Langenscheidt Elf on Earth Elfe auf Erden
von Anja Thieme
Übungen und muttersprachliche Durchsicht: Carole Eilertson...
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Langenscheidt Elf on Earth Elfe auf Erden
von Anja Thieme
Übungen und muttersprachliche Durchsicht: Carole Eilertson Lektorat: Gabriele Dietz Layout: Ute Weber Coverfoto: Fotolia Der Epilog aus William Shakespeares Sommernachtstraum auf S. 154 folgt der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel.
Für Eleonore und Jan
www.langenscheidt.de © 2009 by Langenscheidt KG, Berlin und München ISBN 978-3-468-69417-2
One Tageslicht kitzelte Eivyn an der Nase. Sie nieste, rieb sich im Halbschlaf die Augen, blinzelte in die Sonnenstrahlen und streckte sich. Was war passiert? Schlaf? So ein Unsinn, nur Menschen schliefen. Oder konnte sie erst in Erscheinung treten, wenn es an der Zeit war? War es also so weit? Bei diesem Gedanken begann ihr gelbes Gewand zu funkeln vor Übermut. Here I am! Sie war da! Endlich! Sie sah sich um. Ein schmaler, hell gekachelter Raum, zwei hohe weiße Türen, gegenüber eine Duschkabine und in ihrem Augenwinkel ein Schatten, der sich bewegte ... Ein Schatten? Ein Monstrum! Pfeilschnell sprang es auf sie zu und landete mit einem Satz direkt vor ihr im Waschbecken. Eivyn duckte sich zwischen die Borsten des Rasierpinsels, in dem sie erwacht war. Angestrengt versuchte sie, an etwas Trauriges zu denken, damit das Strahlen ihres Gewandes sie nicht verriet. Doch das Ungeheuer schien sich nicht für sie zu interessieren – es blieb sitzen, wo es war. Vorsichtig lugte Eivyn zwischen den Borsten hervor. Die Bestie öffnete ihr Maul, die silbrige Zunge fuhr heraus und leckte am Wasserhahn. Vergeblich – der Hahn war fest zugedreht. “Oh, genau das habe ich befürchtet – nein, ich wusste es!”, maunzte der Schatten frustriert. Eine Katze. Eivyn legte sich eine Hand auf die Brust, um ihr erschreckt wummerndes Herz zu beruhigen, und atmete erleichtert durch. Schon in den Tagen der Pharaonen waren Katzen die Botschafter zwischen Menschenwelt und Traumreich gewesen; sie halfen Elfen, wo sie nur konnten. Oscar Wildes Kater hatte man sogar den Titel “Ritter von 3
Morphadia” verliehen für seine Dienste. Allerdings klang dieser Kater eher, als gehöre er Kafka. “Er vergisst, mir Wasser zu geben, aber den Hahn fest zuzudrehen, das vergisst er nicht! Meine Güte: Dies ist eine Wüste – dürstend kämpfe ich mich durch den rinnenden Sand meines Daseins.” Eivyn verstand kein Wort. Doch das Tier hörte sich so traurig an, dass sie sich weiter vorbeugte, um besser sehen zu können. Sie erblickte eine beeindruckend flache Persernase zwischen riesigen, kupferfarbenen Augen. Der zitronengelbe Schimmer ihres Gewandes ließ den Kater blinzeln. “Seid gegrüßt, ehrenwerte Dame!”, schnurrte er, ganz so, als entdecke er jeden Morgen eine Elfe auf der Badezimmerkonsole. “Pardon? What did you say?” Sie sprach Englisch ... Langsam dämmerte es Eivyn. Der Übersetzerkristall! Jede Muse erhielt einen Kristall, damit sie die jeweilige Landessprache ihres Menschen sprechen konnte. Und eben diesen Kristall hatte sie nicht! Mit Schaudern erinnerte sie sich an ihre Ankunft auf dem Londoner Flughafen. Haken schlagend war sie zwischen Menschenfüßen auf eine riesige, schwarze Ledertasche zugerannt, an ihr emporgeklettert und hatte sich vor all dem Lärm in einen halb offenen Kulturbeutel und die Haare des Rasierpinsels geflüchtet. So war sie mitsamt der Tasche angehoben worden und hatte sich erleichtert zwischen die Borsten fallen lassen. Wohin ihr Mensch wohl gereist war? Jedenfalls schien es Eivyn plötzlich erschreckend logisch, dass man eine Elfe beim ersten Ausflug in die Welt der Menschen in Begleitung ausschickte; es war sicher ratsam, etwas über den Beruf einer Muse zu wissen. 4
“Well!” Der Kater wechselte mühelos die Sprache. “A little guest from Britain in my home! What a surprise! Good morning, Milady. How do you do?” “How do you do?”, antwortete Eivyn freundlich. “Nice to meet you.” Der Kater schnurrte zufrieden. Anscheinend wusste er gute Manieren zu schätzen, so wie die meisten Katzen. “May I introduce myself: I’m Philoktetes – the poor companion of a rich man.” “And my name is Eivyn, sir. I am ... mmh ... I ...” “I know, I know – you are a muse!”, stellte der Kater fest. “Amazing! Why does Thomas, my master”, Philoktetes zeigte mit einer Bewegung seiner Pfote auf die Schlafzimmertür, “deserve such an honour?” Eivyn wurde ein wenig verlegen. “The same procedure as always – he contacted me through a dream”, versuchte sie möglichst gelassen zu antworten. “And – here I am.” Der Kater leckte sich über die Vorderpfoten, was wie ein Nicken aussah. “Milady”, seufzte er. “I am really enjoying our entertaining conversation, but may I ask you for a little favour before we go on?” “Let me guess”, rief Eivyn unternehmungslustig. Sie zwängte sich durch die Borsten und ihr Gewand strahlte hell auf. “You want me to put the tap on?”
milady [mileidi] meine Dame companion [kəmpnjən] Begleiter amazing [əmeiziŋ] erstaunlich to deserve sth. [dizv] etw. verdienen honour [ɒnə] Ehre procedure [prəsid ə] Methode to contact sb. [kɒntkt] mit jdm. in Kontakt treten entertaining [entəteiniŋ] unterhaltsam favour [feivə] Gefallen tap [tp] Wasserhahn
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Übung 1: Ergänzen Sie die folgenden Sätze. Fügen Sie das passende Substantiv ein. 1.
Eivyn is an ______________.
2.
The ______________’s name is Philoktetes.
3.
Philoktetes wants to know how his master deserved this ______________.
4.
Thomas contacted Eivyn through a ______________.
5.
Philoktetes asks Eivyn for a ______________.
6.
Philoktetes wants Eivyn to put the ______________ on.
“You guessed well”, maunzte der Kater. “That would be a big help!” Behände sprang Eivyn von der Ablage und landete elegant neben der Seifenschale. Ein kurzer Griff an das Metall des geschwungenen Hahns, ein gemurmeltes Wort, und schon lief ein dünner Strahl lauwarmen Wassers ins Waschbecken. Der Kater legte sofort den Kopf zur Seite und begann zu trinken, ein kleines Rinnsal sickerte an seinem Hals entlang. “Sorry, I have no time for manners”, rechtfertigte er sich. “I’m too thirsty.” Nach einer Weile aber leckte er sich Maul und Pfoten und sah Eivyn ernst an. “Milady – you saved my life!”, stellte er fest. “It was nothing”, gab Eivyn zurück. Sie setzte sich auf den Waschbeckenrand. “And nobody put any water out for you? Oh, these humans! When will they ever learn to care about
manners [mnəz] Manieren human [hjumən] Mensch
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the creatures that depend so much on them?” Ein Gedanke, der ihr nicht behagte, setzte sich in ihrem Kopf fest. “Or is he simply heartless?” “Oh no, it wasn’t his fault. He was on a business trip.” “A business trip?”, fragte Eivyn enttäuscht. “So he isn’t an artist? Or a scientist, or anything like that?” “No, he is a sales executive. And a very successful one at that. I am sure, however, that he needs some good advice right now. These last few days have been a mess. His ...”, der Kater gab einen Laut zwischen einem Miauen und einem Schnurren von sich, ein Katzenräuspern, “... his fiancée left him yesterday and she was the one who forgot about me. But there are things that are more painful ...” Verzagt leckte sich Philoktetes über seine feuchten Vorderpfoten, schüttelte sich und setzte sich aufrecht. Er blickte in das helle Tageslicht. Eivyn folgte seinem Blick – es wurde Morgen über der Stadt. Sie sah eine ausladende Brücke, die sich über einen breiten Fluss spannte. Der breite Strom begann in den ersten Sonnenstrahlen zu glänzen. Auf der anderen Seite des Wassers waren Bäume und weitläufige Flächen üppigen Grüns zu erkennen, dahinter wieder Häuser und in der Ferne die Schlote des benachbarten Industriebezirks. Diese Stadt war riesig. “A part of me is always screaming inside. Sometimes I just want to leave this place and conquer the world outside. There is a world outside, isn’t there? When I look through
creature [kritʃə] Geschöpf heartless [hɑtləs] herzlos business trip [biznis trip] Geschäftsreise sales executive [seilz izekjətiv] Vertriebsmanager however [haυevə] jedoch mess [mes] Chaos fiancée [fiɒnsei] Verlobte painful [peinfl] schmerzhaft to scream [skrim] schreien to conquer sth. [kɒŋkə] etw. erobern
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these windows, the world outside seems to be like a mirror – a mirror that shows me a fading dream. Lots of people going in and out of their houses, and me ...” Der Kater seufzte tief. “I’m in a cage here. I can’t remember the real world. I am losing touch with my brave cat heart and I am just mouthing the sad words of frustrated poets. I’m living up to the name my owner gave me – Flix. Just like my name, I am a brief presence – shortened, reduced ...” Der Kater klang jetzt bitter. “Sorry, that was a bit of an exaggeration.” Übung 2: Stimmen die folgenden Aussagen? Kreuzen Sie die zutreffenden Sätze an. 1.
2.
3.
4.
5.
6.
Thomas is an artist. Thomas’s fiancée left him yesterday. The cat wants something to drink. The cat is happy to stay in the flat all day. The cat can’t understand Eivyn. The cat thinks the world outside seems like a mirror.
Lodernder Zorn stieg in Eivyn empor, beinahe ebenso schlimm wie zuletzt vor dem Elfenrat. “He keeps you in a cage?”, rief sie entrüstet. “But you are a cat! It is your nature to want to roam!” “Milady, I didn’t want to upset you! If you ask Thomas, he fading [feidiŋ] vergänglich cage [keid ] Käfig brave [breiv] tapfer to mouth words [maυθ wdz] Worte mit den Lippen formen frustrated [frstreitid] frustriert poet [pəυit] Dichter brief [brif] von kurzer Dauer presence [prezns] Wesen shortened [ʃɔtnd] eingeschränkt exaggeration [izd əreiʃn] Übertreibung to roam [rəυm] streunen to upset (upset, upset) sb. [pset / pset / pset] jdn. verärgern
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will say that he wants to protect me from bad things like accidents, dogs, and people. Some cruel people catch cats and use them in experiments ...” Ein tiefes Seufzen folgte. Der Kater wandte den Kopf wieder zu Eivyn und sah sie traurig an. “In ancient times cats were sacred, untouchable, but those times have gone. That world outside is a dangerous place nowadays. But it is also ...” “... exciting”, ergänzte Eivyn leise. “Much more exciting than I imagined. Filled with adventures and new experiences.” Sie seufzte ebenfalls, nickte dann aber dem Kater entschlossen zu. “I want to decide how to live my life. It is the right of every creature. We must use our natural skills and follow our own desires.” “I agree, Milady!” Durch eine der Türen waren Geräusche zu hören. “So – here comes Thomas. Perhaps he will listen to you. You are the best thing that could happen to him. I have a feeling that Morphadia sent the right muse to the right gentleman.” Eivyn hätte schwören können, dass der Kater grinste, doch ein Katzenlächeln sieht man nur, wenn eine Katze nicht weiß, dass man es sieht, und so war das kurze Blitzen sofort wieder verschwunden. Der Kater sprang aus dem Waschbecken und strich seinem Herrchen zur Begrüßung um die Beine. Der halb nackte Mann schlurfte verschlafen vor den Spiegel, tastete nach dem Wasserhahn und drehte ihn zu. Seine Haare standen in dunkelbraunen Strähnen vom Kopf ab und er gähnte ausgiebig. Thomas Renneberg fuhr sich müde über den Kopf und cruel [kruəl] grausam in ancient times [in einʃənt taimz] im Altertum sacred [seikrid] heilig untouchable [nttʃəbl] unantastbar nowadays [naυədeiz] heutzutage desire [dizaiə] Wunsch
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tastete nach seiner Zahnbürste, bis ihm einfiel, dass Zähneputzen, ohne richtig sehen zu können, wenig sinnvoll war. Also fischte er die Kontaktlinsenschale, die gleich neben dem Rasierpinsel lag, von der Ablage, entnahm ihr eines der durchsichtigen Scheibchen und ließ es schnell in seinem rechten Auge verschwinden. Als er den Kopf senkte, um den Sitz der Linse zu prüfen, huschte ein gelbes Blitzen über den Spiegel und tanzte über die Ablage. Thomas zwinkerte, sein Auge brannte. Schnell platzierte er die zweite Linse. Seine Augen hatten genau den gleichen Silberton wie die ersten grauen Haare, die vor ein paar Wochen wie aus dem Nichts in seinem Scheitel aufgetaucht waren, stellte er fest. Als ob es nicht reichte, dass er sich alt fühlte. “Sir!”, rief da jemand. Wieder das Blitzen. “Sir!” Die Stimme ließ sein Herz klopfen. Und er bekam augenblicklich ein schlechtes Gewissen – die Stimme klang nach einer verärgerten Mutter und ... Messdienerglocken? “Sorry to bother you before breakfast, but I have to talk to you about your neglected pet. The worst thing you can do to a cat is to keep him in a cage. It’s a very bad habit.” Thomas sah sich hektisch nach allen Seiten um. Es war niemand da. Er sah nur das Blitzen auf der Ablage, das immer roter wurde. “Bitte?”, fragte er vorsichtshalber, während sein erwachender Verstand nach einer Erklärung suchte. War da jemand im Hausflur oder auf der Straße? Seine Nachbarin? Es war noch nie ein gutes Zeichen gewesen, wenn man Stimmen hörte. neglected [nilektid] vernachlässigt
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Übung 3: Benennen Sie den Superlativ der folgenden Adjektive, wie im Beispiel vorgegeben. 1.
An exciting adventure
the _most exciting__ adventure
2.
A dangerous place
the ______________ place
3.
A good thing
the ______________ thing
4.
A bad habit
the ______________ habit
5.
A surprising event
the ______________ event
6.
A sad cat
the ______________ cat
“Sir! Would you be so kind and stop ignoring me! I’m here! Next to the tumbler you keep your toothbrush in – by the way, you need a new one.” Mutig lehnte Thomas sich vor und nahm das Leuchten näher in Augenschein. Es war in etwa so groß wie sein Daumen. Als er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, konnte er eine kleine Gestalt inmitten des Lichts erkennen, die ein apfelrotes Gewand trug. Die Reflexion tanzte zwischen dem Zahnputzbecher und einer Parfumflasche, die Ilona beim Auszug zurückgelassen hatte. Thomas schüttelte zerstreut den Kopf, als helfe das, wieder Ordnung in seine Gedanken zu bringen. “Sir, if you don’t talk to me immediately, you’ll force me to use magic!”, drohte ihm die Stimme jetzt. “Sorry?”, stammelte Thomas unwillkürlich. “I didn’t want to be rude.” Inzwischen war die glitzernde Gestalt so orange wie die Lakritzdragees, die sein Sohn Gabriel so gern tumbler [tmblə] Glas to force sb. [fɔs] jdn. zwingen magic [md ik] Magie
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mochte. “This ... has to be some kind of optical illusion. There must be something wrong with my eyes, something like that ...” “Don’t be ridiculous!”, rief die Stimme verärgert. “I’m not an eye irritation! I’m a muse! And I was sent from Morphadia to give you inspiration! My first idea would be this: Buy yourself a new toothbrush and then find a better home for your cat. Find him somebody with enough time and space to give him the care and attention he deserves. He likes to live in freedom, but you put him in a cage! He is going insane.” Das Leuchten schien größer zu werden. Und es war jetzt tomatenrot. Thomas ließ sich auf den Rand der Badewanne sinken und blickte zweifelnd zur Ablage empor. “I think I’m the one who is going insane”, gab er gepresst zurück. “Jetzt ist es so weit. Du hast einen Nervenzusammenbruch”, flüsterte er. Thomas hasste die Praxis, er hasste die Liege mit dem ockerfarbenen Schonbezug, er hasste den knisternden Nadelfilzboden und den Eichenschreibtisch. Sogar die kleeblattförmige Kunststofflampe. Aber er hatte keine Wahl; er konnte sich schlicht keine Schwäche leisten. Gerade jetzt nicht, auch wenn ihm klar war, dass es für einen Nervenzusammenbruch wohl nie einen günstigen Zeitpunkt gab. Und zumindest hatte er einen gewissen Respekt vor Dr. Degenhardt. Vielleicht weil er ihm während der optical illusion [ɒptikl ilu n] optische Täuschung Don’t be ridiculous! [dəυnt bi ridikjələs] Mach dich nicht lächerlich! eye irritation [ai iriteiʃn] Augenreizung inspiration [inspəreiʃn] Erleuchtung insane [insein] verrückt
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Ehetherapie auf den Kopf zugesagt hatte, dass er besser Junggeselle geblieben wäre – so gern er Sylvia habe. Seine Exfrau hatte später gemeint, der Berater habe Trotz provozieren wollen, aber Thomas hatte dem nichts entgegensetzen können, zustimmend genickt und sich mit der Scheidung einverstanden erklärt. Er sah das Leuchten seine Schulter entlanglaufen, als er sich setzte, dann verschwand es aus seinem Blickfeld. Und dem Dr. Degenhardts, der es wohl ohnehin nicht wahrnehmen würde. “Ich stehe am Rande des Wahnsinns”, sagte Thomas matt. “Dramatisieren wir nicht, sondern analysieren zunächst”, antwortete Dr. Degenhardt gelassen und sah ihn über den Brillenrand hinweg tadelnd an. Der betont milde Tonfall des Analytikers fuhr Thomas unangenehm in die Magengrube, dennoch begann er zu berichten. “Und was genau, Thomas, hatte Ihnen diese – nennen wir es einmal Erscheinung – mitzuteilen?”, fragte Dr. Degenhardt. “Sie sagt, ich soll meinem Kater ein besseres Zuhause geben und eine neue Zahnbürste kaufen”, flüsterte Thomas. “Ich solle sie nicht ignorieren, ansonsten würde ich sie zwingen, Magie anzuwenden.” In seinem Nacken fühlte er ein sanftes Perlen und hörte etwas, das wie das Glöckchen dieser Schokohasen klang, die seine Tante Gitta immer zu Ostern verschenkt hatte. Übung 4: Bringen Sie die folgenden Ereignisse in die richtige zeitliche Reihenfolge. a.
Eivyn meets Philoktetes. Thomas hears a voice talking in English. c.
Eivyn comes to the human world. d.
Thomas goes to a doctor. b.
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e.
Thomas thinks he is going insane. f.
Eivyn turns the tap on. “Mmh. Interessant, Thomas.” Dr. Degenhardt malte kryptische Zeichen auf die quittengelbe Karteikarte. Dieses Mitschreiben und die Unart, ihn andauernd beim Vornamen zu nennen und trotzdem zu siezen, hatte Thomas schon während der Ehetherapie genervt. “Hurry up”, flüsterte die klingelnde Stimme in seinem Nacken. “You haven’t had breakfast yet, and I’m sure that your fridge is as empty as a marketplace on a Sunday morning.” “This is incredible”, flüsterte Thomas. “You don’t exist, but you’re right.” Plötzlich bekam er Lust, den Analytiker zu ärgern. “Oh, mir fällt ein, Dietmar – ich darf doch, oder?!” “Ähm ... wie es Ihnen angenehm ist”, murmelte der Psychologe. “Sie spricht Englisch.” “So, so”, sagte Degenhardt. “Ich denke, es handelt sich um eine Projektion Ihres Unterbewusstseins. Sie spricht in einer fremden Sprache, weil die Absurdität dessen eine emotionale Distanz erschafft, die notwendig für Ihre psychische Gesunderhaltung ist.” “Bitte?” “Eine Manifestation Ihrer psychischen Anspannung, die versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Sie spricht Englisch, damit Sie wissen, dass sie nicht real ist.” Der Psychologe hielt kurz inne und überflog seine Notizen. “Sie sagten, auch Ihre neue Partnerschaft sei gescheitert?” “Ja”, meinte Thomas skeptisch. incredible [inkredəbl] unfassbar
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“Das ist nur logisch. Sie sind offensichtlich immer noch nicht bereit, zu erkennen, dass Sie Halt nur in sich selbst finden können.” Dr. Degenhardt seufzte und schaute auf. “Vermutlich handelt es sich nicht um eine echte Halluzination; ich nehme an, Ihr Stress treibt den Blutdruck in die Höhe und verursacht Ohrgeräusche und Augenflimmern. Der Rest ist reine Fantasie, weil sie emotional verunsichert sind. Solange Ihnen Ihr autonomes Selbst so konstruktive Vorschläge macht, ist alles in Ordnung. Hören Sie ruhig darauf, dann wird das bald aufhören. Sollte Ihre Bewusstseinsstörung Sie allerdings zu völlig absurden Taten auffordern, zögern Sie nicht, mich anzurufen. Und überdenken Sie Ihr Frauenbild – Sie erwarten zu viel! Damit Sie sich entspannen können, bekommen Sie am Empfang ein Rezept für ein leichtes Sedativum von meinen Mädchen.” Mädchen? Chauvinist! Er sollte sein eigenes Frauenbild überdenken, statt mich mit seinem Fachchinesisch abzuspeisen, zankte etwas in Thomas’ Innerem. Dennoch nickte er. Als er wenig später am Empfangstresen lehnte und darauf wartete, dass der Drucker sein Rezept ausspuckte, hüpfte das Leuchten auf die Ärmelumschläge seines Mantels. “You don’t need any medicine, Thomas”, behauptete die klingelnde Stimme. Diesmal klang sie sehr verständnisvoll. “What you need is a break.” Thomas zuckte die Achseln. Das Leuchten verkroch sich in seinen Ärmel, als die Sprechstundenhilfe aufschaute und ihm das Rezept gab. Er bemühte sich, die junge Frau anzulächeln, und nahm dann die Stufen im Treppenhaus mit langen Schritten. Vor dem Ausgang zur Straße blieb er stehen und besann sich. Dr. Degenhardt hatte gesagt, er solle vorerst auf die Stimme hören. Er beschloss, es auszuprobieren, und ging zielstrebig an der Apotheke im Erdgeschoss 15
des Ärztehauses vorbei. Eigentlich nicht, weil er dem Rat des Leuchtens glaubte, sondern weil er es sich nicht leisten konnte, benebelt im Büro zu sitzen. Dann fiel ihm ein, dass er sich ohnehin heute freigenommen hatte. “Reicht ein ruhiges, langes Wochenende?”, fragte er ungeduldig. Prompt kroch das Leuchten wieder aus seinem Ärmel hervor. Es war jetzt von einem wunderschönen Zitronengelb. “Pardon?”, sagte es mit Nachdruck. “What about a quiet weekend?” “But not in your flat!”, forderte die Erscheinung und schickte sich an, sein Revers hochzutanzen. Auf der Höhe des zweiten Mantelknopfs blieb sie sitzen. “No work, no emails, no mobile. Nothing but you and the countryside! You can ask one of your neighbours to keep an eye on Flix.” “I’ve never thought of asking a neighbour before.” “That’s because you hate asking for favours.” “That’s true”, gab Thomas zu. Einen Augenblick lang fragte er sich, warum die Stimme so viel über ihn wusste. Aber hatte Dr. Degenhardt nicht gesagt, dass er selbst es war, der sich da Reden hielt? Ob er hätte erwähnen sollen, dass sein Gewissen eine Frauenstimme hatte? “All right”, gab er nach. “I have a holiday flat not far away. It’s located in a quiet valley. But actually, I promised to visit my son – so I have to go to Bonn first.” “No problem”, sagte die Stimme zufrieden. Thomas schloss den Wagen auf und stieg ein. Das Leuchten saß nun auf seiner Schulter. Es machte keine Anstalten zu verschwinden. mobile [məυbail] Handy countryside [kntrisaid] Landschaft to be (was/were, been) located [bi wɒz/w / bin ləυkeitid] liegen
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Übung 5: Setzen Sie das passende Verb in der richtigen Form ein. (to tell, to remember, to go, to come, to call, to talk)
“How can I make you 1. ____________ away?”, fragte er verzweifelt. “Just 2. ____________ me about your problem”, sagte die Stimme. Irgendwie kam es Thomas vor, als sei das Leuchten noch heller geworden. “Which problem are you 3. ____________ about?”, fragte er, während er anfuhr und den Wagen auf die Straße lenkte. “The problem that made me 4. ____________ here all the way from Morphadia.” Thomas schüttelte den Kopf. “Morph... what? I don’t 5. _____________ calling anybody from anywhere.” “Of course you don’t!”, gab das Leuchten gelassen zurück. “You 6. _______________ me in a dream. Humans forget their dreams and before they get lost for good, we catch them. They look like threads. Our clothes are made of dreams. All kinds of dreams – some sad, some serious and some simply zany. See?” Die Gestalt sprang vor ihm aufs Armaturenbrett und wedelte ein bisschen mit thread [θred] Faden zany [zeini] verrückt
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den Armen, augenscheinlich wollte sie auf ihr Gewand aufmerksam machen. “Some threads are special. They are very bright. We call them dream threads. If such dream threads are long enough, we can weave them into cloth and make ourselves gowns. Then a muse will put one on and come here to help humans. Do you understand? Your dream is now part of my gown. So I can inspire you to solve any problem you might have!” Thomas nickte, obwohl er alles, was seine Bewusstseinstörung da erzählte, für Hirngespinste hielt. Und für kompletten Blödsinn obendrein. Traumfäden, Musengewänder, Inspiration? Er stoppte den Wagen vor der Bäckerei am Ende der Straße. “Would you like anything for breakfast, Twinky?”, fragte er matt. “My name is Eivyn!”, sagte die Stimme entrüstet. “And all I need now is a problem. Describe it to me and then I can inspire you to solve it!” Thomas seufzte abermals tief und stieg aus. Als Eivyn wieder in seinen Mantel huschte, sagte er: “By the way, you have a nice name. Eivyn – is that Welsh?” Das Glockenkichern war jetzt nah an seinem Ohr. “It’s ancient Morphadian – but it might be like Welsh.” “What does it mean?” Es dauerte eine Weile, bis das Leuchten ihm antwortete. “It’s a kind of command. It means ‘to raise’, or ‘to lift up!’ Very simple.”
to weave (wove, woven) sth. [wiv / wəυv / wəυvən] etw. weben cloth [klɒθ] Stoff gown [aυn] Gewand to inspire sb. [inspaiə] jdn. inspirieren command [kəmɑnd] Befehl to raise [reiz] hochheben
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Two Als Thomas Renneberg die Tür öffnete, hätte er sie am liebsten gleich wieder geschlossen. Da war wieder dieser Geruch in seiner Wohnung: eine Mischung aus PatschuliRäucherwerk, Vanillezucker und Wildrosen-Shampoo. Die Selbstverwirklichungsversuche seiner Lebensgefährtin Ilona hatten ihn in den letzten Monaten einiges an Nerven gekostet. Er hatte es “Wellness-Trip” genannt, sie “spirituelles Erwachen”. Und genau jetzt wurde ihm klar, dass er sie einfach nicht mehr sehen wollte. Musste er aber – samt Hennatönung, Asia-Outfit und vorwurfsvollem Gesichtsausdruck. Das leise Klingeln entfernte sich, anscheinend versteckte sich seine Bewusstseinsstörung lieber vor Ilona. Das verstand er gut. Dabei hatte es so verheißungsvoll angefangen. Sie hatten sich auf der Internationalen Süßwarenmesse kennengelernt; sie war ihm selbstbewusst und unabhängig vorgekommen, war Betriebswirtin und hatte kaum etwas anderes im Kopf gehabt als ihren Erfolg im Beruf. Genau wie er. Am Tag nach ihrem dreißigsten Geburtstag dann hatte es angefangen. “Dreißig! Und was ist aus mir geworden? Ein Businessweibchen. Das soll alles sein? Mein Leben braucht Inhalte!” Thomas fand es alles andere als inhaltslos, eine Abteilung zu leiten und sich trotz der Unterhaltszahlungen für seinen Sohn Gabriel ein recht angenehmes Leben leisten zu können. Auch wenn er kaum Zeit hatte, es zu genießen. Als er das gesagt hatte, war Ilona beleidigt gewesen. Wenig später war sie zu einem Konzern für Naturkosmetik gewechselt. Vor drei Wochen dann hatte sie am Esstisch 19
gesessen und betroffen auf bunte Kärtchen gestarrt, die vor ihr ausgebreitet lagen. “Du entfernst dich von mir”, hatte sie ihm mit tragischer Stimme mitgeteilt, “und weil es Karma ist, kann ich nichts dagegen tun – nein, ich darf es nicht einmal.” “Ach so”, hatte er geantwortet und sich gefragt, warum er immer an Frauen geriet, die spontan beschlossen, dass er kaum auszuhalten sei. Die nächsten zwei Wochen hatte Ilona im Lotussitz auf dem Boden vor Thomas’ Stereoanlage zugebracht und einer Stimme gelauscht, die ihr zu Sitarklängen mitgeteilt hatte, sie solle durch ihr Wurzelchakra atmen. Das Wort “Lebensabschnittsgefährte” jedenfalls hatte für Thomas einen bitteren Beigeschmack, seit sie sich entschieden hatte, zu ihrem Tai-Chi-Lehrer zu ziehen und Thomas “gehen zu lassen”. Ob er das wollte, schien dabei nicht weiter wichtig zu sein. “Das ist mir jetzt zu viel, dass du so spät kommst, Thomas”, sagte Ilona und seufzte bedeutungsschwanger. “Du, ich muss noch zum Meldeamt.” “Und ich musste zum Arzt”, gab Thomas murrend zurück. “Es geht dir also nicht gut damit, ja?”, fragte sie betont milde. “Das tut mir wirklich sehr leid für dich. Ich hab mir schon gedacht, dass dir so was passiert. Weil du deine Energien in falsche Kanäle zwingst, das macht dann schon mal Beschwerden.” “Aha, meine wöchentliche Dosis Erkenntnis!” Schon öffnete Ilona den Mund, aber er winkte ab. “Entschuldige – das ist mir jetzt einfach zu viel. Etwas anderes als nährstofflose Nahrung und materialistische Lektüre kann ich jetzt wirklich nicht aushalten.” Er wies auf die Tüte mit dem Aufdruck seines Lieblingsbäckers und auf die Wirtschaftswoche auf dem Esstisch. 20
Ilona verzog das Gesicht und warf ihre Schlüssel auf den Couchtisch. Der Bund rutschte ein ganzes Stück über die Platte und hinterließ helle Kratzer auf dem feinen Holz. “Möchtest du sonst noch irgendwas kaputt machen?”, sagte Thomas ungeduldig. “Das kannst du doch viel besser”, gab sie zurück. Jetzt war das Verständnis aus ihrer Stimme verschwunden. “Es ist verschwendete Energie, mit dir zu kommunizieren.” Sie schien in sich hineinzuhorchen. “Allerdings wünsche ich dir wohl wirklich alles Gute – leb wohl.” “Mach’s gut”, meinte Thomas dumpf. Er brachte Ilona nicht bis zur Tür, sondern hängte den Schlüsselbund erst ans Bord im Flur, als ihre Schritte im Treppenhaus verklungen waren. Auf dem Regal neben der Tür lag Ilonas Brieftasche. Er lächelte bitter. Eine alte Gewohnheit; sie hatte sie nach dem Nachhausekommen immer dort abgelegt, um sie in die Handtasche packen zu können, die sie morgens passend zur Garderobe auswählte. Einen Augenblick lang war er in Versuchung, Ilonas Handynummer zu wählen und ihr Bescheid zu sagen, aber irgendwie gönnte er es ihr, ohne Papiere beim Meldeamt zu sitzen. Grinsend ging er in die Küche. In diesem Augenblick kroch das Leuchten aus seinem Kragen hervor und sprang auf die Arbeitsplatte. Er hatte sich schon gefragt, wann es sich wieder zu Wort melden würde. “It was outrageous to talk to a lady like that.” “And what about the way the so-called lady talked to me?”, gab Thomas gereizt zurück. “That was wrong too. But two wrongs don’t make a right!” “If you say so. Anyway, how come you know what we said?”, outrageous [aυtreid əs] unerhört
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fragte Thomas, nahm sich missmutig einen Teller aus dem Küchenschrank, stellte seine Lieblingstasse unter den Kaffeeautomaten und legte ein neues Pad ein. Er war jetzt wirklich übellaunig. Anscheinend gewöhnte man sich nicht an Trennungen. “I thought you didn’t understand German”, versuchte er den Lärm der Maschine zu übertönen. Das Leuchten stieg rasch seinen Kaffeelöffel empor, wie ein Bergsteiger, der es nicht erwarten kann, das Gipfelkreuz zu sehen. Auf der Spitze angekommen, stellte es sich breitbeinig hin. Jetzt, ganz aus der Nähe, sah Thomas kringelige, dunkle Locken um den Kopf der winzigen Gestalt. “I don’t need to understand a language to recognize anger in somebody’s voice. Anyway, I can tell from your thoughts that you wanted to hurt her. I’m very disappointed. Shame on you.” “Thanks.” Thomas ärgerte sich. Wie konnte er dieses moralisierende Etwas nur loswerden? “I am not going anywhere!”, kommentierte die Gestalt erbost. “Telepathy again?”, fragte Thomas spöttisch. Übung 6: Übersetzen Sie die folgenden Begriffe ins Englische. 1.
Elfe
__________________________
2.
Faden
__________________________
3.
Ehre
__________________________
4.
optische Täuschung
__________________________
anger [ŋə] Ärger voice [vɔis] Stimme thought [θɔt] Gedanke Shame on you. [ʃeim ɒn ju] Schäm dich! telepathy [tilepəθi] Gedankenübertragung
22
5.
Spiegel
__________________________
6.
Geschäftsreise
__________________________
Inzwischen hatte sich das Leuchten auf den Rand seines Tellers gesetzt und sich mit zum Esstisch hinübernehmen lassen. Wie ein Fakir auf einem fliegenden Teppich. “Kind of”, gab die kleine Gestalt ungerührt zurück. Thomas setzte sich und schmierte sich möglichst unbeteiligt ein Leberwurstbrötchen, den Blick auf die Schlagzeile der Wirtschaftswoche gerichtet. “You don’t believe me? Right now you are thinking about a promise you made to Ilona. ‘I’m not going to eat any more food that is too high in cholesterol.’ But look at you now! You are tucking in to that liver sausage!” Das Leuchten hielt inne. “Urgh, really?”, sagte es schließlich angewidert. “Is it liver? Goodness!” “Poor animals, I know ...” Thomas verdrehte die Augen zur Decke. “You are exactly like Ilona!” Hämisch biss er in das Brötchen. “Humans do have incisors, so I think that it is healthy for you to eat meat sometimes”, gab das Leuchten gelassen zurück. “But the liver is an organ that absorbs fat and toxins from blood. You are eating a sewage plant. That’s ...” Die kleine Gestalt schüttelte sich angeekelt und es klang wie das Läuten der Schellen einer Narrenkappe.
cholesterol [kəlestərəl] Cholesterin to tuck in [tk in] reinhauen liver sausage [livə sɒsid ] Leberwurst Goodness! [υdnəs] Du meine Güte! incisor [insaizə] Schneidezahn to absorb sth. [əbzɔb] etw. aufnehmen toxin [tɒksin] Giftstoff sewage plant [suid
plɑnt] Kläranlage
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Gegen seinen Willen musste Thomas lachen. Er zog eine Augenbraue hoch und griff nach einem Päckchen Frischkäse, um die andere Brötchenhälfte zu bestreichen. “Very good”, lobte die Stimme, und das Leuchten schien auf die frischen Kräuter zu deuten, die in einer tönernen Ampel im hohen Fenster der Küche hingen. Thomas stand auf und nahm sich ein wenig Schnittlauch. Als hätte er sie gerufen, hangelte sich die Erscheinung vom Tisch hinunter auf den Stuhl, wo der Kater sich zusammengerollt hatte, und versank im flauschigen Fell des Persers. Es machte sich auf zu Flix’ Nacken und schien ihn wie einen schweren Brotteig zu kneten. Flix schnurrte wohlig und miaute dann, als wolle er das Wesen – die Irritation, ermahnte Thomas sich – auffordern, an einer anderen Stelle zu kraulen. Jetzt wurde es ihm wirklich unheimlich – offensichtlich nahm sein Kater die Bewusstseinstörung wahr! Und seine behaglichen Laute klangen – englisch? Was für ein absurder Gedanke. Thomas geriet ernsthaft in Versuchung, das Rezept für das Beruhigungsmittel doch einzulösen; das war ihm jetzt wirklich zu viel. Er atmete ein paar Mal tief durch und sah dann auf die Uhr. Er war schon wieder zu spät dran, um pünktlich zum Schulschluss bei Gabriel zu sein. Der Verkehr auf den Kölner Ringen war freitags um diese Zeit mörderisch, und leider weigerte sich Gabriel, ihn zu besuchen. “Deine Ilona versucht zwar nett zu sein, aber sie nervt”, hatte er neulich erst erklärt. “We’d better leave now”, kommentierte das Leuchten seine Gedanken. We’d better leave now. [wid betə liv naυ] Wir gehen jetzt besser.
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Übung 7: Schreiben Sie die Kurzformen der Verben aus, wie im Beispiel vorgegeben. 1.
I’d __(I would)______ like to inspire you.
2.
We’d (_______________) better leave now.
3.
I’d (_______________) love to talk to an elf.
4.
I’ll (_______________) solve your problems.
5.
She’d (_______________) better be careful.
6.
He’d (_______________) never imagined something like this.
“I have some calls to make first”, sagte Thomas ernst und griff nach dem Telefon. “Keep them short”, gab Eivyn streng zurück, kroch aus dem Fell des Katers und stemmte die Arme in die Hüften. Ihr Gewand leuchtete hell, und sie fügte freudig hinzu: “Is your son looking forward to seeing you?”
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Three “In Ordnung. – Ja! – Ich verlasse mich darauf. – Danke.” Eivyn musste lächeln, weil Thomas tatsächlich nur knappe Telefonate mit seinen Mitarbeitern führte. Er lief auf und ab, das Telefon zwischen Schulter und Kinn geklemmt, und räumte den Tisch ab. Eivyn nutzte die Gelegenheit, sich in der Wohnung umzusehen. Alles wirkte, als hätte sich ein puristischer Innenarchitekt ausgetobt. Viele Möbel waren quadratisch, aus dem gleichen dunkelbraunen Holz, die Vorhänge vor den großen Altbaufenstern silbern und selbst die Kissen auf der dunklen Ledercouch hatten einen kühlen Grauton. Nur ein rotes dazwischen, dann hätte man sich wohlfühlen können. Weshalb war sie hier? Dass Musen auch für die Alltagsprobleme eines Managers zuständig waren, war ihr neu. Was sie in Thomas’ Kopf vorfand, war so eingefahren, dass es einfach aus dem Weg musste. Es war ein bisschen, als räume man ein Kinderzimmer auf: Zuerst mussten alle Klötzchen und Autos wieder in ihre Kisten, bevor man gründlich saubermachen konnte. Auch wenn ihr das Spaß machte – sollte die Tätigkeit einer Muse nicht eher mit wichtigen Dingen wie Kultur, Moral oder wegweisenden Entdeckungen zu tun haben? Konnte Thomas etwas in der Welt bewegen? Und wenn, was? Die Börse? Nachdenklich balancierte Eivyn eine Fuge der Bodendielen entlang, als ein fester Griff nach ihrer Schulter sie von den Füßen riss. Etwas zerrte sie in den Wandschrank. Erschreckt rang Eivyn nach Luft. Ihr Herz raste. “There you are, you foolish girl!” foolish [fuliʃ] töricht
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Eivyn erkannte die Stimme augenblicklich. “Lady Allyfahr?”, raunte sie erstickt. Ihr Gegenüber bewegte im Halbdunkel den Arm und schon waren sie von einem silbrigen Lichtreif umgeben, der ihre Gesichter erhellte. Schamesröte stieg Eivyn in die Wangen; sie wünschte, es wäre kein Licht gemacht worden – jetzt musste sie Lady Allyfahr in die Augen sehen. Von den vielen kleinen Lachfältchen, die sie sonst so warmherzig und fröhlich erscheinen ließen, war nichts mehr zu entdecken. Sogar die weißen Löckchen um das empörte Gesicht zitterten vor Zorn. Wie immer trug die Musenmutter ihren breitkrempigen Hut, der mit kleinen, bunten Sternen bestickt war. Jeder Stern stand für einen Dichter, der von Lady Allyfahr inspiriert worden war. Eigentlich hatte der Hut eine helle Grundfarbe, jetzt aber leuchtete er explosiv rot. Ebenso ihr Gewand. “Milady”, begann Eivyn zerknirscht, “I ... gosh ...” Sie verstummte und senkte den Kopf. “Eivyn! Are you crazy? Morphadia is up in arms because of you! The council is driving me mad”, rauschte es über sie hinweg. “Stealing a gown! Running away!” Lady Allyfahr stockte und schlug sich entsetzt eine Hand vor den Mund. “For art’s sake!”, fügte sie tonlos hinzu “Citrusyellow!” “Please”, flüsterte Eivyn schuldbewusst, “let me explain ...” Sie wagte es, die Augen zu öffnen, die sie eben noch vorsichtshalber zugekniffen hatte. Lady Allyfahr machte eine ungeduldige Handbewegung. to be up in arms [bi p in ɑmz] empört sein for art’s sake [fər ɑts seik] um der Kunst willen citrus-yellow [sitrəsjeləυ] zitronengelb
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Eivyn schluckte und fuhr unsicher fort: “My job is to sort out the usable from the unusable dreams.” Sie wies auf die Robe. “This dream thread was too short, but only just, and it was so bright that I didn’t realize that it was too short until it was too late. Once the weaving has started, you can’t stop it anymore! And so I told Lyriel to take over from me. Then I followed the thread to the loom. But everything went so fast ...” Sie blickte zu Boden. “The gown was lying on the desk waiting for final inspection. And I couldn’t take my eyes off it. Nobody was there. Normally, I inform my boss about things like that, but I didn’t want to get myself into trouble. I just wanted to make the gown disappear. You know that Syratrias is very ...” Übung 8: Bilden Sie Sätze, indem Sie die Wörter in die richtige Reihenfolge bringen. 1.
because in Morphadia of is arms up you _____________________________________________.
2.
driving council is The mad me _____________________________________________.
3.
desk The was lying on gown the _____________________________________________.
4.
eyes I couldn’t it take my off _____________________________________________.
to sort out sth. [sɔt aυt] etw. aussortieren unusable [njuzəbl] unbrauchbar loom [lum] Webstuhl final inspection [fainl inspekʃn] Endkontrolle
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5.
boss I Normally about that inform like my things _____________________________________________.
6.
disappear gown wanted just the I make to _____________________________________________.
Lady Allyfahr nickte gereizt, sie wusste, was Eivyn meinte. Eivyns Vorgesetzter war ein ungeheurer Wichtigtuer. “But the moment I took the gown from the desk it began to shine even more brightly. I was fascinated. I had to put it on. It wasn’t a bad fit and it looked perfect. In fact, it seemed that someone had made it ...”, Eivyn flüsterte nur noch, “... just for me.” Tatsächlich schmiegte sich das gelbe Gewand an Eivyn, als sei es für sie maßgeschneidert. “The gown is too short!”, sagte Lady Allyfahr streng und musterte sie argwöhnisch. Ihr eigenes Gewand reichte bis zum Boden, so wie es sich gehörte. Wenn in der Spinnerei eine der Roben fertiggestellt war – ein Vorgang, bei dem auf magische Weise alles Hand in Hand griff und an dem alle Elfen in der Spinnerei beteiligt waren –, wurden alle Musen auf den Ratsplatz gerufen. Und immer war es nur eine, die sofort vortrat und zu der das Kleid passte. Lady Allyfahr kannte das Gefühl nur zu gut, das Eivyn beim Anblick des zitronengelben Gewandes erfasst haben musste. “At that moment the portal to the human world appeared”, fuhr Eivyn fort, “and someone called me.” Sie stockte, aber die Musenmutter nickte ernst. “And you know that I always ...” fascinated [fsineitid] fasziniert
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“Yes, I know”, sagte Lady Allyfahr. “It has always been your deepest wish to become a muse. But not like this!” “But how else?” Trotzig verzog Eivyn das Gesicht. Vier Mal war sie schon vor den Rat getreten, vier Mal hatte man ihre Bitte abgelehnt. Bei jedem Versuch hatte Lady Allyfahr sich für sie ausgesprochen und später versucht, sie zu trösten. “It’s only because of my ears! But I don’t belong in thread fabrication!”, rief sie jetzt. “I convinced him”, Eivyn machte eine unbestimmte Handbewegung zur Tür hin, durch die man Thomas noch immer telefonieren hörte, “to relax for a weekend and to eat healthy food. That’s not very much, but ...” “Just a moment! Your influence is really strong. Has he changed his routines?”, fragte Lady Allyfahr verwundert. “That’s unbelievable! Tell me! What instructions did you see at the portal?” “I saw a reflection, in the crystal water, of a table, two teacups and a pile of papers – nothing else. I simply walked through the portal and found myself in London, Heathrow.” “What was on the paper?” “I couldn’t see that. The writing was blurred.” Lady Allyfahr seufzte. “So, the gown is imperfect! Goodness, Eivyn – you don’t even know what you have to do here.” Eivyn bemerkte, dass sich das tiefe Rot von Lady Allyfahrs
thread fabrication [θred fbrikeiʃn] Fadenherstellung to convince sb. [kənvins] jdn. überreden influence [inflυəns] Einfluss routine [rutin] Gewohnheit unbelievable [nbilivəbl] unglaublich crystal water [kristl wɔtə] Kristallwasser blurred [bld] verschwommen imperfect [impfikt] fehlerhaft
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Kleid nach und nach in helles Lavendel wandelte, und atmete erleichtert auf. “I’ll find out!”, beeilte sie sich zu sagen. “Eivyn,” seufzte Lady Allyfahr, “it isn’t that easy. The brighter a gown shines, the more problems the person has to solve. All his problems are in the thread. I had several similar cases, but I only once came across a gown as bright as yours – it was Ernest Hemingway who was calling. He was screaming for help. It sounded like his 42 cats were helping him scream.” “And what happens if the muse can’t help?”, fragte Eivyn beklommen. Es war ja nicht so, als wäre Hemingway ein friedliches Ende beschieden gewesen. “The portal to Morphadia appears when your client has solved every single problem. If you can’t inspire him to do so, one of the council members must come for you with the key crystal and take you back home. Like I’ve come for you now.” Übung 9: Bringen Sie die folgenden Sätze ins Simple Past, wie im Beispiel vorgegeben. 1.
Eivyn weaves some dream threads into a gown. Eivyn wove some dream threads into a gown.
2.
She puts on the gown. ___________________________________________
3.
Eivyn comes to the human world. ___________________________________________
client [klaiənt] Kunde
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4.
She has a mission. ___________________________________________
5.
She wants to inspire Thomas. ___________________________________________
6.
She meets an interesting cat. ___________________________________________
7.
Thomas can’t believe his eyes. ___________________________________________
8.
Lady Allyfahr finds Eivyn. ___________________________________________
9.
Eivyn doesn’t know her instructions. ___________________________________________
“No! Please don’t, Milady”, flehte Eivyn. “I know that it is my destiny to be a muse! I have always been ...” “Imaginative”, ergänzte Lady Allyfahr in jenem fürsorglichen und milden Ton, der Eivyn stets hatte beruhigen können. “Yes, I know. But being a muse means more than just being passionate. You have to be disciplined, Eivyn. And that isn’t one of your strongest points.” Eivyn zog einen Schmollmund. “Did you inspire Schiller with a disciplinary measure?”, brummte sie. destiny [destini] Schicksal imaginative [imd inətiv] einfallsreich passionate [pʃnət] leidenschaftlich disciplined [disəplind] diszipliniert disciplinary measure [disəplinəri me ə] Disziplinarmaßnahme
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“His works have to rouse people”, entgegnete Lady Allyfahr, winkte aber sofort ab, als Eivyn die Hände in die Hüften stemmte. “I know what you’re thinking. But ...” Doch Eivyn hatte bemerkt, dass mehr und mehr Verständnis in Lady Allyfahrs Stimme schwang. “Mother of Muses!”, bettelte sie. “The council will find me a job that is even more boring as a punishment if you take me with you now. Please, just give me this one chance. He might become a poet. Or something else important will happen to him because I inspire him. Then the council will honour my skills. It’s my only chance. I will risk any punishment for that.” “Mmh, perhaps I couldn’t find you ...”, murmelte Lady Allyfahr. “Heaven help me! I must be crazy.” “I won’t let you down. This is my fate”, versprach Eivyn ernst. Lady Allyfahr seufzte ein letztes Mal, dann nickte sie. “Well then, Eivyn, give it a try!” Sofort flammte die Robe auf und zitronengelbe Sternchen sprühten um Eivyns Kopf. Sie strahlte. “Thank you!”, rief sie. “Thank you a thousand times. I will manage it! I know I will!” “I’ll return and bring you some food. I can see from the colour of your gown that this mission will take a while. And Eivyn, take care! Don’t use too much magic. In this world when you cast spells, you become weak. And, after all, most of the humans don’t believe in magic. And if humans can’t to rouse sb. [raυz] jdn. wachrütteln to let (let, let) sb. down [let / let / let / daυn] jdn. enttäuschen Give (gave, given) it a try! [iv / eiv / ivn it ə trai] Versuch’s! to cast (cast, cast) spells [kɑst / kɑst / kɑst spelz] zaubern
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explain something, they try to destroy it!” Lady Allyfahr zog an der Kette in ihrem Ausschnitt, griff nach dem funkelnden Schlüsselkristall, der daran hing, umfasste ihn und murmelte ein unverständliches Wort. Augenblicklich erschien der Kristallwasserfall, der die Welt der Menschen und Morphadia trennt. Übung 10: Benennen Sie den gegenteiligen Begriff, wie im Beispiel vorgegeben. 1.
A good person –
a ___bad ____ person
2.
A mortal being –
an __________ being
3.
A dangerous place –
a __________ place
4.
A polite person –
a __________ person
5.
A difficult mission –
an __________ mission
6.
An interesting job –
a __________ job
“Destroy?”, murmelte Eivyn. Das Wasser zog Lady Allyfahr fort, und während sie Eivyn noch einmal über die Schulter anlächelte, konnte die einen Blick auf das satte Grün ihrer Heimat und die beiden Türme des Ratsgebäudes erhaschen. “But we are immortal, aren’t we?
to destroy sth. [distrɔi] etw. zerstören being [biiŋ] Wesen
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Four No, Eivyn, we aren’t, dachte Lady Allyfahr. Meistens vernahmen die Menschen die Eingebungen der Musen nur als kurzen Gedankenblitz, der sie dann von der ersten Idee zur nächsten führte; es dauerte nur wenige Augenblicke, dann öffnete sich für die Muse das Tor zur Rückkehr. Aber jede Reise in die Welt der Menschen setzte eine Elfe der Zeit aus und ließ sie altern. Lady Allyfahr unternahm bereits seit beinahe 2000 Jahren solche Reisen und man sah es ihr deutlich an. Sie seufzte. Einen Fall wie den von Eivyn hatte es noch nie gegeben. Ein gewöhnlicher Mann, der zitronengelbe Inspiration brauchte? Die Farbe der Robe verriet, dass es viele verschiedene und außerordentlich schwierige Probleme zu lösen galt. Aber das Gewand schien obendrein Eivyns Stimmung nicht nur zu spiegeln, sondern auszuleben. Tief in Grübeleien versunken, schlug Lady Allyfahr einen großen Bogen um das Ratsgebäude, dessen weiße Türme vage an Dame und König beim Schachspiel erinnerten. Zwischen den Gebäuden spannte sich eine gläserne Kuppel über schwarzen und weißen Marmorplatten und halbrunden Bänken, etwa so wie bei einem Amphitheater. Hier tagte der Rat der Elfen, wenn es etwas zu beraten gab. Rund herum lagen die Häuser, in denen die Musen lebten. Jedes hatte eine andere Form. Da gab es (seit Woodstock) ein zeltartiges Gebäude, das im Schlamm stand und mit bunten Blumen bemalt war. Oder eines, an dem alle Linien zu zerfließen schienen oder verbogen waren – das Haus der ehemaligen Dali-Muse. Eines hatte Ähnlichkeit mit einem Ständer für Reagenzgläser, ein anderes sah aus wie ein Mikrochip. Ab und zu veränderten sich die Gebäude, 35
meistens dann, wenn es Fortschritte auf dem Spezialgebiet der jeweiligen Muse gab. Lady Allyfahr war auf Dichter spezialisiert, ihr Haus hatte immer schon wie ein Tintenfass ausgesehen, es war zuerst aus Ton gebaut gewesen, später aus Glas. Seit Shakespeares Zeiten raunte die Tür beim Öffnen dankbar den Epilog des Sommernachtstraums, innen zierten Tucholskys Verse die Tapete. Darüber war Lady Allyfahr insgeheim erleichtert, schließlich hatte sie auch Gottfried Benn inspiriert. Zwischen der Ansiedlung, in der alle anderen Elfen wohnten, und dem Ratsviertel kreiste ein gewaltiger Wirbel, ein buntes Gewirr menschlicher Ideen und Gefühle, das es Faden für Faden auseinanderzusortieren galt. Lady Allyfahr ließ Häuser und Wirbel hinter sich und betrat die kugelförmige Bibliothek. Hier wurden die Amary aufbewahrt – Buchkugeln, die in etwa aussahen wie die silbernen Bälle, die man in Frankreich für den Volkssport Boule verwendet, nur waren sie hübsch verziert und man konnte ihnen Erkenntnisse anvertrauen. Über Jahrtausende hatten die Elfen hier ihr Wissen über Träume, Inspiration und die Welt der Menschen zusammengetragen. Die Amarys waren nach Themen geordnet und Lady Allyfahr suchte eine ganze Weile. Sie fand eine Kugel, deren Sockel mit Obstacles and Opportunities in Dream Manufacturing beschriftet war, und zog sich in einen kleinen Raum zurück, um das Amary in Ruhe anzuhören. Sie berührte die Kugel, die sich daraufhin wie eine Blume am Morgen öffnete. Ein harmonischer Dreiklang war zu hören und ein schlafender Mensch zu sehen, über dessen Kopf das Leuchten eines Traums erschien. obstacle [ɒbstəkl] Hindernis
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About the Nature of Dreams In everyday life people have many commitments. In their dreams, however, they are free. Knowledge and education are no longer important in dreams. In dreams people have no inhibitions. That’s why in dreams people can be creative. They aren’t afraid of appearing silly or immoral. Ungeduldig forderte Lady Allyfahr mit einem Daumenwischen das Kapitel Length of Dream Threads, Selection of Threads, Treatment an. Sie hörte in das Kapitel Manufacturing Elf-Clothing hinein und hatte noch einiges zu überspringen, bis sie endlich die Stelle fand, nach der sie suchte. Sometimes people forget that they are creative, but they still have dreams. These dreams produce citrus-yellow dream threads. Citrus-yellow dream threads are sometimes a little short but they are powerful. This is the key thing to remember: many ideas are in these citrus-yellow dream threads. People who dream like this have forgotten how to trust their dreams. Their doubts are a part of their dreams and this makes their dream threads hard to calculate. Citrus-yellow gowns contain the strongest magical properties. When an elf puts on a gown like this, she will have an almost endless ability to cast magic spells. But she will be morally dependent on the decisions of her human client. The most remarkable (and ominous) example
commitment [kəmitmənt] Verpflichtung inhibition [inibiʃn] Befangenheit silly [sili] dumm immoral [imɒrəl] unmoralisch length [leŋθ] Länge selection [silekʃn] Auswahl hard to calculate [hɑd tə klkjəleit] schwer kalkulierbar ability [əbiləti] Fähigkeit ominous [ɒminəs] unheilvoll
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is Nero, the Roman Emperor. People can read about his infamous abuse of power in all their history books. We can read about it in ours too. He set fire to the slums in Rome ... Lady Allyfahrs Herz begann zu rasen. Rasch wischte sie mit dem Daumen über die Kugel, um sich Neros Bluttaten nicht im Einzelnen anhören zu müssen. But there are cases that are just as common. The positive cascade of ideas in the moral human being can be amazing. “I knew it”, murmelte Lady Allyfahr. On average you can expect an elf to stay in the human world somewhat longer than usual. Please make sure that the muse knows all the facts about the citrus-yellow gown. And please make sure that she has enough food ... Lady Allyfahr ließ das Amary zuschnappen. Übung 11: Vervollständigen Sie die Begriffe aus dem “Elf on Earth”-ABC. Die Zahl der Buchstaben ist vorgegeben. 1.
A stands for _ _ _ _ _ _ _ _ _ – Eivyn is in the middle of an exciting one.
infamous [infəməs] schändlich abuse of power [əbjus əv paυə] Machtmissbrauch cascade of ideas [kskeid əv aidiəz] Ideenreichtum on average [ɒn vrid ] im Durchschnitt
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2.
B stands for _ _ _ _ _ _ _ – the writing Eivyn saw on the paper was like this.
3.
C stands for _ _ _ _ – Philoktetes has one of these.
4.
D stands for _ _ _ _ _ _ _ – becoming a muse is this for Eivyn.
5.
E stands for _ _ _ – this is what Eivyn is.
6.
F stands for _ _ _ _ _ _ _ – her name is Ilona and she left Thomas.
7.
G stands for _ _ _ _ – Eivyn’s is citrus-yellow.
8.
H stands for _ _ _ _ _ _ – these creatures are not animals or elves.
Durch das Kristallwasser zu gehen, erforderte Konzentration, wenn man an eine bestimmte Stelle wollte. Lady Allyfahr schritt langsam an der Kristallwand entlang und hoffte bei jedem Leuchten eines Gewands, Eivyn zu entdecken. Sie hatte genug Nahrung bei sich, um Eivyn für einige Tage in der Menschenwelt zu versorgen. “Musestra”, tönte es da hinter ihr. Lady Allyfahr erkannte die Stimme augenblicklich und unterdrückte ein Seufzen. Musste ausgerechnet jetzt der Ratsvorsitzende hier spazieren gehen? Ertappt wandte sie sich um. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie die Kristallwand und die schnell vorüberziehenden Bilder aus der Welt der Menschen, die darauf zu sehen waren. Da! Eivyn! Lady Allyfahr unterdrückte einen Schrei und machte heimlich mit dem Absatz eine Kerbe in den grasbewachsenen Boden, der den Wasserfall säumte. 39
“So what? Did you find our runaway?”, erkundigte sich Leigulias gereizt, als er sie erreicht hatte. “Not yet! I had to return to eat something.” Lady Allyfahr deutete auf den Beutel in ihrer Hand. “These precious little hope seedlings make our skin all shiny and silvery.” Leigulias räusperte sich. “A fairy tale!”, sagte er. “Oh!”, gab Lady Allyfahr schmunzelnd zurück. Leigulias war auf Fantasy-Literatur spezialisiert. Im Streit bezeichnete Lady Allyfahr ihn deshalb gerne als Unterhaltungskünstler, worauf er sie meistens als “auf resignative Weise zwangsrealistisch” betitelte. “Has all the administration you have been doing made you lose interest in mystical tales and fantasy?”, fragte sie jetzt. “No way!”, schnappte Leigulias. Eine Gruppe Elfen näherte sich und schon von Weitem erkannte Lady Allyfahr Eivyns Freundin Lyriel. Sie würde sich bestimmt nach Eivyn erkundigen, und das ausgerechnet jetzt, wo sie Leigulias erfolgreich abgelenkt hatte. Und richtig, schon löste sich eine füllige Rothaarige aus dem Pulk und hielt geradewegs auf Lady Allyfahr zu. “Did you find Eivyn?”, rief sie herüber. “I’m still searching, my dear”, wich Lady Allyfahr aus. Die anderen Elfen hatten aufgeschlossen und steckten tuschelnd ihre Köpfe zusammen. Leigulias schnaubte verächtlich. “Stop that chatter and keep on working”, fuhr er sie an und warf einen finsteren Blick in die Runde. “We must clear up
runaway [rnəwei] Ausreißer precious [preʃəs] kostbar hope seedling [həυp sidliŋ] Hoffnungskeimling shiny [ʃaini] funkelnd silvery [silvəri] silbrig fairy tale [feəri teil] Märchen administration [ədministreiʃn] Verwaltungsarbeit mystical [mistikl] mystisch No way! [nəυ wei] Auf gar keinen Fall. chatter [tʃtə] Geschnatter
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this unpleasant matter immediately. If the dark forces see the chaos we’re in over here ...” “How should they do that?”, fragte Lady Allyfahr. “The cats will tell them!”, meinte Leigulias düster. “I don’t trust the cats!” Lady Allyfahr verdrehte die Augen. “You made Eivyn run away and no disloyal cat has anything to do with that. And this mistrust is ridiculous anyhow!”, blaffte sie ihn an. Keine von Menschen geliebte und umsorgte Katze wäre jemals auf die Idee gekommen, Morphadia zu verraten. Man gewährte Katzen zwar Zutritt zum dunklen Reich, denn ebenso wie sie das Bedürfnis verstanden, Menschen zu behüten, brauchten sie den Schutz der Nacht und Hinterlist bei ihren Beutezügen. Doch es lag ausschließlich an ihren Erfahrungen mit Menschen, für welche der beiden Traumwelten sie sich entschieden. Lady Allyfahrs Gewand hatte sich feuerrot gefärbt. “Why couldn’t Eivyn become a muse? Give me one valid objection! She is overflowing with ideas, and you ...” Die Elfen hielten den Atem an. “You justify your decision by listing prejudices!” “Don’t be absurd. The ears of that hothead are as round as a globe, and we all know what Samoras got up to with his round ears. I just have to say ...” Er senkte die Stimme verschwörerisch. “Nero!”
unpleasant [npleznt] unangenehm disloyal [dislɔiəl] treulos valid [vlid] berechtigt objection [əbd ekʃn] Einwand to overflow with ideas [əυvəfləυ wið aidiəz] vor Ideen nur so sprudeln to justify sth. [d stifai] etw. rechtfertigen hothead [hɒthed] Hitzkopf globe [ləυb] Kugel to get (got, got) up to sth. [et / ɒt / ɒt p tə] etw. anstellen
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Schon wieder. “Goodness – the same empty talk for the last 2000 years”, ereiferte sich Lady Allyfahr. “Empty talk? Guard your tongue, Allyfahr”, zischte Leigulias. “And watch what you do!” Mit einem hochmütigen Schnauben wandte er sich um und marschierte in Richtung des Ratsgebäudes. Eine Weile starrte Lady Allyfahr ihm nach, bis Lyriel vorsichtig an ihrem Gewand zupfte. Ihr hellblaues Käppchen hatte sich vor Sorge deutlich dunkler gefärbt. “If ...”, Lyriel stockte und lächelte verhalten, “... if you find Eivyn, Musestra, then please tell her that I understand.” “I will”, versprach Lady Allyfahr schnell. Sicher tat es Eivyn gut, zu wissen, dass sie in der Heimat auch Verbündete hatte. Als sich Lyriel und ihre Freundinnen verabschiedet hatten, wandte sich Lady Allyfahr wieder der Kristallwand zu. Sie dachte dabei so liebevoll an Eivyn, dass sie das zitronengelbe Leuchten auf Anhieb fand. Entschlossen trat sie durch das Wasser.
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Five Vor ihnen trödelte ein Kleinwagen auf der linken Spur der Autobahn. Thomas setzte den Blinker und schaltete die Klimaanlage ein. Eivyn kicherte klingelnd, es gefiel ihr, wie der kühle Luftzug ihre Haare durcheinanderbrachte. Flugs sprang sie von der Mittelkonsole auf den Automatikknüppel und setzte sich rittlings auf den breiten Griff. “Yeeeha!”, rief sie und warf ein unsichtbares Lasso nach Thomas aus. Er warf nur einen strafenden Blick zurück. “Keep quiet! I’m driving a car.” Seine Bewusstseinstörung stellte sich wieder hin und balancierte den Knüppel entlang. “Sorry, it feels like we are on horseback.” Eine Weile schwiegen beide, dann jedoch murmelte Eivyn etwas und färbte das Cockpit versuchsweise lila, schüttelte den Kopf und gab ihm seine ursprüngliche Farbe zurück. Thomas kniff die Augen zusammen. “Do you want to prove to me that I’ve gone stark raving mad? I know that already.” Eivyn verschränkte zunächst beleidigt die Arme über der Brust, betrachtete dann aber nachdenklich Thomas’ angespannte Miene. “You’re nervous about seeing your family”, stellte sie fest. “I’m curious to know why?” Übung 12: Setzen Sie die folgenden Adverbien an den richtigen Stellen ein, wie im Beispiel vorgegeben. (incredibly, really, nearly, much, just)
“I’m not 1. ____quite ___ sure”, murrte Thomas abgelenkt.
to be on horseback [bi ɒn hɔsbk] reiten stark raving mad [stɑk reiviŋ md] völlig bekloppt curious [kjυəriəs] neugierig
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Dieser Kleinwagen vor ihnen ging ihm auf die Nerven. Anscheinend hatte der Fahrer immer noch nicht bemerkt, dass er den Verkehr aufhielt. Thomas zog am Hebel der Lichthupe. “I 2. ___________ can’t wait to meet the boy”, gab Eivyn zu. “The boy – my son – is 3. ___________ 17.” “Oh! You started 4. ___________ early”, sagte Eivyn ungerührt. “Maybe”, meinte Thomas ausweichend, und endlich wich auch der Kleinwagen mit einem hektischen Satz nach rechts. “Humans
feel
5. ___________
stronger
than
they
6. ___________ are when they are young, right?”
Thomas nickte spontan – und fragte sich, warum. Vielleicht, weil aus den Worten des Leuchtens eine gewisse Milde herauszuhören war. Er musste an Dr. Degenhardt denken. Prompt fühlte er sich fürchterlich. “What’s up?”, fragte Eivyn. “Did I say the wrong thing? You’re upset.” “It’s not your fault. I was thinking about my analyst. He always blames me for being a workaholic and calls me
to blame sb. for sth. [bleim / fə] jdn. einer Sache beschuldigen
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selfish – but it wasn’t just ambition that made me work hard. I wanted to keep my family safe. Sylvia and I had been friends since school. I felt responsible and I never wanted to ruin our relationship.” Er lächelte bitter – vielleicht, weil diese Erkenntnis neu war, sich aber nicht neu anfühlte. “What happened?”, fragte Eivyn betroffen. “Friendship seems a good basis for a marriage.” “It wasn’t in our case”, sagte Thomas knapp. “We knew each other too well and after a few years we got bored to death with each other.” “You should let her know that you still care about her”, sagte Eivyn. “Do I?”, fragte Thomas aufgebracht. “Yes, there is a feeling of connection in your mind”, gab Eivyn mit energischem Kopfnicken zurück. “What about your son? What does he think about you?” “I don’t know”, gab Thomas zu. “He wants to be a professional actor and he is very good at playing roles. If he doesn’t want you to know the truth, you’ll never find out what he’s thinking. If I were him, I would probably call myself a traitor.” Eivyns Gewand färbte sich unkengrün. “How sad”, sagte sie betrübt. Wenig später fuhr Thomas Renneberg von der Autobahn ab und lenkte den Wagen in ein Wohngebiet am Bonner Stadtrand. Es gab dort noch ehrwürdige Patriziervillen und Botschaftsanwesen in parkähnlichen Prachtgärten, die liebevoll in Schuss gehalten wurden. Zum Stadtrand selfish [selfiʃ] egoistisch ambition [mbiʃn] Ehrgeiz responsible [rispɒnsəbl] verantwortlich to get bored to death [et bɔd tə deθ] sich zu Tode langweilen probably [prɒbəbli] vermutlich traitor [treitə] Verräter
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hin wurden die Häuser bescheidener, es gab einen großen Spielplatz, und in jeder zweiten Einfahrt parkte ein Van. Hier lebten viele Familien mit Kindern. Übung 13: Von wem ist die Rede? Ordnen Sie den richtigen Namen zu. (Dr. Degenhardt, Thomas, Eivyn, Sylvia, Gabriel, Ilona) 1.
He blames Thomas for being a workaholic. _____________________________________________
2.
He is nervous about seeing his family. _____________________________________________
3.
She’s curious about Thomas. _____________________________________________
4.
She knew Thomas really well but after a while she got bored to death with him. _____________________________________________
5.
He loves acting. _____________________________________________
6.
She moved out. _____________________________________________
Sie hielten vor einem dunkelrot verklinkerten Altbau. Der hölzerne, weiße Carport war von Wein berankt, Bodendecker säumten die Einfahrt, und in jedem Beet gab es etwas Besonderes zu entdecken, eine Kugel, einen kleinen Vogel aus Ton oder einen besonders schönen 46
Findling. Auf einem gelb bemalten Stein neben dem Eingang saß eine kleine tönerne Elfe, die auf das Haus zeigte. Thomas wühlte in seinen Taschen, um den Hausschlüssel zu suchen, bis ihm wieder einfiel, dass er ihn schon vor zwei Jahren abgegeben hatte. Eivyn rannte an seinem Arm empor und sprang in die Brusttasche seines Sakkos. Für einen Augenblick ragte ihr Haar genauso hinaus, wie es ein Ziertuch getan hätte. Dann war es in der Tasche verschwunden. Ich bin zweifellos dabei, völlig durchzudrehen, dachte Thomas. Hoffentlich ist das wirklich nur Stress. “War es hektisch heute? Sonst bist du doch schon hier, wenn Gabriel Schulschluss hat”, sagte Sylvia lächelnd, als sie die Tür öffnete. “Ilona ist ausgezogen”, erklärte er. “Wirklich? Das tut mir leid. Was du über sie erzählt hast, klang meistens ganz nett.” “Kann sein – irgendwann früher.” “Du bist verärgert”, stellte Sylvia fest. “Bin ich wohl, ja”, erwiderte Thomas. Sylvia zuckte die Schultern und ging voraus ins Esszimmer. Es war frisch renoviert, die Wände strahlten sonnengelb. Kaffee und ein Teller mit Gebäck standen auf dem Tisch, und sie forderte ihn mit einer Geste auf zuzugreifen. “Oder hast du schon gegessen?” “Nicht viel. Ich war in Eile.” Sylvia lachte. “Wie immer.” “Ja, wie immer.” Thomas warf einen argwöhnischen Blick auf seine Brusttasche. Offensichtlich hatte sich seine Halluzination entschlossen, dort zu verharren, bis sie wieder allein waren. “Wo ist denn Gabriel?” “Ich ...” Sylvia griff mit einer hastigen Bewegung nach einem 47
Plätzchen, biss aber nicht hinein, sondern sah Thomas hilflos an. “Ich habe ihm erlaubt, nach der Schule noch zum Sport zu gehen.” Thomas hob die Brauen. “Alles in Ordnung?”, fragte er. “Nein.” Sylvia sah ihn ernst an. “Du musst mit Gabriel reden, Thomas.” Du musst? Sie hatte ihn bisher genau zwei Mal auf diese Weise aufgefordert, seinen Vaterpflichten nachzukommen. Zuletzt, als es darum ging, mit Gabriel über die Scheidung zu sprechen, und 14 Jahre zuvor, als der Junge gezahnt hatte und sie ganze drei Nächte lang auf den Beinen gewesen war. Sonst nie. Eivyns Herz begann plötzlich schneller zu schlagen, weil das von Thomas es tat. Von dem Gespräch konnte sie keine Silbe verstehen, aber es klang ruhig und freundschaftlich. Sie tastete in Thomas’ Gedanken umher. Da klang etwas an, das nicht nur Pflichtgefühl war; er machte sich Sorgen um seinen Sohn ... und gerade schien er nach Erinnerungen an seine Schulzeit zu suchen. Ein melodisches Telefonklingeln war zu hören, dann ein Geräusch, als würde ein Stuhl nach hinten gerückt. Eivyn wagte es, sich hinzustellen und über den Rand von Thomas’ Brusttasche zu linsen. Sylvia verließ gerade mit dem Telefon das Zimmer. Sie schien eine freundliche Frau zu sein – alles an ihr wirkte so. Ihr Lächeln, ihr hübscher Haarschnitt, sogar die Farben ihrer Kleidung. “What’s up?”, rief Eivyn zu Thomas hinauf und setzte sich auf den Saum der Tasche. “Problems with my son. He answered all the questions in his last English test like this: I don’t know!”, flüsterte Thomas. “Normally he’s quite good in school, so Sylvia is not used 48
to things like this. She seems to be absolutely helpless and wants me to talk to him.” “Ouch!”, machte Eivyn. “At his age he might really need your advice. Take him with you”, schlug sie hastig vor. Sylvia kehrte zurück. Flink sprang Eivyn wieder in die Jackettasche. “Come on!”, forderte sie flüsternd. “Tell her!” “Entschuldige”, sagte Sylvia und setzte sich wieder. Thomas machte eine wegwerfende Geste. “Ich habe eine Idee”, sagte er dann. “Nach all dem Ärger mit Ilona hatte ich vor, übers Wochenende an die Ahr zu fahren. Was hältst du davon, wenn ich Gabriel einfach mitnehme? Tut uns sicher beiden gut, und ich kann ihm helfen, den verpassten Stoff nachzuholen. Ich bin gut im Training. Schließlich brauche ich mein Englisch dauernd.” Unter anderem, weil ich eine Psychose habe, die kein Deutsch kann. Sylvia nickte, rührte betreten in ihrem Kaffee und sah ihn dann nachdenklich an. “Dann kannst du dich aber nicht entspannen.” Ein Gefühl der Verbundenheit. Du solltest ihr sagen, dass sie dir immer noch wichtig ist. “Ach was”, meinte Thomas. “Auf deine Kosten möchte ich mich nicht ausruhen.” Tatsächlich lächelte Sylvia jetzt. Übung 14: Setzen Sie das passende Modalverb oder die passende Modalverb-Umschreibung ein. (should, can, can’t, couldn’t, might, to have to) 1.
At his age Gabriel ____________ really need his father's advice.
2.
Eivyn ____________ eat human food. 49
3.
Thomas ____________ believe his eyes when he first saw Eivyn.
4.
Cats ____________ go between the human and the fairy world.
5.
Eivyn didn’t ____________ get a passport to visit the human world.
6.
Thomas ____________ make sure his cat has enough water to drink.
Die Haustür klappte, ein dumpfes Rumsen war vom Flur zu hören. Augenscheinlich hatte Gabriel sein Sportzeug in die erstbeste Ecke geschleudert. Sylvia schüttelte genervt den Kopf, aber Thomas machte ihr ein Zeichen, sitzen zu bleiben, stand auf und lehnte sich in den Türrahmen. Eine Weile sah er Gabriel zu, wie er Schuhe und Jacke auszog. Der Junge schaute auf und nun blickten sich Vater und Sohn argwöhnisch aus graublauen Augen an. Thomas wies auf die Sporttasche. “Hallo Gabriel. Hier gibt es kein Personal – also heb das auf und bring es in den Keller zum Waschen!”, sagte er. Dann räusperte er sich und fuhr etwas freundlicher fort: “Und dann pack bitte fürs Wochenende ... ich möchte mit dir an die Ahr fahren.” “Auf keinen Fall!”, protestierte Gabriel sofort. Thomas ahnte, was jetzt kam: Gabriels Theatergruppe traf sich wahrscheinlich zu einer Sonderprobe am Wochenende, und nichts war so wichtig wie das – die Frage Schauspielerei oder “richtiger Beruf” war zwischen Vater und Sohn ein Dauerthema. 50
“Ich habe Probe!” Inzwischen war auch Sylvia aufgestanden und stellte sich nun neben Thomas. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, zweifellos war die Stimmung zwischen ihr und Gabriel auf dem absoluten Nullpunkt. “Nein, hast du nicht”, sagte sie. “Es sei denn, ihr probt neuerdings an der Ahr. Du kannst deine Rolle längst. Und dein Vater wollte dich mit diesem Ausflug überraschen.” “Muss ich das jetzt toll finden?”, maulte Gabriel. Er verschränkte ebenfalls die Arme und starrte seine Eltern trotzig an. An Thomas Ohr kitzelte es verdächtig. “Don’t take his anger seriously.” Wenn die Bewusstseinsstörung flüsterte, klang es, als entrolle man Staniolfolie. “Klasse”, kommentierte Thomas. “Wirklich! Den unverstandenen jungen Mann hast du ganz toll gegeben. Ich bin total begeistert.” Gabriels Gesicht wurde noch länger. “Das wäre das erste Mal”, brummte er, warf die Tasche übers Treppengeländer und folgte seinen Sportsachen mit dumpfem Gemurmel. “So ist er dauernd!”, raunte Sylvia Thomas zu. “Und du brauchst keine Tranquillizer? Glückwunsch”, flüsterte Thomas zurück. Während der Fahrt nach Ahrweiler zog Thomas sein Jackett aus und hängte es an den Kleiderhaken im Fond des Wagens. Eivyn blieb einfach auf dem Rand der Brusttasche sitzen und schaute staunend durch die Autoscheiben. Häuser, Laternen, große Gebäude mit vielen Fenstern, Geschäfte, Felder, kleine Höfe, schließlich Weinberge und malerische Dörfer. Und überall Menschen – in Thomas’ 51
Alter oder in Gabriels, aber auch alte mit verknitterter Miene, die sich auf Stöcke stützten, und Kinder in bunten Sommerjäckchen. Eivyn hätte stundenlang weiterschauen mögen, immer wieder entdeckte sie etwas Neues. Gerade als sie lächelnd einer Malertruppe zusah, die das schmutzige Grau eines alten Hauses unter strahlend frischem Gelb verschwinden ließ, blitzte es neben ihr und ein kühler Hauch erfüllte für einige Augenblicke die Luft. “Milady!”, rief Eivyn. “Well, hello again, my dear. I’ve got something for you.” Im gleichen Augenblick stieg Eivyn der Geruch einer Elfenmahlzeit in die Nase. Hoffnungspflänzchen und Silberstreifen. Sie hatte seit vielen Stunden nichts gegessen und war erleichtert, dass die Musenmutter ihr Versprechen einhielt. Lady Allyfahr lächelte wissend, als Eivyn in den Beutel schaute, den sie mitgebracht hatte, schüchtern “May I?”, fragte und sich auf ihr zustimmendes Nicken hin sofort einen Silberstreifen in den Mund schob. “Goodness, I’m so hungry.” “Used any magic yet?”, fragte Lady Allyfahr betont streng. “Yes – a bit. Just to make sure that they work here I tried out my abilities and helped a thirsty cat get some water”, versuchte Eivyn sich zu rechtfertigen. Lady Allyfahr lächelte. “Well, as I told you before, you have to be careful about that. The change between night and day is exhausting for immortal beings. Our bodies age and we can’t find ‘the magic fuel’ that sustains our bodies here. But if you don't eat anything, you will starve when the bag is empty, and then ...” Lady Allyfahr stockte. Sie flüsterte Eivyn etwas ins Ohr und die Elfe wurde bleich. to sustain sth. [səstein] etw. stärken to starve [stɑv] verhungern
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“Will I become a pixie?”, fragte sie entsetzt. “But then I’ll belong to the dark forces!” Lady Allyfahr nickte bedauernd. Übung 15: Tragen Sie die korrekte Verbform in die folgenden Bedingungssätze ein. 1.
If Eivyn (to not eat) ________________ anything, she will starve.
2.
Thomas won’t have a good relationship to his son if he (to not try) ________________ to talk to him.
3.
Lady Allyfahr will get into trouble with the council if they (to find out) ________________ that she met Eivyn.
4.
If Eivyn (to stay) ________________ in the human world too long, she will age.
5.
Eivyn will become a pixie if she (to not find) ________ ________ enough to eat.
“It is a process. Listen closely: I have brought food for the next four days. I’m afraid that I will not be able to come again to bring you more. It is very difficult to find you here and Leigulias is suspicious anyway. In just 24 human hours you’ll begin to starve to death. A powerful hunger for hope drives pixies and so you can imagine what danger your client will be in if that happens.” pixie [piksi] Kobold force [fɔs] Macht process [prəυsis] Entwicklung suspicious [səspiʃəs] misstrauisch
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“What about human food? It smells nice and ...” “Humans take their food from the circle of life without asking. That’s their way of life and we have discussed this many times in the past. If you eat their food, it will change you. You’ll become what they are”, erklärte Lady Allyfahr. Sie klang milde, es war ihr anzusehen, dass es ihr leid tat, Eivyn so wenig Mut machen zu können. “You’ll lose your eternal life. And a mortal being can never live in Morphadia.” Eivyn erschrak. “This mission is dangerous, my dear girl. Even the most experienced muses were nervous when they wore citrusyellow gowns. So, would you like to go home?” “No!”, sagte Eivyn entschlossen und flüsterte dann: “I mustn’t let this chance pass by.” Dann aber hob sie ihr Kinn und sah die Musestra an: “I have five days. That will be enough!”
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Six Wie in einer Hängematte lag Eivyn am nächsten Morgen in der Tasche der Wetterjacke, durch deren Stoff nur wenig Tageslicht fiel. Sie war am Abend hineingekrochen und sofort eingeschlafen. Gerade als sie jetzt ein Hoffnungspflänzchen aus dem Beutel, den ihr Lady Allyfahr überreicht hatte, in den Mund schob und sich aufrichten wollte, riss ein Beben sie von den Beinen und ließ sie wieder in den Stoff rutschen. Ihr war, als gerieten von den gewaltigen Stößen alle ihre Knochen durcheinander, gleichzeitig war ein dumpfes Geräusch zu hören in einem stetig schneller werdenden Rhythmus. Schritte? Verzweifelt versuchte Eivyn, sich dem Schaukeln anzupassen, bis sie schließlich ihre Balance fand und es ihr gelang, sich bei einem der Stöße mit den Händen am Rand festzuklammern und sich hochzuziehen. Sie blickte nach oben und sah in Gabriels Gesicht. Der Junge hatte die Regenjacke seines Vaters ausgeborgt, schaute konzentriert nach vorn und rannte, als wäre er auf der Flucht. Vor einer Bäckerei blieb er stehen und kramte in beiden Taschen nach seinem Portemonnaie. Eivyn vermochte es gerade noch, den tastenden Fingern auszuweichen, indem sie sich mit einem mutigen Sprung an den Saum des Jackenärmels klammerte. Die kleinen Falten benutzte sie wie Vorsprünge einer Felswand, krallte sich an die obere Ärmelnaht, stieß sich mit beiden Füßen ab und gelangte mit einem Handstand-Überschlag auf Gabriels Schulter. Ein herrlicher Geruch stieg ihr in die Nase, der zur aufgehenden Sonne über dem Ahrtal passte: Es duftete nach frischem Brot und Kaffee. Die Kasse piepste, die Kunden und Verkäuferinnen sprachen durcheinander und aus 55
den hinteren Räumen kam ein rothaariger Mann in grau karierten Hosen und stellte einen großen Sahnekuchen in die Auslage. Die Torte war über und über mit silbernen Perlen, gezuckertem Obst und Sahnetuffs verziert. Wie so etwas wohl schmeckte? Lady Allyfahrs nachdrückliche Warnung vor gewöhnlichen Speisen kam Eivyn in den Sinn und sie riss sich zusammen. In ihrem Beutel war noch Nahrung für drei Tage, sie würde schon nicht verhungern. Die Verkäuferin packte Gabriel mit einem Lächeln seine Brötchen in eine Papiertüte. Schnell steckte der Junge sein Wechselgeld ein, beeilte sich, aus dem Geschäft zu kommen, und schon begann er wieder zu laufen. Einige hundert Meter weiter, auf einer Parkbank, von der man hinaus auf die Ahr und die gegenüberliegenden Weinberge sehen konnte, ließ er sich schließlich nieder. Er stellte die Brötchentüte neben sich und zog seine kleine Spielekonsole aus der Innentasche der Jacke. Neugierig lugte Eivyn aus ihrem Versteck und blickte auf den Bildschirm. Zumeist förderten Spiele die Fantasie und entspannten; auf die intelligenteren Spiele der neuesten Generation waren die Musen deshalb sehr stolz – auch mit der technischen Entwicklung hielt Morphadia stets Schritt. Zelda hieß es hier in verschlungener, roter Schrift. Der Name erinnerte Eivyn an das Zwischenreich Zeldana, eine große, stark bewaldete Ebene, wo die grünen Alben lebten. Sie waren geheimniskrämerische, stark magische Wesen, die sich, vielleicht, weil sie in der Erde wohnten, nie so recht hatten entscheiden können, ob sie ins Reich des Lichts oder der Finsternis gehörten. Sie waren nicht wesentlich größer als Elfen, hatten grüne Fingerkuppen und strenge, fast unbewegliche Gesichter, die aussahen wie aus Baumrinde geschnitzt, nur dass der Schnitzer es 56
nicht vermocht hatte, ihre Mienen auch lächeln zu lassen. Unerfahrenen Elfen erzählte man deshalb gerne die Geschichte eines blonden Elfenmädchens, das aus reinem Übermut alle Warnungen in den Wind geschlagen hatte und heimlich in die Ebene Zeldanas gegangen war. Die grünen Alben hatten ihr zur Strafe Moos an die Ohren gehext, das nie wieder aufhörte zu wachsen. Deshalb hieß es in Morphadia, wenn jemand sich unzugänglich zeigte: “Bald hast du Moos an den Ohren!” Ein Spruch, den Eivyn mehr als einmal gehört hatte. Sie seufzte, aber als sie wieder auf den Bildschirm sah und einen Kollegen als Helden des Spiels erkannte, begann sie unwillkürlich zu kichern. Gabriel wandte den Kopf und spähte über seine Schulter. Erschreckt hielt Eivyn inne. Der Junge schien auf einen Gedanken zu kommen, zog ein ziemlich neues Handy aus der Brusttasche seines Hemdes und klappte es auf. Es erzeugte einen ähnlichen Dreiklang wie ein Amary. “Shit!” Eivyn blickte auf das Display des Handys. “Hi Gabriel! Habe eben deine SMS gelesen. Blöd, dass du es nicht zur Probe schaffst. Hatte mir den Samstag extra freigehalten. LG Jana.” Eivyn versuchte, sich aus den wenigen Worten, die sie ans Englische erinnerten, den Sinn der Nachricht zusammenzureimen, doch es gelang ihr nicht. Aber das Gefühl, dass der Junge Hilfe brauchen konnte, war so stark, dass sie mit einem Satz auf Gabriels Oberschenkel sprang. “Good morning! My name is Eivyn! How do you do?” Gabriel fuhr hoch. Er zuckte zurück, soweit es die Rücken57
lehne der Parkbank zuließ. Dann kniff er – mit exakt dem gleichen Gesichtsausdruck wie sein Vater – die Augen zusammen. “Was ... bist du?” “Sorry”, sagte Eivyn gut gelaunt. “I don’t understand. Please speak to me in English.” “Ähm”, machte der Junge hilflos. “What – or ... who are you?”, brachte er schließlich heraus. Offensichtlich war er mit dem überraschenden Sprachwechsel überfordert, und Eivyn bemühte sich, die nächsten Sätze langsam und deutlich zu sprechen. “I am a muse”, gab sie zurück. “Your father’s muse. I come from Morphadia.” “A muse? Morpha... Ich verstehe kein Wort! Ähm ... and what, please, is a muse?” “Let me explain.” Eivyn sprach noch langsamer. “I’m an elf. Some of us are muses. We inspire humans.” “You do what?” “We make them have ideas?”, versuchte sie es noch einmal. Übung 16: Setzen Sie “let” oder “make” in der richtigen Zeitform in die folgenden Sätze ein – wenn passend, in der Verneinung. 1.
Please _________ me tell you a little more about muses.
2.
Eivyn _________ Thomas feel very confused when he first saw her.
3.
Lady Allyfahr _________ Eivyn return with her.
4.
Lady Allyfahr said, “Leigulias, you _________ Eivyn run away.”
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5.
Sylvia _________ Thomas take Gabriel with him.
6.
The members of the council _________ every elf become a muse.
“Ideas? Inspire? A muse ... eine Muse?”, kombinierte Gabriel. Dann hellte sich seine Miene auf und er fuhr fort: “I think I understand. And ...”, wieder suchte er nach Worten, “why does my father need – a muse? He isn’t really an artistic person?”, fügte er argwöhnisch hinzu. “Even a manager needs inspiration if he does something important for mankind”, behauptete Eivyn waghalsig. Irgendetwas in der Art würde ja hoffentlich tatsächlich hinter allem stecken. “Ah”, meinte Gabriel und schien ernsthaft nachzudenken, welchen Dienst sein Vater der Menschheit wohl erweisen konnte, dass er eine Muse dazu brauchte. Dennoch kniff er sich zunächst in den Handrücken, wohl um auszuschließen, dass er noch schlief und träumte. “Au!” Seine Augen begannen zu leuchten. “Ist das irre! Eine echte Elfe! You’re real!”, wandte er sich an Eivyn. “And your job is to inspire humans?” “Yes”, freute sich Eivyn über seine Begeisterung. Sie wies auf den Bildschirm der Spielekonsole. “Lynic is a muse too.” “Link?!”, meinte Gabriel ungläubig. “The hero of my game?” “His real name is Lynic”, gab Eivyn stolz zurück. “He specializes in developing new media arts.” artistic [ɑtistik] künstlerisch veranlagt mankind [mnkaind] Menschheit hero [hiərəυ] Held media art [midiə ɑt] Medienkunst
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“Wow!”, machte Gabriel und bat sie, mehr zu erzählen. Eivyn berichtete bereitwillig. “Some of us specialize in painters, actors, musicians or poets. And also we ourselves have our special talents, to inspire literature or classical music or pop art, for example. Also brilliant scientists, politicians, even the Pope or the Dalai Lama need inspiration sometimes. We inspire artists by the way we look or by small details we tell them about our lives. You might know The Lord of the Rings?” “Sure, I do!”, sagte Gabriel. “The head of the elf council inspired Tolkien to create the elb people. He looks like Legolas.” “Really?”, fragte Gabriel. “Amazing!” Dann seufzte er tief. “Can humans go to Morphadia?” Das klang sehnsüchtig. Eivyn hob die winzigen Schultern. “Some say that in the ancient times humans knew paths that led to us. But this was a very long time ago. I didn’t exist then.” “And how old are you?” Eivyn dachte angestrengt nach. “Elves aren’t born in the same way as humans, you know. They just magically appear when people need them. My first memory of the human world is that a wunderkind called Wolfgang Amadeus Mozart was playing the piano for the Austrian emperor.” “You look very good for your age”, meinte Gabriel und zwinkerte der Elfe zu. Eivyn kicherte und zeigte auf Gabriels Handy, das jetzt painter [peintə] Maler classical [klsikl] klassisch brilliant [briliənt] genial Pope [pəυp] Papst elb people [elb pipl] Elbenvolk path [pɑθ] Weg magically [md ikli] auf magische Weise
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zugeklappt neben ihm auf der Parkbank lag. “Why the fourletter word?”, fragte sie neugierig. “A text message”, gab Gabriel seufzend zu. “Jana sent it and ...” Er schüttelte den Kopf. Eivyn setzte sich auf seinen Handrücken und tätschelte freundlich seinen Daumen. Gabriel konnte es kaum spüren, am ehesten fühlte es sich an wie die Berührung eines Libellenflügels. “Come on – tell me! I’m a muse – perhaps I can inspire you too.” “She texted me that she was keeping Saturday morning free to see me acting. I had invited her to watch the rehearsal.” Der Junge spannte den Kiefer auf genau die gleiche Weise an wie Thomas, wenn er sich ärgerte. “But now I’m here and she seems to be very disappointed. Just because Dad wants to play family.” Eivyn rieb sich nachdenklich die Nasenspitze. “Did you tell her why you had to cancel the rehearsal?” “No. I just wrote that I couldn’t make it in time”, murrte er. “I don’t want her to know about the family problems. She lives around the corner and the neighbours already gossip enough.” Eivyn sprang sofort auf und stemmte die Arme in die Hüften. “And now she thinks that you’re not interested in your date with her?”, fragte sie entrüstet. “I’m not sure if it was a date ... Perhaps she wants us to stay friends”, sagte Gabriel zögernd. “And if she feels more? Like you do?”, gab sie sanft zurück. “Do you really want her to feel sad?” text message [tekst mesid ] SMS to text [tekst] eine SMS schreiben to gossip [ɒsip] tratschen
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“You sound like my mother”, brummte er. “No, of course I don’t!” “Then call her and explain what is happening!”, forderte Eivyn strikt. Gabriel starrte sie an. Dann holte er tief Luft, nahm sein Handy von der Bank und hielt es unschlüssig in der Hand. “Don’t worry. I’ll whisper a few little hints into your ear”, munterte Eivyn ihn auf und kletterte wieder auf seine Schulter, genauso, wie sie es bei Thomas machte, wenn sie ihm etwas zuflüstern wollte; so dicht neben dem Handy konnte sie auch hören, was auf der anderen Seite der Leitung gesagt wurde. Hastig, als wolle er sich selbst davon abhalten, es sich noch einmal anders zu überlegen, wählte Gabriel Janas Nummer. Nach nur dreimaligem Klingeln hob Jana ab. “Hallo Gabriel!” Die Stimme gefiel Eivyn. Ernsthaft verärgert schien das Mädchen nicht zu sein, sie klang fröhlich und warm. Gabriel räusperte sich. “Hallo Jana. Ähm ... ich wollte erst zurückschreiben, aber dann dachte ich, es ist besser, anzurufen, um mich richtig zu entschuldigen.” “Wofür?”, fragte sie überrascht. “Ich habe mich wohl blöd ausgedrückt – dass ich es nicht zur Probe schaffe ... Also, ich habe nicht verschlafen oder so, ich bin mit meinem Vater an der Ahr. Es ist das erste Mal, dass er sich ein Wochenende Zeit nimmt und ...” Gabriels Wangen bekamen Flecken vor Verlegenheit. Hektisch wandte er sich zu Eivyn um, doch die hockte reglos auf seiner Schulter und sagte nichts. to whisper [wispə] flüstern hint [hint] Tipp
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“Du hast ja sicher nicht viel Zeit, die du mit deinem Vater verbringen kannst. Ist doch klar, dass das wichtiger ist”, beeilte sich Jana zu sagen. “Stimmt schon”, meinte Gabriel. “Aber normalerweise ist es wirklich nicht meine Art, dich zu versetzen.” “Hat sich meine SMS etwa sauer angehört?”, fragte Jana. “O je, das wollte ich gar nicht.” Sie klang so ehrlich und warmherzig, dass Eivyn zu Gabriel emporschaute. Seine Züge entspannten sich merklich. “Vielleicht können wir uns ja ein andermal treffen?”, fragte Jana ein bisschen hastig und räusperte sich. Gabriel sah aus, als ob er zu jubeln beginnen wollte. Er hielt kurz den Hörer zu und raunte ein “Yes!” zu Eivyn hinüber. Eivyn nickte. “Morgen?”, fragte er mutig. “Wir sind bestimmt gegen Mittag wieder in Bonn. Komm doch einfach zu uns rüber.” “Okay! Rufst du mich an, wenn du wieder da bist?” “Mach ich”, versprach Gabriel. “Bis dann.” Und entschlossen setzte er hinzu: “Ich freu mich.” “Ich mich auch”, gab sie zurück, und Eivyn fand, es hörte sich an, als ob sie lächelte. Nachdem er aufgelegt hatte, sah Gabriel eine ganze Weile verblüfft auf die Ahr hinaus. Erst als Eivyn auf seiner Schulter auf der Stelle sprang, um auf sich aufmerksam zu machen, erklärte er: “We’ll see each other tomorrow afternoon.” Übung 17: Vervollständigen Sie die Begriffe aus dem “Elf on Earth”-ABC. Die Zahl der Buchstaben ist vorgegeben. 1.
I stands for _ _ _ _ _ – this is the name of Thomas’s fiancée. 63
2.
J stands for _ _ _ _ – the girl who texted a message to Gabriel.
3.
K stands for the _ _ _ thing to remember: many ideas are in these citrus-yellow dream threads.
4.
L stands for _ _ _ _ – Eivyn’s gown is not like this. It’s short.
5.
M stands for _ _ _ _ – an elf who inspires humans.
6.
N stands for _ _ _ _ – this is how human food smells to Eivyn.
7.
O stands for _ _ _ _ _ _ _ – when an elf wears a citrusyellow gown the results can be like this.
8.
P stands for _ _ _ _ _ – an evil creature.
Eivyn machte einen Doppelsalto auf seine Oberschenkel und klatschte freudig in die Hände. Glitzernde Sternchen stoben nach allen Seiten. “Is that what it looks like when an elf is happy?”, fragte Gabriel und lachte. Dann machte er plötzlich ein beleidigtes Gesicht “By the way – you promised to help me, but you didn’t!” “How could I?”, sagte Eivyn verschmitzt. “I couldn’t understand a word.” “But ... Ah! You played a trick on me!”, entrüstete sich Gabriel. by the way [bai ðə wei] übrigens to play a trick on sb. [plei ə trik ɒn] jdm. einen Streich spielen
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“Yes, I did.” Sie kicherte vergnügt. Ein regenbogenfarbenes Band tanzte um ihren Körper und zerplatzte in bunte Kringel. “Be proud, young man”, lobte sie. “Seems as if you don’t need a muse.” Jetzt lächelte der Junge wieder. “I have to talk to Dad about you. I’m really curious about why you are here. This is exciting.” Eivyn seufzte. “Thomas doesn’t even believe that I exist.” “Na, das war klar! Bestimmt glaubt er lieber, dass er vor Stress durchdreht.” Gabriel schüttelte den Kopf. “Er ist wirklich der nüchternste Mensch auf der Welt!” “Pardon?!” “Mmh”, meinte Gabriel. “If I tell him that I can see you too, he will believe you exist.” “No”, sagte Eivyn strikt und verschränkte die Arme über der Brust. “I can read his thoughts. I know that he is a very imaginative and empathic person. But he called me an optical illusion and I’m a bit angry about that. So, I want him to find out by himself. I will hide in the jacket again later.” “Imaginative and empathic? My father?” “He has forgotten that he is imaginative”, meinte Eivyn ein wenig nachgiebiger. “Many people do.” “A typical adult!”, sagte Gabriel finster. Thomas traute seinen Augen nicht. Offensichtlich war sein Sohn über Nacht in Hochstimmung geraten, hatte freiwillig Brötchen besorgt und Frühstück gemacht. Und er strahlte ihn an. “Morgen, Dad!” “Morgen”, echote Thomas. Seine Stimme klang, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie ein Fragezeichen oder empathic [empθik] einfühlsam typical [tipikl] typisch
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einen Punkt setzen sollte. Einigermaßen hektisch machte er sich an der Kaffeemaschine zu schaffen, derweil biss Gabriel herzhaft in ein Körnerbrötchen, kaute und fügte hinzu: “Wie wär’s mit einer Runde Tennis, damit du in Schwung kommst? Hast du deinen Schläger dabei?” Thomas nickte fahrig. Sein Racket lag immer noch im Kofferraum, obwohl er ihn in den letzten beiden Jahren kaum benutzt hatte. Gleich neben dem Regenschirm, den er genauso selten brauchte, weil er ohnehin nur von der Tiefgarage zu Hause in die Tiefgarage des Firmengebäudes fuhr. Schon wieder diese sprunghaften Gedanken. Er versuchte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. “Um zur Sache zu kommen”, sagte Thomas, “warum werden deine Noten schlechter?” “Ich hätte es wissen sollen.” Der Junge stöhnte und legte sein Messer hin. “Hatte Mama wieder diesen Blick?” Gabriel ahmte den Gesichtsausdruck seiner Mutter ziemlich treffend nach. “Genau den.” Thomas hob fordernd die Brauen. “Also?” “Alles Panikmache: Meine Noten werden nicht schlechter, sondern ich habe eine Englischarbeit verhauen. Nur diese eine. Und zwar, weil mein Lehrer ein Idiot ist.” Thomas sah ihn misstrauisch an. “Soll das jetzt eine Entschuldigung für Faulheit sein? ‘Der Charakter meines Lehrers passt mir nicht.’” “Manchmal!”, erwiderte Gabriel bedeutsam. “Entschuldige, aber das reicht mir nicht!”, sagte Thomas ernst. Gabriel stöhnte wieder. “Ganz einfach: Der Ridderbusch, mein Englischlehrer, bringt die eine Hälfte der Stunde rum, indem er jemanden, dessen Aussprache fürchterlich ist, zwingt, aus Macbeth vorzulesen. Die andere Hälfte des Unterrichts gestaltet er damit, ihn dann lächerlich zu 66
machen. Oder er blafft die Mädchen an – und dann richtig heftig frauenfeindlich.” “Wirklich?”, fragte Thomas befremdet. Gabriel nickte. “Wir waren sogar schon beim Direktor. Aber der meinte, wir seien übersensibel und niemand vorher hätte sich beschwert.” Thomas legte die Stirn in Falten. “Als wir die Arbeit geschrieben haben, hat der Ridderbusch zu Jana Gärtner gesagt, ihr hübsches Blüschen würde ihn auch nicht milder stimmen, selbst dann nicht, wenn es noch einen Knopf weiter offen stünde. Da habe ich dann wirklich rot gesehen.” Thomas schüttelte ungläubig den Kopf. “Jana Gärtner?”, fragte er. “Die Tochter von Martin und Sabine Gärtner aus dem Tennisclub?” “Genau die.” “Ist sie so hübsch wie ihre Mutter?” “Das kannst du laut sagen”, bekannte Gabriel. Dann sah er seinen Vater böse an. “Komm mir jetzt nicht damit, dass ich doch nur den Helden für sie spielen wollte.” Thomas konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Gabriel hob die Schultern. “Na ja, das wohl auch ein bisschen.” Two wrongs don’t make a right, schoss es Thomas durch den Kopf. Wo war das Leuchten eigentlich? War er es etwa los? “Sohn! Der Kommentar von diesem Herrn Ridderbusch war wirklich völlig daneben. Aber einfach ‘Ich kann’s nicht’ hinzuschreiben, macht es nicht besser.” Zu seiner eigenen Überraschung klang er ziemlich verständnisvoll. “Das war ja nicht alles”, erklärte Gabriel. “Beim Abgeben habe ich gesagt: Ich kann das übrigens nicht, weil Sie frauenfeindliche Parolen dreschen, statt zu unterrichten.” “Uh”, ächzte Thomas und verzog das Gesicht. 67
“Ist doch wahr!”, murrte Gabriel. “Kindisch!” “Ich bin nicht kindisch”, fuhr Gabriel auf. “Und ob!”, beharrte Thomas. “Vor allem war es einfach dumm, uns nichts davon zu sagen.” “Hätte ich Mama von Ridderbuschs Sprüchen erzählt, hätte sie mir nur eine Predigt gehalten, dass ich die Füße stillhalten soll, weil er am längeren Hebel sitzt.” “Da unterschätzt du deine Mutter aber gewaltig – frauenfeindliche Sprüche treiben sie zur Weißglut. Und einen Elternteil, der sich aufregt, hätte der Direktor vielleicht ernster genommen als eine aufgebrachte Gruppe Schüler. Ruf mich vielleicht das nächste Mal einfach an, bevor du einen Rauswurf riskierst.” “Einfach so? Ohne Termin?” “Ach, Quatsch”, sagte Thomas. Eine Weile blieben Vater und Sohn stumm. “War nicht böse gemeint”, lenkte Gabriel ein. “Ich bin einfach genervt!” “Kein Wunder. Das wäre selbst mir zu viel, Schulstress, Sport und eine Rolle in diesem Stück ...” “Nicht irgendeine. Puck. Im Sommernachtstraum”, korrigierte Gabriel ärgerlich. “Ich könnte Shakespeare nämlich gar nicht spielen, wenn ich ihn nicht verstünde. Die nächste Klausur wird also so gut wie immer. In Ordnung?” Das klang kaum weniger entschlossen als ärgerlich. Thomas hob die Brauen. Und sprang mindestens anderthalb Kilometer über seinen eigenen Schatten. “Du kriegst das wieder hin”, sagte er. “Bestimmt!”, versprach Gabriel. “Das war eine Feststellung, keine Frage. Also, was ist? Gehen wir Tennis spielen?” 68
Gabriel sah seinen Vater verblüfft an. “Das war’s? Kein Vortrag über Bildungschancen und Ellenbogen?” “Nein”, meinte Thomas achselzuckend. “Jetzt bin ich beeindruckt”, gab Gabriel zu. “Ich auch”, meinte Thomas. “Nur eines noch: Deiner Mutter etwas zu verschweigen, wenn sie sich Sorgen macht, hat noch nie geklappt. Glaub es mir, ich habe es 18 Jahre lang versucht.” Als Thomas sich gerade ein paar Sachen, die er für einigermaßen sporttauglich hielt, aus seiner Reisetasche holte, sah er aus dem Augenwinkel, wie das Leuchten seine Wetterjacke heruntertanzte. Seltsamerweise erleichterte es ihn, Eivyn zu sehen. Sie durchquerte mit einigen übermütigen Hopsern die Küche, blieb dann stehen und wurde knallrot. Anscheinend ärgerte sie sich über die Unordnung dort, und Thomas beobachtete verblüfft, wie das Leuchten ein paar Mal auf der Spüle hin und her tanzte. Innerhalb weniger Augenblicke war alles Geschirr gespült, säuberlich aufgeschichtet und alle Flächen blitzblank. Sie hüpfte durchs Wohnzimmer und von dort auf den Balkon. Er ging in die Küche, kniff die Augen zusammen und warf einen argwöhnischen Blick in den Kühlschrank. Der Aufschnitt war ordentlich verpackt, die Milchtüte zugedreht und irgendwie sah der Kühlschrank insgesamt sauberer aus. Wie war denn das passiert? Hatte er selbst gespült und alles abgewaschen und es nicht mitbekommen? Oder war das sein Sohn gewesen und er hatte die Szene mit dem Leuchten dazufantasiert? Aber wann sollte Gabriel so gründlich Ordnung geschaffen haben? Er erinnerte sich an das Rezept in seiner Jackentasche. Dann aber zuckte er die Achseln. Dr. Degenhardt hatte schließlich selbst gesagt, er 69
solle nützliche Dinge, die das Leuchten verursachte, einfach akzeptieren. Eivyn hatte derweil vom Blumenkasten auf dem Balkon aus die Straße vor dem Haus betrachtet. Gerade als ihre Gedanken nach Morphadia zu wandern begannen, kam Thomas auf den Balkon hinaus. “You feel better!”, stellte sie erfreut fest. “Gabriel too?” “Yes”, sagte Thomas knapp. Er hielt ihr eine Hand hin, damit sie daraufklettern konnte, dann hob er sie nahe an sein Gesicht. “Thanks a lot”, sagte er. Die Gestalt strich sich ein bisschen verlegen die Haare aus dem Gesicht, so als wäre es ihr peinlich, genauer in Augenschein genommen zu werden, und machte dann eine undurchdringliche Miene. “For what?” Er zeigte auf die Küche und lächelte ein bisschen schief. “For your help, my dear.” My dear? “You’re welcome”, gab Eivyn zurück, während sie ein paar kleine, puterrote Lichtkugeln fing, die aus ihrem Gewand sprangen, und begann, mit ihnen zu jonglieren. Zum Glück wusste Thomas nicht, dass solche Kugeln nur erscheinen, wenn Elfen fürchterlich verlegen sind.
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Seven “Dad?”, sagte Gabriel, als Thomas auf die Autobahn nach Bonn abbog. “Ja?”, gab der zurück. Er war selbst erstaunt, wie erholt er sich fühlte. Gabriel und er hatten sich am Samstagabend mit Chips vor den Fernseher gesetzt, zwei völlig unlogische, aber actiongeladene Filme gesehen, über alles Mögliche gesprochen und am nächsten Tag beinahe bis Mittag geschlafen. Das hatte Thomas seit Studentenzeiten nicht mehr getan. Eivyn hatte derweil auf dem Rand eines Blumentopfs gesessen, in die Sterne geschaut und Thomas schließlich erzählt, dass sie, von der Erde aus betrachtet, schöner aussähen als durch den Kristallwasserfall. “Ich weiß ja, dass du ziemlich viel zu tun hast, aber ...”, sagte Gabriel. “Sag schon!”, forderte Thomas. “... könnten wir uns nicht öfter treffen?” Eivyn, die bisher unter Thomas’ Kopfstütze gesessen und die Musik aus dem Radio mitgesummt hatte, sprang auf. Sie hatte den Nachhall von Gabriels Frage in Thomas’ Gedanken mitbekommen und wollte sich gerade einmischen, als Thomas sich räusperte. “Gerne!”, stimmte er zu und klang erfreut. “Du musst auch nicht extra nach Bonn kommen, um mich abzuholen. Ich kann den Zug nehmen und dich besuchen. Ich verspreche auch, so nett wie es geht zu Ilona zu sein.” “Das kannst du vergessen”, gab Thomas zurück. “Sie ist ausgezogen. Ich habe nicht daran gedacht, es dir zu sagen.” “Herzlichen Glückwunsch”, sagte Gabriel trocken. “Sie war ziemlich schräg.” 71
Eivyn unterdrückte ein Kichern, Thomas allerdings quittierte die Respektlosigkeit mit einem strafenden Blick. “Sorry”, meinte Gabriel und Thomas seufzte. “Ich fürchte, du bist alt genug für eine eigene Meinung.” Als Thomas das Auto vor dem Haus seiner Exfrau anhielt, bat er seinen Sohn, sich zu melden, wann immer er wollte. Dann stieg er aus, um Gabriels Gepäck aus dem Kofferraum zu holen. Eivyn sprang schnell auf den Rücksitz neben Gabriels Rucksack. “Tss!” zischte sie, als Gabriel danach griff. Der Junge zwinkerte ihr zu. “It was nice to meet you and I hope we’ll see each other again, Eivyn!”, flüsterte er. “We will”, versprach die Elfe zuversichtlich. “I promise to come to the premiere, all right?” Gabriel nickte. “Just call my name.” “What a clever and friendly young man he is. You must be very proud of him”, sagte sie, als Thomas nachdenklich seinem Sohn nachsah und Sylvia noch kurz zum Abschied winkte. “I think I am”, sagte Thomas nachdenklich, setzte den Blinker und wollte auf die Straße biegen. “No!” Eivyns Stimme schrillte plötzlich wie eine Türklingel. Ein Auto tauchte wie aus dem Nichts im Außenspiegel auf, es hielt genau auf ihren Wagen zu. Panisch trat Thomas auf die Bremse und wartete mit zusammengekniffenen Augen auf das laute Scheppern. Aber es schepperte nicht. Langsam öffnete Thomas die Augen wieder. Funken sprühten, doch es war totenstill. Die Funken blieben für einen Augenblick in der Luft hängen und wuchsen zu einem hellen Licht zusammen, das sich zwischen den Autos ausbreitete wie eine mühelose, wischende Bewegung und ... den anderen Wagen zur Seite schob. Fassungslos sah Thomas zu, wie das 72
andere Auto an ihm vorbeizog, während der Fahrer noch hektisch gegenlenkte. “Thomas!”, schrie Eivyn ihn an. “I’m a muse! Not a guardian angel!” Thomas’ Herz wummerte in seinen Ohren. Gerade verschwanden die Rückscheinwerfer des anderen Autos hinter der nächsten Ecke. Es war nichts passiert. Kein Knall, keine Delle, nichts. “What was that?”, brachte er schließlich hervor. “You nearly caused a terrible accident and I had to use all my magic to prevent it!”, schimpfte Eivyn. Es klang beinahe, als begänne sie zu weinen. Ihr Gewand hatte eine fahlgelbe Farbe angenommen. Sie sprang mit einem waghalsigen Satz vom Armaturenbrett auf den Beifahrersitz und ließ sich der Länge nach in das weiche Leder fallen. Bildete er sich das ein oder flackerte der Lichtschein um sie? Übung 18: Welche Satzteile gehören zusammen? Tragen Sie den richtigen Buchstaben ein. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
You played He drove He cast They lost We believed You caused
a. b. c. d. e. f.
an accident. a trick. in magic. interest in it. them mad. a spell.
“Goodness – thank you – that was close.” Mit einem pflichtschuldigen Blick über die Schulter setzte Thomas den Blinker. guardian angel [ɑdiən eind l] Schutzengel to prevent sth. [privent] etw. verhindern close [kləυs] knapp
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Eivyn schwieg, war aber immer noch blass. “Is everything all right?”, fragte Thomas reumütig. Er hatte die Bundesstraße erreicht und erhöhte vorsichtig das Tempo. “I’m hungry”, stöhnte Eivyn schwach. “Should I get you something nice to eat?”, bot Thomas schnell an. “I can’t eat human food.” “Why not?”, fragte er misstrauisch. Eivyn versuchte sich aufzurichten. “It is too heavy for a little body like mine. Don’t worry, I have something with me.” “Okay”, meinte Thomas. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie sie hektisch in etwas herumwühlte, das er von der Form her für einen Stoffbeutel hielt. Sie fand anscheinend etwas Essbares und schob es schnell in den Mund. Ein seltsames Gefühl machte sich in ihm breit. Er machte sich plötzlich Sorgen um die Erscheinung. “You are exhausted”, hörte er sich sagen. Ich halte sie wirklich für eine Art Person – das ist völlig absurd. Das eben mit dem Auto war doch nicht wirklich passiert? Hatte er einfach instinktiv richtig reagiert und sich das Licht und die Funken nur hinzufantasiert? “Don’t worry, Thomas”, sagte Eivyn. Sie klang wieder ruhiger. Nach einer Weile wurde auch das Leuchten wieder intensiver. Sie wühlte noch einmal in ihrem Beutel, wurde abermals fündig, steckte sich ein winziges, grünes Pflänzchen in den Mund und sagte knapp: “What next?” Thomas versuchte sich zu sammeln und seine Stimme klingen zu lassen, als wäre nicht das Geringste passiert. “We’ll just drive home, pick up Flix from my neighbour’s, exhausted [izɔstid] erschöpft
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and perhaps you will let me check my emails and my answerphone.” “If you promise that you won’t start work afterwards.” “I promise. I think I’ve learnt that lesson.” “Mmh, I’m not so sure about that”, erwiderte Eivyn und ließ ihr klingendes Lachen hören. Obwohl er ihr offenbar den Anlass zur Belustigung geboten hatte, war Thomas heilfroh, dass sie sich wieder so fröhlich anhörte. Später saßen sie auf der breiten Sitzgruppe im Wohnzimmer, Eivyn lehnte am Polster, Thomas hatte eine der farblosen Nackenrollen unter seinen Kopf geschoben. Beiläufig fragte Eivyn, ob er etwas gegen ein rotes Kissen einzuwenden hätte, und als er verneinte, verwandelte sie das Grau von einem der Bezüge mit einer raschen Handbewegung in burgunderfarbene Seide. “Nice”, gab Thomas zu. Als wäre die Farbe eine Einladung, gesellte sich Flix zu ihnen, schob seinen Kopf unter Thomas’ Handfläche und rollte sich dann neben ihm zusammen. Eivyn lehnte sich gegen den Kater und schmiegte sich in dessen langes Fell wie in eine Wolldecke. “I hope the weekend was nice, Milady!”, schnurrte der Kater wohlig. “I enjoyed it very much. Gabriel is a nice boy. And what about you? I hope you weren’t bored spending your time at the neighbour’s.” “Of course not. She bought salmon for me and her balcony is big enough for me to take a little walk in the fresh air. You can tell Thomas that I like it there.” answerphone [ɑnsəfəυn] Anrufbeantworter salmon [smən] Lachs balcony [blkəni] Balkon
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“I’m glad to hear that!”, sagte Eivyn und wiederholte Thomas, was sein Kater ihr anvertraut hatte. Der lachte und versprach Flix hoch und heilig, bei seiner nächsten Geschäftsreise daran zu denken. “May I ask you something?”, fragte Thomas, nachdem sie eine ganze Weile still dagesessen hatten. “Go ahead”, sagte Eivyn. Sie gähnte verhalten. “Do you know what my main problem is?” “Seems as if there are a lot of problems that I have to help you solve”, sagte Eivyn ernst. “The mother of muses told me that’s why my gown is so bright. You seem more relaxed now and your relationship to your son is better. But what about your job, for example?” Thomas stöhnte. “I’m a sales executive. That means I have lots of work and no spare time plus a bunch of colleagues who don’t feel responsible for anything. And add on some angry or unreliable business partners to the mix ...” Er seufzte. “And what do you sell?” Thomas fischte eine Tüte Lakritzdragees vom Beistelltisch. “Sweets”, gab er zurück. “My company is one of the biggest producers of confectionary in Germany.” Er legte die offene Tüte auf das Sofa und einige der bunten Lakritzdragees fielen heraus. “These are my favourites. Gabriel’s too.” Eivyn sprang auf und untersuchte die Tüte gründlich. Als sie darauf herumstolzierte, erschrak sie zunächst über das
relationship [rileiʃnʃip] Beziehung spare time [speə taim] Freizeit bunch [bntʃ] Bande to add on sth. [d ɒn] etw. dazuzählen unreliable [nrilaiəbl] unzuverlässig mix [miks] Mischung producer [prədjusə] Hersteller confectionary [kənfekʃnəri] Süßigkeiten
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Knistern, dann musste sie lachen. Schließlich blieb sie verblüfft stehen. “This smell reminds me of something”, sagte sie überrascht. “Liquorice drops. We import them. A very small company in England manufactures them. The colours, the taste – everything is natural and unadulterated. And because of that and the taxes, they are more expensive than the other ones. I had to go to London to negotiate the new contracts. It was the most terrible meeting I have ever had because ...” Plötzlich hielt er inne. “Goodness, I’m thinking of my work again. Sorry. We should try to enjoy the rest of the weekend.” Übung 19: Welches Wort passt nicht in die Aufzählung? Unterstreichen Sie den nicht dazugehörenden Begriff. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
elf, child, woman, boy sweets, confectionary, liquorice drops, salmon text, write, draw, type negotiation, meeting, party, presentation pixie, elf, fairy, human magic, English, Maths, German
“We should”, stimmte Eivyn zu. Sie atmete noch einmal den Duft aus der Tüte ein. Es wurmte sie, dass sie nicht herausfand, woran sie der Geruch erinnerte. “I’ll come with you to work tomorrow.” liquorice drop [likəriʃ drɒp] Lakritzbonbon to manufacture sth. [mnjəfktʃə] etw. herstellen unadulterated [nədltəreitid] unverfälscht to negotiate sth. [niəυʃieit] etw. aushandeln contract [kɒntrkt] Vertrag
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“Really?”, sagte Thomas schwach. Er stellte sich das bildlich vor ... seine Sekretärin, die seine Selbstgespräche durch die Tür belauschte, und seine Irritation, die das ganze Büro umkrempelte – ob er das, irgendwie neben sich stehend, dann selber tat? Der bloße Gedanke daran war mehr als unangenehm. Immerhin hatte das Leuchten ja bis jetzt wirklich nur Gutes bewirkt und immer recht behalten. “Of course”, sagte sie und fügte kichernd hinzu: “I’m not allowed to leave you alone.” Thomas unterdrückte sein Seufzen – genau das hatte er befürchtet. Es war in etwa jener Moment, als die Sonne über Köln versank, als Lady Allyfahr in Morphadia begann, nervös die Hände zu ringen. Leigulias hatte den Schlüsselkristall von ihr zurückgefordert und ihn wieder in der Silberkugel eingeschlossen, die über dem Ratsforum schwebte. Damit war es unmöglich geworden, sich ein weiteres Mal durch das Kristallwasser zu stehlen und Eivyn mehr Nahrung zu bringen. Lady Allyfahr saß im Halbrund unter der Kristallkuppel und wagte nicht, mehr als einen Seitenblick auf den raschen Wechsel von Tag und Nacht in der Welt der Menschen zu werfen. Gute 24 Stunden dieser Welt war Eivyn noch versorgt, wenn sie die Nahrungsmenge richtig eingeschätzt hatte. “This discussion has to come to an end! We can’t wait any longer!” Leigulias’ verärgerte Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Eine außerordentliche Versammlung war einberufen worden, auf der die Ratsmitglieder soeben Eivyns Flucht und deren Auswirkungen diskutierten. Lyniar, der Chef der Traumspinnerei, war angehört worden und hatte seine Meinung dargelegt. Er hatte sich ausführlich über 78
die Abtrünnige ausgelassen und sie als “unberechenbar” bezeichnet. Leigulias schritt vor den Sitzreihen im Rat auf und ab und gab wieder einmal die Geschichte von Eivyns runden Ohren zum Besten. Er war dafür, Eivyn einfach ihrem Schicksal zu überlassen, während andere Ratsmitglieder forderten, den ganzen Kader aufbrechen zu lassen, um sie zu suchen. “Oh no! Oh no! The poor little darling is out there – starving, dying, freezing! Goodness – can somebody, anybody save her from her cruel fate?”, jammerte Barbara Cartlands Muse. Die von J. K. Rowling, eine kleine Dicke mit kugelrundem Kopf, nickte eifrig dazu. Lady Allyfahr fasste sich genervt an die Stirn. “Ridiculous”, tönte es nun von allen Seiten. “It makes little difference whether we wait or not – she is lost anyway.” Lady Allyfahr hielt es nicht länger auf ihrem Sitz. “Idiots!”, schimpfte sie. “Perhaps she will succeed at her mission!” Leigulias hieb auf die Platte seines Pultes. “I’m sure she’s starving already”, rief er wütend. ”Or she’s eating human food.” Auf seiner Stirn bildeten sich steile Falten. “So what? She may come back before the process of humanization is finished! Many muses have been in this situation before. And they returned! We all know that one single word can be enough to open the door. This discussion is absolutely senseless”, rief Lady Allyfahr in das Rund. “Eivyn is a motivated, skilled and highly imaginative elf! And you to succeed [səksid] erfolgreich sein humanization [hjumənaizeiʃn] Menschwerdung senseless [sensləs] sinnlos motivated [məυtiveitid] motiviert
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stubborn old thickheads don’t want to make her a muse! But, it is her destiny. And she will use any opportunity she comes across to do her very best to become a muse!” Übung 20: Setzen Sie die folgenden Sätze ins Present Perfect, wie im Beispiel vorgegeben. 1.
She (to find) _____has found_____ Eivyn.
2.
She (to speak) _________________ to Eivyn.
3.
They (to not let) _________________ Eivyn become a muse.
4.
Eivyn (to not return) _________________ to her job.
5.
Lady Allyfahr (to be) _________________ to the human world many times before.
6.
Muses (to inspire) _________________ humans for a very long time.
Allyfahrs Robe loderte vor Zorn. Einige Ratsmitglieder duckten sich unwillkürlich. “If the council isn’t complete, the assembly can’t judge anybody. I’m feeling ill and I’m afraid I will have to stay home for a while. Until Eivyn comes back!” Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und lief eiligen Schrittes aus dem Saal. “Allyfahr!” Leigulias stürmte ihr mit wehendem Gewand hinterher. “Stop! Immediately!” Doch die Musenmutter war schon am Torbogen zur großen
stubborn [stbən] starrsinnig thickhead [θikhed] Dummkopf
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Hauptstraße und rannte zu ihrem Haus hinüber. Schnell stieß sie die Tür auf und schloss sie wieder, und schon schnarrte die Stimme des Dichters ihr Sprüchlein: “... if we shadows have offended ...” Doch sofort flog sie zum zweiten Mal auf. Leigulias keuchte, seine Robe sah aus, als hätte sie Feuer gefangen. “Leave me alone!”, fuhr Allyfahr ihn an. Zuerst schien es, als wolle der Ratsvorsitzende noch etwas Harsches erwidern, dann jedoch seufzte er und ließ sich unaufgefordert am Tisch nieder. “Please. Let’s talk like adults, Allyfahr.” Plötzlich hatte seine Stimme einen bittenden Klang. “I have to do my duty. And even if Eivyn appears here this second – there is still the small matter of the theft of a gown! That is against the law – you know that, don’t you?” Lady Allyfahr nickte stumm. Sie versuchte gegen ihren Zorn anzukämpfen und nahm eine kleine Flasche mit einer goldenen Flüssigkeit aus dem kugelförmigen Glasschrank an der Stirnseite des Raumes. Umständlich drehte sie den Stöpsel heraus, stellte Becher auf den Tisch und setzte sich ebenfalls. Beide schwiegen eine Weile und sahen betreten auf die Tischplatte. Dann gab Allyfahr sich einen Ruck. “Let’s assume that Eivyn will come back from her mission”, sagte sie leise. “Perhaps there is a good reason why she is late? Perhaps the gown she’s wearing is ...”, sie flüsterte beinahe und lehnte sich vor, während sie dem Ratsvorsitzenden eingoss, “... citrus-yellow.” “What an absurd thought. What makes you say that?” shadow [ʃdəυ] Schatten to offend sb. [əfend] jdn. beleidigen Leave me alone! [liv mi ələυn] Lass mich in Frieden! theft [θeft] Diebstahl to assume [əsjum] annehmen
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Leigulias’ Augen weiteten sich. “Oh no – you found her, didn’t you? And you left her alone?” Hektisch nahm er einen Schluck. “For arts sake – she’s going to starve to death!” “I’m the Mother of the Muses!”, rief Lady Allyfahr entrüstet. “Do you really think that I left her alone without any food or advice?” Leigulias schlug sich mit der Hand vor die Stirn. “Our meeting at the cascade!”, sagte er tonlos. “The big bag with the food in it. And I was listening to you blathering on about the silvery shine of your skin ...” “The gown fits Eivyn! Even if she has to eat human food, there’s still some time left”, fuhr Lady Allyfahr schnell fort, weil Leigulias Robe sich wieder rötlich zu färben began. Der Ratsvorsitzende machte eine unwirsche Geste. “She will fail – she is totally inexperienced.” “Anyone might fail with a citrus-yellow gown! Remember yourself and the council meeting about you wearing citrus? I still hear the old head councillor screaming: ‘A ring poisoning souls? Would anybody be please so kind and tell me the message of this rubbish?’” Leigulias musste lachen. Die Sitzung, auf der man im Rat über Sinn und Unsinn des Herrn der Ringe diskutiert hatte, war legendär. “Do you still know what you said?”, fragte Lady Allyfahr sanft. “This book will teach humans that the smallest glimmer of hope might be powerful enough to fight against the deepest to blather [blðə] plappern shine [ʃain] Glanz totally [təυtəli] gänzlich head councillor [hed kaυnslə] Ratsvorsitzende soul [səυl] Seele rubbish [rbiʃ] Quatsch glimmer of hope [limər əv həυp] Hoffnungsschimmer
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darkness”, sagte er leise. “And that is the reason why I have to go.” Lady Allyfahr nickte. “‘He brought the truth back to mankind.’ That’s what everybody said when you came back. ‘Let’s make him head councillor.’ And today you don’t trust in the powers of a young elf out there on her special mission? She might be this small glimmer of hope.” “In the end what I did didn’t change anything, Allyfahr”, sagte Leigulias bedrückt. “And she won’t change anything either. Look outside. Humans don’t believe in the power of hope any longer. And Gophadia listens closely to all their lies, insults and reproaches, even to the dark thoughts they won’t speak out loud. And every wrong tone, every thoughtless word takes them into the human world. And the ears of those in Gophadia grow bigger and bigger.” “But that’s why we need elves like Eivyn. Courageous ones.” Leigulias nickte unwillkürlich. “Be merciful! Or would you really prefer to leave mankind to the mercy of the dark forces? Without any resistance?” Beide schwiegen und tranken. “Please – think of our eternal friendship – wait a few days before you judge her. She might be successful and she shouldn’t get a punishment for her skill and bravery.” “Do I have any choice?”, sagte Leigulias leise und erhob sich. Kühle und Strenge kehrten in seine Stimme zurück. “But insult [inslt] Beleidigung reproach [riprəυtʃ] Vorwurf courageous [kəreid əs] mutig resistance [rizistəns] Widerstand eternal [itnl] ewig punishment [pniʃmənt] Strafe bravery [breivəri] Tapferkeit
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you had better pray that something pioneering for mankind is in the offing, Allyfahr! I’m not going to make this roundeared hothead a muse for trivial reasons. I still fear the worst, and I will make you responsible for what happens.” Übung 21: Bilden Sie die Substantive zu den folgenden Adjektiven. 1.
merciful
__________________________
2.
friendly
__________________________
3.
courageous
__________________________
4.
brave
__________________________
5.
dark
__________________________
6.
skillful
__________________________
to pray [prei] beten pioneering [paiəniəriŋ] wegweisend to be in the offing [bi in ði ɒfiŋ] im Anzug sein
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Eight Es war passiert. Zum allerersten Mal kam Thomas Renneberg später als gewohnt zur Arbeit. Eine glatte Stunde. Entsprechend erstaunt war der Blick seiner Sekretärin, als er aus dem Aufzug trat und gut gelaunt “Guten Morgen, Frau Weber” rief. “Guten Morgen, Herr Renneberg?”, gab die Sekretärin verunsichert zurück und starrte auf die Salatschale in der Hand ihres Chefs. Sie ahnte nicht, dass der Grund für seine Verspätung in der Innentasche seines Mantels saß. Eivyn hatte Thomas energisch aufgefordert, in Ruhe zu frühstücken, auf dem Weg ins Büro an einem Feinkostgeschäft Halt zu machen und sich einen Salat für die Mittagspause zu kaufen. “Ihre ...”, sie räusperte sich, “Ihre ... Lebensgefährtin hat eben angerufen. Sie hat ihre Papiere liegen lassen und bittet um Rückruf.” Thomas schüttelte den Kopf. “Ich bin in einer Besprechung, wenn sie sich noch mal meldet.” Frau Weber nickte klaglos. “Kaffee?” “Nein danke, ich habe gefrühstückt.” Frau Weber sah ihn an, als hätte es gedonnert. Kaum hatte er die erste Mappe aufgeschlagen, änderte sich seine Laune. Gleich obenauf lag ein eiliges Memo, das ihn aufforderte, dem Geschäftsführer über seine Englandreise Bericht zu erstatten. Er klappte die Mappe zu und schaute Eivyn ernst an. “Tell me what it is”, forderte sie. “Nothing worth talking about”, entgegnete er. “It has to do with my trip to England.” 85
“Tell me! You told me to help with your work too.” Und so erläuterte Thomas unwillig, dass der Vertrag über den Import der Lakritzminzdragees auslief. Man habe das Rezept erwerben wollen, um die Dragees in Deutschland herzustellen, doch Mrs Dougherty, die Inhaberin der englischen Firma, sei nicht bereit, die Zutatenliste herauszugeben. “So the company manager wants to start the development of a comparable product that is cheaper to make. And it should be ‘the latest thing’ either. I am not sure if this is a good idea. Dougherty’s sweets look very traditional, and that’s exactly what seems to be the secret of their success. They are unadulterated. And I believe their popularity is based on their all-natural ingredients and excellent quality”, schloss er und griff nach dem Telefonhörer. “And why is Mrs Dougherty so reluctant to sign the contract?”, fragte Eivyn, doch Thomas hatte schon die Nummer des Geschäftsführers gewählt. “Guten Morgen, Herr Behrends – Nein, ich habe keine guten Nachrichten – Mrs Dougherty ist in dieser Hinsicht völlig unzugänglich – Nein, ich bin da nicht Ihrer Mei... – In einer Viertelstunde? Ich habe gleich einen Term... – Okay, bis dann.” Er legte so heftig auf, dass Eivyn zusammenzuckte. “What’s up?”, fragte sie erschrocken, doch Thomas hatte schon seine Sekretärin hereingerufen, sodass Eivyn schnell hinter einem Ablagekorb verschwand. “Wir müssen das Treffen mit dem Großhändler auf morgen verlegen”, sagte er ärgerlich, noch bevor Frau Weber comparable [kɒmpərəbl] vergleichbar secret [sikrət] Geheimnis popularity [pɒpjəlrəti] Beliebtheit What’s up? [wɒts p] Was ist los?
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die Tür hinter sich geschlossen hatte. “Sagen Sie im Marketing Bescheid – Behrends will in einer Viertelstunde alle Abteilungsleiter sehen!” Eivyn konnte beobachten, wie er mit gerunzelter Stirn seinen Terminplaner mit dem der Sekretärin abglich und ihre Vorlagen unterschrieb. Dann warf er hektisch einen Blick auf die Uhr und sprang auf. Eivyn schaffte es gerade noch, sich an seinem Ärmel festzuhalten, bevor er mit langen Schritten sein Büro verließ. Mühsam hangelte sie sich weiter hinauf und sprang in die Brusttasche des Sakkos. Übung 22: Stimmen die folgenden Aussagen? Kreuzen Sie die zutreffenden Sätze an. 1.
2.
3.
4.
5.
6.
Thomas’ company sells confectionery. Their contract with Dougherty’s is in danger. Dougherty’s sweets look very traditional. Thomas doesn’t like the way the Dougherty’s sweets look. Dougherty’s sweets have all-natural ingredients. Mrs Dougherty wants to sell them more sweets.
“Calm down!”, rief sie. Doch in dem Großraumbüro, das Thomas gerade durchquerte, klingelten Telefone, Tastaturen klapperten, Rechner fiepten und Drucker surrten. Eivyns Stimme ging unter. Thomas erwiderte die Grüße seiner Mitarbeiter mit kurzem Nicken, betrat den Sitzungssaal am Ende des Raums und ließ die gepolsterte Tür hinter sich zufallen. Seine Kollegen waren schon dort; insgesamt waren es acht Mitarbeiter, vom Herstellungsleiter bis zum Kostenrechner, die sich um den ovalen Tisch versammelten, wenn der Geschäftsführer es verlangte. Noch während Thomas sich setzte, griff er mit einer fah87
rigen Bewegung nach einer der Thermoskannen auf dem Tisch. Zaghaft erhob sich eine füllige, blonde Frau und öffnete einen Aktenordner, der die gleiche Farbe hatte wie die nervösen Flecken auf ihren runden Wangen. Sie entnahm der Mappe einen Stapel Kopien und verteilte sie. Ein Exemplar legte sie an den einzig freien Platz am Kopfende des Tisches. Gerade als sie sich wieder setzen wollte, betrat der Geschäftsführer den Raum: ein angespannt wirkender Endfünfziger mit kurz geschorenen, grauen Haaren und rechteckiger Brille, dem alle Blicke folgte, bis er sich am Sitzungstisch niederließ, die Arme verschränkte und einen ungeduldigen Blick auf die Papiere warf. “Frau Kuhnert – bitte! Ich höre.” Die blonde Frau begann zu sprechen. Thomas folgte ihren Ausführungen aufmerksam, und anhand seiner Gedanken gewann Eivyn eine gewisse Vorstellung von dem, worum es hier ging. Anscheinend leitete Frau Kuhnert die Werbeabteilung und war mit einer Aufgabe betraut worden, die Thomas’ Abteilung ebenfalls betraf. Ab und zu betrachtete Thomas die Kopien mit ihren Auswertungen mit einiger Sorge. Und er dachte an seinen Sohn und dessen Vorliebe für die englische Lakritze. “Moment mal!”, fiel der Geschäftsführer Frau Kuhnert unwirsch ins Wort. “Die Spacies unserer Konkurrenz sind knallbunt, haben futuristische Motive und werden mit gerappten Slogans beworben, und Sie sagen, wir sollen uns nach wie vor darstellen, als hätten wir die Glocke nicht gehört?” Eivyn rann ein Schauer über den Rücken, und als sie an sich hinabsah, bemerkte sie entsetzt, dass sich ihr Gewand verfärbte. Aber nur auf einer Seite. Links blieb es zitronengelb und schimmernd, rechts hatte es plötzlich einen mulchigen 88
Ockerton. Was hatte das zu bedeuten? So schnell es ging, hangelte sie sich aus Thomas’ Jacketttasche und schlüpfte hinter das Revers. Sie benutzte die feinen Wollfasern des Unterfutters wie eine Strickleiter, um in Thomas Nacken zu gelangen. “Decide!”, zischte sie ihm verzweifelt zu. “You have to decide. Otherwise I can’t help you.” Doch Thomas schwieg. Eivyns Herz geriet aus dem Rhythmus. “Please!”, bat sie leiser. “Make up your mind! I can’t stand this.” “Wir sollten auf die Engländerin pfeifen und unser Image ändern! Oder? Was meinen Sie, Herr Renneberg?” Thomas atmete tief durch. “Womöglich”, sagte er vorsichtig. “Die Spacies sind neu auf dem Markt und man könnte sie durchaus als Trendweiser sehen.” Eivyn sah bestürzt zu, wie ihre Robe die Farbe von geronnenem Lebertran anzunehmen begann. Thomas machte eine Pause. “Augenblicklich werden Spacies aus Neugierde gekauft, und sie schmecken künstlicher als alles, was es bisher gab. Ich bin nicht sicher, ob der Markt das annimmt.” Das Lebertranbraun hellte sich auf. “Meiner Meinung nach wird das eher ein betriebswirtschaftlicher Bumerang.” Endlich entschied er sich! “Die Promoter bei Lolliworld gehen vermutlich von der Annahme aus, dass Kinder die Zielgruppe sind.” Jetzt vermochte es Thomas sogar, in die Runde zu lächeln. “Das sind sie auch!”, behauptete Behrends ungeduldig. Frau Kuhnert schaltete blitzschnell. “Nein, sind sie nicht”, widersprach sie. “In 70 Prozent aller Fälle ist es die Mutter, die den Einkauf der Familie bestimmt.” 89
“Ja”, pflichtete ihr Thomas bei. “Und kaum eine Mutter wird allen Kinderwünschen nachgeben wollen. Allein deshalb geht vielen Eltern auch diese vordergründige Promotion auf die Nerven!” Einige Anwesende nickten. Anscheinend hatten sie selbst Kinder. “Und ein schlechtes Gewissen bekommen sie obendrein!” Eivyn sah gespannt an sich hinunter. Wurde das Gewand weiter heller? Wurde es? “Because children’s health is a very important aspect for parents”, brachte sie zögernd hervor. “Die Gesundheit ihrer Kinder ist für Eltern ein nicht zu unterschätzender Aspekt! Und in dieser Hinsicht präsentieren sich die Spacies nicht gerade vertrauenerweckend.” “Genau”, stimmte Frau Kuhnert zu, “blaue Kaubonbons mit lila oder neongelber Füllung?” “They look like soap”, warf Eivyn angewidert ein. Sie wusste jetzt, um was es ging. Sie hatte am Samstagabend mit Thomas und Gabriel ferngesehen und Thomas hatte angeekelt den Kopf geschüttelt, als in einer Werbeeinblendung grellfarbige Dragees namens Space-Pops angepriesen wurden. “Mich erinnern sie an Badeperlen”, sagte er jetzt. “Und mir wird übel, wenn ich mir vorstelle, dass ein Fünfjähriger so etwas in den Mund nimmt.” Thomas streckte sich, hob sein Kinn und wurde von Wort zu Wort selbstsicherer. Eivyns Gewand bekam einen schimmernden Orangeton. “Trust depends on quality!”, raunte sie. “Wir sind ein Traditionsunternehmen. Unsere Kunden vertrauen auf das Qualitätsversprechen, das unser Name für sie seit Kindertagen bedeutet. Wir können diese Qualität aber nicht halten, wenn wir unsere Produktpalette an solche Trends anpassen! Das sollten wir nicht riskieren!” 90
Zitronengelb. Schlagartig. Eivyn atmete durch. Auch die Werbeleiterin nickte Thomas dankbar zu. Es wurde noch eine ganze Weile recht sinnlos hin und her diskutiert, dann machte Behrends eine unwirsche Geste. “Habe ich es hier mit lauter Ökofreaks zu tun?”, blaffte er. “Eltern”, sagte der Kostenrechner kühl. “Sie haben wohl keine Kinder?” “Nein”, knurrte Behrends. “Frau Kuhnert, Herr Renneberg, eine komplette Marktanalyse für Dougherty’s! Ergebnisse bitte – bis Ende der Woche.” “Wie wäre es mit einer Direktbefragung?”, fragte Frau Kuhnert, nachdem alle anderen gegangen waren und sie ihre Unterlagen zusammenpackte. “Gute Idee!”, gab Thomas erleichtert zurück. Das wäre eine Möglichkeit, in dem knappen Zeitrahmen, den der Geschäftsführer gesteckt hatte, an harte Zahlen zu kommen. Frau Kuhnert tippte sich nachdenklich an die Nase: “Nur, wie machen wir das?” “Nehmen Sie sich doch Ihre und unsere Lehrlinge und schicken Sie sie auf die Domplatte, die Hohe Straße und die Schildergasse. Und ins Rheincenter. Praktischer kann man gar nicht lernen, wie der Markt funktioniert.” “Stimmt! Das wird den Azubis sicher mehr Spaß machen, als Kopien zu ziehen. Wir könnten ihnen die Messeuniformen geben und den Kunden eine Auswahl zum Probieren anbieten, dann wirkt es obendrein wie Promotion”, sagte Frau Kuhnert. “Wir brauchen die Meinung aller Sozial- und Altersgruppen”, ergänzte Thomas. “Finden Sie heraus, wie die Kunden über das Preis-Leistungs-Verhältnis denken. Sonst kann ich 91
nicht neu kalkulieren. Die Überstunden segne ich ab, und für die Lehrlinge gibt es eine Prämie pro befragtem Kunden, dann ist meine Prokura mal zu etwas nütze. Das ist immer noch preiswerter als ein Institut.” Er war aufgestanden, nahm noch einen letzten Schluck Kaffee und betrachtete nachdenklich die Statistik. “Wir sollten unsere Dougherty’s und die Spacies mal analysieren und vergleichen lassen. Ob unsere Qualitätssicherung das hinbekommt?” “Bestimmt”, sagte Frau Kuhnert zuversichtlich. “Ich kann mir nicht helfen, aber ich hasse den Gedanken, dass unsere Produkte mehr mit dem chemischen Periodensystem zu tun haben als mit Nahrungsmitteln. Ich hoffe, die Kundschaft sieht das auch so. Eigentlich sind wir doch eine qualitätsorientierte Gesellschaft.” “Ja, das möchte ich auch gerne glauben”, pflichtete ihm Frau Kuhnert bei, ergriff ihre Aktenordner und wischte aus dem Raum. Kaum war sie verschwunden, sprang Eivyn aus Thomas’ Kragen, drehte sich auf seiner Schulter um die eigene Achse und freute sich über ihr zitronengelbes Leuchten. “You did it!”, rief sie. ”My gown is bright again. I’m so proud!” Übung 23: Adjektiv oder Adverb – unterstreichen Sie die richtige Form.
Her gown shone (bright/brightly). Lady Allyfahr spoke (angry/angrily) with the head of the council. 3. Dougherty’s sweets have (natural/naturally) ingredients. 4. Spacies look very (artificial/artificially). 1. 2.
artificial [ɑtifiʃl] künstlich
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A muse is (good/well) at inspiring people. 6. Children’s health is a very (important/importantly) aspect for parents. 5.
“Was something wrong with it?” “Yes – you had to decide between telling the truth or lying, right?” Thomas kratzte sich verlegen am Kinn. “Lying is sometimes easier”, gab er zu. Eivyn nickte. “Also when you want to lie, I have to inspire you. You seem to be responsible for the direction of my inspiration. My gown shows that.” “I understand”, sagte Thomas ernst. “I’ll keep that in mind.” Ich bin auf dem besten Weg, verrückt zu werden, dachte er. Und das Verrückteste ist, es beginnt mir Spaß zu machen. Er grinste. “We did well together.” Eivyns Stimme glich einem sanften Schwirren. “But the whole company needs more happiness. People who bring so much fun to the world should have fun at work!” Sie sprang von seiner Schulter auf seinen Arm und ließ sich auf die Tischplatte gleiten. Dann lief sie an den grauen Thermoskannen und dem schmucklosen Stapelgeschirr entlang und wischte mit einer sanften Handbewegung über jedes einzelne Stück. Als sie ihre Parade beendet hatte, leuchteten alle Tassen in den Pastellfarben der Dougherty’s und hatten einen bauchigen Schwung. Selbst die Thermoskanne war jetzt kugelig und minzgrün. “Your boss wants more colours? Here they are!” Das bunte Geschirr stand da, als sei es immer schon hiergewesen, und nicht einmal die Kantinenangestellte, die eintrat, um abzuräumen, schien die Veränderung zu bemerken. 93
Nine Den Rest des Tages verbrachte Eivyn damit, aus dem Bürofenster zu schauen, während Thomas routiniert und schweigend arbeitete – länger als jeder andere in seiner Abteilung. Die Räume der Führungskräfte befanden sich in der obersten Etage des Firmengebäudes, und so bot sich Eivyn ein herrlicher Blick über die Stadt. Alles schien in Bewegung zu sein – Autos und Züge am Boden, die Wolken, Vögel und Flugzeuge am Himmel, und auf dem Rhein transportierten behäbige Schubschiffe ihre Waren von einem Ende Deutschlands zum anderen. Eivyn entdeckte immer wieder Neues, bis schließlich der Abendstern über dem Kölner Panorama aufging. “Flix is waiting for his food”, sagte sie leise. “All right”, sagte Thomas und löschte seine Schreibtischlampe. Zu Hause angekommen, stellte er sich an den Herd und machte sich ein Omelett. Eivyn sah mit knurrendem Magen zu, wie Thomas aß. Sie schaute in ihren Beutel und förderte ein letztes kleines Büschel Hoffnungspflänzchen und einen einzigen Silberstreif zu Tage. Seufzend brach sie den Streif in zwei Teile und nahm sich von den Pflänzchen nur wenige Blätter. Sie sprang mit wenigen Sätzen auf die Fensterbank im Wohnzimmer, lehnte sich mit dem Rücken an einen Blumentopf und zog die Beine an, während Thomas sich auf die Couch legte und ein Wirtschaftsmagazin las. Eivyn saß ganz still da. Sie lauschte tief in die Welt hinein. Die Erde sang eine leise Melodie, die von Harmonie und Hoffnung berichtete. Verliebte hörten sie manchmal, 94
wenn sie vor Sehnsucht oder beim Zusammensein die Zeit vergaßen, und ahnten dann, dass sie Teil von etwas Wunderbarem waren. Doch schon beim ersten Streit wollten sie das nicht mehr wahrhaben. Sie waren schon seltsam, die Menschen, so viel Kraft und Mut hatten sie und waren dennoch solche Zweifler. Übung 24: Setzen Sie das passende Possessivpronomen ein. (their, his, her, my, our, Your)
“Listen to 1. _______ song. Are you listening to the song of Mother Earth, Milady?”, fragte es da hinter Eivyn, genau in dem Moment, als sie zu verstehen begann, was die Aufgabe einer Muse war. Ihre Stimme musste lauter sein als alle Zweifel, die einem Menschen im Laufe seines Lebens begegneten. “Yes. It ...” Eivyn stockte, drehte sich zu Flix um, der sich ein wenig verlegen mit einer Pfote über das Ohr wischte, und nickte ihm zu. “... is soothing. It helps soothe 2. _______ pain”, meinte der Kater ruhig. “You have no more food? 3. _______ life is in danger. Magic beings have made paths between the human world and Morphadia. Cats still know 4. _______ paths, but humans have forgotten about them. I could show you ...” to soothe [suð] lindern
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“I can’t leave him”, sagte Eivyn leise. “I would never forgive myself. I can’t go before the portal appears.” “You’ll starve!”, sagte der Kater ernst. “And Gophadia will hear you crying and come for you.” “But ... but there is still some time left. And I won’t give up.” “I’m 5. _______ guardian”, sagte der Kater nachdrücklich und sah sich zu Thomas um. “If anything happens, I will ... you know ... I will do 6. _______ duty.” Eivyn schluckte. Sie wusste um Flix’ Pflichten gegenüber seinem Menschen, und der Gedanke an das, was geschehen würde, wenn sie verhungerte, ließ ihr Herz voller Angst schneller schlagen. Doch dann sammelte sie sich, nickte und verbeugte sich förmlich. “That is very kind of you. I am honoured.” Der Kater richtete sich würdevoll auf, ganz so, als wäre er eine Statue in einem alten ägyptischen Tempel, und neigte dann den Kopf zu einem ehrerbietigen Nicken. “Milady!”, maunzte er, “any other answer would have disappointed me.” Sie begleitete Flix in Thomas’ Schlafzimmer, wo der Kater sich auf dem Stuhl neben der Tür niederließ. Er schlug die Vorderpfoten unter und ließ es zu, dass sich Eivyn in sein Fell schmiegte. Bald schlief die Elfe. Flix hingegen hatte noch zu tun. Er legte sich, wie immer, seit er über Thomas wachte, auf die Lauer und kein Wesen der Dunkelheit wäre ungeschoren an 96
ihm vorbeigekommen. Denn wenn man sich ärgert, weil eine Katze über das teure Porzellan hinweg unsichtbarer Beute nachjagt oder der Hund anschlägt, obwohl niemand vorübergegangen ist, sollte man besser innehalten und dankbar sein. Gäbe es doch Tag und Nacht in Morphadia, dachte Lady Allyfahr eben sehnsüchtig. Dann hätten sie und der, auf den sie wartete, sich im Schutz der Dunkelheit treffen können. Wie jeder anderen Elfe war ihr mulmig zumute, als sie das Zwischenreich Zeldana betrat. Sie zog ihren Hut in die Stirn und atmete tief ein. Der Grüne musste nahe sein, der Geruch von Fülle schwebte bereits in der Luft. Und schon stand er vor ihr, wie aus der Erde gestiegen. Die grünen Alben waren verantwortlich für alles Wachstum, und alles, was aus der Erde wuchs, galt ihnen gleich, ob es eine fleischfressende Pflanze oder eine prachtvolle Staude war. Ob im Wald oder in einem Blumentopf – Alben traten einfach durch den Boden, wo sie gebraucht wurden. Pantanius war ein erfahrener Hüter des Wachstums, in seinen Zügen hatte die Zeit ihre Spuren hinterlassen. Dennoch fand Lady Allyfahr ihn nach wie vor fesch in seinen schmalen, grünen Hosen und dem grünen Wams, das mit roten und gelben Ranken geschnürt war. Sie nahm all ihren Mut zusammen. Schließlich war es ihr schon einmal gelungen, Pantanius zu überreden, eine Sache gemeinsam anzugehen – damals hatte sie ihn im Garten einer jungen Engländerin getroffen und in ein Gespräch verwickelt. “Why should I?”, fragte der Alb jetzt mürrisch, nachdem Lady Allyfahr erklärt hatte, warum sie ihn hatte sprechen wollen. “What good can come from that seed?” seed [sid] Saat
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“Mmh, my experience tells me that Eivyn has something important to do. Like in the old days, Pantanius, when we worked together. England – you remember?” “Coincidence”, brummte der Alb. “A nice coincidence! English gardens are still famous for their beauty. They are full of nature’s gifts, nature’s bounty. And Elvira’s Garden Poems are still popular! – If the broom is all around, place it to a darker ground. If the rose is thin and green, seven knots have not been seen. Cut it right and you will see, seven blossoms ’stead of three.” Einen Moment lang sah es aus, als spiele ein leises Lächeln um die Züge des Grünen. “All right, all right, don’t overpower me with poetry!”, reimte er unwillkürlich und hielt sich die Ohren zu. “Please!”, rief Lady Allyfahr. Der Alb ließ die Hände sinken und verschränkte die Arme unwillig über der Brust. “I just need a few moments of your time. Tell her what you explained to me before. I was in the very same situation and feeling so desperate.” “Precisely! So you can handle it yourself”, gab Pantanius noch unwirscher zurück. “I can’t enter the human world without a mission. I know that nature’s bounty is the secret. There was lots of pollen in Elvira’s garden. But where can Eivyn get food like that?” “She has to eat things that the circle of life gives us freely and doesn’t need”, knurrte der Alb und schlug sich sofort
coincidence [kəυinsidəns] Zufall bounty [baυnti] Gaben broom [brum] Besen knot [nɒt] Knoten blossom [blɒsəm] Blüte ’stead of = instead of [insted əv] statt to overpower sb. [əυvəpaυə] jdn. überwältigen desperate [despərət] verzweifelt precisely [prisaisli] genau
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eine Hand vor den Mund. “Which kind of magic are you using to make me gossip so much?!”, fluchte er. Lady Allyfahr lächelte. “I promise that the next poet I inspire will write about the relationship between mankind and nature. So do we have a deal?” Pantanius verzog seine hölzernen Züge zu einem argwöhnischen Stirnrunzeln. “Give me your oath!”, knurrte er. “Swear by the deepest roots of the oldest tree!” “I swear”, sagte Lady Allyfahr ernst. “By that and by the ancient wisdom living in the tree.” “Well! I’ll talk to her.” Er hob den grünen Daumen. “Once. But never again.” “Thank you a thousand times.” Lady Allyfahr strahlte Pantanius an und fiel ihm erleichtert um den Hals. Sie hätte schwören können, dass er die Umarmung erwiderte, doch gleich schob er sie wieder von sich. “In the name of Demeter – stop this fuss! I am getting ...” “Embarrassed?”, mutmaßte Lady Allyfahr. “Allyfahr, you are just ...”, versuchte der Alb sich aufzuregen. Doch es gelang ihm nicht. Er musste lachen. “... adorable.” Dann war er so schnell verschwunden, wie ein Regenwurm sich in feuchte Erde gräbt. Am nächsten Morgen leuchtete Eivyns Gewand schwächer. Sie aß schnell den letzten halben Silberstreif und die letzten Blätter der Hoffnungspflänzchen. Sie waren vertrocknet und schmeckten nach Beutel. deal [dil] Abmachung oath [əυθ] Eid to swear (swore, sworn) [sweə / swɔ / swɔn] schwören root [rut] Wurzel adorable [ədɔrəbl] hinreißend
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Als Thomas aufstand, strahlte er sie an, wie er es schon am Tag zuvor getan hatte. “I have an appointment with an important wholesaler today and a meeting with the clerks of our marketing and promotion department”, sagte er, während er seine erste Tasse Kaffee trank und sich die Krawatte band. Das Telefon klingelte. Thomas warf einen Blick auf das Display und grinste hämisch. Ilonas Nummer. “The wholesaler is as hard as granite – I’ll need some inspiration”, sagte er, und Eivyn versprach ihr Bestes zu tun. Ilona sprach auf den Anrufbeantworter, ihre Stimme klang ungeduldig. “... müsstest du mir dann doch bald meine Brieftasche wiedergeben. Sag mir Bescheid, wann du da bist.” “Nö!”, murmelte Thomas. Eivyn seufzte tief. Das Treffen, von dem er gesprochen hatte, fand in der rheinischen Niederlassung eines wichtigen Großhändlers statt. Von hier aus wurde für alle Geschäfte der Ladenkette eingekauft. Eivyn hörte eine ganze Weile zu, wie Thomas Zahlen im Kopf bewegte, um den Preis akzeptabel zu machen. Ihn erwartete eine zähe Diskussion über Produktionskosten, Logistik und Rabatte. Als der Gesprächspartner aus dem Raum gebeten wurde, um ein dringendes Telefonat entgegenzunehmen, hatte Thomas die Stirn längst wieder in ärgerliche Falten gelegt. Eivyn sprang auf den Tisch. Sofort hellte sich seine Miene auf. “He is such a rude person”, sagte er kopfschüttelnd und ließ ein missbilligendes Geräusch hören. Stets versuchte die wholesaler [həυlseilə] Großhändler rude [rud] ungehobelt
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Kette mit dem Argument ihrer hohen Abnahmemengen den Preis zu drücken und das auf eine recht ruppige Weise. Diesmal waren es kaum die Produktionskosten gewesen, die Thomas angeboten worden waren. “Have you seen the photos on his desk?”, fragte Eivyn. Sie klang ein bisschen leiser als sonst, lehnte sich an seine warme Kaffeetasse und deutete mit einer schwachen Handbewegung auf den Keks, der auf dem Unterteller lag. “Yes”, sagte Thomas. Er lächelte, als er sich seiner Neigung zur Askese in Stresssituationen bewusst wurde, und nahm folgsam den Keks. “He has three children.” A little present for them might put him into a better mood.” “That’s a great idea! We’re handing out free anniversary editions of our most famous confectionary products combined with a little truck in our company’s livery. I have some boxes in the car”, meinte Thomas. “A very nice idea, I have never thought about things like that before. Goodness, I have never felt so in touch with myself before.” “I can imagine”, erwiderte Eivyn matt. “Three children”, murmelte Thomas. “Five people in the house. Mmh ... Dougherty’s bags might be too small for bigger families. Probably we should offer family sizes. Maybe that’s what the market needs. Frau Kuhnert can find out.” Übung 25: Setzen Sie das gesuchte Wort ein, indem Sie die Buchstaben in die richtige Reihenfolge bringen. 1.
Pantanius is (rasemedrasb) __________________ when Lady Allyfahr thanks him.
anniversary edition [nivsəri idiʃn] Jubiläumspackung company’s livery [kmpəniz livəri] Corporate Design
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2.
Thomas has an (pntapitomen) __________________ with an important wholesaler today.
3.
Thomas needs some (noipitirans) __________________.
4.
The wholesaler is very (dure) __________________.
5.
His
company
is
distributing
an
(sarnnarveyi)
__________________ edition of their most famous sweets. “Fine”, sagte Eivyn. “Your thoughts are coming like a cascade. That’s how it should be.” Thomas legte nachdenklich den Kopf schief. “Everything all right? You look a bit pale today.” “Really? It might be the light in here”, erwiderte Eivyn. Das war gelogen. Ihr Magen schrie vor Hunger, und es kam ihr plötzlich furchtbar anstrengend vor, in Thomas Kragen zu klettern. Mit Eivyn in der Jacketttasche eilte Thomas in die Tiefgarage, um die Aktionspackungen zu holen. Eine Frau mit einem Sandwich ging an ihnen vorbei. Eivyn stieg der Geruch in die Nase, ihr Mund wurde trocken und sie leckte sich verzweifelt über die Lippen. Sie hatte Hunger. Und wieder ein Erfolg. Der Großhändler hatte sich über das Geschenk für seine Kinder gefreut. Als Thomas ihn fragte, ob er zufällig Absatzzahlen von Dougherty’s zur Hand hätte, weil er gerade an einer neuen Kalkulation säße und die Anforderungen des Markts berücksichtigen wolle, hatte man mit einem gemeinsamen Blick in die Absatzlisten festgestellt, dass die Kette sämtliche Produkte 102
von Thomas’ Firma erfolgreicher verkaufte als jede andere Bonbonsorte. Also beschloss der Partner, auch dann eine höhere Stückzahl abzunehmen, wenn gerade keine Aktion geplant war. Thomas konnte ihm so die nächst höhere Rabattstufe anbieten und man wurde sich schnell einig. Gut gelaunt fuhr Thomas mit Eivyn zurück ins Büro. Gerade als er die anderen Abteilungsleiter zu sich gebeten hatte, rief Frau Kuhnert aus dem Rheincenter an und teilte mit, dass die Umfrage angelaufen sei und es bisher sehr gut aussähe. “Natürlich kann ich die Kunden fragen, ob sie gern größere Tüten kaufen würden”, rief sie gegen den Lärm der Einkaufspassage in ihr Handy. “Und die Idee, uns auf natürliche Zutaten zu berufen, scheint fabelhaft zu sein. Die Kunden sind begeistert, wenn man ihnen erklärt, dass Dougherty’s ohne chemische Zusätze auskommen. Wenn wir das für unser ganzes Sortiment hinbekämen, wäre es mehr als nur Zeitgeist – es wäre regelrecht innovativ. Ein Gegentrend!” Thomas legte auf und sah zufrieden in die Runde. Auch die Mienen seiner Kollegen drückten Zuspruch aus. “Wer sagt’s denn!”, freute sich Thomas. “Also: Ermitteln wir jetzt schnellstmöglich eine realistische Nachfrage, wenn wir nur noch Produkte aus natürlichen Zutaten anbieten. Ich will alles haben, was Sie zu diesem Thema kriegen können. Umfrageergebnisse, Vergleichszahlen von Konkurrenten, Marketingstrategien, das ganze Programm.” Zustimmendes Gemurmel. “Dann die Gebindegrößen!” Er wandte sich an den Controller. “Eine vollständige Kostenrechnung, Rohstoffe, Maschinenkosten, Mannstunden, alles. Noch Fragen?” Raunen von allen Seiten, Kopfschütteln. “Ich erstelle die Planung bis Ende der Woche und brauche bis dahin Ihre Daten. Es ist Dienstag! Auf geht’s.” 103
Ten “You’ve been great”, lobte Eivyn, als sie nach Hause fuhren. “Everybody seems to be motivated now.” Dann seufzte sie tief. Anders als sonst verhielt sie sich sehr ruhig, hatte sich an die Rückenlehne des Beifahrersitzes geschmiegt und sah in gewohnter Aufmerksamkeit zu Thomas hoch. Übung 26: Welches Adjektiv ist das richtige? Unterstreichen Sie das passende Wort.
“If I get the results I requested, I’ll have to pass on my 1. (new/old) ideas to my boss – I’ll probably need your help for that.” “That sounds like a 2. (bad/good) idea. And when will you get the details you need?” “Thursday.” “Another two days. And the portal still hasn’t appeared.” Thomas fuhr den Wagen in die Tiefgarage. Im Dunkel der Auffahrt sah er deutlich, dass Eivyns Leuchten noch weniger strahlend war als am Vortag. “Something 3. (right/wrong)?” “No, no – I’m just 4. (ill/tired). All these business things are a bit 5. (boring/strange) to me. It’s 6. (hard/easy) for me to concentrate.” Es schien Eivyn, als sei Thomas’ Wohnung angefüllt mit diesem besonderen Geruch, als sie in die Tür traten. War das eine Halluzination? Thomas half ihr von seiner Schulter, drückte auf die Repeat-Taste des Anrufbeantworters, hörte zu, wie Ilona dreimal mit wachsendem Unmut nach ihrer to request sth. [rikwest] um etw. bitten
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Brieftasche verlangte, setzte Eivyn auf den Boden und ging ins Badezimmer, um zu duschen. Ermattet ließ sie sich auf den hellgrauen Teppich unter dem Wohnzimmertisch fallen, kaum dass er das Zimmer verlassen hatte. Bildete sie es sich ein oder konnte sie die Fasern nicht mehr spüren? “Tssss, tsss”, hörte sie es da aus der Küche. Und abermals “Tssss! Tsss!” Eivyn öffnete die Augen. Sie versuchte aufzuspringen und schnell hinüberzulaufen, bevor der merkwürdige Laut verstummte, doch ihr zitterten die Knie. Jeder Schritt kam ihr vor, als müsse sie eine steile Stiege erklimmen. “Tsssss”, machte es wieder. Eivyn taumelte und fiel auf den Teppich, gerade als sich Flix lange Schnurrhaare neben ihr niedersenkten. “Hold it!”, forderte er sie auf. “Somebody wants to talk to you.” Eivyn griff kraftlos nach den Barthaaren des Katers, und mit nur zwei langen Sätzen sprang Flix in die Küche und auf die Arbeitsplatte, genau vor den Kräutertopf. Zwischen zwei Halmen blühenden Schnittlauchs erkannte sie ein hölzernes Gesicht. Ein intensiver Geruch umschloss den Alb wie grüner Nebel. Eivyn fletschte unwillkürlich die Zähne, sie verspürte den Wunsch, ihm in den Arm zu beißen, überhaupt in alles, was irgendwie essbar roch. Ein Gedanke begann durch ihren Kopf zu kreiseln, und gleichzeitig erwachte in ihrem Inneren ein bisher nicht gekanntes, bösartiges Gefühl. Give it to me! Give it to me! I will eat it!, knurrte es. Eivyn sah sich die Türen fremder Elfenhäuser aufstoßen und sich mit wildem Geschrei auf die Speisen stürzen, sah, wie sie alles an sich riss und hinunterschlang. All mine. Mine. Mine. Give it to me, give it to me, give it to me! “Bounty!”, sagte der Grüne, ohne eine Miene zu verziehen. 105
“The smell. It’s nature’s bounty!” “Pardon?”, brachte Eivyn schwach hervor. Der Alb verdrehte die Augen. “Ah, you are one of those she-elves who needs an explanation for everything. I don’t mind!” Er knurrte unwillig und fuhr fort: “Well, in the darkest hours of mankind lots of ideas and hopes grow – they fall from the dreamstorm like fine seed. This dust grows to pure magical power. Silverstrips and hope seedlings – elfish food! It only can be replaced by the hope of nature, by food which is not necessary and which nature gives as a gift. If you eat human food instead, you have to steal from nature’s bounty, and you will become what they are. That’s all! Regards from Lady Allyfahr. Bye!” Und weg war er, einfach in der Erde des Kräutertopfs verschwunden. Eivyn taumelte. Um sie her schien alle Farbe zurückzuweichen, so als ströme das Licht einfach hinaus. Die Dunkelheit hatte Zähne und Klauen, die nach ihr fassten. Ängstlich wich sie bis an die Kante der Arbeitsplatte zurück. “Thomas!” flüsterte sie tonlos. Und dann schrie Eivyn mit aller Kraft, die sie noch hatte. “Thomas!” Eilige Schritte waren zu hören. “Eivyn?” Thomas fing sie auf, kurz bevor sie von der Arbeitsplatte stürzte. “I’m going to collapse. I need something to eat. Something that is not necessary. Something nature gives as a gift”, sagte sie weinend. “Something to eat ... anything! Please!” Das Letzte, was Eivyn bewusst wahrnahm, war, das sich etwas Hungriges, Düsteres in ihrem Inneren ausbreitete. Es dust [dst] Staub regards [riɑdz] Grüße to collapse [kəlps] zusammenbrechen
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witterte die Furcht eines Menschen, und dieser Geruch war unwiderstehlich – viel stärker als alle Fülle. Mit aller Gewalt wurde an ihrem Körper gezerrt. Ein gieriges Knurren. Mit einem Geräusch, als rissen Saiten, begann das Elfengewand sich aufzulösen, Faden um Faden. Don’t think anything wrong, wollte Eivyn sagen, bevor ihr die Sinne schwanden, don’t be afraid, no fear, Thomas, no fear ... “Was soll das heißen, nicht notwendig oder geschenkt?”, fragte Thomas seinen Kater hilflos. Er hatte das neue rote Kissen auf den Esstisch gelegt und Eivyn darauf gebettet. Sie keuchte bei jedem Atemzug, bewegte sich, als kämpfe sie gegen etwas an, das an ihr zerrte. Dann wurden ihre Bewegungen immer schwächer. Ein reißendes Gefühl fuhr Thomas in die Magengrube. “Mau”, machte Flix auffordernd. Tu etwas! Übung 27: Bringen Sie die folgenden Ereignisse in die richtige Reihenfolge. a.
b.
c.
d.
e.
f.
Eivyn refused to go back with Lady Allyfahr. The alb talked to Eivyn. Lady Allyfahr visited Eivyn. Eivyn collapsed. Eivyn ran out of food. Lady Allyfahr asked an alb for help.
“Ja doch! Sie kann von mir geschenkt haben, was immer sie braucht. Aber etwas, das nicht notwendig ist? Nicht notwendig für wen?” Um Eivyns Gestalt schimmerte nur noch ein schwacher Lichtschein. 107
Keine Angst! Denk logisch, Thomas!, befahl er sich. Du brauchst etwas, das schnell Energie liefert. Zucker. Aber wie bekomme ich Zucker in ihren Mund? Mit einer Pinzette? So ein Kristall könnte für sie vielleicht schwer zu kauen sein. Etwas Flüssiges? Zuckerwasser? Mit einem Tropfer? Damit würde ich sie ersäufen. Eine Nadel? Wie beim Modellbau? Ja. Und etwas Klebriges ... Honig? Habe ich Honig da? Vermutlich einen Bio-Wildblüten-Wasweißich von Ilona. Mir fällt wirklich nichts weniger Notwendiges ein. Hastig lief er in sein Arbeitszimmer, zog einen der Pins aus der Korkwand über seinem Schreibtisch, nahm seinen TimePlaner und die Leselupe für Kleingedrucktes und rannte zurück in die Küche. Er fand ein Glas mit Honig und ließ ein wenig davon auf einen flachen Teller laufen. Nervös kehrte er zum Tisch zurück. Die Lupe legte er mit ihrem Griff auf den Terminplaner, sodass die Linse über der Eivyns Gesicht schwebte. Thomas’ Brust zog sich zusammen, als er zum ersten Mal ihre Züge deutlich vor sich sah. Sie war schön. Und furchtbar krank. Ihre grünen Augen schauten ausdruckslos an die Decke und lagen tief in Schattenhöhlen, die zarte Haut ihres Gesichts schuppte sich und wurde grauer und grauer. Es dauerte unerträglich lange, bis es Thomas gelang, die Nadel genau über Eivyns Lippen zu führen. Vorsichtig, um sie nicht zu verletzen, streifte er den Tropfen Honig an ihrem Mund ab. Und tatsächlich: Eivyn schluckte. Tropfen um Tropfen fütterte er sie. Flix stellte die Vorderpfoten auf den Esstisch und verharrte neben Thomas, mit gestreckten Hinterbeinen und gesträubtem Fell, die Kupferaugen unablässig auf Eivyns angespanntes Gesicht gerichtet. Nach einiger Zeit hatte Thomas den Eindruck, dass die Qual aus Eivyns Zügen wich. Sie lag ganz still da. Der Kater schnurrte zufrieden. 108
“Eivyn?”, fragte Thomas leise, hob die kleine Gestalt auf dem Kissen vorsichtig hoch und trug sie zur Couch. “Thomas”, murmelte sie, noch bevor sie zwinkerte. Ihr Bewusstsein kehrte zurück. Sie schlug die Augen auf und sah ihn an. “Better now?”, fragte er. Der Knoten in seiner Brust lockerte sich. Ein Teil von ihm begriff, dass er das Band zwischen ihm und ihr mit aller Macht festgehalten hatte – die ganze Zeit über. Es fühlte sich an wie ein verspannter Muskel, der sich löste. Und im gleichen Moment wusste er, dass dieses kleine Wesen alles andere als eine Bewusstseinsstörung war. Erst recht nicht die autonome Stimme seines Selbst. Dennoch hatte sein Verstand einige Schwierigkeiten, die Tatsache zu akzeptieren, dass er sich Sorgen um ein Fabelwesen machte, das dort auf dem magisch rot gefärbten Sofakissen lag. Und sie war so real wie der Kater auf dem Teppich, der aufmerksam beobachtete, wie Thomas sich neben das Kissen kniete. Eivyn fuhr sich schwach mit einer Hand über die Lippen. “Still hungry?” “Yes”, gab sie zurück. “Is this fluid something that isn’t necessary? A gift?” “It’s honey”, erklärte Thomas. Eivyn wandte den Kopf zu Flix und nickte dann. “Flix said that bees make more honey than they need to feed their young, but they store it for the winter and surely don’t give it away as a gift. But you had no choice. Neither did I!” Ihre Stimme klang anders, sanfter und eindringlicher als zuvor. “You saved me!” “So ... you were dying?” to store sth. [stɔ] etw. aufbewahren
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Eivyn setzte sich auf. “The bodies of elves can’t die. They transform. I felt an absolute feeling of greed inside me. It was the most horrible thing I have ever felt. I was changing into the evil other-half of an elf – a pixie – one of the meanest and ugliest beings in Gophadia.” “Gophadia?” “The abode of darkness. Creatures born in darkness find their way to the world of humans by weaving clothes for themselves from your bad thoughts and nightmares. They suck hope directly from human minds, like parasites. And they weave your fears deeper and deeper into your doubts. Spiders get the material for their webs from the chitin armour of insects, and pixies get the material for their nets from the substance of your dreams. They use their nets to capture every positive experience until nothing good can get through to you. Humans who host pixies get greedy, nasty and quarrelsome.” “Goodness. I think I know people like that”, sagte Thomas erschrocken. “Flix has to catch pixies and bring them back to Gophadia. That is part of his duties as your guardian. Pixies can put you in terrible danger and it is my fault, Thomas – I apologize.” “Don’t!”, sagte Thomas sanft und rieb verlegen mit der Hand über seine Brust, in der sein Herz noch immer dumpf pochte. “I don’t want to lose you. You are indispensable.”
to transform [trnsfɔm] sich verwandeln mean [min] gemein abode [əbəυd] hier: Reich parasite [prəsait] Parasit spider [spaidə] Spinne chitin armour [kaitin ɑmə] Chitinpanzer to capture sth. [kptʃə] etw. erbeuten greedy [ridi] habgierig quarrelsome [kwɒrəlsəm] streitsüchtig indispensable [indispensəbl] unentbehrlich
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“You too”, flüsterte Eivyn. “But now ... do you have a bit of that honey left for me? I want my true power back.” “Sure”, sagte Thomas, holte einen Teelöffel voll Honig aus der Küche und hielt ihn Eivyn hin. Sie richtete sich auf und senkte den Kopf so tief darüber, dass ihre schwarzen Locken den Löffel verdeckten, und aß sich satt. “Phew”, machte sie schließlich, sprang mit einem Satz auf die Füße, hob die Arme und lächelte. “The food was good for me. Nothing has happened. See?” “But if it isn’t the right food, what will happen?”, fragte Thomas skeptisch. “I’m not sure”, sagte Eivyn. “The green alb in your herb pot told me that I may eat everything that comes from the bounty of nature. But if I take away something from nature, I will become like the humans.” Übung 28: Vervollständigen Sie die Begriffe aus dem “Elf on Earth”-ABC. Die Zahl der Buchstaben ist vorgegeben. 1.
Q stands for _ _ _ _ _ – Eivyn’s voice isn’t loud.
2.
R stands for _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ – Lady Allyfahr wants to inspire a poet to write about the connection between nature and humans.
3.
S stands for hope _ _ _ _ _ _ _ _ _ – these make Lady Allyfahr’s skin look silvery.
4.
T stands for _ _ _ _ message – this is what Jana sends Gabriel.
herb pot [hb pɒt] Kräutertopf
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5.
U stands for _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ – this is another word for ‘natural’ or ‘without any artificial ingredients’.
“Do you always listen to the advice of greenflies?”, fragte Thomas und warf dem Kräutertopf einen schiefen Blick zu. “Green albs!”, stellte Eivyn richtig. “They are very wise, and that they care for your plants means that they’ll grow better. You should be very glad about this.” “Okay, okay”, sagte Thomas. Aber er schüttelte ungläubig den Kopf. “Anyway”, fuhr Eivyn fort, “I didn’t really understand what he tried to tell me. It seemed like a riddle. Actually, I know nothing about human food, so it is now up to you to inspire me ...” Ihr Lachen prickelte um das Gewand wie Kohlensäure auf gelber Limonade.
greenfly [rinflai] Blattlaus riddle [ridl] Rätsel
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Eleven Nachdenklich rührte Thomas in seinem Kaffee und sah zu, wie sein Kater einen Tropfen Milch von der Tischplatte leckte. Eine Muse. Irgendwelche kleinen Grünlinge in seinen Pflanzen. Echte Magie. Eivyn war erschöpft eingeschlafen und noch nicht wieder erwacht, sodass Thomas beschlossen hatte, zu Abend zu essen, und nun mit Flix sprach. Der Kater war so zutraulich, als benötigte er Trost nach der Aufregung eben. “Eivyn sollte also nur Dinge essen, die ein Geschenk der Natur sind und die kein anderer braucht.” Flix sah Thomas aufmerksam an und drückte sich kurz an ihn, als wolle er ihm zustimmen. “Aber was wird schon nicht gebraucht und verschenkt? In der Natur hat niemand etwas zu verschenken. Alle Pflanzen, Pollen oder Samen, sogar die, die wild wachsen, haben ihre Abnehmer. Selbst wenn ich ihr am Wegrand von einer Wiese eine Handvoll Klee pflücke, gehört er ja nicht mir, sondern die Hasen brauchen ihn dringender. Und obendrein ist er wahrscheinlich gedüngt oder mit Insektenschutzmitteln eingesprüht worden. Die Menschen greifen überall in die Natur ein – ich höre immer noch, wie Ilona darüber gestöhnt hat.” Flix schnurrte zustimmend und blickte wohlwollend auf das Kissen, das noch auf dem Esstisch lag. Gerade begann sich Eivyn zu regen. Das gelbe Leuchten ihres Gewandes schien wieder stärker geworden zu sein. “Gentlemen”, sagte sie und räusperte sich. “Was I asleep?” “You sound as if you’ve got a cold”, erwiderte Thomas besorgt. Sie sah sich auf dem Tisch um und schaute sehnsüchtig auf 113
Thomas’ Teller. Er hatte sich ein Brot gemacht, es aber nicht angerührt. “I was very weak. Perhaps I’m not back in shape. And I’m hungry again.” Thomas seufzte. “I can’t quite believe I’m saying this – but I think we should follow some of Ilona’s advice. She talked about healthy nutrition all the time. She told me that I should listen closely to my body to find what it needs.” “Mmh”, machte Eivyn. “Sounds logical. The honey helped give me back my powers, but it is liquid. I have teeth and like to chew. So I would prefer something crispy.” Sie glitt vom Kissen, ging quer über den Tisch zum Brotkorb, zog eine Haferflocke heraus, die von dem Laib Brot hineingefallen war, und wischte damit von Thomas’ Messer ein wenig Frischkäse ab. “It smells okay and I think it will taste good ...” Sie biss hinein. “Great!”, meinte sie überrascht, hob dann suchend die Nase in die Luft und ging schnuppernd zu Thomas’ Kaffeetasse. “Is that coffee?” “Coffee?”, meinte Thomas ertappt. “I know, that it is not very wise to drink it before bed-time ... and to tell the truth it is not that healthy anyway.” “Are you kidding? I would like to try some anyway! It smells like a gift from heaven!”, sagte Eivyn. “That’s true”, erwiderte Thomas, goss Kaffee auf seinen Löffel und legte ihn vor Eivyn hin. in shape [in ʃeip] in Form nutrition [njutriʃn] Ernährung logical [lɒd ikl] logisch liquid [likwid] flüssig to chew [tʃu] kauen crispy [krispi] knusprig Are you kidding? [ɑ jυ kidiŋ] Willst du mich auf den Arm nehmen?
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Sie probierte und nickte glücklich. “Irresistible!” Sie beendete ihr Mahl, spülte mit Kaffee nach und wandte sich dann zu Flix um. “Sir Philoktetes?” Übung 29: Wer sagt was? Ordnen Sie den Aussagen und Fragen die richtige Person zu. 1.
“It smells like a gift from heaven!” _____________________________________________
2.
“Do you always listen to the advice of greenflies?” _____________________________________________
3.
“If you eat human food instead, you have to steal from nature’s bounty, and you will become what they are.” _____________________________________________
4.
“This mission is dangerous, my dear girl.” _____________________________________________
5.
“Why does my father need a muse?” _____________________________________________
6.
“I don’t trust the cats!” _____________________________________________
Der Kater schien einen Augenblick lang zu lächeln. Oder bildete sich Thomas das ein? Vermutlich nicht, dachte er seufzend. irresistible [irizistəbl] unwiderstehlich
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“Would you please go to Morphadia and tell Lady Allyfahr that I’m well? – How nice of you! Thanks a lot!” “Philoktetes?”, fragte Thomas verwundert. “Cats have lots of secrets”, erklärte Eivyn und sah zufrieden zu, wie der Kater sich zusammenrollte und die Augen schloss. “What about Morphadia?”, fragte Thomas. “He is on his way there”, sagte Eivyn gelassen und wies auf die zuckenden Pfoten des Katers. “He goes there in his dreams ... that is how cats travel. Have you never wondered why cats sleep so much?” Die Tür zu Lady Allyfahrs Haus schwang eine Katzenbreite weit auf. “Good morning, Milady!” Die Musenmutter fuhr erschreckt zusammen, wandte sich um und sah, wie ein grünes Katzenleuchten elegant ihr Haus betrat. “Philoktetes?”, fragte sie. “You haven’t been here for so very long. You haven’t dropped in to make small-talk either, have you?” “Precisely. It will take too long to explain everything”, sagte das Leuchten. “The fact is – I’m guarding a man who might interest you.” “So, don’t waste time! Tell me!”, forderte Lady Allyfahr ihn ungeduldig auf. “You, of all people, are ordering a short story from me?”, spottete das Leuchten. Lady Allyfahr musste lachen und bat den Kater in ihr Wohnzimmer. “Well: Two years ago, I met a person who felt very alone, even though he wasn’t single. So, I stayed with him as his guardian, but it didn’t help very much. A few days ago a to drop in [drɒp in] vorbeischauen
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little muse in a citrus-yellow dress appeared. I wasn’t worried about that. Thomas’s mood is a bit hard to explain.” “Eivyn?”, fragte Lady Allyfahr aufgeregt. “Are you talking about Eivyn? Tell me! How is she?” “She’s fine!”, sagte der Kater. “And my human is better too. He is quite spellbound.” Lady Allyfahr wandte die Augen gequält zur Zimmerdecke. “Philoktetes!”, rief sie ungeduldig “What has happened? Did she receive the message from the green alb?” “Yes”, sagte der Kater gelassen. “But it wasn’t as useful as you think. She was starving and my human had to feed her with honey. This morning she tried to find out what is good for her, but I bet you know that nature’s bounty is hard to find nowadays.” “She accepted it”, sagte Lady Allyfahr bitter und nickte mutlos. “Brave girl! It must be a very strange feeling!” Sie hob den Blick und sah den Kater ernst an. “She has to come back in four human days. If she can’t make it in time, Morphadia’s doors will be closed for her. Tell her to hurry up!” Philoktetes’ Lichtzwilling schüttelte sich und sprang mit einem Satz ins Hier und Jetzt. “You look different”, brummte Thomas, als er das Auto in die Tiefgarage der Firma steuerte. “Yellow dress, black curls, and as curious and cheeky as always”, gab Eivyn heiter zurück. “Don’t worry, Thomas!” “Even your voice sounds different. There’s a kind of vibration to it, a little ding-a-ring.” Eivyn lachte auf. “Maybe you’re suffering from tinitus?” spellbound [spelbaυnd] hingerissen cheeky [tʃiki] frech
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Kleine himbeerfarbene Sterne perlten über das Sitzpolster wie flache Steine, die man übers Wasser wirft. Übung 30: Present Continuous oder Present Simple? Unterstreichen Sie die korrekte Zeitform. 1.
Eivyn (likes/is liking) honey.
2. (Does Lady Allyfahr often travel/Is Lady Allyfahr often trav-
elling) between the human world and the other world?
Thomas (lives/is living) in Cologne. 4. Eivyn (looks/is looking) different now. 5. Eivyn (wears/is wearing) a yellow dress. 6. Some elves (work/are working) as muses. 3.
“Eivyn! Stop kidding. Something like yesterday might happen again. I don’t want to see you changing into whatever.” Nun seufzte die Elfe. “Thomas.” Jedes Mal, wenn sie auf diese verständnisvolle Weise seinen Namen aussprach, hatte er das Bedürfnis, tief Luft zu holen. “I just want to stay with you and succeed at my mission. If I fail, the head councillor will do me more harm than human food could ever do.” “I have a feeling that we must solve my problems without delay. I’m sure that nobody ever gets a muse for a lifetime.” “You don’t want me to be around for a lifetime!”, behauptete Eivyn. Thomas musste lachen. “Why aren’t you a woman? Let’s get married and perhaps you can stay here”, sagte er und grinste. Eivyn kicherte verlegen und im gleichen Augenblick rollten zwei himbeerfarbene Lichter aus der Robe in ihren Schoß. Ihr Licht pulsierte im Gleichtakt. Eivyn nahm sie in die Hand und schaute fassungslos darauf. Herzchen? 118
“Stupid gown!”, schimpfte sie leise und ließ die Lichter schnell verschwinden. “This is real life – not a Disney movie!” “Pardon?”, fragte Thomas. “Nothing!” Im Büro angelangt, brachte eine Frau in einem weißen Kittel Thomas Unterlagen aus der Qualitätssicherung. Sie bestätigten, dass Dougherty’s keine chemischen Zusätze enthielten und alle anderen Produkte der Firma wesentlich weniger als die der Konkurrenten. Die Chemikerin versicherte, dass man selbst diese wenigen Zusätze langfristig durch natürliche Zutaten ersetzen könne, und versprach, eine entsprechende Liste zu erstellen. Sie gab dem Kollegen aus dem Controlling die Klinke in die Hand, der wiederum eine straffe und absolut akzeptable Kostenberechnung für größere Tüten vorlegte. Gegen Mittag kam Frau Kuhnert vorbei, ebenfalls mit erfreulichen Ergebnissen, und wenige Stunden später hatte Thomas die Kalkulation einer neuen Produktreihe schon grob überschlagen. Der Sprung hinter die Ablage, wenn jemand hereinkam, und wieder zurück auf Thomas’ Schulter, wenn sie alleine waren, war inzwischen solche Routine für Eivyn, dass sie unterdessen schon einen Radschlag, einen Handstand und einen Salto eingeflochten hatte, um sich nicht zu langweilen. “Great!”, freute sie sich und schwang sich mit einem Flik-Flak auf Thomas’ Schulter. Er zuckte zusammen, als das Lämpchen auf seinem Telefon, das den Apparat des Geschäftsführers anzeigte, zu blinken begann. “What’s that? Is that you sitting there?” “Perhaps I’m getting fat”, meinte Eivyn betont beiläufig. Das Lämpchen blinkte immer noch. “Answer the phone! It might be urgent.” 119
Thomas nahm ab. “Renneberg.” “Ich habe die Umfrageergebnisse hier”, blaffte Behrends. “Na schön, die Kunden hassen also den Gedanken an Chemie in Süßigkeiten. Und sie wollen Dougherty’s behalten.” “Das war absehbar”, stellte Thomas fest und versuchte, seine Stimme möglichst sachlich klingen zu lassen. “Ich will sie nämlich auch behalten.” “Sie kriegen sie ja auch umsonst”, murrte Behrends. “Ich mag zwar keine Lakritze, aber ich will diese Spacies vom Markt haben! Und das kann ich nicht ohne eine konkurrenzfähige Preispolitik. Sagen Sie mir, wie wir das hinbekommen!” Eivyns Gewand leuchtete vor Thomas’ Gesicht auf. Sie lief tänzelnd auf dem Schreibtisch auf und ab, etwa so, als probiere sie, wie sich neue Schuhe anfühlen. Übung 31: Stimmen die folgenden Aussagen? Kreuzen Sie die zutreffenden Sätze an. 1.
2.
3.
4.
5.
6.
Eivyn must return to Morphadia in four human days. Eivyn ate some honey. Both Thomas and Eivyn love eating Spacies. People can’t get a muse for a lifetime. Gabriel and Thomas both love liquorice. Eivyn is beginning to feel different.
“I’ll do my very best”, gab Thomas abgelenkt zurück. Irgendetwas an der Art, wie Eivyn sich bewegte, stimmte nicht. Er kniff die Augen zusammen. “Bitte?”, machte der Geschäftsführer verblüfft. “Entschuldigung!”, sagte Thomas rasch. “Inzwischen denke ich wohl schon englisch. Ich komme morgen zu Ihnen, 120
wir müssen die Konditionen für die Engländerin noch einmal besprechen. Ich hoffe, wir werden Mrs Dougherty mit einem neuen Angebot überzeugen können.” “Ein neues Angebot? Wir haben ihr bereits ein Vermögen für ihr Rezept geboten!” “Herr Behrends ... es klingt vielleicht aus dem Mund eines Vertriebsmenschen ein bisschen seltsam, aber – Geld ist nicht alles. Mrs Dougherty nach dreißig Jahren guter Geschäftsverbindungen zu drohen, unsere Importe einzustellen, war nicht besonders klug. Ich habe noch in der Nacht in London darüber nachgedacht, wie ...” “Wir treffen uns morgen um 10 Uhr”, sagte Behrends ungehalten. “Und ich hoffe, Sie können mir dann eine Lösung präsentieren.” “In Ordnung. Bis morgen also”, sagte Thomas schnell und legte auf. Dann drehte er seinen Stuhl zur Fensterfront und sah eine Weile auf den Rhein hinaus. “You are sad”, sagte Eivyn zögernd. “What’s up?” Thomas wischte einen nicht vorhandenen Krümel von der Tischplatte und sah Eivyn merkwürdig milde an. “The night before flying home from England, I was trying to think up a fair solution for this nice old lady. I like her – with all her idealism and traditions. But I couldn’t think of one. One of my thoughts was quite shocking. I didn’t want to tell Gabriel that we are going to destroy a company and take away his favourite sweets from the market, just to make more profit by the end of the year. You can’t imagine how lonely a hotel room can be when you are alone with such thoughts ...” Eivyn nickte. “So, that night you called Morphadia and all your problems wove themselves into this gown.” Thomas starrte die Elfe an. Sie sah mitfühlend aus, das 121
war ganz deutlich zu erkennen. Sie saß jetzt auf dem Ablagekorb und streckte sich. Ihre Füße standen auf der Tischplatte. Gerade nahm sie sich eine Rosine aus einer Tüte Studentenfutter, die er ihr gekauft hatte. “You’re growing”, stellte er fest. “Yes”, sagte sie leise, “and not just that.” Sie bemühte sich zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. “My body feels reduced, but the spirit growing inside me seems to be ...” Sie hielt inne. Thomas wurde es heiß. Sie klang plötzlich verzweifelt und ... menschlich? “... endless. There is pure hope inside me. It is glowing brightly deep within the darkness! Just one of your ideas can change the world! Humans are the most powerful magical beings on earth! But they don’t know it!” Eivyns Stimme sirrte, sie wischte sich fahrig über die Augen, bevor sie Thomas wieder ansah. “You simply don’t know!” “You’re becoming human”, stammelte Thomas betroffen. “Is it because of the food?” “Yes. And I feel terribly weak.” Eivyn begann zu schluchzen. “I’ve got unbelievably creative powers now, but even if I try to feel self-confident, I’m not sure that I can inspire you! I have my doubts now. Doubts! I’m a muse – that’s ridiculous! I’m here to make your doubts vanish.” Thomas lächelte. “Don’t worry”, sagte er sanft. “If humans have doubts, they’ll not only remember their successful and inspired moments, but also their less inspired moments, their mistakes. And my experiences tell me that you and I have solved a lot of problems together, and that we can still solve even more, Eivyn. Teamwork, you know?” Er zwinkerte ihr zu. to glow [ləυ] leuchten self-confident [selfkɒnfidənt] selbstbewusst
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“Do you really think so?” “Trust me!”, sagte er. “I’ve never felt more inspired than over the last few days.” Eivyns Gewand begann hell zu strahlen. “Wow”, entfuhr es ihr. “This is how hope feels?” Am Abend sah Eivyn Thomas beim Kochen zu und probierte zwischendurch aus, ob sie noch Magie beherrschte. Sie zauberte Schranktüren auf und wieder zu und ließ Gewürze neben den Herd schweben. Sie war jetzt etwa so hoch wie der Blumentopf, der Thomas’ Kräuter beherbergte. Ihr Gewand schien einfach mitzuwachsen. Allerdings konnte man jetzt sehen, wie schön es gearbeitet war, es hatte jede Menge Ziernähte und Stickereien. Als Thomas sie beim Essen auf das Kleid ansprach, gab sie sich einen Ruck und erzählte ihm die Geschichte des zu kurzen Traumfadens. “Goodness!”, kommentierte Thomas. “I’m really grateful.” “Just grateful?” “And happy, and very impressed”, ergänzte er schnell. “Sorry, I’ve never been good at talking about emotional things.” “You must get better at it!”, forderte Eivyn. “I’m afraid that I’ll lose my ability to read your mind if you don’t talk openly about your feelings.” “But your magic is still there”, wandte Thomas ein. Doch Eivyn schüttelte den Kopf. “I learnt how to cast enchantments as soon as I came into being. It is a technique, not a gift. But I can feel that my skill is fading.” grateful [reitfl] dankbar ability [əbiləti] Fähigkeit to cast enchantments [kɑst intʃɑntmənts] zaubern technique [teknik] Technik to fade [feid] schwinden
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“So I’ll have to talk about my problems”, sagte Thomas leichthin. “I’ll give it a try and I guess you’ll grow overnight. But I would appreciate it if you could join me at the meeting with my boss tomorrow.” “Perhaps I can hide in his filing cabinet?”, schlug Eivyn vor, und Thomas musste lachen. “We don’t know yet how big I’ll be tomorrow. We’ll see!” “Mmh”, machte Thomas, sah Eivyn an und schien seinen Gedanken nachzulauschen. Dann stand er auf, nahm sie auf dem Arm mit in sein Arbeitszimmer und tippte dort eine Weile auf seinem Taschenrechner herum. “Hah! If you keep growing at this, you’ll be the size of a woman by tomorrow night. Perhaps I should postpone the appointment with my boss and meet up with him in the late afternoon. Then we can disguise you as a business partner.” “Great plan”, sagte Eivyn listig. “Tell him that we met at London Heathrow and that I’ve given you some advice for a new product line. That’s the truth!” “All right”, sagte Thomas gut gelaunt. Am nächsten Morgen an Frau Weber vorbeizukommen, war das kleinste aller Probleme, die ansonsten mit Eivyn zu wachsen schienen. Die Elfe, jetzt von der Größe eines sechsjährigen Kindes, verbarg sich im Aufzug, während Thomas seiner Sekretärin einen “Geheimauftrag” anvertraute. Frau Weber und die Bürokraft des Geschäftsführers
to appreciate it [əpriʃieit it] dankbar sein to hide (hid, hidden) [haid / hid / hidn] sich verstecken filing cabinet [failiŋ kbinət] Aktenschrank to postpone sth. [pəυspəυn] etw. verschieben to disguise sb. [disaiz] jdn. verkleiden product line [prɒdkt lain] Produktlinie
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waren eng befreundet, und Thomas bat sie charmant, dort mal zu horchen, wie die Stimmung sei und ob sich das Meeting mit Behrends verschieben ließe. Frau Weber nickte erfreut und machte sich nur zu gern zu der vorgezogenen Kaffeepause bei ihrer besten Freundin auf. Kaum war sie um die Ecke, holte Thomas Eivyn aus dem Aufzug. Nach einer knappen halben Stunde kam Frau Weber zurück und verkündete strahlend, dass Behrends der späte Nachmittag auch recht sei. Das Telefon klingelte, und sie trällerte in den Hörer: “Vertriebsleitung – guten Morgen!” Thomas war nie klar gewesen, dass sich seine Stimmung auf seine Mitarbeiter übertrug, und er beschoss, sich das zu merken – ganz gleich, was noch passierte. Übung 32: Setzen Sie die folgenden Sätze ins Simple Past oder Present Perfect. 1.
Eivyn (to never feel) ________________ more inspired than over the last few days.
2.
Eivyn (to speak) ________________ to the green alb a few days ago.
3.
Thomas (to never be) ________________ good at talking about emotional things.
4.
Eivyn (to learn) ________________ how to cast enchantments as soon as she (to come) ________________ into being. 125
5.
Eiyvn (to grow) ________________ over the last few days.
6.
Thomas (to meet) ________________ Mrs Dougherty a few weeks ago.
Eivyn saß bis zum Mittag zusammengekauert unter dem Schreibtisch. Am frühen Nachmittag passte sie kaum noch darunter. Sie fand, sie habe einen Kaffee verdient, und bestand darauf, dass sie sich eine Packung Kekse teilten. “Now, I’m angry that I’m not little anymore”, meinte Eivyn schließlich und goss sich etwas Sahne in ihren Kaffee. “Why?”, fragte Thomas. “Does it hurt?” Eivyn wies mit einem verschmitzten Lächeln auf die Tasse. “No! I love this coffee so much. Sometimes I even want to bathe in it.” Sie kicherte und Thomas fragte sich, wie er es je ohne Eivyn ausgehalten hatte und – er vermied es, ihr in die Augen zu sehen – wie er es je ohne sie aushalten sollte. “We must find something for me to wear that will cover the gown”, sagte Eivyn da. “I think your boss will think it strange to see a businesswoman in this outfit.” Nachdenklich erteilte Thomas Frau Weber einen weiteren Auftrag, der sie zwang, ihren Schreibtisch zu verlassen, und verschwand dann schnell mit Eivyn im Aufzug. Die Türen surrten und gaben den Weg in die Garage frei. Thomas ging mit langen Schritten neben Eivyn her. Sie reichte ihm jetzt bis zum Nasenbein, und als er sie ansah, bemerkte er, dass ihre Augen einen anderen, wärmeren Ausdruck bekommen hatten – er sah unzweifelhaft in das Gesicht einer erwachsenen Frau.
to cover sth. [kvə] etw. verdecken
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“What’s up?”, fragte Eivyn. “You’re looking very thoughtful.” “Really?”, sagte Thomas und schloss den Wagen auf. “Thomas – I can’t read your mind anymore! Tell me!” “Fasten your seatbelt”, erwiderte er. “Thomas ...” “Work first, okay?” “Sure”, seufzte Eivyn. Eine dunkelgraue, taillierte Jacke und ein passender Rock. Seriös und repräsentativ, fand Thomas. Langweilig, dachte Eivyn. Zumindest war die Jacke am runden Halsausschnitt höher geschlossen als die Robe und der Rock lang genug, um die zitronengelben Zipfel zu verbergen. Eivyn sah darin wie eine normale berufstätige Frau aus. Wie eine sehr hübsche berufstätige Frau allerdings. Und dann diese Locken! Thomas überlegte, ob nicht ein Friseurbesuch angemessen wäre, um ihre Haarpracht zu bändigen. Nicht abzuschneiden, Gott bewahre, nur zu bändigen. Sie betraten einen renommierten Salon am Rudolfplatz, den Thomas noch aus seiner Zeit mit Sylvia kannte. Die Frage des Friseurs, wie sie zu solchen Locken gekommen sei, beantwortete Eivyn wahrheitsgemäß mit “By magic!” und nötigte dem Haarkünstler damit ein dramatisches Seufzen ab. “Warum sind Frauen nur solche Geheimniskrämerinnen?”, beschwerte er sich, murmelte etwas wie: “Solche Sprungkraft, meine Güte!”, und griff mit einem entschlossenen Nicken zur Haarsprayflasche. Es gäbe keine Locke, die er nicht in die gewünschte Richtung bekommen würde, drohte er Eivyn und machte sich daran, ihr eine fantastische Hochsteckfrisur zu zaubern. 127
Als sie wieder im Auto saßen, betrachtete sie sich im Spiegel der Sonnenblende. “Funny. My face hasn’t changed.” “Why should it?” “In fact”, sagte Eivyn verlegen “I have never looked very ... elf-like. My ears are too round, my nose and eyes too. Seems as if I have always had a human face. I never realized that before.” Sie zupfte sich zwei ihrer krausen Strähnen aus dem strengen Knoten. “I think I look okay for a woman, don’t I?” “More than okay ...”, murmelte Thomas. “Goodness – I’m so nervous about meeting your boss. He seems to be quite a tough guy.” “He has been in business for a long time and doing business makes you tough”, erwiderte Thomas. “I have worked for him for ten years now. I know him very well. He isn’t sure what to do next. That is the only reason he is asking me for advice.” “I see”, gab Eivyn nachdenklich zurück. “So, doubts keep humans from making mistakes?” “Yes.” “That’s good to know.” Als der Aufzug den zehnten Stock erreichte, trat Eivyn zunächst nervös von einem Fuß auf den anderen. Die Assistentin des Geschäftsführers bot ihr einen Kaffee an, der sie so begeisterte, dass sie ihn über den grünen Klee lobte. Die Assistentin bedankte sich geschmeichelt und versäumte es nicht, per Gegensprechanlage Thomas’ Begleitung anzukündigen. “Herr Renneberg hat eine befreundete Kollegin aus England mitgebracht, die ihn beraten hat, eine Ms Muse”, sagte sie fröhlich. 128
“Sollen reinkommen.” Als die Assistentin die Tür zum Chefzimmer öffnete, wurde es Thomas doch mulmig. Rüdiger Behrends aber erhob sich, als Eivyn eintrat, strich sich über das Haar und knöpfte sein Jackett zu. “Nice to meet you, Ms Muse. Please, sit down”, sagte er verbindlich. Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Und es blieb dort. “The pleasure is all mine”, gab Eivyn höflich zurück, während Thomas und sie sich setzten. “Now then”, sagte Behrends erstaunlich gelassen, “I hear that you were the one who advised Mr Renneberg on the new product line?” “Mrs Kuhnert advised me too”, rückte Thomas gerade. “She was great.” “I know”, erwiderte Behrends versöhnlich. “But I’m still not convinced. So it’s Ms Muse’s turn now. Can you convince me?” Übung 33: Setzen Sie die folgenden Begriffe ein. (message, executive, face, nature, advice, business)
Er wandte sich wieder an Eivyn. “I’m not one of those health and 1. ________________ fanatics and I never will be. I’m just a 2. ________________ man and I want to earn money.” “You haven’t made enough yet?”, fragte Eivyn erstaunt. Behrends lachte. “All right – I get the 3. ________________. I know 129
you’re clever! Even Thomas here – my hardheaded sales 4. _________________ – listens to your 5.
________________. Anyway. You are more than just
a pretty 6. ________________. Lay it on me. How can we convince sceptical customers to buy our product?” Eivyn hörte den Respekt in seiner Stimme und musste lächeln. “I think I can convince you by giving you an example: My relatives always told me that I wasn’t beautiful and they were very cynical about my new profession. Now you come along and call me clever and pretty. Who should I believe?” “The more positive message because I am telling you the truth!”, sagte Behrends nachdrücklich. “Exactly”, erwiderte Eivyn. “Your company has to give its customers a positive and truthful message too. If the ingredients stay natural, you are selling products that they can trust and believe in.” “The customers have to trust us. They eat our products. They put the sweets into their mouths, don’t they?”, nahm Thomas den Faden auf. “We need an honest and respectful campaign. Let’s start with Dougherty’s – they are very popular. That will make it easy for our customers to transfer our message to our other products. The argument is simple: Buy hard-headed [hɑdhedid] nüchtern Lay it on me. [lei it ɒn mi] Raus mit der Sprache. sceptical [skeptikl] skeptisch cynical [sinikl] zynisch respectful [rispektfl] respektvoll campaign [kmpein] Werbekampagne to transfer sth. [trnsfə] etw. übermitteln
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our product and we promise you’ll get the very best natural quality around. And that will be our brand identity from now on.” “I see”, sagte Behrends. “But what about the costs?” Eine Weile erläuterte Thomas ein paar einzelne Posten in seinen Unterlagen. “A counter-trend?”, meinte Behrends. “Precisely”, sagte Thomas. Aber es war offensichtlich, dass das Ganze Behrends so noch nicht behagte, und Thomas holte zur letzten Finte aus. “Do you remember that commercial for baby food in the mid-nineties? The owner of the company himself appeared in the commercials. You saw him walking through his own fields full of spinach or peas or something like that. There are fields like that near Elvira Dougherty’s little cottage. All the mint that goes into Dougherty’s Drops comes from there.” “What a fantastic idea!”, fand Eivyn. “Imagine! A handsome, trustworthy man like you standing in front of the camera, advertising his own products – that would be great!” Eivyn strahlte den Geschäftsführer an. Thomas wandte ihr überrascht den Kopf zu. War das nicht ein bisschen zu dick aufgetragen? “Hm – why not.” Behrends versuchte, sich gelassen zu geben, dennoch huschte ein kleines, eitles Grinsen über seine Miene. brand identity [brnd aidentəti] Markenidentität counter-trend [kaυntətrend] Gegentrend commercial [kəmʃl] Werbespot spinach [spinitʃ] Spinat pea [pi] Erbse trustworthy [trstwði] vertrauenswürdig
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“And I have another suggestion ...”, warf Eivyn vorsichtig ein. “Sure”, meinte Behrends. “Perhaps Mr Renneberg’s son could help you, so that children and younger people will understand the message too. He is a brilliant young actor.” “He is?”, fragte Behrends Thomas erstaunt. “Yes. He is playing in Shakespeare’s A Midsummer Night’s Dream this season with his drama club.” “And he really loves Dougherty’s”, ergänzte Eivyn. “And people can always see when somebody is telling the truth.” “It might cost less money too”, sagte Behrends grinsend. “You shouldn’t count on that”, gab Thomas zurück. “He is an artist, I admit. But he’s still his father’s son.” “And how about you, Ms Muse? What an appropriate name by the way! Are you going to stay in Germany? You have such bright ideas. Can we hire you for our next project?” “What an amazing offer”, gab Eivyn verblüfft zurück. “But I’m afraid other people in other places will need my advice.” “Well then, Ms Muse ... I hope that Thomas will find more convincing arguments to make you stay”, sagte Behrends charmant, erhob sich und gab Eivyn zum Abschied die Hand. Thomas und Eivyn sahen sich verblüfft an. Für den Bruchteil einer Sekunde schienen wichtige Fragen unausgesprochen zwischen ihnen zu stehen. Habe ich überzeugende Argumente?, sagten Thomas’ Augen. drama club [drɑmə klb] Theatergruppe to count on sth. [kaυnt ɒn] sich auf etw. verlassen
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Willst du denn, dass ich bleibe?, gaben Eivyns zurück. Sie sahen schnell woanders hin und verließen eilig das Büro. “Should we go out for dinner to celebrate our victory?”, fragte Thomas schließlich verlegen. “That’s a good idea”, gab Eivyn schüchtern zurück. Es war noch früh am Abend und das Restaurant recht leer. “I can’t believe how easy it was to convince your boss!”, sagte Eivyn kopfschüttelnd. Sie hatte einen orangefarbenen Häkelpullover und einen weiten Rock aus gemusterter Seide von Ilona im Kleiderschrank gefunden und zupfte sich den Saum über die gelben Zipfel ihres Gewandes. “It was the way you talked to him – you were marvellous”, versicherte Thomas. Übung 34: Was hat Eivyn vorgeschlagen? Unterstreichen Sie den passenden Begriff. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
The new commercial will look a bit like the commercial for (dog/baby) food from the nineties. The (company owner/chief executive) himself appeared in the commercial. You saw him (walking/running) through a field of spinach or peas. There are fields like that near Elvira Dougherty’s little (cottage/flat). The (trustworthy/suspicious) Mr Behrends should (advertise/create) his own products. Gabriel could (play a role in/direct) the commercial.
to celebrate [seləbreit] feiern victory [viktəri] Sieg marvellous [mɑvləs] wundervoll
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“Don’t play the innocent one”, gab Eivyn tadelnd zurück. “I bet you knew that an attractive woman would do the trick.” “True!”, gab Thomas zurück. “But it is not only the looks. He is more respectful when he does business with women. Perhaps he had a wonderful mother and learnt how to listen to a woman’s advice? And you are enchanting anyway.” “Am I enchanting?”, fragte Eivyn sanft. “I feel more like I’m enchanted”, fügte sie leise hinzu. “By what?”, fragte Thomas und sah verlegen in seine Espressotasse. “This restaurant, for example”, sagte sie hastig. “I have never eaten this much before. And I’m addicted to coffee now.” Sie lachten. Sie schwiegen. Irgendwann schaute Eivyn Thomas fragend an. “Do dreams feel like this?” “Nice dreams do”, sagte Thomas. “Elves don’t dream – it’s a human privilege.” Wieder sahen sie sich wortlos an. “Everything is working out fine. But the portal still hasn’t appeared.” “Perhaps it will really take a lifetime to solve my problems”, versuchte Thomas zu scherzen, aber es lag mehr Ernst in seinen Worten, als er beabsichtigte. Er fasste über den Tisch hinweg nach Eivyns Hand. “It’ll all work out in the end.” “Like in a fairytale? And they lived happily ever after?”, innocent [inəsnt] unschuldig to do (did, done) the trick [du / did / dn ðə trik] den Zweck erfüllen enchanting [intʃɑntiŋ] bezaubernd enchanted [intʃɑntid] bezaubert
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fragte Eivyn traurig. “I’m afraid I’ve become too human now to believe that.” “Just trust me.” “I do”, sagte Eivyn leise. “I really do.” Zu Hause angekommen, stürzte Thomas sofort zum Telefon. “Just in time. I must call Mrs Dougherty.” “Tonight?”, fragte Eivyn überrascht. “Yes.” Thomas schmunzelte. “She told me that when she comes home from office she enjoys the peace and quiet and drinks a cup of tea and does a bit of gardening. She has dinner at seven o’clock, and at eight o’ clock on the dot I may call her at home if I have something urgent to tell her. That’s 21.00 MET.” Er deutete auf seine Uhr. “Now.” “Uhm ... I’m not sure, but I think ...”, setzte Eivyn an. “Come on”, sagte Thomas. “Tell me!” “Just promise to look after her ‘baby’. You’ve always treated her with respect, so – if you promise to keep an eye on the quality of Dougherty’s, she might believe you. In fact I ...”, Eivyn zögerte, “... I hope she will.” Thomas nickte nachdenklich. Er tippte Mrs Doughertys Nummer ein. Es klingelte. Dann wurde abgehoben. Thomas drückte die Lautsprechertaste und erntete Eivyns strahlendstes Lächeln dafür. “Mr Renneberg – nice to hear from you.” Mrs Dougherty klang höflich, aber reserviert. “How are you?”, fragte Thomas höflich zurück. “Oh, I can’t complain. And how are you?” Thomas lachte. “I’m fine too and with good reason. Things are looking up. We have a new offer and before you say anything, I would like to apologize. You were right: 135
Dougherty’s must stay as they are. I’ve always loved them the way they are myself and so I stood up to my boss. Now we have looked into the matter and have come up with a far better solution.” Er holte tief Luft. “I give you my word that they won’t change the recipe and that I’ll always look out for the quality personally. I promise.” “The word of an honourable gentleman is more reliable than a treaty with a king”, sagte die alte Dame ruhig und es klang, als würde sie lächeln. Thomas atmete auf und begann, seine Vorschläge zu erläutern. Mrs Dougherty schien angetan, nur bei der Frage der erhöhten Produktion seufzte sie. “We’re a small company. I don’t think we can manage that”, sagte sie. “But if you keep an eye on things, I could perhaps let you produce Dougherty’s under licence.” “Thanks a lot!” Thomas legte die Hand auf die Sprechmuschel und küsste Eivyn mitten auf den Mund. Vor Freude. Sie legte ihm beide Arme um den Hals und erwiderte den Kuss. “So when will you come over to sign the contract?”, tönte es aus dem Lautsprecher. Thomas brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass Mrs Dougherty auf Antwort wartete. Eivyn schien nicht daran zu denken, ihn wieder loszulassen. “Sorry, I was distracted for a second”, sagte er außer to stand (stood, stood) up to sb. [stnd / stυd / stυd p tə] sich gegen jdn. behaupten solution [səluʃn] Lösung recipe [resəpi] Rezept honourable [ɒnərəbl] ehrenwert reliable [rilaiəbl] glaubwürdig distracted [distrktid] abgelenkt
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Atem. “I ... I’ll take the first flight tomorrow morning. I have a friend here. She is a bit unconventional. She helped me work out this solution. I would like to bring her with me. Is that all right with you?” “Of course! I love guests. I’ll look forward to it. And I’m sure she will be quite delightful.” “Yes. She is”, sagte Thomas schlicht. “Goodbye, Mrs Dougherty, and thank you very much. I’ll call again tomorrow morning to update you on our itinerary. And thank you again!” “You’re welcome, Mr Renneberg. I’m looking forward to seeing you. Good night.” Übung 35: Setzen Sie die passende Präposition nach dem Verb “to look” ein. (out for, forward to, into, after, at, up) 1.
Thomas promised to look _________________ Mrs Dougherty’s “baby”.
2.
Thomas is going to look _________________ the quality of the project.
3.
Things have improved – in other words, things are looking _________________.
4.
Mr Behrends looked _________________ “Ms Muse” carefully.
delightful [dilaitfl] reizend to update sb. [pdeit] jdn. auf den neuesten Stand bringen itinerary [aitinərəri] Reisedaten
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5.
Mrs Dougherty is looking _________________ meeting Thomas’s friend.
6.
Thomas and his colleagues looked _________________ the matter.
Thomas legte auf. Eivyn hatte immer noch die Arme um seinen Hals geschlungen. “I don’t know what to say now”, flüsterte sie. “Neither do I. Nobody does in situations like these”, entgegnete er und küsste sie noch einmal.
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Twelve “I’m such an idiot. You need documents – a passport or an identity card – to fly on a plane!”, sagte Thomas am nächsten Morgen. Er hatte die halbe Nacht nicht geschlafen, die andere wild geträumt, und als er aufgewacht war, hatte er sich ernsthaft gefragt, worauf er sich da eingelassen hatte. Während er jetzt gestresst auf und ab ging, blieb Eivyn fast unerträglich ruhig. Sie trug das graue Kostüm, aber die schwarzen Locken durften wieder über ihre Schultern fallen. Gelassen saß sie im Sessel und entfernte mit einer Handbewegung die Schramme, die Ilonas Schlüssel auf dem Tisch hinterlassen hatte. Dann überredete sie Flix geduldig, in seine Transportbox zu steigen, damit sie ihn zu Thomas’ Nachbarin bringen konnten. Als es sich der Kater bequem gemacht hatte, trug sie die Box in den Flur und kehrte grinsend zurück. In der Hand hatte sie Ilonas Brieftasche. “Ilona’s papers? You don’t look anything like her!”, sagte Thomas ärgerlich. “Calm down!” Sie legte ihre Hand auf die Börse, schloss kurz die Augen, nahm die Papiere heraus und gab sie Thomas. Vom Passfoto eines britischen Ausweises blickten ihn grüne Augen an: Eivyn Muse, geboren in Birmingham, Jahrgang 76 – “1776”, kicherte sie – und 1 Meter 72 groß. “I can’t believe you doubted me”, sagte sie vorwurfsvoll. “You should know me better!” “That will take me a lifetime”, seufzte Thomas. Eivyn tippte ihn auf die Brust. “You still don’t want me to be around for a lifetime, do you?” Sie griff nach Ilonas helldocuments [dɒkjəmənts] Ausweispapiere
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braunem Wildledermantel, den sie an der Garderobe unter einer abgelegten Jacke von Gabriel gefunden hatte. “Hah! You can’t read my mind anymore”, erwiderte Thomas hämisch. Er warf sich sein Sakko über und hielt ihr die Tür auf. Als sie vorüberging, nahm er sie schnell bei der Hand. “The truth is – I will marry you if that will make you stay.” Elfen haben sich immer schon über die Annahme der Menschen lustig gemacht, sie könnten fliegen. Aber Eivyn ließ sich gerade eines Besseren belehren. Sie flog. Unzweifelhaft. Zitternd saß sie in der kleinen Linienmaschine. Thomas’ Hand schien das Einzige zu sein, was sie festhielt. Jedes Mal, wenn er sie losließ, um auf die Uhr zu sehen oder in seinen Unterlagen zu blättern, versuchte sie sie sofort wieder zu ergreifen. Endlich wieder auf festem Boden, wies Thomas auf ein Schild, das verkündete “Dr Dental’s toothbrushes, 35 Pence”, und kaufte sich eine neue Zahnbürste. Eivyn war außergewöhnlich still, und erst als das Taxi nach langer Fahrt quer durch London vor Mrs Doughertys Haus ankam, lächelte sie wieder. Das Haus lag weit vor den Toren der Stadt, zwischen zwei Hügel geschmiegt, und war ganz aus dem hier typischen roten Backstein gebaut. Am schmiedeeisernen, hüfthohen Zaun rankten Jasmin und Wicke. Große Felder grenzten an den Garten und in der Ferne stand ein altes, hohes Gebäude mit einem ziegelroten Schornstein. Die Fabrik, zu der sie seit fünfzig Jahren beinahe jeden Morgen radele, erklärte Mrs Dougherty, als sie wenig später bei einer Tasse Tee an ihrem Couchtisch saßen. Die alte Dame erinnerte Eivyn mit ihren grauen Locken und ihrer ruhigen Art an Lady Allyfahr. Und daran, dass jeden Moment das Portal zur 140
Elfenwelt auftauchen könnte, durch das sie würde hindurchgehen müssen. Die Wahrheit ist: Ich würde dich wirklich heiraten, um dich zum Bleiben zu bewegen. Eivyn starrte auf den Minutenzeiger der großen Uhr gegenüber dem Tisch, der unerbittlich vorwärts rückte. “It’s so nice to meet under better circumstances”, sagte Mrs Dougherty gerade zu Thomas. Sie nickte Eivyn aufmunternd zu und goss Tee ein. Es war unzweifelhaft der Geruch von Fülle, der aus der Tasse aufstieg. “It is a special mixture made from my own herbs. Like the sweets. I have always been proud that we never use artificial additives. And it is wonderful”, wandte sie sich an Thomas, “that your company doesn’t disrespect that now.” Übung 36: Welches Präfix gehört zu welchem Wortstamm? Tragen Sie den richtigen Buchstaben ein. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
dis under con mix cir com
a. b. c. d. e. f.
-stand -respect -ture -cumstance -plain -vince
Und schwungvoll, ohne zu zögern oder die Seiten auch nur zuvor zu überfliegen, setzte die alte Dame ihren Namen unter den Vertrag, den Thomas auf den Tisch zwischen die Teetassen gelegt hatte. T. Renneberg p.p. und Elvira Dougherty. circumstance [skəmstəns] Umstand additive [dətiv] Zusatzstoff to disrespect sth. [disrispekt] etw. geringschätzen
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So hatte sie es im Tor beim Übergang in die Welt der Menschen gesehen, wusste Eivyn plötzlich. Oder? War da nicht auch etwas Quadratisches gewesen, das auf den Papieren gelegen hatte? Ihr Blick wanderte abermals zur Uhr. Doch plötzlich war sie ganz ruhig. Alles wird gut, vertrau mir! “I love having visitors. Since William died, I’ve been a bit lonely out here.” “Was William your husband?”, fragte Eivyn mitfühlend. “Oh no”, seufzte die alte Dame. “He was my cat.” Sie wies auf ein Aquarell neben der Uhr. Es zeigte einen schwarzen Perserkater, der hoheitsvoll auf dem Chippendale-Sofa thronte. “He looks like Philoktetes!”, entfuhr es Eivyn. “Philoktetes?”, fragte Mrs Dougherty. “Yes”, sagte Thomas und zog seine Brieftasche aus dem Jackett. “Here he is.” Er legte ein Polaroid auf den Tisch, das Gabriel und den Kater zeigte, und Mrs Dougherty drehte es zu sich um. Eivyn erschrak – das Foto war quadratisch. Jetzt stimmte das Bild! Nur ihre Teetasse war eine zu viel. “Amazing! He really does look the same”, hörte sie Mrs Doughtery antworten. Wieder zog und zerrte etwas an ihr, aber es hatte nichts mit dem Traumfaden zu tun! Nein! Als ob ich etwas Unersetzliches verliere ... Thomas lächelte sie an. “Mmh ...”, sagte er nachdenklich. “I travel a lot and Philoktetes is alone too often. The city is too dangerous to let him roam freely, and I promised to find a better place for him. This landscape must be like heaven for a cat. So if you like ...” Mrs Dougherty strahlte. “I would love to have him here! Well, I have to show you the garden now. It was William’s second home!” Sie öff142
nete die Tür zum Garten, winkte Eivyn und Thomas heran und bat sie, schon hinauszugehen, sie wolle noch ihren Sonnenhut holen. Es war Nachmittag und der prachtvolle Garten lag bereits im Schatten der Thujen, die ihn mannshoch umgaben. Dennoch begann Eivyn zu zwinkern. Zwischen den Weißdornbüschen an der hintersten Seite des Gartens fiel ein Kristallwasserfall lautlos ins Gras. Thomas starrte den glitzernden Vorhang ungläubig an. “Goodness!”, flüsterte Eivyn erschüttert. “I did it!” “Let’s go”, sagte Thomas leise, nahm sie an der Hand und zog sie sich. “Come on, Eivyn!” “But what will you tell her?”, fragte Eivyn atemlos. “I’ll take care of that, don’t worry. But the door may disappear any second!” Eivyn streckte eine Hand in das klare Kristallwasser und drehte sich noch einmal zu Thomas um. “But I don’t want to go! I can’t. I ...” Doch das Wasser zog Eivyn zu sich. Der Rest ihrer Worte war nicht mehr zu verstehen, und schon war sie verschwunden. “Ich weiß”, sagte Thomas leise. “Ich habe keine Ahnung, was ich ohne dich tun soll.” Mrs Dougherty schien sich nicht zu wundern, dass Eivyn nicht mehr da war, sie fragte nicht einmal nach ihr. Bei ihrer Rückkehr ins Haus standen nur zwei Teetassen auf dem Wohnzimmertisch. Auch Rüdiger Behrends, den Thomas später anrief, erwähnte Ms Muse nicht. Doch Thomas hätte das rote Kissen, das ihm abends von der Couch entgegenleuchtete, nicht gebraucht, nicht das bauchige, bunte Geschirr am nächsten Morgen im Büro. Er wusste, dass Eivyn wirklich bei ihm gewesen war. 143
Wie versteinert stand Eivyn hinter dem Wasserfall und blickte verblüfft auf den großen Platz des Rats. Sie drehte sich langsam um und berührte vorsichtig den Kristall. Kein Wasser mehr. Eine undurchdringliche Wand. “No”, sagte sie leise. “No – this can’t be true ...” Das graue Kostüm war fortgespült worden, als sie ihre echte Größe zurückerlangt hatte, und das zitronengelbe Gewand färbte sich jetzt unkengrün. Staunend und tuschelnd blieben einige Elfen am Rand des Ratsplatzes stehen, manche riefen etwas herüber, erleichterte Ausrufe, Grüße, andere tuschelten bedeutsam. Eivyn sagte nichts und antwortete nur mit einem Nicken. Es gab nur eine Elfe in ganz Morphadia, nach der es sie verlangte. In ihrem trüben Gewand ging sie am Ratsgebäude vorbei und schenkte dem großen Feld mit Hoffnungspflänzchen nur einen müden Blick. Nein, das war nicht der triumphale Empfang, den sie sich gewünscht hatte. Schließlich erreichte sie Lady Allyfahrs Haus und drückte zögerlich die Klinke. If we shadows have offended ... Lady Allyfahr war gerade dabei, eine neue Tischdecke aufzulegen, und wandte sich fast unwirsch um. “Eivyn!”, rief sie. “Heaven help me!” Die Jüngere kam auf sie zu, senkte den Kopf und hob dann vorsichtig die Augen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, hatte die Musestra sie schon in den Arm genommen. “I was so homesick”, flüsterte Eivyn, als sie mit ihrem Bericht zum Ende kam. “And frightened. And now I don’t want to be here.” Sie nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Becher und betrachtete verzweifelt ihr grünes Gewand. to be homesick [bi həυmsik] Heimweh haben
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Es hatte sich von ihr gelöst, sie würde es nun ausziehen und ihre Kleidung wechseln können. “It is more painful than hunger. I can’t think about anything else.” Lady Allyfahr seufzte. “I’m so sorry, Eivyn.” Eine Weile schwiegen beide. “You have to report to the council!”, sagte Lady Allyfahr schließlich nachdenklich. “But for now, you’d better go home and rest for a little while. I’ll inform the head councillor.” Eivyn nickte. Auf dem Heimweg ging sie am Kristallwasserfall vorbei, und ohne dass es einer Anstrengung bedurft hätte, zeigte sich ihr Thomas’ Wohnung. Sie sah den dunklen Flur, der von einem Mondstrahl, der durch die Wohnzimmertür fiel, beleuchtet wurde. Wie viel Zeit wohl dort inzwischen vergangen war? Als Eivyn vor den Rat gerufen wurde, waren es genau drei Monate in der Welt der Menschen, seit sie Thomas verlassen hatte. Sie fühlte sich elend. Als die erste Aufregung darüber, dass Eivyn zurückgekehrt war, sich gelegt hat, schien es allen anderen Elfen so, als sei sie nie fortgewesen. Wäre da nicht Eivyns Kleidung gewesen. Was sie auch anzog – es bekam augenblicklich eine taube Farbe. Man hatte sie ihre Arbeit wieder aufnehmen lassen, sie hatte Lyriel besucht und war in ein neues, kleines Haus gezogen, das Leigulias ihr zähneknirschend hatte zuweisen lassen. Es stand neben dem Lady Allyfahrs und sah aus wie kein zweites – am ehesten glich es einer zarten Kletterpflanze, und um von einem blütenförmigen Raum in den nächsten zu kommen, musste man über lange, grüne, verschlungene Ranken gehen. Die Blätter drehten sich 145
in Richtung des Kristallwasserfalls, sobald es Nacht wurde bei den Menschen, und hoben sie hoch, bis sie in die Sterne schauen konnte. Alles in dem Haus veränderte sich fortwährend. Die Farben der Blüten wechselten, die Form der Blätter; immer sah es anders aus, wenn Eivyn aus der Traumspinnerei zurückkehrte. Es war zweifellos das schönste Musenhaus in Morphadia. In der Bibliothek hatte Eivyn in einem Amary gehört, dass die letzten dankbaren Gefühle eines Menschen für seine Muse das Haus erzeugten, das sie nach ihrer Rückkehr bewohnte. Und so wusste sie, dass Thomas nicht aufgehört hatte, an sie zu denken. Sie hatte bereits etliche Anhörungen über sich ergehen lassen müssen, und nun, nachdem die letzte geheime Abstimmung über ihr Los stattgefunden hatte, sollte sie das Urteil erfahren. Eivyn war in totes Blau gehüllt. Von allen Bänken starrten sie die Ratsmitglieder an, manche feindselig, viele gelassen oder gleichgültig und nur einige wenige mitfühlend. “No doubt, the gown chose you ...”, sagte Leigulias gerade zornig. “And you succeeded in your mission. But you didn’t check the gown to make sure of its quality. You ate human food, you cast more magic spells than any other muse before, and you showed yourself to your client ...” “Other muses have shown themselves too”, verteidigte sich Eivyn. “Linic became the hero of a very famous computer game!” Linic, ein kleiner rothaarige Elf mit pfiffigem Gesichtsausdruck, kicherte hinter vorgehaltener Hand, und Leigulias winkte sofort mit einer seiner ungeduldigen Bewegungen ab. 146
“We have some information about the results of your little – how can I say – ‘adventure’. At first, the company’s new strategy led to some impressive growth. It created some publicity for people who have talked for years about banning unnecessary artificial ingredients in food and replacing them with natural ingredients. Several companies are now ready to fund research into this area. A special commission in the European parliament will meet and there are plans to ban artificial colourings, flavours and preservatives. Last but not least, after he appeared in the commercials, a television producer offered your client’s son a leading role in a soap. But he decided to go to drama school first.” “Wonderful!”, freute sich Eivyn. Ihr Gewand wurde eine Spur heller. “So, in the end, Eivyn, something pioneering for mankind came about because of you.” Leigulias machte eine bedeutsame Pause. Die Mienen der Ratsmitglieder hatten sich deutlich entspannt. “That doesn’t surprise me!”, rief Lady Allyfahr in das Rund. “It doesn’t surprise me either”, sagte Eivyn ernst. “I think everyone needs a muse sometimes. A muse can change somebody’s life and maybe change the world. We need more muses to inspire everybody. Perhaps the green albs
adventure [ədventʃə] Abenteuer impressive [impresiv] eindrucksvoll growth [rəυθ] Wachstum to create sth. [krieit] etw. erzeugen to ban sth. [bn] etw. verbieten to replace sth. [ripleis] etw. ersetzen to fund sth. [fnd] etw. finanzieren research [ristʃ] Forschung commission [kəmiʃn] Ausschuss colouring [kləriŋ] Farbstoff flavour [fleivə] Aromastoff preservative [prizvətiv] Konservierungsstoff leading role [lidiŋ rəυl] Hauptrolle
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can tell us what we can eat there, so that we will be able to stay as long as necessary and ...” Lady Allyfahr nickte ihr strahlend zu. “Eivyn! Stop it”, mahnte Leigulias. “We can’t make you a muse. You nearly became human. If you go back to their world, you would look like you did when you left it. So you can’t become a muse. You have to stay here.” Eivyn senkte den Kopf. “No!”, brachte sie hervor. “I can’t.” “There is one possibility”, begann Leigulias zögernd und blickte rasch zu Lady Allyfahr. “You can leave us and stay on earth ... for a lifetime. But you can never return here.” Im Ratssaal herrschte atemlose Stille. Eivyn sprang auf, lief auf Leigulias zu und küsste ihn auf die Stirn. “Thanks!” Der leuchtende Schein ihres Gewands erhellte Leigulias’ Gesicht, und jetzt lächelte er tatsächlich. “I will come for a little visit, Eivyn”, flüsterte er ihr schnell zu. “If I need a muse! Well done!” Aber diese Worte gingen im allgemeinen Jubel unter. Die letzten Monate hatten Thomas ziemlich auf Trab gehalten. Vom Anlaufen der neuen Produktreihe über die englischen Quarantänebedingungen, mit denen er sich herumschlug, bis hin zu den Besuchen seines Sohnes, der jetzt meistens seine Freundin Jana dabei hatte. Irgendwann hatte er auch Ilona zurückgerufen, sie hatte ihren Personalausweis abgeholt und es war ihnen tatsächlich gelungen, einigermaßen freundlich miteinander umzugehen. Es war Samstagmorgen und Gabriel lief neben Thomas durch den Abflugterminal – der große Tag war gekommen: Flix sollte aus der Quarantäne geholt und zu Mrs Dougherty gebracht werden. Thomas war erleichtert, als er Flix munter in seinem Korb vorfand; er hatte ihn 148
stets mit hängenden Ohren in einem engen Gitterkäfig sitzen sehen. “Und du bist wirklich pünktlich zurück?”, fragte Gabriel, während sie am Ticketschalter anstanden. “Ganz sicher. Meine Maschine fliegt um halb vier von London Heathrow. Sie ist eigentlich immer pünktlich um kurz vor fünf hier. Es ist ja nur ein Katzensprung nach Godesberg und es beginnt ja erst um acht. Das klappt, versprochen!” Er sah zur Abflugtafel. BA 137 – London Heathrow: 7.40. Er seufzte tief. “Denkst du an Eivyn?” “Ja”, sagte Thomas, trotte noch ein paar Schritte auf die Lounge zu, dann fuhr er herum. “Du wusstest von ihr?” “Ja.” Gabriel wurde ein bisschen rot. “Sie hat mich gebeten, dir nichts zu sagen. Sie wollte, dass du von selbst an sie glaubst.” Thomas sah seinen Sohn fassungslos an. “Du hast sie gesehen? Mit ihr gesprochen?” “Ja”, antwortete Gabriel. “Und sie hat mir ein paar echt wichtige Dinge gesagt.” Thomas schüttelte den Kopf. “Einige Leute haben sie gesehen”, sagte er. “Aber niemand erinnert sich an sie. Außer dir.” Übung 37: Setzen Sie die richtige Konjunktion ein. (but, so, When, and, After, Although) 1.
________________ Gabriel had seen Eivyn, he didn’t tell his father about it.
2.
The portal opened, ________________ Eivyn had to return to Morphadia. 149
3.
________________ Eivyn had disappeared, Thomas started to miss her terribly.
4.
Eivyn is now back in the Other World, ________________ she wants to see Thomas again.
5.
Everybody, both men ________________ women, need inspiration sometimes.
6.
________________ the plane arrives, Thomas will fly to London.
“Vielleicht, weil sie mich auch inspiriert hat? Ich wollte dich schon lange fragen, was aus ihr geworden ist, aber ich wusste nicht, ob du ...”, Gabriel blickte Thomas in die Augen, “... ob du nun tatsächlich an sie glaubst.” Sie mussten eine Weile warten, bis der Flug nach London aufgerufen wurde; genug Zeit, um ausführlich von den letzten Tagen mit Eivyn zu erzählen. “Das ist wirklich eine Ehre!”, fand Gabriel. “Sonst haben nur Leute wie Christo oder Steven Hawkins eine Muse. Und kaum jemand bekommt sie zu Gesicht.” “Christo?” Thomas schmunzelte. “Eivyn hat mir auf dem Flug nach London erzählt, dass die Verpackungskunst so eine Art Unfall war. Seine Muse soll ihm gesagt haben, dass seine Kunst ein Geschenk an die Menschheit sein müsse, und seitdem hat er alles eingewickelt.” Gabriel lachte. “Good morning, ladies and gentlemen”, tönte es aus dem Lautsprecher. “Welcome to BA flight 137. We are now ready to board seat numbers 1 to 60 ...” “Mein Flug wird aufgerufen.” 150
“Ja, du musst wohl los”, meinte Gabriel. “Sag mal, war Eivyn als Mensch so hübsch wie Jana?”, fragte er dann unvermittelt. “Und ob”, erwiderte Thomas. “Und trotzdem hast du großherzig verzichtet? Wolltest du etwa den Helden spielen?” Nun musste Thomas lachen. “Kindisch, oder?” Nur vier Stunden später begleitete Thomas Flix auf einem ersten Rundgang durch den Garten von Mrs Dougherty. Er war jetzt im Hochsommer noch prachtvoller, als er ihn in Erinnerung hatte. Mrs Dougherty hatte Flix gleich Herz ins geschlossen; der Kater hatte sich schon beim Tee an ihre Beine geschmiegt und ein Tellerchen Sahne bekommen. “Mau”, sagte Flix jetzt und lief zielstrebig auf die Weißdornbüsche am Ende des Grundstücks zu, um die Thomas am liebsten einen riesigen Bogen gemacht hätte. Zögerlich folgte er ihm jedoch, weil der Kater sich immer wieder auffordernd nach ihm umdrehte und er verhindern wollte, dass er weglief. Die Büsche waren jetzt dichter als noch im Frühjahr und ihre Früchte reiften langsam heran. Übung 38: Vervollständigen Sie die Begriffe aus dem “Elf on Earth”-ABC. Die Zahl der Buchstaben ist vorgegeben. 1.
V stands for _ _ _ _ _ _ – Eivyn came to the human world to make all her client’s doubts disappear.
2.
W stands for _ _ _ _ _ – This is a language. Eivyn’s name sounds like this to Thomas. 151
3.
X stands for ex _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ – “Just like my name, I am a brief presence – shortened, reduced ...” This is an overstatement or an ex...
4.
Y stands for _ _ _ _ _ _ – the colour of Eivyn’s gown.
5.
Z stands for _ _ _ _ – some dreams can be like this.
“Kindisch”, murmelte er und schluckte. “I miss you”, flüsterte er schnell und drehte sich rasch wieder um. Flix sprang ihm in den Weg, schmiegte sich an seine Beine, und Thomas hätte wieder einmal schwören können, dass der Kater lächelte. “Thomas?”, fragte es hinter ihm. “What’s up? May I help you?” Er wandte sich um, und im gleichen Moment fiel eine solche Last von ihm ab, dass er nach Luft schnappte. Eivyn hingegen schlug sich vor die Stirn. “Oh no! I forgot the translation crystal again! Now I will have to speak English for a lifetime.” “If you promise to stay with me for a lifetime, I’ll get used to that.”
152
Epilog “What a nice couple”, sagte Mrs Dougherty, als das Taxi nicht mehr auszumachen war, setzte sie sich in ihren Sessel und lockte Philoktetes auf ihren Schoß. Der Kater folgte der Aufforderung und rollte sich zusammen, während die alte Dame geduldig seinen Nacken kraulte. “How did we do, Sir Philoktetes?”, flüsterte die Musenmutter mit einem leisen Klingeln in der Stimme. “I think we did very well, Milady”, befand der Kater und schloss die Augen. “Tsss”, klang es da herüber. Ein hölzernes Gesicht blickte sie zwischen zwei Blüten eines Alpenveilchens vom Fensterbrett an. Viel weniger mürrisch als bei ihrer letzten Begegnung. “What about our agreement?” “That’s okay”, sagte Lady Allyfahr. “There are as many stories as humans that need inspiration. We’ll find one for us.” Und sie unterhielt sich lange mit dem angeblich so wortkargen Alben. In Bad Godesberg war es genau 22 Uhr, als Lady Allyfahr nach Morphadia zurückkehrte. Gabriel trat in der Aula seines Gymnasiums vor den Vorhang und sagte im gleichen Augenblick wie Lady Allyfahrs Tür: If we shadows have offended, Think but this, and all is mended, That you have but slumber’d here While these visions did appear. agreement [ərimənt] Vereinbarung
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And this weak and idle theme, No more yielding but a dream, Gentles, do not reprehend: if you pardon, we will mend: And, as I am an honest Puck, If we have unearned luck Now to ‘scape the serpent’s tongue, We will make amends ere long; Else the Puck a liar call; So, good night unto you all.
Wenn wir Schatten euch beleidigt, O so glaubt – und wohl verteidigt Sind wir dann –: ihr alle schier Habet nur geschlummert hier Und geschaut in Nachtgesichten Eures eignen Hirnes Dichten. Wollt ihr diesen Kindertand, Der wie leere Träume schwand, Liebe Herrn, nicht gar verschmähn, Sollt ihr bald was Bessres sehn. Wenn wir bösem Schlangenzischen Unverdienterweis entwischen, So verheißt auf Ehre Droll Bald euch unsres Dankes Zoll; Ist ein Schelm zu heißen willig, Wenn dies nicht geschieht, wie billig. Nun gute Nacht! Das Spiel zu enden, Begrüsst uns mit gewognen Händen! 154
Lösungen Übung 1
1. elf, 2. cat, 3. honour, 4. dream, 5. favour, 6. tap Übung 2
1. false, 2. true, 3. true, 4. false, 5. false, 6. true Übung 3
2. most dangerous, 3. best, 4. worst, 5. most surprising, 6. saddest Übung 4
1c, 2a, 3f, 4b, 5e, 6d Übung 5
1. go, 2. tell, 3. talking, 4. come, 5. remember, 6. called Übung 6
1. elf, 2. thread, 3. honour, 4. optical illusion, 5. mirror, 6. business trip Übung 7
2. We had, 3. I would, 4. I will, 5. She had, 6. He had Übung 8
1. Morphadia is up in arms because of you. 2. The council is driving me mad. 3. The gown was lying on the desk. 4. I couldn’t take my eyes off it. 5. Normally I inform my boss about things like that. 6. I just wanted to make the gown disappear. 155
Übung 9
2. She put on the gown. 3. Eivyn came to the human world. 4. She had a mission. 5. She wanted to inspire Thomas. 6. She met an interesting cat. 7. Thomas couldn’t believe his eyes. 8. Lady Allyfahr found Eivyn. 9. Eivyn didn’t know her instructions. Übung 10
2. an immortal being, 3. a safe place, 4. a rude/impolite person, 5. an easy mission, 6. a boring job Übung 11
1. adventure, 2. blurred, 3. cage, 4. destiny, 5. elf, 6. fiancée, 7. gown, 8. humans Übung 12
2. just, 3. nearly, 4. incredibly, 5. much, 6. really Übung 13
1. Dr. Degenhardt, 2. Thomas, 3. Eivyn, 4. Sylvia, 5. Gabriel, 6. Ilona Übung 14
1. might, 2. can’t, 3. couldn’t, 4. can, 5. have to, 6. should Übung 15
1. doesn’t eat, 2. doesn’t try, 3. find out, 4. stays, 5. doesn’t find Übung 16
1. let, 2. made, 3. didn’t make, 4. made, 5. let, 6. don’t let 156
Übung 17
1. Ilona, 2. Jana, 3. key, 4. long, 5. muse, 6. nice, 7. ominous, 8. pixie Übung 18
1b, 2e, 3f, 4d, 5c, 6a Übung 19
1. elf, 2. salmon, 3. draw, 4. party, 5. human, 6. magic Übung 20
2. has spoken, 3. haven’t let, 4. hasn’t returned, 5. has been, 6. have inspired Übung 21
1. mercy, 2. friendship, 3. courage, 4. bravery, 5. darkness, 6. skill Übung 22
1. true, 2. true, 3. true, 4. false, 5. true, 6. false Übung 23
1. brightly, 2. angrily, 3. natural, 4. artificial, 5. good, 6. important Übung 24
1. her, 2. our, 3. Your, 4. their, 5. his, 6. my Übung 25
1. embarrassed, 2. appointment, 3. inspiration, 4. rude, 5. anniversary 157
Übung 26
1. new, 2. good, 3. wrong, 4. tired, 5. strange, 6. hard Übung 27
1c, 2a, 3f, 4b, 5e, 6d Übung 28
1. quiet, 2. relationship, 3. seedlings, 4. text, 5. unadulterated Übung 29
1. Eivyn, 2. Thomas, 3. The alb, 4. Lady Allyfahr, 5. Gabriel, 6. Leigulias Übung 30
1. likes, 2. Does Lady Allyfahr often travel, 3. lives, 4. looks, 5. is wearing, 6. work Übung 31
1. true, 2. true, 3. false, 4. true, 5. true, 6. true Übung 32
1. has never felt, 2. spoke, 3. has never been, 4. learnt, came, 5. has grown, 6. met Übung 33
1. nature, 2. business, 3. message, 4. executive, 5. advice, 6. face Übung 34
1. baby, 2. company owner, 3. walking, 4. cottage, 5. trustworthy, advertise, 6. play a role in 158
Übung 35
1. after, 2. out for, 3. up, 4. at, 5. forward to, 6. into Übung 36
1b, 2a, 3f, 4c, 5d, 6e Übung 37
1. Although, 2. so, 3. After, 4. but, 5. and, 6. When Übung 38
1. vanish, 2. Welsh, 3. exaggeration, 4. yellow, 5. zany
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Liebe Leserinnen und Leser, Die einzelnen Titel aus der Reihe Lernschmöker sind den sechs verschiedenen Niveaustufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen zugeordnet. Welcher Niveaustufe dieser Titel angehört, können Sie der Angabe auf dem Cover bzw. Buchrücken entnehmen. Die Niveaustufen bedeuten: A1/A2: Elementare Sprachverwendung, d. h. A1: Sie können einzelne Wörter und ganz einfache Sätze verstehen. A2: Sie können ganz kurze und einfache Alltagstexte lesen. B1/B2: Selbstständige Sprachverwendung, d. h. B1: Sie verstehen Texte, in denen v. a. sehr gebräuchliche Alltags- und Berufssprache vorkommt. B2: Sie verstehen zeitgenössische literarische Prosatexte. C1/C2: Kompetente Sprachverwendung, d. h. C1: Sie verstehen Sachtexte, technische Fachartikel sowie literarische Texte. C2: Sie verstehen jede Art geschriebener Texte, auch wenn sie inhaltlich und sprachlich komplex sind. Sollten Sie ganz genau wissen wollen, welche Niveaustufe für Sie geeignet ist, so finden Sie auf unserer Website unter www.langenscheidt.de sowohl eine kompakte Beschreibung der einzelnen Referenzniveaus als auch eine Orientierungshilfe zur Selbstbeurteilung in Bezug auf die verschiedenen Niveaustufen. So können Sie die Lektüre wählen, die ideal auf Ihre Sprachkenntnisse und Bedürfnisse zugeschnitten ist. Viel Spaß beim Lernschmökern! Ihre Langenscheidt-Redaktion 160