Genau der Richtige für dich, Mami
Linda Randall Wisdom
Bianca 876 - 2/2 1994
Gescannt con suzi_kay
Korrigiert von a...
25 downloads
285 Views
1MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Genau der Richtige für dich, Mami
Linda Randall Wisdom
Bianca 876 - 2/2 1994
Gescannt con suzi_kay
Korrigiert von almut k.
1.KAPITEL "Na gut, schieß los! Was hast du zu deiner Entschuldigung zu sagen?" Mit berechtigtem Zorn musterte Chelsea Brennan ihre Tochter, die um ein Uhr zweiundzwanzig nachts an einem Freitag dem dreizehnten vor der Haustür erschien. Sie hatte sich bis jetzt irgendwo herumgetrieben. Colleens Unerschrockenheit, die sie zu Anfang noch gezeigt hatte, schwand rasch dahin, denn trotz des kurzen Morgenmantels, den ihre Mutter trug, wirkte sie verflixt einschüchternd. Für den Mann, der hinter Colleen stand, war die Dame jedoch einfach sexy. Colleen verschränkte überflüssigerweise die Arme vor der Brust, um das schwarze, mit Strasssteinen besetzte Kleid zu verbergen, das ihr gerade bis über die Schenkel reichte. "Ich glaube, das wird dir nicht gefallen." Chelseas Blick wanderte von ihrer Tochter zu deren Begleiter. Ach du je! Der Mann war viel zu alt für ein siebzehnjähriges Mädchen, und angeblich hatte Colleen mit ihrer Freundin Elaine ins Kino gehen wollen. Colleen seufzte und stellte sich schon vor, dass sie bis zu ihrem dreißigsten Geburtstag Arrest bekommen würde. "Ich finde, du solltest mir als erstes mal erklären, was du mit diesem ... Gentleman hier zu schaffen hast", versetzte Chelsea. "Es ist nicht so, wie Sie denken", mischte der Mann sich jetzt ein. Chelsea sah ihn wieder an. "Wer sind Sie überhaupt, und was haben Sie mit meiner Tochter zu tun?" Ihr drängte sich plötzlich ein beunruhigender Gedanke auf. "Sind Sie etwa Polizist?" Ihr Blick glitt abwärts. Trugen Polizisten in Zivil so enge Jeans und modische Lederjacken? Und sahen sie obendrein noch so unverschämt gut aus? "Nein, ich bin kein Polizist. Ich heiße Mark Harrison." Er betrachtete sie seinerseits auch ungeniert von Kopf bis Fuß, was sie unverschämt fand. Schließlich war sie die Mutter des jungen Mädchens, das er geschmackloserweise begleitete. "Na gut, Mr. Harrison. Wenn es nicht so ist, wie ich denke, um mit Ihren Worten zu sprechen, was ist es dann, was Sie mit meiner Tochter zu schaffen haben?" Um ihn in seiner Dreistigkeit zu entmutigen, klang ihre Frage ziemlich barsch. Meine Güte, wie hatte sie sich über Colleens letzten Freund aufregen können, nur weil der Junge einen Ohrring trug? "Ich habe Colleen nach Hause gebracht, um sie vor Schlimmerem zu bewahren", erklärte er eine Spur zu selbstsicher. "So?" kam es frostig, und die Ungläubigkeit war aus der einen Silbe deutlich herauszuhören. Die Hände in den Hosentaschen, wippte er auf den Absätzen. "Sie können sich wohl nicht vorstellen, dass ich ein rundum netter Kerl bin, was?" "Überhaupt nicht." "Mom, ich friere", beklagte sich Colleen und zwängte sich an ihrer Mutter vorbei durch die Tür. Ehe Chelsea protestieren konnte, war der junge Mann
Colleen ins Haus gefolgt. Na ja, vielleicht sollte ich mir die ganze Sache auch einmal aus seiner Sicht erzählen lassen, dachte sie großzügig und schloss die Tür. Sie zog den Gürtel ihres Morgenmantels enger und marschierte hinter den beiden her ins Wohnzimmer. Mark streifte durch ihr Wohnzimmer, fasste hier eine Vase an, strich da mit dem Finger über den Rahmen eines Fotos. Dann lümmelte er sich auf ihr Sofa, als fühlte er sich wie zu Hause. Chelsea holte tief Luft. "Also gut. Will mir jetzt mal jemand erklären, was zum Teufel hier vor sich geht?" Colleen erschrak. "Mom neigt dazu, in gewissen Dingen emotional zu werden", informierte sie Mark, während sie sich in einen Schaukelstuhl setzte, ohne offenbar zu merken, dass ihr der kurze Rock weit über die Schenkel rutschte. Chelsea war im stillen erleichtert, dass Mark gar nicht darauf achtete. "Du weißt, dass Elaine und ich heute Abend etwas vorhatten", begann Colleen mit ihrer Erklärung. "Ja, du hast mir gesagt, ihr wolltet ins Kino", bestätigte Chelsea. "Natürlich zieht man zu dem Zweck ein Kleid an, das achthundert Dollar kostet." Marks dunkelbraune Augen wurden größer. "Achthundert Dollar für den winzigen Fummel?" Er deutete auf die trägerlose Kreation, die Colleen trug. "Das soll wohl ein Witz sein? Ich meine, niemand zahlt dafür achthundert Dollar, oder? Ich meine, sie ist doch noch ein Kind. Ich würde mein Kind nicht so aus dem Haus lassen. Achthundert Piepen?" wiederholte er aufgebracht. "Ein Kind?" entrüstete Colleen sich, doch Mark ignorierte sie. Statt dessen sah er Chelsea an, als wäre sie schuld an seinem Schock. "Nun, Mr. Harrison", wandte Chelsea sich übertrieben freundlich an ihn, "ich weiß jetzt zwar, dass Sie kein Polizist sind, aber Sie haben mir noch nicht gesagt, wer Sie sind. Ich wüsste gern, wen ich anzeigen muss." "Ich sagte Ihnen bereits, dass ich Mark Harrison heiße. Ich habe Ihre Tochter gerettet und Sie vor Belästigungen bewahrt, als ihr ein Betrunkener aus dem Club nachstellte", erklärte er und fügte brummig hinzu: "Auch wenn das jetzt der Dank ist, den ich dafür bekomme." Chelsea schnappte nach Luft. "Club? Was für ein Club? Was um Himmels willen ist denn wirklich passiert?" Colleen verdrehte die Augen. "Mom, das war halb so schlimm. Mark übertreibt. Der Typ hat mich noch nicht mal angefasst. Na gut, er hat mich schon angefasst, aber nicht so, wie er wollte. Immerhin war er betrunken, und ich bezweifle, dass er mir in seinem Zustand überhaupt etwas hätte antun können." Chelsea stöhnte auf. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Also schloss sie die Augen und ließ sich in einen Sessel fallen. "Das ist wie ein Alptraum. Ich muss jetzt nur aufwachen, und dann ist alles wieder in Ordnung, ja?" Mark ertappte sich dabei, dass er den Blick nicht von der Mutter dieser abenteuerlustigen Minderjährigen abwenden konnte. Und warum sollte er auch? Sie war eine Frau, die jeder Mann gern anschaute. Ihr hellbraunes Haar war
zerzaust, als wäre sie eben aus dem Bett gekommen. Bei dem, was sie anhatte, war das vermutlich auch der Fall. Bett - das war der Platz für eine Frau wie sie. Ihr zimtfarbener Seidenmantel war im Sitzen so weit auseinandergefallen, dass er darunter ein glänzendes Top mit passendem Shorty erkennen konnte. Während manche Männer eine Brille nicht für attraktiv hielten, fand er, dass sie ihr, so wie sie auf ihrem Haar saß, einen zusätzlichen Reiz verlieh. Moment mal! Wenn sie im Bett gelesen hatte, um auf ihre Tochter zu warten, war sie dann überhaupt allein? Wenn ja, wo war Colleens Vater... der verdammt noch mal auch Chelseas Mann wäre. Er müsste doch jetzt hier sein, um ihn zusammenzustauchen. "Mrs. Brennan..." begann er. "Miss Brennan", korrigierte Colleen ihn sofort und fügte hinzu: "Chelsea." Chelsea warf ihr einen erzürnten Blick zu. Also, die Frau ist alleinstehend, dachte Mark. Der Abend wurde immer besser. Der Abend. Sofort fiel ihm ein, warum er hier war. "Lassen Sie mich die ganze Angelegenheit kurz erklären, Miss Brennan." "Bitte ja." Ihr Sarkasmus war nicht zu überhören. "Colleen war mit ihrer Freundin in Ricks Cafe." Er hob abwehrend die Hände, als Chelsea sich vorbeugte und ein Gesicht machte, als wollte sie jeden umbringen, der sich ihrer Tochter näherte, und als ersten ihn. "Einer der Kerle hatte etwas zuviel getrunken. Als Colleen ablehnte, mit ihm zu tanzen, hat er Theater gemacht. Sie war zwar so klug, gleich das Lokal zu verlassen, doch er ist ihr nach draußen zum Parkplatz gefolgt. Ich sah, was sich da abspielte, und dachte mir, es würde wohl Probleme geben. Ich bin also hinterhergegangen und habe mich eingemischt, als er den Mädchen zu nahe trat. Da er viel größer und stärker war als die zwei, schien es mir nur gerecht." Er warf Colleen einen Blick zu. "Ich bin den beiden dann bis zu Elaine nach Hause mit meinem Auto hinterhergefahren, um sicherzugehen, dass der Kerl ihnen nicht folgen würde, und habe Colleen dann anschließend hierhergebracht. Sie sagte, sie glaube nicht, dass Sie schon zu Hause seien. Deshalb wollte ich mich vergewissern, dass ihr hier nichts passieren konnte." Chelsea hob ungläubig die Brauen. "Natürlich. Wer's glaubt, wird selig." Er ignorierte ihre bissige Bemerkung. "Hören Sie, ich hätte das nicht zu tun brauchen, aber ich finde Colleen nett und wollte nicht, dass ihr irgend etwas passiert." "Richtig, Sie hätten gar nicht einzugreifen brauchen. Ritterlichkeit gibt es schon seit Ewigkeit nicht mehr, und Männer wie Sie bringen junge Mädchen nicht so ohne weiteres nach Hause, es sei denn, sie sind sicher, die Eltern des Mädchens sind nicht da und sie bekommen eine entsprechende Belohnung." "Mom!" Colleen war schockiert. "Soll das ein Witz sein? Er ist viel zu alt für mich!" "Ich stehe noch nicht mit einem Bein im Grab, Colleen", erwiderte er trocken. "Und was Sie angeht, Miss Brennan, Sie sind viel zu zynisch."
Sein Vorwurf ließ sie ungerührt. Er mochte zwar ein gutaussehender Mann sein, aber er besaß auch eine gewisse Überheblichkeit. Und es gefiel ihr nicht, dass er so tat, als hätte sie als Mutter versagt. "Wahrscheinlich habe ich einen guten Grund, zynisch zu sein." Er stand auf. "Möglich. Bemühen Sie sich nicht um ein Dankeschön. Trotz des dick aufgetragenen Make-ups und..." er war anscheinend noch immer darüber entsetzt, "und des Achthundert-Dollar-Kleides ist Colleen minderjährig und hätte Rick, den Clubbesitzer, in Schwierigkeiten bringen können. Warum sie in dem Lokal war, geht mich nichts an - damit, finde ich, muss sich ihre Mutter auseinandersetzen. Aber Rick ist mein Freund, und Colleen erschien mir ein ordentliches Mädchen, da wollte ich die Sache nicht schlimmer werden lassen." Chelseas Blick blieb eisig. "Wie lobenswert." Mark ließ sich durch sie nicht einschüchtern. Er schaute nur interessiert auf ihre schlanken Beine, die der kurze Morgenmantel kaum bedeckte. "Wissen Sie, Miss Brennan, wie Sie Ihre Tochter erziehen, ist mir vollkommen gleichgültig. Ich bin nur mit reingekommen, um Ihnen die Angelegenheit zu erklären." Etwas besänftigt, stand Chelsea auch auf, dennoch verabschiedete sie ihn so kühl wie möglich. "Danke, dass Sie Colleen nach Hause gebracht haben, Mr. Harrison." Er wandte sich noch einmal an Colleen. "Und denk daran, was ich dir gesagt habe. Geh nicht in solche Lokale, bis du alt genug bist." "Was denn, soll sie Helden wie Ihnen die Möglichkeit nehmen, den edlen Retter zu spielen?" Chelsea, die ihn zur Tür brachte, konnte sich diese bissige Bemerkung nicht verkneifen. Er schaute ihr offen ins Gesicht. "Ich rechtfertige mich selten, Miss Brennan, aber da Sie mich der Unmoral bezichtigen, erlauben Sie mir, etwas klarzustellen. Ich stehe nicht auf kleine Luder und treibe mich nicht in Bars für Singles herum. Rick ist mein Freund, und da ich ihn während der Öffnungszeiten selten zu Gesicht bekomme, kann ich ihn im Allgemeinen nur dort mal antreffen. Ich an Ihrer Stelle wäre heilfroh, dass dieser Schuft sich nicht an Colleen vergreifen konnte. Sonst wäre jetzt die Polizei hier, nicht ich." Chelsea sah stumm zu, wie er zur Tür hinausging, und blieb dann so lange im Flur stehen, bis sie hörte, dass er mit dem Wagen aus der Einfahrt zurücksetzte und davonfuhr. Sie wollte nicht zugeben, dass er sie mit seinen Worten getroffen hatte, und die Sorge, dass ihrer geliebten Tochter etwas zustoßen könnte, bedrückte sie mehr denn je. Sie atmete ein paarmal tief durch, ehe sie zu Colleen zurück ins Wohnzimmer ging. "Willst du mir jetzt die ganze Geschichte erzählen?" begann sie gefährlich leise. Colleen zuckte zusammen. "Es ist nicht so, wie du glaubst." "Ach wirklich? Was glaube ich denn?" "Du glaubst, Elaine und ich wären dort hingegangen, um Jungs anzumachen." "Wenn ihr nicht deshalb dort wart, warum dann?"
Colleen rutschte unruhig auf ihrem Stuhl umher. "Würdest du mir glauben, wenn ich dir sagte, dass es um eine Psychologiearbeit über das Paarungsverhalten der Singles heutzutage ging?" "Kein bisschen. Die Schule fängt erst nächste Woche an. Wie kommst du übrigens an das Kleid?" "Elaine und ich waren im Geschäft. Für die Unterwäsche bezahle ich", fügte sie hastig hinzu. "Und das Kleid bringe ich in die Reinigung. Diese Dekorationsstücke verkaufst du ja nie, Mom. Deshalb habe ich es mir auch genommen. Ich dachte, es wäre dir bestimmt lieber, wenn ich was aus der Dekoration nehme als aus dem Verkauf." Chelsea fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und streifte dabei ihre Lesebrille ab. Unbeachtet fiel sie auf den Teppich. "Von klein an hatte ich keine Probleme mit dir gehabt." Sie seufzte. "Du hast gleich durchgeschlafen, nur zweimal eine Kolik gehabt und nicht das typische Trotzverhalten gezeigt, worüber sich andere Mütter so beklagt haben. Selbst die Pubertät mit all ihren hormonellen Veränderungen hast du gut bewältigt. Willst du vielleicht jetzt etwas nachholen, damit ich mir auch mal Sorgen mache?" Ihre Stimme stieg mit der wachsenden Erregung an. Colleen stand auf. Sie spürte, sie würde jetzt all ihre Überzeugungskraft brauchen, um ihre Mutter zu besänftigen. "Wir wollten nur mal schauen wie es bei Ricks aussieht. Sonst nichts." Chelsea zeigte sich unbeeindruckt. "Wiederhole es bitte." "Also gut, es war falsch, dass wir da hingegangen sind. Aber wir waren neugierig. Weißt du, wir wollten wissen, ob es in Lokalen für Singles so zugeht, wie sie immer in den Filmen zeigen. Das war alles. Ich schwöre!" Chelsea musterte ihre Tochter. Sie war immer froh gewesen, dass Colleen sie nie belog. Sie hoffte inständig, dass ihre Tochter nicht jetzt damit anfangen würde. "Na gut, dann geh ins Bett", sagte sie schließlich. "Doch so schnell werde ich die Sache nicht vergessen. Von morgen an arbeitest du jeden Tag im Geschäft, bis die Schule anfängt, und bezahlst so für das, was du dir unerlaubt genommen hast. Wenn nächste Woche die Ferien zu Ende sind, kannst du nach der Schule und am Wochenende auch helfen kommen... Allerdings darfst du deine Hausaufgaben dafür nicht vernachlässigen. Dieses Jahr ist zu wichtig, als dass du es dir vermasselst." Colleen bekam große Augen. "Ich muss auch für das Kleid bezahlen?" "Allein die Spezialreinigung wird nicht billig sein, und da ich deinen ausgezeichneten Geschmack kenne..." ihr prüfender Blick glitt über die glänzende schwarze Seidenstrumpfhose, und sie konnte sich gut vorstellen, was sich unter dem knappen Kleid noch alles verbarg, "kannst du jegliche Aktivitäten nach Schulschluss vergessen, es sei denn, sie dienen deiner Ausbildung." "Mom!" beschwerte sich Colleen entgeistert. "Bis auf weiteres, meine Liebe, hast du Arrest. Wenn das, was Mr. Harrison gesagt hat, stimmt, warst du sehr dumm und kannst von Glück reden, dass du
noch so glimpflich davongekommen bist." Sie hielt inne, um Luft zu holen. "So, jetzt tu uns beiden den Gefallen und verschwinde nach oben, ehe ich doch noch die Beherrschung verliere." Colleen wusste, wann sie sich rasch zurückziehen musste. Sie huschte an Chelsea vorbei und rannte die Treppe hinauf. Chelsea bückte sich und hob ihre Brille auf. Was für ein Tag! Zuerst hatte die Bank abgelehnt, ihr den Geschäftskreditrahmen zu erweitern. Dann war ihr das Abendessen gründlich verdorben worden, weil ein Geschäftspartner nicht begreifen wollte, dass sie kein Interesse hatte, mit ihm ins Bett zu gehen. Die bestellten Seidentops, die gestern hätten geliefert werden sollen, waren irgendwo unterwegs verlorengegangen. Bei dem Glück, das sie im Augenblick hatte, waren sie womöglich in Alaska gelandet. "Und jetzt noch das", murmelte sie vor sich hin. Sie schaltete das Wohnzimmerlicht aus und wandte sich müde der Treppe zu. "O nein! Deine Mutter war schon zu Hause? Hat sie mit Mr. Harrison gesprochen?" fragte Elaine. Colleen hatte sie gleich angerufen, als sie auf ihrem Zimmer war. "Er hat ihr gesagt, wo wir waren." Sie stöhnte, ließ sich aufs Bett fallen und zerknitterte das denkwürdige Kleid. "So wie es jetzt aussieht, habe ich bis an mein Lebensende Arrest und muss im Geschäft helfen, bis ich meine Schulden an Mom und die Gesellschaft abgetragen habe. Ich glaube, ich kann froh sein, dass die Strafe nicht noch härter ausgefallen ist." Sie klemmte sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter ein und verzog das Gesicht, als ihr Blick auf die glitzernden Strasssteine fiel, die sie so teuer zu stehen kamen. "Waren deine Eltern schon zurück von der Party?" "Nein", erklärte Elaine. "Aber, Colly, wir können das nicht noch mal machen. Nächstes Mal haben wir bestimmt nicht soviel Glück. Wenn Mr. Harrison nicht nach draußen gekommen wäre, weiß ich nicht, was uns passiert wäre. Der Typ war wirklich unverschämt." Colleen schüttelte sich bei dem Gedanken an den Betrunkenen, der nach Bier gestunken, sie mit widerlichen Ausdrücken beschimpft und behauptet hatte, sie könne sich glücklich schätzen, dass er sie beachte. "Ich weiß, aber ich habe immer noch niemanden für Mom gefunden." "Was ist mit Mr. Harrison? Er ist doch richtig nett." "Ja, für sein Alter ist er nett", gab sie widerstrebend zu. "Aber er nimmt alles so genau. Wahrscheinlich gehört er zu diesen langweiligen Menschen, die sich nicht vergnügen können. Stell dir vor, er hat nur davon gesprochen, wie man eine Tochter erziehen muss, und mich ein Kind genannt!" "Wenn er sich nicht gern amüsieren würde, wäre er nicht bei Ricks gewesen", widersprach Elaine ihr. "Das ist einer der tollsten Clubs hier." "Ja, aber er sagte, er wäre nur dagewesen, weil Rick sein Freund sei, und nicht, weil er sich amüsieren wollte. Ach, ich weiß, er ist recht nett, aber jemand, der
so geradeheraus ist, ist einfach nicht cool genug. Ich muss mich weiter umsehen." "Ich bin nicht sicher, ob das so eine umwerfende Idee war, Colly. Ich meine, deine Mutter will sich vielleicht selbst nach einem Mann umsehen. Und es ist ja auch nicht gesagt, dass sie sich in jemanden verliebt, den wir für sie aussuchen. Warum lasse ich mich von dir nur in solche verrückten Sachen hineinziehen?" jammerte sie. "Jedes Mal geht irgend etwas schief. Und heute Abend habe ich wirklich Angst gehabt." "Ich muss das einfach anders anfassen", überlegte Colleen laut. "Hör mal, El, wir sind jetzt im letzten Schuljahr und werden danach aufs College gehen. Ich möchte nicht, dass meine Mom allein hier herumsitzt und nichts anderes kennt als das Geschäft. Sie braucht einen Mann. Sie braucht ein Sexleben! Auch wenn es einem schwer fällt, das zu glauben, ist sie angeblich im besten Alter. Sie kann es sich nicht leisten, den wichtigsten Abschnitt ihres Lebens so an sich vorüberziehen zulassen." "Das solltest du lieber nicht so laut sagen, sonst hört sie dich noch, und du darfst das Haus nie wieder verlassen", warnte Elaine sie. "Das wird sie nicht tun. Oh, oh." Colleen sah auf, als die Person, über die sie sprachen, das Zimmer betrat. Chelsea nahm Colleen den Hörer aus der Hand. "Hallo, Elaine. Ihr zwei habt heute Abend wirklich Glück gehabt", sagte sie. "Sicherlich wirst du verstehen, dass ich morgen früh als erstes mit deiner Mutter sprechen muss. Wenn du schlau bist, sagst du ihr vorher schon, was passiert ist." "Sie wird mich umbringen!" zeterte Elaine. "Keine Sorge, wir werden darauf achten, dass eure Gräber nebeneinander liegen, damit ihr auch in dem Leben danach etwas zusammen anstellen könnt. Jetzt wird es aber Zeit. Gute Nacht, Elaine." Chelsea legte den Hörer auf und griff hinter das Nachttischchen, um den Stecker aus der Anschlussdose zu ziehen. Dann wickelte sie die Schnur um den Telefonapparat und verließ damit das Zimmer. "Aber Mom!" rief Colleen ihr protestierend nach. "Ich fände es gut, wenn du das Kleid ausziehst, ehe es vollkommen ruiniert ist", rief Chelsea überfreundlich zurück. Colleens Protestrufe folgten ihr über den Flur bis in ihr Schlafzimmer. Sie zog sich den Morgenmantel aus, schaute an sich hinunter und erinnerte sich plötzlich daran, wie unverschämt Mark Harrison sie gemustert hatte. Wenn ihr Mantel offen gewesen war, konnte er gesehen haben, wie sich die zimtfarbene Nachtwäsche von ihrer hellen Haut abhob. Bei dem Gedanken wurden ihre Wangen unwillkürlich warm. Er war zu alt für Colleen, sagte sie sich. Und zu jung für mich, fügte sie hinzu. Er sah aus, als ob er Anfang dreißig wäre. Sie dagegen war näher an vierzig, als sie zugeben wollte. "Und er war viel zu selbstsicher", murmelte sie vor sich hin und machte ein finsteres Gesicht bei der Erinnerung an seine hautenge Jeans und seine helle Lederjacke.
Chelsea legte sich ins Bett und deckte sich bis über die Ohren zu. "Wenn ich Glück habe, wache ich morgen früh auf und stelle fest, dass alles nur ein schlimmer Traum war." "Guten Morgen, liebe Mutter! Alles, was das Herz begehrt - Kaffee, Saft, Toast mit Stachelbeermarmelade, Rühreier und zwei Scheiben Schinken", verkündete Colleen, als Chelsea die Küche betrat, und reichte ihr sofort eine Tasse Kaffee. "Hübscher Versuch, mein Schatz, aber du hast trotzdem Arrest." Das hinderte Chelsea jedoch nicht daran, ihre dringend benötigte Koffeinzufuhr anzunehmen. Colleens Aussehen entsprach heute morgen wieder eher ihrem Alter. Sie trug eine dunkelblaue Baumwollhose und eine weinrote Bluse, die Chelsea nur zu gut kannte, da sie für gewöhnlich in ihrem Schrank hing. "Du hast gesagt, sie stünde mir besser als dir", behauptete Colleen, ehe ihre Mutter protestieren konnte. "Und ich wusste, du willst, dass ich ordentlich gekleidet ins Geschäft gehe." Chelsea setzte sich an den Tisch. "Ich hasse Kinder, die immer recht haben wollen." "Du hast mir beigebracht, was guter Geschmack ist." "Wie sollte ich auch ahnen, dass das so ins Auge geht." Chelsea musterte ihre Tochter. "Colly, wir müssen uns über gestern Abend unterhalten." Sie suchte nach den richtigen Worten. "Ich weiß, dass du dich erst vor kurzem von Kevin getrennt hast, und wahrscheinlich fühlst du dich im Moment ein bisschen einsam. Immerhin wart ihr fast sechs Monate zusammen, und in eurem Alter ist das praktisch eine Ewigkeit. Aber was ihr, du und Elaine, gemacht habt, war nicht der richtige Weg, um eine neue Bekanntschaft zu finden. Du kannst dir nicht vorstellen, in welche Gefahr ihr geraten wäret, hätte Mr. Harrison nicht rechtzeitig eingreifen können." "Das weiß ich." "Und ist dir auch klar, in welche Schwierigkeiten du den Besitzer des Lokals gebracht hättest? Er hätte seine Ausschankgenehmigung verlieren können und eventuell schließen müssen." "Aber wir haben keine alkoholischen Getränke bestellt", widersprach Colleen. "Wir haben uns auch keinen Drink spendieren lassen." Chelsea schloss die Augen. "Darum geht es nicht, mein Schatz. Ihr seid minderjährig und wart in einem Lokal, in das Minderjährige nicht gehen dürfen. Ich wünschte, du wärst noch klein, dann könnte ich dich einfach übers Knie legen und versohlen." Colleen lächelte. "Du hast mich nie übers Knie gelegt, auch nicht, als ich klein war." Chelsea merkte, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu argumentieren. "Deshalb bist du auch so geworden, wie du heute bist. Ich hätte dich wohl doch mal übers Knie legen sollen, als du ein vorlautes Kind warst und ich noch jung genug, um mit dir mithalten zu können."
Colleen umarmte ihre Mutter und küsste sie auf die Wange. "Für dich bin ich noch ein vorlautes kleines Kind, so wie du für mich nie alt wirst." "Nein?" Sie lächelte schwach. "Wenn du noch mehr solche Sachen machst wie gestern, bin ich schon bald runzlig und grau." Colleen schaute auf die Uhr. "Ich muss nach oben und mich fertig machen. Ich weiß ja, dass du gern früh im Geschäft bist, da samstags immer viel zu tun ist." Sie blieb in der Küchentür stehen. "Weißt du, Mom, ich habe irgendwo gelesen, dass Sex einen jung halten soll. Vielleicht solltest du es mal damit versuchen. Ich bin überzeugt, es würde deine Stimmung heben." Mit einem Funkeln in den Augen schwebte sie davon. Entsetzt starrte Chelsea ihr nach. Dann zog sie eine Haarsträhne nach vorn und schaute nach, ob sie schon grau wurde.
2. KAPITEL "Hast du schon etwas von Elaine gehört?" fragte Chelsea ihre Tochter am nächsten Tag. Colleen zog die Nase kraus. "Meinst du, bevor oder nachdem ihre Mutter ihr angedroht hat, ihr eine elektronische Handschelle ums Fußgelenk zu legen? Ihr Vater ist auch total ausgeflippt. Er hat eine lange Liste mit lauter Arbeiten aufgestellt, die sie in den kommenden sechs Monaten erledigen darf. Er hat auch gesagt, er wünschte, sie wären katholisch, dann hätte er sie in ein Kloster stecken können. Als Ersatz hat er ihr sämtliche Verabredungen für die nächsten zehn Jahre gestrichen." Colleen blickte etwas gequält drein, wahrend sie eine Lieferung von bunten Tops aus hauchdünner Seide auspackte und ihrer Mutter die Liefernummern sowie die Größen vorlas, damit sie sie auf dem Lieferschein überprüfen konnte. "Sie haben aber nicht vor, sie zu versklaven, wie jemand anders das macht", fuhr Colleen seufzend fort und kaute auf einem Kugelschreiber. "Und das alles nur, weil Mr. Harrison sich eingemischt hat." "Sei froh, dass er das getan hat", erwiderte Chelsea und legte den Lieferschein beiseite. "Du machst das hier fertig, und anschließend fragst du Gwen, ob sie für dich Arbeit hat. Ich muss jetzt fort, um ein paar Dinge zu erledigen." "Großartig. Von einer Tyrannin zur anderen geschickt", murmelte Colleen vor sich hin, während sie zu Gwen hinüberging. "Vielen Dank, Kleines." Gwen, eine große, brünette Frau mit guter Figur und einem auffallenden Modegeschmack, klang wenig erfreut. "Deine Mutter hat gesagt, ich soll dich mit der Peitsche züchtigen, wenn sie weg ist." "Wo will sie denn hin?" fragte Colleen. "Zur Bank. In einer Stunde oder so müsste sie wieder zurück sein." Gwen blickte zur Tür. "Willst du mir nicht erzählen, warum du dich gestern mit deiner Freundin in einem so eleganten Fleischbeschauungslokal herumgetrieben hast, he?" Colleen biss sich auf die Lippe und überlegte, ob sie wahrheitsgemäß antworten sollte oder nicht. Doch da Gwen sie so mitfühlend anschaute, entschied sie sich für die Wahrheit. "Ich wollte Mom einen Partner suchen", erklärte sie. Gwen wollte schon lachen, blieb dann aber doch ernst. "Oh, Colleen, du bist zu Ricks gegangen, um da den richtigen Mann zu finden? Wie wolltest du das denn anstellen? Ihn mit nach Hause nehmen und ihm und deiner Mutter befehlen, dass sie sich auf der Stelle verlieben sollen?" "Ich weiß nicht!" jammerte Colleen, hob ratlos die Arme und ließ sie wieder sinken. "Ich finde, Mom muss unbedingt mehr unter die Leute. Wenn sie nichts unternimmt, muss ich es tun. Es ist nicht richtig, dass ich ausgehe und sie immer zu Hause sitzt."
"Colleen, das ist lieb gemeint von dir, aber das würde nie funktionieren", erwiderte Gwen behutsam. "Außerdem scheint deine Mom mit ihrem Leben ganz zufrieden zu sein." "Das sagt sie nur", widersprach das Mädchen. "Sie ist seit Jahren mit niemandem mehr ausgegangen." "Also willst du den richtigen Mann für sie suchen?" "Ja, will ich. Es waren bloß nicht genügend annehmbare Typen bei Ricks. Ich muss mich weiter umsehen. Aber nicht mehr in solchen Lokalen", beeilte sie sich hinzuzufügen. "Was ist mit dem Mann, der dich nach Hause gebracht hat?" Colleen Verdrehte die Augen. "Bloß nicht! Der versteht keinen Spaß. Er wollte Mom einreden, sie wäre keine gute Mutter. Aber ich werde schon was anderes finden. Da bin ich mir sicher." Gwen dachte daran, wie Chelsea Colleens Retter beschrieben hatte. Sie hatte behauptet, er wäre unglaublich sexy gewesen und hätte sich wohl als größtes Geschenk für die Frauen betrachtet. "Du hast schon genug Schwierigkeiten gehabt, oder nicht? Warum willst du das nicht dem Lauf des Schicksals überlassen?" Colleen schien mehr als entsetzt über diesen Vorschlag. "Wenn ich darauf warte, wird Mom als alte, vertrocknete Jungfer sterben!" "Mädchen", mahnte Gwen, "ich glaube, wir müssen uns mal über die Frauen des zwanzigsten Jahrhunderts unterhalten." "Sieh dir mal die Süße da unten auf der Straße an!" "Ich hätte nichts dagegen, mal die Beine näher zu begutachten!" "Das ist eine richtige Frau, mit allem drum und dran." "Ich wünschte, meine Frau sähe so aus." "Wenn meine so aussähe, würde ich die nächsten fünf Jahre nicht mehr aus dem Bett kommen!" "Schluss jetzt, ihr benehmt euch wie Tiere." Mark trat lachend zu den Männern, die von der Baustelle aus hinunter auf die Straße blickten. "Es gibt eine Reihe Frauen, denen eure Witze nicht gefallen." "Lassen Sie sich eins sagen, Boss. Wäre ich nicht glücklich verheiratet, würde ich ihr nachlaufen und sie nach ihrer Telefonnummer fragen", sagte ihm einer der Männer und zog sein verschwitztes T-Shirt über den kräftigen Bierbauch. Mark schaute dem Mann über die Schulter, und ihn rührte fast der Schlag. "Diese Beine", murmelte er. Die Männer grinsten und stießen sich gegenseitig an, als sie sahen, wie hingerissen ihr Boss war. Doch im nächsten Moment drängte sich Mark an ihnen vorbei und verließ die Baustelle. "Miss Brennan!" rief er, während er seinen Männern ein Zeichen machte, mit ihren spöttischen Bemerkungen aufzuhören.
Chelsea blieb stehen und drehte sich um. Verwundert erkannte sie, wer gerufen hatte. "Ach, Sie sind es. Der Mann, der kleine Mädchen rettet", sagte sie kühl. "Harris, nicht wahr?" Er grinste, denn er hörte an ihrem Tonfall, dass sie seinen Namen in Wirklichkeit nicht vergessen hatte. "Harrison. Mark", korrigierte er höflich. Ihr Blick glitt über seine abgetragene Jeans, das verblasste blaue T-Shirt, das vom Betonstaub fast weiß überpudert war, seine schweren Arbeitsstiefel und hinauf zu seiner Schutzkappe. Der leichte Schatten der nachgewachsenen Bartstoppeln entging ihr ebensowenig wie die verschwitzten Flecken unter den Achseln seine T-Shirts und der feuchte Streifen vorn über der Brust. Chelsea sah überdeutlich, wie ungewöhnlich maskulin dieser Mann wirkte. Sie wunderte sich, denn normalerweise hatte sie dafür keinen Blick. Der Mann ist wie geschaffen für fleischliche Abenteuer, ging es ihr durch den Sinn. Verärgert über solche Gedanken, nahm sie sich zusammen und fragte ironisch: "Gehören Sie etwa zu der Gruppe der etwas ältlichen Halbstarken da drüben?" Sie deutete mit dem Kopf auf die Baustelle. Als er sich umdrehte und hochblickte, sah er, dass seine Männer noch immer mit den Armen fuchtelten und dumme Bemerkungen machten. Er runzelte die Stirn. "Ja, so könnte man es wohl sagen." Gott sei Dank war sie so sehr damit beschäftigt, ihn zu mustern, dass sie das Schild "Harrison Construction Inc." total übersehen hatte. Sie legte den Kopf in den Nacken, um an den hohen Stahl- und Betonpfeilern emporzuschauen. "Der ideale Platz für einen Mann, der gern über den Dingen steht", bemerkte sie. "Ja, ich steh' gern hoch", versetzte Mark und musterte sie dabei mit einem vielsagenden Blick, so dass sie die Doppeldeutigkeit seiner Worte unmöglich überhören konnte. Chelsea lächelte ihm eisig zu, während es in ihrem Innern ganz anders aussah und sie sich gegen die Wirkung seines Blicks wehren musste. Der Mann war von Kopf bis Fuß erotisierend! Es knisterte ja schon auf Entfernung zwischen ihnen. Das schlimmste jedoch war, dass er das wusste. Sie musste ihm unbedingt einen Dämpfer versetzen. "Ja, kann ich mir vorstellen. Manche kleine Jungs legen die Leidenschaft fürs Hochbringen nie ab." Sie triumphierte im Stillen, als sie merkte, dass sie ihn damit getroffen hatte. "Was machen Sie eigentlich hier, Mr. Harrison?" wollte sie dann wissen, und selbst in ihren eigenen Ohren klang die Frage ein wenig zu frech. "Ein bisschen dies, ein bisschen das", antwortete er leichthin, während er sich ihren engen Rock und die wohlgeformten Beine besah und dann die vielen winzigen Knöpfe ihrer hellen Bluse. Sofort gingen ihm Bilder durch den Kopf, wie er jeden einzelnen öffnen und entdecken würde, was sich darunter verbarg. Er verfluchte seine enge Jeans, die plötzlich noch enger wurde, und zwang sich, Chelsea Brennan in die kühlen Augen zu schauen und dabei an einen Schneesturm zu denken. "Das Einkaufszentrum wird prima sein, wenn es erst
mal fertig ist. Drei Stockwerke mit Geschäften und allem, was der Unterhaltung dient", fuhr er leutselig fort. "Ich weiß. Ich habe die Baupläne gesehen." Sie klemmte sich ihre Mappe fester unter den Arm. "Ich hoffe, Sie geben besonders Acht bei den oberen Stockwerken." Er grinste jungenhaft. "Befürchten Sie etwa, ich könnte runterfallen und mir weh tun?" Sie schüttelte den Kopf. "Nein, mein Geschäft kommt da oben hin, und ich möchte nicht, dass meine Kunden durch den Boden fallen, weil jemand vergessen hat, die Nägel richtig hineinzuhämmern, oder was immer Sie da machen." Sie lächelte ihm freundlich zu und wandte sich zum Gehen. "Wiedersehen, Mr. Harrison. Einen schönen Tag noch." Mark trat ihr schnell in den Weg. "Sie haben ein Ladenlokal da oben? Das ist ja toll! He, wie wäre es mit einer Tasse Kaffee? Wir könnten uns über den Bauplan Ihres Geschäfts unterhalten." Sie schob sich an ihm vorbei. "Nein danke." Enttäuscht über die Abfuhr, zog er sich den Schirm seiner Kappe tiefer ins Gesicht. "Lassen Sie Ihre Freunde im Sandkasten nicht zu lang allein", rief sie ihm über die Schulter noch zu. "He, Boss, was ist los?" brüllte ihm einer der Männer scherzend zu. "Hat der Dame Ihr Aussehen nicht gepasst?" Wütend sah Mark Chelsea nach. "So leicht lasse ich mich nicht abspeisen", murmelte er vor sich hin. Chelsea redete sich ein, sie sei nur deshalb so außer Atem, weil sie rasch ging. Mit ihrer Begegnung vorhin hatte das gar nichts zu tun. Obwohl sie zugeben musste, dass dieser Mark Harrison selbst in verschwitzter Arbeitskleidung noch aussah wie der Traummann einer jeden Frau. "Ob der Mann nur so enge Jeans besitzt, dass ihm die Blutzirkulation abgeschnitten wird?" brummte sie vor sich hin und wehrte sich gegen die Versuchung, sich kühle Luft zuzufächeln, als sie an seinen muskulösen Oberkörper, seine schmalen Hüften und die herausfordernde Haltung dachte. Schluss jetzt, ermahnte sie sich, er passt weder zu meiner Tochter noch zu mir. Außerdem ist er noch so jung, er weiß bestimmt nicht mal, was graue Haare sind. Gut und schön, trotzdem hätte sie ihm gern das T-Shirt ausgezogen und nachgesehen, ob er nicht doch vielleicht welche hatte. Allein bei dem Gedanken wurde ihr wieder heiß. Das musste an zu früh einsetzenden Wechseljahren liegen, überlegte sie, bog um die nächste Ecke und betrat einen Drugstore, um sich in dem klimatisierten Inneren abzukühlen. Ja, daran musste es liegen. Ein paar kurze Hitzewellen, sonst nichts. "Heiße was?" In dem Moment, wo Chelsea aus Marks Blickfeld verschwunden war, hatte er sich in den Bauwagen gestürzt und die Maklerin für das
Einkaufszentrum angerufen, um mehr Informationen über Chelsea Brennan zu bekommen. "Heiße Ware", wiederholte Ariel Cummings. "Sie hat sich auf modische Damenunterwäsche spezialisiert. Alles Einzelstücke und sehr teuer. Ehemänner kriegen die Flatter, wenn ihre Frauen ins Schaufenster gucken, weil sie dann nicht nur gucken wollen, sondern auch ihre Kreditkarten und Scheckbücher in ernste Gefahr bringen. Seltsam, offenbar bedauern sie die Ausgaben nicht, wenn sie erst einmal nach Hause gekommen sind." Teure Damenunterwäsche. Aha! Welche Phantasien das weckte. "Was kannst du mir sonst noch über sie erzählen?" "Was gibt es da zu erzählen?" entgegnete Ariel offen. "Chelsea gehört wohl zu den seltenen Frauen, die ein geordnetes Leben führen, weil sie es sich nicht von Männern durcheinander bringen lassen. Sie hat ihr Geschäft und ihre Tochter. Darauf konzentriert sie sich." "Ist sie geschieden? Verwitwet?" Ariel zögerte. "Sie spricht nicht über den Vater ihrer Tochter, und einige von uns sind eben so höflich, nicht nach ihm zu fragen. Aber ich kann dir eins sagen, sie ist keine leichte Beute." Mark hob die Brauen. Er hätte nicht gedacht, dass Chelsea eine ledige Mutter war. Aber wäre er nicht zuerst Colleen begegnet, hätte er sich sowieso schwergetan zu glauben, dass Chelsea überhaupt schon Mutter war. "Kannst du für mich nicht ein gutes Wort bei ihr einlegen?" fragte er. "Chelsea ist ein sehr ernster Mensch, Mark, und nicht jemand, der sich nur vergnügen möchte." Die Bemerkung saß. "Hast du mal überlegt, dass ich vielleicht auch mehr als nur mein Vergnügen suche?" "Du vergisst, mein Lieber, dafür kenne ich dich und deine Affären viel zu gut." "Vielleicht reicht es mir jetzt", argumentierte er und trat von einem Fuß auf den anderen. "Chelsea hat genug damit zu tun, auf Colleen aufzupassen", behauptete Ariel. "Du brauchst ihr Leben nicht zusätzlich durcheinander zu bringen. Warum suchst du dir nicht eine Frau, die besser zu dir passt?" "Menschen können sich eben ändern", brummte Mark ziemlich pikiert und legte den Hörer auf .Dann klopfte er nachdenklich mit dem Bleistift gegen das Zeichenbrett und überlegte, für wen er Unterwäsche kaufen konnte.
3. KAPITEL Große blaue Buchstaben auf einem blassgrauen Schild wiesen darauf hin, dass der Laden "Heiße Ware" Damendessous und Abendkleidung für die sinnliche Frau führte. Allein die Schaufensterdekoration zu beiden Seiten der Tür reicht schon aus, um einem Mann den Atem zu verschlagen, fand Mark. Ein beigefarbener Samthintergrund erzeugte die Vorstellung von nackter Frauenhaut, während der frostblaue Shorty, der nur aus ein paar Streifen durchsichtiger Spitze und einem kleinen Dreieck aus Stoff bestand, ihn an Eis auf erhitzter Haut erinnerte. Er schaute sich den kleinen verschnörkelten Tisch an, auf dem eine antike Parfümflasche aus Milchglas stand. Sie weckte bei ihm die Erinnerung an altmodische Himmelbetten mit dicken Federkernmatratzen. Donnerwetter, staunte er und konnte den Blick nicht von der anregenden Dekoration abwenden. Neugierig auf das andere Schaufenster, löste er sich jedoch schließlich davon. Während er an der Eingangstür vorbeiging, sah er zu seiner Enttäuschung das Schild "geschlossen" darin hängen. Seine Laune besserte sich aber sofort wieder, als er eine vertraute Gestalt im zweiten Fenster knien sah. Ihre Stellung gab einen großzügigen Blick auf ihre wohlgeformten Schenkel frei. Grinsend blieb er vor dem Fenster stehen, überzeugt davon, dass sie ihn früher oder später bemerken würde. "Gwen, ich brauche noch Klebeband!" rief Chelsea. "Himmel nein, ich glaube, ich sehe einen der wenigen guten Männer", gurrte Gwen und sah an Chelsea vorbei, während sie ihr das Klebeband reichte. " Chelsea schaute sich über die Schulter um und hätte fast den Satinpantoffel fallen lassen, den sie in der Hand hielt. "O nein!" stöhnte sie. Mark strahlte übers ganze Gesicht und hob den Daumen an. "Sehr schön", formte er mit den Lippen. "Soll das heißen, er ist derjenige, welcher?" fragte Gwen erfreut, während sie Mark scherzhaft mit dem Finger drohte. "Leider." "Leider? Was für ein Unfug. Er sieht doch großartig aus!" Gwen lief zur Tür und schloss sie auf. "Hallo", begrüßte sie Mark. "Ich habe gehört, Sie sind der Mann, der unsere Colleen vor einem schlimmen Schicksal bewahrt hat." "Der Vorwurf stimmt." Er schob die Hände in die Taschen seiner Jeans, wippte auf den Fersen und versuchte, einen Blick ins Innere zu werfen. "Interessantes Geschäft." "Warum kommen Sie nicht rein und sehen sich alles richtig an?" "Wir haben zu!" protestierte Chelsea. Gwen warf ihr einen vielsagenden Blick zu. "Komm, Chels, lass uns mal hören, was ein Mann zu dem Ganzen hier sagt. Du weißt genau, dass einige unserer besten Kunden Männer sind." Sie reichte Mark die Hand, als er hereinkam. "Ich bin Gwen Blake, Chelseas Partnerin in dem Jammerladen hier."
"Mark Harrison." Er nahm ihre Hand und musterte skeptisch die langen, rotlackierten Fingernägel. "Haben Sie dafür einen Waffenschein?" scherzte er. Dann lachte er sie freundlich an. "Und da sagt man immer, die Frauen wären das schwächere Geschlecht. Na ja, mir können Sie das nicht weismachen. Sie beide und Ihre Schaufensterstücke sind geradezu gefährlich." Gwen strahlte, während Chelseas Gesicht sich immer mehr verfinsterte. "Donnerwetter, was sind wir heute scharfsinnig", murrte sie. Er schmunzelte. "Na ja, wir geben uns Mühe." Gwen schaute von einem zum anderen. "Also, Leute, so sehr es mir auch leid tut, etwas zu verpassen, aber ich muss jetzt gehen. Wiedersehen." Sie war davongeschwebt, ehe Chelsea auch nur den Mund aufmachen konnte, von Protest ganz zu schweigen. Chelsea lag eine bissige Bemerkung auf der Zunge, doch sie brachte es nicht fertig, sie auszusprechen. Nicht, solange sie dieses seltsame Kribbeln im Bauch spürte. "Was wollen Sie?" Mark wippte auf den Fersen nach hinten, ehe er sich vorbeugte, um ihr ins Ohr zu flüstern: "Stellen Sie nie eine provozierende Frage, meine Teure, es sei denn, Sie sind darauf gefasst, sich eine entsprechende Antwort zu holen." Chelsea wurde es plötzlich warm. Sie wich seinem Blick aus, kam aus dem Schaufenster geklettert und tat, als wäre es ihr nicht peinlich, dass ihr Rock dabei praktisch bis zur Taille hochrutschte. Sie wollte ihm höflich sagen, dass sie einen langen Tag hinter sich habe und nach Hause müsse, doch dann sah sie ihm nur stumm dabei zu, wie er durch das Geschäft spazierte und hin und wieder stehen blieb, um sich etwas anzusehen. Er streckte die Hand aus und wollte vorsichtig einen Seidenmantel berühren, zog sie dann aber rasch zurück. "Sie dürfen die Sachen ruhig anfassen", sagte Chelsea. "Deshalb stellen wir die Ware ja aus. Die Leute wählen mit allen Sinnen. Wenn es sich gut anfühlt, sind sie eher versucht, es zu kaufen." Er sah sich über die Schulter um und lächelte. "Mag sein, aber ich würde den Stoff nur aufrauen, bei den Schwielen an den Händen, die meine Arbeit so mit sich bringt." Der Gedanke, kräftige raue Hände auf ihrer bloßen Haut zu spüren, von ihnen gestreichelt zu werden, brachte ihr eine Hitzewelle. Sie räusperte sich. "Nicht alle Männer, die hier reinkommen, haben glatte Hände. Wenn ich es Ihnen erlaube, die Sachen anzufassen, dann dürfen Sie es auch." Zögernd betastete er ein schwarzes, spitzenbesetztes Seidenhemd, dann beugte er sich über das Preisschild. "Hundertfünfzig Dollar?" Seine Stimme stieg an. "Das ist französische Spitze", erklärte sie und sagte sich, dass wohl nicht viele Bauarbeiter ihren Frauen oder Freundinnen Wäsche aus französischer Spitze kaufen können. Ob Mark etwas für eine bestimmte Frau suchte? Doch irgendwie spürte sie, dass er unverheiratet war. Und zum haltlosen Flirten schien er trotz all seiner Fehler auch nicht zu neigen. Er war einfach zu geradeheraus.
"Bei dem Preis kann ich auch gleich nach Frankreich fliegen." Er richtete sich wieder auf. "Da sind mir reine Baumwollunterhosen aber hundertmal lieber." Chelseas Blick glitt ungewollt über seine verblasste Jeans, und plötzlich kam ihr der Raum viel zu klein und überheizt vor. Sie griff nach dem obersten Knopf ihrer Bluse und lockerte den Kragen. "Ich muss Sie leider wieder daran erinnern, dass das Geschäft geschlossen ist und ich jetzt nach Hause will", brachte sie mühsam über die Lippen. Seit zwei Jahren hatte sie keinen Wunsch mehr nach einer Zigarette verspürt, doch jetzt hätte sie sich gern eine angesteckt. Mark lehnte sich gegen eine Wäschekommode. "Warum?" "Warum?" echote sie verwirrt. "Warum wollen Sie jetzt nach Hause?" "Sagte ich doch schon. Weil heute ein anstrengender Tag war und ich müde bin." "Also nicht wegen Ihrer Tochter?" "Nein, sie ist heute Abend bei Elaine", erwiderte sie ohne nachzudenken. Mark nickte. "Wissen Sie, ich bin gar nicht so ein schlechter Kerl, wie Sie glauben. Ich trinke nicht viel und hab' ein Herz für Tiere und für Kinder. Meine Familie wird gern meinen guten Charakter bezeugen. Ich kratze mich auch nicht in aller Öffentlichkeit und rülpse nicht. Mein Wagen und mein Lastwagen sind bezahlt, und ich kann mir mehr leisten als nur einen Hamburger am nächsten Imbiss-Stand, das heißt, solange Sie nicht die große Portion Fritten bestellen." "Soll das etwa eine Einladung sein?" erkundigte sich Chelsea ungläubig und war froh über die schwache Beleuchtung. So konnte er wenigstens nicht sehen, dass sie rot geworden war. Andererseits machte sie die intime Atmosphäre nervös, die das gedämpfte Licht erzeugte. Was hatte dieser Mann nur an sich, dass er sie so scheu und gleichzeitig auch so aggressiv machte? Er neigte den Kopf zur Seite und tat, als dächte er über ihre Frage nach. "Ja, ich glaube, man könnte sagen, dass es das ist." "Ich halte das nicht für eine gute Idee." Mark rieb sich das Kinn, und das Knistern seiner Bartstoppeln war deutlich zu hören. Dann löste er sich von der Kommode und kam in seinem lässigen Gang auf Chelsea zu. Er erinnerte sie an ein Raubtier, das sich seiner Beute nähert. "Gut, dann wollen wir es nicht Einladung nennen. Dann sind wir eben zwei Geschäftsleute, die sich für das Einkaufszentrum interessieren und zusammen essen gehen." Dieser Mann würde eine Ablehnung so ohne weiteres nicht akzeptieren, dachte Chelsea und fragte unvermittelt: "Wie alt sind Sie eigentlich?" "In ein paar Monaten werde ich dreißig. Warum?" Noch jünger, als sie geschätzt hatte. "Ich bin neununddreißig." "Na und?" "Ich gehe nicht mit jüngeren Männern aus." "Warum nicht?"
Da sich ihr die Frage nie zuvor gestellt hatte, wusste sie auch keine einleuchtende Antwort darauf. "Ich mache es einfach nicht." Er stand inzwischen so nah vor ihr, dass sie seine Körperwärme spüren konnte, seinen moschusartigen Eigenduft wahrnahm und das Leuchten in seinen dunklen Augen sah. "Es hat nichts damit zu tun, dass ich jünger bin, nicht wahr?" Bei seiner einfühlsamen Stimme richteten sich ihr die Härchen auf den Armen auf. "Es liegt daran, dass Sie Angst haben." "Angst!" spottete sie und gab sich mutiger, als sie war. "Sie haben Angst, mit mir auszugehen. Sie haben Angst davor, sich zu vergnügen. Sie haben Angst, sich auf eine Situation einzulassen, die sie nicht vollkommen in der Hand haben." Er ging einen Schritt zurück. "Verdammt, ich habe Sie nur zum Essen eingeladen, nicht zu einer Nacht haltlosem Sex. Aber ich nehme an, nur ein Essen wäre schon zuviel für Sie." Er wandte sich zur Tür. "Tut mir leid, wenn ich Ihnen den Tag verdorben habe, Miss Brennan." "Warten Sie!" Ihr Ruf klang recht gequält. Er blieb an der Tür stehen, drehte sich aber nicht um. "Sie haben recht", räumte Chelsea stockend ein und verschränkte die Arme vor der Brust. "Es ist nichts dabei, wenn wir zusammen essen gehen. Immerhin haben Sie meine Tochter gerettet, und dafür stehe ich in Ihrer Schuld." "Sie schulden mir nichts." Erneut verspürte sie das dringende Bedürfnis nach einem Nikotinschub. Hätte sie sich doch bloß heute Nachmittag in dem Drugstore eine Packung Zigaretten gekauft. "Ich möchte mich erst etwas frisch machen, aber ich könnte mich in einer Stunde oder so mit Ihnen treffen." "Wunderbar. Ich fahre jetzt zu mir nach Hause, ziehe mich um und komme Sie in einer Stunde abholen." Er öffnete die Tür. Sie wollte nicht, dass er schon wieder zu ihr nach Hause kam. "Sie brauchen mich nicht abzuholen, ich kann mich auch irgendwo mit Ihnen treffen." Mark schüttelte den Kopf. "Nein. Ein Gentleman holt die Dame ab, die er eingeladen hat." Das Lächeln, das er ihr schenkte, war alles andere als gentlemanlike, und Chelsea spürte, wie ihr restlicher innerer Friede mit der Brise davonflatterte, die hereingeweht kam, als er die Tür weit öffnete und fröhlich pfeifend hinaustrat. Chelsea rief sich immer wieder ins Gedächtnis, dass sie nur aus Höflichkeit mit Mark essen ging. Sie würde sich so von seiner ehrbaren Absicht überzeugen können, dass er ihre Tochter wirklich hatte vor Schlimmerem bewahren wollen, und anschließend konnten sie jeder ihrer Wege gehen. Außerdem kann ich Gwen sagen, dass ich auch mal mit einem richtigen Mann essen war, und nicht nur mit einem, der etwas mit unserem Geschäft zu tun hat, überlegte sie zufrieden und frischte ihr Make-up auf. Sie hatte sich eine dunkelbraune Abendhose und eine Chiffonbluse in den Schattierungen von Rost, Gold und warmem Orange angezogen. Jetzt machte sie sich Sorgen, dass die Bluse mit den durchsichtigen Ärmeln und dem Rückenteil vielleicht zu
provokativ war, obwohl das mokkafarbene Seidentop, das sie darunter trug, alles Wichtige verbarg. Sie hatte die Bluse noch nie angehabt und rätselte nun, während sie sich Parfüm hinter die Ohren tupfte, warum sie sie für heute Abend ausgewählt hatte. Plötzlich hörte sie die Hintertür aufgehen und wieder zufallen. "He, Mom, wo bist du? Ich weiß, dass du da bist!" Collens erfrischendes Lachen drang zu ihr herauf. "Ich habe deinen Wagen in der Garage gesehen." "Verflixt, und dabei habe ich mir solche Mühe gegeben, mich zu verstecken!" rief Chelsea scherzhaft zurück. Plötzlich wünschte sie sich, sie wäre schon vor Colleens Rückkehr fort gewesen. So hätte sie ihr eine Notiz hinterlassen können, dass sie mit einem Bekannten ausgegangen sei. Jetzt würde Colleen die Wahrheit erfahren. Colleen erschien in der Tür. "Wauu! Die Aufmachung ist bestimmt nicht für hier im Haus", bemerkte sie scharfsinnig. "Was steht an?" "Ich gehe essen." Chelsea bemühte sich, es selbstverständlich klingen zu lassen. "Wie kommt es, dass du schon zurück bist?" Colleen ließ sich aufs Bett fallen und lehnte sich gegen das Kopfteil. Sie nahm sich eines der kleinen Kissen und drückte es an sich. "Vor einer Stunde hatten wir schon zu Abend gegessen, und ich wollte nichts riskieren, indem ich wieder zu lange wegbleibe", meinte sie. "Also, mit wem gehst du aus?" Chelsea unterdrückte ein Aufseufzen. "Mark Harrison." Ihrer Tochter den Rücken zugewandt, nahm sie sich eine passende Handtasche aus der Schublade und begann einige Sachen hineinzuräumen. "Mit dem?" fragte Colleen gequält. Sie rutschte tiefer, streckte sich auf dem Rücken aus und musterte ihre Mutter. "Warum willst du ausgerechnet mit diesem auf rechten, engstirnigen Typ ausgehen?" "Weil er mich eingeladen hat." Es sollte gleichmütig klingen, doch ihre Stimme spielte da nicht mit. Sie suchte in ihrer Schmuckschatulle nach den gehämmerten bronzenen Ohrringen. "Falls du die bronzenen Scheiben suchst, die habe ich." Colleen sprang auf und lief aus dem Zimmer, um sie zu holen. "Hätte ich doch nur einen Sohn, der würde nicht meine Kleider und meinen Schmuck ausleihen", rief Chelsea ihr hinterher. "Ja, aber dann hättest du dich den ganzen Tag mit Little League, den Pfadfindern und Schmutzspuren vom Footballspielen herumplagen müssen." Colleen kam mit den Ohrringen zurück. "Vermutlich hätte ein Sohn sich zum Geburtstag auch eine Schlange gewünscht statt einem Wagen - den ich übrigens noch nicht habe." "Und den du noch lange nicht bekommen wirst. Was alles andere angeht, da hast du recht, mein Schatz. Statt dessen habe ich das Handballteam betreut, war Führerin bei den Pfadfinderinnen, solange du dabei warst, habe dich zu den auswärtigen Footballspielen gefahren und mehrmals am Tag die Küche ausgefegt, weil du mit deinen Turnschuhen durchgelaufen warst. Wie kam es nur, dass ich so viel Glück hatte?"
"Du musstest mich nie zur Männertoilette begleiten", hielt Colleen ihr entgegen. Chelsea schaute in den Spiegel, während sie die Ohrringe befestigte. "Ich bin sicher, damit wäre ich auch fertig geworden." "Findest du eigentlich Mark Harrison nett?" Chelsea hielt bei dem abrupten Themenwechsel mitten in der Bewegung inne. "Darüber habe ich nicht nachgedacht", log sie. "Weißt du, ich finde, du könntest jemand Besseren haben", erklärte Colleen und war froh, dass ihre Mutter nicht wusste, wie eifrig sie nach dem richtigen Mann für sie suchte. "Jemand, der... lebhafter ist." Bei dem Gedanken an jemand, der noch lebhafter war als Mark Harrison, hob Chelsea die Brauen an. "Warum machst du nicht etwas Nützliches, allerliebste Tochter?" "Soll ich mich in meinem Zimmer einschließen?" "Hört sich gut an." Colleen rutschte vom Bett. "Ich wollte nur meine Meinung sagen", versetzte sie im Ton einer Märtyrerin. "Ein Sohn würde mir das nicht antun", murmelte Chelsea und zog behutsam ihre Lippen nach. Sie erstarrte, als sie die Türklingel läuten hörte. Hastig legte sie alles beiseite und lief nach unten. Sie holte tief Luft, bemühte sich um ein strahlendes Lächeln und öffnete die Tür. "Hallo", begrüßte sie Mark und trat zur Seite, um ihn hereinzulassen. "Sie sehen großartig aus", sagte Mark. Nachdem Chelsea die Tür hinter ihm geschlossen hatte, legte sie sich eine Hand auf den Magen, um das seltsame Gefühl darin zur Ruhe zu bringen. Wenn der Mann sich umzog, dann gründlich. "D... danke." Während sie sich anschauten, spürte sie, wie sie förmlich in seinem Blick versank. Mark wollte ihr die Hand reichen, wurde aber zurückgehalten, weil es in diesem Moment erneut an der Tür kungelte. Den Blick noch immer auf ihn gerichtet, flüsterte sie: "Ich... ich nehme an, das ist jemand für Colleen. Gehen Sie doch bitte schon mal ins Wohnzimmer." Dann wandte sie sich um und ging zur Tür, wobei sie sich zwingen musste, einen Fuß vor den anderen zu setzen. In dem Augenblick, wo Chelsea die Tür öffnete und ihren unerwarteten Besucher sah, hoffte sie inständig, dass er nicht zu Colleen wollte, denn sonst würde sie ihre Tochter nicht mehr aus dem Haus lassen, ' ehe sie nicht dreißig geworden war. Der Mann war etwa Mitte vierzig, tief gebräunt und hatte ein paar Goldkettchen um den Hals hängen, die seinen halbentblößten Oberkörper zierten. Außerdem war er wahrscheinlich kahlköpfig, denn er trug eines der schlechtesten Toupets, die Chelsea je gesehen hatte. "Hallo Süße, ich bin gekommen, um Chelsea kennenzulernen", begrüßte er sie mit einem breiten Grinsen. "Ich habe gehört, sie sucht einen Mann."
4. KAPITEL "Na, was war denn das für ein Verehrer vorhin?" fragte Mark wie beiläufig, nachdem die Kellnerin das Tablett mit den Appetithäppchen in die Mitte des kleinen Tisches gestellt hatte. "Für eine Frau, die behauptet, nicht viel auszugehen, scheinen Sie doch recht gefragt zu sein." Chelsea verzog das Gesicht. Hermans alptraumhaftes Auftauchen würde ihr noch lange im Gedächtnis bleiben - und eine gewisse Siebzehnjährige hatte Grund genug, es auch nicht zu vergessen. Sie nahm ein Stück gebratener Zucchini. "Sie haben sicher bemerkt, dass Colleen ganz plötzlich nicht ihr Zimmer verlassen konnte." Sie zog die Nase kraus. "Herman meinte, er hätte meine Anzeige in einer Rubrik für einsame Herzen gelesen - dass ich einen Mann suche, in der Hoffnung auf eine bedeutungsvolle Beziehung. Ich nehme an, er hat mir nicht geglaubt, als ich ihm sagte, ich hätte die Anzeige nicht aufgegeben." Plötzlich musste sie kichern. "Der Ärmste. Als der Windstoß kam und ihm das Toupet schief hing..." Chelsea lachte jetzt laut auf. "Ich habe ehrlich versucht, ernst zu bleiben, aber... Was haben Sie eigentlich gemacht, dass er noch wütender wurde?" Mark war plötzlich aus dem Wohnzimmer gekommen und hatte den Mann zu seinem Wagen gebracht. "Ich habe ihm empfohlen, er soll entweder einen stärkeren Kleber für sein Toupet benutzen oder gar keines tragen. Eine Menge Frauen würden kahlköpfige Männer sehr attraktiv finden. Daraufhin hat er mir gesagt, ich sollte mir mal den Kopf kahl rasieren und dann probieren, ob ich mich noch genauso fühlen würde." Chelsea seufzte und nippte an ihrem Drink. "Eines weiß ich jedenfalls genau. Colleen und ich werden uns sehr eingehend unterhalten, wenn ich nach Hause komme. Ich kann es noch immer nicht fassen, dass sie so etwas gemacht hat." Mark rückte seinen Stuhl näher an ihren. "Da ich nicht vorhabe, Sie allzu früh nach Hause zu bringen, hat sie Zeit genug, um sich eine wunderbare Ausrede einfallen zu lassen." Chelsea spürte, wie ihr bei seinen Worten ein warmer Schauer über den Rücken lief. "Sie wird bei der Wahrheit bleiben müssen, wenn sie weiß, was gut für sie ist. Und genau wie meine Tochter habe auch ich eine feste Uhrzeit, wann ich zu Hause sein muss." "Sicher selbst auferlegt. Regeln sind dafür da, dass man sie bricht." Er schenkte ihr ein Lächeln, mit dem man - davon war Chelsea überzeugt - jede Regel und jedes Herz hätte brechen können. "Ich bin zu alt für Sie", raunte sie ihm zu. "Wir beide wissen, dass das Alter keine Rolle spielt." Mark strich sanft mit der Fingerkuppe über den Rand seines Glases, während er ihr in die Augen schaute. "Wir sind beide erwachsen und wollen uns näher kennenlernen..." Er machte eine vielsagende Pause.
Chelsea konnte ihren Blick nicht von Marks Finger wenden. Es kostete sie nicht viel Phantasie, sich vorzustellen, wie er sie mit der gleichen Hingabe berühren würde. Ein leichtes, erregendes Streicheln, das sie hilflos erschauern ließe... Sie zwang sich, an etwas anderes zu denken, und räusperte sich. "Ich... ich habe ein gutgehendes Geschäft und eine Tochter, die sich gerade in einem schwierigen Alter befindet. Wie ich schon sagte, ich habe nicht viel Freizeit, und wenn, dann verbringe ich sie mit Colleen." "Ist das für Sie der Grund, warum Sie sich nicht verabreden können? Verzeihen Sie mir, aber Colleen erscheint mir kein kleines, hilfloses Kind mehr. Und bei dem, was Sie in Ihrem Geschäft anbieten, bekommt man den Eindruck, dass Sie nicht gerade eine vertrocknete, alte Schachtel sind." Chelsea gratulierte sich im stillen, dass sie ihm nicht das Tablett mit den Appetithäppchen ins Gesicht geworfen hatte. Heftig biss sie in ein Stück überbackenen Brie, denn ihr fiel ausnahmsweise keine passende Antwort ein. Mark legte den Kopf in den Nacken und lachte über ihre Reaktion. "Sie sind eine sehr empfindsame Dame", neckte er sie. "Kommen Sie, gehen Sie aus sich heraus. Erzählen Sie mir mehr über sich - und nicht nur über Ihre Tochter und Ihr Geschäft. Warum fangen Sie nicht bei ihren verflossenen Männern an?" Er lächelte, als er ihren argwöhnischen Blick auffing. "Ich muss zugeben, ich bin neugierig auf Colleens Vater." "Colleens Vater wollte nicht Vater sein. Er ist auf und davon, als er erfahren hatte, dass ich schwanger war", sagte sie und griff nach ihrem Glas. "Danach wollte ich mich mit niemandem mehr ernsthaft einlassen. Ich hatte ein Kind großzuziehen und musste nebenbei noch das Studium beenden." Nicht wegen Colleen wollte sie niemanden mehr, sondern weil sie nicht ein zweites Mal verletzt werden wollte, dachte Mark, sagte aber nichts. Plötzlich sah sie auf, verwirrt über ihre eigene Offenheit, und bemühte sich um ein Lächeln. "Jetzt sind Sie an der Reihe. Erzählen Sie mir mehr über Ihre wildbewegte Vergangenheit." "Da gibt es nicht viel zu erzählen", antwortete er prompt. "Das glaube ich nicht." "Glauben Sie es. Natürlich gab es eine Reihe flüchtiger Bekanntschaften und dazwischen auch eine längere Beziehung. Aber sie fand ihre Karriere wichtiger als mich, also haben wir uns getrennt. Und jetzt habe ich mit dem Bau des Einkaufszentrums viel zu tun." "Sie haben bisher nicht genau gesagt, was Sie da machen", hielt sie ihm vor. Er schmunzelte. "Versprechen Sie mir, nicht böse zu werden?" Chelsea musterte ihn verwundert. "Warum sollte ich böse werden?" Er hob die Schultern. "Die Baugesellschaft, die das Einkaufszentrum errichtet, heißt Harrison Construction." Sie starrte ihn an. "Wie Mark Harrison?" "Wie Don Harrison, mein Vater. Meine Brüder und ich arbeiten alle mit. Ich bin der jüngste."
Sie wollte schon wütend werden, dann fiel ihr aber ein, dass er ihr im Grunde nichts verheimlicht hatte. Sie hatte lediglich angenommen, er gehöre zu den Arbeitern. "Wie schon gesagt, geben Sie besonders acht in der zweiten Etage", riet sie ihm scherzend. Der Oberkellner kam zu ihnen, um ihnen auszurichten, dass ihr Tisch jetzt frei sei. Auf dem Weg in den Speisesaal schaute Chelsea sich anerkennend um. Das Restaurant war noch recht neu, und sie war zum ersten Mal hier. Die intime Beleuchtung, die vornehm gedeckten Tische und die gedämpfte Atmosphäre zeugten von Qualität und Eleganz. "Es kommt mir hier so vor, als hätten sie zehn Kellner für einen Tisch", bemerkte sie, nachdem sie Platz genommen hatten und sich in der ledereingebundenen Speisekarte die Menüs ansahen. "Ja", erwiderte Mark. "Wenn ich hier tagsüber im meiner Arbeitskleidung reinkäme, würden sie mich ganz höflich gleich zur Hintertür hinauskomplimentieren. Ich möchte wetten, dass sie meinen Kreditrahmen überprüft haben, während wir auf den Tisch warten mussten." Chelsea unterdrückte ein Lachen. Er grinste spitzbübisch, beugte sich vor und senkte seine Stimme verschwörerisch. "Um ehrlich zu sein, in manchen dieser Lokale fühle ich mich nicht wohl. Ich habe immer den Eindruck, sie versuchten herauszufinden, wo ich meine Krawatte gekauft habe und ob mein Anzug von der Stange oder maßgeschneidert ist." "Warum sind wir dann hergekommen?" "Weil ich Sie beeindrucken wollte", gestand er ihr offen. "Ich wollte Ihnen zeigen, dass sich unter dem Schmutz und den Schwielen ein wirklich netter Mann verbirgt." Er kam ihr noch etwas näher. "Ich wollte, dass Ihnen der heutige Abend so gut gefällt, dass Sie sich beim nächstenmal etwas leichter tun, wenn ich Sie zum Ausgehen einlade", sagte er und dachte: Ich würde gern das Seidentop genauer sehen, das sie da unter ihrer durchsichtigen Bluse trägt und das mich ganz kribbelig macht. Chelsea betrachtete angelegentlich ihre Fingernägel. "Mark, ich... ich meinte das ernst mit meiner begrenzten Freizeit", sagte sie leise. "Ich bin glücklich mit dem Leben, das ich führe, und ehrlich gesagt, es gibt wenig Platz für irgend etwas anderes." Mark neigte den Kopf zur Seite. "Das soll ich wohl so auffassen: ,Danke, dass Sie mich eingeladen haben, aber geben Sie sich keine Mühe, es ein zweites Mal zu versuchen.' Richtig? Das muss ich Ihnen lassen, Chelsea, Sie haben nicht mal bis zum Ende des Abends gewartet, um mir das zu sagen. Sie sind gleich damit herausgerückt, noch bevor wir zum Essen gekommen sind. Ich muss Sie tatsächlich sehr beeindruckt haben." Er begann demonstrativ seine Hände zu mustern. "Mal sehen. Nein, das kann es nicht sein - ich habe meine Fingernägel sauber gemacht, ehe ich Sie abholte." "Hören Sie auf!" unterbrach Chelsea ihn. "Sie fassen das vollkommen falsch auf." Er rieb sich das Kinn. "Ja, rasiert habe ich mich auch."
Chelsea umklammerte ihr Weinglas. Wie sehr würden sich die Leute hier aufregen, wenn sie ihm den Inhalt ins Gesicht schüttete? "Was habe ich denn so Unverzeihliches verbrochen?" Mark hob ratlos die Schultern. "Haben die Herrschaften inzwischen gewählt?" Plötzlich stand der Ober an ihrem Tisch. "Die Dame hätte vermutlich gern ein rohes Steak, in das sie sich festbeißen kann", brummte Mark. Chelsea zuckte bei dem verdienten Seitenhieb zusammen. Dann holte sie tief Luft und bemühte sich, ganz zivilisiert eine gekochte Vorspeise zu bestellen. Warum nur machte dieser Mann sie immer wieder so wütend? Er legte es ja geradezu darauf an. "Benehmen Sie sich bei jeder Frau so, mit der sie ausgehen?" fragte sie, nachdem der Ober diskret davongeschwebt war. "Nein, im Allgemeinen hole ich sie mit meinem Motorrad ab, warte vor der Tür auf sie und drehe den Motor so laut auf, bis sie rauskommt. Dann fahren wir zu einer dieser Imbissbuden am Stadtrand. Es gibt auch eine reichliche Auswahl an Bars dort. Manchmal rasiere ich mich sogar und ziehe ein frisches T-Shirt an, nur um einem Mädchen zu gefallen. Aber nur manchmal." "Verflixt, wollen Sie damit sagen, so etwas Aufregendes habe ich verpasst?" ging sie auf sein Wortgeplänkel ein. "Tut mir leid, Süße, vielleicht nächstes Mal." Mark schenkte ihr ein gefährlich verführerisches Lächeln. Der Gedanke an ein nächstes Mal mit ihm gefiel ihr plötzlich sehr. Ein glatter Beweis dafür, dass sie gerade dabei war, ihren Verstand zu verlieren. "Wollen Sie den anderen Laden auch behalten, wenn das Zentrum eröffnet ist?" erkundigte er sich bei ihr im lockeren Plauderton, jetzt, wo das Eis gebrochen war. "Daran hatte ich zuerst gedacht, aber dann fand ich, dass sich zwei Geschäfte so nah beeinander Konkurrenz machen. Und das neue Geschäft wird doppelt so groß sein wie mein altes, also kann ich mein Lager erweitern und ein paar Dinge in die Kollektion hinzunehmen, die ich bisher nicht hatte." "Was denn?" "Mehr Abendkleidung mit Zubehör. Auf jeden Fall habe ich ein größeres Lager, mehr Umkleidekabinen und sogar Platz für zukünftige Modenschauen." "Wäschemodenschau, ja?" fragte er sofort interessiert. Sie schüttelte gespielt entrüstet den Kopf. "Ihr Männer wollt euch immer hübsche Models in spärlicher Kleidung ansehen. Nun ja, es kommen auch Männer ins Geschäft, also müssen wir uns darauf einstellen. Ich dachte zum Beispiel an spezielle Modeschauen zu Weihnachten, Valentins- und Muttertage, um den Männern bei ihrer Auswahl zu helfen. Letzte Weihnachten haben wir Kaffee und Plätzchen gereicht. Das haben wir gemacht, damit die Männer sich wohl fühlen, und das hat sich als Erfolg erwiesen."
Mark dachte an die vielen sinnlichen Stoffe und Farben in ihrem Laden. Während er selbst sich dort nicht unwohl gefühlt hatte, konnte er sich jedoch vorstellen, dass manche Männer sich wie Eindringlinge in dieser ausschließlich weiblichen Welt vorkommen mussten. Er hätte gern gewusst, ob in Chelseas Schlafzimmer auch solche Farben und Stoffe zu finden waren. "Warum ausgerechnet Damenwäsche?" fragte er, obwohl er die Antwort zu kennen glaubte. Unter dem nach außen hin zur Schau getragenen geschäftlichen Gebaren verbarg sich eine sinnliche Frau. Sie zuckte mit den Schultern. "Warum nicht? Das ist in den vergangenen Jahren ein gutes Geschäft geworden. Frauen mögen hübsche Sachen, und schöne Wäsche verleiht ihnen das Gefühl, noch weiblicher zu sein. Eine meiner besten Kundinnen ist Börsenmaklerin bei einer sehr konservativen Firma. Sie muss dunkle Farben und klassisch geschnittene Kostüme tragen, um es den Vorgesetzten gerecht zu machen. Nur ist den Herren nicht bekannt, was für unglaubliche Dessous sie unter ihren strengen Kostümen trägt. Das gibt ihr das Gefühl, ein wenig frivol zu sein, und sie genießt es." "Tragen Sie auch Ihre eigenen Stücke und genießen heimlich dieses Gefühl?" fragte er mit belegter Stimme. Sie glaubte, in seinem Blick versinken zu müssen. Um sich davor zu bewahren, antwortete sie schelmisch: "Was wäre ich denn für eine Verkäuferin, würde ich meine eigene Waren nicht gut finden?" "Tun Sie das heute abend auch?" "Was tue ich heute abend?" "Tragen Sie Ihre eigenen Stücke. Falls ja, würde ich gern später eine kompetente Meinung dazu abgeben." "Träumen Sie weiter", entgegnete Chelsea knapp. Mark schaute sie bewundernd an. "Ja, das werde ich. Sie sind recht schnell mit einer Antwort bei der Hand, nicht wahr?" "Eine siebzehnjährige Tochter hält einen auf dem laufenden", bemerkte sie spitz. "Aha, wir sind wieder bei einem sicheren Thema angelangt. Na gut, Sie haben gewonnen. Wie lange haben Sie Ihr Geschäft denn schon?" Über das Thema redete sie gern. "Fast sieben Jahre. Ich habe fleißig gespart, um es aufmachen zu können. Es hat Zeiten gegeben, da war ich nicht sicher, ob ich es schaffen würde", gab sie zu, "aber ich war entschlossen, nicht aufzugeben. Da ich ein Kind großzuziehen hatte, konnte ich mir das nicht leisten." "Und Sie haben es geschafft", meinte er aufrichtig. Er hielt inne, als der Ober die Salatteller abräumte und ihnen das bestellte Menü brachte. Danach fuhr er fort: "Deshalb braucht die Dame auch nichts und niemanden. Sie ist vollkommen unabhängig." "Offenbar sind Sie noch so jung, dass Sie an eine gute Fee glauben." Er schüttelte den Kopf. "Lassen Sie das Gerede, Chelsea. Sie sind keine weise alte Frau, und ich bin kein Junge mehr, der noch grün ist hinter den Ohren",
versetzte er gefährlich leise. "Ich habe Sie auf keinen Fall eingeladen, weil ich eine Mutterfigur suche." Sie sah ihn streng an, dann zeigte sie auf seinen Teller. "Essen Sie Ihr Gemüse", befahl sie in einem erzieherischen Tonfall. Er schmunzelte. "Seien Sie froh, dass es keine Erbsen gibt. Ich hätte Sie sonst vielleicht in Verlegenheit gebracht, indem ich sie unter dem Messer versteckt hätte, bis ich sie heimlich in die Schüssel hätte zurücktun können." "Das habe ich zu Hause mit den Möhren getan", erzählte Chelsea. "Meine ältere Schwester hat immer zu mir gesagt, wenn ich die Möhren essen würde, bekäme ich rotes Haar. Da ich erst sechs, sie aber schon zehn war, habe ich ihr geglaubt. Meine Eltern haben mich überreden wollen, haben mir gedroht, aber nichts hat geholfen. Ich habe mich geweigert, die Möhren zu essen. Ich habe abends oft vor meinem Teller sitzen müssen, bis ich schließlich fast einschlief und ins Bett durfte." Sie tauschten andere Schreckensgeschichten aus, und ohne dass sie merkte, wie es geschah, amüsierte sich Chelsea köstlich. "Wie wäre es noch mit einem Schlummertrunk bei mir?" fragte Mark, nachdem er bezahlt hatte und sie darauf warteten, dass der Parkplatzwächter ihnen den Wagen vor die Tür brachte. Chelsea schüttelte den Kopf. "Für mich ist morgen ein Arbeitstag, denn ich muss an einem Frühstück der Handelskammer teilnehmen." Der Wagen fuhr in diesem Moment vor, und mit einem unerklärlichen Lächeln auf den Lippen führte Mark sie aus dem Restaurant. Dann fuhr er sie geradewegs nach Hause. Chelsea hatte gedacht, dass er mit ihr argumentieren würde, nach dem Motto ,der Abend ist noch jung', und war recht enttäuscht, als er beharrlich schwieg. Ob sie seinen Erwartungen vielleicht doch nicht entsprochen hatte? Natürlich, sie hatte ihn mehrmals entmutigt. "Da sind wir, wohlbehalten und munter", meinte er und hielt in ihrer Einfahrt. Chelsea bemühte sich um ein Lächeln. "Danke für das Abendessen. Es war..." Doch sie redete in die Luft. Mark war aus dem Wagen gesprungen und herumgeeilt, um ihr die Tür zu öffnen. "Man hat mir beigebracht, eine Dame immer bis zur Tür zu begleiten", erklärte er ihr, ergriff ihren Arm und half ihr aus dem Wagen. "Der Abend ist gar nicht so schlecht gelaufen, oder? Eigentlich hat er mir recht gut gefallen. Es gibt keinen Grund, es nicht noch mal zu versuchen." All ihre Ängste stürmten plötzlich wieder auf sie ein, und als sie an ihrer Haustür waren, hatte sie sich entschlossen, ihm zu sagen, dass es keinen Zweck habe. "Mark, ich..." begann sie, doch weiter kam sie nicht. Mark verschloss ihr die Lippen mit einem Gutenachtkuss. Er küsste sie nicht nur flüchtig. Er streichelte und liebkoste jeden Millimeter ihrer Lippen und drang schließlich mit der Zunge in ihren Mund ein. Und erst seine Hände - aufreizend bewegten sie sich ihren Rücken hinunter und dann wieder hoch.
"Also", hauchte er, nachdem er sie fast besinnungslos geküsst hatte, "das war nicht schlecht für den Anfang, oder? Ich würde das mit einer ,Eins' bewerten." Er tippte ihr mit dem Finger auf die Nasenspitze. "Gute Nacht, Chelsea. Schlaf gut." Damit drehte er sich um und ging, fröhlich vor sich hin pfeifend, zu seinem Wagen zurück. Noch ganz benommen, musste Chelsea sich schließlich zwingen, den Schlüssel in ihrer Tasche zu suchen und die Tür aufzuschließen. "Hallo, wie war der Abend?" Colleen kam die Treppe heruntergelaufen. Chelsea hoffte inständig, dass den Adleraugen ihrer Tochter ihr verträumte Blick nicht auffallen würde. „Es... es war ganz gut", murmelte sie leise vor sich hin und ging mit ungelenken Schritten über den Flur. Colleen sah ihrer Mutter amüsiert nach. "Heißt das, du bist mir nicht mehr böse wegen Herman?" "Böse? Ich bin wütend. Und... und darüber sprechen wir morgen früh als allererstes."
5. KAPITEL "Was, Miss Brennan? Sieh da, so trifft man sich wieder." Es war eine männliche Stimme, angenehm und viel zu charmant für sieben Uhr morgens. Chelsea schaute von ihrer Tasse Kaffee auf. Mark klang nicht nur äußerst charmant um diese unmenschliche Zeit, er sah auch noch verdammt gut aus, während sie sich nach einer überwiegend schlaflosen Nacht wie gerädert fühlte. Es war schon schlimm genug, dass sie zum Frühstück der monatlichen Versammlung der Geschäftsleute hatte gehen müssen, da brauchte sie nicht noch dem Mann zu begegnen, der für ihre schlaflose Nacht verantwortlich war. Na ja, wenigstens würde es ihr jetzt leicht fallen, unfreundlich zu ihm zu sein. "Geh weg!" erwiderte sie kurz angebunden. Sein strahlendes Lächeln geriet keine Sekunde ins Wanken. Er nahm den Stuhl neben ihr, setzte sich rittlings darauf und verschränkte die Arme auf der Rückenlehne. "Kein Morgenmensch, nehme ich an. Ich dagegen liebe den Morgen. Es gibt nichts Schöneres, als die Sonne aufgehen zu sehen. Es sei denn, man hat eine Frau neben sich, dann ist es natürlich noch schöner. Obwohl ich ihn dann im allgemeinen verpasse." Ihr Kiefer schmerzte, so fest biss sie die Zähne aufeinander. "Sei still!" Er blieb ungerührt. "Ich jogge gern ganz früh morgens, dann, wenn noch niemand draußen ist." "Weil die anderen so klug sind, noch in den Federn zu bleiben." "Ich muss schon sagen, es lässt sich nichts mit einem Lauf an einem nebligen Morgen vergleichen, wenn die Nebelschwaden nur so um einen wabern und wallen." Er seufzte. "Man hat dann das Gefühl, als wäre man ganz allein auf der Welt." "Vampire kehren im Morgengrauen in ihre Särge zurück, und normale Menschen warten, bis die Sonne richtig da ist, ehe sie sich aus dem Bett wagen." Sie nippte an ihrem Kaffee und schloss erleichtert die Augen, als sie die erste Wirkung des Coffeins spürte. Mark hob erstaunt eine Braue. "Hast du etwa letzte Nacht nicht gut geschlafen?" Die Frage wollte sie ihm nicht beantworten. "Ich habe geschlafen wie ein Murmeltier", log sie und hoffte, dass der Abdeckstift die dunklen Ringe unter ihren Augen verbarg, die von der langen, unruhigen Nacht herrührten, in der sie immer wieder an seinen Kuss hatte denken müssen. Er nickte mit einem verschmitzten Lächeln und gab ihr damit zu verstehen, dass er ihre Lüge durchschaut hatte, aber so großzügig war, es nicht zu erwähnen. "Ich hole mir etwas am Büffet. Und wie ist es mit dir?" Das letzte, wonach ihr unruhiger Magen verlangte, war Essen. "Kaffee reicht mir." Er stand auf. "Halt mir den Platz frei." "Meinetwegen muss das nicht sein", brummte sie und sah ihm nach. "Kein Mann sollte so früh am Morgen so gut aussehen dürfen."
"Kannst du dir vorstellen, wie er wohl heute morgen ausgesehen hat, als er aus dem Bett stieg?" Mercy Hampton, die Besitzerin eines Grußkarten- und Geschenkeladens setzte sich neben Chelsea. "Ich kann es - unrasiert, die Augen noch halb zu, entblößter Oberkörper... und unten herum auch nichts an. Mmm." Sie brach ein Stück von ihrem Marmeladenbrötchen ab und steckte es sich in den Mund. "Du solltest aufhören, diese Liebesromane zu lesen, Mercy", hielt Chelsea ihr vor. "Sie bringen dich nur auf dumme Gedanken." "Mit solchen dummen Gedanken kann ich gut leben." Sie nahm sich eine kleine Milchdose aus dem Korb auf dem Tisch und goss sich den Inhalt in den Kaffee. "Du warst nicht hier, als er das erstemal zur Versammlung kam. Fast allen Frauen stand das Herz still. Und dir wäre es nicht anders ergangen. Seitdem habe ich keine Versammlung mehr ausgelassen. Leider kommt er nicht regelmäßig." Chelsea schaute sich um. Falls sie sich nicht irrte, waren tatsächlich mehr Frauen da als sonst. Und ziemlich viele von ihnen sahen interessiert zu Mark hinüber. "Und wie hast du den großartigen Mr. Harrison kennengelernt?" fragte Mercy und lenkte Chelseas Aufmerksamkeit wieder auf sich. Sie zuckte betont lässig mit den Schultern. "Seine Firma baut das neue Einkaufszentrum." "Das weiß ich. Ich bekomme auch einen Laden dort, vergessen? Komm schon, Chels", drängte sie. "Der Mann hat so getan, als würde er dich recht gut kennen. Du verstehst, was ich meine." Chelsea musterte ihre Freundin. "Wir haben uns durch Colleen kennengelernt. Wir waren gestern Abend essen, und das war es auch schon." Mercy schien enttäuscht. "Verflixt, hier passiert aber auch nie etwas Aufregendes", beschwerte sie sich. "Dann stell doch selbst etwas Aufregendes an, Mercy." "Versuche ich ja. Aber es klappt nicht. Meine zwei Katzen haben mehr Geselligkeit als ich, und dabei sind sie beide sterilisiert." "Ich kann es dir nachempfinden", murmelte Chelsea vor sich hin. "Was denn?" Mercy sah auf. Chelsea schüttelte den Kopf. "Nichts. Ich habe nur mit mir selbst geredet." "Sei vorsichtig. Das soll ein Zeichen dafür sein, dass man alt wird", neckte Mercy sie. Chelsea quittierte die Worte mit einem Lächeln, auch wenn es etwas gequält ausfiel. Über Alter wollte sie nicht nachdenken, wo ihr vierzigstes Lebensjahr immer näherrückte. "Ehe ich mir nicht selbst antworte, werde ich mir auch keine Sorgen machen. Erst dann wird es nämlich gefährlich." "Gefährlich? Sprecht ihr über mich?" Mark stellte einen vollgehäuften Teller auf den Tisch, setzte sich und griff nach einer Serviette. Nachdem er Mercy kurz zugelächelt hatte, wandte er sich an Chelsea, wobei sich sein Blick veränderte.
"Eigentlich haben wir übers Alter geredet", erwiderte Chelsea spitz und besah sich seinen Teller. Er hatte sich wirklich von allem etwas genommen. "Du hast wohl Hunger", bemerkte sie trocken. "Hast du den anderen auch noch etwas übriggelassen?" "Ein paar Krümel. Außerdem meinte eine Bekannte am Büffet, ich müsse noch wachsen." Er bedachte sie mit seinem umwerfenden Lächeln, nahm sich ein Hörnchen und bestrich es großzügig mit Butter. Obwohl Chelsea im allgemeinen nichts zum Frühstück aß, erschien ihr das warme, gebutterte Hörnchen in seinen kräftigen Fingern plötzlich wie ein Stückchen des Himmels. So sehr sogar, dass ihr praktisch das Wasser im Mund zusammenlief. Zu ihrer Überraschung reichte er es ihr. "Du siehst hungrig aus", sagte er leise. "Mir wird wohler, wenn du etwas isst." Tatsächlich, sie war hungrig. Mit leicht bebenden Fingern nahm sie das Hörnchen entgegen und biss ein großes Stück ab, ehe sie es auf ihren Teller legte. Mercy, die interessiert von einem zum anderen schaute, meldete sich zu Wort. "Also, Sie haben sich durch Colleen kennengelernt", wollte sie von Mark wissen. Mark nickte und aß eine Scheibe Schinken. "Ja, Colleen hatte Probleme mit dem Wagen", log er schamlos und zu Chelseas Erleichterung. "Ich habe sie nach Hause gebracht." Doch schon bei seinen nächsten Worten löste sich Chelseas Erleichterung in Luft auf. "Chelsea und ich haben uns auf Anhieb gemocht. Das ideale Paar", erklärte er zufrieden. "Sie hat mich noch am selben Abend zum Essen eingeladen." Chelsea bekam große Augen. "Habe ich nicht! Du hast mich dazu überredet, mit dir auszugehen!" "Ist sie immer so?" erkundigte sich Mark bei Mercy, die sehr an sich halten musste, um nicht zu lachen. "Nein, im allgemeinen ist sie noch schlimmer", vertraute sie ihm an und beugte sich vor, als wollte sie ihm ein streng gehütetes Geheimnis anvertrauen. "Ich bin überrascht, dass sie überhaupt mit Ihnen ausgegangen ist. Sie findet nämlich einen Abend herrlich, an dem sie sich die Beine enthaart." Chelsea barg das Gesicht in den Händen. "Ich weiß, ich hätte weiter schlafen sollen", stöhnte sie. "Glauben Sie, ich hätte Chancen bei ihr?" Mark warf einen vielsagenden Blick auf Chelsea, während er seine Frage an Mercy richtete. "Wenn Sie die Sache richtig anfassen." "Ich kann es nicht glauben", fuhr Chelsea fort, doch niemand schien ihr zuzuhören. Sie schaute sich am Tisch um, wer von den sonst noch anwesenden Herrschaften diese demütigende Unterhaltung belauschte. Ein älterer Mann, dem einige Reinigungen gehörten, blinzelte ihr amüsiert zu. Chelsea stöhnte erneut auf. "Wie lange kennen Sie Chelsea denn schon?" wollte Mark wissen.
"Seit drei Jahren. Mein Grußkartenladen lag direkt neben ihrem Geschäft, bis ich durch höhere Mieten gezwungen war, mir was Preiswerteres zu suchen. Aber jetzt habe ich einen großartigen Vertrag mit der Vermietungsgesellschaft des Einkaufszentrums. Ich kann es gar nicht erwarten umzuziehen." Ihre dunkelblauen Augen strahlten vor Begeisterung. Chelsea musterte ihre Freundin und versuchte, sie mit den Augen eines Mannes zu betrachten. Mercy war mit ihrem aschblonden Haar, das sie aus ihrem puppenhaften Gesicht nach hinten gekämmt hatte, auf eine altmodische Art hübsch. Die zarte Spitzenbluse und der wadenlange blaue Rock vervollständigten das Bild einer längst vergangenen Zeit. Mark schien davon jedoch unbeeindruckt. "Mit etwas Glück wird es jetzt nicht mehr allzu lange dauern", sagte er zu Mercy. "Wir haben die Verzögerung, die durch das schlechte Wetter im Frühjahr entstanden ist, fast schon wieder aufgeholt." Auch andere am Tisch sprachen Mark nun auf Einzelheiten über den Bau des Einkaufszentrums an, und bald waren alle in eine allgemeine Unterhaltung vertieft, über Zufahrten, Rolltreppen, Aufzüge und Fußgängerwege. Chelsea stand auf, um sich am Büffet Kaffee nachzuschenken. Als sie zu ihrem Tisch zurückging, musterte sie verstohlenen Mark. Er trug eine graue Hose, ein weißes Hemd und darüber einen blauen Pullover mit V-Ausschnitt. Kein Wunder, dass die Frauen sich bei ihm fast überschlagen, dachte sie. Er ist muskulös, hat breite Schultern und sieht einfach umwerfend gut aus. Als sie ihren Platz erreicht hatte und sich setzte, wandte Mark sich sofort ihr zu. "Hast du noch Hunger?" flüsterte er. Sie runzelte die Stirn. "Das Hörnchen hat mir gereicht, danke." Er hob eine Braue und beugte sich vor. "Ich kann dir mehr geben als ein Hörnchen, weißt du. Und wenn wir allein sind, kannst du dich bei mir dafür bedanken", raunte er ihr zu. Chelsea hätte sein großspuriges Gerede gern im Keim erstickt, doch bei den aufmerksamen Zuhörern um sie herum hielt sie sich zurück. Sie war froh, dass jetzt die erste Rede gehalten wurde, denn so konnte sie sich wenigstens auf das Geschäftliche konzentrieren. Doch es wollte ihr nicht gelingen, Mark saß einfach zu dicht neben ihr. Es war nicht so, als würde er es darauf anlegen, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er saß nur da, hörte dem Redner aufmerksam zu, und schon war sie von ihm hingerissen und musste ihn immer wieder ansehen. Sie verstand sich selbst nicht mehr. So etwas war ihr noch nie passiert. Bisher hatte sie keine Schwierigkeiten gehabt, Männer als ein notwendiges Übel zur Arterhaltung und für verschiedene andere Aufgaben zu betrachten. Aber jetzt. Wie macht er das bloß, fragte sie sich betroffen. Gestern Abend noch hatten sie einen der heißesten Küsse getauscht, und jetzt saß er hier neben ihr, als wäre sie bloß eines der Geschäftsmitglieder bei der Handelskammerversammlung. Sie merkte, wie widersprüchlich ihre Gefühle diesem Mann gegenüber waren, und befürchtete schon, dass, wenn sie nicht aufpasste, sie sich wie eine
liebestolle Frau aufführen würde. Und genau das hatte sie sich geschworen nie zu tun. Nachdem sie sich in ihren Überzeugungen selbst gestärkt hatte, entschied sie sich zu gehen, ehe sie es sich anders überlegen konnte. "Ich muss kurz ins Geschäft rüber", flüsterte sie Mercy zu, als der Redner allmählich zum Ende kam. Sie war froh, dass sich ihr Tisch beim Ausgang befand. So würde sie kein großes Aufsehen erregen, wenn sie sich jetzt schon hinausstahl. "Gehen wir morgen Mittag essen?" fragte Mercy. "Ja gern. Ruf mich später mal an." Sie griff nach ihrer Handtasche und schlich sich so leise wie möglich davon. Sie wusste nicht, ob sie erzürnt oder erleichtert sein sollte, dass Mark sich nicht einmal nach ihr umgedreht hatte. Dann ärgerte sie sich über sich selbst, dass sie überhaupt darüber nachdachte. Verflixt, dieser Mark Harrison machte ihr ständig aufs neue zu schaffen. Im Geschäft angekommen, kehrte Chelsea dem Stapel Büroarbeit, der sie dort erwartete, entschieden den Rücken. Ihre augenblicklichen Vorräte auf notwendige Nachbestellungen zu überprüfen würde ihr im Moment mehr Vergnügen machen. Wo kam denn der Gedanke auf einmal her? Und seit wann kam bei ihr das Vergnügen vor der Arbeit? Etwas verwirrt von dieser seltsamen Gefühlsanwandlung, änderte Chelsea die Dekorationsecke mit den seidenen Hausmänteln. Kaum war sie damit fertig, klopfte es an der Hintertür. Sie schaute auf die Uhr. "O Gwen, hast du schon wieder deinen Schlüssel vergessen?" Lachend schloss sie die Tür auf. "Solltest du nicht erst nachhören, wer da draußen ist, ehe du aufmachst?" erkundigte sich Mark und betrat den Laden. "Das hätte ich wirklich machen sollen." Er musterte sie eindringlich. "Du weißt nie, wer da draußen ist. Es kann irgendein Verrückter, ein Dieb oder ein Mörder sein." "Na, wäre das nicht ein prächtiger Artikel für die Morgenzeitung?" Wieder spürte sie das seltsame Kribbeln im Magen. "Was willst du hier?" Er sah sich ein Regal mit Seidenhemden und Teddys an. "Ich habe noch keinen Kuss bekommen." "Keinen Kuss?" Ihre Stimme stieg an. "Du hast gestern Abend einen Kuss bekommen, Freundchen. Ich muss es ja wissen. Ich war dabei." Mark wandte sich um und kam langsam auf sie zu. "Das war ein Dankeschönkuss fürs Ausgehen." Er machte eine vielsagende Geste mit der Hand. "Ich habe keinen Dankeschönkuss für das Hörnchen bekommen." Chelsea fühlte sich wie erstarrt, und sie war sicher, ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen. Wie machte der Mann das nur? Mark stand jetzt so nah vor ihr, er konnte sie berühren. Und das tat er auch. Er legte ihr die Arme um die Taille und zog sie an sich. "Siehst du, deshalb bin ich gekommen", hauchte er und näherte sich ihren Lippen.
Jeglicher Protest war wie weggeblasen. Chelsea konnte nicht mehr klar denken, als sie seine Lippen auf ihrem Mund spürte. Es war ein Kuss, der ihr den Atem raubte. Er nahm sich einfach, was er wollte. Er fragte nicht, erkundete nicht, sondern drang kühn mit der Zunge in ihren Mund ein. Und was er wieder mit seinen Händen machte! Das konnte doch nicht erlaubt sein. Er ließ sie über ihren Rücken gleiten, hielt knapp über den Hüften an und tastete sich dann längs ihrer Wirbelsäule bis zum Nacken hoch. Er umfing sie mit seiner Körperwärme wie mit einer Decke, und seine leisen Komplimente über ihre Haut, ihre Augen und ihr Haar reichten, um sie vollkommen schwach werden zu lassen. "Wie viele dieser spitzenbesetzten Seidendessous hast du in deinem eigenen Schrank, Chelsea?" hauchte Mark und küsste sie zärtlich auf die Augenlider. "Was trägst du heute unter deinem reizenden Kleid?" Er suchte die Schnalle, mit der sie ihr Wickelkleid verschlossen hatte. Es kostete Chelsea große Mühe und all ihre Willenskraft, um sich von ihm zu lösen. "Mach dir keine Hoffnungen, das herauszufinden." Sie ärgerte sich, dass ihre Stimme so weich und verführerisch klang, wie der mokkafarbene Teddy aussah, den sie unter ihrem grünen Jerseykleid trug. Sein Daumen war der Schnalle ihres Kleides viel zu nah gekommen. Falls er sie hätte öffnen können, wäre der Gürtel nutzlos gewesen. Er stieß sacht mit den Hüften gegen ihre, um ihr zu zeigen, wie sehr er sie begehrte. Ihr stockte der Atem bei dem Gedanken, wie leicht es jetzt wäre... Er neigte den Kopf nachdenklich zur Seite. "Satin und Spitze, wette ich", murmelte er. Chelsea war überzeugt, dass sie rot geworden war. Hatte der Mann etwa Röntgenaugen? Als sie tief Luft holte, schmunzelte er, weil er genau wusste, dass er sie aus der Fassung gebracht hatte. Das war zuviel! Mit beiden Händen schob sie ihn von sich. "Raus, Harrison. Raus. Sofort!" Sie schaute ihm fest in die Augen. Ihre Entschlossenheit mochte nicht echt sein, aber zumindest schaffte sie es, sie ihm überzeugend genug vorzuspielen. Mark war klug genug, sich zurückzuziehen. "Ja, ich bin ohnehin schon etwas spät dran." Er schaute auf seine Uhr. "Und das ist deine Schuld. Dafür musst du mit mir ausgehen. Ich komme dich heute Abend gegen sieben auf einen Drink abholen. Wiedersehen, Schatz." Mit diesen Worten verschwand er wieder durch die Hintertür. Chelsea blieb wütend, frustriert und restlos verblüfft zurück. Wie konnte er so unverschämt sein und über sie bestimmen?
6. KAPITEL "Hast du Lust heute Abend mit mir ein Eis essen zu gehen?" Colleen sah ihre Mutter an, als hätte sie plötzlich den Verstand verloren. "Als ich dir das letzte Mal so etwas vorgeschlagen habe, hast du mir gesagt, du müsstest dann einen Monat Sport treiben, um die Kalorien wieder loszuwerden." "Na, dann nehme ich eben etwas zu", meinte Chelsea gleichmütig. "Hast du wirklich keine Lust?" Colleen musterte sie prüfend. "Du bist so ohne weiteres bereit, dir an einem Abend Unmengen Kalorien anzufuttern? Da steckt doch was dahinter." Chelsea zeigte sich gekränkt. "Muss ich einen Grund haben, um mit meiner Lieblingstochter ausgehen zu wollen?" "Mit deiner einzigen Tochter", korrigierte Colleen sie. Chelsea blickte genervt zur Decke. "Das ist Haarspalterei." Colleen glaubte ihr kein Wort. Dann ging ihr plötzlich ein Licht auf. "Aha, warte mal. Ich wollte einmal auch unbedingt nicht im Haus bleiben, nur weil Kevin gesagt hatte, er käme vorbei, um sich mit mir auszusprechen. Du willst heute Abend nur nicht zu Hause sein, weil du fürchtest, jemand könnte vorbeikommen. Ein... Mann." Sie brach in lautes Gelächter aus. "Mark kommt heute Abend vorbei, nicht wahr? Ja, ich hatte recht!" juchzte sie, als sie sah, wie ihre Mutter rot wurde. Gleich darauf wurde sie etwas ernster. "Mom, du solltest dich schämen. Ratschläge, die du deiner armen Tochter aufzwingst, solltest du selbst auch befolgen. Weglaufen führt zu nichts. Du musst dich den Problemen stellen." Sie kicherte ausgelassen. "Wann kommt Mark vorbei, und wo will er mit dir hingehen?" Chelsea wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. Warum hatte sie auch nur so eine kluge Tochter? "Um sieben, und er hat etwas von Drinks gesagt." "Hast du ihn denn auch schon zu unserer Grillparty eingeladen?" "Daran habe ich noch nicht gedacht." "Gwen würde sagen, du hast ihn nicht fragen wollen." "Colleen, lass uns nicht darüber sprechen, ja?" Colleen zuckte mit den Schultern. "Also, was willst du heute Abend anziehen?" "Schwere Geschütze", brummte Chelsea und machte ein finsteres Gesicht. "Ja, wie ich gehört habe, sollen Kettenhemden dieses Jahr sehr beliebt sein." "Kluges Geschwätz." "Alle sagen, ich käme ganz nach dir." Colleen bemühte sich, äußerst unschuldig dreinzublicken. "Heute Abend ist es kühl draußen. Wenn ich du wäre, würde ich etwas Warmes anziehen." Ihr Gesicht leuchtete auf. "Da weiß ich sofort was Passendes. Warte mal!" Im nächsten Moment war Colleen aus dem Zimmer gelaufen. "Nichts Kurzes und Enges!" rief Chelsea ihr hinterher. Ihre Tochter hatte ganz andere Vorstellungen als sie, wenn es um die Wahl der Kleidung ging. Chelsea
folgte ihr, und als sie Colleens Zimmer betrat, schien diese in der Zwischenzeit ihren halben Kleiderschrank ausgeräumt zu haben. "Wo ist es denn nur? Ich weiß, dass es hier ist, weil ich es vor ein paar Tagen aus der Reinigung geholt habe", murrte Colleen vor sich her und wühlte eine Schublade der Kommode durch. "Großartig! Da ist es ja!" Sie hielt ein leuchtendorangenes Longshirt hoch, das vorn mit violetten Blitzen bedruckt war. Als nächstes förderte sie violette Leggings ans Tageslicht. Chelsea wich zurück bei dieser verrückten Kombination. "Nein, das auf keinen Fall." "Was hast du denn? Das würde dir phantastisch stehen. Allerdings ist Mark so komisch, ihm gefällt es vielleicht nicht." Doch schon suchte Colleen in dem kleinen antiken Schmuckkasten auf ihrer Kommode nach etwas. "Ich habe ein paar violette Ohrringe, wenn ich sie finden kann. Deine violetten Ballerinaschuhe würden wunderbar dazu passen. Ich weiß das, weil ich sie immer dazu trage." "Colleen, Frauen in meinem Alter tragen so etwas nicht mehr", protestierte sie, fühlte sich aber gleichzeitig ein wenig versucht, es doch zu wagen. Ihre Kleidung war eher konservativ. "Ich habe selbst genug ordentliche Sachen, die ich tragen kann." "Ordentlich!" Colleen verzog das Gesicht, als wäre "ordentliche" Kleidung so verlockend wie eine Dosis Lebertran. "Das ist nicht der Moment für etwas Ordentliches, Mom. Du brauchst etwas, was irre aussieht. Und es gibt keinen Grund, warum du das hier nicht tragen kannst. Ich weiß gar nicht, warum du dir Sorgen machst. Dein Alter sieht man dir noch nicht an, und du hast noch immer eine gute Figur. Du solltest stolz auf dich sein, dass du dich nie hast gehenlassen. Manche Mütter in deinem Alter sehen schon furchtbar aus." "Danke, muss ich da wohl sagen." Chelsea musterte skeptisch die auffällig leuchtenden Kleidungsstücke. Dennoch fragte sie sich im stillen, was denn so verkehrt daran war, einmal aus ihrem gewohnten konservativen Trott auszubrechen? Sie nahm die Sachen ihrer Tochter an sich, ehe sie es sich anders überlegen konnte. "Was soll's?" brummte sie und verließ Colleens Zimmer. "Ich bringe dir die Ohrringe, sobald ich sie gefunden habe!" rief Colleen ihr nach. "Nein, danke, ich habe selbst welche, die dazu passen." Chelsea legte die Sachen auf ihr Bett und ging dann ins Bad, um die Dusche anzustellen. Nach dem heutigen Tag wollte sie sich nicht für ein Schaumbad in die Wanne legen. "Ich habe die Ohrringe gefunden!" Colleen stand in der Tür und hielt ein Paar violettschimmernde Ohrringe hoch, die lang genug waren, um ihr bis auf die Schultern zu reichen. Chelsea seufzte. "Hast du für nächste Woche keine Hausaufgaben auf?" "Die mache ich, wenn du weg bist", versprach sie. "Ich muss nur etwas lesen für den Literaturkurs und eine Arbeit für Psychologie fertigmachen."
"Und?" "Das ist alles, ich schwöre es." Chelsea schüttelte ungläubig den Kopf. "Ich hatte früher immer massenweise Hausaufgaben zu erledigen." "Ich glaube, die haben Angst, wir lassen die Schule sausen oder so, wenn sie uns zuviel aufgeben." Leichte Besorgnis zeigte sich plötzlich auf ihrem jungen Gesicht. "Mom, warum hast du etwas dagegen, mit Mark auszugehen?" Sie senkte den Blick und nagte an ihrer Unterlippe. "Das hat nichts mit mir zu tun, oder?" "Nein, Colleen, mit dir hat es nichts zu tun", versicherte Chelsea ihr hastig. "Es ist bloß, dass..." Ja, was denn, dachte sie. Er zieht mich bloß so magisch an, dass ich Angst habe, meine geordnete kleine Welt könnte plötzlich gefährdet sein. Und dass mir das Blut durch die Adern rauscht, und dass ich Träume habe, die ich nicht haben darf. Sie seufzte schwer. "Er macht dich verrückt, nicht wahr?" Chelsea warf einen hilfesuchenden Blick himmelwärts, doch nichts schien sich darauf zu rühren. "Darüber will ich nicht sprechen." Colleen schmunzelte. "Du wolltest mit mir auch nicht über die Vögel und die Bienen sprechen. Weißt du noch? Aber dann hast du es doch getan und es überlebt. Ich auch." "Weil ich es tun musste", wehrte Chelsea sich und zog die Duschtür auf, um die Wassertemperatur zu regulieren. "Du warst nämlich davon überzeugt, dass der Osterhase die Babys bringen würde." "Das hat uns Elaines Bruder gesagt. Mit sechs habe ich das eben geglaubt. Nun sag schon, Mark macht dich verrückt, nicht wahr? Wer weiß? Ich könnte ihn auch recht nett finden, wenn er zehn Jahre jünger wäre." "Wunderbar." Sie stieg in die Dusche und schob die Tür zu. "Es hat nichts damit zu tun, dass Mark jünger ist, oder?" rief Colleen durch die Tür. "Mom, das ist im Augenblick ,in' - jüngere Männer mit älteren Frauen. Sieh dir nur Cher an. Es stört sie nicht." Chelsea war froh, dass sie Colleens weitere Fragen unter dem prasselnden Wasser nicht mehr verstehen konnte. Als sie schließlich mit Duschen fertig war und ihr Make-up aufgetragen hatte, fühlte sie sich bereit, in ihr Schlafzimmer zurückgehen und, wenn es sein musste, auch ihrer vorwitzigen Tochter gegenüberzutreten. Eine fröhliche Stimme in der Ferne sagte ihr, dass Colleen telefonierte, was ihr eine unbedingt notwendige Atempause verschaffte. Sie schaute auf die Uhr und stellte fest, dass ihr die Zeit davonlief. Chelsea streifte das extralange Shirt über den Kopf und zog rasch die violetten Leggings an. Obwohl sie sonst nicht solche Kleidungsstücke trug, musste sie zugeben, dass das weiche Material sich fast zärtlich an ihren Körper schmiegte. So zärtlich wie... "Schluss jetzt!" ermahnte sie sich verzweifelt, als sie merkte, wohin wieder ihre Gedanken drifteten. Als sie die Ohrringe ansteckte, fiel ihr bei einem flüchtigen Blick in den Spiegel auf, dass sie kein Rouge mehr brauchte, so viel Hitze war
ihr in die Wangen gestiegen. Sie kämmte sie sich das Haar auf einer Seite! nach hinten und steckte es sich mit einer violetten Spange über dem Ohr fest. Ihre Amethystohrringe waren nicht so auffallend wie Colleens und standen ihr wunderbar. "Du siehst gut aus, Mom." Colleen kam hereingeschlendert und ließ sich aufs Bett fallen. "Solche Sachen solltest du in deinem Geschäft anbieten." "Um dich für den Rest deines Lebens bei mir in der Schuld zu haben, weil du keinem einzigen Stück widerstehen könntest?" konterte sie und legte den Schlüsselbund samt Brieftasche in eine violette Mappe, die zu ihren Schuhen passte. Colleen zog die Nase kraus. "Du wirst mir wohl noch in Jahren die Sache mit dem Strasskleid vorhalten, was?" "Ich glaube, es tut dir ganz gut, gelegentlich an die Folgen dieses Unfugs erinnert zu werden." Chelsea tupfte sich Parfüm hinter die Ohren und verließ das Zimmer. Colleen blieb ihr auf den Fersen. "Na ja, weißt du, da ist bald dieser Tanzabend", sagte sie. "Und wir wissen beide, wie teuer Partykleider sind. Ich wollte dir eine neue Ausgabe ersparen und das schwarze Kleid noch mal anziehen." Chelsea drehte sich auf dem Absatz um und bedachte ihre Tochter mit einem liebenswürdigen Lächeln. "Nein." "Mom!" jammerte Colleen herzerweichend. In dem Moment schellte es an der Tür, und Chelsea lief die Treppe hinunter, um zu öffnen. Colleen folgte ihr. "Mark, sag ihr, es ist für einen guten Zweck!" empfing Colleen Mark, als er ins Haus trat. "Es ist für einen guten Zweck", echote er. Chelsea warf ihm einen Blick zu, der ihm deutlich zu verstehen gab, dass er sich nicht einmischen sollte. Dann wandte sie sich zu Colleen um und warf ihr eine Kusshand zu. "Gute Nacht, mein Schatz. Lern fleißig - und zum letztenmal, nein." Trotz Colleens lautstarkem Protest schob sie Mark aus dem Haus und schloss die Tür hinter ihnen.
7. KAPITEL "Ich nehme an, du wolltest meine Meinung eben nicht hören." Mark hielt Chelsea die Wagentür auf, und sie nahm auf dem Beifahrersitz Platz. "Du hast vollkommen recht." Er beugte sich zu ihr hinunter. "Verzeihst du mir, wenn ich dir sage, dass du heute Abend großartig aussiehst?" Erneut erfasste sie dieses sorglose Gefühl. Und sie hatte geglaubt, sie könnte diese unberechenbare Seite ihrer Persönlichkeit verdrängen. "Du kannst es ja versuchen, aber ich halte nichts davon, es jemandem leicht zu machen." Er beugte sich etwas tiefer. "Nicht mal mir?" Noch ein Stück tiefer, und sie würden sich berühren. "Besonders nicht dir. Zweifellos hast du es beim anderen Geschlecht immer leicht gehabt, und ich will mich nicht in eine lange Liste einreihen lassen." Er richtete sich auf. "Um eines brauchst du dir keine Sorgen zu machen, mein Schatz. Du passt gar nicht auf irgendeine Liste. Dafür bist du zu einmalig." Er ging um den Wagen herum und stieg ein. In dem Moment, wo Mark sich hinter das Lenkrad setzte, kam es Chelsea so vor, als würde aus dem Wageninnern sämtliche Luft entweichen. Sie nahm nur den Mann neben sich wahr, dem die unschlagbare Kombination von Jeans und Leder ausgezeichnet stand. Sie schaute aus dem Fenster und hoffte, so ihr inneres Gleichgewicht wiedergewinnen zu können. "Wie wirst du sonst mit Colleen fertig - ich meine, wenn ich nicht da bin, um mich einzumischen?" wollte er wissen, während er aus der Einfahrt zurücksetzte. "Wenn ich die Oberhand behalten will und meinen klaren Verstand, muss ich mich anstrengen, ihr zuvorkommen", erwiderte sie. "Zum Glück kann sie sich kaum vorstellen, dass ich auch mal jung war und eine Menge Tricks kenne." Sie lachte. Mark fiel es schwer, sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Chelsea kam ihm heute Abend so verändert vor. Sie hatte sich nicht nur anders gekleidet, sondern auch ein leichteres Parfüm benutzt, das auf ihn ganz anders wirkte als der warme, ungeheuer weibliche Duft, den sie sonst verströmte. "Und gelingt es dir, dass du deinen klaren Verstand behältst?" fragte er und bog aus Versehen nach links ab statt nach rechts. Chelseas leises Lachen machte ihn unkonzentriert, und das, wo er ohnehin schon durch den Anblick ihrer langen, wohlgeformten Beine in den violetten Strümpfen abgelenkt war. "Was meinst du?" Ihre etwas heisere Stimme ließ ihn überlegen, ob er den Drink vergessen und gleich zu sich nach Hause fahren sollte. "Ich glaube schon. Ohne Verstand könntest du kein Geschäft führen. Und Colleen scheint recht ausgeglichen." "Ich bin froh, dass sie so ist", erwiderte Chelsea. "Im Grunde genommen behandle ich sie wie eine Erwachsene, solange sie sich auch so benimmt. Sicher
haben wir ab und zu mal einen Streit, aber im allgemeinen ist sie recht vernünftig." Als Mark jetzt anhielt, sah sie interessiert aus dem Fenster. "Und Colleen findet, du wärst so eine langweilige Person." Sie deutete auf das Neonschild. "Ist das nicht der Ort, wo meine allerliebste Tochter sich herumgetrieben hat?" "Ich dachte, du würdest den berüchtigten Ort gern einmal kennenlernen", sagte Mark und half ihr beim Aussteigen. Er schaute sich auf dem überfüllten Parkplatz um und sah dann Chelsea an. "Langweilig bin ich also. Findest du das etwa auch?" Sie schaute zu ihm auf. Nicht eine Sekunde, dachte sie. "Ich würde dich anders beschreiben", antwortete sie kühn. Als sie den gedrängt vollen Club betraten und ihnen die Hockmusik entgegendröhnte, zuckte Chelsea doch ein wenig zusammen. Nur weil sie Marks Hand fest in ihrem Rücken spürte, schob sie sich durch die Massen und ließ sich von ihm zu einem freien Tisch dirigieren. "Hallo, Mark." Eine Kellnerin in schwarzen Leggings und einem pinkfarbenen Shirt erschien. Sie lächelte sie freundlich an und stellte einen Korb mit Brezeln auf den Tisch. "Auch mal wieder hier? Was darf ich euch bringen?" "Einen Jack Daniels mit Soda für mich." Er sah Chelsea fragend an. Sie wollte schon ihren üblichen Wein bestellen, als ein verrückter Einfall sie überkam. "Ich nehme einen Orangenwodka." Die Kellnerin nickte und verschwand. Aus dieser wagemutigen Stimmung heraus kamen Chelsea impulsiv die nächsten Worte über die Lippen. "Ich weiß, es ist ein bisschen knapp, aber kommenden Samstag haben wir eine Grillparty und..." "Um wieviel Uhr?" fragte er sofort. Sie lachte. Er hatte nicht gewartet, bis sie die Einladung ausgesprochen hatte. "Im allgemeinen fangen wir gegen zwei Uhr Mittag an und feiern so lange, bis es zu Ende ist." Er beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr. "Ich komme." "Mark, hallo, nett dich zu sehen! Kenee sagte, du wärst hier." Ein Mann mittlerer Größe setzte sich zu ihnen. Während er sich mit Mark unterhielt, musterte er unentwegt Chelsea. "Sowas. Jetzt verstehe ich, warum ich dich in letzter Zeit so wenig gesehen habe", sagte er unvermittelt. Dann wandte er sich an Chelsea. "Junge Frau, lassen Sie sich einen Rat geben - ich bin eine bessere Partie als der alte Mark hier." Mark verzog das Gesicht. "Chelsea, dieser arme Irre hier ist mein Freund Rick. Wenn du ihn nicht beachtest, trollt er sich im allgemeinen brav davon." Chelsea warf Mark einen verschmitzten Blick zu und antwortete Rick: "Tatsächlich? Sie sind eine bessere Partie?" Rick schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, das aber nicht einmal halb so viel bei ihr bewirkte wie Marks. "Tatsächlich. Warum lassen Sie den Typ hier nicht sitzen und brennen mit mir durch? Wir fliegen in den Sonnenuntergang, irgendwohin, wo es aufregend ist, nur Sie und ich."
"Und lassen mein armes kleines Mädchen zurück?"
"Kleines Mädchen? Etwa eine Tochter?"
Sie nickte. "Eine siebzehnjährige Tochter."
Rick blinzelte. "Siebzehn?"
Sie nickte erneut:
"Auf der High School?"
"Ganz genau", bestätigte Chelsea.
"Also sind Sie eine Mutter, ja?" fragte Rick und sah sie erstaunt an.
"Eine Mutter, die ihre Aufgaben ernst nimmt. Mit Elternabend und allem, was
dazugehört." Rick seufzte schwer und stemmte sich vom Tisch hoch. "Mark, wir müssen uns einmal näher unterhalten. Mütter können gefährlich sein. Wenn du zu lange mit ihnen zusammen bist, fängst du nachher selbst an, wie alle Eltern zu denken." Er klopfte seinem Freund auf die Schulter. "Getränke habt ihr auf Kosten des Hauses. Irgendwie habe ich das Gefühl, du brauchst das." "Geht er auf alle deine weiblichen Bekannten so zu?" fragte Chelsea unschuldig, als sie allein waren. Mark beugte sich zu ihr vor und rieb mit seiner Nase hinter ihrem Ohr. "Nur auf die besonders hübschen." Sie erschauerte bei seiner Berührung. "Du solltest mal zum Augenarzt gehen." Er griff ihr unters Kinn und hob ihr Gesicht an, zog aber sofort die Hand zurück, als er die Kellnerin mit den Getränken kommen sah. Nachdem die Kellnerin sich entfernt hatte, wollte Mark den Faden der Unterhaltung wieder aufnehmen, doch ehe er dazu kam, hörte er jemanden rufen: ,,Chelsea, bist du es?" Gwen tauchte mit einem Mann im Schlepptau an ihrem Tisch auf. "Ja, Gwen, ich bin es", sagte Chelsea, amüsiert über Marks offensichtliches Unbehagen. Gwen begrüßte Mark mit echter Herzlichkeit und musterte dann erstaunt Chelseas Glas. "Ich habe das Gefühl, da ist nicht nur Orangensaft drin. Hmm. Alkohol und recht flotte Kleidung - sicher gibt es dafür einen guten Grund." Chelsea sah Gwens Begleiter an. "Und wer ist das?" fragte sie ausweichend. "Ach, das ist Beau." Rasch stellte Gwen alle einander vor, dann wandte sie sich wieder an Chelsea und flüsterte ihr zu: "Er findet mich phantastisch. Das ist schon ein Anfang. Aber ich will nicht länger stören", meinte sie mit einem Augenzwinkern auf Mark, verabschiedete sich und schwebte davon, Beau dicht auf den Fersen. "Weiß der Mann, worauf er sich einlässt?" Mark sah ihnen amüsiert nach. Chelsea hob die Schultern, griff nach ihrem Glas und nippte an dem Drink. Dann lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und genoss den reichhaltigen Orangengeschmack mit dem kräftigen Schuss Wodka. Der Alkohol ging ihr sofort ins Blut und hinterließ ein wohliges, warmes Gefühl. Sie schloss die Augen, um es noch besser genießen zu können. "Ich
hoffe nur, er sieht mehr als ihr Äußeres. Obwohl die meisten Männer bei ihren Verabredungen eher auf die BH-Größe achten als auf den Verstand." Sie öffnete die Augen, überrascht von ihrer Offenheit. Doch gleichzeitig empfand sie es auch als befreiend. Sie musterte Mark. "Hast du das auch getan?" Mark fühlte sich von ihren dunklen Augen wie verzaubert. "Früher mal, als ich jung und dumm war. Ich habe aber bald schon herausgefunden, dass eine Frau, mit der man sich angenehm unterhalten kann, zum Ausgehen besser ist. Überhaupt wenn die Bedienung auf sich warten lässt." Chelsea nippte wieder an ihrem Drink. Sie hatte an dem Tag wenig gegessen, und der Alkohol konnte seine Wirkung ohne großes Hindernis tun. "Noch einen?" erkundigte sieh die Kellnerin freundlich, die an ihren Tisch gekommen war, und nahm Chelseas leeres Glas. Chelsea strahlte die jüngere Frau an. Im Augenblick fühlte sie sich innerlich angenehm warm und wohlig, von ihrem Mut ganz zu schweigen. Sie wollte, dass es so bliebe. "Ja, bitte." Mark legte eine Hand über sein Glas, das noch halbvoll war. "Danke, mir nicht. Äh, Chelsea, findest du nicht, du solltest etwas langsamer trinken?" Sie sah ihn verwundert an. "Soll das ein Witz sein?" schmollte sie. "Wo ich so selten ausgehe." Ihr Blick wurde ein wenig nachdenklich. "Außer, man zählt die Männerstripshow, die eine Gruppe von uns zum vierzigsten Geburtstag einer Freundin besucht hat." Sie griff nach dem Glas, gleich als die Kellnerin es hingestellt hatte. "Danke." Sie hob es an die Lippen und fuhr fort: "Rachel hat sich furchtbar bemitleidet, weil sie vierzig wurde, aber zum Schluss war sie kein bisschen mehr traurig." Mark hielt ihr die Schale mit den Brezeln unter die Nase. "Iß einen." "Nein, danke. Zuviel Salz tut nicht tut." Sie unterdrückte ein Auflachen. "Ich meinte, tut nicht gut. Ich glaube, ich bin schon müder, als ich dachte. Es war ein langer Tag." Sie kicherte belustigt. "Zwei Drinks und sie ist weggetreten", brummte er vor sich hin und stand auf. "Ich bin gleich wieder da. Bleib schön hier, ja?" Chelsea sah mit großen Augen zu ihm auf. "Wo sollte ich denn hingehen?" "Das beunruhigt mich ja gerade." Als er dann wenige Minuten später zurückkam, sah er, dass Chelsea den nächsten Drink in der Hand hielt, den ihr offenbar der nette Mann, der jetzt auf seinem Stuhl saß, spendiert hatte. "Ich brauche das ganze Vitamin C", erklärte sie Mark ernst. Das geistesabwesende Lächeln und die strahlenden Augen sagten ihm jedoch, dass sie mehr brauchte als nur Vitamine. "Das ist Brad. Er ist Makler." Mark warf dem Mann einen finsteren Blick zu. Der murmelte etwas von einem Freund, sprang auf und verschwand. "Irgendwie habe ich das Gefühl, du brauchst eher eine Kanne Kaffee", bemerkte Mark, packte Chelsea am Arm und zog sie hoch. Sie griff nach dem Glas. "Ich habe noch nicht ausgetrunken!"
"Ihr müsst doch nicht schon weg, oder?" Gwen stand auf einmal hinter ihnen und tippte Mark auf die Schulter. "Wir wollten euch gerade fragen, ob ihr Lust habt, mit uns noch woanders hinzugehen." "Ich glaube, Chelsea hat genug für heute Abend", erwiderte Mark etwas gepresst. "Gwen, sag ihm, er ist ein Spielverderber", meldete sich Chelsea, ohne zu merken, dass ihre Worte leicht gedehnt kamen. "Haben Sie sie etwa betrunken gemacht?" Gwen musterte Mark. "Nein, das hat irgend so ein Schuft probiert, während ich auf der Toilette war." Mark ließ Chelsea nicht los, die immer noch nach ihrem Glas greifen wollte. Doch ihre Hand glitt daran vorbei. "Chelsea trinkt keinen hochprozentigen Alkohol, höchstens Wein", erklärte Gwen. "Dann war das heute der passende Zeitpunkt, um damit anzufangen." Mark wandte sich zum Gehen und zog Chelsea förmlich hinter sich her. "Nacht, Gwen!" rief Chelsea ihr über die Schulter zu, während ihre Absätze über den Boden rutschten. "Mark, ich kann nicht so schnell laufen!" "Kannst du wohl, wenn du dich nicht immer umdrehst und richtig gehst." Sein Griff wurde noch fester. Er stieß die Tür auf und zog sie mit sich nach draußen. "Ich wusste gar nicht, dass du so herumkommandieren kannst." Mark ging geradewegs mit ihr zu seinem Wagen und schob sie wenig galant auf den Beifahrersitz. Kaum war er selbst eingestiegen, startete er auch schon den Motor und raste vom Parkplatz. "He, hier geht es nicht zu mir nach Hause", beschwerte Chelsea sich, als Mark die erste Kurve nahm. "Es wäre das letzte, dich jetzt nach Hause zu bringen, damit Colleen dich so sieht", erwiderte er. "Wir fahren erst mal zu mir. Ich mache dir etwas Kaffee, und hoffentlich wirst du davon nüchtern." Er schüttelte verwundert den Kopf. "Wie bist du nur darauf gekommen, so viel zu trinken, wenn du Alkohol nicht gewöhnt bist?" "Weiß ich nicht. Nach dem ersten Getränk habe ich mich so frei gefühlt, und da wollte ich nicht, dass das schöne Gefühl wieder weggeht." Ihr Kopf sackte gegen die Nackenstütze. "Ich war nicht immer so schlapp, weißt du." Er unterdrückte ein Grinsen. "Ja, tatsächlich?" Sie nickte heftig. "Ehrlich, ich war mal ein" richtige Partynudel. Hab' die ganze Nacht durchgetanzt, bin gleich am nächsten Morgen in die Schule gegangen, habe aber nie viel getrunken." Sie beugte sich zu ihm hinüber, bis ihre Lippen sein Ohr streiften, und gestand ihm: "Mein Kopf verträgt das nicht." Mark hüstelte, um sein Lachen zu verbergen. "Ja, das habe ich mir schon fast gedacht." "Nein, ehrlich", fuhr sie fort, als hätte er behauptet, er glaube ihr nicht. "Ich werde nicht weinerlich oder so, mir ist nur schwindlig." Mark hätte ihr gern noch mehr Fragen diesbezüglich gestellt, doch im Moment war zu beschäftigt mit dem Einparken in der Tiefgarage seines Wohnhauses. Er schob die
Magnetkarte in den Schlitz und wartete, bis das Tor aufging, und nachdem er den Wagen auf seinem Platz abgestellt hatte, half er Chelsea beim Aussteigen. "Das ist hier unten richtig unheimlich." Chelsea drängte sich an Mark, während sie zum Aufzug gingen. "Wir hätten zu mir fahren sollen." "Nicht eher, bis du Kaffee getrunken hast." Im Aufzug drückte er den Knopf für die vierte Etage. Sie lehnte sich gegen die Aufzugswand und musterte Mark prüfend. "Sag mir die Wahrheit." "Die Wahrheit worüber." "Du hast mich hergebracht, um mir deine Drucke zu zeigen, nicht wahr?" "Ich habe keine Drucke." Chelsea sah ihn entsetzt an. "Du hast keine Drucke! Na, was für ein liegeslu... hiebeslung... liebeshungriger Junggeselle bist du dann?" Sie stolperte über ihre Worte. "Ach verflixt, ich meine, wie willst du mich verführen, wenn du mir keine Drucke zeigen kannst?" Genau in dem Augenblick, als Chelsea die Frage stellte, öffneten sich die Aufzugstüren und ein älteres Paar stand vor ihnen. Sie waren offensichtlich schockiert, als Mark Chelsea an ihnen vorbei aus dem Aufzug schob. "Das war mal hier ein so ruhiges Haus", beschwerte sich die Frau, warf Mark einen finsteren Blick zu und betrat mit ihrem Begleiter den Aufzug. "Sind das deine Nachbarn?" fragte Chelsea, während sie Mark den Flur hinunter folgte. "Sind die prüde! Glaub mir, Mark, wenn du mit solchen Leuten zusammenwohnst, ruinierst du dir dein Leben. Ich an deiner Stelle würde hier ausziehen und mir eine Wohnung suchen, wo ich Drucke haben darf." Mark schloss die Tür zu seinem Apartment auf und schob Chelsea hinein, ehe sie noch einem anderen seiner Nachbarn begegnen konnte. "Ja, wenn du so weitermachst, werde ich sowieso hier rausgeworfen." Er schaltete das Licht ein. Chelsea machte ein paar unsichere Schritte vorwärts und schaute sich um. "Du bist aber nicht viel hier, oder?" Mark ging gleich in die Küche und suchte im Schrank nach Kaffee. "Ich verbringe mehr Nächte im Bauwagen, als mir lieb ist. Der Ausbau des Einkaufzentrums geht zwar nach Plan voran, aber ich musste einiges an Büroarbeit aufholen. Da das nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung ist, schiebe ich es immer so lange vor mir her, bis ich keine andere Wahl habe, als mich dranzusetzen und die Berichte zum Hauptbüro zu schicken." Chelsea kletterte auf einen Barhocker vor der Anrichte, wo sie Mark dabei zusehen konnte, wie er Wasser in die Kaffeemaschine füllte und Kaffeemehl in den Filter tat. Sie stützte einen Ellenbogen auf die Theke und legte das Kinn in die Hand. "Hast du auch etwas Irish Whisky da?" Er schüttelte den Kopf. "Ich glaube, du trinkst den Kaffee besser ohne alles." Sie seufzte schwer. "Dann werde ich wieder so langweilig wie vorher. Ich weiß selber, dass ich kaum mehr lustig bin. Jedenfalls nicht mehr seit damals, als ich noch ein verrückter Teenager war", plapperte sie weiter. "Damals war ich
überzeugt, dass das Leben Tag für Tag lustig wäre." Sie wurde nachdenklich. "Dann kam der Tag, an dem ich erwachsen wurde, und die lustige Chelsea verwandelte sich in eine hart arbeitende Chelsea." Mark schenkte ihr Kaffee in eine Tasse ein. "Vielleicht hättest du die beiden besser miteinander verschmelzen lassen sollen", schlug er ihr gelassen vor. Er konnte sich denken, dass sie von dem Tag sprach, als sie entdeckte, dass sie schwanger war und ihr Freund seinen lockeren Lebensstil nicht hatte aufgeben wollen. Sie schüttelte den Kopf. "Nein, man kann nicht Mutter sein und die ganze Zeit mit seinen Freunden herumziehen. Im allgemeinen ist man den anderen unbequem. Weißt du warum?" Sie wartete gar nicht erst seine Antwort ab. "Weil sie befürchten, man hatte etwas Ansteckendes. Und für sie ist es natürlich das Allerletzte, schwanger zu werden. Kann man niemandem verübeln", stellte sie sachlich fest. "Jeden Morgen hängt man mit dem Kopf überm Waschbecken, manchmal auch abends. Die Knöchel schwellen an, die Sachen passen einem nicht mehr, und am Ende sieht man aus wie eine watschelnde Ente. Das ist kein reizvoller Anblick." Wieder seufzte sie. Mark versuchte sich vorzustellen, wie Chelsea damals ausgesehen haben mochte. Er bezweifelte, dass ihn irgend etwas an ihr gestört hatte. "Ich habe gehört, manche Männer fühlen sich von ihren Frauen noch mehr aufgedreht, wenn sie schwanger sind", murmelte er. Verdammt, allein der Gedanke machte ihn schon verrückt. Doch er wollte nicht näher darauf eingehen, weil er wusste, dass sie keineswegs begeistert sein würde, wenn sie erst nüchtern war und merkte, was sie ihm alles erzählt hatte. "Ja, aber das sind wohl die Frauen, die nicht aussehen wie ein zu riesig aufgeblasener Basketball." Chelsea musterte die Tasse vor sich. "Wenn ich den Kaffee trinke, kann ich vielleicht heute Nacht nicht schlafen." "Trink!" sagte er barsch und schob die Tasse noch dichter zu ihr hin. Naserümpfend griff sie nach der Tasse und hielt sie hoch. "Du kommandierst so viel. Kein Wunder, dass du auf dem Bau arbeitest. Der richtige Beruf für Machos." Sie musterte die wackelnde Tasse in ihrer Hand. Er blinzelte bei dem abrupten Themenwechsel. "Ja, das habe ich schon mal gehört. Jetzt trink!" Er half behutsam nach, indem er ihre Hand nahm und sie samt Tasse zum Mund führte. Chelsea verzog das Gesicht, als sie den bitteren Geschmack auf der Zunge spürte. Sie versuchte, den Kopf wegzudrehen, doch Mark ließ das nicht zu. "Der schmeckt ja scheußlich!" "Ich habe ihn doppelt so stark gemacht wie sonst. Ich dachte, du brauchtest das." Chelsea gelang es, die Tasse abzustellen, "Ich habe geglaubt, es würde dir Spaß machen, mich dir ausgeliefert zu wissen", warf sie ihm vor und machte einen Schmollmund. "Ist das nicht das, was du die ganze Zeit wolltest?" Die letzten Worte kamen überstürzt und klangen etwas heiser.
Mark schaute ihr in die Augen, bemerkte ihren verschleierten Blick und befürchtete, dass selbst eine ganze Kanne Kaffee nicht ausreichen würde, um Chelsea nüchtern zu machen. "Chelsea, dieses Thema würde ich gern weiter verfolgen, aber ich glaube, du bedauerst das morgen", sagte er schließlich und hielt ihr wieder die Tasse unter die Nase. Sie seufzte, griff danach und leerte sie in mehreren Schlucken. "Ehrlich, Mark, du musst etwas freier werden. Chancen nutzen. Natürlich, das hat Doug auch oft gesagt." Sie runzelte die Stirn. "Das einzig Anständige, das mir der Typ hinterlassen hat, ist Colleen." Mark straffte sich bei dieser Neuigkeit. "Also können wir uns für Colleen bei Doug bedanken", bemerkte er. Sie bejahte und griff nach der Anrichte, um ihr Gleichgewicht halten zu können, weil ihr Körper sich zu sehr nach einer Seite neigte. Sie verzog das Gesicht, als sie sah, wie er ihr noch mehr Kaffee einschenkte. "Ja, aber ich persönlich denke nie an den Anteil, den er dabei hatte. Es hat eine Zeit gegeben, da war ich so wütend auf ihn, dass ich ihm ewige Impotenz wünschte." Mark erschrak. "Das ist schon recht schlimm." "Na ja, er war auch einer von der schlimmen Sorte. Du kennst das. Hat immer gesagt ,ich liebe dich', bis er hatte, was er wollte. Dann hat er sich geweigert, die Folgen zu akzeptieren. Ich gebe ja zu, er ist nicht allein schuld, aber es wäre ihm kein Zacken aus der Krone gefallen, hätte er zugegeben, dass er eine Tochter hat. Finanzielle Hilfe habe ich nie von ihm erwartet- Weißt du, der Kaffee schmeckt allmählich gut." Ihr plötzlicher Themenwechsel überraschte ihn. "Weißt du, was noch besser schmeckt? Wenn man eine Prise Zimt ins Kaffeepulver mischt. Jetzt sag mir mal, wann ich mein Ladenlokal besichtigen kann." Mark holte tief Luft. Sie wechselte die Themen so rasch und häufig, dass er sich nicht sicher war, was als nächstes käme. "Ich würde sagen, in ungefähr einer Woche. Wir sind innen fast fertig. Bald kommt der Anstrich." "Ich habe Pastellrosa und Elfenbein für den Innenanstrich gewählt", erzählte sie ihm und leerte ihre zweite Tasse Kaffee so rasch wie die erste. "Die Farben unterstreichen die Kleidungsstücke, ohne sie zu erdrücken. Das ist so wichtig für den Verkauf, Und die Farben wirken außerdem beruhigend." "Was macht Gwen eigentlich im Geschäft?" "Sie kümmert sich um die Abendgarderobe mit den Accessoires und um die Werbung. Wir ergänzen uns wundervoll. Sie hält mich auf Trab, und ich helfe ihr, auf dem Boden zu bleiben, wenn sie einen Höhenflug hat." Sie reckte die Arme und streckte sich. "Und manchmal umgekehrt." Sie schmunzelte. "Weißt du eigentlich, wie du in Jeans aussiehst?" Mark hatte Mühe, ihr zu folgen. Wusste sie überhaupt, wie oft sie jetzt das Thema gewechselt hatte? Sie war ja noch unterhaltsamer als eine Fernsehshow.
"Wie sehe ich denn in Jeans aus?" Er lehnte sich zu ihr hinüber, um ihr den Nacken zu streicheln. Sie schloss halb die Lider und musterte ihn mit schmalen Augen langsam von Kopf bis Fuß. "Besser als irgendein anderer muskulöser Dressman mit bloßem Oberkörper. Du könntest dich glatt für Poster zur Verfügung stellen. Weißt du, solche ohne Hemd, und die Jeans halb..." "Vielleicht hätte ich dich doch zu deiner Tochter nach Hause bringen sollen", murmelte er. Sie winkte ab. "Nein, sie hätte nur viel Aufhebens gemacht, und das hasse ich. Ich hoffe, sie lernt eines Tages so einen Mann wie dich kennen." Sie beugte sich vor, als wollte sie ihm ein Geheimnis anvertrauen. "Du müsstest mal die Jungs sehen, mit denen sie sich verabredet. Ganz auf fein getrimmt und so höflich, dass es einem weh tut." Plötzlich kicherte sie. "Sie nennen mich Ma'am. Bitte versteh mich nicht falsch, ich will mich nicht über ihre Manieren beklagen. Ich wünschte nur, sie würden mich anders anreden. Ma'am? Dann fühle ich mich immer so alt." Ein vielsagendes Lächeln glitt um ihre Lippen. "Du würdest mich nicht Ma'am nennen, oder?" Sie senkte die Stimme und fuhr etwas heiser fort: "Nein, das glaube ich nicht." Ihre Worte klangen leicht atemlos, und sie beugte sich noch weiter vor. "Aber wie würdest du mich nennen, wenn du sowas hier erlebst?" Ohne Vorwarnung packte sie ihn am Hemdkragen und zog ihn dicht zu sich heran. Wie konnte er da protestieren, als sie ihm die Lippen mit einem Kuss verschloss, dem sich kein vernünftiger Mann entzogen hätte?
8. KAPITEL Chelsea fuhr Mark mit den Fingern durchs Haar und massierte ihm zärtlich den Kopf, was ihn am ganzen Körper erbeben ließ. Gleichzeitig biss sie ihn sanft in die Unterlippe und saugte daran. "Du darfst mich ruhig auch anfassen, Mark, das macht mir nichts aus", raunte sie ihm zu und schob ihre Zunge zwischen seine Lippen. "Dir wohl nicht, aber mir. Du machst mich noch verrückt", behauptete er atemlos. Er musste sich schon anstrengen, um seine Hände auf ihrer Taille zu lassen und sie nicht unter ihr Shirt zu schieben. "Liebling, du hast zuviel getrunken und weißt nicht mehr, was du tust." "Dummkopf, natürlich weiß ich, was ich tue. Küss mich!" verlangte sie und schlang ihm die Arme um den Nacken. "Bis mir schwindlig wird." Er lachte leise. "Schatz, ich glaube, inzwischen ist uns beiden schwindlig." Schließlich konnte er sich nicht länger zurückhalten. Er zog sie vom Hocker herunter und drückte sie an sich. "Das fühlt sich gut an." Sie zog die Worte in die Länge und schmiegte sich aufreizend an ihn. "Du fühlst dich gut an." Mark schien es, als würde sich unter ihm ein Abgrund auftun, und er war versucht, sich mit beiden Händen irgendwo festzuhalten. Er wünschte sich, es wäre nicht nur der Alkoholeinfluss, der Chelsea so etwas sagen ließ. Er kannte Sie nicht mehr wieder und nahm sich vor, sich zurückzuhalten, auch wenn es ihm ungemein schwer fiel. Doch die weichen Lippen, die ihn ermunterten, machten die besten Vorsätze zunichte. Und warme, samtene Haut fühlte sich besser an als der weichste Stoff. Irgendwie hatten seine Finger plötzlich die Ränder ihres BHs gefunden. "Was für eine Farbe hat er?" flüsterte er an ihrem Ohr und biss ihr zärtlich ins Ohrläppchen. "Lila Leidenschaft." Sie kicherte. "Dämlicher Name, aber so verkauft er sich besser." Dir Atem ging unregelmäßig. "Willst du ihn mal sehen?" Und ehe er sie davon abhalten konnte, hatte sie ihr Shirt über den Kopf gehoben und es ausgezogen. Lustvoll musterte er den BH mit dem halben Körbchen, aus denen ihre Brüste sich hervorwölbten, und betete innerlich um Kraft, um sich zu beherrschen. "Der Verschluss ist vorn." Sie deutete darauf. Er atmete mehrmals tief durch. "Ja, das sehe ich." Das ist einfach zu verrückt, sagte er sich. Er spürte, wie ihm die Kontrolle zu entgleiten drohte, und wusste nicht, wie lange er noch so ruhig bleiben würde. Oder wie lange er es noch wollen würde. "Chelsea", sagte er schließlich, "auch wenn ich dich am liebsten in mein Schlafzimmer bringen würde, bin ich mir nicht sicher, ob das richtig wäre." Sie schaute zu ihm auf. Ihr Blick war verhangen von Alkohol und Wollust. "Aber ich dachte... ich meine, du bist..." Ihr Blick glitt unter seine Gürtellinie. "Wauu!" hauchte sie.
"Genau. Und selbst wenn ich mich morgen darüber ärgere, dass ich es gesagt habe, finde ich, der Alkohol, den du heute abend getrunken hast, hat dich verändert." Er seufzte schwer und schloss die Augen, um den verführerischen Anblick nicht länger ertragen zu müssen. "Ich will dich, Chelsea. Verdammt, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr. Aber ich will, dass wir beide nüchtern sind, wenn wir zusammen ins Bett gehen. Du sollst mit jeder Faser deines Körpers spüren, dass du mich genauso begehrst wie ich dich." Ihr Blick war wie benommen. "Du willst mich nicht?" Er biss die Zähne aufeinander. "Chelsea, hör mir zu! Ich will dich. Sehr sogar. Aber ich möchte nicht, dass du mich am Morgen danach hasst, weil - verzeih mir das Klischee - ich deinen Zustand ausgenutzt habe." Endlich wirkte Chelsea annähernd nüchtern. Marks Ablehnung hatte bewirkt, was der Kaffee nicht geschafft hatte. Ihre Finger zitterten, als sie sich bückte und nach ihrem Shirt griff: "Ich möchte jetzt nach Hause", murmelte sie ohne aufzusehen. "Chelsea, wir müssen erst darüber sprechen, was gerade geschehen ist." Sie schnappte sich ihre Handtasche und lief zur Tür. Dort blieb sie stehen und sah ihn an, bis er begriff, was sie wollte. Er nahm den Schlüsselbund von der Anrichte und brachte Chelsea zu seinem Wagen. Schweigend fuhr er sie zurück nach Hause. Sie schaute aus dem Fenster und gab vor, draußen Interessantes zu sehen. Die Euphorie vom Alkohol hatte nachgelassen. Sie fühlte sich ausgezehrt und erniedrigt. Mark hatte kaum in ihrer Einfahrt angehalten, da sprang sie auch schon aus dem Wagen und rannte den Weg hinauf. "Chelsea!" rief er ihr nach und stieg auch aus. Doch ihre einzige Antwort war das Zuschlagen der Haustür. "Verflucht noch mal!" Wütend haute er mit der flachen Hand auf das Wagendach. "Mom? Mom!" Chelsea ignorierte das Klopfen an ihrer Badezimmertür. Sie hatte keine Lust, ihrer Tochter Rede und Antwort zu stehen. "Was ist?" fragte sie schließlich ungehalten und musste spucken, weil ihr Wasser in den Mund gelaufen war. ,,Du bist so früh zurück!" rief Colleen durch die geschlossene Tür. "Ist alles in Ordnung?" Chelsea wandte sich um, stemmte sich mit den Händen an den Duschwänden ab und ließ sich das warme Wasser auf den Rücken prasseln. "Natürlich", antwortete sie. "'Bin nur müde. Hast du deine Hausaufgaben gemacht?" Es strengte sie an, so laut zu sprechen. "Ja. Und jetzt wollte ich mir den einen Film über Kabel ansehen. Kommst du runter und guckst mit mir? Ich mache uns etwas Popcorn." "Nein, ich gehe sofort ins Bett. Ich hatte einen langen Tag und muss morgen früh wieder im Geschäft sein."
"Na, dann gute Nacht." Chelsea stellte die Dusche mit einer heftigen Drehung ab. Sie strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht, trat aus der Duschkabine und griff nach dem Handtuch. Sie trocknete sich rasch und kräftig ab und biss die Zähne aufeinander, als der raue Stoff mit ihren empfindsamen Brustspitzen in Berührung kam. Dumme Pute, schalt sie sich. Ich kann froh sein, dass der Mann Prinzipien hat. Sie griff nach dem Fön und begann, sich das Haar zu trocknen. Nachdem sie damit fertig war, legte sie sich ins Bett und zog sich die Decke bis über die Ohren. Aber damit konnte sie die Wahrheit auch nicht verdrängen. Jahrelang hatte sie sich in der Gewalt gehabt, war eine zuverlässige, verantwortungsbewusste Mutter und Bürgerin gewesen, und auf einmal hatte sie all ihre vernünftigen Grundsätze vergessen und sich um ein Haar erneut kopfüber ins Unglück gestürzt. Hatte sie denn gar keine Lehre aus der Vergangenheit gezogen? Keinen Orangenwodka mehr, schwor sie sich und kniff die Augen fest zu. Und ich will nichts mehr mit Mark zu tun haben. "Schalt ihn ab, Mom!" Das Klopfen an ihrer Tür klang wie eine Horde Schlagzeuger, und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, schwirrten über eine Million Bienen in ihrem Kopf herum. "Geh weg!" maulte Chelsea, drehte sich um und zog sich das Kissen über den Kopf. "Mom, so schalt doch den Wecker ab. Der ist ja so laut, dass einem das Trommelfell platzt!" rief Colleen durch die geschlossene Tür. Chelsea drehte sich auf die Seite und starrte auf ihren summenden Wecker. Sie hatte um eine Viertelstunde verschlafen! Sie tastete nach dem Knopf und stellte den Alarm ab. Die Stille darauf war herrlich. "Ich muss früher zur Schule wegen des Dramakurses. Ich bin jetzt schon weg. Bis später." "Ja gut." Chelsea hob vorsichtig den dröhnenden Kopf und versuchte ihn zu drehen. Leider kehrte die Erinnerung an den gestrigen Abend nur allzu schnell zurück. Sie stöhnte leise auf und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Warum habe ich dem Mann nicht einfach die Kleider vom Leib gerissen und ihn mir genommen? Die bildliche Vorstellung, Mark nackt zu sehen, wurde übermächtig. Ihr fielen sofort eine Reihe Ausdrücke ein. Sie stieg aus dem Bett und schleppte sich ins Bad, um erneut ausgiebig zu duschen. Als sie dann schließlich angezogen war und Make-up auftrug, fühlte sie sich kein bisschen erfrischt. Stattdessen war sie noch mehr aus dem Gleichgewicht und ruheloser denn vorher. Immer wieder sah sie Mark vor sich und verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. So etwas Dummes werde ich nie wieder machen, nahm sie sich vor, während sie zu ihrem Wagen lief. Dann fluchte sie leise vor sich hin, als sie merkte, dass
sie ihn aus der Garage zurücksetzen wollte, ohne die automatische Türöffnung bedient zu haben. Ich muss mich zusammenreißen, verflixt! "Sieh mal einer an, wer kommt denn da eine Stunde zu spät!" rief Gwen, als Chelsea das Geschäft durch die Hintertür betrat. Sie musterte ihre Partnerin von Kopf bis Fuß. "Sind wir in Trauer?" Chelsea senkte den Blick. "Ich habe mir das erstbeste geschnappt, was ich finden konnte", murmelte sie und meinte damit eigentlich, sie hatte sich das erstbeste geschnappt, was ihr nicht in den Augen schmerzte. Sie wusste nicht, ob sie die Sonnenbrille hier im Geschäft aufgesetzt lassen konnte, ohne allzuviel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Jede weitere Bemerkung von Gwen blieb ihr gottlob erspart, da in diesem Moment die Klingel über der Tür läutete und einen Kunden ankündigte. "Fran, wie nett Sie zu sehen!" trillerte Gwen. "Wir haben ein paar wunderschöne strassbesetzte Tops bekommen, die Ihnen stehen würden. Ich zeig' sie Ihnen einmal." Welch ein Glück, dass Gwen da ist, dachte Chelsea mit einem Seufzer, Sie sank auf ihren Stuhl hinter dem Schreibtisch und schloss die Augen. O je, die Grillparty, fiel es ihr plötzlich heiß ein. Wie konnte sie die vergessen? Wie sollte sie Mark da gegenübertreten? Sie öffnete die Augen und war bestürzt, als ihr Blick als erstes auf ein durchsichtiges schwarzes Nachthemd fiel. Mark hatte es auch nicht viel leichter. Er musste die Innenräume des Einkaufszentrums inspizieren und sich um die Handwerker kümmern. "He, Boss, an was denken Sie?" neckte Steve ihn. "Sie sind immer wie abwesend auf der zweiten Etage." "Heute ist mal wieder so ein Tag, an dem ich mich auf nichts konzentrieren kann." "Muss wohl eine Frau dahinter stecken." "Wie kommen Sie darauf?" brummte Mark. "Ganz einfach. Sie sehen so aus, als hätte eine Frau Sie eingefangen. Wenn Ihnen das nicht passt, dann sollten Sie sich lieber gleich aus dem Staub machen, ehe es zu spät ist. Bei meiner vierten Frau hatte es mich genauso erwischt, und ehe ich zur Besinnung kam, war ich schon auf dem Standesamt. Eine Warnung, Boss. Frauen suchen Ehemänner, so einfach ist das." "Frauen sind nicht einfach. Sie sind kompliziert", erwiderte Mark und dachte daran, wie Chelsea sich gestern abend benommen hatte. Verdammt! Er konnte es immer noch nicht fassen, dass er sich bei so einer Versuchung wie ein Mönch verhalten hatte! "Kompliziert?" Steve schmunzelte. "Oho, Sie hat es aber erwischt." "Ja." Plötzlich wusste Mark, was er zu tun hatte. Er drehte sich abrupt um, verließ die Baustelle und lief hinüber zu seinem Bauwagen. Dort griff er zum Telefon. "Guten Tag. Heiße Ware. Was kann ich für Sie tun?" erklang Gwens freundliche Begrüßung.
"Hallo, hier ist Mark. Sie können Ihre Partnerin ans Telefon holen, ohne ihr zu sagen, wer dran ist", erwiderte er. "Das würde ich machen, wenn ich könnte, aber sie ist vor einer halben Stunde Besorgungen machen gegangen, und ich nehme an, dass sie erst in einer Stunde zurück ist", sagte sie. "Ich kann ihr ausrichten, dass sie Sie anrufen soll, wenn sie wieder da ist." Er verdrängte seine Enttäuschung. "Ja, tun Sie das." "Ich denke, wir sehen uns bei Chelseas Grillparty wieder", meinte Gwen leichthin. "Wollen wir es hoffen", antwortete er, unsicher, ob Chelsea ihn überhaupt wiedersehen wollte. "Jedenfalls sagen Sie Chelsea, sie muss mich mal anrufen." Er legte den Hörer auf. "Ich glaube nicht, dass Chelsea dich anrufen muss." Mark wandte sich um und sah Chelsea in der Tür des Bauwagens stehen. Sie blickte etwas unsicher drein, als wüsste sie nicht recht, wie er sie empfangen würde. "Hallo", sagte er leise, weil er fürchtete, sie könne davonlaufen, wenn er laut würde. Es war nicht zu übersehen, dass sie einen Kater hatte. Vermutlich hatte sie das schwarze Kostüm gewählt, weil es am besten zu ihrer Stimmung passte. Dennoch fand er sie attraktiv wie immer. "Gwen sagte, du wärst Besorgungen machen. Heißt das, ich stand mit auf der Liste?" Die knappe Kopfbewegung deutete auf ein Nein hin. "Das war mehr eine momentane Entscheidung... als ich hier vorbeifuhr." Sie blickte auf ihre Umhängetasche, die sie an sich gedrückt hielt. "Ich wollte mich entschuldigen." Er blieb absichtlich auf Distanz und lehnte sich gegen seinen Schreibtisch. "Wofür?" "Für die Art, wie ich mich gestern abend benommen habe. Für das, was ich gesagt habe." Sie sprach so leise, dass er sich anstrengen musste, um sie zu verstehen. "Ich bin nicht mehr als einen Drink gewohnt, besonders wenn es starker Alkohol ist. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist, dass ich gestern abend so viel getrunken habe. Ich vermute, ich habe nicht mehr klar denken können." Sie weigerte sich, ihn anzusehen. "Eigentlich war ich nicht ich selbst", schloss sie niedergeschlagen. Er lächelte. "Vielleicht warst du gestern abend in gewisser Weise mehr du selbst, als du es wahrhaben willst." Jetzt sah sie ihn an, und der Kummer in ihrem Blick schmerzte ihn. "Nein, das stimmt nicht. Ich muss mich unter Kontrolle halten." Das widersprüchliche Bekenntnis war ihr herausgerutscht. "Weil du Angst hast, ich könnte dich ausnutzen, wie Colleens Vater es getan hat?" fragte er behutsam, löste sich vom Schreibtisch und ging zu ihr. "Chelsea, hast du solch große Angst vor Männern? Oder nur vor deinen wahren Gefühlen?" Er betastete den goldenen Anstecker an ihrem Kragen. Am liebsten hätte er sie direkt auf den Mund geküsst, um sie aufzuheitern.
"Hübsch", murmelte er und beugte sich vor. Ihre Wangen bekamen ein wenig mehr Farbe. "Du meinst den Anstecker. Ich sehe furchtbar aus. Das weißt du auch." "Hast du auf Komplimente gewartet?" Er stützte sich hinter ihrer Schulter mit der Hand am Türrahmen ab, so dass sie eingeklemmt war. Er neigte den Kopf vor und atmete den frischen Frühlingsduft ihres Parfüms ein. Plötzlich musste er über ihren verwirrten Gesichtsausdruck lächeln. Also machte sie sich auch etwas aus ihm, wenn sie nüchtern war. Sie zwang sich, den Kopf anzuheben und ihm in die Augen zu sehen. "Lass mich gehen." "Nicht eher, bis ich weiß, dass du keine Angst mehr hast." "Ich habe vor nichts und niemandem Angst", murmelte sie. "Du hast Angst vor mir. Vor dem, was ich dir antun könnte." "Dein Ego ist erstaunlich, Mr. Harrison. Aber das liegt wahrscheinlich an deinem Alter." Ihr herblassender, abweisender Ton kränkte ihn. "Um Ausreden bist du nie verlegen, Chelsea. Die Sache hat nur einen Haken. Du wirst mich mit diesem Unsinn über das Alter nicht los. Du weißt doch, das macht mir nichts aus, und dir genausowenig. Weil du schon längst gemerkt hast, wie schön es mit uns beiden ist." Er strich mit seinen Lippen zärtlich über ihr Ohr. "Vielleicht hätte ich mich gestern abend nicht wie ein Gentleman benehmen sollen." "Das hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Sex rückt die Welt nicht gerade." Trotz ihrer abweisenden Worte schmiegte sie sich unbewusst mit den Hüften an ihn. "Oder er erlaubt zwei Menschen, einander in einem neuen Licht zu sehen. Einem wahren Licht. Dem Licht echter Intimität." Er umfasste sie und zog sie mit sich tiefer in den Bauwagen hinein. "Komm Chelsea, gib zu, dass du es möchtest." Sie schob ihn von sich und ging wieder zur Tür. "Tu was für dein Ego, Mark!" empfahl sie ihm aus sicherer Entfernung, verließ den Wagen und knallte hinter sich die Tür zu. Er wartete absichtlich einen Moment, ehe er die Tür wieder öffnete und ihr nachrief: "Ich freue mich schon auf deine Grillparty!" Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Erstaunen zeigte sich auf ihrem Gesicht. Dann wandte sie sich wieder ab und ging mit schnellen Schritten davon. Mark lehnte in der Tür und sah Chelsea nach, bis sie seinen Blicken entschwand. Verdammt, die Frau macht mich wirklich verrückt, dachte er und seufzte.
9. KAPITEL "Schön, dass du doch noch gekommen bist", empfing Chelsea Mark und führte ihn durch das Haus nach hinten zur Terrasse. Heute war sie so lässig gekleidet, dass sie ihn wieder einmal überraschte. Während sie vor ihm herging, musste er sie ununterbrochen ansehen. "Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe, aber mein Vater rief an, gerade als ich gehen wollte. Und er konnte mal wieder kein Ende finden", entschuldigte er sich und überlegte, wie lang die Grillparty wohl dauern mochte. Er war fest entschlossen, sich als letzter zu verabschieden. "Übrigens, du hast nicht gesagt, was der Anlass für dein Fest ist", fuhr er plaudernd fort, während er durch die geöffneten Schiebeglastüren auf eine geräumige Terrasse schaute, wo einige der Gäste in der frühherbstlichen Sonne saßen. Andere schwammen in dem dahinterliegenden Pool, und ein paar saßen an langen Picknicktischen im Garten. "Solche Feste stehen im allgemeinen mit irgendeinem Feiertag in Verbindung." "Bei uns steht das Grillfest unter dem Motto ,Vertreibt die Herbstdepressionen'", erwiderte sie und führte ihn nach draußen. "Colleen war immer niedergeschlagen, wenn die Schule wieder anfing und der Sommerspaß vorbei war, und mich hat es wiederum bedrückt, wenn sie niedergeschlagen war. So kam es, dass wir uns vor vier Jahren entschieden haben, eine gemeinsame Party zu geben, zu der jeder die gleiche Anzahl Freunde einladen darf. Ehe wir es gemerkt hatten, artete die Sache zu einer Tradition aus. Jedes Jahr wurden es mehr Leute. Der große Unterschied in diesem Jahr ist, dass Colleen das Wochenende mit Elaine und ihrer Familie in Santa Barbara verbringt. Ein Ausflug, der ihr besser erschien als meine Party", fügte sie trocken hinzu. "Mark, bedien dich. Es gibt Wein, Bier, alkoholfreie Getränke - alles, was das Herz begehrt." "Ich wüsste schon, was mein Herz begehrt." Marks leise Worte erzeugten bei Chelsea eine Hitzewelle. "Schade, dass das Pool beheizt ist. Ich glaube, du hast eine Abkühlung nötig", murmelte sie. Ich wohl eher, dachte sie und ließ ihn stehen. "Hallo, Mark, schön, dass Sie da sind." Gwen begrüßte ihn mit einem Kuss auf die Wange. "Mark, hier sind ein paar Leute, die musst du unbedingt kennen lernen." Er wandte sich zu Chelsea um, die zwischen einem lächelnden grauhaarigen Mann und einer ebenso freundlich dreinblickenden rothaarigen jungen Frau in einem Minibikini stand. "Das sind Vicki Carson und ihr Vater, Lawrence", stellte sie die beiden ihm vor. "Lawrence gehört die Pacific Coast European Motors, und Vicki ist die Managerin." Sie wandte sich an Lawrence. "Mark leitet den Bau des neuen Einkaufszentrums. Ich dachte, die Party heute würde ihm die Gelegenheit geben, ein paar der örtlichen Geschäftsleute näher kennenzulernen." Die Männer schüttelten sich die Hand, während Vicki Mark von oben bis unten musterte, als wäre er das Hauptgericht des heutigen Abends. "Chelsea, wo um
Himmels willen hast du ihn gefunden?" säuselte sie und legte eine Hand mit langen, unechten Fingernägeln auf Marks Arm. Mark hoffte, er bilde sich nicht nur ein, dass Chelseas Lächeln etwas gequält ausfiel, als Vicki so offen ihr Interesse an ihm bekundete. "Ehrlich gesagt, das habe ich Colleen zu verdanken. Sie hat Mark kennengelernt und uns miteinander bekannt gemacht", erzählte sie leichthin und wandte sich ab, als sie gerufen wurde. Im Gehen schaute sie sich noch mal rasch nach Mark um. Hurra, jubelte Mark im stillen. Sie ließ ihn nur ungern allein zurück. Er strahlte sie an und hoffte, ihr damit deutlich genug zu zeigen, dass sie nichts zu befürchten habe, trotz der verschlingenden Blicke der Dame ihm gegenüber. Schon bald hatten einige andere Frauen den Neuankömmling entdeckt und flanierten an ihm vorbei, um ihm vorgestellt zu werden. Mark trat etwas unangenehm berührt von einem Fuß auf den anderen. Er fühlte sich allmählich wie ein begehrtes Objekt auf einer Auktion. Chelsea öffnete eine Schranktür nach der anderen und schimpfte leise: "Ich weiß doch, dass es da ist." Sie machte eine Tür zu und öffnete die nächste. "Warum lasse ich Colleen bloß die Sachen wegräumen? Ich kann nie wiederfinden, was sie einmal in den Händen hatte." "Das war nicht sehr nett", tadelte Mark sie und kam in die Küche. Chelsea hielt einen Moment inne, ehe sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um an eines der oberen Fächer zu kommen. Mark trat hinter sie, holte das Geschirr mühelos heraus und stellte es auf die Anrichte. Er wollte sich aber nicht so einfach von Chelsea lösen. "Ich weiß nicht, ob es gut ist, dass du in diesen Shorts herumläufst", flüsterte er ihr ins Ohr. Chelsea bemühte sich, das Beben ihrer Hände unter Kontrolle zu bekommen, als sie seine Zungenspitze an ihrem Ohrläppchen spürte. Sie fluchte leise, weil die Soße, die sie von der Schüssel in die Schale hatte umfüllen wollen, vom Löffel auf die Anrichte tropfte. Blindlings griff sie nach einem Wischlappen. "Warte." Mark nahm ihr den Lappen aus der Hand und wischte auf, was vorbeigegangen war. Dabei blieb er hinter ihr stehen, als klebte er an ihr. "Da, so sauber wie neu." Chelsea atmete hörbar ein, als er sich mit den Hüften an sie drängte und sie seine Erregung fühlen konnte. "Nicht", flüsterte sie. "Es fällt mir aber schwer, mich anders zu benehmen, wenn ich in deiner Nähe bin." Er umfasste von hinten ihre Taille, so dass Chelsea ihm nicht mehr ausweichen konnte. "Ich wünschte, wir wären allein", sagte er leise. "Wir sind allein." "Nicht so, wie ich das gern hätte. Und wenn ich den lüsternen Blick von dem alten Carson noch mal sehe, werde ich ihn zusammenschlagen." Er bemühte sich nicht, seinen Zorn zu verbergen. Chelsea schnaubte leise. "Er ist nicht alt. Er ist nur vorzeitig ergraut."
"Er ist ein geiler alter Mann, der sich wahrscheinlich auf jede Bikinischönheit in Reichweite stürzt", entgegnete er und drückte ihr viele kleine Küsse auf den Nacken. Sie ließ den Kopf gegen seine Brust sinken. "Nicht schon wieder." "Was denn?" "D... das da", antwortete sie stotternd. "Ist das gut?" "Ja", gestand sie und seufzte. "Verflixt, und jetzt haben wir all die vielen Leute da draußen. Was machen wir mit denen?" Seine gespielte Enttäuschung brachte sie unwillkürlich zum Lachen. "Also, ich weiß was. Ich gehe einfach raus und sage ihnen, wir hätten ein paar lebensgefährliche Bakterien im Essen entdeckt. Alle müssten nach Hause gehen, weil das Haus desinfiziert werden muss." "Wegen Bakterien wird kein Haus desinfiziert", versetzte sie. "Du kannst das Haus wegen allem, was du möchtest, desinfizieren lassen, solange es nicht meinetwegen ist." Ein zarter Kuss auf die Schläfe zeigte ihr, was er jetzt dachte. Sie machte die Augen zu und genoss die Berührung, wie sie sonst heiße Schokoladencreme auf Eis genoss. "Wenn du das sagst, klingt es so einfach." Sie seufzte. "Es ist einfach, wenn du es nur willst." Seine Hände glitten höher, bis seine Fingerspitzen ihre Brüste an den Seiten berührten. "Na gut, du willst nicht, dass ich sie rauswerfe. Dann kannst du mich wenigstens vor diesen weiblichen Haien beschützen. Hätte Gwen sich nicht um mich gekümmert, wäre ich jetzt meiner Unschuld beraubt. Und die wollte ich doch für dich aufheben." Er küsste sie auf ein Augenlid. "Wirst du ihnen klarmachen, dass ich nicht mehr zu haben bin?" Sie nagte an ihrer Unterlippe. "Und wenn ich mich weigere?" "Werde ich einfach hierbleiben und dich so lange bedrängen, bis du ja sagst." Ihr Lachen klang ein wenig unsicher. "Ach, Mark, was soll ich denn nur mit dir machen?" Er drehte sie in seinen Armen zu sich um. "Ich glaube, du kennst die Antwort auf die Frage schon. Denk darüber nach. Wir werden uns eingehend darum kümmern, wenn alle weg sind, ja?" Sie holte tief Luft und nickte. "Das heißt aber nicht, dass du deinen Willen bekommst", warnte sie ihn. "Nein, aber ich darf doch hoffen, oder?" erkundigte er sich. "Nun komm schon! Ich helfe dir, das nach draußen zu tragen. Je eher sie satt sind, desto eher werden sie gehen." "So habe ich mir die Grillparty nicht vorgestellt", stöhnte sie, nahm zwei Platten und reichte sie ihm. "Keine Sorge, du wirst mit allem fertig werden, was auf dich zukommt", versprach er ihr und konnte es nicht lassen, sich schnell noch einen Kuss zu stehlen. Als er ihren Mund wieder freigab, musste sie lächeln. "Siehst du, wie gut du mit mir fertig wirst?"
"Wenn ich gut mit dir fertig würde, wäre ich gar nicht in dieser heiklen Lage", konterte sie, griff nach einem Stapel Papierteller und der Soßenschüssel. Dann folgte sie ihm nach draußen. Auf dem Weg in den Garten, konnte Mark nicht umhin, Chelsea erneut zu bewundern. Sie trug hellbraune Shorts und ein apricotfarbenes T-Shirt. Das Haar hatte sie leicht wellig gebürstet und mit zwei Kämmen hinter die Ohren gesteckt. Sie wirkte so frisch wie eine Frühlingsbrise, und er gestand sich ein, dass er auf dem besten Weg war, sich in sie zu verlieben. "Jetzt muss ich sie bloß noch davon überzeugen", murmelte er vor sich hin. Chelsea drehte sich misstrauisch zu ihm. um. "Wen von was überzeugen?" "Dich überzeugen, wie gut ich zu dir passe." Sein unschuldiges Lächeln hätte einem Pfadfinder alle Ehre gemacht. Chelsea wurde sogleich von einem neu hinzugekommenen Gast in eine Unterhaltung gezogen, und einige andere Gäste stellten sich Mark vor. Er merkte rasch, dass Chelseas Bekannte in ihrer Runde auch gern neue Gesichter sahen, und obwohl er lieber mit ihr allein gewesen wäre, unterhielt er sich zu seinem Erstaunen dann doch bald recht gut. "Ich fahre mindestens einmal die Woche an dem Einkaufszentrum vorbei", sagte Jeremy zu ihm. Er besaß zwei Radiogeschäfte. "Ich kann gar nicht glauben, wie rasch der Bau vorangegangen ist." "Ja, ich habe gute Leute", erwiderte Mark und schaute sich heimlich nach Chelsea um, die immer in dem Moment zu verschwinden schien, wenn er sie entdeckt hatte. "So, wie die Arbeit läuft, werden wir zum vereinbarten Termin fertig sein." "Ich habe gehört, dass Sie hier in der Gegend ein Büro eröffnen. Wird es eine Zweigniederlassung der Firma Ihres Vaters, oder wollen Sie sich selbständig machen?" Mark unterdrückte einen enttäuschten Seufzer, als er merkte, dass Chelsea wieder seinen Blicken entschwunden war. "Meine Brüder und ich haben jeder ein Büro in unserer eigenen Fachrichtung unter der Leitung der Harrison Construction Inc. Mein ältester Bruder baut Eigenheime, der andere hat sich auf Schulen, Kirchen und öffentliche Gebäude spezialisiert. Ich selbst habe eine Vorliebe für gewerbliche Bauten." Jeremy musterte Mark. "Sie sind noch recht jung für ein so großes Unternehmen, nicht wahr?" Ein flüchtiges Lächeln huschte über Marks Gesicht, spiegelte sich aber nicht in seinen Augen wider. "Nun, wir müssen alle irgendwo anfangen, stimmt's?" "Ja, das stimmt." Jeremy schaute sich über die Schulter, weil jemand ihn gerufen hatte. "He, das ist Suzanne. Bis später." "Woher kennst du Jeremy?" wollte Mark von Chelsea wissen, als er sie schließlich für einen Moment beiseite ziehen konnte. "Ich habe meine Stereoanlage bei ihm gekauft", erklärte sie. "Er hat mir ein gutes Angebot gemacht."
"Ja, das kann ich mir vorstellen." Eifersucht schwang in seiner Stimme mit. "Sicherlich hat er sich selbst noch als Bonus angeboten." "Mag sein, dass er das versucht hat, aber ich habe nicht hingehört und war auch nicht interessiert." Mark schmunzelte. "Du verstehst es, mich aufzumuntern", flüsterte er ihr ins Ohr. "Komm, ich mache dich noch mit ein paar anderen Leuten bekannt", schlug sie ihm vor. Mark hielt sie zurück. "Ich sage dir das nicht gern, wo du so eine gute Gastgeberin bist, aber mir können die ganzen Leute gestohlen bleiben. Ich möchte lieber mit dir allein sein." Obwohl sie ein entrüstetes Gesicht machte, funkelte es schelmisch in ihren Augen. "Könntest du das vielleicht als Steigerung der Vorfreude betrachten?" "Junge Frau, du forderst das Glück heraus", warnte er sie, freute sich im stillen jedoch darüber, dass Chelsea wieder so lebhaft war, wie er sie sich wünschte. "Ich weiß", raunte sie ihm zu, und schon war sie wieder davongehuscht. Chelsea wusste genau, wie sehr sie das Glück herausforderte, und sie war selbst darüber überrascht, wie sie sich verändert hatte. Sie mochte Spaß, aber diese Art von Flirten war etwas Neues für sie. Mark hatte es irgendwie geschafft, ihre Hemmungen in dieser Hinsicht abzubauen. "Chelsea, wo finden Sie nur immer so einmalige Männer?" sprach eine brünette Frau sie an. "Dieser Mark Harrison sieht einfach umwerfend aus. Und dann dieser grauhaarige Lawrence Carson. Auch wenn ich sonst nicht für ältere Männer schwärme, muss ich sagen, dass er eine gewisse Ausstrahlung hat." Chelsea beugte sich vor; als wollte sie ihrem Gast ein Geheimnis anvertrauen. "Das ist noch nicht alles, was er hat, Kira", raunte sie der Frau zu. "Soviel ich weiß, hat Lawrence auch eine recht dicke Brieftasche, und seine Lebensgefährtin hat ihn erst vor kurzem verlassen, um eine Karriere als Fotomodell anzufangen. Der arme Mann kann sicherlich eine wohlmeinende Trösterin brauchen." Kiras Augen leuchteten auf, und ein Lächeln glitt um ihre Lippen. "Der Ärmste", flötete sie. "Er ist ganz allein, ja?" Chelsea nickte. "Auch wenn Mark gut aussieht..." Sie hielt vielsagend inne. "Na ja, jeder kennt doch die Leute vom Bau. Sie sind alle ein bisschen... rauer, sagen wir mal. Sie wissen, was ich meine - Bier, Football und so. Und da dachte ich mir, wenn ich ihn einlade, könnte er ein paar nützliche Geschäftskontakte knüpfen und seine rauen Seiten ein wenig glätten..." Kira befeuchtete sich die Lippen. "Hmm, ,raue Seiten' sind manchmal ganz nett, aber ich glaube, ich gehe zu Lawrence und unterhalte mich ein bisschen mit ihm", entschied sie. "Ich wollte schon immer mehr über ausländische Autos wissen." Chelsea tätschelte ihr den Arm. "Ja, tun Sie das." Sie sah der Frau nach, wie sie zu dem älteren Mann hinüberstolzierte.
"Das hast du aber sehr gut gemacht", bemerkte Gwen vergnügt schmunzelnd und reichte Chelsea einen Plastikbecher mit Wein. Chelsea nippte an dem Wein und machte ein sehr zufriedenes Gesicht. "Ich weiß gar nicht, was du meinst." "Komm, Chelsea, mit deinem Reden hast du Kira von Mark weggesteuert und praktisch zu Lawrence geschickt. Natürlich hast du ihr nicht gesagt, dass Carson sich nur dafür interessiert, wie seine Golfspiele laufen, was sein Boot macht und um wieviel die Anzahl seiner importierten Autos die der amerikanischen übersteigt." Chelsea nickte zustimmend. "Und worüber redet Kira am liebsten?" "Ihre Friseuse, ihre Maniküre und sich selbst." "Richtig", bekräftigte Chelsea. "Also findet Kira in ihm einen reichen, mit sich selbst beschäftigten Mann, der ihr jeden Wunsch erfüllen kann, und Lawrence bekommt eine hübsche, mit sich selbst beschäftigte Frau. Ein Paar wie aus dem Bilderbuch." Sie schaute auf ihre Uhr. "Ich muss die restlichen Sachen rausholen und den Grill anzünden." "Wenn du ein Feuer machen willst, solltest du nur Mark suchen gehen. Mit seinen heißen Blicken kann er glatt die Kohlen in Brand stecken", neckte Gwen sie. Chelsea gab ihr einen Schubs. "Geh, such ein paar Freiwillige, die den Grill bedienen, und ich hole die restlichen Sachen." Im Nu hatte Chelsea Schüsseln mit Salat, Krüge mit grünen Bohnen, Körbe mit Kartoffelchips und verschiedene Gewürze auf die Tische gebracht, während Mark und zwei andere Männer die Hamburger grillten. "Ich bin erstaunt, wieviel Arbeit du dir mit allem gemacht hast." Mark setzte sich schließlich neben Chelsea und balancierte seinen vollen Teller auf einem Knie. "Und du hast wohl eine Reihe netter Freunde, die viel von dir halten." "Ja, in der Hinsicht habe ich Glück", erwiderte sie bescheiden. "Ich kann auch froh sein, dass ich so einen großen Garten habe, in dem für alle Platz genug ist." Plötzlich bemerkte sie, was für einen dicken Hamburger er hatte. "Bist du sicher, dass dein Mund für den groß genug ist? Der Hamburger sieht ja aus, als sollten drei davon satt werden." Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu. "Ich dachte, ich sollte wenigstens schon mal eines meiner Bedürfnisse stillen. Außerdem schmeckt ein Hamburger am besten mit viel obendrauf." Er beugte sich vor und flüsterte ihr zu. "Allerdings habe ich die Zwiebel mit Rücksicht auf dich weggelassen." Lächelnd hielt sie ihren Hamburger hoch und biss dann kräftig hinein. Sie kaute nachdenklich und schluckte den Bissen hinunter. "Das ist lustig, ich habe das nicht getan."
10. KAPITEL "Ich dachte schon, sie würden nie gehen!" stöhnte Mark und hielt Chelsea einen riesigen Müllbeutel auf. Chelsea versuchte, ein vorwurfsvolles Gesicht zu machen. "Du hast sie förmlich rausgeworfen, so wie du gegähnt und immer wieder auf die Uhr geschaut hast", beschwerte sie sich. Sie beugte sich über den Tisch, fegte mit den Armen den Abfall zusammen und ließ alles in den Müllbeutel fallen. "Na ja, sie waren ja fast schon eine Ewigkeit hier", verteidigte er sich. "Außerdem hat sich niemand beklagt, abgesehen von dem Kerl, der so spät kam." Chelsea seufzte bei der Erinnerung an den unbekannten, unerwarteten Besucher, der sich ausdrücklich nach ihr erkundigt hatte. Sie war in die Küche geflohen und hatte es Mark überlassen, mit dem großen, tätowierten Fahrradfahrer fertig zu werden. "Ich kann es nicht fassen, dass Colleen es schon wieder versucht hat! Und dass sie ihn ausgerechnet zur Grillparty eingeladen hat." "Jedenfalls ist den anderen, nachdem er da war, plötzlich eingefallen, dass es Zeit zu gehen war", meinte Mark. "Dein kleines ,hier ist Ihr Hut, was sind Sie denn so in Eile?' Theater, nachdem Vince erwähnte, er müsse sich wohl allmählich verabschieden, weil er morgen einen frühen Termin habe, war auch nicht die feine Art." Sie schlug mit einem Papierteller nach ihm. "Das war geradezu unhöflich." Mark tanzte aus ihrer Reichweite. "He, ich habe dir nur einen Gefallen tun wollen. Du musstest ja schon völlig erschöpft gewesen sein." "Das war vielleicht ein Gefallen." Sie knüllte die Servietten zusammen und warf sie in den Beutel. Mark ließ den Beutel fallen und ergriff Chelseas Hände. "Bist du mir wirklich böse?" "Ich weiß nicht", antwortete sie ausweichend. "Und wenn ich versuchte, es wiedergutzumachen?" Sie neigte den Kopf zur Seite. "Da müsste dir aber schon etwas einfallen." "Ja, ist mir." Seine Worte klangen recht vielversprechend. "Und ich bin sicher, du wirst auch damit einverstanden sein." "Deinem Ego geht es gut, oder?" "Du bedeutest mir sehr viel, Chelsea", sagte er leise, und eine gewisse Spannung schwang in seiner Stimme mit. Sie musste den Kopf etwas in den Nacken legen, um zu ihm aufschauen zu können, und war sofort wie gebannt von seinen dunklen Augen. Da er viel an der frischen Luft arbeitete, war seine Haut tiefgebräunt, und feine Fältchen hatten sich um seine Augen eingegraben. "Ich nehme nichts auf die leichte Schulter, Mark. Das kann ich mir nicht leisten. All die Jahre ist es mir nicht schwer gefallen, Männer auf Abstand zu halten, aber du hast es irgendwie geschafft, meine Abwehrmauern einzureißen.
Vielleicht ist es dumm von mir, dass ich das zugebe." Sie runzelte die Stirn. " Ich bin bereits einmal reingefallen. Den Kummer möchte ich nicht noch mal durchmachen." In diesem Moment war Mark versucht, sie in die Arme zu nehmen und ihr zu versichern, dass alles gutgehen würde. Aber er wollte, dass sie ihm aus eigener Überzeugung vertraute. Ein schwaches Lächeln glitt über ihr Gesicht, als sie ihm gestand: "Du hast mein Leben auf den Kopf gestellt. Ich habe das Gefühl, mir bleibt keine andere Wahl, als das Glas bis zur bitteren Neige zu leeren." "Das ist vielleicht eine Ausdrucksweise, Chelsea. Du tust so, als wäre es schon vorbei, ehe wir eine Chance hatten anzufangen. Weißt du etwas, was ich nicht weiß?" "Ich weiß, dass auf jeden Anfang auch ein Ende folgt, und nicht unbedingt immer ein glückliches." Diesmal machte Mark den ersten Schritt. Er fasste sie bei den Armen und zog sie an sich. "Für uns gibt es kein Ende, Chels", behauptete er und drückte sie fester an sich. "Nur Anfänge. Glaub mir." Statt einer Antwort hob sie langsam den Kopf und bot ihm ihre Lippen zum Kuss, als hätte sie wirklich keine andere Wahl. Sie öffnete den Mund, um seiner Zunge Einlass zu gewähren, und nahm den Geschmack nach Bier und Mann in sich auf. Plötzlich löste sie ihren Mund von seinem und strich ihm mit den Lippen wie wild über den Hals. Mark atmete den schwachen Duft ihres Parfüms ein, und mit einem Aufstöhnen drückte er sein Gesicht in ihr weiches Haar. "Ich will dich, Chelsea", flüsterte er, während er ihre Hüften heftig an sich zog. "Ich brauche dich." "Ja." Ihre Antwort war nicht lauter als ein schwaches Ausatmen. Ihr ganzer Körper war angespannt vor Erwartung. "Ich kann nicht anders. Ich kann nur- ja sagen." Mark ließ ihr keine Zeit, die Antwort zu überdenken. Er hob sie auf die Arme, trug sie ins Haus und die Treppe hinauf. Und mit jeder Stufe, die er höherstieg, wurde er entschlossener. Als er in ihrem Zimmer die Nachttischlampe einschaltete, war er angenehm überrascht über das, was er vorfand. Hier konnte er sich überzeugen, dass Chelsea wirklich so war, wie er geglaubt hatte. Eine dicke, feuerrote Decke lag auf dem breiten Bett, das am Kopfende mit kleinen Seidenkissen dekoriert war. Er setzte Chelsea auf dem Bett ab, stand einen Moment reglos da und betrachtete sie. "Du bist wunderschön auf dem feurigen Stoff", flüsterte er. "Feuer kann gefährlich sein", warnte sie ihn. Ihre Stimme war ganz heiser geworden. Er streckte sich neben ihr aus und suchte nach dem Verschluss ihrer Shorts. "Hättest du nicht etwas anziehen können, was leichter auszuziehen ist?" Sie hob eine Braue. "Ich dachte, du magst Herausforderungen."
"Es gibt solche und solche Herausforderungen." Er schob eine Hand prüfend unter ihren Rücken, und schließlich fand er den seitlichen Reißverschluss. Er öffnete ihn. Das leise Ratschen und ihr heftiges Atmen waren das einzige Geräusch in der Stille des Raumes. Chelsea schloss die Augen und genoss die Empfindungen, die sich in ihr ausbreiteten. Mark hatte sie bis jetzt, kaum berührt, doch das schien keine Rolle zu spielen. Schon seine Blicke waren fast so überwältigend wie ein Liebesspiel selbst. Doch plötzlich reichte ihr das nicht, sie sehnte sich nach mehr. Sie streckte verlangend die Hand nach ihm aus und berührte seine Wange. Dann hob sich etwas an, damit er ihr die Shorts ausziehen konnte und danach das T-Shirt. Sie lächelte, als er hörbar Luft holte beim Anblick ihres mintgrünen Spitzenbustier mit dem passenden Spitzenminislip. "Ist das überhaupt erlaubt?" murmelte er und fuhr mit der Fingerspitze den schmalen Spaghettiträger nach, bis er ihre Brustansätze erreicht hatte. Er zeichnete unsichtbare Muster auf ihre Haut und spürte, wie Chelsea unter seinem Streicheln erschauerte. Dann ließ er seine Hand tiefer gleiten, bis er die bloße Haut an ihrer Taille streicheln konnte. Seine Finger wanderten über ihren flachen Bauch zum Nabel und fanden den Spitzenrand ihres Minislips. Sie stöhnte leise. "Einer... unserer... neuesten Artikel", keuchte sie. "Gefällt es dir?" "Gefallen? Donnerwetter, wie kannst du so etwas fragen?" Er fasste zwischen ihre warmen Schenkel und übte einen sachten Druck aus. Schließlich beugte er sich über sie und verschloss ihr den Mund mit einem so besitzergreifenden und vielversprechenden Kuss, dass ihr der restliche Atem stockte. Er teilte ihre Lippen mit seiner Zunge, erkundete ihren Mund, um das herrlich süße Gefühl wieder zu erleben, das er dabei empfand. Schon bald war beiden die Kleidung unerträglich hinderlich. Chelsea begann, an seinen Sachen zu zerren und sie ihm auszuziehen. Mark trat mit einem leisen Fluch alles zur Seite, ohne darauf zu achten, dass die Decke samt den Kleidungsstücken auf den Boden fiel. Im Augenblick wollte er Chelsea ohne alles Störende sehen. "Mark", stöhnte sie, als er seine Hand unter ihr Bustier schob und ihre vollen Brüste umfasste. Er strich mit seinem rauen Daumen über ihre Brustspitzen, so dass ein warmer Schauer nach dem anderen sie durchfuhr. Sie wand und drehte sich, bis Mark sie von dem zartseidenen Kleidungsstück befreit hatte. Dann zog sie ihn blindlings an sich, wollte ihn auf ihrer Haut spüren. "Entspann dich und lass dich von mir lieben", flüsterte er und bedeckte ihr Gesicht mit vielen kleinen Küssen. Sanft schob er ein Knie zwischen ihre Beine, teilte ihre Schenkel und fühlte sich von ihrer Hitze verführt. Dann senkte er den Kopf und presste seine Lippen auf ihre Brustspitzen. Chelsea keuchte und drängte sich ihm entgegen. Mark lockte sie sacht aus ihrer Reserve, brachte sie dazu, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Mit den Händen, den Lippen und anheizenden Worten entfachte er das Feuer bei ihr.
Unter seinen liebevollen Zärtlichkeiten gab sich Chelsea ganz ihren Empfindungen hin. Sie rieb Marks Brustwarzen mit den Fingerspitzen und sah, wie sie sich unter ihrer Berührung leicht verhärteten. Nie zuvor hatte sie sich so frei gefühlt, den männlichen Körper ganz zu erkunden, wie Mark sie jetzt dazu ermunterte. Mit seinem Stöhnen und seinen Bewegungen zeigte er ihr, was ihm gefiel. Sie liebkoste ihn, streichelte seine raue, behaarte Haut und küsste ihn auf den sinnlichen Mund. Alle Schüchternheit war von ihr abgefallen, und als sie nach seiner männlichen Kraft fasste, stöhnte er auf. Beide spürten, dass die Zeit für Erkundungen vorbei war. "Warte", flüsterte Mark heiser, suchte nach seiner Jeans und griff in die Tasche. Er hätte nichts dagegen, Chelsea eines Tages ein Kind zu schenken, aber er wollte, dass es eine gemeinsame Entscheidung zur richtigen Zeit sein würde. Und dafür musste sie erst zustimmen, dass sie den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen wollte. Da ihm bewusst war, dass es für sie vermutlich lange her war, nahm er sie langsam und vorsichtig, auch wenn es ihn noch so sehr verlangte, sie sofort zu spüren. Er drang behutsam in sie ein und beobachtete dabei ihr Gesicht, ob ihr irgend etwas unangenehm war. Doch sie flüsterte, dass sie ihn begehre, und bog sich ihm entgegen, um ihn tiefer in sich aufzunehmen. Er brachte seine ganze Willenskraft auf, um zu warten, bis sie ihn ganz in sich aufgenommen hatte, erst dann begann er, sich langsam und rhythmisch zu bewegen. Chelsea schaute ihn an. Ihre geöffneten Lippen waren feucht, und in ihrem Blick lag das Verlangen. Dieses vollkommene Vertrauen, diese unglaubliche Zärtlichkeit waren neu für ihn, waren etwas ganz Besonderes. Und in dem Moment wusste er, dass diese einmalige Frau die Frau war, nach der er gesucht hatte. Er würde sie nicht gehen lassen, gleichgültig, wie eigensinnig sie sich hinterher benehmen würde. Er verlagerte sein Gewicht so, dass sie stöhnend ihre Beine hob und sie ihm um die Hüften schlang. "Bleib so, Chelsea, die ganze Zeit." Ein zittriger Seufzer entrang sich ihr. Chelsea glaubte nicht, es noch länger aushalten zu können. Sie schloss die Augen, wand sich unkontrolliert unter ihm und flüsterte seinen Namen. "Mach die Augen auf", bat er heiser. "Sieh mich an, Chelsea." Er hielt absichtlich in der Bewegung inne und wartete, bis sie seiner Aufforderung folgen würde, auch wenn es für ihn fast eine unerträgliche Qual war. Langsam öffnete sie die Augen. Leidenschaft und eine erstaunte, stumme Frage lagen in ihrem Blick. "Sieh mich an!" hauchte er. "Schau, was du mit mir machst, was wir miteinander machen. Schau, wie gut wir zusammenpassen - wie geschaffen füreinander. Das würden wir mit niemand anderem erleben können." Chelsea konnte ihre Augen nicht mehr schließen, selbst wenn sie es gewollt hätte. Sie stand unter Marks sinnlichem Bann. Sie schlang ihre Arme um seine Schultern, schaute dorthin, wo sie miteinander verbunden waren, und wieder in
Marks Gesicht. Er hatte recht. Sie waren wie geschaffen füreinander. Es gab keinen Grund mehr, irgend etwas zurückzuhalten. Er lockte sie mit sich in einen Strudel von Farben und Licht, einem feurigen Kaleidoskop, das sich mit jedem Stoß seines Körpers verstärkte. Glücklich ließ sie sich in dieses Inferno fallen, das sie zusammen geschaffen hatten. Mark konnte es nicht lassen, Chelsea immer wieder zu streicheln. Ihre feuchte Haut fühlte sich unter seinen rauen Fingerspitzen himmlisch an. Und das schläfrige, zufriedene Lächeln um ihre Lippen gab ihm ein paradiesisches Gefühl. Ihr Make-up war verwischt, ihr Haar zerzaust, aber er bezweifelte, dass sie je schöner ausgesehen hatte. "Das war unglaublich." Er sprach im Flüsterton. Sie öffnete ein Auge. "Ist das das Beste, was dir dazu einfällt?" Er lachte laut auf, restlos erleichtert. Keine Schuldgefühle, keine Reue, nur bloße Zufriedenheit. "Du bist mir eine, Chelsea Brennan." Er beugte sich über sie und küsste sie zärtlich auf die Lippen, die von den vielen Küssen leicht geschwollen waren. "Du machst Sachen mit mir, die ich mir nie hätte träumen lassen", sagte er. "Du schenkst mir Gefühle, von denen ich nie geglaubt hätte, dass ich sie erleben würde." Er schaute ihr in die Augen. "Welche ist nun die wirkliche Chelsea? Die kühle, gewandte Geschäftsbesitzerin? Die besorgte Mutter einer vorlauten Tochter, die ihr die Kerle direkt bis vor die Haustür schleppt? Die ungezwungene Frau, die bei Ricks jeden Mann anzog? Oder die unglaublich liebeshungrige Frau, mit der ich gerade zusammen war? Welches ist dein wahres Ich?" Sie zog ihn dichter zu sich heran. "Ich habe das Gefühl, du hast sie alle zusammengebracht und in eine vollkommene Person verwandelt", flüsterte sie, schmiegte, sich an ihn und biss sacht in seine Unterlippe. Dann strich mit den Fingern über seine muskulösen Schultern, glitt langsam tiefer zu dem behaarten Oberkörper, dem flachen Bauch bis hinunter zu dem dunklen krausen Haar und entdeckte, wie erregt er bereits wieder war. Falls Mark geglaubt hatte, er sei müde, musste er feststellen, dass sein Körper sofort auf ihre Zärtlichkeiten reagierte. "Wir stellen bestimmt einen Weltrekord auf", raunte er ihr zu, rieb seine Nase an ihrem Hals und sog ihren verführerischen Duft ein. Ihr leises Lachen klang wie Musik in seinen Ohren. Ohne zu zögern, schob er sich über sie und drang tief in ihre samtene Wärme ein. Ihre Augen leuchteten auf, als sie die Hüften anhob, um ihn tiefer in sich aufzunehmen. "Vielleicht ist das der Vorteil bei einem jüngeren Mann", keuchte sie.
11. KAPITEL "Mark! Mark, wach auf! Bitte, du musst sofort aufwachen!" Mit geschlossenen Augen lächelte er, drehte sich zu Chelsea um und streckte die Arme nach ihr aus. Seinem Lächeln folgte ein leichtes Stirnrunzeln, als er zwar etwas Weiches zwischen die Finger bekam, das ihm aber nicht so reizvoll erschien wie bloße Haut. Er öffnete ein Auge und hoffte, sich nur vergriffen zu haben. Doch das war nicht der Fall. Chelsea, in einem übergroßen Angorapullover und mit buntbedruckten Leggings, war außer sich. Obwohl er noch schlaftrunken war, wusste er sofort, dass irgend etwas nicht stimmte. Er hatte nicht erwartet, so aufzuwachen. Hätte Chelsea nicht etwas aus Seide und Spitze anhaben können? Oder, besser noch, gar nichts? "Mark, du musst sofort aufstehen", sagte sie und zog ihn am Arm. "Brennt es, oder was ist los?" brummte er. "Nein, aber..." "Na, warum fachen wir dann nicht ein Feuer an?" Er wollte nach ihr greifen. Sie wich ihm aus. "Mark, du musst sofort hochkommen", verlangte sie und zog ihm die Decke weg. "Bin ich schon." Er grinste breit und fasste erneut nach ihr. "Das meine ich nicht, und das weißt du genau!" Sie holte tief Luft. "Colleen hat eben angerufen. Sie hatten eine Autopanne, und sie sind auf dem Rückweg. Sie darf dich nicht hier antreffen." Ihre Worte hatten eine bessere Wirkung als eine kalte Dusche. Er ließ sich in die Kissen zurücksinken. "Schämst du dich so für das, was wir miteinander erlebt haben, dass deine Tochter nichts davon wissen darf?" fragte er ruhig. "Ich muss ihr ein Vorbild sein. Ich will nicht, dass sie glaubt, ihre Mutter sei leicht zu haben!" schrie sie. "Ich verstehe", meinte Mark. Er schob die Decke beiseite und stieg aus dem Bett. Er war nicht überrascht, dass sie seine Sachen bereits aufgehoben und ordentlich aufgefaltet auf die Kommode gelegt hatte. "Ich brauche wohl nicht zu fragen, ob du mich am Morgen danach noch respektierst", bemerkte er sarkastisch, nahm seine Sachen und ging ins Bad. Chelsea ließ sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Wie konnte sie sich vorhin noch so gut und jetzt so elend fühlen? "Warum habe ich mich nicht ganz cool gegeben, als wäre mir das schon zur Gewohnheit geworden?" murmelte sie vor sich hin. Dann zuckte es um ihre Lippen. "Vermutlich deshalb, weil es keine Gewohnheit bei mir ist." "Habe ich mich etwa so verhalten, als ob ich von dir dächte, du wärst leicht zu haben?" Warme Hände bedeckten plötzlich ihre. Mark hockte vor dem Bett und rieb ihre kalten Finger. Sie hob den Kopf. Tränen standen ihr in den Augen. "Das ist alles so neu für mich, Mark", flüsterte sie". "Ich habe zwar eine Tochter, bin also nicht unerfahren, habe aber noch nie eine ganze Nacht zusammen mit einem Mann
verbracht. Ich weiß, es gilt heutzutage nicht als weltgewandt, das zuzugeben, aber es ist nun mal so." Wärme durchflutete ihn bei diesem Geständnis. "Und du befürchtest jetzt, ihren Respekt zu verlieren, wenn sie erfährt, dass du mit einem Mann geschlafen hast, mit dem du nicht verheiratet bist", mutmaßte er. "Wir haben uns über den Unterschied zwischen Sex und Liebe unterhalten", sagte sie leise, fasziniert von den massierenden Bewegungen seiner Hände. "Ich weiß, ich kann ihr keine Vorschriften machen, aber ich will nicht, dass sie dieselben Fehler macht wie ich." "Chelsea, Colleen ist klug. Sie würde nicht schlecht von dir denken, nur weil ich über Nacht hier war. Sie wird schon merken, dass mehr zwischen uns ist als nur Lust", sprach er beruhigend auf sie ein. "He, wie wäre es mit einem Glas Orangensaft?" Er schwang ihre Hände hin und her. "Es gibt keine Regeln für solche Fälle. Wir müssen uns selbst vortasten und darauf achten, dass Colleen keinen falschen Eindruck bekommt. Zusammen werden wir es schon schaffen, findest du nicht?" Ihre Lippen bebten leicht. "Du hast das wohl schon mal gemacht." "Nicht so oft, wie du glaubst. Ich ziehe Qualität der Quantität vor. Jetzt hör auf, dir Sorgen um solch unwichtige Dinge zu machen. Falls Colleen merkt, dass wir beide uns lieben, werden wir damit schon fertig. Es wird ihr schon nicht schaden, eine liebevolle, feste Verbindung bei zwei Erwachsenen zu erleben. Es ist jedenfalls tausendmal besser, als einen ganzen Trupp Männer durch das Schlafzimmer ihrer Mutter ziehen zu sehen, oder?" Sie starrte ihn an. "Siehst du uns so? Fest verbunden?" "Du glaubst doch nicht, ich hätte deine ganzen eigensinnigen Bemerkungen ertragen, nur um eine Nacht in deinem Bett zu verbringen, oder?" Da konnte sie nicht anders als lächeln. "Jetzt willst du mich aufziehen." Er streichelte ihre Wange mit seinem Handrücken. "Du bist eine einmalige Frau, Chelsea. Und ich bin froh, dass ich nicht erst einen anderen Mann aus dem Weg räumen musste, um mit dir Zusammensein zu können." Sie lachte bei der Vorstellung. Mark schüttelte den Kopf. "Ich hätte mich mit jedem Typ auseinandergesetzt, der mir in die Quere gekommen wäre. Ich glaube, gleich beim ersten Mal, als ich dich sah, wusste ich schon, dass du die Frau für mich bist." Er schmunzelte. "Auch wenn du entschlossen warst, es mir schwer zu machen." "Ich kann gar nicht glauben, dass du dich zu einer Frau hingezogen fühltest, die dich angeschrien hat", meinte sie und fasste nach seinem Hemdsaum. Er hob die Schultern. "Nicht nur hingezogen. Ich war wie umgehauen. Du warst besorgt um deine Tochter und gleichzeitig verärgert. Du hattest Angst, was alles hätte passieren können, und ich war ein unbekannter, möglicherweise bedrohlicher Eindringling. Du hast deine Tochter beschützt, und... du warst richtig schön in deiner Aufregung." Er lächelte zu ihr hinab. "Chelsea, du hast gesagt, du hast ein ausgefülltes Leben. Ich möchte ein Teil davon sein. Ich bin
auch hier und da nützlich, weißt du." Er drückte sie sacht auf das Bett zurück und legte ihr einen Arm unter den Kopf. "Zu was denn?" Ihre Stimme klang heiser und belegt. "Oh..." Er rieb seine Nase an ihrem Hals. "Ich verstehe... ein bisschen von Installationen." Sie hielt den Atem an. "Ich kann meine Waschmaschine selbst anschließen." "Handwerksarbeiten im Haus..." Er strich mit dem offenen Mund über ihre zarte Haut. "Ich kann mit einem Hammer umgehen", hauchte sie. "Rasenmähen, Laub zusammenharken..." zählte er auf. Sie holte unwillkürlich Luft, als er seine Hand unter ihren Pullover schob. "Ich habe einen Gartenservice." "Also..." Er zog ihr den Pullover aus und drückte seine Lippen auf ihre bloße Brust. "Da wäre noch eins, wozu ich wirklich Talent habe." "Und das wäre?" Sie seufzte, als er anfing, ihr das zu zeigen. "Du hast auch ein Talent, Kaffee zu kochen." Chelsea hob ihre Tasse und nickte Mark zu, der ihr an dem kleinen runden Tisch in der Frühstücksnische gegenübersaß. "Ich habe dir ja gleich gesagt, dass ich nützlich bin." Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und strahlte zufrieden. "Aber solche Waffeln kann ich nicht backen. Ich frühstücke meistens, was es im Bäckerladen morgens im Angebot gibt." Sie rümpfte die Nase. "Puddingteilchen zum Frühstück?" Er legte dramatisch eine Hand aufs Herz. "Ich bin nur ein armer Junggeselle, mein Schatz. Du kannst von mir nicht erwarten, dass ich weiß, wie man kocht. Also, hab wenigstens Mitleid mit mir und serviere mir herrliche, nahrhafte Gerichte." Sie stöhnte und stand auf, um den Tisch abzudecken, aber er streckte seine Hände nach ihr aus und zog sie zu sich auf den Schoß. "Mark!" "Ach, komm", neckte er sie und umschlang ihre Taille. "Gib mir einen Kuss." "Du bist unersättlich!" Sie lachte. Sie hatte die Hände voll und konnte ihn nicht abwehren. Aber plötzlich sehnte sie sich danach, von ihm berührt zu werden, und wusste, ihre Sehnsucht hatte nicht nur etwas mit körperlichem Verlangen zu tun. Sie wäre am liebsten in seine Seele geschlüpft und hätte ihn so glücklich gemacht, wie sie sich fühlte. Dieses Glücksgefühl war so stark, dass es ihr angst machte, aber Mark hatte ihr gezeigt, dass es nichts gab, wovor sie Angst haben musste. Weil sie wie füreinander geschaffen waren. Oder nicht? "Wie alt warst du, als du das erste Mal von einem Jungen geküsst worden bist?" fragte er und überraschte sie mit seiner plötzlichen Fröhlichkeit. "Sechs. Und ich habe ihm dafür auf die Nase gehauen", gestand sie ihm. Er schmunzelte. "Wetten, mich hättest du nicht gehauen."
"Wie hätte ich das machen sollen? Du warst zu der Zeit ja noch nicht mal geboren", entgegnete Chelsea. Mark zuckte ein wenig zusammen bei der Bemerkung, aber sie schien ihn nur necken zu wollen. Also ließ er das Thema im Moment auf sich beruhen und genoss es, wie Chelsea sehr daran interessiert war, seine Zärtlichkeiten zu erwidern. Sie hatte kein Make-up im Gesicht, aber ihre Lippen schimmerten rosig von seinen Küssen, und ihre Wangen waren leicht gerötet. Selbst ihre Augen strahlten, und er begann schon auf mehr zu hoffen. "Chelsea..." setzte er mit belegter Stimme an, wurde aber sogleich vom schrillen Läuten des Telefons unterbrochen. "Ich muss drangehen", flüsterte sie. "Das ist wahrscheinlich nur jemand, der dir was verkaufen will, was du sowieso nicht brauchst." Nur widerstrebend löste sie sich aus seinen Armen. "Es könnte Colleen sein." Sie stellte die Teller ab und griff nach dem Hörer. Mark beugte sich vor, fasste sie um die Taille und zog sie auf seinen Schoß zurück. Es war wirklich Colleen. "Ja, die Grillparty ist gut verlaufen", sagte Chelsea heiter. Zu heiter. "Mir hat das, was danach passiert ist, viel mehr Spaß gemacht", flüsterte Mark ihr in das andere Ohr. Sie schob ihn weg, aber er lachte nur leise und drückte sie noch mehr an sich. "Ach, ich bummel ein bisschen herum und genieße noch so lange die Ruhe im Haus, bis du wieder hier herumläufst und etwas suchst, was dann doch auf deinem Zimmer ist." "Herumbummeln. Das gefällt mir." Mark schob seine Hand unter ihren Pullover und fand ihre bloße Brust. "Komm, lass uns noch ein bisschen bummeln." Chelsea bekam große Augen, als ihre Brustspitzen sich unter seinen Fingern verhärteten und ein Kribbeln durch ihren Körper wanderte. Sie schluckte schwer. "Was?" Sie klang wie benommen. "Nein, ich dachte nur, ich hätte jemanden an der Haustür gehört", sagte sie langsam. "Ich finde es gut, dass die Autopanne nicht so schlimm ist. Also bleibt ihr noch in Santa Barbara?" "Colleen, du bist ein Kind nach meinem Geschmack", flüsterte Mark, sichtbar begeistert von der Nachricht. "Viel Spaß noch und bleibt so lange, wie ihr wollt. Meinetwegen braucht ihr euch nicht zu beeilen." Chelsea legte ihm die Finger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er lachte nur und stieß mit der Zungenspitze dagegen. "Ja, mir geht es gut. Das überlege ich mir mal, aber ich komme auch prima allein zurecht, danke", sagte Chelsea leise. "Wiederhören, Schatz." Chelsea versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. "Mark, lass mich los! Ich muss den Hörer auflegen." Seine Umarmung wurde noch fester. "Erzähl mir, was sie gesagt hat."
"Sie bleiben doch noch in Santa Barbara." "Und was wolltest du dir überlegen?" erkundigte er sich. "Colleen sagte, ich sollte Freunde anrufen und mit ihnen ausgehen", erwiderte sie. "Hast du ein Glück, ich erspare dir diesen Anruf." Chelsea schob seine Hände weg und stand auf. Sie legte den Hörer auf und blieb dann in sicherer Entfernung von Mark stehen. "Ich glaube nicht, dass sie dabei an dich gedacht hat." Er zog sich das Hemd über den Kopf und ließ seine Muskeln spielen. "Mit mir hast du bestimmt viel mehr Spaß als mit Gwen." Chelsea spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, doch sie konnte den Blick nicht von seinem bloßen Oberkörper lösen. "Das ist nicht fair." "Was ist nicht fair? Ich schlage doch nur etwas vor, was uns beiden gefällt", meinte er verführerisch. Sie merkte, wie sie schwach wurde, wehrte sich aber entschieden dagegen. So sehr sie auch versucht war, diesem leichtfertigen neuen Gefühl nachzugeben, glaubte sie doch, um ein gewisses Maß an Normalität ringen zu müssen. "Wir können nicht den ganzen Tag im Bett verbringen. Außerdem muss ich noch etwas Papierkram erledigen." Mark dachte über ihre Antwort nach. "Na gut, dann gehen wir Rollschuh laufen", erklärte er. "Rollschuh laufen?" Ihre Stimme wurde ein wenig schrill. "Ich kann nicht Rollschuh laufen gehen. Ich muss arbeiten." Er stand auf und zog sich sein Polohemd wieder an. "Klar kannst du mit mir Rollschuh laufen gehen. Den Papierkram kannst du später erledigen." Das Leuchten in seinen Augen war unwiderstehlich, und obwohl Rollschuhlaufen nichts mit Normalität zu tun hatte, brachte sie es nicht fertig, ihn wegzuschicken. "Ich kann nicht gut Rollschuh laufen", warnte sie ihn. Mark winkte ab. "Das ist nicht schwer." "Ist es wohl, wenn man dabei immer auf dem Hintern landet", widersprach Chelsea ihm und spürte schon den harten Boden. Sie hätte sich denken können, dass Mark viel körperliche Bewegung liebt. Für sie war das Überqueren des Parkplatzes schon mehr als ausreichend. "Keine Sorge, ich passe auf, dass du auf den Beinen bleibst", versprach er ihr, fasste sie bei der Hand und zog sie mit sich aus der Küche. Sie schaute sich zur Spüle um. "Das Geschirr!" protestierte sie. Er nahm sie fester bei der Hand und zerrte sie förmlich aus dem Haus. "Lass mich wenigstens noch meinen Versicherungsagenten anrufen und nachhören, ob meine Lebensversicherung auch auf dem neuesten Stand ist", jammerte sie, während sie langsam, aber sicher, davon war sie überzeugt, ins Verderben geführt wurde.
12. KAPITEL "Mom, wenn du noch länger da drinnen bleibst, löst du dich auf." "Geh weg! Du hast dein eigenes Bad. Lass mich in meinem Schmerz allein." Colleen klopfte gegen die Badezimmertür. "Du bist schon seit anderthalb Stunden da drinnen. Immer wieder füllst du die Wanne nach. Wahrscheinlich ist gar kein heißes Wasser mehr da. Und jedesmal schickst du mich weg. Jetzt bleibe ich!" Chelsea bewegte ihre Beine in dem dampfenden Wasser und stöhnte bei den Schmerzen leise auf. "Und er hat gesagt, wir würden uns gut amüsieren", brummte sie und ließ sich bis zum Kinn ins Wasser sinken. "Er hat nichts davon gesagt, dass man auch hinfallen und sich überall blaue Flecken holen kann." "Jammerlappen!" Chelsea ärgerte sich über Colleens feines Gehör. "Colleen, geh endlich! Meinetwegen ruf Elaine an, oder mach irgend etwas anderes." "Mark ist am Telefon." "Sag ihm, ich rede nicht mehr mit ihm." "Bist du ihm etwa böse, nur weil er mit dir Rollschuh laufen war?" Chelsea seufzte. "Nein, warum sollte ich ihm böse sein, nur weil er mich zu etwas überredet hat, was ich körperlich nicht verkrafte?" "Und das sagt die Frau, die mir geraten hat, die Interessen meiner Freunde zu teilen, selbst wenn es sich um so etwas unmöglich Lautes wie Autorennen handelt", höhnte Colleen. "Du misst mit zweierlei Maß, Mom. Ich bin übrigens ganz überrascht, dass Mark so etwas Lustiges vorgeschlagen hat. Vielleicht ist er doch nicht so langweilig, wie ich dachte." "Langweilig?" Nun war es Chelsea, die höhnte. "Bestell dem Herrn, dass ich mich erst von den Qualen und Schmerzen erholen muss, die mein fast vierzigjähriger Körper erlitten hat." Sie wartete, bis ihre Tochter endlich verschwunden war, dann schimpfte sie wieder leise vor sich hin. Vorsichtig bewegte sie noch einmal die Beine. Sie hatte gehofft, mit dem langen Bad nicht nur ihre angeschlagenen Knochen zu regenerieren, sondern auch ihre Gefühle für Mark zu dämpfen. Doch statt dessen erinnerte sie das warme Wasser nur daran, wie es sich angefühlt hatte, als er ihre bloße Haut gestreichelt, sie mit seiner Körperwärme umfangen hatte. Sie schloss die Augen und erinnerte sich an die Stunden, die sie mit Mark verbracht hatte. Vergangene Nacht hatte er ihr gezeigt, was für eine leidenschaftliche Frau sie sein konnte und dass ihr Verlangen nach ihm nicht minder groß war wie seins nach ihr. Sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, so sinnlich und wollüstig sein zu können. Das Liebesspiel mit ihm hatte sie süchtig gemacht. Selbst jetzt, wo sie sich nur daran erinnerte, konnte sie die Erregung noch spüren. Ihre Brüste spannten sich und sehnten sich nach seinen Händen. Sie stöhnte leise und bewegte sich wieder vorsichtig. Enthaltsam leben war besser.
"Meinen Glückwunsch. Ihr zwei benehmt euch ja schon wie ein richtiges Paar."
Gwen stürzte sich sofort auf Chelsea, als sie das Geschäft betrat.
"W... wie meinst du das?" fragte Chelsea und rätselte, wieviel Gwen - oder
irgendein anderer ihrer Gäste - gesehen haben mochte.
"Chelsea, den ganzen Abend hat der Mann dich angesehen, als wollte er dich jeden Moment vernaschen. Für die leckeren Sachen, die wir servierten, hatte er kein Auge." Chelsea schüttelte den Kopf. "Soll das heißen, nein, wir geben nicht zu, dass wir ein Paar sind?" "Das heißt, nein, ich sage nichts." "Dann muss es absolut köstlich sein." Gwens dunkle Augen leuchteten auf. Chelsea schaute sich in dem übervollen Lagerraum um. "Hast du heute schon bei der Verwaltung vom Einkaufszentrum angerufen?" Gwen bemerkte sofort, dass ihre Freundin das Thema wechseln wollte. "Gleich als erstes. Der Innenanstrich wird diese Woche gemacht, und wir können uns das nächste Woche ansehen. Es hindert uns niemand daran, die Waren zum ersten des Monats rüberzubringen." "Das wird ein Chaos sein, wenn das Einkaufszentrum öffnet", mutmaßte Chelsea, glättete ihren blauen Longpullover über dem engen Rock und setzte sich auf ihren Schreibtisch. Dann schaute sie auf ihre Pumps, als ob sie sie irgendwie faszinierend fände, während sie sich in Wahrheit unter dem prüfenden Blick ihrer Freundin nicht wohl fühlte. Gwen hatte die schreckliche Gabe, jeden leicht durchschauen zu können. "Solange gekauft wird, können wir uns nicht beklagen", bemerkte Gwen und hielt ein rosa, mit Pailletten besticktes Cocktailkleid, das auf einem schwarzen Samtbügel hing, in die Höhe. "Hm, ich wusste gleich, ich hätte auch eins für mich mitbestellen sollen. Ich muss mal anrufen und fragen, ob sie noch nachliefern können." Sie hängte das Kleid auf den Ständer mit der Abendgarderobe zurück, der in den neuen Laden hinübergebracht würde, sobald der Innenanstrich fertig war. "Wann trägst du all die Sachen, die du dir so kaufst?" fragte Chelsea verwundert. Gwens großer Schrank war bis in die letzte Ecke mit Abendkleidung gefüllt. "Ich gehe viel aus, in der Hoffnung den richtigen Mann zu finden." Sie hob eine Braue. "Vielleicht sollte ich Colleen mal für mich suchen lassen. Dir hat sie jedenfalls prima geholfen." "O ja, denk nur mal an den tätowierten Radfahrer", versetzte Chelsea. "Es kann nicht immer auf Anhieb klappen. Mit Mark hat sie aber einen guten Fang gemacht. Und so, wie er dich bei der Grillparty angeguckt hat, hätte er dir gleich ein Brandzeichen auf die Hüfte drücken können." Chelsea dachte an den winzigen Knutschfleck, den sie an der Unken Hüfte hatte, und bemühte sich, nicht rot zu werden. "Das bildest du dir nur ein", wehrte sie ab.
"Wirklich?" Gwen musterte sie von Kopf bis Fuß. "Du kamst heute praktisch in den Laden hereingeschwebt, meine Liebe. Und du hast nicht ausgesehen wie eine Frau, die das Wochenende nur mit Hausarbeit verbracht hat." Chelsea glitt vom Schreibtisch und schaute sich nach etwas um, womit sie sich beschäftigen konnte. "Wir waren Rollschuh laufen." "Entschuldige, könntest du das vielleicht wiederholen? Ich glaube, ich habe mich verhört." Gwen hielt sich eine Hand hinters Ohr, als wäre sie schwerhörig. Chelsea stemmte die Hände in die Hüften. "Wir waren Rollschuh laufen, und ich bin oft hingefallen. Kapiert?" "Ja!" Gwen lachte vergnügt. "Es wurde aber auch Zeit, dass dich endlich mal jemand von deiner Mutterrolle löst." "Du hast leicht reden. Es ist ja nicht dein Hintern, der jetzt grün und blau ist", versetzte Chelsea. "Ich konnte gestern abend kaum gehen und habe sehr lange in der Wanne gelegen." "Nicht allein hoffentlich." "Natürlich allein. Colleen hat mindestens alle fünf Minuten an die Tür geklopft. Als sie klein war, fand ich es immer süß, dass sie mich so sehr vermisste. Trotzdem habe ich mich auf den Tag gefreut, wo sie das nicht mehr machen würde und ich mein Bad in Kühe genießen könnte. Doch es sieht so aus, als müsste ich abwarten, bis sie aufs College geht." "Unfug, du wirst sie nächstes Jahr vermissen, und das weißt du genau", behauptete Gwen. Chelsea seufzte. "Du hast recht. Ich werde sie vermissen. Denn eigentlich sind wir zusammen groß geworden." "Nun, vielleicht zieht ja jemand bei dir ein, ehe Colleen weggeht." Gwen musterte sie verstohlen. Chelsea blickte auf ihre Hände und begann mit ihrem Armband zu spielen. "Du bist etwas voreilig, Gwen. Viel zu voreilig." "Ein Mann, der jeden Tag am Geschäft vorbeigeht, um wenigstens einen Blick von dir zu erhaschen, ist nicht der Typ für eine Nacht." Chelsea sah auf. Die Nachricht überraschte sie. "Was meinst du?" "Ich meine, dass Mark sehr oft am Geschäft vorbeikommt und jedesmal hier reinschaut, als wollte er etwas für die Frau seines Lebens kaufen. Und wir wissen beide, wer das ist. Der Mann ist verrückt nach dir, Chelsea. Ich für meinen Teil hätte jedenfalls nichts dagegen, so einen wunderbaren Mann kennenzulernen." "Es ist alles noch so neu, so... zerbrechlich. Wir müssen uns erst näher kennenlernen, um mehr voneinander zu erfahren", gestand Chelsea und dachte: Wie zum Beispiel, dass er am liebsten zwischen die Schulterblätter geküsst werden möchte. Und dass er so heftig auf Kitzeln reagiert. Und... Sie schüttelte den Kopf, um die erotisierenden Gedanken zu verbannen. Laut fuhr sie fort: "Ganz zu schweigen, dass der Sitz der Harrison Construction nicht hier in der Nähe liegt. Soweit ich weiß, wird Mark abreisen, wenn das Einkaufszentrum fertig ist."
Gwen schmunzelte. "Chelsea, Mark eröffnet hier in der Stadt eine Zweigniederlassung. Er hat auf deiner Party davon gesprochen. Und er will ein Angebot einreichen für den Bürokomplex, der am Ende der Margarita Road gebaut werden soll." Chelsea war verblüfft über diese Nachrichten und vermochte sich nicht zu erklären, warum Mark ihr das nicht erzählt hatte. Natürlich hatten sie sich am Samstag nicht viel unterhalten können, und gestern hatte sie sich zu sehr darauf konzentrieren müssen, nicht hinzufallen. Gwen bemerkte Chelseas nachdenkliches Gesicht. "Also gut, ich will dich nicht länger aufziehen", sagte sie. "Ich weiß, es ist lange her, dass du mit einem Mann zusammen warst, aber Mark ist so verrückt nach dir, ich glaube, er kann nicht mal mehr klar denken. Erlös ihn und lass ihn wissen, dass du genauso verrückt nach ihm bist." "He, ich will ja gern zugeben, dass er ein netter Mensch ist, aber es ist nicht meine Art, die Dinge zu überstürzen." Oder zumindest war das nicht ihre Art gewesen, bis sie Mark kennengelernt hatte. Chelsea schaute auf die Uhr auf ihrem Schreibtisch und ging nach vorn in den Laden, um die Tür aufzuschließen. "Als nächstes wirst du bestimmt davon sprechen, dass Colleen bald heiraten und Kinder bekommen wird. Aber falls du so ein schreckliches Thema anschneidest, lass dir eines sagen", erklärte sie Gwen über die Schulter. "Dann bringe ich dich um." Sie drehte das Schild von "geschlossen" auf "geöffnet" herum und schaltete die indirekte Beleuchtung in den beiden Schaufenstern ein. Dann schaute sie sich in dem Verkaufsraum um, ob alles an Ort und Stelle lag, obwohl sie ohnehin jeden Abend nach Ladenschlusszeit aufräumte. "Bald müssen wir für die Wintersaison dekorieren." "Was hältst du davon, wenn wir diesmal nicht alles in Rot und Grün halten wie sonst?" fragte Gwen und tauschte ein paar Schmuckstücke an einem Kleid mit goldener Spitze aus, das nur eine äußerst schlanke Frau tragen konnte. "Wie wäre es mit etwas Auffälligerem." "Hört sich gut an. Alle anderen wählen auch diese Farben für weihnachtliche Dekorationen", pflichtete Chelsea ihr bei. "Wolltest du etwa das rosa Kleid mit den Pailletten in den Mittelpunkt stellen?" "Das würde bestimmt gut aussehen. Die Pailletten schimmern so silbern, ich könnte sie mit einem Strahler zusätzlich anleuchten, so dass es aussieht, als würde Mondlicht darauffallen." "Die Falttüren für den neuen Laden sollen Ende nächster Woche geliefert werden. Das andere Fenster, dachte ich, könnten wir so dekorieren, als würde der Zuschauer in ein Schlafzimmer hineinschauen." Gwens Augen leuchteten auf. "Das könnte wirklich sexy sein", hauchte sie. Chelsea nickte. "Richtig gemacht, müsste es neue Kunden anlocken. Wir sollten diese Woche auch bei Lee Anne nachhören, was unsere Anzeigen machen." Die Grafikerin, die ihr Logo entworfen hatte, fertigte auch sämtliche Werbeanzeigen für sie an. Ihre Entwürfe waren so geschmackvoll und treffend für "Heiße Ware", dass sich fast jede Frau davon angesprochen fühlte und
versucht war, sich die herrlichen Sachen in der Boutique zumindest einmal anzusehen. Gwen freute sich aufrichtig. "Ich merke schon, das ist der Anfang von etwas ganz Großem", prophezeite sie. "Und wenn man bedenkt, dass Mark hinter all dem steckt... Ich meine, er baut immerhin das Einkaufszentrum. Wie gut das alles zusammenpasst!" Sie ließ Chelsea stehen, um eine Kundin zu begrüßen, die soeben in den Laden gekommen war. Chelsea seufzte und spürte erneut, wie ihr die Kontrolle über ihr Leben entglitt. "Ja, wie gut das alles zusammenpasst." "Na, wie ist Ihre Meinung, Boss?" Mark schaute zu den bunten Deckenfenstern hoch, durch die das Licht in Regenbogenfarben in die Halle des dreistöckigen Einkaufszentrums fiel. Dann sah er sich nach den Arbeitern um, die Zierbäume und Büsche in Kübeln neben den Holzbänken anordneten, die für müde Kunden aufgestellt worden waren. Durch die erdfarbenen Bodenfliesen und die üppigen Pflanzen entstand der Eindruck einer ruhigen Zufluchtstätte - ein erholsames Bild für ein reges Einkaufszentrum. "Ich würde sagen, wir haben unsere Sache gut gemacht, Steve", antwortete er schließlich, wandte sich um und schaute zur zweiten Etage empor, wo Chelseas Ladenlokal lag. Heute morgen hatte er gesehen, wie die Anstreicher unter ihrer Leitung die Fensterrahmen pastellrosa lackierten. Da sie sich seit zwei Tagen nicht hatten treffen können, wollte er sie eigentlich in ihrem neuen Geschäft aufsuchen, doch dann waren einige leitende Angestellte von der Verwaltung des Einkaufszentrums gekommen und hatten sich von ihm endlos lange herumführen lassen. Als sie schließlich gegangen waren, war Chelsea bereits auch fort. Bei sich zu Hause versuchte er dann, sie telefonisch zu erreichen, doch stieß er dabei nur auf ihren Anrufbeantworter. "Verdammt, Chelsea, wo bist du?" brüllte er in die Muschel. Er hörte es ein paarmal klicken, und dann drang ihre lang vermisste Stimme an sein Ohr. "Ich hatte gerade Wasser laufen und habe das Telefon nicht sofort gehört. Warum schreist du meinen Anrufbeantworter so an?" Er seufzte erleichtert auf und ließ sich in einen Sessel fallen. "Ich vermisse dich." "Du hast mich vor zwei Tagen noch gesehen", erinnerte sie ihn amüsiert. "Das war vor zwei Tagen. Ich habe dich auch heute morgen oben in deinem Laden gesehen, aber ich musste ein paar Leute herumführen, die sich das Einkaufszentrum ansehen wollten. Als ich dann Zeit hatte, warst du wieder weg." Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Vor einer Minute noch war er so müde gewesen, dass er geglaubt hatte, sich nicht mehr auf den Beinen halten zu können. Doch die wenigen Worte mit Chelsea hatten ihn schon wieder belebt. "Hast du mir verziehen, dass ich dich zum Rollschuhlaufen überredet habe?"
"Ich habe dir verziehen", gab sie zu. "Ich wollte dich nur ein bisschen zappeln lassen." "Ich sehe mich morgen nach einem Büro um. Willst du mitkommen? Ich würde gern deine Meinung dazu hören." Ihr Seufzen verriet ihm die Antwort, noch ehe sie etwas gesagt hatte. "Ich kann nicht, Mark. Morgen habe ich einen Termin bei der Bank wegen des Geschäftskredits für den neuen Laden." "Na gut, dann rufe ich dich hinterher an." "Du wirst aber meinen armen, wehrlosen Anrufbeantworter nicht wieder anschreien, oder?" neckte sie ihn. "Wenn du in Reichweite bleibst, nicht", erklärte er. "Wie du gesehen hast, bin ich per Telefon leicht zu erreichen. Oder meinst du so in Reichweite, dass du mich anfassen kannst?" Mark stöhnte. "Das ist es ja, Weib. Ich kann dich nicht sehen, und das macht mich halb wahnsinnig." "Also, wenn du meinst, dass es etwas hilft, dann stell dir mal vor, wie ich in dem schwarzen Nachthemd aussehe, das du letztens so bewundert hast." "Meinst du das aus Spitze, das mehr zeigt, als es verbirgt?" "Genau das habe ich an", bestätigte sie. Mark stöhnte wieder. "Ich habe mindestens für drei Stunden Büroarbeit auf meinem Tisch liegen. Glaubst du, das schaffe ich jetzt, nach dem, was du mir da gerade gesagt hast?" Sie lachte leise. "Du bist ein großer, starker Mann. Ich bin sicher, du schaffst alles. Ich werde jetzt so brav sein und dich an deine Arbeit gehen lassen. Gute Nacht, Mark", flötete sie. Als Mark das Freizeichen hörte, fuhr er sich resigniert mit der Hand durchs Haar. Er wusste, er brauchte sich gar nicht erst an den Schreibtisch zu setzen. Mit seiner Konzentration war es vorbei. "Gehen Sie sich heute nach einem Büro umsehen?" erkundigte sich Steve, als er am nächsten Morgen Mark im Bauwagen besuchte. Mark nickte. "Obwohl, ehrlich gesagt, mir ein Zahnarztbesuch lieber wäre. Die Maklerin, mit der ich gesprochen habe, hat verschiedene Objekte anzubieten." Steve amüsierte sich, weil er wusste, wie sehr Mark es hasste, in einem Büro sitzen zu müssen. "Geschäftsführer zu sein ist die Hölle, nicht wahr?" Mark grinste. "Sie sagen es." Er schaute an sich herunter und stellte fest, wie staubig seine Jeans war. "Ich muss mich wohl noch umziehen. Können Sie dafür sorgen, dass für die Endabnahme alles fertig ist?" Der Vorarbeiter nickte. "Das läuft schon. Gehen Sie nur und suchen Sie sich ein tolles Büro aus. Dann haben Sie wenigstens auch einen Grund, sich eine hübsche Sekretärin mit langen..." "Raus!" sagte Mark nur. Die Maklerin gehörte zu der Sorte Frauen, von der Mark sich vor noch gar nicht langer Zeit angezogen gefühlt hätte. Sie war attraktiv, intelligent und flirtete
gern. Sie gab ihm einen unmissverständlichen Wink, dass sie an einer Affäre mehr als interessiert war. Er war selbst überrascht, dass ihre Bemühungen ihn total kalt ließen. Schließlich nahm er, ohne lange zu überlegen, das dritte Büro, das sie ihm zeigte, unterzeichnete den Vertrag und bat sie, die Papiere an die Zentrale der Harrison Construction zu schicken. Trotz einer verlockenden Einladung zum Abendessen verließ Mark so schnell wie möglich das Maklerbüro, um zu Chelsea zu fahren. Als er bei ihr ankam und Licht brennen sah, lächelte er freudig. Doch seine Freude wurde gleich darauf gedämpft. Colleen erschien an der Tür und sagte ihm, ihre Mom sei noch nicht zurück. "Sie ist mit Gwen auf einer Modenschau. Irgendein neuer Wäschedesigner hofft, seine Kollektion noch rechtzeitig zur neuen Saison unterbringen zu können, und hat die Händler der Umgebung eingeladen", erklärte sie. "Ich wollte jetzt zu Elaine, aber Sie können gern reinkommen und auf Mom warten, wenn Sie möchten." Mark dachte an seine leere Wohnung. "Ja, das würde ich gern tun", erwiderte er. Colleen ließ, ihn herein, nahm sich einen Stapel Bücher und wandte sich zur Tür. "Bier und Wasser stehen im Kühlschrank. Bedienen Sie sich. Ich bezweifle, dass Mom sehr spät kommt. Sie hasst solche Sachen nämlich." An der Tür blieb sie noch einmal stehen. "Ach ja, Mark, ich wollte mich auch noch dafür entschuldigen, dass ich Sie für langweilig gehalten habe. Ich finde, Sie passen gut zu Mom, und wo ich jetzt bald aufs College gehe, kann sie einen netten Mann um sich brauchen." Sie lachte verschmitzt. "Sie sollten nur ehrliche Absichten haben, ja? Ach, und übrigens, bestellen Sie Mom, ich würde bei Elaine übernachten." Sie zwinkerte ihm zu und hob ermunternd einen Daumen, dann war sie weg. Mark spürte, wie ihm fast die Luft wegblieb. Und da hatten sie sich Sorgen gemacht, wie Colleen ihre Beziehung auffassen würde. Kopfschüttelnd legte er seine Jacke ab und beschloss, sich auf Chelseas Heimkehr vorzubereiten.
13. KAPITEL "Es wurde aber auch höchste Zeit, dass du nach Hause kommst. Weißt du, wie spät es ist? Während ich hier einsam mit einer heißen Pizzaschachtel herumsitze, vergnügst du dich bei irgend so einer Peepshow. Na, wie war es denn? Haben halbnackte Männer die neue Wäschemode vorgeführt, indem sie unter Beifall und Jubelgeschrei der Damen über den Laufsteg stolziert sind?" Chelsea hielt mitten in der Bewegung inne. Sie hatte gerade ihre Tasche auf der Garderobe ablegen wollen, da hörte sie Marks Stimme. Über die Rückenlehne der Wohnzimmercouch konnte sie nur sehen, dass er seine bloßen Füße lässig auf den Sofatisch gelegt hatte. Ihr Herz klopfte heftig. Es war ein schönes Gefühl, ihn zu Hause anzutreffen. Doch zunächst verbarg sie ihre freudige Überraschung. "Füße bitte vom Tisch, ja", verlangte sie freundlich und tat so, als würde sie ihn jeden Abend hier vorfinden. "Ehrlich gesagt habe ich Sodbrennen von den komischen Appetithäppchen und dem billigen Sekt. Und von der lauten Musik und dem Zigarettenqualm tut mir der Kopf weh. Jetzt weißt du, wieviel Spaß es mir gemacht hat." Um auf Distanz zu bleiben, ließ sie sich in einen Sessel im Flur fallen und streifte sich die Schuhe von den müden Füßen. "Bist du überhaupt nicht neugierig, was ich für dich hier habe?" meldete sich Mark. Chelsea streckte sich. "Was für eine Pizza hast du denn?" "Pilze und Salami", erwiderte er. "Mit extra viel Käse?" "Ja", brummte Mark. "Aber ich glaube, man muss sie erst wieder aufwärmen." "Lass mich nur eben eine Aspirin nehmen und..." Chelsea sah ihm mit offenem Mund nach, als er an ihr frech grinsend vorbei in die Küche ging. Außer einer schwarzen knappen Unterhose hatte er nichts an! "So macht man Leute verrückt", murmelte Chelsea vor sich hin, während sie in ihrem Schrank wühlte. Ich glaube, ich kann froh sein, dass er wenigstens noch etwas anhatte, dachte sie, hielt inne und presste sich eine Hand auf den Magen. Was sich da drinnen abspielte, hatte nichts mit dem billigen Sekt zu tun, sondern einzig und allein mit dem halbnackten Mann unten in ihrer Küche. Sie atmete tief durch. Dann kam ihr eine Idee, und sie lächelte vergnügt. Sie fand auch sogleich, wonach sie suchte, und nahm sich anschließend noch die Zeit, ihr Make-up aufzufrischen und ihr Haar zu bürsten. "Genau zur rechten Zeit!" rief Mark ihr über die Schulter zu und holte die in Folie verpackte Pizza aus dem Ofen. Das verführerische Aroma von Tomatensauce und Käse wehte Chelsea in die Nase. Sie setzte sich auf einen der Barhocker an der Anrichte und schlug ein Bein über das andere. "Also, Colleen verbringt die Nacht bei Elaine, ja?" vergewisserte sie sich. "Ja", antwortete er, wandte sich um - und hätte fast die Pizza fallen lassen.
Chelsea schaffte es, besorgt dreinzuschauen. "Hast du dich verbrannt, Liebling?" Mark blieb sprachlos. Chelsea schaute an sich herunter. "Was hast du? Gefällt dir nicht, was ich zu Hause trage?" "Was du zu Hause trägst?" "Mark, ich bin genauso ordentlich angezogen wie du." "Ordentlich? Du hast kein Oberteil an!" Ihm versagte fast die Stimme. "Aber natürlich." Sie zupfte das hauchdünne Etwas aus Spitze zurecht. "Ach, ich glaube, ich habe das Bustier darunter vergessen", stellte sie unschuldig fest. Mark konnte den Blick nicht von ihr abwenden, während er die Pizza auf den Tisch schob. "Mm, ich bin ganz verhungert", sagte sie und freute sich, ihm seinen Empfang heimzahlen zu können. Sie nahm sich ein Stück Pizza und biss herzhaft hinein. Mark musterte unentwegt die durchsichtige Spitze, in die sie sich gehüllt hatte. Schließlich beugte er sich vor und stibitzte ihr etwas Käse von den Lippen. Ehe Chelsea recht wusste, wie ihr geschah, saß sie. auch schon bei ihm auf dem Schoß, und er hing an ihren Lippen. "Ich habe nicht gewusst, dass Pizza so gut schmecken kann", raunte er. "Vielleicht hast du sie nie an der richtigen Stelle probiert", erwiderte sie etwas atemlos. "Dafür kannst du jetzt sicher sein, dass ich nie mehr woanders probieren werde." Chelsea schaute ihm in die Augen und verstand sofort die Doppeldeutigkeit seiner Worte. "Ich will keine andere Frau mehr", bekräftigte er. "Ich will nur dich." "Ich denke, du hast mich schon." "Aber nicht genau da, wo ich dich haben will", erwiderte er flüsternd und stieß mit den Hüften gegen ihre. "Du bist wirklich unverbesserlich", flüsterte sie zurück und konnte sich ein Lächeln nicht verbeißen. "Ja, und das magst du." Ich mag dich. Die Worte kamen ihr so unerwartet in den Sinn, dass sie fast von seinem Schoß gefallen wäre. Plötzlich stand Mark mit ihr auf und setzte sie auf die Anrichte. Dann fasste er nach dem Saum ihres Spitzenhemdes und zog es ihr über den Kopf. Mit seinen warmen Händen umspannte er ihre Brüste, und Chelsea schloss die Augen, als es sie heiß durchfuhr. Sie stöhnte, griff nach seiner Unterhose und zog sie ihm über die Hüften. Mark trat zurück und streifte sie restlos ab. "Mr. Harrison, du bist ein sehr gefährlicher Mann", keuchte Chelsea.
"Das sollte die letzte der neuen Bestellungen sein", sagte Gwen zu Chelsea, als sie sich zusammen die Notizen über die Schau vom Vorabend ansahen. "Was hältst du von diesen Teddys aus Satin und Spitze in Blau und Mokka?" Chelsea nickte und schrieb die Farben auf. "Und die Seidenbustiers und Slips in Rot, Melone und Kupfer. Vielleicht können wir passende Seidenblumen dazu auftreiben. Die Eröffnung muss unvergesslich werden." "Wie wäre es, wenn Marianna den Kunden Duftkissen überreichen würde?" schlug Gwen vor. Chelsea nickte. Marianna hatte bisher die Modelle von "Heiße Ware" bei den Modeschauen vorgeführt. "Das wäre eine Sensation. Sie könnte zu Leggings ein Bustier tragen. Sie ist das ideale Model, obwohl sie so sexy ist. Die Frauen fahlen sich nicht bedroht und die Männer nicht angeheizt. Ruf doch die Agentur an und hör mal nach, ob sie frei ist, ja?" Chelsea sah sich die wachsende Liste der Notizen für das bevorstehende Ereignis an. "Weißt du, das ist wirklich komisch. Ich dachte, die Geschäftseröffnung wäre einfacher, nachdem wir hier schon so viel vorbereitet haben. Ich hätte es besser wissen müssen. Jedesmal, wenn ich irgend etwas durchstreiche, finde ich fünf neue Aufgaben, die noch zu erledigen sind. Ich fürchte, der Eröffnungstag ist plötzlich da und wir haben noch jede Menge zu tun." "Für Lampenfieber ist es noch zu früh", tadelte Gwen sie. "Hol mal tief Luft, atme langsam aus und denk dran, dass wir bald nur so die Gewinne scheffeln!" Sie lachte und breitete die Arme aus, als wollte sie die ganze Welt umarmen. Chelsea konnte nicht anders, als sich von Gwens Freude mitreißen zu lassen. "Ehrlich, du bist manchmal so optimistisch, dass einem mulmig werden könnte." "Stell dir vor! Und dabei bin ich nicht diejenige, die verliebt ist." Sofort hielt Chelsea inne. "Woher weißt du das?" entfuhr es ihr. "Ich brauche dich nur anzusehen. Du stierst immer wieder ins Leere, als würdest du Tagträumen nachhängen. Du denkst wohl an Mark, weil du meistens dabei rot wirst. Natürlich verrät mir das sofort, was für heiße Tagträume das sein müssen", neckte Gwen sie. "Wann soll denn die Hochzeit sein?" "Halt! Warte mal!" Chelsea machte eine abwehrende Handbewegung. "Mark hat bisher nicht einmal gesagt, dass er mich liebt." "Aber wir leben in den neunziger Jahren. Heutzutage darf eine Frau die Worte zuerst aussprechen." Chelsea warf ihrer Freundin einen finsteren Blick zu. "Ich kann allwissende Leute nicht ausstehen." "Du meinst wohl, du kannst Leute, die recht haben, nicht ausstehen", stellte Gwen richtig. "Das auch." Chelsea spielte nervös mit den Kugelschreibern und Bleistiften auf ihrem Schreibtisch und sortierte sie dann, bis sie alle in Reih und Glied lagen. "Mark hat mich... einfach überrollt, ohne sich Einwände von mir anzuhören." Sie verzog das Gesicht bei Gwens wissendem Blick. "Na gut, ich habe ihm widersprochen, aber er hat mir nicht zugehört." Gwen hob fragend die Brauen
und zwang sie damit sich noch deutlicher auszudrücken. "Sicher, er hat zugehört, aber er hat mir nicht zugestimmt." "Ein Mann, der logisch denkt." Logisch? Chelsea dachte an Marks impulsives Verhalten - besonders gestern abend in der Küche. "Ein Mann, bis dahin stimmt es." "Lass dich ruhig von ihm mitreißen", empfahl Gwen ihr. "Du hast jemanden wie Mark verdient. Jemand, der dir Liebe schenkt und dich zum Lachen bringt. Warum genießt du es nicht einfach, solange wie du es hast?" Sie straffte sich und ging zur Tür, da es im Laden geschellt hatte. "Und da du schon sowieso nervös bist, kannst du dich auch heute nachmittag um die Möbellieferung im neuen Laden kümmern. Vielleicht siehst du dann auch Mark." Chelsea widersprach ihr nicht. Was hätte das auch für einen Sinn? Denn, wie gesagt, in letzter Zeit schien niemand auf sie zu hören. "Na, gefällt es Ihnen?" erkundigte sich Steve bei Mark, als die beiden Männer sich vom Parkplatz aus das Einkaufszentrum von außen ansahen. Marks Blick glitt an dem dreistöckigen Bau aus Stein und Glas hoch, an dem die goldbedruckte Fahne mit dem Eröffnungsdatum in der Nachmittagsbrise flattern. "An manchen Tagen habe ich mich echt gefragt, ob wir je fertig würden", meinte er. "Ich habe mir so manche Nacht Sorgen gemacht, ich hätte mir mehr aufgeladen, als ich bewältigen könnte." Er strahlte. "Aber verdammt noch mal, wir haben es geschafft, Steve!" Er klopfte seinem Vorarbeiter auf die Schulter. "Die Läden haben Form angenommen, die Außenanlage ist gestern fertig geworden, und ehe man sich's versieht, werden hier die Kunden nur so hereinströmen, um ihr Geld auszugeben." "Die hübsche Dame mit dem Wäscheladen, mit der Sie sich treffen, zieht ja auch hier ein", stichelte Steve. "Wer hätte gedacht, dass Sie sich in die Mom eines Teenager vergucken?" "Ja, und was für eine Mom", erwiderte Mark und lachte. "Schade, dass mein Büro nicht näher am Einkaufszentrum liegt." "Besser so. Wir würden Sie sonst nie wieder auf einem Bau zu Gesicht bekommen." Steve musterte seinen Chef aufmerksam. "Wann wollen Sie sie denn Ihrer Familie vorstellen?" "Wenn ich das Gefühl habe, sie wird mit der Horde fertig werden. Aber ich hoffe bald." Der ältere Mann schüttelte den Kopf. "Es ist Ihnen wirklich ernst mit ihr, nicht wahr?" Mark nickte. "So ernst, wie es einem nur sein kann. Aber sie ist so scheu, ich muss langsam und behutsam vorgehen." "Sie... und langsam und behutsam?" Steve zeigte sich ehrlich erstaunt. "Ach, Frauen wissen nie, was sie wollen, bis man es ihnen sägt." Mit diesem Rat wandte Steve sich zum Gehen. "Ein paar von uns wollen sich nach der Arbeit
entspannen. Kommen Sie auch noch auf ein paar Bier mit?" erkundigte er sich über die Schulter. Vor kurzem noch hätte Mark ohne zu zögern zugesagt. "Ich sag' euch später Bescheid", meinte er nur. Steve schmunzelte. "Vielleicht sollten Sie die Dame mitbringen, um uns Raubeinen etwas Eleganz vorzustellen." "Nein, danke! Ihr würdet ja nur versuchen, mir zuvorzukommen!" konterte Mark. "Machen Sie sich an die Arbeit und verdienen Sie sich das große Geld, das ich bezahle." "Schön war's!" Mark schmunzelte noch, als er durch den Haupteingang das Einkaufszentrum betrat. Zwar hatte er schon bei anderen Bauten mitgearbeitet, doch das hier war etwas anderes. Das war ganz allein seine Arbeit. Sein Werk. Er schaute sich um und fühlte sich überraschenderweise so stolz wie ein frischgebackener Vater. Weniger überraschend war, wohin seine Schritte ihn automatisch führten: in Richtung der neuen Wäscheboutique. Im Näherkommen sah er durch die Schaufensterscheiben eine vertraute Gestalt, unter deren Aufsicht zwei Möbelpacker einen Schrank durch den Laden trugen. "Nein, an die Wand da drüben", hörte er Chelsea zu den Männern sagen, als er den Laden betrat. Sie zeigte auf die andere Seite. "Güte Frau, das Ding ist schwer. Sind Sie sich ganz sicher, dass er da hin soll?" fragte einer der Männer leicht gereizt. "Ich habe Ihnen ja gleich gesagt, dass er da hin muss, aber Sie waren so freundlich, mir zu widersprechen, er würde da nicht hinpassen. Und die Stelle, die Sie meinten, war ja nun ganz falsch", stellte sie gelassen fest. "Hätten Sie mir gleich zugehört, wurden Sie ihn jetzt nicht hin und her schleppen müssen, nicht wahr?" "Komm, mach Pause, Ray", sagte der andere Mann erschöpft. Sie stellten den Schrank ab und lehnten sich dagegen. Chelsea war so vertieft in ihre Auseinandersetzung, dass sie nicht merkte, wie Mark sich ihr näherte, bis er dicht hinter ihr stand und sie auf den Nacken küsste. In dem Moment, als sie ihn spürte, schwang jede Faser ihres Körpers mit. "Donnerwetter, junge Frau, sind wir heute böse, was?" meinte er heiter und schlang ihr von hinten die Arme um die Taille. "Hallo, Jungs." Er blinzelte den Männern zu. Sie legte ihre Hände über seine. "Wenn du mir so am Ohrläppchen herumknabberst, kann ich mein Image unmöglich aufrechterhalten, Freundchen." Dennoch lehnte sie sich gegen ihn. "Was steht an?" "Außer mir?" Er schmunzelte an ihrem Ohr. "Benimm dich, Harrison." Er lachte. "Ich war draußen und habe mein Werk bewundert. Jetzt bin ich hier oben und bewundere deines." Er spürte, wie sie lächelte. "Mein Werk?"
"Unter anderem." Er atmete den blumigen Duft ihres Parfüms ein und stieß sacht mit seinen Hüften gegen ihre Hinterteil. "Warum schickst du die Typen nicht weg, dann können wir es ein bisschen hinten im Lager treiben", raunte er ihr ins Ohr. "Ich habe dir gesagt, du sollst dich benehmen." "Ziemlich schwer bei einer so verführerischen Frau in meinen Armen." "Mark, ich möchte die Möbel aufstellen lassen, und diese Männer hier erinnern mich daran, dass sie pro Stunde bezahlt werden", sagte sie und löste sich aus seinen Armen. "Wenn Sie mit der Dame allein sein wollen, Mann, dann lassen Sie uns erst diesen verdammten Schrank hinstellen, wo er hin soll", fuhr einer der Männer dazwischen. Mark trat etwas zur Seite und schaute dann zu, wie Chelsea den Schrank und zwei große Kommoden aufstellen ließ. Im Geiste sah er bereits die Schubladen der Kommoden mit unwiderstehlicher Seidenwäsche gefüllt, und er fragte sich, was Chelsea wohl unter dem rosa Sweatshirt und der engen schwarzen Jeans tragen mochte. Da er sie kannte, zweifelte er daran, gewöhnliche Baumwollwäsche zu finden. Nein, es würde bestimmt etwas Ausgefallenes sein, etwas aus Seide und Spitze. Meine Verführerin in Verkleidung, dachte er. Eine passende Beschreibung für Chelsea, die das Leben dazu gebracht hatte, ihre lebenslustigen Seiten versteckt zu halten. Seltsam, dachte er, wie diese komplizierte, bezaubernde Frau so rasch mein Herz erobert hatte. Seltsam auch, wie wenig ihn, den eingefleischten Junggesellen, plötzlich eine feste Bindung schreckte. Ja, entschied er in diesem Moment, er wollte Colleen zum Traualtar führen, wollte eine richtige Hochzeit haben. Und er wollte auch ein Kind von ihr. Er lächelte versonnen. Das Baby mochte sie vielleicht in den ersten Nächten wach halten, aber sie würden sich nicht beklagen, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt wären, das Ergebnis ihrer Liebe zu bewundern. Verdammt, er würde sogar lernen, schmutzige Windeln zu wechseln. Na ja, räumte er im stillen rasch ein, vielleicht. Er straffte sich und zwang sich, in die Gegenwart zurückzukehren. Es wird Zeit, einen festen Anspruch auf die Frau zu erheben, dachte er, ob sie dazu bereit ist oder nicht. Doch so schwierig dürfte das wirklich nicht sein, da das Herz dieser Frau eindeutig über ihre Wäsche zu erreichen war!
14. KAPITEL "Es ist nicht zu fassen. Allein das Aufstellen der Möbel hat länger als zwei Stunden gedauert!" schimpfte Chelsea, nachdem die Möbelpacker das Geschäft verlassen hatten und sie mit Mark allein war. "He, Schatz, beruhige dich!" meinte Mark. "Komm her, ich massiere dir ein bisschen die Schultern." Er drehte sie mit dem Rücken zu sich herum und begann sofort mit der Massage. "Aah, das fühlt sich gut an", sagte sie und ließ den Kopf locker in den Nacken fallen. "Ohne Pullover geht das noch besser", schlug er unschuldig vor. "Du bist wirklich schlimm", erwiderte sie streng, aber er konnte heraushören, dass sie sich darüber amüsierte. "Gebe ich zu und bin stolz drauf. Wenn du Jeans und Pullover trägst, hast du so etwas an dir", sagte er schmunzelnd und fasste nach ihren Brüsten, "was mich auf schöne Einfalle bringt." Als sie hörbar Luft holte, beugte er sich vor und flüsterte ihr ein paar anzügliche Vorschläge ins Ohr. "Was meinst du?" Ihr Atem ging rascher, und er wusste, dass ihr jetzt die Hitze in die Wangen stieg. "Ich glaube, du würdest mindestens für die nächsten sechs Monate in einem Streckverband landen, wenn wir all deine Vorschläge ausführen würden", erwiderte sie. "Ich möchte wetten, dass du hier drunter etwas wirklich Aufregendes trägst." Mark fasste in den Halsausschnitt des Pullovers. "Und wer sagt dir, dass du nicht im Nebenbett landest?" "Weil es eine bekannte Tatsache ist, dass Frauen körperlichen Stress besser durchstehen als Männer." Chelsea griff hinter sich und umfasste seine Hüften. Sie amüsierte sich köstlich, als er sofort stillhielt. Schließlich drehte sie sich in seinen Armen um und fuhr spielerisch mit dem Finger langsam unter dem Bund seiner Jeans entlang und weiter bis zum Reißverschluss. "Liebling, bei dem, was ich vorhabe, brauchst du dir keine Gedanken zu machen, dass du dabei stehen musst." Er beugte sich vor und rieb seine Nase hinter ihrem Ohr. "Du duftest immer so gut", flüsterte er. Dann zuckte er plötzlich zusammen und keuchte. "Weißt du überhaupt, wo deine Hand ist?" "Sicher. Warum? Stört dich das?" "Ja!" "Dann höre ich sofort auf damit." "Nein!" Er schaute sich rasch um. "Verdammt! Der Boden ist aus Zement. Sollen wir nicht rasch zu meinem Bauwagen rüberlaufen?" Sie ließ erneut ihre Hand sprechen. "Bist du sicher, dass du so rausgehen willst?" Er fluchte leise, während ihre Finger nicht ruhten. Langsam kehrte seine Vernunft zurück. Im Gebäude liefen noch genügend Handwerker herum, es konnte durchaus passieren, dass jemand nach ihm suchte und hier vorbeikam.
"Chelsea, so schwer es mir fällt, ich glaube, wir sollten das auf später verschieben", sagte er mit gepresster Stimme und nahm sacht ihre Hand aus seiner Jeans. Dann zog er Chelsea an sich und wartete, bis das Schlagen ihrer Herzen sich allmählich beruhigt hatte. "Sollen wir heute abend essen gehen?" fragte er. "Ich könnte uns auch etwas kochen", schlug sie vor. "Da sage ich nicht nein. Um wieviel Uhr?" "Halb sieben?" Mark nickte, küsste sie noch rasch, ehe er sich von ihr löste und zur Tür ging. "Mark?" Er drehte sich um. Chelsea lächelte ihn frech an und hob den Saum ihres Pullovers hoch, so dass er einen Blick von dem durchsichtigsten BH erhaschen konnte, den er je gesehen hatte. Er machte einen Schritt rückwärts und stolperte über einen Karton. Verdammt, dachte er, nichts wie fort, ehe noch Schlimmeres passiert. Als er durch die Tür nach draußen trat, hörte er sie hinter sich amüsiert lachen. In diesem Moment war er sich nicht mehr sicher, wer wessen Herz über die Wäsche erreichte. "Ich kann es nicht glauben, dass du ein Essen machst, das nicht schon fertig für die Mikrowelle ist", bemerkte Colleen, während sie für ihre Mutter Gemüse zerkleinerte und Salatblätter wusch. "Wir haben nicht immer Fertiggerichte", protestierte Chelsea und schob den Braten, den sie mariniert hatte, in den Ofen. "Tatsächlich? Wann hast du das letzte Mal so gekocht wie heute?" "Also, das war..." Sie hielt inne. "Nein, das war... Also, ich habe neulich erst gekocht, das weiß ich genau." "Du willst Mark nur mit deinen Kochkünsten beeindrucken", neckte Colleen sie. "Allerdings weiß ich nicht, warum du dich damit abplagst, da er von deinen anderen Vorzügen schon mehr als beeindruckt scheint." Chelsea wusste, dass ihr die Hitze in die Wangen stieg, aber sie konnte es nicht verhindern. "Der Gedanke, mich mit meiner Tochter über sexuelle Themen zu unterhalten, ist sehr beängstigend", brummte sie vor sich hin und suchte die Zutaten für eine Mousse heraus. Colleen riss gespielt entsetzt die Augen auf. "Mom, wie kommst du auf die Idee, dass deine unschuldige kleine Tochter an so etwas gedacht hat?" "Colleen, du bist schon seit dem Tag nicht mehr unschuldig, an dem ich dich aufgeklärt habe und du mich in einigen Punkten korrigiert hast. Ist der Salat fertig?" Colleen blieb ungerührt. "Am besten, ich verdufte heute abend, was?" "Ich habe eine gute Nachricht für dich. Du hast keinen Arrest mehr. Wie war das noch mit dem Tanz in den Herbst?"
"In Ordnung, bin gleich weg." Colleen seufzte und mischte den Salat, bis sie ihn für fertig hielt. Sie brachte die Schüssel zum Kühlschrank. "Soll ich noch irgend etwas machen?" Chelsea schüttelte den Kopf. "Ich gehe nach oben und mache mich frisch. Es ist schon erstaunlich, wie schmutzig man werden kann, wenn man ein neues Geschäft einrichtet. Die Leute von der Putzkolonne haben wohl geglaubt, wenn sie die Mörtelreste von einer Ecke in die andere fegen, haben sie ihre Arbeit getan. Und der Farbgeruch wird wohl nicht eher weggehen, bis jemand die Insekten aus der Klimaanlage entfernt hat." Sie rümpfte die Nase. "Ich nehme morgen ein paar Duftkissen mit und verteile sie in den Kommoden und Ankleideräumen, damit wenigstens ein Teil des Gestanks bis nächste Woche weg ist. Ich fände es furchtbar, wenn die Sachen nach Farbe riechen würden." Colleen folgte ihr die Treppe hinauf, aber offenbar nicht, um mehr über das Geschäft zu erfahren. "Wenn Mark dir einen Antrag macht, wirst du annehmen?" fragte sie völlig überraschend. Chelsea verfehlte die Stufe, und hätte sie nicht nach dem Geländer gegriffen, wäre sie hingefallen. "Einen Antrag? Wie kommst du darauf, er könnte nur einen Antrag machen?" Ihre Stimme war kaum mehr als ein heiseres Krächzen. "Ach, komm, Mom, du würdest nicht für irgendeinen Mann kochen" , bemerkte sie trocken. "Und Mark scheint mir nicht der Typ, der nur eine Affäre sucht. Ich habe gesehen, wie er dich anguckt. Wenn das keine Liebe ist, weiß ich nicht, was dann." Chelsea stieg vorsichtig die letzten Stufen hinauf. "Weißt du was, wenn wir eine wichtige Entscheidung treffen, werden wir darauf achten, dass du als erste davon erfährst." "Das hört sich gut an", antwortete Colleen unbekümmert. Als Mark bei Chelsea ankam, merkte er sofort, dass irgend etwas nicht stimmte. Während Colleen ihn strahlend begrüßte, um gleich darauf das Haus zu verlassen, schien Chelsea ein bisschen nervös. Sie redete über Belangloses und war sehr damit beschäftigt, ihm einen Drink zu mixen. Er versuchte, den Grund für ihre Unruhe herauszufinden, und musterte sie prüfend. Sie trug eine kupferne Seidenhose mit einem kurzärmeligen Top. Eine bronzene Perlenkette pendelte mit jeder Bewegung aufreizend zwischen ihren Brüsten hin und her. Das Haar hatte sie locker ausgebürstet. Es umrahmte in weichen Wellen ihr Gesicht, und am liebsten hätte er mit beiden Händen hineingefasst und es in Unordnung gebracht. Außerdem hätte er sie gern auf die perfekt geschminkten Lippen geküsst. "Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht", bemerkte Chelsea und reichte ihm den Drink. Er achtete darauf, dass seine Finger ihre streiften, als er das Glas annahm. "Ja, natürlich habe ich Hunger", meinte er. "Dann wollen wir auch sofort essen", bestimmte sie, ließ ihn noch einmal an seinem Drink nippen und führte ihn ins Esszimmer.
Mark schaute sich den Tisch an und staunte, wie reich er gedeckt war. Auf einer Platte hatte Chelsea Roastbeefscheiben angerichtet. Daneben standen eine Schüssel mit Kartoffelpüree, eine Schale mit frischem Gemüse und eine mit einem herrlich grünen Salat. "Haben wir irgendeinen Feiertag, den ich vergessen habe?" fragte er. "Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal so viel Essen auf einem Tisch gesehen habe." Chelsea lachte und bat ihn, Platz zu nehmen. "Es sieht jedenfalls besser aus als das, was ich sonst esse", meinte Mark und setzte sich auf den Stuhl, den sie ihm zugewiesen hatte. "Mitnahmegerichte?" mutmaßte sie. "Das und Fertiggerichte für Mikrowelle", gestand er betrübt. "Meine Mom wäre entsetzt über meine Eßgewohnheiten. Obwohl sie sich früher immer beklagt hat, sie würde es hassen, Stunden um Stunden in der Küche zu verbringen, nur um das Essen in weniger als zehn Minuten verschwinden zu sehen. Wir haben ihr dann widersprochen, dass wir nicht so schnell essen würde. Aber sie bekam recht, als sie uns mal ah Thanksgiving mit einer Uhr gestoppt hat. Neun Minuten und sechsundvierzig Sekunden. "Er nahm sich bereits Kartoffelpüree und Roastbeef nach. Chelsea amüsierte sich im stillen über seine Geschwindigkeit beim Essen. "Ich kann deine Mutter verstehen. Darüber wäre ich auch nicht allzu glücklich." Mark lehnte sich schließlich gesättigt auf seinem Stuhl zurück. "Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät, wenn ich dich bitte, mich auf die Cocktailparty des Einkaufszentrums zu begleiten", begann er. Sie schaute ihn über den Rand ihres Weinglases hinweg an. "Willst du wissen, ob es zu spät ist, mich zu fragen? Oder willst du wissen, ob ich mitkomme?" "Beides", gab er zu. "Du willst nur, dass ich höre, wie dich alle für das herrliche Gebäude loben", neckte sie ihn. "Das auch", bestätigte er aufgeräumt. "Aber danach führe ich dich zum Essen aus. Wir werden einen unvergesslichen Abend für uns daraus machen." Chelsea musterte Mark aufmerksam. Er hatte sich offenbar noch rasiert, ehe er zu ihr gekommen war, und sich dabei am Kinn geschnitten. Aus einem unerklärlichen Grund fand sie den winzigen Schnitt rührend. "Möchtest du noch Kaffee zu dem Nachtisch?" fragte sie. Ihre Stimme klang zärtlicher, als sie erwartet hatte. "Vielleicht später", sagte er. "Ich glaube nicht, dass ich im Augenblick noch irgend etwas runterkriege." Er stand auf und begann die Teller abzuräumen. Vorsichtig stapelte er sie aufeinander. Erneut verspürte sie eine Woge der Zärtlichkeit. "He, ich habe dich nicht eingeladen, damit du Geschirr spülst", protestierte sie und wollte ihm die Teller abnehmen.
Er entzog sie jedoch ihrer Reichweite. "Ich weiß. Ich wollte dir ja auch nur beweisen, wie hilfreich ich im Haus sein kann. Zeig mir den Weg zur Spülmaschine." Chelsea schmunzelte vergnügt. "Mein gutes Porzellan kommt nicht in die Spülmaschine", ließ sie ihn wissen. Er blickte ganz betrübt drein. "Gutes Porzellan?" Sie nickte. "Heißt das, es muss alles von Hand gespült werden?" erkundigte er sich wenig begeistert. Sie lächelte immer noch und bejahte. "Die Gläser auch. Die guten Gläser stelle ich nie in die Maschine." "Na gut, ich hoffe, das Spülmittel, das du benutzt, ist hautfreundlich." Mit hängendem Kopf ging in die Küche. "Ich habe eine bessere Idee!" rief Chelsea, nahm die Fleischplatte und die Gemüseschüssel und folgte ihm. "Wir können alles kurz unter Wasser halten und es für Colleen stehenlassen." Mark horchte auf. "Sie würde uns auf ewig hassen!" Ein schadenfrohes Grinsen huschte über ihr Gesicht, "Mit Sicherheit." "Sie wird glauben, wir hätten das mit Absicht gemacht." "Machen wir auch. Es dient der Charakterfestigung." "Nun, dann will ich deine Tochter nicht der positiven Erfahrung berauben." Er ging zu ihr, legte ihr die Arme um den Nacken und presste seine Daumen gegen ihre verspannten Muskeln. "Komm, du bist bestimmt müde. Wir machen es uns bequem." Er führte sie ins Wohnzimmer, ließ sich aufs Sofa sinken und zog sie zu sich auf den Schoß. "Gemütlich?" "Zu gemütlich", rutschte es ihr heraus. "Ich fürchte, ich könnte mich daran gewöhnen." Er legte den Kopf in den Nacken und musterte sie eingehend. "Könntest du dir vorstellen, dass wir die nächsten fünfzig oder sechzig Jahre so verbringen?" Im ersten Moment war sie sprachlos. "An so einen langen Zeitraum habe ich nicht gerade gedacht." Mark schien enttäuscht. "Du sagst das, als wäre es eine Gefängnisstrafe. Ich sehe das in einem erfreulicheren Licht." Chelsea bekam große Augen und wusste nicht, was sie sagen sollte. "Ich... ich bin nicht... die Frau, die du brauchst", stammelte sie schließlich. "Woher willst du wissen, was für eine Frau ich brauche?" Er warf ihr einen düsteren Blick zu. "Du brauchst nicht gerade eine Frau, die wahrscheinlich finanziell ruiniert ist, bis sie ihre Tochter durchs College gebracht hat", erklärte sie. "Glaub mir, allein stehende Mütter wissen, dass sie bei den Männern nicht gerade beliebt sind. Ich will mich nicht entschuldigen für das, was ich bin, oder für das, was ich in der Vergangenheit gemacht habe, aber ich bin realistisch." "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich irgendwelche Urteile über dich gefällt habe." Mark zwang sie, ihn anzusehen, und hielt sie dabei fest in seinen Armen.
"Hast du geglaubt, ich würde dir deine Vergangenheit vorhalten? Verdammt, du warst noch viel zu jung und hast dir etwas gewünscht, was die meisten neunzehnjährigen Jungen versprechen, aber nicht halten können. Du bist schnell erwachsen geworden -und stark -, als du merktest, welch große Verantwortung du hattest. Nämlich Colleen. Und du hast sie ohne Hilfe großgezogen. Das allein zählt, Chelsea. Dadurch bist du zu der wunderbaren Frau geworden, die du heute bist." "Du bist noch nicht mal dreißig. Wie kannst du da so weise sein?" Sie rieb ihre Wange an seinem Hemd. "Weisheit ist kein Verdienst des Alters", entgegnete er. "Und jetzt keine Scherze mehr übers Alter bitte." "Aber Mark", widersprach sie ihm. "In weniger als einem Monat werde ich vierzig. Männer können in Würde altern, aber die meisten Frauen nicht." "Ja, meine Mom hat sehr oft so etwas Ähnliches gesagt. Aber mein Vater, der zwölf Jahre jünger ist als sie, konnte sich nicht darüber aufregen." Ruckartig sah sie auf. "Das sagst du nur so." Er schüttelte den Kopf. "Nein, tue ich nicht. Sie haben für einen ziemlichen Wirbel gesorgt, als sie heirateten. Sie haben sich nämlich kennengelernt, als meine Mutter Lehrerin an der High School war, die mein Vater besuchte." Er schmunzelte. "Ironischerweise hat sie Biologie unterrichtet." Chelsea mochte ihm das nicht glauben. "Du machst Witze!" "Ehrenwort. Dad hat immer gesagt, Moms Privatstunden in Biologie wären sehr viel interessanter gewesen als ihr Unterricht." Mark grinste schelmisch. Chelsea hob eine Braue. "Soll das heißen, während er noch zur Schule ging..." "Nein, obwohl Dad behauptet, er hätte sich in sie verliebt, als sie zum ersten Mal vor der Klasse stand. Es war kurz vorm Ende des Schuljahres, ehe er den Mut fand, ihr seine Gefühle zu gestehen. Sie ließ ihn abblitzen, erklärte ihm, dass viele Schüler sich in ihre Lehrerinnen verlieben würden und dass er später mal froh wäre, auf jemanden im gleichen Alter gewartet zu haben. Er ist danach zur Luftwaffe gegangen, aber als er vier Jahre später nach Hause zurückkehrte, hat er sie aufgesucht und ihr keine Chance gegeben, nein zu sagen. Sechs Monate später waren sie verheiratet." "Es ist schön zu hören, dass manche Liebesgeschichten ein Happy End haben", erwiderte Chelsea matt. "Finde ich auch." Mark ließ zärtlich seine Hände über ihren Rücken gleiten. "Wann kommt Colleen nach Hause?" "Das dauert noch ein bisschen. Warum?" fragte sie und legte ihm die Arme um den Nacken. Was für eine herrliche Art, den Abend zu verbringen. "Ich dachte, es wäre dir nicht recht, wenn sie hereinkommt und uns hier auf der Couch überrascht." Es war für ihn schwer, dennoch bemühte er sich, seine Zärtlichkeiten nicht zu sinnlich werden zu lassen. "Du hast recht. Das wäre nicht so gut." Ihr Blick glitt zu der kleinen Uhr am Videorecorder hinüber. "Wenn ich jedoch daran denke, wann sie zu Hause sein muss... Es könnte noch gut zwei Stunden dauern."
Er zog sie sofort an sich und rieb seine Nase an ihrem Hals. "Dann sollten wir die zwei Stunden wohl nutzen, weil ich dir ein für allemal beweisen will, wie gut wir zusammenpassen." "Ich dachte, das hättest du schon", erwiderte sie und bewegte so aufreizend ihre Hüften, dass Mark laut stöhnte. "Ich dachte, du könntest noch ein bisschen zusätzliche Überzeugung gebrauchen", brummte er. "Ich verspreche dir auch, mich voll und ganz einzusetzen." Chelsea lachte heiser, als er sich über sie beugte und mit seinen Lippen ihren Hals entlangstreifte. "Und da uns nur eine Stunde und neunundfünfzig Minuten bleiben, bis Colleen kommt, schlage ich vor, dass wir keine Sekunde mehr verschwenden."
15. KAPITEL "Ich habe so viel zu tun, ich fürchte, wir können uns in den nächsten Tagen nicht sehen", meinte Mark. "Ich... ich verstehe." Chelsea stolperte über die zwei einfachen Worte. Sie hatte Angst, wirklich zu verstehen. Allzu wirklich. "Ich muss unbedingt einiges für Harrison Construction aufarbeiten." Sie wollte etwas sagen, brachte jedoch kein Wort mehr über die Lippen. "Aber keine Sorge, zu der Cocktailparty am Samstag hole ich dich auf jeden Fall ab." Die Cocktailparty war das letzte, worum sie sich Sorgen machte. Sie dachte eher an ein Leben in Einsamkeit. Warum konnte sie jetzt nicht etwas sagen irgend etwas? "Bis dann, ja?" verabschiedete sich Mark. Sie blinzelte die Tränen fort. "Ja." Sie hatte sich nie so einsam gefühlt wie in dem Augenblick, als sie den Hörer auflegte. Chelsea rang mit sich, ob sie zu Mark gehen und ihm sagen sollte, dass sie ihn liebte und ihn nicht verlieren wollte. Ob er inzwischen es leid war, auf sie warten? Oder war er ihrer einfach nur überdrüssig geworden? Doch wenn sie sich an ihren vergangenen gemeinsamen Abend erinnerte, konnte sie sich letzteres nicht vorstellen. Da ihr jedoch nichts einfiel, um die Seelenqual zu beenden, verfiel sie in das Nächstliegende - in trübe Stimmung. Sie vermisste Marks Lachen. Sie vermisste Marks Liebe. Und während sie Gwen und Colleen nur mürrische Antworten gab, vermisste sie die lebenslustige Frau, die sie in den Armen dieses Mannes geworden war. Wenn sie daran dachte, dass er die aufregende Idee - und den Mut - gehabt hatte, in einem schockierend schwarzen Minislip auf sie zu warten, musste sie trotz allem lächeln. Selbst die Abschlussarbeiten für die Eröffnung des neuen Geschäftes hielten sie nicht davon ab, in ihren Erinnerungen zu schwelgen, und langsam kam sie zu dem Schluss, dass es so nicht weiterging. Sie musste unbedingt etwas unternehmen. "Also, es ist Zeit, sich so oder so zu entscheiden", sagte sie laut zu sich selbst, während sie ein rubinrotes Bustier mit dazu passenden Leggings anordnete. Gwen schlug sich an die Stirn. "O nein, sie klopft wieder ihre alten Sprüche! Aber könnte es diesmal bedeuten, dass sie endlich zur Besinnung gekommen ist?" fügte sie scharfsinnig hinzu. "Ich dachte, du wärst hier, um zu helfen, nicht um mich in die Zange zu nehmen", zischte Chelsea sie an und warf ihr einen warnenden Blick zu. Gwen ignorierte die Warnung. "Hast du eigentlich Mark inzwischen gesagt, was du für ihn empfindest?" Sie musterte ihre Geschäftspartnerin. "Hast du nicht, oder?" "Ich... ich hätte es fast getan. Aber das war, als er sich zurückzog. Und ich fürchte, jetzt ist es zu spät."
"Dann, meine Liebe, rate ich dir, deine Angelegenheiten rasch in Ordnung zu bringen. Oder willst du den Mann womöglich noch verlieren?" Chelsea unterdrückte einen Aufschrei. Gwen schaute auf die Uhr. "Die Cocktailparty fängt doch um sieben an?" "Ja", antwortete Chelsea betrübt. "Holt Mark dich ab?" "Als ich das letzte Mal mit ihm gesprochen habe, hat er das gesagt." Es gefiel ihr nicht, dass sie so unsicher klang. "Möchtest du noch einen guten Rat?" "Nein!" "Ich gebe ihn dir trotzdem. Zieh heute abend etwas wahnsinnig Aufreizendes an. Etwas, bei dem Mark das Gefühl bekommt, er ist gestorben und in den Himmel gekommen. Und wenn er dir dann keinen Antrag macht, pack den Stier bei den Hörnern und tu es selbst." Chelsea wandte sich ab. Ihr war eine Idee gekommen. Sie sagte ihrer Freundin nicht, dass genau das richtige Stück dafür in ihrem Kleiderschrank hing und dass sie sich bisher nur nicht getraut hatte, es zu tragen. Schon beim bloßen Anblick des Kleides musste Mark einen Herzinfarkt bekommen. Mark wusste nicht, was ihn erwartete, als er Chelsea, die ihm mit erhitzten Wangen die Tür öffnete, für die Party abholen kam. "Hallo Mark, komm herein." Ihr Lächeln fiel etwas gequält aus. "Ich bin fast fertig. Es tut mir leid, dass ich etwas spät dran bin. Ich glaube, ich habe zu lange in der Wanne gelegen. Aber keine Angst, ich bin gleich soweit." "Du siehst umwerfend aus", sagte er etwas atemlos, während er sie musterte. Chelsea verneigte sich. "Danke. Einen Moment noch." Sie lief die Treppe hoch. Mark blickte ihr nach, sah die goldfarbenen durchsichtigen Strümpfe, die bronzenen hochhackigen Schuhe, das ärmellose Kleid mit V-Ausschnitt, das sich wie eine zweite Haut an ihren Körper schmiegte und nur knapp bis über die Knie reichte. Ein paar lange Ohrringe baumelten gegen ihren Hals, und an einem Handgelenk trug sie ein breites Armband. Das Haar hatte sie locker frisiert. Es wurde von einem zum Kleid passenden Stirnband aus dem Gesicht gehalten. "So kann ich sie nicht aus dem Haus lassen", murmelte er und legte sich eine Hand aufs klopfende Herz. "Jeder Mann wird ihr nachstellen in dem Aufzug." "Hast du etwas gesagt?" rief Chelsea von oben herunter. "Nichts Wichtiges!" rief er zurück und räusperte sich. Als sie die Treppe wieder herunterkam, glänzten ihre Lippen, und der starke Duft eines schweren Parfüms wehte ihm entgegen. "Findest du nicht, du solltest dir eine Jacke oder einen Mantel überziehen?" fragte er. "Warum? Es ist doch nicht kalt draußen." "Das Restaurant ist aber klimatisiert." Sein Blick fiel auf den gewagten Ausschnitt ihres Kleides. Trug sie überhaupt einen BH? Es sah nicht so aus.
Chelsea schien über seinen Einwand nachzudenken. "Na gut. Ich habe etwas zum Überziehen, das hierzu passt", sagte sie zu Marks Erleichterung und ging an den Garderobenschrank. Seine Erleichterung schwand sogleich dahin, als er sah, dass sie sich ein durchsichtiges goldenes Cape über die Schultern legte. "Das soll reichen?" "Mir ist nicht kalt, Mark." Sie tätschelte ihm den Arm. "Und jetzt lass uns gehen, sonst kommen wir wirklich zu spät." Bin ich verrückt, fragte sich Chelsea, als Mark ihr beim Einsteigen in den Wagen half. Sein verblüffter Blick vorhin war ihr genausowenig entgangen wie die Tatsache, dass ihr Ausschnitt ihn wie magisch anzog. Warum sollte er sich von meiner Aufmachung auch nicht wie umgeworfen fühlen, schließlich habe ich es darauf angelegt, antwortete sie sich dann selbst und zupfte an ihrem Kleid, damit es etwas mehr von den Schenkeln bedeckte. Im Grunde hätte sie sich das sparen können, da sie ohnehin fast nichts trug. Wieder erschien Chelsea ihr waghalsiger Entschluss schlichtweg als Wahnsinn, und sie spürte, wie ihr anfänglicher Mut sie verließ. Mark setzte sich hinters Steuer, umschloss es fest mit beiden Händen und starrte durch die Windschutzscheibe nach vom, als müsste er sieh auf eine ungeheure Aufgabe vorbereiten. Chelsea wartete mit angehaltenem Atem. "Zu behaupten, du sähst hübsch aus, reicht nicht", sagte er leise und starrte weiter nach vorn. "Ich... ich bin stolz, der Mann an deiner Seite sein zu dürfen." Sie beugte sich zu ihm hinüber und fasste nach seinem Arm. Seine Muskeln verspannten sich unter ihrem Griff. "Und ich bin stolz, die Frau an deiner Seite zu sein", erwiderte sie im Flüsterton. Mark atmete tief durch, und Chelseas warmes, orientalisches Parfüm stieg ihm dabei in die Nase. So wie die Dinge lagen, wusste er nicht, ob er den Abend überstehen würde, ohne seinen Verstand zu verlieren. "Dann wollen wir es mal rasch hinter uns bringen", brummte er schließlich und startete den Motor. Die Cocktailparty, die ausschließlich für die Geschäftsleute des Einkaufszentrums gegeben wurde, fand in dem luxuriösen Restaurant im Untergeschoß statt. Als sie die Eingangshalle durchquerten, merkte Mark, wie Chelsea verstohlen zu ihrem Geschäft hinaufblickte. "Hast du irgend etwas?" erkundigte er sich. Sie schüttelte den Kopf. "Nein, mir ist nur gerade was eingefallen." Sie strahlte ihn entwaffnend an. "Aber ich denke, das macht nichts. Ich bezweifle, ob es überhaupt jemand merkt." Sie beschleunigte ihre Schritte und hängte sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter. Ihm erschien es wie eine Vorwarnung, als ihr in diesem Moment das Cape von der Schulter rutschte und den Blick auf ihre knapp verhüllte Brust freigab. "Was merken?" krächzte er. Sie lächelte und tätschelte ihm den Arm. "Das ist nicht erwähnenswert. Keine Sorge. Es ist alles in Ordnung."
Er biss die Zähne aufeinander, bis ihm der Kiefer schmerzte. "Chelsea ..." begann er. Sie breitete die Hände aus. "Also gut. Wenn du es unbedingt wissen willst..." Sie blieb stehen und lehnte sich an ihn, damit sie nicht so laut sprechen musste. "Ich sagte schon, ich war ein wenig spät dran, und da habe ich in der Eile etwas vergessen. Es ist aber nicht so schrecklich wichtig." Mark gefiel das Drumherumgerede nicht. "Was hast du vergessen?" Hitze stieg ihr in die Wangen. "Mark, nicht hier", raunte sie ihm zu und schaute sich um. "Es könnte uns jemand hören." "Was hast du vergessen?" beharrte er. Chelsea rückte noch näher an ihn heran. Ihre Brust drückte sich gegen seinen Arm. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, stellte sich auf Zehenspitzen und wisperte ihm ins Ohr: "Ich habe vergessen, mir Unterwäsche anzuziehen." "Du..." Er schluckte den Rest des Satzes hinunter. Unwillkürlich glitt seine Hand über ihren Rücken... und er fühlte nichts. "Soll das heißen, du hast unter deinem Kleid nichts an?" presste er über die Lippen. Sie schüttelte den Kopf. Er widerstand der Versuchung, sich den Hemdkragen zu öffnen. "Nicht mal..." Wieder schüttelte sie den Kopf. Mark atmete schwer aus. Gerade als er Chelsea sagen wollte, dass er sie auf der Stelle zurückfahren würde, rief jemand ihren Namen. Ehe Chelsea sich umdrehte, flüsterte sie ihm noch zu: "Keine Sorge, niemand merkt das." Dann winkte sie ihrer Bekannten zu. "Aber ich merke es", murmelte er düster vor sich hin, heftete sich ihr an die Fersen und wünschte sich, er könnte ihr seine Jacke um die Schultern hängen und sie bis zu ihrem hübschen Hals zuknöpfen. Chelsea, die nach allen Seiten grüßte, merkte natürlich, wie dicht Mark an ihrer Seite blieb. Wenn er wüsste, welchen Mut es sie gekostet hatte, diese verrückte Idee in die Tat umzusetzen. Sie hatte deshalb eingeplant gehabt, notfalls kurz die Party zu verlassen, nach oben in ihr Geschäft zu gehen und sich dort Unterwäsche anzuziehen. Aber mittlerweile war sie fest entschlossen, es nicht zu tun. "Siehst du? Es ist alles in Ordnung", sagte sie leise zu Mark und drehte sich schon wieder um, um jemand anderen zu begrüßen. Bei der abrupten Bewegung glitt ihr erneut das Cape von den Schultern. Mark schob den durchsichtigen Stoff behutsam wieder hoch und schaute dann sehnsüchtig zur Bar hinüber. Er hatte das Gefühl, es würde ein langer Abend werden. "Hier, Sie sehen so aus, als könnten Sie das gebrauchen." Gwen stand plötzlich neben ihm und drückte ihm ein kantiges Glas in die Hand. Mark leerte den Drink in einem Zug. "Danke", keuchte er. "Das habe ich wirklich gebraucht." Gwen sah von dem leeren Glas zu Mark auf. "Das war zwanzig Jahre alter Scotch, den Sie da missbraucht haben." Ihr Blick glitt an ihm vorbei zu Chelsea
hinüber, die sich gerade mit dem Geschäftsführer des Buchladens unterhielt. "Als ich das Kleid das letzte Mal gesehen habe, hing es auf einem Bügel in unserem Lager. Ich hätte nie gedacht, dass Chelsea ein so gewagtes Stück anziehen würde. Aber ich bin froh, dass sie es getan hat. Es steht ihr ausgezeichnet. Es besitzt eine gewisse Aussagekraft, finden Sie nicht auch?" "Ich habe nicht gewusst, dass sie Aussagekraft braucht", murmelte er und hätte sich am liebsten noch ein Glas Scotch geholt. "Na, dann haben Sie noch viel zu lernen über die Frauen." Sie legte ihm leicht eine Hand auf den Arm. "Lassen Sie Chelsea nicht aus den Augen, Mark. Es sind eine Reihe Männer hier, die sie gern näher kennenlernen wollen." "Nicht, wenn ich dabei bin", brummte er. Mit einem Schulterzucken mischte sich Gwen wieder unter die Leute. Mark erlebte die Qual jedesmal aufs neue, wenn er Chelsea ansah und daran dachte, dass sie unter dem knappen Kleid nichts trug. Er nahm sich vor, förmlich an ihr kleben zu bleiben, was bei der Menge der Leute nicht leicht war. Immer wieder wurde er von Geschäftsbe-sitzern angesprochen, die daran interessiert waren, noch zu erweitern. Trotz der Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, stellte er fest, dass er im Moment nicht die Geduld aufbrachte, sich um geschäftliche Dinge zu kümmern. Jedesmal, wenn er Chelsea beobachtete, wurde er fast wahnsinnig. Berührte sie ein Mann, hätte Mark dem anderen am liebsten den Arm abgehackt. Lächelte jemand sie an, war Mark davon überzeugt, derjenige hatte gemerkt, dass sie unter ihrem Kleid nichts trug, und plante im stillen schon ihre Verführung. Er hätte sie am liebsten von Kopf bis Fuß in eine Plane gehüllt und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sie beide auf dem schnellsten Weg hier herauskämen. Er schaute auf seine Uhr. "Wissen Sie was, rufen Sie doch in meinem Büro an und lassen Sie sich dort einen Termin geben", schlug er dem Eigentümer einer kleinen Elektronikfirma vor und reichte ihm seine Visitenkarte. Dann steuerte er gezielt auf Chelsea zu, deren Cape schon wieder von den Schultern gerutscht war und ihr jetzt tief im Rücken hing. Ohne nachzudenken, strich er mit der Hand über ihren Rücken und... fühlte noch immer nichts. Schluss mit allen Nettigkeiten, entschied er. Es war Zeit, dass er diese Frau für sich beanspruchte. "Entschuldige, aber ich fürchte, wir werden den reservierten Tisch verlieren, wenn wir uns nicht langsam verabschieden." Er lächelte verkrampft. "Man sollte einen Mann nicht vom Essen abhalten, wenn er hungrig ist", meinte eine der Frauen, die das gehört hatte, und lachte herausfordernd. "Da Chelseas Geschäft neben meinem liegt, werden wir uns sicher noch öfter sehen." "Wie gut, dass es ein Süßigkeitengeschäft ist", erwiderte Chelsea vergnügt. "Bestimmt werden Gwen und ich öfter vorbeikommen, um uns Ihre Karamellbonbons zu holen." Sie lehnte sich leicht zurück, als sie Marks Arm um ihre Taille spürte. "Der Mann passt immer den richtigen Moment ab. Ich verhungere nämlich schon."
Chelsea hatte Glück, dass sie die Worte noch aussprechen konnte, denn ehe sie recht wusste, wie es geschah, wurde sie auch schon von Mark nach draußen in die Halle gezogen. "Ich dachte, wir würden essen gehen", beschwerte sie sich, als Mark sie nicht allzu sanft die Treppe zur zweiten Etage hinauf schob. Er nahm sie bei der Hand und zog sie dann mit sich, bis sie vor ihrem Geschäft standen. "Ich bin sicher, du hast einen Schlüssel dabei." Sie sah sich die beiden Schaufenster an, die Gwen und sie am Morgen noch dekoriert hatten, dann wandte sie sich zu Mark um. "Was wollen wir denn hier?" "Wir wollen dir etwas zum Anziehen holen. Du brauchst zumindest ein paar ganz wichtige Sachen, ehe wir woanders hingehen." Er streckte die Hand aus. "Schlüssel!" Kopfschüttelnd griff Chelsea in ihre Tasche und holte einen Schlüsselbund heraus. "Ich weiß nicht, warum du dich so anstellst. Es hat doch niemand was gemerkt." "Ich merke es." "Weil du es weißt." Sie schloss die Tür auf, und sie betraten das Geschäft. "Ich hoffe nur, dass jetzt nicht der Nachtwächter vorbeikommt und glaubt, jemand wäre eingebrochen. Ich möchte die Situation nicht gern der Polizei erklären müssen." "Vergiss die Polizei!" sagte er, knipste das Licht an und machte die Tür hinter sich zu. Chelsea streifte die Schuhe ab und ging einmal über den weichen Teppich quer durch den Laden. "Es ist sehr hübsch geworden, findest du nicht auch?" Sie deutete auf den Schrank, aus dem Kleidungsstücke in allen Farben hervorquollen, dann beugte sie sich über einen Korb mit spitzenbesetzten Duftkissen. Sie richtete sich wieder auf und drehte sich um. "Es ist nicht leicht, die richtige Atmosphäre zu erzeugen, besonders wenn man dabei auch an die Männer denken muss, damit sie keine Schwellenangst bekommen. Du würdest staunen, wie viele Männer Unterwäsche für ihre Frauen kaufen." Sie öffnete eine Schublade und zog eine Handvoll dünner Minislips heraus. "Na, sag mal deine Meinung dazu. Welchen soll ich anziehen?" Sie senkte die Stimme fast zu einem Flüstern, als sie mit den Slips in der Hand auf ihn zukam. Mark kostete es ungeheure Willenskraft, sich nicht mit dem Finger in den Hemdkragen zu fassen, um ihn zu lockern. Er schaute auf die winzigen Slips, die sie ihm zeigte, dann in ihre großen, strahlenden Augen und auf ihre verführerisch glänzenden Lippen. "Du hast mehr Ahnung von solchen Dingen als ich", brachte er heiser hervor. Chelsea lächelte. "Aber ich will deine Meinung hören. Wie wäre es mit diesem hier?" Sie hielt etwas hoch, was für Mark wie ein paar Streifen schwarzer Spitze aussah. Sie runzelte die Stirn. "Nein, der passt nicht ganz. Was sagst du zu dem?" Er war genauso winzig und in einem kühnen Rot. "Ich... ich weiß nicht", murmelte er.
Sie ging zu einem Ständer hinüber, ah dem aufreizende Bustiers in Schwarz hingen. "Was hältst du hiervon? Er wäre für das Kleid tief genug ausgeschnitten." Sie trat einen Schritt zurück und drehte sich zu Mark um. "Ich finde, du solltest etwas aussuchen, da es dir so wichtig erscheint, dass ich ordentlich angezogen bin." Im Augenblick erschien es ihm wichtiger, Luft zu bekommen. Er befürchtete schon, die Klimaanlage habe versagt, so heiß war es ihm geworden. "Ich glaube, wir sollten das ganz vergessen." "Vergessen? Es war dein Vorschlag, dass ich mich erst richtig anziehen soll, ehe wir woanders hingehen." Sie machte einen Schritt auf ihn zu, und Mark wich zurück. "Mark, was hast du?" fragte sie und kam ihm noch näher. "Du hast nicht etwa Angst vor mir, oder?" Um ihre Mundwinkel zuckte es verräterisch. Plötzlich ging ihm ein Licht auf. Er packte sie bei den Armen und zog sie an sich. "Du machst das mit Absicht!" sagte er. "Du willst mich unbedingt verrückt machen." Sie sah lächelnd zu ihm auf. "Hat es funktioniert? Ich fürchte, ich habe nicht allzuviel Erfahrung, wie man einen Mann verführt. Jedenfalls nicht, wenn ich nüchtern bin." "Keine Sorge, du kannst das ausgezeichnet", brummte er, ehe er ihr den Mund mit einem langen Kuss verschloss. Chelsea klammerte sich an seine Schultern, weil sie fürchtete, den Halt zu verlieren. Aber Mark nahm die Sache in die Hände- im wahrsten Sinne des Wortes -, indem er sie hochhob. Er trug sie durch den rosa Vorhang in die Ankleidekabine hinein und setzte sie dort ab, wobei er kräftig vor sich hin schimpfte. Chelsea strich mit der Zungenspitze über die Stelle an seinem Hals, wo sein Puls klopfte, dann barg sie ihr Gesicht an seiner Schulter, um ihr Lachen zu dämpfen. "Hast du Probleme, Mr. Harrison?" Sie glitt mit der Hand nach unten, bis sie seinen Reißverschluss und die Wölbung darunter fühlen konnte. "Ja, ich glaube schon." "Junge Frau, die Probleme, die ich habe, hast du verursacht, indem du auf der Party ohne was darunter an herumstolziert bist", schimpfte er und drückte sie auf die Chaiselongue. Sofort begann er, Chelsea wild und hemmungslos zu küssen. Sie erwiderte seine Küsse nicht minder hungrig, lockerte ihm die Krawatte und knöpfte ihm das Hemd auf. "Oh, Mark." Sie seufzte und ließ ihre Hände über seinen entblößten Oberkörper gleiten. "Ich liebe dich."
16. KAPITEL Mark und Chelsea waren froh, dass der Nachtwächter nirgendwo in Sicht war, als sie sich schließlich aus dem Einkaufszentrum stahlen. Chelsea hatte den Laden ohne die Wäsche verlassen, für die sie eigentlich hineingegangen waren. "Colleen übernachtet heute bei Elaine", sagte Chelsea, als sie bei ihr zu Hause ankamen. Zufrieden gähnend ließ sie die Handtasche samt dem Cape auf die Ablage im Flur fallen, ehe sie sich die Schuhe abstreifte. "Wie wäre es mit einem Omelett?" "Klingt gut, da wir nicht zu dem Essen gekommen sind, was ich dir eigentlich versprochen hatte." Sie gingen beide in die Küche. Mark nahm an dem Frühstückstisch Platz und sah dann interessiert Chelsea dabei zu, wie sie herumhantierte. "Chels, willst du mich heiraten?" Als Chelsea sich bei dieser überraschenden Frage umdrehte, sah sie ihn genauso erstaunt dreinblicken, wie sie sich fühlte. Er lächelte sie schwach an und hob die Schultern. "Ich hatte nicht so mit der Tür ins Haus fallen wollen. Eigentlich hatte ich vor, dich das in einer etwas romantischeren Umgebung zu fragen. Weißt du, bei Kerzenlicht, leiser Musik und sowas. Aber jetzt konnte ich es nicht mehr länger für mich behalten." "Wirklich?" flüsterte sie. Er stand langsam von seinem Stuhl auf und ging zu ihr. Dann nahm er ihr die Pfanne aus der Hand und stellte sie auf den Herd. "Es hat mir eigentlich widerstrebt, so lange zu warten", gestand er ihr, "aber ich wollte dir Zeit geben, über alles nachzudenken und dass du mit dir selbst ins reine kommst. Ich jedoch wusste schon von Anfang an, was ich wollte." Sie schaute ihn schweigend an. Er schmunzelte. "Weißt du, ich habe mich gleich am ersten Abend in dich verliebt, als du mich wegen deiner Tochter angeschrien hast." Er strahlte bei der Erinnerung. "In dem knappen Morgenmantel, die Brille ins Haar hochgeschoben, hast du deine Tochter verteidigt wie eine Löwin ihr Junges." "Oh, Mark, du bist verrückt", stöhnte sie und erinnerte sich nur zu gut an den Abend. Sie hatte nicht gerade das Gefühl gehabt, sich von der besten Seite zu zeigen. Er schüttelte sie sacht. "Also, wirst du mich von meiner Qual erlösen und mich heiraten? Ich bin sicher, Colleen wird uns ihre Zustimmung geben." "Ihre Zustimmung geben? Sie wird vermutlich glücklich sein, dass ich unter die Haube komme", versetzte sie trocken. "Bist du sicher, auf was du dich da einlässt? Bei Teenagern kann man über Nacht grau werden." "Dann müssen wir vielleicht noch ein Baby bekommen, damit wir uns wieder jung fühlen." Sie erstarrte. Er runzelte verwundert die Stirn. "Warum guckst du mich jetzt so entsetzt an?"
"Der Gedanke, mit dir ein Kind zu haben..." Tränen des Glücks schimmerten in ihren Augen. "Oh, Mark!" sagte sie selig, schlang die Arme um ihn und drückte ihre Wange an seine Schulter. Dann schaute sie voller Sorge zu ihm auf. "Aber du richtest dir hier gerade erst ein neues Büro ein. Ich habe das neue Geschäft eröffnet. Wie können wir in einer so wichtigen Phase an Heirat denken... und dann noch ein Kind planen?" Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Keine weiteren Ausreden, Chelsea. Ich lasse dich nicht mehr gehen. Oder bedeutet das vielleicht, dass du ja sagst?" Sie nickte langsam, verwundert, dass sich ihr Leben noch auf eine Weise ändern würde, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Dann musste sie jedoch laut auflachen. "Mach dich bloß darauf gefasst, dass Colleen uns daran erinnern wird, wir hätten das nur ihr zu verdanken." Übermütig hob er Chelsea hoch und drehte sich mit ihr im Kreis herum. "Mit Colleen werden wir schon fertig werden. He, zusammen werden wir beide mit allem fertig - auch mit einem verrückten Teenager", versicherte er ihr, ehe er sie wieder absetzte, um sie zu küssen. "Chels..." "Hmm?" Sie lächelte, als er seine Zungenspitze zwischen ihre geöffneten Lippen schob. "Hol dir das Bustier, das du mir vorhin in deinem Geschäft gezeigt hast. Ich würde es dir gern einmal ausziehen - vielleicht in unserer Hochzeitsnacht." "Mmm. Heiße Ware", hauchte sie. -ENDE