Alfred Posch ZwischenbetrieblicheRiickstandsverweitung
nbf neue betriebswirtschaftliche forschung Band 346
Alfred P...
19 downloads
709 Views
12MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Alfred Posch ZwischenbetrieblicheRiickstandsverweitung
nbf neue betriebswirtschaftliche forschung Band 346
Alfred Posch
Zwischenbetriebliche Riickstandsverwertung Kooperationen fur eine nachhaltige Entwicklung am Beispiel industrieller Verwertungsnetze
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
Habilitationsschrift Universitat Graz, 2005 Gedruckt mit Unterstiitzung der Karl-Franzens-Universitat Graz und des Landes Steiermark.
I.Auflage April 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.duv.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung aufterhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen Im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt aufsaurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0204-X ISBN-13 978-3-8350-0204-3
Vorwort Der sorgsame Umgang mit der naturlichen Umwelt ist die zentrale Grundvoraussetzung fur eine nachhaltige, zukunftsfahige Entwicklung der Menschheit. Der produzierenden
Industrie l
Materialdurchsatzes ein besonderer Stellenwert zu. Dass durch das Recycling von Ruckstanden nicht nur wertvolle Ressourcen geschont, sondern durchaus auch okonomische Vorteile generiert werden konnen, legte Theodor Koller berelts im Jahr 1879 im Von^/ort seines Handbuches der rationellen Verv/ertung, Wiedergewlnnung und Verarbeitung von Abfallstoffen jeder Art auf beeindruckende Art und Weise dar: „Es wird keinen Widerspruch hervorrufen, wenn wir sagen, dafl in unserer Zeit noch eine Unmasse von Stoffen als unbrauchbar zur Seite gelegt werden und hier dem allmahlichen Zerfaiie, welchem sich kein organischer Korper zu entziehen vermag, ja dessen Grundbedingungen ihm schon vom Anfang an innewohnen, entgegenzugehen, die bei einer rationellen Behandlung oft noch einer weiteren VenA/endung fahig sind, und nicht selten wurden derartige scheinbar wertlose Korper, Produkte Oder selbst eine Reihe von Produkten liefern, welche den Wert des Abfallstoffes fast gleichstellen mit der Bedeutung des ursprunglichen Materials. [...] Mehr denn je drangt es in unseren Tagen, auch das scheinbar Wertlose sorgfaltig zu beachten. Die Konkurrenz hat jedem Einzelnen die sparsamste und deswegen die rationellste Arbeit aufgezwungen und, abgesehen von einer zweckmafligen Betriebsleitung: wirtschaftliche Fuhrung, Arbeitsteilung und moglichster Ersatz der Handarbeit durch exakte Maschinentatigkeit, wird in einer grofitmoglichen Ausnutzung aller Abfalle das MIttel fur den Einzelnen liegen, in seinem Tun zu prosperieren." Es zeigt sich allerdings, dass betrieblicher Umweltschutz, der nur auf die direkten Umweltwirkungen eines Standortes fokussiert ist, haufig nicht ausreicht. Vielmehr bedarf es in zunehmendem Made uberbetriebllcher Kooperationen, urn den vielfaltigen Herausforderungen des industriellen
Umwelt-
schutzes besser gerecht werden zu konnen. Diese Arbeit soil nicht nur zu einem besseren Verstandnis zwischenbetheblicher Recyclingaktivitaten fuhren, das hier vorgestellte Modell industrieller Nachhaltigkeitsnetzwerke soil auch einen geeigneten konzeptionellen Rahmen fiir die Verwirklichung umfassender Kooperatlonen zur nachhaltigen Entwicklung bieten.
Alfred Posch
V
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
1.1
Problemstellung und Ziel der Arbeit
1
1.2
Methodik und Aufbau der Arbeit
4
2. Grundlagen und Begriffsbestimmungen 2.1
Wichtige Begriffe
11 11
2.1.1
Zum Begriff der Kooperation
11
2.1.2
Zum Begriff des Netzwerkes
16
2.1.3
Unternehmensnetzwerke Entstehung von Unternehmensnetzwerken
20
2.1.3.2
Arten von Unternehmensnetzwerken
23
2.1.4
2.2
18
2.1.3.1
Die industrielle Produktion
28
2.1.4.1
Ruckstande als Kuppelprodukte
30
2.1.4.2
Recycling
31
Das Konzept kreislauforientierter Unternehmenskooperatlonen in industriellen VenA/ertungsnetzen
34
2.2.1
Die Grundidee industrieller Verwertungsnetze
34
2.2.2
Beschreibung des Phanomens industrieller VenA/ertungsnetze anhand netzwerkanalytischer Deskriptoren
39
2.2.2.1
Unternehmensdeskriptoren
40
2.2.2.2
Beziehungsdeskriptoren
44
2.2.2.3
Netzwerkdeskriptoren
49
3. Theoretische Erklarungs- und Begrundungsansatze fur industrielle Verwertungsnetze 3.1
55
Industrielle Venwertungsnetze aus entscheidungstheoretischer Sicht
3.1.1
Venwertungsnetze als Resultat rationaler Entscheidungen
57 58
VII
3.1.2 3.1.3 3.2
Verwertungsnetze als Resultat begrenzt rationaler Entscheidungen
65
Verwertungsnetze als ,organisierte Anarchien'
73
Industrielle Verwertungsnetze aus systemtheoretischer Sicht
3.2.1
VenA/ertungsnetze als strukturell-funktional differenzierte Systeme
85
3.2.2
VenA/ertungsnetze als selbstregulierende Systeme
88
3.2.3
VenA/ertungsnetze als autopoietische selbstreferentielle Systeme
97
3.3
Die Rolle des Umfeldes fur industrielle VenA/ertungsnetze
101
3.3.1
VenA/ertungsnetze als situativ bedingte Phanomene
101
3.3.2
Evolution industrieller VenA/ertungsnetze
105
3.3.3
Verwertungsnetze als „negotiated environment"
113
3.4
Industrielle VenA/ertungsnetze aus Sicht der Neuen Institutionenokonomie
121
3.4.1
Verfugungsrechtsstrukturen uber Ruckstande
122
3.4.2
VenA/ertungsnetze im Spannungsfeld zwischen den institutionellen Arrangements Markt und Hierarchie
126
Transaktionskostentheoretische Erklarung des institutionellen Arrangements VenA/ertungsnetz
131
Principal-Agent-Beziehungen zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung
139
3.4.3 3.4.4
3.5
Zusammenfassende Darstellung der theoretischen Ansatze
3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4
VIII
81
145
VenA/ertungsnetze als weitestgehend plan- und steuerbare Gebilde
146
VenA/ertungsnetze als bedingt plan- und steuerbare Gebilde
149
Verwertungsnetze als nur indirekt plan- und steuerbare Gebilde Verwertungsnetze als nicht plan- und steuerbare Gebilde
.151 153
4. Verwertungsnetze und nachhaltige Entwicklung 4.1
155
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung - eine Annaherung
155
4.1.1
Prinzipien fur eine nachhaltige Entwicklung
161
4.1.2
Nachhaltigkeit auf betrieblicher Ebene
166
4.2
4.1.2.1
Betriebliches Umweltmanagement
170
4.1.2.2
„Corporate Social Responsibility"...
172
Vom industriellen Ven/vertungsnetzwerk zum Nachhaltigkeitsnetzwerk
175
4.2.1
Definition eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes
176
4.2.2
Potentielle MaBnahmenbereiche nachhaltigkeitsorientierter Unternehmensnetzwerke
183
4.2.2.1
Ressourcenmanagement und zwischenbetriebliches Recycling
184
4.2.2.2
Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Prozesse
188
4.2.2.3
Kooperationen zur nachhaltigkeitsorlentierten Produktentwicklung
191
4.2.2.4
Gemelnsames Wahrnehmen sozialer Verantwortung
194
4.2.2.5
Interorganisatorisches Lernen und Wissensaufbau
197
4.2.3
Bewertung von nachhaltigkeitsorlentierten Unternehmensnetzwerken
4.2.3.1 4.2.3.2 4.2.4
200
Darstellung ausgewahlter Ansatze zur okologieorientierten Bewertung
202
Kritische Analyse der Bewertungsansatze
208
Schlussfolgerungen fur die Nachhaltigkeitsorientierung industrieller Verwertungsnetze
5. Empirische Analyse
212 215
5.1
Zlel der empirischen Analyse
215
5.2
Aufbau und Ablauf der Untersuchung
217
5.2.1
Gegenstand der empirischen Untersuchung
217
5.2.1.1
Grundsample: Produzierende Industrie in Osterreich
218
5.2.1.2 5.2.1.3
Das Verwertungsnetz Obersteiermark, Osterreich Das Verwertungsnetz Oldenburger Munsterland, Deutschland
219 220 IX
5.2.2 5.3
Ablauf der Untersuchung
222
Theoriegestutzte Hypothesen
224
5.3.1
Hypothesen zur recyclingorientierten Entscheidungsfindung
224
5.3.2
Hypothesen zu zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten
226
5.3.3
Hypothesen zum Aufbau und zur Funktionsweise industrieller Ven/vertungsnetze
229
5.3.4
Hypothesen in Bezug auf industrielle Nachhaltigkeitsnetzwerke
233
5.4
Ergebnisse der empirischen Analyse
5.4.1
Ergebnisse in Hinblick auf die recyclingorientierte Entscheidungsfindung in Betrieben
5.4.1.1
235 238
Entscheidungstrager im Bereich der Ruckstandwirtschaft
239
Zielkriterien bei recyclingbezogenen Fragestellungen
240
5.4.1.3
Informationsstand bei recyclingbezogenen Entscheidungen
244
5.4.1.4
Entscheidungsstile in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft
246
Ergebnisse in Hinblick auf zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten
248
5.4.1.2
5.4.2
5.4.2.1 5.4.2.2 5.4.2.3
Inhalt und AusmaB zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten
249
Entstehung zwischenbetrieblicher Recyclingbeziehungen
253
Ressourcenabhangigkeit als Erklarung zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten
256
5.4.2.4
Zwischenbetriebliches Recycling als Kooperation
259
5.4.2.5
Faktorspezifitat recyclingorientierter Transaktionen
261
5.4.2.6
Unsicherheit bei recyclingorientierten Transaktionen
263
Vertrauen bei recyclingorientierten Transaktionen
266
5.4.2.7 5.4.3
Ergebnisse in Hinblick auf den Aufbau und die Funktionsweise industrieller Verwertungsnetze
5.4.3.1
Anteil zwischenbetrieblich verwerteter Ruckstande bzw. eingesetzter Sekundarrohstoffe
268 268
5.4.3.2
Informationsstand uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung
272
5.4.3.3
Stellenweil des betrieblichen Umweltschutzes
273
5.4.3.4
Netzwerkbewusstsein
275
5.4.4
Ergebnisse in Bezug auf industrielle Nachhaltigkeitsnetzwerke
5.4.4.1 5.4.4.2 5.4.4.3
5.4.4.4
277
Das Nachhaltigkeitsverstandnis in den Unternehmungen
277
Wichtigkeit okologischer und sozialer Themen fur die Unternehmungen
279
Vorteilhaftigkeit der uberbetrieblichen Zusannmenarbeit bei okologischen und sozialen Themen
281
Zusammenarbeit entlang einer Wertschopfungskette versus regionale Kooperation
284
6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 6.1
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
6.2
Schlussfolgerungen fur die Gestaltung und das Management industrieller VenA/ertungsnetze
287 287
291
Literaturverzeichnis
297
Anhang: Fragebogen
345
XI
Abbildungsverzeichnis Abb. 1:
Aufbau der Arbeit
Abb. 2:
Untemehmensnetzwerke als Ergebnis von Quasi-
9
Internalisierung oder Quasi-Externalisierung
22
Abb. 3:
Die Produktion als okonomischer Vorgang
29
Abb. 4:
Klassiflkation von Objektkategorien nach Input und Output
31
Abb. 5:
Kategorisierung des Recyclings
33
Abb. 6:
Industriesymbiose Kalundborg
36
Abb. 7:
Theoretische Ansatze zur Erklarung und Begrundung industrieller Ven/vertungsnetze
56
Abb. 8:
Abb. 9:
Eindimensionales Entscheidungsmodell zur betriebllchen Ruckstandsbewaltigung
61
Das Garbage-can-Modell
75
Abb. 10: Nicht-triviale Maschlne nach Heinz von Foerster
91
Abb. 11: Grundnnodell des kontingenztheoretischen Ansatzes
103
Abb. 12: Property-Rights-Struktur und Wettbewerb als Effizienzkriterien
124
Abb. 13: Industrlelle Ven/vertungsnetze im Spannungsfeld zwischen Hierarchie, Markt und Kooperation
130
Abb. 14: Die Abhangigkeit der Produktions- und Transaktionskosten von der Faktorspezifitat
133
Abb. 15: Modell des Transaktionskostenansatzes
135
Abb. 16: Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit
159
Abb. 17: Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher und betrieblicher Nachhaltigkeit
168
Abb. 18: Modell des Umweltmanagennentsystems der ISO 14001ff
171
XIII
Abb. 19: Schichtenmodell fur Nachhaltigkeitsnetzwerke
178
Abb. 20: Grundzuge der okologischen Produktverantwortung nach § 22 (2) KrW-/AbfG
193
Abb. 21: Stakeholder-Modell
196
Abb. 22: Elemente eines Bewertungsverfahrens
201
Abb. 23: Ausschnitt aus dem Verwertungsnetz Obersteiermark
220
Abb. 24: Vergleich der Mitarbeiterzahl jener Unternehmen, an die der Fragebogen ausgeschickt wurde und jener, die ihn retournierten
236
Abb. 25: Vergleich des Umsatzes jener Unternehmen, an die der Fragebogen ausgeschickt wurde und jener, die ihn retournierten
237
Abb. 26: Entscheidungstrager im Bereich der betrieblichen Ruckstandwirtschaft
239
Abb. 27: Zustandigkeit der Entscheidungstrager
240
Abb. 28: Wichtigkeit der Motive zur Abgabe eines Ruckstandes fur die externe VenA/ertung (Medianwerte)
241
Abb. 29: Wichtigkeit der Motive zur Annahme eines Sekundarrohstoffes fur die VenA/ertung in der eigenen Produktion (Medianwerte)
242
Abb. 30: Schriftliche Festlegung ruckstandwirtschaftlicher Ziele in den Unternehmungen
243
Abb. 31: Selbsteinschatzung des Informationsstandes uber Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung
244
Abb. 32: Anzahl der Kriterien fur „Garbage-can-Prozesse", die auf die befragten Unternehmen zutreffen
246
Abb. 33: Alternativaussagen zum Entscheidungsverhalten in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft
247
Abb. 34: ..Optimizing" versus „Satisficing" in der zwischenbetrieblichen Ruckstandswirtschaft
247
XIV
Abb. 35: Entstehung der Verwertungsbeziehungen (aus Sicht der ruckstandsabgebenden Unternehmen)
254
Abb. 36: Entstehung der Ven/vertungsbeziehungen (aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmen)
255
Abb. 37: Probleme, wenn das abnehmende Unternehmen plotzlich den Ruckstand nicht mehr abnehmen wurde
256
Abb. 38: Schwierigkeiten, in angemessener Zeit einen etwa gleichwertigen Abnehmer fur den Ruckstand zu finden
257
Abb. 39: AusmaB der Zusammenarbeit mit dem Ruckstandsabnehmer im Vergleich zu herkommlichen Kundenbeziehungen
260
Abb. 40: Notwendigkeit, die Fertigungsprozesse zu verandern, um die Abgabe des Ruckstandes an das abnehmende Unternehmen in der erforderlichen Qualitat zu ermoglichen
262
Abb. 41: Sicherheit, dass die VenA/ertungsbeziehung mit dem Abnehmer des mengenmaBig wichtigsten Ruckstandes in Zukunft weiter besteht
264
Abb. 42: Wichtigkeit verschiedener Faktoren fur den Bestand der Verwertungsbeziehung aus Sicht der abgebenden Unternehmungen (Medianwerte)
265
Abb. 43: Empfundene Gefahr opportunistischen Verhaltens durch den Ruckstandsabnehmer
266
Abb. 44: Anteil jener Firmen, die Ruckstande zur externen Verwertung abgeben
269
Abb. 45: Anteil der Ruckstande, die durchschnittlich zur externen Verwertung abgegeben werden
269
Abb. 46: Anteil jener Firmen, die Ruckstande anderer Firmen als Sekundarrohstoffe einsetzen
270
Abb. 47: Durchschnittlicher Anteil der Sekundarrohstoffe am gesamten Materialelnsatz
271
Abb. 48: AusmaB der in verschiedenen Bereichen gesetzten UmweltschutzmaBnahmen (Medianwerte)
274
XV
Abb. 49: Anteil von Unternehmungen mit installiertem Umweltmanagementsystem
275
Abb. 50: Gewichtung der drei Nachhaltigkeitssaulen (Mittelwerte)
278
Abb. 51: Wichtigkeit einzelner Nachhaltigkeitsthemen fur die befragten Untemehmen (Medianwerte)
280
Abb. 52: Erwartete Vorteile durch die Zusammenarbeit innerhalb eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes (Medianwerte)
282
Abb. 53: Wichtigkeit verschiedener Kooperationsbereiche in Nachhaltigkeitsnetzwerken (Medianwerte)
283
Abb. 54: Wichtigkeit der raumlichen Nahe und der Zugehorigkeit zur gleichen Wertschopfungskette (Medianwerte)
284
XVI
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Tab. 2:
Klassjfikationsmerkmale und Auspragungen von Untemehmensnetzwerken
23
Grundgesamtheit der befragten osterreichischen Produktjonsuntemehmen mit uber 100 Mitarbeitern
218
Tab. 3:
Anzahl auswertbarer Fragebogen
235
Tab. 4:
Anzahl der analysierten zwischenbetrieblichen Verwertungsbeziehungen (pro Unternehmen nur die jeweils mengenmaBig wichtigste)
248
Ruckstandsabgabe der befragten osterreichischen produzierenden Industriebetriebe (ohne VenA/ertungsnetzbetriebe)
249
Ruckstandsannahme der befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie (ohne Verwertungsnetzbetriebe)
250
Ruckstandsabgabe der Unternehmungen des Verwertungsnetzes Obersteiermark
250
Ruckstandsannahme der Unternehmungen des VenA/ertungsnetzes Obersteiermark
251
Ruckstandsabgabe der Unternehmungen des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland
251
Tab. 5:
Tab. 6:
Tab. 7:
Tab. 8:
Tab. 9:
Tab. 10: Ruckstandsannahme der Unternehmungen des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland
252
Tab. 11: Zusammenhang zwischen bevorzugten Kooperationspartnern und -inhalten in Nachhaltigkeitsnetzwerken
285
XVII
1. Einleitung 1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit Bei jedem Produktionsprozess entstehen unerwunschte, aber im Interesse der finalen Produktionsziele in Kauf zu nehmende Ruckstande.^ Die Ruckstandsbewaltigung stellt somit fur Unternehmungen eine direkt mit der Leistungserstellung verbundene und damit unumgangliche Aufgabe mit weitreichenden technischen, okonomischen, aber auch okologischen Konsequenzen dar. Nicht zuletzt aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, wie beispielsweise dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in Deutschland,^ kommt neben der Ruckstandsvermeidung der Ruckstandsnutzung bzw. -verwertung eine besondere Rolle zu.^ Recycling, d.h. die Ruckfuhrung von Ruckstanden in Produktions- und Konsunnprozesse,'* wird somit zu einem zentralen Instrument der Umweltpolitik, das einen Paradigmenwechsel von einer Durchflusswirtschaft zur Kreislaufwirtschaft ermoglicht. Strebel definiert Kreislaufwirtschaft als „eine Methode des Wirtschaftens, bei der eingesetzte Stoff- und Energiemengen nicht als Ruckstand Oder Abfall aus dem Wirtschaftsprozess ausscheiden, sondern wieder in demselben Oder in einem anderen Produktions- oder Konsumprozess genutzt werden."^ Ahnlich formuliert Sterr, der Kreislaufwirtschaft als kontinuierliche Transformation von Stoffen und Energie in Form zirkularer Prozesse beschreibt.^ Er weist ferner darauf hin, dass erst durch Kreislaufwirtschaft die dauerhafte Existenz, Erneuerung und Weiterentwicklung von Leben in einem geschlossenen System mit begrenzter Ressourcenverfugbarkeit moglich 1st. Kirchgeorg sieht im Ubergang zur Kreislaufwirtschaft einen grundlegenden Wandel der Wirtschaftsweise, der
Zum Ruckstandsbegriff siehe Kap. 2.1.4.1. Gesetz zur Forderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltvertraglichen Beseitigung von Abfallen, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG vom 27. Sep.
1994. Verfolgen Unternehmen das umweltpolitische Ziel der relativen Umweltschonung stehen als outputorientierte MaRnahmen grundsatzlich die Ruckstandsvermeidung und -minderung, die Ruckstandsumwandlung in weniger schadliche Substanzen und Energiearten sowie die Ruckstandsnutzung bzw. -ven^/ertung zur Verfugung; vgl. hierzu Strebel 1994, S. 773-779. Zum Recyclingbegriff siehe Kap. 2.1.4.2, Strebel 1998, S. 2, angepasst an die neue deutsche Schreibweise. Vgl. Sterr 2003a, 8. 384-385.
1
von den Unternehmen auch zur Verbesserung ihrer einzelwirtschaftlichen Wettbewerbsposition genutzt werden kann/ Die Kreislaufwjrtschaft beschrankt sich dabei nicht ausschlieBlich auf die innerbetriebliche Ruckstandsverwertung, vielmehr kann das Recyclingpotential der Industrie oft erst durch uberbetriebliche Kooperationen voll ausgeschopft werden. Der unenA/unschte Ruckstand eines Unternehmens wird auf diese Weise zum wertvollen Einsatzstoff eines anderen Unternehmens. Betrachtet man eine Mehrzahl an solchen uberbetrieblichen Recyclingbeziehungen, erkennt man, dass in der Praxis richtige Netzwerke an uberbetrieblichen Kooperationen zur RuckstandsvenA/ertung, d.h. industrielle Ven/vertungsnetze,® entstanden sind. Das international bekannteste Beispiel eines derartigen Netzwerkes ist die industrielle Symbiose Kalundborg in Danemark, der self ihrer Prasentation bei der UN-Konferenz uber Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahr 1992 groBe wissenschaftliche Aufmerksamkeit gewidmet und die in unzahligen Publikationen zitiert wird. In Osterreich ist lediglich das VenA/ertungsnetz Obersteiermark auf Basis der Arbeit des Institutes fur Innovations- und Umweltmanagement wissenschaftlich dokumentiert.^ Auch in Deutschland haben bislang nur zwei Beispiele zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten in Netzwerken, das Ridrom-Projekt im Oldenburger Munsterland^° und das Unternehmensnetzwerk Pfaffengrund^\ wissenschaftliche Beachtung gefunden. In den skandinavischen Landern,^^ in GroBbritannien^^ und in den Niederlanden^"^ haben sich in den letzten Jahren eine Reihe von Industrial-Symbiosis-Projekten entwickelt, die von einigen Wissenschaftern analysiert und in Publikationen dokumentiert worden sind. Auch aus den Vereinigten Staaten von Amerika sowie aus Kanada sind einige Eco-Parks bekannt.^^ Mittlerweile wurden auch
Vgl. Kirchgeorg 2003a, S. 161-182. Zum Begriff des industriellen Verwertungsnetzes vgl. Kap, 2.2. Vgl. beJspielsweise Schwarz 1994 sowie Beitrage in Strebel/Schwarz (Hrsg.) 1998. Vgl. Hasler/Hildebrandt/Nijske 1998, Hasler2003; Strebel/Hasler 2004. Vgl. Sterr 2000, 2003a und 2003b. Vgl. etwa Korhonen 2000, 2001, Korhonen/Niemelainen/Pulliainen 2002, Korhonen/Snakin 2003, Maltin 2004, Starlander 2003, Thoresen 2000. Vgl. Harris/Pritchard 2004. Vgl. EilerlngA/ermeulen 2004. Vgl. Cote/Smolenaars 1997, Ireland 2004, Lowe 2004.
erste Beispiele umweltorientierter
Unternehmensnetzwerke
in asiatischen
Landern beschrieben.^^ Trotz dieses in letzter Zeit rasch steigenden Forschungsinteresses an uberbetrieblichen Umweltkooperationen ist festzustellen, dass das Phanomen industrieller VenA/ertungsnetze zumeist sehr einseitig betrachtet wird. Im Mittelpunkt der Analyse stehen zumeist die zwischenbetrieblichen bzw. regionalen Stoffstronrie sowie verschiedene technische Aspekte der
Ruckstandsver-
wertung, wie etwa die Anforderungen an die Ruckstandsqualitat Oder an die Fertigungsprozesse, in denen Sekundarrohstoffe eingesetzt werden.^'^ Weitgehend vernachlassigt worden sind hingegen die sozial- und wirtschaftswissenschaftiichen Gesichtspunkte der recyclingorientierten Kooperationen innerhalb von Unternehmensnetzwerken. Aufgrund der Komplexltat erscheint es aber dringend geboten, bei der wissenschaftlichen Annaherung an die Thematik einen inderdisziplinaren Ansatz zu verfolgen. Dieser Anspruch deckt sich auch mit Aussagen von Vertretern des noch sehr jungen Wissenschaftsbereiches „lndustrial Ecology" (IE), dessen Kernlnhalt genau diese uberbetrieblichen Umweltkooperationen und Materlalflusse analog zu den Vorgangen in naturlichen Okosystemen sind.^® Beispielsweise stellt Tilley test: "The impetus for developing IE stems from the need to incorporate a multidisciplinary, holistic approach, which considers sustainable development and multiple objectives spanning several levels of system organization, into the strategic and operational decision-making processes of industry."^^ Auch die Vision der internationalen Zeitschrift 'Progress In Industrial Ecology' "is to bridge the material and energy flow analysis and studies of industrial ecology to business, management and organizational studies, including the now established discipline of corporate environmental management."^°
Vgl. Chao 2004; Lowe 2001, 2004. Ein Indiz fur diese Feststellung ist die Tatsache, dass bis zur Grundung der International Society of Industrial Ecology inn Jahr 2002 der GroBteil der internationalen Publikatlonen uber Verwertungsnetze im eher technikorlentierten Journal of Cleaner Production zu finden sind; vgl. hierzu auch Axtell/Andrews/Small 2002, S. 10. Diese Analogie wurde erstmals von Frosch und Gallopoulos in ihrem richtungsweisenden Artikel ..Strategies for Manufacturing" formuliert; vgl. Frosch/Gallopoulos 1989, S. 94-102. Vgl. hierzu auch Kap. 2.2.1. Tilley 2003, 8. 15. Korhonen/Strachan 2004, 8. 5.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, das Phanomen industrieller Verwertungsnetze aus einer sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive zu betrachten und zu analysieren. In Aniehnung an Cohen-Rosenthal^^ lautet die zentrale Pramisse, der diese Arbeit zugrunde liegt, folgendermaBen:^^ Recyclingorientierte
Ruckstandsstrome
zwischen
Netzwerkunter-
nehmungen entstehen nicht selbsttatig. Vielmehr sind sie stets Ergebnisse menschlichen Handelns und Entscheidens von Akteuren, die ihrerseits wiederum in Organisationen eingebunden sind. Die zentrale Frage, der in dieser Arbeit nachgegangen wird, lautet folglich, welche theoretischen Ansatze, insbesondere aus dem Bereich der Organisationstheorie, geeignet sind, das Phanomen industrieller VenA/ertungsnetze Oder einzelne Teilaspekte davon zu erklaren und zu begrunden. Es wird der Versuch unternommen, industrielle Ven/vertungsnetze aus Sicht verschiedener Theorierichtungen zu betrachten und damit deduktiv Erkenntnisse zu generieren bzw. Erklarungen abzuleiten. Ein besonderer Stellenwert muss dabei dem Paradigma der nachhaltigen Entwicklung eingeraumt werden. Das heifBt, es geht nicht nur um eine ausschlieBliche Erklarung von bereits Existierendem, vielmehr soil das Konzept der zwischenbetrieblichen Ruckstandven^/ertung in Recyclingnetzwerken auch vor dem normativen Hintergrund des Leitbildes der Nachhaltlgkeit analysiert werden. SchlieBlich sollen die wichtigsten Erkenntnisse in Hypothesen zusammengefasst und in einer empirischen Analyse getestet werden. Diese Arbeit soil damit einerseits eine Grundlage fur ein verbessertes Verstandnis Industrieller VenA/ertungsnetze und deren Potential in Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung bllden. Andererseits wird mit dieser Arbeit aber auch angestrebt, AnstoBe fur weitergehende Forschungsaktivitaten zur wissenschaftlichen Analyse interorganisationaler Kooperationen fur eine nachhaltige Entwicklung zu geben.
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit Das Ergebnis dieser Arbeit ist wie das jeder anderen wissenschaftlichen Arbeit von dem ihr zugrundenliegenden Paradigma gepragt. Unter Paradigma versteht
Vgl. Cohen-Rosenthal 2000, S. 245. Vgl. auch Posch 2004a, S. 113.
man dabei die grundlegenden Annahmen uber den Zweck der Arbeit (Erkenntnisinteresse), den Charakter des untersuchten Gegenstandes (Ontologie) und die geeignete Methodik zu dessen Erforschung (Epistemologie bzw. Methodologie).^^ Wie oben beschrieben ist das Ziel dieser Arbeit in erster Linie, das Phanomen industrieller Venwertungsnetze organisationstheoretisch zu erklaren und zu begrunden und daraus praktisch relevante Schlussfolgerungen zu Ziehen. Der Untersuchungsgegenstand der Arbeit, das Phanomen der industriellen Venwertungsnetze wird im Kapitel 2 dargestellt. Als Grundlage der weiteren Arbeit werden dabei eingangs zentrale Begriffe definiert und abgegrenzt, um in weiterer Folge uberhaupt eindeutige und unmissverstandliche Aussagen uber das Phanomen der industriellen Ven/vertungsnetze tatigen zu konnen. Bereits bestehende und in der einschlagigen Fachliteratur festgehaltene Aussagen uber das Phanomen industrieller Verwertungsnetze, die von verschiedenen Personen aus verschiedenen Fachrichtungen vor dem Hintergrund ihres jeweillgen konzeptionellen Rahmens und ihrer individuellen Denkweise getroffen wurden,^"^ werden gesammelt und anhand netzwerkanalytischer Deskriptoren systematisch dargestellt. Es wird der ontologischen Grundannahme des kritischen Rationalismus folgend davon ausgegangen, dass industrielle Verwertungsnetze in der „Realitat" existieren und Gegenstand systematischer Beobachtungen mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns sein konnen (emplrlstische Grundannahme).^^
Hierbei
ist
jedoch
festzustellen,
dass
industrielle
VenA/ertungsnetze nicht „Forschungsobjekte" nach dem natunA/issenschaftlichen Verstandnis sind, die so wie unbelebte Materie von auBen aus einer reinen Beobachterposition betrachtet werden konnen. Sie haben vielmehr selbst Subjektcharakter, da hinter ihnen stets handelnde Personen stehen.^^ Daher ist bei der Beobachtung existierender industrieller Verwertungsnetze ein verstehender und an die Tradition der Hermeneutik anschlieBender interpretativer Zugang erforderlich. Interpretationen sind stets in der Dimension der Sprache verhaftet und bedienen sich narrativer Aussagen, im dem Sinne, dass sie „Ereignisse als Elemente von Geschichten darstellen".^''
Vgl. Scherer2001,S. 5 Vgl. Chalmers 2001, S. 13; Maruyama 1991, S. 2. Vgl. Scherer 2002, S. 10. Vgl. hierzu Otsch 1996, S. 38-39. Habermas 1994, S. 320.
Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen jedoch nicht dazu verwendet werden, daraus allgemein gultige Satze abzuleiten (Induktion). Dieser Arbeit wird vielmehr die wissenschaftliche Methode der Deduktion zugrundegelegt, wonach aus bereits gultigen Theorien und Axiomen durch logische Folgerung weitere Satze formuliert werden.^® In Kapitel 3 werden daher verschiedene theoretische Ansatze zur Erklarung und Begrundung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze herangezogen. Die Erklarung soil zum besseren Verstandnis des Phanomens beitragen, wahrend die Begrundung in HInblick auf den Wahrheltsanspruch der getroffenen Aussagen notwendig ist. „Wahr nennen wir Aussagen, die wir begrunden konnen."^^ Es wird jeweils zuerst der allgemeine Aufbau des theoretischen Ansatzes kurz dargestellt, urn darauf aufbauend das Phanomen industrieller Ven^/ertungsnetze Jewells aus SIcht dieses Theorieansatzes darzustellen und zu interpretieren. Dabei geht es nicht urn eine generelle Kritik an den verschiedenen Theorien, der Fokus liegt vielmehr darauf, relevante Erkenntnisse in bezug auf industrielle Verwertungsnetze zu generieren. Der Allgemeinheitsanspruch der Analyse ist allerdings durch den Subjektcharakter des Forschungsgegenstandes zwangslaufig eingeschrankt. Auch ist festzustellen, dass bei der Entscheidung, welche Theorieansatze in die Darstellung aufgenommen werden, das bekannte Dilemma seichter Breite und schmaler Tiefe unvermeidllch ist.^° Die Behandlung einer groBen Anzahl verschiedener Ansatze ist mit der Gefahr der Oberflachlichkeit der Darstellung und Analyse verbunden, wahrend die allzu schnelle Eingrenzung der moglichen Erklarungs- und Begrundungsansatze zum ungerechtfertigten Ausschluss verschiedener Sichtweisen fiihren kann und damit blickverengend wirkt. Damit ist auch die Entscheidung zwischen der Toleranz gegenuber vielen verschiedenen
Sichtweisen
und Wahrheltsanspruchen
(Theoriepluralismus) und der Parteinahme fur nur eine oder wenige Denk-
Um dem Problem der Letztbegrijndung der Deduktion zu entgehen, wird im erkenntnistheoretischen Entwurf von Karl Popper, dem kritischen Rationalismus, der Weg der kritischen Uberprufung von Theorien gewahlt. Dabei werden aus bestehenden Theorien empirisch uberpriifbare Hypothesen deduktiv abgeleitet und schlieBlich durch Beobachtungen empirisch iiberpruft. Treten von den Hypothesen verbotene Ereignisse auf, so gilt die zugrundeliegende Theorie als falsifiziert oder zumindest als erschuttert. Diese Theorie wird sodann entweder ausgeschieden, in neue Theorien mit enger begrenztem Anwendungsbereich integriert oder als Heuristik weitervenA/endet; vgl. Weik 2001, S. 19-20. Habermas 1973, 8. 219. Der Konsensustheorie der Wahrheit folgend ist die potentielle Zustimmung aller anderen im Rahmen einer diskursiven Einlosung der Geltungsanspriiche Bedingung fur die Wahrheit von Aussagen. Vgl. zu dieser und zu den folgenden Ausfuhrungen Walter-Busch 1996, S. 81-87.
richtungen (Paradigmamonismus) verbunden. Als gangbarer Mittelweg wurde in dieser Arbeit die exemplarische Methode gewahit, bei der einerseits eine Auswahl getroffen wird, mit der moglichst viele Denkrichtungen erfasst werden, andererseits aber detaillierte, in die Tiefe gehende Analysen nur an ausgewahlten Stellen durchgefuhrt werden. Die Arbeit mit den verschiedenen Theorieansatzen erfolgt auf Basis des Grundsatzes, dass die verschiedenen Arten des Wissens stets gleichwertig behandelt werden.^^ Es gibt keine Uberlegenheitsanspruche einer Fachrichtung gegenuber einer anderen, aber auch nicht des wissenschaftiiciien Expertenwissens gegenijber dem von Praktikern, Laien oder Betroffenen. Auch werden verschiedene Generationen des Wissens nicht a priori aufgrund ihrer chronologischen Einordnung bewertet. „Wenn auch die Ansatze (approaches) In einer bestimmten historischen -
eben vom Bedingungsrahmen abhangigen
-
Reihenfolge aufgetreten sind, so heiBt das deshalb noch nicht, dass sle sich Im Sinne von Alternativen gegenseitig abgelost haben".^^ Erkenntnlsse, die zu einer bestimmten Zeit innerhalb eines bestimmten Kontextes als nicht mehr relevant verworfen werden, konnen zu einem spateren Zeitpunkt wieder aufgegriffen und weiterentwickelt werden.^^ Eine finale Beurteilung der verschiedenen Theorieansatze uber die verschiedenen Paradigmen und Kontextfaktoren hinweg ist somit nicht moglich (Inkommensurabilitat der Theorien),^"^ wohl aber konnen einzelne Erkenntnlsse der Theorien auf ihre Eignung hin uberpruft werden,
einen
Beitrag zur
besseren
Begrundung
und
Erklarung
des
Phanomens Industrieller Ven/vertungsnetze zu leisten. Der Nutzen dieser Darstellung und Analyse der verschiedenen theoretischen Ansatze besteht in eInem besseren Verstandnis der ,primaren Praxis' der Ruck-
Vgl. Walter-Busch 1996, S. 79-81. Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, 8. 406. Dies steht im Widerspruch mit der Evolutionstheorie des kritischen Rationalismus, wonach eine Weiterentwicklung von wissenschaftlichen Theorien auch gleichzeitig einen qualitativen Fortschritt bedeutet. Nach Popper kommt es durch die systematische Prufung von Theorien zu einem kumulativen Anwachsen des Wissens, d.h. neuere Theorien sind demnach besser, der Wirkiichkeit ahnlicher bzw. naher als altere; vgl. hierzu etwa Scherer 2001, S. 8; Weik 2001, S. 24-25. Hierbei darf aber nicht ubersehen werden, dass sich auch die empirische Bewahrung oder Falsifikation von Theorien immer auf ein bestimmtes System bezieht und damit nicht endgiiltig sein kann. Auch ist jede empirische Uberpriifung irrtumsanfallig, da sie nicht direkt auf Tatsachen, sondern auf der subjektiven Wahrnehmung von Tatsachen beruht. Diese hangt aber wieder vom jeweiligen Hintergrundwissen, den Vorannahmen und den Erwartungen des individuellen Beobachters ab; vgl. hierzu Chalmers 2001, S. 17-18. Vgl. Scherer 2001, S. 19-20.
standswirtschaft in Verwertungsnetzen. Im Sinne einer ,theoriegeleiteten Praxis' soil damit auch eine empirisch uberprufbare Basis fur die praktische Anwendung gebildet werden.^^ Dem wissenschaftstheoretischen Grundverstandnis einer anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre nach Ulrich folgend geht es also urn die zentrale Fragestellung, „wie ein sinnvolles Handein von Einzelnen im Rahmen eines weitlaufigen komplexen Systems geartet sein sollte, wenn es zur Verbesserung dieses Systems, zumlndest nicht zu dessen Verschlechterung beitragen soll".^® Die Begriffe ,Verbesserung' und ,Verschlechterung' implizieren jedoch zwangslaufig eine Wertung, die wiederum zwingend das Vorhandensein eines akzeptierten Zielsystems voraussetzt. Im Kapitel 4 wird daher die Thematik der industriellen Ven/vertungsnetze mit der normativen Vision einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft in Verbindung gebracht. Es stellt sich die Frage, inwieweit industrlelle Venwertungsnetze eine geeignete Basis fur weitergehende Kooperationen fur eine nachhaltige Entwicklung eines raumlich abgegrenzten Systems darstellen konnen. Der Begriff der Nachhaltigkeit ist zu operationalisieren, wobei unmittelbar das Problem der Aggregation verschiedener Wirkungen bzw. Wirkungsbereiche auftritt. Dies lasst sich insbesondere anhand der folgenden kurzen Beschreibung und kritischen Gegenuberstellung verschiedener Methoden zur okologieorientierten Bewertung aufzeigen. Auch wenn mit dem gegenwartigen Wissensstand in diesem Fachbereich eine methodisch einwandfreie, rationale Gesamtbeurteilung von VenA/ertungsnetzen nicht moglich ist, so sollen doch zumlndest tendenzielle Aussagen als Orientierungshilfe dafur abgeleitet werden, wie das Konzept der industriellen VenA/ertungsnetze zur nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft beitragen kann. Zur Einschatzung der Relevanz einzelner theoriebasierter Aussagen in Hinblick auf die Praxis der zwischenbetrieblichen Ruckstandswirtschaft sowie zur allfalligen Untermauerung dieser Aussagen ist eine empirische Analyse verschiedener VenA/ertungsnetze unerlasslich. In Kapitel 5 werden daher die anhand
einer
schriftlichen
Befragung
erhobenen
Daten
ausgewahlter
VenA/ertungsnetze dargestellt und analysiert. Dadurch kann ein besseres Verstandnis erreicht werden, wie in Unternehmungen recyclingorientierte Entscheidungen gefallt werden, welchen Besonderheiten zwischenbetriebliche
^^ Dies entspricht dem Theorie-Praxis-Modell der methodisch-konstruktiven Wissenschaftstheorie; vgl. Scherer 2001, 8. 24-26. ^
Ulrich 1 9 8 1 , 8 . 1 1 .
Verwertungsbeziehungen unterliegen, wie industrielle Verwertungsnetze in der Praxis entstehen und funktionieren und schlieBlich welches Potential Industrielle Verwertungsnetze in Hinblick auf eine Welterentwicklung in Richtung industrieller Nachhaltigkeitsnetzwerke aufweisen. Im Kapitel 6 werden schlieBlich die Ergebnisse dieser Arbeit kurz zusammengefasst und Schlussfolgerungen hinsichtlich der Etablierung neuer bzw. der potentiellen En/veiterung bestehender Kooperationen innerhalb industrieller Verwertungsnetze gezogen. Zusammenfassend kann der Aufbau der vorllegenden Arbeit folgendermaBen dargestellt werden: Grundlagen und Begriffsbestimmungen (Kapitel 2)
TT Erklarung und Begrundung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze anhand verschiedener Theorien: > Entscheidungstheorie > Systemtheorie > Umwelt-deterministische Organisationslehre > Neue Instltutionenokonomie (Kapitel 3)
CL Industrielle Verwertungsnetze und das Konzept der nachhaltigen Entwicklung (Kapitel 4)
Empirische Analyse (Kapitel 5)
43. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen (Kapitel 6)
Abb. 1: Aufbau der Arbeit
2. Grundlagen und Begriffsbestimmungen In diesem Kapitel werden die wichtigsten Begriffe und Grundlagen, die zur Analyse industrieller Ven/vertungsnetze benotigt werden, naher beschrieben. Wahrend in Kap. 2.1 auf zentrale Begriffe eingegangen wird, folgt in Kap. 2.2. eine kurze Darstellung der Grundidee industrieller Verwertungsnetze und eine allgemeine
Beschreibung
des
Konzeptes
anhand
netzwerkanalytischer
Deskriptoren.
2.1 Wichtige Begriffe Unn sich mit dem Phanomen industrieller VenA/ertungsnetze wissenschaftllch auseinandersetzen zu konnen, 1st es notig, eingangs einige zentrale Begriffe zu definleren. Im Folgenden werden daher die Begriffe Kooperation sowie Netzwerk bzw. Unternehmensnetzwerk erortert. In weiterer Folge werden wichtige Grundlagen der industriellen Produktions- und Ruckstandwirtschaft beschrieben.
2.1.1 Zum Begriff der Kooperation Der aus dem Lateinischen stammende Begriff ,Kooperation' bedeutet gemeinschaftliche Erfullung von Aufgaben bzw. Zusamnnenarbeit verschiedener Partner. Allgemein spricht nnan daher von einer Kooperation, wenn zwei Oder mehrere Individuen oder Organisationen zusammenarbeiten, urn ihre Ziele gemeinsam zu erreichen.^'' Das Motiv fur eine Kooperation liegt also darin, dass die Partner komplementare Ziele verfolgen und die Zusammenarbeit der Partner zu Synergieeffekten und dadurch zu einem hoheren Zielerreichungsgrad fuhrt. Die verschiedenen Leistungen der Kooperationspartner erganzen einander dabei, d.h., sle sind Telle eines groBeren Ganzen. „Die Synergiepotentiale llegen in der komplementaren Differenz der Teile."^® Die Aktivitaten der Kooperationspartner sind so aufeinander abzustimmen, dass sich die einzelnen Prozesse quasi zu einem einzigen Prozess verbinden.
37
Vgl. Bogaschewsky 1995, S. 161; Schliffenbacher 2000, S. 20.
^® Bauer 2002, S. 303.
11
Zu beachten ist, dass Zielkomplementaritat nicht bedeutet, gemeinsame oder gleiche Ziele verfolgen zu mussen. Die Fundamentalziele^^ der Akteure konnen sehr wohl unterschiedlich sein, mit der Erreichung eines Ziels muss aber die Erreichbarkeit des anderen Ziels positiv beeinflusst werden.'^^ Zwischen den Kooperationspartnern besteht also zumindest partiell Jnteressenharmonie'.'^^ Zum Tell konnen die Interessen der Kooperationspartner aber auch divergieren, etwa hinsichtlich der Aufteilung des gemeinsam erwirtschafteten Erfoigs oder der Aufbringung der dafur erforderlichen Einsatzguter."^^ Der Kooperationsbegriff beinhaltet per se noch keine Aussage uber den Zielinhalt, ist also unabhangig vom Zweck der Kooperation. Die Bezlehung zwischen den Partnern begrundet eine beidseitige Handlungs- und Verantwortungsgemeinschaft, In der die Beteiligten in Abhanglgkeiten ihrer jeweiligen Fahigkeiten und Starken bestlmmte Rollen zugeteilt bekonnmen und die Chancen und Risken des gemeinsannen Projekts teilen. Die wirtschaftliche und rechtliche Selbststandigkeit der Kooperationspartner bleibt durch die Zusammenarbeit unberuhrt, die Organisationseinheiten bestehen als solche welter."*^ Die Kooperation kann entweder in Form einer stillschweigenden Zusammenarbeit durch vertragsfrei aufeinander abgestimmtes Verhalten der Kooperationspartner Oder in Form einer durch schriftliche oder mundliche Absprachen fixierten Zusammenarbeit stattfinden. Den Begriff der Kooperation auf eine der beiden Formen der Zusammenarbeit einzuschranken, erscheint nicht sinnvoll."^ Vielmehr kann die BIndungsintensitat verschiedener Kooperationsformen an die jeweilige Situation angepasst unterschiedlich hoch sein."^^ Im Bereich niedriger BIndungsintensitat muss die Zusammenarbeit bewusst erfolgen, um von Kooperation sprechen zu konnen,"^® wahrend im Bereich hoher BIndungsintensitat das
Unter Fundamentalzielen versteht man Ziele, die im jeweiligen Kontext um ihrer selbst willen verfolgt werden und damit keiner weiteren Begrundung mehr bedurfen. Je nachdem, ob diese Abhangigkeitsbeziehung einseltig oder beidseitig besteht, wird von asymmetrlscher oder symmetrischer Zielkomplementaritat gesprochen. Vgl. Kleebach 1994, S. 12. Vgl. Neus2001,S. 10. Vgl. etwa Liesegang (Hrsg.)/Krcal 1998, S. 9. Beispielsweise schrankt Zillig Kooperation auf „eine mittel- bis langfristig ausgelegte, vertraglich geregelte Zusammenarbeit" ein; vgl. Zillig 2001, S. 69. Vgl. hierzu auch Mayer 2000, S. 77. Vgl. Balling 1998, S. 14-15. Vgl. Kleebach 1994, S. 13. Den Begriff der Kooperation fur jede Form des gemeinsamen Handelns, selbst fiir den reinen Austausch von Giitern anzuwenden (wie in Neus 2001, S. 10 vorgeschlagen), erscheint nicht zweckma3ig.
12
Abgrenzungskriterium zwischen Kooperation und Konzentration die rechtliche und/oder wirtschaftliche Unabhangigkeit der Partner darstellt. Diese mehr oder wenjger starke Bindung der Kooperationspartner setzt jedenfalls ein MindestmaB an Vertrauen voraus. Dieses Vertrauen ermoglicht erst, dass Erwartungen uber das zukunftige Verhalten des jeweiligen Kooperationspartners gebildet werden und damit die „Anschlussfahigkeit sozialer Handlungen" sichergestellt wird."^^ Das Motiv fur eine Kooperation, durch Synergie-Effekte einen hoheren Zielerreichungsgrad zu eriangen, impliziert, dass die Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis erfolgt. Die Freiwilligkeit als Bestinrimungsmerkmal in die Begriffsdefinition einzubeziehen, erscheint jedoch problennatisch, da es auch erzwungene Kooperationen, wie beispielsweise durch die Pflichtmitgliedschaft bei Interessensvertretungen, gibt."^® Auch beinhaltet der Ausdruck Kooperation noch keine Aussage, welche und wie viele Partner an der Kooperation beteiligt sind oder fur wie lange die Zusammenarbeit ausgelegt ist. Hinsichtlich der beteiligten Partner kann es sich grundsatzlich sowohl um naturliche als auch juristische Personen, sprich Institutionen, handeln. Bei Kooperationen zwischen Institutionen, etwa Unternehmenskooperationen, muss jedoch berucksichtigt werden, dass die Zusammenarbeit auch hier auf der Ebene der naturlichen Personen erfolgt und durch die Einstellung und das Verhalten der Akteure gegenuber Kooperationsbeziehungen mitbestimmt wird."*^ Kooperation als eine reale Verhaltensform ist an konkrete Personen bzw. Akteure gebunden, wenngleich Institutionen soziale bzw. sozio-technische Systeme^° sind, die die Verhaltensweisen ihrer MItglieder in vielfaltiger Weise, etwa durch Anreizsysteme oder ihre spezifische Kultur, beeinflussen. Der Begriff der Kooperation steht mit dem Begriff der Unternehmung in zweierlei Welse in Verbindung. Einerseits lasst sich eine Unternehmung als eine Form der Kooperation definieren, namlich als eine „auf Dauer angelegte kooperative Veranstaltung von Individuen mit nicht notwendigerweise identischen Interessen zur Sicherung von [...] moglichen Vorteilen gemeinsamen und koordinierten
Vgl. Bachmann/Lane 1997, S. 85. "^ Vgl. Mayer 2000, S. 77. ^^ Vgl. Neus2001,S.7. '° Vgl. Kap. 3.2.
13
Verhaltens".^^ Andererseits sind aber auch Unternehmenskooperationen, d.h. Kooperationen zwischen zwei oder mehreren Unternehmen, von Interesse. Hierbei wird grundsatzlich zwischen horizontalen, vertikalen und lateraien bzw. konglomeraten Kooperationsfornrien unterschieden.^^ Bei einer horizontalen Kooperation arbeiten Unternehmen der selben Wertschopfungsstufe zusammen. Von einer vertikalen Kooperation spricht man hingegen, wenn Unternehmen aus vor- und nachgelagerten Wertschopfungsstufen zusammenarbeiten. Als laterale Kooperation wird schlieBlich die Zusammenarbeit von Unternehmen aus verschledenen Branchen oder Geschaftsfeldern bezeichnet. Unternehmenskooperationen werden In der Regel zur gemelnsamen Errelchung okonomlscher Ziele, Insbesondere zur Steigerung der Wettbewerbsfahlgkeit gegrundet. „Dle Wirtschaftlichkeit ist die wichtlgste Motivation zur Kooperation."^^ HIer Ist jedoch festzuhalten, dass Kooperatlonsbeziehungen nicht per se vortellhaft und automatlsch mit einer Steigerung der Wettbewerbsfahlgkeit der beteiligten Unternehmen verbunden sein miissen. Vielmehr konnen durch die Kooperation sowohl positive als auch negative Wirkungen einhergehen. Je nach Ausrichtung wird hierbei von Kooperatlonspotentlalen und Kooperatlonsrislken gesprochen.^ Zu einer Kooperation zwischen Unternehmungen kommt es nur dann, wenn die durch die zielgerlchtete Zusammenarbeit der Partnerunternehmungen enA/arteten Kooperatlonspotentlale deren RIslken ubersteigen, d.h. wenn die durch die Kooperation koordinierten komplementaren Handlungen entweder unmittelbar fur belde Unternehmungen zu einem positlven Ergebnis fuhren oder zumindest zunachst fur das eine und spater fur das andere Partnerunternehmen. Fur Sydow spielt hier die gegenseltige Berucksichtlgung der jeweillgen Interessen des Anderen in ihrem elgenen Handein eine besondere Rolle: „Auf diese Interessenberuckslchtigung kommt es m. E. bei der Kooperation entscheidend an, wenlger auf die Frage der Gleichrangigkeit oder gar Gleichmachtigkeit der Kooperationspartner."^^ Der Begrlff der Unternehmenskooperation steht dem Begriff der zwischenbetrleblichen
Arbeitsteilung
sehr
nahe. „lm
strengen
Sinn
bezeichnet
Schauenberg/Schmidt 1983, S. 249. Vgl. hierzu Belzer 1993, S. 52, Liesegang (Hrsg.)/Krcal 1999, S. 9-10, Sydow 2001a, S. 248. Fleisch 2001, 8.54. 54 55
14
Vgl. Belzer 1993, S. 87. Sydow2001a, S. 245.
,zwischenbetriebliche Arbeitsteilung' zwei (oder mehr) Betriebe, die eine Leistung erbringen, indem erstens jeder Betrieb eine Teilaufgabe erfullt und zweitens dies so abgestimmt erfolgt, dass sich insgesamt ein sinnvolles (Leistungs-) Ganzes ergibt."^^ Aus okonomischer Sicht ermoglicht die Arbeitsteilung und die damit verbundene Spezialisierung der Wirtschaftseinheiten die Generierung komparativer Kostenvorteile.^'' Von einer Kooperation spricht man sinnvoller weise aber erst, wenn die Beziehung zwischen den beteiligten Unternehmen uber normale Geschaftsbeziehungen hinausgehen.^® Mit Kooperationen kann ein Unternehmen einerseits die Umwelt stabilisieren und berechenbarer machen, andererseits sind Kooperationen aber auch stets mit einem gewlssen Autonomieverlust verbunden. Dieses Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Efflzienz und partleller Aufgabe wirtschaftlicher Selbstandigkeit durch Kooperation wird auch als „Paradoxon der Kooperation" bezelchnet. Folglich mussen Unternehmungen bei der Wahl der Kooperationsformen eine Balance zwischen dem Stabilisierungsbedarf und dem Wunsch nach Autonomie- und Flexibilitatserhalt finden.^® Die konkrete Ausgestaltung der Kooperation kann im Einzelfall erheblich variieren.^° So sind Joint Ventures eine der Integration bereits sehr naheliegende Kooperationsform, wahrend die sogenannte Kooptation eine sehr niedrige Bindungsintensitat aufwelst^V „Kooptation bedeutet die partielle Hereinnahme von Mitgliedern bedeutender externer Organisationen in den eigenen Entscheldungsprozess, das heiBt in der Regel In das elgene Kontrollorgan".^^ Eine dazwischenliegende Form der Kooperation ist belspielsweise die Zusammenarbeit auf Basis langfristiger Vertrage zwischen Unternehmungen innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes, etwa eines Industriellen Ven^/ertungsnetzes.
56
Bauer 2002, S. 297.
57
Vgl.Neus 2001,8.63-67.
58 59 60
Vgl. Belzer 1993, S. 43-44. Vgl. Schreyogg 1999, 8. 368. Fur eine Typologie klassischer Kooperationsformen vgl. 8chliffenbacher 2000, 8. 21-23. Vgl. Morschett 2003, 8. 393-399. Schreyogg 1999, 8. 370.
15
2.1.2 Zum Begriff des Netzwerkes Ganz allgemein lassen sich Netzwerke als materielle oder immaterielle Geflechte aus Knoten und Kanten definieren.^^ Die Kanten im Geflecht stellen bipolare Verbindungen zwischen den Knoten dar. Folglich besteht ein Netzwerk aus einer begrenzten Mehrzahl derartiger bipolarer Relationen zwischen jeweils zwei Knoten. Der Begriff des Netzwerkes gibt noch keinen Aufschluss uber die dahinterliegenden Entitaten. Es konnen verschiedenste Sachverhalte, Orte, Ereignisse, Personen etc. als Knoten dargestellt werden, aber auch der Inhalt der Kanten ist a priori unbestimmt.^ Materielle Netzwerke sind physisch wahrnehmbar und damit sehr einfach nachvollziehbar. Man denke hier an Leitungsnetzwerke, wie etwa Wasserversorgungs- oder Abwasserentsorgungsnetze, Strom-, Telefon- oder Computernetzwerke. Immaterielle Netzwerke, wie soziale Netzwerke zwischen Gesellschaftsmitgliedern oder Unternehmensnetzwerke, erfordern einen deutlich hoheren Abstraktionsgrad zu deren Erfassung bzw. Abgrenzung. Erschwerend kommt noch hinzu, dass immaterielle Netzwerke, beispielsweise zwischen den Mitarbeitern eines Unternehmens, nicht immer auf formal festgelegten Relationen zwischen den Individuen beruhen, sondern auch informaler Art sein konnen. Auch konnen immaterielle Vernetzungen sozialer Systeme auf verschiedenen Betrachtungsebenen identifiziert werden.^^ Auf der makrookonomischen Ebene konnen Verbindungen zwischen den Wirtschaftssektoren einer Volkswirtschaft ein Netzwerk bilden, wahrend auf mikrookonomischer Ebene die Vernetzung von Institutionen im Vordergrund steht. Dazu zahlen etwa Kooperationsbeziehungen
zwischen
Unternehmen, aber
auch
kurzfristig
ausgerichtete
Handelsbeziehungen oder gegenseitige Beteiligungen, die schlleBlich zu Unternehmensgeflechten fuhren konnen. Innerhalb einer Institution kommt es zur Bildung von Netzwerken zwischen Geschaftsbereichen oder Abteilungen, die durch prozessuale Verbindungen miteinander verknupft sind.^® Auf der niedrigsten Ebene werden schlleBlich Individuenbezogene Vernetzungsphanomene
Vgl. Ehrensberger 1993, S. 157 sowie Kronen 1994, S. 119; Kutschker/Schmidt 1995, S. 3; Mayer 2000, 8. 67; VoB 2001, S. 279. Vgl. Bauer 2002, 8.294. Vgl. hierzu Nohria 1992, 8. 4; Mayer 2000, 8. 68-70. Bei den Kanten dieser intraorganisationalen Netzwerke handelt es sich weniger urn technische Prozesse wie etwa Fertigungsprozesse als urn betriebswirtschaftliche Geschaftsprozesse.
16
betrachtet, wie etwa interpersonale Netzwerke zwischen den Mitarbeitem einer Abteilung. Betrachtet man gleichzeitig verschiedene Ebenen, so wird deren hierarchischer Zusammenhang erkennbar. Die Netzwerke auf einer unteren Ebene bilden jeweils Knoten fur die nachst hohere Ebene, so dass sich ein mehrschichtiges, pyramidenformiges Vernetzungsmodell ergibt.^'' Bei dieser idealtypischen Charakterisierung ist allerdings zu berucksichtigen, dass Uberschneidungen von Netzwerken und Mehrfachzugehorigkeiten zu verschiedenen Netzwerken nicht die Ausnahme, sondern eher den Regelfall bilden. Auch ist diese Einteilung in Betrachtungsebenen
nicht vollstandig, sondern konnte noch
problemlos erweitert bzw. nach weiteren Vernetzungsperspektiven unterteilt werden. Sydow kommt sogar zunn Schluss, „dass nahezu jedes empirische Phanomen als Netzwerk betrachtet werden kann. SchlieBlich ist ein Netzwerk zunachst nichts anderes als ein methodisches Konstrukt des Forschers Oder der Forscherin, der bzw. die erstens daruber entscheidet, welcher Untersuchungsgegenstand als Netzwerk erfasst werden soil, und zweitens, wie dieser von seiner Umwelt abgegrenzt werden soll".^® Ahnlich stellen auch Araujo/Easton test: „lt is clear that the term network has acquired the character of an umbrella, catch-all term under which a variety of theoretical and methodological posititions in the social science have sought refuge."®^ Bei der Anwendung des methodlschen Konstrukts eines Netzwerkes werden dem Untersuchungsgegenstand, auf das die Netzwerkmetapher angewandt wird, implizit Oder explizit zwei Strukturmerkmale von Netzwerken unterstellt:''° •
Netzwerke sind lateral, d.h. sie bestehen aus jeweils nur einem Typ von Entitaten und Beziehungen. Innerhalb eines Netzwerkes gibt es keine Hierarchie, keine Uber- oder Unterordnung. Alle Knoten llegen auf der gleichen logischen Ebene.
•
Netzwerke sind prinzipiell often, d.h. sie konnen um beliebig viele weitere Kanten und Knoten en^/eitert werden, ohne dass der Netzwerkcharakter verloren ginge. Allfallige Grenzen ergeben sich aus der Netzwerkumwelt
Vgl.Kronen1994, S. 29. Sydow 1992, S. 75, orthografisch an die neue deutsche Rechtschreibung angepasst; Vgl. auchOtto2002, S. 215. Araujo/Easton 1996, S. 64. Vgl. Bauer 2002, S. 294-295.
17
etwa in Form begrenzter Ressourcen, ein Netzwerk selbst aber hat kein ,Haltekriterium', das weitere Knoten und Kanten ausschlieBen wurde/^
2.1.3 Unternehmensnetzwerke In weiterer Folge wird das Hauptaugenmerk auf Unternehmensnetzwerke gelegt, die gemaB obiger Definition als Geflechte, bei denen Unternehmungen die Knoten und die zwischen ihnen bestehenden okonomischen Austauschbeziehungen die Kanten bilden, bezeichnet werden konnen/^ Diese statische Definition greift aber sicher zu kurz, da in ihr die Dynamik von Unternehmensnetzwerken aufgrund der kontinuierlichen Interaktion der Netzwerkakteure nicht widergespiegelt wird. So wie Unternehmenskooperationen stets an das Verhalten von einzelnen Mitarbeitern gekoppelt sind/^ so wird auch eine Vernetzung von Unternehmen durch Netzwerkakteure und die von ihnen ausgehenden Aktivitaten bestimmt. Ein Unternehmensnetzwerk ist also stets auch ein soziales Netzwerk, das als ein ..specific set of linkages among a defined set of persons, with the additional property that the characteristics of these linkages as a whole may be used to interpret the social behaviour of the persons involved"^^ definiert werden kann. Daher reicht es bei der Analyse von Unternehmensnetzwerken nicht, sich ausschlieBlich auf eine Betrachtung auf Unternehmensebene zu beschranken, es mussen vielmehr auch die darunter liegenden Ebenen bis hin zu den Einzelpersonen berucksichtigt werden. Konstitutive Bestandteile von Unternehmensnetzwerken sind die Netzwerkakteure, die von ihnen ausgehenden Aktivitaten und die dabei ausgetauschten
Ressourcen.''^ Daraus folgt, dass
das
ausschlieBliche Vorliegen von Faktortransaktionen zwischen mehreren Unternehmungen noch nicht ausreicht, diese als Unternehmensnetzwerk zu bezeichnen. Der Begriff Unternehmensnetzwerk fokussiert vielmehr auf die sozialen Beziehungen zwischen den Akteuren/® Es geht nicht nur darum, dass es zu okonomischen Austauschbeziehungen kommt, sondern auch darum, wie diese
71 72
Vgl. auch Kutschker/Schmid 1995, S. 3. Vgl. Mannel 1996, S. 25, Mayer 2000, S. 72. Vgl. Kap. 2.1.1. Mitchell 1975, S. 2, hier zitiert aus: Mayer 2000, S. 72; vgl. auch Ibarra 1992, S. 166. Vgl. Mayer 2000, S. 72-73. Vgl. Sydow1992, S. 78.
18
Interorganisationsbeziehungen im Netzwerk organisiert sind/'^ „Erst eine [...] soziale Organisiertheit der Beziehungen rechtfertigt die Rede von Netzwerkbeziehungen - und damit von Unternehmensnetzwerken."''^ Dieser Forderung wird Sydow gerecht, indem er in seiner Definition gerade diese Beziehungen zwischen den Netzwerkunternehmen in den Vordergrund stellt: „Ein Unternehmensnetzwerk stellt eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform okonomischer Aktivitaten dar, die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbststandigen, wirtschaftlich jedoch zunneist abhangigen Unternehmen auszeichnet."''^ Nach Hippe liegt ein Unternehmensnetzwerk dann vor, „wenn zwischen mehreren rechtlich selbstandigen und fornnal weitgehend unabhangigen Unternehmen eine koordinierte, kooperative Zusammenarbelt stattfindet. Entscheidend 1st, dass die beteiligten, bisher autonom agierenden Unternehmen ein ubergeordnetes, gemeinsames Ziel verfolgen."®° Durch die Einbindung der Unternehmen in ein Netzwerk wird die scharfe Trennung zwischen intra-organisationalen und inter-organisationalen Beziehungen aufgehoben, die Unternehmensgrenze verschwimmt.®^ Die Unternehmungen sind nicht mehr in eine exogen vorgegebene Umwelt eingebettet; durch die Vernetzung gestalten die Netzwerkunternehmen vielmehr ihre Umwelt aktiv. Karl/Moller stellen bei ihrer Netzwerkdefinition die Kooperation von mindestens drei Partnem in den Vordergrund: „Kooperationsbeziehungen zwischen mehr als zwei Kooperationspartnern werden als Netzwerke bezeichnet, die im Gegensatz zu bilateralen Beziehungen komplexere Beziehungsstrukturen auf-
Dadurch wird es moglich, den Begriff Unternehmensnetzwerk von herkommlichen Transaktionen zwischen Unternehmen auf Markten, die durch den Preis gesteuert werden, abzugrenzen. Jedes Beziehungsgeflecht zwischen Lieferanten und Abnehmern als Netzwerk zu bezeichnen, wurde den Begriff ad absurdum fuhren. Sydow 1995, 8. 141. Sydow1992, S. 79. Hippe 1996, S. 25-26. Der anschlieBenden Schlussfolgerung von Hippe, dass dadurch eine Unterordnung der Individualziele der Einzelunternehmen unter das Koilektivziel des Unternehmensnetzwerkes stattfindet, wird hier jedoch nicht zugestimmt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Unternehmensnetzwerke In der Regel dann zustande kommen, wenn dadurch die Erreichung der Individualziele der Einzelunternehmen unterstiitzt wird. Aufgrund der Vernetzung von Unternehmen bereits von grenzenlosen Organisationen („boudaryless organization") zu sprechen, ist jedoch irrefuhrend. Netzwerkarrangements fuhren namlich nicht zur ganzlichen Auflosung, sondern nur zur Definition zusatzlicher, anders spezifizierter Grenzen; vgl. hierzu Tacke 1997, S. 18-21.
19
weisen, deren Reziprozitat und Interdependenz starker ausgepragt sind."^^ Kooperatives Verhalten der Netzwerkteilnehmer ist demnach ein wesentliches BestJmmungsmerkmal von Unternehmensnetzwerken. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Interorganisationsbeziehungen zwischen den Netzwerkunternehmen nicht zwangslaufig in alien Bereichen kooperativer Natur sein mussen.®^ Es ist sehr woiil denkbar, dass Unternehmen in einem Bereich, etwa in der F&E Oder in der Ruckstandswirtschaft, kooperieren, einander aber in anderen Bereichen, z.B. auf dem Absatzmarkt, als Konkurrenten gegenuberstehen.^ Zudenn konnen sich die Beziehungen zwischen den Netzwerkunternehmen inn Laufe der Zeit andern. So konnen beispielsweise zuerst kooperative Beziehungen aufgrund veranderter Rahmenbedingungen in Wettbewerbsbeziehungen umschlagen. Mitunter kann der Wettbewerb in einem Unternehmensnetzwerk sogar bewusst geschurt werden, etwa durch die Forcierung eines Unterlieferanten in einem Zuliefernetzwerk, um dadurch den Marktdruck auf die anderen Netzwerkunternehmen zu erhohen. 2.1.3.1 Entstehung von Unternehmensnetzwerken Die Entstehung von Unternehmensnetzwerken ist in Zusammenhang mit der okonomischen Grundsituation der Arbeitsteilung zu sehen. Arbeitsteilig organisierte Systeme erfordern eine Vielzahl an Austauschbeziehungen zwischen den Wirtschaftssubjekten. Mit dem Ziel der Effizienzsteigerung, etwa durch die Realisierung komparativer Preisvorteile, werden Produkte und Leistungen zwischen Unternehmen ausgetauscht.®^ Dies fuhrt zwangslaufig zu Interaktionen und wechselseitigen Interdependenzen zwischen den Austauschpartnem. Somit fuhrt Arbeitsteilung und Spezialisierung auf die eigenen Kernkompetenzen automatisch zu Unternehmensnetzwerken.®^
Karl/Moller 2003, S. 197. Grundsatzlich ware es auch moglich, von einem Unternehmensnetzwerk zu sprechen, wenn mindestens zwei Unternehmungen kooperieren. In der Regel wird jedoch von einem Unternehmensnetzwerk erst dann gesprochen, wenn nicht nur eine bilaterale Kooperationsbeziehung, sondern ein multilaterales Engagement von mehr als zwei Partnern vorliegt, das Netzwerk also mehr als zwei Knoten aufweist. Vo3 weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es zwischen zwei und drei Partnern keinen wesentlichen qualitatlven Sprung gibt, sodass die Eingrenzung des Netzwerkbegriffes auf mindestens drei Unternehmen konzeptionell nicht ausreichend begrundbar erscheint; vgl. hierzu VoB 2001, S. 299. Vgl. Bogaschewsky 1995, 8 . 1 6 1 ; Schmidtchen 2003, S. 67ff. Vgl. Mayer 2000, S. 87. Hier geht es um die klassische betriebswirtschaftliche Fragestellung ,Eigenfertigung oder Fremdbezug' bzw. ,make or buy'. Vgl. Hinterhuber/Stahl 1996, 8. 95.
20
Die Spezialisierung von Unternehmungen auf ihre Kernkompetenzen^^ fuhrt haufig direkt zur Ausgliederung bestimmter Unternehmensbereiche, dem sogenannten
Phanomen des Outsourcings.®^ Dabei werden jene Bereiche der
betrieblichen Leistungserstellung und -verwertung, die nicht zu den eigenen Kemkompetenzen gehoren, entweder an Dritte ubertragen Oder vollstandig aufgelost und die Leistungen auf dem Markt zugekauft. Im ersten Fall komnnt es zu einem sogenannten „spin off" und damit zur Grundung neuer selbstandiger Unternehmen. Hier spricht man von Quasi-Externalisierung, im zweiten Fall der volligen Auflosung der Unternehmensbereiche hingegen von vollstandiger Externalisierung.®® Die Quasi-Externalisierung unterscheidet sich von der vollstandigen Extemalisierung durch eine weiterhin vergleichsweise enge Beziehung zwischen dem auslagernden Unternehmen und dem nunmehrigen Zulieferer. Die Leistungen werden nicht auf Basis einer losen, rein marktiichen Beziehung, sondern auf Basis einer langerfristigen, zumeist vertraglich geregelten Kooperation ausgetauscht. Durch diese partielle Auslagerung verbleibt ein MindestmaB an Einfluss- und Kontrollmoglichkeiten beim auslagernden Unternehmen. Die Quasi-Externalisierung wird dem reinen Fremdbezug immer dann vorzuzlehen sein, wenn die Transaktionskosten, die Komplexitat und die strategische Bedeutung der betreffenden Aktivitaten relativ hoch sind und damit auch die Risiken der vollstandigen Extemalisierung groB waren.^° Unter Internalisierung, dem Gegenteil von Extemalisierung, wird die Integration bestimmter, bisher zugekaufter Aktivitaten und Leistungen in die eigene Orga-
Unter Kemkompetenzen versteht man jene Schlusselfertigkeiten in einer Unternehmung, die als Plattform fiir bestehende und zukunftige Produkte und Dienstleistungen genutzt werden. Dazu gehort die Fahigkeit, konkrete Wertschopfung, die zu einem echten Kundennutzen fuhrt, zu erbringen, Technologien mit dem dazugehorenden Know-how zusammenzufijhren und die relevanten Aktivitaten zu organisieren; vgl. Prahaiad/Hamel 1990, S. 7993. Hinterhuber/Stahl entwickelten ein 5-stufiges Modell der Kernkompetenz im Zusammenhang mit Unternehmensnetzwerken, bestehend aus epistemischer, heuristischer, relationaler, reputationaler und integrativer Kompetenz; vgl. hierzu Hinterhuber/Stahl 1996, 8.103-111. Als Vorteile des Outsourcing werden Efflzienzsteigerung und Flexibilitat (Verringerung der Fixkosten), aber auch die Nutzung externen Know-hows, der erhohte Wettbewerb unter den Zulieferern und die verbesserte Steuerung iiber Marktmechanismen genannt. Dem gegenuber sind Nachteile, wie ein moglicher Kompetenzverlust, Generierung zusatzllcher Konkurrenz oder der Verlust des direkten Kontaktes mit dem Kunden, zu bedenken; vgl. Horchler 1996, S. 6f. und S. 168-170. Vgl. hierzu Sydow 1992, S. 105-109. Vgl. Hinterhuber/Stahl 1996, S. 101.
21
nisation infolge von Marktversagen verstanden.^^ Wird dabei die vollstandige Integration in die Unternehmensorganisation vermieden, kommt es zur QuasiInternalisierung, d.h. zu einer hochentwickelten und intensiven zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit. Ein Beispiel einer Quasi-lnternalisierung ist die Grundung strategischer Allianzen, bei der die beteiligten Unternehmen zwar rechtlich und wirtschaftlich selbstandig bleiben, aber dennoch ihre Wertschopfungsaktivitaten eng aufeinander abstinnmen. Unternehmensnetzwerke konnen nun ais Resultate von Quasi-Externalisierung Oder Quasi-lnternalisierung von Wertschopfungsaktivitaten aufgefasst werden:^^
Externalisierung
QuasiExternalisierung Hierarchie
w
Quasilnternalisierung
Unternehmensnetzwerke
^
Markt
Internalisierung
Abb. 2:
Unternehmensnetzwerke
als Ergebnis
von Quasi-lnternalisierung
oder Quasi-
Externalisierung®^
Wesensmerkmal von Unternehmensnetzwerken ist also, dass die vollstandige Integration in die Unternehmenshierarchie genauso vermieden wird wie die Abwicklung der Transaktionen uber den Markt.^"^ Stattdessen wird mit der Grundung von Unternehmensnetzwerken versucht, die Wertschopfungsaktivitaten rechtlich und wirtschaftlich selbstandiger Unternehmen durch langfristige Vereinbarungen derart zu koordinleren, dass durch die zwischenbetriebliche Kooperation mogliche Synergleeffekte bestmoglich genutzt werden und gleichzeitig eIn hohes MaB an organisatorischer Flexibilitat erhalten bleibt.^^ Auf diese
Der Begriff der Internalisierung wird vor allem in der Theorie der internationalen Unternehmung in Hinblick auf die horizontale und vertikale Integration von Arbeit, Kapital und Technologie venA/endet; vgl. Sydow 1992, S. 105. Vgl. Sydow 1992, S. 105 ft.; Wildemann 1997, S. 418 ft.; Mayer 2000, S. 104. Eigene Darstellung. Vgl. Kap. 3.4.2. Organisatlonale Flexibilitat beinhaltet alle zukunftsgerichteten Uberlegungen der langfristlgen Schaffung und Sicherung von Handlungsspielraumen zur Begegnung von Risiken
22
Art und Weise werden die interorganisationalen Beziehungen und Bindungen zu bedeutenden strategischen Ressourcen einer Untemehmung. „Eine Unternehmung kann sich einen Wettbewerbsvorteil schaffen, indem es diese Bindungen nach drauBen weiter optimiert oder koordiniert".^^ Besonders bei komplexen Umfeldbedingungen, wie etwa unter verscharftem Wettbewerb, hoher Dynamik, Vieldeutigkeit und Unsicherheit, wird der Netzwerkorganisation aufgrund ihrer Flexibilitat und hohen Anpassungsfahigkeit eine besondere Bedeutung beigemessen.®'' Die wachsende Bedeutung von zwischenbetrieblichen Kooperationen steht somit in direktem Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Strukturwandel.^® 2.1.3.2 Arten von Unternehmensnetzwerken Dem Konzept der Unternehmensnetzwerke wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur groBes Interesse entgegengebracht, wobei eine Vielzahl verschiedener Bezeichnungen und Begriffe, wie etwa jener der strategisciien Netzwerke Oder Allianzen, der virtuellen Organisationen oder des industriellen Clusters, verwendet werden. In dieser Begriffsvielfalt treten haufig inhaltliche Uberschneidungen und flieBende Obergange auf. Gerade deswegen ist eine Klassifizierung der verschiedenen Arten von Unternehmensnetzwerken hinsichtlich eindeutiger elementarer Merkmale zweckmaBig, auch wenn exakte Abgrenzungen nicht immer moglich sind. In der folgenden Tabelle sind einige Klassifikationskriterien und dazugehorige Auspragungen dargestellt:
Kriterium Wirkungsebene Raumliche Ausdehnung Vernetzungsrichtung
lokal - regional - national - global horizontal - vertikal - diagonal
Veranderlichkeit
statisch - dynamisch
Funktionsweise
mechanistlsch - organisch
Inhaltliche Ausrichtung Tab. 1:
Auspragungen strategisch - operativ
F&E - Produktion - Vertrieb - etc.
Klassifikationsmerkmale und Auspragungen von Unternehmensnetzwerken
und Wahrnehmung von Chancen; vgl. Meffert 1985, S. 122, hier zitiert aus Sydow 1992, S. 110. Porter1993, S. 65. Vgl. etwa Meyer 1995, S. 124ff.; Nohria/Eccles 1992, S. 290. Vgl. Balling 1998, S. 32-38.
23
Eine Einteilung von Unternehmensnetzwerken in verschiedene Netzwerkarten sollte sich selbstverstandlich stets an ein und demselben Kriterium oder gegebenenfalls auch gleichzeitig an mehreren Kriterien orientieren.^^ Dennoch wird in der Netzwerkliteratur haufig zwischen strategisch intendierten und regional angesledelten Unternehmensnetzwerken unterschieden.^°° So verfugen laut Hinterhuber/Stahl strategische Netzwerke „meist uber explizite Ziele, klare Rollenverteilungen und sogar eine Netzwerkidentitat. Die regionalen Netzwerke entspringen hingegen eher informalen Prozessen ohne strategische Fuhrerschaft"J°^ Das Problem solcher Einteilungen ist, dass zwar zwei Idealtypen von Unternehmensnetzwerken beschrieben werden, jedoch kein eindeutiges Merkmal zur Klassifizierung herangezogen wird.^°^ Fur ein systematisches Vorgehen erscheint es also sinnvoll, Unternehmensnetzwerke hinsichtlich der beiden Klassifikationsmerkmale getrennt einzuteilen, also sowohl hinsichtlich ihrer WIrkungsebene als auch hinsichtlich ihres raumlichen Bezugs. Nach Sydow stellt ein strategisches Netzwerk „eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende, polyzentrische, gleichwohl von einer oder mehreren Unternehmungen strategisch gefuhrte Organisationsform okonomischer Aktivitaten zwischen Markt und Hierarchie dar, die sich durch komplexrezlproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbststandigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhangigen Unternehmungen auszeichnet."^°^ Ahnlich definiert er eine strategische Allianz als „eine formalisierte, langerfristige Beziehung zu anderen Unternehmungen, die mit dem Ziel aufgenommen wird, eigene Schwachen durch Starkenpotentiale anderer Organisationen zu kompensieren, um auf diese Art und Weise die Wettbewerbsposition einer Unternehmung oder einer Gruppe von Unternehmungen zu sichern und langfristig zu verbessern.^^^ Jarillo geht von der
Eine Typologisierung strategischer Unternehmensnetzwerke anhand mehrerer Kriterien wurde etwa in Grutsch 2000, S. 96-167, vorgenommen. Vgl. beispielsweise Sydow 1995, S. 162-164; Hinterhuber/Stahl 1996, S. 91-92; Mayer 2000, S. 105. Hinterhuber/Stahl 1996, S. 92. Diese Kritik auBert auch Grutsch, der richtigerweise feststellt, dass auch regionale Unternehmensnetzwerke in unterschiedlichster Konfiguration und hierarchischer Gliederung moglich sind, also auch von fokalen Untenehmen strategisch gefuhrt werden konnen. Als Beispiel fijhrt er die Vernetzung hoch spezialisierter kleiner Unternehmen der italienischen Fliesenindustrie an, die von drei fokalen Unternehmen strategisch gefuhrt werden; vgl. Grutsch 2000, S. 52. Sydow1992, S. 82. Sydow1992, S. 63.
24
Notwendigkeit aus, dass ein strategisches Unternehmensnetzwerk von einer Oder mehreren fokalen Untemehmen gefuhrt wird. "Essential to this concept of strategic networks is that of ,hub-firnn', which is the firm that, in fact, sets up the network, and takes a pro-active attitude in the care of it."^°^ Das Ziel strategischer Unternehmensnetzwerke ist, individuelle oder gemeinsame strategische Wettbewerbsvorteile gegenuber anderen, nicht am Netzwerk beteiligten Unternehmen oder gegenuber anderen Unternehmensnetzwerken zu realisieren, gegebenenfalls auch den Wettbewerb zu beschranken.^°^ Strategische Netzwerke unterscheiden sich nach Sydow von anderen dadurch, dass sie von einem oder mehreren fokalen Unternehmen strategisch gefuhrt werden, dass sie zu einem groBeren AusmaB als andere Ergebnis intentionalen Handelns sind und haufiger als andere uber explizit formulierte Ziele, eine formale Struktur mit formalen Rollenzuweisungen und eine eigene Netzwerkidentitat verfugen.^^^ Eindeutig nicht als strategische Netzwerke gelten hingegen 1. interorganisationale Netzwerke, die aus Nicht-Unternehmungen wie etwa Non-Profit-Organisationen bestehen, 2. Netzwerke und netzwerkartige Arrangements, die keine strategische Bedeutung fur zumindest einige der darin kooperierenden Unternehmen haben, wie z.B. Kooperationen in operativen, dem Kerngeschaft nicht verwandten Aufgaben, und 3. Unternehmensnetzwerke, die nicht dauerhaft von zumindest einer Unternehmung strategisch gefuhrt werden. Im Gegensatz zu den strategischen Netzwerken ist das charakterisierende Merkmal operativer Unternehmensnetzwerke, dass der direkte Bezug zu den Strategien bzw. strategischen Zlelen der Netzwerkunternehmen hinsichtlich der Realisierung von Wettbewerbsvorteilen fehlt. Dies bedeutet selbstverstandlich nicht, dass operative Unternehmensnetzwerke nicht die Wettbewerbsfahigkelt der Mitglieder erhohen, nur liegt das Hauptaugenmerk darauf, „die Kosten von bestimmten, jedoch in hoher Zahl auftretenden Transaktionen in einem Netz-
^°^ Jarillo1988, S. 32. ^°® Vgl. Kubicek/Klein 1994, S. 96 ft. ^°^ Vgl. zu dieser und den folgenden Ausfuhrungen Sydow 1992, 8. 81-82.
25
werk aus einer Vjelzahl von gleichberechtigten Teilnehmern zu senken, bzw. produktbezogene Qualitatsverbesserungen zu realisieren."^°® Obwohl die hier vorgenommene Einschrankung auf die Kosten von in hoher Zahl auftretenden Transaktionen unnotig eng erscheint, kommt doch klar zum Ausdruck, dass durch operative Netzwerke primar die Senkung von Kosten bzw. die Optimierung von Ablaufen und weniger die direkte Starkung der Marktposition angestrebt wird. Hinsichtlich ihrer raumlichen Einbettung kann zwischen lokalen, regionalen, nationalen und internationalen bzw. sogar globalen Unternehmensnetzwerken unterschieden werden. Je nach Zweck des Unternehmensnetzwerkes kann die Einbettung der Netzwerkunternehmen in lokal abgrenzbare Wirtschaftsraume Oder im anderen Extrem die Verteilung der Netzwerkunternehmen auf mehreren Kontinenten vorteilhaft sein. Lokale Oder regionale Netzwerke zwischen Unternehmungen konnen dazu beitragen, die in unmittelbarer Nahe vorhandenen Ressourcen besser nutzen zu konnen und so die Wettbewerbsfahigkeit der Kooperationspartner zu starken.^°^ So kann es durch industrielle Agglomerationen zu einer Konzentration des Marktes fur spezialisierte Arbeitskrafte, zu einer Entstehung spezialisierter vorgelagerter Produktionsstufen und Dienstleistungen sowie zu einem verbesserten Wissenstransfer zwischen den Unternehmungen kommen.^^° Grundsatzlich ist bei Netzwerken mit groBen Stoff- und Energiestromen zwischen den Netzwerkunternehmen eine geringe raumliche Ausdehnung vorteilhaft, wahrend etwa fur strategische Netzwerke, bei denen die Kommunikation zur Abstlmmung der Netzwerkpartner im Vordergrund steht, die raumliche Entfemung zwischen den Netzwerkunternehmen keine so bedeutende Rolle spielt. Zu beachten ist, dass die raumliche Ausdehnung eines Unternehmensnetzwerkes keinen zwingenden Aufschluss daruber gibt, ob es sich um ein strategisches Oder operatives Netzwerk handelt. Einen starken raumlichen Bezug weist auch der Begriff .Cluster' auf, der von Porter ursprunglich als „Ballung wettbewerbsfahiger Branchen eines Landes"
Maier2000, S. I l l . Vgl. Belzer 1993, S. 77-78. Tichy weist darauf hin, dass die regionale Konzentration von Unternehmungen in Netzwerken (Clusterbildung) aber auch erhebliche Nachteile aufweisen kann. So kann die Abhangigkeit der Netzwerkunternehmen von wenigen fokaien Leitunternehmen im Krisenfall massive Auswirkungen auf die Existenz der Zulieferer haben. Technologiesprunge Oder veranderte Nachfragestrukturen konnen somit eine ganze Region in eine Krise stiirzen; vgl. Tichy1998,S. 229-231.
26
definiert wurdeJ^^ In einer spateren Definition wurde von ihm die geographische Konzentration der Netzwerkunternehmen noch starker hervorgehoben: „A cluster is a form of a network that occurs within a geographic location, in which the proximity of firms and institutions ensures certain forms of commonality and increases the frequency and impact of interactions."^ ^^ Steiner hebt drei Elemente von Clustern hervor: die Spezialisierung bzw. Arbeitsteilung, die zu vernetzten Aktivitaten und Kooperationen fuhrt, die raumliche Nahe der Unternehmen, die die Interaktion der Akteure erieichtert, sowie .spillovers' und Synergieeffekte, als Voraussetzung fur eine verbesserte Wettbewerbsfahigkeit der beteiligten Unternehmen sowie der ganzen Region.^^^ Der Begriff des "Industrial District", der insbesondere auf erfolgreiche, regionale Netzwerke kleiner und mittlerer Betrlebe im Nordosten Italiens angewandt wurde,^^"^ deutet auf eine noch starkere raumliche Konzentration der Unternehmen hin. In lokalen Agglomerationen kooperieren spezialisierte Netzwerkunternehmen auf verschiedenen Ebenen des Werlschopfungsprozesses eng miteinander, wobei die Einbettung in das sozlokulturelle Umfeld und das hohe MaB an gegenseltigem Vertrauen unter den Akteuren charakterisierend sind. Arbeiten primar Unternehmen entlang einer Wertschopfungskette zusammen, spricht man von einer vertikalen Vernetzung bzw. auch von Wertschopfungsnetzwerken. Regionale Cluster und Industrial Districts sind zumeist in erster Linie derartige Wertschopfungs- bzw. Zuliefernetzwerke. Vor allem in Clustern kann jedoch auch die horizontale Vernetzung eine erhebliche Rolle spielen, weil dadurch die Marktposition von Netzwerkunternehmen der selben Produktionsstufe in einer Branche gestarkt wird. Ein weiteres Merkmal zur Klassifikation von Unternehmensnetzwerken ist deren inhaltllche Ausrichtung, die auch dafur maBgeblich ist, welche Unternehmensbereiche von den Unternehmensbeziehungen direkt betroffen sind. Beispielsweise kann nach diesem Kriterium zwischen Forschungs- und Entwicklungsnetzwerken, Beschaffungs- bzw. Zuliefernetzwerken, Produktions-, Dienstleistungs-, Logistik-, Aus- und Weiterbildungsnetzwerken, Vertriebs-, Ent-
' " Vgl. Porter 1993, S. 172. ^^^ Porter1998, S. 226. ^'^ Vgl. Steinerl 998a, S. 3-4. ^^^ Vgl. etwa Beitrage in folgenden Sammelbanden: Cossentino/Pyke/Sengenberger (Hrsg.) 1996 Oder Pyke/Becattini/Sengenberger (Hrsg.) 1992.
27
sorgungs- Oder Verwertungsnetzwerken unterschieden werden. Letztere Art von Unternehmensnetzwerken - industrielle Verwertungsnetzwerke,^^^ die sich mit dem Recycling von Ruckstanden beschaftigen - steht im Mittelpunkt dieser Arbeit.
2.1.4 Die industrielle Produktion In der industriellen Produktion, jenem Bereich im Rahmen des prozessualen Betriebsgeschehens, der unmittelbar auf die Hervorbrlngung der Betriebsleistung ausgerichtet ist,^^® werden Produktionsfaktoren zum Zweck der Erstellung von Sachgutern oder Dienstleistungen kombiniert. Die fur die Leistungserstellung erforderlichen Prozesse zum Transport und zur Transformation von Stoffen und Energie, sind direkt mit der Inanspruchnahme der naturlichen Umwelt verknupft.
Die wesentlichen Funktionen der naturlichen
Umwelt bestehen aus okonomischer Sicht darin, dass sie erstens fur den Input der Produktion Ressourcen in Form von Materie oder Energie liefert und zweitens als Aufnahmemedium fur stoffliche und energetische Ruckstande fungiert.^^^ Produktionssysteme als Subsysteme des ubergeordneten Systems Unternehmung konnen daher auch als Input-Throughput-Output-Systeme beschrieben werden.^ ^® Inputs sind die Produktionsfaktoren in Form von menschlicher Arbeit, Betriebsmitteln und Werkstoffen, die bei ihrer Nutzung im Produktionsprozess sowohl gebraucht als auch verbraucht werden konnen. Diejenigen Faktoren, die einen unmittelbaren Bezug zum Produktionsobjekt haben (Werkstoffe, Betriebsmittel und objektbezogene menschliche Arbeit), werden als Elementarfaktoren bezeichnet. Der dispositive Faktor soil die Elementarfaktoren so kombinieren, dass die betrieblichen Leistungsziele erreicht werden.^^^ Potentialfaktoren werden im Gegensatz zu den Verbrauchsfaktoren nicht beim erstmaligen Einsatz verbraucht und gehen nicht als Hauptbestandteile bzw. Hilfsstoffe in die Produkte ein.
^^^ Fur eine Beschreibung des Konzeptes industrieller Verwertungsnetze vgl. Kap. 2.2. "® Vgl. Lechner/Egger/Schauer2001, S. 373. ''^ Vgl. Strebel1992, S. 210. ^^® Vgl. Strebel 1996, S. 1305. '^^ Vgl. Bloech 2001, S. 8; Gutenberg 1958, S. 27.
28
Unter Throughput versteht man den Transfornnationsprozess der Leistungserstellung (Black Box)J^° GemaB der DIN EN ISO 8402 ist ein Prozess ein ,Satz von in Wechselbeziehungen stehenden Mittein und Tatigkeiten, die Eingaben in Ergebnisse umgestalten'. Als Produktionsprozesse werden sowohl Fertigungsvorgange im klasslschen Sinn und Montagevorgange als auch prozessbedingt erforderliche Lager- und Transportvorgange verstanden. Es handelt sich dabei stets urn eine Abfolge von physikalischen, chemischen oder blologischen Schritten, die im weitesten Sinn der Produktion eines Produktes bzw. der Erreichung festgelegter technischer Elgenschaften dienen. Die Hauptstufe des Produktionsablaufes stellt jedoch die Stoff- und Energleumwandlung dar. Unter Stoffumwandlung versteht man einerseits die „Trennung und Blldung von Stoffgemischen ohne Anderung der beteiligten chemischen Verbindungen durch
physikalische
Operationen"
und
andererseits
„die
eigentlichen
chemischen Prozesse, die auf einer Anderung der Molekularten durch Umgruppierung von Elementen, lonen oder Komplexgruppen beruhen".^^^
INPUT
THROUGHPUT
Produktionsfaktoren
OUTPUT
Outer w
w Ruckstande
w
(Unguter, Ubel)
Abb. 3: Die Produktion als okonomischer Vorgang
Als Output jedes Produktionsprozesses werden Giiter als finale AusbringungsgroBe angestrebt.^^^ Dabei Ist aber zu berucksichtigen, dass Produktionsprozesse auch mit der Entstehung von Kuppelprodukten verbunden sindJ^^ Die
Vgl. Jung 2001,8.410. Riebel1955, S. 33ff. Chmielewski 1968,8.14. Obwohl der Tatbestand der Kuppelproduktion lange Zeit in der Betriebswirtschaftslehre als Randerscheinung und Ausnahme behandelt worden ist, handelt es sich urn den Regelfall, da energetische und stoffliche Abfalle bei Produktionsvorgangen unvermeidbar sind; vgl. 8trebel1980, 8 . 1 4 .
29
Transformation von Stoffen und Energie in nutzliche, gebrauchswerttragende Guter erfolgt namlich nicht vollstandig, „unbeabsichtigte, haufig auch unkontrollierte, physische Prozesse sind notwendig an die zweckorientierte Umwandlung gekoppelt"^^^ 2.1.4.1 RiJckstande als Kuppelprodukte Das Kuppelproduktpackchen als Output des Produktionsprozesses besteht aus verschiedenen Kuppelprodukten, wobei zur Abgrenzung zwischen Guter und Ruckstanden das Kriterium der Valenz herangezogen wird.^^^ Kuppelprodukte mit positiver Valenz sind Guter, solche mit negativer Valenz hingegen Ruckstande. Anders ausgedruckt versteht man unter Ruckstand jeden „Output eines Prozesses, der nicht auch unter dessen Sachziel fallt."^^® Somit fallen die unter Aufwand zu beseitlgenden sowie die gelegentlich oder regelmaBig ven^/ertbaren Abfalle in die Kategorie Ruckstande, wahrend ab den Nebenprodukten von Gutern gesprochen werden kann. Die ungenutzten Kuppelprodukte, die ohne weitere Behandlung emittiert werden konnen, wie etwa GO2 aus Verbrennungsprozessen, sind zwar eigentlich okonomisch indifferente Beiprodukte, werden aber den unerwunschten Ruckstanden zugeordnet. Die klassische Produktionstheorie ist daher bezuglich des In- und Outputs terminologisch dahingehend zu erweitern, dass dem Grundbegriff des Gutes die Begriffe Ubel und Neutrum hinzugefugt werden.^^'' Als Input ist ein Gut unerwunscht und ein Ubel en/vunscht, wahrend beim Output ein Gut enA/unscht und ein Ubel unerwunscht, jedoch unvermeldbar ist.
Vgl. Hofmeister1989, S. 7. Malcolm/Clift (2002, S. 4) stellen diesbezuglich treffend test: „A particular difficulty lies in the definition of waste. As every industrialist knows, once a material has been defined as waste, wehether ordinary waste or hazardous waste, then the forces of regulation flow." Strebel1994, S. 754. Vgl. Dyckhoff 1993, S. 177.
30
Ubei
Gut
Neutrum
Unerwunscht
Unbeachtet
Erwunscht
(Gutfaktor)
(Beifaktor)
(Ubelfaktor)
Input
„Ruckstand" Erwunscht Output
Unbeachtet
Unerwunscht
(Gutprodukt) (Beiprodukt)
|
(Ubelprodukt)
Abb. 4: Klassifikation von Objektkategorien nach Input und Output
Bei dieser Klassifikation ist zu beriicksichtigen, dass verschiedene technlschphysikalische Eigenschaften der Kuppelprodukte auch dazu fuhren konnen, dass sie nur bedingt speicher- bzw. transportierbar sind, was wiederum Auswirkungen auf deren okonomische Verwertbarkeit und folglich deren Valenz haben kann. Auch ist zu bedenken, dass das Kriterium der Valenz subjektiv ist und daher nicht nur von Person zu Person bzw. Organisation zu Organisation unterschiedlich ausgepragt sein kann, sondern auch temporaren Anderungen untenA/orfen Ist.^^® Letztendlich ist jedes Gut am Ende seiner Nutzungsdauer unerwunscht und somit als Ruckstand einzustufen J^° 2.1.4.2 Recycling Die Beschrelbung der Industriellen Produktion als Input-Throughput-OutputSystem zur Umwandlung der in das System eingebrachten Produktionsfaktoren In erwunschte Outer und In Kauf genommene, unerwunschte Oder Indlfferente Ruckstande hebt den Durchfluss von Materie und Energle als kennzeichnendes Merkmal der industriellen Produktion hervor. Erst durch das Recycling, der Ruckfuhrung von Ruckstanden in Produktions- Oder Konsumprozesse, kann der Paradigmenwechsel von einer Durchflusswirtschaft zur Kreislaufwirtschaft vollzogen werden, wobei der Recyclingbegriff nach einer Vielzahl von Kriterien kategorisiert wird. So wird nach der Herkunft der Ruckstande zwischen Produktions- und Konsumruckstandsrecycling unterschieden, wahrend nach der Art der Ruckstande eine Einteilung zwischen Material- und Energierecycling vorgenommen werden kann. Materialrecycling kann ferner nach der Art der Ruck-
128 129
In Aniehnung an Dyckhoff 1993, S. 179. Malcolm und Clift weisen auch auf die rechtlichen Konsequenzen hin, die sich durch die Einstufung eines Nebenproduktes als Abfall ergeben; vgl. Malcolm/Clift 2002, S. 4, siehe hierzu auch Schwarz M. 1998, 8.199-210 Vgl. Georgescu-Roegen 1992, S. 70.
31
fuhrung der Ruckstande in stoffliches und thermisches Recycling eingeteilt werden. Hierbei ist zwischen den Begriffen der Wieder- oder Weiterverwendung und der Wieder- oder Weiterverwertung zu unterschieden.^^^ Der Terminus Verwendung bedeutet, dass der Ruckstand beim Recycling seine Produktform beibehalt, wahrend er sie bei der Ven/vertung verliert. Der Terminus „Wieder-„ weist darauf hin, dass der Ruckstand in einen gleichartigen Prozess zuruckgefuhrt wird, wahrend „Weiter-„ anzeigt, dass der Ruckstand in einem anderen Prozess eingesetzt wird. Ein Beispiel fur eine WiedervenA/endung ist die Mehrfachbefullung von Pfandflaschen, fur eine WeitervenA/endung die Nutzung von Einkaufstragtaschen als Mullsacke. Wiederverwertung findet hingegen statt, wenn beispielsweise Kunststoffe, wie etwa Polypropylen, gesammelt und zur erneuten Produktion von Kunststoff herangezogen werden. Die thermische Verwertung von Kunststoffen (z.B. Verpackungsmaterialen) zur Energieerzeugung ist hingegen ein typischer Fall von Weiterverwertung. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Wieder- oder Weiterverwendung von Produkten in der ursprunglichen Produktform gegenuber der stofflichen oder thermischen VenA/ertung des Materials zu bevorzugen ist, da hierbei „die entropische Distanz zwischen unenA/unschtem Output und neuem Input In den Produktionsprozess"^^^ geringer ist, bzw. der Produktwert weitgehend erhalten bleibt.^^^ Farmer weist hingegen zurecht darauf hin, dass Aussagen uber die okonomische Vorteilhaftigkeit bestimmter Recyclingverfahren nicht generell, sondern nur situativ in Abhangigkeit von der Summe der jeweiligen Kosten fur die Informationsbeschaffung und -auswertung, die Sammlung und den Transport der Ruckstande, deren Aufbereitung und den Wiedereinsatz der Handlungsalternativen getroffen werden konnen.^^"^ Dies gilt analog auch fur die Beurteilung der okologischen Wirkungen verschiedener Recyclingalternativen.^^^
^^^ Vgl. beispielsweise Schneider 1999, 8. 23-24. ^^^ Sterr 2003a, S. 388. 133
Vgl. etwa Dreher/Schlrrmelster/Wengel 2003, S. 434.
134
Vgl. Farmer 1998, S. 175.
^^^ Vgl. Posch 1998, S. 262.
32
Recycling
nach der Herkunft der Rijckstande I Produktionsrijcksstandrecycling
nach der Art der RiJckstande
nach dam Ort des Wiedereinsatzes
I
l-TL
~1
Konsumrucksstandrecycling
Materialrecycling
Energierecycling
internes Recycling
nach der Art der Ruckfijhrung
.
^
stoffliches Recycling
, externes Recycling
nach der Art der Transaktion
— therm isches Recycling
Marktbeziehung
Kooperation
Abb. 5: Kategorisierung des Recyclings
Hinsichtlich des Energierecyclings ist zu beachten, dass hierbei aufgrund der Gultigkeit des ersten thermodynamischen Hauptsatzes nur ein „Downcycling durch Kaskadennutzung" moglich ist. Energie wird durch jeden Umwandlungsprozess auf ein niedrigeres Niveau gebracht, d.h. der Anteil an Exergie sinkt, wahrend der Anteil an Anergle bzw. Entropie steigtJ^^ Beispielsweise entsteht bei der Umwandlung von elektrischer in kinetische Energie in einem Elektromotor auch Abwarme, die fur Heizzwecke genutzt werden kann. Die Unterscheidung zwischen unternehmensinternem und -externem Recycling betrifft die Frage, ob der Ruckstand In einen Prozess innerhalb des Unternehmens, in dem er anfallt, ruckgefuhrt werden kann, oder ob der Ruckstand zum Recycling an ein anderes Unternehmen weitergegeben wird. Unternehmensinternes Recycling kann ferner unterteilt werden in prozessinternes Recycling, bei dem der als Output entstehende Ruckstand dem selben Prozess unmittelbar wieder als Input zugefuhrt wird, und produktionsinternes Recycling, bei dem der Ruckstand zwar im Betrieb blelbt, aber nicht mehr im ursprungllchen, sondern in einem anderen Prozess als Input eingesetzt wird.""^^ Beim
Vgl. Rifkin 1989. 8. 20 sowie auch Strebel 1994, S. 819-820 und Vornholz 1993, S. 94-100. Vgl. Schwarz 1994, S. 20-21.
33
externen Recycling kann hinsichtlich der Weitergabe von
Ruckstanden
zwischen marktiichen Beziehungen, wie beispielsweise die Abgabe der Ruckstande an Altstoffhandler, und kooperativen Beziehungen zwischen Ruckstandsabgeber und -annehmer unterschieden werden. Recyclingorientierte kooperative Beziehungen zwischen Unternehmen bilden schlieBlich die Basis fur das im Folgenden dargestellte Konzept industrieller VenA/ertungsnetze.
2.2 Das Konzept kreislauforientierter Unternehmenskooperationen in industriellen Verwertungsnetzen In diesem Kapitel wird eingangs die Grundidee der kreislauforientierten Unternehmenskooperationen anhand der haufig verwendeten Analogie zwischen naturlichen Okosystemen und industriellen Verwertungsnetzen erklart. Urn ein besseres Verstandnis fur das Phanomen industrieller VenA/ertungsnetze zu erlangen, werden in weiterer Folge netzwerkanalytische Deskriptoren dazu verwendet, urn zentrale Literaturaussagen uber industrielle Verwertungsnetze systematisch zusammenzufassen.
2.2.1 Die Grundidee industrieller Verwertungsnetze Folgt man der Idee des Recyclings bzw. der Kreislaufwirtschaft, so stoBt nnan unmittelbar auf die naturlichen Vorgange in der belebten Natur, wo in sogenannten Okozyklen alle Stoffe uber die Nahrungsketten wiederverwertet werden, sodass Abfall prinziplell nicht vorkommt.^^® Diese „Krelslaufwirtschaft" in naturlichen Okosystemen wird vielfach als Vorbildsystem fur industrielle Verwertungsnetze herangezogen.^^^ Naturliche Okosysteme bestehen aus drei grundsatzlichen Arten von Organismen, den Produzenten, Konsumenten und Destruenten. Die Produzenten sind in der Lage, durch die Biosynthese von CO2 und Sonnenenergie aus anorganlschen Stoffen organische Verbindungen auf-
Vgl. Strebel1998, S. 2. Vgl. etwa Frosch/Gallopoulos 1989, S. 94-102; Schwarz 1994, S. 92-96; Ayres/Ayres 1996, S. 278-279; Schwarz 1996, S. 351-353; Schwarz/Steininger 1997, S. 47-56; Christensen 1998; S. 323; Kreikebaum 1998, S. 65-68; Strebel 1998, S. 2-3; Wallner 1998, S. 84-88; Waller 1999, S. 50-51; Zabel 1998, S. 130; Levine 2003, S. 33-42. Fur eine umfassende Darstellung der Ideengeschichte der Modelle vom okologischen Kreislauf siehe Schramm 1997. Fur eine kritische Analyse diese Analogie siehe auch Andrews 2001, S. 40; Desrochers 2002c, S. 38-39; Isenmann 2003a und 2003b; Spiegelman 2003, S. 17-23. Desrochers zeigt auch, dass diese Analogie bereits bereits im 19. Jahrhundert verwendet wurde; vgl. Desrochers 2000, S. 29-43.
34
zubauen, die wiederum den Konsumenten als Nahrung dienen.^'^^ Abgestorbene Organismen werden schlieBlich von den Destruenten wieder in ihre ursprunglichen anorganischen Verbindungen umgewandelt, wodurch sich der Stoffkreislauf wieder schliefBt. Nur Sonnenenergie muss dem System zur Aufrechterhaltung der Stoffflusse zugefuhrt werden. Die Grundidee industrieller Ven/vertungsnetze besteht nun darin, das Konzept dieser natiiriichen Produktionssysteme auf die industriellen Produktionssysteme zu ubertragen. „Wie in der Natur Ruckstande eines Prozesses der Stoffverarbeitung von einem anderen Verwender genutzt werden, konnen Ruckstande eines Unternehmens oft bei
einem
anderen
Betrieb
als
Sekundarstoffe
verwertet
werden."^^^
Ruckstandsabgebende Netzwerkunternehmen werden als Quellen, ruckstandsannehmende als Senken bezeichnet.^"^^ Dabei ist es selbstverstandlich moglich, dass ein Unternehmen hinsichtlich einer Ruckstandsart als Quelle und gleichzeitig hinsichtlich einer anderen als Senke fungiert. Ein Unternehmensnetzwerk, „in dem Ruckstande aus der Produktion sowie aus dem Konsumbereich innerhalb der regionalen Industrie als Rohstoffersatz sowie als Ersatz fur Primarenergietrager eingesetzt werden, wird als regionales Verwertungsnetzwerk bezeichnet."^"^^ Das international bekannteste Beispiel eines industriellen Ven^/ertungsnetzes ist die industrielle Symbiose in Kalundborg (Danemark), bei der im Wesentlichen sechs produzierende Unternehmen, ein Abfallsverwerter und die Stadt Kalundborg im Bereich der Ruckstandsven/vertung eng zusammen arbeiten.^"^ In der folgenden Abbildung sind die Hauptakteure der industriellen Symbiose in Kalundborg sowie die wichtigsten Ruckstandsstrome dargestellt:^"^^
Vgl. Frosch/Gallopoulos 1989, S. 126f. Strebel1998, S. 3. Vgl. Schwarz1998, 8. 12. Schwarz1998, S. 11. Vgl. fur die folgenden Ausfiihrungen die Internet-Prasentation der Industriesymbiose Kalundborg unter folgender Adresse: http://www.symbiosis.dk/, download: 2004-05-25. Die grafische Darstellung industrieller Verwertungsnetze erfolgt ubiicherweise anhand einer Abbildungsart aus der Graphentheorie, bei der die Netzwerkunternehmen durch die Knoten und die Ruckstandsstrome durch die Kanten symbolisiert werden.
35
Oberflachenwasser
Sonstige Abfalle
i.
Schlamm Jordrens Soilrem A/S
Wasser
Stadt Kalundborg
«
Flussig' dunger
Statoil A/S
Abwasser Wasserspeicher
Ab wasser u. Femwarme
Kompostierbare Abfalle fur Kraftwerk
Dampf u. Kuhlwasser
A Nickel
1
Vanadium
t t
Kraftwerk Asnaes Energy 2
Sonstige Abfalle J> Novoveren l/S
T
Sonst.
Zement
Kompost
Fischerei
Tf
Elektrizitat
Wasser Dampf Dampf
Gips
Gips
jNovogro® Novozymes A/S
T
Biomasse/ Novogro®
Novo Nordisk A/S Abwasser
T
Hefesuspension fur Futterung
Altpapier, Altglas, Altmetall fur Recyclinguntern.
BPB Gyproc A/S
Gips fur Bodenverbesserung
Sonstige Abfalle
Abb. 6: Industriesymbiose Kalundborg^"^^
Als Ruckstande, die zwischen den Netzwerkunternehmen in Kalundborg ausgetauscht werden, sind insbesondere Abwarme, Dampf, Wasser und Abwasser, Gips, Asche und Biomasse zu nennen. Diese uberbetriebliche Zusammenarbeit fuhrt zu betrachtlichen okologischen Vorteilen: Beispielsweise konnte der Wasserverbrauch der Netzwerkunternehmen um 25 % und der Einsatz von Erdol um 20.000 Tonnen pro Jahr reduziert werden. Daruber hinaus werden durch die BiomassevenA/ertung kunstliche Dungemittel fur ca. 20.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzflache ersetzt. Als wichtlge Erfolgsfaktoren fur die Zusammenarbeit innerhalb der industriellen Symbiose Kalundborg werden genannt: •
Die Unternehmen mussen zusammenpassen, sodass der Ruckstand eines Unternehmens in den Produktionsprozessen eines anderen Unter-
Elgene Darstellung in Aniehnung an: http://www.symbiosls.dk/, download: 2004-05-25.
36
nehmens eingesetzt werden kann (Diversitat in der lokalen Industriestruktur). •
Die raumliche Entfemung zwischen den Unternehmen darf nicht zu grofB sein, insbesondere wenn Abwarme zwischenbetrieblich genutzt wird.
•
Als Basis der Industriesymbiose wird ferner Offenheit, Kommunikation und Vertrauen zwischen den beteiligten Akteuren genannt.
Strebel verlangt fur eine umfassende Ruckstandsverwertung im Verwertungsnetz daruber hinaus die Erfullung folgender Bedingungen:^'^'' 1. Kenntnis aller relevanten Partner 2. Umfassende Kenntnisse der Stoff- und Ruckstandsstrome 3. Langerfristige Recyclingbeziehungen im VenA/ertungssystem 4. Existenz einer „Network Identity" fur das System 5. Existenz gemeinsamer Zielvorstellungen Kommen kreislauforientierte Kooperationen zwisciien Netzwerkunternehmungen zustande, so fuhrt dies sowohl zu okologischen als auch okonomischen Vorteilen.^"^ Wie dies am des Beispiels der industriellen Symblose in Kalundborg ersichtlich ist, ergeben sich die zentralen okologischen Vorteile aus der Vermeidung der Abfalldeponierung oder -verbrennung sowie der Schonung begrenzt vorhandener Primarrohstoffe bzw. Energietrager durch deren Substitution durch Recyclate. „Verwertungsnetze stellen somit die Moglichkeit dar, dass der produzierende Sektor weltgehend ohne Inanspruchnahme offentlicher Entsorgungseinrichtungen die ,eigenen' Produktionsruckstande - auch im Interesse der Implementierung einer gesellschaftlich en/vunschten Kreislaufwirtschaft - systemintern verwertet. Ferner kann ein funktionierendes Verwertungsnetz die offentliche Hand bei der Verwertung von Konsumruckstanden substantiell unterstutzen."^"^^ Aus regionalokonomischer Sicht konnen industrielle VenA/ertungsnetze daruber hinaus auch die Ansiedelung neuer Unternehmen unterstutzen, da sich durch die Kooperationen innerhalb des Verwertungsnetzes Wettbewerbsvorteile fur die regionale Industrie ergeben konnen.
^^^ Vgl. hierzu Strebel 1998, S. 5-9. In einer spateren Arbeit hat Strebel die ersten drei dieser Merkmale sogar zu charakterisierenden Eigenschaften von Verwertungsnetzen gemacht: „Von einem Verwertungsnetz spricht man, wenn der beschriebene Unternehmensverbund folgende Merkmale aufweist: [...]" (Strebel 2003, S. 65). '"^ Vgl. Strebel 1998, S. 3-4. ^"^^ Schwarz1998, S 2 3 .
37
Einzelwirtschaftlich erspart sich der Ruckstandserzeuger Entsorgungskosten und kann manchmal sogar Eriose aus dem Verkauf von Ruckstanden generieren. Der Ruckstandsverwerter reduziert hingegen seine Material- und ev. Energiekosten durch die Substitution teurerer Einsatzstoffe und kann in manchen Fallen sogar die Produktqualltat erhohen. Beispielsweise 1st Gips, der bei der Rauchgasentschwefelung als Kuppelprodukt anfallt (sogenannter REA-Gips), chemlsch wenlger verunreinigt als Naturgips. Daruber hinaus konnen sich fur die am Netzwerk beteiligten Unternehmen noch Vorteile aus einer Imageverbesserung bei wesentlichen Stakeholdergruppen oder aus denn Austausch von Informationen und Erfahrungen, etwa uber Produktions- oder Recyclingtechnologien oder in Hinblick auf den Umgang mit Behorden, Anrainern etc. bei Genehmigungsverfahren, ergeben.^^° Im Hinblick auf den Umgang mit Unsicherheit haben langfristige Recyclingkooperationen ferner noch den Vorteil einer erhohten Entsorgungssicherheit fur das abgebende sowie Versorgungssicherheit fur das annehmende Unternehmen. Dies spielt fur den Ruckstandsabgeber vor allem dann eine zentrale Rolle, wenn produktionsbedingt der Ruckstandsanteil am Prozessoutput sehr hoch ist, wie etwa bei der Moike, die als Kuppelprodukt in der Kase- und Topfenerzeugung entsteht. In solchen Fallen konnte der Wegfall der Venwertungsmoglichkeit sogar zu vorubergehenden Produktionsstillstanden fuhren. Fur den Ruckstandsvenwerter hingegen ist dieses Kriterium der Unsicherheitsreduktion insbesondere dann wichtig, wenn der jeweilige Ruckstand bzw. Sekundarstoff aus technischen oder okonomischen Grunden nur schwer substituierbar ist. Dem Konzept der industriellen VenA/ertungsnetze sehr ahnlich sind die sogenannten Eco-lndustrial Parks. Dabei handelt es sich um okologisch ausgerichtete Industrieansiedlungen, die vor allem in den USA seit Mitte der neunziger Jahre entstanden sind.^^^ Lowe definlert sie als „community of manufacturing and service businesses seeking enhanced environmental and economic performance through collaboration in managing environmental and resource issues including energy, water, and materials. By working together, the community of businesses seeks a collective benefit that is greater than the sum of the individual benefits each company would realize in it optimised its individual performance only."^^^ Aus dieser Definition ist erslchtlich, dass die Idee der
'^° Vgl. Schwarz1998, S. 18. ^^^ Vgl. Bleischwitz/Schubert 2000, S. 460. ^^^ Lowe1998, S. 29.
38
Eco-lndustrial Parks uber das ausschlieBliche Recycling hinausgeht und eine weitergehende Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen des Umweit- und Ressourcenmanagennents beinhaltet. So stellt Chertow test, dass sich einige Eco-lndustrial Parks auf die zwischenbetriebliche Ruckstandsverwertung beschranken, in anderen jedoch auch gemeinsame Nutzungsformen fur Infrastruktureinrichtungen sowie gemeinsame Logistik- und Marketingaktivitaten entwickelt werden.^^^
2.2.2 Beschreibung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze anhand netzwerkanalytischer Deskriptoren Zur systematischen Beschreibung industrieller VenA/ertungsnetze werden im Folgenden Deskriptoren der Netzwerkanalyse formuliert. Darunter werden qualitative Oder quantitative KenngroBen verstanden, die einerseits der Identifikation und Beschreibung von Netzwerken dienen und andererseits wichtige StellgroBen fur den Aufbau und die Entwicklung von interorganisationalen Netzwerken wie Verwertungsnetzen darstellen. Fur eine umfassende Analyse des Phanomens industrieller Verwertungsnetze ist eine konsistente Erklarung der Knoten, d.h. der Netzwerkunternehmen, der Kanten, d.h. der Beziehungen zwischen den Unternehmen sowie des VenA/ertungsnetzes in seiner Ganzheit erforderlich.^^"^ Demnach wird in Abhangigkeit davon, ob die Deskriptoren die einzelnen am Netzwerk beteiligten Unternehmen, die Beziehungen zwischen den Netzwerkpartnern oder das VenA/ertungsnetz als Gesamtsystem beschreiben, zwischen Unternehmens-, Beziehungs- oder Netzwerkdeskriptoren
unter-
schieden.^^^ Ferner kann zwischen originaren und abgeleiteten Deskriptoren unterschieden werden. Originare Deskriptoren resultieren aus der Erhebung und Beschreibung bestimmter Unternehmens- Beziehungs- oder Netzwerkmerkmale, ohne dass dafur andere Merkmale oder die gleichen Merkmale bei anderen Unternehmen Oder Interorganisationsbeziehungen von Interesse sind. Beispielsweise kann die UnternehmensgroBe fur jedes Netzwerkunternehmen ohne Kenntnis anderer Deskriptoren ermittelt werden. Abgeleitete Deskriptoren ergeben sich hingegen erst aus der Analyse anderer Deskriptoren. Beispielsweise kann erst aus
^^^ Vgl. Chertow 1999, S. 9. ^^ Vgl. Bauer 2002, S. 316-317. ^^^ Vgl. Mayer 2000, S. 173f.
39
der Auswertung aller Verwertungsbeziehungen in einem Verwertungsnetz abgeleitet werden, ob ein Netzwerkunternehmen im Vergleich zu den anderen Netzwerkpartnern stark inn VenA/ertungsnetz integriert ist oder nur mit wenigen Mitgliedern in Verbindung steht. In diesenn Fall wird ein Untemehmensdeskriptor aus einem Netzwerkdeskriptor abgeleitet. Die Deskriptoren werden inn Folgenden naher eriautert. 2.2.2.1 Unternehmensdeskriptoren Unternehmensdeskriptoren bezlehen sich auf die Eigenschaften der Unternehnnen, die ann Ven/vertungsnetz beteiligt sind. Wichtige originare Unternehnnensdeskriptoren sind: •
UnternehnnensgrofBe: Die GroBe der Netzwerkunternehmen wird entweder mit der Anzahl der Beschaftigten, dem Jahresumsatz, der BHanzsumme Oder ahnlichen okonomischen KenngroBen gemessen.^^^ Dabei ist es sinnvoll, diese KenngroBen nur auf den tatsachlich am VenA/ertungsnetz beteiligten Standort und nicht auf den Gesamtkonzern zu beziehen. Grundsatzlich ist die Moglichkeit zur Teilnahme an einem VenA/ertungsnetz unabhangig von der GroBe des jeweiligen Unternehmens. Indirekt beeinflusst sie dennoch die Stellung des Unternehmens innerhalb des Verwertungsnetzes. Erstens haben groBe Unternehmen tendenziell sowohl groBere Ruckstandsmengen, die sie zur VenA/ertung anbieten konnen, als auch ein Potential zum Recycling von Ruckstanden anderer Unternehmen. Zweitens verfugen groBe Unternehmen tendenziell uber mehr Macht innerhalb des Netzwerkes. Dies ist nicht nur unmittelbare Folge der groBeren tatsachlichen oder potentiellen Ruckstandsstrome, sondern kann auch auf die bessere personelle und organisatorische Ausstattung von GroBbetrieben, etwa in Form eines eigenen Abfallbeauftragten oder sogar einer -abteilung, zuruckgefuhrt werden.
•
Branche bzw. Erzeuqnisproqramm: Neben der UnternehmensgroBe spielt die Branche bzw. das Erzeugnlsprogramm des Netzwerkunternehmens eine wesentliche Rolle. Die Art der Erzeugnisse, die vom jeweiligen Netzwerkunternehmen als finale AusbringungsgroBe angestrebt wird, determiniert die zur Produktion erforderlichen Prozesse. Die Produktionsprozesse
156
40
Vgl. Mayer 2000, S. 175-178.
wiederum sind maBgeblich fur Art und Menge der anfallenden Ruckstande sowie fur die Recyclingmoglichkeiten des Netzwerkunternehmens. Teilnehmer industrieller Verwertungsnetze sind in erster Linie Unternehmungen der produzierenden Industrie. Daruber hinaus konnen auch landund forstwirtschaftliche Bethebe sowie offentliche Gebietskorperschaften in das VenA/ertungsnetz einbezogen werden.^^'' Mit der steigenden Anzahl verschiedener Branchen inrierhalb des Verwertungsnetzes steigt nicht nur die Anzahl verschiedener Ruckstandsarten, sondern auch die Zahl unterschiedlicher Produktionsprozesse sowie Einsatzstoffe und damit auch die Zahl an Recyclingmoglichkeiten.^^® Art der Ruckstande bzw. der Einsatzstoffe: Die Einsatzstoffe der betrieblichen Leistungserstellung sind von Interesse, well Recycling unmittelbar mit der Substitution von Primareinsatzstoffen verbunden ist. Im Gegensatz zu branchenbezogenen Umweltschutzkonzepten ist es fur ein funktionierendes Verwertungsnetz unerlassliche Bedingung, dass die beteiligten Unternehmen hinreichende qualitative Unterschiede in ihrem produktionsbedingten In- und Output aufweisen.^^® Aus der Analyse der Stoffbilanzen der beteiligten Netzwerkunternehmen kann man Hinweise erhalten, welche Ruckstande eines Betriebes moglichenA/eise als Sekundarstoffe in einem anderen Betrieb eingesetzt werden konnen (Recyclingpotential). Ein ungenutztes Recyclingpotential kann innerhalb des Verwertungsnetzes als Vernetzungsdefizit angesehen werden und ist daher ein wichtiger Ausgangspunkt fur den Aufbau weiterer Verwertungsbeziehungen. Prinzipiell ware es gunstig, die Informationen uber die Stoff- und Ruckstandsstrome alien Unternehmen im Verwertungsnetz zuganglich zu machen, die Weitergabe dieser Daten zwischen den Unternehmungen setzt jedoch ein erhebliches MaB an Vertrauen voraus. •
Institutionsbezoqene Reichweite: Die institutionsbezogene Reichweite gibt an, wie viele und welche Unternehmensbereiche von den Netzwerkaktivitaten eines Unternehmens beruhrt sind.^®° Je mehr Abteilungen und Stellen in die Kooperationen innerhalb des VenA/ertungsnetzes einge-
In weiterer Folge werden die am Verwertungsnetz teilnehmenden Organisationen unabhangig von ihrer Rechtsform als Netzwerkunternehmen Oder Netzwerkpartner bezeichnet. 158 159 160
Vgl. Schwarz 1996, S. 361. Vgl. Strebel 1998, S. 5 sowie Kap. 2.4.5.3. Vgl. Mayer 2000, S. 178.
41
bunden sind, desto starker wird die Vernetzung in der Unternehmensphilosophie bzw. -kultur verankert sein. Werden hingegen die Vernetzungsaktivitaten ausschlieBlich von einer Person, etwa dem Abfallbeauftragten wahrgenomnnen, so besteht die latente Gefahr, dass dieses Unternehmen, etwa aufgrund eines Personalwechsels, aus dem Verwertungsnetz ausscheidet. •
Motive fur die Teilnahme am VenA/ertunqsnetz: Grundsatzlich vernetzen sich Geschaftseinheiten, um ihre Wettbewerbsposition am iViarkt zu sichern bzw. zu verbessern.^®^ Fur die Teilnahme an einem Verwertungsnetz kann es fur die einzelnen Unternehmungen verschiedenartigste GriJnde geben.^^^ Neben der En/vartung der kurzfristigen Reduktion der Rohstoff- Oder Entsorgungskosten kann noch die verbesserte Informationsversorgung, etwa in Hinblick auf umweltrechtliche Rahmenbedingungen oder neue Umweltschutztechnologien eine Rolle spielen. Ferner sind ein Imagegewinn, Motivationssteigerung bei den Mitarbeitern, aber auch okoiogische Ziele des Unternehmens denkbare Motive. In der Praxis ist davon auszugehen, dass den direkten Kosten- und Erioswirkungen der zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung ein hoher Stellenwert eingeraumt wird.^^^ Sofern eine eigene Netzwerkidentitat existiert,^^"^ ist zu beachten, dass sich die Motive fur die Teilnahme am Verwertungsnetz nicht zwangslaufig mit jenen fur die Aufnahme einzelner VenA^ertungsbeziehungen decken mussen.
•
Netzwerkbewusstsein: Fur ein industrielles Verwertungsnetz ist es entscheidend, dass die beteiligten Netzwerkunternehmen einander kennen,^®^ bzw. dass sich die relevanten Unternehmensvertreter uberhaupt bewusst sind, dass ihr Unternehmen Mitglied eines VenA/ertungsnetzes ist. Damit
Vgl.Fleisch 2 0 0 1 , 8 . 4 7 . Das Mittel zur Erreichung dieser verschiedenartigen Ziele ist stets das zwischenbetriebliche Recycling. Wenn Schwarz also schreibt, dass es das Ziel der an einem Verwertungsnetz teilnehmenden Unternehmen ist, „ausgehend von vorhandenen Produktionsverfahren und Ruckstandsmengen bzw. -arten, die nicht vermeidbaren und im eigenen Unternehmen nicht verwertbaren Riickstande im Rahmen der okonomischen, technischen und okologischen Moglichkeiten innerhalb des Netzes als Stoffersatz und als Energietrager einzusetzen oder zum System passende Unternehmen zu integrieren", so werden damit lediglich Instrumentalziele, nicht jedoch die Fundamentalziele der Netzwerkunternehmen angesprochen. Siehe Schwarz 1998, S. 17. Vgl. hierzu auch Kap. 3.2.4.1. Vgl. Kap. 2.2.2.3. Vgl. Strebel 1 9 9 8 , 8 . 5 .
42
ein Verwertungsnetz entstehen kann, mussen die beteiligten Untemehmen auf Basis einschlagiger Informationen in ihrer Eigenschaft als Teammitglieder bekannt gemacht werden. Erst dann konnen gemeinsame Zielvorstellungen und eine eigene Netzwerkidentitat entstehen. Aus Beziehungs- und Netzwerkdeskriptoren lassen sich fur die einzelnen Netzwerkunternehmen zusatzlich noch folgende Unternehmensdeskriptoren ableiten: •
Vernetzunqsintensitat: Die Vernetzungsintensitat gibt das AusmaB der unternehmensspezifischen Vernetzung wieder. Als absolute MaBzahl fur die Vernetzungsintensitat wird die Anzahl der existierenden unmittelbaren Verwertungsbeziehungen eines Netzwerkmitgliedes /^ herangezogen. Eine relative MaBzahl fur die Vernetzungsintensitat /\ kann errechnet werden, indenn die absolute Anzahl der Verwertungsbeziehungen des Netzwerkunternehmens /, in Relation zu dessen hochst moglichen Menge direkter zwischenbetrieblicher Beziehungen im Netzwerk IJmax) gebracht wird. Die nnaximale Anzahl an Verwertungsbeziehungen fur ein Untemehmen ergibt sich aus der Anzahl zur Verfugung stehender Netzwerkpartner, sprich der Gesamtanzahl an Netzwerkuntemehmen im VenA/ertungsnetz n abzuglich eins.^^® Nimmt die Vernetzungsintensitat den Wert eins an, so unterhalt das Netzwerkuntemehmen mit alien Netzwerkpartnern VenA/ertungsbeziehungen. Werte nahe null bedeuten, dass das Untemehmen nur mit wenigen Netzwerkpartnern Ruckstande zur Ven/vertung austauscht. Ein Wert von null ist per Definition nicht moglich, da ein Untemehmen ohne Verwertungsbeziehung kein Netzwerkuntemehmen ist. „lndustrielle Verwertungsnetze sind dadurch gekennzeichnet, dass alle Systemelemente (Unternehmungen) durch wenigstens einen Pfad (Ruckstandsbeziehung) miteinander verbunden sind."^^''
/^ (max)
n-1
Zentralitat: Die Zentralitat gibt an, wie stark ein Netzwerkuntemehmen in das Verwertungsnetz integriert bzw. von den anderen Netzwerkmitgliedern
166
167
Hlerbei ist zu berucksichtigen, dass eine Verwertungsbeziehung zum Austausch mehrerer Ruckstande fuhren kann; vgl. hierzu die Ausfuhrungen uber die Multiplexitat von Interorganisationsbeziehungen in Kap. 2.2.2.2. Schwarz 1994, S. 90-91, angepasst an die neue deutsche Rechtschreibung.
43
isoliert ist.^^^ Sie gibt damit die Erreichbarkeit eines Unternehmens innerhalb des Netzwerkes an, die maBgeblich durch die Anzahl der Kooperations- bzw. Kommunikationspfade, an denen das Unternehmen beteiligt ist, bestimmt wird.^^^ In einem industriellen Verwertungsnetz kann als MaBzahl fur die Zentralitat eines Netzwerkunternehmens Zx somit die Anzahl der unmittelbaren VenA/ertungsbeziehungen dieses Unternehmens h in Relation zur gesamten Menge an tatsachlich im Netzwerk existierenden zwischenbetrieblichen VenA/ertungsbeziehungen //,r gebracht werden. ^.-^ Netzwerkunternehmen mit einer sehr hohen Zentralitat werden auch als fokale Unternehmen bezeichnet.^''° Diese Unternehmen spielen fur den Bestand eines Verwertungsnetzes eine besondere Rolle und haben aufgrund ihrer starken Vernetzung auch eher Moglichkeiten zur Koordination der Netzwerkaktivitaten. Laut Kaluza fehlen bei industriellen VenA/ertungsnetzen jedoch melst derartige fokale UnternehmenJ'^^ 2.2.2.2 Beziehungsdeskriptoren In einem Venwertungsnetz spricht man von einer Ven^/ertungsbeziehung, wenn von einem Netzwerkunternehmen zumindest eine Ruckstandsart wiederholt an ein anderes
Netzwerkunternehmen
zum
Recycling weitergegeben wird.
Schwarz bezeichnet die recyclingorientierten Zweierbeziehungen zwischen Unternehmen auch als VenA/ertungszellen bzw. Kristallisationskeime industrieller VenA^ertungsnetze.^''^ Die Beziehungsdeskriptoren, mit denen die wesentlichen Merkmale von VenA/ertungsbeziehungen beschrieben werden konnen, beziehen sich entweder direkt auf die Beziehung zwischen den Netzwerkpartnern Oder auf den jeweils weitergegebenen Ruckstand.^^^ Es sind dies:
Vgl. Schenk1984, S. 52. Vgl. Kronen 1994, S. 121. Eine hohe Zentralitat wird haufig auch mit eine iiohen Maciitposition innerhalb des Netzwerkes in Verbindung gebracht; vgl. etwa Brass/Burkhardt 1992, S. 192. Vgl. Kaluza 2002, S. 8 1 . Vgl. Schwarz 1998; S. 11-12. Werden im Rahmen einer Verwertungsbeziehung zwischen zwei Netzwerkunternehmen mehrere Ruckstandsarten weitergegeben, so miissen letztere pro Ruckstandsart erhoben werden, beispielsweise die jeweiligen Mengen der einzelnen Ruckstandsarten.
44
Art, Qualitat und Quantitat des Ruckstandes: Urn eine Recyclingbeziehung zwischen zwei Unternehmungen aufzubauen, muss geklart werden, welche RiJckstandsart
bzw. -arten zwischen den potentiellen Netzwerk-
partnem ausgetauscht werden konnen. Die Eignung des Ruckstandes zum Einsatz als Sekundarstoff ist sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht sicherzustellen. Die Qualitatsanforderungen an den Ruckstand als auch die mogllchen Aniiefernnengen, -zeiten und -intervalle hangen direkt von den Produktionsprozessen des annehmenden Verwertungspartners ab. Konstante Qualitatsmerknnale wie etwa der Feuchtigkeitsgehalt Oder die Unterschreitung von Hochstkonzentrationen bestimmter Schadstoffe konnen fur den Wiedereinsatz des Ruckstandes eine zentrale Rolle spielen. Fur bestimmte Ruckstandsarten, wie etwa Altpapier, Altglas, Altmetall etc., haben sich bereits spezialisierte Altstoffhandler und Aufbereiter etabliert, die die Dienstleistung des kontinuierllchen Abholens der Ruckstande gegen Bezahlung eines existierenden Marktprelses ubernehmen. Fur diese Ruckstandsarten lohnt es sich kaum, direkte Ven/vertungsbeziehungen aufzubauen. Vielmehr werden diese Ruckstande auf Basis von primar kurzfristigen Kosten- und ErlosiJberlegungen an den Altstoffhandel abgegeben.^^"^ Fur Ruckstande, die rechtlich als „gefahrlicher Abfall" eingestuft sind, ist die Entsorgung im Wege konzessionierter Altstoffhandler sogar vorgeschrieben.^''^ Fur direkte Recyclingbezlehungen innerhalb eines Verwertungsnetzes kommen somit nur jene Ruckstande in Frage, die abfallrechtlich nicht als gefahrlich eingestuft sind und fur die sich noch kein Ruckstandsmarkt (Altstoffhandel) ausrelchend etabliert hat. Liefer- und Zahlunqskonditionen: Die Weitergabe des Ruckstandes kann unentgeltllch oder entgeltlich erfolgen. Bei Letzterem zahit entweder der Ruckstandsannehmer einen bestimmten Preis fur den als Substitut eines Rohstoffes
Oder Energietragers
eingesetzten
Ruckstand
oder
der
Ruckstandsabgeber dem -annehmer ein Entgelt fur die „Entledigung" des Ruckstandes. Hierbei ist es Insbesondere bei groBeren Entfernungen zwischen den Netzwerkpartnern und schweren oder voluminosen Stoffen nicht unwesentlich, wer die Transportkosten tragt.
174
175
Nach Schwarz werden diese Ruckstandsarten nahezu unabhangig von der jeweiligen Menge im Wege des Altstoffhandels zur Verwertung abgegeben; vgl. Schwarz 1998, S. 14. Vgl. § 16 (5) AWG 2002 fur Osterreich bzw. § 43 KrW-/AbfG 1994 fur Deutschland.
45
•
Technische Anforderunqen: Die Weitergabe eines Ruckstandes fur ein extemes Recycling kann voraussetzen, dass der Ruckstandsabgeber spezielle Abtrenn-, Sammel-, Sortier- oder Aufbereitungsanlagen errichtet Oder adaptiert. Aber auch beim Ruckstandsannehmer kann die Substitution von Einsatzstoffen durch Sekundarmaterialen in der betrieblichen Leistungserstellung die Produktionsprozesse derart beeinflussen, dass technische Vorkehrungen getroffen bzw. die Produktionsverfahren entsprechend adaptiert werden mussen. Ferner ist es moglich, dass auch die Qualitat der Fertigungserzeugnisse durch den Einsatz von Ruckstanden negativ, oder aber auch positiv beeinflusst wird.
Folgende Deskriptoren beziehen sich direkt auf die Beziehung zwischen den beiden Netzwerkpartnern: •
Multiplexitat: Die Multiplexitat gibt an, ob die Interorganisationsbeziehung zum Austausch unterschiedllcher Inhalte genutzt wird/^® bzw. uber wie viele grundsatzliche Relationen zwei Austauschpartner miteinander in Verbindung stehen.^^'' Umgelegt auf Verwertungsnetze wird mit der Multiplexitat also gemessen, uber wie viele Verwertungsbeziehungen zwei Netzwerkunternehnnen miteinander in Verbindung stehen, d.h. wie viele Ruckstandsarten von einem Unternehmen an das andere zur Verwertung weitergegeben werden.
•
Vernetzunqsrichtunq: Die Vernetzungsrichtung gibt nun an, welches Unternehmen in der jeweiligen VenA/ertungsbeziehung als Ruckstandsabgeber (Quelle) und welches Unternehmen als Ruckstandsannehmer (Senke) fungiert. Werden mehrere Ruckstandsarten zwischen den Unternehmen weitergegeben, so konnen wechselweise beide die Rolle des Ruckstandsabgebers oder -annehmers einnehmen (Reziprozitat der Ven/verlungsbezlehung).^^®
Vgl. Sydow1992, S. 84. Vgl. Mayer 2000, S. 178. Bei Strategischen Unternehmensnetzwerken wird hinsichtlich der Vernetzungsrichtung zwischen horizontaler, vertikaler und lateraler Vernetzung unterschieden; vgl. Mayer 2000, S. 180-181. Diese Einteilung erscheint jedoch zur Beschreibung von Ven^/ertungsbeziehungen innerhalb eines Verwertungsnetzes nicht zweckmaBIg, da dieser Gesichtspunkt bereits durch das Netzwerkmerkmal Branchenheterogenitat erfasst ist; vgl. hierzu Kap. 2.4.5.3.
46
Institutionalisierunq der Verwertunqsbeziehung: Der Institutionalisierungsgrad einer Interorganisationsbeziehung gibt das AusmaB der Verfestigung, der Absicherung, der Organisiertheit und Strukturiertheit der Kooperationsbeziehung an.^^^ Die Institutionalisierung einer Verwertungsbeziehung kann grundsatzlich von einer losen, vertragsfreien Weitergabe von Ruckstanden bis zu detaillierten Kooperationsvertragen oder sogar gegenseitigen Kapitalbeteiligungen reichen. Mit einer zunehmenden Institutionalisierung der VenA/ertungsbeziehung steigt Im Vergleich zur rein marktlichen Koordination auch die Interdependenz der VenA/ertungspartner, mit anderen Worten ausgedruckt steigt die Bindungsintensitat bei gleichzeitig abnehmender
Autonomie
der
Netzwerkunternehmen.^^°
Wird
keine
vertragliche Bindung oder finanzielle Verflechtung der Kooperatlonspartner vorgenommen, so kann die vertragsfreie Verhaltensabstimmung durch vertrauensbildende MaBnahmen unterstutzt werden. Beispielsweise ist ein zeitlich befristeter Austausch von Mitarbeitern als eine Form der personellen Verflechtung denkbar. ^^^ Interaktionsqrad: Der Interaktionsgrad bezieht sich auf die Kontakte der VenA/ertungspartner und resultiert aus den Faktoren Kontakthaufigkeit, KontaktregelmaBigkeit und Kontaktintensitat.^®^ Die Kontakthaufigkeit gibt die Anzahl der Kontakte innerhalb eines bestimmten Zeitraumes an, wahrend die KontaktregelmaBigkeit
die
Unterschiede der Zeitintervalle
zwischen den Kontakten zum Inhalt hat. Eine hohe KontaktregelmaBigkeit hat grundsatzlich den Vorteil, dass die Vorhersehbarkeit der einzelnen Kontakte zwischen den Partnerunternehmen eher gegeben ist, als bel vergleichsweise unregelmaBigen Kontakten. Mit der Kontaktintensitat werden schlieBlich die Starke und das AusmaB der sozialen Interaktionen im Rahmen der Verwertungsbeziehung beschrieben. Schwarz schlagt zur Forderung der Interaktion in VenA/ertungsnetzen die Installierung von Kommunikationsforen vor, urn dadurch die Transaktionskosten zur Errichtung neuer VenA/ertungsbeziehungen zu reduzieren.^®^
Vgl. Reimann 1991, S. 160. Die Institiutionalisierung einer Verwertungsbeziehung steht in engem Zusammenhang zum Spannungsfeld zwischen den Koordinationsmechanismen Markt und Kooperation; vgl. hierzu Sydow 1992, S. 101-104. 181 182 183
Vgl. Schwarz 1998, S. 19; Mayer 2000, 8. 186. Vgl. hierzu Mayer 2000, 8. 180. Vgl. Schwarz 1998, 8. 18.
47
•
Zeithorizont:
Ein weiteres
Beschreibungsmerkmal
industrieller
Ver-
wertungsbeziehungen ist die Dauer, bzw. der Zeithorizont, auf den die Kooperation angelegt ist.^®"^ Grundsatzlich ist zwischen explizit befristeten und unbefristeten Beziehungen zu unterscheiden. Die Befristung kann sich entweder auf einen konkreten Zeitpunkt oder auf die Erreichung eines bestimmten Zieles bzw. die Erfullung einer bestimmten Aufgabe beziehen. Idealtypisch kann schlieBlich zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Interorganisationsbeziehungen unterschieden werden. Schwarz spricht hinsichtlich industrieller VenA/ertungsbeziehungen auch von langfristigen kooperativen Kunden-Lieferantenbeziehungen.^®^ „Die Beziehung zwischen Ruckstandsabgeber
und Ruckstandsannehmer
ist dadurch gekenn-
zeichnet, dass der ruckstandsbezogene Informations- sowie Materialfluss nicht nur auf eine singulare Aktion beschrankt bleibt, sondern zumeist langfristig angelegt ist."^®® Untersuchungen in Osterreich haben ergeben, dass die Materialflusse zwischen den Verwertungspartnern regelmaBig Ergebnisse langfristiger Kooperationen mit einer Vertragsdauer von 10 bis 15 Jahren sind.^^^ Die Langfristigkeit der Kooperationsbeziehungen wird jedoch hinsichtlich der Stabilitat bzw. Dynamlk industrieller VenA/ertungsnetze auch kontroversiell dlskutiert.^®® •
Kooperationsfelder: SchlieBlich konnen Unternehmensbeziehungen noch durch die Gebiete der angestrebten Zusammenarbeit beschrieben werden. Unternehmenskooperationen innerhalb eines industriellen VenA/ertungsnetzes haben primar den Inhalt, Ruckstande der industriellen Fertlgung an andere Unternehmen zur VenA/ertung weiterzugeben. Nichtsdestotrotz sind auch Innerhalb von VenA/ertungsnetzen andere Kooperationsfelder, wie etwa der Austausch von
Informationen
oder
sogar gemeinsanne
Forschungs- und Entwicklungsaktivitaten denkbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn das VenA^ertungsnetzwerk als Nachhaltlgkeitsnetzwerk verstanden wird, dessen Kooperationsfelder welt uber das Recycling von Ruckstanden hinausgehen konnen.^®^
184
Vgl. hierzu Chrobok 1998, S. 243; Mayer 2000, S. 184.
^^^ Vgl. Schwarz 1996, S. 357. ^®® Schwarz 1998, S. 12; angepasst an die Neue Deutsche Rechtschreibung. ^®^ Vgl. hierzu Strebel/Schwarz/Schwarz 1996, S. 173 ft sowie Strebel 1998, 8. 4. '^ Vgl. Kap. 2.4.5.3. '^^ Vgl. Kap. 4.2.
48
2.2.2.3 Netzwerkdeskriptoren Die folgenden Deskriptoren beschreiben das Netzwerk als Gesamtsystem, d.h. sie beziehen sich nicht auf einzelne Unternehmen (Netzwerkknoten) oder einzelne Beziehungen zwischen den Netzwerkunternehmen (Netzwerkkanten). Teilweise handelt es sich dabei um originare Netzwerkdeskriptoren, andere wurden von Unternehmens- oder Beziehungsdeskriptoren abgeleitet. Zu den Ersteren zahlen: •
GroBe des VenA/ertunqsnetzes: Die GroBe des VenA/ertungsnetzwerkes wird zumeist mit der Anzahl der beteiligten Netzwerkunternehmen gemessen. Daneben ist es auch noch moglich, die Ruckstandsmenge, die einer zwischenbetrieblichen VenA/ertung innerhalb des Netzwerkes zugefuhrt wurde, als Indikator fur die NetzwerkgroBe heranzuziehen. Die Verwendung aggregierter Werte okonomischer Kennzahlen der Netzwerkunternehmen, wie etwa der Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen, erscheint hingegen zur Bestimmung der GroBe des VenA/ertungsnetzes wenig sinnvoll, well derartige Kennzahlen nicht zwangslaufig auf das AusmaB zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten schlieBen lassen. Grundsatzlich wird davon ausgegangen, dass bei zunehmender GroBe die Kosten zur Aufrechterhaltung der Kommunikationsbeziehungen uberproportional stelgen.^^°
•
Raumliche Ausdehnunq: Die raumliche Ausdehnung eines VenA/ertungsnetzes spielt eine bedeutende RoUe, da der Austausch von Ruckstanden zwischen den Netzwerkunternehmen mit Transportkosten verbunden ist. Je welter die Entfernung zwischen den Netzwerkunternehmen ist, desto hoher sind die spezifischen Transportkosten und desto eher besteht die Gefahr, dass die VenA/ertungsbeziehung aus okonomischen Grunden nicht aufgenommen oder nicht aufrechterhalten wird. Industrielle VenA/ertungsnetze sind daher zumeist regionale oder sogar lokale Netzwerke. Wahrend in regionalen Verwertungsnetzen alle Netzwerkunternehmen zumindest aus einer raumlich abgegrenzten Region stammen, haben in lokalen Netzwerken alle Unternehmen ihren Standort in einem uberschaubaren ortllchen Markt.^^^ In diesem Fall konnen die Ruckstande sogar durch fixe
190
Vgl. Putschert 1991, S 18; Schwarz 1994, S. 164.
191
Vgl. Mayer 2000, S. 191.
49
technische
Einrichtungen,
wie
Rohrleitungssysteme,
weitergegeben
werden (z.B. in Kalundborg). AusmafB qemeinsamer Einrichtungen: Wird ein VenA/ertungsnetz als Gesamtheit der Netzwerkunternehmen und ihrer Beziehungen untereinander verstanden, sind nicht zwingend gemeinsame Einrichtungen erforderlich. Durch die genneinsame Nutzung von Aniagen wie etwa Trocknungseinrichtungen Oder Transportnnittel oder die gemeinsame Beauftragung von Experten konnen Ressourcen gespart werden.^^^ Ferner kann es fur die Bildung gemeinsamer Ziele bzw. einer Netzwerkidentitat sowie fur die Koordination der Netzwerkteilnehmer erforderlich sein, gemeinsame Einrichtungen zu unterhalten. Eine gemeinsam errichtete, regionale Verwertungsagentur konnte beispielsweise recyclingrelevante Informationen beschaffen und verwalten sowie potentielle Netzwerkunternehmen identifizieren und deren Integration in das VenA/ertungsnetz unterstutzen.^®^ Als MessgroBe fur das AusmaB gemeinsamer Einrichtungen eignet sich das Budget, das den gemelnsamen Einrichtungen des VenA/ertungsnetzes zur Verfugung steht. Machtverteilunq: Die Machtverteilung innerhalb eines VenA/ertungsnetzes ist sowohl von der Gr63enverteilung als auch der Vernetzungsstruktur abhangig. Existieren ein oder wenige GroBunternehmungen mit einem hohen Zentrallsationsgrad, liegt typischerweise eine asymmetrische Machtverteilung vor. Ubernimmt dieses fokale Unternehmen, das dann auch als „head firm"^^"* oder „hub firm"^^^ bezeichnet wird, die Fuhrung der anderen Netzwerkpartner, so spricht man von einem monozentrischen Netzwerk. Ein Netzwerk mit tendenziell gleichberechtigten Netzwerkunternehmen wird hingegen als polyzentrisch bezeichnet.^^^ Nach Schwarz ist ein „regionales Unternehmensnetzwerk, wie es auch bei einem institutionalisierten steirischen VenA/ertungsnetz der Fall ware [...], dadurch charakterisiert, dass dieses keine langfrlstig dominante Fuhrung aufweist und die
192 193 194 195 196
50
Vgl. Schwarz 1998, S. 19 sowie 22-23. Vgl. Schwarz 1998, S. 22. Vgl. Inzerelli 1990, hier zitiert aus Schwarz 1998, 8. 21. Vgl. Sydow1992, 8. 81. Vgl. Mayer 2000, 8. 191.
Netzwerkmitglieder zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche uberbetriebliche Funktionen erfullen."^^^ Qffenheit: Die Offenheit oder Geschlossenheit eines Netzwerkes gibt an, wie einfach es fur ein Unternehmen ist, aus der Netzwerkumwelt in das Ven/vertungsnetz einzutreten oder dieses wieder zu verlassen.^^® Dieses Kriterium steht also in engem Bezug zu allfalligen Eintritts- oder Austrittsbarrieren des Netzwerkes, die den Wandel der Mitgliedschaft einschranken. •
Stabilitat: Die Stabilitat eines Verwertungsnetzes bezieht sich neben der Zusammensetzung des Netzwerkes (siehe Kriterium Offenheit) aucii auf die Netzwerkbeziehungen bzw. -leistungenJ®^ Ein VenA/ertungsnetz gilt als stabll, wenn die selben Netzwerkunternehmen uber eine langere Zeit hinweg die gleiche Ruckstande zur Ven/vertung austauschen. Dynamische Netzwerke weisen sich hingegen durch eine hohe Variabilitat der Netzwerkzusammensetzung
oder
der Netzwerkaktivitaten
aus. „Die
Dynamik des VenA/ertungsnetzes auBert sich in der Anderung des Systemzustands Im Zeitablauf."^°° Jedoch wird diesbezuglich insbesondere bei einer Dominanz altindustrieller Partner von einer latenten Gefahr gesprochen, dass Netzwerke zunachst Lerneffekte und GroBenvortelle ermoglichen, spater jedoch zu Verkrustungen neigen. „Netzwerke konnen die industriellen Stoffstrome auf einem hohen Niveau stabilisieren und bei Neuinvestitionen nachgeschalteten Reinigungstechnologien den Vorzug gegenuber einem Wandel hin zu integrierten Umweittechnologien geben."^^^ Dem steht das Argument gegenuber, dass Unternehmen in einem Verwertungsnetz sich mit der Frage auseinandersetzen, wie aus einem Ruckstand ein Rohstoff- oder Energietragerersatz wird, und dadurch automatisch deren Bereitschaft und Fahigkeit fur zusatzliche Recyclinglosungen steigt. „Durch die Auseinandersetzung mit der betrieblichen Ruckstandsproblematik konnen auch Vermeldungspotentiale gefunden werden."^°^ Nach Kaluza sind zur Erreichung der Stabilitat von
^^^ Schwarz 1998, S. 20; vgl. hierzu auch Kaluza 2002, S. 81. 198
Vgl. Sydow 1992, S. 84; Mayer 2000, S. 189-190.
^^ Vgl. Kutschker/Schmid 1995, S. 6. ^°° Schwarz 1994, S. 134. ^°^ Bleischwitz/Schubert 2000, S. 462. ^°^ Schwarz 1998, S. 19.
51
interorganisationalen Netzwerkbeziehungen vier Gruppen von Bedingungen zu betrachten: erstens vertragliche Bedingungen bezuglich der Regelungen uber die Verteilung des entstehenden Nutzens, zweitens externe Bedingungen, wie beispielsweise juristische, gesellschaftliche und technologische Bedingungen, drittens interne Bedingungen, wie insbesondere Aspekte des Vertrauens, des Wissensstandes der Netzwerkbetriebe und der Netzwerkidentitat, und viertens schlieBlich organisatorische Bedingungen, wie etwa Informations- Oder Mitarbeiteraustausch.^°^ Folgende Netzwerkdeskriptoren wurden aus Unternehmens- oder Bezieiiungsdeskrlptoren abgeleitet: •
GroBenverteilunq der Netzwerkunternehmen: Fur die Analyse eines Ven/vertungsnetzes ist nicht nur die durchschnittliche GroBe der beteiligten Unternehmen, sondern auch die Varianz von Interesse, da eine heterogene GroBenverteilung als ein Indiz fur eine asymmetrische Machtvertellung und folglich fur netzinterne Abhangigkeitsbeziehungen gewertet werden kann.^°^
•
Vernetzunqsstruktur: Die Vernetzungsstruktur ist aus der graphischen Abbildung des Netzwerkes ersichtlich, kann aber auch durch die Analyse des Zentrallsationsgrades und der Vernetzungsintensitat der Netzwerkunternehmen erhoben werden. Ein Verwertungsnetz gilt als zentralistisch strukturiert, wenn es ein oder wenige Unternehmen mit einem sehr hohen Zentralisationsgrad aufweist. Solche Unternehmen unterhalten im Vergleich zu den anderen Netzwerkunternehmen sehr viele Beziehungen, weshalb sie Sydow^ auch als „Stars" bezeichnet.^^^
•
Konnektivitat: Ein Netzwerk wird als dicht bezeichnet, wenn zwischen den Netzwerkunternehmen viele Beziehungen unterhalten werden, d.h. die durchschnittliche Vernetzungsintensitat der Unternehmen hoch ist. Die Konnektivitat des Netzwerkes, d.h. die Relation direkter zu indirekten Beziehungen im Ven/vertungsnetz,^°® ist in diesem Fall hoch. Ein vollkommen
204 205 206
52
Vgl. hierzu Kaluza 2002, S. 83-84. Vgl. Kleebach1994, S. 23. Vgl. Sydow 1992, S. 83-84. Vgl. Sydow1992, S. 84.
vermaschtes Netzwerk, bei dem jedes Unternehmen mit alien anderen verbunden ist, weist somit die hochst mogliche Konnektivitat auf.^°^ Branchendiversitat: Im Gegensatz zu branchenbezogenen Unternehmensnetzwerken ist bei industriellen Verwertungsnetzen die Branchendiversitat essentiell. „Mit steigender Diversitat eines VenA^ertungsnetzes nehmen nicht nur die potentiellen Verwertungsmoglichkeiten zu, sondern es steigen auch die insgesamt im Netzwerk vorhandenen und zu verwertenden Ruckstandsarten und -mengen."^°® Die Zusammenarbeit von Unternehmungen aus unterschiedlichen Branchen ist daher fur industrielle Verwertungsnetze charakteristisch.^°^ Die Weitergabe eines Ruckstandes an ein Unternehmen der selben Branche ist aufgrund der zusatzlichen Transportkosten unternehmensexternen Recyclings in der Regel nur dann slnnvoll, wenn das eigene Recyclingpotential bereits veil ausgelastet Ist. Der Austausch von Ruckstanden zwischen Unternehmungen verschiedener Branchen beinhaltet hingegen zumeist Recyclingaktivitaten, die unternehmensintern uberhaupt nicht moglich waren, da die hierfur erforderlichen Prozesse im eigenen Betrieb fehlen. Sichtbarkeit: Dieses Kriterium beschreibt das AusmaB, in dem das Verwertungsnetz und die Beziehungen zwischen den Netzwerkpartnern fur AuBenstehende sichtbar bzw. erkennbar sind. Hierbei spielt die Einstellung der Netzwerkunternehmen eine entscheidende Rolle. Wird das Verwertungsnetz
lediglich als Entsorgungsalternative
fur bestimmte
Produktionsruckstande gesehen, so wird die Sichtbarkeit des Verwertungsnetzes kaum gegeben sein. Wird das VenA/ertungsnetz hingegen als Instrument des offensiven zwischenbetrieblichen Umweltschutzes gesehen, so sind sogar entsprechende Marketingaktivitaten des Verwertungsnetzes denkbar. Auch ist zu berucksichtigen, dass die Neigung einzelner Akteure, sich unkooperativ zu verhalten, sinkt, wenn das Verhalten der einzelnen Kooperationspartner fur Dritte leichter beobachtbar ist.2^°
207
209 210
Vgl. Mayer 2000, S. 189. Schwarz1996, 8.361. Vgl. Schwarz 1998, S. 17; Strebel 1998, S. 5. Vgl. Schwarz 1998, S. 18-19.
53
Identitat: Analog zur Corporate Identity sollte sich auch in einem industriellen Verwertungsnetz eine Network Identity entwickeln. Systemkenntnis, gegenseitiges Kennenlernen, Kommunikation im Systenn, wachsendes Vertrauen zwischen den Netzwerkunternehmen
sowie lang-
fristiges Denken konnen helfen, allfallige Barrieren fur VenA/ertungskooperationen abzubauen und danriit die VenA/ertungsraten zum wirtschaftlichen Vorteil der Beteiligten zu erhohen. Die Netzwerkidentitat betrifft die kulturelle Dimension des VenA/ertungsnetzes. Kern einer Netzwerkidentitat sind gemeinsame Zlele der Netzwerkunternehmen sowie geteilte Werte. Wichtig fur die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit im Ruckstandsbereich ist vor allem auch die Bildung einer Vertrauenskultur zwischen den beteiligten Unternehmen.^^^ Das Vertrauen der Netzwerkpartner untereinander sowie in das VenA/ertungsnetz als Gesamtsystem soil moglichst hoch sein. Strebel bezeichnet die Existenz einer „Network Identity" fur das System sowie gemeinsamer Zielvorstellungen sogar als Bedingungen fur eine umfassende Ruckstandsverwertung im Verwertungsnetz.^^^ Schwarz geht noch einen Schritt welter, indem er ein VenA/ertungsnetz als „zielgerichtete Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen bezeichnet, bei der versucht wird, alle okonomisch sinnvollen Verwertungsbeziehungen unter Beachtung umweltrechtlicher Rahmenbedingungen zu realisieren."^^^ Das Vorhandensein einer gemeinsamen Zielvorstellung in Hinblick auf eine weitest gehende zwischenbetriebliche RuckstandsvenA/ertung wird damit zum Definitionsmerkmal fur industrielle VenA/ertungsnetze. Die gemeinsamen Zielvorstellungen der Netzwerkunternehmen mussen aber nicht nur die tragende Idee des zwischenbetrieblichen Recyclings innerhalb des VenA/ertungsnetzes umfassen, sondern sollten, soweit es um Beitrage aus dem Verwertungsnetz geht, auch die betriebswirtschaftlichen Ziele der einzelnen Mitglieder beinhalten.^^"^
211 212
214
54
Vgl. Schwarz 1998, S. 18. Vgl. Strebel1998, 8. 5. Schwarz 1998, S. 17 Vgl. hierzu Strebel 1998, S. 8-9.
3. Theoretische Erklarungs- und Begriindungsansatze fur industrielle Verwertungsnetze Das Konzept der industriellen Verwertungsnetze stellt die Unternehmen vor vollig neue Herausforderungen. Die gesetzten Ziele der Unternehmen im Bereich der Ruckstandswirtschaft werden nicht mehr ausschlieBlich durch innerbetriebliche MafBnahmen erreicht, das Interesse richtet sich plotzlich auf die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit zur Ruckstandsverwertung. Neuartige Problemfeider, etwa in Bezug auf die Kommunikation zwischen den Netzwerkpartnern, auf logistische Herausforderungen oder auf das Management eines Verwertungsnetzes, entstehen und bedurfen einer grundlichen wissenschaftlichen Bearbeitung.
So ist es nicht verwunderlich, dass industriellen Ver-
wertungsnetzen und Eco-lndustrial Parks von Seiten der Wissenschaft verstarkt Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Vielfach ist sogar eine wissenschaftliche Begleitung und Unterstutzung der einzelnen Projekte anzutreffen.^^^ Dabei ist es nicht von unerheblicher Bedeutung, dass die resultierenden mannigfaltigen Implikationen des Phanomens industrieller Verwertungsnetze aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden konnen. Es existiert keine umfassende
Kooperations- oder Netzwerktheorie,^^^ die das Phanomen indus-
trieller Verwertungsnetze erschopfend erklaren wurde, sondern es gibt eine Vielzahl moglicher theoretlscher Erklarungs- und Begrundungsansatze, mit denen jeweils bestimmte Aspekte untersucht werden. Durch die Betrachtung ausgewahlter Einflussfaktoren werden jeweils fur bestimmte Sachverhalte Erklarungsbeitrage geliefert, wobei sich diese keineswegs immer komplementar zueinander verhalten. Im Berelch der Organisationstheorien ist vielmehr „mit einer ungeordneten VIelfalt von einander mehr oder weniger heftig widersprechenden Theorieperspektiven zu rechnen".^^'' In diesem Kapitel wird auf die in der folgenden Abbildung dargestellten Theoriezweige, innerhalb derer noch verschiedene Ansatze unterschieden werden konnen, eingegangen.
^^^ Vgl. Bleischwitz/Schubert 2000, S. 461. ^^^ Vgl. Rudiger 1998, S. 25; Stormer 2001, S. 129. ^^^ Walter-Busch 1996, S. 79, im Original teilweise kursiv.
55
Entscheidungstheorie - normativer Ansatz - deskriptiver Ansatz \ - organisationale \ Entscheidungen
Systemtheorie / - strukturell-funktionale Systemtheorie - systemth.-kybernetischer Ansatz - autopoietisch selbstreferentieller Ansatz - Selbstorganisationsansatz
Abb. 7:
/ /
\ \
Neue Institutionenokonomie - Property Rights-Ansatz - Transaktionskostentheorie - Prinzipal-Agent-Ansatz
Umwelt-deterministische Organisationslehre . Kontingenztheorie . Resource-Dependence-Ansatz . Evolutionstheorie
Theoretische Ansatze zur Erklarung und Begrundung industrieller Verwertungsnetze
Die verschiedenen Theorieansatze werden kurz dargestellt und deren Erklarungs- und Begrundungsgehalt fur das Phanomen der industriellen Verwertungsnetze diskutiert. Dabei ist zu berucksichtigen, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Theorieansatzen nicht immer eindeutig, die Abgrenzungen und Klassifikationen nicht ohne Willkur moglich sind. Auch ist es aufgrund der groBen Anzahl verschiedener Ansatze, insbesondere im Bereich der Organisationstheorie, unmoglich, dem Anspruch auf Vollstandigkeit gerecht zu werden.^^® Vielmehr soil die getroffene Auswahl an Theorieansatzen zeigen, wie unterschiedlich die moglichen Zugange zur Thematik sind. Dabei ist zu berucksichtigen, dass die Theorieansatze nicht nur von deren fachwissenschaftlichen Herkunft,^^^ sondern auch sehr stark vonn gesellschaftlichen Kontext und Menschenbild zur Zeit ihrer Entwicklung gepragt sind.^^°
^^® Vgl. Kap. 1.2. ^'^ Vgl. Walter-Busch 1996, S. 59-60. ^^° Vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, S. 406-407.
56
3.1 Industrielle Verwertungsnetze aus entscheidungstheoretischer Sicht Die entscheidungsorientierten Ansatze basieren auf der Pramisse, dass das individuelle
menschliche
Entscheidungsverhalten
fur
den
Bestand von
Organisationen und deren Anpassung an eine komplexe und veranderliche Umwelt von zentraler Bedeutung ist. Rationale Entscheidungstrager versuchen, zlelgerichtet auf iiire Umgebung einzuwirken, d.h. die gesellschaftlichen Institutionen
so
zu
gestalten,
dass
sie
letztlich
der
individuellen
Bedurfnisbefriedigung dienen.^^^ Rationalitat bedeutet hierbei, dass ein Akteur aus einer Menge von Handlungsalternativen diejenige auswahit, die gemafB seiner individuellen Praferenzordnung den hochsten Zielerreichungsbeitrag liefert. Die Entscheidungen
hangen folglich stets von den jeweiligen
Bedurfnissen des Indlviduums ab (Mikroebene). Im Zusamnnenhang mit der Erklarung und Begrundung von industriellen VenA/ertungsnetzen sind zwei Kategorien von Entscheidungen von Interesse: einerseits Entscheidungen innerhalb von Verwertungsnetzen, d.h. Entscheidungen zur Erreichung der jeweiligen organisationalen Ziele (Transformation der Entscheidungen von der Mikroebene auf die Makroebene), und andererseits Entscheidungen von Individuen, ob sie sich uberhaupt einer Organisation, wie etwa einen industriellen Verwertungsnetz, anschlieBen und in ihrem Sinne handein sollen. Ven/vertungsnetze werden demnach als Institutionen betrachtet, in denen laufend Entscheidungen getroffen werden. Diesen Entscheidungen sind auf der Metaebene sogenannte Organisationsentscheidungen vorgelagert, die im Sinne von strukturgestaltenden MaBnahmen den organisatorischen Rahmen fur die laufenden Entscheldungsprozesse der Organisationsteilnehmer festlegen.^^^ Innerhalb
der
Entscheidungslehre
wird
zwischen
einem
verhaltens-
wissenschaftlich-deskriptiven und einem normativ-analytischen Zweig der Entscheidungstheorie unterschieden. Wahrend sich die normativ-analytische Entscheidungstheorie mit der Logik der Entscheidung beschaftigt und daraus normative
Aussagen
betrachtet
die
uber
rationales
Entscheidungsverhalten
verhaltenswissenschaftlich-deskriptive
ableitet,
Entscheidungstheorie
^^' Vgl. Kappelhof 2000, S. 222. ^^^ Vgl. Vo3 2001,8.37.
57
vielmehr das tatsachliche menschliche Entscheidungsverhalten, urn dessen Merkmale, Bestimmungsgrunde und Fehlerzu beschreiben und zu erklaren.^^^ Vor diesem Hintergrund sind zur entscheidungstheoretischen Erklarung und Begrundung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze zwei Fragen von besonderem Interesse: Erstens, ist es vor dem Hintergrund der praskriptiven und/oder deskriptiven Entscheidungstheorie mogljch, industrielle Verwertungsnetze als Resultat individueller oder kollektiver ruckstandsbezogener Entscheidungen zu interpretieren bzw. welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus Ziehen? Zweitens, inwieweit lassen sich die dargestellten Uberlegungen zur Entscheidungsfindung in Organisationen auf industrielle Verwertungsnetze ubertragen und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
3.1.1 Verwertungsnetze als Resultat rationaler Entscheidungen Versucht man, das Phanomen industrieller Verwertungsnetze entscheidungstheoretisch zu erklaren, so ruckt sofort die grundlegende Frage ins Blickfeld, warum einzelne Unternehmungen uberhaupt an einem Ven/vertungsnetz teilnehmen und zwischenbetriebliche
Recyclingaktivitaten setzen? Die Ent-
scheidungstheorie llefert hierzu einen Erklarungsansatz auf Mikroebene, indenn sie feststellt, dass ein Individuum nur dann an einer Organisation teilnimmt, wenn der erwartete Nettonutzen seiner Teilnahme groBer als jener der besten Alternative ist. Trager der Entscheidungen sind also stets Indlviduen. Organisationen bilden einerseits den Entscheidungskontext und werden andererseits durch die Ergebnisse der Entscheidungen beeinflusst. Ob Industrielle Verwertungsnetze zustande kommen und ob einzelne Unternehmen daran teilnehmen, ist also stets Ergebnis der Entscheidungen von befugten Personen innerhalb von Organisationen. Die praskriptive Entscheidungstheorie liefert ein allgenneines normatives Modell, wie derartige Entscheidungen zu treffen sind, urn die optinnale Organisationsalternative in Hinblick auf das gegebene Zielsystem auszuwahlen. MIt diesem Zweig der Entscheidungstheorie, der auch als normativ-analytisch bezeichnet wird, soil ein moglichst rationales Entscheidungsverhalten ermoglicht werden.^^"*
^^^ Vgl. Scholz/Mieg/Weber 2003, S. 11. ^^"^ Vgl. etwa Menges 1972, S. 132-133. Wichtige Stromungen innerhalb der normativ-analytischen Entscheidungstheorie sind die mathematische Entscheidungstheorie aus dem Bereich des Operations Research, die von Neumann und Morgenstern entwickelte Spieltheorie
58
Im Modell der normativen Entscheidungslehre spielt der Begriff der Rationalitat eine zentrale Rolle.^^^ Der spatere Erfolg oder Misserfolg einer Entscheidung ist hierfijr jedoch kein zuverlassiger MaBstab, es kann sowohl eine rationale Entscheidung aufgrund der Unsicherheit zu einem Misserfolg fuhren als auch eine irrationale Zufallsentscheidung sich im Nachhinein als richtig herausstellen.^^^ Fur die Rationalitat einer Entscheidung lassen sich zwei Kriterien nennen: erstens die Konsistenz der Entscheidungsgrundlagen^^'' und zweitens das Kriterium der prozeduralen Rationalitat.^^^ Die Grundannahme der normativ-analytischen Entscheidungstheorie lautet, dass sich schwierige Entscheidungsprobleme besser losen lassen, wenn sie in ihre einzelnen Komponenten, d.h. in ihre Teilaspekte wie Handlungsalternativen, Umwelteinflusse, Wirkungen der Aktionen sowie Ziele und Praferenzen, zerlegt werden. Unter Handlungsalternativen werden mogllche, einander ausschlieBende Aktionen bzw. Strategien verstanden, zwischen denen der Entscheidungstrager wahlen kann, wie etwa zwischen verschiedenen Moglichkeiten der Ruckstandsentsorgung oder -verwertung.^^^ Die Kenntnis der ruckstandswirtschaftlichen
sowie die mathematische Teamtheorie von Marschak. Mit der Ersteren wird versucht, organisatorische Probleme, die in Form von Nebenbedingungen und einer Zielfunktion quantifiziert werden konnen, durch mathematische Verfahren der Programmierung zu iosen. Mithilfe der Spieltheorie sollen Entscheidungssituationen untersucht werden, in denen die Ergebnisse nicht nur von den eigenen Entscheidungen, sondern auch von den Entscheidungen der Mitspieler sowie von zufalligen Ereignissen beeinflusst werden. IVIit der mathematischen Teamtheorie wird schlieBlich versucht, durch die Definition von Entscheidungs-, Kommunikations- und Informationsregein zu einer Optimierung von Gruppenprozessen bzw. der Organisationsstruktur zu gelangen; vgl. hierzu Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998,8.429-430. Vgl. Scholz/Mieg/Weber 2003, S. 15. Vgl. Gottwald 1990, S. 20; Kruger 1999, 8. 34-35. Um dem Kriterium der Konsistenz zu entsprechen, miissen die in die Entscheidung eingehenden Pramissen zukunftsorientiert, transitiv, invariant und von irrelevanten Alternativen unabhangig sein. Die prozedurale Rationalitat bezieht sich auf den Ablaut der Entscheidungsfindung. 8o soil sich der Entscheidungstrager zuerst des ,richtigen' Problems bewusst werden (,framing'), in angemessenem AusmaB Informationen beschaffen und verarbeiten, mogliche Entwicklungen der Zukunft auf Basis von relevanten, objektiven Daten abschatzen sowie die eigenen Ziele und Praferenzen klaren und often legen; vgl. hierzu EisenfuhrA/Veber 2003, 8. 5-9. In der Rational-Choice-Theorie wird Rationalitat auch zudem als Konsistenz zwischen den Einstellungen und Wunschen des Entscheidungstragers und dessen Handlungen definlert; vgl. hierzu Zey 1998, 8.15-17. Liegen sehr viele Alternativen vor, konnen ohne vollstandige Bewertung schlechte Alternativen durch die Definition von Restriktionen und Anspruchsniveaus vorab ausgesondert werden um den spateren Aufwand der Entscheidungsfindung zu verringern. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, dass gute Alternativen, die jedoch bei einem Kriterium das Anspruchsniveau gerade nicht erfuHen, voreilig eliminiert werden. Wenn nicht eine Rangordnung der Alternativen, sondern nur die beste Alternative gesucht wird, ist daher die Vorauswahl durch Dominanztests zu bevorzugen, bei dem jene Alternativen ausgeschieden werden, die im
59
Ziele des jeweiligen Unternehmens ist Grundvoraussetzung fur rationale Entscheidungen uber zwjschenbetriebliche Recyclingaktivitaten. Bei der Generierung des Zielsystems sollten nur jene Ziele herangezogen werden, die im jeweiligen Kontext fundamental sind, d.h. ein Zielsystem soil ausschlieBlich Werturteile enthalten, nicht jedoch faktische Urteile uber Mittel-Ziel-Relationen. Ferner ist darauf zu achten, dass die Ziele vollstandig und frei von Redundanzen erfasst werden voneinander unabhangig sowie moglichst einfach handhabbar sind.^^° Die Wirkungen der einzelnen Verwertungs- bzw. Entsorgungsalternativen in Hinblick auf das ruckstandswirtschaftliche Zielsystem werden anhand von quantifizierbaren Zielvarlablen (Attributen) gemessen.^^^ Wird beisplelsweise in Unternehmungen hinsichtlich der Ruckstandsbewaltigung aufgrund okonomlscher Kriterien entschieden, so konnte ein Entscheidungsmodell, das sich eindimensional auf die direkten Kosten- und Erioswirkungen bezieht, folgendermaBen aussehen:^^^
paarwelsen Vergleich mit einer anderen Alternative hinsichtlich keiner Zielvariablen besser, aber zumlndest hinsichtlich einer schlechter sind; vgl. Eisenfuhr/Weber 2003, S. 87-89; Laux2003, S. 105-106. So sind Ziele wie „Gewlnnmaximierung" oder „Kostenminimierung" ungeeignet, da die Errelchung dieser Ziele nur im theoretischen Fall der vollkommenen Information messbar ware. Es wird zwischen naturlichen, kunstlichen und Proxy-Attributen unterschieden. Naturliche Attribute ergeben sich eindeutig aus der Formulierung des Zieles, wie z.B. der Anteil an Sekundarrohstoffen am gesamten Materialverbrauch. Kiinstllche Attribute werden durch mathematische Verknupfung von mehreren Subattributen gebildet, wie etwa Im Konzept der „quallty adjusted life years", bei dem die zu erwartenden Lebensjahre mit einem Index multipliziert werden, der die Veranderung der Lebensqualitat widerspiegelt. Proxy-Attribute kommen schlieBlich dann zum Einsatz, wenn sich weder geeignete naturliche noch kunstliche Attribute finden lassen. So kann etwa die Veranderung der Umweltqualitat anhand von Bioindikatoren abgebildet werden, Beisplelsweise kann das Wachstum von Flechten Aufschluss uber die Entwicklung der Luftgute oder die Entwicklung von Fischpopulationen iiber die Gewassergute geben. Zu den folgenden Ausfuhrungen vgl. Schwarz 1994, S. 77-80, Strebel/Schwarz/Schwarz 1996, S. 63-67.
60
Recycling im Unternehmen technisch moglich?
^
.^b.
^
Externer Verwerter vorhanden?
Externer Verwerter vorhanden?
<^>K^-E^ ^ '<'^-K^+K',-K',+A'
nein
I
Kl,-Kl,^K\-Kl^K'
Entsorgung
Zwischenbetriebliche Kooperation
Unternehmensinternes Recycling
Kosten fur Sekundarrohstoffe, beginnend von der Erfassung bis zum Einsatz
Kosten der Primarstoffe bis zum Einsatz in der Produktion
Fertigungskosten bei Einsatz von Sekundarrohstoffen
Fertigungskosten bei Einsatz von Primarrohstoffen
„Entsorgungskosten" bei Einsatz von Sekundarrohstoffen
Kosten der Riickstandsabgabe an Venrt/erter bei Einsatz von Primarstoffen
Entsorgungskosten im e.S. bei Einsatz von Primarrohstoffen
E:
Erlose durch die Abgabe der Ruckstande bei Einsatz von Primarstoffen
Abb. 8: Eindimensionales Entscheidungsmodell zur betrieblichen Ruckstandsbewaltigung^^
Entnommen aus: Schwarz 1994, S. 79.
61
In diesem Entscheidungsbaum werden Entscheidungen ausschlieBlich auf Basis von Kosten- und ErlosgroBen, wie den Material- und Fertigungskosten bei Sekundar- oder Primarstoffeinsatz, den Entsorgungskosten sowie den Kosten der externen RuckstandsvenA/ertung getroffen. In Abhangigkeit von den technischen Moglichkeiten innerbetrieblichen Recyclings und dem Vorhandensein externer VenA/erter treten dabei unterschiedliche Entscheidungssituationen auf. Zur Bewaltigung der im Unternehmen anfallenden Ruckstande ergeben sich durch Gegenuberstellung der jeweillgen Kosten- und Erioswirkungen als Handlungsalternativen die Entsorgung der Ruckstande, deren Verkauf am Markt, deren innerbetriebliche Verwertung oder die Aufnahme einer zwischenbetrieblichen Kooperation zur RuckstandsvenA/ertung. Die Anwendung dieses Entscheidungsnnodells impliziert, dass uber die unmittelbaren Kosten- und Erioswirkungen hinausgehende Kriterien, wie beispielsweise Auswirkungen auf die Ver- und Entsorgungssicherheit oder auch unterschiedliche okologlsche Effekte, nicht entscheidungsrelevant sind. Auch finden mogliche Probleme, die sich durch die Umstellung der Ruckstandsbewaltigung, etwa in Form von erforderlichen Anpassungen des Produktionsprozesses, ergeben konnen, keine Berucksichtigung. So kam Schwarz bei der Analyse der recycllngorientlerten Beziehungen im Verwertungsnetzes Steiermark zum Ergebnis, dass „analog zum Vorbildsystem Kalundborg [...] letztlich immer okonomlsche Kalkule fur deren Entstehen entscheidend waren."^^"^ Andererseits stellen Strebel/Schwarz/Schwarz fest: „Wie die betriebliche Praxis zelgt, sollte man sich nicht zu sehr auf die Uberzeugungskraft von Wirtschaftlichkeitsrechnungen bauen. Denn auch in jenen Fallen, in denen traditionelle, anerkannte Wirtschaftlichkeitsrechnungen RecyclingmaBnahmen als bessere Alternative ausweisen, sind in den Unternehmungen Widerstande zu beobachten, wenn diese MafBnahme Veranderungen in der Produktionstechnologie bedingen."^^^ Werden neben den Kosten- und Erioswirkungen noch weitere Kriterien zur Entscheidung uber die betriebliche Ruckstandsbewaltlgung herangezogen, nimmt die Komplexitat der nunmehr mehrdimensionalen Entscheidungssituation erheblich zu. Als weitere mogliche Kriterien uber Entscheidungen hinsichtlich der zwischenbetrieblichen
62
RuckstandsvenA/ertung in industriellen VenA/ertungs-
netzen kommen beispielsweise in Frage: Versorgungssicherheit mit (Sekundar)rohstoffen, Entsorgungssicherheit bei den unen/vunschten Kuppelprodukten, Qualitatsaspekte, allfallige Einflusse auf die Produktionsprozesse etc. Sobald mehrere dieser Ziele fur die Entscheidung relevant sind, liegt eine multiattributive Wertfunktion vor, bei der sich der Gesamtwert einer Entsorgungs- oder Verwertungsalternative aus den gewichteten Einzelwerten pro Attribut ergibt.^^^ In diesem Fall ist es erforderllch, die einzelnen Attribute zu gewichten. Dabei ist zu berijcksichtigen, dass dies immer nur anhand von konkreten Auspragungen Oder zumindest in bezug auf die moglichen Auspragungsintervalle der Attribute sinnvoll ist.^^^ Nach dem am haufigsten angewandten additiven Modell werden die Einzelwerte v pro Attribut r mit den zwischen null und eins normierten Gewichtungsfaktoren w multipliziert und schlieBlich durch Addition zum Gesamtwert der Alternative zusammengefasst. Der Wert der Alternative a erglbt sich demnach folgendermaBen:^^^
Bei Entscheidungen unter Risiko werden auf Basis der Erwartungsnutzentheorie analog zu den Wertfunktionen Nutzenfunktionen pro Attribut ermittelt, bei denen das individuelle Risikoverhalten des Entscheidungstragers (Risikofreude oder -aversion) berucksichtlgt wird. Es werden also nicht die Erwartungswerte der Ergebnisse, sondern die Erwartungswerte der dazugehorigen Nutzenwerte gebildet; vgl. hierzu etwa Meyer 1999, S. 51-53. Fur die Kriteriengewichtung gibt es wiederum verschiedene Methoden, wie das Trade-offVerfahren, das Swing-Verfahren oder das eher problematische Direct-Ratio-Verfahren: Beim Trade-off-Verfahren werden fiktive Alternativenpaare gesucht, die sich nur in zwei Attributen untersclieiden. Die Attributsauspragungen werden sukzessive solange verandert, bis die Alternativen vom Entscheidungstrager als gleichwertig angesehen werden. Sobald man zusammen mit der Nebenbedingung, dass die Kriteriengewichte in Summe eins ergeben, genugend Gleichungen erreicht, kann das Gleichungssystem nach den unbekannten Variablen, sprich den Kriteriengewichten, aufgeiost werden. Ausgangspunkt des SwlngVerfahrens ist die schlechteste denkbare Alternative, d.h. jene Alternative bei der alle Attribute ihre schlechteste Auspragung annehmen. Der Entscheider uberlegt sich jetzt, welches einzelne Attribut er am liebsten, am zweitliebsten usw. auf die beste Auspragung erhohen wiirde. Durch diese Kreation fiktiver Alternativen, bei denen immer nur ein Attribut die beste, alle anderen aber die schlechteste Auspragung annehmen, entsteht bereits eine ordinale Reihung der Attribute. Der zuerst gebildeten, d.h. meist praferierten Alternative werden willkijrlich 100 Punkte zugewiesen, den weiteren so viele, dass die Wertunterschiede zwischen den Alternativen zum Ausdruck gebracht werden. Durch Normierung der Bewertungen auf eins werden schliefBlich die endgultigen Kriteriengewichte ermittelt. Beim Direct-Ratio-Verfahren werden die Attribute direkt nach ihrer „Wichtigkeit" geordnet. Durch Paarvergleiche zwischen den Attributen werden relative Zielgewichte ermittelt, aus denen durch Normierung schlieBlich wieder die endgultigen Kriteriengewichte errechnet werden konnen. Vgl. zu den Verfahren zur Bestimmung der Kriteriengewichte Eisenfuhr/Weber 2003, 8. 123-130. Voraussetzung fur die Gultigkelt der additiven Aggregation der Einzelwerte verschledener Attribute ist deren wechselseitige Praferenz- bzw. auch Differenzunabhangigkeit. Die Praferenzordnung bzw. auch die Wertdifferenzen zwischen verschiedenen Alternativen hinsichtlich eines Attributes diirfen nicht von den Auspragungen anderer Attribute abhangig sein; vgl. Eisenfuhr/Weber 2003, 8. 117.
63
^(^) - 2 K^r i^r)' ^obeigilt: r=l
w^ > 0, ^ w^ = 1 r=l
Bei der Entscheidung zwischen mehreren Alternativen gilt schlieBlich jene als vorteilhaft, die den hochsten Gesamtwert aufweist. Bei unvollstandigen Oder unsicheren Informationen sind zusatzliche Analysen, wie etwa Sensitivitatsanalysen, durchzufuhren. Ferner ist es moglich, dass Praferenzaussagen auch mit Hilfe einfacher linearer Programmierungsansatze, wie etwa mit Dominanztests unter Berucksichtigung eines Streubereichs von Bewertungen, abgeleitet werden. Die normative Entscheidungstheorie bietet somit zwar einen Ansatz, wie Kriterien gewichtet und die partiellen Nutzen zu einem Gesamtnutzwert je Handlungsalternative aggregiert werden konnen. Dabei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Entscheidungselemente geordnet vorliegen: Es muss eindeutig feststehen, welche Art von ruckstandsbezogenen Problemen bei welchen Entscheidungsgelegenheiten gelost werden, welche Losungsalternativen dabei in Frage kommen und auch welche Entscheidungstrager dafur zustandig sind. Diese idealtypische Entscheidungssituation, in der die moglichen Alternativen bekannt sind, in Hinblick auf eindeutige und klare Entscheidungskriterien verglichen werden und schlieBlich jene Losungsmoglichkeit ausgewahit wird, die den hochsten Zielerreichungsbeitrag liefert, erfordert das Vorhandensein eines einheitlichen riickstandswirtschaftlichen Zielsystems und einer zustandigen, in Hinblick auf diese Ziele rational agierenden Entscheidungsinstanz. Wie diese Entscheidungselemente in der betrieblichen Praxis in Zusammenhang gebracht werden, vor allem wie das Zielsystem zustande kommt und welche Entscheidungskriterien in der Ruckstandswirtschaft letztlich ausschlaggebend sind, bleibt in der allgemeinen praskriptiven Entscheidungstheorie jedoch often. Die normative Entscheidungstheorie beschreibt zwar, wie im Idealfall rationale Entscheidungen erfolgen sollten, eine Begrundung fur das Zustandekommen von Industriellen VenA/ertungsnetzen wird aber letztendlich nicht geboten. Sehr wohl bietet sie aber einen methodischen Bezugsrahmen fur eine rationale Bewertung industrleller Ven/vertungsnetze. Vor allem der Umstand, dass in das Grundmodell der Entscheidung sowohl objektive Komponenten, wie bestimmte Informationen uber entscheidungsrelevante Sachverhalte, als auch subjektive Komponenten, insbesondere die Ziele und Praferenzen der Entscheidungs-
64
trager, einflieBen, liefert wertvolle Hinweise. Fur die Erklarung organisatorischer Phanomene wie industrielle Verwertungsnetze sind den mathematischen Verfahren allerdings aufgrund der beschrankten Formalisierbarkeit vieler organisatorischer, insbesondere sozialpsychologischer Variablen Grenzen gesetzt. „Besonders groBe Bedenken gelten fur jene mathematischen Methoden und Ansatze, welche das Endziel einer Optimierung der Organisation anstreben."^^^ Das Konzept der praskriptiven Entscheidungstheorie wird daher an dieser Stelle nicht weiter verfolgt, jedoch bei der spateren Darstellung der industriellen Verwertungsnetze vor dem Hintergrund des Zielsystems der nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung wieder aufgegriffen.^'^°
3.1.2 Verwertungsnetze als Resultat begrenzt rationaler Entscheidungen Im Gegensatz zum normativ-analytischen betont der verhaltenswissenschaftlich-deskriptive Zweig der Entscheidungstheorie den Umstand, dass aufgrund der beschrankten kognitiven Kapazitaten der Menschen die Rationalitat der Entscheidungen stets begrenzt ist. Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie basiert auf den Arbeiten von Chester I. BarnarcF"^^ und wurde in weiterer Folge ganz wesentlich von Herbert A. Simon gepragt, der erstmals die Organisationstheorie systematisch mit der verhaltenswissenschaftlichen Untersuchung der kognitiven Prozesse verband.^"*^ Bei der verhaltenswissenschaftlichen Analyse der menschlichen Entscheidungen kommt den beschrankten
Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, S. 431. Vgl. Kap. 4. Chester I. Barnard (1886-1961) betrachtete in der von ihm entwickelten Anreiz-BeitragsTheorie die Unternehmung als System von Handlungen, bzw. als Kooperationsverbund, in dem ein fragiier Gleichgewichtszustand zwischen Anreizen und Beitragen aufrechtzuerhalten ist. Unter Beitragen werden die Handlungen der Organisationsteilnehmer verstanden, welche die Organisation zur Erreichung ihrer Ziele benotigt. Anreize sind hingegen die materiellen oder immateriellen Gegenleistungen der Organisation zur Sicherung der Kooperations- bzw. Leistungsbereitschaft. Die Teilnehmer einer Organisation leisten nur so lange Beitrage, bis sie die dafijr gebotenen Anreize als groBer oder zumindest gleich gro3 wie ihre Beitrage erachten. Fur die Gestaltung der Anreize sind folglich die subjektiven Erwartungen an die Organisation und die Ziele der Kooperationspartner von hoher Bedeutung. Das Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht ist dabei nicht nur auf die Arbeltnehmer beschrankt, sondern bezieht sich ihrer Logik nach auf alle Personen oder Personengruppen, deren Kooperation fur die Erreichung des Organisationszwecks erforderlich ist. Damit wird der Blick auf alle - sowohl auf die internen als auch auf die externen - Anspruchsgruppen der Unternehmung gelegt. Zur Beschreibung der Anreiz-Beitrags-Theorie vgl. Schreyogg 1999, S. 48-52, Berger/Bernhard-Mehlich 2001, S. 134-140. Vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, S. 432-433.
65
kognitiven und motivationalen Kapazitaten des Entscheidungstragers eine zentrale Rolle zu. Entsprechend des Konzeptes der beschrankten Rationalitat^"^^ wird davon ausgegangen, dass Menschen zwar grundsatzlich beabsichtigen, rational zu handein, deren Informationskapazitaten als auch deren Bereitschaft, sich in Organisationen, wie industriellen Verwertungsnetzen, zu engagieren, jedoch begrenzt sind.^"^ Die grundlegende These lautet also, dass jene Personen, die uber die Teilnahme an einem VenA/ertungsnetz entscheiden, nur uber ein fragmentarisches Wissen verfugen. Nach Simon sind vor allem die unvollstandige Kenntnis der Ergebnisse einer Entscheidung, die Schwierigkeit der Bewertung zukunftiger Ereignisse und die Antizipation zukunftiger Werte sowie die Begrenztheit der Anzahl der Alternativen, die vom Entscheider betrachtet werden konnen, fur die begrenzte Ratlonalitat der Entscheider verantwortlich.^"^^ Die Konsequenzen der Entscheidungsalternativen hinsichtlich des Zielsystems sind nie vollstandig bekannt, wodurch eine umfassende Alternativenbewertung die kognitiven Kapazitaten der Entscheider ubersteigt. Es kann stets nur eine begrenzte Variablenzahl in einem begrenzten Konsequenzenbereich betrachtet werden. „Nur die Faktoren, die ursachlich und zeitlich am engsten mit der Entscheidung verknupft sind, konnen berucksichtigt werden."^"^® Zur Verringerung der Komplexitat der Entscheidung werden also nicht alle Aspekte der Situation betrachtet, der Entscheidungstrager selektiert diese vielmehr entsprechend seiner subjektiven Wahrnehmungs- und Deutungsmuster, Erfahrungen und Wertvorstellungen in einem sequentiellen Suchprozess. So ist es naheliegend, dass die fur die Ruckstandswirtschaft zustandigen Entscheidungstrager nur eine begrenzte Anzahl von Alternativen zur Ruckstands-
243
Wahrend das Gegenstuck des rationalistischen Menschenbildes, namlich Freuds Bild des Menschen als irrationales Wesen, in der wissenschaftlichen Entscheidungsforschung kaum Akzeptanz erfuhr, ist das Konzept der beschrankten Rationalitat mittlenweile dominierend; vgl. Scholz/MiegAVeber 2003, S. 16. Damit unterscheidet sich die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie wesentlich von der auch an rationalen Wahlakten ansetzenden neoklassischen Theorie der Unternehmung. Deren Pramissen der vollstandigen Information und der unbegrenzten Rationalitat werden durch die Pramissen der unvollstandigen Information und der begrenzten Rationalitat ersetzt. Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie wird femer berucksichtigt, dass die Ergebnisse der Entscheidungen von den Charakteristlka des Entscheidungsprozesses und des -umfeldes, insbesondere von der Organisation, innerhalb derer die Prozesse stattfinden, abhangen; vgl. hierzu Berger/Bernhard-Mehlich 2001, S. 134. Vgl. Simon 1981, S. 116. Simon 1981, S. 117.
66
bewaltigung kennen. Auch ist davon auszugehen, dass in der betrieblichen Praxis fur die betriebliche RiJckstandswirtschaft kaum Ware und operationale Ziele, die uber kurzfristige Kosten- und Erioswirkungen hinausgeiien, definiert sind. Daruber hinaus sind die zukunftigen Konsequenzen der einzelnen Alternativen schwer abzuschatzen, zum Beispiel wenn durch Recyclingaktivitaten Produktionsprozesse angepasst werden mussen oder sich durch den Einsatz von Sekundarrohstoffen die Produktqualitat verandert. Zudem ist jedes Individuum sowohl durch jene Fertigkeiten, Gewohnheiten und Reflexe, die nicht mehr im Bereich des Bewusstseins liegen, als auch durch seine Werte und jene Zielvorstellungen, die es bei seinen Entscheidungen beeinflussen, begrenzt.^'*'' Selbst die Zielbildung ist als ein kognitiver Prozess der intra- und gegebenenfalls auch interpersonellen Konfliktaustragung zu betrachten.^"^ Die Forderung der deskriptlven Entscheidungstheorie nach klaren und operationalen Zielen wird abgeschwacht. „Es kann sinnvoll sein, an die Stelle der unbedlngten Zlelklarheit eine kontrollierte Zielunklarheit treten zu lassen: Wenn es in bestimmten Entscheldungssituationen aufgrund kognitiver, kontextbestimmter oder konfliktbedlngter Gegebenheiten unmoglich oder unvernunftlg ist, klare Ziele zu formulieren, dann sollte lieber ein weniger prazises Ziel gesetzt werden - das aber bewusst."^"^^ Davon abgesehen scheitert die Bewertung zukunftlger Ereignisse auch an der Schwierigkeit vorherzusehen, wie das Ereignis zum Zeitpunkt seines Eintretens bewertet wird. Folglich wird keine optimale, sondern nur eine befrledigende Losung gesucht, ein vollstandiger Vergleich aller Entsorgungs- bzw. VenA/ertungsalternativen wird nach den Erkenntnissen der deskriptlven Entscheidungstheorie nicht durchgefuhrt.^^° „Because of the limits of human intellective capacities In comparison with the complexities of the problems that individuals and organizations face, rational behavior calls for simplified models that capture the main
Simon weist explizit darauf hin, dass die Grenzen der Rationalitat variabel sind und schon das Bewusstsein der Grenzen diese verandern kann; vgl. Simon 1981, S. 79-80. Vgl. hierzu Hauschildt 1981, S. 131-143. Hauschildt1981,S. 140. Die Anwendung bestimmter Entscheidungsregein bzw. Heuristiken, d.li. auf Analogie und Erfahrungen basierender inexakter Verfahren der Problemlosung, ermoglicht es trotz der begrenzten Rationalitat vernunftige Entscheidungen treffen zu konnen; vgl. hierzu Ahlert/Franz/Kaefer 1991, S. 204. Die Anwendung von Entscheidungsheuristiken wird in der Gemeinschaft der Entscheidungsforscher alierdings auch kontroversiell diskutiert, vgl. hierzu Scholz/Mieg/Weber 2003, S. 16.
67
features of a problem without capturing all Its complexltles."^^^ Ob ein Unternehmen an einem Industrlellen Verwertungsnetz tellnlmmt, hangt also nicht nur davon ab, ob die zustandlgen Entscheldungstrager Im jewelllgen Unternehmen uberhaupt von der Moglichkeit der zwlschenbetrlebllchen Ruckstandswirtschaft wissen, sondern auch davon, ob das Anspruchsniveau einen Anreiz bietet, nach besseren als der gegenwartlgen Losung der Riickstandsentsorgung Oder Rohstoffversorgung zu suchen. Das Anspruchsniveau wiederum 1st nicht statisch, sondern variiert mit den Erfahrungen des jeweillgen Indlviduums, wodurch es zu einer Anpassung des Anspruchsniveaus an den wahrgenommenen Ist-Zustand konnmen kann.^^^ In jenen Fallen, in denen die betriebliche Ruckstandswirtschaft in der Industrlellen Praxis nicht als wichtiger strategischer Erfolgsfaktor angesehen wird, ist es daher naheliegend, dass tendenziell die erste brauchbare Alternative der Ruckstandsbewaltigung, wie etwa die Deponierung Oder die Abgabe an Ruckstandshandler, gewahit wird. Diese Alternative beeinflusst wiederum das Anspruchsniveau, bzw. wird in Aniehnung an die Prospect-Theorie^^^ als Referenzpunkt fur weitere ruckstandsbezogene Entscheidungen herangezogen.^^"^ SchlieBlich konnen ruckstandswirtschaftllche
Routineentscheldungen noch
durch habituelles Verhalten, bei dem ein bestimmter Stimulus eine bestimmte Reaktionsweise des Indlviduums auslost, getroffen werden. March spricht In diesem Zusammenhang von Entscheldungen als regelbasierte Aktionen.^^^
March/Simon 1994, S. 190. Hinsichtlich diesbezuglicher empirischer Untersuchungen vgl. Hellbriick 2001, S. 321-345. Kahneman und Tversky zeigen in der von ihnen entwickelten Prospect Theory, dass der subjektiv empfundene Wert einer Konsequenz stark vom Referenzpunkt abhangt, von dem der Entscheldungstrager ausgeht; vgl. hierzu Kahneman/Tversky 1979, S. 263-291. Die steilste Stelle der Wertfunktion ist am Referenzpunkt: "... the value function is defined on deviations from the reference point, generally concave for gains and commonly convex for losses [and] steeper for losses than for gains."; Kahneman/Tversky 1979, S. 279. Mit der Rahmung („framing") einer Entscheidung kann daher das Ergebnis einer Entscheidung drastisch beeinflusst werden. Eine positive Situationsdarstellung fiihrt zur Risikovermeidung um die Gewinne nicht zu verlleren, wohingegen eine negative Situationsdarstellung die Risikobereitschaft tendenziell erhoht, um die Verluste wieder auszugleichen; vgl. hierzu auch Bazerman 1998, S. 47-50. Eine ahnliche Wirkung hat die Verankerungsfalle (Anchoring): Wird einer Person ein beliebiger Anfangswert unterbreitet, so wird dieser zum MaBstab fur die weiteren Einschatzungen und Urteile - selbst dann, wenn dieser Anfangswert offensichtlich irrelevant ist. Die Anpassung vom Anfangswert aus in Richtung des wahren Wertes wird nur in unzureichendem Umfang vorgenommen, so dass dieser einen unangemessen starken Einfluss auf das Ergebnis hat. Beispielsweise wird mit den unverbindiichen Preisempfehlungen der Hersteller ein hoher Anker gesetzt, sodass der Handel diesen unterbieten und damit bei den Kunden die Ulussion einer Ersparnis hervorrufen kann. Vgl. hierzu March 1997, S. 17 sowie Zhou 1997, S. 257-281.
68
Hierbei werden nicht die zur Verfugung stehenden Entsorgungs- bzw. Verwertungsaltemativen hinsichtlich ihrer Konsequenzen auf bestimmte ruckstandswirtschaftliche Ziele bewertet, es wird vielmehr routinemaBig entsprechend bestimmter Traditionen, Regein und Normen entschieden. Der fur die Ruckstandswirtschaft zustandige Entscheidungstrager reagiert in Abiiangigkeit von der jeweiligen Situation (Stimulus) und seiner Identitat bzw. Rolle, etwa als Abfallbeauftragter. D.li., das Ergebnis der regelbasierten Entscheidung hangt nicht nur von der Situation bzw. der Einschatzung der Situation des Entscheidungstragers ab, sondern wird auch durcii die in der Entsclieidungssituation aktuellen Identitat des Entscheiders bestimmt. Die Regein, die zur Anwendung komnnen, entstehen und verandern sich inn Laufe der Zeit; es wird von einem adaptiven Verhalten gesprochen.^^® Erfahrungen, Ruckmeldungen der Umwelt, aber auch Imitation konnen zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Entscheidungsregein, zur Evolution neuer Generationen von Entscheidungsregeln und damit zu individuellen Oder organisationalen Lernprozessen fuhren. Ein weiterer Aspekt betrifft die Frage, ob recyclingorientierte Entscheidungen von Einzelpersonen oder in Gruppen getroffen werden. Grundsatzlich konnen Gruppenentscheidungen eine Reihe von Vorteilen aufweisen, etwa durch das Einbringen von mehr Ideen und Wissen uber Fakten und Zusammenhange, durch verschiedene Einschatzungen bestimmter Sachverhalte durch verschiedene Personen und den sich daraus ergebenden Austausch und die Oberprufung von Argumenten und Gesichtspunkten einzelner. Vor der eigentlichen Auswahl einer Entsorgungs- bzw. VenA/ertungsalternative kann ein Informationsprozess erfolgen, in dem die Gruppenmitglieder mehr oder weniger intensiv Informationen, etwa uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsven^/ertung, beschaffen, uber Konsequenzen neuer Informationen diskutieren oder etwa auch Koalitionen fur einen folgenden Abstimmungsprozess bilden.^^'' Im Vergleich mit Einpersonen- konnen bei Mehrpersonenentscheidungen aber auch zusatzliche Entscheidungsanomalien auftreten, die nicht nur die Nutzung der moglichen Gruppenvorteile behindern oder vollstandig blockieren, sondern sogar zu Mechanismen fuhren konnen, die zu irrationalen Entscheidungen verleiten. Insbesondere durch das erstmals von Janis beschriebene Phanomen des „Groupthink"^^® kann es aufgrund des Kon-
^^ Vgl. Kogler 1990, S. 127-129. ^^^ Vgl. Laux 2003, S. 406. ^^® Janis hat den Begriff „Groupthini<" in Aniehnung an die Bezeichnungen „Doublethink" und „Crimethink" in George Orwell's 1984 kreiert; vgl. Janis 1982, S. 9.
69
formitatsdrucks zu vorschnellen Einigungen ohne hinreichende Prufung der Alternativen sowie zu einem ungerechtfertigten Gefuhl der Sicherheit und der uberlegenen Kompetenz der Gruppe kommen.^^^ Die Ursachen fur diese Symptome konnen sowohl im Bereich der organisatorischen Regelungen wie der Gruppenzusammensetzung, der Isolierung der Gruppe oder dem Mangel an Normen und Teamkultur liegen, als auch durch spezifische Kontextfaktoren wie hohen Stress oder geringes Selbstvertrauen der Gruppenmitglieder bedingt sein. Tritt Groupthink auf, so fuhrt dies zu einem mangelhaften Entscheidungsverhalten der Gruppe und bewirkt auf diese Weise eine Verringerung der Erfolgswahrscheinlichkeit.^^^ Zur Beurteilung, ob und in welchem AusmaB die
Insgesamt hat Janis acht Symptome genannt, die dem Groupthink-Phanomen zuzuordnen sind: erstens die Illusion der Unverletzlichkeit, d.h., die Gruppenmitglieder werden zu einem ubermaBlgen Optlmismus und damit zu einer uberhohten Risikobereitschaft verleitet; zweitens ein unreflektiertes Wertesystem, d.h., das Wertesystem und die Moralvorstellungen der Gruppe werden nicht hinterfragt und die ethischen und moralischen Konsequenzen der Entscheidungen Ignoriert; drittens Rationalisierungsdruck, d.h., Warnungen und Informatlonen, die dazu fiihren konnten, dass die Gruppenmitglieder Ihre Schlussfolgerungen noch einmal uberdenken, werden abgewertet; viertens gemeinsame Feindbilder, d.h., Personen, die das Vorhaben der Gruppe gefahrden konnten, werden abgewehrt bzw. als dumm, schwach oder bose hingestellt; funftens Selbstzensur, d.h., jedes Gruppenmitglied vermeldet bereits im Vorhinein, Gegenargumente oder Meinungen einzubringen, die von der offensichtlichen Gruppenmeinung abweichen; sechstens Illusion der Einigkeit in der Gruppe, d.h., die Selbstzensur der Gruppenmitglieder und die Annahme, dass Schweigen Zustimmung signalisiert, fiihrt zur lllussion, dass in der Gruppe eine hohe Einigkeit iiber die EInschatzungen herrscht; siebtens direkter Druck, indem Gruppenmitglieder, die Starke Gegenargumente einbringen, als unloyal hingestellt werden, und schlieBlich achtens selbsternannte ,mindguards', d.h., einzelne Gruppenmitglieder, die die Aufgabe ijbernehmen, die Gruppe vor abweichenden und unerwijnschten Informatlonen zu schiitzen; vgl. Janls1982, S. 174-175. Um das Groupthink-Phanomen zu vermeiden, werden unter anderen folgende Empfehlungen abgegeben: Die Ziele der Gruppe sind vollstandig festzulegen und den Gruppenmitgliedern explizit mitzuteilen. Die Gruppenmitglieder sollen insbesondere in fruhen Phasen der Entscheldungsfindung bewusst angehalten werden, kritische Stellungnahmen abzugeben und Zweifel an EInschatzungen der Gruppe zu au3ern. Gruppenleiter oder andere Personen mit hohem Status sollen nicht zu Beginn ihre Praferenzen und Erwartungen darlegen. Es sollen mehrere Untergruppen gebildet werden, um unabhangig alternative Losungsvorschlage fiir ein Problem zu erzeugen. Bei der Bewertung von MaBnahmenvorschlagen soil zumindest ein Gruppenmitglied als ,Advocatus diaboli' bewusst Gegenpositionen bezlehen. Bevor eine Entscheidung realisiert wird, soUte jedem Gruppenmitglied noch einmal genugend Zeit eingeraumt werden, um seine Bedenken gegen die gewahlte Alternative kundzutun. Ein Moderator mit entscheidungstheoretischem Wissen kann den Prozess der Gruppenentscheidung maBgeblich verbessern, indem er die einzelnen Module des Entscheidungsproblems often legt (dekompositorischer Ansatz) und dafiir sorgt, dass Faktenwissen von Werturteilen getrennt wird. WIchtig ist es, dass die Diskussionen strukturiert verlaufen und alle Gruppenmitglieder immer zur gleichen Zeit am gleichen Modul arbeiten. Dadurch lasst es sich vermeiden, dass Vorschlage, Behauptungen und Bewertungen unkoordiniert eingebracht werden. Die Entscheidungsgrundlagen sollen transparent und nachvollziehbar festgehalten werden, wodurch auch ein spateres Lernen fiir zukunftige Entscheidungen ermoglicht wird. Ob und inwieweit ein derart strukturiertes Vorgehen moglich Ist, hangt von der je-
70
Besonderheiten von Gruppenentscheidungen fur das Zustandekommen von Recyclingbeziehungen in industriellen Verwertungsnetzen eine Rolle spielen, bedarf es empirischer Erhebungen;^^^ diesbezugliche Untersuchungen liegen noch nicht vor. Zudem darf nicht ubersehen werden, dass die Organisationen bzw. Unternehmungen fur das individuelle oder kollektive Entscheidungsverhalten eine wesentliche Rolle spielen, indem sie die Komplexitat, Veranderllchkeit und Unsicherheit der Umwelt reduzieren und damit vereinfachte Entscheidungssituationen schaffen. Nach Simon sind Organisationen Systeme kooperativen Verhaltens, da von den Organlsationsmitgliedern enA/artet wird, dass sie ihr Verhalten nach gewissen Zielen ausrichten, die als „Organisationsziele" angesehen werden.^®^ Den Entscheidungstragern wird ein Teii der Pramissen vorgegeben; dies betrifft sowohl das Wissen uber Kausalzusammenhange, etwa der Produktions- und Ruckstandswirtschaft, (Sachpramissen) als auch die Informationen uber wunschenswerte Zustande, d.h. Ziele und Bewertungskriterien, etwa in Form von Kostenvorgaben, anzustrebenden VenA/ertungsquoten oder sonstigen Kennzahlen (Wertpramissen).^^^ Die Arbeitsteilung in Organisationen zwischen einzelnen Abteilungen und Stellen reduziert die Komplexitat fur die Individuen durch die Eingrenzung ihres Horizontes. Beispielsweise muss sich der Umweltbzw. Abfallbeauftragte nur noch mit seinem jeweiligen entscheidungsrelevanten Wirklichkeitsausschnitt, d.h. mIt den Folgen seines Handelns auf die ihm zugewiesenen Subziele beschaftigen. Folglich ist es bel industriellen VenA/ertungsnetzen von groBer Bedeutung, welche Personen in welcher Abteilung bzw. auf welcher Hierarchieebene fur zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten zustandig Ist. So Ist es durchaus mogllch, dass in einem Unternehmen fur die Abgabe eigener Ruckstande andere Personen zustandig sind als fur die Annahme von Sekundarrohstoffen. Dieser Aspekt gewlnnt noch zusatzliche Erklarungskraft, wenn man das Spannungsfeld zwischen individuellen und organisationalen Ziele berucksichtigt. In der auf E. Heinen zuruckgehenden entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, bei der „[...] die menschlichen Entscheidungen auf alien Ebenen
welllgen Entscheidungssituation ab. Vgl. hierzu Eisenfuhr/Weber 2003, S. 313-315; Janis 1982, 8. 260-276; Russo/Shoemaker 1989, S. 151-169. ^^' Vgl. Kap. 5. ^^^ Vgl. Simon 1981, S. 108. ^^^ Vgl. Simon 1976,8.223.
71
der betrieblichen Hierarchie und in alien Teilbereichen der Betriebswirtschaft in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Bemijhens [gestellt werden]",^^"* werden Unternehmungen als Koalitionen von Menschen mit unterschiedlichen individuellen Zielsetzungen betrachtet.^^^ Fur das Zusammenwirken der Organisationsmitglieder an einer gemeinsamen Aufgabenstellung sind diese individuellen Zielsetzungen von zentraler Bedeutung, wobei sich die individuellen Praferenzen keineswegs vollig gleichgerichtet an den offiziellen Zielen der Organisation orientieren. Vielmehr werden die Ziel- und Planwerte der Unternehmung von den individuellen Zielen der Organisationsmitglieder beeinflusst.^®^ Dies bedeutet jedoch nicht, dass Unternehmungen ungeordnete, ziellose und anarchische Organisationsfornnen sind, in denen jeder seine Interessen gegen die der anderen durchzusetzen sucht.^®^ Vielmehr wird in einer
Unternehmung
„eine zielorientierte Gemeinschaft gesehen, in der jeder die Notwendigkeit zur Kooperatlon mit dem anderen grundsatzlich anerkennt".^^® Die Bereitschaft zur Kooperation ergibt sich jedoch aus individuellen Zielen und Bedurfnissen der einzelnen Organisationsmitglieder, sowohl auf den unteren HIerarchieebenen, sondern auch auf der Ebene der Unternehmensfuhrung, sowie der Abgeltung der geleisteten Beitrage.^®^ Die Art und Hohe der Abgeltung hangt primar von der Machtverteilung im Unternehmen ab, wobei unterstellt wird, dass die Interessen einiger weniger dominieren. Die Betroffenen versuchen, etwa durch die Einbringung personlich motivlerter Vorschlage Oder durch selektive Weitergabe von Infomnationen, diese Entscheidungen zu beeinflussen. Die Einbeziehung derartiger Phanomene in den Versuch einer entscheidungstheoretischen Erklarung und Begrundung industrieller Venwertungsnetze hat
Heinen1976b, S. 367. Vgl. hierzu und zu den folgenden Ausfuhrungen: Heinen 1976a, 1976b, 1981, S. 43-51. Bezuglich des Zielsystems einer Unternehmung vgl. auch Ahlert/Franz/Kaefer 1991, S. 184187. Es wird davon ausgegangen, dass Unternehmungen uber eine dauerhafte hierarchische Leitungsstruktur verfugen, in der Entscheidungskompetenzen eindeutig festgeschrieben sind. Um eine Handlungsunfahigkeit der Unternehmung zu verhindern, werden Fuhrungsentscheidungen getroffen, um Kooperationsunwillige entweder zufrieden zustellen oder aus der Organisation auszuschlie3en. Somit gibt es auch in diesem Konzept Fuhrungsentscheidungen im Sinne Gutenbergs. Diese sind dadurch charakterisiert, dass sie eine groBe Bedeutung fur die Vermogens- und Ertragslage des Unternehmens haben, sich auf das Ganze des Unternehmens beziehen und nicht an untergeordnete Stellen delegierbar sind; vgl. Wohe 1996, S. 97-98. 268
Heinen 1981,8.46. Hier ist eine Nahe der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre zur Anreiz-Beitrags-Theorie nach Barnard zu konstatieren.
72
gravierende Konsequenzen: „Das Modell der autonomen Suche nach der besten Losung im Sinne einer vorgegebenen, ubergeordneten Zielsetzung ist mit dieser Vorstellung regelmaBig nicht in Einklang zu bringen."^''° So hangt die Entscheidung uber eine Teilnahme an einem industriellen Verwertungsnetz von den Bedurfnissen der entscheidenden Akteure und den von ihnen wahrgenommenen Alternativen ab, wobei Letztere die Ersteren beeinflussen. D.h., nicht ein Unternehmen entschlieBt sich am Ven/vertungsnetz teilzunehmen, vielmehr treffen diese Entscheidung Individuen oder Gruppen, und zwar nur dann, wenn in Hinblick auf deren Bedurfnisse die Anreize in einem solchen AusmaB vorhanden sind, dass sie bereit sind, entsprechende Beitrage, etwa in Form von Mehrarbeit, einzubringen. Diese Entscheidung uber die Teilnahme an einem Ven/vertungsnetz auf Mikroebene wird selbstverstandlich durch das organisatorische Umfeld im jeweiligen Unternehmen, insbesondere durch die Definition entsprechender Zustandlgkeitsbereiche und Zlelvorgaben beeinflusst. Aus dieser Annahme der mangelnden Optimierung der ruckstandsbezogenen Materialwirtschaft in den Unternehmungen kann geschlossen werden, dass unter bestimmten Voraussetzungen Impulse von auBen, etwa von Beratungsoder Forschungseinrichtungen, zur Entstehung zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten erforderlich sind. Dabei ist es wichtig, dass es nicht nur auf das Wissen uber industrielle Verwertungsnetze in den Unternehmen ankommt (Sachpramissen), sondern dass auch die grundsatzliche Wunschbarkeit der Teilnahme an einem VenA/ertungsnetz thematisiert wird (Wertpramissen).
3.1.3 Verwertungsnetze als ,organisierte Anarchien' Entscheidungen in Organisationen werden haufig in dynamischen, unsicheren Situationen mit unklaren En/vartungen, Zielen und Praferenzen verschiedener Entscheidungstrager -
moglicherweise auch noch unter Zeitdruck -
ge-
troffen.^^^ Salancik und Cooper Brindle betonen die Wichtigkeit des organisationalen Umfeldes der Entscheidungsfindung, wenn sie feststellen, dass „[...] we don't need better information or better decision models for processing the choi-
^^^ Der Ansatz des 'Naturalistic decision making' (NDM) geht von derartigen Entscheidungssituationen aus, und steht damit in radikalem Widerspruch zu den klassischen Erwartungsnutzenansatzen; vgl. hierzu Connolly/Koput 1997, S. 285-303.
73
ces. We need a better understanding of the context In which decisions are created and framed and defined and resolved rather than chosen."^''^ Michael D. Cohen, James G. March und J.P OlserF^^ haben sich Insbesondere mit Entscheidungen In mehrdeutlgen, unslcheren Situationen beschaftlgt, die durch beschranktes WIssen uber die Umwelt und die entscheldungsrelevanten Kausalbeziehungen, durch unklare und unvollkommene Technologlen, durch Inkonsistente und unoperatlonale Praferenzen, die sIch Im Laufe eines Entscheidungsprozesses In unvorhersehbarer Welse andern konnen, sowle durch wechselnde Tellnehmer und deren fluktulerende Aufmerksannkelt am Entscheldungsprozesse gekennzelchnet sind.^'''^ Fur diese Bedingungen, die sle als ,organisierte Anarchle' bezeichnen haben sle das sogenannte Garbage-canModell der Entscheidung entwickeit, das hier In welterer Folge dargestellt wird.^''^ Darauf aufbauend soil untersucht werden, Inwiewelt das Garbage-canModell zur Erklarung des Phanomens Industrleller Verwertungsnetze herangezogen werden kann. Die Kernhypothese dieses Modells lautet, dass Entscheidungen kontext- und zeitabhangig sind und die Entscheldungsprozesse und -ergebnisse unter veranderten Bedingungen varlleren. Entscheidungen werden nicht mehr als Ergebnls sukzesslver Schrltte eInes fixen Schemas, sondern als Ergebnis mehrerer, vonelnander relativ unabhangiger Stromungen Innerhalb einer Organisation verstanden, deren Verlauf und Zusammentreffen kaum voraussagbar sind. Zur Veranschaulichung werden Entscheldungsgelegenhelten mIt Mullelmern bzw. Papierkorben verglichen, in die verschiedene Tellnehmer sowohl Probleme als auch Losungsansatze hinelnwerfen konnen. In diesen Mullelmern kommt es zu einem vergleichsweise zufalligen Zusammentreffen der Elemente eines Entscheidungsprozesses.
^^^ Salanclk/Cooper Brindle 1997, S. 131. ^^^ Vgl. Cohen/March/Olsen 1972, S. 1-25; Cohen/March/Olsen 1990, S. 329-372.
Cohen/March/Olsen
1988,
S.
294-334;
^^"^ Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich 2001, S. 148. ^^^ Vgl. hierzu und zu den folgenden Ausfuhrungen: Cohen/March/Olsen 1972, S. 1-25; Cohen/March/Olsen 1990, S. 329-372, March 1994, S. 198-206.
74
Teilnehmer
Probleme
• 9
9 /
-
?
9
"
" X " ?
'^?\
Entscheidungsgelegenheiten
Abb. 9: Das Garbage-can-Modell^^®
Die Probleme konnen sich neben den konkreten operativen Problemen in der Organisation auch auf alle erdenkiiclien Lebens- und Arbeitsbereiciie der Teilnehmer beziehen. Die Losungen sind nicht jedenfalls Antworten auf bestimmte Probleme, sie konnen auch unabhangig von Problemen in der Organisation auftauchen, so dass sie erst spater fur ein passendes Problem herangezogen werden. Aufgrund der gegebenen Zeitrestriktionen in Organisationen widmen auch die Teilnehmer den einzelnen Entscheidungen ein unterschiedliches AusmafB an Zeit und Aufmerksamkeit.^^^ Dieses hangt sowohl von den Merkmalen der jeweiligen Entscheidung und damit vom Grad des personlichen Interesses an der Entscheidung als auch insbesondere von der Zahl und den Merkmalen anderer, parallel ablaufender Entscheidungsprozesse ab. „Von diesem Standpunkt aus ist eine Organisation •
eine Ansammlung von Entscheidungen, die nach Problemen Ausschau halten,
•
eine Ansammlung von Sachverhalten und Gefuhlen, die nach Entscheldungssituationen Ausschau halten, in denen sie zutage treten konnen,
•
eine Ansammlung von Losungen, die nach Sachverhalten Ausschau halten, zu deren Beantwortung sie dienen konnten,
Eigene Darstellung in Aniehnung an Berger/Bemhard-Mehlich 2001, S. 150; Kreuter 1996, S. 118. Da nicht jedermann allem jederzeit Aufmerksamkeit schenken kann, ist es von entscheidender Bedeutung, die Aufmerksamkeitsmuster der Mitglieder einer Organisation zu verstehen; vgl. hierzu Cohen/March/Olsen 1990, S. 331.
75
•
und eine Ansammlung von Entscheidungstragern, die nach Arbeit Ausschau halten."^^^
Die Entscheidungsgelegenheiten (,Garbage-cans') bieten nicht nur Raum fur die Losung bestimmter Probleme, sondern stellen auch Arenen dar, in denen Konflikte ausgetragen, alte Rechnungen beglichen und Machtpositionen gefestigt werden konnen. Es konnen sich demnach eine Vielzahl von Problemen, Losungen und iVIitarbeitern bei einer Entscheidungsgelegenheit ansammein, die mit der spateren eigentlichen Entscheidung nicht vie! zu tun haben. „Decisions are a stage for many dramas".^''^ Grundsatzlich wird im Garbage-can-IVIodell zwischen drei Entscheidungsstilen unterschieden: Bei der in den meisten Entscheidungsmodellen unterstellten „Entscheidung durch Problemlosung" werden Entscheidungen gefailt, nachdem Organisationsteilnehmer tatsachlich eine bestimmte Zeit an der Losung des Problems gearbeitet haben. Bei der „Entscheidung durch Ubersehen" werden Entscheidungen zugig mit relativ geringem Energie- bzw. Zeitaufwand getroffen, solange weitere dazu passende Probleme anderen Entscheidungssituationen zugeordnet sind und somit die Entscheidung nicht blockleren k6nnen.^®° Die „Entscheidung durch Flucht" ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass uber langere Zeit hinweg erfolglos versucht wird, ein Problem zu losen. Erst nach der Flucht, d.h. der Abwanderung bestimmter Probleme, Teilnehmer Oder Losungen zu einer anderen, attraktiver erscheinenden Entscheidungssituatlon, kann die ursprunglich strittige Entscheidung relativ problemlos getroffen werden.^®^ Unter diesen Bedingungen kann es einerseits dazu kommen, dass manche Probleme nicht gelost werden, well gerade keine passenden Losungsansatze und kompetenten Teilnehmer vorhanden sind, oder aber well sich in einer Ent-
Cohen/March/Olsen 1990, S. 332, eigene Gliederung. March/Olsen 1994,8. 12. So kann beispielsweise eine Fijhrungsposition in einer Organisation relativ problemlos mit einem mannlichen Bewerber besetzt werden, solange das Problem der Gleichbehandlung der Geschlechter noch bei Entscheidungen uber famillenfreundliche Arbeitszeiten oder der gleichen Entlohnung ven/veilen und sich noch nicht an die Rekrutierungsentscheidung geheftet haben; vgl. Berger/Bernhard-Mehlich 2001, S. 151. Beispielsweise kann die lange Zeit strittige Entscheidung uber eine neue Arbeitszeitregelung erst dann ziigig getroffen werden, wenn das Problem der Geschlechtergleichbehandlung in diesem Zusammenhang nicht mehr zur Sprache gebracht wird, sondern etwa zur Entscheidung uber die Einfuhrung eines Betriebskindergartens ,geflohen' ist; vgl. Kreuter1996, 8.119.
76
scheidungssituation so viele Probleme angesammelt haben, dass sie einander blockieren. Andererseits ist es denkbar, dass bei bestimmten Gelegenheiten (in bestimmten Mulleimern) Entscheidungen relativ einfach gefallt werden, weil zu diesem Zeitpunkt gerade keine anderen schwiehgen Probleme vorliegen. Mulleimer-Prozesse sind dadurch charakterjsiert, dass Probleme, Losungen und Teilnehmer sich von einer Entscheidungssituatlon zur anderen bewegen. Entscheidungen werden dann getroffen, wenn es zu einer Kombination der Entscheidungselemente kommt, die ein Handein ermoglichen. Simulationen zeigen, dass Entscheidungen haufig nicht durch Problemlosung getroffen werden, sondern erst, nachdem dazu passende Probleme eine Entscheidungssituatlon verlassen oder bevor sie sie entdeckt haben (Entscheidungen durch Flucht Oder Ubersehen).^®^ Bisherige Untersuchungen der emplrlschen Relevanz des Garbage-can-Modells konzentrierten sich von^/iegend auf den Bereich der Universitaten^®^ sowie auf innerbetriebliche
strategische
Entscheidungen.^®"^
Die
Ergebnisse
dieser
Studien sind hochst unterschiedlich: Wahrend einige Autoren dem Modell nur eine geringe Relevanz beimessen,^®^ ordnete Nutt 35 Prozent der untersuchten Entscheidungen in die Kategorie Garbage-can-Prozesse ein.^®® Horvath meint, dass „die Entscheidungsprozesse in vielen GroBunternehmen [...] Zuge der Anarchie im Sinne unserer Definition erkennen [lassen]"^®^ und auch Kreuter kommt bei der Analyse eines Fallbeispiels aus dem Transportsekor zum Schluss, dass „Garbage-can-Prozesse durchaus eine realistische Abbildung des Ablaufs von Reorganisationen darstellen konnen".^®® Lorendahl untersuchte in mehreren Fallstudien die Bedeutung des Garbage-can-Modells fur interorganisationale Prozesse im regionalen Kontext und kam zu folgendem Ergebnis: „The GC model is more applicable to the decision-making processes of authorities and other public organizations than those of business firms. The present study showed the analytical model to be useful even in the theoretical inter-
Der Prozess der Entscheidungsfindung in 'organisierten Anarchien' wurde mit Hilfe eines mehrperiodigen quantitativen Modells simuliert. Vgl. hierzu Cohen/March/Olsen 1990, S. 336-361. Vgl. Cohen 1994, S. 82-139; Cohen/March/Olsen 1990, S. 350-361, Mohr 1978, S. 10331035; Olsen 1994a, S. 82-139, Olsen 1994b, 8. 314-337. 284 285
Vgl. Kreuter 1996, S. 120. Vgl. Heller et al. 1988, S. 222-223. Vgl. Nutt 1984, 8. 443. Horvath 1982, S. 253. Mit 'unserer Definition' ist jene des Garbage-can-Modells gemeint. Kreuter1996, 8. 122.
77
pretation of an inter-organizational process. The scope and relevance of the GC model are thus not limited to the Intra-organizational decision sequences to which it has usually been applied."^®^ Daher erscheint auch der bislang noch nicht durchgefuhrte Versuch der Interpretation industrieller VenA/ertungsnetze anhand des Garbage-can-Modells erfolgversprechend. Entscheidend fur die Relevanz des Garbage-can-Modells ist das Vorliegen der kennzeichnenden Merkmale der ,organisierten Anarchie'. Daher muss untersucht werden, ob auf die Entscheidungen uber Recyclingaktivitaten innerhalb eines Verwertungsnetzes die Faktoren der Mehrdeutigkelt von Entscheidungssituationen, das sind problematische Praferenzen, unklare Technologien und die fluktuierende Partizipation der Teilnehmer, zutreffen. Die Entscheidungssituationen konnen dann als mehrdeutig eingestuft werden, wenn die ruckstandswirtschaftlichen Ziele inkonsistent und instabil sind bzw. nicht eindeutig vorliegen, das Wissen uber Moglichkeiten der RuckstandsvenA/ertung bzw. -entsorgung, die entscheidungsrelevanten Kausalbeziehungen und die technologischen Prozesse der eigenen Organisation und allfalliger Reyclingpartner beschrankt ist und die Teilnehmer sich in einem unterschiedlichen, im Zeitablauf
veranderlichen AusmafB den
ruckstandsbezogenen
Entscheidungen
widmen.^^° Das industrielle VenA/ertungsnetz kann in diesem Modell als Ansammlung einer begrenzten Menge an Mulleimern verstanden werden, wobei jeder Mulleimer eine Entscheldungsgelegenheit uber eine zwischenbetriebliche Recyclingaktivitat symbollsiert. Die Entscheidungselemente sind nicht geordnet, die ruckstandsbezogenen Probleme, allfallige Losungsmoglichkeiten und die beteiligten Entscheidungstrager in den Netzwerkunternehmen treffen vielmehr zufallig in diesen Mulleimern aufeinander. Es erfolgt also keine zentrale Steuerung und Koordination durch eine legitimierte, rational entscheidende Instanz, die Entscheidungselemente werden „unkoordiniert" von den Teilnehmern eingebracht und sammein sich an den Entscheidungsgelegenheiten an. Ahnlich einer Ruckstandsborse werden Informationen uber Ruckstande, fur die noch eine Verwertungsmoglichkeit gesucht wird, oder iiber potentielle Einsatzmoglichkeiten von Sekundarrohstoffen gesammelt. Es gibt aber kein zentrales Entscheidungsgremium, die Teilnehmer am Verwertungsnetz bringen unterschiedlich viel Zeit und Aufmerksamkeit in die Entscheidungsprozesse ein. Eine Entscheldungsgelegenheit wird immer nur dann von
Lorendahl 1991, S. 263; GC = Garbage can. Vgl. hierzu die Ergebnisse der empirischen Untersuchung in Kap. 5.
78
den Netzwerkunternehmen wahrgenommen, wenn die jeweiiige ruckstandsbezogene Entscheidung fur sie im Vergleich zu den anderen, gleichzeitig stattfindenden Entscheidungen als wichtig erachtet wird. Als Konsequenz werden in Verwertungsnetzen primar jene Ruckstande einer zwischenbetrieblichen VenA/ertung zugefuhrt, deren Entledigung fur die Ruckstandsquellen von groBer Bedeutung ist oder die fur bestimmte Teilnehmer einen wertvollen Ersatz fur Primarrohstoffe darstellen. Manche ruckstandsbezogenen Probleme konnen innerhalb dieser ,organisierten Anarchien' auch ungelost bleiben, d.h. auf keine passende Entscheidungsgelegenheit oder Verwertungslosung stoBen oder kein kompetentes Netzwerkunternehmen finden, das sich ihrer annimmt. Andererseits konnen aber auch fur die Recyclingpartner vergleichsweise unwichtige VenA/ertungsbeziehungen zustande kommen, weil sich die Probleme und Losungen zufallig in einem Mulleimer treffen und die Teilnehmer zum Zeitpunkt der Entscheidung gerade mit keinen schwierigeren Problemen belastet sind oder die Entscheidung gemeinsam mit einer wichtigeren Angelegenheit getroffen wird. Beispielsweise kann sich eine Papierfabrik bereit erklaren, das Altpapier eines holzverarbeitenden Betriebes zu ubernehmen, da ohnedies vereinbart wird, regelmaBig das Sagerestholz abzuholen. Sollten diese Eigenschaften der organisierten Anarchie auf ein industrielles VenA^ertungsnetz zutreffen, stellt sich die Frage, wie mit solchen Garbage-canProzessen umgegangen werden kann. Das Garbage-can-Modell an sich ist deskriptlv, d.h., es werden keine normativen Handlungsempfehlungen getroffen. Da die Entscheidungsprozesse innerhalb dieser organisierten Anarchie zumindest auf den ersten Blick unubersichtlich, vielleicht sogar chaotisch erscheinen, konnte es ausgehend von den Rationalmodellen der praskriptiven Entscheidungstheorle empfehlenswert sein, solche Prozesse weitgehend zu vermeiden. „0b dies jedoch so einfach moglich und uberhaupt zweckmaBig ist und welche Folgen das hatte, lasst sich nicht ohne weiteres beantworten."^^^ In Abhangigkeit von der Einstellung gegenuber den Entscheidungsprozessen nach dem Garbage-can-Modell hat March drei grundlegende Idealtypen von Reaktionsweisen bzw. Entscheidungstragern gebildet:^®^
^^^ Vgl. March 1994, 8. 205-206.
79
1. Die Reformer betrachten Garbage-can-Prozesse als generell nachteilig fijr eine gute Entscheidungsfindung und als vermeidbar. Sie versuchen die Systematik des Entscheidungsprozesses zu erhohen, indem sie Ziele setzen, entscheidungsrelevantes Wissen bereitstellen, den Prozess der Entscheidungsfindung koordinieren und ihn durch Festlegung einer Vision einer gewissen Steuerung unterwerfen. 2. Die Pragmatlker hingegen betrachten Garbage-can-Prozesse als unvermeidlich. Sie versuchen vielmehr, die Garbage-can-Prozesse fiir ihre eigenen Zwecke zu nutzen, indem sie das Zusammentreffen der Probleme, Losungen und Teilnehmer so arrangieren, dass sie ihre eigenen Interessen durchsetzen konnen. So konnen sie im Bewusstsein, dass Teilnehmer fluktuleren, bei bestlmmten Entscheidungssituationen verharren, diese bewusst mit Problemen uberladen Oder andere attraktive Entscheidungssituationen generieren, urn Teilnehmer gezlelt abzulenken. 3. Die Enthuslasten verstehen schlieBlich den nur vordergrundig unkoordlnlerten Fluss von Problemen und Losungen als Markt, auf dem es zu einem zeitgebundenen Zusammentreffen der Strome kommt. Die Eigendynamik der Mulleimer-Prozesse fuhrt nach diesem Verstandnis zu einer Intelligenten Koordination der Aufmerksamkeit der Teilnehmer und bietet geeignete Arenen zur Konfliktbewaltigung und Diskussion verschiedenartigster Probleme. Fur industrielle VenA/ertungsnetze stellt sich also die Frage, inwieweit die organisierte Anarchle des unkoordinlerten Zusammentreffens von Problemen, Losungen und Teilnehmern in Entscheidungssituationen als nachteilig oder als vorteilhaft betrachtet wird. Folgt man der ersten Sichtweise, so ist eine zentrale Steuerung und Koordination der Ruckstandsbeziehungen, etwa durch eine VenA/ertungsagentur, anzustreben. Diese Institution kann potentielle Ven^/ertungspartner gezielt vermittein, technologlsches Wissen uber Recyclingmoglichkeiten aufbauen sowie identitatsstiftende MaBnahmen durchfuhren und eine zentrale Vision des VenA/ertungsnetzes entwickeln. Unkoordinierte Garbage-can-Prozesse werden damit weitgehend vermieden. Vertraut man eher den kreativen Problemlosungsprozessen innerhalb der organisierten Anarchie, so ergeben sich volllg andere Schlussfolgerungen fur die Gestaltung industrieller VenA/ertungsnetze. Der scheinbar unkoordinierte Fluss von verwertungsbezogenen Informationen in dieser ,organisierten Anarchie' eines industriellen VenA/ertungsnetzes Ist nicht mehr Ausdruck von uner80
wunschter Konfusion, sondern Ausdruck einer besonderen Art organisatorischer Intelligenz, bei der Verwertungslosungen durch marktahnliche Mechanismen zu den passenden Problemen finden und vice versa. Diese Sichtweise eines industriellen Verwertungsnetzes ist nicht mit einem deterministischen Konzept in Einklang zu bringen, bei dem eine zentrale Agentur alle Informationen sammelt und die Entscheidungen uber die Recyclingaktivitaten koordiniert. Die Konsequenz fur die Gestaltung eines Ven^/ertungsnetzes muss folglich lauten, nicht in die Eigendynamik der Entsciieidungsprozesse direkt einzugreifen, sondern das Ven/vertungsnetz primar mit indirekten Mittein, wie etwa Leitbildern, Visionen, Geschichten und Mythen, zu lenken. Eine besondere Rolle konnen hierbei Metaphern, wie jene der Analogie zwischen naturlichen und technischen Okosystemen spielen.^^^ Dadurch kann die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf bestimmte Problem- und Losungsbereiche gelenkt und ein Prozess der Selbstorganisation initiiert werden.^^'*
3.2 Industrielle Verwertungsnetze aus systemtheoretischer Sicht In diesem Kapitel wird das Phanomen Industrieller Verwertungsnetze aus systemtheoretischer Sicht beleuchtet, wobei die Systemtheorie nicht eine einzelne, explizit ausgeformte Theorie ist, sondern eher ein theoretischer Bezugsrahmen, anhand dessen bestimmte Phanomene unter ausgewahlten Gesichtspunkten untersucht werden konnen.^^^ Nach dem Verstandnis von Ludwig von Bertalanffy impllziert die Systemtheorie „eine neue Orientierung, ein neues Gedankenmodell Oder ,Paradigma' [...]"}^^ Den an der Entwicklung der System-
Vgl. etwa Strebel 1998, S. 2-3. Vgl. Kap. 3.2.2. Vgl. Bellmann/Hippe 1996, S. 6. Die Systemtheorie kann daher nicht einer einzelnen wissenschaftlichen Fachrichtung zugeordnet werden, vielmehr handelt es sich dabei urn einen interdisziplinaren, universellen Forschungsansatz mit dem Anspruch, in seiner Aussagekraft uber monodisziplinare Konzepte hinauszugehen; vgl. hierzu auch Krieger 1998, S. 7; Vo6 2 0 0 1 , 8 . 4 5 . Aus der Erkenntnis heraus, dass innerhalb der verschiedenen Wissenschaftsbereiche haufig gleichartige Phanomene auftreten, die in einem formalen Modell erfassbar sind, wurde die Allgemeine Systemtheorie als gemeinsamer Bezugsrahmen entwickelt, die eine Verbindung zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen ermoglicht. In diesem von Bertalanffy ins Leben gerufenen Wissenschaftszeig werden allgemeine Prinzipien, „die fiir Systeme schlechthin gelten", logisch-mathematisch formullert und abgeleitet. Durch den Austausch der abstrahierten phanomenologischen Erkenntnlsse zwischen den traditionellen Wissenschaftsbereichen sollte eine interdisziplinare Integration erreicht werden; Vgl. Bertalanffy 1972, S. 21-27; Franken/Fuchs 1974, S. 26; Morgan 2000, S. 59.
81
theorie beteiligten Disziplinen ist gemeinsam, dass sie ihr Methodenrepertoire ausweiteten und so im Laufe der Zeit zu immer differenzierteren Ansatzen gelangten.^^^ MIttlerweile existiert eine Vielzahl unterschiedlicher systemtheoretischer Ansatze, die sich nach verschiedensten Gesichtspunkten einteilen lassen.^^® So fragen Mulej et al. berechtigt: „Do we all mean the same when we speak about the systems theory and cybemetics, and do we mean the same attributes when we use the language of systems theory?"^^^. Das Wort „System" leitet sich aus dem Griechischen ab: systema bedeutet Zusammenstellung.^°° Ein System ist demnach etwas Zusammengestelltes; es besteht also aus Teilen, die als Elemente bezeichnet werden. Ferner mussen sich diese Telle des Systems von alien anderen Teilen unterscheiden, um das System von der Umwelt abgrenzen zu k6nnen.^°^ Als Abgrenzungsmerkmal dient die Ordnung innerhalb des Systems, d.h. die Beziehungen zwischen den Teilen. Allgemein kann also ein System als eine Gesamtheit miteinander in Beziehung stehender Elemente definiert werden.^°^ Die Relatlonen zwischen den Elementen eines Systems ermogllchen schlieBlich bestimmte Operationen oder Prozesse, die wiederum bestimmten Steuerungsmechanismen unterliegen.^^^ Grundsatzlich wird zwischen abgeschlossenen bzw. isolierten, geschlossenen und offenen Systemen unterschieden.^^"^ Wahrend die theoretischen Konstrukte abgeschlossener Systeme dadurch gekennzeichnet sind, dass keinerlei Austauschbeziehungen mit der Umwelt vorliegen, ist bei geschlossenen Systemen zwar kein stoffllcher, aber doch ein energetischer Austausch vorhanden. Ein offenes System, wie beisplelsweise ein lebender Organismus, tauscht hingegen
297
Vgl. Grochla1974, S. 12. Vgl. Mayer 2000, S. 268. Mulej et al. 2003, S. 1 Vgl. Krieger1998, S. 12 Vgl. hierzu Ortmann/Sydow 2003, S. 900; Alles, was nicht zum System gehort, wird als Umwelt bezeichnet. Umwelt ist daher keine absolute Kategorie, sondern kann immer nur in Bezug auf ein System definiert werden; vgl. Krieger 1998, S. 13. Vgl. etwa Bertalanffy 1972, S. 18 Welche Eigenschaften ein System hat, ergibt sich demnach aus den Elementen des Systems und deren Beziehungen untereinander. „Die Eigenschaften der Elemente und die Gesetze ihres Zusammenwirkens bedingen die Systemeigenschaften; die Systemeigenschaften lassen sich aber als solche in den Elementen nicht wiederfinden. Von der Elementebene aus gesehen, sind sie etwas Neues."; Hassenstein 1972, S. 33, im Original teilweise kursiv. Vgl. hierzu Georgescou-Roegen 1992, S. 66-67.
82
Materie, Energie und/oder Information mit seiner Umgebung aus.^°^ Industrielle Verwertungsnetze sind als offene Systeme einzustufen,^^^ sie stehen in permanenter Wechselwirkung zu ihrer Umwelt, sowohl was den Austausch von Informationen als auch jenen von Stoffen und Energie betrifft. Ferner wird zwischen sozialen, sozio-technischen und realtechnlschen Systemen unterschleden.^°'' Sozlale Systeme bestehen aus Menschen als Elemente, die einem Muster von Interdependenten Interaktionen, die sich auf ein gemelnsames Ergebnis beziehen, folgen. Sozio-technische Systeme sind dadurch charakterisiert, dass sie aus verschiedenartigen Elementen, d.h. sowohl aus Menschen als auch aus realtechnlschen Elementen bestehen. Realtechnische Systeme sind hingegen materielle Gebilde, die vom Menschen zur Errelchung spezlfischer Ziele gestaltet wurden.^°® Industrielle VenA^ertungsnetze sind eindeutig sozio-technische Systeme, da sie sowohl aus Menschen als auch aus realtechnlschen Elementen bestehen. Ein Verwertungsnetz ausschlleBlich als Gesamtheit interagierender Menschen oder ausschlleBlich als Gesamtheit mltelnander in Verbindung stehender technischer Einrichtungen zu interpretieren, wurde offensichtlich zu kurz greifen. Hier stellt sich aber unmittelbar die Frage der Grenzziehung zwischen System und Umwelt, welche Menschen und Einrichtungen sind Telle des Systems, welche bereits der Umwelt zuzurechnen? Die Telle des Systems mussen sich von anderen Teilen unterscheiden.^°® Das Abgrenzungsmerkmal sind die Beziehungen zwischen den Elementen, d.h. im Fall industrleller Verwertungsnetze die Recyclingbeziehungen der Netzwerkunternehmen. Das mag zwar auf den
Belspielswelse nimmt Wirtschaft als offenes Subsystem Material und Energie von der Umwelt in niedrig-entropischer Form auf und gibt sie in hoch-entropischer Form (Emissionen und Abfall) wieder an die Umwelt ab; vgl. Daly 2003, S. 89-90. Dies ist nicht im Widerspruch zur Definition autopoietischer, operationell geschlossener Systeme nach Maturana und Varela, vgl. hierzu Kap. 3.2.3. Vgl. hierzu Lehmann 1974, S. 56-58. Soziale und sozio-technische Systeme werden stets als offene Systeme betrachtet, die durch Material-, Energie- und/oder Informationsflusse in permanenter Wechselwirkung zur Umwelt stehen. Durch ein System wird die Komplexitat der Umwelt reduziert, indem nur bestimmte Elemente in das System aufgenommen werden und diese in bestimmter Art und Weise geordnet werden. Es kommt zur Negentropie, d.h., die Entropie der Umwelt wird durch die Komplexitatsreduktion negiert. Mit Systemen werden bestimmte Problemsituationen durch entsprechende Komplexitatsreduktion bewaltigt, d.h., Systeme sind dadurch gekennzeichnet, dass sie fur bestimmte Probleme Losungen bieten. Die Komplexitat des Systems ist stets geringer als die der Umwelt; das Komplexitatsgefalle zwischen System und Umwelt ist grenzerhaltend und identitatsstiftend; vgl. Krieger 1998, S. 14; Schreyogg 1999, S. 92-93.
83
ersten Blick fur eine eindeutige Abgrenzung hinreichend sein, bei naherer Betrachtung ist aber erkennbar, dass es weiterer willkurlicher Grenzziehungen bedarf: Ist ein Unternehmen bereits Teil des Systems Verwertungsnetz wenn es ein einziges Mai eine geringe Menge eines Kuppelproduktes mit einem anderen Netzwerkunternehmen austauscht? Wenn ja, fur wie lange, und wenn nein, ab welcher Menge pro welcher Zeiteinheit? Sind reine Ruckstandshandler Oder Makler, die nur als Mittler zwischen Ruckstandsquelle und -senke fungieren, Teile des Systems Verwertungsnetz oder nicht? Industrielle VenA/ertungsnetze sind also „loosely coupled systems", bei denen eine Grenzziehung zwischen System und Umwelt immer mit einem bestimmten Ma3 an Willkur verbunden ist.^^° Abgesehen von diesen Problemen bei der Abgrenzung bietet die Systemtheorie den Vorteil, dass sie komplexe Phanomene zu reprasentieren und ganzheitlich darzustellen vermag.^^^ Die systemtheoretische Betrachtungswelse tragt dem Umstand Rechnung, dass ein Gesamtsystem mehr als die Summe seiner Teile ist und die Eigenschaften der Elemente nur im Kontext des groBeren Ganzen verstanden werden konnen. „Dementsprechend bezieht sich das Systemdenken nicht auf Grundbausteine, sondern vielmehr auf Grundprinzipien der Organisation. Systemdenken ist ,kontextbezogen', und das ist das Gegenteil von analytischem Denken. Analyse heiBt, dass etwas auseinandergenommen wird, um es zu verstehen - Systemdenken heiBt, dass etwas in den Kontext eines groBeren Ganzen gestellt wird."^^^ Betrachtet man industrielle VenA/ertungsnetze aus systemtheoretischer Sicht, so stehen daher nicht die einzelnen Teile, d.h. die Netzwerkunternehmen und Akteure im Mittelpunkt, es wird vielmehr das VenA/ertungsnetz als integriertes Ganzes verstanden, dessen Eigenschaften sich nicht auf die der Netzwerkunternehmen reduzieren lassen. In dieses System eines Verwertungsnetzes sind die Netzwerkunternehmen als Subsysteme eingebettet, genauso wie das System Verwertungsnetz wiederum Teil eines groBeren Ganzen ist. Hier soil in weiterer Folge der Frage nachgegangen werden, welchen Erklarungsgehalt einzelne Richtungen der Systemtheorie, namlich der Theorien strukturell-funk-
^^° Vgl.hierzuauchKap. 2.1.2. Vgl. Krcal 2003, S. 4-6; Mayer 2000, S. 277; Morin 1991, S. 131-135. ^^^ Capra1996, S. 43.
84
tionaler, kybernetischer sowie autopoietischer selbstreferentieller Systeme, fur das Phanomen industrieller Verwertungsnetze ausweisen.
3.2.1 Verwertungsnetze als strukturell-funktionai differenzierte Systeme Nach der von Talcott Parsons begrundeten strukturell-funktionalen Systemtheorie werden Systeme als funktionale Systeme verstanden, deren Strukturen und Prozesse stets bestimmte Funktionen erfullen.^^^ Es steht nicht die Beziehung zwischen System und Umwelt und die daraus resultierenden Anpassungs- und Steuerungsmechanismen im Vordergrund, es wird vielmehr der innere Aufbau von Systemen ins Zentrum des Ansatzes gestellt. Es wird davon ausgegangen, dass Systeme stets einem Zweck dienen, auf den die Prozesse des Systems ausgerichtet sind. Bei der Zweckbestimmung steht das Problem der Bestandserhaltung des Systems im Vordergrund, wobei die Komplexitat der Umwelt eine wichtige Rolle spielt. Ein industrielles Ven^/ertungsnetz verfolgt den eindeutigen Zweck des zwischenbetrieblichen Recyclings von Ruckstanden. Ferner wird in der strukturell-funktionalen Systemtheorie betont, dass Systeme in ihrem inneren Aufbau funktional differenziert sind. Sie weisen eine interne Komplexitat auf, die durch einen Prozess der Ausdifferenzierung zustande gekommen ist.^^"^ Die Systemstruktur wird als statischer, die Funktionen als dynamischer Aspekt des Systems aufgefasst und beide sind auf das System- bzw. Organisationsziel gerichtet.^^^ Die Binnenstruktur eines Systems bildet die Grundlage fur den Umgang mit der Komplexitat der Umwelt. Je komplexer die Umwelt, desto komplexer muss auch die Struktur des Systems sein, um die vielfaltigen Umweltbezuge bewaltigen zu konnen. Systeme konnen zur Verarbeitung der komplexen Umwelt organisatorische Subsysteme entwickein, die sich auf bestimmte Systemfunktionen spezialisieren.^^® Ausgehend vom Ziel der uberbetrieblichen Ruckstandsverwertung kann auch ein Industrielles Verwer-
Vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, S. 436. Vgl. Krieger1998, S. 27. Vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, S. 436-437. Belspielswelse kann in produzierenden Betrieben die Zwischeniagerung diskontinuierlich einlangender Einsatzstoffe die Produktion vor unerwunschten Schwankungen bewahren Oder eine Marketingabteilung sich auf den Aufbau und die Pflege der Beziehungen auf dem Absatzmarkt spezialisieren. Verschiedene Strukturen, wie etwa die Rollen-, Kommunikations-, Macht- oder Personalstruktur, sind notig, um die erforderlichen Funktionen zur Problemlosung bzw. Zielerfullung einer Organisation zu erfullen; vgl. hierzu auch Schreyogg 1999, S. 93-94.
85
tungsnetz hinsichtlich seiner Struktur (statischer Aspekt) und seiner Funktionen (dynamischer Aspekt) zerlegt werden. Die Struktur des Systems Verwertungsnetz ist auf dessen Zweck auszurichten, d.h., der Aufbau des Verwertungsnetzes soil eine bestmogliche zwischenbetriebliche Wiederverwertung der Ruckstande ermogllchen und damit die langfristige Bestandserhaltung des Systems gewahrleisten. Hier stellt sich nun die Frage, welche Funktionen innerhalb eines industriellen Verwertungsnetzes zur Zielerreichung erfullt werden mussen und welche Konsequenzen sich daraus fur dessen Struktur ergeben. Der strukturtechnlschen Organisationslehre^^'' folgend ist als erster Schritt zur Beantwortung dieser Frage die Sachaufgabe des zwischenbetrieblichen Recyclings in Teilaufgaben zu zerlegen. Fur die einzelnen Ruckstandsarten, die innerhalb des industriellen Verwertungsnetzes recycliert werden, sind die erforderlichen Verrichtungen, wie die Sammlung bzw. Abtrennung der Ruckstande, deren Zwischenlagerung, der Transport, eine allfallige Aufbereitung und schlieBlich die eigentliche Ruckfuhrung in einen Produktionsprozess, auszuweisen. Daruber hinaus Ist noch abzuklaren, welche Planungs-, Entscheidungsund Fuhrungsaufgaben zur Ausfuhrung des zwischenbetrieblichen Recyclings erforderllch sind. In weiterer Folge sind fur all diese Teilaufgaben bzw. Funktionen geeignete Stellen bzw. Subsysteme zu finden, denen die einzelnen Aufgabenkomplexe zugewlesen werden konnen. Innerhalb eines industriellen Verwertungsnetzes sind also entsprechende Stellen Oder Subsysteme, die die einzelnen Ausfuhrungs- und Entscheidungsaufgaben des zwischenbetrieblichen Recyclings ubernehmen, zu identifizieren oder zu bilden. Das Ergebnis dieser Vorgehensweise soil schlieBlich die zielgerichtete Strukturierung des Verwertungsnetzes sein, die einerseits die sachliche Aufgabenteilung bzw. Speziallsierung und andererseits das Leitungssystem widerspiegelt. Hinsichtlich des eigentlichen Recyclingprozesses Ist die Struktur eines Verwertungsnetzes tatsachlich masslv vom Systemzweck determiniert. Nur be-
317
86
Der strukturtechnische Ansatz der betriebswirtschaftile hen Organisationslehre wurde insbesondere von Kosiol sowie von Nordsieck und Ulrich vertreten. Eine Unternehmung wird hier als Aufgabenerfullungssystem betrachtet, das ahnlich einem Gebaude nach einem bestimmten Bauplan zu errichten ist. Die Struktur, bzw. die Aufbauorganisation der Unternehmung ist so einzurichten, dass die Unternehmensaufgabe effizient erfiilit werden kann. Dieser strukturtechnische Ansatz war nicht nur fiir die Fachterminologie der Organisationslehre im deutschsprachlgen Raum pragend, das instrumentelle Organisationsverstandnis sowIe das Vorgehen zur Strukturierung einer Organisation in Hinblick auf die effiziente Zielerreichung Ist in der Betriebswirtschaftslehre nach wIe vor dominant; vgl. Bea/Gobel 1999, S. 79-86.
stimmte Kategorien von Netzwerkunternehmen sind aufgrund ihrer Produktionsprozesse in der Lage, bestimmte Arten von Ruckstanden zu ven/verten. Die zwischenbetriebliche VenA/ertung unterschiedlicher Ruckstandsarten setzt demnach das Vorhandensein verschiedener Produktionsprozesse voraus. Fur Strebel sind hinreichende qualitative Unterschiede im produktionsbedingten Input und Output der beteiligten Unternehnnen unerlassliche Bedingung: „Verwertungsnetze sind [...] im Prinzip keine ,Branchenl6sungen'".^^® Je vielfaltiger die zu verwertenden Ruckstandsarten sind, desto komplexer wird demnach tendenziell auch die Struktur des VenA/ertungsnetzes sein. Die (Branchen)Struktur eines industriellen Verwertungsnetzes ist also weitgehend durch den Systemzweck, namlich der VenA/ertung bestimmter Ruckstandsarten, und die hiertur erforderlichen Funktionen bzw. Produktionsprozesse determiniert. Somit konnen industrlelle VenA/ertungsnetze in dem Sinn als strukturell-funktional differenzierte Systeme bezeichnet werden, als die Verwertung einer Vielzahl unterschiedlicher Ruckstandsarten das Vorhandensein einer Vielzahl unterschiedlicher Produktionsprozesse voraussetzt. Diese Differenzierung ist allerdings nur hinsichtlich der eigentlichen Recyclingaufgabe, d.h. der Ruckfuhrung der jeweiligen Ruckstande In geeignete Produktionsprozesse, offensichtlich durch den Systennzweck determiniert. Hinsichtlich der damit direkt und indirekt zusammenhangenden Aufgaben ergibt sich kein so eindeutiges Bild. So ist es beisplelsweise nicht geklart, welche Stelle bzw. welches Subsystem die Teilaufgaben der Zwischenspeicherung und des Transportes der Ruckstande ubernimmt. Diese Aufgaben konnten sowohl von den Ruckstandsquellen oder den -senken, als auch von Dritten, wie etwa Ruckstandshandlern, ubernommen werden. Dieses Erklarungsdefizit besteht auch hinsichtlich der Planungs-, Entscheidungs- und Fuhrungsaufgaben in industriellen Verwertungsnetzen. Hier ergibt sich aber noch ein zusatzliches Dilemma: Der strukturtechnische Ansatz der Organisationslehre ist eine normative Verfahrensweise zur zielgerichteten strukturierenden Gestaltung eines Systems. Im Gegensatz zu Unternehmungen besteht in industriellen Verwertungsnetzen jedoch nicht zwangslaufig a priori eIne Instanz, die den normativen Ansatz anwenden konnte. So fordert Kaluza ein Netzwerk-Controlling in VenA/ertungsnetzen: „Damit sowohl eine effektive als auch effiziente Form der Ruckstandsnutzung in einem VenA/ertungsnetz erzielt wird, ist der Aufbau und der Einsatz eines adaquaten interorganlsationalen Controllingsystems erforder-
^^® Strebel1998, S. 5.
87
lich. Das Controlling hat dabei die zentrale Aufgabe, fur eine zielorientlerte Umsetzung der Netzwerkaktivltaten zu sorgen."^^^ Offen bleibt allerdlngs die Frage, \Ner dieses Controllingsystem aufbauen und einsetzen soil. Es entsteht somit die paradoxe Situation, dass zur Anwendung des strukturtechnischen Ansatzes zumindest temporar eine zentrale Instanz mit entsprechenden Planungs- und Entscheidungskompetenzen - etwa in Fornn einer regionalen VenA/ertungsagentur^^° - notig ist, die festlegt, wie diese Funktionen innerhalb des Venwertungsnetzes verteilt werden sollen, und die sich im Extremfall damit selbst wieder auflost.^^^
3.2.2 Verwertungsnetze als selbstregulierende Systeme Bei der Interpretation industrieller VenA/ertungsnetze als selbstregulierende Systeme geht es nicht mehr in erster Linie urn deren Struktur, sondern urn mogliche, dem System Verwertungsnetz immanente Steuerungsmechanismen zur Aufrechterhaltung der Stabilitat des Systems bei sich verandernden Umweltbedingungen. Dementsprechend werden beim systemtheoretisch-kybernetischen Theorieansatz die Steuerungsprozesse eines Systems in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Es wird vom Konzept des offenen Systems ausgegangen, d.h. es wird das Verhaltnis von System und Umwelt thematisiert.^^^ Bei der kybernetischen Interpretation von Systemen - auch von sozialen und sozio-technischen Systemen^^^ - geht es also darum, wie sich diese durch Selbstregelung ohne Eingriff und Steuerung von auBen an Umweltveranderungen anpassen konnen, um den fortwahrenden Bestand des Systems zu sichern. Zur Beschreibung der autonomen Steuerungsprozesse eines Systems eignet sich das mechanistische Modell eines Regelkrelsschemas.^^"^ Die Selbststeue-
Kaluza 2002, S. 85. Vgl.Schwarz 1998,8.22. Wie etwa im Fall eines selbstorganisierenden Systems. Das aus dem Griechischen stammende Wort Kybemetik bedeutet Steuermannskunst. Der systemtheoretisch-kybernetische Ansatz basiert in erster Linie auf den Arbeiten von Ludwig von Bertalanffy, der thermodynamische und biologische Systeme studierte, sowie von Norbert Wiener, dessen Ausgangspunkt die informationstheoretischen und regeltechnischen Entwicklungen waren; vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, 8. 440. Vgl. hierzu Fuchs 1974, 8. 83-98. Dieses lasst sich beispielsweise anhand des technischen, von Menschen entworfenen und gebauten Systems einer Klimaanlage veranschaulichen, das im wesentlichen aus einem Thermostat, der die Temperatur misst, und einer Kuhianlage, die kijhle Luft produziert und
88
rung des Systems funktioniert nur, weil es im Regelkreis zu einer Ruckkoppelungsschleife kommt. Es bildet sich ein Kreislauf, in dem das Ergebnis des Systems dessen Prozesse, aus denen das Ergebnis iiervorgegangen ist, wieder beeinflusst. Grundsatzlich kann dabei zwischen einer negativen und einer positiven Ruckkoppelung unterschieden werden.^^^ Die negative Ruckkoppelung wirkt stabilisierend, indem der Systemoutput einen negativen, d.h. drosselnden Einfluss auf seine eigene Produktion hat. Daiiingegen fuhrt bei der positiven Ruckkoppelung der Systemoutput zu einer weiteren Zunahme der Produktion. Das System stimuliert sicii selbst. Es bildet sich eIn autokatalytischer Kreis, der zu einer Selbstverstarkung der Prozesse im System ,nach oben' Oder ,nach unten' fuhrt.^^® Komplexe, kybernetische Systeme stabilisieren sich also nicht wie mechanistische Systeme auf einem fixen Sollwert, sondern nahern sich einem dynamischen Gleichgewichtszustand, dem FlieBgleichgewicht an. In Aniehnung an die Begriffe der Biologie wird vom Konzept der Homoostase bzw, von einem homoostatischen System gesprochen.^^'^ Die Selbstregelung eines industriellen Verwertungsnetzes soil also durch autonome Steuerungsprozesse auf Basis positiver oder negativer Ruckkoppelung und nicht durch eine mechanistische Steuerung einer zentralen Instanz, etwa in Form einer VenA/ertungsagentur, erfolgen. Es stellt sich also die Frage, ob das
in den Raum einblast, besteht. Die beiden Elemente bilden ein System, weil sie derart miteinander verbunden sind, dass sie bestimmte Operationen ausfuhren konnen. Die Raumtemperatur wird als systemrelevanter Umweitzustand selektiert, und die Systembestandteile werden so miteinander in Relation gebracht, dass verschiedene Umweltzustande zu bestimmten Operationen im System, namlich zum Ein- und Ausschalten der Kuhlanlage, fijhren. Registriert der Thermostat eine Abweichung der Raumtemperatur vom Sollwert, so setzt das System autonom einen Anpassungsprozess in Gang, um den gewunschten Zustand wieder zu erreichen. Das System steuert sich selbst, es kann also von einem kybernetischen bzw. selbststeuernden System gesprochen werden; vgl. hierzu Krieger 1998, 8. 21ff. und Schreyogg 1999, S. 91. Vgl. Gandolfi 2001, 8. 28-34. Bei positiver Ruckkoppelung wird auch von Mitkoppelung, bei negativer oder verpolter Ruckkoppelung auch von Gegenkoppelung gesprochen, vgl. Keldel 1972,8.39. In vielen Systemen liegen sowohl positive als auch negative Ruckkoppelungen vor, die einander ablosen. Nach einer Phase der Selbstverstarkung durch positive Ruckkoppelung, belspielwelse das exponentielle Wachstum einer Bakterienpopulation, kommt es, etwa durch die Knapphelt der Futtermenge, zu einer negativen Ruckkoppelung und damit zu einer Stablllsierung des Systems. Im bekannten Rauber-Beute-System sind positive und negative Ruckkoppelungen miteinander verknupft. Sowohl die Populationen der Rauber als auch der Beute vermehren sich selbststarkend mit Hilfe der positiven Ruckkoppelung, beeinflussen einander allerdings sowohl durch eine negative als auch eine positive Ruckkoppelung. Mehr Rauber fiihren zu weniger Beute und mehr Beute fuhrt zu mehr Raubern, wodurch es im System zu keinem stabilen Gleichgewichtswert, sondern zu Oszillationen der Populationen kommt. Vgl. Bertalanffy 1972, 8. 25-26.
89
offene System Verwertungsnetz uber Selbstregelungsmechanismen verfugt, so dass es in einer veranderten Umwelt zu einem neuen FlieBgleichgewicht kommt. Die Kenntnis solcher systemtheoretisch-kybernetischer GesetzmaBigkeiten und Tatbestande, wie etwa Reaktionsmechanismen des Systems auf bestimmte StorgroBen, Ubertragungsfunktionen, Reglerverhalten, Verzogerungskonstanten etc., konnten Ruckschlusse uber die Gestaltung und insbesondere den Umgang mit dem System Ven/vertungsnetz ermoglichen. Zur Untersuchung der Steuerungsprozesse eines Systems stehen die iViethoden der Modellbildung und -simulation zur Verfugung. Nun stellt sich dem Wissenschaftsbereich der Organisationskybernetik,
dem derartige Frage-
stellungen zuzuordnen sind, das Problem, dass Unternehmungen und insbesondere Unternehmensnetzwerke auBerst komplexe sozio-technische Systeme sind, deren Elementgruppen Menschen und Sachmittel in vielfaltiger Beziehung zueinander stehen. „Die Eigenschaften des Menschen und sein Mitwirken in der Organisation, das zugleich durch sein menschliches Sein schlechthin und durch seine Existenz in der ihn umgebenden Umwelt mit ihren vielen, nicht betriebsorientierten Komponenten bestimmt wird, werfen eine Fulle von Fragen in Hinblick auf die strukturelle Einordnung des Menschen in den Betrieb auf, so dass sein betriebliches Verhalten nur sehr begrenzt vorhersehbar, wenn nicht gar vollig probabilistisch ist. [...] so wirkt er etwa beim Ausschalten von Storungen entscheidend mit, andererselts stellt er zugleich die groBte systemimmanente StorgroBe dar".^^® Die Abbildung realer Ven^/ertungsnetze in Modellen und die Analyse der kybernetischen Wirkungszusammenhange beschrankt sich somit auf die Sachmlttelstrukturen: Die anfallenden Ruckstandsarten und -mengen, das technische Recyclingpotential der Netzwerkunternehmen, die physischen RuckstandsfliJsse zwischen den Quellen und den Senken konnen Gegenstand eines Modells sein. Durch SImulationen ist es moglich, technische Prozesse zu optimleren, angefangen von der raumlichen und zeitlichen Optimierung der Ruckstandstransporte bis hin zu verfahrenstechnischen Verbesserungen in der industriellen Produktion. Die quantitative Erfassung und Simulation des kybernetischen Wirkungsgefuges des Gesamtsystems Verwertungsnetz scheitert hingegen zwangslaufig daran, dass das menschliche Verhalten weder eindeutig zu bestimmen noch zu beschreiben ist.
90
Dies lasst sich auch anhand des Konzeptes der Nicht-Trivialmaschine von Heinz von Foerster veranschaulichen.^^^ In diesem Konzept kann nicht mehr vorhergesagt werden, welcher Output aus einem bestimmten Input hervorgehen wird. „EJne einmal beobachtete Reaktion auf einen gegebenen Stimulus muss in einem spateren Zeitpunkt nicht wieder auftreten, wenn der gleiche Stimulus auftritt."^^° Das System verandert in Abhangigkeit vorhergehender Zustande laufend seinen Zustand (Rekursivitat).
Abb. 10:
Nicht-triviale Maschine nach Heinz von Foerster
Die intemen Zustande z der nicht-trivialen Maschine bestimmen die Werte der Input-Output-Beziehung x: y mit. Gleichzeitig wird die Beziehung zwischen den gegenwartigen und den darauffolgenden internen Zustanden z : z' durch die Inputs X mitbestimmt. Die Antriebsfunktion F und die Zustandsfunktion Z sind zwei in die nicht-triviale Maschine eingebettete triviale Maschinen, d.h. ihnen liegt eine gleichbleibende Logik bzw. Operationsweise zugrunde, die fur eine konstante Input-Output-Beziehung sorgt. Dabei bezieht sich die Zustandsfunktion Zrekursiv auf fruhere Zustande:
z = Z{xa) In Folge dessen kann einem bestimmten Input x in die nicht-triviale Maschine niemals eindeutig ein bestimmter Output y zugeordnet werden; das Ergebnis der nicht-trivialen Maschine ist unvorhersehbar. Das Determinismusprinzip, wonach gleiche Ursachen stets gleiche Wirkungen zur Folge haben, verliert demnach an Gultigkeit. Das Ergebnis der Nicht-Trivialmaschine ist „geschichts-
329
Vgl. hierzu Foerster 1993a, S. 247-252.
330
Foerster 1993a, S. 247.
331
Entnommen aus: Foerster 1993a, S. 248.
91
abhangig", wobei moglicherweise niemals zwei genau gleiche Ursachenkonstellationen auftreten. Die Reaktion auf einen bestimmten Stimulus ist aber nicht chaotisch. Eine nicht-triviale Maschine folgt ihrer Inharenten Logik. D.h., sie ist nicht ungehorsam, sondern sie folgt nur nicht einer anderen, sondern ihrer eigenen Stimme. Unngelegt auf das Phanomen industrieller Venwertungsnetze bedeutet dies, dass es nicht deterministisch vorhersehbar ist, wie das System Verwertungsnetz auf einen bestimmten Input reagiert; das Ergebnis wird vielmehr „geschichtsabhangig" durch die innere Logik bestimmt. MaBnahmen, wie beispielsweise die Veranderung umweltrechtlicher Bestimmungen hinsichtlich der Moglichkeiten zwischenbetrieblicher
Recyclingaktivitaten, konnen zu ver-
schiedenen Zeitpunkten unterschiedliche Wirkungen in einem industriellen Verwertungsnetz hervorrufen. Diese hangen vom jeweiligen internen Zustand des VenA/ertungsnetzes ab, der wiederum rekursiv von den fruheren Zustanden und somit von fruheren Inputs in das System mitbestimmt wird. In diesem Sinn kann ein als Nichttrivialmaschine verstandenes industrielles Verwertungsnetz auch als anpassungsfahiges komplexes System bezeichnet werden. Dieses wird definiert als ein offenes System, „das aus zahlreichen Elementen besteht, die nichtlinear durch Wechselwirkungen miteinander verbunden sind und eine einzige, organisierte und dynamische Einheit bilden, die fahig ist, sich zu entwickein und an die Umwelt anzupassen".^^^ Die Nichtlinearitat des Beziehungsgeflechtes in einem komplexen System fuhrt dazu, dass der Output des Systems den direkten kausalen und temporalen Bezug zum Input verliert.^^^ Betrachtet man ein industrielles Ven^/ertungsnetz als nicht-triviales bzw. komplexes System, so hat das weitreichende Implikationen fur den Umgang mit ihm: Aufgrund der nichtlinearen und sich laufend verandernden Wechselwirkungen zwischen den Systemelementen kann ein industrielles Ven^/ertungsnetz nur begrenzt gesteuert werden. „Den Zustand dieses Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt prazise zu beschreiben, den Zustand zu einem spateren Zeitpunkt exakt zu prognostizieren und durch gezielte MaBnahmen einen gewunschten Zustand genau herbeizufuhren, all das wird angesichts der Komple-
^^^ Vgl.Gandolfi 2001,8.20-27.
92
xitat und Dynamik so gut wie unmoglich."^^'^ Obwohl die Reaktionen des komplexen Systems auf bestimmte Stimuli nicht vorhersehbar sind, so ist die Funktionsweise eines Industriellen Verwertungsnetzes aber dennoch nicht chaotisch. Industrielle Verwertungsnetze konnen sehr wohl uber Anpassungsund Selbststeuerungsmechanismen verfugen, die es dem System ermogllchen, im FlleBgleichgewicht zu bleiben. Die Steuerung eines industriellen Verwertungsnetzes funktioniert allerdings nach dessen Internen, sich standig verandernden Logik. Auch Frederic Vester betont die Bedeutung der Selbstregulationsprozesse, indem er feststellt, dass nur durch systemisches Denken eine „kybernetisch vernunftige" Ordnung im System gefunden werden kann, wobei das Ziel stets die „Optimierung der Systemkybernetik und damit der Selbstregulationsprozesse" ist.^^^ Systemisch-okologlsches Denken nach Vester heiBt in diesem Zusammenhang, industrielle VenA/ertungsnetze nicht durch partielle Eingriffe, sondern durch Optimierung der Systemkybernetik und der Selbstregulationsprozesse zu steuern.^^^ Zentrale Einrichtungen, wie Venwertungsagenturen, haben demnach
nur sehr begrenzte Moglichkeiten zur Gestaltung der
zwischenbetriebllchen Recyclingaktivitaten im VenA^ertungsnetz. Partielle Eingriffe in das selbstregulierende System Verwertungsnetz sInd stets mit der Gefahr verbunden, dass aufgrund der komplexen Wirkungszusammenhange uberraschende und unerwunschte Folgen auftreten. Hier setzt der Selbstorganisationsansatz an, bel dem wieder die Struktur einer Organisation im Vordergrund steht, indem die zentrale Frage gestellt wird, wie in dynamlschen komplexen Systemen Ordnung entsteht.^^'' Es wird davon aus-
G6bel1998, S. 66. Vgl. Vester 1985, S. 313. Vgl. hierzu Vester 1985, S. 299-330. Der Begriff Ordnung bezieht sich auf die Anordnung der Elemente in einem System und deren Beziehungen untereinander. Foerster setzt vollkommene Ordnung glelch mit dem Nichtvorhandensein von Entropie, einem Zustand, in dem „die Elemente des Systems so angeordnet sind, dass mit Gegebensein eines Elements die Position aller anderen Elemente determiniert ist" (Foerster 1993, S. 219). Haken stellt test, dass der Zustand der Unordnung durch „die groBe Zahl der verschiedenen Moglichkeiten, wo etwas sein konnte" charakterislert wird, wohingegen es nur einen Zustand der Ordnung gibt (Haken 1990, S. 26-27). In der Biologie und der Physik wird der Begriff Ordnung haufig mit Symmetrie, Gleichformigkeit, Vergleichbarkeit und RegelmaBigkeit, In dynamischer Hinsicht auch mit dem Vorliegen eines FlieBgleichgewichts In einem Okosystem glelchgesetzt; vgl. Gobel 1998, S. 92-93. Haye/c definiert Ordnung mit einem Sachverhalt, „in dem eine VIelzahl von Elementen verschiedener Art in solcher Beziehung zueinander stehen, dass wir aus der Bekanntschaft mit einem raumlichen oder zeitlichen Teil des Ganzen lernen konnen, richtige
93
gegangen, dass die Ordnung eines Systems nicht durch ein bestimmtes Subjekt bewusst geplant und geschaffen werden muss, sondem dass es in einem System selbstorganisierende Prozesse zur Ordnungsbildung gibt. Nach Hayek kann nur eine Ordnung „allereinfachster" Art planvoll und bewusst hergestellt werden, weil hierbei nur das Wissen eines einzigen Verstandes genutzt wird, wohingegen die hochst wirksamen Ordnungen, wie Markt, Sprache, Recht u.a. selbstorganisierend entstanden sind, d.h. nicht von einer Autoritat mit Weisungsgewalt geschaffen wurden.^^® Ahnlich der Idee der „invisible hand" von Adam Smith entsteht unbeabsichtigt Ordnung, wenn viele Individuen nach bestimmten abstrakten, ihnen aber unter Umstanden gar nicht bewussten Regein handeln. Geht man davon aus, dass in industriellen Ven/vertungsnetzen eine Vielzahl bewusster und unbewusster Regein und Normen existieren, die sich beispielsweise auf die soziale Interaktion der Netzwerkmitglieder, aber auch auf den Aufbau und den Ablauf der zwischenbetrieblichen Recyclingprozesse beziehen konnen, so ein Prozess der Selbstorganisation innerhalb des VenA/ertungsnetzes moglich. In Abhangigkeit davon, in welchem AusmaB die zwischenbetrieblichen RecyclingmaBnahmen innerhalb eines VenA/ertungsnetzes einer bewussten Planung, etwa durch eine zentrale Institution in Form einer VenA/ertungsagentur, unterliegen, konnen diese Selbstorganisationsprozesse autogen („von selbst") oder autonom („selbstbestimmt")
erfolgen.^^^ Bei autogener
Selbstorganisation entsteht die Ordnung im komplexen dynamischen System Verwertungsnetz durch dessen Eigendynamik „von selbst", d.h. ohne bewusste menschliche Planung,^° wohingegen diese bel autonomer Selbstorganisation „selbstbestimmt" durch die Netzwerkmitglieder, d.h. mithilfe deren aktiven Zu-
Erwartungen bezuglich des Restes zu bilden, oder doch zumindest Erwartungen, die sich sehr wahrscheinlich als richtig erweisen werden" (Hayek 1980, S. 57). ^^® Fur die gemachte, auch als exogen oder kiinstlich bezeichnete Ordnung verwendet Hayek den griechlschen Begriff „taxis", fur die gewachsene, endogene, selbst-erzeugende Ordnung den Begriff „kosmos"; vgl. Hayek 1980, S. 59. ^^® Zu den folgenden Erklarungen vgl. Bea/Gobel 1999, S. 181-184. ^° Beispiele sind die Bildung eines Kristalls aus bestimmten Ausgangselementen oder das Wachstum einer Pflanze, aber auch das „Wachsen" von Verhaltensmustern und Regein in Organisationen. Das Ergebnis der autogenen Selbstorganisation kann positiv sein, etwa das Entstehen einer erwunschten Unternehmenskultur, aber auch negative Aspekte beinhalten, wie beispielsweise die „von selbst emergierende" Einengung des Blickfeldes durch unhinterfragte mentale Modelle (Betriebsblindheit) oder Reduktion der wahrgenommenen Handlungsalternativen durch Routinen, Gewohnheiten und Spielregeln.
94
tuns entsteht.^'^^ Tendenziell wird in Verwertungsnetzen ohne ubergeordnete Institution die Ordnungsblldung eher autogen, in Verwertungsnetzen mit einer zentralen Planungs- und Fuhrungsinstanz eher autonom erfolgen. Hierbei ist zu berucksichtigen, dass eine hohe Speziflzierung und strukturellfunktionale Differenzierung eines Netzwerkes durch eine zentrale Instanz dessen Moglichkeiten zur Selbstorganisation erheblich einschrankt. Eine hochst wirksame Ordnung kann allerdings nur durch Selbstorganisation entstehen, wohingegen ein Verwertungsnetz, das von einer zentralen Stelle bewusst und planvoll konzipiert wird, nach Hayek stets nur eine Ordnung allereinfachster Art aufweisen wird, da nur das Wissen eines einzlgen oder weniger Personen genutzt wird.^^ Folglich darf aus Sicht der Selbstorganisationstheorie das Ziel der Gestaltung industrieller
Ven/vertungsnetze
niemals die Optimierung der
zwischenbetrleblichen Ruckstandsbeziehungen per se lauten. Vielmehr geht es darum, Regein zu definieren, unter denen die Recycllngaktivitaten der Netzwerkpartner selbstorganisierend entstehen und somit das VenA/ertungsnetz als selbstregulierendes System seine Form und Struktur finden und laufend anpassen kann. Hierfur sind Bedingungen erforderlich, unter denen die Netzwerkpartner genugend Handlungsspielraum haben, um ihr ganzes Spektrum verschiedener Fahigkeiten In die Entwicklung des Netzwerkes einzubringen. Erganzt die Selbstorganisation die Fremdorganisation in einer sinnvollen und korrigierenden Art und Weise, so soil sie bewusst ermoglicht, ist sie eher storend, so soil sie nach Moglichkeit eingedammt werden.^"*^ Damit wird eine auf den ersten Blick paradox erschelnende Organisation der Selbstorganisation gefordert. Die Selbstorganisation soil durch entsprechende Regein, die den Netzwerkmitgliedern die erforderlichen Handlungsspielraume gewahren, bewusst gefordert und gesteuert werden. Zur Forderung der Selbstorganisation werden folgende Prinziplen genannt:^^
Die Organisationsmitglieder konnen innerhalb eines entsprechenden Handlungsspielraumes von ihrem individuellen Wissen zur Ordnungsblldung Gebrauch machen. Autonome Selbstorganisation fijhrt damIt zu einem gewissen Ma3 an Selbstbestlmmung der Organisationsmitglieder, die vor allem bel zunehmender Komplexitat der Organisation Immer mehr an Bedeutung gewlnnt. Vgl. Hayek 1980, S. 59. Vgl. Bea/Gobei 1999, S. 187. Vgl. Morgan 2000, S. 138-146.
95
•
Prinzip der redundanten Funktionen: Jeder Teil eines Verwertungsnetzes soil an einer Bandbreite von Funktionen beteiligt sein, statt nur eine einzige spezialisierte Tatigkeit auszuuben.
•
Prinzip der Anforderungsvielfalt: Die interne Vielfalt eines sich selbst regullerenden Systems muss der Vielfalt und Komplexitat seines Umfeldes entsprechen, wenn es mit den Herausforderungen zurechtkommen soli.
•
Prinzip der minimalen kritischen Spezifizierung: Der Organisationsgestalter, etwa in Form einer Netzwerkagentur, soil in erster Line eine fordernde oder abstimmende
Rolle einnehmen und Bedingungen
schaffen, die es dem System eriauben, seine eigene Form zu finden. •
Prinzip des Lernens, wie man lernt: Die Fahigkeit der Netzwerkmitglieder, in Einzel- und Doppelschleifen zu lernen, muss mit dem Ziel gefordert und unterstutzt werden, gemeinsame Normen und Werte fur die Entwicklung des Unternehmens zu generieren.
Bei langfristiger Betrachtung werden in industriellen Verwertungsnetzen tendenziell jene Regein und Normen beibehalten, die sich bewahren, und im Sinne eines Lernprozesses jene venA/orfen, die sich als nicht oder wenig tauglich herausgestellt haben. Daruber hinaus werden sich VenA/ertungsnetze mit guten Selbstorganisationsprozessen, d.h. mit guten und „richtigen" Regein, im Wettbewerb der Ordnungen behaupten: Solche Regein werden deshalb auf Dauer befolgt, „weil sie der Gruppe, in der sie praktiziert werden, tatsachlich uberlegene Starke verleihen".^"^^ Hierbei handelt es sich um einen Selektionsprozess, der nicht an Individuen, sondern an Gruppen ansetzt. Die Uberlebensfahigkeit einer Gruppe hangt davon ab, ob die Individuen Eigenschaften aufweisen, die fur das Gemeinwohl vorteilhaft sind, d.h. vor allem, ob sie zum gegenseitigen Nutzen kooperieren.^"^® In diesem Sinn kann auch von einem Evolutionsprozess der Regein zur Selbstorganisation gesprochen werden.^''
^^ Vgl. Hayek 1980, S. 35. ^
Vgl. Odum 1991, S. 227-229.
^^ Vgl. Gobel 1998, 8. 59 sowie Sydow 1992, S. 165-166.
96
3.2.3 Verwertungsnetze als autopoietische selbstreferentielle Systeme In diesem Kapitel wird das Phanomen industrieller Verwertungsnetze schlieBlich noch aus der Sicht des Konzeptes autopoietischer selbstreferentieller Systeme betrachtet. Erzeugen Systeme nicht nur ihre Strukturen und Zustande selbst, sondern auch die Elemente, aus denen sie bestehen, so bezeichnet man sie als autopoietische Systeme (griech. autos = selbst, poiein = bilden, schaffen).^^ Sie werden als autonom und operationell geschlossen bezeichnet, nicht im Sinn einer volligen Isolierung, sondern in Hinblick auf die Organisation und die in sich geschlossenen Bezlehungsmuster.^® Der Verlauf der Autopoiese bzw. die etablierenden Strukturen des Systems hangen dabel auch von den Umweltbedingungen ab, wobei das Umfeld nur WIrkungen auslost, die im autopoietischen System strukturell bereits angelegt, d.h. intern bestimmt sind.^^° Die Theorie der Autopoiesis wurde von Luhmann in sein Konzept selbstreferentieller Systeme aufgenommen.^^^ Luhmann betrachtet das soziale System ..Organisation", dessen Elemente nicht durch die Organisationsmitglleder, sprich Personen, definiert werden, sondern vielmehr durch eine bestimmte systemkonstituierende Operatlonsweise, namlich durch Entscheidungen.^^^ Als Entscheldung wird dabei jede Handlung verstanden, die auf eine an sie gerichtete EnA/artung reagiert, unabhangig davon, ob es eine Fremd- oder eine Eigen-
Nach Humberto Maturana und Francisco Varela, den Begrundern der Theorie der Autopoiesis, ist das kennzeichnende Kriterium des Lebendigen, dass Lebewesen sicii buciistablicii andauernd selbst erzeugen; vgi. hierzu Varela 1979, Maturana/Varela 1984, Maturana 1985. Die molekularen Bestandteile einer Zelle sind in einenn Netzwerk von dynamischen Wechselwirkungen derart miteinander verbunden, dass durch den Zellstoffwechsel kontinulerlich Bestandteile der Zellen produziert und in die Zellstruktur integriert werden. Im Konzept autopoietischer Systeme werden also analog zur Zellbiologie die Elemente eines Systems als zeitliche Operationen begrlffen, die laufend zerfallen und gleichzeitig durch die Elemente des Systems wieder reproduziert werden mussen. Es gibt keine Trennung zwischen dem Erzeuger des Systems und dem autopoietischen System selbst. „The autopoietic organization is defined as a unity by a network of production of components which (i) participate recursively In the same network of productions of components which produced these components, and (ii) realize the network of productions as a unity in the space in which the components exist." (Varela/Maturana/Uribe 1974, S. 188) Vgl. Morgan 2000, S. 346. Vgl. G6bel1998, S. 45. Vgl. hierzu Luhmann 1984, 1990, 1992a und 1992b. Maturana und Varela haben die Theorie der Autopoiesis zur Interpretation biologischer Phanomene entwickelt, gegen die Anwendung auf die menschliche Gesellschaft haben sie jedoch starke Vorbehalte; vgl. hierzu Morgan 2000, S. 352. Vgl. Luhmann 1992a, S. 118 und 1992b, S. 171.
97
erwartung des Handelnden selbst ist.^^^ Es wird nicht die beste Alternative ausgewahlt, sondern so entschieden, dass das Verhalten ex post vertretbar ist.^^'* Einer Entscheidung geht damit ein bewusstes oder unbewusstes Abtasten der Erwartungslage voraus. Auch das Nichthandein kann ex post als Entscheidung interpretiert werden. Die Entscheidungen in Organisationen werden aber nicht nur durch bestehende En/vartungen deternniniert, sie bringen auch neue Erwartungen hervor, bzw. wirken auf weitere En/vartungen ein, indem sie die ursprunglichen EnA/artungen bestatigen, bekraftigen, oder auch durchbrechen und gefahrden. Damit kreieren Entscheidungen, die selbst auf EnA/artungen basieren, neue En^/artungen, die wiederum die Basis fur folgende Entscheidungen darstellen. Organisationen sind demnach autopoietische, selbstreferentielle Systeme, weil sie „die Entscheidungen, aus denen sie bestehen, durch die Entscheidungen, aus denen sie bestehen, selbst anfertigen".^^^ Das Umsystenn der Organisation beeinflusst dieses insofern, als Umwelteinflusse vom System wahrgenommen und ausgewertet werden. Was tatsachlich wahrgenommen und In welcher Weise ausgewertet wird, hangt wiederum vom Zustand des Systems ab. Externe Einflusse werden also erst durch das System selbst in Informationen transferiert, bevor sie - quasi als Eigenprodukt des Systems - in die Entscheidungen eingehen.^^^ Versucht man, industrielle Verwertungsnetze als autopoietische Systeme zu interpretleren, so stellt sich zu aller erst die Frage, inwieweit das kennzeichnende Merkmal der Reproduktivitat auf Verwertungsnetze ubertragen werden kann.
Da
industrielle
Verwertungsnetze
als organisatorlscher
Rahmen
zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten nicht direkt lebenden Organismen gleichgesetzt werden konnen, kann die Ubertragung dieses Merkmals analog zu Luhmanns Konzept nur auf der abstrakteren Ebene der Entscheidungsflndung erfolgen. Es erscheint plausibel, dass in industriellen Verwertungsnetzen Entscheidungen uber MaBnahmen zur zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung stets auf bestimmten Eigen- und FremdenA/artungen basie-
Vgl. Luhmann 1984, S. 594. Dieses Verstandnis einer Entscheidung weicht demnach deutlich von den Aussagen der normativen Entscheidungslehre ab: Eine Entscheidung kommt nicht zustande, indem die Konsequenzen verschiedener Alternativen hinsichtlich eines definierten Zielsystems analysiert und jene mit dem hochsten Zielerreichungsgrad ausgewahit wird, es wird vielmehr versucht, erwartungskonform zu handeln. Hier ist eine gewisse Ahnlichl<eit mit dem Satisficing-Konzept der del
98
ren. Dem Konzept der begrenzten Rationalitat folgend konnen entscheidungsrelevante zukunftige Zustande und Handlungen niemals vollstandig antizipiert werden, sondern flieBen in das Entscheidungskalkul nur in Fornn von Erwartungen ein.^^'' Besonders inn fur Unternehmungen haufig sensiblen Bereich der Ruckstandsbewaltigung spielen Vertrauen in die Recyclingpartner und damit EnA/artungshaltungen eine besondere Rolle.^^® Auch ist es offensichtlich, dass getroffene Entscheidungen die bestehenden Erwartungshaltungen beeinflussen und verandern. Das Vertrauen in den Recyclingpartner kann bestatigt und gefestigt, bzw. erhoht werden, die technische Umsetzbarkeit einer bestimmten VerwertungsmaBnahnne kann neue Bereiche der zwischenbetrieblichen Zusannmenarbeit ermoglichen, der Abschluss eines langfristigen Abnahme- und VenA/ertungsvertrages kann eine wichtige Basis fur Entscheidungen uber das betriebliche Produktionsprogramm darstellen usw. Nachfolgende Entscheidungen der Netzwerkunternehmen fuBen offensichtlich auf neuen, durch vorangegangene Entscheidungen beeinflusste Eigen- und FremdenA/artungen. Externe Umwelteinflusse sind nur bedingt fur die Entscheidungen maBgeblich. Es hangt vom jeweiligen Zustand des Verwertungsnetzes ab, ob und welche externen Gegebenhelten von den Netzwerkunternehmen wahrgenommen und wie diese ausgewertet bzw. in entscheidungsrelevante Informationen transferiert werden. Somit kann ein industrielles VenA/ertungsnetz durchaus als autopoietisches selbstreferentielles System interpretiert werden. Hier stellt sich jedoch die Frage, worin der neue Erkenntnisgewinn dieser Betrachtungsweise liegt. So kritisiert Walter-Busch die mangelnde Eindeutigkeit und Anwendbarkelt der autopoietischen Systemtheorie fur konkrete Organisationsprobleme: „LieBen sich deren Anspruche, die ebenso gewagt sind wie die erstrebte Theorieform nun allerdings ,auBerst abstrakt' ist, tatsachlich einlosen, so ware sozialwissenschaftlicher Theorie zweifellos der groBe Schritt in die Zukunft [...] gelungen. Vorlaufig ist es indessen eher wahrscheinlich, dass die modo scientifica quasinatuHA/issenschaftlich - erstrebte Klarheit und Eindeutigkeit bei der Bestimmung der systemkonstitutiven Operationsweisen autopoietischer Systeme so wie bisher Fiktion bleibt, und nicht zur Realitat werden kann."^^® Dennoch muss konstatiert werden, dass mit der Theorie autopoietischer selbstreferentieller Systeme eine interessante Verbindung zwischen der deskriptiven Ent-
^^^ Vgl.Kap. 3.1.2. ^^ Vgl. Schwarz1998, S. 18. ^^^ Walter-Busch 1996, S. 217, im Original teilweise kursiv.
99
scheidungslehre und der Systemtheorie, hier jnsbesondere der Theorie selbststeuernder Systeme, hergestellt worden ist. Spricht man bei industriellen Verwertungsnetzen von autopoietischen Systemen, so impliziert das, dass sie stets auch Resultate begrenzt rationaler Entscheidungen sind,^®° aber auch dass sie operational geschlossen und selbststeuernd sind.^®^ Ein zusatzlicher wichtiger Aspekt betrifft die Wechselwirkungen zwischen dem autopoietischen System VenA/ertungsnetz und dessen Umwelt. Es besteht keine direkte deterministische
Abhangigkeitsbeziehung,
sondem lediglich eine
schwache Kausalitat in Form einer strukturellen Koppelung.^^^ Die Umwelt beeinflusst nicht direkt die Struktur und Funktionsweise des VenA/ertungsnetzes, sondern flieBt nur indlrekt, in Abhangigkelt von den Wahrnehmungen, EnA/artungen und Praferenzen der Netzwerkakteure in die systemkonstituierenden Entscheidungen ein. Damit stellt die Interpretation industrieller Ven^/ertungsnetze als autopoietische selbstreferentielle Systeme auch einen eindeutigen Gegenpol zur kontingenztheoretischen Sichtweise dar.^^^ „Das Konzept der Autopoiesis ermutigt uns, die Umgestaltung oder Evolution lebendiger Systeme als Ergebnis intern erzeugter Veranderung zu sehen."^^"* Die Umwelt bestimmt nicht, wie sich ein industrielles Verwertungsnetz entwickein muss um langfristig uberleben zu konnen, sondern lediglich „was nicht geht, nicht jedoch, was alles moglich ist".^®^ Diese Autonomie ist allerdings trugerisch. Ein Ven^/ertungsnetz als autopoietisches selbstreferentielles System setzt sich namlich nur noch mit den eigenen Interpretationen und Beschreibungen, nicht jedoch mit der Realitat, die das VenA/ertungsnetz umgibt, auseinander.^®^ Es ist stets bestrebt, eine Form der rekursiven Geschlossenheit in Bezug auf sein Umfeld zu erreichen. Das VenA/ertungsnetz tendiert dazu, die Umwelt so zu reproduzieren, wie die eigene Identitat am besten aufrecht erhalten werden kann.^®'^ Gelingt es den Netzwerkakteuren nicht, die Entwicklungen der Systemumwelt mit der Innenperspektive zu verknupfen, kann es dazu kommen, dass unrealistische
360 361 362 363 364
Vgl.Kap. 3.1.2. Vgl. Kap. 3.2.2. Vgl. Bellmann/Mildenberger 1996, S. 138-139. Vgl. Kap. 3.3.1. Morgan 2000, S. 351. Maul1993, S. 716. Vgl. Bellmann/Mildenberger 1996, S. 143. Vgl. hierzu Morgan 2000, 352-356.
100
Netzwerkidentitaten aufrechterhalten werden, was zu einer massiven Gefahrdung der Uberlebensfahigkeit des Systems Verwertungsnetz fuhrt.^^®
3.3 Die Rolle des Umfeldes fur industrielle Verwertungsnetze In diesem Abschnitt soil auf organisationstheoretische Ansatze eingegangen werden, be! denen die Beziehung einer Organisation mit dem Umfeld im Zentrunn der Betrachtung steht. Seit den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts ruckte in der Organisationstheorie die Frage nach dem Zusammenhang zwischen einer Organisation als offenes System und dessen Umwelt^^^ vermehrt in den Vordergrund. „lf organizations were open systems, they could no longer be adequately described as self-sufficient entities concerned solely with the management of internal affairs, since open systems face the additional dilemma of acquiring resources and disposing of products [and wastes]."^^° Als wichtlge umwelt-deterministische Ansatze sind der kontingenztheoretische bzw. situative Ansatz, der Resource-Dependence-Ansatz sowie der evolutionstheoretische Ansatz zu nennen. In diesem Kapitel soil geklart werden, inwieweit sie Erklarungen fur das Entstehen und Funktionieren von Verwertungsnetzen bieten. Dabei wird auf zwei Fragen einzugehen sein: Einerseits gilt es zu klaren, inwieweit externe Umwelteinflusse die Organisationsform industrieller Ven/vertungsnetze und deren Oberlebensfahlgkeit beeinflussen. Andererseits stellt sich die Frage, ob nicht gerade diese externen Umwelteinflusse auf die Netzwerkuntemehmen zur zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit in industriellen Verwertungsnetzen fuhren und somit mafBgeblich fur deren Zustandekommen sind.
3.3.1 Verwertungsnetze als situativ bedingte Phanomene Die Grundidee der Kontingenztheorie^''^
besagt, dass offene Systeme,
Insbesondere deren Struktur, von der systemrelevanten Umwelt abhangen.^^^
Vgl. Bellmann/Mildenberger 1996, S. 143. Der Begriff Umwelt bezieht sich hier nicht nur auf die naturliche Umwelt, sondem wird umfassend fur das ganze Umfeld eines Systems bzw. einer Organisation verwendet. 370 371
Freeman/Barley 1992, S. 128. Mit der Bezeichnung Kontingenz, d.h. der Bedingtheit alles Seienden, soil zum Ausdruck gebracht werden, dass die Organisationsstruktur von anderen GroBen abhangig ist.
101
Es wird dabei von einem komplexen, funktional differenzierten System der Unternehmung ausgegangen, dem verschiedene Operationsmoglichkeiten zur Verfugung, stehen d.h., dessen Handein nicht a priori determiniert ist.^^^ Dies trifft grundsatzlich auch auf die Umwelt zu, die stets aus einer Mehrzahl moglicher Zustande bzw. Szenarien besteht. Das System-Umwelt-Schema der Kontingenztheorie postuliert, dass sich das System in Abhangigkeit vom Zustand der systemrelevanten Umwelt entwickelt.^'''^ „Organisationen sind offene Systeme, die ein sorgfaltlges Management erfordern, damit sie interne Bedurfnisse befriedigen und ins Gieichgewicht bringen und sich an Umweltbedingungen anpassen konnen."^''^ Die zentrale Aussage des kontingenztheoretischen Ansatzes ist, dass es keine universell effizienten Organisationsstrukturen gibt, sondern Organisationen ihre Strukturen an Ihre jewellige Situation anpassen mussen, um effizient zu blelben.^^®
Wie beim strukturtechnischen Ansatz der Organisationstheorie stehen dabei nicht die Prozesse und Steuerungsmechanismen im Vordergrund, es wird vielmehr darauf geachtet, dass sich der funktionelle Aufbau des Unternehmens an veranderte Umweltbedingungen anpasst. In die Organisationstheorie hat die Idee der situativen Bedingtheit einer rationalen Gestaltung der Organisation erst relativ spat Eingang gefunden, sich dann aber entsprechend schnell entwickelt, sodass sie heute in einer Vielzahl von Varianten vorliegt; vgl. Frese 1992, S. 112; HilJ/Fehlbaum/Ulrich 1998, S. 401. In den U.S.A. stellt die Kontingenztheorie seit den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts die bis heute dominierende Forschungsrichtung der Organisationswissenschaft dar; vgl. Scherer 2001, S. 12. Das Ziel des Kontingenzansatzes ist es, durch empirische Forschung Unterschiede zwischen den Organisationsstrukturen verschiedener Unternehmen, sprich Systeme, durch Unterschiede in deren Kontext, sprich in deren systemrelevanten Umwelt, zu erklaren; vgl. Bea/Gobel 1999, S. 89. Dadurch konnten mit der Kontingenztheorie die EInseitigkeiten der klassischen Organisations- und Managementtheorie einerseits und der Human Relations-Tradition andererseits uberwunden werden; vgl. Walter-Busch 1996, S. 229. Vgl. Schreyogg 1999, S. 92. Morgan 2000, S. 65. Vgl. Kieser 2001, 8. 169. Bei den hierzu durchgefuhrten empirischen Studien konnen dualistlsche und pluralistische Modelle unterschieden werden; vgl hierzu Hill/Fehlbaum/Ulrich 1998, S. 402-403. Erstere fokussieren auf ein Organisationsmerkmal und untersuchen In Abhangigkeit von der Unternehmensumwelt die Extremauspragungen der Organisation, bzw. in einigen Fallen auch Zwischenformen, die auf dem Kontinuum des Auspragungsintervalls dazwischen liegen. Beispielsweise wurde von Burns/Stalker die These untersucht. In dynamischen Umwelten seien organische und in statischen Umwelten mechanistische Strukturen effizient; vgl. Burns/Stalker 2001 S. 119-125. Die der mechanistischen kontrar gegenuberstehende organische Struktur ist dabei insbesondere durch wenige Hierarchleebenen, durch ein geringes AusmaB an formalen Regelungen, netzwerkartig flexible Kommunikatlonskanale, eine weitgehende Dezentrallsation der Entscheidungen sowie organisationsweit verteilte Fachkompetenzen gekennzeichnet. Die Dynamik der Umwelt resultiert aus der Haufigkeit und Starke sowie der Irregularitat der Veranderungen; vgl. Bienert 2002, S. 34. Im Gegensatz zu den dualistischen werden bei pluralistischen Modellen nicht nur zwei extreme Auspragungen einer einzigen Dimension gegenubergestellt, sondern simultan
102
• Situation der Organisation
^
w
Formale Organisationsstruktur
Verhalten der ^ Organisationsmitglieder w
• yr
^ p
Abb. 11:
Effizienz der Organisation
Grundmodell des kontingenztheoretischen Ansatzes^^
In der kontingenztheoretischen Organisationslehre wird daruber hinaus aber auch das pragmatische Ziel verfolgt, Aussagen daruber zu treffen, welche Struktur in welcher Situation empfehlenswert ist.^'^® Es wird also nach einem „Fit" zwischen Unternehmensumwelt und -struktur gesucht, d.h., es soil bei der Organisationsgestaltung jene Struktur gefunden werden, die jenes Verhalten der Organisationsmitglieder hervorruft, das die jeweilige Situation erfordert. Es geht also darum, die Strukturen einer Organisation so an die jeweilige Situation anzupassen, dass die Organisation moglichst effizient ist. Nun konnen industrielle VenA/ertungsnetze durchaus als Organisationsform zur zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit im Ruckstandsbereich auf Mesoebene bezeichnet werden. Auch ist offensichtlich, dass Verwertungsnetze keine geschlossenen, sondern offene Systeme sind, die laufend mit ihrer Umwelt interagieren. Der Kontingenztheorie folgend ist demnach die optimale Struktur industrieller VenA/ertungsnetze fur eine effiziente zwischenbetriebliche
Ruckstandsver-
wertung von den jeweiligen relevanten Umweltbedingungen des Netzwerkes
mehrere Dinnensionen organisatorischer Gestaltungsmogiichkeiten und Kontextvariablen sowie das Verhalten der Organisationsmitglieder in die Betrachtung einbezogen. Insbesondere die sogenannte Aston-Gruppe (Universitat Aston in Birmingham, U.K.) erhob die Strukturmerkmale der Organisation mit einem breit anwendbaren Set von Messgr63en, die sie faktoranalytisch zu interpretierbaren Dimensionen bundelte; vgl. Walter-Busch 1996, S. 231-232. Die aus internen und externen Faktoren bestehende Unternehmenssituation, die formale Organisationsstruktur sowie das Verhalten der Organisationsmitglieder werden erfasst, operationalisiert und anhand quantitativer Indikatoren beschrieben (deskriptives Ziel). Darauf aufbauend wird versucht, unterschiedliche Auspragungen der Organisationsstruktur durch mono- oder multivariate Analysen auf bestimmte Kontextfaktoren, d.h. Situationsvariablen, zuriickzufuhren. Hierbei wird berucksichtigt, dass sich die Wirkungen der Strukturen auf das Effizlenzziel der Organisation nicht direkt, sondern nur indirekt Ciber das von Ihr induzierte Verhalten der Organisationsmitglieder einstellen (theoretisches Ziel). In Aniehnung an Kieser/Kubicek 1992, S. 57. Vgl. hierzu Bea/Gobel 1999, S. 92-97.
103
abhangig. Die Aussage der Kontingenztheorie wird hier also nicht auf ein einzelnes Unternehmen, sondern auf das ganze Verwertungsnetz als eine Organisationseinheit angewandt. Kutschker/Schmid argumentieren diesbezuglich, dass die Netzwerkperspektive eher eine Prozess- statt eine Strukturorientierung erfordert.^''^ Sie begrunden dies damit, dass Unternehmensnetzwerke durch den Eintritt neuer Akteure bzw. durch die Aufnahme, Veranderung oder Unterbrechung der Beziehungen standig in Bewegung sind. Nicht die Netzwerkunternehmen, sondern die zwischen ihnen existierenden und sich standig verandernden Beziehungen seien von Bedeutung. Daraus folgern sie, dass die „Strukturbetrachtungen der klassischen Kontingenztheorlen [...] vor dem Hintergrund der Netzwerkperspektive ihre Bedeutung [verlieren]".^®° Diese Argumentation hat jedoch zwei Haken: Erstens wird die Dynamik von Netzwerken zum charakteristischen Definitionsmerknnal erhoben. Tatsachlich jedoch 1st die Netzwerkdynamik nur einer
von
mehreren
Netzwerkdeskriptoren,^®^
der
selbstverstandlich
unterschiedliche Auspragungen annehmen kann. Es sind sowohl Netzwerke mit einer geringen als auch mit einer hohen Dynamik denkbar. So wird bei industrlellen Ven/vertungsnetzen wird aufgrund der Langfristigkeit der Recyclingbeziehungen tendenziell eher von einer geringen Dynamik auszugehen sein. Zweitens ist zu hinterfragen, ob selbst bei der Erklarung dynamischer Netzwerke tatsachlich eine Abkehr vom Strukturdenken und eine Zuwendung zum Prozessdenken erforderlich ist. An den Prozessen in Unternehmensnetzwerken, etwa den zwischenbetriebllchen Recyclingaktivitaten innerhalb von industriellen Venwertungsnetzen, sind stets nicht nur ein, sondern zumindest zwei Oder mehrere Netzwerkunternehmen beteiligt. Das bedeutet aber, dass die zwischenbetriebllchen VenA/ertungsprozesse die - selbstverstandlich veranderliche - Netzwerkstruktur bedingen. Somit kann die Prozessorlentierung nicht die Strukturorientierung ersetzen, sondern sie lediglich erganzen. Folglich kann der Kontingenztheorie auch nicht a priori der Erklarungsgehalt fur Unternehmensnetzwerke, im Besonderen fur industrlelle Ven/vertungsnetze, abgesprochen werden.
^^® Vgl. Kutschker/Schmid 1995, 8. 13. ^^^ Vgl. hierzu Kap. 2.2.2.
104
Die zentrale Aussage des kontingenztheoretischen Ansatzes, wonach es keine universell effizienten Organisationsstrukturen gibt, sondern diese stets an die jeweilige Situation angepasst werden mussen, ist sogar hochst plausibel. Dies gilt gleichermaBen fur einzelne Untemehmen wie fur Unternehmensnetzwerke und somit auch fur industrielle Ven/vertungsnetze. Ein Problenn ergibt sich jedoch, sobald man versucht, Aussagen dariiber zu treffen, welche Struktur eines industriellen VenA/ertungsnetzes in welcher Situation erforderlich ist, urn jenes Verhalten der Netzwerkpartner zu gewahrleisten, das zu einer nnoglichst effizienten zwischenbetrieblichen Ruckstandsbewaltigung innerhalb des VenA/ertungsnetzes fijhrt. In der kontingenztheoretisch orientierten Forschungsrichtung der Organisationswissenschaft bedient man sich zur Beantwortung dieser Frage umfangreicher empirischer Studien. Dabei wird versucht, einen statistischen Zusammenhang zwischen bestimmten Auspragungen einzelner Organisationsmerkmale und relevanter Kontextfaktoren herzustellen und daraus abzuleiten, in welcher Situation welche Organisationsstruktur empfehlenswert ist. Dieser quantitative Forschungsansatz ist allerdings bei industriellen Verwertungsnetzen nicht anwendbar, well schlichtweg die erforderliche Grundgesamtheit an VenA/ertungsnetzen fur statistische Korrelationsanalysen nicht vorhanden ist. Das Phanomen industrieller VenA/ertungsnetze ist noch verhaltnismaBig neu, sodass lediglich die explorative Beschreibung und Analyse einzelner VenA/ertungsnetze, nicht jedoch groB angelegte statistische Untersuchungen moglich sind.
3.3.2 Evolution industrieller Verwertungsnetze Ahnlich der Kontingenztheorie lautet die Grundannahme der evolutlonstheoretischen Ansatze, dass der Evolutionsprozess von Systemen weitgehend von der jeweiligen Umwelt des Systems determiniert ist. Unter Evolution wird der Prozess „kontinuierlicher Wandlung, Auflosung und Rekombination organismischer Formen durch genetische Anpassung an die Umweltanforderungen [verstanden] und beschreibt damit deren verastelnden und spezialisierenden Ubergang entlang einer Vielzahl von Veranderungslinien."^®^ Aus evolutionstheore-
^®^ Mayer 2001, S. 260. Hier wird jedoch nicht davon ausgegangen, dass die Strukturmerkmale von Systemen oder Organisationen situativ bedingt sind und rational an veranderte Umweltbedingungen angepasst werden konnen. In den evolutionstheoretischen Ansatzen wird vielmehr das Hauptaugenmerk auf die als kaum kontrollier- und vorhersehbar
105
tischer Perspektive konnen Systeme langfristig namlich nicht von einzelnen Akteuren gestaltet werden, „sie entwickein sich vielmehr evolutionar, indem unpassende Varianten durch die Umwelt selektiert und passende Varianten bewahrt werden".^®^ Die grundlegende Logik des Evolutionsprozesses baut sowohl in der organisatorischen Evolutionstheorie als auch in der biologischen Basiskonzeption auf einem Dreiphasenmodell, bestehend aus den Phasen der Variation, der Selektion und der Retention, aui.^^ In der Phase der Variation entstehen neue Systeme; es finden Veranderungen statt.^®^ Die Phase der Selektion ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass die Umwelt daruber entscheidet, welche Variatlonen oder Kombinationen von Variationen bestandsfahig sind und welche versagen. Erfolgreiche Variationen setzen sich durch, wahrend jene Variationen ausscheiden, die sich schlecht an die
Umweltbedingungen
angepasst haben. Diese Selektion findet allerdings nur dann statt, wenn die zur Verfugung stehenden Ressourcen knapp sind und sich damit ein Existenzkampf („struggle for existence") einstellt. Jene Variationen, die sich in der Phase der Selektion als erfolgreich en/viesen haben, werden schliefBlich In der Phase der Retention gespeichert und an folgende Generationen in Hinblick auf zukunftige Erfordernlsse weitergegeben. Folglich kommt auch In der Evolutionstheorie dem jeweiligen Umfeld industrieller Verwertungsnetze eine zentrale Rolle zu. Dem verbreiteten PopulationEcology-Ansatz^®^ folgend konnen einzelne typische Auspragungen Industrieller VenA/ertungsnetze zu einer Population, d.h. zu einer einheitlichen Organisa-
angesehene Entwicklung von einzelnen Systemelementen, Systemen oder gar ganzen Populationen von Systemen gelegt; vgl. Walter-Busch 1996, S. 234. Bea/Gobel 1999,8. 152. Vgl. hierzu Schreyogg 1999, S. 323-325. Ob die Variationen zufallig und spontan oder durch bewusste Gestaltung entstehen, ist von eher untergeordneter Bedeutung. Weick hat hier den Begrlff der „blinden Variation" kreiert, wonach die Variation in Organisationen nicht den Charakter einer zielgerichteten Systemsteuerung aufweist, sondern das Management vielmehr auf die Rolle reduzlert wird, laufend neue zufallige Variationen zu schaffen, um der Evolution damit Ansatzpunkte fur eine Weiterentwicklung zu liefern; vgl. Weick 1977. Dies deckt sich auch mit Heinz von Foerster's Postulat, wonach man in Bezug auf gegebene Ziele stets so handein soil, dass die Anzahl der Wahlmoglichkeiten groBer wird; vgl. Scott 1993, S. 16. Der Population-Ecology-Ansatz geht auf die Arbeiten von Hannan und Freemann (1984, S. 149-164) zuruck. Bel diesem Ansatz, der insbesondere in den USA angewendet und weiterentwickelt wird, findet die Selektion primar auf der Ebene von Populationen statt. Es wird attestiert, dass die Angehorigen einer Population meistens die gleichen Starken und Schwachen aufweisen und somit auf lange Sicht zumeist die gesamte Population uberlebt Oder scheitert; vgl. Morgan 2000, S. 91.
106
tlonsform
zur
Ruckstandsbewaltigung
der
Industrie
zusammengefasst
werden.^^'' Voraussetzung dafur ist, dass sich die industriellen Verwertungsnetze in ihrer organisationalen Form ahnein, d.h. eine gemeinsame Grundstruktur zur zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung besitzen, die sich eindeutig von jener anderer Populationen von Verwertungsnetzen sowie von anderen organisationalen Formen der Ruckstandsbewaltigung, wie etwa der Entsorgung auf Deponien, unterscheidet. Die Populationen besetzen jeweils Nischen, die ihre Entwicklung determinieren: „An organizational niche is that combination of resources and constraints within which a particular organizational form can arise and persist."^®® Die Entwicklung einer Population industrieller Venwertungsnetze ist demnach sehr stark von den Umweltbedingungen abhangig, wobei den einzelnen Verwertungsnetzen nur ein geringes AusmaB an Anpassungsfahigkeit an veranderte Bedingungen attestiert wird.^^^ Besondere Bedeutung wird diesbezuglich der Anpassungsgeschwindigkeit beigemessen: „The most important issues about the applicability of evolutionary-ecological theories to organizations concern the timing of changes. Learning and adjusting structure enhances the chance of survival only if the speed of response is commensurate with the temporal patterns of relevant environments."^®^ Die sogenannte Traghelt der Organisationen, bzw. hier der industriellen Ven^/ertungsnetze, fuhrt dazu, dass sich die Organisationen innerhalb einer Population nur langsam und in einem verhaltnismaBig engen Rahmen wandein konnen. Aus evolutionstheoretischer Sicht konnen industrielle Verwertungsnetze nicht von einzelnen Akteuren wie einer fokalen Unternehmung oder einer Ven/vertungsagentur aktiv und in hinreichender Geschwindigkeit entwickelt, gestaltet und gesteuert werden. Mogliche Faktoren, die zu einer Einschrankung der Anpassungs- bzw. Transformationsmoglichkeiten industrieller Verwertungsnetze fuhren, sind:^®^
Wahrend im Tierreich eine Population etwa einer Spezies entspricht, gehoren zu einer Population von Organisationen alle Organisationen, die sich in ihrer organisationalen Form ahnein, d.h., die eine gemeinsame Grundstruktur fur ihre Tatigkeiten, insbesondere fiir die Transformation von Inputs zu Outputs besitzen; vgl. Bea/Gobel 1999, S. 153. Freeman/Barley 1992, 8. 132. Die geringe Anpassungsfahigkeit von Organisationen an veranderte Umweltbedingungen wird mit jenen lebenden Organismen verglichen, die auch keine neuen Organe hervorbrlngen konnen, wenn es die Umwelt erfordert. Hannan/Freeman 1984, 8. 151. Vgl. hierzu Kieser/Woywode 2001, 8. 256-257.
107
•
hohe „sunk costs" aufgrund von Investitionen in bestimmte spezialisierte Aniagen zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung,
•
die enge Abstimmung der Recyclingpartner hinsichtlich der eingesetzten
•
der Widerstand einflussreicher Netzwerkakteure gegen Veranderungen
Produktions- und Recyclingtechnologien, im Bereich der Ruckstandsentsorgung, aber insbesondere auch hinsichtlich der Wahl der (Sekundar-)Einsatzstoffe bei der Fertigung, sowie gegen radikale strukturale Anderungen im Verwertungsnetz, •
die spezialisierte Gestaltung des uberbetrieblichen Informatlonssystenns zur Anbahnung und AbwIcklung der Ruckstandsflusse innerhalb eines Verwertungsnetzes,
•
die Anforderung an ein Ven^/ertungsnetz, als Organisation berechenbar und verlasslich zu sein, wofur stabile Organisationsstrukturen und institutionalisierte bzw. standardisierte Rollen und Prozesse sprechen,
•
Eintrittsbarrieren fur potentielle Recyclingpartner in ein Ven^/ertungsnetz sowie Austrittsbarrieren, die das Verlassen des Verwertungsnetzes erschweren,
•
die Entstehung eines gemeinsamen Wertesystems, das von den Netzwerkunternehmen geteilt wird und das tendenziell Bestehendes legitimiert und radikale Anderungen diskriminiert
•
sowie die Bildung einer „Network-ldentity", die das Bewusstsein des Andersseins und somit die AbschliefBung nach auBen verstarkt.
Daraus folgt, dass sich nicht einzelne VenA/ertungsnetze an veranderte Umweltbedingungen anpassen, es entwickelt sich vielmehr die ganze Population industrieller VenA/ertungsnetze evolutionar, indem sich langfristig nur passende Organisationsformen behaupten konnen, wahrend andere durch die Umwelt selektiert werden. Durch den Prozess der Selektion werden die Organisationen innerhalb einer Population stets homogener. Nur jene Organisationen uberleben langfristig, die optimal an die Umweltbedingungen angepasst sind.^®^ Variationen innerhalb einer Population treten vor allem bei Abspaltungen oder Neugrundungen von
Nelson und W/nter verstehen in diesem Zusammenhang Unternehmungen als Inbegriff von Entscheidungsroutinen, die sehr weitgehend den Charakter eines ,tacit knowledge' besitzen; vgl. Nelson/Winter 1996, S. 99ff. Daraus folgt, dass Unternehmungen nicht zum Gegenstand bewusster Transaktionen gemacht werden konnen, sondern nur evolutionar selektiert bzw. variiert werden konnen; vgl. Knyphausen-AufseB 2000, S. 467.
108
Organisationen sowie durch das Sterben bestehender Organisationen auf. „Population ecology theory holds that most of the variability in organizational structure comes about through the creation of new organizational forms and the replacement of old ones."^^^ Neugrundungen durch Imitation bestehender Organisationen fuhren zu Variationen innerhalb einer Population, da das genaue Imitieren komplexer Organisationen kaum gelingt und damit entgegen der ursprunglichen Absicht zufallig neuartlge Organisationsformen entstehen. Die eigentliche Selektion erfolgt schlieBlich durch die Umwelt der Population, die als „Gesamtheit aller Faktoren, die dieser Population Beschrankungen auferlegt", definiert wird.^^"^ Dieser Evolutionsprozess findet immer dann statt, wenn die zur Verfugung stehenden Ressourcen knapp sind, wobei im Bereich der industriellen Ruckstandswirtschaft davon ausgegangen werden kann, dass sowohl die Ressource Entsorgungsmoglichkeit bzw. -sicherheit, als auch die zur Verfugung stehenden Finanzmittel zur Ruckstandsentsorgung knapp sind. Die Hauptaussage des Polulation-Ecology-Ansatzes der Evolutionstheorie fur die Gestaltung und Steuerung industrieller Verwertungsnetze ist, dass die Fahigkeit zur raschen Anpassung an veranderte Umweltbedingungen uberlebenswichtig ist. Gleichzeitig zeichnet er aber diesbezuglich auch ein sehr pessimistisches Blld, indem konstatiert wird, dass die langfristige Entwicklung der Populationen eben nicht durch Anpassung, sondern durch Selektion von Organisationen erfolgt. „Consequently, population ecology, for all of its attractive elements and empirical support, is in its present versions reasonably far from a theory that permits knowledge to be translated into action."^®^ Ein gunstigeres Bild erglbt sich, wenn man in Aniehnung an McKelvey und Aldrich den Evolutionsprozess nicht auf ganze Organisationen, sondern auf Kompetenzen anwendet.^®® Folglich werden nicht mehr Verwertungsnetze als Organisation selektiert, sondern nur noch das Wissen und die Fahigkeiten der Netzwerkakteure hinsichtlich des zwischenbetrieblichen Recyclings. Der Variationsprozess kann dabei sowohl bewusst und zielgerichtet als auch unbewusst und zufallig erfolgen. „Purposeful variations occur as an intentional response,
Hannan/Freeman 1984, S. 150. Vgl. Kieser/Woywode 2001, S. 258. Pfeffer1997, S. 169. FiJr McKelvey und Aldrich steht die Evolution organisationalen Wissens und der Fahigkeiten der Organisationsmitglieder im Vordergrund; vgl. McKelvey/Aldrich 1983, S. 112-113.
109
when environmental pressures cause selection of adaptations. Blind variations are those that occur independent of environmental or selection pressures; they are not the result of an intentional response to adaptation pressures but rather occur by accident or chance."^^^ Langfristig setzen sich nur jene Kompetenzen durch, die zu einer erfolgreichen Ruckstandsbewaltigung durch die Netzwerkunternehmen
fuhren.^^® Je schneller die Netzwerkakteure erkennen, welche
Kompetenzen bzw. Variationen von Kompetenzen erforderlich sind und sich diese aneignen, desto hoher ist die Uberlebenschance des Verwertungsnetzes. Die Bewahrung und Ausbreitung erfolgreicher Variationen erfolgt durch Institutionalisierung und Standardisierung von Routinen und Verfahrensrichtlinien.^^® Die erfolgreiche Existenzsicherung einer Variation ist letztlich erst gegeben, wenn sie sich nicht nur bei der Auslese behauptet, sondern auch erfolgreich ausgebreitet hat.'^^^ Langfristig kommt es durch diesen Selektionsprozess zu tendenziell homogeneren Ven/vertungsnetzen mit ahnlichen Kompetenzvariationen. Dem St. Gallener Ansatz des Evolutionaren Managements'^^^ folgend kann die Handlungsempfehlung abgeleitet werden, nicht direkt „aktivistisch" in die inneren Funktionen und Ablaufe eines industriellen Venwertungsnetzes einzugreifen, sondern dieses mit Respekt und Zuruckhaltung zu behandeln.
McKelvey/Aldrich 1983, S. 114. Kompetenzen, wie etwa Rezepturen, Prozessvorschriften, Bauplane, Arbeitsablaufe etc., erfolgreicher Organisationen verbreiten sich schneller als die weniger erfolgreichen und verdrangen diese somit langfristig. Auf diese Weise findet ein Selektionsprozess statt, der wiederum dazu fuhrt, dass die Organisationen innerhalb einer Population im Zeitablauf tendenziell homogener werden, jedoch mit dem bedeutenden Unterschied, dass nicht Organisationen absterben und durch erfolgreichere ersetzt werden, sondern dass sich die Auslese lediglich auf die organisatorischen Kompetenzen bezieht. Instltutionalisierte und burokratisch verankerte Routinen und Verfahrensrichtlinien konservieren den Erfahrungsschatz einer Organisation und lassen sich vergleichsweise leicht an andere Organisationen weitergeben; vgl. Kieser/Woywode 2001, S. 260. Vgl. Mayer 2000, S. 263. Der St. Gallener Ansatz wird insbesondere von Malik, Probst und Gomez vertreten; vgl. Probst 1985, Gomez 1985, Malik 1989, Malik/Probst 1981, Probst 1987, Ulrich 1984 sowie darauf aufbauend Gobel 1998, S. 65-68 und Kieser/Woywode 2001, 8. 276-281. Unternehmungen hierbei werden als soziale Systeme betrachtet, die sich aufgrund ihrer hohen Komplexltat und Dynamik einer Gestaltung und Lenkung durch direktes Einwirken weitgehend entziehen. Den Unternehmen wird jedoch die Fahigkeit zur Selbstorganisation und der evolutionaren Entwicklung von Verhaltensregein attestiert. Auf diese Weise kann sich eine Organisation quasi von selbst an sich verandernde Umweltbedingungen anpassen.
110
Das Management hat das System Verwertungsnetz in seiner Umwelt zu positionieren, indem der Organisationszweck und die Ziele formuliert werden.'^^^ Daruber hinaus dient das Management ledigiich als Katalysator der Seibstorganisation und Evolution der gewunschten Ergebnisse und Eigenschaften des Verwertungsnetzes.'^^^ Die Funktion des Managements ist es also, einen „Raum zu schaffen, der determiniert, innerhalb welcher Schranken gehandelt werden kann und in welche RIchtung es gehen soll".'*^'^ Die evolutionar kybernetlsche Problemlosungsart, die fur komplexe Situationen geeignet ist, hat den „Charakter eines blinden Variations- und selektiven Bewahrungsprozesses".'^^^ Versuchsweise produzierte Variationen werden einer Selektion unterzogen, bel der ungunstige Variationen eliminiert und gunstige bewahrt werden. Das Management einer Unternehmung hat die Aufgabe, die Varietat des Systems so hoch wie moglich zu halten, d.h. die Komplexitat des Systems nicht unnotig - beisplelsweise durch zu stark vereinfachende
Erklarungsmodelle -
einzu-
schranken. Insbesondere die Oberlegung, die Varietat des Systems so hoch wie moglich zu halten, erscheint fur Ven/vertungsnetze hochst relevant. Die Varietat von Verwertungsnetzen kann sich neben den Kompetenzen nach McKelvey und Aldrich auch auf technische Prozesse und Stoffe beziehen. Der Grundgedanke lautet, dass Verwertungsnetze mit einer hoheren Varietat bel der langfristlgen Selektion die groBeren Uberlebenschancen haben. Hierbei muss der Variationsprozess nicht zwangslaufig wie in Malik's Modell des evolutionar kybernetischen Problemlosens blind sein,'*°® sondern kann wohl auch zielgerichtet erfolgen.'^^'' Tatsachlich wird hinsichtlich der Branchendiversitat'^^® bel industriellen Ven/vertungsnetzen festgestellt, dass hinreichende qualitative Unterschiede im
• Die Ziele werden bewusst auf einer niedrigen, aber erreichbaren Ebene angesetzt, wie beispielsweise Lebensfahigkeit statt Gewinnmaximierung oder Steuerbarkeit statt Optimierung; vgl. Malik1989, S. 49. ' Das St. Gallener Konzept des evolutionaren Managements fokussiert demnach weniger auf konkrete Managementinstrumente und inhaltliche Losungskonzepte als auf die Frage der richtigen Einsteilung und des richtigen Denkens. Hierfur wurden Regein des systemischen Denkens bzw. des vernetzten Denkens, entwickelt, die der Komplexitat sozialer Systeme, etwa unter Zuhilfenahme von Einfluss- und Feedbackdiagrammen, Rechnung tragen; vgl. hierzu Probst/Gomez 1991, S. 91-108; Probst 1985, S. 235-260. ^ Probst 1987, S. 141. ' Malik1989, 8. 265. ' Vgl. Malik 1989, S. 265. ' Vgl. McKelvey/Aldrich 1983, S. 114. ^ Vgl. Kap. 2.2.2.
111
produktionsbedingten Input und Output der beteiligten Unternehmen eine unerlassliche Bedingung fur ein funktionierendes Verwertungsnetz sind.'^^® Nur bei hoher Varietat an Stoffen, Prozessen - und zumindest teilweise daraus folgend auch an Kompetenzen - konnen sich vielfaltige Recyclingmoglichkeiten ergeben. „Zahlreiche Ruckstandsarten, die in der eigenen Branche aufgrund ahnlich gelagerter Fertigungsstrukturen keiner VenA/ertung zugefuhrt werden konnen, sind bei branchenubergreifender Vernetzung von Betrieben zu wirtschaftlichen Bedingungen rezyklierbar."'^^^ Auch in naturlichen Systemen schlieBt sich eine Vielzahl unterschiedlicher spezialisierter Arten zu einem Netzwerk zusammen, wodurch innere Ausgewogenheit, Funktionssicherheit und damit auch die Uberlebensfahigkeit des Systems erhoht wird."^^^ Management von industriellen Ven^/ertungsnetzen heiBt demnach, ein komplexes System an Recyclingbeziehungen mit hoher Varietat an Stoffen, Prozessen und Kompetenzen zu kreieren und ausreichend Raum fur die zwischenbetrieblichen MaBnahmen zur Ruckstandsbewaltigung zu schaffen, nicht jedoch auf operationeller Ebene in Teile des Systems einzugreifen. In Aniehnung an Kirsch"^^^ sind anstelle einer bewussten Steuerung und vollstandigen Kontrolle dezentrale „Entscheidungsarenen" zu schaffen, in denen die Recyclingpartner in ihrem jeweiligen Kontext Losungen der uberbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung entwickeln und umsetzen."^^^
Vgl. hierzu Strebel 1998, S. 5. Schwarz1998, 8. 17. Vgl. Liesegang 1993, 8. 389. Der Mijnchener Ansatz evolutionaren Managements geht die Arbeiten von Werner Kirsch zuruck; vgl. etwa Kirsch 1984, 1992 und 1998, Knyphausen 1988 sowie Gobel 1998, 8. 6972 und Kieser/Woywode 2001, S. 281-285. Dieser Ansatz stellt den Interessenspluralismus und damit die Konflikte und Kommunikationsprobleme in Unternehmungen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es gibt keinen alles umfassenden Kontext, der von alien Organisatlonsmitgliedern geteilt wird, sodass letztlich eine Menge partieller, kontextspezifischer Problemdefinitionen und Losungen entwickelt werden, die sich nicht sinnvoll zu einer in sich konsistenten Problemdefinition, bzw. -losung zusammenfassen lassen. Die Konsequenz daraus ist - gleich wie beim St. Gallener Ansatz - , dass Organisationen zu komplex sind, um vom Management bewusst gesteuert und vollstandig kontrolliert zu werden. Nach Kirsch werden auftauchende Problemstellungen in einer Organisation in „Entscheidungsarenen" bearbeitet, die selbstorganisierend entstehen, sobald die von der Problemstellung Betroffenen zusammenfinden. Durch die Verstandigung zwischen den Betroffenen im Sinne eines vernijnftigen kommunikativen Handein erfordert jedoch die Uberwlndung der Grundhaltung eines „Kontextpartisanen", der die Weltauffassung seines Kontextes als absolute Wahrheit betrachtet und keine Bereitschaft zeigt, andere Kontexte zu eriernen, oder jemand, der zwar andere Kontexte kennt, aber trotzdem davon ausgeht, dass sein eigener der richtige sei; vgl. Kirsch 1992, 8. 94. Evolutionares Management erfordert daher, sich standig um Ubersetzungen zwischen verschiedenen Lebensformen und Kontexten zu bemuhen. Ein guter Manager ist jemand, der sich „reflexiv zu der eigenen und auch zu jeder anderen, fremden Tradition verhalt, und der quasi ,wei3', dass sein augen-
112
3.3.3 Verwertungsnetze als „negotiated environment" Im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Kapitein, in denen die umweltdeterministischen Ansatze der Organisationstheorie auf industrielle VenA/ertungsnetze als Gesamtorganisation angewandt wurden, geht es in diesem Kapitel darum, ob nicht in den Umwelteinflussen auf Unternehmungen ein Erklarungsansatz fur das Zustandekommen von VenA/ertungsnetzen liegt. Es geht also nicht mehr urn die Beziehung zwischen einem VenA/ertungsnetz und dessen Umfeld, sondern urn die Beziehungen der einzelnen Unternehmen und deren Umfeld und den daraus folgenden Konsequenzen in Hinblick auf deren Vernetzung. In der Kontingenztheorie wird genau dieses Verhaltnis zwischen einzelnen Unternehmen und deren Umwelt zum Kernthema gemacht, jedoch konzentriert sich dieser Theoriezweig auf die internen Organisationsstrukturen von Unternehmungen und deren Kontextabhangigkeit. Daraus konnen sich gegebenenfalls zwar Empfehlungen zur Organisationsgestaltung in der Dichotonomie zwischen unternehmensinterner organischer Netzwerkorganisation und rigider Burokratie ergeben."^^"^ Nicht betrachtet wird jedoch die Fragestellung der Einbindung eines Unternehmens in ein ubergeordnetes Unternehmensnetzwerk, wie etwa einem VenA/ertungsnetz. Daher hat die Kontingenztheorie, wird sie auf das Spannungsfeld zwischen Unternehmen und deren Umfeld angewandt, keinen Erklarungsgehalt fur das Phanomen industrieller Verwertungsnetze. Die Grundannahme der Kontingenztheorie wird auch in der Evolutionstheorie beibehalten: Es wird von einer sehr starken Determinlertheit der Organisationen von exogen vorgegebenen Umweltbedingungen ausgegangen. Zudem wird im populationsokologischen Ansatz den einzelnen Unternehmen kaum die Fahigkeit zugesprochen, sich auf verandernde Situationen einzustellen, geschweige denn, ihr Umfeld selbst zu beeinflussen. Vielmehr wird unterstellt, dass es aufgrund der typischen organisationalen „Tragheit" zu Selektionsprozessen kommt, die nur jene Unternehmungen bzw. Populationen uberleben, die sich am besten an die Umweltbedingungen angepasst haben. Ein Ausweg aus dieser pessimistischen Sichtweise ergibt sich, wenn man den Selektionsprozess nicht auf Unternehmen oder Unternehmenspopulationen, sondern auf Kompetenzen und
blickllcher .Kontext' eben nur einer unter vielen ist, und der deshalb seiner eigenen Einsteilung skeptisch gegeniibersteht"; Kirsch 1992, S. 65. "^^^ Vgl. Busch-Walter 1996, S. 227.
113
Regein anwendet. Eine solche fur das Uberleben von Organisationen notwendige Kompetenz konnte die Fahigkeit sein, zwischenbetriebliche Kooperationsbeziehungen aufzubauen, wie dies In industriellen VenA/ertungsnetzen erfolgt. Die Vernetzung zwischen Unternehmungen kann als naturliche Reaktion auf die Komplexitat und Dynamik des Umfeldes gewertet werden. Ehemals externe Beziehungen zwischen konkurrierenden oder voneinander abhangigen Unternehmen werden quasi internalisiert. So stellt etwa Morgan fest, dass die Entwicklung neuer Muster interorganisationaler Beziehungen dazu beitragen kann, die Zukunft tatkraftig zu gestaiten."^^^ Diese Feststellung deckt sich mit jener von Mayer, wonach „[...] symbiotische Verhaltensmuster in Form von interorganisationaler Kooperation insbesondere bei starken Veranderungen der Umfeldbedingungen mit Erfolg bzw. Vorteilen verbunden zu sein [scheinen].""^^® Auch Bellmann und /W/Vdenderger konstatieren, dass symbiotische Beziehungen zwischen Netzwerkunternehmen ein Mittel darstellen, „sich Umweltveranderungen durch kooperativ hohere Leistungsfahigkeit zu beiderseitigem Nutzen anzupassen."^^'' Diese Aussagen sind durchaus plausibel. Umgelegt auf das Phanomen industrieller Verwertungsnetze bedeutet das, dass sich die Fahigkeit der Netzwerkunternehmen zur interorganisationalen Kooperation und Vernetzung positiv auf deren Uberlebensfahigkeit auswirkt. Die Zusammenarbeit Innerhalb eines VenA/ertungsnetzes ist eine Kompetenz, die erfolgreiche Unternehmen kennzelchnet und die sich dadurch im Vergleich zu anderen Kompetenzen schneller verbreitet, d.h., sich im Selektionsprozess durchsetzt. Daraus folgt, dass im Laufe der Zelt Immer mehr Unternehmen in industrielle VenA/ertungsnetze eingebunden sein werden. Langfristig setzt sich die effektive Kompetenz der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit im Recyclingbereich durch, die Organisationen innerhalb der Population Industrieller Produktionsbetriebe werden diesbezuglich homogener. Die Evolutionstheorie bietet damit zwar einen Argumentationsrahmen, dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass eine empirlsche Untermauerung dieser These, mit groBen Problemen verbunden ist, da sich die Umweltselektion von Kompetenzen und/oder Unternehmen nur sehr langfristig bzw. im Nachhinein beobachten und analysieren lasst.
""'^ Vgl. Morgan 2000, S. 97. "^^^ Mayer 2000, S. 265 "^^^ Bellmann/Mildenberger 1996, 8. 135.
114
Ein weiterer Ansatz, der haufig mit der Aufnahme uberbetrieblicher Kooperatjonen in Verbindung gebracht wird, ist der im Wesentlichen auf Pfeffer/Salacik zuruckgehende Resource-Dependence-Ansatz.'*^^ Die zentrale These dieses Ansatzes lautet, dass Organisationen nicht uber alle Ressourcen verfugen, die sie fur ihre Selbsterhaltung und zur Weiterfuhrung ihrer Transformationsprozesse benotigen, und daher in einenn Abhangigkeitsverhaltnis zu ihrem Umfeld und insbesondere zu anderen Organisationen stehen. Die Uberlebensfahigkeit von Organisationen wird von der Fahigkeit in Abhangigkeit gebracht, Ressourcen zu enA/erben und zu erhalten."*^® Organisationen mussen daher mit ihrem Umfeld interagieren, urn den Zugrlff auf jene Ressourcen zu sichern, die sie fur ihre Leistungserstellung benotigen. Inwiefern ein Leistungsaustausch zwischen Organisationen fur ein Unternehmen zur Ressourcenabhangigkeit fuhrt, hangt vom AusmaB ab, in dem die Unternehmung Ressourcen benotigt, die eine andere Organisation besitzt, und inwieweit auch andere Organisationen der Unternehmensumwelt die benotigten Ressourcen anbieten Oder Substitute verfugbar sind.'^^^ Die Ressourcenabhangigkeit ist dabei nicht ein reines Zuflussproblem innerhalb eines vertikalen Leistungsverbundes, sondern kann sich auch auf die Output-Seite eines Unternehmens beziehen. Dies gilt grundsatzlich auch im Bereich der betrieblichen Ruckstandswirtschaft: Fur ein Unternehmen, das einen Sekundarrohstoff als wichtigen Produktionsinput einsetzt, ergibt sich daraus ein Abhangigkeitsverhaltnis zum Lieferanten des Sekundarrohstoffes. GleichermaBen kann fur ein Unternehmen die kontinuierliche Abnahme eines Produktionsruckstandes wichtige Grundvoraussetzung fur die Aufrechterhaltung der betrieblichen Transformationsprozesse sein, wodurch sich ein Abhangigkeitsverhaltnis zum Ruckstandsabnehmer ergibt. Die Ressourcenabhangigkeit von Unternehmen Im Ruckstandsbereich ist somit durchaus evident. Diese Abhangigkeitsbeziehungen werden fur eine Organisation dann zum Problem, wenn die Umweltbedingungen instabil oder die Ressourcen knapp werden: „lf the resources needed by the organization were continually available, even if outside their control, there would be no problem. Problems arise not merely because organizations are dependent on their environment, but because
"^^^ Vgl. Pfeffer/Salancik 1978 sowie Belzer 1993, S. 102-106; Kryphausen-AufseB, S. 452ff.; Mayer 2000, S. 237-249; Schreyogg 1999, S. 364-374. "^^^ Vgl. hierzu Pfeffer/Salancik 1978, S. 2. "^^^ Vgl. Schreyogg 1999, S. 96.
115
this environment is not dependable. Environments can change, new organizations enter and exit, and the supply of resources becomes more or less scarce. When environments change, organizations face the prospect either of not surviving or of changing their activities in response to these environmental factors."^^^ So gewinnt im Ruckstandsbereich die Ressourcenabhangigkeit inputseitig in jenen Fallen an Bedeutung, in denen es zu jeweiligen Lieferanten kaum Alternatlvanbieter eines Sekundarrohstoffes oder geeignete Moglichkeiten fur dessen Substitution gibt, und outputseitig immer dann, wenn es fur einen Ruckstand kaum andere technisch und okonomisch durchfuhrbare Entsorgungs- bzw. Ven/verlungsalternativen als die Abgabe an den jeweiligen Ruckstandsabnehmer gibt. Beispiele fur hohe ruckstandsbezogene Ressourcenabhangigkeiten sind etwa, ein Zementwerk, das aus produktionstechnischen Grunden fur bestimmte Produktarten Hochofenschlacke als Zuschlagsstoff benotigt Oder aus Kostengrunden auf Sekundarbrennstoffe angewiesen ist, oder ein Molkereibetrieb, der aufgrund des mengenmaBig sehr hohen Anfalls an Moike in der Kaseerzeugung, die Produktion nur bei einer gesicherten kontinuierlichen Entledigung der MoIke aufrechterhalten kann. Die potentielle Knappheit und Instabilitat der Ressourcen- bzw. Lelstungszuund -abflusse resultieren aus Machtpositionen dominanter Ruckstandszulleferer Oder -abnehmer, deren zukunftiges Verhalten nur schwer vorhersehbar ist."^^^ Die Versorgungs- bzw. Entsorgungssicherheit wird damit beeintrachtigt, sodass inputseitig Lieferengpasse bei wichtigen Sekundarrohstoffen oder outputseitig Probleme bei der Entledigung von Kuppelprodukten drohen konnten. Zudem ist die zukijnftige Marktentwicklung, aber auch das Verhalten einzelner dominanter Zulieferer oder Abnehmer fur ein Unternehmen oft schwer abzuschatzen. Diese Unsicherheit erschwert jegliche Planung und gefahrdet potentiell die betriebllche Leistungserstellung und -venA/ertung. Im Resource-Dependence-Ansatz besteht kein Handlungsdeterminlsmus, d.h., es wird davon ausgegangen, dass Organisationen nicht ausschlieBlich zum passiven Reagieren auf Veranderungen in ihrem Umfeld gezwungen sind, sondern auch die Moglichkeit haben, ihr Umfeld durch entsprechende Handlungen aktiv zu beeinflussen. Zur Verringerung der Abhanglgkeit von anderen Organisationen stehen dem Unternehmen verschiedene Strategien und MaBnahmen
^^' Pfeffer/Salancik1978, S. 3. ^^^ Vgl. Connolly/Koput 1997, S. 291.
116
zur Verfugung, die in nach innen gerichtete MaBnahmen der Absorption und der Kompensation sowie nach auBen gerichtete MaBnahmen zur Steigerung der Umfeldkontrolle in Form der Integration, Intervention und Kooperation eingeteilt werden konnen."^^^ Durch interne AnpassungsnnaBnahmen, wie die Flexibilisierung der Organisationsstruktur oder den Aufbau von Puffern und Reserven, sollen die Unwagbarkeiten der Ressourcenabhangigkeit reduziert werden. So kann das Risiko kurzfristiger Lieferengpasse bel wichtigen Sekundarrohstoffen durch den Aufbau von entsprechenden Vorraten und das Risiko kurzfristiger Entsorgungsengpasse bei Kuppelprodukten durch zusatzliche Lagerkapazitaten reduziert werden. Ferner konnen KompensationsmaBnahmen ergriffen werden, indem beispielsweise die Produktionsverfahren und Rezepturen gezielt verandert oder neue Geschaftsfelder aufgebaut werden, urn damit die aus der Abhangigkeit resultierenden Risiken fur das Unternehmen zu verrlngern. Neben diesen nach innen gerichteten MaBnahmen kann ein Unternehmen auch versuchen, seine Umwelt aktiv zu beeinflussen. So kann versucht werden, durch Lobbyismus und Mobilisierung der kritischen Offentlichkeit auf relevante Umweltbereiche, wie etwa der Entwicklung des Umweltrechtes, Einfluss zu nehmen. Kritische Lieferanten von Sekundarrohstoffen sowie Abnehmer von Ruckstanden konnen durch Ubernahme bzw. Fusion in das Unternehmen eingeglledert werden. Dadurch wird das kritische Umfeld in das Unternehmen hineinverlagert und kontrollierbar gemacht. Uberdies gewinnt das Unternehmen an GroBe, wodurch insgesamt die Moglichkeiten steigen, selbst Druck auf das Umfeld auszuuben. Jedoch wird „dle lange Zeit favorisierte Stabilisierungsstrategie der Voll-lntegration kritischer Ressourcen [...] zunehmend durch andere Formen der interorganisationalen Kooperation im Sinne einer Teilintegration ersetzt"."^^"^ Dies fuhrt direkt zu jenem MaBnahmenbereich, der den Kern Industrieller VenA/ertungsnetze trifft: Unternehmen konnen versuchen, Ihr Umfeld durch den Aufbau von Kooperationsbeziehungen mit relevanten Organisationen zu gestalten."^^^
^"^^ Vgl. hierzu und zu den folgenden AusfiJhrungen Pfeffer/Salancik 1978, S. 92ff.; Schreyogg 1999,8.366-374. "^^"^ Schrey6gg1999, S. 373. ^^^ Netzwerke werden also nicht mehr als Hindernisse verstanden, sondern als Moglichkeiten, die eigenen Ziele zu erreichen; vgl. hierzu Galaskiewicz 1996, S. 24-26.
117
Kooperationsbeziehungen zwischen Untemehmungen sollen dazu beitragen, die Unsicherheit zu reduzieren, vor allem aber auch kleinen und mittleren Untemehmungen die Moglichkeit eroffnen, Einfluss auf ihr Umfeld zu gewinnen. Hierzu stehen verschiedene Kooperationsformen, vom Joint Venture, dem Abschluss langfristiger Vertrage bis hin zur Kooptation, zur Verfugung."^^^ Auf diese Art und Weise gelingt es den Unternehmen, Turbulenzen und Unsicherheiten durch eine Art ,negotiated environment' entgegenzutreten.'*^'' „Each interaction, though varying in legality, represents an attempt to stabilize the transactions of organizations through some form of interfirm linkage.'"^^^ Der Vorteil von Kooperationsbeziehungen innerhalb eines Netzwerkes, etwa eines industriellen Verwertungsnetzes, beginnt bereits mit der Wahrnehmung des Unternehmensumfeldes. Unternehmen mussen standig Informationen uber externe EinflussgroBen sammein, bewerten und verarbeiten. Nicht jede rechtliche Oder technologische Anderung im Bereich der Ruckstandswirtschaft ist fur jedes Unternehmen gleich relevant. Es besteht vielmehr eine lose Verbindung zwischen einzelnen Unternehmen und deren Umfeld (loosely coupled system). Wahrend manche Umfeldveranderungen zu sofortigen Verhaltensanpassungen fuhren konnen, erfolgt eine Reaktion auf andere Ereignisse entweder gar nicht Oder erst mit entsprechender Zeitverzogerung. Durch bestandige Kooperationsbeziehungen erhalten die Netzwerkunternehmen Zugang zu Informationen, konnen wichtige Informationen besser herausfiltern sowie gemeinsam ein Bild des relevanten Umfeldes konstruieren und Interpretieren. Es entsteht ein beidseitiger Kommunikationsfluss zwischen den Netzwerkunternehmen iiber ruckstands- bzw. recyclingrelevante Sachverhalte. Ein Netzwerkunternehmen muss dadurch nicht mehr alle Moglichkeiten des zukunftigen Handelns des Netzwerkpartners in EnA/agung Ziehen, wodurch die Effektivitat des einzelnen Unternehmens im Umgang mit Abhangigkeiten erhoht wird."^^^ Kommunikation ist somit ein unerlasslicher Bestandteil jeglicher Kooperation, sei es als zentrales Mittel zur gemeinsamen Wissensgenerierung, zur Legitimation und zum Aufbau gegenseitigen Vertrauens, sowie letztendlich zur Verhandlung und Vereinbarung konkreter Interaktionsbeziehungen.
^^^ Vgl. hierzu auch Kap. 2.1.3. "^^^ Vgl. Belzer 1993, S. 104; Pfeffer/Salancik 1978, S. 143ff. "^^^ Vgl. Bienert 2002, S. 83-84.
118
Durch allfallig erzielte Vereinbarungen uber gemeinsame Strategien zur Ruckstandsbewaltigung, etwa in Form einer zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung, wird die Unsicherheit fur beide Kooperationspartner direkt gesenkt.'^^^ Ein gewisses MaB an Sicherheit und Vorhersehbarkeit bezuglich des zu erwartenden Verhaltens des jeweiligen Recyclingpartners liegt im Allgemeinen im Interesse beider Unternehmen. Da gerade im Ruckstandsbereich relative stabile, definler- und vorhersehbare Abhangigkeiten bestehen, kann durch den Abschluss von langfristigen Vertragen, das Unsicherheitsmoment stark reduziert werden. „so gelingt es den Unternehmen just durch wechselseltige BIndung in langfristigen Kooperationen, diejenigen Organisationen sowie deren Ressourcen zumindest indirekt zu kontrollieren, von denen sie abhangig sind"."^^^
Die verhandelten
Kooperationsvereinbarungen
stabilisieren
den
wechselseitigen Austausch der Ressourcen zwischen den Recyclingpartnern. Es entsteht eine „negotiated environment", mit der sich den Netzwerkmitgliedern eine virtuelle Ressourcenbasis, d.h. ein Geflecht an VenA/ertungsmogllchkeiten von Ruckstanden sowie an Einsatzmoglichkeiten von Sekundarrohstoffen, eroffnet. Durch das industrielle VenA^ertungsnetz als „negotiated environment" wird das Problem der gegenseitigen Ressourcenabhangigkeit verringert, andererseits entstehen aber auch wieder neue Abhangigkeiten zwischen den Netzwerkunternehmen. „Solutions to interdependence lead to actions that create additional interdependence.""^^^ Der Nutzen der langfristigen Recyclingvertrage durch deren Verringerung der Unsicherheit ist stets den mogllchen Nachteilen eines gewissen Autonomie- und Flexibilitatsverlustes der Vertragspartner gegenuberzustellen. Eine „negotiated environment" besteht somit nur so lange die Recyclingbeziehungen im Interesse der jeweiligen Netzwerkpartner sind, was allerdings nicht zwangslaufig bedeutet, dass nur das kurzfristlge okonomische Kalkul der Kostenreduktion ausschlaggebend ist. Im Zentrum des Resource-Dependence-Ansatzes steht vielmehr stets die Frage, ob sich durch die Recyclingbeziehungen
die Ressourcenabhangigkeiten
der
Netzwerkunter-
nehmen wirksam reduzieren und allfallige asymmetrische Machtvertellungen gegenuber Ruckstandszulieferern und -abnehmern ausgleichen lassen.
^^^ Vgl. hierzu auch Pfeffer/Salancek 1978, S. 145. "^^^ Mayer 2000, 8. 241. "^^^ Pfeffer/Salancek 1978, S. 184.
119
Immer dann, wenn Ressourcen im weiteren Sinn fur die betriebliche Leistungserstellung notwendig sind, fur diese aber keine funktionierenden Markte bestehen sowie die Integration der ressourcenkritischen Organisationen nicht moglich oder zweckmaBig ist, ist der Aufbau eines Kooperationsnetzwerkes eine geeignete Strategie zur Verringerung der Ressourcenabhangigkeit bzw. der daraus resultierenden Unsicherheit. Gerade im Bereich der betrieblichen Ruckstandswirtschaft durften Kooperationen eine attraktive Alternative darstellen. Funktionierende Markte gibt es nur fur wenige Ruckstandsarten, wie etwa Altpapler. Auch die Absorptionsstrategle kommt kaum In Frage, da die Recycllngpartner kaum strategisch relevante Betriebe Innerhalb des herkommlichen Wertschopfungsnetzwerkes sind, sondern typischen/velse unterschledlichen Branchen angehoren."^^^ Eine laterale Unternehmensintegratlon wurde die Bestrebungen konterkarleren, sich auf die indlviduellen Kernkompetenzen zu konzentrleren."^^ Aus SIcht des Ressource-Dependence-Ansatzes sind Recycllngkooperationen innerhalb Industrieller VenA/ertungsnetze demnach geeignet, die ruckstandsbezogene Abhangigkelt der Netzwerkunternehmen von deren Umwelt bzw. die damit verbundenen Unslcherhelten zu verringern. Der Theorleansatz liefert somit eine durchaus sinnvolle Erklarung fur das Zustandekommen und den Inhalt der Kooperationen innerhalb Industrieller Verwertungsnetze. Es wird veranschaullcht, warum Industrlebetrlebe ein Interesse haben, langfristlge Recycllngbezlehungen einzugehen, mit anderen Worten, ,lhre ruckstandsbezogene Umwelt zu verhandein'. Die Analyse wIrd nIcht auf direkte okonomlsche (Kosten-)wlrkungen eingeschrankt, vielmehr werden die Aspekte der Unsicherheit, der interorganisatlonalen Abhangigkeitsbezlehungen und der Machtvertellung ins Zentrum der Betrachtung gestellt. Ein Vorzug des Ansatzes ist „der quasi naturllche Einbau der interorganisatlonalen Perspektive mit der Konkretlsierung von Unsicherheit als Ressourcenabhangigkeit"."^^^ Allerdlngs liefert der Ressource-Dependence-Ansatz kelne Aussagen uber die Elnbettung der dyadischen Kooperationsbezlehungen in ein Netzwerk."^^® Auch wIrd die enge Fokusslerung auf die Ressourcenabhangigkeit bel der Be-
""^^ Vgl. Kap. 2.2.2. "^^ Vgl. hierzu Prahalad/Hamel 1990, S. 79-93. "^^^ Schreyogg 2000, 8. 482. "^^ Vgl. Mayer 2000, 8. 247.
120
trachtung der System-Umwelt-Beziehungen von Unternehmungen mittlerweile in Frage gestellt.'^^''
3.4 Industrielle Verwertungsnetze aus Sicht der Neuen Institutionenokonomie Die Neue Institutionenokonomie ist kein einheitliches, in sich homogenes Theoriegebilde, sie besteht vielmehr aus mehreren verwandten Ansatzen, die sich inhaltlich teilweise uberschneiden, einander teilweise aber auch erganzen und sich aufeinander beziehen. Dies sind der Property-Rights-Ansatz, der Transaktionskostenansatz sowie der Principal-Agent-Ansatz. Die Neue Institutionenokonomik
basiert im Wesentlichen auf den Verhaltensannahnnen des
methodologischen Individualismus, indenn davon ausgegangen wird, dass die Individuen alle Anstrengungen unternehnnen, ihren individuellen Nutzen zu maximieren."^^® Der gemeinsame Ausgangspunkt der drei Ansatze ist die Erkenntnis, dass die neoklassische Vorstellung einer vollig friktionslosen und kostenlosen Interaktion zwischen den Wirtschaftssubjekten realitatsfremd und daher aufzugeben ist. Sie ist vielmehr von einem Menschenbild gepragt, das durch begrenzte Rationalltat und Opportunismus der okonomischen Akteure charakterisiert ist. Die Akteure wollen zwar rational handein, es gelingt ihnen jedoch aufgrund der begrenzten Informationen und ihrer beschrankten Kapazitat, Information zu verarbeiten, nur unvollkommen."^^® Opportunismus bedeutet, dass die Akteure primar ihr Eigeninteresse verfolgen und hiefur auch bereit sind, unlautere Mittel wie List, Tauschung, Zuruckhaltung von Informationen u.a. einzusetzen. Die Interaktionen zwischen den Akteuren sind nicht nur mehr ausschlieBllch durch den marktiichen Preismechanismus geregelt, sondern auch von den Institutionen gepragt, innerhalb derer die Wirtschaftsprozesse erfolgen. Unter Institution wird hierbei ein auf ein bestimmtes Zielbundel abgestelltes System von formalen und informellen Regein und Normen einschlieBlich deren Garantieinstrumente verstanden, mit dem Zweck, das individuelle Verhalten der
437
438 439
Vgl. etwa Knyphausen-AufseB 2000, S. 452ff. Im Bereich des thematisch verwandten ressourcen- bzw. umweltabhangigen unternehmensstrategischen Managements werden nicht mehr die vertikalen, sondern die horizontalen Beziehungen zwischen Unternehmungen in den Vordergrund gestellt und das Umfeld weniger als Quelle potentieller Bedrohungen, sondern als Ort neuer Chancen verstanden. Vgl. Majer 2001,8.124-125. Vgl. hierzuKap. 3.1.2.
121
einzelnen Akteure auf ein bestimmtes Zielbundel auszurichten.'^° Darauf aufbauend wird eine Organisation als eine Institution einschlieBlich der sie benutzenden Individuen definiert."^^ Die Institutionen sollen so gestaltet werden, dass der okonomische Austausch zwischen den Akteuren moglichst kostengunstig, d.h. effizient erfolgen kann. In diesem Kapitel wird das Phanomen industrieller Verwertungsnetze bzw. Tellaspekte davon aus Sicht der Ansatze der Neuen Institutionenokonomie betrachtet und analysiert. So werden anhand des Property-Rlghts-Ansatzes die Verfugungsrechtsstrukturen uber Ruckstande diskutiert. In welterer Folge wird der Frage nachgegangen, inwieweit ein industrielles Verwertungsnetz eine hybride Organisationsform zwischen Markt und Hierarchle darstellt, wie dies aus denn Transaktionskostenansatz hervorgeht. SchlieBlich werden noch die uberbetrieblichen Recyclingbeziehungen aus Sicht des Prinicipal-Agent-Ansatzes analysiert.
3.4.1 Verfugungsrechtsstrukturen iiber Ruckstande Beim Property-Rights-Ansatz,"^^ der insbesondere von Alchian, Demsetz, Furubotn und Pejovich vertreten wird, werden die Verfugungsrechte uber Guter, die sogenannten Property Rights, in das Zentrum der Theorie gestellt. Hier wird in weiterer Folge die Verteilung der Verfugungsrechte uber Ruckstande betrachtet, urn darauf aufbauend Aussagen uber das institutionelle Arrangement industrieller Ven/vertungsnetze aus Sicht der Neuen Institutionenokonomie treffen zu konnen. Die Verfugungsrechte uber Ruckstande lassen sich in das Recht zum Gebrauch, d.h. zum Einsatz als Sekundarrohstoff, das Recht zur Aneignung von Ertragen aus der Ruckstandsnutzung, das Recht zur Veranderung sowie jenes zum Verkauf der Ruckstande einteilen. Hierbei wird zwischen den besonderen Verfugungsrechten, die der betreffende Akteur am Ruckstand selbst halt, und jenen, die sich aus den im jewelligen Kontext geltenden institutionellen Regelungen ergeben, unterschieden. Es wird davon ausgegangen,
Vgl. Richter, R. 1996, S. 325; Richter/Furubotn 1996, S. 43. Vgl. Richter/Furubotn 1996, 8. 43. Zur Beschreibung des Property-Rlghts-Ansatzes vgl. Neus 2001, S. 107-123; Richter 1996; RIchter/Furobotn 1996, 8. 82ff.; sowIe In Bezug auf die Organlsatlonstheorle Bea/Gobel 1999, 8.130-133; Ebers/Gotsch 2001, 8. 200-209; Picot/Dletl/Franck 2002, 8. 55-67; 8chrey6gg 1999, S. 76-81.
122
dass die Spezifizierung, Ubertragung und Durchsetzung von Verfugungsrechten zur Entstehung von Transaktionskosten fuhrt. Die institutionelle Einschrankung der Nutzungsmoglichkeiten, etwa durch gesetzliche Bestimmungen, sowie deren Verteilung auf mehrere Personen fuhrt zu einer „Verdunnung" der Verfugungsrechte an der Ressource. So unterliegen die Verfugungsrechte uber Ruckstande einer Reihe von rechtlichen Bestimmungen.'^^ Beispielsweise wird das Recht zum Einsatz von Ruckstanden als Sekundarrohstoff durch mannigfaltige, insbesondere umweltrechtliche Bestimmungen uber ,Abfallbeseitungsanlagen' geregelt."^ Fur ein Unternehmen, etwa fur ein Zementwerk, ist es hochst relevant, ob bzw. ab wann es als Abfallbehandlungsanlage eingestuft wird und damit strengeren Vorschriften unterliegt. Aber auch das Recht zum „Verkauf" von Ruckstanden unterliegt Einschrankungen, z.B. durch die besonderen abfallrechtlichen Vorschriften fur sogenannte gefahrliche Abfalle oder durch Regelungen hinsichtlich des internationalen Handels mit Ruckstanden bzw. Abfallen. Damit verdeutlicht der PropertyRights-Ansatz, dass ein enger Zusammenhang zwischen okonomischen und rechtlichen Fragestellungen der Ruckstandswirtschaft besteht und diese folglich nicht unabhangig voneinander analysiert werden konnen. „Veranderungen des Rechtssystems haben wirtschaftllche Auswirkungen und mussen deshalb auch okonomlsch beurteilt werden.'"^^ Es wird angenommen, dass die Verteilung und Gestaltung der Verfugungsrechte Auswirkungen auf das Verhalten der okonomischen Akteure hat, die ihrerseits danach trachten, ihren elgenen Nettonutzen zu maximieren."*^^ Die institutionelle Einschrankung der Nutzungsmoglichkeiten durch derartige gesetzliche Bestimmungen sowie deren Verteilung auf mehrere Personen fuhrt zu einer „Verdunnung" der Verfugungsrechte an der Ressource. Aus Sicht der Property-Rights-Theorie zieht dies tendenziell eine inefflziente Faktorallokationen und damit einen Wohlfahrtsverlust nach sich. Die Verdunnung der Ver-
Dle Eriassung derartiger staatlicher Regelungen erfolgt mit dem Ziel, allfallige Wohlfahrtsminderungen aufgrund der Marktunvollkommenheit zu verringern. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass durch Ge- und Verbote in jedem Fall tatsachlich eine Verbesserung der Situation eintritt, d.h. eine Erhohung der gesellschaftlichen Wohlfahrt erreicht wird. Vgl. etwa die Bestimmungen in §§ 37ff. AWG 2002 fur Osterreich und §§ 9 und 30ff. KrW/AbfG 1994 fur Deutschland. Picot/Dietl/Frank 2002, 8. 56. Die Indlviduellen Nutzenfunktionen sind durch die materiellen und immateriellen Ziele der Akteure, deren Erreichbarkeit durch die Knapphelt der vorhandenen Ressourcen begrenzt Ist, determiniert, vgl. Ebers/Gotsch 2001, S. 202.
123
fijgungsrechte fuhrt zu einer Vernngerung des Nutzens, der mit der zwjschenbetrieblichen Ruckstandsverwertung erzielbar ist, und damit zu Anreizproblemen. Daruber hinaus wird der erzielbare Nettonutzen einer Ressource noch durch die Hohe der Transaktionskosten zur Bestimmung, Ubertragung und Durchsetzung der Verfugungsrechte beeinflusst. Je verdunnter die Verfugungsrechte und je hoher die Transaktionskosten, desto grolier ist die Waiirscheinlichkeit, dass externe Effekte auftreten und in Folge dessen die Faktorallokation nur suboptimal ist."^"^^ Wettbewerb als transaktionskostensenkende institution
konzentriert
nicht vorhanden
vorhanden
Effizienz
Effizienz
mangeinde Effizienz
Effizienz
Property Rights
verdunnt
Abb. 12:
Property-Rights-Struktur und Wettbewerb als Effizienzkriterien'^^
Die Ineffizienz der verdunnten Property-Rights-Strukturen kann jedocii durch das Vorhandensein von Wettbewerb als transaktionskostensenkende Institution ausgegliciien werden."^"^^ Aufgrund seiner disziplinierenden Wirkungen wird hier Wettbewerb als Eigentumssurrogat eingestuft, dass dazu beitragen soil, die Abwalzung externer Effekte an Dritte zu vermeiden. Fur den Bereich der betrieblichen Ruckstandswirtschaft konnte man aus dieser Uberlegung grundsatzlich ableiten, dass es in Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt gijnstig ist, die Verfugungsrechte uber Ruckstande entweder moglichst wenig zu „verdunnen", bzw. wenn dies unvermeidbar ist, dann zumindest fur einen
Von externen Effekten spricht man, wenn die wirtschaftliche Situation einer Person durch die Konsum- oder Produktionstatigkeit anderer Personen beruhrt wird, wobei die Effekte fur die Betroffenen entweder positiv oder negativ sein konnen; vgl. Richter/Furubotn 1996, 3.101. In Aniehnung an Picot 1984, S. 210. Vgl. Picot/Dietl/Franck 2002, S. 63.
124
funktionierenden Wettbewerb auf dem Ruckstandsmarkt zu sorgen. Es tritt aber gerade im Umweltbereich das Problem auf, dass eine Spezifikation individueller Verfugungsrechte an offentlichen Gutern, wie an der Atmosphare oder am Grundwasser, nicht moglich und folglich externe Effekte auf diesem Weg nicht zur Ganze vermeidbar sind. Darin liegt wiederum eine Begrundung der rechtlichen Reglementierung der Ruckstandswirtschaft. Aber auch die Vermeidung ineffizienter Losungen durch die Forderung des Wettbewerbs auf dem Ruckstandsmarkt stoBt im Vergleich zu herkommliciien Gutermarkten recht schnell an ihre Grenzen, da die Weitergabe ruckstandsbezogener Informationen durch Unternehmungen ein vergleichsweise hohes AusmaB an Vertrauen in die anderen Marktteilnehmer voraussetzt.'*^^ Aus Sicht der Property-Rigiits-Theorie sind Ruckstandsmarkte daher eher als ineffizient einzustufen: Die Struktur der Verfugungsrechte ist durch die starke rechtliche Reglementierung „verdunnt" und Wettbewerb funktioniert aufgrund von Kommunikationsbarrieren nur mangelhaft. Eine Alternative zur reinen Marktkoordination im Bereich der Ruckstandswirtschaft liegt darin, Verfugungsrechte uber Ruckstande zu bundein und sie moglichst konzentriert einem oder wenigen Akteuren zuzuweisen und sie damit der Koordination durch den Markt bewusst zu entziehen. Diese Bundelung kann einerseits innerhalb eines Unternehmens, andererseits zwischen Unternehmungen erfolgen. In beiden Fallen wird versucht, die Wohlfahrtsminderungen durch externe Effekte und durch Transaktionskosten beim Austausch von Gutern oder Verfugungsrechten zu verringern. Diesbezuglich wird die These formuliert, dass die betroffenen Akteure immer dann versuchen, Verfugungsrechtsstrukturen und Institutionen zu etablieren, die zu einer Internalisierung der externen Effekte beitragen, wenn sie dadurch ihren individuellen Nettonutzen erhohen konnen."^^^ Welche Struktur an Verfugungsrechten uber Ruckstande im jeweiligen Kontext optimal ist, hangt primar von den Transaktionskosten, d.h. Muhen und Nachteilen, die von den beteiligten Akteuren bei der Blldung, Zuordnung, Ubertragung und Durchsetzung von Verfugungsrechten zu tragen sind,"*^^ ab.
""^ Vgl. Kap. 2.2. "^^^ Vgl. Coase 1960, hier zitiert aus Neus 2001,8.110-111. "^^^ Vgl. Picot/Dietl/Frank 2002, S. 58-59.
125
Bestehende Verfugungsrechtsstrukturen uber Ruckstande lassen sich demnach mit dem Nutzen und den (Transaktions-)Kosten der betroffenen Recyclingpartner erklaren. Es wird davon ausgegangen, dass die Unternehmungen stets die optimalen Bedingungen fur Nutzung und Austausch von Verfugungsrechten uber Ruckstande bzw. Sekundarrohstoffe suchen und in Hinblick auf die individuelle Nutzenmaximierung wahlen. Langfristig, so lautet die Annahme, setzen sich immer effizientere Verfugungsrechtsstrukturen durch."^^^ Dies konnte auch die Entstehung industrieller VenA/ertungsnetze erklaren. HInderlich fur die Entwicklung effizienter Verfugungsrechtsstrukturen sind lediglich hohe Transaktionskosten. Hier trifft sich die Property-Rights-Theorie mit der Transaktionskostentheorie. Es stellt sich die Frage, welches institutionelle Arrangement einer effizienten Ruckstandsbewaltigung dienlich ist, sei es die weitgehende Konzentration der Verfugungsrechte uber Ruckstande innerhalb einer Hierarchie, die Ausnutzung der transaktionskostensenkenden Wettbewerbsmechanismen in einer Marktiosung Oder eine hybride Zwischenform zwischen diesen beiden Extremauspragungen, etwa in Form von Kooperationen innerhalb eines industriellen Verwertungsnetzes.
3.4.2 Verwertungsnetze im Spannungsfeld zwischen den institutionellen Arrangements Markt und Hierarchie Mit dem vor allem von Williamson entwickelten Transaktionskosten-Ansatz"^^"^ wird untersucht, welche Arten von Transaktionen in welchen institutionellen Arrangements am kostengunstigsten abgewickelt und organisiert werden konnen.
..Transaction costs arise from the transfer of ownership or, more
generally, of property rights. They are a concomitant of decentralized ownership rights, private property and exchange.""^^^ Bei der Ubertragung eines Guts oder einer Leistung uber eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg entstehen einerseits Ex-ante-Transaktionskosten, wie die Kosten fur die Suche nach passenden Vertragspartnern sowie Kosten der Verhandlung und der Verein-
Letztendlich werden die Verfugungsrechte an einer Ressource so strukturiert und verteilt, dass sie jeweils von jenem Akteur gehalten werden, der aus ihr den gr63ten Nettonutzen zieht. Zur Beschreibung des Transaktionskosten-Ansatzes vgl. Williamson 1983, 1985, 1990, 1991a S. 75-94, 1991b S. 269-296; 1993, darauf aufbauend Eriei/Jost 2001a, S. 35-75 sowie in Bezug auf die Organisationstheorie Bea/Gobel 1999, S. 133-139; Ebers/Gotsch 2001, S. 225-249; Hili/Fehlbaum/Uirich 1998, S. 455-459; Jost 2001a, 8. 9-34; Picot/Dietl/Franck 2002, S. 67-85; Windsberger 2001, S. 155-181. Niehans1998, S. 676.
126
barung und andererseits Ex-post-Transaktionskosten, wie die Kosten fur die Uberwachung, Absicherung, Durchsetzung und eventuelle Anpassung der vertraglichen Regelungen.'*^^ In der Transaktionskostentheorie wird auf die Expost-Transaktionskosten besonderes Augenmerk gelegt. Es wird die Auffassung vertreten, dass durch die Vertragspartner allfallige Probleme nur teilweise antizipierl werden konnen und daher die vertraglichen Vereinbarungen oft unvollstandig sind.'^^'' Hier wird der Frage nachgegangen, wie industrielle Verwertungsnetze im Spannungsfeld zwischen den beiden institutionellen Arrangements Markt und Hierarchie eingeordnet werden konnen bzw. inwieweit industrielle Verwertungsnetze geeignet sind, zu einer effizienten Faktorallokation im Bereich der Ruckstands wirtschaft beizutragen. Markt und Hierarchie sind zwei idealtypische institutionelle Arrangements die ein breites Kontinuum hybrider Koordinationsformen begrenzen. Der Markt wird idealtypisch als ein sehr flexibler, auf Preisbasis funktionierender Koordinationsmechanismus beschrieben. Voraussetzung fur idealtypische Markttransaktionen ist, dass viele Anbieter mit weitgehend identischen, prazise bestimmbaren Leistungen vorhanden sind und dass aufgrund der Abwesenheit anderer okonomischer Interessen der Preis zentrales Entscheidungskalkul \s\^^^ Die Transaktionen auf einem Markt sind eher kurzfristig ausgerichtet und ergeben sich aus dem Spiel zwischen Angebot und Nachfrage. Idealtypisch sind die Beziehungen zwischen den weitestgehend autonomen Marktteilnehmern fluchtig und kompetitiv. Die Tauschpartner haben uber den diskreten Akt der Transaktion hinausgehend kein Interesse aneinander. Die Institution Unternehmung, die von Williamson oft mit Hierarchie gleichgesetzt wird, ist hingegen durch langfristige Vertrage zwischen dem Arbeltgeber und den Arbeitnehmern bzw. zwischen Verkaufer und Kaufer innerhalb einer Organisation charakterisiert. .Transactions that are placed under unified ownership [...] and subject to administrative controls [...] are managed by hierar^l^y «459 Qjg Langfristigkeit der Beziehungen ermoglicht die Nutzung von Erfahrungskurveneffekten und fuhrt uberdies zu einer Atmosphare der Loyalitat
"^^ Vgl. Williamson 1990, S.22ff. ""^^ Vgl. Williamson 1983, S. 21-23; Williamson 1985, S. 26ff. ^^® Vgl. Bauer 2002, S. 299.
127
und Kooperationsbereitschaft.'*^^ Die Institution der Hierarchie ist ferner durch eine asymmetrische Machtverteilung gekennzeichnet. Jene Organisationseinheit, die uber mehr Macht verfugt, ist in der Lage, Weisungen zu ertellen. Diese Weisungen substltuieren idealtypisch jegliche Koordination durch einen Markt. Die Beziehungen zwischen den Organisationseinheiten sind eher langfristiger Natur und basieren nicht auf Freiwilllgkeit, sondern resultieren vielmehr aus einer Abhangigkeit bzw. eingeschrankten Autonomie der weisungsempfangenden Organisationseinheiten. Transaktionen auf Basis langfristiger Vertrage zwischen Unternehmungen unterscheiden sich von klassischen Marktbeziehungen primar dadurch, dass nicht alle Bedingungen antizipiert und vertraglich geregelt werden konnen. Es besteht also auch nach Vertragsabschluss noch ein Regelungs- und Anpassungsbedarf, also ein bestimmtes MaB an Entscheidung, Abstimmung und Kooperation der Transaktionspartner. Die Vertragsbeziehungen sind haufig durch die Institutionalisierung privatrechtlicher Konfliktregelungsmechanismen gekennzeichnet. Langfristige Vertrage und Kooperationsbeziehungen zwischen Unternehmen werden demnach als hybride Organisationsformen angesehen, die Koordinationsmechanismen beider Extremtypen in sich vereinen. Diese Aussage wurde mittlen/veile auch auf Kooperationsbeziehungen innerhalb von Unternehmensnetzwerken bzw. generell auf interorganisationale Netzwerke ubertragen: Nach Sydow nehmen interorganisationale Netzwerke „eine intermediare Position zwischen einer rein marktiichen und einer rein hierarchischen Organisationsform okonomischer Aktivitaten ein.""^^^ Sie sind auf einem Markt-HierarchieKontinuunn angeordnet, das „from loose to tight, from arm's- length bargaining to total integration, from spot transaction via standing relations to the internalization of markets"^^^ reicht. Auch Mayer stellt fest, dass Unternehmensnetzwerke sowohl uber marktiiche als auch hierarchische Charakterzuge verfugen und somit zwischen den beiden Extremformen angesiedelt sind."*®^ Grundsatzlich ware es naheliegend, die hier beschriebene Einordnung von Unternehmensnetzwerken als hybride Koordinationsform zwischen Hierarchie
"^ Vgl. Williamson 1983, S. 67-70. ""^^ Sydow1992, S. 98. ^^ Vgl. Maier 2000, S. 94; vgl. auch Siebert 2003, S. 9ff. sowie Kirchgeorg 2003b, S. 426.
128
und Markt auch auf industrielle Verwertungsnetze zu ubertragen. Jedoch erscheint es bei naherer Betrachtung fraglich, ob zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten innerhalb industrieller Verwertungsnetze tatsachlich allein als hybride Mischform im Kontjnuum zwischen Markt und Hierarchie beschrieben werden konnen, oder ob nicht weitere Merkmale, insbesondere das erforderliche Vertrauen zwischen den Recyclingpartnern, starkere Berucksichtigung finden muss. Vertrauen kann hier definiert werden als „freiwillige Erbringung einer riskanten Vorleistung unter Verzicht auf explizite vertragliche Sicherungs- und KontrollmaBnahmen gegen opportunistisches Verhalten in der En^/artung, dass sich der andere, trotz Fehlen solcher SchutzmaBnahmen, nicht opportunistisch verhalten wird"."^^ Zwar bezeichnet Sydow hierarchische Beziehungen als idealtypisch kooperaX\y^^ und Mayer attestiert der Hierarchie als Koordinationsform einen generell hohen Vertrauensgrad,"^®^ aber eine weitgehende begriffliche Gleichstellung von Hierarchie und Kooperation erscheint wohl nicht gerechtfertigt. Die Koordination durch Weisungen innerhalb hierarchischer Beziehungen unterliegt namlich offensichtlich anderen GesetzmaBigkeiten als eine Kooperation, definiert als Zusammenarbeit zur gemeinsamen Erreichung von Zielen."^^^ So setzt eine Hierarchie nicht zwangslaufig ein hohes MaB an Vertrauen zwischen den Organisationseinheiten voraus. Vielmehr durfte die in hierarchischen Beziehungen definitionsgemaB vorliegende asymmetrlsche Machtverteilung haufig sogar vertrauensmindernd wirken. Eine zwischenbetriebliche Ruckstandsverwertung innerhalb industrieller Ven/vertungsnetze setzt hingegen ein erhebliches MaB an Vertrauen zwischen den Kooperatlonspartnern voraus."^®® Mit dem Hinweis auf die Kosten, die durch mogliches opportunistisches Verhalten der Kooperationspartner entstehen, bezeichnet Jarillo Vertrauen sogar als Bedingung fur Netzwerke: „being able to generate trust, therefore is the fundamental entrepreneurial skill to lower those costs and make the existence of the network economically feasible.""^^^ Selbst Williamson, der die Bedeutung sozialer Tatbestande fur seine Theorie als vernachlassigbar gering erachtet,'^''° stellt bezuglich der
464 465 466 467 468 469 470
Ripperger 1998, S. 45. Vgl. Sydow 1992, S. 98. Vgl. Maier 2000, S. 94 und S. 94. Vgl. Kap. 2.1.1. Vgl. Strebel1998, S. 6. Jarillo1988, S. 36. Vgl. Williamson 1991c, S. 159-187.
129
Funktionsweise von Netzwerken test: „networks depend on rules, the enforcement of sanctions, and [...] credibility"'*^^ Da okonomisches Verhalten generell und Kooperatlonen in Netzwerken im speziellen stets sozial eingebettet sind, erscheint es auch zweckmaBig, die Organisationsform
eines
industriellen
Verwertungsnetzes
nicht
nur
Im
Spannungsverhaltnis zwischen den beiden Polen Hierarchie und Markt, sondern zwischen einem Drelgestirn aus Hierarchie, Markt und Kooperation anzusiedeln. Die zwischenbetriebliche Kooperation bildet dabei eine eigenstandige Form der Koordinatlon „beyond market and hierarchy".'^''^
Markt
Industrielles Verwertungsnetz
Abb. 13:
Industrielle Verwertungsnetze im Spannungsfeld zwischen Hierarchie, Markt und Kooperation
Dies deckt sich tendenziell mit den Ausfuhrungen von Hinterhuber/Stahl, die den besonderen Status von Unternehmensnetzwerken durch ein „Ausbrechen aus der strikten Gegenlaufigkeit zwischen marktiichen und hierarchischen Vorteiien"'^''^ erklaren. Durch die Kombination der relativ hohen Varietat vertraglicher Beziehungen des Marktes und relativ hohen Redundanz technokratlscher Beziehungen der Organisation kommt es zur Emergenz symbiotischer Beziehungen des „dritten Weges", d.h. zur Vernetzung.'^^'^ Folglich ist die
Willlamslon 1993b, S. 478. Powell 1990; vgl. auch Miroschedji 2002, 8. 61-65; Otto 2002, S. 210-211. HInterhuber/Stahl 1996, S. 94. Vgl. Hinterhuber/Stahl 1996, S. 95.
130
Organisationsform eines industriellen Verwertungsnetzes hinsichtlich der zur Anwendung
kommenden
Koordinationsmechanismen
im
Spannungsfeld
zwischen Kooperation, Markt und Hierarchie anzusiedeln. Spezifische Netzwerkattribute sind Reziprozitat, effizienter Informationsaustausch und eine langerfristige, auf Vertrauen basierende Zusammenarbeit.'*^^
3.4.3 Transaktionskostentheoretische Erklarung des iostitiitiorielfeii Arrangements Verwertungsnetz Mit der Transaktionskostentheorie wird untersucht, welches institutionelle Arrangement - Markt, Kooperation oder Hierarchie - am besten zur Koordinatlon bestimmter Transaktionen geeignet ist, d.h. zu den geringsten Produktions- und Transaktionskosten fuhrt. Die Unterschiede ergeben sich dabei primar durch die verschiedenen Anreize fur einen sparsamen Ressourceneinsatz und den Mechanismen zur Bewaltigung von Transaktlonsproblemen erklaren.^^® Marktiiche Austauschbeziehungen, bei denen Leistung und Gegenleistung unmittelbar anelnander gekoppelt und monetar bewertet sind, weisen grundsatzlich eine hohe Anreizlntensitat zur effizienten Produktion und Abwicklung der Transaktionen auf. Aufwendige Kontrollmechanismen zur Vermeidung opportunistischen Verhaltens sind aufgrund der Drohung mit rechtlichen Sanktionen Oder dem Entzug von Folgeauftragen kaum erforderlich. Die Kurzfristigkeit der Transaktionen fuhrt zudem zu einer hohen autonomen Anpassungsfahigkeit an geanderte Bedingungen. Im Gegensatz dazu sind organisationsinterne Austauschbeziehungen aufgrund ihrer geringeren Anreizlntensitat grundsatzlich aufwendiger gestaltet. Direkte Konkurrenz fehit und Leistungen und Gegenleistungen sind nicht so eng anelnander gekoppelt wie bel marktiichen Austauschbeziehungen. Die Wirksamkelt interner Verrechnungsprelssysteme, die mit dem Ziel errichtet werden, die Anreizmechanlsmen des Marktes intern zu simulieren und somit die bestehenden
Vgl. Powell 1990, S. 303-305. Dabei kommt es vor allem auf die Intensitat der Anreize, mit denen Nutzen und Kosten opportunistischen Verhaltens beeinflusst werden kann, das AusmaB an Verhaltenskontrolle zur Vermeidung opportunistischen Verhaltens, die autonome und bilaterale Anpassungsfahigkeit des institutionellen Arrangements an veranderte Bedingungen sowie die Kosten der Etablierung und Nutzung des institutionellen Arrangements selbst an; vgl. Williamson 1991b, 8. 277ff.
131
Anreizdefizite zu kompensieren, ist durch Mess- und Zurechnungsprobleme begrenzt. Opportunistisches Verhalten der Organisationsmitglieder erfordert burokratische Steuerungs- und Kontrollsysteme, wodurch die Kosten des institutionellen Arrangements weiter steigen. Als Vorteil der organisationsinternen Leistungserstellung nennt Williamson, dass die Faktorkombinatlonen leicht an die jeweiligen Erfordernisse und veranderten Rahmenbedingungen bilateral angepasst werden konnen, da samtliche Inputfaktoren der Verfugungsgewalt des Organisationsinhabers unterllegen."^^^ Auch bestehen uber die internen Ressourcen bessere Informationen bezuglich deren Leistungs- und Kombinationsfahigkeit, was wiederum vor opportunistischem Verhalten schutzt. Welche Form der Koordinatlon der Recyclingbezlehungen zwischen den Netzwerkuntemehmen im konkreten Fall dominiert, hangt von mehreren Faktoren ab. In der Transaktionskostentheorie werden zur Erklarung aber drei bestimmte Transaktionsmerkmale, namlich die Faktorspezifitat, die Unsicherheit und die Haufigkeit der Transaktion, in den Vordergrund gestellt. Unter Faktorspezifitat wird der Grad der Spezialisierung der Inputfaktoren, die zur Erstellung des auszutauschenden Gutes Oder der Leistung erforderlich sind, verstanden.'*''® Die Faktorspezifitat recyclingorientlerter Transaktionen zwischen Unternehmungen kann sich Insbesondere durch Adaptionen der Fertigungsprozesse des abgebenden als auch des annehmenden Unternehmens ergeben."^^^ Beispielsweise erfordert die thermische Nutzung von Altreifen durch ein Zementwerk besondere Einrichtungen zur Zwischenlagerung und Manipulation der Reifen. Aber auch hohe Suchkosten in der Anbahnungsphase einer Kooperation erhohen die Faktorspezifitat: „Hat ein Unternehmer beisplelweise fur seinen sonst nur unter betrachtlichem Aufwand entsorgbaren Ruckstand einen Ven/vertungspartner gefunden, der die Ruckstande unschadlich macht, so wird er bemuht sein, die Beziehung langfristig aufrecht zu erhalten."'^^^
Vgl. Williamson 1991b, S. 279. Es wird zwischen vier Kategorien von Spezifitat unterschieden, der ausschlieBlichen, der regionalen, der physischen sowie der Wissensspezifitat; vgl. hierzu Fabel/Hilgers/Lehmann 2001,8.200-201. 479 480
Vgl. etwa Schwarz 1998, S. 16. Strebel/Schwarz/Schwarz 1996, S. 157.
132
Transaktionsspezifische Investitionen, die zur Verwertung bestimmter Ruckstandsarten getatigt worden sind, sind hochst spezialisiert, da sie direkt mit der Ruckstandsnutzung verbunden und anderweitig nicht nutzbar sind. Dies fuhrt in der Regel dazu, dass die Opportunitatskosten der Auflosung der Recyclingbeziehung sehr hoch sind. Den Spezialisierungsvorteilen steht somit der Nachteil der restriktiven Bindung der Recyclingpartner gegenuber."*®^ Dieser sogenannte „lock-in"-Effekt'^^^ tritt ein, wenn Investitionen nicht oder nur unter hohen Kosten revidiert werden konnen oder diese in anderen VenA/endungsbereichen deutlich geringere oder im Extremfall gar keine Ertrage bringen."*®^ Es entsteht „ein bilaterales Monopol [...], in dem der eine Transaktionspartner von dem anderen abhangig ist und das er nur unter Verlust der getatigten spezifischen Investitionen (Sunk Costs) verlassen kann"."^^
Produktlons- und Transaktionskosten
marktiiche Koordination
zwischenbetriebliche Koordination hierarchische Koordination
"^ Abb. 14:
transaktionsspezifische Investitionen
Die Abhangigkeit der Produktions- und Transaktionskosten von der Faktorspezifitat"^®^
Faktorspezifitat kann sich jedoch im Laufe der Zeit auch selbst bilden, etwa indem die Lerneffekte und das steigende Vertrauen zwischen den Recyclingpartnern die Transaktion erieichtern. Insbesondere Lerneffekte hinschtlich der
Vgl. Jost 2000a, 8. 202. Vgl.Williamson1990, S. 6 1 . Vgl. Bogaschewsky 1995, S. 166. Sydow2001a, S. 253. In Aniehnung an Eriei/Jost 2001a, S. 57.
133
technischen Prozesse zur Ruckstandsverwertung, die von standardisierten Produktionsprozessen abweichen, konnen sich kostensenkend auswirken und damit fur eher langfristige Recyclingbeziehungen sprechen. Das Interesse der Recyclingpartner an einer dauerhaften Verwertungsbeziehung wird groBer („fundamentale
Transformation").'^®^
zugrunde liegende
Das
dem
Menschenbild begrenzt
Transaktionskosten-Ansatz
rational und opportunistisch
handelnder Akteure fuhrt jedoch dazu, dass die Transaktionskosten bei hoher Faktorspezifitat steigen. So kann der „lock-in"-Effekt durch die Recyclingpartner zum eigenen Vorteil genutzt werden, indem sie versuchen, die Austauschbedingungen im Nachhinein einseitig zu ihren Gunsten zu verandern."^®^ Auch die Unsicherheit spielt bei recyclingorientierten Transaktionen eine erhebliche Rolle,"^®® da sowohl die Abgabe von Ruckstanden als auch deren Nutzung als Sekundarrohstoff massiven rechtlichen Regelungen unterliegen, deren Entwicklung nicht exakt vorausgesagt werden kann. Zudem ist in der Beziehung zum jeweillgen Recyclingpartner die asymmetrische Informationsverteilung, etwa hinsichtlich der genauen Zusammensetzung der Ruckstande und allfalliger Schadstoffanteile, von besonderer Bedeutung."*®^ Da opportunistisches Verhalten eines Recyclingpartners fur ein Unternehmen zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Beeintrachtlgungen fuhren kann, Ist gegenseitiges Vertrauen der Recyclingpartner besonders wichtig. Die Haufigkeit der recyclingorientierten Transaktionen ist schlleBlich ein maBgebiicher Faktor fur die Moglichkeiten zur Reallsierung posltiver Skalen- und Synergieeffekte. Je haufiger identische Transaktionen zwischen zwei Verwertungspartnern durchgefuhrt werden, desto eher lassen sich die Produktionsund Ven/vertungskosten, aber auch die mit dem Ruckstandsaustausch verbundenen spezlfischen Transaktionskosten senken. Von Haufigkeit und Volumen der Transaktionen hangt es ferner ab, welche Form der Instltutionellen
Vgl. Williamson 1990, S. 70ff. Durch ein Nachverhandein des Preises oder sonstiger Vertragsbedingungen besteht die Moglichkeit, sich die Rente des Transaktionspartners ganz oder teilweise anzueignen. Insbesondere bei Transaktionen mit hoher Faktorspezifitat wirkt Unsicherheit transaktionskostenerhohend. Die ex ante anfallenden Such-, Verhandlungs- und Vertragskosten steigen, da mit zunehmender Unsicherheit mehr Eventualitaten bei der Vereinbarung berucksichtigt werden mussen. Aufgrund der begrenzten Rationalitat der Akteure erfolgt die Antizipation jedoch nur unvollstandig, sodass auch die ex post anfallenden Uberwachungs-, Durchsetzungs- und Anpassungskosten steigen. Die Produktionskosten werden hingegen von der Unsicherheit nicht direkt beeinflusst. Vgl. hierzu Kap. 3.5.3.
134
Regelungen sich kostengunstig realisieren lasst, ob sich beispielsweise die Errichtung spezieller Vertrage oder die Installation eines eigenen Uberwachungssystems lohnt.^^° Die zentrale Handlungsmaxime von Williamson lautet: „Organisiere Deine Transaktionen so, dass Dir aus Deiner begrenzten Rationalitat moglichst geringe Kosten entstehen, und versuche gleichzeitig, Dich vor moglichem opportunistischen Verhalten Deines Vertragspartners zu schutzen!""^^^ Unter den genannten Verhaltensannahmen der Transaktionskostentheorie kann eine gegebene Transaktion urn so effizienter organisiert und abgewickelt werden, je besser die Charakteristika des institutionellen Arrangements den sich aus den Charakteristika der abzuwickelnden Transaktion ergebenden Anforderungen entsprechen. Ausgangsituation: Annahme begrenzt rational und opportunistisch handelnder Akteure
Charakteristika der inst. Arrangements: - Anreizintensitat - Kontrolimechanismen Anpassungsfahigkeit
Charakteristika der Transaktionen: - Faktorspezifitat - Unsicherheit - Haufigkeit
Ziel: Minimierung der Produktionsund Transaktionskosten
Abb. 15:
Generell
Model! des Transaktionskostenansatzes
gewinnen
laut
Transaktionskostentheorie
mit
zunehmender
Faktorspezifitat und Unsicherheit die relativen Vorteile des institutionellen Arrangements Hierarchie an Bedeutung. Durch die Intemallsierung der Transaktion sollen die Gefahr opportunistischen Verhaltens verringert und damit die
Vgl. Eriei/Jost 2001a, S. 43. Williamson1985, 8. 32.
135
Transaktionskosten gesenkt werden."^^^ Bei Transaktionen mit geringerer Unsicherheit und Faktorspezifitat stellt daher der Markt aufgrund seiner starken Anreizintensitat und der Wirksamkeit des Konkurrenzmechanismus das gijnstigere
institutionelle Arrangement
dar.
HybrJde Organisationsformen, wie
zwischenbetriebliche Kooperationsvereinbarungen, sind laut Williamson nur bej mittlerer Unsicherheit und Spezifitat vorteilhaft, da diese zwar marktiiche und hierarchische Anreize verbinden, dies allerdings urn den Preis einer nur mittleren Auspragung sowohl der Anreizstarke als auch der Moglichkeit zur administrativen Kontrolle.'^®^ Im Einzelfall ist fur die Wahl des gunstigsten institutionellen Arrangenfients letztendlich der ordinale"^®"^ Vergleich der Produktionsund Transaktionskosten, die wiederum ganz wesentlich von der Haufigkeit bzw. vom Volumen der Transaktion abhangen, entscheidend. Im Bereich der betrieblichen Ruckstandswirtschaft ware aufgrund der hohen Faktorspezifitat und Unsicherheit grundsatzlich eine vollstandige Internalisierung der Transaktionen vorteilhaft. Hierbei ist aber zu berucksichtigen, dass bei industriellen VenA/ertungsnetzen die Vielfalt der zur Verfugung stehenden Produktionsprozesse, d.h., die Einbindung von Unternehmungen aus verschiedenen Branchen, eine besondere Rolle spielt. Eine laterale Integration von Unternehmungen in eine Hierarchie aus Grunden der RuckstandsvenA/ertung wurde jedoch dem verbreiteten Grundsatz der Fokussierung der Unternehmen auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen widersprechen."*^^ Daraus kann gefolgt werden, dass fur Recyclingbeziehungen zwischen Unternehmungen verschiedener Branchen, die sich durch hohe Faktorspezifitat und groBe Unsicherheit auszeichnen, der Markt als Koordinationsmechanismus eher schlecht geeignet und eine hierarchische Integration der Recyclingpartner haufig nicht moglich Oder sinnvoll ist („simultanes Markt- und Hierarchieversagen"). Wenn
Die Hierarchie iiat in solchen Fallen insofern Vorteile, als die Transaktionspartner einander besser kennen, die Kommunikation zwischen ihnen einfacher ist. Auch die innerbetriebliche Atmosphare der Vertrautheit und der Verlasslichkeit verringert die Gefahr des opportunlstischen Handelns. Die sehr flexiblen Anordnungsbefugnisse innerhalb einer Hierarchie tragen ferner zur leichteren Konfliktiosung bei. Diesen Vorteilen sind die hoheren Kosten dieses institutionellen Arrangements sowie die Gefahr von Anreizproblemen und gegenseitigen Gefalligkeitshandlungen, die nicht im Interesse des Unternehmens sind, gegenuberzustellen. Vgl. Williamson 1991b, S. 281. Eine prazise Quantifizierung der Transaktions- und Produktionskosten ist in der Praxis kaum moglich, fur die Transaktionskostentheorie aber auch nicht zwingend erforderlich. Um die relative Vorteilhaftigkelt eines institutionellen Arrangements zu bestimmen, reichen auch ordinate Aussagen; vgl. hierzu Ebers/Gotsch 2001, S. 227. Vgl. Prahalad/Hamel 1990, S. 79-93.
136
sowohl der Markt als auch die Hierarchie als institutionelle Arrangements fur die Ruckstandsverwertung ausscheiden, so bietet sich eine Quasi-lnternalisierung durch langfristig angelegte Austauschverhaltnisse an."^^^ Aufgrund der unterstellten begrenzten Rationalitat der Akteure konnen jedoch niemals alle Eventualitaten und Moglichkeiten opportunistischen Verhaltens des jeweiligen Recyclingpartners berucksichtigt werden. In Abhangigkeit von der Art und Haufigkeit der Transaktionen sind die Vereinbarungen so zu gestalten, dass insgesamt die ex ante und ex post anfallenden Transaktionskosten moglichst
gering
sind.
Da
zwischenbetriebliche
Recyclingbeziehungen
typischen/veise langfristiger Natur sind, lohnt es sich aufgrund der hohen Anzahl an Transaktionen eher, einen speziell fur die jeweilige Ruckstandsbeziehung gestalteten Vertrag abzuschlieBen, als bei seltenen Transaktionen, bei denen die Partner im Allgemeinen eher auf Standardvertrage zuruckgreifen. Auch ist die Installation eigener Uberwachungssysteme, etwa in Form regelmaBiger chemischer Analysen der Ruckstande, denkbar. Die Transaktionskostentheorie
liefert damit
einen (mlkro-)6konomisch'^^'^
fundlerten Erklarungsbeitrag fur das Zustandekommen einzelner zwischenbetrieblicher Recyclingbeziehungen."*^® Sie bietet zwar keine vollstandige Erklarung des institutionellen Arrangements industrieller Venwertungsnetze, liefert aber einen systematischen Rahmen fur die Identifikation wichtiger Erklarungsfaktoren und grundlegender institutioneller Gestaltungsalternativen. Immer dann, wenn eine Intemalisierung der Ruckstandstransaktionen in die Unter-
Hierzu ist festzustellen, dass in der Literatur keineswegs Einigkeit daruber herrscht, unter welchen Bedingungen es zu einem gleichzeitigen Markt- und Hierarchieversagen kommt. Nach Williamson (1991a) Ist dies nur bei geringer bis mittlerer Unsicherheit und vor allem mittlerer Spezlfitat der Fall. Wolff/Neuburger (1995, S. 85) stellen hingegen test, dass sich zwischenbetriebliche Kooperationen nur fur Aufgaben mit geringer strategischer Bedeutung, geringer Spezlfitat sowie hoher Veranderlichkeit oder Komplexitat anbieten. Im Gegensatz dazu stellt schlieRlich Sydow fest, dass bei Einbeziehung der Faktoren Vertrauen und Selbstverpflichtung in die Analyse, zwischenbetriebliche Kooperationsformen auch bei hoher Unsicherheit und Spezlfitat effizient sind und auch in der Praxis, etwa im Fall des Smart-Produktionsnetzwerkes, vorkommen; vgl. hierzu Sydow 2001a, S. 252-261. Zur Bedeutung des Vertrauens in Austauschbeziehungen vgl. auch Fichtner 2003, S. 183ff. Vgl. Ebers/Gotsch 2001, S. 242. Schreyogg (1999, S. 369) hingegen spricht dem Transaktionskostenansatz die Eignung zur Planungs- und Gestaltungsunterstutzung ab: Jm voraus zu bestimmen, fur welche Austauschbeziehungen nun genau die Kooperation die transaktionskostenminimale Koordinationsform bildet, ist indessen schon allein aufgrund der unlosbaren Operationallsierungsprobleme des Transaktionskosten-Ansatzes nicht moglich".
137
nehmenshierarchie aufgrund ihrer Charakteristika"^^^ vorteilhaft ware, aber aufgrund der Branchenheterogenitat der beteiligten Unternehmen nicht moglich Oder sinnvoll ist, stellen langfristige Kooperationsbeziehungen zwischen den Recyclingpartnern jenes institutionelle Arrangement dar, das mit den geringsten Produktions- und Transaktionskosten verbunden ist. Ein allfalliger Nutzen aus einer Kooperationsbeziehung, etwa in Fornn von Eriosen, aber auch in Form von intangiblen Vorteilen, wird in der Transaktionskostentheorie jedoch nicht berucksichtigt. Analysen, die sich ausschlieBlich auf die Kosten beziehen, sind aber nur in Entscheidungssituationen zulassig, in denen die Ertrage aller relevanten Alternativen gleich hoch sind.^°° Auch spielt es aus Sicht der Transaktionskostentheorie keine Rolle, ob diese zwischenbetrieblichen
Recyclingbeziehungen
innerhalb
industrieller
Ver-
wertungsnetze stattfinden. Die Transaktionskostentheorie ist aufgrund ihrer Kerncharakteristika primar auf die Erklarung bipolarer Austauschbeziehungen gerichtet.^^^ Es hangt ausschlieBlich von den jeweiligen Eigenschaften der einzelnen Ruckstandstransaktion ab, welche Kombination marktiicher, hierarchischer und kooperativer Elemente als institutionelles Arrangement okonomisch vorteilhaft ist. Netzwerkeffekte aufgrund der ruckstandsbezogenen Kooperation mehrerer Unternehmen innerhalb eines Verwertungsnetzes, die sich etwa durch die Abstimmung der Fertigungsprogramme und Nutzung von Skalenvorleilen produktionskostensenkend auswirken konnen,^^^ finden hingegen keine Berucksichtigung. Der Gesamtaufbau industrieller Verwertungsnetze sowie deren Management bleiben folglich durch die Transaktionskostentheorie unbeleuchtet.
Im Transaktionskostenansatz werden die Determinanten Faktorspezifitat, Unsicherheit und Haufigkeit der Transaktionen in den Vordergrund gestellt. Dass diese Charakteristika tatsachlich diese hohe Bedeutung fiir die Gestaltung institutioneller Arrangements haben, wird mittlerweile aber angezweifelt. So stellt etwa Schreiter (2001, S. 292) test, dass die von Williamson besonders hervorgehobene Determinante der Faktorspezifitat bei Berucksichtigung von Innovationen und dynamischen Prozessen keine besondere Erklarungskraft besitzt. Aus betrlebswirtschaftlicher Sicht geht es namlich urn das Oberziel der Steigerung des Gewinns und nicht um die Verringerung der Kosten, vgl. hierzu Bogaschewsky 1995, S. 172. Vgl. Mayer 2000, S. 216. Die generelle Aussage von Kaluza, wonach Netzwerke aus transaktionskostentheoretischer Sicht eine effiziente Koordinationsform darstellen, ist daher zu relativieren; vgl. Kaluza 2002, S. 80. Vgl. hierzu etwa die Ergebnisse der empirischen Analyse amerikanischer und japanischer Produktionsnetzwerke in der Automobilindustrie von Dyer 1997, S. 535-556.
138
3.4.4 Principal-Agent-Beziehungen zur zwischenbetrieblichen Riickstandsverwertung Wahrend mit der Transaktionskostentheorie der Frage nachgegangen werden kann, welches institutionelle Arrangement im Spannungsfeld zwischen Markt, Kooperation und Hierarchie fur die Ruckstandsverwertung geeignet ist, beschaftigt sich die Principal-Agent-Theorle^°^ damit, wie die einzelnen Vereinbarungen zur Ruckstandsvenwertung gestaltet werden sollen, um erfolgrelche Recyclingkooperationen zu ermoglichen. D.in., es wird nicht mehr in Frage gestellt, ob und unter welchen Voraussetzungen es uberhaupt zu zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehungen innerhalb industrieller Ven/vertungsnetze kommt, sondern nur noch, wie man in diesen Beziehungen opportunistischem Handein des Partners entgegenwirken kann. Die zentrale Pramisse des Prlncipal-Agent-Ansatzes lautet namlich, dass die Kooperationspartner opportunistisch handein und sogar mit List, Betrug und Tauschung versuchen, den eigenen Nutzen zu maximieren.^^"^ Eine besondere Rolle kommt hierbei der ungleichen Verteilung der Information zwischen dem Auftraggeber (Prinzipal) und dem Auftragnehmer (Agent) zu. Diesbezuglich werden folgende Phanomene hervorgehoben:^°^ •
Hidden characteristics: Vor Abschluss eines Vertrages sind insbesondere dem Prinzipal die Eigenschaften und Absichten des Vertragspartners weitgehend unbekannt, woraus die Gefahr einer falschen Auswahl des Agenten (adverse selection) resultiert.
•
Hidden information: Der Agent verfugt in Bezug auf die sachliche Bearbeltung der Aufgaben uber Informationen, die fur den Prinzipal relevant waren, gibt diese jedoch nicht an den Prinzipal weiter, sodass dieser nicht beurteilen kann, ob der Agent sie in selnem Sinne nutzt. Andererseits liegt aber gerade in den besseren Kenntnissen, Fahig-
^°^ Zur Beschreibung des Prinzipal-Agent-Ansatzes vgl. Arbeitskreis „Das Unternehmen im Markt" 1995, S. 179-203; Bea/Gobel 1999, S. 139-143; Demougin/Jost 2001, S. 46-81; Ebers/Gotsch 2001, S. 209-225; Jost 2001b, S. 11-43; Mayer 2000, S. 222-231; Picot/Dietl/Franck 2002, S. 85-95; Stigiitz 1998, S. 966-972. ^^ Das Agenturproblem bezeichnet den Umstand, dass eine Person (Prinzipal), die einer anderen Person (Agent) einen Auftrag erteilt, nicht siciier sein kann, ob diese vollig in ihrem Sinn handelt. Es wird unterstellt, dass der Agent versucht, seinen individuellen Nutzen in einer zweckrationalen Art und Weise zu maximieren, und auch dazu bereit ist, seinen Informationsvorsprung gegenuber dem Prinzipal auszunutzen, indem er opportunistische Praktiken anwendet. ^°^ Vgl. Arbeitskreis „Das Unternehmen im Markt" 1995, S. 190-191.
139
keiten und Erfahrungen des Agenten ein wesentlicher Grund fur das Interesse des Prinzipals an den Diensten des Agenten.^°^ •
Hidden action: Der Prinzipal kann das Aktivitatsniveau des Agenten nicht vollstandig beobachten und weiB somit nicht, ob sich der Agent in ausreichendem Unnfang fur die Erfullung der beauftragten Leistung einsetzt. Bei der Ergebniskontrolle welB der Prinzipal folglich nicht, welcher Teil des Ergebnisses tatsachlich dem Leistungsverhalten (effort) des Agenten zuzurechnen ist und welcher Teil auf Umwelteinflusse zuruckzufiihren Ist.
So kann vor Abschluss einer Vereinbarung ein potentieller Verwertungspartner irregefuhrt werden, indem Informationen, die fur ihn relevant waren, nicht vollstandig Oder nur verfalscht weitergegeben werden. Beispielswelse kann der Ruckstandslieferant Informationen uber schadliche Inhaltsstoffe des Ruckstandes oder uber sonstige negative Eigenschaften zuruckhalten oder der potentlelle Abnehmer kann seine Verwertungskapazitaten uberhoht darstellen. Aus diesen Fehlinformationen resultlert die Gefahr, dass ein Netzwerkunternehmen einen falschen Recyclingpartner wahit, der entweder aus Sicht des Ruckstandsannehmers den benotigten Sekundarrohstoff nicht in der erforderlichen Menge und Qualitat liefern kann oder der aus Sicht des Ruckstandsabgebers nicht uber die geelgneten Prozesse verfugt, urn den abzugebenden Ruckstand zu ven^/erten bzw. unschadlich zu machen. Als Konsequenz dieser Informatlonsasymmetrie ergibt sich das moralische Risiko (nnoral hazard), dass der Agent durch opportunlstisches Verhalten seinen eigenen Nutzen erhoht und dem Prinzipal damit Schaden zufijgt. Nur wenn dies auch in seinem eigenen Interesse liegt, wird der Agent dem Prinzipal die optlmale Leistung erbringen. Somit entsteht fur den Prinzipal ein Bedarf an Steuerungs- und Kontrollmechanismen („governance mechanisms"), um eine auftragsgemafBe Leistungserbringung des Agenten zu errelchen. Nun ist bei einer Recyclingbeziehung jedoch nicht eindeutig, wer Auftraggeber und wer Auftragnehmer ist. Eine zwischenbetriebliche Zusammenarbeit zur Ruckstandsverwertung ahnelt namlich eher einem Geschaft auf Basis eines Kaufvertrages, denn auf Basis eines Werk- oder Dienstvertrages. Gelbmann geht daher von einer bilateralen Princlpal-Agent-Beziehung zwischen den Recyclingpartnern aus: „Die bilaterale Abhangigkeit auBert sich darin, dass einerseits der Ruck-
^^ Vgl. Ebers/Gotsch 2001, S. 211.
140
standsabnehmer (Principal) gleichzeitig die Ruckstandsbewaltigung gewahrleistet und somit als Agent auftritt und andererseits der Riickstandsproduzent (Agent) fur den Abnehmer Einsatzstoffe bereitstellt und damit auch zum Principal wird."^°'' Koenig und r/7/efarf sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer sogenannten ,mutual organization', definiert als „network like the quasifirm, but the parties are both principals and agents and .learning to work together' presunnably also preails in this co-contracting mode."^°® Aufgrund dieser unklaren Rollenverteilung ist zwar nicht eindeutig klar, welcher Vertragspartner uber mehr relevante Informationen verfugt. Dennoch ist es plausibel, dass es asymmetrische Informatlonsverteilungen bei Recyclingbeziehungen geben kann - und zwar in beiderlei Richtung. Es muss sich also jeder der beiden Recyclingpartner darauf einstellen, dass der jeweils andere uber bessere Kenntnisse, Fahigkeiten und Erfahrungen verfugt, diese aber dazu nutzt, seinen eigenen Vorteil auf Kosten des Recyclingpartners zu erhohen. Die Principal-Agent-Theorie^°^ beschaftigt sich nun mit der Frage, „how one individual, the principal (say an employer), can design a compensation system (a contract) which motivates another individual, his agent (say the employee), to act In the principal's interests".^^° Das Kernproblem lautet also, Vereinbarungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten so zu gestalten, dass der jeweilige Vertragspartner die vereinbarte Leistung auch tatsachlich auftragsgemaB erbringt, aber die daraus erwachsenden Agenturkosten moglichst niedrig bleiben. Die Agenturkosten konnen in Form von Steuerungs- und Kontrollkosten, Garantie- bzw. Signalisierungskosten und Residualkosten auftreten.^^^ Erstere resultieren aus der Uberwachung des jeweiligen Verwertungspartners und der Durchsetzung der eigenen Interessen. Garantie- bzw. Signalisierungskosten erwachsen aus den Anstrengungen, den jeweiligen Recyclingpartner von der eigenen Vertrauenswiirdigkelt zu uberzeugen. Residualkosten
Gelbmann 2001, S. 64. Koenig/Thietart 1992, S. 162. Innerhalb der Principal-Agent-Theorie kann zwischen einer normativen und einer deskriptiven Richtung unterschieden werden. Wahrend sich der normative Zweig der Theorie damit beschaftigt, unter weitgehender Abstraktion von den empirischen Randbedingungen Aussagen uber die optimale Vertragsgestaltung zwischen Prinzipal und Agenten zu treffen, weist die deskriptive Richtung einen starkeren empirischen Bezug und damit eine groBere Nahe zur Organisationsforschung auf; vgl. Ebers/Gotsch 2001, S. 209-210. In weiterer Folge wird daher die deskriptive Richtung der Principal-Agent-Theorie dargestellt. Stiglitz1998, S. 966. Vgl. hierzu Picot/Dietl/Frank 2002, S. 87.
141
spiegein schlieBlich den entgangenen Nutzen wider, der aufgrund der nicht optimalen Leistungserbringung des jeweiligen Recyclingpartners entsteht. Die drei Arten von Agenturkosten beeinflussen einander, es bestehen Tradeoff-Beziehungen zwischen ihnen. Beispielsweise konnen die Residualkosten durch die Inkaufnahme sehr hoher Steuerungs- und Uben/vachungskosten erheblich gesenkt werden. Es geht also darum, die Agenturkosten insgesamt zu reduzieren, indem eine Institution gefunden wird, die einen Kompromiss zwischen einer moglichst produktiven Arbeitsteilung und Speziallsierung einerseits und nnoglichst reibungslosen Tausch- und Abstimmungsvorgangen andererseits darstellt.^^^ Bei den Agenturkosten, insbesondere bei den Residualkosten ergibt sich jedoch das Problem der schwierigen Operationalisierung, sodass die Gestaltungsempfehlungen des Principal-Agent-Ansatzes in erster Linie heuristischen Charakter annehmen. Als grundsatzliche Moglichkeiten fur die Gestaltung der Recyclingbeziehung werden im Principal-Agent-Ansatz die Nutzung von Marktmechanismen, die Definition von Normen und die Gestaltung von Anrelzsystemen genannt. Grundsatzlich kann der Markt insofern zur Losung des Agenturproblems beitragen, als jeder Recyclingpartner ein gewisses MafB an Eigeninteresse daran hat, eine gute Reputation aufzubauen, urn damit den eigenen Marktwert zu erhohen. Der Markt kann jedoch das Verhalten der VenA/ertungspartner nicht vollstandig bewerten, da hiefur Insiderwissen uber das Verhalten der Recyclingpartner erforderlich ware. Insbesondere der Bereich der uberbetrieblichen Ruckstandsverwertung ist namlich haufig von einer eher restrlktiven Informationspolitik der Unt^rnehmen gekennzeichnet. Daruber hinaus wurde der Frage, ob und unter welihen Bedingungen der Markt uberhaupt zur Koordination zwischenbetrieblicher Ruckstandsbeziehungen geeignet ist, bereits anhand der Transaktionskostentheorie nachgegangen.^^^ Soil die Verhaltensiteuerung des Recyclingpartners hingegen bilateral erfolgen, so ist zu uberlegen, ob hierfur vertragliche Normen, Anreizsysteme Oder eine Kombination der beiden Moglichkeiten am besten geeignet sind. Normen
Beim theoretischen Fall einer pareto-optimalen Losung waren die Agenturkosten auf Null reduziert und somit die groBtmogliche Effizienz bei der Vertragsgestaltung erreicht. Das Pareto-Optlmum ist jedoch eine fiktive RichtgroBe, da dieses nur bei vollkommener Information erreicht werden kann, was nicht mit den Pramissen des Principal-Agent-Ansatzes einhergeht; vgl. hierzu Ebers/Gotsch 2001, S. 212. Vgl. Kap. 3.4.3.
142
dienen dazu, den Handlungsspielraum des Recyclingpartners gezielt einzuschranken. Beispielsweise kann durch die vertragliche Fixierung von Qualitatsanspruchen oder Liefer- bzw. Abnahmebedingungen die Gefahr opportunistischen Verhaltens des Recyclingpartners verringert werden, vorausgesetzt es besteht die Moglichkelt, diese Vereinbarungen auch tatsachlich zu uberwachen.^^"^ Mit Anreizsystemen wird hingegen die Idee verfolgt, die Interessen der Recyclingpartner zu harmonisieren. Erfolgreiche Recyclingaktivitaten sollen zu Vorteilen fur beide betelligten Unternehmen fuhren, sodass diese sich quasi selbst ubenA/achen. Die Errichtung guter Anreizsysteme fur Recyclingbeziehungen setzt allerdings voraus, dass die relevanten Informationen, z.B. uber technische Moglichkelten der RuckstandsvenA/ertung oder uber Kosten und Nutzen der Recyclingpartner, offengelegt werden. Ein praktikabler Mittelweg zwischen diesen beiden Alternativen konnte darin bestehen, die fur die jeweiligen Recyclingpartner unerlasslichen Kriterien, die fur die Aufrechterhaltung der Kooperationsbeziehung jedenfalls erfullt werden mussen, in verbindlichen Vertragen schriftlich zu fixieren (Normen), die laufende Zusannmenarbeit jedoch so zu gestalten, dass daraus nach Moglichkelt beiden Partnern ein standiger Nutzen enwachst und diese dadurch motlviert werden, in die Zusamnnenarbeit zu investleren statt opportunistisch zu handeln. Eine Interessensangleichung kann dabei nicht nur durch monetare Anreize, sondern vor allem durch die wechselseitige Abstimmung der Produktions- und Recyclingprozesse oder sogar durch gemeinsame Weiterentwicklung der Technologien, errelcht werden. Nicht zu vergessen ist hier auch der Nutzen, der sich fur ein Unternehmen aus der Beteiligung an einem Verwertungsnetz mit einer Mehrzahl an Kooperationsbezlehungen zwischen den Netzwerkunternehmen ergeben kann, obwohl dies in der lediglich auf dyadische Interorganisatlonsbeziehungen fokussierten Prln-
514
Die Fremdkontrolle stoBt nicht zuletzt wegen der asymmetrischen Informationsverteilung bald an ihre Grenzen. Insbesondere bei komplexen und unstrukturierten Aufgaben verfugt der Prinzipal in der Regel nicht iiber geniigend Informationen, urn ein entsprechendes System instruktiver Normen zu formulieren. Daruber hinaus Ist noch zu beruckslchtigen, dass es auch zu einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Vertragspartnem und Dritten, die fur die Vertragsdurchsetzung notwendig sind, kommen kann (hold up). Beispielsweise ist es denkbar, dass zwar ein Vertragspartner das opportunistische Handeln des anderen erkennt, sich jedoch nicht wehren kann, well er seinen Anspruch vor Gericht nicht durchsetzen kann. Immer dann, wenn kein vollstandiger und vor dem Gericht eindeutig und luckenlos verifizierbarer Vertrag abgeschlossen worden ist, oder wenn die mangelnde Vertragserfiillung nicht eindeutig bewiesen werden kann, stiinde es vor Gericht Aussage gegen Aussage, vgl. Picot/Dietl/Frank 2002, S. 89-90.
143
cipal-Agent-Theorie keine Berucksichtigung findet.^^^ Ripperger weist darauf hin, dass das AusmaB an wechselseitigem Vertrauen auch vom jeweiligen sozialen System abhangt: „Verlagert man die Vertrauensbeziehung zwischen Vertrauensgeber und Vertrauensnehmer in den dynamischen Kontext ihres sozialen Umfelds, dann ergeben sich zusatzliche Anreizwirkungen, die nicht zuletzt durch eine Wechselseitigkeit der Vertrauensbezieiiung zwischen einer Vielzahl von Akteuren begrundet werden, von denen jeder abwechseind die Rolle eines Vertrauensgebers, des Vertrauensnehmers Oder eines Dritten einnehmen kann."^^^ So kann es durch die Vielzahl von Ruckstandsbezlehungen innerhalb eines industriellen Venwertungsnetzes zu wechselseitigen Abhangigkeiten der Netzwerkunternehmen kommen, die moglichenweise viel effektiver zur Interessensangleichung, gegenseitigem Vertrauen und somit zur Stabilisierung der Recyclingbeziehungen fuhren, als im Fall einzelner asymmetrischer Transaktionsbeziehungen. Auch ist es denkbar, dass innerhalb eines industriellen VenA/ertungsnetz dritte Akteure, etwa eine Verwertungsagentur, verschiedene Funktionen ausuben, die von einfachen Kontrollaufgaben, uber die Organisation der Kooperationsbeziehungen bis hin zur Schlichtung von Streitigkeiten reichen konnen.^^'' Besonders drastisch formuliert Schreyogg was passiert, wenn man versucht, die Pramissen der auf dyadische Beziehungen beschrankten Prinicipal-Agent-Theorie auf die Gesamtorganisation zu projizieren: „Es entsteht das Bild einer Art paranoiden Alptraum-Organisation. Jeder betrugt soweit als eben moglich jeden; jeder schutzt sich vor dem anderen so gut er kann; Anreizsysteme zur Eindammung des hemmungslos egoistischen Verhaltens werden entwickelt, jedoch in ihrer Intention erkannt und unterlaufen, kurzum ein eskalierender circulus vitiosus."^^® Damit wird verdeutlicht, dass dieser Theorieansatz zwar dazu beitragen kann, bilaterale Recyclingbeziehungen bzw. insbesondere deren Vertragsgestaltung zu erklaren und zu unterstutzen,^^^
nicht
jedoch
die
Entstehung
und
Funktionsweise
ganzer
VenA/ertungsnetze, die eher auf Kooperation und Vertrauen, denn auf Opportunismus und Misstrauen beruhen.
^'^ Vgl. Swoboda 2003, S. 50. ^^^ Rlpperger1998, S. 77. ^'^ Vgl. Karl/Moiler 2003, S. 205. ^^® Schrey6gg1999, S. 83. 519
Vgl. Rosenkranz/Schmitz 2001, S. 265.
144
3.5 Zusammenfassende Darstellung der theoretischen Ansatze Die Beschreibung der verschiedenen Theohen und deren Ubertragung auf das Phanomen industrieller Verwertungsnetze hat gezeigt, dass einerseits keine der dargestellten Theorien in der Lage ist, die Entstehung und die Funktionsweise von VenA/ertungsnetzen vollstandig zu erklaren, und dass sich andererseits die Aussagen teilweise uberschneiden, mitunter aber auch einander widersprechen. Es bestatigt sich Larsens Statement: „Currently, hundreds, if not thousands of articels have been written about topics of interorganizational cooperation, [...] however, no one theory has been agreed upon."^^° In diesem Kapitel werden daher die Kernaussagen der Theorien zusammengefasst und geordnet. Danach wird noch auf die Forderung nach einer eigenstandigen Theorie industrieller VenA/ertungsnetze eingegangen. Als Ordnungskriterium fur die Zusammenfassung der Aussagen der einzelnen Theorieansatze werden deren Aussagen uber die Plan- und Steuerbarkeit industrieller VenA/ertungsnetze und deren zugrundeliegende Annahmen uber die Fahigkelt individueller Akteure, autonom und zielgerichtet zu agieren, herangezogen. Die Frage, zu welchem Grad das Handein autonom oder determiniert ist, stellt sich fur jegliche soziale Beziehung. Autonomie, ein in unserem Kulturkreis durchwegs positiv besetzter Begriff, bedeutet dabei, innerhalb der wahrgenommenen Spielraume zwischen Handlungsmoglichkeiten selbst und unabhangig entscheiden zu konnen,^^^ wahrend diese Selbstbestimmtheit bzw. Eigengesetzlichkeit im Zustand der Determiniertheit wegfallt. Diese Frage stellt sich somit auch fur industrielle Verwertungsnetze. Bei der Gegenuberstellung der beschriebenen theoretischen Ansatze tut sich diesbezuglich eine groBe Bandbreite verschiedener Sichtweisen auf. Eine hohes MaB an Autonomie bedeutet, dass VenA/ertungsnetze von einzelnen Akteuren durch Interventlonen^^^ rational und zielgerichtet geplant und gesteuert werden konnen. Unter Planung wird die gedankliche Vorwegnahme zukunftigen Handelns verstanden,^^^ sowohl in Hinblick auf die Gestaltung der inneren Struktur des Verwertungsnetzes als auch bezuglich des Umgangs mit
^^° Larsen1999, S. 18. ^^' Vgl. Weber 1997, S. 277. ^^^ Sydow unterscheidet zwischen einer „Netzwerkentwicklung durch Intervention" und eIner „Netwerkentwicklung durch Evolution"; vgl. Sydow 2001b, S. 83-86. ^^^ Vgl. Wohe/Doring 1996 8. 140.
145
Umwelteinflussen. Steuerung bedeutet hingegen, entsprechende MaBnahmen zur Erreichung der geplanten Ziele zu ergreifen. Dieses hohe Ma3 an Planbarkeit wird in mehreren Theorieansatzen in Frage gestellt, es ergibt sich ein Biid von VenA/ertungsnetzen ais nur bedingt planbare Gebilde. Die Akteure konnen die zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten nicht mehr vollstandig autonom und rational gestalten, sie mussen vielmehr nnit ihrer begrenzten Rationalitat, mit unvollkommenen Informationen und sogar mit der Gefahr opportunistischen Handelns ihrer Recyclingpartner umgehen. Wahrend eine Reihe von Ansatzen den Umstand, dass nur eine indirekte Planung und Steuerung industrielier Verwertungsnetze moglich ist, betont, wird in einigen Theorienansatzen noch weiter gegangen und den Akteuren ihre Autonomie, d.h. ihre Fahigkeit selbstbestimmt und zielgerichtet zu handein, weitgehend abgesprochen. Industrielle Verwertungsnetze sind aus Sicht dieser Ansatze nicht mehr im herkommlichen Sinn planbar, sie sind vielmehr durch die Umwelt determiniert und unterliegen langfristig dem Selektionsmechanismus der Evolution. Im Folgenden werden die Theorieansatze vier Kategorien zugeordnet, namlich jenen, die Verwertungsnetze als weitestgehend, als bedingt, als nur indirekt planbare Oder als nicht plan- und steuerbare Gebilde erscheinen lassen. Es ist zu betonen, dass diese willkurliche Einteilung keine absolut eindeutige, trennscharfe Abgrenzung und Zuordnung der Ansatze zu den Kategorien ermoglicht. Das Ziel ist vielmehr, Theorien, die aus verschiedenen Blickwinkeln zu ahnlichen Aussagen kommen, gemeinsam darzustellen.
3.5.1 Verwertungsnetze als weitestgehend plan- und steuerbare Gebilde Das hier gezeichnete Bild von Industriellen Verwertungsnetzen als planbare Gebilde basiert auf drei theoretischen Ansatzen, auf der normativen Entscheidungstheorie^^"^, der strukturell-funktionalen Systemtheorle einschlieBlich der strukturtechnischen Organisatlonslehre^^^ sowie dem Resource-Dependence-Ansatz^^^. Die zentrale Pramisse lautet, dass Individuen in der Lage sind, den Anieitungen der praskriptiven Entscheidungstheorie folgend rational zu entscheiden und zu handein. Industrielle Verwertungsnetze werden dem-
^'^ Vgl.Kap. 3.1.1 ^^^ Vgl.Kap. 3.2.1. ^^^ Vgl. Kap. 3.3.3.
146
nach hier als Organisationsform der Ruckstandsbewaltigung bzw. Rohstoffversorgung betrachtet, die dann von den agierenden Personen in den potentiellen Netzwerkuntemehmen gewahit wird, wenn der jeweilige Zielerreichungsbeitrag der zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung innerhalb eines Verwertungsnetzes im Vergleich zu den anderen zur Verfugung stehenden Handlungsalternativen am groBten ist. Die Sichtweise dieser Ansatze geht somit noch am ehesten mit der Forderung von Kaluza konform, wonach in einem Verwertungsnetz „fur alle Stoffe eine moglichst optimale Weiterverwendung gefunden und gesichert, [... d.h.] sowohl ein okonomisches als auch ein okologisches Gesamtoptlmum [... erreicht werden soli, wofur eine ...] komplexe netzwerkweite, multilateral Abstimmung der Stoffstrome [notwendig ist].^^'' Ob die Entscheidungen innerhalb eInes industriellen Verwertungsnetzes eindimensional, d.h. ausschlieBlich in Hinblick auf monetare Kosten- und Eriosziele, Oder mehrdimensional, d.h. hinsichtlich eines multikriteriellen Zielsystems, erfolgen, hangt dabei vom jeweiligen Zielsystem ab. Die Integration von okonomischen und okologischen Aspekten in die Entscheidung impliziert jedoch die Notwendigkeit mehrdimensionaler Entscheidungsmodelle, die aufgrund der erforderlichen relativen Gewichtung der Einzelziele komplexer sind als eindimensionale. Zudem ist festzustellen, dass Entscheidungen uber die Ruckstandsentsorgung oder Rohstoffversorgung in der Regel unter Unsicherheit getroffen werden, da das zukunftige Verhalten der Abnehmer und Zulieferer nur schwer vorhersehbar ist. Der Ressource-Dependence-Ansatz sieht in der Aufnahme von Kooperationsbeziehungen eine Mogllchkeit fur Unternehmen, die Unsicherheit und damit die Abhangigkeit von externen Ressourcen Im weitesten Sinn zu verringern. Die Beteiligung an einem industriellen Verwertungsnetz Ist fur ein Unternehmen, daher immer dann eine attraktive Alternative, wenn die Versorgung mit einem Sekundarrohstoff als wichtiger Produktionsinput oder die kontinuierliche Abnahme eines Produktionsruckstandes eine Grundvoraussetzung fur die Aufrechterhaltung der betriebllchen Transformationsprozesse ist und andere Moglichkeiten zur Verringerung der Ressourcenabhangigkeit nicht zur Verfugung stehen oder diese nur geringere Beitrage zur Erreichung der jeweiligen Unternehmensziele leisten wurden. Durch langfristige
Recyclingvereinbarungen
^^^ Kaluza 2002, 8. 82. Vgl. hierzu auch Kaluza 2003, S. 228- 231. Fur ein formales Modell zur strategischen Planung von Kreislaufwirtschaftssystemen siehe Puchert 1996, S. 131ff.; fur ein Optimierungsmodell zur Reduktionsprogrammplanung siehe Leisten/Becker 2003, S. 253-261.
147
innerhalb eines industriellen Verwertungsnetzes gelingt es den Unternehmen, externe Ressourcen, von denen sie abhangen, zumindest indirekt zu kontrollieren. Mit diesen bewussten und zielgerichteten Entscheidungen uber die Aufnahnne zwischenbetrieblicher Recyclingkooperationen planen und gestalten die Unternehmen ihre AuBenbeziehungen. Auf diese Weise entsteht eine „negotiated environment", ob daraus ein industrielles Verwertungsnetz entsteht und wie dieses gestaltet wird, ist damit aber noch nicht geklart. Hierzu liefern die strukturell-funktionale Systemtheorie und die darauf basierende strukturtechnische Organisationslehre konkrete Aussagen: Wenn der Zweck eines industriellen VenA/ertungsnetzes im zwischenbetrieblichen Recycling von Ruckstanden liegt, so muss die Struktur des Systems VenA/ertungsnetz auf dieses Ziel ausgerichtet werden. Nur so ist eine effiziente Aufgabenerfullung und damit eine langfristige Bestandssicherung der Organisation moglich. Die Gesamtaufgabe der zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung muss in rationaler Art und Weise in Teilaufgaben zerlegt werden, um eine zielgerichtete Struktur des VenA/ertungsnetzes entwickein zu konnen, die eine effiziente Aufgaben- bzw. Funktionserfullung gewahrleistet. Dies betrifft sowohl die fur den zwischenbetrieblichen Recyclingprozess erforderlichen Verrichtungen, wie die Sammlung, den Transport oder die Aufbereitung der Ruckstande, als auch die Steuerungs- und Leitungsaufgaben. Das industrielle VenA/ertungsnetz wird als ein strukturell-funktional differenziertes System betrachtet, dessen Subsysteme, sprich Netzwerkunternehmen, sich in optimaler Weise die Aufgabe der zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung teilen. Welches Unternehmen am Netzwerk beteiligt ist und welche Funktionen erfullt, ergibt sich aus der Gesamtheit der Aufgaben, die zur Erreichung des Zwecks des VenA/ertungsnetzes erforderlich sind. Wesentlich ist die Tatsache, dass die bewusste funktionale Strukturierung eines Verwertungsnetzes eines Subjektes, d.h. einer autorisierten Instanz, bedarf. So ist zumindest fur diesen rationalen Planungsprozess eine zentrale Einrichtung mit den entsprechenden Planungs- und Entscheidungskompetenzen, etwa in Form einer VenA/ertungsagentur, unerlasslich. Diese Einrichtung muss uber die erforderlichen Informationen, insbesondere das Wissen uber die Material- und Energieflusse der Netzwerkunternehmen sowie deren Produktionstechnologien, verfugen. Dem Aufbau eines entsprechenden Informationssystems, eventuell sogar geografischen Informationssystems, in dem alle relevanten Daten gesammelt und verarbeitet werden, kommt somit groBe Bedeutung zu. Auf Basis dieser Information kann die Zuweisung von Funktionen an die Subsysteme des Verwertungsnetzes, die
148
laufende Koordination der Aktivitaten, aber auch die Bildung einer Netzwerkidentitat erfolgen.
3.5.2 Verwertungsnetze als bedingt plan- und steuerbare Gebilde Die der obigen Beschreibung zugrunde liegende Pramisse der weitest gehenden Planbarkeit und Steuerbarkeit industrieller Verwertungsnetze wird von einer Reihe von Theorienansatzen eingeschrankt. So wird in der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie dem Konzept der begrenzten Rationalitat davon ausgegangen, dass die Informationsverarbeitungskapazitat der Individuen in Bezug auf die Konfiplexitat und Veranderlichkeit der Umwelt begrenzt ist.^^® Entscheidungsanomalien treten auf und es wird verstarkt auf Heuristiken zur Entscheidungsfindung zuruckgegriffen. Das Konzept des Optimizing wird durch das Konzept des Satisficing ersetzt, d.h. es wird nicht mehr nach der in Hinblick auf ein vollstandiges Zielsystem optimalen Losung der Ruckstandsbewaltigung gesucht, sondern lediglich nach einer einigermaBen zufriedenstellenden. Es gibt keinen eindeutigen und geordneten Ablauf verschiedener Entscheidungsphasen mehr, die Ziele kristallisieren sich oftmals erst im Laufe des Entscheidungs- bzw. Planungsprozesses heraus.^^^ Die Entscheidung, ob ein Unternehmen uberhaupt zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten innerhalb eines Venwerlungsnetzes anstrebt, hangt zudem vom Anspruchsniveau des Entscheidungstragers ab. Auch die Ansatze der Neuen lnstitutionen6konomie^^° bauen auf die Annahme begrenzt rationaler Entscheidungen der Akteure auf, von denen zusatzlich angenommen wird, dass sie opportunistisch handein, um auf Kosten anderer ihren eigenen Nutzen zu erhohen. Aus Sicht der Property-Rights-Theorie ist festzustellen, dass die Struktur der Verfugungsrechte uber Ruckstande stark „verdunnt" ist und daher zur Vermeidung ineffizienter Faktorallokationen transaktionskostensenkende Institutionen erforderlich sind. Die Transaktionskostentheorie geht der Frage nach, welches institutionelle Arrangement fur die Ubertragung von Gutern und Leistungen uber eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg unter welchen Voraussetzungen am gunstigsten ist, d.h. zu den geringsten Produktions- und Transaktionskosten fuhrt. Recyclingorientierte Trans-
^'^ Vgl.Kap. 3.1.2. ^^® Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich 2001, S. 161. ^^° Vgl. Kap. 3.4.
149
aktionen von Ruckstanden sind jn der Regel durch eine hohe Faktorspezifitat und ein hohes AusmaB an Unsicherheit sowohl hinsichtlich der Rahmenbedingungen der Transaktionen als auch hinsichtlich des (mogllcherweise opportunistischen) Verhaltens des Recyclingpartners gekennzelchnet. Die in diesen Fallen als gunstig erachtete Internalisierung der Transaktionskosten in die Unternehmenshierarchie ist jedoch bei idealtypischen Ruckstandstransaktionen fur Recyclingzwecke aufgrund der Branchenvielfalt der bei VenA/ertungsnetzen beteiligten Unternehmen kaum durchfuhrbar. Liegt ein derartiges simultanes Markt- und Hierarchieversagen vor, so bietet sich fur die zwischenbetriebliche Ruckstandsverwertung noch die Quasi-lnternalisierung durch langfristige Vertrage an. Die Principal-Agent-Theorie beschaftigt sIch nun mit der Frage, wie solche Vertrage zu gestalten sind, urn opportunistisches Verhalten des Transaktlonspartners mogllchst zu vernneiden. Kooperationsbeziehungen zwischen Recyclingpartnern konnen sowohl durch vertragllche Regelungen (Normen) als auch durch Anreizsysteme gestaltet werden, wobei der Interessensangleichung durch nicht monetare Anreize, wie der wechselseitigen Abstimmung der Produktions- und Recycllngprozesse oder der gemeinsamen Weiterentwicklung der Technologien eine besondere Rolle zukommen durfte. Die Ansatze der Neuen Institutionenokonomie treffen damit allerdings noch keine Aussage, wie die Zusammenarbeit innerhalb eines ganzen Verwertungsnetzes funktioniert, das aus einer Vielzahl solcher dyadischen Interorganisationsbeziehungen besteht. Das Konzept autopoietischer selbstreferenzieller Systeme hebt die Loglk der Entscheidungsfindung innerhalb von Organlsationen, hier innerhalb industrieller VenA/ertungsnetze, hervor:^^^ Entscheidungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten basieren einerseits stets auf Eigen- und Fremderwartungen, generieren andererseits neue EnA^artungshaltungen, die wiederum nachfolgende Entscheidungen beeinflussen. Diesem Ansatz zufolge flieBen Umwelteinflusse nur indirekt uber die Wahrnehmungen der Netzwerkakteure in die systemkonstituierenden Entscheidungen ein. Den Netzwerkakteuren wird damit zwar ein hohes MafB an Planungs- und Entscheidungskompetenz zugestanden, die rekursive Geschlossenheit der begrenzt rationalen Entscheidungen kann allerdings leicht zur Entwicklung und Aufrechterhaltung unrealistischer Netzwerkidentitaten fuhren.
^^' Vgl. Kap. 3.2.3.
150
3.5.3 Verwertungsnetze als nur indirekt plan- und steuerbare Gebilde In mehreren theoretischen Ansatzen wird betont, dass die Ablaufe und Funktionen in komplexen Systemen nicht durch direkte Eingriffe gesteuert werden konnen, sondern dass sich die Planung und Steuerung des Systems Verwertungsnetz lediglich auf die indirekte Beeinflussung der dem System inharenten Mechanismen beschranken muss. Die direkten Entscheidungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten werden hingegen in dezentralen Entscheidungsarenen getroffen. Diesbezugilcin wird im Garbage-can-Modell^^^, das Entscheidungen in Organisationen thematisiert, ein interessantes Bild gezeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Entscheidungstrager in den Netzwerkunternehmen nur sporadisch recyclingrelevanten Fragestellungen widmen, ruckstandsbezogene Probleme nicht immer sofort gelost werden, aber auch, Losungsmoglichkeiten entstehen, fur die es noch gar kein passendes Problem gibt. Entscheidungen fur die zwischenbetriebliche Ruckstandsverwertung sind demnach stets davon abhangig, ob die richtigen Personen, Probleme und Losungen zu geeigneten Entscheidungsgelegenheiten zusammentreffen oder nicht. Unter diesen Umstanden konnen industrielle VenA/ertungsnetze nur noch als indirekt plan- und steuerbare Gebilde bezeichnet werden. Die kybernetische Systemtheorie thematisiert die laufenden Steuerungsprozesse in industriellen VenA/ertungsnetzen.^^^ Hier wird konstatiert, dass eine mechanistische Planung und Steuerung des nicht-trivialen bzw. komplexen Systems Ven^/ertungsnetz nicht moglich ist. Die Stabilitat des Systems wird vielmehr durch autonome Steuerungsprozesse auf Basis positiver oder negativer Ruckkoppelung aufrechterhalten. Eine Planung und Steuerung des Systems Verwertungsnetz ist nur bedingt moglich, vorausgesetzt die systemtheoretisch-kybernetischen GesetzmaBigkeiten und Tatbestande werden berucksichtigt. So lassen sich bestimmte Wirkungszusammenhange eines kybernetischen Systems in Modellen analysieren und darstellen, wahrend andere, Insbesondere jene, die sich auf das menschliche Verhalten beziehen, nicht quantitativ erfasst und simuliert werden konnen. Die Steuerung eines industriellen VenA/ertungsnetzes erfolgt nicht durch partielle Eingriffe, die aufgrund der Komplexitat des Systems uberraschende und unenA^unschte Folgen nach
^^^ Vgl.Kap. 3.1.3. ^^^ Vgl. Kap. 3.2.2.
151
sich Ziehen konnen, sondern im Prinzip durch Optimierung der Systemkybernetik. Hierbei geht es darum, Regein und Normen fur die soziale Interaktion der Netzwerkmitglieder sowie fur den Aufbau und Ablauf der zwischenbetrieblichen Recyclingprozesse zu definieren, die selbstorganisierende Vorgange zur Ordnungsbildung im System VenA/ertungsnetz ermoglichen. Es geht weniger um die autogene, sondern primar um die autonome Selbstorganisation, bei der die Recyclingbeziehungen zwischen den Netzwerkpartnern selbstbestimmt entstehen und sich damit Aufbau und Struktur des Systems VenA/ertungsnetz ohne direkte Interventionen ergeben. Diese Sichtweise schlieBt die Existenz einer zentralen Institution, etwa in Form einer Verwertungsagentur, zwar nicht ganzlich aus, deren Planungs- und Steuerungskompetenz ist jedoch sehr eingeschrankt. Die zentrale Aussage des Selbstorganisationsansatzes lautet, dass nur Ven/vertungsnetze aller einfachster Art zentral geplant und konzipiert werden konnen, die Ordnungsbildung in komplexen Systemen hingegen stets durch Selbstorganisationsprozesse erfolgt. Auch im St. Gallener Ansatz des Evolutionaren Managements wird betont, dass sich soziale Systeme wie Unternehmungen bzw. Unternehmensnetzwerke aufgrund ihrer hohen Komplexitat und Dynamik einer Gestaltung und Lenkung durch direktes Einwirken weitgehend entziehen. Um ein industrielles Verwertungsnetz, d.h. ein komplexes System an Recyclingbeziehungen von hoher Varietat an Stoffen, Prozessen und Kompetenzen, zu kreieren, ist ausreichend Raum fur die zwischenbetrieblichen MaBnahmen zur Ruckstandsbewaltigung zu schaffen. In die inneren Funktionen und Ablaufe industrieller VenA/ertungsnetze darf jedoch nicht in „aktivistischer" Art und Weise direkt eingegriffen werden. In ahnlicher Weise wird im Munchener Ansatz gefordert, anstelle der bewussten Steuerung und Kontrolle dezentrale „Entscheidungsarenen" zu schaffen, in denen die Akteure eines Verwertungsnetzes dezentral an ihren jeweiligen Kontext angepasste Losungen der uberbetrieblichen Ruckstandsverwertung entwickein konnen. Folgt man dem Evolutionsansatz von McKelvey und Aldrich,^^ so kommt es darauf an, dass die Netzwerkakteure sich das Wissen und die Fahigkeiten anelgnen, mit derartig komplexen Systemen zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsven/vertung umzugehen. Je schneller sie erkennen, welche Kompetenzen hiefur erforderllch sind und sich diese auch aneignen, desto eher wird sich das
^^ Vgl. Kap. 3.3.2.
152
jeweilige Verwertungsnetz im Selektionsprozess durchsetzen und langfristig bestehen konnen.
3.5.4 Verwertungsnetze als nicht plan- und steuerbare Gebilde SchlieBlich gibt es noch Ansatze, die industrielle Verwertungsnetze als nicht plan- und steuerbare Gebilde darstellen. So lautet die Idee der autogenen Selbstorganisation, dass Ordnung in einem komplexen, dynamischen System durch dessen Eigendynamik von selbst, d.h. ohne bewusste menschliche Planung entsteht. Von industriellen Ven/vertungsnetzen als autogen selbstorganisierenden Gebllden kann bei diesem Ansatz folglich nur dann gesprochen werden, wenn es keine Institution gibt, die sich mit der Planung und Koordination der zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten beschaftlgt, sondern die VenA/ertungsbeziehungen zwischen den Netzwerkunternehmen vielmehr aus der Eigendynamik und inneren Logik des Verwertungsnetzes heraus entstehen. Zu einer ahnlichen Aussage kommt die Kontingenztheorie, die nicht die Entscheidungsfindung, sondern die Struktur einer Organisation in den Vordergrund stellt. Es wird davon ausgegangen, dass Systeme, bzw. Organlsationen wie etwa industrielle Verwertungsnetze, sich stets in Abhangigkeit von ihrer systemrelevanten Umwelt entwickeln. Der funktionelle Aufbau eines VenA/ertungsnetzes ist demnach situativ bedingt und passt sich stets an veranderte Umweltbedingungen an. Diese Annahme der Determiniertheit des Systems Verwertungsnetz von dessen Umwelt lasst keinen Raum fur eine selbstbestimmte Planung und Steuerung des VenA^ertungsnetzes. Eine ahnliche SIchtweise wird im Population-Ecology-Ansatz vertreten. Organlsationen werden hier grundsatzlich als trage eingestuft, sie konnen sich nur langsam und innerhalb eines engen Rahmens wandeln. Aus dieser Annahme der gerlngen Anpassungsfahigkeit folgt, dass die Akteure eines Verwertungsnetzes nicht in der Lage sind, dieses in hinreichender Geschwindigkeit zu planen, zu entwickeln und zu steuern. Kommt es aufgrund knapper Ressourcen zu einem „struggle for existence", so kommt es zu einem Selektionsprozess, den nur jene Populationen an industriellen VenA^ertungsnetzen uberleben, die sich bereits vergleichsweise gut an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst haben.
153
4. Verwertungsnetze und nachhaltige Entwicklung Bislang wurde nur nach theoretischen Erklarungs- und Begrundungsansatzen fur das Zustandekommen und die Funktionsweise industrieller VenA/ertungsnetze gesucht. Dabei blieb das Ziel der Verwertungsnetze weitgehend ausgeklammert, bzw. wurde das Ziel der Netzwerke auf das zwischenbetriebliche Recycling von Ruckstanden reduziert. Zwischenbetriebliche Verwertungsaktlvitaten erfolgen in Hinblick auf die Erreichung ubergeordneter Ziele, wie etwa dem betriebswirtschaftlichen Ziel der Erzielung von Gewinnen und der langfristigen Bestandssicherung der Unternehmung. In letzter Zeit, nicht zuletzt angeregt durch die Veroffentlichung zu den Grenzen des Wachstums,^^^ hat das Konzept der nachhaltigen Entwicklung, das primar auf eine langfristige Sicherung der Existenzgrundlagen der
Menschheit fokussiert, an Bedeutung ge-
wonnen. In diesem Kapitel soil daher das Phanomen industrieller VenA/ertungsnetze vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitskonzeptes analysiert werden. Dazu wird eingangs das Konzept der nachhaltigen Entwicklung beschrieben, wobei auf die unterschiedlichen Implikationen auf gesamtwirtschaftlicher und auf betriebswirtschaftlicher Ebene eingegangen wird. In weiterer Folge wird untersucht, inwieweit industrielle VenA^ertungsnetze in Richtung nachhaltigkeitsorientierter Unternehmensnetzwerke weiterentwickelt werden konnen. Es wird ein Konzept fur Nachhaltigkeitsnetzwerke vorgestellt und mogliche Kooperationsfelder fur iiberbetriebliche MafBnahmen zur Forderung der nachhaltigen Entwicklung beschrieben. AbschlieBend wird noch auf die Frage der okologieorientierten Bewertung dieser MafBnahmen eingegangen.
4.1 Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung - eine Annaherung Das zentrale Dokument, auf dem das Konzept der nachhaltigen Entwicklung beruht, ist der Abschlussbericht der World Commission for Environment and Development (WCED) aus dem Jahr 1987, der nach der Vorsitzenden der Kommission, der damaligen norvyegischen Ministerprasidentin Gro Harlem Brundtland,
auch als Brundtland-Bericht bezeichnet wird.^^® Diese zentrale
Stellung, die dieser Bericht einnimmt, kann wohl dadurch gerechtfertigt werden,
^^^ Vgl. Meadows 1973. ^^^ Vgl. World Commission on Environment and Development 1987.
155
dass die Kommission von der Generalversammlung der UNO einen offiziellen Auftrag erhalten hatte, „ein weltweites Programm des Wandels" zu formulieren, mjt dem in einer langfristigen Perspektive Strategien zur Losung der Umweltprobleme entwickelt und hierfur Moglichkeiten zur Zusammenarbeit von Landern in verschiedenen Phasen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung aufgezeigt werden sollten.^^'' Zudem war der Brundtland-Bericht die Grundlage fur die Einberufung der UN-Konferenz uber Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahr 1992.^^® Bei dieser Konferenz wurde das Aktionsprogramm Agenda 21 formuliert,^^^ mit dem fur die internationale Volkergemeinschaft eine verbindliche und umfassende politische Zielbestimmung erfoigte.^° Die zentrale Definition des Brundtland-Berichtes lautet: „Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs."^^ Wahrend diese Formullerung nach wie vor sehr oft zitiert wird, finden die direkt an diese Definition anschlieBenden Erganzungen, die das Aniiegen des Brundtland-Berichtes konkretisieren, deutlich seltener Berucksichtigung: "It contains within it two key concepts: the concept of 'needs', in particular the essential needs of the world's poor, to which overriding priority should be given; and the idea of limitations imposed by the state of technology and social organization on the environment's ability to meet present and future needs. Thus the goals of economic and social development must be defined in terms of sustainability in all countries - developed or developing, market oriented or centrally planed. Interpretations will vary, but must share certain general features and must flow from a consensus on the basic concept of sustainable development and on a broad strategic framework for achieving it."^"^^
537
Vgl.Busch 2 0 0 1 , 8 . 5 6 .
538
Vgl. Leal Filho 2000, S. 10-11.
539
Agenda 21: agens = das, was zu tun ist; folglich Agenda 21 = Aktionsprogramm fur das 21. Jahrhundert; vgl. Muller-Christ2001bb, S. 540. Der Deklaration haben 179 Staaten zugestimmt; vgl. Majer 1998, S. 218. World Commission on Environment and Development 1987, 8. 43. World Commission on Environment and Development 1987, 8. 43.
156
Es wird dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung weitere Komplexitat verliehen, indem hier die Forderung nach der Erhaltung der Grundlagen fur die Bedurfnisbefriedigung zukunftiger Generationen direkt mit der Forderung nach Befriedigung der Grundbedurfnisse der Armsten der Welt in Verbindung gebracht wird. Es wird „explizit und unmissverstandiich deutlich gennacht, dass auch und insbesondere intragenerative Zusanfimenhange und Problemstellungen ein zentrales Element darstellen".^^ Tatsachlich wurde bislang in sehr vielen wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der nachhaltigen Entwicklung der Teilaspekt der intergenerationellen Gerechtigkeit und die damit elnhergehende Forderung der Schonung der naturlichen Umwelt behandelt und konkretisiert, der Aspekt der intragenerationellen Gerechtigkeit weitgehend vernachlassigt.^"^ Diese selektive Auseinandersetzung mit der Frage nach der Erhaltung der naturlichen Lebensgrundlage zukunftiger Generationen hatte zwar den Vorteil, dass es fur den Umgang mit der naturlichen Umwelt bereits recht klare Vorstellungen und Grundsatze gibt,^"^^ wahrend die Ziele und Prinzipien der okonomischen und sozialen Nachhaltigkeit noch nicht einheitlich spezifiziert und abgegrenzt sind.^^ Dennoch sollte darauf geachtet und auch immer deutlich gemacht werden, dass hierbei nur ein Aspekt der nachhaltigen Entwicklung nach dem Verstandnis der Brundtlandkommission herausgegriffen wird.^'^'^ In den letzten Jahren hat sich verstarkt das Nachhaltigkeitsverstandnis durchgesetzt, wonach bei der nachhaltigen Entwicklung drei Dimensionen zu berucksichtigen sind: der Schutz der naturlichen Umwelt, die Wahrung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfahigkeit und die Berucksichtigung sozialer Aspekte. So versteht der Rat von Sachverstandigen fur Umweltfragen das Konzept der nachhaltigen Entwicklung als Leitbild in Hinblick auf die Gesamtentwicklung der Gesellschaft, in das neben dem Ziel einer dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung auch eine okonomische und eine soziale Dimension zu integrieren sei: „Es geht darum zu lernen, auBerordentlich komplexe Wirkungsgefuge, wie sie nicht nur okologische Systeme, sondern ebenso auch moderne okonomische und soziale Systeme darstellen, in vertretbarer Weise miteinander zu vernetzen und so zu einem funktionsfahigen Ganzen zu machen. Es geht um Integrationsleistungen, die letztllch nur uber ein Leitbild sicherzustellen sind, das die
^^ ^ ^^ ^ ^^
Busch 2001, S. 57; vgl. auch Vornholz 1998, S. 24ff. Vgl. Dingier 2003, S. 221. Vgl. Kap. 4.1.1. Vgl. Busch 2001,8.91. Vgl. Busch 2001,8.58.
157
fundamentalen Uberlebens- und Entwicklungsbedingungen dieser Gesellschaft durchgangig prasent halt."^"^® Nachhaltige Entwicklung ist demnach nicht mehr mit hochstmoglichem Umweltschutz gleichzusetzen, die okologische Ressourcenfrage wird vielmehr aus ihrer Isolierung herausgeholt und als unabdingbarer Bestandteil in die Frage der gesellschaftlichen Gesamtentwicklung integriert. Nacli diesem umfassenden Verstandnis des Naciihaltigkeitsbegriffes sind also neben den okologischen stets auch die okonomischen und sozialen Wirkungen einer bestimmten Entwicklung zu berucksichtigen.^"^^ „Die Formulierung ,gemischter' Aussagesysteme, d.h. Modelle, in denen natur- und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse komplementar zueinander in Beziehung gesetzt werden, sind unabdingbar, wenn menschliche Gestaltung und deren Verantwortung in der Nachhaltigkeitsdebatte nicht zu einem unreflektierten Biologismus verkummern sollen."^^° Die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat sich sogar fur eine Gleichrangigkeit der drei Nachhaltigkeitsdimensionen Okologie, Okonomie und Soziales ausgesprochen.^^^ Demnach gibt es keine Rangfolge zwischen den drei Nachhaltigkeitsdimensionen, die es rechtfertigen wurde, eine Dimension als Hauptbedingung herauszuheben und die beiden anderen lediglich als Nebenbedingungen zu berucksichtigen.^^^
Rat von Sachverstandigen fiir Umweltfragen 1996, 8. 51. Vgl. etwa Majer 1996, S. 88-90; Becker/Jahn 2000, S. 67ff.; Blattel-Mlnk/Kastenhoiz 2000, S . I lift. Schutz 2001, S. 209; vgl. auch Turner/Pearce 1992. Vgl. Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" 1998, S. 32. Im Gegensatz unterscheiden Pfelffer und Walther zwischen vier Modellen nachhaltiger Entwicklung: Im Model! 1 erfolgt der erwahnte Interessensausgleich, d.h. die drei Saulen werden als gleichberechtigt erachtet. In den Modellen 2 bis 4 wird Jewells eine der drei Nachhaltigkeitsdimensionen als Basis alien Lebens erachtet, auf die die beiden anderen Dimensionen aufbauen; vgl. hierzu PfeifferA/Valther 2003, S. 448-449.
158
Abb. 16:
Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit^^^
Es mussen stets die Wechselbeziehungen und Wechselwirkungen zwischen den drei gleichrangigen Dimensionen ermittelt und beachtet werden. So ist ein HochstmaB an Umweltschutz, das zum Kollabieren der Wirtschaft und zu sozialen Unruhen fiihrt, ebenso wenig nachhaltig wie ein hohes Wirtschaftswachstum, das auf Kosten der Umweit oder unter Inkaufnahme sozialer Ungerechtigkeiten erreicht wird. Die simultane Berucksiciitigung der drei Nachhaltigkeitsdimensionen fuhrt jedoch zum Problem einer erschwerten Operationalisierbarkeit des Konzeptes.^^ Ein einfaches, aber kaum Jiinreichendes Model! zu Erklarung der Zusammenhange zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen Ist das Schnlttmengenmodell.^^^ Dabei werden jene Entwicklungen bzw. MafBnahmenbereiche hervorgehoben, bei denen es zu positiven Effekten auf alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen kommt. Schlagworte wie „Gewinn durch Umweltschutz", „Umweltschutz durch Wirtschaftwachstum", „Soziale Verbesserung durch Wirtschaftswachstum", „Soziale Verbesserung durch Umweltschutz" lassen auf positive kausale Zusammenhange zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen schlieBen. Obwohl es bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzeptes sicher zweckmaBig ist, ein Augenmerk auf solche Zielkongruenzen zu legen, ist es dennoch nicht zu leugnen, dass ein Spannungsfeld zwischen den drei Dimensionen besteht, das nicht einfach wegdefiniert werden kann. MaBnahmen, die
^^^ Eigene Darstellung, in Aniehnung an Schaltegger/Dyllick 2002 S. 31. ^^ Vgl. auch Kap. 4.2. ^^^ Vgl. hierzu Fichter 1998, S. 3-26; Muller-Christ 2001 bb, S. 555-556.
159
auf eine der Nachhaltigkejtsdimensionen ausgerichtet sind, konnen sehr wohl auch negative Wirkungen auf die beiden anderen Dimensionen haben. Daher ist ein Abwagen verschiedener Gesichtspunkte, bei dem den Besonderheiten der drei Nachhaltigkeitsdimensionen Rechnung getragen wird, wohl unvermeidlich. Hier besteht aber die Gefahr, dass die Idee der Gleichwertigkeit der drei Nachhaltigkeitsdimensionen dazu missbraucht wird, „Zlelsetzungen der anderen beiden Dimensionen zu neutralisieren, falls der okonomische Gewinn nicht zu garantieren ist."^^^ Dennoch scheint es wenig befriedigend, Nachhaltigkeit wieder auf Umweltschutz zu reduzieren, oder den Begriff des nachhaltigen Wirtschaftens einfach mit Begriffen wie verantwortliches oder zukunftsfahiges Wirtschaften zu ersetzen. Bei Ersterem werden Teilbereiche ausgeklammert, nur weil sie schwer zu operationallsieren sind, bei Letzterem wird ein vager Begriff durch einen anderen vagen Begriff ersetzt. Auch scheint es nicht zweckmaBig, das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in mehr als drei Dimensionen zu unterteilen, wie dies etwa von Seager/Thels gefordert wird.^^'' Das krampfhafte Suchen nach Definitionen und Operationalisierungen fur das komplexe Konzept der Nachhaltigkeit ist zudem mit der Gefahr verbunden, von der dringend notwendigen Durchsetzung von MaBnahmen zur nachhaltigen Entwicklung abzulenken.^^® Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung setzt vielmehr ein neues Weltbild und Wertesystem und damit auch ein neues Selbstverstandnis der Wissenschaft^^^, voraus.^^° Es geht darum, ein allgemeines Bewusstsein zu schaffen, dass eine nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise die Verpflichtung jedes Einzelnen zur Vorsorge fur das Wohlergehen der Mitmenschen einschlieBlich der nachkommenden Generationen beinhaltet. Das Individuelle Handein, aber auch das gesellschaftliche System muss sowohl zeit-
Lubke2003, S. 108 Seager/Theis fordern eine Unterteilung der okologischen Dimension in eine thermodynamische Dimension, eine okologische Dimension, die auf strukturelle Eingriffe in Okosysteme Bezug nimmt (ecological) und eine weitere okologische Dimension, die Umweltbeeintrachtigungen durch Emissionen beinhaltet; vgl. hierzu Seager/Theis 2004, S. 866868. Vgl. Graap 2001,8.320. Hier wird insbesondere auf die Notwendigkeit transdisziplinarer Prozesse, im Sinne der Uberschreitung der Wissenschaftsgrenzen hin zu Gesellschaft, hingewiesen; vgl. etwa Boschen 2000, S. 47ff. sowie das Konzept transdisziplinarer Fallstudien von Scholz/Tietje 2002. Aus dieser Sicht treffen auch die in wissenschaftlichen Publikationen haufig geauBerten Von/vurfe der Unscharfe, Mehrdeutigkeit und WiderspriJchJichkeit der Definitionsbemuhungen, aber auch jener der konsensfahigen Leerformel bei gleichzeitigem inflationaren Gebrauch ins Leere. Fur diesbezugliche Zitate siehe Streinz 1998, S. 451 ff.; vgl. auch Muller-Christ 2001 bb, S. 541.
160
lich als auch raumlich verallgemeinerbar sein, ohne die Lebensgrundlagen und Chancer! zur BediJrfnisbefriedung anderer durch Ausbeutung oder Ubernutzung naturlicher Ressourcen zu beeintrachtigen.
4.1.1 Prinzipien fur eine nachhaltige Entwicklung Fur die Konl
561
Vgl. WCED 1987, S. 45ff sowie Pearce/Turner 1990; Daly 1990; Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" 1994, S. 32 und 1998, S. 46; darauf aufbauend beispielsweise Bundesumweltministerium/Umweltbundesamt 2001, S. 123-126; Miiller/ Christ2001b, 3.551-552.
161
4. Das ZeitmaB anthropogener Eintrage bzw. Eingriffe in die Umwelt muss in einem ausgewogenen Verhaltnis zum ZeitmaB der fur das Reaktionsvermogen der Umwelt relevanten naturlichen Prozesse stehen. 5. Gefahren und unvertretbare Risiken fur die menschliche Gesundheit durch anthropogene Einwirkungen sind zu vermeiden.^^^ Diese Prinzipien sInd auf die langfrlstige Erhaltung der naturlichen Lebensgrundlagen ausgerichtet und lassen sich als Bestands- und Qualitatszlele einstufen, da sie auf die quantitative und qualitative Erhaltung von Umweltgutern bzw. Ressourcen abzielen.^®^ Die ersten drei Regein beinhalten quantitative Zlele in Hinblick auf die Begrenzung des Einsatzes von Ressourcen und der Emission von Schadstoffen, wahrend die letzten beiden auf qualitative Kriterien abzielen. Die Natur wird hier als „naturllches Kapital" verstanden, das zur Bedurfnisbefriedlgung sowohl der lebenden als auch der zukunftigen Generationen dient. Solange sich Menge und Qualitat des „naturlichen Kapitals" im Laufe der Zelt nicht verringern, bleibt jedenfalls gewahrleistet, dass die gegenwartlgen Aktivitaten die Chancen zukunftiger Generationen nicht beeintrachtigen.^^"^ In den ersten beiden Regein wird die mengenmaBige Erhaltung der naturlichen Ressourcen thematisiert. Der in der ersten Regel formulierte Grundsatz, dass bei erneuerbaren Ressourcen, d.h. bei nachwachsenden Rohstoffen (Blomasse), nicht mehr entnommen werden darf, als in der gleichen Zelt nachwachst, 1st schon seit langem aus dem Jagd- und Forstwesen bekannt.^^^ Das betriebswirtschaftliche Kalkul der Substanzerhaltung ist in diesen Bereichen offensichtllch rational, um die langfrlstige Wirtschafts- bzw. Lebensgrundlage aufrechtzuerhalten. So Ist etwa berelts in eInem altagyptischen Gesetz die Bestimmung enthalten, dass Wachtein nicht im April gefangen werden durfen, da dies den Bestand der ganzen Art gefahrden konnte.^^®
^^^ Als weiterer, wenn auch untergeordneter Punkt wird noch die Erhaltung der Artenvlelfalt und der Schonheit von Natur und Landschaft genannt; vgl. Enquete-Kommission 1998, S. 46. ^^^ Unter dem Begrlff Ressourcen sind hier Stoffe und Energie zusammengefasst. Ob die Bestandsziele aus einer anthropozentrischen, theozentrischen, biozentrischen oder rein okonomischen Grundhaltung resultieren, ist hier von sekundarer Bedeutung und wird nicht welter diskutiert. ^^ Vgl. Van Dieren W. 1995 (Hrsg.), 8. 105-106. ^^^ Vgl. Strebel/Posch 2004, S. 8 ^
Vgl. Muller-Christ 2001b, S. 561.
162
Wahrend im Fall nachwachsender Rohstoffe dieses Prinzip der Nachhaltigkeit leicht verstandlich ist, kommt es be! nicht regenerativen Ressourcen durch jeden Verbrauch einer solchen Ressource definitionsgemaB zu einer Verringerung des Vorratsbestandes. Wurde Nachhaltigkeit durch die Wahrung des absoluten Vorrates an den verschiedenen, nicht emeuerbaren Ressourcen deflnlert, so wurde daraus zwingend folgen, dass deren Entnahme auf Null reduziert werden nnuss. Strebel zeigt ferner, dass auch ein Generationenvertrag, bei dem sich jede Generation verpflichtet, nur einen Tell des noch vorhandenen Vorrates an erschopfbaren Ressourcen zu verbrauchen, unbrauchbar ist.^^^ Einen Ausweg aus diesem Dilemma zeigt die zwelte Regel, die auf die Moglichkeit der Substitution einzelner Ressourcen durch andere hinweist. Substituierbarkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Funktionen, die einzelne Ressourcen zur Bedurfnisbefriedigung erfullen, moglichenA/eise auch von anderen erfullt werden konnen. Die zugrundeliegende Idee lautet also, dass unter der Voraussetzung, dass eine dauerhafte Substitution zwischen zwei Ressourcen moglich ist, der Bestand der einen Ressource verringert werden kann, wenn gleichzeitig der Bestand der anderen Ressource im gleichen AusmaB erhoht wird. Die Moglichkeiten zur Bedurfnisbefriedigung bleiben in diesem Fall zumindest theoretisch ~ vollstandig erhalten. Wenn man noch den technischen Fortschritt berucksichtigt, der zur Effizienzsteigerung bei der Nutzung der Ressourcen fuhrt, so kann die Abnahme des Bestandes einer Ressource sogar durch eine geringere Zunahme der anderen Ressource kompensiert werden. Es geht also nicht um die absolute Erhaltung des Bestandes an bestimmten Ressourcen, sondern um die Erhaltung von Funktionseinheiten zur potentiellen Bedurfnisbefriedigung. Die Annahme der dauerhaften Substituierbarkelt von Ressourcen stoBt jedoch in der Realitat sehr schnell auf Grenzen. Ressourcen erfullen namlich in der Regel nicht nur eine einzige Funktion, sondern stellen ganze Funktionsbundel dar und bieten damit mehrere Nutzungsmoglichkeiten. Belspielsweise dient Erdol nicht nur als Brennstoff, sondern findet in der Petrochemie ein sehr breites Anwendungsspektrum. Daruber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass Ressourcen zukunftig auch noch weitere, heute unbekannte Funktionen erfullen konnen, fur die es dann moglicherweise keine Substltu-
^^^ Strebel1997, S. 15.
163
tionsmoglichkeiten gibt.^^^ Aufgrund dieser Multifunktionalitat vieler naturlicher Ressourcen ist die Moglichkeit deren vollstandigen und dauerhaften Substitution durch andere Stoffe kaum zu gewahrleisten. Ein weiteres Argument gegen die Annahme der dauerhaften Substituierbarkeit naturlicher Ressourcen bezieht sich auf allfallige Wirkungsbeziehungen zwischen verschiedenen naturlichen Substanzen in einem Okosystem. Die Substitution einer Substanz mit einer anderen kann zu unvorhersehbaren Storungen des Okosystems fuhren. Zur Unslcherheit hinsichtlich zukunftlger Nutzungsmoglichkeiten kommt also noch die Unslcherheit uber die okosystemaren Wirkungszusammenhange. Zudem sind die Praferenzen zukunftlger Generationen grundsatzlich unbekannt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese sich von den heutigen wesentllch unterschelden. Bedenkt man nun, dass der Ressourcenverbrauch zumeist Irreversibel ist, so kann wohl kaum ausgeschlossen werden, dass es durch den Verbrauch Oder die Ausrottung bestimmter Ressourcen zu unwiederbringlichen Beeintrachtigungen der Moglichkeiten zur Bedurfnisbefriedigung zukunftlger Generationen kommen kann. Die Annahme der vollstandigen und dauerhaften Substituierbarkeit von Ressourcen wird durch die Kombination von Unslcherheit und Irreversibilitat massiv eingeschrankt. Aus der okonomischen Perspektive ist eine nachhaltige Entwicklung dann gegeben, wenn die Moglichkeiten zur Bedurfnisbefriedigung und damit die Moglichkeiten zu Einkommenserzielung und Konsum kontinuierlich steigen oder zumindest nicht abnehmen.^^^ Die Pramisse der Substituierbarkeit einzelner Ressourcenarten, die bereits aus dem Bereich der okologischen Nachhaltigkeit hinsichtlich des Umgangs mit nicht erneuerbaren Rohstoffen bekannt ist, wird hier noch erweitert. Es wird namlich nicht nur die Substitution nicht erneuerbarer Ressourcen durch erneuerbare zugelassen, sondern auch die von naturlichen Ressourcen (Naturkapital) durch kunstliches Realkapital sowie Humankapltal. Diesbezuglich wird von einer ,starken' und einer ,schwachen' Nachhaltigkeit gesprochen:^''^ Wahrend bei der ,starken' Nachhaltigkeit ausschlieBlich der Bestand an naturlichen Ressourcen bzw. deren Funktionen berucksichtigt wird, werden im Konzept der ,schwachen Nachhaltigkeit' auch Substitutions-
Beispielsweise sind fur die Nahrungsmittelproduktion nur relativ wenige Pflanzenarten erforderlich, wie sich jedoch das Aussterben bestimmter Pflanzenarten auf das Okosystem auswirkt und ob sich zukunftig nicht gerade diese Pflanzen als geeignetes Heilmittel fur bestimmte Krankheiten herausstellen konnten, ist ungewiss; vgl. Geisendorf et al. 1998, 8. 168-169; Busch 2001, 8. 62-63. Vgl. Pearce/Atkinson 1993, 8. 64. Vgl. etwa Busch 2001, 8. 51.
164
moglichkeiten mit von Menschen gemachtem Kapital zugelassen, d.h. die zu erhaltenden Moglichkeiten zur Bedurfnisbefriedigung konnen entweder aus naturlichem oder aus kunstlichem Kapital resultieren. Somit konnen die zukunftigen Generationen fur den Verzehr naturlicher Ressourcen in Form von Sachkapital entschadigt werden. Es geht ausschlieBlich darum, dass der Lebensstandard aufrechterhalten werden kann oder anders ausgedruckt die gesellschaftliche Wohlfahrt uber einen beliebig langen Zeitraum nicht eingeschrankt wird. Als Erfolgskriterium wird hierbei nicht die absolute Hohe des Wohlstandes, sondern der stetige Wohlstandsvermehrungsprozess, d.h. das Wirtschaftswachstum, venA/endet.^^^ Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung wird damit jenem des Wirtschaftswachstums gleichgesetzt,^''^ was aus mehreren Grunden berechtigtes Unbehagen auslost.^''^ Es gelten die Bedenken, die aufgrund der Unsicherhelten und Irreversibilitaten gegen die Substituierbarkeit nicht erneuerbarer Ressourcen durch erneuerbare geltend gennacht wurden, in einem noch verstarkten AusmaB gegen die Annahme der vollstandigen und dauerhaften Substituierbarkeit naturlicher Ressourcen durch kunstliches Kapital. Beispielsweise kann der Erholungswert einer Naturlandschaft oder zumlndest einer naturnahen Kulturlandschaft, etwa eines Waldes, wohl kaum mit jenem kunstlichen Realkapitals, etwa eines Vergnugungsparks, verglichen werden. Zudem fuhrt gerade ein stetiges Wirtschaftswachstum zur laufenden Erhohung des Ressourcenverbrauchs, zumindest wenn man von der unrealistischen Annahme einer volligen Entkoppelung der Entwicklung der anthropogen verursachten Stoff- und Energiebewegungen vom Wirtschaftswachstum absieht. So konnen beispielsweise Verrlngerungen des Ressourcenverbrauchs pro Produkteinheit, die von manchen Unternehmen in nicht unerheblichem AusmaB erreicht werden, durch die Zunahme der Produktionsmenge uberkompensiert werden, sodass der absolute Ressourcenverbrauch weiterhin steigt.^^"^ Ernst Ulrich von l/1/e/zsac/cerformuliert zum Spannungsverhaltnis zwischen Wirtschaftswachstum und Ressourcenschonung treffend: „Nachhaltige Entwicklung, verstanden als der moglichst
^^^ Vgl. Muller-Christ 2001b, S. 546; Serageldin 1996, S. 3-4. ^^^ Auch im Brundtland-Bericht wird noch vom Erfordernis der Belebung des Wirtschaftswachstums ausgegangen, ohne auf die damit verbundenen negativen Wirkungen auf die naturliche Umwelt naher einzugehen, vgl. World Commission on Environment and Development 1987, S. 49ff. ^^^ Vgl. etwa Vornholz 1993, S. 119. ^^"^ Vgl. Muller-Christ 2001b, S. 544.
165
schonende Umgang mit den naturlichen Grundlagen unseres Wohlstands, um Entwicklung auf lange Sicht zu gewahrleisten, ist per definitionem eine okonomische Notwendigkeit; meint man mit Entwicklung jedoch die gegenwartige Verlaufsform des Wirtschaftswachstums, handelt es sich bei diesem Begriff um einen Widerspruch in sich."^''^ In ahnlicher Weise spricht sich auch Hermann Daly gegen den Begriff des nachhaltigen Wachstums aus: „Since the human economy is a subsystem of a finite global ecosystem which does not grow, even though it does develop, it is clear that the growth of the economy cannot be sustainable over long periods of time. The term 'sustainable growth' should be rejected as a bad oxymoron."^''^
4.1.2 Nachhaltigkeit auf betrieblicher Ebene Wahrend bisher das Konzept der nachhaltigen Entwicklung von einer gesamtgesellschaftllchen Perspektive betrachtet wurde, soil in diesem Kapitel auf die moglichen Implikationen des Konzeptes auf einzelne Unternehmungen eingegangen werden. Das Nachhaltigkeitsthema kann fur Unternehmen sowohl aus ethischen Grunden als auch strategischen Uberlegungen relevant sein. Wahrend Erstere eine bewusste Ausrichtung der Unternehmensaktivitaten an Grundwerten Impllzieren, wird bei den strategischen Uberlegungen auf eine erhohte Produktivitat und Effizienz, eine verbesserte Legitimation und Akzeptanz bei wichtigen Stakeholdergruppen, eine Verringerung von Risken und Unsicherhelten sowie auf die Generierung von Markt- und Innovationschancen abgezielt.^^^ Die gesellschaftllchen Nachhaltigkeitsprinzipien sind jedoch nicht direkt auf Unternehmen
ubertragbar.^''®
Unternehmungen
uben
ihre
konstitutive
Geschaftstatlgkeit grundsatzlich mit dem Ziel aus, Gewinn zu enA/irtschaften und damit den Unternehmensbestand zu sichern. Durch diese Tatigkeit konnen jedoch auch negative Wirkungen auf die naturllche Umwelt sowie auf die Gesellschaft hervorgerufen werden, die den Nachhaltigkeitsprinzipien widersprechen. Daher mussen fur eine nachhaltige Ausrichtung eines Unternehmens primar die jeweiligen okologischen und sozialen Wirkungen der Unternehmens-
^^^ Daly 1990, S. 1-2. ^^ Vgl. Bieker et al. 2001, S. 19-20; Tschandl 2003, S. 10-11. ^^^ Vgl. Lemser 2004, S. 46.
166
tatigkeit analysiert und MafBnahmenbereiche identifiziert werden, urn diese zu verringern.^^^ Die Nachhaltigkeitsziele auf Unternehmensebene orientieren sich damit zwar an den sozialen und okologischen Nachhaltigkeitsfragen der Gesellschaft, werden jedoch unter Berijcksichtigung der Wirkungen der jeweiligen konstitutiven Unternehmenstatigkeit erst in individuelle Unternehmensziele transformiert. Anders ausgedruckt geht es darum, ,»den okologischen und sozialen ,FuBabdruck' des Unternehmens [...] zu reduzieren, indem die Okoeffizienz [...] und die Sozioeffizienz verbessert werden."^®° Unter Okoeffizienz wird der Quotient aus okonomischer Wertschopfung und okologischer Schadschopfung, d.h. der Inanspruchnahnne der naturlichen Umwelt, verstanden.^®^ Analog dazu wird die Sozioeffizienz durch das Verhaltnis zwischen der okonomischen Wertschopfung und den negativen sozialen Wirkungen der Unternehmenstatigkeit ausgedruckt.^®^ Hier ist jedoch zu berucksichtigen, dass weder fur naturliche noch fur soziale Systeme relative Wirkungen in Bezug auf die Wertschopfung, sondern stets absolute Wirkungen ausschlaggebend sind. Die Oko- und Sozioeffizienz als betriebliches Zielkriterium beinhaltet namlich die Gefahr, dass die Zunahme der Produktionsmengen die durch die Effizienzstelgerung erreichte relative Verringerung der negativen okologischen und sozialen Wirkungen uberkompensiert. Dies kann beispielsweise dadurch passieren, dass aufgrund einer erhohten Okoeffizienz nicht nur der Ressourcenbedarf pro Outputeinheit sinkt, sondern auch die spezifischen Herstellungskosten. Damit fuhrt die hohere Okoeffizienz zu einer Preisreduktion und damit tendenziell zu einer hoheren Absatzund Produktionsmenge (Rebound-Effekt).^®^ Betriebliche Nachhaltigkeit bedeutet also auch, Verbesserungen in Hinblick auf die Oko- und Sozioeffektivitat
Wahrend die okologischen Prinzipien der geselischaftiichen Nachhaltigkeit bereits so ausformuliert sind, dass aus ihnen auch auf Unternehmensebene weltgehend Ziele und Ma3nahmen ableitbar sind, bedarf es noch einer klaren Definition der sozialen Nachhaltigkeitsprinzipien. Die okonomischen Prinzipien der geselischaftiichen Nachhaltigkeit sind hingegen fur die nachhaltlge Ausrichtung von Unternehmen wohl von untergeordneter Bedeutung. Einerselts steht das Konzept der okonomischen Nachhaltigkeit auf Gesellschaftsebene an sich auf einem sehr schwachen Fundament und andererselts ist die Gewinnerzielung, und damit die langfristige okonomische Bestandssicherung und ..Wertschopfung" ohnedies das Fundamentalziel jeglicher wirtschaftlicher Aktivitaten von Unternehmungen. Dyllick 2003, S. 237. Vgl. Schaltegger/Sturm 1992, S. 209-211. Sowohl bei der Okoeffizienz als auch der Sozioeffizienz stoBt man jedoch auf das Problem der schwierigen Quantiflzierung okologischer und sozialer Wirkungen; vgl. hierzu auch Kap. 4.2.3. Vgl. Korhonen 2003a, S. 28-29; Cerin 2004, S. 309.
167
zu erreichen, d.h. auch das absolute Belastungsniveau, das durch die jeweilige Unternehmenstatigkeit verursacht wird, zu verringern.^^'*
Geseilschaftliche Nachhaitigkeit Soziale Prinzipien
Okologische Prinzipien
Okonomische Prinzipien
• 1 1
Betriebliche 1 Nachhaitigkeit
i Konstitutive Unternehmenstatigkeit
Okologische Wirkungen
^ w
„Wertsch6pfung"
„OkoEffektivitat"
—•
1
Soziale Wirkungen „SozioEffektivitaf
— • O k oeffiz ienz A— w
Abb. 17:
Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher und betrieblicher Nachhaitigkeit
Aus dieser Darstellung geiit auch klar hervor, dass die Integration aller drei Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung zwar im Sinne eines integrierten Managementansatzes, bei dem das Umwelt- und Sozialmanagement mit dem konventionellen okonomisch ausgerichteten Management zusammengefuhrt werden, begruBenswert ist, aber die Forderung eIner Gleichrangigkeit der drei Dimensionen auf Unternehmensebene rein theoretischer Natur ist.^®^ VIelmehr Ist die okonomische Effektivitat eIner Unternehmung, d.h. das Erreichen eines mogllchst guten wirtschaftllchen Ergebnisses, ohnedies systemimmanenter Kerninhalt der jeweillgen konstitutiven Unternehmenstatigkeit.^®^ Die okonomische Herausforderung des Nachhaltigkeitskonzeptes kann sich fur ein Unternehmen somit lediglich auf die Verbesserung der betrieblichen Oko-Effizienz und Sozio-Effizienz bezlehen.^®^ Aus einzelwirtschaftlicher Sicht geht es also darum, die negativen okologischen und sozialen Auswirkungen in ihrer absoluten Hohe zu verringern (okologische und soziale Dimension der Nachhaltig-
Vgl. Dyllick 2003, 8. 237. Fur derartige Forderungen vgl. etwa Haasis 2004, S. 35. Vgl. St6rmer2001,S. 16. Vgl. Schaltegger/Kleiber/Muller 2003, S. 332.
168
keit) und dies moglichst effizient zu machen (okonomische Dimension der Nachhaitigkeit). Auf betrieblicher Ebene ist foiglich Nachhaltigkeit prinzipiell keine untemehmerische Leit- oder Elementarzielsetzung im Sinne von Zielinhalten wie Unternehmenserfolg oder Existenzsicherung, sondern ein sich sehr dynamisch entwickelnder Teil des untemehmerischen Bedingungsgefuges, der von verschiedenen Anspruchsgruppen an das Unternehmen herangetragen wird.^«« An diesem Ansatz lasst sich naturlich kritisieren, dass die Wurzein der Probleme (z.B. Konsumgewohnheiten und Lebensstile) nicht berucksichtigt und somlt die geltenden Grundlagen des Wirtschaftssystems eher zementiert als weiterentwickelt werden.^®® Diesenn Argument kann allerdings nur auf gesellschaftlicher, nicht auf einzelwirtschaftlicher Ebene Rechnung getragen werden, da es wohl nicht in der Verantwortung eines Unternehmens liegen kann, Konsumgewohnheiten und Lebensstile zu verandern. Diesbezuglich weist Cerin mit Recht darauf hin, dass es Interventionen der offentlichen Hand bedarf, „[...] making fimris considering wider perspectives, focusing on ,not only how they produce, but what they produce'."^^° Nachhaltigkeitsorientierte MaBnahmen in Unternehmen, d.h. also MaBnahmen zur Verbesserung der Oko- und Sozio-Effektivitat und -effizienz, konnen auf unterschiedlichen Handlungsebenen getroffen werden, wobei jede Handlungsebene einen anderen Kontext mit unterschiedlichen ZielgroBen darstellt.^^^ So konnen die okologischen und/oder sozialen Wirkungen einzelner Bereiche oder Prozesse, eines gesamten Betriebes bzw. einer Organisation oder eines Produktsystems entlang der Wertschopfungskette („von der Wiege bis zur Bahre") im Vordergrund stehen. Je nach Handlungsebene sind mit der Planung und Durchfuhrung der nachhaltigkeitsorientierten MaBnahmen einzelne Abteilungen, Unternehmensbereiche, die gesamte Unternehmung oder aber sogar mehrere Unternehmen - etwa innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes - befasst. So konnen beispielsweise Prozessverbesserungen weitgehend isoliert von der Produktionsabteilung umgesetzt werden, wahrend etwa eine okologieorientlerte Produktentwicklung zumindest die Zusammenarbeit mehrerer Ab-
^ Vgl. Lemser 2004, S. 46-49. ^^ Vgl. Stormer 2001, S. 78-79. ^^ Cerin2004, 8.310. ^^' Vgl. Dyllick 2003, S. 240.
169
teilungen, wenn nicht sogar mehrerer Unternehmen entlang der Wertschopfungskette erfordert. Im Folgenden werden die Ansatze des Umwelt- und Sozialmanagements auf betrieblicher Ebene kurz dargestellt, bevor in Kap. 4.2. darauf eingegangen wird, welche Rolle das Konzept der nachhaltigen Entwicklung fur Unternehmensnetzwerke hat bzw. haben kann. 4.1.2.1 Betriebliches Umweltmanagement Das betriebliche Umweltmanagement ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend zu einer selbstverstandlichen Managementaufgabe geworden.^®^ Unter Umweltmanagement wird dabei nicht das Management der Umwelt, sondern das Management der betrieblichen Umweltbeziehungen verstanden. Das bedeutet, „das soziale System Unternehmen so zu fiihren, dass es in einem Uberlebensgleichgewicht mit der naturlichen Umwelt existieren kann."^^^ Mit anderen Worten geht es darum, ein ausgewogenes Verhaltnis zwischen den okonomischen Wertschopfungszielen und den okologischen Zielen zum Schutz der naturlichen Umwelt herzustellen. Ahnlich dem Qualitatsmanagement ist inzwischen auch das betriebliche Umweltmanagement international normiert. Mit der im August 1996 verabschiedeten Norm ISO 14001ff wurde ein weltweit gultiges Verfahren zur kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes festgelegt.^^"^ Diese Norm, die sich In mehrere Einzelnormen gliedert, stellt keine direkten Forderungen in Bezug auf die tatsachliche Umweltschutzleistung des einzelnen Unternehmens, sondern enthalt lediglich Forderungen in Hinblick auf die systematische Anwendung von Umweltmanagementmethoden, mit dem Ziel, einen audltierbaren kontinuierlichen Verbesserungsprozess einzuleiten und aufrechtzuerhalten. Innerhalb der Europaischen Union kommt daruber hinaus die EG-Oko-Audit-Verordnung (EMAS)^^^, die sich inhaltlich weitgehend mit der ISO 14000-Normenserie deckt,^^® zur Anwendung.
592
Schaltegger/Kleiber/Muller 2003, S. 332.
593
Muller-Christ2001b, S. 4. ISO bedeutet 'International Organization for Standardization'. EMAS bedeutet 'Environmental Management and Audit Scheme'. Der bedeutendste inhaltliche Unterschied zwischen der ISO 14000 - Normenserie und der EMAS-Verordnung besteht darin, dass letztere eine Veroffentlichungspflicht einer betrieb-
170
Kontinuierliche Verbesserung
Abb. 18:
Modell des Umweltmanagementsystems der ISO 14001ff.^^^
Grundlage eines betrieblichen Umweltmanagementsystems 1st die betriebliche Umweltpolitik, in der ein Untemehmen seine grundlegenden Vorstellungen, Ziele und Handlungsleitlinien zum Umweltsciiutz festlegt. Ausgehend von der Mindestforderung nach Einhaltung der einschlagigen Gesetze hat sich das Unternehmen zur kontinuierlichen Verbesserung der betrieblichen Umweltleistung zu verpflichten. Aufbauend auf die Umweltpolitik hat die Planung der betrieblichen Umweltaktivitaten zu erfolgen. Hierzu ist es erforderlich, einerseits den Ist-Zustand zu erfassen und andererseits operationale Umweltschutzziele zu formulieren. Fur Ersteres sind etwa betriebliche Stoff- und Energiestrome zu analysieren, wichtige Umweltaspekte und allfallige Schwachstellen zu identifizieren und potentielle MaBnahmenbereiche festzulegen. Bei Letzterem ist darauf zu achten, dass Zielinhalt und -ausmaB eindeutig und messbar festgelegt, ein zeitlicher Bezug hergestellt und die Verantwortlichkeiten zugewiesen werden. Das Ergebnis der Planung ist ein betriebliches Umweltprogramm, das bei alien zukunftigen relevanten Entscheidungen im Unternehmen Berucksichtigung zu finden hat. Die festgelegten MaBnahmen und Verfahren mussen in
lichen Umwelterklarung vorsieht. Zur genaueren Gegenuberstellung der beiden Regelwerke vgl. etwa Mijller-Christ 2001b, S. 202-204. Quelle: ISO 14001.
171
der jeweiligen betrieblichen Organisationsstruktur verankert und dessen Umsetzung durch die befugten und verantwortlichen Stellen dokumentieil werden. Als Kommunikations- und Dokumentationshilfsmittel dient hierbei ein Umwelthandbuch, entweder in Papierform oder elektronisch im Intranet des Unternehmens. Ein wesentlicher Aspekt bei der Implementierung des Umweltprogramms ist daruber hinaus eine entsprechende Schulung der Mitarbeiter, einerseits urn ein Problembewusstsein zu erreichen, andererseits urn das erforderliche Fachwissen uber die Zusammenhange und Umweltauswirkungen der betrieblichen Tatigkeiten aufzubauen. Die Ergebnisse der umgesetzten MaBnahmen sind laufend zu kontrollieren, urn notigenfalls KorrekturmaBnahmen einleiten zu konnen. Diese Erfolgskontrolle kann anhand mehr oder weniger aggregierter Kennzahlen, etwa in Aniehnung an die Systematik der ISO 14031,^^® erfolgen.^^^ In einem Umweltaudit durch externe Auditoren kann ermittelt werden, ob das betriebliche Umweltmanagementsystem den Anforderungen der ISO 14001 bzw. der EMAS entspricht. Die Ergebnisse des Umweltaudits sind der Geschaftsleitung des Unternehmens mitzuteilen, die durch regelmaBige Management-Reviews die Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit des Umweltmanagementsystems in Hinblick auf den angestrebten kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu uberprufen hat. 4.1.2.2 ^Corporate Social Responsibility" In den letzten Jahren ist, nicht zuletzt aufgrund von Menschenrechts-, Umweltund Finanzskandaien, die Debatte urn die soziale Verantwortung von Unternehmungen verstarkt gefuhrt worden. Im Jahr 2001 veroffentlichte der Europaische Rat ein Grunbuch uber europaische Rahmenbedingungen fur die soziale Verantwortung von Unternehmen, in dem das Ziel formuliert wurde, „eine Debatte uber neue Wege der Forderung der sozialen Verantwortung von Unternehmen anzuregen und die Akteure zu sensibilisieren".^°° In starkem Kontrast zum haufig zitierten Satz von Milton Friedman: „The social responsibility of business Is to increase its profits."^°\ wird in diesem Grunbuch unter Corporate Social Responsibility (GSR) „im Wesentlichen eine freiwillige Verpflichtung der Unternehmen, auf eine bessere Gesellschaft und eine saubere
^®® In der ISO 14031 „Umweltleistungsbewertung" wird zwischen Umweltleistungskennzahlen, Umweltmanagementkennzahlen und Umweltzustandsindikatoren unterschleden. ^^^ Vgl. hierzu auch Kap. 4.2.3. ®°° Europaische Kommission 2001, S. 25.
172
Umwelt einzuwirken", verstanden.^°^ Im Begriff der CSR wird also der verantwortliche Umgang mit der naturlichen Umwelt und dem gesellschaftlichen Umsystem einer Untemehmung subsummiert. Parallel dazu hat sich mittlerweile der Begriff .Corporate Citizenship' etabliert, worunter zumeist als ein uber die gewohnliche Geschaftstatigkeit hinausgehende gesellschaftliches Engagement von Unternehmen, vor allem gegenuber unmittelbaren externen Anspruchsgruppen, aber auch in allgemein gesellschaftspolitischen Belangen, verstanden wird.^°^ Ahnlich definieren Dyllick und Hockerts .Corporate Social Sustainability': „Socially sustainable companies add value to the communities within they operate by increasing the human capital of individual partners as well as furthering the societal capital of these cummunities. They manage social capital in such a way that stakeholders can understand its motivations and can broadly agree with the company's value system."^°^ Hier soil in weiterer Folge eine klare Abgrenzung zwischen dem betrieblichen Umweltmanagement (bzw. der okologischen Verantwortung) und der sozialen Verantwortung eines Unternehmens getroffen werden. Als Abgrenzungskriterium wird festgelegt, dass alle direkten Wirkungen eines Unternehmens auf Menschen dem Bereich der sozialen Verantwortung, hingegen alle Wirkungen auf die naturliche Umwelt und damit nur indirekt auf Menschen dem Bereich des betrieblichen Umweltmanagements zugeordnet werden. Dennoch werden beide Wirkungskategorien dem Nachhaltigkeitskonzept zugeordnet, da „sich der Handlungsspielraum einer nachhaltigen Entwicklung aus der Tragfahigkeit oder den Grenzen der Belastbarkeit naturlicher und gesellschaftlicher Systeme ergibf.^^^ Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte der Corporate Social Responsibility kurz skizziert, wobei festzustellen ist, dass die Relevanz der einzelnen Aspekte von Branche zu Branche unterschiedlich \s\:^^
^^ Europaische Kommission 2001, S. 5. ®°^ Vgl. Europaische Kommission 2001, 8. 28. Dyllick/Hockerts 2002, S. 134. et al. 2001, ^^ KopfmiJiier Kopfmulleretal. 2 0 0 1 , S. 8 . 449. 9. ^°® Einen guten Uberblick uber die die verschiedenen Aspekte sozialer Verantwortung von Unternehmen bietet das International Business Leaders Forum: http://www.csrforum.org.
173
Soziale Verantwortung entlang des Produktiebenszyklus: Hierbei geht es in erster Linie urn die Einhaltung der Menschenrechte als fundamentale Prinzipien, die jedem Indlviduum die Freiheit zusprechen, ein wurdiges Leben zu fuhren - frei von Misshandlung und frei im Ausdruck seiner Uberzeugungen.
Alle
Unternehmen,
insbesondere
transnationale
Konzerne, habe die Verantwortung, die Menschenrechte innerhalb ihrer unternehmerischen Tatigkeit, aber auch in ihrem Umfeld innerhalb der Wertschopfungskette, zu wahren. Wichtige Herausforderungen sind hierbei unter anderem die Einhaltung von Arbeitsrechten auf alien Wertschopfungsstufen,^^'' eIn verantwortliches Verhalten bei Unternehnnensaktivitaten in Diktaturen und Regionen mit bewaffneten Konflikten sowie die Wahrung der Rechte indigener Volker. Management der ,Humanressourcen': Mitarbeiter und ihr know-how und Konnen sind sogar in kapitalintensiven Branchen einer der wertvollsten Ressourcen eines Unternehmens. Eine hoch motivierte Belegschaft ist produktiver und damit auch okonomisch vorteilhaft. Wichtige Aspekte eines verantwortungsvollen Umganges mit den tatsachlichen und potentiellen Mitarbeitern betreffen die Behandlung von alteren Arbeitnehmem, Frauen, Arbeitnehmem aus anderen Kulturen, Mitarbeitern mit alternativer sexueller Orientierung sowie von Personen mit korperlicher oder geistiger Behinderung. Zudem ist die Ausbildung der Mitarbeiter unter dem Motto eines lebenslangen Lernens innerhalb und auBerhalb des Unternehmens ein wichtiger Faktor der Personalentwicklung. SchlieBlich geht es noch um die regionale Verantwortung eines Unternehmens: Dabei ist nicht nur die direkte Erhohung der regionalen Wertschopfung und die Schaffung von Arbeitsplatzen gemelnt. Vielmehr konnen auch durch einen intensivierten Dialog mit der regionalen Verwaltung und Politik, durch Kultursponsoring oder durch eine verstarkt lokal orientierte Beschaffungspolitik etc, wichtige Impulse fur die Entwicklung des regionalen Unternehmensumfeldes gegeben werden.
607
Dazu gehoren insbesondere das Recht auf gewerkschaftliche Zusammenschlusse, die Rechte der Kinder (auf Basis der UN Convention on the rights of the child und der ILO Empfehlung Nr. 190), das Recht auf akzeptabie Arbeitsbedingungen (ILO Ubereinkommen Nr. 155) sowie die Freiheit von erzwungener Arbeit (ILO Ubereinkommen Nr. 29).
174
4.2 Vom industriellen Verwertungsnetzwerk zum Nachhaltigkeitsnetzwerk Nachdem bislang das Konzept der nachhaltigen Entwicklung vor einem gesamtgesellschaftlichen und einem betrieblichen Hintergrund diskutiert wurde, wird in diesenn Kapitel der Frage nachgegangen, inwieweit Nachhaltigkeit als Ziel von Untemehmensnetzwerken dienen kann. In diesem Zusammenhang stellt sich naturlich sofort die Frage, unter welchen Bedingungen industrielle Verwertungsnetze zu Untemehmensnetzwerken fur eine nachhaltige Entwicklung, d.h. zu industriellen Nachhaltigkeitsnetzwerken, werden konnen. Hinsichtlich der Bedeutung von Untemehmensnetzwerken fur eine nachhaltige Entwicklung herrscht in der Literatur weitgehend Einigkeit. So stellt Sinding test, dass FIrmen ihren engen intra-organisatlonalen Ansatz uberwinden mussen, urn signifikant zur Erreichung des Zieles einer nachhaltigen Entwicklung beitragen zu konnen.^^^ Auch Liedtke/Rohn stufen nachhaltlgkeitsorientierte Unternehmenskooperationen als besonders wichtig ein: „Kooperationen unter dem Aspekt der nachhaltigen Entwicklung eriangen deshalb eine groBe Bedeutung, well Kooperationsbeziehungen den Strukturwandel In Richtung nachhaltige Entwicklung Innerhalb von Produktiinien und Regionen unterstutzen k6nnen."®°® Kirschten stellt in ahnlicher Weise test: „Unternehmensnetzwerke als eine Form untemehmensubergreifender Kooperation konnten ein geelgneter Ansatzpunkt sein, die groBe Herausforderung nachhaltigen Wirtschaftens eher zu bewaltigen; aus globaler Perspektive konnten sie ein wichtiger ,Pflasterstein' auf dem Weg einer nachhaltigen Entwicklung sein."^^° Auch im Konzept der „Nachhaltlgkeitsinseln" wird eine verstarkte Vernetzung der regionalen Produktionseinhelten gefordert.®^^ Mittlen/velle beschaftigt sich ein ganzer Wissenschaftszweig, namlich ,Industrial Ecology' (IE), damit, wie die negatlven okologischen Wirkungen der Industrie durch inter-organisationale Zusammenarbeit verringert werden konnen. So stellen Boons und Baas test, dass das Industrial-Ecology-Konzept „essentially
^"'^ Vgl. Sinding 2000, S. 79-91. ^°® Liedtke/Rohn 2003, S. 598. ®^° Kirschten 2003, S. 172. ®^^ In diesem Konzept wird die nachhaltige Entwicklung von Regionen in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt -veranschaulicht mit dem Bild von ,Nachhaltigkeitslnseln im Meer der noch groRtenteils nicht nachhaltigen okonomischen Entwicklung'; vgl. Narodoslawsky 2001, S. 229-231.
175
calls for an integrated approach towards the environmental effects of industrial processes, rather than aiming at the reduction of the effects of separate industrial processes. An implication of this perspective is that the organizations responsible for the processes that are subject to this integrated approach should somehow coordinate their activities."®^^ Roome sieht in der Bildung von Netzwerken eine Moglichkeit, mit dem 'Meta-Problem' der nachhaltigen Entwicklung umzugehen. Fur ihn ist ein Netzwerk eine "meta-textual organization, which seeks to address the meta-problem of sustainable development, through the multiple interactions arising from a highly networked inter- and intra-organizational fabric".®^^ Harris und Pr/fc/7arc/stellen sogar fest, dass ein "regional IE network has the potential to provide an umbrella for any sustainability or resource efficiency Initiatives in the area".®^"^ Im Folgenden wird daher der Versuch unternommen, Nachhaltlgkeitsnetzwerke zu definieren urn dann in weitere Folge auf mogliche Aktions- bzw. Kooperatlonsfelder Innerhalb solcher Netzwerke eingehen zu konnen, bzw. wie aus einem Industriellen VenA/ertungsnetz ein ,Nachhaltigkeitsnetzwerk' entstehen kann.
4.2.1 Definition eines Nachhaltigkeitsnetzweri^es Ein Nachhaltigkeitsnetzwerk wird hier als ein lokales oder regionales System frelwilliger, aber organisierter Kooperationen zwischen verschiedenen Stakeholdern, die eine gemelnsame Vision der nachhaltigen Entwicklung teilen, definiert.®^^ Wie im Schichtenmodell fur Nachhaltlgkeitsnetzwerke in Abbildung 19 ersichtlich ist, kann zwischen drei Ebenen unterschieden werden. Auf der wichtigsten Ebene, der Stakeholder-Ebene in der Mitte des Bildes, wird die Interaktion zwischen den Stakeholdern als wichtiger Ausgangspunkt von Nachhaltlgkeltsnetzwerken, sowohl in temporarer als auch in logischer Hinsicht, in den Mittelpunkt gestellt. Nur auf Basis der Interaktion zwischen den Stakeholdern kann eine gemeinsame Vision einer nachhaltigen Entwicklung, die durch die oberste Ebene symbolisiert wird, generiert werden. Nur wenn diese Vision entwickelt und kommuniziert wurde, wird es zu konkreten MaBnahmen
®^^ Boons/Baas 1997, S. 79. ^'^ Harris/Pritchard 2004, 8. 99. ®^^ Vgl. hierzu Posch 2004b und 2005.
176
bzw. Kooperationen zwischen den Netzwerkunternehmen kommen. Die untere Ebene des Bildes stellt schlieBlich mogliche Kooperationsfelder fur eine interorganisationale Zusammenarbeit innerhalb eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes dar. Hier ist festzustellen, dass in der Abbildung die Visionsebene und die Kooperationsebene nicht direkt miteinander verbunden sind; vielmehr ist die Stakeholderebene dazwischen. Das bedeutet, dass es wiederum der Interaktion zwischen den Stakeholdern bedarf, urn die normative Ebene der gemeinsamen Vision einer nachhaltigen Entwicklung in konkrete MaBnahmen bzw. Kooperationen zu transformieren.
177
Gemeinsame Vision
Stakeholder-1 nteraktion
Z
Entwicklung nachhaltiger Produkte
Prozessverbesserung ^ und -integration
Recycling von RuclKstanden Interorganisationales Lernen
geteilte soziale Verantwortung Kooperationsfelder
Abb. 19:
Schichtenmodell fCir Nachhaltigkeitsnetzwerke
Im Unterschied zu vielen Darstellungen industrieller Verwertungsnetze wird hier der Schwerpunkt auf die Interaktion zwischen den Stakeholdern gelegt. Im Mittelpunkt des Schichtenmodells industrieller Nachhaltigkeitsnetzwerke steht
178
nicht mehr die Verwertung von Ruckstanden,^^^ sondern die Interaktion der Stakeholder, die auf Basis einer gemeinsamen Vision fur eine nachhaltige Entwicklung kooperative MaBnahmen, wie etwa zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten, ergreifen. Unter Stakeholder, Im Schichtennnodell in der mittleren Ebene dargestellt, werden Personen oder Personengruppen verstanden, die im Kontext der (nachhaltigen) Entwicklung eines Systems, z.B. einer Region oder einer Organisation, Interessen verfolgen oder deren Interessen verletzt werden. Diese Definition unterscheidet sich maBgeblich von der ursprunglichen Version des Stanford Research Institutes, wonach Stakeholder als „those groups without whose support the organization would cease to exist" definiert werden, kommt aber der von Freeman enA/eiterten Definition nahe, wonach „any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the organization's objectives" als Stakeholder bezeichnet wird.^^'' Wesentlich ist auch der Umstand, dass Stakeholder nur Personen oder Personengruppen sein konnen, niemals aber Institutionen an sich, denn Interessen konnen nur von Personen verfolgt bzw. Entscheidungen nur von Personen bzw. Personengruppen getroffen werden. Die Teilnahme an einem Nachhaltigkeitsnetzwerk ist freiwillig, da eine verpflichtende Mitglledschaft offensichtlich kontraproduktiv ware.^^® Hier stellt sich die Frage, welche Grunde es fur eine Teilnahme an einem Nachhaltigkeitsnetzwerk gibt: Einerseits konnen einfache okonomische Grunde fur die Teilnahme sprechen, wenn durch die interorganisationalen Aktivitaten nicht nur okologische oder soziale Ziele erreicht werden, sender auch Kosten reduziert Oder zusatzliche Eriose generlert werden. Belspielsweise basieren die Recyclingbeziehungen in Industriellen Verwertungsnetzen weitestgehend auf okonomischen Vorteilen monetarer Art oder in Form einer erhohten Entsorgungsbzw. Versorgungssicherheit der Recyclingpartner.^^^ Andererseits kann es aber
616
Vgl. etwa die Abbildung eines industriellen Okosystems von Korhonen 2004, S. 814. Freeman 1984, S. 31,46. Selbstverstandlich konnen in manchen Fallen gesetzliche Regeiungen notwendig sein, die eine Koordination oder sogar Kooperation verschiedener Akteure erzwingen. D.h., dass Kooperationen fur eine nachhaltige Entwicklung nicht jedenfalls freiwillig sein mussen. Das Konzept der Nachhaltigkeitsnetzwerke wird allerdings als organisatorischer Rahmen verstanden, innerhalb dessen Akteure ,proaktive' Kooperationsbeziehungen fur eine nachhaltige Entwicklung eingehen, die uber die reine Einhaltung von Gesetzen hinaus geht. Vgl. Kap. 5.
179
auch nicht bestritten werden, dass es nicht immer okonomische, okologische und soziale win-win-win-Situationen fur die beteiligten Stakeholder gibt. Das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung hat also auch mit einer ethischen Grundeinstellung, mjt der Ubernahme von Verantwortung gegenuber unseren Mitmenschen und Nachkommen zu tun.^^° In der Definition eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes wird ferner die Formulierung eines Netzwerkziels, einer Vision in Bezug zur nachhaltigen Entwicklung als zentrales, charakterisierendes Kriterium hervorgehoben. Hier ist festzustellen, dass Ziele von Unternehmensnetzwerken, d.h. erwunschte zukunftige Zustande, nicht a priori gegeben sind, sondern als solche erst festgelegt werden mussen. Dies setzt jedoch voraus, dass es innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes eine hierfur befugte Instanz gibt, sei es in Form einer Netzwerkagentur, eines dominierenden fokalen Unternehmens oder im anderen Extrem in Form der Gesamtheit aller Netzwerkpartner, die in einem gemelnsamen Willensbildungsprozess dieses Zielsystem festlegen. Hier wird der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Moglichkeit einer Verankerung eines Nachhaltigkeitsziels in einem Ven/vertungsnetz und der theoretischen Begrundung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze offensichtlich. Nur wenn ein Verwertungsnetz als ein zumindest bedingt planbares Gebllde verstanden wird,^^^ ist ein bewusster Zielbildungsprozess uberhaupt moglich. Je eher aber von einem Industriellen VenA/ertungsnetz als selbstorganisierendes System, das einer eigenen Logik unterliegt, ausgegangen wird, desto weniger plausibel ist die bewusste Implementierung eines Zielsystems fur ein VenA/ertungsnetz durch bestimmte Netzwerkakteure. Daruber hinaus stellt sich noch die Frage, inwieweit das sehr vage und unbestimmte Konzept der Nachhaltigkeit^^^ uberhaupt als Ziel eines Unternehmensnetzwerkes herangezogen werden kann. Nach dem ursprunglichen Verstandnis der Brundtland-Kommission deckt stellt das Konzept der nachhaltigen Entwicklung ein Leitbild fur die Gesamtentwicklung der Gesellschaft dar, das als Orlentierungshilfe dienen soil, aber auch innerhalb eines ,breiten strategischen Rahmens' verschiedene Definitionen zulasst. Es bietet weder eindeutige, operational Handlungsanleitungen, noch kann es ausschlieBlich anhand ein-
^'° Vgl. Ehrenfeld 2000, 8. 233. ''' Vgl. Kap.3.5. ^^^ Vgl. Kap.4.1.
180
facher linearer Ursache-Wirkungs-Zusammenhange operationalisiert werden.^^^ „Nachhaltige Entwicklung ist damit nicht ein definierter und damit ein determinierbarer Pfad, sondern als Entwicklungsprozess zu verstehen, der am Leitblld der Nachhaltigkeit ausgerichtet ist."^^"^ Hierbei ist das Leitbild der Nachhaltigkeit selbst ein ,moving target', dem man sich zwar appoximativ nahern, das man aber nicht erreichen kann.®^^ Nachhaltige Entwicklung ist demnach " [...] a form of ongoing inquiry",®^^ "[...] not a fixed state of harmony".®^'' Damit ist offensichtlich, dass die Vorstellung einer nachhaltigen Entwicklung nicht als operationales Ziel, sondern nur als Leitidee bzw. Symbolsystem fur ein Unternehmensnetzwerk dienen kann. Unter Symbolsystemen werden „komplexe Zeichensysteme verstanden [...], mit deren Hilfe [Netzwerk-]Akteure Realitat wahrnehmen, ihre Handlungen strukturieren und (insbesondere in der Koordlnation miteinander) Komplexitat reduzieren".®^® Gerade solche Symbolsysteme spielen aber in komplexen selbstorganisierenden Systemen als indirekte Steuerungsmechanismen eine besondere Rolle.^^^ Dass es sich dabei um kein prazises Zlelsystem, sondern nur um eine vage Orientierungshilfe handelt, kann durchaus auch positiv gewertet werden,®^° denn „[...] most important concepts are not subject to analytical precise definition - think of democracy, justice, welfare, for example. Important concepts are more dealectical than analytical [...]".®^^ In die selbe Kerbe schlagen auch Boons und Roome, wenn sie feststellen, dass "the concept of sustainable development [...] appeals to many people precisely because the 'openness' of the definition enables people to construct and contribute to the process of defining what sustainable development entails. This is its most important feature, because it enables actors who wish to work on the goal and process of sustainable development to be involved in discussions of what the concept means to the parties involved."^^^
Vgl. hierzu auch Schaffler (1996, S. 80), der betont, dass Nachhaltigkeitsziele nicht primar wissenschaftlich bestimmt und operationalisiert werden konnen. 624 625 626 627 628 629 630
St6rmer2001, S. 14; vgl. auch Enquete-Kommission 1998, S. 28. Vgl. Birke/Schwarz 1997, S. 192. Laws et al. 2002, S. 5. UN 1992, 8 . 9 . Schneidewind 2003, S. 137. Vgl. Kap. 3.2.2. Vgl. auch Gartner 2003, S. 105 Daly1996, 8. 2. Boons/Roome 2001, S. 53.
181
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung kann somit in Form eines Leitbildes als Symbolsystem fur ein Unternehmensnetzwerk, etwa fur ein Verwertungsnetz, richtungsweisend sein. Inwieweit es durch ein konkretes Zielsystem naher bestimmt wird, hangt massiv davon ab, ob das jeweilige Netzwerk bewusst geplant und gesteuert, oder eher als loser selbstorganisierender Unternehmensverbund gesehen wird.^^^ Jedenfalls ist zu berucksichtigen, dass die Leitidee einer nachhaltigen Entwicklung einerseits direkt oder indirekt das Handein der Netzwerkakteure beeinflusst, sobald sie als solche wahrgenommen wird, andererseits die Leitidee aber auch erst durch das Handein der Akteure konstituiert, stabilisiert und moglichenA/eise auch kontinuierlich verandert wird.®^"^ Hierfur ist es von untergeordneter Bedeutung, ob und wie detailliert die Leitidee einer nachhaltigen Entwicklung in Form von konkreten Zielen, Prinzipien und MaBnahmenbereichen naher bestimmt wurde. Als Definltionskriterlum fur ein Nachhaltigkeitsnetzwerk sollte daher statt eines gemeinsamen Zlelsystems („target") eher eine geteilte Leitidee bzw. Vision der Netzwerkmitglieder herangezogen werden.^^^ Demnach kann ein Unternehmensnetzwerk wie etwa ein industrielles Verwertungsnetz, dann als Nachhaltigkeltsnetzwerk bezeichnet werden, wenn es an der Leitidee der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet ist. D.h., der Begriff .Nachhaltigkeltsnetzwerk' steht eigentlich vereinfachend fur den Begriff ,nachhaltigkeitsorientiertes Unternehmensnetzwerk'. Im folgenden Kapitel werden potentielle MaBnahmenbereiche von nachhaltigkeitsorientlerten Unternehmensnetzwerken beschrieben, von denen im Allgemeinen angenommen werden kann, dass sie zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.^^^ In weiterer Folge wird anhand okologischer Bewertungsverfahren untersucht, welche Ansatze und Kriterien zur eindeutigen Abgrenzung ,nachhaltigen Handelns' bzw. ,nachhaltigen Wirtschaftens' herangezogen werden konnten und welche Probleme mit einer okologieorientierten Bewertung einhergehen.®^^
Diesbezuglich wird auch von ,ungerichteten Netzwerken' mit vage formulierten Zielen und ,gerichteten Netzwerken', die konkret gemeinsame Projekte vorbereiten und realisieren, gesprochen; vgl. St6rmer2001, S. 182. In Aniehnung an Giddens' Strukturationstheorie kann hier auch von einer Dualitat der Struktur gesprochen werden; vgl. Schneidewind 2003, 8. 138-139. Vgl. Posch 2004, 8. 229-242; 8trebel/Posch 2004 8. 13-14. 636 637
Vgl. Kap. 4.2.2. Vgl. Kap. 4.2.3.
182
4.2.2 Potentielle MaBnahmenbereiche nachhaltigkeitsorientierter Unternehmensnetzwerke Geht man davon aus, dass Nachhaltigkeit auf betrieblicher Ebene bedeutet, die Oko- und Sozioeffektivitat und -effizienz der jeweiligen Untemehmenstatigkeit zu verbessern,^^® so gilt es jetzt, jene MaBnahmenbereiche zu identifizieren, die auf uberbetrieblicher Ebene, d.h. innerhalb von Nachhaltigkeitsnetzwerken, ergriffen werden konnen, um die Oko- und/oder Sozioeffektivitat und -effizienz der Netzwerkunternehmen insgesamt zu verbessern. Dabei ist auch Augenmerk darauf zu legen, worin die Vorteile der uberbetrieblichen Zusammenarbeit im Vergleich zur rein innerbetrieblichen Problembewaltigung liegen konnen. Es kann nicht a priori davon ausgegangen werden, dass Unternehmungen jedenfalls an Kooperationen im Umwelt- und Sozialbereich interessiert sind. Vielmehr muss fur die Untemehmen ein offensichtlicher Nutzen aus der Beteiligung an einem nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensnetzwerk erkennbar sein, um die Transaktionskosten der zwischenbetrieblichen Kooperation rechtfertigen zu konnen. In der Kollaborationsforschung werden folgende allgemeine Faktoren genannt, die das Entstehen von Kooperationen beeinflussen:^^^ 1. Die betrieblichen okologischen und sozialen Wirkungen der jeweiligen Untemehmenstatigkeit mussen von moglichst vielen Unternehmungen als ernstes Problem bzw. sogar als Krise wahrgenommen werden. 2. Je vielschichtiger und komplexer dieses Problem ist, desto eher wird die Notwendigkeit einer kooperativen Losung wahrgenommen. 3. Auch wirkt es sich positiv auf die Kooperationsbereitschaft aus, wenn bisherige Losungsansatze im Rahmen kontroverser Auseinandersetzungen nicht zum Ziel fuhrten. 4. SchlieBlich konnen zunehmende Turbulenzen im politischen, sozialen und okonomischen Umfeld die Akteure dazu motivieren, Kooperationen einzugehen.
638 639
Vgl.Kap. 4.1.2. Vgl. Brockhaus 1996, S. 85-86.
183
Darijber hinaus wird auch die Wichtigkeit erkannt, einen Ausgleich zwischen den innerbetrieblichen okonomischen Interessen des Unternehmens und den auBerbetrieblichen okologischen und sozialen Interessen der verschiedenen Anspruchsgruppen, sprich Stakeholder, zu erzielen.^'^^ Dies impliziert die Notwendigkeit einer expliziten Planung und Gestaltung der Beziehung zu alien Stakeholdern,^"*^ wobei uberbetriebliche Kooperationen eine besondere Rolle spielen konnen. Neben diesen eher allgemeinen Motiven fur Kooperationen innerhalb eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes, gibt es aber noch eine Reihe von Faktoren, die in direktem Zusammenhang mit den jeweiligen uberbetrieblichen MaBnahmen stehen. Im Folgenden wird auf folgende potentielle Kooperationsfelder von Nachhaltigkeitsnetzwerken eingegangen: Ressourcenmanagement und zwischenbetriebliches Recycling, Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Prozesse, Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung, Gemeinsames Wahrnehmen sozialer Verantwortung, Interorganisatorisches Lernen und Wissensaufbau. 4.2.2.1 Ressourcenmanagement und zwischenbetriebliches Recycling Im Bereich der okologischen Nachhaltigkeit kommt der quantitativen und qualitativen Erhaltung naturlicher Ressourcen eine besondere Bedeutung zu.®"^^ Es geht darum, sowohl nachwachsende als auch erschopfbare Ressourcen nur in dem AusmaB einzusetzen, dass sie auch nachkommenden Generationen zur Bedurfnisbefriedigung zur Verfugung stehen. Gleichzeitig bedeutet Ressourcenschonung aber auch die qualitative Erhaltung der Umweltmedien, d.h. die Begrenzung der Schadstoffemissionen auf jenes MaB, das der naturlichen Regenerationsfahigkeit der Umwelt entspricht. Muller-Christ und Hulsmann sprechen in diesem Zusammenhang von einem dualen Erfolgsbegrlff eines nachhaltigen Managements: „Unternehmen werden in ihrer Nachhaltigkeits-
^
Vgl. Schaltegger 2003, S. 147.
^'
Vgl. Muller-Christ 2001b, S. 81.
^^ Vgl. Kap. 4.1.1.
184
berichterstattung zukunftig nicht nur berichten, wie viel Gewinn sie erreicht haben, sondern auch was sie fur die Erhaltung ihrer Ressourcenbasis getan haben."®"^^ Dabei legen die Autoren besonderen Wert auf die Feststellung, dass Nachhaltigkeit weder mit langfristigem Effizienzstreben gleichzusetzen ist, noch durch maximale Effizienz erreicht werden kann.^"^ Vielmehr geht es fur Unternehmen darum, die Eigengesetzlichkeiten ihrer Ressourcenquellen (Uberlebens- und Reproduktionsbedingungen) zu verstehen und in ihr unternehmerisches Enscheidungskalkul einzubeziehen. Nachhaltigkeit ist damit nicht mehr durch betriebliche Effizienz - auch nicht durch Oko-Effizienz - erreichbar. Analog zum Recource-Dependence-Ansatz^"^^ besteht ein Abhangigkeitsverhaltnis des offenen Systems Unternehmen von seiner Umwelt als Ressourcenquelle. Nur wenn die Ressourcenquelle langfristig besteht, kann auch das Unternehmen langfristig uberleben. Aus dieser Sichtweise folgt zwingend, dass nachhaltiges Management einer Rationalitat bedarf, die nicht an der Unternehmensgrenze Halt macht, sondern das Unternehmen als eingebetteten Teil eines Ressourcensystems sieht. Ressourcenmanagement ist damit nicht mehr betrieblich, sondern jedenfalls uberbetrieblich. Ein zentrales Instrument des Ressourcenmanagements ist das Recycling, da es durch die Ruckfiihrung von Produktions- und Konsumruckstanden in den industriellen Prozess der Leistungserstellung gleichzeitig zu einer Substitution naturlicher Einsatzstoffe sowie zu einer Verringerung der Abgabe von Ruckstanden an die naturliche Umwelt kommt.®"^® Recycling kann daher „die naturliche Umwelt in ihren okonomischen Funktionen als Lleferant naturlicher Ressourcen und als Aufnahmemedium fur Ruckstande entlasten".®"^^ In jenen Fallen, in denen Ruckstande nicht innerbetrieblich venA/ertet werden konnen, sollte nach Moglichkeiten gesucht werden, sie in Prozessen anderer Unternehmen einzusetzen, wobei die raumliche Nahe der Verwertungspartner ein wesentliches Kriterium darstellt.^"^® So wurde von Strebel/Schwarz/Schwarz in einer umfassenden empirischen Studie der Recyclingpraktiken der oster-
^^ Mulier-Christ/Hulsmann 2003, S. 255. ^
Vgl. hierzu Muller-Christ/Hulsmann 2003, S. 245-256.
^^ Vgl. Kap. 3.3.3. ^
Vgl. auch Kap. 2.1.4.2.
^^ Strebel 2003, S. 62; vgl. auch Kirchgeorg 2003a, S. 162. ^
Vgl. Sterr 2003a, S. 392.
185
reichischen Industrie^"^^ aufgezeigt, dass in der Papierindustrie das zwischenbetriebliche Recycling im Vergleich zu anderen Branchen besonders haufig durchgefuhrt wird.^^° Die Stein- und Keramikindustrie, insbesondere die Zementindustrie, hat aufgrund ihrer Hochtemperaturprozesse einen hohen Bedarf an thermischer Energie und damit ebenfalls ein groBes Potential, verschiedene Konsum- und Produktionsruckstande thernnisch zu venA/erten. Aber auch die stoffliche Verwertung von Ruckstanden spielt in der Zementindustrie eine nicht unbetrachtliche Rolle. So werden etwa Schlacken aus der elsenerzeugenden Industrie sowie Flugaschen aus kalorischen Kraftwerken dem Zement als Zuschlagstoffe beigemischt. Daruber hinaus fallt vor allem der Bereich der Verbrauchsguterindustrie durch eInen hohen Anteil an zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten auf. So 1st etwa in der Glasindustrie der Einsatz von Altglas vorteilhaft, da dadurch der spezifische Energiebedarf der Glaserzeugung deutlich reduziert werden kann. Auch in der holzverarbeitenden Industrie existieren bereits etablierte zwischenbetriebliche Recyclinglosungen, wie etwa die Brikettierung von Sagespanen oder deren Verkauf an die Spanplattenindustrie.®^^ Von der Nahrungs- und Genussmittellndustrie werden etwa Treber oder Moike an nahegelegene Landwirtschaftsbetriebe abgegeben. Steiner hat erstmals Innovative Moglichkeiten der VenA/ertung von Farbrestpulver aus der Kunststoffpulverbeschichtung im Rahmen der industriellen Oberflachenveredelung aufgezeigt.®^^ Hier spricht vor allem auch der hohe Produktwert des Ruckstands fur eine okonomisch sinnvolle WiedervenA/endung von funktionsfahigem Restpulver. Ein betrachtliches Recyclingpotential besteht auch im Bereich der industriellen Klarschlammverwertung, die entweder stofflich durch Kompostierung und anschlieBende VenA/endung im Landschaftsbau Oder thermisch zur Prozessenergiegewinnung erfolgen kann.^^^
Vgl. Strebel/Schwarz/Schwarz 1996. Zu dieser und den folgenden Ausfuhrungen vgl. Strebel/Schwarz/Schwarz 1996, S. 56-59. Vgl. hierzu auch Vorbach 1998, S. 225-229. Vgl. Steiner 1998, S. 273-286. So hat der Einsatz von Klarschlamm in der Zementindustrie nicht nur den Vorteil, dass fossile Brennstoffe substltuiert und damit die C02-Emissionen reduziert werden, sondern Verbrennungsruckstande direkt im Drehrohrofen zu Zementkllnker umgewandelt werden und dadurch Deponieraum geschont und der Abbau von Zementrohmaterial verringert wird. Selbstverstandllch sind sowohl bei der stofflichen als auch der thermlschen Ven/vertung von Klarschlamm die okologischen Auswirkungen im Einzelfall systematisch zu erfassen und zu beurteilen. Vgl. hierzu Posch 1998, S. 251-271.
186
Aus diesen Beispielen jst ersichtllich, dass uberbetriebliche Kooperationen in vielen Fallen zusatzliche Moglichkeiten eroffnen, Kuppelprodukte wieder einer sinnvollen Verwendung zuzufuhren, anstatt sie zu deponieren Oder in Mullverbrennungsanlagen zu entsorgen.®^"^ Das zwischenbetriebliche Recycling von Ruckstanden kann dabei entweder durch direkte Abgabe des Ruckstandes an das verwertende Unternehmen oder durch Abgabe an einen Altstoffhandler (Entsorgungsunternehmen) erfolgen. Eine allgemein gultige Beurteilung, welche der beiden Alternativen gunstiger ist, kann weder aus okononnischer noch aus okologischer Sicht getroffen werden. Tendenziell wird bei kleinen Mengen Oder bei gefahrlichen Abfallen, wie etwa bei Leuchtstoffrohren, der konzessionierte Altstoffhandel logistische Vorteile aufweisen, wahrend bei groBen Mengen einer bestimmten Ruckstandsart eher direkte Ruckstandsbeziehungen zwischen dem ruckstandsproduzierenden und dem -verwertenden Unternehmen sinnvoll sein werden. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, wie etwa fur Altpapier, fur das bereits ein funktionierender internationaler Markt existiert.^^^ Sterr weist zudem darauf hin, dass fur eine langfristige Ruckstandsverwertung innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes eine Redundanz von Verwertungsbeziehungen vorteilhaft ist.^^® Gibt es namlich in einem Verwertungsnetz fur eine Ruckstandsart nur eine Quelle oder nur eine Senke, so ist die netzinterne Verwertung nur so lange moglich, wie sie fur dieses Unternehmen die optimale Verhaltensstrategie blelbt. Fallt dieses Unternehmen aus, gibt es bei nicht redundanten
Verwertungsbeziehungen
innerhalb
des
Verwertungsnetzes
keinen Ersatz, wodurch die Systemstabilitat gefahrdet ware. Daher ist es gerade bei sehr kleinraumigen Netzwerken, wie etwa bei Eco-lndustrial-Parks auf Ebene eines einzelnen Industriegebietes, wichtig, den Kontext einer groBeren Industriereglon mit einzubeziehen. SchlieBlich muss festgestellt werden, dass das Recycling von Ruckstanden nur eine von mehreren Moglichkeiten zwischenbetrieblichen Umweltschutzes darstellt. Es Ist daher nahellegend, dass industrielle Verwertungsnetze ein weitaus groBeres Potential fur Kooperationen zur nachhaltigen Entwicklung haben. Vor
Vgl. auch Perl/Posch 2004, S. 669-672. Der Verband europaischer Papierhersteller CEPI (Confederation of European Paper Industries) hat sich gemeinsam mit dem Verband des Europaischen Altpapierhandels ERPA (European Recovered Paper Association) freiwillig dazu verpflichtet, die Wiederverwertung von Papier in Europa bis zum Jahr 2005 auf eine Reyclingquote von 56 % anzuheben; vgl. hierzu Verband der Finnischen Holzindustrle (Hrsg.) 2002, S. 9. Zu dieser und den folgenden Ausfuhrungen vgl. Sterr 2003a, S. 393.
187
allem ist zu bedenken, dass Recycling nur eine ,End-of-Pipe'-Losung darstellt, da nicht die Entstehung des Ruckstandes an sich verringert oder vermieden, sondern nur ein bereits entstandener Ruckstand einer VenA/ertung zugefuhrt wird.®^'' Im Folgenden wird daher insbesondere auf Moglichkeiten integrierter zwischenbetrieblicher Umweltschutzaktivitaten in industriellen VenA/ertungsnetzen, wie etwa Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Produktionsprozesse oder zur nachhaltlgkeitsorientierten Produktentwicklung, eingegangen. 4.2.2.2 Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Prozesse Die industrielle Guterproduktion ist nicht nur innerbetrieblich, sondern auch zwischenbetrleblich arbeitsteilig organisiert, d.h., dass in der Regel eine Vielzahl von Unternehmungen an der Erzeugung eines Produktes bzw. einer Produktart beteiligt ist. Die Unternehmen entlang der Wertschopfungskette von der Rohstoffgewinnung uber die Verarbeitung bis zur Abgabe des Produktes an die Endkunden bilden ein Wertschopfungsnetzwerk.®^® Inwieweit es innerhalb eines solchen Netzwerkes zu Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Prozesse konnmt, hangt sehr stark von der Existenz eines Netzwerkbewusstseins ab. Zulieferer von standardisierten Bauteilen oder Rohstoffen, eventuell sogar aus verschiedenen Landern, kennen haufig nur ihren direkten Abnehmer und sind sich sonnit nicht bewusst, innerhalb welcher Wertschopfungsnetze sie Vorleistungen erbringen. In diesenn Fall sind Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Prozesse, wenn uberhaupt, nur bilateral moglich. In sogenannten Produktions- oder Zullefernetzwerken, in denen nur Unternehnnungen einiger Stufen der Wertschopfungskette miteinbezogen sind,®^^ ist hingegen der Kontakt zwischen den Netzwerkunternehmungen haufig wesentlich intensiver. Dies gilt insbesondere fur industrielle Cluster, bei denen die raumliche Nahe der Netzwerkunternehmungen noch hinzukommt.^^^ In diesen Fallen konnen durch ein besseres Abstimmen der Produktionsprozesse der Netzwerkpartner oder durch gemeinsame F&E-Anstrengungen zur Prozessverbesserung Potentiale zur Effizienzsteigerung ge-
HinsichtJich der Zuordnung des Recyclings zu den dem eigentlichen Produktionsprozess nachgeschalteten ,End-of-Pipe'-Losungen gibt es in der Literatur keine einheitliche Sichtweise; vgl. hierzu Gelbmann/Zotter 2002, 8.195-197. Vgl.Kap. 2.1.3.2. 659
Vgl. Kirschten 2003, S. 177.
660
Vgl. Kap. 2.1.3.2.
188
nutzt werden. Auch konnen sich Moglichkeiten ergeben, technische oder organisatorische Einrichtungen innerhalb des Untemehmensnetzwerkes zu teilen. Dadurch sollen nicht nur die Kosten, sondern auch der Einsatz stofflicher und energetischer Ressourcen sowie schadliche Outputs der verschiedenen Produktionsstufen verringert werden. Moglichkeiten zur SchlieBung von Stoffkreislaufen sowie zur Substitution erschopfbarer durch erneuerbare Ressourcen ergeben sich oft erst durch die Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen. Werden in einem Unternehmensnetzwerk nur bekannte Technologien gepruft und genutzt, so spricht man in diesem Zusammenhang auch von einem Technologienetzwerk, werden hingegen auch Innovationen geplant und durchgesetzt, so wird es als Innovationsnetzwerk bezeichnet.®^^ Nach Haritz finden in Innovationsnetzwerken uberbetriebliche Kooperationen statt, „die auf komplexe Problemlosungen im Bereich der Forschung und Entwicklung ausgerichtet sind und dabei eine befristet-projektorientierte, heterarchische, gering formaiisierte sowie weitgehend interdependente Form einer zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit darstellen."®^^ In der neueren sozialwissenschaftlichen Innovationsdebatte wird den „lnnovationen im Netz" zunehmende Bedeutung beigemessen.^^^ Technologische Innovationen konnen auf zweierlei Arten mit dem Thema der nachhaltigen Entwicklung in Verbindung gebracht werden. Einerseits kann die okologische Knappheit naturlicher Ressourcen oder Aufnahmemedien fur Emissionen den technischen Wandel, d.h. die Innovatlonsbereitschaft und -fahigkeit der Unternehmen beeinflussen.^®"^ Andererseits kann das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung aber auch in einer vorausschauenden Art und Weise richtungsweisend fur die industriellen Anstrengungen zur Entwicklung und Verbesserung von Technologien sein. Die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit in Unternehmens- bzw. Innovationsnetzwerken bietet die Moglichkeit, unternehmensubergreifend nachhaltige technologische Innovationen gemeinsam zu planen und umzusetzen.®®^ Grande und Kaiser stellen diesbezuglich test, dass
661
Vgl. Strebel/Hasler 2003, S. 377-378. Die Technologien konnen sich dabei auf Prozesse (Prozesstechnologien), aber auch auf Produl
189
fur Umweltinnovationen der Bedarf an branchenfremdem Wissen, die Notwendigkeit der Einbeziehung alier am Herstellungsprozess beteiligten Akteure und die ErschlieBung neuer Markte Kooperationsanreize darstellen.^^^ Hierbei ist zu berucksichtigen, dass eine Innovation nicht jedenfalls eine Verbesserung impllziert,®®'' Innovation bedeutet lediglich Erneuerung und ist somit nicht nnit einem Werturteil verbunden. In Bezugnahnne auf Porter, der Innovationen als „Arten und Methoden, etwas besser zu machen"®^® definiert, kann man aber zumindest davon ausgehen, dass Innovationen mit dem Motiv bzw. mit der Erwartung einer Verbesserung umgesetzt werden.®^^ Von einer Verbesserung kann man allerdings wiederum nur in Hinblick auf ein eindeutiges Zielsystem sprechen. Belspielsweise wird von einer okologischen Innovation bzw. Umweltinnovation gesprochen, wenn sie zusatzlich zu den okonomischen Wirkungen eine Reduktion der okologischen Belastung mit sich bringt.^^° Diese Definition zieht jedoch zwangslaufig die Frage der okologleorientierten (multikriterlellen) Bewertung nach sich.^''^ Zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten konnen einen AnstoB bieten, die Produktionstechnologie der VenA/ertungspartner aufeinander abzustimmen.^^^ Menge und Qualitat der entstehenden Ruckstande werden von der Produktionstechnologie des abgebenden Unternehmens determinlert. Aber auch die physische Erfassung der Produktionsruckstande kann zu Anderungen der Produktionsprozesse fuhren, belspielsweise durch die Installation von Ruckhalteoder Absaugvorrichtungen. Qualitatsanforderungen des abnehmenden Verwertungspartners konnen dazu fuhren, dass verschiedene Ruckstandsarten getrennt gesammelt, Oder bestimmte Inhaltsstoffe der Ruckstande von vorne herein vermieden werden mussen, was wiederum technologische Innovationen hinsichtlich der Produktionsprozesse des Ruckstandsproduzenten nach sich zieht. Auch beim annehmenden Unternehmen kann der Einsatz von Sekundarrohstoffen zu technologischen Innovationen fuhren. So konnen in manchen Fallen vor dem Einsatz von Ruckstanden Aufbereitungsprozesse, Oder sogar
^"'^ Vgl. Grande/Kaiser 2003, S. 219 sowie auch Dodgson 2000, S. 167-169. ^®^ Umgekehrt gilt allerdings sehr wohl jede Verbesserung als Innovation, ob radikal oder inkrementeil. ^^ Vgl. Porter 1 9 9 1 , 8 . 6 7 ^^ Vgl. auch Perl 2003, S.19. ®^° Vgl. etwa Ahrens et al. 2003, S. 93; Geelhaar/Muntwyler 1998, S. 49-50; Stormer 2001, S. 76-80. ^^' Vgl. Kap. 4.2.3. ^^^ Vgl. hierzu Strebel/Schwarz/Schwarz 1996, S. 120-125.
190
Adaptionen der eigentlichen Produktionsprozesse an die Beschaffenheit der Sekundarrohstoffe erforderlich sein. An dieser Stelle nnuss aber auch enA/ahnt werden, dass unter bestimnnten Umstanden zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten die Innovationsbereitschaft der Verwertungspartner auf langere Sicht auch verringern konnen. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Unternehmungen ihre Produktionsprozesse unter erhebllchem Aufwand aufelnander abgestimmt haben, urn die zwischenbetriebliche Ven/vertung von Ruckstanden bzw. Nebenprodukten zu ermoglichen, in weiterer Folge aber vor technologischen Innovationen zuruckschrecken, da diese den technischen Anforderungen fur die zwischenbetriebliche Ruckstandsven/vertung zuwiderlaufen wurden und damit ,sunk costs' entstunden oder nur unter einer aufwendigen Abstimmung mit dem Recyclingpartner moglich waren (Lock-in-Effekt).^''^ Zudem ist eine mogliche Folge einer fur beide Recyclingpartner okonomisch sinnvollen VenA^ertungsbeziehung, dass die beteiligten Unternehmungen keinen weiteren Anreiz haben, nach okologisch besseren Technologien zu suchen, mit denen die Ruckstandsmenge per se reduzlert werden konnte. 4.2.2.3 Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung Betrachtet man die okologischen Wirkungen eines Produktes wahrend dessen gesamten Lebenszyklus, so fallen zumeist die groBten Umweltwirkungen wahrend der Produktions- und/oder der Konsumphase an, determiniert werden diese Wirkungen jedoch schon in der Entwicklungsphase, in der die Produktgestalt festgelegt wird.^'''^ Der Produktentwicklung respektive dem Industrial Design kommt daher fur die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen eine besondere Bedeutung zu. Industrial Design wird vom International Council of Societies of Industrial Design (ICSID) als eine schopferische Tatigkeit definiert, „deren Ziel es ist, die formalen Eigenschaften jener Objekte festzulegen, die die Industrie produziert. Diese formalen Eigenschaften umfassen nicht nur auBere Aspekte, sondern betreffen auch ganz wesentlich die strukturellen und funktio-
®^^ Vgl. hierzu Bleischwitz/Schubert 2000, S. 462. ^^"^ Vgl. etwa Ryan 2002, S. 11, der davon ausgeht, dass 60 bis 80 Prozent der okologischen Wirkungen eines Produktes wahrend des gesamten Lebenszykus in der Designphase determiniert werden.
191
nalen Elemente, die aus einem System fur den Hersteller und Benutzer eine geschlossene Einheit machen."^''^ Hier werden Produkte nicht mehr als technisch-physikalische Kombinationen ihrer Bestandteile verstanden, sondern als Bundel von Funktionen, die auf die Erfullung bestimmter Bedurfnisse der Nutzer gerichtet sind. Bei der nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung geht es also darum, ein definiertes Funktionsbundel mit moglichst wenig negativen okologischen und sozialen Wirkungen entlang der Wertschopfungskette zu kreieren (z.B. durch ,Dematerialisierung' der Serviceleistungen des Produktes). Daraus folgt, dass bereits bei der Produktentwicklung darauf geachtet werden muss, dass wahrend der ganzen Herstellungsphase, aber auch in der Nutzungs- und Entsorgungsphase des Produktes die unenwunschten Nebenwirkungen auf ein unvermeidbares MIndestmaB reduziert werden.^^^ So wird etwa im deutschen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz den Herstellern die Verantwortung fur die okologischen Auswirkungen ihrer Produkte und deren Entsorgung zugewiesen.®''''
Zltiert nach Bundesumweltministerium/Umweltbundesamt (Hrsg.) 2001, 8. 270. Vgl. Pfeifer et al. 2004, 8. 158; de Bakker 2002, 8. 56ff; Finster/Eagan/Hussey stellen hier mit der von Ihnen vorgestellten ,Kano Technik' die diesbezuglichen Wahrnehmungen der Konsumenten in den Vordergrund; vgl. Finster/Eagan/Hussey 2002, 8. 114ff. Vgl.§22KrW-/AbfG1994.
192
Abb. 20: Grundzijge der okologischen Produktverantwortung nach § 22 (2) KrW-/AbfG
Analog zu dieser okologischen Produktverantwortung ist in der Entwicklungsphase auch auf spatere soziale Auswirkungen Bedacht zu nehmen. So konnen beispielsweise Aspekte der Arbeitsplatzgestaltung, der Vermeidung von Gefahren bei der Herstellung und Nutzung des Produktes, aber auch der Verzicht auf Einsatzstoffe, bei deren Herstellung sozial schwache Gruppen (z.B. in Form von Kinderarbeit) ausgebeutet wurden, eine Rolle spielen.®^® Urn dieser umfassenden Produktverantwortung gerecht werden zu konnen, ist in der Regel eine iiberbetriebllche Zusammenarbeit unerlasslich.®^® So spielt die okologieorientierte Produktentwicklung auch innerhalb industrieller Verwertungsnetze eine Rolle, da die Produktgestalt das Recycllngpotential der Netz-
Vgl. auch Kap. 4.1.2.2. Beispielsweise stellen Ahrens et al. bei der Analyse von Innovationen in der chemischen Industrie fest, dass eine Intensive Kommunikation entlang der Wertschopfungskette und bessere Kenntnisse uber die Anwenderinteressen zum generellen Erfolgsrezept nicht nur fur die Gefahrenstoffsubstitution, sondern generell fur Innovationen werden; vgl. Ahrens et al. 2003, 8. 108. Auch Pfeifer et al. weisen darauf hin, dass es fur eine nachhaltige Produktentwicklung erforderiich ist, bereits in der fruhen Phase der Produktdefinition die umweltrelevanten Forderungen aller Produktiebenszykluspartner zu berucksichtigen; vgl. Pfeiferetal. 2004, S. 157.
193
werkunternehmen massiv beeinflussen,^^^ bzw. umgekehrt auch das zwischenbetriebliche Recycling die Produkteigenschaften verandern kann. Beispielsweise muss in der Automobilindustrle bereits bei der Produktgestaltung auf die spatere Verwertbarkeit von Fahrzeugteilen geachtet werden, urn die tells freiwillig verelnbarten und tells gesetzllch verankerten Umweltstandards, Insbesondere die Recyclingquote, zu erreichen.^^^ Bei Kooperationen fur eine nachhaltigkeltsorientlerte Produktentwicklung stehen aber selbstverstandllch Wertschopfungsnetzwerke inn Vordergrund. Die Firmen innerhalb eines Wertschopfungsnetzwerkes sind definltlonsgemaB an der Herstellung der glelchen Produkte bzw. Produktgruppen betelligt, sodass MaBnahmen der Produktentwicklung unmlttelbare Auswirkungen auf die Leistungsersteliung der Netzwerkunternehmen haben. Okologleorlentierte Wertschopfungsnetzwerke sInd belsplelswelse im Bereich der Textillndustrie bekannt,®®^ wobel zunehmend auch der Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit, etwa in Hinblick auf die Arbeltsbedingungen oder die Entlohnung von Naherinnen in Entwicklungslandern, an Bedeutung gewinnt. 4.2.2.4 Gemeinsames Wahrnehmen sozialer Verantwortung Wie das oben en/vahnte Beisplel aus der Textillndustrie veranschaullcht, wird zunehmend erkannt, dass die Berucksichtigung sozialer Effekte des Wirtschaftens nicht nur defensive Kosten fur das Gemelnwesen reduziert, sondern fur Unternehmen auch die Moglichkeit bietet, die Akzeptanz der Unternehmensaktlvitaten bei verschledenen Stakeholdergruppen zu erhohen. Die Aspekte der sozialen Verantwortung von Unternehmen bedurfen daher In zweierlel HInslcht der Integration des Unternehmens In Netzwerken: Erstens geht es darum, jene Personengruppen zu identlfizieren, die von den Unternehmens-
680
Vgl. etwa Bender et al. 2004, S. 86-87, die Weiterbildung von Konstrukteuren als Voraussetzung fiir die Strategie des Produktrecyclings nennen, sowie auch Jenke et al. 2004, S. 139. Die 2002 in Deutschland in Form des Altfahrzeuggesetzes in Kraft getretene EUAltautorichtlinie ersetzt die Altautoverordnung (AltautoV) sowie die Freiwillige Selbstverpflichtung zur umweltgerechten Altautoverwertung (FSV), beide aus dem Jahr 1998; vgl. hierzu Nietgen/Frings/Schulte 2003, S. 170-177. In ahnlicher Weise werden auch die Hersteller von elektrischen und elektronischen Geraten im Rahmen der erweiterten Produktverantwortung dazu verpflichtet, ihre Altgerate zuruckzunehmen bzw. deren Recycling zu organisieren; vgl. hierzu Stolting/Karl 2004, S. 203. Vgl. Kirschten 2003, S. 177.
194
aktivitaten direkt betroffen sind, urn mit ihnen in Kontakt zu treten.^^^ Zweitens kann es in vielen Fallen notwendig sein, mit anderen Unternehmen entlang der Wertschopfungskette zusammenzuarbeiten, urn tatsachlich Verbesserungen herbeifuhren zu konnen, etwa indem Standards an Zulieferer weitergegeben werden. Anders ausgedruckt geht es hier urn ein Stakeholder-Management eines Unternehmens. „Stakeholder-Management is about handling stakeholder relationships and the multiple and often conflicting interests (stakes) within the complex and dynamic web of persons and/or groups (holders) that at all times surround any company."^®^ Vor dem Hintergrund der sozialen Verantwortung von Unternehmen beschrankt sich Stakeholdermanagement aber nicht nur auf einen Dialog mit den Stakeholdern, sondern auch auf die bewusste Gestaltung der Unternehmensaktivitaten, sodass die grundlegenden Interessen und Rechte Dritter nicht beeintrachtigt werden. In Kap. 4.1.2.2 wurden drei wichtige Gruppen von Personen genannt, die im Berelch der Corporate Social Responsibility eine besondere Rolle spielen: Es sind dies Personen oder Personengruppen deren Interessen und Rechte durch Produktionsaktivitaten auf den verschiedenen Wertschopfungsstufen beeintrachtigt werden, die Mitarbeiter des betreffenden Unternehmens und schlieBlich regionale Interessensgruppen. Gerade in Hinblick auf industrielle VenA/ertungsnetze ist hier noch eIne weitere Personengruppe zu nennen, namlich jene Personen, deren Interessen moglichenA/eise in der Entsorgungsphase der Erzeugnisse beeintrachtigt werden.
^^^ In Kap. 4.1.2.2 wurde als Abgrenzungskriterium zu okologischen Wirkungen festgelegt, dass sich soziale Wirkungen einer Unternehmenstatigkeit durch ihre direkte Wirkung auf Menschen auszeichnen. ^^ Madsen/Uihoi 2 0 0 1 , 8 . 7 9 .
195
Abb. 21:
Stakeholder-Modell
Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, wird zwischen ,prinnaren' Stakeholdern, die durch den inneren Ring, und ,sekundaren' Stakeholdern, die durch den auBeren Ring symbolisiert werden, unterschieden. Die grundlegende Idee des gemeinsamen Wahrnehmens sozialer Verantwortung in einem nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensnetzwerk lautet nun, anhand dieses Modells die wesentlichen Stakeholdergruppen und ihre Interessen zu identifizieren und in weitere Folge eine Kooperationen mit jenen Personen, Personengruppen oder Institutionen aufzubauen, deren Einbeziehung im Sinne einer umfassenden Verbesserung der Situation zweckmaBig ist. In erster Linie werden hier Kooperationen mit Unternehmungen entlang der Wertschopfungskette erforderlich sein, da nicht nur okologische, sondern auch sozlale Wirkungen massiv durch eine nachhaltigkeitsorientierte Produkt- und Prozesstechnologiegestaltung beeinflusst werden konnen. Aber auch laterale Kooperationen zur Ruckstandsverwertung konnen dazu beitragen, negative Auswirkungen auf verschiedene
196
Stakeholdergruppen zu verringern, etwa durch die Substitution gefahrlicher Prozesse zur Rohstoffgewinnung^®^ oder zur Abfallentsorgung. Daruber hinaus ist aber auch der Aspekt des Lernens von den Stakholdem nicht zu vergessen. „Here, stakeholder influence is no longer viewed as an extra burden and limitation on corporate or network management, but rather as a possibility for mutual learning."®®^ Das nachste Subkapitel beschaftigt sich daher mit dem Potential des interorganisatorischen Lernens und Wissensaufbaus innerhalb von Untemehmensnetzwerken. 4.2.2.5 Interorganisatorisches Lernen und Wissensaufbau Die Forderung interorganisatorischen Lernens und eines Wissensaufbaues in einem nachhaltigkeitsorientierten Netzwerk steht in sehr engem Zusammenhang mit den zuvor beschriebenen Kooperationsfeldern. Aus den Lernprozessen innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes ergibt sich erst die Dynamik des Netzwerkes.^®^ Wahrend organisationales Lernen als jener Prozess definiert wird, „durch den die Organisation ihre Strukturen und ihre Kultur als Folge einer Interaktion zwischen individuellem Lernen und organisationaler Transformation verandert",®®® zielt der Aspekt des interorganisationalen Lernens innerhalb von nachhaltigkeitsorientierten Untemehmensnetzwerken auf das Potenzial ab, okologische und soziale Fragestellungen durch Interaktion zwischen Akteuren aus verschiedenen Netzwerkunternehmen gemeinsam besser verstehen und Losungen in Zusammenarbeit eher finden zu konnen.^^^ Dabei geht es weniger um herkommliche Lemprozesse, wie etwa dem Learning by doing, d.h., dem EnA/erb bzw. der Verbesserung bestimmter Fahigkeiten durch das bloBe AusCiben bzw. das Wiederholen einer Tatigkeit, sondern vielmehr um Learning by interacting, d.h. dem kommunlkativen, synergetischen Zusammenwirken mehrerer Akteure innerhalb des Netzwerkes, wodurch bewusst und unbewusst Lemprozesse induziert werden.^^° Das Wissensmanage-
685
Belspjeisweise wird Tantal, ein Metal! mit einem extrem hohen Siedepunkt, das fur die Herstellung von elektrischen Kondensatoren verwendet wird, u.a. im kongolesischen Rebellengebiet unter menschenrechtswidrigen Zustanden abgebaut; vgi. hierzu Werner/Weiss 2001, S. 50-77. Madson/Ulh0i2OO1,p. 78
687
Vgi. Majer2001,S. 137 Finger/Burgin/Haldimann 1996, S. 45. Es wird hier impiizit davon ausgegangen, dass Lernen positiv auf die Ziele der Netzwerkbeteiligten wirkt; vgi. Schneider 2003; 8. 991-993.
690
Vgi. Hausmann 1996, S. 100; vgi. auch Halme 2001, S. 101.
197
merit, mittlerweile ein zentraler Faktor moderner Unternehmensfuhrung, hort damit nicht an der Unternehmensgrenze auf, sondern wird durch einen regen Informationsaustausch zwischen Akteuren aus den verschiedenen Netzwerkinstitutionen auf eine uberbetriebliche Ebene gestellt. Es geht urn eine gesteuerte Kompetenzentwicklung der Netzwerkakteure, die zu einer Erhohung des interorganisatorischen Wissens und des Innovationsvermogens in alien Subsystemen der „Wertscli6pfungskette des Wissens" fiilirt. Eine zukunftsfaliige Entwicklung setzt voraus, dass Organisationen innerhalb dynamisclier Netzwerkstrukturen Wissen in Bezug auf Technologien, Ralin^ienbedingungen, aktuelle oder potentielle Entwicklungen etc. austauschen, aufbauen und explizieren. In einenfi nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensnetzwerk ist es daher wichtig, alle relevanten Stakeholder einzubeziehen,®^^ urn die Wissensbasis innerhalb des Netzwerkes zu vergrofBern und auf diesem Weg die Innovationsfahigkeit in alien Subsystemen des Netzwerkes zu erhohen. In der Herausbildung netzwerkspezifischer Kernkompetenzen, die sich durch die Kombination der durch die Netzwerkmitglieder eingebrachten Kenntnlsse und Erfahrungen ergeben, liegt eine besondere Chance interorganisationalen Lernens innerhalb eines Netzwerkes.^^^ Dass es dabei nicht nur um Faktenwissen, sondern auch urn die Entwicklung gemeinsamer Werthaltungen geht, zeigen Malone und Yohe auf, wenn sie feststellen, „that distributing expanding knowledge and shared ethical values [...] could be the key to unlocking the sort of environmentally sustainable, economically prosperous and equitable future that is likely to be socially and politically stable."^®^ Effektives organisationales und interorganisationales Lernen erfolgt jedoch nicht innerhalb rigider Strukturen, vielmehr ist dafur ein ,organisches Management'®^"^ erforderlich, das weitgehend auf informellen und kurzen Kommunikationsstrukturen basiert. Auf diese Art und Weise kann ein sogenanntes ,double loop learning'®^^ aller Netzwerkpartner entstehen, wodurch auch der status quo und die zugrunde-
Vgl. Kap. 4.2. Vgl. Kirschten 2003, S. 174. MaloneA'ohe 2002, S. 377. Vgl. Moxen/Strachan 1998, S. 158. Die Unterscheidung zwischen 'single loop learning' und 'douple loop learning' geht auf Bateson zurijck und wurde von Argyris/Schon 1978 in deren Konzept des .organizational learning' aufgegriffen; vgl. Brentel 2003, S. 304, Pfeiffer/Walther 2003, S. 451.
198
liegenden Normen, Werte und Einstellungen hinterfragt werden.^^^ Die Infragestellung des bestehenden Bezugsrahmens, aber auch die Veranderung bestehender umweltschadlicher Produktionsverfahren erfordert ein „Verlernen" bisheriger Handlungsweisen, Annahmen und Werte. Kreikebaum betont in diesem Zusammenhang, dass auch das Verlernen eriernt werden nnuss.^^'' Hierfur kommt der Interaktion zwischen den Netzwerkakteuren eine besondere Rolle zu, die auch Stormer beXonX: „ln der Phase des Veranderungslernens [des ,double loop learnings'] mussen die Unternehmen ihren beschrankten Handlungsraum ubenA/inden. Urn dies realisieren zu konnen, sind externe Kooperationen entlang der Wertschopfungskette oder im Bedurfnisfeld zwingend notwendig."^^® So konnten Steiner und Hartmann in einer empirischen Erhebung double loop learning (DLL) zwischen produzierenden Unternehmen in der Obersteiermark identiflzieren: „ln the networks the member firms were all able to perform DLL activities with such contents as technological learning through Intense joint R&D efforts, management learning through the continuous improvement of the routines and procedures carried out together, and marketing learning through the development of new products together with the clients."®^^ Die Forderung wechselseitiger, reflexiver Lernprozesse sowohl der Netzwerkmitglieder als auch im Netzwerk insgesamt ist somit als spezifischer Netzwerkvorteil bei der Suche nach Entwicklungsmoglichkeiten nachhaltlgen Wirtschaftens anzusehen7°° Es entsteht eine gemelnsame Wissens- und Wertebasis der Entscheidungstrager in den Netzwerkunternehmen, die fur eine Orientierung bzw. Neuorientierung in Richtung Nachhaltigkelt notwendig ist und den Unternehmen ermoglicht, solche Entwicklungen nicht nur zu antizipieren, sondern auch aktiv mitzugestalten7°^ Die zunehmende Bedeutung des ,douple loop learnings' kommt auch in den verschiedenen Phasenkonzepten, wie etwa
Vgl. Boons/Berends 2001, S. 118. Das "single-loop learning" ist hingegen durch eine Verbesserung des eigenen Handelns gekennzeichnet, die nur innerhalb eines Komplexes etablierter Normen und Werte stattfindet. Der exogen vorgegebene Bezugsrahmen wird hierbei nicht in Frage gestellt, es kommt nur zu meist kleineren reversiblen Anpassungen des eigenen Handelns urn Verbesserungspotenziale innerhalb dieses Rahmens realisieren zu konnen. Kreikebaum 1996, S. 5 Stormer 2001, S. 106. Steiner/Hartmann 1998, S. 223. 700
Vgl. Kirschten 2003, S. 173.
701
Vgl. Brockhaus 1996, S. 32.
199
im .Natural Step'-Lernkurvenmodell nach Nattrass/Altamore''^^, im Phasenschema einer okologischen Unternehmensentwicklung nach Hipp/Reget^^^ oder im Konzept der ,Company Oriented Sustainability' nach SchneidewincF^^ zum Ausdruck. In diesen Konzepten wird generell betont, dass sich organlsatorische bzw. interorganisatorische Lernprozesse fur eine nachhaltige Entwicklung immer weniger auf ein defensives Reagieren zur EInhaltung der Gesetze oder zur Vermeidung von Kosten beziehen, sondern zunehmend auf innovative und integrative MaBnahmen in Bezug auf produkt- und branchenubergreifende Veranderungs- und gesellschaftliche Transformationsprozesse abzielen/^^ Als moglicher Nachteil des reflexiven Lernens in Unternehmensnetzwerken 1st die Gefahr des ,Outlearnings' zu nennen, wonach einzelne Netzwerkunternehmen durch die Zusammenarbeit und die Lerneffekte der Netzwerkpartner wichtige Kompetenzen oder Wissensvorsprunge an diese verlieren konnen/^®
4.2.3 Bewertung von nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensnetzwerken Die Darstellung der moglichen Kooperationsfelder in nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensnetzwerken fuhrt zwangslaufig zur Frage, welche MaBnahmen bzw. MaBnahmenbereiche uberhaupt bzw. in welchem AusmaB zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Das Ziel einer nachhaltigkeitsorientierten Bewertung ist nicht ausschlieBlich die Schaffung einer verbesserten Entscheidungsbasis zur Umsetzung des Zieles einer nachhaltigen Entwicklung, vielmehr geht es auch darum, „den Nachhaltigkeitsprozess als Ganzes durch die Vielfalt an Moglichkeiten in Bewegung zu setzen und zu halten. [...] Wichtig ist das Lernen durch Veranderung und die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Ent-
Vgl. Nattrass/Altamore 1999, S. 16. Vgl. Hipp/Reger1998, S. 4 1 . Vgl. Schneidewind 1994, sowie Brockhaus 1997, S. 33, Stormer 2001, S. 97. Hier ist eine Nahe zur ,theory of action' von Argyris/Schon zu erkennen, die zwisciien einem einfachen Handlungsmodell I und einem altemativen Handlungsmodell II unterscheiden. Das Model! I ist durch defensive und protektive Handlungsmuster charakterisiert, wahrend es im Model! II zu Kooperation und hoherstufigem reflexiven Lernen kommt. Argyris und Schon sind jedoch der Auffassung, dass Menschen aufgrund ailgemein verbreiteter Sozialisationsmuster zumeist im Handlungsmodell I verhaftet sind und nur ijber rudimentare Kompetenzen des alternativen Handlungsmodells II verfCigen, bzw. es einer Intervention bedarf, um vom defensiven Denkmuster und lernhemmenden Abwehrverhalten abzugehen und die Modell ll-Verhaltensweisen sukzessive einzuuben; vgl. hierzu Brentel 2003, S. 304-305. Vgl. Duschek/Sydow 1999, S. 2 1 .
200
scheidungsebenen [und Stakeholdern]."^^'' Es geht darum, den normativen Aspekt des Nachhaltigkeitskonzeptes, das als Orientierungsrahmen fur das Untemehmensnetzwerk dient, mit den tatsachlichen bzw. potentiellen Aktivitaten innerhalb des Netzwerkes in Verbindung zu bringen. Anders ausgedruckt geht es urn eine Bewertung von potentiellen MaBnahmen bzw. MaBnahmenbereichen in nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensnetzwerken. Allerdings weist Brunner zurechX darauf hin, dass eine Stoffstromanalyse noch verhaltnismaBig einfach ist, doch: „[...] the more demanding, complicated, and yet underdeveloped task lies beyong MFA and concerns the evaluation of the results."''^® Bewertung bedeutet ganz allgemein, einen Sachverhalt in Bezug zu einem Zielsystem zu bringen, d.h., zugangliche Informationen uber einen Sachverhalt mit dem relevanten Wertesystem zu verknupfen und daraus ein Urteil uber den entsprechenden Sachverhalt abzuleiten/^^
Informationen zu einem Sachverhalt
^A
^
Zlel- bzw. Wertesystem
Tlrw
oeVvt^i lui i^oiugik
^
Bewertungsergebnis
Abb. 22:
Elemente eines Bewertungsverfahrens^^°
Durch eine bestimmte Bewertungslogik wie etwa bestimmter Aggregationsalgorithmen wird ein Bewertungsergebnis bzw. -urteil gebildet. Hier ist festzustellen, dass das Ziel- und Wertesystem, das der Bewertung zugrunde liegt stets an ein Subjekt gebunden ist, d.h. subjektiv ist. Auch ist die Wahl des Bewertungsmodells keine ,objektive' Entscheidung, da die Wahl des Modells mitsamt den zugrundeliegenden Pramissen das Resultat der Bewertung beeinflusst.
Haasis 2004, S. 37. Brunner 2002, S. 8, MFA = material flow analysis. Vgl. Giegrich 1995, S. 256. Eigene Darstellung, vgl. auch Giegrich 1995, S. 256 sowie Stelzer 1997, S. 11.
201
Im Folgenden werden einige wichtige, in der einschlagigen Fachliteratur diskutierten okologieorientierten Bewertungsverfahren kurz dargestellt und kritisch dahingehend analysiert, inwieweit sie zumindest fur eine okologieorientierte Bewertung als Baustein einer nachhaltigkeitsorientierten Bewertung von Unternehnnensnetzwerken Oder von MaBnahmen innerhalb solcher Netzwerke herangezogen werden konnen. 4.2.3.1 Darstellung ausgewahlter Ansatze zur okologieorientierten Bewertung Die im folgenden dargestellten Bewertungsansatze lassen sich grob in vier Gruppen einteilen, in NaherungsmaBe zur okologieorientierten Bewertung, wozu das MIPS- (Materialintensitat pro Serviceeinheit) und das KEA-Konzept (Kumulierter Energieaufwand) zu zahlen sind, in FlachenmaBe wie den ,Okologischen FuBabdruck' und den SPI (Sustainability-Process-lndex), in Punkteschemata zur okologieorientierten Bewertung, z.B. mittels Umweltbelastungspunkten oder Schadschopfungseinheiten, und schlieBlich in auswirkungsorientierte Bewertungsverfahren, wie sie etwa in der ISO 14040-Normenserie beschrieben sind. MIPS -
Materialintensitat pro Serviceeinheit: MIPS ist ein vom
Wuppertal Institut fur Umwelt, Klinna und Energie ermittelter Basisindikator, urn die Umweltbelastungsintensitat von Infrastruktureinrichtungen, Gutern und Dienstleistungen uber ihren gesamten Lebenszyklus hinweg darstellen zu konnen/^ ^ Als ,AnnaherungsmaB' fur die speziflsche Umweltbelastung wird der gesamte direkte und indirekte''^^ Materialaufwand verwendet, der notig ist, urn ein Produkt verfugbar zu machen, es ein Produktieben lang zu benutzen und anschlieBend zu entsorgen. Der auf diese Weise ermittelte gesamte Materialaufwand eines Produktes wird nun in Relation zu dessen Funktionen gebracht. Als BezugsgroBe wird also nicht die Produkteinheit bzw. Gewichtseinheit, sondern die Funktions- bzw. Serviceeinheit des Gutes herangezogen, da diese direkt die Fahigkeit des jeweiligen Gutes zur Dienstleistungserfullung und somit dessen Nutzen angibt. Je niedriger die Materialinten-
^^^ Vgl. zu dieser und den folgenden Ausfuhrungen Schmidt-Bleek 1993, S. 101ff. ^^^ Indirekte Materialstrome sind Masseninputs fur Vorprodukte, d.h. die Gesamtheit aller Stoffe, die in den vorgelagerten Produktionsstufen benotigt wurden, aber im Produkt selbst nicht mehr vorhanden sind. Diese Massen werden als ,6kologische Rucksacke' bezeichnet.
202
sitat pro Serviceeinheit ist, desto besser wird das jeweilige Gut okologisch bewertet. KEA - Konzept des kumulierten Energieaufwandes: Dem KEA-Konzept zufolge werden Produkte oder Dienstleistungen nicht wie beim MIPS-Ansatz nach deren Massenverbrauch, sondern nach deren kumuliertem Energieaufwand bewertet. „Der kumulierte Energieaufwand gibt die Gesamtheit des Energieaufwands an, der im Zusammenhang mit der Herstellung, Nutzung und Beseitigung eines Gegenstandes entsteht bzw. djesem ursachlich zugewiesen werden kann."'^^^ Diese somit auf den gesamten Lebenszyklus eines Produktes oder einer Dienstleistung bezogene KenngroBe, gemessen in Kilojoule oder Kilowattstunden, soil als Entscheidungsgrundlage fur die Wahl von Werkstoffen und Fertigungsverfahren, fur die Festlegung der Nutzungsdauer okonomischer Guter Oder etwa fur Entscheidungen zwischen verschiedenen Moglichkeiten der Entsorgung oder Kreislauffuhrung von Ruckstanden dienen. Der okologische FuBabdruck: Der in Kanada entwickelte okologische FuBabdruck stellt eine Methode dar, mit der die Energie- und Materialflusse einer Wirtschaftseinheit in jene biologisch produktiven Wasserund Landflachen umgerechnet werden, die zur Aufrechterhaltung dieser Flusse erforderlich sind/^"* Dieses FlachenausmafB soil sichtbar machen, wie viel Flache die jeweilige Wirtschaftseinheit bei unverandertem Verhalten langfristig benotigen wurde. Die konkrete Berechnung des okologischen FuBabdruckes wird vereinfacht, indem nur die grundlegenden Funktionen der Natur berucksichtigt werden, d.h., dass zusatzliche Naturfunktionen in den Schatzungen ausgeklammert werden. Flachen, die mehrere Funktionen gleichzeitig erfullen, wie etwa jene Flache, die von einenn Haus beansprucht wird, auf dessen Dach sich eine Solaranlage zur Energiegewinnung befindet, werden nur einmal in die Berechnung des FuBabdruckes einbezogen/^^ SPI - Sustainable Process Index: Der Sustainable Process Index (SPI) ist eine an der Technischen Universitat Graz entwickelte hochaggregierte MaBzahl zur okologischen Bewertung von Prozessen. Ahnlich dem
713
714 715
Vgl. Mauch/Schafer 1996, 8. 155. Vgl. Wackernagel/Rees 1997, S. 23. Vgl. Wackernagel/Rees 1997, S. 83.
203
Modell des okologischen FuBabdrucks wird die der Menschheit zur Verfugung stehende Flache (Erdoberflache) als begrenzender Faktor angesehen und daher der Flachenbedarf eines Prozesses als zentrale Einheit zu dessen okologischen Bewertung herangezogen. Der SPI wird definiert als das Verhaltnis jener Flache, die ein Prozess (eine Dienstleistung) benotigt, und jener, die jedem Menschen statistisch zur Verfugung steht/^® UBP - Umweltbelastungspunkte: Dieser Bewertungsansatz, der in den 70er Jahren im Rahmen des Konzeptes der okologischen Buchhaltung nach Muller-Wenk entstand, baut auf die vollstandige quantitative Erfassung der Stoff- und Energiestrome eines vorab definierten Bilanzraumes auf. Zumindest in seiner ursprunglichen Form wurde versucht, die okologischen Wirkungen aller Inputs als auch Outputs auf eine MaBzahl zu aggregieren. Dabei erfolgte die Gewichtung der Kriterien auf Basis der ,6kologlschen Knapphelt' der jeweiligen Einwirkungsart bzw. des betroffenen Umweltgutes. Die okologische Knappheit ist nach Muller-Wenk definiert als „eine Funktion des gegenwartigen AusmaBes der Sunnme aller Einwirkungen dieser Art innerhalb eines relevanten raumlichen Bereichs sowie des ,kritischen' AusmaBes dieser Einwirkungen, welches zum Obergang des entsprechenden Umweltgutes von einem akzeptablen in einen inakzeptablen Zustand fuhrt"/^^ In einer spateren Arbeit wurde das Modell von Muller-Wenk dahingehend vereinfacht, als nur noch Umweltwirkungen zu berucksichtigen sind, die zu einer bedeutenden Veranderung des Qualitatszustandes der Elemente der naturlichen Umwelt fuhren. Diese MengengroBen aus der Stoff- und Energiebllanz werden mit Okofaktoren multipliziert und die so ermittelten Umweltbelastungspunkte (UBP) dann durch Addition zu einer GroBe zusammengefasst, welche die okologische Gesamtwirkung angibt/^® Die Okofaktoren werden aus der maximalen Belastung einer Umweltressource (FK) und der heutigen Belastung innerhalb des relevanten Gebietes (F) anhand derfolgenden linearen Funktion errechnet:''^^
^^^ Vgl. Krotscheck 1995, S. 65. ^'^ Vgl. Muller-Wenk 1978, S. 36. ^^® Die Okofaktoren wurden im ursprunglichen Modell als Aquivalenzkoeffizienten, die Umweltbelastungspunkte als Rechnungseinheiten bzw. spater als Okopunkte bezeichnet. ^^® Vgl. Ahbe/Braunschweig/Muller-Wenk 1990, S. 20ff. sowie Braunschweig/Muller-Wenk 1993, S. 47ff. Durch den ersten Teil der Gleichung wird erreicht, dass generell jene Einwirkungsarten starker gewichtet werden, bei denen die kritische Belastungsfracht (Fk) geringer ist. Der zweite Teil der Gleichung druckt hingegen das Verhaltnis zwischen der effekti-
204
Okofaktor= —* —*10'' Zur Bestimmung der kritischen Flusse von Umwelteinwirkungen sollen in erster Linie rechtskraftige gesetzliche Normen oder volkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen als Grundlage herangezogen werden. Andere Festlegungen mit Konsenscharakter (etwa Konzepte oder Absichtserklarungen von Regierungen) oder Aussagen anerkannter wissenschaftlicher Gremien oder Fachleute sollen nur subsidiar ven^/endet werden7^° SE - Schadschopfungseinheiten: Ein ahnliches Modell zur Aggregation unterschiedlicher okologischer Kriterien anhand eines einheitlichen Wertmafistabs stammt von Schaltegger/Sturm, die bei der Kriteriengewichtung nach dem ,Konzept der Qualitatszlel-Relationen' vorgehen. Im Gegensatz zum Ansatz von Muller-Wenk werden bei diesem Bewertungsmodell ausschliefilich die stofflichen und energetischen Outputs, nicht jedoch die Inputs in das System berucksichtigt/^^ Schaltegger/Sturm rechtfertigen dies dadurch, dass eine mengenmafiige Reduktion von Emissionen aufgrund des physikalischen Massen- und Energieerhaltungssatzes auch zu einer entsprechenden Abnahme der Faktoreinsatzmengen fuhrt und somit das Kriterium der Ressourcenknapphelt implizit berucksichtigt sei/^^ Die Gewichtung der unterschiedlichen Emissionen baut auf die jeweiligen gesetzlich vorgeschriebenen Immissionsgrenzwerte auf. Es wird davon ausgegangen, dass die Schadlichkeitsrelationen zwischen den Stoffen durch das Verhaltnis zwischen diesen Immissionszielen bzw. -grenzwerten, die auf naturwissenschaftllcher Basis entwickelt und am ehesten soziokulturell und politisch akzeptiert sind, wiedergegeben werden/^^ Um zu den Gewichtungsfaktoren zu kommen, wird bei diesem Ansatz folgendermafien vorgegangen:^^"^ Die Immissionsgrenzwerte der verschiedenen Schadstoffe werden in eine einheitliche Mafleinheit, namlich In Milllgramm des Schadstoffes pro Mol
ven Gesamtbelastung und der maximal zulassigen Belastung einer bestimmten Art aus. Die Konstante 10^ dient lediglich als ,Mafistabsfaktor', um sehr kleine Zahlen zu vermeiden, die schwer lesbar waren. Vgl. Braunschweig/Muller-Wenk 1993, S. 51. Vgl. Schaltegger/Sturm 1992, S. 161. Vgl. Schaltegger/ Sturm 1992. S. 171. Vgl. Schaltegger/ Sturm 1992, S. 134ff. Vgl. Schaltegger/ Sturm 1992, S. 162ff.
205
des Umweltmediums, umgerechnet. Dadurch wird ein Vergleich von Immissionsstandards verschiedener Umweltmedien ermoglicht/^^ Danach werden die Relationen aller in nng/mol gemessenen Grenzwerte gebildet, wobei die globale C02-Konzentration in der Luft im Jahr 1960 als Normierungswert herangezogen wird:''^^
Gewichtungsfaktor„ (GF) =
Immissionsgrenzwert
CO 7 -^
Immissionsgrenzwert ^
mg CO 2 / mol mgx / mol
Die so ermittelten dimensionslosen Gewichtungsfaktoren geben also an, wie schadlich der betreffende Stoff im jeweiligen Umweltmedium in Relation zu CO2 in der Luft eingestuft wird. Durch Multiplikation der Emissionsmenge einer Schadstoffart (in kg) mit dem dazugehorigen Gewichtungsfaktor ermittelt man die Schadschopfungseinheiten pro kg des jeweiligen Stoffes (SE/kg). Diese konnen glelch wie die Umweltbelastungspunkte (UBP) nach Muller-Wenk additiv zu einer GroBe, die wiederum die okologische Gesamtwirkung angibt, zusammengefasst werden. CML-Ansatz: Im Bewertungsmodell, das vom Centrum voor Milieukunde an der Universitat Leiden (kurz: GML) in den Niederlanden entwickelt wurde/^'' werden auf Basis einer Sachbilanz, dem sogenannten „lnventory Table", die In- und Outputs des betrachteten Systems nach jenen Umweltproblemen, die von ihnen verursacht werden, klassifiziert. Nun wird versucht, auf Basis naturwissenschaftlicher Kenntnisse von Wirkungszusammenhangen das AusmaB der Schadwirkung der jeweiligen In- und Outputs festzulegen. Die einzelnen Auswirkungen innerhalb einer Kategorie werden zu Indexzahlen, den sogenannten ,effect-scores', aggregiert. Die normierten effect-scores ergeben sich, indem die Umwelteffekte pro Kategorie mit der gesamten weltweiten Jahresbelastung In Relation gebracht werden. Fur die eigentliche Bewertung werden eine
^^^ Ein Mol ist jene Menge eines chemisch einheitlichen Stoffes, die seinem relativen Atomgewicht, Molekulargewicht oder Formelgewicht entspricht. Ein Mol eines Stoffes enthalt Jewells (6,02252 ±0,00028)-10^^ Tellchen; vgl. etwa Lindner/Hoinkis J. 1997, S. 53f. Diese MaBelnheit hat im Gegensatz zu Massen- oder Volumseinheiten den Vorteil, dass sie von Druck, Temperatur oder Dichte des Stoffes unabhangig ist. ^^^ Vgl. Schaltegger/Sturm 1992, S. 163ff. Von einer Berucksichtigung der Verweildauer der jeweiligen Schadstoffe im betreffenden Umweltmedium sehen Schaltegger/Sturm zumlndest vorlaufig aufgrund der mangelnden Datengrundlage ab. ^^^ Vgl. Heijungs et al.1992 und 1992a.
206
quantitative und eine qualitative Vorgehensweise vorgeschlagen/^^ Bei der quantitativen Bewertung werden die einzelnen normierten effectscores jeweils mit einem Gewichtungsfaktor
multipliziert und die
Produkte additiv zu einer absoluten GesamtmaBzahl zusammengefasst. Dieses Vorgehen entspricht der Nutzwertanalyse und hat den Vorteil einer hohen Nachvollziehbarkeit der Bewertung, setzt aber selbstverstandlich voraus, dass die jeweiligen Gewichtungsfaktoren definiert werden. Die qualitative Bewertung erfolgt hingegen durch eine offene Diskussion unter Einbeziehung von Expertenurteilen. Der ECO-lndicator 99 ist eine okologische Bewertungsmethode, die von Pre (product ecology consultants) in Amersfoort, Niederlande, entwickelt wurde
und insbesondere
als
Instrument
zur
okologieorientierten
Produktentwicklung dient/^^ Bei diesem Bewertungsverfahren werden zuerst die okologischen Wirkungen in drei Kategorien, namlich jene der menschlichen Gesundheit, der Qualitat des Okosystems und des Ressourcenvorrates zusannmengefasst. Zur Normierung der Wirkungskategorien wurden die europaischen Gesamtemissionen bzw. der gesamte Ressourcenelnsatz pro Jahr und Einwohner herangezogen und die jeweiligen Indikatoren in den drei Wirkungskategorien ermittelt. Die anschlieBende Gewichtung basiert auf den Ergebnissen einer schriftlichen Panelbefragung. Will jemand auf die Gewichtung der drei Wirkungskategorien verzichten, wird alternativ eine Visuallsierung der Ergebnisse der WIrkungsanalyse durch ein sogenanntes Bewertungsdreieck vorgeschlagen. EPS - Environmental Priority Strategies: Ziel des in Schweden entwlckelten EPS-Ansatzes ist es, okologische Anforderungen systematisch in den Prozess der industriellen Produktentwicklung zu integrieren7^° Als okologische Schutzguter wurden in die EPS die menschliche Gesundheit, abiotische Ressourcen, die okosystemare Produktionskapazitat, die Artenvlelfalt sowie kulturelle Werte und Erholungswert explizit aufgenommen. Urn die qualitative Veranderung der Schutzguter quantifizieren zu konnen, wurden fur diese jeweils Wirkungsindikatoren festgelegt. Im
728
729 730
Vgl. Heijungs et al.1992, S. 52ff. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen Pre (Hrsg.) 2000. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen Steen B. 1999, S. 15ff.
207
EPS-System werden die im gesamten Lebenszyklus eines Produktes eingesetzten Rohstoffe bzw. ausgestoBenen Emissionen den jeweiligen Wirkungsindikatoren zugeordnet, sobald diese tatsachlich oder potenziell negative Umweltwirkungen verursachen. Urn eindeutige Aussagen daruber treffen zu konnen, welche Alternative die beste ist, werden schlieBlich die okologischen Wirkungen durch eine monetare Bewertung nach der sogenannten Contingent-Valuation-Method auf eine MessgroBe aggregiert. 4.2.3.2 Kritische Analyse der Bewertungsansatze Trotz der Vielfalt an verschiedenen okologieorientierten Bewertungsansatze ist eine valide, transparente und praktikable Bewertung nachhaltigkeitsorientierter Unternehmensnetzwerke und deren MaBnahmen kaum erreichbar. Das Kriterium der Validltat bedeutet, dass mit der Methode auch tatsachlich das bewertet werden soil, was zu messen beansprucht wird/^^ Eine Bewertungsmethode gilt dann als valide, wenn die Bewertungsergebnisse einen direkten und unverzerrten Schluss auf die Wirkungen der jeweiligen Bewertungsobjekte in Hinblick auf das deflnierte Zielsystem eriauben. Transparenz bedeutet hingegen, dass es fur Dritte nachvollzlehbar ist, wie es zur Auswahl und Festlegung der Bewertungskriterien, deren Gewichtung und der Aggregatlonsalgorithmen gekommen ist. Die Offenlegung des der Bewertung zugrunde liegenden Werteund Zielsystems ist deshalb von groBer Bedeutung, weil Bewertungen nie vollig losgelost von subjektiven Einflussen erfolgen. Die Forderung nach Praktikabilitat des Bewertungsverfahrens betrifft schlieBlich dessen Anwendung, wobei es darum geht, dass das Modell anwendungsfreundlich und wirtschaftllch ist. Wichtige Aspekte sind dabei die Verfugbarkeit der notwendigen Daten bzw. der Erhebungsaufwand, die Komplexitat der Bewertungs- und Aggregationsalgorithmen sowie die Aussagekraft des Ergebnisses. Eine Bewertung von Unternehmensnetzwerken mittels okologischer NaherungsmaBe wie MIPS und KEA hat nur eine geringe Aussagekraft und kann daher kaum als valide eingestuft werden. So sind im MIPS-Ansatz weder die jeweilige Giftigkeit der eingesetzten Stoffe, noch die jeweilige Verfugbarkeit der Einsatzstoffe beruckslchtigt. Auch spielt es fur die MaBzahl keine Rolle, ob durch die Erzeugung, den Gebrauch oder die Entsorgung des bewerteten
^^^ Vgl. SielerC. 1994, S. 80ff.
208
Gutes unerwunschte Kuppelprodukte wie Abfalle, Abwasser oder Abgase entstehen, was offensichtlich eine Bewertung von Recyclingaktivitaten innerhalb von Untemehmensnetzwerken ausschlieBt. Der KEA-Ansatz fokussiert hingegen ausschlieBlich auf den Energiebedarf, wobei nicht einmal zwischen verschiedenen Energieniveaus, wie etwa zwischen Hoch- und Niedrigtenriperaturenergie, unterschieden wird. Eine umfassende okologieorientierte Bewertung von Untemehmensnetzwerken ist mit diesen Ansatzen daher nicht moglich. Die FlachenmaBe weisen hingegen das Problenn auf, dass bei beiden Verfahren, dem okologischen FuBabdruck und dem SPI, eine Vielzahl an Pramissen und Rechenalgorithmen zur Festlegung des Flachenbedarfs einzelner Guter sowie deren Rohstoffe und der eingesetzten Energie erforderlich sind. Unterschiedliche Annahnnen in den Modellen, wie etwa im Bereich des Flachenverbrauchs zur Bereitstellung von Energie, beeinflussen jedoch zwangslaufig das Bewertungsergebnis. Ein Vergleich der Pramissen der beiden Ansatze zeigt, dass es bei einzelnen Wirkungsbereichen sogar zu Abweichungen in der Hohe von mehreren Zehnerpotenzen kommen kann, obwohl die Grundidee der beiden Ansatze sehr ahnlich ist/^^ Besonders problematisch sind zudem HilfsgroBen, die etwa beim SPI eingesetzt werden, urn indirekt auf nicht verfugbare, aber fur die Bewertung notwendige Daten zu schlieBen. Zweifellos verringert die Heranziehung solcher HilfsgroBen den Datenerhebungsaufwand bzw. ermoglicht mitunter uberhaupt erst den Einsatz der Bewertungsmethode, jedoch darf die Wirkung auf das Bewertungsergebnis nicht unterschatzt werden. „ln manchen Fallen muss mit Fehlern bis zu +300 % gerechnet werden."^^^ Auch durfte die Nachvollziehbarkeit des SPI darunter leiden, dass nach der sogenannten ,retropagatorischen Methode' okonomische GroBen wie der Produktpreis oder der Anteil der Energiekosten an den Herstellungskosten in die Berechnung des ,Nachhaltigkeitsindexes' eingehen/^"^ Die okologieorientierte Bewertung von Untemehmensnetzwerken mittels derartiger FlachenmaBe scheitert daher primar an der mangelnden Transparenz und Praktikabilitat dieser Ansatze. Ahnlich verhalt es sich mit den Punkteschemata zur okologischen Bewertung. Sowohl bei den Umweltbelastungspunkten nach Muller-Wenk, als auch bei den
^^^ Vgl. Posch 2003, S. 83-86. ^^ Vgl. Krotscheck 1995, S. 78ff.
209
Schadschopfungspunkten nach Schaltegger/Sturm kommt es zu einer Aggregation der einzelnen Umweltwirkungen nach komplizierten, eher schwer verstandlichen Algorithmen. Besonders schwierig ist es, die Wirkungen hinsichtlich eines Kriteriunns bzw. auf ein Umweltmedium mit anderen okologischen Wirkungen vergleichbar zu machen. Aber bereits bei der Bewertung von Wirkungen auf nur ein Umweltnnedium ergeben sich nicht unbetrachtliche Probleme, wie dies etwa ein Vergleich zeigt, bei dem untersucht wird, wie hocii der relative Einfluss einfacher Schadstoffparameter auf die Bewertung von Abwasseremissionen ist. Da sich sowohl die vorgegebenen Okofaktoren nach MulierWenk als auch die Gewichtungsfaktoren nach Schaltegger/Sturm auf die Situation in der Schweiz beziehen, sollten die relativen Gewichte in den beiden Modellen etwa gleich hoch sein, tatsachlich ist die relative Gewichtung selbst von in der Abwasseranalytik ubiichen Parametern bei den beiden Modellen hochst unterschiedlich/^^ Daruber hinaus ist zu beachten, dass eine Anwendung der Ansatze fur Fragestellungen in anderen Landern als der Schweiz eine landesspeziflsche Neuberechnung der Okofaktoren voraussetzt/^^ Bei lokal Oder regional wirksamen Umweltwirkungen (z.B. Emissionen in Boden Oder Wasser) muss sich dabei die Berechnung der kritischen Frachten auf die lokalen bzw. regionalen Gegebenheiten, wie etwa auf die Wasserfuhrung des jeweiligen Vorfluters, und nicht auf landesweite Durchschnittswerte beziehen. Diese Forderung ist jedoch mit einem immensen Datenerhebungsaufwand verbunden. Aufgrund dieser Transparenz- und Praktikabilitatsprobleme ist die okologieorientierte Bewertung von Unternehmensnetzwerken auch mittels Punkteschemata nicht empfehlenswert. In den auswirkungsorientierten Bewertungsmodellen, im CML-Ansatz, im EcoIndicator 99 sowie im EPS-Ansatz, werden die okologische Wirkungsanalyse und die Kriteriengewichtung eindeutig voneinander abgegrenzt. Dies erhoht die Transparenz und Nachvollziehbarkeit dieser Entscheidungsmodelle ganz erheblich, da die Wirkungsanalyse auf Basis (zumindest theoretisch) objektiver naturwissenschaftlicher Wirkungszusammenhange und die Gewichtung auf Basis eines subjektiven Ziel- und Wertesystems erfolgt. In der Anwendung stoBt man jedoch auf nicht unbetrachtliche Probleme bei der Quantifizierung von Umweltwirkungen, da das Wissen uber die natunA/issenschaftlichen System-
^^^ Vgl. Posch 2003, 8. 89-92. ^^^ Fur die Verhaltnisse in Osterreich bzw. in der Steiermark wurden diesbezijglich bereits Vorarbeiten vom Institut fiir Entsorgungs- und Deponieteciinik der Montanuniversitat in Leoben getatigt; vgl. hierzu Staber/Hofer 1999 und Staber 2002.
210
zusammenhange, wie beispielsweise uber die chemischen Reaktionen verschiedener Substanzen in der Atmosphare, nach wie vor unvollstandig sind. Problematisch ist auch der an die Wirkungsanalyse anschlieBende Schritt der Aggregation. Betrachtet man stellvertretend fur die drei Ansatze das CMLModell naher, so sind dessen wichtigste Zwischenergebnisse die effect-scores, die ganz unterschiedliche Sachverhalte, wie eine Knappheit, eine Emissionsmenge, eine Produktionsmenge oder einen Schadenseffekt charakterisieren konnen/^^ Somit ist festzustellen, dass die effect-scores in den einzelnen Wirkungskategorien nach hochst unterschiedlichen Algorithmen berechnet und daher auch in unterschiedlichen Einheiten angegeben werden. Das fuhrt allerdings zu betrachtlichen Schwierigkeiten bei der darauffolgenden nutzwertanalytischen Gewichtung bzw. Zusammenfassung zu einem Gesamtumweltindex. Dies gilt grundsatzlich auch fur die im Konzept des ECO-lndicator 99 vorgeschlagene Panelbefragung sowie die monetare Bewertung im EPS-ModelL Primar aus Praktikabilltatsgrunden sind daher auch die auswirkungsorientierten Bewertungsverfahren nur bedingt fur eine okologieorientierte Bewertung von Unternehmensnetzwerken geelgnet. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass wegen der unvollstandigen Infonnation uber natunA/issenschaftliche Zusammenhange, insbesondere uber die Wirkungen von Stoff- und Energiestromen, die Voraussetzungen fur die DurchfiJhrung totalanalytischer Bewertungen von Unternehmensnetzwerken noch nicht erfullt sind. Auch Wietschel/Fichtner/Renz sXeWen fest, dass aufgrund „mangelnder Praktikabilitat sowie fehlender Standardisierung (und damit einhergehender Akzeptanz) der bisher zur Verfugung stehenden Methoden [...] bei den bisherigen VenA/ertungsnetzprojekten in der Regel auf eine explizite okologische Bewertung verzichtet [wird]".''^® Abgesehen von den methodischen Schwierigkeiten Ist zu bedenken, dass die Aggregation verschledenster Wlrkungsberelche auf eine gemeinsame GroBe mit einem betrachtlichen Informationsverlust verbunden Ist.''^^ Diesbezuglich liegt ein ,instrumentelles Optlmlerungsproblem' vor. Wahrend namllch ein volllger Verzlcht auf eine Aggregation einzelner Wirkungen eine Unubersichtlichkeit des Kriterlenkataloges bewlrkt, fuhrt eine zu welt gehende Aggregation zu einer trugerlschen Entscheldungs-
Vgl. Muller-Wenk 1994, S. 32. Wietschel/Fichtner/Renz 2000, 8. 573. Auch Endres stellt fest, dass das entscheidende Ziel einer nutzwertanalytischen Bewertung von Unternehmensnetzwerken darin liegt, einen Konsens der Projektbeteiligten iiber die Kriteriengewichtung und -bewertung herbei zu fuhren; vgl. Endres 2001, S. 115.
211
sicherheit. Daher wird man bei der Bewertung von Unternehmensnetzwerken nicht urn die partialanalytjsche GegeniJberstellung und Abwagung einzelner KenngroBen hinsichtlich verschiedenster okologischer, okonomischer und sozialer Kriterien umhink6nnen7'^°
4.2.4 Schlussfolgerungen fur die Nachhaltigkeitsorientierung industrieller Verwertungsnetze Industrielle VenA/ertungsnetze sind durch zwischenbetrjebliche Kooperationsbeziehungen zur Ruckstandsverwertung gekennzeichnet. Sie tragen damit zur Erhohung der Kreislaufwirtschaft und damit in der Regel auch zur nachhaltigen Entwicklung be\7^'^ In diesem Nachhaltlgkeitsnetzwerke
Kapitel wurde ein Konzept
dargestellt,
das
umfassendere
industrieller
Kooperatlonen
zwischen den Netzwerkpartnern vorsieht, so etwa auch zur gemeinsamen Planung um Umsetzung technologischer Produkt- und Prozessinnovationen. Kennzeichnend fur diese Nachhaltigkeitsnetzwerke ist das Vorliegen einer gemeinsamen Vision in Richtung nachhaltiger Entwicklung. Somit wurde die Forderung von Strebel, wonach eine umfassende Ruckstandsverwertung im Venwertungsnetz unter anderem die Existenz einer Netzwerkidentitat und gemeinsamer Zielvorstellungen voraussetzt/"^^ hier aufgegriffen und auf das Konzept industrieller Nachhaltigkeitsnetzwerke ubertragen. Oberhaupt erscheint es naheliegend, dass industrielle VenA/ertungsnetze eine geeignete Basis fur Nachhaltigkeitsnetzwerke sind, da in diesen Netzwerken berelts Kooperationsbeziehungen zum Schutz der naturlichen Umwelt zwischen den Netzwerkbetrieben unterhalten werden. Dennoch wirft die Idee der Nachhaltigkeitsorientierung industrieller VenA/ertungsnetze eine Reihe von Fragen auf: Wenn nachhaltige Entwicklung definitionsgemaB als Inhalt der gemeinsamen Vision der Akteure eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes gilt, was verstehen Unternehmensvertreter als Hauptakteure im Netzwerk unter Nachhaltigkeit? Auch sind in diesem Kapitel potentielle Kooperationsfelder bzw. MaBnahmenbereiche diskutiert worden. Hinsichtlich welcher MaBnahmenbereiche in den Betrieben aber tatsachlich Handlungsbedarf besteht und vor allem bei welchen MaBnahmen fur die Unternehmen ein Mehrwert
^"^ Vgl. hierzu auch Strebel 1997, 8. 18. ^"^^ Vgl. Strebel/Posch 2004, S. 8. ^^^ Vgl. Strebel 1998,8.5.
212
aus einer uberbetrieblichen Kooperation innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes besteht, bleibt often. Insbesondere der Bereich der soziaien Nachhaltigkeit ist in der einschlagigen Literatur noch sehr vage und inkonsistent. Es ist zu enA^arten, dass auch in der Industrie dieser Bereich auch in der Industrie noch kaum Im Bewusstsein verankert ist. Ferner stellt sich noch die Frage, inwieweit die raumliche Nahe von Unternehmungen, wie sie in industriellen VenA/ertungsnetzen beobachtbar ist, auch fur andere Kooperationsbereiche in Nachhaltigkeitsnetzwerken eine Rolle spielt. Diese Fragen lassen sich offensichtlich nicht deduktiv beantworten, sondern bedurfen vielmehr empirischer Forschung. Im folgenden Kapitel werden daher die Ergebnisse eine breit angelegten Erhebung in der osterreichischen produzierenden Industrie und in zwei industriellen VenA/ertungsnetzen, dem Verwertungsnetz Obersteiermark in Osterreich und dem VenA/ertungsnetz Oldenburger Munsterland in Deutschland, dargelegt.
213
5.
Empirische Analyse
Im Kapitel 3 dieser Arbeit wurden verschiedene Theorieansatze dargestellt und auf ihren Erklarungsgehalt in Hinblick auf das Phanomen industrieller Verwertungsnetze analysiert. Es wurden Ansatze der Entscheidungstheorie, der Systemtheorie, Organisationsleiire und der Neuen Institutionenokonomie herangezogen, unn einzelne Aspekte der uberbetrieblichen Recyclingaktivitaten in Verwertungsnetzen aus verschieden Blickwinkeln zu betrachten, eventuell besser verstehen, bzw. diese erklaren zu konnen. Es hat sich herausgestellt, dass die Ansatze einander teilweise erganzen, aber teilweise auch widersprechen. Als eine der Kernfragen hat sich gezeigt, ob und inwieweit industrielle VenA/ertungsnetze uberhaupt plan- und steuerbare Gebilde sind oder ob sie primar auf Mechanismen der Selbstorganisation beruhen. In Kapitel 4 wurde schliefBlich das Konzept der nachhaltigen Entwicklung vorgestellt und dabei der Frage nachgegangen, inwiefern industrielle VenA/ertungsnetze einen moglichen Ausgangspunkt fur weiterreichende uberbetriebliche Kooperationen innerhalb sogenannter Nachhaltigkeitsnetzwerke darstellen konnen. Bislang wurde in dieser Arbeit somit das Thema industrieller Verwertungsnetze ausschlieBlich von theoretischer, konzeptioneller Seite her betrachtet, empirische Untersuchungen sind daher notwendig, unn eine Verbindung der theoriegeleiteten Aussagen mit der realen Praxis herzustellen.
5.1 Ziel der empirischen Analyse Ziel der in diesem Kapitel dargestellten empirischen Analyse ist es, die in dieser Arbeit getroffenen theoretischen Aussagen zu industriellen Ven^/ertungsnetzen zu untermauern. Unter Bezugnahme auf die Aussagen des kritlschen Rationalismus ist hier jedoch festzustellen, dass diese empirischen Erhebungen nicht zur Verifizierung der aus der Theorie abgeleiteten Hypothesen, sondern bestenfalls zu deren Falsifizierung herangezogen werden konnen. Da Internationale empirische Vergleichsstudien im Bereich industrieller VenA/ertungsnetze nicht vorllegen und der Bereich zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten insgesamt noch kaum wissenschaftlich durchdrungen und dokumentiert Ist, hat diese Analyse zudem primar explorativen Charakter. Es ist nicht Ziel dieser Untersuchung,
einen
vollstandigen
oder
reprasentativen
Vergleich
der
zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten zu geben. Vielmehr geht es darum, ein besseres Verstandnis der Relevanz einzelner theoretischer Aussagen in
215
Hinblick auf die Praxis der zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung zu eriangen. Inhaltlich kann das Ziel dieser empirischen Untersuchung in vier Hauptbereiche eingeteilt werden: 1. Es soil ein besseres Verstandnis erreicht werden, wie in Unternehmungen recycllngorientierte Entscheldungen gefallt werden. Hier soil beisplelsweise untersucht werden, welche Kriterien fur die Wahl bestimmter Entsorgungs- bzw. Ven/vertungsalternativen im Vordergrund stehen, oder ob recyclingorientlerte Entscheldungen in der Praxis eher dem rationalen Bild der praskriptiven Entscheidungstheorie entsprechen oder doch eher in unsicheren, mehrdeutigen Situationen getroffen werden, die fur das Garbage-can-Modell charakteristisch sind. 2. Es sollen zusatzliche empirische Erkenntnisse uber die Besonderheiten zwischenbetrieblicher Recycllngaktivitaten gewonnen werden. Dabei stellt sich beispielsweise die Frage, wie derartige Kooperationen zustande kommen, welche Bedeutung etwa denn Vertrauen zwischen den VenA/ertungspartnern zukommt, wie hoch tendenziell die Faktorspezifitat recyclingorientierter Transaktionen ist, oder wie sich Unsicherheiten auf zwischenbetriebllche Verwertungsbeziehungen auswirken. 3. Es sollen Fragen uber den Aufbau und die Funktionsweise industrieller VenA^ertungsnetze untersucht werden. So geht es etwa darum, festzustellen, zu welchem Grad in industriellen Verwertungsnetzen ein Netzwerkbewusstsein, eine Identitat oder ein gennelnsames Wertesystem vorhanden sind, wie das netzinterne Informationssystem hinsichtlich der Stoff- bzw. Ruckstandsstrome gestaltet ist, oder welcher Institution die Planung und Steuerung der zwischenbetrieblichen Recycllngaktivitaten obliegt. 4. SchlieBlich stellt sich noch die Frage, welches Potential industrielle Verwertungsnetze in Hinblick auf eine Weiterentwicklung in Richtung industrieller Nachhaltlgkeitsnetzwerke aufweisen. Hier geht es unter anderem darum, ein Bild fur das Nachhaltigkeitsverstandnis in der Industrie zu bekommen, sowie MaBnahmenberelche zu identifizieren, bei denen die Unternehmen einerseits Handlungsbedarf verspiiren und andererseits aber auch Vorteile in einer uberbetrieblichen Kooperatlon Innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes sehen. 216
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung sollen zum einen eine Grundlage fur die Etablierung neuer bzw. die potentielle Erweiterung bestehender Kooperationen innerhalb industrieller Verwertungsnetze in der Praxis darstellen. Zum anderen wird mit dieser Arbeit vor allem aber auch angestrebt, einen Beitrag fur die wissenschaftliche Analyse interorganisationaler Kooperatlonen fur eine nachhaltige Entwicklung zu leisten und AnstoBe fur weitergehende Forschungsaktivitaten zu geben.
5.2 Aufbau und Ablauf der Untersuchung in diesem Subkapitel werden das Erhebungsdesign und die Methodlk der Analyse kurz dargestellt. Eingangs wird der Gegenstand der ennpirischen Untersuchung naher beschrieben und die Wahl der Untersuchungsobjekte begrundet. In welterer Folge wird der Ablauf der Untersuchung beschrieben.
5.2.1 Gegenstand der empirischen Untersuchung Bel der empirischen Untersuchung wurde auf vielfaltige Vorarbelten des Instituts fur Innovations- und Umweltmanagement der Universitat Graz zuruckgegriffen. So werden im Rahmen der empirischen Erhebungen die Unternehmen vom Ven/vertungsnetz Oberstelermark sowie vom Ven/vertungsnetz Oldenburger Munsterland, befragt. Beide Verwertungsnetze wurden in den vergangenen Jahren vom Institut fur Innovations- und Umweltmanagement wissenschaftlich betreut bzw. erforscht und dokumentiert. Neben den VenA/ertungsnetzwerken wurde zusatzlich noch eine Befragung der osterreichischen produzierenden Industrie durchgefuhrt. Damit wurde es moglich, die Besonderheiten von Netzwerkunternehmungen im Vergleich zu anderen Unternehmungen, die noch In kein Verwertungsnetz eingebunden sind, aufzuzelgen. Beispielswelse ist es interessant, ob es hier wesentliche Unterschiede in Hinblick auf die ruckstandsbezogene Entscheidungsflndung oder im Verhaltnis zu allfalligen Recyclingpartnern gibt. Die produzierende Industrie ist in dieser empirischen Analyse sozusagen die Referenzgruppe, anhand deren Ergebnisse eine verbesserte Interpretation der Resultate der Befragung von Netzwerkunternehmen mogllch ist. Bel vielen Fragestellungen ist namlich weniger die absolute Auspragung der Antwort, als vielmehr die relative Abweichung zur Referenzgruppe von Interesse.
217
Im Folgenden werden die Untersuchungsobjekte, sprich die Verwertungsnetze, deren Unternehmen befragt worden sind, sowie das Sample der produzierenden Industrie Osterreichs kurz beschrieben. 5.2.1.1 Grundsample: Produzierende Industrie in Osterreich Bei der Festlegung der zu befragenden Unternehmen der osterreichlschen Industrie wurden zwei Auswahlkriterien getroffen: Erstens wurden nur jene Unternehmen in das Sample aufgenommen, die zur produzierenden Industrie zahlen, d.h., alle Unternehmen des Dienstleistungssektors wurden ausgeschieden. Zweitens wurden nur Unternehmen mit mindestens 100 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen befragt. Nach Eingrenzung der Grundgesamtheit nach diesen beiden Kriterien sind insgesamt 1.480 Unternehmen im Sample verblieben. Davon wurde keine Stichprobenauswahl vorgenommen, sondem eine Vollerhebung durchgefuhrt. Von den ausgesandten Fragebogen wurden 29 Exemplare als unzustellbar retourniert, sodass von einer bereinigten SamplegroBe von 1.451 Unternehmen ausgegangen werden kann. Die geographische Aufteilung nach Bundeslandern sowie die Aufteilung nach UnternehmensgroBe, gemessen anhand der Mitarbeiterzahl, ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Bundesland
100-250
251-500
501-1000
>1000
Summe
Burgenland
23
9
2
0
34
Karnten
65
20
1
5
91
Niederosterreich
164
46
20
7
237
Oberosterreich
231
85
31
12
359
51
17
7
3
78
129
49
22
12
212
Tirol
70
23
7
7
107
Vorarlberg
47
19
15
2
83
Wien
140
59
23
28
250
Gesamtergebnis
920
327
128
76
1.451
Salzburg Steiermark
Tab. 2:
Grundgesamtheit der befragten osterreichlschen Produktionsunternehmen mit iiber 100 Mitarbeitern
218
1
5.2.1.2 Das Verwertungsnetz Obersteiermark, Osterreich Inspiriert von der industriellen Symbiose in Kalundborg^"*^ wurde vom Institut fur Innovations- und Umweltmanagennent der Universitat Graz nach ahnlichen Netzwerken inn Bundesland Steiernnark gesucht. Aufbauend auf zwei Projektberichte^"^ wurde in der Dissertation von Sciiwarz erstmals eine umfassende Darstellung des Ven/vertungsnetzes Obersteiermark, eines recyclingorientierten Verbundes von Unternehmen aus verschiedenen Branchen, veroffentiicht/'^^ In einem Folgeprojekt im Jahr 1996 wurden schlie3llch die Recycllngpraktiken von 31 Unternehmen in der Steiermark einer detaillierten Analyse unterzogen/"^^ Es wurde festgestellt, dass diese Unternehmen uber 1 Mio. Tonnen verschiedener Ruckstande, d.h. mehr als drei Viertel des Gesamtanfalls, an andere Unternehmen zur zwischenbetrieblichen Ven^/ertung abgeben. Insgesamt, d.h. einschlieBlich der von den untersuchten Firmen angenommenen Ruckstandsmengen, konnten sogar beinahe 1,5 Mio. Tonnen an Ruckstandsstromen identifiziert werden, wobel Schlacken aus der Metallindustrle, Altpapier, Sagerestholz, Altmetalle, Asche und sonstige mineralische Ruckstande zu den mengenmafBig bedeutendsten Ruckstandsarten zahlten. Die mit Abstand wichtigsten Ruckstandssenken waren Unternehmen der Grundstoff- und Produktionsguterindustrie, und hier insbesondere die eingebundenen Zementwerke. Neben den bereits existierenden Verwertungsbeziehungen wurde noch ein zusatzliches Recyclingpotential fur uber 300.000 Tonnen verschiedener Ruckstande identifiziert, davon ca. 75 % zur direkten Entlastung der Deponien.
^^' Vgl.Kap. 2.2.1. ^"^ Vgl. Strebel/Schwarz/Ortner 1993; Strebel/Schwarz/Dirnbock/Ortner 1993. ^"^^ Vgl. Schwarz 1994, 8.115ff. '^'^ Zu den folgenden Ausfuhrungen vgl. Posch/Schwarz/Steiner/StrebelA/orbach 1998, S. 211221.
219
Eisenerzeugende Industrie
Flugasche
Hochofensand
Fernwarme Kraftwerk I
Kraftwerk II
•
Altreifen
• •
Fernwarme
Gips
Zementwerk
Haushalte Aushubmaterial
A4
Altholz
Alto! Faserschlamm Altpapier
Papierfabrik II
Abb. 23:
Spanplattenwerk
Papierfabrik I
Sagerestholz
Sagespane
Sagerestholz Sagewerk
Ausschnitt aus dem Verwertungsnetz Obersteiermark^"^^
In den letzen Jahren wurde im VenA/ertungsnetz Obersteiermark versucht, fur einzelne Ruckstandsarten, wie Granitreste und Farbrestpulver, hochwertige zwischenbetriebliche VenA/ertungsmoglichkeiten zu schaffen/"^® 5.2.1.3 Das Verwertungsnetz Oldenburger Munsterland, Deutschland Das VenA^ertungsnetz im Oldenburger Munsterland, einer landlich gepragten Region zwischen Oldenburg, Osnabruck und Bremen, war Gegenstand mehrerer Forschungsprojekte im Auftrag der Bundesstiftung Umwelt, bel denen die Berufsakademie
und
Fachhochschule
fur
Wirtschaft
und
Technik
Vechta/Diepholz Oldenburger Munsterland, das Institut fur Innovations- und Umweltmanagement der Karl-Franzens-Universitat Graz, die Abfallwirtschaftsgesellschaft Landkreis Vechta und das Stelnbeis-Technologie-Transferzentrum Oldenburger Munsterland kooperierten.
Vgl. Posch at al. 1998, S. 220-221. Vgl. Hasler 2004, 8. 539-546.
220
Das Projekt „RIDROM - Ressourcenschonung im Oldenburger Munsterland"^'^^ wurde in den Jahren 1997 und 1998 mit dem Ziel abgewickelt, ein regionales Verwertungsnetz in den beiden benachbarten Landkreisen Cloppenburg und Vechta zu bilden und aufrechtzuerhalten. Der Inhalt der zwischenbetrieblichen Kooperationen wurde hierbei ausdrucklich auf die Verwertung von Ruckstanden beschrankt, wobei auf den regelmaBigen Austausch von Informationen zwischen den Netzwerkmitgliedern besonders geachtet wurde („Kommunikatives Netzwerk"). Im Folgeprojekt von 2001 bis 2003 mit dem Titel „lnstitutionalisierung des Informationsaustausches zwischen Unternehmen uber Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Ruckstanden"''^^ wurde das Buro ,Ven/vertungsagentur Oldenburger Munsterland' als zentrales Instrument fur die Gestaltung des Informationsaustausches eingerichtet. Hierbei wurde ein regionales Recycling-lnformatlonssystem (REGRIS) auf Basis der Software ArcView entwickelt. Im Vordergrund der Planungs- und Koordinationsaktivitaten der VenA/ertungsagentur standen Recyclinginitiativen fur Holzpaletten, Kunststofffolien, Leuchtstoffrohren, Altol und Gummi-Metall-Verbindungen als Produktionsausschuss. Bel den 24 Unternehmen, die im Projekt betreut wurden, konnte ein Kosteneinsparungspotential von insgesamt ca. 51.400 Euro pro Jahr aufgezeigt werden. Dieses Potenzial basiert auf der Annahme einer verbesserten Koordination der ruckstandswirtschaftlichen Aktivitaten der Unternehmen, „um auf diese Welse ihre Verhandlungsposition gegenuber der geringen Zahl von Entsorgungsunternehmen zu starken, welche ihre Dienstleistungen in der Region anbieten."''^^ Auf dieser Grundlage wurde ein Finanzierungs- und Vermarktungskonzept fur die Venwertungsagentur Oldenburger Munsterland erstellt. EIne detalllierte Beschreibung des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland wurde bislang nicht veroffentlicht. Aus den obigen Ausfuhrungen kann jedoch geschlossen werden, dass es sich hierbei nicht um ein industrielles Verwertungsnetz im Sinne eines netzinternen zwischenbetrieblichen Recyclings von Ruckstanden handelt, sondern dass die Grundidee dieses Netzwerkes vielmehr ein koordlniertes Auftreten der Netzwerkunternehmen gegenuber den Entsorgungsbetrieben ist, um deren Marktmacht zu erhohen.
^^^ Zu den folgenden Ausfuhrungen uber dieses Projekt vgl. Hasler/Hildebrandt/Nuske 1998, S. 305-322. ^^° Zu den folgenden Ausfuhrungen iiber dieses Projekt vgl. Hasler 2003. ^^^ Hasler2003, S. 4 1 .
221
5.2.2 Ablauf der Untersuchung Auf Basis der Ergebnisse der theoretischen, konzeptionellen Betrachtung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze''^^ wurden Hypothesen in Hinblick auf die industrielle Umweltwirtschaft, insbesondere die zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten innerhalb von Unternehmensnetzwerken, gebildet/^^ Diese Hypothesen bildeten die Grundlage fur den Fragebogen „Expertlnnenbefragung uber Unternehmenskooperationen im Umweltbereich"''^'^, der folgende Abschnitte umfasst:''^^ A
Erhebung allgemeiner Unternehmensdaten
B
Fragen uber die betriebliche Abfall- bzw. Ruckstandwirtschaft und das zwischenbetriebliche Recycling
C
Fragen uber den mengenma3ig wichtigsten Ruckstand, den das befragte Unternehmen zur externen Wiederverwertung an ein Unternehmen abgibt
D
Fragen uber den mengenma3ig wichtigsten Sekundarrohstoff (Ruckstand eines anderen Unternehmens), den das befragte Unternehnnen von einem anderen Unternehmen bezieht
E
Fragen uber die Teilnahme an einem Unternehmensnetzwerk fur zwischenbetriebliches Recycling (Recycling- bzw. Ven/vertungsnetz)
F
Fragen uber die innerbetriebliche Verarbeitung von Daten und Umweltinformationen
G
Fragen zum uberbetrieblichen Austausch von Umweltinformationen
H
Fragen uber Moglichkeiten und Nutzen eines „Nachhaltigkeitsnetzwerkes"
Nicht zuletzt zur Erieichterung der statistischen Auswertung und der Erhohung der Vergleichsmoglichkelten wurden im Fragebogen fast ausschlieBlich geschlossene Fragen venA/endet. Hierbei wurde groBtenteils um eine Zuordnung
Vgl. Kap. 3 und Kap. 4. Vgl. Kap. 5.3. Der Fragebogen ist im Anhang dieser Arbeit abgebiidet. Der Fragebogen wurde im Rahmen des Forschungsprojektes „INNANET - Industrielle Nachhaltigkeitsnetzwerke" ausgesandt. Dabei handelte es sich um ein Projekt, das vom osterreichischen Bundesministerium fur Verkehr, Innovation und Technologie im Rahmen der Programmlinie .Fabrik der Zukunft' gefordert wurde. Die Abschnitte F und G des Fragebogens wurden von Frau Mag. Perl zur Erhebung von Informationen iiber betriebliche und zwischenbetriebliche Informationssysteme erstellt.
222
auf einer funfstufigen Ordinalskala (z.B. von sehr niedrig bis sehr hoch) gebeten, um eine intensitatsmaBig abgestufte Zustimmung oder Ablehnung oder eine differenzierte Einschatzung von Sachverhalten zu ermoglichen. Vereinzelt wurden auch Altemativfragen, bei denen aus einer Reihe von Antwortmoglichkeiten eine oder unter Umstanden auch mehrere ausgewahit werden konnen, verwendet. Beim Layout des Fragebogens wurde auf eine moglichst Ware und graphische Gestaltung geachtet/^^ Der Pretest des Fragebogens erfolgte in den Monaten Februar und Marz 2004 mit sechs Firmenvertretern und ergab nur geringfugige Anderungen in der Formulierung einzelner Fragen. Am 23. IVIarz 2004 wurde der Fragebogen an alle Unternehmungen der produzierenden Industrie in Osterrelch mit mehr als 100 Mitarbeiter/-innen ausgesandt. Nach Ablauf der Rucklauffrist wurden 150 Firmen/^'' die nach einem Zufallsprinzip ausgewahit wurden, telefonisch kontaktiert und nochmals gebeten, den ausgefullten Fragebogen per Fax oder per Post zuruckzuschicken. Insgesamt wurden von den Unternehmen dieses Samples 142 Fragebogen retourniert, d.h. die Rucklaufquote betrug in diesem Fall 9,8 Prozent. Die Unternehmungen des Ven^/ertungsnetzes Steiermark^^® wurden Ende April 2004 telefonisch kontaktiert, um die Bereitschaft zur Teilnahme an dieser Befragung zu erhohen. Vier der insgesamt 31 Unternehmungen hatten ihren Fragebogen bereits aufgrund der Erhebung des Vergleichssamples der osterreichischen Industrie retourniert. Orel Firmen hatten seit der letzten Erhebung im Jahr 1996 ihren Betrieb eingestellt. Von den verbleibenden 28 Unternehmungen war nur eine Firma nicht bereit, an der Befragung tellzunehmen. D.h, Insgesamt 27 Netzwerkunternehmen retournierten den Fragebogen, womit die Rucklaufquote 96,4 Prozent betrug. Die Befragung der Unternehmungen des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland in Deutschland wurde in Zusammenarbeit mit der Abfallwirtschaftsgesellschaft Landkreis Vechta durchgefuhrt, die es ubernahm, die 23 in der Datenbank gespeicherten Unternehmungen telefonisch auf die Befragung vor-
^^^ An dieser Stelle sei Herrn Stefan Rohr fur die tatkraftige Unterstiitzung herzlichst gedankt. ^^^ Das sind etwa zehn Prozent der Grundgesamtheit. ^^® Vgl.Kap. 5.2.1.2.
223
zubereiten und die Fragebogen im
Mai 2005 auszusenden/^^ Nach einer
telefonischen Kontaktaufnahme der Universitat Graz mit den Netzwerkunternehmen wurden schliefBlich 15 ausgefullte Fragebogen retourniert. Zwei Unternehnnungen teilten schriftlich mit, dass sie weder Ruckstande zur VenA/ertung abgeben, noch von anderen Unternehmungen beziehen und fur sie daher der Fragebogen nicht zutreffe. Bezuglich eines weiteren Unternehmens teilte das zustandige Amtsgericht mit, dass ein Insolvenzverfahren eroffnet wurde. Die Rucklaufquote betragt nach Ausscheiden des insolventen Unternehmens aus der Grundgesamtheit damit 68,2 Prozent.
5.3 Theoriegestutzte Hypothesen Bevor die Ergebnisse der empirischen Erhebung beschrieben werden, erfolgt in diesem Kapitel eine Darstellung der Hypothesen, die aus den theoretischen Ansatzen zur Erklarung und Begriindung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze''^^ sowie aus den Ausfuhrungen uber das Potential industrieller VenA/ertungsnetze in Hinblick auf das gesellschaftliche Ziel einer nachhaltlgen Entwicklung/®^ abgeleitet wurden. Anhand der Hypothesen werden somit die theoretischen Erkenntnisse uber Industrielle Ven^/ertungsnetze zusammengefasst und strukturiert. Diese Hypothesen beziehen sich •
auf die recyclingorientierte Entscheidungsfindung in Unternehmungen,
•
auf die Charakteristika der zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehungen,
•
auf den Aufbau und die Funktionsweise industrieller Verwertungsnetze
•
sowie auf deren Potential zur Nachhaltigkeitsorientierung
und bilden die wichtigste Basis fur das Design der empirischen Erhebung sowie die Auswertung der Daten.
5.3.1 Hypothesen zur recyclingorientierten Entscheidungsfindung Hypothese 1-1:
Entscheidungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten werden zumeist von Einzelpersonen getroffen, die nicht ausschlieBlich fur Belange der Ruckstandswirtschaft zustan-
^^® Herrn Dipl.-lng. Nuske von der Abfallwirtschaftsgesellschaft Landkreis Vechta sei an dieser Stelle herzlich fiir seine Unterstiitzung gedankt. '^° Vgl. Kap. 3. ^^' Vgl. Kap. 4.
224
dig sind, sondern sich auch anderen Aufgaben widmen mussen. Die Uberprufung dieser Hypothese soil Aufschluss daruber geben, inwieweit die behavioristischen Phanomene uber Gruppenentscheidungen (Groupthink) im Bereich der betrieblichen Ruckstandswirtschaft von Relevanz sind. Ferner bezieht sich diese Hypothese auf eine Grundannahme des Garbage-CanModells, wonach sich Entscheidungstrager nur temporar bestimmten Entscheidungsproblemen widmen (fluktuierende Partizipation). Hypothese 1 -2:
Bei Entscheidungen hinsichtlich der externen RuckstandsvenA/ertung stehen die direkten Kosten- und Erioswirkungen zumeist Im Vordergrund. Nicht monetare Kriterien finden hingegen kaum Berucksichtigung.
Trifft diese Hypothese zu, so kommt den mehrdimensionalen Entscheidungsmodellen der praskriptiven Entscheidungstheorie im Bereich der Ruckstandswirtschaft nur eine untergeordnete Rolle zu. So erfordert die Aggregation rein monetarer WIrkungen keine Gewichtung verschledener Kriterien. Trifft diese Hypothese nicht zu, steht test, dass ruckstandsbezogene Entscheidungen in der Praxis zumeist multikrlterieller Art sind. Wie diese Entscheidungen getroffen werden und ob bzw. In welcher Weise die Vorgaben der normativen Entscheldungslehre Berucksichtigung finden, blelbt jedoch often. Hypothese 1-3:
Die Zlele fur ruckstandsbezogene Entscheidungen in den Unternehmungen werden von der Geschaftsfuhrung bzw. der dafur befugten Stelle nicht In schrlftllcher Form definlert.
Sind die Zlele der betrieblichen Ruckstandswirtschaft nicht oder nur mundlich und/oder unoperatlonal festgelegt, so ist es mogllch, dass sich die Praferenzen des Entscheidungstragers, der fur Recycllngangelegenhelt zustandig ist, Im Laufe eines Entscheidungsprozesses - mitunter auch In unvorhersehbarer Weise - andern. Diese Situation Ist kennzeichnend fur die mehrdeutlge, unsichere Entscheldungssltuatlon im Garbage-can-Modell. Hypothese 1-4:
Die Moglichkeiten der Ruckstandsbewaltigung, Insbesondere die Technologien zur zwischenbetrlebllchen Ruckstandsverwertung, sind den Entscheidungstragern bei ruckstandsbezogenen Entscheidungen unklar bzw. nur teilweise bekannt. 225
Neben der fjuktuierenden Partizipation der Entscheidungstrager und den inkonslstenten, unoperationalen Praferenzen ist das beschrankte Wissen uber die entscheidungsrelevante Umwelt und die Kausalbeziehungen, insbesondere ijber die Recyclingtechnologien, das dritte Merkmal ,organisierter Anarchien'. Liegen diese Merkmale vor, so kommt es zu Entscheidungsprozessen, die der Logik des Gargabe-can-Modells folgen. Hypothese 1 -5:
Entscheidungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten werden in Unternehmungen primar aniassbezogen getroffen. Erst wenn Probleme im Zusammenhang mit dem jeweiligen Ruckstand bzw. Sekundarrohstoff auftreten, wird nach einer fur das Unternehmen befriedigenden Losung gesucht.
Diese Hypothese geht der Frage nach, ob es in Unternehmungen tendenziell zu einer ,Optimierung' der ruckstandsbezogenen Materialwirtschaft kommt, oder ob eher das Satisficing-Konzept der deskriptiven Entscheidungslehre zutrifft, wonach nur bei offensichtlichen Zielabweichungen versucht wird, eine Losung zu finden, die dem jeweiligen eigenen Anspruchsniveau entspricht. Die Uberprufung dieser Hypothese gibt Aufschluss daruber, inwieweit Impulse von auBen, die sich auf Sach- und Wertpramissen hinsichtllch industrieller Verwertungsnetze beziehen, zur Entstehung zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten beitragen konnen.
5.3.2 Hypothesen zu zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten Hypothese 2-1:
MengenmaBig wichtige Ruckstande werden eher in langfristigen Recyclingbeziehungen direkt an jene Unternehmen abgegeben, die den Ruckstand verwerten, als an Ruckstandshandler.
Die Ven/vertung groBer Mengen bestimmter Riickstandsarten rechtfertigt die mit tendenziell
hoheren
Suchkosten
verbundene
Anbahnung
langfristiger
Recyclingbeziehungen mit jenen Unternehmen, die direkt Moglichkeiten zur Verwertung des Ruckstandes haben. Hingegen sind aus Sicht der Transaktionskostentheorie mengenmaBig weniger wichtige Ruckstande aufgrund der selteneren Transaktionen eher fur marktiiche Entsorgungs- bzw. Ven/vertungslosungen uber Ruckstandshandler bzw. konzessionierte Entsorgungsunternehmen pradestiniert. 226
Hypothese 2-2:
Zwischenbetriebliche
Verwertungsbeziehungen
entstehen
zumeist auf Basis rein bilateraler Interaktion, d.h. ohne Planung und Koordination einer zentralen Instanz im Verwertungsnetz. Der Selbstorganisationsansatz besagt, dass Systeme, die von einer zentralen Stelle bewusst und planvoll konzipiert wurden, nur eine Ordnung allereinfachster Art aufweisen. Komplexe Systeme entstehen hingegen durch selbstorganisierende Prozesse zur Ordnungsbildung im System auf Basis bewusster und unbewusster Regein und Normen/®^ Mit dieser These wird uberpruft, ob diese Aussage auch auf industrielle Verwertungsnetze zutrifft. Hypothese 2-3:
Die Abhangigkeit von den Ruckstandsabnehmern bzw. von den Lieferanten von Sekundarrohstoffen und die damit einhergehende Ver- und Entsorgungsunsicherheit stellen die zentralen Motive fur langfristige kooperative Recyclingbeziehungen dar.
Im Resource-Dependence-Ansatz, der sehr stark auf die Ressourcenabhangigkeit und die damit verbundene Unsicherheit und potentielle Gefahrdung der betrieblichen Leistungserstellung fokussiert, wird die Aufnahme von Kooperationsbeziehungen zu wichtigen Unternehmen als eine nach auBen gerichtete MaBnahme zur Steigerung der Umweltkontrolle genannt (..negotiated environment")/^^ Mit der Uberprufung dieser Hypothese soli geklart werden, ob die Ressourcenabhangigkeit tatsachlich der bestimmende Faktor ist, der zur Aufnahme von zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehungen fuhrt. Hypothese 2-4:
Zwischenbetriebliche Verwertungsbeziehungen unterscheiden sich von herkommlichen Kunden-Lieferanten-Beziehungen durch ihren stark ausgepragten kooperativen Charakter.
Anhand der Transaktionskostentheorie wurde aufgezeigt, dass sich die Koordination Industrieller VenA/ertungsnetze im Spannungsfeld zwischen Markt, Hierarchie und Kooperation be\Neg\7^ Das attestierte simultane Markt- und Hierarchieversagen im Bereich der Ruckstandswirtschaft deutet darauf hin, dass zwi-
^^^ Vgl. Kap. 3.2.2. ^^^ Vgl. Kap. 3.3.3. ^^ Vgl. Kap. 3.4.2.
227
schenbetriebliche Recyclingaktivitaten primar auf Basis von Kooperationsbeziehungen stattfinden/^^ Hypothese 2-5:
Recyclingorientierte
Transaktionen zeichnen sich durch
einen hohen Grad an Faktorspezifitat aus. Die Faktorspezifitat kann aus der Adaption der Fertigungsprozesse, aber auch aus hohen Suchkosten in der Anbahnungsphase resultieren. Nach der Transaktionskostentheorie fuhrt eine hohe Faktorspezifitat zu steigenden Opportunitatskosten der Auflosung der Recyclingbeziehung („lock-in"-Effekt)7^® Auch aus evolutionstheoretischer Sicht fuhren hohe „sunk costs" sowie eine enge Abstimnnung der Recyclingpartner hinsichtlich der eingesetzten Produktions- und Recyclingtechnologien zu einer Einschrankung der Anpassungs- und Transformationsmoglichkeiten industrieller VenA/ertungsnetze/^'' Hypothese 2-6:
Recyclingorientierte Transaktionen zeichnen sich durch ein hohes MaB an Unsicherheit, entweder hinsichtlich der rechtlichen Oder sonstigen Rahmenbedingungen und/oder hinsichtlich des Verhalten des Recyclingpartners aus.
Im Resource-Dependence-Ansatz fuhrt die Ressourcenabhangigkeit eines Unternehmens nicht a priori, sondern erst in Verblndung mit Unsicherheit zu einer Situation, in der die Ver- und Entsorgungssicherheit nicht mehr gewahrleistet ist. Eine MaBnahme, die der Unternehmer zur Verringerung der Unsicherheit tatigen kann, ist der Aufbau von Kooperationsbeziehungen („negotiated environment")/®® In der Transaktionskostentheorie ist die hohe Unsicherheit neben der hohen Faktorspezifitat ein Hinweis dafur, dass zur Koordination der Transaktionen tendenziell die Internalisierung bzw. die Quasi-lnternalisierung durch langfristige Vereinbarungen vorteilhaft ist/®® Hypothese 2-7:
Bel zwischenbetrleblichen Recyclingbeziehungen wird die Gefahr opportunistischen Verhaltens des Recyclingpartners als ernsthafte Bedrohung empfunden.
^^^ Vgl. Kap. 3.4.3. ''^^ Vgl. Kap. 3.4.3. ^^^ Vgl. Kap. 3.3.2. ^^® Vgl. Kap. 3.3.3. ^^^ Vgl. Kap. 3.4.3.
228
Die Ansatze der Neuen Institutionenokonomie beruhen auf der Annahme, dass die okonomischen Akteure grundsatzlich dazu tendieren, opportunistisch zu handein, d.h. ihr Eigeninteresse auch durch den Einsatz unlauterer Mittel wie List, Tauschung, Zuruckhaltung von Informationen u.a. verfolgen7^° Der Principal-Agent-Ansatz geht der Frage nach, wie die Vereinbarungen zur Ruckstandsverwertung gestaltet werden sollen, um erfolgreiche Recyclingkooperationen zu ermoglichen, bei denen opportunistisches Verhalten weitgehend vermieden wird/^^
5.3.3 Hypothesen zum Aufbau und zur Funktionsweise industrieller Verwertungsnetze Hypothese 3-1:
Das AusmaB an zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten wird durch die Teilnahme an einem industriellen Verwertungsnetz positiv beeinflusst, d.h. tendenziell geben Netzwerkbetriebe einen hoheren Anteil ihrer Ruckstande zur externen Ven/vertung ab bzw. setzen in ihren Produktionsprozessen einen hoheren Anteil an Sekundarrohstoffen ein. Dazu unterhalten sie tendenziell auch eine hohere Anzahl zwischenbetrieblicher Ven/vertungsbeziehungen als andere Unternehmungen.
Aus Sicht der Theorie selbstreferentieller Systeme kann davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen fur zwischenbetriebliche Recyclingbeziehungen zu Veranderungen der zukunftigen Erwartungshaltungen und des Wissensstandes fuhren konnen. D.h. fruhere Entscheidungen fur zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten beeinflussen spatere Entscheidungen. Ein hoheres Vertrauen in Recyclingpartner, bessere Kenntnisse der technischen Moglichkeiten etc. konnen daher dazu fuhren, dass Unternehmungen die einmal in ein industrielles VenA/ertungsnetz eingebunden sind, verstarkt nach welteren zwischenbetrieblichen Recyclingmoglichkeiten suchen. Es kommt zu einer Evolution des Systems VenA/ertungsnetz aufgrund der intern erzeugten Veranderung, wodurch es sich von seiner Umwelt in zunehmenden Maf3 unterscheidet bzw. abgrenzt.
^° Vgl. Kap. 3.4. ^' Vgl. Kap. 3.4.4.
229
Hypothese 3-2:
Unternehmungen, die an einem industriellen Verwertungsnetz teilnehmen, haben tendenziell einen hoheren Informationsstand uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung.
Geht man in Aniehnung an McKelvey und Aidrich von einem Evolutions- bzw. Selektionsprozess von Kompetenzen innerhalb industrieller VenA/ertungsnetze aus/^^ so ist es nahe liegend, dass sich iangfristig jenes Wissen und jene Fahigkeiten durchsetzen, die zu einer erfolgreichen Ruckstandsbewaltigung der Netzwerkuntemehmen erforderlich sind. Die Kenntnis der technischen Moglichkeiten zur zwischenbetrieblichen VenA/ertung diirfte hierbei einen zentralen Stellenwert einnehmen. Dafur durfte der interorganisatorische Wissensaufbau bzw. das „Learning by interacting" zwischen den Netzwerkpartnern von Bedeutung sein/''^ Hypothese 3-3:
Fur
Unternehmungen,
die
an
einem
industriellen
VenA/ertungsnetz teilnehmen, nimmt Umweltschutz generell einen hoheren Stellenwert ein, d.h. sie setzen tendenziell mehr MaBnahmen zum betrieblichen Umweltschutz (auch solche, die uber Recyclingaktivitaten hinausgehen) und verfiigen eher uber ein installiertes Umweltmanagementsystem als andere Unternehmen. Diese Hypothese lasst sich einerseits dadurch begrunden, dass Unternehmungen, die positive Erfahrungen mit zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten gemacht haben, aufgrund ihrer veranderten Erwartungshaltung eher bereit sInd, auch in anderen Bereichen nach mogllchen Umweltschutzaktivitaten zu suchen bzw. sogar ein Umweltmanagementsystem zu installieren. Andererselts kann umgekehrt auch ein bereits existierendes hoheres Umweltbewusstsein im Unternehmen dazu beitragen, dass dieser Betrieb an einem Ven^/ertungsnetz teilnlmmt. In beiden Fallen herrscht ein positiver Zusammenhang zwischen der Teilnahme eines Unternehmens an einem Verwertungsnetz und dem generellen Stellenwert des Umweltschutzes in diesem Unternehmen.
^^^ Vgl. Kap. 3.3.2. ^^^ Vgl. Kap. 4.2.2.5.
230
Hypothese 3-4:
Die Netzwerkunternehmen bzw. deren Vertreter sind sich bewusst, dass sie sich an einem industriellen Verwertungsnetz beteiligen und sind uber dessen Konzept informiert.
Die Uberprufung dieser Hypothese soil Aufschluss daruber geben, inwieweit die Idee eines industriellen Ven/vertungsnetzes als Gesamtsystem fur die Verwertungsaktivitaten maBgeblich ist, bzw. inwieweit die zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten primar auf bilaterale Kooperationsbeziehungen beruhen. Dies hat auch Implikationen fur den Erklarungsgehalt der verschiedenen Theorieansatze, die sich teils eher auf bilateralen Beziehungen (z.B. PrincipalAgent-Ansatz), teils auf das Gesamtsystem (z.B. systemtheoretische Ansatze) beziehen. Hypothese 3-5:
Die Akteure in industriellen Verwertungsnetzen haben entweder bereits Zugang zu umfassenden Informationen uber die Stoff-, bzw. insbesondere Ruckstandsstrome der beteiligten Netzwerkunternehmen, oder sie geben zumindest an, dass sie diese Informationen fur eine umfassende Ruckstandsverwertung innerhalb des Verwertungsnetzes benotigen wurden.
Nach der strukturell-funktionalen Systemtheorie ist die Struktur eines industriellen Verwertungsnetzes auf dessen Zweck auszurichten, urn eine bestmogliche zwischenbetriebliche VenA/ertung der Ruckstande zu ermoglichen.'''''* Hierfiir ist die umfassende Kenntnis der Stoff-, bzw. insbesondere Ruckstandsstrome der beteiligten Netzwerkunternehmen eine Grundvoraussetzung. Auch in der facheinschlagigen Literatur wird festgestellt, dass das Vorhandensein dieser Informationen eine notwendige Bedingung fur eine umfassende RuckstandsvenA/ertung im VenA/ertungsnetz darstellt.^^^ Hypothese 3-6:
Industrielle VenA/ertungsnetze verfugen uber eine eigene Netzwerkidentitat und ein gemeinsames Wertesystem.
In der einschlagigen Fachliteratur wird festgestellt, dass die Existenz einer Netzwerkidentitat eine Bedingung fur eine umfassende RuckstandsvenA/ertung innerhalb eines VenA/ertungsnetzes darstellt. Aus Sicht der Evolutionstheorie
'^'^ Vgl.Kap. 3.2.1. ^' Vgl.Kap. 2.2.1.
231
fuhrt die Bildung einer Netzwerkidentitat und eines gemeinsamen Wertesystems aber auch zur Einschrankung der Anpassungs- und Transformationsmoglichkeiten industrieller Verwertungsnetze/''® Hypotheses-?:
Industrielle Verwertungsnetze benotigen zur Planung und Steuerung der zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten eine zentrale Institution, d.h. es existiert entweder bereits eine derartige Institution, etwa In Form einer VenA/ertungsagentur, oder es wird ein dringender Bedarf an einer solchen Stelle konstatlert.
Diese Hypothese bezieht sich auf die zentrale Fragestellung, inwieweit Industrielle Verwertungsnetze im herkommlichen Sinn planbare und steuerbare Gebilde sind oder nicht. Bel den theoretischen Ansatzen zur Erklarung und Begrundung des Phanomens industrieller VenA/ertungsnetze tut sich diesbezuglich eine groBe Bandbreite verschiedener Sichtweisen auf/^'^ Hypothese 3-8:
Die Steuerung industrieller VenA/ertungsnetze erfolgt primar durch indirekte Mittel, wobei Metaphern, wie jene der Analogie zwischen naturlichen und technischen Okosystemen, eine besondere Rolle spielen.
In der facheinschlagigen Literatur wird die „Kreislaufwirtschaft" in naturlichen Okosystemen vielfach als Vorbildsystem fur industrielle VenA/ertungsnetze herangezogen/^® Auch fur den Umgang mit Garbage-can-Prozessen wird auf die Bedeutung indirekter Mittel zur Lenkung des Systems, wie etwa Leitbilder, Visionen, Geschichten und Mythen, venA/iesen/^® Zudem entsprlcht eine indirekte Steuerung eines Verwertungsnetzes mit Metaphern dem Konzept der selbstorganisierenden Ordnungsbildung in komplexen Systemen und dem systemisch-okologischen Denken nach Vester, wonach die Systemkybernetik und die Selbstregulatlonsprozesse zu optimieren, partielle Eingriffe in industrielle Verwertungsnetze aber zu vermeiden sind7^° Auch dem St. Gallener Ansatz des Evolutionaren Managements zufolge sind direkte „aktivistische"
^® Vgl. Kap. 3.3.2. ^
Vgl. Kap. 3.5.
^^ Vgl. Kap. 2.2.1. ^® Vgl. Kap. 3.1.3. ^®° Vgl. Kap. 3.2.2.
232
Eingriffe in die inneren Funktionen und Ablaufe eines industriellen Verwertungsnetzes zu vermeiden/®^
5.3.4 Hypothesen in Bezug auf industrielle Nachhaltigkeitsnetzwerke Hypothese 4-1:
Fur Untemehmungen sind die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Okonomie, Okologie und Soziales nicht - wie haufig attestiert - gleichwertig. Vielmehr dominiert das Ziel des wirtschaftlichen Erfolges die beiden anderen Dimensionen.
Diese Hypothese bezieht sich auf die unterschiedliche Bedeutung des Nachhaltigkeitskonzeptes auf gesellschaftlicher und betrieblicher Ebene: Obwohl auf gesellschaftlicher Ebene nachhaltige Entwicklung verstarkt als Leitbild in Hinblick auf die Gesamtentwicklung der Gesellschaft verstanden wird, in das okologische, okonomische und soziale Aspekte gieichermaBen zu integrieren sind/^^ ist auf betrieblicher Ebene davon auszugehen, dass die konstitutive Unternehmenstatigkeit, d.h. das okonomische Ziel der Wertschopfung und der Erwirtschaftung von Gewinnen im Vordergrund steht. Die okologischen und sozialen Prinzipien der Nachhaltigkeit sind hingegen nicht Teil der unternehmerischen Elementarzielsetzung, sondern des Bedingungsgefuges verschiedener Anspruchsgruppen/®^
Hypothese 4-2:
Okologlsche und soziale Themen werden von den Unternehmen als gleichermaBen wichtig eingestuft.
Unabhangig davon, ob die sozialen Themen neben den okologischen als Teil der nachhaltigen Entwicklung gesehen werden, stellen beide Themenbereiche fur Untemehmungen eine Herausforderung dar. Trotz der Probleme hinsichtllch der Operationalisierung eines umfassenden Nachhaltigkeitsbegriffes, gibt es kelne Hinweise dafiir, dass ein Themenbereich - der okologische oder der soziale - uber den anderen dominiert, denn sowohl naturliche als auch gesell-
^^' Vgl. Kap. 3. 2.2. ^^' Vgl. Kap. 4.1. '^^ Vgl. Kap. 4.1.2.
233
schaftliche Systeme sind nur begrenzt belastbar bzw. weisen nur eine begrenzte Tragfahigkeit auf. Hypothese 4-3:
Die uberbetriebliche Zusammenarbeit wird von den Unternehmen sowohl hinsichtlich okologischer als auch sozialer Themen als vorteilhaft eingestuft.
Diese Hypothese trifft den Kern des Konzeptes industrieller Nachhaltigkeitsnetzwerke/®^ Nur wenn sich die Unternehmungen Vorteile aus der uberbetrieblichen Zusammenarbeit in Hinblick auf die Erreichung okologischer und sozialer (Nachhaltigkeits-)Ziele erwarten, wird es auch tatsachlich zur Entstehung von Nachhaltigkeitsnetzwerken kommen. Hypothese 4-4:
Fur Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung ist es gunstiger, Unternehmen der gleichen Wertschopfungskette in einem Nachhaltigkeitsnetzwerk zu integrieren, wahrend fur zwischenbetriebliche Recyclingkooperationen die raumliche Nahe eine groBere Rolle spielt.
Als potentielle Kooperationsfelder von Nachhaltigkeitsnetzwerken wurden das zwischenbetriebliche Recycling und Ressourcenmanagement, Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung und zur Verbesserung und Integration der Prozesse, das gemeinsame Wahrnehmen sozialer Verantwortung sowie interorganisatorisches Lernen und Wissensaufbau genannt/®^ Es stent sich die Frage, ob fur bestimmte Kooperationsfelder eher die raumliche Nahe Oder die Zugehorigkeit zum selben Wertschopfungsnetz von Vorteil ist. In dieser Hypothese wird davon ausgegangen, dass zwischenbetriebliche Recyclingkooperationen eher zwischen lokalen oder regionalen Unternehmen stattfinden, da in diesem Fall die Transportkosten fur die massenintensiven Ruckstandsstrome gering gehalten werden konnen. Hingegen wird davon ausgegangen, dass fur eine gemeinsame Produktentwicklung weniger die raumliche Nahe, sondern vielmehr die Zugehorigkeit zu selben Wertschopfungskette von Bedeutung ist.
^^ Vgl. Kap. 4.2. ^^^ Vgl. Kap. 4.2.2.
234
5.4 Ergebnisse der empirischen Analyse Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse beruhen auf der statistischen Auswertung folgender Anzahl retournierter Fragebogen:
Anzahl
Rijckiauf-
(n)
quote
138
9,5 %
Verwertungsnetz Obersteiermark
27
96,4 %
Verwertungsnetz Oldenburger Mijnsterland
15
68,2 %
Osterrelchische Industrie (ohne Verwertungsnetz)
Tab. 3:
Anzahl auswertbarer Fragebogen
Vom Sample der osterreichischen Unternehmen der produzierenden Industrie mit mehr als 100 Mitarbeitern wurden jene vier Fragebogen ausgeschieden, die von Netzwerkunternehmungen des industriellen Verwertungsnetzes Obersteiermark retourniert wurden/®^ Dadurch wird ein Vergleich zwischen den Unternehmungen der untersuchten VenA/ertungsnetze mit jenen, die (zumindest bekanntermaBen) noch an keinem VenA/ertungsnetz teilnehmen, ermoglicht. Hinsichtlich der Reprasentativitat der Ergebnisse des Samples der osterreichischen Produktionsbetriebe mit mehr als 100 Mitarbeitern ist festzustellen, dass Fehler bei der Auswahl der Stichprobe (sample design error) ausgeschlossen werden konnen, da die Fragebogen an alle Unternehmen der Grundgesamtheit ausgesandt worden sind (Vollerhebung)/^'' Die Rucklaufquote von knapp 10 % ist fur eine schriftliche Erhebung zufriedenstellend. Dennoch konnen Verzerrungen durch Zufallsfehler''®® (random error), d.h. Unterschiede zwischen den Ergebnissen der tatsachlich beantworteten Fragebogen und jenen Ergebnissen, die sich theoretisch ergeben wurden, wenn sich alle Unternehmen der Grundgesamtheit an der Befragung beteiligt hatten, nicht ausgeschlossen werden. Es stellt sich die Frage, ob sich jene Unternehmen, die den beantworteten Frage-
Dle Anzahl an auswertbaren Fragebogen verringert sich damit von ursprunglich 142 auf 138. Auch der Umstand, dass 29 der insgesamt 1.480 Unternehmen, d.h. knapp 2 Prozent, aufgrund von Adressfehlern bzw. -anderungen nicht erreicht wurden, erscheint vernachlassigbar; vgl. Kap. 5.2.1.1. Die Erreichungsquote von uber 98 % kann als zufriedenstellend bezeichnet werden. Vgl. Fleischer 1999, S. 308.
235
bogen retournierten, von den verweigernden Untersuchungseinheiten (refusals) bzw. von der Grundgesamtheit unterscheiden/®^ Hierzu werden im Folgenden die Mitarbeiterzahl und der Umsatz der Unternehmen der Grundgesamtheit und jener, die an der Befragung teilgenommen haben, verglichen.
Anzahl der Mitarbeiter
Abb. 24: Vergleich der Mitarbeiterzahl jener Unternehmen, an die der Fragebogen ausgeschickt wurde und jener, die ihn retournierten.
Wie in Abbildung 24 ersichtlich ist, besteiit hinsichtlich der Mitarbeiterzahl eine sehr ahnliche Verteilung der Grundgesanntheit des befragten Samples der osterreichischen produzierenden Industrie und jener Unternehmen dieses Samples, die den Fragebogen retourniert haben7^°
Vgl. Schutze 2000, S. 76-77. Diese und die folgende Auswertung basiert auf den Angaben in der Herold-Unternehmensdatenbank.
236
Umsatz 70%
Abb. 25: Vergleich des Umsatzes jener Unternehmen, an die der Fragebogen ausgeschickt wurde und jener, die ihn retoumierten.
Auch die Verteilung der Unternehmen hinsichtlich des Umsatzes ist bei den ausgeschickten und retoumierten Fragebogen sehr ahnlich. Unter den beantworteten Fragebogen wejsen etwas mehr Unternehmen (38 %) einen Umsatz von uber 50 Mio. € auf als unter den Unternehmen der Grundgesamtheit (30 %). Insgesamt lasst der Vergleich dieser beiden Merkmale aber auf eine recht hohe Reprasentativltat der retoumierten Fragebogen der Samples der osterreichischen produzierenden Industrie schliefien. Die statistische Auswertung der beantworteten Fragebogen und die Auswahl der verwendeten Parameter erfolgten grundsatzlich unter Berucksichtigung des Skalenniveaus der vorliegenden Datensatze/®^ Als Lageparameter wird grofltenteils der Medianwert^®^ und als Zusammenhangsmad zwischen den
Vgl. hierzu und zu den folgenden Ausfuhrungen iiber die statistischen i\/lethoden: Backhaus et al. 2000; Benninghaus 1991; Bleymuller/Gehlert/Gulicher 2002; Kuhnel/Krebs 2001; Ghanbari 2002; Der Median gibt die exakte Mitte einer Verteilung an, deren Auspragungen nacii dem ordinalen Kriterium geordnet wurden. D.h., die Anzaiil der gijltigen Werte wird in zwei gleich grode Teile geteilt, die links und rechts des Medians liegen.
237
Auspragungen ordinaler Variablen der Korrelationskoeffizient Kendall-Tau-b''^^ verwendet. Hinsichtlich der Berechnung des Medianwertes ist zu berucksichtigen, dass dieser durch Interpolation jener Auspragungsklasse ermittelt wird, in der der Median bzw. das 50 %-Quartil liegt (Median fur gruppierte Haufigkeitstabelien)/^"^ Es wird in diesem Fall also implizit von einenn metrischen Skalenniveau und einer Glelchverteilung innerhalb dieser Klasse ausgegangen/^^ Dieses Vorgehen wird damit gerechtfertigt, dass der Median fur ungruppierte Daten kaum Aussagekraft hatte, da dieser sehr haufig in ein und der selben der funf Auspragungsklassen liegen wurde und folglich Unterschiede zwischen den Samples nicht ersichtlich waren. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass durch die Anwendung von Analysemodellen, fur die das erforderliche Skalenniveau nicht vorllegt, zwar grundsatzlich die Gefahr der Produktion von Artefakten besteht. „Die Gefahr von Fehlschlussen besteht jedoch auch dann, wenn grundsatzlich ein niedriges Messniveau angenommen wird und als Konsequenz Analysemodelle angewendet werden, die theoretisch relevante Informationen nicht erfassen konnen. Die eigentliche Kunst der sozialwissenschaftlichen Datenanalyse liegt darin, die verschiedenen Fehlermoglichkeiten abzuschatzen und vor diesem Hintergrund die optimale Analysestrategie zu wahlen."''®^
5.4.1 Ergebnisse in Hinblick auf die recyclingorientierte Entscheidungsfindung in Betrieben In Aniehnung an die zentrale Pramisse dieser Arbeit, wonach recyclingorientierte Ruckstandsstrome stets Ergebnisse menschlichen Handelns und Entscheldens von in Organisationen eingebundenen Akteuren sind/^^ geht es im Folgenden urn die recyclingorientierte Entscheidungsflndung in Betrieben. Dabei ist von besonderem Interesse, wer diese Entscheidungen trifft, welche Entscheidungskriterien von Bedeutung sind und vor allem wie der Entscheldungs-
793
Der Kendall-Tau-b-Koeffizient kann in Abhangigkeit von der Richtung und der Starke der Beziehung Werte von -1 bis +1 annehmen, vorausgesetzt des handelt sich urn eine quadratische Tabelle. Der Vorteil dieses AssoziationsmaBes ist, dass er eine Korrektur fur Verknupfungen („Ties") beinhaltet; vgl. hierzu Benninghaus 1991; 8. 248-249. Vgl. hierzu KiihneJ/Krebs 2001, S. 71-72. Streng genommen darf bei ordinalem Skalenniveau auch der Median fur ungruppierte Daten nur bei einer ungeraden Fallzahl verwendet werden. Bei gerader Fallzahl wird namlich der Mittelwert der Realisationen der beiden mittleren Rangplatze gebildet, was wiederum ein metrlsches Skalenniveau voraussetzt. Kuhnel/Krebs 2001, S. 35-36. Vgl. Kap. 1.1.
238
findungsprozess ablauft - eher rational und den Vorgaben der normativen Entscheidungslehre gehorchend oder eher in Fornn von Garbage-can-Prozessen. 5.4.1.1 Entscheidungstrager im Bereich der Ruckstandwirtschaft Hinsichtlich der Entscheidungstrager ist festzustellen, dass in den befragten Unternehmungen
abfall-
bzw.
ruckstandswirtschaftliche
Entscheidungen
gleichermaBen von Einzelpersonen und von Gruppen getroffen werden. Hierbei gibt es auch keinen nennenswerten Unterschied zwischen den befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie und den Verwertungsnetzunternehmungen.
100%
Verw.netz ddenb. Munsterland
n=14
Verw.netz (Dbersteiermark
n=27
n=137
Osterr. prod. Industrie
• eher von Einzelpersonen
Abb. 26:
D eher in Gruppen
Entscheidungstrager im Bereich der betrieblichen Ruckstandwirtschaft
Ein sehr eindeutiges Bild ergibt sich jedoch hinsichtlich der Frage, ob diese Personen nur fur die Belange der Ruckstandswirtschaft zustandig sind oder sich auch anderen Aufgaben widnnen mussen. Hier gab die uberwiegende Mehrheit der Befragten an, dass die Entscheidungstrager in abfall- bzw. ruckstandswirtschaftlichen Angelegenheiten auch fur andere Aufgabenbereiche zustandig sind.
239
0%
25%
50%
—\—
75%
100%
— I —
Verw.netz Odenb. Munsterland
n=15
Verw.netz Obersteiermark
n=27
n=138
dsterr. prod. Industrie
• nur fur Belange der Ruckstandswirtschaft D auch fur andere Aufgaben
Abb. 27:
Zustandigkeit der Entscheidungstrager
Die Hypothese 1-1, wonach Entscheidungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten zumeist von Einzelpersonen getroffen werden, die nicht ausschlieBlich fur Belange der Ruckstandswirtschaft zustandig sind, sondern sich auch anderen Aufgaben widmen mussen, wird somit nur teilweise bestatigt. Da Entscheidungen in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft annahernd gleich oft von Einzelpersonen wie in Gruppen getroffen werden, spielen die behavioristischen Phanomene uber Gruppenentscheidungen wie „Groupthink" nur in ungefahr der Halfte der Entscheidungsfalle eine Rolle. Deutlich bestatigt wird hingegen die Grundannahme des Garbage-Can-Modells, wonach sich Entscheidungstrager nur temporar bestimmten Entscheidungsproblemen widmen. Es kann den Befragungsergebnissen zufolge davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft durch eine fluktuierende Partizipation der Entscheidungstrager gekennzeichnet sind. 5.4.1.2 Zielkriterien bei recyclingbezogenen Fragestellungen Hinsichtlich der Entscheidungsfindung in recyclingbezogenen Fragestellungen ist es ferner von Interesse, ob es sich primar urn eindlmensionale, d.h. auf monetare Zielkriterien gerichtete, oder urn mehrdimensionale Entscheidungen handelt. Bei mehrdimensionalen Entscheidungen werden neben monetaren auch nicht monetare Kriterien berucksichtigt, wodurch sich das Problem der Kriteriengewichtung bzw. der (nutzwertanalytischen) Aggregation der Einzelbeurteilungen ergibt.
240
Bei der gegenstandlichen Befragung der Unternehmen wurden fur den jeweils mengenmafiig wichtigsten Ruckstand, der zur externen Verwertung abgegeben wird und der als Sekundarrohstoff fur die eigene Produktion angenommen wird, Kriterien vorgegeben, die fur das Zustandekommen der zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehung mafigeblich waren. Die Wichtigkeit der einzelnen Kriterien konnte anhand einer funfstufigen Ordinalskala von sehr unwichtig (1) bis sehr wichtig (5) eingestuft werden. Die Auswertung der Fragebogen zeigt, dass zwar Kostenuberlegungen als am wichtigsten eingestuft werden, aber auch den Aspekten der Ver- bzw. Entsorgungssicherheit sowie des Schutzes der natiirlichen Unfiwelt grofie Bedeutung beigemessen wird/®® In Abb. 27 sind die Medianwerte^^® der Einstufung der Wichtigkeit des jeweiligen Kriteriums aus Sicht der ruckstandsabgebenden Unternehmen dargestellt.
Wichtigkeit der Themen Verringerung der Entsorgungskosten
•
Erzielung von Erlosen aus der Ruckstandsabgabe
• D
Oi
Entsorgungssicherheit (veriassliche Abnahme) Schutz der naturlichen Umwelt
D • 1,0
sehr unwichtig
2,0
3,0
4,0
• 5,0
sehr wichtig
Dosterr. prod. Industrie (n=127) • Verw.netz Steiermark (n=21) • Verw.netz Oldenb. Munsterland (n=14)
Abb. 28: Wichtigkeit der Motive zur Abgabe eines Ruckstandes fur die externe Verwertung (Medianwerte)
Es ist ersichtlich, dass sowohl von den befragten Unternehmen der produzierenden Industrie Osterreichs als auch von den Unternehmen der untersuchten Verwertungsnetze die Motive der Verringerung der Entsorgungskosten, der
^^® Dieses Ergebnis deckt sich weitgehend mit den Ergebnissen einer Untersuchung uber das externe Recyclingverhalten der osterreichischen Produktionsbetriebe aus dem Jahr 1996; vgl. Strebel/Schwarz/Schwarz 1996, S. 72-74. ^^ Zur Begrundung der Wahl des Medianwertes als Lageparameter fur die Verteilung vgl. Kap. 5.4.
241
Entsorgungssicherheit und des Schutzes der naturlichen Umwelt mit Medianwerten zwischen vjer und fijnf als sehr wichtjg eingestuft werden. Die etwas niedrigeren Werte fur das Motiv der Generierung von zusatzlichen Eriosen, insbesondere von den Unternehmen des Verwertungsnetzes Obersteiermark, kann dadurch erklart werden, dass sich die Fragen auf konkrete zwisciienbetriebliche Recyclingaktivitaten bezogen haben und es bei bestimmten Ruckstandsarten einfach nicht moglich ist, Eriose fur den abzugebenden Ruckstand zu erzielen. Benrierkenswert ist jedenfalls die Tatsache, dass von den befragten Unternehmen der Aspekt der Entsorgungssicherheit als annahernd gleich wichtig, bzw. von den Verwertungsnetzunternehmen sogar als noch etwas wichtiger als der Kostenaspekt erachtet wird. Bei der Interpretation der Bewertung des Kriteriums „Schutz der naturlichen Umwelt" Ist zu beachten, dass die sozlale Erwunschtheit einer hohen Einstufung das Ergebnis beeinflusst haben konnte. Aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmen ergibt die Auswertung der Frage nach den Motiven fur die Ruckstandsbezlehung folgendes Bild: Wichtigkeit der Themen
Verringerung der Material- bzw. Brennstoffkosten
•
•
Erzielung von Eriosen aus der RiJckstandsannahme
•
•
D
Versorgungssicherheit (verlassliche Zulieferung)
•
Schutz der naturlichen Umwelt
• 10
2,0
sehr unvvichtig Dosterr. prod. Industrie (n=16)
• Verw.netz Steiermark (n=9)
D
3,0
D
•
• D 4,0
5,0
sehr wichtig • Verw.netz Oldenb. Munsterland (n=2)
Abb. 29: Wichtigkeit der Motive zur Annahme eines Sekundarrohstoffes fiir die Verwertung in der eigenen Produktion (Medianwerte)
Es zeigt sich, dass die Einstufung der Wichtigkeit der einzelnen Motive durch die ruckstandsannehmenden Unternehmungen wesentlich starker variiert als jene der abgebenden. HIerbei ist die sehr geringe Anzahl an auswertbaren Fragebogen zu beachten, die eine weitergehende Interpretation der Daten kaum zulasst.
242
Resumierend kann festgestellt werden, dass die Hypothese 1-2, wonach bei Entscheidungen hinsichtlich der externen Ruckstandsverwertung die direkten Kosten- und Erioswirkungen zumeist im Vordergrund stehen, wahrend nicht monetare Kriterien kaum Berucksichtigung finden, nicht bestatigt wird. Vielmehr scheinen recyclingorientierte Entscheidungen in der Praxis zumeist multikriterieller Art zu sein. D.h., eine Gewichtung verschiedener Kriterien ist erforderlich, wie diese erfolgt, ist aber damit freilich noch nicht gesagt. Im Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung ist es ferner von Interesse, ob in den Unternehmungen die ruckstandswirtschaftlichen Ziele schriftlich festgelegt werden.
100%
Verw.netz Oldenb. Munsterland
n=13
Verw.netz Obersteiermark
n=27
n=127
Osterr. prod. Industrie
DneJn
Abb. 30: Schriftliche Festlegung ruckstandwirtschaftlicher Ziele in den Unternehmungen
Immerhin etwa zwei Drittel der Unternehmungen geben an, dass ihre Ziele in der betriebllchen Ruckstandswirtschaft in schriftlicher Form vorliegen. Beim Ven/vertungsnetz Steiermark sind es sogar uber 80 % der Unternehmen. Das bedeutet, dass die Grundannahme des Garbage-can-Modells, wonach Ziele nicht Oder nur inkonsistent und/oder unoperational festgelegt werden, eher nicht verbreitet zutrifft (Hypothese 1-3). Zwar ist mit der Aussage, dass die ruckstandswirtschaftlichen Ziele schriftlich vorliegen, noch nicht explizit gesagt, dass diese auch konsistent und operational sind, jedoch ist sie deutliches Indiz dafur, dass es fur die Entscheidungstrager, die jeweils fur die betrieblichen Recyclingangelegenheiten zustandig sind, kaum moglich ist, ihre Praferenzen im Laufe eines Entscheidungsprozesses - mitunter auch in unvorhersehbarer Weise - zu
243
andern, wie dies laut Garbage-can-Modell fur mehrdeutige, unsichere Entscheidungssituationen kennzeichnend ware. 5.4.1.3 Informationsstand bei recyclingbezogenen Entscheidungen Schliedlich ist noch der Informationsstand der Entscheidungstrager uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung von Interesse. Bei der Befragung wurde urn eine Seibsteinsciiatzung des Informationsstandes auf einer funfstufigen Ordinalskala gebeten.
6 0 % -]
Verw.netz Oldenb. Munsterland (n=14) Verw netz Steiermark (n=27) osterr prod. Industrie (n=137)
3 sehr niedrig
Informationsstand
4
5 sehr hoch
Abb. 31: Selbsteinschatzung des Informationsstandes uber Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung
In Abb. 31 ist ersichtlich, dass der Modalwert bei alien Samples drei betragt, d.h., dass von den meisten Unternehmen der eigene Informationsstand als mittel eingestuft wird. Interessant Ist dabei, dass es keinen nennenswerten Unterschled zwischen Verwertungsnetzunternehmen und den Unternehmen des Vergleichssamples der osterrelchischen produzierenden Industrie gibt. Mit einem Medianwert von 3,4 schatzen die Unternehmen des VenA/ertungsnetzes Steiermark ihren Informationsstand am hochsten ein, wahrend dieser bei den Unternehmen des Ven/vertungsnetzes Oldenburger Munsterland 2,9 betragt.
244
Der Medianwert der Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie belauft sich auf 3,1. Die Hypothese 1-4, wonach die Moglichkeiten der Ruckstandsbewaltigung, insbesondere die Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung, den Entscheidungstragern bei ruckstandsbezogenen Entscheidungen unklar bzw. nur teilweise bekannt sind, trifft damit auf die befragten Unternehmungen nurtellweise zu. In Hinblick auf die ruckstandsbezogene Entscheidungsfindung stellt sich an dieser Stelle noch die Frage, in wie vielen Unternehmungen alle Merkmale ,organisierter Anarchien' laut Garbage-can-Modell vorzutreffen sind. Es sind dies die fluktuierende Partizipation der Entscheidungstrager, die inkonsistenten, wechselnden Praferenzen der Entscheidungstrager sowie ein beschranktes Wissen Giber die entscheidungsrelevante Umwelt und die Kausalbeziehungen. In Abbildung 32 wird dargestellt, wie viele der folgenden Kriterien auf die befragten Unternehmen zutreffen: 1. Die Entscheidungstrager in der Ruckstandswirtschaft mussen sich auch anderen Aufgaben widmen. 2. Es
gibt
keine
schriftlich
festgelegten
Ziele
der
betrieblichen
Rijckstandwirtschaft. 3. Der elgene Informationsstand uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Rijckstandwirtschaft wird als sehr niedrig oder niedrig (Skalenstufe 1 und 2 der funfstufigen Ordinalskala) eingeschatzt.
245
0%
25%
50%
75%
100%
Verw.netz Oldenb. Munsterland n=14
Verw.netz Obersteiermark
n=27
Osterr. prod. Industrie
D 0 Kriterien
n=126
11 Kriterium
3 2 Kriterien
13 Kriterien
Abb. 32: Anzahl der Kriterien fur „Garbage-can-Prozesse", die auf die befragten Unternehmen zutreffen.
Es stellt sich heraus, dass bei dem Grofiteil der Unternehmen (88 % aller befragten Unternehmen) ein oder zwei Merkmale von „Garbage-can-Prozessen" zutreffen. Nur fur ein Unternehmen des Verwertungsnetzes Obersteiermark trifft kein IVlerkmal zu. Bei jeweiis einem Unternehmen des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland und des Verwertungsnetzes Obersteiermark sowie bei 18 Unternehmen (14 Prozent) des Samples der osterreichischen produzierenden Industrie sind hingegen alle drei Kriterien erfuHt. Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass die Bedeutung des Garbage-can-Modells fur die betriebliche Ruckstandswirtschaft im Allgemeinen und fur industrielle VenA/ertungsnetze im Speziellen nicht uberbetont werden darf. Lediglich das Merkmal der partizipierenden Fluktuation der Entscheidungstrager in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft ist eindeutig erfullt, wahrend sich hinsichtlich der schriftllchen Zielfestlegung sowie des Informationsstandes uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrleblichen Ruckstandwirtschaft kein eindeutiges Blld ergibt. 5.4.1.4 Entscheidungsstile in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft Schliefilich stellt sich noch die Frage nach den Entscheldungsstilen in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft. Diesbezuglich wird grundsatzlich zwischen einem Optimizing- und einem Satisficing-Konzept unterschieden. Dieser Aspekt wurde bei der empirischen Erhebung mit der Frage nach der Zustimmung zu
246
einer der beiden folgenden Aussagen beleuchtet, wobei die linke Frage auf ein Optimierungsverhalten und die rechte auf ein Satisficing-Verhalten hinweist: Es wird laufend nach neuen Entsorgungsalternativen gesucht und die gunstigste Losung in Hinbiick auf eindeutig vorgegebene Ziele (z.B. Vorgaben in der Unternehmensstrategie) ausgewahlt.
Entscheidungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten werden primar anlassbezogen getroffen. (Wenn Probleme im Zusammenhang mit dem jeweiligen Ruckstand auftreten, wird nach einer fur das Unternehmen gunstigen Losung gesucht.)
Abb. 33: Alternativaussagen zum Entscheidungsverhalten in der betriebiichen Riickstandswirtschaft
Fur die ruckstandsbezogene Materialwirtschaft spielt dieser Sachverhalt auch eine Rolle, weil bei einem Optimierungsverhalten der Unternehmen davon ausgegangen werden kann, dass diese Betriebe eher selbst gunstigere Venwertungsmoglichkeiten finden und umsetzen, wahrend bei einem Satisficing-Verhalten auch herkommliche Entsorgungsstrategien beibehalten werden, solange keine Probleme auftreten. Bei Letzterem konnten somit Impulse von auBen notig sein, um gunstigere Moglichkeiten der zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung zu nutzen.
0%
25%
50%
75%
100%
Ven/v.netz Oldenb. Munsterland
n=15
Verw.netz Obersteiernnark
n=27
n=135
Osterr. prod. Industrie
I eher "Optimizing"
0 eher "Satisficing"
Abb. 34: ..Optimizing" versus ..Satisficing" in der zwischenbetrieblichen Riickstandswirtschaft
Aus Abbildung 34 ist zu erkennen, dass die Hypothese 1-5, wonach Entscheidungen uber zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten in Unternehmungen primar aniassbezogen getroffen werden, nur bedingt zutrifft. Etwas weniger als die Halfte der befragten Unternehmen geben an, eher laufend nach einer in 247
Hinblick auf die vorgegebenen Ziele optimalen Losung zu suchen, wahrend die anderen eher aniassbezogen nach einer gijnstigen Losung suchen. Sowohl „Optimizing" als auch „Satisficing" scheinen somit als Entscheidungsstrategien eine Rolle in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft zu spielen.®°° Nennenswerte Unterschiede zwischen Verwertungsnetzuntemehmen und anderen sind dabei nicht feststellbar.
5.4.2 Ergebnisse in Hinblick auf zwischenbetriebliche Recyclingal^ivitaten Im Folgenden werden die Eigenschaften zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten sowohl aus Sicht des abgebenden als auch des annehmenden Unternehmens analysiert. Die Daten beziehen sich dabei auf den jeweils mengenmaBig wichtigsten Ruckstand, der von den befragten Firmen zur externen Verwertung an ein Unternehmen abgegeben, bzw. Sekundarrohstoff (Ruckstand eines externen Unternehmens), der zur VenA/ertung angenomnnen wird.
RiJckstands-
Ruckstands-
abgabe
annahme
126
12
Osterr. prod. Industrie (>100MA)
Tab. 4:
Verwertungsnetz Steiermark
22
8
Verwertungsnetz Oldenburger Munsterland
14
2
Anzahl der analysierten zwischenbetrieblichen Verwertungsbeziehungen (pro Unternehmen nur die jeweils mengenmaBig wichtigste)
Bezogen auf die Gesamtzahl der retournierten Fragebogen bedeutet dies, dass durchschnittllch 90 Prozent der befragten Unternehmen zumindest einen Produktionsrijckstand zur externen Verwertung abgeben, wohingegen nur 13 Prozent zunnindest einen Ruckstand eines anderen Unternehmens als Sekundarrohstoff in ihrer Produktion einsetzen.
Hierbei ist zu berucksichtigen, dass das Konzept der begrenzten Rationalitat nicht zwangslaufig bedeutet, dass keine Optimierung in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft angestrebt wird: Die Entscheldungstrager konnen zwar beabslchtigen, rational zu agieren, sind dazu jedoch aufgrund Ihrer begrenzten kognitiven Fahlgkelten nicht In der Lage.
248
5.4.2.1 Inhalt und AusmaB zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten Im Folgenden wird dargestellt, um welche Ruckstandsarten es sich bei den zwjschenbetrieblichen Recyclingaktivitaten handelt, bzw. wie viele Ruckstandsbeziehungen und welche Mengen an Ruckstanden abgegeben und angenommen werden.®°^
Ruckstands-
an das verwertende Unternehmen Anzahl d. Bez.
abgabe
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
an einen Rijckstandshandler Anzahl d. Bez.
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
Biogenes Material
6
43.950
7.325
3
156
52
Glas
1
170
170
2
7.500
3.750
Kunststoffe
5
2.435
487
4
1.165
291
Metall
9
24.769
2.752
32
117.853
3.683
Papier/Karton
3
45.114
15.038
5
15.723
3.145
Schlacke/Asche
2
23.000
-
-
2.500
Schlamme Sonst.
Tab. 5:
46.000
-
-
1
2.500
14
5.905
422
21
5.263
251
40
168.343
4.209
68
150.160
2.208
Ruckstandsabgabe der befragten osterreichischen produzierenden Industriebetriebe (ohne Verwertungsnetzbetriebe)
Die befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie (ohne VenA/ertungsnetzbetriebe) geben an, in 40 direkten VenA/ertungsbeziehungen an jene Unternehmen, die den Ruckstand recyclieren, insgesamt ca. 168.300 Tonnen Ruckstande pro Jahr abzugeben. Das ergibt eine durchschnittliche Menge pro Ruckstandsbeziehung von ca. 4.200 Tonnen pro Jahr. Die mengenmaBig bedeutendsten Ruckstandsstrome betreffen hierbei Schlacke und Asche sowie Papier- bzw. Kartonruckstande. Vergleichsweise werden in 68 Beziehungen zu Ruckstandshandlern insgesamt ca. 150.200 Tonnen Ruckstande pro Jahr abgegeben, woraus sich eine durchschnittliche Ruckstandsmenge von 2.200 Jahrestonnen ergibt. Bei acht Ruckstandsstromen wurde keine Zuordnung getroffen, ob sie direkt an das ven^/ertende Unternehmen Oder an einen RuckstandshandlerflieBen.
®°^ Hierbei ist zu berucksichtigen, dass bei insgesamt elf VenA/ertungsbeziehungen keine Mengenangaben getatigt wurden.
249
Rijckstands-
vom produzierenden Unternehmen Anzahl d. Bez.
annahme
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
Baurestmassen
1
1.000
1.000
Biogenes Material
2
180
90
Kunststoffe
4
205.100
51.275
Metall Papier/Karton
-
-
Sonst.
2
32.100
9
Tab. 6:
238.380
vom Ruckstandshandler Anzahl d. Bez.
-
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
-
-
2
3.100
1.550
1
150.000
150.000
16.050
-
-
-
26.487
3
153.100
51.033
Ruckstandsannahme der befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie (ohne Verwertungsnetzbetrlebe)
Neun der befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie (ohne Ven/vertungsnetzbetriebe) geben an, Ruckstande direkt von jenen Unternehmen zu beziehen, die ihn produzieren. Insgesamt handelt es sich dabei um ca. 238.000 Tonnen pro Jahr, wovon mehr als 200.000 Tonnen auf KunststoffriJckstande fallen. Nur drei Unternehmen setzen Sekundarrohstoffe ein, die sie von Ruckstandshandlern beziehen. Dabei dominiert ein Ruckstandsstrom mit 150.000 Tonnen Altpapier/Karton pro Jahr.
Rijckstands-
an das verwertende Unternehmen Anzahl d. Bez.
abgabe
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
an einen Ruckstandshandler Anzahl d. Bez.
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
Biogenes Material
3
680
227
1
60
Kunststoffe
3
96
32
-
-
60
-
Metall
2
1.579
790
3
4.100
1.367 60
Papier/Karton
1
1.500
1.500
1
60
Schlacke/Asche
2
115.564
57.782
-
-
-
Schlamme
-
-
1
3.800
3.800
Sonst.
1
15
15
3
530
177
12
119.434
9.953
9
8.550
950
Tab. 7:
Ruckstandsabgabe der Unternehmungen des Verwertungsnetzes Obersteiermark
Zwolf Unternehmungen des steirischen VenA/ertungsnetzes geben an, ihren mengenmaBig wichtigsten Ruckstand direkt an das ven/vertende Unternehmen abzugeben, neun an einen Ruckstandshandler. Aufgrund von zwei direkten Verwertungsbeziehungen mit insgesamt ca. 115.600 Tonnen Schlacke bzw.
250
Asche pro Jahr ist die Menge der direkt an verwertende Unternehmungen abgegebenen Ruckstande um ein Vielfaches groBer als jene, die an Ruckstandshandler geht.
Rijckstands-
Anzahl d. Bez.
7 onnen pro Jahr
Glas
-
-
Kunststoffe
1
200
Metall Papier/Karton
-
-
Huttensand
1
80.000
Biogenes Material
2
Tab. 8:
vom Ruckstandshandler
vom produzierenden Unternehmen
annahme
80.200
0 Tonnen pro Bez.
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
1
3.000
3.000
1
3.000
3.000
-
-
-
2
325.000
162.500 380.000
Anzahl d. Bez.
200
1
380.000
80.000
-
-
-
40.100
5
711.000
142.200
Riickstandsannahme der Unternehmungen des Verwertungsnetzes Obersteiermark
Nur zwei Unternehmungen des Verwertungsnetzes Steiermark beziehen ihren Ruckstand direkt vom produzierenden Unternehmen. Dabei handelt es sich um 80.000 Tonnen Huttensand pro Jahr und eine vergleichsweise kleine Menge Kunststoffruckstande.
Funf
Unternehmen
geben
an,
ihren
wichtigsten
Sekundarrohstoff von Ruckstandshandlern zu beziehen. Dabei handelt es sich vor allem um Altmetall (325.000 Tonnen) und Altpapier bzw. -karton (380.000 Tonnen). Bei einem Ruckstandsstrom wurde nicht spezifiziert, ob er direkt vom produzierenden Unternehmen oder von einem Ruckstandshandler kommt.
RiJckstands-
an das verwertende Unternehmen Anzahl d. Bez.
abgabe
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
an einen Ruckstandshandler Anzahl d. Bez.
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
Biogenes Material
2
290
145
-
-
-
Kunststoffe
2
1.680
840
3
520
173
Metall
-
1
7.233
7.233
1
715
715
Schlamme
-
1
40
40
Sonst.
1
20
20
3
3.980
1.327
5
1.990
398
9
12.488
1.388
Papier/Karton
Tab. 9:
Ruckstandsabgabe
der
Unternehmungen
des
Verwertungsnetzes
Oldenburger
Munsterland
251
Nur in funf der 14 ausgewerteten Fragebogen von Unternehmungen des Verwertungsnetzes
Oldenburger
Munsterland wurde
angegeben, dass der
mengenmafBig wichtigste Ruckstand direkt an ein verwertendes Unternehmen abgegeben wird. Hingegen geben neun Unternehmungen ihren mengenmaBig wichtigsten Ruckstand an einen Ruckstandshandler ab.
Rijckstands-
vom produzierenden Unternehmen Anzahl d. Bez.
annahme Kunststoffe
. -
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
vom Ruckstandshandler Anzahl d. Bez.
Tonnen pro Jahr
0 Tonnen pro Bez.
1
110
110
1
110
110
Tab. 10: Ruckstandsannahme der Unternehmungen des Verwertungsnetzes Oldenburger Munsterland
Nur ein Unternehmen des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland gibt an, Ruckstande (Kunststoff) von einem Ruckstandshandler zu beziehen. Ein welteres Unternehmen, das auch Altkunststoff als wichtigsten Sekundarrohstoff angibt, hat nicht spezifiziert, ob der Ruckstand direkt vom produzierenden Unternehmen oder von einem Handler bezogen wird. Kein Unternehmen gab explizlt an, einen Ruckstand direkt vom produzierenden Unternehmen zu beziehen. Zur Untersuchung der Gultigkeit der Hypothese 2-1, wonach mengenmaBig wichtige Ruckstande eher in langfristigen Recyclingbeziehungen direkt an jene Unternehmen abgegeben werden, die den Ruckstand verwerten, als an Ruckstandshandler, werden im Folgenden die Durchschnittsdaten aller Verwertungsbeziehungen aus Sicht des abgebenden Unternehmens herangezogen: In 57 direkten VenA/ertungsbeziehungen mit jenem Unternehmen, das den Ruckstand venA^ertet, werden durchschnittlich 5.084 Tonnen pro Jahr abgegeben. Hingegen werden von den 86 Unternehmen, deren mengenmaBig wichtigster Ruckstand von einem Handler ubernommen wird, durchschnittlich nur 1.991 Tonnen dieses Ruckstands pro Jahr abgegeben. D.h., hinsichtlich der Menge trifft die Hypothese 2-1 eindeutig zu; die durchschnittliche Ruckstandsmenge pro direkter VenA/ertungsbeziehung betragt immerhin das 2,6-fache jener Menge, die durchschnittlich an einen Ruckstandhandler abgegeben wird. Urn festzustellen, ob die direkten VenA/ertungsbeziehungen auch tatsachlich langfristig angelegt sind, wie dies in Hypothese 2-1 formuliert ist, wurde deren
252
durchschnittliche bisherige Dauer ermittelt. Die direkten Beziehungen mit den ruckstandsverwertenden Untemehmungen bestehen im Durchschnitt bereits 21,7 Jahre, wahrend die Beziehungen zu Ruckstandshandlern vor durchschnittlich 11,7 Jahren begonnen wurden. D.h., die durchschnittliche Dauer der direkten VenA/ertungsbeziehungen ist deutlich langer als jene zu Ruckstandshandlern. Durch die vorliegenden Daten aus Sicht der ruckstandsabgebenden Unternehnnen wird somit die Hypothese 2-1 auch hinsichtlich der Langfristigkeit der direkten Ven^^ertungsbeziehungen untermauert. Es bestatigt sich die transaktionskostentheoretische Uberlegung, dass bei groBen Ruckstandsmengen die hoheren Suchkosten bei der Anbahnung langfristiger Recyclingbeziehungen mit jenen Unternehmen, die direkt Moglichkeiten zur VenA/ertung des Ruckstandes haben, eher in Kauf genommen werden, als bei niedrigeren Ruckstandsmengen. Hier stellen marktiiche
Entsorgungs- bzw. VenA/ertungs-
losungen uber Ruckstandshandler bzw. konzessionierte Entsorgungsunternehmen die gunstigere Alternative dar. Bemerkenswert ist, dass die Situation aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmen ganzlich anders ist: Elf direkten Ruckstandsbeziehungen mit einer durchschnittlichen Menge von ca. 29.000 Tonnen des jeweiligen Ruckstandes pro Jahr stehen neun Ruckstandsbeziehungen mit Handlern gegenuber, wobei hier durchschnittlich ca. 96.000 Tonnen des betreffenden Ruckstandes bezogen werden. Es ist offensichtlich, dass weniger Unternehmen Ruckstande annehmen, dass diese aber vergleichsweise groBe Mengen in ihren Produktionsprozessen einsetzen konnen. Zudem kommt den Ruckstandshandlern vor allem bei jenen Ruckstandsarten eine wichtige Rolle zu, bei denen viele Quellen nur wenigen Senken gegenuberstehen. So handelt es sich bei den neun Ruckstandsbeziehungen mit Handlern fast zur Ganze (ca. 99 Gewichtsprozent) um die Annahme der typischen Wertstoffe Altpapier bzw. -karton sowie Altmetall. 5.4.2.2 Entstehung zwischenbetrieblicher Recyclingbeziehungen Hinsichtlich des Zustandekommens der VenA/ertungsbeziehungen gab der ubenA/iegende Anteil der befragten Unternehmen an, dass die Beziehung ausschlieBlich durch direkten Kontakt zum jeweiligen Partnerunternehmen zustande kam.
253
100%
Verw.netz Oldenb. Munsterland
n=12
Verw.netz Obersteiermark
n=20
Osterr. prod. Industrie
n=119
• ausschlielilich durch direkten Kontaktzum Untemehmen, das den Rijckstand abgibt Hunter Mitwirkung einerzentralen Einrichtung in einem Verwertungsnetz(Recycling-/Verwertungsagentur) D unter Mitwirkung einer anderen Institution bzw. eines anderen Unternehmens
Abb. 35: Entstehung der Verwertungsbeziehungen (aus Sicht der ruckstandsabgebenden Untemehmen)
So entstanden aus Sicht der abgebenden Untemehmen die Verwertungsbeziehungen zu 91 Prozent ausschliefilich durch direl
®°^ Dabei handelt es sich wiederum unn den nnengenmallig wichtigsten Ruckstand, den das jeweilige Untemehmen zur externen Wiederverwertung abgibt.
254
von RiJckstanden beschaftigt, mit nein. Insgesamt sechs weitere Unternehmen (3,8 Prozent), geben an, dass bei der Entstehung der Verwertungsbeziehung ein anderes Unternehmen bzw. eine andere Institution mitgewirkt iiat. Aus Sicht der annehmenden Unternehmen attestieren 84 Prozent aller befragten Unternehmen, dass die Ven^/ertungsbeziehung ausschliefilich durch direkten Kontakt zum Unternehmen, von dem der Ruckstand bezogen wird, zustande gekommen ist. Die restlichen 16 Prozent geben an, dass dabei eine andere Institution bzw. ein anderes Unternehmen mitgewirkt hat. 100%
Verw.netz Oldenb. Miinsterland
n=2
Verw.netz Obersteiermark
n=9
Osterr. prod. Industrie
n=14
• ausschliedlich durch direkten Kontakt zum Unternehmen, von dem der Ruckstand bezogen wird D unter Mitwirkung einer anderen Institution bzw. eines anderen Unternehmens
Abb. 36: Entstehung der Verwertungsbeziehungen (aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmen)
Die Hypothese 2-2, wonach zwischenbetriebliche Verwertungsbeziehungen zumeist auf Basis rein bilateraler Interaktion, d.h. ohne Planung und Koordinatlon einer zentralen Instanz im VenA/ertungsnetz, entstehen, wird somit durch die vorliegenden Daten bestatigt. Dies konnte als Hinweis interpretiert werden, dass Industrielle Verwertungsnetze eher durch selbstorganisierende Prozesse zur Ordnungsblldung entstehen und nicht von einer zentralen Stelle bewusst und planvoll konzipiert werden.
255
5.4.2.3 Ressourcenabhangigkeit als Erklarung zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten In weiterer Folge wird untersucht, ob das Abhangigkeitsverhaltnis zum Recyclingpartner und die damit einhergehende Ver- und Entsorgungsunsicherheit tatsachlich die zentraien Motive fur die Aufnahme langfristiger, kooperativer Recyciingbezieiiungen darstellen. Die zugrunde liegende Hypothese 2-3 bezieht sicii auf den
Resource-Dependence-Ansatz, wonacii die Ressourcen-
abhangigkeit der bestimmende Faktor zur Aufnahme zwischenbetrieblicher Recycllngbeziehungen ist. Den Unternehmungen wurde die Frage gestellt, wie schwerwiegend die Probleme waren, wenn der bisherige Abnehmer des jeweils mengenmafiig wichtigsten Ruckstandes diesen plotzlich nicht mehr abnahme.
45%
Verw.netz Oldenb. Munsterland (n=14)
S 40% ^ o>
Verw.netz Obersteiermark (n=22)
i 35% i
osterr. prod. Industrie (n=125)
unbedeutend
Probleme bei Ausfall des Ruckstandsabnehmers
5 sehr schwenA/iegend
Abb. 37: Probleme, wenn das abnehmende Unternehmen plotzlich den Ruckstand nicht mehr abnehmen wurde.
Die Auswertung der Daten zeigt, dass bei einer fijnfstufigen Ordlnaiskala von unbedeutend (1) bis sehr schwerwiegend (5) der Medianwert aller Antworten bei 2,8 liegt. Es sind keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Antworten der befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie und den Netzwerkunternehmen festzustellen: Der Medianwert der Unter-
256
nehmen des steirischen Verwertungsnetzes und jener des Verwertungsnetzes Oldenburger Munsterland liegt mit jeweils 2,9 knapp uber dem Gesamtergebnis. Etwas deutlicher ist der Unterschied, wenn man jene Unternehmen, die den RiJckstand direkt an das ven/vertende Unternehmen, und jene, die iinn an einen Ruckstandshandler abgeben, miteinander vergleicht. Bei Ersteren betragt der Medianwert der Antworten 3,1 und bei Letzteren 2,5. Auf die Frage, wie sciiwierig die Unternehmen es einschatzen, in angemessener Zeit einen etwa gleichwertigen Abnehmer fur ihren mengenmafiig wichtigsten Ruckstand zu finden, falls der gegenwartige Abnehmer diesen plotzlich nicht mehr abnehmen wurde, waren die Unternehmen zuversichtlich, recht einfach einen Ersatz zu finden. Der Medianwert aller Antworten liegt bei einer funfstufigen Ordinalskala von sehr einfach (1) bis sehr schwierig (5) bei 2,3.
SVerw.netzOldenb. Munsterland (n=14) Venv.netz Obersteiermark (n=22) osterr. prod. Industrie (n=126)
sehr einfach
Finden eines gleichwertigen Riickstandsabnehmers
sehr schwierig
Abb. 38: Schwierigkeiten, in angemessener Zeit einen etwa gleichwertigen Abnehmer fijr den Ruckstand zu finden.
Wiederum ist zwischen den Antworten der befragten Unternehmungen der osterreichischen produzierenden Industrie und den Verwertungsnetzbetrieben kein nennenswerter Unterschied feststellbar. Der Medianwert der Antworten der osterreichischen Industriebetriebe betragt 2,3, jener der Unternehmen des Ver-
257
wertungsnetzes Steiermark 2,4 und jener der Unternehmen des Verwerlungsnetzes Oldenburger Munsterland 2,0. Etwas deutlicher ist der Unterschied zwischen jenen Unternehmen, die den Ruckstand direkt an das verwertende Unternehmen, und jenen, die ihn an einen Ruckstandshandler abgeben. Bei Ersteren betragt der Medianwert der Antworten 2,7 und bei Letzteren 2,0. Tendenziell scheint daher bei direkten Verwertungsbeziehungen der Aspekt der Entsorgungssicherheit etwas wichtiger zu sein als bei der Ruckstandsabgabe an Handler. Die Analyse des Zusammenhanges zwischen den beiden Fragen, d.h. nach der EInschatzung der Probleme, wenn der Ruckstandsabnehmer ausfallt, und des Schwierigkeitsgrades, einen gleichwertigen Ersatz zu finden, ergibt eine signifikante positive Korrelation. Der Kendall-Tau-b-Wert betragt +0,595. Aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmen ist die EInschatzung ahnlich. Der Medianwert aller Antworten (n = 27) auf die Frage, wie schwerwiegend die Probleme waren, wenn der Lieferant des jeweiligen Sekundarrohstoffes ausfallen wurde, liegt bei 3,1 (1 = unbedeutend, 5 = sehr schwenA/iegend). Auffallend ist, dass der Medianwert der Antworten jener Unternehmen, die ihren wichtigsten Sekundarrohstoff direkt vom Produzenten erhalten, bei 2,7 und jener, die ihn von einem Ruckstandshandler beziehen, bei 4,0 liegt. Das auf den ersten Blick paradox erscheinende Ergebnis lasst sich dadurch erklaren, dass Erstere weitaus geringere Mengen des jeweiligen Sekundarrohstoffes beziehen (durchschnittlich etwa 29.000 Tonnen pro Jahr) als Letztere (durchschnittlich ca. 96.000 Tonnen pro Jahr). Die Schwierigkelten fur die Unternehmen, einen etwa gleichwertigen Zulieferer fur den Sekundarrohstoff zu finden, falls der gegenwartige ausfallt, wurde als mittel eingestuft. Auf einer wiederum funfstufigen Ordinalskala von sehr einfach (1) bis sehr schwierig (5) liegt der Medianwert aller Antworten (n = 27) bei 2,8. Nennenswerte Abweichungen in Abhangigkeit von der Zugehorigkelt zu einem Verwertungsnetz oder von der Art des Zulieferers sind nicht festzustellen. Resumierend kann festgestellt werden, dass weder aus Sicht der ruckstandsabgebenden noch aus jener der ruckstandsannehmenden Unternehmen die Hypothese 2-3 zutrifft, wonach die Abhangigkeit von den Ruckstandsabnehmern bzw. -zulieferern ein zentrales Motiv fur die Aufnahme langfristiger, kooperativer Recyclingbeziehungen darstellt. Die Ressourcenabhangigkeit wird von den befragten Untemehmen als eher mittelmaBig beurteilt; von einem zent258
ralen Motiv kann daher nicht die Rede sein. Die Argumentation des ResourceDependence-Ansatzes, wonach die Unsicherheit hinsichtllch der Ressourcenverfugbarkeit und die damit einhergehende potentielle Gefahrdung der betrieblichen Leistungserstellung dazu fijhrt, dass die Unternehmungen verstarkt Kooperationsbeziehungen
zur
Steigerung
der
Umweltkontrolle
eingehen
(..negotiated environment"),®^^ ist zwar schlussig, hat aber fur die Aufnahme zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten keine herausragende Bedeutung. Dies deckt sich auch mit Aussagen zu den IVIotiven fur zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten, wo der Aspekt der Ver- und Entsorgungssicherheit als etwa gleich wichtig wie die Kosten oder der Schutz der naturlichen Umwelt eingestuft wird.®°^ 5.4.2.4 Zwischenbetriebliches Recycling als Kooperation In Hypothese 2-4 wurde attestiert, dass sich zwischenbetriebliche Recyclingbeziehungen durch ihren stark ausgepragten kooperativen Charakter von herkommlichen Kunden-Lieferanten-Beziehungen unterscheiden. Anhand einer funfstufigen Ordinalskala (1 = viel weniger, 5 = viel mehr Zusammenarbeit als bei herkommllchen Kunden- bzw. Lieferantenbeziehungen) wurde die diesbezugliche Einschatzung der Unternehmensvertreter erhoben, und zwar wiederum fiir den jeweils mengenmaBig wichtigsten Ruckstand, der zur externen Verwertung abgegeben, und den Sekundarrohstoff, der von einem anderen Unternehmen bezogen wird. Die Auswertung der Antworten auf die Frage, ob ihre wichtigste Recyclingbeziehung zu jenem Unternehmen, das diesen Ruckstand annimmt, im Vergleich zu herkommllchen Kundenbeziehungen durch mehr oder weniger Zusammenarbeit gekennzeichnet sei, zeigt, dass Recycling- und herkommliche Kundenbeziehungen hinsichtllch ihres kooperativen Charakters als etwa gleich eingestuft werden. Aus Sicht der ruckstandsabgebenden Unternehmen bestehen diesbezuglich keine nennenswerten Unterschiede; der Medianwert aller Antworten llegt bei 3,3 und somit nur knapp uber der Mitte der Skala. Dabei sind keine nennenswerten Unterschiede zwischen Unternehmungen, die Tell eines industriellen Verwertungsnetzes sind, und den befragten Unternehmungen der osterreichischen Industrie festzustellen. Auch wird die direkte Ruck-
^°^ Vgl. Kap. 3.4.2. ®°^ Vgl. Kap. 5.4.1.
259
standsabgabe an einen Ruckstandsverwerter und jene an einen Ruckstandshandler hinsichtlich des Ausmafies an Zusammenarbeit gleich eingestuft (Medianwert von jeweils 3,3).
Verw.netz Oldenb. Miinsterland (n=14) Verw.netz Obersteiermark (n=22) osterr. prod. Industrie (n=124)
1
2
viel weniger
3
4
AusmaB der Zusammenarbeit
5 viel mehr
Abb. 39: Ausmafi der Zusammenarbeit mit dem Ruckstandsabnelimer im Vergleich zu herkommliclien Kundenbeziehungen
Die Auswertung aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmungen deckt sich mit den Ergebnissen aus Sichit der rijckstandsabgebenden: Die Frage, ob die Beziehung zum Zulieferer des nnengenmaliig wiciitigsten Sekundarroiistoffes im Vergleich zu iierkommiiciien Lieferantenbezieiiungen durch meiir Oder weniger Zusammenarbeit gekennzeiciinet sei, braciite annaiiernd das gleiche Ergebnis. Der Medianwert aller Antworten liegt bei 3,1 auf einer wiederum funfstufigen Ordinalskala (n=27). Aucli hier sind keine nennenswerten Abweicliungen in Abhangigkeit von der Zugeiiorigkeit zu einem VenA/ertungsnetz Oder von der Art des Zulieferers festzustellen. Die
Hypothese
2-4, wonacii
sich zwischenbetriebliche
VenA/ertungsbe-
ziehungen von herkommlichen Kunden-Lieferanten-Beziehungen durch ihren stark ausgepragten kooperativen Charakter unterscheiden, wird somit von den vorliegenden empirischen Daten nicht bestatigt. Vielmehr wird sowohl aus Sicht der ruckstandsabgebenden als auch der ruckstandsannehmenden Unternehmen das Ausmali der Zusammenarbeit in der Recyclingbeziehung etwa 260
gleich wie bei herkommlichen Kunden-Lieferanten-Beziehungen eingestuft. Die zwischenbetriebliche Ruckstandsverwertung scheint daher zu einem unerwartet hohen AusmaB innerhalb des institutionellen Arrangements Markt vonstatten zu gehen. Das attestierte simultane Markt- und Hierarchieversagen im Bereich der Ruckstandswirtschaft®°^ scheint es in diesem AusmaB nicht zu geben. 5.4.2.5 Faktorspezifitat recyclingorientierter Transaktionen Die Faktorspezifitat industrieller VenA/ertungsbeziehungen spielt aus Sicht der Transaktionskostentheorie aufgrund des „lock-in"-Effektes eine besondere Rolle. Je hoher die Faktorspezifitat ist, desto hoher sind die Opportunitatskosten der Auflosung der Recyclingbeziehung und desto geringer sind die Anpassungs- und Transformationsmoglichkeiten der Unternehmungen (Evolutionstiieorie). Die Hypothese 2-5 besagt, dass sich recyclingorientierte Transaktionen durch einen hohen Grad an Faktorspezifitat auszeichnen. Im Rahmen der vorliegenden empirischen Erhebung wurden zwei wesentliche BestimmungsgroBen der Faktorspezifitat recyclingorientierter Transaktionen untersucht: erstens das AusmaB, in dem die jeweiligen Produktionsprozesse zur Ermoglichung der zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung adaptiert werden mussten, und zweitens die Hohe der Suchkosten in der Anbahnungsphase industrieller Verwertungsbeziehungen. Auf die Frage, ob die Unternehmungen ihre Fertigungsprozesse verandem mussten, um die Abgabe des Ruckstandes an das abnehmende Unternehmen in der erforderlichen Qualitat zu ermoglichen, antworten 79 Prozent aller befragten Unternehmen mit Nein. Nur vier von 14 Unternehmen des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland (31 Prozent) und drei von 22 des Verwertungsnetzes Steiermark (14 Prozent) geben an, dass sie Ihre Fertigungsprozesse zur Ermoglichung der Ruckstandsabgabe adaptieren mussten. Beim Vergleichssample der osterreichischen produzierenden Industrie sind es 27 Unternehmen bzw. 21 Prozent.
^°^ Vgl. Kap. 3.5.4.3.
261
50%
75%
—\—
—\—
100%
Verw.netz Oldenb. Munsterland
n=14
Verw.netz Obersteiermark
n=22
n=126
Osterr. prod. Industrie
Ija
Dnein
Abb. 40: Notwendigkeit, die Fertigungsprozesse zu verandern, urn die Abgabe des Ruckstandes an das abnehmende Unternehmen in der erforderlichen Qualitat zu ermoglichen.
Erstaunlich ist, dass mit 24 Prozent deutlich mehr Unternehmen, die ihren Ruckstand an einen Handler abgeben, ihren Fertigungsprozess adaptieren mussten, als jene Unternehmen, die eine direkte Recyclingbeziehung mit dem Ruckstandsven^/erter unterhalten (15 Prozent). Dies konnte daher kommen, dass Ruckstandshandler wenig Moglichkeiten zur Ruckstandsaufbereitung haben, wahrend bei direkten zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehungen die Aufbereitung des Ruckstandes haufig vom Unternehmen durchgefuhrt wird, das den Ruckstand annimmt bzw. als Sekundarrohstoff einsetzt.®°® Jene Unternehmen, die ihre Fertigungsprozesse verandern mussten, wurden gebeten, die dadurch entstandenen Kosten auf einer funfstufigen Ordinalskala (1 = sehr niedrig, 5 = sehr hoch) einzuschatzen. Der Medianwert aller Antworten (n = 34) betragt 2,7, wobei die Unternehmen des Ven/vertungsnetzes Obersteiemriark hohere (Medianwert: 3,3) und jene des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland vergleichsweise niedrigere Kosten (Medianwert: 2,3) in Kauf nehmen mussten. Aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmungen ergibt sich ein etwas anderes Bild: Auf die Frage, ob sie ihre Fertigungsprozesse andern mussten,
Vgl. diesbezuglich auch Strebel/Schwarz/Schwarz 1996, S. 192-193.
262
urn den Sekundarrohstoff einsetzen zu konnen, antworteten insgesamt 39 Prozent der Unternehmungen (n = 28) mit Ja. Dieser Anteil ist beim Verwertungsnetz Oldenburger Munsterland (n = 2) und Obersteiermark (n = 10) mit jeweils 50 Prozent deutlich hoher, jedoch ist hier die geringe Anzahl an auswertbaren Fragebogen zu berucksichtigen. Jene insgesamt 11 Untemehmen, die ihre Fertigungsprozesse verandem mussten, um den Sekundarrohstoff einsetzen zu konnen, stufen die Hohe der dadurch entstandenen Kosten mit einem IVIedianwert von 2,8 auf einer funfstufigen Ordinalskala (1 = seiir niedrig, 5 = sehr hoch) als mittel ein. Hinsichtlich der Frage, inwieweit hohe Suchkosten eines Verwertungspartners bei der Anbahnung einer zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehung zu einer hohen Faktorspezifitat beitragt, kann auf die Ergebnisse in Kap. 5.4.2.3 verwiesen werden. Die Schwierigkeiten, einen allfalligen Ersatz fur die Zulieferer Oder Abnehmer des Ruckstandes zu finden, wurden mit Medianwerten zwischen zwei und drei auf einer funfstufigen Ordinalskala von sehr einfach (1) bis sehr schwierig (5) als eher einfach bis mittel eingestuft. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass sich recyclingorientierte Transaktionen durch keinen besonders hohen Grad an Faktorspezifitat auszuzeichnen scheinen. Nur etwa 20 Prozent der ruckstandsabgebenden und etwa 40 Prozent der ruckstandsannehmenden Unternehmen mussten ihre Fertigungsprozesse fur die zwischenbetriebliche Ruckstandsverwertung adaptieren und auch die Suchkosten in der Anbahnungsphase werden nicht als hoch eingestuft. Die Hypothese 2-5 wird daher durch die vorliegende empirische Erhebung nicht bestatigt. 5.4.2.6 Unsicherheit bei recyclingorientierten Transaktionen In diesem Kapitel wird die Frage behandelt, in welchem AusmaB bei recyclingorientierten Transaktionen Unsicherheit empfunden wird und welche Faktoren hierbel eine besondere Rolle spielen. Diese Frage ist sowohl aus Sicht der Transaktionskostentheorie als auch aus jener des Resource-DependenceAnsatzes wichtig. Unsicherheit ist ein wichtiger Faktor bei der Wahl des institutionellen Arrangements zwischen Markt und Hierarchie, bzw. kann der Aufbau von Kooperationsbeziehungen („negotiated environment") als gezielte MaBnahme zur Verringerung der Unsicherheit verstanden werden.
263
Aus Sicht der ruckstandsabgebenden Unternehmen wurde die Sicherheit, dass dje Verwertungsbeziehung in Zukunft weiter besteiit auf einer funfstufigen Ordinalskala von sehr niedrig (1) bis selir hoch (5) mit einem Medianwert von 4,5 ais erstaunlich hoch eingestuft (n = 160).
70% n
1 60% c 3
i z
50% -
SVerw.netzOldenb. Miinsterland (n=14)
J-. ^h
^ Verw.netz Obersteiermark (n=22) • osterr. prod. Industrie (n=125)
^B
1 40% -
1 | ) 30% X 20% -
1
1 10% -
•
m
no/ J U/o n
1 sehr niedrig
2
^W
3
4
SicherheK, dass Verwertungsbeziehung weiter besteiit
1 H 5
sehr hoch
Abb. 41: Sicherheit, dass die Verwertungsbeziehung mit dem Abnehmer des mengenmaliig wichtigsten Ruckstandes in Zukunft weiter besteht.
Aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmen liegt dieser Wert bei 4,1 (n = 28). In beiden Fallen sind keine nennenswerten Unterschiede in Abhangigkeit von der Zugehorigkeit zu einem Verwertungsnetz oder von der Art des Ruckstandsabnehmers bzw. -zulieferers festzustellen. Als mogliche Faktoren fur die Unsicherheit wurden die Entwicklung der rechtllchen Rahmenbedingungen, die Verlasslichkeit des abnehmenden bzw. zullefernden Unternehmens, die Veranderung der Kostensituation bei der Ruckstandsbewaltigung sowie technologische Veranderungen genannt. Die Einschatzung der Wichtigkeit dieser Faktoren aus Sicht der ruckstandsabgebenden Unternehmen ist folgender Abbildung zu entnehmen, wobei es sich dabei um Medianwerte auf einer funfstufigen Ordinalskala von sehr unwichtig (1) bis sehr wichtig (5) handelt.
264
Wichtigke it der Faktoren fur die Sicherheit Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen
»
Verlasslichkeit des abnehmenden Unternehmens
• Dm
Veranderung der Kostensituation bei der Ruckstandsbewaltigung
•
technologische Veranderungen
» 1,0
2,0
3,0
sehr unwichtig
C]
• 4,0
5,0
sehr wichtig
Dosterr. prod. Industrie (n=119) •Verw.netzSteiermark (n=22) • Verw.netzOldenb. Munsterland (n=14)
Abb. 42: Wichtigkeit verschiedener Faktoren fur den Bestand der Verwertungsbeziehung aus Sicht der abgebenden Unternehmungen (Medianwerte)
Allen vier genannten Faktoren wird eine hohe Wichtigkeit attestiert, wobei die Verlasslichkeit des Ruckstandsabnehmers als am wichtigsten und die Unsicherheit aufgrund technologischer Veranderungen als am wenigsten wichtig erachtet wird. Es sind keine nennenswerten Unterschiede zwischen der Einschatzung von Ven/vertungsnetzbetrieben und den Unternehmen des Verglelchssamples der osterreichischen produzierenden Industrie festzustellen. Aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmen (n = 26) wird die Wichtigkeit der einzelnen Faktoren fur den sicheren Weiterbestand der Verwertungsbeziehung sehr ahnlich eingestuft. Auch hier ist die Verlasslichkeit des zuliefernden Unternehmens am wichtigsten (Median aller Antworten: 3,8) und der Aspekt moglicher technologischer Veranderungen am wenigsten wichtig (Median aller Antworten: 3,2). Die Hypothese 2-6, wonach sich recyclingorientierte Transaktionen durch ein hohes Mali an Unsicherhelt, entweder hinsichtlich der rechtlichen oder sonstigen Rahmenbedingungen und/oder hinsichtlich des Verhaltens des Recyclingpartners auszeichnen, wird somit durch die vorliegenden Daten nicht bestatigt. Es wird vielmehr ein erstaunlich hohes Mad an wahrgenommener Sicherheit artikuliert, wobei unter den vorgegebenen Einflussfaktoren der Aspekt der Verlasslichkeit des Recyclingpartners leicht dominiert.
265
5.4.2.7 Vertrauen bei recyclingorientierten Transaktionen Im Folgenden wird schliefiljch noch der Frage nachgegangen, inwieweit bei zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehungen die Gefahr opportunistischen Verhaltens des jeweiligen Recyclingpartners als emsthafte Bedrohung empfunden wird. Damit wird auf eine zentrale Annalime der Ansatze der Neuen Institutionenokonomie Bezug genommen, wonach okonomische Akteure grundsatzlich dazu neigen, ihr Eigeninteresse - auch durch den Einsatz unlauterer Mittel - zu verfolgen. In Bezug auf den mengenmaflig wichtigsten Ruckstand, der zur externen Verwertung abgegeben wird, wurde den Unternehmen die Frage gesteilt, wie hoch sie die Gefahr einstufen, dass sie das abnehmende Unternehmen zu ihrem Schaden ubervorteilen mochte.
60%
Verw.netz Oldenb. Munsterland (n=14) Verw.netz Obersteiermark (n=22) osterr. prod. Industrie (n=125)
5 sehr niedrig
Gefahr opportunistischen Verhaitens
sehr hoch
Abb. 43: Empfundene Gefahr opportunistischen Verhaitens durch den Ruckstandsabnehmer
Auf einer funfstufigen Ordinalskala von sehr niedrig (1) bis sehr hoch (5) iiegt der Medianwert aller Antworten bei 2,2, wobei die Unternehmungen des Verwertungsnetzes Oldenburger Munsterland die Gefahr am niedrigsten einschatzen (Median: 1,6).
266
Die Auswertung der Daten ergibt ferner, dass bei direkten Recyclingbeziehungen das Vertrauen gegenuber dem abnehmenden Untemehmen tendenziell hoher ist als bei der Ruckstandsabgabe an Ruckstandshandler. Wahrend von Ersteren (n = 61) die Gefahr opportunistischen Verhaltens durch den Ruckstandsabnehmer mit einem Medianwert von 1,9 eingestuft wird, empfinden Letztere (n = 89) die Gefahr, dass sie vom abnehmenden Ruckstandshandler ubervorteilt werden, als etwas hoher (Medianwert: 2,3). Da der Principal-Agent-Ansatz die Vertragsgestaltung zur Verringerung der Gefahr des opportunistischen Verhaltens des Partners thematisiert, ist auch von Interesse, inwieweit die Recyclingbeziehungen auf schriftlichen Vertragen beruhen. Zwei Drittel der Unternehmen geben an, dass fur die VenA/ertungsbeziehung ihres wichtigsten Ruckstandes, den sie zur Verwertung abgeben, eine schriftliche Vereinbarung besteht. Interessanterweise besteht hier kein statistischer Zusammenhang mit der Frage nach dem Vertrauen in den jeweiligen Recyclingpartner. Jene Unternehmen, die uber eine schriftliche Vereinbarung fur die VenA/ertungsbeziehung verfugen, stufen die Gefahr opportunistischen Verhaltens des Recyclingpartners als annahernd gleich niedrig ein wie jene Unternehmen ohne schriftliche Vereinbarung (Medianwert von 2,1 bzw. 2,2). Aus Sicht der ruckstandsannehmenden Unternehmungen ergibt sich ein ahnliches Bild. Die Gefahr des opportunistischen Verhaltens des jeweiligen Zulieferers des Sekundarrohstoffes wird mit einem Medianwert von 2,7 etwas hoher eingestuft. Aussagekraftige Auswertungen hinsichtlich der Zugehorigkeit zu VenA/ertungsnetzen oder der Art des Zulieferers sind aufgrund der niedrigen Anzahl auswertbarer Fragebogen (n = 24) nicht moglich. Resumlerend kann festgestellt werden, dass die Hypothese 2-7, wonach bei zwischenbetrieblichen Recyclingbeziehungen die Gefahr opportunistischen Verhaltens des Recyclingpartners als ernsthafte Bedrohung empfunden wird, durch die vorllegenden empirischen Daten nicht bestatigt wird.
267
5.4.3 Ergebnisse in Hinblick auf den Aufbau und die Funktionsweise industrieller Verwertungsnetze In diesem Abschnitt sind nicht mehr die Eigenschaften bzw. Besonderheiten bilateraler Recyclingbeziehungen, sondern ganzer Verwertungsnetze im Mittelpunkt. Dabej geht es einerseits urn die Frage, ob und in welchem AusmaB Unterschlede in Hinblick auf die betriebliche Ruckstandswirtschaft der Netzwerkbetriebe und der anderen befragten Unternehmungen der osterreichischen produzlerenden Industrie feststellbar sind, und andererseits urn Fragen der Netzwerkorganisation und des -managements. 5.4.3.1 Anteil zwischenbetrieblich verwerteter Ruckstande bzw. eingesetzter Sekundarrohstoffe HInsichtlich besonderer Charakteristika der Mitgliedsbetriebe industrieller Verwertungsnetze ist es naheliegend, dass das AusmaB an zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten durch die Teilnahme an einem industriellen Verwertungsnetz positiv beeinflusst wird. Diese Annahme wird in Hypothese 3-1 noch naher spezifizlert, indem davon ausgegangen wird, dass Netzwerkbetriebe tendenziell einen hoheren Anteil ihrer Ruckstande zur externen Venwertung abgeben bzw. in Ihren Produktionsprozessen einen hoheren Anteil an Sekundarrohstoffen einsetzen und daruber hinaus tendenziell auch eine hohere Anzahl zwischenbetriebllcher
Verwertungsbeziehungen
unterhalten
als
andere
Unter-
nehmungen. Bei der empirischen Erhebung wurden die Unternehmungen gefragt, ob sie Ruckstande aus Ihrer Produktion an andere Unternehmen zur Wiederverwertung abgeben und wenn ja, urn wie viel Gewichtsprozent der von Ihnen produzierten festen Ruckstande (bzw. Abfalle) es sich dabei handelt. Von den befragten Unternehmen der osterreichischen produzlerenden Industrie gaben 135 Unternehmen (89 Prozent) an, Ruckstande zur externen Wiederverwertung abzugeben. Auch 21 Unternehmen des VenA/ertungsnetzes Steiermark (78 Prozent) und 13 Unternehmen des Verwertungsnetzes Oldenburger Munsterland (93 Prozent) beantworteten die Frage nach der Abgabe von Ruckstanden zur externen WiedervenA/ertung mit Ja.®^''
®°^ Beim Verwertungsnetz Oldenburger Munsterland ist allerdings zu berucksichtigen, dass zwei Unternehmen den Fragebogen mit dem Argument ausfullten, dass sie ohnedies keine Ruckstande erzeugen oder einsetzen; vgl. Kap. 5.4.
268
0%
25%
50%
75%
100%
Verw.netz Oldenb. Munsterland
n=15
Verw.netz Obersteiermark
n=27
n=135
Osterr. prod. Industrie
Ija
Dnein
Abb. 44: Anteil jener Firmen, die Ruckstande zur externen Verwertung abgeben
Ein erstaunliches Bild ergibt sich durch die Auswertung der Frage, wie viel (Gewichts-)Prozent der produzierten festen Ruckstande insgesamt an andere Unternehmen zur Wiederverwertung abgegeben werden: Verw.netz Oldenb. Munsterland
Verw.netz Obersteiermark
Osterr. produzierende Industrie
46%
Abb. 45: Anteil der Ruckstande, die durchschnittlich zur externen Verwertung abgegeben werden.
Im Durchschnitt gibt ein Unternehmen aus dem Sample der osterreichischen produzierenden Industrie 46 Prozent der von ihm produzierten festen Ruckstande zum externen Recycling ab.^°^ Dieser Wert ist beim Verwertungsnetz Steiermark mit 31 Prozent um ca. ein Drittel bzw. 15 Prozentpunkte niedriger.
Dieser und die folgenden Durchschnittswerte beziehen sich auf alle auswertbaren Fragebogen des jeweiligen Sannples. Jene Unternehnnen, die angeben, keinen Produktionsruckstand zur Wiederverwertung abzugeben, wurden mit jeweils null Prozent Ruckstandsabgabe berucksichtigt.
269
Auch die Unternehmen des Verwertungsnetzes Oldenburger Munsterland weisen im Durchschnitt lediglich eine Quote von 36 Prozent extern verwerteter Ruckstande auf. Hinsichtljch der Anzahl an Verwertungsbeziehungen pro Unternehmen ist kein nennenswerter Unterschied zwischen den Samples festzustellen. Der Medianwert an Ruckstandsabnehmern je Unternehmen, das angibt, Ruckstande zur WiedervenA/ertung abzugeben, liegt zwischen zwei und drei.®^^ Ruckstande anderer Firmen als Ersatz von Primarrohstoffen oder Brennstoffen werden vergleichsweise von deutlich weniger Unternehmen eingesetzt. Nur 18 Unternehmen (13 Prozent) der osterreichischen produzierenden Industrie geben an, Ruckstande anderer Unternehmen als Sekundarrohstoffe in ihren Produktionsprozessen einzusetzen. Im Verwertungsnetz Oldenburger Munsterland sind es 2 Unternehmen (14 Prozent). Mit neun Unternehmen
bzw. 33
Prozent ist der Anteil jener Unternehmen, die Sekundarrohstoffe einsetzen, beim VenA/ertungsnetz Steiermark am hochsten.
50%
75%
100%
—\— Verw.netz Gdenb. Munsterland
n=15
Ven/v.netz Obersteiermark
n=27
n=137
Osterr. prod. Industrie
Ija
Dnein
Abb. 46: Anteil jener Firmen, die Ruckstande anderer Firmen als Sekundarrohstoffe einsetzen
Der Durchschnittswert ist beim Sample der osterreichischen produzierenden Industrie am hochsten (7,4 Abnehmer). Dies ist jedoch darauf zuruckzufiihren, dass hier zwei Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie jeweils mehr als hundert Abnehmer ihrer Ruckstande angeben (hochstwahrscheinlich landwirtschaftliche Betriebe). Da der Medianwert gegenijber AusrelBern stabiler ist, ist dieser Lageparameter in diesem Fall aussagekraftiger als der Durchschnittswert.
270
Auch der prozentuelle Anteil an Sekundarrohstoffen am jeweiligen gesamten Materialeinsatz der befragten Unternehmen ist bei den Unternehmen des Verwertungsnetzes Steiermark mit durchschnittlich 11 Prozent mit Abstand am hochsten.®^° Die befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie geben an, im Durchschnitt zwei Prozent des jeweiligen Gesamtmaterialeinsatzes
Sekundarrohstoffe
einzusetzen.
Beim
Verwertungsnetz
Oldenburger Munsterland ist es sogar nur ein Prozent.
Verw.netz Oldenb. Munsterland 1%
Verw.netz Obersteiermark 110/,
Osterr. produzierende Industrie 2%
Abb. 47: Durchschnittlicher Anteil der Sekundarrohstoffe am gesamten Materialeinsatz
Der Medianwert der Anzahl an Zulieferern von Sekundarrohstoffen je Unternehmen, das Ruckstande anderer Firmen einsetzt, betragt beim VenA/ertungsnetz Steiermark 10. Bei den Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie sowie des Venwertungsnetzes Oldenburger Munsterland ist dieser Wert mit funf bzw. sechs Zulieferern deutlich niedriger. Die Hypothese 3-1, wonach das AusmafB an zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten bei Verwertungsnetzbetrieben hoher ist, wird von den vorliegenden Zahlen nur zum Teil bestatigt. Hinsichtlich der Abgabe von Ruckstanden zur externen Verwertung erreicht das Vergleichssample der osterreichischen produzierenden Industrie sogar den deutlich hochsten Wert. Hinsichtlich des Anteils an Sekundarrohstoffen vom jeweiligen Gesamtmaterialeinsatz liegt das VenA/ertungsnetz Steiermark vor dem Vergleichssample. Auch die Anzahl an Verwertungsbeziehungen je Unternehmen unterscheidet sich nicht maBgeblich
®^° Dieser und die folgenden Durchschnittswerte beziehen sich auf alle auswertbaren Fragebogen des jeweiligen Samples. Jene Unternehmen, die angeben, keinen Sekundarrohstoff einzusetzen, wurden mit jeweils null Prozent Sekundarrohstoffanteil am jeweiligen Gesamtmaterialeinsatz berijcksichtigt.
271
zwischen den Samples, abgesehen wiederum von der Ruckstandsannahme durch die Unternehmen des Verwertungsnetzes Steiermark. Diese Ergebnisse eignen sich daher kaum, die Aussagen der Theorie selbstreferentieller Systeme zu untermauem, wonach sich ein System Verwertungsnetz im Laufe der Zeit immer mehr von seiner Umwelt unterscheidet, indem innerhalb des VenA/ertungsnetzes verstarkt zwischenbetriebliche Recyclingmoglichkeiten gesucht und genutzt werden. 5.4.3.2 Informationsstand ijber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Riickstandsverwertung Ein weiterer Aspekt, hinsichtlich dessen sich Unternehmen eines industriellen VenA/ertungsnetzes von anderen unterscheiden konnen, ist der jeweilige Informationsstand uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung. Die Hypothese 3-2, wonach Unternehmen, die an einem industriellen Verwertungsnetz teilnehmen, diesbezuglich tendenziell uber einen hoheren Informationsstand verfugen, basiert auf der Vorstellung, dass es innerhalb industrieller VenA/ertungsnetze im Laufe der Zeit zu Evolutions- bzw. Selektionsprozessen von Kompetenzen kommt.^^^ Demnach ist es naheliegend, dass das Wissen der Netzwerkbetriebe uber die technischen Moglichkeiten zur uberbetrieblichen Ruckstandsverwertung tendenziell hoher ist, als bei Unternehmen, die keinem VenA^ertungsnetz angehoren. Diesbezuglich kann auf die Ergebnisse in Kap. 5.4.1.3 venA/iesen werden: Auf die Frage, wie hoch sie ihren Informationsstand uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung einschatzen, antworteten die meisten Unternehmen aller drei Samples mit der mittleren Auspragung auf der funfstufigen Ordinalskala von sehr niedrig (1) bis sehr hoch (5): Der Modalwert betragt bei alien Samples drei. Der Medianwert der Antworten der steiermarkischen Verwertungsnetzbetriebe ist mit 3,4 etwas hoher als jener der osterreichischen produzierenden Industrie (Median: 3,1), wahrend der Medianwert der Nennungen der Unternehmen des Verwertungsnetzes Oldenburger Munsterland mit 2,9 etwas niedriger ist. Aus der Selbsteinschatzung der Unternehmen hinsichtlich Ihres Informationsstandes geht somit kein deutlicher Hinweis hervor, dass die Unternehmungen,
®^^ Vgl. Kap. 3.4.4.1.
272
die an einem industriellen Verwertungsnetz teilnehmen, besser uber die Moglichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung informiert sind als andere Unternehmen der produzierenden Industrie. Hier ist jedoch anzumerken, dass die Selbsteinschatzung der Unternehmen naturlich von deren tatsachlichem Wissensstand eriieblich abweichen kann. 5.4.3.3 Stellenwert des betrieblichen Umweltschutzes Der im Folgenden beleuchtete Aspekt bezieht sich nicht mehr nur auf den Wissensstand, sondern auch auf das Wertesystenn von Netzwerkunternehmen. In Hypothese 3-3 wurde formuliert, dass fur Unternehmungen, die an einem industriellen Verwertungsnetz teilnehmen, Umweltschutz generell einen hoheren Stellenwert einnimmt als fur andere Unternehmungen. Als Indikatoren fur diese Aussage lassen sich die von den Unternehmen getatigten MaBnahmen zum betrieblichen und uberbetrieblichen Umweltschutz sowie die Installierung betrieblicher Umweltmanagementsysteme heranziehen. Die befragten Unternehmungen wurden gebeten, das AusmaB, in dem verschiedene vorgegebene UmweltschutzmaBnahmen in ihrem Unternehmen gesetzt werden, anhand einer funfstufigen Ordinalskala (1 = sehr wenige, 5 = sehr viele) anzugeben.
273
Ausmaft betrieblicher Umweltschutzmaftnahmen Umwelfreundliche Produktgestaltung
• »
Umweltfreundliche Verfahrensgestaltung
• D^
Inner- und zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten
•
• D
Umweltfreundliche Entsorgung
• «
Wahl umweltfreundlicher Einsatzstoffe 1,0 sehr wenige
• 2,0
3,0
•
D 4,0
5,0 sehr viele
Dosterr. prod. Industrie (n=137) •Verw.netzSteiermark (n=27) • Verw.netzOldenb. Munsteriand (n=15)
Abb. 48: Ausmafi der in verschiedenen Bereichen gesetzten
Umweltschutzmadnahmen
(Medianwerte)
Die Auswertung der Daten zeigt, dass den Maflnahmen zur „umweltfreundlichen Entsorgung" die grofite Bedeutung zul
274
100%
Verw.netz Oldenb. Munsterland
n=15
Verw.netz Obersteiermark
n=27
Osterr. prod. Industrie
n=138
0EMAS
Abb. 49:
I beides
I ISO 14001
D keines
Anteil von Untemehmungen mit installiertem Umweltmanagementsystem
Hinsichtlich der Hypothese 3-3 ergibt sich somit kein eindeutiges Bild. Unternehmungen, die an einem industriellen Verwertungsnetz teilnehmen, ergreifen nach eigenen Angaben nicht mehr Mafinahmen zum betrieblichen Umweltschutz, als die befragten Unternehmen der osterreichisciien produzierenden Industrie. Der Anteil an Untemehmungen mit einem installierten Umweltmanagementsystem nach EMAS und/oder ISO 14001 ist hingegen beim Verwertungsnetz Stelermark deutlich hoher als beim Verwertungsnetz Oldenburger Munsterland gleich wie beim Vergleichsample der osterreichischen Industrie. Interessant ist ferner, dass es keine nennenswerten Unterschiede zwischen Untemehmungen mit und ohne Umweltmanagementsystem hinsichtlich ihrer Aussagen uber das Ausmafi der im jeweillgen Unternehmen gesetzten Umweltschutzaktivitaten gibt. 5.4.3.4 Netzwerkbewusstsein Die Hypothese 3-4 lautet, dass sich die Netzwerkunternehmen bzw. deren Vertreter bewusst sind, dass sie Teil eines industriellen Verwertungsnetzes sind und dass sie uber dessen Konzept informiert sind. Die Frage, ob sie an einem Unternehmensnetzwerk teilnehmen, das sich mit der zwischenbetrieblichen Wiederverwertung von Ruckstanden (Abfallen) beschaftigt, beantworteten nur drei Unternehmen des Ven^/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland mit ja, wo-
275
bei als Netzwerknamen „RIDROM" (die Kurzbezeichnung eines Forschungsprojektes zum Oldenburger Munsterland in den Jahren 1997 und 1998),^^^ „Landkreis Vechta" und ein Konzernnetzwerk,®^^ genannt wurden. Von den Untemehmen des VenA/ertungsnetzes Steiermark gab nur ein einziges Unternehmen an, Tell eines Recyclingnetzwerkes zu sein. Als Netzwerkname wurde allerdings ein eindeutig anderes Unternehmensnetzwerk genannt. Somit sind sich nur zwei Unternehmungen des VenA/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland und gar kein Unternehmen des VenA/ertungsnetzes Steiermark bewusst, dass sie Tell des jewelligen Netzwerkes sind. Dieses Ergebnis 1st ein eindeutiger Hinwels dafur, dass die zwischenbetrieblichen VenA/ertungsaktivitaten innerhalb der untersuchten industriellen Verwertungsnetze primar auf bilaterale Kooperationsbeziehungen beruhen. Die Idee eines industriellen Verwertungsnetzes als Gesamtsystem scheint fur die Verwertungsaktivitaten nicht maBgeblich zu sein. Daraus kann abgeleitet werden, dass die Netzwerkbetriebe auch keinen umfassenden Zugang zu Informationen uber die Stoff-, bzw. insbesondere Ruckstandsstrome der beteiligten Netzwerkunternehmen haben oder einen diesbezuglichen Infonnationsbedarf zur Ermoglichung einer umfassenden Ruckstandsverwertung innerhalb des Verwertungsnetzes verspuren (Hypothese 3-5). Ferner ist offensichtlich, dass die beiden untersuchten VenA/ertungsnetze nnangels Netzwerkbewusstseins auch uber keine eigene Netzwerkidentitat und kein gemeinsames Wertesystem verfugen (Hypothese 3-6). Die zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten durch die Netzwerkunternehmungen werden nicht von einer zentralen Institution geplant und gesteuert. Es besteht in den beiden untersuchten VenA/ertungsnetzen weder eine VenA/ertungsagentur, noch wird (mangels Netzwerkbewusstseins) ein Bedarf an einer solchen Stelle konstatiert (Hypothese 3-7). Somit erubrigt sich auch die Frage, ob die Steuerung der Verwertungsnetze primar durch direkte oder durch indirekte Mittel, wie Metaphern und Analogien, erfolgt (Hypothese 3-8). Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die Hypothesen 3-4 bis 3-8 auf die untersuchten Verwertungsnetze nicht zutreffen.
^^^ Vgl.Kap. 5.2.1.3. ®^^ Der Name des Netzwerkes wird hier aus Grunden der Vertraulichkeit nicht genannt.
276
5.4.4 Ergebnisse in Bezug auf industrielle Nachhaltigkeitsnetzwerke Im Folgenden werden jene Ergebnisse der empirischen Erhebung beschrieben, die sich auf die Moglichkeit beziehen, industrielle VenA/ertungsnetze zu Nachhaltigkeitsnetzwerken welterzuentwickeln. Hierbei geht es insbesondere darum, was In den Unternehmungen uberhaupt unter „Nachhaltigkeif verstanden wird, in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht und vor allem wo Vorteile in einer uberbetrieblichen Zusammenarbeit erwartet werden. 5.4.4.1 Das Nachhaltigkeitsverstandnis in den Unternehmungen In Kapitel 4.1 wurde das welt verbreitete Drelsaulenkonzept der nachhaltigen Entwicklung vorgestellt, wonach neben den okologischen Wirkungen auch noch okonomische und soziale Gesichtspunkte zu berucksichtigen sind. In Kapitel 4.1.2 wurde schlieBlich argumentiert, dass eine Nachhaltigkeitsorientierung auf betrieblicher Ebene bedeutet, das zentrale okonomische Zlel der EnA/irtschaftung von Gewinnen urn soziale und okologische Aspekte zu erganzen, urn auf diese Weise die negativen sozialen und okologischen Auswirkungen der Unternehmenstatigkeit zu reduzieren. Darauf aufbauend wurde in Hypothese 4-1 formuliert, dass fur Unternehmungen die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Okonomie, Okologie und Soziales nicht - wie haufig attestiert - gleichwertig sind. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass das Ziel des wirtschaftlichen Erfolges die beiden anderen Dimensionen dominiert. Im Rahmen der empirischen Erhebung wurden die Unternehmen gebeten, den drei vorgegebenen Nachhaltigkeitsbereichen ,Wirtschaftlicher Erfolg', ,Schutz der naturlichen Umwelt' und ,Soziale Verantwortung' Prozentzahlen zuzuordnen, die deren jeweilige Bedeutung im eigenen Unternehmen widerspiegeln.
277
100%
Verw.netz Oldenb. Munsterland
n=15
Verw.netz Obersteiermark
n=24
Osterr. prod. Industrie
n=129
S Wirtschaftlicher Erfolg • Schutz der naturlichen Umwelt 0 Soziale Verantwortung Abb. 50:
Gewichtung der drei Nachhaltigkeitssaulen (Mittelwerte)
Wie aus Abbildung 50 ersichtlich jst, wurde von den befragten Untemehmen aller Samples das Kriterium des wirtschaftlichen Erfoigs mit Abstand am wichtigsten eingestuft. Die Mittelwerte liegen zwischen 55 und 60 Prozent. Die Aspekte des Schutzes der naturlichen Umwelt und der sozialen Verantwortung des Unternehmens liegen mit Mittelwerten zwischen 20 und 23 Prozent etwa gleichauf. Aus der Auswertung 1st erkennbar, dass der Umweltschutz von Verwertungsnetzbetrieben tendenziell als etwas wichtiger als die soziale Verantwortung eingestuft wurde, der Unterschied ist jedoch aufierst gering (ca. ein Prozentpunkt). Bei der Interpretation dieser Ergebnisse sind zwei methodische Schwachpunkte jedenfalls zu berucksichtigen: Erstens setzt ein Vergleich der drei Nachhaltlgkeitsdimensionen und die Einschatzung deren relativen WIchtigkeit voraus, dass die Begriffe klar und eindeutig definiert sind. Dies ist beim Kriterium des wirtschaftlichen Erfolges und des Umweltschutzes noch einlgermafien gewahrleistet, wahrend der Begriff der sozialen Verantwortung nach wie vor sehr vage bzw. unelnheitlich definiert ist.®^"^ Zweitens ist zu beachten, dass aus entscheidungstheoretischer Sicht eine Kriteriengewichtung durch einen direkten Vergleich von Kriterien problematisch ist und zumindest voraussetzt, dass die
Vgl. Kap. 4.1.
278
befragten Personen von moglichst ahnlichen Auspragungsintervallen der drei Attribute ausgehen. Diese beiden Aspekte schranken damit die Aussagekraft der Daten ein, zumal die drei Nachhaltigkeitsdimensionen, insbesondere der Begriff der sozialen Verantwortung, von den Befragten durchaus mit unterschiedlichen Inhalten in Verbindung gebracht werden und die implizit angenommenen Auspragungsintervalle der drei Attribute von Person zu Person unterschiedlich sein konnen. Dennoch ist die vergleichsweise sehr iiohe Gewichtung des Kriteriums des wirtschaftlichen Erfolges doch ein recht eindeutiges Indiz dafur, dass die Hypothese 4-1 zutrifft. Auf einzeiwirtsciiaftlicher Ebene steht die konstitutive Unternehmenstatigkeit und das damit verbundene Ziel der Wertschopfung und der Erwirlschaftung von Gewinnen im Vordergrund, wahrend die okologischen und sozialen Nachhaltigkeitsdimensionen nicht als unternehmerische Elementarziele, sondern nur als Teil des Bedingungsgefuges verschiedener Anspruchsgruppen verstanden werden. 5.4.4.2 Wichtigkeit okologlscher und soziaier Themen fur die Unternehmungen Wenn sich - wie oben attestiert - auf betrieblicher Ebene die Bedeutung der okologischen und sozialen Nachhaltigkeit auf Anspruche verschiedener Stakeholdergruppen zuruckfuhren lasst, so stellt sich die Frage, welche konkreten Themenbereiche fur die Unternehmungen fur wie wichtig erachtet werden. Zur Beantwortung dieser Frage wurden die befragten Personen ersucht, die Wichtigkeit der folgende Themen fur ihr jeweiliges Unternehmen anhand einer funfstufigen Ordinalskala von sehr unwichtig (1) bis sehr wichtig (5) einzustufen: 1. Umweltschutz bei der Herstellung der Rohstoffe und Vorprodukte 2. Einhaltung der Menschenrechte entlang der Wertschopfungskette 3. Umfassender Umweltschutz an Ihrer Produktionsstatte 4. Forderung benachteiligter Gruppen (z.B. Frauen, Behinderte, Altere) 5. Arbeitssicherheit (Unfallvermeidung, berufsbedingte Erkrankungen) 6. Verantwortung als Arbeitgeber in Ihrer Region 7. Gewahrleistung einer hohen Qualitat und Sicherheit Ihrer Erzeugnisse 8. Umweltschutz in der Nutzungs- und Entsorgungsphase Ihrer Erzeugnisse
279
Das erste, dritte und achte Thema sind eindeutig okologisch orlentiert. Das zweite, vierte und sechste Thema werden haufig mit der sozialen Nachhaltigkeit bzw. dem Begriff der .Corporate Social Responsibility' in Verbindung gebracht. Das funfte und siebente Thema bezieht sich hingegen direkt auf die Qualitat und Sicherheit der jeweiligen konstitutiven Unternehmenstatigkeit. In der folgenden Abbildung ist die Wichtigkeit der einzelnen Themenbereiche fur die befragten Unternehmen - geordnet nach okonomischen, okologischen und sozialen Themen - dargestellt.
Gewahrleistung einer hohen Qualitat und Sicherheit der Erzeugnisse
C^
Arbeitssicherheit{Unfallvermeidung, berufsbedingte Erkranl
Di
Umweltschutz bei der Herstellung der Rohstoffe und Vorprodukte
D
•
•
Umfassender Umweltschutz an Ihrer Produktionsstatte
D
Umweltschutz in der Nutzungs- und Entsorgungsphase Ihrer Erzeugnisse
D •
Forderung benachteiligter Gruppen (z.B. Frauen, Behinderte, Altere)
D
Einhaltung der Menschenrechte entlang der Wertschopfungskette
1.0 sehr unwichtig
2,0
• D •
3,0 Wichtigkeit der Themen
ۥ
•
•
• D
Verantwortung als Arbeitgeber in der Region
•
4,0
• • 5,0 sehr wichtig
Dosterr. prod. Industrie (n=136) •Verw.netz Steiermark {n=26) • Verw.netz Oldenb. Munsterland (n=15)
Abb. 5 1 : Wichtigkeit einzelner Nachhaltigkeitsthemen fur die befragten Unternehmen ( M e d i a n werte)
Es ist ersichtllch, dass die Gewahrleistung einer hohen Qualitat und Sicherheit der Erzeugnisse fur die befragten Unternehmen eindeutig am wichtigsten ist, gefolgt von der Arbeitssicherheit. Dies deckt sich auch mit der Aussage, dass fur Unternehmungen der wirtschaftliche Aspekt der Nachhaltigkeit dominiert. Die Hypothese 4-2 lautet, dass von den Unternehmen okologische und soziale Themen als gleichemriaflen wichtig eingestuft werden. Diese Annahme wird durch die vorliegenden Daten sehr gut untermauert: Es sind keine deutlichen 280
Unterschiede in der Bewertung der Wichtigkeit der beiden Themenbereiche erkennbar. Der Medianwert aller sozialen Themenbereiche (2, 4 und 6) betragt 3,9 und jener aller okologischen (1, 3 und 8) 4,0. Interessant ist, dass samtliche okologische und soziale Themen von den Unternehmen der beiden untersuchten industriellen VenA/ertungsnetze wichtiger eingestuft wurden, als von den sonstigen befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie. Besonders deutlich sind diese Unterschiede bei den Themen „F6rderung benachteiligter Gruppen" und „Umweltschutz bei der Herstellung der Rohstoffe und Vorprodukte". 5.4.4.3 Vorteilhaftigkeit
der
uberbetrieblichen
Zusammenarbeit
bei
okologischen und sozialen Themen Fur das Entstehen industrieller Nachhaltigkeitsnetzwerke, wie sie in Kap. 4.2 beschrieben wurden, reicht es nicht aus, dass die Unternehmen Nachhaltlgkeitsthemen als wichtig fur sich erachten, sie mussen vielmehr auch Vorteile in einer uberbetrieblichen Zusammenarbeit bei diesen Themen erwarten. In Hypothese 4-3 wurde davon ausgegangen, dass die uberbetriebliche Zusammenarbeit von den Unternehmen sowohl hinsichtlich okologischer als auch sozialer Themen als vorteilhaft eingestuft wird. Im Rahmen der emplrischen Erhebung wurden die Unternehmen daher gebeten, anhand einer funfstufigen Ordinalskala von sehr klein (1) bis sehr groB (5) das AusmaB der Vorteile anzugeben, das sie aus einer Zusammenarbeit innerhalb eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes in den in Kap. 5.4.4.2 aufgelisteten Themenbereichen enA/arten. In der folgenden Abbildung ist das Ergebnis dieser Frage dargestellt.
281
Gewahrleistung einer hohen Qualitat und
m •
Sicherheit der Erzeugnisse Arbeitssicherheit(Unfallvermeidung,
• •
berufsbedingte Erkrankungen) Umweltschutz bei der Herstellung der Rohstoffe und Vorprodukte
•
D
Umfassender Umweltschutz an
Umweltschutz in der Nutzungs- und
m D
Entsorgungsphase Ihrer Erzeugnisse
(z.B. Frauen, Behinderte, Altere) Einhaltung der Menschenrechte entlang der Wertschopfungskette
D
•• D# •
Verantwortung als Arbeitgeber
•1 •
in der Region 1,00 sehr klein
2,00
• •C]
Ihrer Produktionsstatte
Forderung benachteiligter Gruppen
D
3,00 Vorteile derZusammenarbeit
4,00
5.00 sehrgroU
Dosterr. prod. Industrie (n=135) •Verw.netz Steiermark (n=25) • Verw.netz Oldenb. Munsterland (n=14)
Abb. 5 2 :
Erwartete Vorteile durch die Zusammenarbeit innerhalb eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes (Medianwerte)
Es ist ersichtlich, dass die Vorteilhaftigkeit der uberbetrieblichen Zusammenarbeit im Vergleich zur Wichtigkeit der Themen generell deutlich niedriger eingestuft wird. Die vergleichsweise grofiten Vorteile der Zusammenarbeit werden wiederum zur Gewahrleistung einer hohen Qualitat und Sicherheit der Erzeugnisse en/vartet. Auch die Themenbereiche Arbeitssicherheit und Umweltschutz sind mit Medlanwerten im Bereich von 3,2 bis 3,7 noch uber der Mitte der funfstufigen Skala. Die klelnsten Vorteile werden bei den sozlalen Themen enA/artet (Medianwert Im Bereich von 2,7 bis 3,4), wobei das Thema „Forderung benachteiligter Gruppen" am niedrigsten bewertet wird. Auffallend ist dabei ferner, dass die Netzwerkbetriebe der beiden industriellen Verwertungsnetze bei den sozlalen Nachhaltigkeitsthemen grofiere Vorteile erwarten als die Unternehmen des Verglelchssamples der osterreichischen produzlerenden Industrie. Beim Umweltschutz an der eigenen Produktionsstatte sowie in der Nutzungs- und Entsorgungsphase ist es erstaunlichenA/else umgekehrt. 282
In weiterer Folge wurden die Unternehmungen noch gefragt, wie wichtig sie bestimmte vorgegebene Mafinahmenbereiche bei einer Zusammenarbeit in einem Nachhaltigkeitsnetzwerk erachten. In der folgenden Abbildung sind wiederum die Medianwerte der Antworten auf einer funfstufigen Ordinalskala von sehr unwichtig (1) bis sehr wichtig (5) dargestellt.
Recycling von Stoffen
• n«
und/oderEnergie Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung
•
Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Prozesse
^D
•
Gemeinsames Wahrnehmen der sozialen Verantwortung
« D •
Interorganisationaies Lernen und Wissensaufbau
1.0
• m
2,0
sehr unwichtig
•
3,0
4,0
.... . * • . - * - i .-« u u • u Wichtigkeitder Maanahmenbereiche
5,0 sehr wichtig
Dosterr. prod. Industrie (n=130) •Verw.netzSteiermark (n=27) • Venw.netz Oldenb. MCinsterland (n=15)
Abb. 53: Wichtigkeit
verschiedener
Kooperationsbereiche
in
Nachhaltigkeitsnetzwerken
(Medianwerte)
Die zwischenbetriebliche VenA/ertung von stofflichen und/oder energetischen Ruckstanden wird von den befragten Unternehmen aller Samples deutlich als wichtigster Mafinahmenbereich genannt. Die Medianwerte der restlichen Maflnahmenbereiche liegen zwischen 3,3 und 3,8, wobei dem Interorganisationalen Lernen und Wissensaufbau ein vergleichsweise hoher Stellenwert eingeraumt wird. Gleich wie in Abbildung 52 wird auch hier das genneinsame Wahrnehmen der sozialen Verantwortung von den Betrieben der beiden Verwertungsnetze hoher
eingestuft
als
von
den
Unternehmungen
der
osterreichischen
produzierenden Industrie. Insgesamt kann hinsichtlich der Hypothese 4-3 keine eindeutige Aussage getroffen werden. Die Vorteile aus einer Zusammenarbeit zur Errelchung okologischer und sozialer Nachhaltigkeitszlele werden eher als mittel eingestuft. Das Gleiche gilt fur die vorgeschlagenen Mafinahmenbereiche bei einer Zusammenarbeit in einem Nachhaltigkeitsnetzwerk - mit Ausnahme der zwischenbetriebllchen Ruckstandsverwertung, die als deutlich wichtiger erachtet wird. 283
5.4.4.4 Zusammenarbeit entlang einer Wertschopfungskette versus regionale Kooperation In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, wie wichtig es den Unternehmungen ist, dass ihre Kooperationspartner in einem Nachhaltigkeitsnetzwerk In der gleichen Region und in der gleichen Wertschopfungskette sind. Die befragten Unternehmen wurden wiederum gebeten, die Wichtigkeit dieser beiden Faktoren auf einer funfstufigen Ordinalskala von sehr unwichtig (1) bis sehr wichtig (5) anzugeben. Das Ergebnis ist in folgender Abbildung ersichtiich:
Unternehmen kommen aus der gleichen Region.
D
Unternehmen kommen aus der gleichen Wertschopfungskette. 1,0 sehr unwichtig
2,0
• •
3,0
• D
• 4,0
5,0 sehr wichtig
Dosterr. prod. Industrie {n=130) •Venw.netzSteiermark (n=27) • Verw.netzOldenb. Munsterland (n=15)
Abb. 54: Wichtigkeit der raumlichen Nahe und der Zugehorigkeit zur gleichen Wertschopfungskette (Medianwerte)
Von den Unternehmungen der osterreichischen produzierenden Industrie sowie des Ven^/ertungsnetzes Oldenburger Munsterland wurde die Zugehorigkeit zur gleichen Wertschopfungskette als deutlich wichtiger erachtet als die raumliche Nahe der Unternehmen. Anders verhalt es sich bei den Unternehmen des Verwertungsnetzes Steiermark, die die raumliche Nahe als etwas wichtiger als die Zugehorigkeit zur gleichen Wertschopfungskette einstufen. Die Hypothese 4-4 lautet, dass es fur Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung gunstiger Ist, Unternehmen der gleichen Wertschopfungskette in einem Nachhaltigkeitsnetzwerk zu integrieren, wahrend fur zwischenbetriebliche Recyclingkooperatlonen die raumliche Nahe eine grofiere Rolle spielt. Es wird davon ausgegangen, dass zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten aufgrund der Transportkosten fiir die massenlntensiven Ruckstandsstrome eher in raumlicher Nahe stattfinden, wohingegen zur gemeinsamen Produktentwicklung eher die Zugehorigkeit zur selben Wertschopfungskette von Bedeutung ist.
284
Zur Beurteilung dieser Hypothese wurden die Korrelationen zwischen den Angaben zur Wichtigkeit der einzelnen MaBnahmenbereiche innerhalb von Nachhaltigkeitsnetzwerken (Abb. 5-30) und den Aussagen zur Wichtigkeit der raumlichen Nahe der Kooperationspartner bzw. deren Zugehorigkeit zur gleichen Wertschopfungskette (Abb. 5-31) errechnet.
Unternehmen der gleichen Region
Untern. der gleichen Wertschopfungskette
Recycling von Stoffen und/oder Energie
-0,021
+0,066
Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung
-0,062
+0,207
Kooperationen zur Verbesserung und Integration der Prozesse
-0,036
+0,295
Gemeinsames Wahrnehmen der sozialen Verantwortung
+0,074
+0,200
Interorganisationales Lernen und Wissensaufbau
+0,100
+0,084
Kendall-Tau-b-Werte
Tab. 11: Zusammenhang zwischen bevorzugten Kooperationspartnern und -inhalten in Nachhaltigkeltsnetzwerken
ErstaunlichenA/eise besteht keine positive Korrelation zwischen den Antworten bezuglich der Wichtigkeit des zwischenbetrieblichen Recyclings als Inhalt der Kooperation und dem Aspekt, dass die Kooperationspartner aus der gleichen Region kommen. Ein positiver Zusamnnenhang besteht hingegen zwischen der Forderung, dass die Netzwerkunternehmen der gleichen Wertschopfungskette angehoren, und der beigemessenen Wichtigkeit der Kooperationen zur nachhaltigkeitsorientierten Produktentwicklung als MaBnahmenbereich innerhalb eines Nachhaltigkeitsnetzwerkes. Dies gilt auch fur Kooperationen zum gemeinsamen Wahrnehmen der sozialen Verantwortung und insbesondere zur Verbesserung der Prozesse (hochster positiver Korrelationskoeffizient). Die Hypothese 4-4 wird somit hinsichtlich der raumlichen Nahe gar nicht, hinsichtlich der Zugehorigkeit zur gleichen Wertschopfungskette nicht eindeutig bestatigt.
285
6.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
in Kapitel 6.1 werden die wichtigsten Ergebnisse der theoretischen Annaherung an das Phanomen industrieller VenA/ertungsnetze und der empirischen Erhebungen zusammengefasst. Darauf aufbauend werden in Kapitel 6.2 einige Schlussfolgerungen fur die Gestaltung und das Management industrieller Verwertungsnetze gezogen.
6.1
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Industrielle Ven/vertungsnetze sind nicht per se einer bestimmten wissenschaftlichen Fachrichtung zuzuordnen. So konnen sie weder als rein technische Phanomene, noch als rein okonomische Oder soziale Systeme beschrieben werden. Eine theoretische Erklarung und Begrundung industrieller VenA^ertungsnetze impliziert demnach zwingend die Auseinandersetzung mit mehreren Fach- und Theorierichtungen.^^^ In dieser Arbeit wurden daher verschiedene Theorieansatze herangezogen, urn industrielle Verwertungsnetze aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu beschreiben. Dabei ist zu erkennen, dass in den theoretischen Ansatzen bewusst oder unbewusst jeweils bestimmte Annahmen getroffenen sowie einzelne Aspekte hervorgehoben werden.®^® In der Entscheidungstheorie wird der einzelne Akteur, der bestimmte Entscheidungen trifft und Handlungen setzt, in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Dabei wird zwischen einem normativen und einem deskriptiven Ansatz unterschieden. Die normative Entscheidungslehre geht der Frage nach, wie in verschiedenen
Situationen „optimale" Entscheidungen
getroffen
werden
konnen. Eine Kernfrage dabei ist, wie die Einzelbewertungen nach verschiede-
815
Nach Kuhn spielt sich Wissenschaft grundsatzlich in Gemeinschaften von Forschern ab, die Jewells bestimmte Methoden, Wertvorstellungen, Leistungen und Erkenntnisse der Vergangenheit expllzit oder implizit als allgemeinen Rahmen, bzw. als Hintergrund ihrer Arbeit akzeptieren.; vgl. Kuhn 1990; sowie darauf bezugnehmend Chalmers 2001, 8. 87-106. Insbesondere zwischen den primar auf exaktes Messen und Beobachten beruhenden Naturwlssenschaften einerseits und den eher philologisch textpflegenden und -auslegenden Geisteswissenschaften andererseits gibt es erhebliche Unterschiede in den anerkannten wissenschaftlichen Methoden; vgl. hierzu Walter-Busch 1996, 8. 71-75. Bei der Anwendung der einzelnen Theorieansatze ist also darauf Bedacht zu nehmen, welchem Paradlgma und welchen Annahmen sie Jewells zugrunde liegen. Forschung, ohne Annahmen zu treffen, ist nicht moglich, wichtig Ist es aber, dass man sIch dieser oft verborgenen Annahmen und des zugrundellegenden Weltbildes bewusst ist. MIt der Frage '1st sIch der FIsch des Wassers, in dem er schwimmt, bewusst?' lasst sich diese Uberlegung gut veranschaullchen; vgl. Easton 1995, 8. 415.
287
nen Entscheidungskriterien zu einer Gesamtbewertung zusammengefasst werden konnen. Tatsachlich wurde in der empirischen Erhebung festgestellt, dass recyclingorientierte Entscheidungen nicht ausschlieBlich in Hinblick auf Kosten- und Eriose getroffen werden. Auch nicht monetare Ziele, wie die Versorgungssicherheit mit (Sekundar-)Rohstoffen und die Entsorgungssicherheit bei der Entledigung unenA/unschter Produktionsruckstande Oder der Schutz der naturlichen Umwelt, werden als wichtige Zielkriterien eingestuft. Hierbei ist bemerkenswert, dass mehr als die Halfte der befragten Unternehmen angeben, nicht laufend nach einer optimalen Losung in der betrieblichen Ruckstandswlrtschaft zu suchen, sondern eher aniassbezogen, d.h. wenn konkrete Probleme im Zusammenhang mit dem jeweiligen Ruckstand auftreten, nach einer fur das Unternehmen gunstigen Losung suchen. Dem Satisficing-Konzept der deskriptlven Entscheidungslehre kommt demnach eine nicht unbetrachtliche Rolle in der betrieblichen Ruckstandswirtschaft zu. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der Relevanz des Garbage-can-Modells der Entscheldungsfindung In Organlsationen, wonach bei mehrdeutlgen Entscheidungssltuationen die Elemente der Entscheidung nicht geordnet, sondern zufallig aufeinander treffen. Die Mehrdeutigkeit von Entscheidungssltuationen wird anhand folgender Kriterien bestimmt: Die Entscheldungstrager widmen sich nur temporar den jeweiligen Entscheidungen, die Zlele sind inkonsistent und Instabll und das Wissen uber die Umwelt und die entscheidungsrelevanten Kausalbezlehungen ist beschrankt. Die empirischen Erhebungen haben ergeben, dass die fur die betriebllche Ruckstandswirtschaft zustandigen Personen groBtenteils auch anderen Aufgaben nachgehen miissen. Das Kriterium der fluktuierenden Partizlpation ist somit erfullt. Hlnsichtllch der Zlele hat die Befragung ergeben, dass in mehr als der Halfte der untersuchten Unternehmen die ruckstandswirtschaftlichen Zlele in schriftlicher Form vorllegen. Von Instabilen Zielen kann daher bei diesen Unternehmen eher nicht gesprochen werden. Der Informationsstand uber die Mogllchkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Riickstandsverwertung wurde schliefBlich von den befragten Unternehmen als mittelmaBIg eingestuft. Die vorliegenden Daten eriauben es daher nicht, dem Garbage-can-Modell der Entscheldungsfindung eine hervorragende Rolle In der betrieblichen Ruckstandwirtschaft zu attestieren; hierfur ware es notwendig, weitergehende Untersuchungen durchzufuhren. Aus systemtheoretlscher Sicht lassen sich industrielle VenA^ertungsnetze als strukturell-funktional differenzlerte, 288
als selbstregulierende
und als auto-
poietische selbstreferenzielle Systeme interpretieren. Jedenfalls sind industrielle Verwertungsnetze als offene, d.h. mit ihrer Umwelt interagierende, sozio-technische Systeme einzustufen. Bei der strukturell-funktionalen Systemtheorie werden der innere Aufbau und Zweck des Systems festgelegt. Industrielle Verwertungsnetze verfolgen zweifelsohne den eindeutigen Zweck der zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung. Von einer zielgerichteten Strukturierung des Systems Verwertungsnetz entsprechend der strukturtechnischen Organisationslehre kann auf Basis der Ergebnisse der empirischen Untersuchung dennoch nicht gesprochen werden, da in den untersuchten VenA/ertungsnetzen keine zentrale Einrichtung zur Planung des Gesamtsystems besteht. Es gibt vielmehr Hinweise, dass es sich bei den untersuchten VenA/ertungsnetzen um selbstorganisierende Systeme handelt. Die ubenA/iegende Anzahl der Verwertungsbeziehungen - sowohl der befragten Unternehmen der osterreichischen produzierenden Industrie, als auch jener der beiden untersuchten Verwertungsnetze in der Obersteiermark und im Oldenburger Munsterland - ist namlich ausschlieBlich durch direkten Kontakt mit dem jeweiligen Recyclingpartner, d.h. ohne Mitwirkung einer zentralen Einrichtung wie einer Venwertungsagentur, zustande gekommen. Die in der Theorie selbstreferentieller Systeme getroffene Annahme der rekursiven Geschlossenheit konnte hingegen durch die empirische Erhebung nicht untermauert werden. Es ist nicht feststellbar, dass sich Netzwerkbetriebe im Laufe der Zeit aufgrund der Erfahrungen mit der zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung wesentlich von anderen Unternehmen unterscheiden. Weder das AusmaB des Recyclings, noch der allgemeine Stellenwert des betrieblichen Umweltschutzes oder der Informationsstand uber die Mogiichkeiten und Technologien zur zwischenbetrieblichen Ruckstandsverwertung ist bei den untersuchten VenA/ertungsnetzuntemehmen deutlich hoher als bei den Unternehmen des Vergleichssamples der osterreichischen produzierenden Industrie. Folglich werden durch die Untersuchungsergebnisse auch die Annahmen einer Evolution typischer Auspragungen industrieller Verwertungsnetze oder der Selektion wichtiger Kompetenzen innerhalb von VenA/ertungsnetzen nicht untermauert. Im Resource-Dependence-Ansatz wird die Ressourcenabhangigkeit von Organisationen, die in Kombination mit Unsicherheit zu einer potentiellen Beeintrachtigung der betrieblichen Leistungserstellung fuhrt, in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Als eine Gegenstrategie wird der Aufbau von Kooperationsbeziehungen mit Organisationen im jeweiligen relevanten Umfeld genannt („negotiated environment"). Tatsachlich scheint bei zwischenbetrieblichen Re289
cyclingaktivltaten der Aspekt der Ressourcenabhangigkeit keine besonders groBe Rolle zu spielen. Die Probleme bei einem Ausfall des Recyclingpartners werden nur als mittelmaBig und die Schwierigkeiten, in angemessener Zeit einen gleichwertigen Partner zu finden, als eher gering bezeichnet. Hingegen sind sich die befragten Unternehmen erstaunlich sicher, dass die jeweilige Verwertungsbeziehung auch in Zukunft weiterbestehen wird. Damit sind die zentralen Prannissen des Resource-Dependence-Ansatzes in der betrieblichen Rijckstandswirtschaft der befragten Unternehmen nicht erfijllt. Den Ansatzen der Neuen institutionenokonomie sind die Annahmen der begrenzten Rationalitat und der Bereitschaft opportunistischen Handelns der Akteure gemeinsam. Im Rahmen der empirischen Erhebung stuften die befragten Unternehmen jedoch die Gefahr, vom jeweiiigen Recyclingpartner zu ihrem Schaden ubervorteilt zu werden, als relativ niedrig ein, und zwar unabhangig davon, ob eine schriftliche Verelnbarung uber die Verwertungsbeziehung besteht oder nicht. Damit wird eine wichtige Pramisse der Neuen Institutionenokonomie fur die zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten der befragten Unternehmen nicht bestatigt. Mit der Transaktionskostentheorie kann untersucht werden, welches institutionelle Arrangement sich am besten fur die Koordination der zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten eignet. Es wird zwischen den institutlonellen Arrangements Markt, Hierarchie und Kooperation unterschieden, wobel mit zunehmender Faktorspezifitat und Unsicherheit die relativen Vorteile der Hierarchie an Bedeutung gewinnen. Die empirischen Erhebungen haben ergeben, dass mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen ihre Fertigungsprozesse nicht adaptieren mussten, um die jeweiiigen zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten zu ermoglichen. Wie oben beschrieben, werden auch die Probleme, geeignete Recyclingpartner zu finden, als nicht schwerwiegend eingestuft. Daraus kann geschlossen werden, dass die Faktorspezifitat recyclingorientierter Transaktionen eher gering ist. Da auch die Unsicherheit von den befragten Unternehmen als niedrig eingeschatzt wird, eignen sich den Aussagen der Transaktionskostentheorie folgend eher der Markt oder bilaterale Kooperationen als Koordinationsmechanismen fur zwischenbetriebliche Recyclingaktivitaten. In diesem Zusammenhang Ist es bemerkenswert, dass die befragten Unternehmen das AusmaB der Zusammenarbeit mit ihrem jeweiiigen Recyclingpartner weder als merklich niedriger noch als merklich hoher eingestuft haben. Es deutet darauf hin, dass dem Markt bei der Koordination der zwischenbetrieblichen RuckstandsvenA/ertung eine zentrale Rolle zukommt. 290
Industrielle Verwertungsnetze tragen zur Ruckstandsverwertung und damit zur Kreislaufwirtschaft bei. Daher sind sie auch vor dem Hintergrund des Konzeptes der nachhaltigen Entwicklung von Interesse. Das Nachhaltigkeitsverstandnis der befragten Untemehmen ist dadurch gekennzeichnet, dass dem wirtschaftlichen Erfolg die gro3te Bedeutung beigemessen wird. Okologische und soziale Aspekte werden von den Unternehmen als etwa gleich wichtig eingestuft. Weder hinsichtlich der relativen Bedeutung einzelner Nachhaltigkeitsthemen noch hinsichtlich der en/varteten Vorteile durch die Zusammenarbeit gibt es wesentliche Unterschiede zwischen den Unternehmen der untersuchten Verwertungsnetze und jenen des Vergleichssamples der osterreichischen produzlerenden Industrie.
6.2 Schlussfolgerungen fur die Gestaltung und das Management industrieller Verwertungsnetze Es stellt sich die Frage, welche praktischen Schlussfolgerungen fur die Gestaltung und das Management industrieller VenA/ertungsnetze aus den theoretischen Ansatzen, die zur Erklarung und Begrundung des Phanomens industrieller Verwertungsnetze herangezogen wurden, und den empirischen Analysen gezogen werden konnen. Dabei ist zu berucksichtigen, dass Gestaltungsund Managementempfehlungen fur industrielle Verwertungsnetze wohl nicht pauschal, sondern nur fur konkrete Netzwerke ausgesprochen werden konnen. „lndeed the assumption that there is a single right way to engineer an industrial eco-system is a fiction - yet an attractive one."®^'^ Es muss jedenfalls darauf Bedacht genommen werden, wie der status quo des jeweiligen Verwertungsnetzes aussieht und welcher zukunftige Zustand angestrebt wird. Erst dann sind sinnvolle Aussagen moglich, welche Gestaltungs- und ManagementmafBnahmen geeignet sein konnten, diesen gewunschten zukunftigen Zustand zu erreichen. Die empirischen Untersuchungen der Ven/vertungsnetze Obersteiermark und Oldenburger Munsterland haben gezeigt, dass es sich in beiden Fallen um selbstorganisierende Netzwerke handelt, in denen Akteure Ruckstande zur Verwertung austauschen, ohne sich bewusst zu sein, dass ihr Unternehmen In ein Verwertungsnetz eingebunden ist. Es sind keine deutlichen Unterschiede zwischen diesen Netzwerkunternehmen und den Unternehmen des Vergleichssamples der osterreichischen produzierenden Industrie festzustellen - nicht
®^^ Cote/Cohen-Rosenthal 1998, S. 185.
291
einmal hinsichtlich des AusmafBes an zwischenbetriebllchen Recyclingaktivitaten. Die Verwertungsnetze sind vielmehr - gleich wie die vielzitierte industrielle Symbiose in Kalundborg^^^ - „evolutionar" entstanden,^^^ indem die Unternehmungen aus einzelwirtschaftlichen Uberlegungen heraus bilaterale Recyclingbeziehungen aufgebaut haben.®^° Es scheint, dass die beiden Verwertungsnetze nur aus der Sicht des externen Betrachters, der die Recyclingbeziehungen zwischen den Unternehmungen analysiert und gemeinsann darstellt, einen Netzwerkcharakter aufweisen, wahrend den beteiligten Akteuren nur der fur sie direkt relevante Ausschnitt bekannt ist. Aufbauend auf diesen empirischen Befunden stellt sich die Frage, welcher zukunftige Zustand mit allfalligen Gestaltungs- und ManagementmaBnahnnen erreicht werden soil. So kann im Sinne des Gedankens der Kreislaufwirtschaft eine verbesserte, „umfassende Ruckstandsven/vertung im Verwertungsnetz"®^^ angestrebt werden. Damit konnte erreicht werden, dass der produzierende Sektor der Industrie seine Produktionsruckstande weitgehend ohne Inanspruchnahme offentlicher Entsorgungseinrichtungen systemintern verwertet und u.U. sogar die offentliche Hand bei der VenA/ertung von Konsumruckstanden unterstutzt.®^^ Zur Erreichung dieses Zieles stehen grundsatzlich zwei kontrare Strategien zur Verfugung: die Installation einer zentralen Koordinationseinrichtung des jeweiligen Verwertungsnetzes oder die indirekte Steuerung und Forderung zwischenbetrieblicher Recyclingaktivitaten. Eine zentrale Einrichtung, etwa in Form einer VenA/ertungs- bzw. Recyclingagentur konnte alle recyclingrelevanten Informationen sammein und diese, etwa durch die Installation und Wartung eines uberbetrieblichen recyclingbezogenen EDV-Verbundsystems, gezielt an die einzelnen Unternehmen weitergeben, beratende Unterstutzung bei technischen, juristischen oder finanziellen Fragestellungen bieten, potentielle Recyclingpartner zusammenfuhren, verschiedene Projekte untereinander abstimmen, begleitende Offentlichkeitsarbeit leisten
Vgl. etwa Desrochers 2002c, S. 3 1 . Vgl. Schwarz1994, S. 159. Die Entstehung der beiden Verwertungsnetze entspricht damit den folgenden Erfahrungen mit Industrial Districts: „None of the Industrial Districts are the result of planned action, of a local or regional industrial strategy. They are developed spontaneously. Public and private sector institutions did play a role in their growth process but they were not created by these institutions."; Smitz/Musyk 1995, S. 31. Strebel1998, 8. 5. Schwar2l998, S. 23.
292
etc.^^^ Diese Verwertungsagentur wurde demnach wesentliche Managementaufgaben zur Koordination und Steuerung der zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten innerhalb des Verwertungsnetzes ubernehmen. Es wird also eine Sichtweise verfolgt, wonach ein "[...] Kreislaufmanager die okonomisch und okologisch effiziente Gestaltung von Kreislaufwirtschaftssystemen [...]"^^'^ vornimmt. Die empirischen Erhebungen im Rahmen dieser Arbeit haben gezeigt, dass die zwischenbetriebliche Ven^/ertung von Produktionsruckstanden bereits eine weit verbreitete Praxis in der produzierenden Industrie darstellt und sich keinesfalls auf die Unternehmen der beiden untersuchten Verwertungsnetze beschrankt. Es taucht somit das Problem auf, dass derartige Verwertungsagenturen eigentlich „flachendeckend" errichtet werden miissten, wodurch sich die Frage der Abgrenzung zwischen den einzelnen VenA/ertungsnetzen ergeben wurde. Es hat sich gezeigt, dass die Unternehmen zumeist gleichzeitig mehrere Verwertungsbeziehungen unterhalten, sodass eine eindeutige Zuordnung zu einzelnen Verwertungsnetzen nicht moglich ware. Abgesehen von dieser organisatorischen Frage und dem sehr wahrscheinlichen Problem der Finanzierung bzw. Finanzierbarkeit derartiger Einrichtungen ergeben sich aus der vorliegenden Arbeit auch Hinweise darauf, dass eine zentrale Planung und Steuerung der zwischenbetrieblichen Recyclingaktivitaten sehr schnell an ihre Grenzen stoBen konnte. Wie oben enA/ahnt sind die beiden untersuchten Verwertungsnetze selbstorganisierend auf Basis einzelwirtschaftllchen Kalkuls entstanden. Den Aussagen des Selbstorganisationsansatzes folgend kann davon ausgegangen werden, dass nur einfache Systeme zentral geplant werden konnen, wahrend es zur Entwicklung wirksamerer, komplexerer Ordnungen selbstorganisierende Prozesse der Ordnungsbildung bedarf.^^^ Derartige Prozesse konnen primar durch die Schaffung entsprechender Regein und Rahmenbedingungen gesteuert werden.^^^ Die Unternehmungen stufen ihre Recyclingbeziehungen ohnedies sehr ahnlich wie herkommliche Kunden-Lieferanten-Beziehungen ein. Weder der empfundene Grad an Unsicherheit, noch
^^^ Vgl. hierzu Schwarz 1994, S. 164-166. ^^"^ Pfohl/Schafer1997, S. 281. ^^^ Vgl. Kap. 3.2.2. ®^^ Sydow spricht von einer „Netzwerkentwicklung als Strukturation", die eine vermittelnde theoretische Position zwischen gezielter Intervention und ungesteuerter Evolution einnimmt; vgl. Sydow 2001b, S. 85-86.
293
die Faktorspezifitat der recyclingorientierten Transaktionen werden als besonders hoch angegeben. Es kann somit durchaus auch von wiederholten Marktbeziehungen gesprochen werden. So bezeichnet Baker eine Netzwerkorganisation als "market mechanism that allocates people and resources to problems and projects in a decentralized manner."^^'^ Auch Desrochers stellt test: „[...] spontaneous market coordination should probably be given more consideration In recycling networks than it currently is."^^® Ein wichtiges Instrument der indirekten Steuerung der zwischenbetrlebllchen Ruckstandsverwertung ist die Gestaltung von rechtlichen Bestimmungen (Regein), sodass allfallige gesetzliche Hindernisse fur Recyclingaktivitaten mogllchst aus den Weg geraumt und die Unternehmen - gegebenenfalls auch durch monetare Anreize - motivlert werden, unvermeidbare Ruckstande mogllchst umweltschonend zu verwerten. Selbstverstandlich kommt auch der Bereitstellung der notwendigen Informationen, insbesondere uber die Moglichkeiten und Technologien der zwischenbetrlebllchen Ruckstandsverwertung, eine besondere Rolle zu. Da die in den Unternehmen fur die betriebliche Ruckstandswirtschaft zustandigen Personen zumeist nur einen Tell ihrer Arbeitszeit diesen Belangen widmen konnen und daruber hinaus vielfach nur in Aniassfallen nach befriedigenden Losungen in der Ruckstandwirtschaft suchen („Satisficing"), kann davon ausgegangen werden, dass durch einen gezielten Wissensaufbau in vielen Fallen auch das jeweillge Anspruchsniveau in der ruckstandsbezogenen Materialwirtschaft erhoht werden kann. Hierbei durfte den Unternehmensberatern im Umweltbereich, aber auch den offentlichen, mit der abfallwirtschaftlichen Planung befassten Institutlonen sowie einschlagigen Universitatsinstituten und anderen Forschungseinrichtungen eine besondere Rolle zukommen. In Kapitel 4.2 wurde das Konzept der Nachhaltigkeitsnetzwerke^^^ vorgestellt, bel der es zu umfassenden, uber das zwischenbetriebliche Recycling hinausgehenden Kooperationen kommt. Die untersuchten industriellen VenA/ertungsnetze unterscheiden sich vom Konzept der Nachhaltigkeitsnetzwerke in erster Linle durch das Fehlen eines Netzwerkbewusstseins: Den Akteuren der unter-
Baker1992, 8. 398. Desrochers 2005 Als Nachhaltigkeitsnetzwerk wird ein System freiwilliger, aber organisierter Kooperationen zwischen verschiedenen Stakeholdern, die eine gemeinsame Vision der nachhaltigen Entwicklung teilen, verstanden; vgl. Kap. 4.2.
294
suchten Verwertungsnetze ist es bis auf wenige Ausnahmen nicht bewusst, dass ihr Unternehmen Teil des jeweiligen Netzwerkes ist. Somit ist es auch nicht moglich, dass diese Unternehmen eine gemeinsame Vision der nachhaltigen Entwicklung teilen.®^° Nichtsdestotrotz tragen die zwischenbetrieblichen RecyclingmaBnahmen, die innerhalb dieser Ven^/ertungsnetze
umgesetzt
werden, zur SchlieBung der anthropogenen Stoffkreislaufe und damit in der Regel zur nachhaltigen Entwicklung bei. Hinsichtlich der Implementierung von Nachhaltigkeitsnetzwerken in der Industrie ist jedoch noch ein beachtlicher Forschungsbedarf zu konstatieren. Der noch sehr junge wissenschaftliche Fachbereich „lndustrial Ecology" widmet sich der Frage, wie Unternehmensnetzwerke zur nachhaltigen Entwicklung beitragen konnen.®^^ Auch gibt es bereits eine Reihe internationaler Publikationen zu diesem Thema,®^^ dennoch sind noch viele Fragen unbeantwortet, wenn es darum geht, wissenschaftlich fundlerte und gleichzeitig fur die Akteure in der Industrie praktikable Vorschlage zu entwickein, wie umfassende und zielgerichtete Kooperationen in Nachhaltigkeitsnetzwerken in Angriff genommen, koordiniert und gesteuert werden konnen. Nicht zuletzt der Umstand, dass von den befragten Unternehmen aller untersuchten Samples das Recycling von Stoffen und/oder Energie als wichtigster MaBnahmenbereich innerhalb eines Nachhaltlgkeltsnetzwerkes erachtet wird, kann als Hinwels gewertet werden, dass industrielle Ven/vertungsnetze eine gute Ausgangsbasis fur weitergehende zwischenbetriebliche Umweltschutzaktivitaten darstellen und auf diese Welse einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten konnen.
830
Zur Bedeutung der Entwicklung gemeinsamer Zielvorstellungen und Visionen in Netzwerken vig. Endres 2001, S. 105. Vgl. etwa Allenby 2003, S. 5ff.; Ayres/Ayres 2002, S. 3-4; Boons/Baas 1997, S. 79; Ehrenfeld 1997, S. 87-95; Lowe 1997, S. 57; Korhonen 2001b, S. 253-259; Sagar/Frosch 1997, S. 40. Vgl. insbesondere die Beitrage in den einschlagigen Special Issues internationaler Fachzeitschriften, wie Business Strategy and the Environment, Vol. 10, No. 2, herausgegeben von Roome, N.; Boons, F. sowie Progress in Industrial Ecology, Vol. 1, No. 4 und Vol. 2, No. 1, beide herausgegeben von Posch, A.
295
Literaturverzeichnis Abhe, Stephan/Braunschweig, Arthur/Muller-Wenk, Ruedi 1990: Methodik fur Okobilanzen auf der Basis okologischer Optimierung, in: Schriftenreihe Umwelt, Nr. 133, hrsg. vom Bundesamt fur Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bern Adann, Dietrich (Hrsg.) 1993: Umweltmanagement in der Produktion, Schriftenreiiie zur Unternehmensfuhrung, Nr. 48, Gabler, Wiesbaden Ahlert, Dieter; Franz, Klaus-Peter; Kaefer, Wolfgang 1991: Grundlagen und Grundbegriffe der Betriebswirtschaftslehre, 6. Auflage, VDI-Verlag, Dusseldorf Ahrens, Andreas; Braun, Angelika; Gleich, Arnim von; Effinger, Andrea, Heitmann, Kerstin; LiBner, Lothar 2003: Substitution gefahrlicher Stoffe in der Produktiinie, in: Horbach/Huber/Schuiz (Hrsg.) 2003, S. 91-110 Allen, David T. 2002: Wastes as raw materials, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 405-420 Allenby, Braden R. 2003: Industrial Ecology Redivivus, Journal of Industrial Ecology, Vol. 6, No. 3-4, S. 4-6 Ammenberg, Jonas; Hjelm, Olof 2002: The Connection between Environmental Management Systems and Continual Environmental Performance Improvements, Corporate Environmental Strategy, Vol. 9, No. 2, S. 183-192 Andrews, Clinton J. 2001: Building a Micro Foundation for Industrial Ecology, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 4, No. 3, S. 35-51 Araujo, Luis; Easton, Geoffrey 1996: Networks in Socioeconomic Systems, in: lacobucci (Hrsg.) 1996, S. 63-107 Arbeitskreis „Das Unternehmen im Markt" 1995: Vertikale Geschaftsbeziehungen zwischen Industrie und Handel, in: Kaas (Hrsg.) 1995, S. 179-203 Argyris, Chris; Schon, Donald 1978: Organizational Learning - A Theory of Action Perspective, Addison Wesley Longamn Publishing Co., Reading 297
Augier, Mie; March, James G. 2002: The economics of choice, change and organization: essays in memory of Richard M. Cyert,
Elgar,
Cheltenham u.a. AWG
2002:
Bundesgesetz
uber
eine
nachhaltige
Abfallwirtschaft
-
Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBI. I Nr. 102/2002, idF: BGBI. I Nr. 43/2004, Wien Axtell, Robert L.; Andrews, Clinton J.; Small, Mitchell J. 2002: Agent-Based Modeling and Industrial Ecology, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 5. No.4, S. 10-13 Axelsson, Bjorn 1995: The Development of Network Research - A Question of Mobilization and Perseverance, in: Moller/Wilson 1995, S. 111-137 Ayres, Robert U. 2002 : On industrial ecosystems, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 44-59 Ayres, Robert U./Ayres, Leslie W. 1996: Industrial ecology - Towards Closing the Material Cycle, Edward Elgar, Cheltenham, Brookfield Ayres, Robert U./Ayres, Leslie W. (Hrsg.) 2002: A Handbook of Industrial ecology, Edward Elgar, Cheltenham, Northampton Bachmann,
Reinhard;
Lane,
Christel
1997: Vertrauen
und
Macht
in
zwischenbetrieblichen Kooperationen - zur Rolle von Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverbanden in Deutschland und GroBbritannien, in: Schreyogg/Sydow (Hrsg.) 1997, S. 79-110 Backhaus, Klaus; Erichson, Bernd; Plinke, Wulff; Weiber, Rolf (Hrsg.) 2000: Multivariate
Analysemethoden, 9.
uberarb. und erw. Auflage,
Springer, Berlin u.a. Bagozzi, Richard; Henderson, Geraldlne; Dabholkar, Pratibha; lacomucci, Dawn 1996: Network Analyses of Hierarchical Cognitive Connections Between Concrete
and Abstract
Goals, in: lacomucci
1996,
S. 367-383 Baker, Wayne E. 1992: The Network Organization in Theory and Practice, in: Nohria/Eccles (Hrsg.) 1992, S. 397-429 de Bakker, Frank G. A. 2002: Product-Oriented Environmental Management, Lessons from Total Quality Management, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 5, No. 2, S. 55-69
298
Balkau, Fritz 2002: Industrial estates as model ecosystems, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 488-496 Balling, Richard 1998: Kooperation. Strategische Allianzen, Netzwerke, Joint Ventures und andere Organisationsformen
zwischenbetrieblicher
Zusammenarbeit in Theorie und Praxis, 2., durchges. Auflage, Europaische
Hochschulschriften,
Reihe
V,
Volks-
und
Betriebswirtschaft, Bd.A/ol. 2099, Lang, Frankfurt am Main u.a. Bauer, Robert 2002: Struktur und Differenz. Vielfalt als Konstruktionsprinzip von Organisationen und Organisationstheorien, Universitatsverlag Rudolf Trauner, Linz Bazerman, Max 1998: Judgement in Managerial Decision Making, 4. Auflage, John Wiley & Sons, New York u.a. Bea, Franz Xaver; Gobel, Elisabeth 1999: Organisation, Theorie und Gestaltung, Lucius&Lucius, Stuttgart Beck, Thilo C. 1998: Coopetltion bei der Netzwerkorganisation, in: zfo: Zeitschriftfur Fuhrung und Organisation, 67. Jg., Nr. 4/1998, S. 271-276 Beckenbach, Frank 2001: Technologische Innovation und Nachhaltigkeit, in: Lorenz/Mayer2001, S. 145-181 Becker, Egon; Jahn, Thomas 2000: Sozial-okologische Transformation - Theoretische und methodische Probleme transdisziplinarer Nachhaltigkeitsforschung, in: Brand (Hrsg.) 2000, S. 67-84 Bellmann, Klaus (Hrsg.) 2001: Kooperations- und Netzwerkmanagement, Festgabe fur Gert v. Kortzfleisch zum 80. Geburtstag, Duncker & Humbolt, Berlin Bellmann, Klaus; Hippe, Alan 1996: Netzwerkansatz als Forschungsparadigma im Rahmen der Untersuchung interorganisationaler Untemehmensbeziehungen, in: Bellmann/Hippe (Hrsg.) 1996, S. 3-18 Bellmann, Klaus; Hippe, Alan (Hrsg.) 1996: Management von Unternehmensnetzwerken, Interorganisationale
Konzepte und praktische Um-
setzung, Gabler, Wiesbaden Bellmann, Klaus, Mildenberger Udo 1996: Komplexitat und Netzwerke, in Bellmann/Hippe (Hrsg.) 1996, S. 121-156
299
Belzer,
Volker
1993: Unternehmenskooperationen,
Erfolgsstrategien
und
Risiken im industriellen Strukturwandel, Rainer Hampp Verlag, Munchen, Mering Bender, Gert; Hjrsch-Kreinsen, Hartmut 2001: Innovationen in „transdisziplinaren" Technologiefeldern, in: Howaldt/Kopp/Flocken (Hrsg.) 2001, S. 29-45 Bender, Manfred; Denisow, Karin; Erhardt, Klaus; Petting, Thonnas; Grau, Martin; Grieger, Sven; Reif, Siegmar; WIttek, Susanne 2004: Recyclingstrategien zur nachhaltigen Wiederverwendung technisch komplexer Produkte am Beispiel von Pumpen, in: Institut der deutschen Wirtschaft Koln (Hrsg.) 2004, S. 80-89 Benninghaus, Hans 1991: Einfuiirung in die sozialwissenschaftliche Datenanalyse, 2., vollig uberarbeitete Auflage, Oldenbourg, Munchen, Wien Berger, Ulrike; Bernhard-Mehlich, Isolde 2001: Die Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 133-168 Bertalanffy, Ludwig von 1972: Vorlaufer und Begrunder der Systemtheorie, in: Kurzrock1972, S. 17-28 Bieker, Thomas; Dyllick, Thomas.; Gminder, Carl Ulrich; Hockerts, Kai 2001: Management unternehmerischer Nachhaltigkeit mit einer Sustainability Balanced Scorecard - Forschungsmethodische Grundlagen und erste Konzepte, IWO-Diskussionsbeitrag Nr. 94, St. Gallen Birke, Martin; Burschel, Carlo; Schwarz, Michael (Hrsg.) 1997: Handbuch Umweltschutz und Organisation, Okologisierung - Organisationswandel - Mikropolitik, Reihe Lehr- und Handbucher zur okologischen Unternehmensfuhrung und Umweltokonomie, Oldenbourg Verlag, Munchen, Wien Birke, Martin; Schwarz, Michael 1997: Okologisierung als Mikropolitik, in: Birke/Burschel/Schwarz (Hrsg.) 1997, S. 189-225 Blattel-Mink, Birgit; Kastenholz, Hans 2000: Zwischen transdisziplinarem Anspruch und Forschungsrealitat - Erfahrungen aus der Nachhaltigkeitsforschung in Baden-Wurttemberg, in: Brand (Hrsg.) 2000, S. 111-126 Bleischwitz, Raimund; Schubert, Ulf-Manuel 2000: Gemeinsames Umweltmanagement in Unternehmensnetzwerken: das Beispiel der Eco-
300
Industrial Parks, in: Zeitschrift fur angewandte Umweltforschung (ZAU), Jg. 13 (2000), H. 3/4, S. 457-468 Bleymuller, Josef; Gehlert, Gunther; Gulicher, Herbert 2002: Statistik fur Wirtschaftswissenschaftler, WiSt Studienkurs, 13. Auflage, Vahlen, Munchen Bloech, Jurgen 2001: Einfuhrung in die Produktion, 4., vollstandig uberarbeitete und ePAi. Aufl., Piiysica-VerJag, Heidelberg Bogaschewsky, Ronald 1995: Vertikale Kooperationen - Erklarungsansatze der Transaktionskostentheorie und des Beziehungsmarketing, in Kaas (Hrsg.)1995, S. 159-177 Boons, Frank; Baas, Leo W. 1997, Types of industrial ecology: the problem of coordination, in: Journal of Cleaner Production, 1997, Vol. 5, No. 1-2, S. 79-86 Boons, Frank, Berends, Mark 2001: Flexibility as Organizational Capability, in: Business Strategy and the Environment, Vol. 10, No. 2, S. 115-124 Boons, Frank; Roome, Nigel 2001: Industrial Ecology as a Cultural Phenomenon. On Objectivity as a Normative Position, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 4, No. 2, pp. 49-54 Boschen, Stefan 2000: Transdisziplinare Forschungsprozesse und das Problem des Nicht-Wissens - Herausforderungen an Wissenschaft und Politik, in: Brand (Hrsg.) 2000, S. 47-66 Brand Karl-Werner (Hrsg.) 2000: Nachhaltige Entwicklung und Transdisziplinaritat, Besonderheiten, Probleme und Erfordernisse der Nachhaltigkeitsforschung, Analytica, Berlin Brass, Daniel J.; Burkhardt, Marlene E. 1992: Centrality and Power in Organizations, in: Nohria/Eccles (Hrsg.) 1992, S. 191-215 Braunschweig, Arthur 1992: Was ist eine Okobilanz, in: Okobilanzen in der Praxis.
Von
der
Verpackungsokobilanz
zum
okologischen
Fuhrungsinstrument, eine Publikation der Messe Basel, hrsg. von der Schweizer Mustermesse Basel Braunschweig, Arthur et al. (Hrsg.) 1994: Evaluation und Weiterentwicklung von Bewertungsmethoden fur Okobilanzen - Erste Ergebnisse, IWODiskussionsbeitrag Nr. 19, St. Gallen
301
Braunschweig, Arthur; Muller-Wenk, Ruedi 1993: Okobilanzen fur Unternehmen, EIne Wegleitung fur die Praxis, Verlag Paul Haupt, Bern u.a. Brentel, Helmut 2003: Strategische Organisationsanalyse und organisationales Lernen, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 299-307 Bringezu, Stefan 2002: Industrial ecology: analyses for sustainable resource and materials management in Germany and Europe, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 288-300 Brockhaus, Michael 1996: Gesellschaftsorientierte Kooperationen im okologischen
Kontext,
Perspektiven
fur
ein
dynamisches
Umwelt-
management, Deutscher Universitats-Verlag, Wiesbaden Brunner, Paul H. 2002: Beyond Materials Flow Analysis, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 6, No. 1,S. 8-10 Bundesumweltministerium, Umweltbundesamt (Hrsg.) 2001: Handbuch Umweltcontrolling, 2. Auflage, Verlag Vahlen, Munchen Burns, Tom; Stalker, G.M. 2001: The Management of Innovation, Nachdruck der 3. Auflage, Oxford University Press, Oxford, New York Burstrom, Fredrik 2000: Environmental Management Systems and Co-operation in Municipalities, Local Environment, Vol. 5, No. 3, S. 271-284 Burstrom, Fredrik; Korhonen, Jouni 2001: Municipalities and Industrial Ecology: Reconsidering Municipal Environmental Management, Sustainable Development, No. 9, S. 36-46 Busch, Andreas A. 2001: Nachhaltige Entwicklung, Grenzen monetarer Operationalisierung und konzeptionelle Folgerungen, Lang, Frankfurt am Main, Wien Capra, Fritjof 1996: Lebensnetz, Ein neues Verstandnis der lebendlgen Welt, 2. Auflage, Scherz Verlag, Bern, Munchen, Wien Casson, Mark; Cox, Howard 2001: An Economic Model of Inter-Firm Networks, in Ebers (Hrsg.) 2001, S. 174-195 Cerin, Pontus 2004: Where is corporate social responsibility actually heading?, in: Progress in Industrial Ecology, Vol. 1, Nos. 1/2/3, S. 307-330 Chalmers, Alan F. 2001: Wege der Wissenschaft,
Einfuhrung in die
Wissenschaftstheorie, herausgegeben und ubersetzt von Bergemann, Niels und Alstotter-Gleich, Christine, 5. vollig uberarbeitete und enA/eiterte Auflage, Springer, Berlin u.a. 302
Chao, Chih C. 2004: Status and Perspectives of Environmental Science Technology Park Development In Taiwan, in: Proceedings of the International Seminar on Environmental Science and Technology Park in Southern Taiwan, 10 May 2004,
l-Shou University,
Kaohsiung, Taiwan Chertow M. 1999: Eco-lndustrial Park Model Reconsidered, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 2, No. 3/1999, S. 8-10 Christensen, Jorge 1998: Die industrielle Symbiose in Kalundborg. Ein fruhes Belspiel eines Recycling-Netzwerks, in Strebel/Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 323-337 Chrobok, Rainer 1998: Netzwerk, in: zfo: Zeitschrift fur Fuhrung und Organisation, 67. Jg., Nr. 4/1998, S. 242-243 Coase, Ronald 1960: The Problem of Social Cost, In: Journal of Law and Economics, Bd. 3, S. 1-40 Cohen, Michael D. 1994: Choice in an Organized Anarchy, in: March/Olsen (Hrsg.)1994,S. 82-139 Cohen, Michael D.; March, James G.; Olsen, J.P. 1972: A garbage can model of organizational choice, in: Administrative Science Quarterly 1972, S. 1-25 Cohen, Michael D.; March, James G.; Olsen, Johan P. 1988: A garbage can model of organizational choice, in: March (Hrsg.) 1988, S. 294-334 Cohen, Michael D.; March, James G.; Olsen, Johan P. 1990: Ein PapierkorbModell fur organisatorlsches Wahlverhalten, in: March (Hrsg.) 1990, S. 329-372 Cohen, Michael D.; March, James G.; Olsen, Johan P. 1994: People, Problems, Solutions and the Ambiguity of Relevance, in: March/Olsen (Hrsg.) 1994, S. 24-37 Cohen-Rosenthal, Edward 2000: A Walk on the Human Side of Industrial Ecology, American Behavioral Scientist, Vol. 44, No. 2, S. 245-264 Commission on Sustainable Develoment 1996: Work Programme on Indicators of Sustainable Development, UN, New York Commission on Sustainable Develoment 1999: Work Programme on Indicators of Sustainable Development, Progress Report, UN, New York
303
Connolly, Terry; Koput, Ken 1997: Naturalistic decision making and the new organizational context, in: Shapira (Hrsg.) 1997, S. 287-303 Corsten, Hans 2000: Produktionswirtschaft: Einfuhrung In das industrielle Produktionsmanagement, 9., vollstandig uberarbeitete und wesentlich erweiterte Aufl., Oldenbourg, Munchen 2000 Cote, Raymond P.; Cohen-Rosenthal, E. 1998: Designing Eco-lndustrial Parks: A Synthesis of Some Experience, in: Journal of Cleaner Production, Vol. 6/1998, S. 181-188 Cote, Raymond P.; Smolenaars, Theresa 1997: Supporting pillars for industrial ecosystems, in: Journal of Cleaner Production, Vol. 5/1997, S. 67-74 Crestanello, F.; Pyke, Frank; Sengenberger, W. (Hrsg.) 1996: Local and Regional Response to Global Pressare -The case of Italy and its Industrial Districts, Genf Daly, Herman 1990: Towards some Operational Principles of Sustainable Development, in: Ecological Economics 2 (1990), S. 1-6 Daly, Herman 1996: Beyond Growth, The Economics of Sustainable Development, Beacon Press, Boston (Mass.) Daly, Herman 2003: Okologische Okonomie. Konzepte, Analysen, Politik, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 89-96 Demougin, Dominique; Jost, Peter-J. 2001: Theoretische Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Theorie, in: Jost 2001b (Hrsg.), S. 46-81 Demsetz, Harold 1997: The Firm in Economic Theory: A Quiet Revolution, in: American Economic Review, Vol. 87 (1997), No. 2, S. 426-429 Desrochers, Pierre 2000: Market Processes and the Closing of "Industrial Loops". A Historical Reappraisal, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 4, No. 1,S. 29-43 Desrochers, Pierre 2002a: Industrial ecology and the rediscovery of Inter-firm recycling linkages: historical evidence and policy implications, in: Industrial and Corporate Change, Vol. 11, No, 5, S. 1031-1057 Desrochers, Pierre 2002b: Regional development and inter-industry recycling linkages: some historical perspectives, in: Entrepreneurship & Regional Development, 14 (2002), S. 49-65
304
Desrochers, Pierre 2002c: Cities and Industrial Symbiosis. Some Historical Perspectives and Policy Implications, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 5, No. 4. S. 29-44 Desrochers, Pierre 2005: Nature as Model: Spontaneous Industrial Recycling Networks in Early Industrialization and the Origins of the Industrial Ecology Metaphor, in: Progress in Industrial Ecology, Vol. 2, No. 1, in Druck Dingier, Johannes 2003: Postmoderne und Nachhaltigkeit - Eine diskurstheoretische Analyse der sozialen Konstruktionen von nachhaltiger Entwlcklung, okonom, Munchen Dodgson, Mark 2000: The Management of Technological Innovation, Oxford University Press, Oxford, New York Dreher, Carsten; Schirrmelster, EIna; Wengel, Jurgen 2003: Nachhaltige Arbeitsgestaltung
und industrielle
Kreislaufwirtschaft
auf
hoher
Wertschopfungsstufe, in Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 433-445 Duschek, Stephan 1998: Kooperative Kernkompetenzen - Zum Management einzigartiger Netzwerkressourcen, in: zfo: Zeitschrift fur Fuhrung und Organisation, 67. Jg., Nr. 4/1998, S. 230-236 Duschek, Stephan; Sydow, Jorg 1999: Netzwerkkooperationen als Quelle neuer Produkte und Prozesse, in: Thexis, Jg. 3, S. 21-25 Dyckhoff, Harald 1993: Berucksichtigung des Umweltschutzes in der betrieblichen Produktionstheorie, in: Seidel/Strebel (Hrsg.) 1993, S. 163-198 Dyer, Jeffrey H. 1997: Effective interfirm collaboration: How firms minimize transaction costs and maximize transaction value, in: Strategic Management Journal, 18, S. 535-556 Dyllick, Thomas 2003: Konzeptionelle Grundlagen unternehmerischer Nachhaltigkeit, in Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 235-243 Dyllick, Thomas; Hockerts, Kai 2002: Beyond the Business Case for Corporate Sustainability, in: Business Strategy and the Environment, Bd. 11, S. 130-141 Easton, Geoffrey 1995: Methodology and Industrial Networks, In: Moller/Wilson 1995, S. 411-492
305
Eatwell, John; Milgate, Murray; Newman, Peter (Hrsg.) 1998: The New Palgrave, A Dictionary of Economics, in four volumes, Macmillan Press Ltd., London, Stockton Press, New York Ebers, Mark 2001: Explaining Inter-Organizational Network Formation, in: Ebers (Hrsg.) 2001,8.3-39 Ebers, Mark (Hrsg.) 2001: The Formation of Inter-Organizational Networks, 2. Auflage, Oxford University Press, Oxford u.a. Ebers, Mark; Gotsch, Wilfried 2001: Institutionenokonomische Theorlen der Organisation, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 199-251 Ebers, Mark; Grandori, Anna 2001: The Forms, Costs, and Development Dynamics of Inter-Organizational Networking, in: Ebers (Hrsg.) 2001, S. 265-286 Ebers, Mark; Jarillo, Carlos J. 1998: The construction, forms, and conesquences of industry networks, International Studies of Management & Organization, Vol. 27, No.4, Sharpe, Armonk NY, S. 3-21 Ehrenfeld, John R. 2000: Industrial Ecology, Paradigm Shift or Normal Science?, in: American Behavioral Scientist, Vol. 44, No. 2, S. 229-244 Ehrenfeld, John R./Chertow, Marian R. 2002: Industrial symbiosis: the legacy of Kalundborg, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 334-348 Ehrensberger, Sebastian 1993: Synergieorientierte Unternehmensintegration: Grundlagen und Auswirkungen, Deutscher Universitats-Verlag, Wiesbaden Eilering, Janet A.M.; Vermeulen, Walter J.V. 2004: Eco-industrial parks: towards industrial symbiosis and utility sharing in practice, in: Progress In Industrial Ecology, Vol. 1, Nos. 1/2/3, S. 245-270 Elsenfuhr, Franz; Weber, Martin 2003: Rationales Entscheiden, 4. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, New York Endres, Egon 2001: Erfolgsfaktoren des Managements von Netzwerken, in: Howaldt/Kopp/Flocken (Hrsg.) 2001, S. 103-117 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" 1994: Die Industrlegesellschaft gestalten. Perspektiven fur einen nachhaltigen Umgang mit Stoff- und Materialstromen, Economica Verlag, Bonn
306
Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" 1998: Konzept Nachhaltigkeit. Vom Leitbild zur Umsetzung, herausgegeben vom Deutschen Bundestag, Referat Offentlichkeitsarbeit, Bonn Espenhorst, Svenja (2003): Perspectives of Inter-Industrial Recycling Networks, in: Conference Proceedings of the 5th International Sumnner Academy on Technolgy Studies Deutschlandsberg, July 13-19, 2003, S. 43-60 Eriei, Mathias; Jost, Peter-J. 2001: Theoretische Grundlagen des Transaktionskostenansatzes, in: Jost (Hrsg.) 2001a, S. 35-75 Eriei, Mathias; Leschke, Martin; Sauerland, Dirk 1999: Neue Institutionenokonomik, Schaffer-Poeschel, Stuttgart Europaische Kommission 2001: Europaische Rahmenbedingungen fur die soziale Verantwortung der Unternehmen - Grunbuch, Luxemburg Eyerer, Peter (Hrsg.) 1996: Ganzheitliche Bilanzierung, Werkzeug zum Planen und Wirtschaften in Kreislaufen, Springer, Berlin u.a. Fabel, Oliver; Hilgers, Bodo; Lehmann, Erik 2001: Strategie und Organisationsstruktur, in: Jost (Hrsg.) 2001b, S. 183-216 Fahrenbach, Helmut (Hrsg.) 1973: Wirklichkeit und Reflexion. Festschrift fur Walter Schuiz zum 60. Geburtstag, Neske, Pfullingen Faucheux, S.; Pearce, D. ; Proops, J. (Hrsg.) 2000: Models of Sustainable Development, Edward Elgar, Cheltenham, Northampton Feiler, Karin (Hrsg.) 2003: Nachhaltigkeit schafft neuen Wohlstand, Bericht an den Club of Rome, Europaisches Forum fur Nachhaltigkeit des Club of Rome, Lang, Frankfurt am Main, Wien, u.a. Feldman, Jack/Lindell, Michael K. 1989: On Rationality, in: Horowitz (Hrsg.) 1989, S. 83-164 Ferrer, Geraldo/Guide, V. Daniel R., Jr. 2002: Remanufacturing cases and state of the art, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 510-520 Fichter, Klaus 1998: Schritte zum nachhaltigen Unternehmen - Anforderungen und strategische Ansatzpunkte, in: Fichtner/Clausen (Hrsg.) 1998, S. 3-26 Fichtner, Klaus; Clausen, Jens (Hrsg.) 1998: Schritte zum nachhaltigen Unternehmen. Zukunftsweisende Praxiskonzepte des Umweltmanagements. Springer, Berlin u.a. 307
Fichtner, Tanja 2003:
Vertrauen
als
Wettbewerbsfaktor
in Austausch-
beziehungen, in Leisten/Krcal (Hrsg.) 2003, S. 183-211 Finger, Matthias/BCirgin, Sivia/Haldimann, Ueli 1996: Ansatze zur Forderung organisationaler Lemprozesse im Umweltbereich, in: Roux/Burgin (Hrsg.)1996,S. 43-70. Finster, Mark; Eagan, Patrick, Hussey, Dennis 2002: Linking Industrial Ecology with Business Strategy. Creating Value for Green Product Design, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 5, No. 3, S. 107-125 Fischer, Hans Rudi et al. (Hrsg.) 1992: Das Ende der groBen Entwurfe, Suhrkamp, Frankfurt a.M. Fleisch, Elgar 2001: Das Netzwerkunternehmen, Strategien und Prozesse zur Steigerung der Wettbewerbsfahigkeit in der „Networked economy", Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York Fleischer, Karlheinz 1999: Stichprobenauswahlverfahren, in: WISU -
Das
Wirtschaftsstudium, Heft 03/1999, Lange, Dusseldorf, S. 306-309 Foerster, Heinz v. 1993: Uber selbst-organisierende Systeme und ihre Umwelten, in: Schmidt (Hrsg.) 1993, S. 211-232 Foerster, Heinz v. 1993a: Prinzipien der Selbstorganisation im sozialen und betriebswirtschaftlichen Bereich, in Schmidt (Hrsg.) 1993, S. 233-268 Frank, Werner 1990: Die Abfallwirtschaft als Teil der Rohstoffwirtschaft. Eine Untersuchung uber den okonomischen und empirischen Einfluss auf die
unternehmerischen
Entscheidungen
in
der
betrieblichen
Rohstoffwirtschaft, im Recycling sowie in der Umwelterhaltung als Funktionen in der Materialwirtschaft, VDI-Verlag, Dusseldorf Franken, Rolf; Fuchs, Herbert 1974: Grundbegriffe zur Allgemeinen Systemtheorie, in: Grochla/Fuchs/Lehmann (Hrsg.) 1974, S. 23-49 Freeman, John; Barley, Stephen R. 1992: The Strategic Analysis of Interorganizational Relations in Biotechnology, in: Loveridge/Pitt (Hrsg.) 1992, S. 127-156 Freeman, R. Edward 1984: Strategic Management, A Stakeholder Approach, Pitman Publishing Inc., Boston Frese, Erich 1992: Organisationstheorie: historische Entwicklung, Ansatze, Perspektiven, 2. uberarb. Und er\N. Auflage, Gabler, Wiesbaden Fried, Andrea 2001: Konstruktivismus, in: Weik/Lang (Hrsg.) 2001, S. 29-60 308
Friedman, Milton 1970: The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits, in: New York Times Magazine, 13. September 1970, S. 32-33 [http://www.colorado.edu/studentgroups/libertarians/issues/friedman-socresp-business.html] download: 2004-12-23 Frosch, R. A.; Gailopoulos, N.E. 1989: Strategies for manufacturing, in: Scientific American, Vol. 261, No. 9, S. 94-102 Fuchs, Herbert 1974: Steuerung und Regelung in betrieblichen Systemen, in: Grochla/Fuchs/Lehmann (Hrsg.) 1974, S. 83-98 Gartner, Edgar Ludwig 2003: Okologie und Markt - ein schones Missverstandnis, in: LInne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 97-106 Galaskiewicz, Joseph 1996: The „New Network Analysis" and Its Application to Organizational Theory and Behavior, in: lacobucci (Hrsg.) 1996, S. 19-31
*"
Gandolfi, Alberto 2001: Von Menschen und Ameisen - Denken in komplexen Zusammenhangen, Orell Fussli Verlag, Zurich Gebhardt, Wilfried 1996: Organisatorische Gestaltung durch Selbstorganisation: Konzept - Okonomische Fundierung - Praktische Umsetzung, Neue betriebswirtschaftliche Forschung, Band 172, Gabler, Wiesbaden Geisendorf, Sylvie; Gronemann, Silke; Hampicke, Ulrich; Immler, Hans 1988: Die Bedeutung des Naturvermogens und der Biodiversitat fur eine nachhaltige Wirtschaftsweise.
Moglichkeiten
und Grenzen der
Erfassbarkeit und Wertmessung, Forschungsbericht 101 30 165/02, Umweltbundesamt, Berlin Geist, Manfred N.; Kohler Richard (Hrsg.) 1981: Die Fuhrung des Betriebes, Poeschel, Stuttgart Gelbmann, Ulrike 2001: Externe Abfallbewaltigung im Business-to-BusinessBereich, Deutscher Universitats-Verlag, Wiesbaden Gelbmann, Ulrike; Zotter, Karl 2002: Gibt es eine Dichotomie „integrierte Umweltschutztechnologien"
versus
„End-of-Pipe-Systeme"?,
in:
Strebel (Hrsg.) 2002, S. 193-216 Georgescu-Roegen, Nicholas 1992: Was geschieht mit der Materie im WirtschaftsprozeB, in: Seidel/Strebel (Hrsg.) 1992, S. 64-74
309
Gerum, Elmar; Achenbach, Wieland; Opelt, Frank: Zur Regulierung der Binnenbeziehungen von Unternehmensnetzwerken, in: zfo: Zeitschrift fur Fuhrung und Organisation, 67. Jg., Nr. 4/1998, S. 266-270 Giegrich, J. 1995: Die Bilanzbewertung in produktbezogenen Okobilanzen, in: Schmidt/Schorb (Hrsg.) 1995, S. 255-280 Gobel, Elisabeth 1998: Theorie und Gestaltung der Selbstorganisation, Betrlebswirtschaftliche Forschungsergebnisse, Bd. I l l , Duncker und Humblot, Berlin Goldbach, Maria 2001: Akteursbeziehungen in nachhaltigen Wertschopfungsketten, EcoMTex-Diskussionspapier, Nr. 3, Oldenburg Gomez, P. 1985: Systemorientiertes Problemlosen im Management. Von der Organisationsmethodik zur Systemmethodik, in: Probst/Siegwardt (Hrsg.)1985,S. 235-260 Gomez, P.; Probst, G.'^J.B. 1991: Thinking in networks to avoid pitfalls of managerial thinking, in: Maruyama (Hrsg.) 1991, S. 91-108 Gomez,
P.; Zimmermann, T.
1992:
Unternehmensorganisation,
Profile,
Dynamik, Methodik. Campus; Frankfurt a. M., New York Gottwald, Richard 1990: Entscheidung unter Unsicherheit, Informationsdefizite und unklare Praferenzen, Gabler, Wiesbaden Graap, Torsten 2001: Nachhaltigkeit und Kooperation: zum Verstandnis eines Leitbildes und Handlungstyps in einer komplexen Welt, Europalsche Hochschulschriften, Reihe 5, Volks- und Betriebswirtschaft, Band 2742, Lang, Frankfurt am Main u.a. Grabber, G. 1993: The embedded firm. The socio-economics of interfirm behavior, Berlin Grande,
Edgar;
Kaiser,
Robert
2003:
Die
Analyse
kooperativer
Umweltinnovationsprojekte: Organisationen, institutionelle Arrangements und institutionelles Umfeld, in: Horbach/Huber/Schuiz (Hrsg.) 2003,8.219-234 Grochia, EnA/in 1974: Systemtheoretisch-kybernetische Modellbildung betrieblicher Systeme, in Grochla/Fuchs/Lehmann (Hrsg.) 1974, S. 11-22 Grochia, EnA/in; Fuchs, Herbert; Lehmann, Helmut (Hrsg.) 1974, Systemtheorie und Betrieb, Westdeutscher Verlag, Opiaden
310
Grutsch, Joachim 2000: Typologie strategischer Unternehmensnetzwerke, Zur Entwicklung individueller Konzepte der strategieorientierten Vernetzung von Untemehmungen, Dissertation, Technische Universitat Graz Guide, V. Daniel R., Jr./van Wassenhove, Luk N. 2002: Closed-loop supply chain, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 497-509 Gutenberg, Erich 1958: Einfuhrung in die Betriebswirtschaftslehre, Gabler, Wiesbaden Haasis, Hans-Dietrich 2004: Leistungsmessung und Bewertung: Moglichkelten des Einsatzes von Operations Research und Wissensmanagement, in: Institut fur deutsche Wirtschaft Koln (Hrsg.) 2004, S. 35-43 Habernnas, Jiirgen 1973: Wahrheitstheorien, in: Fahrenbach (Hrsg.) 1973, S. 211-266 Habermas, Jurgen 1994: Erkenntnis und Interesse, 11. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt/M. Habermas, Jurgen 1999a: Theorie des kommunikativen Handelns, Band I: Handlungsratlonalitat
und
gesellschaftliche
Rationalisierung,
Frankfurt/M. Habermas, J. 1999b: Theorie des kommunikativen Handelns, Band 11: Zur Kritik der funktionallstischen Vernunft, Frankfurt/M. Hakansson, Hakan; Henders, Barbara 1995: Network Dynamics: Forces and Processes Unteriying Evolution and Revolution in Business Networks, in: Moller/Wilson 1995, S. 139-154 Haken, Hermann 1990: Erfolgsgeheimnisse der Natur. Synergetik: Die Lehre vom Zusammenwirken, Ullstein, Frankfurt/M., Beriin Haller, Matthias et al. (Hrsg.) 1993: Globalisierung der Wirtschaft - Einwirkungen auf die Betriebswirtschaftslehre, Haupt, Bern Stuttgart, Wien Halme, Minna 2001: Learning for Sustainable Development in Tourism Networks, in: Business Strategy and the Environment, Vol. 10, No. 2, S. 100-114 Hammond, John S.; Keeney, Ralph L.; Raiffa, Howard 1999: Smart Choices, A Practical Guide to Making Better Decisions, Harvard Business School Press, Boston 311
Hannan, M.T.; Freemann, J. 1984: Structural Inertia and Organizational Change, in: American Sociological Review, Vol. 49 (1984), April, S. 149-164 Haritz, Andre 2000: Innovationsnetzwerke: ein systemorientierter Ansatz, Deutscher Universitats-Verlag, Wiesbaden Harris, Steve; Pritchard, Colin 2004: Industrial Ecology as a learning process in business strategy, in: Progress in Industrial Ecology, Vol. 1, Nos. 1/2/3, S. 89-111 Hasler, Arnulf 2003: Instltutionalisierung des Informationsaustausches zwischen Unternehmen uber Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Ruckstanden, Projektendbericht, Graz Hasler, Arnulf 2004: Innovatives Recycling von Farbrestpulvern in einem Beschichtungsunternehmen, in: Lorber et al. (Hrsg.) 2004, S. 539-546 Hasler, Arnulf; Hildebrandt, Thomas; Nuske, Clemens 1998: Das Projekt Ressourcenschonung im Oldenburger Munsterland, in: Strebel/ Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 305-322 Hassenstein, Bernhard 1972: Element und System - geschlossene und offene Systeme, in: Kurzrock 1972, S. 29-38 Hauschildt, Jurgen 1981: Zielbildung im Rahmen der Betriebswirtschaftspolitik, in: Geist/Kohler (Hrsg.) 1981, S. 131-143 Hausmann,
Urs
1996:
Innovationsprozesse
von
produktionsorientierten
Dienstleistungsunternehmen und ihr raumlich-sozialer Kontext. Ein akteursbezogener Bezugsrahmen entwickelt am Beispiel von London und Zurich, Dissertation, Universitat St. Gallen, Difo Druck, Bamberg Hayek, F. A. von 1980: Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Band 1: Regein und Ordnung, Verlag Moderne Industrie, Munchen Heijungs, Reinout et al. 1992: Environmental Life Cycle Assessment of Products, Guide, Centrum voor Milieukunde, Leiden Heijungs, Reinout et al. 1992a: Environmental Life Cycle Assessment of Products, Backgrounds, Centrum voor Milieukunde, Leiden Heinen, Edmund 1976a: Grundlagen betriebswirtschaftllcher Entscheidungen, 3. Auflage, Gabler, Wiesbaden Heinen, Edmund 1976b: Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Wilhelm Goldmann Verlag, Munchen 312
Heinen, Edmund 1981: Zum betriebswirtschaftlichen Politikbegriff Begriffsverstandnis
der
entscheidungsorientierten
Das
Betriebswirt-
schaftslehre, in: Geist/Kohler (Hrsg.) 1981, S. 43-51 Hellbruck, Rainer P. 2001: Satisficing: Theorie, empirische Evidenz und Implikate, in: Lorenz/iVleyer (Hrsg.) 2001, S. 321-345 Heller, Frank; Drenth, Pieter; Koopmann, Paul; Rus, Veljko 1988: Decisions in Organizations. A Three-Country Corporative Study, Sage Publications, London et al. Hinterhuber,
Hans;
Stahl,
Heinz
1996:
Unternehmensnetzwerke
und
Kernkompetenzen, in Bellmann, Klaus; Hippe, Alan (Hrsg.) 1996, S. 87-117 Hill, Wilhelm; Fehlbaum, Raymond; Ulrich, Peter 1998: Organisatlonslehre 2. Theoretische Ansatze und praktische Methoden der Organisation sozialer Systeme, 5., verb. Auflage, Haupt, Bern u.a. Hilty Lorenz M., Seifert Eberhard K., Treibert Rene (Hrsg.) 2004: Information Systems for Sustainable Development, Idea Group Publishing, London u.a. Hipp, Christiane; Reger, Guido 1998: Die Dynamlk okologischer Entwicklungsprozesse in Unternehmen, In ZfB 1/98, S. 25-46 Hippe, Alan 1996: Betrachtungsebenen und Erkenntnisziele in strategischen Unternehmensnetzwerken, in Bellmann, Klaus; Hippe, Alan (Hrsg.) 1996, S. 21-53 Hofmeister, Sabine 1989: Stoff- und Energiebilanzen. Zur Elgnung des physischen Bilanz-Prinzips als Konzeption der Umweltplanung, In: Schriftenreihe
des
Fachbereichs
Landschaftsentwicklung
der
Technischen Universitat Berlin, Nr. 58 Honig, Johannes; Schaffler, Harald (Hrsg.) 1996: Nachhaltige Entwicklung. Transdisziplinare
Aspekte
eines
Entwicklungskonzeptes,
Verlag
Wissenschaft & Praxis, Sternenfels-Berlin Horbach, Jens; Huber, Joseph; Schuiz, Thomas (Hrsg.) 2003: Nachhaltigkeit und Innovation. Rahmenbedingungen fur Umweltinnovationen, okom verlag, Munchen Horchler Hartmut 1996: Outsourcing, Datakontext-Fachverlag, Koln
313
Horowitz, Ira (Hrsg.) 1989: Organization and Decision Theory, Kluwer Academic Publishers, Boston, Dordrecht, London Horwath, P. 1982: Controlling in der 'organisierten Anarchie', in. ZfB 52, 1982, S. 250-260 Howaldt, Jurgen; Kopp, Ralf; Flocken, Peter (Hrsg.) 2001: Kooperationsverbunde und reglonale Modernisierung: Theorie und Praxis der Netzwerkarbelt, Gabler, Wiesbaden lacobucci, Dawn (Hrsg.) 1996: Networks in Marketing, Sage Publications, Thousand Oaks, London, New Delhi Ibarra, Herminia 1992: Structural Alignments, Individual Strategies, and Managerial Action: Elements Towards a Network Theory of Getting Things Done, in: Nohria/Eccles (Hrsg.) 1992, S. 165-188 IMF; OECD; United Nations; World Bank Group 2000: A better world for all, Washington, u.a. Institut der deutschen Wirtschaft Koln (Hrsg.) 2004: Betriebliche Instrumente fur nachhaltiges Wirtschaften, Konzepte fur die Praxis, Deutscher Instituts-Verlag, Koln International
Bank
for
Reconstruction
and
Development
(Hrsg.)2003:
Nachhaltige Entwicklung in einer dynamischen Welt: Institutionen, Wachstum und Lebensqualitat verbessern, veroff. fur die Weltbank, UNO-Verlag, Bonn Inzerelli, Giorgio 1990: The Italian Alternative: Flexible Organization and Social Management, in: Int. Studies of Management and Organization, Vol. 20, No. 4/1990, S. 6-21 Ireland, James 2004: Eco-Industrial
Park Development:
Principles and
Applications of Eco-lndustrial Networking, in: Proceedings of the International Seminar on Environmental Science and Technology Park in Southern Taiwan, 10 May 2004, l-Shou University, Kaohsiung, Taiwan Isenmann, Ralf 2003a: Industrial Ecology: Shedding more light on its perspective of unterstanding nature as model, in: Sustainable Development, 11, S. 143-158
314
Isenmann, Ralf 2003b: Further Efforts to Clarify Industrial Ecology's Hidden Philosophy of Nature, in: Jounal of Industrial Ecology, Vol. 6. No. 3-4, S. 27-48 Janis, Irving 1982: Groupthink, a revised and enlarged edition of Victims of Groupthink, Houghton Mifflin Company, Boston Jansen, Dorothea; Schubert, Klaus (Hrsg.) 1995: Netzwerke und Politikproduktion, Konzepte, Methoden, Perspektiven, Schuren, Marburg Jarillo, Carlos J. 1988: On strategic networks, in: Strategic Management Journal, Nr. 9, S. 31-41 Jenke, Karsten; Aurlch, Jan C ; Multimediales
Resch, Michael 2004: „Experience"
Schulungskonzept
zur
systematlschen
-
recycling-
orlentierten Produktentwicklung in der praktischen Anwendung, in: Institut der deutschen Wirtschaft (Hrsg.) 2004, S. 139-147 Johansson, Allan 2002: Industrial ecology and Industrial metabolism: use and misuse of metaphors, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 70-75 Jost, Peter-Jurgen 2000a: Organisation und Koordination, eine okonomische Einfuhrung, Gabler, Wiesbaden Jost, Peter-Jurgen 2000b: Okonomische Organlsationstheorie: eine Einfuhrung in die Grundlagen, Gabler, Wiesbaden Jost, Peter-Jurgen 2001a: Der Transaktionskostenansatz im Unternehmenskontext, in: Jost (Hrsg.) 2001a, S. 9-34 Jost, Peter-Jurgen 2001b: Die Prinzipal-Agenten-Theorie im Unternehmenskontext, in: Jost (Hrsg.) 2001b, S. 11-43 Jost, Peter-J. (Hrsg.) 2001a: Der Transaktionskostenansatz in der Betriebswlrtschaftslehre, Schaffer-Poeschel, Stuttgart Jost, Peter-J. (Hrsg.) 2001b: Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, Schaffer-Poeschel, Stuttgart Jung, Hans 2001: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7, uberarbeitete Auflage, Oldenbourg Munchen Kaas, Klaus Peter 1995 (Hrsg.): Kontrakte, Geschaftsbeziehungen, Netzwerke: Marketing und neue Instltutionenokonomik, Sonderheft 35 der ZFBF: Schmalenbachs Zeitschrift fur betriebswirtschaftliche
Forschung,
Dusseldorf, Frankfurt/Main
315
Kahneman, Daniel; Tversky, Amos 1979: Prospect theory: An analysis of decision under risk, Econometrica, Vol. 47, No. 2, S. 263-291 Kakisako, Hirotoshi 2004: Experiences and Lessons Learnt from Kitakyushu Eco-Town Project, in: Proceedings of the International Seminar on Environmental Science and Technology Park in Southern Taiwan, 10 May 2004, l-Shou University, Kaohsiung, Taiwan Kaluza, Bernd 2002: Betriebswirtschaftliche Fragen in VenA/ertungsnetzen, in: Strebel (Hrsg.) 2002, S. 77-106 Kaluza, Bernd 2003: Planung und Steuerung der Produktion und des Recycling in
Verwertungsnetzen
-
Aufgaben
und
Losungsansatze,
in:
Leisten/Krcal (Hrsg.) 2003, S. 215-238 Kaluza, Bernd; Blocker Thorsten (Hrsg.) 2000: Produktions- und Logistikmanagement
in
Virtuellen
Unternehmen
und
Unternehmens-
netzwerken, Springer, Berlin u.a. Kappelhoff,
Peter 2000:
Rational
Choice,
Macht
und die
korporative
Organisation der Gesellschaft, In: Ortmann/Sydow/Turk (Hrsg.) 2000, S. 218-258 Kappler, Ekkehard (Hrsg.) 1983: Rekonstruktion der Betriebswirtschaftslehre als okonomische Theorie, Wilfer, Spardorf Karl, Helmut; Moller, Antje 2003: Kooperationen zur Entwicklung von Umweltinnovationen - Marktendogene Kooperationsdynamik und wirtschaftspolitische Kooperationsforderung, In: Horbach/Huber/Schuiz (Hrsg.) 2003, S. 191-218 Keeney, Ralph L. 1998: Value-focused Thinking, A Path to Creative Decisionmaking, 3. Auflage, Harvard University Press, Cambridge Keidel, Wolf D. 1972: Ruckkopplung in blologischen Systemen, in: Kurzrock 1972, S. 39-47 Kern, Werner; Schroder, Hans-Horst; Weber, Jurgen (Hrsg.) 1996: Handworterbuch der Produktionswirtschaft,
2., vollig neu gestaltete
Auflage, Enzyklopadie der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 7, SchafferPoeschel Verlag, Stuttgart Kieser, Alfred (Hrsg.) 2001: Organisationstheorien, 4., unveranderte Auflage, Kohlhammer, Stuttgart u.a.
316
Kieser, Alfred 2001: Max Webers Analyse der Burokratie, in: Kieser (Hrsg.) 2001,8.39-64 Kieser, Alfred 2001: Management und Taylorismus, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 65-99 Kieser,
Alfred
2001:
Human
Relations-Bewegung
und
Organlsations-
psychologie, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 101-131 Kieser, Alfred 2001: Der Situative Ansatz, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 169-198 Kieser, Alfred 2001: Konstruktivistische Ansatze, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 287-318 Kieser, Alfred; Kubicek, Herbert 1992: Organisation, 3. Auflage, Walter de Gruyter& Co., Berlin Kieser, Alfred/Woywode, Michael 2001: Evolutionstheoretische Ansatze, in: Kieser (Hrsg.) 2001, S. 253-285 Kirchgeorg, Manfred 1999: Marktstrategisches Krelslaufmanagement: Ziele, Strategien und Strukturkonzepte, Gabler, Wiesbaden Kirchgeorg, Manfred 2003a: Einfluss kreislaufwirtschaftlicher Strategien auf die Erzielung von Wettbewerbsvorleilen, in: Leisten/Krcal (Hrsg.) 2003, S. 161-182 Kirchgeorg, Manfred 2003b: Kreislaufstrategische Netzwerke, in: Zentes/ Swoboda/Morschett (Hrsg.) 2003, S. 415-444 KIrsch, Werner 1984: Wissenschaftliche Unternehmensfuhrung oder Freiheit vor der WIssenschaft?, Studien zu den Grundlagen der Unternehmensfuhrung, Munchen Kirsch, Werner 1992: Kommunikatives Handein, Autopoiesie, Rationalitat. Sondierungen zu einer evolutionaren Fuhrungslehre, Munchen KIrsch,
Werner
1998:
Die
Handhabung
von
Entscheidungsproblemen,
Einfuhrung in die Theorie der Entscheidungsprozesse, 5. Auflage, Verlag Barbara KIrsch, Munchen Kirschten, Uta 2003: Unternehmensnetzwerke fur nachhaltiges Wirtschaften, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 171-182 Kleebach, Stephan 1994: Strategische Alllanzen zur Technologieentwicklung, St. Gallon, Univ., Diss. 1994
317
Knyphausen, Dodo zu 1988: Unternehmungen als evolutionsfahige Systeme. Uberlegungen zu einem evolutionaren Konzept fur die Fuhrungstheorie, Verlag Barbara Kirsch, Munchen Koening, Christian; Thietart, Raymond-Alain 1992: The Mutual Organization: a New Fornn of Cooperation in a High-technology Industry, in: Loveridge/Pitt (Hrsg.) 1992, S. 157-181 Kogler, Andreas 1990: Investitionen in Produkt- und Prozessinnovationen, Lang, Frankfurt am Main u.a. Kolbel, Herbert; Schuize, Joachim 1982: Projektierung und Vorkalkulation in der chemischen Industrie, Springer, Berlin, Heidelberg, New York Koller, Theodor 1880: Handbuch der rationellen VenA/ertung, Wiedergewinnung und Verarbeitung von Abfallstoffen jeder Art, Hartleben, WIen Kopfmijller, Jurgen; Brandl, Volker; Jorissen, Juliane; Peatau, Michael, Banse, Gerhard; Coenen, Reinhard; Grunwald, Armin 2001: Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet. Konstitutive Elemente, Regein, Indikatoren, Ed. Sigma, Berlin Kopytziok, Norbert 2000: Abfall und nachhaltige Entwicklung, globale Aspekte fur die regionale Umweltplanung auf der Grundlage stoffstrombezogener Prozessbeobachtungen, Rhombos-Verlag, Berlin Korhonen, Jouni 2000: Industrial Ecosystem. Using the Material and Energy Flow Model of an Ecosystem in an Industrial System, Jyvaskyla Studies in Business and Economics 5, University of Jyvaskyla, Jyvaskylan Ylioplsto, Jyvaskyla Korhonen, Jouni 2001a: Regional industrial ecology: examples from regional economic systems of forest Industry and energy supply in Finland, in: Journal of Environmental Management, 63, S. 367-375 Korhonen, Jouni 2001b: Four ecosystem principles for an industrial ecosystem, in: Jounal of Cleaner Production, Vol. 9 (2001), S. 253-259 Korhonen, Jouni 2002: Two Paths to Industrial Ecology: Applying the Productbased and Geographical Approaches, Journal of Environmental Planning and Management, 45(1), S. 39-57 Korhonen, Jouni 2003a, Should we Measure Corporate Social Responsibility? in: Corporate Social Responsibility and Environmental Management, 10, S. 25-39
318
Korhonen, Jouni 2003b, On the Ethics of Corporate Social Responsibility Considering the Paradigm of Industrial Metabolism, in: Journal of Business Ethics, 48, S. 301-315. Korhonen, Jouni 2004: Industrial
Ecology in the strategic
sustainable
development model: strategic applications of industrial ecology, in: Journal of Cleaner Production, Vol. 12, Nos. 8-10, S. 809-823 Korhonen, Jouni; Malmborg, Fredrik von; Strachan, Peter A.; Ehrenfeld, John R. 2004, Management and Policy Aspects of Industrial Ecology: An Emerging Research Agenda, Editorial, in: Business Strategy and the Environment, Vol. 13, No. 4, S. 289-305 Korhonen, Jouni; Niemelainen, Heikki; Pulliainen, Kyosti 2002: Regional Industrial Recycling Network in Energy Supply - The Case of Joensuu City, Finland, In: Corporate Social Responsibility and Environmental Management, 9, S. 170-185 Korhonen, Jouni; Snakin, J.-P. 2003: Industrial ecosystem evolution of North Karelia heating energy system, in: Regional Environmental Change, 3, S . I 28-139 Korhonen, Jouni; Strachan, Peter A. 2004, Editorial: Towards progress in industrial ecology, in: Progress in Industrial Ecology, Vol. 1, Nos. 1/2/3, S. 1-23 Kraege, Rudiger 1997: Controlling strategischer Unternehmenskooperationen: Aufgaben, Instrumente und Gestaltungsempfehlungen, Schriften zum Management, Bd. 9, Hampp, Munchen, Mering Krcmar, Helmut; Dold, Georg; Fischer, Helmut; Strobel, Markus; Seifert, Eberhard 2000: Informationssysteme fur das Umweltmanagement: das Referenzmodell ECO-lntegral, Oldenbourg, Munchen, Wien Krcal, Hans-Christian 2003: Systemtheoretischer Metaansatz fur den Umgang mit Komplexitat und Nachhaltigkeit, in: Leisten/Krcal (Hrsg.) 2003, S. 3-30 Krcmar, Helmut; Dold, Georg (Hrsg.) 1996: Aspekte der Okobilanzierung: Anspruche, Ziele und Computerunterstutzung, Dt. Unlv.-Verlag, Wiesbaden Krebs, Michael; Rock, Reinhard 1997: Unternehmensnetzwerke - eine intermediare oder eigenstandige Organisationsform?, in: Sydow/Windeler (Hrsg.)1997,S. 322-345 319
Kreikebaum, Hartmut 1996: Die Organisation okologischer Lernprozesse im Untemehmen, in: UWF 1996/3, S. 4-8. Kreikebaum, Hartmut 1998: Industrial Ecology - Organisatorische Voraussetzungen der Kontinuitat eines Netzwerkes, in: Strebel/Schwarz (Hrsg.)1998,S. 59-79 Kreuter, Andreas 1996: Entscheidungsfindung in Reorganisationsprozessen. Analyse eInes Fallbeispiels aus dem Transportsektor anhand des Garbage-Can-Modells, in: Zeitschrift fur FiJhrung und Organisation, zfo65, S. 116-123 Krieger, David J. 1998: Einfuhrung in die allgemeine Systemtheorie, 2. unveranderte Auflage, Fink UTB, Miinchen Krotschek, Christian 1995: Prozessbewertung in der nachhaltigen Wirtschaft. Dissertation, Graz. Kronen, Juliane 1994: Computergestutzte Unternehmenskooperation: Potentiale - Strategien - Planungsmodelle: Gabler-Verlag, Wiesbaden Kruger, Jan 1999: Entscheidungstheorie-baiserte Simulation der Handlungsorganisation im Fertigungsberelch, Shaker-Verlag, Aachen KrW-/AbfG 1994: Gesetz zur Forderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltvertragllchen Beseitigung von Abfallen, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG vom 27. Sep. 1994 idgF Kubicek, Herbert; Klein, Stephan 1994: Optionen und Realisierungschancen der Kooperation bei branchenubergreifenden Wertkartensystemen, in: Sydow/Windeler (Hrsg.) 1994, S. 93-114 Kuhn, Thomas S. 1990: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, 10. Auflage, suhrkamp, Frankfurt Kuhnel, Steffen-M.; Krebs, Dagmar2001: Statistik fur die Sozialwissenschaften, Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Rowohit Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg Kiipper, W.; Ortmann G. (Hrsg.) 1992: Mikropolitik, Rationalitat, Macht und Spiele in Organisationen, 2., durchges. Auflage, Westdeutscher Verlag, Opiaden Kurzrock, Ruprecht (Hrsg.) 1972: Systemtheorie, Reihe Forschung und Information, Band 12, Colloquium Verlag, Berlin
320
Kutschker, M.; Schmidt, S. 1995: Netzwerke intemationaler Unternehmungen, Disskussionsbeitrage
der
Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultat
Ingolstadt, Nr. 64, Ingolstadt Larsen, K.R.T. 1999: Virtual Organization as an Interorganizational Concept Ties
to
Previous
Research,
in:
www.virtual-organization.net,
Newsletter Vol. 3, No. 1-1999 Laux, Helmut 2003: Entscheidungstheorie, 5., verb. Auflage, Berlin, Heidelberg, New York Laws, David; Scholz, Roland, Shiroyama, H., Susskind, L., Suzuki, T. and Weber, O. 2002: Expert Views on Sustainability and Technology Implementation, Working Paper 30, ETH-UNS, Zurich, International Journal of Sustainable Development and World Ecology, Vol. 11(3), S. 247-261 Leal Filho, Walter 2000: Dealing with misconceptions on the concept of sustainability, in: International Journal of Sustainability in Higher Education, Vol. 1, No. 1, S. 9-19 Lechner, Karl; Egger, Anton; Schauer Reinbert 2001: Einfuhrung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19., uberarb. Aufl., Linde, Wien Lehmann, Helmut 1974: Zum Objekt und wissenschaftlichen Standort einer „Organisationskybernetik", in: Grochla/Fuchs/Lehmann (Hrsg.) 1974, S. 51-67 Leisten,
Rainer;
Becker,
Andre
2003:
Reduktionsprogrammplanung
in
Entsorgungsnetzwerken fur Siedlungsabfalle, in: Leisten/Krcal (Hrsg.) 2003, S. 239-318 Leisten,
Rainer;
Krcal,
Hans-Christian
(Hrsg.)
2003:
Nachhaltige
Unternehmensfuhrung, Systemperspektiven, Gabler, Wiesbaden Lemser, Bernd 2004: Controlling fur Nachhaltigkeit - von der Forderung zur Umsetzung: Integration ins Zielsystem und gezielter Einsatz von Informationsinstrumenten als Schlusselprobleme der Operationalisierung, in: Institut der deutschen Wirtschaft Koln (Hrsg.) 2004, S. 44-52 Levine, Stephen H. 2003: Comparing Products and Production in Ecological and Industrial Systems, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 7, No. 2, S. 33-42
321
Liedtke, Christa; Rohn, Holger 2003: System Nachhaltiges Wirtschaften. Ein Wohlstands- und Wettbewerbsfaktor?, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 587-601 Liesegang, Dietfried G. 1993: Reduktionswirtschaft als Komplement zur Produktionswirtschaft - eine globale Notwendigkeit, in: Haller et al. (1993), S. 383-395 Liesegang, Dietfried G. (Hrsg.); Krcal, Hans-Christian 1998: Industrielle Umweltschutzkooperationen. Ein Weg zur Verbesserung der Umweltvertraglichkeit von Produkten, Springer-Verlag, Berlin u.a. Lifset, Reid; Graedel, Thomas E. 2002: Industrial ecology: goals and definitions, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 3-15 Lindner, Eberhard; Hoinkis, Jan 1997: Chemie fur Ingenieure, 11. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim Linne
Gudrun; Schwarz, Michael (Hrsg.) 2003: Handbuch Entwicklung:
Wie
ist
nachhaltiges
Nachhaltige
Wirtschaften
machbar?,
Leske+Budrich, Opiaden Loose, Achim; Sydow, Jorg 1997: Vertrauen und Okonomie in Netzwerkbeziehungen
-
Strukturationstheoretische
Betrachtungen,
in:
Sydow/Windeler (Hrsg.) 1997, S. 160-193 Lorber, Karl E.; Staber, Wolfgang; Novak, Johannes; Prochaska, Michael; Maier, Jurgen; KastI, Isabel (Hrsg.) 2004: DepoTech 2004: Abfallund Deopnietechnik, Altlasten, Abfallwirtschaft, Verlag Gluckauf, Essen Lorendahl, Bengt A. 1991: Ambiguity and Choice in Processes of Region Development and Company Location, in Scandinavian Journal of Management, Vol. 7, No. 4, S. 251-269 Lorenz,
Hans-Walter;
Meyer,
Bernd
(Hrsg.)
2001:
Evolutorische
Makrookonomik, Nachhaltigkeit und Institutionenkonomik, Studien zur Evolutorischen Okonomik, Nr. 4, Duncker und Humblot, Berlin Loveridge, Ray; Pitt, Martyn (Hrsg.) 1992: The Strategic Management of Technological Innovation, John Wiley & Sons, Chichester Lowe, Ernest 1997: Creating By-Product Resource Exchanges: Strategies for Eco-lndustrlal Parks, in: Journal of Cleaner Production, Vol. 5 (1997), No. 1,S. 57-65
322
Lowe, Ernest 1998: Regional Resource Recovery, and Eco-lndustrial Parks. An Integrated Strategy, in Strebel/Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 27-57 Lowe, Ernest 2001: Eco-lndustrial Park Handbook for Asian Developing Countries, Report to Asian Development Bank, Indigo Development, Oakland,
download:
http://indigodev.com/ADBHBdownloads.html,
download: 30.12.2003 Lowe, Ernest 2004: Eco-lndustrial Development: Challenges and Opportunities, with Case Studies of USA and Asia, in: Proceedings of the International Seminar on Environmental Science and Technology Park In Southern Taiwan, 10 May 2004, l-Shou University, Kaohsiung, Taiwan Lubke, Volkmar 2003: Informationskonzepte fur einen nachhaltigen Konsum, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 107-118 Luhmann, Niklas 1984: Soziologische Aspekte des Entscheidungsverhaltens, in: DBW,44.Jg.,S. 591-603 Luhmann,
Niklas 1990: Was
tut
ein Manager
In einem sich
selbst
organisierenden System?, gdi impuls, 8, Nr. 1, S. 11-16 Luhmann, Niklas 1992a: Die operative Geschlossenheit psychischer und sozialer Systeme, in: Fischer et. Al (Hrsg.) 1992, S. 117-131 Luhmann, Niklas 1992b: Organisation, in: Kupper/Ortmann (Hrsg.) 1992, S. 165-185 Madsen, Henning; Ulhol, John P. 2001: Integrating Environmental and Stakeholder Management, in: Business Strategy and the Environment, Vol. 10, No. 2 S. 77-88 Major, Helge 1996: Vom globalen Konzept zur regionalen Werkstatt, in: Honig/Schaffler (Hrsg.) 1996, S. 83-104 Majer, Helge 1998: Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung. 3. Auflage von: Wirtschaftswachstum
-
Paradigmenwechsel
vom
quantitativen zum qualitativen Wachstum, Munchen, Wien Majer, Helge 2001: Institutionentheoretische Aspekte nachhaltiger Entwicklung, in: Lorenz/Meyer 2001, S. 117-144 Malik Fredmund 1989: Strategie des Managements komplexer Systeme - ein Beitrag zur Management-Kybernetik evolutionarer Systeme, 3. Auflage, Haupt, Bern 323
Malik, Fredmund; Probst, Gilbert J.B. 1981: Evolutionares Management, in: Die Unternehmung 35, S. 121-140 Malinsky, Adolf Heinz (Hrsg.) 1996: Betriebliche Umweltwirtschaft, Grundzuge und Schwerpunkte, Gabler, Wiesbaden Malcolm, Rosalind; Clift, Roland 2002: Barriers to Industrial Ecology, The Strange Case of „The Tombesi Bypass", in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 6, No. 1, S. 4-7 Malone, Thomas F.; Yohe, Gary W. 2002: Knowledge partnerships for a sustainable, equitable and stable society, in: Journal of Knowledge Management, Vol. 6, No. 4, pp. 368-378 Malmborg,
Fredrik
von 2003:
Conditions
for
Regional
Public-Private-
Partnerships for Sustainable Development - Swedish Perspectives, European Environment, 13, S. 133-149 Maltin, Maria 2004: Industrial Symbiosis and its Alignment with Regional Sustainabillty. Exploring the Possibilities in Landskrona, Sweden, Master's Theses, The International Institute for Industrial Environmental Economics, Lund Mannel, Bettina 1996: Netzwerke in der Zulieferindustrie, Konzepte - Gestaltungsmerkmale - Betriebswirtschaftliche Wirkungen, Gabler, DUV, Wiesbaden March, James G. (Hrsg.) 1988: Decisions and Organizations, Basil Blackwell, Oxford March, James G. 1988: Bounded rationality, ambiguity and the engineering of choice, in: March (Hrsg.) 1988, S. 266-293 March, James G. (Hrsg.) 1990: Entscheidung und Organisation, kritische und konstruktive Beitrage, Entwicklungen und Perspektiven, Gabler, Wiesbaden March, James G. 1994: A Primer on Decision Making - How Decisions Happen. The Free Press, New York March, James G. 1997: Understanding how decisions happen in organizations, in: Shapira (Hrsg.) 1997, S. 9-32 March, James G.; Olsen, Johan P. (Hrsg.) 1994: Ambiguity and Choice in Organizations, 2. Auflage, 4. Druck, Scandinavian University Press, Oslo et al. 324
March, James G.; Olsen, Johan P. 1994: Organizational choice under ambiguity, in: IVIarch/Olsen (Hrsg.) 1994, S. 10-23 March, James G.; Simon, Herbert A. 1994: Organizations, 2. Auflage, Blackwell, Cambrigde, Oxford Maruyama, Magoroh (Hrsg.) 1991: Context and Complexity, Cultivating Contextual Understanding, Springer, New York u.a. Maruyma, Magoroh 1991: Interrelations Among Science, Politics, Aesthetics, Business Management, and Economics, in: Maruyama, Magoroh (Hrsg.) 1991, S. 1-34 Matschke, Manfred 1996: Betriebliche Umweltwirtschaft: eine Einfuhrung in die betriebliche Umweltokonomie und in Probleme ihrer Handhabung in der Praxis, Verl. Neue Wirtschaftsbriefe, Berlin Maturana, Humberto R.I985: Erkennen: die Organisation und Verkorperung von Wirklichkeitkeit, 2. durchges. Auflage, VIeweg, Braunschweig u.a. Maturana Humberto R., Valera, Francisco J. 1984: Der Baum der Erkenntnis, Die biologlschen Wurzein des menschlichen Erkennens, Scherz Verlag, Bern, Munchen Mauch, W.; Schaefer, H. 1995: Methodik zur Ermittlung des Kumulierten Energieaufwands, in: Eyerer (Hrsg.) 1996, S. 628-651 Maul, Christian 1993: Der Beitrag der Systemtheorie zum strategischen Fuhrungsverhalten in komplexen Situationen, in: ZfB, 63. Jg., Heft 7/1993, S. 715-740 Mayer,
Alexander
G. 2000:
Marketing, strategischen
aufbau
Strategische und
Unternehmensnetzwerke
Management
von
Interorganisationsbeziehungen,
und
marktorientierten Theorie
und
Forschung, Bd. 687, Wirtschaftswissenschaften, Bd. 61, S. Roderer Verlag, Regensburg McKelvey, B.; Aldrich, H.E. 1983: Populations, natural selection, and applied organizational science, in: Administrative Science Quarterly 28, S. 101-128 Meadows, Dennis L. 1973: Die Grenzen des Wachstums, Berlcht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Rowohit, Reinbek bei Hamburg Menges, Gunter 1972: Entscheidungsmodelle
in den Wirtschaftswissen-
schaften, in: Kurzrock (Hrsg.) 1972, S. 132-140 325
Meyer, Margit 1995: Okonomische Organisation der Industrie: Netzwerkarrangements zwischen Markt und Unternehmung, Gabler, Wiesbaden Meyer, Roswitha 1999: Entscheidungstheorie, Gabler, Wiesbaden Milchrahm, Elisabeth; Hasler, Arnulf 2002: Knowledge Transfer in Recycling Networks:
Fostering Sustainable
Development,
in: Journal of
Universal Computer Science, 8 (5), S. 546-556 Miroschedji, Sania Alexander de 2002:Globale Unternehmens- und Wertschopfungsnetzwerke, Grundlagen -
Organisation ~ Gestaltung,
Deutscher Universitats-Verlag, Wiesbaden Mitchell, James Clyde 1975: Social networks in urban situations, Univ. Press, Manchester Mohr, L.B. 1978: Review of Ambiguity and Choice in Organizations, in: American Political Science Review 72, 1978, S. 1033-1035 Morgan, Gareth 2000: Bilder der Organisation, 2. Auflage, Klett-Cotta, Stuttgart Morin, Edgar 1991: The Concept of System and the Paradigm of Complexity, in: Maruyama, Magoroh (Hrsg.) 1991, S. 125-138 Morschett, Dirk 2003: Formen von Kooperationen, Allianzen und Netzwerken, in: Zentes/Swoboda/Morschett (Hrsg.) 2003, S. 387-413 Moller, Krlstlan; Wilson, David (Hrsg.) 1995: Business Marketing: An Interaction and Network Perspective, Kluwer Academic Publishers, Boston, Dordrecht, London Moxen, John; Strachan, Peter A. 1998: Managing Environmental Performance in the Organization: A Participatory Model, in: Moxen/Strachan, (Hrsg.)1998: Managing Green Teams. Environmental Change in Organisations and Networks, Sheffield: Greenleaf, S. 145-161 Moxen John; Strachan, Peter A. (Hrsg.) 1998: Managing green teams: environmental change in organisations and networks, Greenleaf Publ., Sheffield Mulej, Matjaz; Zenko, Zdenka; Potocan, Vojko; Kajzer, Stefan; Umpleby, Stuart 2003: (The System of) Seven Basic Groups of Systems Thinking Principles and Eight Basic Assumptions on a General Theory of Systems, unveroffentlichtes Manuskript
326
Muller-Christ, Georg 2001a: Nachhaltiges
Ressourcenmanagement,
Eine
wirtschaftsokologische Fundierung, Metropolis-Verlag, Marburg Muller-Christ, Georg 2001b: Umweltmanagement, Verlag Vahlen, Munchen Muller-Christ, Georg; Hulsmann, Michael 2003: Erfolgbegriff eines nachhaltigen Managements, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 245-256 Muller-Wenk, Ruedi 1978: Die okologische Buchhaltung, Ein Informations- und Steuerungsinstrument
fur
umweltkonforme
Unternehmenspolltik,
Campus Verlag, Franfurt, New York Muller-Wenk, Ruedi 1994: Methode der wirkungsorientierten Klassifikation nach CML Leiden, sowie darauf aufbauende Methoden fiir die Bewertung, in: Braunschweig et al. (Hrsg.) 1994, S. 19-42 Narodoslawsky, Michael 2001: A regional approach to sustainability In Austria, in: International Journal of Sustainability in Higher Education, Vol. 2, No. 3, S. 226-237 Nattrass, Brian; Altomare, Mary 1999: The Natural Step for Business. Wealth, Ecology and the Evolutionary Corporation, Gabriola Island, BC, Canada Neus,
Werner
2001:
Einfuhrung
in
die
Betriebswirtschaftslehre
aus
instltutionenokonomischer Sicht, 2. erganzte Auflage, Mohr Siebeck, Tubingen Nelson, Richard R.; Winter, Sidney G. 1996: An Evoutionary Theory of Economic Change, 6. Druck, Belknap Press, Cambridge/Mass., London Niehans, Jurg 1998: Transaction costs, in: Eatwell/Milgate/Newman (Hrsg.) 1998, Vol. 4, S. 676-679 Nietgen, Tanja; Frings, Kerstin; Schulte, Oliver 2003: Internationaler Vergleich von Innovationssystemen in der Fahrzeugbauteileentwicklung und -wiedervenA/endung,
In:
Horbach/Huber/Schuiz
(Hrsg.)
2003,
S. 151-190 Nohria, Nitin 1992: Introduction: Is a Network Perspective a Useful Way of Studying Organizations?, in: Nohria/Eccles (Hrsg.) 1992, S. 1-22 Nohria, Nitin; Eccles, Robert G. 1992: Face-to-Face: Making Network Organizations Work, in: Nohria/Eccles 1992 (Hrsg.) 1992, S. 288-308
327
Nohria, Nitin; Eccles, Robert G. (Hrsg.) 1992: Networks and Organizations Structure, Form and Action, Harvard Business School Press, Boston Nutt, Paul C. 1984: Types of Organizational Decision Processes, in: Administrative Science Quarterly 29, 1984, S. 414-450 Odum, Eugene P. 1991: Prinizipien derOkologie, Lebensraume, Stoffkrelslaufe, Wachstumsgrenzen, Heidelberg Olsen, Johan P. 1994a: Choice in an Organized Anarchy, in: March/Olsen (Hrsg.)1994,S. 82-139 Olsen, Johan P. 1994b: Reorganization as a Garbage Can, in: March/Olsen (Hrsg.)1994,S. 314-337 Ortmann, Gunther; Sydow, Jorg 2003: Grenzmanagement in Unternehmensnetzwerken: Theoretlsche Zugangen, in: Zentes/Swoboda/Morschett (Hrsg.) 2003, S. 895-920 Ortmann, Gunther; Sydow, Jorg; Turk, Klaus (Hrsg.) 2000: Theorlen der Organisation, 2., durchgesehene Auflage, Westdeutscher Verlag, Wiesbaden Otsch, Walter 1996: Die Herausforderung des Konstruktivismus fur die okonomische Theorie, in: Priddat/Wegner (Hrsg.) 1996, S. 35-55 Otto, Andreas 2002: Management und Controlling von Supply Chains. EIn Modell auf der Basis der Netzwerktheorie, DUV, Wiesbaden Pearce, David W.; Atkinson, Giles 1993: Measuring Sustainable Development, in: Ecodecision, June 1993, S. 64-66 Perl, EIke 2003: Grundlagen des Innovations- und Technologiemanagements, in: Strebel (Hrsg.) 2003, S. 15-48 Perl, EIke; Posch, Alfred 2004: Uberbetriebliches Ressourcenmanagement in Nachhaltigkeitsnetzwerken, in: Lorber et al. (Hrsg.) 2004, S. 669-672 Pfeffer, Jeffrey 1993: Barriers to the advancement of organization science: Paradigm development as a dependent variable, in: AMR 18, S. 599-620 Pfeffer, Jeffrey 1997: New Directions for Organization Theory, Problems and Prospects, Oxford University Press, New York, Oxford
328
Pfeffer,
Jeffrey;
Salancik,
Gerald
R.
1978: The
External
Control
of
Organizations, A Ressource Dependence Perspective, Harper & Row, New York et al. Pfeifer, Tilo; Probst, Thomas; Greshake, Thilo 2004: Praventum - Konzept zur lebenszyklusweiten
umweltgerechten
Produkt-
und
Prozess-
gestaltung, in: Institut der deutschen Wirtschaft Koln (Hrsg.) 2004, S. 157-164 Pfeiffer, Jorg; Walther, Michael 2003: Nachhaltige Unternehmensentwicklung durch Beteiligung. Den Lernprozess der nachhaltigen Entwicklung durch Partizipation in Unternehmen gestalten, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 447-459 Pfohl, Hans-Christian; Schafer, Christian 1997: Managennent geschlossener Kreislaufe, in: Steger (Hrsg.) 1997, S. 255-285 Picot, Arnold 1984: Verfugungsrechte und Wettbewerb als Determinanten der Entwicklung
des
VenA/altungsbereichs
von
Organisatlonen,
in:
Jahrbuch fur Neue Politische Okonomie, Nr. 3/1984, S. 198-222 Picot,
Arnold;
Dietl, Helmut;
Franck,
Egon
2002: Organisation,
Eine
okonomische Perspektive, 3. uberarbeltete und en^/eiterte Auflage, Schaffer-Poeschel, Stuttgart Polanyi, Michael 1967: The tacit dimension, Doubleday, Garden City, New York Porter,
Michael
E.
1993:
Nationale
Wettbewerbsvorteile
-
Erfolgreich
konkurrieren auf dem Weltmarkt, Wirtschaftsverl. Ueberreuter, Wien Porter, Michael E. 1998: Clusters and Competition: New Agendas for Companies, Governments, and Institutions, in: Porter (Hrsg.) 1998, S. 197-287 Porter, Michael E. (Hrsg.) 1998: On Competition, A Harvard Business Review Book, Boston Posch, Alfred 1998: Industrielle Klarschlammven/vertung, in: Strebel/Schwarz (Hrsg.)1998,S. 251-271 Posch, Alfred 2003: Darstellung und kritische Analyse okologieorientierter Bewertungsverfahren, in: Tschandl/Posch (Hrsg.) 2003, S. 75-101 Posch, Alfred 2004a: Industrial recycling networks: results of rational decision making or ,organised anarchies'?, in: Progress in Industrial Ecology, Vol. 1,No. 1/2/3, S. 112-129
329
Posch, Alfred 2004b: Editorial: Sustainability Networks, in: Progress in Industrial Ecology, Vol. 1, No. 4, S. 331-347 Posch, Alfred 2004c: From Industrial Symbiosis to Sustainability Networks, in: Hilty L.M., Seifert E., Treibert R. (Hrsg.): Information Systems for Sustainable Development, 2004, S. 229-242 Posch, Alfred 2005: Cooperation within Sustainability Networks and its Implications for Research and Teaching, in: Progress in Industrial Ecology, Vol. 2, No. 1, in Druck Posch, Alfred; Schwarz, Erich; Steiner, Gerald; Strebel, Heinz; Vorbach, Stefan 1998: Das Ven/vertungsnetz Obersteiermark und sein Potential, in: Strebel/Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 211-221 Pospeschill,
Markus
2004:
SPSS
fur
Fortgeschrittene,
Durchfuhrung
fortgeschrittener statistischer Analysen, 4. vollstandig uberarbeltete Auflage, Regionales Rechenzentrum fur Niedersachsen, Hannover Powell, W.W.
1990: Neither market
nor hierarchy: Network forms of
organization, in: Staw/Cummings (Hrsg.) 1990, S. 295-336 Prahalad, C.K.; Hamel, Gary 1990: The Core Competence of the Cooperation, in: Harvard Business Review, 68 (1990) 3, S. 79-93 Pre (Hrsg.) 2000: The Eco-indicator 99, A damage oriented method for Life Cycle Impact Assessment, Methodology Report, Second edition, 17 April 2000, electronic version: http://www.pre.nl. Stand: 11.10.2001 Priddat, Birger P.; Wegner, Gerhard (Hrsg.) 1996: Zwischen Evolution und Institution, Neue Ansatze in der okonomischen Theorie, Metropolis, Marburg Probst,
Gilbert
J.B.
1985:
Regein
des
systemischen
Denkens,
in:
Probst/Siegwardt (Hrsg.) 1985, S. 235-260 Probst, Gilbert J.B. 1987: Selbst-Organisation, Ordnungsprozesse in sozialen Systemen aus ganzheitlicher Sicht, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg Probst, Gilbert J.B.; Gomez, Peter 1991: Thinking In Networks to Avoid Pitfalls of Managerial Thinking, in Maruyama (Hrsg.) 1991, S. 91-108 Probst, Gilbert J.B.; Siegwardt, H. (Hrsg.) 1985: Integriertes Management, Bausteine des systemorientierten Managements, Bern
330
Puchert,
Holger
1996:
Ein
Ansatz
zur
strategischen
Planung
von
Kreislaufwirtschaftssystemen, dargestellt fur das Altautorecycling und die Eisen- und Stahlindustrie, Gabler, DUV, Wiesbaden Pyke, Frank; Becattini, Giacomo; Sengenberger, Werner (Hrsg.) 1990: Industrial districts and Inter-firm co-operation in Italy, International Institute for Labour Studies, Genf Rat von Sachverstandigen fur Umweltfragen (SRU) 1994: Umweltgutachten. Fur eine dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung, Metzler-Poeschel, Stuttgart Rat von Sachverstandigen fur Umweltfragen (SRU) 1996: Umweltgutachten. Zur
Umsetzung
einer
dauerhaft-umweltgerechten
Entwicklung,
Metzler-Poeschel, Stuttgart Rat von Sachverstandigen fur Umweltfragen (SRU) 1998: Umweltgutachten. Umweltschutz: Erreichtes sichern - neue Wege gehen, MetzlerPoeschel, Stuttgart Rat von Sachverstandigen fur Umweltfragen (SRU) 2000: Umweltgutachten 2000. Schritte ins nachste Jahrtausend, Metzler-Poeschel, Stuttgart Reimann, Horst (Hrsg.) 1991: Basale Soziologie: Hauptprobleme, 4. neubearbeitete und enweiterte Auflage, Westdeutscher Verlag, Opiaden Reimann, Horst 1991: Instltutionen, in: Reimann Horst (Hrsg.) 1991, S. 159-177 RelB, Michael 1998: Mythos Netzwerkorganisation, in: zfo: Zeitschrift fiir Fuhrung und Organisation, 67. Jg., Nr. 4/1998, S. 224-229 Rese, Mario 2000: Logistische Regression, in: Backhaus et al. 2000 (Hrsg.), S. 104-144 RIchter, Rudolf 1996: Neue Institutionenokonomik, Ideen und Moglichkeiten, in: Zeitschrift fiir Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Jahrestagung 1996, Berlin, S. 323-355 Richter, Rudolf; Furubotn, Eirik 1996: Neue Institutionenokonomik. Eine Einfuhrung und kritische Wurdigung, Mohr, Tubingen Riebel, Paul 1955: Die Kuppelproduktion. Betriebs- und Marktprobleme, Westdeutscher Verlag, Koln u.a. Rifkin, Jeremy 1989: Entropy: into the greenhouse world. Bantam Books, New York
331
Ripperger, Tanja 1998: Okonomik des Vertrauens, Mohr, Tubingen Ritter,
Thomas;
Gemunden,
Unternehmung:
Hans
Georg
Organisationale
1998:
Die
netzwerkende
Voraussetzungen
netzwerk-
kompetenter Unternehmen, in: zfo: Zeitschrift fur Fuhrung und Organisation, 67. Jg., Nr. 4/1998, S. 260-265 Roome, Nigel 2001: Conceptualizing and studying the contribution of networks in environmental management and sustainable development, in: Business Strategy and the Environment 10(2), S. 69-76 Rosenkranz, Stephanie; Schmitz, Patrick W. 2001: Vertikale Unternehmenskooperationen, in: Jost (Hrsg.) 2001b, S. 241-271 Roux, Michel; Burgin, Silva (Hrsg.)
1996, Forderung
umweltbezogener
Lernprozesse in Schulen, Unternehmen und Branchen, BirkhauserVerlag, Basel, Boston, Berlin Rudiger, Mathias 1998: Theoretische Grundmodelle zur Erklarung von FuEKooperationen, in Zeitschrift fur Betriebswirtschaft, ZfB, Jg. 68, H. 1; S. 24-48 Russo, Edward J.; Schoemaker, Paul J.H. 1989, Decision traps: ten barriers to brilliant decision-making and how to overcome them, Doubleday, New York Ryan, Chris 2002: EcoLab, Part I, A Jump toward Sustainability, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 5, No. 3, S. 9-12 Sagar, Ambuj D.; Frosch, Robert A. 1997: A perspective on industrial ecology and its application to a metals-industry ecosystem. Journal of Cleaner Production, Vol. 5, No. 1-2, S. 39-45 Salanclk, Gerald Robert; Cooper Brindle, Margaret 1997: The social ideologies of power in organizational decisions, in: Shapira (Hrsg.) 1997, S. 111-132 Saren, Michael 1992: Determinants, Processes and Strategies of Technological Innovation: Towards an Interactive Paradigm, in: Loveridge/Pitt (Hrsg.)1992,S. 205-222 Sarin, Rakesh K. 1989: Analytical Issues in Decision Methodology, in: Horowitz (Hrsg.) 1989, S. 13-62
332
Sauer,
Djeter;
Dohl, Volker
Formwandel
von
1997: Kontrolle durch Autonomie Herrschaft
bei
Zum
unternehmensubergreifender
Rationalisierung, in: Sydow/Windeler (Hrsg.) 1997, S. 258-274 Schaffler, Harald 1996: Von der okokratischen Steuerung zum partizipativen Diskurs, in: Honig/Schaffler 1996, S. 73-82 Schaltegger, Stefan 2003: Nachhaltigkeitsmanagement im Spannungsfeld von inner- und auBerbetrieblicher Interessenpolitik, in: Linne/Sciiwarz (Hrsg.) 2003, S. 147-158 Schaltegger, Stefan; Dyllick, Thomas (Hrsg.) 2002: Nachhaltig managen mit der Balanced Scorecard. Konzept und Fallstudlen, Gabler, Wiesbaden Schaltegger, Stefan; Dyllick, Thomas 2002: Einfuhrung, in Schaltegger/Dyllick (Hrsg.) 2002, S. 19-39 Schaltegger, Stefan; Kleiber, Oliver; Muller, Jan 2003: Die „Werkzeuge" des Nachhaltigkeitsmanagements", in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 331-342 Schaltegger, Stefan; Sturm, Andreas 1992: Okologieorientierte Entscheidungen in
Unternehmen:
okologisches
Rechnungswesen
statt
Okobilanzierung: Notwendigkelt, Kriterien, Konzepte, Haupt, Bern, Stuttgart, Wien Schauenberg , Schmidt 1983: Vorarbeiten zu einer Theorie der Unternehmung als Institution, in: Kappler (Hrsg.) 1983, S. 247-276 Schellhorn,
Mathias
1997:
Umweltrechnungslegung:
Instrumente
der
Rechenschaft uber die Inanspruchnahme der naturlichen Umwelt, 2., uberarbeitete und em. Aufl., Dt. Univ.-Verlag, Wiesbaden Scherer, Andreas Georg 2001: Kritik der Organisation oder Organisation der Kritik? - Wissenschaftstheoretische Bemerkungen zum kritischen Umgang mit Organisationstheorien, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 1-37 Schliffenbacher, Klaus U. 2000: Konfiguration virtueller Wertschopfungsketten in
dynamischen,
heterarchischen
Kompetenznetzwerken,
Utz,
Munchen Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.) 1993: Heinz v. Foerster. Wissen und Gewissen, Suhrkamp, Frankfurt/M. Schmidt, Mario; Schorb, Achim (Hrsg.) 1995: Stoffstromanalysen in Okobilanzen und Oko-Audits, Springer, Berlin u.a. 333
Schmidt-Bleek, Friedrich 1993: Wieviel Umwelt braucht der Mensch?, MIPS Das MaBfurokologisches WJrtschaften, Verlag, Berlin, Basel, Boston Schmidtchen, Dieter 2003: Wettbewerb und Kooperation (Co-opetition): Neues Paradigma fur Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik?, in: Zentes/Swoboda/Morschett (Hrsg.) 2003, S. 65-92 Schneider, Bernd 1999: Recycling-lnformationssysteme, Integration von Produktion und Recycling, DUV, Wiesbaden Schneider, Ursula 2003: Interorganisationales Lernen in strategischen Netzwerken, in: Zentes/Swoboda/Morschett (Hrsg.) 2003, S. 985-1008 Schneidewind, Uwe 1994: Mit COSY (Company oriented Sustainability) Unternehmen zur Nachhaltigkelt fuhren, IWO-Diskussionsbeitrag, Nr. 15, St. Gallon Schneidewind, Uwe 2003: Symbolsysteme als Governance-Strukturen fur nachhaltiges Wirtschaften, in: Linne/Schwarz (Hrsg.) 2003, S. 135-146 Scholz, Roland W.; Mieg, Harald A.; Weber, Olaf 2003: Wirtschaftliche und organisationale Entscheidungen, Working Paper 36, Institut fur Umweltnatur- und Umweltsozialwissenschaften, ETH Zurich Scholz, Roland W.; Tietje, Olaf 2002: Embedded Case Study Methods: Integrating Quantitative And Qualitative Knowledge, Sage, Thousand Oaks Schramm, Engelbert 1997: Im Namen des Kreislaufs, Ideengeschichte der Modelle vom okologischen Kreislauf, Forschungstexte Institut fur sozial-okologische
Forschung (ISOE), Verlag fur
Interkulturelle
Kommunikation, Frankfurt am Main Schreiter, Carsten 2001: Die Entwicklung von Organisationsstrukturen der Unternehmung
im
wissenschaffenden
und
wissenverwertenden
WettbewerbsprozeB, in: Lorenz/Meyer2001, S. 287-319 Schreyogg, Georg 1999: Organisation, Grundlagen moderner Organisationsgestaltung,
3.
uberarbeitete
und
erweiterte
Auflage,
Gabler,
Wiesbaden Schreyogg, Georg 2000: Theorien organisatorischer Ressourcen, in: Ortmann/ Sydow/Turk (Hrsg.) 2000, S. 481-486 Schreyogg, Georg; Sydow, Jorg (Hrsg.) 1997: Gestaltung von Organisationsgrenzen, Managementforschung Bd. 7, Gabler, Wiesbaden 334
Schutz, Joachim 2001: SozJale Sicherung und Nachhaltigkeit, in Lorenz/Meyer (Hrsg.) 2001,8.209-223 Schutze, Jorg 2000: Vertrauen in Daten - Vertrauen zum Termin, Dissertation Universitat Graz Schwarz, Erich 1994: Unternehmensnetzwerke im Recycling-Bereich, GablerVerlag, Wiesbaden, zugl. Univ.Diss., Graz 1994 Schwarz, Erich 1996: Industrielle Verwertungsnetze, in: Bellmann/Hippe (Hrsg.) 1996,8.349-377 8chwarz, Erich 1998: Okonomische Aspekte regionaler VenA/ertungsnetze, in 8trebel/8chwarz (Hrsg.) 1998, 8. 11-25 8chwarz, Erich; 8teininger, Karl 1997: Implementing nature's lesson: the industrial recycling network enhancing regional development, in: Journal of Cleaner Production, Vol. 5 (1997), S. 47-56 Schwarz, Michaela 1998; Rechtliche Hurden belm zwischenbetrieblichen Recycling, In: Strebel/Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 199-210 Schweitzer, Marcell (Hrsg.) 1994: Industriebetriebslehre, 2. Auflage, Vahlen, Munchen Scott, Bernhard 1993: Heinz von Foerster. Eine Wurdigung, in: Schmidt (Hrsg.) 1993,8.9-16 Seager, T.P.; Theis, T.L. 2004: A taxonomy of metrics for testing the industrial ecology hypotheses and application to design of freezer insulation, in: Journal of Cleaner Production, 12 (2004), 8. 865-875 Seidel, Eberhard; Strebel, Heinz (Hrsg.) 1992: Umwelt und Okonomie, Reader zur
okologieorientierten
Betriebswirtschaftslehre,
Gabler-Verlag,
Wiesbaden Seidel, Eberhard; Strebel, Heinz (Hrsg.) 1993: Betriebliche Umweltokonomie, Reader zur okologieorientierten Betriebswirtschaftslehre, GablerVerlag, Wiesbaden Serageldin, Ismail 1996: Sustainability and the Wealth of Nations, First Steps in an Ongoing Journey. Environmentally Sustainable Development Studies and Monographs Series No. 5, The World Bank, Washington, D.C. Shapira, Zur (Hrsg.)
1997: Organizational decision making, Cambridge
University Press, Cambridge u.a. 335
Siebert, Holger 2003: Okonomische Analyse von Unternehmensnetzwerken, in: Sydow (Hrsg.) 2003, S. 7-27 Sieler, Carina 1994: Okologische Sortlmentsbewertung, Deutscher UniversitatsVerlag, Wiesbaden, zugl. Koln, Univ., Diss. Simon, Herbert A. 1976: Administrative Behavior. A Study of Decision-Making Processes in Administrative Organizations, 3. Auflage, New York Simon, Herbert A. 1981: Entscheidungsverhalten in Organisationen, Eine Untersuchung von Entscheidungsprozessen in Management und VenA/altung, Ubers. D. 3., stark erw. u. mit e. Einf. vers, amerikan. Aufl., Verlag Moderne Industrie, Landsberg am Lech Sinding, Knud 2000, Environmental Management Beyond the Boundaries of the Firm: Definitions and Constraints, in: Business Strategy and the Environment Vol. 9, p. 79-91 Smith Ring, Peter 2001: Processes Facilitating Releance on Trust in InterOrganizational Networks, in Ebers (Hrsg.) 2001, S. 113-145 Spiegelman, Jonah 2003: Beyond the Food Web, Connections to a Deeper Industrial Ecology, in: Journal of Industrial Ecology, Vol. 7, No. 1, S. 17-23 Staber, Wolfgang 2002: Regional-spezifische Bewertung der betrleblichen Umweltleistung - Anwendung von Bewertungsmethoden aus praxisorientlerter Sicht, Dissertation, Montanuniversitat Leoben Staber, Wolfgang; Hofer, Michael 1999: Bewertung von Umweltauswirkungen im Rahmen der EMAS, ISO 14001 und IPPC: Okopunkte Osterreich, Projektbericht, Institut fur Entsorgungs- und DeponietechnIk, Montanuniversitat Leoben Starlander, Jan-Erik 2003: Industrial Symbiosis: A closer look on organisational factors - A study based on the Industrial Symbiosis project in Landskrona, Sweden, thesis. International Institute for Industrial Environmental Economics, University of Lund, Sweden Staw, Bary M.; Cummings Larry L. (Hrsg.) 1990: Research in organizational behavior, 12, Greenwich, Conn. Steen, Bengt 2002: Impact evaluation in industrial ecology, in Ayres/Ayres (Hrsg.) 2002, S. 149-161
336
Steger, Ulrich (Hrsg.) 1997: Handbuch des integrierten Umweltmanagements, Oldenburg, Munchen, Wien Steiner, Gerald 1998: Reyclingmoglichkeiten fur Farbrestpulver, in Strebel/ Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 273-286 Steiner, Michael 1998a: The Discreet Charm of Clusters: An Introduction, in: Steiner (Hrsg.) 1998, S. 1-17 Steiner, Michael (Hrsg.) 1998: Clusters and Regional Specialisation, Pion, London Steiner, Michael; Hartmann, Christian (1998): Learning within Clusters: A Case Study from Upper Styria, in: Steiner (Hrsg.) 1998, S. 211-225 Stelzer, Volker 1997: Bewertungen im Umweltschutz und Umweltrecht, Springer, Berlin u.a. Steen, Bengt 1999: A systematic approach to environmental priority strategies in product development (EPS). Version 2000 - General system characteristics, Centre for Environmental Assessment of Products and
Material
Systems,
CPM
report
1999:4,
pdf-file:
http://www.cpm.chalmers.se/cpm/publications/ EPS2000.PDF, download: 30.08.2001 Sterr, Thomas 2000: Inter-industrial Materials Flow Management - the RhineNeckar-Experience (South Germany), contribution to HELSIE 2000, proceedings, S. 286-294, URL: http://www.jyu.fi/helsie/proceed.html, download: 2001-10-01 Sterr, Thomas 2003a: Akteursubergreifender Stoff- und Informationstransfer zur Forderung
nachhaltigkeitsorientierter
Stoffkreislaufwirtschaft,
in:
Leisten/Krcal (Hrsg.) 2003, S. 383-404 Sterr, Thomas 2003b: Industrielle Stoffkreislaufwirtschaft im regionalen Kontext: Betriebswirtschaftlich-okologische und geographische Betrachtungen in Theorie und Praxis, Springer, Berlin, Heidelberg Stiglitz, Joseph E. 1998: Principal and Agent, in: Eatwell/Mllgate/Newman (Hrsg.) 1998, Vol. 3, S. 966-972 Stolting, Wiebke;
Karl, Georg 2004:
Recyclingorientiertes
Informations-
management in Supply Chains der Elektronikindustrie, in: Institut der deutschen Wirtschaft Koln (Hrsg.) 2004, S. 203-212
337
Stormer, Eckhard 2001: Okologieorientierte Unternehmensnetzwerke: regionale umweltinformationsorientierte Unternehmensnetzwerke als Ansatz fur eine okologisch nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Reihe Wirtschaft & Raum 8, VVF, Munchen Strebel, Heinz 1980: Umwelt und Betriebswirtschaft. Die naturliche Umwelt als Gegenstand der Unternehmenspolitik, Schmidt, Berlin 1980 Strebel,
Heinz
1992: Grunde und Moglichkeiten
betriebswirtschaftlicher
Umweltpolltik, in: Seidel/Strebel (1992), S. 209 - 222 Strebel, Heinz 1992a: Material- und Energiebilanzen, in: UWF 1, November 1992, S. 9-15 Strebel, Heinz 1993: Recycling in einer umweltorientierten Materialwirtschaft, in: Adam (Hrsg.) 1993, S. 33-56 Strebel, Heinz 1994: Industrie und Umwelt, in: Schweitzer (Hrsg.) 1994, S. 747848 Strebel, Heinz 1995: Regionale StoffvenA/ertungsnetze
am Beisplel der
Stelermark, in UmweltWirtschaftsForum, 3. Jg. H. 4, S. 48-55 Strebel, Heinz 1996: Okologie und Produktion, in: Kern/SchroderA/Veber (Hrsg.) 1996, S. 1305-1314 Strebel, Heinz 1996a: Umweltorientiertes Stoffflussmanagement in Industriebetrieben, in: Malinsky (Hrsg.) 1996, S. 141-157 Strebel, Heinz 1997: Nachhaltige Wirtschaft - Sustainable Development als Problem
einer
umweltorientierten
Betriebswirtschaftslehre,
uwf
UmweltWirtschaftsForum, 5. Jahrgang, 2/97, S. 14-20 Strebel, Heinz 1998: Das Konzept des regionalen Verwertungsnetzes, in: Strebel/Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 1-10 Strebel, Heinz (Hrsg.) 2002:lnnovation und Umwelt, dbv-Verlag, Graz Strebel,
Heinz
2003:
Zwischenbetriebliches
Stoffstrommanagement,
in:
Tschandl/Posch (Hrsg.) 2003, S. 59-72 Strebel, Heinz (Hrsg.) 2003: Innovations- und Technologiemanagement, UTB 2455, WUV Universitatsverlag, Wien Strebel, Heinz; Hasler, Arnulf 2003: Innovations- und Technologienetzwerke, in: Strebel (Hrsg.) 2003, S. 347-381
338
Strebel, Heinz; Hasler, Arnulf 2004: Recycling Networks in Europe: Reasons, Principles, Opportunities, and Recomnnendations, in: Proceedings of the International Seminar on Environmental Science and Technology Park in Southern Taiwan, 10 May 2004,
l-Shou University,
Kaohsiung, Taiwan Strebel, Heinz; Posch, Alfred 2004: The Concept of Sustainability and its Implications for Environmental Information Systems in Industry, in: Proceedings of the National Symposium on Information Technology and Communication in the Field of Sustainable Environmental Protection „FORCE", Bangkok, Thailand, S. 7-16 Strebel, Heinz; Schwarz Erich (Hrsg.) 1998: Krelslauforlentierte Unternehmenskooperationen. Innovative Verwertungsnetze, Oldenbourg, Munchen, Wien Strebel, Heinz; Schwarz, Erich; Dirnbock, Angelika; Ortner, Christian 1993: Ruckstandsstrome der steirischen Agrar-, Nahrungsmittel- und Genussmittelindustrie (VenA/ertungsnetz II), Projektbericht, Universitat Graz Strebel, Heinz; Schwarz, Erich; Ortner, Christian 1993: Ruckstandsstrome der steirischen Grundstoff- und Investitionsguterindustrie (Venwertungsnetz I), Projektbericht, Universitat Graz Strebel, Heinz; Schwarz, Erich; Ortner, Christian 1994: Ruckstandsstrome in einem Verwertungsnetz der steirischen Grundstoff- und Investitionsguterindustrie, in: Mull und Abfall - Fachzeitschrift fur Behandlung und Beseitigung von Abfallen, Nr. 6/94, S. 313-330 Strebel, Heinz; Schwarz Erich; Schwarz Michaela 1996: Externes Recycling im Produktionsbetrieb, Rechtliche Aspekte und betriebswirtschaftllche Voraussetzungen, Manz, Wien Swoboda, Bernhard 2003: Kooperation: Erklarungsperspektiven grundlegender Theorien, Ansatze und Konzepte im Uberblick, in: Zentes/Swoboda/ Morschett (Hrsg.) 2003, S. 35-64 Sydow, Jorg 1992: Strategische Netzwerke, Evolution und Organisation, 2. Nachdruck 1994, Gabler-Verlag, Wiesbaden Sydow, Jorg 1995: Finanzdienstleistungsnetzwerke, Zur Organisation einer okonomischen Institution des Kontraktgutermarketings, In Kaas (Hrsg.) 1995, S. 139-157 339
Sydow, Jorg 2001a: Zwischenbetriebliche Kooperationen, in Jost (Hrsg.) 2001a, S. 242-271 Sydow, Jorg 2001b: Management von Unternehmensnetzwerken - Auf dem Weg zu einer reflexiven Netzwerkentwicklung?, in: Howaldt/Kopp/ Flocken 2001 (Hrsg.) 2001, S. 79-101 Sydow, Jorg (Hrsg.) 2003: Management von Netzwerkorganisationen, 3. Auflage, Gabler, Wiesbaden Sydow, Jorg; Windeler, Arnold (Hrsg.) 1997: Management Interorganisationaler Beziehungen: Vertrauen, Kontrolle und Informationstechnik; 2. unveranderte Auflage, Westdeutscher Verlag, Opiaden Sydow, Jorg; Windeler, Arnold 1997: Uber Netzwerke, virtuelle Integration und Interorganisationsbeziehungen, in: SydowA/Vindeler (Hrsg.) 1997, S. 1-21 Tacke, Veronika (1997): Systemrationalisierung an ihren Grenzen - Organisationsgrenzen und Funktionen von Grenzstellen in Wirtschaftsorganisationen, in: Schreyogg/Sydow (Hrsg.) 1997, S. 1-44 Thorelli, Hans B. 1986: Networks: Between markets and hierarchies, in: Strategic Management Journal, Jg. 7, Nr. 1, S. 37-51 Thoresen, Johan 1999: Environmental performance evaluation - a tool for industrial improvement, in: Journal of Cleaner Production, Vol. 7, S. 365-370 Thoresen, Johan 2000: Development and Testing of a Concept for Ecopark Cooperation, contribution to HELSIE 2000, proceedings, S. 302-311 URL: http://www.jyu.fi/helsie/proceed.html, download: 2001-10-01 TIchy, Gunther 1998: Clusters: Less Dispensable and More Risky than Ever, in: Steiner (Hrsg.) 1998, S. 226-237 Tilley, D.R. 2003: Industrial Ecology and Ecological Engineering. Opportunities for Symbiosis, In: Journal of Industrial Ecology, Vol. 7, No. 2, S. 13-32 TIscher, Martin 2001: Unternehmenskooperation und nachhaltige Entwicklung in der Region, Metropolis-Verlag, Marburg Tress, Barbel (Hrsg.) 2003: Interdisciplinary and transdisciplinary landscape studies: potential and limitations. Delta Program, Alterra Green World Research, Landscape Centre, Wageningen
340
Tschandl, Martin 2003: Perspektiven der Integration im Umweltcontrolling, in: Tschandl/Posch (Hrsg.) 2003, S. 1-24 Tschandl, Martin; Posch, Alfred (Hrsg.) 2003: Integriertes Umweltcontrolling, Von der Stoffstromanalyse
zum integrierten
Bewertungs-
und
Informationssystem, Gabler, Wiesbaden Turner, R. Kerry; Pearce, David W. 1992: The Ethical Foundations of Sustainable Economic Development, Advances in Human Ecology, Internat. Inst, for Environment and Development, NED, London Ulrich, Hans 1981: Die Betrlebswirtschaft als anwendungsorientierte Sozlalwissenschaft, in: Gelst/Kohler (Hrsg.) 1981, S. 1-26 Ulrich, Hans 1984: Management, Haupt, Bern UN 1992: The Rio Declaration on Environment and Development, Rio de Janeiro Van Dieren, Wouter 1995: Mit der Natur rechnen. Der neue Club-of-RomeBericht, Vom Bruttosozialprodukt zum Okosozialprodukt, Birkhauser Verlag, Basel, Boston, Berlin Varela, Francisco J.; Maturana, Humberto R.; Uribe, R.B. 1974: Autopoiesis: The Organization of Living Systems, Its Characterization and a Model, in: Blosystems, 5/1974, S. 187-196 Varela, Francisco J. 1979: Principles of biological autonomy. North Holland, New York Verband der FInnischen Holzindustrie (Hrsg.) 2002: Papier und Holz, Fakten und Zahlen, 2002,
http://www.forestlndustries.fi/files/julkaisut/pdf/
fakten_und_zahlen.pdf, download: 2004-08-24 Vester, Frederic 1985: Okologisches Systemmanagement - Die Unternehmung am Scheideweg
zwischen
Mechanistik
und Blokybernetik, in:
Probst/Siegwart 1985, S. 299-330 VoB, Wolfgang 2001: Ganzheitliche Bewertung von Unternehmensnetzwerken, Konzeption eines Bewertungsmodells, Lang, Frankfurt am Main u.a. Vorbach, Stefan 1998: Analyse zwischenbetrieblicher Verwertungsmogllchkeiten, aufgezeigt anhand ausgesuchter Beispiele, in: Strebel/ Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 223-249 Vornholz,
Gunter
1993:
Zur
Konzeption
einer
okologisch
tragfahigen
Entwicklung. Eine okonomisch-theoretische Analyse der Bedin341
gungen
fur
die
Erhaltung
de
naturlichen
Lebensgrundlagen,
Metropolis, Mlarburg Vornholz, GiJnter 1998: Die neue Sicht der Nachhaltigkeit und die Neoklassik, in: Jahrbuch Okonomie und Gesellschaft, Nr. 14, Frankfurt am Main Wackernagel, Mathis; Rees, William. 1997: Unser okologischer FuBabdruck, Wie der Mensch Einfluss auf die Umwelt nimmt, Birkhauser, Berlin, Basel, Boston Walgenbach Peter 2001: Institutionalistische Ansatze in der Organisationstheorie, in Kieser (Hrsg.) 2001, S. 319-353 Wallner, Hans Peter 1998: Industrielle Okologie - mit Netzwerken zur nachhaltigen Entwicklung, in: Strebel/Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 81-121 Wallner, Hans Peter 1999: Towards sustainable development of industry: networking, complexity and eco-clusters, in: Journal of Cleaner Production, 7, S. 49-58 Walter-Busch, Emil 1996: Organisationstheorien von Weber bis Weick, Verlag Fakultas, Amsterdam Weber, Burkhard 1997: Unternehmensnetzwerke aus systemtheoretischer Sicht -
Zum Verhaltnis von Autonomie und Abhangigkeit in Inter-
organlsationsbezlehungen,
in:
Sydow/Windeler
(Hrsg.)
1997,
S. 275-297 Weick, K.E. 1977: Organizational design: Organizations as self-designing systems, in: Organizational Dynamics 6, S. 30-46 Weik, EIke 2001: Kritischer Ratlonalismus, in: Weik/Lang (Hrsg.) 2001, S. 1-28 Weik, EIke; Lang Rainhart (Hrsg.) 2001: Moderne Organisationstheorien, Eine sozialwissenschaftliche EInfuhrung, Gabler, Wiesbaden Weik, EIke; Lang Rainhart (Hrsg.) 2003: Moderne Organisationstheorien 2, Strukturorientierte Ansatze, Gabler, Wiesbaden Weizsacker, Ernst Ulrich von 2003: Nachhaltige Entwicklung - ein Widerspruch Oder eine wirtschaftliche Notwendigkeit?, in: Feiler (Hrsg.) 2003, S. 27-31 Welford, Richard 1996: Regional Development and Environmental Management: New Opportunities for Cooperation, Scand. J. Mgmt, Vol. 12, No. 3, S. 347-357
342
Werner, Klaus; Weiss, Hans 2001: Schwarzbuch Markenfirmen, 2. Auflage, Deuticke, Wien, Frankfurt/M. Wietschel, Martin; Fichtner, Wolf; Renz, Otto 2000: Zur Theorie und Praxis von regionalen Ven^/ertungsnetzen, in: WiSt, 100, Jg. 29, S. 568-574 Wildemann, Horst 1997: Koordlnation von Unternehmensnetzwerken, in: ZfB: Zeitschrift fur Betriebswirtschaft, 67. Jg., Nr. 4/1997, S. 417-439 Williamson, Oliver E. 1983: Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications, A Study in the Economics of Internal Organizations, First Free Press Paperback Edition, Macmillan, New York Williamson, Oliver E. 1990: Die okonomischen Institutionen des Kapitaiismus: Unternehmen, Markte, Kooperationen, Mohr, Tubingen Williamson, Oliver E. 1991a: Strategizing, Economizing, and Economic Organization, in: Strategic Management Journal, 12, S. 75-94 Williamson, Oliver E. 1991b: Comparative economic organization: The analysis of discrete structural alternatives, In: Administrative Science Quarterly 36, S. 269-296 Williamson, Oliver
E.
1991c:
Economic
Institutions, Spontaneous
and
Intentional Governance, in: Journal of Law, Economics and Organizations, Nr. 7, S. 159-187 Williamson, Oliver E. 1993a: The economic analysis of institutions and organisations - in general and with respect to country studies, OECD, Working papers / Economics Department, 133, Paris Williamson,
Oliver
E.
1993b:
Calculativeness,
Trust
and
Economic
Organization, in: Journal of Law and Economics, Vol. 36, S. 453-486 WIndsberger, Josef 2001: Strategie und Organisationsstruktur, in Jost (Hrsg.) 2001a, S. 155-181 Wohe, Gunter; Doring, Ulrich 1996: Einfuhrung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Auflage, Vahlen, Munchen Wojda, Franz (Hrsg.) 2000: Innovative Organisatlonsformen, Neue Entwicklungen in der Unternehmensorganisation, Schaffer-Poeschel, Stuttgart Wolff, Brigitta; Neuburger, Rahild 1995: Zur theoretischen Bestimmung von Netzwerken aus der Sicht der Neuen Institutlonenokonomik, in Jansen/Schubert 1995, S. 74-94 343
World Commission on Environment and Development (WCED) 1987: Our Common Future, Oxford University Press, Oxford, New York World Business Council for Sustainable Development / WBCSD (Hrsg.) 2000: Measuring
Eco-Efficiency:
A
Guide
to
Reporting
Company
Performance, Genf / Schweiz, Juni 2000 Wurche, Sven 1997: Vertrauen und okonomische Rationalitat in kooperatlven Interorganisationsbeziehungen, in: Sydow/Windeler (Hrsg.) 1997, S. 142-159 Wuthrich, Hans A.; Winter, Wolfgang B.; Philipp, Andreas (Hrsg.) 2001: Grenzen okonomischen Denkens, auf den Spuren einer dominanten Logik, Gabler, Wiesbaden Zabel, Hans-Ulrich 1998: Industriesymbiosen im Verhaltenskontext, in: Strebel/ Schwarz (Hrsg.) 1998, S. 123-164 Zentes, Joachim; Swoboda, Bernhard; Morschett, Dirk (Hrsg.) 2003: Kooperationen, Allianzen und Netzwerke, Grundlagen - Ansatze - Perspektiven, Gabler, Wiesbaden Zey, Mary 1998: Rational Choice Theory and Organizational Theory: A Critique, Sage, Thousands Oaks, London, New Dehli Zhou, Xueguang 1997: Organizational decision making as rule following, in: Shapira (Hrsg.) 1997, S. 257-281 Zillig, Ulf 2001: Integratives Logistikmanagement in Unternehmensnetzwerken, Gestaltung interorganisationaler Loglstiksysteme fur die Zulieferindustrie, DUV, Wiesbaden
344
Anhang: Fragebogen
FABRIK -
^
der Zukunft
Expertlnnenbefragung uber Unternehmenskooperationen im Umweltbereich
bm<^^ Dr. Alfred Posch / Mag. EIke Perl Karl-Franzens-Universitat Graz Institut fiJr Innovations- und Umweltmanagement A-8010 Graz, Universitatsstrasse 15/G2 Tel:0316/380-3234 oder 3237, Fax: 0316/380-9585
An die/den Umwelt- bzw. Abfallbeauftragte/n Bitte unterstutzen Sie uns mit Ihrer Expertenlnnenmeinung und Ihrem Erfahrungswissen aus der Praxis. Damit ermoglichen Sie e, u.,^ wissenschafthch fundierte Aussagen und praktikable Empfehlungen iJber Unternehmenskooperationen im Umweltbereich zu treffen Bei der Beantwortung der einzelnen Fragen kreuzen Sie bitte Jewells die nach Ihrer Einschatzung zutreffende Altemative an. Das Ausfullen des Fragebogens wird etwa 20 Minuten in Anspruch nehmen. Alle Daten werden von uns selbstverstandlkh streng vertraulich behandelt und nur in anonymislerter Form statlstisch ausgewertet. Bitte retournieren Sie den Fragebogen entweder per Fax (0316/380 - 9585) oder mit beiliegendem Kuvert per Post bis spStestens
15.04.2004
?iBBw!^'<Sy^li^
hi
345
Teil B: Abfall- bzw. Ruckstandswirtschaft und zwischenbetriebliches Recycling - Unter Ruckstand wird ein Abfall oder sonstiges Nebenprodukt verstanden, auf dessen Erzeugung nicht die primare Absicht des Produktionsverfahrens gerlchtet war (z.B. Sagespane, Verschnitt, Stanzabfalle). - Unter SekundSrrohstoff wird ein Ruckstand eines anderen Unternehmens verstanden, der im eigenen Betrieb als Rohstoff Oder Brennstoff eingesetzt wird.
(.a ges^hStJt mil eirmr Gervautglceit von: sdhrungenau sehrgenau
D
D
D
D
D
D
O
•
• D
D
•
D
D
D" D
D
.=
D
n
D
D
D
CH
D
CH
D
CH
D
D
D
D
D
:
CU D
D D
d D
D D
CU D
•
'Jpll9mM|jMSttn>S(Wtt)9lwHN^?lraill^^^
• • . i - ' - . - o ; - •.••••" '•
' - : : •n-."'
• •
umweltfreundJicheVerfahrensgestaltung
'^^'i^ki^^^i^siriei^ umweltfreundlicheEntsorgung y«^iMM^^n^iimatBi(»fi^'
346
/
, -
•
Teil C: Bitte geben Sie uns Informationen iiber den mengenmafiig wichtigsten Ruckstand, den Sie zur externen Wiederverwertung an ein Unternehmen abgeben! Wenn Sie keinen Ruckstand abgeben, gehen Sie bitte weiter zu Teil D!
^ ^ ^ ^ ^ r x i n g der Entsorgunjgskosten ^, Entsorgungssicherhelt (veriassliche Abnahme)
• - '
D
D
0
D. D.
^^fittedt%.
D
'selirJNodh
D -D -D' D
EntwicWung der rechtlichen Rahmenbedlngungen Veranderung der Kostensituation bei der Riickstandsbewaltigung
|^^^s<^«»»?#^
«Sestts Unt^rttilimen fti^tiUdi iten fUkkstand nicift iii«hraim«ttnHNi w
D ^ltelaeian
•:• ^- -
- -
D
D
D - a
D
D
D
sehr^lnfach
D
$et*f$chwieri9
a
347
Teil D: Bitte geben Sie uns informationen iiiber den mengenmaBig wichtigsten Sekundarrohstoff (Ruckstand eines externen Untern.),den Sie von einem anderen Unternehmen beziehen! ^
Wenn Sie keinen Sekundarrohstoff beziehen, dann gehen Sie bitte weiterzu Teil E!
.m ,4\v=:^t^v
i^~$Mi^»^cli^^iii^
t
:';'
|%^||^^iH^M^'«^l4^^
ungefahr seit
>(
Nfeitin^erun^def Materiatkosten bzw.Brennstoffkosten Versorgungssicherhett {verlSssiiche Zuiiefening)
's^J
n=VD- =0:
_,«^»iibai\
Entwicklung der rechtiichen Rahmenbedingungen VerSfKierung der Kostensituation bei der ROckstandbewSltigung
j$«^WiiNi»l^i«»»x^^
•^IfT^ '7^-^"
^:.V;\VM
-.
348
-
'^=r"
--
^
~ •
^ ^ ^
(fti«iMr»«|im«nit^t»H«m$4M«»^^^ ?<^j
,,
, - D.
D
D
-D
D-'
D,
D
D D n
D
U,;--
n
Teil
E: Teilnahme
an
einem
Unternehmensnetzwerk
fiir
zwischenbetriebliches
Recycling
(Recycling- oder Verwertungsnetz)
seHnit^' ^•D"
' a a.
'M ;• ,-.D D D 'n D D •D,' .•.:o 'D a D D d "a D D D . ,D D- a D D a n D D'. D ,D' .D • D ' V • * • ,«6Mg'' 9»iricM D D a ' b" D
.^^i^dH Entwicklung einer Netzwerkvision und strategisch^r Ziele
Vertfetung des Netzwerkes nach auBen (Marketing, lobbying etc.)
Entwicklung und Verbesserung von Rec)«;llngtechnologien
'•'•'
Die beteiligten Unternehmen verstehen sich alsTeil des Netzwerkes.
,n
Die zwischenbetriebiichen Recyciingaktivitaten in diesem Netzwerk orientieren sich an naturlichen Okosystemen (mdgticiist geschiossene KreisiSufe).
Die Teilnahme an diesem Netzwerk fuhrt zumindest mittel- bis langfristig zu Wettbewerbsvortellen fur die Netzwerkunternehmen.
' , -
D;
n
D •p.- •,tf D D D
D
D
. 0 '•'n
P
D
D
D
D
D
a
349
Teil F: Bitte beantworten Sie folgende Fragen iiber die Verarbeitung von Daten und Umweltinformationen in Ihrem Unternehmen!
•^ Wenn in Ihrem Unternehmen bereits ein spezielles Umweltsoftwareprogramm verwendet wird, beantworten Sie bitte die Fragen 3-7! Wenn in Ihrem Unternehmen kern spezielles Umweltsoftwareprogramm verwendet wird, beantworten Sie bitte die Fragen 8-10! Gehen Sie bitte in beiden Fallen dannach weiterzu Teil G! ^^ ^ T # ' ^ f f i S l f t ^ i 1 ^ ^ « a i t f r ^ ^ f n tirtiiiliflit^ ^' '-^ -'-* - ~^4.-/\-'^;
~
•
- - '
StofmCtsse AMaitstidme £m}ssi<men in die luft Wass^r/Abwasser Eii^siHtig jnterner Stoff- und Energieflusse
Ermitttung div. Umweitkennzahlen SImuialJon von Prozessen Produktiebenszykiusanaiyse UnterstOtzung des Umweltmanagements
B-. B, •.
Rtslkoanatyse von Umweltgefahren
*tt".o
D
D<^^ •
«hernetn
O D D • I'^lt «.fpl|^Gilj|^IMPi^j9^klNr0#lc
^r.^;y;-c,^:- ;;• ^. - \ ^1»^fi|liibiii^iSfSMfo '-V ^'^v'" v : -
'
, • •
; ,
D ~
Software zu komplex fur Unternehrr»en
EH
Keine integration der Software in betriebliciie IT moglicii ^S;bl^ev»«h«1»ffa«S^ keiW UntemOtzdmi bei Vferaitjertung der Oaten Software bringt keine Kosteneinspas-ungen mit sicii
Fl Q | |
WiderstandederMitarbeiterlnnen ilmw«liA()&mriationen ben^ts In iwKtefen Systemen integriert
a
D .D
• Q
B aaB r a a a B D~ D
D
p
p
H H H H n u u n n D
350
D
Ema^ von ]qpexietl«» welgnicM tfiffttitd»tz«_
D n
D D
D D
D D
KostendesUmweltschutzessteigen
^
™
—
_
_««ngw«Miu
Systeme lassen sich voH in betriebliche IT fntegrieren ^
, Abiaufe im Unternehmen werden komplexer
1 ^ . >, Vpw^'^schutzgesetzgebung wird komplexer und aufwandiger Kunde/Lieferant verlangt ein transparentes BUIS Tell G Bitte beantworten Sie folgende Fragen zum uberbetrieblichen Austausch von Umweltinformationen
Recycilngaktrvitaten
. . . .
., -
™ L=I -
L=J ,
*i»iiI)ili»iiiliiti|Brt^^ ' C
Abnehmer
£2
-
—
-
iM.s*-..E®'^^"E"/^^**^'^?r>aben kemeerrtsprechenden Systeme v-«!g- - ^ M ' ' * ! L * ^ ? ^ ' * ' ^ . • ^ ^ ' ^ « nichtgewahrieistet
Spftwareprogramme zu komplex Softwareprogramme zu teuer
KostendesUmweltschutzessteigen ^
^Softwaresysteme werden einfachef in derHandhabung KonzernlntemeVorgaben zum Austausch von Oaten Alinehmer/Uefer^v»riangj«lnsp«KleHesSoftw^^
351
Teil H: Moglichkeit und Nutzen eines "Nachhaltigkeitsnetzwerkes" ^^MiK^^tJi^Um itv dk wa liMrar ^ ^
*
Sv,
- : ;y. *^'"i-*' *> .\',
r'
^hP 4o^\i\ -_.-
SwSm\fmm^m»^ms^ 'ir^''\:-
A,
?i-;'
tsx^mtv^di^
Umfassender Umweltschutz an Ihrer ProduktionsstStte
•
Arbeltsslcherheit (Unfallvernr»eidung,beruftibedingte Erkrankungen)
GewShrieistung einer hohen Quaiitat und Sicherheit ihrer Erzeugnisse
se^3MldiiE|i''»
,
D
Umweltschutz be! der Herstellung der Rohstoffe und Vorprodukie
n
D D "^" ~ D •• D .i,>. D D D .D.,-;.;-; D D D--- D.-^;-D D D • D'V.'
D O ..n. o. n D D .••n. .-•D' D D D D •• •:.n D D D D D • D-D. D
•it^alwiililMMttouJbtiiiMtiM^iwWi. . '- -''"u • .MfcrgmU'v • -"sihrM**-"'
D D 'n
Umweltschutz bei der Herstellung der Rohstoffie und Vorprodukte
Umfassender Umwreltschutz an Ihrer Produktionsstatte
Arbeitssicherheit (Unfaflvermeidung, berufsbedingte Erkrankungen) v|~' :.4l^p^^)ftil^'^>rb€l^eb^%^ » » ^ l l e ^
~^
Gewahrlelstung einer hohen Quaiitat und Sicherheit ihrer Erzeugnisse
a. D D D D D D , :n ' D n• D • Q- D D n D .. ^D - D n
D D D.r.. '•
D D
D
•D
D:.:;.
D
D
o.-D-r D D D
-D-.-V
^3^si^r«^»«ii«»tellil»j^(i«i«iii«cMiii^^ $«lirim«yid^g Kooj>eratlonen zur nachhaltigskeitsorientierten Produktentwicklung GemeinsamesWahrnehmen der soziatenVerantwortung
D
O- D
D
D
aD aD
•: jarvw^iMs: D • D •. '•-
B B8
BS
D D
seNfw^teh*is.v
n D ' Da o D a D D D
Unternehmen komn^en aus der gleichen Region,
flexible bedarfsgerechteArbeitszeitmodelte ,'/ B{#»
• O
D•
D •
II]
Q
Q
Q Q
Q
aktiver Dialog m.Anrainerlnnen/Gemeinden[]]]
Q
D D
Q
D D D D
Integration vtmWertschenmitBeWmteftjr^Q
•
Q
Kinderbetreuung
D
D
D PI
D
Verbesserun^derAfbeftsbedingurtger* InstitutionaHsierteMltlaestimmung
Q
PI
Q
Sozialdr*richtu>^en
Q
D
Mitarbeiterlnnenbefragungen
LJ
LJ
d
E]
D
Mafinahmen gegen Oiskriminierung/Mobbing CH 'finanzielfeBeteiKgungvonMltarijefterinnen
352
•
D CU Q
Sport-& Kultursponsorlng in der Region V\^teibtlcJKi«0s»vgN^>otaufa«enEberiftii
:'•
D
EZl •
1 1 Q
MaBnahmen filr aitere Arf>^nehmerlnnen •
D
OQ
D D Q 1 1 1D1