitungs- und Querschlüsse täuschen bei einfach geschalteten Öffnern eine nicht vorhandene Sicherheit vor! • Verbindung Nocke/Welle darf sich nicht lockern und nicht einfach lösen lassen; Welle und Verbindung müssen dauerfest ausgelegt sein. Anfahrlineale sind gegen unbefugtes Demontieren zu sichern. Anforderungen an Sicherheitsstromkreise. Die originäre Schutzwirkung der räumlichen Trennung von Menschen und Gefahren durch eine materielle Barriere wird bei verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen durch Öffnen der Schutzeinrichtung aufgehoben. Nach dem Öffnen muss die Maschine vorerst einen definierten und durch die Risikobeurteilung begründeten gefahrlosen Zustand einnehmen. Das Rückstellen verriegelter Schutzeinrichtungen darf weder Maschinenbewegungen noch Betriebszustände einleiten, die zu einer Gefährdung führen. Ob sich bei geöffneten Schutzeinrichtung trotzdem Gefahren auf Menschen auswirken können, hängt allein davon ab, wie zuverlässig die mit der Verriegelung funktionell gekoppelte Steuerung ihre Sicherheitsfunktionen erfüllt. Generell gilt: Je höher das Risiko, um so höher ist auch das Teilrisiko, das durch die ausgewählte Schutzmaßnahme zu beherrschen ist. An Steuerungen stellen sich unterschiedliche Anforderungen, von einfacher Einfehlersicherheit bis zur aufwendigen Selbstüberwachung. Aus sicherheitstechnischen und wirtschaftlichen Gründen muss das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung die Auslegungsmodalitäten der Sicherheitsstromkreise gemäß der in der EN 954-1 festgelegten fünf Kategorien bzw. Performancelevels PLr nach EN ISO 13 849 bestimmen, Bild 5.7-7. Das ermittelte Risiko ist ausschlaggebend für die sicherheitsgerechte Auslegung der Steuerung als Teil des Informationssystems der Maschine.
5 Sicherheitstechnik
332
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Bild 5.7-6 Einbauregeln für Sicherheitsschalter (Fortsetzung nächste Seite)
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5.7 Sicherheitsschalter
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Bild 5.7-6 Einbauregeln für Sicherheitsschalter
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333
5 Sicherheitstechnik
334
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Bild 5.7-7 Anforderungen an Stromkreise bei Verriegelungen /5.16/
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5.7 Sicherheitsschalter
Entscheidende Parameter bei der Risikobeurteilung sind Schwere möglicher Verletzungen, Häufigkeit mit der sich Menschen Gefahren aussetzen sowie Möglichkeiten, Gefahren zu erkennen oder sich ihnen zu entziehen Fehlerbetrachtungen. Bauelemente der Sicherheitsstromkreise können aufgrund von Fehlern ausfallen. Sie sind dann nicht mehr in der Lage, ihre bestimmungsgemäße Funktion zuverlässig auszuführen und beeinträchtigen dann die Sicherheit von Personen. Mit Fehlern muss gerechnet werden. Fehlerbetrachtungen sind das Ergebnis aller Überlegungen, mit denen sich das Verhalten der Verriegelungen und Zuhaltungen im Fehlerfall beschreiben und praktisch überprüfen lässt. Fehlerbetrachtungen sind auch eine wichtige Voraussetzung für die Auslegung von Sicherheitsstromkreisen. Um den Fehlerfall eindeutig festzulegen, ist es notwendig vorab zu vereinbaren, welche Fehler für welche Bauteile oder Strukturen anzunehmen sind und welche Fehler man vernachlässigen bzw. ausschließen kann. Dies muss eindeutig beschrieben und konsequent aufgelistet werden. Nur dann ist es möglich, die erforderliche Zuverlässigkeit der Sicherheitsstromkreise zu konzipieren, zu realisieren und auch zu überprüfen. Ausführliche Fehlerlisten und Fehlerbetrachtungen enthalten [5.33] und z.B. die Normen EN ISO 13 49 (Anhang A bis D), EN 61 496-1 oder EN 60 947-5-3. Im Bild 5.7-8 sind beispielhaft vereinbarte Fehler und Fehlerausschlüsse für elektromechanische Sicherheitsschalter und kontaktlos wirkende Sicherheits-Näherungsschalter aufgelistet. Anmerkung: Diese Fehlerbetrachtungen richten sich vornehmlich auf elektrische Bauteile der Sicherheitsstromkreise, nicht auf die Verriegelung der Schutzeinrichtung als Ganzes. Will man den Widerstand gegen bewusst gewollte Manipulationen eines mit elektromechanisch wirkendem Sicherheitsschalter verriegelten Schutzgitters analysieren, müssen bei lebensnaher Betrachtung nicht nur der "mechanische" Signalfluss sondern auch noch weitergehende Überlegungen hinsichtlich möglicher Probleme mit der Akzeptanz der Verriegelungsmaßnahmen angestellt werden.
335
5.7.2 Sicherheits-Näherungsschalter Bedingt durch den Aufbau und Ausführung des Betätigungssystems haben elektromechanische Sicherheitsschalter oft auf ihren Oberflächen zahlreiche Unebenheiten, Vertiefungen und Trennfugen, in denen sich Schmutz und andere Stoffe auf Dauer festsetzen. Dadurch können z. B. an lebensmittelverarbeitenden Maschinen hygienische Probleme auftreten. Auch die bei diesen Maschinen notwendige Hochdruckreinigung mit heißem Wasser führten bei elektromechanischen Schaltern immer wieder zu Problemen, da auch noch so hochwertige Schutzarten auf Dauer ein Eindringen von Wasser und Reinigungsmitteln in Kontakträume nicht verhindern konnten. Auch hielten die Befestigungselemente dem Staudruck eines zielgerichteten Wasserstrahls nicht stand. Ausweg aus diesem Dilemma waren Näherungsschalter. Da Näherungsschalter Signale ohne unmittelbare mechanische Bewegungen und Kontakte erzeugen, können ihre Gehäuse so gestaltet werden, dass sie weder Schlitze noch Vertiefungen aufweisen. Vergießen mit Kunstharz löst praktisch alle Abdichtungsprobleme. Diese Schalter lassen sich problemlos bündig in die Maschinenfront einbauen. Einige Wirkprinzipien erlauben sogar das Aktivieren durch nichtferromagnetische Materialien (Leichtmetalle, Kunststoffe) hindurch, ohne dass aktive Flächen der Sensoren berührt werden müssen. Das erlaubt einen „unsichtbaren“ Einbau der Schalter. Dieser versteckter Einbau der Schalter hat neben hygienischen Vorteilen auch noch den Vorteil, dass er Manipulationsversuche erschwert: seine Unsichtbarkeit erschwert deren Lokalisierung und verleitet erst gar nicht zum Manipulieren, die Unzugänglichkeit erhöht den Manipulationsaufwand erheblich. Die Überwachungsfunktion der Näherungsschalter basiert auf der Anwesenheitserkennung beweglicher trennender Schutzeinrichtungen bzw. deren Teile und auf der Bestimmung ihrer Position. Schaltsignale werden aus Änderungen energetischer Felder hergeleitet. In der Praxis haben sich Schalter durchgesetzt, die physikalische Effekte elektromagnetischer Felder ausnutzen. Sie arbeiten nach unterschiedlichen Wirkprinzipien, Bild 5.7-9.
5 Sicherheitstechnik
336
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Bild 5.7-8 Fehlervereinbarungen für elektromechanisch und kontaktlos wirkende Sicherheitsschalter [5.22]
5.7 Sicherheitsschalter
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Bild 5.7-9 Physikalische Prinzipien von Näherungsschaltern /5.71/
Die sonst bei elektromechanischen Sicherheitsschaltern geforderte zuverlässige Trennung von Stromkreisen durch mechanische Zwangsöffnung der Kontakte ist bei Sicherheits-Näherungsschaltern prinzipiell nicht möglich. Die zuverlässige Wirkung muss durch andere, meist steuerungstechnische Maßnahmen realisiert werden. Deshalb bestehen Näherungsschalter für Sicherheitsfunktionen nicht nur allein aus dem
Näherungsindikator, sondern aus drei aufeinander abgestimmten Funktionsgruppen: dem eigentlichen Sensor, dem dazugehörenden Gegenstück (Betätiger) und einem Signalauswertegerät, dessen Ausgangssignale sicherheitsrelevante Steuerstromkreisen des Informationssystems der Maschine weiterverarbeiten. Sensor- und Auswerteeinheit können in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht oder als getrennte Bauteile ausgeführt sein, Bild 5.7-10. Sicherheits-Nähe-
338
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.7-10 Prinzipieller Aufbau von Sicherheits-Näherungsschaltern
rungsschalter ohne kodiertes Gegenstück reagieren z. B. auf die Anwesenheit von Gegenständen mit ausreichender elektrischer Leitfähigkeit bzw. mit ausreichenden dielektrischen Verlusten. Sie sind wegen ihrer einfachen Manipulierbarkeit für Personenschutzaufgaben ungeeignet. SicherheitsNäherungsschalter mit kodiertem Gegenstück sprechen nur dann an, wenn sich dieses unikate Objekt dem Schalter annähert. Die Kodierung bei Sicherheits-Näherungsschaltern auf der Basis von Reed-Schaltern kann durch mehrere Reed-Kontakte erfolgen, die im Schalter in einem bestimmten geometrischem Muster angeordnet und evtl. magnetisch vorgespannt sind. Bei Schaltern mit magnetischer Feldänderung kann die Kodierung durch die Wahl der Frequenz, der Signal- oder Impulsform, der Tastrate usw. des ausgesandten Koppelsignals erfolgen. Der Sensor ist der Teil, der die An- oder Abwesenheit des Gegenstücks, z. B. des mit der beweglichen Schutzeinrichtung verbundenen kodierten Betätigers im aktiven Bereich erfasst und in ein in der Auswerteeinheit verarbeitbares Signal umformt. Die Auswerteeinheit formt das vom Sensor kommende Signal um, bevor es von der Steuerung
weiterverarbeitet wird. Feldänderungen lösen den Schaltvorgang wird aus. Sobald beim Annähern oder beim Entfernen des Betätigers Grenzabstände über- oder unterschritten werden, reagiert der Schalter. Diese Hysterese verursacht Abschaltverzögerungen beim Entfernen des Betätigers (Öffnen der Schutzeinrichtung) bzw. vorzeitiges Einschalten beim Annähern des Betätigers (Schließen der Schutzeinrichtung), Bild 5.7-11. Die dafür relevanten Grenzabstände werden vom Hersteller angegeben und müssen bei der Bemessung der Schutzeinrichtung und der Platzierung der Schalter eingehalten werden, um zu vermeiden, dass durch den Öffnungspalt der Schutzeinrichtung Gefahrstellen erreicht werden können, bevor deren gefahrbringende Bewegung abgeklungen ist. Die Abschaltverzögerung hat jedoch auch einen Vorteil: Schwingungen der Schutzeinrichtung führen seltener zum Ansprechen der SicherheitsNäherungsschalter und zum ungewolltem Stillstand als bei elektromechanischen Sicherheitsschaltern.
5.7 Sicherheitsschalter
Eine Besonderheit sind Sicherheits-Näherungsschalter mit Transpondern. Das Kunstwort Transponder setzt sich zusammen aus Transmitter (Sender) und Responder (Antwortgeber). Diese Sicherheits-Näherungsschalter bestehen aus einem codierten Betätiger, einem Lesekopf und einem Auswertegerät. Lesekopf und Auswertegerät können als separate Teile ausgeführt oder in einem einzigen Gehäuse zusammengefaßt sein. Der Betätiger mit integriertem Transponder (Chip mit gespeichertem individuellem Bitmuster) ist am beweglichen Teil der trennenden Schutzeinrichtung befestigt. Der Lesekopf ist mit der Grundkonstruktion verbunden. Das elektromagnetische Feld des Lesekopfs wird vom Betätiger empfangen, zu Signalen verarbeitet und, je nach Übereinstimmung mit der Transpondercodierung an das Auswertegerät als überprüfte Antwort zurückgesendet. Für die Datenübertragung zwischen Transponder und Lesekopf ist keine zusätzliche Spannungsquelle (z. B. Batterie) notwendig. Beim Schließen der Schutzeinrichtung nähern sich beide Teile an. Sobald der definierte Einschaltabstand (Betätiger und Lesekopf haben mit bis zu 15 mm einen relativ hohen Ansprechbereich mit Hysterese) unterschritten und über eine festgelegte Zeitspanne eingehalten wird, versorgt der Lesekopf induktiv den Betätiger mit Spannung und aktiviert ihn zugleich, um Daten zwi6FKXW]HLQULFKWXQJ VFKOLHHQ |IIQHQ
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Bild 5.7-11 Hysterese bei Sicherheits-Näherungsschaltern
339
schen Betätiger und Lesekopf auszutauschen und zu vergleichen. Nur wenn das eingelesene Bitmuster des Betätigers mit dem im Auswertegerät (diversitär redundant aufgebaute Elektronik) gespeicherten Code übereinstimmt, gibt das Auswertegerät Relaisausgänge frei. Diese individuelle Codierung auf elektronischem Wege bewirkt, dass ein Schalter weder auf Betätiger anderer Schalter noch auf Betätiger reagiert, die sonst auf alle Schalter ”passen”. Durch den manipulationsfesten Betätiger ist jeder Transponder ein Unikat. Im Servicefall ist das „Anlernen“ eines neuen Betätigers vor Ort schnell möglich. Sind die Betätiger dazu mechanisch noch so befestigt, dass sie auch mit gängigen Werkzeugen nicht entfernt werden können, hat man ein hohes Maß an Manipulationsfestigkeit erreicht. Transponderschalter haben einen großen homogenen Ansprechbereich, der grobtolerante Führungen der Schutzeinrichtungen zulässt. Zeitgemäße Sicherheits-Näherungsschalter verfügen über umfassende Selbstdiagnosefunktionen. Die Schalter überwachen sich nicht nur selbst kontinuierlich, sondern auch den Signallaufweg bis zum Klemmenanschluss, Querschlussüberwachung eingeschlossen. Und das ohne Auswerteeinheit (Sicherheitsbaustein)! Sicherheits-Näherungsschalter sind mit integrierter oder mit getrennter Auswerteeinheit ausgeführt, Bild 5.7-12. Hersteller, z. B. /5.66/, bieten inzwischen Baureihen an, deren Gehäuseform und Anschlussmaße (einschließlich Lochbild) den Ausführungen elektromechanischer Sicherheitsschalter entsprechen. Somit sind Umstellungen einfach möglich. Andererseits lassen sich sowohl Sensoren als auch Betätiger sehr kompakt ausführen und z. B. in M 18-Normzylinder unterbringen. Die Überwachung kleiner Schutzeinrichtungen ist damit problemlos möglich. Werden Näherungsschalter als Sicherheitsschalter verwendet, müssen Verriegelungen gleiches Sicherheits- Zuverlässigkeitsniveau aufweisen, wie Verriegelungen mit elektromechanisch wirkenden Sicherheitsschaltern. Sicherheits-Näherungsschalter können bauartbedingt nicht zwangsweise öffnen, da sie keine mechanischen Kontakte haben, die eine galvanische Trennung vollziehen können. Alleine eingesetzt, lässt sich mit ihnen nur eine Verriegelung verwirklichen, die der niedrigen Steuerungskategorie B entspricht. Damit der elektrische Teil der Verriegelung fehlersicher wird, müssen wei-
5 Sicherheitstechnik
340
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Bild 5.7-12 Bauarten von Sicherheits-Näherungsschaltern /5.18/
tere steuerungstechnische Maßnahmen getroffen werden. Ausführliche Anforderungen an Bau und Ausführung enthalten die weltweit geltenden Normen EN 60 947- 5-2 und EN 60 947-5-3. Schalter, die diesen Bestimmungen entsprechen, können im vollen Umfang den Schutz von Personen beim Öffnen von Schutzeinrichtungen nur dann übernehmen, wenn ihren Einsatz steuerungstechnische Maßnahmen flankieren. Werden in solchen Schaltern noch redundante Prinzipien eingesetzt, lassen sich mit ihnen die anspruchsvollsten Sicherheitskategorien nach EN 954-1 (bis Steuerungskategorie 4), PLr = e nach EN ISO 13 849-1 bzw. bis zum SIL-Level 3 nach EN 61 508 erreichen. Die mit ihnen abgesicherte Schutzeinrichtungen finden weltweite Akzeptanz. Sicherheits-Näherungsschalter haben mehrere Vorteile: • Hoher Hygiene-Standard durch verdeckte Montage. Da Magnetfelder durch Edelstahl- und Kunststoffverkleidungen hindurch wirken, können sowohl Sensoren als auch Betätiger von Sicherheits-Näherungsschaltern verdeckt hinter völlig glatte, hy-
•
•
•
gienisch einwandfreie Oberflächen eingebaut werden. Widerstandsfähigkeit gegenüber Verschmutzung. Hermetisches Vergießen in Gehäuse mit glatten Betätigungsflächen machen Sicherheits-Näherungsschalter unempfindlich gegenüber Verschmutzungen und zugleich reinigungsfreundlich. Manipulationsfestigkeit. Sicherheits-Näherungsschalter mit codierten Magneten können mit leicht zugänglichen, marktüblichen Magneten nicht umgangen werden. Sicherheits-Näherungsschalter mit nichtcodierten Magneten lassen sich verdeckt einbauen und somit für eine geplante Manipulation schwer lokalisieren. Kompakte Bauweise. Dank ihrer kleinen Abmessungen lassen sich Sicherheits-Näherungsschalter in das Gesamtlayout der Maschine leicht und unauffällig integrieren und bieten viele Design-Freiheiten. Unempfindlichkeit gegen Fluchtungsfehler. Da bei Sicherheits-Näherungsschaltern keine mechanischen Betätiger in die Schaltergehäuse eintauchen, entfällt ein genaues Ausrichten. Bezugsachsen von Sensor und Betätiger müssen weniger genau fluchten. Damit tolerieren sie einen gewissen Versatz der Schutztüren gegenüber dem Rahmen. Das erhöht die Verfügbarkeit, vereinfacht die Montage und Justage. Schwingungsfestigkeit. Sicherheits-Näherungsschalter haben keine bewegten mechanischen Teile, deren zuverlässige Funktion durch Schwingungen auf Dauer beeinträchtigt werden kann.
Einbau berührungslos wirkender SicherheitsNäherungsschalter. Auch Verriegelungen, die mit diesen rein elektronisch funktionierenden Schaltern aufgebaut sind, müssen mit allen ihren Komponenten und deren Integration in den mechanischen Aufbau der Schutzeinrichtungen mechanisch ”sauber” durchkonstruiert sein, damit sie ihre Sicherheitsfunktion jederzeit vollständig und zuverlässig erfüllen vermögen, Bild 5.7-13. Von besonderer Bedeutung sind z. B.: • zuverlässige Wirkung der Befestigungen (formschlüssige Verbindungen, gegen Selbstlockern und gegen Manipulationen
5.7 Sicherheitsschalter
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341
5 Sicherheitstechnik
342
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mit einfachen Mitteln resistente bzw. gesicherte Befestigungselemente) Schutz gegen Beschädigungen von außen (ausreichende mechanische Festigkeit der Träger- und Funktionselemente, definierte Anschläge, geschützter Einbau) Anpassung der Leitungsführung an die IPSchutzart des Schalters gute Zugänglichkeit des Schalters für Wartung und Funktionsprüfung andererseits aber für Manipulationsversuche schwer erreichbar. Der Betätiger darf nicht direkt gegen den magnetischen Sensor stoßen. Beim Befestigen von Magnetsensoren muss eine unmittelbare Berührung mit ferromagnetischem Material z. B. durch ein mindestens. 10 mm dickes Distanzstück aus nichtmagnetischen Material vermieden werden.
Ein weiterer Vorteil berührungslos wirkender Sicherheits-Näherungsschalter besteht in der Möglichkeit, den Zustand mehrerer Schutztüren mit einem einzigen Sicherheitsschaltgerät zu überwachen. Jedoch Vorsicht! Der praktische Einsatz speziell von Magnetschaltern in Kombination mit elektromagnetischen Sicherheitsschaltgeräten zeigt, dass es zu Kompatibilitätsproblemen und damit auch zu Problemen bei der zuverlässigen Erfüllung der Sicherheitsfunktion kommen kann, wenn beide Komponenten von unterschiedlichen Herstellern stammen. Ursachen dafür sind Stromimpulse, die manche elektromagnetischen Schaltgeräte aus funktionellen Gründen aussenden. Oft enthält die begleitende Produktinformation darüber keine Angaben. Die Stromimpulse können zum vorzeitigen Versagen der Magnetschalter führen. Es ist daher ratsam, sich bei den Herstellern beider Komponenten die Unbedenklichkeit der vorgesehenen Kombination bescheinigen zu lassen. Fazit: Sicherheits-Näherungsschalter sind außerordentlich schaltzuverlässig, sehr robust und arbeiten mit höher Verfügbarkeit unter rauhen Umgebungsbedingungen. Da sich darüberhinaus Sicherheits-Näherungsschalter besser und einfacher in zeitgemäße elektronische Steuerungen und in Bus-Systeme funktionell einbinden lassen, gehört ihnen die Zukunft.
Optoelektronische Sicherheitsschalter. Eine weitere Möglichkeit, berührungs- und kontaktlos sicherheitsrelevante Signale zum Überwachen der Schutzstellung trennender Schutzeinrichtung zu erzeugen, bietet die Technik der Lichtwellenleiter, /5.6, 5.83/. Informationsträger ist von LED kommendes monochromatisches sichtbares rotes Licht (maximale Emission bei 660 nm), das durch Lichtwellenleiter zur Auswerteeinheit (Controller) geleitet wird und zwei an der Schließkante der Schutzeinrichtung angebrachte LichtwellenSperrschalter, die durch einen Luftspalt (1 bis 50 mm) getrennt sind, passieren muss, um zur Auswerteeinheit zu gelangen. Je ein Element dieses Paares fungiert als Sender oder als Empfänger, je nach Anschluss an die Auswerteeinheit. Das Öffnen der Schutzeinrichtung unterbricht aufgrund der nachfolgenden Versetzung der optischen Achsen beider Schalter den Lichtfluss. Dieses Unterbrechen erkennt die Auswerteeinheit innerhalb von 13 ms und initiiert entsprechende Sicherheitsfunktionen in der Maschinensteuerung. Die Lichtwellen-Sperrschalter haben je nach Bauweise seitlich bzw. frontal ausgerichtete Linsen oder sind mit einer Doppellinse ausgestattet. Über die Auswahl und Einsatz entscheidet vornehmlich die gegenseitige Lage der Bewegungsachse der Schutzeinrichtung und der optischen Achse der Lichtwellen-Sperrschalter, Bild 5.7-14. Diese Schalter haben ein schlagfestes Gehäuse aus Polycarbonat der Schutzart IP 67, das verschraubt oder in stranggepresste Leichmetallprofile dank der integrierten schnappbaren Steckverbindung eingeklickt werden kann. Die Signalleitung erfolgt mit Lichtwellenleitern, deren Länge frei durch einfaches Abschneiden konfektionierbar ist. Lichtwellen-Sperrschalter sind auf die Lichtwellenleiter ohne größeren Montageaufwand aufsteckbar. Die Verbindung zur Auswerteeinheit erfolgt ohne Verdrahtung und elektrische Energie, sprich ohne potenzielle Zündquellen. Deshalb sind diese Schalter besonders geeignet für den Einsatz in Bereichen mit explosionsfähiger Atmosphäre. Weitere Vorteile bestehen in der relativen Unempfindlichkeit in der Ausrichtung der optischen Achsen beider Elemente der Leichtwellen-Sperrschalter und deren vollständige Verschleißfreiheit.
5.7 Sicherheitsschalter
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Bild 5.7-14 Optoelektronische Sicherheitsschalter nach /5.6, 5.83/
Durch das physikalische (optische) Prinzip der Signalübertragung mit Glasfasern sind Störungen infolge elektromagnetischer Einkoppelungen durch elektromechanische oder elektronische Systeme unmöglich. Die Auswerteeinheit ist diversitär redundant und selbstüberwachend aufgebaut und ermöglicht, mehrere Lichtwellen-Sichereheitsschalter über einen einzigen optischen Kanal in Reihe zu
schalten. Andererseits können mehrere über Steuerung wirkende Schutzeinrichtungen (z. B. Lichtschranken und -vorhänge, elektromechanische Sicherheitsschalter, Not-Halt-Schalter usw.) an sie direkt angeschlossen und somit in die benötigten Sicherheitsfunktionen integriert werden. Integrierte LED zeigen die korrekte Funktion und evtl. Störungen oder Fehler an.
344
5 Sicherheitstechnik
5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen Ortsbindende Schutzeinrichtungen sind nichttrennende Schutzeinrichtungen. Sie positionieren eine einzige Person oder deren Körperteile während gefahrdrohender Situationen an einen sicheren Ort, um beide räumlich zu trennen. Das ortsbindende Schutzprinzip benötigt spezifischen steuerungstechnischen Maßnahmen sowie besonders gestaltete und platzierte äußere Funktionselemente als Signalgeber. Mit ihnen lassen sich entweder gefahrdrohende Situationen nur von einem sicheren Ort aus bewusst auslösen und unterbrechen. Oder sie erlauben gefahrdrohende Situationen erst dann, wenn sich die gefährdete Person an einem sicheren Ort befindet und dies durch Betätigen der Signalgeber quittiert. Im Unterschied zu trennenden Schutzeinrichtungen sichern ortsbindende Schutzeinrichtungen nur diejenigen, die sich am sicheren Ort befinden. Alle anderen können gefährdet sein oder sich gar selbst gefährden. Das ortsbindende Schutzprinzip wird gerätetechnisch mit folgenden äußeren Funktionselementen realisiert: Tipp- oder Schrittschalter, Zustimmeinrichtungen, Schaltplatten oder Schaltmatten, vor allem aber mit Zweihandschaltungen. Im Bild 5.8-1 sind ortsbindende Schutzeinrichtungen unterschiedlicher Wirksamkeit vergleichend gegenübergestellt.
5.8.1 Grundlegende Bauarten ortsbindender Schutzeinrichtungen Tippschalter. Sie bestehen aus einem einzigen Signalgeber mit selbsttätiger Rückstellung, meistens als Druckknopf ausgeführt. Mit ihm kann eine einzelne Person gefahrdrohende Situationen bewusst auslösen und/oder unterbrechen. Dazu stehen drei Ablaufmodalitäten zur Verfügung, Bild 5.8-2 Tippbetrieb. Bewegungen von Maschinenteilen lassen sich durch Betätigen des Druckknopfs starten und nur so lange aufrecht halten, wie der Druckknopf betätigt bleibt. Nach dem Loslassen stoppt die Bewegung. Wegbegrenzter Tippbetrieb, auch als Schrittschaltung bezeichnet, lässt nach jedem Betätigen nur eine begrenzte Wegstrecke der bewegten Maschinenteile zu, z. B. 25 mm beim sog. Inchen. Panikschalter schalten nicht nur beim
Loslassen, sondern auch beim spontanen Durchdrücken des Druckknopfes aus. Tippschalter mit nur einem Betätigungsknopf schützen nur die betätigende Hand. Die andere kann gefährdet sein. Auch handelt es sich bei Tippschaltungen eher um die Umsetzung der Methode der Schadensbegrenzung, denn um Schutzeinrichtungen. Trotz der Ortsbindung der betätigenden Hand wird das Verletzungsrisiko vor allem durch Minderung der Einwirkungsdauer der Verformungsenergie verkleinert. Zustimmeinrichtung (Quittierschalter). Sie verhindern, dass gefahrbringende Bewegungen überraschend anlaufen können, solange sich eine einzelne Person im Gefahrbereich befindet. Erst nachdem sie den Gefahrbereich verlassen hat und dies durch das Betätigen des vom Gefahrbereich unerreichbaren Quittierschalter signalisiert, dürfen gefahrbringende Bewegungen erfolgen. Nach der EN ISO 12 010 sind Zustimmschaltungen handbetätigte Steuereinrichtungen, die in Verbindung mit der Starteinrichtung benutzt werden, und eine Maschinenfunktion nur zulassen, solange sie kontinuierlich betätigt werden, Bild 5.8-3 Schaltmatten und Schaltplatten. Sie erlauben, dass gefahrbringende Bewegungen sich nur einleiten lassen, wenn gefährdete Personen auf diesen äußeren Funktionselementen stehen und bewusst eine Starteinrichtung aktivieren. Die Schutzfunktion ist nur dann erfüllt, wenn die von Schaltmatten und Schaltplatten aus zu betätigende Starteinrichtung eine selbsttätige Rückstellung hat und permanent aufliegende Lasten erkennt. Diese Prinzipien der Signalerzeugung lassen sich durch entsprechende Einbindung in das Sicherheitskonzept der Maschine auch für Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion nutzen. Zweihandschaltungen. Zweihandschaltungen, auch Zweihandeinrückungen genannt, sind die geläufigsten ortsbindenden Schutzeinrichtungen. Ihre Schutzwirkung beruht darauf, dass gefahrbringende Situationen durch bewusstes beidhändiges gleichzeitiges Betätigen zweier Bedienteile ausgelöst werden und ihre Aufrechthaltung an das Verbleiben beider Hände auf den Bedienteilen gebunden ist. Gefahrbringende Situationen bleiben allerdings nur für den unerreichbar, der die Zweihandschaltung aktiviert.
5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
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Bild 5.8-1 Ortsbindende Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)
'HULP+DOWHEJHOLQWHJULHUWH6FKDOWHUZLUGEHLP )KUHQGHU+HFNHQVFKHUH]ZDQJVOlXILJEHWlWLJW 2UWELQGHQGH6FKXW]ZLUNXQJOlVVWVLFKEHVRQGHUV YRUWHLOKDIWDQ0DVFKLQHQXQG*HUlWHQDQZHQGHQGLH PLWEHLGHQ+lQGHQJHKDOWHQRGHUJHIKUWZHUGHQ PVVHQ =ZHLXQWHUVFKLHGOLFKDNWLYLHUEDUH%HGLHQWHLOHDPEHVWHQ PLW6FKDOWVSHUUH 'LVWDQ]EJHON|QQHQIUGDV(LQKDOWHQYRQ 6LFKHUKHLWVDEVWlQGHQEHLP1DFKJUHLIHQ VRUJHQ 2UWYHUlQGHUOLFKH6WlQGHUIU=ZHLKDQGVFKDOWXQJHQ PVVHQVWDQGIHVWVHLQXQGGUIHQNHLQH6WROSHUVWHOOHQ ELOGHQ =XOHLWXQJHQPVVHQYRUPHFKDQLVFKHQ %HVFKlGLJXQJHQJHVFKW]WVHLQ
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345
5 Sicherheitstechnik
346
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Bild 5.8-1 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
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5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
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347
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Bild 5.8-2 Modalitäten von Tippschaltungen
Ortsbindende Schutzwirkung lässt sich mit entsprechend gestalteten Schaltelementen auch für gefährdete untere Gliedmaßen umsetzen. Einsatz von Zweihandschaltungen ist vor allem dort von Vorteil, wo zyklische, sich kurz wiederholende Eingriffe in potentielle Gefahrstellen zu sichern sind, wie z. B. bei handbeschickten Pressen. Der Einsatz von Zweihandschaltungen ist bei diesen Maschinen nur dann zulässig, wenn sich gefahrbringende Arbeitshübe oder Arbeitszyklen steuerungs- und antriebstechnisch jederzeit stufenlos unterbrechen lassen. Zuverlässiges Erfüllen der ortsbindenden Schutzwirkung einer Zweihandschaltung hängt entscheidend von der Konzeption und der Ausführung der mit ihr funktionell gekoppelten Steuerung ab, da Bauteilversagen oder erfolgreiche Manipulation die Wirkung in Frage stellen. Das einzuhaltende Sicherheitsniveau und somit auch die Architektur und Ausführung der Steuerung hängen vom Ergebnis der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ab. Auch hier ist nicht das maximale, sondern ein optimales Niveau anzustreben. Die Steuerung muss je nach Ergebnis eine oder mehrere folgender Bedingungen erfüllen: • Auftreten eines einzelnen Fehlers in der Zweihandschaltung darf keinen Steuerbefehl bewirken. • Ein Fehler in der Zweihandschaltung darf sie nicht zur Einhandschaltung machen
Bild 5.8-3 Zustimmschaltung mit Ortsbindung [5.61]
• Nach Auftreten eines Fehlers in der Zweihandschaltung lässt sich kein Steuerbefehl mehr erzeugen. Die Norm EN 574 legt für die Modalitäten der Sicherheitsfunktion von Zweihandschaltungen drei Arten fest, von der einfachsten Serienschaltung beider Schaltelemente (kaum eine Sicherheit gegen Fehler oder Manipulationen) bis zu einfehlersicheren bzw. sich selbstüberwachenden Steuerungen, Bild 5.8-4. Einfach konzipierten Zweihandschaltungen können ihre Schutzfunktion nur erfüllen, wenn Hände aus technologischen Gründen, z. B. an Hand- oder Tragegriffe von Elektrohandwerkzeugen gebunden sind. Zweihandschaltungen erfüllen ihre Schutzfunktion nur dann vollständig, wenn sie mehreren Bedingungen genügen: • Beide Bedienteile müssen so angeordnet sein, dass sie sich weder mit einer einzelnen Hand, noch mit einer Hand und anderen Körperteilen „unbeabsichtigt“ betätigen lassen. Bedienteile müssen mindestens 260 mm voneinander entfernt sein (Fadenmaß) und durch räumliche Anordnung, mit Schutzkragen oder Verdeckungen gegen großflächiges Berühren und Betätigen gesichert sein, Bild 5.8-5. • Betätigen beider Bedienteile darf nur jeweils einen Steuerbefehl (EIN-Befehl) am Ausgang der Zweihandschaltung bewirken. • Steuerbefehle dürfen nur dann erzeugt werden, wenn beide Eingangsbefehle synchron erfolgen; eine Zeitdifferenz von 0,5 s
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Bild 5.8-4 Zweihandschaltungen nach EN 574 %HWlWLJXQJ
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=ZHLKDQGVFKDOWXQJ ]HLWOLFKHU$EODXI 6WDUW 6WRS
348 5 Sicherheitstechnik
5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
)XQNWLRQ
• Steuerbefehl darf nur solange erzeugt werden, wie beide Bedienteile betätigt sind und die Ortsbindung gegeben ist. • Rückzug auch nur eines Eingabebefehls, z. B. durch Loslassen eines Bedienteils, muss den Steuerbefehl aufheben. Die Freigabe auch nur eines der beiden Bedienteile muss folgerichtig die gefahrbringende Bewegung zwangsläufig unterbrechen. • Gefahrbringende Bewegung muss sich so schnell abbremsen lassen, dass die gefährdete Person nicht in die Gefahrstelle nachgreifen kann, nachdem sie eins der beiden Bedienteile losgelassen hat. Die einzuhaltende Entfernung s der Zweihandschaltung von der Gefahrstelle muss die Bedingung erfüllen:
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349
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W
Bild 5.8-5 Zweihandschaltung mit hohem Sicherheitsniveau
ist zulässig. Gefahrbringende Bewegung dürfen folglich nur anlaufen, wenn beide Bedienteile synchron innerhalb von 0,5 s betätigt werden. Das ist eine der wichtigsten Maßnahmen gegen Manipulationen durch Blockieren eines der beiden Bedienteile. • Sind zwei Zweihandschaltungen funktionell gekoppelt, wie z. B. bei großen Metallpressen, die von zwei Arbeitern beschickt werden müssen, können sie, lebensnah betrachtet, die vier Bedienteile auf Dauer nicht innerhalb von 0,5 s gleichzeitig betätigen; in diesem Fall muss von der Synchronisationsbedingung sofern Abstand genommen werden, dass sie jeweils nur auf die einzelnen Zweihandschaltungen beschränkt bleibt.
• Danach kann ein erneuter Steuerbefehl erst wieder gegeben werden, wenn auch der andere Eingabebefehl zurückgezogen wurde. Sind Zweihandschaltungen in bewegliche Pulte integriert, müssen sie so gestaltet sein, dass sie • allen Betriebsbedingungen standhalten • sich nur mit Werkzeugen öffnen lassen • gegen Manipulationen und großflächige Betätigungen gesichert sind • keine Anstoßkanten bilden • durch Stöße oder Umfallen keine ungewollten Startsignale erzeugen. Gleiche Anforderungen stellen sich an Zweihandschaltungen, die in Handterminals integriert sind, Bild 5.8-6. Der Sicherheit ist es besonders dienlich, wenn sie mit Panikabschaltungen ausgerüstet sind, die so gestaltet sind, dass sie zu Abschalten Greifreflexe der Hand nutzen, mit denen jeder spontan und willensunabhängig auf bedrohliche Situationen reagiert. 'LH =XYHUOlVVLJNHLW HLQHU VLFKHUHQ 6WHXHUXQJ KlQJW DXFK YRQ GHU JHUlWHWHFKQLVFKHQ $XVIKUXQJ
5 Sicherheitstechnik
350
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führung des Schutzsystems unterschiedliche Sicherheitsabstände normkonform sein, Bild 5.8-8 Einzelheiten regelt die harmonisierte europäische Norm EN 692. Bei lebensnaher Betrachtung muss beim Festlegen des Sicherheitsniveaus neben den Kriterien der Risikobeurteilung (Schwere der Verletzung, Häufigkeit, Aufenthaltsdauer und Möglichkeit der Vermeidung von Gefährdungen) auch die Möglichkeit von Manipulationsversuchen bzw. die Motivationen zu diesen gefährlichen Eingriffen in Betracht gezogen werden. Nochmals: Manipulationen deuten in den meisten Fällen nicht auf einen leichtsinnigen Umgang mit Gefahren hin sondern offenbaren eher die Not der Benutzer mit den nicht zu Ende gedachten Handhabungs- bzw. Bedienungskonzepten. Auch wenn Manipulationsbemühungen der Maschinenbenutzer durch aufwendige Steuerungen präventiv entgegengewirkt wird, zeigt die Lebenserfahrung, dass auch noch so ausgeklügelte Steuerungskonzepte weder der Phantasie noch der Kreativität Betroffener auf Dauer standhalten, sobald deren Leidensdruck durch falsches Maschinen- oder Bedienungskonzept groß genug wird.
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Bild 5.8-6 Zweihandschaltungen im Handterminal mit integrierter Panikabschaltung [5.62]
GHU ]X EHWlWLJHQGHQ 6FKDOWHOHPHQWH DE )HKOHU LQ 6FKDOWNRQWDNWHQ .RQWDNWYHUVFKZHLXQJHQ )HGHU EUFKH GUIHQ =ZHLKDQGVFKDOWXQJHQ QLFKW LQ (LQ KDQGVFKDOWXQJHQ RKQH 6FKXW]IXQNWLRQ XPIXQNWLR QLHUHQEHVRQGHUVQLFKWEHL6\VWHPHQPLWHLQIDFKHQ 6WHXHUXQJHQ6LQG6FKDOWNRQWDNWHDQWLYDOHQWPLWHL QHP6FKOLHHUXQGgIIQHUNRQWDNWMH(LQJDQJVNDQDO DXVJHIKUWXQGHUNHQQWGLH6LJQDOYHUDUEHLWXQJRELJH )HKOHUVLQGJHIlKUOLFKH6LWXDWLRQHQYHUKLQGHUW(LQH ZHLWHUH 9HUEHVVHUXQJ GHU =XYHUOlVVLJNHLW EHGHXWHW UlXPOLFKHV 7UHQQHQ GHU 6FKDOWNRQWDNWH GDV GDQQ HLQH JHJHQVHLWLJH %HHLQÀXVVXQJ LP )HKOHUIDOO DXV VFKOLHW%LOG Beim Festlegen von Sicherheitsabständen müssen die geometrischen und steuerungstechnischen Konzeptionen der Maschine berücksichtigt werden. Bei Pressen, dem klassischem Einsatzgebiet von Zweihandschaltungen, können je nach Aus-
5.8.2 Gestaltung ortsbindender Schutzeinrichtungen Beispiele für wichtige Gestaltungsaspekte von Zweihandschaltungen und deren Umsetzungen sind im Bild 5.8-9 zusammengefasst. Gestaltungsmaßnahmen, die bei gleichem Sicherheitsniveau die Arbeit vereinfachen, vergrößern eher die Chance, dass nicht versucht wird, Zweihandschaltungen zu manipulieren. Neben geometrischen Maßnahmen, wie Einhalten von lichten Abständen zwischen Schaltknöpfen, Festlegen des Abstands zur Gefahrstelle unter Berücksichtigung der Greifgeschwindigkeit und Abbremszeit oder materielle Barrieren, die großflächiges Berühren der Schaltknöpfe verhindern, sind ergonomische Gestaltungsmaßnahmen, die zu einfachen, körpergerechten Betätigungsabläufen führen, von entscheidender Bedeutung. Wenn Zweihandschaltungen zyklische, sich oft wiederholende Eingriffe in Gefahrstellen sichern, ist Folgendes zu beachten: Aufgrund der häufigen Betätigungen und sich ständig wieder-
5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
.RQWDNW .RQWDNW DXVIKUXQJ HOHPHQWH
6FKOLHHU
6FKHPD 1U
351
(UOlXWHUXQJHQ )HKOHULQGHQ 6FKDOWHOHPHQWHQ]% YHUVFKZHLWHU6FKOLHHU )HGHUEUXFKXVZ IKUW]XP9HUOXVWGHU RUWELQGHQGHQ:LUNXQJ GHU=ZHLKDQGVFKDOWXQJ 6LHZLUG]XU (LQKDQGVFKDOWXQJ
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6FKOLHHUgIIQHU
VHSDUDWH .RQWDNW HOHPHQWH
holenden Eingriffe in den Arbeitszyklus (z. B. Einlegen und Entnehmen von Werkstücken in Pressenwerkzeuge) wirkt sich jede unnatürliche Körperhaltung negativ auf die Akzeptanz aus. Solche Körperhaltungen können verursacht werden z. B. durch eine an durchschnittlich große Personen angepasste Montagehöhe der Druckknöpfe, mit der weder kleinere noch größere Personen (also die Mehrheit) zurechtkommen. Aber auch unnatürliche oder überflüssige Bewegung wirken sich auf Dauer erschwerend aus. Dies alles führt immer wieder zu Akzeptanzproblemen der ganzen an sich sehr zuverlässig ortsbindend wirkenden Zweihandschaltungen. Trotz des erheblichen gerätetechnischen und steuerungstechnischen Aufwands verlieren Zweihandschaltungen ihre Schutzwirkung, sobald sich mehrere Personen im Gefahrbereich aufhalten. Auch verfahrenstechnische Gründe können gegen den Einsatz von Zweihandschaltungen sprechen. Wie auch immer, ist im jeden Einzelfall im Rahmen der Risikobeurteilung durch Abgleich mit den für die jeweilige Maschine relevanten und aktuellen harmonisierten EN-Normen zu prüfen, ob eine Zweihandschaltung als alleinige Schutzmaßnahme dem aktuellen Stand der Tech-
1XUEHL]ZHLYRQHLQDQGHU XQDEKlQJLJHQ6FKDOW V\VWHPHQEHHLQIOXVVW HLQHLQ]HOQHU.RQWDNW IHKOHULQNHLQHU:HLVH GLHRUGQXQJVJHPlH )XQNWLRQGHVDQGHUHQ 6FKDOWNRQWDNWV
Bild 5.8-7 Gestaltung der Schaltelemente von Zweihandschaltung [5.63]
nik wiedergibt. So wurde z. B. die Typ C Norm EN 693 "Hydraulische Pressen" insofern modifiziert, dass Zweihandschaltungen nur noch für eingeschränkte Fenstergrößen (650 mm) sowie für seitlochen Zugriffschutz akzeptabel sind, um Gefährdungen Dritter zu verhindern. Zweihandschaltungen lassen sich mit anderen Schutzmaßnahmen ergänzen bzw. kombinieren, so z. B. an Gesenkbiegemaschinen. Kombinationsschaltungen. Gesenkbiegen ist ein Umformverfahren zur Formgebung von Werkstücken aus Feinblechen (Blechdicke 1 bis 20 mm) aus Eisen- und Nichteisenmetallen. Das Umformen (Abkanten) erfolgt zwischen dem am Hubbalken befestigten Oberwerkzeug und dem in der unteren Werkzeugaufnahme fixiertem Unterwerkzeug. Der meistens hydraulisch niedergehende Hubbalken drückt das Werkstück in das Unterwerkzeug. Dabei schmiegt sich das Werkstück an die Form des Oberwerkzeugs an. Bei sog. Luftbiegungen (unvollständige Nutzung des möglichen Maschinenhubs) ergeben sich gewünschte Biegewinkel, Kantenradien und die Konturen der Biegelinie aus dem Umformungsgrad, der Form des
5 Sicherheitstechnik
352
6FKXW]PDQDKPH =ZHLKDQGVFKDOWXQJ WUHQQHQGH 6FKXW] 3XOW %HGLHQWHLOH HLQULFKWXQJ
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Bild 5.8-8 Zweihandschaltungen an Pressen [5.64]
6
gIIQHQGHU9HUNOHLGXQJ IKUW]XP6WLOOVWDQGGHUJH IDKUEULQJHQGHQ6FKOLH EHZHJXQJ
5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
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Bild 5.8-9 Gestaltungsregeln für Zweihandschaltungen (Fortsetzung nächste Seite)
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353
354
5 Sicherheitstechnik
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6FKDOWHUPVVHQDQLKUHP7UlJHUVR DQJHEUDFKWVHLQGDVVVLFKGLH6\QFKURQ EHGLHQXQJGXUFK$XIOHJHQDXIKDUWH2EHU IOlFKHQQLFKWXQZLUNVDPPDFKHQOlVVW $P%RGHQOLHJHQGH.DEHON|QQHQ6WROSHU VWHOOHQELOGHQHLQH=XIXKUGHU.DEHOYRQ REHQYHUKLQGHUWGLHV
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1DFKXQWHQJHQHLJWH %HGLHQWHLOHIKUHQ]XU HQWVSDQQWHQ$UPKDOWXQJ 1RW+DOW
'LVWDQ]ULQJ
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Bild 5.8-9 Gestaltungsregeln für Zweihandschaltungen
5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
Oberwerkzeugs und Rückfederung des Materials. Beim Prägen hingegen wird so lange gepresst, bis das Werkstück die Werkzeugform vollständig angenommen hat. Bei beiden Verfahren müssen Werkstücke oftmals mehrfach mit gleichem Werkzeug gebogen werden. Dazu muss der Arbeiter das Blech zwischen einzelnen Umformschritten entnehmen, verschieben und drehen. Auch lässt es sich nicht vermeiden, dass er das Werkstück während des Biegens von Hand halten und führen muss. Der Arbeiter agiert unmittelbar im Wirk-
bereich der Gesenkbiegemaschine. Im Bild 5.8-10 ist das Ablaufschema des Abkantens dargestellt. Während der Wirkbewegung entstehen mehrere Quetschstellen, so z. B. zwischen Blech und Werkzeug 1) bei der Schließbewegung, zwischen Blech und Hubbalken 2 während des Biegevorgangs und zwischen gebogenem Blech und Werkstückauflage 3 beim Rückschwenken. Es ist nur verständlich, dass Schutzmaßnahmen, die einerseits Hände schützen aber auch ein Führen des Bleches erlauben, unabdingbar sind und sich wohl nicht
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355
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Bild 5.8-10 Bestätigungsabfolge der Kombinationsschaltung beim Gesenkbiegen
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5 Sicherheitstechnik
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Safetyballs. Eine Zweihandschaltung, zwar ungewöhnlich im Design aber funktionell und ergonomisch einwandfrei gestaltet, stellen die Betätigungskugeln des Systems Safetyballs dar, Bild 5.8-11. Die Zweihandschaltung besteht aus zwei kugeligen Handhaben (der Grundkörper ist aus glasfaserverstärktem Polypropylen, der Betätiger ist aus weichem Elastomer auf Polypropylenbasis hergestellt) mit je zwei im Inneren der Kugeln gegenüberliegenden Drucktastern, die als ÖffnerSchließer-Kombination so geschaltet sind, dass ein Umgehen auf einfache Weise nicht möglich
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mit einer einzigen Schutzmaßnahme verwirklichen lassen. Kombinationsschaltungen bestehen aus einem Stehpult, an dem unten ein Fußschalter und oben die Zweihandschaltung angebracht ist. Sie ist mit dem Fußschalter funktionell so gekoppelt, dass ihre ortsbindende Schutzwirkung während der gefahrbringenden Schließbewegung bis zum Zusammenfahren der Quetschstelle zwischen Werkzeug und Blech auf einen sicheren Mindestabstand von 8 mm wirksam bleibt. Bei Blechen, die dicker als 6 mm sind, kann die Öffnungsweite maximal um das Maß der jeweiligen Blechdicke vergrößert werden, sofern die Breite des Oberwerkzeugs die des Werkstücks nicht überschreitet oder die über die Werkstückbreite hinausgehenden Teile des Werkzeugs ausreichend verdeckt sind. Durch Betätigen der Zweihandschaltung senkt sich das Oberwerkzeug bis auf einen sicheren Mindestabstand. Die Schließbewegung stoppt danach erstmals selbsttätig oder stellt auf die als gefahrlos geltende Schließgeschwindigkeit von 10 m/min um. Betätigen des Fußschalters (ohne Selbsthaltung) leitet die zweite Schließphase ein. Die Hände können das Blech sicher führen oder halten, aus geometrischen Gründen aber nicht mehr in die Quetschstelle am Werkzeug gelangen. Der Spalt ist inzwischen zu schmal geworden. Die Schließbewegung ist gefahrlos vollendet. Das Werkzeug kehrt nach abgeschlossenem Hub selbsttätig in die obere Ausgangslage zurück. Kombinationsschaltungen schützen weder vor Quetschungen zwischen dem nach oben schwenkendem Blech und dem Hubbalken während des Arbeitshubs noch vor Quetschungen durch das nach dem Öffnen der Werkzeughälften auf die Werkstückauflage zurückfallende Werkstück.
VFKZDU] JUDX
356
$ $ 66 66 ; ; 6LFKHUKHLWVUHODLV
Bild 5.8-11 Zweihandschaltung Safetyballs /5.37/
5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen
ist. Die Schaltelemente der Drucktasten sind vom Elastomer wasserdicht (Schutzart IP 67) umhüllt. Das Schaltsignal wird ausgelöst durch natürliche Greifbewegung der aufgelegten Hand, die die Kugel bequem umschließt. Signalverarbeitung erfolgt mit einem Sicherheitsrelais in doppelter und überwachter Schaltung. Betätigungskugeln lassen sich verschiedenartig mit der Maschine verbinden: fest oder drehbar. Bei letztgenannter Befestigungsart kann sich der Arbeiter die räumliche Lage der Kugeln selbst so positionieren, wie er sie am bequemsten erreichen kann. Dies ist ein wichtiger ergonomischer Vorteil dieser ungewöhnlich aussehenden, aber voll funktionierenden Zweihandschaltung. Denn bei sich zyklisch wiederholenden Betätigungen, denen sich z. B. noch Einlege- oder Entnahmearbeiten anschließen, ist beim Gestalten und Platzieren unbedingt auf ergonomische Aspekte zu achten, da unnötige, zusätzliche Bewegungen oder ermüdende Körperhaltungen die Akzeptanz von Zweihandschaltungen beeinträchtigen können. Diese Zweihandschaltung ist vom SAQ (Swedish Association for Quality, Stockholm) zertifiziert und erfüllt die höchste Sicherheitsstufe der Normen EN 574 (Typ III c). O p t o e l e k t r o n i s c h e Zwe i h a n d s c h a lt u n g . Eine Möglichkeit berührungs- und kontaktlos sicherheitsrelevante Signale einer Zweihandschaltung zu erzeugen bietet das optoelektronische Prinzip, /5.6, 5.83/. Diese Zweihandschaltung wird als Baukasten angeboten, bestehend aus zwei Handhaben und einer Auswertungseinheit. Diese ergonomisch gestaltete Zweihandsteuerung reduziert Hand-, Gelenk-, und Armbelastung beim wiederholten Auslösen, da kein körperlicher Kraftaufwand zu deren Aktivierung notwendig ist. Das kraftlose Anlegen des Fingers einer Hand in die Mulde der jeweiligen Handhabe innerhalb von 0,5 s erzeugt Schaltsignale durch
357
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Bild 5.8 -12 Zweihandsteuerung STB Duo-Touch /5.6, 5.83/
Beeinflussung eines Lichtstrahls zwischen beiden Wangen der Mulde, Bild 5.8-12. Die optischen Taster werden durch Strahlunterbrechung aktiviert und sind selbstüberwachend. Sie haben jeweils einen Schließer- und Öffnerschaltausgang sowie jeweils zwei stromliefernde PNP-Ausgänge. Redundante optische Kanäle, die von in der in den Handhaben integrierten diversitären Mikrokontrollern überwacht werden, sorgen für einen zuverlässigen Eingang der ausgelösten Schaltsignale in die Auswertungseinheit. Sobald ein Fehler auftritt, halten die Mikrokontroller die Ausgänge im Aus-Zustand. Blinkende Leuchtdioden signalisieren aufgetrete Fehler an die Umgebung. Sobald der Bediener einen oder beide Finger aus der Mulde wegnimmt, entregen sich die Relais in der Auswerteeinheit. Dadurch öffnen sich die Ausgangskontakte. Die Relais werden erst dann wieder erregt, wenn beide Handhaben zuerst synchron deaktiviert und dann synchron reaktiviert werden. Erst dann ist ein erneutes Schaltsignal möglich. Einige europäischen Länder ziehen die zuverlässige Schutzwirkung der Zweihandschaltungen immer wieder in Zweifel. Ob Zweihandschaltungen noch weiterhin als alleinige Schutzmaßnahme im Sinne des Standes der Technik, z. B. bei Pressen, angesehen sein werden, wird die Zukunft zeigen.
358
5 Sicherheitstechnik
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion sind nichttrennende Schutzeinrichtungen. Sie bestehen aus Sensoren und einer steuerungstechnischen Einrichtung. Sie überwachen Schutzfelder, die als eindimensionale Linie, als zweidimensionale Fläche oder als dreidimensionaler Raum ausgebildet sein können. Sie erkennen Störungen der Felder als Eindringen in das Schutzfeld und somit als potentielle Gefährdung. Dann lösen sie unmittelbar eine Sicherheitsfunktion aus, indem sie z. B. ablaufende gefahrbringende Situationen an Gefahrstellen oder in Gefahrbereichen zuverlässig und rechtzeitig abbrechen oder erst gar nicht aufkommen lassen. Ihre Wirkung beruht auf steuerungstechnischen Maßnahmen und ist vorerst immateriell. Es besteht daher keinerlei Schutz gegen herausfliegende Teile oder gegen Hineinstolpern in Gefahrstellen oder Gefahrbereiche. Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion werden vornehmlich zum Flächenschutz, d. h. zur Sicherung gefährlicher Bereiche oder zum Verhindern von Schäden bei unerwünschtem Kontakt von Personen mit bewegten Gegenständen, d. h. zum Kollisionsschutz eingesetzt. Viele Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion lassen sich je nach Sicherheitsfunktion sowohl mit feststehenden als auch mit bewegten Maschinen oder Maschinenteilen funktionell koppeln, Bild 5.9-1.
5.9.1 Bauarten der Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion unterscheiden sich primär in der Art der Aktivierung der Signalauslösung. Sie erfolgt mit oder ohne körperlichen Kontakt, Bild 5.9-2. Durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen. Sobald eine, auch noch so kleine Kraft durch Berührung der Schutzeinrichtung aufgebracht werden muss, um Sensoren zu aktivieren oder Signale auszulösen, handelt es sich um durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen bzw. von mechanisch betätigte Schutzeinrichtungen. Die Art ihrer Aktivierung lässt sich nach dem angewendeten Wirkprinzip der Signalerumwandlung weiter differenzieren.
In der Praxis haben sich mehrere physikalische Prinzipien zur Umsetzung einwirkender Kräfte in weiterverarbeitbare Signale bewährt. Bei elektromechanisch arbeitenden Systemen wird durch Auslenkung eines Körpers eine Bewegung hervorgerufen, die einen Schalter betätigt. Pneumatische Schutzeinrichtungen erzeugen eine Druckdifferenz, die einen Druckschalter aktiviert. Bei elektrisch arbeitenden Systemen wird durch Verformen oder Berühren eines Körpers der innere elektrische Widerstand und damit der Stromfluss im System verändert. Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen. Bei berührungslos wirkenden Schutzeinrichtungen (BWS) erzeugen Störungen oder Änderungen eines Energiefeldes ein Signal, das die nachgeschaltete Steuerung weiterverarbeitet. Dabei muss keinerlei körperlichen Kontakt zu dem zu erkennenden Objekt bestehen. Zur Signalerzeugung werden physikalische Effekte aus dem Gebiet der Optoelektronik, der Wärmestrahlung und der Ultraschallakustik genutzt. Lichtempfindliche Sensoren erzeugen bei optoelektronisch wirkenden Systemen (Lichtschranken, Lichtgitter und Lichtvorhänge) ein elektrisches Dauersignal, das bei Störung des Strahles unterbrochen wird. Lichtvorhänge mit periodisch ausgelenktem und breit gefächertem Lichtstrahl, der nach Durchstreifen des Schutzfeldes vom linienförmigen Spiegelsystem zum Sender zurückgeworfen wird, funktionieren nach dem gleichem Prinzip. Laser-Scanner tasten kontinuierlich wie ein Radar die Umgebung in einer Ebene ab. Objekte (Personen oder Gegenstände) werden nur dann erkannt, wenn sie genügend Licht reflektieren. Bei Systemen, die nach dem Ultraschallprinzip arbeiten, sendet wie beim Echolot eine Schallquelle Ultraschall aus, dessen Wellen von den zu identifizierenden Objekte reflektiert werden. Der in der Schallquelle integrierte Sensor fängt sie auf und wandelt sie in elektrische Signale um, die von der Auswerteeinheit weiterverarbeitet werden. Beide letztgenannten aktiven Abtastsysteme sind neuartige Sicherheitssysteme, die sich zum Teil noch in der Entwicklung befinden aber auch schon im Sinne des Anhangs IV der Maschinenrichtlinie zertifiziert sind. Bei den auf Wärmestrahlung reagierenden Systemen detektieren passive Infrarot-Sensoren die
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
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Bild 5.9-1 Anwendungsbeispiele von Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
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359
5 Sicherheitstechnik
360
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Bild 5.9-2 Grundtypen der Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
5HLFKZHLWHLVW IUHTXHQ]DEKlQJLJ
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5DXP
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361
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
von Objekten oder Personen ausgehende Strahlung und wandeln sie in Signale um. Die in Thermoelementen erzeugte Spannung ist dem im Detektor erfassten Wärmestrahlenfluss innerhalb des wirksamen Raumwinkels direkt proportional.
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5.9.2 Durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen 6WDUUN|USHU EHZHJXQJ
Durch Berührung wirkende, d. h. mechanisch betätigte Schutzeinrichtungen lösen nach Körperkontakt Signale aus. Sie haben die Aufgabe, gefahrbringende Situationen rechtzeitig zu unterbrechen, sie zu verhindern bzw. Maschinen oder deren Teile in sichere Betriebszustände zu versetzen, sobald Personen oder Körperteile sich dem zu sichernden Bereich zu sehr angenähert und dabei wirksame Betätigungsflächen der Schutzeinrichtungen berührt haben. Mit Berührung wirkenden Schutzeinrichtungen lassen sich durch entsprechende Einbindung in das Sicherheitskonzept von Maschinen auch als ortsbindende Schutzeinrichtungen nutzen. Grundtypen. Durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen unterscheiden sich nach ihrer geometrischen Form (Linie, Fläche, Körper) und danach, wie Betätigungskräfte in informationstragende Bewegungen umgesetzt werden (durch Starrkörperbewegung oder durch elastische Verformung), Bild 5.9-3. Als Betätigungskraft wird jene Kraft bezeichnet, die Schutzeinrichtungen ansprechen lässt und durch steuerungstechnische Verknüpfung gefahrbringende Situationen unterbricht. Für alle Bauarten gilt, dass ihr Ansprechverhalten von der Größe und Richtung der Betätigungskraft abhängt. Schutzeinrichtungen mit linienförmigen, eindimensionalen Betätigungsflächen werden als Schaltstangen bzw. Schaltleisten, die mit zweidimensionalen Betätigungsflächen als Schaltplatten bzw. Schaltmatten bezeichnet. Dreidimensionale, meistens quaderförmige elastisch verformbare Schutzeinrichtungen werden als Bumper (Schaltpuffer) bezeichnet. Schaltleisten und Schaltmatten sind bewusst elastisch, meistens als Gummihohlprofile ausgeführt. Einwirkende Kräfte verformen lokal deren wirksamen Betätigungsflächen. Schaltstangen, Schaltbügel und Schaltplatten sind dagegen formbeständig ausgeführt. Einwir-
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HODVWLVFKH 9HUIRUPXQJ
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Bild 5.9-3 Grundtypen der durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
kende Kräfte bewegen deren wirksame Betätigungsfläche als starren Körper. Bewegungsart und -bahnen sind von der Lagerungs- bzw. Führungsart vorbestimmt. Beide Bewegungsarten, Starrkörperbewegungen und Verformungsbewegungen, tragen Informationen, die in Sensoren zu weiterverarbeitbaren Signalen umgewandelt werden. Schaltleisten und Schaltstangen werden vornehmlich zur Absicherung linienförmiger Gefahrstellen (z. B. Einzugstellen oder Quetsch- und Scherkanten an steuernden trennenden Schutzeinrichtungen) verwendet. Gelangen Personen oder Körperteile in Trajektorien gefahrbringender Bewegungen und berühren dabei wirksame Betätigungsflächen, müssen Schaltleisten und Schaltstangen ansprechen, um gefahrbringende Situationen zu beenden. Schaltplatten und Schaltstangen sind im Unterschied zu Schaltleisten und Schaltmatten keine Handelsware, sondern müssen von Maschinenherstellern für konkrete sicherheitstechnische Fragestellungen konstruiert, gestaltet und angefertigt werden. Schaltmatten und Schaltplatten werden haupt-
362
5 Sicherheitstechnik
sächlich zur Absicherung betretbarer Gefahrbereiche eingesetzt. Sobald Personen auf sie treten oder auf ihnen stehen, wird dies erkannt und AusBefehle für gefahrbringende Situationen erteilt. Schaltplatten vertragen aufgrund ihres mechanischen Aufbaus höhere Belastungen durch Kräfte und Flächenpressungen als Schaltmatten. Werden Schaltmatten oder Schaltplatten nicht in den Boden eingelassen sondern nur aufgelegt, können sie Stolperstellen bilden. Dann müssen sie in abgeschrägten Rampenschienen eingefasst werden.
400 N und 600 N zu messen und die Kurve mit Geraden zu interpolieren. Ihr Verlauf hängt auch von der Betätigungsgeschwindigkeit (gleichzusetzen mit der maximalen Geschwindigkeit der gefahrbringenden Bewegung) ab. Sie beeinflusst die Nachlaufzeit und somit auch den Nachlaufweg. Beim Auswählen sind außer der Geschwindigkeit des Objektes, an das die Schutzeinrichtung ange'LDJUDPPH
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Kraft-Weg-Diagramm. Beim Auswählen von Schaltleisten sind Verlauf und Werte der Betätigungskraft über dem Verformungsweg (KraftWeg-Diagramm, Bild 5.9-4) von Bedeutung, da nach dem Berühren die Schließbewegung einer Quetschkante aufgrund des unvermeidbaren Nachlaufs vorerst im Sinne einer Verengung weiter geht. Die zur Signalgebung notwendigen Kräfte dürfen bei den mit Berührung wirkenden Schutzeinrichtungen, sofern sie an bewegten Maschinen oder Maschinenteilen, z. B. an Schließkanten kraftbewegter Schutzeinrichtungen angebaut sind, den Wert von 150 N nicht überschreiten, wenn die Schließbewegung nach Ansprechen des Sensors umsteuert, reversiert. Ist die Bewegung nicht umsteuerbar, sind maximal 70 N tolerierbar. An kraftbetätigten Türen und Toren darf der Impuls der maximalen Kraft von 450 N nicht länger als 0,7 s andauern. Die Höhe des Gummihohlprofils muss gewährleisten, dass Anhaltewege der gefahrbringenden Bewegung an den gesicherten Kanten kleiner sind als der Verformungsweg. Verformungen und Reaktionskräfte hängen von der Bauhöhe und der Struktur des Gummihohlprofils und vom verformbaren Volumen ab. Das Gummihohlprofil muss so gestaltet sein, dass Schaltleisten bei beliebiger Richtung des Kraftvektors, nicht nur senkrecht zur Betätigungsbewegung ansprechen. Je nach Bauform und Profilhöhe ergeben sich unterschiedliche Kraft-Weg-Verläufe. Hersteller sind verpflichtet, für jedes erhältliche Signalgeberprofil das Kraft-Weg-Diagramm anzugeben. Der Kraftverlauf muss bezogen auf den zurückgelegten Weg bis zum Erreichen der Betätigungskraft kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet sein. Zur weiteren Darstellung reicht es, den zurückgelegten Weg für Kräfte von 250 N,
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Bild 5.9-4 Nachgiebigkeit von Hohlprofilen /5.8/
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5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
baut werden soll, auch noch dessen Massenträgheit und das dynamische Verhalten der Steuerung und Bremsen zu beachten. Wegen der Komplexität des dynamischen Vorgangs dürfen z. B. Schaltleisten an kraftbetätigten Toren nicht mehr isoliert betrachtet, sondern Schließ-, Ansprech- und Reversierverhalten müssen als Ganzes gelöst und messtechnisch dokumentiert werden. Wirkprinzip. Schaltstangen und Schaltleisten, Schaltplatten und Schaltmatten bestehen aus folgenden Komponenten: 1. Signalgeber 2. Signalübertragung 3. Signalverarbeitung Diese Systemkomponenten können als separate Einzelkomponenten ausgeführt oder in die Schutzeinrichtung räumlich integriert sein. Der Markt bietet zur Zeit unterschiedliche Ausführungen von Schaltleisten und Schaltmatten an. Sie lassen sich, bezogen auf das Wirkprinzip der Signalwandlung, unterteilen in • • • •
elektrische/elektromechanische pneumatische akustische (Infraschall) optoelektronische.
Elektrisch/elektromechanisch wirkende Systeme. Diese Schutzeinrichtungen unterscheiden sich in der Art, wie sie Schaltsignale auslösen und wandeln sowie in der Dimension des Schutzfeldes, das sie erfassen. Die wichtigsten Systeme sind im Bild 5.9-5 vergleichend gegenübergestellt. Elektromechanisch wirkende Schaltbügel sind die ältesten Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion. Mit ihnen wurden schon relativ früh Arbeitsabläufe abgebrochen, um das zeitliche Zusammentreffen von Personen mit gefahrbringenden Situationen zu unterbinden. Schaltbügel haben zwar immer noch trennende Eigenschaften. Aber schon durch unbewusstes, zufälliges Berühren rufen sie zusätzlich in der Maschinensteuerung Schaltsignale hervor, die zu sicheren Zuständen führen. Schaltbügel sind von verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen zu unterscheiden. Diese sind zwar mechanisch ähnlich aufgebaut, müssen aber bewusst geöffnet werden, um entsprechende Schaltsignale zu erzeugen.
363
Elektrische Systeme mit verformbaren wirksamen Oberflächen nutzen galvanische Effekte zur Signalerzeugung. Zu unterscheiden ist zwischen Systemen, die mit konventionellen, diskreten Schaltelementen, z. B. Trennern usw. ausgerüstet sind und Systemen, die als Signalgeber besondere Schaltelemente nutzen, z. B. zwei leitfähige Kunststoffbänder, die im Inneren von Gummihohlprofilen isoliert zueinander angeordnet sind. Je nach Signalgebung wird in Ruhestrom- oder Arbeitsstromprinzip unterschieden. In Systemen, die nach dem Ruhestromprinzip arbeiten, ist der Stromkreis zwischen den Komponenten Signalverarbeitung, Signalübertragung und Signalgeber nur im unbetätigten Zustand der Schutzeinrichtung geschlossen. Betätigen, sprich Verformen des Gummihohlprofils der Schutzeinrichtung, unterbricht den Stromkreis durch zwangsweises Öffnen des Signalgebers, der z. B. als zwangsöffnende Kontaktkette oder eine Vielzahl in Serie gelegter Öffnerkontakte aufgebaut ist. Die Signalverarbeitung erzeugt darauf ein Signal zum Stillsetzen gefahrbringender Situationen. In der Zeile 1 des Bildes 5.9-6 dargestellten Lösung setzt sich die in das Gummihohlprofil der Schaltleiste 1 eingebettete Kontaktkette aus mehreren in Serie geschalteten Öffnern zusammen, die aus einer alternierenden Aufreihung stromleitender Kontaktrollen 2 und isolierenden Zwischenelementen 3 besteht. Die elastische Schnur 4 spannt die Kette vor und drückt die Metallteile der Kontaktelemente aufeinander. Der Stromkreis ist damit geschlossen. Beim Verformen des Gummihohlprofils schiebt sich mindestens eins der konischen Zwischenelemente 3 zwischen zwei benachbarte leitende Kontaktrollen 2 und trennt galvanisch den Ruhestromkreis (mehrfache Redundanz der Trennfunktion). Das Trennen des Stromkreises funktioniert allerdings nur dann zuverlässig, wenn das Gummihohlprofil einschl. der seitlichen Abschlüsse so gestaltet sind, dass keine elektrisch leitende Medien, wie Wasser (einschl. Kondensat), Metall- oder Graphitstaub u. ä. eindringen können. Im Unterschied dazu ist bei Systemen, die nach dem Arbeitsstromprinzip arbeiten (Zeile 2 im Bild 5.5-9), der Stromkreis sowohl bei unbetätigter als auch bei betätigter Schutzeinrichtung geschlossen. Zum Stromkreis, der im unbetätigten Zustand durch beide flexible Elektroden 1 des
5 Sicherheitstechnik
364
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Bild 5.9-5 Elektromechanisch wirkende Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion /5.8, 5.44, 5.84/
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
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Bild 5.9-6 Elektrisch wirkende Schaltleisten nach dem Ruhestromprinzip /5.3, 5.28/
Signalgebers vorerst unterbrochen ist, ist parallel ein Abschlusswiderstand 2 angeschlossen. Damit ist ein definierter Gesamtwiderstand im nichtbetätigten Zustand realisiert, den die Signalverarbeitung 3 überwacht. Signalgeber sind als übereinander angeordnete leitfähige Folienstreifen ausgeführt, die getrennt sind durch eine elastische Isolierschicht, die beim Betätigen elektrisch leitfähig wird (z. B. perforierter PU-Schaum zwischen Metallstreifen oder Kunststoffstreifen, deren Leitfähigkeit vom Verformungsgrad abhängt). Der Signalgeber ist von einem Schlauch 4 umhüllt, der im Inneren von Gummihohlprofilen 5 so untergebracht ist, dass er schon bei geringen Verformungen den Stromkreis schließt. Beim Betätigen verformen sich die elastischen Elektroden und schließen den Stromkreis noch vor dem Abschlusswiderstand. Der Strom fließt
365
am Abschlusswiderstand vorbei, der Gesamtwiderstand des Stromkreises ändert sich schlagartig. Die Signalverarbeitung erfasst diese Änderung und erzeugt ein Signal zum Stillsetzen gefahrbringender Situationen. So lange Schaltelemente verformt sind, bleibt dieser Schaltzustand erhalten (Dauersignalfunktion). Dreidimensional ausgeführte Systeme werden als Bumper (Kontaktpuffer, Prallkissen)bezeichnet. Sie sind elastische Körper aus PolyurethanSchaum mit eingebauten Signalgebern (Schaltelementen). Der Puffer ist mit einer zähen Haut aus Polyester, gummiertem Gewebe u. ä. überzogen, damit sich einerseits seine Formbeständigkeit verbessert und andererseits sich die Beständigkeit gegen Nässe, Verschmutzung und andere Einflüsse erhöht. Beim Kontakt mit Menschen drückt sich das Prallkissen leicht ein. Darauf berühren sich zwei Kontaktflächen im Signalgeber und erzeugen sicherheitsrelevante Signale. Bumper werden vorwiegend zur Sicherung von fahrerlosen Flurförderzeugen und bewegten Baugruppen von Holzbearbeitungszentren eingesetzt. Kollidiert das Fahrzeug mit Personen, stoppt das Fahrzeug. Gleichzeitig baut sich die Kollisionsenergie durch die Verformung des Prallkissens ab, so dass mit ernsthaften Verletzungen nicht zu rechnen ist. Pneumatisch wirkende Systeme sind als Schaltleisten oder als Schaltmatten, seltener als Schaltplatten ausgeführt, Bild 5.9-7. Druckschaltplatten sind mit Druckdosen (5 bis 6 je m2) ausgerüstet, die mit Schläuchen geringer Nennweite miteinander verbunden sind. Druckdosen stützen die massive Bodenplatte gegen den Grundrahmen ab. Eine Vakuumpumpe erzeugt periodisch einen definierten Unterdruck. Lasten auf der Bodenplatte verformen die Druckdosen, erzeugen kurzzeitige Druckwellen und bewirken Signale im Steuergerät. Bei Schaltleisten dienen Kammern der Gummihohlprofile unmittelbar als Signalgeber, die mit einem Druckwellenschalter verbunden sind. Berühren der Betätigungsfläche mit einer ausreichend schnell aufgebrachten Kraft erzeugt im Inneren eine Druckwelle, die von der Signalverarbeitung erfasst und in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Einfache Systeme geben beim Verformen kein Dauersignal, sondern nur einen einzelnen Impuls. Danach können sie, sofern sie sich nicht zurückverformt haben, keine
5 Sicherheitstechnik
366
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':6FKDOWHU
Bild 5.9-7 Pneumatisch und akustisch wirkende Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion /5.8, 5.32/
neuen Impulse geben, sprich auch keine weiteren gefahrbringenden Situationen verhindern. Deshalb muss z. B. bei kraftbewegten Schließkanten sichergestellt sein, dass weitere Bewegungen in der ursprünglichen gefahrbringenden Richtung nur durch bewusst gegebene Schaltbefehle erfolgen oder dass Sperren manuell gelöst werden, die vorher beim Ansprechen der Schaltleiste Antrieb oder Steuerung verriegelt haben. Der Einsatz einfacher pneumatischer Schaltleisten ist nur zum Sichern von Schließkanten kraftbewegter trennender Schutzeinrichtungen bei geringen Risiken zu vertreten. Druckschaltmatten haben zwischen Bodenund Deckbelag verformbare Kammern oder Druckschläuche, die einerseits an Druckschalter
und andererseits an Drosselelemente angeschlossen sind. Sie arbeiten mit definiertem Grunddruck (mit atmosphärischem Druck, statischem oder pulsierender Unter- oder Überdruck). Letztere müssen daher mit einem Druckerzeuger verbunden sein. Bei Schaltmatten, die mit atmosphärischem Druck arbeiten, ist eine Funktionsüberwachung der Signalgeber und Verbindungsleitungen unmöglich, da ihre Beschädigungen das Druckniveau nicht ändern und auch kein Schaltsignal hervorrufen können. Funktionsüberwachung lässt sich z. B. mit Überdruck realisieren. Die Pumpe fördert Luft in den mäanderförmigen Schlauch der Matte. Der in der Zufuhrleitung integrierte Druckwellenschalter überwacht den Eingangsdruck, Druckwel-
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
lenschalter am anderen Schlauchende den Ausgangsdruck. Sobald Druck aufkommt, schließen sich seine Kontakte. Belastung der Matte drosselt den Schlauch: am Eingang erhöht sich der Druck, am Ende fällt er ab, Schalter öffnen sich, Stromkreise werden unterbrochen. Leckagen (Perforationen durch Verschleiß oder mutwillige Beschädigungen) und Verstopfungen ändern die Druckverhältnisse im gleichen Sinne und schalten das System ab. In beiden Fällen lässt sich das System nur durch Aktivieren der Quittiertaste wieder einschalten. Aufgrund des einkanaligen Signalgebers, des komplizierten Aufbaus und der sich daraus ergebenden mangelnden Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit verlieren rein pneumatisch funktionierende Schaltmatten an Bedeutung. Sie sind in der Praxis nur noch selten anzutreffen, da sich mit ihnen hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Steuerungen (z. B. Kategorie 2, 3 und 4 nach EN 954-1) kaum wirtschaftlich vernünftig realisieren lassen. Elektrische oder optoelektronische Systeme werden zunehmend bevorzugt. Akustisch wirkende Systeme. Infraschall-Systeme bestehen aus einem Mehrkammerprofil (von dem zwei Kammern luftführend sind) als Signalgeber (Schaltleiste), aus Schlauchleitungen, einer Aktor-Sensor-Einheit und einer Auswerteelektronik, Zeile 4 im Bild 5.9-7. Beim Infraschallsystem gibt der Aktor periodisch mit einem komprimierten Luftvolumen Schallwellen sehr tiefer Frequenzen über einen Verbindungsschlauch in die obere Kammer des Gummihohlprofils der Schaltleiste ab. Die Infraschallwellen durcheilen die Kammer, gelangen an deren Ende über ein Verbindungsstück in die obere Kammer und kehren zum elektronischen Drucksensor (der ohne mechanisch bewegte Teile arbeitet) zurück. Der Vergleich der angekommenen mit der gesendeten Schallwelle durch einen Mikroprozessor dient zur kontinuierlichen Funktionsüberwachung (Testung) der Schutzeinrichtung. Beim Betätigen verformt sich die Schaltleiste elastisch. Im Luftvolumen beider luftführenden Kammern entsteht eine zusätzliche Welle, die sich aber von der Testwelle durch einen anderen Druckverlauf unterscheidet. Der Drucksensor bzw. der Mikroprozessor erkennt dies als Betätigung der Schaltleiste und signalisiert sie der Auswerteelektronik. Kleinere Beschädigungen oder
367
größere Temperaturschwankungen und die mit ihnen verbundenen Druckänderungen in den Luftkammern beeinträchtigen nicht die Zuverlässigkeit des Systems. Optoelektronisch wirkende Systeme. Nach diesem Prinzip arbeitende Systeme (Schaltmatten und Schaltleisten) haben wie berührungslos wirkende optoelektronische Systeme einen Lichtgeber und einen Lichtempfänger. Beide sind Endstücke eines elastischen Körpers, in dessen Hohlräumen das Licht eingeschlossenen ist. Verformungen ändern seine optischen Parameter, die der Empfänger erfasst, überwacht und an die Steuerung weiterleitet, Bild 5.9-8. Optolektronische Schaltleisten sind von aussen von anderen Schaltleisten mit Gummihohlprofilen kaum zu unterscheiden. Ein Lichtgeber (IR-Diode) sendet modulierte Infrarotstrahlen durch die runde Hohlkammer eines Gummihohlprofils. Die Hohlkammer leitet die Strahlen zuverlässig weiter, auch in leichten Bögen. Dann reflektiert die glatte Oberfläche der Kammerinnenseite die Lichtstrahlen, bis sie auf den Empfänger auf der anderen Seite des Profils treffen. Lokale Verformungen des Gummihohlprofils durch Betätigungskräfte schnüren die Lichtstrahlen ein oder unterbrechen sie. Das erkennt die Empfangseinheit und meldet der Auswerteelektronik ein Ausbleiben des Signals. Konfektionierung der Schaltleisten ist ohne aufwendige Hilfsmittel vor Ort möglich: Gummiprofile stehen als Meterware zur Verfügung. Anwender können sie auf Maß selbst ablängen und Lichtgeber und -empfänger in die Hohlkammer einstecken. Beschädigte Profile lassen sich durch neue ersetzen. Vorhandene intakte Lichtgeber und -empfänger können dabei wiederverwendet werden. Um die Reaktionskräfte am gedrückten Gummihohlprofil in ungefährlichen Grenzen zu halten, müssen Nachlaufwege bewegter Kanten, deren Quetschstelle mit diesen Schaltleisten gesichert sind, mit der Steifigkeit des Gummiprofils und den dynamischen Kennwerten mechanisch bewegter Teile und der Signallaufzeit der Steuerung abgestimmt sein. Optoelektronische Schaltmatten haben ebenfalls Lichtgeber und Lichtempfänger, die über einen Lichtwellenleiter (Glasfaser) miteinander verbunden sind. Der Lichtleiter ist im Inneren der elastischen Betätigungsfläche (Signalgeber) mäanderförmig verlegt. Es entsteht ein feines Netz von
5 Sicherheitstechnik
368
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Bild 5.9-8 Optoelektronisch wirkende Schaltleisten und Schaltmatten /5.25, 5.32, 5.79/
Messpunkten, die über die gesamte Fläche Gewichtsbelastungen und deren Änderungen registrieren. Im unbelasteten Zustand sind die lichttechnischen Größen der mit Glasfasern übertragenen Lichtwellen konstant. Durch Betreten oder statische Gewichtsbelastung der Oberfläche verformen sich der Lichtwellenleiter um wenige Mikrometer. Schon diese minimale Biegung oder eine andere Bewegung durch Belastung, Entlastung oder Gewichtsveränderung ändern messbar die optische Übertragungscharakteristik der Glasfaser (Modenverteilung). Modenverteilung ist der Gewichtsbelastung proportional. Abweichungen vom unbelasteten Ausgangszustand werden als Signal erkannt. Die Signalverarbeitung wandelt optische Signale in elektrische um. Schaltpunkte lassen sich gewichtsabhängig einstellen, Dauerbelastungen (Manipulationsversuch?) sind erkennbar. Das System arbeitet nach dem Fail-Safe-Prinzip: Ausfälle des Sensors oder der Elektrik führen das System in einen sicheren Zustand über. Gestaltungsregeln für mechanisch betätigte Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion. Grundlage für Gestaltung, Prüfung und Einsatz
sind die Normen EN 1760-1, 2 u. 3. Schutzeinrichtungen müssen so gestaltet und so in das Sicherheitskonzept der Maschine einbezogen sein, dass sie zuverlässig funktionieren, keine neuen Gefahrstellen bilden und sich nicht auf einfache Art und Weise umgehen oder manipulieren lassen, Bild 5.9-9. Um eine zuverlässige Funktion zu gewährleisten, genügt es nicht, beim Ermitteln und Bewerten von Risiken nur eine hochwertige Steuerungskategorie festzulegen. Es muss auch analysiert werden, wie sich Ausfälle und Versagen mechanischer Bauteile auf den sicherheitsrelevanten Signalfluss auswirken. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um geeignete Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Ausfälle zu treffen. Schaltleisten aus Gummiprofilen dichten zwar Schließkanten von Schiebetüren an gesteuerten trennenden Schutzeinrichtungen ab, unterliegen aber hohen Beanspruchungen durch Mineralöle, Kühl- und Schmieremulsionen, abrasive Wirkung heißer Metallspäne usw. Um eine vertretbare Haltbarkeit und chemische Beständigkeit zu erreichen, sind Herstellern die zu erwartenden Umweltbedingungen mitzuteilen, damit sie Hohlprofile aus resistenten Gummimischungen, z. B.
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
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Bild 5.9-9 Gestaltungsregeln für mechanisch betätigte Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
5 Sicherheitstechnik
370
aus Nitryl-Kautschuk, liefern können. Genauso wichtig ist es bei Schaltmatten ihre wahrscheinliche statische Belastung, z. B. durch abgestellte schwere Teile, ihre dynamische Belastung, z. B. durch Befahren mit Flurförderzeugen oder häufiges Betreten, zu ermitteln und Anbietern mitzuteilen. Schaltmatten und Schaltplatten sichern oft begehbare Bereiche. Hier ist es wichtig, dass nach dem Betreten gefahrdrohende Situationen abgebrochen werden, bevor Gefährdete sie erreichen können. Schrittgeschwindigkeit, Abstand der vorgelagerten Kante der Schutzeinrichtung, Reaktionszeit der Schutzeinrichtung und Bremszeit der Maschine müssen aufeinander gemäß der Norm EN ISO 13 855 abgestimmt sein. Anwendungsbeispiel. Im Bild 5.9-10 ist ein Stanztiegel dargestellt, eine in der Papierverarbeitung zum Ausstanzen von Wellpappezuschnitten eingesetzte Maschine, die manuell beschickt wird. Kinematisch betrachtet, sind Stanztiegel Viergelenkmechanismen, die aus Rahmen (Fundament), Kurbel (Antriebsrad), Koppel und Tiegelschwinge bestehen. Zwischen Schwinge und Fundament entsteht eine technologisch gewollte Quetschstelle, in die im während der geöffneten Schwinge Wellpappeplatten manuell eingelegt und nach Bearbeitung als Zuschnitte entnommen werden.
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Energie- und Hebelverhältnisse erzeugen an den Haupt- und Nebenschließkanten lebensbedrohliche Gefährdungspotentiale. Quetsch- und Scherstellen sind mit mechanisch betätigten Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion gesichert. Primäre Maßnahme ist ein Schaltbügel, der die Haupt- und Nebenschließkante überwacht. Sein lichtes Profil muss an die Kontur der Schwinge und des Fundaments im Bereich der Gefahrstellen so angepasst sein, dass der Spalt 25 mm nicht überschreitet (Sicherheitsabstand für Fingersicherheit). Im Bereich der Hauptschließkate (Beschickungsseite) muss der Schaltbügel schon 300 mm vor der Stanzebene ansprechen. Zusätzlich ist an der Tiegelschwinge unmittelbar vor der Schließkante eine Schaltleiste, angebracht, die tangential, in Richtung der Schließbewegung anspricht. Symmetrisch zur Stanzebene ausgerichtete Trittschaltmatten überwachen seitlich die Nebenschließkanten. Da alle Schutzeinrichtungen vom einwandfreien Funktionieren der Steuerung abhängen, muss sie resistent gegen stochastische Bauteilausfälle ausgelegt sein. Aufgrund des hohen Risikos muss sie z. B. der Kategorie 4 nach EN 954-1, bzw. PL = e nach EN ISO 13 489-1 entsprechen.
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Bild 5.9-10 Sicherung eines Stanztiegels [5.65]
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
5.9.3 Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen Optoelektronische Schutzeinrichtungen (die EN 61 496-1 spricht von aktiven optoelektronischen Schutzeinrichtungen = AOPD) bestehen aus Sensoren und einer Auswerteeinheit. Sensoren sind der sichtbare Teil des kompletten Sicherheitssystems. Auswerteeinheit und Sensoren können zwar separat ausgeführt sein, der Trend, beide Baugruppen im Rahmen der Bauteil- und Strukturminiaturisierung in Sensorengehäuse räumlich zu integrieren, ist aber unverkennbar. Bauarten. Optoelektronische Schutzeinrichtungen erfassen berührungslos Objekte, indem sie Störungen des Lichtstrahles oder des Lichtfeldes, das meistens mit gepulstem Laser im sichtbaren (Rotlicht) oder unsichtbaren Bereich (Infrarot) erzeugt wird, erkennen und diesen optischen Effekt in elektrische Signale umwandeln. Sicherheitsrelevante Teile der Maschinensteuerung (Auswerteeinheit und Sicherheitsbausteine innerhalb oder außerhalb der Schutzeinrichtung) verhindern dann gefährliche Maschinenbewegungen oder schalten sie ab. Zur Zeit sind in der Praxis vornehmlich die im Bild 5.9-11 dargestellten Grundtypen optoelektronischer Schutzvorrichtungen im Einsatz. Das Schutzfeld der Lichtschranken entsteht durch einen einzelnen Strahl, den ein Sendemodul zum Empfängermodul sendet. Das Eindringen von Personen oder von bewegten Objekten an beliebiger Stelle entlang des Lichtstrahles wird berührungslos erfasst, Das optische Signal der Strahlunterbrechung wird in elektrische Signale umgewandelt. Lichtgitter bestehen aus wenigen, meistens aus drei bis vier gitterartig aneinander gereihten Einzelstrahlen, d. h. aus Sendern und Empfängern, die oft zu einer Baueinheit zusammengefasst sind und ein flächenähnliches Schutzfeld bilden. Lichtvorhänge entstehen entweder durch eine große, aber endliche Zahl dicht aneinander gereihter Einzellichtstrahlen oder durch einen bewegten aufgefächerten Lichtstrahl, der die zu überwachende Ebene periodisch lückenlos überstreicht. In der ersten Ausführung liegen die Lichtschranken so dicht nebeneinander, dass auch kleine Objekte erkannt werden. Bei aufgefächerten Lichtvorhängen, die aus einem Optikkopf und
371
einem Reflektor bestehen, entsteht das homogene Schutzfeld durch einen sich sehr schnell über das gesamte Schutzfeld bewegenden Lichtstrahl, der ein lückenloses Schutzfeld aufspannt. Tastende Lasersysteme (Scanner) tasten und vermessen ihre Umgebung ähnlich wie ein Radargerät ab [5.66]. Sie brauchen im Unterschied zu Lichtvorhängen mit gefächertem Strahl keine speziellen Reflektoren. Die meisten Systeme arbeiten nach dem Drehspiegelverfahren: Ein Laserstrahl wird über einen rotierenden Spiegel in einem Halbkreis abgelenkt und überstreicht ein weitwinkliges Kreissegment vor dem Scanner. Die Auswerteelektronik bestimmt aus dem erfassten Winkel des Drehspiegels und aus der Messung der Lichtlaufzeit die absolute Polarkoordinate des Objekts (Winkel und seine Entfernung zum Drehpunkt des Scanners). Anforderungen an die Steuerung. Die zuverlässige Funktion der immateriell wirkenden optoelektronischen Systeme hängt entscheidend von der Resistenz der Steuerung gegen stochastische Ausfälle ab. Zur Sicherung von Gefahrstellen oder Gefahrbereichen dürfen daher nur Lichtschranken für Personenschutz, auch Sicherheitslichtschranken genannt, verwendet werden, die der Norm EN 61 496-2 entsprechen. Je nach dem zu beherrschenden Risiko müssen optoelektronische Schutzeinrichtungen (Sensoren und Auswerteeinheit) und die mit ihnen funktionell gekoppelten Steuerungen, z. B. den jeweiligen Anforderungen der EN 954-1 ”Sicherheit von Maschinen; Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen, allgemeine Gestaltungsleitsätze” entsprechen, d. h. mit Testung (Kategorie 2, Testrate 100fach der Anforderungsrate) oder Selbstüberwachung (Kategorie 4) ausgeführt sein oder sie müssen für die Sicherheitsfunktionen den Perfomance Level PL c oder e nach EN ISO 13 849-1 gewährleisten. Die Entscheidung, welche Sicherheitskategorie im konkreten Fall eingesetzt wird, richtet sich nach dem jeweiligen vorliegenden Risiko an den Gefahrstellen, d. h. nach dem Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung. Maschinen mit zyklischem Eingriff in potentielle Gefahrstellen von Werkzeugen brauchen Schutzeinrichtungen mit Selbstüberwachung. An Maschinen mit wesentlich kleineren Risiken können schon Schutzeinrichtungen mit Testung eine ausreichende Sicherheit vor Verletzungen gewährleis-
5 Sicherheitstechnik
372
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Bild 5.9-11 Bauarten optoelektronischer berührungslos wirkender Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
ten. Die einwandfreie Funktion der Schutzeinrichtungen mit Testung wird durch ein externes periodisches Testsignal überprüft. Eingetretene Fehler werden somit erst im Augenblick der Testung erkannt. Tritt zwischen zwei Testungen ein Fehler auf, ist in diesem Zeitintervall die Schutzwirkung der Schutzeinrichtung nicht gewährleistet. Ein Eindringen in das Schutzfeld würde dann das erwartete Unterbrechen der gefahrbringenden Bewegungen nicht zwangsläufig nach sich ziehen. Gefahrdrohende Situationen wären daher im Fehlerfall erreichbar. Deshalb sind Systeme mit Anlauftestung sinnvoll, die bei jedem Einschalten selbsttätig abläuft. Die Steuerung muss aber auch sich wiederholende Testungen ermöglichen, deren Zeitabstände sich nach dem vorhandenen Risiko richten. Die Lösung besteht in einer hohen Testfrequenz, die wesentlich höher sein muss, als die Anforderungsfrequenz der Sicherheitsfunktion: Ein Test muss mindestens 100-mal häufiger erfolgen als es zu einer Anforderung der Sicherheitsfunktion kommt. Interne stochastische Bauteilfehler dürfen die Schutzfunktion selbstüberwachender Schutzeinrichtungen niemals beeinträchtigen. Ausfälle von Bauteilen dürfen auf keinen Fall dazu führen, dass das Auflöse- bzw. Detektionsvermögen beeinträchtigt wird oder dass sich Ansprechzeiten unzulässig verlängern bzw. dass die Ausschaltelemente nicht mehr ansprechen. Fehler müssen so rechtzeitig erkannt werden, dass Maschinen spätestens beim ersten Unterbrechen des Schutzfeldes nach der Fehlererkennung einen definierten sicheren Zustand einnehmen.
5.9.4 Lichtschranken Einweglichtschranken. Sie bestehen aus einer Sendeeinheit und aus einer Empfangseinheit. Beide Einheiten sind in getrennten, meist baugleichen Gehäusen untergebracht und haben eine separate Stromversorgung. Die Sendeeinheit enthält u. a. einen Taktgenerator und eine Sendediode. Sie strahlt im Takt des Generators infrarotes Licht aus, das in einem Linsensystem zu einem Strahl gebündelt die gesamte Überwachungsstrecke nur einmal durchläuft. Es trifft auf die Empfangseinheit und wird dort im Infrarotsensor in elektrische Signale umgewandelt. Ist der Lichtweg frei,
373
8
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Bild 5.9-12 Wirkprinzip von Einweglichtschranken [5.67]
sind die Ausgangsrelais angezogen. Wird er unterbrochen, fallen sie ab, Bild 5.9-12. Sende- und Empfangseinheit müssen so angeordnet sein, dass ein Eindringen in den gesicherten Bereich immer den Lichtstrahl unterbricht. Dabei ist noch darauf zu achten, dass sich keine spiegelnden Gegenstände im Streubereich des Lichtstrahles befinden. Die sonst möglichen Umspiegelungen bewirken, dass die Empfangseinheit das signalauslösende Unterbrechen des Lichtstrahles nicht mehr erkennt. Die Sicherheitsfunktion geht verloren. Deshalb müssen zwischen spiegelnden Oberflächen und optischer Achse bestimmte Mindestabstände eingehalten werden, Bild 5.9-13. Unterbrechen des Lichtstrahles (Lichtstrahlquerschnitt muss vollständig verdeckt sein) wird detektiert und lässt die Schutzeinrichtung ansprechen. Für jede Lichtachse sind jeweils eine Sendeund Empfangseinheit vorzusehen, zu montieren, anzuschließen und auszurichten. Bei mehrstrahligen Schutzfeldern erhöht sich die Anzahl der Sender- und Empfängerpaare und auch der Montageaufwand entsprechend.
5 Sicherheitstechnik
374
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Bild 5.9-13 Einbauregeln für Einweglichtschaltern /5.71/
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5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
Werden mehrere Einheiten eingebaut, müssen sie so angeordnet sein, dass sie sich nicht gegenseitig beeinflussen können und so ausgerichtet sein, dass der Lichtstrahl der einen Sendeeinheit nur auf die ihr zugehörigen Empfangseinheit trifft. Einstrahlige Lichtschranken dürfen zum Fingerund Handschutz nur mit zusätzlichen Maßnahmen verwendet werden. Der Lichtstrahl darf auf dem Weg zum Empfänger mehrmals mit Spiegeln umgeleitet werden. Somit lässt sich mit Umlenkspiegeln und einer einzigen Sender-Empfänger-Kombination ein mehrseitiges und/oder ein zweistrahliges Schutzfeld realisieren. Das Verwenden von Umlenkspiegeln reduziert aber die Reichweite und erhöht wesentlich den konstruktiven und montagemäßigen Aufwand für eine genaue Ausrichtung beider Einheiten der Einweglichtschranken. Gitterlichtschranken. Sie bestehen aus zwei Gehäusen, aus der Sender/Empfängereinheit und Spiegeleinheit und bilden ein zweistrahliges Lichtgitter, Bild 5.9-14. 6HQGHU (LQKHLW
6SLHJHO (LQKHLW
Bild 5.9-14 Gitterlichtschranke /5.20/
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375
tionslichtschranken ohne größeren handwerklichen Aufwand oder besondere intellektuelle Leistung (z. B. mit Spiegeln oder Stanniol unmittelbar vor dem Sender angebracht) zu umgehen waren. Lichtschranken mit Personenschutzfunktion müssen alle Objekte, spiegelnde oder diffus reflektierende, zuverlässig erkennen. Reflektionslichtschranken gelten nur dann als manipulationsfest und damit zum Personenschutz geeignet, wenn auch spiegelnde Gegenstände im Lichtstrahl Schaltsignale hervorrufen. Sicherheits-Reflektionslichtschranken funktionieren wie folgt: Der Sender (Halbleiterlaser) strahlt sichtbares Rotlicht aus. Sender und Empfänger der einlinsigen Laser-Lichtschranken befinden sich im demselben Gehäuse. Auf der gegenüberliegenden Seite des Schutzfeldes ist ein besonderer Reflektor ortsfest und optisch ausgerichtet angebracht. Der Reflektor wirft das Licht zum Empfänger zurück. Die im Sendergehäuse integrierte Empfangseinheit wertet die vom Reflektor zurückgeworfenen Strahlen aus und löst bei Unterbrechung Schaltsignale aus, Bild 5.9-15 Zur zuverlässigen Detektion von Objekten wird polarisiertes Licht verwendet. Durch gekreuzte Anordnung von Polarisationsfiltern bei Sender und Empfänger in Verbindung mit den Polarisationseigenschaften des Reflektors können auch glänzende oder spiegelnde Objekte erkannt werden. Aus gleichem Grund sind Sicherheits-Reflektionslichtschranken auch unempfindlich gegen Fremdlicht. Dem Tripel-Reflektor ist ein Polarisationsfilter vorgeschaltet. Er bewirkt bei freiem unpolarisierten Strahlengang, dass nur ein Teil des nach dem Passieren des erstmals polarisierten Lichts die eigentliche Reflektionsfläche erreicht, von ihr zurückgeworfen wird und zur Empfangseinheit zurückkehrt. Das Auswertesystem der Empfangseinheit vergleicht, ob der durch die optischen Parameter des Filters und des Reflektors vorbestimmter Anteil von unpolarisiertem und in einer Ebene linear polarisiertem Licht bei ihr auch wirklich ankommt. Spiegel oder andere Reflektoren, z. B. reflektierende Schutzkleidung, bewusst oder zufällig in die Lichtstrecke eingebracht, werfen fast das ganze unpolarisierte Licht zurück. Diffus reflektierende Objekte werfen im Gegensatz dazu sehr wenig Licht zurück. Sowohl diffus reflektie-
376
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.9-15 Wirkprinzip von Sicherheits-Reflektionslichtschranken /5.39/
rende Objekte (z. B. Körperteile) als auch Spiegelnde oder glänzende Gegenstände (Manipulationsversuch?), die den Strahlengang unterbrechen, verändern dieses Polarisationsverhältnis. Die Auswerteeinheit erkennt somit jede Unterbrechungen des Lichtstrahles. Überwachungsschaltungen, die ebenfalls im Lichtschrankengehäuse integriert sind, kontrollieren im festen Zeittakt die ordnungsgemäße Funktion der Sicherheits-Reflexionslichtschranke. Da sich beide aktiven Komponenten (Sender und Empfänger) auf derselben Seite der Lichtachse befinden und der Reflektor keine eigenen Anschlüsse benötigt, lassen sich Sicherheits-Reflektionslichtschranken einfacher und mit weniger Kabeln anschließen und verdrahten als Einweglichtschranken. Zweidimensionale Schutzfelder, durch mehrere Strahlen gebildet, lassen sich zwar grundsätzlich durch Reihenschaltung mehrerer EinzelLichtschranken, die in entsprechenden Höhenabständen montiert sind, realisieren. Dies erfordert einen zusätzlichen konstruktiven, steuerungstechnischen und montagemäßigen Aufwand gegenüber fertig als Baueinheit ausgeführten Lichtgittern und Lichtvorhängen, welche die meisten Hersteller von Sicherheitskomponenten in ihrem Lieferprogramm haben und auf dem Markt anbieten.
5.9.5 Lichtgitter und Lichtvorhänge Optoelektronische Schutzeinrichtungen können anstelle von oder in Kombination mit Umzäunungen zur großräumigen Überwachung verwendet werden. Das ihnen eigene immaterielle Detektionsprinzip und die breiten Möglichkeiten der Verarbeitung der von ihnen kommenden Signale in zeitgemäßen Steuerungen prädestinieren sie zum Absichern von Beschickungsöffnungen umzäunter Bereiche, z. B. Wirkräume von Robotern bzw. anderer begehbarer Maschinen oder Anlagen, Bild 5.9-16.
Bild 5.9-16 Lichtgitter
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
Gehäuse von Lichtschranken werden häufig gelb ausgeführt, eine Vorgabe für Farbgebung durch eine Norm besteht z. Z. nicht. Bauarten. Einzelne Lichtschranken lassen sich wegen ihres eindimensionalen Lichtstrahles nur zum Absichern geringer Risiken verwenden und das nur dann, wenn flankierende Schutzmaßnahmen, z. B. in Form trennender Schutzeinrichtungen, getroffen sind. Zum Absichern der meisten Gefahrstellen und Gefahrbereiche müssen Flächenschutzsysteme benutzt werden. Deshalb werden in meisten Fällen mehrstrahlige optoelektronische Schutzeinrichtungen eingesetzt, die nach dem Einwegprinzip arbeiten, d. h. aus Sendern und Empfängern bestehen. Einzelne Lichtstrahlen aus kodierten infraroten Lichtpulsen bestimmen zwischen Sende- und Empfangseinheit ein Schutzfeld, dessen Geometrie und Detektionsvermögen durch Anzahl der Strahlen, deren Abstand voneinander und durch den wirksamen Linsendurchmesser definiert sind. Zu unterscheiden ist zwischen Lichtgittern und Lichtvorhängen. Das Unterscheidungskriterium, ob von Lichtgittern oder Lichtvorhängen gesprochen wird, liegt in der Auflösung (im Detektionsvermögen), die wiederum die Sicherheitsfunktion bestimmt, für welche die jeweilige Schutzeinrichtung geeignet ist. Sicherheitslichtvorhänge haben ein Auflösungsvermögen von 14 mm bis 40 mm und detektieren Finger, Hände und Arme, natürlich auch alle anderen größeren Körperteile. Lichtgitter sind Systeme mit weitmaschigerer Detektion. Sicherheitslichtgitter werden ausschließlich zur Körpererkennung eingesetzt. Bei ihnen muss immer der Sicherheitsabstand zur Gefahrstelle rechnerisch um die Armlänge (850 mm) vergrößert werden.
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ten erforderliche Hindernisgröße muss deshalb unmittelbar vor dem Reflektor bestimmt werden, da dort das Detektionsvermögen am geringsten ist. Je feiner das Detektionsvermögen ist, um so geringer ist auch die nutzbare Reichweite des Schutzfeldes. Aufbau und Funktion. Sender und Empfänger sind in robusten, stabilen Gehäusen untergebracht und heute meistens modular aus einzelnen Optikbausteinen aufgebaut, Bild 5.9-18. .DEHO DQVFKOX &RQWUROOHU PLW /('$Q]HLJHQ /DVHU $XVULFKW V\VWHP
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Auflösung. Das Detektionsvermögen eines Sicherheitslichtvorhangs ist diejenige Hindernisgröße, die an jeder Stelle des Schutzfeldes erkannt wird und somit zum Auslösen von Sicherheitsfunktionen führt. Rastermaß der Optik und wirksamer Linsendurchmesser bestimmen das Detektionsvermögen (Auflösevermögen) Bild 5.9-17. Optoelektronische Schutzeinrichtungen nach dem Sender/Empfängerprinzip haben im gesamten Schutzfeld die gleiche Auflösung. Beim Reflexionsprinzip dagegen nimmt das Detektionsvermögen mit der Reichweite ab. Die zum Abschal-
377
LQ6FKULWWHQ YRQPP DXVEDXEDU
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Bild 5.9-18 Prinzipieller Aufbau von Lichtgittern /5.11/
5 Sicherheitstechnik
378
Abstand der Optikbausteine und deren Teilung bestimmen das Detektionsraster. Sender strahlen unsichtbares gepulstes Infrarotlicht zum gegenüber montierten Empfänger. Empfänger werten die Lichtstrahlen synchron zum Sender aus, erkennen aufgrund ihrer Ausrichtung und Justierung und durch ihren optischen Aufbau nur den gegenüberliegenden Teil des Senderlichtbandes. Empfängerbausteine sind in Reihe geschaltet und mit einer Trägerfrequenz moduliert. Ein bewusstes oder unbewusstes Verdecken der Lichtstrahlen unterbricht die Signalflusskette. Dies erkennt die Auswerteeinheit und bewirkt über die Steue/DJHGHU 6FKXW] HLQULFKWXQJ
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rung abgestimmte Sicherheitsfunktionen. Eine in das Gehäuse integrierte Auswerteeinheit mit zwei unabhängigen Ausgangsschaltelementen (OSSD: Output Signal Switching Device mit potentialgetrennten Halbleiterausgängen oder mit überwachten, zwangsgeführten Schließkontakten) ist heute Standard. Je nach relativer Lage zu Gefahrstellen und zugedachter Schutzfunktion werden mehrstrahlige Systeme in Ausführungen zur Gefahrstellensicherung (Finger-/Handschutz mit einem Abstand zwischen 100 mm und 500 mm), zur Gefahrenbereichsicherung oder zur Zugangsüberwachung unterschieden, Bild 5.9-19.
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Bild 5.9-19 Einsatzmöglichkeiten von Lichtvorhängen
379
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
Zur Gefahrenbereichsabsicherung sind Lichtstrahlenfelder zumeist horizontal eingebaut, um die notwendige Sicherheit mit möglichst kleinen Sicherheitsabständen zu erreichen. Bei der Zugansüberwachung werden zur Raumersparnis vertikale Anordnungen bevorzugt. Vorsicht: Zugangsüberwachung erkennt keine Personen zwischen Schutzeinrichtung und Gefahrstellen! Deshalb müssen zusätzliche Schutzmaßnahmen, z. B. Laser-Scanner, zuverlässig erkennen, ob sich jemand in diesem Zwischenraum aufhält bzw. trennende Schutzeinrichtungen den Zutritt zuverlässig verhindern. Wie bei Einzellichtschranken auch, lassen sich mit einem Umlenkspiegel und einem einzigen Lichtgitter oder Lichtvorhang unter Berücksichtigung von Störungen durch spiegelnde Flächen, zwei Seiten, mit zwei Umlenkspiegeln drei Seiten eines Gefahrenbereichs absichern. Sicherheitsabstand. Bei der Festlegung der Sicherheitsabstände gilt der Grundsatz, dass gefahrdrohendende Situationen (z. B. gefahrdrohende Bewegungen) beendet sein müssen, bevor sie erreicht werden können. Verfahren, Randbedingungen und die Werte der zur Berechnung notwendigen Parameter sind in der Norm EN ISO 13 855 festgelegt. Schutzeinrichtungen müssen einen Mindestabstand zu den nächstgelegenen Gefahrstelle einhalten, Bild 5.9-20. In Berechnungen des erforderlichen Sicherheitsabstands s gehen die Zugriff- oder Zutrittgeschwindigkeit v, die Maschinennachlaufzeit ta, die sich aus der Ansprechzeit der Schutzeinrichtung, der Signallaufzeit in der Steuerung t1 sowie aus der Bremszeit t2 ergibt, und der Sicherheitszuschlag C ein. Wesentliche Parameter, die das Ergebnis der Berechnung beeinflussen, sind die Einbauhöhe H und das Detektionsvermögen d des Lichtvorhangs. Die erforderliche bzw. höchstzulässige Einbauhöhe H hängt von der Auflösung d ab, Bild 5.9-21. Bei waagrecht orientierten Lichtvorhängen muss berücksichtigt werden, dass die Einbauhöhe H den Wert des Sicherheitszuschlags C beeinflusst: je tiefer das waagrechte Schutzfeld angebracht ist, desto weiter können sich Personen über den Lichtstrahl hinweg in den Gefahrbereich hineinbeugen, ohne ihn mit dem Oberkörper zu unterbrechen und somit die Schutzeinrichtung auszulösen. Um so größer muss der Sicherheitszuschlag C sein. Bei senkrecht orientierten
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Bild 5.9-20 Sicherheitsabstände und Maschinennachlaufzeit
Lichtvorhängen spielt das Detektionsvermögen d, d. h. die Aussage, welches Körperteil noch unbemerkt den Lichtvorhang durchdringen könnte, die entscheidende Rolle. Beim ergonomischen und betriebswirtschaftlichen Beurteilen (z. B. hinsichtlich der Gemeinkosten der durch den Sicherheitsbereich beanspruchten und somit nicht mehr nutzbaren Hallenfläche) von Sicherheitsmaßnahmen muss berücksichtigt werden, dass Lichtvorhänge mit ihrer feineren Auflösung (höheres Detektionsvermögen) zwar in der Beschaffung immer etwas teuerer sind als Lichtgitter, dafür aber das Schutzziel mit geringeren Sicherheitsabständen erreichen. Damit können nicht nur die Benutzer mit der Maschine einfacher arbeiten, die Maschinen nehmen mit ihren abgesicherten Bereichen auch weniger des teueren Hallenplatzes ein. Einbau von Lichtgittern und Lichtvorhängen. Ungünstiges Platzieren kann die Schutzwirkung der ansonsten sehr zuverlässig wirkenden optoelektronischen Schutzsysteme in Frage stellen oder gar neue Gefahren heraufbeschwören, Bild 5.9-22. Bei Laserlichtschranken muss der Strahlengang am Ende seines Weges abgeschlossen sein. Der Laserstrahl sollte nicht auf Personen zielen, zumindest nicht in Augenhöhe verlaufen. Licht-
5 Sicherheitstechnik
380
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Bild 5.9-21 Sicherheitsabstände an Lichtvorhängen nach EN ISO 13 855
gitter und Lichtvorhänge müssen an Maschinen bzw. Anlagen so angebracht und positioniert sein, dass Gefahrstellen nur durch die durch Strahlen gebildete Schutzfelder hindurch erreicht werden können. Jede optoelektronische Schutzein-
richtung muss so installiert und angeordnet sein, dass sie jeden Zugriff oder Zutritt zum Gefahrbereich zuverlässig erkennt. Vor allem muss Unter-, Über- sowie Umgreifen oder Hintertreten der Schutzeinrichtung durch richtige Auswahl
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
*HVWDOWXQJVEHLVSLHOH
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der Bauart und die Wahl des Montageorts verhindert werden. Gegebenenfalls müssen zusätzliche trennende Schutzeinrichtungen verwendet werden. Sonst ist die Schutzwirkung der kostspieligen Schutzmaßnahme trotz eingehaltener Sicherheitsabstände in Frage gestellt, EN ISO 13 855.
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381
Kaskadierung. Hintertreten lässt sich auch mit zwei senkrecht zueinander stehenden Lichtvorhängen überwachen. Der vertikale Lichtvorhang übernimmt den Zugriffsschutz, der darunter horizontal angeordnete Lichtvorhang den Hintertretschutz, Bild 5.9-23.
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Bild 5.9-23 Hintertretschutz mit einer Kaskadenschaltung hEHU VFKUHLWHQ
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Bild 5.9-22 Anordnung optoelektronischer Schutzeinrichtungen, Sicherheitsabstände, s. a. EN ISO 13 855
Beide Lichtvorhänge können mit erheblichem Schaltungsaufwand als Einzelsysteme betrieben werden. Schaltet man sie aber hintereinander zu einer Kaskade zusammen, erreicht man das gleiche Schutzziel mit weniger Aufwand beim Verdrahten und Verschalten, eine entsprechende Kommunikation zwischen den Prozessoren der Lichtvorhänge in der Auswerteeinheit vorausgesetzt. Beide zusammengeschalteten Lichtvorhänge verhalten sich dann wie ein einziges System. Zeitgemäße Ausführungen von Lichtvorhängen erlauben bis zu drei Systeme zu einer Kaskade zusammenzuschalten, /5.71/.
5 Sicherheitstechnik
382
Anwendungsbeispiele. Je nach der Höhe des ermittelten Risiko müssen Lichtvorhänge mit mehreren Lichtstrahlen im notwendigen Mindestabstand von Gefahrstellen positioniert werden. Um eindringende Personen zuverlässig zu detektieren, müssen Lichtstrahlen in solchen Höhen über begehbaren Flächen angebracht sein, die verhindern, dass unsichtbare Lichtstrahlen über- oder unterschritten werden können. Grundsätzlich gilt: Je mehr Strahlengänge vorgesehen sind, um so schwieriger wird es, das Schutzfeld zu passieren, ohne die Schutzfunktion auszulösen. Um so geringer können auch die Sicherheitsabstände sein, Bild 5.9-24. Optoelektronischen Schutzeinrichtungen müssen zuverlässig wirken, dürfen aber die Arbeit nicht unnötig erschweren, Bearbeitungsprozesse nicht unerwartet oder zufällig unterbrechen oder Verfügbarkeit der Anlage vermindern. Denn auch für diese Schutzeinrichtungen gilt die allgemeine Erfahrung, dass Systeme, die zu Fehlschaltungen oder Fehlalarmauslösungen neigen, im praktischen Einsatz von den Beschäftigten nicht ange$Q]DKOGHU (LQ]HOVWUDKOHQ
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nommen werden. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, wann sie intelligent manipuliert werden. Um ungewollte Fehlauslösungen zu verhindern, wird oft versucht, z. B. mit rot-weißen Kunststoffketten u. ä. vor einem ungewollten Unterbrechen des Lichtstrahls zu warnen. Dies ist zwar aus der Sicht eines ungestörten Betriebes verständlich, sicherheitstechnisch aber nicht besonders sinnvoll: man macht nur den Verlauf des Lichtstrahls für einen Durchdringversuch sichtbar. Auch hier entscheiden letztlich Ergebnisse der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung, in die auch das zu erwartende Verhalten von Personen eingehen muss, über die Art und Ausführung der Sicherheitsmaßnahmen. Werden Maschinen, die mit Umzäunungen gesichert sind, mit Rollenbahnen beschickt, so ist bei der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung zu berücksichtigen, dass Arbeiter evtl. versuchen werden, Rollenbahnen als „einfacheren“ Zugang zum Wirkbereich zu benutzen, um z. B. schneller entstören zu können. Vor allem dann, wenn die Rollenbahnen niedrig gebaut sind und
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Bild 5.9-24 Sicherheitsabstände nach [5.20]
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
die Umzäunungen sich nicht bequem und ohne Umwege durch elektrisch verriegelte Türen begehen lassen. Freiräume über den Rollenbahnen lassen sich mit Lichtschranken sichern, deren Zahl und Anordnung von der Höhe der Rollenbahn abhängen, Bild 5.9-25. Ist die Rollenbahn z. B. durch Treppen oder Trittbretter in den Zwischenräumen begehbar gestaltet, müssen mindestens zwei Lichtschranken unabhängig von der Höhe der Rollenbahn über Flur vorhanden sein, [5.20]. Eine andere Möglichkeit der sicherheitsgerechten Gestaltung besteht darin, Menschen und Material von Sensoren unterscheiden zu lassen. Die so abgesicherten Felder müssen einerseits Personen zuverlässig erkennen, andererseits müssen sie erlauben, Arbeitsgegenstände in den Wirkbereich hinein- und he+|KHGHU 5ROOHQEDKQ
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Bild 5.9-25 Sicherung von Rollenbahnen nach [5.20]
383
rauszubringen, ohne Schutzfunktionen auszulösen oder Arbeitsabläufe unnötig zu unterbrechen. Dazu muss sich die Schutzwirkung des Lichtvorhangs räumlich und zeitlich bestimmungsgemäß, d. h. legal durch schaltungstechnische Maßnahmen aufheben lassen. Von diesen sicherheitstechnische Maßnahme sind das Blanking und das Muting die wichtigsten.
5.9.6 Blanking und Muting Blanking. Beim Blanking (Ausblenden) werden definierte Bereiche eines Schutzfeldes auf längere Zeit unwirksam gemacht, indem durch Programmierung festgelegt wird, dass eine definierte und zusammenhängende Anzahl von Empfängerelementen des Lichtvorhanges deaktiviert (ausgeblendet) wird. Durch diese „Fenster“ im Schutzfeld kann z. B. mit Hilfe eines Schiebetisches flaches Material in den Wirkbereich eingeschleust werden, ohne dass die Schutzeinrichtung anspricht und in den Prozess unnötig unterbricht. Das Fenster ist jedoch an beiden Seiten des Tisches zum Durchgreifen „offen“. Unerreichbarkeit von Gefahrstellen muss jetzt entweder durch trennende Schutzeinrichtungen oder durch Sicherheitsabstände verwirklicht werden. Wird in diesem „Schlitz“ außerplanmäßig ein für das Blanking programmiertes Empfangselement durch einen Lichtstrahl aktiviert, weil z. B. der Schiebetisch weggenommen wurde, erkennt das System das als mögliche gefährliche Situation (Manipulationsversuch?) und unterbricht gefahrbringende Situationen. Es gibt drei Varianten von Blanking, die sich durch das Detektionsvermögen und Lage der ausgeblendeten Elemente des Lichtvorhangs unterscheiden, Bild 5.9-26. Anwendung von Blanking ist manchmal problematisch, macht es doch einen Sicherheits-Lichtvorhang durch unsichtbare Schlitze „löchrig“und somit teilweise unwirksam, ohne dass dies nach außen erkennbar ist. Dadurch wiegt es Arbeiter in vermeintlicher Sicherheit. Sind dagegen die Sender- und Empfangseinheiten des Lichtvorhangs nicht monolithisch sondern modular aufgebaut und funktionell zu einer Kaskade in Serie geschaltet, ist für jeden offensichtlich, dass in der Lücke zwischen den Lichtvorhangkörpern kein Schutzfeld vorhanden sein kann, /5.20/. Klassisches Anwendungsfeld für diese Schalttechnik sind grö-
5 Sicherheitstechnik
384
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5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
ßere mechanische Pressen der Metallverarbeitung. Der vertikale Lichtvorhang sichert den Durchgriff zum Werkzeug, das in Serie zu einer Kaskade geschaltete horizontale Lichtgitter sichert den Raum zwischen Lichtgitter und Werkzeug gegen Hintertreten. Muting. Vom Blanking als dauerhafte Ausblendung eines Teiles des Schutzfeldes ist das Muting zu unterscheiden. Bei dieser Methode macht die Steuerung das gesamte Schutzfeld für eine bestimmte Zeitspanne unwirksam. Muting (engl. mute = stumm) an optoelektronischen Schutzeinrichtungen ist das funktionelle Pendant zur Verriegelung trennender Schutzeinrichtungen. Es erlaubt ebenfalls ein bestimmungsgemäßes, d. h. legales Außerkraftsetzen der Sicherheitsfunktion von Lichtgittern oder Lichtvorhängen. Im Unterschied zu Verriegelungen und Zuhaltungen, die bewusst aktiviert werden, muss Muting willensunabhängig funktionieren. Typisches Einsatzgebiet des Mutings ist die Modifikation der Sicherung von Beschickungs- und Entnahmestellen an umzäunten Maschinen- und Roboterzellen. Große Öffnungen in Schutzzäunen, durch die Transporteinrichtungen einzelne Werkstücke diskontinuierlich einschleusen, sind schon aufgrund ihrer lichten Profile zugänglich. Trotzdem dürfen Personen diese Öffnungen nicht unbemerkt passieren können, so lange hinter ihnen gefährliche Situationen ablaufen. Deshalb sind Beschickungsund Entnahmeöffnungen meistens mit sich selbstüberwachenden Lichtgittern oder Lichtvorhängen gesichert. Sie allein können aber Menschen nicht vom Material unterscheiden. Deshalb müssen sie mit externen Sensoren, z. B. Lichtschranken, Lichttastern, elektromechanischen Schaltern, Sicherheits-Näherungsschaltern usw. und der Mutingauswerteeinheit, zu der eine entsprechende Software gehört, zu einem Schutzsystem erweitert werden, das zuverlässig zwischen Material und Personen unterscheiden und die Schutzwirkung räumlich und/oder zeitlich begrenzen kann, damit beim normalen Werkstückdurchlauf der Prozess nicht unnötig unterbrochen wird, beim versuchten oder zufälligen Passieren von Personen die Sicherheitsfunktion aber anspricht: Nur wenn Personen den Lichtvorhang durchschreiten, muss die gefahrbringende Situation unterbrochen werden, beim Passieren von Material muss die Lichtschranke überbrückt sein.
385
Aufbau von Muting-Schutzsystemen. Das meist senkrecht ausgerichtete optoelektronische Schutzfeld der Öffnung wird mit mehreren, meist in der waagrechten Ebene angeordneten Sensoren ergänzt, Bild 5.9-27. Der Überbrückungsbereich darf weder zu weit vor oder hinter den Lichtvorgang ausgedehnt werden, damit sich Personen keinen Zugang verschaffen können. Mutingsensoren und Lichtvorhang müssen so positioniert sein, dass während der Überbrückung keine geometrischen oder zeitlichen Lücken entstehen. Damit sind die geometrischen Bedingungen bestimmt, um in Verbindung mit der Laufgeschwindigkeit des Transportsystems die räumliche und zeitliche Abfolge des Ansprechens der jeweiligen Sensoren festzulegen, an denen sich Objekte (Gegenstände oder Personen) vorbei bewegen müssen.
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Bild 5.9-27 Prinzip des Mutings
5 Sicherheitstechnik
386
Aufgrund der meistens sehr unterschiedlichen Konturen und Abmessungen kann das System dann Menschen zuverlässig vom Material unterscheiden.
jekte unterscheiden können. Beim Anordnen von Lichtschranken als Mutingsensoren über Kreuz in unterschiedlicher Höhe, sollte der Kreuzungspunkt in der Ebene des Lichtvorhangs liegen.
Anordnung der Muting-Sensoren. Bei gleichbleibender Bewegungsrichtung der einzuschleusenden Gegenstände kann das Muting mit mehreren (meistens vier), an geeigneter Stelle angebrachter Sensoren realisiert werden, Bild 5.9-28. Sensoren müssen räumlich zu Funktionsgruppen so zusammengefasst sein, dass alle Sensoren beim Passieren einmal gleichzeitig aktiviert sein müssen. Bei unterschiedlichen Bewegungsrichtungen von Gegenständen und Personen kann gemäß der technologischen Gegebenheit eine Unterbrechung in Abhängigkeit von der Bewegungsrichtung erlaubt oder verboten sein. Dann muss das System die Bewegungsrichtung der Ob-
Funktioneller Ablauf des Mutings. Beim Einschleusen aktiviert z. B. eine beladene Palette sequentiell innerhalb einer festgelegten Zeitsspanne die vorgelagerten Sensoren und danach das eigentliche Schutzfeld, Bild 5.9-29. Erst nach erfolgreicher Aktivierung des Schutzfeldes akzeptiert die Steuerung das Überbrückungssignal, schaltet auf Muting um, aktiviert die Signalleuchte und überbrückt das Lichtgitter. Das Eindringen der Palette in das Schutzfeld führt nicht zum Abschalten gefahrbringender Bewegungen. Das ist aber auch schon der Zeitpunkt, in dem die beladene Palette bereits den Zugang zum Gefahrbereich versperrt. Eine Zeitfunktion oder weitere Sensoren müssen den Durchlauf des Gegenstandes signalisieren. Zum erfolgreichen Beenden der Überbrückungsphase muss zuerst das Schutzfeld wieder frei werden. Sind drei der vier Mutingsensoren abgefallen, wird nach einer Verzögerung von z. B. 0,25 s der Mutingzyklus beendet. Erst dann darf das Zurücknehmen des Mutingsignals optisch signalisiert werden. Sobald die Überbrückung beendet ist, müssen Sicherheitsfunktionen sofort wieder zuverlässig hergestellt und das Schutzfeld erneut wirksam sein. Eine Zeitüberwachung hebt die Überbrückung nach einer voreingestellten Zeit auf, sofern das nicht schon Sensoren bewerkstelligt haben. Diese Zeitspanne hängt von der Dauer ab, die das Material braucht, um den Absicherungsbereich zu passieren. Damit ist verhindert, dass die Lichtschranke durch zwei Fehler der Mutingsensoren oder durch bewusste Manipulationen lahmgelegt wird. Wenn Signale der Sensoren in einer ungültigen Kombination (Reihenfolge und Zeitraster der Schaltabfolge) auftreten, dürfen sie keinen Mutingzustand hervorrufen.
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Bild 5.9-28 Anordnung von Muting-Sensoren /5.40/
Sicherheitstechnische Randbedingungen desMutings. Da die Aufhebung des Schutzfeldes nicht unmittelbar wahrnehmbar ist und Fehlfunktionen für die Betroffenen ein erhebliches Risiko bedeuten würden, muss das Schutzsystem mehrere sicherheitstechnische Randbedingungen erfüllen:
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
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387
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Bild 5.9-29 Funktioneller Ablauf des Mutings [5.68]
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Muting darf nicht zu neuen gefährlichen Zuständen führen, die Schutzfunktion anderer Einrichtungen muss erhalten bleiben. Muting muss über die Steuerung automatisch erfolgen, ohne aktives Tun der Betroffenen, um Manipulationen beim Einleiten und Aufheben entgegen zu wirken. Muting darf nicht die Schutzfunktion anderer Einrichtungen aufheben oder zu anderen gefährlichen Zuständen führen. Muting darf weder von einem einzigen elektrischen Signal noch vollständig von der Software der Steuerung abhängen. Für die zuverlässige Unterscheidung zwischen Mensch und Material müssen mindestens zwei von der Steuerung überwachte oder vier jeweils redundante Mutingsensoren vorhanden sein. Werden nur Teile des Schutzfeldes unwirksam gemacht, muss der Teil, der nicht mehr
•
•
•
vom Lichtgitter geschützt ist, mit anderen Schutzmaßnahmen gesichert sein. Die Kategorie der Steuerung und ihrer sicherheitsbezogenen Teile, welche die Aufhebungsfunktion ausführen, muss so gewählt werden, dass die Einbeziehung der Aufhebefunktion die für die relevante Sicherheitsfunktion erforderliche Sicherheitskategorie der Gesamtsteuerung nicht verringert. Besonders zuverlässig muss die Rückschaltung vom abgeschlossenem Muting in den normalen Überwachungsmodus erfolgen. Unerkannte Fehler würden eine nicht vorhandene Sicherheit vortäuschen: der Gefahrenbereich wäre frei zugänglich! Neustart des Zyklus bzw. Deaktivierung des Alarms darf nur durch Betätigen eines Schlüsselschalters möglich sein.
388
5 Sicherheitstechnik
Visualisierung des Mutings. Der Überbrückungszustand muss mit einem oder mehreren Signalleuchten (gelb oder weiß) angezeigt werden. Sie übernehmen eine wichtige Sicherheitsfunktion, die zuverlässig verwirklicht werden muss. Die Mutingleuchten (ML) müssen vom Bedienstand aus gut sichtbar sein und eine Lichtaustrittfläche von mindestens 1 cm2 haben. Da ihr Aufleuchten die einzige sinnliche Wahrnehmung der überbrückten Schutzfunktion ist, muss die ordnungsgemäße Erfüllung der Sicherheitsfunktion der Leuchtmelder getestet und zyklisch überwacht werden. Leuchtmelder mit lichtemittierenden Dioden (LED) als Lichtquelle sind wegen der hohen Lebesdauer zuverlässiger als Leuchtmelder, die mit Glühbirnen bestückt sind. Bei hohen Risiken muss der Mutingzustand redundant angezeigt werden: es müssen zwei unabhängig verdrahtete Signalleuchten installiert sein. Diese Maßnahmen der hinweisenden Sicherheitstechnik wirken einem vorsätzlichen oder versehentlichen Zugriff oder Zutritt nur entgegen, verhindern können sie ihn aber nicht. Muting im Handbereich: AKAS-Gesenkbiegemaschinenabsicherung. Dieses Schutzsystem von /5.20/ erlaubt es, an Gesenkbiegemaschinen Arbeitshübe nur mit Fußeinrückung durchzuführen, zugleich das Werkstück während des gesamten Schließvorgangs sogar in Nähe der Biegekante
mit den Händen zu führen und sie trotzdem vor Verletzungen in der Quetschstelle des Werkzeugspalts zu schützen, Bild 5.9-30. Zur Technologie: Das Umformwerkzeug besteht aus einem Oberwerkzeug, das am Hubbalken befestigt ist und aus einem Unterwerkzeug, das mit der unteren Werkzeugaufnahme am Maschinentisch verbunden ist. Der Hubbalken führt beim Abkanten die gefahrbringende Schließbewegung durch, zwischen den Werkzeughälften entsteht eine Quetschstelle: Das Oberwerkzeug taucht in das Gegenstück ein und drückt das umzuformende Werkstück in das Unterwerkzeug. Das Blech schmiegt sich an die Kontur des Oberwerkzeugs an. Der Weg des Hubbalkens wird kontinuierlich gemessen und die Messwerte an die Maschinensteuerung weitergegeben. Neu an dem Schutzsystem ist, dass es nicht primär ein der Quetschstelle vorgelagertes Schutzfeld überwacht, sondern die Relativbewegung im variablen Freiraum zwischen beiden Werkzeughälften, dessen Verengen die Quetschstelle ausmacht. Deshalb funktioniert das System unabhängig davon, ob sich die obere oder die untere Werkzeughälfte schließt. In der Standardausführung ist das Schutzfeld nicht mit feststehenden Teilen der Gesenkbiegemaschine sondern mit dem Hubbalken verbunden. Beide Konsolen, auf den die LaserLichtschranken unterhalb des Oberwerkzeugs an-
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Bild 5.9-30 Optoelektronische Sicherung einer Gesenkbiegemaschine /5.20/
5 5
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
gebracht sind, sind über einen Support nachstellbar mit dem Hubbalken verbunden. Das Lichtgitter senkt sich daher während der Schließbewegung synchron mit dem Oberwerkzeug und eilt der Biegekante in den Freiraum der Quetschstelle zwischen Ober- und Unterwerkzeug voraus. Bei Systemen, bei denen sich das Unterwerkzeug bewegt, wird das Lichtgitter ebenfalls am Oberwerkzeug montiert, Bild 5.9-31. Im Bild 5.9-32 ist das Ablaufschema des Mutings dargestellt. Das Schutzfeld (Lichtgitter) entsteht durch drei unabhängige Laser-Einweg-Lichtschranken (Strahldurchmesser ca. 10 mm), die in einem L-förmigen Raummuster links und rechts des Hubbalkens angeordnet sind. Drei Sendeeinheiten (S 1, S 2, und S 3) stehen spiegelbildlich angeordnet vier Empfangseinheiten (E 1, E 2, E 3 und E 4) gegenüber. Die oberste Empfangseinheit E 4, die der Lichtstrahl 3 mit überstreicht, hilft im Einrichtbetrieb das Schutzsystem an unterschiedliche Werkzeughöhen anzupassen. Die Strahlen 1, 2, und 3 überwachen den Spalt zwischen beiden Werkzeughälften. Ein Eingreifen in die sich schließende Quetschstelle unterbricht einen der Lichtstrahlen und bewirkt, dass die gefahrbringende Bewegung gestoppt und reversiert wird. Der Hubbalken kehrt in den oberen Ausgangspunkt zurück. Dabei ist es unerheblich, ob der Eingriff von vorne, von hinten, seitlich oder durch eine zweite Person erfolgt. Ein erneuter Arbeitshub ist erst nach Quittierung möglich. Der Strahl 1 ist der Biegekante zum Maschinenarbei2EHUZHUN]HXJ 5 5
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Bild 5.9-31 Bewegliches Mutings-System /5.20/
389
ter hin vorgelagert. Er detektiert auch Fingerglieder, die neben dem Werkstück in den Spalt des Unterwerkzeugs gerutscht sind. Ein Arbeitshub läuft wie folgt ab: Hat die Abwärtsbewegung des Oberwerkzeugs den Abstand von 23 mm zwischen der Biegekante und dem aufliegenden Blech erreicht, schaltet die Steuerung die Lichtschranken E 1 und E 2 ab. Gleichzeitig senkt sie aufgrund des gemessenen Weges die Hubgeschwindigkeit selbsttätig auf den als sicher reduzierten geltenden Wert von 10 mm/s und signalisiert zugleich das Ansprechen der Muting-Funktion mit einer Warnleuchte. Die Steuerung überwacht ihr Funktionieren: Ist die Warnleuchte nicht angeschlossen oder defekt, ist ein Überbrücken von E 1/E 2 und später von E 3 nicht möglich. Nach dem Ansprechen der Muting-Funktion kann das aufliegende Werkstück die Sicherheitsfunktion über die Strahlen 1 und 2 nicht mehr auslösen, obwohl sie sich an ihm vorbei bewegen. Die verbleibende Öffnung der Quetschstelle ist zunächst durch E 3 gesichert, die 1,4 s nach dem Ausblenden von E 1 und E 2 ebenfalls abgeschaltet wird. Bei einer Schließgeschwindigkeit von 10 mm/s ist in dieser Zeitspanne ein Weg von 14 mm gesichert überwunden. Von nun an übernimmt die Steuerung den Schließbefehl und die verbleibenden 9 mm Hub werden ohne Überwachung im Fuß-Tippbetrieb bis zum Ende des Umformvorgangs zurückgelegt. Ein Eingreifen in die potentielle Quetschstelle ist von jetzt ab unmöglich, da der Spalt von 9 mm für die eindringenden Finger zu eng geworden ist (Mindestabstand als geometrische Gestaltungsmaßnahme der unmittelbaren Sicherheitstechnik). So ausgeklügelt dieses Schutzsystem auch ist, es sichert, wie die im Abschnitt 5.8.2 beschriebene Kombinationsschaltung auch nur Quetschstellen im Umformwerkzeug. Es schützt weder vorm Quetschen zwischen dem nach oben schwenkenden Blech und dem Hubbalken während des Arbeitshubs noch vorm Quetschen durch das nach dem Öffnen der Werkzeughälfte auf die Werkstückauflage zurückfallende Werkstück. Trotzdem erhöht das Schutzsystem wegen der einfacheren Handhabung der Maschine die Wirtschaftlichkeit und zugleich die Sicherheit der Arbeiter. Es leistet einen Beitrag zur humanen Produktivität.
5 Sicherheitstechnik
390
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Bild 5.9-32 Ablauffolge der AKAS-Gesenkbiegemaschinenabsicherung /5.20/
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5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
5.9.7 Tastende Lasersysteme Programmierbare Laser-Scanner, als kompakte Komplettsensoren in robusten Gehäusen ausgeführt, tasten berührungslos und kontinuierlich mit infraroten Laserstrahlen (Laser der Klasse 1) ihre Umgebung halbkreisförmig in einer Ebene ab und messen dabei die vordere, reflektierte Höhenlinie der Umgebung aus, Bild 5.9-33. 5 (PSIlQJHU
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Bild 5.9-33 Prinzip des Laser-Scanners [5.66]
Im Senderteil des Sensors trifft der Laserstrahl auf einen rotierenden prismatischen Spiegel, der ihn einerseits umlenkt aber mit ihm auch die Umgebung abtastet, in dem der Senderteil zur synchron mitlaufenden elektronischen Zeitmessung kurze Lichtpulse (ca. 4 ns) aussendet. Trifft das Licht auf einen Gegenstand oder auf eine Person, wird es diffus reflektiert, d. h. zum Empfängerteil des Sensors zurückgeworfen, dort erkannt und als Schaltsignal ausgewertet. Die Herausforderung bei dem Verfahren liegt u. a. darin, extrem kurze Zeitspannen zu erfassen. Bei einer Entfernung von 2.103 mm benötigt das Licht für den Weg zum Objekt und zurück lediglich 13,33 ns. Im Unterschied optoelektronischen Schutzeinrichtungen mit gefächertem Lichtstrahl arbeiten Laser-Scanner ohne Reflektoren oder Umlenkspiegel. Der überwachte Bereich bleibt deshalb frei zugänglich bzw. befahrbar. Aus der Laufzeit des vom Objekt reflektierten Lichtstrahls und der synchron registrierten Winkelstellung eines rotierenden Spiegels, der die Lichtpulse in das halb- bzw.dreiviertelkreisförmige Feld ablenkt, bestimmt die Auswerteelektronik die genaue Position aller erfassten Objekte. Das ist die Grundlage für die Modellierung und virtuelle Abbil-
391
dung der überwachten Umgebung, [5.66]. Der Lichtstrahl des Scanners überstreicht in Schritten von 0,5 Grad ein Kreissegment mit einem Radius von bis zu 50 m. Innerhalb dieses Messbereiches lassen sich zwei weitere Felder frei definieren und mit Hilfe der mitgelieferten Software an einem gängigen PC, Laptop oder Notebook benutzerfreundlich unter Windows programmieren: ein ebenes Warnfeld (Radius 15 m innerhalb des Segmentes des Messbereichs) und ein Schutzfeld (Radius bis 7 m innerhalb des Segmentes des Warnfelds). Geometrische Form und Abmessungen dieser Felder lassen sich an konkrete, auch sich ändernde Situationen anpassen. Wenn sich der zu sichernde Gefahrenbereich ändert, braucht der Sensor innerhalb der Maschine nicht versetzt werden. Alle Bereiche lassen sich ohne zusätzlichen Montageaufwand mit Hilfe der Software umprogrammieren, Bild 5.9-34. Bei stationären Anwendungen erfolgt die Schaltung der Warn- und Schutzfelder durch statische binäre Signale, bei mobilen Anwendungen sowohl durch statische als auch dynamische, z. B. durch geschwindigkeits- und richtungsabhängige Signale. Die zweidimensionale Überwachung in einer horizontalen Ebene lässt sich zu einer quasi dreidimensionalen Überwachung erweitern. Ist der Scanner mit einer senkrechten Verfahrschiene verbunden, kann er zeilenweise mehrere Ebenen abtasten und so z. B. den Wirkbereich zwischen Werkzeugen großer Pressen vollständig überwachen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, einzelne Laser-Scanner auf mehrere unterschiedliche Ebenen zu verteilen. Dann können die jeweiligen Sensoren auch verschiedenartige Sicherheitsfunktionen ausführen, z. B. Detektieren von Personen, Wegüberwachung von Transporteinrichtungen usw. Alle Messdaten werden über zwei unabhängige zuverlässige redundante Signalausgänge an die Maschinen- oder Fahrzeugsteuerung übertragen. LaserScanner lassen sich flexibel in Sicherheitskonzepte stationärer oder mobiler Maschinen einbinden, Bild 5.9-35. Bei der Bereichssicherung löst der Laser-Scanner Schaltbefehle aus, sobald jemand den überwachten Bereich betritt. Erreicht eine Person das dem Schutzbereich vorgelagerte Warnfeld, erfolgt eine optische oder akustische Anzeige, damit sie den Bereich noch rechtzeitig verlassen kann, bevor sie Maschinenfunktionen unterbricht. Dringt
392
5 Sicherheitstechnik
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3HUVRQO|VW :DUQXQJ DXV
5HLFKZHLWH>P@
Bild 5.9-34 Funktionelle Bereiche der Laser-Scanner
die Person in das Schutzfeld ein, werden alle gefahrbringenden Situationen unterbrochen. Beim Überwachen von Innenräumen großer Maschinen oder Pressenwerkzeuge übernehmen Scanner sekundäre Sicherheitsfunktionen. Maschinen können nur anlaufen, wenn der Sensor bestätigt, dass ihre Innenräume frei von Personen oder Gegenständen sind. Die primäre Sicherheitsfunktion, den Zutritt in den Gefahrenbereich zu registrieren, müssen andere Schutzeinrichtungen, z. B. Lichtvorhänge, übernehmen. Bei der Fahrzeugabsicherung sorgen Scanner dafür, dass das Fahrzeug stoppt, sobald sich ihm eine Person in den Weg stellt, den Weg kreuzt oder ein Gegenstand vor dem Fahrzeug auftaucht. Auch bei dieser Applikation sind Warnfelder definierbar, deren Signale schon aus größeren Entfernungen Warnsignale absetzen und/oder
die Fahrzeuggeschwindigkeit reduzieren können. Unabhängig von der Geometrie der Warn- und Schutzfelder messen Laser-Scanner kontinuierlich die Lage von Objekten aus der Fahrzeugumgebung. Interne Navigationssysteme können mit diesen Daten laufend die Position der Fahrzeuge aktualisieren. Auch außerhalb der Sicherheitstechnik lassen sich mit Laser-Scannern aufwendige Aufgaben einfacher und leichter lösen. Mit einem Laser-Scanner, senkrecht auf der Ladefläche eines LKW untergebracht, lassen sich z. B. während der Durchfahrt durch Straßenbrücken einfach, schnell und genau deren lichte Profile und Weiten ermitteln und registrieren, um so Trassen für Schwertransporte mit Überbreite oder -höhe festzulegen. Beim Bestimmen und Programmieren der Schutzfelder müssen Mindestsicherheitsabstände nach EN ISO 13 855 berechnet und
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
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1U
393
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Bild 5.9-35 Einsatzmöglichkeiten von Laser-Scannern /5.71/
3URILOXQG 4XHUVFKQLWWV YHUPHVVXQJ hEHUVWDQGV XQG )OOVWDQG PHVVXQJ
5 Sicherheitstechnik
394
Sowohl Schwebstoffe, die zur Divergenz des Lichtstrahls führen, wie Rauch, Nebel aber auch wegfliegende reflektierende Metallspäne als auch pulsierendes Licht aus Stroboskop- oder Fluoreszenzlampen, können die Abtastfunktion der Laser-Scanner empfindlich stören oder beeinträchtigen. Laser-Scanner können auch nicht zwischen verschmutzten Frontscheiben und Objekten, die sich unmittelbar vor den Sensoren befinden, nicht besonders gut unterscheiden. Trotz dieser Unzulänglichkeiten haben sich Laser-Scanner in der Praxis bewährt und werden immer öfter eingesetzt.
eingehalten werden. Das Berechnungsverfahren berücksichtigt zusätzlich zu dem durch Zutrittbzw. Zugriffsgeschwindigkeit und der Gesamtnachlaufzeit des Systems berechenbaren Sicherheitsabstand noch einen Sicherheitszuschlag C. Er wirkt der Möglichkeit entgegen, über das Schutzfeld hinweg zu greifen, ohne den Sensor auszulösen. Der Sicherheitszuschlag C hängt von der Höhe der Schutzfeldebene hD ab, Bild 5.9-36. Schattenbereiche innerhalb der Felder können vom Sensor weder eingesehen noch überwacht werden. Sofern aus ihnen Gefährdungen hervorgehen, müssen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. /DVHU6FDQQHU (LQEDXK|KH
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Bild 5.9-36 Sicherheitsabstände für Laser-Scanner /5.40/
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
5.9.8 Kamerabasierte Schutzsysteme Um Räume, die Bereiche mit gefahrdrohenden Situationen umschließen, zu überwachen, setzen sich zunehmend Kamerasysteme mit nachgeschalteter Bildverarbeitung durch. Diese optoelektronischen, berührungslos wirkenden Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion überwachen, je nach Konstruktion, (quasi)eindimensionale, d. h. röhren- bzw. kastenförmige Korridore, zweidimensionale Flächen oder dreidimensionale Räume, s. Bild 5.9-38. Überwachung eindimensionaler Korridore. Zum Überwachen der Gefahrstellen an Abkantpressen zwischen dem Ober- und Unterwerkzeug während deren Schließbewegung entwickelten /5.55/ und /5.71/ auf den ersten Blick ähnliche Kamerasysteme, die sich jedoch in einigen Funktionen und Features unterscheiden. Die Systeme bestehen aus einem Sender und einem Empfänger, die links und rechts am Hubbalken befestigt sind. Der Schutzkorridor zwischen Sender und Empfänger bewegt sich mit dem Hubbalken und gewährleistet so eine mitlaufende Absicherung unter dem Oberwerkzeug. Sobald fremde Objekte in den Schutzkorridor eindringen, gibt die Schutzeinrichtung das Signal zum Stoppen der schnellen Schließbewegung (oder geschwindigkeitsunabhängig bis zu einem Spalt von 6 mm) an die Maschinensteuerung weiter. Überwachung zweidimensionaler Flächen. Zur Gefahrstellenüberwachung an typischerweise rechteckigen Eingriffsöffnungen entwickelte /5.71/ ein Kamerasystem, das mit einer einzigen Sensoreinheit, die den Sender und Empfänger enthält, und einem Reflektorband auskommt. Rund um das eigentliche Kameraobjektiv sind konzentrisch Leuchtdioden angeordnet, die in den Raum infrarote Strahlung definierter Energiedichte ausstrahlen. Die von der Umgebung reflektierte Strahlung hängt vom Reflektionsvermögen der Umgebung ab. Das Reflektorband, das an den Randkonturen der zu überwachenden Ebene angebracht ist, hat ein um mindestens zwei Größenordnungen besseres Reflektionsvermögen als alle anderen Gegenstände bzw. Körperteile. Durch die vom Reflektorband reflektierte und von der Kamera erfasste reflektierte Strahlungsenergie ist die Geometrie des zweidi-
395
mensionalen Schutzfeldes definiert. Eine eindringende Hand reflektiert wesentlich kleinere Energiemengen. Die Kamera erfasst die Unterschiede der reflektierten Energieniveaus. Die Auswerteeinheit rekonstruiert aus ihnen das Durchdringen des Schutzfeldes und gibt entsprechende Signale an die Maschinensteuerung weiter. Die Sensoreinheit, wegen ihrer charakteristischen dreieckigen Grundform auch „Nussecke“ genannt, ist platzsparend in einer Ecke der zu überwachenden rechteckigen Öffnung montiert, das Reflektorband ist auf beide diagonal gegenüberliegende Kanten verklebt. Nach dem Start des Teach-Modus speichert die Sensoreinheit die Lage des Reflektorbandes. Damit ist die Ausdehnung der abzusichernden Fläche festgelegt. Die Überwachung wird erst voll funktionsfähig, nachdem die Sensoreinheit registriert hat, dass ein Prüfstab entlang der Kanten mit dem aufgeklebten Reflektorband geführt wurde. Das Aktivieren einer speziellen Konfigurationssoftware ist dafür nicht nötig. Überwachung dreidimensionaler Räume. Dazu müssen die Sensoren „räumlich sehen“ können. Da digitale Kameras prinzipiell mit einem flächigen Bildchip ausgerüstet sind und somit auch nur flächige, sprich zweidimensionale Bilder erzeugen können, lässt sich ein dreidimensionales Abbild der Umgebung nur über den Umweg des mathematischen Berechnungsverfahrens der Triangulation aus mindestens zwei, von unterschiedlichen Standpunkten aufgenommenen Bildern rekonstruieren. Die in einem bestimmten geometrischen Dreieckmuster im Gehäuse der Sensoreinheit positionierten Kameras des von /5.55/ entwickelten Systems „Safety Eye“ registrieren und messen die Intensitäten der Kontraste bzw. deren Unterschiede, die an den Gegenständen durch die Lichtverhältnisse der Umgebung entstehen. Die Signalauswertung berechnet daraus unter Verwendung eines festen Referenz-Koordinatensystems ein virtuelles Abbild der dreidimensionalen Realität. Damit wird die „sehende“, lückenlose und synchrone Überwachung eines dreidimensionalen Raumes möglich. Ein dreidimensionaler kegelförmiger Schutzkokon umhüllt den Gefahrenbereich. In ihm lassen sich softwaregestützt beliebig viele Warn- und Schutzräume konfigurieren. Safety Eye beobachtet und überwacht diese Bereiche aus der Vogelperspektive, denn die Sensoreinheit ist über dem zu überwachenden Raum positioniert.
Bild 5.9-38 Kamerabasierte Schutzsysteme
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9LHUNDQWXQJ
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396 5 Sicherheitstechnik
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
5.9.9 Ultraschall-Schutzsysteme
397
8OWUDVFKDOOJHEHU
Sie tasten als aktive Systeme vorauseilend den ganzen zu sichernden Raum ab. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Echolaufzeitmessung in Kombination mit der Amplitudenmessung. Der Schallgeber (piezoelektrischer Signalwandler) strahlt über eine Umlenkfläche des Schalltrichters in ein immaterielles dreidimensionales keulenförmiges Feld im Systemtakt gepulste Ultraschallwellen von ca. 40 kHz ein. Sie breiten sich im Raum mit Schallgeschwindigkeit aus und werden von bewegten oder stehenden Objekten (Gegenstände, Personen) reflektiert. Die Schallgeschwindigkeit hängt vom Luftdruck, von der Luftfeuchte und von der Temperatur ab. Der Einfluss von Luftdruck und Luftfeuchtigkeit spielt eine untergeordnete Rolle, der Einfluss der Temperatur lässt sich elektronisch kompensieren. Der in der Schallumlenkfläche des Schallgebers integrierter Überwachungswandler nimmt die von den Objekten zurückgeworfenen Schallwellen auf. Da der Abstand schallreflektierender Gegenstände messbar ist, besteht die Möglichkeit, erzielbare Reichweiten funktionell in mehrere Bereiche aufzuteilen: In einen voreilenden Bereich zur Hintergrundausblendung von Störgeräuschen, in anschließende Warnbereiche mit Erkennungsschwellen und in das eigentliche Sicherheitsschutzfeld. Erkennungsschwellen lassen sich nutzen, um vor dem Eindringen in das Sicherheitsschutzfeld Warnsignale (Hupton, Blinklicht) zu erzeugen. Diese Einstellungen sind programmierbar. Die gemessene Echoamplitude gibt Aufschluss über Größe und Beschaffenheit des Objektes. Die nachgeschaltete Auswerteeinheit führt eine Plausibilitätskontrolle durch. Sie vergleicht den Wert der aktuellen Echolaufzeitmessung immer mit den beiden unmittelbar vorangegangenen Messergebnissen. Sobald sich das erfasste Objekt und der Sensor annähern, vermindert sich die Echolaufzeit innerhalb der drei Messergebnisse. Dies ruft Schaltsignale hervor. Kurzzeitige einmalige Störgeräusche werden herausgefiltert. Zugleich wird auch eine gegenseitige Beeinflussung verschiedener Ultraschallsysteme vermieden. Die Maschinensteuerung setzt diese Schaltsignale um, damit sich zuverlässig gefahrlose Zustände an oder in der Maschine einstellen, Bild 5.9-39. Der durch das Schallfeld immateriell überwachte Raum besteht aus einem Kernbereich,
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Bild 5.9-39 Prinzip des Ultraschall-Messverfahrens /5.47/
der von Randbereichen eingehüllt ist. Im Kernbereich ist geometrisch das Sicherheitsschutzfeld mit Personenschutzfunktion festgelegt. Dies ist der zentrale Teil des Schutzfeldes, in dem eingedrungene Personen zuverlässig erkannt werden müssen, Bild 5.9-40. Die Intensität des Schallfeldes ist in den Randzonen geringer als im Kernbereich. In allen Zonen der Schallkeule müssen Gegenstände bzw. Personen detektiert werden. Im Kernbereich ist das Erkennen und programmtechnische Erfassen von (schallweichen) Personen für die Sicherheitsfunktion ausschlaggebend. In den Randzonen ist für die Betriebsfunktion das Detektieren schallharter Objekte (z. B. Tür- und Torzargen, Regalstreben usw.) wichtig, wenn sich z. B. ein mit diesen System gesichertes fahrerloses Transportfahrzeug (FTF) an Engstellen unter Einhalten der Sicherheitsfunktion vorbeibewegen soll. Das Er-
398
5 Sicherheitstechnik
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3UIN|USHU Bild 5.9-40 Funktionelle Bereiche der Ultraschallsensoren /5.47/
kennen von Gegenständen im Kernbereich und in den seitlichen Randbereichen der Schallkeule wird mit Prüfkörpern unterschiedlicher Schallhärte (mit Doppelcord umwickeltes Rohr als simuliertes Hosenbein, blankes Rohr, Platte) verifiziert. Dank des akustischen Wirkprinzips sind diese Systeme gegen Fremdlichteinflüsse unempfindlich. Das Auflösungsvermögen des Messprinzips von ca. 10 mm bewirkt, dass diese Sensoren resistent sind gegen Störungen und Fehlauslösungen, die von Schwebekörpern wie Staub oder Nebel bzw. von eindringenden Schweißperlen oder Spänen herrühren. Das Messprinzip erkennt auch Gegenstände, die sich unmittelbar vor der Austrittöffnung befinden, d. h. auch Manipulationsversuche durch Verstopfen des Schalltrichters durch Lappen u. ä. Schalltrichter lassen sich bündig in die Maschinenfront einbauen. Ultraschallsensoren werden vornehmlich an fahrerlosen Transportfahrzeugen aber auch an bewegten Maschinenteilen bzw. Baugruppen eingesetzt, wie z. B. an Verfahrbühnen oder an festen Maschinenteile, wenn sie zur mobilen oder stationären Bereichssicherung benutzt werden, Bild 5.9-40. Die erforderliche Ausbreitung des Schutzfeldes errechnet sich in Abhängigkeit von der Bremszeit bzw. der Nachlaufzeit der Maschinen, der Ansprechzeit der Schutzeinrichtung samt Steuerung und unter Berücksichtigung der Zugriff- bzw. Zutrittgeschwindigkeit. Auch hier gilt der Grundsatz, dass gefahrbringende Ereignisse (Bewegungen) beendet sein müssen, bevor die Gefahrstelle erreicht werden kann oder zu einer Kollision kommt. Beim Abbremsen von Fahrzeugen und Maschinengruppen muss die Bremsverzögerung so gesteuert werden, dass die auf die Last einwirkenden Massenträgheitskräfte keine neuen Gefährdungen, z. B. durch verrutschende Ladungen hervorrufen.
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
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6LFKHUKHLWVDEVWlQGH
1U
399
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8P]lXQXQJ
5.9.10 Passive Infrarot-Schutzsysteme Passive Infrarot-Bewegungssensoren detektieren als ”echte” Raumsensoren unmittelbar im überwachten pyramidenförmigen Raumsegment Infrarotstrahlung, die jede Materie in spezifischer Intensität und Wellenlänge ausstrahlt. Folglich erkennen sie auch die von Personen emittierte Wärmestrahlung, sofern sie sich von der thermischen Umgebung abhebt. Die Sensoren sprechen auf elektromagnetische Strahlung im tiefen Infrarotbereich an, d. h. auf Wärmestrahlung mit Wellenlängen zwischen 4 μm und 20 μm. In diesem Bereich liegt auch die vom Menschen aufgrund seiner Körpertemperatur von 37° C emittierte Wärmestrahlung (-= 9,4 μm). Sensoren bestehen aus mehreren optischen, elektronischen und mechanischen Baugruppen und Komponenten, Bilder 5.9-41 und 5.9-42. Infrarotstrahlen der Wärmequellen, die innerhalb des wirksamen Raumwinkels aktiv sind, passieren ein optisches System mit definiertem Durchlassbereich, realisiert als IR-Bandpassfil-
>V@ >V@ >PPV@ >PP@ >PP@
+HUVWHOOHUDQDJEHQ
Bild 5.9-41 Einsatzmöglichkeiten von Ultraschallsensoren /5.47/
ter, das jegliche Strahlung außerhalb des personenspezifischen Wellenlängenbereichs reflektiert. Die Abbildungsoptik, meistens als Umlenkspiegel oder Fresnellinse ausgeführt, fokussiert das emittierende Objekt auf der Oberfläche der Detektorplatine und bildet es dort ab. Damit verändern sich die Oberflächentemperatur und zugleich die Oberflächenladung des Detektorwerkstoffs. Die abgeleitete Spannung ist dem erfassten Wärmestrahlenfluss direkt proportional. Zur Signalerzeugung und Signalwandlung werden meistens pyroelektrische oder thermoelektrische Effekte von Werkstoffen mit besonderen dielektrischen Eigenschaften, z. B. die von Lithium-Tantalat (LiTaO3), herangezogen. Der Detektor reagiert allerdings nur auf Veränderungen der empfangenen Wärmestrahlung. Erst dann, wenn sich im überwachten Bereich die Wärmebilanz zeitlich ändert, entsteht ein Signal. Bewegen sich das Objekt bzw. die Person nicht, bleiben das Feld und die Ladung auch konstant. Sobald Objekte oder Personen ihre Lage relativ zum Sensor ändern, verschieben sich auf der Oberfläche des
5 Sicherheitstechnik
400
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Bild 5.9-42 Prinzip passiver Infrarot-Sensoren
Bild 5.9-43 Architektur der Steuerung für IR-Sensoren /5.79/
Detektorwerkstoffs das Wärmebild und die Ladung. Es kommt zum typischen und markanten Verlauf beider Größen. Das resultierende Signal wird sowohl von der Intensität der Wärmequelle (Höhe und Temperatur der emittierten Strahlung) als auch von den kinematischen Parametern der Relativbewegung (Richtung, Winkel, Geschwindigkeit), mit der sich die Wärmequelle an den Sensor oder der Sensor an die Wärmequelle annähert, bestimmt. Mit zunehmender Intensität der Wärmequelle erhöht sich der Signalausschlag stetig. Dagegen steigt mit zunehmender Geschwindigkeit das Signal anfangs bis zu einem Maximum an, fällt dann aber wieder ab. Dieser Effekt schränkt den Einsatzbereich des Detektors ein. Sobald der Detektor eine bewegte Wärmequelle registriert, gibt er ein spezifisches Signal ab. Die integrierte Signalverarbeitungselektronik setzt es in elektrische Signale um, die nach Auswertung in der Steuerung sicherheitsrelevante Maschinenfunktionen hervorrufen. Mit Auswertealgorithmen lässt sich die Richtung bestimmen, aus der jemand in den Überwachungsbereich eindringt. Damit ist eine Vorfeldüberwachung möglich, die Warnsignale absetzt, bevor das eigentli-
che Stoppen gefahrbringender Bewegungen eingeleitet wird. Damit dies zuverlässig geschieht, muss der sicherheitsrelevante Teil der Steuerung eine interne Signalüberwachungsstruktur aufweisen, z. B. eine, die dem Prinzip der diversitären Redundanz entspricht. Erzielbare Reichweiten liegen bei ca. 30 m, die optimale Detektionsentfernung beträgt etwa 6 m. Sensoren haben aufgrund ihres physikalischen Wirkprinzips eine Reaktionszeit von ca. 0,1 bis 0,3 s. Dieser Sachverhalt muss bei der Berechnung von Sicherheitsabständen oder Anhaltewegen berücksichtigt werden. Passive Infrarot-Bewegungssensoren senden selbst keine Strahlung aus. Sie empfangen nur die natürliche Wärmestrahlung eines jeden Körpers. Sie erkennen Objekte und Personen unabhängig von deren Oberfläche bzw. deren Bekleidung. Sie sind unempfindlich gegenüber sonstigen elektromagnetischen Strahlungen. Weitere Vorteile sind vor allem das energiesparende Wirkprinzip, die relativ raumsparende Bauweise und die geringen Fertigungskosten. Passive InfrarotBewegungssensoren werden häufig in von Flurförderfahrzeugen befahrenen Schmalgängen von Hochregallagern eingesetzt. Sensoren sind an den Flurförderfahrzeugen so montiert, dass sie Perso-
5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion
'HWHNWLRQVHQWIHUQXQJ
401
'HWHNWLRQVHQWIHUQXQJ
Bild 5.9-44 Anwendungsbeispiel für passive IR-Sensoren /5.79/
nen im unmittelbaren Gefahrenbereich vor und hinter den Fahrzeugen erkennen, Bild 5.9-44. Das Ansprechen löst Sicherheitsfunktionen aus. Meistens wird der Fahrstrom unterbrochen. Zusätzlich werden Fahrzeuge, die mit geeigneter Federkraftbremse ausgerüstet sind, zwangsläufig abgebremst.
Alle anderen Fahrzeuge geben optische und akustische Warnsignale ab. Ob und wie sich Ultraschallsensoren und passive Infrarotsensoren gegenüber den opto-elektronischen Systemen behaupten werden, wird die Zukunft zeigen.
402
5 Sicherheitstechnik
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik Wenn beim Nutzen von Maschinen Restrisiken verbleiben, die sich weder durch Konstrukionsmaßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik vollständig vermeiden noch mit den Bau- und Funktionsgruppen der mittelbaren Sicherheitstechnik entschärfen lassen, müssen mit Hilfe der Methoden der hinweisenden Sicherheitstechnik Voraussetzungen und Verhaltensweises angegeben werden, unter welchen ein Arbeiten mit akzeptierten Restrisiken möglich ist. Hersteller müssen dafür sorgen, dass Maschinenbenutzer drohende Gefahren rechtzeitig erkennen können. Sie müssen Gefahren so verhaltenswirksam anzeigen, dass die Gefährdeten zum sicherheitsgerechten Verhalten angehalten werden. Das kann sich allerdings erst dann einstellen, wenn Betroffene auch wissen, was sie nach der angezeigten Warnung zu tun haben und auch in der Lage sind, es zu tun. Alle Maßnahmen der hinweisenden Sicherheitstechnik sind untrennbar mit betrieblichen Unterweisungen und Betriebsanweisungen verbunden. In der zur Maschine gehörenden Begleitdokumentation müssen Hersteller die Betreiber an deren Verpflichtung hinweisen, Betriebsanleitungen zu erstellen und Unterweisungen durchzuführen. Hinweisende Sicherheitstechnik ist das schwächste Glied in der Sicherheitskette, da sie auf Handlungen abzielt, die vom mehr oder weniger ausgeprägten Sicherheitsbewusstsein der Maschinenbenutzer abhängen. Hinweisende Sicherheitstechnik darf daher niemals als alleinige Maßnahme angewendet werden. Hinweisenden Sicherheitstechnik muss auf künstliche Informationsquellen zurückgreifen, deren Botschaft die Gefährdeten mit ihren Sinnen aufnehmen und sie verstehen können, Bild 5.10-1. Auf die wichtigsten n wird nachfolgend kurz eingegangen. Ihre informationstragenden Zeichen können statischer oder dynamischer Natur sein. Informationsquellen sind dann statisch, wenn die Information ständig vorhanden ist, wie z. B. bei Sicherheitszeichen. Aber auch Betriebsanleitungen, Bildzeichen und Warnhinweise sind wichtige Träger statischer Sicherheitsbotschaften. Im Unterschied dazu signalisieren dynamische Informationsquellen Gefahren nur dann, wenn sie auch akut sind. Optische und akustische Warneinrichtungen, aktive Maschinenschemata und
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Bild 5.10-1 Mittel der hinweisenden Sicherheitstechnik
voreilende Schutzeinrichtungen sind typische dynamische Informationsquellen der hinweisenden Sicherheitstechnik. Betriebsanleitungen haben eine wesentlich höherwertige rechtliche Bedeutung bekommen, als sie bis jetzt hatten. Sie sind jetzt ein untrennbarer Bestandteil des Produkts. Fehlerhafte
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
oder unverständliche Betriebsanleitungen werden im Haftungsfall einem Produktmangel gleichgesetzt und als haftungsbegründender Fehler behandelt. Betriebsanleitungen sollen kurz gefasst, übersichtlich gegliedert und leicht verständlich formuliert sein. Sie müssen für die Maschinenbenutzer jederzeit leicht erreichbar aufbewahrt werden. Es lieg nahe, Texte und Beschriftungen durch Symbole und Bildzeichen zu ersetzen bzw. zu ergänzen. Jedoch können Bildzeichen, wie sie z. B. in der ISO 7000 registriert sind, trotz ihrer großen Anzahl und Vielfalt nicht immer den ganzen Informationsbedarf für alle Eventualitäten einer sicheren Maschinennutzung abdecken. Bei vielen Sachverhalten müssen Textschilder verwendet werden. Sie haben den Nachteil, dass ihre Sicherheitsbotschaften sprachgebunden sind und deren Botschaft nicht auf einen Blick schnell erfasst werden können. Besondere Gefahren erfordern zusätzliche Sicherheitsinformationen, wie z. B. Kennzeichnung maschineller Einrichtungen oder Zubehörteile mit unterschiedlichen Daten und Angaben, wie Leistungsdaten an Typenschildern, zulässige Belastungen von Teilen, Anschlagpunkte für den Transport, Kennzeichnung des Schaltzustandes von Bedienteilen oder Auszüge aus Betriebsanleitungen. In der Praxis haben sich Kombinationen von Piktogrammen zur schnellen Situationserfassung mit Kurztexten für Detailinformationen nicht nur an Maschinen sondern auch in Betriebsanleitungen bewährt. Eine optimale Darbietung sicherheitsrelevanter Informationen über Prozessabläufe und -zustände ist ein wesentlicher Beitrag zur Arbeitssicherheit, den aktive Maschinenschemata leisten können. Zu ihnen gehören z. B. durch aktivierte Leuchtdioden oder mit Bildschirmdarstellungen vermittelte Informationen über Störungen. Vor allem dann, wenn deren Lage innerhalb der Maschine aufgrund der schematischen Darstellung oder der Simulation der Maschine räumlich zugeordnet ist. Auch lassen sich mit aktiven Maschinenschemata oder mit Prozessvisualisierungen auf Bildschirmen Ursachen von Störungen naturalistisch darstellen und Hinweise zur Behebung geben. Maschinenarbeiter können so Störungen rasch erkennen, lokalisieren, eindeutig interpretieren, richtig entscheiden und sich sicher verhal-
403
ten bzw. handeln. Auch der haptische Kanal (Tastsinn) kann zur Vermittlung sicherheitsrelevanter Informationen genutzt werden. Lose eingehängte, nach oben ausweichende Schutzbügel sprechen den haptischen Informationsaufnahmekanal an. An sich absenkenden Teilen von Maschinen angelenkte Bügel mit ausreichend großem Ausweichweg rechtzeitig warnen durch gefahrloses Berühren vor der Gefährdung, dass Füße gequetscht werden können.
5.10.1 Passive Sicherheitsinformationen Die mit sicherheitsrelevanten Zeichen und Markierungen vermittelten Botschaften sind statischer Natur, sie ändern sich über absehbare Zeiträume nicht. Sicherheitszeichen. Sicherheitszeichen sind wohl die bekanntesten Träger von Sicherheitsinformationen. Sicherheitszeichen vermitteln statische, zeitlich unveränderliche Informationen mit stark abstrahierten, oft bildhaften Symbolen, Bild 5.10-2. Sie legen den Ort einer Gefährdung, nicht aber den Zeitpunkt deren Wirksamwerdens fest. Ausführung und Anwendungen sind z. B. in der berufsgenossenschaftlichen Vorschrift BGV A8 ”Sicherheits- und Gesundheitskennzeichnung am Arbeitsplatz” festgelegt. Bedeutung der Farben und Formen der Sicherheitszeichen sind einheitlich kodiert. Verbotszeichen untersagen Verhalten, das zu akuten Gefahren führen würde. Sie sind rund, dominierend ist die Sicherheitsfarbe rot. Schwarze Symbole kontrastieren vor einem weißen Hintergrund. Rechteckige rote Zeichen mit weißen Symbolen sind dem Brandschutz, rote Rauten mit schwarzen Symbolen auf weißem Hintergrund der Kennzeichnung von Gefahrstoffen vorbehalten. Warnzeichen warnen vor Risiken oder Gefahren. Sie sind dreieckig mit schwarzen Symbolen auf gelbem Hintergrund und mit einem schwarzen Rand eingerahmt. Gebotszeichen schreiben verbindlich ein sicherheitsgerechtes Verhalten vor. Sie sind rund, weiße Symbole stehen auf blauem Hintergrund. Rettungszeichen sind quadratisch und grün. Ihre Symbole sind weiß.
5 Sicherheitstechnik
404
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Erkennbarkeit von Sicherheitszeichen. Die Wirksamkeit der mit Sicherheitszeichen vermittelten Botschaften hängt von der Form, der Signalfarbe des Symbols und von der Erkennbarkeit ab, für die Zeichengröße und Schrifthöhe maßgebend sind. Für die Erkennbarkeit bzw. Lesbarkeit ist das Verhältnis Größe/Entfernung wichtig. Standorte, von denen aus die zu informierende Person die Zeichen lesen soll, müssen bekannt sein, um die richtige Schildgröße auszuwählen, Bild 5.10-3. Anordnung und Beständigkeit von Sicherheitszeichen. Sicherheitszeichen müssen materiell so ausgeführt und an der Maschine befestigt sein, dass sie über die gesamte Lebensdauer der Maschine ihre Funktion, allen Gefährdeten wichtige Sicherheitsinformationen zu vermitteln, erfüllen
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Bild 5.10-2 Graphischer Aufbau und Arten sicherheitsrelevanter Zeichen nach [5.69]
können. Werden sie durch Umwelteinflüsse oder Prozessbedingungen unleserlich oder fallen sie gar ab, ist das nicht mehr der Fall. Das kann bei Unfällen oder Haftungsfragen die Rechtssicherheit des Herstellers beeinträchtigen. Diese Aspekte müssen bei der Risikobeurteilung und aus ihr resultierenden Festlegungen zweckdienlicher Maßnahmen berücksichtigt werden Es ist sinnvoll, Sicherheitszeichen auf und hinter trennende Schutzeinrichtungen anzubringen, wenn vorhersehbar ist, dass sie z. B. zur Wartung abgebaut werden und dannach ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht. Darüber hinaus erlaubt die Maschinenrichtlinie Sonderbetriebsarten bei geöffneten verriegelten beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen. Die Beschäftigten setzen sich bei diesen Arbeiten anderen, meistens höhe-
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
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Bild 5.10-3 Erkennbarkeit von Sicherheitszeichen nach EN 911
ren Risiken aus als beim regulären Arbeiten mit der Maschine bei geschlossenen Schutzeinrichtungen während des Normalbetriebes. Deshalb ist es sinnvoll und auch angebracht, auf diese Risiken und an das jetzt notwendige sicherheitsgerechte Verhalten mit Sicherheitszeichen hinzuweisen. Diese Sicherheitszeichen müssen dann einerseits in unmittelbarer Nähe der Gefahrstellen, also hinter den Schutzeinrichtungen angebracht sein aber auch so weit entfernt sein, damit die Gefährdeten noch eine Chance haben, sich im Sinne der Sicherheitsbotschaft der Gefährdung rechtzeitig zu entziehen.
405
Ergänzende Informationen. Nicht alles lässt sich mit symbolischen oder ikonenhaften Zeichen vermitteln. Sicherheitszeichen müssen sicherheitsrelevante Informationen dann mit Texten übermitteln, wenn sich der Sachverhalt nicht durch Symbole ausdrücken lässt. Je nach Bedeutung der mit ihnen vermittelten Botschaft (Warnung, Gebot, Sicherheit) müssen sich Hintergrundfarbe und Schriftfarbe an die standardisierten Vorgaben der Sicherheitszeichen anpassen. Zusatzzeichen können nach Bedarf mit Wort oder kurzem Text sicherheitsrelevante Informationen standardisierter Sicherheitszeichen konkretisieren. Schilderhersteller entwickeln eigene Sicherheitszeichen und versuchen, das beschränkte Zeichen- und Informationsrepertoire standardisierter Sicherheitszeichen für die Bedürfnisse der Praxis zu erweitern. Die im Bild 5.10-4 dargestellte Zuordnung der Sicherheitszeichen zu den Gefährdungen ist nur beispielhaft. Eine eindeutige Zuordnung von Sicherheitszeichen zu Gefahren ist nicht immer möglich. Von manchen Objekten gehen mehrere Gefahren gleichzeitig aus, die nicht offensichtlich sein müssen. So ist. z. B. die Säure in einem Akkumulator ein ätzender Gefahrstoff, der bei Beschädigungen herausfließen kann. Beim betriebsmäßigen Laden entsteht Wasserstoff, der sich mit Luftsauerstoff zum explosiven Knallgas vermischt. Vor beiden Gefahrpotentialen warnt das Warnzeichen ”Gefahren durch Batterien”. Ein anderes Beispiel für die Komplexität von Sicherheitsbotschaften ist das Zeichen für den Umgang mit Gasflaschen. Bei ihnen liegt das Gefahrpotential im möglichen Zerbersten aufgrund unsachgemäßer Behandlung (freiwerdende mechanische Energie) und in der stofflichen Wirkung des freigesetzten Mediums (Gesundheitsgefahr, Feuer- und Explosionsgefahr). Mit Verbots- und Gebotszeichen lässt sich gleiches sicheres Verhalten für unterschiedliche Gefahren fordern. So kann z. B. das Verbot des Berührens heißer Oberflächen den unmittelbar Gefährdeten nutzen. Das Berührungsverbot empfindlicher elektronischer Teile kann mittelbar spätere stochastische Gefährdungen durch Bauteilausfälle vermeiden. Das Gebot, Augen- oder Gesichtsschutz zu tragen ist bei allen Tätigkeiten sinnvoll, die Augen gefährden, nicht nur beim Schleifen oder Umgang mit ätzenden Stoffen.
5 Sicherheitstechnik
406
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Bild 5.10-4 In der BGV A8 festgelegte und in der Praxis bewährte Sicherheitszeichen
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5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
Amerikanische Sicherheitszeichen. Im amerikanischen Kulturkreis werden visuelle Sicherheitsbotschaften anders kodiert und dargeboten als in Europa. Im Vordergrund steht der berechtigte Schutz des Maschinenbenutzers. Die Sicherheitszeichen haben somit die Aufgabe, sicherheitsrelevante Informationen klar und einfach zu vermitteln und ein grundlegendes Bewusstsein für charakteristische Risiken beim Umgang mit Maschine und ein sicheres Verhalten hervorzurufen. Folgte früher die Gestaltung amerikanischer Sicherheitszeichen einer für Europäer nicht leicht nachvollziehbaren Systematik, die zu einem Design führte, das einen ziemlich „hausgebackenen“ Eindruck machte, Bild 5.10-5, hat sich die Situation spätestens seit 2007 entscheidend geändert. Die Normungsorganisationen ISO und ANSI (American National Standards Institute) haben den Aufbau und Inhalt von Sicherheitszeichen harmonisiert und abgestimmt mit dem Ziel, ein einheitliches optisches Erscheinungsbild für unmittelbar an der Maschinen angebrachten Sicherheitsinformationen zu entwickeln und zwar mit einer sachlogischen Reihenfolge: 1. Gefahren identifizieren, 2. Anweisungen zum sicherheitsgerechten Handeln geben, um einer Gefährdung aktiv entgegenzuwirken und 3. die wahrscheinlichen Konsequenzen angeben, die drohen, wenn die Sicherheitsbotschaft missachtet wird. Im ANSI Z535.4 „Standard“ for Product Safety Signs and Labels und in der Norm ISO 3864 sind die Anforderungen an die Gestaltung, Ausführung und Platzierung von Sicherheitszeichen eindeutig geregelt. Der ANSI Z535.4 integriert viele Erkenntnisse aus zahlreichen, für Hersteller teuren Gerichtsentscheidungen in Bezug darauf, wie die unmittelbar auf Produkten angebrachten Warnungen auszusehen haben [5.70]. Der Aufbau dieser Sicherheitszeichen folgt einer nachvollziehbaren Systematik. Grundsätzlich wird die Signalisierung von Gefahren, die zu Körperschäden führen können, getrennt von Gefahren, mit denen das Risiko von Sachschäden verbunden ist. Im Unterschied zu den in Europa gebräuchlichen, vornehmlich durch Form, Farbe und abstrakte Symbole vorgegebenen Botschaften (Gefahr, Warnung, Vorsicht, Achtung), die direkt
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Bild 5.10-5 Alte amerikanische Sicherheitszeichen (OSHA)
ein gewünschtes, aber nicht konkret ausgesprochenes Verhalten hervorrufen bzw. die Sinnhaftigkeit sicherheitsgerechter Handlungen mit Piktogrammen kommunizieren sollen, sprechen im amerikanischen Kulturkreis Sicherheitsbotschaften bewusst textbetont die Eigenverantwortung der Gefährdeten an: Sie visualisieren und kommunizieren Risiken, denen sich Beteiligte bei Nichtbeachtung aussetzen. Amerikanische Sicherheitszeichen sind grundsätzlich rechteckig. Sie können alternativ in zwei oder drei horizontal oder vertikal ausgerichteten Feldern ausgeführt sein. Das Sicherheitszeichen muss auf einer rechteckigen Fläche das Signalwort-Panel enthalten, d. h. ein Dreieck mit Ausrufezeichen als Verankerungssymbol für eine latente Gefahr zugleich verbalisiert mit einem Signalwort. Die anderen Felder enthalten eine dreistufige verbale Sicherheitsbotschaft (Art und Quelle der Gefahr, Folgen beim Zusammentreffen mit der Gefahr und zu befolgende Sicherheitsmaßnahmen) und zusätzlich ein oder mehrere gefahrenspezifische Piktogramme. Im Sinne der Harmonisierung mit ISO-Symbolen können die verständlichen und gefahrenspezifischen ANSI-Piktogramme auch innerhalb des schwarzumrandeten gelben ISO-Gefahrendreiecks platziert sein, Bild 5.10-6.
408
5 Sicherheitstechnik
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Bild 5.10-6 Prinzipieller Aufbau von ANSI-Sicherheitszeichen
Seit den 1970-ger Jahren werden in den USA und Kanada zur Symbolisierung von Gefährdungen naturalistische Piktogramme verwendet, Bild 5.10-7. Sie bestehen fast immer aus einer stilisierten schwarzen Silhouette einer Person oder eines Körperteils in einer gefährlichen Situation. Sie haben sich in der Praxis bewährt und durchgesetzt, denn die Gefährdeten verstehen auch ohne vorherige Unterweisung spontan die Bedeutung dieser intuitiven Symbole und können schneller reagieren. Die Unterteilung in Bild- und Textfeld ist gewollt: Piktogramme erwecken spontan Aufmerksamkeit aufgrund ihrer Reduzierung auf das Wesentliche, Texte präzisieren rechtsverbindlich die Sicherheitsbotschaften. Zeichen, die Gefahren signalisieren, die zu nur Sachschäden führen können, gelten nicht als Sicherheitszeichen. Deshalb dürfen sie im Panel kein Warndreieck mit Ausrufezeichen enthalten. Allein das Schlüsselwort NOTICE (in weißen Versalien auf blauen Hintergrund kursiv gesetzt) signalisiert die Gefahr. In ihrer Bedeutung abgestuften Signalwörter „DANGER“, „WARNING“ und „CAUTION“, in schwarzen Großbuchstaben (Versalien) auf den Hintergrundfarben Rot, Orange, Gelb gesetzt, si-
HOHNWUR PDJQHWLVFKH )HOGHU
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Bild 5.10-7 Typische Beispiele für Piktogramme nach [5.71 ]
gnalisieren redundant die Höhe des mit den angezeigten Gefahren verbundenen Risikos. Verbale Sicherheitsbotschaften und naturalistische Piktogramme konkretisieren die Gefahren. Das Ergebnis der vom Maschinenhersteller durchzuführenden Analyse bzw. Beurteilung des Risikos, das mit den Gefährdungssituationen verbunden ist, entscheidet über die Wahl der Signalwörter. Der Unterschied bei der Zuordnung der Signalwörter „DANGER“ und „WARNING“ zu gefahrbringenden Situationen besteht nicht in
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
der schlimmsten anzunehmenden Schadensauwirkung (in beiden Fälle tödliche oder irreversible Verletzung), sondern in der Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Körperschädigung: Ist vorhersehbar, dass sich die Verletzung beim Unfall zwangsläufig, d. h. gewiss ergibt (will result), ist das Signalwort „DANGER“ notwendig, [5.60]. Ist das Ereignis wahrscheinlich (could result), wird dieser Sachverhalt mit dem Signalwort „WARNING“ berücksichtigt. Der ANSI Z535.4 spezifiziert, dass das Signalwort „DANGER“ nur für wirklich extreme Situationen verwendet werden soll, um seine Sonderstellung durch übermäßigen Gebrauch (… dann sind wir auf der sicheren Seite!) nicht inflationär zu entwerten und damit den Unterschied in der Bedeutung nicht einzuebnen. Das Signalwort „CAUTION“ steht für Situationen, welche die Möglichkeit einer leichten Verletzung in sich tragen und für die alle anderen Eintrittswahrscheinlichkeiten angenommen werden. Das Signalwort „NOTICE“ ist für die Situationen vorbehalten, die zu keinen Personenscha5LVLNREHXUWHLOXQJ 6FKDGHQ 8QIDOO W|GOLFK LUUHYHUVLEOH
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den führen werden, also für Verhaltensweisen, die lediglich Sachschäden nach sich ziehen können. Im Bild 5.10-8 sind der Aufbau und Ausführung von Sicherheitszeichen vergleichen gegenübergestellt. Der verbale Block hat die Aufgabe, in vorgegebenen Reihenfolge und mit kurzen prägnanten Sätzen die Gefahr konkret formuliert zu identifizieren, das sicherheitsgerechte Verhalten festlegen und über mögliche Konsequenzen informieren, wenn die Gefährdeten die Sicherheitsbotschaft missachten. Ist die Gefahr mit menschlichen Sinnen nicht unmittelbar erfassbar (elektrischer Strom) und/oder erfolgt ihre Auswirkung sehr schnell, ist es besser, die Botschaft mit dem sicherheitsgerechten Verhalten zu beginnen. Die mit ANSI-Sicherheitszeichen vermittelten Sachverhalte haben in ihrem Geltungsbereich eine hohe rechtliche Relevanz. Da dies auch den Betroffenen aufgrund ihrer Sozialisierung bewusst ist, werden die Methoden der hinweisenden Sicherheitstechnik einerseits häufiger eingesetzt, ihre Botschaften anderseits auch sehr ernst ge6LFKHUKHLWV]HLFKHQ )DUEJHEXQJ
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Bild 5.10-8 Prinzipieller Aufbau von Sicherheitszeichen nach ANSI Z 535.4
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410
5 Sicherheitstechnik
nommen. Obwohl ein ANSI-Standard weder ein Gesetz noch eine formell juristisch bindende Vorschrift darstellt, ist zu erwarten, dass er bei juristischen Auseinandersetzungen als Messlatte herangezogen wird. Das Nichteinhalten der Mindestanforderungen des ANSI Z535.4 bedeutet in den USA im Falle einer Produkthaftungsklage mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass der Maschinenhersteller als haftbar verurteilt wird. Es ist abzusehen, dass dieser an sich sehr logische und nachvollziehbare Aufbau von Sicherheitsbotschaften in Zukunft von der ISO-Ebene auch auf die europäische Ebene übertragen wird. Unter haftungsrechtlichen Aspekten ist es jetzt schon sinnvoll, alle Sicherheitszeichen gemäß ANSI Z535.4 und ISO 3864 zu strukturieren und zu visualisieren, denn inzwischen orientieren sich führende Firmen und Dienstleister an diesen Standards. Auch die deutsche Rechtsprechung zieht diese Vorgaben zunehmend bei Entscheidungen heran. Europäische Piktogramme. Die von genormten Sicherheitszeichen vermittelten Botschaften sind zwar an keine Sprache gebunden, Adressaten müssen die Botschaft aus den jeweiligen Symbolen entschlüsseln. Dass die mit Symbolen übermittelte Botschaften nicht immer verstanden oder ernst genommen werden, belegten z. B. tragische Unfälle von Kindern und Jugendlichen, die trotz des geläufigen Warnschildes für Gefahren des elektrischen Stromes auf abgestellte Güterwagen geklettert sind und die unter Hochspannung stehende Oberleitung berührt haben. Der Bundesgerichtshof entschied in einem Rechtsstreit, dass es in solchen Fällen nicht genügt, mit einem gezackten Pfeil allgemein vor der Elektrizität zu warnen, sondern das unmissverständlich mit Piktogrammen vor Oberleitungen gewarnt werden muss, Bild 5.10-9. Zum Warnen vor funktionsbedingten Restgefahren an Landmaschinen, Ackerschleppern sowie artverwandten Maschinen legt die Norm ISO 11 684 verbale Warnungen, Warnbildzeichen und deren Ausführung fest, Bilder 5.10-10 und 5.10-11. Die Norm enthält in ihrem Anhang viele symbolische Darstellungen von Gefährdungen, gegliedert nach Gefahrenart (chemische, thermische, mechanische usw.), Sicherheitsbotschaften und konkret ausgeführte Warnbildzeichen. Neben
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Bild 5.10-9 Eindeutige Sicherheitsbotschaften
diesen Beispielen für bildhafte Darstellungen legt sie auch Regeln fest, nach denen Piktogramme zusammengesetzt und deren Symbole bzw. Figuren graphisch ausgeführt werden sollen. Somit können für die in der Norm nicht berücksichtigten Gefährdungen eigene Warnbildzeichen entworfen werden. Warnbildzeichen (Piktogramme) bestehen aus zwei vertikal oder horizontal ausgerichteten, nebeneinander angeordneten quadratischen gelben Feldern mit schwarzen oder andersfarbigen Zeichen. Das linke Feld enthält das Warndreieck mit einem allgemeinen Gefahrensymbol oder einer schematischer Darstellung der Gefährdung, in der Personen in konkreten Unfallsituationen gezeigt sind. Das rechte Feld enthält Informationen zum sicherheitsgerechten Verhalten, dessen Einzelheiten durch genormte blaue Gebotszeichen, rote Verbotszeichen, ikonische Darstellungen (schwarze Silhouetten) und roten Symbolen (Markierungen, Andreaskreuz, Schrift) präsentiert werden. Warnbildzeichen informieren direkt am Arbeitsplatz, da sie als Klebeschilder an der Maschine in Nähe der Gefahren angebracht werden. Alle an einer Maschine angebrachten Warnbildzeichen müssen in der Betriebsanleitung verbal erläutert sein. Die Texte müssen nach Bedarf spezifischen Gefährdungssituationen Rechnung tragen. So einleuchtend das Zusammenfügen mehrerer Zeichen und Symbole zu Pikto-
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
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Bild 5.10-11 Bausteine für Piktogramme nach ISO 11 684
grammen auch sein mag, es entsteht eine neue, zeichengebundene Sprache, deren Regeln und Aussagen auch erst erlernt werden müssen. Ihre Zeichen sind abstrahiert, bezeichnen aber konkrete Gefahren. Betrachter müssen die Zeichen in eine Ablauffolge umsetzen und dieser dann eine begriffliche Vorstellung zuordnen, sollen sie einen Nutzen aus der vermittelten Sicherheitsbotschaft ziehen. Hier kommt es immer zu einem Dilemma: Je konkreter Symbole Gefährdungen wiedergeben sollen, um so mehr Darstellungen sind notwendig, damit sie der Realität entsprechen. Je abstrakter sie aber gehalten sind, desto weniger Symbole braucht man dazu. Aber um so mehr mentale Umsetzungsarbeit fordern sie den Betrachtern ab. Das gilt allgemein, auch wenn die in der Norm ISO 11 684 dargestellten Beispiele von Gefährdungen und Verletzungsszenen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Anbringen von Sicherheitszeichen und Piktogrammen an Maschinen und sicherheitsrelevante Hinweise in Betriebsanleitungen, um die von außen nicht erkennbaren Gefahren zu signalisieren, ist besonders bei Produkten von Bedeutung, bei denen der Hersteller bei lebensnaher Betrachtung davon ausgehen muss, dass sie in Hände von Laien oder Kindern gelangen können. Der Bundesgerichtshof das Ausbleiben solcher Angaben als Verletzung der Informations- und Instruktionspflicht bewertet, [5.72]. Das Anbringen von Sicherheitskennzeichen außerhalb der Maschine ist nicht die originäre Aufgabe der Hersteller, sondern der Anwender. In der Dokumentation, vor allem in den Betriebsanleitungen ist auf eine evtl. Notwendigkeit zur Kennzeichnung bestimmter Gefahren, die sich aus der Nutzung der Maschinen ergeben können aber im Verantwortungsbereich des Nutzers liegen, dezidiert hinzuweisen, schon aus Gründen eigener Rechtssicherheit. Symbole der Sicherheitszeichen und sie selbst lassen sich in der Begleitdokumentation der Maschine, vor allem in der Betriebsanleitung, nicht nur als Träger von Sicherheitsbotschaften nutzen, sondern auch als graphisches Mittel verwenden, um Betriebsanleitungen übersichtlicher zu gestalten.
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
Farbmuster. Die Kombination wiederkehrender gelber und schwarzer Flächen findet sich in der Natur als Warntracht besonders gefährlicher Tiere, z. B. Wespen oder der extrem giftigen Pfeilgiftfrösche wieder. Die Signalwirkung dieser Farbkombination wird deshalb vom Menschen spontan richtig erkannt. Gelb-schwarze Streifen sind für das Kennzeichnen ständiger Gefahrstellen und Hindernissen vorbehalten. Das sind Gefahren oder Hindernisse, die betriebsbedingt weder durch technische noch organisatorische Maßnahmen eliminieren lassen. Mit rot-weißen Streifen dürfen nur Gefahrstellen oder Hindernisse von zeitlich begrenzter Dauer gekennzeichnet werden. Stolperstellen und konstruktiv bedingte örtliche Einengungen (Kanten, Ecken sowie Maschinenteile), das lichte Profil, d. h., die Durchgangsbreite und Durchgangshöhe einschränken oder Anstoßstellen bilden, lassen sich auffallend und wirkungsvoll mit schwarz-gelben Markierungen kennzeichnen. Hervorstehende Maschinenteile müssen wegen der Anstoßgefahr z. B. mit PUSchaumstoffprofilen gepolstert und dauerhaft mit dieser deutlich erkennbaren Gefahrenkennzeichnung versehen sein, Bild 5.10-12. An Kranen und deren Teilen, die durch ihre Bewegungen Menschen und Gegenstände gefährden können, wird mit einer Sicherheitskennzeichnung mit gelb-schwarzen Streifen auf Gefahren hingewiesen. Um die visuelle Aufmerksamkeit nur auf die gefahrbringenden Stellen (z. B. Puffer, Aufstiege, Engpässe, Stützen, Gebäudeteile usw.) zu konzentrieren, ist die Kennzeichnung überlegt und sparsam anzubringen, Bild 5.10-13.
413
Die Wirksamkeit der Kennzeichnung wird bestimmt durch deren Auffälligkeit und Sinnfälligkeit. An Scher- und Quetschkanten mit Relativbewegung zueinander erhöht sich der Warneffekt, wenn die Streifen gegensinnig geneigt zueinander orientiert sind. Besonders auffällig lassen sich langsam anoder auslaufende Wellen durch Anbringen eines spiralförmigen Streifenmusters auf der Mantelfläche kennzeichnen. Schon bei einer Verdrehung um wenige Grad erzeugen solche Streifen auf der Welle oder am Mantel des Ansaugkegels eines Strahltriebwerkes aufgebrachte Spirale ein auffälliges, nicht zu übersehendes Bewegungsmuster, Bild 5.10-14. Pfeile und Punkte. Gebogene (rote) Pfeile an der Stirnseite oder auf der zylindrischen Mantelfläche drehender Walzen zum Erkennen von Drehbewegungen sind hilfreich, wenn der langsam beginnender Anlauf der Maschine erkannt werden muss oder man sich z. B. an stillstehenden Walzenpaaren über die betriebsmäßige Drehrichtung orientieren will, um Einlauf vom Auslauf zu unterscheiden. Denn es ist schon öfters vorgekommen, dass trennende Schutzeinrichtungen nach ihrer reparaturbedingten Demontage irrtümlich am Auslauf statt am Einlauf der Einzugstelle angebracht worden sind, weil die Lauf- bzw. die Drehrichtung der stillstehenden Walzen falsch angenommen wurde. Punkte auf der Stirnseite von Walzen können nur den beginnenden Anlauf oder die auslaufende Drehbewegung signalisieren.
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Bild 5.10-12 Kennzeichnung und Sicherung von Anstoßstellen /5.68/
Bild 5.10-13 Sicherheitskennzeichnung von Krananlagen
5 Sicherheitstechnik
414
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Bild 5.10-14 Sicherheitskennzeichnung an drehenden Teilen
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
Jedoch Vorsicht: Bei höheren Drehfrequenzen verschmelzen Pfeile oder Punkte auf der Stirnseite von Walzen zu einem Ring, auf dem Mantel zu einem Streifen. Dann sind nur Rückschlüsse auf die akute Bewegung, aber nicht mehr auf deren Drehrichtung möglich. Bei Beleuchtung mit Leuchtstoffröhren können bei bestimmten Drehfrequenzen StroboskopEffekte einen (nichtvorhandenen) Stillstand oder ein langsam wanderndes Muster (auch entgegen der Drehrichtung!) vortäuschen. In besonderen Fällen ist es sinnvoll, an Verkleidungen von Antriebselementen Pfeile anzubringen, um die korrekte Montage zu unterstützen. Ob solche Schutzeinrichtungen signalgelb ausgeführt sein müssen, muss der Bewertung des Einzelfalles überlassen werden. Gitterflächen, durch die durchgeblickt werden soll, müssen immer in matten, dunklen Farben gehalten werden. Ist der verdeckte Hintergrund in einer auffallenden, zur Maschinenfarbe kontrastierenden Farbe, z. B. in Pink, angelegt, wird der sicherheitswidrige Zustand der abgebauten und nicht wieder angebrachten Schutzeinrichtung als Folge einer vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung sehr schnell entdeckt und erkannt. Die in der europäischen Normung getroffenen Festlegungen für eindeutige und grenzüberschreitend verständliche Sicherheitszeichen (Verbots-, Warn- und Gebotszeichen) sind ein wichtiger Beitrag zum Gestalten sicherheitsgerechter Produkte. Sie übermitteln eindeutig und verständlich jedem Benutzer relevante Sicherheitsbotschaften und machen ihn aufmerksam auf verbleibende Gefahren, die sich weder konstruktiv vermeiden oder sichern lassen. Beim Einsatz von Sicherheitszeichen muss man jedoch zwei Aspekte berücksichtigen: 1. Die mit Sicherheitszeichen und Piktogrammen vermittelten Informationen sind statischer, passiver Natur. Mit der Zeit büßen sie ihre Wirkung auf die Adressaten durch Gewöhnung ein. 2. Auch eine noch so auffällige Kennzeichnung von Gefahren ersetzt auf keinen Fall konstruktive Maßnahmen zu deren Vermeidung bzw. zu deren Sicherung.
415
5.10.2 Aktive Sicherheitsinformationen Gefahren können für Menschen unbemerkt und unerkannt auftreten, vor allem dann, wenn die Umgebung informationstechnisch "verrauscht" ist oder die Aufmerksamkeit durch äußere oder innere Einflüsse abgelenkt ist. In solchen Fällen (Risikobeurteilung!) müssen Konstrukteure sicherstellen, dass alle Gefährdeten durch die von künstlichen Informationsquellen getragenen Signale auf bevorstehende oder akute Gefährdungssituationen, die immer einen Anfang und ein Ende haben, aufmerksam gemacht werden. Statische Informationsquellen können mit ihren zeitkonstanten Zeichen bei virulenten Gefahren nicht schnell genug warnen. Auch sprechen sie nur den visuellen Kanal an. Dynamische Informationsquellen eignen sich besonders gut zum Warnen vor akuten und virulenten Gefahren. Bei entsprechender redundanter Ausführung können sie den Gesichtssinn und Hörsinn gleichzeitig ansprechen. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sicherheitsrelevante Informationen bemerkt werden. Sie müssen sich allerdings deutlich wahrnehmbar von der Informationsumgebung unterscheiden. Die Empfänger der codierten Sicherheitsbotschaften müssen die Zuordnung zwischen abstrakten Signalen und deren konkreten Bedeutung kennen und auch bereit und in der Lage sein, den Sicherheitsbotschaften zu folgen. Eine zu große Anzahl aktiver dynamischer Informationsquellen kann bei den Maschinenarbeitern die Frage nach dem Sinn dieser auf sie einprasselnden Signalflut aufwerfen. Vor allem dann, wenn die Signale eher verwirren als nutzen. Dann kommt es nicht selten vor, dass einige nach Möglichkeit abgeschaltet werden, u. U. auch ernstzunehmende Gefahrensignale. Optische Signale. Durch das tägliche Leben in einer von Technik geprägten Umwelt, vor allem durch den Straßenverkehr, sind Menschen in unserem Kulturkreis den Umgang mit optischen (Rück-)Meldungen gewöhnt. Das ist eine wichtige Voraussetzung für intuitive sicherheitsgerechte Verhaltensweisen nicht nur in signalisierten gefährlichen Situationen, sondern auch während der „normalen“ Nutzung der Maschine, in der optische Signale das ordnungsgemäße Funktionieren der Maschine anzeigen. Zusammen mit akus-
5 Sicherheitstechnik
tischen Signalen sind sie geeignet, Menschen auf unerwartet auftretende Gefährdungen aufmerksam zu machen und zu sicherheitsgerechtem Verhalten anzuregen. Ob während der gesamten Lebensdauer der Maschine die von ihrem Informationssystem gesendeten Signale wahrgenommen werden, hängt von der zuverlässigen Wirkung der Signalflussketten ab, einschließlich deren letzter Glieder, der sichtbaren Lichtquellen. Lichtsignale sind binärer Natur, deren Information von zwei wohl unterscheidbaren Zuständen (Lichtquelle ein oder aus) getragen wird. Eine dunkle Lichtquelle kann zweierlei bedeuten: Dass entweder kein Signalisierungsbedarf besteht oder dass die Signalflusskette unterbrochen ist. Für Lichtsignale mit Sicherheitsfunktion müssen deshalb Maßnahmen getroffen sein, die das zuverlässige Funktionieren der Lichtquelle gewährleisten. Optische Gefahrensignale. Die informationsund gerätetechnische Ausführung optischer Warn- und Notsignale ist der Norm EN 842 geregelt. Warnsignale zeigen an, dass Gefährdungen möglich werden oder vorhanden sind und fordern geeignete Gegenmaßnahmen oder Verhaltensweisen an, Bild 5.10-15. :DUQVLJQDO
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Bild 5.10-15 Optische Gefahrensignale nach EN 842
Notsignale zeigen an, dass ein Notzustand oder eine akute Gefährdung eingetreten ist und fordern Betroffene auf, den Gefahrenbereich auf angemessene Weise zu reagieren, z. B. den Bereich zu verlassen. Gefahrensignale müssen Vorrang vor allen anderen optischen Signalen haben. Sie müssen so ausgeführt sein, dass jeder im Signalempfangsbereich das ausgestrahlte Signal erkennen, unterscheiden und darauf so reagieren kann, wie es festgelegt wurde. Optische Gefahrensignale müssen unter allen in Frage kommenden Lichtbedingungen gesehen werden können und müssen leicht von anderen optischen Signalen zu unterscheiden sein. Lichtquellen. Als Lichtquellen werden heutzutage hauptsächlich Licht emittierende Dioden (LED), selten nur noch Glühbirnen verwendet, Bild 5.10-16.
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Bild 5.10-16 Eigenschaften von Lichtquellen
Blitzleuchten kommen nur für besondere Einsätze in Frage. Glühbirnen Arbeiten nach dem Prinzip der Glühemission. Dabei wird elektrische Energie in Gitterschwingungen der Moleküle des glühenden Wendelwerkstoffs gewandelt. Diese Lichtenergie hat einen hohen Infrarotanteil. Glühbirnen sind zwar noch immer weit verbreitete Lichtquellen für Leuchtmelder, befinden sich aber wegen ihrer schlechten Energiebilanz und Lebensdauer auf dem Rückzug. Die Lebensdauer der Glühbirnen wird beeinflusst von der Umgebungstemperatur, vom Verlauf der Versorgungsspannung (Spannungsänderungen, Blinkbe-
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
trieb, Gleichstrombetrieb) und von mechanischen und thermischen Beanspruchungen (Schock, Schwingungen, Wärmestau). Lebensdauerangaben der Hersteller beruhen auf Tests großer Lose unter Laborbedingungen. Sie geben die Zeit an, bis zu der 50% der Testbirnen ausgefallen sind. Die Lebensdauer der Glühbirnen liegt unterhalb der üblichen Lebensdauer von Maschinen. Wenn vermieden werden soll, dass Glühbirnen, die sicherheitsrelevante Signale erzeugen in einer zu signalisierenden Gefährdungssituation defekt sind, müssen sie entweder präventiv ausgewechselt werden oder es, müssen besondere Maßnahmen getroffen werden, die stochastischen Ausfällen entgegen wirken. Frühausfällen, z. B. durch gebrochene oder kurzgeschlossene Glühwendel oder unzureichendes Vakuum im Glaskolben, wirken Glühbirnenhersteller mit einem Probetrieb von mehreren Stunden entgegen, (burn in, /5.51/). Zugleich wird auch die Wendel eingebrannt und eine größere Lichtwertstabilität erreicht. Ausfällen durch Schock und Schwingungen kann entgegen gewirkt werden durch Verwendung von Glühbirnen, die geeignet sind für niedrige Spannungen und hohen Strom, ungünstigen Einwirkungen der Einschaltstromspitzen durch Vorheizen der Wendel. Darüber hinaus erfordern Glühbirnen eine gute Luftzirkulation und Wärmeabfuhr. Besondere Testschaltungen können bereits eingetretene Ausfälle erkennen und melden. Praktisch alle namhaften Hersteller von Leuchtmeldern haben in ihren Geräten inzwischen Glühbirnen durch Leuchtdioden ersetzt. Leuchtdioden (LED) sind kompakte Lichtquellen mit hohen Lichtströmen. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Elektrolumineszenz in Verbindung mit der Phosphoreszenz. Die LED ist, elektrisch gesehen, eine Diode mit einem PNÜbergang, die in Durchlassrichtung geschaltet ist. Die durch die elektrische Spannung angeregten Elektronen wandeln ihre Energie im Bereich des PN-Übergangs durch Rekombination in Strahlenquanten, d. h. in sichtbares Licht einer monochromatischen Farbemission, um. Für Leuchtdioden sprechen ihre den Glühbirnen gleichwertige Helligkeit (bis zu 140 lm/ Watt) bei gleichmäßigerer Ausleuchtung, schnelleres Aufleuchten, kein Nachleuchten beim Blinken, brillante Farben (nahezu monochromatisches Licht hoher Farbsättigung für genormte
417
Signalfarben), Unempfindlichkeit gegen Spannungsschwankungen, Über- und Unterspannungen, mechanische Schwingungen und Schockeinwirkungen sowie eine Lebensdauer von bis zu 100 000 Betriebsstunden, die der üblichen Lebensdauer industriell genutzter Maschinen entspricht. Ihre Ausfälle kündigen sie durch allmähliches Nachlassen der Leuchtkraft an. Dank dieser Eigenschaften lässt sich mit diesen Lichtquellen das zuverlässige Erfüllen von Sicherheitsfunktionen mit dem Prinzip des sichern Bestehens (safe life) mit dem Prinzip der Redundanz kombinieren, wenn mehrere LED auf einem Chip angeordnet sind, verwirklichen. LED verbessern wesentlich Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Leuchtmelder und damit die Arbeitssicherheit an Maschinen. LED-Leuchtmittel mit ihrer hohen Lebensdauer eignen sich besonders für Anwendungen an schwer zugänglichen Stellen. Direkte und indirekte Kosten durch den Ausfall der Lichtquelle und den erforderlichen Austausch entfallen völlig. Die geringe Leistungsaufnahme der LED und ihre geringe Erwärmung prädestinieren sie für Anwendungen in hermetisch abgeschirmten Gehäusen oder an warmen Einsatzorten. Blitzlampen sind vom Prinzip her wie Fotoblitzgeräte aufgebaut. Ein elektronischer Taktgeber sendet regelmäßig einen Hochspannungsimpuls an den Zünddraht der Blitzröhre ab, der ein Edelgasgemisch (bestehend aus über 90% Xenon) in der Röhre ionisiert. Die im Speicherkondensator enthaltene elektrische Energie wandelt sich dann in der Blitzröhre in extrem helle Lichtblitze um. Die ausgestrahlte Blitzenergie kann bis zu 15 Joule betragen. Die Lichtblitze emittieren zwar hauptsächlich im blauen Spektralbereich, erzeugen aber für alle Farben des sichtbaren Spektrums Licht ausreichender Intensität. Eingefärbte Hauben aus hochschlagfestem Polycarbonat wirken wie Filter und lassen nur gewünschte Farbtöne hindurch. Blitzleuchten werden dann als farbige Lichtquelle wahrgenommen. Die Lebensdauer der Blitzröhre wird bestimmt durch Metallabtragungen der Elektrode, die sich an der Innenseite des Glaskolbens niederschlagen und seine Durchsichtigkeit verschlechtern. Die nominelle Lebensdauer gilt als erreicht, wenn die Lichtemission um 30% zurückgegangen ist. Damit ist nach ca. 8 Millionen Lichtblitzen zu
418
5 Sicherheitstechnik
rechnen, [5.62]. Die einwandfreie Funktion der Blitzleuchten kann auf optoelektronischem Wege (Lichtleiter, Phototransistor) erkannt und überwacht werden. Blitzleuchten senden periodisch sehr intensive Lichtblitze mit beachtlicher Lichtstärke (bis über 200 Candela) aus. Bauarten. Beispiele für die gerätetechnische Realisierung von Informationsquellen für optische Gefahrensignale enthält das Bild 5.10-17. Diese Lösungen gibt es sowohl mit Glühbirnen bestückt als auch in LED-Technologie ausgeführt.Signalsäulen bestehen aus einem Anschlussbzw. Montageteil und den eigentlichen Leuchtelementen. Leuchtelemente werden entweder als fertig zusammengesetzte Baueinheit mit festgelegter Reihenfolge der Farben oder als modular aufgebauter Baukasten angeboten. Mit modularen Systemen können sich Anwender die Säule gemäß der zu signalisierenden Information nach Bedarf variabel zusammenstellen und zusammenbauen. Mit einem Dauerlicht soll der Maschinenarbeiter auf einen bestimmten Zustand aufmerksam gemacht werden oder es soll angezeigt werden, dass eine bestimmte Aufgabe auszuführen ist. Mit einem blinkenden Licht wird besondere Aufmerksamkeit erregt und zusätzlich die Information vermittelt, dass der signalisierte Zustand die Notwendigkeit des sofortigen Handelns verlangt. Eine noch höhere Aufmerksamkeit als Blinklichter erregen Blitzlichter durch ihre sehr kurzen Aufleuchtzeiten. Blitzleuchten sind entweder als Einzelleuchten oder als Doppel-, Dreifach- oder als Vierfachblitzleuchten ausgeführt. Mit Lichtblitzen lassen sich Menschen alarmieren oder warnen, je nach dem, in welcher Entfernung von der Blitzleuchte sie sich befinden. Im nahen Alarmbereich rufen Lichtblitze bzw. deren Reflexionen körperliche Beunruhigung hervor, im angrenzenden Warnbereich verursachen sie zumindest einen Wechsel der Blickrichtung, [5.73]. Die kurze Zeitspanne des Blitzes reicht jedoch oft nicht aus, um im Raum die Entfernung zwischen dem Beobachter und der Blitzleuchte ausreichend genau einzuschätzen. Deshalb werden zunehmend LED-Blitzleuchten verwendet, deren Lichtpulse sich an der Leuchtdauer klassischer Drehspiegelleuchten orientieren. In den üblichen Drehspiegelleuchten befindet sich in der Mitte eine ruhende Halogen- oder
Glühbirne, um die ein parabolförmiger Reflektor rotiert, angetrieben z. B. von einem Kohlebürstenmotor über Zahnräder oder Riemen. Da sich die Wendel im Brennpunkt der Parabel befindet, lenkt der Spiegel den Großteil des Lichts parallel und zugleich rechtwinklig zur Rotationsachse ab. Die ständige Drehung des Reflektors führt zu dem bekannten Blinklichteffekt. Bei anderen Lösungen rotieren mehrere Glühbirnen und Reflektoren gemeinsam. Die Stromversorgung erfolgt dann über Schleifkontakte. Die LED-Technik nutzt zwar auch einen rotierenden Spiegel, der aber nicht mehr parabolisch, sondern eben und um 45° zur Rotationsachse geneigt ist. Ein magnetischer bürstenloser Antrieb versetzt den flachen Spiegel in Bewegung. Er überstreicht ein Lichtfeld, das aus mehreren konzentrisch angeordneten und in einer Kreisfrequenz der Spiegelrotation synchron periodisch angesteuerten, nach oben abstrahlender LED besteht. So entsteht der rotierende Strahl. Bei vollelektronischen Rundumleuchten entsteht der rotierender Lichtstrahl ganz ohne Mechanik durch periodisches Ein- und Abschalten mit einer Kreisfrequenz von LED, die auf einer leicht konischen Fläche angeordnet sind. Das Licht läuft dann um den Zylinder herum und simuliert den umlaufenden Spiegel. Diese Leuchten haben auch einen Dauerlicht-, Blinklicht und Blitzlichtmodus integriert. Ampelsignalleuchten für Maschinen sind ähnlich wie Verkehrsampeln aufgebaut. Sie werden als komplette Geräte oder als modularer Baukasten angeboten. Optisch-akustische Signalgeber werden eingesetzt, um die Wirksamkeit der Vermittlung sicherheitsrelevanter Informationen zu verbessern und Irrtümer und Überhören auszuschließen, Dazu werden akustische Signale durch einen farbigen optische Reiz ergänzt und umgekehrt, optische Signale durch synchrone akustische Effekte ergänzt. Es werden vornehmlich folgende akustische Signalgeber benutzt: Summer, Hupen, Mehrtonsirenen und Sprachausgabegeräte. Sprachausgabegeräte können mehrere Texte aufnehmen, digital speichern und bei Abruf wiedergeben. /5.86/ bietet auf seiner Homepage eine Entscheidungssoftware (Signalsäulen-Konfigurator) an, die Konstrukteuren zielführende Hilfen für die Auswahl von optischen Signalgebern gibt.
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
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Bild 5.10-17 Gerätetechnische Ausführung von Leuchten für optische Warn- und Notsignale /5.54, 5.58, 5.86/
419
420
5 Sicherheitstechnik
Akustische Gefahrensignale. Die EN ISO 7731 versteht unter einem akustischen Gefahrensignal ein Signal, das zumindest den Beginn und eventuell das Ende eine gefährlichen Situation anzeigt. Akustische Gefahrensignale müssen allen anderen akustischen Signalen übergeordnet sein. Akustische Gefahrensignale müssen nicht nur über die Größe der signalisierten Gefahr informieren sondern auch über ihre Dringlichkeit, d. h. auch darüber, wie akut die Gefahr ist bzw. wie schnell Gegenmaßnahmen getroffen werden müssen. Gefahrensignale unterteilen sich wie optische Signale in Warn- und Notsignale. Die Ausführung beider Signale muss mindestens der Norm EN ISO 7731 entsprechen, Bild 5.10-18. Akustische Notsignale haben eine höhere Priorität als Warnsignale. Akustische Notsignale zeigen an, dass ein Notzustand oder eine akute Gefährdung eingetreten ist und fordern Betroffene auf, den Gefahrenbereich auf angemessene oder vorher festgelegte Weise zu verlassen. Akustische Warnsignale (z. B. Anlaufwarnungen) zeigen an, dass Gefährdungen möglich werden oder unmittelbar bevorstehen und fordern Gegenmaßnahme oder Verhaltensweisen an. Akustische Warnsignale zeigen Situationen an die für Menschen eine Gefährdung bedeuten (können). Sie sollen eine Information transportieren, was die Menschen zum Schutz gegenüber der Gefahr tun sollen. Diese Signale müssen trotz Störgeräusche hörbar sein, dürfen aber keine Hörschäden verursachen. Sie müssen Aufmerksamkeit erregen, möglichst spezifisch für bestimmte Gefahren sein, dennoch ohne spezielle Schulung korrekt identifiziert werden und je nach Art und Dringlichkeit der Gefahr spezifische Handlungen hervorrufen. Akustische Signale werden sehr schnell bemerkt, da Ohren aufgrund ihres physiologischen Aufbaus und ihrer besonderen sensorischen und physiologischen Bedeutung im Körper als Teil des immer nach aussen gerichteter Sinns ständig und jederzeit bereit sind, Signale aufzunehmen. Das Gehör ist hinsichtlich der Empfangsrichtung weitaus weniger richtungsabhängig als der Gesichtssinn. Akustische Signale erregen schneller Aufmerksamkeit, lenken aber gleichzeitig von anderen Ereignissen ab. Die Reaktionszeit auf akustische Wahrnehmungen ist kürzer als auf optische Signale. Das gilt nicht nur für informationstragende Geräusche aus dem Wirkbereich der
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Bild 5.10-18 Einsatzbeispiele für akustische Signalgeber
Maschine oder aus den einzelnen Maschinensystemen sondern auch für Gefahrensignale. Wenn sie ein Überangebot an akustischen Signalen während der Benutzung einer Maschine Verwirrung erzeugen, werden sie oft als überflüssig bewertet und manipuliert bzw. abgeschaltet. Dann ist nicht auszuschließen, dass die Überflüssigkeitsbewertung angesichts der Vielzahl um Aufmerksamkeit heischenden Signale auch auf ernstzunehmende Gefahrensignale ausgedehnt wird und die Menschen sich zunehmend fragen, ob sie ein Gefahrensignal überhaupt ernst nehmen sollen (crying-wolf-Effekt), [5.74]. Akustische Gefahrensignale müssen deshalb sparsam und mit Bedacht eingesetzt werden. Eine zu große Anzahl solcher Signale erzeugen eher Verwirrung
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
und die Betroffenen empfinden sie oft als lästig. Es ist nicht erstaunlich, dass sie dann versuchen, sie nach Möglichkeit abzuschalten oder zumindest leiser einzustellen. Häufig erlebte Fehlalarme und unnötige Warnungen setzen die Reaktionsund Handlungsbereitschaft der Betroffenen deutlich ab. Vor allem müssen sich Gefahrensignale deutlich wahrnehmbar in der Lautstärke und im Frequenzspektrum vom Geräuschpegel der Umgebung unterscheiden. Die Kodierung akustischer Signale, d. h. die eindeutige Zuordnung einer Information zum Signal, ist nicht einfach, da zwischen dem Gefahrensignal und der Gefahrensituation vorerst keine direkte Beziehung besteht. Die Bedeutung akustischer Gefahrensignale muss deshalb einerseits eindeutig festgelegt sein. Andererseits muss die Bedeutung einzelner Signale erlernt und behalten werden. Dies ist dann besonders wichtig, wenn diese Signale selten abgesetzt werden. Die Möglichkeit des Vergessens ist relativ hoch. Akustische Gefahrensignale müssen mehrere sicherheitstechnische Anforderungen erfüllen: Zum Signalisieren von Alarmsituationen sind Signalgeber mit aggressiven Tönen für eine optimale Durchdringung vorzusehen. Signale von Typhons mit Mehrfachklang oder elektronischen Sirenen mit moduliertem Rechteckklang werden als besonders gefährdend empfunden und führen zu aversiven Handlungstendenzen, [5.73]. Akustische Signalgeber sind elektromechanisch oder elektronisch aufgebaut. Akustisch-elektronische Alarm- und Warngeräte haben gegenüber herkömmlichen elektromechanischen Schallgebern viele Vorteile (kompakte Bauweise, große Lautstärke, keine Verschleißteile und somit hohe Lebensdauer, frei programmierbar), von denen die durch Programmierung über einen komplexen Tongenerator abrufbaren modulierten Schallsignale einschließlich der Sprachausgabe wohl die wichtigsten Ausgabegeräte sind, Bild 5.10-19. Besonders wirkungsvoll sind Ausgabegräte, die nach eindeutigen und unmissverständlichen akustischen Not-Signalen noch eine Sprachinformation über die notwendigen Verhaltensmaßnahmen ausgeben. Durch diese redundante Informationsübermittlung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeiter richtig und schnell reagieren werden.
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Bild 5.10-19 Beispiele für elektronisch erzeugte akustische Signale [5.73]
422
5 Sicherheitstechnik
Das Signal muss deutlich hörbar sein, die Mithörschwelle des Umgebungsgeräusches muss deutlich überschritten werden. Dies ist in den meisten Fällen erreicht, wenn der A-bewertete Signalschallpegel um 15 dB(A) aber nicht mehr als 25 dB(A) übersteigt, wobei das Hörvermögen der Betroffenen (so lässt z. B. die Frequenzselektivität mit zunehmenden Alter nach) im Signalbereich und der Einfluss des Gehörschutzes auf die Hörschwelle berücksichtigt werden muss. Breitband-Warnsignale erwecken schnell Aufmerksamkeit, ohne dass sie als störend empfunden werden. Sie ermöglichen die Schallquelle schnell zu lokalisieren, /5.9/. Mindestens zwei der akustischen Parameter, wie Frequenzspektrum, Schalldruckpegel, Zeitverlauf usw., die für die Unterscheidbarkeit der Signale ausschlaggebend sind, müssen sich deutlich von anderen Signalen und Störgeräuschen unterscheiden. Akustische Gefahrensignale dürfen nicht mit Signalen übereinstimmen, die für andere Zwecke vorgesehen sind. Vorsicht: Zu laute Signale rufen Schreckreaktionen hervor, die sekundäre Unfälle nach sich ziehen können! Mit Schreckreaktionen ist nicht zu rechnen, wenn der Schalldruckpegel nicht mehr als um 30 dB(A) in 0,5 s zunimmt. Auch dürfen sie in unmittelbarer Nähe keine Hörschäden verursachen. Der Schalldruckpegel des akustischen Signals sollte nur in begründeten Ausnahmen nach Abwägen aller Risiken 90 dB(A) überschreiten. Höhere Schalldruckpegel erhöhen auch bei kurzen Einwirkungszeiten das Risiko von Hörschäden erheblich. Akustische Anlaufwarneinrichtungen. An großen oder unübersichtlichen Maschinen, an Maschinen, die aus mehreren Baugruppen bestehen, deren Einbauten den Überblick erschweren, deren Bedienstände an mehreren Seiten angebracht sind oder deren Umzäunungen keinen ausreichenden Durchblick erlauben, kann die gegenseitige Verständigung der Beschäftigten erschwert sein. Solche Maschinen müssen mit einer Anlaufwarneinrichtung ausgerüstet sein, um Personen vor einem überraschenden Anlauf und den mit ihm verbundenen gefährlichen Situationen rechtzeitig zu warnen. Als Warnsignal ist ein akustisches Signal im Sinne der EN 457 erforderlich, das durch optische Signale unterstützt werden kann, Bild 5.10-20.
Bevor sich die Maschine durch Betätigen einer Befehlseinrichtung motorisch in Gang setzen lässt, muss zuerst ein akustisches Warnsignal ertönen. Die Maschine darf aber nicht gleichzeitig mit dem Ertönen des Warnsignals anlaufen. Vom Zeitpunkt der Signalgabe muss erstmal eine kurze Wartezeit verstreichen, gefolgt von einer längeren Freigabezeit. Alle, die durch das akustische Signal gewarnt wurden, haben seit dem Zeitpunkt der Signalgabe die Chance, sich sicherheitsgerecht zu verhalten, z. B. Gefahrbereiche zu verlassen oder durch Betätigen eines Not-Halt-Befehlsgerätes den unmittelbar bevorstehenden Maschinenanlauf zu blockieren. Die Maschine darf sich nur innerhalb der Freigabezeit in Gang setzen lassen, weder vorher, noch nachher. Verstreicht die Freigabezeit ohne dass die Maschine angelaufen ist, so ist nicht ausgeschlossen, dass das gegebene Warnsignal inzwischen vergessen wurde, Betroffene mit einem Anlaufen nicht mehr rechnen und sie sich nicht mehr sicherheitsgerecht verhalten. Deshalb darf nach dem Verstreichen der Freigabezeit ohne erneute vorherige akustische Warnung ein Ingangsetzen der Maschine nicht mehr möglich sein. Die Einschaltprozedur muss sich jetzt im vollen Umfang wiederholen. Auch nach Betätigung eines Not-Halt-Befehlsgerätes oder Auslösen einer Sicherheitsfunktion, z. B. durch Öffnen verriegelter Schutzeinrichtungen während des Normalbetriebs, darf sich die Maschine ebenfalls erst nach erneuter akustischen Warnung in Gang setzen lassen. Der Tippbetrieb (Maschine läuft mit geringer Geschwindigkeit oder schrittweise nur so lange, wie der Tipptaster betätigt wird) ist nicht funktionell mit der akustischen Anlaufwarneinrichtung gekoppelt. Die nach jedem Betätigen ertönenden akustischen Warnungen würden eine nervtötende Belästigung darstellen und ihre Wirkung verfehlen. Auch das Einschalten des Dauerlaufs aus dem Tippbetrieb heraus ist ohne vorherige akustische Warnung zulässig, allerdings nur innerhalb der Freigabezeit. Nach Ablauf der Freigabezeit darf die Maschine weder zum Dauerlauf noch zum erneuten Tippbetrieb ohne vorherige akustische Warnung anlaufen. Es ist offensichtlich und nachvollziehbar, dass je nach räumlicher Ausdehnung der Maschinen gefährdete Personen nach der akustischen War-
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
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Bild 5.10-20 Akustische Anlaufwarneinrichtungen nach EN 1010 (ISO 12 643)
nung unterschiedlich lange brauchen, um sich aus den Gefahrenbereichen zu entfernen. Deshalb sind z. B. für Papiermaschinen, die mit ihren Dimensionen auch größere Druckmaschinen bzw. Maschinen der Papierverarbeitung deutlich
übertreffen, längere Zeitintervalle für akustische Anlaufwarneinrichtungen festgelegt. Die normativ festgelegten Werte für die Signal-, Warte- und Freigabezeiten sind für beide Maschinenarten im Bild 5.10-21 vergleichend gegenübergestellt.
5 Sicherheitstechnik
424
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Bild 5.10-21 Zeitvorgaben für akustische Anlaufwarneinrichtungen nach EN 1010 (ISO 12 643) und EN 1034
Anforderungen an die Steuerung. Akustische Warneinrichtungen sind für sicherheitsgerechtes Verhalten von erheblicher Relevanz. Ein zeitweises oder vollständiges Ausfallen ihrer Sicherheitsfunktion (Signalgabe und Zeitdisposition) würde das Unfallrisiko wesentlich erhöhen. Deshalb muss die Zuverlässigkeit der Teile der Steuerung, die diese Sicherheitsfunktion realisieren, zumindest der Kategorie 2 (Selbstüberwachung) bzw. das Sicherheits-Integritätslevel SIL 1 oder den Performance Level PLc erfüllen. Inzwischen sind Systeme mit integrierter Funktionsüberprüfung auf dem Markt, z. B. von /5.54/, die ohne externe Überwachungsschaltungen das erforderliche Sicherheitsniveau erreichen. Diese Systeme, deren akustischen Signalgeber in robusten Gehäusen unterbebracht sind, lassen sich problemlos in die Maschinensteuerungen integrieren. Kombination akustischer und optischer Signale. Grundlegende Anforderungen für ein System von akustischen und optischen Signale nach der Norm EN 981 sind im Bild 5.10-22 zusammengefasst. Im Sinne einer zweikanaligen Redundanz synchron abgegebene akustische und optische Signale vermindern die Wahrscheinlichkeit, dass Betroffene einzelne Signale nicht bemerken oder
falsch interpretieren. Die redundante Signalisierung über den auditiven und visuellen Kanal erhöht zudem wesentlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Adressaten die übermittelten Botschaften auch unter schwierigen Umgebungsbedingungen wahrnehmen und erkennen werden. Damit Adressaten die von den Signalen getragenen Informationen unter den zu erwartenden Bedingungen jederzeit schnell wahrnehmen und erkennen können, müssen sich Spektrum und Intensität informationstragender Zeichen deutlich aus der auditiv und visuell wahrnehmbaren Umgebung herausheben. Sowohl akustische als auch visuelle Gefahrensignale sollen durchaus bei den Adressaten disharmonische Empfindungen hervorrufen. Aber: eine überraschende Signalgabe, vor allem wenn sie zu laut oder zu grell ist, kann Schreck- oder gar Panikreaktionen hervorrufen. Dieses Verhalten ist beim Festlegen physikalischer Parameter der informationstragenden Zeichen zu berücksichtigen aber nicht zu überbewerten. Zuordnen der Signale zu den zu vermittelnden Sachverhalten bzw. zu deren Bedeutung (Signalkodierung) muss auf synchrone zeitliche Schwankungen visuell und auditiv wahrnehmbarer Effekte beruhen, da sich die meisten Menschen nur an einige wenige unterschiedliche akustische und opti-
5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik
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Bild 5.10-22 Kombinationen akustischer und optischer Signale nach EN 981
sche Zeitverläufe erinnern können und diese richtig identifizieren und interpretieren können. Grundsätzlich gilt: Die für den Betrieb von Maschinen und anderer Arbeitsmittel vorgesehenen Signale bzw. deren Kombinationen müssen sich deutlich von den Not- und Warnsignalen der öffentlichen, hoheitlichen oder militärischen Bereiche unterscheiden. Zum Kodieren optischer Signale stehen gemäß der Norm EN 842 nur fünf Farben zur Verfügung, deren Bedeutung und
Blinkfrequenz (von 3 bis 5 Hz) normativ festgelegt sind. Bei akustischen Signalen ist die Variabilität (Frequenzspektrum, zeitlicher Verlauf der Töne einschließlich deren Zusammenfassung zu einprägsamen Tonfolgen) breiter. Ausführung und Bedeutung akustischer Signale müssen in der technischen Dokumentation zur Maschine festgehalten und in der Betriebsanleitung allgemein verständlich wiedergegeben sein.
426
5 Sicherheitstechnik
Zusammenfassung. Zwar müssen Maschinenhersteller dafür sorgen, dass Maschinenbenutzer Gefahren rechtzeitig erkennen. Maßnahmen der hinweisenden Sicherheitstechnik galten bis jetzt als nicht besonders zuverlässig. Auch wenn sie durch die europäische Normung einen höheren Stellenwert bekommen haben, darf man ihre Wirkung nicht überbewerten. Sie setzen stets aufmerksame, überlegt handelnde und konzentriert arbeitende Menschen voraus, die sich konsequent nach allen, von statischen oder dynamischen Zeichen getragenen Botschaften richten.
Dieses idealisierte Verhalten widerspricht der Lebenserfahrung, zumindest in unserem Kulturkreis. Weil die zuverlässige Wirkung der hinweisenden Sicherheitstechnik vom Wollen sowie vom mehr oder weniger entwickelten Sicherheitsbewusstsein der Betroffenen abhängt und somit willensabhängig ist, ist sie als alleinige Sicherheitsmaßnahme zur Abwehr technischer Risiken auch weiterhin nicht akzeptabel, wohl aber als unterstützende, flankierende oder redundante Maßnahme zur unmittelbaren oder mittelbaren Sicherheitstechnik bzw. als Mittel zur Restrisiko-Kommunikation.
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
Dieses Kapitel zeigt anhand von Praxisbeispielen auf, wie sich Risiken an Fang-, Einzug- und Auflaufstellen und an Absturzstellen mit den Methoden der mittelbaren und unmittelbaren Sicherheitstechnik auf akzeptierte Grenzwerte reduzieren lassen. Des Weiteren werden noch zwei für sicheres Arbeiten an und mit Maschinen wichtige Befehlseinrichtungen (Not-Halt-Einrichtungen und Hauptbefehlseinrichtungen), sowie pfiffige sicherheitstechnische Lösungen vorgestellt.
6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile Drehende Teile z. B. Werkzeuge, Teile von Antriebs- und Transportsystemen, Walzen usw. sind an Maschinen weitverbreitet. Diese klassischen Maschinenelemente werden vornehmlich dazu genutzt, gewollte physikalische Wirkungen zu erzeugen, um technologische oder andere Funktionen zu verwirklichen. Dazu müssen drehende Teile untereinander, zu festen Teilen oder zum Produkt hin charakteristische geometrische Konfigurationen einnehmen. Der Wirkmechanismus dieser Konfigurationen (Euler‘sche Seilreibung, Hertz‘sche Flächenpressung usw.) unterscheiden sich zwar in ihren physikalischer Prinzipien erheblich, gemeinsam aber ist ihnen eine bemerkenswerte Effektivität. Diese ist zwar für technische Funktionen von Vorteil, wirkt sich aber für denjenigen, der an oder in eine solche Gefahrstelle geraten ist, verheerend aus. Gefahrstellen an drehenden Teilen (Auflauf-, Einzug- und Fangstellen) sind deterministischer Natur und als solche unmittelbar erkennbar bzw. identifizierbar. Ihr Verletzungspotenzial wird aber bei Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilung nicht selten zu niedrig eingeschätzt, vor allem bei niedrigen Drehfrequenzen und bei glatten Oberflächen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich spezielle Schutzmaßnahmen, bedingt durch unterschied-
liche geometrische Konfigurationen und physikalische Wirkprinzipien der Gefahrstellen an rotierenden Maschinenteilen. Welche Maßnahmen wo und wie zur Sicherung umgesetzt werden und welche Anforderungen sie hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, ihres Schutzniveaus und ihrer Einbindung in die Maschinensteuerung erfüllen müssen, hängt vom Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobewertung ab. Die von drehenden Teilen ausgehenden Gefährdungen müssen konsequent mit Methoden der unmittelbaren und mittelbaren Sicherheitstechnik ausgeschaltet werden. Durch Vermeiden (Methode der unmittelbaren Sicherheitstechnik) erreicht man zwar eine stets wirksame, manipulationsfeste inhärente Sicherheit ohne „Extras“. Gefahrstellen an rotierenden Teilen lassen sich aber nur dann vermeiden, wenn sie keine technologische Funktion ausführen. Gefahrstellen mit technologischen Funktionen lassen sich nicht vermeiden, sondern nur mittelbar mit Schutzeinrichtungen sichern. Beim Anwenden der mittelbaren Sicherheitstechnik müssen alle Besonderheiten rotierender Teile genauso berücksichtigt werden, wie technologische, wirtschaftliche, sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte. Die letztgenannten Gesichtspunkte entscheiden über einen störungsfreien Arbeitsablauf, die zuverlässige Schutzwirkung sowie die einfache Handhabung und damit über die Akzeptanz der Schutzmaßnahmen durch die Beschäftigten. Die grundsätzlich auch anwendbare hinweisende Sicherheitstechnik ist bei diesen Gefahrstellen wenig wirkungsvoll, da es sich um verhaltensabhängige Schutzmaßnahmen handelt, die weder in das physikalische Wirkprinzip der Gefahrstelle eingreifen noch das räumliche und zeitliche Zusammentreffen der Gefahr mit Personen zwangsläufig verhindern. Ihre Effektivität hängt nicht nur von deren zuverlässigen Funktionserfüllung ab, sondern auch von der Einstellung der Gefährdeten zu Ri-
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
428
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
siken und ob sie sich sicherheitsgerecht verhalten wollen oder können. In den folgenden Abschnitten werden ausgewählte, in der Praxis bewährte sicherheitstechnische Lösungen vorgestellt, mit denen sich Gefährdungen und Risiken an Gefahrstellen, verursacht durch rotierende Teile, wirkungsvoll begrenzen lassen.
ben mit der Euler`schen Gleichung für Seilreibung) ist von der Riemenscheibe bekannt. So überrascht es nicht, dass Wellen mit glatter Oberfläche lose Kleidungsstücke oder lange Haare besser „zupacken“ als rauhe Wellen. Besonders gefährlich sind aus der Wellenkontur hervorstehende Stifte, Schrauben und ähnliche Bauteile. Sie stellen zu den gefährdeten Körperteilen oder Kleidungsstücken Formschluss her. Wozu der im Ernstfall führen kann, ist leicht vorstellbar. Fangstellen müssen deshalb grundsätzlich gesichert werden, sobald sie genügend große Reibungskräfte aufbauen können, Bild 6.1-1. Antriebselemente, dazu gehören auch Wellen, müssen allseitig verkleidet oder eingehülst sein. Auch dann, wenn sich betriebsbedingt freie Wellenlängen ändern oder rotierende Wellen
6.1.1 Sicherung von Fangstellen. Drehende Wellen können Personen, deren Körperteile, Haare und Kleidungsstücke erfassen und mitreißen, sobald sich zwischen Wellenoberfläche und gefährdetem Körperteil ausreichend große Umfangskräfte aufgebaut haben. Das Wirkprinzip und der Aufbau der Reibungskräfte (beschrie-
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Bild 6.1-1 Sicherung von Fangstellen (Fortsetzung nächste Seite)
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6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
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Bild 6.1-1 Sicherung von Fangstellen
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429
430
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
Schwenkbewegungen ausführen. Verkleidungen müssen unter Wahrung der Schutzfunktion diesen Bewegungen folgen. Bedienteile (z. B. Handräder, Handkurbeln) können ebenfalls Fangstellen bilden. An Handrädern mit Speichen und Handkurbeln können zusätzlich Scher- und Stoßstellen entstehen. Bedienteile zum manuellen Bewegen oder Durchdrehen von Maschinen müssen so gestaltet sein, dass im Kraftbetrieb keine Unfallgefahren aufkommen können. Das ist am besten erfüllt, wenn Bedienteile, auch scheibenförmige Handräder, bei Kraftbetrieb nicht zwangsläufig mitumlaufen oder eine Verriegelung zwischen Hand- und Kraftbetrieb besteht. Folgende Maßnahmen sind möglich: • •
•
Trennung des Handantriebs bereits im Getriebe Trennung des Handantriebs durch Kupplung: Federkraft hält das Handrad außer Eingriff elektrische Verriegelung des Handantriebs durch Sicherheitsschalter.
Auch rotierende Werkzeuge, Werkstücke und Materialrollen können gefährliche Fangstellen bilden, die überall dort mit trennenden Schutzeinrichtungen gesichert werden müssen, wo es der Arbeitsablauf nur zulässt.
6.1.2 Sicherung von Einzugstellen Einzugstellen sind eine der am häufigsten vorkommenden Gefahrstellen beim Be- und Verarbeiten von bogen-, platten- und bahnförmigen Material. Das Gefährdungspotential der Einzugstellen bestimmt sich nicht nur aus dem sich zunehmend verengenden Spalt, in dem die Zustellbewegung mit der Verformungsbewegung zusammenfällt, sondern liegt auch in der im Einzugsspalt wirkenden Verformungsenergie, die unmittelbar mit der Antriebsenergie bzw. mit der in bewegten Massen gespeicherten kinetische Energie zusammenhängt. Sie überschreitet bei den meisten Maschinen alle tolerierbaren Grenzwerte der Verformungsarbeit in und an Körperteilen und verursacht ernste Verletzungen. Technologisch und funktionell bedingte Einzugstellen, die sich prinzi-
piell nicht vermeiden lassen, müssen wegen ihres großen Verletzungspotentials gesichert sein. Dieser Sachverhalt muss bereits in den frühen Phasen der Produktentwicklung berücksichtigt werden. [6.1] veröffentlichte ein Beschreibungssystem für Methoden, mit denen sich Einzugstellen an zusammenlaufenden Walzenpaaren sichern lassen. Sie sind im Bild 6.1-2 synoptisch zusammengefasst. Da die aufgeführten Lösungen recht abstrakt gehalten sind, eignen sie sich besonders gut für die Konzeptphase des Konstruktionsprozesses, um Wege aufzuzeigen, wie sich unter Berücksichtigung der Randbedingungen Stoffzufuhr, räumliche Orientierung und Sichtanforderungen wirkungsvolle Sicherungsmaßnahmen finden lassen. Die den Begriffen Sicherheitsabstände, Verkleidungen und Verdeckungen zugeordneten Lösungen verhindern ein Zusammentreffen gefährdeter Körperteile mit Einzugstellen; die unter dem Begriff schaltende Schutzeinrichtungen aufgeführten Lösungen beeinflussen oder unterbrechen den Einzugvorgang. Schaltende Schutzeinrichtungen haben die Aufgabe, beim gefährlichen Annähern an die Einzugstelle Signale zu erzeugen, mit denen die Steuerung (Teil des Informationssystems) über nachgeschaltete Maschinensysteme der drohenden Einzugsgefahr entgegen wirken muss. In der Praxis haben sich das Unterbrechen der Drehbewegung, die Umkehr der Drehrichtung und das Auseinanderfahren der Walzen bzw. die Kombination dieser Methoden bewährt. Das manchmal noch angewendete Verringern der Drehfrequenz (sog. Schleichgang) bietet im Ernstfall überhaupt keine Entlastung für eingezogene Körperteile und damit auch kaum eine Schutzwirkung. Haben sich erst einmal im Einzugsspalt Kräfteverhältnisse aufgebaut, die z. B. eine Hand erfassen, ist das nachfolgende Einziehen von der Größe der Umfangsgeschwindigkeit unabhängig. Betroffene werden unvermindert eingezogen, nur langsamer! Das gilt auch für den Schrittbetrieb (auch Inchen genannt), bei dem sich die Walzen intermittierend drehen. Hiermit wird nur die Wirkung der Verformungsenergie lokal begrenzt. Beim Unterbrechen der Drehbewegung müssen das Antriebskonzept und das Sicherheitsniveau der Steuerung gewährleisten, dass der Ausweichweg der Schutzeinrichtung jederzeit länger ist als der Bremsweg, [6.2]. Demnach darf die Einzugstelle nicht vor dem vollständigen Still-
6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
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Bild 6.1-2 Grundsätzliche Sicherungsmaßnahmen für Einzugstellen (Fortsetzung nächste Seite)
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
432
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Bild 6.1-2 Grundsätzliche Sicherungsmaßnahmen für Einzugstellen [6.1]
433
6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
stand der Walzen erreicht werden. Diese zeitliche Vorgabe hängt von der Greifgeschwindigkeit (v = 1,6 bis 2 m/s), von der Geschwindigkeit der Signalverarbeitung und von der Bewegungsenergie rotierender Teile des Antriebsstranges, einschließlich der Walzen ab. Die Höhe der Bewegungsenergie rotierender Teile ergibt sich entsprechend den Trägheitsgesetzen aus dem auf drehende Walzen reduziertes Massenträgheitsmoment des Antriebsstranges und dem Quadrat der Winkelgeschwindigkeit. J = 0,5 .
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Deshalb sollte der Antriebsstrang möglichst nahe der Einzugstelle unterbrochen und abgebremst werden, um Nachlaufweg und Bremszeit möglichst kurz zu halten. Vergrößern des Einzugspaltes oder Auseinanderfahren der Walzen sind zwar eine relativ aufwendige (vor allem dann, wenn sie maschinell erfolgen sollen) aber wirkungsvolle Maßnahmen, unterbrechen sie doch den Selbstverstärkungseffekt des sich immer mehr verengenden Spaltes, der Normalkräfte und damit auch einziehende Reibungskräfte vergrößert. Es sind die einzigen Möglichkeiten, mit denen sich bereits eingezogene Personen befreien lassen, ohne dass man ihre Verletzungen dabei verschlimmern muss. Schon deshalb sollten an kritischen Einzugstellen konstruktive Maßnahmen vorgesehen sein, um in solchen Fällen den Spalt vergrößern zu können, ohne die Maschine beschädigen oder gar zerstören zu müssen. Beim Auseinanderfahren der Walzen, z. B. nach Auslösen eines Not-Halt-Befehls, dürfen die Walzen keine neue Gefahrstelle, z. B. eine Quetschstelle am Rahmen bilden, Bild 6.1-3. Mindestabstände nach EN 13 857 müssen eingehalten sein. Drehrichtungsumkehr (Reversieren) ist nur dann sinnvoll, wenn sie erfolgt, bevor das eingezogene Körperteil die engste Stelle zwischen den Walzen passiert hat. Nur dann lässt der Druck nach und das befreite Körperteil kann zurückgezogen werden. Sonst muss das Körperteil die engste Stelle nochmals passieren, mit verheerenden Folgen. An jeder Maschine mit potentiell gefährlichen Einzugstellen sollte die Möglichkeit einer zumindest manuell einleitbaren Drehrichtungsumkehr konstruktiv vorgesehen sein, sofern sich die Walzen nicht auseinander fahren lassen, und sei es durch manuelles Lockern der Lager. Beim Ge-
Bild 6.1-3 Quetschstelle durch auseinandergefahrene Walzen
stalten trennender Schutzeinrichtungen ist darauf zu achten, dass sie mit den drehenden Walzen oder Scheiben keine neuen Gefahrstellen bilden, Bild 6.1-4. Ähnliche Probleme treten bei glatten Walzen auf. An ihnen lässt sich der Zugriff zum Einzugsspalt wirkungsvoll mit fest angebrachten Schutzleisten verhindern, die sich über die gesamte Arbeits- oder Walzenbreite erstrecken. Rundstäbe sind dazu aber vollkommen ungeeignet, da sie aus einer Einzugstelle gleich zwei neue machen. Viel besser sichern Winkelprofile, die so angeordnet sind, dass ihre Schenkel senkrecht zur Walzenoberfläche stehen und so nah wie möglich aber nicht weiter als 4 bis 6 mm (dieser Abstand XQJQVWLJ
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Bild 6.1-4 Neue Einzugstellen durch ungünstige Sicherung einer Einzugstelle
434
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
ist branchenabhängig) von ihr entfernt sind. Als glatt rundlaufende Walzen oder Zylinder werden in der Regel rotationssymmetrische Körper mit Längsnuten oder -spalten bzw. Erhöhungen von höchstens 4 mm Tiefe bzw. Höhe und einer Breite von höchstens 8 mm ohne scharfe, schneidende Kanten akzeptiert, ISO 12 643. An nicht glattrundlaufenden Walzen würden feste Leisten mit Walzengruben neue Scherstellen bilden. Deshalb müssen diese Einzugstellen mit Schaltbügeln oder Schaltstangen, d. h. mit Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion gesichert sein, die beim Berühren gefahrbringende Bewegungen zwangsläufig und rechtzeitig unterbrechen. Lagerung und Anschläge der Schaltleisten sowie Maschinensteuerung und Antrieb müssen gewährleisten, dass Ausweichwege der Schaltleiste länger sind, als der Nachlaufweg der sich drehenden Zylinder, d. h. der gefahrbringenden Bewegung, Bild 6.1-5 da sonst die Schaltleiste mit einer der Walzen eine Quetschstelle durch Verengung des Spalts zwischen der Schaltleiste und der zylindrischen Oberfläche bilden würde. Auch wenn zwischen Walzen bahn-, bogen- oder plattenförmiges Material durchläuft, muss ein wirkungsvoller Schutz vorhanden sein. Der Spalt in der Schutzeinrichtung muss einerseits die Materialbahn ohne anzukratzen durchlassen, andererseits muss die Einzugstelle unzugänglich bleiben. Zulässige Spaltweiten hängen dann von der Entfernung der Kante der Schutzeinrichtung zur Einzugstelle ab, Bild 6.1-6.
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66
Bild 6.1-5 Ausweichweg und Nachlaufweg an Schaltleisten
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Bild 6.1-6 Festlegung kritischer Spaltweiten bei Einzugstellen nach [6.2]
Auch hier gelten die in der EN 13 857 festgelegten Sicherheitsabstände und Zusammenhänge. Im Unterschied zu Quetsch- und Scherstellen, bei denen sich der geometrische Ort, an denen Gliedmaße erfasst werden, eindeutig bestimmen lässt, ändert sich bei Einzugstellen die Geometrie des Walzenspaltes in Abhängigkeit von Walzendurchmessern und Achsenabstand. Als fiktiver Einzugsort wird eine Sekante angenommen, die einen definierten Abstand zwischen beiden Kreisbögen abgrenzt. Auf diese Linie beziehen sich dann genormte Sicherheitsabstände in Abhängigkeit von der Spaltbreite. Sicherheitsabstände werden mit Prüfstäben ermittelt. In der EN 1010 (ISO 12 643)wird die Sekante mit 10 mm, in der ISO 11 111 mit 25 mm angegeben. Der Walzenspalt muss auch dann gesichert werden, wenn sich seine Geometrie während des Arbeitsprozesses bei anwachsenden oder abnehmenden Durchmessern von Materialrollen ändert. Im Bild 6.1-7 sind mehrere, in der Praxis bewährte Schutzeinrichtungen zusammenfasst.
6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
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Bild 6.1-7 Sicherung von Einzugstellen (Fortsetzung nächste Seite)
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435
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
436
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Bild 6.1-7 Sicherung von Einzugstellen [6.3, 6.4]
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437
6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
6.1.3 Sicherung von Einzugstellen mit variabler Geometrie
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Einzugstellen haben erhebliches Verletzungspotenzial, das man ihnen auf den ersten Blick nicht ansieht. Es entsteht aus einem Selbstverstärkungseffekt, der zwar technologisch vorteilhaft ist, bei Unfällen sich aber fatal auswirkt: Die geometrische Konfiguration der Walzen und deren Drehbewegung lassen die Zuführ- und Verformungsbewegung zusammenfallen. Wird ein Körperteil erfasst, z. B. beim gedankenlosen Versuch bei Störungen korrigierend mit der Hand einzugreifen, gibt es keine Befreiungsmöglichkeit mehr. Auch bei geringen Umfangsgeschwindigkeiten nicht! Deshalb müssen Einzugstellen, die sich nicht vermeiden lassen, mit Verdeckungen oder Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion gesichert werden. Das gilt auch für Einzugstellen mit variablen Durchmessern, die z. B. zwischen Andruckwalze und Materialrolle beim Aufwickeln von Kunststoff-, Papier- und Textilbahnen oder an Aufrollwalzen der Papierherstellung entstehen. Das Sichern mit prismatischen Profilen, die bei allen Durchmessern die Einzugstelle bis auf einen beidseitigen Spalt von 6 bis 8 mm verdecken, bedeutet eine Synthese ungleichmäßig übersetzender Führungsgetriebe, deren Grundlage Viergelenkmechanismen (in der Grundform oder mit modifizierten Gelenken, wie z. B. Gleitschub- oder Wälzgelenken), Siebengelenkmechanismen oder kinematische Ketten mit ternären Gliedern sind, [6.5]. Es ist die klassische getriebetechnische Aufgabe zu lösen, den kinematischen Aufbau des Getriebes und die geometrischen Parameter seiner Glieder so aufeinander abzustimmen, damit das prismatische Profil der Verdeckung eine Trajektorie nachvollzieht, welche die Änderung der kritischen Breite des Einzugspaltes zwischen den Walzen beim Anwachsen des Materialrollendurchmessers vorgibt, [6.6]. Dafür gibt es immer mehrere Lösungen. Beispiele der in der Praxis anzutreffenden Ausführungen von selbstverstellenden Schutzprofilen sind im Bild 6.1-8 zusammengefasst. Über Akzeptanz und somit über Nachhaltigkeit dieser mit erheblichem konstruktiven und gerätetechnischen Aufwand realisierter Verdeckungen entscheidet, wie gut es gelungen ist, Betriebsbedingungen zu berücksichtigen, ob z. B. das
Bild 6.1-8 Sicherung von Einzugstellen [6.7, 6.8]
438
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
Einhängen von Wickelhülsen und das Aushängen der Materialrollen benutzerfreundlich gestaltet worden ist, ob die notwendige mechanische Dauerfestigkeit und Steifigkeit (trotz des rauhen Umgangs, der Durchbiegung bei großen Laufbreiten, Schwingungen usw.) erreicht worden sind oder ob unvermeidliche Ungenauigkeiten beim Positionieren der Wickeldorne und das Spiel in den Gelenken des Mechanismus tolerierebar sind. Die Lage und die Bewegungsbahnen einschließlich ihrer Endlagen beweglicher Schutzprofile kann mit Positionsschaltern überwacht werden, sofern es das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung erfordert.
6.1.4 Sicherung von Auflaufstellen An Hülltrieben, wie Keilriemen- oder Flachriemen- bzw. Kettentrieben entstehen Auflaufstellen. Gefährlich sind bei ihnen die sich aus der Relativbewegung zwischen zylindrischen oder scheibenförmigen Körpern und vorgespannten Zugmitteln ergebende, fortschreitende Verengung („Zustellbewegung“ des Fingers fällt mit der Wirkbewegung der Auflaufstelle zusammen) und die erheblichen Vorspannkräfte der Zugmittel, die zur reibschlüssigen Kraftübertragung notwendig sind. Geometrisch und funktionell betrachtet, sind Auflaufstellen ein Sonderfall von Einzugstellen. Das Band bewegt sich entlang einer Geraden (Bogen mit unendlich großem Radius) auf Walzen zu, um im Einzugspalt mit ihr zusammenzulaufen. Der Einzugspalt bzw. der Kontakt beider Maschinenelemente ist im Unterschied zu Einzugstellen auf einen größeren Teil des Umfangs verteilt. Von Tordierungen eingezogener Körperteile bei großen Umschlingungswinkeln abgesehen, unterscheiden sich physikalische Effekte im Einzugsspalt nur marginal von denen in Einzugstellen mit zwei Walzen mit endlichen Krümmungsradien. Auflaufstellen lassen sich mit Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik kaum vermeiden, da der Form- bzw. Reibschluss zwischen Scheiben und Zugmittel eine gewollte technische Funktion, das Übertragen mechanischer Energie, übernimmt. Die übertragenen Energien haben meistens ein Niveau, das immer Verletzungen nach sich zieht. Wegen dieses erheblichen Verlet-
zungspotentials und der technologischen Funktion müssen Auflaufstellen, von einigen wenigen Ausnahmen (z. B. elastische Schnurriemen) abgesehen, mit Methoden der mittelbaren Sicherheitstechnik, also mit Schutzeinrichtungen gesichert werden. Einzugstellen und Auflaufstellen wirken ähnlich. Deshalb müssen die Schutzmaßnahmen an Auflaufstellen auch ähnlich wirken: Keilwirkungen verhindern, die aus Reibungskräften Einzugskräfte machen. So müssen Verdeckungen des Einzugspalts mit Schutzprofilen (Füllstücken) so gestaltet sein, dass ihre Wirkflächen rechtwinklig sowohl zum Band oder Riemen als auch zur Walze hin orientiert sind, Bild 6.1-9.
Bild 6.1-9 Wirkprinzip von Schutzprofil
Dies gilt auch, wenn sich Auflaufwinkel der Bänder ändern. Wie sich die zwangsläufige Wirkung einer trennenden Schutzeinrichtung an Auflaufstellen einer Transportbandrolle mit veränderlichen Auflaufwinkeln des Bandes konstruktiv verwirklichen lässt, zeigt die im Bild 6.1-10 in Seitenansicht dargestellte Lösung aus dem Untertagebergbau. Bandanlagen werden unter Tage selten auf die Sohle des Stollens aufgestellt, sondern oft von dessen Decke mit Ketten abgehängt. Durch Verkürzen oder Verlägern der Ketten lässt sich ein Höhenausgleich einfacher durchführen, als an aufgestellten Bandanlagen. Trotzdem können sich durch Gebirgsabsenkungen die Einlaufwinkel der Bänder ändern. Dann müssen Schutzeinrichtungen vor den Bandrollen so nachgestellt werden, dass Auflaufstellen unerreichbar bleiben. Die eigentliche Schutzeinrichtung ist ein Schutzprofil (Vierkantrohr) 2, dessen eine Flanke parallel im Sicherheitsabstand (kleiner als 5 mm) zum Band verläuft, die andere rechtwinklig zur Unterseite des Bandes orientiert ist. Die Schutzeinrichtung ist ein integraler Bestandteil der ganzen Bandrollenlagerung, die mit der tragenden Konstruktion 1 der Bandanlage
6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
9HUGHFNXQJZDDJUHFKW
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Bild 6.1-10 Sicherung von Auflaufstellen an Bandrollen
verschraubt ist. In die Lagerböcke 6 sind zylindrische Kalotten integriert. Die Zapfen der Bandrolle 4 sind an jeder Seite in der Mitte kreisrunder Scheiben gelagert, die sich in den zylindrischen Kalotten verdrehen und mit Hilfe der Klemmbügel 5 mit Spannschlössern fixieren lassen. Die Rotationsachse der Rolle fällt dadurch zwangsläufig geometrisch mit der Mitte der zylindrischen Kalotte zusammen. An beiden Scheiben ist jeweils eine Lasche 3 angeschweißt. Beide Laschen begrenzen von links und von rechts das Schutzprofil 2 und bilden mit ihm eine Baueinheit. Lage und Ausrichtung des Schutzprofils zum gemeinsamen Drehpunkt sind somit eindeutig festgelegt. Sind die Spannschlösser gelöst, lassen sich die Scheiben samt Schutzprofil in den Kalotten schwenken. Klemmbügeln halten die Scheiben in ihrer Lage und verhindern, dass sie runter fallen können. Sobald die Schrauben der Spannschlösser
439
angezogen sind, sind auch die Scheiben und somit auch die Bandrolle und das Schutzprofil mit der tragenden Konstruktion des Transportbandes fest verbunden. Die kreisförmige Kalotte der Lagerschale bewirkt, dass die Drehachse der Bandrolle und die Schwenkachse der Scheiben zwar nicht materiell, wohl aber geometrisch und kinematisch zusammenfallen. Verändert sich betriebsbedingt der Auflaufwinkel des Transportbandes, so lässt sich nach leichtem Lockern der Spannschlösser das Schutzprofil durch konzentrisches Schwenken der Scheiben so nachstellen, dass eine Flanke wieder im gleichbleibenden Sicherheitsabstand zum Band verläuft, die andere sich senkrecht zum Band ausrichtet. Die Auflaufstelle bleibt für Hände unerreichbar. Anschläge (nicht eingezeichnet) beschränken die maximale Winkelstellung. Versucht man das Schutzprofil zu demontieren, baut man gleichzeitig die Bandrolle ab. Ihre Stützwirkung geht verloren, die technologische Funktion des Transportbandes wäre gestört. Da diese Manipulation sofort auffallen und jedem nur Nachteile bringen würde, wird sie auch niemand versuchen. Diese ausgeklügelte Konzeption der Schutzeinrichtung beugt sogar Manipulationen wirkungsvoll vor. Die Praxis zeigt, dass diese Schutzeinrichtung von den Bergmännern angenommen wird. Schutzeinrichtungen an Auflaufstellen müssen ihre Funktion in allen Betriebszuständen, auch beim An- und Abfahren einer Bandanlage, erfüllen. Eine Anlage mit langen Transportbändern verhält sich beim Anfahren aufgrund der elastischen Eigenschaften, des Dämpfungsvermögens und der Masse der Bänder wie ein schwingungsfähiges System. Es kommt zum wellenartigen Gurtschlag, bei dem die Querbewegung des Bandes den Reibschluss zwischen Walzen und Band unterbricht und gleichzeitig die mit Schutzprofilen gesicherten Auflaufstellen an Walzen freigibt. Zusätzliche, kleinere Rollen, deren Auflaufstellen natürlich gesichert sein müssen, sorgen für einen konstanten Einlaufwinkel des Bandes und verhindern ein Durchrutschen des Bandes. Die Schutzwirkung der Schutzprofile bleibt erhalten, Bild 6.1-11. Hülltriebe in Antriebssystemen müssen im Arbeits- und Verkehrsbereich der Arbeitsmittel vollständig verkleidet sein. Schutzeinrichtungen dürfen keine Sicherheit vortäuschen, indem sie
440
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
Bild 6.1-11 Sicherung von Auflaufstellen
nur den zum Arbeits- und Verkehrsbereich zugewandten Teil des Hülltriebes und seine Auflaufstellen verdecken und Gefahrstellen auf der abgewandten Seite für Hände erreichbar lassen. Verkleidungen müssen unmittelbar vor den Gefahrstellen angebracht sein und allein oder zusammen mit festen Maschinenteilen das Erreichen aller Auflaufstellen allseitig verhindern, Bild 6.1-12. Ihre Schutzwirkung muss auch auf der Rückseite gewährleistet sein. Schutzeinrichtungen dürfen sich nur mit Werkzeugen, wie Schraubenschlüssel, Schraubendreher usw., entfernen lassen. Dieses Ab- und Anbauen der Schutzeinrichtungen muss immer ein montagemäßiger Vorgang sein. Das gilt auch dann, wenn ein Teil der Verkleidung klappbar ist, um vollständiges Abnehmen überflüssig zu machen. Auch außerhalb des Arbeits- und Verkehrsbereiches sollten an den Auflaufstellen genügend große Verdeckungen angebracht sein, die den Zugriff von beiden Seiten der Scheiben verhindern. Obwohl Auflaufstellen
an Antriebselementen außerhalb des Arbeits- und Verkehrsbereichs der Maschine und eingehaltener Sicherheitsabstände gemäß EN ISO 13 857 als unereichbar gelten und deshalb nicht gesichert sein müssen, ist es trotzdem sicherer, auch dort konsequent trennende Verkleidungen oder zumindest Verdeckungen anzubringen, als sich auf die Unzugänglichkeit oder Unerreichbarkeit der Auflaufstellen zu verlassen. Erfahrungsgemäß müssen auch solche Stellen, wenn auch selten, für Wartungs- oder Kontrollarbeiten, die nur bei laufendem Band erfolgreich zu bewerkstelligen sind, erreicht werden. Ein Stück abgekanteten Bleches hat schon manche schwere Verletzung verhindert! Auflaufstellen an größeren Hülltrieben lassen sich wirkungsvoll mit Umzäunungen sichern. Welche Schutzmaßnahme letztlich getroffen wird, hängt vom Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung ab.
6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
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Bild 6.1-12 Sicherung von Auflaufstellen (Fortsetzung nächste Seite)
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441
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
442
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Bild 6.1-12 Sicherung von Auflaufstellen (Fortsetzung nächste Seite)
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6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile
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6LFKHUXQJ GXUFK
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Bild 6.1-12 Sicherung von Auflaufstellen [6.9]
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443
444
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren Viele Maschinen und Anlagen haben Dimensionen erreicht, die es unmöglich machen, von der Flurebene aus an oder mit ihnen zu arbeiten. Beschäftigte müssen an ihnen äußere Funktionselemente in unterschiedlichen Höhen erreichen, nicht nur zum Produzieren, sondern auch zum Rüsten, Entstören und Instandhalten. Dazu sind Einrichtungen zum Höhenausgleich notwendig, Bild 6.2-1. Beim gestalten dieser äußeren Funktionselemente sind ergonomische Aspekte genauso wichtig wie sicherheitstechnische Aspekte. Alle, die sich oberhalb der Flurebene befinden, haben potentielle Energie gespeichert, die sich im Falle eines Absturzes korperschädigend auswirken kann. Abstürzen muss deshalb wegen ihres erheblichen Gefährdungspotentials, s. [6.10], mit Absturzsicherungen konstruktiv entgegen gewirkt werden. Beschäftigte müssen alle Einrichtungen zum Höhenausgleich (Podeste, hochgelegene Arbeitsplätze, Maschinengänge, Arbeitsbühnen oder
Tritte) sicher erreichen und verlassen können, in jeder Höhe über der Flurebene auf sicherem Boden gehen, stehen oder sitzen können. Fehlen Einrichtungen zum Höhenausgleich, sehen sich die Beschäftigten oft im Zugzwang, wenn sie z. B. eine Störung schnell beheben müssen. Dann klettern sie oft mit Werkzeugen oder Ersatzteilen in der Hand auf Maschinenrahmen, ausgeschwenkten Türen, Lagerböcken und auf ähnlichen Teilen herum oder benutzen leicht erreichbare Gegenstände aus der Maschinenumgebung als Aufstiegshilfen oder Haltemöglichkeiten. Sturzunfälle sind dann nur eine Frage der Zeit. Sind diese Einrichtungen sicherheitstechnisch und ergonomisch ungünstig gestaltet oder angebracht, können sie Beschäftigte gefährden und neue unfallträchtige Situationen heraufbeschwören. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, muss schon in der Konstruktionsphase (und nicht erst bei der Montage!) das Gestalten dieser Einrichtungen genauso konsequent angegangen werden wie die Umsetzung aller anderen bisher behandelten Sicherheitsmaßnahmen.
Bild 6.2-1 Äußere Funktionselemente und Baugruppen für den Höhenausgleich
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6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
Diese Einrichtungen müssen primär gewährleisten, dass alle potentiellen Maschinenarbeiter einer Zielpopulation äußeren Funktionselemente (z. B. Bedienteile, Anzeigegeräte, Nachfüllöffnungen usw.) gemäß der EN ISO 14 738 im Höhenbereich zwischen 500 mm und 1.700 mm erreichen können, Bild 6.2-2. XQJQVWLJ
JQVWLJ
Bild 6.2-2 Höhenausgleich mit Podesten
Das ist die ergonomische Funktion dieser äusseren Funktionselemente. Sie müssen aber auch ausreichende Tritt- und Standsicherheit sowie Schutz gegen Absturz bieten und dürfen andere Schutzmaßnahmen nicht einschränken oder gar aufheben. Das ist ihre Sicherheitsfunktion. Einrichtungen zum Höhenausgleich üben tragende Funktionen aus, sind deshalb Bestandteile des statischen Systems der Maschine. Sie müssen mit der Grundkonstruktion (Rahmen) der Maschine oder mit dem Fußboden dauerhaft zuverlässig verbunden sein. Einrichtungen und deren Verbindungselemente müssen den zu erwartenden Verkehrslasten widerstehen. Sowohl Ausführung der Einrichtungen als auch Modalitäten der von ihnen aus durchzuführenden Tätigkeiten müssen Hersteller sicherheitstechnisch und ergonomisch durchdenken und festlegen, um auch mit großen Maschinen sicher und ergonomiegerecht, d. h. ohne Unfallgefahr und anderen arbeitsbedingten Gefährdungen umzugehen zu können.
445
6.2.1 Arbeitsbühnen und Podeste Zur Begriffsbestimmung: Erhöhte Flächen an Maschinen, die unmittelbar am Boden stehen und über wenige Stufen begehbar sind, werden im Sprachgebrauch als Podeste bezeichnet. Erhöhte Flächen, die für das Betreiben der Maschine, deren Instandhaltung, Wartung, Reparatur usw. benutzt werden und die nur mit dem Maschinenrahmen verbunden sind, sind Arbeitsbühnen. Erhöhte Flächen, auf die nur zwei Füße passen, sind Tritte. Die Entscheidung, ob Tritte, Arbeitsbühnen oder Podeste notwendig sind, hängt vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und der Risikobeurteilung aller dort durchzuführenden Tätigkeit ab. Von besonderer Bedeutung sind ihre Art, Häufigkeit und Dauer, aus denen sich Zugangsmodalitäten ergeben. Zur Orientierung: Gelegentliches einhändiges Drehen eines Handrades mit geringem Drehmoment kann als kurz und leicht eingestuft werden. Rüst- und Wartungsarbeiten, wie z. B. Nachfüllen von Hilfsstoffen, sind mittelschwere Tätigkeiten. Austauschen ganzer Aggregate z. B. für Formatumstellungen sind schwere Tätigkeiten. Bedienungsarbeiten im Normalbetrieb, sind stets als langandauernde Tätigkeiten einzustufen, deren sicheres Durchführen eine entsprechend dimensionierte Arbeitsbühne oder ein gleichwertiges Podest erfordert. Bild 6.2-3. Ist die Arbeitshöhe an einer Maschine für die Beschäftigten im Verhältnis zur Körpergröße zu hoch, erzwingt sie unnatürliche, meistens ermüdende Körperhaltungen, die auf Dauer arbeitsbedingte Gefährdungen für den Stütz- und Bewegungsapparat der an der Maschine Beschäftigten bedeuten können. Mit Podesten lässt sich die Diskrepanz zwischen der von der Maschine her fest vorgegebenen Arbeitshöhe und der Körpergröße ausgleichen. Der Höhenausgleich ist besonders wichtig für kleinere Personen. Höhenausgleich ist die wichtigste ergonomische Funktion der Podeste. Podeste müssen aber auch sicherheitstechnisch einwandfrei gestaltet sein, damit sie keine konstruktionsbedingten, unfallbegünstigenden Eigenschaften aufweisen, Bild 6.2-4. Trotz gewollter, verbesserter Zugänglichkeit zu äußeren Funktionselementen, z. B. zu Anzeigern, Bedienteilen, Nachfüllöffnungen, Wartungs-
446
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
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Bild 6.2-3 Auswahlhilfe für Podeste
einheiten usw. dürfen Gefahrstellen von Podesten aus natürlich nicht erreichbar sein. Mehrere benachbarte Podeste müssen höhengleich ausgeführt und fest miteinander verbunden sein, damit nicht durch viele Stufen und Absätze unnötige Stolperstellen entstehen. Podeste und Arbeitsbühnen, deren Verkehrsfläche höher als 500 mm über der angrenzenden Fußbodenfläche liegt, müssen ein Geländer als Absturzsicherung haben. Auf eine Fußleiste kann bis zu einer Podesthöhe von 500 mm verzichtet werden, da eventuell. herabfallende Gegenstände wegen der geringen Fallhöhe keinen nennenswerten Schaden verursachen können. Begehbare Flächen müssen mit allen Unterkonstruktionen zuverlässig verbunden sein, eben verlegt und gegen Verrutschen gesichert sein. Podeste und ihre Zugangsstufen sollten großzügig ausgeführt sein, damit sie genügend Bewegungsraum gewährleisten und Zugang und Abgang zu ihnen von mehreren Seiten möglich ist. Podeste mit überstehenden Kanten in Kniehöhe verleiten zum spontanen Abspringen und können zu schmerzhaften Stoßverletzungen am Knie führen.
6.2.2 Auf- und Abstiege Auf- und Absteigen zu höher gelegenen Stellen oder Arbeitsplätzen darf nicht dem Einfallsreichtum Betroffener vor Ort überlassen werden! Konsequentes Durchdenken und Gestalten kann manche Improvisation vermeiden und die mit ihnen verbundenen Gefährdungen verhindern. Statt den Maschinenbenutzern unsichere Improvisationen zumuten, zu denen sie, lebensnah betrachtet, immer greifen werden, sobald sie keine sicheren Aufstiege vorfinden, sollten sich Konstrukteure lieber für eine sichere Minimallösung entscheiden, die jedoch weder aus betriebstechnischen Gründen noch aus baulichen Gegebenheiten im Interesse der Sicherheit und Gesundheit der Maschinenbenutzer nicht unterschritten werden darf. Der Winkel zwischen der Horizontalen und der durch die Verbindungslinie über die vorderen Stufenkanten gebildeten Bezugslinie (Lauflinie) ist das charakteristische Merkmal zur Klassifizierung von Aufstiegen, Bild 6.2-5. Demnach lassen sich Aufstiege wie folgt unterteilen:
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
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Bild 6.2-4 Gestaltungsregeln für Podeste
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.HLQHEHVRQGHUHQ=XJlQJHRGHU$EJlQJHQRWHQGLJ
:HUNVWRII $O%OHFK 6W%OHFK 3URILOVWDKO *XPPLSURILO 39&3URILO +RO]LPSUlJQLHUW +RO]ODFNLHUW
%UHLWH3RGHVWH TPLQ N1P 6FKPDOH3RGHVWHTPLQ N1P
7ULWWVLFKHUKHLW
447
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
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6WXIHQ DQOHJHOHLWHU
Bild 6.2-5 Aufstiege
ELV5DPSHQIU+DQGIDKU]HXJH bis 7° Rampen für Gabelstapler bis 10° Rampen für Fußgänger 10° bis 20° ungeeigneter Neigungsbereich 21° bis 36° baurechtlich notwendige Treppen als Teil des ersten Rettungsweges (DIN 18 065) 37° bis 45° baurechtlich nicht notwendige, zusätzliche Treppen (DIN 18 065) Treppen aus Stahl (DIN 24 531) Treppen als Zugänge zu ortsfesten Arbeitsbühnen (EN ISO 14 122) 45° bis 55° Treppenleitern 55° bis 60° Treppen für Maschinen und Kesselräume in Schiffen (DIN 83 206) bis 75° Maschinentreppen für Maschinen der Papierherstellung bis 90° ortsfeste Steigleitern, Steigeisengänge. Es gibt mehrere Möglichkeiten, an Maschinen oder Anlagen Höhenunterschiede zu Arbeitsbühnen, Podesten oder Galerien mit festen Stufen zu überwinden. Welche Aufstiege (z. B. Steigleiter, Stufenanlegeleiter, Maschinentreppe, Treppe) notwendig sind, hängt vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und der Risikobewertung der durchzuführenden Tätigkeit ab. Von besonderer
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Bedeutung ist, wie häufig (täglich, wöchentlich, ständig) Aufstiegshilfen benutzt werden sowie ob und welche Gegenstände transportiert werden müssen. Dabei spielen Gewicht und Sperrigkeit der zu tragenden Gegenstände eine Rolle. Vor allem dann, wenn zum Tragen der Gegenstände beide Hände gebraucht werden und man sich beim Aufstieg nicht festhalten kann, sind mindestens Maschinentreppen notwendig, Bild 6.2-6.
PLW]XQHKPHQGH*HJHQVWlQGH
448
D V PD[ VD
Bild 6.2-6 Auswahl von Aufstiegen
Die EN ISO 14 122 lässt zwar sowohl Treppen als auch Leitern als Zugänge zu ortsfesten Arbeitsbühnen zu, legt allerdings auch fest, dass ortsfeste Leitern nur ausnahmsweise verwendet werden dürfen. Beim manuellen Transport sperriger Gegenstände ist es immer angezeigt, eine höherwertige Aufstieghilfe, z. B. eine Treppe, vorzusehen, Bild 6.2-7. Befindet sich auf der Arbeitsbühne kein ständiger Arbeitsplatz (der Begriff „ständiger Arbeitsplatz“ ist nicht eindeutig definiert. Allgemeine Fachmeinung ist, dass ein ständiger Arbeitsplatz dann vorhanden ist, wenn Beschäftigte
449
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
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Bild 6.2-7 Gestaltungsregeln für Treppen nach [6.2] und DIN 24 531
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
innerhalb einer Arbeitsschicht einmal anwesend und tätig sind) und die Arbeitsbühne nur gelegentlich betreten werden muss, kann als Zugang eine Leiter verwendet werden. Auch bei beengten räumlichen Verhältnissen ist der Einbau einer Leiter zu vertreten. Für die endgültige Entscheidung sind noch folgende einschränkende Aspekte zu berücksichtigen: • Verkehrsdichte und Anzahl der Benutzer, manueller Transport von sperrigen Gegenständen, wie Werkstücke, Werkzeuge, Hilfsstoffe, Ersatzteile u. ä. • Flucht- und Rettungsmöglichkeiten aus gefährlichen Bereichen einschließlich der dazu notwendigen Hilfsmittel. Aufstiege mit Neigungswinkeln zwischen 55° und 70° lassen sich nicht so sicher wie gängige Treppen begehen. Sie dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn aus baulichen Gründen der Einsatz von Treppen nicht möglich sind, wie es z. B. bei Papiermaschinen oder im Schiffsbau nicht selten der Fall ist. Diese Aufstiege müssen folgende Anforderungen erfüllen: • bei mehr als drei Stufen beidseitiger Handlauf • Handlaufhöhe über Stufenvorderkante 900 mm • keine Setzstufe • nach maximal 4.000 mm Höhenunterschied (im Schiffsbau 3.700 mm) Zwischenpodest anbringen am oberen Austritt: Ausstiegssicherung (hochgezogenes Geländer) und Absturzsicherung (selbsttätig schließende Geländertür) • tritt- und rutschfeste Oberfläche der Trittstufen und der Zwischenpodeste. • lichtes Profil mindestens 2.300 mm Treppen. Zur Begriffsbestimmung: Ausgleichsstufe ist eine Stufe zwischen zwei Nutzungsebenen mit geringem Höhenunterschied. Mehr als drei Ausgleichsstufen bilden bereits einen Treppenlauf, [6.11]. Zugänge zu ständig erhöhten Arbeitsplätzen müssen als Treppen ausgeführt sein, Bilder 6.2-8 und 6.2-9. Ihre Abmessungen müssen dem menschlichen Schrittmaß angepasst sein. Jedes Individuum schreitet zwar anders, die Erfahrung zeigt jedoch,
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Bild 6.2-8 Treppen
- Grundbegriffe
dass es ein optimales Stufenmaß gibt, an das sich alle im Laufe ihrer Sozialisierung gewöhnt haben. Treppen sind nur dann bequem und sicher zu begehen, wenn ihre Stufen nicht zu hoch und ihre Auftritte nicht zu kurz sind. Kurze Auftritte erzwingen beim Abwärtsgehen den Mittelfuß auf die Trittkante zu setzen, das neigt zum Kippen. Steigungswinkel, Stufenmaß und Reibungsbeiwert der Stufenoberfläche einer Treppe müssen über die ganze Treppenlänge gleich bleiben. Das gilt vor allen für die erste und letzte Stufe! Jeder stellt sich schon nach wenigen Schritten unbewusst auf das vorgefundene Stufenmaß ein. Dieses Phänomen ist das Ergebnis der im Kindesalter erlernten Kulturtechnik des gefahrlosen Treppensteigens. Bereits geringe, plötzlich auftretende Unregelmäßigkeiten (Toleranz für Auftritt und Steigung ist kleiner als 5 mm) können jeden aus dem Rhythmus, zum Straucheln und dann zum Sturz bringen. Treppen mit einer Steigung s = 170 mm JQVWLJH *HVWDOWXQJ
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Bild 6.2-9 Gestaltung von Treppen
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6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
und einem Auftritt (Stufenmaß) a = 290 mm haben das bequemste und sicherste Schrittmaß, Bild 6.2-10. IU7UHSSHQ
D PP V PP D PP V PP
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Bild 6.2-10 Treppen nach der Schrittmaßformel [6.11]
An Treppen ist ab der fünften Stufe ein Handlauf notwendig. Er ist aber schon bei kleineren Stufenzahl sinnvoll. Sein Profil muss ein sicheres Greifen, z. B. beim Abfangen eines drohenden Sturzes ermöglichen und das Gleiten der Hand unterstützen. Handläufe müssen mindestens 60 mm an festen Teilen vorbeigehen, damit sich die gleitende Hand nicht verfangen kann. Die Fläche unter den Schrägen des Treppenlaufs ist bestenfalls als Abstellfläche tolerierbar. Im Bereich unterhalb der Schrägen sollen keine Zugänge, z. B. Türen zu Arbeitsräumen vorgesehen werden. Es entstehen sonst immer Stoßstellen. Tritte und Handgriffe. Handgriffe müssen so gestaltet und angeordnet sein, dass Personen sie spontan benutzen und sich nicht an Bedienteilen festhalten und sie somit ungewollt betätigen. Sicherheitsabstände zu heißen Oberflächen, spannungführenden Teilen oder Gefahrstellen bleiben von dieser Maßnahme unberührt. Müssen Beschäftigte an Maschinen gelegentlich höher liegende Stellen erreichen, an denen sich keine ständigen Arbeitsplätze befinden, kann man sich mit Tritten oder Standflächen behelfen, Bild 6.2-11. Sie müssen aber so groß sein, dass der ganze Fuß auftreten kann. Kleine und schmale Tritte führen beim Betreten zu stark verkrampften Haltungen. Aus der Maschinenfront herausragende Tritte müssen wegen der Stoßgefahr gebrochene oder abgerundete Ecken haben und schwarz-gelb gekennzeichnet sein. Beim Besteigen von Tritten sucht jeder unbewusst mit Händen festen Halt.
451
Teile des Maschinengestells, freie Tritte oder gar Bedienteile dürfen nicht zum Festhalten gedacht sein. Zu jedem Tritt gehört deshalb mindestens ein gut erreichbarer Handgriff, der das Auf- und Absteigen sicher macht. Anzahl und Anordnung der Tritte und Handgriffe muss erlauben, sich mindestens an drei Punkten abzustützen (mit zwei Händen und einem Fuß oder mit einer Hand und beiden Füßen). Das Unfallgeschehen an mobilen Maschinen, z. B. an Erdbaumaschinen zeigt, dass diese übliche Forderung des gleichzeitigen Abstützens der Personen an drei Stellen (beide Hände und ein Fuß bzw. eine Hand und beide Füße) keine Sicherheit, z. B. beim Öffnen der Fahrerhaustür bietet. Die Anzahl der Tritte und Handgriffe muss auf die Forderung „2 + 2“ erweitert werden. Sie müssen so gestaltet sein, dass zwei Füße auf der Auftrittfläche ruhen, beide Hände sich an jeweils unterschiedlichen, körpergerechten und griffgünstig angebrachten Handriffen festhalten können, [6.12]. An mobilen Maschinen werden aufgrund des im Vergleich zu stationären Maschinen rauhen Betriebes Aufstiege sehr oft beschädigt oder zerstört. Dem muss mit Konstruktionsmaßnahmen entgegen gewirkt werden. Die Erfahrung zeigt, dass Beschäftigte vorhandene Tritte oft zu Werkzeugablagen umfunktionieren. Dann ist wegen herumliegender Gegenstände und Werkzeuge ein sicheres Betreten nicht mehr möglich. Abhilfe kann durch fest angebrachte Halterungen und Ablagen an der Maschine geschaffen werden, in denen sich notwendige Utensilien ordentlich und griffbereit unterbringen lassen. Tritte können die Funktion von ortsbindenden Schutzeinrichtungen oder Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion übernehmen, wenn ihr Betreten mit zuverlässig wirkenden, überlistungsfesten Signalgebern überwacht wird. Senkrechte Aufstiege. Für senkrechte Aufstiegshilfen gilt generell: Steigleitern und Steigeisengänge sind nur zulässig, wenn der Einbau einer Treppe betrieblich nicht möglich ist oder wenn wegen des geringen Unfallrisikos oder bei einer seltenen Benutzung, z. B. zu Kontrollgängen eine Treppe nicht notwendig ist, wie an Bauwerken, an Silos, an Gebäudeteilen, in Schächten und Gruben Steigleitern und Steigeisengänge müssen an
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
452
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Bild 6.2-11 Gestaltungsregeln für Handgriffe und Tritte
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
ihren Austrittstellen Haltevorrichtungen haben, Bild 6.2-12. +DOWHVWDQJHQ
453
den Drehstab gesichert sein. Ketten sind hier nicht zulässig, Bild 6.2-13 XQJQVWLJ
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Bild 6.2-13 Absturzsicherungen am Ende von Steigleitern 8PJUHLIHQ QRWZHQGLJ
Bild 6.2-13 Haltestangen am Ende von Steigleitern
Am oberen Ende der Steigleitern sind und damit potentielle Absturzgefahren für die Leiterbenutzer am größten. Um ein sicheres Aussteigen aus der Steigleiter und ein sicheres Einsteigen in die Steigleiter oder in den Steigeisengang beim Abstieg, der rückwärts erfolgt, zu gewährleisten, sind am oberen Ende Festhaltemöglichkeiten notwendig, die Ausstiegstelle mindestens um 850 mm, höchstens um 1.400 mm überragen. Der optimale Wert liegt bei ca. 900 mm. Festhaltemöglichkeiten sind auch bei Steigeisengängen notwendig, wenn beim Ein- oder Aussteigen Absturzgefahr droht. Wenn an der Absturzkante Geländer als Sicherung angebracht sind (auf jeder Seite der Austrittsöffnung in einer Länge von mindestens 1.500 mm), muss die Austrittöffnung mit einer selbstschließender Tür, zumindest mit einem selbsttätig zurückschwenken-
Steigleitern. Sie dienen insbesondere als Aufstiege zu Silos, Steuerständen, Krankabinen, Inspektions- und Wartungsbühnen oder als Fluchtleitern im Brandfall. Steigleitern sind ortsfest angebrachte Leitern mit Steigungswinkeln von 75° bis 90°, d. h. senkrechte Aufstiegshilfen mit Sprossen, die mit einem oder zwei Holmen verbunden sind. Holme sind im festen Abstand an der tragenden Konstruktion befestigt. Steigleitern oder Steigeisengänge, die höher als 5.000 mm reichen, müssen mit Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz ausgerüstet sein. Bei Absturzhöhen von mehr als 10.000 mm müssen sie einen Steigschutz haben. Steigleitern oder Steigeisengänge mit mehr als 80° Neigung zur Waagrechten dürfen eine durchgehende Steighöhe von höchstens 10.000 mm haben. Bei größeren Steighöhen müssen in Abständen von höchstens 6.000 mm ausreichend große und stabil verankerte Ruhebühnen vorhanden sein, Bild 6.2-14. Einsatz von Steigleitern mit geriffelten, flachen Sprossen als Aufstiege ist nur dann zulässig, wenn 1. der Einbau einer Treppe betrieblich nur unter erheblichen Umständen möglich ist oder 2. von einer herabgesetzten Unfallgefahr ausgegangen werden kann, z. B. dann, wenn keine sperrigen, das Besteigen behin-
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
454
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Bild 6.2-14 Anordnungen von Ruhebühnen an Steigleitern
dernden Gegenstände hochgetragen werden müssen und 3. die Steigleitern nur von körperlich geeigneten und geübten Personen benutzt werden.
Steigleitern lassen sich nicht so sicher wie Maschinentreppen besteigen, denn beim Auf- und Absteigen liegt der Körperschwerpunkt immer außerhalb des Auftrittpunkts auf der Sprosse. Ungeübte Benutzer bekommenen daher leicht das Gefühl, nach hinten abstürzen können, wenn sie sich nicht jederzeit sicher festhalten können. Steigleitern müssen deshalb entweder mit mitlaufenden Steigschutzsicherungen (persönliche Schutzausrüstung, die der Benutzer vor dem Besteigen in die entsprechende Laufschiene einhängen muss, oder mit einem Rückenkäfig ausgerüstet sein, Bild 6.2-15. Der die Leiter umschließende durchgehende käfigförmige Rückenschutz vermittelt zwar ein Gefühl der Sicherheit, verhindert aber nur das Schlimmste, den Sturz in die Tiefe. Das lichte Maß zwischen der begehbaren Seite der Leiter und festen Teilen der Umgebung muss mindestens 600 mm betragen, um die Rückenfreiheit beim Auf- und beim Absteigen zu gewährleisten. Die freie Auftrittiefe zur Wand (einschließlich Armaturen) muss mindestens 200 mm betragen. Im Falle eines in Aufstiegsrichtung unterbrochenen Hindernisses hinter der Sprossenebene darf sich dieser Abstand auf 150 mm verringern. Für sicheres Aus- und Einsteigen aus der bzw. in die Leiter müssen am oberen Ende gesonderte Haltemöglichkeiten (Geländer, Holme) angebracht sein. Steigleitern überwinden oft beachtliche Höhenunterschiede. Ihr unbefugtes Benutzen ist mit erheblichen Gefahren verbunden. Zuverlässiger als jedes Schild, das die Benutzung durch Unbefugte verbietet, wirken fest mit der Steigleiter verbundene Sperren. Sie können z. B. als Tür ausgeführt sein, an deren oberen Nebenschließkante ein gitterförmiger Einstiegschutz festgeschraubt ist. Die Tür macht die Sprossen im Einstiegbereich unzugänglich, der Einstiegschutz macht die Durchlassöffnung des Rückenschutzes ununpassierbar. Die Tür ist mit einem Vorhängeschloss gegen unbefugtes Öffnen gesichert, Bild 6.2-16. Eine prinzipiell anders aufgebaute Einstiegsicherung entwickelte /6.8/. Ihr liegt das Prinzip des Parallelogramms zugrunde. Sie ist so ausgeführt, dass sich Leitersprossen im erreichbaren Bereich wegschwenken lassen. Damit werden die weiterführenden Sprossen der Steigleiter unerreichbar. Formschlüssige abschließbare Sperren gegen unbefugtes Öffnen der Leiter sind genauso integriert wie die formschlüssige Verriegelung
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
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Bild 6.2-15 Gestaltungsregeln für Steigleitern /6.8/
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455
456
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
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Bild 6.2-16 Einstiegschutz bei Steigleitern Bild 6.2-17 Einstiegschutz PivotLoc /6.8/
8
Zusätzliche Absturzsicherungen. Wenn der Aufstieg in eine Steigleiter von einer erhöhten Bühne oder Galerie beginnt und der Abstand U zwischen Geländer und der senkrecht projizierten Außenkante des Rückenschutzes weniger als 800 mm beträgt, besteht die Gefahr, dass das Geländer keinen ausreichenden Schutz vor einem Absturz mehr bietet. Deshalb muss man wegen der um die Höhe der Bühne vergrößerten Absturzhöhe zusätzliche Sicherungsmaßnahmen treffen, Bild 6.2-18. Als Absturzsicherung hat sich die Verlängerung und Abkröpfung senkrechter Holme des Rückenschutzes bis zum Handlauf des Geländers bewährt. Diese Verbindungsstege engen zwar das lichte Durchgangsprofil der Bühne ein und können für extrem große Menschen eine Stoßstelle bilden. Da die Verbindungsstege aber dem wesentlich höheren Absturzrisiko entgegenwirken, muss diese Einengung in Kauf genommen werden. Das Anstoßrisiko lässt sich z. B. durch Abkröpfung, Polsterung und gelb-schwarze Sicherheitskennzeichnung vermindern.
Steigeisengänge. Steigeisengänge sind Aufstiege mit ein- oder zweiläufig angeordneten Steigeisen. Steigeisen sind einzelne Tritte, die unmittelbar ohne Holme formschlüssig oder stoffschlüssig mit den senkrechten Bauteilen verbunden sind, Bild 6.2-19. Steigeisen sollten wegen eingeschränkter Trittsicherheit bzw. schlechter Festhaltemöglichkeiten nicht verwendet werden, außer an Gebäudeteilen, in Gruben und in Schächten.
des geöffneten Zustands und eine durchgehende Führungsbahn für die mitlaufende Steigschutzvorrichtung (Auffanggerät) für den Benutzer, Bild 6.2-17.
Bild 6.2-18 Zusätzliche Absturzsicherungen an Bühnen und Galerien
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
Ihr Einsatz an Maschinen ist nicht üblich, wohl aber an Masten und großen Behältern. Steigeisen müssen mehrere sicherheitstechnische Anforderungen erfüllen, von denen ausreichende Abmessungen, Rutschfestigkeit, Tragfähigkeit und Be%DXWHLO
festigungsgüte sowie gleichmäßiger Abstand der Tritte die wichtigsten Vorgaben sind. Um einen sicheren Ein- und Ausstieg aus dem Steigeisengang zu ermöglichen, sind sichere Haltegriffe, auch ausziehbare, sehr sinnvoll.
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Bild 6.2-19 Gestaltungsregeln für Steigeisengänge
457
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
458
6.2.3 Geländer Maschinengänge, Laufstege und Arbeitsbühnen, die höher als 500 mm über der Flurebene liegen, müssen gemäß der Norm EN ISO 14 122 zur freien Seite hin, bei Absturzgefahr auch zur Maschinenseite hin, Schutzgeländer haben, Bild 6.2-20. %DXWHLO
Geländer als Absturzsicherung sind auch notwendig an Öffnungen und Vertiefungen im Fußboden (z. B. an Luken), an schmalen Laufstegen, an begehbaren Kanten von Behältern mit Gefahrstoffen oder an Behältern mit Stoffen, in denen man versinken kann, z. B. in Flüssigkeiten, Schlamm, breiigen Stoffen, Getreide oder in ähnlich feinkörnigem Schüttgut. In diesen Fäl-
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Bild 6.2-20 Gestaltungsregeln für Geländer [6.2, 6.12]
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6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
len müssen Geländer unabhängig von der Absturzhöhe angebracht werden, also schon bei Absturzhöhe Null! Anmerkung: Als Ertrinkungstiefe gilt gemäß berufsgenossenschaftlichen Vorschrift BGV C 5 eine Wassertiefe von 1.350 mm. Auch bei dieser Tiefe besteht noch ein Restrisiko! Oberkanten von großen Rührwerken, die niedriger als 900 mm sind, müssen mit Geländern gesichert sein. Abmessungen. Geländer erfüllen ihre Funktion als Absturzsicherung allerdings nur dann, wenn sie mindestens normgerechte Abmessungen haben. Geländerhöhe, Handlaufbreite und Abstände zu bzw. zwischen den Knieleisten sind für die Sicherheitsfunktion maßgebend. Die genormte Handlaufhöhe beträgt 1.100 mm. Lichter Abstand zwischen Knieleiste und Handlauf bzw. Fußleiste darf 500 mm nicht überschreiten. Eine zweite Knieleiste ist bei 1.100 mm hohen Geländern sinnvoll, wenn Ohnmacht von Personen, z. B. bei Gasgefahr, nicht auszuschließen ist oder wenn durch ein 1.100 mm hohes Geländer flaches Material durchgeschoben werden muss und die Möglichkeit besteht, dass stürzende Personen durch das Geländer fallen. Dann muss das Geländer durch eine zusätzliche Zwischenstange ergänzt werden, die 200 mm über der Flurebene angeordnet ist. 100 mm hohe Fußleisten verhindern, dass auf der Trittfläche liegende Gegenstände über die Plattformkante gestoßen werden,
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459
unkontrolliert herunterfallen und Personen treffen und verletzen können. Spalte bis zu 10 mm unterhalb der Fußleiste sind, obwohl sie die europäische Norm zulässt, nicht sinnvoll, da sie ein Durchschieben von flachen Werkzeugen, z. B. von Schraubenschlüsseln, nicht verhindern. Verleiten Knieleisten dazu, Geländer zu unsicheren Aufstieghilfen umzufunktionieren, wie z. B. im Untertagebau, ist es sinnvoll, den Raum zwischen Handlauf und Knieleiste, noch besser bis zur Fußleiste so auszufüllen, dass ein Überklettern erschwert wird, z. B. mit engmaschigem Gitter oder senkrechten Stäben, Bild 6.2-21. Geländerfüllungen sind auch sinnvoll an Arbeitsbühnen, von denen aus bestimmte Eigenschaften der laufenden Bespannung von Papiermaschinen gemessen werden. Die Ausführung, Gestaltung und Positionierung der Geländer muss einerseits Abstürze von oder in die Maschine oder auf das Filzband verhindern, andererseits muss das Geländer als Aufstiegshilfe unbenutzbar sein. Sind Geländer für Austritte von Aufstiegen oder zur Übergabe von Material unterbrochen, so müssen die Absturzstellen durch bewegliche Geländerteile oder ähnliche Maßnahmen so gesichert sein, dass ein Abstürzen jederzeit sicher verhindert wird. Im Bereich der Unterbrechungen dürfen wegen der Stolper- und Absturzgefahr keine Fußleisten vorhanden sein. Bei Geländern, die aus vorgefertigten Teilen mit Beschlägen, z. B. Verbindungsstücken, Eckstü-
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Bild 6.2-21 Ausgekleidetes Geländer an Arbeitsbühnen
460
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
cken usw. zusammengebaut werden, muss die zuverlässige Funktion der Verbindungsstellen über die gesamte Lebensdauer gewährleistet sein. Vor allem dürfen sich Schraubenverbindungen nicht lösen, auch nicht durch Erschütterungen oder Schwingungen. Gelockerte oder nachgebende Geländerteile führen zu Unfällen, entweder unmittelbar durch Absturz oder mittelbar durch unkontrollierte Schreckreaktionen.
des Drehpunkts für das Momentengleichgewicht liegt. Ein Überkippen ist somit zuverlässig verhindert. Der vorgezogene zweite Holm sieht zwar unkonventionell aus, bietet aber einen zuverlässigen Schutz gegen Abstürze beim Hinauslehnen .
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Geländerhöhe und Körperstabilität. Die Geländerhöhe von 1.000 mm hat bis jetzt als ausreichend gegolten, um ein Abstürzen zu verhindern. Dies war in den meisten Fällen sichergestellt. Beim bewussten Hinauslehnen kam es jedoch aufgrund der Biostatik des menschlichen Körpers bei großgewachsenen Personen zu kritischen Situationen. Beim freien Vorbeugen senkt sich der Körperschwerpunkt kontinuierlich, der Körper stabilisiert sich durch die Verlagerung von Körperteilen um die Kippachse, die im Bereich der auf dem Boden ruhenden Fußballen und Ferse verläuft. Die Fußflächen übertragen das gesamte Körpergewicht. Der vorgebeugte Oberkörper wird unbewusst durch zurückgeschobene Beine und Gesäß im Gleichgewicht gehalten. Beim Hinauslehnen über einen Geländerhandlauf ändert sich die Situation. Es stellt sich eine labile Gleichgewichtslage ein. Die Kippachse befindet sich nicht mehr am Fußballen, sondern am Handlauf in Nähe des Körperschwerpunkts. Auf den Fußsohlen ruht jetzt auch nicht mehr das gesamte Körpergewicht, da ein Teil vom Handlauf aufgenommen wird. Die herabgesetzte Normalkraft verringert die Reibungskraft zwischen den Sohlen und dem Boden, die dem Kippmoment entgegenwirkt. Die Fußleiste verhindert, dass sich die Füße instinktiv unter die Körperschwerpunktlinie schieben können. Unter den in der Statik benutzten Gleichgewichtsbedingungen für starre Körper ist ein Überkippen über den Handlauf nicht ausgeschlossen. Das gilt besonders für Personen mit einer Körpergröße von 2.000 mm und mehr. Das in der EN ISO 14 122 festgelegte Anheben des Handlaufs auf normgerechte 1.100 mm löst das Problem der labilen Gleichgewichtslage großgewachsener Personen nur scheinbar, Bild 6.2-22. Erst ein zweiter, im waagrechten Abstand von ca. 200 mm parallel zum Handlauf gleich hoch oder höher verlaufender Holm bewirkt, dass die Körperschwerpunktlinie auf der „stabilen“ Seite
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Bild 6.2-22 Zuverlässige Schutzwirkung von Geländern
461
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
6.2.4 Durchgänge Diese Baugruppen müssen einerseits Personen erlauben, bestimmte Stellen an den Maschinen oder Anlagen bequem zu erreichen, andererseits darf von ihnen weder einer Stoß- noch eine Absturzgefahr ausgehen.
Maschinengänge und Laufstege. Damit sich Personen im Bedarfsfall an großen Maschinen zwischen einzelnen Maschinengruppen und Arbeitsbühnen gefahrlos und ungehindert bewegen können, sind an ihnen Laufstege, Maschinengänge, Maschinengalerien oder Maschinenumläufe mit entsprechenden Aufstiegen und Absturzsicherungen vorzusehen. Bühnen und Laufstege auf Kranen, die als Bedienungsgänge für Schaltanlagen und Verteiler dienen, müssen einen freien Durchgang von mindestens 400 mm Breite und mindestens 1.800 mm Höhe aufweisen. Lassen sich diese Maße bei Laufstegen in Tragwerken, wie z. B. bei Kranträgerlaufbühnen kleiner Krane nicht einhalten, darf zwar das Höhenmaß des lichten Profils auf 1.400 mm reduziert werden, die Laufbreite muss in diesem Fall dafür auf 700 mm vergrößert werden, damit diese Enge wenigstens in gebückter Haltung passiert werden kann. Bei Gitterwerken lässt sich das lichte Profil durch Änderung der Diagonalstäbe mit vertretbarem Aufwand vergrößern. Dies ist auch nur ein Kompromiss, auch wenn das lichte Profil nicht über die ganze Lauflänge verengt ist, sondern nur im Bereich der Diagonalstrebe, Bild 6.2-23. Maschinengänge müssen breit genug sein sowie eine ausreichende lichte Durchgangshöhe, mindestens 2.000 mm innerhalb der nutzbaren Breite haben, Bild 6.2-24. Auf dieses Maß ist schon in frühen Entwicklungsphasen der Maschinen zu achten. Zu niedrige Durchgänge mit ihren Stoßstellen lassen sich an fertiggestellten Maschinen nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand korrigieren, von besonders gekennzeichneten Polsterungen abgesehen. Ein nachträgliches Vergrößern des lichten Profils würde einen massiven Eingriff in das Tragwerk bedeuten, der weder technisch noch wirtschaftlich vertretbar ist, sofern er überhaupt möglich sein sollte. Die während des Konstruierens gemachten Fehler sind kaum wieder gut zu machen. Tragfähigkeit der Böden von Maschinengängen und Laufstegen
Bild 6.2-23 Kranträgerlaufbühne mit vermindertem Höhenmaß [6.13]
muss den zu erwartenden Belastungen entsprechen. Trotzdem zeigen Erfahrungen, dass viele Gänge verstärkt werden müssen, weil sie zusätzliche Lasten aufnehmen mussten. Nachträglich zu tief angebrachte Unterzüge bilden gefährliche Kopframmen. Dieser Gefahr kann man nur mit einer gewissen Großzügigkeit beim Bemessen der Tragwerke entgegenwirken. Rutschfestigkeit der Beläge darf auch bei verfahrenstechnisch bedingten oder betriebsmäßigen Verschmutzungen nicht beeinträchtigt werden, besonders wenn Ölleckagen auftreten können. Gitterroste müssen eine stabile Auflage haben, da sie sich sonst schon bei relativ geringen Belastungen durchbiegen und die hervorstehenden Kanten dann Stolperstellen in der Gehebene bilden. Befestigungselemente der Gitterroste sind an den Rändern der Hauptgehrichtung anzubringen, damit Stolperstellen vermieden sind, . Überstiege. Um Produktionsstraßen, Transportbänder und ähnliche Einrichtungen schnell, be-
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
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Bild 6.2-24 Gestaltungsregeln für Maschinengalerien, Laufstege und Maschinengänge
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
quem und sicher überqueren zu können und zugleich gefährlichen Notlösungen oder Handlungen vorzubeugen, wurden Überstiege entwickelt. Sie werden nach dem Baukastenprinzip für unterschiedliche Spannweiten, Höhen und Laufbreiten gefertigt und angeboten Bild 6.2-25.
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463
zum Festhalten beim Hinauslehnen haben. Seitlich angebrachte Handgriffe müssen von Kniebis Kopfhöhe oder bis zur Oberkante der Luke reichen, ihr Abstand voneinander darf 1.800 mm nicht überschreiten. Handgriffe an der Oberkante der Luke dürfen höchstens 1.800 mm über der Standfläche angebracht sein. Höher montierte Handgriffe können sonst von kleineren Personen nicht mehr sicher erreicht werden. Wandluken, deren lichtes Profil breiter als 500 mm und höher als 1.000 mm ist, müssen mit Absturzsicherungen, z. B. mit festen oder beweglichen Gitterschranken, Halbtüren, Brustwehren u. ä. ausgerüstet sein, Bild 6.2-26.
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Bild 6.2-25 Zuverlässig und sichere Überstiege /6.13/
Luken. Geschlossene Deckel von Bodenluken müssen allen zu erwartenden Belastungen (Verkehrslasten) standhalten. Ihre Beschläge dürfen keine Stolperstellen bilden. Der geöffnete Deckel darf nicht unbeabsichtigt zufallen können. Die Absturzkanten an drei Seiten müssen mit beweglichen, zwangsläufig wirkenden Geländern oder ähnlichen Schutzeinrichtungen gegen Abstürze gesichert sein. Wandluken, deren Unterkante weniger als 1.000 mm über der Standfläche liegt und bei denen ein Absturz aus mehr als 2.000 mm Höhe möglich ist, müssen an beiden Seiten oder an ihrer Oberkante fest angebrachte Handgriffe
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Bild 6.2-26 Gestaltungsregeln für Wandluken
Die Absturzsicherungen dürfen sich nicht in Fallrichtung öffnen lassen. Absturzsicherungen und Handgriffe und deren Befestigungen müssen Belastungen von mindestens 1 kN in allen Richtungen, ausgenommen nach oben, ohne bleibende Verformungen standhalten. Bodenöffnungen werden oft zum Entsorgen von Material benutzt, z. B. bei der Papierherstellung zum Abwurf von Ausschuss. Durchwurfluken müssen gegen Absturz gesichert sein. Bei zugänglichen Lösungen darf des Spalt an den Vorbauten 180 mm nicht überschreiten. Bei Geländern, die den Zutritt verhindern, darf der Abstand zwischen erster Knieleiste und Boden nicht größer sein, als 400 mm, Bild 6.2-27. Stolperstellen in deren Nähe müssen vermieden
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
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Zum Beladen ist das Geländer unterbrochen, die potentielle Absturzstelle ist von der Verkehrsfläche her durch die zurückgeschwenkte Sperre unzugänglich, seitlich ist sie durch das abgewinkelte Geländer gesichert. Zum Entladen muss die Schleuse gedreht bzw. geschwenkt (Schwenkschleuse) werden. In ihrer Endlage gibt sie die Entnahmeöffnung frei, versperrt aber zugleich die Ladeöffnung. Beide Einrichtungen engen aber durch ihren Aufbau freie Verkehrsflächen ein. Das ist ihr wesentlicher Nachteil, Bild 6.2-28. $EVWXU]VLFKHUXQJ 7lWLJNHLW
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Bild 6.2-27 Sicherung von Durchwurfluken
bzw. mit gelb-schwarzer Sicherheitskennzeichnung visualisiert sein. In der Praxis haben sich Verdeckungen und Umwehrungen (Geländer mit mindestens zwei Knieleisten) als Absturzsicherungen bewährt, unter denen sich Abfallpapier mit geeigneten Schiebestangen durchschieben lässt. Durch diese technologische Vorgabe eines Hilfsmittels hält man gefährdete Personen von der Absturzkante fern.
6.2.5 Multifunktionale Absturzsicherungen Alle bisher behandelten grundlegenden funktionellen Zusammenhänge, maßliche Festlegungen und Festigkeitsanforderungen elementarer Baugruppen des statischen Systems der Maschine, die Personen vor Abstürzen schützen, müssen auch an beweglichen Absturzsicherungen konstruktiv umgesetzt werden. Absturzsicherungen als Bodenluken oder Teil eines Geländers sind besonders wirkungsvoll, wenn sie als zwangsläufig wirkende kinematische Kette oder als mechanisch wirkende Verriegelung, die eine vorgegebene Reihenfolge beim Öffnen erfordern ausgeführt sind.
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Bild 6.2-28 Absturzsicherungen mit zwangsläufiger Wirkung /6.10, 6.11/
Im Bild 6.2-29 sind weitere in der Praxis entwickelten Ausführungen von Absturzsicherungen zusammengefasst, die zusätzlich noch andere Funktionen übernehmen müssen. Diese Absturzsicherungen sind oft aufwendig konstruierte Mechanismen und kinematische Ketten. Sie unterscheiden sich je nach Ausprägung der Absturzstelle (Leiter, Plattformkante, Bodenöffnung, Luke usw.), nach der Frage, ob Personen oder Gegenstände gewollt die Absturzstelle passieren sollen und nach der Art der Öffnungs- oder Schließbewegung der beweglichen Teile der Absturzsicherungen. Diese multifunktionale Absturzsicherungen müssen zwangsläufig wirken
6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
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Bild 6.2-29 Sicherung von Absturzstellen
und dürfen mit ihren beweglichen und unbeweglichen Teilen keine neuen Gefahr-, Stolper- oder Anstoßstellen bilden. Der geöffneter Zustand kann mit Warnleuchten signalisiert werden.
6.2.6 Zusammenfassung An größeren Maschinen kommen schwere Sturzunfälle, relativ häufig vor. Sie lassen sich oft auf unzulängliche oder nicht zu Ende gedachte Zugangsmöglichkeiten zu bestimmten Aggregaten oder Maschinengruppen zurückführen, die innerhalb oder außerhalb der eigentlichen Nutzungsphase erreicht werden müssen, um dort notwendige Tätigkeiten, z. B. Mess-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten durchführen zu können. Konstrukteure müssen auch für den Sonderbetrieb Maßnahmen treffen und Vorrichtungen vorsehen, die es erlauben, die in ihm vorgesehenen Tätigkeiten mit einem vertretbaren Risiko durchzuführen. Die dazu notwendigen Einrichtungen - es sind äußere Funktionselemente des statischen (tragenden) Systems der Maschine - müssen den geometrischen, energetischen und informationstechnischen Parametern der Benutzer der vorgesehenen Zielpopulation angepasst sein. Risiken der Absturzstellen lassen sich nur theoretisch mit allen drei Methoden der Sicherheitstechnik beherrschen. Sowohl die hinweisende Sicherheitstechnik aber auch energetische und geometrische Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik stoßen hier schnell an ihre Grenzen: Die Erdanziehung als Energiefeld wirkt immer. Energetische Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik müssen an ihr unweigerlich scheitern. Absturzhöhe und Aufprallfläche als entscheidende geometrische Gefährdungsparameter sind meistens durch technische oder technologische Parameter bestimmt und kaum beeinflussbar im Sinne einer Energiebegrenzung des freien Fallsauf ein gefahrloses Niveau. Auch die Methoden der hinweisenden Sicherheitstechnik können mit ihren Verbots- und Warnschildern, lebensnah betrachtet, keinen Absturz in die Tiefe verhindern. Methoden der mittelbaren Sicherheitstechnik haben daher Vorrang.
6.3 Not-Befehlseinrichtungen
6.3 Not-Halt-Einrichtungen Mit Not-Halt-Einrichtungen lassen sich latente oder bereits eingetretene kritische Situationen entschärfen. Wesentliche Aspekte und Einzelheiten sind in der Norm EN ISO 13 850 geregelt. Erfahrungen aus dem Unfallgeschehen lehren, dass sich Gefährdungen an Maschinen niemals ausschließen lassen und es daher opportun ist, trotz aller getroffenen konstruktiven Maßnahmen besondere Einrichtungen als zusätzliche Maßnahme für Handlungen im Notfall vorzusehen. Sie bieten in nicht vorhersehbaren Notfällen die letzte Chance, drohende oder unmittelbare Gefährdungen (mechanische, elektrische), Bild 6.3-1 von Personen bzw. aufkommende Schäden an Maschinen oder Arbeitsgut abzuwenden, zu verhindern oder deren Folgen zu mindern („Handlung im Notfall“). Zwei Fälle sind zu unterscheiden:
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• Ausschalten im Notfall, um einen Schutz vor einem elektrischen Schlag oder vor einer anderen Gefahr elektrischen Ursprungs zu erreichen (Not-Aus, emergency switching off) und • Anhalten bzw. Stoppen im Notfall, um gefahrbringende Situationen (z. B. Bewegungen) zu beenden (Not-Halt, emergency stop), [6.14]. Not-Halt-Einrichtungen haben die Aufgabe, gefahrbringende Situationen möglichst schnell anzuhalten und hierbei keine neuen Gefährdungen zu erzeugen. Ihre Funktion muss jederzeit verfügbar und zuverlässig wirken, unabhängig von der Betriebsart (Automatikbetrieb, Dauerlauf, Kriechgang usw.) der Maschine. Dies gilt nicht nur für Neukonstruktionen, sondern auch für Maschinen, die schon länger in Betrieb sind. Das Anbringen von Not-Halt-Einrichtungen in Kombination mit Unterspannungsauslöser ist eine der am häufigsten durchgeführten Nachrüstung von Altma-
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
schinen gemäß der Arbeitsmittelbenutzungsverordnung und der Betriebssicherheitsverordnung. Not-Halt-Einrichtungen realisieren dem Grunde nach keine Sicherheitsfunktion im Sinne einer konstruktiven Risikominderung. Sie sind immer nur ergänzende und flankierende Schutzmaßnahmen und dürfen niemals als primäre oder gar als alleinige Schutzmaßnahmen missdeutet werden. Sie sind kein Ersatz für verhaltensunabhängig wirkende Schutzeinrichtungen. Dessen unbeachtet, verlangt die Maschinenrichtlinie, dass Maschinen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, für Notfälle mit solchen Einrichtungen ausgerüstet sein müssen. Maschinen mit gefahrbringenden Bewegungen und deren Steuerpulte müssen nur dann mit Not-Halt-Einrichtungen mit ausreichender Anzahl gut erreichbarer Betätigungselemente ausgerüstet sein, wenn mit ihnen obige Ziele erreichbar sind. Im Umkehrschluss sind Not-Halt-Einrichtungen demnach nicht erforderlich für: • Maschinen mit geringen Gefährdungspotential aufgrund geringer Antriebsenergien • tragbare, von Hand gehaltene und geführte Maschinen. • Maschinen, bei denen ein Not-Halt das Verletzungsrisiko nicht vermindern würde, wenn sich gefahrbringende Bewegungen nicht rechtzeitig unterbrechen lassen, wie z. B. an Heftmaschinen. • Maschinen, deren sichtbaren gefahrbringenden Bewegungen sich nur über Bedienteile mit selbsttätiger Rückstellung einleiten lassen und deren Loslassen zum Stillstand führt. Bei letztgenannten Maschinen ist zu prüfen, ob sich Schutzziele nicht mit Panikschaltern besser erreichen lassen, die nicht nur beim Loslassen, sondern auch beim spontanen oder krampfhaften Durchdrücken Stromkreise unterbrechen und damit Not-Halt-Funktionen auslösen. Die Not-Halt-Einrichtung ist ein System funktionell gekoppelter Bauteile, das dazu bestimmt ist, die Not-Halt-Funktion jederzeit zuverlässig zu erfüllen. Hierzu gehören: • Befehlsgeräte, zur bewussten (manuellen) Betätigung. Sie bestehen aus der eigentlichen Handhabe und einem Kontaktblock
• Teile der Steuerung, die den Not-Halt-Befehl in Signale umwandeln, sobald das Befehlsgerät aktiviert wird • Teile der Maschinensteuerung, die diese Signale verarbeiten • Teile der Leistungssteuerung (Schütze, Ventile, Geschwindigkeitsregler), Trenneinrichtungen und Bremsen zum Erreichen eines sicheren Zustandes für die Gefährdeten
6.3.1 Aktivierung von Not-Halt-Einrichtungen Not-Halt-Einrichtungen bestehen aus äußeren Funktionselementen und steuerungstechnischen Baugruppen, die Steuerungsmaßnahmen hervorrufen. Betätigungselemente (unmittelbar wirkende Bedienteile (z. B. Pilzdrucktaster) bei Not-HaltBefehlsgeräten bzw. mittelbar wirkende Stangen, Seile, Bügel, Platten usw.) müssen ergonomische und sicherheitstechnische Anforderungen erfüllen. Vor allem müssen sie klar erkennbar, gut sichtbar und schnell und gefahrlos erreichbar sein und spontan bzw. intuitiv ohne lange überlegen zu müssen aktivierbar sein,Bild 6.3-2. Mittelbar wirkende äußere Funktionselemente (Stangen, Seile, Bügel, Platten) haben dank ihrer räumlichen Ausdehnung den Vorteil, dass Gefährdete sie auch dann noch mit anderen Körperteile betätigen können, wenn ihre Hände bereits in Gefahrstellen geraten sollten. Um Verzögerungen in der Zeitspanne zwischen Betätigen und Stoppen gering zu halten, müssen alle Betätigungselemente so ausgeführt sein, dass sie sich durch möglichst einfache, spontane Handlungen, z. B. durch Faustschlag, leicht betätigen lassen: Von Gefährdeten dürfen in gefährlichen oder gar kritischen Situationen keine Überlegungen über Betätigungsmodalitäten und sich daraus ergebenden Wirkungen abverlangt werden! Schon deshalb sollen in einer Anlage alle Betätigungen für Notsituationen möglichst einheitlich ausgeführt sein. Bedienteile (Handhaben) unmittelbar wirkender Not-Halt-Befehlsgeräte müssen besonders auffällig ausgeführt sein. Sie müssen rot sein. Ihre Hintergrundfläche, sofern vorhanden, muss gelb sein. Die visuelle Wahrnehmung der roten Farbe darf nicht von der Beleuchtung abhängen. Sind Bedienteile (Handhaben) als Drucktaster ausge-
6.3 Not-Befehlseinrichtungen
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Bild 6.3-2 Sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte von Not-Halt-Einrichtungen
470
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
führt, müssen sie entweder palmen- oder pilzförmig sein. Mit der Farbkombination Rot-Gelb sind sie ausreichend gekennzeichnet und brauchen keine zusätzlichen Symbole tragen. Soll dennoch eine Aufschrift angebracht sein, so ist auf der gelben Fläche nur der schwarze Schriftzug in Versalien „NOT-HALT“ zulässig. Die Farbkombination Rot-Gelb gilt auch für alle mittelbar wirkende äußere Funktionselemente. Sie können ebenfalls die Aufschrift „NOT-HALT“ tragen. Not-Halt-Befehlsgeräte müssen mit anderen elektromechanischen Bauteilen der Steuerung fest verbunden sein, ihre Zuleitungen müssen geschützt verlegt sein. Bei Not-Halt-Befehlsgeräten muss die einmal ausgelöste Betätigung unmittelbar, zwangsläufig und zuverlässig zur elektrischen Kontaktgabe und zum festen mechanischen Einrasten (Verrasten) führen. Handhabe und Kontaktsatz müssen unmittelbar mechanisch starr, d. h. ohne federnde Zwischenelemente verbunden sein. Kontakte und ihnen vorgeschalteter Auslösemechanismus müssen so ausgeführt sein, dass sie nach dem Betätigen zwangsläufig und zuverlässig öffnen und danach verrasten und der einmal eingenommener Schaltzustand erhalten bleibt. Ein einmal ausgeführter Betätigungsvorgang darf sich z. B. nicht durch leichtes Antippen oder feinfühliges „Spielen“ mit der Handhabe rückgängig machen lassen. Nur wenn „zufällige“ oder gewollte Manipulationen (z. B. simulierter Tippbetrieb) ausgeschlossen sind, gilt das Schaltgerät als überlistungssicher, Bild 6.3-3. Schalter müssen nach dem Betätigen arretiert bleiben. Entriegeln muss von Hand vor Ort geschehen, damit der Anlass der Auslösung unmittelbar überprüft wird. Damit stellt die Schaltung sicher, dass Verantwortliche anormalen Zuständen, die zur Betätigung geführt haben, nachgehen. Zum anderen verhindert sie, dass Not-HaltBefehlsgeräte zu betriebsmäßigen Ein- und AusSchaltern umfunktioniert werden. Die meisten Not-Funktionen, z. B. Schnellbremsungen, auch irrtümlich oder ungewollt ausgelöst, zehren oft vorzeitig Zeitfestigkeitsreserven mechanischer Bauteile des Antriebsstrangs und der Antriebsaggregate auf. Damit beeinträchtigen sie auf Dauer die Verfügbarkeit der Maschinen.
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Bild 6.3-3 Aufbau von Not-Halt-Schaltern /6.5/
Deshalb ist es nach redlich durchgeführten Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilung opportun, dem entgegen zu wirken: Not-Halt-Befehlsgeräte sind an solchen Stellen der Maschine anzuordnen und so zu orientieren, dass sie beim Ausführen aller für den Prozess notwendigen Tätigkeiten nicht durch Körperbewegungen, die visuell nicht überwacht werden, wie z. B. durch Anstoßen mit Knien, Ellbogen usw., ungewollt ausgelöst werden. Um evtl. mögliche Begleitschäden zu vermeiden oder zu minimieren, ist es als Kompromisslösung möglich, Handhaben von Not-Halt-Befehlsgeräten z. B. mit einem (gelben) Schutzkragen so zu verdecken, dass zwar ungewolltes Auslösen durch großflächiges Berühren vermieden wird, die leichte und schnelle Erreichbarkeit mit Fingern oder mit der Faust aber beibehalten bleibt. Um die Sicherheitsbotschaft zu erhöhen, können Schaltgeräte mit Plombiereinrichtungen oder Hauben als physische und psychologische Hemmschwelle gegen missbräuchliche Betätigung ergänzt werden, Bild 6.3-4. An großen oder räumlich ausgedehnten Maschinen mit mehreren Not-Halt-Befehlsgeräten lässt sich der gedrückte Knopf schneller finden, wenn er mit einem Leuchtmelder oder Summer ergänzt ist oder wenn ihn z. B. Leuchtdioden am Steuerpult im Maschinenschema anzeigen.
6.3 Not-Befehlseinrichtungen
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Bild 6.3-4 Schutz gegen ungewollte Betätigung von Not-Halt-Schaltern
472
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
6.3.2 Steuerungstechnische Aspekte Not-Halt-Befehle müssen Vorrang vor allen anderen Befehlen haben. Die mit ihnen ausgelösten Funktionen müssen mit sinnvollen Maßnahmen und Abläufen gefährliche Vorgänge so schnell wie möglich beenden, ohne neue oder zusätzliche Gefahren hervorzurufen. Eine vorhandene akustische Anlaufwarneinrichtung (siehe Abschnitt „5.10.2 Aktive Warneinrichtungen“ auf Seite 416) muss ansprechen, sobald nach dem Anhalten als Folge der Betätigung eines Not-Halt-Befehlsgerätes die Maschine wieder angefahren werden soll. Not-Halt-Funktionen müssen nicht in jedem Fall im Abschalten der Spannungsversorgung der Maschine bestehen. Manchmal kann es zum Abwenden von Gefährdungen sinnvoller sein, einzelne Stromkreise weiter in Betrieb zu halten, um z. B. elektromagnetische Spannvorrichtungen nicht zu lösen oder Sicherheitsabläufe wie z. B. Abbremsen oder Rücklauf einzuleiten. Auch dürfen sie Einrichtungen, die zum Befreien von Personen aus Gefahrensituationen vorgesehen sind, nicht beeinträchtigen. Verriegelungen und Zuhaltungen trennender Schutzeinrichtungen müssen solange funktionieren, bis gefahrbringende Bewegungen nicht mehr wirken. Die im Bild 6.3-5 zusammengefassten Schaltungen höherer Sicherheitskategorien bieten viele Hersteller, z. B. /6.5/, als kompakte einbaufertige Sicherheitsbausteine an, die im Sinne des Anhangs IV der Maschinenrichtlinie zertifiziert sind. Für das Herunterfahren von Maschinen mit geregelten dezentralen Antrieben oder mit speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) müssen für Not-Halt-Funktion besondere Maßnahmen getroffen werden. Elektronische Betriebsmittel dürfen nur dann verwendet werden, wenn sie z. B. unter Anwendung der EN ISO 13 849-1 das gleiche Sicherheitsniveau ermöglichen, wie es die EN 62 061 fordert. Das Entriegeln des betätigten Schalters muss vor Ort geschehen, damit der Auslösungsgrund in Augenschein genommen wird. Nach dem Entriegeln darf die Maschine nicht sofort wieder anlaufen, Bild 6.3-6. Das Entriegeln darf vorerst nur ihr erneutes Ingangsetzen ermöglichen. Der Wiederanlauf darf sich danach nur mit separatem Start-Befehl einleiten lassen. Das lässt sich z. B. verwirklichen, wenn
Antriebe mit Unterspannungsauslösern funktionell gekoppelt sind. Not-Halt-Einrichtungen in verketteten Anlagen. Für große und funktionell verkettete Maschinen sowie langausgedehnte Anlagen sind mehrere getrennte Not-Halt-Befehlskreise zulässig, die auf bestimmte Abschnitte wirken, wenn das gleichzeitige Abschalten sämtlicher Maschinengruppen aus verfahrenstechnischen Gründen schwer vertretbar ist, weil es zu schwerwiegenden Produktionsstörungen führen würde, deren Behebung neue Risiken für das Maschinenpersonal nach sich ziehen würde. Grundsätzlich gilt: • Der maximale Abstand zweier Not-HaltEinrichtungen darf 15 m nicht überschreiten. • Die partielle bzw. selektive Not-Halt-Schaltung darf für keinen der Beteiligten sicherheitstechnische Probleme oder gar Gefährdungen nach sich ziehen! Die Realisierung eines vertretbaren Konzeptes setzt daher redliche Gefährdungsanalysen und Risikobewertungen voraus. In ihnen müssen sicherheitstechnische Vorgaben (körperliche Unversehrtheit hat absolute Priorität) mit Anforderungen des Materialflusses und des Bearbeitungsprozesses (möglichst viele Aggregate weiterlaufen lassen) abgestimmt sein. Gefährdungsanalysen sind dann besonders wichtig, wenn durch Betätigen der Not-Halt-Einrichtungen nicht nur gefahrbringende Bewegungen unterbrochen werden, sondern noch andere Funktionen ausgelöst werden. Das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und Risikobeilung kann zum Ergebnis führen, dass die jeweiligen Not-Halt-Schaltkreise unterschiedlichem Sicherheitskategorien entsprechen müssen. Das Konzept muss u. U. auch Segmentabschaltungen, Werkstückpuffer oder Schleusen für Werkstücke usw. vorsehen, damit es nach dem Auslösen von Not-Funktionen nicht zu Materialstauungen und anderen Produktionsstörungen kommt. Die mehrfach vorhandenen Not-HaltEinrichtungen müssen entsprechend ihrer Zuordnung und Wirkungsweiten eindeutig identifizierbar sein und gegen Verwechslung gesichert sein. Bei der Platzierung ist darauf zu achten, dass sie räumlich weit genug von einander getrennt an-
6.3 Not-Befehlseinrichtungen
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)UHLJDEHSIDGH
Bild 6.3-5 Schaltungsbeispiele für Not-Halt und Not-Aus-Systeme /6.4/, [6.15]
474
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
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Bild 6.3-6 Betätigen und Entriegeln von Not-Halt-Schaltern
geordnet sind und die durch sie ausgelöste Wirkung einsehbar ist. Die Bedienteile müssen auffällig, z. B. durch Schrift gekennzeichnet sein. Zur Kennzeichnung übergeordneter Not-Halt-
Einrichtungen, deren Betätigen die ganze Anlage herunterfährt, haben sich in der Praxis dünne rote konzentrische Kreise bewährt, die den gelben Hintergrundkreis umschließen.
6.4. Hauptbefehlseinrichtungen
6.4 Hauptbefehlseinrichtungen Hauptbefehlseinrichtungen bzw. Netztrenneinrichtungen greifen in Energie- und Stoffflüsse ein, um Gefährdungen vor allem dann präventiv entgegenzuwirken, wenn nicht mit, sondern an der Maschine in den der Nutzungsphase vor- und nachgeordneten Lebensphasen gearbeitet wird.
6.4.1 Funktion der Hauptbefehlseinrichtungen An jeder Maschine muss die Möglichkeit bestehen, sie von der Energieversorgung zu trennen. Hauptbefehlseinrichtungen sind für die Sicherheit des Maschinenpersonals wohl die wichtigsten äußeren Funktionselemente, mit denen es im Sonderbetrieb Energie- oder Stoffflüsse selbst zuverlässig trennen bzw. unterbrechen und sich vor deren überraschender Wiederkehr schützen kann (Stop-Kategorie 0 als übergeordnete Maßnahme). Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an mechanischen Bauteilen, an elektrischen Betriebsmitteln oder an hydraulischen bzw. pneumatischen Einrichtungen sich gefahrlos ausführen lassen. Deshalb müssen Maschinen für jede Energieart mit einer eigenen, in der AUS-Stellung abschließbaren Hauptbefehlseinrichtung (Trenneinrichtung) ausgerüstet sein. Alle Hauptbefehlseinrichtungen dürfen jeweils nur eine eindeutige EIN- und ein AUS-Stellung haben, durch deren Aktivierung von Hand Beginn und Ende der Energie- oder Stoffzufuhr bestimmt wird. Beide Zustände bzw. Schaltstellungen müssen erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet sein, z. B. mit „I“ und „O“ bei elektrischen Hauptschaltern oder bei Handventilen. Hauptbefehlseinrichtungen und die mit ihnen funktionell gekoppelten Komponenten müssen so gestaltet und ausgelegt sein, dass sie • sich in der Trennstellung gegen Wiedereinschalten zuverlässig sichern lassen, • sich evtl. im System noch gespeicherten Energien oder Stoffe gefahrlos ableiten lassen und • dass überprüfbar ist, ob beide Effekte auch eingetreten sind.
475
Bei elektrischen Hauptschaltern muss sichergestellt sein, dass sie in der AUS-Stellung nur abgeschlossen werden können, wenn die Hauptschaltstücke auch wirklich galvanisch getrennt sind. Deshalb stellen sich u. a. besondere Anforderungen an die mechanische Festigkeit (auch im Sinne eines Vandalismus-Schutzes) der Handhabe, der Schalterachse und der u. U. eingesetzten Achsverlängerungen. Den Beginn und Ende der Unterbrechung von Stoff- und Energiezufuhr müssen ausschließlich von dem in oder mit der Maschine im Sonderbetrieb beschäftigten Personal bestimmbar sein. Vorsicht: Schlüsselschalter mit integriertem Schließzylinder eignen sich nicht als Hauptbefehlseinrichtung. Sie lassen sich nicht mehrfach sichern, da jeder, der einen Schlüssel besitzt, das Schloss und somit den Schalter nach Belieben aufund abschließen und somit auch den Strom einund ausschalten kann, Bild 6.4-1. XQJQVWLJ
JQVWLJ
=\OLQGHUVFKORVV 9RUKlQJHVFKORVV Bild 6.4-1 Abschließbare Hauptbefehlseinrichtungen
Am zuverlässigsten sind mechanische Einrichtungen, mit denen sich die Handhaben mit mehreren Vorhängeschlössern abschließen bzw. verriegeln lassen. Nur so kann sich jeder, der im Sonderbetrieb an der Maschine etwas zu tun hat (Elektriker, Maschinenführer, Schlosser), unabhängig vom anderen sichern. Nach beendigter Arbeit lässt sich die Hauptbefehlseinrichtung erst dann wieder zurückschalten, wenn das letzte Schloss entfernt ist. Für das Vorhängeschloss und das Vorhandensein nur eines einzigen dazu passenden Schlüssels sollte jeder Einzelner persönlich verantwortlich sein. Der zum Schloss mitgelieferte Zweitschlüssel sollte vorbeugend von jedem persönlich zerstört
476
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
werden. Auf keinen Fall darf der Zweitschlüssel irgendwo „zur Reserve“ aufgehoben werden. Nur so kann sich jeder darauf verlassen, dass niemand die Maschine einschalten kann, wenn er an oder in ihr arbeitet. Ist in der Handhabe nur eine einzige Bohrung zum Einhängen eines einzigen Schlosses vorhanden, helfen Schlosskulissen (Schließklammern) weiter, Bild 6.4-2.
,
undante Sicherheitsmaßnahme zusätzlich mit einem Schild, z. B. gemäß Bild 6.4-3, in der Nähe der Hauptbefehlseinrichtung informiert werden. Die informationstragenden Zeichen des Schildes müssen dauerhaft ausgeführt sein.
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Bild 6.4-3 Verbotsschild nach DIN 4844-2 ]XVlW]OLFKHV 9RUKlQJHVFKOR
Bild 6.4-2 Schlosskulisse
Sie sind ähnlich wie Vorhängeschlösser aufgebaut. Sie haben einen Bügel und einen aufklappbaren Schließkörper mit mehreren Öffnungen. Zum Abschließen der Hauptbefehlseinrichtung wird in die Einzelbohrung seiner Handhabe statt des einzig möglichen Schlosses die Schlosskulisse eingehängt und zugeklappt. Jetzt kann in jede ihrer Öffnungen ein Schloss eingehängt werden, das von sich aus das Öffnen der Kulisse und somit das Betätigen der Hauptbefehlseinrichtung blockiert (Redundanz). Mit diesem preisgünstigen Hilfsmittel können sich trotz einer einzigen Bohrung in der Handhabe der Hauptbefehlseinrichtung mehrere Personen unabhängig voneinander sichern. Über ausgeschaltete oder unterbrochene Zustände muss als red-
Alle diese Maßnahmen verhindern, dass Beschäftigte von wiederkehrenden Energien oder Stoffen überrascht werden, wenn jemand unbefugt oder irrtümlich die Hauptbefehlseinrichtung betätigen sollte. Die Funktion der Hauptbefehlseinrichtungen können gemäß Bild 6.4-4 z. B. folgende Bauteile übernehmen: • elektrische Netztrenneinrichtungen, ausgeführt als – Steckverbindungen (bei Maschinen bis 16 A Nennstrom, sofern die Gesamtmotorleistung der Maschine 3 kW nicht überschreitet, EN 60 204-1), – Hauptschalter mit der Aufgabe Trennen im Sinne von Freischalten, auch durch elektrotechnische Laien. • Handventile • Schnellkupplungen (für Druckluft) • Rohrverschlüsse.
6.4. Hauptbefehlseinrichtungen
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477
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Bild 6.4-4 Hauptbefehlseinrichtungen [6.16], /6.5/
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478
6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
6.4.2 Netztrenneinrichtung (Hauptschalter) Die Hauptbefehlseinrichtung zum Trennen der elektrischen Ausrüstung einer Maschine vom Versorgungsnetz wird im europäischen Normenwerk in Anlehnung an ihre Funktion als Netztrenneinrichtung bezeichnet. Damit wird der deutsche Traditionsbegriff Hauptschalter in Zukunft auch aus dem deutschen Normenwerk verschwinden, im allgemeinen Sprachgebrauch aber wohl noch eine geraume Zeit geläufig bleiben. Bedienteile der Hauptschalter sind möglichst im festen Teil seitlich und nicht an der Tür oder bzw. an Abdeckungen des Gehäuses anzubringen. Bedienteile für Hauptschalter müssen grau oder schwarz sein; rot und dann auf gelbem Untergrund dürfen sie nur dann ausgeführt sein, wenn der Hauptschalter zugleich die Funktion eines Not-Aus-Schalters übernehmen soll.
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Bild 6.4-5 Funktion von Netztrenneinrichtungen
Elektrotechnische Gesichtspunkte. Der Hauptschalter muss die elektrische Ausrüstung der Maschine vom Versorgungsnetz trennen. Soll der Hauptschalter auch die Not-Aus-Schalt-Funktion übernehmen, Bild 6.4-5, so muss er mindestens das erforderliche Leistungsschaltvermögen haben. Lastschaltvermögen allein reicht nicht aus. Folgende Stromkreise brauchen nicht durch den Hauptschalter abgeschaltet werden:
schalteten Stromkreisen verlegt, müssen sie farblich gekennzeichnet werden. Sie müssen gegen direktes Berühren geschützt sein, d. h. mindestens dem Schutzgrad IP 2X (Fingerschutz) entsprechen und mit einem Warnschild (schwarzer Blitzpfeil im schwarz eingerahmten gelben Dreieck) als unter Spannung stehend gekennzeichnet sein. Entsprechende Warnhinweise an der Außenseite der Schaltschränke sind sinnvoll und hilfreich.
• Lichtstromkreise für die Beleuchtung bei Instandhaltungsarbeiten • Steckdosenstromkreise für Instandhaltungsarbeiten • Unterspannungsschutz-Stromkreise, die nur zur automatischen Auslösung bei Netzausfall benutzt werden • Stromkreise, die zum einwandfreien Betrieb erforderlich sind, z. B. temperaturgesteuerte Messeinrichtungen, Programmspeicher usw. • Steuerstromkreise für Verriegelungen.
Netzeinspeisungen. Netzanschlußstelle ist der Eingang für die elektrische Ausrüstung der Maschine. Die Speiseleitung sollte direkt an die Eingangsklemmen des Hauptschalters angeschlossen werden. Erfolgt der Anschluss zuerst über Reihenklemmen, müssen diese verdeckt und mit einem Warnschild (schwarzer Blitzpfeil im schwarz eingerahmten gelben Dreieck) gekennzeichnet sein. Anzustreben ist grundsätzlich eine einzige Netzeinspeisung. Zusätzliche Spannungen sollten aus dieser Netzspannung abgeleitet werden. Auch bei räumlich auseinanderliegenden Schaltstellen mit zwei oder mehren Einspeisungen, wie sie bei ausgedehnten Anlagen vorkommen können, müssen diese über einen gemeinsamen oder über getrennte Hauptschalter aus- und eingeschaltet werden. Dabei darf keine gefährliche Situation entstehen, wenn nicht alle Hauptschalter ausgeschaltet sind. In solchen Fällen müssen gegenseitige mechanische oder elektrische Verriegelungen (z. B. Mitnahmeschaltung beim Öffnen, Verriegelung
Alle Stromkreise, die nicht durch den Hauptschalter freigeschaltet werden, müssen ihren eigenen Überstromschutz haben. Alle aktiven Teile, an denen nach dem Trennen durch den Hauptschalter immer noch Spannung anliegt (ungeschaltete Stromkreise), müssen als stromführend erkennbar sein, z. B. durch Verlegen in einem eigenen Leitungskanal. Werden sie gemeinsam mit ge-
6.4. Hauptbefehlseinrichtungen
beim Zuschalten, Griffverriegelung der Schaltschranktür, damit sie sich nur dann öffnen lässt, wenn beide Hauptschalter ausgeschaltet sind) eingebaut sein. Nach dem Aus- und Wiedereinschalten des Hauptschalters darf kein selbständiges Anlaufen gefahrbringender Bewegungen erfolgen. Diese Anforderung lässt sich z. B. mit einem Motorschutzschalter mit Unterspannungsauslösung verwirklichen. Ergonomische Gesichtspunkte. Handhaben der Hauptschalter müssen für alle Maschinenbenutzer leicht erreichbar und leicht zugänglich sein. So legt die EN 60 204-1 die Einbauhöhe elektrischer Hauptschalter zwischen 600 mm und 1.900 mm oberhalb der Zugangsebene fest. Sowohl für kleine Personen, z. B. für 5. Perzentil-Frauen mit 1.500 mm Körpergröße, als auch für großgewachsene Personen mit mehr als 1.900 mm Körpergröße kann die Lage der Handhabe im oberen oder unteren Randbereich die Betätigung der Hauptschalter erschweren, da sie dann außerhalb deren Reichweiten liegen, Bild 6.4-6. Ein Herunterbücken großgewachsener Personen zum tief angebrachten Hauptschalter ist wegen der üblicherweise nicht so häufigen Betätigung noch diskutabel. Die Nichterreichbarkeit der Handhaben (trotz Streckens) im oberen Bereich durch kleine Personen ist dagegen nicht zu vertreten. Im Ernstfall würde nämlich wertvolle Zeit für eine schnelle Betätigung verloren gehen. Besonders dann, wenn der Hauptschalter zugleich die Funktion eines Not-Aus-Schalters hat. Die Einbauhöhe zwischen 1.000 mm und 1.200 mm oberhalb der Zugangsebene stellt für alle Körpergrößen einen tragbaren Kompromiss dar.
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Bild 6.4-6 Erreichbarkeit von Netztrenneinrichtungen
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik Sicherheitsgerechtes Konstruieren ist nun mal Konstruieren, nichts mehr, aber auch nichts weniger! Sicherheit einer Maschine lässt sich weder herbeiprüfen, noch ganz zum Schluss, an der fertigen Maschine, womöglich noch beim Kunden, herbeizertifizieren, sondern muss erstmal vorher konstruiert werden. Sicherheitsgerecht Konstruieren ist daher eine der drei Grundausrichtungen des methodischen Konstruierens erfolgreicher Produkte. Beim Bewältigen der Herausforderung, sicherheitsgerechte Produkte zu konstruieren, können sich Konstrukteure auf die gleichen Kenntnisse, Fertigkeiten verlassen, Konstruktionsprinzipien anwenden und auf Methoden zurückgreifen, mit denen sie auch andere Aufgaben ihres breiten Arbeitsfeldes erfolgreich lösen. Deshalb werden die in den Bildern 6.5-1 bis 6.5-3 exemplarisch zusammengestellten bemerkenswert pfiffigen Lösungen sicherheitstechnischer Fragestellungen aus der Praxis kurz vorgestellt. Mögen die Lösungen als Anregung und Ermutigung zum eigenem konstruktiven Handeln beim Bewältigen sicherheitstechnischer Fragestellungen dienen! Denn Einfachheit ist nicht nur der Schlüssel zu erfolgreicher wissenschaftlicher Forschung [6.17], sondern führt auch zu wirkungsvollen sicherheitstechnischen Lösungen.
6.5.1 Anwendung geometrischer Prinzipien Beim Festlegen von Abmessungen und Konturen der Schutzeinrichtungen gelten elementare geometrische Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten, die geschickt angewendet, zu bestechend einfachen Lösungen führen, Bild 6.5-1. Zentralsymmetrisch aufgebaute Lichtvorhänge. Lichtvorhänge mit Personenschutzfunktion sind aus gutem Grund als Einwegsysteme mit Senderund Empfängereinheit ausgeführt, die zwar meistens die gleiche Gehäuseform haben, sich aber in ihrem inneren Aufbau doch wesentlich unterscheiden. Es geht auch einfacher. Das Konzept dieses mit zwei baugleichen Sende- Empfängereinheiten realisierten Lichtvorhangs nutzt die Gesetzmäßigkeiten der Zentral-
symmetrie aus. Jedes Gehäuse hat einen Sender/ Empfängerteil und einen Reflektionsteil, s. Zeile 1 des Bildes 6.5-1. Am einen Ende eines jeden Gehäuses befindet sich im Inneren eine kleine Sender/Empfängereinheit 1. Die Strahlen der Lichtquelle, deren Spiegel mit hoher Frequenz periodisch ausgelenkt wird, überstreichen einen ebenen Winkel des dreieckigen Schutzfeldes und tasten dieses Feld in einem Segment 4 ab. Am verbleibenden längeren Teil des Gehäuses 2 befindet sich ein Reflektor 3, der aus einem Muster reflektierender 5 und mattschwarzer Felder 6 besteht. Seine Funktion besteht darin, das Licht als eine Folge von Pulsen mit bestimmten optischen Parametern zum Sender, der zugleich Empfänger ist, zurückzuwerfen. Alle anderen Lichteinfälle mit abweichenden Parametern oder Schatten werden als Störung des Feldes identifiziert. Ordnet man nun beide Gehäuse so an, dass beide Lichtebenen zusammenfallen und dabei einmal der Sender oben und einmal unten ist, entsteht mit zwei baugleichen Teilen eine fast vollständig überwachte Fläche. Der konstruktionsbedingte „blinde“ Spalt zwischen beiden Feldern stellt kein Umgehungsrisiko dar. Er ist einerseits sehr eng und andererseits unsichtbar, so dass niemand durch ihn nicht zielgerichtet durchgreifen kann, ohne die Schutzfunktion auszulösen. Kodierte Schutzhauben an Winkelschleifern. An handgeführten Winkelschleifern verursachen hohe Umdrehungsfrequenzen in den Schleifscheiben zu hohe Zentrifugalkräfte, welche die Scheiben zerbersten lassen können. Aus Sicherheitsgründen ist deshalb die Umfangsgeschwindigkeiten handelsüblicher Trenn- und Schruppscheiben für Winkelschleifer auf 80 m/s limitiert, die nicht überschritten werden darf. Umfangsgeschwindigkeit ist direkt proportional dem Scheibendurchmesser und der Spindeldrehzahl. Entsprechend den Schleifertypen mit ihren charakteristischen Drehzahlen und Schutzhaubendurchmesser dürfen in sie deshalb nur Scheiben mit bestimmten Durchmessern eingespannt werden. Schutzhauben begrenzen mit ihrem Innendurchmesser zwangsläufig den maximalen verwendbaren Scheibendurchmesser. Keinesfalls darf es deshalb möglich sein, einen hochtourig laufenden Winkelschleifer mit einer Schleifscheibe grö-
6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik
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Bild 6.5-1 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik
ßeren Durchmessers von einem langsamer laufenden Winkelschleifer durch Austauschen der Schutzhaube bestücken und „aufmotzen“ zu können, d. h. die Umfangsgeschwindigkeit zu erhöhen und damit die Schleifleistung zu steigern. Einer missbräuchlichen oder unbeabsichtigten Falsch-
benutzung von Schleifscheiben muss entgegengewirkt werden. In der Zeile 3 des Bildes 6.5-1 ist eine mechanische Kodierung der Schutzhauben dargestellt. Im Spannbügel 1 der Schutzhaube ist je nach Scheibendurchmesser ein Nocken 2 unterschiedlicher Länge (b1, b2) eingeprägt, der nur
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
in die passende Aussparung 3 (a1, a2) im zylindrischen Teil des Getriebegehäuses 4 des Winkelschleifers eingefügt werden kann. Diese geometrische Kodierung und die begrenzende Wirkung des Schutzhaubeninnendurchmessers bewirkt, dass keine Schleifscheiben größeren Durchmessers mehr auf schnellere Spindeln montiert werden können, die mit der maschinengebundenen Drehzahl ihre höchstzulässige Umfangsgeschwindigkeit überschreiten würden. Schutzprofile vor Einzugstellen. Prismatische Schutzprofile 1, die Einzugstellen sichern, müssen mit ihren Flanken senkrecht zu beiden Zylinderoberflächen 2 und 3 orientiert sein, sonst erfüllen sie ihre Schutzfunktion nur unvollständig. In der Zeile 4 des Bildes 6.5-1 ist eine Lösung dargestellt, die sich auf elementare geometrische Zusammenhänge zurückführen lässt. Die Eigenschaften des Thales-Kreises, der über der Verbindungsstrecke der Zylindermitten (A, B) geschlagen ist, löst dieses Problem eindeutig. Jeder Punkt dieses Kreises, verbunden mit A und B, bestimmt ein rechtwinkliges Dreieck, dessen Katheten Radien der Kreise mit den Mitten A und B, also den Drehachsen der Zylinder bilden, und daher immer senkrecht zur deren Oberfläche stehen (müssen). Diese Eigenschaft haben nicht nur gleichschenklige Winkelprofile sondern auch L-Profile, vorausgesetzt, das ihre Ecken auf dem ThalesKreis positioniert sind und ihre Schenkel zu den Drehachsen beider Zylinder ausgerichtet sind. Auch für die Sicherung von Einzugstellen, die an Zylindern mit unterschiedlichen Durchmessern oder an variablen Durchmessern beim Aufund Abrollen von Materialbahnen, entstehen, lassen sich mit diesem Verfahren geeignete Profile bestimmen.
6.5.2 Anwendung kinematischer Prinzipien Bewegliche Schutzeinrichtungen sind im Prinzip Mechanismen bzw. Getriebe. Beim Konstruieren und Gestalten ist die klassische getriebetechnische Aufgabe zu lösen, den kinematischen Aufbau so umzusetzen, dass sie ihre Sicherheitsfunktion optimal erfüllen, Bild 6.5-2.
Voreilende Schutzeinrichtung. Zum Kaltschmieden von Aluminium werden oft handbeschickte mechanische Pressen verwendet. Der Arbeitshub des Stößels wird mit einer Zweihandschaltung ausgelöst. Lichtschranken sichern den Wirkbereich vor einem Zugriff. Beide Maßnahmen schützen, sofern sie dem vorhandenem Risiko entsprechend ausgelegt sind, ausreichend vor technologischen bedingten, also deterministischen gefahrbringenden Schließbewegungen. Aus dem Wirkbereich der Presse können jedoch beim Versagen aufgrund erheblicher Verformungsenergien Gegenstände herausgeschleudert werden und den Pressenarbeiter treffen. Es muss deshalb eine bewegliche materielle Barriere, sprich eine trennende Schutzeinrichtung, vorhanden sein, die vor diesen stochastischen Gefahren schützt. Sie muss einerseits während der Schließbewegung herausfliegende Teile auffangen, dabei den Wirkbereich einsehbar lassen, muss aber andererseits den Wirkbereich für die Beschickung offen lassen. Die Lösung: Eine im stabilen Rahmen der Schutzeinrichtung 1 eingebundene Poly carbonatscheibe ist im Rahmen 3 (Pressenständer) senkrecht geführt und hängt an zwei symmetrisch angeordneten Seilen 2. Das eine Ende der Seile ist mit dem Ständer verbunden, das andere ist am Rahmen der Polycarbonatscheibe angeschlagen. Dazwischen laufen die Seile über Seilscheiben 4, deren Achsen 5 mit dem Stößel 6 verbunden sind, Zeile 1 des Bildes 6.5-2. Beim Stößelhub bewegen sich die Drehpunkte der Seilscheiben gegenüber dem Rahmen mit der Geschwindigkeit des Stößels v. Da die Seilscheiben, kinematisch betrachtet, aber am fixierten Seil im Momentanpol P abrollen, haben gegenüberliegende Punkte am Umfang der Seilscheiben (und damit auch die mit der Polycarbonatscheibe verbundenen Seilenden) die doppelte Geschwindigkeit 2v gegenüber dem Stößel. Die Schutzeinrichtung eilt daher dem Stößel zwangsläufig immer voraus oder nach. Sie verdeckt schon während der Schließbewegung den Wirkbereich immer schneller als sich die Gefahrstelle aufbaut, bis sie ihn im unteren Totpunkt des Stößels vollständig abschirmt. Sie eilt auch der gefahrlosen Aufwärtsbewegung des Stößels vor. Dadurch wird der Wirkbereich zur Produktentnahme schneller zugänglich (technologischer Vorteil).
6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik
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Bild 6.5-2 Findige konstruktive Lösungen der Kinematik in der Sicherheitstechnik
Sollten die Seile reissen oder deren Verbindungen sich lösen, fällt die Schutzeinrichtung (Verdeckung) der Schwerkraft folgend immer in die Schutzstellung. Und das alles ohne besonderen Antrieb und Steuerung! Schwenkbare Schutzeinrichtung. Die in der Zeile 2 des Bildes 6.5-2 dargestellte Schutzeinrichtung 1 ist ein Schutzprofil aus Vierkantrohr, dessen eine Flanke parallel im Sicherheitsabstand zum Band verläuft, die andere rechtwinklig zur Unterseite
des Transportbandes 4 orientiert ist. Die Schutzeinrichtung ist ein integraler Bestandteil der ganzen Bandrollenlagerung, die mit der tragenden Konstruktion der Bandanlage verschraubt ist. In die Lagerböcke sind zylindrische Kalotten 2 integriert. Die Drehachse der Bandrolle 3 fällt geometrisch mit der Mitte der zylindrischen Kalotte zusammen. Lage und Ausrichtung des Schutzprofils zum gemeinsamen Drehpunkt sind somit eindeutig festgelegt. Die kreisförmige Kalotte der Lagerschale bewirkt, dass die Drehachse der Bandrolle
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
und die Schwenkachse des Schutzprofils zwar nicht materiell, wohl aber geometrisch und kinematisch zusammenfallen. Verändert sich der Auflaufwinkel des Transportbandes, so lässt sich nach leichtem Lockern der Spannschlösser das Schutzprofil durch konzentrisches Schwenken der Scheiben so nachstellen, dass eine Flanke wieder im gleichbleibenden Sicherheitsabstand zum Band verläuft, die andere sich senkrecht zum Band ausrichtet.
6.5.3 Anwendung allgemeiner Gestaltungsprinzipien Beim Konstruieren und Gestalten von Schutzeinrichtungen müssen Konstrukteure oft entscheiden, welche allgemeine Gestaltungsprinzipien unter Abwägung konkurrierender Gesichtspunkte umsetzen sollen. Nachfolgend sollen je zwei Anwendungen des Prinzips der Bistabilität und Funktionsintegration vorgestellt werden. Knickstab-Umkehr-Berstscheibe. Einrichtungen zu Überlastungsschutz müssen ein bistabiles Verhalten haben. Bei der in der Zeile 1 des Bildes 6.5-3 gezeigten Knickstab-Umkehr-Berstscheibe wird dazu das Prinzip der Stabknickung benutzt: Durch Druckkräfte überlastete Stäbe knicken schlagartig und irreversibel ein, (Euler´scher Knickstab, 1774). Die Berstscheibe ist eine dünnwandige kugelförmige Kuppel (Blechkalotte) 1. Ihrer Höhenlinie entlang ist sie mit einer durch mehrere Stege 2 unterbrochene Trennfuge in zwei Bereiche aufgeteilt. Der untere Teil der Kuppe stützt sich über die Stege auf der Basis ab. Zwischen dem Druckmedium und der Kuppel befindet sich eine Dichtungsmembran 3. Die Stege sind die eigentlichen Knickstäbe. Das Medium drückt auf die abgedichtete Aussenfläche der Kuppel. Die Kuppel wandelt die Flächenlast des Mediums in Einzelkräfte um. Die Kräfte fließen durch die Verbindungsstege. Bei Überlastung knicken die schmalen Stege 2 aus und werden zerstört. Das Druckmedium biegt den Rest der Kuppel um den breiten Verbindungssteg auf, die Ausblasöffnung ist frei. Sicherheitsbremsung an einer Kettensäge. Zurückschnellende Schwerte von Kettensägen be-
deuten immer ein sehr hohes Risiko. Die Wirkbewegung der mit Schneiden bestückten Kette muss schnellstens und vor allem zuverlässig stoppen. Hierfür bieten physikalische Effekte, die zu bistabilen Zuständen führen, wesentliche Vorteile. Die in der Zeile 2 des Bildes 6.5-3 dargestellte Lösung einer Schnellbremsung nutzt die Gesetzmäßigkeiten der Euler´schen Seilreibung aus. Bei der Seilreibung geht der Betrag der Reibungskräfte exponentiell mit dem Umschlingungswinkel des Zugmittels ein. Reibungskräfte bauen sich beim „Zupacken“ aber so spontan auf, dass man sie kaum dosieren kann. Dieser gegen mache Anwendungen sprechender Nachteil verkehrt sich bei dieser Lösung zum wesentlichen Vorteil einer inhärent zuverlässig wirkenden Schnellbremsung. Schlägt das Sägenschwert 1 zurück, z. B. durch sich plötzlich ändernde Schnittkräfte, drückt sich der Sicherheitsbügel 2 aufgrund der Massenträgheit des Gehäuses gegen den Handrücken und entriegelt die Federhülse 3, deren vorgespannte Druckfeder das Bremsband 4 gegen die Bremsscheibe 5 des Antriebs zieht. Es umschlingt dann die Bremsscheibe mit einem Winkel von etwa 270°. Der Effekt der Euler´schen Seilreibung baut schlagartig ein hohes Bremsmoment auf. Gleichzeitig betätigt die Federhülse den Schalter 6, der die elektrische Spannung und damit die Energieversorgung des Antriebmotors unterbricht. Die gefahrbringende Bewegung der Sägezahnkette stoppt daher abrupt in weniger als 0,1 Sekunden. Berührungsschutz am Messerbalken. Die scharfen Schneiden der Messerbalken 1 einer Heckenschere haben aufgrund Ihrer für das Schneiden von Ästen (fasrige organische Substanz) optimierten Schneidegeometrie schon beim zufälligen Berühren ein erhebliches Gefährdungspotenzial, das zu schweren Verletzungen führen kann. Vorgezogene, abgerundete Zinken 2 des unteren starren Messerbalkens verhindern zufälliges Berühren der Schneiden. Die lichte Weite zwischen den Zinken 3 ist so gewählt, dass durch sie keine zu dicken Äste passen, deren Zerschneiden den Antrieb der Maschine überlasten würde. Einfädelrohr. Beim Einfädeln von Kunststoffbändern in Bandabzugsmaschinen kam es an der Einzugstelle immer wieder zu Fingerquetschungen. Die mit einer Bohrung versehene Platte 1 vor der
6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik
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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik
Einzugstelle 2 verhinderte zwar Fingerverletzungen, verschlechterte aber das Einfädeln der Bänder. Im zweiten Schritt wurde in die Einfädelbohrung ein Rohr 3 mit einem trichterförmigen Ende eingesetzt. Jetzt vereint die Verkleidung nicht nur die gebotene Schutzfunktion mit der notwendigen technologischen Funktion des Einfädelns, sondern senkt auch noch die Rüstzeiten und vermindert Transversalschwingungen des durchlaufenden Bandes 4. Schließkantensicherung MecLock an beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen. Beim Beladen des Wirkbereichs von Maschinen oder Montagestationen mit Werkstücken bzw. deren Entnehmen ist es für die Produktivität von Vorteil, wenn kraftbetriebene bewegliche trennende Schutzeinrichtungen sich schnell öffnen und schließen. Andererseits müssen sich deren Bewegungen zuverlässig und gefahrlos stoppen lassen, falls Maschinenarbeiter in den sich schließenden Spalt eingreifen sollten. Bei dieser Sicherheitsfunktion kommt es zusätzlich auf kurze Bremswege und geringe Kräfte an der Hauptschließkante an. Die im Bild 6.5-4 dargestellte Lösung ist eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung mit patentiertem Abbremssystem (MecLock von /6.9/), die die obigen Anforderungen vollständig erfüllt. Das System verwirklicht dabei das Prinzip der inhärenten Sicherheit auf der Basis eines rein mechanischen Prinzips, das den sich selbst verstärkenden Effekt der Selbsthemmung zielgerichtet nutzt. Die zuverlässige Erfüllung der Sicherheitsfunktion ist daher von Steuerungsfehlern oder Energieausfällen vollständig unabhängig. Das Türblatt 1 wird von zwei Pneumatikzylindern 4 in Führungsstangen 3 auf- und abwärts bewegt. An der Hauptschließkante der Schutzeinrichtung ist eine mechanisch wirkende Kontaktleiste 2 angebracht, die direkt über ein Gestänge mit der reibschlüssig wirkenden Sperrklinke 5 funktionell gekoppelt ist. Das Berühren der Kontaktleiste löst das Einfallen der Sperrklinke auf der Führungsstange und damit das Abbremsen der Schutzeinrichtung aus. Die Sperrklinke ist so ausgelegt, dass zwischen ihr und der Führungsstange unabhängig
Bild 6.5-4 Schließkantensicherung mit MecLock /6.9/
von der Absenkgeschwindigkeit und ohne nennenswerten Nachlauf des Türblatts die Selbsthemmung spontan eintritt. Die auf die Hand einwirkenden Auslösekräfte sind, durch Messungen nachgewiesen, gefahrlos gering. Die Selbsthemmung der Sperrklinke lässt sich nur durch den Aufwärtshub der Kolbenstangen der Pneumatikzylinder aufheben. Damit ist die Sperrklinke gelöst und die Schutzeinrichtung in beiden Richtungen wieder bewegbar.
7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen
Ergonomiegerecht gestaltete Maschinen und Arbeitsmittel sind eine wesentliche Voraussetzung für die menschenbezogene Gestaltung und wirtschaftliche Nutzung menschengerechter Arbeitssysteme im Sinne einer humanen Produktivität. Ähnlich wie das Wissen zum Gestalten sicherheitsgerechter Maschinen ist das ergonomiebezogene Wissen auf viele uneinheitlich aufgebaute Quellen verteilt. Dessen Anwendung bedingt zwar eine gewisse Sachkunde und Beherrschung einiger Methoden. Beides lässt sich jedoch ohne Schwierigkeiten in die Denk- und Arbeitsweisen der Konstrukteure integrieren. Die Abschnitte dieses Kapitels verfolgen das Ziel, die dazu notwendigen grundlegenden Erkenntnisse und Prinzipien der Ergonomie im Sinne des methodischen Konstruierens aufzuarbeiten, sie konzentriert für die Denkweise der Konstrukteure in Bilder umzusetzen und verbal in gebotener Kürze in Gestaltungsgrundsätzen zu formulieren. Sie können jedoch eine grundlegende Auseinadnersetzung mit ergonomischen Fragen nicht ersetzen. Denn für die an Maschinen und Arbeitsmitteln realisierte Ergonomie (produktbezogene Ergonomie)gilt das Gleiche wie für deren Sicherheit: Sie lässt sich weder herbeiprüfen noch herbeizertifizieren, sondern muss erstmal konstruiert werden. Schon deshalb ist die konzeptive Ergonomie für Konstrukteure von besonderer Bedeutung. Sie fordert, in allen Phasen der Produktentstehung ergonomische Anforderungen gleichberechtigt zu allen anderen zu berücksichtigen. Die Arbeitswissenschaften im Allgemeinen [7.1] und die Ergonomie im Besonderen [7.2, 7.3 7.4, 7.5] haben in den letzten Jahrzehnten ausreichend viele Erkenntnisse und Daten erforscht, aufbereitet und veröffentlicht. Der Umfang des der Allgemeinheit zugänglichen Wissens ist wohl nicht die Ursache dafür, dass bei Maschinenprüfungen und Betriebsbesichtigungen immer wieder
gravierende ergonomische Mängel auffallen. Dies scheint eher ein methodisches Problem zu sein: Wissen Konstrukteure beim Konstruieren und Gestalten von Maschinen eigentlich, wann, wie und wo sie das reichhaltige Wissens- und Datenangebot der Ergonomen anwenden sollen? Eines der wichtigsten Ziele beim Konstruieren ergonomiegerechter Produkte ist die konsequente Anpassung der technischen Umwelt an die naturgegebenen Eigenschaften und Eigenheiten der Menschen. Das gilt nicht nur für Maschinen und Arbeitsplätze im gewerblichen oder industriellen Bereich sondern auch für technische Einrichtungen im privaten Lebensbereich (z. B. Mobiliar), im öffentlichen Bereich (z. B. Verkehrsmittel) und im Freizeitbereich (z. B. Sportgeräte). Menschenbezogenes Vorgehen beim Konstruieren ist die Grundvoraussetzung für die Gestaltung menschengerechter Arbeitssysteme mit ihren Maschinen und Arbeitsmitteln. Erst nach Erfüllen dieser grundlegenden Anforderungen können andere Maßnahmen aufbauen, die zur ausgewogenen Beanspruchung der arbeitenden Menschen, zur Zufriedenheit am und mit dem Arbeitsplatz und damit letztendlich die Wirtschaftlichkeit im Sinne einer humanen Produktivität führen. Die Maschinenrichtlinie misst der Berücksichtigung ergonomischer Aspekte beim Gestalten und Bau von Maschinen eine höhere Bedeutung zu als es bis jetzt der Fall war. Der verpflichtende Anhang I enthält zahlreiche zu erfüllende ergonomische Anforderungen, wie z. B. für die Beleuchtung, Handhabung von Lasten, Bedienungsplätze, Sitze, Bedienteile, Warneinrichtungen usw. Vor allem im Abschnitt 1.1.6 „Ergonomie“ sind folgende einzuhaltende Vorgaben formuliert: Bei bestimmungsgemäßer Verwendung müssen Belästigung, Ermüdung sowie körperliche und psychische Fehlbeanspruchung des Bedienungsper-
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
488
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
sonals auf das mögliche Mindestmaß reduziert sein unter Berücksichtigung ergonomischer Prinzipien wie • Möglichkeit der Anpassung an die Unterschiede in den Körpermaßen, der Körperkraft und der Ausdauer des Bedienungspersonals • Ausreichender Bewegungsfreiraum für die Körperteile des Bedienungspersonals • Vermeidung eines von der Maschine vorgegebenen Arbeitsrhythmus • Vermeidung von Überwachungstätigkeiten, die dauernde Aufmerksamkeit erfordern • Anpassung der Schnittstelle Mensch-Maschine an die voraussehbaren Eigenschaften des Bedienungspersonals. Zur Umsetzung dieser Grundsätze sind ergonomische Anforderungen und Lösungsvorschläge in mehreren harmonisierten Typ B-Normen und Typ C-Normen aufgenommen worden. Das DIN-Taschenbuch 352 [7.6] enthält die deutschen Fassungen der 25 wichtigsten harmonisierten (Typ-B Normen) und nichtharmonisierten EN bzw. EN ISO Normen zum Gestalten ergonomiegerechter Maschinen. In diesen Normen sind die wesentlichen Daten und Sachverhalte festgelegt. Sie umfassen folgende Wissensgebiete:
7.1 Grundlagen und Randbedingungen Wie im Abschnitt „3.1 Arbeitssystem“ auf Seite 59 dargelegt, geht es beim methodischen Konstruieren menschengerechter Maschinen darum, einerseits die Grundgrößen Stoff, Energie und Information in der Maschine zu einem funktionierenden Ganzen aufeinander abzustimmen (technikbezogene Seite), andererseits im Arbeitssystem diese Grundgrößen mit den von Natur aus vorgegebenen und daher unveränderbaren anthropometrischen, biomechanischen und psychomentalen Eigenschaften der Menschen in Einklang zu bringen (menschenbezogene Seite). Die dazu notwendigen ergonomiebezogenen Konstruktionsmaßnahmen richten sich hauptsächlich auf die menschengerechte Gestaltung des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs der Maschine, auf Bereiche also, in denen Menschen mit der Maschine interagieren, Bild 7.1-1. Die Auslegung ergonomisch gestalteter Maschinen bedeutet letztendlich ihre räumliche, bewegungsbezogene, informationstechnische und sicherheitsgerechte Gestaltung. Ziel ist die Anpassung der Maschinen samt ihrer Arbeitsplätze und deren Komponenten an Personen einer Zielpopulation, um sie auch bei langfristiger Ausübung ihrer Tätigkeit vor körperlichen Schäden zu schützen und ihr Arbeitsproduktivität zu unterstützen.
7.1.1 Langzeitwirkung ergonomischer Mängel • • • • •
Gestaltung nach ergonomischen Kriterien Körperhaltungen und Körperkräfte Anzeigen und Stellteile heiße und kalte Oberflächen akustische und visuelle Signale
Mit dieser Normensammlung bekommen Konstrukteure einen Überblick über die bei der Maschinengestaltung zu berücksichtigen menschlichen Faktoren und zugleich den Weg aufgezeigt, wie diese Faktoren beim Konstruieren umzusetzen sind. Auch beim Anwenden dieser Normen ist jedoch ratsam, sorgfältig zu überprüfen, ob die dort festgehaltenen Sachverhalte wirklich den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
Protagonisten des ergonomiegerechten Gestaltens müssen sich immer wieder dem grundsätzlichen Problem stellen: der unterschiedlichen Bereitschaft zur Erfüllung sicherheitstechnischer und ergonomischer Vorgaben und Anforderungen. Gewerblich oder industriell genutzte Maschinen bzw. Arbeitssysteme können, wenn sie nicht menschengerecht, d. h. nicht sicherheits- und ergonomiegerecht gestaltet sind, drei Arten von Gesundheitsschäden verursachen: Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Erkrankungen. Im Gegensatz zu gravierenden sicherheitstechnischen Unzulänglichkeiten, die sich als Unfall relativ rasch und auffällig äußern, tendieren ergonomische Mängel zur Langzeitwirkung. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: Totalverlust eines Verkehrsflugzeugs wegen ungünstiger Konzepte der Anzeigen für den Sinkflug [7.7].
7.1 Grundlagen und Randbedingungen des Gestaltens ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.1-1 Gestaltungsgebiete des Konstruierens menschengerechter Maschinen
Ist z. B. die Anerkennung (und Sanktionierung) von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (teuere Rentenfälle) durch Träger der gesetzlichen Unfallversicherung an die nachgewiesenen doppelte Kausalität zwischen Unfall/Erkrankung gebunden, stellt sich die Situation bei arbeitsbedingten Erkrankungen als Folge ergonomischer Gestaltungsfehler anders da. Erkrankungen treten meistens mit erheblicher Zeitverzögerung auf. Die Zuordnung zu ergonomischen Ursachen wird zusätzlich erschwert, weil arbeitsbedingte Erkrankungen ihre Ursache häufig in multifunktionalen Kausalbeziehungen zu bestimmten Sachverhalten im Arbeits- und Privatbereich haben. Vor allem dann, wenn zusätzliche Beanspruchungen, die durch ergonomische Mängel verursacht werden, unterhalb messbarer Schädigungsschwellen bleiben. Die Beweisführung im Sinne einer Kausalkette Ursache -Wirkung gestaltet sich rückblickend schwierig, Nachweise sind meistens weder stichhaltig und noch überzeugend. Auch wenn alle einzelnen Beanspruchungen Schädigungsschwellen unterschreiten, führen sie erfahrungsgemäß mit weiteren unterschwelligen Beanspruchungen durch Synergieeffekte doch zu erheblichen Gesundheitsschäden. So wird z. B. eine Maschine, deren äußeren Funktionselemente
nicht an die Körpermaße angepasst waren, Fehlhaltungen erzwingen. Eine mehrere Jahre später auftretende Erkrankung des Bewegungs- und Stützapparates wird jedoch häufig in Zusammenhang mit Einwirkungen aus dem privaten Lebensbereich gesucht, die ebenfalls meistens unterhalb der Schädigungsschwelle lagen.
7.1.2 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept Das Arbeiten mit oder an Maschinen erfordert zielgerichtete Handlungen und Tätigkeiten. Maschinenarbeiter müssen z. B. Körperkräfte aufbringen, um Bedienteile zu betätigen oder Werkstücke zu bewegen, sie müssen an bestimmte Stellen der Maschinen gelangen, sich dabei festhalten oder prozessrelevante Informationen aufnehmen und verarbeiten usw. Menschen sind in Arbeitssystemen weiteren physikalischen und stofflichen Einwirkungen ausgesetzt. Zu den physikalischen Einwirkungen gehören z. B. Lärm, Wärme und mechanische Einwirkungen, die z. B. von Gefahrstellen und Gefahrquellen ausgehen. Stoffliche Einwirkungen führen zu biochemischen Reaktionen im oder am Körper. Auch aus der Umgebung des Arbeitssystems können physikalische, stoffliche oder biologische Phänomene einwirken.
490
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
Die für diese Aktivitäten oder zum Schutz zu gestaltenden äußeren Funktionselemente von Maschinen (nicht nur Anzeiger und Bedienteile, sondern auch Schutzeinrichtungen, Tritte, Handgriffe usw.) müssen mit ihren räumlichen bzw. geometrischen, energetischen und informationstechnischen Parametern grundsätzlich auf die anthropometrischen, biomechanischen und psychomentalen Gegebenheiten der in Frage kommenden Zielpopulationen angepasst werden und zwar innerhalb deren meist engen physiologischen und psychischen Grenzen. Mit anderen Worten: Die technischen Parameter der Maschine müssen mit den „technischen Parametern“ der Menschen harmonisiert werden. Dabei sind vornehmlich drei Besonderheiten zu berücksichtigen: 1. Kein Mensch gleicht einem anderen. Deshalb streuen deren „technischen Parameter“ stark und zwar von Person zu Person (interindividuelle Streuung) und auch bei jeder Person im Laufe der Zeit (Tages-, Jahres- und Lebenszeit). Letztgenanntes wird als intraindividuelle Streuung bezeichnet. Bei der menschenbezogenen Gestaltung ist es immer zielführend, keine festen Werte, sondern Wertebereiche einer Zielpopulation heranzuziehen. 2. Zwar belastet jede äußere Einwirkung, objektiv betrachtet, alle ihr ausgesetzten Menschen gleich. In jeder konkreten Person ruft diese gleiche Belastung unterschiedliche individuelle Beanspruchungen vor. Auf eine gleiche äußere Belastung (Höhe und Dauer) reagiert jede Person aufgrund ihrer Einmaligkeit (individuelle Eigenschaften, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Bedürfnisse) mit spezifischen Körperreaktionen sehr unterschiedlich, Bild 7.1-2. 3. Die große Streuung von Eigenschaften zwischen verschiedenen Personen führt bei vergleichbaren Arbeitsbedingungen zu großen Unterschieden bei den sich einstellenden Beanspruchungen. Fazit: Beanspruchung ist die individuelle beobachtbare, evtl. messbare, jedenfalls subjektiv wahrgenommene körperliche Reaktion oder mentale Empfindung auf eine objektive äußere Belastung [7.8].
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Bild 7.1-2 Belastungs-Beanspruchungskonzept
7.1.3 Zwangshaltungen Ergonomisch ungünstige Konstellationen im Arbeitsbereich von Arbeitssystemen versuchen Betroffene oft mit unnatürlichen Körperhaltungen zu kompensieren, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, indem sie ihre eigene vermeintlich unbegrenzte körperliche und psychomentale Anpassungsfähigkeit an die unvollkommene Technik konsequent nutzen und z. B. Zwangshaltungen einnehmen. Zwangshaltungen sind ungünstige Körperhaltungen (z. B. seitlich verdrehter Oberkörper, gebeugtes Sitzen oder Stehen, Bücken, Knien, Hocken, Überkopfarbeit), die zu statischen Muskelbeanspruchungen und zu Gelenkstellungen führen, die Missempfindungen oder Beschwerden nach sich ziehen, Bild 7.1-3. Statische Muskelbeanspruchung treten ein, wenn Muskeln länger als 4 bis 6 Sekunden angespannt werden bei
7.1 Grundlagen und Randbedingungen des Gestaltens ergonomiegerechter Maschinen
Bewegungen unterbunden. Problematisch sind Zwangshaltungen immer dann, wenn aus einer Position extremer Gelenkstellungen heraus dynamische Muskelarbeit, bei der die Muskeln aus ihrer Bewegung Kräfte generieren, verrichtet werden muss. Nachfolgend werden aus dem breiten Feld der Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen die wichtigsten Aspekte ihrer räumlichen Auslegung behandelt. Denn die meisten ergonomischen „Sünden“ an Maschinen, wie z. B. Nichtbeachtung des Wirkraumes der Gliedmaßen und der Sichtgeometrie, fehlende oder ungenügende Verstellmöglichkeiten, räumliche Behinderungen im Arbeitsbereich usw. entstanden während des Konstruktionsprozesses, weil geometrische, sprich anthropometrische und bewegungstechnische Gegebenheiten späterer Maschinenbenutzer unberücksichtigt blieben.
gleichzeitiger Blockade ihrer Bewegung. Der verhinderte Wechsel zwischen Anspannen und Entspannen unterbricht die Energieversorgung der Muskel durch den Blutkreislauf. Dies führt zum schnellen Ermüden. Menschliche Gelenke sind keine Drehgelenke, sondern funktionieren, technisch betrachtet, vorwiegend wie hydrodynamisch wirkende Abwälzgelenke, deren reibungsfreies (schmerzfreies) Funktionieren einen trennenden Schmierfilm und damit immer Relativbewegungen zwischen beiden Flächen erfordert. Bei Zwangshaltungen verspannen Muskeln die kinematische Kette des Skeletts zur tragenden, statischen Struktur. Das erfordert nicht nur ein geraumes Maß an ermüdender statischer Muskelarbeit. Auch die blockierten Gelenke werden durch ihre Fixierung unnatürlich belastet und beansprucht. Sie müssen einerseits als Reaktionskräfte die Muskelkräfte aufnehmen, andererseits sind dabei die für Gelenkfunktion notwendigen
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Bild 7.1-3 Gegenüberstellung verschiedener Körperhaltungen [7.9]
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492
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
7.2 Räumliche Gestaltung Die räumliche (geometrische) Gestaltung umfasst die menschbezogene Anpassung geometrisch definierter Beziehungen zwischen den arbeitenden Menschen und den einzelnen äußeren Funktionselementen der Maschine bzw. des Arbeitssystems. Die räumliche Anpassung von Maschinen und Arbeitsmitteln an anthropometrische Parameter der Menschen ist die Grundvoraussetzung für menschengerecht gestaltete Produkte, sichere Arbeitsplätze, gesunde Körperhaltungen und bequem auszuführende Tätigkeiten schlechthin. Die in der Praxis immer wieder anzutreffenden belastende Körperstellungen und Körperhaltungen haben oft ihre Ursache in der ungenügenden Berücksichtigung der Streuung der Körpermaße, der biomechanischen Gegebenheiten der Körperbewegungen und der Sichtgeometrie der Menschen. Ausgehend von diesen Parametern mit allen ihren individuellen Schwankungen und statistischen Streuungen müssen die Arbeitsplatzabmessungen, die Übersichtlichkeit und Anordnung von Bedienteilen (Stellteilen), Informationsquellen und Anzeigern sowie der evtl. notwendigen Beleuchtung festgelegt werden in Einklang mit ermüdungsfreien Körperhaltungen, dem Wirkraum der Menschen und seiner Sichtgeometrie, Bild 7.2-1. Die wesentlichen geometrischen Parameter des Menschen, d. h. Körpermaße, Sichtgeometrie und Bewegungsräume der Gliedmaßen beeinflussen sich einerseits gegenseitig, andererseits bestimmen sie die eigentlichen geometrischen Gestaltungsbereiche, für welche die Konstrukteure verantwortlich sind: Arbeitsplatzabmessungen, den Wirkraum des arbeitenden Menschen, die sich einstellende Körperhaltung, den Sehraum, die Anordnung von Informationsquellen und Anzeigern sowie der Bedienteile. Um diese Bereiche in Maß und Zahl festlegen zu können, brauchen Konstrukteure zuverlässige anthropometrische Daten.
7.2.1 Anthropometrische Daten Anthropometrie befasst sich mit dem Bestimmen und Anwenden der Maße und Maßverhältnisse am menschlichen Körper. Die ermittelten anthropometrischen Daten werden zur räumlichen und förmlichen Gestaltung von Arbeitsplätzen und
Produkten, mit denen Menschen umgehen, herangezogen. Darüber hinaus ermöglichen anthropometrische Parameter und Größen in Verbindung mit grundlegenden Konstruktionsregeln eine körperhöhenabhängige Dimensionierung der technischen Umwelt und die Festlegung sinnvoller Verstellbereiche unter Berücksichtigung besonderer Zielgruppen. Anthropometrische Daten im Schrifttum. Basis der geometrischen Anpassung sind anthropometrische Datensammlungen, deren Werte inzwischen für die meisten Nationen in aufwändigen statistisch gesicherten Untersuchungen ermittelt sind und in umfangreichen Tabellenwerken, z. B. in [7.10, 7.11, 7.12, 7.13] oder in Datenblättern veröffentlicht sind, Bild 7.2-2, leider meist ohne begleitende praxisgerechte Anwendungsmethoden. In der Konstruktionspraxis führt dies dazu, dass aus diesen Zahlenwerten die für die Gestaltung notwendigen funktionellen, geometrisch-kinematischen Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Parametern bzw. Größen und deren Werten wegen der mehrdimensionalen Beziehungen nur teilweise und mit erheblichem Aufwand herstellbar bzw. reproduzierbar sind. Systeme von Körperumrissschablonen (deren Grundlage pragmatisch begründete statistische Festlegungen und somit keine maßstabsgerechte Verkleinerungen realer Gestalten waren) in ausgewählten genormten Maßstäben erleichterten in der Vergangenheit die ans Zeichenbrett gebundene Konstruktionsarbeit [7.14, 7.15]. Körperumrissschablonen sind für die tägliche Konstruktionspraxis heute nur noch von untergeordneter Bedeutung. Für zeitgemäße dreidimensional arbeitende CAD-Programme bietet der Markt mehrere Systeme zur digitalen Menschmodellierung an, entweder als selbständige Programme oder als Module leistungsfähiger CAD-Programme. Diese digitalen anthropometrischen Menschmodelle berücksichtigen die Variabilität der Körpermaße, geben die Beweglichkeit der Gliedmaßen wieder, sagen die zu erwartenden aktiven Körperkräfte in Abhängigkeit von Körperstellungen voraus, warnen vor Zwangshaltungen und zeigen am Bildschirm die Umgebung des Arbeitssystems, wie sie das Modell „sieht“ .
7.2 Räumliche Gestaltung
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Bild 7.2-1 Geometrische Gestaltungsbereiche
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493
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7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
Bild 7.2-2 Anthropometrische Daten der deutschen Bevölkerung (Fortsetzung siehe nächste Seite)
7.2 Räumliche Gestaltung
Bild 7.2-2 Anthropometrische Daten der deutschen Bevölkerung [7.14]
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7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
Anthropometrische Daten in Normen. Körpermaße der Menschen sind für die Gestaltung sicherheits- und ergonomiegerechter Produkte und Maschinen von erheblicher Bedeutung. Sie werden auf nationaler Ebene in aufwendigen Messverfahren ermittelt, statistisch ausgewertet und nationalen Normen (z. B. DIN 33 402 1/2), in europäischen bzw. internationalen Normen (z. B. EN ISO 7250) veröffentlicht. Es ist nicht überraschend, dass sich viele Maßangeben in ihren Werten unterscheiden, da sie an unterschiedlichen Personengruppen ermittelt wurden und die Arbeit unterschiedlicher Normungsgremien wiedergeben. Jedoch Vorsicht: Des Weiteren werden nicht selten in Produktsicherheitsnormen anthropometrische Daten herangezogen, die veraltert sind oder deren Herkunft unklar ist. In vielen Fällen stimmen diese Daten mit anthropometrischen Daten anderer Produktsicherheitsnormen oder übergeordneter Normen nicht überein, obwohl sie Werte für gleiche Sachverhalte festlegen. Es wird wohl noch eine geraume Zeit dauern, bis es zu einer wünschenswerten Vereinheitlichung kommen wird. Die Konstrukteure werden bis dorthin bei der Herleitung von Maschinenabmessungen aus anthropometrischen Daten auf sich gestellt sein.
7.2.2 Somatographie Die Methode der Somatographie ermöglicht mit Körperumrissschablonen in Konstruktionszeichnungen bzw. mit digitalen Man-Modellen in CAD Datensätzen bzw. animierten Simulationen Merkmale und Parameter der räumlichen Gestaltung, z. B. die Erreichbarkeit von Bedienelementen, den verfügbaren Bewegungsraum und die Sichtbarkeit von Anzeigern für unterschiedliche Körpergrößen zu gestalten und zu überprüfen. Wissen und Methoden zur ergonomiegerechten räumlichen Anpassung von Maschinen an Menschen sind nicht neu. In den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte z. B. [7.16, 7.17], eine praxistaugliche maßstabgetreue zeichnerische Methode zur Darstellung abstrahierter menschlicher Figuren und deren Integration in Arbeitsplatz- bzw. Maschinenzeichnungen. Diese auf einem vereinfachten kinematischen Modell des Skelettes und einem statistisch begründetem Körpemaßsystem mit
Skelett-, Umriss- und Funktionsmaßen sowie auf den elementaren Regeln des technischen Zeichnens und der Darstellenden Geometrie aufbauende zeichnerische Methode ermöglichte Konstrukteuren schon während der Entwurfsphase alle wesentlichen Probleme der räumlichen Anpassung der technischen Umwelt an die Körperabmessungen späterer Maschinenarbeiter mit ausreichender Genauigkeit zu beurteilen oder zu lösen [7.18, 7.19]. Die Anwendung dieser Methoden wurde mit Hilfe einfach zu handhabenden somatographischen Körperumrissschablonen erleichtert. Dieses Verfahren mag zwar manchen als veraltert gelten. Schlimm wäre es nur, wenn das zugehörige Erfahrungs- und Handlungswissen verschwinden würde. Denn der Wert der Somatographie liegt weniger in der graphischen Aufarbeitung und Abstrahierung der Form und der Maße (einschließlich deren Streuungen) menschlicher Körper sondern in der mitentwickelten Gestaltungsmethodik, ohne deren Kenntnis auch modernste digitale Menschmodellierungen viel an ihrer Effektivität einbüßen. Die wichtigsten Aspekte der Gestaltungsmethodik werden nachfolgend vorgestellt. Einfluss der Variabilität der Körpermaße auf die räumliche Gestaltung. Für das Dimensionieren von Arbeitsplätzen sind Körpermaße der Zielpopulation von entscheidender Bedeutung. Maschinen, Arbeitsplätze usw. müssen für einen gewählten Körperhöhenbereich, sprich für alle potenziellen Maschinenarbeiter entworfen werden. Mit anderen Worten zugleich für die kleinste und größte in Frage kommende Gestalt und nicht nur für einen irrealen Durchschnittsmenschen. Die Verteilung der Körpermaße einer Zielpopulation folgt der Gauß´schen Normalverteilung. Deren Kurve wird charakterisiert durch den Mittelwert μ (häufigster Wert) und die Standardabweichung V (Abstand vom Mittelwert bis zu den Wendepunkten der Kurve). Theoretisch müssten beim Gestalten von Arbeitssystemen auch die aktuellen Extremwerte der Körpermaße berücksichtigt werden. Das ist eine schier unlösbare Aufgabe. In der Praxis hat sich als hilfreich erwiesen, die Summenhäufigkeitskurve der Körpermaße (mathematisch ist sie die Stammfunktion deren Verteilungskurve) in Perzentilbereiche (Prozentränge) zu unterteilen und eine begründete
7.2 Räumliche Gestaltung
497
Auswahl der zu berücksichtigenden Grenzwerte zu treffen, Bild 7.2-3.
Für die ergonomiegerechte Gestaltung sind das:
Abmessungen von Arbeitsplätzen. Bei der menschenbezogenen Gestaltung des Arbeitsbereichs von Maschinen oder Arbeitsmitteln müssen zwei Arten von Konturen unterschieden werden, die in ihren Abmessungen festgelegt werden müssen: innere und äußere Konturen bzw. deren Maße, Bild 7.2-4: • Innenmaße: Abmessungen von Konturen, welche die menschliche Gestalt umhüllen, einschl. Einbauten, z. B. Durchgänge, Mannlöcher, Beinräume, Sichtfenster. • Außenmaße: Abmessungen von Konturen, die erreicht oder überblickt werden müssen, z. B. Greifräume zum Erreichen von Bedienteilen, Sichtkanten.
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95. Perzentil (oberer Grenzwert, P 95) 95% aller Körpermaße liegen unter diesem Grenzwert, 5% liegen darüber. Dieser Wert repräsentiert die Körpergröße „groß“. 50. Perzentil (Median bzw. Mittelwert, P 50) 50% aller betrachteten Körpermaße liegen unter diesem Wert, 50% liegen darüber. Vorsicht: Der Mittelwert sagt nicht aus, dass 50% einer Zielpopulation diese Körpermaße haben. Er repräsentiert die Körpergröße „mittelgroß“. 5. Perzentil (unterer Grenzwert, P 05) Nur 5% der betrachteten Körpermaße liegen unter diesem Grenzwert, 95% der Personen haben größere Körpermaße. Dieser Wert repräsentiert die Körpergröße „klein“.
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Bild 7.2-3 Statistische Verteilung der Körpermaße
Werden die Abmessungen dieser Konturen nach der 50. Perzentil-Person (im Sinne eines nicht existierenden „Durchschnittsmenschen“) maßgeschneidert festgelegt, so berücksichtigt dieses Vorgehen nur einen ganz engen Bereich der Summenhäufigkeitskurve um den Mittelwert herum. Mit derart gestalteten Maschinen bzw. Arbeitsplätzen haben kleinere Personen Schwierigkeiten im Greifraum, größere Personen im Beinraum.
Gestaltungsgrundsatz: Äußere Konturen mit ihren Maßen müssen von den Minimalwerten, d. h. vom 5. Perzentil und die inneren Konturen mit ihren Maßen von den Maximalwerten, d. h. vom 95. Perzentil der in Frage kommenden Zielpopulation abgeleitet werden. Hiermit ist gemeint, dass das lichte Profil der Innenkontur (einschließlich Einbauten) so großzügig ausgelegt sein muss, dass die größte in Frage
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7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.2-4 Außen- und Innenkonturen [7.20]
kommende Person mit ihren Gliedmaßen in sie hineinpasst ohne irgendwo anzustoßen. Außenkonturen, die erreicht werden müssen, um z. B. Bedienteile zu erreichen und sie zu betätigen oder über Kanten hinweg zu blicken, müssen die kleinste in Frage kommende Person berücksichtigen. Damit wird dem gesamten Größenbereich der zu erwartenden Maschinenarbeiter Rechnung getragen, selbstverständlich auch den durchschnittlich großen. Dieses Gestaltungskonzept kommt aber nicht ohne Verstellmöglichkeiten aus. Vor allem dann nicht, wenn Maschinen
bzw. deren Arbeitsplätze wechselweise von unterschiedlich großen Personen genutzt werden. Dann müssen ausreichende Verstellbereiche einiger Arbeitsplatzelemente konstruiert und eingebaut sein. Möglichst viele Elemente, z. B. Sitzflächen, Fußstützen usw. müssen verstellbar für Körpermaße des gesamten vorgesehenen Perzentilbereichs der in Frage kommenden Zielpopulation (Frauen, Männer oder beide) ausgeführt sein. Denn innerhalb von Innenkonturen können z. B. Bedienteile angebracht sein, die auch von kleinen
7.2 Räumliche Gestaltung
Personen erreicht werden müssen, was ohne Verstellmöglichkeiten praktisch unmöglich wäre. Je mehr ein- und verstellbare Elemente vorhanden sind, umso einfacher lässt sich der Arbeitsplatz individuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen für der in Frage kommenden Maschinenarbeiter anpassen. Umso effektiver müssen aber alle Maschinenarbeiter über Möglichkeiten und persönliche Vorteile aus den realisierten Verstellmöglichkeiten in Betriebsanleitungen informiert sein, damit sie die gebotenen Möglichkeiten für sich auch nutzen können, und sich somit gesundheitsbewusst und gesundheitserhaltend verhalten zu können. Sicherheitsabstände. Vollkommen anders stellt sich die Situation für das Bestimmen von Sicherheitsabständen dar, z. B. für sicherheitsgerecht gestaltete trennende Schutzeinrichtungen mit technologisch notwendigen Öffnungen. Beim Greifen durch Öffnungen müssen Gefahrstellen für alle unerreichbar bleiben. Um bei der maßlichen Festlegung auch für alle denkbaren Disproportionalitäten ein risikoadäquates Sicherheitsniveau zu gewährleisten, werden für das Ermitteln der Abmessungen des lichten Profils der Durchgriffsöffnung die feingliedrigsten Personen, für das Erreichen potentieller Gefahrstellen Personen mit der größten Reichweite in Betracht gezogen. Die so festgelegten Abstände werden noch um einen Sicherheitszuschlag vergrößert, Bilder 7.2-5, 7.2-6 . Für sicherheitsrelevante Dimensionierungen müssten im Unterschied zum ergonomiegerechten Gestalten grundsätzlich das 1. und 99. Perzentil der Zielpopulation herangezogen werden. Dem ist meistens so. So basieren z. B. die in der Norm EN ISO 13 857 festgelegten Sicherheitsabstände auf Körpermaßen erwachsener Männer. Erwachsene und Vierzehnjährige haben nach dieser Norm gleiche Reichweiten. Die festgelegten Durchgreifmaße wurden aus Untersuchungen mit vierzehnjährigen Mädchen hergeleitet. Werte von Kindern wurden aufgrund anthropometrischer Maße von dreijährigen Kindern bestimmt. Die in der Norm festgehaltenen Körpermaße treffen für 95% der Personengruppe „Erwachsene und Kinder über 14 Jahre“ und 99% der „Kinder ab 3 Jahre und Erwachsene“ zu. Diese Werte stehen für die zu Extremwerten tendierenden Sicherheitsmaße und stellen einen vertretba-
499
ren Kompromiss zwischen Sicherheit, Handhabbarkeit und Wirtschaftlichkeit dar.
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Bild 7.2-5 Relevanz von Körperabmessungen
7.2.3 Körperstellungen und Körperhaltungen Körperstellung (Sitzen, Stehen) ergibt sich aus der geometrisch-räumlichen Beziehung der Körpergliedmaßen zueinander. Varianten einer bestimmten Körperstellung werden als Körperhaltung bezeichnet. Zwangshaltungen (einseitige Körperhaltungen) sind ungünstige Körperhaltungen, die zu statischen Überbeanspruchung der Muskulatur führen, die dann rasch ermüdet. In den heutigen Arbeitssystemen nehmen Arbeitspersonen bei ihren Tätigkeiten vorwiegend eine von zwei üblichen Körperstellungen ein: Sitzen oder Stehen. Beide führen zu geometrischen Besonderheiten, die bei der maßlichen Gestaltung von Maschinen und deren Arbeitsplätzen zu berücksichtigen sind. Körperhöhen ergeben sich aus unterschiedlich langen Knochen, deren Maße sich im Ske-
500
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.2-6 Festlegung von Sicherheitsabständen
lett bei einer stehenden Person wie bei einer Kettenbemaßung von der Standfläche (Bezugskante) beginnend zur endgültigen Körperhöhe aufaddieren. Beim Stehen addieren sich die Längenunterschiede aller zur Körperhöhe beitragenden Knochen von unten nach oben in eine Richtung. Beim Sitzen ändert sich die Situation wesentlich. Die Bezugskante für das Kettenmaß geht jetzt durch den sich im Bereich der Körpermitte einstellenden Sitzpunkt. Das hat die Konsequenz, dass sich die Längenunterschiede der Gliedmaßen in zwei entgegengesetzten Richtungen fortpflanzen und sie sich für die Bestimmung von Verstellbereiche quasi halbieren Bild 7.2-7.
Gestaltungsgrundsatz: Sitzen halbiert die Auswirkung von Abweichungen in den Längen der Körperteile. Dieser Sachverhalt führt dazu, dass beim Stehen die gemeinsame Schnittmenge der Bewegungsbereiche der Gliedmaßen und der Sichtfelder immer kleiner sein wird als beim Sitzen. Die notwendigen Verstellbereiche variabler Elemente müssen naturgemäß größer sein. Beim Sitzen dagegen sind die
Schnittmengen größer und die erforderlichen Verstellbereiche kleiner. Gleiche Effekte wie beim Sitzen stellen sich ein, wenn sich die Bezugskante auf eine Arbeitsfläche bezieht, die im Bereich der Ellbogen angeordnet ist. Wenn die Bezugskante durch den Augenpunkt am oberen Ende der Körperhöhe geht, stellt sich der gleiche Effekt wie beim Stehen ein. Längenunterschiede addieren sich jetzt aber nicht nach oben sondern nach unten auf.
7.2.4 Bewegungstechnische Gestaltung Wirk- und Bewegungsraum. Körpergröße, Reichweite und Abmessungen der Gliedmaßen und die Beweglichkeit des Rumpfes bestimmen den Wirkund Bewegungsraum eines jeden Menschen. Wegen der inter- und intraindividuellen Streuungen der geometrischen Parameter hat jede Person einen eigenen Wirk- und Bewegungsraum. Im Unterschied zu den meistens im orthogonalen (kartesichen) Koordinatensystem (es stammt vom Zeichenbrett/Zeichenkopf mit seinen zwei senkrecht aufeinander stehenden Linealen und wurde in die
501
7.2 Räumliche Gestaltung
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Bild 7.2-7 Bezugsfläche in Körpermitte ändert die Zählrichtung der Längenabweichungen
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Koordinatensysteme der CAD-Systeme übertragen) konstruierten Maschinen ist der Mensch von Natur aus zentrisch in mehreren polaren Koordinatensystemen „aufgebaut“. Konstrukteure müssen mit ihren Methoden das Zusammenwirken der „eckigen“ und „runden“ Koordinatensysteme harmonisieren.
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Gestaltungsgrundsatz: Arbeitsplätze, soweit wie möglich, nicht nach orthogonalen Koordinaten, sondern möglichst nach Polarkoordinaten konstruieren!
Bild 7.2-8 Polares Koordinatensystem des Menschen [7.21]
Auch hier gilt die Ingenieur-Erfahrung: So genau wie möglich, so ungenau wie möglich. So wird es z. B. in den meisten Fällen genügen, den Greifraum als eine Halbkugel um die Schultergelenke anzunehmen, die auf einer horizontalen Arbeitsfläche entsprechende Schnittkurven abgrenzen, Bild 7.2-8. Oft lässt sich die Anpassung schon wesentlich verbessern, wenn die sphärischen Flächen durch umhüllende Polyeder bzw. deren Flächen ange-
nähert werden, um auf sie äußere Funktionselemente, z. B. Anzeiger, Bedienteile, Handgriffe oder Stützflächen zu platzieren. Beispiel: Sitzarbeitsplätze, die für eine breite Zielpopulation vorgesehen sind, müssen für Fußstützen ausgerüstet sein. Unbewegliche flache Fußstützen verbessern zwar die Sitzposition. Die Füße sind aber auf einen bestimmten Punkt fixiert und somit in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt.
502
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
Es entsteht eine Zwangshaltung. Abhilfe schafft eine polar aufgebaute Fußstütze mit ausreichend breiter Auflagefläche (Innenkontur!), die konkav um das Kniegelenk gewölbt ist. Bild 7.2-9. XQJQVWLJ
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Bild 7.2-9 Im polaren Koordinatensystem aufgebaute Fußstütze
Sie ermöglicht von Zeit zu Zeit das Kniegelenk zu bewegen und die Unterschenkel unterschiedlich anwinkeln zu können ohne festen Halt zu verlieren. Damit kann jedes Bein separat und unabhängig voneinander, wie auf dem ebenen Boden, einen anderen Winkel annehmen. Die sich aus dem polaren Koordinatensystem ergebenden Formen, die für Bewegungen der Gliedmaßen optimal sind, können manchmal zu Akzeptanzproblemen führen. Der Grund dafür: Solche Lösungen unterscheiden sich zu augenfällig von Formen, an die wir uns optisch gewöhnt haben. Gekoppelte Bewegungen zwischen Gliedmaßen und Funktionselementen. Beim kontrollierten Bewegen von Maschinenteilen, Bedienteilen, Schutzeinrichtungen usw. bilden die beteiligten Gliedmaßen und diese in geführten Bahnen bewegten Funktionselemente eine kinematische Kette. Im Unterschied zu gängigen „technischen“ Gelenken und Führungen ist die Beweglichkeit der Körpergelenke von einer erstaunlichen Variabilität. Die Beweglichkeit ist jedoch von Natur aus durch die limitierenden Auslenkbereiche der Gelenke immer eingeschränkt. So hängt der Verdrehwinkel der Hand als Endglied einer kinematischen
Kette u. a. davon ab, wie viele Gelenke des Armes an der Bewegung teilnehmen.
Gestaltungsgrundsatz: Bedienteile bzw. deren Griffe konstruktiv so gestalten, dass bei Relativbewegungen zwischen ihnen und den Gliedmaßen nicht in Gelenken des Menschen geschehen, sondern in „unempfindlichen“ technischen Gelenken der Bedienteile. Beim Bewegen eines Bedienteils (z. B. eines zweiarmigen Hebels) umfassen die Hände dessen Griff und sind mit ihm formschlüssig verbunden. Um die Relativbewegung zwischen dem Bedienteil und dem Unterarm zu ermöglichen, müssen, kinematisch betrachtet, an diesen Stellen Gelenke sein. Die Form und Orientierung der Griffe zur Drehachse und deren Lagerung sind so zu gestalten, dass weder die Handgelenke wegen ihrer eingeschränkten Bewegungsmöglichkeit noch die Handfläche wegen der sich aus der Relativbewegung ergebenden Reibungskräften, welche die Haut abrasiv belasten, die Drehbewegung übernehmen. Dies lässt sich z. B. durch drehbare Griffe realisieren, Bild 7.2-10. Bei der bewegungstechnischen Arbeitsplatzgestaltung sind die Prinzipien die Bewegungsvereinfachung und die Bewegungsverdichtung während des Arbeitens ausschlaggebend: • Bewegungsvereinfachung: Vereinfachung der Bewegungsabläufe mit dem Ziel, die körperliche Belastung zu reduzieren, z. B. durch günstiges Anordnen von Teilebehältern, Vorrichtungen und Arbeitsmittel in den Griffbereichen. • Bewegungsverdichtung: Beseitigen oder Verminderung von unnützen Bewegungssequenzen. z. B. durch Anbringen ortskonstanter Werkzeugablagen im Griffbereich: Befinden sich Werkzeuge stets am gleichen Ort, kann „blind“ gegriffen werden. Wechselt jedoch deren Ablageort, muss sich der Maschinenarbeiter jedes Mal neu orientieren.
7.1 Grundlagen und Randbedingungen des Gestaltens ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.2-10 Kinematische Entkopplungsmöglichkeiten des Handgelenks
7.2.5 Sichtgeometrie Im Gegensatz zu Greifräumen beeinflussen unterschiedliche Körperhöhen bzw. Proportionen nicht die optischen Eigenschaften des Sichtfeldes. Die optische Achse der Augen ist bei entspannter Körperhaltung nach unten geneigt, sowohl beim Stehen als auch im Sitzen. Die optimale Schärfeeinstellung (unterliegt mit zunehmendem Alter stark intraindividuellen Streuungen) bewegt sich im Bereich zwischen 450 mm und 700 mm. Die 500 mm vom Bedienfeld entfernten Augen nehmen ein Oval mir einem Umkreis von ca. Ø 360 mm wahr. Zeichen werden aber nur in einem Kreis von ca. Ø 120 mm ohne Augenbewegungen wahrgenommen. Auf dieser Fläche sollten die wichtigsten Bedienteile bzw. Anzeiger platziert sein. Die wichtigsten geometrischen Parameter der Sichtgeometrie sind im Bild 7.2-11 zusammengefasst. Die Anordnung von Anzeigern und Bedienteilen in einer festen Höhe ist immer ein unbefrie-
digender Kompromiss. Vor allem dann, wenn Personen mit extrem unterschiedlichen Körperhöhen damit klar kommen sollen. Die Arbeitshöhe muss nicht nur den jeweiligen Körperhöhen, sondern auch der Arbeits- bzw. Sehaufgabe angepasst werden, damit der Betrachtungsabstand den visuellen Anforderungen der Arbeitsaufgabe entspricht. Wird nämlich das Sehobjekt nicht dem Auge näher gebracht, bewegt der Mensch unbewusst durch Kopf- oder Körperneigung seine Augen zum Objekt hin. Das zieht immer eine Zwangshaltung nach sich, begleitet von einem großen Anteil statischer Muskelarbeit im Nacken-, Rückenund Armbereich, verspannten Gelenken und überlasteten Bandscheiben in der Wirbelsäule.
Gestaltungsgrundsatz: Das kleinste zu erkennende Detail des Sehobjektes bestimmt den erforderlichen Betrachtungsabstand. Das Sehobjekt muss zum Auge gebracht werden, nicht das Auge zum Sehobjekt.
504
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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Denn je anspruchsvoller die Sehaufgabe ist, desto kleiner ist auch der erforderliche Betrachtungsabstand zwischen Auge und Arbeitsobjekt. Bei manchen Arbeiten sind die zu beobachtenden Details so klein, dass sie mit einem unbewaffneten Auge nicht zu erkennen sind und der Mensch auf optische Hilfsmittel, z. B. Lupen oder Mikroskope angewiesen ist. Das Auge muss
Bild 7.2-11 Sehräume nach EN ISO 11 064 (DIN 33 414)
dann am Okular anliegen. Somit ist nicht nur das Auge, sondern der ganze Körper räumlich fixiert, Bild 7.2-12. Erkennbar ist auch, wie sich die gemeinsamen Wirk- und Sehräume unterschiedlich großer Personen in Abhängigkeit von der Bezugsfläche ändern. Dieser Sachverhalt bedingt verstellbare Flächen zum Abstützen der Gliedmaßen.
7.2 Räumliche Gestaltung
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505
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Bild 7.2-12 Schnittmengen der Handlungs-, Fuß- und Sehräume einer Zielpopulation
506
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
7.2.6 Höhe von Arbeitsflächen Arbeitsflächen sind alle tischähnlichen Flächen, an denen Personen sitzend oder stehend arbeiten. Ausdehnung und Form der Arbeitsfläche richten sich vornehmlich nach Art und Größe des Arbeitsgegenstandes, nach der erforderlichen technologischen Ausstattung mit Vorrichtungen, Werkzeugen und Maschinen. Arbeitshöhe ist die senkrechte Entfernung von der Standfläche zum manuellen oder visuellen Kontaktort des Einwirkens auf den Arbeitsgegenstand. Die Höhe der Arbeitsflächen wird durch die Art der auszuführenden Tätigkeit bestimmt. Großräumige Bewegungen, begleitet mit hohen Körperkräften erfordern eher niedrigere Arbeitsflächen und eine stehende Körperstellung. Feinmotorisch koordinierte Tätigkeiten werden durch höhere Arbeitsflächen und Sitzen begünstigt. Arbeitshöhen lassen sich grundsätzlich aus den Greifräumen in Abhängigkeit von den Körperhöhen der in Frage kommenden Zielpopulation herleiten. Verstellbarkeit. Grundsätzlich ist anzustreben, Arbeitsflächen höhenverstellbar auszuführen. Diese Anforderung lässt bei tischgebundenen Arbeitsplätzen relativ einfach verwirklichen. Die räumliche Gestaltung von Maschinen unter Berücksichtigung anthropometrischer Gegebenheiten einer größeren Zielpopulation bedingt, dass bestimmte Arbeitsplatzkomponenten (z. B. Armlehnen, Fußrasten) verstellbar ausgeführt sein müssen. So besteht jeder Sitzarbeitsplatz aus drei Komponenten mit charakteristischen Bezugsflächen: 1. Fläche für die Fußauflage 2. Sitz und seiner Sitzfläche und 3. Tisch bzw. Arbeitsfläche. Die gegenseitige räumliche Position dieser drei Flächen muss so aufeinander abstimmbar sein, dass jede Person trotz ihrer individuellen Körperhöhe und unterschiedlichen Proportionen die gestellte Arbeitsaufgabe ohne Zwangshaltungen ermüdungsfrei über längere Zeit ausüben kann. Mindestens zwei, noch besser alle drei Flächen müssen höhenverstellbar ausgeführt sein, Bild 7.2-13.
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Bild 7.2-13 Verstellbare Elemente an Sitzarbeitsplätzen
Im Betrieb ist durch Unterweisungen und Motivation darauf hinzuwirken, dass die Beschäftigten die gebotenen Vertellmöglichkeiten auch optimal nutzen. Die in den Bildern 7.2-14 und 15 dargestellten Nomogramme sind ein Hilfsmittel zum Bestimmen wesentlicher Maße der Höhe von Arbeitsflächen [7.22, 7.23, 7.24]. Ausgehend von zwei unterschiedlichen Extremkörperhöhen, für welche die wichtigsten Maße eines Arbeitsplatzes für visuelle bzw. informatorische und manuelle Tätigkeiten ermittelt wurden, entsteht durch lineare Interpolation ein Nomogramm, das ermöglicht, mit ausreichender Genauigkeit für die jeweiligen Körperhöhen und Arbeitsaufgaben notwendigen Arbeitshöhen zu ermitteln, sowohl für das Stehen als auch für das Sitzen. Zu beachten ist dabei, dass die sich aus bestimmten Anforderungen ergebende Überdeckung von Sicht- und Greifräumen zu Kompromisslösungen führen kann. So nimmt bei aufrechter Körperhaltung z. B. mit kürzer werdendem Sehabstand die Arbeitshöhe für die Hände zu. Dann sind verstellbare Abstützungen für Unterarme zur Minimierung der statischen Haltearbeit notwendig.
507
7.2 Räumliche Gestaltung
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Bild 7.2-14 Arbeitshöhen für überwiegend manuelle Tätigkeiten (stehend) [7.22, 7.23, 7.24]
Bild 7.2-15 Arbeitshöhen für überwiegend manuelle Tätigkeiten (sitzend) [7.22, 7.24]
Wechsel der Körperstellung. Der anatomische und physiologische Aufbau des menschlichen Körpers ist vorwiegend auf Bewegung ausgelegt. Deshalb widerspricht jede auf Dauer einzuhaltenden Körperstellung bzw. Körperhaltung ohne die Möglichkeit eines selbst initiierten Wechsels den ergonomischen Gestaltungsgrundsätzen. Ein Wechseln der Körperstellung zwischen Stehen und Sitzen ist dem dauernden Stehen oder dem dauernden Sitzen vorzuziehen. Aber auch beim Arbeiten mit stationären Maschinen hängt es von der gegenseitigen räumlichen Disposition ab, ob es zu optimalen oder unnatürlichen Körperhaltungen kommt. So ist zu beobachten, dass z. B. an konventionellen Drehmaschinen die meisten Dreher mit stark vorgebeugtem Oberkörper bei ihrer Arbeit stehen, damit ihre Augen den für die feine visuelle Arbeit notwendigen Betrachtungsabstand zum Ort des Geschehens erreichen, um den Zerspanungsprozess beobachten zu können. Spindelhöhen (und damit Orte des Betrachtens) liegen
bei konventioneller Drehmaschinen für Männer mit Körperhöhen oberhalb des 50. Perzentils einfach zu tief! Diesen ergonomischen Mangel zu beheben bedingt einen gravierenden Eingriff in die geometrische Gestaltung und in das statische System (Grundgestell) der Maschine. Drehmaschinen mit angehobener Spindelhöhe, nach vorne geneigter Arbeitsebene und in ihrer Höhe veränderbaren Fundamentplatten positionieren den Zerspanungsprozess in die optimale Arbeitshöhe und vermeiden gekrümmtes Stehen beim Arbeiten. Die höhere Bauweise ermöglicht nicht nur einen großzügig bemessenen Beinraum und damit das Sitzen während des Drehens sondern auch den Wechsel vom Stehen zum Sitzen, Bild 7.2-16. Das Bild 7.2-17 zeigt ein weiteres gelungenes Beispiel ergonomisch gestalteter Maschinenarbeitsplätze, [7.25, 7.26]. Bei der Gestaltung industrieller Nähmaschinenarbeitsplätze wurden die Form, Abmessungen, relative Anordnung einzelner Elemente, deren Verstellmöglichkeiten und
508
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.2-16 Ergonomiegerechte konventionelle Drehmaschine
Bild 7.2-17 Ergonomiegerechter Näharbeitsplatz [7.25, 7.26]
Verstellbereiche sowie die räumlichen Anforderungen an visuelle und manuelle Erreichbarkeit, Körperhaltungen und Körperbewegungen mit Hilfe digitaler Menschmodelle an 90% der in Frage kommenden Personen angepasst. Als praktische Umsetzung der bisher aufgestellten Gestaltungsgrundsätze sei die im
Bild 7.2- 18 sind exemplarisch gegenseitige Positionierung und Disposition der Greif- und Sehräume in der Kabine von mobilen Erdbaumaschinen dargestellt [7.27]. Die einzelnen Schritte der räumlichen Gestaltung sind im Bild 7.2-19 synoptisch zusammengefasst.
7.2 Räumliche Gestaltung
Bild 7.2-18 Beispiele für Greif- und Sehräume in Kabinen mobiler Baumaschinen [7.27]
509
510
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.2-19 Grundsätze der räumlichen Gestaltung von Maschinen im Überblick
7.2 Räumliche Gestaltung
7.2.7 Mannlöcher, Durchgangs-, Zugangs- und Zugriffsöffnungen Diese Funktionselemente werden im Anlagenund Behälterbau begrifflich und konstruktiv anders ausgelegt als im allgemeinen Maschinenbau.
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Mannlöcher. Darunter werden im Anlagenbau Einstiegsöffnungen in Behälter oder zu Räumen verstanden, in denen sich Personen nur selten aufhalten werden. Beim Gestalten von Mannlöchern dominieren funktionelle und sicherheitstechnische Aspekte über die ergonomischen. Üblich sind runde, ovale, seltener rechteckige Querschnitte. Mannlöcher werden mit verschraubten Mannlochdeckeln oder Mannlochtüren gas- oder flüssigkeitsdicht verschlossen. Zum Öffnen und Bewegen von schweren Mannlochdeckeln müssen Schwenkvorrichtungen vorgesehen und verwendet werden. Unter Zugriffsöffnungen versteht man im Behälterbau verschließbare Öffnungen an Druckbehältern. Sie werden manchmal als Inspektionsöffnungen bezeichnet, auch wenn durch sie Reparaturarbeiten im Inneren des Druckbehälters auszuführen sind. Zugriffsöffnungen werden bevorzugt als runder Blindflansch ausgeführt. Bei Nennweiten ab DN 500 kann es notwendig sein, die schweren Deckel mit einer eigenen Hebevorrichtung vom Druckbehälter zu lösen. An kleinen Druckbehältern (oder wenn das Betreten des Innenraumes nicht erforderlich oder wegen Einbauten nicht möglich ist) werden Inspektionsöffnungen als Handlöcher bezeichnet. Durch Handlöcher können mit geeigneten Geräten Sichtprüfungen und Reinigungsarbeiten durchgeführt werden. Verwendet werden auch Inspektionsöffnungen elliptischen Querschnitts, Bild 7.2-21. Ihre Deckel werden durch die Öffnung eingeführt, gedreht und mit der Klammer K gegenüber dem Flansch positioniert und mit der Gewindespindel S verspannt und mit der Kraft FS fixiert. Inspektionsöffnungen und deren Verschlüsse werden üblicherweise nach dem Prinzip der Selbstverstärkung konstruiert, um inhärente Sicherheit zu erreichen gegen plötzlich freiwerdende Stoffe und Energien aus dem Inneren des Druckbehälters [7.28]. Der dort herrschende Druck des Mediums bewirkt auf der Fläche des Deckels die Druckkraft FD, die den Deckel mit einer
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Bild 7.2-21 Sicherheitsbezogene Gestaltung von Inspektionssöffnungen [7.28]
dem Druck proportionalen Dichtkraft FG gegen die Wand drückt. Die Gewindespindel S und die Klammer K befinden sich außerhalb des Kraftflusses und haben lediglich die Funktion, zu verhindern, dass der Deckel im drucklosen Zustand in das Innere des Druckbehälters fallen kann. Durchgangs-, Zugangs- und Zugriffsöffnungen. Im allgemeinen Maschinenbau ermöglichen Durchgangsöffnungen die Bewegung oder Einstieg einer Person mit dem ganzen Körper, um Arbeiten, wie z. B. die Betätigung von Bedienteilen (Stellteilen), Überwachen von Arbeitsabläufen oder Prüfen von Arbeitsergebnissen durchzuführen. Zugangs- bzw. Zugrifföffnungen ermöglichen einer Person das Hineinlehnen, Hineinreichen oder Hineinstecken von Oberkörper, Kopf, Gliedmaßen und Finger. Die wichtigsten Ausführungen dieser äußeren Funktionselemente samt ihrer geometrischen Daten sind in den Bildern 7.2-22 und 23 synoptisch zusammengefasst. Das Festlegen des Querschnitts bzw. des lichten Profils von Durchgangs-, Zugangs- bzw. Zugriffsöffnungen und des Raumes hinter ihnen ist eine typische Anwendung anthropometrischer Maße und der bisher hergeleiteten Anwendungsregeln. Abmessungen des lichten Profils müssen primär die Passierbarkeit des Durchgangs bzw. des Zugangs für die Nutzerpopulation und das bestimmungsgemäße Handhaben und Betätigen, Überwachen von Arbeitsabläufen, Prüfen von Arbeitsergebnissen usw. hinter der Öffnung gewährleisten. Das Dimensionieren dieser Öffnungen ist nicht zu verwechseln mit dem Festlegen von lich-
512
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.2-22 Zugangsöffnungen nach EN 547 1 bis 3 (Fortsetzung nächste Seite)
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7.2 Räumliche Gestaltung
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Bild 7.2-22 Zugriffsöffnungen nach EN 547 1 bis 3
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513
514
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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Bild 7.2-23 Zugriffs- und Zugangsöffnungen nach EN ISO 2860
3RODUNOHLGXQJ VFKOLHW 3DUND.DSX]H HLQ
7.2 Räumliche Gestaltung
ten Profilen, mit denen verhindert werden soll, dass Gefahrstellen erreicht werden können. Die Abmessungen solcher Öffnungen sowie Hinweise zur Anwendung sind in Typ B-Normen (z. B. Sicherheitsgruppennorm EN 547 1 bis 3) aber auch in Typ C-Normen (z. B. Maschinensicherheitsnorm EN ISO 2860) festgehalten. Die in diesen Normen mit Hilfe von anthropometrischen Daten abgeleiteten Maße stellen Mindestabmessungen dar, die fallweise durch Zuschläge vergrößert werden müssen. Zuschläge gewährleisten eine sichere und verletzungsfreie Benutzung der Zugangs- bzw. Zugrifföffnung. Die Werte der Zuschläge werden beeinflusst von der Bekleidung, der benutzten Persönlicher Schutzausrüstung (PSA), vom Tragen und Benutzung von Werkzeugen, von der einzunehmenden Körperhaltung während der Tätigkeit usw. Ein Aufaddieren der jeweiligen Werte ist dann nicht zweckdienlich, wenn sich die jeweiligen Aspekte gegenseitig beeinflussen bzw. überschneiden. Ausgehend von einer Risikobeurteilung muss entschieden werden, welche Aspekte zu berücksichtigen sind und welche davon die kritischen sind und ob damit zu rechnen ist, dass u. U. be-
515
wegungsunfähige Personen aus den Innenräumen befreit werden müssen. Für solche Fälle legt der Abschnitt 1.5.14 “Risiko, in einer Maschine eingeschlossen zu werden“, des Anhangs I der Maschinenrichtlinie fest, dass besondere Einrichtungen vorhanden sein müssen. Die Lage der Zugangs- bzw. Zugriffsöffnungen über der Standfläche entscheidet über die Körperstellung, die Person während ihrer Tätigkeit einnehmen muss. Sofern die unter Nutzung der Öffnung durchzuführende Tätigkeit länger andauert, sollte die Öffnung für die aufrecht stehende Person in deren optimalen Greifraum zwischen Schulter- und Ellenbogenhöhe (Handlungsraum) positioniert sein. Die Einnahme dieser Haltung ist nur möglich, wenn die Höhe der Standfläche verstellbar ist, wie beim Nutzen von Arbeitsbühnen, Podesten oder Trittleitern. Sind die Zugangsöffnungen in vertikalen Flächen nur in der Hocke oder auf Knien zu benutzen, bedeutet dies eine stark ermüdende Körperhaltung. Die Nutzung dieser Zugangsöffnungen darf nicht häufig erfolgen und dann ist sie nur für kurze Zeit zu vertreten
516
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches
seine Sinne, hauptsächlich für den Gesichtssinn, wahrnehmbar werden, [7.29]. Anzeiger und Anzeigen sind deshalb von zwei Seiten aus zu betrachten: Einerseits müssen sie mit den Parametern der angewendeten Mess- und Steuerungstechnik kompatibel sein, andererseits mit den von Natur aus gegebenen Gesetzmäßigkeiten der menschlichen Informationsaufnahme und -verarbeitung. Das gilt allgemein, unabhängig davon, ob die Information mit einem realen Gerät (Anzeiger) oder virtuell auf einem Bildschirm visualisiert wird. Wollen Konstrukteure oder Designer ein optimale Anzeige gestalten, oder was häufiger vorkommt, aus einer breiten Angebotspalette realer Geräte oder virtueller Visualisierungsmöglichkeiten auswählen und einsetzen, müssen sie neben den technischen Aspekten auch ergonomische Kriterien berücksichtigen, die für spätere Benutzer wichtig sind und ihre Tätigkeit entscheidend beeinflussen, Bild 7.3-1.
Informationstechnische Gestaltung der Maschinen betrifft vornehmlich die Anordnung und Auswahl von Anzeigern und Bedienteilen. Dabei müssen die Voraussetzungen der menschenbezogenen Wahrnehmung, Informationsaufnahme und Informationseingabe mit den Anforderungen der Arbeitsaufgabe harmonisiert werden.
7.3.1 Anzeiger und Anzeigen Anzeiger sind künstliche Informationsquellen und zugleich äußere Funktionselemente des Wahrnehmungsbereichs von Maschinen, deren Informationen (Anzeigen) sich auf den Menschen richten, indem sie Informationen aus den Subsystemen der Maschine wandeln und so anbieten, dass sie für $Q]HLJHDUW
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Bild 7.3-1 Ergonomische Auswahlkriterien für Anzeiger [7.21]
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7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs
In den allermeisten Fällen werden Maschinenkonstrukteure oder Arbeitsplatzgestalter die Anzeiger nicht selbst entwickeln und gestalten sondern auf Handelsware zurückgreifen und Anzeiger auswählen, mit deren Anzeigen sich die Arbeitsaufgaben optimal erfüllen lassen. Dazu müssen sie eine begründete Auswahl anhand ergonomischer und sicherheitstechnischer Auswahlkriterien treffen. Anzeigeleuchten. Anzeigeleuchten sind die einfachsten Anzeiger. Sie vermitteln kodierte binäre Informationen (Licht an oder aus) und können durch blinken besondere Aufmerksamkeit hervorrufen. Farbgebung bzw. Farbwahl von Anzeigeleuchten sind für den sicheren Umgang mit Maschinen von besonderer Bedeutung. Die Zuordnung der Farben zu wichtigen zu signalisierenden Sachverhalten bzw. zu auszuführenden Tätigkeiten ist in mehreren EN-Normen festgelegt. Die wichtigsten Anwendungen sind im Bild 7.3-2 festgehalten und synoptisch gegenübergestellt.
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Anzeiger und Anzeigegeräte. Konstrukteure müssen dafür sorgen, dass die an sich für die menschlichen Sinne unzugängliche Information aus oder in der Maschine so aufbereitet und dargeboten wird, dass die Adressaten sie optimal wahrnehmen, erkennen und verarbeiten können. Erst dann können sie sie im Sinne der Arbeitsaufgabe optimal nutzen. So betrachtet, erhöhen ergonomisch gestaltete Anzeiger und die von ihnen vermittelten Informationen (Anzeigen) sowohl die Produktivität als auch die Sicherheit im Arbeitssystem. Dazu müssen Konstrukteure aber wissen, welche Information sie wie, wann und wo anbieten müssen und welche Anzeiger sich für welchen Zweck am besten eignen. Die technische Praxis kennt eine fast unüberschaubare Vielfalt von analogen Anzeigeräten, Ziffernanzeigen und von anderen künstlichen Informationsquellen, wie. z. B. von Bildschirmen. Analoge Anzeigen bilden Informationen über zeit]XUHDOLVLHUHQGH)XQNWLRQ $XIPHUNVDPNHLWHUUHJHQ =XVWDQGRGHUHUIROJWHQ ]XU+DQGOXQJDXIIRUGHUQ %HIHKOEHVWlWLJHQ
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Bild 7.3-2 Farbliche Gestaltung von Anzeigeleuchten
517
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518
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
liche und funktionelle Zustände der Maschine oder Prozesse und deren Änderungen unter Nutzung bestimmter physikalischer Zusammenhänge unmittelbar und kontinuierlich ab, indem sie die nicht wahrnehmbaren Zustände bestimmten Gesetzmäßigkeiten entsprechend, also analog, durch sichtbare Effekte (z. B. Zeigerbewegung oder Position des Zeigers zu einer bezifferten Skala) dar. Die visualisierte Information entspricht unmittelbar der natürlichen Situation. Im Unterschied zu analogen Anzeigen ist die von digitalen Anzeigen (korrekt diskreten Anzeigen, weil deren Zeichen nur endlich viele und wohl unterscheidbare Werte eines abzählbaren Wertebereichs annehmen können) vermittelte Information nicht durch physikalische Abbildungseffekte bestimmt, sondern entsteht mittelbar durch die mentale Zuordnung zwischen den sichtbaren Zeichen und den angezeigten Zeichenwerten. Digitale Anzeigen geben Zustände wieder, indem sie ihnen direkt sichtbare und ablesbare Zeichen bzw. Werte (Zahlen) zuordnen. Anzeigen sind hybrid, wenn sie Informationen sowohl in analoger als auch diskreter Form darstellen, wie z. B. auf Bildschirmen. Die im Bild 7.3-3 dargestellte Lösungssammlung fasst konzentriert die wichtigsten Aspekte visuell wahrnehmbarer Anzeigen zusammen. Sie enthält Angaben und Erläuterungen für die Auswahl und Gestaltung optischer Anzeiger. Beim Gestalten bzw. Auswählen von Anzeigen ist zu beachten, dass oft Kompromisse zwischen dem technisch und ergonomisch Möglichen und wirtschaftlich Vertretbaren eingegangen werden müssen. Kompatibilität. Anzeigen sind dann kompatibel, wenn den Beobachtern ohne größere Überlegungen die Beziehung zwischen visualisierter Information und Wirklichkeit bzw. zwischen Ursache (z. B. Bewegen eines Bedienteils) und der Wirkung (z. B. Bewegung des Zeigers) auf Anhieb klar wer-
den und die Anzeige in konkreten Situationen ihren Vorstellungen und Erwartungen entspricht. Kompatibel gestaltete Anzeigen sind ein wesentlicher Sicherheitsfaktor bei schnellen Eingriffen in Ausnahme- oder Notsituationen. Geometrische Gestaltung. Damit Menschen die von Anzeigen übermittelten Informationen wahrnehmen können, müssen informationstragende Zeichen eine deutlich wahrnehmbare geometrische Gestalt und Abmessungen haben. Ihre Ausführung beeinflusst entscheidend die Visualisierung der übertragenen Information und deren Erkennbarkeit. Beides ist besonders wichtig, wenn gefahrdrohende Zustände anzuzeigen sind. Dazu haben sich farbliche Markierungen von Skalenabschnitten (z. B. durch ein rotes Feld gekennzeichneter maximaler Druck auf der Manometerskala) bewährt. Informationsdarbietung. Die Informationsdarbietung (analog, digital, hybrid) mit Anzeigen setzt immer eine Codierung voraus, d. h. dass eine eindeutige Zuordnung zwischen Signalen, die in die Anzeiger eingehen und den sichtbaren informationstragenden Zeichen besteht, die den nicht sichtbaren Zustand repräsentieren. Grundsätzlich sind die von den Zeichen getragenen Informationen so darzubieten, dass sie der Betrachter schnell, eindeutig, unmittelbar und unmissverständlich aufzunehmen vermag. Störeinflüsse. Auch Anzeigen, bei denen alle bisher behandelten Aspekte berücksichtigt wurden, können durch Störeinflüsse (z. B. durch Reflexionen, mechanische Beschädigungen, ungünstigen Einbau usw.) in ihren Funktionen negativ beeinflusst werden. Ihnen ist durch konstruktive und gestalterische Maßnahmen entgegenzuwirken. Weiter äußere Funktionselemente zum Vermitteln sicherheitsgerichteter Botschaften sind im Abschnitt „5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik“ auf Seite 403 beschrieben.
7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs
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Bild 7.3-3 Gestaltungsrichtlinien für visuell wahrnehmbare Anzeigen (Fortsetzung nächste Seite)
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520
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
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=LIIHUQVLQGP|JOLFKVWDXIGHUGHP =HLJHUJHJHQEHUOLHJHQGHQ6NDOHQ VHLWHDQ]XRUGQHQGDVRQVW9HU GHFNXQJHQP|JOLFKVLQG=LIIHUQVWHWV DXIUHFKWDQEULQJHQQLFKWPHKUDOV GUHLVWHOOLJEH]LIIHUQ'LH=HLJHUVSLW]H VROOELV]XU6NDODUHLFKHQDEHUQLFKW LQVLHKLQHLQUDJHQ'LH6WULFKVWlUNHQ GHU6NDODWHLOXQJXQGGLHGHU=HLJHUV SLW]HVLQGJOHLFKVWDUNXQGLQJOHLFKHU )DUEHDXV]XIKUHQ *UHQ]ZHUWHXQG0DUNLHUXQJHQIU XQWHUVFKLHGOLFKH%HWULHEV]XVWlQGH VLQGEHL6NDOHQJHUlWHQGXUFKIDUE OLFKH)HOGHUDXIGHU6NDOD]XNHQQ ]HLFKQHQ%HL=LIIHUQJHUlWHQVLQGVLH DOV=DKOHQZHUWHYRU]XJHEHQXQG VLFKWEDUVRGDU]XELHWHQGDVVHLQ OHLFKWHU9HUJOHLFKP|JOLFKLVW
)UJHUDVWHUWHDOSKDQXPHULVFKH 6\PEROHXQG=HLFKHQ%XFKVWDEHQ =LIIHUQ VLQGPLQGHVWHQVHLQ[ 5DVWHURGHU6HJPHQWV\VWHPH]X YHUZHQGHQ$Q]HLJHQV\VWHPHPLW DQJHPHVVHQHQ.RQWUDVWHQ ]ZLVFKHQ6\PEROHQXQG+LQWHU JUXQGPLWVFKDUIJHWUHQQWHQ.RQ WXUHQYRUKRPRJHQHQ+LQWHUJXQG VLQG]XEHYRU]XJHQ'LH=LIIHUZLUG KlXILJDOV=LIIHURGHUDE JHOHVHQ
=XU$Q]HLJHVLFKUDVFKlQGHUQGHQ *U|HQVLQG6NDOHQJHUlWHPLWEH ZHJWHQ=HLJHURGHU%DONHQJHUlWH ]XYHUZHQGHQGDGLH%HZHJXQJV SDUDPHWHUGHV=HLJHUV:LQNHO VWHOOXQJ:LQNHOJHVFKZLQGLJNHLW ]XVlW]OLFKHYRUHLOHQGH ,QIRUPDWLRQ EHZLUNHQ'LHHLJHQWOLFKH,QIRUPDWLRQ HUJLEWVLFKDXVGHPDEJHVWHFNWHQ 6NDOHQDEVFKQLWW 6NDOHQJHUlWHHLJQHQVLFKJXWIU TXDOLWDWLYHV$EOHVHQ(LQVWHOOHQYRQ :HUWHQXQG5HJHOXQJVDXIJDEHQ
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Bild 7.3-3 Gestaltungsrichtlinien für visuell wahrnehmbare Anzeigen (Fortsetzung nächste Seite)
7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs
*HVLFKWVSXQNW
$QVFKDXOLFKNHLW
hEHUVLFKWOLFKNHLW 2ULHQWLHUXQJ ]XP %HREDFKWHU PHFKDQLVFKH %HVFKlGLJXQJHQ 3KDQWRPELOGHU /LFKWYHUKlOWQLVVH
6W|UHLQIOVVH
1U
JQVWLJH*HVWDOWXQJ
(UOlXWHUXQJ $QJH]HLJWH*U|HQVROOHQGLH:LUN OLFKNHLWP|JOLFKVWQDWXUJHWUHXVDPW LKUHUFKDUDNWHULVWLVFKHQ0HUNPDOH ZLGHUVSLHJHOQ $Q]HLJHQVLQGJUXQGVlW]OLFK HLQGHXWLJXQGXQPLVVYHUVWlQGOLFK GDU]XELHWHQGDPLWVLHVRIRUWYHU ZHUWEDUVLQG8PVFKDOWHQYRQ:HUWH EHUHLFKHQ8PUHFKQHQXGJOLVW]X YHUPHLGHQLQVEHVRQGHUVEHL $Q]HLJHQGLHIUGLH6LFKHUKHLW UHOHYDQWVLQG
(UNHQQEDUNHLW
,QIRUPDWLRQVGDUELHWXQJ
XQJQVWLJH*HVWDOWXQJ
$EOHVHIHKOHU>@
'LH:DKUQHKPXQJXQG$EOHVH JHQDXLJNHLW)HKOHUUDWH KlQJWYRQ GHU)RUPGHU6NDODXQGGHV=HLJHUV DE %HL,QVWUXPHQWHQPLWGUHKHQGHQ =HLJHUYHUPLWWHOWVHLQH:LQNHOVWHOOXQJ HLQH]XVlW]OLFKH,QIRUPDWLRQ]XU UHODWLYHQ/DJHDXIGHU6NDODGHU HLJHQWOLFKHQZDKU]XQHKPHQ ,QIRUPDWLRQ 6ROOHQ,QIRUPDWLRQHQPHKUHUJOHLFK DUWLJHU$Q]HLJHU6NDOHQJHUlWH 'LJLWDODQ]HLJHUXGJO YHUJOLFKHQXQG YHUDUEHLWHWZHUGHQVRVLQGPXOWL GLPHVLRQDOH$Q]HLJHQZLHVLH]% %DONHQDQ]HLJHUYHUPLWWHOQ ZHJHQ LKUHU$QVFKDXOLFKNHLW]XEHYRU]XJHQ %HLKRUL]RQWDODQJHRUGQHWHQ6NDOHQ JHUlWHQVROOHQGLH=HLJHUHLQKHLWOLFK ZDDJHUHFKWGHQQRUPDOHQ%HWULHEV ]XVWDQGDQ]HLJHQEHLYHUWLNDODQJ HRUGQHWHQ*HUlWHQGLHVHQ=XVWDQG VHQNUHFKWDQ]HLJHQ 'LH+DXSWEOLFNOLQLHXPFDYRQ GHU+RUL]RQWDOHQQDFKXQWHQJHQHLJW VROOP|JOLFKVWVHQNUHFKWDXIGHQ 6FKZHUSXQNWGHV=LIIHUEODWWHVGHV ZLFKWLJVWHQ$Q]HLJHUVIDOOHQ 'LH6HKHQWIHUQXQJ]X6NDOHQ HLQ]HOQHU$Q]HLJHJUXSSHQLVWNRQVWDQW ]XKDOWHQ $Q]HLJHUVLQGGXUFK6FKULIWXQGRGHU 6\PEROHGHUDQJ]HLJWHQ*U|H ]X]XRUGQHQ ,KUH'LPHQVLRQLVWDQ]XJHEHQ
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0LWJHHLJQHWHQ0DQDKPHQ HQWVSLHJHOWH$EGHFNJOlVHUE]Z 6NDOHQWUlJHUJHJHQGLHRSWLVFKH $FKVHYHUVHW]WH$EGHFNJOlVHUXGJO VLQG3KDQWRPELOGHU]%5HIOH[LRQHQ ]XYHUPHLGHQ (VHQWVWHKHQGXUFK)UHPGOLFKWHLQIDOO XQGWlXVFKHQHLQYHUIlOVFKWHV%LOG YRUE]ZHUVFKZHUHQGDV(UNHQQHQ GHU$Q]HLJH
0VVHQ$Q]HLJHQEHLHUVFKZHUWHQ /LFKWYHUKlOWQLVVHQZDKUJHQRPPHQ ZHUGHQVRVLQGJHHLJQHWH%H OHXFKWXQJVPDQDKPHQ]XWUHIIHQ 'DEHLLVW]XEHDFKWHQGDVVGLH %HOHXFKWXQJGHQQRWZHQGLJHQ +HOOLJNHLWVXQG)DUENRQWUDVWQLFKW EHHLQWUlFKWLJW
Bild 7.3-3 Gestaltungsrichtlinien für visuell wahrnehmbare Anzeigen
521
522
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
dann durch Leiten in die den Bedienteilen funktionell nachgeschalteten Baugruppen (Subsysteme) der Maschine. Diese verarbeiten sie weiter, um z. B. mit den Wirkorganen (Werkzeugen) einen Arbeitsgegenstand zielgerichtet zu verändern. Die Maschine reagiert auf die gewollten Betätigungen mit bekannten und daher erwarteten Wirkungen. Beim Auswählen, Gestalten und Anordnen von Bedienteilen ist darauf zu achten, dass deren technischen Bewegungsbahnen mit den Bewegungsmöglichkeiten der jeweiligen Gliedmaßen im Sinne einer kinematischen Kette übereinstimmen und die Relativbewegungen in technischen Gelenken geschehen. Des Weiteren sind die Anforderungen an die Geschwindigkeit und die abverlangte Kraft entlang der Bewegungsbahn mit den Fähigkeiten der Maschinenarbeiter zu harmonisieren. Betätigungsbewegungen sollen mit möglichst geringem Bewegungsaufwand und unter Einbeziehung möglichst weniger Gelenke verwirklicht werden. Bedienteile müssen in ihren Abmessungen so ge-
7.3.2 Bedienteile
%HXUWHLOXQJV NULWHULHQ 6WHOOZHJ 6WHOOZLQNHO
OIG1XPPHU
Bedienteile (Synonyma: Bedienelemente, Betätigungselemente, Steuerarmaturen, Stellteile u. dgl.) sind äußere Funktionselemente des Handlungsbereichs von Maschinen. Mit ihnen greift der Mensch mittelbar in den Wirkbereich eines Arbeitssystems ein. Indem er Bedienteile bewegt bzw. berührt, leitet er durch Bewegungen und Kräfte bzw. Drehmomente seiner Gliedmaße in diese äußeren Funktionselemente mechanische Energie oder von ihr getragenen Informationen ein, um Prozesse im Wirkraum steuernd oder regelnd zu beeinflussen, Vorgänge ein- oder auszuschalten, Lagen von Baugruppen zu verändern indem er Informations-, Energie- und/oder Stoffflüsse verändert. Die wichtigsten Bedienteile samt ihrer Auswahlkriterien sind im Bild 7.3-4 zusammengefasst. Bedienteile wandeln Bewegungen und Kraftwirkungen der Gliedmaßen in technisch verwertbare Bewegungen bzw. Signale um. Sie gelangen 'UXFNNQRSI
1U
.LSSKHEHO
:LSSKHEHO
)LQJHUEHWlWLJXQJ ELVPP ELV +DQGEHWlWLJXQJ ELVPP
ELV
)LQJHUEHWlWLJXQJ ELV1
.UlIWH 'UHKPRPHQWH
ELV1
'UHKNQHEHO
ELV1
+DQGEHWlWLJXQJ ELV1
'UHKNQRSI
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+DQGUDG
+DQGNXUEHO
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=XIDVVXQJVJULII RKQH1DFK ELVPP JUHLIHUQELV
ELV ]ZLVFKHQ]ZHL 5DVWHUXQJHQ
PLW1DFKJUHLIHUQ XQEHJUHQ]W
.QHEHOOlQJH ELVPP ELV1P
=XIDVVXQJVJULII 'XUFKPHVVHU ELV1 ELVPP ELV1P
EHUPP ELV1P
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3HGDO
)XKHEHO
ELVPP
ELVPP
8PIDVVXQJVJULII PLW1DFKJUHLIHUQ ELVPP XQEHJUHQ]W .UDQ]GXUFK PHVVHU ELVPP HLQKlQGLJ ELV1P
.XUEHOUDGLXVELV 5PP ELV1P ELV5PP ELV1P HLQKlQGLJ 1P
ELV1
ELV1
EHLGKlQGLJ 1P ELV51P HLQKlQGLJ 1P
ELVPP ELV1P
EHLGKlQGLJ 1P
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PLWWHOELVNXU]
PLWWHO
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XQEHJUHQ]W
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HWZD RKQH 8PJUHLIHQ
XQEHJUHQ]W
]ZHL
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NOHLQELVPLWWHO
PLWWHOELVJUR
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JUR
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JXW
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VFKOHFKW
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VFKOHFKW
VFKOHFKW
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VFKOHFKWELV EHIULHGLJHQG
VFKOHFKW
VFKOHFKW
VFKOHFKW
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]ZHL
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NOHLQ
NOHLQ
NOHLQ
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VFKOHFKWELV EHIULHGLJHQG
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VFKOHFKW
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6WHOOXQJWDNWLO HUNHQQEDU
VFKOHFKW
VHKUJXW
VHKUJXW
PLWWHOELVNXU]
GUHLELVHYWO PHKU
Bild 7.3-4 Ergonomische Auswahlkriterien für Bedienteile [7.29]
7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs
Druckknöpfe. Druckknöpfe sind Befehlseinrichtungen (mit und ohne Selbsthaltung) zum Schalten, Steuern und Ingangsetzen. Sicherheitstechnisch betrachtet, müssen sie so gestaltet und angeordnet sein, dass sie leicht und gefahrlos erreichbar sind. Wenn sie gefahrdrohende Bewegungen auslösen, müssen sie gegen unbeabsichtigtes Betätigen gesichert sein. Die Funktion der Druckknöpfe muss entweder verbal oder mit Symbolen dauerhaft gekennzeichnet sein.
staltet und räumlich so angeordnet sein, dass sie auch bei länger andauernder Betätigung möglichst keine statische Halte- und Haltungsarbeit erforderlich wird. Bei mehreren Bedienteile sind bei deren räumlichen Anordnung konkurrierende Prinzipien, die zu Zielkonflikten führen können, zu beachten [7.30, 7.31]: • Anordnung nach Funktion (Bedienteile mit ähnlichen Funktionen gruppieren) • Anordnung nach Wichtigkeit (handlungskritische Bedienteile im bevorzugten Greifraum/Sehraum anordnen) • Anordnung nach Einzeloptima (Bedienteile an den jeweils optimalen Stellen z. B. nach Bewegungsraum, Bewegungsgenauigkeit, Kraftbedarf usw. anordnen) • Anordnung nach Betätigungsreihenfolge (häufig oder sequenziell betätigte Bedienteile im bevorzugten Greifraum/Sehraum von links nach rechts oder von oben nach unten anordnen)
Farbgebung von Druckknöpfen. Für die sichere Handhabung und Nutzung von Maschinen ist die Farbgebung und Farbwahl als zusätzliche Kodierung der Funktion von Druckknöpfen von besonderer Bedeutung. Die Zuordnung von Farben zu bestimmten auszuführenden Tätigkeiten bzw. zu den zu signalisierenden Zuständen ist in mehreren EN-Normen festgelegt. Die wichtigsten Sachverhalte dazu sind im Bild 7.3-5 festgehalten und synoptisch gegenübergestellt.
]XUHDOLVLHUHQGH%HWlWLJXQJVIXQNWLRQHQ
'UXFNNQRSI XQEHOHXFKWHW
6WDUW
6WRS
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ZHL
ZHL
ZHL
ZHL
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JUDX
JUDX
JUDX
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ZHL
ZHL JUDX
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JUDX
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VFKZDU]
VFKZDU]
VFKZDU]
VFKZDU]
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JHOEJUQURW
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+LQWHUJUXQG
VFKZDU]
YHUERWHQVLQG
%HGHXWXQJ GHU )DUEHQ
1RW$XV
:DKOZHLVH 6WDUW6WRS
6WRS)XQNWLRQ 1U
6\PERO
523
*HOE%HLHLQHPDQQRUPDOHQ=XVWDQGEHWlWLJHQ *UQ%HWlWLJHQXPEOLFKH=XVWlQGHHLQ]XOHLWHQ 5RW%HWlWLJHQEHLJHIDKUEULQJHQGHP=XVWDQGRGHULP1RWIDOO *UDX6FKZDU]ZHL(LQOHLWXQJDOOJHPHLQHU)XQNWLRQHQ
Bild 7.3-5 Farbliche Gestaltung von Druckknöpfen
JUQ
DOOH DQGHUHQ )DUEHQ
524
7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
7.3.3 Vermeiden unerwünschter Betätigungen von Bedienteilen. In der Praxis kommen Betätigungen vor, die unerwartete Wirkungen der Maschine hervorrufen. Diese Betätigungen, gleichgültig ob durch sie die Maschine ein- oder ausgeschaltet wird bzw. Stoffoder Energieflüsse in Gang gesetzt werden, führen zu unerwünschten und gefahrbringenden Situationen durch Bewegungen oder zu überraschenden Energie- und Stoffflüssen. So kann ein plötzliches Anlaufen einer Maschine die mit Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten Beschäftigten gefährden. Solche Betätigungen können nicht nur befugte oder unbefugte Personen mit bewussten oder unbewussten Handlungen auslösen. Auch herabfallende Gegenstände, Massenkräfte infolge mechanischer Schwingungen oder ähnliche Ereignisse können Bedienteile aktivieren, s. Bild 7.3-6. Diesen präkeren Ereignissen ist mit den Mitteln und Methoden der Sicherheitstechnik entgegenzuwirken. Unter dem Aspekt, dass Bedienteile Personen direkt oder indirekt gefährden können, umfasst der Schutzbereich einer Maschine auch bestimmte Bedienteile. Unerwünschten Energie-
%HWlWLJXQJ +DQGOXQJ
RKQH %HWHLOLJXQJ HLQHU 3HUVRQ
NHLQH +DQGOXQJ LP HQJHUHQ6LQQH
GXUFKEHIXJWH RGHU XQEHIXJWH 3HUVRQ
XQEHZXWH +DQGOXQJ
GXUFK XQEHIXJWH 3HUVRQ
$NWLYLHUXQJ 1U
%HLVSLHOH
XQEHDEVLFKWLJWHV XQJHZROOWHV YHUVHKHQWOLFKHV ]XIlOOLJHV %HWlWLJHQ
*URIOlFKLJHV%HUKUHQGHU%H GLHQWHLOHGXUFKKHUDEIDOOHQGHRGHU DQGHUVEHZHJWH*HJHQVWlQGH 0DVVHQNUlIWHDOV)ROJHYRQ 6FKZLQXQJHQ
XQEHIXJWHV HLJHQPlFKWLJHV HLJHQZLOOLJHV %HWlWLJHQ
,QJDQJVHW]HQHLQHU0DVFKLQHRKQH GDVVLFKGHU%HWlWLJHQGHEHUHLQH *HIlKUGXQJDQGHUHU3HUVRQHQ LQIRUPLHUWKDWHLJHQPlFKWLJHV 9HUVWHOOHQYRQ3UR]HVVSDUDPHWHUQ
XQEHGDFKWHV LUULJHV YRUHLOLJHV %HWlWLJHQ
%HWlWLJHQHLQHV%HGLHQWHLOVGDVQLFKW DXVUHLFKHQGLQVHLQHU)XQNWLRQ XQGRGHU6FKDOWVWHOOXQJJH NHQQ]HLFKQHWLVW
IXQNWLRQV JHUHFKWHV %HWlWLJHQ
%HZXWHVEHDEVLFKWLJWHV%HWlWLJHQ YRQ%HGLHQWHLOHQLQULFKWLJHU5HLKHQ IROJHXPVWHXHUQGRGHUUHJHOQGLQ HLQHQ$UEHLWVYRUJDQJHLQ]XJUHLIHQ
EHZXWH +DQGOXQJ GXUFK EHIXJWH 3HUVRQ
bzw. Informationsflüssen müssen Konstrukteure mit Maßnahmen der unmittelbaren, mittelbaren und hinweisenden Sicherheitstechnik entgegenwirken. Die Maßnahmen lassen sich auf mehrere Wirkprinzipien zurückführen. Zum einen beruhen sie im Erschweren und Unterbrechen bzw. Kurzschließen der energie- bzw. informationstragenden Kraftflüsse zwischen Mensch und Bedienteil. Zum anderen sind es Anweisungen, die bewusste sicherheitskonforme Handlungen hervorrufen und gefährliche vermeiden sollen. Unerwünschten Betätigungen der Bedienteile lässt sich z. B. durch Verkleiden, Verdecken oder Umwehren entgegenwirken. Verkleidungen verhindern das Erreichen des Bedienteils von allen Seiten. Erst nach deren Öffnen lässt sich das Bedienteil betätigen. Verdeckungen (z. B. Schutzkragen) erlauben zwar das Bedienteil zu erreichen, verhindern zugleich aber großflächige Berührungen. Umwehrungen (z. B. mit einem Bügel) schaffen um das Bedienteil einen Schutzraum, der ebenfalls großflächigen Berührungen entgegenwirkt. Alle diese Schutzeinrichtungen sind so zu gestalten, dass sie die grundsätzlich anzustrebende Erreichbarkeit und Handhabung für gewollte
Bild 7.3-6 Betätigungsmodi von Bedienteilen
*URIOlFKLJHV%HUKUHQGHVPHQ VFKOLFKHQ.|USHUVEHLP$EVWW]HQ $QOHKQHQRGHUEHLP6XFKHQQDFK +DOW +lQJHQEOHLEHQPLW.OHLGXQJVVWFNHQ
7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs
und zielgerichtete Betätigungen nicht unnötig erschweren. Eine weitere Möglichkeit dem unerwünschten Kraftfluss entgegen zu wirken besteht darin, die formschlüssige (rechtwinklige) Übertragung der Körperkräfte durch eine reibschlüssige (tangentiale) zu ersetzen. Die reibschlüssige Kraftübertragung setzt eine Normalkraft zur Bedienteiloberfläche voraus. Die zum Betätigen notwendige Reibungskraft ist der Normalkraft zwar proportional aber stets kleiner. Diese Kraftminderung und Änderung der Wirkungslinie verringert erheblich die Gefahr unerwünschter Betätigung. Bedienteile können oft so angeordnet und ausgerichtet werden, dass deren Betätigungsbewegungen nicht mehr mit den am häufigsten auftretenden Bewegungen der Arbeitspersonen zusammenfallen bzw. rechtwinklig zu diesen Bewegungen stehen. Bedienteile können dann nicht mehr durch Hängenbleiben von Kleidungsstücken u. dgl. mitgerissen und betätigt werden. Bedienteile lassen sich mit formschlüssigen Verriegelungen (z. B. Klinken, Kulissen und ähnlichen Mechanismen), zusätzlichen Teilen (z. B. Klemmschrauben, Sperrstiften) oder mit Schlössern ausrüsten, mit denen sich die Energie- bzw. Informationsflüsse zielgerichtet kurzschließen oder unterbrechen lassen. Die Verriegelungen
525
können auch als kombiniertes Bedienteil (Entsperren und Betätigen erfolgt mit dem gleichen Bedienteil) oder als kummuliertes Bedienteil (Entsperren und Betätigen erfolgt mit einem am zentralen Bedienteil angebrachten zusätzlichen Bedienteil) ausgeführt sein. Des Weiteren kann die Verriegelung durch eine festgelegte Abfolge von Betätigungen eines oder mehrere Bedienteile (Zweihandschaltungen, Quittierschaltungen) verwirklicht werden. Die interessantesten in der Praxis, im Schrifttum und in Herstellerunterlagen vorgefundenen Lösungen sind für die wichtigsten Arten der Bedienteile im Bild 7.3-7 zusammengefasst. Für die unbesetzten Felder der Matrix wurden keine Beispiele gefunden. Die dargestellten Lösungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr soll die Systematik zur Suche nach eigenen Lösungen anregen. Bei der Anwendung der dargestellten Lösungen ist zu beachten, dass die bewerteten Sicherheitsfunktionen nur drei von vielen berücksichtigen. Bei konkreten Konstruktionsaufgaben ist es in der Regel notwendig, weitere sicherheitstechnische, ergonomische und technische Aspekte zu berücksichtigen und unter Wahrung von Prioritäten auch Kompromisse zu schließen unter Berücksichtigung der in harmonisierten EN-Normen enthaltenden Lösungsmöglichkeiten.
:LSSKHEHO
ZHQQDEVFKOLHEDU
0DQDKPHNDQQXQWHU 8PVWlQGHQGHU)RUGHUXQJ QDFKSK\VLRORJLVFKJQVWLJHQ .UDIWZLUNXQJVJUHQ]HQZLGHU VSUHFKHQ
0DQDKPHNDQQXQWHU 8PVWlQGHQGHU)RUGHUXQJ QDFKSK\VLRORJLVFKJQVWLJHQ %HZHJXQJVDEOlXIHQZLGHU VSUHFKHQ
0DQDKPHNDQQXQWHU 8PVWlQGHQGHU)RUGHUXQJ QDFKSK\VLRORJLVFKJQVWLJHQ $QRUGQXQJGHU%HGLHQWHLOH ZLGHUVSUHFKHQ
$QPHUNXQJHQ
)UHLUDXPIU*OLHGPDHQ EHUFNVLFKWLJHQ .UDJHQIRUPDOVWDNWLOZDKU QHKPEDUH,QIRUPDWLRQ DQZHQGEDU
)XKHEHO
'XUFKVLFKWLJH9HUGHFNXQJHQ HUP|JOLFKHQGLH6FKDOW ]XVWlQGH]XHUNHQQHQ )U+DXSWVFKDOWHUQLFKW HUODXEW
3HGDO
(UJlQ]XQJVWHLO
%HGLHQWHLOHQLFKWLQGHU1lKH DEOHJHQ %HGLHQWHLOHGUIHQXQWHU HLQDQGHUQLFKWDXVWDXVFKEDU VHLQ.HLQH%HGLHQWHLOH LQ5HVHUYHKDOWHQ
'XUFK%H GLHQWHLOPLW UHLEVFKOV VLJHU.UDIW EHUWUDJXQJ HUVHW]HQ ]%GXUFK HLQ+DQGUDG
%HGLHQWHLOHLQVROFKH%HUHLFKHGHU*UHLI UlXPHDQEULQJHQLQGHQHQGLH.RQWDNW WHLOHQXUGXUFKHLQHEHZXWH+DQGOXQJ ]XHUUHLFKHQVLQG
+DQGKHEHO +DQGUDG +DQGNXUEHO
'XUFK%H 9RQGHU%DX GLHQWHLOPLW DUWHUHUIOOW UHLEVFKOV ZHQQNHLQH VLJHU.UDIW 6SHLFKHQYRU ]%GXUFKHLQHQ EHUWUDJXQJ KDQGHQ ]%GXUFKHLQHQ)LQJHUVFKLHEHU 'UHKNQRSI 9RQGHU%DXDUW HUVHW]HQ KHUVWHWVHUIOOW ]%GXUFK HLQ+DQGUDG
%HZHJXQJVULFKWXQJ GHV*OLHGPDHV
'XUFKHLQ%HGLHQWHLOPLWUHLEVFKOVVLJHU .UDIWEHUWUDJXQJHUVHW]HQ
%HZHJXQJVULFKWXQJ GHV%HGLHQWHLOHV
%HGLHQWHLOHDP$UEHLWVPLWWHOVRRULHQWLHUHQGDVV GLHDPKlXILJVWHQYRUNRPPHQGHQ%HZHJXQJHQ EHWlWLJHQGHU*OLHGPDHQVHQNUHFKW]XU %HZHJXQJVULFKWXQJGHU%HGLHQWHLOHYHUODXIHQ
'UHKNQRSI
'UHKNQHEHO
6LFKHUKHLWJHJHQ
.LSSKHEHO
%HGLHQWHLOHQLFKWLQGHQ$EVWW]EHUHLFKGHU$UPH RGHULQ%HUHLFKHHLQEDXHQLQGLHKHUXQWHUIDOOHQGH *HJHQVWlQGHDXIVFKODJHQN|QQHQ
'UXFNNQRSI
OIG1XPPHU
=XJULIIVWHLO XQEHDEVLFKWLJWHV %HWlWLJHQ
+DXSWWHLO XQEHGDFKWHV %HWlWLJHQ
*OLHGHUXQJVWHLO
6LFKHUKHLWV WHFKQLN
XQPLWWHOEDUH6LFKHUKHLWVWHFKQLN
PLWWHOEDUH 6LFKHUKHLWVWHFKQLN
:LUNXQJV SULQ]LS
.UDIWIOX XQWHUEUHFKHQ
.UDIWVFKOXHUVFKZHUHQ
:LUNXQJVRUW
NRQVWUXNWLYHU 7HLOGHV %HGLHQWHLOV
.RQWDNWWHLOV GHV %HGLHQWHLOV
:LUNXQJVDUW
/DJHXQG$QRUGQXQJ DP$UEHLWVPLWWHO
%HZHJXQJV ULFKWXQJ
KRKH ,QLWLDONUlIWH
'HPRQWDJH
UHLEVFKOLJH .UDIWEHUWUDJXQJ
9HUNOHLGXQJ
.RQWDNWWHLO GHV %HGLHQWHLOV
.UDIWIOX HUVFKZHUHQ
Bild 7.3-7 Lösungen zum Vermeiden ungewollter Betätigungen (Fortsetzung nächste Seite)
9HUGHFNXQJ
XQEHIXJWHV %HWlWLJHQ
526 7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
Bild 7.3-7 Lösungen zum Vermeiden ungewollter Betätigungen (Fortsetzung nächste Seite)
6LFKHUKHLWV WHFKQLN
PLWWHOEDUH 6LFKHUKHLWVWHFKQLN
XQPLWWHOEDUH 6LFKHUKHLWV WHFKQLN
PLWWHOEDUH6LFKHUKHLWVWHFKQLN
:LUNXQJV SULQ]LS
.UDIWVFKOX HUVFKZHUHQ
.UDIWIOX XQWHUEUHFKHQ
:LUNXQJVRUW
.RQWDNWWHLO GHV %HGLHQWHLOV
NRQVWUXNWLYHU 7HLOGHV %HGLHQWHLOV
.RQWDNWWHLOGHV %HGLHQWHLOV
NRQVWUXNWLYHU7HLOGHV %HGLHQWHLOV
:LUNXQJVDUW
8PZHKUXQJ
NRPELQLHUWHV %HGLHQWHLO
NXPXOLHUWHV %HGLHQWHLO
]XVlW]OLFKHV %DXWHLO
=\OLQGHUVFKOR
'UXFNNQRSI
OIG1XPPHU
.LSSKHEHO
:LSSKHEHO
'UHKNQRSI
'UHKNQHEHO
+DQGKHEHO +DQGUDG +DQGNXUEHO
3HGDO
)XKHEHO
6LFKHUKHLWJHJHQ
=XJULIIVWHLO XQEHDEVLFKWLJWHV %HWlWLJHQ
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7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs 527
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Bild 7.3-7 Lösungen zum Vermeiden ungewollter Betätigungen
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528 7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen
8 Wichtige Begriffe der Maschinensicherheit
Ableitstrom ist der Strom, der betriebsmäßig von aktiven Teilen der Betriebsmittel über die Betriebsisolierung zu nicht aktiven geerdeten Teilen fließt. Der Ableitstrom kann auch einen kapazitiven Anteil haben, verursacht z. B. durch Entstörkondensatoren oder Frequenzumrichter. Aktive Teile sind Leiter oder elektrisch leitfähige Teile, welche bei störungsfreiem Betrieb unter Spannung stehen können, einschließlich des Neutralleiters, aber vereinbarungsgemäß nicht der PEN-Leiter. Anfahrgeschwindigkeit. Geschwindigkeit, mit der Positionsschalter angesteuert werden. Die zulässige Anfahrgeschwindigkeit (Herstellerangabe) hängt von der Form und dem Werkstoff des Betätigungselements sowie dessen Anfahrwinkel ab. Je größer die Anfahrgeschwindigkeit, desto flacher ist der Anfahrwinkel zu wählen. Anforderungsklasse ist die Zuordnung von Anforderungen für die Realisierung der Schutzeinrichtung, die zu einer dem Risiko angemessenen sicherheitsbezogenen Leistungsfähigkeit führen soll. Anforderungsliste enthält in Schriftform die vom Konstrukteur zu lösenden Aufgaben für die zu realisierende Maschine. Anlage ist ein räumlich ausgedehntes, kompliziertes und zugleich komplexes Arbeitsmittel, das als Ganzes betrachtet wird. Sie besteht aus funktionell gekoppelten Apparaten, Maschinen und Geräten. Anlaufsperre verhindert unerwartetes Anlaufen einer Maschine nach Wiederkehr der Energie, wenn z. B. die Versorgungsspannung nach Unterbrechung wieder anliegt. Das Rückstellen des Be-
fehls darf die Maschine nicht wieder in Gang setzen, sondern nur das Wiederingangsetzen ermöglichen. Anlauftestung ist ein automatisiertes (in der Steuerung integriertes) oder personengebundenes Prüfen (z. B. durch bewusstes Öffnen und Schließen einer verriegelten trennenden Schutzeinrichtung nach dem Einschalten der Versorgungsspannung), um die Funktion des sicherheitsbezogenen Teils des Steuerungssystems zu verifizieren. Antivalenz (Kontravalenz): zwei unterschiedliche Signale, z. B. von Öffner- und Schließer-Kontakten. Ansprechzeit Zeit von der Befehls-Auslösung (z. B. Steuerkommando Not-Halt) bis zur BefehlsAusführung (z. B. vollkommener Stillstand des Antriebs). AOPD (active optoelectronic protection device) Schutzeinrichtung, die ihre Funktion durch optoelektronische Sende- und Empfangseinheiten erzeugt, wenn ein undurchsichtiger Gegenstand innerhalb des festgelegten Schutzfeldes die von ihr erzeugte optische Strahlung unterbricht. Apparat ist ein Arbeitsmittel, dessen Hauptfunktion ist, Stoff zu speichern, zu leiten, umzuformen, zu wandeln oder zu verknüpfen. Apparate dominieren bei stoffverarbeitenden Anlagen. Gefährdungen entstehen primär dann, wenn Stoffe ungewollt in die Umgebung gelangen. Arbeitsbereich ist der räumliche und funktionelle Bereich der Maschine, von dem aus Arbeitsabläufe zur Be- und Verarbeitung oder Herstellung von Arbeitsgegenständen ausgelöst, beobachtet und gesteuert werden. Er ist von Personen von Arbeitsplätzen aus, die zum Betätigen der Maschine
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
530
8 Verwendete Begriffe
eingenommen werden oder von Verkehrswegen aus ohne zusätzliche Hilfsmittel erreichbar sind.
nen gefährlichen oder funktionsunfähigen Zustand zu versetzen.
Arbeitsmittel ist das zentrale Element des Arbeitssystems, meistens ein technisches Gebilde (Apparat, Gerät, Maschine) mit dem Personen auf den Arbeitsgegenstand einwirken, um ihn gemäß der Arbeitsaufgabe zu verändern.
Ausfall, systematischer ist ein Ausfall mit kausalem Bezug zu einer bestimmten Ursache, der nur durch Änderung der Gestaltung oder des Herstellerprozesses, Betriebsverfahrens, Dokumentation oder zugehörenden Faktoren beseitigt werden kann.
Arbeitssicherheit ist der Zustand der Gefahrenfreiheit akzeptierten Niveaus in einem Arbeitssystem, bezogen auf die in ihm arbeitenden Menschen, unter Berücksichtigung von Einwirkungen auf deren körperliche Unversehrtheit. Arbeitssystem ist ein dynamisches Wirksystem innerhalb definierter Systemgrenzen, die es von der Umgebung trennen. Es besteht aus den Elementen Arbeitsperson(en), Arbeitsgegenstand und Arbeitsmittel. Diese Systemelemente sind während ihres Zusammenwirkens über äußere Funktionselemente (Kontaktstellen) funktionell gekoppelt. Systemzweck sind Zustandsänderungen von Arbeitsgegenständen hinsichtlich ihrer Eigenschaften oder ihrer räumlichen Lage. Auflösung (Dedektionsvermögen) ist die für die Erfassung durch eine elektrosensitive Schutzeinrichtung erforderliche Mindestgröße eines Objekts. Wird vom Hersteller festgelegt und z. B. mit einem zylindrischen undurchsichtigen Stab überprüft. Ausblendung ist die Unterdrückung einzelner Lichtstrahlen oder einzelner Sicherheitssensoren einer elektrosensitive Schutzeinrichtung. Ausfall ist das Ende der Funktionsfähigkeit einer materiellen Einheit im Rahmen der zugelassenen Beanspruchung. Im Sinne der EN ISO 12 100-1 ist er die Beendigung der Fähigkeit einer Einheit, die geforderte Funktion zu erfüllen. Ausfall gemeinsamer Ursache (CCF) sind Ausfälle verschiedener Einheiten aufgrund eines einzelnen Ereignisses, wobei diese Ausfälle keine gegenseitigen Auswirkungen haben. Ausfall, gefahrbringender ist ein Ausfall mit dem Potential, ein sicherheitsbezogenes System in ei-
Ausfallwahrscheinlichkeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine materielle Einheit während einer festgelegten Betriebsdauer unter definierten zulässigen Betriebsbedingungen ihre bestimmungsgemäße Funktion verliert. Ausschalten im Notfall ist eine bewusste Handlung, um die Versorgung mit elektrischer Energie zu einer ganzen oder einem Teil einer Installation abzuschalten, falls ein Risiko für elektrischen Schlag oder ein anderes Risiko elektrischen Ursprungs besteht (Not-Aus). Auswerteeinheit erzeugt, abhängig vom Zustand angeschlossener Signalgeber, entweder nach einer festen Zuordnung oder nach programmierten/parametrierten Anweisungen ein sicherheitsgerichtetes Ausgangssignal. Automatischer Start liegt vor, wenn das Wiederherstellen einer Sicherheitsfunktion selbsttätig (ohne Betätigung eines Ein-Tasters) erfolgt. Zulässig für bewegliche, trennende Schutzeinrichtungen, die nicht hintergehbar oder hintertretbar sind, nicht jedoch für eine Not-Halt-Einrichtung.
B E(Beta) Faktor des Ausfalls in Folge gemeinsamer Ursache (CCFF common cause failure factor) bei redundanten Systemen. Beschreibt die Empfindlichkeit (Anfälligkeit) für Fehler gemeinsamer Ursache (susceptibilty to common cause failure). Anhand Tabellen in IEC 61 508 bzw. EN 62 061 lässt sich der prozentuale Wert bestimmen, wie hoch sich der Anteil des Fehlers gemeinsamer Ursache auf den jeweils anderen kanal auswirkt. B10d-Wert ist die Anzahl der Schaltspiele (Zyklen) bei der im Laufe eines Lebensdauerversuchs 10%
8 Verwendete Begriffe
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der Prüflinge (verschleißbehafteter Geräte) ausgefallen sind (oder: Anzahl der Betätigungszyklen, nach denen 10% der Geräte ausgefallen sind). Mit den B10d-Wert und den Daten des Betätigungszyklus kann die Ausfallrate elektromechanischer Komponenten ermittelt werden.
Betätiger. Mechanisches Element eines Sicherheits-Positionsschalters der Bauart K 1, das den Schaltvorgang der zwangsöffnenden Kontakte aktiviert. Betätiger sind in unterschiedlichen Bauformen ausgeführt, z. B. als Stößel (Rollen, Dachoder Kuppelstößel) oder als Hebel (Rollenhebel).
Baugruppe ist ein aus mehreren fixierten und/oder beweglichen Bauteilen zusammengesetztes funktionsfähiges Gebilde.
Betätiger, (vom Schalter) getrennter ist ein mehrfach kodiertes mechanisches Betätigungselement, das beim Einführen in den Sicherheits-Positionsschalter Bauart K 2 zwangsöffnenden Kontakte schließtt und sie beim Herausziehen öffnet.
Baumusterprüfung (EG-) ist die technische Prüfung eines Produkts (i. d. R. einer Maschine mit besonderem Gefährdungspotential bzw. eines Sicherheitsbauteils nach Anhang IV der Maschinenrichtlinie) durch eine benannte Stelle. Sie prüft, ob das Produkt den einschlägigen EG-Richtlinien entspricht. Bauteil ist ein Gebilde bestimmter Gestalt, das meistens aus festen Stoffen besteht. Systemtheoretisch werden zu Bauteilen auch flüssige oder gasförmige Stoffe (z. B. Schmiermittel, komprimierte Gase) gezählt. Beanspruchung (Arbeits-) ist die innere Reaktion einer Person auf eine äußere (Arbeits-)Belastung, der sie ausgesetzt ist und die von ihren individuellen Merkmalen (z. B. Körperhöhe, Alter, Fähigkeiten, Begabungen, Fertigkeiten usw.) abhängt. Belastung (Arbeits-) ist die Gesamtheit der äußeren Bedingungen und Anforderungen im Arbeitssystem, die auf den physischen und/oder psychomentalen Zustand einer Person einwirken. Benutzerinformationen sind Schutzmaßnahmen, die aus Kommunikationselementen bestehen. Sie umfassen technische Anleitungen aller Art, die sich an Maschinenbetreiber und -benutzer richten. Zu ihnen gehören Texte, Diagramme in Betriebs- und Gebrauchsanleitungen usw. aber auch Sicherheitszeichen bzw. farbige Sicherheitskennzeichnungen, Symbole, Signale usw., die unmittelbar an Maschinen angebracht sind. Benutzerfreundlichkeit ist Qualitätsmerkmal einer Maschine, dank dessen es möglich ist, ihre Funktions leicht verstehen und zu handhaben.
Betreiber ist die natürliche oder juristische Person, die Produkte oder Maschinen zu deren bestimmungsgemäßen Gebrauch nutzt und für den ordnungs- bzw. bestimmungsgemäßen Gebrauch rechtlich verantwortlich ist. Betriebsanleitung ist ein untrennbarer Teil des Produkts bzw. der Maschine. Sie enthält alle Vorgaben des Herstellers zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Sie ist eine der wichtigsten rechtlichen Voraussetzungen, um das Produkt bzw. die Maschine in Verkehr bringen zu dürfen. Zugleich ist die Grundlage zum Erstellen von Betriebsanweisungen. Betriebsanweisung ist die schriftliche Vorgabe des Betreibers einer Maschine zu Arbeitsabläufen, Verfahrensanweisungen und Sicherheitsregeln im Rahmen des betrieblichen Ablaufs. Sie richten sich an seine Arbeitnehmer (Maschinenbenutzer) um einen sicheren Umgang mit der Maschine zu bewirken. Betriebsanweisungen dienen oft als Grundlage für periodische Unterweisungen. Bewegliche trennende Schutzeinrichtung lässt sich ohne Verwendung von Werkzeugen öffnen. Bewegung, gefahrbringende ist eine Bewegung von Maschinen, Maschinenelementen, Antriebselementen, Werkzeugen, Arbeitsgegenständen usw., die Gefahrstellen oder Gefahrquellen bilden und Menschen gefährden. Blanking ist das Ausblenden eines bestimmten Bereichs aus dem Schutzfeld eines Lichtvorhangs, so dass dieser Bereich unwirksam ist.
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8 Verwendete Begriffe
C CCF (common cause failure) Ausfälle in Folge gemeinsamer Ursache sind Ausfälle verschiedener Einheiten aufgrund eines einzelnen Ereignisses, wobei diese Ausfälle nicht auf gegenseitiger Ursache beruhen. CE-Kennzeichnung signalisiert Maschinenbetreibern und Marktaufsichtsbehörden, dass nach Ansicht des Herstellers das betreffende Erzeugnis mit den für dieses Produkt geltenden europäischen Richtlinien übereinstimmt und ist zugleich die öffentliche Erklärung/Bescheinigung des Maschinenherstellers, dass seine Maschine seiner Überzeugung nach alle relevanten Vorschriften erfüllt und somit in Verkehr gebracht werden darf. CEN/CENELEC (Comité Européen de Normalisation/Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) sind privatrechtliche europäische Normenorganisationen für Industrie, Gewerbe und Handwerk. Sie erarbeiten im Mandat der Europäischen Kommission EN-Normen, um abstrakte Zielvorgaben von EG-Richtlinien zu konkretisieren.
D Diagnosedeckungsgrad (diagnostic coverage, DC) ist der Bruchteil der Wahrscheinlichkeit von erkannten gefahrbringenden Ausfällen zur Wahrscheinlichkeit aller gefahrbringenden Ausfälle und zugleich das Maß für die Wirksamkeit der Diagnose. Steht für die teilweise Verminderung der Wahrscheinlichkeit gefahrbringender Ausfälle aufgrund der Anwendung automatischer diagnostischer Prüfungen (EN 61 508-4). Diversität bezeichnet die Anwendung unterschiedlicher Mittel zur Ausführung einer geforderten Funktion. Bei diversitär-redundanten Systemen hoher Zuverlässigkeit sind z. B. die unterschiedlich lokalisierten Pfade in unterschiedlichen Konfigurationen der Hardware und Software ausgeführt. Dokumentation, technische, wird unterschieden in eine interne und eine externe Dokumentation. Die interne Dokumentation umfasst alle be-
gleitenden Unterlagen, von der Entwicklung und Konformitätsbewertung beginnend bis zur Produktion und Montage der Maschine. Zur externen Dokumentation gehören vor allem Benutzerinformationen (Betriebsanleitungen, Sicherheitsvorgaben usw.). Dringlichkeit bezeichnet den Grad der Akutheit einer Gefahr bzw. die Unmittelbarkeit, mit der Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen, um eine Gefährdung auszuschließen.
E Effektor ist ein Organ der Arbeitsperson, das die vom zentralen Nervensystem verarbeiteten Informationen in Aktivitäten umsetzt. Einbauerklärung ist das Begleitdokument einer nichtverwendungsfähigen, unvollständigen Maschine, in dem deren Hersteller dem Betreiber alle für einen sicheren Einbau und Betrieb relevanten Randbedingungen mitteilt, zugleich ihm aber die Inbetriebnahme so lange untersagt, bis die Maschine so nachgerüstet ist, dass sie sicherheitstechnisch den einschlägigen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen entspricht. Einfehlersicherheit ist die Eigenschaft eines redundanten Systems zum Erhalt einer Sicherheitsfunktion beim Auftreten eines Fehlers in einer Komponente (Bauteilausfall). Ab der Kategorie 3 nach EN 954-1 bzw. PLd nach EN ISO 13 849-1) führt ein einziger Fehler nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion. Einrichtung mit Schutzfunktion. Bauteil oder Baugruppe, die für das Funktionieren einer Maschine oder für den Prozess vorhanden sein muss, zusätzlich aber zur Sicherheit der Maschinenbenutzer beiträgt. Eintaktbetrieb/Zweitaktbetrieb. Das Freiwerden des Schutzfeldes eines Lichtvorhangs leitet nach einmaligen (bzw. zweimaligem) Unterbrechen selbsttätig den Maschinenzyklus wieder ein. Wird verwendet, wenn Teile zyklisch von Hand aus dem Wirkbereich eingelegt oder entnommen werden müssen.
8 Verwendete Begriffe
Einschaltzeit ist die Zeitspanne vom Initiieren des Steuerkommandos bis zum Schließen der Freigabekreise. Eintrittszeit für Mehrfachfehler (MEZ) ist die Zeitspanne, in der die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von in Kombination auftretenden, sicherheitskritischen Mehrfachfehlern für die betrachtete Anforderungsklasse hinreichend gering ist. Die Zeitspanne beginnt mit dem letzten Zeitpunkt, an dem sich das betrachtete System in einem als fehlerfrei angenommenen Zustand befunden hat. EMC bzw. EMV (Electromagnetic Compatibility bzw. Elektromagnetische Verträglichkeit) beschreibt die Fähigkeit einer elektrischen Einrichtung, in ihrer elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu funktionieren ohne dabei diese Umgebung, zu der auch andere Einrichtungen gehören, nicht unzulässig zu beeinflussen und/oder von ihnen unbeeinflusst bleibt. Energie ist eine der drei allgemeinen Größen, auf welche die Konstruktionslehre aufbaut. Dort wird Energie als das Vermögen aufgefasst, Arbeit zum Zweck der Erfüllung einer Funktion zu verrichten bzw. das Vermögen, Materie zu bewegen oder thermische Wirkungen hervorzurufen. Energie kann gespeichert, geleitet (örtlich versetzt), umgeformt, übertragen, gewandelt und mit Stoff oder Information verknüpft werden. Erdschlusserkennung ist das sofortige oder im Rahmen einer zyklischen Selbstüberwachung initiierte Erkennen von Erdschlüssen. Das System muss nach Erkennung dieses Fehlers einen sicheren Zustand einnehmen bzw. bewirken. Erstfehlereintrittszeit (EEZ) ist die Zeitspanne, in der die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines sicherheitskritischen Erstfehlers für die betrachtete Anforderungsklasse hinreichend gering ist. Fehlerbeherrschende Maßnahmen bleiben dabei unberücksichtigt. Die Zeitspanne beginnt mit dem letzten Zeitpunkt, an dem sich das betrachtete System in einem der betrachteten Anforderungsklasse als fehlerfrei angenommenen Zustand befunden hat.
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F Fail-Safe-Verhalten weist ein System dann auf, wenn es beim Ausfall (Failure) sicherheitsrelevanter Elemente in einem als sicher (Safe) spezifizierten Zustand verbleibt bzw. übergeht (folgeschadensicheres Verhalten). Federkraftverriegelung Die Verriegelung erfolgt nach dem Ruhestromprinzip (Feder verriegelt, Elektromagnet entriegelt) Fehlanwendung, vernünftigerwiese vorhersehbare ist die Verwendung einer Maschine in einer Weise, die vom Konstrukteur nicht vorgesehen ist, sich jedoch aus dem leicht vorhersehbaren menschlichen Verhalten ergeben kann. Dazu gehört auch die in Kenntnis der bestimmungsgemäßen Verwendung der Maschine absichtlich und bewusst herbeigeführte Zweckentfremdung. Fehler ist eine unzulässige Abweichung, d. h. ein über den festgelegten Toleranzbereich hinausgehender Unterschied zwischen Istwert und Sollwert eines Merkmals. Im Sinne der EN ISO 12 100-1 Zustand einer Einheit, in dem sie unfähig ist, die geforderte Funktion zu erfüllen, wobei die durch Wartung oder andere geplante Handlungen bzw. durch das Fehlen äußerer Mittel verursachte Funktionsunfähigkeit ausgeschlossen ist. Fehlerausschluss. Für einige Bauteile können bestimmte Fehler für die Einsatzdauer ausgeschlossen werden (z. B. Kurzschlussausschluss durch Leitungsverlegung). Die Begründung eines Fehlerausschlusses muss dokumentiert sein! Fehlertoleranz (Hardware-Fehlertoleranz) ist die Fähigkeit eines sicherheitsbezogenen elektrischen Steuerungssystems, eines Teilsystems oder Teilsystemelements, eine geforderte Funktion beim Vorhandensein von Fehlern oder Ausfällen weiter auszuführen (Widerstandsfähigkeit gegenüber Fehlern). Fehlertoleranzzeit ist die Zeitspanne, in der der Prozess durch fehlerhafte Steuersignale beaufschlagt werden kann, ohne dass ein gefährlicher Zustand auftritt.
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8 Verwendete Begriffe
Fehlerreaktionszeit ist die benötigte Zeit bis zur Reaktion auf einen aufgedeckten Fehler. Fehlfunktion ist die Auswirkung beliebiger Ursachen, die zum nicht bestimmungsgemäßen Verhalten der Komponenten oder des gesamten Arbeitssystems führt. Feststehende trennende Schutzeinrichtung ist so befestigt (z. B. mit Schrauben), dass sie sich nur mit Werkzeugen oder durch Zerstörung der Befestigungselemente öffnen oder entfernen lässt. Fluchtentriegelung ist Möglichkeit des manuellen Entsperrens einer Zuhaltung ohne Hilfsmittel zum Verlassen des Gefahrenbereichs. Das Aufheben der danach erfolgten Blockierung und die Wiederherstellung des betriebsbereiten Zustandes muss durch eine bewusste Handlung erfolgen. Freigabekreis (Freigabestrompfad) erzeugt ein sicherheitsgerichtetes Ausgangssignal. Freigabepfade wirken nach außen wie Schließer. Funktion ist eine von der Ausführung unabhängige, d. h. lösungsneutrale, abstrakte Beschreibung des gewollten Zusammenhangs zwischen den Ein- und Ausgängen eines Systems zur Erfüllung seiner Aufgabe. Seine Struktur legt diesen Zusammenhang fest. Funktionale Sicherheit umfasst im Sinne einer sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit alle Aspekte, bei denen die Sicherheit von der korrekten Funktion des sicherheitsbezogenen elektrischen Steuerungssystems, der sicherheitsbezogenen Systeme anderer Technologien und der externen Einrichtungen zur Risikominderung abhängt. Funktionselemente, äußere sind alle von der Arbeitsperson mit ihren Effektoren erreichbare und mit Rezeptoren erfassbare Teile von Maschinen, auf die sie zielgerichtet einwirkt oder die auf die Arbeitsperson einwirken. Funktionsprüfung kann entweder selbsttätig durch das Steuerungssystem oder personengebundenes Überwachen oder Prüfen beim Ablauf und/oder nach festgelegten Zeitabständen ausgeführt werden.
Funktionsstruktur ist der visualisierte Funktionszusammenhang und zugleich Verknüpfung von Teil- und/oder Elementarfunktionen in einem Strukturschema zu einer Gesamtfunktion eines Subsystems oder einer Maschine.
G Gefahr (Mittelhochdeutsch gevahre „Hinterhalt“, Betrug“) ist eine Sachlage oder Situation, die durch ein latentes oder virulentes stoffliches oder energetisches Potential gekennzeichnet ist, bei dessen Freisetzung akute Schädigungen von Personen, Sachen oder andere negative Auswirkungen möglich sind. Gefahr und Sicherheit sind binäre, sich gegenseitig ausschließende Zustände. Gefahrbringender Ausfall ist ein Ausfall, der das Potential hat, den sicherheitsbezogenen Teil einer Steuerung in einen gefährlichen Zustand oder in eine Fehlfunktion zu bringen und damit in der Maschine oder in deren Energieversorgung das Risiko erhöht. Gefährdung entsteht durch räumliches und zeitliches Zusammentreffen von Personen und Gefahren, bei dem die Möglichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder eines Körperschadens besteht, (Gefährdungssituation). Gefährdungen, deterministische, sind Gefährdungen, die bedingt durch den funktionellen Aufbau der Maschine latent über die gesamte Lebensdauer mit gleichbleibender hoher Wahrscheinlichkeit auftreten. Gefährdungen, relevante sind Gefährdungen, die innerhalb der festgelegten Grenzen der Maschine vorhanden sind oder mit ihrem Einsatz verbunden festgestellt wurden. Gefährdungen, signifikante sind Gefährdungen, die als relevant festgestellt wurden, die mit nichtvertretbaren Risiken verbunden sind und somit vom Konstrukteur spezielle Maßnahmen erfordern, um das Risiko entsprechend der Risikobeurteilung auszuschließen oder zu reduzieren.
8 Verwendete Begriffe
Gefährdungen, stochastische treten während der Lebensdauer der Maschine mit einer zeitabhängigen Wahrscheinlichkeit überraschend auf. Gefährdungsanalyse befasst sich mit dem Erkennen und Beschreiben von Gefahren und Gefährdungen für Menschen im Arbeitssystem. Aussagen sind stets nur für genau definierte Situationen bzw. Betriebszustände möglich. Gefährdungssituationen sind Umstände, unter denen Personen mindestens einer Gefahr ausgesetzt sind. Dies kann zu Unfällen, Berufskrankheiten oder arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren führen. Gefahrenbereich ist ein räumlicher Bereich, der durch eine oder mehrere Gefahrstellen gebildet wird und/oder in dem sich die von einer oder mehreren Gefahrquellen ausgehenden Gefahren körperschädigend auswirken können. Die Gefährdung kann dabei entweder permanent während der bestimmungsgemäßen Verwendung der Maschine vorhanden sein (z. B. durch gefahrbringende Bewegungen von Werkzeugen) oder sie kann unerwartet auftreten (z. B, durch unbeabsichtigten, überraschenden Anlauf). Gefahrquellen sind geometrische Orte an einer Maschine, von denen ausgehend eine Gefahr zu einem Schaden führen kann. Sie entstehen durch unkontrolliertes Freisetzen stofflicher oder energetischer Potentiale, z. B. durch Gegenstände, die sich in freien Bahnen bewegen, Personen erreichen und verletzen können. Gefahrstellen sind geometrische Orte an einer Maschine, an denen eine Gefahr zu einem Schaden führen kann. Sie sind Konfigurationen kontrolliert bewegter materieller Objekte, an denen sich Personen verletzen können. Ursache dafür sind Bewegungen von in Bahnen oder in Lagern geführten energiebehafteten Maschinenelementen, Teilen des Arbeitsmittels, von Werkzeugen, Werkstücken, ihren Teilen oder von anderem Arbeitsgut. Geländer ist eine Schutzeinrichtung (Umwehrung), die primär vor Abstürzen von hochgelegenen Kanten aus schützt, nicht aber vor Gefahrquellen oder Gefahrstellen.
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Gemeldete Stelle ist eine unabhängige Institution, die über die für die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens eines Produktes, vornehmlich Maschinen nach Anhang IV der Maschinenrichtlinie, erforderliche Fachkompetenz für genau beschriebene Prüfgebiete verfügt, von einem europäischen Mitgliedstaat ausgewählt, für diesen Zweck benannt und der Europäischen Kommission gemeldet wurde. Diese Prüfstellen unterliegen eigenen Qualitätskriterien und sind im Amtsblatt der EG gelistet. Gerät ist meist ein kompliziertes und zugleich ein komplexes Arbeitsmittel, das eine Hauptfunktion erfüllt, die vorwiegend durch Funktionselemente der Informationsverarbeitung bestimmt wird. Gefährdungen können entstehen, wenn Informationsflüsse zwischen Menschen und Geräten nicht optimal gestaltet sind. GS-Zeichen ist ein geschütztes Sicherheitszeichen, das anzeigt, dass das gekennzeichnete Serienprodukt eine freiwillige sicherheitstechnische Bauartprüfung im Sinne des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes durch eine zugelassene Stelle erfolgreich bestanden hat und dass dessen Herstellung einer regelmäßigen Überwachung unterliegt.
H Handlauf (auch als Teil eines Geländers) ist eine bewusst gestaltete Haltemöglichkeit gegen einen möglichen Sturz. Handlungen im Notfall umfassen sämtliche Tätigkeiten (z. B. Ausschalten, Stillsetzen) und Funktionen im Notfall, die auf dessen Beenden oder Beheben ausgerichtet sind. Handlungsbereich ist der räumlich bewusst gestaltete funktionelle Bereich der Maschine, auf dessen äußere Funktionselemente Arbeitspersonen zielgerichtet einwirken. Hersteller ist die natürliche oder juristische Person, in deren Namen und/oder auf deren Rechnung ein Produkt, z. B. eine Maschine, in Verkehr gebracht wird. Der Hersteller ist verantwortlich für die Sicherheit des entwickelten, konstruierten
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8 Verwendete Begriffe
und ausgeführten Produkts, auch wenn es aus Teilen unterschiedlichster Herkunft (Handelsware) zusamengebaut wird und/oder für die eigene Nutzung, wie z. B. bei einer in Eigenbau hergestellten Maschine, bestimmt ist. High-Demand-Systeme sind Sicherheitseinrichtungen, deren Sicherheitsfunktion dauernd benötigt wird, z. B. sicherheitsbezogene Teile der Steuerung einer zyklisch arbeitenden Presse mit manueller Beschickung; s. a. Low-Demand-Systeme. Hilfsentriegelung ist Möglichkeit des manuellen Entsperrens einer Zuhaltung nach deren Versagen oder für den Fall eines Stromausfalls bei Zuhaltungsschaltern, die nach dem Ruhestromprinzip arbeiten, von der Zugangsseite her (außerhalb des Gefahrenbereichs) mit Werkzeug oder Schlüssel. Das Aktivieren der Hilfsentriegelung öffnet gleichzeitig den Sicherheitskreis und verhindert somit einen unerwarteten Anlauf der Maschine. Die Zugangsstelle der Hilfsentriegelung muss danach verplombt/versiegelt werden, um eine betriebsmäßige Benutzung zu unterbinden. Höhere Gewalt: ein von außen kommendes, außergewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt des Betroffenen nicht verhindert werden kann.
I Inhärent sichere Konstruktion umfasst Schutzmaßnahmen, die entweder Gefährdungen beseitigen oder die mit Gefährdungen verbundenen Risiken vermindern, indem ohne Anwendung von trennenden oder nicht trennenden Schutzeinrichtungen die Konstruktions- oder Betriebseigenschaften der Maschine verändert werden, (EN ISO 12 100-1). Inverkehrbringen bedeutet, dass die Maschine erstmals dem gewerblichen Endnutzer zur Verfügung, sprich materiell bereitgestellt wird, unabhängig von rechtlichen Aspekten der Abtretung: Verkauf, Verleih, Vermietung, Schenkung usw. Information ist eine der drei allgemeinen Größen der Konstruktionslehre. Im Arbeitssystem sind In-
formationen Sachverhalte, die Zielrichtung des Verhaltens von Systemen oder von Personen steuern oder beeinflussen. Bezogen auf Personen wird Information als die Anzahl völlig unterschiedlicher einfacher Alternativen aufgefasst, die durch das Eintreten des Ereignisses wahrgenommen, verstanden, verarbeitet werden und zu einem Entschluss bzw. einer Handlung führen.
K Kategorie ist die Einstufung sicherheitsbezogener Teile der Steuerung bezüglich ihres Widerstandes gegen Fehler und ihres nachfolgenden Verhaltens bei Fehlern. Kategorien berücksichtigen neben qualitativen auch quantifizierbare Aspekte (z. B. MTTFd, DC und CCF). Kombinationsschaltung ist eine Betätigungsart, bei der eine Zweihandschaltung oder eine berührungslos wirkenden Schutzeinrichtung (BWS) mit einer Fußschaltung funktionell so gekoppelt sind, dass die Schutzeinrichtungen während der gefahrbringende Schließbewegung bis zur einer für Hände ungefährlichen, zulässigen Öffnungsweite wirksam bleiben. Nach dem Erreichen der zulässigen Öffnungsweite wird die Schließbewegung selbsttätig unterbrochen und kann durch Betätigen des Fußschalters beendet werden. Komplexes Bauteil ist ein Bauteil, dessen Ausfallraten sich nicht ausreichend definieren lassen oder dessen Verhalten unter Fehlerbedingungen sich nicht vollständig bestimmen lassen. Komplexität einer Konstruktion ist ein Maß für die Zahl der zwischen den Elementen einer Struktur bestehenden Beziehungen. Kompliziertheit einer Konstruktion ist ein Maß für den Grad der Unterschiedlichkeit der Elemente einer Struktur. Konformitätserklärung, (CE-), ist ein vom Hersteller ausgestelltes Dokument, das anzeigt, dass seiner Ansicht nach das betreffende Produkt mit den für dieses Produkt geltenden europäischen Richtlinien übereinstimmt. Erst mit der Konformitätserklärung kann die CE-Kennzeichnung erfolgen.
8 Verwendete Begriffe
Konformitätsvermutung ist die pauschale Annahme, dass mit der Anwendung harmonisierter EN-Normen die Anforderungen einer Europäischen Richtlinie erfüllt sind. Sie wird ausgelöst, wenn der Hersteller nachweist, er habe sein Produkt nach harmonisierten EN-Normen gebaut. Aufsichtsbehörden sind dann vorerst verpflichtet anzunehmen, dass der Hersteller alle Anforderungen der jeweiligen EG-Richtlinien eingehalten hat. Konstruieren, methodisches ist ein deduktives Verfahren, bei dem Konstruktionsaufgaben schrittweise gelöst werden. Jeder nachfolgende Arbeitsschritt wird erst dann begonnen, wenn der vorhergehende abgeschlossen ist. Konstruktionskataloge sind manuell handhabbare und unmittelbar visuell wahrnehmbare synoptische Informationsspeicher für technische Lösungen. Konstruktionskataloge weisen eine systematische Gliederung auf, enthalten einheitliche dargestellte Lösungen und aufgabenorientierte Zugriffsmerkmale. Konstruktionskataloge sind wegen ihres hohen problemlösenden Informationsgehalts für das methodische Konstruieren besonders gut geeignet. Kurzschluss ist eine nahezu widerstandslose, leitende Verbindung zwischen zwei unter unterschiedlichen Spannungen stehenden elektrischen Leitern.
L O (Lambda) ist die Ausfallrate, die sich aus der Rate sicherer Ausfälle Os und der Rate gefahrbringender Ausfälle Od zusammensetzt. Sie ist eine der signifikanten Kenngrößen der von Sicherheitssystemen. Laserscanner, ist ein optischer Flächenscanner, der mit periodisch ausgesendeten Lichtpulsen einen fächerförmigen Arbeitsbereich bestreicht, aus der Laufzeit der von Hindernissen reflektierten und empfangenen Lichtpulsen die Koordinaten der Hindernisse berechnet. Der Arbeitsbereich bzw. dessen Einteilung in Warn-, Sicherheits- und Abschaltbereiche ist frei programmierbar.
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Lebensdauer ist die Zeitspanne, während der ein Produkt unter festgelegten Betriebsbedingungen und Inanspruchnahme von Wartungs- und Reparaturleistungen in der Lage ist, seine Funktionsfähigkeit ausreichend zu erfüllen. Lichtgitter ist eine mehrstrahlige optische berührungslos wirkende Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion (BWS), die aufgrund ihres geringen Auflösevermögens in einem ebenen Schutzfeld Personen zuverlässig erkennt. Lichtschranke ist eine einstrahlige optische berührungslos wirkende Schutzeinrichtung, die bei Unterbrechung ihres Lichtstrahls den Schaltzustand ändert. Lichtvorhang ist eine mehrstrahlige optische berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (BWS) mit Annäherungsreaktion, die aufgrund ihres Auflösevermögens in einem ebenen Schutzfeld eindringende Körperteile erkennt. Logische Funktion ermöglicht eine Verknüpfung zwischen Eingang und Ausgang in Form von Aussagen einer zweiwertigen Logik: UND-, ODER-, NICHT-Funktion und deren Kombination. Low-Demand-Systeme sind Sicherheitseinrichtungen, bei denen relativ selten eine Anforderung kommt. Dazu gehören z. B. Not-Halt-Einrichtungen; s. a. High-Demand-Systeme.
M Magnetverriegelung: Verriegelung erfolgt nach dem Arbeitsstromprinzip (Elektromagnet verriegelt, Feder entriegelt). Manuelle Rückstellung zum Wiederherstellen einer oder mehrerer Sicherheitsfunktionen vor einem Neustart der Maschine: Nach dem Einleiten eines Stoppbefehls durch eine Schutzeinrichtung muss der Stilstand aufrecht erhalten bleiben bis der sichere Zustand für einen Wiederanlauf hergestellt worden ist und eine manuelle Rückstelleinrichtung betätigt wird.
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8 Verwendete Begriffe
Maschine ist meist ein kompliziertes und zugleich ein komplexes Arbeitsmittel mit einer Hauptfunktion (z. B. Aufbereiten, Behandeln, Fortbewegen oder Verarbeiten von Arbeitsgegenständen durch Wirkbewegungen), gekennzeichnet durch eine funktionelle Verkettung von Mechanismen zum Umwandeln von Energiearten, Realisieren von Bewegungsabläufen und zum technischen Umsetzen von Kräften. Die Hauptfunktion entsteht aus mehreren ineinandergreifenden, aufeinander abgestimmten Teilfunktionen, realisiert in Subsysteme. Sie nutzen unterschiedlichste physikalische Effekte bzw. Energien. Teilfunktionen, realisiert in Subsystemen bzw. Funktionselementen, laufen gleichzeitig oder nacheinander, teils offensichtlich, teils verborgen ab, meist als eine Folge wiederholbarer Schritte. Teilfunktionen können für Menschen gefährlich werden. Maschinenergonomie ist das Anpassen von Maschinen an die physischen und psychischen Eigenschaften und Bedürfnisse der Benutzer mit dem Ziel, die entstehenden Beanspruchungen für Personen einer Zielpopulation im Arbeitssystem zu optimieren, um eine humane Produktivität zu verwirklichen. Mehrfehlertoleranz (-sicherheit): Auch nach Auftreten mehrerer Fehler ist die gefordete Sicherheitsfunktion weiterhin gewährleistet. Meldekreis (-strompfad): erzeugt ein nicht sicherheitsgerichtetes Ausgangssignal. Meldestrompfade können durch Öffner oder Schließer aktiviert werden. Mindestbetätigungszeit ist die kürzeste Zeit für den Steuerbefehl, um eine Maschine starten (wiedereinschalten) zu können. MTBF (Mean Time Between Failure): Statistischer Wert für die Mittlere Ausfallzeit eines Gerätes als Summe von MTTF (mean time to failure) und MTTR (mean time to repair). Zeit, die im Normalbetrieb vergeht, bevor ein neuer Fehler auftritt. Mittlere Zeit bis zum gefahrbringenden Ausfall MTTFd ist der statistische mittlere Wert der Betriebszeit für den zu erwarten ist, dass ein einzi-
ger Kanal eines Systems keinen gefahrbringenden Ausfall haben wird. Muting ist das bestimmungsgemäße, zeitlich begrenzte automatische Überbrücken der Schutzfunktion berührungslos wirkender Schutzeinrichtungen (BWS), das mit zusätzlicher Sensorik Personen und Gegenstände zu unterscheiden vermag. Muting-Sensoren: Signalgeber für den Mutingbetrieb, die ein Transportgut erkennen, bei dessen Passage eine BWS nicht abschalten soll.
N Nachlauf ist der Weg eines Wirkorgans (Werkzeugs), der sich als Ergebnis von Steuerungs- und Bremsvorgängen, die z. B. bei einer Unterbrechung des Hubes bis zu seinem Stillstand ablaufen, ergibt. Netzausfall-Überbrückung: maximale Zeit für Kurzzeitunterbrechungen der Versorgungsspannung, die nicht zu einer Fehlfunktion oder zum Rücksetzen des Gerätes führt. Norm ist die höchste Stufe eines im Konsens von einer Institution erarbeiteten Dokuments, das technische Regeln beschreibt und somit eine wichtige Erkenntnisquelle (von vielen) ist. Normen, europäische (EN-), sind solche Normen, die CEN oder CENELEC für Industrie, Gewerbe und Handwerk erarbeiten. DIN EN Normen sind in das deutsche Normenwerk übernommene europäische Normen, deren Regelungsumfang sich innerhalb der durch europäische Richtlinien erfassten Bereiche bewegt und die dort vorgegebenen abstrakt formulierten grundlegenden Anforderungen konkretisieren. Norm, harmonisierte, eine europäische Norm, die CEN oder CENELEC im Auftrag der Europäischen Kommission erarbeiten. Sie wird mit Angabe der Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht. Erst wenn sie danach von mindestens einem EG-Staat in eine nationale Norm umgesetzt worden ist, erhält sie die Konformitätsvermutung.
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Not-Aus: Einrichtung um mit bewusster Handlung im Notfall die Versorgung mit elektrischer Energie der ganzen oder einem Teil einer Installation abzuschalten, falls ein Risiko für elektrischen Schlag oder ein anderes Risiko elektrischen Ursprungs besteht, um diesen Zustand schnellsten zu beenden. Not-Entsperrung: Möglichkeit des manuellen Entsperrens einer Zuhaltung im Gefahrenfall ohne Hilfsmittel und ohne dass die Tür erst betriebsmäßig entriegelt werden muss von der Zugangseite (außerhalb des Gefahrbereichs) aus. Das Aufheben der nachfolgenden Blockierung und das Wiederherstellen des betriebsbereiten Zustands müssen einer Reparatur vergleichbaren Aufwand erfordern. Notfall: Akute Gefährdungssituation, die dringend beendet werden muss oder dringend Abhilfe bedarf. Ein Notfall kann während des Normalbetriebs entstehen von außen durch menschlichen Eingriff bzw. Umgebungseinflüsse oder als Folge einer internen Fehlfunktion von Komponenten oder durch einen Systemausfall. Not-Halt: Einrichtung um mit einer einzigen bewussten Handlung im Notfall eine Not-HaltFunktion auszulösen, um Prozesse oder Bewegungen anzuhalten, die Gefährdungen bringen würden (Stillsetzen). Not-Halt-Befehlsgerät: Einrastendes Schaltelement mit zwangsöffnenden Kontakten, das in Notfällen betätigt, Prozesse oder Maschinen bzw. Anlagen stillsetzt. Es muss überlistungssicher ausgeführt sein sowie leicht und gefahrlos erreichbar sein. Not-Halt-Einrichtung besteht aus einer Anordnung von Bauteilen, die dazu bestimmt sind, die Not-Halt-Funktion zu verwirklichen. Hierzu gehören Befehlsgeräte zum Betätigen mit Körperteilen (Bedienteile), nachgeschaltete Steuereinrichtungen, die den Not-Halt-Befehl erzeugen, wenn ein Bedienteil betätigt wird, Teile der Maschinensteuerung, die diesen Befehl verarbeiten und Leistungssteuerelemente (Schütze, Ventile, Geschwindigkeitsregler), Trenneinrichtungen und Bremsen zur Erreichung des Not-Halt-Zustandes.
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Not-Halt-Funktion ist das Abwenden oder Mindern unmittelbar aufkommender oder bestehender Gefährdungen von Personen aber auch drohender Schäden an der Maschine bzw. am Arbeitsgut in nicht vorhersehbaren Notfällen. Sie muss zu jeder Zeit während jeder Betriebsart verfügbar sein.
P Performance Level PL: Diskrete Angabe, der die Fähigkeit sicherheitsbezogener Teile spezifiziert, eine Sicherheitsfunktion unter vorhersehbaren Bedingungen auszuführen, um die erwartete Risikominderung zu erfüllen. Performance Level, erforderlicher PLr ist der PL, um die erforderliche Risikominderung für jede Sicherheitsfunktion zu erreichen. Positionsschalter (mit Sicherheitsfunktion): Teil der Verriegelung einer trennenden Schutzeinrichtung, der seinen Schaltzustand (zwangsöffnende Kontakte) in Abhängigkeit von einem mechanisch gegebenen Steuerbefehl beim Erfassen einer diskreten Postion einer beweglichen Schutzeinrichtung ändert. Produkt, sicheres ist ein Produkt, von dem aufgrund der geltenden Rechtslage oder der vorgegebenen Sicherheitsanforderungen nur akzeptierte Gefährdungen ausgehen und Nutzer sich nur tolerierten Risiken aussetzen. Produkt, technisches, stoffliche Verwirklichung (Gebilde) einer Lösung für eine bestimmte Aufgabenstellung (Apparat, Gerät, Maschine aber auch Spielzeug, Sportgerät u. ä.). Produkthaftung ist die Verpflichtung zum Ersatz der durch fehlerhafte Produkte verursachten Schäden. Wurde in Deutschland als ”RichterRecht” aus dem § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entwickelt als Verschuldenshaftung im Falle des Verletzens von Sorgfaltspflichten. Seit dem 1. 1. 1990 gilt zusätzlich das Produkthaftungsgesetz mit dem Prinzip der verschuldensunabhängigen Haftung.
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Q Querschluss: Liegen an beiden Kanälen einer Zweikanal-Steuerung unterschiedliche Spannungen an, kann bei einer leitenden Verbindung beider Kanäle (z. B. beim Durchtrennen des Kabels) ein Querschluss auftreten. Querschlusserkennung: Fähigkeit eines Systems, während einer zyklischen Überwachung Querschlüsse sofort zu erkennen und danach einen sicheren Zustand herbeizuführen.
R Redundanz (mehrkanaliger Aufbau) ist das mehrfache Vorhandenseim von Komponenten zur Erhöhung der Zuverlässigkeit (und damit auch die Sicherheit und/oder Verfügbarkeit) mit der Zielsetzung, bei Ausfällen oder Störungen einer dieser Komponenten die geforderte Aufgabe durch die verbliebenen noch funktionsfähigen (Reserve-) Komponenten weiter voll zu erfüllen. Redundanz kann mit identischen Komponenten (homogene Redundanz) oder mit unterschiedlichen Komponenten (diversitäre Redundanz) verwirklicht werden. Reflexe sind angeborene, nicht erlernbare, vom Willen nicht steuerbare Reaktionsketten, auf bestimmte Reize spontan mit vorhersehbaren Handlungen zu reagieren. Restrisiken konnte der Maschinenhersteller auch bei Berücksichtigung des Standes der Technik vor dem Inverkehrbringen des Produkts nicht beseitigen. In der Betriebsanleitung muss er sie benennen und auf deren mögliche Folgen hinweisen. Zu Restrisiken gehören bewusst akzeptierte Risiken (nach Anwendung harmonisierter Sicherheitsnormen und die des täglichen Lebens), erkannte (aber falsch beurteilte) Risiken sowie (noch) nicht erkannte Risiken. Restrisiken verbleiben, können sich daher realisieren! Rezeptor ist ein Organ der Arbeitsperson zur Informationsaufnahme aus ihrer Umwelt oder aus ihrem Körper.
Risiko ist die Unbestimmtheit künftiger Situationen und Ereignisse, die durch Akteure unter fest umrissenen Verwendungs- und/oder Expositionsbedingungen zu Vorteilen oder zu Verlusten (im Sinne eines potentiellen Schadens bei) führen können. Beim Konstruieren von Maschinen ist Risiko eine Wahrscheinlichkeitsaussage (kalkulierte Prognose einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder eines Sachschadens), hergeleitet aus der Kombination der Häufigkeit der Ereignisse sowie des Schweregrades möglicher Verletzungen oder Gesundheitsschädigungen während einer Gefährdungsexposition und der anwendbaren Schutzmöglichkeiten. Risiko, tolerierbares ist ein Risiko, das basierend auf den aktuellen gesellschaftlichen Wertvorstellungen in einen gegebenen Zusammenhang tragbar ist. Risikobeurteilung ist der umfassende Prozess zur Ermittlung und Bewertung des Risikos unter Nutzung aller verfügbaren Informationen. Die Risikobeurteilung umfasst zunächst eine Risikoanalyse und eine anschließende Risikobewertung. Bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts wird die Häufigkeit des räumlichen und zeitlichen Zusammentreffens mit den Gefahren betrachtet. Bei der Beurteilung des Schadensausmaßes wird immer von der schwerstmöglichen Verletzung oder Gesundheitsschädigung, die erfahrungsgemäß eintreten kann, ausgegangen. Des Weiteren müssen Schutzmöglichkeiten und Möglichkeiten zur Schadensminderung berücksichtigt werden. Rückfallzeit: Zeit vom Abschalten des Steuerkommandos oder der Versorgungsspannung bis zum Öffnen der Freigabekreise. Rückführkreis überwacht angesteuerte Aktoren, z. B. Relais oder Lastschütze mit zwangsgeführten Kontakten. Ruhestromprinzip. Bei einer Verriegelung mit Zuhaltung nach dem Ruhestromprinzip wird die Schutzeinrichtung solange durch die Federkraft, die auf den Riegel wirkt, zugehalten, bid der Zuhaltemagnet mit Strom versorgt wird. Seine Kraft zieht den Riegel zurück und entsperrt die Schutzeinrichtung.
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S Safe Failure Fraction (SFF) gibt den prozentualen Anteil der Wahrscheinlichkeit wieder für Ausfälle, die entweder in die sichere Richtung oder in die gefahrvolle (aber durch Diagnose-CoverageMaßnahmen (DC) erkennbare) Richtung ablaufen, bezogen auf alle Ausfälle. Zu betrachten sind nur Ausfallraten innerhalb der Sicherheitsfunktionen, [(Os+ DC. Od)/( Os+ Od)]. Schaden ist ein Nachteil, entstanden durch Verletzung von Rechtsgütern aufgrund eines bestimmten technischen Vorgangs oder Zustands. Versicherungstechnisch lässt sich das Ausmaß nur materiell über einen Geldbetrag definieren, auch ein Körperschaden. Schaltelemente sind in elektromechanisch wirkende Positionsschalter eingebaut. Sie wandeln die Stößelbewegung in Öffnungsfunktion (Zwangsöffner) und Schließfunktion in Stromkreisen um. Schaltelemente können als Schleichschalter oder als Sprungschalter ausgeführt sein. Schaltmatte ist eine Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion, die eine verformbare Fläche hat, deren Betreten ein Signal hervorruft, das zum Unterbrechen, zum Umsteuern gefahrbringender Bewegungen oder zu einem anderen sicheren Zustand führt. Schaltplatte ist eine Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion, die eine formbeständige Fläche hat, deren Betreten ein Signal hervorruft, das zum Unterbrechen, zum Umsteuern gefahrbringender Bewegungen oder zu einem anderen sicheren Zustand führt. Schrittschaltung ist eine Steuereinrichtung, bei der eine einzelne Betätigung im Zusammenwirken mit der Steuerung der Maschine nur eine begrenzte Wegstrecke eines kraftbewegten Maschinenelements erlaubt, auch Inchen genannt. Schutz ist die Verringerung des Risikos durch Maßnahmen, die entweder die Eintrittshäufigkeit oder das Schadensausmaß oder beide einschränken. Verringerung des Risikos kann erreicht werden durch sichere Konstruktion, Schutzein-
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richtungen, persönliche Schutzausrüstung, sicherheitsbezogene Informationen sowie Schulungs- und Organisationsmaßnahmen (in dieser Reihenfolge). Schutzbereich ist der bewusst gestaltete räumliche und funktionelle Bereich einer Maschine, dessen Baugruppen Arbeitspersonen oder Dritte vor Auswirkungen von Gefahren schützen. Schutzeinrichtungen sind sicherheitstechnische Einrichtungen der mittelbaren Sicherheitstechnik und zusätzliche Maschinenelemente, die für die technologische Funktion einer Maschine nicht unbedingt notwendig sind, wohl aber für die Sicherheit der mit oder an Maschinen arbeitenden Menschen. Schutzeinrichtungen, berührungslos wirkende (BWS) sind Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion, bei denen Veränderungen von akustischen, optischen, elektromagnetischen oder anderen Feldern Schaltbefehle auslösen, die zum Unterbrechen oder zum Umsteuern gefahrbringender Situationen führen. Schutzeinrichtung, elektrosensitive: Ein System zur Realisierung eines Zugriffschutzes oder einer Anwesenheitserkennung, das zumindest aus folgenden Komponenten besteht: Sensorkomponente(n), Steuerungs- und Überwachungskomponente(n) bzw. Ausgangskomponente(n). Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion verhindern Gefährdungen, indem sie gefahrbringende Bewegungen unterbrechen oder umsteuern, sobald sich Personen mit ihren Körperteilen an Gefahrstellen bis zu einem definierten Sicherheitsabstand angenähert haben. Schutzeinrichtungen, ortsbindende verhindern Gefährdungen, indem sie Personen oder deren Körperteile während der gefahrbringenden Situation außerhalb der Gefahrstellen an sichere Orte binden, z. B. Hände an beide Befehlseinrichtungen einer Zweihandschaltung. Schutzeinrichtungen, trennende, sind materielle Barrieren, die in der Schutzstellung ein räumliches und zeitliches Zusammentreffen von Per-
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sonen mit Gefahrstellen und Gefahrquellen verhindern. Sie können auch vor anderen Gefahren, z. B. vor Gefahrstoffen, Hitze, Lärm, Strahlung usw., schützen. Schutzfeld ist der räumliche Bereich, in dem der vom Hersteller definierter Prüfkörper von einer berührungslos wirkenden Schutzeinrichtung (BWS) erkannt wird. Schutzleiter ist der Leiter, der für einige Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag im Falle eines Isolationsfehlers erforderlich ist, um eine leitende Verbindung, z. B. zu einem Körper, zu fremden leitfähigen Teilen oder zur Haupterdungsklemme herzustellen. Schutzmaßnahmen, technische sind Maßnahmen, bei denen Schutzeinrichtungen zur Anwendung kommen, um Personen vor Gefahren zu schützen, die durch inhärent sichere Konstruktion nicht in angemessener Weise beseitigt werden können, oder vor Risiken schützen, die dadurch nicht ausreichend vermindert werden können. Schutzziele sind formulierte sicherheitstechnische Forderungen und Vorgaben. Während des Konstruktionsprozesses müssen oft die ursprünglichen Schutzziele der Aufgabenstellung noch um weitere Teilziele ergänzt werden. Seilzugschalter ist ein Signalgeber der seinen Schaltzustand ändert, sobald eine an ihm befestigte Reißleine gezogen wird bzw. sie reißt. Wird meistens in Not-Halt-Einrichtungen räumlich ausgedehnte Anlagen (z. B. Förderstrecken) benutzt. Sicherheit. Immaterielle Eigenschaft des Produkts, die bewirkt, dass innerhalb vorgesehener Lebensdauer und festgelegter Betriebsbedingungen vom Produkt keine Gefährdungen und damit Rechtsgutverletzungen für Mensch und Umwelt bzw. nur akzeptierte Restrisiken ausgehen. Sicherheit als dynamische Wahrscheinlichkeitsgröße unterliegt zeit- und belastungsbedingten Schwankungen. Sie ist daher nur eine relative Aussage zu einem Zustand einer sehr geringen Schadenswahrscheinlichkeit, bezogen auf vorherigen Zustand oder vorheriges Niveau. Sicherheit und Gefähr-
dung sind binäre, sich gegenseitig ausschließende Zustände. Sicherheit, funktionale ist der Teil der Gesamtsicherheit eines Systems, der von der korrekten Funktion sicherheitsbezogener Steuerungssysteme und externer Einrichtungen abhängt. Sie bewirkt, dass die Sicherheitsfunktionen zuverlässig erfüllt werden. Nicht zur funktionalen Sicherheit gehören u. a. elektrische Sicherheit, Brand- und Explosionsschutz, Strahlenschutz usw. Sicherheit, inhärente wohnt in einem System inne, wenn deterministische Gefährdungen konstruktiv vermieden werden und stochastische Gefährdungen z. B. durch Fail-Safe-Verhalten, das ohne Hilfsmittel aktiviert wird, beherrscht werden. Sicherheitsabstand ist der zur Vermeidung von Gefährdungen notwendiger Mindestabstand zwischen einer verriegelten trennenden Schutzeinrichtung, einer berührungslos wirkenden Schutzeinrichtung (BWS) oder Zweihandschaltung und der nächstliegenden Gefahrstelle. Er muss unter Berücksichtigung der Nachlaufzeit und der Greif bzw. Zutrittgeschwindigkeit so bemessen sein, dass die gefahrbringende Bewegung zum Stillstand kommt, bevor sich der Sicherheitsabstand überwinden werden lässt. Sicherheitsbauteile sind Bauteile, die gesondert in Verkehr gebracht werden und die für das Funktionieren der Maschine bzw. zur Erfüllung deren technologischen Funktion zwar nicht erforderlich sind jedoch zur Gewährleistung einer Sicherheitsfunktion dienen und deren Ausfall und/oder Fehlfunktion die Sicherheit von Personen gefährden. Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen sind Teile der Steuerungen, die auf Eingangssignale reagieren und sicherheitsrelevante Ausgangssignale erzeugen, von deren die zuverlässige Erfüllung der Sicherheitsfunktionen abhängen. Sicherheitsfunktion. Funktion einer Maschine oder eines Subsystems, deren Ausfall unmittelbar Verletzungsrisiken erhöhen kann. Sicherheitsintegrität ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein sicherheitsbezogenes System die geforderten Sicherheitsfunktionen unter festgelegten
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Bedingungen innerhalb eines festen Zeitraumes ordnungsgemäß ausführt, d. h. die Sicherheitsfunktion fortwährend vollständig und unverändert aufrecht hält.
Steuerstromkreis wird zur betriebsmäßigen Steuerung technologischer Funktionen einer Maschine bzw. Anlage und zum Schutz der Hauptstromkreise benutzt.
Sicherheits-Integritäts-Level (SIL) ist eine diskrete Stufe zum Spezifizieren der Anforderung für die Sicherheitsintegrität der Sicherheitsfunktionen, die einem System zugeordnet werden (IEC 61 508-4) und zugleich das Zielmaß zum Bestimmen der Leistungsfähigkeit einer Sicherheitsfunktion (Schutzziel). Zuordnungen der SIL zu einzelnen Baugruppen ist nicht sinnvoll, da sich die Anforderung an die Sicherheitsintegrität nur auf das komplette System beziehen kann. Die Festlegung der Stufe kann erst für die bekannte Zusammenschaltung der Komponenten getroffen werden.
Stillsetzen einer Maschinenbewegung (gesteuertes) bewirkt das Stillsetzen der Maschinen-Antriebselemente durch Zurücksetzen des elektrischen Befehlssignals auf Null, sobald die Steuerung das Stopp-Signal erkannt hat. Die elektrische Energie zu den Antriebselementen bleibt während des Stillsetzungsvorgangs erhalten.
Sicherheitsreserve ist in einem System dann vorhanden, wenn ein sicherheitsrelevantes Subsystem noch über funktionsfähige Redundanzen verfügt. Sicherheitsschalter (Positionsschalter mit Sicherheitsfunktion) sind Grenztaster, welche Ruhelagen, Wege und Winkel sicherheitsrelevanter Teile, z. B. trennender Schutzeinrichtungen, überwachen und in Steuersignale umwandeln. Start (automatisch oder manuell). Sicherheitsschaltgeräte( z. B. Sicherheitsrelais) können manuell oder automatisch aktiviert werden. Beim manuellen Start wird, nachdem ein sicherer Zustand festgestellt wurde, durch das Betätigen der Startaste ein Freigabesignal erzeugt. Die Funktion wir auch als statischer Betrieb bezeichnet. Er ist für Not-Halt-Einrichtungen obligatorisch (EN 60 204-1). Beim automatischen Start wird, nachdem ein sicherer Zustand festgestellt wurde, ohne manuelle Zustimmung das Freigabesignal erzeugt. Diese Funktion wird auch als dynamischer Betrieb bezeichnet. Er ist für Not-Halt-Einrichtungen unzulässig. Steuerungskategorie. Auf der Bauweise und der Zuverlässigkeit basierende Kategorisierung sicherheitsrelevanter Teile einer Steuerung in Hinsicht auf ihre Ausfallsicherheit und ihr Verhalten bei und nach einem Ausfall, auch Architektur der Steuerung genannt.
Stillsetzen einer Maschinenbewegung (ungesteuertes) bewirkt das Stillsetzen der Maschinen-Antriebselemente durch Unterbrechen des Energieflusses zu den Antriebselementen, Betätigen aller Bremsen und /oder anderer mechanischer Stillsetzungselementen, sofern vorhanden. Stoff ist eine der drei allgemeinen Größen, auf welche die Konstruktionslehre aufbaut. Dort wird Stoff als raumfüllende Materie aufgefasst, die zum Zweck einer Funktionserfüllung gespeichert, geleitet (örtlich versetzt), umgeformt, übertragen, gewandelt und mit anderen allgemeinen Größen verknüpft wird. Stoppkategorien. Die EN 60 204-1 definiert drei Stoppkategorien für das Stillsetzen von Maschinen. Die Stoppkategorie 0 bedeutet, dass die Maschine durch sofortiges Trennen der Energiezufuhr stillgesetzt wird. Die Stoppkategorie 1 bedeutet, dass die Maschine gesteuert heruntergefahren wird, wobei die Energiezufuhr beibehalten bleibt, um die Maschine zum Stillstand zu bringen. Sobald der Stillstand eingetreten ist, wird die Energiezufuhr unterbrochen. Die Stoppkategorie 2 bedeutet, dass die Maschine gesteuert bei aktiver Energiezufuhr heruntergefahren wird, um die Maschine zum Stillstand zu bringen. Danach wird die Energiezufuhr jedoch nicht unterbrochen. Die Stoppkategorie 2 darf nicht zum Stillsetzen im Notfall angewendet werden. Struktur ist die Folge der systematischen und logischen Gliederung eines Gesamtsystems. Die Einzelteile des Gesamtsystems (Untersysteme), stehen miteinander in gegenseitigen Beziehungen unterschiedlicher Art und unterschiedlichen Umfangs. System (ein sinnvoll in sich gegliedertes Ganzes)
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ist innerhalb definierter Grenzen die Menge aller mittelbar oder unmittelbar zusammenwirkenden Elemente und die Menge von Beziehungen, die zwischen diesen Elementen bestehen. Die Elemente sind meist über Ein- und Ausgangsgrößen miteinander verknüpft und können wieder selbst als System aufgefasst werden. Das Verhalten des Systems, also der Zusammenhang zwischen Einund Ausgangsgrößen, ist seine Funktion. Sie ist mit der Struktur der Elemente bzw. der Teilsysteme festgelegt. Systematik ist eine nach festgelegten Kriterien übersichtlich dargestellte Ordnung von Sachverhalten. Systemtechnik ist ein Mittel zur abstrakten Betrachtungsweise abgrenzbarer, zweckgerichteter Systeme mit Ein- und Ausgangsgrößen und inneren Teilsystemen, mit Beziehungen untereinander.
T Taktsteuerung: Eine Funktion der BWS, bei der sie neben ihrer Schutzfunktion das Auslösen einer gefahrbringenden Maschinenbewegung übernimmt. Taster-Überwachung: Die korrekte Funktion des Tasters (z. B. „Ein“ ) wird durch einen dynamischen Signalwechsel beim Betätigen des Tasters überwacht. Dadurch wird z. B. ein Einschalten verhindert, dass durch einen kurzgeschlossenen Taster verursacht würde. Testung soll sicherstellen, dass ein Sicherheitssystem korrekt funktioniert. Die Testung muss in festgelegten Zeitabständen, abhängig vom Prozess und der Risikobeurteilung wiederholt werden. Die Testrate für sicherheitsbezogene Teile der Steuerung nach Kategorie 2 muss mindestens dem Hundertfachen der Anforderungsrate der Sicherheitsfunktion entsprechen. Tippbetrieb ermöglicht (gefahrbringende) Maschinenbewegungen nur während der Betätigung der zugehörigen Befehlseinrichtung (Taster ohne Selbsthaltung, Tipptaster) und setzt sie nach dem
Loslassen der Befehlseinrichtung unverzüglich still. Tipptaster ist ein Schalter ohne Selbsthaltung mit selbsttätiger Rückstellung. Er setzt Bewegungen von Maschinen(-teilen) in Gang und hält sie nur so lange aufrecht, wie er betätigt ist. Wird er losgelassen, geht er selbsttätig in die Ruheposition zurück, die Bewegungen werden sofort unterbrochen. Totmanschalter: Ein innerhalb einer Zeitspanne wiederholt manuell zu betätigender Signalgeber (Schalter ohne Selbsthaltung) zur Überprüfung der körperlichen und geistigen Präsenz des Maschinenbenutzers. Die Steuerung hält die Maschinenfunktion nur aufrecht, solange der Signalgeber nach obigen Muster betätigt wird.
U Unfall ist ein unfreiwilliges, ungeplantes und unkontrolliertes Freiwerden desktruktiver Energien in Anwesenheit von Opfern. Versicherungstechnisch ist er ein plötzlich auftretendes, von außen einwirkendes körperschädigendes Ereignis. Unfall, sekundärer, ist ein Unfall, der als Folge z. B. von Schreckreaktionen aufgrund vorerst nicht gefährlicher Handlungen oder eines vorerst nicht gefährlichen Geschehens zustande kommt. Unfallfolgen, (ir-)reversible, sind Folgen eines Unfalls, die weitgehend rückgängig gemacht werden können (z. B. Quetschungen, Knochenbrüche). Bei irreversiblen Folgen ist das nicht der Fall. Von besonderer rechtlicher Bedeutung sind irreversible Körperschäden (z. B. Amputationen, Lähmungen, Versteifungen) und Tod.
V Verfügbarkeit ist die Wahrscheinlichkeit, eine Betrachtungseinheit während einer fest umrissenen Betrachtungszeit (Betriebsdauer, Wartungsintervall) funktionsfähig vorzufinden. Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sieht vor, dass bestimmte Maßnah-
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men geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen. Vermutungswirkung: Mit dem konsequenten Umsetzen der relevanten harmonisierten, unter der Maschinenrichtlinie gelisteten Normen kann der Hersteller vermuten, dass er die Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllt hat. Juristisch betrachtet ist die Vermutungswirkung jedoch nur ein jederzeit widerrufliches Indiz für die Erfüllung dieser Anforderungen. Verriegelung ist eine mechanische, elektrische oder andere Einrichtung, die den Betrieb eines Systems nur unter bestimmten Bedingungen ermöglicht, z. B. die Ausführung gefährlicher Maschinenfunktionen unter festgelegten Bedingungen zu verhindern, so lange eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung nicht geschlossen ist. Verriegelung mit Zuhaltung: Ein Sperrmechanismus blockiert das Öffnen der beweglichen trennenden Schutzeinrichtung so lange, bis die gefahrbringende Situation zum Stillstand gekommen ist. Start der gefahrbringenden Situation ist nur im zugehaltenem Zustand der Schutzeinrichtung möglich. Verriegelung ohne Zuhaltung: Sobald die trennende Schutzeinrichtung geöffnet wird, löst die Steuerung eine Maßnahme aus zur sofortigen Stillsetzung der gefahrbringenden Situation. Start der gefahrbringenden Situation ist nur im geschlossenen Zustand der Schutzeinrichtung möglich. Versagen, menschliches ist eine auf den körperlich-geistigen Zustand des Betroffenen zurückzuführende Handlung oder Unterlassung, die zu einem unerwünschten Ereignis führte. Systemtechnisch betrachtet, offenbart dieses Verhalten tieferliegende Fehler im Arbeitssystem (z. B. Konstruktionsfehler, Nichtbeachtung ergonomischer Gesetzmäßigkeiten, mangelnde Qualitätskontrolle, mangelnde Wartung, Personenauswahl), die nicht die unmittelbar betroffene (und mit diesem Begriff vorverurteilte) Person verursacht hat. Verwendung, bestimmungsgemäße, ergibt sich aus den Angaben des Herstellers, wofür die Maschine geeignet ist oder wofür sie von Konstruktion, Bau und Funktion her als üblich angesehen
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wird. Bestimmungsgemäße Verwendung umfasst außerdem die in der technischen Dokumentation und in der Betriebsanleitung getroffenen sicherheitstechnischen Festlegungen, bei denen aber eine vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung (ausgehend von der allgemeiner Lebensund Berufserfahrung) in Betracht gezogen werden muss. Vorfall ist ein unerwünschtes Ereignis ohne Personen- und/oder Sachschaden (Beinahunfall).
W Wahrnehmungsbereich ist der bewusst räumlich und funktionell gestaltete Bereich der Maschine, aus dem Arbeitspersonen Informationen über den Zustand der Maschine oder des Prozesses entnehmen. Watchdog ist eine zeitliche Programmlaufüberwachung in einer elektronischen/rechnergestützten Steuerung, bei der ein externes Bauelement in regelmäßigen Zeitabständen vom Mikrorechner Signale erwartet. Bleiben diese Signale aus, so hat der Watchdog über einen zweiten unabhängigen Abschaltpfad die Möglichkeit, eine sicherheitsgerichtete Reaktion einzuleiten. Wiederanlaufsperre verhindert die Freigabe der Auswerteeinheit nach einem Abschalten, nach einer Änderung der Betriebsart der Maschine oder nach dem Wechsel der Betätigungsart. Die Wiederanlaufsperre darf sich erst durch einen externen Befehl (z. B. „EIN“-Taster) aufheben lassen. Wiederbereitschaftszeit: notwendige Mindestzeit, um ein Gerät neu zu starten, nachdem das Steuerkommando oder die Versorgungsspannung unterbrochen wurde. Wirkbereich ist der räumliche und funktionelle Teil der Maschine, in dem die Arbeitsabläufe zur Be- und Verarbeitung oder Herstellung von Werkstücken, Werkstoffen und dergleichen ablaufen. Wirkbewegung ist eine Bewegung von Bauteilen oder Baugruppen, mit der ein physikalischer Effekt erzwungen oder ermöglicht wird.
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Wirkfläche ist die Fläche des Bauteil oder der Baugruppe, an der oder über die ein physikalischer Effekt erzwungen oder ermöglicht wird.
Z Zertifizierung ist eine dokumentierte Verwaltungsmaßnahme, die anzeigt, dass ein angemessenes Vertrauen besteht, dass ein ordnungsgemäß bezeichnetes Erzeugnis, Verfahren oder eine ordnungsgemäß bezeichnete Dienstleistung mit bestimmten Normen oder mit bestimmten anderen normativen Dokumenten übereinstimmt. Zielpopulation ist eine durch einen begründet vereinbarten Perzentilbereich der allgemeinen Bevölkerung und durch wesentliche Merkmale, z. B. Geschlecht, Alter, Fertigkeiten usw. begrenzte Gruppe von Personen, die bei der Konstruktion und der Gestaltung ergonomie- und sicherheitsgerechter Maschinen berücksichtigt werden muss . Zugriffszeit ist die Zeitspanne zwischen dem Auslösen eines Haltebefehls durch die Verriegelungs-/ Überwachungseinrichtung und dem Zeitpunkt, zu dem die Gefahrstellen erreichbar ist Zuhaltung ist eine Einrichtung, die eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung so lange zwangsläufig in ihrer Schutzstellung hält, bis alle gefahrbringenden Situationen beendet sind. Zustimmschalter ist ein üblicherweise manuell zu betätigender Signalgeber, der die Schutzwirkung
einer Schutzeinrichtung bei Betätigung des Signalgebers aufhebt. Zum Ingangsetzen oder Weiterrücken der Maschine ist ein bewusster Startbefehl notwendig, z. B. durch Drücken des Zustimmtasters. Die Bewegung muss stoppen, sobald der Taster losgelassen wird. Zuverlässigkeit ist eine Wahrscheinlichkeitsaussage, dass innerhalb der vorgesehenen Betriebsdauer und unter festgelegten Betriebs- und Umgebungsbedingungen die vorgesehenen Eigenschaften eines Produktes vorhanden sind und die zugedachten Funktionen innerhalb vereinbarter Toleranzen erfüllt werden (Qualität auf Zeit). Im Sinne der Sicherheitstechnik ist es die Eigenschaft, keine Gefahren zu erzeugen oder zulassen, aus denen Schäden (auch ohne Rechtsgutverletzung) entstehen können Zwangsgeführte Kontakte: Öffner- und Schließerkontaktkombination, deren Kontakte mechanisch so miteinander gekoppelt sind, dass sie während der Lebensdauer niemals beide zur gleichen Zeit geschlossen sein können - auch nicht im Fehlerfall, wie z. B. bei verschweißten („klebenden“) Kontakten. Zwangsöffnung ist die erzwungene Kontakttrennung als direktes Ergebnis einer festgelegten Bewegung des Betätigers des Sicherheitsschalters über nichtfedernde Teile, so dass das Öffnen der sicherheitsrelevanter Öffnerkontakte immer gewährleistet ist, auch bei verschweißten (verbackenen) Kontaktstücken.
9 Schrifttum
Kapitel 1
Zitiertes Schrifttum [1.1]Stenzel, G.: Die Fingerschutzvorrichtungen für Tiegeldruckpressen, Dissertation TH Braunschweig, 1906 [1.2] Cantauw-Groscheck, Ch.: Kinderalltag in Stadt und Land 1800 - 1945, Schriftenreihe Damals bei uns in Westfalen, Rheda-Wiedenbrück: Güth Verlagsgesellschaft, 1992 [1.3] Berufsgenossenschaft Druck und Papier (Hrsg.): 100 Jahre BG Druck und Papierverarbeitung, Wiesbaden, 1985 [1.4]Jeronim, G., Klindt, T. (Hrsg.): Marktüberwachung & Produktsicherheit-Rechtsfragen im europäischen Binnenmarkt, München: publish-industry Verlag GmbH, 2000 [1.5] Teherani, I.: Sicherheitstechnische Lösungskataloge; Entwicklung, Aufbau und Gebrauch, Düsseldorf: VDIVerlag, 1983 [1.6] Augustin, W.: Sicherheitstechnik und Konstruktionsmethodiken, Sicherheitsgerechtes Konstruieren, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1985 [1.7] Schmidt, E.: Sicherheit und Zuverlässigkeit aus konstruktiver Sicht, Dissertation TU Darmstadt, 1981 [1.8] Autorengemeinschaft: Sicherheitstechnische Anforderungen an Maschinen gemäß GAB/TGL-Vorschriften, Geltendes Recht der ehemaligen DDR, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [1.9] Gniza, E.: Zur Theorie der Wege der Unfallverhütung. Arbeitsökonomik und Arbeitsschutz 1 (1957) 1, S. 62-67 [1.10] Möhler, E.: Der Einfluss des Ingenieurs auf den Arbeitsschutz, Berlin: Verlag Tribüne, 1971 [1.11] Bussenius, S.: Untersuchungen zur Gewährleistung der Sicherheit von Chemieanlagen, Dissertation, Technische Hochschule Magdeburg, 1978 [1.12] Morgner, P.: Prinzipielles zu Endschalteranordnungen an Schutzvorrichtungen, Maschinenbautechnik 16 (1967) H. 9, S. 480/481 [1.13] Hesser, W., Czysz, H.-J., Lusebrink, W.: Stellung der Sicherheitstechnik im EDV-gestützten Konstruktionsprozess, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [1.14] Ewald, O.: Tabellarische Lösungssammlungen als Hilfsmittel für das methodische Konstruieren, Dissertation TH Darmstadt, 1974 [1.15] Roth, K.: Konstruieren mit Konstruktionskatalogen, Band 1, 2, 3, Berlin u. a.: Springer, 1996 [1.16] Ostermann, H.-J., von Locquenshien, D.: Wegweiser Maschinensicherheit, Köln, Bundesanzeiger Verlag, 2007
[1.17] Horstkotte, J.: CE-Kennzeichnung für Chefs - Was Sie zur CE-Kennzeichnungspflicht wissen sollten, BadenBaden: Verlag Media Tec GmbH 2010 [1.18] Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 1: Rechtsgrundlagen, Bochum: Verlag Technik & Information, 2009 [1.19] Eberhardt, O., Jedelhauser, R.: Die EU-Maschinenrichtlinie - Praktische Anleitung zur Anwendung, Renningen-Malmsheim: expert-Verlag, 2001 [1.20] Krause, W.: Gerätekonstruktion in Feinwerktechnik und Elektronik, München, Wien: Hanser, 2000 [1.21] Hauser, G.: Hygienische Produktionstechnologie, Weinheim: Wiley-VCH Verlag, 2008 [1.22] Hauser, G.: Hygienegerechte Apparate und Anlagen, Weinheim: Wiley-VCH Verlag, 2008 [1.23] Autorengemeinschaft: Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen - Anwendung der EN ISO 13849, BGIA-Report 2/2008, Sankt Augustin: DGUV, 2008
Ergänzendes Schrifttum Autorengemeinschaft: Arbeitsstätten Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV - und Arbeitsstätten-Richtlinie ASR, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag, 1997 Pletz, D.: Technische Arbeitssicherheit an Beispielen ausgewählter kraftbetriebener Arbeitsmittel für die Metallbearbeitung von den Anfängen bis zum Jahre 1968. Eine technikgeschichtliche Untersuchung, Dissertation Bergische Universität Gesamthochschule Wuppertal, 1995 Roth, K.: Design Catalogues and their usage, in Chakrabarti A. (Hrsg): Engineering Design Synthesis, London, Springer 2001 Schneider, A.: Zertifizierung im Rahmen der CE-Kennzeichnung, Heidelberg: Hüthig, 2002
Anbieter /1.1/ CharAT ergonomics, 70563 Stuttgart,,
[email protected] /1.2/ Haus der Technik e. V., 45127 Essen, www.hdt-essen. de /1.3/ ibf, A-6682 Vils, www.safexpert.eu /1.4/ FESTO AG & Co.KG, 73726 Esslingen, www.festo.de /1.5/ Omron, 4074 Langenfeld, www.industrial.omron.com
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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9 Schrifttum
/1.6/ Pilz GmbH, 73760 Ostfildern, www.safetybus.com /1.7/ PTC ProEngineer, www.ptc.com /1.8/ Schmersal GmbH & Co. 42279 Wuppertal, www. schmersal.de /1.9/ SICK AG, 79177 Waldkirch, www.sick.de /1.10/ TAE-esslingen, 73760 Ostfildern,
[email protected] /1.11/ ta-wuppertal, 42117 Wuppertal, www.taw.de /1.12/ VDI-Wissensforum GmbH, 40468 Düsseldorf, www. vdi-wissensforum.de /1.13/ WEKA MEDIA GmbH & Co.KG, 86438 Kissing, www.weka.de
Kapitel 2 Zitiertes Schrifttum [2.1] Krey, V., Kapoor, A.: Praxisleitfaden Produktsicherheitsrecht, München: Hanser, 2009 [2.2] N. N.: Maschinenrichtlinie (2006/42/EG): Richtlinie des Rates und des Parlaments vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) ABI. L 157 S.24 ff [2.3] Bamberg, U., Boy, S.: Die neue Maschinen-Richtlinie, Sankt Augustin: KAN, Brüssel: ETUI-REHS, 2008 [2.4] Horstkotte, J.: Maschinenrichtlinie für Praktiker, Nordenstedt: Books on Demand GmbH, 2005 [2.5] Hüning, A., Kirchberg, S., Schulze, M.: Die neue EGMaschinenrichtlinie, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2006 [2.6] Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 1: Rechtsgrundlagen, Kurzinformation für Hersteller und Benutzer, Bochum: Verlag Technik & Information, 2009 [2.7] Schmersal GmbH (Hrsg.): Die neue EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Wettenberg: 2008 [2.8] NA Maschinenbau des VDMA (Hrsg.): Sicherheitsnormen für Maschinen, Berlin: Beuth-Verlag, 1997 [2.9] Adams, F.: Absicherung von Maschinen vor gefahrbringenden Bewegungen, Elan Schaltelemente GmbH Wettenberg (Hrsg.), Gladenbach: Druckerei Kempkes, 1996 [2.10] Horstkotte, J.: CE-Kennzeichnung für Chefs - was Sie zur CE-Kennzeichnugspflicht wissen sollten, Baden-Baden: Verlag Media Tec GmbH, 2010 [2.11] VDMA (Hrsg.): Positionspapier „Gebrauchte Maschinen - Verkauf und Aufarbeitung“ für gewerbliche Unternehmen in Bezug auf EG-Maschinenrichtlinie und Gerätesicherheitsgesetz, Frankfurt: 1998 [2.12] Schulz, M.: Betriebs- und Gebrauchsanleitungen EUkonform, normgerecht, haftungssicher, Schenkenzell: GFT Verlag, 2009 [2.13] Juhl, D.: Technische Dokumentation, Berlin u. a.: Springer, 2005 [2.14] Jeromin, G., Klindt, T.: Marktüberwachung & Produktsicherheit - Rechtsfragen im europäischen Binnenmarkt, München: publish-industry Verlag GmbH, 2000 [2.15] Moritz, D.: Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG), Berlin, Offenbach: VDE-Verlag, 2004
[2.16] Klindt, T.: Das neue Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, Neue Juristische Wochenschrift 57 (2004) 8, S. 465471 [2.17] N. N.: Berufsgenossenschaftliches Regelwerk - BGVR Verzeichnis, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 2004 [2.18] N. N.: BGH, Urteil vom 18. 5. 1999 -VI ZR 192/98 (Frankfurt a. M.): Zur Instruktionspflichtverletzung des Herstellers eines Papierreißwolf bezüglich der von außen nicht erkennbaren Gefahr einer Verletzung der Finger des Benutzers, NJW 1999, Heft 38, S. 2815/2817 [2.19] Johannknecht, A., Warlich, H.-J.: Maschinen in Europa, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 1998 [2.20] N. N.: Produkthaftungsrichtlinie (83/374/EG) Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte Abl. d. EG Nr. L 210 vom 07. 08. 1985, S. 29 [2.21] N. N.: Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung) BGBl.1 1(1991), S. 891 ff. [2.22] N. N.: Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2BVL 8/77, Nr. 6, in der Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ”BVFG” Band 49, S. 89/147, Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul-Siebeck), 1979 [2.23] Belz, A.: Schadensersatz und Produkthaftung, Stuttgart; München; Hannover; Berlin; Weimar: Richard Boorberg Verlag, 1991 [2.24] N. N.: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. 9. 1994 - VI RZ 150/93 (Karlsruhe) - NJW 1994
Ergänzendes Schrifttum Autorengemeinschaft: Wörterbuch Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 2000 Barth, C., Hamacher, W., Wienold, L., Höhn, K., Lehder, G.: Anwendung des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven, Wirtschaftsverlag, 2008 Barth, C.: Qualitätsmanagement bei der Gestaltung technischer Arbeitsmittel, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven, Wirtschaftsverlag, 2001 Barz, N.: EG-Niederspannungsrichtlinie: Erläuterungen der Richtlinie, ihre Umsetzung in deutsches Recht und Anwendungsfragen, Berlin; Offenbach: VDE-Verlag, 1997 Bauer, C. O.: Rechtsbegriffe technischer Sachverhalte, Werkstatt und Betrieb, 92 (1987) Nr. 11 Boebel, E.: Zertifizierung nach den Vorschriften von UL und CSA, Berlin und Offenbach; VDE-Verlag GmbH, 2001 IVSS (Hrsg.): Kauf einer sicheren Maschine - Praktischer Vorgang, Mannheim 1998 Horstkotte, J.: Maschinenrichtlinie für Praktiker, Nordenstedt, Books on Demand GmbH, 2004 Horstkotte, J.: Maschinen-, EMV-,Niederspannungs- und Druckgeräterichtlinie für Praktiker, Verlag Media Tec GmbH Baden Baden, 2007
9 Schrifttum
Klindt, T., von Locquenghien, D., Ostermann, H.-J.: Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG), Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2004 Klindt, T., Stempfle, C. T.: Produkthaftung - Risiken im nationalen und internationalen Warenvertrieb, BDA (Hrsg.), Bergisch Gladbach: Joh. Helder Verlag, 2006 Klindt, T.: Gefahrenanalyse und sicherheitsgerechte Konstruktion nach der EG-Maschinenrichtlinie 98/37/EG, Produkthaftpflicht International (PHI), 2006, 5 Koch, F.-A.: Ratgeber zur Produkthaftung, Planegg; München: WRS, Verlag Wirtschaft, Recht und Steuern, 1990 Kohling, A.: CE-Konformitätskennzeichnung, EMV-Richtlinie und EMV-Gesetz, Anforderungen an Hersteller und Auswirkungen auf Produkte, Erlangen, Publicis MCD Verlag, 1996 Krause, Zander.: Arbeitssicherheit. Handbuch für Unternehmungsleitung, Betriebsrat und Führungskräfte, Freiburg, Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co KG, 2004 Lange, A., Szymanski, H.: Leitfaden zur Umsetzung des Kennzeichnungsverfahrens für Maschinen, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2005 Lange, A., Szymanski, H.: Analyse von Konformitätsnachweisen für Maschinen: Inhalte, Formen, Vorgehensweise bei der Erarbeitung, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2005 Mauge, M.: Machines et équipements de travail, Mise en conformité, INRS (Hrsg.), Paris, 1998 N. N.: Betriebswacht 2010, Datenjahrbuch der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 2009 N. N.: Interpretation des BMA und der Länder zum Thema „Wesentliche Veränderung von Maschinen“, Bundesarbeitsblatt 2000, 11 N. N.: Interpretation des BMAS und der Länder, abgestimmt mit dem HVBG und dem VDMA über den in GPSGV bzw. EG-Maschinenrichtlinie 98/37/EG benutzten Begriff „Gesamtheit von Maschinen“, Bundesarbeitsblatt 2006, 4 N. N.: Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien, Europäische Kommission (Hrsg.), Provided by EOTC-InfoServices, Nov. 1999,
[email protected] N. N.: VDMA-Positionspapier zum Thema Maschinenbegriff und Gesamtheit von Maschinen im Sine der EG-Maschinenrichtlinie 98/37/EG, VDMA (Hrsg.) Frankfurt/M.: 01. 06. 2005 N. N.: Verzeichnis CEN-Sicherheitsnormen, Normenausschuß Maschinenbau im DIN (Hrsg.), Berlin: Beuth-Verlag, 2010 Preuße, C.: Maschinen sicher konstruieren, Köln, Berlin, München: Carl Heymanns Verlag, 2008 Sattler, E.: Produkthaftung und Risikominderung, München; Wien: Hanser 1995 Speck, J.: Erdbaumaschinen, Analyse der Gefährdungen, Perspektiven für die sicherheitstechnische Gestaltung, BAuA, Dortmund (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1997
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Anbieter /2.1/ Haus der Technik e. V., 45127 Essen, www.hdt-essen. de /2.2/ ibf, A-6682 Vils, www.safexpert.eu /2.3/ FESTO AG & Co.KG, 73726 Esslingen, www.festo.de /2.4/ Pilz GmbH, 73760 Ostfildern, www.safetybus.com /2.5/ Schmersal GmbH & Co. 42279 Wuppertal, www. schmersal.de /2.6/ SICK AG, 79177 Waldkirch, www.sick.de /2.7/ TAE-esslingen, 73760 Ostfildern,
[email protected] /2.8/ ta-wuppertal, 42117 Wuppertal, www.taw.de /2.9/ WEKA MEDIA GmbH & Co.KG, 86438 Kissing, www.weka.de
Kapitel 3 Zitiertes Schrifttum [3.1] Rohmert, W.: Arbeitswissenschaft I, Vorlesungsskript, TU Darmstadt, 1994 [3.2] Biermann, H., Weißmantel, H.: Seniorengerechtes Konstruieren SENSI. Das Design seniorengerechter Geräte, Fortschr. Ber. VDI Reihe 1 Nr. 247, Düsseldorf: VDIVerlag, 1995 [3.3] N. N.: Berufskrankheiten Verordnung BeKV in der Fassung von 1997 geändert durch V. v. 11. 6. 2009, einschl. Anlage 1 (BK-Liste) [3.4] Roth, K.: Konstruieren mit Konstruktionskatalogen, Band 1, Berlin u. a.: Springer, 1996 [3.5] N. N.: Maschinenrichtlinie (2006/42/EG): Richtlinie des Rates und des Parlaments vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) ABI. L 157 S.24 ff [3.6] Seeger, H.: Design technischer Produkte, Programme und Systeme: Anforderungen, Lösungen und Bewertungen, Berlin u. a.: Springer, 1992 [3.7] Wittmann, K.: Die Entwicklung der Drehbank, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1960 [3.8] Jeník, P.: Ovladaþe (Bedienteile), VÚBP Praha (Forschungsinstitut für Arbeitssicherheit, Prag), (Hrsg.), Prag, 1969 [3.9] Schwertner, I.-R.: Systemtechnische Darstellung der Sicherheitsarbeit im Lebenszyklus von Maschinen und Anlagen, Köln: Verlag TÜV-Rheinland, 1983 [3.10] Viehrig, J., Rietschel-Meyen, E., Weber, G.: Montage und Demontage von Maschinen am Nutzungsort, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1993 [3.11] Welp, E. G., Schnauber, H., Lindemann, U., Reim, O.: Recyclinggerechtes Konstruieren, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1998
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Firmenschriften /3.1/ Speedline Technologies GmbH, 63303 Dreieich, www. speelinetechnologies.com
Ergänzendes Schrifttum Bücker, A.: Von der Gefahrenabwehr zur Risikovorsorge; Schrift zum Sozial- und Arbeitsrecht, Berlin: Dunker & Humboldt Verlag, 1996 Haak, R.: Die Entwicklung des deutschen Werkzeugmaschinenbaus in der Zeit von 1930 bis 1960, Dissertation D83, IPK, TU-Berlin 1997
.DSLWHO =LWLHUWHV6FKULIWWXP [4.1] DUDEN: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim, Wien, Zürich: Bibliographisches Institut, 1979 [4.2] Renz, H., Kreichgauer, H.: Langzeiteinflüsse als Ausfallursachen elektronischer Bauteile, Der Maschinenschaden 62 (1989), 3 S. 7/124 [4.3] Autorengemeinschaft: Technische Zuverlässigkeit: Problematik, mathematische Grundlagen, Untersuchungsmethoden, Anwendungen, Messerschmitt - Bölkow - Blohm GmbH (Hrsg.): Berlin u. a.: Springer, 1986 [4.4] Bertsche, B., Lechner, G.: Zuverlässigkeit im Maschinenbau, Berlin u. a.: Springer, 1999 [4.5] Bertsche, B., Göhner, P., Jensen, U., Schinköthe, W., Wunderlich, H.: Zuverlässigkeit mechatronischer Produkte, Heidelberg, Berlin u. a.: Springer 2009 [4.6] Bertsche, B., Lechner, G.: Zuverlässigkeit im Fahrzeugund Maschinenbau, Heidelberg, Berlin u. a,: Springer 2009 [4.7] Moubray, J.: RCM - Die hohe Schule der Zuverlässigkeit von Produkten und Systemen, Landsberg: moderne industrie, 1996 [4.8] Krause, W.: Gerätekonstruktion in Feinwerktechnik und Elektronik, München; Wien: Hanser, 2000 [4.9] Kröger, W., Seiler, H., Gheorghe, A. (Hrsg.): Technik, Risiko und Sicherheit, Zürich: vdf Hochschulverlag der ETH Zürich, 1996 [4.10] Nowlan, F. S., Heap, H.: Reliability-centered Maintenance, Springfield, 1978, National Technical Information Service, US Department of Commerce [4.11] Schmidt, E.: Sicherheit und Zuverlässigkeit aus konstruktiver Sicht, Dissertation TU Darmstadt, 1981 [4.12] Pahl, G., Beitz, W.: Konstruktionslehre, 4. Auflage, Berlin u. a.: Springer-Verlag, 1998 [4.13] Fischer, H., Weißgerber, B.: Sicheres Begehen von Treppen - ergonomische, psychologische und technische Aspekte, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000 [4.14] Schenk, H., Kaulbars, U., Meierdiercks, R.-C., Selge, K.: Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle in Klein- und
Mittelbetrieben der Fleischwirtschaft - Präventionsmaßnahmen, Messverfahren, Ursachenanalyse, BIA-Report 2/2000, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 2000 [4.15] Lehmann, W. R.: Arbeitssicherheit an Drehmaschinen, München; Wien: Hanser, 1989. [4.16] Ising, M., Spur, G.: Dimensionierung und Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen, Abschlußbericht der Phase I des Forschungsvorhabens Nr. VDW 0209, Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken, Frankfurt (Hrsg.), 1997 [4.17] Weck, M., Mayrose, H.-G.: Sichere Nachrüstung konventioneller Werkzeugmaschinen für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1987 [4.18] Ising, R.: System zur sicherheitsgerechten Konstruktion von Werkzeugmaschinen, Dissertation TU Berlin, 2001 [4.19] Würz, T.: Sicherheit schnelldrehender Fräswerkzeuge, Dissertation TU Darmstadt, 1999 [4.20] Buchheister, N.: Neue Erkenntnisse über die Gefahren durch rotierende Wellen, Die Berufsgenossenschaft (1971) 8 S. 283/289 [4.21] Vorath, B.-J., Lang, K.-H., Tismer, S.: Untersuchungen typischer Unfallgefährdungen durch rotierende Maschinen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2001 [4.22] Weber, K.-H.: Grundlagen des Bandwalzens, Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, 1973 [4.23] Mills, K., Morton, R., Page, G.: Farbatlas der Unfallund Notfallmedizin, Berlin u. a.: Springer, 1987 [4.24] Boehnke, J.: Behandlung und Behandlungsergebnisse der Walzenquetschverletzungen an den oberen Extremitäten, Dissertation Universität Gießen, 1995 [4.25] Birkhofer, H.: Produktinnovation I u. II, Vorlesungsskript, TU Darmstadt, 2010 [4.26] Maier, G.: Technik mit System, Leinfelden-Echterdingen: DRW-Verlag, 1993 [4.27] Preuße, C.: ISO 11 161 - Industrielle Automatisierungssysteme - Sicherheit integrierter Fertigungssysteme - Grundvoraussetzung - Fakten und Gedanken zur Umsetzung in das Europäische Normenwerk. in MRL-News, Elan Schaltelemente GmbH & Co. KG (Hrsg.), Gladenbach: Druckerei Kempes, 2004 [4.28] Wasserzieher, E.: Woher? Ableitendes Wörterbuch der deutschen Sprache, Bonn: Ferdinands Dümmler´s Verlag, 1974 [4.29] Bernstein, P. L.: Wider die Götter: Die Geschichte des Risikos und Risikomanagements von der Antike bis heute, München: Gerling-Akad.-Verlag, 1997 [4.30] Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 3: Risikobeurteilung und Sicherheitskonzept, Anleitung für die praktische Durchführung, Bochum: Verlag Technik & Information, 2009 [4.31] Kieback, D.: Unfälle durch elektrischen Strom - Entwicklung und Schwerpunkte, 8. Vortragsveranstaltung Elektrotechnik, Nürnberg 1995, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (Hrsg.), Köln 1995
9 Schrifttum
[4.32] N. N.: BG-Statistik für die Praxis 2001, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 2002 [4.33] Hoyos Graf, C.: Occupational safety: Progress in understanding the basis aspects of safe and unsafe behaviour. Applied Psychology: An International Review 44 (1995) 233/250 [4.34] Reinert, D.: Risikobezogene Auswahl von Steuerungen, Informations- und Arbeitsblatt 320 100 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 2004 [4.35] Tixier, J., Dusserre, G., Salvi, O., Gaston, D.: Review of 62 risk analysis methodologies of industrial plants, Journal of Loss Prevention in Process Industries 15 (2002) S. 291-303 [4.36] Meyna, A.: Grundlagen von Sicherheitsanalyse-Verfahren, in Peters, O., H., Meyna, A.: Handbuch der Sicherheitstechnik, Band 1, München; Wien: Hanser, 1985 [4.37] Weidemann, J.: Leichtbau, Band 2: Konstruktion, Berlin u. a.: Springer, 1996 [4.38] Hengmith, T.: Entwicklung einer neuen Vorgehensweise zur CE-Dokumentation komplexer Maschinen am Beispiel von numerisch gesteuerten Bearbeitungsmaschinen, Göttingen: Sierke Verlag 2008 [4.39] Meffert, K.: Klassifikation von Risiken beim Versagen von Steuerungen, Erläuterungen zur DIN V 19 250, Informations- und Arbeitsblatt 320 100 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996 [4.40] Heymann, M.: Kunst und Wissenschaft in der Technik des 20. Jahrhunderts. Zur Geschichte der Konstruktionswissenschaft, Zürich: Chronos Verlag, 2005 [4.41] Eberhardt, O.: Gefährdungsanalyse mit FMEA, Renningen: expert verlag, 2008 [4.42] Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse BG ETM (Hrsg.): Sicherheitsgerechtes Konstruieren von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen, Wiesbaden, 2010 [4.43] Defren, W.: Strategien bei der Risikoanalyse im Maschinenbau, S. I. S, 1995 Heft 1 S. 6/11 [4.44] Adams, F.: Absicherung von Maschinen vor gefahrbringenden Bewegungen, Elan Schaltelemente GmbH Wettenberg (Hrsg.), Gladenbach: Druckerei Kempkes, 1996 [4.45] Lux, R.: Risikobeurteilung automatisierter Fertigungsanlagen, Monographie 11. Vortragsveranstaltung Elektrotechnik der BGFE, Nürnberg (2002); S. 103-110 [4.46] Nicolaisen, P.: Entwicklung von Planungshilfsmitteln für Arbeitsschutzaspekte in automatisierten Produktionssystemen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [4.47] Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 3: Gefahrenanalyse gemäß EG-Maschinenrichtlinie; Bochum: Verlag Technik & Information, 2003 [4.48] N. N.: Bestimmungsgemäße Verwendung und vorhersehbarer Missbrauch, KANBRIEF Nr. 2/01 der Kommission Arbeitsschutz und Normung, Sankt Augustin, 2001 [4.49] Dörner, D.: Die Logik des Misslingens, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000 [4.50] Lehrer, J.: Wie wir entscheiden, München: Pieper Verlag, 2009
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[4.51] Reason, J.: Menschliches Versagen: Psychologische Risikofaktoren und moderne Technologien, Heidelberg: Spektrum, Akad. Verlag, 1994 [4.52] N. N.: Manipulationen von Schutzeinrichtungen an Maschinen, HVBG Report, Sankt Augustin: HVBG (Hrsg.), 2006 [4.53] Miesenbach, J.: Unfälle trotz Schutzeinrichtungen. Fehler der Benutzer oder Fehler der Planer?, MRL-News, Ausgabe 03/07/97, Elan Schaltelemente (Hrsg.), Wettenberg, 1997 [4.54] Bubb, H.: Menschliche Zuverlässigkeit, Landsberg: ecomed, 1992 [4.55] Schmidtke, H.: Menschliche Leistung im Kernkraftwerk, Jahrestagung Kerntechnik ‚99 des Deutschen Atomforums e.V., 18. 20. 05. 1999, Karlsruhe [4.56] Dhilon, B. S.: Zuverlässigkeitstechnik - Einfluss des Menschen, Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft, 1988 [4.57] Klix, F.: Information und Verhalten, Bern; Stuttgart; Wien: Huber, 1971 [4.58] Fritze, A.: Neue Erkenntnisse zu Unfällen mit Tischkreissägen, Zeitschrift für Rechtsmedizin 85 (1980) S. 111/126 [4.59] Sonsino, C. M.: Betriebsfestigkeit - Bauteilauslegung unter Schwingbeanspruchung mit konstanten und variablen Amplituden, Vorlesungsumdruck, TU Darmstadt, 2010 [4.60] Möhler, E.: Der Einfluss des Ingenieurs auf den Arbeitsschutz, Berlin: Verlag Tribüne, 1971
Ergänzendes Schrifttum Autorengemeinschaft: Ermittlung gefährdungsbezogener Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1997 Autorengemeinschaft: VDE-Fachbericht 32: ”Sicherheitsgerechtes Verhalten”, Berlin: VDE-Verlag, 1980 Autorengemeinschaft: Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 1993 Autorengemeinschaft: Tagungsbericht ”Erkennen und Beurteilen von Gefährdungen bei der Arbeit”, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1993 Autorengemeinschaft: Gefahrenermittlung - Gefahrenbewertung, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1997 Autorengemeinschaft: Tagungsbericht ”Instandhaltung von Maschinen, Geräten und maschinentechnischen Ausrüstungen sowie Gebäuden und baulichen Anlagen”, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000 Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (Hrsg.): Maschinen der chemischen Industrie, Heidelberg, 1994 Böhnert, R.: Bauteil- und Anlagensicherheit, Würzburg: Vogel, 1992 Bollier, M., Meyer, F.: Methode SUVA zur Risikobeurteilung von technischen Einrichtungen und Geräten, Luzern; SUVA-Eigenverlag, 2001
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Firmenschriften/Hersteller /4.1/ BiT, 44892 Bochum, www.bit-bochum.de /4.2/ ibf, A-6682 Vils, www.ibf.at-com /4.3/ Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automation, 39106 Magdeburg, www.iff.fraunhofer.de /4.4/ Staedtler Mars GmbH&CoKG, 90427 Nürnberg,
[email protected] /4.5/ WEKA MEDIA GmbH & Co.KG, 86438 Kissing, www.weka.de
9 Schrifttum
Kapitel 5 Zitiertes Schrifttum [5.1] Birkhofer, H.: Produktinnovation I u. II, Vorlesungsumdruck, TU Darmstadt, 2010 [5.2] Bussenius, S.: Untersuchungen zur Gewährleistung der Sicherheit von Chemieanlagen, Dissertation, Technische Hochschule Magdeburg, 1978 [5.3] Nicolaisen, P.: Entwicklung von Planungshilfen für Arbeitsschutzaspekte in automatisierten Produktionssystemen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [5.4] Pahl, G., Beitz, W.: Konstruktionslehre, 4. Auflage, Berlin u. a.: Springer-Verlag, 1998 [5.5] Mooren, A. L. van der: Instandhaltungsgerechtes Konstruieren und Projektieren, Berlin u. a.: Springer, 1991 [5.6] Strnad, H., Vorath, B.-J.: Sicherheitsgerechtes Konstruieren, Köln: Verlag TÜV- Rheinland, 1991 [5.7] Mewes, D.: Sicherheitsbeiwerte mechanisch beanspruchter Teile, Informations- und Arbeitsblatt 320 210 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.8] Mewes, D.: Sprödbruchsicherheit von Bauteilen und technischen Arbeitsmitteln, Informations- und Arbeitsblatt 320 220 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.9] Mewes, D.: Ermüdungsbruchsicherheit von Bauteilen und technischen Arbeitsmitteln, Informations- und Arbeitsblatt 320 225 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.10] Weigand, M.: Untersuchung der Beanspruchung von Passfederverbindungen bei umlaufender Biegebelastung, Dissertation TU Darmstadt, 1991 [5.11] Renneisen, A.: Untersuchungen zur Beanspruchung von Passfederverbindungen unter überlagerter Biege- und Torsionsbelastung, Dissertation TU Darmstadt, 1992 [5.12] Oldendorf, U.: Lastübertragungsmechanismen und Dauerhaltbarkeit von Passfederverbindungen, Aachen: Shaker, 1999 [5.13] Pahl, G.: Sicherheit maschineller Einrichtungen, in Peters, O. H., Meyna, A.: Handbuch der Sicherheitstechnik, Band 1, München; Wien: Hanser, 1985 [5.14] Gorgs, K.-J., Kleinbreuer, W.: Sicherheitstechnische Anforderungen und Hinweise zur Unfallverhütung bei Hydraulik-Schlauchleitungen, Informations- und Arbeitsblatt 320 235 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.15] Greiner, H.: Entwicklung der Schutzartbezeichnung von der nationalen zur internationalen Norm, in Wessel., A. H. (Hrsg.): „Sicherheit und Normung, 100 Jahre VDENormungswerk“, Berlin; Offenbach, VDE-Verlag, 1994 [5.16] Liedtke, H., Meinicke, R., Volkmar, E.: Unfallverhütung an Pressen, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1993 [5.17] Montenegro, S.: Sichere und fehlertolerante Steuerungen, München; Wien: Hanser, 1999 [5.18] Meyna, A.: Einführung in die Sicherheitstheorie, München; Wien: Hanser, 1982
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[5.19] Steinhorst, W.: Sicherheitstechnische Systeme, Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg Verlag, 1999 [5.20] Defren, W., Wickert, K.: Sicherheit für Maschinenund Anlagenbau, Schmersal GmbH Wuppertal, (Hrsg.), Ratingen: Druckerei und Verlag von Ameln, 1996 [5.21] Kreutzkampf, F., Börner, F.: Sicherheitsbauteile - Arbeitsgrundlagen für die Normung, Sankt Augustin, VFA, 1996 [5.22] Kleinbreuer, W., Kreutzkampf, F., Meffert, K, Reinert, D.: Kategorien für sicherheitsbezogene Steuerungen nach EN 954, BIA-Report 6/97, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 1997 [5.23] N. N.: Leitfaden Sicherheitstechnik, Esslingen: Festo AG & Co. KG (Hrsg.), o. J. [5.24] Palmgren, A.: Die Lebensdauer von Kugellagern, VDI-Zeitschrift 58, 1924 S.339/341 [5.25] Paland, E.-G.: Technisches Taschenbuch, 7. veränderter Nachdruck, INA-Schaeffler KG (Hrsg.), Herzogenaurach, 2001 [5.26] Michelis, J.: Explosionsschutz im Bergbau unter Tage, Essen: Verlag Glückauf GmbH, 1998 [5.27] Börcsök, J.: Elektronische Sicherheitssysteme, Heidelberg: Hüthig 2007 [5.28] Börcsök, J.: Funktionale Sicherheit, Heidelberg: Hüthig 2008 [5.29] Heinke, B.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 4: Sicherheitsrelevante Steuerungen - von der Kategorie zum Performance Level, Umsetzung und Anwendung der EN ISO 13 849-1 Bochum: Verlag Technik & Information, 2009 [5.30] Wratil, P., Kieviet, M.: Sicherheitstechnik für Komponenten und Systeme, Heidelberg: Hüthig 2007 [5.31] Gräf, W.: Maschinensicherheit auf der Grundlage der europäischen Sicherheitsnormen, 3. Auflage, Heidelberg: Hüthig, 2004 [5.32] Smith, J. D., Simpson, K. G. L.: Functional Safety, Oxford: Butterworth-Heinemann, 2001 [5.33] Autorengemeinschaft: Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen - Anwendung der EN ISO 13 849, BGIA-Report 2/2008, Sankt Augustin: DGUV, 2008 [5.34] Gehlen, P.: Funktionelle Sicherheit von Maschinen und Anlagen, Siemens AG (Hrsg.), Erlangen, Publicis Corporate Publishing, 2007 [5.35] Krämer, H.: Sicherheitstechnik, Ulm: Universitätsverlag, 1996 [5.36] Hohmann, K.: Methodisches Konstruieren, Essen: Verlag W. Giradet, 1977 [5.37] Mattli, K., Schaffner, H.: Walzen, Unfallgefahren, Schutzziele und Lösungen, Luzern, Schweizer Unfallversicherungsanstalt (SUVA), 1993 [5.38] Flügel, B., Greil, H., Sommer, K.: Anthropometrischer Atlas, Frankfurt/M: Edition Wötzel, 1986 [5.39] Kloß, G.: Messung von Schließkräften, Verfahren und Anwendung, Informations- und Arbeitsblatt 310 310 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996
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9 Schrifttum
[5.40] Löw, R., Rieg, F.: Kraftbegrenzer - neues Maschinenelement zur Absicherung hochbelasteter Linearantriebe, Antriebstechnik, 28 (1989) 4, S.26/29 [5.41] Mewes, D.: Schutz gegen mechanische Gefährdungen, Messung und Bewertung von Quetschkräften, BIA-Report 3/94, Maschinen- und Gerätesicherheit, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 1994 [5.42] Nicolaisen, P., Erben, B.: Sicherheitseinrichtungen für automatisierte Fertigungssysteme, München; Wien: Hanser, 1993 [5.43] Möhler, E.: Der Einfluss des Ingenieurs auf den Arbeitsschutz, Berlin: Verlag Tribüne, 1971 [5.44] Mayer, E.: Das Schutzsystem, ein Element der mittelbaren Sicherheitstechnik aus kybernetischer und systemtheoretischer Sicht, Dissertation TU Darmstadt, 1975 [5.45] Lux, R.: Automatisierte Fertigungssysteme - Gefährdungsbeurteilung und Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen, Die Brücke 2000, Heft 6, S. 11/17 [5.46] Vollmer, T., Schaeckenbach, T., Raith, A.: HSCWerkzeugmaschinen in der betrieblichen Praxis, Kassel: Verlag Institut für Arbeitswissenschaft, 1999 [5.47] Schulz, H.: Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, München; Wien: Hanser, 1996 [5.48] Frank, H., Warlich, H.-J.: Festigkeitsuntersuchungen an Schutztüren für Drehmaschinen, BIA-Report 3/94, Maschinen- und Gerätesicherheit, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 1994 [5.49] Bold, J.: Abschlußbericht zur Phase II des Forschungsvorhabens „Dimensionierung und Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen“, TU Berlin, IWF, 1999 [5.50] Spur, G., Bold, J.: Maschinenkapselungen für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, Kassel: Verlag Institut für Arbeitswissenschaft, 1999 [5.51] Speck, J.: Europäische Sicherheitsvorschriften für den Bau und Betrieb von Erdbaumaschinen, Tiefbau-Berufsgenossenschaft, München, 1997 [5.52] Dörner, G.: „Sicherheitstechnik“ in Handbuch der Printmedien: Technologie und Produktionsverfahren, Kipphan (Hrsg.): Berlin, Heidelberg: Springer, 2000 [5.53] N. N.: Charakteristische Merkmale 090: Schwingungsdämpfendes Verbundband und Verbundblech, StahlInformations-Zentrum (Hrsg.), Düsseldorf, 1996 [5.54] Knorr, W.: Sicherheitstechnische Optimierung und Beurteilung von Schutzvorhangsystemen für Holzbearbeitungszentren, Dissertation am ifw der Universität Stuttgart, 2007 [5.55] Roth, K.: Konstruieren mit Konstruktionskatalogen: Systematisierung und zweckmäßige Aufbereitung technischer Sachverhalte für das methodische Konstruieren, Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 1982 [5.56] Notzon, W.: Maschinenzugang bei laufender Spindel - Praxisbeispiel zur Verbesserung der Prozessbeherrschung, Tagungsband Innovation bei der HSC-Technologie und Arbeitsschutz, Kassel: Verlag Institut für Arbeitswissenschaft, 1997
[5.57] N. N.: Unfallverhütungsvorschrift „Druck und Papierverarbeitung“ (VBG 7i), Wiesbaden: Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung (Hrsg.), 1985 [5.58] Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 2: Herstellung und Benutzung richtlinienkonformer Maschinen; Bochum: Verlag Technik & Information, 2009 [5.59] Autorengemeinschaft: Manipulation von Schutzeinrichtungen an Maschinen, HVBG (Hrsg.), Sankt Augustin, 2006 [5.60] Apfelt, R.: Manipulationsanreiz von Schutzeinrichtungen an Maschinen, HVBG (Hrsg.), Sankt Augustin, 2008 [5.61] Nabohiro, M., Miyauchi, K., Fukui, T. Sekino, Y.: The international-Standard Complied 3-Position Enabling Switch Developed Based on Ergonomics and its Application, IDEC REVIEW 2002, Vol. 18, No.1, S. 47-56 [5.62] Ono, K., Takayuki, M., Shimizu, T., Nishiki, T., Fujita, T.: Applications of mobile pendant for control systems pursuing improvement of safety, IDEC REVIEW 2002, Vol. 18, No.1, S. 71 - 74 [5.63] Adams, F.: Absicherung von Maschinen vor gefahrbringenden Bewegungen, Elan Schaltelemente GmbH Wettenberg (Hrsg.), Gladenbach: Druckerei Kempkes, 1996 [5.64] Schulte, M., Volkmar, E.: Unfallverhütung an Pressen, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2008 [5.65] Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse BG ETM (Hrsg.): Sicherheitsgerechtes Konstruieren von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen, Wiesbaden, 2010 [5.66] Autorengemeinschaft: Tastender Laser Scanner PLS, Druckschrift der Firma SICK AG, Waldkirch, 1998 [5.67] Autorengemeinschaft: Leitfaden Sichere Maschinen In sechs Schritten zur Sicheren Maschine, Waldkirch: SICK AG (Hrsg.): 2008 [5.68] Autorengemeinschaft: Safety Integrated: Das Sicherheitsprogramm für die Industrien der Welt: ApplikationsHandbuch, Druckschrift der Firma Siemens AG, Erlangen, 2000 [5.69] Stürck, P.: Sicherheitszeichen, Reihe Sicherheit für Sie, Heft 4, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 1996 [5.70] Kundinger, M.: US-Produkthaftung - Risikominderung durch Anleitungen, Schenkenzell: GFT-Verlag, 2006 [5.71] Robinson, P., A.: Writing and Designing Manuals and Warnings, Boca Raton, New York, London: CRC Press, 2009 [5.72] N. N.: BGH, Urteil vom 18. 5. 1999 -VI ZR 192/98 (Frankfurt a. M.): Zur Instruktionspflichtverletzung des Herstellers eines Papierreißwolfs bezüglich der von außen nicht erkennbaren Gefahr einer Verletzung der Finger des Benutzers, NJW 1999, Heft 38, S. 2815/2817 [5.73] N. N.: Optische und akustische Warn- und Notsignale, Druckschrift der Otto Pfannenberg GmbH, Hamburg, o. J. [5.74] Guski, R., Malter, B.: Gestaltung von Gefahrensignalen, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2001
9 Schrifttum
Ergänzendes Schrifttum Abdullah, R., Hübner, R.: Piktogramme und Icons: Plicht oder Kür? Mainz: Verlag Hermann Schmidt, 2005 Adams, F. (Hrsg.): Sicherheit von Maschinen und Maschinensteuerungen, MRL-NEWS, Wettenberg: Elan Schaltelemente, 2009 Adams, F. (Hrsg.): Neuer Ansatz für die Sicherheit von Maschinen: pr EN ISO 13 849-1 - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen, Wettenberg: Elans Schaltelemente, 2006 Adams, F. (Hrsg.): Einige spezifische Hintergrundinformationen zur EN ISO 13 849-1:2006, Wuppertal: K. A Schmersal GmbH, 2009. Alunovic, M., Kreutz, E. W.: Abschirmungen an Laserarbeitsplätzen, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1996 Autorengemeinschaft: Arbeitsschutz in flexiblen automatisierten Produktionssystemen, Stuttgart, Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Familie und Frauen Baden-Württemberg, 1992 Autorengemeinschaft: Arbeitsschutz im Betrieb braucht sichere Produkte, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Tb 132, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2003 Autorengemeinschaft: Concevoir une machine sùre, INRS (Hrsg.), Paris, 1994 Autorengemeinschaft: Instandhaltung. Sicherheit und Gesundheitsschutz, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1999 Autorengemeinschaft: Safety & Automatisation, CEDES AG, CH-7302 Landquart (Hrsg.), Landquart, 2002 Baier, H.: Schnellkupplungssysteme, Landsberg: verlag moderne industrie, 1994 Behrens, H., Janßen, W.: Funktionsuntersuchungen an Ultraschall-Rangier-Warneinrichtungen, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Fb 999, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2003 Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie (Hrsg.): Maschinen - Sicherheitskonzepte und Schutzeinrichtungen, T 008 (BGI 5049), Heidelberg 2008 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit (BIA), Sankt Augustin (Hrsg.): BIA-Handbuch Band 1, 2, 3 Berlin; Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996 Bullack, H.-J.: Berechnung von Sicherheitseinrichtungen, Würzburg: Vogel Buchverlag, 2004 Bold, J.: Trennende Schutzeinrichtungen für Werkzeugmaschinen zur Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, Dissertation TU Berlin, 2004 Bresnahan, T. F., Lhotka, D. C., Winchell, H.: The Sign Maze, Approaches to the Development of Signs, Labels, Markings and Instruction Manuals, American Society of Safety Engineers, 1993 Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.): Merkblatt Arbeitssicherheit: Schutzgitter für Anbauwinden, Kassel, 1986
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9 Schrifttum
Firmenschriften/Hersteller /5.1/ Alu-SyTec GmbH, 50181 Bedburg, www.alu-sytec. com /5.2/ Arno Arnold GmbH, 63179 Obertshausen, www.arno-arnold.de /5.3/ ASO Safety solutions, 33154 Salzkotten, www. asoggmbh.de /5.4/ August Penkert, 45415 Mühlheim (Ruhr), www.penkert.com /5.5/ AXELENT GmbH, 41307 Nettetal, www.axelent.de /5.6/ Banner Engineering Corp, Minneapolis, Minnesota 55 441, USA, www.bannerengineering.com /5.7/ Bernstein AG, 32457 Porta Westfalica, www.bernstein-ag.de /5.8/ Bircher AG, CH-8222 Beringen, www.bircher.com /5.8a/ Böllhoff GmbH&Co.KG, 33649 Bielefeld,
[email protected] /5.9/ Brigade Electronics plc, South Darenth, www.brigadeelectronics.co.uk /5.10/ Brühl GmbH, 57250 Netphen, www.bruehl-schutzeinrichtungen.com /5.11/ CEDES AG, CH-7302 Landquart, www.cedes.com /5.12/ Clarion Safety systems, Inc. Milford, PA 18337, USA,
[email protected] /5.13/ Compro Electronic GmbH, 49377 Vechta, www.compro.de /5.14/ CPS s.a., I-47899 Serravalle-RSM, www.cps.sm/info. html /5.15/ Chr. Mayr GmbH+Co.KG, 87665 Mauerstätten, www.mayr.de /5.16/ Elan Schaltelemente GmbH & Co KG, 35435 Wettenberg,
[email protected] /5.17/ ELESTA optosensorics AG, CH-7310 Bad Ragaz, www.wetterau-online.de/elesdag /5.18/ EUCHNER GmbH + Co, 70745 Leinfelden-Echterdingen, www.euchner.de /5.19/ FH Papenmeier GmbH & Co. KG, 58211 Schwerte, www.papenmeier.de /5.20/ Fiessler Elektronik, 73734 Esslingen, www.fiessler.de /5.21/ FMC Corporation, San Jose, CA95110-1104 /5.22/ FIPA GmbH, 85737 Ismaning, www.pei-gmbh.com /5.23/ Forkardt GmbH, 40684 Erkrath, www.forkadt.com /5.24/ Fortress Interlocks, NL-2289 BA Rijswijk (ZH), www.fortressinterlocks.nl /5.25/ FRABA Sicherheitssysteme GmbH, 51063 Köln, www.fraba.com /5.26/ GEBR. HENNIG GmbH, 85736 Ismaning, www. hennig-gmbh.de /5.27/ CFT GmbH, 77773 Schenkenzell, www.gft-online. de, www.gefahrenanalyse.de /5.28/ Guardmaster Sicherheitstechnik GmbH, 42897 Remscheid, www.guardmaster.co.uk /5.29/ Haake + Seim GmbH Sicherheitssysteme, 42477 Radevormwald, www.haake-technik.com /5.30/ Hähnchen Hydraulik GmbH, 73760 Ostfildern-Ruit, www.haehnchen.de
557
/5.31/ Hema Maschinen- und Apparatenschutz GmbH, 63500 Seligenstadt, www.hema-schutz.de /5.32/ Herga Schaltsysteme GmbH, 65343 Eltville, www. herga.com /5.33/ Höhl & Westhoff, 42208 Wuppertal, www.faltenbalg.net /5.34/ IDEC 20537 Hamburg, www.idec.de /5.35/ igus GmbH, 51127 Köln, www.igus.de /5.36/ Jagenberg AG, 41407 Neuss, www.jagenberg-ag.com /5.37/ JOKAB SAFETY AG, 78549 Spaichingen, www.jokabsafety.com /5.38/ KTR Kupplungstechnik GmbH, 48407 Rheine, www.ktr.com /5.39/ Leuze Electronic GmbH, 73 277 Owen, www.leuze. de /5.40/ Leuze Lumiflex GmbH + Co. 80993 München, www. leuze.de /5.41/ Mannesmann Dematic AG, 58286 Wetter, www.dematic.com/drives /5.42/ Mannesmann Rexroth, 97813 Lohr am Main, www. rexroth.com /5.43/ Ch. Mayr GmbH+Co.HG, 87665 Mauerstätten, www.mayr.de /5.44/ Mayser Polymer Electric, 89020 Ulm, www.mayser. de /5.45/ MEZ Frintrop, 72770 Reutlingen, www.mezfrintrop. de /5.46/ MicroCentric GmbH, 70439 Stuttgart, www.microcentric.de /5.47/ microsonic GmbH, 44227 Dortmund, www.microsonic.de /5.48/ Misumi Europa, 65824 Schwalbach a. Ts,, www. misumi-europe.de /5.49/ Nico GmbH, 12681 Berlin, www.nico-berlin.de /5.50/ Omron, 4074 Langenfeld, www.industrial.omron. com /5.51/ Oshino Lamps GmbH, 90268 Nürnberg, www.oshino-lamps.de /5.52/ PATLITE Corp. Osaka 581-0038, www.patlite.com, www.ghv.de /5.53/ P.E.I. GmbH, 85737 Ismaning, www.pei gmbh.com /5.54/ Pfannenberg GmbH, 21035 Hamburg, www.pfannenberg.de /5.55/ Pilz GmbH&Co.KG, 73760 Ostfildern, www.pilz.
[email protected] /5.56/ Pizzato electrica, I-36063 Marostica, www.pizzato. com /5.57/ PRECITRAME SA, CH-2720 Tramelan, www.precitrame.ch /5.58/ PROMETEC GmbH, 52070 Aachen, www.prometec. com /5.58a/ Rafflenbeul GmbH, 58091 Hagen, www.rafflenbeul.de /5.59/ Reeb GmbH & Co, KG, 75196 Remchingen-Wilfredingen, www.reeb.de /5.60/ rembe GmbH, 59918 Brilon, www.rembe.de
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9 Schrifttum
/6.60a/ RK Rose + Krieger, 32375 Minden, www.rk-online. de /5.61/ Robert Bosch GmbH, 71332 Waiblingen, www. boschpackaging.com /5.62/ Röhm GmbH, 89565 Sontheim, www.roehm-spannzeuge.com /5.63/ Dr. Werner Röhrs KG, 87527 Sonthofen, www. roehrs.de /5.64/ Rothstein Schutzsysteme GmbH, 51643 Gummersbach, www.rothsteingroup.de /5.65/ Schlesinger KG, 58579 Schalksmühle, www.schlesinger-gmbh.de /5.66/ Schmersal GmbH & Co. 42279 Wuppertal, www. schmersal.de /5.67/ Schneider Electric (Schweiz) AG, CH-3063 Ittigen, www.schneider-electric.ch /5.68/ Schnürle, 47051 Duisburg 39, www.schnuerle.de /5.69/ SCHÜCO INTERNATIONAL KG, 33829 Borgholzhausen, www.schuco.de /5.70/ SEGE Sicherheitsfenster GmbH, 70736 Fellbach, www.sege.de /5.71/ SICK AG, 79177 Waldkirch, www.sick.de /5.72/ SIEMENS AG, 91050 Erlangen, www.siemens.de/ safety /5.73/ Sigma Controls Ltd. Wigan, England, WN2 4HR, www.apgate.com /5.74/ Sitema GmbH, 76135 Karlsruhe, www.sitema.de /5.75/ Sitron Sparkuhle GmbH, 30916 Isernhagen, www. sitron.de /5.76/ Smiths Heimann, 65205 Wiesbaden, www.smithsheimann.com /5.77/ Steute Schaltgeräte, GmbH & Co. KG, 32584 Löhne, www.steute.de /5.78/ Strasser Maschinenbau GmbH, 88250 Weingarten, www.strasser-gmbh.com /5.79/ tbm SECURA-TRANS W. Marinitsch GmbH, 81737 München, www.tbm.GmbH.de /5.80/ Tiemann Schutzsysteme GmbH, 32257 Bünde, www. ecofence.com /5.81/ TROAX GmbH, 65527 Niedernhausen, info@troax. de /5.82/ Tünkers Maschinenbau GmbH, 40880 Ratingen, www.tuenkers.de /5.83/ Turck GmbH & Co. KG, 45466 Mühlheim a. d. Ruhr, www.bannerengineering.de /5.84/ Wampfler AG, 79576 Weil am Rhein, www.wampfler. com /5.85/ Wenglor Sensoric GmbH, 88069 Tettnang, www. wenglor.de /5.86/ Werma Signaltechnik GmbH + Co, 78604 RietheimWeilheim, www.werma.de
Kapitel 6 Zitiertes Schrifttum [6.1] Janoušek, V., Kratochvíl, J.: Soustava metod technické ochrany proti nebezpeþným sbíhavým válcĤm (Zusammenstellung von Methoden für den technischen Schutz vor gefährlich zusammenlaufenden Walzen) VÚBP Praha (Forschungsinstitut für Arbeitssicherheit, Prag), Prag, 1985 [6.2] Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse BG ETM (Hrsg.): Sicherheitsgerechtes Konstruieren von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen, Wiesbaden, 2010 [6.3] Ehrlenspiel, K., Augustin W.: Schutzeinrichtungen an Walzeneinzugstellen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1980 [6.5] Franke, R.: Die Entwicklung der Getriebe, Berlin: Beuth-Vertrieb, 1948 [6.6] Franke, R.: Vom Aufbau der Getriebe, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1951 [6.7] Lohse, G.: Schutzeinrichtungen, Bewegliche Verdeckung an Großdockenwicklern, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1996 [6.8] IVSS (Hrsg.).: Methoden zur Risikoanalyse an verschiedenen Typen von Maschinen mit Walzen, Mannheim, 1985 [6.9] Dicke, W.: Möglichkeiten zum Schutz vor gefährlichen beweglichen Teilen an Stetigförderern, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1975 [6.10] N. N.: BG-Statistik für die Praxis 2009, DGUV (Hrsg.), Sankt Augustin, 2010 [6.11] Fischer, H., Weißgerber, B.: Sicheres Begehen von Treppen - ergonomische, psychologische und technische Aspekte, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000 [6.12] Speck, J.: Europäische Sicherheitsvorschriften für den Bau und Betrieb von Erdbaumaschinen, Tiefbau-Berufsgenossenschaft, München, 1997 [6.13] Hannover, O., Mechtold, F., Koop, J., Lenzkes, D.: Sicherheit bei Kranen, Berlin u. a.: Springer, 1998 [6.14] Gehlen, P.: Funktionelle Sicherheit von Maschinen und Anlagen, Siemens AG (Hrsg.), Erlangen, Publicis Corporate Publishing, 2007 [6.15] Trapp, U., Behrens, J., Bender, M.: Sicherheitstechnik an Maschinen und Anlagen, Sicherheits-Handbuch, Bonn, Druckschrift der Firma Klöckner-Möller, 1997 [6.16] N. N.: Consignations et deconsignations, INRS (Hrsg.), Paris, 1996 [6.17] Milgram, S.: Das Milgram-Experiment, Reinbek bei Hamburg, rororo 17479, 2004 [6.18] Autorengemeinschaft: Compendium of Safety - Safety construction (jap.), The Society of Safety Technology and Application (Hrsg.), Tokyo, 2001 [6.19] Schweitzer, H., (Chefred.).: 750 Fragen zum Thema Elektrowerkzeuge, Robert Bosch GmbH (Hrsg.), Stuttgart, 2002
9 Schrifttum
[6.20] N. N: Werknorm RAG N 244 350, Gurtförderer: Halter für Druckrollen 159 mm, Juli 1992, Ruhrkohle AG, Herne [6.21] N. N.: Katalog der Firma Pizzato electrica, I-36063 Marostica, www.pizzato.com
Ergänzendes Schrifttum Blondel, F.: Cours d`architecture enseigné dans l`Academie royale d` architecture, Paris, 1675-1686 (Erster Nachweis der Schrittmaßformel für Treppen) Fischer, H.: Beurteilung der Rutschsicherheit von Fußböden, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2006 IVSS (Hrsg.): Schutzeinrichtungen an Maschinen, Mannheim, 1999 IVSS (Hrsg.): Vermeidung von mechanischen Gefährdungen, Mannheim, 1994 Lupin, H., Marsot, J.: Sécurité des machines et des équipements de travail, Moyens de protection contre les risques mécaniques, INRS (Hrsg.), Paris, 1998 Strnad, H., Korell, R. H.: Sicherheitstechnische Eigenschaften und Einsatzbedingungen von Niederspannungs-Schaltgeräten, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1984 Textil- und Bekleidung-Berufsgenossenschaft (Hrsg.): Presseschreiben 1977; 1978; 1992, Augsburg
Firmenschriften/Hersteller /6.1/ Brockmann GmbH Anlagenbau, 48249 Dülmen /6.2/ Günzburger Steigtechnik GmbH, 89312 Günzburg, www.steigtechnik.de /6.3/ Huntingdon Fusions Techniques Ltd, Huntington, www.huntingdonfusion.com /6.4/ Kee Klamp GmbH, 60388 Frankfurt/M, www.keeklamp.de /6.5/ Moeller, 53113 Bonn, www.moeller.net /6.6/ RK Rose + Krieger, 32375 Minden, www.rk-online.de /6.7/ Sankyo, 132 0023 Tokyo, www.sankyo-cf.co.jp /6.8/ Söll GmbH, 95028 Hof, www.cdalloz.com /6.9/ Strasser Maschinenbau GmbH, 88250 Weingarten, www.strasser-gmbh.com /6.10/ TSEfA, 54578 Nohn, www.tsefa.com /6.11/ TRIAX Arbeitssicherheit, 66119 Saarbrücken, www. triax-sicherheitstechnik.de /6.12/ Rothstein Schutzsysteme GmbH,51709 Marienheide, www.rothstein-group.de /6.13/ Zarges Leichtbau GmbH, 82360 Weilheim, www. zarges.de
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Kapitel 7 Zitiertes Schrifttum [7.1] Luczak, H.: Arbeitswissenschaft, Berlin u. a.: Springer, 1998 [7.2] Landau, K. (Hrsg.): Lexikon Arbeitsgestaltung: Best Practice im Arbeitsprozess, Stuttgart: Gentner Verlag 2007 [7.3] Laurig, W.: Grundzüge der Ergonomie: Erkenntnisse und Prinzipien, Berlin: Beuth, 1992 [7.4] Schmidtke, H.: Ergonomische Prüfung von technischen Komponenten, München: Hanser 1989 [7.5] Schmidtke, H.: Lehrbuch der Ergonomie. München: Hanser 1993 [7.6] DIN e.V. (Hrsg.): Ergonomische Gestaltung von Maschinen, DIN-Taschenbuch, Berlin: Beuth-Verlag, 2010 [7.7] N. N.: Rapport de la commission d‘enquête sur l‘accident survenue le 20 janvier 1992 pré du Mont SainteOdile (Bas Rhin) a‘ l Airbus A320 immatriculé F GGED exploité par la compagnie Air Inter F-ED920120, o. J., Paris [7.8] Rohmert, W.: Arbeitswissenschaft I unter Mitarbeit von W. Laurig, H. Luczak, J. Mainzer, U. Philipp, W. Scheibe, Darmstadt: IAD, 1993 [7.9] Sämann, W.: Charakteristische Merkmale und Auswirkungen ungünstiger Arbeitshaltungen - ein Beitrag zur optimalen Gestaltung von Arbeitsbedingungen. Schriftenreihe „Arbeitswissenschaft und Praxis“, Band 17, Berlin: Beuth, 1970 [7.10] Jürgens, H. W.: Erhebung anthropometrischer Maße zur Aktualisierung der DIN 33 402 - Teil 2.Schriftenreihe der BAuA, Fb 1023, Dortmund, Berlin, Dresden: 2004 [7.11] Flügel, B., Greil, H., Sommer, K.: Anthropometrischer Atlas, Frankfurt/M: Edition Wötzel, 1986 [7.12] Kawauchi, M.: Human Body Dimensions Data for Ergonomic Design, Research Institute of Human Engineering for Quality of Life (Hrsg.), Tokyo: 1996 [7.13] Kawauchi, M.: Reference Manual of Anthropometry in Ergonomic Design, Research Institute of Human Engineering for Quality of Life (Hrsg.), Tokyo: 1996 [7.14] Wegner, R.: Zweidimensionale Körperschablonen als anthropometrische Hilfsmittel für den Designprozess, Wiss. Zeitschrift der Humboldt - Universität zu Berlin, Reihe Medizin 38. Jg. (1989) Heft 2, S. 209 - 214 [7.15] N. N.: Arbeitshilfen für die ergonomische Gestaltung - Zeichenschablonen für die menschliche Gestalt, Robert Bosch GmbH und IWA-F.Riehle GmbH, Stuttgart und Denkendorf, 1986 [7.16] Jeník, P.: Über die Beziehung zwischen den menschlichen Proportionen und der maßlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes (Somatographie). Der Maschinenbau 12 (1963) 10, S. 405 bis 411, Ost Berlin [7.17] Jeník, P.: Technický obraz lidské podstavy (Technisches Bild der menschlichen Gestalt), Prag: VÚBP 1968 [7.18] Bullinger, H.-J., Kern, P., Lorenz, D.: Arbeitsplätze an Pressen, Handbuch zur ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen an Pressen, Ministerium für Arbeit Gesundheit, Familie und Sozialordnung (Hrsg.), Stuttgart: 1984
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9 Schrifttum
[7.19] Jenner, R.-D., Berger, G.: Arbeitsplätze und Körpermaße: Gestaltungsmethoden, Konstruktionshinweise, Beispiele, Köln: Verlag TÜV Rheinland Verlag,1986 [7.20] Jeník, P.: Maschinen menschlich konstruiert, MMIndustriejournal 78(1972) 5 87/90 [7.21] Bullinger, H.-J.: Ergonomie: Produkt- und Arbeitsplatzgestaltung /Unter Mitarbeit von Rolf Ilg und Martin Schmauder. Stuttgart: Teubner, 1994 [7.22] Laiß, G., Wünsch, B.: Maßangaben für die Anpassung von Arbeitsplätzen an den Menschen, ZIF Heft Nr. 47, ZIF, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), 1963 [7.23] Lange, W., Kirchner, J.-H., Lazarus, H., Schnauber, H.: Kleine ergonomische Datensammlung, Köln: Verlag TÜV Rheinland, 1981 [7.24] Laiß, G., Wünsch, B. u. al.: Hinweise zu Arbeitsgestaltung, ZIF Heft Nr.78, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz): 1967 [7.25] Autorengemeinschaft: Ergonomie an Näharbeitsplätzen, BIA Report 7/2004, HVBG (Hrsg.), Sankt Augustin, 2004 [7.26] N. N.: Ergonomie an Näharbeitsplätzen - Ratgeber für die Praxis, Lederindustrie-Berufsgenossenschaft (Hrsg.), Mainz, 2005 [7.27] Sachs, S., Teichert, H.-J., Rentsch, M.: Ergonomische Gestaltung mobiler Maschinen: Handbuch für Konstrukteure, Planer, Ergonomen, Designer und Sicherheitsfachkräfte, Landsberg: ecomed, 1993 [7.28] Pahl, G., Beitz, W.: Konstruktionslehre, 4. Auflage, Berlin u. a.: Springer-Verlag, 1998 [7.29] Neudörfer, A.: Anzeiger und Bedienteile, Gesetzmäßigkeiten und systematische Lösungssammlungen, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1981 [7.30] Kroemer, K. H. E, Kroemer, H. B, Kroemer-Elbert, E.: Ergonomics - How to Design Ease and Efficiency, New Jersey: 2001 [7.31] McCormick, E., J.: Human Factors Engineering, New York, Wiley: 1964
Ergänzendes Schrifttum Babirat, D., Küchmeister, G., Nagel, K.: Körpermaße des Menschen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1998 Bandera, J. E., Munzinger, W. F., Solf, J. J.: Auswahl und Gestaltung von ergonomisch richtigen Fußstellteilen, Systematik, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1989 Baumann, K., Lanz, H.: Mensch-Maschine-Schnittstellen elektrischer Geräte, Berlin: Springer 1998 Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung (Hrsg.): Ergonomie in Druckereien und der papierverarbeitenden Industrie, Wiesbaden, 1996 Gutzmann, C., Kirchner, J.H., Wolberg, K.: Europäische Normen zur Ergonomie - Bestandaufnahme und Systematisierung, Sankt Augustin, VFA, 1996 Höhn, K., Goertz, T., Lehder, G., Krengel, M., Schmauder, M.: Maschinennormung und Ergonomie, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2006
Jahn, J., Stubben, W.: Gestaltung von Bedienungstheken, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag, 1995 Kern, T. A. (Hrsg.): Entwicklung Haptischer Geräte, Berlin u.a.: Springer, 2009 Knoll, P. M.: Display: Einführung in die Technik aktiver und passiver Anzeigen, Heidelberg: Hüthig 1986 Rohmert, W., Berg, K., Bruder, R., Schaub, K.: Kräfteatlas Teil 1 und 2, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1994 Schmidt, l., Schlick, C.M., Grosche, J. (Hrsg.): Ergonomie und Mensch-Maschine-Systeme, Heidelberg, Berlin: Springer, 2009 Sell, I.: Umsetzung ergonomischer Erkenntnisse in der Produktplanung und -realisierung: Methodik und Hilfsmittel, Fortschr.-Ber. VDI-Reihe 1 Nr. 163. Düsseldorf, VDI-Verlag 1998 VDI (Hrsg.): Handbuch der Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation. Düsseldorf: 1980 Zühlke, D., Röse, K.: Menschengerechte Bedienung technischer Geräte, VDI Berichte 1498, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1999
Gesetze, Richtlinien und Normen (Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
Gesetze Bezugsquelle für das Bundesgesetzblatt: Bundesanzeiger Verlag Postfach 1320 53003 Bonn Telefon (0228) 38 20 80 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) vom 9. 1. 2004/1. 5. 2004, BGBl I 2004, S. 2 Gesetz über Haftung für fehlerhafte Produkte - Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) vom 15. 12. 1989, BGBl. I, S. 2198 in der Fassung vom 17. 9. 2002, BGBl. III/FNA 400-8
EG-Richtlinien (Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit) http//eur-lex.europa.eu (Amtsblatt der Europäischen Union, L ) Bezugsquelle: Bundesanzeiger Verlag Postfach 10 05 34 50445 Köln Telefon (0221) 9 76 86-0 Arbeitsmittel-Benutzerrichtlinie (89/655/EWG) Richtlinie des Rates vom 30. November 1989 über die Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei
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der Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit
sind deren Fassungen mit dem neuesten Ausgabedatum, die erhältlich sind beim
CE-Kennzeichnungsrichtlinie (93/68/EWG) Richtlinie des Rates vom 22. Juli 1993 zur Änderung der Richtlinie 89/392/EWG für Maschinen und anderer Richtlinien
Beuth-Verlag GmbH Burggrafenstr. 6 10787 Berlin Telefon (030) 26 01 22 60 www.beuth.de
EMV-Richtlinie (89/336/EWG) Richtlinie des Rates vom 3.5.1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit. 1. Änderung (91/263/EWG) 2. Änderung (92/31/EWG) 3. Änderung (93/68/EWG) Explosionsschutz-Richtlinie (94/9/EWG) Richtlinie vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) Richtlinie des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) Niederspannungs-Richtlinie (73/23/EWG) Richtlinie des Rates für elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen 1. Änderung (93/68/EWG) Produkthaftungsrichtlinie (85/374/EWG) Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte Produktsicherheitsrichtlinie (92/59/EWG) Richtlinie des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (89/655/EWG) Richtlinie des Rates vom 12. 6. 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit
EN Normen (Auswahl, ohne Anspruch auf Aktualität und Vollständigkeit) Im Rahmen der Umsetzung des Binnenmarktes und der damit verbundenen Bestrebungen sicherheitsrelevante Vorschriften zu vereinheitlichen, ist zur Zeit das gesamte Normenwerk im Umbruch und wird es auch noch eine geraume Zeit bleiben. Maßgebend für den Anwender der Normen
Aktueller Stand der Normung: http://eur-lex.europa.eu (Amtsblatt der Europäischen Union, C) http//ec.europa.eu/enterprise/policies/european-standards/ harmonised-standards/indx_en.htm http//www.newapproach.org http//www.vdma.org/NAM EN 81-ff (Normenreihe) „Sicherheitsregel für die Konstruktion und Einbau von Aufzügen“ EN 115 „Sicherheit von Fahrtreppen und Fahrsteigen“, Teil 1: Konstruktion und Einbau, Juni 2006 Teil 2: Regeln für die Erhöhung der Sicherheit bestehender Fahrtreppen und Fahrsteige, Februar 2009 EN 201 „Kunststoff- und Gummimaschinen - Spritzgießmaschinen - Sicherheitsanforderungen“, Februar 2010 EN 280 „Fahrbare Hubarbeitsbühnen“ Februar 2010 EN 289 „Kunststoff-und Gummimaschinen - Pressen - Sicherheitsanforderungen“, Februar 2010 EN 349 ”Sicherheit von Maschinen - Mindestabstände zur Vermeidung des Quetschen von Körperteilen“, September 2008 EN 415-1/7 „Verpackungsmaschinen - Sicherheit“, August 2010 EN 422 „Kunststoff- und Gummimaschinen - Blasformmaschinen - Sicherheitsanforderungen“, Oktober 2009 EN 474 „Erdbaumaschinen - Sicherheit“, Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Februar 2010; Teil 2: Anforderungen für Planiermaschinen, Februar 2010; Teil 3: Anforderungen für Lader, Februar 2010; Teil 4: Anforderungen für Baggerlader, Februar 2010, Teil 5: Anforderungen für Hydraulikbagger, Februar 2010, Teil 6: Anforderungen für Muldenfahrzeuge, Mai 2010, Teil 7: Anforderungen für Scraper, April 2010; Teil 8: Anforderungen für Grader, Mai 2010; Teil 9: Anforderungen für Rohrverleger, April 2010, Teil 10: Anforderungen für Grabenfräser, April 2010, Teil 11: Anforderungen für Erd- und Müllverdichter, Mai 2010, Teil 12: Anforderungen für Seilbagger, Mai 2010 EN 500 „Bewegliche Straßenbaumaschinen - Sicherheit“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Mai 2010; Teil 2: Besondere Anforderungen an Straßenfräsen, Mai 2009; Teil 3: Besondere Anforderungen an Bodenstabilisierungsmaschinen und Recyclingmaschinen, Mai 2009; Teil 4: Besondere Anforderungen an Verdichtungsmaschinen, Juli 2010;
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Teil 6: Besondere Anforderungen an Straßenfertiger, Mai 2010 EN 528 „Regalbediengeräte - Sicherheitsanforderungen“, Februar 2009 EN 547 „Sicherheit von Maschinen - Körpermaße des Menschen“ Teil 1: Grundlagen zur Bestimmung von Abmessungen für Ganzkörperzugänge an Maschinenarbeitsplätzen“, Januar 2009; Teil 2: Grundlagen für die Bemessung von Zugangsöffnungen, Januar 2009, Teil 3: Körpermaßdaten, Januar 2009 EN 574 „Sicherheit von Maschinen - Zweihandschaltungen - Funktionelle Aspekte - Gestaltungsleitsätze“, Dezember 2008 EN 609 „Land- und Forstmaschinen - Sicherheit von Holzspaltmaschinen“ Teil 1: Keilspaltmaschinen, Juli 2007 Teil 2: Schraubenspaltmaschinen, Juli 2007 EN 614 „Sicherheit von Maschinen - Ergonomische Gestaltungsgrundsätze“, Teil 1: Begriffe und allgemeine Leitsätze“, Juni 2006 Teil 2: Wechselwirkungen zwischen der Gestaltung von Maschinen und den Arbeitsaufgaben“, Dezember 2008 EN 617 „Stetigförderer und Systeme - Sicherheits- und EMV-Anforderungen an Einrichtungen für die Lagerung von Schüttgütern in Silos, Bunkern Vorratsbehältern und Trichtern“, Mai 2002 EN 618 „Stetigförderer und Systeme - Sicherheits- und EMV-Anforderungen für an mechanische Fördereinrichtungen für Stückgut“ ausgenommen ortsfeste Gurtförderer“, August 2002 EN 619 „Stetigförderer und Systeme - Sicherheits- und EMV-Anforderungen an mechanische Fördereinrichtungen für Stückgut“, Februar 2003 EN 620 „Stetigförderer und Systeme - Sicherheits- und EMV-Anforderungen für ortsfeste Gurtförderer für Stückgut“, August 2002 EN 626 „Sicherheit von Maschinen- Reduzierung des Gesundheitsrisikos durch Gefahrstoffe, die von Maschinen ausgehen“, Teil 1: Grundsätze und Festlegungen für Maschinenhersteller, September 2009 Teil 2: Methodik beim Aufstellen von Überprüfungsverfahren, September 2009 EN 632 „Landmaschinen - Sicherheit - Mähdrescher und Feldhäcksler“, August 1995 EN 690 „Landmaschinen - Sicherheit - Stalldungstreuer“, Dezember 2009 EN 691 „Holzbearbeitungsmaschinen, Sicherheit - Gemeinsame Anforderungen“, Juli 2010 EN 692 „Werkzeugmaschinen - Mechanische Pressen - Sicherheit“ Oktober 2009 EN 693 „Werkzeugmaschinen - Hydraulische Pressen - Sicherheit“, November 2009
EN 703 „Landmaschinen - Sicherheit“, Maschinen zum Laden, Mischen und/oder Zerkleinern und Verteilen von Silage - Sicherheit“, Dezember 2009 EN 706 „Landmaschinen - Reblaubschneidegeräte - Sicherheit“, Dezember 2009 EN 708 „Land- und forstwirtschaftliche Maschinen - Sicherheit, Bodenbearbeitungsgeräte mit kraftbetriebenen Werkzeugen“, Mai 1996 EN 746 „Industrielle Thermoprozessanlagen“ Teil 1: Allgemeine Sicherheitsanforderungen an industrielle Thermoprozessanlagen, Februar 2010 Teil 2: Sicherheitsanforderungen an Feuerungen und Brennstoffführungssysteme, Oktober 2010 Teil 3: Sicherheitsanforderungen für die Erzeugung und Anwendungen von Schutz- und Reaktionsgasen, Februar 2010 EN 774 „Gartengeräte - Tragbare motorgetriebene Heckenscheren - Sicherheit“, 1998 EN 786 „Gartengeräte - Elektrisch betriebene handgeführte und handgehaltene Rasentrimmer und Rasenkantentrimmer - Mechanische Sicherheit“, Dezember 2001 EN 791 „Bohrgeräte - Sicherheit“, Januar 2101 EN 815 „Sicherheit von Tunnelbohrmaschinen ohne Schild und gestängelosen Schaftbohrmaschinen zum Einsatz in Fels“, Dezember 2009 EN 818 „Kurzgliedrige Rundstahlketten für Hebezwecke Sicherheit“, Teil 1: Allgemeine Abnahmebedingungen, Dezember 2008 Teil 2: Mitteltolerierte Rundstahlketten für Anschlagketten - Güteklasse 8, Dezember 2008 Teil 3: Mitteltolerierte Rundstahlketten für Anschlagketten - Güteklasse 4, Dezember 2008 Teil 4: Anschlagketten - Güteklasse 8, Dezember 2008 Teil 5: Anschlagketten, Güteklasse 4, Dezember 2008 Teil 6: Anschlagketten - Festlegungen zu Informationen über Gebrauch und Instandhaltung, die vom Hersteller zur Verfügung zu stellen sind, Dezember 2008 Teil 7: Feintolerierte Hebezeugketten Güteklasse T, Juli 2008 EN 836 „Gartengeräte - Motorgetriebene Rasenmäher - Sicherheit“, September 1997 EN 842 „Sicherheit von Maschinen - Optische Gefahrensignale - Allgemeine Anforderungen - Gestaltung und Prüfung“, Januar 2009 EN 847 „Maschinen-Werkzeuge für die Holzbearbeitung Sicherheitstechnische Anforderungen“ Teil 1: Fräs- und Hobelwerkzeuge, Kreissägeblätter, November 2007 Teil 2: Anforderungen für den Schaft von Fräswerkzeugen, September 2003 Teil 3: Spannzeuge, November 2004 EN 848 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen - Fräsmaschinen für einseitige Bearbeitung mit drehendem Werkzeug“ Oktober 2010 EN 860 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen - Dickenhobelmaschinen für einseitige Bearbeitung, Januar 2010
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EN 861 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen Kombinierte Abricht- und Dickenhobelmaschinen“, Februar 2010 EN 869 „Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsanforderungen an Metalldruckgießanlagen“ Dezember 2009 EN 894 „Sicherheit von Maschinen - Ergonomische Anforderungen an die Gestaltung von Anzeigen und Stellteilen“ Teil 1: Allgemeine Leitsätze für Benutzer-Interaktionen mit Anzeigen und Stellteilen, Januar 2009 Teil 2: Anzeigen, Februar 2009 Teil 3: Stellteile, Januar 2010 Teil 4: Lage und Anordnung von Anzeigen und Stellteilen, November 2010 EN 908 „Land- und Forstmaschinen - Beregnungsmaschinen mit Schlauchtrommel - Sicherheit“, Dezember 2009 EN 909 „Land- und Forstwirtschaftliche Maschinen Kreis- und Linearberegnungsmaschinen - Sicherheit“, Dezember 2009 EN 940 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen-Kombinierte Holzbearbeitungsmaschinen“, Dezember 2009 EN 953 „Sicherheit von Maschinen - Trennende Schutzeinrichtungen-Allgemeine Anforderungen an die Gestaltung und Bau von feststehenden und beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen“, Juli 2009 EN 954 „Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“ Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze“, März 1997 Beiblatt 1: Leitfaden für die Benutzung und Anwendung der EN 954-1: 1996, Januar 2000 Vermutungswirkung bis 31. 12. 2011 EN 972 „Gerbereimaschinen - Walzenmaschinen -Sicherheitsanforderungen“, Februar 1999 EN 981 „Sicherheit von Maschinen - System akustischer und optischer Gefahrensignale und Informationssignale“, Januar 2009 EN 982 „Sicherheit von Maschinen - Sicherheitstechnische Anforderungen an fluidtechnische Anlagen und deren Bauteile - Hydraulik“, Juni 2009 EN 983 „Sicherheit von Maschinen - Sicherheitstechnische Anforderungen an fluidtechnische Anlagen und deren Bauteile - Pneumatik“, Juni 2009 EN 996 „Rammausrüstung - Sicherheitsanforderungen“, Februar 2010 EN 1005 „Sicherheit von Maschinen - Menschliche körperliche Leistung“, Teil 1: Begriffe, April 2009 Teil 2: Manuelle Handhabung von Gegenständen in Verbindung mit Maschinen und Maschinenteilen, Mai 2009 Teil 3: Empfohlene Kraftgrenzen bei Maschinenbetätigung“, Januar 2009 Teil 4: Bewertung von Körperhaltungen bei der Arbeit an Maschinen, Januar 2009 Teil 5: Risikobewertung für kurzzyklische Tätigkeiten bei hohen Handhabungsfrequenzen, Mai 2007 EN 1010 „Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsanforderungen an Konstruktion und Bau von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen“, s. a. ISO 12 643
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Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Mai 2010 Teil 2: Druck- und Lackiermaschinen einschl. Maschinen der Druckvorstufe, Februar 2010 Teil 3: Schneidemaschinen, Juni 2010 Teil 4: Buchbinderei-, Papierverarbeitungs- und Papierveredelungsmaschinen, Dezember 2010 Teil 5: Wellpappenerzeugungs-, Flach- und Wellpappenverarbeitungsmaschinen, November 2010 EN 1012 „Kompressoren und Vakuumpumpen - Sicherheitsanforderungen“, Teil 1: Kompressoren, Mai 2007 Teil 2: Vakuumpumpen, Februar 2010 Teil 3: Prozesskompressoren, April 2008 EN 1032 „Mechanische Schwingungen - Prüfverfahren für bewegliche Maschinen zum Zwecke der Bestimmung des Schwingungsemissionswertes“, Februar 2009 EN 1033 „Hand-Arm-Schwingungen - Laborverfahren zu Messung mechanischer Schwingungen an der Greiffläche handgeführter Maschinen - Allgemeines“, November 1995 EN 1034 „Sicherheitstechnische Anforderungen an Konstruktion und Bau von Maschinen der Papierherstellung und Ausrüstung“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Dezember 2010 Teil 2: Entrindungstrommeln, September 2010 Teil 3: Umroller, Rollenschneidmaschinen, Doubliermaschinen, Juli2010 Teil 4: Stoffauflöser und deren Beschickungseinrichtungen, Juli2010 Teil 5: Querschneider, Juli2010 Teil 7: Bütten, Juni 2010 Teil 13: Maschinen zur Entladung von Ballen und Units, Juli 2010 EN 1037 „Sicherheit von Maschinen - Vermeidung von unerwartetem Anlauf“, November 2008 EN 1083 „Kraftbetriebene Bürstwerkzeuge“ Teil 1: Definitionen und Nomenklatur, Juli 1997 Teil 2: Sicherheitstechnische Anforderungen, Juli 1997 EN 1088 „Sicherheit von Maschinen - Verriegelungseinrichtungen in Verbindung mit trennenden Schutzeinrichtungen - Leitsätze für Gestaltung und Auswahl“, Oktober 2008 EN 1093 „Sicherheit von Maschinen - Bewertung der Emission von luftgetragenen Gefahrstoffen“ Teil 1: Auswahl der Prüfverfahren, Februar 2009 Teil 2: Tracergasverfahren zur Messung der Emissionsrate eines bestimmten luftverunreinigenden Stoffes, September 2009 Teil 3: Prüfstandverfahren zur Messung der Emissionsrate eines bestimmten luftverunreinigenden Stoffes, September 2009 Teil 4: Erfassungsgrad eines Absaugsystems - Traceverfahren, September 2009 Teil 6: Masseabscheidegrad, diffuser Auslass, November 2008 Teil 7: Masseabscheidegrad, definierter Auslass, November 2008 Teil 8: Konzentrationsparameter des luftverunreinigenden Stoffes, Prüfstandverfahren, November 2008
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EN 1114 „Gummi- und Kunststoffmaschinen - Extruder und Extrusionsanlagen“ Teil 1: Sicherheitsanforderungen an Extruder Januar 2001, Teil 2: Sicherheitsanforderungen für Kopfgranulatoren, Januar 2010 Teil 3: Sicherheitsanforderungen für Abzüge, Januar 2010 EN 1127 „Explosionsfähige Atmosphären - Explosionsschutz“, Teil 1: Grundlagen und Methodik, April 2009 EN 1218 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen Zapfenschneid- und Schlitzmaschinen“ Teil 1: Einseitige Zapfenschneid- und Schlitzmaschinen mit Schiebetisch, Februar 2010 Teil 2: Doppelseitige Zapfenschneid- und Schlitzmaschinen und/oder Doppelendprofiler mit Kettenbandvorschub, Oktober 2009 Teil 3: Abbundmaschinen mit von Hand bewegtem Schiebetisch, Dezember 2009 Teil 4: Kantenanleimmaschinen mit Kettenbandvorschub, Dezember 2009 Teil 5: Einseitige Profiliermaschinen mit Vorschubrollen oder mit Kettenbandvorschub, Februar 2010 EN 1247 „Gießereimaschinen - Sicherheitsanforderungen für Gießpfannen, Gießseinrichtungen, Schleudergießmaschinen, kontinuierliche und halbkontinuierliche Stranggießmaschinen“, Dezember 2010 EN 1248 „Gießereimaschinen – Sicherheitsanforderungen für Strahlanlagen“, Juni 2010 EN 1299 „Mechanische Schwingungen und Stöße - Schwingungsisolierung von Maschinen - Angaben für den Einsatz von Quellenisolierungen“, Februar 2009 EN 1417 „Kunststoff- und Gummimaschinen - Walzwerke Sicherheitsanforderungen“, Januar 2010 EN 1493 „Fahrzeug-Hebebühnen“, November 2008 EN 1550 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen - Sicherheitsanforderungen für die Gestaltung und Konstruktion von Spannfuttern für die Werkstückaufnahme“, August 2008 EN 1570 „Sicherheitsanforderungen an Hubtische“, Dezember 2009 EN 1672 „Nahrungsmittelmaschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze“ Teil 2: Hygieneanforderungen, Juli 2009 EN 1746 „Sicherheit von Maschinen - Anleitung für die Abfassung der Abschnitte über Geräusche in Sicherheitsnormen“, Dezember 1998 EN 1760 „Sicherheit von Maschinen - Druckempfindliche Schutzeinrichtungen“, Teil 1: Allgemeine Leitsätze für die Gestaltung und Prüfung von Schaltmatten und Schaltplatten“, August 2009 Teil 2: Allgemeine Leitsätze für die Gestaltung und Prüfung von Schaltleisten und Schaltstangen“, August 2009 Teil 3: Allgemeine Leitsätze für die Gestaltung und Prüfung von Schaltpuffern, Schaltflächen, Schaltleinen und ähnlichen Einrichtungen“, September 2009 EN 1807 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen Bandsägemaschinen“
Teil 1:Tischbandsägemaschinen und Trennbandsägemaschinen, April 2009 Teil 2: Blockbandsägemaschinen, April 2009 EN 1870 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen Kreissägemaschinen“ Teil 1: Tischkreissägemaschinen (mit und ohne Schiebetisch) und Formatkreissägemaschinen und Baustellenkreissägemaschinen, August 2009 Teil 3: Von oben schneidende Kappsägemaschinen und kombinierte Kapp- und Tischkreismaschinen, August 2009 Teil 4: Mehrblattkreissägemaschinen für Längsschnitt mit Handbeschickung und/oder Handentnahme, Februar 2010 Teil 5: Kombinierte Tischkreissägemaschinen/von unten schneidende Kappsägemaschinen“, März 2010 Teil 6: Brennholzkreissägemaschinen und kombinierte Brennholz-und Tischkreissägemaschinen, mit Handbeschickung und/oder Handentnahme, Juni 2010 Teil 7: Einblatt-Stammkreissägemaschinen mit mechanischem Tischvorschub und Handbeschickung und/oder Handentnahme, März 2010 Teil 8: Einblatt-Besäum-und Leistenkreissägemaschinen mit kraftbetätigtem Sägeaggregat und oder Handentnahme, Mai 2020 EN 1889 „Maschinen für den Bergbau unter Tage“, Juli 2009 EN 12 413 „Sicherheitsanforderungen für Schleifkörper aus gebundenem Schleifmittel“, September 2007 EN 12 415 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen - Kleine numerisch gesteuerte Drehmaschinen und Drehzentren“, Januar 2001 EN 12 417 „Werkzeugmaschinen - Sicherheit - Bearbeitungszentren“, Juli 2009 EN 12 418 „Steintrennmaschinen für den Baustelleneinsatz - Sicherheit“, März 2010 EN 12 478 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen - Große numerisch gesteuerte Drehmaschinen und Drehzentren“, Mai 2001 EN 12 622 „Hydraulische Gesenkbiegepressen - Sicherheit“, April 2010 EN 12 629 „Maschinen und Anlagen für die Herstellung von Bauprodukten aus Beton und Kalksandsteinmassen Sicherheit“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Februar 2010 Teil 2: Steinformmaschinen, Februar 2010 Teil 3: Schiebetisch- und Drehtischmaschinen, Februar 2010 Teil 4: Beton-Dachsteinmaschinen, März 2010 Teil 5: Beton-Rohrmaschinen mit Fertigung in vertikaler Lage, März 2010 EN 12 717 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen - Bohrmaschinen“, Juli 2009 EN 12 957 „Werkzeugmaschinen - Funkenerodiermaschinen“, Juli 2009 EN 13 021 „Maschinen für den Winterdienst - Sicherheitsanforderungen“, April 2009 EN 13 128 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen - Fräsmaschinen (einschließlich Bohr-Fräsmaschinen), September 2009
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EN 13 218 „Werkzeugmaschinen - Sicherheit - Ortsfeste Schleifmaschinen“, September 2010 EN 13 684 „Gartengeräte- Handgeführte Rasen-Bodenbelüfter und Vertikulierer - Sicherheit“, April 2010 EN 13 861 „Sicherheit von Maschinen - Leitfaden für den Anwender von Ergonomie-Normen bei der Gestaltung von Maschinen“, April 2003 EN 28 662 „Handgehaltene motorbetriebene Maschinen Messung mechanischer Schwingungen am Handgriff“ Teil 1: Allgemeines, Januar 1993 Teil 2: Meißelhämmer und Niethämmer, Februar 2002 Teil 3: Gesteinbohrmaschinen und Bohrhämmer, Februar 2002 Teil 5: Aufbruchhämmer und Spatenhämmer, Februar 2002 EN 30 326 „Mechanische Schwingungen - Laborverfahren zur Bewertung der Schwingungen von Fahrzeugsitzen“ Teil 1: Grundlegende Anforderungen, Juli 2010 EN 31 253 „Laser und Laseranlagen - Lasergerät - Mechanische Schnittstellen“, 1995 EN 50 041 „Industrielle Niederspannungsgeräte: Hilfsstromschaltgeräte - Positionsschalter 42x80; Maße und Kennwerte“, Juli 1983 EN 50 047 „Industrielle Niederspannungsgeräte: Hilfsstromschaltgeräte - Positionsschalter 30x55; Maße und Kennwerte“, Juli 1983 EN 50 144-1 „Sicherheit handgeführter Elektrowerkzeuge“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Februar 2006 EN 50 144-2 „Sicherheit von handgeführten motorgetriebenen Elektrowerkzeugen“ Teil 2-7: Besondere Anforderungen für Spritzpistolen, Oktober 2001 Teil 2-16: Besondere Anforderungen an Eintreibgeräte Hobelmaschinen, Januar 2004 EN 50 178 „Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln“, April 1998 EN 60 073 „Grund- und Sicherheitsregeln für die MenschMaschine-Schnittstelle, Kennzeichnung - Codierungsgrundsätze für Anzeigegeräte und Bedienteile“, Mai 2003 EN 60 204 „Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen“, Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Juni 2007 EN 60 300-1 „Zuverläsigkeitsmanagement“, Oktober 2010 EN 60 335-1 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke“, Februar 2009 Teil 1: Allgemeine Anforderungen EN 60 335-2 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke“, August 1996 Teil 2-2: Besondere Anforderungen für Staubsauger und Wassersauger, November 2010 Teil 2-3: Besondere Anforderungen für elektrische Bügeleisen, Oktober 2009 Teil 2-4: Besondere Anforderungen für Wäscheschleudern, November 2010 Teil 2-5: Besondere Anforderungen für Geschirrspülmaschinen, November 2009 Teil 2-6: Besondere Anforderungen für ortsfeste Herde, Kochmulden, Backöfen und ähnliche Geräte, August 2009
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Teil 2-7: Besondere Anforderungen für Waschmaschinen, November 2010 Teil 2-8: Besondere Anforderungen für Rasiergeräte, Haarschneidemaschinen und ähnliche Geräte, Mai 2009 Teil 2-9: Besondere Anforderungen für Grillgeräte, Brotröster und ähnliche ortsveränderliche Kochgeräte, August 2009 Teil 2-10: Besondere Anforderungen für Bodenbehandlungsmaschinen und Nass-Schrubbmaschinen, Februar 2009 Teil 2-11: Besondere Anforderungen für Trommeltrockner, August 2009 Teil 2-12: Besondere Anforderungen für Wärmehalteplatten und ähnliche Geräte, Januar 2009 Teil 2-13: Besondere Anforderungen für Frittiergeräte, Bratpfannen und ähnliche Geräte, August 2010 Teil 2-14: Besondere Anforderungen für Küchenmaschinen, November 2010 Teil 2-15: Besondere Anforderungen für Geräte zur Flüssigkeitserhitzung, April 2009 Teil 2-25: Besondere Anforderungen für Mikrowellenkochgeräte und kombinierte Mikrowellenkochgeräte, April 2007 Teil 2-28: Besondere Anforderungen für Nähmaschinen, Februar 2009 Teil 2-34: Besondere Anforderungen für Motorverdichter, September 2009 Teil 2-37: Besondere Anforderungen für elektrische Friteusen für den gewerblichen Gebrauch, Februar 2010 Teil 2-38: Besondere Anforderungen für elektrische Bratpfannen und Kontaktgrills für den gewerblichen Gebrauch, Dezember 2008 Teil 2-39: Besondere Anforderungen für elektrische Mehrzweck-Koch- und Bratpfannen für den gewerblichen Gebrauch, April 2009 EN 60 529-1 „Schutzarten durch Gehäuse“ (IP-Code), September 2000 EN 60 812 „Analysetechniken für die Funktionsfähigkeit von Systemen - Verfahren für die Fehlzustandsart - und -auswirkungsanalyse (FMEA)“, November 2006 EN 60 947 „Sicherheit von Maschinen - Niederspannungsschaltgeräte“ Teil 1: Allgemeine Festlegungen, April 2008 Teil 2: Leistungsschalter, April 2020 EN 60 947-5-1 „Niederspannungsschaltgeräte - Steuergeräte und Schaltelemente - elektromechanische Steuergeräte“, April 2010 EN 60 947-5-2 „Niederspannungsschaltgeräte - Steuergeräte und Schaltelemente - Näherungsschalter, August 2008 EN 60 947-5-3 „Sicherheit von Maschinen - Anforderungen für Näherungsschalter mit definiertem Verhalten unter Fehlerbedingungen“, November 2005 EN 61 000 „Fachgrundnorm Störaussendung - Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)“, November 2000 Teil 2-2: Umgebungsbedingungen, Verträglichkeitsspiegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrößen und Signalübertragung in öffentlichen Niederspannungsnetzen, Februar 2003
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Teil 2-4: Umgebungsbedingungen, Verträglichkeitsspiegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrößen in Industrieanlagen, Mai 2003 EN 61 029 „Sicherheit transportabler motorbetriebener Elektrowerkzeuge“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Juni 2010 Teil 2-1: Besondere Anforderungen an Tischkreissägen, September 2010 Teil 2-3: Besondere Anforderungen an Hobel und Dickenhobel, November 2004 Teil 2-4: Besondere Anforderungen für Tischschleifmaschinen, April 2010 Teil 2-5: Besondere Anforderungen für Bandsägen, Mai 2003 Teil 2-6: Besondere Anforderungen an Diamantbohrmaschinen mit Wasserzufuhr, November 2006 Teil 2-8: Besondere Anforderungen an einspindelige senkrechte Tischfräsmaschinen, September 2009 Teil 2-9: Besondere Anforderungen für Gehrungskappsägen, Dezember 2010 Teil 2-10: Besondere Anforderungen an Trennschleifmaschinen, September 2009 Teil 2-11: Besondere Anforderungen für kombinierte Tisch und Gehrungssägen, Juni 2010 Teil 2-12: Besondere Anforderungen an Gewindeschneidmaschinen, November 2008 EN 61 310 „Sicherheit von Maschinen - Anzeigen, Kennzeichnen und Bedienen“ Teil 1: Anforderungen an sichtbare, hörbare und tastbare Signale, September 2008 Teil 2: Anforderungen an die Kennzeichnung, September 2008 EN 61 496-1 „Sicherheit von Maschinen - Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen und Prüfungen“, März 2009 Teil 2: Besondere Anforderungen an Einrichtungen, die nach dem aktiven opto-elektronischen Prinzip arbeiten, Februar 2008 Teil 3: Besondere Anforderungen an aktive opto-elektronische diffuse Reflektion nutzende Schutzeinrichtungen (AOPDDR), Januar 2002 EN 61 508 „Funktionale Sicherheit elektrischer/elektronischer/programmierbar elektronischer Systeme“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Juni 2009 Teil 2: Anforderungen an sicherheitsbezogene elektrische/ elektronische/programmierbare elektronische Systeme, Juni 2009 Teil 3: Anforderungen an Software, Juni 2009 Teil 4: Begriffe und Abkürzungen, Juni 2009 Teil 5: Beispiele von Methoden für die Bestimmung von Sicherheits-Integritätsleveln, Juni 2009 Teil 6: Anwendungsrichtlinie für IEC 61 508-2 und IEC 61 508-3, Juni 2009 Teil 7: Anwendungshinweise über Verfahren und Maßnahmen, Juni 2009
EN 61 511 „Funktionale Sicherheit - Sicherheitstechnische Systeme für die Prozessindustrie“, Mai 2005 EN 62 046 „Anwendung von Schutzausrüstungen zur Anwesenheitserkennung von Personen“, April 2009 EN 62 061 „Funktionelle Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer, elektronischer und programmierbarer Steuerungssysteme“, April 2009 EN 62 304 „Medizingeräte - Software-Lebenszyklus Prozess“, Mai 2009
EN ISO-Normen EN ISO 2860 „Erdbaumaschinen - Öffnungen - Mindestmaße“, Juni 2009 EN ISO 2867 „Erdbaumaschinen - Zugänge“, Juni 2009 EN ISO 3411 „Erdbaumaschinen - Körpermaße von Maschinenführern und Mindestfreiraum“, November 2007 EN ISO 3450 „Erdbaumaschinen - Maschinen auf Rädern oder schnelllaufende gummigleiskettenbereifte Maschinen Anforderungen und Prüfungen für Bremssysteme“, Oktober 2009 EN ISO 3457 „Erdbaumaschinen - Schutzeinrichtungen Begriffe und Anforderungen“, Juni 2009 EN ISO 3471“Erdbaumaschinen-Überrollschutzaufbauten - Laborprüfungen und Leistungsanforderungen“, Januar 2010 EN ISO 3743 „Akustik - Bestimmung der Schalleistungspegel von Geräuschquellen - Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern“ Teil 1: Vergleichsverfahren in Prüfräumen mit schallharten Wänden, November 2009 Teil 2: Verfahren für Sonder-Hallräume, November 2009 EN ISO 3744 „Akustik - Bestimmung der Schalleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im Wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene“, November 2009 EN ISO 3746 „Akustik - Bestimmung der Schalleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen - Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 3 über einer reflektierenden Ebene“, November 2009 EN ISO 3767 „Traktoren, Land- und Forstmaschinen - Motorgetriebene Rasen- und Gartengeräte - Symbole für Stellteile und andere Anzeigen“ Teil 1: Allgemeine Bildzeichen, November 2008 Teil 2: Bildzeichen für Traktoren und Maschinen in der Landwirtschaft, September 2008 Teil 3: Bildzeichen für motorgetriebene Rasen- und Gartengeräte, Februar 1995 Teil 4: Bildzeichen für Forstmaschinen, August 2008 Teil 5: Bildzeichen für tragbare Forstmaschinen, Juni 2001 EN ISO 4871 „Akustik - Angabe und Nachprüfung von Geräuschemissionswerten von Maschinen und Geräten“, November 2009 EN ISO 5674 „Traktoren und land- und forstwirtschaftliche Maschinen –Schutzeinrichtungen für Gelenkwellen - Festig-
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keit und Verschleißprüfungen und Abnahmekriterien“, Juni 2009 EN ISO 6385 „Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen“, Mai 2005 EN ISO 6682 „Erbaumaschinen - Stellteile - Bequemlichkeitsbereiche und Reichweitenbereiche“, Juni 2006 EN ISO 7250 „Wesentliche Maße des menschlichen Körpers für die technische Gestaltung“, Teil1: Körpermaßdefinitionen und -messpunkte“, Juni 2010 EN ISO 7235 „Akustik - Labormessungen an Schalldämpfern in Kanälen - Einfügungsdämpfungsmaß, Strömungsgeräusch und Gesamtdruckverlust“, Januar 2010 EN ISO 7475 Mechanische Schwingungen - Auswuchtmaschinen - Verkleidungen und andere Schutzmaßnahmen für die Messstation, April 2004 EN ISO 7731 „Ergonomie - Gefahrensignale für öffentlichen Bereiche und Arbeitsstätten“, Dezember 2008 EN ISO 10 218 „Industrieroboter - Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Roboter, August 2009 Teil 2: Robotersystem und Integration, Juli 2008 EN ISO 11 064 „Ergonomische Gestaltung von Leitzentralen“, Oktober 2005 EN ISO 11 111 „Textilmaschinen - Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Gemeinsamen Anforderungen, Dezember 2009 Teil 2: Spinnereivorbereitungs- und Spinnmaschinen, Dezember 2009 Teil 3: Vliesstoffmachinen, Dezember 2009 Teil 4: Garnverarbeitungs-, Seilereiwaren- und Seilereimaschinen, Dezember 2009 Teil 5: Vorbereitungsmaschinen für die Weberei und Wirkerei, Dezember 2009 Teil 6: Maschinen zur Herstellung textiler Flächengebilde, Dezember 2009 Teil 7: Textilveredelungsmaschinen, Dezember 2009 EN ISO 11 145 „Optik und Photonik- Laser und Laseranlagen - Begriffe und Formelzeichen“, November 2008 EN ISO 11 161 „Integrierte Fertigungssysteme - Grundlegende Anforderungen“, Oktober 2010 EN ISO 11 200 „Akustik - Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten - Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen zur Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten“, Januar 2010 EN ISO 11 201 „Akustik - Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten - Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelten Orten in einem im Wesentlichen freien Schallfeld über einer reflektierenden Ebene mit vernachlässigbaren Umgebungskorrekturen“, Oktober 2010 EN ISO 11 202 „Akustik - Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten - Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten unter Anwendung angenäherter Umgebungskorrekturen“, Oktober 2010
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EN ISO 11 203 „Akustik - Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten - Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten aus dem Schalleistungspegel“, Januar 2010 EN ISO 11 204 „Akustik - Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten - Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten unter Anwendung exakter Umgebungskorrekturen“, Oktober 2010 EN ISO 11 429 „Ergonomie - System akustischer und optischer Gefahrensignale und Informationssignale“, Dezember 1996 EN ISO 11 546 „Akustik - Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln“ Teil 1: Messungen unter Laborbedingungen (zum Zweck der Kennzeichnung), Januar 2010 Teil 2: Messungen im Einsatzfall (zum Zweck der Abnahme und Nachprüfung), Januar 2010 EN ISO 11 681 „Forstmaschinen - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung für tragbare Kettensägen“ Teil 1: Kettensägen für die Waldarbeit, November 2009 Teil 2: Kettensägen für die Baumpflege, November 2009 EN ISO 11 691 „Akustik - Messung des Einfügungsdämpfungsmaßes von Schalldämpfern in Kanälen ohne Strömung - Laborverfahren der Genauigkeitsklasse 3“, Januar 2010 EN ISO 11 957 „Akustik - Messung der Schalldämmung von Schallschutzkabinen - Messungen im Labor und im Einzelfall“, Januar 2010 EN ISO 12 001 „Akustik - Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten - Regeln für die Erstellung und Gestaltung einer Geräuschmessnorm“, Januar 2010 EN ISO 13 732 „Ergonomie der thermischen Umgebung Bewertungsverfahren für menschliche Reaktionen bei Kontakt mit Oberflächen“, Teil 1: Heiße Oberflächen, Januar 2008 Teil 2: Kalte Oberflächen, März 2008 EN ISO 13 849-1 „Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze“, Dezember 2008 EN ISO 13 849-2 „Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Teil 2: Validierung“, Februar 2008 EN ISO 13 850 „Sicherheit von Maschinen - Not-Halt - Gestaltungsleitsätze“, September 2009 EN ISO 13 855 „Sicherheit von Maschinen - Anordnung von Schutzeinrichtungen im Hinblick auf Annäherungsgeschwindigkeit von Körperteilen“, Oktober 2010 EN ISO 13 857 „Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen mit den oberen und unteren Gliedmaßen“, Juni 2008 EN ISO 14 121-1 „Risikobeurteilung“ Teil 1: Leitsätze, Dezember 2007 EN ISO 14 121-2 „Risikobeurteilung“ Teil 2: Praktische Anleitung und Verfahrensbeispiele, August 2008 (in Englisch) EN ISO 14 122-1/4 „Ortsfeste Zugänge zu maschinellen Anlagen“, 2008
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9 Schrifttum
EN ISO 14 738 „Sicherheit von Maschinen - Anthropometrische Anforderungen an die Gestaltung von Maschinenarbeitsplätzen“, Juli 2009 EN ISO/IEC 17 025 „Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien“, August 2006 EN ISO 23 125 „Werkzeugmaschinen - Drehmaschinen“, Oktober 2010 EN ISO 28 881 „Werkzeugmaschinen - Funkenerodiermaschinen“, April 2010
IEC/ISO-Schriften und Normen ISO/IEC-Guide 14 „Purchase information on goods and services intended for consumers“, 2003 ISO/IEC-Guide 37 „Bedienungsanleitungen für vom Endverbraucher genutzte Produkte“, 1995 ISO/IEC-Guide „Standards for packaging - Consumers requirements“, 1984 ISO/IEC-Guide 50 „Child safety standards - General guidelines“ 1987 ISO/IEC-Guide 51 „Safety aspects - Guidelines for their inclusions in standards“, 1999 ISO/IEC-Guide 104 „The preparation of safety publications and the use of basic safety publications and group safety publications“, 1997 ISO 500-1 „Landwirtschaftliche Traktoren - Heckseitig angebaute Zapfwellen - Sicherheitsanforderungen, Abmessungen der Schutzeinrichtung und Freiraum”, Februar 2004 ISO 3164 „Erdbaumaschinen - Prüfung von Schutzaufbauten“, Juni 2009 ISO 3864 „Graphical Symbols - Safety colours and safety signs, Part 1: Design principles for safety signs and safety markins“, September 2009 ISO 3864 „Graphische Symbole - Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen, Teil 2: Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitsschilder zur Anwendung auf Produkte“, Juli 2008 ISO 3864 „Graphische Symbole – Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen, Teil3: Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitsschilder zur Anwendung in Sicherheitszeichen“, September 2009 ISO 7000 „Graphische Symbole auf Einrichtungen - Index und Übersicht“, Dezember 2008 ISO 7475 „Mechanische Schwingungen - Auswuchtmaschinen - Verkleidungen und andere Schutzmaßnahmen für die Mess-Station”, April 2004 ISO 11 861 „Forstmaschinen - Tragbare Motorsägen - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung“ Teil 1: Motorsäge für übliche Waldarbeit, Februar 2004 ISO 11 684 „Traktoren und Maschinen für Land- und Forstwirtschaft, kraftbetriebene Rasen- und Gartengeräte - Sicherheitszeichen und Gefahrenbildzeichen-Allgemeine Grundsätze“, Januar 1995 ISO 12 643 „Graphic Technology - Safety requirements for graphic technology equipment and systems“ ISO 12 643-1:2007 General requirements
ISO 12 643-2:2007 Press equipment and systems ISO 12 643-3:2008 Binding and finishing equipment and systems ISO 12 643-4:2009 Converting equipment and systems ISO 12 643-5:2010 Stand-alone platen presses ISO 13 855 „Safety of machinery - Positioning of safeguard with respect to the approach speed of parts of the human body“, 2010 ISO 14 121 „Sicherheit von Maschinen - Risikobeurteilung“ Teil 1: Leitsätze, Dezember 2007 Teil 2: Praktische Anleitungen und Verfahrensbeispiele, Dezember 2007 (in Englisch) ISO 14 971-1 „Medical devices - Risk management - Part 1: Application of risk analysis“, Oktober 2009 ISO 60 417 „Graphical symbols for use on equipment“, Part 1: Overview and Application, April 2002 Part 2: Symbol Originals
DIN-Normen Bezugsquelle: Beuth-Verlag Burggrafenstr. 6 10787 Berlin Telefon (030) 26 01 22 60 DIN 820-120 „Normungsarbeit“ Teil 120: Leitfaden für die Aufnahme von Sicherheitsaspekten in Normen, September 2008 DIN VDE 0660 Teil 209: „Niederspannungs-Schaltgeräte, Zusatzbestimmungen für berührungslos wirkende Positionsschalter für Sicherheitsfunktionen“, Januar 1988 DIN 4844 „Graphische Symbole - Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen“ Teil 1: Maße, Erkennungsweiten; inklusive Berichtigungen von 2002-11 Teil 2: Registrierte Sicherheitszeichen, Dezember 2010 DIN 5310 „Industrienähmaschinen - Sicherheitstechnische Anforderungen“, September 1980 DIN 5318 Teil 2: „Industrienähmaschinen - Nähfuß - Sicherheitstechnische Anforderungen“, September 1978 DIN 11 001 „Landmaschinen und Traktoren - Geräte zur Bodenbearbeitung, Saat, Pflanzenbehandlung und Düngung“ Teil 6: Besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung, August 1998“ DIN 15 026 „Hebezeuge - Kennzeichnung von Gefahrstellen“, Januar 1978 DIN 18 065 „Gebäudetreppen - Begriffe, Messregeln, Hauptmaße“, September 2009 DIN V 19 250 „Leittechnik, Messen, Steuern, Regeln; Grundlegende Sicherheitsbetrachtungen für MSR-Schutzeinrichtungen“, Mai 1994 (zurückgezogen, nur noch von historischer Bedeutung)
9 Schrifttum
DIN V 19 251 „Leittechnik, Messen, Steuern, Regeln; Anforderungen und Maßnahmen zur gesicherten Funktion“, Mai 1994 (zurückgezogen, nur noch von historischer Bedeutung) DIN 20 066 Teil 4: „Fluidtechnik; Schlauchleitungen, Einbau“, Mai 1984 DIN 24 531 „Roste als Stufen“ Teil 1: Gitterroste aus metallischen Werkstoffen, April 2006 Teil 2: Blechprofilroste aus metallischen Werkstoffen, August 2007 Teil 3: Kunststoffgitterroste, August 2007 DIN 25 419 „Ereignisablaufanalyse, Verfahren, graphische Symbole und Auswertung“, November 1985 DIN 25 424 „Fehlerbaumanalyse, Methode und Bildzeichen“, September 1981 DIN 31 000/A1 VDE 1000/A1“Allgemeine Leitsätze für das sicherheitsgerechte Gestalten technischer Erzeugnisse (Änderungen)“, Juli 2007 DIN 33 402-1 „Körpermaße des Menschen; Teil 1: Begriffe, Messverfahren“, März 2008 DIN 33 402-2 „Körpermaße des Menschen; Teil 2: Werte“, Mai 2007 DIN 33 402-2 „Körpermaße des Menschen; Beiblatt: Anwendung von Körpermaßen in der Praxis“, August 2006 DIN 33 402-3 „Körpermaße des Menschen; Teil 3: Bewegungsraum bei verschiedenen Grundstellungen und Bewegungen“, Oktober 1984 DIN 33 414 „Ergonomische Gestaltung von Warten“, Oktober 1990 DIN 40 041 „Zuverlässigkeit, Begriffe“, Dezember 1990 DIN 75 031 „Nutzkraftwagen und Anhängefahrzeuge - Rangier-Warneinrichtungen - Anforderungen und Prüfung“, Februar 1995 DIN 83 206 „Treppen und Geländer in Maschinen- und Kesselräumen von Seeschiffen - Treppen“, Juli 2007
VDI-Richtlinien Bezugsquelle: Beuth-Verlag GmbH Burggrafenstr. 6 10787 Berlin Telefon (030) 26 01 22 60 Informationen: VDI Postfach 10 11 39 40002 Düsseldorf Telefon 0211/62140
VDI 2206 „Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme“, Juni 2004
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VDI 2220 „Produktplanung; Ablauf, Begriffe und Organisation“, Mai 1980 VDI 2221 „Methode zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte“, Mai 1993 VDI 2222 Blatt 1 „Konstruktionsmethodik - Methodisches Entwickeln von Lösungsprinzipien“, Juni 1997, VDI 2222 Blatt 2 „Konstruktionsmethodik - Erstellung und Anwendung von Konstruktionskatalogen“, Februar 1982 VDI 2223 „Methodisches Entwerfen technischer Produkte“, Januar 2004 Blatt 1 bis Blatt 4, Mai 1991 VDI 2242 Blatt 1 „Konstruieren ergonomiegerechter Erzeugnisse - Grundlagen und Vorgehen“, April 1986 VDI 2242 Blatt 2 „Konstruieren ergonomiegerechter Erzeugnisse - Arbeitshilfen und Literaturzugang“ VDI 2244 „Konstruieren sicherheitsgerechter Erzeugnisse“, Mai 1988 VDI 2246 Blatt 1 „Konstruieren instandhaltungsgerechter technischer Erzeugnisse - Grundlagen“, März 2001 VDI 2246 Blatt 2 „Konstruieren instandhaltungsgerechter Produkte - Anforderungskatalog“, März 2001 VDI 2862 „Mindestanforderungen zum Einsatz von Schraubsystemen und -werkzeugen in der Automobilindustrie“, September 2009 VDI 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ Blätter 1 bis 9, März 2005 VDI /VDE 3542 „Sicherheitstechnische Begriffe für Automatisierungssysteme“; Blätter 1 bis 4, Oktober 2000 VDI 3720 „Lärmarm konstruieren“, Blätter 1 bis 5, Januar 1991 VDI 3780 „Technikbewertung, Begriffe und Grundlagen“, September 2000 VDI 3822 „Schadensanalyse“ Blätter 1 bis 5, Dezember 2008 VDI 3968 „Sicherung von Ladeeinheiten“ Blätter 1 bis 6, Mai 1994 VDI 4001 „VDI-Handbuch Technische Zuverlässigkeit“, Blatt 1 und 2, April 1998 VDI 4003 „Zuverlässigkeitsmanagement“, März 2007 VDI 4004 „Zuverlässigkeitskenngrößen“, Blätter 1 bis 4, September 1986 VDI 4005 „Einflüsse von Umweltbedingungen auf die Zuverlässigkeit technischer Erzeugnisse“, Blätter 1 bis 5, November 1983 VDI 4006 Blatt 1: “Menschliche Zuverlässigkeit - Ergonomische Forderungen und Methoden der Bewertung“, November 2002 VDI 4006 Blatt 2: “Menschliche Zuverlässigkeit - Methoden zur quantitativen Bewertung menschlicher Zuverlässigkeit“, Februar 2002 VDI 4006 Blatt 3: “Menschliche Zuverlässigkeit - Methoden zur Ereignisanalyse“, August 2010 VDI 4008 „Zuverlässigkeitsanalysen, Voraussetzungen, Methoden und Verfahren“, Blätter 1 bis 9, April 1999
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Berufsgenossenschaftliches Vorschriften- und Regelwerk Bezugsquelle: Carl Heymanns Verlag Luxemburger Straße 449 50939 Köln Telefax 0221/9 43 73 603 www.heymanns.com e-mail:
[email protected] Aktueller Stand ist im BGVR-Verzeichnis registriert http://www.dguv Zitierte Regelungen BGV A 8 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz“ BGV C 5 „Unfallverhütungsvorschrift Abwassertechnische Anlagen“ BGV D 36 „Unfallverhütungsvorschrift Leitern und Tritte“ BGR 107 „Sicherheitsregeln für Durchlauftrockner von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen“ BGR 124 „Sicherheitsregeln für die Steuerung von Druckund Papierverarbeitungsmaschinen“ BGR 129 ”Sicherheitsregeln für Rollenschneidemaschinen der Papierausrüstung und Umroller” BGR 130 „Sicherheitsregeln für Kalander der Papierausrüstung“ BGI 572 „Schlauchleitungen - Sicherer Einsatz“ BGI 588 „Metallroste“ BGI 783 „Messungen an Bespannungen laufender Papiermaschinen“
US-Standards Bezugsquelle: Beuth-Verlag GmbH Burggrafenstr. 6 10787 Berlin (030) 26 01 22 60 ANSI Z535.4 „Standard for Product Safety Signs and Labels“ ANSI Z535.6 „Product Safety Information in Product Manuals, Instructions, and other Collateral Materials“
Wichtige Organisationen Ein ausführliches Verzeichnis aller relevanten deutschen Organisationen, die einen Bezug zur Sicherheit haben, enthält das jährlich erscheinende Datenjahrbuch „Betriebswacht 20xy“ des Universum-Verlags, Wiesbaden http://www.universum.de
Wichtige Internet-Links Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Österreich), http://www.auva.at American National Standards Institute (ANSI), http://www.ansi.org Bayerische Landesanstalt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LfAS), http://www.lfas.de Beuth Verlag, http://www.beuth.de Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), http://www.baua.de Bundesarbeitsblatt, http://www.bundesarbeitsblatt.de Bundesinstitut für Risikobewertung, http://www.bfr.bund.de Bundesministerium für Arbeit und Soziales, http://www.bmas.bund.de Bundesministerium für Wirtschaft und Technik, www.bmwi.de Carl Heymanns Verlag, http://www.heymanns.com Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN), http://www.din.de Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), http://www.dguv Deutsche Kommission für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (DKE), http://www.dke.de Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR), http://www.dvr.de Dr. Curt Haefner Verlag, http://www.haefner-verlag.de Ecomed Verlagsgesellschaft, http://ww.ecomed.de Erich Schmidt Verlag, http://www.erich-schmidt-verlag.de EURO INFO CENTER, http://www.eic.de Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, http://www.osha.eu.int Europäisches Komitee für Normung (CEN), http://www.cenorm.be Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC), http://www.cenelec.org Europäische Kommission, Vertretung in Deutschland, http://ec.europa.eu/deutschland/index_de.htm Europäische Kommission, RAPEX http://ec.europa.eu/consumers/dyna/rapex/rapex_archives_de.cfm Europäisches Recht, europa.eu.int/eur-lex/de European Telecommunications Standards Institute (ETSI), http://www.etsi.org Europäisches Wörterbuch, http://ec.europa.eu/eurodicautom/Controller Institut für Arbeitsschutz (IFA) (vormals BGIA), www. dguv.de/ifa International Electrotechnical Standards Institute (IEC), www.iec.ch International Organization for Standardization (ISO), www.iso.ch Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN), www. kan.de/nora Marktaufsichtsbehörde ICSMS, http://icsms.org Normen-Recherche Arbeitsschutz, http://nora.kan.de
9 Schrifttum
Normungsaktivitäten der Europäischen Kommission, http://ec.europa.eu/comm/enterprise/standards_policy/index_en.htm Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB), http://www.ptb.de Safety Network International e.V., http://safetybus.com Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), http://www.suva.ch TÜV Nord, http://www.tuev-nord.de Umwelt Online, http://www.umwelt-online.de Universum Verlag, http://www.universum.de Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE), http://www.vde.de
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Verband deutscher Sicherheitsingenieure (VDSI), http://vdsi.de Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer e.V. (VDMA), http://www.vdma.org/nam Verein Deutscher Ingenieure (VDI), http://www.vdi.de VDI: alle CE-Richtlinien, Vorschlagsrichtlinien und Gesetze im Originaltext, http://vdi-nachrichten.com/ce-richtlinien/basics/normen.asp Verein Deutscher Revisions-Ingenieure e.V. (VDRI), http://vdri.de
10 Stichwortverzeichnis
6\PEROH 5. Perzentil 497 50. Perzentil 497 95. Perzentil 497 ȕ (Beta) 530 Ȝ (Lambda) 537
$ Abdrängen 100 Abhängigkeitskette 304 Abkanten 351 Ablauffolge 69 Ablederung 100, 104 Ableitstrom 529 Abnahme 54 Abnutzung 82 Abschalten der Spannungsversorgung 472 Abschaltverzögerung 338 Abschirmung 254 Absenkkraft 155 absolutes Energieniveau 96 Abstand der Schutzeinrichtung von Gefahrstellen 280 Abstieg 453, 455 Absturz 88, 453 Absturzgefahr 444 Absturzhöhe Null 459 Absturzsicherung 446, 456 Absturzsicherungen an Bühnen 456 Absturzsicherungen an Galerien 456 Abtastsystem 358 abweisende Schutzeinrichtung 302 Achsabstand 228 Aerosol 265 affektiver Faktor 156 Airbag 302 AKAS-Gesenkbiegemaschinenabsicherung 388 aktive Teile 529 Aktualisierungskonflikt 145 akustische Anlaufwarneinrichtung 472 akustischer Parameter 422 Akzeptanz 280, 321, 437 Akzeptanz von Schutzeinrichtungen 253, 290 Alles-oder-nichts-Verriegelung 317 allgemein anerkannte Regeln der Technik 13, 21
Altmaschine 31, 42 amerikanische Sicherheitszeichen (ANSI Z535.4) 407 Ampelsignalleuchte 418 Amputation 136 Amtsblatt der EU 21 Anfahrgeschwindigkeit 529 Anfahrlineal mit Schrägen 327 Anforderung ergonomische 487 Anforderungsfrequenz der Sicherheitsfunktion 373 Anforderungsklasse 136, 529 Anforderungsliste 61, 325, 529 Anhang I der Maschinenrichtlinie 175 Anhang IV - Maschinen 18 Anlaufsperre 529 Anlauftestung 529 Anlauf, unerwarteter 176 Anlaufwarneinrichtung akustische 422 Anordnung von Bedienteilen 492 anormaler Zustand 470 Anschluss für Messgerät 183 ANSI (American National Standards Institute) 407 ANSI Z535.4 407 Ansprechzeit 349, 529 Ansprechzeit der Schutzeinrichtung 379, 398 Anstoßstelle 89 anthropometrische Daten 492 anthropometrische Daten der deutschen Bevölkerung 494 anthropometrischer Parameter 492 Antivalenz 529 Antriebselement 428 Antriebsenergie 79, 100 Antriebsstrang 242, 433 Anwachsen des Materialrollendurchmessers 437 Anzeige analoge 517 digitale 518 Anzeigeleuchte 517 Anzeigen 516 Anzeiger 60, 516 AOPD 529 Apparat 59, 529 arbeiten bei geöffneten Schutzeinrichtungen 317
A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-19189-3_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
Arbeitsaufgabe 60 arbeitsbedingte Erkrankung 489 arbeitsbedingte Gefährdungen 63 arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren 62 Arbeitsbedingungen 16, 62 Arbeitsbereich 60, 70, 529 Arbeitsbühne 445, 448 Arbeitsfläche 506 Arbeitsgegenstand 59 Arbeitsgerät 36 Arbeitsgruppe 175 Arbeitshöhe 445 Arbeitsmittel 59, 530 Arbeitsmittelbenutzungsverordnung 468 Arbeitsperson 59, 60 Arbeitsplatz 487 ständiger 448 Arbeitsproduktivität 488 Arbeitsrecht 12 Arbeitssicherheit 530 Arbeitsstromprinzip 313, 314, 363 Arbeitssystem 59, 249, 530 Architektur der Steuerung 210, 347 Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen 297 Aufbewahrungsfrist 20 Aufenthaltsdauer 135 Aufheben der Schutzwirkung 309 Auflaufstelle 100, 438 Auflaufwinkel 438 Auflistungen von Gefährdungen 175 Auflistung von Gefährdungen 144 Auflistung von Gefahren 24 Auflösung 377 Auflösung (Dedektionsvermögen) 530 Aufmerksamkeit 139 Aufprall 87 Aufprallbereich 260 Aufprallenergie 95. Siehe auch kritische Aufprallenergie Aufprallfläche 89 Aufprallgeschwindigkeit 88 Aufsatzbacken 96 Aufsichtsbehörde 171 Aufsichtsbehörden der Länder 8 Aufstieg 446 Aufstiegshilfe 448 Auftrefffläche 96 Auftreten eines einzelnen Fehlers 347
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10 Stichwortverzeichnis
Auftrittiefe 454 Aufwicklungsvorgang 163 Augenverletzung 257 Ausblendung 530 Auseinanderfahren der Walzen 430, 433 Ausfall 530 zufälliger 82 Ausfalleffektanalyse 133 Ausfall, gefahrbringender 530 Ausfall gemeinsamer Ursache (CCF) 530 Ausfallrate 82, 183 Ausfallrate unterschiedlicher Baugruppen 84 Ausfall, systematischer 530 Ausfallverhalten 85 Ausfallwahrscheinlichkeit 206, 209, 530 ausführliche Gefährdungsanalyse 119 Ausgleichsgewicht 179 ausgleitfördernde Substanz 90 Ausklinkvorgang 241 Auslaufstelle 163 Auslaufzeit der gefahrbringenden Bewegung 307 Auslieferungsstopp 54 Auslösen der Not-Halt-Befehlseinrichtung 197 Ausreißer 52 Ausrutschen 90 Ausschalten im Notfall 530 Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (AtAV) 24 Außenkontur 236 Außenmaße 497 Außenrundschleifen 268 Außenschnittstelle (externe Schnittstelle) 123 Ausstellungsverbot 36 Austausch von Werkzeugen 31 Auswahlredundanz 195 Auswahl von Schutzeinrichtungen 254 Ausweichbewegung 163 Ausweichweg an Schaltleiste 434 Auswerteeinheit 338, 530 Auswuchtmaschine 96, 173 automatischer Start 530 autonomes Recht der Berufsgenossenschaften 39
% B10d-Wert 530 Backeneinheiten 92 Badewannenkurve 82 Bagatellschaden 128 Bandanlage 438 Bandrolle 439 Barfußmethode 145 Basisinnovation 117 Bauarten trennender Schutzeinrichtungen 279
Baugruppe 64, 531 Baumusterprüfung (EG-) 531 Bauteil 531 Bauteilausfall 187 Bauteilfehler 151 Bauteilversagen 81, 85, 176 Bauteilzuverlässigkeit 183 Beanspruchung (Arbeits-) 531 Beanspruchungsgrenzen des menschlichen Körpers 239 Beanspruchung, subjektive 61 Bedienbarkeit von Maschinen 160, 324 Bedienelement 522 Bedienteil 60 Bedienungsfehler 79 Bedienungskonzept 236 Bedienungswissen 66 Bedingung geometrische 228 Beenden der Überbrückungsphase beim Muting 386 Befestigungselement 149 Befreien, selbstinitiertes 163 Befreiungsmöglichkeit 437 Befugnisse der zuständigen Behörden 36 begehbare Fläche 446 Begrenzen der wirksamen Energie 183, 239 Behälter 457 behördliche Maßnahme 8 behördliche Untersagungsverfügung 36 Beinahunfall 117 Belastung 115 Belastung (Arbeits-) 531 Belastung, objektive 61 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept 489 Beleuchtung 79 benannte Stelle 28 Benutzerfreundlichkeit 531 Benutzerinformation 531 Benutzerinformationen in Betriebsanleitungen 34 Benutzerorientiertheit 27, 171 benutzungsfreundliche Schutzeinrichtungen 325 Benutzungsfreundlichkeit der Maschine 324 Berechnungen 32 Berechnungshypothesen 176 Berechnungsverfahren 179 Bereichssicherung 253, 391 Berstscheibe 184 Berufsgenossenschaft 1, 8, 40 Berufsgenossenschaftliches Vorschriftenund Regelwerk 41 Berufskrankheit 63 Berufskrankheiten-Verordnung 63 Berühren großflächiges 347 berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (BWS) 358 Berührungsschutz am Messerbalken
484 Beschreibung der Maschine 32 Beschussversuch 261, 286 Beschwerde- und Reklamationsmanagement 38 Besenfreiheit 294 bestimmungsgemäßer Gebrauch 158 bestimmungsgemäßes Verwenden 79 Betätigen und Entriegeln von Not-HaltSchaltern 474 Betätigen von Bedienteilen in falscher Richtung 162 Betätiger 531 getrennter 327 Betätiger, (vom Schalter) getrennter 531 Betätigungsbewegung 525 Betätigungselement 327, 522 Betätigungsrichtung 155 Betrachtungsabstand 503 Betreiber 531 Betriebsanleitung 14, 20, 32, 33, 34, 52, 53, 121, 144, 148, 149, 164, 175, 225, 318, 402, 412, 531 Betriebsanweisung 35, 149, 150, 402, 531 betriebsmäßiges Öffnen von Schutzeinrichtungen 285, 326 Betriebssicherheitsverordnung 468 Betriebszuverlässigkeit 188 Beurteilung des Restrisikos 127 Bewegen eines Bedienteils 502 Beweggründe zur Manipulation 322 bewegliche trennende Schutzeinrichtung 275, 278, 531 Bewegung energiebehaftete 100 freie 87 rotative 87 translatorische 87 Bewegung, gefahrbringende 531 Bewegung in festgelegten Bahnen 87 Bewegungsbahn 87, 438 Bewegungsraum 500 Bewegungsräume der Gliedmaßen 492 Bewegungsumkehr 163 Bewegungsverdichtung 502 Bewegungsvereinfachung 502 Beweislast, Umkehr der 23 Bewertung, monetäre 167 Bewusstseinsebene 155 BGG-Grundsätze 42 BGI-Informationen 42 BG-PRÜFZERT-Zeichen 44 BGR-Regeln 42 BGV-Vorschriften 40 Bildschirmdarstellung 403 Billigung des Arbeitsergebnisses 54 Blanking 383, 531 Blinklicht 397 Blitzleuchte 416 LED- 418 Blockieren 349 Blockschaltbild 227 Bodenluke 463
10 Stichwortverzeichnis
Breitband-Warnsignal 422 Bremssystem 189 Bremsverhalten des Antriebs 311 Bremsweg 430 Bremswirkung 189 Bremszeit 379, 398 Bruchdehnung 261 Bruchstücke 91 Brustwehr 463 Bügel formkodierte 327 Bumper (Schaltpuffer) 361 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) 36 Bundesnetzagentur 55 Büromaschine 45 Bürsten als trennende Schutzeinrichtung 286 BWS (berührungslos wirkende Schutzeinrichtung) 358, 541
& CAD-Simulation 164 CAUTION 408 CCF (Ausfall gemeinsamer Ursache) 530 CCF (common cause failure) 532 CE-Kennzeichnung 8, 16, 27, 36, 532 CE-Kennzeichnung am Typenschild 28 CE-Kennzeichnung, unkorrekte Verwendung der 38 CEN (Comité Européen de Normalisation) 21, 532 CENELEC (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) 21, 532 CE-Richtlinien 16 Checkliste 119 Chefsache 8 Common Cause Failure (CCF) 212 Common Mode Failure 193 crying-wolf-Effekt 420
' DANGER 408 Datenverwaltung 145 DC (diagnostic coverage, Diagnosedeckungsgrad) 532 Dedektionsvermögen (Auflösung) 530 Deflection Limiting Volume, (DLV) 273 Dehnschraube 267 Deliktrecht 46 Denkfehler 160 Denkweise der Juristen 131 Detailregelungen 48 Detektieren von Personen 391 Detektionsentfernung 400 Detektionsvermögen 373, 377 deterministische Gefahr 80 deterministische Gefährdung 172 deterministischer Ansatz 204 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) 40
Deutsches Institut für Normung 21 Deutsches Institut für Normung e.V. (DIN) 21 Diagnosedeckungsgrad (Diagnostic Coverage, DC) 210, 532 Diagnostic Coverage (DC) 210 digitale Menschmodellierung 492 DIN EN Norm 22 Disproportionalität 236 Disziplinlosigkeit 157 Diversität 532 Diversität redundanter Systeme 193 Dokumentation 145 Dokumentation der Risikobeurteilung, 141 Dokumentationspflicht 142 Dokumentation, technische 532 Drang zum Perfektionismus 119 Drehbewegung 107 drehende Teile 427 Drehfrequenz 427 Drehrichtung 163 Drehrichtungsumkehr 433 Drehspiegelleuchte 418 drehzahlabhängige Zuhaltungen 308 dreikanalige Sicherheitssteuerung 195 Dringlichkeit 532 Druck hydrostatischer 91 Druckbehälter 183 Druckknopf 154, 523 Druckmaschine 154, 423 Druckschaltplatte 365 dümmster anzunehmender Verbraucher 149 Durchdringen 261 Durchgang 461 Durchgangsbreite 413 Durchgangsöffnung 511 Durchgreifmaß 499 Durchlauf, unerwarteter 176 Durchschnittsmensch 497 Durchwurfluke 463
( Echolaufzeitmessung 397 Effekt chemischer 60 Effektor 154, 532 EG-Baumusterprüfung 29 EG-Konformitätserklärung 25 EG Richtlinie „Allgemeine Produktsicherheit“92/59/EWG 36 EG-Richtlinien 16, 25, 27, 29, 32, 38, 40, 55 eigene sicherheitstechnische Lösungen 27 Eigenrotation 92 Eigenspannungen 267 Einbauerklärung 28, 33, 57, 532 Einbauhöhe elektrischer Hauptschalter 479 Einbau von Lichtgittern 379
575
Einbau von Lichtvorhängen 379 Einbau von Original-Ersatzteilen 30 Einfädelrohr 484 Einfehlersicherheit 532 Einfülltrichter 230 Eingangsklemmen des Hauptschalters 478 Eingriff, gelegentlicher 139 Eingriff in die Software 150 Eingriff, ständiger 139 Eingriff, zyklischer 139 Einlassöffnung 233, 236 Einlaufphase 85 Einrasten 470 Einrichtungen zum Höhenausgleich 444 Einrichtung mit Schutzfunktion 532 Einschalten einer Prüfstelle 119 Einschaltzeit 533 Einspeisung 478 Einstiegbereich 454 Eintaktbetrieb/Zweitaktbetrieb 532 Eintauchradius 330 Eintrittswahrscheinlichkeit 127, 128, 135 Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses 219 Eintrittszeit für Mehrfachfehler (MEZ) 533 Einweglichtschranke 373 Einwirkung von Naturkräften 130 Einzelsicherung 253 Einzugskraft 154 Einzugsort 434 Einzugsspalt 163, 430, 438 Einzugstelle 100, 107, 163 Einzugstelle mit variabler Geometrie 437 Electromagnetic Compatibilty (EMC) 533 elektromagnetische Einkoppelung 343 Elektromagnetischen Verträglichkeit 25 elektromagnetische Störeinflüsse 198 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) 533 Elektrowerkzeuge 45 EMC (Electromagnetic Compatibility) 533 emergency stop (Not-Halt) 467 emergency switching off (Not-Aus) 467 Emissionen 254 emotionale Belastung 160 emotionale Ebene 129 EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) 533 EMV-Richtlinie 25, 27, 55 EN 62 061 146 EN 954-1 203 EN 954-1 in fluidischen Steuerungen 208 Endlagen bewegter Teile 228 Endschalter 187 Endverbraucher 12 Endverbraucherprodukte 36
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10 Stichwortverzeichnis
energetische Gestaltungsmaßnahmen 239 Energie 59, 533 kinetische 87 potentielle 87 Energieaufnahmevermögen 260 Energieausfall 189 Energiedichte 223, 239 körperschädingende 226 Energiedichte, körperschädigende 226 Energiefeld 254 Energiepotenzial 77, 79 Energiesystem (Antriebssystem) 65 Energieversorgung 475 EN ISO 13 849-1 146, 211 EN ISO 14 121-1 146 EN ISO/IEC Norm 25 EN Norm 22 Entdeckbarkeit gefahrbringender Ausfälle 210 Entriegeln 472, 475 Entriegeln von Not-Halt-Schaltern 474 Entscheidungsfindung 132 Entscheidungsfindung in Arbeitsgruppen 126 Entscheidungsmatrix 219 Entscheidungsredundanz 193 Entsperren manuelles 313 Entstehungsphasen 175 Entstörprozedur 158 Entstör- und Wartungsprozeduren 52 Entstörungsprozedur 151 Entwicklungsfehler 47, 51 Erdbaumaschine 273 Erdschlusserkennung 533 Ereignisablauf 134 Ereignisbaumanalyse 133 Erfassen von Körperteilen 162 erforderlicher (required) PerformanceLevel (PLr) 211 Ergonomie 62 konzeptive 487 produktbezogene 487 ergonomiegerechtes Produkt 487 ergonomische Anforderung 487 ergonomische Mängel 487 ergonomischer Gestaltungsfehler 489 Ergreifen von Schutzmaßnahmen 223 Erkrankung arbeitsbedingte 489 Erreichbarkeit von Bedienelementen 496 Erstfehlereintrittszeit (EEZ) 533 Euler´scher Knickstab 185, 484 Euler´sche Seilreibung 427, 484 Europäische Norm (EN) 21 Europäische Richtlinien 14 europäisches Recht 16 Euro-Test-Zeichen 44 explosionsfähige Atmosphäre 342 explosionsgefährdeter Bereich 307 Expositionsdauer im Gefahrenbereich 211
extreme Gelenkstellung 491 Exzenterpresse 73
) Fabrikationsfehler 52 Fachkraft für Arbeitssicherheit 2 Fadenmaß 231, 347 fahrerloses Transportfahrzeug (FTF) 397 Fahrlässigkeit 8 Fail-Safe-Verhalten 533 fail save 172, 185 Fallhöhe 88 Falling-Object-Protective-Structure (FOPS). 273 Faltenbalg 291 Faltschürze 293 fangende Schutzeinrichtung 257 Fangstelle 100, 163, 428 Fangwirkung 257 Farbgebung von Druckknöpfen 523 Farbmuster. 413 fasrige organische Stoffe 28 Feder 183 Federkraftverriegelung 533 Federn mit Fail-Safe-Verhalten 188 Fehlanwendung, vernünftigerwiese vorhersehbare 533 Fehlauslösung 382 Fehlentscheidung 68 Fehler 533 Fehlerausschluss 176, 199, 335, 533 Fehlerbaumanalyse 133 Fehlerbeherrschung 204 Fehler bei der Instandhaltung 85 Fehlerbetrachtung 199, 335 fehlerfreie Technik 82 Fehlerliste 200 Fehler, menschlicher 80 Fehlerreaktionszeit 534 fehlerresistente Steuerung 200 Fehlersuche 324 Fehlertoleranz (Hardware-Fehlertoleranz) 533 Fehlertoleranzzeit 533 Fehlerwahrscheinlichkeit 162 Fehlfunktion 534 Fehlhandlung 85 Fehlleistung, intellektuelle 79 Fehlverhalten 154, 323 festgelegte Bahn 100 Festhalten reflexartiges 90 Festkörperbewegung 107 Festlegung von Sicherheitsabständen 500 feststehende trennende Schutzeinrichtung 275, 534 Filmgelenk 187 Fingerbruch 139 Fingerschutz 375 Fingerverletzung 155 flächenbezogene Energiedichte 96
Flächenpressung 100, 239 Flachriemenantrieb 438 Fleischwunden 89 flexible trennende Schutzeinrichtungen 286, 288 Fliehkraft 92, 179 Fluchtentriegelung 534 Fluchtungsfehler 340 Flugkreis 92 Flugzeugabsturz 128 Flurebene 444 Flüssigkeitsinjektion 104 formschlüssige Halterung 298 Fotodokumentation 142, 175 Fräskassetten 95 Freigabekreis 534 Freigabestrompfad 534 Frequenzspektrum 422 Frühausfall 82, 183, 417 Führungsgetriebe 437 Funktion 534 technologische 225, 427 funktionale Sicherheit 169, 203, 206, 534 funktionale Zuverlässigkeit 169 Funktionalität 27 funktionelle Kopplung 304, 308 funktionelle Verknüpfung 18 funktionelle Zusammenhänge an Gefahrstellen 226 Funktionselement äußeres 121 Funktionselement, äußeres 60, 69, 72, 534 Funktionserfüllung zuverlässige 427 Funktionsprüfung 534 Funktionsstruktur 121, 164, 534 Fußleiste 459 Fußstütze 502
* Gartengeräte 45 Gasdruckfeder 301 Gasgefahr 459, 461 Gasinjektion 104 Gauß´sche Normalverteilung 496 Gebotszeichen 403, 404 Gebrauchsdauer 82 Gedächtnis 157 Gefahr 77, 115, 124, 534 gefahrbringende Bewegung 226, 278 gefahrbringender Ausfall 534 Gefahr, deterministische 80 Gefährdung 77, 115, 124, 127, 534 Gefährdung, deterministische 534, 172 Gefährdungen, maschinenspezifische 118 Gefährdung für untere Gliedmaße 233 Gefährdung, relevante 534 Gefährdungsanalyse 115, 116, 254, 535 Gefährdungsanalyse, ausführliche 118
10 Stichwortverzeichnis
Gefährdungsanalyse, maschinenspezische 119 Gefährdungsanalyse, verkürzte 118 Gefährdung, signifikante 534 Gefährdungsparameter 100 Gefährdungspotential 68 Gefährdungspotential von Einzugstellen 430 Gefährdungspotenzial 28, 132 Gefährdungssituation 535 Gefährdung, stochastische 176, 535 Gefahrenabwendung 135 Gefahrenbereich 91, 535 Gefahrenbereichsabsicherung 379 Gefahren durch Batterien 405 Gefahrenexposition 126 Gefahrenkognition 126 Gefahrensignal akustisches 420 optisches 416 Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit 38. Siehe auch Gesundheit Gefahr, latente 172 gefährliche Improvisation 121 gefährliche Konfiguration 237 gefährlicher Stoff 254 Gefahrquelle 87, 91, 535 Gefahrstelle 87, 100, 223, 226, 535 funktionsbedingte 249 Gefahrstelle mit variabler Geometrie 291 Gefahrstellen Typologie der 107 Gefahrstellen der funktionellen Systeme 105 Gefahrstelle, ungesicherte 80 Gefahr, stochastische 80 Gefahr, wahrnehmbare technische 151 gefangener Schlüssel 307 Gegenstück (Betätiger) 337 gekoppelte Bewegungen 502 Geländer 446, 458, 535 Geländer als Aufstiegshilfe 459 Geländerhöhe 460 Gelenkversteifung 136 Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie 19 gemeldete Stelle 535 Generalklausel 13, 21 Geometrie der Schneide 230 geometrische Gegebenheit 78 geometrische Gestaltungsbereiche 493 Geprüfte Sicherheit (GS-Zeichen) 42 Gerät 59, 535 Gerätesicherheitsgesetz 20 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) 16, 24, 36, 42, 44, 57 Gesamtheit von Maschinen 18, 20 Gesamtplan der Maschine 32 Gesamtsicherheit 81 Gesamtverantwortung 8 geschlossene Signalflusskette 311 Gesenkbiegemaschine 355, 388 Gesetz über technische Arbeitsmittel
(Gerätesicherheitsgesetz - GSG) 36 gesicherte sicherheitstechnische/arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse 13 Gestaltungsfehler 180 ergonomischer 489 Gestaltungsmaßnahme energetische 239 geometrische 228 Gestaltungsprinzip 5 Gestaltungsprinzipien 278 Gestaltungsregeln für Geländer 458 Gestaltungsregeln für Handgriffe 452 Gestaltungsregeln für Laufstege 462 Gestaltungsregeln für Maschinengalerien 462 Gestaltungsregeln für Maschinengalerien, Laufstege und Maschinengänge 462 Gestaltungsregeln für Steigeisengänge 457 Gestaltungsregeln für Steigleitern 455 Gestaltungsregeln für Treppen 449 Gestaltungsregeln für Tritte 452 Gesundheit 38, 40, 46, 59, 76, 78, 115, 130, 321 Gesundheitsschaden 115 Getreidekörner 90 Getriebemotor 189, 239 Gewährleistungsanspruch 46 Gewalteinwirkung 102 Gewerbeaufsichtsamt 2, 36, 55 Gewerbepolizei 1 Gewicht 448 gewollte Verformung von Maschinenteilen 243 Gitterlichtschranke 375 Gitterrost 461 Gitterschranke 463 glatte Oberfläche 427 Gleichgewicht 90, 460 Gliederungsmerkmal 6 Gliedmaßen Bewegungsräume der 492 Glühbirne 416 Granulat 90 Greifbereich 230 Greifgeschwindigkeit 311, 349 Greifraum 506 Greifräume in Kabinen mobiler Baumaschine 509 Greifreflex 90 Greifweite 231 Grenzrisiko 129 Griffverriegelung der Schaltschranktür 479 grobe Fahrlässigkeit 321 Grundbauarten trennender Schutzeinrichtungen 256 Grundform 108 grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen 16 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 13 Grundsätze der Sicherheitstechnik 223 Grundtypen mechanischer Gefahrstellen 100, 101
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Grundtypen von Schutzeinrichtungen 250 GS-Baumusterprüfung 23 GS-Prüfung 115 GS-Prüfverfahren 43 GS-Zeichen 27, 535 Gummihohlprofil 362, 363 Gurtschlag 439 Gutachterstil 132
+ Haftung nach 823 BGB 46 Haftungsausschluss 46 Haftungsdauer 47 Haftungsgründe nach dem Produkthaftungsgesetz 51 Haftung, verschuldensunabhängige 47 Halbtür 463 Halterung 298 Haltestange 453 Handabweiser 302 Handelshemmnis 14, 17 Handelsware 29 Handgriff 451 Handhabbarkeit 171 Handkurbel 430 Handlauf 451, 459, 535 Handlaufhöhe 450 Handloch 511 Handlung 155 Handlung im Notfall 467, 535 Handlungsautomatismus 155 Handlungsbereich 68, 70, 535 Handlungsfreiheit, Grenzen der allgemeinen 12 Handlung, sicherheitsgefährdernde 158 Handrad 430 Handschutz 375 Handventil 476 Handverletzung 163 harmonisierte europäische Norm 23 Harmonisierung 21 Harmonogramm 69, 71 Hart-Strukturschaum 260 Häufigkeit 127 Häufigkeit der Exposition 219 Hauptaufgaben der Betriebsanleitung 33 Hauptbefehlseinrichtung 150, 475 Hauptschalter 475, 476, 478 Einbauhöhe 479 Hautriss 104 Havarie 81 heiße Redundanz 193 Hektik 79 HEP (Human Error Probability) 160 Hersteller 29, 535 Herstellerregress der Berufsgenossenschaften 47 Herstellungsfehler 82 Hertz‘sche Flächenpressung 427 High-Demand-Systeme 536 High Speed Cuting 92
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10 Stichwortverzeichnis
Hilfsentriegelung 536 Hilfsentriegelung im Versagensfall 313 Hinauslehnen 463 Hindurchgreifen 233 Hintertreten der Schutzeinrichtung 380 hinweisende Sicherheitstechnik 173, 225 Hochdruckreinigung 335 hochdynamischer Einzelantrieb 239 hochentwickeltes Sicherheitssystem 222 Hochgeschwindigkeitsfräsmachine 257 Hochgeschwindigkeitswerkzeugmaschine 260 Hochregallager 400 Höhenausgleich 445 Höhendifferenz 87, 88 Höhere Gewalt 131, 536 Höhe von Arbeitsflächen 506 Holzbearbeitungszentrum 286 Hülltriebe 438 humane Produktivität 63 Human Error Probability (HEP) 160 Hupton 397 Hydraulik-Schlauchleitung 180 Hydraulik-Schlauchverbindung 180 hygienesensible Anwendungenlungen 10 Hygiene-Standard hoher 340 hygienische Probleme 335
, ICSMS 55 IEC 61 508 206 IEC 62 061 219 IEC (International Electrotechnical Committee) 25 IMMMA (Interaktive Module zur Umsetzung der Maschinenrichtlinie) 148 Impuls 96, 243 Impulserhaltungsgesetz 86 Inchen 344 Schrittbetrieb 430 Indiz, jederzeit widerrufliches 23 Information 59, 536 Informationen, prozessrelevante 60 Information, kodierte 151 Informationsdarbietung 79, 518 Informationsflusskette 154 Informationspflicht 37, 45 Informationsquelle 415 künstliche 402 Informationssystem 65 Infraschall-Systeme 367 Infraschallwellen 367 inhärente Sicherheit 171 inhärent sichere Konstruktion 536 Innengewinde 239 Innenkontur 236 Innenmaß 89 Innenmaße, Bedeutung der 497 Innenschnittstellen (interne Schnittstellen) 123
Inspektionsmaßnahme 192 Inspektionsöffnung 511 Instandhaltung 445 Instandhaltungsfehler 86 Instandhaltungsmaßnahme 192 Instandhaltungsstrategie 85 Instandsetzen 30 Instruktionsfehler 52 integrierte Sicherheit 171 interindividuelle Streuung 490 interlock 304 interne technische Dokumentation 32 intraindividuelle Streuung 490 Inverkehrbringen 536 in vitro 102, 241 in vivo 102, 241 IP 180 IP Schutzgrad 182 ISO/IEC-Norm 25 ISO (International Standards Organisation) 25
. kalkulierte Prognose 78 Kalotte 439 Kalottenlagerung 241 kalte Redundanz 193 Kante 413 scharfe 230 kartesiches Koordinatensystem 500 Kaskadierung 381 Kategorie 204, 371, 536 kausale, nicht beeinflussbare Vorbestimmtheit 206 kausaler Zusammenhang 8 Kausalität, doppelte 11 Kausalität, haftungsbegründende 11 Kausalität, haftungserfüllende 11 Kausalkette 129, 170 Keilriemenantrieb 438 Kerbschlagzähigkeit 261 Kette kinematische 70 Kettenbemaßung 499 Kettentrieb 438 kinematische Kette mit ternären Gliedern 437 kinematisches System (Bewegungssystem) 64 klappbare Schutzeinrichtung 278 Klappern und Dröhnen trennender Schutzeinrichtungen 298 Knickstab-Umkehr-Berstscheibe 185, 484 Knieleiste 150, 459 Knochenbruch 100 kodierte Schutzhaube 480 Kodierung 338 kognitiver Faktor 156 Kollision 88 Kollision zwischen Werkzeug und Werkstück 86 Kombination akustischer und optischer
Signale 424 Kombinationsschaltung 351, 536 kombinierte Gefahrstellen 105 Kompatibilität zwischen Bedienteilbewegung und Anzeigerreaktion 162 komplette, vollständige Maschine 28 komplexes Bauteil 536 Komplexität einer Konstruktion 536 Kompliziertheit einer Konstruktion 536 Konformitätsbewertungsverfahren 25, 29, 57, 68, 119, 145, 173 Konformitätserklärung 8, 14, 16, 20, 25, 27, 29, 30, 32, 34, 35, 57 Konformitätserklärung, (CE-) 536 Konformitätsvermutung 537 Königswelle 239 konkretes Verschulden 47 Konsequenzen aus fehlerhaften Produkten 46 Konstruieren, methodisches 537 Konstruktionsfehler 52, 82 Konstruktionsfehler an Schutzeinrichtungen 4 Konstruktionskatalog 5, 537 Konstruktionskosten 115 Konstruktionsphase 115, 164 Konstruktionsprozess 5 Konstruktionsunterlagen 142 Konstruktionswerkstoff 226 Kontaktpuffer 365 Kontravalenz 529 kontrolliert bewegter Gegenstand 87 Kontur 89 konventionelle Werkzeugmaschine 291 Konzentration 139 konzeptive Ergonomie 487 Konzeptphase des Konstruktionsprozesses 164, 430 Koordinatensystem kartesiches 500 orthogonales 500 polares 501 Körpemaßsystem 496 Körpergleichgewicht 88 Körpergröße 230, 445 Körperhaltung 236, 445 ungünstige 490 Körperhaltung, erzwungene 78 Körperkräfte 162 Körpermaße 492 Summenhäufigkeitskurve 496 Variabilität 496 Verteilung 496 Körperschaden 136 Körperschaden, irreversibler 136 Körperschaden, reversibler 139 Körperschwerpunkt 454, 460 Körperstabilität 460 Körperstellung 499 Körperumrissschablone 492, 496 Körperverletzung 12, 241 Korrosion 242 Kraftbegrenzer 242 Kraftfluss 154, 525
10 Stichwortverzeichnis
Kraftgrenzwert 239 kraftschlüssige Halterung 298 Kraft-Weg-Diagramm 362 Krankheitsgeschehen, allgemeines 63 Kranträgerlaufbühne 461 Kreismesser 238 Kreissäge 163 Kreissägeaggregat 122 kritische Aufprallenergie 261 kritische Spaltweite bei Einzugstellen 434 Kühlschmierstoff 260 künstliches Voraltern 183 Kunststofffolienrest 90 Kunststoffgranulat 90 Kunststoffscheibe 261 Kunststoffschweißmaschine 238 Kurvenscheibe 327 Kurzschluss 537
/ Lähmung 136 Lamellengitter 275 Lamellenvorhang 288 Landwirtschaftsmaschine 273 lange Haare 428 Langloch 331 Längsbewegung 108 Laserscanner 537 Laser-Scanner 358, 391 Laserstrahl 371 Lasersystem tastendes 371, 391 Lastschaltvermögen 478 Laufsteg 458, 461 Lebensdauer 86, 209, 253, 285, 537 Lebensdauer der Maschine 27 Lebensdauergrenze 125 Lebensnähe 8 Lebensphase der Maschine 119 Lebensphasen der Maschine 33, 72 Leckage 189 Leichtsinn 156 Leistungsschaltvermögen 478 Leistungssteuerung 468 Leitungsbruch 189 Lesekopf 314 Leuchtdiode (LED) 417 Leuchtmelder 309 Leuchtmelder mit lichtemittierenden Dioden (LED) 388 lichtes Profil 450 lichte Weite 226, 233 Lichtgitter 376, 537 Lichtquelle 416 Lichtschranke 373, 377, 537 Lichtstrahlenfeld 379 Lichtvorhang 377, 537 Lichtwellen-Sichereheitsschalter 343 Lieferant 29 Lockern der Lager 433 lock in 304 lock out 304
logische Funktion 537 logische sequentielle Funktion 304 Losbrechmoment 242 loses Kleidungsstück 428 Lösung branchenspezifische 244 Lösungssammlungen von Gefahrstellen 107 Low-Demand-System 537 Luke 463
0 Magnetfeldlinien 314 Magnetverriegelung 537 Makrogeometrie 100 Mandantierung 21 mangelnde Sicherheit 8 Manipulation 321 manipulationsfeste Sicherheitsmaßnahme 322 Manipulationsfestigkeit 340 Manipulationsversuch 321 Manipulation von Schutzmaßnahmen 158 Manipulation von Sicherheitsschaltern 2, 150 Mannloch 511 manuelle Rückstellung 537 manuelle Tätigkeiten 66 Marktaufsichtsbehörde 55, 171 Marktbeobachtung 38, 54 Maschenweite 280 Maschine 59, 538 unübersichtliche 422 Maschine, Definition 18 Maschine der Papierverarbeitung 423 Maschinenanlage 123 Maschinenbenutzer 171 Maschinenbetreiber 33, 171 Maschinenbewegung unkontrollierte 180 Maschinendokumentation 425 Maschinenergonomie 538 Maschinengalerie 461 Maschinengang 461 Maschinen nach Anhang IV 28, 44 Maschinennachlaufzeit 379 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG 17 Maschinenschema 403 Maschinensicherheitsnorm: Typ CNorm 21, 142 Maschinensteuerung 468 Maschinensteuerungen 198 Maschinenteile 223 rotierende 427 Maschinentreppe 448 Maschinenunfall 86 Maschinenverordnung (9.GPSGV) 36 Maße anthropometrische 230 Massenträgheitsmoment 241, 311 Massenträgheitsmoment des Antriebsstranges 433
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Mast 457 Materialbahn 434 Materialfehler 52 Materialrolle 430 materielle Barriere 308 Mean Time Between Failure (MTBF) 538 Mean Time To Dangerous Failure (MTTFd) 212 mechanische Energie 87 mechanische Gefährdung 86 mechanische Zwangsführung 187 Medien komprimierte 87 Mehraufwand als Misserfolg 158 Mehrdrahtspiralfeder 188 Mehrfehlertoleranz 538 Meldekreis 538 menschenbezogene Kenngrößen 61 menschliche Schwäche 222 menschliches Versagen 52, 151 menschliche Unzulänglichkeit 151 mentale Unterforderung 162 Mess-, Steuer- und Regeleinrichtung 136 Metallgrieß 90 Metallschaum 260 Metallspäne 314 Methode der Schadensbegrenzung 344 methodisches Konstruieren 5 Mikrogeometrie 100 Mindestabstände in Gefahrstellen 228 Mindestbetätigungszeit 538 Mindestöffnungsweg 331 Minimierung des Gefahrenpotenzials 223 missbräuchliche Verwendung des GSZeichens 44 Misserfolg 158 Mitarbeiterhaftung 12 mit Berührung wirkende Schutzeinrichtung 361 mittelbare Sicherheitstechnik 173, 225, mittlere Zeit bis zum gefahrbringenden Ausfall 538 Möglichkeit der Vermeidung von Gefährdungen 211 Momentanpol 482 Monotonie 139 Montageanleitung 28, 33 Montagefehler 52 Montage- und Demontagevorgänge 120 Motivation 156 MTBF (Mean Time Between Failure) 82, 538 MTTFd 212 MTTF (Mean Time To Failure) 82 multifunktionale Schutzeinrichtung 297 multiplikativer Ansatz 127 Muskelkraft 491 Muting 383, 385, 538 funktioneller Ablauf 386 sicherheitstechnische Randbedingun-
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10 Stichwortverzeichnis
gen 386 Visualisierung 388 Mutingauswerteeinheit 385 Muting im Handbereich 388 Mutingleuchte 388 Muting-Schutzsystem 385 Muting-Sensor 538 Anordnung 386
1 Nachfüllen von Hilfsstoffen 445 Nachhaltigkeit 437 Nachlauf 163, 538 Nachlaufweg an Schaltleiste 434 Nachlaufzeit 242, 311, 349 Nachlaufzeit der Maschine 398 Nachrüsten mit einer höherwertigen Schutzmaßnahme 31 Nachrüstsatz 291 Nachrüstung von Altmaschinen 467 Nachstellarbeit 238 naheliegender Fehlgebrauch 45 Nähmaschine 257 Nähmaschinenarbeitsplatz 507 Nahrungsmittelreste 90 nationaler Alleingang 45 nationales Normenwerk 21 nationales Recht 16, 36 Navigationssystem 392 NC-Werkzeugmaschine 176 Netzausfall-Überbrückung 538 Netzeinspeisung 478 Netztrenneinrichtung 475, 478 Neugier 156 Neukonstruktion 117 Nichteinhalten von Mindestanforderungen 410 Nichterreichbarkeit von Gefahrstellen 233 nicht zu Ende gedachte Sicherheitskonzepte 323 Niederspannungsrichtlinie 2006/95/ EG 20, 55 Nitryl-Kautschuk 370 Nocken 327 Norm 538 Normalbetrieb 70, 72, 79 Normalverteilung 228 Normen 14 nationale 21 Normen, europäische (EN-) 538 Normen für zuverlässige Maschinensteuerungen 204, 221 Normen in der Konformitätserklärung 27 Norm, harmonisierte 538 Normungsvorhaben 8 Not-Aus 539 Not-Aus (emergency switching off) 467 Not-Befehlseinrichtungen 467 Not-Entsperrung 539 Not-Entsperrung im Gefahrenfall 313
Notfall 539 Notfallsituation 154 Not-Halt 539 Not-Halt-Befehl 468 Not-Halt-Befehlseinrichtung 150 Not-Halt-Befehlsgerät 539 Not-Halt-Einrichtung 467, 539 Not-Halt-Einrichtungen in verketteten Anlagen 472 Not-Halt (emergency stop) 467 Not-Halt-Funktion 539 NOTICE 408 Notsignal 416 akustisches 420 Not- und Warnsignale 425 Nullrisiko 129 Nutzungspotential 172
2 Oberflächenrauigkeit 100 Oberflächenstruktur 86, 108 öffentliches Recht 11, 12 öffentliche Warnung 36 Öffnen der Schutzeinrichtung 285 Öffner-Schließer-Kombination 356 Öffnung 233 schlitzförmige 236 Öffnungen in Schutzzäunen 385 Ohnmacht von Personen 459 Optikbaustein 378 optoelektronische Schaltleiste 367 optoelektronische Schaltmatte 367 ordnender Gesichtspunkt 6 Ordnungswidrigkeit 44 Orientierung der Griffe 502 Original-Betriebsanleitung 33 originäre Konformitätserklärung. Siehe auch Konformitätserklärung Ort sicherer 344 orthogonales Koordinatensystem 500 ortsbindende Schutzeinrichtung 318, 344 ortsbindendes Schutzprinzip 344
3 Panikschalter 155 Papierrolle 231 Parallel-Redundanz 193 Parameter akustischer 422 Passfeder 179 Passieren von Personen 385 passive Redundanz 193 passiver Infrarot-Bewegungssensor 399 PDF 209 Pedal 155 Perforationsfestigkeit der Schutzeinrichtung 96 Performance Level 212, 371, 539 Performance Level, erforderlicher PLr
539 Performance Level PL 539 Personenrückhaltesystem procon/ten 302 persönliche Schutzausrüstung (PSA) 223 PFD 210 Pfeil 413 PFH 210 Pflichtbewusstsein 156 physischer Zusammenhalt der Schutzeinrichtung 96 Piktogramm 408, 410 Pilzdrucktaster 468 PL 212 Planschneidemaschine 69, 155 Planungsfehler 160 plastisch-elastischer Stoß 86 Pließt- und Poliermaschine 238 Plombierung 314 PLr 211 Podest 445 polares Koordinatensystem 501 polarisiertes Licht 375 Polycarbonat 261 Polycarbonatscheibe 482 Positionsschalter mit Sicherheitsfunktion 326, 539 Prallkissen 365 Prävention 12 Präventionsabteilungen der Berufsgenossenschaften 40 Presse 347 Prinzip der Aufgabenteilung 187 Prinzip der Redundanz 192 Prinzip der Selbstverstärkung 179 Prinzip des beschränkten Versagens 185, 259 Prinzip des sicheren Bestehens 176 Prinzipien der Ergonomie 487 prismatisches Profil 437 Probability of Dangerous Failure (PDF) 209 Probability of Failure on Demand (PFD) 210 Probability of Failure per Hour 210 Produkt ergonomiegerechtes 487 Produktfehler 11, 50 Produkthaftung , 539 Produkthaftung des Herstellers 46 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) 46, 47 Produktinformation 5 Produktkosten 115 Produktmangel 403 Produktrückruf 56 Produkt, sicheres 539 Produktsicherheitsrichtlinie 36 Produkt, technisches 539 Produktüberwachungspflicht 54 prospektive Methode 116 Prozessbeobachtung 123
10 Stichwortverzeichnis
Prozesseinstellung 151 Prozessstörung 3 Prozessvisualisierung 403 Prüfkoeffizient 183 Punkt 413
4 Qualitätsmanagement 85 Quasi-Hersteller 29 Querbewegung 108 Querschluss 540 Querschlusserkennung 540 Querschlussüberwachung 339 Quetschstelle 100 Quetschwunde 100, 103 Quittierschalter 344 Quittierung 389
5 Rampe für Fußgänger 448 für Gabelstapler 448 für Handfahrzeuge 448 Randbeschnitt 238 RAPEX 55 rationale Ebene 129 Rauigkeit 230 räumliche Anpassung von Maschinen an Menschen 496 räumliche Gestaltung 492 räumliche Verknüpfung 18 Reaktionszeit auf akustische Wahrnehmungen 420 rechteckige Eingriffsöffnung 395 Rechtsauffassung 142 Rechtsfolge 11, 13 Rechtspraxis 142 Rechtssicherheit 13, 17, 23, 44, 50, 57, 131, 141, 148, 301, 404, 405, 412 Rechtssicherheit des Herstellers 28 Rechtssicherheit durch GS-Zeichen 44 Rechtsverordnung 36 redundantes Bauteil 192 Redundanz 172, 192, 540 Redundanz, diversitäre 193 Redundanz, heiße 193 Redundanz, homogene 193 Redundanz, kalte 193 Redundanz, warme 193 Reduzierung auf das Wesentliche 408 Reed-Kontakt 338 Reflektionslichtschranke 375 Reflektorband 395 Reflex 154, 540 Reflexbewegung 89 regelungstechnischer Ansatz des menschlichen Verhaltens 156 Regelverstoß 158 Registerstanzmaschine 302 Regressanspruch der Berufsgenossenschaft 12 Reibschluss 230
reibschlüssige Halterung 298 Reibstelle 100 Reibungskoeffizient 90 Reibungskraft 428 Reibungswärme 104 Reichweite 231 Reinigen von Walzen 154 Reklamation 56 Relativbewegung 107 Relativbewegung zwischen Menschen und Gegenständen 86 Reparatur 445 Reparaturarbeit 285, 308 Resistenz gegen Ausfälle gemeinsamer Ursache 212 Restgefahr 410 Restgefahren 540 Restmagnetismus (Remanenz) 314 Restrisiken 540 Restrisiko 9, 129, 131 retrospektive Methode 116 Rettungszeichen 403 Reversieren 433 Reversierverhalten 363 Revisionsingenieur 2 Rezeptor 154, 540 Richtlinienrecherche 27 Riegel 313 Risiken an mechanischen Gefahrstellen 140 Risiken im Straßenverkehr 128 Risiko 78, 124, 540 Risikoabschätzung 140 Risikoakzeptanz 129 Risikoanalyse 124 Risikoanforderungsklasse 135 Risikobereitschaft 151 Risikobeurteilung 30, 124, 131, 132, 140, 540 Risikobeurteilung, analytische Verfahren zur 132 Risikobeurteilung auf einen Blick 165 Risikobeurteilung, Checklisten-Methode zur 133 Risikobeurteilung, Entscheidungsmatrix zur 134 Risikobeurteilung, Leitfaden zur 166 Risikobeurteilung, multiplikative Verfahren zur 134 Risikobeurteilung, PAAG- bzw. HAZOP-Analyse zur 133 Risikobeurteilung, qualitative Verfahren zur 133 Risikobeurteilung, quantitative Verfahren zur 133 Risikobeurteilung, Risikograph zur 134 Risikobeurteilung, semiquantitative Verfahren zur 134 Risikobeurteilung sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen 132 Risikobeurteilung, vorläufige Gefahrenanalyse zur 133 Risikobewertung 115, 124, 209, 254, 540
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risikofreudige Person 125 Risikograph 131, 212 Risikogruppe 140 Risikohöhe 136 Risikoindikator 131 Risikoklasse 135, 141 Risikomanagement 125 Risikoparameter 212 Risikoprioritätenzahl 134 risikoscheue Person 125 Risiko, tolerierbares , 540 Risiko, vertretbares 130 Roboterstraße 257 Rohrverschluss 476 Rollenbahnen 90 Rollo-Verkleidung 293 Roll-Over-Protective-Structure (ROPS) 273 Rotationsenergie 92 Rotationsführung 107 rotierendes Maschinenteil 427 rotierendes Werkzeug 430 rotierende Teile 92 Rot-Visier (Rotationsvisier) 268 Rückenfreiheit 454 Rückenschutz käfigförmiger 454 Rückfallzeit 540 Rückführkreis 540 Rückhaltefähigkeit elastischer Hauben 290 Rückruf 36 Rückrufaktion 54 Rückrufmanagement 38, 56 Rückstellen verriegelter Schutzeinrichtungen 331 Ruhestromprinzip 313, 363, 540 Rundstab 433 Rutschfestigkeit 457 Rutschgefahr 90
6 Sabotage 321 Sabotageakt 150 sachwidrige Verwendung 53 Safe Failure Fraction (SFF) 541 safe life 172, 176 safety 170 Safetyball 356 Safety Eye 395 Safety Integrity Level (SIL) 209, 220 Safety Related Control Function (SRCF) 220 Safexpert 146 Sägeblatt 122 Sanktionsanspruch 12 Sanktionspotenzial 39 Satzungsrecht 40 Schablonendrucker für Leiterplatten 65 Schaden 541 Schadensausmaß 128, 135 Schadenshöhe 127 Schadenspotenzial 127
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10 Stichwortverzeichnis
Schadensquelle 115 Schadenswahrscheinlichkeit 125 Schädigungsablauf 192 Schädigungsgrenze 192 Schalldruckpegel 422 Schallkeule 398 Schaltbügel 363, 370, 434 Schaltelemente 541 schaltende Schutzeinrichtung 430 Schaltleiste 361, 370, 434 elektrisch wirkende 365 optolektronische 367 Schaltmatte 344, 361, 541 optoelektronische 367 Schaltplatte 344, 361, 363, 541 Schaltstange 361 scharfkantiges metallisches Bruchstück 257 Scharnier-Sicherheitsschalter 330 Schattenbereich 394 Scheibenbruch 267 Scherstelle 100 Schlamm 458 Schleichgang 430 Schleifkörperschutz 267 Schleifkörperschutzhaubenöffnung 267 Schleifkörperzerknall 268 Schleifmaschine 257, 267 Schließen des Kraftflusses durch den Körper 155 Schließkante kraftbewegter Schutzeinrichtungen 362 Schließkantensicherung MecLock 486 Schließklammer 476 schlitzförmige Öffnung 236 Schlosskulisse 476 Schlüsselschalter mit integriertem Schließzylinder 475 Schlüssel-Verteilerbox 308 Schlüsselwahlschalter 307 Schmerzgrenze 241 Schneide 89 Schneidgeometrie 108 Schneidkeil 95, 108 Schneidstelle 100, 107 Schneidstelle, schnellaufende 163 Schnellbremsung 470 Schnellkupplung für Druckluft 476 Schnittandeuten 155 Schnittwunde 103 Schnurriemen 438 Schock 79 Schraubentellerfeder 188 Schreckreaktion 88, 89 Schrecksekunde 162 Schrittbetrieb (Inchen) 430 Schrittmaß 90 Schrittmaßformel 451 Schrittschaltung 344, 541 Schürfwunde 104 Schutz 541 Schutzart nach IP 180 Schutzaufbauten an Fahrzeugen 273 Schutzausrüstung 36
Schutzbereich 68, 70, 541 Schutzblende 260 Schutzeinrichtung 249, 250, 541 abweisende 302 aktive optoelektronische 371 berührungslos wirkende 358 ortsbindende 344 schwenkbare 483 trennende 254 Umgehen der 158 Schutzeinrichtung, elektrosensitive 541 Schutzeinrichtungen, berührungslos wirkende (BWS) 541 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 541 Schutzeinrichtungen, ortsbindende 541 Schutzeinrichtungen, trennende, 541 Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion 318, 358 akustisch wirkende pneumatisch wirkende 366 durch Berührung wirkende 361 mechanisch betätigte Gestaltungsregeln 369 Schutzfeld 358, 371, 391, 542 Schutzhaube 257, 267 Schutzklauselverfahren 16 Schutzkragen 347 Schutzleiste fest angebrachte 433 Schutzleiter 542 Schutzmaßnahmen, technische 542 Schutzprofil vor Einzugstelle 482 Schutzsystem 188, 250 Schutzvorhang 286 Schutzwand 259 Schutzziel 3, 13, 170, 542 Schwachstellen, gestalterische 73 Schwachstellensuche in Funktionsstrukturen 322 Schweißfunke 257 Schwere der möglichen Verletzung 211, 219 Schwere der Verletzung 140 Schwingungen der Schutzeinrichtung 338 schwingungsdämpfendes Verbundblech 286 Schwingungsfestigkeit 340 security 170 Segmentabschaltung 158, 472 Sehaufgabe 503 Sehobjekt 503 Sehraum 504 Sehräume in Kabinen mobiler Baumaschinen 509 Seilreibung, sich selbstverstärkende 163 Seilzugschalter 542 Selbstdiagnosefunktion 339 Selbsthaltung 154 Selbsthemmung 187, 486 Selbsthilfe 179 Selbsthilfeeffekt 163, 437 Selbstklebefolie 265
Selbstkorrekturen 160 Selbstüberwachung 371, 372 Selbstverschulden 150 Selbstverstärkungseffekt 163, 433 Selbstzufriedenheit 157 Sender/Empfängerprinzip 377 Sende- und Empfangseinheit 373 senkrechter Aufstieg 451 Sensor 60, 337 Serien-Redundanz 193 Sichehrheitsschalter IP-Schutzart 342 Sicherheit 542 Sicherheit, funktionale 542 Sicherheit, inhärente 171, 542 Sicherheit, integrierte 171 Sicherheit ohne „Extras“ inhärente 427 Sicherheitsabstand 230, 379, 499, 542 Sicherheitsanforderung 3 Sicherheitsbauteil 542 Sicherheitsbeauftragter 2 Sicherheitsbewusstsein 402 sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen 217, 542 Sicherheitsbotschaft verbale 407 Sicherheitsbremsung 189, 484 Sicherheitsfachgrundnorm: Typ B-Norm 21 Sicherheitsfunktion 202, 209, 217, 371, 542 Sicherheitsgrundnorm: Typ A-Norm 21 Sicherheitsgurt 273 Sicherheitsintegrität 542 Sicherheits-Integritäts-Level (SIL) 543 Sicherheits-Integritäts-Stufe (SIL) 209 Sicherheitskategorie 204 Sicherheitskennzeichnung 403, 456, 464 Sicherheitskonzept 160 Sicherheitskupplung 242 Sicherheitsmaßnahme 171 Sicherheits-Näherungsschalter 335 Einbauregeln 341 Sicherheitsprinzipien 176 Sicherheits-Reflektionslichtschranke 375 Sicherheitsreserve 543 Sicherheitsschalter 326 Bauart 1 327 Einbau 331 elektromechanischer 326 optoelektronischer 342 Sicherheitsschalter mit integriertem Betätiger Bauart 2 327 Sicherheitsschalter, (Positionsschalter mit Sicherheitsfunktion) 543 Sicherheitsscheibe 261 Sicherheitsspanner 244 Sicherheitsstrategie 169 Sicherheitsstromkreis 331 Sicherheitstechnik
10 Stichwortverzeichnis
hinweisende 402 mittelbare 225 unmittelbare 224 sicherheitstechnische Anforderung 175 sicherheitstechnische Lösung 8 sicherheitstechnische Nachrüstung 53 sicherheitstechnischer Mangel 53 sicherheitstechnische Verknüpfung 18 Sicherheitsventil 184 Sicherheitszeichen 403 Beständigkeit 404 Erkennbarkeit 404 Sicherheitszuschlag 230, 379 Sicherheit von Personen 81 Sicherheit vor behördlichen Interventionen 44 Sicherung von Auflaufstellen 438 Sicherung von Einzugstellen 430 Sicherung von Fangstellen 428 Sicherung von Rollenbahnen mit Lichtschranken 383 Sichtanforderungen 430 Sichtfenster 260 Sichtgeometrie 492, 503 Sichtraum 506 Sichtscheibe 259 Siebengelenkmechanismus 437 Signal akustisches 422 optisches 415 Signalauswertegerät 337 Signalgabe überraschende 424 Signalgeber optisch-akustischer 418 Signalkodierung 424 Signallaufzeit 311 Signallaufzeit in der Steuerung 379 Signalwirkung 413 Signalwort-Panel 407 SIL 209, 220 SIL (Sicherheits-Integritäts-Level) 543 Sinneswahrnehmungen 66 Sinnfälligkeit von Handlungen 162 SISTEMA 217 Situation kritische 467 Situation, handlungsbezogenen 78 situativer Faktor 156 Sitzen 499 Somatographie 496 Sonderbetrieb 72, 79, 309, 318 Sorglosigkeit 157 Spannbackeneinheit 92 Spanndorn 180 Spannfutter 91 Spannkraft 179 Spannkraftausfall 92 Spannmittel 91 Spannschloss 439 Spannzange 122 Spätausfall 183 Speiche 430 Sperre
materielle 250 sperriger Gegenstand 450 Sperrigkeit 448 Sperrklinke 486 Sperrsystem formschlüssiges 314 Spindeldrehzahl 92 Spindelstock 268 Splittergefahr 265 Sprachausgabegerät 418 Sprachenfrage 33 Sprachniveau 35 Springrolle 241 Sprunggelenk 90 SRCF 220 Staatliche Ämter für Arbeitsschutz 36 staatliche Arbeitsschutzvorschriften 39 staatliche Marktüberwachung 55 Stahltreppe 448 Stand der Sicherheitstechnik 48 Stand der Technik 13, 21, 50 Standfestigkeit der Schutzeinrichtung 96 Standfläche 88, 506 Stand von Wissenschaft und Technik 13, 21, 50 Stanztiegel 370 Start 543 statisches (tragendes) System 64 Steckverbindung 476 Steckvorrichtung 326 Stehen 499 Steigeisengang 448, 453, 456 Steighöhe 453 Steigleiter 448, 453 Steigung der Treppe 90 Stellteil 522 Stellungsüberwachung 314 Steuerungskategorie 543 Steuerungsplan 32 Steuerungsschrank 150 steuerungstechnische Verknüpfung 18 Stichprobe 55 Stichproben 158 Stichstelle 100 Stichwunde 103 Stillsetzen einer Maschinenbewegung (gesteuertes) 543 Stillsetzen einer Maschinenbewegung (ungesteuertes) 543 stochastische Gefahr 80 stochastische Gefährdung 171 Stoff 59, 543 Stoffzufuhr 430 Stolperkante 90 Stolpern 90 Stolperstelle 90, 446, 464 Stop-Kategorie 0 475 Stoppkategorie 543 Störanfälligkeit 140 Störfallablaufanalyse 133 Störfallverordnung 81 Störgeräusch 422 Störgröße 176
583
Störungen im Arbeitsablauf 158 Stößelbetätigung 327 Stoßfestigkeit von Werkstoffen 261 Stoßstelle 100 Strafrecht 11, 12 strafrechtliche Folge 8 Straftat 44 strategische Vorgabe 176 Streifen gelb-schwarze 413 rot-weiße 413 Streifenmuster 413 Stress-Situationen 79, 162 Streubereich 268 Streuung interindividuelle 490 intraindividuelle 490 Streuung, interindividuelle 61 Streuung, intraindividuelle 61 Stroboskop-Effekt 415 Stromausfall 189, 197 Struktur 543 strukturelle Unzulänglichkeit 81 Stufenanlegeleiter 448 Stufenkante 446 Stufenmaß 90, 450 Suchstrategie zum Entdecken von Gefahrstellen 121 Summenhäufigkeitskurve der Körpermaße 496 Synchronisationsbedingung 349 synoptische Tabelle 6 System 544 funktionelles 64 Systematik 544 systematische Fehler 193 systematische Lösungssammlung 5 systematisierendes Merkmal 6 Systeme, elektronische 172 System gefangener Schlüssel 307 Systemtechnik 544
7 Taktsteuerung 544 Taster optischer 357 Taster-Überwachung 544 Technik fehlertolerante 151 Technische Dokumentation 20, 32 Technischer Aufsichtsbeamte 2 Technische Regel (TR) 39, 40, 50, 117 Technische Überwachungsvereine 2 technische Unterlagen 32 Technisierungsstufe 59, 66 technologische Aufgabe 66 technologische Funktion 72, 223 technologisch zwingende Notwendigkeit 320 Teilfunktion 64, 122 Teleskopfeder 291 Teleskop-Stahlverkleidung 293 Testfrequenz der Schutzeinrichtung 373
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10 Stichwortverzeichnis
Testrate 371 Testung 371 Textschild 403 Thales-Kreis 482 Theorie des Arbeitssystems 59 Tiefensprung 88 Tippbetrieb 154, 344, 544 wegbegrenzter 344 Tippschalter 344 Tipptaster 544 Todesrisiko 130 tödliche Arbeitsunfälle 130 Totmanschalter 544 Tower Bridge 192 Tragfähigkeit 457 Tragweite 128 Tragweite des Schadens 127 Translationsenergie 96 Translationsführung 107 Transponder 314, 339 Transportbahn 150 trennende Schutzeinrichtung 254, 275, 278 Trennung zwischen Prüfung und Zertifizierung 43 Treppe 450 aus Stahl 448 baurechtlich nicht notwendige, zusätzliche 448 baurechtlich notwendige 448 Treppenleiter 448 Treppensturz 90 Tripel-Reflektor 375 Tritt 451 Trittschaltmatte 370 tunnelartige Schutzeinrichtung 280 Typ A-Norm: Sicherheitsgrundnorm 21 Typ B-Norm: Sicherheitsfachgrundnorm 21 Typ C-Norm: Maschinensicherheitsnorm 21 Typenschild 403 Typologie der äußeren Funktionselemente 72
8 Überangebot an akustischen Signalen 420 Überbrückungssignal 386 Überdimensionieren 125 Überdimensionierung 183 Überfunktionalität 27, 171, 325 Überkippen über den Handlauf 460 Überlastkupplung 242 Überlebensraum 274 Überlegungsfehler 160 Überrollschutzaufbauten 273 Übersetzung. Siehe auch Sprachenfrage Übersetzung in die Sprache(n) des Verwendungslandes 33 Übersetzungspflicht 33 Übersichtlichkeit und Anordnung von Bedienteilen 492
Übersteigen von Umzäunungen 150 Überstieg 461 Überwachen von Innenräumen 392 Überwachung dreidimensionaler Räume 395 Überwachung eindimensionaler Korridore 395 Überwachung zweidimensionaler Flächen 395 Ultraschallsensor 397 Ultraschallwellen 397 Umbau der Maschine 30 Umbauen einer Altmaschine 29 Um-die-Ecke-Gehen 90 Umfangsgeschwindigkeit 96 Umgang mit Gasflaschen 405 Umgang mit Gefahrstoffen 79 Umgang mit Risiken 124 Umgehen auf einfache Weise 321 Umgreifen 236 Umkehr der Drehrichtung 430 Umknicken 90 Umlenkspiegel 379 Umschlingungswinkel 438 Umsetzung grundlegender Sicherheitsund Gesundheitsschutzanforderungen 24 Umwehrung 464 Umweltsicherheit 128 Umzäunung 254, 293 unbeabsichtigtes Berühren 238 unbestimmte Rechtsbegriffe der Technik (Generalklauseln) 48 Unebenheit 90 Unerreichbarkeit 230 Unfall 8, 62, 100, 544 sekundärer 88 Unfälle an Maschinen 130 Unfälle durch bewusstes Handeln 155 Unfälle durch Reflexe 154 Unfälle durch unbewusstes Handeln 155 Unfallfolgen, (ir-)reversible 544 Unfall, meldepflichtiger 139 Unfall, sekundärer 544 Unfalluntersuchung 116, 158 Unfallverhütungsvorschriften 40, 42 ungerügter Mangel 53 ungünstige Körperhaltung 490 unkontrolliert bewegter Gegenstand 87 unkorrekte Verwendung der CE-Kennzeichnung 38 unmittelbare Sicherheitstechnik 173, 224, 228 Unterbrechen der Drehbewegung 430 Unterbrechung des Kraftflusses 241 untere Gliedmaßen 231 Unternehmenshaftung 12 Unternehmenskultur 8 Unterrichtung der Benutzer 223 Untersagungsverfügung 36, 56 Unterspannungsauslöser 467 Untersuchungsgrenzen 121 Untersuchungstiefe 142
Untertischhubkreissäge 122 Unterwerkzeug 238 unverlierbares Befestigungsmittel 294 Unwucht 267 Ursachenforschung 253 Ursachenschwerpunkt bei Maschinenunfällen 222 Usancen der Medien 56
9 Vandalismus 150 Vandalismus-Schutz 475 Variabilität der Körpermaße 496 Variatenkonstruktion 117 VDE-Zeichen 27 Verbessern der Schutzfunktion 31 Verbotszeichen 403 Verbraucherprodukt 10 Verbraucherschutz 55 Verbrennung 104 Verbundscheibe aus Mineralglas 261 Verbundwerkstoff 260 Verfahrbewegung 92 Verformung plastische 261 traumatische 226 Verformung der Körperteile 162 Verformungsenergie 88, 257 Verformungsgrenzbereich DLV 273 Verformungsvermögen 100 Verfügbarkeit 171, 253, 314, 544 Verfügbarkeit der Maschine 311 Vergessensfehler 160 Vergleichsredundanz 195 Vergrößern des Einzugspaltes 433 Verhalten 149 sicherheitswidriges 154 Verhalten bei Störungen 162 verhaltensbedingte Unfälle 151 Verhaltensfehler 160 Verhalten, sicherheitswidriges 154 Verhaltensmuster 156 Verhaltensweise unfallbegünstigende 154 Verhaltensweisen, bewusste 155 Verhaltensweisen, unbewusste 155 Verhaltensweisen, unfallbegünstigende 154 Verhalten während Unfallsituationen 162 Verhältnismäßigkeit 544 Verkehrsbereich 70 Verkehrsdichte 450 Verkehrssicherungspflicht 45 verketteteAnlage 472 verkürzte Gefährdungsanalyse 118 Verletzung, ausheilbare 139 Vermeiden der Zugänglichkeit 230 Vermeiden durch Formgebung 237 Vermeiden unerwünschter Betätigungen von Bedienteilen 524 Vermutungswirkung 23, 25, 206, 236, 545
10 Stichwortverzeichnis
vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung 54, 149 Verordnung (VO) 27, 39 Verriegelung 285, 305, 472, 525, 545 Verriegelung mit Startfunktion 305, 314 Verriegelung mit Steuerung 314 Verriegelung mit Zuhaltung 305, 311, 545 Verriegelung ohne Zuhaltung 545 Verriegelungskonzept 254 Verriegelungskonzept für Schutzeinrichtungen 309 Verriegelungsmaßnahme 255 Versagen, menschliches 545 Versagensfall 96 Versagensgrenzwert 210 Verschleiß 82 Verschleißfreiheit 342 Verschleißgrenze 125 Verschleißphase 82 Verschleißteile 260 Verschulden, konkretes 47 Verstellbarkeit 506 Verteilung der Körpermaße 496 Verwendung, bestimmungsgemäße 545 Verwirklichung des Binnenmarkts 14 Viergelenkmechanismus 370, 437 Vollkapselung der Maschine 286 Volltext-Suchmöglichkeit 145 Vordruck formalisierter 175 voreilende trennende Schutzeinrichtung 482 Vorfall 545 Vorhängeschloss 475
: wahrnehmbare technische Gefahren 151 Wahrnehmungsbereich 68, 70, 545 Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozess 155 Wahrnehmungsverzerrung 156 Wahrscheinlichkeit -zeitabhängige 80 Wahrscheinlichkeit der Schadensvermeidung 219 Wahrscheinlichkeitsdichte 82 Walzendurchmesser 434 Walzengrube 434 Walzenpaar 430 Walzenquetschverletzungen 104 Walzenspalt 434 Walzenumfangsgeschwindigkeit 163 Wandluke 463 Wärmeenergie 79 warme Redundanz 193 Wärmestrahlenfluss 399 Wärmestrahlung von Personen emittierte 399 Warnbildzeichen 410
Warnfeld 391 Warnhinweis 402 WARNING 408 Warnsignal 397 akustisches 420 Breitband- 422 Warnung 35, 36, 55, 80, 162, 225, 407, 410, 421, 422 Warnzeichen 403 Wartung 445 Wartungsarbeiten 285, 308 Wartungsstrategie 172 Wasserreservoir 187 Watchdog 545 Wechsel der Körperstellung 507 Wegschieben 100 Wegüberwachung von Transporteinrichtungen 391 Weibull-Verteilungskurven 82 Weich-PVC-P 70 288 Weißdruck 27 Welle-Nabe-Verbindung 179 Wendeschneidplatte 95 Werkstoffe für trennende Schutzeinrichtungen 268, 286 Werkstoffgrenzwert 239 Werkstückdurchlauf 121 Werkstückpuffer 472 Werkstückvorschub, manuell 28 Werkzeug 60, 64, 66, 68, 70, 76, 87, 91, 99, 122, 189, 225, 238, 249, 254, 278, 293, 308, 311 Werkzeugablage 451 Werkzeugaufnahme 91 Werkzeugbruchstück 96 Werkzeugbruchüberwachung 189 Werkzeuge 36, 45 Werkzeugmaschine 92 Wertvorstellungen der Gesellschaft 129 wesentliche Änderung 30, 31 Wettbewerbsbedingungen 57 Wickelvorgang 102 Widerstandsfähigkeit gegenüber Verschmutzung 340 Wiederanfahren 151 Wiederanlaufsperre 331, 545 Wiederbereitschaftszeit 545 Winkelprofil 433 Wirkbereich 60, 70, 545 Wirkbewegung 545 Wirkfläche 100, 108, 546 Wirkgröße 59 Wirkorgan 65 Wirkorgansystem (Werkzeugsystem) 65 Wirkraumverkleidung 269 Wirk- und Bewegungsraum 500 Wirkung zwangsläufige 225 wirtschaftliches Risiko 125 Wissensmanagement 145 Wunde 102 Wurfparabel 95
585
= Zeichen informationstragende 402 Zeitdruck, 160 zentrales Nervensystem 154 Zentralinstitut für Arbeitsschutz (Dresden) 2 Zentralstelle für Unfallverhütung (ZefU) 2 zentralsymmetrisch aufgebauter Lichtvorhang 480 Zentrifugalkraft 267 Zerbersten 267 Zerreißung 104 Zertifizierung 546 Ziehkeilspannfutter 179 Zielpopulation 61, 89, 488, 506, 546 Zivilrecht 11 Zollbehörde 55 Zufall 129 Zufuhr von Kühl- und Schmieremulsionen 297 zugekaufte Schutzeinrichtung 294 Zugmittel 230, 438 Zugrifföffnung 511 Zugriffsgeschwindigkeit 349, 379 Zugriffsrichtung 254 Zugriffszeit 546 Zuhaltung 285, 304, 305, 311, 546 drehzahlabhängige 308 formschlüssige federkraftbetätigte 313 magnetkraftbetätigte 313 kraftschlüssige magnetkraftbetätigte 314 zeitabhängige 308 Zukaufteil 290 zukünftige Ausrichtung der Maschinensicherheit 8 Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden 37 Zustimmeinrichtung 344 Zustimschalter 546 Zutrittgeschwindigkeit 379 zuverlässige Funktion von Steuerungen 198 zuverlässiges Arretieren in Endlagen 290 zuverlässiges Ausschalten 193 zuverlässiges Einschalten 193 Zuverlässigkeit 86, 206, 546 menschliche 160 Zuverlässigkeit, funktionale 169 zwangsgeführte Kontakte 546 Zwangshaltung 490, 506 zwangsläufiges Ereignis 160 Zwangsöffnung 546 Zweihandeinrückung 344 Zweihandschaltung 344 Einsatz der 347 optoelektronische 357 Zweikreis-Sicherheitsbremse 195
586
10 Stichwortverzeichnis
Zweitschlüssel 475 Zwischenpodest 450 Zwischenstange 459