Britta Schwarz
Golo zieht um
s&c 05/2008
Die Gespenster der Burg Grafenstein sind in heller Aufregung: Ihre Burg wird...
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Britta Schwarz
Golo zieht um
s&c 05/2008
Die Gespenster der Burg Grafenstein sind in heller Aufregung: Ihre Burg wird verkauft und in ein Hotel verwandelt. Das ist toll, denn endlich werden mehr Menschen hinkommen. Nur Golo erwischt es schlimm: Sein Bild wird dem Museum geschenkt. So muss er umziehen und alle seine Gespensterfreunde verlassen. ISBN: 3-8000-2068-8 Verlag: UEBERREUTER Erscheinungsjahr: 2003 Umschlag- und Innenillustrationen: Regina Hofstadler-Lienerbrünn Umschlaggestaltung: Zembsch’ Werkstatt, München
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Backcover Die Gespenster der Burg Grafenstein sind in heller Aufregung: Ihre Burg wird verkauft und in ein Hotel verwandelt. Das ist toll, denn endlich werden mehr Menschen hinkommen. Nur Golo erwischt es schlimm: Sein Bild wird dem Museum geschenkt. So muss er umziehen und alle seine Gespensterfreunde verlassen. Golo erlebt lustige und spannende Gespensterabenteuer, braut am liebsten extrastarke Gespensterstinke und hilft seinen Gespensterfreunden.
Autoren Britta Schwarz Bankkauffrau und Mutter, wurde 1966 im Auetal geboren, wo sie heute noch mit ihren beiden Kindern und ihrem Lebensgefährten in einem alten Landhaus lebt. Während der ersten Schwangerschaft besann sie sich auf ihr Kindheitshobby, das Geschichtenerzählen – und absolvierte von 1994 bis 1997 ein Schreibstudium an der Axel Andersson Akademie. Seither erschienen mehrere Kinderbücher, ein Katzenroman, ein Autorenratgeber und viele Kurzgeschichten. Unter www.brittaschwarz.de ist die Autorin auch im Internet zu finden. Regina Hofstadler-Lienerbrünn lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Leonding, Österreich. Wenn sie nicht gerade zeichnet, dann unterrichtet sie Deutsch und Italienisch – oder liest einen Krimi. In der Reihe Golo, das grüne Gespenst bereits erschienen. Golo zieht um Golo macht Urlaub Golo jagt die Bilderdiebe Golo und der Ohrflüster-Spuk
Golo, das grüne Gespenst
Britta Schwarz
Golo zieht um Illustrationen von Regina Hofstadler-Lienerbrünn
UEBERREUTER
ISBN 3-8000-2068-8 Alle Urheberrechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe in jeder Form, einschließlich einer Verwertung in elektronischen Medien, der reprografischen Vervielfältigung, einer digitalen Verbreitung und der Aufnahme in Datenbanken, ausdrücklich vorbehalten. Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen Umschlag- und Innenillustrationen von Regina Hofstadler-Lienerbrünn Umschlaggestaltung von Zembsch’ Werkstatt, Müncheny Copyright © 2003 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien Druck: Ueberreuter Print 1357642 Ueberreuter im Internet: www.ueberreuter.at
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Spuk auf Burg Grafenstein »Ich kenne ein Geheimnis!«, rief Graf von Grafenstein mit gewaltiger Gespensterstimme. »GEHEIMNIS! GEHEIMNIS! GEHEIMNIS!«, hallte es durch die Gemäuer von Burg Grafenstein. Zuerst antwortete niemand. Aber nach einer Weile hörte man überall in der Burg ein Gähnen und Ächzen und Stöhnen und Krächzen. Mal laut und mal leise. Mal »UAHÄHÄ!« und mal »BU-HUU!«. Mal ein feines Summen und mal ein schreckliches Grollen. Eben so, wie Gespenster sich recken und strecken, wenn sie erwachen. Es war Nachmittag und alle Gespenster halten nachmittags ein Nickerchen – wenn sie nicht gerade spuken müssen. Die Gespenster auf Burg Grafenstein mussten nur selten spuken. Die Burg war alt und hier wohnte
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schon lange niemand mehr. Jedenfalls keine Menschen. Es gab nur Ratten, Spinnen und Mäuse – und die Gespenster natürlich. Einmal in der Woche, immer am Donnerstag, kam Herr Nicklich, der Verwalter. Der war zwar ein Mensch, aber bei ihm lohnte sich das Spuken kaum. Er kannte die Streiche der Gespenster schon und hatte keine Angst mehr vor ihnen. »Geht spielen«, sagte er nur, wenn sie ihn zwickten und zwackten und ihm die paar Haare zerzausten, die er noch hatte. Herr Nicklich wischte durch die Luft, als ob er Fliegen verjagte, und spazierte weiter durch die Burg. Er schaute nach, wo vielleicht ein Fenster kaputtgegangen oder ein Ziegel undicht geworden war. Wenn er etwas gefunden hatte, ging er in sein Büro und bestellte Handwerker, damit sie den Schaden reparierten. An manchen Donnerstagen brachte er auch Besucher mit, die sich die Burg ansehen wollten. Die Gespenster konnten Handwerker und BurgBesucher gut leiden. Wenn sie da waren, gab es endlich etwas zu tun! Dann probierte jedes Gespenst seine neuen Spuktricks aus:
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Der Graf von Grafenstein ließ seine schaurige Stimme als Donner durch die Burg rollen. Vor Schreck rutschte den Malern schon mal ein Farbeimer aus der Hand und platschte auf den Boden. Das weiße Burgfräulein, das sich jede Woche ei-
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nen anderen Namen gab, weil sie sich nicht für einen entscheiden konnte, pustete aus vollen Backen einen Sturm durchs Treppenhaus. Der wehte den Glasern eine Fensterscheibe davon, die auf den steinernen Treppenstufen in tausend Stücke zersprang. Golo, das grüne Gespenst, schlüpfte in eine Ritterrüstung und kitzelte die Besucher heimlich hinter den Ohren. »Warum lacht ihr denn gar nicht?«, fragte er, wenn sie anfingen zu schreien und fortliefen. Und weil sie nicht lachten, tat es Golo selbst. Er lachte und lachte, bis die Ritterrüstung schepperte. So freuten sich die Gespenster immer auf den Donnerstag und hofften, dass Herr Nicklich nicht alleine in die Burg käme. Denn – wer weiß, vielleicht verlernten sie sonst am Ende noch das Spuken oder mussten sich damit begnügen, die Spinnen zu ärgern. Dabei grauste sich das weiße Burgfräulein doch selber, wenn ein Krabbeltier vor ihr am Faden baumelte. Herr Nicklich schimpfte zwar, wenn die Gespenster mal wieder einen Besucher verjagt hatten. »Damit ihr es wisst!« rief er. »Wenn ihr so weitermacht,
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bringe ich bald niemanden mehr hierher. Dann habt ihr nichts mehr zu lachen und könnt euch gegenseitig etwas vorspuken, jawohl!« Aber die Gespenster wussten genau, dass Herr Nicklich es nicht so ernst meinte. Insgeheim liebte er seine Gespenster. Wenn es keiner bemerkte, lachte er in seinem Büro über ihre Spukerei. Jedenfalls dachte Herr Nicklich, dass ihn keiner bemerkte. Im Büro hing aber das Bild des Grafen von Grafenstein, der nun als Gespenst über die Burg wachte. Wenn der Graf nicht in der Burg umherflog, dann ruhte er sich in seinem Bild aus und belauschte Herrn Nicklich. Auf diese Weise erfuhr er jedes Geheimnis, das Herr Nicklich eigentlich lieber in seinem Büro behalten wollte. Gespenster sind besonders gute GeheimnisHerausfinder. Der Graf von Grafenstein war sogar der schnellste Herausfinder, den man sich überhaupt vorstellen kann! Sobald Herr Nicklich donnerstagabends das Burgtor hinter sich abgeschlossen hatte und nach Hause gegangen war, rief der Graf immer laut: »Ich kenne ein Geheimnis!«
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Dann kamen – schwups – alle anderen Gespenster herbei und erfuhren, was Herr Nicklich in seinem Büro getan und wen er angerufen hatte. Heute war jedoch nicht Donnerstag, sondern Dienstag. Genauer gesagt, ein warmer Dienstagnachmittag im Mai. Durch alle Fenster drängelten
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sich Sonnenstrahlen in die alte Burg hinein. Nun fängt zwar Dienstag mit dem gleichen D an wie Donnerstag, aber Herr Nicklich war noch niemals an einem Dienstag in die Burg gekommen. Es war also ein herrlicher Tag für ein Gespensternickerchen. Auch Golo, das grüne Gespenst, döste gerade vor sich hin und schnarchte leise: »Schrazhüüh, schrachzaah …«, als die Stimme des Grafen ertönte. »Geheimnis? Welches Geheimnis?«, murmelte Golo verschlafen und plumpste vor lauter Schreck beinahe aus dem Bild, in dem er wohnte. Das war ein prächtiges Bild mit einem Wald darauf und einem See. Mitten auf einer Lichtung stand ein hölzernes Forsthaus. Und genau hier wohnte Golo, der früher einmal der Förster des Grafen von Grafenstein gewesen war. Die Burg-Besucher sahen nur Golos Hütte und nicht ihn selbst. Denn kaum ein Mensch kann durch Wände schauen, auch wenn es nur gemalte Wände sind. Sobald sich aber ein Besucher zu nahe an das Bild herantraute, kam Golo schnell wie der Wind aus dem Forsthaus gerast. Dann war die Zeit ge-
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kommen, um zu spuken! In der Hand hielt Golo einen Topf, der voller Gespensterstinke war, extrastark! Gespensterstinke duftet klasse, wenn man ein Gespenst ist. Sie riecht nach Himbeeren oder nach Kaugummi oder auch nach Rosen. Je nachdem, welchen Duft das Gespenst am liebsten mag. Wird jedoch ein Topf davon über einem Menschen ausgeschüttet, stinkt sie einfach nur. Und zwar nach einem Pups! Nach einem leisen Pups sogar und der stinkt, wie jeder weiß, ganz besonders schlimm. Extrastarke Gespensterstinke aber riecht wie zehn leise Pupse auf einmal! Jetzt brauchte Golo keine Gespensterstinke, weil ja kein Mensch in der Nähe war. Er reckte und streckte sich, dass die Balken des Forsthauses knarrten. Dann schlüpfte er aus seinem Bild und machte sich auf den Weg zu Herrn Nicklichs Büro. Eigentlich war es eher das Büro des Grafen, denn schließlich verbrachte er viel mehr Zeit darin als Herr Nicklich. Als Golo dort ankam, schwirrten eine Menge Gegenstände zur Tür herein. Ein Gummistiefel und ein
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Tanzschuh mit hohem Absatz, zwei Portmonee, ein alter Fensterputzlappen, ein Kaktus und ein paar Steine. Golo wunderte sich darüber nicht. Nur Menschen wundern sich, wenn Sachen durch die Luft fliegen. Gespenster wissen, was es damit auf sich hat. In Paragraf zwei der Allgemeinen Gespensterordnung steht nämlich geschrieben: »Gespenster müssen für ihre Reisen einen Gegenstand auswählen, der auch den Menschen bekannt ist. Sobald ein Gespenst sein Bild verlässt, hat es die Gestalt des von ihm gewählten Gegenstands anzunehmen.« Gespenster halten sich natürlich an die Allgemeine Gespensterordnung. Darum verwandeln sie sich immer, wenn sie aus ihrem Bild herauskommen und durch die Gegend fliegen. Die so genannte Reisegestalt verhindert, dass jemand ein Gespenst zu Gesicht bekommt. Denn das ist ziemlich gefährlich … »Da bist du ja, Golo«, sagte der Graf von Grafenstein, als ein grüner Flummi ins Büro schwebte. Der Flummi flog geradewegs auf das Bild des Grafen zu. Als er die Leinwand berührte, schlüpfte
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er in das Bild hinein und verwandelte sich zurück in Golo, das grüne Gespenst. Nach und nach versammelten sich immer mehr Gespenster in dem Bild. Bald wurde es ziemlich eng, aber zum Glück können sich die meisten Gespenster klitzeklein machen. Der Graf wartete, bis alle achtundzwanzig Gespenster der Burg in seinem Bild versammelt waren. Dann kramte er ebenso viele Becher und eine Flasche aus einem Koffer. »Gespenstertrunk«, sagte er und füllte einen Becher nach dem anderen. »Soll das etwa dein Geheimnis sein?«, seufzte ein mickriges Gespenst, dem der Bauch fehlte. »Ein neues Rezept für Gespenstertrunk?« Der Graf schüttelte den Kopf. Er leerte seinen Becher und hustete, dass es dröhnte. Das ganze Bild wackelte und Golo fürchtete schon, es würde von der Wand fallen. »Ratet«, sagte der Graf, als er endlich zu husten aufgehört hatte. Dem weißen Burgfräulein, das in dieser Woche Clementine hieß, fielen die Ohren ab. »O nein, nicht schon wieder«, sagte sie. »Ich kann keine Ratespiele mehr hören.«
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Das hatte einen Grund. Der Graf behielt seine Geheimnisse am liebsten so lange für sich, bis die anderen Gespenster sie durch Fragen errieten. Nach jeder falschen Frage füllte er die Becher erneut mit Gespenstertrunk. Manchmal endete das Ratespiel sehr schnell. Manchmal dauerte es Stunden oder sogar Tage. Und manchmal waren alle Gespenster so beschwipst vom Gespenstertrunk, dass keiner mehr die richtige Antwort mitbekam. »Ist es ein Herr-Nicklich-Geheimnis?«, fragte Golo. Der Graf nickte und die weiße Clementine steckte sich schnell wieder ihre Ohren fest, damit sie nichts Wichtiges verpasste. »War Herr Nicklich heute hier?«, wollte Golo nun wissen. »Wieder richtig«, antwortete der Graf. »U… und hat er mit Ha… Ha… Handwerkern te… te… telefoniert?«, stotterte ein Gespenst, das so schwarz aussah, als ob es gerade den Kamin gekehrt hätte. »Nein.« Der Graf schüttete Gespenstertrunk in die Becher.
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»Hat Herr Nicklich etwas mit dir geschrieben?«, fragte Clementine. »Das hast du heimlich beobachtet!«, schimpfte der Graf. Wann immer er sein Bild verließ, verwandelte er sich in einen rubinroten Kugelschreiber. Wenn Herr Nicklich dann etwas aufschreiben wollte, legte sich der Graf mitten auf den Schreibtisch.
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»Ich weiß!«, rief das bauchlose Gespenst. »Herr Nicklich hat Besucher eingeladen!« »Erraten!«, sagte der Graf. Er sah fast ein wenig enttäuscht aus, als er seine Flasche Gespenstertrunk und all die Becher zurück in den Koffer stopfte. »Um uns das zu erzählen, musstest du uns doch nicht extra aufwecken«, maulte Clementine. »Ich brauche meinen Schönheitsschlaf, damit ich so weiß wie Schnee bleibe!« »Und ob!«, donnerte der Graf zurück. Nun fiel sein Bild wirklich von der Wand. Die Gespenster purzelten durcheinander und brauchten eine Weile, um es wieder aufzuhängen. Als alle wieder an ihrem Platz saßen, setzte der Graf sein allergeheimnisvollstes Gesicht auf. »In unserer Burg findet bald eine Auktion statt«, sagte er. »Wa… wa… was denn für n… n… ne A… Aktion?«, stotterte das schwarze Gespenst. »Auktion!«, verbesserte ihn der Graf. »Auktion! Das bedeutet, etwas aus unserer Burg wird an Menschen verkauft. An diejenigen, die am meisten dafür bezahlen wollen. Versteigern nennt man das.«
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»Oh, das ist herrlich«, freute sich Clementine. Inzwischen ärgerte sie sich nicht mehr darüber, dass der Graf sie aus ihrem Schönheitsschlaf geweckt hatte. »Dann kommen viele, viele Menschen hierher«, sagte sie, »und wir können spuken und spuken!« Die Gespenster sprangen aus dem Bild. Sie sausten durch Herrn Nicklichs Büro und jubelten so laut, dass die Menschen, die am Fuße der Burg im Wald spazieren gingen, erschraken. »Welche Sachen will Herr Nicklich versteigern?«, fragte Golo mitten in den Lärm hinein. »Bestimmt Tische und Stühle und Kerzenleuchter«, sagte der Graf. »Ritterrüstungen sicher auch.« »Und Bilder?«, fragte Golo. Auf einmal hörten alle Gespenster auf zu jubeln. Selbst Clementine freute sich jetzt gar nicht mehr. »Mein Bild soll aber hier bleiben!«, rief sie. »Ich gehe nicht fort aus der Burg, nein, nein!«
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Pfui-protz-kotz, Menschenstinke! Am Donnerstag kam Herr Nicklich wie immer in die Burg. Bei ihm waren fünf Männer in grünen Arbeitsanzügen. »Wie sehen die denn aus?«, kicherte das bauchlose Gespenst. »Sind das alles Förster? He, Golo! Wollen wir ihnen guten Tag sagen?« Golo hüpfte gerade als Flummi durch die Burg. Er hatte schlechte Laune. Eigentlich hatten alle Gespenster schlechte Laune, seit der Graf ihnen von der Auktion erzählt hatte. Nur das bauchlose Gespenst freute sich. Es wohnte in einem Bild, das an eine Wand gemalt worden war, direkt auf die Steine. Und die konnten wohl kaum versteigert werden. Aber Golos Bild konnte versteigert werden! Es war ein besonders hübsches Bild voller Sonnenschein mit sanften und doch leuchtenden Farben. »Unbe-
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kannter Künstler »stand darunter auf einem Messingschild geschrieben. Golo wusste genau, wer das Bild gemalt hatte. Deshalb montierte er das Schild oft ab und schenkte es dem schwarzen Gespenst. Das liebte alles, was glänzte, weil es solchen Spaß machte, es schwarz zu färben. Leider fand Herr Nicklich das Schild immer wieder. Er putzte es und hängte es zurück an seinen Platz. Viele Burg-Besucher waren schon vor Golos Bild stehen geblieben und hatten es bewundert. Zur Strafe hatte Golo sie alle mit Gespensterstinke überschüttet. Jetzt machte er sich jedoch große Sorgen. Ein Försterspuk wäre fein gewesen, er hätte Golo bestimmt aufgeheitert. Aber die Menschen bei Herrn Nicklich hatten nicht mal Försterhüte auf ihren Köpfen. Ihre Anzüge sahen auch kein bisschen försterlich aus. Nein, dies waren keine Förster. Es waren aber auch keine Burg-Besucher oder Handwerker. Sie schleppten Staubsauger herbei und Leitern und Putzwagen mit Eimern. Dazu Plastikflaschen voll blauer und gelber Flüssigkeit. Die Gespenster kannten solche Sachen von der Putzfrau, die
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manchmal kam und Herrn Nicklichs Büro sauber machte. Dem Grafen wurde dann jedes Mal schlecht. Das bunte Zeug in den Flaschen sah zwar lustig aus, aber für Gespenster roch es furchtbar. Sie nannten es »Menschenstinke« und verzogen sich lieber, bis die Putzerei ein Ende hatte und der Gestank wieder verduftet war.
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»Pfui-protz-kotz!«, schimpfte der Graf, wenn die Putzfrau kam. »Früher waren wir Gespenster besser dran. Da wurde mit Staubwedeln geputzt und mit Wasser und Essig. Dies ist die reinste Chemie!« Das Wort hatte er Herrn Nicklich sagen hören. Er war sehr stolz darauf, dass er so etwas Modernes kannte. Auf die Putzfrau aber war er ärgerlich, weil sie moderne Menschenstinke benutzte. Bevor er unter Protest seinen Platz im Büro räumte, drückte er meistens schnell noch einen dicken Klecks Tinte auf den Kopf der Putzfrau. Die grünen Menschen hatten jede Menge Menschenstinke dabei, jeder gleich drei Flaschen und einer sogar fünf. Er war sicher der Oberstinker, vermutete Golo. Genauso wie der Graf das Obergespenst der Burg war. Armer Graf. Wenn die Menschen anfingen, diese Stinke im Büro zu verteilen, konnte er bestimmt eine Woche lang nicht zurück in sein Bild. Aber es war schon merkwürdig. Die ganze Kolonne zog am Büro vorbei geradewegs in den großen Rittersaal hinein. »Hier wurde wohl seit Jahren nicht mehr sauber gemacht«, sagte der Oberstinker zu Herrn Nicklich
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und fegte eine dicke Spinnwebe unter dem Arm einer Ritterrüstung weg. Herr Nicklich nickte. »In der Tat, viel zu lange. Aber das wird sich ja jetzt ändern. Bis zur Auktion muss alles blitzblank sein!« »Keine Sorge, auf uns können Sie sich verlassen!«, sagte der Oberstinker. Tatsächlich zog er sofort eine Flasche aus seinem Putzwagen und besprühte die Ritterrüstung. Golo hatte sich, wie so oft, in der Rüstung versteckt. Er wollte schnell herausschlüpfen. Zu spät! Schon bekam er eine mächtige Ladung Menschenstinke ab. Erst wurde ihm heiß, dann kalt und gleich darauf ziemlich übel. Noch ein Sprüher und er musste sich übergeben. Doch zum Glück drehte sich der Oberstinker weg und erzählte Herrn Nicklich etwas. Benommen trullerte Golo als grüner Flummi aus der Rüstung. Es blieb keine Zeit, wegzufliegen. Außerdem war ihm so schwindlig, dass er auf einmal vergessen hatte, wie das Fliegen überhaupt funktionierte. Mit Mühe rollte er bis in eine Ecke, machte sich klitzeklein und kroch hinter eine Fußleiste. Geschafft! Er war in Sicherheit.
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Herr Nicklich ließ die grünen Menschen im Rittersaal allein. Diese legten los und wischten zuerst alle Spinnweben fort. Und es gab eine Menge Spinnweben im Rittersaal. Das weiße Burgfräulein Clementine lächelte den Menschen aus ihrem Bild heraus freundlich
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zu. »Ach, wie nett«, säuselte sie. »Endlich mal jemand, der dieses Ekelzeug ebenso hasst wie ich.« Sie säuselte wohl etwas zu laut. Denn der Mann, der gerade einen Leuchter neben ihrem Bild Staub gewischt hatte, sprang vor Schreck von seiner Leiter. »Was war das?«, rief er. »Habt ihr das auch gehört?« Der Oberstinker lachte. »Herr Nicklich hat uns doch erzählt, dass es hier manchmal spukt. Sollen nur kommen, die Burggespenster. Dann geb ich ihnen hiervon was!« Er nahm eine Flasche Menschenstinke und sprühte damit in die Luft. Das tat er nur so zum Spaß, denn er hatte ja keine Ahnung, dass Herr Nicklich die Sache mit den Gespenstern völlig ernst gemeint hatte. Und er hatte noch weniger eine Ahnung davon, dass Gespenster von Putzmitteln krank wurden. Aber obwohl er all dies nicht wusste, half es doch. Kein Gespenst traute sich zu spuken, solange die grünen Menschen da waren. Eins nach dem anderen flüchtete heimlich aus seinem Bild und versteckte sich irgendwo in der Burg – weit weg vom Rittersaal.
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Als Golo sich wieder ein bisschen erholt hatte, flog auch er, so schnell er konnte, davon. Es dauerte ziemlich lange, bis die Menschen wieder verschwunden waren. Einen unspukigeren Donnerstag als diesen hatten die Gespenster noch nie erlebt. »Da ist man in seiner eigenen Burg nicht mehr sicher!«, schimpfte der Graf von Grafenstein am Abend. Die Gespenster hatten sich in seinem Bild versammelt. Diesmal hatte er dafür nicht einmal »Ich kenne ein Geheimnis!« rufen müssen. Alle Gespenster – außer Golo. Der musste draußen bleiben, vor dem Bild. »Du stinkst«, hatte der Graf zu ihm gesagt. Golo fand, dass er eigentlich wieder recht gut roch – nach Gespenst eben. Aber leider waren die anderen nicht seiner Meinung. Sie hatten gut reden! Ihnen hatte ja auch niemand Menschenstinke mitten ins Gesicht gesprüht. »Ihr könntet ruhig ein bisschen netter sein«, maulte Golo. »Immerhin hätte ich mich fast in Luft aufgelöst wegen dieser schrecklichen Stinke.« Der Graf winkte ab. »Stell dich nicht so an und
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bleib uns mit deinem Gestank vom Hals«, sagte er. »Ein bisschen Menschenstinke hat noch kein Gespenst aufgelöst. Dafür braucht es schon ein stärkeres Gebräu.« Das wusste Golo natürlich selbst. Es gab Menschen – sie nannten sich Gespensterjäger –, die kannten das Rezept für eine wirklich Furcht erregende Stinke, für ein Gespenster-Auflöse-Gebräu! Es wirkte nur bei Gespenstern, die sich nicht in ihrem Bild aufhielten. Aber wenn Gespenster herumspukten, mussten die Gespensterjäger sie erst mal finden. Das war ziemlich schwierig! Denn zum Glück war der Gespensterrat ja auf die Idee gekommen, sich in eine Reisegestalt zu verwandeln. Welcher Mensch glaubte denn schon, dass ein Kugelschreiber ein Gespenst sein könnte oder ein Putzlappen oder sogar ein Flummi? Trotzdem mussten Gespenster auch in ihrer Reisegestalt vorsichtig bleiben. Fliegende Kugelschreiber und Putzlappen und Flummis sehen für Menschen doch irgendwie merkwürdig aus. Also lernte jedes Gespenst, wie man heimlich und unbemerkt durch die Gegend fliegt.
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In der Burg Grafenstein waren bisher noch keine Gespensterjäger aufgetaucht. Aber schließlich wusste man nie … Die grünen Menschen waren auf keinen Fall Gespensterjäger. Trotzdem ärgerten sich der Graf und die anderen ziemlich über sie. Diesen Großputz, den sie veranstalteten, brauchte ja wohl kein Gespenst! Vor allem aber ärgerten sie sich über die Auktion, die bald stattfinden sollte. »Wir müssen die Auktion verhindern«, sagte der Graf. Er fürchtete natürlich wie alle anderen, dass sein Bild versteigert würde. »Dann spuken wir eben so wild, dass alle Menschen sich fürchten und weglaufen«, schlug das weiße Burgfräulein Clementine vor. Golo flog aufgeregt vor dem Bild hin und her. »Wenn so viele fremde Menschen kommen, müssen wir vorsichtig sein.« »Golo hat Recht«, sagte der Graf. »Am Ende schreiben sonst noch die Zeitungen über uns und schon haben wir Gespensterjäger hier.« »Wenn wir nur ein bisschen spuken, nützt es aber nichts«, sagte Clementine. Der grüne Flummi hüpfte auf den Fußboden und
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dann nach oben und wieder hinunter und hoch bis zur Decke. Golo dachte nach und am besten konnte er beim Hüpfen nachdenken. »Dann müssen wir eben mit Herrn Nicklich sprechen«, sagte er. Ein Raunen ging durch die Gespenster. »Niemals!« und »Ohne mich!« tönte es von allen Seiten. Es war nicht gerade üblich, dass Gespenster sich mit Menschen unterhielten. Gespenster sprachen mit Gespenstern, Menschen sprachen mit Menschen und Gespenster spukten und jagten den Menschen Angst ein. So war es schon immer und so sollte es auch bleiben. Basta! Als es langsam ruhiger wurde im Büro, winkte der Graf Golo zu sich heran – obwohl der doch angeblich noch eklig stank. »So, so«, sagte der Graf. »Wir sollen also mit Herrn Nicklich reden …« »Ich habe schon von Fällen gelesen, in denen Gespenster und Menschen Freunde wurden«, sagte Golo. Die Gespenster lachten ihn aus. Nur der Graf lachte nicht. Er wiegte den Kopf hin und her und rollte mit den Augen, dass es einem vom Zusehen schwindlig wurde.
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»Du hast viele Bücher in deiner Hütte, nicht wahr?« Golo nickte und das schwarze Gespenst guckte ganz neidisch, denn es konnte nicht einmal lesen. »Dann kennst du wohl auch die Allgemeine Gespensterordnung ganz genau?«, fragte der Graf. »Nur die wichtigsten Paragrafen«, gab Golo ein wenig kleinlaut zu. Das schwarze Gespenst begann erfreut zu grölen und die anderen stimmten lauthals mit ein. »RUUUHEEE!«, donnerte der Graf. Augenblicklich verstummte die ganze Gespensterschar. »Nun Golo«, sagte der Graf. »Ich glaube aber, du kennst die Paragrafen doch recht gut. Zumindest Nummer dreihundertundzwölf?« »Wenn ein Notfall es erfordert, ist es gestattet, zu einem redlichen Menschen Kontakt aufzunehmen«, sagte Golo den Paragrafen auswendig auf. »Sehr gut«, sagte der Graf. »Sobald also Herr Nicklich wieder in die Burg kommt, werden wir ihn bitten, die Auktion zu stoppen. Oder hat jemand etwas dagegen einzuwenden?«
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Niemand widersprach. Wenn der Graf erst einmal etwas beschlossen hatte, war es nicht besonders klug, dagegen zu sein. Die Stimme des Grafen konnte so gewaltig werden, dass sie ein Gespenst glatt aus der Burg fegte. Und das riskierte nicht einmal das weiße Burgfräulein Clementine.
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Käfer in Karohosen Schon am nächsten Morgen kam Herr Nicklich wieder und mit ihm die grünen Menschen und ihre Putzwagen. Heute hatten sie noch mehr Flaschen voller Stinke mitgebracht. Diesmal waren die Gespenster vorbereitet. Sie hatten sich im Bild des Grafen versammelt und warteten. Es dauerte ziemlich lange, bis Herr Nicklich endlich das Büro betrat. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und nahm ein Blatt Papier und den rubinroten Kugelschreiber. »Wir müssen reden«, sagte der Kugelschreiber zu ihm. Herr Nicklich machte erschrocken: »Ha!« Er hüpfte mitsamt seinem Stuhl einen Riesensatz nach hinten und kippte um.
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Golo fand, Herr Nicklich sah aus wie ein Käfer in Karohosen, als er da so auf dem Rücken lag und mit den Beinen in der Luft herumstrampelte. Der Kugelschreiber klatschte fast auf den Schreibtisch, konnte gerade noch abdrehen und flog dann ins Bild zu den übrigen Gespenstern. Dort nahm der Graf wieder seine Gespenstergestalt an.
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»Entschuldigung, Herr Nicklich, wenn ich dich erschreckt habe«, sagte er. »Wie? Was?« Herr Nicklich zappelte so lange, bis er wieder aufstehen konnte, und guckte dann erstaunt auf das Bild. Dort hatten sich die Gespenster im Halbkreis aufgestellt. Es sah ganz so aus, als ob sie auf einen Fotografen warten und gleich Spagetti rufen würden. Sie winkten Herrn Nicklich zu und dieser kippte vor lauter Schreck um ein Haar schon wieder um. »Du meine Güte!«, rief er und zauste seine paar Haare. »Jetzt habt ihr mich aber erwischt mit eurem Spuk!« »Wir spuken doch gar nicht«, sagte der Graf freundlich. »Wir wollen mit dir reden.« »Genau das meine ich! Ihr habt noch nie mit mir gesprochen. Wusste nicht mal, dass ihr das überhaupt könnt. Wie viele ihr seid! Habt euch ja nie so richtig gezeigt.« »Das dürfen wir eigentlich auch nicht. Nur im Notfall.« »Und heute ist ein Notfall?« Die Gespenster nickten.
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»Eigentlich seht ihr ganz nett aus«, stellte Herr Nicklich fest. »Kommt doch raus aus dem Bild. Sonst muss ich immerzu nach oben schauen und kriege noch Genickstarre.« »Lieber nicht«, sagte der Graf. »Schließlich hast du dich schon vor einem sprechenden Kugelschreiber erschrocken …« »Dann bleibt eben, wo ihr seid.« Herr Nicklich klang ein bisschen beleidigt, aber eigentlich war er doch ganz froh. Wer wusste schon, was sonst womöglich alles in seinem Büro landen würde. Vielleicht sogar eine Waschmaschine oder ein Fernseher? Oje! Eigentlich hatte Herr Nicklich gar keine Lust, über Gespenster nachzudenken, die Sachen waren. Oder über Sachen, die Gespenster waren. »Wie kann ich euch denn helfen?«, fragte er lieber schnell. »Wir wollen keine Auktion!«, riefen die Gespenster. »Nanu, und ich dachte, es gefällt euch bestimmt, wenn Menschen hierher kommen.« Das weiße Burgfräulein seufzte so laut, dass Herr Nicklich sich die Ohren zuhalten musste.
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»Hast du denn kein Herz? Uns einfach zu verkaufen!« Sie schniefte in ein durchsichtiges Taschentuch und über ihre weißen Wangen kullerten dicke Tränen. Sie tropften von ihrem weißen Kinn und landeten direkt vor Herrn Nicklich auf dem Fußboden. Dabei zerplatzten sie und es krachte wie bei Kanonenschüssen.
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»Euch verkaufen?«, fragte Herr Nicklich überrascht. »Niemand will euch verkaufen. Sagt mal ehrlich, wer würde schon freiwillig eine Spukbande wie euch kaufen?« »Uns vielleicht nicht«, sagte Golo, »aber unsere Bilder.« »Ich verstehe kein Wort.« »Er begreift ziemlich langsam«, sagte Clementine. »Also gut, ich erkläre es ihm«, sagte der Graf. »Jeder von uns wohnt in einem Bild. Die Bilder sind unsere Zuhause.« »Aha«, sagte Herr Nicklich. »Ihr glaubt, bei der Auktion sollen eure Bilder versteigert werden? Wie kommt ihr denn darauf?« »Etwa nicht?«, fragte der Graf. Herr Nicklich schüttelte den Kopf. »Aber ich war doch dabei, als du alles aufgeschrieben hast.« »Ich habe zur Auktion eingeladen, das stimmt. Doch es werden dabei keine Bilder versteigert.« »Was denn sonst?« »Die Burg natürlich!«, sagte Herr Nicklich. »Die
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Burg gehört der Stadt und die braucht dringend Geld. Außerdem wird es Zeit, dass wieder Leben einkehrt in die Burg Grafenstein.« Einen Moment lang war alles still im Büro. Dann begannen die Gespenster zu jubeln und flogen aus dem Bild und sausten vor lauter Freude um Herrn Nicklich herum. Herr Nicklich hüpfte mitsamt seinem Stuhl einen Riesensatz nach hinten und kippte noch einmal um. »Schon wieder ein Käfer in Karohosen«, lachte Golo. Herr Nicklich strampelte mit den Beinen in der Luft herum – und lachte mit.
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Ein gespenstisches Geschenk Ab sofort gab es eine Menge Spaß für die Gespenster auf Burg Grafenstein. Niemand brauchte mehr zu befürchten, dass er nach der Auktion vielleicht mitsamt seinem Bild umziehen musste. Das war ein herrliches Gefühl für Golo und all die anderen! Am allermeisten freuten sie sich darauf, dass bald wieder Menschen die Burg bewohnen würden. An jedem Tag – und nicht nur donnerstags! Der Graf fragte Herrn Nicklich, ob er vielleicht die Burg ersteigern wollte. Aber Herr Nicklich meinte, als Verwalter habe er viel zu wenig Geld, um eine echte Burg zu kaufen. Im Grunde war das wohl auch ganz gut so, denn schließlich macht Spuken erst richtig Spaß, wenn man damit auch jemanden ärgern kann. Nachdem
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Herr Nicklich jetzt sogar alle Gespenster beim Namen kannte, lohnte sich das Spuken noch weniger als zuvor. Bei den grünen Menschen allerdings lohnte es sich! Sie fingen an die Burg für die Auktion herzurichten und schleppten Tische und Stühle und Blumenkübel in den Rittersaal. Dabei wunderten sie sich, dass manchmal ein Sturmwind durch die Burg blies und die Blumenkübel umfegte. Einmal stolperten sie sogar und ließen einen schweren alten Spiegel fallen. Der Oberstinker, der nun zum Oberschmücker geworden war, musste immerzu Stühle reparieren, weil sie einfach zusammenkrachten. »Was ist hier los?«, schimpfte er seine Leute aus. »Seid ihr zu dumm? Muss ich denn alles selber machen?« Die Gespenster aber kicherten, weil es solchen Spaß machte, wenn der Oberschmücker sich aufregte. »Wer wagt es, hier auch noch zu lachen?«, rief er und seine Wangen liefen dunkelrot an vor lauter Wut. Während er so schimpfte, trat er ein klitzekleines bisschen zu dicht an ein Bild heran. An
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ein prächtiges Bild mit einem Wald darauf und einem See und einem hölzernen Forsthaus. Genau in diesem Moment raste etwas Kleines, Grünes aus dem Forsthaus. Es hielt einen Topf in
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der Hand und bewegte sich so schnell, dass es für Menschenaugen nicht zu sehen war. Dennoch zielte es genau, als es den Topf ausschüttete. Schwups – verwandelte sich der Oberschmücker wieder zurück in einen Oberstinker. Und er stank so furchtbar nach leisen Pupsen, dass es den anderen Menschen ganz übel wurde und sie sich die Nasen zuhielten. Die Wangen des Oberstinkers liefen abermals dunkelrot an, diesmal nicht vor Wut, sondern weil er sich schämte. Die grünen Menschen waren froh, als endlich alles für die Auktion bereit war. Dann kam der große Tag. Die Gespenster flogen in ihre Bilder im Rittersaal. Diejenigen, deren Bilder nicht hier hingen, besuchten Golo in seinem Forsthaus. Hier konnten sie gemütlich sitzen und durch die Fenster alles beobachten. Als Erster betrat Herr Nicklich die Burg. Er trug einen schwarzen Anzug, den die Gespenster bisher noch nie an ihm gesehen hatten. »Ach, schaut er nicht schick aus, unser Herr Nicklich?«, fragte das weiße Burgfräulein, das in dieser Woche Daumelina hieß. »Nur die Haare
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brauchen ein bisschen mehr Halt.« Sie pustete Herrn Nicklich an, dass seine paar Haare zu Berge standen. »Ich bitte euch, spukt heute ausnahmsweise nicht«, sagte Herr Nicklich. »Das ist ein wichtiger Tag. Wenn ihr die Auktion vermasselt, werden eure Bilder womöglich doch noch verkauft.« Oje, daran hatten die Gespenster nicht gedacht. Vielleicht war es also besser, wenn sie mucksmäuschenstill in den Bildern warteten, bis jemand die Burg gekauft hatte. Es dauerte nicht lange, bis immer mehr Menschen in den Rittersaal strömten. Sie waren vornehm gekleidet. In den Händen hielten sie Hefte, in denen Fotos der Burg Grafenstein zu sehen waren. »So viele Fremde«, hauchte das weiße Burgfräulein Daumelina entzückt. Aber es kamen auch Menschen, denen die Gespenster bereits Streiche gespielt hatten. Der reiche Fabrikbesitzer Meyer und der Bürgermeister mit seiner Frau und der Museumsdirektor mit seiner Schwester. Zuletzt erschien der Baron von Negelsbach, der sich übrigens auch schon einmal zu dicht an Golos Bild herangewagt hatte.
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»Ach, schade«, seufzte Golo. »Für den Baron würde ich heute am liebsten doch ein bisschen spuken.« »Vielleicht ersteigert er ja die Burg«, flüsterte der Graf. »Dann kannst du ihn jeden Tag bespuken.« »Mir gefällt der Museumsdirektor viel besser«, kicherte das bauchlose Gespenst. »Er mag alles, was alt ist. Ich habe ihm mal den Arm einer alten Ritterrüstung auf den Kopf gehauen. Der Direktor hat dabei ganz lustig gequiekt.« Golo schüttelte den Kopf. »Der Museumsdirektor ist auch etwas Ähnliches wie ein Verwalter, so wie unser Herr Nicklich. Der hat bestimmt nicht genug Geld, um die Burg zu kaufen.« »Psst! Es geht los!«, klang es aus Daumelinas Bild herüber. Herr Nicklich und ein Mann mit einem Hammer in der Hand gingen zusammen an ein Pult, das die grünen Menschen vor die Stühle gestellt hatten. Zuerst erzählte Herr Nicklich von der Geschichte der Burg und vom Grafen von Grafenstein, der nun als Gespenst die Burg bewohnte. Das fanden die Menschen recht vergnüglich, sie lachten und klatschten.
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Dann ergriff der Mann mit dem Hammer das Wort. »Meine sehr geehrten Damen und Herren«, sagte er. »Wir haben uns hier zusammengefunden, um die Burg Grafenstein an den Meistbietenden zu versteigern.« Er berichtete über die Säle und Kammern, über die Zinnen und Verliese der Burg. Er lobte auch, wie gut die Stadt alles in Schuss gehalten hatte – obwohl doch schon seit vielen, vielen Jahren niemand mehr hier wohnte. »Das Eröffnungsangebot liegt bei zwei Millionen Euro«, sagte er schließlich. »Wer bietet zwei Millionen Euro?« Eine fremde dicke Dame im feinen Kostüm und mit Handschuhen hielt ihr Heft in die Luft. »Zwei Millionen wurden geboten«, sagte der Mann mit dem Hammer. »Höre ich weitere Gebote?« Der Baron von Negelsbach hob sein Heft. »Zwei Millionen und Fünfzigtausend«, sagte der Mann mit dem Hammer. Schon hob die dicke Dame wieder ihr Heft. »Zwei Millionen und Einhunderttausend.« Sogleich ragte das Heft des Barons erneut in die Luft.
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Auf diese Weise ging es eine Weile hin und her. Eigentlich hatten die Gespenster gedacht, dass noch mehr Besucher die Burg kaufen wollten. Aber außer der dicken Dame und dem Baron meldete sich niemand. Als die Dame ihr Heft zum sechsten Mal durch die Luft geschwenkt hatte, meldete sich auch der Baron nicht mehr. »Zwei Millionen und Fünfhunderttausend«, sagte der Mann mit dem Hammer. »Bietet jemand mehr?« Der Baron bewegte sich nicht. »Zwei Millionen und Fünfhunderttausend zum Ersten.« »Na los, Baron«, flüsterte Golo, dem die Handschuhe der dicken Dame nicht besonders gefielen. Der Mann mit dem Hammer guckte in die Runde. »Zum Zweiten und …« »Drei Millionen«, sagte der Baron. Ob Golos Bitte tatsächlich geholfen hatte? Die dicke Dame schüttelte ihren Kopf. »Drei Millionen Euro zum Ersten, zum Zweiten und … zum Dritten«, sagte der Mann mit dem Hammer und knallte den Hammer aufs Pult. »Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Burg Grafen-
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stein geht für drei Millionen Euro an den Baron von Negelsbach.« »Hurra!«, rief Golo. Zum Glück klatschten die Menschen im Rittersaal so laut, dass niemand seinen Jubel hörte. Der Graf von Grafenstein lächelte ein breites Gespensterlächeln. »Es hätte schlimmer kommen können«, sagte er zufrieden. »Es hätte nicht besser kommen können«, sagte Golo und grinste ein Einmal-rund-um-den-KopfSpezialgrinsen. Ein besonders schwieriger Trick, den nur grüne Gespenster beherrschen. In diesem Augenblick erhob sich der Baron von Negelsbach und marschierte zum Pult. »Verehrte Gäste«, begann er. Das klang ganz so, als ob jeder im Saal bereits sein Gast wäre. »Schon sehr bald werde ich Burg Grafenstein zu einem romantischen Hotel umbauen lassen.« »Oh, oh«, flüsterte der Graf von Grafenstein. »Vielleicht hätte es doch besser kommen können.« »Zum Dank an die Stadt überlasse ich dem Museum einige Kostbarkeiten«, sagte der Baron von Negelsbach. »Einen Wandteppich, eine Ritterrüs-
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tung und ein besonders prächtiges Gemälde. Dieses hier!« Er drehte sich um und zeigte genau auf das Bild, das Golos Zuhause war. »Hilfe!«, schrie Golo laut auf. »Es hätte nicht schlimmer kommen können!« Aber die Menschen im Rittersaal klatschten so laut, dass niemand ihn hörte.
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Golo will nicht umziehen! Der Rittersaal leerte sich ebenso rasch, wie er sich gefüllt hatte. Bald waren die Gespenster wieder allein in der Burg. Fast allein jedenfalls, denn als alle anderen Menschen davongefahren waren, ging Herr Nicklich in sein Büro. Plötzlich landete ein rubinroter Kugelschreiber genau vor seiner Nase und kleckste einen dicken Fleck mitten auf den Schreibtisch. »Graf von Grafenstein!«, rief Herr Nicklich ärgerlich. »Du weißt, was ich von solchen Späßen halte.« »Keine Späße«, grollte der Graf. Herr Nicklich holte Luft für eine passende Antwort, da hörte er hinter sich aufgeregtes Wispern. Siebenundzwanzig Gegenstände flogen zur Tür herein. Ein Gummistiefel und ein Tanzschuh mit
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hohem Absatz. Zwei Portmonees, ein alter Fensterputzlappen, ein Kaktus, ein paar Steine und vieles mehr. Sie umschwirrten Herrn Nicklich, dass ihm ganz schwindlig wurde. Ein grüner Flummi schwirrte besonders schnell und schimpfte dabei unaufhörlich. Schließlich schlüpften die Gespenster in das Bild des Grafen. Sie verzogen ihre Gesichter zu breiten
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Grimassen und das weiße Burgfräulein Daumelina stieß ihren eiskalten Arm aus dem Bild hervor. Er wuchs lang und immer länger, bis er Herrn Nicklich erreichte. Dann holte die Hand aus und PATSCH! bekam Herr Nicklich eine Ohrfeige. »Was ist bloß mit euch los?«, fragte Herr Nicklich erschrocken. Er rieb über seine Wange, die sich wie gefroren anfühlte. »Golo soll hier bleiben!«, schrien die Gespenster im Chor. Herr Nicklich betrachtete Golo und fand, dass er nicht besonders gut aussah. Seine leuchtend grüne Farbe war ihm abhanden gekommen. Er sah aus wie ein blasses Häufchen Elend. So als hätte jemand ihn weiß angestrichen und dann kräftig geschüttelt. »Du liebe Güte, Golo!«, rief Herr Nicklich. Er sah auf einmal auch nicht mehr besonders gut aus. »Hat der Baron von Negelsbach etwa dein Bild verschenkt?« Golo nickte ein klägliches, kleines Gespensternicken. Am liebsten hätte Herr Nicklich ihn in den Arm genommen und getröstet. Aber er war nicht sicher, ob man Gespenster überhaupt umarmen
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durfte. Außerdem musste er sich schnell ducken, denn Daumelinas Ohrfeigen-Hand kam schon wieder aus dem Bild geschossen. »Tut mir so Leid«, sagte Herr Nicklich zu Golo. »Ich konnte ja nicht ahnen, was der Baron vorhatte. Dachte auch, ihr wohnt nur in solchen Bildern, auf denen jemand zu sehen ist …« »Dachte, dachte, dachte …«, äffte das bauchlose Gespenst ihn nach. Dort, wo eigentlich der Bauch hätte sein sollen, loderten wütende Flammen. »Genug!«, donnerte der Graf. »Herrn Nicklich trifft keine Schuld, ihr habt es gehört!« »Wirst du verhindern, dass ich fort muss?«, fragte Golo. »Leider kann ich nichts tun«, sagte Herr Nicklich. »Meine Arbeit hier ist beendet. Nächste Woche gehe auch ich und komme nicht wieder.« Er sank müde auf den Schreibtischstuhl. Daumelinas langer Gespensterarm zauste sanft durch seine paar Haare. Auf einmal richtete sich Herr Nicklich auf. Er strahlte. »Ich habe eine Idee!« Golo sprang aus dem Bild und blickte ihn voller Hoffnung an.
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»Du ziehst einfach in ein anderes Bild, Golo! Vielleicht hierher, zum Grafen?« Der blassgrüne Flummi trullerte traurig unter den Schreibtisch. »Das ist unmöglich«, sagte der Graf. »Dann kaufe ich eben ein neues Bild und hänge es auf«, schlug Herr Nicklich vor. »Eines, auf dem auch ein See zu sehen ist und ein Wald und eine Hütte.« »Er begreift es nicht!«, sagte das weiße Burgfräulein Daumelina und zerzauste nun ihr eigenes Haar. »Golo kann in kein anderes Bild ziehen«, erklärte der Graf. »Aber warum nicht? Gerade eben war er doch auch in einem anderen Bild.« »Die Allgemeine Gespensterordnung verbietet es. Basta!«, sagte der Graf. »Paragraf eins«, klang eine zitternde Stimme unter dem Schreibtisch hervor. »Jedes Gespenst lernt zuallererst, dass es sein Bild niemals länger als dreihundertneunundneunzig Stunden verlassen darf.« »Und wenn doch?«
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»Dann behält es für immer seine Reisegestalt«, sagte der Graf. »Du liebe Güte, Golo!«, rief Herr Nicklich erneut, bückte sich und hob den Flummi Golo vorsichtig auf. Er verstand sehr gut, dass Golo den Paragrafen eins lieber befolgen wollte. Selbst für ein Gespenst war es bestimmt nicht sehr lustig, für immer als grüner Flummi durch die Welt zu fliegen. »Dreihundertneunundneunzig Stunden«, überlegte Herr Nicklich laut. Er setzte den Flummi auf den Schreibtisch und sah ihn sich genau an. »Das Museum ist nicht besonders weit weg, mitten in der Stadt«, sagte er. »Nur ein kleiner Flug durch den Wald. Für einen Flummi wie dich – Entschuldigung – für ein Gespenst wie dich kein Problem.« »Genau!«, rief Daumelina. »Du kannst uns besuchen und wir dich! Ich war noch nie in einem Museum. Oh, das wird herrlich!« So ganz sicher war Golo sich nicht, ob es in einem Museum herrlich sein konnte. Aber bei der Aussicht auf viele, viele Besuche in der Burg fühlte er sich sofort wieder besser.
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Der Nebel-Schal Die nächsten Tage auf Burg Grafenstein vergingen wie im Flug. Bald nach der Auktion kam der Baron von Negelsbach zusammen mit vielen anderen Menschen in die Burg. Sie schauten in jeden Winkel, maßen jede Wand ab und kritzelten eine Menge Zahlen auf kleine Blöcke. »Wollen wir ein bisschen zusammen spuken, Golo?«, fragte das weiße Burgfräulein, das in dieser Woche Morgana hieß. Und ob Golo wollte! So sausten ein weißer Tanzschuh mit hohem Absatz und ein grüner Flummi von den Menschen unbemerkt durch die Burg. Sie versteckten sich in Ritterrüstungen. Golo kitzelte die Menschen hinter den Ohren und Morgana stellte ihnen ein Bein – oder besser einen Schuh. Für
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Gespensterohren macht es ein wunderbares Geräusch, wenn Menschen vor Ritterrüstungen davonlaufen wollen und dabei auf den Fußboden klatschen. Ganz oben im höchsten Turm stibitzten Golo und Morgana zwei Männern einen kleinen Schreibblock. Sie warfen ihn hinunter in den Burggraben. Für Gespensteraugen sieht es lustig aus, wenn Menschen sich böse anschauen und schubsen, weil jeder dem anderen die Schuld gibt, dass etwas in einen Burggraben gefallen ist. Einmal erlaubte Golo sogar, dass Morgana in seiner Hütte Gespensterstinke anrührte. Sie schüttete den Topf über einem Mann aus, der vor Golos Bild stand. Für Gespensternasen duftet es vorzüglich, wenn ein Mensch nach zehn leisen Pupsen riecht. Irgendetwas hatte Morgana aber falsch gemacht. Eine Frau sah den Zehnpupsemann zwar ziemlich sauer an. Doch der schämte sich nicht. Er lachte nur und sagte: »Alles, was keine Miete zahlt, muss raus!« Da lachte auch die Frau und es klang ziemlich komisch, weil sie sich dabei die Nase zuhielt.
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Golo beschloss, beim nächsten Mal lieber wieder selbst die Stinke anzurühren. Gespenster finden lachende Menschen nicht besonders witzig. Es sei denn, sie sind ausnahmsweise Freunde, so wie Herr Nicklich. Aber der lachte nicht, als er am nächsten Donnerstag kam. Er räumte seinen Schreibtisch aus und packte alles in eine große Kiste. »Das war’s, meine Lieben«, sagte er zu den Gespenstern. »Vielleicht sehen wir uns mal im Museum?« Die Gespenster hatten sich im Bild des Grafen versammelt. Sie wippten mit ihren Köpfen auf und ab und lächelten ihr freundlichstes Spagetti-Grinsen. Herr Nicklich schnappte seine Kiste. Er winkte noch einmal und ging. »Besuch mich bald, Herr Nicklich!«, rief Golo so laut er konnte. Leider war dies heute nicht besonders laut. Golo fühlte sich, als ob etwas seinen Gespensterhals zuschnürte. »Gespenster sind auch manchmal traurig«, flüsterte er heiser. Nun konnte es nicht mehr lange dauern, bis er ebenfalls die Burg verlassen musste. »Was machst du denn mit dem Schal?«, rief das weiße Burgfräulein Morgana.
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»Schal? Mit welchem Schal?« »Mit meinem weißen Lieblingsschal. Du hast ihn viel zu fest um den Hals gewickelt!« Golo fasste sich an den Hals. Tatsächlich! Das
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hatte er ja ganz vergessen. Er hatte heimlich Morganas Schal aus ihrem Haar gezogen und ihn sich umgeschlungen. Der Schal wehte wie ein langer, duftiger Schleier. Wenn man schnell genug flog, dann sah er für Menschen aus wie dichter weißer Nebel. Damit hatte Golo den Baron von Negelsbach geärgert, als der am Burgturm hochsehen wollte. Morgana knotete den Schal auf und Golo rief noch einmal: »Besuch mich bald, Herr Nicklich!« Diesmal rief er so laut, dass Herr Nicklich, der gerade draußen in sein Auto stieg, einen Windhauch spürte. Auf einmal musste Golo kichern. »Zum Glück sind Gespenster nicht sehr lange traurig!«, sagte er. Genau zu diesem Zeitpunkt flog das schwarze Gespenst ins Bild des Grafen. »Es ko… ko… kommt sch…on wieder ein A… A… Auto angefahren!«, jubelte es. Das schwarze Gespenst liebte alle Autos. Sie glänzten so wunderbar im Sonnenlicht. Nachdem es mit ihnen gespielt hatte, glänzten sie allerdings nicht mehr, sondern waren mit einer dicken Staubschicht überzogen.
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Das Auto, das gerade im Burghof anhielt, sah noch ganz silbern aus. Auf einer Schiebetür an der Seite stand in dicken Buchstaben »MUSEUM« geschrieben. Das schwarze Gespenst hatte davon nichts erzählt. Wie sollte es auch, schließlich konnte es ja nicht lesen. Golo konnte lesen! Er blickte aus einem Fenster, sah die dicken Buchstaben und flog schnell davon. »Wo willst du hin?«, rief ihm das weiße Burgfräulein Morgana hinterher. »In mein Bild. Es ist so weit, ich ziehe um!« »Warte!« Morgana folgte Golo bis in sein Forsthaus. »Der ist für dich«, sagte sie und zog ihren weißen Schal wieder aus dem Haar. Golos Gespensterhand zitterte, als er den Schal nahm. Er war so aufgeregt, dass er womöglich noch grüner wurde, als er ohnehin schon aussah. Wenn Gespensterhände zittern, dann wirbelt der ganze Arm hoch und runter. So zog vor Golos Bild dicker weißer Nebel auf. Zum Dankeschönsagen blieb kaum Zeit. Zwei Frauen kamen mit dem Baron von Negelsbach in den Rittersaal.
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»Dort hinten finden Sie Ihr neues Gemälde«, sagte der Baron. »Man kann ja kaum etwas erkennen«, sagte eine Frau. Die andere wischte sich durchs Gesicht, als ob sie Spinnweben davor hätte. »Lieber Baron, in Ihrem Rittersaal gibt es Nebel.« Der Baron zuckte nur mit den Schultern. »Es sind alte Gemäuer und heute scheint es besonders schlimm zu sein mit dem Nebel. Bald beginnen die Bauarbeiten, dann wird alles besser.« »Abwarten«, flüsterte Morgana und flog rasch aus Golos Bild. Golo blieb in seiner Hütte. Er saß einfach da und wartete. Er hatte nicht einmal Lust zum Spuken. Dabei hatte er jede Menge Gespensterstinke vorbereitet. »Ein andermal«, seufzte er nur und ließ es zu, dass die beiden Frauen sein Bild von der Wand nahmen. Dann wurde es dunkel in Golos Hütte. Er steckte vorsichtig seinen Kopf aus der Tür. »Wenigstens passen sie auf mein Bild auf«, sagte er.
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Die Frauen hatten es in Packpapier eingewickelt. Bald begann es in Golos Forsthaus zu schaukeln wie bei einem Erdbeben. Der Umzug hatte begonnen!
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Museumsluft macht müde Es brummte, es tuckerte, es ratterte. Das musste der Motor des Autos sein. Golo war noch nie in einem Auto gefahren. Bisher hatte er das Geräusch immer nur von weitem gehört, doch hier drinnen klang es herrlich! »Wie kann ein Auto an einem sonnigen Tag so schnell so schmutzig werden?«, fragte die Frau, die das Auto lenkte. »Verstehe ich auch nicht«, sagte die andere. »Merkwürdig, in der Burg war vor lauter Nebel nicht viel Sonne zu sehen »Richtig unheimlich. Glaubst du die Geschichten von den Gespenstern, die dort manchmal spuken sollen?« »Ach was, Gespenster gibt es nicht. Und selbst wenn es so wäre – sollen sie eben den Ho-
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telgästen etwas vorspuken, wenn der Umbau fertig ist.« Die Frau am Lenkrad lachte. »Du hast Recht. Hauptsache, bei uns im Museum spukt es nicht!« Da lachte die andere Frau herzlich mit, bis sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischte. Golo lachte auch. »Das werden wir ja sehen«, gluckste er, schlängelte sich aus der Verpackung und staunte. Wie die Bäume da draußen vorbeiflogen. Toll! Golo fühlte sich selbst fast wie ein Auto. Er fing an zu brummen. Zuerst nur wie ein klitzekleines Motörchen, dann immer lauter, bis es klang, als ob das Museumsauto gleich mit zwei Motoren durch die Gegend brauste. »O nein!«, stöhnte die Frau am Lenkrad. »Jetzt spinnt auch noch der Motor. Hoffentlich schaffen wir es bis zum Museum, bevor er seinen Geist aufgibt!« »Gespenst«, flüsterte Golo. »Es muss heißen: Bevor er sein Gespenst aufgibt!« Golo brummte und brummte und brummte – bis das Auto vor einem großen Haus anhielt. Dann schlüpfte er schnell zurück in sein Bild.
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Eine Weile war alles still. Plötzlich hörte Golo das Scheppern einer Ritterrüstung. Gleich darauf begann wieder das Erdbeben in seinem Forsthaus. »Wir werden die Stücke aus der Burg im Raum für Heimatkunde ausstellen«, sagte eine Männerstimme. Golo kannte die Stimme. Sie gehörte Herrn Hügli, dem Museumsdirektor – den das bauchlose Gespenst so gut leiden konnte. Herr Hügli riss das Packpapier von Golos Bild. »Sehen Sie nur diese Farben und die Pinselführung, meine Damen«, schwärmte er. Er strich ganz sanft über die Leinwand, auf die das Bild gemalt war. »Zu schade, dass wir den Künstler nicht kennen. Er muss längst gestorben sein, aber er war sehr begabt!« Allmählich begann Golo Herrn Hügli auch ganz gerne zu mögen. Vielleicht wurde es doch lustig im Museum! Hier würden viel mehr Menschen das Bild bewundern als in der Burg. Bestimmt würden sich diese Menschen auch viel zu nahe an das Bild herantrauen … Nachdem Herr Hügli höchstpersönlich Golos
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Bild im Heimatkunderaum aufgehängt hatte, schlief Golo mitten am Tisch in seinem Forsthaus ein. Er schnarchte leise: »Schrazüüh, schrachzaah …« und träumte von einem Topf voller Gespensterstinke. Der war so riesig, dass Golo die Stinke im gesamten Museum verteilen konnte. Mhhmm, das duftete fein! Am liebsten hätte er immer weiter geträumt, aber irgendwann muss schließlich jedes Gespenst wieder spuken. Als Golo aufwachte, war es Nacht und still und dunkel im Museum. Er reckte und streckte sich, dann flog er los. Gegenüber dem Bild stand die Ritterrüstung, in der er sich schon oft versteckt hatte. Daneben hing ein Wandteppich, auf dem eine Fuchsjagd stattfand. Auch ihn hatte der Baron von Negelsbach dem Museum geschenkt. Golo freute sich: Es sah ja beinahe aus wie zu Hause, in der Burg. Gut gelaunt flog er in den nächsten Raum und sang dabei ein altes Gespensterlied: »Wenn ich fliege, dich bald kriege, nimmst du schnell Reißaus. Lauf nicht weg, hat keinen Zweck, hier bin ich der Herr im Haus!« Er wartete kurz und lauschte, ob
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jemand antwortete. Aber es blieb alles ruhig, nur draußen pfiff der Wind um das Museum. Ein Gewitter braute sich zusammen. Golo konnte so etwas riechen. »In der Burg feiern sie gleich ein Blitz-undDonner-Fest«, seufzte er. »Wo bleiben nur die Gespenster, die hier im Museum wohnen? Ob sie noch schlafen?« Im Raum neben dem, der nun Golo gehörte, waren keine Gespenster. Nur ausgestopfte Tiere. Ein Hühnerhabicht, ein Turmfalke und eine Eule mit riesigen Augen, ein Dachs und ein Fuchs und eine Menge mehr. Das gefiel Golo gar nicht. Er mochte Tiere lieber, wenn sie über den Waldboden rannten oder hoch über den Baumwipfeln durch die Luft segelten. Schnell flog er weiter. Im nächsten Raum gab es lauter Menschen. Sie trugen bunte Gewänder, die Golo gut gefielen. Manche Menschen hielten Werkzeug in den Händen, aber sie saßen nur faul da. Warum arbeiteten sie nicht damit? Golo flog heimlich zwischen ihnen umher. Sie bewegten sich nicht das klitze-kleinste bisschen, sie zwinkerten nicht mal mit den Augen.
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Da hüpfte Golo mutig vor ihnen auf und ab – jetzt mussten sie den grünen Flummi einfach sehen. Aber keiner rührte sich. Wie langweilig! »Sind wohl auch ausgestopft«, stellte Golo fest und gab einem Menschen einen Schubs. Der kippte nach hinten um und blieb liegen.
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Golo flog weiter und endlich kam er in einen Raum, der voller Bilder hing. »Hallo!«, rief er. »Ich bin Golo! Ich wohne jetzt hier. Wo seid ihr, Gespenster?« Keine Antwort. »Also muss ich euch Schlafmützen eben wecken!« Er schlüpfte in ein Bild, auf dem eine Blumenschale zu sehen war: Es war leer. Das zweite Bild ebenfalls und das dritte und auch das vierte. Eine Stunde später hatte Golo alle Bilder des Museums ausprobiert. In manchen war es wirklich gemütlich, nur Gespenster gab es keine. Golo war allein, gespensterseelenallein sogar. »Dann feiere ich eben selbst ein Blitz-und-Donner-Fest!«, rief er trotzig. Vom Dachboden des Museums führte eine kleine Luke zum Schornstein. So hoch wie auf dem großen Turm der Burg war es hier nicht, aber es musste reichen. Golo stieß sich vom Schornstein ab und flog nach oben und immer höher, bis er die Gewitterwolken fast erreichte. Fast war ihm aber nicht genug! Er wollte mitten hinein fliegen in die Wolken. »Ich schaffe es nicht!«, rief er enttäuscht. Da erwischte er einen Blitz, der quer über den Himmel
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zuckte. Golo sprang auf, ritt auf ihm und schrie: »Juchuuuuu!«, und das klang wie ein gewaltiger Donnerschlag. Die Menschen in der Stadt sahen den grünen Blitz und hörten den Donner. »Es muss mal wieder irgendwo eingeschlagen haben«, sagten sie und schlossen schnell ihre Fenster. Golo feierte sein einsames Blitz-und-DonnerFest, bis der Morgen graute. Dann flog er zurück ins Museum. Er riss rasch das Messingschild von der Wand, das Herr Hügli unter sein Bild gehängt hatte und auf dem »Unbekannter Künstler« geschrieben stand. In der Ritterrüstung würde man das Schild nicht so bald finden! Schließlich kuschelte sich Golo in sein Gespensterbett – und schlief erschöpft ein. »Geheimnis …« Golos feine Gespensterohren hörten nur dieses eine Wort. War er etwa wieder in der Burg? Oder kam der Graf von Grafenstein um ihn zu besuchen? Golo sauste wie der Blitz vor die Tür seines Forsthauses – und sauste genauso schnell wieder hinein. Vor seinem Bild versammelten sich mindestens zwanzig Menschen, vielleicht sogar dreißig oder
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noch mehr. Die meisten waren Kinder, aber es waren auch ein paar Erwachsene dabei. Die vielen Leute hatten Golo mächtig erschreckt. Dabei war es doch eigentlich seine Aufgabe, jemandem zu erschrecken. Nun vergaß er sogar die Gespensterstinke, die fertig zubereitet darauf wartete, dass jemand sie aus dem Topf schüttete. Die Frau, die das Museumsauto gelenkt hatte, zeigte auf Golos Bild. »Das Gemälde hing jahrhundertelang auf Burg Grafenstein«, sagte sie. »Könnte ein Bild sprechen, würde uns dieses sicher die Wahrheit über die Gespenstergeschichten erzählen. Wie ich eben schon sagte: Ob es auf der Burg spukt, bleibt wohl für immer ein Geheimnis.« »Klar«, sagte Golo. »Mein Geheimnis zum Beispiel.« »Das Bild hat wirklich gesprochen!«, kreischte ein Mädchen. Alle anderen waren schon weitergegangen. Sie hatten Golo nicht mehr gehört. »Ja, ja. Natürlich hat’s mit dir gesprochen«, kicherte ein anderes Mädchen und zeigte dem ersten einen Vogel.
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Dieses blieb vor Golos Bild stehen und stampfte mit dem Fuß auf. »Ich habe es aber gehört und ich warte jetzt, bis es noch mal spricht, jawohl!« Armer Golo, er verstand die Welt nicht mehr. Es war schon lange her, dass er etwas laut gesagt hatte, wenn ein Mensch vor seinem Bild stand. So etwas tat er nur bei Kindern, weil denen ja kaum einer glaubte, wenn sie von sprechenden Bildern berichteten. Der Sprachspuk hatte ihm immer viel Spaß gemacht, denn alle Kinder waren laut schreiend davongelaufen. Und jetzt? Jetzt stand dieses Mädchen vor seinem Bild und wollte noch mehr hören … »Kinder sind auch nicht mehr das, was sie mal waren«, seufzte er. »Du musst mitkommen!«, rief ein Mann genau in diesem Moment. »Wir gehen zurück in die Schule!« Das Mädchen brummte und schlurfte zum Glück weiter. Golo brummte auch. So etwas Unspukiges durfte ihm nicht noch einmal passieren. Er beschloss einen Freche-Kinder-ärger-Plan auszuhecken, selbst wenn
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er sich dafür extra neue Spuktricks einfallen lassen musste. Nur gut, dass keine anderen Gespenster den Besuch dieser Schulkinder mitbekommen hatten. Sie hätten Golo bestimmt ausgelacht. »Harre, harre!« und »HuiHihihi!« Golo glaubte fast, zu hören, wie sie lachten – und es klang ziemlich echt. Es klang sogar, als ob das bauchlose Gespenst und das weiße Burgfräulein Morgana in der Ritterrüstung hockten und gemeinsam lachten. Golo schlüpfte aus seinem Bild und untersuchte die Ritterrüstung. Von außen sah sie aus wie immer. Aber kaum ein Gespenst interessiert sich dafür, wie eine Ritterrüstung von außen aussieht. So etwas wollen sich nur Menschen ansehen. Gespenster fliegen viel lieber in Ritterrüstungen hinein und genau das tat Golo jetzt. »HuiHihihi!«, lachte Morgana. »Harre, harre!«, lachte das bauchlose Gespenst. »Wie kommt ihr denn hierher?«, fragte Golo erstaunt und lachte mit – obgleich er sich doch eigentlich schämen müsste. Statt zu antworten sauste Morgana aus der Ritterrüstung, quer durch den Raum und in Golos
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Bild. Golo und das bauchlose Gespenst folgten ihr. »Wir haben uns Sorgen gemacht, ob es dir gut geht«, schmunzelte Morgana. »Klar, sehr gut!«, log Golo. Vielleicht hatten die anderen ja gar nicht mitbekommen, dass er zuerst einen Spuk verschlafen und den nächsten verpatzt hatte. Oje, sie hatten es doch mitbekommen! Das bauchlose Gespenst kicherte, dass es sich schüttelte. Es wollte sich den Bauch halten vor lauter Lachen, aber das ging nicht, und darum hielt es sich die Füße – und fiel hin. »Museumsluft macht wohl müde?«, fragte Morgana. »Ein bisschen jedenfalls«, sagte Golo. »Nächstes Mal bin ich aber hellwach. Dann ärgere ich die Kinder, so wie es sich für ein Gespenst gehört.« »Ja! Ja!«, rief das bauchlose Gespenst. »Das ist wieder unser Golo!« Morgana rückte ganz dicht an Golo heran. »Ich habe auch schon eine tolle Spukidee«, sagte sie und tuschelte ihm leise etwas zu. »He! Lasst mich mithören«, maulte das bauchlose Gespenst. Es pflückte sich eines seiner Oh-
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ren ab und hielt es mitten zwischen Morgana und Golo. »Hab es frisch geputzt«, sagte es stolz. Gespenster putzen sich die Ohren mit Spinnweben,
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denn daran bleibt Gespensterohrenschmalz besonders gut kleben. »Iiigitt!«, rief Morgana. Sie war das einzige Gespenst, das sich niemals die Ohren putzte. Sie sprang lieber ab und zu in den Burggraben und spülte sie ordentlich mit Wasser durch. »Oh, entschuldige bitte«, sagte das bauchlose Gespenst. Es zog sein Ohr ein Stück von Morgana weg. Gerade so weit, dass es noch hörte, was sie Golo zuflüsterte.
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Der neue Spuktrick Das weiße Burgfräulein Morgana und das bauchlose Gespenst flogen bald zurück zur Burg. Golo wäre sehr gerne mitgeflogen um den Grafen von Grafenstein und die anderen Gespenster zu besuchen. Aber dafür war jetzt keine Zeit. Golo musste üben. Der neue Spuktrick war ziemlich schwierig und gefährlich dazu. Nur gut, dass es im Museum die unbeweglichen Menschen gab. Sie eigneten sich prima zum Trainieren. Golo verbrachte die ganze Nacht bei ihnen und probierte aus, was Morgana ihm geraten hatte. Als das Museum am Morgen öffnete, war er bereit. Hoffentlich kamen überhaupt Schulkinder zu Besuch, sonst wäre die ganze Überei umsonst gewesen. Für Erwachsene reichte normaler Spuk nämlich völlig aus.
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Gespannt wartete Golo in seinem Forsthaus. Endlich näherten sich Schritte. Es ging los! »Seht nur, dort drin gibt es Ausstellungsstücke von der Burg«, sagte eine Frauenstimme. Was war denn das? Da trippelten ja drei Omas auf ihn zu. Egal, Golo war zum Spuken aufgelegt. Dann kam jetzt eben erst mal die Gespensterstinke an die Reihe. »Luise!« Die Oma, die auf der rechten Seite vor Golos Bild stehen geblieben war, rümpfte ihre Nase. »Also wirklich!«, empörte sich die Oma, die auf der linken Seite vor Golos Bild stehen geblieben war. »Ich habe nichts getan«, behauptete die Oma, die in der Mitte stand und die Luise hieß. Golo kicherte. Irgendwie musste Oma Luise doch ein schlechtes Gewissen haben. Jemand mit gutem Gewissen trippelte bestimmt nicht so schnell davon wie sie. »Ein Benehmen ist das!«, sagte die naserümpfende Oma. »Also wirklich!«, wiederholte die andere. Golo war neugierig, was sie sagte, wenn er sei-
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nen zweiten Topf Gespensterstinke ausgoss. Sie sagte nichts. Überhaupt nichts. Sie bekam einen tomatenroten Kopf und trippelte genauso schnell davon wie Oma Luise. Leider wartete die naserümpfende Oma nicht, bis Golo den dritten Topf aus dem Forsthaus geholt hatte. Schwups – war auch sie verschwunden. »O ja!«, freute sich Golo. »Das macht Spaß!« Plötzlich klang das Getrappel von kleinen Füßen durch das Museum. Schulkinder! Wie viele Jungen und Mädchen es diesmal waren! Golo konnte sie kaum zählen, weil sie wild durcheinander sprangen. Wenn sein Spuk klappte, würde er die ganze Schulklasse auf einmal ärgern und das weiße Burgfräulein Morgana wäre mächtig stolz auf ihn. Die Frau, die das Museumsauto gelenkt hatte, hielt vor Golos Bild an. Sie begann mit lauter Stimme zu erzählen. Die Kinder blieben stehen und lauschten den alten Geschichten über die Burg Grafenstein. Golo sauste aus seinem Bild. Er schwirrte schnell im Zickzackkurs, damit ihn niemand bemerkte. Während er flog, machte sich der grüne Flummi klitze-
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klein. Viel kleiner sogar, als er es jemals zuvor gewagt hatte. Das kostete eine Menge Gespensterkraft: Dem winzigen Flummi Golo tat alles weh, weil er sich so anstrengte. Als er sich auf die Größe eines Staubkörnchens zusammengeschrumpft hatte, hielt er mitten im Flug an. Langsam steuerte er auf den schwarzhaarigen Kopf einer Frau zu. Sie gehörte nicht zu den Museumsleuten, also war sie bestimmt eine Lehrerin. Hoffentlich, denn nun kam es darauf an, keinen Fehler zu machen!
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Da fegte ein furchtbarer Sturm durch das Museum und wirbelte Golo fort. Als der Wind nachließ, war der winzige Flummi wieder dort angekommen, wo er losgeflogen war. Vor seinem Bild. Golo versuchte es sofort noch einmal. Er musste es bald bis zu der Lehrerin schaffen. Lange hielt er es nicht mehr als grünes Staubkörnchen aus. Doch schon wieder tobte ein Sturm heran! Diesmal fühlte er sich so heiß an wie Wüstenwind. Gleich darauf war er wieder vorbei. Die Menschen bemerkten von alldem nichts. Richtig unheimlich war das. Wäre Golo kein Gespenst, dann hätte er sich bestimmt gegruselt. Aber Gespenster kriegen keine Gänsehaut. Sie fürchten sich auch nicht vor einem Museumssturm. Gespenster wollen rauskriegen, woher so ein wilder Wind weht! Golo kriegte es ziemlich schnell raus. Gleich nach dem dritten Sturm. Diesmal flog er nicht von vorne auf die Lehrerin los, sondern von oben. Er ließ sich neben ihrem Gesicht immer tiefer sinken. Da spürte er, wie der Sturm geradewegs aus ihrer Nase herauspustete. Natürlich! Sie atmete! Gegen den Atem einer Lehrerin konnte ein winziges Staubkörnchen nicht ankommen.
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Die unbeweglichen Menschen, mit denen Golo geübt hatte, atmeten nicht. Bei ihnen war die Luft sanft und still. Aber zum Glück hatte es Golo ja nun unbeschadet bis zum Lehrerinnenkopf geschafft. Er zielte, machte einen gewaltigen Satz und landete in ihrem Ohr. Er musste vorsichtig sein, um nicht die dicken Borsten zu berühren, die es hier überall gab. Eigentlich waren das nur feine Härchen, die das Ohr schützten, aber dem Staubkörnchen Golo kamen sie riesengroß vor. Wenn die Lehrerin Golo bemerkte und ihren Finger ins Ohr steckte, würde es gefährlich für das grüne Staubkörnchen! Dieses nahm all seine Gespensterkraft zusammen. »Die Kinder sollen einen Aufsatz über das Museum schreiben!«, befahl Golo ins Ohr hinein. »Mindestens zwei Seiten lang!« Er wiederholte die Sätze noch drei Mal. Dann holte er Schwung und sprang ins Freie. Gerade noch rechtzeitig, denn schon war ein Lehrerinnenfinger unterwegs und bohrte sich ins Ohr. Golo trudelte zurück in sein Bild. Er war total erledigt! Die Lehrerin hörte mit dem Ohrenbohren auf – und sagte nichts. »Nun wollen wir uns noch einige Trachten und
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die Handwerkerpuppen ansehen«, sagte die Museumsfrau. Die Kinder fingen wieder an herumzutoben. Oje, alles war umsonst gewesen! Golo sank in seinem Gespensterbett zu einem kleinen grünen Häufchen zusammen. »Einen Moment noch, bevor ihr loslauft«, sagte die Lehrerin. »Ich habe eine prima Idee. Merkt euch gut, was ihr hier seht und was ihr hört. Und schreibt bitte als Hausaufgabe einen Aufsatz über das Museum. Mindestens zwei Seiten lang.« Die Kinder maulten und nörgelten. Ein Besuch im Museum war ja ganz lustig. Einen Aufsatz darüber hielten sie für unnütz und hatten überhaupt keine Lust dazu. Aber die Lehrerin blieb dabei. »Ich finde, ein Aufsatz ist eine sehr gute Übung!« »Das finde ich auch!«, kicherte Golo und kullerte vor lauter Lachen aus seinem Gespensterbett. Als das Museum am Abend schloss, war Golo so müde wie noch niemals zuvor. Er hatte den ganzen Tag lang gespukt und dabei viel Spaß gehabt. Der nächste Tag verging ebenso schnell und der übernächste und der überübernächste auch. Golos neuer
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Staubkörnchen-Ohrflüster-Spuk wurde immer besser. Eine Schulklasse nach der anderen bekam zusätzliche Hausaufgaben noch und noch aufgebrummt. Ein voller Erfolg! Irgendwann kam das weiße Burgfräulein einmal wieder zu Besuch. Zwei ihrer Namen hatte Golo verpasst und in dieser Woche hieß sie Lilli. Sie war wirklich stolz auf Golo, als der ihr seine Spukkünste vorführte. Ihre Wangen erstrahlten vor Aufregung im schönsten Burgfräuleinweiß. »Auf der Burg bekommen wir jetzt auch zu tun«, erzählte Lilli. »Die Bauarbeiten haben begonnen, das ist lustig! Besuch uns bald!« Golo versprach es. Und als er eines Mittags beinahe im Ohr eines Lehrers stecken blieb, beschloss er, sein Versprechen einzulösen. Er war so müde, wie ein Gespenst nur sein konnte. Nicht mehr lange und er konnte vor lauter Müdigkeit nicht mehr spuken. Er brauchte eine Pause! Am Abend flog Golo durch den Wald zur Burg Grafenstein. Ein herrlicher Abend war das. Hoch über der Burg türmten sich die Wolken. Ein Gewitter braute sich zusammen. Auf den Zinnen des höchsten Turms tummelten sich die Gespenster.
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»Golo kommt zum Blitz-und-Donner-Fest!«, dröhnte der Graf von Grafenstein. Alle flogen Golo entgegen, nahmen ihn in ihre Mitte und stiegen in die Wolken empor. Hui! Sie ritten auf den Blitzen um die Wette und ließen es krachen, dass die Burg wackelte. Leider geht auch das schönste Blitz-und-DonnerFest einmal vorbei. Ein sehr zufriedener Golo durfte sich im Bild des weißen Burgfräuleins Lilli auf ein weißes Kissen kuscheln. Schon bald schlief er tief und fest. ROMMSBOMMS! RATTATTATTA! Schon wieder ein Gewitter? Golo fuhr hoch, raste durch Lillis Bild und stieß mit ihr zusammen. Beide plumpsten unsanft auf ihre Gespensterpopos. »Wir müssen spuken!«, rief Lilli. »Die ganze Burg wimmelt von Bauarbeitern!« Im Rittersaal waren keine wimmelnden Bauarbeiter zu sehen. Golo wollte sich viel lieber noch ein bisschen ausruhen. RATTATTA! RATTATTA! RAAAAAAAAAAATTATTA! »O nein!« Golo zog sich das weiße Kissen über
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den Kopf. Welches Gespenst sollte sich bei diesem Lärm erholen? »Was ist los mit dir?«, fragte Lilli. »Ich dachte, du freust dich, dass wir hier jetzt so viele Menschen bespuken können.« Golo schüttelte den Kopf. »Wenn siebenundzwanzig andere Gespenster mitspuken, ist es lustig. Im Museum bin ich ganz alleine. Ich habe zu viel gespukt. Ich kann nicht mehr«, sagte er. »Ganz einfach, du brauchst Urlaub«, sagte Lilli. »Mach eine kleine Reise, danach bist du wieder gespensterfit!« Urlaub. Das klang gut, sehr gut sogar! »Kommst du mit?«, fragte Golo. »Nein, das geht leider nicht. Endlich ist richtig was los auf Burg Grafenstein. Da kann ich doch nicht wegfliegen.« »Aber wo soll ich denn alleine hin?« Darauf wusste Lilli auch keine Antwort. Golo konnte gut verstehen, dass sie gerade jetzt lieber dableiben wollte. Traurig flog er zurück ins Museum. Urlaub – ja, das wäre fein. Aber er hatte keine
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Ahnung, wie er die Sache anpacken sollte. Vielleicht überlegte es sich Lilli bald und kam doch noch mit? Golo beschloss, ein Weilchen auf sie zu warten. Bis dahin spukte er eben weiter, so gut es ging.
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Ein grüner Flummi verreist Der Ohrflüster-Spuk wollte Golo nicht mehr gelingen. Seine Gespensterkraft reichte kaum zum Schrumpfen, er schaffte es nur bis zur Größe einer Murmel. Und welcher Lehrer hat schon so große Ohren, dass eine Murmel hineinpasst? Wenn eine Schulklasse vor Golos Bild stand, blieb er in seinem Forsthaus. Er saß nutzlos da, obwohl das Museum voller Menschen war, die eigentlich geärgert werden wollten. Das ärgerte ihn. Golo hatte schlechte Laune! Er versteckte sich oft in der Ritterrüstung. Die war inzwischen voller kleiner Messingschilder, auf denen »Unbekannter Künstler« stand. Der Museumsdirektor Herr Hügli gab nicht auf und hängte immer wieder ein neues Schild unter Golos Bild. Zur Strafe zwickte und zwackte Golo ihn am Rücken.
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»Autsch!«, stöhnte Herr Hügli. »Mein Rücken macht mir heute mal wieder zu schaffen.« »Selber schuld!«, grollte Golo. Gleich in der nächsten Nacht nahm er das neue Schild wieder ab und warf es zu den anderen in die Ritterrüstung. Eines Morgens zählte Golo die Messingschilder, die er schon gesammelt hatte. »Das schwarze Gespenst hätte viel Spaß mit euch«, sagte er zu ihnen. »Wenn es herkommt, verschenke ich euch, dann seid ihr endgültig weg!« Leider kam das schwarze Gespenst nicht zu Besuch und auch sonst niemand aus der Burg. Golo überlegte, ob er noch einmal hinfliegen und nachsehen sollte, welche spukigen Dinge dort beim Umbau vor sich gingen. In diesem Moment hörte er Kinderstimmen. Mal wieder eine Schulklasse, die er nicht ärgern konnte. Das passte genau zu seiner extra schlechten Laune! Die Besucher versammelten sich vor seinem Bild. Nur zwei Jungen schauten sich lieber die Ritterrüstung an. »Glotzen verboten!«, murmelte Golo.
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Die Jungen hörten ihn nicht. »Museum – so ein Quatsch!«, sagte der eine. »Nur gut, dass morgen endlich der letzte Schultag ist.« Der andere kicherte. »Morgen Nachmittag fliegen wir schon in den Urlaub!« Urlaub? Hatte Golo richtig gehört? Er drückte sich dicht an die Ritterrüstung, damit er alles verstand, was die beiden Jungen erzählten. »Wir bleiben zu Hause«, sagte der eine Junge. »Voll blöd.« »Ich würde dich ja heimlich mitnehmen«, schlug der kichernde Junge vor. »Zwei Wochen Griechenland … Du passt nur leider nicht in meinen Koffer.« »Aber ich passe hinein!«, rief Golo laut. Zum Glück rief die Lehrerin auch gerade etwas. »Was hast du gesagt?«, fragte der kichernde Junge. »Nichts«, sagt der andere. Die beiden Jungen drehten sich um – und gingen weg. Jetzt oder nie! Zwei Wochen Urlaub in Griechenland, das hörte sich prima an! Ganz besonders prima sogar! Golo flog dem kichernden Jungen sofort hinterher. Der Schulranzen auf dessen Rücken
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wippte einladend. Es war bestimmt gemütlich darin. Schwups! schlüpfte Golo hinein. Der Schulranzen war nicht besonders voll. Es gab nur ein paar Hefte, auf denen stand: »Marco Licht«. Dann war da noch eine Butterbrotdose (aus der es nach Mettwurst roch) und ein Bündel mit kleinen Karten. Golo entfernte mal ein bisschen das Gummiband, das der kichernde Junge Marco drum herum gewickelt hat-
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te. Die Karten purzelten durch den Ranzen. Oh, die sahen aber hübsch aus! Lauter bunte Monster waren darauf zu sehen, auf jeder Karte ein anderes. Golo spielte mit den Karten, bis der Schulranzen auf einmal anhielt. Jemand klappte ihn auf. Helles Licht fiel in den Ranzen. Golo blieb mucksmäuschenstill unter dem Kartenberg liegen. Da ertönte ein wütender Schrei. »He!«, rief Marco und kicherte nun gar nicht mehr. »Wer war das? Wer hat meine Karten durcheinander gebracht?« »Ich war es nicht«, hörte Golo Marcos Freund sagen. »Wenn ich den erwische!«, schimpfte Marco und sammelte Karte für Karte vorsichtig wieder ein. Auweia! Golo versteckte sich so gut es ging hinter der Butterbrotdose. »Das Gummiband ist auch weg«, brummte Marco ärgerlich und wühlte in seinem Schulranzen herum und schob die Dose beiseite. »Wo kommt der denn her?«, fragte er und zog einen grünen Flummi hervor. »Ist doch cool«, sagte Marcos Freund. »Den hat
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bestimmt der vergessen, der deine Karten durcheinander gebracht hat.« Marco warf den grünen Flummi gegen die Wand des Klassenzimmers und fing ihn wieder auf. »Springt prima«, freute er sich. »Ich habe ihn in meinem Ranzen gefunden, also gehört er jetzt mir!« Schnell steckte er den grünen Flummi wieder ein. »Hurra! Geschafft!«, jubelte Golo so leise, wie ein Gespenst nur jubeln kann, und machte es sich im Ranzen gemütlich. Endlich Urlaub! »Griechenland, ich komme!«
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