Diethard Behrens (Hg.)
Gesellschaft und Erkenntnis
Mit Beiträgen von Diethard Behrens, Kornelia Hafner, Harald Kerber und Claus Roishausen
Ça ira
Deutsche Erstausgabe © Ça ira-Verlag 1993 Postfach 273 7800 Freiburg Satz: Eigensatz Druck: Diverse, GmbH, Rastatt Umschlag: Dieter Roeschmann (Freiburg) ISBN: 3-924627-34-7 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gesellschaft und Erkenntnis : zur materialistischen Erkenntnis- und Ökonomiekritik / Diethard Behrens (Hg.) Mit Beitr. von Diethard Behrens ... Freiburg i. Br.: Ça-Ira-Verl., 1993 SBN 3-924627-34-7 NE: Behrens, Diethard, [Hrsg.]
INHALT
Diethard Behrens Der östliche, der westliche und der kritische Marxismus Vorwort 7 Harald Kerber Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie 13 Claus Roishausen Die Traditionalisierung der Kritischen Theorie 39 Kornelia Hafner Gebrauchswertfetischismus 59 Diethard Behrens, Kornelia Hafner Totalität und Kritik 89 Diethard Behrens Erkenntnis und Ökonomiekritik 129 Diethard Behrens Der kritische Gehalt der Marxschen Wertformanalyse 165 Anmerkungen und Literatur 191
Vorwort
Der östliche, der westliche und der kritische Marxismus
Unzeitgemäß scheint es gegenwärtig, über Karl Marx, den Marxismus und die soziale Revolution auch nur zu diskutieren. Offenbar ist die Weltgeschichte über den »realen Sozialismus« und über den Marxismus-Leninismus, der seit 1917 als der Marxismus der Gegenwart sich ausgab, hinweggeschritten. Nur wenige trauern diesem »Marxismus« nach - die meisten sind längst zu den vermeintlich neuen Ufern der sozialökologischen Zivilgesellschaft aufgebrochen. Aber beide Richtungen beziehen sich immer noch, sei es affirmativ und kadersektiererisch, sei es postmodern und parlamentarismusgläubig, auf den MarxismusLeninismus als den legitimen Erben von Marx. Das Recht darauf, Diamat- und Histomat-Gewißheiten ex cathedra zu verkündigen, war dem Marxismus-Leninismus von Anfang an bestritten worden. Die Kritik an seinem Monopolanspruch reichte vom linken Flügel der Sozialdemokratie über Rosa Luxemburg und, wenn auch nur zeitweilig, Leo Trockij, bis hin zu den »proletarischen Anti-Bolschewisten« und Linkskommunisten - Amadeo Bordiga in Italien, Karl Korsch in Deutschland und Anton Pannekoek in den Niederlanden. 1 Selbst der Anarchismus beteiligte sich an der Debatte. Präsentierte sich der sozialdemokratische Marxismus vor Lenin schon vielfältig und facettenreich, so der spätere Marxismus nicht minder. Die politische Macht, die den Marxismus-Leninismus legitimierte und jede linke Kritik als Hochverrat aburteilte, ist nun dahin. Es war eine Macht, die, aus einer einzigartigen historischen Situation entstanden, die widersprüchlichsten Traditionen verschmolz. Der Marxismus-Leninismus nahm die jakobinischen Vorstellungen der französischen Revolution eben7
so in sich auf wie die revolutionäre Strategie eines Auguste Blanqui in der von 1848; der ökonomische Proudhonismus fand Eingang genauso wie das »jesuitische« Organisationskonzept Necajevs. Er empfand sich als Teil der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung und grenzte sich doch von deren allmählich zutage tretender nationalstaatlicher Perspektive ab; er erklärte sich zur Avantgarde des revolutionären Internationalismus und sah sich doch zurückgewiesen auf die zentralstaatlichen Strukturen des russischen Imperiums. Der Imperativ der Machtsicherung in der jungen Sowjetunion zog die Ideologie des Sozialismus in einem Land nach sich. Trotz deren widersprüchlichem Verhältnis zum »proletarischen Internationalismus«, jedoch gerade wegen des relativen machtpolitischen Erfolgs der bolschewistischen Führungselite im Innern, dem sie selbst allerdings bald zum Opfer fiel, war der Marxismus-Leninismus lange Zeit eine Kraft, mit der die Innen- und Außenpolitik der bürgerlichen Staaten zu rechnen hatte. Diese Konstellation bestimmte die Interessenlage des in der Sowjetunion herrschenden und von seiner Genese her auf den Titel »Marxismus« festgelegten Personals derart, daß ihm das Marxsche Projekt einer Kritik der politischen Ökonomie, wie der Untertitel des »Kapital« immerhin lautet, nur völlig äußerlich sein konnte. Man las das Buch scholastisch, verstand es als Handbuch der Volkswirtschaftslehre und sprach von Staats wegen von der »Anwendung des Wertgesetzes und der systematischen Nutzung der Ware-Geld-Beziehung«, d.h. vom gemeinnützigen Gebrauch jener kapitalistischen Formen, gegen die Marx nicht nur die Waffen der Kritik mobilisieren wollte. Der kritischen Theorie der Gesellschaft wurde der Stachel gezogen, und sie wurde sich selbst zum Feind, zur Ideologie. Alle theoretische Kritik bedeutet eingreifendes Denken, richtet sich also stets gegen Affirmation und Apologie. Dies gilt insbesondere auf dem Feld der Marxschen Theorie, die viele als Anleitung revolutionärer Praxis lesen. Das einfache, in der Tradition des Marxismus-Leninismus technisch verkürzte Theorie-Praxis-Verhältnis wird jedoch immer schon transzendiert, wenn im Zusammenhang politischer Bewegungen die eigenen Grundlagen thematisiert werden und so Selbstreflexion stattfindet, die die im Zuge historischer Prozesse notwendige 8
Selbstveränderung zu verstehen sucht. Diese Reflexion ist das Gegenteil der beliebten und sogenannten undogmatischen Haltung des »Ein jeder kehre vor seiner Tür«. Parteinehmendes Denken als notwendige Anteilnahme einzusehen, bedeutet hingegen einen ersten Schritt zu einer ernsten aufklärerischen Diskussion. Parteinehmendes Denken teilt die Orientierung auf eine humanitäre Entwicklung, ohne sich auf die Vereinnahmung in Lager einzulassen. Es weiß sich vom parteilichen Bewußtsein (Lukács) abgegrenzt, aber auch von bloßer Einbindung in einen sozialen Interessenzusammenhang.2 Es bezieht sich gleichwohl auf einen sozialen Handlungszusammenhang, insofern er Resultat der ökonomischen Verhältnisse ist. Die Parteinahmen vieler politischer Individuen scheinen gegenwärtig gewechselt. Sie scheinen dies bloß, denn allzu oft schimmern unter gewendeten Gewändern alte Werte, etwa ein dogmatisch-politischer Moralismus, der die zur Schau gestellte Liberalität Lügen straft. Gegen die Moden der »Zivilgesellschaft«, die sich in Attitüden gefällt, will dieses Buch Reflexion setzen, Reflexion in bestimmter Perspektive. Wertvorstellung und Interpretation, Aufklärung 3 und Kritik werden erst in ihrem Zusammenhang zur Erkenntnis. Die Beiträge dieses Buches ordnen sich in eine Debatte ein, die seit den 70er Jahren vor allem in Westeuropa geführt wurde und die zuletzt durch verschiedene Veranstaltungen zum 100. Todestag von Karl Marx wieder eröffnet wurde. 4 Zur Diskussion wird hier der kritische Marxismus gestellt, so, wie er aus der Tradition des westlichen Marxismus5 entstanden ist. Aber während der westliche Marxismus in seinen italienischen, französischen und deutschen Formen wenig mehr war als ein durchaus heterogener Sammelbegriff des dissidenten Marxismus, versucht der kritische Marxismus über die bloße Dissidenz zum Marxismus-Leninismus hinauszukommen. Zwar bezieht er sich auf die Kritische Theorie, aber er kritisiert sie dort, wo sie sich als Reduktion der kritischen Dimension des Marxismus auf Gesellschaftsphilosophie und soziologische Theoriebildung erwiesen hat. Das vorliegende Buch reflektiert auf die Tradition des Marxismus und ist bestrebt, daraus 9
Zugänge zu einer Theorie des kritischen Marxismus zu entwickeln und diesen neuen Ansatz zu explizieren.
Einführend zeichnet Harald Kerber in seinem Aufsatz »Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie« die Entwicklung der erkenntnistheoretischen Probleme von Kant über Hegel bis Marx nach, stellt dessen eigenen erkenntnistheoretischen Weg dar und präsentiert schließlich die von Lukács ausgehende Entwicklung des westlichen Marxismus, insbesondere die Positionen von Adorno, Alfred Sohn-Rethel und Jürgen Habermas. Von der gegenwärtigen Situation ausgehend und insbesondere von der Problematik des Marxismus-Leninismus, verweist Claus Roishausens Arbeit »Die Traditionalisierung der Kritischen Theorie« auf zentrale erkenntnis- und gesellschaftstheoretische Topoi bei Lukács, um vor diesem Hintergrund die Kritische Theorie zu kennzeichnen. Im Zentrum steht hier die Kritik an Habermas, vor allem an dessen Marxverständnis. Kornelia Hafners »Kritik des Gebrauchswertfetismus« problematisiert die Ansätze, die Wolfgang Pohrt, Helmut Reinicke und Stefan Breuer im Anschluß an die Kritische Theorie entwickelt haben, und kritisiert ihre erkenntnis- und ökonomiekritische Reduktion der Marxschen Theorie. Um die Auseinandersetzung mit dem Hegelmarxismus geht es in dem Beitrag »Totalität und Kritik« von Diethard Behrens und Kornelia Hafner. Hier werden ausgehend von Lukäcs erkenntnis- und ökonomietheoretische Probleme diskutiert sowie die verschiedenen Varianten der Kritik am Hegelmarxismus, von positivistischen bis strukturalistischen, ihrerseits einer Kritik unterzogen. Schließlich wird als neuer, sich selbst als hegelmarxistisch verstehender Ansatz die Position von Helmut Brentel diskutiert, vor allem in der Absicht, die hier zugrundeliegenden erkenntnistheoretischen Probleme kritisch zu präsentieren. Der Aufsatz von Diethard Behrens, »Erkenntnis und Ökonomiekritik«, formuliert eine systematische Kritik des Ansatzes 10
von Helmut Brentel auf ökonomietheoretischer, gesellschaftlicher und historischer Ebene. Zugleich werden die Auseinandersetzungspunkte in bezug auf die erkenntnistheoretische Dimension der Marxschen Ökonomiekritik verdeutlicht. Am Schluß des Bandes - in dem Aufsatz »Der kritische Gehalt der Marxschen Wertformanalyse« - stellt Diethard Behrens eine deskriptive Analyse der Marxschen Wertformproblematik vor, indem er die erkenntnistheoretischen Probleme der ökonomiekritischen Darstellung am Material verdeutlicht. So versucht er die Perspektive des kritischen Marxismus zu explizieren - in Differenz zur herkömmlichen Lesart des Marxschen Textes als positive sozialökonomische Theorie. Diethard Behrens
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Harald Kerber
Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie
(a) Vorerklärungen Um die erkenntnistheoretische Fragestellving in bezug auf die Marxsche Theorie zu diskutieren, ist es zunächst notwendig, kurz die erkenntnistheoretische Problemstellung zu erörtern, wie sie für den deutschen Idealismus, namentlich Kant, relevant war. Diese Problemstellung beginnt mit der Frage Kants: Es gibt synthetische Urteile a priori, wie sind sie möglich? Gefragt ist hier nach den Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis und darin den Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnisgegenstände unter Rekurs auf das transzendentale Subjekt als dem obersten Einheitspunkt für die Möglichkeit von Erkenntnis, dem Ich-denke, »das alle meine Vorstellungen begleiten können« muß 1 sowie unter Rekurs auf die Stammbegriffe des Verstandes und die Anschauungsformen. Das Material der Erkenntnis selbst wird unseren Sinnen durch das für uns nicht erkennbare Ding-an-sich gegeben, gedacht als Grenzbegriff für unsere Erkenntnis. Es ist durch die Tatsache des Gegebenseins des empirisch Mannigfaltigen als diese Grenze zu denken. Die Stammbegriffe des Verstandes, die Kategorien, sind ohne Anschauung leer, die Anschauung ohne Kategorien blind. Um zu wirklichen Erkenntnissen zu kommen, ist es notwendig, »seine Begriffe sinnlich zu machen ..., als seine Anschauungen sich verständlich zu machen«.2 Auf diese für das Zusammenspiel beider Erkenntnisstämme relevante Problematik bezieht sich das Schematismuskapitel in der Kritik der reinen Vernunft (K.d.r.V.). Eine aus reiner Vernunft prätendierte Erkenntnis hingegen hat nach Kant eine den Erfahrungsprozeß transzen-
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dierende Struktur und verstrickt sich in Paralogismen und Antinomien, wie sie in der transzendentalen Dialektik diskutiert werden. Es gibt, so kann nun gesagt werden, bei Kant einen relativen Dualismus zwischen den apriorischen Bestandstücken unseres Geistes und dem, daß der Begriff des Ding-an-sich zurückverweist auf die unsinnliche Ursache für das unseren Sinnesorganen gegebene Empirisch-Mannigfaltige für die Erkenntnismöglichkeit. Die Anschauungsformen nehmen hier eine eigenartige Zwischenstellung zwischen Verstand und Sinnlichkeit ein. Im Begriff der Anschauungsform ist, verstanden als reine Anschauung, zusammengefaßt, daß diese, im Unterschied zur Spontaneität des Verstandes, der seine Gegenstände selbst hervorbringt, einen rezeptiven, andererseits aber, wie der Verstand, einen apriorischen Charakter hat. Kant will hier, wie Adorno sagt, »mit einem Schlag ... Unmittelbarkeit und Apriorität auf den gemeinsamen Nenner bringen«. 3 Reine Anschauung meint dabei gegenüber der empirischen Anschauung formale Sinnlichkeit. Im Sinne der Interpretation der K.d.r.V. durch Adorno ist nun reine Anschauung »ein hölzernes Eisen, Erfahrung ohne Erfahrung«, reine Sinnlichkeit »keine Anschauung mehr, sondern einzig >Gedanke<«.4 Es zeigt sich jedoch für das Denken von Kant, daß auf der Ebene reiner Sinnlichkeit eine Form der Erkenntnis gedacht wird, die man als ganzheitliche bezeichnen kann, nämlich auf der Ebene der Mathematik, und wo es nicht, wie das dann für die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit einer reinen Naturwissenschaft relevant ist, nur synthetische Grundsätze a priori gibt. »Begriff und Anschauung a priori ... ist eben in der Mathematik überall, in der Naturwissenschaft nur bei den Grundsätzen anzutreffen.5 Diese, die Grundsätze, »subsumieren« nur »alle Wahrnehmung ... unter jene reinen Verstandesbegriffe«.6 Innerhalb der Sphäre der Mathematik handelt es sich, im Unterschied zu dem unseren Sinnen gegebenen EmpirischMannigfaltigen, um den Begriff einer »intelligiblen Materie«.7 Diese »Materie« verharrt nicht, im Unterschied zur empirischen, in unaufhebbarer irrationaler Zufälligkeit für die logische Struktur unseres Denkens. Sie ist Resultat von Konstruktion. So heißt es bei Kant, daß aller mathematischen Erkenntnis »irgend14
eine reine Anschauung zum Grunde liegen« müsse, »in welcher sie alle ihre Begriffe in concreto und dennoch a priori darstellen oder, wie man es nennt, sie konstruieren kann«. 8 Und: »Geometrie legt die reine Anschauung des Raumes zu Grunde. Arithmetik bringt selbst ihre Zahlbegriffe durch sukzessive Hinzusetzimg der Einheiten in der Zeit zustande«.9 Es bleibt damit nun aber weiterhin vorausgesetzt die logische Zufälligkeit und damit Irrationalität der uns durch das Ding-ansich gegebenen empirischen Mannigfaltigkeit. Bezogen auf das Problem der Konstruktion auch der empirischen Begriffsinhalte bzw. einer Totalitätserkenntnis, die auch und gerade die empirischen Begriffsinhalte mit umfaßte, kommt Kant in der Kritik der Urteilskraft auf den anschauenden Verstand, den Intellectus intuitivus, zu sprechen. Er ist als Idee vorstellbar, für uns aber nicht realisierbar. Die mathematische Erkenntnis hat in bezug darauf nur den Charakter einer analogischen Erkenntnis. Sie bleibt, im Unterschied zum Intellectus intuitivus, auf die formale Sphäre der Bedingung der Möglichkeit von Erfahrungserkenntnis überhaupt beschränkt. Insofern gilt hier, daß die »Kluft der Irrationalität zwischen Begriff und Anschauung ... beseitigt, die Vereinzelung des Exemplars aufgehoben«, aber dennoch »eine Identifikation von Allgemeinem und Besonderem, Inhalt und Umfang ... noch nicht anzunehmen ist«.10 Solches hat erst die Hegeische Logik zu leisten versucht, der Intellectus intuitivus wies hier, bezogen auf die klassische deutsche Philosophie, den Weg. Hegel kritisiert, daß Kant »die Kategorien dem Selbstbewußtsein, als dem subjektiven Ich« zuschlage, und daß gerade deshalb »die Ansicht innerhalb des Bewußtseins und seines Gegensatzes« stehen bleibe, nämlich dem eines »Etwas, das nicht durch das denkende Selbstbewußtsein gesetzt und bestimmt ist, ein Ding-an-sich, ein dem Denken Fremdes und Äußerliches«. Ein »solches Abstraktum« ist nach Hegel aber nur »das Produkt des, und zwar nur abstrahierenden, Denkens«.11 Die sogenannte Voraussetzungslosigkeit der Erkenntnistheorie erfährt hier ihre immanent-philosophische Kritik. Bezogen auf die praktische Philosophie Kants ergibt sich eine entsprechende Kritik an deren Dualismus.12 Hegel argumentiert dabei mit einem Vernunftbegriff, gedacht 15
als Mitte des Denkens, wo der Verstand nicht ausgeschlossen ist, aber dergestalt in Vernunft übergeht, daß wechselseitig von einem vernünftigen Verstand wie einer verständigen Vernunft gesprochen werden kann.13 Es kann insofern mit einigem Recht gesagt werden14, daß bei Hegel die Erkenntnisbeziehung von Subjekt und Objekt Funktion der genetischen Beziehung beider ist im Unterschied zum konstitutionstheoretischen Charakter bei Kant. Die von Lukács versuchte Rekonstruktion der historischgesellschaftlichen Bedingungen für die Entwicklung der Marxschen Theorie und die mit Bezug darauf vorgenommene radikale Kritik der Erkenntnistheorie geht nun von einem kritisch gewendeten ganzheitlichen Erkenntnisansatz aus, wie er in anderer Gestalt auch schon die Bewegungsrichtung der klassischen deutschen Philosophie charakterisiert. Einem solchen Ansatz versagen sich hingegen aus prinzipiell theoretischen wie auch historisch gewordenen Gründen Interpretationen der Marxschen Theorie, die sich, so Adorno, SohnRethel, Habermas, der in der einen oder anderen Weise an Marx anknüpfenden kritischen Theorie von der Gesellschaft verpflichtet wissen. Mit Bezug auf die Herleitung des Selbstverständnisses von Marx über seine Theorie muß dann in Relation zu den hier herangezogenen Ansätzen der Interpretation dieser Theorie direkt oder indirekt immer gefragt werden, wie der Begriff der Totalität bei Marx in Hinsicht auf die Entwicklung einer konkreten Gesellschaftsanalyse zu verstehen ist und wie, sofern man ihm auch hier Gültigkeit zumessen darf, dieser Ansatz mit Bezug auf das Verhältnis des Austauschprozesses von Menschengattung und Natur begriffen werden kann, bzw. ob und wenn, dann wie beides zusammenhängt und wie dann diesbezüglich die Erkenntnistheorie ins Spiel kommt, bzw. kritisiert wird. Die Linie der Argumentation verläuft also über Marx, Lukács, Adorno, Sohn-Rethel und Habermas.
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(b) Zur Auseinandersetzung von Marx mit Hegel und Feuerbach Die Kritik des jungen Marx an Hegel setzt an beim absoluten Wissen, wo der Erfahrungsprozeß zwischen Bewußtsein und Gegenstand des Bewußtseins aufgehoben ist. Die erkenntnistheoretische Beziehung zur Welt aber, also das allgemeine Subjekt-Objekt-Schema, war für ihn mit der Hegeischen Philosophie philosophisch überwunden. Die Kritik an Hegel verlief dabei zunächst über die Kritik der Philosophie überhaupt durch Feuerbach. Hegels Philosophie ist für diesen eine realistische innerhalb der Schranken des Idealismus. Hegel, so sagt Feuerbach, »negiert das Denken, nämlich das abstrakte Denken, selbst wieder im abstrakten Denken, so daß die Negation selbst wieder eine Abstraktion ist«. Er wolle »das Ding selbst ergreifen, aber im Gedanken des Dings, außer dem Denken sein, aber im Denken selbst«.15 Für Feuerbach ist dabei der Mensch die Basis - für Marx wiederum eine nur abstrakte Kategorie. Sagt Marx einerseits, Feuerbach sei »der wahre Überwinder der alten Philosophie«16, so erfolgt doch gerade mittels einer immanenten Kritik an Hegel eine Kritik an der abstrakten Negation der Philosophie durch Feuerbach. Später, in den Feuerbach-Thesen, erfolgt eine Kritik auch noch des Feuerbachschen Materialismus dahingehend, daß er die Wirklichkeit »nur unter der Form des Objekts« fasse, die Tätigkeit nicht kenne, im Unterschied zum Idealismus gefaßt als sinnliche »gegenständliche Tätigkeit«. 17 Insofern ist für Marx dieser Materialismus kontemplativ.18 Knüpft die Kritik von Marx an Hegel an Feuerbachs Naturbegriff an, so ergibt sich doch, daß für ihn »innerhalb eines entfremdeteten Denkens Hegel die bürgerliche Gesellschaft auf den ihr eigenen Begriff gebracht hat und daß andererseits dagegen im Beharren auf einer abstrakten Natur, wie bei Feuerbach, die bürgerliche Gesellschaft gerade als Natur verklärt wird«.19 Der Begriff der gegenständlichen Tätigkeit, den Marx gegen Feuerbach kehrt, meint gegenüber der Identifikation von Vergegenständlichung und Entfremdung und damit der Aufhebung des Gegenständlichen im Selbstbe17
wußtsein bei Hegel, daß der Mensch ein Gegenstände setzendes Wesen ist, »weil« er »durch Gegenstände gesetzt ist«.20 Naturalismus und Idealismus, auch in seiner transzendentalen Gestalt, sind hier als abstrakte, einseitige Positionen überwunden und damit dann auch die Identität von Denken und Sein als eine des Denkens wie bei Hegel. Theorie kann sich danach dann nurmehr als Darstellung und Kritik einer konkreten gesellschaftlichen Verfassung ausweisen, aus der heraus die vereinseitigten Positionen von anschauendem Materialismus und Idealismus ideologiekritisch zu begreifen sind. Der Mensch ist nach Marx schon in den Frühschriften, also schon vor den Feuerbach-Thesen, »die ideale Totalität, das subjektive Dasein der gedachten und empfundenen Gesellschaft für sich«. 21 Das Bewußtsein kann, in seinem vollen Umfange gemeint, danach nichts anderes sein als bestimmt-historisch bewußtes Sein. Es ist insofern weder erkenntnistheoretischallgemeines Bewußtsein im Kantischen Sinne, noch sind Denken und Sein identisch im Sinne einer Denkbewegung wie bei Hegel. Faßt man Bewußtsein als bestimmtes bewußtes Sein, so sind nach Marx in diesem Sinne »Denken und Sein ... zwar unterschieden, aber zugleich in Einheit miteinander«.22 Und das gilt dann auch für die »theoretische Gestalt« des Bewußtseins. Sie ist nach Marx nur der theoretische Ausdruck davon, »wovon das reelle Gemeinwesen, gesellschaftliche Wesen, die lebendige Gestalt ist«. 23 Die Abstraktion des Bewußtseins von der Gesellschaft als das »allgemeine Bewußtsein« kann daher nur, und hier wird die Kritik am Idealismus, sei's in transzendentaler oder absoluter Gestalt, wieder eingeholt, dort möglich werden, wo die Gesellschaft infolge ihrer konkreten Struktur von sich selber, ihrem historisch gewordenen Charakter, abstrahiert. Die spätere Kapitalanalyse zeigt dann, daß es der Wert als »das übergreifende Subjekt« ist, das seine Identität »im Gelde« »mit sich selbst konstatiert«24, wodurch solche verdinglichten Bewußtseinsstrukturen bedingt sind. - (Hierzu ist die gedankliche Rekonstruktion der kapitalistischen Produktionsweise vorausgesetzt und damit der Unterschied von Forschungs- und Darstellungsprozeß 25 .)Erst vermittels des Darstellungsprozesses wird, wie es schon in der »Deutschen Ideologie« heißt, »die Sache in ihrer Totalität«26 entfaltet. Dieser Unterschied von 18
Forschungs- und Darstellungsprozeß ist auch einer des Unterschiedes, von den Erscheinungsformen zum Wesen, im Sinne Hegels vom unmittelbaren Sein zu seinem »Grund« fortzuschreiten27, begriffen aber, anders als bei Hegel, als konkrete Totalität, wie sie durch das »Kapital«, als Reproduktion des Konkreten im Gedanken, repräsentiert ist. Insofern kann Marx sagen, daß seine Methode »von der Hegeischen nicht nur verschieden, sondern ihr direktes Gegenteil«28 ist. - Unter dem Gesichtspunkt nun des Begriffs einer konkreten Totalität, die mitnichten, wie es ein transzendentallogischer Ansatz implizieren würde 29 als »Konstruktion a priori«30 zu verstehen ist, ergibt sich auch eine Kritik des philosophischen Bewußtseins. Die »Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie«, die gleichsam eine Abbreviatur des methodischen Vorgehens von Marx ist, liefert dazu Kriterien.
(c) Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie Ausgangspunkt ist hier für die Theorie eine vorausgesetzte bestimmte konkrete gesellschaftliche Verfassung. Das Konkrete ist für Marx »die Zusammenfassung vieler Bestimmungen, also Einheit des Mannigfaltigen«. 31 Diese Einheit ist nicht primär eine des Denkens. Der von Marx hier gemachte Hinweis, daß diese Einheit im Denken »Resultat«, nicht aber »Ausgangspunkt« sei, zeigt die abhängige Gestalt des Denkens von dem, was nicht Denken ist, gerade darin, daß es »auf der Anschauung und der Vorstellung«32 basiert. Anschauung ist hier nicht, wie das eine kantianisierende Interpretation dieser Stelle vermuten lassen könnte, als Form gemeint, sondern im Zusammenhang mit der menschlichen Praxis, dem Vergegenständlichungsprozeß gedacht und insofern immer schon historisch vermittelt. Marx wendet sich hier nicht als Kantianer gegen Hegel, indem er das »aus sich selbst sich bewegende Denken« 33 kritisiert, sondern er will zeigen, daß das »Reale« dem Denken vorausgesetzt ist, daß Denken nicht den »Entstehungsprozeß des Konkreten« selber darstellt.34 Das Denken hat eine bestimmte Struktur - der Aufstieg vom Abstrakten zum Konkreten -, die keineswegs die Struktur der Erzeugung des empirisch Kon19
kreten ist. In ihm erscheint als eine Abfolge rein kategorialer Beziehungen, was nicht nur eine Abfolge solcher Beziehungen ist. Daß nun in etwa der Gang des Denkens dem wirklichen Gang der kategorialen Abfolge in der Realität entspricht und damit die Reproduktion des Konkreten im Gedanken die vollgültige Reproduktion dieses Konkreten selbst ist, das hängt nach Marx selber mit einer bestimmten historisch gewordenen gesellschaftlichen Verfassung zusammen, wo die einfachsten Kategorien allgemeine Formen gerade eines extensiv entwickelten Ganzen - der bürgerlichen Gesellschaft - geworden sind. Marx nennt hier die Arbeit, die »hier nicht nur in der Kategorie, sondern in der Wirklichkeit als Mittel zum Schaffen des Reichtums überhaupt geworden«35 ist. In einem bestimmten Sinne ist das Entwicklungsgesetz der bürgerlichen Gesellschaft gerade wegen der Allgemeinheit der die Gesellschaft als ganze charakterisierenden Kategorien - im »Kapital« wird mit der Analyse des Doppelcharakters der Ware als Keimform des kapitalistischen Systems begonnen und hier der so entscheidende Begriff der Wertform thematisiert - in einem angenäherten Sinne rekonstruierbar. Es kann diesbezüglich die Bewegungsgesetzlichkeit einer so verfaßten Gesellschaft erschlüsselt werden unter der Maßgabe dessen, daß a) »die bürgerliche Gesellschaft selbst nur eine gegensätzliche Form der Entwicklung« ist und sie b) selber mit verkümmerten Formen früherer gesellschaftlicher Verhältnisse behaftet ist. 36 Die drei Bände des »Kapitals« beschreiben diesen Prozeß: Produktion - Zirkulation - und Gesamtprozeß des Kapitals, wobei sich Marx im dritten Band den Gestaltungen des Kapitals »auf der Oberfläche der Gesellschaft«37 zu nähern versucht, d. h. »der Aktion der verschiedenen Kapitale aufeinander«. Insofern begreift man auch, daß Marx sich im Zusammenhang der Entwicklung seiner Kritik der politischen Ökonomie wieder mit der Hegeischen Logik auseinandergesetzt hat, wobei es denn allerdings hier, wie er schon in der Kritik des Hegeischen Staatsrechts formuliert hatte, nicht um die Sache der Logik, sondern um die Logik der Sache geht, hier also um den Aufweis des historischtransitorischen Charakters einer Produktionsorganisation, die infolge der ihr inhärenten spezifischen, das Verhältnis von Subjekt und Objekt verkehrenden Handlungsstruktur Denk20
formen erzeugt, die von der Natürlichkeit dieses Verhältnisses ausgehen. An dieser Vorgehensweise ist nun auch zu messen, ob Marx die erkenntnistheoretische Selbstreflexion seiner Theorie versäumte, wie das spätere Kritiker monieren. Vielmehr scheint, daß hier eine implizite Kritik erkenntnistheoretischen Denkens in seiner durch Kant überkommenen Form vorliegt.
(d) Darstellung der Kritik der Erkenntnistheorie durch Lukács Lukács geht von der Kategorie gesellschaftlicher Totalität aus. Die Kritik der Erkenntnistheorie wird als Ideologiekritik systematisiert. Sie erfolgt unter der Prämisse des Verdinglichungstheorems. Lukács führt die für den Transzendentalismus sich ergebende Problematik, daß es für ihn nur eine bestimmte Weise des Erkennens gibt, die mit dem diskursiven Verstand und mit der Ding-an-sich-Problematik gesetzt ist, auf die Universalität zurück, die die Warenstruktur im Kapitalismus erlangt hat. Der bei Kant vorliegende Rekurs auf eine Weise des Erkennens, in welcher die Irrationalität der Begriffsinhalte als gegeben hingenommen und damit ihre prinzipielle Nichtauflösbarkeit durch die Formen des Verstandes einbekannt wird, schließt nach Lukács gleichzeitig einen Begriff von Praxis in sich, der die durch die Universalität der Warenstruktur gesetzten Schranken nicht zu überschreiten vermag, d.h. so wie das Erkennen selbst kontemplativ bleibt. Die Philosophie wiederholt hier in bezug auf ihre Stellung zur Wissenschaft die Stellung der Wissenschaft zur Gesellschaft. Ergibt sich für letztere, daß sie nur ein »System von speziellen Teilgesetzen« ist, »für das die außerhalb des eigenen Bereichs liegende Welt« und das eigene »Wirklichkeitssubstrat als methodisch und prinzipiell unerfaßbar gilt«38, so ergibt sich für die Philosophie, daß sie »die Resultate und die Methode der Einzelwissenschaften als notwendig, als gegeben« begreift und sich selbst nur als eine Disziplin versteht, die »den Grund der Gültigkeit dieser Begriffsbildungen aufzudecken und zu rechtfertigen«39 hat. Das ist mit der gesellschaftskritischen Selbstreflexion der Kantischen Frage nach den synthetischen Urteilen a priori gemeint. Gerade aber weil nun die 21
Differenz zwischen den Formen des Verstandes und dem Dingan-sich als der unsinnlichen Ursache des Empirisch-Mannigfaltigen für den formalen Rationalismus Kants nicht aufhebbar ist, worin sich das Problem des Zusammenhanges von Wissenschaft und Philosophie innerphilosophisch spiegelt, ergibt sich hieraus die Bewegungsrichtung der klassischen deutschen Philosophie, so über Fichtes Tathandlung als dem obersten Prinzip der Erzeugung aller Inhalte und dann hin bis zu Hegels Verflüssigung des Subjekt-Objekt-Gegensatzes. Es wurde hier versucht, die Irrationalität des Seins selbst, wie es Lukács formuliert, zu erfassen. Thema der klassischen deutschen Philosophie war es, die »Gleichgültigkeit der Form gegenüber dem Inhalt«40 aufzuheben - was innerphilosophisch aber mißlingen mußte. Der formale Rationalismus, wie er sich bei Kant zeigt, tritt nicht mit dem Anspruch auf, konkrete Inhalte zu erzeugen. Die Realität ist hier, wie es Lask formuliert41, nur eine Regel der Vorstellungsverbindungen, eine Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit des Urteilens. Die Begriffe selber sind nominalistisch gefaßt. Ihr empirischer Umfang ist nur durch den Gedanken der gemeinschaftlichen Unterordnung des empirischen Materials bestimmt, hat also aggregathaften Charakter. Begriffsumfang und -inhalt verhalten sich gegenläufig zueinander. Je größer der Umfang um so geringer der Inhalt et vice versa. Sie haben eine subsumtionslogische Struktur. Gerade nun durch das Festhalten an dem logischen Gegensatz von Form und Inhalt ergibt sich deren Dynamisierung und Relativierung im deutschen Idealismus. In Analogie könnte davon gesprochen werden, daß das, was bei Kant für die Sphäre der Mathematik gilt, nun auch für die Sphäre des Sinnlichen überhaupt gelten soll. Im mathematischen Erzeugungsprinzip fallen Erzeugung und Begreifbarkeit («Praxis und Theorie«, wenn man so will) zusammen, während auf der außermathematischen, sich auf empirische Inhalte beziehenden Ebene Erzeugung für den abstrakten Verstand nur die »Begreifbarkeit der Tatsachen«42 bedeutet. Dieser Verstand ist nicht der Verstand auch ihrer Erzeugung (für Kant gibt es keinen »Newton ..., der auch nur die Erzeugung eines Grashalms ... begreiflich machen werde«.43) Für Lukács ist er ein abgespaltener Verstand vermittels der Eigenart der aus der Universalität der Waren22
struktur in der bürgerlichen Gesellschaft sich ergebenden Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Dieser Verstand kann nicht auf seine eigenen gesellschaftlich vermittelten Ursprünge zurückkommen, sondern versteht sich als Ursprung aus sich selbst. Die Dynamisierung des Form-InhaltGegensatzes bis hin zur Hegeischen Philosophie trasnszendiert die philosophische Sphäre nicht wirklich. Ist die AuseinanderFolge der Kategorien und hiermit der Begriff des Ganzen bei Hegel nicht, wie Adorno sagt, ohne einen »Zeitkern«44 vorstellbar, so ist es doch in Relation zur bürgerlichen Gesellschaft gerade die Abschlußhaftigkeit des philosophischen Systems, in welchem die Geschichte nur einen Teilbereich au-macht, wodurch die Auflösung des philosophisch-kontemplativen Gedankens bewirkt wird.45 Die innerphilosophische Dynamisierung und damit der Versuch der Auflösung der Dualität von Form und Inhalt stoßen auf die Schranke der nichtreflektierten konkreten, gesellschaftlich vermittelten Verdinglichungsstrukturen, die, hingenommen als zweite Natur, sich in der Abschlußhaftigkeit des philosophischen Systems und der hier gemeinten Versöhnung von Subjekt und Objekt im absoluten Geist spiegeln. Die wirkliche Auflösimg dieser Dualität, das wirkliche Auffinden des »Subjekt(s) der Tathandlung« als dem »identische(n) Subjekt-Objekt«, sieht Lukács gegeben in dem Proletariat, dessen »Selbsterkenntnis« nach ihm »zugleich die objektive Erkenntnis des Wesens der Gesellschaft«46 ist. In diesem Sinne weist nach ihm »die dialektische Methode über die bürgerliche Gesellschaft hinaus« 47 , sie wird zum Medium der kritischen - der Marxschen - Gesellschaftstheorie. Ist damit in einem bestimmten, allerdings problematisch bleibenden Sinne die Selbstauflösung des Rätsels der Geschichte in einer gleichsam geschichts-ontologischen Weise garantiert, so wird dagegen in der Marx-Interpretation, die von solcher Gewißheit nicht ausgeht, formuliert, daß Marx in »seiner Kritik ... den durch Hegel aufgehobenen Vico mit Kant«48 versöhne. Die geschichts-ontologische Konzeption des Klassenbewußtseins bei Lukács verweist jedenfalls auf Motive, die schon für den vormarxistischen Lukács aus der »Theorie des Romans« relevant waren. 49 Unbeschadet dessen aber liegt bei Lukács eine 23
erste gesellschaftstheoretisch verstandene Kritik der Erkenntnistheorie vor, die, gemessen an der Kategorie historisch gewordener Totalität der gesellschaftlichen Verhältnisse, die Antinomien des philosophischen Bewußtseins thematisch macht.
(e) Aspekte der Kritik der Erkenntnistheorie durch Adorno Gegenüber der Klassenbewußtseinstheorie von Lukács ist die Kritik der Erkenntnistheorie bei Adorno bar eines revolutionären Subjekts. Was bleibt, ist die Zurückführung der transzendental-logischen Problematik auf die Struktur des Tauschs, wobei allerdings gegenüber der Kategorie der Totalität, wie sie von Lukács artikuliert wird, der transzendentallogische Gesichtspunkt derart thematisch bleibt, daß, da die gesellschaftliche Totalität nach Adorno einen hermetischen Charakter hat, das Nichtbegriffliche nur mittels begrifflicher Konstruktion eingefangen werden kann. Begriffe haben vermöge ihres allgemeinen Charakters zwar Herrschaftscharakter, können aber, solange Denken überhaupt notwendig bleibt, nicht preisgegeben werden. Allerdings thematisiert damit auch der Begriff seine Unzulänglichkeit gegenüber dem, was begriffen werden soll. Denken und das zu Denkende fallen nach Adorno insofern zusammen wie auseinander, als das Denken die Möglichkeit hat, sich dem Denkzwang zu entziehen. Es kann auch gegen sich selbst denken, die logischen Regeln transzendieren. Dadurch verweist es auf das, was in Denken nicht total eingefangen werden kann, wird mikrologisch, ohne doch seine Allgemeinheit ganz transzendieren zu können. Hatte Max Weber in neukantianistischer Manier gefordert, daß, »gerade weil die Inhalte der historischen Begriffe notwendig wandelbar sind,... sie jeweils notwendig scharf formuliert werden«50 müssen und geht er hierbei aus von der unaufhebbaren Differenz von Begriff und Inhalt des Begriffs, so drückt sich für Adorno in solcher Differenz nur ein bestimmtes gesellschaftliches Verhältnis aus. Im Sinne solcher den Begriff festhaltenden Einstellung ist hiernach erforderlich, das »Nichtdenken« zu denken, wodurch der denkerische »Totalitätsan24
spruch« suspendiert werde.51 Insofern ist nach Adorno die Erkenntnistheorie gerade darin wahr, daß sie »der Unmöglichkeit des eigenen Ansatzes Rechnung trägt und in jedem ihrer Schritte von dem Ungenügen der Sache selbst sich treiben läßt« 52 Kritik der Erkenntnistheorie heißt auch das Festhalten an ihr in der Weise, daß beim Begriff anzuheben ist, weil »das Seiende nicht immittelbar, sondern nur durch den Begriff hindurch ist«.53 Aber das »Nichtbegriffliche, dem Begriff unabdingbar, desavouiert dessen An-sich-Sein und verändert ihn. Der Begriff des Nichtbegrifflichen kann nicht bei sich, der Erkenntnistheorie verweilen«.54 Erkenntnistheorie als Konstitutionstheorie, die nicht die Anstrengung des Begriffs kennt, ist nach Adorno die »wissenschaftliche Gestalt der Ursprungsphilosophie«. 55 »Nur die gesellschaftliche Selbstbesinnung der Erkenntnis«, so sagt er, »erwirkt dieser die Objektivität«, die sie versäume, wenn sie den gesellschaftlichen Zwängen gehorche, »ohne sie mitzudenken«. 56 Die die Intention der Erkenntnistheorie transformierende Position von Adorno ist schließlich darin zusammengefaßt, daß sich nach ihm keine Materie von den Formen des Denkens absondern läßt, daß aber dennoch die Form nur als Vermittlung der Materie vorstellbar ist, und daß sich in solchem Widerspruch, wie er sagt »Einsicht in die Nichtidentität, die Unmöglichkeit sich ausdrückt, in subjektiven Begriffen ohne Überschuß einzufangen, was nicht des Subjektes ist, schließlich das Scheitern von Erkenntnistheorie selber« 57 Die Vorrangigkeit des Objekts vor jeder Zurüstung durch den Begriff ist es, die diese, als materialistisch verstandene, Wende impliziert und das transzendentale Subjekt als Ideologie einer auf der Subjekt-Objekt-Spaltung beruhenden Gesellschaft entlarvt, wo Gesellschaft selber gegenüber den Individuen zur nicht mehr hinterfragten Subjektivität gerinnt. »In der Lehre vom transzendentalen Subjekt«, sagt Adorno, »erscheint getreu die Vorgängigkeit der von den einzelnen Menschen und ihren Verhältnissen abgelösten, abstrakt rationalen Beziehungen, die am Tausch ihr Modell haben«. 58 Erkenntnis selbst müsse dag-gen geleitet werden »von dem, ... was unter den Tauschvorgängen sich verbirgt«.59 Diese Kritik an der Suprematie der Erkenntnistheorie bleibt nun, da sie sich an kein Subjekt der gesellschaftlichen Verände25
rung mehr binden kann, - ja dadurch gerade bedingt - in einer, wenn auch am Nichtidentischen orientierten Erkenntnisbewegung stecken. An die Stelle einer ausgeführten Gesellschaftstheorie, wie sie durch Marx gegeben ist, tritt der allgemeine Begriff des Tauschs resp. der der Arbeit. Adorno sieht in Hegels Theorie, namentlich in der Phänomenologie, eine Überwindung des transzendental fixierten Subjekt-Objekt-Verhältnisses durch seine Verflüssigung in bestimmte Bewußtseins-Gegenstandsverhältnisse. Und er bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den jungen Marx, wo dieser davon spricht, daß das Große an der Phänomenologie sei, daß Hegel hier den Prozeß der Arbeit erfaßt habe (allerdings Arbeit nur als geistige Arbeit verstanden). Er amalgamiert hier nun aber, so scheint mir, Arbeit, begriffen als Vergegenständlichungsprozeß, mit Arbeit, in einem strikten Sinne begriffen als Herrschaft über die äußere Natur und Arbeit als »gesellschaftliche Arbeit nach dem Tauschverhältnis«.60 Damit ist der Vergegenständlichungsbegriff, den Marx meint, implizit im wesentlichen noch selber kritisiert. Diese Unterschleifung in der Definition von Arbeit rührt daher, daß sich für Adorno im Tausch eine Form der Auseinandersetzimg mit der Natur fortsetzt, die, so in der »Dialektik der Aufklärung« thematisiert, nur als Herrschaft verstanden werden kann. So lautet das Credo schon gegenüber Bacon: »Was die Menschen von Natur lernen wollen, ist, sie anzuwenden, um sie und die Menschen vollends zu beherrschen. Nichts anderes gilt«.61 Die Subsumtion des Arbeits- unter den Verwertungsprozeß, der für die Marxsche Gesellschaftstheorie relevant ist, wird hier nicht mehr deutlich, sondern mehr umstandslos Arbeit selbst zum Zwangszusammenhang. Hier setzt dann die nichtsdestoweniger die Position Adornos kritisch voraussetzende Differenzierung zwischen einer gesellschaftlichen Synthesis durch Arbeit und andererseits durch Warentausch bei Sohn-Rethel ein, wie die Differenzierung von instrumentellem Handeln und Interaktion bei Habermas.
(f) Zur Position von Sohn-Rethel Für Habermas, über welchen noch zu sprechen sein wird, ergibt sich, daß das naturwissenschaftliche Paradigma an der Syn26
thesis von Arbeit hängt und gleichsam seine Unschuld behält, solange nicht die Sphäre der Interaktion auf es reduziert wird, was zu einer dem Subjekt-Objekt-Schema verhaftet bleibenden Einstellung auch der Gesellschaftstheorie führen müsse. Demgegenüber ist Sohn-Rethel in gewisser Weise noch der älteren kritischen Gesellschaftstheorie gerade darin verpflichtet, daß er die Dimension, die für ihn in der Marxschen Theorie ausgespart ist, die Kritik der Erkenntnistheorie und des naturwissenschaftlichen Paradigmas, gesellschaftstheoretisch unter Rekurs auf die sogenannte Tauschgleichung einzuholen versucht. Gegenüber dem Marxschen Begriff historisch vermittelter und als transitorisch zu begreifender gesellschaftlicher Totalität, der auch bei Lukács Thema bleibt, obwohl Lukács keine in dem Sinne konkrete Gesellschaftsanalyse betreibt wie Marx, sondern die Kategorie der Totalität mehr als methodisches Konstrukt für die Gesellschaftstheorie diskutiert, geht aber Sohn-Rethel, in Aufnahme der Tradition der Kant-Kritik durch die Frankfurter Schule, ebenfalls von der Synthesisproblematik aus wie Habermas. Solche Problematik läuft, bezogen auf die Gesellschaftstheorie, auf die Frage hinaus, wie Gesellschaft möglich sei. Sie geht nicht im eigentlichen Sinne wie Marx von Abstraktionsschnitten aus, die durch eine bestimmte Totalität von Gesellschaft innerhalb derselben gegeben sind. Die Kritik des naturwissenschaftlichen Paradigmas bezieht sich bei Sohn-Rethel auf die »Genesis der Wertform«, deren Realabstraktion sich nach ihm »aus dem Austauschprozeß« erklärt, während sich nach ihm der Wert (die Wertgröße) aus der »quantitativ bestimmte(n) Aufgabe der Arbeit gemäß den jeweiligen Produktionsbedingungen«62 ergibt. Insofern grenzt Sohn-Rethel die Herleitung der das naturwissenschaftliche Paradigma charakterisierenden Denkabstraktion aus der so verstandenen Realabstraktion ab von den »Argumenten der politischen Ökonomie«, die sich nach ihm mit Recht auf die abstrakt menschliche Arbeit bezieht, aber einen verfälschenden Charakter bekommen muß, wenn geglaubt wird, hierdurch auch eine »Kritik der Erkenntnistheorie«63 zu erbringen. SohnRethel grenzt also, indem er strikt zwischen Arbeit- und Tauschabstraktion trennt, die Kritik der politischen Ökonomie von einer Kritik der Erkenntnistheorie und dem für ihn daran hängenden naturwissenschaftlichen Paradigma ab und ver27
sucht durch eine unter dieser Voraussetzung gefaßten Trennung von Geist- und Handarbeit die Kritik der politischen Ökonomie durch die der Erkenntnistheorie64 zu erweitern bzw. zu ergänzen. Fragt er in diesem Sinne einerseits transzendentalistisch »wie ist Vergesellschaftung durch Warentausch möglich?« und meint er mit Bezug darauf, daß eine entsprechende Synthesis »dasjenige tatsächlich enthält, was Kant in einer geschichtlich zeitlosen Synthesis a priori geistiger Art zu finden geglaubt hat« 65 , so meint er andererseits, daß sein Vorgehen sich nur auf einen Teilbereich der Marxschen Theorie beziehe. Die Trennung von Hand- und Kopfarbeit, von welcher er ausgeht, wird nun aber gerade mangels einer Totalitätsanalyse in ihrer Extensivität nicht mehr als bestimmte Trennung innerhalb einer bestimmten Produktionsorganisation verstanden, sondern doch mehr oder minder in Form von Entitäten. In der Vollvergesellschaftung von Arbeit soll dieses Beziehungsgerüst verschwinden. Erst mit Bezug darauf könnte aber eventuell erst gefragt werden, ob nicht allererst hier, wo »a priori« eine »bewußte gesellschaftliche Regelung der Produktion« 66 stattfinden soll, mit einigem Recht, aber auch dann nur metaphorisch, von Synthesis gesprochen werden kann. Aber auch hier, so meine ich, scheint dieser Begriff zu Mißverständnissen zu führen. Eine Transzendentalanalyse über den Charakter geistiger Arbeit muß, wenn auch bezogen auf die aus der Tauschhandlung als solcher resultierenden Realabstraktion, konstitutionstheoretischen Charakter haben, der gerade Gegenstand für die Kritik am falschen Bewußtsein durch Marx war. Der Synthesis-Begriff setzt bei den Möglichkeitsbedingungen von Gesellschaft an. Er steht quer zu der Marxschen Analyse des Zusammenhangs von Arbeits- und Verwertungsprozeß, aus welchem sich nach Marx erst die Prädominanz bestimmter Denkformen ergibt. Insofern muß auch der Begriff der politischen Ökonomie bei Sohn-Rethel relativ anders konzipiert sein als bei Marx. Für den Standpunkt von Marx muß sich ergeben, daß eine reine Transzendentalanalyse geistiger Formen in einem bestimmten Sinne der aus der Warenproduktion und dem Warentausch sich ergebenden Verselbständigung der gesellschaftlichen Verhältnisse verhaftet bleibt, die nach Marx deren realen Schein darstellt. Eine gesellschaftstheoretische Ein28
Stellung aber, die von der Frage nach den Möglichkeitsbedingungen von Gesellschaft ausgeht, kann nicht auf den historisch-gesellschaftlichen Grund der Wirklichkeit solcher Erkenntnisbedingungen zurückgehen, sondern kann nur generell die Gültigkeitsvoraussetzungen diskutieren, die bei Sohn-Rethel in dem aus sich selbst seienden realabstraktiven Charakter der Tauschhandlung begründet sind. Die Kritik von Lukács am Transzendentalismus trifft demnach indirekt dann auch die Synthesis-Problematik, wie sie in der Kritischen Theorie artikuliert wird. Marcuse hatte in dem Aufsatz »Transzendentaler Marxismus?« gegen das Sozial-Apriori Max Adlers, verstanden als Bedingung der Möglichkeit von Gesellschaft, formuliert: Alle Mißverständnisse kämen hier daher, »daß den Möglichkeiten des Bewußtseins überhaupt Wirklichkeiten unterschoben und diese Wirklichkeiten dann wieder transzendental gedeutet werden«. 67 Der Synthesisbegriff bei Sohn-Rethel meint nun nicht, daß der kantische Begriff der Synthesis konstitutiv sein müsse für die Gesellschaftsbildung wie das z.B. im Sozial-Apriori bei Max Adler thematisch ist. Der kantische Synthesisbegriff wird vielmehr dahingehend seiner Universalität entkleidet, daß der abstrakte Verstand der Verstand der Tauschabstraktion ist, die einen historischen Ursprung hat, in ihrer Eigenstruktur aber einen enthistorisierenden Charakter aufweist. In der Tauschhandlung artikuliert sich die Form der »gesellschaftlichen Abstraktion von der Gesellschaft«. 68 Sie erfolgt unter dem Gestus »mein - also nicht dein«; »dein - also nicht mein« 69 - der Aneignungsexklusion. Die wechselseitige Aneignung im Warentausch beruht nach Sohn-Rethel hier aber auf einem Einheit stiftenden reinen Willensverhältnis. Er bleibt hier bei der Marxschen Feststellung stehen, daß die Waren »nicht selbst zu Markte« gehen können »und sich nicht selbst austauschen ... um diese Dinge als Waren aufeinander zu beziehen, müssen die Warenhüter sich zueinander als Personen verhalten, deren Willen in den Dingen haust«. 70 Die die Kapitalanalyse vorwegnehmende damit gekoppelte Bemerkung von Marx, daß hier die »Personen nur die Personifikation der ökonomischen Verhältnisse sind, als deren Träger sie sich gegenübertreten«, 29
nämlich als ökonomische »Charaktermasken« 71 , kann in der Analyse Sohn-Rethels so nicht mehr diskutiert werden. Entsprechend ergibt sich für ihn, anders als für Marx, daß der Fetischcharakter der Warenwelt aus dem Tausch als solchem resultiert. »Der Tausch sorgt selbst für seine Blindheit als gesellschaftlich synthetische Verkehrsform«. 72 Damit sind, indem der Tausch als synthetische Leistung verstanden ist, empirisch-synthetische Leistungen und Transzendentalbewußtsein zusammen dergestalt auf einer Ebene angesiedelt, daß nur der Entstehungsort der Tauschabstraktion geschichtlichen Charakter hat, nicht aber die Abstraktion in ihrer Vollgültigkeit selbst. Demgegenüber ergibt sich für Marx aus der Analyse der Wertform bis hin zur Thematik der allgemeinen Äquivalentform, in welcher sich für ihn vermittels der Tauschgleichung selbst nur die Verstellung über den Herkunftscharakter des Wertes aus der abstrakten Arbeit manifestiert, daß die »Wertform« immer Wertform des »Arbeitsprodukts« ist, zu verstehen als »allgemeinste Form der bürgerlichen Produktionsweise«, die hierdurch »als eine besondere Art gesellschaftlicher Produktion und damit zugleich historisch charakterisiert wird«. 73 Verdinglichung ist damit immer die Verdinglichung bestimmter Verhältnisse, die sich in der Wertform manifestiert, nicht aber der Tauschabstraktion als solcher - der Tauschwert ist die Erscheinungsform des Wertes bei Marx - inhärent. Emanzipation ist nun nach Sohn-Rethel gefaßt unter der Prämisse der Vereinigung von Hand- und Kopfarbeit, wo Wahrheit eine »zeitgebundene« sein soll und wo also weder das starre Gerüst der Stammbegriffe des Verstandes maßgebend bleibt noch die Anschauungsformen a priori.74 Der Synthesisbegriff, bezogen auf die Vollvergesellschaftung durch Arbeit, umfaßt hier sowohl die Interaktions- wie die Ebene des Stoffwechselprozesses mit der Natur, wenn Sohn-Rethel sagt: »Das neue bestimmende Formgesetz ist das Prinzip der operativen Maßeinheit der im Produktionsprozeß nötigen menschlichen Tätigkeit mit den technischen Funktionen der angewandten materiellen Produktivkräfte. Was produziert werden soll, untersteht keiner ökonomischen Determination mehr, sondern ist Sache der freien Entscheidung der gesellschaftlich bestimmenden Mächte«. 75 Die Naturwissenschaften würden 30
hier, ohne daß dadurch ihre Freiheit behindert sein soll, »selbst Teil des Produktionsprozesses werden«, die »Disparatheit zwischen Naturwissenschaft und Ökonomie« 76 aufgehoben sein. Bei Marx löst sich im Begriff der Geschichte das positivistische einheitswissenschaftliche Konzept auf. »Die Geschichte kann von zwei Seiten aus betrachtet in die Geschichte der Natur und die Geschichte der Menschen abgeteilt werden. Beide Seiten sind indes von der Zeit (!) nicht zu trennen; solange Menschen existieren, bedingen sich Geschichte der Natur und Geschichte der Menschen gegenseitig«.77 »Naturwissenschaft« ist hier synonym mit »Geschichte der Natur« gedacht. Aus diesem Grunde bemüht Marx für die Menschengeschichte Vico, für die Geschichte der Arten Darwin (unter impliziter Ideologiekritik), und mit Bezug auf die Naturgeschichte wird, so bei Engels, u.a. an die Kant-Laplacesche Theorie angeknüpft. Eine, wenn ich recht sehe, entsprechend verstandene Logik unter der Prämisse der Vereinigung von Hand- und Kopfarbeit ist nun nach Sohn-Rethel »die Logik der zeitgebundenen Wahrheit«78 gemäß der Hegeischen Intention, aber die Abschlußhaftigkeit des Hegeischen Denkens transzendierend. Der Hegeische Satz, daß die Identität die der Identität und der Nichtidentität von Subjekt und Objekt ist, wäre dann gegenüber der Abschlußhaftigkeit des Systems bei Hegel zugunsten eines so verstandenen Identitätsbegriffs zu fassen, der an dem Besonderen seine nicht in eine letzthinnige Identität aufgehende Grenze hätte. Es würde hier der Begriff einer unendlichen Vermittlung des Menschen mit der Natur materialistisch eingeholt werden. Und so ist denn, sehe ich recht, wohl Sohn-Rethel hier zu verstehen, wenn er betont, daß »der Unterschied zwischen der idealistischen und der materialistischen Konzeption der Synthesis bei dem Begriff des >Mannigfaltigen«<79 liege und damit natürlich bei einem Begriff von dem Ding-an-sich, wo dieses weder wie bei Kant die für unseren Verstand nicht erkennbare Ursache für das Mannigfaltige der Anschauung ist, noch wie bei Hegel, nur im Denken, verstanden als Selbstbewegung des Inhalts, seine Auflösung erfährt. Der Begriff der Synthesis erfährt hier einen Bedeutungswandel. Es fragt sich aber gerade hier, ob dieser Begriff nicht besser durch den der 31
Vergegenständlichung bei Marx, wo die Subjektivität nicht die absolute Voraussetzung der Vermittlungsleistungen ist, zu ersetzen wäre. Die Negation des Transzendentalismus hätte dann aber auch, konsequent, nicht bei einem Funktionswandel des Synthesisbegriffs von der Tauschabstraktion zum Begriff voll vergesellschafteter Arbeit anzusetzen, sondern bei einer Analyse der gesellschaftlichen Mechanismen, die zur Mehrwertproduktion führen und damit zu dem Schein - und nicht zu der angeblich aus dem Tausch selbst sich ergebenden Realabstraktion -, als sei die Gesellschaft nur über eine aus der Tauschabstraktion selbst resultierende Synthesis konstituierbar und als sei demzufolge die Unabhängigkeit der Denkformen von der körperlichen Arbeit darauf zentriert und nicht auf der Herrschaft der gegenständlichen Arbeitsfaktoren über die lebendige Arbeit. Es bedürfte insofern nicht einer ausdrücklichen Veränderung der Logik des wissenschaftlichen Denkens, damit dieses einen Weg zur Handarbeit findet, sondern in solcher Veränderung, soweit solche geschieht, würde sich nur das allgemeine fortschreitende Vergegenständlichungsverhältnis der Menschen zur Natur ausdrücken, innerhalb dessen die Abspaltung von Hand- und Kopfarbeit einem bestimmten Produktionsverhältnis geschuldet ist, nicht aber einer aparten Synthesis.
(g) Zur Position von Habermas 1. Erkenntnis und Interesse Im Rekurs auf einen Arbeitsbegriff, wonach Arbeit Vinter dem Gesichtspunkt einer Empirisierung des kantischen Synthesistheorems verstanden ist, verschiebt sich bei Habermas die Kritik des Kritizismus von seinem Verhaftetsein ans kapitalistische Produktionsverhältnis auf eine Kritik des transzendentalen Subjekts zugunsten empirischer Regeln der Synthesis. Habermas formuliert, daß in der Arbeit die »Naturgegenstände mit der Natur das Moment des An-sich-Seins teilen, von der Tätigkeit des Menschen aber das Moment der erzeugten Gegenständlichkeit an sich tragen«. 80 Subjekt und Objekt 32
bleiben so letztlich einander äußerlich. Das Erzeugungsprinzip ist transzendentallogisch reduziert. Es ist hiermit, obwohl Habermas diesen Arbeitsbegriff dem Marxschen unterlegt, etwas anderes ausgedrückt als in der Marxschen Feststellung, daß der Mensch »dem Naturstoff selbst als eine Naturmacht« gegenübertritt und indem er durch Tätigkeit »auf die Natur außer ihm wirkt und sie verändert ... er zugleich seine eigene Natur« 81 verändert. Das idealistische Moment, wenn man so will, daß der Mensch hier zugleich »seinen Zweck« »verwirklicht«82, fällt nicht aus dieser Ansicht der Selbstvermittlung von Mensch und Natur heraus, denn »der Mensch kann in seiner Produktion nur verfahren, wie die Natur selbst, d.h. nur die Formen der Stoffe ändern«. 83 Das setzt - mittelbar auch bezogen auf das »Reich der Notwendigkeit«84 - die Einheit von Natur und Mensch in ihrer Trennung voraus, nicht aber umgekehrt, wie bei Habermas, eine durch die Natur erzeugte schlechthinnige Trennung in subjektive und objektive Natur, wodurch dann die Auseinandersetzung der subjektiven mit der objektiven Natur immer nur eine des Subjekts bleibt. Habermas kritisiert zwar den von Invarianten des Handelns wie der Weltauffassung ausgehenden Transzendentalismus, aber Synthesis, auch als empirisch gebrochene und diesbezüglich als das historisch sich erzeugende Gattungssubjekt verstanden, bleibt bezogen auf das nur-subjektive Prinzip der Erzeugung. Die transzendental-anthropologische Reinterpretation der Marxschen Theorie muß dann, soweit Arbeit, und d.h. der Funktionskreis instrumentellen Handelns gemeint ist, von der Restituierung der Ding-an-sich-Problematik dergestalt ausgehen, daß der Natur ein »Rest unaufhebbarer Fremdheit«85 anhaften bleibt. Die empirisch gebrochene Synthesis hat an dem Nicht-Angeeigneten und der letztgültigen Fremdheit der äußeren Natur (in einer anderen Weise bezieht sich das auch auf die Identitätsbildung in Hinsicht auf die innere Natur) ihre Grenze. Wird aber eine strikte Differenz zwischen angeeigneter und nicht angeeigneter Natur behauptet, dann bewegen sich sowohl Handeln als auch Wissen entweder nur in einer bleibenden Vorläufigkeit gegenüber der Natur oder sie sind Vorgänge nur über die Erscheinungsformen der Dinge. Im Sinne einer erkenntniskritischen Reinterpretation der 33
Marxschen Theorie und der empirischen Umformulierung des Kantischen Subjekt-Begriffs werden von Habermas entsprechend Arbeitsmaterial, Arbeitsinstrument und lebendige Arbeit mit Empfindungsmaterial, den Verstandeskategorien und der Einbildungskraft bei Kant zu parallelisieren versucht, wobei hier, im Unterschied zur Sphäre der Interaktion, technische Regeln der Synthesis gemeint sind. Die materialistische Theorie ist hier bei Habermas nun dergestalt ins Spiel gebracht, daß sie unter Verweis auf die auf dieser Synthesis aufruhenden Identitätsbildungen der Menschengattung den Fichteschen Begriff der Tathandlung »in die Schranken« verweist, »die durch Kants Transzendentalphilosophie und Darwins Evolutionstheorie gezogen sind«.86 Im Begriff des aus Fichte entlehnten in sich selbst zurücklaufenden Handlungskreises wiederholt sich bei Habermas die FormInhalt-Differenz, die auch den instrumenteilen Handlungskreis prägt. Die von Habermas vorgenommene Differenzierung von Arbeit und Interaktion terminiert hier dergestalt in einer Kritik an Marx, daß das Aneignen, da es immer an »ein Stück kontingenter Natur« 87 gebunden bleibe, nicht, wie bei Marx der sich dadurch nach Habermas um seine Hegel-Kritik bringt -, den Charakter eines in sich zurücklaufenden Prozesses hat. Insofern vermenge Marx Arbeit mit Reflexion, könne »zwischen dem logischen Status der Naturwissenschaften und dem der Kritik nicht«88 unterscheiden. Aber hier gilt, so meine ich, was Marx über den Zusammenhang von Arbeit und institutionellen Rahmen sagt: Daß es eine Tautologie sei, zu sagen, daß »von keiner Produktion, also auch von keiner Gesellschaft die Rede« sein könne, »wo kein Eigentum existiert ...« eine Aneignung, »die sich nichts zu eigen« mache, sei »eine Contradictio in adjecto«.89 Hiermit ist bei Marx die Sphäre gemeint, die bei ihm in den Distributionsformen thematisch wird und die Habermas von der Produktion abkoppeln möchte. Entsprechend der Differenzierung von Interaktion und instrumentellem Handeln ist dann bei Habermas auch das Klassenverhältnis, einzig orientiert an der Distribution der Produkte, wiederum nur eine »Synthesis«, und zwar eine »durch Kampf«. 90 Kampf ist eine von der »Synthesis durch gesellschaftliche Arbeit« zu unterscheidende »Bewegung der 34
Reflexion«. 91 Beide Handlungskreise haben nach Habermas einen historisch-variablen und variationsfähigen Spielraum gegeneinander, wodurch er unter Rekurs auf einen bestimmten Stand der Entwicklung der Produktivkräfte die Notwendigkeit der Veränderung des institutionellen Rahmens zu erklären versucht. Die Kategorie der Totalität als bestimmt historisch gewordene Gesellschaft ist hier nicht mehr Thema.
2. Theorie des kommunikativen Handelns Dieser Position gegenüber ist in der »Theorie des kommunikativen Handelns« die Unterscheidimg von Interaktion und instrumentellem Handeln zugunsten der von Lebenswelt und System aufgegeben. Sie ersetzt gleichsam diese zuvor festgemachte Differenz. Der transzendentallogische Ansatz, von dem noch »Erkenntnis und Interesse« geleitet war, wird in dieser Weise nicht mehr aufgegriffen. Aus der Unterscheidung von System und Lebenswelt erfolgt eine Kritik an der Marxschen und der älteren Kritischen Theorie dergestalt, daß diese, statt von der Differenz von Subjekt-Objekt und Subjekt-Subjekt auszugehen, mehr oder minder selber noch an der SubjektObjekt-Thematik der älteren Erkenntnistheorie in ihrer Kritik an dieser Theorie orientiert gewesen sei. Sie könne insofern nicht zwischen den notwendigen, die kommunikative Vernunft betreffenden Rationalisierungsschüben und Phänomenen der Verdinglichung unterscheiden, die aus dem Übergreifen von Systemimperativen (Macht und Geld) auf die Lebenswelt erfolgen. Habermas geht vermöge seiner evolutionstheoretisch gemeinten Entkopplungsthese von System und Lebenswelt dementsprechend von zwei gegenüber der älteren Kritischen Theorie vorgenommenen Abstraktionsschnitten aus: (a) Von der »Abstraktion der Entfaltung kognitiver Strukturen von der geschichtlichen Dynamik der Ereignisse«. Auf dieser Ebene kann u.a. die Lerntheorie von Piaget für die Gesellschaftstheorie, wie Habermas sie versteht, fruchtbar gemacht werden, da hier von der Einholung des Apriori über lerntheoretisch zu fixierende Entwicklungsstufen ausgegangen wird, mit welchem Kant einfach begann; 35
(b) ergibt sich eine »Abstraktion der gesellschaftlichen Evolution von der geschichtlichen Konkretion der Lebensformen«.92 Hier kann auf die historisch bewirkte Entkopplung von System und Lebenswelt rekuriert werden und damit auf Verdinglichungsphänomene, begriffen nun nicht mehr als Selbstverkehrung der gesellschaftlichen Verhältnisse vermittels einer bestimmten Handlungsstruktur, woraus sich in der älteren Kritischen Gesellschaftstheorie die Kritik des Transzendentalismus ableitet, sondern als innere Kolonialisierung der Lebenswelt. Die Differenz zwischen Lebenswelt und System hat den Charakter einer unter evolutionstheoretischen Gesichtspunkten verstandenen nicht zurücknehmbaren Entität. Daraus folgt nun, gerichtet gegen die ältere Kritische Theorie: »nicht mehr die Erkenntnis und Verfügbarmachung einer objektivierten Natur sind, für sich genommen, die explikationsbedürftigen Phänomene, sondern die Intersubjektivität möglicher Verständigung ... Der Fokus der Untersuchung verschiebt sich damit von der kognitiv-instrumentellen zur kommunikativen Rationalität«.93 System ist dabei als das »Reich der Notwendigkeit«94 begriffen, das bei Marx erst durch Etablierung des »general intellect«95 als besondere Sphäre in Erscheinung tritt. Es ist mit gesellschaftlichen Bestimmungen behaftet - dem Subsystem Wirtschaft und dem politischen Subsystem wie den entsprachlichten Medien Macht und Geld -, deren Verselbständigung bei Marx nicht einen sui-generis Charakter hat, sondern einer bestimmten gesellschaftlichen Produktionsorganisation geschuldet ist, durch deren Aufhebung dann auch allererst Verdinglichung, begriffen als Selbstverdinglichung, obsolet würde. Daran wäre dann ideologiekritisch die Theorie von Habermas zu messen.
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(h) Schlußbemerkungen Bezogen auf die Marxsche Theorie fiele in einer dem Verwertungsinteresse nicht mehr unterstehenden Gesellschaft die Dichotomie zwischen Natur und Gesellschaft tendenziell weg, ohne daß damit die Unterschiedlichkeit zwischen Subjekt und Objekt geleugnet wäre. Aber diese Unterschiedlichkeit müßte sich in einem reziproken Verhältnis artikulieren, dergestalt, daß einerseits die Menschengattung sich als Produkt der Natur sieht, andererseits die äußere Natur gesehen wird als Material zur Bedürfnisbefriedigung der Menschen. Bezogen auf die erkenntnistheoretische Problemstellung heißt das soviel, daß, da das Subjekt, die Menschengattung, notwendig in der Differenz von der Natur als Objekt existiert und sie als Objekt aus dieser vorausgesetzten Differenz begreift, sie nicht positiv vom Zusammengeschlossensein der Natur mit sich selbst ausgehen kann, sondern nur negativ-spekulativ, d.h. über die Entwicklung des wissenschaftlichen Horizontes und der Praxis. Mit diesen etwas kursorischen Äußerungen soll verdeutlicht werden, daß hier also weder die Hegeische Position gemeint ist, wonach der Geist in seinem Anderssein immer schon unter dem Aspekt des Bei-sich-selbst-Seins verstanden ist, noch eine materialistische Ontologie, wonach die Materie, vorgestellt als Subjekt, sich selber differenziert, um sich dann in den Menschen und deren Praxis mit sich selbst zusammenzuschließen, noch aber auch ein prinzipielles Aufeinanderzulaufen von Natur als objektiver und als subjektiver, wie bei Bloch, aber auch in keiner Weise eine strikt transzendentallogische Einstellung. Wie die Natur durch unsere vergegenständlichenden Leistungen hindurch sich über uns und durch uns mit sich selbst zusammenschließt, das können wir nur hypothetisch-prospektiv aufgrund unseres jeweils erreichten Wissensstandes über sie (und darin über uns) formulieren und können hier u.U. rektifizierend verfahren, aber daß unsere vergegenständlichenden Leistungen eine Dimension implizieren, die die universelle Vermittlung von Mensch und Natur der Möglichkeit nach beinhaltet, davon müssen wir ausgehen, soll sich nicht der materialistische Begriff der Tätigkeit und Erkenntnis selbst dementieren.
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Claus Roishausen
Die Traditionalisierung der Kritischen Theorie
In den letzten Jahren haben wir gesehen, wie schnell sich Gesellschaftsstrukturen und Herrschaftssysteme verändern können. Das Modell eines Sozialismus, in der Sowjetunion entwickelt, auf andere Länder übertragen, ist gescheitert. In einem in Deutschland weit verbreiteten konservativen Bewußtsein ist die Sachlage klar - theoretisch war sie es schon immer: nun liegt aber gewissermaßen das Ergebnis eines Großversuchs vor, in dem theoretische Einsichten in praktische Politik und Gesellschaftsplanung umgesetzt wurden. Dieser Großversuch hat, folgt man dieser Interpretation, gezeigt, daß die Marktwirtschaft der Planwirtschaft überlegen ist. Da die Planwirtschaft von Marx »konzipiert« wurde, so der »Spiegel«, ist dessen Theorie selbst gescheitert. Zu bedauern sind nur noch diejenigen, die immer noch auf einen gewandelten Sozialismus hoffen: Der Fürther Ludwig Erhardt, so die einprägsame Formel aus Bayern, hat über den Trierer Karl Marx gesiegt. Die Marktwirtschaft wird dabei zu einem neuen Mythos. Keine andere Ordnimg, formuliert Ernst Günther Vetter in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, ist zur Kontrolle ökonomischer Macht und zugleich zu so weitgehenden sozialen Leistungen fähig wie eine als »Erzkapitalismus« diffamierte freiheitliche Wirtschaft. Aber: Wie ist es mit der Kontrolle ökonomischer Macht? Ist sie in den Funktionsprinzipien dieses Wirtschaftssystems angelegt? Stammen die sozialen Errungenschaften nicht aus sozialen Kämpfen? Mußten sie nicht gegen »marktwirtschaftliche Bewegungsgesetze« erstritten werden? Sind sie denkbar ohne die Friedens-, Ökologie- und Frauenbewegung? Zweifel jedenfalls sind angebracht. Andererseits: Wie steht es um die sozialistische Utopie einer 39
sozialen Demokratie - ein unentfremdetes System gesellschaftlicher Arbeit und eine konsequente Verwirklichung der Menschenrechte? Ist mit der Selbstauflösung der vom Stalinismus geprägten, von Superbürokratien mühsam am Leben erhaltenen Gesellschaftssysteme nunmehr alles zu Ende? War dieser Sozialismus von Anbeginn an zum Scheitern verurteilt? Begann die Verwirklichimg des Projektes verfrüht, am falschen Ort, zu einem falschen Zeitpunkt, nämlich vor einer kapitalistischen Epoche? Die kommunistische Opposition in den realsozialistischen Ländern hat immer wieder betont, daß zwischen dem Sozialismusmodell von Marx und dem sogenannten Realen Sozialismus ein Gegensatz besteht. Marx selbst wollte kein konkretes Bild der sozialistischen Gesellschaft entwerfen. Er untersuchte reale Prozesse und gab Entwicklungstendenzen an; eine Beschreibung idealer Zustände, Gesellschaftsplanung und detaillierte Überlegungen über das Funktionieren der zukünftigen Gesellschaft waren für ihn aus methodischen Gründen ausgeschlossen. Gerade damit grenzte sich sein wissenschaftlicher Sozialismus gegenüber dem utopischen Sozialismus seiner Vorgänger ab - er war und ist eine Kritik bestehender Verhältnisse. Die zukünftige Gesellschaft sollte funktionieren, wenn erst einmal ihre Grundlagen geschaffen waren. Abschaffung des Privateigentums und Aufhebung der Entfremdung, wirkliche Aneignung, in der die Individuen zu Besitzern von Dingen werden, die ihnen entfremdet gegenüberstehen. Kommunismus sollte - wie Engels es formulierte - die Lehre von den Bedingungen der Befreiung des Proletariats sein, die theoretischen Ausdrücke der Kommunisten »allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse« - eines existierenden Klassenkampfs, einer vor ihren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung. Daher können Revolutionen nicht unabhängig von Umständen gemacht werden. In einer demokratischen Staatsverfassung sollte direkt oder indirekt die politische Herrschaft des Proletariats gesichert werden - in allen zivilisierten Ländern. In der Zukunftsgesellschaft - so die wenigen Andeutungen sollten alle Produktionszweige für gemeinschaftliche Rechnungen nach gemeinschaftlicher Planung und unter Beteiligung aller Mitglieder der Gesellschaft betrieben werden: Klassenun40
terschiede werden damit überwindbar, die Existenz des Proletariats legt nicht mehr Zeugnis ab vom »völligen Verlust des Menschen«. Auf der Grundlage einer entwickelten Produktion und Produktivität der Arbeit gibt es keine Ungleichheit, kein »Vorrecht des Besitzes und des Genusses«(Marx). Die Entwicklung eines Sowjetmarxismus ist der Versuch, die Marxsche Theorie mit einer historischen Situation zu versöhnen, die selbst den wenigen Andeutungen für den Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus nicht entspricht. Lenin versucht, am klassischen Begriff des revolutionären Proletariats festzuhalten, ihn jedoch gleichzeitig mit einer Theorie der Arbeiteraristokratie und einer Avantgarde, gleichsam einer revolutionären Vorhut zu verbinden. Die These, daß das Klassenbewußtsein dem Proletariat von außen beigebracht werden muß, nimmt eine Entwicklung vorweg, in der es zum bloßen Objekt eines revolutionären Prozesses wird. Die Entwicklung des Marxismus zur Legitimationswissenschaft real-sozialistischer Herrschaftssysteme kennzeichnet das Interesse an deren Rechtfertigung, eine ohne Subjektivität und klassenbewußtes Handeln gedachte Emanzipation und eine mit einem ontologischen Gewißheitsanspruch belastete »Naturwissenschaft« von der Gesellschaft. Das Marxsche Denken wurde in einer Veränderung seiner grundlegenden Kategorien und seiner praktischen Absicht zu einer materialistischen Weltanschauung herabgesetzt - nicht mehr in der Lage, fortdauernde und neu entstehende Gewaltverhältnisse zu analysieren. Die Kritik der politischen Ökonomie wurde in einer positivistischen Umbildung zur Rechtfertigung eines der ursprünglichen Akkumulation vergleichbaren Industrialisierungsprozesses. Technik wurde, in der sowjetmarxistischen Version, von den ökonomischen Organisationsformen des Produktionssystems und der Produktivkräfte abgelöst und zu einer unabhängigen Variablen der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Reduktion der Reflexion auf Produktion, auf den Umkreis instrumenteilen Handelns wird in der Weltanschauung des Sowjetmarxismus mit der Konsequenz formuliert, daß naturwissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Erkenntnis nicht mehr unterscheidbar sind. Produktivkräfte werden zum Instrument einer neuen sozialen Kontrolle miteinander weltweit konkurrierender industrieller Gesellschaften (Marcuse). 41
Verdinglichung fand Marx in der Struktur des Warenverhältnisses der auf Lohnarbeit beruhenden Produktionsweise. Die mit der fortschreitenden Kapitalisierung der Gesellschaft verbundene Bewußtseinsstruktur kann aufgehoben werden, wenn die »richtige« Erkenntnis der Gesellschaft zur unmittelbaren Selbstbehauptung einer Klasse wird, die universale Interessen verfolgt. Für Georg Lukács wird der kritische Gehalt der philosophischen Einsicht in der Theorie des proletarischen Klassenbewußtseins wirksam. Zwar stiften Arbeitsteilung und Mechanisierung der Produktion keinen Zusammenhang der einzelnen Individuen untereinander, der Kampf der Arbeiter um die Arbeitszeit macht virtuell aber die Objektrolle des sich als Ware objektivierenden Menschen durchsichtig. Mit der Selbsterkenntnis als Ware ist für Lukács eine gegenständliche Veränderung am Objekt der Erkenntnis selbst verbunden. Der Fetischcharakter jeder Ware gibt den Kern, nämlich die Beziehung zwischen Menschen, frei. Solange das Proletariat freilich in einer ideologischen Krise befangen ist, übenimmt die Theorie die Rolle des wirklichen Selbstbewußtseins. Die Vorstellung einer naturgesetzlichen gesellschaftlichen Entwicklung verleiht auch einem autoritären Voluntarismus die Weihe einer historischen Notwendigkeit. Eine zentralistische Kaderpartei interpretiert schließlich autoritativ die Realität: die kommunistische Partei, schließlich ihr Zentralkomitee, wird der alleinige Garant dafür, daß ein idealtypisch vorgestelltes Klassenbewußtsein auch umgesetzt wird.1
I Schon zuvor sprachen nach der Überzeugung von Jürgen Habermas Fakten gegen Marx, historische Entwicklungen, die er in der Erfahrungsdimension seiner sozialen Realität nicht vorfinden konnte. Die russische Revolution und die Etablierung des Sowjetsystems zeigen das Bild einer abgekürzten Industrialisierung für Entwicklungsländer, die in die Legalität einer Parteidiktatur geführt hat. In kapitalistischen Gesellschaften bedarf der Bereich des Warenverkehrs und der gesellschaftlichen Arbeit zunehmend der zentralen Lenkung und Verwaltung. Staat und Gesellschaft können daher, wie Habermas 42
bündig konstatiert, nicht länger mehr im Verhältnis von Überbau und Basis begriffen werden: eine Betrachtungsweise, welche die ökonomischen Bewegungsgesetze der Gesellschaft methodisch isoliert, kann nur solange beanspruchen, den Lebenszusammenhang der Gesellschaft zu erfassen, als Politik von der ökonomischen Basis abhängig ist und diese nicht umgekehrt auch schon als eine Funktion politisch ausgetragener Konflikte begriffen werden muß. Das Interesse an der Emanzipation der Gesellschaft artikuliert sich nicht mehr unmittelbar in ökonomischen Ausdrücken. Entfremdung habe die ökonomisch sinnfällige Gestalt des Elends eingebüßt. Schließlich sei der Ausschluß von der Verfügung über Produktionsmittel nicht mehr mit dem Entzug von sozialen Leistungen derart verbunden, daß diese objektive Lage auch subjektiv erfahren und in Handlungen umgesetzt werde. Zudem habe die Ausdifferenzierung der Sozialwissenschaften und ihre akademische Etablierung die Frage einer rationalen Begründung von Kritik gestellt.2 Sicher trifft es zu, daß für Marx die Arbeiterklasse die historische Mission hatte, die Vorgeschichte zu beenden, Geschichte mit dem Ausblick auf das Reich der Freiheit überhaupt erst zu beginnen und daß sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat. Auch für das Wahrnehmen der mit der Stellung im Produktionsprozeß verbundenen Erkenntnischance, Gesellschaft als Totalität zu durchschauen und in ihr handlungsfähig zu werden, gibt es kaum empirische Anhaltspunkte. Die Marxsche Analyse des Fetisch-Charakters der Ware, der Blockierung von Erfahrungs- und Handlungspotentialen - so scheint es - bedarf der Ergänzung und Konkretisierung durch eine Analyse der Bewußtseinsformen des Proletariats. Zwar zerstörte Marx mit der Analyse der Logik der Kapitalentwicklung den Schein der Freiheit, mit dem das Institut des Arbeitsvertrages das dem Lohnarbeitsverhältnis zugrundeliegende Gewaltverhältnis unkenntlich gemacht hatte, und entfaltete den Begriff der Produktion als Grundlage des materiellen Lebensprozesses, entwarf den Reproduktionsprozeß als differenzierte Einheit von Produktions- und Verwertungsprozeß unter Einbeziehung des Alltagsbewußtseins der Handelnden, verwies auf Situationsdeutungen, die sich im Medium einer durch strukturelle Repression erzeugten Erfahrung verändern. Aber: Alles, was dem Ka43
pital nicht unmittelbar zur Verwertung dient - Bewußtsein, Wille, Bedürfnis - hat keinen Vorrang in der Analyse. Ein gesellschaftstheoretischer Ansatz, der die »Selbstmißverständnisse« aufklären will, denen Marx unterlag und die »neuen« Reproduktionsbedingungen erklären kann, soll zu einer Gesellschaftstheorie des 20. Jahrhunderts führen: eine Theorie kommunikativen Handelns muß den Bezug auf eine proletarische Massenbewegung nicht mehr systematisch in Anspruch nehmen. Unter dem Eindruck des Faschismus und Staatssozialismus waren für die kritische Theorie von Horkheimer und Adorno sowohl die Perspektive einer praktischen Orientierung als auch einer befreiten Rationalität verstellt. Die Geschichtsphilosophie Adornos rekonstruiert historische Entwicklungen als rückläufige Anthropogenese. Die naturbeherrschende Rationalität weitet den Verdinglichungszusammenhang aus: gegenüber der instrumentellen Rationalität gibt es keinen Fluchtpunkt, ja die Theoriebildung selbst muß aus politischen Interessenzusammenhängen gelöst werden, sich von dem »empirischen Bewußtsein« des Proletariats distanzieren, um Reste kritischen Bewußtseins überhaupt erst bewahren zu können. Im Spätkapitalismus, einer Gesellschaft totaler Verdinglichung, widersteht nur eine Theorie des Gehalts von Kunstwerken und der negativen Totalität: Das Kunstwerk nimmt eine Erfahrungsform in Anspruch, die nicht von der herrschaftlichen Realitätsaneignung dominiert wird, philosophische Kritik kann im Medium des Denkens dessen Herrschaftslogik aufzeigen. Habermas teilt beide Motive nicht. Er erneuert den Anspruch der klassischen politischen Wissenschaft, Antworten auf die Frage geben zu können, was in einer bestimmten historischen Situation getan werden kann und muß. Er macht die ursprüngliche Intersubjektivität gegen eine bewußtseinsphilosophische Konstruktion von Gesellschaft geltend. Er folgt der Kritik der instrumenteilen Rationalität nur bis zu dem Punkt, an dem evolutionäre Leistungen von Gesellschaftssystemen und der Eigenwert mediengesteuerter Subsysteme aus dem Blickfeld geraten, die er in der soziologischen Theorietradition und in der Wirklichkeit realisiert sieht. Er orientiert sich systematisch an der neueren Tradition soziologischen Denkens und setzt sie 44
umstandslos mit Erkenntnisfortschritt gleich: eine neue »Realabstraktion« bestehe darin, daß sich Integration nicht mehr im Medium des Tauschwerts, sondern über Normen und Werte oder Prozesse der Verständigung vollzieht. Die Werttheorie bietet keine Grundlage für ein Konzept der Verdinglichung, das es gestatten würde, Syndrome der Entfremdung relativ zum jeweils erreichten Grad der Rationalisierung in der Lebenswelt zu identifizieren; sie sei die Überverallgemeinerung eines speziellen Falls der Subsumtion der Lebenswelt unter Systemimperative und erlaube schließlich keine Unterscheidung zwischen der Auflösung traditionaler und der Zerstörung posttraditionaler Lebenswelten; die Abstimmung von Handlungsorientierungen muß von Mechanismen unterschieden werden, die nicht intendierte Handlungszusammenhänge über die funktionale Vernetzung von Handlungsfolgen stabilisieren. Die Integration eines Handlungssystems wird in einem Fall durch einen normativ gesicherten oder kommunikativ erzielten Konsens, im anderen Fall durch eine über das Bewußtsein der Aktoren hinausreichende nicht-normative Regelung von Einzelentscheidungen hergestellt.4 Habermas erkennt in kapitalistischen Wirtschaftssystemen ein fortgeschrittenes Niveau der Systemdifferenzierung eigenen Rechts. Für ihn wird daher die Frage bedeutsam, wann das Wachstum des »monetär-bürokratischen Komplexes« Handlungsbereiche berührt, die nicht ohne pathologische Nebenwirkungen auf systemintegrative Mechanismen umgestellt werden können. Diese Grenze wird für ihn mit dem Eindringen systemischer Imperative in Bereiche der kulturellen Reproduktion, der sozialen Integration und der Sozialisation überschritten. Habermas projiziert das Problem, Gesellschaften als System und Lebenswelt zu konzipieren, auf die Marxsche Gesellschaftstheorie zurück. Nicht neuere Entwicklungen hätten diese Problemstellung hervorgebracht, sie habe sich schon für Marx gestellt, nur habe dieser sie einseitig mit der Konstruktion einer fetischisierten Totalität gelöst. Gewissermaßen unterhalb eines Prozesses der Verdinglichung lebendiger Arbeit sei das kapitalistische Wirtschaftssystem nicht nur eine neue Formierung von Klassenverhältnissen, sondern ein fortgeschrittenes Niveau der Systemdifferenzierung eigenen Rechts: daher soll eine 45
Vergegenwärtigung der Lebenswelt erklären, was es für die symbolische Reproduktion des Lebens bedeutet, wenn kommunikatives Handeln von mediengesteuerten Interaktionen abgelöst und die handlungskoordinierenden Funktionen der Sprache durch Medien wie Geld und Macht abgelöst werden. Weber hat in der Perspektive von Habermas eine Rationalisierung der Lebenswelt gegenüber der von Wirtschaft und Staat vernachlässigt. Die Theorie der Verdinglichung wird durch die fehlgeschlagenen Revolutionen und die Integrationsleistungen der fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaften dementiert. In der Kritik der instrumentellen Vernunft nimmt Theorie nur noch kontemplative Züge an. Demgegenüber faßt Habermas Versöhnung in den Begriffen einer unversehrten Intersubjektivität und einer ungehinderten symbolischen Reproduktion der Lebenswelt. Soziale Protestbewegungen verteidigen in der Habermasschen Perspektive bedrohte Lebensweisen und deren Kern, die kommunikative Rationalität. Für Bewegungen, die alternative Lebens- und Arbeitsformen zum Ziel haben, treffen diese Annahmen sicher zu: schon für die Anti-Kernkraft- und Ökologie-Bewegung werden sie problematisch. Habermas müßte hier seine These umkehren und eine Kolonisierung der Svsteme durch Lebensweltimperative konstatieren, denn nur auf den ersten Blick scheinen diese Bewegungen keine neuen Lebensbedürfnisse verwirklichen zu wollen. Sie richten sich jedoch auf andere Auffassungen von Recht und Moral, individuelle Freiheit, Selbstverwirklichung und Kreativität - auf eine andere Vergesellschaftungsform insgesamt. Gerade weil sie eine andere Vergesellschaftungsform zum Ziel haben, richten sie sich gegen die Folgen von Arbeitsprozessen, die Gesundheit und Leben, ja die Reproduktion der Menschheit bedrohen - sie zielen auf das destruktive Steuerungspotential des Systems selbst. Diese Formen politischer Praxis tendieren dazu, neue selbstbestimmte Formen von Vergesellschaftungsprozessen zu etablieren. Habermas müßte einerseits erklären können, wie vom Boden der rationalisierten Lebenswelt Formen von Vergesellschaftung entstehen, die die aus seiner Sicht abgekoppelten mediengesteuerten Subsysteme wieder einholen könnten. Er müßte andererseits zeigen können, daß der gemeinsame lebensweltliche Vorrat von Symbolen so 46
weit reicht, daß Strategien und Entscheidungen über Reproduktionsbedingungen selbst noch zwanglos aus ihm hervorgehen. Wie wir aus der Praxis der Bewegungen wissen, ist dies nicht der Fall. Die Rationalisierung der Lebenswelt läßt sich nach Habermas von den Anfängen der Kultur bis in die moderne Zeit feststellen. Aus einem mythischen Denkgebilde, in dem Natur und Kultur noch verbunden sind, hat sich die Lebenswelt in Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit ausdifferenziert. Die in den Verständigungsformen der Lebenswelt verankerte kommunikative Vernunft sei eine Gestalt der Vernunft in der Geschichte, unsere Aufgabe bestehe darin, Kräfte zu identifizieren, welche die Interaktionsteilnehmer zwanglos dazu bringen, rational motivierte Bindungen einzugehen. Nur um den Preis von Krisen und Pathologien, könne verständigungsorientierte Interaktion als sprachliches Medium, der Handlungskoordinierung außer Kraft gesetzt werden. Diese umfassende Vorstellung einer einheitlichen Sprache und Kultur und der damit gegebenen Möglichkeit der Verständigung ist aus der Perspektive von Herrschenden in der Sprache von Herrschenden selbst formuliert. In realen Gesellschaften finden sich viele Lebenswelten und Sprachen, haben nicht-sprachliche Elemente wie Gestik und Mienenspiel eine ebenso hervorragende Rolle wie unterschiedliche Bedeutungen. »Gemeinsam« waren in vorkapitalistischen Gesellschaften nur modern gesprochen - »höchste Werte« und »Feinde« Für die Unterschichten gab es nur einen Feind: die Oberschicht. Schon die Ableitung von Verhaltensanforderungen aus Werten war umstritten und sozial-strukturell gebrochen. In der für uns überschaubaren Geschichte finden an den »Grenzen« zwischen Unter- und Oberschichten die heftigsten Auseinandersetzungen statt; nur aufgrund äußerer Bedrohungen haben sich diese Gesellschaften über längere Zeiträume erhalten. Die Implikationen von Erkenntnis - reine Wissenschaft und unverzerrte Interaktion - waren schon in der antiken Auffassung an die unmittelbare Herrschaft über die Produzenten, an die Sklaverei gebunden; Gerechtigkeit und gutes Leben waren in der klassischen politischen Philosophie und in der Realität des Stadtstaates auf die freien Polis-Bürger beschränkt. Das Funda47
ment der Feudalsysteme bildeten die machtlosen Bauern. So sehr sich die höheren und niederen Lehnsherren untereinander bekämpften - als in sich abgeschlossene Schicht verband sie die Verteidigung der Interessen gegenüber dem Nicht-Adel, symbolisiert in einem bestimmten Begriff von Ehre und standesgemäßem Verhalten. Beispiel für eine gemeinsame Lebenswelt zwischen Herrschern und Beherrschten war die Kirche, beruhend auf einem praktischen Machtzuwachs durch den Glauben der Menschen und die schwer bestreitbare Legitimation »Gott«. Auflösungstendenzen finden sich nicht in den Vernunftpotentialen kommunikativen Handelns, sondern in materiellen Prozessen, in der Konkurrenz unter den Lehnsherren und in der wachsenden Unabhängigkeit der Lehnsleute, der »Kapitalisierung« der Frondienste, in einem Mißverhältnis zwischen der Herausgabe von Münzen und der Produktion von Gütern - einer wie wir heute sagen würden: schleichenden Inflation. Eigentum, Handel, Verkehrs- und Sprechfreiheit wurden aus der materiellen Lage der Eigentümer heraus begründet. Die bürgerliche Sozialphilosophie trennt praktisches Handeln und zweckrational aufgefaßte Systeme gesellschaftlicher Arbeit. Der Naturzustand, der für Hobbes logisch der bürgerlichen Gesellschaft vorausging, zeigt die historisch erworbene Natur des Menschen: die Institutionalisierung von Machtbeziehung grenzt Konkurrenz, Mißtrauen und Ruhmsucht ein. Gerechtigkeit erscheint als Gerechtigkeit des Marktes, gestützt durch interne Klugheitsregeln. Ich kann daher nicht sehen, daß die These der Rationalisierung der Lebenswelt eine historische Problemlage zutreffend erfaßt und worauf sich das universalistische Medium der argumentativen Rede stützt. Vielmehr wird hier der Autonomieanspruch der traditionellen Theorie im Hinblick auf die Gleichsetzung von Selbstreflexion und gesellschaftlicher Emanzipation erneuert. Wenn Gesellschaftstheorie als Selbstkonstituierung der Gattung durch Arbeit und Klassenkampf begreifbar bleibt, kann sie nicht als Selbstreflexion allein entworfen werden. Vielmehr rückt das Verhältnis von Handlungsfolgen und Systemmechanismen und deren wechselsei48
tiger Beeinflussung, die Emanzipation von der Natur und gewaltförmigen Institutionen ins Blickfeld.
II Habermas begreift die Marxsche Theorie als eine erfahrungswissenschaftlich orientierte Kritik der politischen Ökonomie und empirisch kontrollierte Theorie der Gesellschaft - in diesem Sinn als einen Vorgriff auf die modernen Sozialwissenschaften. Diese Einschätzung wird für mich gerade durch die Entwicklung der Sozialwissenschaften selbst nicht gestützt. Die Marxsche Theorie ist eine kritische Vergegenwärtigung der Grenze sozialwissenschaftlicher Erkenntnis und Kritik der bestehenden Verhältnisse. Sie hebt hervor, daß das Ganze, wie es im Kopf als »Gedankenganzes« erscheint, ein Produkt des denkenden Kopfes ist, der sich die Welt in der ihm einzig möglichen Weise aneignet, daß aber das reale Subjekt außerhalb des Kopfes in seiner Selbständigkeit bestehen bleibt, die Gesellschaft als Voraussetzung stets der Vorstellung vorschweben muß, Kategorien, Daseinsformen, Existenzbestimmungen, oft nur einzelne Seiten dieser bestimmten Gesellschaft sind. Marx öffnet die Perspektive einer Reproduktionstheorie, die ideologiekritisch gegen das Selbstverständnis der bürgerlichen Gesellschaft und praktisch gegen ihre eigenen Reproduktionsbedingungen gerichtet ist. Die materialistische Weltperspektive verbindet die Analyse einer Logik der ökonomischen Entwicklung mit deren Einbettimg in Herrschaftsverhältnissen und kritisiert in den realen ökonomischen Verhältnissen eine den gesamten Lebensprozeß umfassende Wissenschaft, in der sich das Selbstverständnis der bürgerlichen Gesellschaft zwanglos ausdrückt: Eine kritische Reflexion der Kategorien der bürgerlichen Ökonomie, welche die Differenzierung von Wesen und Erscheinung für sich in Anspruch nimmt, übersetzt die vorfindbaren absoluten Begriffe in die materialistische Kritik der politischen Ökonomie. Marx konnte an die klassische politische Ökonomie anknüpfen, weil deren Erkenntnisprogramm auf den inneren Zusammenhang der bürgerlichen Gesellschaft gerichtet war. Die 49
Möglichkeit der wissenschaftlichen Abstraktion ist an eine Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung gebunden, die Ablösung des Arbeitsvermögens von der Individualität des einzelnen. Die Verdinglichung der Produzenten zu Trägern abstrakter Arbeit motiviert für Marx die Kritik eines doppelten Positivismus: eine Kritik an der Objektivität gesellschaftlicher Verhältnisse und eine Kritik des bisherigen Wissens als Positivismus, der diese gesellschaftlich gewordene Objektivität als naturähnlich verlaufenden Konstitutionsprozeß der Gattung begreift. In der Form des Bewußtseins zeigt sich, daß den Menschen die gesellschaftliche Objektivität, die sie praktisch hervorbringen, nicht als solche zugänglich ist: Die Warenformen spiegeln das Verhältnis der Produzenten als außer ihnen existierendes Verhältnis von Gegenständen. Die Verwandlung von Wert und Preis der Arbeitskraft in die Form des Lohnes verschleiert das zugrundeliegende wirkliche Verhältnis und setzt Mystifikationen, denen Arbeiter und Kapitalisten gleichermaßen unterliegen. Wissenschaftliche Tätigkeit muß daher die Mystifikationen bestimmter Produktionsweisen entschleiern und die auf der Oberfläche festgestellten Beziehungen systematisch auf Produktionsbedingungen beziehen. 5 Wir können die Reflexion gesellschaftlicher Totalität auch und insbesondere angesichts der heutigen Verfassung der Sozialwissenschaften verteidigen. Aus der wissenschaftstheoretischen Diskussion ist nämlich die Einsicht hervorgegangen, daß die methodologischeAbsicherung der Gewinnung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse entweder konventionalistisch oder zirkulär ist. 1. Für die Konzeption objektiven Wissens, wie sie Popper am konsequentesten vertritt, muß im Medium der Wissenschaftssprache ein bindender Beschluß gefaßt werden, mit dem sich die beteiligten Wissenschaftler ihrer intersubjektiven Übereinstimmung am Endpunkt eines Prüfverfahrens versichern, da es auf die logische Analyse von Theorien begrenzt ist. Sie müssen auf der unsicheren Grundlage einer normativen Methodologie zu einem revisionsfähigen Konsens über Basissätze kommen. Wenn die Objektivität der Wissenschaft in dieser Weise an die der 50
kritischen Methode gekoppelt wird, die zwanglos aus einem Diskurs der Forscher hervorgehen soll, wird die deduktive Logik als Organon der Kritik und die Dezision über den Zweck wissenschaftlicher Theorien nicht weiter in Frage gestellt.6 2. Weber eröffnet die theoriestrategische Dimension der Idealtypisierung, die ein Verfahren der Theoriebildung kennzeichnet, das sich auf eine von ihm so gefaßte Wirklichkeit als chaotische Mannigfaltigkeit unendlich zahlreicher Einzelergebnisse und Einzelakte richtet. Diese Einzelergebnisse sollen in kausaler Relation zueinander stehen; Subjekte verleihen dieser Wirklichkeit wertbezogen Sinn und bringen damit Kulturwirklichkeit hervor. Das Verhältnis der systematischen Kulturwissenschaften zu dieser Wirklichkeit wird durch Wertbeziehungen, die als Erkenntnisinteressen gefaßt werden können, gesteuert. Die der pointierenden Abstraktion folgende Idealtypisierung führt zu »Gedankengebilden«, an denen die Wirklichkeit gemessen werden kann. Die Rückbindung des Wertbezugs an die Kulturwirklichkeit soll Aussagen »wissenschaftlich« absichern. Weber kann aber auf die entscheidende Frage, welche Werte - in Abwägung gegenüber anderen - kulturbedeutsam sind, keine Antwort geben und muß deren faktische Wirksamkeit unterstellen, weil es für ihn kein in den Phänomenen liegendes Merkmal gibt, einen Teil von ihnen »als in Betracht kommend« auszusondern. Das Postulat der Wertbeziehungen gilt der Explikation normativer Voraussetzungen von Forschungsprozessen in einer unreflektierten und »nicht mehr den Bereich der Wissenschaft« zugehörigen Weise: Weber zieht daraus keine Konsequenzen auf der Ebene der Forschungslogik. Vielmehr gewinnen die methodisch korrekte Beweisführung und die logische Analyse von »Idealen« scheinbar universale Gültigkeit. Für diese pragmatische Entscheidung über den Forschungsgegenstand bleiben theoretische Gesichtspunkte, welche die Untersuchungen anleiten, dem faktischen Forschungsprozeß äußerlich; jener bestätigt vielmehr Leerstellen innerhalb eines Begriffsapparates, den wir in jenem Spotlicht überblicken, das von den 51
Wertideen auf die Kulturprobleme fällt. Die für die Theoriebildung konstitutive implizite Geschichtsphilosophie der Rationalisierung aller Lebensbereiche, auf deren Hintergrund Weber den Status des zweckrationalen Handelns bestimmt, ist in ihrer Angemessenheit kaum überprüfbar, weil Weber Wertideen von ihrer Funktion löst, konstitutiv für Wissenschaft selbst zu sein und damit ihren metatheoretischen Status aus dem Blickfeld verliert.7 3. Das auf die »transzendentale Kommunikationsgemeinschaft« gestützte Modell der Erkenntnis eröffnet die Perspektive auf Sinnverständnis und auf die Bindung an antizipierte Situationsdeutungen und Normen, die in Sozialisationsprozessen übenommen werden und wechselseitiges Handeln stabilisieren. Wir treffen Entscheidungen über Informationen noch innerhalb des Sprachspiels einer transzendental aufgefaßten Kommunikationsgemeinschaft. Die Entscheidung bedeutet mithin die Anwendung tradierter Regeln und ihre Konkretisierung im Hinblick auf Einzelfälle. Der Gang der Gang der normalen Wissenschaft kann diesem Muster der Konkretisierung und Anwendung so lange folgen, wie die intersubjektive Verbindlichkeit noch nicht in Frage gestellt ist und muß erst bei einer wissenschaftlichen Krise das Vorverständnis über neue Sinnentwürfe herstellen.8 Wir können nicht von einer ontologischen Unabhängigkeit des Erkenntnisobjekts Gesellschaft ausgehen, uns in der Forschungspraxis nicht auf die spezifischen Untersuchungsziele und die Relevanz von Beobachtungen beschränken. Wir sind vielmehr gezwungen, uns über den Sinn dieser Praxis und des Forschungsprozesses zu verständigen und zu verstehen, worauf sich die empirische Geltung von Hypothesen überhaupt bezieht. Gesellschaft als Subjekt der Sozialwissenschaften geht nicht auf internalisierte Regeln und gemeinsame Situationsdeutungen zurück, sondern auf Produktion und Herrschaft. Theorien müssen wissenschaftliche und kulturell sinnstiftende Traditionen ideologiekritisch aufnehmen und gesellschaftliche Totalität in ihrer Reproduktion durch Arbeit, als Macht und Aneignungs52
Verhältnis reflektieren. Das Begreifen der einzelnen Tatsachen des gesellschaftlichen Lebens als Moment einer Totalität ermöglicht die Erkenntnis der Wirklichkeit: Totalität ist die eigentliche Wirklichkeitskategorie, sie ist wirklich, ohne ein Faktum zu sein. Der Vergesellschaftungsmodus menschlicher Arbeit kombiniert Handlungen zu einer sich reproduzierenden Totalität, ohne selbst intentional verfaßt zu sein. Diese Totalität ist fetischisiert, weil die Warenformen das gesellschaftliche Verhältnis von Produzenten als außer ihnen existierendes Verhältnis von Gegenständen spiegelt. Jede Gesellschaftstheorie ist ein - wie immer implizites Modell wissenschaftlich-technischen Fortschritts, politischer Herrschaft und gesellschaftlicher Reproduktion. Die Interpretation des abendländischen Rationalisierungsprozesses stützt sich in ihrer normativen Variante auf die Durchsetzung des Leistungsprinzips, die Verallgemeinerung staatsbürgerlicher Gleichheitsrechte, die Ausbildung gesellschaftlicher Stabilität und die Entfaltung eines ökonomischen Rationalismus. In ihrer technokratischen Variante wird die Zivilisation in dem Maß wissenschaftlich, in dem die durch wissenschaftliche Methoden gewonnenen Ergebnisse zu Voraussetzungen gesellschaftlicher Praxis werden. In einer gleichsam anthropologischen Unterströmung wird Herrschaft als unablösbares Moment der Gattung bei einem freilich immer konfliktloseren Ausgleich von Machtlagen und einer zunehmenden Entpolitisierung gedeutet. Die theoretische Konstruktion von Sanktionsmechanismen versagt freilich vor der Erklärung der Institutionalisierung faktischer Herrschaftsverhältnisse. Die technokratische Annahme einer Auflösung politischer Herrschaft in der Verwaltung von Arbeitsprozessen rechnet damit, daß wir Zwecke autonom setzen können und Ziele unabhängig von verfügbaren Mitteln bestimmen. Die Erklärung des Verhaltens auf dem Boden von Motiven und Wertorientierungen sieht von sozialstrukturell begründeten Zwängen ab und muß eine Dauerregulierung ökonomischer Prozesse unterstellen. Mit der Werttheorie zeigt Marx, daß es kein vernünftiges Allgemeines mehr gibt, das als zwanglose, nicht-repressive Macht der Vereinigung im gesellschaftlichen Ganzen wirksam wäre. Die Pointe der evolutionstheoretischen Rekonstruktion 53
des historischen Materialismus durch Habermas, daß nämlich gesellschaftliche Reproduktion in wachsendem Ausmaß des vernünftigen Konsens aller Beteiligten bedarf, bedeutet das Gegenteil. Wo ist das vernünftige Allgemeine, das wir heute verteidigen und von dem wir uns eine eine wirksame Korrektur der »erblindeten Selbsterhaltung« (Habermas) versprechen können? Wir wissen seit Hobbes, daß die vertragstheoretische Konstruktion, in der die Macht einzelner an den Souverän abgetreten wird, die Logik instrumentellen Handelns und kluger Anpassimg verschleiert, der die Interaktion von Subjekten in einer Eigentumsmarktgesellschaft folgt. Wir wissen seit Smith, daß Menschen, deren Handlungsmotiv die Verbesserung der eigenen Lage ist, Institutionen hervorbringen können, die ihren Interessen und dem gesellschaftlichen Fortschritt gleichermaßen dienen. Wir wissen seit der Marxschen Kritik, daß Institutionen repressiv und entfremdet sind, gesellschaftlicher Fortschritt sich in der Logik der Kapitalentwicklung vollzieht: daß falsches Bewußtsein, Ideologie, durch diese Entwicklung hervorgebracht und stabilisiert wird. Wir wissen seit Weber, daß Vernunft historisch als Legitimitätsglaube fungiert - als faktisch wirksame Illusion der Beherrschten. Wir wissen seit Habermas, daß die bloße Behauptung von Rationalität und kommunikativer Vernunft eine politische Ökonomie von Herrschaftssystemen aus der sozialwissenschaftlichen Analyse ausspart; wir wissen aus ihrer Kritik, daß sie die Ideologie einer Gesellschaftsform ist, in der die Möglichkeit kommunikativen Handelns begrenzt, Individualität zum Anhängsel einer vernunftlosen Selbsterhaltung geworden ist. Wir wissen auch, daß es keinen Anlaß dafür gibt, die bisherige gesellschaftliche Entwicklung als Festlegung evolutionär möglicher Entwicklungen zu begreifen. Das Reich der Freiheit, sollte es denn möglich sein, erscheint sicher nicht nur in den zerbrochenen Spiegeln kapitalistischer Systeme. Gegenüber den Methodologien einer Wissenschaft, welche Hypothesen im Erfahrungszusammenhang einer kollektiven und solidarischen Aneignung der Natur entwickelt, können wir nicht, wie Habermas, an der Unschuld instrumentellen Handelns und der historischen Unüberholbarkeit von Technik als eines Projekts der 54
Menschengattung insgesamt festhalten. Warum sollten alternative Einstellungen zur Natur und neue Organisationsformen des Wissens nicht möglich sein? Wenn freilich Arbeitsprozesse nur noch nach dem Muster einer zweckrationalen Verfügung über Natur begriffen werden, wird die auf einen technologischen Kernprozeß reduzierte Natur und die auf ein invariantes Handlungssystem begründete Industrie zur Schranke für Utopien: die Geschichte der Industrie wäre das »Buch der menschlichen Wesenskräfte«, nicht die Geschichte ihrer Entfremdung; Aufklärung käme gleichsam in den Reservaten eines selbstgenügsamen und autonom fortschreitenden Wissenschaftssystems zu ihrem Ende, in denen Wissenschaft eo ipso Aufklärungswissen hervorbringt. Eine Paradigmenkonkurrenz kann sich - wie mir scheint - nicht auf die wechselseitige Kritik von Sprachspielen beschränken, auf eine immer wieder neue Ordnung semantischer Strukturen, sondern muß die Perspektive einer Krisenwissenschaft wieder öffnen, die Wissenschaftskritik ebenso einschließt wie die Kritik der Reproduktionsmechanismen dieser Gesellschaft selbst. Anhaltspunkte dafür bietet die akademische Diskussion. Die Dimension gesellschaftlicher Objektivität und Entfremdung findet sich in der Feststellung von Emergenzeffekten und paradoxen Effekten. Die Selbstkritik der voluntaristischen Handlungstheorie ist bis zur Leerstelle der nicht-intendierten Folgen sozialen Handelns vorangekommen; sie reagiert damit auf paradoxe Effekte, die sich aus dem Zusammentreffen individueller Verhaltenssequenzen ergeben, ohne von den Akteuren beabsichtigt zu sein. Habermas weist die These von Horkheimer und Adorno zurück, daß sich der durch die bürgerliche Vergesellschaftung bewirkte Erkenntnisfortschritt in sein Gegenteil verkehrt: Die Eigenlogik von Gegenstandsbereichen und die Fiktion einer voraussetzungslosen Analyse der sozialen Wirklichkeit bedeuten deren unkritische Reproduktion. In der Anhäufung isolierten Detailwissens wird eine Erklärung der Gesellschaft immer weniger geleistet, wird der Rationalitätsbegriff schließlich selbst eingeschränkt. Angesichts dessen liegt es nahe, die Kritik der politischen Ökonomie von Marx in einer historisch reflektierten Einstellung auf sich selbst zu beziehen und dadurch weiter zu entwickeln. Horkheimer ist überzeugt, daß sie deshalb einen 55
hervorragenden Ausgangspunkt bietet, weil die Gesetze einen übergreifenden Struktur- und Funktionszusammenhang bezeichnen, dessen konkrete Gestalt in Abhängigkeit von den jeweiligen Problemlagen neu hergestellt und begründet werden kann. Das Ausbleiben der Revolution hat die Marxsche Theorie zwar nicht widerlegt, ihre Bindung an bürgerliche Verhältnisse, die sie aufzuheben bestrebt war, hat jedoch eine Reihe von Folgeproblemen erzeugt.9 Horkheimer hält hier noch zwei Elemente, Ideologiekritik der Wissenschaft und Totalitätsperspektive fest, die Habermas wenig überzeugend abweist. Ausgangspunkt seiner Kritik ist die Einschätzung, daß die von Marx, Weber, Horkheimer und Adorno zugrunde gelegten Handlungsbegriffe nicht komplex genug sind, um an sozialem Handeln alle die Aspekte zu erfassen, an denen gesellschaftliche Rationalisierung ansetzen kann, jene außerdem handlungs- und systemtheoretisch Grundbegriffe vermengt hätten, da sie nicht präzise zwischen der Rationalisierung von Handlungsorientierungen und lebensweltlichen Praktiken und dem Komplexitätszuwachs von Handlungssystemen unterschieden. Unter seiner eigenen Voraussetzung, daß sozialwissenschaftliche Paradigmen mit der gesellschaftlichen Realität verknüpft sind, reicht freilich, wie mir scheint, die einfache Feststellung konkurrierender Paradigmen nicht aus; sie muß sich dem Einwand aussetzen, ob sie zentrale gesellschaftliche Entwicklungsprozesse auch zutreffend beschreibt - ob sie bloße Theorietradition bleibt oder zur Erklärung der kapitalistischen Modernisierimg beiträgt; sie muß sich ferner dem Einwand aussetzen, daß das Vorfinden bestimmter Grundbegrifflichkeiten in theoretischen Ansätzen zunächst nichts über deren Erklärungskraft aussagt. Diesem Einwand kann Habermas nur deswegen mit dem laxen Hinweis begegnen, er behandle die großen Theoretiker wie Zeitgenossen, weil er eine verschwiegene Orthodoxie nicht aufdeckt: die Ausdifferenzierimg der Sozialwissenschaften bedeutet für sich genommen bereits keinen Erkenntnisfortschritt. Diese Suggestion, die den heutigen Wissenschaftsbetrieb trägt, findet ihren Ausdruck in einem nur noch auf wissenschaftsimmanente Standards und allgemeine Regeln der Argumentation gegründeten Wissenschaftssystem. Angesichts eines sich verselbständigenden Plu56
ralismus der Theoriebildung erscheint ein Verweis auf die Vernunft der Sache oder die Idee einer gemeinsamen Rationalität folgenlos. Eine Bindung der Geltung von Sätzen an Wissenschaftlergemeinschaften, mithin an die akademisch etablierte Profession ist jedoch ebenso brüchig wie der lebensweltlich gemeinsame Vorrat an Symbolen begrenzt. Die Forschergemeinschaft, die die Rolle eines transzendentalen Subjekts übernehmen soll, das sich zwanglos auf die ebenfalls transzendentale Struktur der Lebenswelt berufen kann und eine Kontinuität sprachlich verfaßter Intersubjektivität in Anspruch nimmt, ist eine Fiktion. Habermas ist daher genötigt, einen Entwicklungsprozeß zu unterstellen, der seinen Charakter als Prozeß der Selbstaufklärung immer beibehält. Eine Rekonstruktion der Geschichte der Soziologie als Verfallsgeschichte gesellschaftstheoretischer Reflexion, als Verlust von Perspektiven ist für ihn nicht denkbar. In der Ausdifferenzierung gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen sieht er gleichzeitig die Ausdifferenzierung eines Bereichs, der allein noch der Analyse bedürfe, weil die über seinen Rand hinausreichenden Probleme obsolet oder gelöst oder theoretisch stillgestellt sind - weil die Ökonomie zwar krisenhaft aber dauerreguliert werden kann, - weil der Klassenkonflikt sozialstaatlich latent gehalten werden kann, - weil sich in den Steuerungsmedien Macht und Geld der Erklärungsgehalt der ehemals politischen Ökonomie wiederfindet.10 Die Annahme, daß sich Krisentendenzen vom ökonomischen in das administrative System verlagert haben, ist kaum überzeugend. Habermas identifiziert außerdem an den Steuerungsmedien Macht und Geld nicht alle Momente, die den Bestand von Gesellschaften sichern oder bedrohen können und deren Analyse die Kategorie des Steuerungsmediums selbst hinfällig machen könnte. Die Reproduktion von Gesellschaften geht, mit anderen Worten, in der Dialektik von Sozial- und Systemintegration nicht auf. Eine innertheoretisch reflektierbare und politökonomisch 57
explizierbare Vorstellung der Kernstruktur von Gesellschaften, die einen systematischen Bezug zu Alltagserfahrungen ermöglicht, eröffnet die Perspektive auf Gesellschaft als Vermittlungszusammenhang, als sich reproduzierende Totalität. Dies würde eine kritische Auflösung der Verselbständigung der Einzeldisziplinen und der Selbstideologisierung der Sozialwissenschaften als spezialisierter und problemlösender Disziplin bedeuten - eine Reetablierung als Krisenwissenschaft dieser Gesellschaft.
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Kornelia Hafner
Gebrauchswertfetischismus1
Walter Benjamin vergleicht in seiner Studie über Baudelaire den »Rausch, dem sich der Flanierende überläßt«, mit einer »vom Strom der Kunden umbrausten Ware« und entwickelt die Vorstellung, daß, »gäbe es jene Warenseele, von welcher Marx gelegentlich im Scherz spricht, ... sie die einfühlsamste« wäre, »die im Seelenreiche je begegnet ist. Denn sie müßte in jedem den Käufer sehen, in dessen Hand und Haus sie sich schmiegen will.«2 Sie müßte also ihrerseits die geheimsten Wünsche seiner Seele ausspähen, ein Geschäft, das heute die Marktforschung mit mehr oder weniger großem Erfolg betreibt. Baudelaires Einfühlung in die Warenseele und deren »heilige Prostitution« verdankt sich dagegen - so Benjamin - einer Zugehörigkeit zu jener »Klasse der kleinen Bürger«, die noch versuchten, an der Gesellschaft den Genuß aufzusuchen, der ihnen in ihr versagt bleibe, die aber auch noch nicht als Arbeitskraft selbst mit der Ware eins geworden seien. Sie dürften »die Einfühlung in die Ware nicht verschmähen«, die bange Lust an der eigenen Prostitution wie auch die, die an dem Bestoßenen und Fauligen der noch zugänglichen Genüsse demonstriert, zu welchen Selbstkasteiungen jene befristeten Existenzen in der Lage gewesen seien, um ihre Sinne noch wenigstens mit dem Schein des freien Genusses zu täuschen. Daß es den von ihnen beneideten Klassen, deren Genüsse nicht dadurch eingeschränkt waren, daß es ihnen schlicht an Geld dazu mangelte, auch nicht besser erging, beschreibt Benjamin an anderer Stelle. Den Verlockungen der ausgestellten Waren, ihrer Präsentation und Verpackung, damals noch in Gestalt von Etui und Futteral, erlegen, müssen sie, das nackte Objekt ihrer Begierden in den Händen, die Selbsttäuschung be59
merken, daß nicht dieses schnöde Ding es sein könne, dem ihre Wünsche gegolten haben. Nun ist es nicht nur in der sogenannten abendländischen Kultur ein altes Lied, daß wahre Befriedigung nicht im Erwerb von irdischen Gütern und schnöder Sinnenlust zu haben sei. Gegen das entsprechende »Eiapopeia« vom Himmel hatte Heine Zuckererbsen für jedermann eingeklagt und darüberhinaus Sahnetorten, Purpurmäntel und antikische Leiber, obwohl und gerade weil er sich schon fast als Opfer praktischer Enteignungsaktionen des Pöbels sah. Sein junger Freund Marx ging weiter und postulierte die Befreiung der Sinne von ihrer Versklavung unter den Sinn des Habens. Aber unter seinen Anhängern fanden sich nur wenige, die die Perspektive auf die Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums als Sinnengenuß und universellen Austausch nicht in ihrem Kampf gegen die allgemeine Käuflichkeit und Korruption aus den Augen verloren hatten und so in einem die sieben Todsünden der christlichen Kirche auszurotten suchten und verkörperten. Der Zorn, der neidisch auf die Wollust schielt, die ihm als Völlerei nur, gepaart mit Geiz, Hochmut und der Trägheit des Herzens, vorstellbar ist. Die Ambivalenz sozialer Revolten, deren Empörung darüber, daß man ihre Träger der lebensnotwendigen Güter beraubt hat, häufig mit selbstverordnetem Asketismus einhergeht, hat auch die Bewegungen der späten 60er Jahre geprägt. Schien es den einen lebensnotwendiges Gut, die Zwangsjacken der Familie, die Spießermoral zu sprengen und der freien Lust und Liebe zu frönen, so den anderen, sich aus den Fängen des Konsumterrors zu befreien. Die weltweite Jugendbewegung, die neben und mit der politischen Studentenbewegung einherging, versprach sich offenbar wahre Lust von der Konsumverweigerung, ja gerade durch eine Verachtung jener Dinge, die man haben konnte um den Preis der Integration »ins System«. Die »neuen Bedürfnisse« galten nicht der Villa mit Segelboot, sondern dem freien Austausch der »Subjekte«, als die man sich etwas euphemistisch apostrophierte. Sie galten vor allem der Befreiung selbst, als revolutionärem Akt. Daß diese Befreiung als politische und sexuelle in einem vorgestellt war, ließ ihre sozialökonomische Dimension eher in den Hintergrund treten. 60
Nicht zuletzt in diesen Zusammenhängen tauchte plötzlich die Gebrauchswertseite auf. Der Gebrauchswert war auch das, was man am zeitgenössischen Warenangebot zunehmend einklagte. Die mangelnde Qualität und Haltbarkeit der Massenkonsumgüter ließ sich dann ohne weiteres als schäbiger Trick des Kapitals durchschauen, seinem Todesurteil in Gestalt des Gesetzes vom tendenziellen Fall der Profitrate noch für eine Weile zu entkommen. Trotz Marxlektüre und terminologischer Anleihen glaubte man darin eine »neue Qualität« entdeckt zu haben. Der Rückgriff auf die Bastelei an alternativen »Naturprodukten«, mit dem man vor allem in Deutschland schon einige Erfahrungen hatte sammeln können, gewann Attraktivität, als die Arbeiterklasse, mit oder ohne Unterstützung der revolutionären Betriebsarbeiter, in der Mitte der 70er Jahre das Kapital angeblich durch überhöhte Lohnforderungen in die Krise gezwungen hatte. - So jedenfalls wollte die »Autonomie«, damals Organ der nichtleninistischen Linken, in der Nachfolge der italienischen Operaisten und der englischen Profit-Squeeze Theoretiker3, die zeitgenössischen Ereignisse gedeutet wissen. Die alternativen Inseln der Seligen, will sagen praktischer Selbstorganisation als pädagogischer Provinz des Kapitalismus, schwammen zwar bald auf den Wellen der Ökologiebewegung, entgingen aber weder der praktischen Kritik weiter fortgeschrittener Unternehmenspolitik, noch der weit weniger vernichtenden kritischer Gesellschaftstheoretiker. Vor allem Wolfgang Pohrt war es, der bei jeder Gelegenheit die Rolle des Spielverderbers übernahm. Gegen den Unsinn der Rede von der Gebrauchswertseite, die suggeriert, es gäbe so etwas wie eine Dimension unschuldiger Nützlichkeit an den Produkten kapitalistischen Gewerbefleißes, versucht er immerhin festzuhalten, daß »Gebrauchswert und Tauschwert... nur im beide aufeinander beziehenden Kapitalverhältnis dingfest zu machen sind.«4 War man bei Lukács, Horkheimer, Adorno und Marcuse in die Schule gegangen, um die Kritik an der Verdinglichung, am universellen Zur-Ware-Werden menschlicher Produktivität, an. geschichtlicher Formation und Deformation innerer Natur, also menschlicher Bedürfnisse, wieder zu vergessen? Hatte man nicht überdies geglaubt, begriffen zu haben, daß kapitalistische 61
Vergesellschaftung nicht im Begriff der Warentauschgesellschaft aufging, wie ihn die Kritische Theorie ins Zentrum stellte? Festhaltend an dem Anspruch, gesellschaftliche Totalität und den »historisch-transitorischen Charakter der kapitalistischen Produktion«5 in einem zu fassen, machten sich in der Nachfolge von Hans-Jürgen Krahl außer Wolfgang Pohrt noch weitere kritische Geister daran, den Gebrauchswert als Schlüsselkategorie einer Kapitalismuskritik und Revolutionstheorie zu entecken, die dem inzwischen erreichten historischen Stand kapitalistischer Entwicklung adäquat sein sollte: Stefan Breuer, ähnlich wie Pohrt eher in pessimistischer Perspektive, Helmut Reinicke unverdrossen auf die revolutionäre Sprengkraft der Sinnlichkeit und der Bedürfnisse vertrauend. So heißt es in Reinickes Schrift »Revolt im bürgerlichen Erbe«: »Der Gebrauchswert konnotiert revolthafte Sinnlichkeit als Vorform von Freiheit; revolthaft weil noch nicht auf der Höhe weltweiter revolutionärer Durchsetzung vermöge des für sich werdenden Proletariats.«6 Und weiter: »Resurrektion bürgerlich entqualifizierter Sinnlichkeit ist der Kategorie des Gebrauchswerts immanent ... . Die gegenwärtigen bornierten Protestformen ins Vorkapitalistische, die Aufspreizung des leeren Ich in ostasiatischer Form zum Guru oder die landunmittelbaren Weisen eines rohen Kommunismus haben mit der Kategorie des Gebrauchswerts nur gemein, daß sie sich als ungleichzeitige und retrograde aus ihm erklären lassen.... Der Gebrauchswert gibt mithin die - nicht anthropologischen, sondern stets waren- und kapitalbestimmten, also wertformdialektischen Widerstands- und Revoltformen des Sinnlich-Konkreten gegen das Abstrakte wieder, wie sie als Momente von Subjektivität und Sinnlichkeit in das revolutionäre Erbe eingehen.«7 Daß das Sinnlich-Konkrete gegen das Abstrakt-Allgemeine revoltiert, ist Anhängern der Kritischen Theorie ein vertrautes Phänomen, daß es dies allerdings in »wertformdialektischer Form« tut, dürfte einigermaßen überraschen, zumal beim Herausgeber eines Hegel-Registers. War die vielgeschmähte Dialektik schon bei Hegel weniger Geschichtsmetaphysik als Begriffsreflexion, so hat man bei Marx in den ersten Kapiteln des »Kapital« erfahren können, daß es hier zunächst um jene Widersprüche geht, die im Begriff enthalten sind als sich wechselseitig 62
ausschließende und doch notwendig aufeinander verweisende Bedeutungsgehalte. Dies präsentiert sich bei Adam Smith noch ganz undialektisch: »Man sollte zunächst bedenken, daß das Wort Wert zwei voneinander abweichende Bedeutungen hat. Es drückt manchmal die Nützlichkeit einer Sache aus, manchmal die Fähigkeit, mit Hilfe eines solchen Gegenstandes andere Güter im Tausch zu erwerben, eine Fähigkeit, die sein Besitz verleiht. Den einen kann man >Gebrauchswert<, den anderen >Tauschwert< nennen. Dinge mit dem größten Gebrauchswert haben vielfach nur einen geringen oder keinen Tauschwert und solche mit dem größten Tauschwert häufig wenig oder keinerlei Gebrauchswert. Nichts ist nützlicher als Wasser und doch läßt sich damit kaum etwas kaufen oder eintauschen. Dagegen besitzt ein Diamant kaum einen Gebrauchswert, doch kann man oft im Tausch dafür eine Menge anderer Güter bekommen.« 8 Ricardo beginnt seine »Principles« mit einem Kapitel über den Wert und gerade mit jenem Smith-Zitat. Und er folgert: »Nützlichkeit ist demnach nicht der Maßstab des Tauschwerts, obgleich sie für ihn unbedingt wesentlich ist. Wenn ein Gut in keiner Weise nützlich wäre -, mit anderen Worten, wenn es in keiner Weise zu unserem Wohlbefinden beitragen könnte -, so würde es jedes Tauschwertes bar sein, wie groß auch seine Seltenheit oder eine wie große Arbeit auch nötig wäre, um es zu beschaffen.«9 Die Rede vom Reichtum als ungeheurer Warenansammlung ist jedem geläufig, auch die von der Ware als seiner Elementarform. Überlesen wird manchmal, daß es ausdrücklich um Gesellschaften geht, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht und daß die Ware nicht als Elementarform dieser Gesellschaften, sondern ihres Reichtums, eingeführt wird. Die Nützlichkeit eines Dings, heißt es wie bei Smith und Ricardo, macht es zum Gebrauchswert. Nützlichkeit, das heißt, daß jenes Ding »durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur der Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache.«10 Die Entdeckung der mannigfachen Gebrauchsweisen der Dinge und das Hervorbringen von Bedürfnissen »ist geschichtliche Tat«.11 63
In der Kritik der politischen Ökonomie dagegen interessiert der Gebrauchswert zunächst nur als stofflicher Träger von Tauschwert. Denn was es mit dem Wert auf sich hat, das läßt sich vom Nutzen her nicht begreifen und konsequenterweise haben die Vertreter subjektiver Wertlehren diese Frage auch liquidiert. Wert als soziales Verhältnis und Tauschwert als »gesellschaftliches Dasein der Dinge« 12 beinhalten immer schon etwas anderes und Übergreifenderes als der Ausdruck Gebrauchswert in seinem ursprünglichen Sinne, als »Naturbeziehung zwischen Dingen und Menschen«, »in fact das Dasein der Dinge für den Menschen.»Insofern aber der Begriff Wert in dem des Gebrauchswerts enthalten ist, scheint der Gebrauchswert auch bei Marx nicht hinreichend präzisiert. Marx reflektiert diese Schwierigkeit, wenn er bemerkt: »Der Tauschwert ist eine später - mit der gesellschaftlichen Entwicklung, die ihn schuf - auf das Wort Wert = Gebrauchswert gepfropfte Bedeutung.«13 Marxens Rückgriff auf die Etymologie des Wortes Wert, vom Sanskrit bis zum Lateinischen, auf die Vorstellung von der virtus einer Sache, die ihr eigen ist, macht auch deutlich, daß sich die in der Veränderung der Wortbedeutungen reflektierte Geschichte nicht einfach verbal rückgängig machen läßt. So sehr der Nutzen einer Sache nicht zu trennen ist vom sozialen Zusammenhang, dem sich das Bedürfnis nach ihr verdankt, um so mehr gilt dies für den Gebrauchswert kapitalistisch produzierter Waren. So kommt man zu dem Paradoxon, daß von Gebrauch und Nutzen zwar in allen menschlichen Gesellschaften zu reden ist, aber erst da, wo sich die Vorstellung von der einer der Sache eigenen Virtus ganz gelöst hat und ihr der Stempel der universellen Austauschbarkeit und Verwertbarkeit aufgedrückt ist, von Gebrauchswert im strengen Sinne geredet werden darf. Dies ist erst der Fall, wenn sich das Kapitalverhältnis als die Produktion bestimmendes durchgesetzt hat, diese also allererst Warenproduktion geworden ist. Der Austausch an den Rändern vorkapitalistischer Gesellschaften, das Auftauchen von Geld und von Märkten, einhergehend mit der Auflösung der »alten Gemeinwesen«, Schatzbildnerei und Klagen über allgemeine Käuflichkeit markieren hier die Übergänge. Bezeichnenderweise ist auch die Vorstellung vom reinen Nutzen, wie sie sich in 64
den utilitaristischen Lehren präsentiert, erst dann entwickelt, wenn sich die Warenproduktion gesellschaftlich einigermaßen durchgesetzt hat und der letzte Rest des Aristotelismus im Sinne der Vorstellung von einer der je spezifischen Sache innewohnenden besonderen Bestimmung verschwunden ist. Marx' Ausführungen zum Arbeitsbegriff gelten hier analog. Wie die Arbeitszeit als Wertmaß, wie der Tauschwert nur im Gelde wirklich, d.h. gegenständlich erscheint, so auch der Gebrauchswert als allgemeiner Nutzen. Als allgemeiner Repräsentant des Reichtums, also des Inbegriffs der Gebrauchswerte, ist das Geld zugleich Gegenstand, Zweck und Produkt der Arbeit aller Einzelnen und insofern das »reale Gemeinwesen«.14 Es ist dies aber nur als verselbständigter Tauschwert, der sich als Zweck der Zirkulation setzt, in sie eingeht und in ihr erhält. »Es erscheint durchaus nicht an ihm, daß die Bestimmung, Geld zu sein, bloß Resultat des gesellschaftlichen Prozesses, es ist Geld. Dies um so härter, da sem unmittelbarer Gebrauchswert für das lebendige Individuum im Unterschied von demselben ganz ausgelöscht ist. Es tritt daher hier in der ganzen Reinheit hervor der Grundwiderspruch, der im Tauschwert, und der ihm entsprechenden Produktionsweise der Gesellschaft, enthalten ist.«15 Man befindet sich hier wohlgemerkt noch auf der Ebene der einfachen Warenzirkulation, jener Sphäre notwendigen Scheins, in der die ihr zugrundeliegenden Prozesse kapitalistischer Produktion und Verwertung im Gang der Darstellung noch nicht sichtbar gemacht worden sind. Hier, »in den einfach gefaßten Geldverhältnissen«, erscheinen »alle immanenten Gegensätze der bürgerlichen Gesellschaft«16 ausgelöscht und sind die Individuen, die Subjekte, nur einfach bestimmt als Austauschende und ihre Gegenstände als Äquivalente. Der Gebrauchswert der auszutauschenden Waren als Inhalt ihres Austausches, in dem sie sich als Gleiche und Gleichgültige gegenübertreten, fällt hier außerhalb der ökonomischen Formbestimmung, insofern er die natürliche Besonderheit der Ware und das natürliche Bedürfnis der Austauschenden bezeichnet. 17 Die einfache Zirkulation bezeichnet also jene Ebene des Scheins von Freiheit, Gleichheit und gegenseitiger Anerkennimg, die als Rechtssphäre die höchst reale Voraussetzung jedes 65
Marktgeschehens darstellt. Hier findet sich auch der Bezugspunkt jener Rede von Warentauschgesellschaft in kritischer Absicht: Das Versprechen, das im Austausch von Tauschwerten »als realer Basis aller Gleichheit und Freiheit« enthalten ist, einzuklagen gegen das Wissen darum, daß das Individuum in diesem Verhältnis nur die »Individuation von Geld« ist. Folgt man Marxens Darstellung des Übergangs zum Kapital, so erfährt man, daß sich das Geld selbst zum automatischen Subjekt aufwirft und jene Ware Arbeitskraft auf dem Markt antrifft, »deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein.«18 Schien auf der Ebene der einfachen Zirkulation der Gebrauchswert verschwunden, so gerät er hier wieder ins Zentrum, als Gebrauchswert für das Kapital selbst, als der im einfachen Produktionsprozeß des Kapitals die Arbeit figuriert. Daß das Kapital ihr in stofflicher Gestalt, als Rohstoff und Arbeitsinstrument gegenübertritt, also mit bestimmten nützlichen Qualitäten ausgestattet, erscheint auf dieser Ebene gerade nicht als Gebrauchswert - dies nur dort, wo Rohstoff und Arbeitsinstrument als Waren auf dem Markt auftauchen -, sondern als produktive Konsumtion, in der es die Kapitalgestalt verändert und als Produkt und Resultat des Produktionsprozesses erneut als Gebrauchswert die Welt erblickt. Die Form der bloßen Subjektivität, als die die Arbeit in den Produktionsprozeß des Kapitals eintritt und die stoffliche Form, in der es selbst in diesen Prozeß tritt, lassen ihn nicht als Produktionsprozeß des Kapitals, sondern als Produktionsprozeß überhaupt erscheinen. »Seine Formbestimmung ist völlig erloschen«19, heißt es. Daß auch dies nur Schein, erweist sich daran, daß die Arbeit nur Gebrauchswert für das Kapital ist, als vermittelnde Tätigkeit, wodurch es sich selbst verwertet.20 Insofern wird ihre Produktivität zu der des Kapitals. »Das Kapital hat Material durch die Arbeit und die Arbeit durch sein Material konsumiert, es hat sich als Gebrauchswert konsumiert, aber nur als Gebrauchswert für es selbst, als Kapital ... . Die Konsumtion des Gebrauchswerts fällt hier in den ökonomischen Prozeß, weil der Gebrauchswert hier selbst durch den Tauschwert bestimmt ist. In keinem Moment des Prozesses hört 66
das Kapital auf, Kapital zu sein oder Wert auf, Wert zu sein und als solcher Tauschwert.«21 Hier erscheint die Wertförmigkeit als Gegensatz und übergreifendes Moment in bezug auf den Gebrauchswert. Daß dieser, insofern er an natürliche Eigenschaften gebunden, zugleich aus der politischen Ökonomie herausfällt und ihre Voraussetzung bleibt, zeigt die Marxsche Kritik. Der Mensch als Zweck der Produktion, wie er in der Rede vom Gebrauchswert immer unterstellt ist, kommt im Kapitalismus nicht vor, gehört also nicht zur »kontemporären Geschichte des Kapitals«, nicht »in das wirkliche System der von ihm beherrschten Produktionsweise.«22 »So scheint die alte Anschauung, in der, in welcher bornierten nationalen, religiösen, politischen Bestimmung auch immer, der Mensch als Zweck der Produktion erscheint, sehr erhaben zu sein gegen die moderne Welt, wo die Produktion als Zweck des Menschen und der Reichtum als Zweck der Produktion erscheint. ... In der bürgerlichen Ökonomie - und der Produktionsepoche, der sie entspricht - erscheint diese völlige Herausarbeitung des menschlichen Inneren als völlige Entleerung, diese universelle Vergegenständlichung als totale Entfremdung und die Niederreißung aller bestimmten einseitigen Zwecke als Aufopferung des Selbstzwecks unter einen ganz äußeren Zweck. Daher erscheint einerseits die kindische alte Welt als das Höhere. Andererseits, ist sie es in alledem, wo geschlossene Gestalt, Form und gegebene Begrenzung gesucht wird. Sie ist die Befriedigung auf einem bornierten Standpunkt, während das Moderne unbefriedigt läßt, oder wo es in sich befriedigt erscheint, gemein ist.«23 Kehren wir zurück zu Helmut Reinickes Gebrauchswert als wertformdialektischer Widerstands- und Revoltform. Wir haben an den einschlägigen Quellen, den Grundrissen und dem Kapital zumindest ansatzweise verfolgen können, wie, wenn man so will, in der Dialektik der Wertform der Gebrauchswert fürs Kapital wird und nur insofern für denjenigen, der das reale Gemeinwesen, das Geld, mit sich herumträgt, Gebrauchswert werden kann, als dieser dem sozialen Zusammenhang angehört, als dessen Movens und Bestimmung nach wie vor das Kapitalverhältnis am Wirken zu sein scheint. Woher dann bitte die 67
Widerstandskraft des Sinnlich-Konkreten? Reinicke ist bewußt: »Im Gegensatz zur bürgerlichen Ökonomie besteht der kritische ökonomische Impetus Marxens darin, die Tauschwertsubsumiertheit der Gebrauchswerte kategoriell darzustellen.«24 Hier setzen seine Überlegungen an, »die Subversionsgeschichte der Gebrauchswertseite der Ware zu enthüllen«.25 Die durch »das quantitative Verhältnis von Tauschwerten« dominierten »Qualitäten« und die zur »Warenseele« verkommene Bedürfniswelt der Menschen sollen offenbar gegen den Strich gebürstet werden. Denn: »Am Begriff des Gebrauchswerts haftet die Kontingenz nicht warensubsumierter Bedürfnisse.«26 »Hinter der Wertseite verbirgt sich ein negativ-ökonomisches Moment, jene Nicht-Identität von Bedürfnissen, die nicht schlechthin kapitalfixierte sind.«27 »Als revolutionstheoretische Kategorie geht der Gebrauchswert somit nicht in der Subsumtion unter den Tauschwert und dessen Aufhebung in Kategorien des Kapitals auf.... (Denn er) ist einmal diese - urkommunistische - Naturbeziehung >zwischen Dingen und Menschen ... in fact das Dasein der Dinge für den Menschen<; dieser Charakter soll nach der durch Ware und Kapital formbestimmten Epoche - auf neuer Stufe - wiederhergestellt werden.«28 »Die Gebrauchswertseite, die hinter der kapitalsubsumierten steckt und gleichwohl ihr transzendent ist« (gemeint ist wohl: die sie transzendiert), »impliziert die Gewinnung der forces propres der Gattung.«29 Wo soll man hier beginnen? Zunächst ist zu fragen, was denn der Ausdruck Gebrauchswert, »in seinem ursprünglichen Sinne«, urkommunistisches in sich enthalten soll. Mit der einfachen Beziehung zwischen Mensch und Naturgegenstand sind noch nicht die Beziehungen der Menschen zueinander gesetzt, und selbst wenn man sich in einen Zustand zurückversetzt, in dem die Natur als durch keine menschlichen Besitztitel versperrte frei zugänglich war, so war sie den Gemeinschaften, die menschheitsgeschichtlich früh aufgetreten und von keinem Besitzindividualismus korrumpiert waren, durchaus nicht einfach als Gebrauchswert verfügbar, schon gar nicht allen ihren Gliedern, bei den Alters- und Geschlechterdifferenzen angefangen. Ich unterstelle, daß dies Reinicke eigentlich geläufig ist. 68
Als zweites bleibt festzuhalten, daß das Verhältnis von Tauschwert und Gebrauchswert kein Subsumtionsverhältnis ist, sondern eines von gegenseitigen Voraussetzungen und Ausschließungen, also wenn man will, ein dialektisches. Hieraus ist Reinicke vielleicht deshalb kein großer Vorwurf zu machen, weil die fahrlässige Vermischung der Rede von Dialektik und Subsumtionslogik, die wahrlich nicht dasselbe bedeuten, schon bei größeren Philosophen Gebrauch war: mit Krahl hat sie Reinicke von Horkheimer und vor allem Adorno übernommen. Von daher stammt auch jene Vorstellung, die Nicht-Identität, jene Differenz von Begriff und Gegenstand, die an der Geschichte der Erkenntnistheorie aufzuspüren das Anliegen Adornos war, sei als widerständiges Moment zu deuten vor dem Hintergrund eines negativ gefaßten Systems, dessen Konzeption allerdings auf Grundlage der Verkennung Hegelscher Dialektik als Identitätsphilosophie gewonnen ist. Aber, daß die Sache im Begriff nicht aufgeht, selbst dann nicht, wenn er selbst zum Gegenstand des Denkens gemacht wird, mag für die einen immer neu Ansporn für die Schärfimg des Begriffsvermögens, für die anderen, die ihm als heimlichen Kapitalagenten mißtrauen, beruhigende Versicherung dafür sein, daß sein Arm noch nicht überall hinreicht. Ein Hinweis auf die Widerständigkeit des Gebrauchswerts im Sinne potentieller Gegenwehr, gar revolutionärer Aktivität ist es in keinem Fall, auch nicht bei Adorno. Auch wenn wissenschaftliche Erkenntnis inzwischen wirklich mehr oder weniger kapitalistischem Verwertungsinteresse unterworfen sein sollte, macht das Nichtidentische eines Gegenstandes der Erkenntnis nicht seine Gebrauchswertseite aus. Umgekehrt: Erst als Erkannter erschließt er sich dem Gebrauch. Worum geht es in Wirklichkeit? Um die Beschwörung einer reichen Individualität, wie sie in literarischen Gestalten entgegentritt, um die Erinnerung an eine vorkapitalistische Alltagswelt, in der das Individuum »sich zu sich selbst als Eigentümer verhalten konnte«, um die »revolthafte und plebeische Linie der literarischen Produktion« 30 , um »revolthaftes und revolutionäres Alltagsbewußtsein 31 , um die romantische Idee der Resurrektion der Natur, um das Kunstschöne, also kurz, um das Sammelsurium von Wünschen, Hoffnungen, Ideologemen und Utopien, auf das sich mit Bloch und Marcuse diejenigen marxi69
stischen Philosophen berufen, deren überschäumendes Gemüt an der Kritik kein Genüge findet und denen zur Selbstaufhebung als Philosoph die praktische Gelegenheit mangelt. Wenn sich aber jene quasireligiöse Hoffnung auf revolutionäre Erlösung durch eine gute Natur auf Marx und dessen Kategorie des Gebrauchswerts beruft, so kann sie dies nur wider besseres Wissen. Reinicke verweist selbst auf jenes Moment der einfachen Zirkulation, in dem die Ware, als Tauschwert realisiert, aus der Zirkulation herausfällt und dem Konsum anheim. Soweit hier »der Tauschwert als solcher fixiert wird im Geld«, das sich als allgemeiner und daher wahrer Gebrauchswert erweist, »steht ihm der Gebrauchswert nur noch als abstraktes Chaos gegenüber«.32 Jenes abstrakte Chaos läßt sich aber als revolutionäre Qualität deuten nur auf naturmetaphysischer Grundlage und da es ja wohl mehr um die Menschen als um die Dinge geht, auf anthropologischer. Was bleibt also von Reinickes Versicherung, der Gebrauchswert gebe die »nicht-anthropologischen, sondern stets waren- und kapitalbestimmten... Widerstands- und Revoltformen«33 wieder? Es fällt hier zunächst die Schwierigkeit auf, eine Kategorie, die im Gang der Darstellung und damit auf den verschiedenen Ebenen, die das Kapitalverhältnis ausmachen, eine durchaus unterschiedliche Rolle spielt, als Voraussetzung erscheint und wieder verschwindet, als Resultat gesetzt und wieder aufgehoben wird, außerhalb der ökonomischen Formbestimmungen fällt und wieder in ihr Zentrum gerät, wesentlich wird, eine solche Kategorie im Zusammenhang generalisierter Aussagen überhaupt zu verwenden. Reinicke sucht diese Schwierigkeit zu umgehen, indem er seinen Gebrauchswert wertformdialektisch revoltieren läßt. Da er allerdings »bei seiner Warenbestimmtheit«34 haltmacht, verschwindet ihm auch der Begriff, und er verliert sich in der Phantasiewelt möglicher sinnlich-übersinnlicher Genüsse.35 So redet er beispielsweise über die Popularität Homers im Kommunismus und die erhoffte Blüte immaterieller Produktion. Dabei ließe sich auf der Ebene des Kapitals durchaus einiges anführen, was die Rede von einer Widerständigkeit im Zusammenhang mit dem Begriff des Gebrauchswerts rechtfertigt, nur eben nicht in jener chiliastischen Eindeutigkeit, sondern in der ambivalenten Bedeutung, die dem Kapitalverhältnis überhaupt zukommt. Es ist an Marxens Rede vom zivilisatorischen Einfluß 70
des Kapitals36 und daran zu erinnern, daß hier »ein System der allgemeinen Exploitation der natürlichen und menschlichen Eigenschaften« zugleich als »System der allgemeinen Nützlichkeit« firmiert. »Die Natur wird erst rein Gegenstand für den Menschen, rein Sache der Nützlichkeit; hört auf als Macht für sich anerkannt zu werden; und die theoretische Erkenntnis ihrer selbständigen Gesetze erscheint selbst nur als List, um sie den menschlichen Bedürfnissen, sei es als Gegenstand des Konsums, sei es als Mittel der Produktion zu unterwerfen.« 37 Das Kapitalverhältnis tritt hier auf als historisches Subjekt, »als destruktiv gegen alles«, als »beständig revolutionierend, alle Schranken niederreißend, die die Entwicklung der Produktivkräfte, die Erweiterung der Bedürfnisse, die Mannigfaltigkeit der Produktion und die Exploitation und den Austausch der Naturund Geisteskräfte hemmen. Daraus aber, daß das Kapital jede solche Grenze als Schranke setzt und daher ideell darüber hinweg ist, folgt keineswegs, daß es sie real überwunden hat und da jede solche Schranke seiner Bestimmimg widerspricht, bewegt sich seine Produktion in Widersprüchen, die beständig überwunden, aber ebenso beständig gesetzt werden. Noch mehr. Die Universalität, nach der es unaufhaltsam strebt, findet Schranken an seiner eignen Natur« 38 . Diese Schranken treten in den Krisen hervor. Da schon auf der Ebene der einfachen Zirkulation, mit dem Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf, die Möglichkeit von Krisen angelegt sind, die auf der Ebene des Kapitals als Auseinanderfallen von Produktions- und Verwertungsprozeß hervortreten, bleibt hier der Gebrauchswert insofern Voraussetzung, als Nachfrage immer die für ein bestimmtes Produkt ist und gesamtgesellschaftlich der Begriff der notwendigen Arbeit an eine bestimmte Proportion der verschiedenen Produkte und Produktionszweige gebunden bleibt. »1) Die notwendige Arbeit als Grenze des Tauschwerts des lebendigen Arbeitsvermögens oder des Salärs der industriellen Bevölkerung; 2) Der Surpluswert als Grenze der Surplusarbeitszeit; und, in bezug auf die relative Surplusarbeitszeit, als Schranke der Entwicklung der Produktivkräfte; 71
3) Was dasselbe ist, die Verwandlung in Geld, der Tauschwert überhaupt als Grenze der Produktion; oder der auf den Wert gegründete Austausch... 4) wieder dasselbe als Beschränkung der Produktion von Gebrauchswerten durch den Tauschwert.«39 Die Überproduktion erscheint dann als plötzliche Erinnerung all dieser notwendigen Momente, mit der Folge einer allgemeinen Entwertung. Das Hinaustreiben über die Proportion liegt »im Wesen des Kapitals« begründet, als Repulsion und Gleichgültigkeit der vielen Kapitale gegeneinander, wie sie sich in der Konkurrenz darstellen.40 »Die richtige (eingebildete) Proportion, worin sie gegeneinander austauschen müssen, um schließlich als Kapital sich verwerten zu können, liegt außerhalb ihrer Beziehung aufeinander.«41 Hier erweist sich der Gebrauchswert als Grenze, die dem Kapital aber immer nur als Schranke erscheint, sofern es schon darüberhinaus ist, indem es den ganzen Prozeß auf neuer Stufenleiter von vorne beginnt, neue Arbeiter einbezieht und so Nachfrage schafft 42 , neue Geschäftszweige und Märkte hervorbringt, bis es erneut an seine Grenzen kommt. Die, wenn man so will, Widerständigkeit des Gebrauchswerts, hat hier jedoch wenig mit schöner Sinnlichkeit zu schaffen. Sie besteht erstens in der Notwendigkeit der physischen Existenz der »Arbeiterrace« für das Kapital und der zu ihrer Reproduktion notwendigen Lebensmittel und zweitens in den stofflichen Voraussetzungen der Produktion in bestimmten qualitativen und quantitativen Proportionen, man denke hier an das komplizierte Verhältnis von Abteilung I und II in den Reproduktionsschemata. Gleichzeitig stellen sich im Produktions- und Verwertungsprozeß sowohl die Arbeiterrace als die notwendigen Proportionen seiner stofflichen Voraussetzungen immer neu her und damit der Gebrauchswert, zum einen im schlichten Sinne als Voraussetzung der Wertrealisation, zum anderen im Sinne des Gebrauchswerts für das Kapital. Bestimmt wird das Kapital zugleich durch die permanente Revolutionierimg und Ausweitung nicht nur des produktiven, sondern auch des konsumtiven Zirkels: »Erstens quantitative Erweiterung der bestehenden Konsumtion; zweitens: Schaffen 72
neuer Bedürfnisse dadurch, daß vorhandne in einem größeren Kreis propagiert werden; drittens: Produktion neuer Bedürfnisse und Entdeckung und Schöpfung neuer Gebrauchswerte.«43 Erscheinen die Gebrauchswerte als Geschöpfe des Kapitals selbst, so die Produktivität der Arbeit als seine eigene und die Produktivkräfte als seine Potenzen. Von dieser Seite her ist nun alles Widerständige verschwunden und der einzige Widerstand, auf den das Kapital stößt, ist es selbst, sind die von ihm selbst als verselbständigtem Tauschwert gesetzten Schranken, die es »fortwährend einerseits zu seiner Entwertung, andererseits zur Hemmung der Produktivkräfte und der sich in Werten vergegenständlichenden Arbeit« 44 treiben. Es wird deutlich, daß, wenn sich Marx eine Revolutionierung der Gesellschaft erhoffte, er dabei nicht an naturhaft-sinnliche Qualitäten und Bedürfnisse dachte, sondern an die Sprengkraft der sozialen Verhältnisse selbst, den Zusammenbruch der auf dem Tauschwert ruhenden Produktion aufgrund ihrer eigenen Widersprüche. Das Festhalten an jenen sinnlichen Qualitäten dagegen bezeichnet einen Standpunkt, der das Kapitalverhältnis gerne außen vor lassen möchte, um sich schöneren Dingen zu widmen und der dann von Helmut Reinicke auch folgerichtig zugunsten einer romantischen Sozialgeschichtsschreibung aufgegeben worden ist. Pohrt und Breuer dagegen sind von vorneherein nicht mit großen revolutionären Hoffnungen, dafür aber mit etwas solideren Marxkenntnissen in die Gebrauchswertdebatte eingestiegen. Zwar spricht auch Wolfgang Pohrt von einem »subversiven Charakter« des Gebrauchswerts als zwischen »präkapitalistisch und postrevolutionär« oszillierendem Moment 45 , doch sieht er ihn als »vom Kapitalverhältnis wesentlich bestimmt«. 46 Er verweist auf Marxens späte Anmerkung, daß in seinem Werk »>der Gebrauchswert eine ganz anders wichtige Rolle spielt als in der bisherigen Ökonomie, daß er aber notabene immer nur in betracht kommt, wo solche Betrachtung aus der Analyse gegebener ökonomischer Gestaltungen entspringt«. 47 In diesem Sinne sucht Pohrt die verschiedenen Momente auf, in denen der subversive Charakter für ihn sichtbar wird. Dabei geht er aus von der Unterscheidung eines abstrakten und eines inhaltlich bestimmten Gebrauchswertbegriffs.48 Der 73
abstrakte Begriff akzentuiere die materiellen Produkte, der inhaltliche bestimme die lebendigen Produktivkräfte. Ersterer bringe letzteren hervor. Letzterer modifiziere Ersteren und bestimme ihn substantiell, so daß er, der vormals abstrakte Begriff, zum Angelpunkt der Kritik werde. Pohrt zeichnet zunächst die Rolle des Gebrauchswerts auf der Ebene der einfachen Warenzirkulation nach, betont dann aber seine Funktion als Gebrauchswert fürs Kapital, in seinem Verständnis »etwas wesentlich Immaterielles: vom Kapital als reine Subjektivität gesetzte Arbeit.« 49 Entscheidend ist hier folgende Auffassimg: »Gebrauchswert ist im Kapitalverhältnis die lebendige Arbeit als historische Potenz. Insofern der Arbeiter seine lebendige Arbeit nur gegen Sachen eintauscht, wird er betrogen.« 50 Gemeint ist damit, auch wenn der Arbeiter »mit Gebrauchsgegenständen leidlich versorgt« 51 ist, ist er im Kapitalverhältnis sowohl der Produktivität seiner Arbeit beraubt, die als die des Kapitals erscheint, als der von ihm geschaffenen »Produktivkräfte« und, insofern diese als geschichtsmächtig betrachtet werden, auch seiner geschichtsbildenden Potenz. Das hier bezeichnete Verhältnis der Entfremdung, das Marx in den »Pariser Manuskripten« beschrieben hat, bezieht sich in der Tat, nicht nur auf die Produkte und die Tätigkeit des Menschen, sondern auch auf ihre natürlichen Bedingungen und Voraussetzungen, zusammengefaßt, auf sein »Gattungswesen« 52 In diesem Sinne ist Produktivität in der Tat utopisch, »postrevolutionär«, als Gebrauchswert für den Menschen zu fassen. Der Gebrauchswert als Produktivität steht für Pohrt aber vor allem im Gegensatz zur Arbeit im trivialen Sinne, als zweckbestimmte Naturaneignung und -bearbeitung. Nicht zufällig interpretiert er Marxens Rede von der bloßen, aller Lebensmittel beraubten Subjektivität, die sich das Kapital als Gebrauchswert gegenüberstelle und einverleibe in die von einer »reinen Subjektivität«53 um. Als solche soll sie »die Menschen formell, d.h. abstrakt von der naturwüchsigen Verbundenheit mit der Arbeit« befreien 54 und als Mehrarbeit »die reale Befreiung von der Arbeit« 55 vorantreiben. Denn im Kapitalverhältnis versachliche sich der »Naturtrieb der Menschen, die Arbeit von sich selbst verschieden zu setzen.«56 Pohrt unterstreicht hier, daß Marx, im Gegensatz zu seinen philantropischen Nachbetern, die »>Ent74
fremdung< der Arbeit als einen gewaltigen Fortschritt«57 begreife. Nicht um ihre Humanisierung könne es gehen, sondern ihre tendenzielle Abschaffung stehe auf der Tagesordnung. Problematisch ist hier nicht die Perspektive auf die Schaffung der von notwendiger Arbeit befreiten Zeit als Bedingung freier Tätigkeit, sondern die Akzentuierung, die vergißt, daß der Mensch im emphatischen Sinne, also jenes Gedankenprodukt des Idealismus und auch des Feuerbachschen Materialismus, mit dem sich der junge Marx herumzuschlagen hatte und das er auf die Bedingungen seiner Möglichkeit als »wirklicher Mensch« hin allererst befragte, daß also jene utopische Vorstellung vom Menschen ihn nicht nur befreit von den Zwängen erster und zweiter Natur setzt, sondern auch enthalten muß, daß der Mensch Naturwesen bleibt und daß seine noch so freie Tätigkeit Auseinandersetzung mit innerer und äußerer Natur notwendig beinhaltet. Dies geht in Pohrts Vorstellung von reiner Subjektivität als geschichtsbildender Kraft, die bei ihm die Utopie markiert, verloren. Man gewinnt den Eindruck, als ginge es in gut idealistischer Tradition um die Befreiung von Natur ganz und gar. Nun hat diese Auffassung nicht nur Konsequenzen für die politische Deutung der utopischen Gehalte Marxscher Theorie, sondern auch für die des ihr zugrundeliegenden Geschichtsbildes. Sie wird Pohrt zu der Frage führen, inwieweit das, was Marx als Kapitalverhältnis entwickelt, überhaupt noch als »kontemporäre« Geschichte zu verstehen ist. Pohrt verweist mehrmals auf Marxens Rede von der Produktivität des Kapitals als »wesentlichem Verhältnis« für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte. Nur insofern es diese Produktivität als Gebrauchswert im emphatischen Sinne hervorbringe, also einen Zustand herbeiführe, worin »die Arbeit, wo der Mensch in ihr tut, was er Sachen für sich tun lassen kann, aufgehört hat«58, erfährt es für Pohrt eine historische Rechtfertigung. Überhaupt fällt auf, daß sich Pohrt an vielen Stellen mit der Frage herumschlägt, inwieweit und ob überhaupt das Kapitalverhältnis noch gerechtfertigt ist. Wenn man so will, hat für ihn das Kapital nur einen Gebrauchswert, solange der »durchs Kapital gesetzte Gebrauchswert - die sukzessive Abschaffung der Arbeit durch die Arbeit selbst«59 sein Resultat ist. 75
Nun führt ihn die Dialektik des Gebrauchswertbegriffs, wie er sie anhand der Darstellung des einfachen Produktionsprozesses des Kapitals in den Grundrissen nachzeichnet, aber auch zu jener Stufe, wo der Gebrauchswert wieder schlicht als Gegenstand erscheint: »Gebrauchswert ist ein Gegenstand, an dem die Geschichte als Prozeß erloschen und gegenständlich geworden ist: Natur im Sinne von immittelbarer Voraussetzung. Diese unmittelbare Voraussetzung ist aber nur Gebrauchswert, wenn sie Moment der durchs Kapital gesetzten Arbeit ist, also fernere Geschichte vermittelt.«60 Wenn man hier das Wort Geschichte einmal durch Arbeit und das andere Mal durch Kapitalverwertung ersetzt, dann erhält man vielleicht zum Ergebnis, daß auch jener Gebrauchswert im emphatischen Sinne, den Pohrt anvisiert, als Befreiung von Arbeit, hier in gegenständlicher Form existiert, etwa als Maschine. In dieser stofflichen Existenz ist bekanntlich das Kapital dem Arbeiter gegenübergetreten und das Ergebnis ihrer gegenseitigen Konsumtion, genauer: ihres sich Verbrauchens im Prozeß der einfachen Produktion des Kapitals, sind Produkte, deren Gebrauchswerte ihre Realisierung als Tauschwerte ermöglichen sollen: Waren. Und eigentlich ist es nicht einzusehen, weshalb der hier beschriebene Mechanismus die heutigen Produktionsverhältnisse weniger beschreiben soll als die vor hundert Jahren. Pohrt redet dennoch, und das ist seine zentrale These, von der Zerstörung des Gebrauchswerts und zwar nicht nur in dem Sinne, wie der Kapitalverwertungsprozeß immer auch Kapitalvernichtung und Vernichtung von Gebrauchswerten beinhaltet, sondern auch im historisch epochalen Sinne: Die Zeit, als das Kapital noch Gebrauchswerte hervorbrachte, ist vorbei, zumal es seinerseits einer naturwüchsigen Auflösung unterliegt 61 Gemeint ist hier die Zerstörung des Gebrauchswerts par excellence, also jener von der Arbeit befreienden Produktivität, aber ebenso offenbar auch der triviale, »abstrakte« Gebrauchswert der Arbeitsprodukte. Denn »die Produktion als Selbstzweck ist fortschrittlich, solange sie auf die Zwecke irgendwelcher lebendiger Menschen als ihre Grenze stößt, weil die Bestimmung der Schranke der Produktion durch menschliche Zwecke die bestimmte Form ihrer Überwindung setzt: durch 76
Produktion neuer Bedürfnisse, Produkte und Genüsse, also durch die Produktion von Emanzipationsgeschichte.«62 Diese Emanzipationsgeschichte ist offenbar inzwischen zum Stillstand gekommen. Der »Zerfall des Gebrauchswerts«, so Pohrt, »sei von einem Problem der Privilegierten zu einem der Massen geworden«. Indikator hierfür sei die verbreitete Langeweile. »Das Versäumnis der proletarischen Revolution gestattete der kapitalistischen Entwicklung ihre zentrale Aporie: Produktion des Reichtums als Zerstörung des Gebrauchswerts, ganz auszubilden und dadurch zu sprengen. Übrig bleibt am Ende die widerspruchsfreie Produktion von einfachem Schund.« 63 Wir sehen uns hier mit folgender Zeit- und Geschichtsvorstellung konfrontiert: Historische Möglichkeiten bereiten sich von langer Hand vor, quasi automatisch durch den Automatismus des Kapitalverhältnisses und dann kommt der entscheidende Augenblick, der Kairos, der es ermöglicht, jenen Automatismus zu sprengen. Wird er nicht erfaßt, läuft die ganze Chose leer. Ähnliche Vorstellungen sind bereits im Leninismus praktisch folgenreich gewesen. Wenn man von dem dieser Vorstellung zugrundeliegenden problematischen Geschichtsverständnisses zunächst einmal absieht, so bleibt doch zu erklären, wie Pohrt zu der Behauptung kommt, »die Bestimmung der Schranke der Produktion durch menschliche Zwecke« habe zu Marxens Zeiten eine Bedeutung gehabt, spiele heute aber keine Rolle mehr, wie er also zu der Meinung kommt, jene »Zwecke irgendwelcher lebendiger Menschen als Grenze des Kapitals« seien heute nicht mehr existent. Pohrt ist sich bewußt: »Gegenüber dem vom Kapital als Prinzip von Geschichte gesetzten Gebrauchswert erschien der vorkapitalistische als profanes Ding, als Sache.«64 Nun postuliert er aber, und das bringt ihn auf einmal in die Nähe von Reinicke: »Gegenüber der realen Verdinglichung dieses Prinzips von Geschichte im Kapitalismus jedoch erscheint der vorkapitalistische Gebrauchswert als lebendige Vernunft.«65 In jenen vorkapitalistischen Verhältnissen sei er zwar Natur, setze aber »als Bestimmung des Verhältnisses von Mensch und Natur ... die Menschen als von Natur verschiedene und mit freiem Willen begabte Subjekte voraus.«66 77
Daß dies solange Metaphysik bleibt, »wie die Menschen die objektive Welt nicht wirklich als Bedingung ihrer subjektiven Tätigkeit setzen«, ist Pohrt indessen klar. Welche Funktion kommt dann also jenem vorkapitalistischen Gebrauchswert als »lebendiger Vernunft« zu? Die Rede, die dem Kapitalverhältnis das Prädikat der Fortschrittlichkeit nur solange zuerkennen will, als es auf die Zwecke irgendwelcher lebendiger Menschen als seine Grenze stoße, geht offenbar davon aus, daß diese Zwecke nur solche eines noch nicht kapitalüberformten Lebenszusammenhangs sein können, daß sie als kapitalbestimmte selbst keine Grenze mehr darstellen. Nun zitiert aber auch Pohrt Marxens Darstellung des Zusammenhangs von Grenzen und Schranken, bezieht sich also selbst auf dessen Behauptung, daß das Kapital beständig Grenzen an seiner eigenen Natur findet, als verselbständigter Tauschwert. Weshalb also der Rückgriff auf jene noch nicht durchkapitalisierten Lebenswelten, wie sie bei anderen Zeitgenossen - von Negt/Kluge bis Habermas - romantisch verklärt werden? Der Grund findet sich offenbar in der Annahme, daß die »Konstituierung des Kapitals zum reellen Gemeinwesen« 67 nichts sonst übrig läßt, also einer methodisch fahrlässigen Vermengung von Aussagen, die ihren Stellenwert in der Kritik der politischen Ökonomie haben, mit Aussagen über die Welt überhaupt. Das hat zur Folge, daß allgemeine Bedingungen der Kapitalreproduktion bei Pohrt mit dem Werden des Kapitals zur Totalität, wie er sie versteht, wieder hinfällig werden. So ist ihm die Verdoppelung der Gesellschaft in Gesellschaft und Staat, die Marx als wesentlich für die bürgerliche Gesellschaft ausmacht, nur ein für die innere Geschichte kapitalistischer Gesellschaften selbst transitorisches Phänomen. Auch der Staat, »welcher allgemeine Gebrauchswerte konkret setzt«68, sei jetzt obsolet geworden. »Sowie das Kapital sich selbst als reelles Gemeinwesen konstituiert und seinerseits konkrete und allgemeine Gebrauchswerte setzt, ist sein spezifischer Gebrauchswert nicht mehr die lebendige Arbeit als geschichtsbildende Kraft.«69 Das capital fixe, Maschinerie, stellt also die Zerstörung des Gebrauchswerts par excellence durch Vergegenständlichung dar.70 Nim ist nicht zu bestreiten, daß die Entwicklung von Technik 78
mit der Verarmung bestimmter produktiver Qualitäten einhergeht. Marx hat dies ausführlich beschrieben. Keinesfalls aber ist einzusehen, daß hier ein an der Marxschen Darstellung des immittelbaren Produktionsprozesses des Kapitals gewonnenes Modell, das nur dort seinen Ort hat, als Epochengeschichte des Kapitals und der Welt in einem gelesen werden soll. Wenn capital fixe, Maschinerie, zugleich Form des Kapitals und Bedingung seiner Produktion und Reproduktion, dann gehört es seiner kontemporären Geschichte an und markiert keineswegs seinen Verfall, es sei denn insofern, als es, indem es jene vielzitierten Schranken überwindet, Marx zufolge stets neu Grenzen setzt und damit auch Voraussetzungen seiner Aufhebung selbst schafft. Ja, wie zuvor angedeutet, tritt in der Maschinerie die Produktivkraft als vergegenständlichte, gerade in ihrer ambivalenten Bedeutung hervor, als geronnene Produktivität, also nach Pohrt, Gebrauchswert par excellence, und gleichzeitig als an die Verwertungsbedingungen des Kapitals gebundene und so zweckbestimmte und formierte Produktivkraft. Daß unter gegebenen Verhältnissen die Debatten um Nutzen und Nachteil der Technik, insofern sie letzteres nicht mitreflektieren, obsolet sind, mag zugestanden sein. Aber es geht ja nicht mehr darum, derjenigen inzwischen arg dezimierten Sorte von ML-Marxisten das Wort zu reden, die die kapitalistische Technologie schlicht als Gebrauchswert in eine nachrevolutionäre Produktion übernehmen zu können glaubten. Entscheidend ist, daß bei Pohrt dem Kapital die Produktivität als Gebrauchswert fürs Kapital und als Gebrauchswerte hervorbringende jetzt plötzlich abhanden gekommen ist. War sie doch seit seinen Anfängen nur eine, insofern sie gesetzt war vom verselbständigten Tauschwert. Begleiteten die Klagen über den Verlust menschlicher Produktivität wie über die Produktion von Schund die Geschichte der Industrialisierung doch von Anbeginn an. Offenbar weigert sich Pohrt, allen von ihm strapazierten Widersprüchlichkeiten, Aporien und dialektischen Figuren zum Trotz, das Kapitalverhältnis wirklich als prozessierenden Widerspruch zu begreifen. Wie könnte er sonst behaupten, der 79
Widerspruch von Produktion und Zirkulation sei an ein Ende gekommen. - Die Möglichkeit der Krise, wie sie schon durch das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf, von Produktion und Realisation des Werts gesetzt ist, ihre Notwendigkeit, wie sie in der Verselbständigung der Kapitale gegeneinander, der Surplusproduktion und der mit ihr einhergehenden permanenten Disproportionalität gesetzt ist, gibt es für Pohrt offenbar nur solange, »wie das Kapital noch nicht völlig mit seinem Begriff identisch, in sich selbst noch widersprüchlich ist.«71 »Nur dann also, wenn die Kapitalverwertung unter eine sie quantitativ und qualitativ beschränkende Bedingung gesetzt ist, die ihrer prinzipiellen Maß- und Ziellosigkeit Widerstand entgegensetzt - und dies tat eben die Zirkulation, solange es sie noch als autonome Sphäre gab -, nur dann bringt sie Produkte hervor, die auch menschlichen Bestimmungen gehorchen.«72 Mit dem vorgeblichen Wegfallen des Widerspruchs zwischen Produktion und autonomer Zirkulationssphäre wird auch der zwischen Tausch- und Gebrauchswert hinfällig. Ihr formeller Unterschied bekommt einen »spezifisch geschichtlichen Inhalt73 die »Substitution der Zirkulation durch die Diktatur der Monopole«.74 Das Verwirrende an der Pohrtschen Argumentation ist, daß die hier vorgetragenen Thesen eingebettet sind in die Referierung der Marxschen Argumentation zum Zirkulationsprozeß des Kapitals in den »Grundrissen«, die nichts weniger behauptet als die Existenz einer »autonomen Zirkulationssphäre«, sondern, im Gegenteil, die die Verselbständigung von Produktionsund Zirkulationsprozeß gegeneinander und ihre widersprüchliche Einheit darstellt. Die autonome Zirkulationssphäre ist ein Kind der bürgerlichen Ökonomie und ein illegitimes Kind der Kritischen Theorie. Dort war das Ende einer Epoche des Konkurrenzkapitalismus behauptet und ineinsgesetzt worden mit dem der bürgerlichen Gesellschaft. Pohrt bezieht sich hier auch schlicht gläubig auf Horkheimer: »Das Dorado der bürgerlichen Existenz, die Sphäre der Zirkulation, wird liquidiert.«75 Festzuhalten ist 76 , daß es sich bei den entsprechenden Vorstellungen insgesamt um geschichtsphilosophische, um nicht zu sagen, geschichtsmetaphysische handelt, die schon von daher im Gegensatz stehen zu Marxens Versuch, sowohl die Logik der 80
Produktion und Reproduktion des Kapitalverhältnisses als gleichsam stillgestellte Geschichte vorzuführen und dessen innere Geschichte zu demonstrieren, - man denke hier an seine Ausführungen zur 10-Stunden-Bill -, als auch ein durchaus reflektiertes Verständnis von Historizität aufrechtzuerhalten, die weder in Kapital- und Produktivkraftgeschichte sich erschöpft, auch nicht in einer mechanisch verstandenen Geschichte von Klassenkämpfen, noch mit irgendeinem Evolutionismus östlicher oder westlicher Provenienz vereinbar ist. Diesen emphatischen Begriff von Geschichtlichkeit hatte von den kritischen Theoretikern zumindest Adorno von Marx übernommen, aber auch nur, um ihn in einer Vorstellung vom total gewordenen Zusammenhang der Gesellschaft wieder zu liquidieren. Pohrt erweist sich auch darin als getreuer Schüler der Kritischen Theorie. Er übernimmt nicht nur die schon bei Reinicke auffallende Ineinsziehung von Nichtidentischem des Begriffs und widerständigem Moment im Kapitalverwertungsprozeß, sondern auch die mit der These vom Zerfall der Zirkulationssphäre emhergehenden Vorstellung vom Umschlag ökonomischer in politische Macht. Am Ende steht die totale Herrschaft der Sachen und Cliquen in einem autoritären, darf man sagen »Postkapitalismus«?, der keinen Staat mehr nötig hat. 77 Vor diesem Hintergrund wird dann der Gebrauchswert wieder, wie bei Reinicke, zum »Refugium für alles das, was sich der Logik des Kapitals entzieht und woran die Begriffe der politischen Ökonomie scheitern.«78 Von daher auch die Invektiven gegen den »akademischen Marxismus«, der in seinem »eigenen Vollzug aber das Außertheoretische, den Gebrauchswert als ... Nichtidentisches«79 eliminiere. Der hier zu supponierende mögliche Gebrauchswert eines akademischen Marxismus hat sich inzwischen in jedem Sinne als Illusion erwiesen. Weder als Renommee und Karriere, also wieder nur in seiner Tauschwertgestalt, hat er sich verifizieren lassen, noch als Lustgewinn reiner Erkenntnis. Aber vielleicht hat der aufgezwungene und leidvolle Krieg mit den positivistischen Widersachern insofern die Waffentechnik verbessern helfen, als über ein geschärftes Methodenverständnis jener unmittelbaristische Zugriff auf Marx nicht mehr möglich ist, der für die 81
Studentenbewegung und die 70er Jahre typisch war, für den also Pohrt nicht alleine steht. Die Crux dieses Zugriffs liegt, wie hier deutlich geworden sein sollte, in der Versuchung, Aussagen der Darstellung aus dem Kontext zu lösen und sie schlicht ontologisch auf Gott und die Welt zu beziehen, Aussagen, von denen man gelernt hat, daß sie sich jeweils nur auf einen spezifischen Ort im Gang der Darstellung beziehen, einer Darstellung, die zunächst von nichts anderem als von einer Begrifflichkeit ausgeht, die als in Sprache und Wissenschaft sedimentierte Geschichte sehr wohl ihren Bezug zur »wirklichen Wirklichkeit« hat, und deren widersprüchliche Bedeutungsgehalte so gegeneinander diskutiert werden, daß sie nicht nur einen Erkenntnisprozeß, sondern auch einen inhaltlichen Zusammenhang in einer »notwendigen« Aufeinanderfolge präsentieren. Daß die Lösung von einzelnen Aussagen aus dem Darstellungskontext ein unmögliches Verfahren ist, wenn es nicht um Propaganda, sondern um Erkenntis gehen soll, war seit Kant und Hegel zumindest dem akademischen Publikum nicht verborgen, seit Marx wußte man eigentlich, daß, wenn man sich dieser Versuchung überläßt, man immer nur jene fetischisierten Formen beschwört, deren Durchschauen die Voraussetzung für politische Handlungsfähigkeit ist, die nicht nur blindwütige Reaktion sein will. Daß die wirkliche Wirklichkeit als unmittelbare nicht zu haben ist, war und ist Pohrt und den verwandten kritischen Geistern eigentlich bekannt. Das Dilemma ihrer Versuche, den Kapitalismus auf der Höhe der Zeit zu fassen, liegt darin, die Vermittlung stets einzuklagen und gleichzeitig wieder zu kappen. Dies läßt sich auch an der nur ein Jahr später als Pohrts Gebrauchswertschrift erschienenen Arbeit Stefan Breuers über die »Krise der Revolutionstheorie« zeigen, in der dieser sich vor allem kritisch mit Herbert Marcuse auseinandersetzt.80 Hier findet sich schon eine deutliche Absetzimg von jenen Glaubenssätzen der Kritischen Theorie, denen Pohrt noch anhing. So heißt es: »Wertbeziehung war eine gesellschaftliche Beziehung, in der sich ökonomische und politische Momente von Anbeginn verschränkten; die Konstruktion eines einfachen >Konkurrenzmodells<, in dem angeblich die gesellschaftliche Synthesis 82
auf naturwüchsigem Wege durch das Zusammenschließen der vielen Einzelspontaneitäten erfolgen sollte und das auf Grund dieser Selbstregulierung gleichsam apolitisch war, war dagegen eine Aufgabe, die Marx Adam Smith und seinen marxistischen Nachfahren< überließ.«81 »Der Rekurs auf den >vergessenen Gebrauchswert« 82 repräsentiert für Breuer die Strategie einer Kritik, die bei Marcuse einerseits in eine »Apotheose des Narzißmus« 83 mündet. In diesem Zusammenhang skizziert auch er die verschiedenen Bedeutungen des Gebrauchswertes bei Marx, um dann Marcuse zugutezuhalten, daß dieser wiederum kritisch genug sei, »um die Probleme zu erkennen, die sich aus einer Fetischisierung der Unmittelbarkeit ergeben.«84 Indem Marcuse noch einmal alle Möglichkeiten der Revolutionstheorie durchspiele, »vom utopischen Sozialismus über die Verelendungstheorie bis hin zu den Surrogatformen einer marxistisch drapierten Reprise der bürgerlichen Aufklärung und der fadenscheinigen Apotheose >unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung« 85 , lasse er ihre objektive Unmöglichkeit hervortreten. Damit sei die Krise einer Theorie markiert, »die einmal zu Recht ihre Stärke aus dem Glauben bezog, gegen die kapitalistische Abstraktion ein über das Bestehende hinausweisendes, nichtidentisches Prinzip mobilisieren zu können, das zwar der kapitalistischen Produktionsweise nicht als ein Jenseits, aber als leeres Sollen gegenüberstand, wohl aber so weit über sie hinausragte, daß sie in seinem Namen kritisiert werden konnte.«86 »Der Gebrauchswert war der Statthalter des Nichtidentischen, der sinnfällige Beweis dafür, daß die Dominanz des Kapitals auf Usurpation beruhte. Und solange die Kritik auf ihn sich berufen konnte, solange die Wertabstraktion mit einem anderen Prinzip konfrontiert war, auf das sich eine mögliche Neuorganisation der Produktion stützen konnte - solange war die kapitalistische Produktionsweise als eine bloß transitorische gekennzeichnet.«87 Breuer weist ebenso auf die Kontamination von Gebrauchswertfetischismus und Arbeitsmetaphysik, die in Pohrts Vorstellung vom »Gebrauchswert par excellence« ihre Zuspitzung erfahren hat, hin, wie auf den tiefen Dualismus entsprechender 83
revolutionstheoretischer Konzeptionen. Immer sind es zwei Prinzipien, die sich gegenübertreten: Abstraktes und Konkretes, Allgemeines und Einzelnes, Totes und Lebendiges, Identisches und Nichtidentisches, Tauschwert und Gebrauchswert, Kapital und Arbeit. Das schlecht Chiliastische der dazugehörigen »Revolutionstheorie« zeigte sich in der schlichten Zusammenfassung der jeweils einen Seite dieser Begriffspaare zum unwahren Ganzen und der anderen zum Prinzip Hoffnung, noch schlichter gesagt, zum Bösen und zum Guten. Damit war aber der Sinngehalt, den jene Begriffe in der Hegeischen und Marxschen Dialektik an dem je spezifischen Ort ihrer Vermittlung hatten, notwendigerweise verloren, und darin besteht, meines Erachtens, die wirkliche Krise der Revolutionstheorie, nämlich in ihrem Auseinanderfallen in eine apokalyptische Beschwörung des Verhängnisses und einen unverdrossenen Glauben an das Gute. Für Breuer dagegen findet diese Krise, wie für Pohrt, ihren Grund im total gewordenen Kapitalverhältnis. Die »Zweidimensionalität« der bürgerlichen Gesellschaft sei eine vergängliche Konstellation gewesen, behauptet er.88 Sie sei mit dem Übergang zur reellen Subsumtion der Arbeit vergangen. »Der Schein, der bislang noch im Namen des produktiven Wesens als Schein, als falsche Vermittlung« habe kritisiert werden können, sei in den Grund zurückgeschlagen, aus dem er hervorgegangen sei.89 Mit der abstrakt-technischen Rationalität und der Maschinerie habe sich der Wert zum übergreifenden Moment gemausert und damit der Produktionsprozeß aufgehört, Arbeitsprozeß zu sein, in dem Sinne, »daß die lebendige Arbeit als die ihn beherrschende Einheit über ihn übergriffe«.90 Daß dies, zumindest in der Marxschen Theorie, und um die geht es ja hier, nicht der Fall war, ist sogar Pohrt noch deutlich gewesen. Breuer fährt fort: »Zwar wurde der Gebrauchswert, der bislang für die Nichtidentität des ganzen Prozesses eingestanden hatte, nicht zerstört. Wohl aber sein Doppelcharakter, zugleich Moment der Wertvergesellschaftung und diese transzendierend zu sein. Die außerökonomische Dimension des Gebrauchswerts, die Eigenständigkeit der konkreten Arbeit, wurde durch die reelle Subsumtion aufgelöst, die Arbeit selbst in ein lebendes Zubehör der Maschinerie verwandelt.«91 84
Noch zugespitzter als bei Pohrt ist hier die Etablierung des Kapitalverhältnisses überhaupt und, wenn man so will, auch sein historischer Anfang mit der Durchsetzung maschinenförmiger Produktion als der Eintritt in die Dantesche Hölle gefaßt, wo man alle Hoffnung fahren lassen muß. Dies ist aber nur möglich, wenn man die Zweidimensionalität der Kritischen Theorie zur historischen Wahrheit der Entstehungsgeschichte des Kapitalismus verklärt und ihre Arbeitsmetaphysik mitsamt ihrem Gebrauchswertfetischismus in die Marxsche Theorie rückprojiziert, die man dann getrost ad acta legen kann, was vielleicht auch der Zweck des ganzen Unternehmens war. Von daher wundert es nicht, daß Pohrt in einem späteren Aufsatz mit der Bemerkung schließt: »Vor zehn Jahren, als Horkheimers Verdikt >Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen< eine selbstverständliche Voraussetzung des Denkens gewesen war, hat es auf diese Frage (nämlich die nach der Veränderung einer Gesellschaft »die Auschwitz hinter sich und den Atomkrieg vor sich hat«, Anm. v.V.) eine Antwort gegeben. Inzwischen habe ich sie vergessen, und heute weiß ich keine mehr.« 92 Der offensichtliche Verlust der politischen Perspektive geht nicht nur einher mit dem Verschwinden irgendwelcher revolutionärer Subjekte, sondern auch dem der Hoffnung, die man in die Marx-Rezeption gesetzt hatte, wie sie vor allem von Hans Jürgen Krahl entschieden gefordert und vorangetrieben worden war und zwar gerade in Absetzung zur Kritischen Theorie, mit deren politischer Perspektivlosigkeit man ja bereits konfrontiert war. Aber die Zahl derjenigen, die ihre Zeit nicht nur für lustvolle Aktionen oder den Parteiaufbau, sondern auch für die blauen Bände verwandten, ist immer minoritär geblieben. Sie waren auch häufig geneigt, sich den politischen Aktivisten anzudienen, umsomehr als diese wenig Bereitschaft zeigten, sich solidarischer Kritik zu öffnen. Bezeichnend für die Gebrauchswertdebatte ist, daß das seit 1968 vorliegende Werk von Roman Rosdolsky über die »Grundrisse«93 offenbar nicht rezipiert, jedenfalls nicht in die Überlegungen einbezogen wurde. Rosdolskys Erklärungen zur Funktion des capital fixe als Gebrauchswert und hier selbst als »formbestimmendes Moment« 94 , und zu seiner Rolle im Repro85
duktionsprozeß des Gesamtkapitals, lassen, auch und gerade weil sie nicht weit über die Argumentation bei Marx selbst hinausgehen, nimmt man sie ernst, einfach keine Deutungen zu, die irgendsoetwas wie ein Verschwinden des Gebrauchswerts oder seine »Verdopplung« behaupten. Aber die »trockene« Marx-Philologie des Genossen Rosdolsky, der bis zur Absetzung von Rjasanov 1931 dessen Mitarbeiter am Moskauer MarxEngels-Institut war und anschließend Jahre in deutschen Konzentrationslagern verbrachte, dem es aber nach seiner Emigration in die USA immer noch wichtig genug erschien, einen ersten umfangreichen Kommentar zu den Grundrissen zu schreiben, hatte für die studentenbewegten Marx-Rezipienten anscheinend etwas Verstaubtes und daher Abwegiges. Wollte man doch »absolut modern« sein. Der Rückgriff auf Marx, von dem man sich revolutionäre Munition gegenüber der Kritischen Theorie in ihrer professoralen Leibhaftigkeit versprochen hatte, erwies sich auf der ganzen Linie als Desaster. Man fand dort weder Informationen, wie die Revolution zu machen sei, noch das, was man wahlweise für den Parteiaufbau oder die Befreiung der Subjektivität zu brauchen glaubte. Also traktierte man den untauglichen Gegenstand solange, bis man einige Bruchstücke erhielt, die man mit etwas Mühe zu einer Theorie der Subjektivität, Gebrauchswerttheorie, Naturtheorie etc. umbiegen konnte. Exemplarisch ist hier Negt/Kluges Variante, die, anknüpfend an Kurnitzkys Spekulationen über die Entstehung des Geldes aus dem Opfer der weiblichen Sexualität95, die Gebrauchswerte zu Quanten in der Beziehungsarbeit ummodelt. 96 Auch Hans Jürgen Krahl hat sich trotz aller Anstrengungen nicht völlig von diesem romantischen Ballast freimachen können. Die geschichtsmetaphysischen Topoi von der Nivellierung der Zirkulationssphäre durch das Monopolkapital97, der Disqualifizierung und Unterwerfung der Gebrauchswerte durch den Wert in Gestalt des »kapitalfixierten Maschinensystems«98 finden sich auch bei ihm, und Pohrt bezieht sich explizit auf die Krahlschen Formulierungen. Dabei war schon Adorno 1968 in seinem Vortrag über »Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft« mit dieser Problematik differenzierter umgegangen. Dort argumentiert er gegen die Behauptung, angesichts von Interventionismus und Groß86
planung sei »der Spätkapitalismus der Anarchie der Warenproduktion entrückt und darum kein Kapitalismus mehr«: »Das Kapitalismusmodell selbst hat nie so rein gegolten, wie die liberale Apologie es unterstellt. Es war bereits bei Marx Ideologiekritik, sollte dartun, wie wenig der Begriff, den die bürgerliche Gesellschaft von sich selbst hegte, mit der Realität sich deckte. Nicht enträt es der Ironie, daß der Liberalismus, der in seinen besten Zeiten keiner war, heute umfunktioniert wird zu der These, der Kapitalismus sei keiner mehr«. 99 Nun hatten das die Protagonisten der Gebrauchswertdebatte ebensowenig behauptet, wie ihre Lehrer Horkheimer, Adorno, Marcuse und Krahl. Aber indem sie alle in ähnlicher Weise die Frage der inneren Historizität des kapitalistischen Systems dahingehend beantworten, daß das, was den Kapitalismus zum Kapitalismus mache, ihrer Meinung nach die Vorherrschaft des verselbständigten Werts als historisch bestimmendes, als »automatisches Subjekt« der gesellschaftlichen Formierung an ein Ende gekommen sei, kippen sie mit dem Gültigkeitsanspruch der Marxschen Theorie auch ihren Gegenstand, das Kapitalverhältnis. Exemplarisch bleibt hier der Selbstwiderspruch Adornos, wenn er seine zuvor zitierte Argumentation fortsetzt: »Das Systemfremde enthüllt sich als das Konstituens des Systems, bis in die politische Tendenz hinein. Im Interventionismus hat die Resistenzkraft des Systems, indirekt aber auch die Zusammenbruchstheorie, sich bestätigt, der Übergang zu Herrschaft unabhängig vom Marktmechanismus ist sein Telos.«100 Der Rückgriff auf die Vorstellung reiner Herrschaft, gewaltförmiger Kontingenz, öffnete nicht nur der akademischen Diskussion einen Weg in Richtung eines »französisch« überformten und reimportierten Nietzscheanismus, sondern machte auch die Bahn frei für die »Krise des Marxismus«. Die hatte ihre reale Basis allerdings in weniger theorievermittelten Zusammenhängen: In der unausrottbaren, wenn auch stets falschen, weil auf einem Selbstmißverständnis der historischen Akteure beruhenden Ineinssetzung von Sozialismus und russischen Modell, in dem ebenso unausrottbaren Romantizismus der real existierenden Bewegungen und dem immerwährenden Drang nach einfachen Lösungen, seien sie utopisch oder, wie man heute sagt, fundamentalistisch oder realpolitisch.
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Diethard Behrens, Kornelia Hafner
Totalität und Kritik
»Das Bewußtsein leidet also diese Gewalt, sich die beschränkte Befriedigung zu verderben, von ihm selbst.« (Hegel)1
I. Vorwort Seit Georg Lukács gegen den »Marxismus« der II. Internationale als »orthodoxen Marxismus« die Position eines parteilichen Totalitätsbewußtseins formuliert hatte, die Gesellschaftserkenntnis, Kritik und Revolutionstheorie in einem enthalten sollte, ist nicht nur ein ununterschreitbares Anspruchsniveau für die folgende Diskussion um Marx und den Marxismus vorgegeben, sondern auch ein Einfallstor für jene eröffnet worden, die im Namen der Unparteilichkeit der Wissenschaft und eines harmonistischen Fortschrittsbegriffs, Marx vor »hegelianisierender Spekulation« retten oder ihn liquidieren wollten, indem sie ihm diese unterstellten. Deshalb wird hier von Lukács ausgegangen. Im folgenden zentriert sich die Auseinandersetzung um einige Versuche, das Verhältnis von Hegel und Marx genauer zu bestimmen, als dies durch Lukács und die Kritische Theorie möglich war, die ihm, so behaupten wir, hierin im wesentlichen folgt. Die Marxsche Theorie auf Hegel abzubilden, hieße sie in Philosophie zurückzunehmen. Nicht ignoriert werden kann dagegen, daß Marx' Auseinandersetzimg mit der Hegeischen Philosophie konstitutiv ist für die Herausbildung und die Besonderheit seines Ansatzes einer Kritik. Dies ernst zu nehmen, hieß von Anfang an, sich den Vorwurf des »Hegelmarxismus« einzuhandeln. Die neuere Kritik des »Hegelmarxismus« soll zunächst 89
exemplarisch an Kallscheuer diskutiert werden. Demgegenüber war Kocybas Versuch, auf der Grundlage einer genaueren MarxLektüre und eines geschärften wissenschafts- und erkenntnistheoretischen Problembewußtseins, die Widerspruchsstruktur in der Kritik der politischen Ökonomie zu explizieren, entschieden näher am Gegenstand. Dort, wo er letztlich doch in eine strukturalistische Auflösung der Marxschen Dialektik mündet, hält Brentel, gestützt auf Wolffs Studie über den Widerspruchsbegriff bei Hegel, an einer »Isomorphie« zwischen Hegels Widerspruchsbegriff und Marxens Darstellung der »Entwicklung der Ware zum Geld« fest und behauptet darüberhinaus deren Fundierung in einem - wie auch immer »verkehrten« - gemeinsamen inhaltlichen Bezug. Damit ist das Grundproblem eines adäquaten Marxverständnisses im wesentlichen richtig benannt. Mit den hier vorgestellten Positionen ist unseres Erachtens eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Hegelscher Philosophie und Marxscher Kritik der politischen Ökonomie allererst eröffnet. Wir beanspruchen keineswegs, alle relevanten Beiträge zu diesem Thema einbezogen zu haben. Bewußt ausgeschlossen haben wir Positionen, denen es, wie Fulda, Günther, Horstmann etc., um eine formale Rekonstruktion der Dialektik auf wissenschaftstheoretischer Grundlage geht.2 II. Dialektik und Totalität - Die Lukácssche Konzeption in »Geschichte und Klassenbewußtsein« »Die Zirkulation, weil eine Totalität des gesellschaftlichen Prozesses, ist auch die erste Form, worin nicht nur wie etwa in einem Geldstück, oder im Tauschwert, das gesellschaftliche Verhältnis als etwas von den Individuen Unabhängiges erscheint, sondern das Ganze der gesellschaftlichen Bewegung selbst. Die gesellschaftliche Beziehung der Individuen aufeinander als verselbständigte Macht über den Individuen, werde sie nun vorgestellt als Naturmacht, Zufall oder in sonst beliebiger Form, ist notwendiges Resultat dessen, daß der Ausgangspunkt nicht das freie gesellschaftliche Individuum ist. Die Zirkulation als erste Totalität unter den ökonomischen Kategorien gut, um dies zur Anschauung zu bringen.« (Marx)3
Mit der Veröffentlichung von »Geschichte und Klassenbewußtsein«4, einer Sammlung von Aufsätzen aus den Jahren 1919 90
bis 1922, entwickelte sich eine Debatte, die nicht nur ausschlaggebend für die Entwicklung des westlichen Marxismus wurde. Sie wandte sich auch kritisch gegen die »zwei Orthodoxien« der Marxinterpretation: die Kautskysche Tradition der 2. Internationale und den sich entfaltenden »dialektischen Materialismus«, insbesondere nach 1925.5 »Geschichte und Klassenbewußtsein« wurde damit auch für die geistige Tradition bestimmend, die sich in Frankreich mit den Namen von Goldmann und Merleau-Ponty verknüpft. In Deutschland ist Lukács' Schrift für die Marxrezeption der Kritischen Theorie bedeutsam geworden. »Geschichte und Klassenbewußtsein«, Lukács' epochemachender Entwurf, ist Ausdruck der revolutionären Situation in Europa am Ende des 1. Weltkrieges. Der politischen Praxis der sich herausbildenden kommunistischen Parteien ein philosophisch-gesellschaftliches Fundament zu geben, war Lukács Anliegen. Zentral zielte seine Kritik auf Entfremdung als durchgängiges Moment der bürgerlichen Gesellschaft. Die bürgerliche Gesellschaft wird als konkrete Totalität6 begriffen, als dialektisch-dynamisches Ganzes7, hegelianisierend gesprochen: »Die Welt besteht aus einer Totalität von Elementen«.8 Basis einer so verfaßten Gesellschaft ist die Ökonomie 9 , genauer: der Markt.10 Dieser ist für Lukács konstitutives Element der kapitalistischen Gesellschaft. Er konstituiert seinerseits drei Dimensionen: eine ökonomische, eine wissenschaftliche und eine subjektive, die jeweils eine spezifische Form von Entfremdung repräsentieren und auf eine bestimmte Weise miteinander in Beziehung stehen. Rationale Kalkulation, so Lukács, kennzeichnet Ökonomie und Wissenschaft11, in beiden herrschen die gleichen Verfahrensweisen. Ihren Ausdruck finden diese auch im kapitalistischen Arbeitsprozeß, der durch Rationalisierung, Quantifizierung und Mechanisierung bestimmt ist. Diese Auffassung verdankt sich Max Webers Vorstellung von der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, dessen deskriptiven Begriff der Rationalisierung Lukács als sein Schüler kritisch wendet. 12 Produktion und Technik sind durch sie gleichermaßen strukturiert. Der Arbeiter wird Objekt des Geschehens13, zum partikularen Moment herabgesetzt, wie die Natur Teil des »mechanischen Systems«.14 Der Markt entläßt aus sich die Momente des Relationalen, der 91
Elemente und Partikularität. Die Warenstruktur, mit der diese Momente einhergehen, impliziert Verdinglichung, die das ganze Leben der Gesellschaft in »isolierte Tauschakte von Wa-ren»15 zersetzt, es partikularisiert, es atomisiert und Grund des gesellschaftlichen Individualismus ist.16 Die Warenform ist also Erscheinungsform von Partikularität und Verdinglichung. Die Warenstruktur gilt Lukács als »das Urbild aller Gegenständlichkeitsformen«. 17 Damit geht ihm aber die Differenz des Marxschen Begriffs der Ware als Einheit von Tauschwert und Gebrauchswert zum Ding überhaupt, als spezifischem Gegenstand menschlichen Erkennens und Handelns, ebenso verloren wie er den Marxschen Begriff der Entfremdung, nämlich der des Arbeiters von seinem Produkt, von seiner Tätigkeit als seiner Entäußerung und Vergegenständlichung und damit von seinem Gattungswesen, zusammenzieht und einschleift zu einer Vorstellung von Entäußerung als »zum Ding werden«. Partikularität und Verdinglichung wie auch die Struktur des Relationalen betreffen selbst das Denken. In den Wissenschaften und im Recht herrsche eben jene Partikularisierung und Spezialisierung, funktional für die Produktion. Empirische Tatsachen müssen demgemäß als Fakten, als verdinglichte Momente interpretiert werden.18 Der Markt erscheint also als formelle Einheit19 und ist zugleich der Ort der Vereinzelung, hat anarchische Struktur. Aus ihr erwächst für Lukács der Irrationalismus genauso, wie aus der Warenstruktur die Fetischisierung der Dinge entsteht. Das partikulare Bewußtsein ist aber mit der Warendenkform fest verschlungen.20 Die Vermitteltheit von gesellschaftlichen Organisations- und Bewußtseinsformen hat im Markt ihr Zentrum. In ihr gründen Rationalität und Irrationalität zugleich. Vergegenständlicht sich einerseits die vom Markt erzwungene rationale Kalkulation in der Technik, in der verwissenschaftlichten Produktion, so ist die Anarchie des Marktes andererseits Grund der Partikularität des Bewußtseins, wie sie sich auch in den Einzelwissenschaften niederschlägt. Die Verbindung beider: die in ihrer Bezogenheit auf partikularisierte Gegenstände messende und berechnende Wissenschaft hat als Denkform Partikularität, Verdinglichung und Rechenhaftigkeit zur Voraussetzung, wie sie mit der WareGeld-Struktur als Grundelement des Marktes »real« gegeben 92
sind. So ist auch die Lukácssche Vorstellung von Kapitalismus durch Abstraktheit, Meßbarkeit, Rationalisierung und Kalkulierbarkeit bestimmt. 21 Lukács begreift die bürgerliche Gesellschaft, von einer dichotomischen Klasseneinteilung ausgehend 22 , als die reiner Klassen: das sind die Bourgeoisie und das Proletariat.23 Zwischen beide ist die Intelligenz in ihrer ambivalenten Funktion eingeschoben. Zunächst sind die Bourgeoisie und das Proletariat in der durch die verdinglichten Gegenstandsformen bedingten gesellschaftlichen Unmittelbarkeit eingefangen. Hier hat auch die Rede von der »Selbstverdinglichung des Lohnarbeiters«24 ihre Berechtigimg: er erscheint als Teil der Warenwelt. Im Gegensatz zur Bourgeoisie kann das Proletariat diesen Zustand aber transzendieren.25 Die sozialen Klassen sind für Lukács historische, kollektive Subjekte.26 Ihr Handeln ist auf die Dimensionen gesellschaftlicher Totalität bezogen. Die in der als Totalität gedachten gesellschaftlichen Wirklichkeit agierenden Gruppen werden von spezifischen Interessen geleitet - das Lukácssche Verständnis überschreitet den individualistischen Horizont 27 des traditionalen Interessenbegriffs von vornherein -, ihre reale Artikulation setzt ein Bewußtsein der eigenen Lage voraus. Die Besonderheit des so konstituierten Klasseninteresses des Proletariats besteht in dem Verlangen nach der Aufhebung seiner selbst als Arbeiterklasse und erweist sich damit geschichtsphilosophisch an die Utopie einer befreiten Menschheit in einer klassenlosen Gesellschaft gebunden. Eine solche überindividuelle Geschichtskonstruktion muß jedoch ein Gattungsinteresse unterstellen. Die Problematik des Lukácsschen Begriffs eines objektiven Interesses liegt darin, daß dieser insofern zweideutig ist, als so zugerechnetes Klasseninteresse seinen Grund in realen sozialen Verhältnissen hat, also gesellschaftskritisch fundiert ist, als unterstelltes Emanzipationsinteresse jedoch auf geschichtsphilosophischen und anthropologischen Voraussetzungen notwendigerweise beruhen muß. 28 Die Erkenntnis der Klassen von sich selbst wird möglicher Schlüssel eines emanzipatorischen Interesses. »Die Selbsterkenntnis des Arbeiters als Ware«29 eröffnet die Möglichkeit, den »Fetischcharakter einer jeden Ware«30 zu durchschauen, das da93
hinterliegende Sozialverhältnis zu begreifen. Indem das Proletariat diese Erkenntnis vollzieht, wird es zum »Selbstbewußtsein des Gegenstandes«31 selbst und verändert damit auch die Wahrnehmung der Gegenstände der Welt als verdinglichte. Es hebt sich selbst als Objekt auf und wird ideell Subjekt. 32 Insofern das Klassenbewußtsein das Proletariat in die Lage versetzt, seine gesellschaftliche Position zu erkennen, insofern es als Totalitäts- und Geschichtsbewußtsein auch die Dimension objektiver Möglichkeit ins Auge faßt, insofern inauguriert es ein Bewußtsein, das die historische Mission des Proletariats in bezug auf die Konstitution einer klassenlosen Gesellschaft zum Ausgangspunkt macht. Die »neue Gesellschaft ... soll aus dem Geist des Proletariats entstehen.«33 Der gesellschaftliche Transformationsprozeß soll zum Endzweck ein geordnetes Wirtschaftssystem haben, es planvoll herstellen.34 Aus der Identifikation des Kapitalismus mit dem Markt ergibt sich die des Sozialismus mit dem Plan. Revolutionäre Praxis erscheint bei Lukács als Lösimg aus dem Dilemma: Die gesellschaftliche Entwicklung ist einerseits objektiv, als ökonomische Entwicklung, andererseits durch den Klassenantagonismus bestimmt. 35 Praxis scheint beide zu vermitteln, hebt aber Objektivität, die Gesellschaft, und Subjektivität, die Intention auf Totalität, nicht auf. Es ist eine äußerliche Vermittlung, die hier erscheint.36 Handeln, die Intention auf Totalität, ist bei Lukács über den Handlungswillen bestimmt. 37 Damit ist Handeln als bewußte geschichtliche Tat gefaßt38 und als solche »auf die Veränderung des Ganzen gerichtet«39, d.h. die »Beziehung von Subjekt und Objekt, Freiheit und Determination, Theorie und Praxis, Wissen und Bewußtsein«40 ist selbst noch historisch, ihre Dimensionen die seelischen Formen, das Totalitätsprinzip - sind, wie Goldmann sagt, »sinnvolle Struktur«.41 Diese Konstruktion ist struktural gedacht, weil Lukács die »gesellschaftliche Konstitution von Sinn an den spezifischen Selbstbezug des Proletariats bindet« 42 , d.h. an seine Form. 43 Denn das »Klassenbewußtsein (ist) der bewußte Sinn der geschichtlichen Lage der Klasse« 44 Dieser Sinn äußert sich zugleich als revolutionäres Sollen45 und verweist damit auf Konstruktionen des frühen Lukács, denen oft ein romantischer Antikapitalismus attestiert wird. Es ist eine Ethik der Geschichte, die von Lukács formuliert wird, 94
die die Forderung nach einem Wollen der Freiheit und eine proletarische Eschatologie einschließt.46 Die Bestimmung des Sollens, d.h. die Bestimmung der hitorischen Mission des Proletariats, hat aber noch eine andere Seite: die Natur. Gegen Engels betont Lukács die Gesellschaftlichkeit von Natur und ihrer Erkenntnis. Er begründet historisch, daß die rationale Erkenntnis, Mathematik und mathematische Physik, zum Maßstab philosophischer Erkenntnis überhaupt geworden sind. Eine solche Erkenntnis bezeichnet Lukács als formale, materialisiert in rationalisierender Technik47, Ware und Geld. Wird diese Erkenntnisart universalisiert, so erwächst ihm zufolge im Gegenzuge die Frage nach dem Inhalt, der Materie, dem Kantschen Ding an sich. Damit wird aber eine Aporie sichtbar: die Welt als rationales System denken zu müssen und doch nicht zu können 48 Natur als subsumierte erscheint jetzt nur noch als »Irrationalität der Materie«.49 Und trotzdem behauptet Lukács: »Natur ist eine gesellschaftliche Kategorie«.50 Sie ist durch die gesellschaftliche Form konstituiert, d.h. die Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur ist letztendlich ökonomisch bestimmt. Die Vorstellung von der Natur als gesetzmäßig determinierter ist struktiv aus der ökonomischen Struktur des Kapitalismus herausgewachsen. 51 Materie, Inhalt, erscheinen im Kapitalismus nur als abstrakte, partialisierte Elemente exakter Kalküle.52 Die hier implicit enthaltene Annahme einer inneren Natur als der des Menschen und einer äußeren, die beide auf ein NichtUnterworfen-Sein-Wollen bezogen sind, dokumentiert die Idee der Versöhnung: materialisiert als Kunst. Sie ist Medium der Selbsterkenntnis des Menschen, der wahren Natur. Die Form ist hier jedoch mit dem Inhalt verschmolzen. 53 Lukács' Argumentation lautet also: Daß der Gegenstand sich den Wissenschaften als »Ding an sich« entzieht, dies verdankt sich der blinden gesellschaftlichen Praxis und der Logik des Marktes. Die den Wissenschaften inhärente Zweckhaftigkeit als Form des Sollens beinhaltet aber, daß das »Sollen überhaupt imstande ist, auf das Sein einzuwirken«.54 Ihr Material ist jetzt eine Gesellschaft, in der die Natur ebenso verschwunden ist, wie das empirische Proletariat im reinen, revolutionären Sollen. Im Proletariat sieht Lukács das »identische Subjekt-Objekt«, 95
das Subjekt jener Fichteschen Tathandlung55, die es selbst und die gesellschaftliche Wirklichkeit verändert.56 Dieses identische Subjekt-Objekt bestimmt in der Form seiner spezifischen Theorie-Praxis-Einheit das kollektive Handeln des Proletariats als reinen Klassenkampf.57 Es beinhaltet eine Transformation der kapitalistischen Entwicklung, wie sie als Entfremdungsprozeß nach dem Muster der Weberschen Rationalisierungsthese58 gefaßt war, zu einer vernünftigen Praxis im Sinne »wahrer Rationalität«, in der das Interesse des Proletariats an seiner Selbstaufhebung mit dem emanzipativen Menschheitsinteresse koinzidiert. Das unterstellte Klassenbewußtsein ist dementsprechend idealtypisch konstruiert, transzendentales Bewußtsein. Bewußtsein der Klasse von der objektiven Möglichkeit einer struktiven Veränderung in der Geschichte, durch welche wiederum Klassenbewußtsein konstituiert erscheint. Und doch soll die historisch-emanzipative Vernunft sich materialisieren. Das erscheint möglich nur durch die Etablierung von Organisation, eben weil Lukács mit Lenin die Skepsis gegenüber dem empirischen Proletariat und seinem Bewußtsein teilt 59 Die wirklichen Führer der Arbeiterbewegung sind gedacht nur als »die Vollstrecker dieses einheitlichen, sich auf Einheit richtenden Willens« der Emanzipation des Proletariats. Dies macht die Organisation zwar ideell zum Mittel der Klasse, die Partei aber zur »organisatorische(n) Form für den bewußten ... Schritt der Freiheit entgegen« 60 , macht sie zur volonte generale 61 , zum absoluten Bewußtsein. An der Spitze der Revolution sollen die über das theoretische Bewußtsein verfügenden »geistigen Eliten« stehen, die die Massen aus ihrer bloßen Spontaneität führen. Wenn die Funktion der Intellektuellenklasse in der Bourgeoisie die des Fachmenschen im Sinne der Weberschen Bürokratismusthese ist, so soll die Transformation der Funktion des Intellektuellen als politischer Avantgarde über den gesellschaftlichen Totali-tätsbezug stattfinden. Totalität62 wird somit - neben Dialektik - zur Zentralkategorie. Die »Rekonstruktion der Gegenwartsgeschichte als Totalität«63 gelingt nur im kollektiven geschichtlichen Handeln64-, als parteiliches Totalitätsbewußtsein, das den Partikularismus und den dinglichen Schein kapitalistischer Rationalität überwindet. 96
Dialektik ist »auf das Ganze des Geschichtsprozesses gerichtet« 65 , dessen qualitative Elemente sie zum Erscheinen bringen, Totalität zum Gebiet der Dialektik machen. Insofern zielt die dialektische Darstellung bei Lukács auf die »konkrete Einheit des Ganzen«. 66 Der einheitswissenschaftliche Anspruch, der damit gestellt ist, versteht sich nicht wie bei Engels als Anstrengung, den natur- und menschheitsgeschichtlichen Prozeß zusammenzudenken, indem Dialektik als Methode den Erkenntnissen der Natur- wie der Sozialwissenschaft supponiert wird, sondern als ein »Hinausgehen über die Empirie«, das »die Gegenstände der Empirie selbst als Momente der Totalität, d.h. als Momente der sich geschichtlich umwälzenden Gesamtgesellschaft erfaßt«.67 Dies vermag es, weil »bereits das empirische Dasein der Gegenstände selbst ein vermitteltes«68 ist, und weil es »als Folge der geschichtlichen Dialektik« »selbst dialektisch«69 erscheint. Dialektik als »praktische Wechselwirkung des erwachenden Bewußtseins mit den Gegenständen, aus denen es entsteht, und deren Bewußtsein es ist, andererseits in dem Flüssigwerden, in dem Prozeßwerden jener Gegenstände, die hier als Momente der gesellschaftlichen Entwicklung, also als bloße Momente des dialektischen Ganzen begriffen werden«70, noch kontemplativ, und daher unvollkommen im Bewußtwerden großer gesellschaftlicher Umwälzungen, wie es sich in Literatur und Philosophie dokumentiert, wahrhaft aber erst »im zur Tat werdenden Bewußtsein des Proletariats ... indem das Bewußtwerden zum praktischen Übergangspunkt wird« und die »Gegenständlichkeitsform seines Objekts« 71 umwälzt. Dialektische Totalitätserkenntnis fällt so zusammen mit der Veränderung des Ganzen. Bei Hegel, dem Lukács immerhin zugesteht, daß er die »Logik der Totalität«72 entdeckt habe, gerinne Geschichte zum Teilmoment. Als ihr Subjekt müsse Hegel den Weltgeist bemühen, da es ihm nicht gelinge, »das identische Subjekt-Objekt in der Geschichte selbst aufzufinden«.73 Nicht die Geschichte bilde den lebendigen Körper der Totalität, sie finde ebenso ihr Ende wie Totalität über eine von Geschichte losgelöste Genesis im absoluten Geist ihre Vollendung. Demgegenüber postuliert Lukács Geschichte als »das natürliche, das einzig mögliche Lebenselement der dialektischen Methode.« 74 Da Lukács Dialektik nicht auf eine Dynamik objektiver Gegensätze reduzieren will, 97
sondern an einem Dialektikbegriff festhält, der die Frage nach dem spezifischen Subjekt-Objekt-Verhältnis beinhaltet, muß seine Konstruktion den Geschichtsprozeß mit dem Prozeß der Selbstbewußtwerdung und Selbstveränderung als gesellschaftlichem ineinssetzen. Eine dialektische Darstellung der Kategorien kapitalistischer Ökonomie, als spezifisch gegliederter Totalität, verblaßt vor jenem antikontemplativen Ungestüm. Denn jene Einheit von Subjekt und Objekt sowie Theorie und Praxis im revolutionären Akt bringt alle Widersprüche zum Verschwinden. In der Rezeptionsgeschichte ist Lukács' Position in »Geschichte und Klassenbewußtsein« fast immer als eine hegelianisierende aufgefaßt worden. In seiner Selbstkritik bezichtigt sich Lukács eines »Überhegeln Hegels«. 75 Mit der Deutung des Proletariats als sich selbst erkennender Materie 76 hat Lukács versucht, Marx, dem er diese Deutung unterschiebt, als Vollender Hegels darzustellen, ja sogar, eine Identität der Systeme zu postulieren, allerdings auf einer Folie, die Geschichte mit Totalität im Akt der revolutionären Selbstaufhebung des Proletariats zusammenbindet, und revolutionäre Praxis in Gestalt der Partei nach wie vor nur als eine Form »reinen Sollens« zu fassen vermag. Nicht zuletzt hier wird deutlich, wie Lukács den Reflexionshorizont von Hegel unterschreitet. Schon in seiner Zusammenziehung von »Gedankenformen« und »Lebensformen« der bürgerlichen Gesellschaft 77 läßt sich Widerspruch nicht mehr denken.
III. Versuche einer Kritik des »Hegelmarxismus« In der neueren marxistischen Diskussion treten immer wieder Positionen hervor, die sich gegen eine hegelianisierende Lesart der Marxschen Theorie aussprechen. Es versteht sich, daß Vertreter eines empirisch orientierten Marxismus, eines strukturalistischen Marxismus, eines wissenschaftstheoretisch orientierten Marxismus und einer neoricardianisch-marxistischen Ökonomie diese Stoßrichtung im Prinzip teilen und daß sich dort verstreut entsprechende Äußerungen finden. Otto Kallscheuer hat die Hegelianismuskritik des strukturalistischen 98
Marxismus, des italienischen Marxismus der della Volpe-Schule und des deutschen wissenschaftstheoretisch orientierten Marxismus aufgenommen und zu systematisieren versucht. Deshalb wird primär an seiner Argumentation exemplarisch die Auseinandersetzung mit der Position geführt, die hier als »Kritik des Hegelmarxismus« bezeichnet wird. Die Lukácssche Philosophie, wie sie in »Geschichte und Klassenbewußtsein« entwickelt ist, läßt sich, folgt man Kallscheuer, als Bewußtseinsphilosophie begreifen78, als subjekt-orientierter Idealismus im Materialismus. »Geschichte und Klassenbewußtsein« gilt dieser Kritik als paradigmatischer Text des Hegelmarxismus. 79 Der Hegelmarxismus als eine Theorie, deren Tradition von Lukács über die Kritische Theorie bis zu Reichelt reiche, also den Kritikern zufolge die deutsche Variante des westlichen Marxismus umfasse, sei vor allem dadurch bestimmt, daß er Erkenntnis als bloße Bewußtseinsphilosophie nur denken könne, »Denken und Bewußtsein« als eine Innenwelt jenseits der »materiellen, wirklichen Welt« begreife, kurzum sei diese Philosophie »cartesianisch« und »subjektivistisch«80: subjektive Identitätsphilosophie. Der mit dieser Kennzeichnung verbundene Vorwurf der Antiwissenschaftlichkeit rechtfertigt sich durch den Verweis auf zwei Grundannahmen, mit denen sich der Hegelmarxismus ins Jenseits wissenschaftlicher Theoriebildung stelle: einem spekulativen Begriff von Einheit und der Kategorie der Totalität. Die Begriffe von Einheit und Totalität stehen in spezifischer Weise in wechselseitigen Begründungsverhältnissen. Auf diesen Tatbestand wie auf die Begriffe selbst zielt die »Kritik des Hegelmarxismus«. Der »Wert als Einheitsprinzip der kapitalistischen Gesellschaft«81 werde vom Hegelmarxismus zugleich mit dem Kapital identifiziert und als Voraussetzung genommen, die sich zum Kapital entwickele. Dies stelle ein tautologisches Verfahren dar, das nur möglich sei aufgrund des unterlegten Subjekt- und Substanzbegriffes, also »des Wertbegriffs als eines Wesensbegriffs« 82 und entsprechender identitätsphilosophischer Konstituentien. Die Kritik gilt auch der Konstruktion einer Einheit des Objektbereichs als Totalität. Diese könne nur gedacht werden als durch das Handeln eines historischen Subjekts konstituiert, des 99
Proletariats.83 Der Totalitätsbegriff der Kritischen Theorie sei wie Lukács' Klassenbewußtseinstheorie quasi hegelisch angelegt. Er gehe aus von einer »auf die historische Verwirklichung der proletarischen Emanzipation zielende(n) Vernunft, als Einheit von Theorie und Praxis, von philosophischer Wahrheit und gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnis.«84 Für Kallscheuer ist der Totalitätsbegriff im Marxismus an das Konzept der »Dialektik als System« 85 geknüpft und wird in dieser Form als zentraler Begriff der Hegeischen »Identitätsphilosophie« verstanden. Als Brücke zu Ökonomismus und Ableitungsfetischismus ist Totalität für Kallscheuer als Begriff längst desavouiert. 86 In seiner wissenschafts-philosophischen Perspektive erscheint dieser Begriff als undifferenziert und vor allem als nicht operationalisierbar. 87 Statt Ableitungszusammenhänge zu konstruieren, solle man, fordert Kallscheuer, eher den Funktionszusammenhang von Technostruktur und Wertproduktion ins Zentrum von Untersuchungen stellen.88 Dieser Funktionszusammenhang könne den Problemkreis des Zusammenhangs von Gesellschafts- und Handlungstheorie mit abdecken. Er erfüllt damit für Kallscheuer zwei Kriterien, die ihm auch erkenntnistheoretische Sicherheit zu gewährleisten scheinen: Zum einen stellt er als empirischer einen Bezug zur »gemeinten Wirklichkeit« her, die - wie Kallscheuer richtig bemerkt - durch Begriffsanalyse nicht erkannt wird, zumal wenn man diese Analyse nominalistisch versteht. Zum anderen ermöglicht er die Kontrolle der Aussagen über die Wirklichkeit, die ja auch falsch sein könnten. 89 Kontrolle aber bezieht sich in der Wissenschaft auf das Meßverfahren und erlaubt nicht, unmittelbare Aussagen über den Gegenstand zu machen. Wie der in Anspruch genommene Funktionalismus die dynamische Dimension des Kapitalverhältnisses tilgt, so verstellt der naive, empiristische Szientismus den Blick auf die erkenntnistheoretische Problematik. In dem Maße, in dem Kallscheuer das Totalitätsdenken als irrationales kennzeichnet, verliert er auch den gesellschaftlichen Zusammenhang aus dem Blick. Das Festhalten am Bezugspunkt empirischer Endlichkeiten führt ihn zurück zu einer Metaphysik der Faktizitäten. Auf dem Wege zu dieser war ihm schon der Stalinismus vorausgegangen.90 Als Gegenstand seiner Kritik figuriert für Kallscheuer eine »Dia100
lektik als System«, die sich der Ableitung aller »modernen gesellschaftlichen«, politischen und ideologischen Phänomene befleißige und als »geschlossenes System« das Prinzip der Innerlichkeit der Wahrheit zur Voraussetzung habe. 91 Da Kallscheuer dieses »geschlossene System« ursächlich als mit der Hegeischen Ontologie verbunden denkt 92 , kann er die Konsequenz ziehen, daß für den Hegelmarxismus der Marxismus eine eigene philosophische Systematik weder beanspruchen dürfe, daher auch nicht die Einzigartigkeit marxistischer Theorie behaupten könne, noch, daß man von einer Logik des Kapitals reden oder wesenslogische Kategorien für eine materialistische Theorie in Anspruch nehmen könne. 93 Die systematische Einheit im Marxismus sei ein Phantom, bloßes Resultat unbegriffener Hegelei.94 Auch sei die Marxsche Theorie im Kern selbst problematisch, weil der Marxsche Begriff der Arbeit der Hegeischen Vorstellung von Handlung als Entäußerung entnommen sei. Arbeit als zentrale Kategorie sei inzwischen obsolet geworden.95 Nicht nur der Arbeitsbegriff verweise auf Hegel, auch die Systematik der Darstellung selbst. Der Anspruch der Erkenntnis auf »methodische Subsumtion der Gegenstände« 96 sei für eine marxistische Wirklichkeitswissenschaft nicht zu akzeptieren.97 Es wird hier deutlich, daß der inkriminierte Begriff der Totalität allein im Kontext einer spezifischen Vorstellung von der Hegeischen Philosophie als Identitätsphilosophie gedacht wird. Im Anschluß an della Volpe wird die Hegeische »Identitätsphilosophie« als tautologische Konstruktion verurteilt, dies schon deshalb, weil bei Hegel Empirie mit Spekulation vertauscht sei.98 Er setze die empirischen Endlichkeiten zu Momenten in der Entwicklung des Begriffs herab. 99 Kallscheuer begreift Identität bei Hegel als unmittelbare und geschlossene.100 Hier schimmert durch, wie er sich den Hegelmarxismus als geschlossenes identitätsphilosophisches System vorstellt. Ihm gegenüber beruft er sich auf Marxens Forderung nach der Aufhebung der Philosophie. Allerdings will er sie aufheben in eine positive, empirische Wissenschaft.101 Im Grunde zielt Kallscheuers Kritik an der Hegeischen Philosophie als Bewußtseinsphilosophie, die die innerliche Wahrheit zum Prinzip erhebt, und verbunden damit an ihrer Kategorie der Totalität und ihrer Entwicklungslogik der Darstellung, auf ihren »Antiszientismus«. 102 101
Anwürfe gegen den Hegelianismus, wie die Kritik des Systems und der Identität, die Kritik des Antiszientismus und der Identifizierung von Realität und Vernunft, finden sich im Prinzip der dem Hegelmarxismus zugerechneten Kritischen Theorie, bei Max Horkheimer.103 Auch er kennzeichnet Identität als zentralen Begriff des »metaphysische(n) System(s)« 104 , als das er die Hegeische Philosophie auffaßt. Hegels »Begriff der unbedingten Erkenntnis« beinhalte, »daß der Satz der Identität von Subjekt und Objekt als notwendige Voraussetzung für die Existenz von Wahrheit erscheint.«105 Selbsterkenntnis als ab-solute ist die »des mit sich identischen unendlichen Subjekts« 106 , das sich in den Schöpfungen des Geistes erkennt und so die wirkliche Vernünftigkeit begründet. 107 Die in Anspruch genommene Identität ist gedacht als »Einheit der Widersprüche« 108 , deren dialektische Bewegung als Funktionselement absoluter Identität begriffen werden soll. 109 Identität bestimmt in einer solchen Gedankenfigur Vernunft. 110 Da Hegel »Welt wissen« mit »Gotteserkenntnis« identifiziere, enthebe er sich dem Zwang, »Erkenntnis mit der positiven Wissenschaft gleichzusetzen«.111 Alle »realen Widersprüche der irdischen Welt« seien damit zu nur Endlichem gegenüber dem System herabgesetzt. Zugleich werde Identität als Basis einer »die wissenschaftliche Erforschung der tatsächlichen Zusammenhänge begründende(n)« 112 Metaphysik behauptet, die sich als Erkenntnis über die bloßen Meinungsäußerungen erhebe. Horkheimer kritisiert diese Identität als »bloße(n) Glaube(n)«, als »philosophische >Lehrmeinung<« und wendet dagegen ein, es gebe immer »nur das bestimmte Denken eines bestimmten Menschen«. 113 Forschung gestatte nur konkrete Analysen. Horkheimer ist das »Identitätssystem« zutiefst fragwürdig geworden, genauso wie die Hegelsche Philosophie und die Vorstellung, Metaphysik als wahre Wirklichkeit, »als ein von den Erfahrungswissenschaften unabhängiges, selbständiges Wissen«114 verstehen zu wollen. Mit der »>absoluten< Philosophie« wie mit der »Geistesphilosophie ... ist es vorbei«.115 Der Identitätsbegriff ist aber nicht so eindeutig und unmittelbar interpretierbar, wie es auch bei Horkheimer noch den Anschein hat. Adorno verweist darauf, daß der Begriff der Identitätsphilosophie, sofern er nicht auf Schelling gemünzt ist, einer oberflächlichen Polemik gegen Philosophie überhaupt entstammt 102
und die Differenz von abstrakter Identität und Einheit nicht kennt.116 Der Begriff »Identitätsphilosophie« ist bei Hegel bloß spöttische Bezeichnung, Name, der der neueren Philosophie beigegeben wird und sich vor allem gegen den Irrglauben des Physikers richtet.117 Ihm stellt er den der spekulativen Logik als Wissenschaft entgegen. Die Geschiedenheit des »reinen Seins« von den irdischen Mannigfaltigkeiten hatte es antiker und mittelalterlicher Philosophie verwehrt, den Gang der Philosophie in die Wirklichkeiten anzutreten. Die Folge davon war, »daß alles, was der Identität eines absolut Ersten entgegenstehen kann, eliminiert, nicht aber bewußt negiert wurde.« 118 Erst mit der bewußten Negation kommt es zu einer dynamischen Identität, zur Vermittlung. Im genetischen »Fortgang« als Rückgang in ein Erstes erweist sich, daß reines Sein und seine Negation nicht als leer begriffen werden können. Aus dem Prinzip des Negativen entsteht sodann konkretes Dasein. Aber es ist dies nur das reine Denken, das sich negiert und materiale Erscheinung gewinnt. Insofern auch kann es keinen Anfang »mit den >Sachen< selbst« geben119. Es ist die Bewegung des Denkens, die im Zentrum steht. Materie und Form werden auf diese Weise »zu geschichtlich vermittelten Resultaten der philosophischen Abstraktion auf ihrem Wege, das Absolute zu erkennen.«120 Die unterschiedslos gemachte Form bringt sich selbst in ihrer Bewegung »auf eine Stufe mit unterschiedsloser Materie.«121 Es ist hier die Bewegung des »negativen Verhalten(s) der Form gegen sich selbst«.122 Diese widersprüchlich verlaufende Bewegung aber vermittelt die allgemeine und die besonderen Identitäten der Hegeischen Philosophie. Die Kritik an einheitsphilosophischen Prämissen handelt sich aber selbst die Schwierigkeit ein, wie sie ihre eigenen Objekte bestimmt und ihre Methoden legitimiert. Der Anspruch, auf empirische, konkrete Wissenschaft zurückzugreifen, erweist sich bald als zu hoch gesetzt, weil die Objekte und Methoden in den Wissenschaften nicht theorieunabhängig gedacht und praktiziert werden können, der Anspruch also nicht einlösbar ist. Das bloß Empirische ist jedoch immer schon Konstrukt. Für Hegelmarxismuskritiker wie Kallscheuer gibt es aber auch noch andere Gründe, die Hegeische Philosophie als Identitätsphilosophie zu verwerfen. Identitätsphilosophische Prä103
missen findet er auch im »praxisphilosophischen Marxismus«. Kritisiert wird die letztlich von Lukács herrührende »Verkopplung von Revolutionstheorie und Geschichtsphilosophie« 123 , wie sie sich in der Einheit von Theorie und Praxis und der Konstruktion des Subjekt-Objekts der Geschichte, d.h. dem revolutionären Subjekt Proletariat zeigt, also eines Proletariats, von dem gesagt wird, daß es aus dem »Stand in der Lage sein soll, die Gesamtheit der kapitalistischen Verdinglichungen zu durchbrechen«.124 Kritisiert wird also die Perspektive der Praxis als revolutionärer. Der Marxismus, gegen den hier im Kern argumentiert wird, bestehe in doppelter Existenz, wissenschaftlich als Zusammenbruchstheorie, revolutionstheoretisch als bloßer Utopismus. 125 Die Einheit von Wissenschaft, Emanzipations- und Revolutionstheorie denken zu wollen, sei aussichtslos, angesichts des »östlichen« Marxismus-Leninismus auch wenig wünschenswert 126 und zudem als Programm gescheitert.127 Dieser Kritik korrespondiert eine politische Position, die ausgehend vom Postulat der sozialen Reform das strategische Problem von Organisation und Motivation lösen möchte, ohne auf eine revolutionäre Perspektive verpflichtet zu sein. Eine Möglichkeit hat sich in dieser Beziehimg für sie schon ergeben: Der Hegeische Subjektbegriff, wie er in den Marxismus eingegangen ist als »Triebkraft des Fortschritts«128, ist aufzugeben in seiner Bedeutung als Gattungssubjekt oder general intellect129 ,als Klassensubjekt der Revolution und als Subjekt der Emanzipation. Marx soll also nicht revolutionstheoretisch, aber doch als normgebender Denker 130 und seine Theorie als primär wissenschaftlich verfaßte begriffen werden. Damit wird betont, daß, indem als Orientierungspunkt einer Interpretation der Bezug auf eine philosophische marxistische Erkenntnistheorie verneint wird, einzig »wissenschaftliche Standards«, wie sie von der gegenwärtigen Wissenschaftsphilosophie formuliert werden, als unabdingbare Kriterien eines adäquaten Verständnisses in Frage kommen. 131 Der Hauptkritikpunkt an einem erkenntniskritischen Marxismus, den neben Kallscheuer auch Christel Beier hervorhebt, ist der, daß es diesem an empirischen Kontrollen ermangele.132 Gleichermaßen wird gefordert, die theo104
retische Philosophie als »eine >Basisfunktion< für empirische Gesellschaftswissenschaft auf der Basis der Marxschen Hypothesen« 133 aufzufassen und somit eine operative Philosophie zu formulieren. In diesem Zusammenhang sind zwei Elemente wichtig: Zum einen die Trennung von Theorie- und Metasprache oder die Trennung von Erkenntnis- und Realobjekt 134, wie Christel Beier betont, als ihr Komplement, zum anderen die Notwendigkeit der rationalen Rekonstruktion der Marxschen Theorie.135 Begibt sich der Ansatz, der die Trennung von Erkenntnis- und Realobjekt postuliert, in das Dilemma, daß diese zwar analytisch gedacht, aber ihre Elemente nicht als selbständige behauptet werden können, außer im Sinne eines radikalen Nominalismus, der die Ebene der Realität einfach tilgt, so verbirgt sich hinter dem Anspruch auf rationale Rekonstruktion wiederum ein problematischer Zusammenhang. Wenn also in dieser Perspektive eine Enthegelianisierung gefordert wird, um den Marxismus von den identitätsphilosophischen Voraussetzungen zu befreien, um ihn als eine spezifische wissenschaftliche Revolution begreifen zu können 136 , so enthält der Begriff der rationalen Rekonstruktion die Vorstellung einer internen Geschichte der Wissenschaften, in Differenz zur peripheren und vernachlässigbaren externen. Insofern rationale Rekonstruktion und interne Geschichte miteinander identifizierbar sind 137 , ist in dieser Identifizierung eine Reduktion enthalten, die die Geistesgeschichte der Wissenschaft zum Prius macht, als linear verlaufendes geschichtliches Akkumulationsmodell von Wissen-schaft und sich der historischen Elemente aus dem Steinbruch der Wissenschaftsgeschichte bedient, um so in ihrem verdinglichenden Bewußtsein zu rationaler Systemkonstruktion fortzuschreiten, ein System konstruierend und einer Methode huldigend, die, insofern man sie Hegel attestierte, gerade der Kritik verfallen war.138 Es wird hier ansatzweise deutlich, daß eine solche an der Strukturtheorie orientierte Analyse hinsichtlich Marx tendenziell »Züge einer Liquidierung der Marxschen Theorie qua vorgeblicher methodologischer Inkonsistenzen«139 annimmt. Rationale Rekonstruktion enthält aber auch die Annahme einer spezifischen Kernstruktur140, die, im Kontext eines besonders gefaßten Forschungsprogramms, von einem Kranz von 105
Hilfshypothesen umgeben ist.141 Dabei ergeben sich zunächst die gängigen Kompatibilitätsprobleme, da die Übertragbarkeit der Vorstellung von Kernstruktur und Hypothesenkranz142 auf die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie vorderhand noch nicht ausgewiesen ist. Dies ahnt auch Kallscheuer, wenn er konstatiert, daß es für Marx, soweit er Hegelianer blieb, »einen systematischen Unterschied zwischen >philosophischer< und >analytischer< Dimension, zwischen >Kritik< und >Wissenschaft< nicht geben« 143 konnte. Folgerichtig bekommt für ihn dann die »Rekonstruktion marxistischer Theorie« denselben Sinn, den ihr Habermas schon verliehen hat, »nämlich den, >daß man eine Theorie auseinandernimmt und in neuer Form wieder zusammensetzt, um das Ziel, das sie sich gesetzt hat, besser zu erreichen<.«144 Wenn man einmal von der Frage absieht, ob es sich dann noch um dasselbe Ziel handelt, so bleibt doch die, inwieweit sich die für den Neubau ausersehenen Theorieteile dazu überhaupt hergeben. Selbst wenn man Dialektik zurücknimmt auf den Modus eines nicht-linearen Prozesses, ist dieser ohne beteiligte Subjekte nicht zu denken. Zugleich aber gehen gesellschaftliche Verhältnisse nicht in der Logik von Interaktionsverhältnissen auf. Daher kommt auch eine von den Sozialverhältnissen des idealen Marktes her operierende Kritik nicht weiter. Die Apologetik distributiver Verhältnisse und die Reduktion der Dimension der Kritik auf normative Prämissen verteilungstheoretischer Natur eröffnen mitnichten einen Weg, der die Lukácsschen Probleme anders angeht als als Verhältnis von Sein und Sollen.
Vergleichsweise weiter trägt eine Kritik des Hegelmarxismus, die zwischen den Hegelbezügen bei Marx und ihrer Interpretation durch den »Hegelmarxismus« besser zu unterscheiden weiß und sich der Anstrengung unterzieht, die Bedeutung jener bei Hegel »geborgten Begriffe«145 und ihren Stellenwert für die Marxsche Argumentation systematisch und methodisch explizieren zu wollen. 106
In diesem Sinne zentriert sich die Argumentation Kocybas um die Abweisung der Umstülpungsmetapher. 146 Der neuere westdeutsche Hegelmarxismus, für den bei Kocyba Reichelt und Bubner firmieren, mißbrauche Marxens Rede von der Notwendigkeit der Umstülpung der Hegeischen Dialektik147, wenn er dem »generellen Interpretationsleitfaden« folge, »die Marxsche Theorie als materialistische Wahrheit des spekulativen Idealismus zu lesen.«148 In der Tat ist denn auch die Studie Reichelts für zahlreiche Mißverständnisse gut, die sich bei den Begriffen Entwicklung, Ableitung, Immanenz, Objektwerdung, Verdopplung und vor allem bei dem Subjekt begriff auftun. 149 Hier ist in der Tat unklar, in welchem Verhältnis das Subjekt: bürgerliche Gesellschaft zum bürgerlichen Subjekt: Individuum - und beide zu jenem verselbständigten, also auch mit einem Quasi-Subjektcharakter ausgestatteten Überhang an gesellschaftlicher Objektivität stehen. Kocyba hält eine solche Interpretation nur dadurch für systematisch möglich, daß Reichelt »den Kritik-Modus der ökonomischphilosophischen Manuskripte< auf das >Kapital«<150 projiziere. Darm sei »die Hegeische Philosophie gerade in ihrer >Falschheit< die adäquate Widerspiegelung der »falschem Gesellschaft.«151 Mit Althusser zieht Kocyba einen scharfen Trennungsstrich zwischen der Religionskritik des frühen Marx und seinem »wissenschaftlichen« Spätwerk. Was in Reichelts Studie von 1970 den Zusammenhang zwischen Frühschriften und Spätwerk bildet und zugleich einen wesentlichen Bezug zur Hegeischen Philosophie hervorhebt, ist der Begriff der Verdopplung. Sie ist ihm Bindeglied zwischen jener Auffassung des Verhältnisses von Gesellschaft und Staat, das Marx sofort als »eigentliches Zentrum« der Hegeischen Rechtsphilosophie entschlüsselt habe, und jenen Formen der ideellen und wirklichen Verdopplung von Ware und Geld als Kategorien der einfachen Zirkulation, wie er sie später in der Kritik der politischen Ökonomie darstellt. Einem Mißverständnis ist dort vorgearbeitet, wo Reichelt gegen den Versuch einer »Soziologisierung« auf einer »strengen Ableitung der Genesis« der »Warenform, der Geldform, der Kapitalform, der Form des Profites, des Zinses usw.« besteht, die nur auf dem Wege des »>immanenten Übersichhinausgehens<« möglich sei. Reichelts hartnäckiges Insistieren darauf, daß sich »über die Marxsche 107
Methode, abgelöst von der Nachzeichnung des Dargestellten, so gut wie nichts aussagen läßt« 152 , ist der doppelten Frontstellung zu verdanken, die ihn zur Zeit der Entstehung seiner Studie gegen die Kritische Theorie Adornos und das, was sie als Positivismus bekämpfte, zugleich angehen ließ. So polemisiert er gegen die Marx-Ignoranz der Kritischen Theorie, die dialektische Theorie nur als Programm zu formulieren vermöge und einen Standpunkt einnehme, den Marx schon als sich selbst undurchsichtigen Positivismus kritisiert habe. 153 Der eigentliche Sündenfall, hierin weiß er sich mit Adorno einig, beginnt erst »in dem Augenblick, da ein dialektischer Theoretiker sich darauf einläßt, >Methodenfragen< losgelöst von »Gegenstandsbereichen< zu diskutieren.« Dann nämlich »hat er bereits den »Standpunkt des am zu registrierenden Phänomen orientierten Positivismus« 154 akzeptiert. Gegen dieses Verdikt mußten zurecht diejenigen aufbegehren, denen nicht unmittelbar einsichtig war, was denn einen »dialektischen Theoretiker« ausmacht. Aus der bloßen Nachzeichnung ließ sich jene Dialektik, die den Mechanismus jener Ableitungslogik abgeben und gar noch in der Geschichte wirken soll, offenbar nicht begreifen. Anlaß genug, ihr weitertreibendes Moment, den »Widerspruch« genauer zu untersuchen, umsomehr, als der Positivismusvorwurf inzwischen an Schlagkraft verloren hatte. So schickt sich Kocyba an, »die konstruktive Bedeutung des »dialektischen Widerspruchs< in der Kritik der politischen Ökonomie« und damit »sowohl den diskursiven Aufbau als auch die allgemeine Struktur ihres Gegenstandes« 155 zu thematisieren. Er geht davon aus, daß es sich bei dem Widerspruchsbegriff im »Kapital« um ein komplexes, heteronome Elemente versammelndes begriffliches Spektrum handelt, das eine Reihe von sprachlichen Nuancierungen aufweist: Gegensatz, Gegenteil, Widerspruch, Antagonismus, die Rede von »irrationellen« oder »imaginären« Formen, die Präsentation einer begrifflichen Widerspruchskonfiguration im Gewände einer sprachlichen Paradoxie. 156 Von vornherein weist er ein »residualhegelianisches Deutungsparadigma« ab, das, wie er meint, »eine durchgängige begriffliche Entwicklung nach dem Vorbild der spekulativen Logik« 157 behauptet. Ebenso schließt er aus, daß »eine Unterscheidung zwischen argumentationsstrategisch fungierenden logischen Widersprüchen und deskrip108
tiv verwendeten nicht-logischen >dialektischen< Widersprüchen«, wie sie Narski 158 nahelegt, dem Argumentationsgang im Marxschen Kapital gerecht werden könne. Eine »durchgängige deskriptive Deutung des nicht-logischen Widerspruchsbegriffs« müsse »allen Teilstücken der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie unmittelbar ein empirisches Korrelat zuordnen«.159 Mit einer solchen empiristischen Lesart sei bereits Friedrich Engels gescheitert. Eine residualhegelianisch-spekulative verbiete sich jedoch schon aufgrund des entschieden kritischen Zugangs, der nicht nur in Marxens Hegelkritik offen zutage liegt, sondern auch in den methodischen Randbemerkungen, nicht zuletzt in der Umstülpungsmetapher, immer wieder festgehalten wird.160 Marx könne die »Hegeische Dialektik nur >umstülpen<, insofern er sie nicht im Hegeischen Sinne umstülpt«.161 Der Annahme eines nicht-äußerlichen Bezugs der Marxschen und der Hegeischen Dialektik nachzugehen, hält Kocyba trotz seiner Polemik gegen den Hegelmarxismus nicht für überflüssig. Um das begriffliche Terrain zu klären, setzt er sich zunächst mit Positionen zum Verhältnis von Dialektik und logischem Widerspruch auseinander. Dabei wird im Anschluß an den vorkritischen Kant 162 die Differenz von Widerspruch als logischem, Gegensatz als Realpugnanz oder Realopposition voneinander unabhängiger Ursachenstränge) und »Antagonismen« als »intentionalen« Gegensätzen unterschieden. In der Terminologie von Colletti faßt Kocyba die für die Marxsche Darstellung offenbar entscheidenden »dialektischen Gegensätze«: Sie »sind durch eine konstitutive Polarität gekennzeichnet, wobei das Verhältnis einer sich wechselseitig ausschließenden Komplementarität kein logisches Gegensatzverhältnis... darstellt.«163 »Dialektische« Widersprüche sind also weder mit logischen Widersprüchen noch mit Realoppositionen identisch. Es gilt jetzt, die Funktion des dialektischen Widerspruchs als »Entwicklungsschema« zu untersuchen. In der Tat habe Marx aus der Auseinandersetzung mit dem Erfahrungsbegriff in der »Phänomenologie des Geistes« Einsichten gezogen. 164 Die Darstellung der Kritik der politischen Ökonomie könne allerdings nicht in dem Sinne organisiert sein wie bei Hegel, »daß die spätere Form des Prozesses die >Wahrheit< der frü109
heren Form« 165 sei. Als Wissenschaft stelle sie vielmehr einen » Bruch mit der Ideologie« dar, siedele sich auf »einem anderen Terrain« an. Hier argumentiert Kocyba mit Althusser, daß eine Wissenschaft, deren Gegenstand die Ideologie sei, unmöglich als Wahrheit der Ideologie betrachtet werden könne. 166 Narski habe das Engelssche Thema 167 der Dialektik als Erkenntnislogik insofern weitergeführt, als er versucht habe, mit dem Begriff der »Problemantinomie« »die logische Struktur bestimmter Marxscher >Gedankenexperimente< zu rekonstruieren, die sich auf den ersten Blick wie die logisch widerspruchsvolle Beschreibung eines Sachverhalts lesen«. 168 Eine solche »>Problemantinomie<« mache »den Übergang zu einer neuen Ebene der Analyse unumgänglich, soll sie nicht als logischer Widerspruch festgeschrieben werden.« 169 Damit allerdings fällt das Problem des Übergangs, von dem ja behauptet wird, daß es mittels dialektischem Widerspruch irgendwie gelöst werde, in die bloße Konstruktion der Darstellung. Kocyba behauptet, eine »Ineinssetzung« von Theoriekritik und Gegenstandsanalyse - und mithin von kritischem und deskriptivem Gebrauch des Widerspruchsbegriffs - sei »nur auf dem Boden der Hegeischen Philosophie plausibel.«170 Und dies schließt er mit dem Hinweis auf »den unterschiedlichen Status der spekulativen Philosophie und der materia-listischen Gesellschaftstheorie«171 aus. Andererseits betont er immer wieder, »daß die Marxsche Rede von >Widersprüchen<, »Gegensätzen, >Antagonismen< etc. noch nicht mit dem simplen Schema »logischer Widerspruchsbegriff im Kontext von Theoriekritik< und deskriptiver Widerspruchsbegriff im Kontext von >Realanalyse< erfaßt werden kann.« 172 Daher geht es ihm zunächst darum, den Stellenwert der verschiedenen Klassen von »Widersprüchen« zu bestimmen: der logischen Widersprüche im Sinne des Aufzeigens von Inkonsistenzen der klassischen Ökonomie, der Problemantinomien, nicht-logischer Widersprüche, die sich um die »strukturellen Widerspruchsachsen« von Zirkulations- und Produktionsprozeß und Gesamtprozeß der verselbständigten Formen drehen, und der Realpugnanzen im Sinne »konfligierender Wirkungsketten« als Auswirkungen der Struktur kapitalistischer Vergesellschaftung. Hinzu kommt der »auf der Basis der kapitalistischen Vergesellschaftung der 110
Produktion entstehende Widerspruch von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen« als »komplex überdeterminierter Effekte« 173 und »der Antagonismus der tragenden Klassen der kapitalistischen Gesellschaft«.174 Die Darstellung folge nicht der Binnenlogik des »ideologischen Feldes«, sondern sei stets »bezogen auf den jeweiligen Stand der Darstellung der ökonomischen Kategorien.« 175 Das komplizierte Verhältnis von Ideologiekritik und Gesellschaftstheorie will Kocyba dadurch fassen, daß er die Eigenständigkeit der Organisation der Theorie betont, die nicht »parallel zur innerideologischen Ordnung der Fetischformen«176 verläuft. Dies, weil das »>Kapital< insgesamt« eben auch nicht »als Theorie der »Stufenfolgen der Verkehrung des Bewußtseins< gelesen werden« 177 kann. Eine in diesem Sinne hegelianisierende Lesart sucht er abzuweisen, indem er sich der Anstrengung unterzieht, an den Knotenlinien der Darstellung differenziert die Funktion der jeweiligen »Widerspruchskonstruktion« aufzuzeigen und ihren ideologiekritischen Stellenwert zu klären. 178 Dabei ist die Argumentation Kocybas durch ein bestimmtes erkenntnistheoretisches Problembewußtsein gekennzeichnet, das er mit den geschmähten Hegelmarxisten teilt. Auch sein Nachzeichnen der »Dialektik der Ware« und der »Wertformanalyse« stützt sich zumindest selektiv auf deren Einsichten.179 Trotz seiner Polemik gegen Backhaus 180 folgt er dessen Argumentation in der Sache: »Geld ist ein notwendiges Medium 181 der über das Wertgesetz vergesellschafteten Produktion. Es gibt keinen Wert vor dem Geld außer im diskursiven Ordnungsgefüge der Darstellung der Theorie.«182 Dem Widerspruch rechnet Kocyba bei den genannten »Übergängen« die »theoretische Funktion« zu, »die Schranken des jeweiligen analytischen Terrains anhand seiner begrifflichen Inkonsistenz aufzuzeigen und damit den Übergang zu einem neuen Niveau und einer neuen Strategie der Analyse vorzubereiten.«183 Marxens Rede davon, daß es nicht darum gehe, Widersprüche zu »lösen«, sondern darum, ihre Bewegungsstrukturen zu studieren, greift Kocyba auf und bezieht sie auf die Sphäre der einfachen Zirkulation als »begrifflich bereits konstituiertes Gegenstandsniveau«184, das analytisch ausgeschritten werde. Der Übergang selbst sei dann nach dem Muster der 111
Problemantinomie organisiert. Ist diese Nahtstelle dann einmal verlassen mit der »Analyse der Produktion des Mehrwerts, die das Zentralstück des 1. Bandes des >Kapital< ausmacht«, dann »läßt sich feststellen, daß hier der Widerspruchsbegriff keineswegs mehr die darstellungsorganisierende Funktion besitzt, ohne die die begriffliche Entwicklung von der Ware bis hin zum Kapital gar nicht möglich gewesen wäre.« 185 In diesem »methodische(n) >Verschwinden< des Widerspruchsbegriffs« sieht Kocyba eine Bestätigung seiner These, daß dieser »jeweils an den Nahtstellen von Zirkulations- und Produktionsbestimmungen angesiedelt war und es im weiteren Gang der Analyse« um die »innere Struktur« der »>wesentlichen Verhältnisse<«186 gehe. Hier sollen nun die »nicht-logischen« Widersprüche zur Geltung kommen: die Realantinomie des Klassenkampfs, die Realpugnanzen der Verwertungsstrategie des Kapitals, das einerseits die Mehrwertmasse zu vergrößern, andererseits die Mehrwertrate zu erhöhen suche, die wechselseitige Determination von Arbeits- und Verwertungsprozeß etc., dann, auf der Ebene des 2. Bandes, die Möglichkeit des Auseinanderfallens, der Verselbständigimg der Phasen und Teilfunktionen des Kapitals, das hier unter dem Gesichtspunkt seines Reproduktionsprozesses untersucht wird.187 Kocyba faßt die Ergebnisse seiner Untersuchung der methodischen Funktion des Widerspruchsbegriffs im »Kapital« dahingehend zusammen, daß er verschiedene Widerspruchstypen auszeichnet und ihnen einen systematischen Ort in der diskursiven Architektonik 188 zuweist. In den beiden ersten Abschnitten des »Kapitals« bezeichnet der Typ der »Problemantinomie« den »Übergang zwischen zwei Strukturniveaus«, der Typ der »Bewegungsformen« »die Entfaltung eines Strukturniveaus«.189 Es handelt sich um »die hierarchische Verknüpfung und wechselseitige Überlagerung zweier irreduzibler aber komplementärer Strukturniveaus des Gegenstands«.190 Der Widerspruch hat hier in doppeltem Sinne darstellungsorganisierende Funktion. Einmal ist er gleichsam das argumentative Bindeglied zwischen Oberflächen- und Tiefenstruktur, damit zugleich organisiert er die Ideologiekritik an den fetischisierten Alltagsvorstellungen, wie sie in den Zirkulationsbestimmungen zum Ausdruck kommen und verweist auf die mit dem un112
mittelbaren Produktionsprozeß entwickelten »wesentlichen« Bestimmungen. Daneben hat allerdings der Widerspruchsbegriff im Sinne der Realpugnanzen und Antinomien seinen Platz, nämlich bei »der Beschreibung und Analyse komplexer Wirkungszusammenhänge«. 191 Kocybas Kritik des Hegelmarxismus kann beanspruchen, gezeigt zu haben, daß »die Folge der Darstellung der Kritik der politischen Ökonomie weder als geschlossene begriffliche Deduktion, noch als idealisierende Rekonstruktion einer historischen Entwicklung, noch immittelbar als kausales Bewirkungs- und Hervorbringungsverhältnis gelesen werden kann«. 192 Stattdessen präsentiert er uns eine Theoriearchitektonik, die sich »als ein Netz von Gesetzesaussagen« betrachten läßt, »die die Reproduktion der kapitalistischen Produktionsweise und damit ihrer jeweiligen Antecedensbedingungen wechselseitig erklären sollen.«193 In diesem Sinne versteht er das Wertgesetz als »komplexes Strukturgesetz«, das die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit auf die einzelnen Produktionszweige reguliert.194 Althussers Begriff der Überdeterminierung ziele auf einen »der Marxschen Theorie angemessenen Begriff strukturaler Kausalität«.195 Wo zu zeigen wäre, wie denn dann das Verhältnis von Strukturgesetz und Gang der Darstellung zu begreifen sei, ob dieses, nachdem der Gang zuende gekommen und das »komplex strukturierte Ganze« 196 vorausgesetzt werden kann, gleichsam unabhängig von ihm darstellbar sei, und welche Bedeutung dann noch die Rekonstruktion der Funktion des Widerspruchsbegriffs in jenem Gang der Darstellung hat 197 , weicht Kocyba aus. Kocybas Konstruktion der Architektonik der Marxschen Theorie198 nimmt, trotz Verweis auf die Notwendigkeit der »Mittelglieder«, die Widerspruchsdynamik auseinander in eine objektive, zwischen Kernstruktur und verselbständigten Teilstrukturen, in der die Widersprüche vom Typ »nicht-logischer Widerspruch«, Realpugnanzen und Antinomien ihren Ort haben, und in eine subjektive, zwischen den Bewußtseinsformen, die - wie auch immer - durch die verselbständigten Teilstrukturen geprägt sind und dem inneren Band, das diese zusammenhält. Als Teilbereich der kapitalistischen Gesellschaft kann dann das falsche Bewußtsein in den Gesamtaufbau dieser Gesellschaft wider113
spruchsfrei integriert werden. Spätestens hier fallen Kocyba Darstellungslogik und Logik der Sache auseinander oder die Darstellungslogik à la Marx und die Sache à la Althusser. Nun hatte Kocyba als Ergebnis seiner Untersuchung zurecht festgehalten, daß sie »keinen durchgängig identischen und in sich homogenen Begriff des Widerspruchs zu Tage gefördert«199 habe. Insofern könne auch von einer »monolithische(n) »dialektische(n) Methode«<200 keine Rede sein. »Funktionstypen und Bedeutungsfelder des Widerspruchsbegriffs sind nicht nur durch Extraktion eines homogenen Bedeutungskerns von ihrem theoriestrukturellen Kontext ablösbar.«201 Auf diese Nichtablösbarkeit zielte auch Reichelt, wenn er festhielt, daß »es aber gleichsam zum Lehrbestand der dialektischen Theorie gehört, daß Inhalt und Form nicht einander äußerlich sind.«202 Kocyba scheint dagegen die Betonung auf den homogenen Bedeutungskern zu legen. Er löst zwar nicht Funktionstypen und Bedeutungsfelder des Widerspruchbegriffs vom theoriestrukturellen Kontext, wohl aber einen architektonischen Plan der Theoriestruktur vom Marxschen Gang der Darstellung, den nachzuzeichnen und die Funktionsstellen des Widerspruchs aufzuspüren er zuvor mit Anstrengung und Genauigkeit unternommen hatte. So gewinnt er einen Bauplan, in dem die verschiedenen Widerspruchstypen an bestimmten Stellen Scharnierfunktion übernehmen. Ihre Funktion im Gang der Darstellung, auf die Marx mit so eindringlichen Formulierungen wie, daß es vor allem darauf ankäme zu zeigen, »warum die Ware zum Geld fortgehen muß«, immer wieder hingewiesen hat, löst sich in bloße Darstellungsstrategien auf der einen Seite und in Beschreibungen komplexer Prozeßstrukturen auf der anderen auf. Sollte Reichelt etwa doch recht behalten, wenn er betont: »Die Gesamtdarstellung des ökonomischen Systems weist ein Höchstmaß an subtilen methodischen und systema-tischen Überlegungen auf, doch ist es unmöglich, auch nur einige Gedanken abzutrennen und gesondert vorzutragen, ohne sie in ihrer Substanz zu verletzen oder ihnen die Form von Dogmen zu geben.« 203 Nun scheint die Stärke der Argumentation Kocybas ja gerade darin zu liegen, daß er versucht, letzteres zu vermeiden und 114
dennoch beansprucht, etwas über die Vorgehensweise von Marx, die Funktion des Widerspruchs im Gang der Darstellung und im Gesamtaufbau der Marxschen Theorie sagen zu können, was diesem weder eine »eindimensionale Ausdifferenzierung eines einheitlichen, ursprünglichen Widerspruchsverhältnisses, das sich in immer entwickeltere, komplexere Widerspruchsverhältnisse«204 entfaltet, noch ein »dialektisches Entwicklungsschema als einem in sich zurücklaufenden Kreis von Kreisen« 205 unterstellt. Offen bleibt, ob damit richtig beschrieben ist, was bei Hegel als dialektische Bewegung und darin als Funktion des Widerspruchs figuriert. Hier setzt Helmut Brentel mit seinem Versuch an, Michael Wolffs Studie über den Widerspruch bei Hegel 206 für ein Verständnis der Marxschen Dialektik fruchtbar zu machen.
IV. Widerspruch und Kritik
Wenn Michael Wolff darin recht hat, »daß Hegels Lehre vom Widerspruch nicht aus einer Unklarheit über den von Kant einsichtig gemachten Unterschied zwischen realer, dialektischer und analytischer Opposition resultiert, sondern eine Konsequenz der kritischen Beurteilung dieses Unterschieds ist«207, und wenn man mit Michael Theunissen behaupten darf, daß Marx »zu den wenigen gehört, die Hegel begriffen haben, wenn anders man nämlich unter Begreifen mehr versteht als eine pünktliche Wiedergabe von Lehrstücken«208, dann muß es als unsinniges Unterfangen erscheinen, den Begriff des »dialektischen Widerspruchs« wieder in die Kantschen Widerspruchsbegriffe aufzulösen.209 Kant habe versucht, so Michael Wolff, »den Widerspruchsbegriff auf den Begriff der Analyzität zurückzuführen.«210 Hegel dagegen verwende »den Ausdruck >Widerspruch< so, daß er etwas Objektives, etwas an den Dingen selbst bezeichnet, über die wir sprechen.«211 Wolff betont: »Im Übrigen hat man Hegels >Ontologisierung< des Widerspruchs nur unzureichend verstanden, wenn man sie nicht als einen mit Argumenten gestützten Versuch betrachtet, naive Formen von Ontologisierung zu 115
überwinden, denen in der Metaphysik und in den gewöhnlich metaphysikbeladenen Wissenschaften formallogische Prinzipien und Strukturen traditionellerweise ausgesetzt sind.«212 Im Gegensatz zu formallogischen Prinzipien, wie dem Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch213, beanspruche der Widerspruchsbegriff Hegels zum Ausdruck zu bringen, »wie beschaffen die Ausschlußbeziehungen sind, die objektiv zwischen Gegenständen und Gegenstandsbeziehungen bestehen.« 214 Michael Wolff zeichnet, um dies zu verdeutlichen, die drei Stufen der Entwicklung des Gegensatzes nach und arbeitet deren formale Struktur heraus: die des »Entgegengesetzten überhaupt«, die die Umformung des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten in einen reflexionslogischen Satz enthält215, die des »amphibolischen Gegensatzes«, der, wie Wolff zeigt, die Kritik an Kants Theorie realer Oppositionen im Kapitel über die »Amphibolie der Reflexionsbegriffe« impliziert, und schließlich das »Gegensatzverhältnis dritter Stufe«, auf der die einander entgegengesetzten selbständigen Reflexionsbestimmungen sich negativ gegeneinander verhalten, damit »gleichgültig gegen jene erste Identität, worin sie nur Momente sind«.216 Insofern aber in ihnen auch »ihre identische Beziehung vorhanden, die gegen den Gegensatz selbst gleichgültig ist; so machen sie Eines aus«217, d.h. den Widerspruch, als »Einheit von solchen, die nur sind, insofern sie nicht eins sind - und die Trennung als solcher, die nur sind als in derselben Beziehung getrennte«.218 Als »gesetzter Widerspruch« machen das Positive und das Negative »die bestimmende Reflexion als ausschließende aus« 219 , insofern sie für sich betrachtet sind, ist das Positive ein »Gesetztsein«, indem es das Negative ausschließt, das es damit setzt. Das Negative dagegen ist als Negatives bezogen auf die Negation seiner selbst, als Entgegensetzung schließt es die Identität von sich aus. Somit heben in »der sich selbst ausschließenden Reflexion ... das Positive und das Negative jedes in seiner Selbständigkeit sich selbst auf«.220 »Die Selbständigkeit ist so ... die Einheit des Wesens, durch die Negation nicht eines Andern, sondern ihrer selbst identisch mit sich zu sein.«221 So ist der Gegensatz »in seinen Grund zurückgegangen.« 222 »Der aufgelöste Widerspruch ist also der Grund, das Wesen als Einheit des Positiven und Negativen.« 223 116
Thematisch sind hier reflexionslogische Bestimmungen als Wesensbestimmungen. Für Wolffs Rekonstruktion dieser Passage ist die Unterscheidung zwischen reflexionslogischen Bestimmungen und reflexionslogischen Substraten zentral. An ihr kann er zeigen, wie Hegel das Problem angeht, das sich für ihn bei Kant als Auseinanderfallen der Dinge an sich und der der Erscheinungen und beider gegenüber einer bloß äußeren Reflexion darstellt. 224 Wolff sieht darin auf der einen Seite eine Radikalisierung der Metaphysik Kants, die als »verdrängte« »die älteren metaphysischen Unterscheidungen zwischen selbständigen Substraten und äußeren Bestimmungen der Substrate« 225 enthalte, auf der anderen Seite sieht er hier jene Tendenz zu einer gewissen »Ontologisierung«. Als »objektiv logischer« sei der Widerspruch zunächst »eine Beziehung objektiver Bestimmungen und objektiv bestimmter Gegenstände« 226 , insofern »objektiv logischer Reflexion«. 227 Hegel gestalte »die traditio-nelle Reflexionslogik auf zweifache Weise in eine »objektive Logik< um«. 228 »Erstens lenkt er die Aufmerksamkeit von Reflexionsbeziehungen logischer Prädikate auf die in diesen Beziehungen schon vorausgesetzten Beziehungen von Bestimmungen«. 229 »Zweitens benutzt Hegel ... die in Kants Dialektik gemachte Entdeckung, daß logische Beziehungen, wie Kontrarietät und Kontradiktorietät, zwischen logischen Prädikaten als für sich genommenen Begriffen nicht bestehen können, sondern nur, insofern diese Prädikate wiederum bezogen werden auf reflexionslogische Substrate.«230 Die Objektivierung des Widerspruchsbegriffs sieht Wolff durch zahlreiche Äußerungen bestätigt, in denen der »sonst etymologische enge Zusammenhang zwischen »Widerspruch ... und »Sprechern ... von Hegel gänzlich mißachtet« 231 wird. Schlagende Beispiele sind hier Sätze wie: »Alle Dinge sind an sich selbst widersprechend.«232 Es ist wie überall gar nichts, worin nicht der Widerspruch, d.i. entgegengesetzte Bestimmungen aufgezeigt werden können und müssen«. 233 Das, was Wolff als den »eigentlichen Skandal der Hegeischen Logik« 234 bezeichnet, daß »echte kontradiktorische Urteile nicht schlechthin falsch sein können« 235 , findet er in der Rede vom objektiven Widerspruch begründet: »Denn ihre Echtheit dürfte gerade darin bestehen, Gegenständen objektive Widersprüche beizulegen.«236 117
Obwohl Wolffs Analyse des Hegeischen Widerspruchsbegriffs durch Gründlichkeit und Präzision besticht, tauchen Fragen auf, die mit der gewählten Aufgabenstellung der Studie, insofern sie sich auf die intensive Auslegung eines Argumentationsschrittes in der Hegeischen Philosophie beschränkt, zusammenhängen. Aufgabe der Studie war nicht, den Stellenwert der Darstellung des Widerspruchs im Gang der Darstellung der Logik und in der Hegeischen Philosophie überhaupt zu untersuchen, noch die Funktion des Widerspruchs in der »Hegelschen Dialektik«. Deshalb gibt sie auch keine Antwort auf die immer wieder auftauchende Frage, inwieweit es sich denn bei der Hegeischen Dialektik um ein »durchgängiges« Prinzip handele. Man könnte die Frage jetzt präziser stellen: ist das, was Wolff als Hegeischen Widerspruchsbegriff herausgearbeitet hat, durchgängig bestimmend für die Struktur der Übergänge in der Hegeischen Philosophie? Läßt es sich gleichsam als Formalstruktur auf sie abbilden? Die Rede von dem Widerspruch in allen Dingen ist nämlich - zumindest für Nicht-Hegelianer irreführend. Das Ding hat als durchaus spezifisch bestimmter Erkenntnisgegenstand seinen Ort auf verschiedenen Argumentationsstufen der Hegeischen Philosophie. Der Widerspruch hat seinen Stellenwert im Zusammenhang der Reflexionsbestimmungen, zwischen »Wesen« und »Grund«. Daß Hegel sich anheischig macht, Widersprüche an allen Erkenntnisgegenständen aufzuzeigen, nämlich insofern sie den Unterschied von Substrat und Bestimmungen an sich haben, heißt nicht, daß der Widerspruch allem und jedem zukommt und schon garnicht auf die gleiche Weise. Wir meinen daher, daß gegenüber den Versuchen, den Widerspruch als Motor im Sinne einer »Dialektik als durchgängiges Prinzip« zu deuten, einige Skepsis angebracht ist. Aber unterstellt, dies wäre möglich, was wäre damit gewonnen? Denn objektive Widersprüche können den Gegenständen, wie diese mißverständliche Formulierung Wolffs suggeriert, nicht beigelegt werden. Das Problem, daß sich die Gegenstände der Erkenntnis in einem objektiven Reflexionszusammenhang immer schon als bestimmte vorfinden und der Gang der Reflexion einen Erfahrungsprozeß beschreibt, in dem sich beide, Erkenntnis und Gegenstand ändern, bezeichnet wahrscheinlich den Horizont der Hegeischen Philosophie nur 118
ungefähr, deutet aber eine Voraussetzung dafür an, daß die Hegeische Philosophie, wie Wolff sich ausdrückt, Ontologie und Ontologiekritik237 in einem, wie Theunissen 238 sagt, in einem Darstellung und Kritik ist.
Mit einem durch Michael Wolff geschärften Verständnis für den Widerspruchsbegriff bei Hegel versucht nun Helmut Brentel die Bedeutung des Widerspruchs bei Marx aufzuklären. Er beginnt mit einer Darstellung der Widerspruchsstruktur der Ware. Seine These ist, »daß Marx den Darstellungsgang seiner Kritik als eine im Grunde durchgängige Widerspruchs-Entwicklung von der Ware zum Geld und Kapital konzipiert hat.« 239 Dies stimmt zwar in der Aussage mit den Kocybaschen Untersuchungsergebnissen überein 240 , richtet sich aber in der Tendenz gegen sie, vor allem dort, wo zu zeigen versucht wird, daß die Widerspruchsentwicklung auf dem Hintergrund der Kantschen Widerspruchsbegrifflichkeit ebensowenig begriffen werden kann, wie über eine Deutung des »dialektischen Widerspruchs« als bloßes Darstellungsprinzip.241 Widerspruch wird begriffen als real und als Konstruktion. Insofern er ein konstruktives Element ist, bedeutet seine spezifische Konstellation »nicht konkretistisches Realverhältnis, sondern Kritik unterbestimmter Begriffsbildung der Nationalökonomie.«242 Widerspruch existiert damit nur als Element eines »Gesamtvermittlungsprozesses«. 243 Nur in diesem Kontext macht es Sinn, von einer Widerspruchsstruktur der Ware zu reden. Brentel unterscheidet dabei »zwischen der gesellschaftsspezifischen Ursache dieses Widerspruchs (2.1), seiner strukturellen Grundlage (2.2), einer generellen Struktur der Widerspruchskonstellation (2.3) und den Differenzierungen (2.4) dieser allgemeinen Widerspruchsstruktur der Ware auf den verschiedenen Abstraktionsniveaus der Darstellung, bzw. der Entwicklung der Ware zum Geld«.244 Er kennzeichnet drei Abstraktionsstufen dieser Widerspruchsstruktur: 1. die der »Ware als solcher«, 2. die der »Warenform überhaupt« und 3. die des »prämonetären Aus119
tauschprozesses«. Die »generelle Struktur der Widerspruchskonstellation von Gebrauchswert und Wert«245 besteht Brentel zufolge darin, daß die Ware »als einzelnes Warending nicht beides zugleich sein kann, was sie aber gemäß ihrer gesellschaftlichen Doppelnatur ist und sein muß: gegenständlich Einzelnes, Gebrauchsding, wie zugleich gegenständlich Allgemeines, Wertding.246 Die strukturelle Grundlage dieses Widerspruchs sieht er in der »Verselbständigung der beiden stets zusammengehörigen Dimensionen der Arbeit -, ihrer konkret stofflichen und ihrer gesellschaftlich-allgemeinen Dimension gegeneinander«.247 Die gesellschaftsspezifische Ursache erblickt er »im besonderen Charakter der bürgerlichen Produktionsweise«: »Die Arbeit ist privat dissoziierte Arbeit und muß doch zur Reproduktion der Gesellschaft, zur Einheit der gesellschaftlichen Gesamtarbeit zusammengeschlossen sein.«248 Die so vorgenommene Reformulierung und Strukturierimg der Marxschen Argumentation soll es ermöglichen, »die wirklichen Zusammenhänge von Widerspruchsbegriff und Widerspruchsstruktur bei Marx herauszuarbeiten«249 und eine »Isomorphie der Strukturen« 250 in bezug auf Marx und Hegel aufzuzeigen. Gemeint ist, daß das, was Hegel in der Logik als Begriff des Widerspruchs darstellt, strukturanalog sei mit der »>Form-Entwicklung< der Ware als Rückgang in den >Grund< immer schon vorausgesetzter Vermittlung.«251 Brentel bezeichnet die Stufen der Widerspruchsentwicklung als Grundwiderspruch, bezogen auf die Ware als solche, abgeleiteten Widerspruch, bezogen auf die Ware überhaupt, und zusammenfassenden Widerspruch, bezogen auf den prämonetären Austauschprozeß. Auf jeder Stufe unterscheidet er Widerspruchsebene, Lösungsebene und eine Ebene der Einwände gegen die Lösung. Dieses drei mal drei Stufenmodell vermag es in der Tat, gewisse formale Elemente des Hegeischen Widerspruchsbegriffs abzubilden, die mit dem Widerspruch als objektive Ausschlußbeziehung bei gleichzeitigem Bezogensem auf ein Substrat, der ausschließenden Verselbständigung der Bestimmungen gegeneinander und gegen ihr Substrat, der »ausschließenden Verselbständigung von reflexionslogischen Substraten und entgegengesetzten Bestimmungen gegenein120
ander«, und »zwischen prozessualem Einheitsbezug und entgegensetzendem Setzen von Bestimmungen« 252 vorliegen. Brentel behandelt damit die Bestimmungen der Ware als Wesensbestimmungen, die der in der Logik dargestellten Reflexionsbewegung in den Grund folgen. Er versucht zu zeigen, daß hier ein Gegensatzverhältnis »dritter Stufe zwischen dem an sich Positiven, den reflexionslogischen Substraten und dem an sich Negativen, den entgegengesetzten Bestimmungen« vorliege 253 . Also darf man folgern, daß sich das Geld als »Grund« der Ware erweist. 254 Vom »Grund« ist aber auch die Rede, wenn Brentel behauptet, daß Marx die Kritik der politischen Ökonomie »im Darstellungsprozeß aus einem einheitlichen Grundwiderspruch255 entwickele, »als stringente Abfolge der Einholung der Voraussetzungen in der >Entwicklung< und >Lösung< der Gegensatz- und Widerspruchsstrukturen der Vergesellschaftung der Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft«. 256 Hier ist der »Grund« Ausgangspunkt, nicht vorläufiger Endpunkt der »Entwicklung«. Brentel operiert also mit einem Verständnis vom Grundwiderspruch der Warenstruktur, das diesen als Ausdruck der »Trennung der gesellschaftlichen Dimension der Arbeit« 257 begreift. In diesem Sinne redet er nämlich von den »Widersprüchen der gegensätzlichen Charaktere der Arbeit« 258 oder von der »Entwicklung der Widersprüche zwischen dem stofflich Besonderen und dem gesellschaftlich Allgemeinen der Arbeit« 259 auf die die dialektische Methode ziele. Das anvisierte Konzept der Lösung der Widersprüche richtet sich nicht nur auf die Entwicklung der Kategorien im Gange der Darstellung, sondern auch auf ein Verhältnis von Allgemeinem und Besonderem, das als begriffliches Schema den Arbeitsbegriff fundieren soll. Hier könne sich Marx positiv nicht nur auf die Struktur, sondern auch auf den Inhalt der Hegeischen Geistesphilosophie berufen, insofern diese »das Problem der gesellschaftlichen Vermittlung der Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft ... reflektiert«.260 Die vielen Einzelnen des liberalistischen Gesellschaftsmodells 261 müßten notwendig gedacht werden, »sei es in Adam Smith's >invisible hand<, sei es in Hegels Subjekt und Geistbegriff«262. Marx weise die »Aporien des liberalistischen Gesellschafts- und 121
Vermittlungsbegriffs, die Hegel idealistisch auflöst, als die der einfachen Zirkulation aus.«263 Aber sind es diese Aporien, die Hegel auflöst? Wird hier nicht der Versuch, einen gemeinsamen Sachbezug aufzuweisen, dadurch problematisch, daß die Gegenstände der drei Theorien, die wohlgemerkt als theoriekonstituierte nicht identisch sind, in unzulässiger Weise ineins gezogen sind? Dazu verführt allerdings das Schema von Allgemeinem und Besonderem.264 Helmut Brentel behauptet, daß »Marxens Lösung der Widersprüche der gegensätzlichen Charaktere der Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft... der Hegeischen weitgehend« 265 folgt.« Auch bei Marx bleiben die gegensätzlich verselbständigten Seiten, d.h. Realität als prinzipiell in sich widersprüchlich strukturierte erhalten. Auch bei Marx ist der Widerspruch Realprinzip einer allerdings spezifisch gesellschaftlichen, kapitalistischen Wirklichkeit, wie methodischer Prozessor, der auf die vorausgesetzte vermittelte Einheit hin orientiert ist.«266 Hier ist zunächst anzumerken, daß bei Hegel die verselbständigten Bestimmungen gerade nicht erhalten bleiben, und, unterstellt, daß Marx ihm in dieser Art Reflexion folge, bei diesem auch nicht. Realität, also das Wirkliche als Wirkliches, ist in dieser Form weder für die Hegeische Philosophie zugänglich noch für die Marxsche Kritik, insofern nämlich für beide die Widersprüchlichkeit der Bestimmungen an den Erkenntnisgegenstand gebunden bleibt. Gerade Wolff hatte sich hier bemüht zu zeigen, daß das, was bei Hegel als »Objektivierung« und »Ontologisierung« des Widerspruchs erscheint, wohlgemerkt nicht »Realität« (!), mit dem gegenüber Kant veränderten Verhältnis von konträrem Gegensatz, also dem Unterschied der Bestimmungen, und kontradiktorischem Gegensatz, also dem logischen Ausschluß von Bestimmungen, zusammenhängt. Wenn hier der Widerspruch bei Marx als Realprinzip festgehalten wird, dann nicht im Sinne der Auffassimg Kocybas von den »nicht-logischen« Widersprüchen als Realpugnanzen und Realantinomien.267 Brentel behauptet beide als die beiden Seiten einer Widerspruchsdynamik, die der Hegeischen nicht nur isomorph sei, sondern auch in der Sache ihre gemeinsame Grundlage habe. In seinen Ausführungen zur »Widerspruchsentwicklung als Forschungs- und Darstellungslogik«268 und zur 122
»Widerspruchsentwicklung als Realverhältnis« 269 hatte er festgehalten, daß »das Widerspruchs Verhältnis ... - hinsichtlich der theoretischen Darstellungsstrategie - immer auch als ein hypothetisch konstruktives aufgefaßt werden« 270 könne. So lasse sich das »prämonetäre Oppositions- und Widerspruchsverhältnis der gesellschaftlichen Bestimmtheit der Waren ... auch unter dem Aspekt einer bloß fiktiven, kontrafaktischen Konstruktion ... lesen.« 271 Brentel will auf diesem»eingeschränkt darstellungslogischen Aspekt des Widerspruchsbegriffs bei Marx - als einer Heuristik und Problemexposition und insofern als Teilaspekt der methodischen Gesamtstrategie von Formanalyse und Formentwicklung« 272 insistieren. Wenn der andere Teilaspekt etwas durchaus Reales meint, »das in einem spezifischen Oppositionsverhältnis zueinander steht«, nämlich »höchst reale, gesellschaftlich bedingte Widerspruchsstrukturen als Grund ökonomisch-sozialer Formkonstitution« 273 und damit nicht, wie Brentel zurecht gegen Kocyba festhält, »auf die Entfaltung bloßer Strukturniveaus abhebt« 274 , dann fragt man sich zwangsläufig, wie beide Teilaspekte zusammenkommen. Brentel verweist hier darauf, daß die »Übergänge« bei Marx, expliziert am Beispiel des Übergangs der Ware zum Geld, »den Charakter eines geradezu notwendigen Schlusses« auf ihre Voraussetzung, nämlich die mit der Ware »immer schon gesetzte Geldform« 275 hätten. Wenn Marx betone, »>die Gesetze der Warennatur betätigten sich im Naturinstinkt der Warenbesitzer<«276, wolle er »keinen Zweifel daran lassen, daß er die Art solcher Zwangsargumente genau durch jene von ihm entdeckten realwidersprüchlichen und real-wirksamen Basisstrukturen der >Warenwelt< methodisch voll legitimiert betrachtet.« 277 Also halten wir fest, der bloß darstellungslogische Aspekt hat den Charakter eines »geradezu notwendigen Schlusses« und verweist auf »reale Oppositionen« in den gesellschaftlichen Basisstrukturen. Mit solcher Redeweise kommt man, wie sich schon bei Kocyba gezeigt hat, über den Narskischen Dualismus nicht hinaus. 278 Jetzt ging aber gerade Brentels Intention dahin, mit dem von Wolff an Hegel herausgearbeiteten Konzept des Widerspruchs als elaboriertem Modell eines drei mal dreifach gestuften Verhältnisses von Begriffsbestimmungen und Substrat die Ein123
heit von Darstellung, Gegenstand und Kritik bei Marx zu explizieren.279 »Echte Gegensatzrelationen« markieren den theoretischen Ort, an dem der Hegeische Widerspruchsbegriff in Funktion tritt280. Um ihre »Echtheit« »hinsichtlich der Substrate auszuweisen, bedarf es allerdings ... elaborierter Sachtheorie«.281 Als solche begreift Brentel die Kritik der politischen Ökonomie als allein sachadäquate Darstellung ökonomischer Gegenständlichkeit.282 In diesem Sinne behauptet er: »Nur insofern kann >die Ware< als Ausgangskategorie eine ähnliche Funktion einnehmen wie das Hegeische >Sein<: mit ihr - aber als einer spezifisch sozialen Form - ist eine erste, noch allgemeinste >konkrete Totalität (L 489) benannt, an der sich ein wesentlicher Unterschied< und insofern ein erster Begriff prozessualer Gesamtvermittlung durch gegensätzliche Momente ausmachen läßt.«283 Brentel will hier die Ware keineswegs so deuten, wie es Reichelt als »Keimzellenmetapher« vorgeworfen worden ist. Gerade weil er der Auffassung ist, daß Marx »gegen Hegel jede >keimzellenhafte< Immanenz, die vorab ausgemachte Einheit von logischer und historischer Entwicklung, von Begriff und Sache, als Projektion eines enthistorisiert formalistischen Verfahrens« 284 zurückweise, wirft seine Analogisierung der Anfänge: der Marxens mit der Ware, der Hegels mit dem Sein, in der Tat ein größeres Problem auf. Zudem widerspricht sie zum Teil der Argumentation zum Grundwiderspruch zwischen »stofflich Einzelnem« und »gesellschaftlich Allgemeinem« der Arbeit. Die Differenz der Marxschen Kritik zur Hegeischen Philosophie faßt Brentel folgendermaßen: Bei Hegel seien »alle Widersprüche der Welt gesetzt und gelöst zugleich ... in der Hermetik eines ontotheologisch begründeten, enthistorisierten Produktionsaktes«. 285 Aufgrund einer »idealistischen Überhöhung des Vermittlungsprinzips« sei die »Lösung der Widersprüche - der bürgerlichen Welt - im Geistprinzip teleologisch schon vorab beschieden« 2 8 6 Bei Marx dagegen bleibe sie »prinzipiell offen.«287 Zwar seien in den »Reproduktionsschemata« des 2. Bandes die Widersprüche als »versöhnbar« ausgewiesen, doch blieben diese Schemata nur ein »eben ... abstrakt orientierendes, real gerade niemals voll gelingen könnendes Ideal«.288 Die methodische Einheit von Immanenz, Konstruktion und Kritik will Brentel im 124
Anschluß an Ritsert289 so verstanden wissen, daß »>die durch Kritik erreichte Darstellung des Zusammenhangs der Wahrheitsgehalte der einzelnen Wissenstypen gemeint sein (kann), deren Kriterium (Maßstab) die Lösungsmöglichkeiten für Widersprüche in der Konstellation von Wissen und Wahrheit sind<.«290 Bei Brentel jedoch wird, stärker noch als bei Ritsert, Kritik zum Modus der Forschimg, ja ganz in diese zurückgenommen: »Denn nur durch die umfassende, vorgängige Kritik aller ihrer Sachprobleme wie ihrer bislang defizitär reflektierten Vermittlungsschritte kann die politische Ökonomie eben auf jenen Punkt >gebracht< werden, von dem aus sie im Darstellungsgang aus einem einheitlichen Grundwiderspruch zu >entwickeln< ist«.291 Also erhält man ein Nacheinander einer Kritik, die zur Einsicht in die Wahrheit führt, einer Konstruktion des Zusammenhangs dieser Einsichten und einer Entwicklungslogik als der Darstellung des »grundlegenden Gegensatzverhältnisses«. 292 Damit aber ist die Kritik aus der Darstellung selbst verschwunden und die Konstruktion des Zusammenhangs 293 steht in einem ungeklärten und äußeren Verhältnis zur Entwicklungslogik der Darstellung. Wenn man so redet, dann kann die Widerspruchsstruktur - unabhängig davon, ob sie der Marxschen Darstellung der »Entwicklung der Ware zum Geld« wirklich isomorph ist - der Sache nur äußerlich sein, weil diese sich ja offenbar auch anders ausdrücken und begreifen läßt: in einer »Konstruktion des Gesamtzusammenhangs«, in einem »Vorverständnis der Kernstruktur« etc. Wenn aber Helmut Brentel seine Aussage ernst nimmt, »daß Ware ohne Geld, Geld ohne Kapital systematisch nicht denkbar sind«294, und wenn er darüberhinaus der Auffassung ist, daß die Marxsche Dialektik und die Hegeische in der Tat etwas Gemeinsames haben, das in dem Anspruch koinzidiert, eine Kritik bloß äußerlicher Reflexion zu sein, dann stellt sich das Umstülpungsproblem erneut in einem sehr ernsten, man könnte meinen, metaphysischen Sinne. Wenn sich laut Brentel für »Hegel... alle Dinge einer Welt, die aus einer absoluten, kosmischen Subjektivität emaniert in Wi125
derspruch«295 befinden und diese »scheinhafte Selbständigkeit aller Dinge gegenüber einer übergreifenden Subjektivität die Trennung der gesellschaftlichen Dimension der Arbeit ... wenn auch in verstellter und mystifizierter Weise«296 reflektiert, dann fragt sich, ob hier die übergreifende Subjektivität in ihrer Bewegung »im Prinzip das Kapital« sei, wie Krahl in seinen Bemerkungen zum Verhältnis von Kapital und Hegelscher Wesenslogik behauptet hat 297 , und die Warenstruktur Urbild aller Gegenständlichkeiten, wie dies Lukács vermutete? Bei Lukács war diese Vorstellung verbunden mit einem radikal wissenschaftskritischen Ansatz und revolutionstheoretischen Postulaten. Der kritische Gang durch die hier diskutierten Positionen hat zwar einige entscheidende Präzisierungen in bezug auf die Widerspruchsstruktur bei Marx und Hegel zutage gefördert, aber auch deutlich werden lassen, daß der wissenschaftskritische Impetus, der noch bei Reichelt die Stoßrichtung seiner Argumentation bestimmte, insofern er sich gegen den »Standpunkt des bürgerlichen Subjekts« wandte, von dem er mit Lukács annahm, daß sich ihm »seine eigene Welt nur unter einer Form darstell(e), unter der des Objekts 298 , ebenso in den Hintergrund getreten ist wie der revolutionstheoretische.299 Wenn die Aussage Theunissens über die frühen Schriften Marxens richtig ist und auch für die Kritik der politischen Ökonomie gelten kann, daß nämlich seine Sozialtheorie ihm zu denken verbiete, was zu denken er sich vorgenommen habe: »kommunikative Freiheit«, daß sie »allein Kritik« sei »und eine sie übersteigende Intention«, daß sie »>jeden Menschen im anderen Menschen nicht die Verwirklichung, sondern vielmehr die Schranke seiner Freiheit finden<«300, lasse, dann gilt es sich zu vergewissern, was den Charakter der Marxschen Theorie als Revolutionstheorie überhaupt ausmacht. Zudem ist mit Backhaus daran festzuhalten, daß ihr Anspruch, Wissenschaft zu sein, den ja auch Hegel für seine Philosophie behauptete, ernst genommen werden muß. Dazu wäre es allererst nötig, sich damit auseinanderzusetzen, was denn das Zwingende der Marxschen Argumentation ausmacht, das Notwendige an den »Übergängen«. Kallscheuer et al. gehen von vornherein von einer Inkonsistenz der Marxschen Theorie aus, gerade dort, wo sie ver126
muten, sie könne doch etwas mit der inkriminierten Hegeischen Identitätsphilosophie zu tun haben. Demgegenüber stellt die Arbeit Kocybas einen erkenntnistheoretisch elaborierten und präzisen Nachvollzug der Marxschen Argumentation dar, der allerdings unverbunden bleibt mit seinem Entwurf einer Gesellschaftsarchitektonik à la Althusser. Die Funktion des Widerspruchs wird auf ein Scharnier beim Wechsel theoretischer Terrains reduziert. Insofern Brentel den Widerspruchsbegriff Hegels ins Zentrum rückt, treibt er die Problemstellung einen entscheidenden Schritt weiter. Erst auf der Grundlage der von ihm herausgearbeiteten Frage nach dem Verhältnis von Form und Gegenstand in der Ökonomie läßt sich sinnvoll über den Zusammenhang von Darstellung und Kritik bei Hegel und Marx reden. Die hier vorgenommene Sichtung der Versuche, sich mit der Marxschen »Dialektik« auseinanderzusetzen, hat gezeigt, daß die Rekonstruktion ihrer Formalstruktur zwar einige Mißverständnisse ausräumen und damit Voraussetzungen für ein differenzierteres Verständnis schaffen konnte, aber gerade dort, wo es um den »Beweisführungsanspruch« Marxens ging, bei bloßen Behauptungen und Versicherungen blieb. Festzuhalten ist: Der Gang der Darstellung und Kritik der politischen Ökonomie läßt sich weder im Sinne von Lukács »zusammenziehen«, noch in ein »Strukturmodell« übersetzen, ohne seinen wesentlichen Gehalt zu verlieren. Festhalten läßt sich auch, daß das Verhältnis Hegel-Marx großteils ungeklärt bleibt. Hegels Philosophie hat die Welt als ganze - soweit sie in der Erkenntnis enthalten ist - zum Gegenstand. Marx hat die »Ökonomie« zum Gegenstand, die ihm zugänglich ist nur über das in der Ökonomie als Wissenschaft systematisierte Alltagswissen. Seine »Gesellschaftstheorie« als Kritik der politischen Ökonomie ist somit auf das beschränkt, was in ihr als Welt enthalten ist, und was, obwohl es auch die Form der Totalität enthält, nicht das »Ganze« ist. Daher bleibt die Möglichkeit der Freiheit, die bei Hegel, folgt man Theunissen, nur insofern erscheint, als die menschlichen Subjekte »sehr wohl aufgefordert sind«, die »grundlegende Revolution« »in der Welt zu verwirklichen«, die Hegel »als eine bereits objektiv gegebene Realität betrachtet, die nicht erst durch menschliche Subjekte gesetzt werden muß.«301 127
Was die Hegeische Philosophie nun betrifft, so hat sich gezeigt, daß diejenigen, die von marxistischer Seite sich dem Problem des Zusammenhangs von Marx und Hegel nähern, zumindest bisher, nur über ein unzureichendes Instrumentarium verfügen und auch nicht über den gegenwärtigen Stand der differenzierten und kritischen Hegel-Diskussion. Von einem Hegel-Marxismus zu sprechen ist, wie man gesehen hat, nicht nur mißverständlich, eine solche Rede zielt auch an dem Stand der betreffenden Positionen und Debatten vorbei. Der Hegelmarxismus hat sich als Konstrukt seiner Kritiker erwiesen. Weder haben diejenigen, denen diese Bezeichnung zugeordnet wurde, beabsichtigt, die Marxsche Theorie auf Hegelscher Grundlage zu reformulieren, noch haben sie das Verhältnis beider hinreichend klären können. Gerade wegen der wissenschaftskritischen und politischen Fragen, die sich hier stellen, ist dies ein Grund mehr, die Auseinandersetzung wirklich zu beginnen.
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Diethard Behrens
Erkenntnis und Ökonomiekritik Eine Auseinandersetzung mit neueren Ansätzen der Marx-Interpretation
I. Aktualisierung als Schematismus Debatten um die Marxsche Theorie und insbesondere die »Kritik der politischen Ökonomie« scheinen nicht nur angesichts politischer Konjunkturen zeitinadäquat. Weder hat die Diskussion um die Marxsche Theorie den zeitgenössischen Stand wissenschaftlicher und wissenschaftstheoretischer Reflexion erreicht, noch - nicht zuletzt deswegen - den zeitgenössischer gesellschaftlicher Entwicklungen. Der Blick auf ihre Geschichte erklärt allerdings manches. Die »Kritik der politischen Ökonomie« war zu Lebzeiten Marxens kaum diskutiert worden. 1 Eine Auseinandersetzimg setzte erst richtig in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts ein, ausgelöst durch kritische Beiträge der bürgerlich-akademischen Ökonomie zu den Problemen der Reproduktionsschemata, der qualifizierten Arbeit und der Wert-Preis-Transformation. Sie befaßte sich mit dem Reduktionsproblem und dem Problem der Werttheorie überhaupt. 2 Die innersozialdemokratischen Debatten folgten diesen Vorgaben in teils affirmativer, teils in modifizierender und teils in kritischer Weise.3 In den 20er Jahren wurde versucht, an diese ökonomischen Debatten kritisch anzuknüpfen, so bei Sternberg, Großmann, Rjasanov und Rubin. Korsch und Lukács eröffneten die methodisch-erkenntnistheoretische Diskussion. In der stalinistischen Ära verbreiterte sich zwar die Literatur zu einer marxistischen Ökonomie, aber die bei Marx vorgegebenen Probleme wurden eskamotiert und eine kritische Auseinandersetzung fand nicht mehr statt. Auch in der Nachkriegszeit etablierte sich inner- und außer129
halb des Marxismus-Leninismus wieder eine marxistische Ökonomik. Erst in den 60er Jahren begann eine Debatte um die Marxsche Theorie erneut. Diesmal auch verstärkt unter methodischen Gesichtspunkten. Den entscheidenden Anstoß in der deutschsprachigen Literatur hat dafür Rosdolsky gegeben, dessen Interpretation sich weitere Autoren anschlössen.4 Damit war für eine gewisse Zeit eine kritische Diskussion eröffnet. So weitertreibend sie auch war und so sehr sie auch wichtige Detailprobleme erschließen konnte, erlag diese Diskussion aber sehr bald der Versuchung der analytischen Philosophie, die scheinbar ein exakteres Instrumentarium bot. Die inzwischen seltener gewordenen Ansätze, die die Marxsche Theorie zumindest mitthematisieren, rekurrieren dabei auf eine Vorstellung der Einheit von Erkenntnistheorie, Gesellschaftstheorie und Ökonomie, oft darüberhinaus auf Phänomene der Kultur und der menschlichen Psyche. Hierbei erscheinen folgende Themenbereiche als zentrale Momente theoretischer Selbstverständigung: Ein spezifisches Verständnis von Geschichte, eine spezielle Vorstellung von Erkenntnis, eine Vorstellung von der Werttheorie und ihren immanenten erkenntnistheoretischen Momenten und eine besondere Vorstellung von der Marxschen Methode. Geschichte wird als Stufenmodell interpretiert, sei es im Anschluß an die Konstruktion der Epochen der Produktionsweisen, sei es als universales Entwicklungsgesetz. Der Versuch der Kritischen Theorie, eine selektive MarxAneignimg mit einer universalhistorischen, gesellschafts- und erkenntnistheoretischen Programmatik zugleich zu verbinden, hat über den Einfluß von Sohn-Rethel einerseits und Habermas andererseits die neuere Diskussion ebenso beeinflußt wie die in den 70er Jahren aktuellen Ansätze der Systemtheorie, der analytischen Philosophie, der Ethnologie und des Strukturalismus. Läßt man jene Versuche beiseite, die über die Ankopplung bestimmter Marxscher Termini an einen szientischen Ansatz oder über den Versuch, Marxsche Argumentationen auf Basis der analytischen Philosophie zu reformulieren, auch das an Kritisch-Reflexivem noch tilgen, was die Frankfurter Schule programmatisch aufgenommen hatte, so bleibt wenig von dem Aufbruch zu Marx in den 70er Jahren. Exemplarisch scheinen 130
hier Edmund Jacoby für den Versuch, die Bestände in Richtung auf eine Kulturkritik zusammenzufassen und Robert Kurz für den Versuch, gegen eine kulturistische Reduktion den Anspruch auf umfassende Gesellschafts- und Ökonomiekritik, und damit den revolutionstheoretischen Anspruch, erneut zu aktualisieren. Trotz dieser fast gegesätzlichen Intentionen zeigen sich Gemeinsamkeiten, die typisch für den gegenwärtigen Umgang mit der Marxschen Theorie zu sein scheinen. Beide versuchen, eine theoretische »Modernisierung« dessen, was sie als marxistischen Traditionsbestand begreifen, über eine Historisierung anzugehen. Kurz wendet seine Vorstellung von Geschichte als Entwicklungsprozeß5 auch auf die Kapitalinterpretation an. Jacoby vertritt die Meinung, die einzelnen Formen im »Kapital« seien nicht nur mit jenen in der »Phänomenologie des Geistes« analogisierbar 6 , sondern auch die Stufenfolge im »Kapital« sei Ausfluß der Hegeischen Geschichtsphilosophie.7 Bei beiden Ansätzen ist ein eigentümliches Schillern zwischen traditionalistischen Versatzstücken, Theorieelementen der Kritischen Theorie und der analytischen Philosophie wahrnehmbar. Das wird noch deutlicher bei den Interpretationen zur Werttheorie, gilt diese doch als zentraler Bestandteil der »Kritik der politischen Ökonomie« . Zentrales Interpretament von Gesellschafts- und Werttheorie ist bei beiden das Begriffspaar Besonderes-Allgemeines. Diese Begriffe werden allerdings in ihrer Bezogenheit aufeinander gelöst, getrennten Welten zugeordnet8 und zum Muster eines dualistischen Erklärungsschemas von Welt. Bei Jacoby erscheint dann Allgemeines -Besonderes - in dem Verhältnis von Universalismus und Partikularismus als Freiheit9, - in dem Verhältnis von fetischvermittelter Universalvergesellschaftung zu einer freien Gesellschaft10, - in dem Verhältnis von universaler Vergesellschaftung als kapitalistischer11 zu gesellschaftlich partikularen Momenten - in dem Verhältnis von System und Lebenswelt12, - in der doppelten Vergesellschaftung als kapitalistischer und familialer13, - in dem Verhältnis von Wissen und Reichtum zum Feld des Partikularen14, 131
- in der doppelten Setzung der Bereiche von Libido und Kultur als zwei Seinsweisen des Menschen15, - in dem Verhältnis von Interesse und Lust16. Unter Allgemeinheit wird die vollständige Subsumtion des konkret Endlichen, des Einzelnen, unter das System der Begriffe verstanden.17 Ihr wird der Begriff des Partikularen als sinnstiftendes Moment 18 , das insbesondere in der Familie und in der Sozialisation des Individuums zum Ausdruck komme 19 , gegenübergestellt. Das gesellschaftlich Allgemeine finde so seinen Opponenten in der Welt des Mikrosozialen, dem Reproduktionsbereich.20 Gegenüber einer derart dual verfaßten Welt kann Versöhnung nur in einer Synthese des Partikularen 21 liegen, theoretisch gefaßt in der Konzeption »eines in sich widerspruchslosen >Systems der Bedürfnisse<«. 22 Weil der Partikularismus mit der Funkton der Sinnstifung beschwert, sei Versöhnung nur als Verstehen möglich, letztendlich, wie in der literarischen Deutschen Klassik, nur in der Kunst. 23 Werttheoretisch findet sich Entsprechendes. Die Kategorien Besonderes - Allgemeines sollen auch in der Ökonomie gelten. Diesem Begriffspaar werden weitere unterlegt: Konkretabstrakt24, und nützlich, sinnlich - abstrakt25, wie Gebrauchswert - Wert, Arbeit - Wert, Produkt - Geld26, so daß schließlich zu dem Dualismus von »Gebrauchswertzusammenhang« versus »System« übergegangen werden kann.27 Gebrauchswert und Arbeit erscheinen als Momente des Besonderen. Indem empirische Erfahrung als Basis eines Verständnisses28 von den Gegenständen in Anspruch genommen wird, wird der Gebrauchswert zum nützlichen, sinnlich genießbaren Gegenstand, wird »Ausdruck der subjektiven Bedürfnisse«.29 Reichtum wird hier als der an Gütern verstanden.30 Kurz unterstellt in seiner Rückwendung zu Marx diesem einen entsprechenden Dualismus. Einerseits: Arbeit als Form des Materiellen 31, als konkrete nützliche, lebendige Arbeit 32 , Wert als qualitativ bestimmt, nämlich als Vergegenständlichung von Arbeit33, als »überhistorische Tatsache und Notwendigkeit der lebendigen Arbeit als physiologischer Verausgabung menschlicher Arbeitskraft im natürlichen Maß der Zeit«. 34 Andererseits: Wert als Abstraktum, als dingliche Verkörperung der Allgemeinheit35, als dingliche Abstraktion36, als Gedanken132
ding37, als Hieroglyphe, d.h. abstraktes Zeichen gesellschaftlicher Arbeit38, kurz als Formabstraktion, als eine Fiktion.39 Weil die abstrakte Wertgegenständlichkeit als Voraussetzung der Tauschrelation40 gedacht ist und die Form des Werts, die Wertgegenständlichkeit des Produkts schon in der einzelnen Ware liegen soll, Wert also im Gegenstand vor dem Austausch diagnostiziert wird, kommt Kurz zu einem doppelten Wertbegriff: Arbeit erscheint als Inhalt eines Werts, der selber Inhalt des Tauschwerts sei. So wie der Wert die Form der Arbeit, so sei der Tauschwert die Form des Werts.41 Der Wert existiere also vor dem Austausch. Der Tauschwert lasse sich deshalb mit der Tauschrelation der Waren identifizieren.42 Dieser Auffassung entspricht bei Jacoby die Auffassung von einem Idealismus der Ware43, ja einer spezifischen Abstraktion in der Ware44 als Fetisch.45 Auch Geld gewinnt hier eine höhere Dignität. Äquivalenzware und Geld als Zeichen 46 bedingten eine »Synthesis zur Einheit einer unbegrenzten Welt des Abstrakten«47, so daß die Geldform als logische Form erscheinen könne 48 In diesem Sinne wird auch der Kapitalismus als »abstrakt-symbolische Organisationsform«49 aufgefaßt. Die Dichotomisierung der Bestimmungen von Arbeit, Wert und Ware wirft beide hier vorgestellten Ansätze auf den Schematismus der einfachen Warenzirkulation zurück, in dem die Vermittlung der Arbeiten und Produkte ihnen als äußerlich erscheint und führt sie damit in die Nähe der in den 70er Jahren kritisierten Engelsschen Vorstellung der einfachen Warenproduktion.50 Die Besonderheit des Kurzschen Ansatzes macht allerdings die Vorstellung von einer werttheoretisch gedoppelten InhaltForm-Struktur 51 aus und die »Einsicht«, daß die Ökonomie dem Inhalt nach materiell, der Form nach abstrakt sei.
II. Soziale Form und ökonomisches Objekt Gegenüber den bisher vorgestellten Ansätzen spekulativer Marx-Interpretation hielten diejenigen, die die Diskussion der 70er Jahre um die Marxsche Theorie als Wissenschaft gegen ihre 133
disziplinbornierte Einvernahme in ökonomische, soziologische, politologische oder philosophische Ansätze fortzuführen suchten, ein bestimmtes Problembewußtsein fest. In der Nachfolge des Backhausschen Versuches, das Marxsche Verfahren in seiner Spezifität und seiner Wissenschaftlichkeit als Aporiendiskussion ökonomischer Begrifflichkeit auszuzeichnen, hebt sich die Arbeit Brentels52 qualitativ ab. Brentel entwickelt seine Methodenexplikation der Marxschen »Kritik der politischen Ökonomie« zunächst in kritischer Absetzung zu den Theorien der klassischen Politischen Ökonomie. Zentrales Differenzkriterium ist die Vorstellung von der einfachen Warenzirkulation samt ihren »historischen und tauschtheoretischen Interpretationen«53, die sie als »formelles Verhältnis« festzuhalten suchen. Hierbei ist mit Backhaus eine Kritik prämonetärer Werttheorien und damit des Engelsschen Ökonomieverständnisses impliziert. Anhand der Wertformanalyse soll gezeigt werden, daß alle Gegenstandsbegründungen aus einfachen Austauschtheorien scheitern und daß die einfachen Formen der Ökonomie nur im Zusammenhang mit der »kapitalistisch-industriellen Produktionsweise« 54 zu verstehen sind. Brentel geht es um eine Formtheorie als Konstitutionstheorie, in der nicht nur der Wert als Gegenstand von Sozialwissenschaft erscheint, sondern die Wertgegenständlichkeit als spezifische »Konstitution des Ökonomisch-Sozialen« dechiffriert werden soll. Die Marxsche Theorie soll als eine spezifische kritische Formanalyse begriffen werden. Da die Marxsche Formanalyse Kritik sei, wie Brentel programmatisch festhält, richte sie sich prinzipiell gegen die reduktionistischen Verfahren einer ökonomischen Theorie, die ökonomische Prozesse auf einfache ökonomische Formen zurückführen wolle, also sowohl gegen überhistorische Konstruktionen als auch gegen eine subjektivistisch-relationistische Auffassung von Austausch und Geld, ja dem Anspruch nach auch gegen substantialistische Werttheorien. III. Kritische Genesis der Theorie? Die Rekonstruktion der Marxschen Theorie beginnt mit der Explikation des vorgängigen Verständnisses der klassischen 134
Ökonomie. Anhand der Theorien von Smith, Ricardo, Bailey, Sohn-Rethel und Proudhon, aber auch Engels, der hier eingeordnet wird, soll der theoretische Fortschritt, die Herausbildung eines sehr spezifischen Gegenstandes, demonstriert werden.55
Smith Der individualismusethische Freihändler Smith 56 war ökonomisch primär Arbeitswerttheoretiker.57 Die Arbeit des Einzelnen als geteilte Arbeit gilt »als allgemeine Arbeit, als Arbeit und Reichtum überhaupt« 58 Arbeit wird hier als soziale Kategorie und als »objektive(r) Wertmaßstab«59 gedacht. Die Smithsche Werttheorie, die einen natürlichen Preis, der nur bei ausgeglichener Angebot-Nachfrage-Relation als realer angenommen werden kann und der aus Rente, Lohn, Gewinn zusammengesetzt vorgestellt wird 60 , und die doch Arbeitswerttheorie sein will, wird dann hauptsächlicher Gegenstand unmittelbarer Kritik bei Marx wie bei Brentel. Wenn Smith Arbeitsteilung und Arbeit als Reichtum fasse61, so erfasse er zwar die Arbeit überhaupt wie die Arbeitsteilung als Quelle des Reichtums, argumentiere auch richtig mit einer Durchschnittsarbeit, die hierfür von Bedeutung, aber er erfasse nicht die allgemeine Arbeit in der Begründung des gesellschaftlichen Reichtums, des Tauschwerts.62 Die Trennung von objektiver Arbeitswerttheorie und Theorie relativer Werte im Austausch bei Smith verfällt ebenso der Kritik63 wie der Umstand, daß Arbeitsmenge und Arbeitswert durcheinander gebracht werden.64 Da Smith auch nicht die Ware wirklich begreife65, könne er auch die Quelle von Wert und Mehrwert nicht von den Revenuequellen auseinanderhalten.66 Smith gerät also in einen werttheoretischen Zirkel, der aus dem Widerspruch der beiden Wertbestimmungen herrührt und zu einer tautologischen Figur, der Bestimmimg des Preises aus dem Preis führt.67
Ricardo Demgegenüber bestimmt Ricardo den Wert der Waren durch die relative produktionsnotwendige Quantität der Arbeit, wobei die 135
eingegangene Arbeit als ihr einheitlicher Bestimmungsgrund erscheint, wie Brentel festhält.68 Der Arbeitswert liegt dann bei Ricardo auf der »Ebene der relativen Preise«69 und wird bestimmt als natürlicher Arbeitspreis, als subsistenznotwendiges »Quantum von Gebrauchswerten« und gleichzeitig »monetärer Ausdruck«, »Preis der Lebensmittel«.70 Das Prinzip, »daß die Arbeitsmenge die relativen Preise reguliert« 71 , wird durch Maschinerie und dauerhaftes Kapital modifiziert 72 Der relative Preis der Waren hängt also von der Zusammensetzimg von fixem und zirkulierendem Kapital wie von der Produktionszeit ab, nach Brentel von der »Arbeits- und Produktionszeit«.73 Ricardos Intention ging dahin, einen vollkommenen Maßstab für die Wertbestimmung, als einen »verteilungsunabhängigen Maßstab« 74 zu finden.75 Gerade hier setzte dann auch die Marxsche Kritik ein, die Brentel in den Grundzügen referiert. Marx kritisiere Ricardo, weil dieser noch nicht »zum Begriff der abstrakt-allgemeinen Arbeit als wertbildender Arbeit komme« 76 , er Wertform und Geld 77 schon deshalb nicht begreife, weil er selbst nicht zwischen Arbeitskraft 78 und Arbeit differenziere. Weil Ricardo der Arbeitstag als fixe Größe79 erscheine, könne er den Mehrwert auch nur als Restgröße betrachten. 80 Als Facit der Marxschen Ricardokritik läßt sich Brentel zufolge festhalten, daß bei Ricardo Arbeitswerte nur vom Standpunkt der Zirkulation betrachtet würden. 81
Bailey An Marxens Baileykritik hatte schon Backhaus seine Polemik gegen marxistische Quantitätstheoretiker festgemacht. Marx kennzeichnet Bailey als entschiedenen geldtheoretischen Nominalisten, der sich gegen den, wie er meinte, Ricardoschen Begriffsrealismus und die entsprechende Substanzmetaphysik wendet. Brentel zufolge zielt Baileys Kritik an Ricardo aber auch auf erstens eine mangelhafte Differenzierung der Begriffsbestimmung von »relativem, komparativem und absolutem Wert«, zweitens auf das »Fehlen einer Theorie der Wertform« 82 und drittens auf eine zirkuläre Bestimmung des Werts der Arbeit.83 Unter Wert versteht Bailey ein »relatives Austauschver136
hältnis«. Er faßt ihn als relativen Preis.84 Entsprechend betont er die »Funktion des Geldes als äußerms Wertmaß, als Maßstab der Preise«.85 Brentel verweist zurecht darauf, daß Baileys Argumentation in gewisser Weise die neopositivistische Fundamentalkritik an der vermeintlichen Marxschen Wertmetaphysik vorwegnimmt. Konsequenterweise muß Bailey den Wert anders als die klassische Politische Ökonomie begründen, was ihn, damit die subjektive Werttheorie antizipierend, zur Annahme von »individuellen Nutzenpräferenzen« 86 führt. Baileys »sich immer relativ im Verhältnis zu allen anderen Waren«87 ändernder Wert stellt aber nur ein Surrogat für den Wertbegriff dar und verhindert auch die Möglichkeit der Erkenntnis der Funktionen des Geldes.88 Geld wird von ihm immer nur nominalistisch verstanden 89 , so daß er den Horizont der einfachen Warenzirkulation nicht zu überschreiten in der Lage ist.90 Diese Beschränkung hänge auch mit einem mangelnden Formbegriff zusammen, wie Brentel betont 9 1
Sohn-Rethel Mit der subjektiven Werttheorie teilt Bailey die drei Grundannahmen: »zufällige Tausch-Relation, Tausch-Modell und Tausch-Abstraktion«.92 Obwohl Sohn-Rethel von einem ganz anderen Zugang her die Marxsche Ökonomiekritik weiterzuentwickeln suchte, wird er von Brentel in gewisser Weise zurecht in diesen Zusammenhang gestellt. Brentel charakterisiert die SohnRethelsche Theorie als eine »eigentümliche Kompromißformel zwischen Marxscher und subjektiver Werttheorie«.93 Es handele sich um eine Theorie des Wertens selbst, die mit unterschiedlich gefaßten Abstrakta operiere. In einer abstrakten Formbestimmtheit werde versucht, die unterschiedlichen Abstrakta zusammenzubinden. 94 Wert werde in dieser Konstruktion relational gefaßt, denn Sohn-Rethel operiere mit einer nur auf den Austausch bezogenen Wertkonstitution. 95 Damit verfehle er wie Bailey den Problemzusammenhang von Wert und Geld und bleibe gegenüber prämonetärer oder wertformbestimmter Argumentation letztendlich unentschieden.
137
Proudhon Die Proudhonschen Vorstellungen von Philosophie, Politik und Ökonomie sind bekanntlich für Marx ein wichtiger Gegenstand kritischer Auseinandersetzung gewesen. Hauptanstoß der Proudhonschen Kritik an den ökonomischen Verhältnissen seiner Zeit ist das Eigentum.96 In der Perspektive einer auf Gerechtigkeit zielenden Argumentation wird das Recht des Arbeiters an seinem Produkt betont, jedoch nicht die Umverteilung des Eigentums gefordert, sondern seine Aufhebung 97 propagiert. Zwei traditionelle Eigentumsbegründungen werden abgewiesen: sowohl das Recht auf Eigentum durch Okkupation als auch das durch Arbeit. Denn wenn Arbeit zu Eigentum führe, wie es Locke propagiert, müsse sie »zur Gleichheit des Eigentums führen«.98 Proudhon begreift nach Brentel richtig, daß »Eigentum als ein spezifisches und aufzuhebendes Produktionsverhältnis«99 zu fassen sei. Wenn das Mehrprodukt aus der »Gesellschaftlichkeit der Arbeit« 100 resultiere, aus der »Kombination der Arbeitskräfte, deren Resultat dem Eigentümer zufalle«101, dann sei Eigentum Diebstahl am Gesamtvermögen. 102 Wenn Proudhon allerdings die Aufhebung dieses ungerechten Verhältnisses »unter den Kategorien des >Besitzes< und der >gleichen Arbeit<«103 denke, verbleibe er im Horizont bürgerlicher Ökonomie. Dies habe systematische Gründe. Proudhons »überhistorischer Systementwurf«, als »Kritik und positive Adaption der politischen Ökonomie« 104 , verbinde als »>Formel der Versöhnung<«105 sozialistische Utopie und ökonomische Theorie. In seiner »Philosophie des Elends« baue Proudhon diesen »Systementwurf unter der Idee eines vermittelnden >dritten Prinzips<106 auf, der bloßen Arbeit, der gleichen Arbeit« 107 Sein »drittes Prinzip« beanspruche »die Möglichkeit einer (Arbeits-) Werttheorie ohne Kapitaltheorie«.108 Die Proudhonsche »Identifizierung des Wertes der Arbeit und des Produkts der Arbeit« basiere auf dem »Postulat aller Gleichheit des Austauschs« 109 : daß nämlich ein Arbeitstag einen Arbeitstag bezahle. Damit die für die Produktion von Gütern tatsächlich aufgewandte Arbeitszeit Basis im Austausch werden könne, »muß die konkrete Arbeitszeit als gleiche Arbeit unterstellt sein.« 110 138
Die Lösung aller ökonomischen Probleme erhoffte sich Proudhon von der Einrichtung einer Tauschbank. Sie sollte auf der Basis von Stundenzetteln funktionieren, die als Entgelt für geleistete Arbeitsstunden ausgestellt und als Berechtigungsscheine für lebens- und produktionsnotwendige Güter gelten sollten. Die Tauschbank, so wendet Brentel mit Marx kritisch ein, »als allgemeiner Warenverkäufer und Vermittler«, müsse aber zu »weitestgehenden Steuerungsmaßnahmen« 111 greifen. Um eine »gesamtgesellschaftliche Arbeitsteilung« zu garantieren, wäre eine hochentwickele Planungstheorie und -technik nötig. Die Tauschbank entwickelte sich dann zum Kontrolleur der Arbeitszeiten, der Produktivität einzelner Industrien wie der Arbeitsmoral, ihr obläge zudem die Aufteilung gesamtgesellschaftlicher Arbeit. Sie träte damit als gesamtgesellschaftlicher Käufer wie Verkäufer und als allgemeiner Produzent auf. Sie erschiene also als Despot von Produktion und Distribution112 und nicht als harmonisierende Vermittlungsinstanz einer Produktion isolierter, freier, privater Produzenten. 113 Das Problem der Proudhonschen Tauschbank liegt in seiner spezifischen Konzeption der Stundenzettel. Die anvisierten Stundenzettel der Tauschbank als Arbeitszettel waren als nicht entwertbare konzipiert. Die Arbeitszeitrechung sollte zugleich als »Arbeitswert-Rechnung«114 gelten. In der Perspektive einer Suche nach einem organischen Gesetz, einem »überhistorisch allgemeinen Wertgesetz« 115 , betrachtet er den Tauschwert als Tauscheigenschaft der Produkte genauso wie er einen absoluten Wert durch Arbeit begründet sieht.116 Proudhons »synthetische Idee des Werts«<117 besteht nun darin, die »konkret verausgabte Arbeitszeit zum unmittelbaren, direkten Bestimmungsgrund und Wertmaß«118 zu machen. Er geht dabei von der Annahme eines Gleichgewichts119 aus, eines >»Gleichgewicht(s) zwischen Bedürfnis und Produktionskraft<«, das der Arbeitszeitrechnung zugrundegelegt ist, wobei Arbeit als einfache gedacht, der Austausch »als einfacher Warenaustausch«120 konzipiert ist. Auf der Basis der Annahme der unmittelbaren »Arbeitszeitverausgabung als Maß des Wertes« wird auch ein Gleichgewicht von Produktion und Konsumtion in einem »harmonischen Gleichgewicht eines geschlossenen Austauschsystems« 121 postuliert. In dieser Konstruktion ist Geld 139
einerseits bloße Ware, andererseits »unmittelbar verausgabte Arbeitszeit«, so daß man es durch »>Arbeitszettel<... ersetzen« 122 könne. Der Proudhonschen Arbeitswerttheorie korrespondiert eine Kapital- und Surplustheorie, die die Entstehung des Mehrprodukts begreift als entstanden »durch die gesellschafliche Kombination der Arbeit, durch die damit einhergehende Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit« 123 , so daß mit dem Fortgang der Industrie ein immer größeres Produkt entsteht. Kapital ist hierbei gedacht als »unspezifisch vergegenständlichte Arbeit« 124 , »>Stoff des Reichtums<«, »>Arbeit; d.h. realisierte Intelligenz und Zeit<«.125 Brentel folgert, daß der Begriff des Kapitals, der hier aufscheine, nämlich die »>Bestimmung des Werts durch die Arbeitszeit<« , sich nur als »>wissenschaftliche(r) Ausdruck der ökonomischen Verhältnisse<«26 fassen und aufklären lasse vor dem Hintergrund eines Rekurses auf die Proudhonsche Zirkulationsvorstellung, die sich als die einfacher Zirkulation erweise. Gleichheit der Arbeit und Produktentausch sind gleichermaßen Momente eines einfachen Austauschsystems wie Alltagsvorstellungen. Ein so konzipierter Austausch stellt aber nur eine äußerliche Vermittlung dar von auch nur einfachen ökonomischen Formen. 127 In der einfachen Zirkulation 128 erscheint der Austauschprozeß als Äquivalententausch 129 und die handelnden Subjekte treten als »Eigentümer von Waren«130 auf. Damit ist zweierlei gesetzt: Nicht nur restituiert Proudhon den trotz seiner Locke-Kritik - durch eigene Arbeit konstituierten Besitz und das Eigentum 131 , sondern auch sind bei ihm Produkte immer schon als Waren unterstellt.132 Folgt man hier der Brentelschen Interpretation, so ist bei Proudhon die reale Seite des »idealen Scheins« der einfachen Zirkulation mit dem »>Detailhandel<«133 gegeben. »Mit ihm (sei) den Subjekten des bürgerlichen Verkehrs eine sinnfällige, praktische Erfahrungsbasis für die Stimmigkeit der Ideologien einer einfachen Warenproduktion stets präsent.«134 Mit der einfachen Zirkulation scheinen die Individuen als Rechtssubjekte genauso gesetzt wie die Freiheits- und Gleichheitsvorstellungen. Das moderne Subjektbewußtsein konstituiere sich hier ebenso. 135 Die autonomisierte einfache Zirkulation136 als geschlossene 140
positive Totalität137 impliziere eine Theorie des Geldes138, die wirkliche Gleichheit als reale Existenz aufweisen soll.139 Diese »typische Verkehrung«, die den Schein »ideologischer Idealität« für die Realität halte 140 , sei der Unterschlagung der »s pezifische(n) Form der Arbeitsteilung als wirkliche(m) Grund und Voraussetzung der zirkulativen Verkehrs« ebenso geschuldet wie der Unterstellung einer immer schon vorhandenen Warentotalität.141 Die Proudhonsche Vorstellung der Form der Aneignung impliziere aber schon eine »spezifische Teilung der gesellschaftlichen Arbeit« 142 , und beide verwiesen auf die bürgerliche Produktionsweise und die Industrie. 143 Die normative Argumentation Proudhons sei zwar kritisch gegenüber traditioneller Arbeitswerttheorie, basiere aber, so Brentel, auf einem durch die einfache Zirkulation gesetzten Schein. 144 Proudhons Sozialismus führt genau zu den abgewiesenen Vorstellungen zurück. Denn seine Bezugsebene suche einen »utopisch-orientierende(n) Realitätsgehalt«145 auszuweisen. So sei er in der Logik seiner Strategie gezwungen, in bezug auf den antizipierten Sozialismus eine »Proportionalität« zwischen Arbeit und Bedürfnis anzunehmen, von der Marx behauptet, sie sei nur »durch gesamtgesellschaftliche Planung und politische Entscheidung« 146 herzustellen. So wird die bürgerliche Gesellschaft durch Zwang und Tauschbank als Sozialismus eingeführt.
Engels Im Anschluß an Backhaus 147 versucht Brentel eine Darstellung Engelsscher Theoreme und ihrer Problematik zu geben. 148 Der Engelssche Versuch einer Historisierung Marxscher ökonomischer Kategorien präsentiert - wie Proudhon - als eines seiner zentralen Elemente eine Arbeitszeitrechnung, die die unmittelbare Arbeitszeit als ihre Grundlage umfaßt.149 Dabei verlegt Engels den prämonetären Tausch historisch zurück. Auf dieser früheren Entwicklungsstufe habe es eine Naturalwirtschaft mit einfachem prämonetärem Tausch gegeben. 150 In impliciter Übereinstimmung mit der Theorie Proudhons meint Engels, daß sein historisierender Naturaltausch auf der gemeinsamen Re141
cheneinheit von Arbeitsstunden basiere, den er aber selbst unvermittelt zum geldvermittelten transformiert.151 Theoretisch zentral für die Engelssche historisierende Ökonomievorstellung ist die Konstruktion einer einfachen Warenproduktion, die sich von der Smithschen kaum unterscheidet. 152 Der »Terminus >einfache Warenproduktion<«153 war aber von Marx nie verwendet worden, wie Brentel im Anschluß an Backhaus 154 festhält. Marx wollte den Begriff einfacher Zirkulation, auf den einfache Warenproduktion als Analogon von Engels bezogen wurde, streng von der produktiven Seite getrennt wissen, weshalb er auch immer von »kleiner Warenproduktion« in bezug auf handwerkliche oder kleinbäuerliche Produktion 155 redete. Brentel betont daher zurecht, daß der Begriff der einfachen Warenzirkulation als bloßer Formbegriff nicht ohne das Kapital zu begreifen sei, so daß von daher erst »sich die Möglichkeit retrospektiver differenzierender Bestimmung vorkapitalistischer >Waren< und >Werte<«156 ergibt. Die Historisierung der Kategorie der Ware in einer »logischhistorischen Konstruktion«, als Grenzziehung zwischen kapitalistischer und »einfacher Warenproduktion«, hatte Engels auch zu einer Historisierimg des Wertgesetzes geführt.157 In der Epoche der einfachen Warenprodukton, die bis ins 15. Jahrhundert gedauert habe 158 , habe gegolten, daß die Wertbestimmimg durch Arbeitszeit sichtbar geblieben sei.159 Erst mit dem Übergang zum Metallgeld sei dies nicht mehr möglich gewesen. Der Grund des Engelsschen Mißverständnisses liegt Brentel zufolge in einem Teil der Marxschen Argumentation. Marx gehe von einer Differenz zwischen vorkapitalistischer und kapitalistischer Ware aus, die er beide unter den Wertbegriff subsumiere. 160 Die Ware161 sei die früheste und unentwickelste Form bürgerlicher Produktion, weshalb sie in anderen Produktionsweisen auftrete162, aber erst im Kapitalismus werde sie zur vorherrschenden, bestimmenden Form. Für die vorkapitalistischen Produktionsverhältnisse müsse es demnach eine Minimalbedingung für die zirkulative Vermittlung der Produkte geben163, z.B. bei der »Vermittlung der Überschußproduktion ursprünglicher Gemeinwesen, wie für Warenprodukte, die auf der Grundlage von Sklavenwirtschaft, Leibeigenschaft und Zunftwesen entstehen«.164 Die Produktionsmittel gehörten hier noch 142
den Arbeitern. Aber auch hier regele »das Wertgesetz - also die Bestimmung des Wertes der Produkte nach gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit - die Bewegung der Preise«.165 Im Gegensatz zu Engels redet Marx davon, daß »mit dem Austausch stets schon die >gesellschaftliche Form<166 des Arbeitsprodukts im Austausch gegeben« 167 ist. Brentel gilt die Arbeitszeitrechnung, da es Marx zufolge keine »Realität einer Arbeitszeitrechnung« geben könne, als nur »theoretisch notwendige Fiktion«168 für die Vergesellschaftung der Arbeit. Die Arbeit werde fiktiv an der Zeit gemessen »mittels einer unterstellten, fiktiven Durchschnittsbüdung«169, um das Gesellschaftliche der besonderen Arbeiten zu veranschaulichen, denn am Wertgesetz sei schwer zu begreifen, wie die voneinander abhängigen Privatarbeiten »fortwährend auf ihr proportionelles Maß reduziert werden<«.170 Bei Marx würden zur Veranschaulichung vier Beispiele gegeben werden: Robinson, das Mittelalter171, ländlicher Patriarchalismus172 und der von Engels mißverstandene Verein freier Menschen. 173 Mit diesen Beispielen soll Brentel zufolge »die Idee einer gesellschaftlichen Einheit der Arbeit auf Grundlage ihrer Gleichheit« 174 demonstriert werden. Obwohl er zurecht gegen die Arbeitszeitrechnung einwendet, daß ein dafür erforderliches Messen unsinnig ist, weil die Arbeiten immer schon gesellschaftliche sind175 , hält er daran fest, daß die gesellschaftliche Einheit und ihre Basis, die gesellschaftliche Gleichheit, mittels der Fiktion der Arbeitszeitrechnung zu demonstrieren seien.176 Es ergibt sich aber aus dieser Fragestellung - der nach Gleichheit und Ungleichheit der Arbeiten - das unlösbare Problem einer gerechten Bewertimg der Arbeit 177 , denn Messung der Arbeit an der Zeit und Einteilung der Arbeit nach der Zeit sind »prinzipiell zu unterscheiden«.178 Die eine verweist auf die Wert- und Geldform, womit eine Arbeitszeitrechung prinzipiell abgewiesen, die andere auf die Einteilung ungleicher Arbeiten. 179 Die Marxsche Argumentation zur Arbeitszeitrechnung ist als Kritik am utopischen Sozialismus180, und soweit der späte Engels unter diesen fällt, auch auf diesen bezogen, zu verstehen.181 Ohne die bisher geübte Kritik vertiefen zu wollen, ist hier vor allem ein methodisches Problem festzuhalten: Bei der histori143
schen Darstellung der ökonomischen Theorien wird von Brentel auf eine kritische Entwicklungsdarstellung verzichtet zugunsten einer ersten Ausbeute Marxscher Postulate und Kritiken, die diesen Theorien zumeist normativ entgegengehalten werden, so daß oft die Marxschen Urteile in ihrer Genese nicht mehr einsichtig werden. Dieser utopisch-normative Gebrauch 182 von Argumenten verhindert nicht nur eine adäquate Schilderung der Probleme frühsozialistischer Theoriebildung, er ersetzt auch eine ausgewiesene Darstellung dessen, was bei Marx Kritik heißen könnte. Deutlich wird dies insbesondere auch an der Diskussion um Engels und der Problematik logisch-historischer Methode.
IV. Probleme der historisch-logischen Methode Engels Konstruktion einer einfachen Warenproduktion als vor allem mittelalterliche Produktion stellt nicht seinen einzigen Versuch der Historisierung gesellscaftlicher Verhältnisse dar. Die einfache Warenproduktion wird bei ihm Element einer Geschichtsauffassung, die einen Bogen von der Urgemeinschaft bis zum Sozialismus als Verein freier Menschen zeichnet 183 und sich als einfacher Zyklus der Geschichte erweist: von einem harmonischen, aber einfachen Ausgangspunkt zu einer harmonischen höheren Stufe. Es ist evident, daß der Verein freier Menschen für beide Momente dieser Geschichtskonstruktion, Anfang und Ende, die Vorgaben liefert. Historische Momente und Reflexionen finden sich auch in Marxens Kritik der politischen Ökomonie. Es wird aber selten nach dem Status von Marxens historischen Beispielen gefragt, gängig ist vielmehr Engels Interpretament in bezug auf das »Kapital«: hier handele es sich um eine historisch-logische Darstellung. Die Darstellung im »Kapital« sei eben nur die abstrakte Form historischer Entwicklung.184 Es läßt sich jedoch ausweisen, daß ein solches Verständnis, gemessen an dem anvisierten Gegenstand, unzureichend ist. Bei Brentel lassen sich zwei unterschiedliche Darstellungen zum Problem des Historischen in der Kritik der politischen Ökonomie finden: Ein Beitrag zur Debatte um eine mögliche histo144
rische, historisch-logische oder logische Interpretation und ein Beitrag zum Problem der historischen Passagen in der Kritik der politischen Ökonomie. Entgegen den zahlreichen Versuchen, wenigstens Teile der Marxschen Ökonomiekritik historisch zu lesen oder die Darstellung im »Kapital« als eine historisch-logische zu interpretieren, hält Brentel fest, daß Marx »seine Entwicklungsmethode als eine >logische< Entwicklung ausgewiesen« 185 hat. Nicht die historische Reihenfolge ist für diese Entwicklung ausschlaggebend, sondern der innere Zusammenhang der bürgerlichen Gesellschaft.186 Damit sei hinreichend klargestellt: »Die Abfolge der Kategorien von den >einfachen< zu den konkreteren und entwickelteren darf nicht zur >logisch-historischen< Aufstufung >verrenkt< werden« 187 , denn nur im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang seien die Kategorien 188 hinreichend bestimmbar. Auch von hier aus ergibt sich eine Kritik der Engelsschen ökonomischen Interpretation und vor allem an seinem Geschichtsschematismus.189 Marx hingegen, so Brentel stelle sich auf eine differenzierende Weise »dem Problem der historischen Frage«. 190 Zwar erschienen die einfachen ökonomischen Kategorien »als die einfachen ökonomisch-sozialen Verhältnisse« 191 , es seien dabei aber immer schon konkretere Kategorien unterstellt.192 Marx wende sich in diesem Zusammenhang gegen einen ökonomiehistorischen Präsentismus, wenn er auf die unterschiedlichen Funktionen spezieller Kategorien verweise. 193 Von daher scheint es plausibel, die Marxsche Position folgendermaßen zusammenzufassen: »Marx kritisiert jede historischlogische Entwicklungskonzeption, jede vorschnelle Rückprojektion sogenannter >einfacher< Kategorien als auch historisch allgemeingültiger als ein systematisches Problem des philosophisch wie gesellschaftstheoretisch naiven kategorialen Bewußtseins.«194 Seinen historischen Abschnitten läge deshalb als Funktion »die einer negativen Bestätigung der logisch-immanenten Dimension des Analyse- und Entwicklungsganges (zugrunde), indem sich Marx auch hier ... mit der historischen Geltung der sogenannten >einfachen< ökonomischen Kategorien kritisch auseinandersetz(e), wirklich historische Verhältnisse gerade in sachlicher und kategorialer Differenz zu den >einfachen< Kategorien der vorangegangenen Analyse abgrenz(e)«.195 Insofern 145
sei es auch richtig, darauf zu verweisen, daß etwa »die einfache Wertform ... überhaupt keine historische Form«196 sei. Damit lasse sich resümieren: »Gezeigt wird gerade, daß auch vorbürgerliche ökonomische Verhältnisse immer nur an den entwickelten bürgerlichen Kategorien gemessen werden können.« 197 Dadurch sei auch der Aufweis der Differenz möglich.198 Wenn die »Objektivierung der Produkte zu Werten«199 erst auf der Basis des Kapitalismus gegeben ist, so muß damit auch das Problem historischer Wertkonstitution aufklärbar sein.200 Brentel fragt hier nach den »gesellschaftlich-materialen Minimalbestimmungen der Konstitution ökonomischer Form wie der Werte als anfänglich objektivierter Arbeitswerte«201, historischer Arbeitswerte. Marx mache nämlich nicht nur »kapitalimmanente« Aussagen, sondern »auch gewisse, sehr eingeschränkte ökonomiehistorische Aussagen«. 202 Marx argumentiere auch in Richtimg auf eine historische Dimensionierung ökonomischer Kategorien.203 Die einfachen ökonomischen Formen z.B. ließen sich aufgrund ihrer Abstraktheit historisch wie kapitalismusbezogen lesen. 204 Wenn Marx von den Warenwerten als historischem Prius rede 205 , so seien die damit verbundenen »objektivierenden Wertbildungsprozesse«206 historisch in jenen Zeiten zu finden, in denen die Produktionsmittel den Arbeitenden gehörten, also in Gesellschaften mit peripherem Austausch, in der Antike, im Mittelalter, eben bei Bauern und Handwerkern. 207 Eine Bildimg von Marktwerten gebe es dort wie im Kapitalismus.208 Entscheidend seien hier die abgeschlossenen Märkte. Insofern könnten sie »einen einheitlichen Marktwert für ihre Produkte hervor(bringen) als Durchschnittswert ihrer Produktion«.209 Die Konstitution einfacher Warenzirkulation sei also Angelegenheit des frühen Kaufmannskapitals.210 Sie erscheint hier als überhistorisches Moment 211 und als begründende Funktion des Kapitalismus 212 Insofern also das »selbständige Kaufmannskapital« als Vermittler eines Werdens zur Objektivität fungiert213, soll es als die Instanz, die die vielen Kaufakte in seinem konzentriert, begriffen werden.214 Brentel postuliert, daß »hier bereits ein Begriff gesellschaftlicher Gesamtarbeit als systematische Kategorie einer Arbeitswerttheorie in der Erklärung der Konstitution von Werten und Preisen in Anschlag gebracht werden« 215 könne. Er kehrt also auf eine modifizierte Weise zur Engelsschen Ausgangsposition zurück.
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V. Formtheorie und ökonomisches Objekt Hier geht es zunächst um die Klärung des spezifisch Brentelschen Verständnisses des Marxschen Arbeitsbegriffs, des Wert- und Geldbegriffs sowie des Kapitalbegriffs, um über eine Erläuterung des Brentelschen Begriffs der Reproduktion zur Darstellung seines Formbegriffs zu kommen.
Arbeitsbegriff Brentel gilt die Marxsche Theorie als Konstitutionstheorie ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit, als »Formtheorie der Arbeit« 216 und als kritische Reproduktionstheorie in einem. Er versteht sie explizit als »Arbeitswerttheorie«217 und zugleich als eine »spezifisch soziale Formtheorie der Arbeit«218 auf Basis eines neuen Gegenstandsverständnisses: eben dem der Gesellschaftlichkeit der Arbeit in ihrer spezifischen sozialen Form.219 In bezug auf den Doppelcharakter der Arbeit 220 will Brentel festgehalten wissen, daß es Marx' Einsicht gewesen sei, »daß eine Arbeitswerttheorie als historisch-ökonomische Begründungs- und Maßlogik (?) der kapitalistisch-industriellen Gesellschaft - eben >Arbeit< als immanentes Wertmaß wie als Wertgrund - nur als Form- und Fetischtheorie ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit ausgeführt werden« 221 könne. Hierbei wird zurecht betont, daß die Vorstellung von der »Wertkonstitution der unmittelbaren Arbeit nur der ideologisch verstellte Ausdruck tatsächlicher Wertkonstitution«222 sei und daß sie selbst auf abstrakte Arbeit verweise. Zentral ist hier der Begriff der gesellschaftlich allgemeinen Arbeit.223 Er impliziere die Konzeption einer arbeitsteiligen Gesellschaft224 schon deshalb, weil die Gesellschaftlichkeit sich nicht über konkrete Arbeit begründen lasse.225 Da der Begriff allgemeiner Arbeit schon auf Vergesellschaftung gerichtet sei226, hegt das aufzuklärende Problem Brentel zufolge in »gesellschaftliche(r) Arbeit... als gleiche(r) und gleichartige(r)«.227 Diese gleiche Arbeit läßt sich, so hatte vor allem die Proudhonkritik deutlich gemacht, nicht über konkrete Arbeitszeitrechnung quantitativ bestimmen 2 2 8 Allein die »freie Teilung der Arbeit« messe die Preisbestimmtheiten der Produkte.229 147
Element kapitalistischer Produktion ist die Lohnarbeit. Gerade gegen Smiths Konfusion in bezug auf Arbeitsmenge und Arbeitswert 230 wird festgehalten, daß die Lohnarbeit immer schon wertbestimmt sei 2 3 1 Marx antworte auf das Smithsche Problem mit dem Arbeitsbegriff in sehr spezifischer Weise. Wenn eben nicht aufzeigbar wäre, »wie Arbeit zur >Substanz< wird«232, dann gebe es nurmehr subjektivistische Wertbestimmungen, Nutzenerwägungen, Schätzungen, Arbeitsleidtheor ien, politische Preise u.ä.m. Insofern antworte Marx Smith mit seiner These »von der Wertsubstanz als notwendiger Einheit von Wertgrund und Wertmaß wie seiner Lehre von der Wertform als qualitativer Bestimmungslehre von Preis und Geld«. 233 Die Differenz zwischen privater Verausgabung und gesellschaftlicher Realisierung der Arbeit müsse sich als »letztendlicher Grund der Form« erweisen, weil Arbeit aufgespalten sei in einen spezifischen »Form-Inhalt, die Substanz der Tauschwerte« 234 und Lohnarbeit. Damit sei die Arbeit »in ihrem formkonstitutiven Doppelcharakter«235 gesetzt. Die Arbeit als Substanz aber ist Abstraktion genauso wie die Annahme der abstrakt allgemeinen Arbeit als gemeinsames Wertmaß.236 Sie ist nicht real, ist »Gedankending«.237
Wertbegriff und Wertgesetz Alle Erkenntnisse der ökonomischen Verhältnisse beginnt mit der Ware.238 Für Brentel ist sie als Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert Totalitätskategorie 239 Da Werttheorie als Arbeitswerttheorie begründet werden soll, ist der Begriff der Arbeit implicit vorausgesetzt.240 Wie die Ware ihre Bestimmung, Gebrauchswert und Tauschwert zu sein, in der Zirkulation realisiere241, so sei in jener eine weitere Verdoppelung gesetzt: die von Ware und Geld. 242 Brentel sagt richtig, daß Marx wisse, daß die »gesuchte Einheit, dieses vermittelnde Dritte der Warenwelt, die abstraktallgemei-ne Arbeit... real nur in einer Wertform ist, als Geld«. 243 Unbestimmter ist hingegen seine Aussage, daß die Wertsubstanz nur in der Form »als allgemeinem Bezogensein in der Geldware« konstituiert244 sei. Gesetzt seien Wert und Tauschweit, Wertsub148
stanz und Wertform »ineins« mit den Waren. In ihrem Bezug seien die Waren auf »abstrakte Arbeit reduziert. Nicht die konkrete Arbeit bildet Wert ... (,) sondern die abstrakt-allgemeine.«245 In der Äquivalentform »als einem Wert-Ausdruck« sei »die wirkliche Reduktion auf allgemeine Arbeit immer mitgesetzt.«246 Es gelte also festzuhalten, »daß nur im Äquivalenzausdruck der Waren die allgemeine, die abstrakte Arbeit tatsächlich existier(e)« und daß sich »am Äquivalenz-Ausdruck« zeige, »wie in dieser Beziehung der Waren aufeinander als der GleichSetzung der konkreten Ärbeiten der >Wert< als ihre gemeinsame qualitative Vergleichsbasis überhaupt erst wirklich konstituiert«247 werde. Denn wirklich gesetzt als Werte, wirklich konstituiert zur allgemeinen Arbeit werden die privaten Arbeiten nur im Moment des Austauschs, nur im Moment ihrer gesellschaftlichen Realisation selbst.248 Die Wertformanalyse impliziert für Brentel eine »Konstitutionstheorie des Wertes«249, die auch den Begriff des Werts bestimmt. 250 Die begriffliche Verdoppelung der Ware in Gebrauchswert und Tauschwert, die Verdoppelung der Gegenstände der Zirkulation in Ware und Geld, erfährt bei Brentel eine Steigerung. Auch der Wert wird - genauso wie sein Maßstab 251 jetzt doppelt gefaßt. »>Wert< im engeren ... Sinne, als jene spezifische soziale Form, die die Gesellschaftlichkeit der Arbeit unter kapitalistischer Produktionsweise annimmt, ist hier deutlich unterschieden von dem übergeordneten Status des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit< überhaupt, unabhängig von ihrer spezifischen historischen Form.« 252 Eine solche Fassung des Wertbegriffs habe auch Bedeutung für die Bestimmung des quantitativen Werts, werde er doch erst durch die Setzung einer einheitlichen Qualität ermöglicht.253 Das »qualitativ Gleiche« 254 als Basis der Lösung des Kommensurabilitätsproblems 255 sei zum einen mit dem »Wert als ökonomischer Qualität überhaupt als ein Ausdruck, als äußeres Maß in Geld und Preis gesetzt«.256 Werttheorie als Arbeitswerttheorie werde aber nur als »Explikation der spezifisch qualitativen Dimension der Wertgegenständlichkeit beweisfähig«.257 Diese beinhalte eine dreistufige Argumentation, die 1. das Kommensurabilitätsargument, 2. Wertform und Äquivalent149
form als polarisch gerichteten Wertausdruck und 3. die Aporetik einfacher Wertformen umfasse. 258 Für die Bestimmung der Wertgegenständlichkeit als soziales »Verhältnis und Ding zugleich«259 wird aber hier vor allem die 1. Stufe der Argumentation bemüht. So wird sie verortet in einer Theorie gesellschaftlicher Arbeit. 260 Unterstellt für den Gesamtzusammenhang ist hier das »Wertgesetz«. Das Wertgesetz, das Brentel zunächst ganz traditionell als Begründung des Werts aus abstrakt allgemeiner Arbeit 261 und als Äquivalententausch nach Arbeitswerten 262 faßt, existiere in zweierlei Gestalt, als allgemeines und als historisches 263 , als Wertgesetz im weiteren und als Wertgesetz im engeren Sinn. Das Wertgesetz im weiteren Sinn ziele auf den »Vergesellschaftungscharakter der Arbeit überhaupt« 264 , auf das »gesellschaftliche Gleichgewicht der Produktion, die Notwendigkeit der proportionalen Verteilung der gesellschaftlichen Gesamtarbeit als den organisierenden Modus des wechselseitigen Zusammenhanges der Menschen in ihren Arbeiten, der als grundlegendstes Gesetz aller Vergesellschaftung durch Arbeit anzusehen sei.«265 Das Wertgesetz im engeren Sinne meint hingegen die proportionale Verteilung gesellschaftlicher Arbeit im Kapitalismus. Marx differenziere also zwischen »einem überhistorischen >Wert<-Gesetz über den prinzipiell gesellschaftlichen Charakter der Arbeit und einem historisch spezifizierten kapitalistischen Wertgesetz ... - wobei sich die generelle These von der Gesellschaftlichkeit der Arbeit in zwei unterschiedliche Gegenstandsbereiche spaltet ... . Den Bereich einer unmittelbar vergesellschafteten Arbeit (der alle nichtkapitalistischen bzw. alle nichtwarenproduzierenden Produktionsweisen umfaßt) und den Bereich einer mittelbar vergesellschafteten Arbeit (vermittelt nämlich über jene ganz spezifische Formen gesellschaftlicher Arbeit, die als ökonomische Formen, als Wert- und Geld>Gegenständlichkeit< zur Diskussion stehen).« 266 Daß das Wertgesetz im weiteren Sinne Brentelsche Konstruktion, wird verschämt eingestanden267, es bleibt ihm jedoch das Wertgesetz im engeren Sinne als »sachlicher Operator der Darstellung«.268
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Geldbegriff und Zirkulation Beim Geldbegriff geht es Brentel vordringlich darum, das Verhältnis Geld - Wert zu klären, das qualitative Moment 269 , das auf das Verhältnis zur Arbeit verweise. Geld ist so bei ihm gedacht als Repräsentant allgemeiner Arbeit. 270 Diese sei als allgemeine Arbeitszeit zwar Abstraktion, real jedoch »als Geld«.271 Seine wirkliche Funktionsbestimmung erhalte das Geld in der Zirkulation. Modell der Zirkulation ist hier die einfache Warenzirkulation. Sie gilt als einfaches Austauschsystem 272 , in dem der Warenwechsel wesentliches Element darstelle.273 In der einfachen Zirkulation finde nicht nur Bewegung der Waren, sondern auch des Tauschwerts statt.274 Die Bewegung in der einfachen Zirkulation, die Realisation der Waren in der Zirkulation275, wird als formelle begriffen.276 In diesem Kontext erscheint das Geld als »formelle Form«277 , als bloßes Austauschmittel. 278 Es sei »originäre(s) Produkt der einfachen Zirkulation« 279 und zugleich universelles Tauschmittel. 280 Insofern ist es konsequent, einfache Zirkulation mit einfachem Geldverkehr zu identifizieren.281 Geld erscheine in der einfachen Zirkulation als Maß des Austauschs 282 , als preissetzendes Element. 283 Wie Brentel mit Marx die einfache Zirkulation als Sphäre des Scheins kennzeichnet284, so will er auch das Geld als Grund eines ideologischen Gehalts ansehen, einer Person-Funktion-Verkehrung. 285 Durch Geld sei Freiheit und Gleichheit gesetzt.286 Wie der Wert und das Wertgesetz zerfällt ihm auch die einfache Zirkulation in zwei Momente. Einmal in das realhistorischer Voraussetzung des Kapitalismus 287 , zum anderen in das einer abstrakten Sphäre des »>Gesamtreproduktionsprozesses<«.288 Brentel argumentiert hier folgendermaßen: Sind Ware, Wert, Geld als Momente der einfachen Zirkulation schon vor der Bildung des industriellen Kapitals existent289, so hat es den Anschein, als ob »ökonomische Form und ökonomische Gegenständlichkeit« historisch indifferent seien. Die einfache Zirkulation gelte dann »als originärste und grundlegendste Ebene der Konstitution ökonomischer Formen ...: die einfache Zirkulation als Grund ökonomischer Gegenstandskonstitution überhaupt, wie der bloße Austausch selbst, als einfacher 151
Warenaustausch, als letztendlicher Grund der Form.« 290 Dies aber sei Ideologie. Es sei daher gegen den »Schein der Einfachheit und Selbständigkeit der einfachen Zirkulation ... zu zeigen, daß im wirklichen Waren-Austausch<, in entwickelter kapitalistischer Produktionsweise, Form, Substanz und Grund des Wertes stets schon in einer ebenso spezifischen wie höchst voraussetzungsvollen Weise nur aufeinander bezogen sind, ja daß sich Wert und Geld nur von daher begreifen, ihre Vorformen nur in ihrer historischen Differenz bestimmen« 291 ließen. Mit dieser Auffassung handelt sich Brentel aber das Problem ein, daß, wenn man bespielsweise Zirkulation und Handel für die Antike annimmt, zu zeigen wäre, wie die antike Form einfacher Zirkulation von kapitalistischer zu scheiden wäre, will man nicht einfache Zirkulation mit Warenzirkulation identifizieren. Wenn Zirkulation, wie Brentel deutlich zu machen sucht, stets auf Dahinterliegendes verweist, so ist dieses - zumindest für die Epoche der »bürgerlichen Produktionsweise« - näher zu untersuchen.
Kapitalbegriff, Lohnarbeit und Kapital Indem darauf verwiesen wird, daß das einzige, was die einfache Zirkulation produziere, Geld sei, wird zugleich der Übergang zum Kapital anvisiert.292 Geld soll zu Kapital werden. 293 Denn nur weil G-G' der »Inhalt der Formbewegung« 294 , kann Geld zu Kapital übergehen. Kapital ist so erstens gedacht als sich verwertendes Geld 295 , als sich verselbständigender Tauschwert.296 In dieser Form sei das Kapital als »Quasi-Subjekt«297 gesetzt, sei es besondere Form von Subjektivität.298 Diese Gestalt von Subjektivität erweist sich bei näherem Zusehen als der Fichteschen Philosophie abgesehen. Sie trägt deren abstraktiven Charakter. Das Absolute als Subjekt, als abstrakte Basis der bürgerlichen Gesellschaft sei mit dem Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital gegeben 299 , hieß es schon in Brentels Diplomarbeit. Marx als materialistischer Transzendentalphilosoph konstruiere Subjektivität analog zu Fichte als abstraktive und verdinglichte.300 Darüber hinaus aber sei das Kapital auch mit Hegel als Selbstvermittlung zu deuten.301 Als Absolutes gilt dann die »Abstraktion 152
der Arbeit«.302 Das Kapital soll hier konstitutionstheoretisch und identitätslogisch 303 als selbstreferentieller Prozeß 304 gedeutet werden, gleichzeitig reproduktionstheoretisch305 und als Produktionsverhältnis verstanden werden. Es sei Kreislaufprozeß 306 und »historisches Produktionsverhältnis« 307 in einem. Dabei ist hier der Kapitalismus einerseits als durch das Verhältnis privater Arbeit zu gesellschaftlichem Austausch bestimmt gedacht308, andererseits ist ihm die Arbeitswerttheorie wesentliche Bestimmung. Der Marxsche Kapitalbegriff bezeichne die »gesellschaftliche Synthesis nach Maßgabe abstrakter Arbeit.«309 Die Kapitaltheorie erst stelle die eingelöste Arbeitswerttheorie dar,310 und sei als solche bestimmendes Moment auch der allerersten Formen.311 Zentral für den Brentelschen Kapitalismusbegriff ist das »ausgezeichnete Paradigma von Lohnarbeit und Kapital«. Dabei gelte es, bevor eine Analyse den Austausch von Lohnarbeit und Kapital als Form312 begreifbar machen könne, zuerst den zirkulativen Schein von Aneignung in der einfachen Zirkulation zu durchbrechen.313 Brentel spricht von der Verselbständigung des Kapitals innerhalb dieser Verhältnisse als Werden zur Form.314 Arbeit könne nur Substanz werden unter der Voraussetzung von Lohnarbeit und Kapital 315 Die Gebrauchseigenschaft der Ware Arbeitskraft bestehe darin, »ökonomische Form und ökonomische Gegenständlichkeit systematisch zu setzen«. 316 Der Tauschwert kann sich in der einfachen Zirkulation nicht realisieren. »Wahrhaft >realisieren< kann sich der Tauschwert nur im Gebrauchswert, der seine eigene Substanz, seinen eigenen FormInhalt darstellt: in der Arbeitskraft als Ware, in der Lohnarbeit.« 317 Ökonomische Form werde so zum produzierten Inhalt. 318 Erst »mit dem gleichermaßen formproduktiven wie substanzbildenden Wechselverhältnis von Lohnarbeit und Kapital«319 sei sein wirkliches Verhältnis gegeben. Also der Tauschwert als Arbeitswert, die Arbeit als Tauschwert! Der mit der Ware gesetzte Widerspruch treibe fort 320 und lasse endlich das Austauschverhältnis von Lohnarbeit und Kapital als Herrschaftsverhältnis deutlich werden. 321 Bei Brentel wird hier aus einer zirkulativen Bestimmung sukzessive eine produktive, eine soziale und politische. Dieser Vorgang einer Überlagerung der Zirkulationsbestimmimg über Produktion und die Kategorie 153
des Sozialen wird deutlicher noch sichtbar an seinem Reproduktionsbegriff.
Reproduktionstheorie Brentels Bemühungen zielen auch auf die Entwicklung einer kritischen Reproduktionstheorie 322 , die er von den gängigen Modellen alternativer Ökonomie abgrenzt. In einer Kritik dieser Modelle sucht er sein eigenes Verständnis zu erläutern. An der Binswangerschen Theorie des »Natur-Kapitals«, die einen »marktwirtschaftlichen Weg der Schonung der Natur« 323 propagiert, kritisiert Brentel, daß sie den Zins zum Knappheitsmaßstab mache. Auch grenznutzentheoretische Überlegungen führten hier nicht weiter, weil die »Herkunft und Verteilung der physischen bzw. naturalen als soziale Überschüsse«324 unthematisiert bleibe. Ernstzunehmender sei demgegenüber der Ansatz Georgescu-Roegens. Georgescu-Roegen bette seinen Wertbegriff in ein naturalistisches Entwicklungsmodell ein 325 , an Entropie gebunden. Ökonomische Modellbildung könne deshalb nicht mehr der von Jevons, Walras und Fisher mit ihrer ökonomischen Zirkularität folgen, weil in deren Modellen »keine Variable für den Beitrag der Natur, für den qualitativen, gerichteten Wandel des Gesamtsystems«326 vorgesehen sei. Die Brentelsche Kritik an den Theoremen Georgescu-Roegens weist zum einen den klassischen Nutzenbegriff als einen seiner Zentralbegriffe nach 327 , zum anderen sucht sie festzuhalten, daß Georgescu-Roegens Vorwurf an die Adresse traditioneller Ökonomie, diese sei einer physikalischen Linearität verpflichtet, sie nicht treffe, da sie sich dessen längst bewußt sei. Damit löse sich ökonomische Theorie bei Georgescu-Roegen aber in Naturwissenschaft und Moraltheorie auf328, wenn sie sich nicht auf traditionelle Ökonomie reduziere. Immlers Naturwertlehre329 behaupte, daß »>auch die Naturkräfte bei der Produktion von Tauschwerten wertbeeinflussend mitwirk(t)en<«, Arbeit und Natur bei der »>gesellschaftlichen Wertbildung<«330 entsprechend zu berücksichtigen seien. Brentel kritisiert zurecht, daß die Ergänzung der Arbeitswertlehre durch 154
eine Naturwertlehre die Grenze zur neoklassischen Theorie verschwimmen lasse. 331 Brentel geht aber auch selbst davon aus, daß es neben der »spezifisch kapitalistischen Reproduktions- und Maßlogik« noch eine »gebrauchswert- und naturorientierte ökonomische Maßlogik« 332 gebe oder geben müsse, die aber jener subsumiert sei. Hier verweise die Fiktion der Arbeitszeitrechnung auf die »notwendige Einheit gesellschaftlicher Reproduktion«.333 Der Vorstellung von gesellschaftlicher Reproduktion ist nach Brentel die von Arbeitsteilung, Nützlichkeit und Gesamtarbeit immanent. 334 Wert- und geldtheoretische335 Bestimmungen und gesellschaftliche Reproduktion koinzidieren.336 Für Brentel lautet das Fazit der Debatte um Ökologie und Ökonomie 337 , um eine »natureinbeziehende ökonomische Reproduktionstheorie« 338 , sie sei mit der Marxschen Theorie im Prinzip schon gegeben. Diese nämlich, Reproduktion als Einheit von Stoff- und Wertproduktion, ermögliche eine adäquate Beschreibung ökonomischer Verhältnisse und destruiere den Schein der Selbständigkeit kapitalistischer ökonomischer Gegenständlichkeit.339 Sie beinhalte aber die Notwendigkeit von Krisen. Die Einheit von Stoff- und Wertreproduktion innerhalb kapitalistischer Verhältnisse scheitere immer wieder an den diesen gesetzten Grenzen: Natur und Arbeit. 340 Deshalb sei der Marxsche »kritische Standpunkt der Reproduktion« Minimalvoraussetzung für eine »Diskussion alternativer natureinbeziehender Reproduktionstheorie«.341 Es verwundert, daß Brentel trotz dieser Einsicht eine ökologische Komplettierung der Marxschen Theorie für erforderlich hält. Mit der Zerstörung der Naturbasis sei auch der Zwang zu ihrer Wiederherstellung gegeben.342 Für diese Aufgabenstellung reichten die konkreten Vorstellungen des Marxismus 343 nicht aus. Eine kritische Reproduktionstheorie im Brentelschen Verständnis soll nicht nur neuere naturwissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Ansätze einbeziehen 344 , sondern auch eine Theorie der Ethik.345 Von den traditionellen Versuchen, die Marxsche Theorie ethisch (Kant) zu ergänzen und naturwissenschaftlich (Darwinismus) zu fundieren, unterscheidet sich der Brentelsche Ansatz mit seinem teilweise positiven Bezug auf Georgescu-Roegen, 155
also auf die schon von Engels kritisierte Thermodynamik als Gesetz der Natur und gesellschaftlicher Basistheorie und auf eine mehr oder weniger aristotelische Ethik, wie sie mit dem ökologischen Diskurs wieder modern geworden ist.346
Formtheorie Unter Form 347 faßt Brentel Unterschiedliches, zentral ist auch hier wieder ein gedoppelter Formbegriff. Die ökonomische »Gegenständlichkeit als >Wertgegenständlichkeit< (sei) gesellschaftliche Form ... in einem Doppelsinn: als Ding und als Verhältnis zugleich. Verhältnis: das der Gleichheit der Arbeiten als spezifisch soziale Form der Gesellschaftlichkeit der Arbeiten (Soziale Form I). Ding: zum einen, weil der Wert selbst Objekteigenschaft gewinn(e) und als fetischistische Natureigenschaft der Arbeitsprodukte ... erschein(e) (Form I)« 348 ; »zum anderen, weil solcher Wert in einer Wertform, in der Naturalform einer anderen Ware als einer Äequivalentform eine Existenzform erlangen m(üsse). (Soziale Form II).«349 Aus diesen Formbestimmungen ergibt sich für die Bestimmung der Wertgegenständlichkeit: Die »>Wertgegenständlichkeit< hat soziale Objekteigenschaften und existiert doch nur als soziales Verhältnis«. 350 Formtheorie ist entscheidend auch Wertformanalyse.351 Mit der Verdopplung der Ware in Ware und Geld 352 sei das Verhältnis von Wertsubstanz, Wertform und Geld 353 näher bestimmt, die Wertform ihrem Begriff adäquat geworden. 354 Wenn Geld als »bloßer Vermittler der einfachen Zirkulation« erscheint, hebt es »zugleich alle Vermittlung in sich auf ... sowohl als selbständige ökonomische Form wie als Resultat eines bloß einfachen Vermittlungsprozesses«. Einfacher Austausch muß dann »als Grund der Geldform« 355 gelten. Dieser einfache Austausch, die einfache Zirkulation als die Sphäre einfacher ökonomischer Formen 356 , sei aber bloß scheinbar selbständige Form. 357 In ihr erscheine ein Inhalt358, der durch Kritik auf die Unmöglichkeit eines Begründens in der Sphäre der einfachen Warenzirkulation359 auf die spezifische Fassimg der Marxschen »Theorie der Erscheinung« als Theorie der Fetischisierung und Verdinglichung360, aufmerksam mache. Das Entscheidende an der Marxschen Gegenstandsauffassung liege also 156
in ihrer »Bedeutung als ... Form- und Fetischtheorie«, die die mit der Fetischisierung gesetzte »Verdeckung und Verschleierung der wirklichen Vergesellschaftungsverhältnisse«361 enthülle. Eine ähnlich aufklärende Funktion kommt auch der Formanalyse überhaupt zu. Wenn Formanalyse Analyse der »einfachen ökonomischen Formen« 362 ist, diese wie die einfachen Kategorien als abstrakt 363 gelten, so muß die Formanalyse als Kritik sich »gegen die abstrahierende Reduktion« 364 der Ökonomen wenden, muß sie die abstrakten ökonomischen Formen erst durch ihren Zusammenhang in der Reproduktion konkretisieren und be-stimmen. 365 Insofern sei die Formanalyse auch als Dechiffrierung und Destruktion des Abstrakten 366 zu verstehen. Formtheorie ist für Brentel immer auch Arbeitswerttheorie.367 Im Austausch würden die Waren auf abstrakte Arbeit reduziert. Wert bilde nur die abstrakt allgemeine. Gleichgesetzt würden die Waren gegenüber der Naturalform einer dritten »Warenart«. Die Arbeit endlich werde erst durch den Warenbezug zum Abstraktum. Das »Abstraktum allgemeiner Arbeit« 368 im Sinne von Form I soll hier als Werteigenschaft der Produkte gelten, die als Waren im Austausch aufeinander bezogen werden, damit als die soziale Form, »in der sich die Gesellschaftlichkeit der Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft darstellen muß - als allgemeine und gleiche Arbeit.«369 Die Wertgegenständlichkeit als Form II, die sich in den ökonomischen Kategorien präsentiert370, wird aber auch an die abstrakte Arbeit gebunden. 371 Wirklich werde diese nur im Äquivalenzausdruck 372 , müsse sich aber demgegenüber als übergreifendes Verhältnis erweisen 373 , was auf das Kapitalverhältnis letztendlich verweist. Eigentumsbildung etwa sei insofern nur auf der Basis vergegenständlichter Arbeit denkbar wie auf der der Verfügung über Arbeit 374 als Herrschaft des Kapitals.375 Arbeit gewinne in diesem Kontext des Gesamtreproduktionszusammenhangs 376 eine spezielle Funktion. Hier wird also die ökonomische Form wieder zum produzierten Inhalt. Für Brentel erweist sich der Austausch von Geld gegen Arbeitskraft als Focus der Produktion. 377 Die Gebrauchseigenschaft der Ware Arbeitskraft bestehe also darin, »ökonomische Form und ökonomische Gegenständlichkeit systematisch zu setzen« 378 in einer erweiterten Warenproduktion.379 Gebrauchswert und Tauschwert, Form und Inhalt, Form und 157
Substanz gingen hier ineinander über 380 ' letztlich sei das »Wechselverhältnis von Lohnarbeit und Kapital«381 formproduktiv wie substanzbildend. Die ökonomische Form gehe »in ihren eigentlichen Grund zurück: den der kapitalistischen Vergesellschaftung der Arbeit« 382 ; sie erweise sich somit »als Kapitalform«, als »Reflexions- und Betätigungsform eines spezifischen Klassengegensatzes an der Arbeit« 383 . Letztlich sind also die Klassenverhältnisse das Bestimmende. Die Differenz zwischen privater Verausgabung und gesellschaftlicher Realisierung von Arbeit soll als »letztendlicher Grund der Form« 384 gelten, weil die Arbeit selbst aufgespalten sei in den Form-Inhalt als Substanz der Tauschwerte und Lohnarbeit. Hier mündet die Formanalyse als Destruktion des Abstrakten in die Restituierung des Abstrakten als Ontologie der Arbeit.
VI. Methodische Probleme Es hat sich bisher gezeigt, daß der Brentelsche Interpretationsversuch einige Probleme enthält, die auf unterschiedlichen Ebenen liegen. Sie beziehen sich auf sein Verständis der Ware, von Gebrauchswert und Tauschwert385, auf seine Auffassung des Geldes als gleichmachender Instanz in seiner Referierung der Proudhonkritik sowie auf die Verwechslung von einfacher Zirkulation mit einfachem Geldverkehr.386 Als zentrales Mißverständnis kristallisiert sich seine Auffassung vom Marxschen Arbeitsbegriff heraus. Einmal wird Arbeit eher unspezifisch gefaßt, verschiedene Momente von Arbeit unter einen Begriff subsumiert387, das andere Mal soll der Wert als gesellschaftliche Form der Arbeit gelten. Obwohl eine definitive Arbeitszeitrechnung abgewiesen wird388, zeigt sich jedoch nicht nur in der Auffassung von Arbeit als gleichzusetzender389, sondern auch in der von der Wertsubstanz, der abstrakten Arbeit 390 , die einerseits schlecht abstrakt 391 , andererseits ontologisch-empirisch betrachtet wird, ein Unverständnis gegenüber dieser Kategorie Marxens, das Brentel direkt zu einem geläuterten, aber umso nachdrücklicher der Interpretationsstradition Engels' verpflichteten Verständnis zurückführt, wie es die MEGA-Herausgeber pflegen392. 158
Trotz wiederholter Abgrenzung gegenüber der historischlogischen Methode und Engels historisierender Vorstellung von einfacher Warenproduktion wird bei Brentel eine Historisierung des Werts393 und der einfachen Warenzirkulation394 vollzogen, die sich auch auf die Interpretation der Marxschen »historischen Beispiele« auswirkt. Obwohl wiederholt die qualitative Seite der Wertformanalyse hervorgehoben wird, wird endlich doch einer Quantifizierung von Arbeitszeit - über die gesellschaftlich notwendige Durchschnittsarbeit - nachgegeben. Die Historisierung des Werts hat aber auch systematische Folgen für die Brentelsche Darstellung selbst. Sie begründet eine weitergehende Verdopplung der Kategorien: als universaler und historisch besonderer. Analog zur doppelt gesetzten Arbeit als abstrakter und konkreter sowie zum Gegensatz von Gebrauchswert und Tauschwert findet eine fortschreitende Dualisierung der Kategorien statt: Wert395, Wertgesetz396, Zirkulation397 und Form39». Hinzu kommt, daß Brentel seine theoretischen Bemühungen unter einen Modernisierungszwang stellt, der ihn veranlaßt, die Marxschen Kategorien durch Maschine und Industrie (überflüssigerweise) zu komplettieren. Die Vorliebe für Marx-Ergänzungen führt ihn auch dazu, der Marxschen Theorie eine spezielle Reproduktionstheorie zu implantieren, als Basis für Ökologie und Ökonomie in einem konzipiert. 399 Der Arbeitszeitrechnungsfiktion wird hier eine legitimierende Funktion zugeschrieben.400 Auch den Begriff des Kapitals verfehlt er. Versteht er dieses doch zum einen als transzendentale Wertkonstitution401, als analoges Moment zum Fichteschen Subjekt 402 , systemtheoretisch modifiziert als selbstreferentieller Prozeß und Reproduktion 403 , zum anderen hält er das Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital für konstitutiv404, wobei er verkennt, daß es sich bei diesem Verhältnis um eine Zirkulationsbestimmung handelt. Die Brentelsche Interpretation der Marxschen Theorie und insbesondere sein Versuch, die Kritik der politischen Ökonomie zu rekonstruieren, hat Inkonsistenzen und Widersprüche zutage gefördert, die auf methodische Probleme verweisen und explizit auf das Brentelsche Methodenverständnis selbst. Es ist der Schlüssel zu seiner Interpretation. 159
Dem Brentelschen Anspruch nach ist die Marxsche Theorie als Konstitutionstheorie ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit405 ausgezeichnet, was bedeutet, daß die Gegenstandsbestimmung auch von der Methode abhängig ist.406 Die Methode soll die Wahrheit der Sache garantieren, während die Darstellung als Explikation und Vorgriff funktionieren soll 407 Gegenüber den Kategorien der bürgerlichen Ökonomie, die als gesellschaftlich gültige objektive Gedankenformen, als »fertige Resultate«, zu begreifen seien408, stelle die Marxsche Theorie einerseits eine Verbindung von Form und Kategorie, andererseits eine kritische ökonomische Kategorienlehre dar.409 Die Marxsche Theorie ist so für ihn methodisch und darstellungstechnisch Entwicklung und Kritik.410 Kritik ist hierbei zuerst als Moment einer »kritische(n) Konstitutionstheorie einer eigentümlichen fetischisierten Objektwelt« 411 gedacht. Das Marxsche Verfahren zerfällt Brentel im Zuge seiner Interpretation jedoch in Kritik und Entwicklung. Kritik als Teil der Entwicklungslogik verweist auf die Bedeutimg des Widerspruchsbegriffs, den Marx von Hegel übernehme. 412 Kritik sei bei Hegel zum einen »Kritik >äußerer Reflexion<«413 und verberge sich zum anderen im Widerspruchsbegriff. Der Rückgriff auf den Widerspruchsbegriff legitimiere sich einerseits von der Verfaßtheit414 der bürgerlichen Gesellschaft andererseits weise er sich von den ökonomischen Kategorien her aus.415 Was die Widerspruchsstruktur allerdings sei, das geht Brentel dabei verloren. Wie schon bei seiner Interpretation von Adam Smith' ökonomischer Theorie 416 sichtbar wurde, wo ihm die Differenz zwischen Aporie, Unterschiedenem, Gegensatz und Widerspruch zerfloß417, so geht ihm auch hier die Differenzierung zugleich mit dem Gegenstand verloren, wird allzuoft Begriffliches und Gesellschaftliches kontaminiert. Die kritische Darstellung, die Entwicklung der Kategorien, zerfällt ihrerseits. Sie wird strukturiert von zwei unterschiedlichen Zielperspektiven: systmatische Positivierung und Prozeß aus dem Abstrakten. Einmal wird davon ausgegangen, daß Marx von spezifischen Bestimmugen ausgehe, um dann schrittweise Mißverständnisse auszuräumen 418 Mit diesem rekonstruktiven Verfahren419 intendiere Marx ein »kritisches Wissen über den Gesamtzusam160
menhang, über die wirkliche Seinsweise ökonomischer Gegenständlichkeit .... Was diese >an sich< oder in Wirklichkeit ist, ist als Differenzbewußtsein gegenüber der reduktionistischen, erscheinenden Gegenständlichkeit von Anfang an virulent.« 420 Hiermit ist also ein Wissen, was als Basis der Gesellschaft gelten soll, als positives unterstellt. Diese Brentelsche Interpretation korrespondiert seiner traditionellen Arbeitswertontologie. Die andere Zielperspektive Brentelscher Interpretation artikuliert sich in folgendem. Marx gehe aus vom Abstrakten als Unbekannten. 421 Durch Kritik der abstrakten Vorstellungen soll dann der eigentliche Inhalt erwiesen werden. Sein »methodische(s) Verfahren« sei »das einer schrittweisen Auflösimg und Zurücknahme von Abstraktionen, in dem es aber eine Positivierung und Isolierung von Formmomenten auch auf den je neuen Stufen der Bestimmungen der Form nicht geben kann.«422 Insofern habe auch seine Gegenstandsbestimmung vermittelnden Charakter, denn seine Aussagen würden »in einem solchen Allgemeinheitsgrad formuliert«, daß sich der »unzulässige kategoriale Vorgriff vermeiden« 423 ließe, der Sache nach aber der Gegenstand in diesem Rahmen dennoch analysiert werde. Methodisch werde also im Zuge dieses Entwicklungsverfahrens »Konkretisierung«424 und »vorläufige Positivierung und immanente Weiterbestimmung«425 vorgenommen, so daß das Problembewußtsein so von Stufe zu Stufe gehoben werde, in immer »weitertreibende Problemstellungen« 426 Nach Brentel sollte bis hierher deutlich geworden sein, »wie die Marxsche Darstellungsmethode der Form-Analyse als Verfahren der Kritik unter bestimmter abstrakter ökonomischer Begrifflichkeit, der Form>Entwicklung< als Rekonstruktion des eigentlich begründenden Inhaltes, auch den Darstellungsgang der ersten beiden Kapitel des >Kapital< strukturiert« 427 Dies führt hier wieder auf die methodischen Probleme der Formanalyse selbst zurück. Formanalyse nimmt ihren Ausgang von den einfachen Formen und expliziert428 sie in bezug auf den ökonomischen Gesamtprozeß.429 Dabei gelten die im Anfang entwickelten Momente, einfache wie entfaltete Wertform, für Brentel als aporetische Konstruktionen.430 Bei dem Marxschen Verfahren werde auf die über die jeweilige Form hinausweisenden Implikationen 161
verwiesen. Entwicklung bei Marx beanspruche, aus den einfachen Formen die »wirklichen« Implikate als ökonomische Form zu entwicklen, analysiere dabei die spezifische »Form-Bestimmtheit«431 und schließe auf die wirklichen Voraussetzungen. Die Darstellung bei Marx ergebe sich »aus der Selbstbezüglichkeit und In-sich-Geschlossenheit einer prozessualen »Gegenstands<-Struktur, in der ökonomische Formen und Funktionen je vorgängig aufeinander bezogen sind.«432 Es gebe also keinen »allgemeinen Methodenbegriff«, keine »>dialektische Methode<«, weil die Grenzen der Darstellung »durch die GegenstandsStruktur der verhandelten Sache abgesteckt«433 seien. Insofern sei das Kapital »>notwendige< Form< einer kapitalistischen >Wirklichkeit<«432 und entsprechend sei der Entwicklungsbegriff nicht als realgeschichtlicher zu fassen, sondern sei bezogen auf die »formkritische Rekonstruktion eines selbstbezüglichen gesellschaftlichen Prozesses«435, denn entfaltet werde bei Marx etwas, »dessen Bewegungsformen als Vermittlung eines realgesellschaftlich Widersprüchlichen die dialektische Entwicklung der Kategorien nachzeichne« 436 Entwicklung sei bei Marx aber immer auch als Kritik gedacht, weil das Einfache als Historisches und »stets schon Entwickeltste(s)«435 sich erweise. Entfaltung bedeute also hier die Entwicklung der einfachen Formen »als Formmomente(n) des kapitalistischen Reproduktionszusammenhanges« 438 Diese Formen seien aber als unentschlüsselter Ausdruck zu lesen - Keim seien sie »nur in der Form der abstrakten Reduktion«. 439 Diese Darstellungsstruktur einer einfachen Entwicklungstheorie wird durch besondere Übergänge und Verweise modifiziert. Eine theoretische Fassung des Übergangs gibt Brentel nicht, er versucht das Problem eher deskriptiv zu bewältigen. Er unterscheidet dabei neben dem für den Übergang wichtigen immanenten Schluß 440 eine immanenten und expliziten Übergang441, vor allem zwischen Zirkulation und Kapital. Wichtiger erweist sich eine andere Argumentationsfigur, die des Umschlags. Denn Übergang ist nach Brentel »als vermittlungsstrategischer >Umschlag<«442 von der akademischen Ökonomie zur Marxschen Kritik der politischen Ökonomie zu interpretieren. Der Ware-Geld-Übergang etwa bedeute auch die Über162
nahme einer Perspektive, die als Rückgang von der Zirkulation in die Verhältnisse der Produktion führe.443 Damit ist dann ein nächster Schritt getan: die Aufhebung der Form-Grund-Verkehrung. Erst in diesem Rückgang sei der Austausch zu entschlüsseln auf der Basis des Austauschs von Kapital und Arbeit wie der »Herrschaft und Dispositionsfähigkeit über das Arbeitsvermögen« 444 , denn Marx operiere mit einer bestimmten Formentwicklung, die Entwicklung und zugleich ein Rückgang in den Grund, d.h. er gehe aus von einer gesellschaftlichen Grundlegung der ökonomischen Form. 445 Insofern ist der Rekurs auf Arbeitswerttheorie zwar nicht immer der Marxschen Theorie angemessen, doch hier konsequent. Die Dimension der Kritik ist allerdings verschwunden.
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Diethard Behrens i
Der kritische Gehalt der Marxschen Wertformanalyse*
I. Zur Rezeption der Marxschen Wertformanalyse Die »Kritik der politischen Ökonomie«, insbesondere »Das Kapital«, hatte sich in der alten Arbeiterbewegung keiner allzu großen Beliebtheit und Verbreitung erfreut. Insofern ist es auch kaum erstaunlich, daß die Debatten um einzelne Probleme der »Kritik der politischen Ökonomie« erst im Anschluß an Problematisierungen bürgerlich-akademischer Ökonomen einsetzten. Thematisiert werden das Reduktionsproblem der qualifizierten auf einfache Arbeit, das Wert-Preis-Transformationsproblem und später das Zusammenbruchsgesetz. Die Wertformanalyse und die Geldtheorie haben zumindest bis in die 20er Jahre kein Interesse gefunden. Eine im engeren Sinne sich darauf konzentrierende Diskussion begann dann auch erst im Anschluß an die Veröffentlichung von »100 Jahre Kapital« und Rosdolskys »Entstehungsgeschichte«.1 Die Rezeptionsgeschichte soll hier im einzelnen nicht vorgestellt werden. Es lassen sich aber drei für die deutschsprachige Debatte wichtige Ansätze unterscheiden: 1. eine traditionell Engelssch-marxistisch-leninistische Interpretationsrichtung, am besten repräsentiert durch Wygodski2 2. eine durch die analytische Philosophie vorgeprägte Rezeption3 und 3. eine von der Kritischen Theorie beeinflußte »hegelmarxistische«.4 Die Debatten drehten sich hauptsächlich um die Frage, was es mit der Wertthorie auf sich habe, um die arbeitswerttheoretische Argumentation, um die spezifische Form der Geldtheorie, die Theorie der Zirkulation oder, vor allem bei Backhaus, um das 165
Problem der Einheit von Wert- und Geldtheorie. Aber auch allgemeine Probleme der Darstellung waren Gegenstand von Kontroversen, etwa, was man unter logischer Darstellung, ja Logik überhaupt, unter Dialektik oder dem Widerspruchsbegriff sich vorzustellen habe. Endlich gab es auch eine Diskussion darüber, ob der Aufbau der ersten Kapitel nach dem Muster »historisch-logischer Interpretation«, wie vor allem Engels sie vorgenommen hatte, aufzufassen sei oder ob man diese ersten Kapitel »logisch« interpretieren müsse. Eine explizite Auseinandersetzung mit den verschiedenen Antworten auf diese Fragen ist hier nicht beabsichtigt.5 Es soll vielmehr ein Schritt zurückgegangen und angefangen werden mit einer »deskriptiven« Darlegung der Wertformanalyse, die versucht, eine Interpretation zu entwickeln, die sich den in der Rezeptionsgeschichte auftauchenden Problemen, wie Widerspiegelungstheorie, logisch-historischer Methode, realuniversalistischer Darstellung kapitalistischer Momente u.a.m. stellt. Wenn es ihr gelingt, die notwendige Einheit von Wertformanalyse und Geldtheorie zu demonstrieren, so ist damit zugleich eine Aussage über ein mögliches Verständnis von Arbeitswerttheorie als auch eine kritische Position gegenüber klassischen und modernen Ökonomien markiert.
II. Versuch einer Rekonstruktion der Wertformanalyse Da eine systematische Rekonstruktion der Marxschen Wert- und Geldtheorie nicht vorliegt, muß sich eine Beschränkung auf die Wertformanalyse als bewußte Reduktion begreifen, die sich der Problematik des Anfangs verpflichtet weiß. Eine zentrale Frage ist hier die nach dem Status der Arbeitswerttheorie bei Marx. Backhaus hatte sich in seinen Aufsätzen bemüht, der klassischen Lesart, die Marx in der Linie von Smith und Ricardo als Arbeitswerttheoretiker zu begreifen suchte und von der behauptet wird, daß ihre Probleme mit dem Aufkommen der subjektiven Wertlehre, des Nutzenkalküls etc. beseitigt seien, eine andere entgegenzustellen, indem er darauf verwies, daß die Marxsche Werttheorie »als Kritik prämonetärer Wert166
theorien ... auf der Darstellungsebene der einfachen Zirkulation essentiell Geldtheorie« 6 sei und, weil die akademische Theorie eben die geldtheoretischen Probleme nicht gelöst habe und auch nicht lösen könne, das Schema der Entwicklung: erst objektive Werttheorie, dann subjektive, nicht zutreffend sei. Zu Recht insistiert Backhaus daher auf der Aktualität der Marxschen Theorie, insofern sie nach wie vor auf ungelöste Probleme der Ökonomie verweist. Damit stellt sich aber auch die Frage, ob die Marxsche Theorie nicht nur als Kritik der Arbeitswerttheorie als Arbeitszeittheorie, wie sie in seiner Proudhonkritik deutlich wird, zu lesen ist, sondern auch auf die klassische Arbeitswerttheorie selbst zielt. Es ist ein erkenntnistheoretisches Problem, das sich immer stellt, wie der Rückgang in arbeitsontologische Begründungsstrategien, die doch nur in einen erkenntnistheoretischen oder historischen oder klassentheoretischen Relativismus führen, vermeidbar ist. Denn da eine Ontologie so gut wie die andere, warum nicht den Arbeitswert durch einen »Naturwert« ersetzen oder ergänzen? Genausogut, wie den Kapitalismus mit Notwendigkeit aus dem Urtausch entstehen zu lassen, ist es, die Konkurrenzgesellschaft auf Kain und Abel zurückzuführen. Daß das proletarische Lagerdenken schon von sich aus zwei Wahrheiten setzt, ist evident. Historisches Begreifen beginnt aber jenseits von Ontologie und Relativismus.
1. Das Problem des Anfangs: Ware und Arbeit Die Marxsche Darstellung beginnt nicht voraussetzungslos. Als logische Darstellung7 konzipiert, wird nicht nur ein Bewußtsein methodischer Probleme vorausgesetzt, sondern auch ein Diskussionsstand der Politischen Ökonomie. 8 Zwei Theorieelemente sind dabei von Bedeutung, die vor allem in der angelsächsischen Tradition wichtig waren: einerseits die Vorstellung von einfacher Zirkulation als ökonomischer Form und einfacher Produktion als deren Implikat und die spezifische Vorstellung von Eigentum und Geld andererseits. Damit sind die Konstituentien des Austauschs gesetzt. In der Proudhonkritik9 werden beide kritisch behandelt. 167
Es ist also jetzt mit der Marxschen Darstellung selbst zu beginnen. »Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine >ungeheure Warensammlung<, die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchimg beginnt daher mit der Analyse der Ware.«10 Die Ware ist nützlich Ding und insofern gesetzt in die Funktion des Gebrauchswerts.11 Die »Gebrauchswerthe bilden den stofflichen Inhalt des Reichthums«. 12 Im Kapitalismus bilden sie - die Gegenstände des Austausches - die »stofflichen Träger des - Tauschwerths.«13 Ist der Tauschwert einerseits als »quantitative(s) Verhältnis« gefaßt14, als mengenmäßig bestimmtes, so scheint er andererseits im Austausch »etwas Zufälliges und rein Relatives«15, so daß damit ein erster Gegensatz als der zwischen quantitativer Bestimmtheit und Variabilität, begrifflicher Unbestimmtheit, entstanden ist. Dieser ist jedoch hier nur benannt, nicht expliziert. Dies ist die Aufgabe der Wertformanalyse. Geht man hier über zum Austausch, so findet dort Gleichsetzung statt, d.h. die Waren »müssen gleich grosse Tauschwerte sein. Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drükken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die >Erscheinungsform< eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.«16 Vergleicht man zwei Waren im Austauschverhältnis, ihre Gleichsetzung, so besagt dieser Vergleich, daß »derselbe Werth in zwei verschiedenen Dingen ... existiert.«17 Es muß also etwas Gemeinsames geben, daß diese Dinge überhaupt vergleichbar werden. »Beide sind also gleich einem Dritten, das an und für sich weder das eine, noch das andere ist. Jedes der beiden, soweit es Tauschwerth, muss also, unabhängig von dem andern, auf dieses Dritte reducirbar sein.«18 Die »Tauschwerte der Waren (sind also) zu reduzieren auf ein Gemeinsames, wovon sie ein Mehr oder Minder darstellen.«19 Sind die Gebrauchswerte von verschiedener Qualität, so die Tauschwerte von »verschiedener Quantität«.20 Abstrahiert man von den nützlichen Eigenschaften der Produkte, von ihren konkreten Formen, und unterstellt man weiter168
hin die Notwendigkeit der Vergleichbarkeit, so ist die Basis dieser Vergleichbarkeit, die »Substanz«, nur als Schluß auf ein Zugrundeliegendes, eben jenes ominöse Dritte, zu gewinnen. Damit Waren einander gleichgesetzt werden können, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Da unterschiedliche Qualitäten der Gegenstände sich nicht vergleichen lassen, muß notwendig nicht nur auf jenes Dritte rekurriert werden. Wenn alle Schätzung immer schon eine quantitative Skalierung voraussetzt, muß also vor dem Maßstab als festgelegter Quantität das Maß und die Meßdimension festgelegt sein. Nur letztere bezieht sich auf die Qualität der Dinge. Daß aber eine Meßdimension, die allem Maß zugrundeliegt, ausgewiesen werden kann, bedingt, daß man diese Dimension als den Qualitäten zugrundeliegend beweist, als ihre Substanz.
Exkurs über die Substanz Die aristotelische Ousia, als Essentia und Substantia21, ist in ihrem begrifflichen Ausgangspunkt folgendermaßen gefaßt: Als kategorial bestimmte doppelte Substanz ist einmal Substanz als Bezeichnetes gemeint, das auf ein substantiell Zugrundeliegendes verweist, ein bestimmtes Etwas, das selbständig, unabhängig für sich besteht 22 , somit sich als »einzelne(s) selbständig(es) Seiende(s)«23 präsentiert und sohin einen absoluten Charakter zeigt24, das andere Mal erscheint die sachhaltige Bestimmung dieses Zugrundeliegenden als Substanz.25 Die Einheit beider 26 als synonym vorgestellter Substanzen liegt in ihrer »Sachidentität«.27 Verläßt man die kategoriale Ebene und geht zu jener der Realien über, so ist bei Aristoteles Sein hier vielfach gefaßt.28 Dies zieht eine Modifikation des Substanzbegriffes nach sich, insofern als das »einzelne Seiende« jetzt »Substanz hat«. 29 Die Frage nach der begründeten Einheit stellt sich also erneut. Aristoteles' Lösung liegt in der Analogsetzung beider Momente und dem gleichzeitigen Rückzug auf die Substanz. 30 Ist die Substanz erstes Sein31, so ist sie »Wesen eines jeglichen Seienden« 32 , somit wird sie wieder als »selbstig« und »selbständige Selbstheit«33 gefaßt. Die Substanz wird hier gedacht »als das 169
wesenhafte Sein eines jeden Seienden« und enthält somit wieder die Doppelstruktur von Selbständigkeit: und Selbstheit.34 Daß ihre Einheit gedacht werden kann, liegt vor allem an der Funktion des Logos der Substanz.35 Er begründet bei der Bestimmung der Substantialität der Substanz die ontologische Identität.36 Die gesuchte Einheit ist durch die Funktion der Synthese des Logos bedingt. 37 Da die Gegenstände durch Substanz und Akzidenz in einem bestimmt sind, so sind sie untereinander in Bewegung gesetzt. Naturhafte Substanz ist bewegt. Die naturhafte Substanz selbst enthält zwei Momente: Materie und Wesensgestalt. Es ist das Wesen, das den einzelnen Seienden Substanzcharakter38 verleiht. Das Noetische als eines der Momente der naturhaften Substanzen, muß gegeben sein, als Eidos. 39 Einzig die göttliche Substanz als unzusammengesetzte ist unbewegt. Ihre Substantialität der Substanz ist in ihr in einfacher Einheit, so daß sie »den Typ des reinen substanziellen Seins selbst«40 repräsentiert und den letzten Bestimmungsgrund aller Substanzen darstellt. Wenn die Evidenz distinkter Begriffe die Wahrheit des Urteils garantiert, so ist es nicht weit zur Position Spinozas, die die Wahrheit als ihren eigenen Maßstab behauptet; veritas est norma sui et falsi 4 1 Wahre Ideen werden hier mittels der Bildimg der Idee als Idee erkannt. Reflexive Erkenntnis ist damit als methodisches Prinzip ebenso enthalten, wie die Annahme, daß eine solche Reflexion immer auf die Begriffsinhalte zielt. Die Form der wahren Idee wird durch »ihre Zugehörigkeit zum System aller wahren Ideen« bestimmt, sie ist für Spinoza abhängig von der »wahren Idee Gottes«.42 Die Wahrheit der Idee ist also nur durch die Vermittlung zu Gott als Grund und Ursache von allem zu garantieren.43 Die für die Konstitution eines solchen Systems notwendigen Realdefinitionen beziehen sich auf zweierlei: auf Geschaffenes, was die Angabe der Bedingungen der Erzeugung der jeweiligen Begriffe einschließt44, und auf Unerschaffenes, das nur an sich zu begreifen ist, so daß es mit der Substanz koinzidiert. Es ist causa sui.45 So geht auch die »intuitive Einsicht«46 auf die Erkenntnis der »absolut unendlichen Substanz« 47 oder Gottes. Substanz bei Spinoza kann jetzt gefaßt werden als die »Unabhängigkeit 170
>absolut< zu bildender Ideen« 48 oder ist bestimmt durch das, »was in sich ist und durch sich selbst begriffen wird« 49 . Von hier aus erklärt sich auch das Verhältnis von der einen Substanz und Spinoza akzeptiert nicht die vielen, sondern nur diese eine als »absolut unendliche Substanz«50 - zu ihren Attributen. Die Attribute sind bei Spinoza das, was »der Verstand von der Substanz als deren Wesen konstituierend erkennt«.51 Sie konstituieren das Wesen der Substanz und sind wie diese unendlich.52 Ist Wahrheit der Maßstab ihrer selbst, wie dann bei den konkreten Gegenständen sie erfassen, ohne lediglich ihre Einstimmigkeit mit der göttlichen Substanz zu behaupten? Kant stellt das Maßstabsproblem im Zusammenhang mit seiner Erörterung des Substanzbegriffes in den »Analogien der Erfahrung« in der »Analytik der Grundsätze« dar. Wie Erscheinungen zu begreifen sind, wenn sie in der Zeit, denn nur dort können sie unterschieden werden als zugleich oder nacheinander, so ist die Zeit selbst Substrat alles Realen. »Das Schema der Substanz ist die Beharrlichkeit des Realen in der Zeit, d.i. die Vorstellung desselben, als eines Substratum der empirischen Zeitbestimmung überhaupt, welches also bleibt, indem alles andere wechselt. (Die Zeit verläuft sich nicht, sondern in ihr verläuft sich das Dasein des Wandelbaren. Der Zeit also, die selbst unwandelbar und bleibend ist, korrespondiert in der Erscheinung das Unwandelbare im Dasein, d.i. die Substanz, und bloß aus ihr kann die Folge und das Zugleichsem der Erscheinungen der Zeit nach bestimmt werden.)«53 »Nun kann die Zeit für sich nicht wahrgenommen werden. Folglich muß in den Gegenständen der Wahrnehmung, d.i. den Erscheinungen, das Substrat anzutreffen sein, welches die Zeit überhaupt vorstellt ... Es ist aber das Substrat alles Realen, d.i. zur Existenz der Dinge Gehörigen, die Substanz, an welcher alles, was zum Dasein gehört, nur als Bestimmung kann gedacht werden. Folglich ist das Beharrliche ... die Substanz in der Erscheinung, d.i. das Reale derselben, was als Substrat alles Wechsels immer dasselbe bleibt.«54 Aber »Substanzen (in der Erscheinung) sind die Substrate aller Zeitbestimmungen.«55 Es gibt aber nur eine Zeit.56 Substanz und Akzidenz sind dabei bei Kant nicht nur Kategorien des Verstandes zur Beurteilung der Erscheinungen 57 , sie haben weitere erkennt171
nistheoretische Funktion. Wenn die Zeit nicht nur als äußere gedacht wird, so ist sie mit Kant »reine Form der sinnlichen Anschauung«.58 Sie ist »Form des inneren Sinnes«59, Moment von Gegenstandskonstitution überhaupt. Die Zeit als Substanz, als spezifisches Substrat, ist damit notwendige Voraussetzung aller Erscheinungen, aber zugleich nur im inneren Sinne als notwendige Vorstellung präsent. Wenn Spinozas Substanz alle Realität enthält, so ist ihr zugleich die Funktion Gottes inhärent. Das absolute Subjekt in dieser Bestimmung hat aber kein Objekt sich gegenüber und erweist sich als immögliche Denkbestimmung, schreibt Hölderlin an Hegel, dieses auf Fichte münzend, und formuliert darüber hinausgehend die Notwendigkeit, das Prinzip der Negation dem Substanzbegriff anzuheften.60 Bei Hegel wird die Substanz also Subjekt. Sie stellt als Sein die »Bewegung des Sichselbstsetzens oder die Vermittlung des Sichanderswerdens mit sich selbst« 61 dar. Als Subjekt ist sie zuerst »reine einfache Negativität«, »Reflexion im Anderssein.62 Indem der Geist als das Wirkliche behauptet, als das Wesen angesehen wird, ist er auch als das »in sich selbst Bleibende« bestimmt, als »geistige Substanz«. 63 Funktion wahrhafter Substanz ist die Aufhebung seiender Unmittelbarkeit, das Sein der Substanz liegt in der Vermittlung.64 Wenn das Sein der Substanz wesentlich als Negatives bestimmt ist65, so kann diese Form nur in der wissenden Substanz aufgehoben werden. »Denn die Substanz ist das noch unentwickelte Ansich oder der Grund und Begriff in seiner noch imbewegten Einfachheit, also die Innerlichkeit oder das Selbst des Geistes, das noch nicht da ist.«66 In den Prozeß des Wissens ist jedoch die Zeit eingespannt. Die Zeit, sagt Hegel, bleibt solange äußere Bedingung, Moment der Anschauung, erst wenn der Begriff »sich selbst erfaßt, hebt er seine Zeitform auf«.67 Zeit als die »immanente Negativität räumlichen Außereinanderseins«68 impliziert in ihrem Charakter des Veränderlichen wesentlich ein »Inbeziehungsetzen«, das selbst der Zeit unterliegt. Die Unterschiede an der Zeit sind so gesetzt als »Momente des Werdens«. Zeitlichkeit bezeichnet den »immanente(n) Charakter der Dinge selbst«.69 Sie ist seiendes Abstrahieren. Das Innerliche, die Form der Substanz im Bewußtsein, muß sich 172
realisieren, Der Erfahrungsbegriff vermittelt Geist zu seinem einem Werden, zu erkennender Bewegung - Substanz wird Subjekt. 70 Der Geist trennt sich nun in den reinen Begriff, d.h. die Zeit und in den Inhalt, d.h. die subjektwerdende Substanz als Geist, und hebt beide Momente im Selbst auf 71
Festzuhalten ist hier, daß es sich verbietet, den Marxschen Begriff der Wertsubstanz ohne Rekurs auf diesen reflexionsphilosophischen Horizont zu rezipieren; dies um so mehr, als Marx mit seiner Hegelkritik beansprucht, über ihn hinauszugehen, nicht ihn zu unterschreiten, was bei einem wie immer gearteten empirischen oder nominalistischen Zugriff unweigerlich die Folge ist.
2. Wertsubstanz »Dass die Substanz des Tauschwerths ein von der physischhandgreiflichen Existenz der Waare oder ihrem Dasein als Gebrauchswerth durchaus Verschiedenes und Unabhängiges, zeigt ihr Austauschverhältnis ... Es ist charakterisiert eben durch die Abstraktion vom Gebrauchswerth.« 72 Unterstellt man bei den Waren diese Abstraktion von ihrer körperlichen Form, so bildet ihr »Werthsein... ihre Einheit. Diese Einheit entspringt nicht aus der Natur, sondern aus der Gesellschaft. Die gemeinsame Substanz ... ist - die Arbeit.« 73 »Ich sage also nicht, die gemeinsame gesellschaftliche Substanz des Tauschwerts< sei die >Arbeit<, und da ich weitläufig in besonderem Abschnitt die Wertform, d.h. die Entwicklung des Tauschwerts, behandle, so wäre es sonderbar, diese >Form< auf g e meinsame gesellschaftliche Substanz<, die Arbeit, zu reduzieren.« 74 Nun basiert die ganze klassische Politische Ökonomie auf einer Arbeitswerttheorie, deren immanente Problematik schon bei Smith in der Differenz der Wertbestimmimg durch »spended labour« und Wert im Austausch75 deutlich geworden war. Die 173
Marxsche Theorie kann also unmittelbar an die Arbeitswerttheorie, wie sie seit Locke durchgängiges Motiv angelsächsischer Theorie darstellt, sich nicht anschließen. Eine davon geschiedene Begründung soll mit der Einführung des Begriffs abstrakt-allgemeiner Arbeit geleistet werden. 76 »Als Werthe sind die Waaren nichts als krystallisirte Arbeit.« 77 Wert hat ein Gegenstand hier nur, soweit »Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist«.78 Im Austausch selbst geht es aber um die Quantität, die Wertgröße.79 Diese wird in allen traditionellen Arbeitswerttheorien durch die Arbeit bestimmt, durch Arbeitszeit. Damit scheint das Maßstabsproblem gelöst und zugleich das der Bestimmung der Quantität. Das Ungleichnamige ist gleichnamig geworden. Es ist dies die Ebene der Argumentation, auf der, unter der Annahme gleicher Arbeit, die Proudhonschen Stundenzettel ausgegeben werden können. Gleichsetzung der Arbeit herrscht. Bei Marx wird aber nicht aufgewandte Arbeit eingesetzt wie in den klassischen Theorien der Politischen Ökonomie, sondern Arbeit in besonderer Gestalt: »Die Masseinheit der Arbeit selbst ist die einfache Durchschnittsarbeit«80 und außerdem »gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit«. 81 Hiermit ist eine Argumentation eingeführt, die darauf hinausläuft, daß eine Quantifizierimg des Werts auch auf dieser Ebene unmöglich ist.82 Der Rock als Resultat konkreter Arbeit ist nützliches Produkt. 83 Arbeit und Natur sind in der Produktion wesentliche Momente. »Arbeit ist also nicht die einzige Quelle der von ihr produzierten Gebrauchswerte, des stofflichen Reichtums.«84 Es galt aber hier den Warenwert zu bestimmen. Marx hält also fest: »Als Werte sind Rock und Leinwand Dinge von gleicher Substanz, objektive Ausdrücke gleichartiger Arbeit.«85 Da zugleich aber die konkrete Arbeiten unterschiedliche Tätigkeiten darstellen, unterschiedliche Produkte herstellen, muß unter den Bedingungen des Austausches Arbeitsteilung gegeben sein.86 Abstrahiert man hier wieder von den besondern Formen der Arbeit, so kommt man zum Abstraktum einfacher Arbeit, das mit der Ware gesetzt ist.87 Als Werte sind die Arbeiten also gleichgesetzt.88 »Wenn also mit Bezug auf den Gebrauchswert die in der Ware enthaltene Arbeit nur qualitativ gilt, gilt sie mit Bezug auf die 174
Wertgröße nur quantitativ, nachdem sie bereits auf menschliche Arbeit ohne weitere Qualität reduziert ist. Dort handelt es sich um das Wie und Was der Arbeit, hier um ihr Wieviel, ihre Zeitdauer. Da die Wertgröße einer Ware nur das Quantum der in ihr enthaltenen Arbeit darstellt, müssen Waren in gewisser Proportion stets gleich große Werte sein.«89 Quantität scheint hier also endlich gegeben. Doch nur einen Moment im Gang der Darstellung. Sie wird wieder unmöglich, weil als weitere Bestimmung die Modifikation durch die Produktivkraft auftritt. Ist nützliche Arbeit in ihrer Produktivität abhängig vom »Steigen oder Fallen ihrer Produktivkraft«90, so trifft dies auch die Bestimmung der Wertgröße.91 Bis hierher ist die Untersuchung von Ware, Gebrauchswert, Tauschwert, konkreter und abstrakter Arbeit dahin gekommen, daß, wenn erklärt werden soll, wie Werte einander gleichgesetzt werden, Wertgröße quantitativ gesetzt werden kann, die Modifikation von Durchschnittsarbeit, gesellschaftlich notwendiger Durchschnittsarbeit und Entwicklung von Produktivkraft genau dies nicht gestatten. Im Kern steckt diese Unmöglichkeit schon in Marx' doppeltem Arbeitsbegriff. »Aus dem bisherigen folgt, dass in der Waare zwar nicht zwei verschiedene Sorten Arbeit stecken, wohl aber dieselbe Arbeit verschieden und selbst entgegengesetzt bestimmt ist, je nachdem sie auf den Gebrauchswerth der Waare als ihr Produkt oder auf den Waarenwerth als ihren bloss gegenständlichen Ausdruck bezogen wird. Wie die Waare vor allem Gebrauchsgegenstand sein muss, um Werth zu sein, so muss die Arbeit vor allem nützliche Arbeit, zweckbestimmte produktive Thätigkeit sein, um als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft und daher als menschliche Arbeit schlechthin zu zählen.«92 Die Frage, ob sich die jeweiligen Arbeiten gleichsetzen 93 lassen, hatte ergeben, daß die Arbeitswerte der Waren als Arbeitszeiten (spended labour) zu bestimmen, unmöglich ist. Die Arbeiten selbst lassen sich überhaupt nicht gleichsetzen und das Kommensurabilitätsproblem ist auf dieser Ebene nicht zu lösen. Wenn aber die Arbeitswert- und Arbeitszeittheorie eine Unmöglichkeit darstellt94, so schließt sich die Frage an, ob Marx überhaupt wie Ricardo Anhänger einer quantitativen Arbeitswerttheorie gewesen ist. Bis hierher, so kann man zumindest in 175
Ansätzen ausweisen, gestatten die Modifikationen der im Anfang des »Kapital« eingeführten Bestimmungen eine definitive Bestimmung der Wertgröße nicht. Es ist zu sehen, ob und wenn ja, inwieweit dies in der Wertformanalyse möglich wird.
3. Wertformalayse Waren sind jetzt gesetzt in Doppelform als »Naturalform und Wertform.«95 Die Wertgegenständlichkeit der Ware gilt es dabei zu erklären. Diese besteht hier »im gesellschaftlichen Verhältnis von Ware zu Ware.«96 Als einfachstes Verhältnis wird daher das zweier Waren angenommen. 97 Sind zwei Waren in ein Austauschverhältnis gesetzt, so aber in unterschiedlichen Funktionen, denn die eine, indem sie sich auf die andere bezieht, drückt an dieser ihren Wert aus.98 »Der Wert der ersten Ware ist als relativer Wert dargestellt, oder sie befindet sich in relativer Wertform. Die zweite Ware funktioniert als Äquivalent oder befindet sich in Äquivalentform.« 99 Unterstellt wird bei der relativen Wertform also, daß eine Ware in die Funktion des Äquivalents gerückt wird, von relativer Wertform ausgeschlossen, nur Bezogenes ist. »Nicht sie drückt ihren Wert aus. Sie liefert nur dem Wertausdruck andrer Ware das Material.«100 Diese Eingangsbeziehung der Waren zueinander in der Wertformanalyse ist noch ein Stück zu verdeutlichen.
a) Die einfache Wertform (Form I) Die einfache Wertform enthält als eine erste Bestimmung, daß der »Werth in einer andren Waare«101 ausgedrückt, daß ihr Wert also relativer Wert ist. Die beiden Formen präsentieren sich als unzertrennliche. Die Waren in ihrer Beziehung aufeinander bilden die entgegengesetzten Pole eines Wertausdrucks.102 Wert wird in jeweils anderer Ware ausgedrückt. Diese Beziehung ist allerdings umkehrbar. Die Struktur dieser Beziehung bleibt hierbei doch die gleiche, nur die Waren haben die Rollen, die Stellen gewechselt. In der Fiktion des »Tauschhandels« erschei176
nen zwar beide gleichzeitig in beiden Funktionen - relativer Wertform und Äquivalentform aber nur, weil sie diese für zwei verschiedene Personen, zwei verschiedene Warenbesitzer ausüben, es sich hier in Wahrheit um zwei verschiedene Wertausdrücke handelt. 103 Es ist also festzuhalten: »Relativer Werth und Aequivalent sind nur Formen des Werths.«104 Bei der Betrachtung des einfachen Wertausdrucks wird zunächst von quantitativer Bestimmung abstrahiert.105 Obwohl die Waren jetzt qualitativ gleichgesetzt werden, ist ihre Funktion weiterhin unterschiedlich. Nur der Wert der einen Ware wird durch ihre Beziehung auf die andere als ihrem Äquivalent oder mit ihr Austauschbarem ausgedrückt.106 Der Wert erscheint hier vorerst als Beziehung. »Sagen wir: als Werte sind die Waren bloße Gallerten menschlicher Arbeit, so reduziert unsre Analyse dieselben auf die Wertabstraktion, gibt ihnen aber keine von ihren Naturalformen verschiedne Wertform. Anders im Wertverhältnis einer Ware zur andern. Ihr Wertcharakter tritt hier hervor durch ihre eigne Beziehimg zu der andern Ware.«107 Wird die eine Arbeit mit einer anderen gleichgesetzt, so reduziert die eine die andere »auf das in beiden Arbeiten wirklich Gleiche, auf ihren gemeinsamen Charakter menschlicher Arbeit.« 108 Beide stellen hier »abstrakt menschliche Arbeit«109 dar, menschliche Arbeit überhaupt. 110
Arbeit hat wertbildende Potenz, »aber ist nicht Wert.«111 Nur in dinglicher Form, in geronnenem Zustand ist Wert vergleichbar. In diesem Wertverhältnis gilt qualitative Gleichsetzimg.112 Die Waren sind hier vorgestellt als »Träger von Wert«, als »verkörperter Wert, als Wertkörper«. 113 Im Wertverhältnis wird die Ware, die in die Funktion des Äquivalents gesetzt, in ihrer natürlichen Form zur Wertform.114 Es zeigt sich also hier, »daß die Gleichsetzung der Ware B mit der Ware A der eigne Wertausdruck der Ware A ist.«115 Tauschwert erscheint hier als Form des Werts, was der Wertabstraktion unmöglich. Er ist in einer Dimension gefaßt durch Austauschbarkeit116, wird bestimmt durch die spezifische Funk177
tion des Äquivalents im Wertausdruck. Die mit dem Äquivalent zugleich gegebene Austauschbarkeit beinhaltet jedoch noch nicht die Proportion des Austauschs. Arbeitszeit bleibt Bestimmungsgrund der Wertgröße, ganz unabhängig von der Betrachtung der Wertform. Sie ist auf die Ware, die in die Bestimmung relativer Wertform gesetzt, bezogen. Hier findet sich die Wertgröße allgemein ausgedrückt. Anders verhält es sich mit dem Äquivalent. »Aber sobald die Warenart Rock im Wertausdruck die Stelle des Äquivalents einnimmt, erhält ihre Wertgröße keinen Ausdruck als Wertgröße. Sie figuriert in der Wertgleichung vielmehr nur als bestimmtes Quantum der Sache.«117 Marx unterscheidet in der Folge drei Eigentümlichkeiten der Äquivalentform. »Die erste Eigentümlichkeit, die bei der Betrachtung der Äquivalentform auffällt, ist diese: Gebrauchswert wird zur Erscheinungsform seines Gegenteils, des Werts.«118 Die naturale Form der Ware wird zur Form des Werts.119 Zugleich vertritt die in die Äquivalentform gesetzte Ware in der Warenbeziehung etwas Gemeinsames: Wert.120 Dieser erscheint an ihr als Natureigenschaft.121 Wenn verschiedene Arbeiten als ihre allgemeine Eigenschaft menschliche Arbeiten enthalten122, so findet hier, im Wertausdruck, eine Verkehrung statt. »Es ist also eine zweite Eigentümlichkeit der Äquivalentform, daß konkrete Arbeit zur Erscheinungsform ihres Gegenteils, abstrakt menschlicher Arbeit wird.« 123 Werden die Arbeiten im Austausch gleichgesetzt, so scheint es, als ob die Privatarbeit unmittelbar gesellschaftlich gefaßt 124 sei. »Es ist also eine dritte Eigentümlichkeit der Äquivalentform, daß Privatarbeit zur Form ihres Gegenteils wird, zu Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form.« 125 Im Wertausdruck ist also die Gleichheit der Arbeit unterstellt.126 Es war bis hierhin bei der Analyse des Austauschverhältnisses gezeigt worden, daß der Wert der Ware A qualitativ ausgedrückt wird »durch die unmittelbare Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A.« 127 Erst als Tauschwert wird der Wert der Ware selbständig ausgedrückt. 128 Der durch das Austausch178
Verhältnis gegebene Gegensatz von Gebrauchswert und Wert als kategorial immanenter wird nun zu einem äußeren. 128 Dies impliziert, daß die Entwicklung der Warenform zugleich Entwicklung der Wertform bedeutet. 130
Es war bisher ausgeführt worden, daß Marx in der Explikation der Form der einfachen Zirkulation, als deren Teile Waren- und Wertformanalyse gelten, von Austausch, Arbeitsteilung und Arbeit als Bedingungen ausgeht. Es waren hierbei - im Kontext einer Theorie der Genesis des Geldes - zwei Punkte als besonders wichtig erachtet worden: das Problem der Marxschen Behandlung der klassischen Arbeitswerttheorie und das der Wertgrößenbestimmung, deren Einheit eine ökonomische Theorie des Werts ergäbe. Die Marxsche Darstellung verfährt diesbezüglich so, daß sie sowohl die Vorstellung vom Arbeitszeitwert als auch die von der qualitativen Wertbestimmung als unmögliche demonstriert. Indem Marx die Bestimmung der Ware als Ding, in deren Einheit verborgen der Gebrauchswert mit der »Produktion für andere« auf den Austauschprozeß verweist, und als Wert unmittelbarer Wert des Produkts, das durch die Arbeitszeit bestimmt ist, an den Anfang stellt, stellt er sich zunächst auf den Boden der klasssischen Politischen Ökonomie. Während diese im Geiste des angelsächsischen Empirismus von konkreter Arbeit als spended labour und quantitativ fixierter Arbeitszeit ausgeht, insistiert Marx darauf, daß die Arbeitszeit eben nicht als quantitativ bestimmte gegeben ist. Die Arbeitszeit wird modifiziert nicht nur durch den »skill« der einzelnen Arbeiter, durch die Arbeitsteilung in der Produktion, durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung, sondern auch durch die einzelne Arbeiten unterschiedlich betreffende Produktivität. Auf allen Ebenen herrscht Durchschnittsarbeit. Wertgröße erscheint somit auf dieser Argumentationsstufe nur als »Werth überhaupt«. 131 Die Marxsche Analyse, indem sie auf die Durchschnittsarbeit auf den verschiedenen Ebenen rekurrierte und dabei zeigte, daß, 179
nimmt man, um die verschiedenen Arbeiten vergleichen zu können, eine einfache Arbeit an, auf die die unterschiedlich qualifizierten Arbeiten zurückführbar sein sollen, diese einfache Arbeit nur als werttheoretische Entsprechung anzusehen ist, demonstrierte zugleich, daß eine Arbeitswerttheorie als Arbeitszeittheorie sich als Unmöglichkeit herausstellen muß. Denn, wenn Arbeit als konkrete Arbeitszeit (spended labour) als Grundlage der Verteilimg der Güter wie der Berechtigung auf Güter gedacht wird, läßt sich dies nur denken, wenn man unsinnigerweise gesellschaftliche Durchschnittsarbeit als konkrete behauptet. Dies aber geschieht immer, wenn Produkt und Produktentausch arbeitswerttheoretisch kurzgeschlossen werden. Marx dagegen behauptet, daß nur die Analyse des Austauschs den Zugang zum Problem »Wertsubstanz« eröffnet. Werden dort zwei Waren verglichen, so kann das nur geschehen, wenn eine vergleichbare Dimension, eine Einheit unterstellt wird, ein Drittes, auf das beide zurückführbar sind. Dies schien die Wertabstraktion als Arbeitsgallerte, abstrakte Arbeit, bloßes Substrat. Als Werte waren die Arbeiten qualitativ gleich. Die Wertsubstanz war gefunden. Es zeigt sich aber, daß, selbst wenn man von unterstellten Warenwerten auf eine Wertsubstanz schließt, man trotzdem ihren Wert im Austauschverhältnis nicht bestimmen kann. Die Form, die der Wert im Wertausdruck auf der Entwicklungsstufe der einfachen Wertform annahm, war die einer Beziehung der einfachen relativen Wertform auf eine andere Ware als Äquivalent. Das Äquivalent diente hier nur als Material für die Ware in der einfachen relativen Wertform, Wert auszudrücken. An ihm wird die Wertgröße gemessen. In dieser Beziehung hat dieses Warenverhältnis aber die gleiche Struktur wie bei der Frage des Vergleichs der Produkte, der Frage nach einem Dritten, der Wertsubstanz. Aus einer Beziehung, die durch die Frage nach dem Substrat, nach einem Zugrundeliegenden gegeben ist, wird eine, die sich an die andere Ware heftet. Die Form, die der Wert hier erhält, richtet sich also nicht mehr auf jene Substanz, die arbeitswertontologischen Lesarten Nahrung zu geben versprach, sondern erscheint als zwischen den zwei Waren gesetzt.132 Das Äquivalent ist somit Materiatur des Werts. Diese symbolisiert zugleich Austauschbarkeit über180
haupt. Quantitative Wertgröße, die dies Verhältnis erst hinreichend bestimmen könnte, läßt sich nur unterstellen. Sie gerät wegen der notwendigen Modifikationen sofort in den Sog der Unmöglichkeit werttheoretischer Bestimmung. Insofern Austauschbarkeit allgemein nur auf eine Ware bezogen und die Beziehung der Waren austauschbar, erweist sich die einfache Wertform als unzulängliche Form. Einmal ist es die Partikularität, das andere Mal die Relativität, die eine zureichende Bestimmung verhindert.
b) Entfaltete relative Wertform (Form II) Sind in der einfachen Wertform relative Wertform und Äquivalent nur als einzelne gedacht, so beinhaltet die entfaltete relative Wertform eine Ausweitung. Es gibt jetzt »so viele relative Wertausdrücke«, wie es verschiedene Warenbeziehungen gibt, und ihre Zahl »wächst beständig mit der Zahl neu auftretender Waarenarten.«133 Gab die erste Form »zwei relative Ausdrücke für den Werth zweier Waaren«134, so hat man in der entfalteten Form des relativen Werts eine Reihe von Wertausdrücken. Der Unterschied gegenüber der ersten Form liegt nun darin, daß die Austauschproportion nicht mehr bloß zufällig, sondern daß der Wert gleich groß bleibt, ganz gleich, in welcher konkreten Ware er ausgedrückt wird. 135 In der endlosen Reihe der Waren bezieht sich die Ware A auf die Erscheinungsformen der Arbeit in den Warenkörpern. Wert gewinnt hier eine höhere Selbständigkeit.136 Die zweite Form als »Summe von lauter Gleichungen der ersten Form«137 schließt aber auch die Rückbeziehimg der Ware B auf die Ware A ein. Man geht daher zur dritten Form als der umgekehrten oder rückbezogenen zweiten Form des relativen Werts über. Alle Waren beziehen sich hier auf die Ware A. 138 Hier scheint man wieder bei der ersten Form angelangt. Es handelt sich aber dieses Mal um die weiter entwickelte Form.139 Alle Waren »drücken ihren Werth jetzt im Material Leinwand aus.« 140 Sie setzten sich qualitativ gleich141 und sind nurmehr quantitativ verschieden.142 »Erst in diesem einheitlichen rela181
tiven Werthausdruck erscheinen sie alle für einander als Wierthe und erhält ihr Werth daher erst seine entsprechende Erscheinungsform als Tauschwerth.«143
c) Allgemeine relative Wertform (Form III) Hier hat man nun mit dem »einheitlichen Werthausdruck die allgemeine relative Werthform».144 Bezieht sich in der Form II die Ware »auf jede einzelne Waare, Rock, Kaffee usw. als ein besonderes Aequivalent und alle zusammen als den Umkreis ihrer besonderen Aequivalentformen« 145 - der Schein der mit den Gleichungen gegebenen Gleichheit146 ist hier schon ein Stück mehr befestigt -, so »erscheint die Leinwand« in der Form III »dagegen als die Gattimgsform des Aequivalents für alle anderen Waaren.«147 Die Ware A wird somit gleichermaßen zum allgemeinen Äquivalent wie die in ihr verkörperte Arbeit zur allgemeinen Arbeit wird. 148 Sind die Waren als Werte Ausdrücke einer Einheit 149, so als Gebrauchsgegenstände auf menschliche Bedürfnisse bezogen 150 , aber nur als Wert ist ihr gesellschaftlicher Bezug gegeben.151 Nur im Austausch erhalten Werte ihre gesellschaftliche Form. Die Form I ist zum Moment der Form III geworden. Damit wiederholt sich das Problem, daß Wertgröße nur an einem anderen Gegenstand, an anderer Ware ausgedrückt werden kann. 152 Auf der Ebene von Form III bedeutet dies, daß die Ware, die sich in allgemeiner Äquivalentform befindet, nicht mit sich selbst in Beziehung gesetzt werden kann. »Vielmehr wird die entfaltete relative Werthform: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder = u Kaffee oder = v Thee oder = usw. jetzt zum specifischen relativen Werthausdruck des allgemeinen Aequivalents.«153 Wenn in der Form III alle Waren »eine von ihrer Naturalform verschiedene Wertform«154 in der Leinwand besitzen und in dieser Form »sich auf einander als Austauschbare«155 beziehen, so ist hiermit ein zugleich allseitiger Vorgang gesetzt. »Indem alle Waaren sich in einer und derselben Waare als Werthgröße bespiegeln, wiederspiegeln sie sich wechselseitig als Werthgrössen.«156 Die Naturalformen der Waren sind durch die Erscheinungs182
form des Werts157 ebenso vermittelt wie die »Naturalform der Leinwand die Form ihrer immittelbaren Austauschbarkeit mit allen Waaren, daher unmittelbar ihre allgemein gesellschaftliche Form« 158 darstellt. Die »Form unmittelbarer Austauschbarkeit« ist jedoch »eine gegensätzliche Waarenform« 159 , denn »allgemeine relative Werthform und allgemeine Aequivalentform (sind) die gegensätzlichen, sich wechselweis voraussetzenden und wechselweis abstossenden Pole derselben gesellschaftlichen Form der Waaren.« 160 Dieser Entgegensetzung korrespondiert das Verhältnis von Privatarbeit zu Gesellschaftlichkeit des Austauschs in der Sphäre der einfachen Zirkulation.161 Im Laufe der Darstellung der Formen hatte sich die Rolle der Leinwand als Inkarnation ökonomischer Form geändert. »Der einfache relative Werthausdruck war der Keim, woraus sich die allgemeine Aequivalentform der Leinwand entwickelte. Innerhalb dieser Entwicklung ändert sie die Rolle. Sie beginnt damit, ihre Werthgrösse in einer andern Waare darzustellen und endet damit, zum Material für den Werthausdruck aller andern Waaren zu dienen.« 162 Dies gilt aber von allen Waren. Man muß also zu Form IV übergehen, in der jede Ware gegenüber allen anderen einmal als allgemeines Äquivalent dient.163
d) Form IV War auf der Ebene von Form III eine quantitative Wertgrößenbestimmung nur insofern möglich, daß, da alle Waren sich zwar auf eine bezogen, aber in dieser nur die Materiatur ihrer eigenen Größe erhielten, sich nur als aliquote Teile von Leinwand darstellen konnten, ihre vergegenständlichte Arbeit nur aliquoter Teil der Leinwandarbeit sein konnte, in der sie ausgedrückt, ohne diese selbst bestimmen zu können, also die Wertgröße gerade nicht in wechselseitiger Quantität des Austauschs gesetzt werden konnte, so wird die quantitative Wertgrößenbestimmung auf der Ebene von Form IV vollends unmöglich. »Stellt aber jede Waare ihre eigne Naturalform allen 183
andern Waaren gegenüber als allgemeine Aequivalentform, so schliessen alle Waaren alle von der allgemeinen Aequivalentform aus und daher sich selbst von der gesellschaftlich gültigen Darstellung ihrer Werthgrössen.«164 Die hier aufscheinenden Formen der einfachen Zirkulation und der privaten Arbeit als Voraussetzung des Austauschs, die eine spezifische Verkehrung enthält 165 , nämlich die Versachlichung gesellschaftlicher Verhältnisse, verweisen auf »gleiche menschliche Arbeit« 166 .
e) Resümee Es läßt sich also hier auf das Ausgangsproblem zurückkommen. Vor allem zwei Probleme stehen im Vordergrund: - die mit der Arbeitswerttheorie verbundene Annahme der Wertgrößenkonstitution und - die Kommensurabilität im Warenaustausch. Eines der Probleme der Politischen Ökonomie war, einerseits relative Preise und exchange value bestimmen zu wollen, andererseits von einem Arbeitswert als spended labour auszugehen. Beide Ausgangsmomente verdanken sich Evidenzen. Die Arbeitswert- als Arbeitszeittheorie versprach eine quantitative Bestimmung der Arbeit vornehmen zu können. Sowohl die Vermittlung der Arbeitswerttheorie mit der Theorie des exchange value erwies sich als schwierig und die Lösung des Quantitätsproblems als unmöglich. Hielt die klassische Politische Ökonomie individuelle Arbeitszeit fest, so verwies Marx hier darauf, daß die Arbeitszeit nicht nur modifiziert wird durch die Unterschiede der Individuen, ihrer Qualifikationen, des Geschicks, unterschiedliche Tätigkeit in einer Produktionsstätte, in einzelnen Produktionen, sondern daß sie sich als sinnvolle Kategorie nur als Durchschnittsarbeit erweist, die ihrerseits ständig modifiziert wird durch die Entwicklung der Produktivkraft, endlich, daß sie erst als gesellschaftliche Durchschnittsarbeit sinnvoll bestimmt ist. Arbeitszeit, so wurde also gegen die klassische Politische Ökonomie festgehalten, war zwar das Geheimnis, das hinter der »Waren184
Produktion« steckte, bestimmendes Moment, zugleich aber selbst nicht unmittelbar quantifizierbar. Dies bedeutet, daß die Herleitung ökonomischer Verhältnisse aus Arbeit und Arbeitszeit zwar abstrakt möglich denkbar erscheint, aber ihre konkreten Formen nicht im unmittelbaren Zugriff handhabbar. Damit war aller Theorie, die von arbeitszeitbestimmten Gütern und Produkten ihren Ausgang zu nehmen sucht oder von einer unmittelbaren Tauschsituation ausgeht, eine Absage erteilt. Wertgröße als Voraussetzung des Austauschs als notwendig erkannt, blieb also dennoch nicht quantitativ und damit auch nicht konkret bestimmbar.167 Sie war hier noch ideelle Setzung. Wie der Austausch Gebrauchswert voraussetzt und den Tauschwert als Funktionsbestimmung enthält, so sind Wert und Ding bzw. Warenkörper als notwendige Elemente und Bedingung dieses Austauschs gesetzt. Die Wertformanalyse macht sich anheischig, das Dilemma der Politischen Ökonomie zu lösen, indem sie das Kommensurabilitätsproblem, die Frage, wodurch die Waren vergleichbar, was ihr Maß und Maßstab, in den Mittelpunkt rückte. Um Quantitäten ausweisen zu können, bedurfte es einer einheitlichen Dimension, wertabstraktiv der Wertsubstanz als gemeinsamem, die Vergleichbarkeit garantierendem Substrat der Waren, während Maß und Maßstab sich aus der Analyse der Wertformen ergab. Unterstellt war hier eingangs gesellschaftliche Arbeit als Maß, von dem zugleich gezeigt wurde, daß es als unmittelbares nicht erscheinen konnte. Erst mit der erschlossenen Dimension abstrakter Arbeit, Wertsubstanz, schien dies gewährleistet. Die Bestimmung des Werts konnte innerhalb der Wertformanalyse analytisch zwar eingeführt, aber aufgrund der relativen Struktur der Warenverhältnisse, der Wertformen, konkret und quantitativ nicht vorgenommen werden. Erst mit dem Übergang zum Geld scheint jetzt eine Lösungsmöglichkeit gegeben.168
185
III. Der Übergang zum Geld
Mit der Auszeichnung einer Ware als Geld erscheint der Relativismus von Form III und IV beseitigt.169 Wir haben jetzt analog zu Form III die Geldform. Allgemeine Äquivalentform kommt jetzt einer Ware zu. 170 »Gold tritt den andren Waren nur als Geld gegenüber, weil es ihnen bereits zuvor als Ware gegenüberstand.«171 Es wird zur Geldware, sobald im Wertausdruck der Warenwelt es eine Monopolstellung innehat. Damit wird der »einfache relative Wertausdruck einer Ware« in bezug auf die Geldware zur »Preisform«.172 Mit der Geldform 173 wird die gesellschaftliche Dimension deutlicher. Das Gold als Geldware hat nun neben seinem Gebrauchswert als Ware Gold einen formellen, gesellschaftlichen Gebrauchswert. »Da alle andren Waren nur besondre Äquivalente des Geldes, das Geld ihr allgemeines Äquivalent, verhalten sie sich als besondere Waren zum Geld als der allgemeinen Ware.«174 Wenn die »Äquivalentform einer Ware die quantitative Bestimmung ihrer Wertgröße nicht einschließt«175, so gilt dies auch vom Geld. Damit kommt man zur ersten Bestimmung des Geldes. »Die erste Funktion des Goldes besteht darin, der Warenwelt das Material ihres Wertausdrucks zu liefern oder die Warenwerte als gleichnamige Größen, qualitativ gleiche und quantitativ vergleichbare, darzustellen.«176 Das Kommensurabilitätsproblem läßt sich als gelöst 177 darstellen. »Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit.«178 Der Wertausdruck einer Ware ist jetzt ihr Preis, wohingegen Geld keinen Preis hat. 179 »Der Preis oder die Geldform der Waren ist, wie ihre Wertform überhaupt, eine von ihrer handgreiflichen reellen Körperform unterschiedne, also nur ideelle oder vorgestellte Form.« 180 Sie bedarf um so mehr des Geldmaterials.181 Warenwerte sind also »vorgestellte Goldquanta«. 182 Die Notwendigkeit der Festsetzung eines Maßstabs ist demgegen186
über willkürlich. Sie nimmt historisch ihren Ausgang von dem Namen der Metallgewichte.183 So ist sie also Maßstab der Preise. »Als Maß der Werte und als Maßstab der Preise verrichtet das Geld zwei ganz verschiedne Funktionen. Maß der Werte ist es als die gesellschaftliche Inkarnation der menschlichen Arbeit, Maßstab der Preise als ein festgesetztes Metallgewicht.«184 Der Maßstab wird nun staatlich fixiert.185 Wenn der Preis der »Geldname der in der Ware vergegenständlichten Arbeit«186 ist, so ist »der Preis als Exponent der Wertgröße der Ware Exponent ihres Austauschverhältnisses mit Geld«. 187 Und so läßt sich die Funktion des Geldes als Maß der Werte und Maßstab der Preise noch einmal präzisieren. »Die Preisform schließt die Veräußerlichkeit der Waren gegen Geld und die Notwendigkeit dieser Veräußerung ein. Andrerseits funktioniert Geld nur als ideelles Wertmaß, weil es sich bereits im Austauschprozeß als Geldware umtreibt. Im ideellen Maß der Werte lauert daher das harte Geld.« 188 Es ist bisher gezeigt worden, daß, weil eine Darstellung von Arbeitszeiten als Werten unmöglich, einfache Arbeitswerttheorien sich als falsch erweisen. Es war eingangs die Frage gestellt worden, ob die Arbeitswerttheorie selbst eine taugliche Bestimmung für die Explikation der Marxschen Theorie ist. Es hat sich gezeigt, daß die Marxsche Argumentation mit der Begrifflichkeit und den Vorstellungen der klassischen Ökonomie auch deren Versuche einer arbeitswerttheoretischen Begründung kritisch aufnimmt. Der Bezug auf die Evidenz der konkreten Arbeiten als Bedingung und Element der Ökonomie ist wesentliches Moment dieser Kritik. Entscheidend jedoch ist der Nachweis, daß eine werttheoretische Argumentation sich auf sie nicht gründen kann, vielmehr genötigt ist, den Begriff der abstrakten Arbeit zu entwickeln. Zentral ist die Begründung abstrakter Arbeit. Insofern diese durch die Frage nach dem »Grund« bestimmt ist, erhält sie eine Konnotation zur Arbeit, insofern sie als Schluß auf ein Zugrundeliegendes als Wertconstituens gedacht, ist sie Wertabstraktion in der Funktion als Wertausdruck. Die Argumentation, die Marxsche Theorie als Arbeitswerttheorie zu begreifen, um das Geheimnis der fetischisierten Formen zu lüften, sie auf menschliche Arbeitszeit zurückzu187
führen, verstellt den Blick auf die erkenntnistheoretischen und methodischen Operationen aber ebenso wie den auf die Notwendigkeit werttheoretischer Entwicklungslogik, denn diese Arbeit als abstrakte erscheint nicht anders als in der Wertform am einfachen relativen Äquivalent bis zum allgemeinen, bevor sie als veränderte und verselbständigte Gestalt Subjekt des Prozesses geworden scheint, als Geld. Die weitergehenden Bestimmungen des Geldes 189 kritisieren, so wird in der anschließenden Darstellung Marxens deutlich, die jeweils vorausgehende Lösung. Zwar erscheint die Arbeit als »Wertsubstanz« nur im Geld und nur es erfüllt die Funktion, Maß der Werte und Maßstab der Preise zu sein, aber die Maßstabsfunktion, für die ein ideelles Maß zu genügen scheint, gerät in Widerspruch zur Funktion des Geldes als Zirkulationsmittel, die sein Vorhandensein in dinglicher Gestalt voraussetzt. Wird Geld in seiner dritten Bestimmung als Zahlungsmittel eingeführt und damit die nominale Geldfunktion betont, so spitzt sich zugleich der Widerspruch zwischen seiner nominalen und realen Dimension insofern zu, als die nominale Bestimmung in der Finanzkrise material kritisiert wird und die Schatzbildung umgekehrt der Ökonomie die gegenständlichen Werte entzieht, somit ihres Wertcharakters entkleidet. Geld als Reflexionsbestimmung ist als Selbstzweck schon implicite Kapital und setzt als solches die einfache Zirkulation voraus, als Sphäre, in der es verschwindet, um sich in ihr zu erhalten und zu vermehren. Diese »erste Totalität« 190 erweist sich dann ebenso als unmögliche Form wie die Form IV in der Wertformanalyse und in der Folge die Vorstellung vom Kapital als automatischem Subjekt. Interpretationen, die hier einsetzen 191 und die vorhergehenden Teile als metaphysisch, d.h. unerheblich, beiseite schieben, dokumentieren oft bei den vermeintlichen empirisch gehaltvolleren Teilen ihrerseits Unverständnis, so daß sie sich dann bald in einer marxistisch etikettierten Neoklassik wiederfinden. Wenn man hingegen die Spezifität des Marxschen Werks als Theorie sozialer Gegenständlichkeit behauptet, seine Methode als Aporiendiskussion ökonomischer Begrifflichkeiten ausweisen will, muß man allerdings darlegen, wo Marx in seiner Darstellung »Aporie« ansiedelt und welcher Darstellungslogik er 188
folgt. Erst hier wird dann auch deutlich, inwiefern die »Kritik der politischen Ökonomie« die reflexionslogische Begrifflichkeit einer »materialistischen« Kritik unterzieht, ohne deren Horizont zu unterschreiten. Der revolutionäre Gehalt der Marxschen Theorie ist nicht zu erschließen, ohne daß man die Mühen dieses Weges auf sich nimmt. Ihre ontologisierende oder szientifischnominalistische Verkürzung dagegen befindet sich immer schon im Einverständnis mit den herrschenden Verhältnissen.
189
Anmerkungen und Literatur
Anmerkungen zu: Dieter Behrens, Vorwort Der östliche, der westliche und der kritische Marxismus 1 2 3
4
5
Cf. Anton Pannekoek, Paul Mattick u.a., Marxistischer Antileninismus. Eingeleitet von Diethard Behrens, Freiburg 1991 Cf. Jürgen Ritsert, Denken und gesellschaftliche Wirklichkeit 1. Arbeitsbuch zum klassischen Ideologiebegriff, Frankfurt-New York 1977, p. 77 Aufklärung ist nicht nur in der Perspektive des cui bono, der Seilschaften und gesellschaftlichen Lager zu betreiben. Ihr prozessierendes Moment ist im Gegenteil eine Intention auf Erkenntnis, ein emphatisches Bedürfnis nach Wahrheit, nach authentischer Theorie. Indem sie sich selbst darüber aufklärt, ist sie selbst Moment dieses Prozesses. Die Aufsätze von Harald Kerber »Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie« sowie »Totalität und Kritik« von Diethard Behrens und Komelia Hafner wurden bereits in der Dokumentation im Anschluß an das Kolloquium veröffentlicht, das der Fachbereich Sozialwissenschaft der Universität Osnabrück 1988 aus diesem Anlaß veranstaltete. Zur Einleitung wies Harald Kerber damals darauf hin, daß alle Auseinandersetzungen dem »gesellschafts- und erkenntnistheoretischen Status der Marxschen Theorie« gelten, d.h. der Erkundung von Fragen, »die sich auf den Wissenschaftsbegriff der Marxschen Theorie, auf das Verhältnis zur Hegeischen Philosophie und auf ihren Charakter als Kritik der politischen Ökonomie beziehen.« Dazu zählen Antonio Gramsci, della Volpe und Lucio Colletti in Italien, Lucien Goldmann, Henri Lefebvre, Jean-Paul Sartre und Louis Althusser in Frankreich, Lukács, Korsch und die Kritische Theorie in Deutschland. Cf. Perry Anderson, Über den westlichen Marxismus, Frankfurt 1978
191
Anmerkungen zu: Harald Kerber, Erkenntnistheorie und materialistische Gesellschaftstheorie 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
20 21 22 23 24 25 26
27 28 29 30 31 32
Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft (KrV),Werkausgabe, 12 Bde., Bd. 3 und 4, Frankfurt 1974, B 132 KrV, A 51 Theodor W. Adorno, Zur Metakritik der Erkenntnistheorie, Stuttgart 1956, p. 156 I.e., p. 157 Emil Lask, Fichtes Idealismus und die Geschichte, in: Id, Gesammelte Schriften, 3 Bde., Bd. 1, Tübingenl923, p. 47 sq. Immanuel Kant, Prolegomena zu einer jeden zukünftigen Metaphysik, Hamburg 1965, p. 59 Georg Lukäcs, Geschichte und Klassenbewußtsein, Berlin 1923, p. 132 Kant, Prolegomena, p. 32 sq. I.e., p. 35 Lask, Fichtes Idealismus, I.e., p. 56 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Wissenschaft der Logik, Bd. 1, Leipzig 1951, p. 45 Cf. Id., Glaube und Wissen, Hamburg 1962, p. 37. Cf. Richard Kroner, Von Kant bis Hegel, Bd. 2, Tübingen 1961, p. 420. Cf. Leo Kofier, Geschichte und Dialektik, Hamburg 1955, p. 29. Ludwig Feuerbach, Grundsätze, in: Kleine Schriften, in: Id., Theorie I, Frankfurt 1966, p. 186 Karl Marx, Texte zu Theorie und Praxis II, Reinbek 1966, p. 109 Id., MEW, Bd. 3, p. 5 Cf. Jindrich Zeleny, Zum Wissenschaftsbegriff des dialektischen Materialismus, in: Alfred Schmidt (Ed.), Beiträge zur marxistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt 1969, p. 80. Cf. Harald Kerber, Gesellschaftstheorie als Erkenntniskritik? Zur Kritik der Marx-Rezeption durch Habermas, in: W. Kunstmann, E. Sander (Eds.), »Kritische Theorie« zwischen Theologie und Erkenntnistheorie, München 1981, p. 155. Marx, Texte, I.e., p. 117 I.e., p. 79 ibid. I.e., p. 78 Id., Das Kapital Bd. I, MEW 23, p. 168 I.e., p. 17 Id., MEW 3, p. 38 und cf. zum ganzen auch Alfred Schmidt, Zum Erkenntnisbegriff der Kritik der politischen Ökonomie, in: Kritik der politischen Ökonomie heute. 100 Jahre Kapital, Frankfurt-Wien 1968, p. 36. Cf. I.e., p. 39. Marx, Kapital I, I.e., p. 18 Cf. Max Adler, Kausalität und Teleologie, Wien 1904, p. 321. Marx, Kapital I, I.e., p. 17 I.e., p. 632 ibid.
192
33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76
ibid. ibid. I.e., p. 635 I.e., p. 636 Id., Das Kapital Bd. III, MEW 25, p. 47 Lukács, Geschichte, I.e., p. 115sq. I.e., p. 121 I.e., p. 139 Lask, Fichtes Idealismus, I.e., p. 31sq. Lukäcs, Geschichte, I.e., p. 132 Bezug: Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (Bd. X), Frankfurt 1974, § 76 Theodor W. Adorno, Aspekte der Hegeischen Philosophie, Frankfurt 1957, p. 46 Cf. Lukács, Geschichte, I.e., p. 163. I.e., p. 165 I.e., p. 164 Jürgen Habermas,Theorie und Praxis, Neuwied-Berlin 1963, p. 211 Cf. Furio Cerrutti, Hegel, Lukács, Korsch, in: Aktualität und Folgen der Philosophie Hegels, Frankfurt 1970, p. 203sq. Max Weber, Die »Objektivität« sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Id., Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftstheorie, Tübingen 1973, p. 209 Cf. Theodor W. Adorno, Zur Metakritik der Erkenntnistheorie, Stuttgart 1956, p. 34. ibid. Id., Negative Dialektik, Frankfurt 1966, p. 154 l.c.,p. 139 Id., Metakritik, I.e., p. 31 Id., Kritische Modelle 2, Frankfurt 1970, p. 157sq. Id., Metakritik, I.e., p. 157 Id., Kritische Modelle 2, l.c.,p. 155 I.e., p. 161 Id., Aspekte der Hegeischen Philosophie, Frankfurt 1957, p. 33 I.e., p. 14 Alfred Sohn-Rethel, Geistige und körperliche Arbeit. Zur Theorie der gesellschaftlichen Synthesis, Frankfurt 1970, p. 191 I.e., p. 189 Cf.l.c.,p.l91. I.e., p. 68 Karl Marx, Brief an Kugelmann, in: MEW 32 Herbert Marcuse, Transzendentaler Marxismus?, in: Die Gesellschaft, Bd. II, 1930, p. 315 Sohn-Rethel, Geistige ..., I.e., p. 125 I.e., p. 50 Marx, Kapital Bd. I, l.c.,p. 99, cf. Sohn-Rethel, Geistige ..., I.e., p. 186. Marx, Kapital Bd. I, l.c.,p. 91 Sohn-Rethel, Geistige ..., I.e., p. 52 Marx, Kapital Bd. I, l.c.,p. 95, n. 32 Cf. Sohn-Rethel, Geistige ..., I.e., p. 164. I.e.,p. 163 I.e., p. 168 193
77 Karl Marx, Frühschriften, Stuttgart 1953, p. 346 - in Bd. 23 MEW ist der Passus »von der Zeit« weggelassen. Cf. I.e., p. 18. 78 Sohn-Rethel, Geistige ..., I.e., p. 160 79 I.e., p. 161, n. 80 Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse, Neuwied-Berlin 1963, p. 38 31 Marx, Kapital Bd. I, I.e., p. 192 82 I.e.,p. 186 83 I.e., p. 47 84 Cf. Bd., MEW 25 III, p. 828. 85 Habermas, Erkenntnis, I.e., p. 46 86 l.c.,p. 56sq. 87 I.e., p. 60 88 ibid. 89 Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1953, p. 619 90 Habermas, Erkenntnis, I.e., p. 77 91 I.e., p. 81 92 Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Bd.2 Frankfurt 1981, p. 562 93 op.c. Bd. 1, p. 525 94 Marx, Kapital III, I.e., p. 828 95 Id., Grundrisse, i.e., p. 593
Literatur Adler, Max: Kausalität und Teleologie, Wien 1904 Adorno, Theodor W.: Zur Metakritik der Erkenntnistheorie, Stuttgart 1956 - Negative Dialektik, Frankfurt 1966 - Kritische Modelle 2, Frankfurt 1970 -Aspekte der Hegeischen Philosophie, Frankfurt 1957 Cerrutti, Furio: Hegel, Lukács, Korsch, in: Aktualität und Folgen der Philosophie Hegels, Frankfurt 1970 Feuerbach, Ludwig: Kleine Schriften, in: Id., Theorie I, Frankfurt 1966 Habermas, Jürgen: Theorie und Praxis, Neuwied-Berlin 1963 - Erkenntnis und Interesse, Frankfurt 1979 3° - Theorie des kommunikativen Handelns, 2 Bde., Frankfurt 1981 Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung, Amsterdam 1947 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik, 2 Bde., Leipzig 1951 - Glaube und Wissen, Hamburg 1962 Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft, in: Id., Werkausgabe, 12 Bde., Bd. III und IV, Frankfurt 1974 - Kritik der Urteilskraft, Werkausgabe Bd. X, Frankfurt 1974 - Prolegomena zu einer jeden zukünftigen Metaphysik, Hamburg 1965 Kerber, Harald: Gesellschaftstheorie als Erkenntniskritik? Zur Kritik der Marxrezeption durch Habermas, in: W. Kunstmann/E. Sander 194
(Eds.), »Kritische Theorie« zwischen Theologie und Erkenntnistheorie, München 1981 Kofler, Leo: Geschichte und Dialektik, Hamburg 1955 Kroner, Richard: Von Kant bis Hegel, Tübingen 1961 Lask, Emil: Fichtes Idealismus und die Geschichte, in: Id., Gesammelte Schriften, 3 Bde., Bd. 1, Tübingen 1923 Lukács, Georg: Geschichte und Klassenbewußtsein, Berlin 1923 Marcuse, Herbert: Transzendentaler Marxismus?, in: Die Gesellschaft, Bd. II, 1930 Marx, Karl: Frühschriften, Stuttgart 1953 - Texte zu Theorie und Praxis II, Reinbek 1966 - Das Kapital, 3 Bde., MEW 23-25, Berlin 1953 - Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1953 - MEW, Bd. 3,13, 32 Schmidt, Alfred: Zum Erkenntnisbegriff der Kritik der politischen Ökonomie, in: Kritik der politischen Ökonomie heute. 100 Jahre Kapitel, Frankfurt/Main - Wien 1968 Sohn-Rethel,Alfred: Geistige und körperliche Arbeit, Frankfurt/Main 1970 und 1973 Weber, Max: Die »Objektivität« sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Tübingen 1973 Zeleny, Jindrich: Zum Wissenschaftsbegriff des dialektischen Materialismus, in: Beiträge zur marxistischen Erkenntnistheorie, Hrsg. Alfred Schmidt, Frankfurt/Main 1969
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Anmerkungen zu: Claus Roishausen, Die Traditionalisierung der Kritischen Theorie 1 2 3 4
Georg Lukács, Geschichte und Klassenbewußtsein, Berlin 1923 Jürgen Habermas, Theorie und Praxis, Neuwied 1963 Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, Frankfurt 1973 Jürgen Habermas, Theorie des kommunikatiben Handelns, 2 Bde., Frankfurt 1976 5 Karl Marx, Grundrisse der politischen Ökonomie, Berlin 1953 6 Karl R. Popper, Objektive Erkenntnis, Hamburg 1973 7 Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1968 8 Karl-Otto Apel, Tranformation der Philosophie, 2 Bde., Frankfurt 1973 9 Max Horkheimer, Kritische Theorie, 2 Bde., Frankfurt 1968 10 Jürgen Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Franfkurt 1973 Literatur Adorno, Theodor W.: Negative Dialektik. Frankfurt/M. 1973 Apel, Karl-Otto: Transformation der Philosophie, 2 Bde Frankfurt/M. 1973 Habermas, Jürgen: Theorie und Praxis, Neuwied 1963 Habermas, Jürgen: Theorie des kommunikativen Handelns, 2 Bde. Frankfurt/M. 1986 Habermas, Jürgen: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Frankfurt/M. 1973 Horkheimer, Max: Kritische Theorie, 2 Bde. Frankfurt/M. 1968 Horkheimer, Max, Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung. Amsterdam 1947 Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Berlin 1953 Popper, Karl: Objektive Erkenntnis. Hamburg 1973 Weber, Max: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre (Hrsg. Winckelmann), Tübingen 1968Frankfurt/M. 1973
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Anmerkungen zu: Kornelia Hafner, Gebrauchswertfetischismus 1 2 3 4 5 6 7 8
Vortrag für die Initiative Sozialistisches Forum Freiburg, Juli 1989 Walter Benjamin, Charles Baudelaire. Ein Lyriker im Zeitalter des Hochkapitalismus, Frankfurt 1969, p. 58 Andrew Glyn, Bob Sutcliffe, Die Profitklemme. Arbeitskampf und Kapitalkrise am Beispiel Großbritanniens, Berlin 1974 (1972) Wolfgang Pohrt, Theorie des Gebrauchswerts oder über die Vergänglichkeit der historischen Voraussetzungen, unter denen allein das Kapital Gebrauchswert setzt, Frankfurt 1976, p. 65 Hans Jürgen Krahl, Konstitution und Klassenkampf. Zur historischen Dialektik von bürgerlicher Emanzipation und proletarischer Revolution, Frankfurt 1971, p. 123 Helmut Reinicke, Revolt im bürgerlichen Erbe. Gebrauchswert und Mikrologie, Gießen 1975, p. 203 ibid., p. 204sq. Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen, München 1974 (1776),
9 David Ricardo, Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung, Frankfurt 1972 (1817;, p. 35 10 Karl Marx, Das Kapital. Bd. I, MEW 23, p. 49 11 ibid. 12 Id., Theorien über den Mehrwert, Teil 3, MEW 26.3, p. 291 13 ibid. 14 Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1953, p. 134 ssq. 15 I.e., p. 151 16 I.e., p. 152 17 Cf. I.e., p. 154 . 18 Id., Das Kapital, Bd. 1,1. c., p. 181 19 Id., Grundrisse, l.c.,p. 211 20 Cf. I.e., p. 213. 21 I.e., p. 218 22 I.e., p. 363 23 I.e., p. 388 24 Reinicke, Revolt..., I.e., p. 22 25 ibid. 26 I.e., p. 31 27 ibid. 28 I.e., p. 32 29 I.e., p. 31 30 I.e., p. 65 31 I.e., p. 78 32 Marx, Grundrisse, p. 940 33 Reinicke, Revolt, I.e., p. 205 34 I.e.,p. 34 35 Cf. l.c.,p.204sq. 36 Cf. Karl Marx, Grundrisse, p. 313 37 ibid. 38 ibid. 39 I.e., p. 318f. 197
40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76
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Cf. I.e., p. 323 I.e., p. 324 Cf. I.e., p. 321 I.e., p. 312 I.e., p. 325 Pohrt, Theorie ..., I.e., p. 9 ibid. Karl Marx, Randglossen zu Adolph Wagners »Lehrbuch der politischen Ökononie«, MEW 19, p. 371, zit. n. Wolfgang Pohrt, Theorie..., 1. c., p. 14 Cf. I.e., p. 52sq. I.e., p. 66 I.e., p. 70 I.e., p. 7 Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEW-Ergänzungsbd. I, p. 517ssq. Cf. Pohrt, Theorie ..., I.e., p. 74ssq. I.e., p. 76 ibidf I.e.,p. 84 I.e., p. 76 Marx, Grundrisse, p. 231, bei Pohrt zitiert p. 105 I.e., p.107 I.e., p. 109 Cf. I.e., p. 17. I.e., p. 129 I.e., p. 16 I.e., p. 145 ibid. I.e., p. 167 I.e., p. 183 ibid. ibid. Cf. ibid. und I.e., p. 222ssq. I.e., p. 121 I.e., p. 123 I.e., p. 126 I.e., p. 130 Max Horkheimer, Autoritärer Staat, in: Kritische Theorie, Bd. III, p. 35, hier zit. n. Wolfgang Pohrt, Theorie ..., I.e., p. 124 In diesem Zusammenhang möchte ich auf Ulrike Hammers Arbeit von 1978 verweisen, die Pohrts Gebrauchswerttheorie zum Gegenstand hat und in der meines Erachtens zurecht behauptet wird, daß der Glaube an den »verfaulten Kapitalismus« vor allem auf Lenin und dessen Imperialismusschrift zurückzuführen ist, auch bei Horkheimer und Marcuse. Cf. Ulrike Hammer, Gebrauchswert und Emanzipation?, Frankfurt 1978 (soziologische Diplomarbeit), p. 58. Cf. I.e., p. 64sq. Pohrt, Theorie..., I.e., p. 27 ibid. Cf. Stefan Breuer, Die Krise der Revolutionstheorie. Negative Vergesellschaftung und Arbeitsmetaphysik bei Herbert Marcuse, Frankfurt 1977 I.e., p. 162
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I.e., p. 200 ibid. I.e., p. 224 I.e., p. 241sq. I.e., p. 242 I.e., p. 243 Cf. ibid. ibid. ibid. I.e., p. 243sq. Wolfgang Pohrt, Ausverkauf. Von der Endlösung zu ihrer Alternative, Berlin 1980, p. 85 Roman Rosdolsky Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen »Kapital« . Der Rohentwurf des Kapital 1857-1858, Frankfurt 1968 I.e., p. 112 Cf. Horst Kurnitzky, Triebstruktur des Geldes. Ein Beitrag zur Theorie der Weiblichkeit, Berlin 1974 Cf. Oskar Negt, Alexander Kluge, Geschichte und Eigensinn, Frankfurt 1981, p. 1033ssq. Cf. Hans Jürgen Krahl, Konstitution und Klassenkampf, Frankfurt 1971, p. 83 I.e., p. 122 Theodor W. Adorno, Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft? (1968), in: Id., Aufsätze zur Gesellschaftstheorie und Methodologie, Frankfurt 1970, p. 164 ibid.
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Anmerkungen zu: Diethard Behrens, Kornelia Hafner, Totalität und Kritik 1 2
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Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, Hamburg 1952,6°, p. 69 »Man mag diesen Versuchen einer gegenseitigen Annäherung von modernem analytischem Wissenschartsverständnis und Dialektik ... vorwerfen ..., daß sie die Dialektik angesichts ihrer politischen und wissenschaftlichen Bedeutung einfach vereinnahmen wollen, nach dem Spruch des Igels im Wettlauf mit dem Hasen: >Ich bin schon hier<; oder den marxistischen Bemühungen, daß sie auf einen Zug aufspringen wollen, der sonst ohne sie abfahren würde. Vor allem erscheint aber problematisch, daß hier durchweg fraglich wird, ob die Grundintention der dialektischen Entwicklung, eine spezifische wissenschaftliche Begründung zu liefern, noch angemessen zum Tragen kommt«. Gerhard Göhler, Die Reduktion der Dialektik durch Marx. Strukturveränderungen der dialektischen Entwicklung in der Kritik der politischen Ökonomie, Stuttgart 1980, p. 14 Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1953, p.lll Cf. Georg Lukács, Geschichte und Klassenbewußtsein. Studien über marxistische Dialektik, Berlin 1923. Die zeitgleiche Veröffentlichung von Karl Korsch, »Marxismus und Philosophie« (1923) hatte gegenüber dem Lukácsschen Werk eine rezeptionsgeschichtlich geringere Wirkung. Daß beide »Orthodoxien«, die von Kautsky und die von Deborin, als eine der russischen Theorievarianten - cf. Iring Fetscher, Intellektuelle Marxisten, in: Id., Herfried Münkler (Eds.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 5, München-Zürich 1987, p. 565 - auf eine gemeinsame Basis zurückführbar sind, soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Cf. Lukács, Geschichte..., I.e., p. 61 Cf. I.e., p.26 Helmut Brentel, Widerspruch und Entwicklung bei Marx und Hegel (Studientexte zur Sozialwissenschaft 1), Frankfurt 1986, p. 76 - hier im Lukács-hegelianisierenden Sinne. Cf. Lukäcs, Geschichte ..., I.e., p. 112. Cf. I.e., p. 114. Diese Reduktion kapitalistischer Ökonomie auf die Anarchie des Marktes verstellt Lukács systematisch ein Verständnis des Gesamtproduktionsprozesses des Kapitals. Cf. I.e., p. 199, 216. Cf. I.e., p. 187. Mit der Totalität der Warenwelt wird ein Begriff der Rationalisierung unterstellt, der die Webersche handlungstheoretische Eingrenzung erkenntnistheoretisch transzendiert. Cf. dazu: Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 1, Frankfurt 1981, p. 482 und im Anschluß daran: Otto Kallscheuer, Marxismus und Erkenntnistheorie in Westeuropa. Eine politische Philosophiegeschichte, Frankfurt-New-York 1986, p. 110sq. Cf. Lukács, Geschichte..., 1. c., p. 181. I.e., p. 100 I.e., p. 103
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16 Der beschriebene Atomismus der bürgerlichen Individuen ist also durch die Warenproduktion bestimmt, wie Kallscheuer richtig bemerkt - cf. Kallscheuer, Marxismus..., 1. c., p. 96 - er vergißt hinzuzufügen, daß Lukács diesen Atomismus als bloßen Schein kennzeichnet. Cf. Lukács, Geschichte..., I.e., p. 103. 17 I.e., p. 94 18 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 96. 19 Cf. Lukács, Geschichte..., 1. c., p. 98. 20 »Die Formen der Gesellschaftlichkeit strukturieren die Formen der Gegenständlichkeit« wie die Formen der Gegenständlichkeit die Formen der Gesellschaftlichkeit strukturierten, interpretiert Kallscheuer, Cf. Kallscheuer, Marxismus..., 1. c., p. 239. Nichtsdestotrotz verfehlt er damit die Erkenntnistheorie von Lukács. Kallscheuers Kritik an Lukács moniert an dessen Begriff der Verdinglichung die Kontamination zweier Entfremdungsbegriffe: Entfremdung als geistige, d.h. als Mangel an individueller Selbstverwirklichung, und Entfremdung als gesellschaftliche, als »nicht bewußte und/oder nicht intendierte Kontrafinalitäten als Ergebnisse kollektiver Handlungssequenzen«. I.e., p. 107. Er vermißt also eine analytische und normative Differenzierung. Augenscheinlich beklagt er, daß Lukäcs nicht Habermas ist. 21 Cf. Georg Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 89sq., 99. 22 Krahl charakterisiert den Lukäcsschen Klassenbegriff folgendermaßen: »Lukács hat einen ontologischen Klassenbegriff, den des gesellschaftlichen Seins.« Hans-Jürgen Krahl, Zu Lukács: Geschichte und Klassenbewußtsein, in: Id., Konstitution und Klassenkampf. Zur historischen Dialektik von bürgerlicher Emanzipation und proletarischer Revolution, Frankfurt 1971, p. 164 23 Cf. dazu ausführlich: Tom Bottomore, Klassenstruktur und Sozialbewußtsein, in: István Meszaros (Ed.), Aspekte von Geschichte und Klassenbewußtsein, München 1972, p. 75. 24 Otto Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 96, wie dieser die »Selbstobjektivierung«, das »Zur-Ware-Werden« des Menschen nennt. Cf. Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 104. 25 Lukács operiert hier im Anschluß an Lask mit dem »intellectus archetypus«, der Aufhebung der intelligiblen Zufälligkeit, zwischen Allgemeinheit und Besonderheit. Die gesellschaftliche Einheit liegt im hierarchisierten Verhältnis von bürgerlicher Rationalität und proletarischem Leben. Cf. Ursula Apitzsch, Gesellschaftstheorie und Ästhetik bei Georg Lukács bis 1933, Stuttgart-Bad Cannstatt 1977, p. 91. 26 Als zentralen Fehler der Lukácsschen Konstruktion erachtet Kallscheuer den Schluß von der Interessenlage einer Klasse auf die Identität dieser, die sie zum Subjekt forme. Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e. p. 107. Aufklärerischer motiviert kritisiert Goldmann Lukács. Weil Lukács Individualismus, Kontemplation und Verdinglichung aneinander gekoppelt hat, muß er zum »Gedanken des transindividuellen Bewußtseins« greifen, die Klasse als »transindividuelles Ich« verstehen. Lucien Goldmann, Reflexionen über Geschichte und Klassenbewußtsein, in: István Meszaros (Ed.), Aspekte ..., I.e., p. 105 und 106 27 Interesse wird traditionell als individuelles angesehen. Die weit201
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verbreitete, an Hobbes anschließende Sozialontologie, die mit den auf self interest orientierten Aktormonaden operiert, versteht darunter den Nutzenkalkül der Gewinnmaximierung. Diese widersprüchliche Konstruktion führt bei Lukács dazu, daß er die Aufhebung des Proletariats als Proletariat propagiert und zugleich eine Anthropologie der Arbeit entwirft. Dies geschieht bei ihm auch deshalb, weil das Interesse des Proletariats an der Aufhebung seiner selbst politizistisch auf den reinen Akt der Revolution reduziert wird - und dies trotz einer langen Passage zur Kategorie des Werdens. Das Werden als Inhalt der Geschichte ist insofern auch Teil der Methode, als es Aufhebung der isolierten Momente bedeutet. Aber bei Lukäcs ist diese Aufhebung in Richtung auf die Totalität, die auf eine einfache Form des Ganzen zurückgenommen ist, verkürzt, denn das, was in der Geschichte gegenständlich werde, das Proletariat, bestimmt durch das Bewußtsein seiner geschichtlichen Lage als gesellschaftsnegatorisches, wird verbunden mit der Kategorie des Werdens. Das Werden als Werden soll das wahre Wesen des Gegenstands enthüllen, zugleich soll es die Vermittlung von Vergangenheit und Zukunft leisten. Werden ist gemeint als Kategorie der Praxis, d.h. bei Lukäcs der Politik. Cf. Lukács, Geschichte ..., I.e., 159, 160,168, 181, 222sq., 225. Dieser Politizismus führt ihn andererseits zu einer Ontologie der Arbeit zurück. Ihr ist sein Spätwerk gewidmet »Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins«. Mit der Ontologisierung des Sozialen als Arbeit wird aber nicht nur die revolutionstheoretisch konzipierte historische Dynamik zurückgenommen, sondern auch die politische Bedeutung des Emanzipationsinteresses als Klasseninteresse. Lukács versucht beides darüber zu retten, daß er einen entschiedenen Bruch zwischen der Ontologie der Natur und der der Gesellschaft setzt. Die Ontologie der Gesellschaft zeichnet immer schon ein teleologisches Element aus, man könnte auch sagen, den Weberschen Wertbezug, insofern Arbeit als ziel- und zweckgerichtete Aneignung und Umgestaltung von vorgegebener erster und zweiter Natur über die mit dieser gesetzten Kausalitätszusammenhänge hinausgreift. Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 185 I.e., p. 186 I.e., p. 195 - Kallscheuer formuliert: »ein Objekt entdeckt sich als Subjekt« - Kallscheuer, Marxismus ... I.e., p. 105 -, es erkennt und entdeckt sich selbst. Diese Aussage, daß das »revolutionäre Proletariat ... sich selbst nur als indirektes Selbstbewußtsein, d.h. unmittelbar nur unter der Form des Objekts kennt« - I.e., p. 96 -, wie er im Anschluß an Jacques Ranciere, Der Begriff der Kritik und die Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1972, p. 7-36, formuliert, offenbart aber eher ein Dilemma der Lukács-Kritik: Insofern das Proletariat Objekt ist, weiß es sich noch nicht und insofern es sich erkennt, ist es nicht mehr Objekt. Insofern man sich der Kategorie des Werdens entschlägt, wie dies bei Lukács, der dieser nur im Horizont seiner Geschichtsphilosophie Geltung zukommen läßt, und bei seinen Kritikern gleichermaßen der Fall ist, kann eine klassentheoretische Argumentation auch nicht ausreichend die Dimension eines Bewußtseins qualitativer Veränderung erreichen.
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32 Cf. Kallscheuer, Marxismus..., I.e., p. 114sq., der die Subjektivität des Proletariats als Klasse als Mythologie und deshalb die »moralische Hypostasierung des Proletariats zum kollektiven Subjekt der gesellschaftlichen Befreiung« kritisiert. I.e., p. 115 33 Georg Lukács, Intellektuelle und Organisation (1920), in: Frank Benseier (Ed.), Revolutionäres Denken - Georg Lukács, Eine Einführung in Leben und Werk, Darmstadt-Neuwied 1984. p. 175-179, hier: p. 177 34 Cf. Lukács, Geschichte..., I.e., p. 253sq. 35 Dieser politizistische Klassenbegriff stammt von Lenin. 36 Cf. Apitzsch, Gesellschaftstheorie ..., I.e., p. 100,102. 37 Cf. Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 217. 38 Cf. I.e., p. 195. 39 I.e., p. 192 40 Goldmann, Reflexionen ..., I.e., p. 110 41 I.e., p. 111 42 Apitzsch, Gesellschaftstheorie ..., I.e., p. 84 43 Damit wird das Webersche Dezisionismusproblem vermieden. 44 Lukács, Geschichte ..., 1. c., p. 86 45 Lukács selbst betont, daß der »Wille zur Utopie«, insofern er jene »Form des Sollens« annimmt, im kontemplativen Hinnehmen der Empirie verbleibt und verweist darauf, daß die Kategorie des Sollens in der Kantschen Philosophie ein Sein voraussetzt, auf das sie »prinzipiell unanwendbar« ist. I.e., p. 176 46 Cf. id., Der Bolschewismus als moralisches Problem, in: Id., Taktik und Ethik. Politische Aufsätze I, 1918-1920, Darmstadt-Neuwied 1975, p. 29. Cf. insgesamt dazu: Otto Kallscheuer, Marxismus..., 1. c., p. 110sq., der den Ethizismus von Lukács als Romantik verwirft, um andernorts auf die Forderung einer ethischen Ergänzung des Marxismus, eine Forderung, die seit den Kantianer-Marxisten gang und gäbe ist, zurückzukommen. Cf. diesbezüglich: Id., Gerechtigkeit und Freiheit bei Marx. Ethische Probleme bei Marx - Marxens Probleme mit der Ethik, in: Probleme des Klassenkampfs 65, Berlin 1986, p. 121-144, insbesondere p. 128,136,140, nur daß seine Ethik Marx liberalistische und verteilungstheoretische Elemente zu implementieren sucht. 47 Cf. Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 125. 48 Cf. I.e., p. 129sq., 133. 49 I.e., p. 133 50 I.e., p. 240 51 Cf. I.e., p. 239,150. 52 Cf. I.e., p. 105,142,182. 53 Dies gilt hier für Kunst und Mathematik. Es ist für Lukács Kennzeichen der bürgerlichen Welt. Seine eigene Auffassung dokumentiert die Nähe zu Bloch. 54 Lukács, Geschichte ..., 1. c., p. 177 55 Das die Welt, Geschichte und Natur setzende Subjekt, das Proletariat als Produzent der neuen Welt, lädt förmlich zu solchen Mißverständnissen ein. Cf. die verkürzte Rezeption bei Kallscheuer, der die unterschiedlichen Subjektebenen nicht diffierenziert. Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 103. 56 Cf. Fetscher, Intellektuelle ..., I.e., p. 567sq. So stellt sich die 203
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Marxsche »dialektische Theorie« als »Fortsetzung und Vollendung der Denkbewegungen des deutschen Idealismus« dar. I.e., p. 567 Kallscheuer verweist darauf, daß der »Materialismus« der Kritischen Theorie an den Praxisbegriff von Lukács gebunden war. Er sollte »eine auf die historische Verwirklichung der proletarischen Emanzipation zielende Vernunft als Einheit von Theorie und Praxis, von philosophischer Wahrheit und gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnis vorstellen.« Id., Marxismus ..., I.e., p. 232 - Von diesem einheitswissenschaftlichen Programm behauptet er, daß es gescheitert sei. Sein eigenes Kriterium ist aber die praktische Politik. Habermas interpretiert Lukács dahingehend, daß dieser »Rationalisierung und Verdinglichung als zwei Aspekte desselben Vorgangs begreif(e)« - id., Theorie des kommunikativen Handelns I, I.e., p. 476 -, ja, daß der Begriff formaler Rationalität für ihn »die Brücke zwischen der Warenform und der von Kant analysierten Form der Verstandeserkenntnis« bilde, ibid. Der okzidentale Rationalismus bildet die Folie geschichtsphilosophischer Tradition für Weber, Lukäcs und die Kritische Theorie. Cf. I.e., p. 453ssq. und Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 387. »Das fortgeschrittenste Klassenbewußtsein stellt sich aber materiell in den politischen und ökonomischen Organisationsformen des Proletariats dar.« Krahl, Konstitution..., I.e., p. 165 Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 317 Cf. Krahl, Konstitution ..., I.e., p. 177. So vollzieht das Lukäcssche Organisationskonzept, das die Zweiteilung zwischen empirischen und politischen Arbeitern festschreibt, nur diejenige zwischen Bourgeois und Citoyen nach. Cf. I.e., p. 202. Die Praxis des Proletariats als »Produzent gesellschaftlicher Totalität« - Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 286 -, dieses Programm sieht Kallscheuer, vor allem wegen der Konstruktion eines mythischen Kollektivsubjekts, als gescheitert an. Dieses Subjekt aber ist an die Dimension von Totalität gebunden. Dieser Kategorie gilt dann auch implicit die positivistisch motivierte Kritik Kallscheuers. Krahl, Konstitution..., I.e., p. 199 Cf. Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 190. Id., Rezension: Nikolai Bucharin, Theorie des historischen Materialismus, in: Oskar Negt (Ed.), Abram Deborin, Nikolai Bucharin. Kontroversen über dialektischen und mechanistischen Materialismus, Frankfurt 1969, p. 288 Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 19 Lukács, Geschichte ..., I.e., p. 17 I.e., p. 179 - Dies zielt implicit gegen Engels' Argumentation im »Anti-Dühring« und sinngemäß auch gegen seine Schrift »Dialektik der Natur«, die aber zur Zeit der Verfassung von »Geschichte und Klassenbewußtsein« noch nicht veröffentlicht war. Cf. die Bemerkungen von Lukács über die Abbildtheorie, I.e., p. 220. I.e., p. 194 I.e., p. 191sq. (Hervorh. im Text) I.e., p. 195 Cf. I.e., p. 16ssq.
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73 I.e., p. 162 74 ibid. 75 Cf. id., Vorwort zu Geschichte und Klassenbewußtsein, Neuwied 1986, p. 16. 76 Cf. id., Geschichte und Klassenbewußtsein, Berlin 1923, p. 30. 77 I.e., p. 194 78 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 92. 79 Cf. I.e., p. 94. 80 Insbesondere die Philosophie Adornos verfolge die Strategie einer philosophischen Selbstimmunisierung, weil sie kein Kriterium der Überprüfbarkeit bereitstelle und damit die Ebene wissenschaftlicher Thematisierung von Gesellschaft verfehle. Im Gegenteil: Da Adorno Gesellschaft als Vermittlung begreift, bedeutet ihm Erkenntnis zugleich Kritik. Er trenne, so wird moniert, nicht zureichend die Ebenen. Cf. Christel Beier, Zur Struktur des Totalitätsbegriffs in der kritischen Theorie Adornos. Perspektiven einer sozialwissenschaftlichen Konstruktion, in: Jürgen Ritsert (Ed.), ibid. Die Kritik Kallscheuers zielt auf: Helmut Reichelt, Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Frankfurt 1971 2°. 81 Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 272 82 ibid. Die Kritik Kallscheuers zielt auf: Helmut Reichelt, Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Frankfurt 1971 2° 83 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 68. 84 I.e., p. 232 - Totalitätsbezug fungiere als »gemeinsamer Ankerpunkt« von Gesellschaftstheorie und Erkenntniskritik »in der wechselseitigen Fundierungsbeziehung zwischen« Adornos »Kritik des identifizierenden Denkens in der abendländischen Philosophiegeschichte und der Gleichsetzung von Produkten menschlicher Tätigkeit in der abstrakten Tauschwertbeziehung.« I.e., p. 234, cf. entsprechend als Bezugspunkt: Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, Frankfurt 1970 2°, p. 178. Gerade hierin erblickt Kallscheuer eine unzulässig Vereinfachung. 85 Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 274 - Insofern wird auch die Auffassung abgewehrt, »die Hegel sehe Logik sei >Ausdruck< oder > Widerspiegelung jener Selbstverwerturig des Werts«, wie Kallscheuer sie bei Wolf gegeben sieht. Cf. Dieter Wolf, Hegel und Marx. Zur Bewegungsstruktur des absoluten Geistes und des Kapitals, Hamburg 1979. Hermann Kocyba, der in seiner Schrift: »Widerspruch und Theoriestruktur. Zur Darstellungsmethode im Marxschen Kapital«, Frankfurt 1979, selbst eine Kritik des Hegelmar-xismus liefert, betont die Distanz Lukäcs' zum Systemgedanken. »Seine Zweiteilung der Hegeischen Dialektik in progressive Methode und reaktionäres System operiert auf dem Niveau der zeitgenössischen Hegelrenaissance.« i.e., p. 30 86 Auch für Christel Beier, die von einem anderen Ausgangspunkt her die Kritik des Hegelmarxismus betreibt, gilt diese Totalität als längst zerfallen. Totalität soll aufgefaßt werden als eine »Wirkung des Ganzen ... auf jedes seiner Elemente«, wobei unterstellt ist, daß das »> Wesen< als ein >geistiges< Ganze(s)« gedacht wird, wie sie im Anschluß an Althusser formuliert, der den Totalitätsbegriff der Gesellschaft durch den der strukturalen Komplexität längst ersetzt 205
hat. Ead., Zur Struktur ..., I.e., p. 126 - Die Einheit der Gesellschaft ist dort längst sedimentiert. Cf. entsprechend Louis Althusser, Der Gegenstand des > Kapital<, in: Id., Etienne Balibar, Das Kapital lesen, Bd. I, Reinbek 1972, p. 127,132. 87 »Trotz der Hegelkritik von Adorno und Horkheimer trägt damit der Frankfurter >Totalitätsanspruch< an kritische Gesellschaftstheorie quasihegelische Züge: Die Kritische Theorie in ihrer Spätphase hat sich durch die Nicht-Unterscheidung von objektund metatheoretischen Annahmen, durch die Annahme der Reduzierbarkeit des gesellschaftlichen Ganzen auf ein einheitliches inneres Prinzip und durch das »kritische« Mißtrauen gegenüber empirischen Kontrollen in der Gesellschaftswissenschaft immer bereits philosophisch immunisiert.« Kallscheuer, Marxismus..., I.e., p. 234, im Anschluß an Christel Beier. Operationalisierbarkeit ist auch ihr Kriterium von Theorie. 88 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 275, wo er sich für einen eingegrenzten Kapitalbegriff ausspricht. 90
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Positivistisch gereinigte Aufklärung stellt sich dann als Grund beider Optionen dar. Demgegenüber bedient sich die Kritik des Hegelmarxismus von Hermann Kocyba vergleichsweise elaborierter Argumentationsweisen. Sie hält immerhin daran fest, daß »der »soziale Lebensprozeß*, der sich außerhalb unseres Erkenntnisvermögens abspielt«, uns nur »über unsere jeweiligen Erkenntnisanstrengungen« bekannt ist. Kocyba, Widerspruch ..., I.e., p. 38 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 274. Das Prinzip der innerlichen Wahrheit hält della Volpe, dem Kallscheuer folgt, für das Prinzip des spekulativen Idealismus. Mit Max Adler opponiert Kallscneuer »diesem« Idealismus und verweist auf die Marxsche Hegelkritik in den »Grundrissen«, der bei Hegel die Auffassung kritisierte, das Reale als Produkt des Denkens begreifen zu wollen. Cf. I.e., p. 275 und generell: Max Adler, Marx und die Dialektik (1908), in: Hans Jörg Sandkühler, Rafael de la Vega (Eds.), Austromarxismus, Frankfurt-Berlin-Wien 1970. Cf. Otto Kallscheuer, Das »System des Marxismus« ist ein Phantom. Argumente für den theoretischen Pluralismus der Linken, in: Kursbuch 48, Berlin 1977, p. 59-75, hier: p. 70. Im Widerspruch zu seiner späteren Argumentation betont Kallscheuer hier, daß, während der dogmatische Marxismus an die Hegeische Ontologie als geschlossenes System anknüpfe, der undogmatische Marxismus, d.h. Lukäcs, Korsch, die Kritische Theorie und ihre Anhänger, sich immer für Offenheit ausgesprochen hätten. Dies bedeute, eine »Absage an die >hegelmarxistische< Version der Systemtheorie als als »Logik des Kapitals*« wie auch eine Absage an den Versuch, wesenslogische Kategorien einer materialistischen Philosophie zu formulieren. Denn die Hegeische Kantkritik habe sich materialistisch nicht durchhalten lassen. Id., Marxismus ..., 1. c„p. 280 Cf. id., Das »System ...« .., I.e., p. 67. Die Marxsche Theorie stelle im Gegenteil »ein labiles Ideengebäude« dar und müsse deswegen laufend ergänzt werden. Id., Marxismus ..., I.e., p. 276 Cf. I.e., p. 282. Die kommunistische Assoziation sei als Arbeits-
gesellschaft zu verstehen und habe heutzutage jeglichen emanzipativen Charakter eingebüßt. Cf. etwa Andre Gorz, Abschied vom Proletariat, Frankfurt 1980. 96 »Die Hegeische Auffassung von Methode, wonach >irgend etwas nur begriffen und in seiner Wahrheit gewußt (ist), als es der Methode vollkommen unterworfen ist<, beruht auf der (identitätsphilosophischen) Voraussetzung, daß sie >die eigene Methode der Sache selbst< sei, >weil ihre Tätigkeit der Begriff ist.« Kallscheuer, Das »System...« ..., I.e., p. 70, cf. entsprechend id., Marxismus ..., I.e., . 273. Das eingeschobene Zitat stammt aus: Georg Wilhelm riedrich Hegel, Die Wissenschaft der Logik II, Frankfurt 1969, p. 551sq. 97 »Die Konzeptualisierung des Verhältnisses von Wesen und Erscheinung als eines von Ganzem und Teil (bei Hegel und Adorno, d. Verf.) enthält die Reduzierbarkeit des Ganzen auf ein einheitliches inneres Prinzip.« Beier, Zur Struktur ..., I.e., p. 127, wobei hier Erscheinung mit dem Konkret-Empirischen identifiziert wird. 98 Cf. Kallscheuer, Marxismus..., I.e., p. 169. »Die Hegel'schen Abstraktionen sind also nicht einfach >leer<, sondern empirisch gefüllt, diese >Fülle< jedoch ist keine Erkenntnis, sondern Tautologie.« I.e., p. 170, wie er im Anschluß an della Volpe formuliert. Cf. Galvano della Volpe, Rousseau e Marx. Opere Bd. 5, Rom 1973, p. 322,167. 99 »Die Hegeische Dialektik wird von Della Volpe also interpretiert als Identitätsphilosophie, die das Besondere/Endliche im Identisch/Allgemeinen >aufhebe<, so daß die Endlichkeit (Empirie) zum bloßen >Moment< in der Entwicklung des allgemeinen Begriffs wird - eine Argumentation, die von seinem Schüler Lucio Colletti auch auf den > dialektischen Materialismus< übertragen wurde.« Kallscheuer, Marxismus..., I.e., p. 170 - Empirie erscheint hier als Gegensatz zur »Identität«, zur Metaphysik. Unterstellt ist damit offenbar die wechselseitige Funktionalität von Rationalismus und Empirie und damit auch des Anschlusses an die phänomenologisch-positivistische Theoriebildung. 100 Wird unter diesen Prämissen Identität begriffen, so erweist sich als Schein, daß Lukäcs eine »Identitätsphilosophie« formuliert habe. 101 Cf. I.e., p. 276,281. Der Hegelmarxismus selbst, der Hegelianismus im Materialismus, datiere letztlich schon von Engels her. Bei Engels werde die »Hegeische Identitätsphilosophie nur >materialistisch< auf den Kopf gestellt«. Otto Kallscheuer, Marxismus und Sozialismus bis zum Ersten Weltkrieg, in: Iring Fetscher, Herfried Münkler (Eds.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 4, München-Zürich 1986, p. 527 102 Das Bemerkenswerte an dieser Kritik ist nicht nur, daß sie sich an einer zentralen Stelle wesentlich nur auf ein Zitat aus dem Abschnitt der absoluten Idee aus Hegels Logik stützt, sondern daß im theoretischen Kollektivzwang unterschiedliche Theoriestränge sie zusammenzubringen sucht, wie Rationalismus, Cartesianismus, Hegeische Philosophie, neu-kantianisch-webersche Gesellschaftstheorie, Marxismus und Kritische Theorie - einen aristotelisierenden Bloch wie Lukäcs, Korsch und Marcuse. All dies firmiert unter Hegelmarxismus.
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103 Cf. Max Horkheimer, Hegel und das Problem der Metaphysik, in: Festschrift für Carl Grünberg. Zum 70. Geburtstag, Leipzig 1932 (Nachdruck Glashütter i.T. 1971) 104 I.e., p. 185 105 I.e., p. 186 - Das sich selbst erkennende Subjekt muß als mit dem Absoluten identisch gedacht werden, weil die Natur als Welt der Endlichkeiten gegenüber dem wahren Subjekt Stückwerk bleibt, deswegen ist Totalitätserkenntnis Bedingung. Horkheimer kritisiert: All die Totalitäten, das sich denkende Sein, die Wesenheit, der Weltgeist, »durch welche die grosse Totalität: das Subjekt-Objekt, bestimmt ist, sind höchst sinnleere Abstraktionen und keineswegs etwa Seelen des Wirklichen, wie Hegel geglaubt hat.« I.e., p. 192 106 I.e., p. 187 107 Es »ist der Erkenntnisbegriff des Identitätssystems, durch den Hegel die Vernünftigkeit des Wirklichen begründet«, ibid. 108 ibid. 109 »Die dialektische Selbstbewegung des Begriffs beruht wesentlich darauf, daß jede nicht abschließende begriffliche Bestimmung an der Idee des vollendeten Systems der Selbsterkenntnis gemessen wird und ihr nicht Genüge tut. Das Resultat (die absolute Idee) ist schon im Anfang vorweggenommen...«, ibid. 110 »Die aus dem Prinzip der Identität hergeleiteten Kategorien bilden den Maßstab, an dem die wahre Wirklichkeit von der bloßen »zufälligen* Existenz unterschieden wird. Sie definieren die ... Vernunft«. I.e., p. 188 111 I.e., p. 189 112 ibid. 113 I.e., p. 191 - Außer acht bleibt hier die Allgemeinheit in der Form der Sprache. 114 l.c.,p. 192 115 ibid. 116 Cf. Adorno, Negative Dialektik, I.e., p. 143sq. 117 Cf. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften I, Frankfurt 1970, p. 217sq. 118 Karl Heinz Haag, Der Fortschritt in der Philosophie, Frankfurt 1983, p. 91 119 I.e., p. 95 120 I.e., p. 96 121 I.e., p. 96sq. 122 Hegel, Logik, 1. Teil, I.e., p. 563, hier nach Haag, Der Fortschritt..., I.e., p.97 123 Kallscheuer, Marxismus..., 1. c., p. 114 124 ibid. 125 Cf. Steffen Neugebauer, Gibt es eine Krise des Marxismus? in: Mehrwert 14, 1978, p. 18. Dort im Anschluß an Colletti: »Wo der Marxismus eine wissenschaftliche Theorie gesellschaftlichen Werdens ist, ist er allenfalls eine »Zusammenbruchstheorie*, jedoch keine Theorie der Revolution; umgekehrt läuft er, wo er eine Revolutionstheorie ist, Gefahr, sich als das Projekt einer utopischen Subjektivität zu erweisen, weil er nur eine »Kritik der politischen Ökonomie* ist.« Lucio Colletti, Marxismus und Dialektik, Frankfurt-Berlin-Wien 1977, p. 31 208
126 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 277. 127 Cf. I.e., p. 285. Bestritten wurde sie schon von Bernstein und Sorel. »Weder der ethisch-politische Ansatz der Sozialreform noch die praktische Triebkraft eines die Massen ergreifenden revolutionären Mythos liessen sich aus der inneren Gesetzlichkeit der kapitalistischen Entwicklung deduzieren.« So kommentiert Kallscheuer deren theoretisches Dilemma. Insofern sei aber auch Rosa Luxemburg zu kritisieren, da sie Kapitalismustheorie als Revolutionstheorie konzipiere. Cf. id., Marxismus und Sozialismus ..., I.e., p. 573. Mehr noch: Revolutionstheorie im Rahmen der Arbeiterbewegung sei schon deshalb desavouiert, weil sich der Kapitalismus als lernfähig erwiesen habe und als organisierter Kapitalismus letztlich Gestalt gewonnen habe. Cf. id., Marxismus..., I.e., p. 285. Dies wird zwar als Tatbestand ausgegeben, ist aber angesichts der vielfältigen Krisenphänomene dieses prächtig organisierten Sozialverhältnisses stark anzuzweifeln. 128 I.e., p. 290 129 D.h. als kollektive Rationalität, die, personifiziert in Marx, als traditionales Herrschaftsverhältnis gegenüber den Arbeitern beschrieben wird. Die Marxsche Kritik Dringe, wie Kallscheuer einen Satz von Benjamin über den Faschismus, der »die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen« lasse, variiert, »das Proletariat in seinem Sein zwar zum Ausdruck, aber nicht zur Sprache«. I.e., p. 283 - cf. Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt 1968 2°, p. 48. 130 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 283. 131 Cf. I.e., p. 280. Um ein solches Verständnis ausweisen zu können, wird positiv Bezug genommen auf neuere Entwicklungen der Wissenschaft und des Marxismus: auf die »angloamerikanische Entwicklung der empirischen Soziologie und der Wissenschaftsphilosophie«, also Positivismus, Pragmatismus, kritischer Rationalismus und Systemtheorie, und auf den marxistischen Strukturalismus, den Althusserianismus, in Frankreich. I.e., p. 278 - Auch Max Adler, Eduard Bernstein, Otto Bauer, der Neukantianismus überhaupt, Bogdanow und die italienische Schule: Antonio Labriola, Antonio Gramsci und die Schule von della Volpe werden als Paten in Anspruch genommen. Die »hypothetisch-deduktive Interpretation der Marxschen Wissenschaft« der della Volpianer und die »selbstgenügsame Autonomie marxistischer Wissenschaftstheorie als >Theorie der theoretischen Praxis«< - I.e., p. 279 der Althusserianer sind für Kallscheuer positives Beispiel. 132 Cf. I.e., p. 280 und so auch Christel Beier, Zur Struktur ..., I.e., p. 133. 133 Kallscheuer, Marxismus , I.e., p. 280 134 Cf. Beier, Zur Struktur ..., I.e., p. 125. 135 Cf. Kallscheuer, Das »System...« ..., I.e., p. 72. 136 Cf. Neugebauer, Gibt es eine Krise..., I.e., p. 26. Das Prinzip logischer Widerspruchsfreiheit ist ihm Minimalbedingung einer Rekonstruktion des »Kapital«. Mit der Enthegelianisierung ergibt sich für ihn auch die Notwendigkeit, »den Marxismus als wissenschaftliche Revolution zu rekonstruieren«, ihn als vollständig neues Erkenntnisobjekt zu begreifen unter Aufnahme des Wissens209
chaftsverständnisses des frühen Althusser und Lakatos. 137 Cf. I.e., p. 9 und insbesondere Imre Lakatos, Die Geschichte der Wissenschaft und ihre rationalen Rekonstruktionen, in: Werner Diederich (Ed.), Theorien der Wissenschaftsgeschichte. Beiträge zur diachronen Wissenschaftstheorie, Frankfurt 1974, p. 82, 107 und 111. Die rationale Rekonstruktion als methodische Einheit von Induktivismus, Konventionalismus, des methodologischen Falsifikationismus und der Methodologie der wissenschaftlichen Forschungsprogramme zielt auf die Erklärung von Fortschritt der Wissenscharten in wissenschaftstheoretischer Absicht als den der ständigen Erneuerung und Ersetzung rationaler Rekonstruktionen angesichts des »Ozean(s) von Anomalien« auf der Basis eines eindeutigen Theorie-Praxis-Verhältnisses. 138 Cf. Kallscheuer, Marxismus ..., I.e., p. 280. 139 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 8 140 Cf. den anvisierten »Kern des Forschungsprogramms der Marxschen Kapitalismustheorie« - Kallscheuer, Das »System...« ..., I.e., p. 72sq. - als Terminus einer spezifischen Wissenschaftslinearität in bezug auf wissenschaftliche Folge- und Anwendungsdimensionen. 141 Es gibt also einen »harten Kern von Grundhypothesen« wie eine »positive Heuristik«, die die »Probleme definiert«, die »Konstruktion eines Gürtels von Hilfshypothesen« ermöglicht. Neugebauer, Gibt es eine Krise ..., I.e., p. 10, cf. entsprechend Lakatos, Die Geschichte ..., I.e., p. 69. 142 Cf. zur Beschreibung des Sneed-Ramsey-Satzes vor allem: Wolfgang Stegmüller, Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie, Bd. II, Teil D, Berlin-Heidelberg-New York 1973, p. 143ssq. Zudem können Theorien nicht als rein formale Medien aufgefaßt werden. In diesem Zusammenhang ist dann auf die praktischen Implikationen in Theorien zu verweisen und vor allem auf die apriorische Dimension des Zwecksetzens. Cf. Jürgen Ritsert, Praktische Implikationen in Theorien, in: Id. (Rd.), Zur Wissenschaftslogik ..., I.e., p. 51. 143 Kallscheuer, Das »System...«..., I.e., p. 69 144 I.e., p. 73, im Anschluß an Habermas, Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt 1976, p. 9 145 Kocyba, Widerspruch ..., I.e., p. 27 im Anschluß an Althusser, Der Gegenstand ..., I.e., p. 244-261 146 Cf. Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 27. Eine solche Umstülpung könne, wolle sie »keine »Aufhebung* im Hegeischen Sinne sein, nur von einer externen Perspektive und mit Bezug auf die diskursive Immanenz der spekulativen Logik gewaltsam erfolgen ..., so daß das Resultat der durch die Umstülpungsmetapher bezeichneten Transformation jedenfalls nicht mehr der »rationelle Kern* der Hegelschen Dialektik ist.« 147 Cf. Karl Marx, Das Kapital I, MEW 23, Berlin 1970, Nachwort zur 2.Aufl. 148 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 28 149 »Die dialektische Darstellung der Kategorien ist ... unter zwei Gesichtspunkten zu betrachten: einerseits Kritik und Ableitung der Form des geschichtslosen Bewußtseins des bürgerlichen Subjekts, andererseits Nachzeichnen der Genesis dieses Subjekts selbst, als Darstellung eines naturähnlichen Konstitutionsprozesses unter der 210
Form eines Überhangs an gesellschaftlicher Objektivität, welche dieses Subjekt gleichsam nur noch nachschleift, aber eben zugleich in der Form des Überhangs, der Verselbständigung gegenüber dem Subjekt, von diesem Subjekt selbst noch produziert wird.« Reichelt, Zur logischen Struktur..., I.e., p. 17, zit. n. Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 30 150 ibid. 151 ibid. 152 Reichelt, Zur logischen Struktur ..., I.e., p. 164 153 Cf. I.e., p. 18. 154 I.e., p. 10 155 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 9 156 Cf. I.e., p. 11. 157 I.e., p. 107 158 Cf. I. S. Narski, Dialektischer Widerspruch und Erkenntnislogik, Berlin 1973. 159 Kocyba, Widerspruch ..., I.e., p. 9 160 »Indem Marx gegen die spekulative Dialektik an einer Differenz von Denken und Sein festhält, die sich nicht selbst wiederum in eine spezielle begriffliche Konfiguration innerhalb der prozessualen Totalität auflöst, destruiert er die Teleologie eines absoluten Wissens, das die sich im Prozeß der inhaltlichen Erkenntnis verteilende Identität (soweit gegen Kallscheuer! d. Verf.) von Bewußtsein und Gegenstand ausspricht.« I.e., p. 17 161 ibid. 162 Cf. Immanuel Kant, Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen, Königsberg 1763, hier: Werke Bd. 2, Wiesbaden 1960, p. 783sq. 163 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 25 - Daß das Begriffspaar Lohnarbeit und Kapital konstitutiv als zusammengehörig betrachtet und beide Momente durch logisch entgegengesetzte Prädikate charakterisiert werden könnten, heiße »trotz aller hegelianisch-dramatisierenden Paraphrasen nicht, daß zwischen Lohnarbeit und Kapital ein logisches Widerspruchsverhältnis besteht, solange man beide nicht als identisch behauptet.« I.e., p. 22 - Die Rede von der hegelianisierenden Dramatisierung ist aber entweder leere Polemik oder sie muß Hegel unterstellen, daß die beiden Momente, die im »dialektischen« Widerspruch sich gegenseitig ausschließen, als identisch behauptet würden, was zu einer identitätsphilosophischen Interpretation Hegels führt. 164 Seine Kritik richte sich nicht in erster Linie »auf die empirische Triftigkeit singulärer Behauptungen, sondern zielt auf Schwächen der theoretischen Konstruktion, die interne begriffliche Konsistenz des Programms und seine Ausführung. >Erfanrung< bezieht sich dann auf ein innertheoretisch spezifiziertes Verhältnis von >Theorie und Empirie< und die Transformationen dieses Verhältnisses nicht auf die Konfrontation mit einem vermeintlich theoriefreien Datenmaterial.« I.e., p. 36 165 I.e., p. 37 166 Cf. ibid. 167 Engels habe »den Begriff des dialektischen Widerspruchs sowohl im Zusammenhang einer Heuristik und Methodologie 211
wissenschaftlicher Forschung als auch im Sinne eines begrifflichen Instrumen-tariums der Beschreibung prozessualer Verläufe« erläutert, aber »mit seiner Unterstellung einer letztlich linearen Parallelität zwischen theoriegeschichtlicher Entwicklung und theoretischer Darstellung der realgeschichtlichen Entwicklung« sei er »zu einem der entscheidenden marxistischen Mißinterpreten der Kritik der politischen Ökonomie« geworden. I.e., p. 43 168 I.e., p. 43sq., im Anschluß an Narski, Dialektischer Widerspruch..., I.e., p. 49 169 Hermann Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 44 170 I.e., p. 50 171 ibid. 172 I.e., p. 56 173 I.e., p. 55 (Hervorh. v.d. Verf.) 174 I.e., p. 56 (Hervorh. v.d. Verf.) 175 I.e., p. 83 176 ibid., cf. auch p. 186. 177 I.e., p. 83 178 Cf. I.e., p. 57. 179 »Der logische Prozeß der Analyse transformiert und entwickelt den ursprünglichen »einfachen* Gegenstand in der Theorie, d.h. als >Gedankenobjekt< .« I.e., p. 88 - So betont er, daß es Marx darum geht, »ökonomische Formbestimmungen« zu analysieren, »deren gesellschaftliche Konstitution und strukturelle Genese in der »fertigen Form< verschleiert ist.« I.e., p. 78f. (Hervorh. v.d. Verf.) 180 Cf. I.e., p. 70. 181 Genauso mißverständlich wie bei Backhaus die Rede von einer »ökonomische(n) Aufhebung des Satzes der Identität« in der »Ware-Geld-Gleichung« - Hans Georg Backhaus, Zur Dialektik der Wertform, in: Alfred Schmidt (Ed.), Beiträge zur marxistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt 1969, p. 142, hier zit. n. Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 70 - gemeint ist: als Geld ist die Ware zugleich mit sich identisch und ist es nicht - ist bei Kocyba die Rede vom Geld als Medium. Medium ist Geld nur als Zirkulationsmittel, als verschwindendes Moment, nicht als Maß der Werte und Maßstab der Preise und schon garnicht in seiner dritten Funktion, in der es als Zweck gesetzt ist, damit tendenziell als Kapital. Worauf es ankommt, hat Backhaus später präziser herausgearbeitet, nämlich, daß die »ideologiekritische« Dimension der sogenannten Wertformanalyse darin besteht, die Unmöglichkeit prämonetärer Werttheorien aufzuzeigen und daß sie damit die gesamte Ökonomie als Wissenschaft trifft. »Die Marxsche Werttheorie ist als Kritik prämonetärer Werttheorien konzipiert. Sie ist auf der Darstellungsebene der einfachen Zirkulation essentiell Geldtheorie.« Hans Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, in: Gesellschaft 3, Frankfurt 1975, p. 123 182 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 76 - Dies ist nicht ohne Bedeutung für die zahlreichen Versuche eines ökonomischen Zugriffs auf die Marxsche Werttheorie, sei es nun im Sinne von »Wertrechnungen« oder in der Absicht, mit dem Nachweis ihrer Unmöglichkeit die Marxsche Theorie abzuweisen. Kocyba betont zurecht: »Wenn Marx den bislang entwickelten Begriff des Werts im Sinne von »Wert überhaupt* und im Sinne von »quantitativ gemessener Wert< 212
(d.h. Wertgröße) bestimmt, so ist diese Charakterisierung als >quantitativ bestimmt zunächst einmal eine qualitative Besenreibung - wir können auf der Grundlage der erreichten Begriffsbestimmungen weder Wertquanta aus Arbeitsquanta berechnen noch gar Wertverhältnisse in Preisrelationen übersetzen.« ibid. 183 I.e., p. 95 184 ibid. 185 I.e., p. 100 186 I.e., p. 100sq. 187 Dabei wird die Transformation des Kapitalbegriffs im Gang der Darstellung deutlich gemacht. 188 Cf. I.e., p. 147sq. 189 I.e., p. 149 - »Der architektonische Zusammenhang beider Widerspruchstypen besteht darin, daß zur Überwindung der Problemantinomie Bestimmungen eingeführt werden müssen, die sich im nächsten Schritt der Untersuchung in einem ihnen inhomogenen Raum darstellen.« Bezeichnenderweise spreche Marx in diesem Zusammenhang »terminologisch nicht von >Widerspruch< oder >Gegensatz<. Diese Termini haben ihren Ort vielmehr dort, wo die aus der Analyse des unmittelbaren Produktionsprozesses gewonnenen Bestimmungen des wesentlichen Verhältnisses< auf die Formen der erscheinenden Bewegung« bezogen werden, d.h. sich als >irrationale Ausdrücke« manifestieren.« l.c.,p. 148 190 ibid. 191 I.e., p. 150 - »Als komplexer Wirkungszusammenhang beschreibt der Widerspruchsbegriff die Überlagerung von Teilstrukturen bzw. Strukturebenen, das wechselseitige Blockieren, Durchkreuzen oder Verstärken von Prozessen, deren plötzliche oder zyklische Richtungsumkehr, die systematische Produktion nicht intendierter Nebentolgen oder strukturdeterminierter Polarisierungen.« I.e., p. 151 192 I.e., p. 150 193 I.e., p. 175 194 Cf. I.e., p. 169. 195 I.e., p. 173 196 ibid. 197 Göhler verweist darauf, daß die analytisch orientierte MarxInterpretation, aber auch Hartmann - Klaus Hartmann, Die Marxsche Theorie. Eine philosophische Untersuchung zu den Hauptschriften, Berlin 1970 - der Bedeutung der Abfolge keine große Wichtigkeit zumessen. So zitiert er Helberger: »es sollte auch deutlich geworden sein, daß es nicht auf die einzelnen Ausbaustufen der Theorie ankommt, noch darauf, in welcher Reihenfolge die Gesetze der endgültigen Theorie angeführt werden.« Christof Helberger, Marxismus als Methode, Frankfurt 1974, p. 190, zit. n. Gerhard Göhler, Die Reduktion der Dialektik..., I.e., p. 179 198 Kocyba versichert, daß »die Formen fetischisierten >Bewußtseins< ... im >Kapital< nicht nach dem Hegeischen Vorbild als Stufenfolgen von Verkehrungen des >natürlichen Bewußtseins< oder des erscheinenden Wassens« vorgetragen« - I.e., p. 186 - seien. Marx beschreibe die Fetischformen »gleichzeitig auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Es handelt sich hierbei einmal um spezifische Teilstrukturen des ökonomischen Prozesses, die innerhalb des Gesamt213
prozesses gegen dessen Kernstruktur so weit verselbständigt sind, daß in ihnen das Wertgesetz nur mittelbar, äußerlich zur Geltung kommt und in sein Gegenteil verkehrt scheint: dieser (nichtlogische) Widerspruch ruft die »Mittelglieder der Analyse* auf den Plan. Auf der anderen Seite beschreibt Marx die durch diese verselbständigten Teilstrukturen geprägten Bewußtseinsformen, die die »Oberfläche* der kapitalistischen Realität nicht mehr aus deren inneren Band heraus zu begreifen im Stande sind; diese in den Theorien der Vulgärökonomie systematisierten Bewußtseinsformen sind nun zwar als konkurrierende Deutungsansätze mit der werttheoretischen Analyse logisch unvereinbar, können jedoch andererseits gleichzeitig widerspruchsfrei als Teilbereich des Gegenstandes der Kritik der politischen Ökonomie erfaßt werden.« I.e., p. 185 (Hervorh. v. d. Verf.) 199 I.e., p. 146 200 ibid. 201 ibid. 202 Reichelt, Zur logischen Struktur ..., I.e., p. 15 203 ibid. 204 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 146sq. Dies zielt mit Ritsert auf die Keimzellenmetapher. Cf. Jürgen Ritsert, Probleme politisch-ökonomischer Theoriebildung, Frankfurt 1973, p. 15ssq. und id., Diskursanalyse des »Kapital« , p. 3sq., n. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 93, Fn. 26. Festzuhalten ist, daß es sich dabei nicht bloß »einfach um den sukzessiven Ausbau eines zunehmend komplexer werdenden Modells« handelt, wie bei Helberger und Nowak, in dem der Widerspruch auch als darstellungsorganisierendes Prinzip verschwunden ist. Cf. entsprechend: Helberger, Marxismus..., I.e., p. 186 und Leszek Nowak, Das Problem der Erklärimg in Karl Marx' Kapital, in: Ritsert (Ed.), Zur Wissenschaftslogik..., I.e., p. 13-45. 205 Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 147 - Dies trifft u.U. auf Ritserts Deutung des Gesamtkreislaufs des Kapital. Cf. Ritsert, Probleme..., I.e., p. 48ssq. und Claus Daniel, Hegel verstehen. Einführung in sein Denken, Frankfurt-New York 1983, p. 218ssq. 206 Cf. Michael Wolff, Der Begriff des Widerspruchs. Eine Studie zur Dialektik Kants und Hegels, Königstein 1981. 207 I.e., Klappentext 208 Michael Theunissen, Sein und Schein. Die kritische Funktion der Hegeischen Logik, Frankfurt 1978, p. 474 209 Es ist deutlich geworden, wie sehr Kocyba diesem verhaftet bleibt. Die ein jähr nach Kocyba erschienene Studie von Gerhard Göhler, Die Reduktion der Dialektik..., I.e. weist dieselbe Schwäche auf. Sie unterscheidet eine emphatische Dialektik, die sich explikativer Widersprüche bediene und eine reduzierte Dialektik, die durch deskriptive Widersprüche gekennzeichnet ist. Die emphatische Dialektik ist dadurch bestimmt, daß »Widersprüche auch als logische konstitutiv in die Theoriebildung aufgenommen sind«. I.e., p. 41 - Die Differenz zwischen beiden macht Göhler an der »Hegeischen Perspektive einer dialektischen Entwicklung als Begründungszusammenhang durch die Entwicklung der Sache selbst« - I.e., p. 23 - fest. Die Studie konzentriert sich im Gegensatz zur Arbeit Kocybas nur auf die Darstellung der Wertformanalyse 214
und versucht nachzuweisen, daß »die Modifikation der Entwicklung von der Ware zum Geld im >Kapital< gegenüber der entsprechenden Entwicklung in der >Kritik< eine entscheidende Reduktion der Dialektik in Abwendung von Hegel darstellt.« - I.e., p. 24 - Daß dieser Nachweis gelungen sei, hat Brentel in seiner Dissertation entschieden bestritten. Cf. Helmut Brentel, Gegenstandskonstitution und Formtheorie. Zur Begründung ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit bei Karl Marx, Frankfurt 1984 (Diss.), p. 366ssq. Die Arbeit wurde veröffentlicht als: Soziale Form und ökonomisches Objekt. Studien zum Gegenstands- und Methodenverständnis der Kritik der politischen Ökonomie, Opladen 1989. 210 Wolff, Der Begriff..., I.e., p. 16 211 I.e., p. 19 - Die Bestätigung der hermeneutischen Hypothese, von der man gut beraten sei, auszugehen, nämlich, >»daß in Hegels Logik die klassische Logik weiter gilt<« - Wolfgang Wieland, Bemerkungen zum Anfang von Hegels Logik, in: Rolf-Peter Horstmann (Ed.), Seminar: Dialektik in der Philosophie Hegels, Frankfurt 1978, p. 210, zit. n. Wolff, Der Begriff..., I.e., p. 169 lasse sich allerdings »nur durch die Einsicht erkaufen, daß in gewisser Weise zutrifft, was Hegel immer wieder als Fehler angekreidet worden ist: die >Ontologisierung< des Widerspruchs und die Verwischung« des Unterschieds von konträrem und kontradiktorischen Gegensatz.« ibid. 212 I.e., p. 169sq. (Hervorh. im Text) 213 Cf. Hegels Polemik im Kapitel über die Reflexionsbestimmungen, wo gesagt ist, daß »der Satz der Identität oder des Widerspruchs, wie er nur die abstrakte Identität im Gegensatz gegen den Unterschied, als Wahres ausdrücken soll, kein Denkgesetz, sondern vielmehr das Gegenteil davon ist.« Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Wissenschaft der Logik II, Hamburg 1967, p. 32 214 Wolff, Der Begriff..., Lc., p. 143 215 I.e., p. 112sq. 216 Hegel, Wissenschaft der Logik II, I.e., p. 43 217 I.e., p. 46 218 I.e., p. 49 (Hervorh. im Text) - »Indem die selbständige Reflexionsbestimmung in derselben Rücksicht, als sie die andere enthält und dadurch selbständig ist, die andere ausschließt, so schließt sie in ihrer Selbständigkeit ihre eigene Selbständigkeit aus sich aus; denn diese besteht darin, die ihr andere Bestimmung in sich zu enthalten und dadurch allein nicht Beziehung auf ein Äußerliches zu sein, - aber ebensosehr unmittelbar darin, sie selbst zu sein und die negative Bestimmung von sich auszuschließen. Sie ist so der Widerspruch.« ibid. (Hervorh. im Text) 219 ibid. 220 I.e., p. 51 221 I.e., p. 52 222 ibid. 223 I.e., p. 53 224 Cf. I.e., p. 118ssq. und 129ssq. 225 I.e., p. 129 226 I.e., p. 167 227 ibid. 215
228 ibid. 229 ibid. 230 ibid. Wenn Kant behaupte, Grundlage dialektischer Oppositionen »sei letztlich eine unvermeidliche Verwechslung der Dinge an sich mit den Erscheinungen« - I.e., p. 120sq. -, weise ihm Hegel nach, daß hier auch die »Dinge an sich implizit als Substrate von Bestimmungen angesehen (werden), nur eben von Bestimmungen, die gänzlich verschieden sind von den Bestimmungen der erscheinenden Dinge.« I.e., p 130 231 I.e., p. 18 232 Hegel, Wissenschaft der Logik II, I.e., p. 58, zit. n. Wolff, Der Begriff..., I.e., p. 18 233 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften § 89 - in bezug auf das Dasein! Hier zit. n. Wolff, Der Begriff..., I.e., p. 18 234 I.e., p. 170 235 I.e., p. 167 236 ibid. 237 Cf. I.e., p. 169 238 Theunissen, Sein und Schein ..., I.e., pass. 239 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 10 (Piervorh. im Text und v.d. Verf.) 240 Expressis verbis stimmt Brentel Kocyba darin zu, daß sich ein einheitlicher Widerspruchsbegriff im »Kapital« in bezug auf »alle Argumentationen« nicht ausmachen lasse. Cf. I.e., p. 32 241 Einerseits können Widersprüche nicht bloß als logische Oppositionen gedacht werden und stehen dementsprechend nicht in »einem echten Kontradiktorietätsverhältnis« - I.e., p. 37-, andererseits sind sie nicht als Kantsche Realopposition, als »Privation gegeneinander wirkender und sich beraubender Kräfte« - I.e., p. 38 - zu begreifen. »Gemeint sind immer schon real widersprüchliche Prädikate. Allerdings nicht in einem allgemein ontologischen Sinne, sondern bezogen ... auf die spezifisch gesellschaftliche Gegenständlichkeit von Warenbeziehungen.« I.e., p. 37 242 I.e., p. 41 - »Die Ware ist überhaupt nur Ware, wenn sie in ihren gesellschaftlichen Dimensionen als Gebrauchswert für andere, als Tauschwert, im Gesamtzusammenhang auch wirksam ist, d.h. nur wenn sie als allgemeines Äquivalent auch gesetzt, d.h. eben Geld ist. Es gibt keine bloße >Ware<. Die Darstellung bewegt sich so der Sache nach allein auf der prinzipiellen Ebene der Einholung systematischer Voraussetzungen, auf der die inneren (>logischen<) Zusammenhänge der >Ware< als die des Gesamtzusammenhanges entwickelt werden.« I.e., p. 40 (Hervorh. im Text) 243 I.e., p. 73 244 I.e., p. 13 (Hervorh. im Text) - Im Verlauf der Darstellung der drei Stufen wird deutlich, daß es sich hier um etwas anderes handelt als um eine »Differenzierung«. 245 l.c.,p. 19 246 ibid. 247 I.e., p. 17 (Hervorh. im Text) 248 I.e., p. 13 249 I.e., p. 11 250 I.e., p. 68 - Der »Hegeische Widerspruchsbegriff der Reflexions- und 216
Ausschlußverhältnisse der »selbständigen Reflexionsbestimmungen*« ist dem »Widerspruchskonzept der Marxschen Warenanalyse strukturell vergleichbar«. I.e., p. 71 251 I.e., p. 41 252 ibid., Schematische Darstellung zur Widerspruchsstruktur bei Hegel und Marx im Anhang. 253 I.e., p. 70sq. 254 Dies verträgt sich auch mit Brentels im Anschluß an Backhaus formulierter Lesart der Wertformanalyse als Kritik prämonetärer Werttheorien. Cf. I.e., Anhang und Hans Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, I.e., p. 133, id., Zum Problem der Ware als Widerspruch, Frankfurt 31.12.1982, unveröffentlichtes Seminarpapier, id., Zur Marxschen Revolutionierung und >Kritik< der Ökonomie: Die Bestimmung ihres Gegenstandes als Ganzes »verrückter Formen«, in: Mehrwert 25, Berlin 1984, p. 7-36. 255 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 83 (Hervorh. im Text) - Marx redet in den »Grundrissen« im Kapitel vom Kapital davon, daß das Geld in seiner vollen Bestimmtheit als Geld »hier in der ganzen Reinheit hervor (tritt als) der Grundwiderspruch, der im Tauschwert, und der ihm entsprechenden Produktionsweise der Gesellschaft, enthalten ist.« Marx, Grundrisse..., I.e., p. 151 256 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 83 257 I.e., p. 77 258 I.e., p. 78 259 I.e., p. 10 - »Indem die Gleichheit der Arbeit zur spezifisch gesellschaftlichen Form der Gesellschaftlichkeit der Arbeit wird, konstituiert sich das spezifisch ökonomisch-soziale Objekt, die Wertgegenständlichkeit der Waren.« I.e., p. 15 (Hervorh. im Text) Das ist zumindest mißverständlich ausgedrückt, denn diese Gleichheit der Arbeiten existiert ja nirgend, weder in den Arbeiten, noch an der Ware, noch in den weiteren Bestimmungen. Daß sie im Austausch immer schon gleichgesetzt sind, daß jene »abstrakt allgemeine Arbeit« im Geld ihren dinglichen Ausdruck findet, ist eine andere Sache. Auch die Wertgegenständlichkeit unterscheidet sich nach Marx »dadurch von der Wittib Hurtig, daß man nicht weiß, wo sie zu haben ist.« Marx, Das Kapital I, MEW 23, I.e., p. 62 - Brentel versteht den Wert als Relation der Waren und als Relation in bezug auf die Gesamtarbeit. Als absoluter Wert müsse er als etwas »Gegenständliches und Dingliches realisiert ... werden«. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 17 - Genauer: »Im >Wert< als absolutem Wert, als einem gesellschaftlichen >Ding<, einem Wert>Körper<, als etwas Volumenhaften, beansprucht die gesellschaftliche Arbeit, weil sie innerhalb der Warenproduktion eine spezifische soziale >Form< annehmen muß, als etwas Gegenständliches und Dingliches realisiert zu werden.« ibid. Dies ist aber eine zumindest ungewöhnliche Lesart. Ist es nicht vielmehr der Tauschwert der Ware, der als Geld gegenständliche Form annimmt? Oder ist damit gemeint, daß der Wert den Widerspruch an sich hat, den Zusammenhang der Waren im Austausch zu repräsentieren und zugleich ihnen im Geld dinglich gegenüberzutreten? 217
260 I.e., p. 77sq. Die berühmte Stelle aus der »Kritik der Hegeischen Dialektik und Philosophie überhaupt«, in der Marx die Position Hegels, die der englischen Nationalökonomie und die Feuerbachs gegeneinander diskutiert, lautet: »Hegel steht auf dem Standpunkt der modernen Nationalökonomen. Er faßt die Arbeit als das Wesen als das sich bewährende Wesen des Menschen«. Damit ist nicht gesagt, daß Marx das auch tut! Hegel »sieht nur die positive Seite der Arbeit, nicht ihre negative. Die Arbeit ist das Fürsichwerden des Menschen innerhalb der Entäußerung oder als entäußerter Mensch. Die Arbeit, welche Hegel alleine kennt und anerkennt, ist die abstrakt geistige. Was also überhaupt das Wesen der Philosophie bildet, die Entäußerung des sich wissenden Menschen oder die sich denkende entäußerte Wissenschaft, dies erfaßt Hegel als ihr Wesen, und er kann daher der vorhergehenden Philosophie egenüber ihre einzelnen Momente zusammenfassen und seine hilosophie als die Philosophie darstellen.« Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, in: Ergänzungsband I, MEW, Berlin 1974, p. 574 - Man sieht, daß Marx hier den Gegenstand der Hegeischen Philosophie und ihre Tätigkeit als zusammenfassende Reflexion der »vorhergehenden Philosophie« scharf bestimmt. Ihr stellt er die Lehre Feuerbachs vom Menschen als Natur- und Gattungswesen gegenüber und reflektiert die Voraussetzungen beider m der Rede von der »Geschichte als der wahren Naturgeschichte des Menschen« - I.e., p. 579 - Denn Hegel fasse »die Arbeit als den Selbsterzeugungsakt des Menschen«. I.e., p. 584 (Hervorh. im Text) Der Kontext, in dem Marx den Hegeischen Arbeitsbegriff kritisch aufnimmt, ist also primär historisch. 261 In den 70er Jahren wurde im Seminar von Prof. Alfred Schmidt in Frankfurt diskutiert, inwieweit die Darstellung des »geistigen Tierreichs« in der »Phänomenologie des Geistes« das treffe, was Marx als Ökonomie der bürgerlichen Gesellschaft fasse. Bekanntlich erweist sich bei Hegel die gesetzgebende Vernunft als Aufhebung dieser Stufe des erscheinenden Bewußtseins. Marx diskutiert in einem u.U. vergleichbaren (d.h. nicht gleichen!) Kontext das Recht als historische Voraussetzung bürgerlicher Austauschverhältnisse. Cf. Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 157,911. 262 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 78 263 ibid. 264 »Die Arbeitsprodukte - potentiell damit alle Dinge der bürgerlichen Welt - gelten als gesellschaftliche nur, sofern sie unter einen Gesamtzusammenhang subsumiert sind, in dem von ihrer stofflich konkreten Seite abstrahiert ist, sie als Manifestationen eines abstrakt Allgemeinen, einer gleichsam absoluten Subjektivität erscheinen.« ibid. Man sieht, wie hier das formale Muster von Allgemeinem und Besonderem den Zusammenhang abgibt, in dem Vermittlung nicht mehr erscheint. Denn als Vermittelte sind Dinge, welche auch immer, nicht subsumiert. Daß etwa die Ware unter das Kapital subsumiert sei, gibt keinen Sinn. Was ist also gemeint? Die Rede von der Subsumtion spielte in der Kritischen Theorie eine wichtige Rolle. Backhaus hat angedeutet, inwiefern sie unscharf ist: »Wenn im Positivismusstreit Adorno seinen Begriff von Totalität nur höchst unbestimmt darstellen konnte, so hat dies seinen Grund
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vor allem darin, daß sich von einem verschwommenen Tausch- und Wertbegriff her Totalität in rational nachvollziehbarer Weise nicht explizieren läßt.« Hans Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 1, in: Gesellschaft 1, Frankfurt 1974, p. 52-73 hier: p. 65 - An anderer Stelle benennt Backhaus das unzureichende Verständnis Pollocks von der Geldbildung als eine Ableitung aus dem »Gegensatz von privater und gesellschaftlicher Arbeit«. Id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, I.e.. p. 139 - Zu fragen ist, inwieweit Brentel mit den oben genannten Formulierungen hinter sein präziseres Verständnis der Wertformproblematik zurückfällt, wie er es im Anschluß an Backhaus in seiner Dissertation entwickelt hat. Cf. id., Gegenstandskonstitution..., I.e. 265 Id., Widerspruch.. , I.e., p. 78 - Es gebe also nicht nur formal als analog ausweisbare Widerspruchsstrukturen, sondern auch einen »implizit gemeinsamen Gegenstand«, nämlich die »Vergesellschaftungs- und Vermittlungsprobleme der bürgerlichen Gesellschaft«, ibid. Dieser ist bei Hegel aber allenfalls Moment seiner »Geistes«philosophie. Theunissen bemerkt zum Zusammenhang zwischen dem Hegeischen und dem marxistischen Totalitätsbegriff, hier bezogen auf Lukäcs: »Der Marxismus fordert ja nicht nur die Erkenntis der Totalität, er setzt auch voraus, daß die Totalität die Gesellschaft sei. Hegel hingegen hat, obwohl er die Gesellschaft als totale begreifen wollte, nie die Auffassung vertreten, die Totalität sei eine gesellschaftliche. Wir dürfen als seine Meinung sogar die betrachten, daß die Gesellschaft nur dann als Totalität erfaßbar sei, wenn man die Totalität nicht als Gesellschaft erfaßt.« Michael Theunissen, Hegels Lehre vom absoluten Geist als theologischpolitischer Traktat, Berlin 1970, p. 5 266 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 78 (Hervorh. v.d. Verf.) 267 Cf. I.e., p. 47. 268 I.e., p. 38 269 I.e., p. 43 270 I.e., p. 40 (Hervorh. im Text) 271 Die Fiktion und Konstruktion ist aber hier nicht auf der Seite Marxens, sondern auf der der gesellschaftlichen Bestimmungen, die Marx zufolge objektiv, insofern sie gesellschaftlich notwendiger Schein: Ideologie sind. Hier hatte Kocyba die »Problemantinomie« als Darstellungsmittel angesiedelt. Vor einem solchen Hintergrund wäre auch Brentels Rede vom Widerspruch als »methodischer Prozessor« plausibel. Sie ist insofern mißverständlich, als der Widerspruch, wie angedeutet wurde, auch bei Hegel kein »durchgängiges Prinzip«, kein Automatismus, der zwischen dialektische Stufen geschaltet ist. Noch weniger kann dies von Marx gelten. 272 I.e., p. 41 273 I.e., p . 43 274 ibid. 275 I.e., p. 45 (Hervorh. im Text)276 Marx, Das Kapital I, I.e., p. 101, zit. n. Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 45 (Hervorh . v. Brentel) 277 ibid. (Hervorh. v.d. Verf.) 278 Kocyba hat immerhin versucht, mit einem Strukturmodell im 219
Anschluß an Althusser diesem methodischen Dilemma zu entkommen. 279 Cf. Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 43. 280 Auch Kocyba hatte sich diese Frage gestellt und bemerkt: »Zumindest in der 2. Auflage folgt Marx dem Hegeischen >Vorbild< auch insoweit, als er bei der Analyse (der) Warenform ausschließlich mit dem Gegensatzbegriff operiert und den Begriff des Widerspruchs erst im 3. Kapitel über das Geld heranzieht.« Kocyba, Widerspruch..., I.e., p. 47 281 Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 52 282 »Der Darstellungsaufbau ist insofern einmal >immanent< als Analyse- und Kritikstrategie, als er darin - ohne ausgewiesener Vorgriff sein zu dürfen - das Vorwissen über die tatsächlichen Ordnungsprinzipien der kapitalistischen Gesellschaftsformation, die Resultate des gesamten Marxschen Forschungsprozesses, gerade in systematischer Absicht in Anspruch nimmt.« I.e., p. 43 283 I.e., p. 69 (Hervorh. im Text) In den »Grundrissen« sagt Marx: »Die Zirkulation« sei die »erste Totalität unter den ökonomischen Kategorien«. Marx, Grundrisse..., I.e., p. 111 - Hegel bezieht sich an der oben zitierten Stelle, im Zusammenhang der Entwicklung der absoluten Idee, im Abschnitt über die Methode, auf das Problem des Anfangs. Die Methode wird hier nicht als ein »Formelles, in äußerlicher Reflexion gesetztes«, sondern als »objektive immanente Form« bestimmt. Id., Wissenschaft der Logik II, I.e., p. 489 - Das Allgemeine gilt ihr »als an sich die konkrete Totalität, aber sie noch nicht gesetzt, noch nicht für sich«. In diesem Zusammenhang wird auch der Anfang als an sich konkrete Totalität bezeichnet. Die Ware aber ist nicht abstrakt allgemeine Bestimmung wie das Sein, ebensowenig der bürgerliche Reichtum - cf. Karl Marx, Zur Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1947, p. 19 -, bzw. der »Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht« - id., Das Kapital I..., I.e., p. 49 - und der als »ungeheure Warensammlung« - ibid. - erscheint. 284 Brentel, Widerspruch ..., I.e., p. 82 (Hervorh. v. d. Verf.) 285 I.e., p. 79sq. 286 I.e., p. 79 287 ibid. Zwei unterschiedliche Dimensionen, die auf die prinzipielle Unversöhnbarkeit dieser Widersprüche verweisen, werden von Brentel benannt. Erstens: »Der Grundwiderspruch zwischen dem stofflich Einzelnen und dem gesellschaftlich Allgemeinen des Arbeitsproduktes in der bürgerlichen Gesellschaft, die Widersprüche der einfachen Zirkulation, sind im Geld und Kapital zwar reproduktions- und kreislauftheoretisch gelöst, sie können und müssen in Krise und Klassenkampf aber als prinzipiell unversöhnbare wiederaufbrechen.« ibid. Zweitens: »Die Gebrauchswertseite der Dinge, die naturhafte Basis menschlicher Produktion, die konkreten Subjekte, widersprechen dem >Ideal< alles und jedes als Werte und Kapitalien produzieren und reproduzieren zu müssen.« I.e., p. 80 288 ibid. Brentels Rede von der Versöhnbarkeit des realiter Unversöhnbaren im idealen Modell supponiert Marx eine harmonische Vorstellung einer idealen kapitalistischen (?) Produktionsweise. 220
Dies zumindest muß angenommen werden, wenn Brentel behauptet, mit diesen Schemata lege Marx die »Reproduktionsmechanismen kapitalistischer Produktionsweise modellhaft« ibid. - offen. Warum sie allerdings ein »niemals voll gelingen könnendes Ideal« bleiben, ist auf Basis dieser Argumentation unerfindlich. Offensichtlich gelingt es hier nicht, die Gewißheit der Realität gesellschaftlicher Widersprüche und Marxens Rede vom Prozessieren von Widersprüchen im Kontext der Darstellung bestimmter ökonomischer Formen theoretisch zu vermitteln. Dies ist hier auch dem Rückgriff auf modelltheoretische Vorstellungen geschuldet. 289 Dort bezogen auf die Hegeische Philsosophie. 290 Jürgen Ritsert, Lire la Critique, Frankfurt 1985, p. 26 (Manuskript), abgedruckt in: Seminarmaterialien 4, Frankfurt 1985, hier zit. n. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 85 (Hervorh. im Text) 291 I.e., p. 83 (Hervorh. im Text) 292 I.e., p. 83,85 293 Nicht zufällig taucht hier wieder die Rede von der Kernstruktur auf. Zitiert wird Ritsert zustimmend, der von einem »Vorverständnis von Kernstruktur und Einheitsbedingungen der Totalität« redet. Cf. Brentel, Widerspruch..., I.e., p. 85. 294 I.e., p. 84 295 I.e., p. 75 296 I.e., p. 77sq. 297 Cf. Hans Jürgen Krahl, Bemerkungen zum Verhältnis von Kapital und Hegelscher Wesenslogik, in: Oskar Negt (Ed.), Aktualität und Folgen der Philosophie Hegels, Frankfurt 1970, p. 145. 298 Reicnelt, Zur logischen Struktur..., I.e., p. 266 299 Um hier keine Mißverständisse aufkommen zu lassen, mit Revolutionstheorie sind keine Handlungsanweisungen gemeint. Diese wird man bei Marx vergebens suchen. Um historische Aussagen über stattgehabte Revolutionen und Diskussion über deren Formen geht es hierbei ebenso wenig wie um Utopismus und Geschichtsmetaphysik - auch wenn es ein oft geübtes Spiel ist, Marx dessen zu denunzieren, meist aufgrund hochselektiver Interpretationen der Frühschriften. Ebensowenig kann man Marx eine teleologische Geschichtsauffassung unterstellen, etwa indem man ihn zum Zusammenbruchstheoretiker stilisiert. Aber auch Lukäcs' Versuch der philosophischen Konstruktion einer Einheit von Selbsterkenntnis und Umwälzung der Gesellschaft blieb der Marxschen Argumentation äußerlich. 300 Theunissen, Sein und Schein.... I.e., p. 486 301 Id., Hegels Lehre ..., I.e., p. 11.), Zur Wissenschaftslogik einer kritischen Soziologie, Frankfurt 1976, p. 113-144, hier: p. 115. Literatur
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Anmerkungen zu: Diethard Behrens, Erkenntnis und Ökonomiekritik 1
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Sieht man von der posthumen Besprechung Kautskys des II. Bandes des Kapitals 1885 und der Rezeption des I. Bandes des Kapital bei Johannes Most (1873) und Nieuwenhuis ab - cf. dazu Rolf Hecker, Hürgen Jungnickel, Eike Kopf, Zu einigen Forschungs- und Editionsfragen des ersten Bandes des »Kapitals« in der MEGA, in Prokla 84,1991, p. 496-510, hier: p. 507 sq. - und bedenkt man, daß die innersozialistische Debatte erst parallel zur Kapitalkritik ab 1871 einsetzte, so scheint es einzig die Rezension von Rr. in Conrads Jahrbuch zu sein. Cf. Horst Meixner, Manfred Turban (Eds.), Die Marx-Kritik der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, Gießen 1974, p. 11, n. 4, Abdruck ibid., p. 38-45. Das waren die Beiträge von Tugan Baranovsky 1894, Bulgakov 1897, Eugen von Böhm-Bawerk 1896 und Ladislaus Bortkiewicz 1906. Cf. Roman Rosdolsky, Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen »Kapital«, Bd. III, Frankfurt-Köln 1968, p. 547sq. und Hans G. Nutzinger, Elmar Wolfstetter (Eds.), Die Marxsche Theorie und ihre Kritik I, Frankfurt-New York 1974, pass. Cf. Rosdolsky, Entstehungsgeschichte ... Bd. III, I.e., p. 524sq. Cf. Hans Georg Backhaus, Zur Dialektik der Wertform, in: Alfred Schmidt (Ed.), Beiträge zur marxistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt 1969, p. 128-152, id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie, in: Gesellschaft 1, Frankfurt 1974, p. 52-77, id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, in: Gesellschaft 3, Frankfurt 1975, p. 122-159, Helmut Reichelt, Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Frankfurt 2° 1970. Cf. Robert Kurz, Abstrakte Arbeit und Sozialismus. Zur Marxschen Werttheorie und ihrer Geschichte, in: Marxistische Kritik 4, 2. Jg., 1987, p. 57-108, hier: p. 58, 60. Kurz folgt dabei dem traditionellen Phasenschema, so wie es auch die Kritische Theorie verstand. Dem Konkurrenzkapitalismus und dem Spätkapitalismus wird lediglich eine dritte Stufe hinzugefügt, von der, außer daß Mikroprozessoren zur Anwendung kommen und daß sie von ökologischen Krisen begleitet sei, keine spezifischen Qualitäten ausgemacht werden können. Cf. Edmund Jacoby, Wissen und Reichtum. Zum Verhältnis universaler und partikularer Vergesellschaftung, Frankfurt-New York 1982, p. 20. Cf. ibid. und p. 102. Cf. I.e., pass. und Kurz, Abstrakte Arbeit..., I.e., pass. Cf. Jacoby, Wissen ..., I.e., p. 148. Cf. I.e., p. 122sq. Cf. l.c.,p. 121. Cf. I.e., p. 175,178. Cf. I.e., p. 126. Cf. I.e., p. 170. Cf. I.e., p. 63sq. Cf. I.e., p. 149. Cf. I.e., p. 124. 225
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Cf. ibid. Partikularität und subjektive Freiheit koinzidieren. Cf. I.e., p. 126. Cf. I.e., p. 125sq. Cf. I.e., p. 184sq. I.e., p. 209 - Weil die subjektive Sinnwelt affektive Struktur, Bedürfniswelt sei, müsse entsprechend eine Gesellschaftstheorie der Affekte gefordert werden. Cf. I.e., p. 208. Bedürfnis ist hier anthropologisch gefaßt. Cf. I.e., p. 219-227. So explizit auch bei Kurz. Cf. Kurz, Abstrakte Arbeit..., I.e., p. 70, 73. Cf. ibid. Cf. I.e., p. 73sq. Cf. Jacoby, Wissen ..., I.e., p. 155-157. Mit Sraffa, dessen Theorie als Lösung marxistischer Probleme präsentiert wird, wird die Werttheorie erst relativiert, dann liquidiert. Die Verselbständigung des Systems wird als Krise behauptet, die den schon im Doppelcharakter von Ware, Sprache, Arbeit angelegten ökonomisch-gesellschaftlichen Dualismus sprenge und Habermas-Luhmannsch getrennte Welten konstituiere. Diese Folgerung basiert jedoch allein auf der Sraffa-Interpretation. Cf. I.e., p. 157sq., 183,101,164sq. Cf. I.e., p. 216. I.e., p. 40 Insofern ist die Rede von einer »Akkumulation von Gebrauchswertäquivalenten« - I.e., p. 108 - nur konsequent. Kapital ist dann entsprechend »eine Struktur gesellschaftlicher Beziehungen als auch etwas für uns selber Nutzbares oder Nützliches, Gebrauchswert.« I.e., p. 170. Cf. Kurz, Abstrakte Arbeit..., I.e., p. 96. Cf. I.e., p. 66. Cf. ibid. und p. 96. I.e., p. 65 - Dabei wird zugleich eine überhistorische Zeitökonomie unterstellt, die Geltung subjektiv-physiologischer Mühe als Arbeit durch alle Zeiten hindurch. Cf. I.e., p. 63, ganz so wie bei Smith Arbeit gefaßt ist. Cf. Jacoby, Wissen ..., I.e., p. 106 und seine sprachtheoretische Rekonstruktion der Wertformanalyse p. 77-83. Cf. Kurz, Abstrakte Arbeit..., I.e., p. 64. Vor allem in seiner Gleichsetzung mit Abstraktion cf. I.e., p. 95. Cf. I.e., p. 96. Cf.ibid. Cf. I.e., p. 63. Cf. I.e., p. 62sq. Cf. I.e., p. 64. Ware bedeutet hier Wertgegenständlichkeit. Cf. I.e., p. 85. Analog dazu wird abstrakte Arbeit nach dem Muster von Tauschabstraktion interpretiert. Cf. I.e., p. 77, 84. Cf. Jacoby, Wissen ..., I.e., p. 96. »Eine Klasse ganz materiell-konkreter Waren symbolisiert etwas gänzlich anderes: reine gesellschaftliche Verhältnisse, Abstrakt-Allgemeines somit, schließlich sogar die Idee allgemeiner Gesellschaftlichkeit selbst.« I.e., p. 102. Cf. I.e., p. 105-107. Hier wird der ethnologische Fetischbegriff mit
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dem psychoanalytischen verschwistert und dem Marxschen Fetischbegriff übergestülpt. Cf. I.e., p. 96,120. I.e., p. 97. Cf. I.e., p. 96. Die Einheit von Ökonomie und Staat erscheint einmal als System, das andere Mal erscheinen beide als Abstrakta - cf. I.e., p. 181,121 -, so daß die innergesellschaftliche Differenzierung gänzlich verschwunden ist. Cf. I.e., p. 121. Das Marxsche »Kapital« ist dann, weil die Marxsche Theorie als universale Form des Bewußtseins mit einem nicht abstrakten Substrat angesehen wird - cf. I.e., p. 66 - und Marx selbst als Vollender des rationalistischen Naturrechts erscheint - cf. I.e., p. 191 -, nur eine »Theorie von den Formen der Vergesellschaftung«. I.e., p. 30. Von daher läßt sich seine Gesellschaftstheorie dann kritisieren und verwerfen, weil bloß abstrakt. Cf. I.e., p. 152. Cf. Kurz, Abstrakte Arbeit ..., I.e., p. 85, 99. Kritisiert wurde diese Vorstellung Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre in der Frankfurter Diskussion bei Alfred Schmidt, Helmut Reichelt u.a. Exemplarisch stehen hier Aufsätze von Backhaus. Cf. Backhaus, Materialien ...1, I.e., p. 62sq., Materialien ...2., I.e., p. 122sq., 126. Cf. Kurz, Abstrakte Arbeit..., I.e., p. 95. Cf. insbesondere seine Dissertation: Soziale Form und ökonomisches Objekt. Studien zum Gegenstands- und Methodenverständnis der Kritik der politischen Ökonomie, Opladen 1989. Hinzugezogen werden sollen hier auch: Id., Die methodischen Prämissen der Habermasschen Marxrevision. Zur erkenntnistheoretischen Einschätzung der Habermasschen Diskussion des Marxschen philosophischen Bezugssystems, Frankfurt 1976 (soziologische Diplomarbeit), id., Einige Notizen zur Erkenntniskritik der Marxschen Wert- und Geldtheorie, Frankfurt o.J., id., Widerspruch und Entwicklung bei Marx und Hegel (Studientexte zur Sozialwissenschaft 1), Frankfurt 1986, id., Soziale Form und ökonomische Kategorie. Zur Aktualität der Marxschen Kritik (Studientexte zur Sozialwissenschaft 6), Frankfurt 1988, abgedruckt in: Harald Kerber (Ed.) Universität Ösnabrück, Fachbereich Sozialwissenschaften, Kolloqium über die MarxscheTheorie, mit Beiträgen von Harald Kerber, Diethard Behrens, Kornelia Hafner und Hannut Brentel, Osnabrück 1989, p. 35-69, id., Kapital, in: Hans Jörg Sandkühler (Ed.), Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften Bd. 2, Hamburg 1990, p. 744-758, id., Vorbemerkungen zum Konzept alternativer Rationalitäten und Reproduktionsweisen, in: id. (Ed.), Symposion. Die Ökologisierung der Gesellschaft. Ansätze zu einer alternativen Rationalität? Thesenapiere und Berichte (Studientexte zur Sozialwissenschaft 8), rankfurt 1990, p. 5-10, id., Arbeit, Natur und die Transformation kapitalistisch-industrieller Gesellschaften. What to do with Marx? Koreferat zu den Thesen von Peter Fleissner für die IÖW-Tagung »Die ökologische Herausforderung für die ökonomische Theorie«, Berlin, 23.-25.11.1990. Id., Soziale Form ..., I.e., p. 242 I.e., p. 279
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55 Hierzu werden die Marxschen »Theorien über den Mehrwert« in systematischer Absicht herangezogen. 56 Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 35,52. 57 Cf. I.e., p. 32. 58 I.e., p. 58 59 ibid. 60 »Hier wird der natürliche Preis einer Ware als Addition der natürlichen Raten seiner Preisbestandteile bestimmt.« I.e., p. 69 61 Marx ergänze hier laut Brentel, »daß der bürgerliche Reichtum als Kapitalaickumulation an die gewaltförmig-konkurrenzhafte Aufteilung des Arbeits-Tages gebunden ist, an die Produktion des absoluten und relativen Mehrwerts und auf die widersprüchliche Verfaßtheit einer die einzelnen Arbeiten und Gebrauchswerte überreifenden allgemeinen Arbeit, wie sie im Geld- und Kapitalegriff systematisch wird.« I.e., p. 59 62 Cf. die Brentelsche Referierung I.e., p. 62 63 Brentel argumentiert hier, daß Marx Smith deshalb kritisiere, weil dieser »einerseits eine nach Marxscher Auffassung objektive (Arbeits-)Wertlehre, in der der Austausch durch die relativ in den Produkten enthaltenen Arbeitsmengen bestimmt ist, gesellschaftlichen Verhältnissen« unterstelle, nämlich vorkapitalistischen, »in denen die Produktions- und Reproduktionsbedingungen solchermaßen »objektivierter« Austauschverhältnisse: die gesellschaftliche Arbeit als Wertgrund wie als Wertmaß, noch nicht gegeben sind andererseits aber dann dort, wo er kapitalistische Verhältnisse beschreibt, zu einer Theorie bloß relativer Werte übergeht.« I.e., p. 63 64 Der Wert des Produkts wird dabei dem Wert der Arbeit gleichgesetzt. Cf. I.e., p. 64. 65 Cf. I.e., p. 69 66 Cf. I.e., p. 70 67 »Smiths Werttheorie unterliegt... einer gleichsam zweifachen Zirkelbestimmung. Einmal, indem die Wertbestimmung der Waren unentschieden zwischen den beiden Bestimmungsgründen des Wertes durch embodied (eingegangene) und commanded labour schwankt. Zum anderen, indem der Preis der Waren für kapitalistische Verhältnisse ... durch Summation ihrer natürlichen Preisbestandteile erklärt wird. In beiden Fällen wird letztlich Preis durch Preis erklärt, löst sich Werttheorie in eine Theorie relativer Preise auf.« I.e., p. 70 68 Cf. I.e., p. 71 69 I.e., p. 75 70 ibid. Der Wert des Arbeitslohnes ist hier nur über die »Kenntnis der Struktur der relativen Preise der Lohngüter« - p. 82 - zu haben, was das verteilungstheoretische Problem Ricardos deutlich macht. 71 I.e., p. 79 72 Es wird hier darauf hingewiesen, daß Ricardo einen »völlig unzulänglichen Kapitalbegriff« habe, denn er verstehe Kapital nur sachlich, »als die stofflichen Elemente des Produktionsprozesses«. I.e., p. 75 73 I.e., p. 79 74 I.e., p. 82
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75 »Der »absolute Wert< Ricardos meint... den relativen Wert bzw. den Produktionspreis von Waren hinsichtlich eines Wertmaßstabes, der Wertveränderung (in den relativen Werten ) zu messen gestattet.« I.e., p. 86 76 I.e., p. 72 77 Da Ricardo Ware und Geld identifiziere, verfehle er seinen eigenen Anspruch, Lohnsteigerungen an einer Normware, dem Gold, messen zu können. Cf. I.e., p. 90. Und überhaupt sei die Konstruktion einer Normware unsinnig, weil Lohnerhöhungen bei gleichen Produktionsbedingungen den Wert der Ware proportional steigern, es somit keine Preiserhöhungen gebe. Cf. I.e., p. 91. Daher werde die Geldware bei Ricardo nur verdoppelt. Cf. I.e., p. 92. 78 Die »Bestimmung des Arbeitslohnes, einer preisbestimmten Größe, durch den Preis der notwendigen Lebensmittel« ist tautologisch. I.e., p. 76 79 Cf. I.e., p. 74. 80 Cf. I.e., p. 93sq. 81 Cf. I.e., p. 99. D.h., daß das Verhältnis von Produktion zur Zirkulation nicht bestimmt wird. Auch erscheint der Wertteil des Arbeitsmaterials nicht. Cf. I.e., p. 101. Variables Kapital sei ihm also gleichbedeutend mit zirkulierendem Kapital, resümiert Brentel. Die Wertanteile, die in Arbeitslohn ausgelegt sind, erscheinen nur noch »als bloße Wertübertragung«. I.e., p. 102 - Konsequenz ist, daß der Kapitalismus als »preisbestimmtes physisches Mengensystem« - ibid. - erscheint. 82 I.e., p. 107 83 Cf. I.e., p. 110 84 Cf. I.e., p. 108. Er abstrahiert dabei nach Brentel von der Differenz zwischen realem, d.h. absoluten, und nominellem Wert. Cf. I.e., p. 111.
85 ibid. 86 I.e., p. 113 - Man findet also bei Bailey »Wertdefinitionen als Behauptungen über zufällige Austausch-Relationen im Sinne einer subjektivistischen Preisbildungslehre, Behauptungen über Gleichzeitigkeit der Wertkonstitution als Modell dualistischer Tauschakte und Behauptungen über den Grund des Wertzusammenhanges, die in den natürlichen Eigenschaften und Gebrauchswertfunktionen der Dinge wie in den Bewußtseinsumständen der Tauschpartner gesucht werden.« I.e., p. 124, cf. I.e., p. 129,130. Hier kann die Grenznutzenschule und in ihrem Gefolge die moderne Ökonomie (Walras etc.) anschließen. Cf. I.e., p. 130sq. 87 I.e., p. 116 88 Er sieht dann nicht, daß, wenn die Werte der Waren als Preise vergleichbar sein sollen, Geld bloß die Form der Erscheinung des Werts der Waren in der Zirkulation ist. Seine bloß quantitative Unterscheidung setzt aber »einen qualitativen Beziehungsgrund immer schon« voraus. I.e., p. 117 - Es muß also eine qualitative Identität geben, schlußfolgert Brentel, damit die Waren vergleichbar werden. 89 Cf. I.e., p. 120. 90 Cf. ibid. 91 Cf. I.e., p. 120 sq., 125,127. 229
92 I.e., p. 124 93 I.e., p. 131 94 »Die Sohn-Rethelsche >Realabstraktion< operiert mit einer Doppelbedeutung: die Tauschhandlung sei >abstrakt<, einmal, weil in ihr von allem Gebrauch der Waren abgesehen werde, zum anderen weil durch die Tauschhandlung ein spezifisch gesellschaftlich Abstraktes, die Wertgegenständlichkeit, die »Austauschbarkeitsform der Waren«, eine »abstrakte Quantität« erzeugt werde. Beide Bedeutungen, abstraktes Handeln und abstrakte »Gegenständlichkeit« fließen bei Sohn-Rethel begrifflich und sachlich nicht hinreichend geklärt im Terminus einer »abstrakten Formbestimmtheit« der Tauschhandlung zusammen. ... Waren-Austausch und Wertkonstitution beinhalten eine indirekte Vergesellschaftung, sie sind an die Ausbildung einer allgemeinen Äquivalentform gebunden. ... Die »Bildung der Wertform« sei »bloß funktionaler und bewußtloser Realprozeß«.« I.e., p. 132 95 So zitiert Brentel Sohn-Rethel in bezug auf den Wert: »»Diese Quantität an sich oder in abstrakto ist wie die Tauschgleichung, aus der sie entspringt, relationaler Natur und haftet wiederum wie die Tauschgleichung am Akt des Tausch Vollzuges.«« I.e., p. 133 - Damit ist ein »inhärenter Wert« immer schon vorausgesetzt. 96 Cf. I.e., p. 191sq. 97 Cf. I.e., p. 192. 98 I.e., p. 193 99 I.e., p. 195 100 I.e., p. 194 101 ibid. 102 Cf. ibid. 103 I.e., p. 196 - Marx redet an der entsprechenden Stelle vom Privateigentum. Cf. id., Die heilige Familie, MEW 2, Berlin 1970, p. 33. 104 Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 199. 105 ibid. 106 Pierre-Joseph Proudhon, Philosophie der Staatsökonomie oder Notwendigkeit des Elends, Darmstadt 1847, p. 16 107 Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 199 108 ibid. 109 I.e., p. 205 - Dieser unterliegt ein unhistorischer Arbeitsbegriff. Cf. I.e., p. 199. 110 I.e., p. 217 - Hierbei ist die »Forderung nach unmittelbarer Austauschbarkeit von Warenäquivalenten« impliziert, ibid. »Jede Arbeit muß als gleich produktive wie als gleich qualifizierte gelten, damit sie sich als gleiche austauschen bzw. verrechnen kann.« ibid. 111 I.e., p. 231 112 Cf. ibid. Oder sie erschiene nur als board, als allgemeine Buchführungsinstanz. Cf. Karl Marx, Grundrisse der Kritik der olitischen Ökonomie, Berlin 1974, p. 73. Brentel meint hier: Der roudhonsche proportionale Austausch würde die »Gesellschaft nach den innerbetrieblichen Maßstäben zu einem Mensch-Maschine-System zusammenschließen. Die Ökonomie der Zeit des absoluten Zwangssystems.« Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 232 Hierbei wird nicht bedacht, daß hier, auf der Ebene von Tauschbank und Proudhonschem Tauschsystem, weder vom Innerbe-
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trieblichen noch von den Maschinen die Rede ist. Die Übertragung modernisierter Produktionsstrukturmetaphorik auf Proudhons Entwurf verweist auf eine bestimmte Hilflosigkeit der Interpretation. 113 Cf. I.e., p. 231. 114 I.e., p. 223 115 I.e., p. 201 116 Cf. I.e., p. 202 117 I.e., p. 203 118 ibid. 119 Proudhons »Wertgesetz ... beweist sich ... als ein apriorisches Proportionalitätsgesetz gleichgeltender Arbeitsaufwendungen« - I.e., p. 220sq. -, unter der Annahme eines fiktiven »harmonischen Austausches« - I.e., p. 221 -, heißt es richtig bei Brentel. 120 I.e., p. 203 121 I.e., p. 204 122 I.e., p. 203 - cf. I.e., p. 206,209, 233-238. 123 I.e., p. 204 124 I.e., p. 204sq. - cf. I.e., p. 206, 213. Es sei »bloße Sache«, dinglicher Schein des »bloßen Produktionsmittels«. I.e., p. 214 - cf. I.e., p. 205. 125 ibid., Proudhon, Philosophie ..., I.e., p. 79 126 Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 224, Karl Marx, Das Elend der Philosophie, MEW 4, p. 98 - Brentel schiebt hier noch die Industrie ein und interpretiert Proudhons »Vorstellung von der Wertkonstitution und unmittelbaren Arbeit« als ideologischen »Ausdruck tatsächlicher Wertkonstitution«. I.e., p. 224 - Damit wird der wissenschaftliche Charakter der Proudhonschen Konstruktion einerseits verkannt, andererseits die Ebene des objektiven Scheins verfehlt, wie Marxens Aussage deutlich macht. 127 Der »Stundenzettel und die Tauschbank (scheinen) für die Tauschtheoretiker nur die historisch späte Realisation der an sich eigentlich einfachen ökonomischen Formen zu sein, die wahre Wirklichkeit des Wertes und des Geldes.« I.e., p. 241 128 Cf. I.e., p. 190, 200. Für Marx sei Proudhon »Theoretiker des notwendigen Scheins der bürgerlichen Produktionsweise, des Scheins der einfachen Zirkulation« - I.e., p. 209 - meint Brentel. Zur genaueren Explikation des Formbegriffs s.u. 129 Cf. I.e., p. 212. 130 Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 902. 131 Es kommt bei ihm, folgt man hier Brentel, zu der paradoxen »Konsequenz, daß die wahrhaft durchgeführte Ideologie der einfachen Appropriation ihre Grundlage zugleich auflösen soll, wie aber auch überhaupt erst verwirklichen - als Theorie einer so allgemeinen wie »einfachen« Warengesellschaft.« Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 213 - Eigentumskritik und Begründung wahren Eigentums stehen sich gegenüber. 132 »Denn zur Funktion des einfachen zirkulativen Verkehrs ist wie selbstverständlich die Tauschwerteigenschaft ... der Produkte unterstellt.« Damit ist vorausgesetzt, daß die Produkte schon »als Waren gesetzt sein« müssen. I.e., p. 215 133 I.e., p. 224 - Im Detailhandel habe der »zirkulative Schein faktische Realität« - I.e., p. 225 - heißt es entsprechend. 231
134 I.e., p. 224 - Wobei der hier implizit vorgenommene Schluß von der einfachen Zirkulation auf die einfache Warenproduktion nicht ausgewiesen wird. 135 »Die wechselseitige Anerkennung als Gleichgeltende, als Warenbesitzer und Rechtssubjekte und die rechtsförmig korrekte Abwicklung der Käufe und Verkäufe durch die Anerkennung von Preisen und ihrer Realisierung in entsprechenden Geldsummen ... setzt voraus die Ausprägung des neuzeitlichen Selbst- und Subjektbewußtseins.« I.e., p. 224sq. »Aus den Formbestimmungen und Verkehrsformen der Individuen, wie sie sich aus dieser Oberfläche des bürgerlichen Warenverkehrs ergeben, lassen sich alle Freiheitsund Gleichheitsvorstellungen, all jene egalitären Utopien abziehen, die dann in Proudhons >Konstitutionstheorie< Begründungsstatus erhalten.« I.e., p. 225 So seien in den »spezifischen Arbeitsteilungsverhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft... die Individuen in der einfachen Zirkulation als Freie, als Rechtssubjekte, gesetzt. Durch die Formseite, d.h. die ökonomischen Formbestimmungen der einfachen Zirkulation, erscheinen sie in den Bestimmungen gesellschaftlicher Gleichheit.« ibid. Es ist hier unmittelbar augenfällig, daß diese Passagen überkonnotiert sind. Wie das moderne Selbstbewußtsein mit der einfachen Zirkulation zusammenhänge, wird dabei so wenig erläutert wie der Zusammenhang mit sozialen Utopien. Der Status der Freien, nicht synonym mit Rechtssubjekten, ist ebenso unausgewiesen. 136 »Die ökonomischen Formen und Formbestimmtheiten der einfachen Zirkulation scheinen sich aus sich selbst zu begründen: Die bloße Form erscheint noch als Grund ihrer selbst - sie gründet in der bloßen Vermittlungsfunktion der einfachen Zirkulation. Das ist der Kern einer zentralen Form-Grund-Verkehrung, der konstitutiv mit den Vorstellungen und Theorien der einfachen Zirkulation verbunden ist.« I.e., p. 210 137 Cf. I.e., p. 211. 138 Bei Proudhon löse sich die »Analyse der Konstitution ökonomischer Gegenständlichkeit ... in die Theorie solch einfachen und idealen Geldes auf«. I.e., p. 190 139 Marx erbringe »gegen Proudhon den Nachweis ..., daß gerade und nur mit dem Geldsystem selbst die sozialen Bestimmungen von Freiheit und Gleichheit eine reale Existenz haben.« I.e., p. 227 Marx redet jedoch vom Setzen und Verschwinden von Ware und Geld in der Zirkulation. Gleichheit ist ihm soziales Produkt wie Tauschwert, »soziales Dasein«. Grundrisse, p. 914, zit. bei Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 227 Geld ist also in der einfachen Zirkulation nur vermittelndes Element. Hiervon unberührt schreibt Brentel: »Die egalitären Bestimmtheiten erweisen sich so ausschließlich als durch die Formbestimmungen der Austauschprozesse der einfachen Zirkulation gesetzt. Diese aber unterstellt - entgegen Proudhons Annahmen über den einfachen Austausch - immer schon ein »entwickeltes Geldsystem<.« I.e., p. 227sq. So richtig die erste Aussage, so falsch der Schluß. In bezug auf Proudhons einfache Warenzirkulation wird hier Marx bemüht: »>ihr unmittelbares Sein ist daher reiner Schein<«. Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 920, zit. n. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 211 - Vergessen wird dabei 232
allerdings der Kontext. Die einfache Zirkulation ist reiner Schein, weil sie Vermittlung von vorausgesetzten Extremen, die sie selbst nicht setzt. Cf. ibid. 140 I.e., p. 224 141 Cf. I.e., p. 216. 142 ibid. 143 Brentel will hier festhalten, daß die der einfachen Zirkulation immer wieder unterlegte »Vorstellung von wahrer vorbürgerlicher einfacher Aneignung und Austausch vielmehr gerade möglich nur auf dem entwickeltsten Stand der bürgerlichen Produktionsweise selbst« - I.e., p. 215 - gewesen sei. Dies mache den »fetischhaften Schein jener ideologischen Aneignungstheorie überhaupt erst möglich«, ibid. Eine solche Argumentation ist schon aus historischen Gründen problematisch, weil Erklärungen über einen Sachverhalt nicht synonym gesetzt werden können mit dem historischen Auftreten. Wenn das Proudhonsche einfache Verhältnis von Konsumtion und Produktion - so wird hier verstärkend argumentiert - eine »spezifische Teilung der gesellschaftlichen Arbeit« - I.e., p. 216 - voraussetzt, so sei diese »erzwungen allein durch kapitalistisch-industrielle Arbeitsteilungsverhältnisse«, ibid. Damit wird aber auf eine Formanalyse an dieser Stelle verzichtet. 144 Der »Schein ursprünglicher Aneignung durch eigene Arbeit, der Schein eines stets harmonisch-äquivalenten Austausches und aller vorausgesetzter Gleichheit der Arbeit, wird zur praktischen Forderung nach der Umsetzung solch egalitärer Vorstellungen. D.h.: das Aneignungs- und Wertgesetz in der Proudhonschen Auffassung wird zur Modelltheorie über die Funktionsweise einer einfachen Warentauschgesellschaft und damit zum Schein der Möglichkeit einer harmonischen Gesamtreproduktion von warenproduzierenden Gesellschaften.« I.e., p. 220 Obwohl hier mit normativen Voraussetzungen argumentiert wird, wird zugleich mit dem Modellbegriff gearbeitet. Es muß dabei auf die Differenz hingewiesen werden: Ein Modell kann zwar normative Implikate haben - das hängt vom Gegenstand ab -, ist aber zuerst reduktionsexplikativ, d.h. es wird eine bestimmte Auswahl von Eigenschaften getroffen, die den Gehalt eines Modells festlegen. Nur in bezug auf diese ist es aussagekräftig. Normative Argumentationen legen Bedeutungen in einem strikten Sinne fest. 145 I.e., p. 222 146 ibid. Zur Kritik cf. Marx, Das Elend ..., I.e., p. 93. 147 Cf. Hans-Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, in: Gesellschaft. Beiträge zur Marxschen Theorie 3, Frankfurt 1975, p. 122-159. 148 Cf. Friedrich Engels, Ergänzung und Nachtrag zum III. Buche des »Kapital«, MEW25, p. 895-919. 149 »Wänrend Marx eine Unterscheidimg von sowohl unmittelbar wie mittelbar vergesellschafteter Arbeit macht, wie von einer vorkapitalistischen und einer kapitalistischen Ware, bezieht sich Engels nun auf jene zweite Marxsche Unterscheidung von vorkapitalistischer und kapitalistischer Ware, gibt jener aber den Sinn unmittelbarer Vergesellschaftung, nämlich durch eine unmittelbare Arbeitszeit als Arbeitswertrechnung.«. Brentel, Soziale Form..., l.c,. p. 140 233
150 Cf. I.e., p. 142. Eine Arbeitsleidtheorie ersetze die Marxsche ökonomische Vorstellung, von der er annimmt, sie sei eine »Arbeitswerttheorie« -ibid. 151 Der Gegenstand der Recheneinheit wechselt dann bei Engels »in Quanta eines Produkts« I.e., p. 143 Damit ergibt sich ein unexplizierter Übergang von einer »Naturalwirtschaft als einem prämonetären, direkten Produktentausch zu einem geldvermittelten Austausch.« ibid. 152 »Engels begreift das »Wertgesetz« der sogenannten »einfachen Warenproduktion« tendenziell im Sinne eines eigentlich prämonetären Tauschhandels« - wie Smith, muß man hinzufügen -, »in dem sich die Austauschakte mehr oder minder unmittelbar am Arbeitsaufwand orientieren sollen«. I.e., p. 144 Geld ist ihm bloßes Tauschmittel. 153 I.e., p. 146 - »Engels schließt von einer quasi »unmittelbaren Werthaftigkeit« der Produkte auf die faktische Anwendung einer unmittelbaren Arbeitszeitrechnung.« I.e., p. 145 - In der einfachen Warenproduktion sei das Wertgesetz »anhand einer konkreten Arbeitszeitrechnung verifizierbar.« ibid. Brentel versucht dies folgendermaßen zu kommentieren. Bei Engels werde aus der einfachen Warenproduktion »eine »einfache« Ware«, die zudem »empiristischen Charakter« habe. »Aber die Ware als begrifflicher Ausgangspunkt der Analyse (sei) nichts Einfaches, sondern erst Totalitätskategorie.« ibid. 154 Cf. ibid. und Backhaus in id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie IV, unveröffentlichtes Manuskript. 155 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 146. 156 ibid. 157 Cf. I.e., p. 140. 158 Cf. I.e., p. 141. 159 ibid. Da Brentel hier etwas verschnittartig zitiert, folgen hier zwei Engels-Zitate im Wortlaut: »Der wichtigste und einschneidendste Fortschritt war der Übergang zum Metallgeld, der aber auch die Folge hatte, daß nun die Wertbestimmung durch die Arbeitszeit nicht länger auf der Oberfläche des Warenaustausches sichtbar erschien. ... Mit einem Wort: das Marxsche Wertgesetz gilt allgemein, soweit überhaupt ökonomische Gesetze gelten, für die ganze Periode der einfachen Warenproduktion, also bis zur Zeit, wo diese durch den Eintritt der kapitalistischen Produktionsform eine Modifikation erfährt. ... Das Marxsche Wertgesetz hat also ökonomisch-allgemeine Gültigkeit für eine Zeitdauer, die vom Anfang des die Produkte in Waren verwandelnden Austausches bis ins fünfzehnte Jahrhundert unserer Zeitrechnung dauert.« Engels, Ergänzung ..., I.e., p. 909. 160 Cf. I.e., p. 138. Eine durch und durch problematische Subsumtion. 161 Cf. Karl Marx, Das Kapital I, MEW 23. p. 97. 162 Cf. Id., Kapital III, MEW 25, p. 886. 163 Cf. Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 139. 164 ibid. 165 ibid. Brentel verweist hier auf: Karl Marx, Das Kapital III, I.e., p. 187. Dort argumentiert Marx in Beziehung auf die Bedingungen des 234
Austausches. Indem Brentel hier diese Stelle historisiert, unterstellt er Marx eine Engelssche Position. 166 Marx, Das Kapital I, I.e., p. 85 167 Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 143 168 I.e., p. 147 169 ibid. 170 ibid., cf. Marx, Das Kapital I, I.e., p. 89. 171 Am Beispiel Robinsons als eines der »Beispiele für unmittelbar vergesellschaftete Arbeit« soll die »Idee gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit unter der Teilung der Gesamtarbeit« erläutert werden. I.e., p. 148 - Auch hier gröbliche Verkennung des Status dieses Beispiels, das wie die folgenden die Unmöglichkeit einer Arbeitszeitrechnung an historischen Modellen demonstriert. Cf. Marx, Das Kapital I, I.e., p. 91. Im Mittelalter, so wird mit Marx betont, sind die Arbeitsverhältnisse durchsichtiger wie auch die gesellschaftlichen Abhängigkeiten. In der Brentelschen Interpretation nimmt sich Mittelalterliches folgendermaßen aus: »Aber die Arbeit hat ihre gesellschaftliche Form durch ihre Bestimmtheit durch die feudalen Institutionen (?), nicht durch rechnerische Gleichheit und Gleichsetzung an der Zeit. Gerade aufgrund der Besonderheit und der spezifischen feudalen Vergesellschaftung der Arbeit - nicht ihrer Allgemeinheit und Gleichheit als menschliche Arbeit schlechthin - kann die Idee ihrer zeitmäßigen rechnerischen Einteilung nach einer proportionalen Verteilung in dieser Gesellschaft noch herangetragen werden. (?) Weil die Reduktion der Arbeit auf gesellschaftlich proportionelle Verhältnisse a priori politisch-institutionell determiniert ist, die Arbeit so als konkrete schon auf ihre gesellschaftliche Einheit bezogen ist, kann daran noch eine zeitmäßige Einteilung der Arbeit aufscheinen. (?) Aber die Arbeiten sind als ungleiche nach der Zeit eingeteilt - nicht als gleiche an der Zeit gemessen.« Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 148 - cf. Marx, Das I.e., p. 91sq. Auch hier dominieren Engelssche Vor172 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 149 und Marx, Das Kapital I, I.e., p. 92. Dort wird die Einteilung der Arbeiten nach Alter und Geschlecht referiert. Bei Marx heißt es, daß die verschiedenartigen Arbeiten »in ihrer Naturalform gesellschaftliche Funktionen« sind, weil Funktionen der Familie. Die Arbeitszeit »erscheint hier aber von Haus aus als gesellschaftliche Bestimmung der Arbeiten selbst, weil die individuellen Arbeitskräfte von Haus aus nur als Organe der gemeinsamen Arbeitskraft der Familie wirken.« Brentel interpretiert hier: »Die konkrete Arbeitszeit ... hat hier a priori gesellschaftliches Maß durch ihre bloße Einteilung in die Einheit der Gesamtarbeit des Familienverbandes.« Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 149 Ländliche Kooperation. 173 Den Verein freier Menschen als Vorstellung gemeinschaftlicher Produktion charakterisiert Marx als gesellschaftliche statt individuelle Robinsonade. Die Art der Verteilung wechsele mit der entsprechenden Entwicklung. Cf. Marx, Das Kapital I, I.e., p. 149. Der Unterschied liegt hier nur darin, daß Brentel bei diesem Wechsel von einer »politisch-gesellschaftlich(n) Normativität« als bestimmend redet, Marx hingegen vom »gesellschaftlichen 235
Produktionsorganismus« ausgeht. Der Verein freier Menschen wird dann von Engels als Urkommunismus mißverstanden. Cf. I.e., p. 150. 174 ibid. Die gesellschaftliche Arbeit soll »als gleiche und gleichwertige« gelten, was nur an einem Beispiel verdeutlicht werden könne, wo die konkrete Arbeit unmittelbar gesellschaftliche sei. Bei Marx seien hier die unmittelbare und die mittelbare Vergesellschaftungsweise der Arbeit kontaminiert. Brentel erkennt und verkennt die Fiktionalität der Beispiele wie den Charakter der Beweisführung. 175 Konkrete Arbeitszeitrechung ist deshalb unsinnig, weil ein »vergleichendes >Messen< der verschiedenen individuellen Arbeiten an der Zeit .. nicht statt« - ibid. - findet, weil die besonderen Arbeiten schon gesellschaftliche sind, heißt es bei Brentel. Er verweist hier jedoch richtig auf die Differenz von Arbeitsteilung in ursprünglichen Gemeinwesen und in warenproduzierenden Gesellschaften. Cf. ibid. 176 Es müsse die »prinzipielle und notwendige Einheit gesellschaftlicher Reproduktion mittels der Fikton der Arbeitszeitrechnung an der immittelbar vergesellschafteten Arbeit gleichsam demonstriert werden, um ihre mittelbare und gewaltsame Durchsetzung und Herstellung jenseits der Möglichkeit aller konkret rechnerischen Erwägungen in der kapitalistischen Gesellschaft noch begreiflich machen zu können. Die notwendige Einheit gesellschaftlicher Reproduktion .. (lasse) sich so mittels der Fiktion der Arbeitszeitrechnung reklamieren.« I.e., p. 151 Die Inadäquatheit des Reproduktionsbegriffs wird hier besonders deutlich. »Die Reduktion auf gleiche Arbeit in einer Arbeitszeitrechnung nimmt den formalen Gleichheitsanspruch des bürgerlichen Rechts wie er im Äquivalententausch« - auch dies ist eine Fiktion - »zum Ausdruck kommt und im Preis der Waren als beständiger Ungleichsetzung mit dem Wert als Durchschnittsbildung sich realisiert und überträgt ihn auf Maßoperationen der einzelnen Arbeit.« I.e., p. 152 117 Cf. Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, p. 20sq. und Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 152. 178 ibid. 179 Cf. I.e., p. 153. 180 Cf. zum allgemeinen Problem: Diethard Behrens, Kornelia Hafner, Auf der Suche nach dem »wahren Sozialismus«. Von der Kritik des Proudhonismus über die russische Modemisierungsdiktatur zum realsozialistischen Etikettenschwindel, in: Kritik & Krise Nr. 2/3, Freiburg 1990, p. 22-28 und in: Anton Pannekoek, Paul Mattick u.a., Marxistischer Anti-Leninismus, eingel. von Diethard Behrens, Freiburg 1991, p. 205-231. 181 Die »Argumente einer Arbeitszeitrechnung« sollen »als Fiktion .. estatten ... (,) die spezifische Einheit gesellschaftlicher Gesamtareit unter der Warenproduktion konterkarierend darzustellen«, als »fiktive Durchgangsstufe einer kommunistischen Gesellschaft« soll sie »als Folie der Kritik sozialrevolutionärer Theorien« dienen und damit die »ideologischen Konstrukte des utopischen Sozialismus ... denunzieren, dessen Irrtümer... mit der Entwicklung einer Arbeitswerttheorie als Geldtheorie« beantworten. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 153
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182 Dieser deckt sich mit traditionell wissenschaftstheoretischem Gebrauch. In der positivistischen Interpretation von Theorien werden Genesis und Geltung streng geschieden, ja oft wird erstere psychologisiert, um dann theoretisch ausgesondert zu werden. 183 Cf. Friedrich Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, MEW 21, p. 25-173. Hier sind vor allem das erste und das letzte Kapitel von Interesse. 184 Engels betont, daß es sich bei der Kritik der politischen Ökonomie von Marx »nicht nur um einen reinen logischen Prozeß handelt, sondern um einen historischen Prozeß und dessen erklärende Rückspiegelung im Gedanken, die logische Verfolgung seiner inneren Zusammenhänge.« Engels, Ergänzung ..., I.e., p. 905 185 Brentel, Soziale Form ... I.e., p. 357; er verweist hierbei auf: Karl Marx, Zur Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1971, p. 255. 186 Damit sei »jede historisierende Interpretation der »einfachen« Wertformen, eines »einfachen«Austausch-Prozesses oder »einfachen« Geldes .. abgewiesen. Die Entwicklungsfolge der Kategorien erg(e)b(e) sich allein aus der Analyse und Rekonstruktionsbewegung der ökonomischen Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft.« Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 357 Hierbei geht die erkenntnistheoretische Dimension jedoch unter. - Der Zusammenhang der bürgerlichen Gesellschaft, interpretiert Brentel, sei Grund der Richtigkeit der Darstellung und darin die Grenze als »nonhistorische Entwicklung«. Die Abfolge beinhalte »keine »logisch-historische« Entwicklung« und auch keine »»Inkarnation einer ewigen Idee«.« ibid. Schon die Marxsche Proudhonkritik hatte sich ja gegen den Versuch gewandt, »die ökonomischen Kategorien in einer logifizierten historischen Entwicklung zu ordnen.« ibid. 187 I.e., p. 358 188 Cf. ibid. Fatal sei es gewesen, daß Marx den proudhonistischen Vorstellungen von Engels nicht stärker entgegengetreten sei. Cf. I.e., p. 359. 189 Cf. ibid. 190 Cf. ibid. 191 ibid. 192 Cf. ibid. Es wird hierbei auf die verschiedene Gestalt der einfachen Kategorien in unterschiedlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, auf ihre Historizität verwiesen. Cf. I.e., p. 359sq. 193 Wenn die einfache Ware, das einfache Geld nicht mit der historischen Ware identisch gesetzt werden kann, so sei dies als Wendung gegen einen ökonomiehistorischen Präsentismus zu verstehen. Die scheinbare »überhistorische Geltung (hätten) sie allein aufgrund ihres Abstraktionsgrades«. I.e., p. 360 - Diese Rede verdeckt eher das Problem. 194 I.e., p. 361 - Marx eigener Begriff von Entwicklung beziehe sich nicht auf Realgeschichte, sondern nur auf die »formkritische Rekonstruktion eines selbstbezüglichen gesellschaftlichen Prozesses«. I.e., p. 304 Hier tritt der Begriff der Entfaltung hinzu. Entfaltet werde bei Marx etwas, »dessen Bewegungsformen als Vermittlung eines realgesellschaftlich Widersprüchlichen die dialektische Entwicklung der Kategorien nachzeichnet.« ibid. Entwicklung sei so stets Kritik, weil das Einfache als Historisches und als das »stets 237
schon Entwickelte« - I.e., p. 305 - gezeigt werde. Entfaltung bedeute also, die einfachen Formen »als Formelemente des kapitalistischen Reproduktionszusammenhanges« - ibid. - begreifen zu wollen. 195 I.e., p. 361 - Neben den hier aufscheinenden normativen Vorgaben eines kategorialen Maßstabes deutet sich auch eine traditionelle Lesart Brentels an. Die Historie soll als Mittel der »Konkretisierung und Weiterbestimmung der Kategorien« taugen. Insofern seien die Kategorien nur vorläufige Idealisierungen, Konstruktionen, kurz Vorschein. Nur hier in verkehrter Gestalt. Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 216 196 I.e., p. 362 - Es findet eben kein Produktentausch statt. Auch bei den historischen Äußerungen zum Geld geht es nur um »Geld-
rein kapitallogisch< - sondern unternimmt die kapitallogischen Bestimmungen gerade in Absicht ihrer prinzipiell historischen Dimensionierung«, ibid. Womit ein äußerliches Verhältnis unterstellt ist. 204 »Den einfachen ökonomischen Formen wie einem anfänglich objektivierten Forminhalt nach gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit können hier verschiedene Gründe im Sinne begründender Produktionsverhältnisse zugeordnet werden.« Auch der Status der abstrakt-einfachen Kategorien der ersten Kapitel würde dem nicht widersprechen, denn sie hätten »einen solchen Allgemeinheitsgrad, daß sie sowohl als anfänglich historische Vorformen der eigentlich kapitalistischen Kategorien und Verhältnisse wie dann als funktionale Momente des kapitalistischen Produktionszusammenhanges aufgefaßt werden können.« ibid. Hier im Widerspruch zur eigenen Argumentation. Cf I.e., p. 362. Falsch ist diese Argumentation auch angesichts der Aussagen Marxens zum Lohn aus Lohnarbeit und Lohn aus Rente. 205 Cf. Marx, Das Kapital Bd. III, I.e., p. 186. 206 Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 176 207 Cf. ibid. und Marx, Kapital III, I.e., p. 186sq. 208 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 176. Marx jedoch verweist darauf, daß Geld zuerst als Maß erscheint. Cf. id., Grundrisse ..., I.e., p. 90. 238
209 Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 177 - Er meint hier, daß »Kontinuität des Austausches, entwickelte Warenzirkulation, d.h. Märkte« und auf Märkte bezogene Produktionen als die »materialen Minimalbedingungen der Konstitution quantitativ objektivierter Arbeitswerte« - I.e., p. 179sq. - anzusehen seien. Es seien dies die »Minimalbedingungen einfacher Warenzirkulation«, die »schon unterhalb der Ebene kapitalistischer Produktionsweise« - I.e., p. 180 anzutreffen seien. Statt der Engelsschen einfachen Warenproduktion wird bei Brentel die einfache Warenzirkulation historisiert und implizit die einfache Warenproduktion restituiert. Problem bleibt für ihn dabei die Historisierung objektivierter Werte, weil dabei die Gesamtarbeit eine Rolle spielen soll, die doch historisch so nicht gegeben ist. Marx Äußerungen sind hingegen auf das Kapital bezogen. Cf. id., Grundrisse, I.e., p. 74,107sq., cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 180. Die Gesamtarbeit sei also nur auf die Arbeit zu beziehen, »die unter eine vorkapitalistische Warenproduktion subsumiert« - ibid. - ist. Dies sei also eine Arbeit, die »bereits über eine entwickelte einfache Warenzirkulation vermittelt ist.« ibid. 210 »Der Kaufmann stellt durch seine Tätigkeit gleichermaßen jene Momente der Zusammenfassung von Warenmasse, Markt und Konkurrenz unter den isolierten Produzenten erst her, die als jene materialen Minimalbedingungen der Konstitution der Waren zu Marktwerten vorausgehen müssen und hebt mit seiner Vermittlung tendenziell die zufälligen, regionalen und staatlich normierten Preise auf, die vor dieser Herausbildung »objektivierter* Arbeitswerte bzw. Preise bestimmend waren.« I.e., p. 181 - Die einfache Zirkulation sei durch das Handelskapital vermittelt, heißt es entsprechend. Cf. I.e., p. 175. Für Marx aber ist nicht die Form der einfachen Zirkulation Ausgangspunkt der Reflexion, sondern die Warenzirkulation überhauprt. Cf. Marx, Das Kapital I, I.e., p. 161. 211 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 181. Hierbei hält Brentel die unterschiedliche Funktion des Handels als die alten Gesellschaften auflösend und als sich den industriellen entgegensetzend fest. Cf. auch Marx, Das Kapital III, MEW 25, Berlin 1969, p. 347. 212 »Wenn es so ... zutreffend ist, daß die einfache Warenzirkulation nicht aus sich selbst reproduktionsfähig ist,... so reicht es ... für die vorindustriellen Begründungsebenen der einfachen ökonomischen Formen aus, daß die einfache Warenzirkulation durch die Vermittlungen des selbständigen Kaufmannskapitals >reproduktionsfähig< ist, insofern sie sich zur Produktion als einer zwar außerhalb ihrer selbst befindlichen, aber durch jenes auch stets doch »gegebnen Voraussetzung* verhalten kann. In dieser Vermitteltheit durch das Handelskapital ist die einfache Zirkulation dann systematischer Konstitutionsort der grundlegenden ökonomischen Kategorien und ihre Herausbildung eine der Voraussetzungen der industriellen Revolution der Produktion.« Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 183 - Anders bei Marx, cf. id., Grundrisse ..., I.e., p. 74, wo auf die vorausgesetzte Gesellschaftlichkeit verwiesen wird. Mit Brentel ist allerdings festzuhalten: Wie der Wert nicht in der Zirkulation entsteht, sondern vorausgesetzt ist, so ist die einfache Zirkulation 239
nicht Ort der Entstehung ökonomischer Kategorien: als Form ist sie Erscheinung. 213 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 183. 214 Cf. I.e., p. 184 und Marx, Das Kapital III, I.e., p. 339. 215 Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 184 216 I.e., p. 11,12 217 I.e., p. 142 218 I.e., p. 14 219 Cf. Lc., p. 12 220 Cf. I.e., p. 23 221 I.e., p. 19 222 I.e., p. 224 223 Cf. I.e., p. 310sq. 224 Daß allgemeine Warenproduktion herrscht, unterstellt schon »eine spezifische Teilung der gesellschaftlichen Arbeit«, wird hier richtig angemerkt. I.e., p. 216 - Wenn aber behauptet wird, daß dies »allein durch kapitalistisch-industrielle Arbeitsteilungsverhältnisse« ibid. - verursacht, so ist dies, streng genommen, falsch. Cf. auch die von ihm selbst zitierte Stelle, die seine Ansicht nicht wiedergibt. Cf. Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 910. 225 Cf. Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 123sq. 226 »Abstrakt-allgemeine Arbeit bei Marx ist antizipatorischer Totalitätsbegriff der Vergesellschaftung der Arbeit unter allgemeinen Waren- und Kapitalbedingungen«. I.e., p. 124 227 I.e., 150 - Dies ist aber kein zwingender Schluß aus der an sich richtigen Prämisse. 228 »Für Marx jedoch ist eine gleichsam konkrete Arbeitszeitrechnung logische Illustration der vermittelten kapitalistischen Arbeitszeit>Rechnung<, des Zwanges zu einem indirekten vergleichenden >Messens< der Arbeit an der Zeit als eines blind wirkenden und gewaltsam sich herstellenden Durchschnitts in der Einheit gesellschaftlicher Arbeit, der sich im Tauschwert der Produkte manifestiert. ... Ein vergleichendes >Messen< der verschiedenen individuelen Arbeiten an der Zeit findet nicht statt, weil die Arbeiten in ihrer besonderen Form schon gesellschaftliche Arbeit, d.h. integraler Bestandteil jener Gemeinwesen sind«, heißt es in bezug auf die älteren gesellschaftlichen Formen. I.e., p. 150 Auch im Kapitalismus gebe es aber einen »Vergesellschaftungszwang der Arbeit« ibid. Arbeitsteilung. Die Rede von der gleichen Arbeit, ein Basismoment Brentelscher arbeitswerttheoretischer Argumentation, wird von diesem in ihrer Funktion verkannt. Sie ist gerade nicht Moment einer Grundlegung dieser Theorie, sondern Gegenstand der Kritik. Sie ist ideologisch-fiktionales Moment, das aus den Bestimmungen der einfachen Zirkulation herrührt. Cf. Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 902. 229 »Die Teilung der Arbeit im Innern des ursprünglichen Gemeinwesens ist eine gänzlich andere als die freie Teilung der Arbeit unter den Bedingungen von Warenproduktion« - nur diese >mißt«< nach Brentel »in der Preisbestimmtheit der Produkte die Arbeiten als gleiche an der Zeit.« Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 150 - Konkrete Arbeitszeitrechnung sei schon deshalb unsinnig, weil ein »vergleichendes >Messen< der verschiedenen individuellen Arbeiten an der 240
Zeit« - ibid. - nicht stattfindet, die besonderen Arbeiten schon gesellschaftliche sind. Messen nach Zeit und Einteilung der Zeit sind grundverschiedene Operationen. Das eine verweist auf die Wert- und Geldform, das andere auf die ungleiche Aufteilung der Arbeiten. Cf. I.e., p. 153. Brentel sieht hier richtig, daß Argumente der Arbeitszeitrechnung bei Marx nur einen Stellenwert als Momente einer Kritik am utopischen Sozialismus haben. 230 »Die Lohnarbeit ist allerdings selbst Ware (?) und ihr Wert, im Arbeitslohn als äußeres Wertmaß gemessen, ist bereits tauschwertbestimmte Größe und nicht >Arbeitsquantum< im Sinne der den Tauschwert konstituierenden Qualität.« I.e., p. 64 231 »Arbeit als Bestimmungsgrund und immanentes Wertmaß ist aufgegeben und durch die Lohnarbeit, eine bereits preisbestimmte Ware, als äußeres Wertmaß ersetzt.« I.e., p. 65 232 I.e., p. 265 233 I.e., p. 71 - cf. entsprechend p. 63, 70. 234 I.e., p. 270 - Arbeit könne nur unter der Voraussetzung von Lohnarbeit und Kapital Substanz werden, wird hier expliziert. Cf. I.e., p. 265. Diese Einsicht wird auch später in Grundzügen wiederholt. »In der Marxschen Theorie ist der Wertbegriff - als ökonomischer Wert - konstitutiv an eine spezifisch gesellschaftliche Formgegenständlichkeit, die Wertform der Arbeit gebunden.« Id., Arbeit, Natur ..., I.e., p. 3 235 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 270 236 Cf. Marx, Kapital l I.e., p. 62sq., 65. 237 Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 309 238 »Einen materialistischen Begriff von Synthesis, der in der Vermittlungskategorie der Arbeit gleichermaßen die Momente von Materialität und Identität einzubeziehen vermag, hat erst Marx zur Darstellung gebracht und zwar so, daß gesellschaftliche Realität als Produziertes, nicht Gegebenes gesehen wird, das aber zugleich als Produziertes der Negation verfällt, insofern es in dem Begriff des reinen Arbeitsprodukts, der Ware aufgehoben wird.« Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 63sq. Das Mißverständnis der Kategorie Ware als »reines Arbeitsprodukt« verweist auf Brentels problematisches Verständnis von Arbeitswerttheorie. 239 »Aber die Ware als begrifflicher Ausgangspunkte der Analyse ist nichts Einfaches, sondern erste Totalitätskategorie.« Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 145 - Dies ist genau genommen falsch, weil sie Gebrauchsgegenstand und Wert ist. Von Ware zu reden ist sinnvoll nur, wenn es Produktion für andere gibt, viele Waren. Cf. Karl Marx, Randglossen zu Adolf Wagners »Lehrbuch der politischen Ökonomie«, in: MEW 19, Berlin 1969, . 369sq., 375 und id., Das Kapital I, I.e., p. 75. Überdies kennzeichnet Marx die einfache Zirkulation als erste Totalitätskategorie, denn von der Ware als einzelner zu reden ist Unsinn. Sie ist nur in der Zirkulation. Cf. Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 111. 240 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 264. Die Warenbeziehung sei nicht inhaltlos relational, die Waren könnten nur »untereinander verglichen werden in bezug auf eine gemeinsame Qualität, daher 241
muß ihre Warenbeziehung die Gleich-Setzung der in ihnen enthaltenen konkreten Arbeiten als allgemeine, gesellschaftliche Arbeit beinhalten«. I.e., p. 310 241 Cf. I.e., p. 252 und Marx, Grundrisse ..., I.e., p. 924. 242 »In dieser Stuktur der Verdoppelung stehen sich Ware und Geld denn auch nicht einfach nur gegenüber, sondern Ware und Geld, Gebrauchswert und Tauschwert, sind selbst noch einmal doppelt gesetzt, reel und ideell«. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 252 - Der Ware komme der Wert auch wie eine Sacheigenschaft zu, meint Brentel. Cf. I.e., p. 13. Zumindest gelte dies in einer Dimension. 243 I.e., p. 287 244 I.e., p. 311 245 ibid. Anders bei Marx: »Ich spreche nirgendwo von >der gemeinsamen gesellschaftlichen Substanz des Tauschwerts*, sage vielmehr, daß die Tauschwerte ... etwas ihnen Gemeinsames darstellen, ... nämlich den >Wert<.« Marx, Randglossen ..., I.e., p. 358 246 Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 311 247 ibid. - Sieht man von der unsinnigen Formulierung einer Gleichsetzung konkreter Arbeiten ab, so präsentiert Brentel selber noch ein weiteres Problem: Der Wertbegriff berge nämlich eine Schwierigkeit: Einmal offenbare sich allgemeine Arbeit als produzierte Voraussetzung der Zirkulation, zum anderen konstituiere sie »sich dennoch als abstrakte Arbeit darin«, insofern sie »werdendes Resultat«, »als allgemeine Arbeit erst gesetzt« werden müsse. Als konkrete und private Arbeiten stellten die »Waren zunächst keineswegs schon allgemeine Arbeit dar«. I.e., p. 312 Sie seien dies nur latent. 248 Cf. I.e., p. 313. 249 I.e., p. 310 - Hierbei rekurriert er auf Kant. »Eine Konstitutionstheorie hat vielmehr reine Begriffe a priori der Möglichkeit objektiver Erfahrung ... auszuweisen«. Vergleichbares gebe es bei Marx. »Die Gleichgesetztheit konkreter Arbeit als Wert ließe sich vergleichbar als eine Art kategoriale Synthesis - die Konstitution der Anschauungsmannigfaltigkeit zur Einheit objektiver Erfahrung - auffassen.« Wertkonstitution habe einen »quasi transzendentalen Status der Bedingung der Möglichkeit ökonomischer Erfahrung wie ökonomischer Gegenstandskonstitution.« I.e., p. 402, n. 10 Wiewohl es richtig ist, Konstitution als Möglichkeit der Erfahrung auszuweisen, so ist diese doch auf »empirische Gegenstände der Sinne« gerichtet und gibt nicht das her, was Brentel damit will. Richten sich reine Begriffe auf die Vernunft, so die Konstitution auf den Verstand. 250 »Theoretische Deduktion ist von hier nur als Einheit historischer, logischer und transzendentallogischer Momente zu begreifen. Das reflektiert sich in der dreifachen Bestimmtheit der Problemstellung dessen, was Wert ist: Einmal entgegen subjektiver Wertschätzung objektiver Arbeitswert, notwendige Vermittlungsinstanz, Gegenständlichkeit sui generis. Zum anderen als bloße Vermittlungsinstanz aber zugleich kategorialer Ausdruck historischer gesellschaftlicher Proauktionssubjektivität, darin also zufällig. Schließlich als Ausdruck seiner notwendigen wie zufälligen Vermittlungsinstanz die Latenz des Wertes - insofern der Wert nur wirklich 242
wahr ist im Austausch einer Ware gegen Geld, in der Realisierung des Wertes. Darin existiert er nur im quasi transzendentallogischen Momente des Austausches, als Putsschlag bloßer Vermittlungsbestimmung, die im Gold eine Naturalform besetzt hält.« Brentel, Einige Notizen ..., I.e., p. 14 251 Marx unterscheide einen äußeren und einen inneren Wertmaßstab, wobei das innere Wertmaß Wert bilde und nicht schon Wert sei, also die physikalische und soziale Zeit sei. »Zum >Messen< allerdings der Waren untereinander reiche das Geld als äußerer Maßstab.« Id., Soziale Form ..., I.e., p. 87 - Marx gehe es in seiner Analyse bekanntlich um die Qualität von Wert und Geld. Da die Werttheorie keine Meßtherie sei, es Marx und die »Konstitution des immanenten Wertmaßes« zu tun ist, also um die ökonomische Qualität, habe dies alles mit Quantitativem nichts zu schaffen. Cf. I.e., p. 314. 252 I.e., p. 136 - Brentel hatte schon anhand der Referierung der Marxschen Ricardokritik auf die Differenz von realem, d.h. absolutem, und nominellem Wert hingewiesen. Cf. I.e., p 110. 253 Cf. I.e., p. 315. 254 I.e., p. 314 255 Werttheoretisch relevant sei auch, daß die Marxsche Analyse »auf die Notwendigkeit einer logischen Voraussetzung (ziele): ein gemeinsames Drittes, das stets mitzusetzen (sei), sollen zwei Dinge, zwei Relata in einer Beziehung stehen«. I.e., p. 123 - Dieses Gemeinsame sei auszuweisen. 256 .c., p. 315 257 ibid. 258 ibid. 259 I.e., p. 14 »<Wertgegenständlichkeit< ... ist einerseits rein Gesellschaftliches, spezifisch soziales Verhältnis, das aber zugleich nur als materielles Ding, in Gestalt der Naturalform der Äquivalenzware existieren kann.« Id., Kapital, I.e., p. 754, Sp. 2 - Brentel faßt die »Wertgegenständlichkeit ...(als ein) gesellschaftliches Verhältnis - das der Gleichheit der Arbeitsprodukte sowohl nach physikalischer wie nach sozialer Zeit« - id., Soziale Form..., I.e., p. 14 -, was falsch. 260 »Die Konstitution ökonomisch-sozialer Gegenständlichkeit als >Wert-Gegenständlichkeit< wird in einer Formtheorie der gesellschaftlichen Arbeit rekonstruiert: in der Theorie der Wertformen als funktional-sachlicher Verhältnisbestimmungen wie als Fetischformen zugleich. Werttheorie und Mehrwerttheorie gehen von der Arbeit als dem einheitlichen Bestimmungsgrund aus, der in den entwickelten Kategorien zwar quantitativ aufzeigbar variiert qualitativ jedoch keineswegs wesentlich modifiziert wird.« I.e., p. 60 261 »»Wertgesetz« heißt hier die Begründung der Kategorien der bürgerlichen Ökonomie aus dem alleinigen Wertgrund der WertSubstanz« abstrakt allgemeiner Arbeit.« I.e., p. 137 262 »»Wertgesetz« meint, daß in der bürgerlichen Gesellschaft im Prinzip, im großen Durchschnitt, ein »Äquivalententausch« nach Arbeitswerten herrsche, daß gesamtgesellschaftlich betrachtet, die Summe aller Werte gleich der Summe aller Preise, die Mehrwert243
summe gleich der Profitsumme sei.« ibid. Hier werden verschiedene Aussagen- und Darstellungsebenen zusammengezogen. Zudem, gäbe es Äquivalententausch nach Arbeitswerten, hätte sich Marx seine Proudhonkritik und Brentel ein Kapitel sparen können. Daß die Summe aller Werte gleich der aller Preise - eine Aussage im 2. Band des »Kapital« - nur sinnvoll ist als eine - modernistisch gesprochen - auf der Ebene von Modelltheorie. Wozu auf dieser Ebene dann Kritik? 263 Cf. I.e., p. 134. 264 ibid. 265 I.e., p. 136 - Da »unter höher arbeitsteiligen Produktionen ... einzelne Arbeiten in irgendeiner Form stets auf die Arbeiten anderer bezogen sein müssen, ist die Arbeit so zum einen prinzipiell gesellschaftliche bzw. vergesellschaftete Arbeit. Die einzelnen Arbeiten stellen Anteile einer Gesamtarbeit dar. Zum anderen wird damit die Notwendigkeit der proportionalen Verteilung der gesellschaftlichen Gesamtarbeit auf die einzelnen Produktionssphären ... behauptet.« D.h. Gesellschaften müßten »ihre Gesamtarbeitskraft so auf die verschiedenen arbeitsteiligen Tätigkeitsbereiche verteilen, daß der Gesamtbestand der für die jeweilige Gesellschaft und ihren Arbeitsteilungsstand notwendien Produkte reproduziert wird, Verschwendung oder mangelner Einsatz gesellschaftlicher Arbeitskraft... vermieden wird.« I.e., p. 134 - Es herrsche also zu allen Zeiten das Utilitaritätsprinzip! Doch nicht nur dieses ist hier unterstellt. Proudhons Gesamtplan als despotische Regierung wird in vordenkliche Zeiten verlegt wie Austausch und Arbeitsteilung. 266 I.e., p. 137 - Die Universalisierung der Vergesellschaftung durch Arbeit führt Brentel zurück auf Engelssche Ausgangspunkte. War doch dessen Urgemeinschaft eben durch diese als prämonetär begründet. Als Beleg der These vom doppelten Wertgesetz werden zwei Marxzitate herangezogen. >»In allen Zuständen mußte die Arbeitszeit, welche die Produktion der Lebensmittel kostet, den Menschen interessieren, obgleich nicht gleichmäßig auf verschiedenen Entwicklungsstufen. Endlich, sobald die Menschen in irgendeiner Weise füreinander arbeiten, erhält ihre Arbeit auch eine gesellschaftliche Form.«< I.e., p. 136 Marx, I.e., p. 85sq. Ist das Interesse an der Produktion noch gänzlich unbestimmt, so wird Arbeit zur Arbeit nur in der Produktion für andere, wird Moment nur in Gesellschaften, in denen der Austausch schon eine Rolle spielt. Cf. Karl Marx, Brief an Kugelmann vom 11.7.1868, in: Marx, Engels, Briefe über das >Kapital<, Berlin 1954, p. 185, Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 135. Marx redet hier von der Notwendigkeit der Verteilung gesellschaftlicher Arbeit, deren Form, deren Erscheinungsweise nur veränderbar. Diese Notwendigkeit ist ihm Naturgesetz. Dabei geht es um Produktion der notwendigen Lebensmittel einer Gesellschaft, um Gesamtarbeit, nicht um Verteilung nach arbeitswerttheoretischen Gesichtspunkten, nicht um Verteilung nach Werten. 267 Marx habe die »generelle Bedeutung des Wertgesetzes als Theorie über die prinzipielle Gesellschaftlichkeit und die gesamtgesellschaftliche Proportionalität der Arbeiten gegenüber dem Kern
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seiner Darstellungsabsicht, der Herausarbeitung der Wirkungsweisen dieses Wertgesetzes unter kapitalistischen Produktionsbedingungen eher indirekt, anhand einiger Beispiele über nichtkapitalistische Produktionsweisen behandelt.« I.e., p. 134 - cf. Marx, Kapital I, I.e., p. 85sq. Es ist hier schon demonstriert worden, daß Marx hier Utopiekritik und nicht Wertuniversalismus betreibt. Brentel konzediert entsprechend, daß Marx meist die nachgeordnete, spezifischere Bedeutung von Wertgesetz im Auge gehabt habe. Das Wertgesetz beziehe sich dann auf Wert im arbeitswerttheoretischen Sinne und bezeichne die Arbeitsverteilung unter den Bedingungen »einer kapitalistischen Konkurrenzwirtschaft, so daß »Wertgesetz« jetzt ein Synonym für die spezifische Weise der Verteilung der gesamtgesellschaftlichen Arbei-ten auf die verschiedenen Produktionssphären unter der bürgerlichen Produktionsweise, allgemeine Warenproduktion wird.« I.e., p. 136 268 I.e., p. 137 269 Brentel verweist darauf, daß den quantitativen Verhältnissen ein qualitativer »Beziehungsgrund« - I.e., p. 119 - unterliege, ja Preis und Geld eine »originäre ökonomische Qualität« - I.e., p. 134 hätten. 270 Das Geld ist »materieller Repräsentant... einer ganz spezifischen, abstrakt allgemeinen Arbeit, die Verhältnisbestimmung der Produkte als Warentotalität.« I.e., p. 207 Diese geldtheoretische Konfusion wird durch zweierlei Begriffe allgemeiner Arbeit noch verstärkt: »Marx unterscheidet also zwischen der realen Abstraktion der »allgemein menschlichen Arbeit« im unmittelbaren Produktionsprozeß und der abstrakt-allgemeinen gesellschaftlichen Arbeit, die als solche nicht existiert, sondern nur in einer spezifischen Form, in den Wertformen, im Geld.«. I.e., p. 219 Auch wenn die allerletzte Aussage richtig, daß der Wert nur im Geld erscheint, so kann er nicht sich in den Wertformen repräsentieren. 271 I.e., p. 309 - Hieraus folgert er unzulässigerweise: Preis sei »ein einheitlicher, allgemeiner und insofern gesellschaftlich gültiger Ausdruck von Arbeit überhaupt«. I.e., p. 314 - Richtiger hatte schon Backhaus darauf verwiesen, daß die »Formanalyse essentiell Geldtheorie« ist, womit das Verhältnis von Wert und nicht Arbeit unmittelbare Beziehung. Hans-Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 3, in: Gesellschaft Nr. 11, Frankfurt 1978, p. 37. 272 »Die einfache Zirkulation ist als einfaches Austauschsystem abstrakt aufgefaßt, als positive, selbständig in sich geschlossene Totalität eines einfachen Warenverkehrs.« Brentel, Soziale Form..., I.e., p. 211 - Wäre sie jene geschlossene Totalität, könnte Marx keinen Übergang zum Kapital konzipieren. 273 »Der »Wechsel« ist »nur formell«, »so daß bloß die Form des Tauschwerts gewechselt« wird.« I.e., p. 257, Marx, Grundrisse, I.e., p. 932 Dieser Wechsel ist selbst nicht produktiv. »Der Zweck der einfachen Zirkulation ist so auch nur der des Wechsels, des Austausches von Gebrauchswerten (?): bloßer Stoffwechsel der Waren unter der Vermittlungsleistung eines formellen Formwechsels.« 245
Brentel, Soziale Form I.e., p. 257 - Daß Brentel Produktentausch hier im Kopfe hat, selbst da, wo er Ware sagt, ist evident. Er begreift die geldtheoretische Seite der einfachen Zirkulation nicht. 274 »Die »einfache Reproduktion* des Tauschwerts als stets zugleich verschwindendes Moment der formellen Wechsel- bzw. Austauschverhältnisse »ändert den Gebrauchswert, worin er existiert, wie es die einfache Zirkulation tut, produziert ihn aber nicht*.« I.e., p. 257, Marx Grundrisse..., I.e., p. 933 - Hier wird ein verfälschte Zitat präsentiert, weil es dort auf den Übergang ins Kapital bezogen, auf produktive Konsumtion gerichtet ist. Auch der Tauschwert sei doppelt gesetzt, als ideelles Geld, d.h. Preis, und als werdender Tauschwert, als realisiertes Geld. Das Geld ist ideeller Gebrauchswert wie reell im Austausch. Der Tauschwert verdoppele sich als Preis und Münze. Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 254 - Die ideale Rekonstruktion erweist sich als unbegriffene Folge der Sucht nach Dualisierung und der Brentelschen Substanzmetaphysik. Brentel bezieht sich hier auf Marx, Grundrisse..., I.e., p. 929, 923. Dort ist es aber anders dargestellt. 275 »So gesehen realisiert sich die Ware in einem bloßen Formwechsel von Ware und Geld, Ware und Geld-Ware als ihrem Vermittler«. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 244 - Ist es nicht der Wert, der hier realisiert wird? 276 Cf. ibid. 277 I.e., p. 245 278 Die ökonomische Form scheint hier aus dem Austausch zu entstehen, was auch für Brentel die zentrale Form-Grund-Verkehrung darstellt. Es werde solchermaßen durchsichtig »wie ökonomische Gegenständlichkeit und ihre Konstitutionsbedingungen als Sphäre eines Einfachen und Selbständigen erscheinen können«. I.e., p. 246 279 I.e., p. 255 - »Dennoch aber liegt eben in der Verdinglichung des Tauschmittels im Geld, in dieser gegenständlichen Erscheinungsweise der Schein eines eigenständigen, weil ja handgreiflichen, so räumlich volumenhaft gesonderten Bestehens von Tauschwert schlechthin. Das Geld als ein spezifisches Produktionsverhältnis erscheint als bloßes Ding, ein spezifisches gesellschaftli-ches Verhältnis der Menschen in ihren Arbeiten als dingliche Eigenschaft der Geldware.« I.e., p. 256 - Diese Eigenschaft hält Brentel für den Fetischcharakter. Nicht nur, daß hier mit einem Verdinglichungsbegriff gearbeitet wird, wie er Lukäcs und der Kritischen Theorie eigen, ist falsch, sondern es wird auch damit nicht mehr einsichtig, wie ein Übergang zum Kapital zu denken ist, wenn Geld Ding und Produktionsverhältnis zugleich. 280 »Nur indem es (das Geld) als universelles Tauschmittel eine wirkliche Waren-Totalität bürgerlicher Produktionsweise vermittelt, kann es überhaupt... in der Bewegung W-G-W ... als jenes einfache Verhältnis und bloß vermittelndes Warending erscheinen.« I.e., p. 240 - es ist aber Tauschmittel, Zirkulationsmittel. 281 »Gerade in der funktionierenden einfachen Zirkulation, im einfachen Geldverkehr der entwickelten bürgerlichen Ökonomie können die Handelnden mit dem Geld wie mit einem einfachen Tauschmittel umgehen.« I.e., p 241 246
282 »Realität und Schein eines >Äquivalenten
zurück, indem er einem modifizierten Dogmatismus Raum gibt. Zur Problematik logisch-historischer Interpretation und ihrer Koinzidenz mit akademisch-bürgerlicher Theoriebildung cf. Backhaus, Materialien 3. I.e., p. 43 und pass. 291 Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 187sq. Er ergänzt hier, daß die Wertform aus dem Wert entspringe, wobei Wert allerdings weder substantialistisch wie bei Ricardo noch relativistisch wie bei Bailey zu verstehen sei. 292 Cf. I.e., p. 255. Immanent wird dies schon vorgegeben durch die substantialisierende Behauptung, »daß die Ware des Anfangs nur Waren-Kapital meinen« -1 .c., p. 287 - könne. Was bleibt da von der Formanalyse? 293 Nur als solches erhalte »der Tauschwert im Wechsel von Ware und Geld« sich und gehe »nicht in deren einfacher Vermittlung unter. ... Ware und Geld sind jetzt nicht mehr als einfache Waren und als einfaches Geld zu begreifen, sondern als Momente jenes Reproduktionsverlaufs des Kapitals, als Waren- und Geldkapitalien.« I.e., p. 260 - Deutlich wird, daß es Brentel hier nicht gelingt, jenseits des Durcheinanders der Formen, die einzelnen Formen zu differenzieren. Die Kontamination der Ebenen der Darstellung des 1. und des 2. Bandes trägt ein Übriges dazu bei. Cf. zum Kontext. Karl Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, Berlin 1967, p. 69. 294 I.e., p. 302, cf. entsprechend id., Kapital, I.e., p. 751 Sp. 2. Marx könne die Begriffe - Form und Inhalt, Form und Substanz, Geld und Arbeit - auf der Basis von Klassenspaltung immanent übergehen lassen, weil diese schon immer übergegangen seien. 295 Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 260. Der Fichtesche Trieb, das Fichtesche Streben ist gleich dem Verwertungsinteresse des Kapitals. Cf. id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 106. »So wie jener freien Tätigkeit des Ich nichts entgegen sein sollte, so treibt das Kapital seiner Bestimmung gemäß über alle bestimmten Schranken hinweg.« I.e., p. 105 296 Ein solchermaßen verselbständigter Tauschwert ist Kapital und der »Prozeß seiner Verselbständigung kapitalistischer Produktionsprozeß: Verwertungsprozeß.« Id., Soziale Form..., I.e., p. 259 - Wer produziert hier was? Was wird verwertet? 297 I.e., p. 268 - Auch die Selbständigkeit der ökonomischen Form als Kapital sei Schein genauso wie die Vorstellung vom automatischen Subjekt, weil es auf die lebendige Arbeit angewiesen sei. Zu diesem Zusammenhang cf. weiter unten. 298 »Es ist auch nicht Subjekt im Sinne idealisierter Erkenntnissubjektivität, sondern selbstreferenzieller Prozeß, der die wirklichen Subjekte darin stets voraussetzen muß, wie er sie als >seine< Momente zugleich unter sich subsumiert«, ibid. 299 Weil dem »Absoluten als der Totalität der Arbeit des Begriffs ... die Totalität abstrakter Arbeit« - id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 54 - korrespondiere, könne »das Absolute als Subjekt... nur als die gleichermaßen abstrakte wie antagonistische Produktionsbasis bürgerlicher Gesellschaft, als das identitätslogisch strukturierte Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital, begriffen werden«, ibid. 300 Marx stehe auf dem »Boden transzendentalphilosophischer 248
Einsicht« - ibid. insofern er reale Subjektivität methodisch abstraktiv rekonstruieren wolle. Seine Differenz zu transzendentallogischen Verfahren liege darin, daß er die Beziehung von Konstitution und Welt »nicht in transzendentallogischer reiner Formalität bestehen läßt, sondern jenen Dualismus inhaltsleerer Strukturen an die gesellschaftliche Basiskategorie von Arbeit bindet«. I.e., p. 103 - Mit dem gesellschaftlichen Subjekt werde zugleich verdinglichtes Bewußtsein rekonstruiert. Das Proletariat müsse sich also seine eigene »Selbstbewußtseinsverfaßtheit« abstraktiv einsichtig machen, wird mit implicitem Anschluß an Lukäcs formuliert. »Denn insofern sich das proletarische Subjekt in der Arbeits- und Reproduktionssphäre permanent nur in der Objektform begegnet, in der Form gegenständlicher abstrakter Arbeit, sich also nie als Subjekt des Prozesses begegnet, - muß es sich in dieser verdinglichten Subjektivität rekonstruieren, um sich selbstbewußt als ideelles und d.h. dann eben als politisches Subjekt setzen zu können.« I.e., p. 103sq. In bezug auf aas Ding wird eine Gleichheit Marxscher und Fichtescher Sicht behauptet. Cf. I.e., p. 104. 301 »Hierin, in dieser absoluten Subjektivität, im Hegeischen Geistbegriff als der selbstbewegenden Einheit von Substanz und Subjekt, ist der Marxsche Kapitalbegriff reflektiert.... Denn so wie jenes Hegeische Sein als seiende Abstraktion in sich selbst Vermittlung ist, so bedarf auch das Kapitalverhältnis, als Totalität einmal gesetzt, in seiner Akkumulationsbewegung keiner Vermittlung von außen, ... sondern vermittelt sich subsumtionslogisch selbst ...« »So findet sich der Hegeische Abstraktionsbegriff von Besonderem und Allgemeinem, der Vermitteltheit alles Besonderen im Allgemeinen als der identitätslogischen Bezogenheit von Substanz und Subjekt im Marxschen Kapitalbegriff, in dem Identitätsverhältnis von abstrakter Arbeit (Substanz) und jenem absoluten Produktionsverhältnis des sich verwertenden Werts wieder«. I.e., p. 130 302 »Das Absolute, die absolute Bewegung, die in der Wechselwirkung der isolierten Momente notwendig begründet liegt, ist jener Abstraktionsbegriff, jene Abstraktion der Arbeit, die als ein historisch Entsprungenes sich enthistorisiert als absolutes Sein wie als absolute Produktion darstellen kann. Hierin koinzidiert die Hegeische Arbeit des Begriffs mit der Übernahme dieser identitätsphilosophischen Rahmenkonstruktion als Darstellung abstrakter Arbeit in der Synthesisfunktion bürgerlicher Gesellschaft durch Marx.« I.e., p. 133 303 Cf. I.e., p.157 und 258. »Jene Differenz von Kantischem und Hegelschem Wahrheitsbegriff, an die Marx anknüpft und deren relevante Vergesellschaftungsebene im allgemeinen Kapitalbegriff gezogen wurde, indem ein abstraktes Verhältnis, das des allgemeinen Kapitals, nur über seine reine Formen, der der Einzelkapitale, Existenz gewinnt, dies Verhältnis von Wesen und Erscheinung kann ... allein noch konstitutionskritisch sein«, weil jenes Wesen nur in den Erscheinungen Existenz gewinnen könne. 304 »In jener Hegeischen Bewegung des positiv Negativen, die im Marxschen Kapitalbegriff jenes verselbständigten Tauschwerts wiederkehrt, wird Entfremdung in ihren bestimmten Gestalten 249
hinweggearbeitet, um zugleich als Totalität abstrakter Arbeit erst recht gesetzt zu werden. Jenen Zirkel der Reproduktion des Kapitals, wenn auch mystifiziert dargestellt zu haben, ist Hegels Verdienst.« »Auch in seinem Anderssein, in den Gestalten der Arbeit wie des Einzelkapitals, ist der sich verwertende Wert, das Kapital im allgemeinen, identitätslogisch auf sich bezogen. Die Aufhebung in den Allgemeinbegriff ist die Bestätigung des Ganzen als des Wahren, d.h. als System.« I.e., p. 136 305 Cf. I.e., p. 104sq. Insofern wird auch die Ökonomie von Quesnay in Anspruch genommen. Das Quesnaysche »Modell agrarkapitalistischer Reproduktion« mit Pachten als Zentrum ökonomischer Aktivität, vor allem in der Gestalt von dessen »tableau economique« gilt ihm als erstes Schema eines Wirtschaftskreislaufes. In diesem reflektieren sich »Einsichten eines bereits reproduktionstheoretisch gedachten Kapital- und Klassenbegriffs.« Id., Kapital, l.c.,p. 746, Sp. 1 - Nicht nur, daß sich diese Aussage angesichts der Konstruktion von Francis Quesnays Oeuvre nicht halten läßt, ist zu beanstanden, sondern daß Quesnay gerade nicht kreislauftheoretisch argumentiert, hätte Brentel aus der von ihm implizit benutzten, aber ungenannten Studie von Bernd Wältz entnehmen können. 306 >»Das Kapitale., wird als >Totalität< eines spezifisch gesellschaftlichen Produktions-Verhältnisses, i.e. als kontinuierlicher KreislaufProzeß des gesellschaftlichen Gesamtkapitals durch die Stadien von >Geldkapital<, >Warenkapital< und »produktivem Kapital* als funktionellen Formen des »industriellen Kapitals* begriffen.« I.e., p. 751, Sp. 2 - »Das »industrielle Kapital* ist der Gesamtprozeß eines solchermaßen geordneten Produktionsverhältnisses wie die einzelnen Elemente (Geld, Waren, Produktionsmittel) »Kapitalien* nur sind als funktionelle Momente dieses Gesamtprozesses.« I.e., p. 755, Sp. 2 307 I.e., p. 756, Sp. 1 - Den »Standpunkt der Produktion« hatte nach Brentel schon Fichte eingenommen, weil er »den Bewußtseinsegensatz unter dem idealgebenden Einheitspunkt absoluter Prouktion in ein prozessierendes Wechselverhältriis unendlicher, systemhaft gefaßter Synthesen auflöst«. Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 111 308 Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 13,288,270. 309 Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 264 310 Cf. id., Kapital, I.e., p. 751 Sp. 2 und 752 Sp. 2. 311 So sei der »Tauschwert der Ware zu Anfang des Marxschen »Kapital*... der noch abstrakteste und unverständlichste Ausdruck der Ware als Warenkapital, als Kapitalwert«. Id., Soziale Form ..., I.e., p. 266 312 Ökonomische Form sei letztlich »nur aus einem spezifisch »substanziellen Austauschverhältnis*, aus dem »Austausch* zwischen der Ware Arbeitskraft und Kapital« - I.e., p. 28 - zu begreifen. »Indem die spezifische Ware Arbeitskraft gegen Geldkapital getauscht und in dem kapitalistischen Produktionsprozeß verzehrt wird, geht der Forminhalt der Ware: die gesellschaftliche Arbeit... nicht verloren, sondern es zeigt sich, wie ökonomische Form aus ihrer Substanz, der (Lohn-)Arbeit, bzw. deren Verwertung, systematisch gesetzt
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wird. Der stoffliche Inhalt der Ware, ihr Gebrauchswert, kann so selbst den Form-Inhalt der Waren überhaupt bzw. des Geldes bilden, die Arbeitskraft sich in die Substanz ökonomischer Form umsetzen.« I.e., p. 262 - Da weder die Substanz sich umstandslos mit Materie gleichsetzen läßt, noch die Lohnarbeit bei Marx als Substanz der ökonomischen Form fassen, geht diese Argumentation am spezifischen Marxschen Gegenstand vorbei. 313 Cf. I.e., p. 269. Anders bei Marx. Cf. id., Grundrisse ..., I.e., p. 901sq. 314 Verselbständigen könne sich das Kapital aber nur »im Wechsel mit der lebendigen Arbeit,... der Ware Arbeitskraft... . Indem sie ihre eigene Substanz in einem spezifischen, nicht formellen, sondern gleichsam substantiellen Wechsel in sich einzieht, verselbständigt und setzt sich die ökonomische Form überhaupt erst als Form«. I.e., p. 261 - Die Ebenen der Darstellung sind bei Marx aber folgendermaßen aufgebaut: W-G-W, G-G' und dann Kapital und Lohnarbeit. Bei Brentel wird alles mit allem durchmengt. Es ist nicht das Kapital, das der Ware Arbeitskraft entgegengesetzt ist, sondern das Verhältnis von Geld und Ware Arbeitskraft ist selbst zirkuläres Moment. Lebendige Arbeit ist auch nicht gleich der Arbeitskraft. Die eine fällt in die Produktion, die andere in die Sphäre des Arbeitsmarktes. Hier bei Brentel werden Probleme durch Metaphorik getilgt. 315 »Nur an dieser Nahtstelle des substantiellen Wechsels ökonomischer Form bzw. des Tauschwerts als Waren- und Geldkapital mit der Lohnarbeit... kann gezeigt werden,... wie der Tauschwert, ein Valores, aus einem Nicht-Valoren, seinem Gegensatz, der lebendigen Arbeit entsteht«. I.e., p. 265 316 I.e., p. 262 317 I.e., p. 263 318 »Sie hat ihr Bestehen und ihre Selbständigkeit in der Produktion ihrer selbst als des eigentlichen Inhaltes des Zirkulationsprozesses in seiner Totalität. Indem Geld gegen die Ware Arbeitskraft ausgetauscht wird, können die Voraussetzungen der zirkulativen Vermittlung: die Waren und die in der Konsumtion der lebendigen Arbeit: die Tauschwerte, produziert, die formellen Vermittlungsbestimmugen beständig reproduziert werden. In der Konsumtion dieser Ware wird das Geld nicht vernichtet, sondern die ökonomische Form erneut produziert. Ökonomische Gegenständlichkeit entsteht als permanente, als insofern gleichsam selbständiges Dasein der ökonomischen Formen.« I.e., p. 262 - Diesen Unsinnigkeiten sei nur kurz geantwortet: Die lebendige Arbeit produziert Produkte. Die Ware wird gekauft, ob sie produziert ist oder nicht. Die Form des Tauschwerts entsteht im Austausch. Das Produkt wird gegen Geld getauscht, es wird verkauft. So realisiert es Wert. 319 I.e., p. 263 - »Letztendlicher Grund ökonomischer Formkonstitution kann (nur)... sein ... ein sowohl spezifisch historisches wie in seiner Struktur voraussetzungsvolles Vermittlungsverhältnis, da(s) der Produktion und Reproduktion der Kapitalien: das substantielle Austauschverhältnis von Lohn-Arbeit und Kapital«. I.e., p. 267 - Was hier die Substantialität ausmachen soll, bleibt unerfindlich. Der substantielle Wechsel, heißt es bei Brentel, das 251
Austauschverhältnis von Lohnarbeit und Kapital, sei besonderer Austausch. Cf. I.e., p. 268. Substantiell sei dieser Wechsel, weil Arbeit selbst »als wertsetzende Tätigkeit« einge-tauscht werde. Dies ist keine Aussage der Formanalyse. 320 Die Ware war als »komplexes Verhältnis« dechiffriert worden, als das Verhältnis des Kapitals im allgemeinen. »In diesem fällt ihre Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert erst in der Ware Arbeitskraft zusammen: ihr Unterschied aber fällt nicht wie im Schein eines einfachen Warenprodukts (?) >in Eins<, sondern der bloße »Unterschied* von Gebrauchswert und Tauschwert ist zum »Gegensatz* und »Widerspruch*, letztlich zur antagonistisch-produktiven Vermittlung von Lohnarbeit und Kapital fortbestimmt.« I.e., p. 264 321 »Die Erscheinimg des Appropriationsgesetzes in der einfachen Zirkulation verdeckt diesen eigentlichen und spezifischen Grund ökonomischer Form- und Gegenstandskonstitution: jenes substanzielle »Austausch*-Verhältnis als die Setzung der Tauschwerte nicht durch die Arbeit schlechthin, sondern durch die Lohn-Arbeit. Denn obzwar dem Arbeiter in der kapitalistischen Gesellschaft die Produkte seiner Arbeit gerade nicht gehören, er nichts besitzt als seine Arbeitskraft, besteht der systematische Schein, als würde (Privat-)Eigentum - und d.h. Tauschwerte generell - als Resultate eigener Arbeit entstehen.« I.e., p. 269 - Eigentumsbildung und damit Wert-, Gegenstands- und Formkonstitution sei als Resultat vergegenständlichter Arbeit und Aneignung fremder Arbeit zu begreifen. Erst in dem Rückgang in die Sphäre der Produktion als Grund sei der Austausch zu entschlüsseln auf der Basis des Austauschs von Arbeit und Kapital als »Herrschaft und Dispositionsähigkeit über das Arbeitsvermögen«. I.e., p. 270 - Dies hatte Brentel schon früher betont. »Proletarische Subjektivität wird bei Marx, rekonstruiert als ein Prozeß gesellschaftlicher Subjektivität, permanent der Objektseite zugeschlagen, in gegenständlicher Objektivierung aufgelöst; - als solche ist sie Bedingung wie zugleich Hemmendes und Widerständiges für eine ihr entgegengesetzte gesellschaftlich bestimmende und jene Objektivität begründende Subjektivität. Die Seiten des Fichteschen Bewußtseinsgegerisatzes von Ich und Nicht-Ich erweisen sich so in der Transposition auf die Marxsche Strukturanalogie als jene von Kapital und Proletariat. Der Gegensatz als der zweier Klassensubjekte, deren Existenz in ihrer wechselseitigen Einschränkung, die Essenz, die Wesensbestimmung dieses Prozesses aber in der Unbedingtheit eines absolut Gesetztseins, des sich selbst reproduzierenden Kapitals liegt.« Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 104 322 Cf. Soziale Form und ökonomische Kategorie ... (SFuöK), I.e., p. 59. 323 Id., Kapital, I.e., p.750, Sp. 1 - cf. H.C Binswangen Ökologisch orientierte Wirtschaftswissenschaft, in: Loccumer Protokolle: Die Zukunft der Ökonomie, Heft 15, 1984, p. 153sq. »Andere Autoren befürchten dagegen von der allseitigen »Inwertsetzung der Natur* (Altvater) ihre desto rapidere Zerstörung. Sie knüpfen, wie Leipert, an das Konzept der »unbezahlten Folgekosten der Marktwirtschaft* bei K. William Kapp und Ansätzen zu einer alternativen sozialen 252
und ökologischen Wohlfahrtsmessung an.« Brentel, Kapital, I.e., p. 750, S.p. 1 - cf. Elmar Altvater, Alte Hüte mit grüner Feder. Ein Plädoyer gegen das Patentrezept ökologischer Marktwirtschaft, in: Otto Kallscheuer (Ed.), Die Grünen - Letzte Wahl?, Berlin 1986, K. William Kapp, Soziale Kosten der Marktwirtschaft, Frankfurt 1988 und C. Leipert, Präventive Politikansätze. Zur Neuorientierung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Berichterstattung, in: M. Opielka, I. Ostner (Eds.), Umbau des Sozialstaats, Essen 1987. 324 Brentel, Kapital, I.e., p.750, Sp. 2. Diese Überschußeigenschaften seien dort nur die des Kapitalismus. 325 Georgescu-Roegen wollte den »>Wert<-Begriff in einer physikalischsoziale^) Doppelperspektive« erörtern. Von dieser aus kritisierte er die Ökonomie, »die den ökonomischen Prozeß« in seinen physikalischen und biologischen Grundlagen nicht als wesentlich entropischen Prozeß erkenne: als systematische entropische Degradation von Ressourcen und Umwelt«. Id., SFuöK, I.e., p. 60 »Georgescu-Roegens sogenannter »vierter Thermodynamischer Hauptsatz* besagt, daß auf der Erde als einem »geschlossenen System« die Entropie der Materie kontinuierlich anwachsen werde, bis sie ihr Maximum erreicht hat.« ibid. »Ökonomie und Ökologie schließen sich unter der Wirkung des Entropiegesetzes daher prinzipiell aus.« Id., Soziale Form ..., I.e., p. 24 - Diese Ressourcenökonomie tangiere den Wertbegriff: »Gebrauchsgegenstände besäßen einen >Wert< für den menschlichen Lebensprozeß insofern sie a) physikalisch konzentrierte Energie und Materie, d.h. niedrige Entropie und b) sozial Nützlichkeit für den Lebens-genuß des Menschen darstellten.« ibid. Hier Wiederkehr der Theorie des Gebrauchswerts als biologisch drapierte Theorie. 326 I.e., p. 23 327 Ökonomiekritik, schreibt Brentel, wird hier wieder in bürgerliche Ökonomie, »Natur wird, wie bei Binswanger, als >Natur-Kapital< in die Produktionsfunktion« - id., SFuöK, I.e., p. 63 - zurückgenommen. 328 »Eine ökonomische Theorie, die nicht ... solche Wert- und Kapitaltheorien ins Zentrum stellt, löst sich als Ökonomie auf und geht in Naturwissenschaft und Moral über.« ibid. GeorgescuRoegen zieht beides zusammen. Brentel pointiert hier die eigene Position: »Der entropische Ansatz wird erst dann wirklich kritisch, wenn der Gegensatz von Ökologie und Ökonomie - wie bei Elmar Altvater und Andreas Uhlig - systemspezisch bestimmt wird.« ibid. Cf. Elmar Altvater, Lebensgrundlage (Natur) und Lebensunterhalt (Arbeit). Zum Verhältnis von Ökologie und Ökonomie in der Krise, in: Id. et al., Markt, Mensch, Natur. Zur Vermarktung von Arbeit und Umwelt, Hamburg 1986, p. 133-155, Andreas Uhlig, Ökolo-gische Krise und ökonomischer Prozeß, Diessenhofen 1978. 329 Cf. Hans Immler, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Marx und die Naturfrage. Ein Wissenschaftsstreit, Hamburg 1984. In diesem Kontext wird Marx ein »mangelndes Problembewußtsein in der Frage der Einbeziehung der naturalen Grundlagen des menschlichen Produktionsprozesses« vorgeworfen und als Grund dafür bei der Marxschen Theorie »deren Zentriertheit auf das Arbeitswerttheorem« - Brentel, SFuöK, I.e., p. 59sq. - festgehalten. 253
330 I.e., p. 60 331 Cf. I.e., p. 61 und 62. 332 I.e., p. 66, cf. auch id., Soziale Form ..., I.e., p. 137. 333 I.e., p. 151 334 Gesellschaften müßten »ihre Gesamtarbeitskraft so auf die verschiedenen arbeitsteiligen Tätigkeitsbereiche ... verteilen, daß der Gesamtbestand der für die jeweilige Gesellschaft und ihren Arbeitsteilungsstand notwendigen Produkte reproduziert wird, Verschwendung vermieden wird. Darin lassen sich jene Annahmen schließlich auch als eine ideale Gleichgewichtsaussage in bezug auf die Gesamtreproduktion gesellschaftlicher Einheiten auffassen. Marx apostrophier(e) diese fiir Arbeitsteilungsprozesse charakteristische Weise eines durch die Gesamtarbeit vermittelten Stoffwechsels mit der Natur als »Naturgesetz* gesellschaftlicher Reproduktion.« I.e., p. 134. Reproduktion wird hier offensichtlich auf der Basis von »Gebrauchswertproduktion« gedacht. Die Verteilung im Kapitalismus mittels Wert, Angebot und Nachfrage etc. erscheint dieser anthropologischen Naturkonstante äußerlich. 335 In bezug auf Sraffa hält Brentel fest, daß bei diesem Werte »jene Produktionspreise (seien), die eine uniforme Profitrate in den verschiedenen Produktionssektoren garantierten.« Id., SFuöK, I.e., p. 55 - Geld sei für Marx hingegen Geldware. In diesem Kontext sei die Funktion der Banknote zu bestimmen. Diese »repräsentier(e) als gesellschaftlich garantiertes Zahlungsversprechen ... (ein) Versprechen auf die (künftige) Reproduktion der gesellschaftlichen Gesamtarbeit. Nur in der gesellschaftlichen Garantie der Reproduktion und deren Fortgang kann sie das reale Geld substituieren.« I.e., p. 39 336 Brentel geht es hier um die »Frage, wie sich die Nutzung bzw. Vernutzung von Naturkräften auf die Wertbildung und Kapitalakkumulation auswirkten.... Die Natur bzw. die Naturkräfte (seien) aus Marxscher Sicht der Grund des stofflichen Reichtums (wealth) und damit die materielle Basis zur Produktion eines SurplusProduktes. Stofflicher Reichtum an Gebrauchswerten und an Surplusprodukten als Waren n(ä)hmen in der bürgerlichen Gesellschaft die soziale Form von Werten (Tauschwert) bzw. von Mehrwert (Profit) an. ... Als ursächliche Kosten zählen so ausschließlich die warenförmigen Reproduktionskosten des lebendigen Arbeitsvermögens der Lohnarbeiter. Alles andere Hausarbeit und familiale Reproduktionsarbeit, die Mehrarbeit und die vernutzten Naturkräfte bzw. etwaige Reproduktionskosten der Natur - werden als kostenlose Leistungen in Anspruch genommen und externalisiert.« Id., Arbeit, Natur ..., I.e., p. 3 - Die Marxsche Theorie habe, betont Brentel, keine »gemeinsame(n) Schnittmengen mit physikalisch oder physikalisch inspirierten Werttheorien (Energietheorie; Naturwerttheorie)«. Denn diese verwechseln »die »Naturbasis* von Wert und Mehrwert mit seiner gesellschaftlich spezifischen und formbestimmten »Ursache und Quelle*«, ibid. Wenn die Natur als zweite Wertquelle in Anspruch genommen werde, so verweist Brentel darauf, daß Marx sich der Dimension menschlicher Grundbedürfnisse, »der Gebrauchswertorientiertheit« - id., Soziale Form ..., I.e., p. 26sq. - immer bewußt gewesen 254
sei, und fordert deshalb die Erweiterung des Gesellschaftsbegriffs durch den Einbezug von Natur- und Gebrauchswertdimension. Cf. I.e., p, 27. 337 Die Ökonomie sei »bezüglich ihres eigentlichen Gegenstandes tatsächlich auf Zirkularität angelegt«. Id., SFuöK, I.e., p. 63 - Man habe hier einen »ideal herzustellenden Kreisprozeß der Werte als Zwangszusammenhang kapitalistischer Vergesellschaftung«, ibid. 338 ibid. Brentel bezieht sich hier auf James O'Connor. Dieser »diagnostiziert ... neben dem bekannten Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen ... eine zweite Widerspruchsebene zwischen den Produktionsverhältnissen und einer ihre naturalen Grundlagen ruinierenden Produktionsweise ...«. Id., Vorbemerkung ..., I.e., p.10 339 Cf. id., SFuöK, I.e., p. 63sq. 340 »Die Marxsche Reproduktionstheorie ist kritisch, weil sie zeigt, daß die Reproduktion von Gesellschaft und Natur auf der Basis der Wertreproduktion immer wieder scheitern muß.« I.e., p. 64 - Dieses Scheitern sei deshalb gegeben, weil die idealen Kreisläufe in der Realität keineswegs so ideal seien. »Jedes Glied des fragilen Reproduktionskreislaufes, jeder Formwechsel von Ware und Geld und umgekehrt, kann auch den Abbruch des Kreislaufes bedeuten, sei es aus primär stofflichen Gründen, den Naturbedingungen der Produktion, sei es aus primär Valoren Gründen unzureichender Kapitalverwertung. Die >Einheit< von Stoff- und Wertproduktton der bürgerlichen Ökonomie ist so überhaupt nur als krisenhafte Einheit denkbar, als Prozeß der beständigen Entwertung der Kapitalien, der Nachgeordnetheit alles Stofflichen hinter der beständigen Revolutionierung der Wertverhältnisse.« ibid. Die Einheit von Stoff- und Wertreproduktion innerhalb bürgerlicher Verhältnisse scheitere aber auch, »weil die Kapitalreproduktion beständig an ihre äußeren Grenzen stoss(e): die der gänzlichen Subsumtionsfähigkeit der lebendigen Arbeitsvermögen wie der Natur.« ibid. 341 ibid. 342 Brentel verweist hier darauf, daß die »kapitalistische Produktionsweise ihre produktiven Voraussetzungen, die >Springquellen< allen stofflichen Reichtums, >die Erde und den Arbeiter«, untergrabe.« I.e., p. 4 - Wenn die kapitalistische Produktionsweise den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur störe, so zwinge sie ihn, das Gesetz gesellschaftlicher Produktion wiederherzustellen. Cf. I.e., p. 343 Cf. ibid. und p. 11. 344 Eine kritische Reproduktionstheorie soll »neuere naturwissenschaftliche (ökologische, physikalische) und sozialwissenschaftliche (demokratietheoretische, organisations- und industriesoziologische) Erkenntnisse mit dem Ansatz der Marxschen »Kapitallogik« ... verbinden«. I.e., p. 6 345 Bezug für Brentel sind jene Ansätze, »wo versucht wird, in alternativen Reproduktionsmodellen von Gesellschaft und Natur sozialwissenscnaftliche, ethische und naturwissenschaftliche Einsichten gänzlich neu ins Verhältnis zu setzen.« Id., Vorbemerkung ..., I.e., p. 6 - Darüberhinaus geht es um die Ergänzung der Marxschen Theorie durch eine »Ethiktheorie«. Die soziale Rationa255
lität der Kritischen Theorie und die »institutionelle Ökonomie Kapps« - id., Arbeit, Natur ..., I.e., p. 7 - stehen bei Brentel für diese Ergänzung. In bezug auf die traditionelle ethische Komplettierung cf. Manfred Gangl, Politische Ökonomie und Kritische Theorie. Ein Beitrag zur theoretischen Entwicklung der Frankfurter Schule, Frankturt-New York 1987, p. 27sq., 29,39. 346 Cf. den Bezug auf Priddat und Seifert, cf. Brentel, SFuöK, I.e., p. 67. 347 Bei der Explikation der Formtheorie geht es Brentel um die Frage »nach den wirklichen Konstitutionsbedingungen ökonomischer Gegenständlichkeit«, »dem wirklichen Wesen und Existenzgrund der ökonomischen Form«, »dem wirklichen Zusammenhang von Form, Inhalt und Grund des Ökonomischen und insofern nach dem sachlichen Fundament der Formen und Kategorien der politischen Ökonomie«. Id., Soziale Form..., I.e., p. 249 348 I.e., p. 273, cf. I.e., p. 14, 311 und id., SFuöK, I.e., p. 37, 38sq. 349 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 273, cf. I.e., p. 311. Cf. id., SFuöK, I.e., p. 38sq. »Schon die abstrakt-allgemeine Arbeit als Wertsubstanz ist so als spezifisch soziale Form begriffen (Form I), die in den Wertformen (soziale Form II), den Kategorien der bürgerlichen Ökonomie, ihre Erscheinungs- und Existenzform hat.« I.e., p. 37 - Kehrte Brentel schon bei der Form I zur klassischen (Smithscnen) Arbeitswerttheorie zurück, so rückt er den Gehalt des Begriffs von Form II ins Fetischisierte und Subjektive. 350 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 273 351 Cf. I.e., p. 60. Quantitätstheorie! 352 Cf. I.e., p. 14. 353 In der Konstitutionstheorie des Wertes wird »das Gesetztsein von Wert und Tauschwert, von Wertsubstanz und Wertform ineins des wirklichen Waren-Bezuges« behauptet. Die Wertsubstanz sei nur in der Form »als allgemeinen Bezogenseins in die Geldware« - I.e., p. 311 - konstituiert. Es gelten also die »ökonomische(n) Formen als Wert- und Geld->Gegenständlichkeit<«. I.e., p. 137 - Marx gehe also aus von der »Wert-Instanz als notwendiger Einheit von Wertgrund und Wertmaß wie seiner Lehre von der Wert-Form als qualitativer Bestimmungslehre von Preis und Geld.« I.e., p. 71 »Als Maß, als preissetzendes Element, setzt das Geld die Waren der Form nach qualitativ gleich, so daß sie sich nur noch quantitativ unterscheiden.« I.e., p. 226 - Wieso der Form nach? 354 Erst »in der allgemeinen Wertform entspricht die Wertform auch dem Wertbegriff«. I.e., p. 319 355 I.e., p. 239 - Erhält sich der Tauschwert nur in der »Permanenz der Vermittlung«, so kommt ihm dort »kein selbständiges Bestehen« I.e., p. 258 - zu. Dieses hat er nur, wenn der Wert »unter den Bedingungen seiner Selbstproduktion und Selbstkonstitution« aus dem Wert erklärt werde. Ökonomische »Gegenstandskonstitution« bedeute hierbei ein »Sich-selbst-setzen«. ibid. Ein selbständiges Sein könne die ökonomische Form nur »als permanente Bewegung«, als »prozessierende Form« - I.e., p. 259 - haben. Hierbei wird bei Brentel jener substantielle Wechsel als begründend unterstellt: der Austausch der ökonomischen Form mit ihrer eigenen Substanz, indem sich die Form als Form konstituiere. Cf. I.e.,.ibid. und p. 261. 256
356 Cf. I.e., p. 241. 357 »Die ökonomischen Formen und Formbestimmtheiten der einfachen Zirkulation scheinen sich aus dieser zu begründen: Die bloße Form erscheint noch als Grund ihrer selbst - sie gründet in der bloßen Vermittlungsfunktion der einfachen Zirkulation. Das ist der Kern einer zentralen Form-Grund-Ver-kehrung, der konstitutiv mit den Vorstellungen und Theorien der einfachen Zirkulation verbunden ist.« I.e., p. 210 358 Formanalyse, heißt es bei Brentel, müsse als logische Zurückführung den »begründenden Inhalt gegen den Schein noch an diesem identifizieren und zum Vorschein bringen können«. »Die wesenslogischen Verweise und Gehalte können auch in den »oberflächlichsten« und »abstraktesten« Formen nicht differenzlos getilgt sein. Ihre Spuren zeigen sich an den Widersprüchen der Selbstbegründungsstrategien«. I.e., p. 189 - Form und Inhalt erwiesen sich also als untrennbar. 359 Cf. I.e., p. 242. 360 Formanalyse ziele also auch auf »Bewußtseinsgegenstände«, »Alltagsvorstellungen« und Vorstellungen in ökonomischen Theorien. Erscheinung sei hier auch als Wirklichkeitskonstruktion cf. I.e., p. 284 - zu denken, die als »Pseudo-Subjektivität« destruiert werde. Erscheinung als isolierte Formbestimmung sei reiner Schein. Cf. I.e., p. 285. Bei Marx gebe es also einen Zusammenhang von Gedankenform und Vergesellschaftungsform. Cf. I.e., p. 286. Ökonomische Form jedoch sei »immer eine dingliche und verdinglichte«. »Der dingliche Charakter der ökonomischen Form (sei) Basis ihres allgemeingültigen Charakters als Gedan-kenform«, - I.e., p. 287 - bzw. der ökonomischen Kategorien. Cf. id., SFuöK, I.e., p. 40. 361 ibid. 362 Id., Soziale Form ..,, I.e., p. 279 363 Die einfachen Formen sind auf zweifache Weise abstrakt: Zum einen, weil sie als Grundbegriffe der Ökonomie »falsche Bestimmungen der ökonomischen Realität darstellen«, zum anderen, weil sie »in ihrem wirklichen Formgehalt ... noch nicht erkannt sind« und auch nicht erkannt ist, »daß die Werte ... überhaupt keine »einfachen« Werte sein können«. I.e., p. 282 - Abstrakt sind die Bestimmungen des Anfangs, weil sie nicht im kapitalistischen Zusammenhang betrachtet werden. Insofern sei die »einfache Ware ... das Allerab-strakteste«. I.e., p. 283 - Dabei ist auf den Begriff des Abstrakten zurückzukommen. Marx knüpfe, schrieb Brentel früher, »an den Hegeischen identitätslogischen Bezug von Wesen und Erscheinung an, indem er behauptet: Der Wert als gesellschaftliche Denkabstraktion hat außerhalb der Wertform keine gegenständliche Exi-stenz.« Id., Methodische Prämissen ..., I.e., p. 260sq. »Marx muß auf den Hegelschen methodischen Standpunkt absoluten Wissens rekurrieren, denn nur in diesem läßt sich ... der Abstraktionsbegriff, der sich an den Individuen wie an allen Gestalten der bürgerlichen Gesellschaft vollzieht und der diese zugleich in ihren Formen konstituiert, läßt sich Konstituion in ihrem verdinglichten Anspruch reiner Geltung als Gesetztsein alles Besondern durch ein darin verschleiertes, aber doch immer schon mit vorausgesetztes 257
allgemeines Abstraktionsverhältnis aufklären.« I.e., p. 271 - Das Abstrakte erhält logisch spezifische Funktion: »Aus der Doppelstellung des Abstrakten als des Allerfalschesten und des Abstrakten als des zugleich noch Unbekannten, Unentschlüsselten und doch stets Präsenten« gewinne die Formanalyse »die Dynamik ihres Fortgangs«. Id., Soziale Form..., I.e., p. 283 364 I.e., p. 274 365 »Formanalyse heißt: die ökonomischen Formen als abstrakte, als begriffslose herauszustellen, ihren wirklichen Form-Inhalt konkretisieren und sie darin als Momente eines entwickelten Reproduktionszusammenhanges begreifen lernen.« I.e., p. 248 - Sie soll zeigen, daß alle Gegenstandsbegründungen »aus einfachen Austauschtheorien prinzipiell scheitern«, daß die einfachen Formen nur im Zusammenhang mit der »kapitalistisch-industriellen Produktionsweise ..., deren abstraktester und reduktionistischster Ausdruck sie selbst nur sind« - I.e., p. 279 - zu verstehen sind. Brentel argumentiert: Wenn Marx von der ökonomischen Begrifflichkeit ausgeht und sie genauer bestimmt, so erweisen sich diese Formen als die eines Gesamtzusammenhangs, die einzelnen Formen als Abstraktionen von diesem. Cf. I.e., p. 280. Deshalb sei auch die »>Lösung< der ökonomischen Gegenstandsfrage« nur »in einem Reproduktionsprozeß, in einem Gesamtverhältnis jener Formbe-stimmtheiten zu suchen«. I.e., p. 281 366 Cf. I.e., p. 279. 367 »Weil in der bürgerlichen Gesellschaft... die Gesellschaftlichkeit der Arbeiten und Produkte nicht unmittelbar gegeben ist, sondern sich qua Warenaustausch immer erst noch zu erweisen hat, nimmt die Gesellschaftlichkeit der Arbeit eine spezifisch soziale Form an: die der Gleichheit der Arbeiten, die des Wertcharakters der Arbeitsprodukte.« Id., SFuöK, I.e., p. 37, cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 13. 368 I.e., p. 311 - »Nur in bzw. mit dieser Form als allgemeinem Bezogensein in der Geldware ist die Wert->Substanz* abstraktallgemeine Arbeit tatsächlich konstituiert, gewinnt Arbeit ein spezifisch gesellschaftliches, abstraktes Form-Dasein. ... Mit ihm (dem Äquivalenzausdruck) wird ein Non-Valores, Non-Monetäres - die Arbeit - zu Valorem und Monetärem, zu Wert und Tauschwert in eins konstituiert.« ibid. Nur daß Brentel dem Geldschleier aufsitzt, muß hier angemerkt werden. 369 I.e., p. 13 - Der Inhalt des Gemeinsamen zweier Waren sei die soziale Form der Gesellschaftlichkeit der Arbeit: die abstrakte Arbeit. Cf. I.e., p. 124 370 Entsprechend heißt es bei Brentel: Die »Kategorien der bürgerlichen Ökonomie« seien »als solche Wertformen, als Formen jener abstrakt-allgemeinen Arbeit auszuweisen.« I.e., p. 273 371 Für Brentel ist es deutlich, daß nur im Äquivalenzausdruck der Waren »die abstrakte Arbeit tatsächlich existier(e)«. I.e., p. 311 372 »Einmal zeigt sich, daß nur im Äquivalenz-Ausdruck der Waren die allgemeine, die abstrakte Arbeit tatsächlich existieren, nur in Form solcher materieller Repräsentanz eine Existenz-Form (Form II) überhaupt erlangen kann. ... Und zweitens zeigt sich am Äquivalenz-Ausdruck, wie in dieser Beziehung der Waren auf einander als der Gleich-Setzung der konkreten Arbeiten der >Wert< als ihre ge258
meinsame qualitative Vergleichsbasis überhaupt erst wirklich konstituiert wird, wie erst mit ihrer Darstellung im Äquivalenzausdruck die konkreten Arbeiten zu allgemeiner Arbeit >abstraktifiziert< werden.« ibid. 373 »In allen Wertformen, den Metamorphosen der ökonomischsozialen Form, ist die abstrakt-allgemeine Arbeit, ist der Bezug zum Verwertungsprozeß der Arbeitskraft das übergreifende Verhältnis.« Id., SFuöK, I.e., p.58sq. 374 »Die Bildung von Eigentum - und damit Wertkonstitution, ökonomische Gegenstands- und Formkonstitution - kann in ihrem Grund daher immer nur als Resultat eigener als eben bereits vergegenständlichter Arbeit erscheinen, nicht als Aneignung von und Verfügung über fremde Arbeit.« Id., Soziale Form ..., I.e., v. 269 Letzteres hält Brentel gegen die Ideologie der einfachen Zirkulation fest. »Der Schein einfacher Appropriation (in der einfachen Zirkulation) ist so zugleich der Schein einfacher Formkonstitution wie die Nivellierung des eigentlich formkonstitutiven Grundes: die Herrschaft über die lebendige Arbeit.« ibid. 375 »So kann das Absolute als Subjekt... als die gleichermaßen abstrakte wie antagonistische Froduktionsbasis bürgerlicher Gesellschaft, als das identitätslogisch strukturierte Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital, begriffen werden«. Id., Methodische Prämissen..., I.e., p. 54 376 Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 128sq. 377 Die ökonomische Form »hat ihr Bestehen und ihre Selbständigkeit in der Produktion ihrer selbst als des eigentlichen Inhaltes des Zirkulationsprozesses in seiner Totalität.« I.e., p. 262 - Der Forminhalt der Ware sei eben die gesellschaftliche Ärbeit. 378 ibid. 379 »Indem die spezifische Ware Arbeitskraft gegen Geldkapital getauscht und in dem kapitalistischen Produktionsprozeß verzehrt wird, geht der Forminhalt der Ware: die gesellschaftliche Arbeit... nicht verloren, sondern es zeigt sich, wie ökonomische Form aus ihrer Substanz, der (Lohn-)Arbeit, bzw. deren Verwertung, systematisch gesetzt wird, ihr Gebrauchswert kann so selbst den Form-Inhalt der Waren überhaupt bzw. des Geldes bilden, die Arbeitskraft sich in die Substanz der ökonomischen Form umsetzen.« ibid. So wenig die Lohnarbeit Substanz der ökonomischen Form, so wenig ist der stoffliche Inhalt dieser Ware als ihr Gebrauchswert ihr gleichzusetzen. Problematisch ist auch, daß Brentel über keinen Substanzbegriff verfügt, denn Substanz ist nicht Materie. 380 Gebrauchswert und Tauschwert, Form und Inhalt gingen ineinander über, »indem in der Ware Arbeitskraft der Gebrauchswert selbst ökonomische Formbestimmung erlang(e).« ibid. »Erst in dieser spezifischen Identität von Form und Inhalt, von Form und Substanz, komm(e) der Motor der Formkonstitution, der Wert- und Mehrwertproduktion überhaupt in Gang.« I.e., p. 263 - Die Form verselbständige sich nur »auf Basis dieser Identität von Form und Stoff«, ibid. Nicht nur, daß hier alle Momente ineinandergezogen sind, macht das Problematischwerden Brentelscher Formulierungen aus, sondern entscheidender ist, daß lebendige Arbeit 259
verdinglicht wird. »Form und Stoff« hieß eine populäre Schrift Ludwig Büchners. 381 ibid. 382 I.e., p. 267 383 I.e., p. 270 384 ibid. 385 Cf. I.e., p. 13,145, 252,258, 264. 386 Cf. I.e., p. 241. 387 Cf. I.e., p. 64sq., 150. 388 Cf. I.e., p. 147,150,153. 389 Cf. I.e., 311-313. 390 Cf. I.e., p. 63. 70sq., 265. 391 Cf. l.c.,p. 309. 392 Cf. die Einleitung der Herausgeber zu den Grundrissen, In: MEGA U/1.1, Textband, Berlin, 1976, p. 16. 393 Cf. Brentel, Soziale Form ..., I.e., p. 175. 394 Cf. I.e., p. 177-180. 395 Cf. I.e., p. 136. 396 Cf. I.e., p. 134-137. 397 Cf. I.e., p. 188sq. 398 Cf. I.e., p. 273. 399 Cf. I.e., p. 137, 311. 400 Cf. I.e., p. 312. 401 Cf. I.e., p. 310, 402. 402 Cf. I.e., p. 268. 403 Cf. id., Kapital, I.e., p. 746. Sp. 1. 404 Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 262,269. 405 Cf. I.e., p. 11,14,27. 406 Cf. ibid. 407 Das Wissen von der Erscheinung abstrakt-allgemeiner Arbeit im Gelde sei ein solcher Vorgriff. Denn die Wahrheit der Sache erweise sich, »wenn sie ... als Verhältnis der Waren und Arbeiten ... füreinander und zueinander aufgezeigt werden kann, wenn die erscheinenden Formen als durch einen Gesamtzusammenhang, durch ein ganz spezifisches Verhältnis der Produkte und Arbeiten selbst zueinander produziert begriffen sind.« I.e., p. 288 - Dies stellt so noch kein Differenzkriterium gegenüber der klassischen politischen Ökonomie dar. 408 Cf. I.e., p. 286. Marx sehe einen direkten Zusammenhang zwischen Gedanken- und Vergesellschaftungsform, heißt es entsprechend. Cf. ibid. Nur ist auf dieser Ebene die Differenz zu Sonn-Rethel nicht mehr auszumachen. Dies schon deshalb, weil der Modus unterschlagen. 409 Cf. I.e., p. 15,287. 410 Cf. I.e., p. 272. »Die Darstellung ist dialektische Entwicklung der Sache selbst und darin zugleich Rekonstruktion eines zureichenden Verständnisses der kritisierten ökonomischen Theorien«, ibid. Was ist hieran noch Kritik? 411 Id., Kapital, I.e., p. 754, Sp. 1 - Der Kritikbegriff widerspreche der Lesart Marxens als bloß konsequenteren Ricardianers. Cf. ibid. und p. 752, Sp. 2. 412 Marx greife auf die »Hegelsche Reflexions- und Begriffslogik 260
zurück« - I.e., p. 755, Sp. 2 -, heißt es entsprechend. Dies ist unbestritten, nur was ist im einzelnen darunter zu verstehen? Brentel geht hier von der absoluten Reflexion bei Fichte aus. »In diesem (dem Standpunkte der Philosophie) ist das Sich-Wissen des Wissens, das auf der Ebene der Tathandlung kein bestimmtes Wissen, sondern Unmittelbarkeit in Form in sich zurückgehender Tätigkeit meint, ... (somit) freie Tätigkeit«. Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 93sq. Diese fichteanisch konzipierte Reflexion unterlegt er der Flegels, so daß bei diesem Reflexion erscheine als eine »Struktur, in der ein Subjekt sich gegenüber seinem Gegenstande als das ihm andere wie dadurch auf sich selbst bezieht und dadurch seines «Selbst« gewiß wird; so daß es schon in jener Struktur von Selbstbewußtsein liegt, sich von Gegenständlichkeiten befreien zu können«. I.e., p. 29 - Marx transponiere nicht einfach Hegels »absolutes Wissen« ins Gesellschaftliche, er formuliere vielmehr »ein Reflexionsmodell der Gesellschaft in sich« - I.e., p. 43 -, das auch Bewußtseinsebenen enthalte. Die »Reflexion als das Absolute, jenes sich als Schein wissende Sein« sei die »totalitätslogisch die Menschen beherrschende Abstraktion«: die abstrakte Arbeit. I.e., p. 56sq. 413 Id., Kapital, I.e., p. 755, Sp. 1 414 Marx bestimme »die bürgerliche Ökonomie ... als »System des Gegensatzes« (MEW 26.3, 491). Jene eigentümliche ökonomischsoziale Gegenständlichkeit in der bürgerlichen Gesellschaft - Wert, Geld, Kapital - sei konstitutiv so verfaßt, daß sie adäquat nur unter der anspruchsvollen Struktur des Hegeischen Gegensatz- und Widerspruchsbegriffs dargestellt werden kann. Ökonomische Gegenständlichkeit wird ... als selbstbezüglich und prozessual nur bestehen könnende spezifisch gesellschaftliche Gegenstandsdimension begriffen.« I.e., p. 755, Sp. 2 415 »Der Hegeischen Widerspruchsstruktur der »selbständigen Reflexionsbestimmungen« aus der Wissenschaft der Logik, der ausschließenden Verselbständigung von Substraten und gegensätzlichen Bestimmungen gegeneinander, korrespondiert bei Marx die Verselbständigung der beiden gesellschaftlichen Bestimmtheiten von Gebrauchswert und Wert gegeneinander wie gegen ihre Einheit, die die »Ware« bzw. im folgenden der Produktions- und Reproduktionsprozeß des Kapitals als gesellschaftlich prozessuale Einheit darstellt.« I.e., p. 755, Sp. 1 416 Brentel hatte bei der Smithschen Bestimmung des natürlichen Preises der Waren aus Rente, Lohn und Gewinn Smith eine Aporie attestiert, weil dieser zugleich eine Verteilungstheorie voraussetzen müsse. Cf. id., Soziale Form ..., I.e., p. 69. 417 Cf. I.e., p. 70. 418 Cf. I.e., p. 281. So richtig dies im Ansatz ist, so wenig überzeugend ist die Beschreibung des Verfahrens, das sich hier von einer klassischen rekonstruktiven Explikation kaum unterscheidet. 419 Brentel geht hier davon aus, daß Rekonstruktion logisch zu verstehen sei. Bei Hegel etwa gehe es um die »Rekonstruktion des Subjekts einer Identitätslogik«. Id., Die methodischen Prämissen ..., I.e., p. 39 - Bei Marx hingegen sei Rekonstruktion prinzipell praktisch gedacht. »Marx geht nicht von der abstrakten Möglich261
keit der Selbstreflexion aus, sondern die dialektisch-systematische Rekonstruktion von Geschichte steht unter dem praktische Primat einer Handlungsutopie, der Befreiung von Herrschaft.« I.e., p. 144, cf. I.e., p. 145,167. (Marx als Vorläufer Max Adlers!) 420 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 287 421 Cf. I.e., p. 283. Der hier mit angesprochene Abstraktionsbegriff wird folgendermaßen beschrieben: Marx, indem er methodisch an Hegel anschließt, zentriert nach Brentel die Vielfalt unmittelbarer Erfahrung im »Begriff des Kapitals im allgemeinen«. »Diese Abstraktion, der Adäquation alles Besonderen an seinem Begriff, sagt Marx, hat in der kapitalistischen Gesellschaft Realität.« Id., Die methodischen Prämissen ... I.e., p.135 - Abstraktion sei wirklich. Die Wertabstraktion müsse als Bedingung der Möglichkeit der Selbstreflexivität abstraktiven Denkens gelten. Cf. I.e., p. 252. Nicht nur, daß hier eine Sohn-Rethelsche Umformulierung des BasisÜberbau-Theorems vorgenommen wird, sondern zugleich wird hier eine Zurücknahme Kantischer Kritik betrieben. 422 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 281 - »Marx bedient sich der Hegeischen Methode der dialektischen Darstellung der Bewußtseinsverhältnisse, um durch die Darstellung hindurch die Kritik nicht nur am erscheinenden Wissen ... zu vollziehen, sondern die Kritik des Scheins in die Kritik des Wesens als des wesentlichen gesellschaftlichen Abstraktionsverhältnisses überzuführen. Die dialektische Darstellung expliziert Kritik in zweifacher Hinsicht: Kritik unmittelbar verdinglichter Bewußtseinsverhältnisse und zugleich die Kritik der diese konstitutierenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Dieser Gang ... ist der abstrahierender Reflexion.« Id., Die methodischen Prämissen..., I.e., p. 127, cf. l.c, p. 129,141,173. 423 Id. Soziale Form ..., I.e., p. 288 - Der hierbei unterlegte Begriff des kategorialen Vorgriffs ist allerdings nicht formal bestimmt als bloße Schrittfolge, sondern mit Hegel als Bewegung des Begriffs, so »daß der Begriff, die begriffliche Abstraktion, jene absolute, nega-tive Macht ist, die Sein in das Dasein des Begriffs übersetzt hat.« Id., Die methodischen Prämissen..., I.e., p. 42 - Die Marxsche Variante dieser Bestimmung laute dann: »Die Bewegung des Begriffs, die in das absolute Wesen, »die Dialektik des reinen Ge-dankens< mündet, erfass(e) in mystifizierter Form das Wesen der Arbeit.« »Dem Absoluten als der Totalität der Arbeit des Begriffs korrespondiert die Totalität abstrakter Arbeit als Nexus bürgerlicher Gesellschaft. I.e., p. 54. 424 Id., Soziale Form ..., I.e., p. 288 425 I.e., p. 289 - Diese hat allerdings nur hypothetischen Charakter bei Marx, denn die Stufen der Bestimmung entsprechen nicht denen einer Positivierung. 426 I.e., p. 290 427 I.e., p. 306 428 »Die Marxsche Form-Entwicklung bedeutet so zum einen: rigorose Explikation der spezifischen Bestimmtheiten der Form«. I.e., p. 294 - Was aber bedeutet rigorose Explikation? 429 Formanalyse gründe sich in der Einsicht, daß die einfache Form »nur der noch nicht dechiffrierte Ausdruck eines stets schon entwickelten, voraussetzungsvollen und komplizierten gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsverhältnisses« sei. 262
I.e., p. 293 - Insofern stellt Brentels Interpretation den Versuch einer vermittelten Ableitung aus einem Prinzip dar. Entwickelt werde das, »was >an sich* auch in den einfachen, abstrakten Formen immer schon liegt.« ibid. 430 Cf. I.e., p. 317. 431 I.e., p. 297 - Er handelt sich an dieser Stelle damit wieder das alte Problem ein, wie die adaequatio intellectus et rei zu denken sei. 432 I.e., p. 303 433 I.e., p. 304 434 ibid. 435 ibid. 436 ibid. Rückkehr zur Abbildtheorie. 437 I.e., p. 305 - Brentel folgt hier implicit den Engelsschen Vorgaben. 438 ibid. 439 ibid. 440 Bei dem Marxschen Verfahren sei der immanente Schluß von Bedeutung, weil er die Einlösung einer notwendigen Vermittlung provoziere. Der Vollzug des Übergangs sei dann als Schlußfolerung zu denken. Cf. I.e., p. 299.
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inen immanenten Übergang gebe es beim Wechsel von produktiver Konsumtion in der Zirkulation zu Austausch mit der Ware Arbeitskraft. Es gebe auch einen »explizite(n) Übergangs-schritt... als Gegensatz-Konstruktion« - I.e., p. 301 -, etwa bei Geld - Arbeit. Da es bei Marx aber keine produktive Konsumtion in der Zirkulatin gibt, so auch keinen Übergang zum Austausch von Geld gegen die Ware Arbeitskraft, da ja aas Verhältnis Geld-Arbeitskraft selbst in die Zirkulation fällt, ist also auch kein Gegensatz zu finden. 442 I.e., p. 298 - Gegen die akademische Theorie, die mit ihrer Konzentration auf das »Formelle« den »Form-Gehalt« vergißt, womit für Brentel eine »Form-Grund-Verkehrung« - I.e., p. 243 stattgefunden habe, sei festzuhalten, »daß sich am fortgeschrittensten Entwicklungspunkt formeller Problemformulierunen ein methodischer »Umschlag* in die inhaltliche Einlösung ieser Forderungen ergeben« könne, der »seine Gründe und Voraus-setzungen darin (habe), daß die Form als eigentlich Inhaltliches real immer schon vorausgesetzt« sei. I.e., p. 302 - Das Ziel und die »Bedingung der Möglichkeit der »dialektischen* Darstellung« - ibid. - Marxens sei der Übergang vom Formellen zum Inhalt. Weil G-G' der »Inhalt der Formbewegung« - ibid. -, könne Geld zm Kapital übergehen. 443 »Der entscheidende Fortgang der Analyse der Form wäre so als ... ein »Übergang* im Sinne einer Versetzung der Perspektive im Rückgang - von der Form der Zirkulation - in den Grund spezifischer gesälschaftlicher Produktions-Verhältnisse zu charakterisieren.« I.e. 299 - Der Marxsche »Rückgang in den Grund (sei) aber eben der Rückgang von der Sphäre der einfach erscheinenden Bestimmungen der einfachen Zirkulation in die Sphäre der Produktion, in höchst spezifische Produktionsverhältnisse: in die »sie produzierenden tieferen Prozesse des industriellen Kapitals*.« I.e., p. 270 - Auch dies ist als Schluß nicht ausgewiesen. 444 ibid. 445 Cf. I.e., p. 292.
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Anmerkungen zu: Diethard Behrens, Der Kritische Gehalt der Marxschen Wertformanalyse * 1
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Der Aufsatz entstand in seinen Grundzügen im Winter 1990-1991. Cf. Roman Rosdolsky, Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen »Kapital«, Frankfurt/Köln 1968, und Walter Euchner, Alfred Schmidt (Eds.), Kritik der Politischen Ökonomie heute. 100 Jahre »Kapital«, Frankfurt 1968. Cf. Witali Solomonowitsch Wygodski, Die Geschichte einer großen Entdeckung. Über die Entstehung des Werkes »Das Kapital« von Karl Marx, Berlin 1967 (Moskau 1965), id., Wie »Das Kapital« entstand, Frankfurt 1976 (Moskau 1970) und zur deutschsprachigen Literatur: Hans-Georg Backhaus, Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 3, in: Gesellschaft. Beitrage zur Marxschen Theorie 11, Frankfurt 1978, p. 16-117. Cf. exemplarisch: Gerhard Göhler, Die Reduktion der Dialektik durch Marx, Stuttgart 1980, Ulrich Krause, Geld und abstrakte Arbeit. Über die analytischen Grundlagen der Politischen Ökonomie, Frankfurt/New York 1979, und Ulrich Steinvorth, Eine analytische Interpretation der Marxschen Dialektik, Meisenheim 1977. Cf. Helmut Reichelt, Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Frankfurt 1970, Hans-Georg Backhaus, Zur Dialektik der Wertform, in: Alfred Schmidt (Ed.), Beiträge zur marxistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt 1969, p. 128-152, id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie, in: Gesellschaft 1, Frankfurt 1974, p. 52-77; id., Materialien zur Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie 2, in: Gesellschaft 3, Frankfurt 1975, p. 122-159 und id., Materialien ... 3, I.e. Eine solche Auseinandersetzung scheint auch nur sinnvoll, wenn die theoretische Interpretation der ersten Kapitel, die Marxsche Philosophie und politische Optionen als Einheit in der jeweiligen Perspektive der einzelnen Fraktionen und Schulen darstellbar sind. Statt einer systematischen Kritik der Literatur also eigene Interpretation. Backhaus, Materialien ... 2, I.e., p. 123 Betont man diese, so ist zugleich bezüglich des Materials eine gesichtige Eingrenzung vorgenommen: Als primäre Quellen werden die zwei Auflagen des »Kapital I« benutzt, während die »Grundrisse«, »Zur Kritik« und die »Randglossen« für diese Argumentation nur unterstützende Funktion haben. Cf. Karl Marx, Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, incl.: Fragment des Urtextes, Berlin 1974 (Gr), id., Zur Kritik der Politischen Ökonomie, in: MEW 13, Berlin 1972, p. 2-160 (ZK), id., Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Erster Band, Hildesheim 1980 (C I), id., Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Erster Band, MEW 23, Berlin 1970 (K I) und id., Randglossen zu Adolph Wagners »Lehrbuch der politischen Ökonomie«, in: MEW 19, Berlin 1969, p. 355-383 (Randglossen). Dieser wird kritisch Kommentiert in den »Theorien über den Mehrwert«. Cf. id., Theorien über den Mehrwert, 3 Bde., MEW 26.1-3, Berlin 1967.
9 Cf. Gr, p. 35-73. 10 C I, p. 1, K I, p. 49, cf. ZK, p. 15. »Wovon ich ausgehe, ist die einfachste gesellschaftliche Form, worin sich das Arbeitsprodukt in der jetzigen Gesellschaft darstellt, und das ist die >Ware<.« Randglossen, p. 369 - Ware als gesellschaftliches Produkt ist also materieller Ausgangspunkt der Analyse. 11 Ein Problem bei der Rezeption der Marxschen Theorie, hier also der »Kritik der politischen Ökonomie«, ist dadurch entstanden, daß Marx selbst zwischen Gebrauchswert als konkretem Ding, bloßem Produkt, und als Funktion für den Gebrauch terminologisch nicht hinreichend klar unterschieden und so Anlaß zu etlichen Irritationen gegeben hat. 12 C I, p. 2, cf. K I, p. 50. »Dieses Dasein der Ware als Gebrauchswert und ihre natürliche handgreifliche Existenz fallen zusammen. ... Der Gebrauchswert hat nur Wert für den Gebrauch ...« ZK, 15 »Um Ware zu produzieren, muß er nicht nur Gebrauchswert produzieren, sondern Gebrauchswert für andre, gesellschaftlichen Gebrauchswert«. Randglossen, p. 370. 13 CI, p. 2, cf. KI, p. 16. Die Ware »analysiere ich, und zwar zunächst in der Form, worin sie erscheint. Hier finde ich nun, daß sie einerseits in ihrer Naturalform ein Gebrauchsding, alias Gebrauchswert ist; andrerseits Träger von Tauschwert, und unter diesem Gesichtspunkt selbst »Tauschwert*. Weitere Analyse des letzteren zeigt mir, daß der Tauschwert nur eine »Erscheinungsform*, selbständige Darstellungsweise des in der Ware enthaltenen Werts ist, und dann gehe ich an die Analyse des letzteren.... Wenn es im Eingang dieses Kapitels in der gang und gäben Manier hieß: Die Ware ist Gebrauchswert und Tauschwert, so war dies, genau gesprochen falsch. Die Ware ist Gebrauchswert oder Gebrauchsgegenstand und »Wert*. Sie stellt sich dar als dies Doppelte was sie ist, sobald ihr Wert eine eigne, von ihrer Naturalform verschiedene Erscheinungsform besitzt, die des Tauschwerts (K I, p. 75) etc. Ich teile also nicht den Wert in Gebrauchswert und Tauschwert als Gegensätze, worin sich das Abstrakte, »der Wert*, spaltet, sondern die konkrete gesellschaftliche Gestalt des Arbeitsprodukts; »Ware* ist einerseits Gebrauchswert und anderseits »Wert*, nicht Tauschwert, da die bloße Erscheinungsform nicht ihr eigener Inhalt ist.« Randglossen, p. 369 (Hervorh. d.V.) 14 KI, p. 50 15 I.e., p. 50sq. 16 KI, p. 51, cf. ZK, p. 16. 17 C I, p. 3 18 ibid., cf. KI, p. 51. 19 ibid., cf. C I, p. 3. 20 KI, p. 52 - Tauschwerte enthalten somit nichts Stoffliches. 21 Aristoteles unterscheidet in bezug auf die Wissenschaften drei Arten, die physische, die mathematische und die göttliche Substanz. 22 Cf. Aristoteles, Cat. 3b, lOsq. 23 Ernst Vollrath, Aristoteles: Das Problem der Substanz, in: Josef Speck (Ed.), Grundprobleme der großen Philosophie. Philosophie des Altertums und des Mittelalters, Götttingen 1978 2°, p. 101 265
24 Cf. Walter Brugger, Substanz, in: Hermann Krings, Hans Michael Baumgartner, Christoph Wild (Eds.), Handbuch philosophischer Grundbegriffe Bd. 5, München 1974, p. 1452. 25 Es ist »die in einer Wesensumgrenzung faßbare Sachhaltigkeit der Substanz«, die als 2. Substanz bei Aristoteles ausgezeichnet ist. Cf. Aristoteles, Cat. 2a, 14sq., Vollrath, Aristoteles, p. 95,102. 26 »Die Substantialität der Substanz besteht also in der Einheit zweier Momente, dem einzelnen selbständig Seienden als dem Zugrundliegenden und der von ihm als seine Sachhaltigkeit aussagbaren Art. Diese ist wiederum durch (mindestens) zwei Momente bestimmt: durch die Gattung und den artbildenden Unterschied.« I.e., p. 102 27 Cf. Aristoteles, Cat. 3a, 33sq. 28 Aristoteles unterscheidet eine vierfache Vielfältigkeit der Weisen von Sein: einmal gemäß der Kategorien, zum zweiten gemäß der Differenz von Wirklichkeit und Möglichkeit, zum dritten gemäß Akzidenz und Substanz und zum vierten gemäß der Differenz von wahr und falsch. Cf. Aristoteles, Met., D 7,1017a 7sq. 29 Vollrath, Aristoteles, p. 110 und Aristoteles, Met. Z 16,1040b 23 sq. 30 »Die aristotelische Lösung dieses Problems beruht darauf, daß nicht nur die generische, also sachhaltige Einheit wissenschaftskonstitutiven Charakter hat, sondern auch die analoge (Met. » 1, 1003b 12sq.), also vorzüglich die kategorische, durch Rückbindung an die Substanz gestiftete. Denn die Substanz vermag gemäß der sie auszeichnenden Charaktere der Substantialität die differenten Seinsweisen kategorial, d.h. analogice an die Einheit der Substanz zurückzubinden.« Vollrath, Aristoteles, p. 109 31 Cf. Aristoteles, Met. Z1,1028a 14sq. 32 Völlrath, Aristoteles, p. 111 und cf. Aristoteles, Met.^8,1017b 22. 33 Vollrath, Aristoteles, p. 111 und cf. Aristoteles, Met. ZI, 1028a 23. 34 Vollrath, Aristoteles, p. 112. 35 Dieser sei ontologisch zu interpretieren. »In ihm wird nämlich die Einheit der beiden Momente der Substantialität der Substanz so dargelegt, daß die einheitliche Substanz als das mit dem Seienden identische substanzielle Wassein des Seienden zum Vorschein kommt.« I.e., p. 118 36 Das »Seiende ist mit seinem Sein substantiell identisch, sofern das Sein als substanzielles Wassein eines jeglichen Seienden interpretiert wird. Sein im Sinne von Substanz, und auf diesen Seinssinn sind alle anderen Weisen von Sein in analoger Weise bezogen, ist nichts anderes als die mit dem Seienden identische selbständige Selbstheit des Seienden.« I.e., p. 122 37 »Jeder Logos ... ist eine Synthese von (mindestens) zwei Momenten. Im Logos als Aussage ist die Synthesis die von kategorial und sachhaltig unterschiedenen Seinsstrukturen ...« I.e., p. 119 38 Cf. I.e., p. 124sq. 39 Cf. I.e., p. 125. 40 I.e., p. 126 41 Cf. Wolfgang Rod, Benedikt de Spinoza, in: Id., Die Philosophie der Neuzeit 1. Von Francis Bacon bis Spinoza. Geschichte der Philosophie Bd. VII, hg. v. Wolfgang Rod, München 1978, p. 188. 42 ibid. »Weil jede besondere wahre Idee, auf deren Form reflektiert 266
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werden kann, die schlechthin wahre Idee voraussetzt, ist diese letztere die... hinzunehmende Bedingung des Wissens überhaupt.« »Jede wahre Idee gehört einem System von Begriffen an, dessen logische Struktur der Wesensstruktur der Wirklichkeit entsprechen und somit wahr sein soll. Die Begriffe eines solchen Systems ... müssen Wesensbegriffe sein, deren Bedeutung durch Realdefinitionen bestimmt wird.« ibid. Cf. I.e., p. 190. »Um die Wahrheit einer Idee festzustellen, ist es daher notig, sie auf eine Idee Gottes als Grund aller Ideen zurückzuführen. ... So wie die Idee Gottes >Ursache< (d.i. Grund) der Ideen im Geist des Menschen ist, so ist Gott Ursache aller Dinge«, ibid. Cf. I.e., p. 189. Hierbei ist die Differenz zwischen »Geschaffenem« und »Erschaffung« zu beachten. Erschaffung meint »die unendliche und ewige Aktion der Substanz, so daß die geschaffenen Dinge als Aktualisierungen der göttlichen Potenz aufzufassen sind.« I.e., p. 256, n.29 Cf. I.e., p. 189 Sie ist »Erkennen als Teil des Erkennenden am Erkannten« und insofern Gottes. Cf. I.e., p. 192. ibid. »Wer das Absolute erkennt, der erkennt zugleich, daß er, wie alles Besondere, nur im Absoluten sein kann. Die absolut unendliche Substanz erkennen und sich ihr angehörig erkennen, ist daher ein und dasselbe.« ibid. »Dieses Verhältnis des Besonderen zur absolut unendlichen Substanz ist gemeint, wenn Spinoza das intuitive Wissen >rerum singularium cognitio* (II, 303) nennt. Es handelt sich nicht um die Erkenntnis des Besonderen als solchem, sondern in Abhängigkeit vom Absoluten.« I.e., p. 254sq., n. 17 I.e., p. 193 Spinoza, Ethik I, hier n. Brugger, Substanz, p. 1453 Rod, Spinoza, p. 195 I.e., p. 193 Cf. ibid. »Die Unendlichkeit Gottes ist nach Spinoza absolute Unendlichkeit, d.i. die Abwesenheit jeglicher Negation bzw. Einschränkung.« ibid. Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Wiesbaden 1956, A144 - cf. I.e., A182. KrV, B 225 KrV, A189 Cf. ibid. Cf. Brugger, Substanz, p. 1453. Kant, KrV, A 32 KrV, A 34 »Es gibt also für dieses absolute Ich kein Objekt, denn umsonst wäre nicht alle Realität in ihm; ein Bewußtsein ohne Objekt ist aber nicht denkbar, und wenn ich selbst dieses Objekt bin, so bin ich als solches absolut. Also ist in dem absoluten Ich kein Bewußtsein denkbar, als absolutes Ich habe ich kein Bewußtsein, und insofern ich kein Bewußtsein habe, insofern bin ich (für mich) nichts, also das absolute Ich ist (für mich) Nichts.« Friedrich Hölderlin, Brief an Hegel vom 26.1.1795, in: Briefe von und an Hegel Bd. I, hg. v. Johannes Hoffmeister, Hamburg 1969 3°, p. 19sq. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, Vorrede, Frankfurt 1970, p. 23, Abs. 18, cf. I.e., p. 28, Abs. 25. I.C., p. 23 267
63 I.e., p. 28 64 Cf. I.e., p. 36, Abs. 33. 65 »Aber die Substanz ist selbst wesentlich das Negative, teils als Unterscheidung und Bestimmung des Inhalts, teils als ein einfaches Unterscheiden, d.h. als Selbst und Wissen überhaupt.« I.e., p. 40, Abs. 39 66 ibid. Hegel, PhdG, Das absolute Wissen, p. 584, Abs. 12 67 »Die Zeit erscheint daher als das Schicksal und die Notwendigkeit des Geistes, der nicht in sich vollendet ist, - die Notwendigkeit, den Anteil, den das Selbstbewußtsein an dem Bewußtsein hat, zu bereichern, die Unmittelbarkeit des Ansich - die Form, in der die Substanz im Bewußtsein ist - in Bewegung zu setzen oder umgekehrt, das Ansich als das Innerliche genommen, das, was erst innerlich ist, zu realisieren und zu offenbaren, d.h. es der Gewißheit seiner selbst zu vindizieren.« I.e., 584sq. 68 Dieter Wandschneider, Raum, Zeit, Relativität. Grundbestimmungen der Physik in der Perspektive der Hegeischen Naturphilosophie, Frankfurt 1982, p. 71 69 I.e., p. 72 70 »Denn die Erfahrung ist eben dies, daß der Inhalt - und er ist der Geist - an sich, Substanz und also Gegenstand des Bewußtseins ist. Diese Substanz aber, die der Geist ist, ist das Werden seiner zu dem, was er an sich ist, und erst als dies in sich reflektierende Werden ist er an sich in Wahrheit der Geist. Er ist an sich die Bewegung, die das Erkennen ist, - die Verwandlung jenes Ansichs in das Fürsich, der Substanz in das Subjekt, des Gegenstandes des Bewußtseins in Gegenstand des Selbstbewußtseins, d.h. in ebensosehr aufgehobenen Gegenstand oder in den Begriff.« Hegel, PhdG, Das absolute Wissen, p. 585, Abs. 13 71 »Insofern der Geist also notwendig dieses Unterscheiden in sich ist, tritt sein Ganzes angeschaut seinem einfachen Selbstbewußtsein gegenüber; und da also jenes das Unterschiedene ist, so ist es unterschieden in seinen reinen Begriff, in die Zeit, und in den Inhalt oder in das Ansich; die Substanz hat, als Subjekt, die erste innere Notwendigkeit an ihr, sich an ihr selbst als das darzustellen, was sie an sich ist, als Geist. Die vollendete gegenständliche Darstellung ist erst zugleich die Reflexion derselben oder das Werden derselben zum Selbst.« ibid. 72 CI, p. 3sq. - »Im Austauschverhältnis der Waren selbst erschien uns ihr Tauschwert als etwas von ihren Gebrauchswerten durchaus Unabhängiges. Abstrahiert man nun wirklich vom Gebrauchswert der Arbeitsprodukte, so erhält man ihren Wert .... Das Gemeinsame, was sich im Austauschverhältnis oder Tauschwert der Ware darstellt, ist also ihr Wert.« KI, p. 53 73
C I, p. 4
74 Randglossen, p. 358 (Hervorh. v. V.) 75 Cf. Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen, München 1978, p. 19, 22sq. und: »Man sollte zunächst bedenken, daß das Wort Wert zwei voneinander abweichende Bedeutungen hat. Es drückt manchmal die Nützlichkeit einer Sache aus, manchmal die Fähigkeit, mit Hilfe eines solchen Gegenstandes andere Güter im Tausdr zu erwerben, eine Fähigkeit, die sein Besitz verleiht. Den einen kann man »Gebrauchswert* nennen, den anderen »Tauschwert*.« 268
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I.e., p. 27, zur arbeitstheoretischen Argumentation cf. p. 28, zur Tauschwertargumentation cf. I.e., p. 29sq. Cf. KI, p. 52. C I, p. 4 - Was übrig geblieben bei dieser Abstraktion ist eine »gespenstische Gegenständlichkeit, eine bloße Gallerte unterschiedsloser menschlicher Arbeit, d.h. der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft ohne Rücksicht auf die Form ihrer Verausgabung. Diese Dinge stellen nur noch dar, daß in ihrer Produktion menschliche Arbeit verausgabt, menschliche Arbeit aufgehäuft ist. Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen Substanz sind sie Werte - Warenwerte.« KI, p. 52 C I, p. 4, cf. KI, p. 51. »Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen »wertbildenden Substanz«, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.« KI, p. 53 C I, p. 4 - »Die Arbeit jedoch, welche die Substanz der Werte bildet, ist gleiche menschliche Arbeit, Verausgabung derselben menschlichen Arbeitskraft. Die Gesamtarbeitskraft der Gesellschaft ... gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht.« KI, p. 53, cf. CI, p. 5. Daß diese Arbeit als gleiche eine Fiktion darstellt, die an der Arbeit keine Realität hat, erklärt sich weiter im Folgenden: »Es ist also nur das Quantum gesellschaftlich notwendiger Arbeit ..., welche seine Wertgröße bestimmt. Die einzelne Ware gilt hier überhaupt als Durchschnittsexemplar ihrer Art. ... Der Wert einer Ware verhält sich zum Wert jeder anderen Ware wie die zur Produktion der einen notwendigen Arbeitszeit zu der für die Produktion der andren notwendigen Arbeitszeit.« KI, p. 54, cf. CI, p. 5. Auch statistisch läßt sich hier keine genauere Quantitätsbestimmung vornehmen, weil Mittelwertbestimmung und Wahrscheinlichkeit sich wechselseitig negativ beeinflussen. Bei der statistischen Glockenfunktion sinkt bekanntlich die Wahrscheinlichkeit, je mehr man sich dem Mittelwert nähert. KI, p. 53 Cf. hier die Proudhonkritik von Marx als Kritik an einem prämonetären Arbeitstauschmodell, entsprechend: Gr, p. 37-79. Cf. C I, p. 7, KI, p. 56 und 57. I.e., p. 58 - »Die Gebrauchswerte Rock, Leinwand usw., kurz die Warenkörper, sind Verbindungen von zwei Elementen, Naturstoff und Arbeit. Zieht man die Gesamtsumme aller verschiednen nützlichen Arbeiten ab, die in Rock, Leinwand usw. stecken, so bleibt stets ein materielles Substrat zurück, das ohne Zutun des Menschen von Natur vorhanden ist. Der Mensch kann in seiner Produktion nur verfahren, wie die Natur selbst, d.h. nur die Formen der Stoffe ändern.« I.e., p. 57 I.e., p. 58 - In bezug auf Argumentationen, die von einer Reduktion von Tauschwerten auf die Substanz der Arbeit ausgehen, grenzt sich Marx jedoch ab. C.f. Marx, Randglossen, p. 358 Cf. KI, p. 57. »Sieht man von der Bestimmtheit der produktiven Tätigkeit und 269
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daher vom nützlichen Charakter der Arbeit ab, so bleibt das an ihr, daß sie eine Verausgabung menschlicher Arbeitskraft ist. Schneiderei und Weberei, obgleich qualitativ verschiedne Tätigkeiten, sind beide produktive Verausgabung von menschlichem Hirn, Muskel, Hand usw., und in diesem Sinn beide menschliche Arbeit.« I.e., p. 58sq. - »Der Wert der Ware aber stellt menschliche Arbeit schlechthin dar, Verausgabung einfacher Arbeitskraft überhaupt.... (Die Arbeit) ist Verausgabung einfacher Arbeitskraft, die im Durchschnitt jeder gewöhnliche Mensch, ohne besondere Entwicklung, in seinem leiblichen Organismus besitzt. Die einfache Durchschnittsarbeit selbst wechselt zwar in verschiednen Ländern und Kulturepochen ihren Charakter, ist aber in einer vorhandnen Gesellschaft gegeben. Kompliziertere Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte einfache Arbeit, so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größeren Quantum einfacher Arbeit. Daß diese Reduktion beständig vorgeht, zeigt die Erfahrung. Eine Ware mag das Produkt der kompliziertesten Arbeit sein, ihr Wert setzt sie dem Produkt einfacher Arbeit gleich und stellt daher selbst nur ein bestimmtes Quantum einfacher Arbeit dar.« I.e., p. 59, cf C I, p. 10. (Hervorh. v. V.) »Wie die Gebrauchswerte Rock und Leinwand Verbindungen zweckbestimmter, produktiver Tätigkeiten mit Tuch und Garn sind, die Werte Rock und Leinwand dagegen bloße gleichartige Arbeitsgallerten, so gelten auch die in diesen Werten enthaltenen Arbeiten nicht durch ihr produktives Verhalten zu Tuch und Garn, sondern nur als Verausgabungen menschlicher Arbeitskraft. Bildungselemente der Gebrauchswerte Rock und Leinwand sind Schneiderei und Weberei eben durch ihre verschiednen Qualitäten; Substanz des Rockwerts und Leinwandwerts sind sie nur, soweit von ihrer besondren Qualität abstrahiert wird und beide gleiche Qualität besitzen, die Qualität menschlicher Arbeit.« K I, p. 59sq. I.e., p. 60, cf. CI, p. 12. KI, p. 60 »Da die Produktivkraft der konkreten nützlichen Form der Arbeit angehört, kann sie natürlich die Arbeit nicht mehr berühren, sobald von ihrer konkreten nützlichen Form abstrahiert wird. Dieselbe Arbeit ergibt daher in denselben Zeiträumen stets dieselbe Wertgröße, wie immer auch die Produktivkraft wechsle. Aber sie liefert in demselben Zeitraum verschiedne Quanta Gebrauchswerte ... . Derselbe Wechsel der Produktivkraft, der die Fruchtbarkeit der Arbeit und daher die Masse der von ihr gelieferten Gebrauchswerte vermehrt, vermindert also die Wertgröße dieser vermehrten Gesamtmasse, wenn er die Summe der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit abkürzt.« I.e., p. 61, cf. CI, p. 13 und KI, p. 61. Cl, p. 13 Aristoteles verweist darauf, daß der Austausch nicht ohne die Gleichheit der Waren, die Gleichheit aber nicht ohne Kommensurabilität. Marx sagt hier, daß Aristoteles »am Mangel des Wertbegriffs« scheitert. Er verweist selbst hier darauf, daß »in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit ... ausgedrückt« sind. K I, p. 74. Erst im Rekurs auf ein Zugrundliegendes, jene abstrakte Arbeit, läßt sich das Maß-stabsproblem
und mit ihm das Kommensurabilitätsproblem lösen. Diese abstrakte Arbeit ist aber Resultat einer Abstraktion, ist Substanz wie der Wert. 94 Cf. Randglossen, p. 358. 95 KI, p. 62 96 ibid. Die hier unterstellte merkwürdige Gleichsetzung von Wertgegenständlichkeit und Wertverhältnis wird im Gang der Darstellung durchsichtig. Die gemeinsame Wertform der Waren tritt hervor in der Geldform, deren Genesis es zu erklären gilt. Cf. ibid. Für beide - Ware und Geld - als Momente der Erscheinungsform der einfachen Zirkulation sind Voraussetzungen gemacht, die erst später systematisch eingeführt werden: Wareneigentümer, Rechts-, Vertragsverhältnisse, die Reduktion der Menschen auf Warenbesitzer, das Agieren der Menschen als Charaktermasken und nicht zuletzt die Rolle des Staates. Cf. mit Ausnahme der letzteren K I, p. 99sq. 97 »Das einfachste Wertverhältnis ist offenbar das Wertverhältnis einer Ware zu einer einzigen verschiedenartigen Ware, gleichgültig welcher. Das Wertverhältnis zweier Waren liefert daher den einfachsten Wertausdruck für eine Ware.« KI, p. 62 98 »Die Leinwand drückt ihren Wert aus im Rock, der Rock dient zum Material dieses Wertausdrucks. Die erste Ware spielt eine aktive, die zweite eine passive Rolle.« KI, p. 63 99 ibid. Es ist also nicht irgendein Verhältnis, eine Relation der Waren, die hier betrachtet wird, sondern der Wertausdruck macht die Beziehung der einen Ware auf die andere deutlich als Beziehung eines Subjekts auf ein Objekt, an dem es sich darstellt. Diese Beziehung ist als Willensbezienung genuines Vertragsverhältnis. 100 ibid. »Dieselbe Ware kann also in demselben Wertausdruck nicht gleichzeitig in beiden Formen auftreten. Diese schließen sich vielmehr polarisch aus.« ibid. 101 Anhang, C I, p. 765 102 Cf. KI, p. 63. 103 Cf. I.e., p. 765sq. 104 I.e., p. 766 105 Meist wird, sagt Marx, »im Wertverhältnis nur die Proportion« jsehen, aber dabei nicht bedacht, »daß die Größen verschiedener inge erst quantitativ vergleichbar werden nach ihrer Reduktion auf dieselbe Einheit.« KI, p. 64 106 »In diesem Verhältnis gilt der Rock als Existenzform von Wert, als Wertding, denn nur als solches ist er dasselbe wie die Leinwand. Andrerseits kommt das eigne Wertsein der Leinwand zum Vorschein oder erhält einen selbständigen Ausdruck, denn nur als Wert ist sie auf den Rock als Gleichwertiges oder mit ihr Austauschbares bezüglich.« ibid. 107 KI, p. 65 108 ibid. 109 ibid. 110 Cf. ibid. 111 ibid. 112 »Im Wertverhältnis der Leinwand gilt der Rock als ihr qualitativ Gleiches, als Ding von derselben Natur, weil er ein Wert ist. Er gilt hier daher als ein Ding, worin Wert erscheint oder welches in seiner
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handgreiflichen Naturalform Wert darstellt.« KI, p. 66 113 ibid. 114 »Im Wertverhältnis, worin der Rock das Äquivalent der Leinwand bildet, gilt also die Rockform als Wertform. Der Wert der Ware Leinwand wird daher ausgedrückt im Körper der Ware Rock, der Wert einer im Gebrauchswert einer andren. Als Gebrauchswert ist die Leinwand ein vom Rock sinnlich verschiednes Ding, als Wert ist sie >Rockgleiches< und sieht daher aus wie ein Rock. So erhält sie eine von ihrer Naturalform verschiedne Wertform.« ibid. 115 K I, p. 67 - »Vermittelst des Wertverhältnisses wird also die Naturalform der Ware B zur Wertform der Ware A oder der Körper der Ware B zum Wertspiegel der Ware A. Indem sich die Ware A auf die Ware B als Wertkörper bezieht, als Materiatur menschlicher Arbeit, macht sie den Gebrauchswert B zum Material ihres eignen Wertausdrucks. Der Wert der Ware A, so ausgedrückt im Gebrauchswert der Ware B, besitzt die Form des relativen Werts.« ibid. Entsprechend heißt es: »Indem sie die andre Waare sich als Werth gleichsetzt, bezieht sie sich auf sich selbst als Werth. Indem sie sich auf sich selbst als Werth bezieht, unterrscheidet sie sich zugleich von sich selbst als Werth als Gebrauchswerth. Indem sie ihre Werthgröße - und Werthgröße ist beides, Werth überhaupt und quantitativ gemessner Werth - im Rocke ausdrückt, giebt sie ihrem Werthsein eine von ihrem unmittelbaren Dasein unterschiedne Werthform. Indem sie sich so als ein in sich selbst Differenziertes darstellt, stellt sie sich erst wirklich als Waare dar - nützliches Ding, das zugleich Werth ist. ... Eigne, vom Gebrauchswerth unterschiedne Form erhält der Werth daher nur durch seine Darstellung als Tauschwerth.« C I, p. 16sq. 116 »Man hat gesehn: Indem eine Ware A (die Leinwand) ihren Wert im Gebrauchswert einer verschiedenartigen Ware B (dem Rock) ausdrückt, drückt sie letzterer selbst eine eigentümliche Wertform auf, die des Äquivalents.... Die Leinwand drückt also in der Tat ihr eignes Wertsem dadurch aus, daß der Rock unmittelbar mit ihr austauschbar ist. Die Äquivalentform einer Ware ist folglich die Form ihrer unmittelbaren Austauschbarkeit mit anderer Ware.« KI, p. 70 117 ibid. Die Explikation des Maßstabs ist hier weiterhin unmöglich. »Die Äquivalentform einer Ware enthält vielmehr keine quantitative Wertbestimmung.« ibid. 118 ibid. 119 »Die Naturalform der Ware wird zur Wertform. Aber, notabene, dies Quidproquo ereignet sich für eine Ware B ... nur innerhalb des Wertverhältnisses, worin eine beliebige andre Ware A... zu ihr tritt, nur innerhalb dieser Beziehung.« KI, p. 71 120 »... der Rock im Wertausdruck der Leinwand eine übernatürliche Eigenschaft beider Dinge vertritt: ihren Wert, etwas rein Gesellschaftliches.« ibid. 121 »Indem die relative Wertform einer Ware, z.B. der Leinwand, ihr Wertsein als etwas von ihrem Körper und seinen Eigenschaften durchaus Unterschiedenes ausdrückt, z.B. als Rockgleiches, deutet dieser Ausdruck selbst an, daß er ein gesellschaftliches Verhältnis verbirgt. Umgekehrt mit der Äquivalentform. Sie besteht ja gerade 272
darin, daß ein Warenkörper, wie der Rock, ... Wert ausdrückt, also von Natur Wertform besitzt. Zwar gilt dies nur innerhalb des Wertverhältnisses, worin die Leinwandware auf die Rockware als Äquivalent bezogen ist. Da aber Eigenschaften eines Dings nicht aus seinem Verhältnis zu andern Dingen entspringen, sich vielmehr in solchem Verhältnis nur betätigen, scheint auch der Rock seine Äquivalentform, seine Eigenschaft unmittelbarer Austauschbarkeit, ebensosehr von Natur zu besitzen wie seine Eigenschaft, schwer zu sein oder warm zu halten. Daher das Rätselhafte der Äquivalentform, das (dem) politischen Ökonomen erst (entgegentritt), sobald diese Form ihm fertig gegenübertritt im Geld.« KI, p. 71sq. An anderer Stelle heißt es: »... daß in der Entwicklung der Wertform der Ware, in letzter Instanz ihrer Geldform, also des Geldes, der Wert einer Ware sich darstellt im Gebrauchswert der andern Ware«. Randglossen, p. 370 122 Cf. KI, p. 72 123 KI, p. 73 - Es handelt sich hier zwar um unterschiedliche, aber nicht im strikt logischen Sinne kontradiktorische Bestimmungen. Die Marxsche Redeweise macht nur einen Sinn vor dem Hintergrund des Gegensatzes von abstrakt und konkret. 124 »Indem aber diese konkrete Arbeit ... als bloßer Ausdruck unterschiedsloser menschlicher Arbeit gilt, besitzt sie die Form der Gleichheit mit andrer Arbeit,... und ist daher, obgleich Privatarbeit, wie alle andre, Waren produzierende Arbeit, dennoch Arbeit in unmittelbar gesllschaftlicher Form. Ebendeshalb stellt sie sich dar in einem Produkt, das unmittelbar austauschbar mit andrer Ware ist.« ibid. 125 ibid. 126 Diese Gleichsetzung gilt es als historische zu erklären. Cf. KI, p. 74. Es ist dabei zu beachten, daß nicht die konkreten Arbeiten gleichgesetzt werden, sondern daß »in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit« - ibid. - gelten. 127 ibid. Die quantitative Proportion ist zwar als wechselseitig unterstellt, jedoch hier nicht bestimmt, weil es sich immer noch um zwei Wertausdrücke handelt. 128 Cf. KI, p. 75. 129 »Die nähere Betrachtung des im Wertverhältnis zur Ware B enthaltenen Wertausdrucks der Ware A hat gezeigt, daß innerhalb desselben die Naturalform der Ware A nur als Gestalt von Gebrauchswert, die Naturalform der Ware B nur als Wertform oder Wertgestalt gilt. Der in der Ware eingehüllte innere Gegensatz von Gebrauchswert und Wert wird also dargestellt durch einen äußeren Gegensatz, d.h. durch das Verhältnis zweier Waren, worin die eine Ware, deren Wert ausgedrückt werden soll, unmittelbar nur als Gebrauchswert, die andre Ware hingegen, worin Wert ausgedrückt wird, unmittelbar nur als Tauschwert gilt. Die einfache Wertform einer Ware ist also die einfache Erscheinungsform des in ihr enthaltenen Gegensatzes von Gebrauchswert und Wert.« K I, p. 75sq. 130 Cf. KI, p. 76. 131 C I, p. 16 - Die quantitative Bestimmung der Wertgröße gilt aber als notwendige Bedingung des Austauschs. 273
132 Das Wertverhältnis impliziert notwendig die Differenz gegen die Wertabstraktion, weil es ihr Anderes. Als Inneres muß jenes sich äußern in einer doppelten widersprüchlichen Form, die ihr Prozessieren veranlaßt. 133 CI, p. 23 134 I.e., p. 24 135 »Es wird offenbar, dass nicht der Austausch die Werthgrösse der Waare, sondern umgekehrt die Wertgrösse der Waare ihre Austauschverhältnisse regulirt.« I.e., p. 25 136 »In der endlosen, stets verlängerbaren Reihe ihrer relativen Werthausdrücke bezieht sich die Leinwand auf alle möglichen Waarenkörper als blosse Erscheinungsformen der in ihr selbst enthaltenen Arbeit. Hier ist der Leinwand-Werth daher erst wahrhaft dargestellt als Werth, d.h. Krystall menschlicher Arbeit überhaupt.« ibid. 137 ibid. 138 Cf. CI, p. 25sq. 139 Die erste Form enthielt, »dass der Rockwerth durch seinen Ausdruck in einer andern Waare eine vom Gebrauchswerth Rock oder dem Rockkörper selbst unterschiedne und unabhängige Form erhält. Jetzt stellt dieselbe Form den Rock auch allen andern Waaren gegenüber als Werth dar und ist daher seine allgemein gültige Werthform.« I.e., p. 26 140 ibid. 141 »Alle stellen sich so einander als dieselbe Materiatur menschlicher Arbeit dar.« ibid. 142 »Sie sind nur noch quantitativ verschieden, wesswegen 1 Rock, u Kaffee, x Eisen u.s.w., d.h. verschiedne Quanta dieser verschiednen Dinge = 20 Ellen Leinwand, gleich demselben Quantum vergegenständlichter menschlicher Arbeit. Durch ihren gemeinschaftlichen Werthausdruck im Material Leinwand unterscheiden sich also alle Waaren als Tauschwerthe von ihren eignen Gebrauchswerthen und beziehn sich zugleich auf einander als Werthgrößen, setzen sich qualitativ gleich und vergleichen sich quantitativ.« ibid. 143 ibid. 144 ibid. 145 C I, p. 26sq. »Ihr gegenüber gilt keine einzelne Waarenart noch als Aequivalent schlechthin, wie im einzelnen Aequivalent, sondern nur als besondres Aequivalent, wovon das eine das andre ausschließt.« I.e., p.27 146 Cf. C I, p. 23. 147 I.e., p. 27 148 »Wie die Leinwand daher einzelnes Aequivalent wurde, dadurch dass sich eine andre Waare auf sie als Erscheinungsform des Werths bezog, so wird sie als allen Waaren gemeinschaftliche Erscheinungsform des Werths das allgemeine Aequivalent, allgemeiner Wertleib, allgemeine Materiatur der abstrakten menschlichen Arbeit. Die in ihr materialisirte besondre Arbeit gilt daher jetzt als allgemeine Verwirklichungsform der menschlichen Arbeit, als allgemeine Arbeit.« ibid. 149 »Als Werthe sind die Waaren Ausdrücke derselben Einheit, der abstrakten menschlichen Arbeit. In der Form des Tauschwerths erscheinen sie einander als Werthe und beziehn sich auf einander 274
als Werthe. Sie beziehn sich damit zugleich auf die abstrakte menschliche Arbeit als ihre gemeinsame gesellschaftliche Substanz. Ihr gesellschaftliches Verhältnis besteht ausschliesslich darin einander als nur quantitativ verschiedne, aber qualitativ gleiche und daher durch einander ersetzbare und mit einander vertauschbare Ausdrücke dieser ihrer gesellschaftlichen Substanz zu gelten.« I.e., p. 28 150 »Als nützliches Ding besitzt eine Waare gesellschaftliche Bestimmtheit, soweit sie Gebrauchswerth für andere ausser ihrem Besitzer ist, also gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt. Aber gleichgültig, auf wessen Bedürfnisse ihre nützlichen Eigenschaften sie beziehn, sie wird durch dieselben immer nur auf menschliche Bedürfnisse bezogener Gegenstand, nicht Waare für andere Waaren.« ibid. 151 »Nur was blosse Gebrauchsgegenstände in Waaren verwandelt, kann sie als Waaren auf einander beziehn und daher in gesellschaftlichen Rapport setzen. Es ist diess aber ihr Werth. Die Form, worin sie sich als Werthe, als menschliche Arbeitsgallerte gelten, ist daher ihre gesellschaftliche Form. Gesellschaftliche Form der Waare und Werthform oder Form der Austauschbarkeit sind also eins und dasselbe. Ist die Naturalform einer Waare zugleich Werthform, so besitzt sie die Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit andern Waaren und daher unmittelbar gesellschaftliche Form.« ibid. 152 »Wenn also im einfachen relativen Werthausdruck nicht die Waare, die ihre Werthgrösse ausdrückt, sondern die Waare, worin Werthrösse ausgedrückt wird, die Form unmittelbarer Austauscharkeit, Aequivalentform, also unmittelbar gesellschaftliche Form erhält, so gilt dasselbe für den allgemeinen relativen Werthausdruck.« I.e., p. 29 - Hier findet aber gleichmäßige und gegenseitige Entwicklung der Ware nicht mehr statt, denn: »Allgemein ist die relative Werthform des Rocks nur, weil sie zugleich die relative Werthform aller andern Waaren. Was vom Rock, gilt vom Kaffee u.s.w. Es folgt daher, dass die allgemeine relative Werthform der Waaren sie selbst von der allgemeinen Aequivalentform ausschliesst. Umgekehrt ist eine Waare, wie Leinwand, sobald sie die allgemeine Aequivalentform besitzt, von der allgemeinen relativen Werthform ausgeschlossen.« ibid. Cf. KI, p. 82, 83 und C I, p. 30. 153 ibid. 154 ibid. 155 ibid. 156 ibid. 157 »Sie besitzen also nicht die Form unmittelbarer Austauschbarkeit für einander oder ihre gesellschaftliche Form ist eine vermittelte.« ibid. Wertgröße sich also nur im Verhältnis zu dieser darstellt. 158 ibid. Cf. KI, p. 81. 159 C I,p- 31 160 ibid. »Als unmittelbar gesellschaftliche Materiatur der Arbeit ist die Leinwand, das allgemeine Aequivalent, Materiatur unmittelbar gesellschaftlicher Arbeit, während die andern Waarenkörper, welche ihren Werth in Leinwand darstellen, Materiaturen nicht unmittelbar gesellschaftlicher Arbeiten sind.« ibid.
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161 Cf. I.e., p. 33. 162 ibid.
163 »Die allgemeine Aequivalentform kommt immer nur einer Waare zu im Gegensatz zu allen andern Waaren; aber sie kommt jeder Waare im Gegensatz zu allen andern zu.« I.e., p. 34 164 ibid. Hier ist der Gegensatz zum Widerspruch fortgegangen. 165 »Die Privatproduzenten treten erst in gesellschaftlichen Contakt vermittelst ihrer Privatprodukte, der Sachen. Die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Arbeiten sind und erscheinen daher nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten, sondern als sachliche Verhältnisse der Personen oder gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen. Die erste und allgemeinste Darstellung der Sache als eines gesellschaftlichen Dings ist aber die Verwandlung des Arbeitsprodukts in Waare.« I.e., p. 39 - Cf. I.e., p. 39sq. 166 I.e., p. 40 167 Nun hat Marx vorschnellen quantitätstheoretischen Bestimmungen insofern Vorschub geleistet, als er in der Wertformanalyse oft von bestimmten Quantitäten ausgeht. Sind diese noch sinnvoll, um die Ausgangsgleichung zu illustrieren, 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, so führen sie auf der Ebene der Wertformanalyse den Rezipienten in die Irre. Konsequenterweise redet Marx dann oft, aber leider nicht durchgängig, von der x Ware A = y Ware B. Hätte er die Differenzierung zwischen ordinaler und nominaler Struktur bei den Gleichungen besser durchgehalten, so hätte er im Rahmen der Wertformanalyse überhaupt keine quantitativ bestimmten Ausdrücke einsetzen dürfen. Quantitative Bestimmung ist erst im Verhältnis zur allgemeinen Wertform (eingeschränkt), im Verhältnis zur Geldform wirklich gegeben. »Die Arbeitszeit kann nicht unmittelbar selbst das Geld sein,... eben weil sie faktisch stets nur in besonderen Produkten existiert ...: als allgemeiner Gegenstand kann sie nur symbolisch existieren, eben wieder in einer besondren Ware, die als Geld gesetzt wird.« Gr, p. 85 - »Die Arbeitszeit selbst existiert als solche nur subjektiv, nur in der Form der Tätigkeit. Insofern sie als solche austauschbar (selbst Ware) ist, ist sie nicht nur quantitativ, sondern qualitativ bestimmt und verschieden, keineswegs allgemeine, sich gleiche Arbeitszeit; sondern entspricht als Subjekt ebensowenig der die Tauschwerte bestimmenden allgemeinen Arbeitszeit, wie die besondren Waren und Produkte ihr als Objekt entsprechen.« I.e., p. 87 168 »Die Arbeit, auf Grundlage der Tauschwerte, setzt eben voraus, daß weder die Arbeit des Einzelnen noch sein Produkt unmittelbar allgemein ist; daß es diese Form erst durch eine gegenständliche Vermittlung erlangt, durch ein von ihm verschiedenes Geld.« I.e., p. 89 169 »Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Warenwelt objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifischen Warenarten nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld.« KI, p. 83 276
170 Die Entwicklung der Form erscheint so: »Der Fortschritt besteht nur darin, daß die Form unmittelbarer allgemeiner Austauschbarkeit oder die allgemeine Äquivalentform jetzt durch gesellschaftliche Gewohnheit endgültig mit der spezifischen Naturalform der Ware Gold verwachsen ist.« I.e., p. 84 171 ibid. 172 ibid. 173 »In demselben Verhältnis, worin der Warenaustausch seine nur lokalen Bande sprengt, der Warenwert sich daher zur Materiatur menschlicher Arbeit überhaupt ausweitet, geht die Geldform auf Waren über, die von Natur zur gesellschaftlichen Funktion eines allgemeinen Äquivalents taugen, auf die edlen Metalle.« I.e., p. 104 Hier ist vor allem wichtig deren Homogenität und Teilbarkeit. »Wie die Arbeitszeit selbst, muß der Gegenstand, der als ihre spezifische Inkarnation gelten soll, fähig sein, rein quantitative Unterschiede darzustellen, so daß Dieselbigkeit, Gleichförmigkeit der Qualität vorausgesetzt ist. Es ist dies die erste Bedingung für die Funktion einer Ware als Wertmesser. ... Diese Forderung der qualitativen Unterschiedslosigkeit, unabhängig von Zeit und Ort, und daher der Gleichheit bei gleicher Quantität, ist die erste Forderung nach dieser Seite hin. Die zweite, ebenfalls aus der Notwendigkeit bloß quantitativen Unterschied darzustellen, hervorgehnde, ist große Teilbarkeit und Wiederzusammensetzbarkeit der Teile, so daß nach der Größe des Werts der Ware das allgemeine Äquivalent zerschnitten werden kann, ohne daß dadurch sein Gebrauchswert beeinträchtigt würde.« Gr, p. 895sq. 174 K I, p. 104 - »Man hat gesehn, daß die Geldform nur der an einer Ware festhaftende Reflex der Beziehungen aller andren Waren.« I.e., p. 105 175 I.e., p.106 176 I.e., p.109 177 »Die Waren werden nicht durch Geld kommensurabel. Umgekehrt. Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, könne sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen.« ibid. »Zunächst, soweit es als preissetzendes Element, Maß, funktioniert, ist es grade die Funktion des Geldes auch der Form nach die Waren als qualitativ identisch zu setzen, ihre identische Substanz auszudrücken, indem nur quantitative Verschiedenheit stattfindet.« Gr, p. 913 178 KI, p. 109 179 »Um an dieser einheitlichen relativen Wertform der andren Waren teilzunehmen, müßte es auf sich selbst als sein eignes Äquivalent bezogen werden.« I.e., p. 110 180 ibid. »In seiner Funktion des Wertmaßes dient das Geld daher - als nur vergestelltes oder ideelles Geld.« I.e., p. 111 181 »Obgleich nur vorgestelltes Geld zur Funktion des Wertmaßes dient, hängt der Preis ganz vom reellen Geldmaterial ab.« ibid. »Der Tauschwert als solcher unterstellt gemeinschaftliche Substanz und alle Unterschiede auf bloß quantitative reduziert. In der Funktion des Geldes als Maß werden zunächst alle Werte auf bloß verschiedne Quanta der messenden Ware reduziert.« Gr, p. 897 277
182 K I , p. 112
183 »Bei aller metallischen Zirkulation bilden daher die vorgefundenen Namen des Gewichtsmaßstabs auch die ursprünglichen Namen des Geldmaßstabs oder Maßstab der Preise.« ibid. 184 I.e., p. 113 - »Als Wertmaß dient es dazu, die Werte der bunt verschiednen Waren in Preise zu verwandeln, in vorgestellte Goldquanta; als Maßstab der Preise mißt es diese Goldquanta. Am Maß der Werte messen sich die Waren als Werte, der Maßstab der Preise mißt dagegen Goldquanta an einem Goldquantum, nicht den Wert eines Goldquantums am Gewicht des andren. Für den Maßstab der Preise muß ein bestimmtes Goldgewicht als Maßeinheit fixiert werden.« ibid. 185 Cf. I.e., p. 115 186 I.e., p. 116 187 ibid. »Die Wertgröße der Ware drückt also ein notwendiges, ihrem Bildungsprozeß immanentes Verhältnis zur gesellschaftlichen Arbeit aus. Mit der Verwandlung der Wertgröße in Preis erscheint dies notwendige Verhältnis als Austauschverhältnis einer Ware mit der außer ihr existierenden Geldware. In diesem Verhältnis kann sich aber ebensowohl die Wertgröße der Ware ausdrücken, als das Mehr oder Minder, worin sie unter gegebnen Umständen veräußerlich ist. Die Möglichkeit quantitativer Inkongruenz zwischen Preis und Wertgröße ... liegt also in der Preisform selbst.« I.e., p. 117 188 I.e., p. 118 189 Die Marxsche Kritik ökonomischer Begrifflichkeit und die vor allem von Backhaus betonte Einheit von Wert- und Geldtheorie hängen zusammen. 190 Gr, p. 111 191 Pädagogisch üblich ist entsprechend das Einsetzen der Lektüre mit dem 5. Kapitel des »Kapital Bd. I«.
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